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Abbandliingen
Kunde des Morgenlandes
herausgegeben von der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
unter der verantwortlichen Kedaction
des Prof. Dr. Hermann Brockhaus.
Erster Band.
-00>I»<00-
Leipzig 1859
in Comraission bei F. A. Brock haus.
AUG24 1964'
'9 2><f22
Inhalt.
N^? 1. Mithra. Ein Beilrag zur Mythengeschichte des Orients von
Dr. Friedrich Windischmann.
„ 2. Al-Kindi genannt „der Philosoph der Araber*'. Ein Vorbild
seiner Zeit und seines Volkes. Von Dr. G. Flügel,
„ 3. Die fünf Gäthä's oder Sammlungen von Liedern und Sprüchen
Zarathustra's, seiner Jünger und Nachfolger. Herausge-
geben, übersetzt und erklärt von Dr. Marlin Haug. Erste
Abtheilung. Die erste Sammlung (G ä t h ä a h u n a v a i t i) ent-
haltend.
„ 4. lieber das Catrunjaya Mähätmyam. Ein Beitrag zur
Geschichte der Jaina. Von Älbrecht Weler.
„ 5. Ueber das Verhältniss der drei syrischen Briefe des Ignatios zu
den übrigen Recensionen der Ignatianischen Literatur. Von
Dr. theol. Richard Adelberl Lipsius.
I
MITHRA.
Ein
Beitrag zur Mythengeschichte des Orients
Dr. Friedrich Windisciimann.
Leipzig 1857
in Commission bei F. A. Brocidiaus.
Abltandliiiigeii
der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
I. Band
M. 1.
WS'
Vorwort.
li achstehende Uebersefzung und Erklärung des Opfergebe-
tes an Mithra giebt der Verfasser nur in der Absicht heraus,
um die Renner des Zend zur kritischen Sichtung der dar-
gebotenen Deutungen zu veranlassen, den Nichtkennern aber
eine, wie mir scheint, etwas richtigere Vorstellung von die-
sem Gebete zu verschaffen, als die überaus freie und uncorrec-
te Version Anquetii's bieten kann. Denn wenn ich mir auch
nur zu gut bewusst bin, dass kein Abschnitt meiner Interpre-
tation ohne wesentliche Verbesserungen bleiben wird, so ist
doch hoffentlich der Inhalt richtig getroffen. Finden die Ren-
ner manches neu und überzeugend erklärt, so wird die«
meine nicht geringe Mühe lohnen; habe ich vielfach geirrt,
so kann es für die Wissenschaft den Nutzen haben, dass
Andere nicht auf dieselben Irrwege gerathen. Es gehört
freilich Selbstüberwindung dazu, eine Arbeit zu veröffent-
lichen , von der man weiss, dass sie mehr des Tadels als des
Lobes werth ist; allein Prof, SpiegePs freundlicher und sach-
kundigster Rath ermuthigte den Verfasser ; bei dem noch so
jungen Studium des Zend wird wohl kein Beitrag zurückge-
wiesen werden.
Mit der Veröffentlichung des wichtigsten Documentes
des Mithracultus eine neue Zusammenstellung der Nachrichten
des classischen und christlichen Alterthums über denselben
zu verbinden, war wohl von selbst geboten. Möge durch
die absichtlich in gedrängtester Weise versuchte Gruppirung
des Materials einige Rlarheit in das Gewirr dieser Zeugnisse
gekommen sein ! Dass ich Vorgänger, wie a Turre, Zoega>
Eichhorn dankbar benutzt habe, versteht sich von selbst;
leider ist das Verständniss des Mithracultus durch die Masse
derer, die gelegentlich oder eigens darüber geschrieben haben,
nicht sehr gefördert worden.
IV Vorwort.
Der Monumente und Inschriften des Mithra, die an so
\ielen Orten gefunden worden sind, habe ich nur im Vorü-
bergehen erwähnt. Es würde eine sehr verdienstliche Ar-
beit sein, sie alle in chronologischer und geographischer
Ordnung zu sammeln und nach den nunmehr gewonnenen
sicheren Anhaltspunkten zu erklären. Dazu gehört aber Au-
topsie und tieferes Eingehen in die Kunstgeschichte; das
Resultat wäre höchst interessant für letztere, und zur Auf-
hellung der religiösen Zustände des römischen Kaiserreiches ;
unsere Kenntniss aber von der ursprünglichen Bedeutung
Mithra's und seiner Festgeheimnisse würde meines Erachtens
dadurch keine grosse Erweiterung gewinnen.
München am 26. Februar 1857.
Dr. Windischmaon.
Inhalt.
Seite
I. Uebersetzung des Opfergebetes an Milhra (Mihir YashtJ . . l
II. Erklärung des Textes 18
III. Vergleichung des Milhra der Urtexte mit den Nachrichten
der Alten 52
IV. Beigabe über Gayö-maratha und QaosyaQ 73
Nachträge . 88
M i t h r a.
Ein Beitrag zur Mythengeschiclite des Orients.
Von
Dr. Friedrlcli l^Vindi seit mann.
I.
Uebersetzung des Opfergebetes an Mithra (Mihir Yasht),
öefriedigung des Ahura Mazda — Gute Reinigkeit. — Ich bekenne
als zarathustrischer Mazdayagna, der den Daeva's entgeg-en und
der Lehre des Ahura zugethan ist, zum Opfer, zur Ehre, zur
Befriedigung und zum Lobe Mithra's des weitflurigen , tausend-
ohrigen, zehntausendaugigen, des mit Namen genannten Yazata's,
und des Räma-Qagtra zur Befriedigung, zum Opfer, zur Ehre,
zur Befriedigung, zum Loh.
I.
1. Es sprach Ahura Mazda zum heiligen Zarathustra: Als
Mithra den weitflurigen ich geschaffen, o Heiliger, da habe ich
ihn geschaffen so gross anzubeten, so gross zu verehren, wie
mich selbst, den Ahura Mazda.
2. Es tödtet das ganze Land der mörderische Mithratrüger,
o Heiliger; wie hundert Schlangen soviel Reine schlägt er. Den
Mithra schlage nicht, o Heiliger, nicht jenen, den du vom Frevler
fragst, noch den von dem Reinen, der eignen Lehre zugethanen.
Denn beiden ist Mithra, dem Frevler und dem Reinen.
3. Schnelle Pferde giebt Mithra der weitflurige denen , die
den Mithra nicht trügen ; den gradesten Weg giebt das Feuer
des Ahura Mazda denen, die den Mithra nicht trügen. Der Rei-
nen gute, starke, heilige Genien geben berühmte Nachkommen-
schaft denen, welche den Mithra nicht trügen.
4. Durch seinen Reichthum und seine Gnade will ich ihm
opfern mit hörbarem Opfer dem weitflurigen Mithra. Mit Spenden
opfern wir Mithra dem Sitz der Freude und des Heils für die
arischen Länder.
5. Herbei komme er uns zum Schutz; herbei komme er uns
zur Befreiung; hernei komme er uns zur Freude; herbei komme
Abhandl. derDMG. I, 1. , 1
/
2 Windischman, über Mühra.
er uns zur Erbarmung ; herbei komme er uns zur Heilung; Lerbei
komme er uns zum Sieg; herbei komme er uns zum Wohl; herbei
komme er uns zur Reinigung der gewaltige, starke, anzubetende,
zu ehrende, nicht betrogene stets in der bekörperteu Welt Mithra
der weitflurige.
6. Ihm dem mächtigen Yazata, dem starken, unter den Ge-
schöpfen heilbringendsten, dem Mithra will ich opfern mit Spenden ;
ihn will ich umgehen mit Lob und Preis ; ihm will ich opfern
mit hörbarem Opfer Mithra dem weitflurigen. Mit Spenden opfern
wir Mithra dem weitflurigen. — Haoma mit Milch. (Folgt das
Gebet: y^ng he hatäm).
II.
7. Mithra dem weitflurigen opfern wir, dem wahrredenden, wei-
sen, tausendohrigen, wohlgebildeten, zehntausend-augigen, hohen,
auf breiter Warte stehenden, starken, schlaflosen, wachsamen.
8. Dem opfern die Länderherrn in Arezahi daherschreitend
gen die verwundungdrohenden Heere, gen die zusammenkom-
menden Kampfreihen zwischen den Läoderschlachten.
9. Wo sie zuerst ihm opfern, hin zum Bekenntniss eifrigen
Gemüth aus herzlich gläubigem Geiste, da steigt Mithra der
weitflurige herab mit dem siegreichen Wind , mit dem Fluch des
Weisen. Durch seinen Reichthum etc. (hier wifd der Ab-
schnitt 4 — ^6 wiederholt.)
Hl.
10. Mithra dem weitflurigen etc. — schlaflosen, wachsamen,
(wie oben 7.)
IL Dem opfern die Krieger auf den Rücken der Pferde
Stärke erflehend für die Gebundenen (die Pferde), Festigkeit für
die Leiber, volle Besiegung der Hassenden, Niederschlagen der
Schlechtgeistigen , Zusammenvernichtung der Feinde, der Gegner,
der Hassenden. Durch seinen Reichthum etc.
IV.
12. Mithra dem weitflurigen — schlaflosen , wachsamen.
13. Der erste geistige Yazata, der über die Hara steigt
voraus vor der unsterblichen Sonne, der Rosse lenkenden; der
zuerst goldengestaltig die schönen Gipfel ergreift; von dort be-
schaut er den ganzen Ariersitz der heilbringendste.
14. Wo Rosselenkende Herrscher treffliche Schaaren regieren ;
wo hohe, weidereiche, wasserreiche Berge dem Rinde Nahrung
mehren; wo tiefe, breitfluthige Seeen liegen; wo breite, schiff"-
bare Gewässer mit Schwall hervorbrechen , auf Iskata und Pou-_
ruta; auf Mouru, Haroyu und Gap ; auf Cughdha una Qimza;
15. gen Arezahi und ^avahi, gen Fradadhafsu und Vida-
Windischmann , üher Mühra. 3
dhaflu, gen Vourubaresti und Vouru^aresti , gen jenes Karsvare
Qaniratha das glänzende, den Sitz der Rinder, den WoLnpIatz
der Rinder den heilenden, schaute Mithra der starke herab.
16. Der in allen Karsvare's ein geistiger Yazata daherfährt
Gnade verleihend; der in allen Karsvare's ein geistiger Yazata
daherfährt Herrschaft verleihend ; denen vermehrt er den Sieg,
welche ihm gut, verständig und rein mit Spenden voropfern.
Durch seinen Reichthum etc.
17. Mithra dem weitflurigen — schlaflosen, wachsamen, der
von Niemanden betrogen (verletzt) ist, nicht von des Hauses
Bausherrn , nicht von des Dorfes Dorfherrn, der Stadt Stadtherrn,
des Landes Landesherrn.
18. Wenn ihn aber trügt (verletzt) entweder des Hauses Haus-
herr, oder des Dorfes Dorfherr, oder der Stadt Stadtherr, oder des
Landes Landesherr, da zerstört sofort Mithra ergrimmt und erzürnt
das Haus oder das Dorf oder die Stadt oder Land oder der Häuser
Hausherrn, oder der Dörfer Dorfherrn, oder der Städte Stadtherrn
oder der Länder Landesherrn oder der Länder Vorgesetzte.
19. Von jenem Ort (jener Seite) geht heraus Mithra er-
grimmt und erzürnt, an welchem der Orte Mithratrug ist, noch
kehrt er zornig wieder zurück.
20. Die von den Mithratrügern die schnellsten (behendesten)
sind, erreichen schiffend (schwimmend) das Ziel nicht, reitend
kommen sie nicht fort, fahrend gelangen sie nicht an. Umsonst
fährt die Lanze, welche der Gegenmithra wirft, um der sünd-
haften Sprüche willen, welche der Gegenmithra vollbringt (wirkt).
21. Wenn er auch einen guten Wurf wirft und den Leib
erreicht, doch verwundet er ihn nicht, um der sündhaften Sprüche
willen, welche der Gegenmithra wirkt. Der Wind trägt jene
Lanze , welche der Gegenmithra wirft, um der sündhaften Sprüche
willen, welche der Gegenmithra wirkt. Durch seinen Reich-
thum etc.
VI.
22. Mithra den weitflurigen — schlaflosen, wachsamen.
Der unbetrogen den Menschen weg aus der Angst trägt, weg
aus dem Verderben trägt.
23. Weg von der Angst, weg von den Aengsten, o Mithra
trage uns unbetrogen ; du trägst dadurch auf der mithratrügenden
Menschen eignen Leib Schrecken hin. Weg von ihren Armen
die Kraft trägst du Mithra ergrimmt und mächtig; weg von den
Füssen die Stärke; weg von den Augen die Sehkraft, weg von
den Ohren das Gehör.
24. Nicht erreicht den der wohlgeschärften Lanze, des vorbei-
fliegenden Pfeiles Wurf, welchem hingewendet zum Gemüth Mithra
1*
4 Windischmann , über Mühra.
zum Schutze kommt, der Zehntausendspäher, der starke, allwis-
sende, unbeirrte. Durch seinen Reichthum etc.
VII.
25. Mithra den weitflurigen — schlaflosen , wachsamen, den
Herrn, den Beschützer, den kraftvollen, g-esetznützenden , weisen,
ehremächtig-en , hohen, durch Reinheit lieblicben, im heiligen Wort
lebenden, armkräftigen Krieger.
26. Den Schädelschläger der Daeva's, den Vernichter der
Strafbaren , den Bestrafer der mithratrügenden Menschen , den
Zusammenbrenner der Pairika's. Der unbetrogen das Land zu
höchster Macht bringt; der unbetrogen das Land zum höchsten
Siege bringt.
27. Der vom gottlosen Lande die gradesten (Wege) weg-
trägt, die Gnade (das Glück) hindert, den Sieg wegträgt, sie
ohne Schutzwehr ausforscht, zehntausend Tödter herbeischafft,
der Zehntausendspäher, der starke, der allwissende, unbeirrte.
Durch seinen Reichthum etc.
VIII.
28. Mithra den weitflurigen — schlaflosen , wachsamen, der
die Säulen erhält (festigt) der hochgeformeten (barezimita) Woh-
nung und dieselbe fest und unbeweglich (ewig) macht; dann giebt
er dieser Wohnung Schaaren von Rindern und Menschen , in wel-
chen (Wohnungen) er befriedigt ist; die andern zerstört er, in
welchen er erzürnt ist,
29. Heil und Bester o Mithra bist du den Ländern , Heil
und Bester o Mithra bist du den Menschen; Du hast Macht über
Frieden und Nichtfrieden der Länder.
30. Du machst Wohnungen frauenberühmt, wagenberühmt,
aus welchen der Schmutz herausgebracht und auf welche der Gie-
bel (das Dach) gesetzt ist. Du machst fraueuberübmt, wagen-
berühmt, schmutzgereinigt, giebelbedeckt die Wohnung Barezimita,
wenn dir mit namengenauntem Opfer, mit geziemender Rede
opfert, spendebringend, der Reine.
31. Mit namengenanntem Opfer, mit geziemender Rede, o
starker Mithra! will ich Dir opfern mit Spenden. Mit namenge-
nanntcm Opfer, mit geziemender Rede, o heilbringendster Mithra!
will ich Dir opfern mit Spenden. Mit namengenanntem Opfer,
mit geziemender Rede, o unbeirrter Mithra! will ich Dir opfern
mit Spenden.
32. Höre o Mithra unser Opfer; sei gnädig (befriedigt)
unserm Opfer; stehe bei unserm Opfer, komme her zu unsern
Spenden, komme zu ihnen, ^ nachdem sie geopfert sind ; trage sie
hin zum Sammel-Orte (Cinvat), lege sie nieder am Loborte
(Gar6-nmdna).
Windischmann, über Milhra, 5
33. Gieb uns diese Gabe, um die wir Dieb anflehen, starker
Vergelter der gegebenen Lebren : Ueberfluss , Maebt und Sieg,
Wobifabrt und Reinheit, Woblberübmtheit und Tapferkeit, Grösse
und Heiligkeitsverkündung und den aburagegebenen Sieg und
die tödtende üeberlegenheit der büchsten Reinheit (Asa vabista)
und den ünteriebt des heiligen Wortes (mätbra gpenta).
34. Damit wir die wohlwollend und freundlich Gesinnten aus-
breitend (mehrend) und wohlwollend machend tödten alle Feinde.
Damit wir die wohlwollend und freundlich Gesinnten ausbreitend und
wohlwollend machend tÖdten alle Scblechtgeistigen; damit wir die
wohlwollend und freundlich Gesinnten ausbreitend und wohlwollend
machend tödten alle Hasser, und allen Hass vernichten der Men-
schen und der Daeva's, der Zauberer und Pairika's , der Ge-
waltthätigen , Blinden und Tauben. Durch seinen Reichthum etc.
IX.
35. Mithra den weitflurigen — schlaflosen, wachsamen, den
schuldräcbenden, schaarenfindenden (oder: durchdringenden), den
mit tausend Kräften begabten , macbtübenden , mächtigen, allwis-
senden.
36. Der das Schlachtfeld hervorgehen lässt, der auf dem
Schlachtfeld dasteht; der auf dem Schlacbtfelde dastehend die
Reihen vernichtet; es beben alle Enden der auf das Schlachtfeld ge-
stürzten Reihe, und die Mitte macht er erzittern der verwundung-
drohenden Kriegschaar.
37. Gegen sie bringt er mächtig Verderben und Schrecken;
weg fegt er die Köpfe der mithratrügenden Menschen ; vorbei
fährt er an den Köpfen der mithratrügenden Menschen.
38. Gräulich sind die Häuser, der Nachkommenschaft ent-
behrend die Wobnungen , in welche die Mitbratrüger wohnen und
die wahrhaft die Reinen tödtenden Frevler. Gräulich geht die
klauenfolgende Kuh auf dem Irrweg, welche durch die Lasten
der mithratrügenden Menschen erdrückt ist; die auf ihrem Wageo
befindlichea stehen thränenvergiessend, die zum Munde hinab-
fliessen.
39. Die Pfeile derselben scbnellbefiedert, vom wohlgespann-
ten Bogen durch die Sehne geschnellt hinfahrend treffen nur die
Luft (treffen das Ziel nicht), dieweil ergrimmt, erzürnt und nicht
begütigt Mithra naht der weitflurige. Die Lanzen derselben wobl-
geschärft, spitz und langschaftig, hinfahrend von den Armen
treffen nur die Luft, dieweil ergrimmt, erzürnt und nicht begütigt
Mithra naht der weitflurige. Die steinernen (metallenen) Scbleu-
dergeschosse hinfahrend von den Armen treffen nur die Luft,
dieweil ergrimmt, erzürnt und nicht begütigt Mithra naht der
weitflurige.
40. Die Schwerter derselben , die woblzugcrichteten, welche
ß Windischmann, über Mühra.
niederschlag-en uuf die Köpfe der Menschen, schlagen in die
Luft, dieweil ergrimmt, erzürnt und nicht begütigt Mithra naht
der wcitflurige. Die Keulen derselben, die wohlbeschlagenen,
welche niederschmettern auf die Köpfe der Menschen, schlagen
in die Luft, dieweil ergrimmt, erzürnt und nicht begütigt Mithra
naht der weitflurige.
4L Mithra erschreckt von vorn, Rasnu erschreckt von
hinten, ^raosa der reine hilft tödten von allen Seiten; gegenüber
den rettenden Yazata's leeren sich die Kampfreihen , dieweil er-
grimmt, erzürnt und nicht begütigt Mithra naht der weitflurige.
42. So sprechen sie zu Mithra dem weitflurigen : o Mithra
weitfluriger! Diese unsere Kampfrosse werden von Mithra weg-
geführt ; diese unsere starken Arme (und) Schwerter werden von
Mithra vernichtet.
43. Hierauf fegt sie Mithra fort der weitflurige , zu fünfzig
sie tödtend und zu hunderten , zu hundert sie tödtend und zu
tauseuden, zu tausend sie tödtend und zu zehntausenden, zu zehn-
tausend sie tödtend und ohne Zahl, dieweil ergrimmt, erzürnt
und nicht begütigt Mithra naht der weitflurige. Durch seinen
Reichthum etc.
X.
44. Mithra — den wachsamen, dessen Wohnung erdebreit hin-
gesetzt ist in der bekörperten Welt, gross, unbeengt, glänzend,
in die Breite weites Heim darbietend.
45. Dessen acht (?) Freunde auf allen Bergen und auf allen
Warten als Späher sitzen des Mithra, den Mithratrüger erspähend,
auf jene hinschauend, auf jene hin sinnend, welche zuerst (alle)
den Mithra trügen*, und jenen Pfad bewachend, welchen wünschen
die Mithratrüger und die wahrhaft reinetödtenden Frevler.
46. Jene bewachend, hinten bewachend, vorne bewachend,
ein Späher und Durchschauer unbeirrt naht Mithra der weitflurige
dem, welchem zum begehrenden Gemüth Mithra zur Hülfe kommt,
der Zehntausendspäher, der starke, allwissende, unbeirrte. Durch
seinen Reichthum etc.
XI.
47. Mithra — den wachsamen, den berühmten, zornvollen
fahren breithufige Rosse gen die verwundungdrohenden Heere,
gen die zusammeustossenden Kampfreihen zwischen den Länder-
scblachten.
48. Wenn aber Mithra vorfährt gen die verwundungdrohenden
Heere, gen die zusammeustossenden Kampfreihen, zwischen den
Länderschlachten, da macht er der mithratrügenden Männer Hände
kraftlos, da umdeckt er ihr Gesicht, da macht er harthörig ihre
Windischmann, über Mühra. 7
Ohren, itire Füsse erhält er nicht, er ist nicht ein Bestärker jener
Länder, jener Kämpfer, welche mit Uehelwollen trägt Mithra der
weitfiurige. Durch seinen Reichthum etc.
XIJ.
49. 50. Mithra — den wachsamen, welchem eine Wohnung
bereitet hat der Schöpfer Ahura- Mazda über der hohen Harä,
der vielbestiegenen, glänzenden; wo nicht Nacht ist, nicht Fin-
sterniss, nicht kalter Wind, nicht heisser, nicht vieltodte Fäulniss,
nicht dämonengeschaffener Schmutz, noch Dünste steigen auf an
der hohen Haraiti.
51. Welche (Wohnung) gemacht haben die Amesha-^penta's
alle einträchtig mit der Sonne zum bekennend -begehrenden Ge-
müth aus herzlich - glaubendem Geiste. Welcher die ganze be-
körperte Welt anschaut von der hohen Haraiti herab.
52. Wenn dann der schlechtgeistige (schlechtschaffende) her-
vorläuft, der sündewirkende mit schnellem Schritte, schnell schirrt
dann den Wagen Mithra der weitflurige und ^raosa der reine,
starke, und Nairyo - panha der Rufer schlägt ihn reihengeschlagen
oder machtgeschlagen. Durch seinen Reichthum etc.
xin.
53. Mithra — den wachsamen, der fürwahr mit aufgehobenen
Händen wehruft zu Ahura -Mazda, so sprechend:
54. Ich bin aller Geschöpfe wohlthätiger Beschützer, ich
bin aller Geschöpfe wohlthätiger Erhalter; und dennoch opfern
mir nicht die Menschen mit namengenanntem Opfer, wie sie den
andern Yazata's mit namengenanntem Opfer opfern.
55. Denn wenn mir die Menschen mit namengenanntem Op-
fer opferten, wie sie den andern Yazata's mit namengenanntem
Opfer opfern, fort von dem schnellen (momentanen), vergänglichen
bcgränzten Zeitalter würde ich schreiten, zum eignen, dauernden,
unsterblichen, unbegränzten Leben hin würde ich gehen.
56 — 59. Mit namengenanntem Opfer und geziemender Rede
opfert Dir der spendebringende Reine. Mit naraengenanntem Op-
fer und geziemender Rede, o starker Mithra! will ich Dir opfern
— Blinden und Tauben (hier wird der Abschnitt 31—34 incl.
wiederholt.)
XIV.
60. Mithra — den wachsamen; dessen Ruhm gut ist, gut
der Körper, gut der Preis, schaltend über Gaben, schaltend über
Fluren, nicht verletzend den Bauer, der da schaltet über seine
Stätte unbedrängt, wohlwissend; der Zehntausendspäher, der
starke, allwissende, unbeirrte.
3 Windischmann, über Miihra,
XV.
61. Mithra — den wachsamen, aufrecht auf den Füssen ste-
henden, bewaffneten, den Späher, den tüchtigen, weisen, wasser-
mehrenden, rufgehörten, der das Wasser strömen, die Bäume
wachsen lässt, der die Furche richtet, den durchdringenden,
kräftebegabten, unbeirrten, vielkräftigen, gesetzkundigen.
62. Der nicht einem der mithra -trügenden Menschen Kraft
giebt, noch Stärke: der nicht einem der mithra - trügenden Men-
schen Gnade giebt, noch Lohn.
63. Weg von ihren Armen die Kraft trägst du Mithra er-
grimmt — unbeirrte (wie 23 — 24.)
XVI.
64. Mithra — den wachsamen , in welchem das Verständniss
der reinen, breithin nützenden Lehre das grosse, mächtige nie-
dergelegt ist; in welchem der Same ausgebreitet ist auf die sie-
ben Karsvare's.
65. Der da ist der Schnellen schneller, der Bittenden Bitten-
der, der Tüchtigen Tüchtiger, der Weisen Weiser, der da ist
Friedengeber, Segengeber, Heerdegeber, Reichgeber, Sohngeber,
Lebengeber, Heilgeber, Reinheitgeber.
66. Welchem folgt die gute Reinheit (Asi) und Parendi
mit leichtem Wagen, und die gewaltige Männerbedeckung (Tap-
ferkeit) und die gewaltige Königsgnade (Majestät) und der ge-
waltige Himmel, der selbstgesetzte, und der gewaltige Fluch des
Weisen, und die gewaltigen Genien der Reinen, und die Ver-
sammlung der vielen reinen Mazda -yagna's. Durch seinen Reich-
thum etc.
xvn.
67. Mithra — den wachsamen , der mit geistbereitetem,
hochräderigem Wagen vorfährt vom Karsvare Arezahi hin zum
Karsvare Qaniratha dem glänzenden , die passenden Räder ge-
folgt von der mazda - geschaffenen Gnade und von dem ahura-
geschaffenen Sieg.
68. Dessen Wagen mitergreift die gute Reinheit, die hohe;
dessen Weg die mazda -yagnische Lehre sänftiglich bereitet. Den
Renner geistige, falbe, glänzende, vorschauende, heilige, wissende,
schnell geistergleich führen, dieweil des Weisen Fluch gutge-
räumten (Weg) fürwahr räumt.
69. Vor welchem zittern alle geistigen Daeva's und die
Frevler aus Varena. Nicht mögen wir hier des ergrimmten Herrn
Wucht begegnen, der tausendwuchtig dem Feind entgegengeht,
der Zehntausendspäher, der starke, allwissende, unbeirrte. Durch
dessen Reichthum etc.
Windischmann, über Miihra.
XVllI,
70. Mithra — den wachsamen ; vor welchem vorausfährt der
ahura - geschaffene Sieg in Gestalt eines Ebers, eines sich ent-
gegenwerfenden, scharfhauerigen, männlichen, scharfklauigen, auf
einmal erschlagenden, eines Ebers, eines fetten, ergrimmten, an-
gesichttriefendeu, tüchtigen, mit Füssen, Händen, Waffen, Schweif
und Backen von Erz.
71. Der hervorstürzt vom Gegner gefolgt mit Wuth mit der
Männerwehr (Tapferkeit), und hundertweise (oder: verwundend)
niederschlägt die Gegner, und nicht rastet mordend und den
Mord nicht endet, bis er niederschlägt das Mark, die Seele des
Lebens, das Mark, die Grundlage des Bewusstseins (lebendigen
Organismus).
72. Auf einmal zerreisst er alle, der auf einmal Knochen
und Haare und Hirn und Blut der mithratrügenden Menschen von
der Erde aus Befleckung verbreiten macht. Durch seineu Reich-
thum etc.
XIX.
73. Mithra — den wachsamen , der fürwahr mit ausge-
streckten Händen die Stimme erhebend jammert, so sprechend:
74. Ahura- Mazda, heiligster Geist, Schöpfer der bekÖrperten
Lebendigen , Reinen ! Wenn mir die Menschen mit namenge-
nanntem Opfer opferten , wie sie den andern Yazata's mit namen-
genanntem Opfer opfern, fort von dem schnellen, vergänglichen,
begränzten Zeitalter würde ich schreiten; zum eignen, dauernden,
unsterblichen, unbegränzten Leben hin würde ich gehen.
75. Seien wir Dir Felderbeschützer, nicht seien wir Dir
Felderverderber (leerer) , nicht Hausverderber, nicht Dorfverderber,
nicht Stadtverderber, nicht Landverderber, noch dass uns der ge-
waltige Arm niederschlüge vor den Hassenden.
76. Du dieser Hassenden, Du dieser Hasserfüllten Hass
zerstöre , zerstöre die Tödter der Reinen ; mit schönen Rossen
begabt bist Du, mit schönem Wagen, im Kampfe (Opfer, Rufe)
glücklich bist Du und stark.
77. An rufe ich Dich zur Hülfe mit vielen Opfern von Spen-
den und mit gutem Opfer, mit vieler Darbringung von Spenden
und mit guter Darbringung , damit Du umfriedest mit langer üm-
frieduDg die reichtbumgesegnete Wohlfahrt.
78. Du beschützest jene Länder, welche sich um das Wohl-
wollen bemühen des weitflurigen Mitbra; Du zerstörst jene Länder,
welche ruchlos sind. An rufe ich Dich zur Hülfe, und her komme
er uns zur Hülfe der gewaltige, überstarke, opfer- und preis-
würdige Mithra, der reiche Landesherr. Durch seinen Reich-
thum etc.
10 Windisdmann , über Mühra,
XX.
79. Mitlira — den waclisameti , der Ralnu Wohnuug- ge-
setzt hat; dem Rasnu zu lang^em Gefolge (langer Genossenschaft)
dargebracht hat die (?)
80. Du bist der Wohnung Schützer , Beschützer bist Du der
Nichttrüger; Du bist des Verkehres Herr, der Erhalter der Nicht-
trüger. Denn zu Dir hat er den besten Genossen gesetzt und
den ahuragegebenen Sieg, in welchem liegen die Mithratrüger,
die auf ihre Empörung geschlagenen früheren Menschen (??).
Durch seinen Reichthum etc.
XXI.
81. Mithra — den wachsamen, der Rasnu Wohnung gesetzt
hat, dem Rasnu zu langem Gefolge dargebracht hat die
82. Dem tausend Kräfte geschaffen hat Ahura- Mazda, zehn-
tausend Augen zum Sehen. Hierauf mit diesen Augen und mit
diesen Kräften erspäht er den Mithrafeindlichen und Mithratrüger.
Hierauf mit diesen Augen und mit diesen Kräften ist unbeirrt
Mithra der Zehntausendspäher, der starke, allwissende, unbeirrte.
Durch seinen Reichthum etc.
xxn.
83. Mithra — den wachsamen , welchen des Landes Landes-
herr fürwahr mit erhobenen Händen anruft um Hülfe; welchen
der Stadt Stadtherr fürwahr mit erhobenen Händen anruft um Hülfe.
84. Welchen des Dorfes Dorflierr fürwahr mit erhobenen
Händen anruft um Hülle; welchen des Hauses Hausherr fürwahr
mit erhobenen Händen anruft um Hülfe. Den die Thürgeherinn,
vom Topf gefolgt, fürwahr mit erhobenen Händen anruft um
Hülfe; den der Arme, welcher der reinen Lehre zugethän ist,
abgewiesen in seinen Gerichten, fürwahr mit erhobenen Händen
anruft um Hülfe.
85. Dessen (des Armen) Stimme des Jammers hinauf zu je-
nen Lichtern steigt, herab um diese Erde geht, hin durch die
sieben Karsvare's geht , mag er laut die Stimme erheben oder
ins Ohr.
86. Die in die Irre geführte fürwahr ruft (ihn) mit erho-
benen Händen zu Hülfe, nach dem Stalle sich sehnend: Wann
wird uns der Mann zum Stalle gelangen machen hinterherfahrend,
Mithra der weitflurige? Wann wird er uns hinbringen auf den
Weg der Reinen die in das Haus des Drukhs geführte?
87. Hierauf wem begütigt ist Mithra der weitllurige, dem
kommt er zu Hülfe; hierauf wem erzürnt ist Mithra der weit-
llurige, dem zerstört er Haus und Dorf und Stadt und Land und
des Landes Ruhm. Durch seinen Reichthum etc.
Windischmann, über Milhra. H
XXIII.
88. Mithra — den wachsamen ; welchem opferte Haoma, der
über die Erde hervorspriesst, der heilkräftige, reine, herrschende,
g-oldaugige, auf dem höchsten Gipfel, auf dem Berg Haraiti,
welcher Hukairya mit Namen genannt wird ; dem unbefleckten der
unbefleckte, vor unbefleckten Opfer- Reisern , vor unbefleckter
Spende, vor unbefleckten Worten.
89. Welchen zum Priester aufstellte der reine Ahura-Mazda
schnellopfernd, mit hohen Gliedern. Es opferte der schnellopfernde,
hochgliederige Priester mit hoher Stimme ; er ein Priester (Rufer)
dem Ahura-Mazda ein Priester der Amesa - ^penta's. Seine
Stimme stieg hinauf zu jenen Lichtern, herab ging sie um diese
Erde, hindurch ging sie zu allen sieben Karsvare's.
90. Der zuerst die Haoma -schalen aufstellte, die sternge-
schmückten, geistbereiteten, auf dem Berg Haraiti. Es segnete
Ahura-Mazda, es segneten die Amesa - ppenta's seinen wohl-
gewachsenen Körper, dem die rosselenkende Sonne von ferne
Lob erweckt (verkündet).
91. Lob dem weitflurigen Mithra, dem tausendohrigen, zehn-
tausendaugigen. Opferwürdig und preiswürdig bist Du; opfer-
würdig und preiswürdig seiest Du in den Häusern der Menschen.
Heil sei jenem Mann, der Dir fürwahr opfert, Holz in der Hand,
Opferreiser in der Hand, Milch (Fleisch) in der Hand, Schalen
in der Hand, mit gewaschenen Händen, mit (zwei) gewaschenen
Schalen , auf ausgebreitetem Opferreis ; bei aufgestelltem Haoma,
bei hergesagtem (hörbar gemachtem) Ahuna - Vairya.
92. Durch diese Lehre werden verkündigt (bekannt, verehrt)
Ahura-Mazda der Reine, Vohu-Manö, die beste Reinheit (Asem-
vahistem), Khsathra -Vairya, ^penta- Armaiti, Haurvatat und Ame-
retät, verkündet die Amesa-ppenta's durch seinen Segen der
Lehre. Ihm bringe der wohlthätige Mazda die Meisterschaft der
Lebendigen, welche Dich sehen sollen unter den Geschöpfen als
Herrn und Meister der Lebendigen , als besten Reiniger dieser
Geschöpfe.
93. Sodann in beiden Welten, in beiden Welten schütze
uns, o weitfluriger Mithra, in dieser Welt der bekörperten, und
welche da ist die geistige; vor dem bösen Tod, vor dem bösen
Aesma, vor den bösen Heeren, welche die grausige Fahne er-
heben möchten, vor den Anläufen des Aesma, welche Aesma
der schlechtgeistige anlaufen machen könnte, mit Vidhatus, dem
dämonengeschaffenen.
94. Dann gieb uns Du, o weitfluriger Mithra! Stärke für
die Gebundenen, Festigkeit den Leibern, Ueberwältigung der
Hassenden, Niederschlagen der Schlechtgeistigen, Zusammenver-
nichtung der Feinde, der Gegner, der Hassenden. Durch seinen
Reichthum etc.
\2 Windischmann, über Milhra.
XXIV.
95. Mithra — den wachsamen, der erdebreit umschreitet
nach Sonnenaufg^ang- und berührt die zwei Enden dieser bepfadeten,
runden, weitgedehnten Erde; Alles dies beschaut er, was zwischen
Erde und Himmel ist.
95. Eine Keule in der Hand haltend mit hundert Warzen
versehen , mit hundert Schneiden, vorwuchtig, männerniederschmet-
ternd, am Griffe mit Erz beschlagen, dem mächtigen, goldenen,
die mächtigste der Waffen, die siegreichste der Waffen.
87. Vor welchem zittert Anro - Mainyus , der vieltödtende
(todvolle) , vor welchem zittert Aesma der schlechtgeistige, kör-
perzerstörende; vor welchem zittert Busyägta, die langhändige;
vor welchem zittern alle geistigen Daeva's und die Frevler aus
Varena.
98. Nicht mögen wir Mithra des weitflurigen, ergrimmten
Wucht begegnen; nicht möge ergrimmt auf uns dreinschlagen
Mithra der weitflurige, der als der mächtigste der Yazata's, der
kräftigste der Yazata's, der energischeste der Yazata's, der
schnellste der Yazata's, der erzsiegreichste der Yazata's einher-
wandelt auf dieser Erde Mithra der weitflurige. Durch seinen
Reichthum etc.
XXV.
99. Mithra — den wachsamen ; vor welchem zittern alle
geistigen Daeva's und die Frevler aus Varena. Vorfährt der
Länderherr Mithra der weitflurige am rechten Ende dieser Erde,
der bepfadeten, runden, weitgedehnten.
100. Auf seiner rechten Seite fährt der gute ^raosa, der
Reine; auf seiner linken Seite fährt Rasnu, der hohe, mächtige;
auf allen Seiten fahren die Gewässer, die Bäume und die Genien
der Reinen.
101. Gegen sie gewalthabend gleicherweise trägt er die
gradebefiederten Pfeile. Wenn er dann dort vorüberkommt fah-
rend, wo gegenmithrische Länder sind, da schlägt er zuerst die
Keule nieder auf Ross und Reiter, zusammen zitternd macht er
beben beide Ross und Reiter. Durch seinen Reichthum etc.
XXVI.
102. Mithra — den wachsamen , den mit falben Rossen,
mit scharfer Lanze, mit langem Schaft, mit schwingendem Pfeil
versehenen, das Unsichtbare treffenden, lieblichredenden Krieger.
103. Den zum Beschützer und Umfrieder Ahura- Mazda ge-
schaffen hat der ganzen lebendigen Natur. Der Beschützer ist
und Umfrieder der ganzeu lebendigen Natur. Der uneingeschlä-
Windischmann, über Mithra, 13
fert mit der WaflFe beschützt des Mazda Geschöpfe, der unein-
geschläfert mit der Waffe vertheidigt des Mazda Geschöpfe.
XXVIl.
104. Mithra — den wachsamen ; dessen lange Arme hervor-
greifen, die mithramächtigen, was im östlichen Hindu ist, und
was im westlichen nahen (dienstbaren), was in der Tiefe der
Ranhä (des Oceans) , und was in der Mitte dieser Erde.
105. Du o Mithra weitergreifend umstrecke die Hände':
der Ruchlose durch die Gerechtigkeit erreicht (vernichtet) ist
unruhig (traurig) in seinem Gemüthe. So denkt der Ruchlose :
nicht alle diese ünthaten , nicht all diesen Betrug sieht Mithra
auf der Erde.
106. Aber ich denke in meinem Sinn: nicht denkt ein Mensch
hundertfach lebendig- (irdisch-) kräftig bösen Gedanken, wie Mithra
geisteskräftig guten Gedanken denkt. Nicht spricht ein Mensch
hundertfach irdischkräftig böses Wort, wie Mithra geisteskräftig
gutes Wort spricj^;; nicht wirkt ein Mensch hundertfach irdisch-
kräftig böses Werk, wie Mithra geisteskräftig gutes Werk wirkt,
107. Nicht folgt einem lebendigen Menschen hundertfach
grösserer heller Verstand, wie Mithra dem geistigen heller Ver-
stand. Nicht hört ein Mensch hundertfach irdischkräftig mit sei-
nen Ohren, wie Mithra der geistige mit den Ohren hörend, tau-
sendkräftig, jeden Trügenden sieht. Mächtig wandelt Mithra
einher, gewaltig an Herrschaft fährt er, und richtet schauend
von fern reine Blicke mit den Augen.
108. Wer wird mir opfern, wer mich trügen? wer mit gutem
Opfer, wer mit schlechtem Opfer wird mich als einen Yazata
achten (als solchen anrufen) ? wem soll ich Reichthum und Gnade,
wem des Leibes Festigkeit ich ertheilen vermögend, wem soll
üeberfluss nahrungsvollen ich ertheilen vermögend; wem soll ich
berühmte Nachkommenschaft gerne segnen?
109. Wem die gewaltige Herrschaft, die selbstbefestigte,
voUschaarige, ohne dass er in seinem Sinn daran denkt, soll ich
geben die beste, der des Feindes, des Nebenbuhlers Schädel
schlägt, der Held, der tödtende, nicht getödtete. Der niederstellt
(einsetzt) zur Verkündigung (Erfüllung) eine praosja (?) ; sogleich
wie sie eingesetzt ist, wird sie erfüllt (verbreitet), wenn er
sie ergrimmt einsetzt, so erfreut sie des erzürnten und unbe-
sänftlgten Gemüth zur Wohlbesänftigung des Mithra.
110. Wem soll ich Krankheit und Tod, wem Mangel, nah-
rungslosen ich ertheilen vermögend, wem soll ich berühmte Nach-
kommenschaft mit Zusammenschlag niederschlagen?
111. Wem die gewaltige Herrschaft, die selbstbefestigte,
voUschaarige, ohne dass er in seinem Sinn daran denkt, soll
ich wegnehmen die beste, der des Feindes, des Nebenbuhlers
h
14 Windischmann, über Milhra.
Schädel schlägt, der Held, der tö'dtet, nicht getÖdtet. Der ein-
setzt zur Verkündigung eine ^raosya; sogleich wie sie eingesetzt
ist, wird sie erfüllt; wenn er sie ergrimmt einsetzt erschreckt
sie des besänftigten und nichterzürnten Gemüth zur Nichtbesänf-
tigung des Mithra. Durch seinen Reichthum etc.
XXVIII.
112. Mithra — den wachsamen, mit silbernem Helm (?) und
goldenem Panzer, den geschossetödtenden, mächtigen, tüchtigen,
Dorfherrn und Krieger. Mannichfach sind des Mithra Wege,
wenn er zu diesem Land herschreitet, wo er wohlwollend (wohl-
behandelt oder wohlberitten?) reitet die tiefen Pfade zur Flur.
113. Darauf geht sein Vieh und Mann nach Wunsch hervor.
Dann komme er uns zu Hülfe, o Mithra, hoher Herr, wann hoch
erhebt das Geschoss die Stimme, und der Pferde Nüstern schnau-
ben, die Geschosse schwirren, die Sehnen schnellen die scharfen
knöchernen Pfeile. Dann fallen die Söhne der schwer -opfernden
geschlagen kopfüber.
114. Dann gieb uns Du o weitfluriger Mithra! — der Has-
senden (wie oben 94-). Durch seinen Reichthum etc.
XXIX.
115. Mithra — den wachsamen. 0 Mithra weitfluriger!
Meister des Hauses, des Dorfes, der Stadt, des Landes, der
Zarathustraversammlung !
116. Zwanzigfach ist der Mithra zwischen Freunden, Schul-
terraagen. Dreissigfach zwischen Handelsleuten. Vierzigfach zwi-
schen Zusammenlebenden. Fünfzigfach zwischen Mann und Frau.
Sechzigfach zwischen Mitschülern (Opfergenossen?). Siebzigfach
zwischen Schüler und Lehrer. Achtzigfach zwischen Schwieger-
sohn und Schwiegereltern. Neunzigfach zwischen Brüdern.
117. Hundertalterig zwischen Vater und Sohn. Tausendal-
terig zwischen Ländern. Zehntausendalterig ist der Mithra der
mazda-ya^nischen Lehre — —
118. Mit untengesetztem Lobe möge ich gelangen zu oben-
gesetztem. Wie diese Sonne über der hohen Hara hervorgeht und
um sie fährt, so möge auch ich o Heiliger mit untengesetztem
Lob gelangen zu obengesetztem hinüber über des bösen x4nra-
Mainyu Gelüste. Durch seinen Reichthum etc.
XXX.
119. Mithra — den wachsamen. Dem Mithra opfre, o Hei-
liger, sage es den Schülern. Es sollen Dir opfern die Mazda-
yaQna's mit einem Paar Vieh, Zugthiere, mit einem Paar flie-
gender Vögel , welche beflügelt daher fahren.
Windischmann, über Milhra. 15
120. Mithra ist aller reinen Mazdaya^na's Erheber und Wir-
ker (von allen reinen Mazdayagna's zu erbeben und zu loben?),
Haoma der ang-ekündigte und verkündig-te , welchen die Priester
verkünden und opfern sollen. Der reine Mann soll von den gerei-
uig-ten Spenden vorkosten, der da macht, wenn er opfert, dass
Mitbra der weitflurig-e besänftigt und unerzürnt sei.
121. Es fragte ibn Zaratbustra: wie o Abura- Mazda soll
der reine Mann von den gereinigten Spenden vorkosten , der da
macbt, wenn opfert, dass Mitbra der weitflurige besänftigt und
unerzürnt sei.
122. Hierauf spracb Abura -Mazda: Drei Tage und drei
Näcbte sollen sie den Leib waschen, dreissig Upazanana's büssen
zum Opfer und Preis Mitbra's des weitflurigen. Zwei Tage und
zwei Näcbte sollen sie den Leib waschen, zwanzig üpazanana's
büssen zum Opfer und Preis Mitbra's des weitflurigen. Nicht
soll mir jemand von diesen Spenden vorkosten , der nicht der
Opferhymnen kundig ist (alle Meister?).
XXXI.
123. Mitbra — den wachsamen, i;velchem opferte Ahura-
Mazda auf dem glänzenden Garö-Nmana.
124. Mit erhobenen Armen fährt zur Unsterblichkeit hin
Mithra der weitflurige vom glänzenden Garö-Nmäna aus, auf schö-
nem Wagen gefahren, dem gleich festen, allgestaltigen, goldenen.
125. An diesem Wagen fahren (ziehen) vier weisse Renner
von gleicher Farbe, Geistesspeise essend, ohne Krankheit; ihre
Vorderhufen mit Gold beschlagen, die hinteren mit Silber; alle
sind sie angespannt an die Deichsel, die nach oben gekrümmte,
die gebunden ist mit gespaltenen, woblgemachten, dicken Klam-
mern von Metall.
126. Auf seiner rechten Seite fährt Rasnu der gradeste
(gerechteste), heiligste, aufgewachsenste ; auf seiner linken Seite
fährt er die gerechteste Unterweisung, die spendentragende, reine,
mit weissen Kleidern angethan, weiss: ein Gleicbniss der maz-
dayagnischen Lehre.
127. Nach fährt der starke Fluch des Weisen im Körper
eines Ebers, eines sich entgegenwerfenden, scharfbauerigen, männ-
lichen, scharfklauigen, auf einmal erschlagenden, eines Ebers, eines
fetten, ergrimmten, angesichttriefenden, tüchtigen, gebundenen
und bis zum Ende fahrenden. Zunächst ihm fuhr das Feuer,
das angezündete, die gewaltige königliche Gnade (Majestät).
128. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mi-
tbra ein Tausend Bogen von Knochen, deren Sehnen aus Sehnen
der Rinder woblgemacht sind; geisterstark fahren sie bin, gei-
sterstark fallen sie auf den Schädel der Daeva's.
129. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mi-
1^ Windischmann, über Milhra.
thra ein Tausend Pfeile die mit Kahrkd^afedern befiedert, mit
goldenen Spitzen , hörnernem Schaft und Auszweigungen von
Knochen und Eisen wohlgemacht sind; geisterstark fahren sie
hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daeva's.
130. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigeu Mithra
ein Tausend Lanzen mit scharfer Spitze wohlgemacht; geister-
stark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der
Daeva's. Fs steht als Schutz des Wagens des weitflurigeu Mi-
thra ein Tausend Wurfscheiben von Kupfer, zweigeschärft, wohl-
gemacht; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf
den Schädel der Daeva's.
131. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mi-
thra ein Tausend Schwerter, zweischneidig, wohlgemacht; gei-
sterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel
der Daeva's. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen
Mithra ein Tausend Keulen von Erz wohlgemacht; geisterstark
fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daeva's.
132. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mi-
thra der schöne wohlbeschlagene Keil mit hundert Warzen, mit
hundert Schneiden, männerniederschmetternd, am mächtigen gol-
denen Griff mit Erz begossen, die prächtigste der Waffen, die
siegreichste der Waffen ; geisterstark fahren sie hin, geisterstark
fallen sie auf den Schädel der Daeva's.
133. Nach dem Schlagen der Daeva's, nach dem Niederschla-
gen der mithratrügenden Menschen fährt hervor Mithra der weit-
flurige durch Arezahi-^avahi, durch Fradadhafsu, Vidadhafsu, durch
Vourubaresti und Vouru^aresti , durch das Karsvare's Qaniratha
das glänzende.
134. Vor ihm zittert fürwahr Anro-Mainyu der todvolle,
vor ihm zittert fürwahr Aesma der schlechtgeistige, leibver-
derbende; vor ihm zittert fürwahr BusyäQta die langhändige;
vor ihm zittern fürwahr alle geistigen Daeva's und die Frevler
aus Varena.
135. Nicht mögen wir Mithra des weitflurigen etc. (wie oben
98), Durch seinen Reichthum etc.
XXXII.
136. Mithra — den wachsamen, dem falbe Renner ange-
schirrt am Wagen laufen, der ein goldenes Rad hat und die
Speichen ganz glänzend.
137. Wenn man ihm Spenden bringt zu seiner Wohnung,
Heil dem anrufenden Manne, so sprach Ahura-Mazda zum reinen
Zarathustra, dem ein reiner, im Geist frommer, im heiligen Wort
lebender Priester bei ausgebreiteten Opferreisern mit der Rede
Mithra's opfert; schnell kommt diesem anrufenden Manne Mithra
zur Wohnung herbei.
Windischmann, über Milhra. 17
138. Wenn er ihn bittet, so g-eschieht nach seinem Lob dem
Lober, nach seinem Lob dem Anrufenden. Wehe dem anrufenden
Mann, so sprach Ahura- Mazda zum reinen Zarathustra, dem ein
unreiner unfrommer, nicht im h. Wort lebender Priester hin-
ter dem Opferreis aufsteht, wenn er auch volle Reiser ausstreut
und lang-es Opfer opfert.
139. Nicht beg-ütig^t er den Ahura- Mazda, nicht die andern
Amesa-^penta's, nicht Mithra den weitflurig^en. Der den Mazda g-e-
ring- schätzt, gering die andern Amesa- ^penta's , gering Mithra
den weitflurigen, gering das Gesetz und Rasnu und die Wahrheit
(Arstat) , welche die Lebendigen fördert und mehrt. Durch sei-
nen Reichthum etc.
XXXIII.
140. Mithra — den wachsamen. Ich will dem Mithra opfern,
o heiliger, dem im Guten tüchtigen, geistigen, vorzüglichen, ge-
duldigen, der ohne Lüge ist, dem oben wohnenden, kräftigen,
tüchtigen Krieger.
141. Dem von siegreicher wohlgebildeter Waffe gefolgt aus
der Finsterniss wachenden, unbeirrten. Er ist der Kräftigen kräf-
tigster, der Starken stärkster, der Götter gross verständigster,
von siegreicher Gnade (Majestät) gefolgt, tausendohrig, zehn-
tausendaugig, der Zehntausendspäher, der starke, allwissende, un-
beirrte. Durch seinen Reichthum etc.
XXXIV.
142. Mithra — den wachsamen. Der als erster Verkünder stark
mehrt des heiligen Geistes Geschöpfe, wohlgeschaffen, der grösste
Yazata, wenn er den Leib erleuchtet wie der Mond selbst leuchtet.
143. Dessen Antlitz strahlt, wie das des Sternes Tistrya;
dessen Wagen mitergreift, der nicht Irrende, Erste, o heiliger, wie
die schönsten Geschöpfe mit Glanz dem leuchtenden Yazata bereitete
ihn der Schöpfer der heilig-geistige den sterngeschmückten, geist-
gebildeten (Wagen) der Zehntausendseher, der starke, allwis-
sende, unbeirrte.
XXXV.
144. Mithra — den wachsamen; dem Mithra, der bei dem
Land ist opfern wir; dem Mithra, der innerhalb des Landes ist,
opfern wir; dem Mithra, der am Lande ist, opfern wir; dem Mi-
thra, der über dem Lande ist, opfern wir; dem Mithra, der un-
ter dem Lande ist, opfern wir; dem Mithra, der um das Land
ist, opfern wir; dem Mithra, der auf dem Land ist, opfern wir.
145. Den freundlichen (Mithra) Herrn den hohen, unvergäng-
lichen, reinen, opfern wir; den Sternen, dem Mond, der Sonne,
Abhaadl. der DMG. 1,1. 2
I
Jg fVindischmann , über Milhra.
auf opferreisgebenden Bäumen dem Mithra aller Länder Länder-
berrn opfern wir. Durch seinen Reiclithum etc.
146. Wie der Herr zu ehren etc. Opfer und Preis und Kraft
und Stärke erbete ich des weitflurigen Mithra, des tausendohri-
gen, zehntauseudaugigen, namengenannten Yazata's und des Ra-
ma-Qäqtra. — Gute Reinheit etc. — Ihm ist Reichthum etc.
II.
Erklärung des Textes.
Der Eingang dieses Hymnus ist der bei den übrigen Yasht's
gewöhnliche; nur wird hier Mithra's Name mit seinen häufigsten
Epitheta's eingeschoben. Ueberden Beinamen vourugaoyaoitis,
der von Mithra fast unzertrennlich ist, kann kein Zweifel mehr
sein. Das einfache gaoyaoiti in der Bedeutung: Flur := Sskr.
gavyüti kommt z. B. Ya^na I, 16 vor; vouru = Sskr. uru Gr.
iVQv^; urugavyüti heisst in den Veda's: weite Fluren besitzend;
s. Böhtlingk u. Roth s. v. Neben Mithra ist wie Visp. I, 7. als sein
Genosse Räma Qa^tra genannt, auf welchen ein eigner Hymnus
(Ram-Yasht) vorhanden ist, der ihn mit der Luft identificirt und
sein Wesen besonders an der Stelle 43 — 45 auseinandersetzt.
1.
1. yö^nyata und vahmyata (vergl. Tir Y. 50) sind wohl
als apocopirte Instrumentale von. Femininen auf ta (s. Bopp vergl.
Gramm, p. 1166.) zu fassen.
2. drukhs und die damit zusammenhängenden Verbalformen
sind hier und anderswo mit dem stammverwandten trügen über-
setzt, obgleich der Sinn des letzteren nicht überall ganz genau
passt. Ahd. triokan decipere; altn. draugr umbra mortui, Sskr. druh
Trug, Bosheit, auch personificirt, wie die Drukhs; s. Kuhn Zeitschr.
f. vergl. Sprachf. I, p. 196. 199. Diefenhach Vergl. Wörterb. der
goth. Sprache H, p. 642 sq. Auch die Veda's kennen druh in Bezug
auf Mithra Rigv. II, 1, 2, 9.
^ano yo miträvarunävabhidhrugapo navämsuno-
ty aksnayadhruk svayam sayaksmam hrdayeni dhatta
dpa yadi in hötrabhir rtävä. Bemerkenswerth ist hier der
ächtzendische Gegensatz von dhruk und rtavä (asava). — p ere^ a-
örih^ vergl. paonhe Tir Y. 1. ny ägaö rih e Zam. Y. 48. 50. Der
Sinn der Stelle scheint mir zu sein, dass Mithra d. i. Treue,
Wahrheit gelten müsse Reinen wie Gottlosen gegenüber, vayaö
ist eine der verschiedenen zendischen Formen für Sskr. ubhau.
Windischmann y ühQr Milhra. 19
3. a^na als Adjectiv zu frazainti kommt öfter vor; so
unten 108, Farv. Y. 134. Zam Y. 75. Aslit. Y. 5. Yagn. LXVIII,
5.; mit manö Visp. XI. 3. Farv. Y, 74; mit urväno Farv. Y.
40; mitkliratu unten 107. Gegensatz von ä^nahe khrathw6
und g-aosö-crütahe Sirozah 1, 29. Hapt. Y. 1. Yagn. XXII,
25. Anquetil übersetzt ä^na mit distingue; es heisst offenkundig-,
berühmt.
4. Die Instrumentale raya qarenanhaca sind entweder
als Bezeichnung des Mittels zu fassen, wodurch das Opfer statt-
findet: vermÖg-e seines Reichthums etc., oder: um seines Reich-
thums willen. qaren6 g-iebt Weslergaard (Ind. Stud. III, p. 412)
mit: Glück, während Spiegel (ebendas.) die Bedeutung: Glanz,
Majestät festhält. Es ist die von Ahura herrührende Gnade und
Herrlichkeit, deren z.-B. Yima durch seinen Fall beraubt wird. Es
giebt ein doppeltes qareno, welches beides von Ahura kommt:
kava^m und aqaretem Zam Y. o.; über ersteres handeln die
Abschnitte des Zamyad Yasht II — VII incl. ; über das zweite
VIII — X incl., während XI — XVI wiederum sich auf das erste
beziehen; aqaretem scheint mir das nicht mittheilbare zu be-
deuten. Die Wurzel qar Z3= Sskr. svar in der Bedeutung von Se-
ligkeit (dagegen svar Himmel = hvare) liegt im lateinischen
sors, sortis, welches sich zu qarena, qaretem verhält, wie
soror zu qanha. — rama-sayanem und husayanem sind
Tir Y. 2 auch Epitheta des Tistrya; sayanem kommt in meh-
reren Compositis im ersten Fargard vor: ^ughdhö-sayanem
5; dujako-sayanem 10; vehrkanö-sayanem 12.; unten
13. airy 6- s ayanem ; 15. gava-s ayanem. In diesen Zusam-
mensetzungen hat sayanem den Sinn von Wohnsitz, Platz, in
welchem sich der erste Theil des Compositums findet. Es ist
offenbar mit siti oder skiti eines Stammes; daher denn auch ana-
log unserer Stelle Ya^n. LXVIII , 14. huskiti rämö-skiti
daregho-skiti. Nur steht hier nicht rämö- sayanem, sondern
rama-sayanem, wie es scheint ohne Variante. Der Sinn dürfte sein:
der in den arischen Ländern gute Wohnplätze bereitet.
5. ravö bildet den Gegensatz zu äzö Yagn, VIII, 8. und
bedeutet Freiheit, Leichtigkeit; es gehört etymologisch zu Sskr.
laghu lat. levis, Gr. gtia, guöwg. ravö in Compositis Visp. VII,
2. — »marjdikäi vergl. marjdikem thrayo-drighüm
Hapt. Y. 7. den Barmherzigen, welchen der Bettler ernährt. —
havanbai s. unten 33. Unsere Stelleist bebandelt von Burnouf
Y. Not. p. XXVII. — Die Prädicate: ughrö aiwithürö hat
Mithra mit den Fravsi's gemeinsam; letzteres erklärt Neriosengk
mit adhika-^akti.
6. vantaca im Zusammenhalt mit nemanha scheint Instru-
mental. An den Stellen Ya^n. XV, 1 u. 2. LXIX, 1. LXX, 1. passt
fler Instrumental ebenfalls. Das Compositum vanta-bereti findet
20 Windischmann, üher Milhra.
sich Ya^ii. LIX, p. 528. V. L. Ueber den Sinn ist wobl kein
Zweifel; es heisst: Lob; vafita Ab. Y, 34 kann das aber nicht
bedeuten.
II.
7. vyäkhanem vergl. vyäkhaine Bahr. Y. 46. — perethu-
va^dhayanem könnte den breit d. i. weithin verkündenden be-
deuten ; besser aber : den mit breiter Warte versehenen oder da-
rauf stehenden. Aehnlich baevare-vaedhayanem Farg-. XVIII,
28 als Beiwort zu nmanem, wo Spiegel vaödh. mit Warte über-
setzt; ib. 7. vaödhistem als Prädicat des Schöpfers, was Sp.
mit: den weisesten giebt. Die Stelle wiederholt sich Nyaish 1, 6.
8. arezahi. Ist es Locativ, wie vaegahi? Oder der Name
des Keswar's? vergl. zu 36. khrvisyeitis unten 36. das Masc.
khrvisyantah^ ; es ist ein part. fut. von khrvi, welches in dem
Compositum khrvi-dru oft vorkommt, ra^maoyo unten 47. Ram.
Y. 49. Ab. Y. 68. (wo Westerg-, ra^möyo giebt) ; daneben ra^-
mö unten 52. rag man ö (Acc. plur.) Bahr. Y. 62. unten 36. 41.
(Genit. ?) Farv. Y. 39. rag man am Bahr. Y. 63. rasta ragmana
Bahr. Y. 47. dual. Wir haben daher wohl eine doppelte Form
anzunehmen: rag man und ragmi, von welch letzterm rag-
maoyö der Plural mit der Einschiebung- von ao zwischen den
Labial und y ist, was sich zwischen v und y Öfters im Zend
wiederholt. Die Verwandtschaft mit Sskr. ragmi Strahl ist evi-
dent, die Bedeutung- aber verschieden; denn unser Wort heisst:
Schlachtreihe; vergl. Armen, u. Neupers. razm Schlacht. — pa-
peretane Intensivform von pr, die gedrängten Schaaren. Sskr.
prtana Heer.
9. Die Formel : fraoret-frakhsni avi mano zarazdä-
töitanhuyat haca findet sich grade so unten 51. Farv. Y.
47. 92. Visp. XIV, 2. (wiederholt p. 365, 395, 426, 448, 496,
551. Vend. lith.) Yasht fr. I, 3. Es fragt sich zuerst, auf wel-
ches Subject sich die Phrase bezieht; ob auf die Betenden, wie
hier, Farv. Y. 47 und Yasht fr. I, 3. am nächsten liegt, oder
auf den begütigten Gott, wie unten 51. Farv. Y. 92 auf die
Amesa-^penta's, Visp. XIV, 2, wie es scheint, auf Ahura; fra-
khsni avi mano unten 24, 46. könnte auf yahmai und auf
Mithragehen. Es wird sich dies nicht so leicht entscheiden las-
sen. Ebenso schwierig sind die einzelnen Worte, fraoret Yagn.
XXX, 5. LI1I,2. Das Substantiv fr aoretim Yagn. XIII,8. (fraoi-
ritim Visp. HI, 4.), die Verba fraorenta Mih. Y. 92. Y. LVII,
24. fraorenaeta Farg. XIX. init. fraorenata Farv. Y. 89.
— sind Ableitungen von jenem fravar, wovon fravaran^ ich
will bekennen die am öftesten vorkommende Form ist. fraoret
scheint einen adverbialen Sinn zu haben , ursprünglich aber Parti-
cipium zu sein; eine ähnliche Form ist das vedische dravat;
Windischmann, über MUhra. 21
s. Benfey Glossar z. Saiua-Vetla s. v. dru. — frakhsni oder
frakhsni kommt noch Zam. Y. 48, 50. vor an einer g-leiclifalls
dunkelen Stelle, wo es jedocL so viel als sichtbar, vor den Au-
gen bedeuten könnte: als sichtbar (hingewendet gegen) vor dem
ausgestrecktgehendeu die Schlange furchtbar wurde. Sskr. pra
und aksi Auge (freilich zendisch asi) oder soviel als pränc
nach vorn gewendet. Ist es von fra -f- (Sskr. aks) abzuleiten,
oder von einer eignen Wurzel frakhs, etwa einer Nebenform
von pereg? Dafür könnte Ya^n. XLIV, 7. angeführt werden,
wo die Hss. zwischen frakhsne und frakhsni schwanken; da-
neben das Öfter vorkommende frasna oder fra^na. Beide
Wörter: fra o re t- fr a k h s ni bilden nach Weslergaard ein Com-
positum, welches zunächst mit mano zu verbinden ist. avi man 6
fasst W. nicht als Zusammensetsung, etwa wie avi-mithris;
oder, wenn wir avi mit Sskr. avi geneigt vergleichen dürften,
im Sinne: geneigten Gemüthes; sondern er scheint avi als die
Präposition zu nehmen, welche immer die Bedeutung: nach etwas
hin, gegen etwas hat.
zarazdätöit. Dieses Substantiv kommt vor Yagn. XLIII, 11.
zarazdaitis. Yagn. XXII, 25 zarazdatöis Sirozah I, 29. (als
Eigenname Farv. Y. 115.) zarazdatae Visp. XV, 2. Daneben
das Adjectiv zarazdaitim als Epitheton von mäthrem gpentem und
im Gegensatz zu vaedhim Ya^n. XXV, 6. Ferner zarazda
Ya^n. XXXI, 1. atcit aeibyo vahista yöi zarazda~ aii-
hen mazdäi; ib. 12. zarazdaca, wo es Spiegel (nach brief-
licher Mittheilung) nach der Tradition mit Herz übersetzt. Der
Superlativ zarazdatema Farv. Y. 25, 36. (zarzdistö Ya^n.
LIII, 7?). Höchst merkwürdig ist das verbale zara^ca ddt
Äshi Y. 46. Es bittet hier Zarathustra, dass Hutao^a die zara-
thustrische Lehre zaragca dat apae ca aotät, welche Worte
sich Gosh Y. 26 wiederholen; aotat ist das zu dem Neutrum
avag gehörige Verbum ; vergl. Farv. Y. 146. avebis aomana.
Der Sinn ist wohl: Hutaoga möge die Lehre selbst aufnehmen
und weiter verbreiten. Wir haben also hier eine Composition mit
da = dha, wie bei yaojda. Wäre ein Wechsel von Zend. z mit
Sskr. Q nachweisbar, so würde zarazda dem Sskr. graddhd
entsprechen. Da mir jedoch für diesen Wechsel nur der üeber-
gang von i; in p in Compositis von zema bekannt ist (z. B.
khrüjdi^manam Farg. IX, 11.), so scheint mir Spiegel' s Ab-
leitung von zarad = hrd Herz richtiger. Jedenfalls heisst z a-
razd äti die innerlich gläubige Ucberzeugung, zarazda gläubig.
Benfey s I, p. 21. vorgetragene Erklärung von Sskr. bar ah Zorn,
Flamme passt durchaus nicht auf die angeführten Texte, welche
alle mit zarazda etwas Gutes prädiciren. Ebenso wenig ist
Ilaug's (D.M.G. VIH, p. 757.) Zusammenstellung von zarem mit
Sskr. gr für unser Wort anwendbar. Zu anhuyat vefgl. Ya^n.
111, 4. IV, 1. VII, 4. anhuyum (wiederholt Yatjn' LIX, p. 529,
22 Windischman, über MUhra.
530, 533, 534. V. lith.) Farv. Y. 46. auhuyat, wo es ein
Wurfgesciloss zu bedeuten scheint, was natürlich nicht auf unsere
Stelle passt, Spiegel nimmt es als Abi. von an hu Ort. Mir
scheint es von an hu = Sskr. asu Lebenskraft, Geist abzuleiten
zu sein und lebendig-, geistig- zu bedeuten. Anquelü's Uebersetzung
(II, p. 206) lautet: si on lui fait izeschne avec ferveur, qu'on
l'invoque plusieurs fois, et qu' avec purete de coeur on celebre
(l'jescht en son honneur) etant pres du feu , alors Mithra, qui
rend fertiles les terres incultes, prononcera la victoire, seconde
du Peuple d'en haut. Unten 51 hat er die Worte ganz ausge-
lassen; Farv. Y. 47. (Carde XII) übersetzt er: les forts, purs
et excellens Ferouers des Saints se hateront (de secourir) celui,
qui leur fait bien izeschne, ils feront couler l'abondance sur ce-
lui, qui pur de coeur pratique (la Loi) dans le monde pres du
feu; Farv. 92. ist die Phrase bis zur völligen Unkenntlichkeit
verwischt; Visp. XIV, 1. übersetzt Anquelil (I, 2. p. 176.): je leur
fais izeschne, je remplis mes fonctions avec purete du coeur.
An unserer Stelle sind die Worte : etant pres du feu und Farv.
Y. 47. pres du feu ein komisches Missverständniss des Wortes
ätarathra dort; zarazdatoit anhuyat haca ist mit: avec pu-
rete du coeur wiedergegeben, was beweist, dass Anquetil oder
seine Färsen in zarazdati den Begriff: Herz fanden; den Be-
griff purete suchte er wahrscheinlich in anhuyat, wobei er an-
derswo Yagn. III, 4. I, 2. p. 98. an Welt denkt: les chets qui
marchent dans ce monde. — Beides hat er Farv. Y. 47. in : qui
pur de coeur pratique (la Loi) dans le monde vereinigt. Den
Worten: fraoret-frakhsni avi mano entspricht hier : que l'on
l'invoque plusieurs fois — Visp. XIV, 1. je remplis mes fonctions
Farv. Y. 47. gar nur: pratique; denn: ils feront couler l'abondance
soll wahrscheinlich fraoiriginte wiedergeben. Man sieht
hieraus , wie wenig Hülfe uns Anquetil's Uebersetzung an so
scbvierigen Stellen darbietet.
Nach vorstehender Analyse kann meine Uebersetzung der
dunkeln Worte nur eine conjecturale sein. — fraoiri^yeiti
dasselbe Farg. VIII, 104. IX, 40. fraoiri^ydit Farg. XIV, 16.
fraoiri^ente Farv. Y. 47. fraoirigistao Farv. Y. 25,
3G. fraoirisaiti Yasht fr. I, 17. fraoirigimna Visp. XII, 5.
avö-irigyat; Ab. Y. 62. (hinabfalle) av6-irithe fitem Din
Y. 10. airistem Ab. Y. 65. (nicht fallend?) Als Bedeutung er-
giebt sich für fraoirig (fra ava und die Wurzel irig, irith)
herabsteigen, herabsteigen machen, niederlegen. Farg. VIII, 104.
übersetzt es Spiegel mit: zuwege bringen; Farg, IX, 40. mit ver-
unreinigen; Farg. XIV, 16. mit machen. — Statt verethragand
und upamanö bietet Farv, Y. 47. das regelmässige verethra-
^*ana und upamana, während gleich darauf 48 in den Hss.
wieder verethraganö und upamanö erscheint. Solche Stellen
sind instructiv, um das allmäliche Eindringen ungrammatischer
WiftdUchmann , über Mühra. 23
Formea in die Zendtexte unschiiulich zumachen. Dainois u p u-
inano ist eine dunkle ullegorisclie Abstraction im zaratliustrisclien
System; es scheint den Fluch zu bedeuten, der im Geist des
Weisen sich erzeugt.
111.
11. baresaesu. Da die Wurzel bar die Bedeutung: reiten
hat (bäsärem Ya^n. XI, 2. ist wohl = bhartr mit der bekannten
Umwandlung von rt in s) , so könnte baresa mit Rill gegeben
werden, wofern sa als Ableitungssylbe gelten darf. In derselben
Phrase kommt es vor Aban Y. 53. b a i e s n a Rashn. Y. 24. Da-
gegen findet sich Tir Y. 21. in der Beschreibung des dämonischen
Pferdes das Prädicat: kaourvo-baresahe, wo baresa eher
einen Theil des Pferdes zu bezeichnen scheint : etwa den Rücken ;
dann wäre es mit bares Berg zu vergleichen.
hitaeibyo. Das Wort hita ist von Burnouf Etud. p. 271,
wie mir scheint, nicht glücklich behandelt wordeur^^Es kommt
in derselben Verbindung vor (unten 94. Ab. Y. 53. Ya^n. LVIf,
26.; in ähnlicher Ya^n. IX, 22. hitahe Bahr. Y. 13. hitäm
Farv. Y. 100. Zam. Y. 86. In den Compositis hitä^pem Zam.
Y. 41. mäthro -hitahe tan V 6 Afrig. HI, 5, 7. hito-hizvao
Yagn, LXV, 9). Wäre es mit Sskr. sita weiss identisch, so
könnten hier die Schimmel darunter verstanden werden, auf wel-
chen die Reiter sitzen. Allein diese Bedeutung passt nicht zu
den Stellen Farv. Y. 100, Zam. Y. 86. Afrig. 111, 5, 7. u. Yagn.
LXV, 9. Es ist daher eher an Sskr. sita ligatus zu denken
und unter den Gebundenen oder Festen sind entweder die gezü-
gelten Pferde oder die Zügel selbst zu verstehen; hit6-hizvao
heisst mit gebundener Zunge d. i. wohl: leise sprechend. Dass die
Reiter Kraft für die Pferde erflehen, ergiebt sich auch aus Ya^n.
XI, 2. pouru^pakhstim. Die Wurzel gvac ^vaüc bedeutet
nach Rolh Nirukta p. 23. sich spalten; sonst wird für gvafic oder
^vafi^ nur die allgemeine Bedeutung ire angegeben. Das Wort
muss einen den folgenden Substantiven anpassenden Sinn haben.
Die Stelle von pouru-Qp. an wiederholt sich Visht. Y. 25.
bathräniväitim von hathra und niväiti: die Zusam-
menerschlagung. nivaiti von van; das a ersetzt das ausgefal-
lene n, wie in caräiti. Das einfache niväiti s kommt vor
Ya^n. X, 16, wo es Neriosengb mit nidanam oder vibhakti
giebt; d. i. Belohnung; in diesem Sinne scheint es von van in
der Bedeutung oflferre, dare herzukommen. — hameretha be-
deutet den Gegner im Kampf hamerena; vergl. hamerenAt
Farv. Y. 31. und hamarana in der Inschrift von Bisitun. Der
Singular h a m e r c t h ä i unten 69. h a m e r e t h ä t und h a m e r e-
the 71. hamerethem AshiY. 12, wo wiederum die Verbindung
mit dusmainyüm zu bemerken ist; hamareth^ Farv. Y, 33
/
/
24 Windischmann, über Mühra.
wo wahrscheinlich hamerethe zu lesen, aurvathanäm von
urvatha Genosse, Freund mit dem a privatiyum gebildet; ur-
vatha kommt von urva Seele.
IV.
13. bar am. Der heilige Berg, über welchem Sonne, Mond
und Sterne aufgehen (unten 118. Farg. XXI, 5, 9, 13); auf wel-
chem sich Mithra's paradiesischer Wohnsitz befindet (unten 50.
Rashn. Y. 23.), und ebenso der ^raosa's (Yagn. LVII, 21); wo-
hin Haoma gesetzt wird (Ya^n. X, 10. LVII, 19.); am Fusse
(upabde) der Hara wohnt der Stammvater Haosyanhö (Ab. Y.
21. Gosh Y. 3. Ashi Y. 24. Ram Y. 7., wo statt upabde upa
taerem, welch letzteres ich mit Sskr. tira zusammenhalte; vgl.
le Mont Tireh, Bund. II, p. 357. p. 364.); über ihre Höhen stei-
gen die Seelen der guten Verstorbenen hinüber und über die
Brücke Cinvat (Farg. XIX, 30). Das gewöhnliche Prädicat der
Harä ist berezaiti (unten 50, 118. Farg. XIX, 30. XXI, 5,
9, 13. Rashn. Y. 23.) Neben der Form hara kommt aber auch
haraiti Gen. haraithyö vor; unten 50, 51, 88, 90. Yagn.
LVII, 19, 21. Gosh Y. 17. Ashi Y. 37., zu welchem denn das
Prädicat barezayaö gesetzt wird, wahrscheinlich um den Gleich-
klang haraithyö berezaithyo zu vermeiden. Zam. Y. 1.
findet sich haraiti bares Ashi Y. 24. harayaö berezo.
Ya^n. XLII, 3. haraithyaö barezö. Es scheinen mir drei
Formen angenommen werden zu müssen: bares Gen. berez6
genau unser 5er^; barezasLoc. barezahi; barezat bareza
oder barezanha Adj. hoch. Arm. bartsr. Eine erweiterte
Form von bares ist baresnu. Aus hara bares oder hara
berezaiti entstand das persische a 1 b u r z.
Das Nebeneinandervorkommen (Ter Formen harä und ha-
raiti dürfte dafür sprechen, dass das VTort ein ursprünglich
iranisches ist. Bloss desswegen, weil sich bis jetzt keine gewisse
indogermanische Analogie dieses Berges und des Wortes harä
gefunden hat, an Entlehnung des Semitischen har zu denken,
ist voreilig. Eine Vergleichung mit elXr] , eXt] , uXia ist doch
wenigstens denkbar, ä^naoiti Farg. XIX, 30. ä^noit Ab. Y.
65. Dagegen asnaoiti unten 85. asnaot 89. ava-asnaoiti
24. fräsnaoiti Farg. V, 28 sqq. fräa'^navät Farg. XVI, 7.
Die Bedeutung ist überall so ziemlich dieselbe; ägnaoiti dürfte
mit Sskr. agnoti und der Präp. ä zu erklären sein; dagegen
asnaoiti zu aksnoti permeare gehören, wenn nicht eine ur-
sprüngliche Identität der Wurzeln anzunehmen ist.
zaranyo-pigö hat Burnouf Comm. s. 1. Y. Not. p. LXV
und LXXVl mit baresnava verbunden und mit goldspitzig wie-
dergegeben ; auch hat er vorgeschlagen statt p i g ö p e g 6 zu le-
sen und dann zaranyö-pegö im Sinn: mit goldner Kette ver-
Windischmann, über Milhra. 25
sehen, auf Mithra zu beziehen. Wenn eine Textänderungf erlaubt
wäre, so würde eher an zaranyö-pae^d zu denken sein; h i-
ranyape^as kommt nämlich in den Veda's vor, wesshalb Rosen
zu Rig"v. Ij 6, 3. unsere Stelle übersetzt: qui primus auream for-
mam habens pulcra cucumina.
ddidhaiti Sskr. dhyai Gr. &eaofint, Zam. Y. 94. ho
didhat khratus-doithrabya „er wird mit Geistesaugen se-
hen" giebt Wurzel und Derivat; vergl. übrigens Bopp Vergl.
Gramm, p. 1143.
14. ürao=Sskr. vra Haufen, Truppe, wesshalb die Va-
riante vrao zu beachten ist. paoiris entweder die ältesten,
ersten, oder die vortrefflichsten, thatairyo (wahrsch. acc. plur.
V. thatairi mit fradhayen zu verbinden) kommt nur an dieser
Stelle vor; der Form nach erinnert es an takhairya Farg. VIII,
93. (von tac vergl. Spiegel Uebers. p. 155.) und an vigpa-
taurvairi Farv. Y. 142. was dem Sskr. fem. rtavari neben
rtcivan entspricht; thatairi setzt eine Wurzel tat voraus, wel-
che ich Ab. Y. 15. tatao apo Tir Y. 47. linde; die Aspiration
rührt von dem folgenden r und ist noch um eine Sylbe weiter
zurückgegangen, als in takhairya. thatairyo muss Weide,
Nahrung bedeuten; tataö apo scheinen mir die nährenden Was-
ser zu sein. Wäre eine Conjectur erlaubt, so würde ich thrä
tairyo vorschlagen. Mit der Lesart khäthrö, die Burnouf zu
erklären sucht (Not. p. LXXXI), ist nichts zu machen. — afentö
Farv. Y. 9. apentaö mit der Variante äfefito; äfentem Farv.
Y. 54, — k h s a o d a n h a Sskr. k s o d a h unter den u d a k a n a-
mani Nigh. I, 12. der Strom, der Schwall des Wassers, von
ksud conterere. Ya^n. XLII, 6. apäm f r a kh s ao g trem.
thwakhsent^ Sskr. tvaks frangere , comminuere. Ab. Y.
65. von schneller Bewegung gebraucht; daher thwakhsisto
unten 98. Von den folgenden sieben Namen arischer Provinzen,
die wahrscheinlich als Parallele zu den sieben Keswars genannt
sind, finden sich mourüm Farg. I, 6. haroyüm ib. 9. Inscr.
Bisit.I, 16. Harai va Nakshi R. 22. gao m Farg. I, 5. gugdhem
ib. 5. — qäirizem Insc. Bisit. I, 16. uwarazmiya derselbe
Name Nakshi Rust. 23. neben pughda Chowaresm s. Burnouf
Y. Not. p. CVIII. pourutem ib. p. CI. In aiskatem ist ai
oder ä wohl Präposition und skata oder iskata der Name der
Provinz. Yagn. X, 11. skyata upairigaena könnte dazuge-
halten werden, womit jedenfalls der Berg iskata upairigaena
Zam Y. 3. identisch ist.
15. Es folgeu hierauf die Namen der siebet
zwar paarweise gestellt, wie sie auch unten
Y. 9 sqq. Farg. XIX, 39. enumerirt sind. Q,,
allein, weil es die Mitte biWet, um welche sich die übrigen sechs
gruppiren; zu seiner Seite arezahi und gavahi nach Westen
und Osten, vourubaresti und vouru^arcsti nach Norden,
;ieben Keswar's und /
i (67) 133. Rashn. /
ftanirathem steht /
28 Windischmann, über Milhra.
fradadhafsu und vidadhafsu nach Süden; verg-I. ßundeli. II,
p. 365. Vor karsvare kommt der gen. sing, karsvane (statt
karsvano) Visp. X, 1 vor mit der Var. karsvana, überhaupt
eine merkwürdige Stelle für den Gebrauch des Zend bei Copula-
tiv-Compositis jedes einzelne Glied in der Mehrzahl zu decli-
niren. Der acc. plur. lautet karsvän wie da man Zam. Y. 10.
Ab. Y. 5. Yagn. LXI, 5. (wo haca mit yais construirt ist); denn
yäis ist ebenfalls acc, da avi diesen Casus regiert; noch deut-
licher Ab. Y. 30. Ram. Y. 20, yatha azem amasyäkerena-
vani viQpäis ave karsvän yais hapta, wo karsvän von
kerenaväni regiert ist, wenn nicht avi zu lesen ist wie Ab.
Y. 5. und Tir. Y. 34. avi agao avi söithraö avi karsvän
yäis hapta, wo karsvän yäis ebenfalls der Acc. sein muss ;
ib. 40. hapta karsvän. Mih. Y. 64. vigpäis avi karsvän
yais hapta; dasselbe Farv. Y. 94. Zam. Y. 82. Yatjn. XIX, 16.
kais he afgman Orm. Y. vigpdis ayänca khsafnagca.
Yasht fr. II, 9. yatha dam an graestais ist wohl als Nom.
zu fassen; ebenso khrafgtrdis zdijdistais Farg. VII, 2.
Dagegen daeväiscn khrafgtrais masyäisca Acc. Yagn. XIX,
2. In diesen Formen auf ais Instrumentale suchen zu wollen,
wird vergeblich sein. Neben dem Locativ karsvöhu erscheint
auch karsvöhva Ahur. Y. 3.
16. Da karsvare Neutrum ist, so ist auch vi^pähu als
Neutrum zu betrachten; sonst vi^paesü Yagn. XII, 5. wenn han-
^amanaesü Neutrum ist. — g ü n a o i t i ist ana^ Xtyofj^evov,
Wahrscheinlich ist es in Wurzel und Bedeutung guiia (Z. gaona).
Die Sskr. Wurzel guvati güna liegt dem Z. gütha Koth zu
Grunde, vidus vergl. vidus-gathem vidus-yagnem Farg.
XVIII, 51. vidhusa mit der Var. vidus a Farv. Y. 146. vidus
Yagn. XXVIII, 5. vidus asa Ya^n. XLV , 8. viduse Yagn.
XXX, 1. LI, 8. LV, 3. Visp. XXI, 3.
V.
18. frasa als Präposition: fr asa fraya vahistem ä
ah um Farg. VII, 52. XVIII, 29. frasa frayauta Yagn. X, 14.
19. Farg. V, 11. ist diese Präp. mit padaSibya construirt;
frasa frayöit Farg. VI, 27. frasa- tacöit Farg. VIII, 100.
fr asa-fratacayat; Ab. Y. 78. frasa mit fr athan^ay ei ti;
Zam. Y. 47. mit häm-razayata Bahr. Y. 37. frasa aeiti.
Die Bedeutung ist: fort, hervor, über analog dem Gr. nQoGoo,
nQooöM vorwärts, Lat. porro; im Huzvaresch scheint frac zu ent-
sprechen ; s. Spiegel, Gramm, des Huzv. p. 98. Neben der Prä-
position findet sich das Adjectiv frasa in der Bedeutung^ neu,
frisch Zam. Y. 10, 11, 19, 89. Farg. I, 21. Yagn. XXX, 9."^ fra-
^ötemem Ny. I, 2. frasö-carethräm Zam. Y. 22. Farv. Y.
Windischmann, über Mithra, 27
17. fras6-karein Bahr. Y. 28, und in dem Worte frasö-
kereti Auferstehung-. Präposition und Adjectiv können als iden-
tisch betrachtet werden; denn aus dem BegriflF: vorwärts, hervor
konnte sich der weitere: vorg-ehend, neu, frisch entwickeln. Das
althd. frise recens Hesse sich auch vergleichen; Diefenbach I, p. 401.
upa^cinday^iti ein sich Öfter wiederholendes Wort ; unten
28.; mit fra unten 78. Farv. Y. 33, 39. Das einfache gcind
Bahr. Y. 62. Farv. Y. 31. unten 42, 76. Die Identität mit Sskr.
chid, Lat. scindere ist nicht zu bezweifeln.
g-rantö erzürnt. Sskr. saing-räma Schlacht, Goth. g-ram-
jän, Nhd. Gram, fratemadhatö wie paradhato ; die vor-
nehmsten. Der Nominativ ist auffallend, üebrig-ens vergl. Farv.
Y. 95. wo sich fratematato daqyunam findet, was dort
Accusativ sein muss.
19. naemai Seite, Theil ; vgl. oben 13. paurva-na^mdt
a^pacat Sskr. ^vac ire mit der Präp. a: er kehrt nicht wieder,
Oder ist a^pacit mit einer Hs. zu lesen und mit den meisten
paiti (welches bloss als Correctur von paiti eingeschaltet scheint):
noch schützt er zornig die Pferde?
20. vazyägtara vehementiores ; die schnell daherfahren.
apay^inti eine E,mendsition Weslergaard' s ; apayeiti 21. Bahr. Y.
20, 57. AshiY. 19. apayßmi Ab. Y. 42. apaya Tir Y. 43. (?)
Mih. Y. 105. Din Y. 2. frapay e mi Ab. Y. 63. paiti-apayat
Tir Y. 38. apaeta apay^mi Ram Y. 43. Die Bedeutung: er-
reichen, erlangen ist wohl ausser Zweifel. — fragtanvaiiti.
Möglich, dass q euphonisch eingeschoben, oder frag für frag
steht, sonach tan als Wurzel zu betrachten ist. Oder gtan
müsste = Sskr. stan sonare genommen werden, wogegen jedoch
die Conjugation spricht. — framanyente Ya^n. LXVIII, 13.
Farg. VII, 57. XIX, 43. (framanyata-vimanyata von Anro-
Majnyus). Din Y. 3. framanyäi. Die Bedeutung: denken, Vor-
sorgen passt auf unsere Stelle nicht; ihr Sinn muss vielmehr
sein : beim Fahren halten sie nicht aus , gelangen nicht ans Ziel.
— apasa. Von Sskr. paksa Flügel, ohne Flügel d. i. ohne Schnell-
kraft? Oder ist zu trennen: apa-sa? Oder dürfte man an Sskr.
prta occupatus praefectus denken und apasa als: nutzlos, zweck-
los, fassen? Das Wort findet sich noch Bahr. Y. 46. vom gezückten
Schwerte gebraucht, dessen Kraft gebrochen wird, a v i - m i t h r i s
der Gegen - Mithra. frena als Präposition gebraucht Farg. V, 4,
7, 59. wegen, vor. Da mathra wohl nirgends einfach Rede oder
Wort bedeutet, so sind unten aghanäm mathranäm Zauber-
sprüche zu verstehen.
21. rdsayaent^ sie verwunden ihn nicht; vergl. Ya^n.
XLIX, 3. LI, 9., wo rasayanhö den Gegensatz von gavayö
bildet.
28 Windischmann, über Milhra.
VI.
22. az anhat Sskr. aiibas Sünde, Unglück, Lat. angi,
angus-tus (verg-I. ang-uis = azi, lingua = bizvä) Goth. agg"-
vus. Diefenbach I, p. 4. Verg-I. Farg-. XVI II, 10.
2.3. ana ist z. B. Ab. Y. 91. Yagn. II, 1. X, 19. LXV, 14.
LXVIII, 7. Farg. XIX, 9. Instrumental, wie es scbeint aucb Farg.
V, 5.: die Stellen Farg. XVIII, 26. XXI. 6, 10. sind nicbt klar.
Hier möcbte icb es als neutr. pl. fassen und auf das vorberge-
bende azo und itbyego bezieben. Den Feinden wird das ge-
wünscht, wovon Mitbra seine Treuen befreien soll. — ava-ba-
rabi ist der Gegensatz von apa-barabi Gosb Y. 9. — tbwyäm
ist vielleicht gleich dem Vedischen tüyaih schnell; vergl. jedoch
unten 37. Farv. Y. 20. thwayanbatäm Farg. II, 23. tbwyä-
^teraaesu (Sp. furchtbar) , aus welcher Stelle ein Substantivum
mit der Bedeutung : Furcht zu vermutben ist. Da im Huzvaresch
9 dem zendischen tb entspricht {Spiegel Hüzv. Gramm, p. 50.) so
möchte ich ^amkan (Bund. III, 4.) bierherziehn , was Neriosengh
mit bbayainkara übersetzt; Sp. ib. p. 127. — qa^pai-
thyaö^e tanvo. Das Adjectiv qaepaithya oder qäpaithya (die
Lesarten wechseln) findet sich in den Formen qapaitbim Ab. Y.
62, 63. qapaithyat Yagn. XXXI, 21. qaöpaithe Ashi Y. 5.
Farv. Y. 66-; Zara. Y. 95. Yasht fr. II, 11. qaepaithya Farg.
VI, 46; qapaitbina Din Y. 3. (wenn dies hierhergehört: es
bedeutet an der Stelle soviel wie wegsam). Der Sinn ist überall ;
eigen , und es scheint eine Zusammensetzung von qä oder qaö
und paithya = Sskr. pathya: angemessen, passend zu sein. Oder
ist pse pte in Lat. i-pse suapte analog? — khsayamno manch-
mal neben kbsayäg gestellt (unten 35) drückt die Fähigkeit
aus, etwas zu thun , während kbsayäg die wirkliche Ausübung
der Macht bezeichnet. — ^ükem die Sehkraft Bahr. Y. 33. Din.
Y. 13., wo daneben giikayaö von güka Sskr. the awn of bar-
ley steht. Der Stamm ist wohl ^uc glänzen.
24. arstois arsti fem. Sskr. rsti oder risti Speer. Statt
usaos oder usaos, was alle Hss. bieten ist wohl isaos zu
lesen ; s. unten 39.
para-pathwato. Ob hierin die Wurzel pat fliegen, oder
eine Ableitung von patho Weg zu suchen ist, steht dahin; er-
steres ist mir wahrscheinlicher : patbwatö ist eine Form wie
qanvat. Der Sinn ist der des Gr. naQunhof.iai vorüberfliegen,
sanamayd hat W. aus einer Hs. gegeben; sanamaoyo oder
snamanöyo sind gleich beglaubigt. Da das Wort nur hier vor-
kömmt, so ist es schwer, die Ableitung zu eruiren : es muss aber
nach dem Zusammenhang etwa Wurf bedeuten ; vielleicht hängt
es mit der Wurzel gnath ferire zusammen. — adhaoyamno un-
betrogen, von dav betrügen; so heisst Abura adhavis Orm. Y.
14. adabbda ist in den Veden ebenfalls Prädicat der Götter.
%
Windischmann, über Milhra. 29
VII.
25. Mithra hat hier das Prädicat ah u rem, wie auch
apäm napao Zam Y. 51. gufrem verg-I. gufraT Epitheton
der Fravasi's Farv. Y. 30. gufrahe Zam Y. *5i des Sees;
Farv. XXI, 13 der Sterne; Farg-. I, 21 der Wohnsitze. Hang
zu letztrer Stelle, will es von guh sprechen ahleiten und mit:
berühmt erklären. Allein die Ableitung von gup beschützen
liegt weit näher nnd passt besser auf die schützenden Genien,
den schützenden d. i. tiefen See etc. dato-gaökem der durchs
Gesetz nützt, oder das Gesetz fördert. — vyäkhnem unten 61
und 65 vyakhnanäm vyäkhnö; Ab. Y. 73. vyäkhna. Da-
gegen vyakhand Farv. Y. 16, 52.; vyäkhanayao ib. 134.
Zam Y. 75. v y a k h a i n e Bahr. Y. 46. vyäkhanem oben 7 ; v y a-
khananäm Ny. III, 10. vyäkhana Farg. XXII, 7. als Epitheton
des Nairyö-^anha. vyakhamö Farv. Y. 16. vyAkhma Yagn.
LVII,12.' Das Zeitwort vyakhmanyeiti TirY. 15, 17, 19; vya-
khmainyata Zam. Y. 43, Entweder gehört es zuSskr. vyanak ti
manifestare, vyakta manifestus, oder zu khya mit vya enar-
rare, wo aber das Wegfallen des y unerklärt wäre. In dem
Zeitwort ist eine Composition mit man anzunehmen; vyakhna
heisst der durch Rede sich manifestirende Weise, woher sich denn
auch Neriosengh's Glosse (Burnouf Etudes p. 53) erklärt: kila yö
uttamaih stutim haiig amanam ca ^änati kartum. Das
viyaka der Bisitun-Inschrift (I, 64) gehört auch hierher. Die oben
citirte Stelle Farv. Y. 16. ist höchst merkwürdig nicht bloss durch
Nebeneinanderstellung von vyäkhano und vyäkhamo (vyakhmano?),
sondern durch ihren historischen Inhalt; denn es wird dort erzählt,
dass durch die Macht der Genien der Mann geboren wird, der
weise, weise denkende, der das Gesprochene wohl hört, der da
ist im Geist vertieft (katö vergraben), der Naoidyanho des Gau-
tama vor dieser Befragung herbeikömmt. Ich lese mit zwei Hss.
näoidhy. und vergleiche den Vedischen gautamasya nodhasa Rigv.
1, 58. p. 525. Indische Studien III, p. 222, welcher Verfasser
eines Hymnus ist. Vermuthlich ist hier jener Brahmane gemeint,
den Anquetil Tschengrahatsch nennt, und der sich zur Lehre Za-
rathustra's bekannte. Merkwürdig wäre es, einen vedischen Hymnen-
Dichter in diesem durch Sprache und manche mythologische Tradi-
tion den Veden verwandtem Kreis zarathustrischer Schriften zu ßnden.
— Qendanhem Ist dies ein. Xty. (von derselben Wurzel genda-
yanha Visp. VIII, 1. wo aber Wesleryaard gadayaiiha liest) mit
Sskr. ^ad =r Gr. xud zu vergleichen, worüber Rolh Nirukta p. 83
handelt? oder dürfte »Sskr. gardhas Stärke hierhergezogen wer-
den?— hunarem Ab. Y. 91 (Farg. XIII, 18, 19.); infr. 102; Tir
Y. 13. hun airy ao nci m und hunairyaonco, wo ich im
letzten Theile väc vermuthe. hunaravaiti Farg. XIX, 30. Yagn,
L, 8. [hunaretata Hiermit ist zu vergleichen Sskr. sünrtä
30 Windischmann, über Milhra.
Lieblichkeit Rig- V. I, 121, 14. wo es Sayana mit priyasatyat-
m i k a v a k erklärt ; s ii n a r i Beiname der MorgenrÖthe ; s. Benfey
Glossar z. Sama-V. s.v. — tanu-mathrem ein Epitheton prao-
^a's Ya^u. III, 20; IV, 23; VII, 20; LVII, 1, 33; Farg. XVIII,
14; Serosh Y. 18. wie denn auch die folgenden Prädicate sich
bei diesem Yazata finden Yagn. LVII, 34. Den Sinn des Wortes
hat Burnouf mit: celui qui a la parole pour corps, oder lui dont
la parole est le corps zu deuten gesucht; Neriosengh giebt es mit
bhaktigila; es könnte auch bedeuten, der mit seinem Körper
die mäthra's hervorbringt.
26. akatarem mit den Varianten akutarem und kata-
rem. Wären wir über den Sinn von ^raosyanäm sicher, und
könnten wir darunter Gute verstehen, so Hesse sich akatarem
erklären: der über das Unheil hinüberbringt, wie umgekehrt aka-
tasem Farg. XIX, 43: der Uebeles schaflFt. Allein ^raosya,
(es ist kaum erlaubt a^raosyanam zu corrigiren), welches nur noch
unten 109 (graosyam) vorkömmt, kann in diesem Zusammeuhang-
nur üebeles bedeuten; vielleicht: die zu strafenden, wenn wir
an ^raoso-carana denken; ein Daroudj Sreoschek kommt im
Afrin Haft Amschaspand vor Anq. II, p. 77. akatarem scheint
mir von kan graben mit der Präpos. a herzuleiten zu sein und
den Begraber d. i. Vernichter zu bedeuten, acaetarem von ci
-)- a: den Bestrafer, hamae^tärem Asht. Y. 1. Farg. X, 17,
den Zusammenbrenner v. Sskr. idh, wovon auch a^gma Brennholz
= Sskr. idhma; istya Ziegel? Farg. VIII, 8,
27. räkhsäithyad Dieses schwierige Wort wiederholt sich
unten 78 rakhsyeitis ebenfalls als Epitheton des Landes ; der Ge-
gensatz hier und dort zeigt, dass es soviel als gottlos, raithra-
feindlich bedeuten muss ; ebenso Yagn. XII, 4 dregvata räkh-
syaüta^ Es ist unstreitig von derselben Wurzel abzuleiten wie
Sskr. raksas Unhold.
avarethao bis apivaiti. An pivati oder p a v i t i Fäul-
niss (Farg. V, 27; VI, 30) ist nicht zu denken. Westergaard xer-
muthet apavataiti wie Farg. IX, 2 apavatäite; Yagn. IX,
25 apavatahe, wo W. apavatahi corrigiren will. Den Sinn
des Wortes hat Burnouf Etud. p. 328 sqq. behandelt; es heisst:
erkennen, wissen, Neriosengh giebt es mit: madhyain ^anäti.
Mir scheint es mit Gr. er in f§eTaC,(o : ausforschen , untersuchen
vergleichbar: i^tTai^to&ai erfunden werden. — avarethao ohne
Schutzwehr; vergl, v ar ath ö Farv. Y. 71. — ghenanam (wofür
die Hss. auch ghenänao oder g e n a n a o bieten) von g e n ä oder
ghena Weib (Rig. V. II, 31, 4) abgeleitet, passt nicht in den
Zusammenhang. Wir haben daher eine Ableitung von ghna töd-
tend anzunehmen, wie ja baevare in der bekannten Formel unter
43 auch mit ghna verbunden ist: ba^vareghnai; ich übersetze
hier: zehntausend von Tödtern oder Todtschlägen. nigirinaoiti
Farg. XIV, 6 sqq. wo es Spiegel mit: übergeben übersetzt; Farg.
n
Windischmann, über Mithra. 31
Hl, 20. V, 62 ni^ipinuyÄt; ni^i rinaota Farv. Y. 34. ni gri-
navalii Ab. Y. 87. Mit Sskr. ^rnati scindere lässt sich das
Wort schwer vermitteln; rriioti wird im Zend ^urunaoiti
unten 107. Y. fr. II, 41. Der Sinn von: herbeischaffen scheint
mir auf alle Stellen zu passen.
VIII.
28. ^tunad unten 71 gtün6; berezi-Qtünera Visht.
Y. 9. gatö-gtüuem Farg. XVIII, 28; hazanrö-^t iln em Ab.
Y. 101; Yagn. LVII, 21. Sskr. sthüna in s ah a sra sthü na
RigfV. II, 41, 5 (vom Wohnsitze Mithra's und Varuna's ) ; es
wird also auch hier ^tünao zu lesen sein, — ^tawrao ist ent-
weder mit Sskr. sthavira fest, oder mit Sskr. stambh befe-
stigen zusammenzuhalten; der Sinn bleibt derselbe. — aithyao
die Neg-ation von ithya vergäng*lich, welches im ersten Theil des
Compositums ithye^aiiha erscheint; äithya ist = Sskr. nitya, was
ich auch als vorn apocopirt betrachte für an-itya. berezimi-
t a h e der Name eines Ortes ; b e r e z i hoch ; vergl. barezimanäm
Visp. XIX, 2. berezi-gtünem Vist. Y. 9. mita findet sich in
framita Ram Y. 12; Zam Y. 29. vimita Ab. Y. 93; Farg. II,
29. Die Bedeutung muss sein: hochgebildet, oder wenn wir an
bareg Berg denken dürfen, berggebildet, vielleicht die berggebil-
dete oder hochgemachte Hohle des Mithra. Doch scheint eher eine
Menschenwohnung gemeint zu sein.
29. akö hat den Sinn von üebel Yagn. XII, 4 akö-dabis
XLVII, 4. akö dregväitß. XXXIII, 2. akem dregväite LI,
8. aköyä dregväite XLIIl, 5. akem akai neben vanuhim
asim vaiihave XXXII, 3, 5. akat mananho, aka mananhä,
aka^ca mainyus; Farg. XIX, 4. aka man an ha; Zam. Y.
46, 96. akem manö Yagn. XLV, 1. akavarana; XL VI, 11.
akais skyao tha n ai s XLIX, 11. akais anarethais LIX,
31. mävd ^amyat akät asö LI, 6. akat asyö Zam. Y. 95.
as-akäm dru^em Yagn. XXX, 3 vahyö akemca, an welch
letztrer Stelle übrigens die gute Bedeutung annehmbar ist, welche
Anquetil in seiner üebersetzung wiedergiebt. Möglich dass es
dem Gr. xaxoq entspricht, wie amare = Sskr. kam. Dass von
Mithra gesagt sein sollte: du bist Uebel und Bester, ist bei der
Anschauungsweise des Zarathustra kaum möglich; auch die Deu-
tung : gegen das üebel der Beste ist bedenklich. Vielleicht dürfen
wir ein zweites aka annehmen = Gr. uxog Heilung, akhsti
Visp. XI, 16 Ram 1. akhsta Diu Y. 3, 19. anäkhsta Ardib.
Y. 8. die Bedeutung ist wohl: Friede.
30. Die Adjectiva ^rao gfenao und ^r aor ath ao (^raoge-
nem und ^raorathem) enthalten in ihrem zweiten Theil die
Worte gena Frau (vedisch gna s. oben und Ya^n. XXXVIII, 1
(Farg. XI, 9) XLVl, 10; ghenad Visp. III, 4.) und ratha, im
32 Windischmann, über Milhra,
ersten grao = Gr. xlto in Compositis ; sie bedeuten frauenbe-
rühmt und wag-enberülimt; verg^l. grutoratba Rig- V. II, 122,
7. Ein weiteres Compositum mit grao ist graotanvö Farv.
Y. 40. Äsbi Y. 11; Y. fr. II, 9. — nistaretö-^payao ist ein
schwieriges Wort; nis -f- tr bedeutet im Sskr. transgredi,
perpeti, evadere; nistarana means of success, g"oing- out or
forth, Crossing- over; nistaretö wäre nach dieser Ableitung- ge-
bildet wie vitaretö in vitareto-tanus Farg-. II, 37. nis-
tara heisst Farg-. XVII. 7 (Spiegel: unterhalb) und Ya^n. LVII,
21. äusserlich. Es konnte aber auch getrennt werden : ni-staretö
(freilich hat gtar = Gr. GTOQtvvv^i L. sternere palatales g: frag-
taretem Farg-. III, 15 und anderswo; allein nach Präpositionen
auf i verwandelt sich das folgende g in s; s. unten nistayata.)
Den Sinn vermag ich nicht zu bestimmen und übersetze bloss con-
jectural. Das Verbum gpayeiti unten 37, Farg. III, 41 Farg.
VIII, 29. mit fra unten 43, mit aipi Bahr. Y. 13, mit apa Zam.
Y. 56. bedeutet: entfernen, wegfegen, wesshalb gpayo das zu ent-
fernende, der Kehricht sein könnte; oder von Sskr. gvi tumere :
der Schwall. — nidhato-nidhätem im Sinn von: niedergelegt
Farg. II, 29. Was das Niedergelegte hier sein soll (vielleicht
das Dach?) ist mir nicht klar, barezistem Farg. II, 28, 36. von
den Bäumen; ib. 22 von den Bergen Farg. VI, 45 barezista-
^svaca paiti gatusva Yagn. LVII, 21. bareziste paiti
barezahi Yagn. XXXVI, 6. L VIII, 8. barezistem barezima-
nam. An der Bedeutung: höchst ist nicht zu zweifeln. Möglich
dass zu erklären ist: das Zelt, auf welches ein barezistem, d. h.
ein Dach, eine Spitze gesetzt ist. magitao ist mir unklar vergl.
magitö Bahr. Y. 41. magitäm Ab. Y. 3.
31. Bemerkeuswerth ist die Wiederholung desselben Satzes
nur mit jedesmaliger Aenderung des Epithetons des Mithra, der
zuerst stark (güra), heilbringendster (gevista), dann unbeirrt
(adhaoyamna) heisst.
32 a h i s a eine Imperativform auf s a wie yazaesaframru-
isa unten 119. Die Wurzel ist ganz verschwunden, nur die
Reduplicationssylbe ist geblieben, paiti-viganuha Ab. Y. 95.
An andern Stellen hat vig gradezu die Bedeutung von sein Farv.
Y. 71, 73, 99. Zam. Y. 85. Farg. II, 3. — Dass cinmanö
hier nichts anderes sein könne, als die Brücke Cinvat geht aus
der Zusammenstellung mit gar 6- nm an e hervor. — dagva Sskr.
datsva vergl. Bopp Vergl. Gr. p. 998.; ich glaube jedoch, dass
es hier von der Wurzel dha abzuleiten ist. Das t vor sva ging
in 9 über und desswegen fiel der folgende Sibilant aus. Der Plu-
ral dagta Yagn. LXVIII, 21.
33. urvaiti Farg. IV, 3, 4. urvaitya Spiegel Uebers. p.
93. u r V a i t i s Tir. Y. 40. neben avö-urvaitis; urvätöis
Yagn. XL VI, 5. Das Wort urvata (Yagn. XXX, 11; XXXI,
1, 23; XXXIV, 8. XLIV, 15.) ist davon zu unterscheiden, was
Windischmann, ubpr MUhra. 33
nach Hang (Z. d. D.M.G. VIII, p. 756.) Lehre, üeberlieferung-
bedeutet, während derselbe urvati mit: Genossenschaft erklärt;
allein Serosh Y. 14. (wo übrig^ens urvaitis steht) kann dieser Sinn
unmög-lich g-elten, es ist vielmehr von Sskr. arv, urv laedere,
occidere abzuleiten, was freilich nicht beleg-t ist. Ich möchte
hier und Ser. Y. I. c. urvaiti im Sinn von Rächer nehmen. Zu
^ravaiihäm verg-1. Ya^n. LIV, 2. Visp. XII, 3. part. parst6
^ravanhem Farg-. XVIII, 51. — Zuerst kommen vier Paar von
Geg-enständen, um welche gebeten wird, dann drei einzelne, istim
unten 108.; Tir. Y. 15; istis Ab. Y. 26, 98; Zamy. Y. 32; isti-
vantem Mab. Y. 5. Der Gegensatz: ainistim (äistim ?) unten
110. Es bedeutet die Fülle, den Ueberfluss ; Sskr. is Gedeihen,
Wohlstand. — havanhum kommt in dieser Form nicht mehr
vor; Yagn. LXXI, 11. bietet eine Hs. havanhum; havanhu-
däm Farg. XVIII, 6. mit der Variante havanho-däm. Da-
gegen havanhäi oben 8. Visp. V, 1. XI, 20; Yagn. XI, 10.
XIV, 1. LXVIII, 4; havanhö unten 65. havanhem Ashi Y. 22.
havanh^ Yagn. LXVIII, 2. LXII, 6. havaiiha Yagn. LV, 3.
An den meisten Stellen ist hav. mit asavagta verbunden. Zu-
nächst läge wohl die Ableitung von su generare; allein Ya^n.
LXII, 6, (LXVIII, 4.). wo ha van he neben urune steht, an der
zweiten Stelle im Gegensatz zu fradatliäi gaethanam, zwingt
einen allgemeinern Sinn: Wohlergehen, Heil, anzunehmen; das passt
auch auf Farg. XVIII, 6., wo zu übersetzen ist: der aus Aengsten
erlöst und Freiheit giebt und an der Brücke Cinvat Heil giebt. —
h u r u n i m hurunyäi Visp. V, I . XI, 20. h u r u n y ä i Ya^n. LXVIII,
2. Das Wort scheint mir zusammengesetzt aus hu und uru oder ur-
van. Ich übersetze es vermuthungsweise mit: Tapferkeit. Oder
soll es: weite Ausbreitung heissen ? <^pan6 in Verbindung mit
mä^tim kommtauch Yagn. IX, 22 vor, wo die Glosse Neriosengh's
(Burnouf Etudes p. 287.) nirväna^nänam offenbar zu gpänö
gehört, mahat-tväm aber zu ma^tim. — vanaifitim upara-
tätem ein oft vorkommender Begriff des zaräthustrischen Sy-
stems, regelmässig neben Verethraghna genannt: Ya^n. I, 6. II,
6. LVII, 34. in ähnlicher Verbindung, aus welcher namentlich
die von mir gewählte Uebersetzung gerechtfertigt werden kann.
34. humanaiiho ivfievtig; ich habe versucht humänänho
und främananhö als Accusative zu fassen, was einen passen-
den Gegensatz zu den zu vernichtenden Feinden bilden dürfte;
beim Nominativ ergäben sich fast unerträgliche Tautologien. Im
Sanskr. bedeutet p r a m a n a h glücklich, erfreut. Zu haomanan-
hamna vergl. Atharv. Ved. I, 35, 1. sumanasyamänah. — ba-
re the die Parallele mit dusmainyüs macht für dieses verein-
zelt dastehende Wort den Sinn: Feind gewiss. Ich vermuthe je-
doch, dass hämerethe (vergl, oben 11.) zu lesen ist; auch
scheint vor viQpäo tbaösä'o etwa viQp^ tbisyantö ausge-
fallen zu sein; weil sonst taurvayama ohne Object wäre. —
Abhandl. der DMG. 1,1. 3
fuh
^4 Windischmann, über Milhra.
Zu kaoyäni karafnamca vergl. \agn. XL VI, 11. karapano
kävayagca und das Armenische khoul ev kuir Elis. II, p. 41.
IX.
.S5. arenat-caesem vielleicht g-Ieicli Sskr. rn acit rnam-
caya schuldabrechnend, bestrafend; nur steht die Form arenat
entg-eg-en. vindat-gpädhem gpddha eine Schaar Bahr. Y.
43, 58.
36. arezein ist mit are^ö Preis, Lohn nicht zu verwech
sein, obgleich die Mspte beide confundiren. Das Wort kommt
vor Yacn. LVII, 12. yö vi^paeibyö haca arezaöibyö va-
vanvao paiti-g-agaiti Farv. Y. 107. yö a^g-atö arezya-
yaö havaeibya bazubya tanuye ravö aesistö. An beiden
Stellen muss es etwas auf den Kampf, die Schlacht bezüg-liches
zeichnen: Schlachtfeld wäre wohl passend, wenn frasävayeiti
nicht entg-egenstände (verg-1. Tir. Y. 9.) wozu arezem als Accusativ
gehört; übrigens ist Farg. II, 11 in Betracht zu ziehen. Das
Armenische erzri Erde klingt an; ebenso der Name des Kars-
yare Arezahi, welcher zunächt an Sskr. ragasi die beiden
Welten erinnert. — yaozenti kommt in ähnliche Verbindung vor:
Tir. Y. 31. Ab. Y. 4. 38. unten 111. yaozayeiti der Gegen-
satz von ramayeiti; vergl. Bahr. Y. 62. yaozaintis Farv.
Y. 95. Die Ableitung von yu^ will für den Sinn nicht passen,
der etwa: erschrecken, weichen sein muss. Statt khraoiiha-
yeiti ist wohl t h r a o li h ay e i t i von Sskr. tras zu lesen: er
macht erzittern; s. unten 41, Zur ganzen Stelle vergl. Farv.
Y. 39.
37. aithim vielleicht mit Sskr. antya zusammenzuhalten?
äithis Yagn. XLVIII, 9.
38. khrumaö Farv. Y. 38. vergl. vikhrüme fitem Farg.
IV, 30. khrürera unten 93 und anderswo. Es muss hier den
Sinn: unglücklich, gräulich haben, sitayo Häuser, Familien;
Burnouf C. s. 1. Y. p. 276. Benfey Glossar z. Sama-Veda s. v.
ksiti. Das Zeitwort sky^inti ist dieselbe Wurzel; k ist blosses
fulcrum, wie denn auch neben siti oder siti skiti vorkömmt; vergl.
Y. fr. II, 16. — khrümim ist auffallend; man würde khrü-
ma im erwarten. Oder ist es als Adverbium zu nehmen? — cari-
rahäkhs. Der zweite Theil dieses Wortes ist klar; es ist die
Wurzel hac: folgen, welche auch in andern ähnlichen Composi-
tis erscheint; so änushakhs Yagn. XXXI, 12; asanhacim
Yagn. XLI, 3.; gairi-sacö Tir Y .36 (die bergkletternden An-
tilopen: auruna von der Farbe). Zam. Y. 66 (dem Berg folgend).
Den ersten Theil canra erklärt Spiegel mit: Klaue. In der be-
kannten Aufzählung der Herrn der Geschöpfe Visp. I, 1.; II, 1.;
Yaijn. LXXI, 9 steht neben ratav6 f rap ter egatäm (die
Herrn der Beflügelten; vergl. Gr. nTegv'^) und ratavö rava^-
Windischmann, über Milhra. 35
carataiu (die Herrn der leichtg-elienden) : ratav6 caiira-liä-
cäm die Herrn der den Klauen folgenden, d. i. wegen ihrer ge-
spaltenen Klauen langsam und schwergehenden Thiere, dem Sinne
nach etwa des Gr. iDiinovg als Prädicat der Rinder. — varai-
thim pantam azaiti Farg. III, 11. gäm varatäm azaiti
Farg. V, 37. — darenähu erkläre ich durch: Tragen, Lasten,
frazarsta ist nicht von hrs sich freuen, sondern von dhrs
niederdrücken abzuleiten. — raithya kommt Ashi Y. 17 vor,
wo es wahrscheinlich: zu Wagen, im Wagen befindlich bedeutet,
Sskr. rathya, was mit rathe hita erklärt wird; s. Benfey
Gloss. s. V. — a^ru azäno Thränen vergiessend; der Nom.
sing, in adverbieller Bedeutung mit dem Plural des Verbums ver-
bunden, wie unten 84 ugtana-za^to mit dem feminin, anu
zafand takahe ist bezüglich der Construction schwierig; anu
regiert gewöhnlich den Accusativ; auch ist nicht klar, ob z a-
fanö ein Genitiv ist von einem Neutrum zafan Mund, oder No-
minativ, der mit dem folgenden takahe ein Compositum bilden
müsste; dann wäre zu übersetzen: in Folge des Mundfliessens.
39. erezifya-parna Sskr. rgipya wird mit: aufstrebend
im Flug erklärt; s. Böhllingk u. Rolh s. v. Zur ganzen Stelle
vergl, Roth Nirukta p. 58. asemanö-vidho und gleich darauf
asemanö-vidhd und asemand-^anö mit den Varianten
asemö, asemnd, asimno ist dunkel. Könnte a als a priva-
tivum gefasst werden, so müsste semanö oder semano etwa:
Ziel bedeuten , wofür ich aber keine Parallele aus verwandten
Sprachen nachweisen kann; a^mano im Sinne von: Luft wäre
das nächstliegende; allein es muss dabei auffallend erscheinen,
dass die Abschreiber dieses geläufige Wort missverstanden und
grade hier allein falsch geschrieben haben sollten. — fradakh-
sanya Schleudersteine; s. die Schilderung der Waffen des Krie-
gers Farg. XIV, 9 und Farg. XVII, 10. Sie werden zarstva
genannt; das Adjectiv zarstväenis kommt Farg. VI, 46; VII,
75; VIII, 8 — 10 in der Aufzählung nach den bessern Metallnamen
vor; Spiegel übersetzt es mit: steinern, was sich durch die Ver-
gleichung mit Sskr. drsat Stein rechtfertigen könnte. Aber um
steinerne Schleudergeschosse zu bezeichnen, steht Farg. XVH,
l^agna fradak hs any a. Ich glaube, dass zarstva ein gerin-
ges Metall bedeutet; auch die Römer hatten metallene Schleuderge-
schosse, auf welchen sich oft Imprecationen oder Schimpfwortc
befinden.
40. kareta das kurze persische Schwert oder Seitenmesser:
uyivaxrjQ s. Brissonius de Regno Pers. Hl, 8. nighraire vergl.
aörihairö 45. Ich glaube, dass nighnairö zu lesen ist. ga-
rahu anderswo gara Kopf = Gr. xaga.
41. hämvaiti (vergl. oben hathr a-nivaiti) scheint mir
für hämvanaiti zustehen. Oder soll es von va wehen kommen?
— Da Farg. V, 8, paiti-raöcayÄiti vorkommt, was Spiegel
3*
3ß Windischmann, über Milhra
mit: bespülen giebt, was mir aber: ausspülen, auswerfen zu be-
deuten scheint, so liesse sich auch hier paiti mit raecayeiuti ver-
binden: die rettenden Yazata's werfen die Kainpfreihen auseinander,
entleeren sie. Wegen des folg-enden aber, das eher den Nominativ
fordert, habe ich anders übersetzt.
43. pancagag-hnai etc. Diese sich öfter wiederholende
Formel ist dem Sinne nach klar, den ich etwas freier wiederg-e-
g-eben habe; dagegen ist die grammatische Erklärung schwieriger,
mag man ghnai und ghnäi^ca nun als Dative fassen, oder als
neutrische Accusative des Plurals; für den Dativ spricht \agn.
X, 6.
X.
44. zem-frathö so breit wie die Erde, frathö Farg.
XIX, 19. Farv.Y. 32. (baesaza hacimnao zam-frathan-
ha dänu-dra^ariha hvare-barezaiiha sind die drei Aus-
dehnungen: Breite, Länge ufra Hohe genannt; zu dann vergl.
das vedische dhanvan trocknes Land, Steppe, oder auch Luft.
— maethanem Wohnort, wo man zusammenkommt, von mit
oder mith; mithnatu oder mitänatu Yagn. X, L neben m i-
tayatu, was Neriosengh mit nivasati kila abhyägato bhavati er-
klärt. Wie irrig daher Anquelü in maethanem den Begriff des
Mittlers findet, erhellt von selbst, mithnäiti oben 39, 40.
mazat anazo ist eine, wie mir dünkt, glückliche Emendation
Weslergaaras. Auffallend bleibt nur das lange a fast aller Hss.,
die m a z ä d a oder m a z ä t oder m a z d ä t a bieten. p e r e t h u
aipi ebenso Tir. Y. 40. Es scheint: in die Breite zu bedeuten,
dareghemcit aipi zrvanem Zam. Y. 26. avat aipi Farg.
VI, 10. Zam. Y. 7. vouru-astem ist dunkel; astam heisst
im Vedischen: Heimath; vielleicht könnte das Compositum: ein
weites Heim darbietend bedeuten.
45. asta ratayö. Das erste dieser Worte als Zahl zu
fassen, ist wohl das nächstliegende; ausserdem hat asta die Be-
deutung: Genosse Zam. Y. 48. rätayo ist entweder das Plu-
ral des Feminins rati, das in den Veda's die Opferspende oder
Gabe bedeutet; dann passt aber das Folgende nicht wohl dazu;
oder es heisst: Geber, Freund wie Rigv. l, 29, 4. wo r^-
yah vom Scholiasten mit: dänagila bandhavö erklärt wird. Dann
fragt sich: wer sind diese acht Genossen? Vielleicht die unten 66
aufgezählten, wo nur hathrakd nicht klar ist. — higpögemna und
liismarenta sind Desiderativen von gpag urd smar, welch letzte-
res gewöhnlich das s abwirft; nach aiwi und paiti aber bleibt
es; vergl. Bahr. Y. 34; Ab. Y 11, 123; unten 86; Tir Y. 5, 41,
48. — higpögentem findet sich Tir Y. 36, wo wahrscheinlich
higpögenti zu lesen ist. — avd Acc. plur. Tir Y. 12. Farv.
Y. 60. — Statt igenti mit der Variante a^eßti ist vielleicht
^ageiiti zu lesen.
Windischmann, üb ei- Milhra. 37
46. Zupa^capavao purö p a v a o verg-l. Atliarv. V. VIII,
3, 20. vidha^ta iielimc ich als noinen actionis von vi-di sehen:
der Durchschauer.
XI.
47. zaranuDianem. Als Epitheton des Vogels kahrkäga
kommt zarenumainis Bahr. Y. 33; Din Y. 13 vor. zarenu-
m a t i Zara. Y. 67. zarenumantem Ny. 1 , 8 : x^fr. Zart. 4 ;
Vist. Y. 4. Die letzteren Stellen sind hesonders schwierig-, da
ein hestimmtes Wesen mit diesem Namen hezeichnet zu sein scheint.
Hängt das Wort mit Sskr. hrniya Scham, Bescheidenheit, oder
mit hrnijate zusammen? ich ühersetze nach letzterem, jedoch mit
Bedenken. — ^afaonhö etymologisch und dem Sinn nach unser:
Huf, Sskr. gapha vergl. Diefenhach Goth. Wörterb. II, p. 545.
48. apaQ (vergl. apäm Yagn. X, I; Farv. Y. 91) giebt dem
folgenden Zeitwort darezayeiti die Bedeutung des Gegentheils :
kraftlos machen: wie sogleich; apagaosayeiti taub machen,
wenn nicht darez. den Sinn von: steifmachen hat; vergl, Orm. Y.
28 (und damit Atharv. V. IV, 3, 3.) und zum Ganzen Ya^n.
IX, 28. gava ist der terminus proprius für die Hand bei bösen
Geschöpfen. — daema der Blick Bahr. Y. 12, 56, 63. — duj-
berentö baraiti der Gegensatz von huberetd baraiti un-
ten 112. huberetam barat Ram Y. 40; his huberetao ba-
rat Farv. Y. 18. Bisitun- Inschrift I, 21. giebt dieselbe Phrase:
u bar tarn abaram. Es ist daher hier zu übersetzen: wenn Mi-
thra mit üebelwollen erträgt, Vergleiche im Gr. den Gegensatz
von ev(f>OQla und dvg(fOQia,
XH.
50. Der Wohnsitz Mithra's wird wie das Paradies (Rashn.
Y, 23) und wie die Zeit Yima's geschildert, pöuru-fraour-
va^QyTm — fraourvae^ayäti unten 86; hufraourvaegö Ab.
Y. 13J.; fraourva^gay^ni Gosh Y. 31; Ashi Y. 51. afra-
ourvitjvat Farv. Y. 26. Das einfache urvaeg Zam Y. 82;
Rashn. Y. 25; Farv. Y. 58, 89; Ab. Y. 131; Bahr. Y. 29; Tir
Y. 35; Y. fr. I, 15; p ai r i- u rva e gay at i Bahr. Y. 56; vi-
urvi^yät Farg. XIX, 7.; vi-urvi^tim Y. fr. II, 17. Farg.
^III, 81. ham-urvi^yaönhö Farg. IH, 32 ;ä iwi -urvaega-
yariuha Ashi Y. 15; ni-urvaegyäni Ashi Y. 57 ; ava-
ourvae^ayeiti Farg. IV, 22. Auf alle diese Stellen passt
die Bedeutung des ins weite Gehens, der Bewegung, die auch
dem Sskr. urusy zu Grunde liegt. Hier scheint mir das Epitlie-
ton des Berges Hara: den von Vielen zu besteigenden zu bedeu-
ten, weil die Seelen der Frommen über ihn hinaufsteigen.
51. hväre- hazaos a in Genossenschaft mit der Sonne;
Sskr. sa^osa Rigv. 1, 43, 3.
5§ Windischmann, über Milhra
52. fradvaraiti thwasa schnell; vergl. Farv. Y. 39. —
niayaos mit den Varianten mäyus und maus, ein schwieriges
Wort, theils weil es ungewiss ist, ob yö mayaos eine Appo-
sition zu nairyö»ganhas bildet, oder ob mayaos ein Genitiv ist,
der etwa von vadhem regiert wird, welch letzteres aber kritisch
bezweifelt werden kann; theils weil das Wort mayaos in dieser
Form nicht vorkommt; denn raayabyö Yägn. X, 12 und maya
Ya^n. XLIII, 2 gehören zu Sskr. maya. Ist vielleicht mü s Ya^n.
XVI , 8 und Ya^n. LXVIII , 8. (vergl. Farg. XI , 9 müidhi) hier-
herzuziehen , nach Anquetil der Name eines weiblichen Unholden,
wie avänhaö zeigt? maus wäre dann der Genitiv von müs. Oder
ist mayu der Täuscher, Betrüger? Sskr. mayu Galle, zugleich
aber in der vedischen Sprache eine Bezeichnung für Laute, z. B.
das Blöcken des Rindes Ätharv. V. IX, 26, 6, 7.; ferner ma-
yuka klein Nigh. III, 2 will ich nur anführen. Ist mit einer Hs.
mayus zu lesen und ein Epitheton des Genius Nairyo^aiiha an-
zunehmen, so könnte man übersetzen: der Schreier in der
Schlacht. Statt vadhem, wie Westergaard giebt, könnte auch va
dem gelesen werden.
XIII.
53. hvap6 Sskr. svapas Nirukt. p. 129. Abän Y. 85; Yagn.
X, 10 hvapao, wo es Neriosengh mit ksamaluh übersetzt; un-
ten 92 mit der Variante hvapao. — Die Klage Mithra's , dass er
nicht mit nämengenanntem Opfer verehrt werde , wie die anderen
Yazata's, deutet wohl auf eine Zeit hin, wo der Mithracultus noch
nicht allgemein und den übrigen Culten ebenbürtig war.
55. Eine der schwierigsten Stellen der Zendbücher, die sich
unten 74 und Tir Y. 11 mit geringen Varianten wiederholt. Ver-
suchen wir zuerst eine Analyse der einzelnen Worte: fra ist
durch Tmese von s u s u y u m getrennt ; parallel dazu ist u p a - g a g h-
myäm; denn es ist wohl zu lesen: up a athwär s tah e, wie K. 15.
Tir Y. 11 und unten 74 giebt. Oder noch besser athwarstahe
upa. üebrigens kommt upa auch in Verbindung mit thwere^ vor
Farg. VIII, 10; XVII, 2. Xlll, 32. Das Subject sind nicht
etwa die Menschen, sondern Mithra selbst, wie die erste Person
beweist, wenn nicht, wie etwa aus Tir Y. 24 geschlossen werden
könnte, die Endung am auch für die 3. Person des Plurals gel-
ten kann. — nuruyö asavaoyo müssen wie thwarstahe Ge-
nitiv? sein, die von fra abhängen, nuru ist ein Adjectiv, wel-
ches wahrscheinlich mit dem Adverbium nürem schnell, augen-
blicklich, jetzt, eines Stammes ist; letzteres kommt vor Ab.
Y. 63; Bahr. Y. 54, 55, 56; Yagn. XXXI, 7; LXII, 6; ebenso
nur am Tir Y. 15, 23. Farv. Y. 53; vergl. Sskr. nü-
nam im Sinne von idanim. — nurem kommt vor Ab. Y. 50;
Zam. Y. 77. Ist Ardib. Y. 4 wo neben uruyö die Variante nai-
Windischmann, über Milhra. 39
ryö steht, ebenfalls iiuruyo zu lesen? — asavaoyö kommt noch
Farv. Y. 86 vor als Apposition zu gtaoyo, und ist dort offenbar Ge-
nitiv; ebenso passt Ardib. Y. 4, ein Genitiv am besten. Da wie
wir schon wissen, ao zwischen die Endung- yd und asav ^einge-
schoben ist (veigl. ragmaoyo), so haben wir ein Adjectiväsä-
vi vorauszusetzen, für welches ich den Sinn: vergäng-lich verrau-
the. Doch lassen die Varianten Ardib. Y. 4 etwa auch ein initi-
ales khs annehmen, thwarstahe ist ein mit zrvän Zeit öfter
verbundenes Adjectiv; vergl. thwarstai zriine Ab. Y. 129.
frathwarstem zrvänem Farv. Y. 56. — zrii ayu hier und
74 eine Art Indeclinabile ; dag-eg-en Tir. Y. zrüäyat; man würde
zrüäyaot oder ayaos erwarten. ayü Ya^n. XXXI, 20.
ayu s unten 117 (so ist zu corrig-iren) ayaos Tir Y. 14. —
Nun beginnen Gegensätze zum Vorhergehenden, und zwar qah^
gayehe zu zrü-äyu, qanvatö zu nuruyö, amesahe zu
asaväoyd und a thwarstahe zu thwarstahe. Das Wort
qanvatd findet sich ebenso als Epitheton zu gayehe Yagn. IX,
1, wo es Neriosengh mit sundarakrtena übersetzt; als Bezeich-
nung eines Berges Tir Y~. 6, 37, 38; als Epitheton des Himmels
Farg. XIX, 35; Visp. VII. 4; Yagn. XXV, p. 112. V. L.; Farv.
Y. 96; Y. fr. II, 37. qanvaitisca verezö Ardib. Y. 1 was mit
Yagn. XVI, 7 zu vergleichen ist: qanvaitis asahe verezö
yazamaid^ yahu irigtanäm, urvänd säyante yao asa-
onäm fravasayö, an welcher Stelle Neriosengh (Uurnouf Etud.
p. 125) ^ubhakrtim punyakrtim übersetzt; es sind die ewig
dauernden guten Werke, in welchen die Seelen ruhen. Dasselbe
wiederholt sich Visp. XIX, 2. — qanvat hat, wie ich wegen
des Gegensatzes zu nuruyö glaube, die Bedeutung: beständig,
ewig. Die Ableitung des Wortes ist dunkel. Sskr, svan tö-
nen findet sich wieder in qanat Ab. Y. 130; Gosh Y. 2; Ashi
Y. 1,7. — Wenn nach vorstehender Erklärung die Stelle ein
Voranschreiten Mithra's von zeitlicher Existenz zu ewiger prädi-
cirt, so ist ihre hohe Wichtigkeit für mithrische Lehre von selbst
einleuchtend.
XIV.
60. Dieser Abschnitt leidet an offenbaren Corruptelen ; p a o-
gravanhem ist wohl nur Druckfehler statt: hao gravanhem. ^ —
Die Composita mit vagö (vagö-khsathrö Yagn. IX, 17, 25;
LVII, 24; unten 113 Zam. Y. 11. vagö-yaona Farv. Y. 34)
drücken aus, dass einer befähigt sei nach eigenem Willen das im
zweiten Theil des Compositums Enthaltene auszuüben, oder da-
rauf einzuwirken. — ataurvayö muss , wenn es acht ist (da es
zwei Hss. auslassen) die folgenden Accusative regieren. — Statt
vagö yao näi inatäm ist wohl zu lesen : vagö-yaonem a i-
nitem was durch Farv. Y. 34 bestätigt werden dürfte, yaonera
40 Windisrhmann , üher Mühra.
heisst Aufenthaltsort; Ardib. Y. 4. ainita ist die Negation von
intta, dessen Wurzel in im vSskr. drängen, treiben heisst; davon
Z. aenö und Sskr. enas ; ainita heisst daher: nicht verg-ewaltig-t.
Gehören auch die Accusative vor ataurvayd zu diesem? Sind va-
co-yaonem und a i n i t e m und h u d h a ö nh e m Apposita zu v a q-
trim? Die Uebersetzung dieses Abschnittes kann nur eine eon-
jecturale sein.
XV.
61. eredhwö-z an g-em den auf denFüssen stehenden; vergL
Zam. Y. 39. — Statt frat-apem ist wohl fratat-apem zu
lesen; frÄtat Farv. Y. 14^ 53; Farg. II, 26. Tir Y. 41. Zu
zavanö-grütem vergl. havanö-^rütah Vaj. Sanhit. IX, 16,
was der Scholiast erklärt: havauam ahvänam ^rnvantiti.
XVI.
64. vyäni oben 61 vyänem; vyanaya Yagn. XLIV, 7.
vyag und vyänö Farv. Y. 34. Hang Zendstudien (Z. d. D. M.
G. VIII, p. 771) erklärt vyana mit Weisheit. Es heisst wohl
zunächst Durchdringung und sodann Kenntniss. — frakayäi
vergl. Ab. Y. 1; Farv. Y. 4. — Statt yahi ist wohl yahmi zu
lesen.
65. aredrö Yagn. XLIII, 3; XLVI, 16; XLVIII, 8j
L, 4; LX; 1; Ab. Y. 19; Gosh. Y. 5;, Ram Y. 1, 21 (als
Epitheton des Opfrers); Farv. Y. 32, 75 (als Epitheton der Fra-
vasi's). Da die Sskr. Wurzel ard auch die Bedeutung biUen hat,
so könnte aredro den Betenden bedeuten, was wohl auf einige
der angeführten Stellen passt, aber nicht auf alle; ich übersetze
es mit: begehrend. — äzüiti Rashn. Y. 3. Farg. XIII, 53.
Ya^n. XXXVllI, 2 neben i j a.
66. p are ndica raoratha einer der dunkelsten BegriflFe des
zäräthustrischen Systems, Yagn. Xlll, 1 kommt pareüdi als Appo>
sition zu daena vor; dagegen XXXVIII, 2 als ein besonderes We-
sen; Visp. VII, 2. päre ndica raoratha Vist. Y. 8. — ha-
t h r ä k ö ist gebildet wie fraka. Die üebersetzung ist nur Vermuthung.
XVII.
67. vdsä ist der Instrumental. — Da hacimnö mit den
folgenden Instrumentalen zu verbinden ist , so muss cakhra wohl
als Plural genommen werden : in Bezug auf die Räder. — 68.
qiti kommt noch vor Ya^n. XXX, 11; qitäog Khord. Y. 1. ;
es ist aus su -|- viti zu erklären, welch letzteres im Sskr. Gehen,
Bewegung bedeutet, in den Veda's Opfermal (?), Instrum. viti;
vergl. Benfey Glossar s. v. Ich übersetze conjectural mit : placide.
68. raokhsna fradere^ra Tir Y. 2. Farv. Y. 81 ; Farg.
Windischmann, über Milhra 41
XXII, 1, wo Spiegel g-länzend und sehenswürdig- übersetzt. —
agaya durch Schnelligkeit. — mainiva^anhö Yagn. LVII, 27.
Sing-ular mainivagaö Tir Y. 6, 37. Dag-eg^en mainya-
vagaö unten 128 Der Sinn ist J die Pferde laufen mit geister-
hafter Schnelligkeit, iriuakhti Sskr. ric. Der Gegensatz pai-
ti-irinakhti Bahr. Y. 47.
69. värenya die im var enem befindlichen Gottlosen, d.h.
in jener Gegend, wo Thraetaona geboren wurde. — moi tu we-
der ich noch du passen zu ^a^a^ma; vielleicht ist mdit d. i. mä -j-
it (wie noit) zu lesen, vaeghai Sskr. vega Eile, Strom; es
ist das mächtige Einherstürmen des Gottes gemeint.
XVIII.
70. Die Beschreibung des Verethraghna unter der Gestalt
eines Ebers wiederholt sich Bahr. Y. 15; unten 127 wird der
Fluch mit diesem Bilde dargestellt. — paiti-eren6 hat hier
und dort die Variante paeterenö; wahrscheinlich: der sich ent-
gegen wirft von rnöti. — agürahe kommt Ya^n. XXIX, 9 in
einer offenbar hierher nicht passenden Bedeutung vor. Dagegen t i j i-
Qrvahe Bahr. Y. 25, was wohl mit schärfen Klauen bedeutet
(vergl. Zam. Y. 43. Bahr. Y. 7); ich vermuthe dass auch hier so
gelesen werden muss. — änu-pöithwahe von Anquetil richtig
mit: gras übersetzt; Sskr. py ai Part, pina pinguescere. —
parsvänikahe Sskr. anika x4ngesicht. parsuyaö ist Tir Y.
42; Ya^n. LXVIli , 6 Epitheton des Wassers, von Sskr. pars
madeficri, prs spargere, irrigare; es ist damit das Regenwasser
gemeint. — ayanho ist wohl überall im Sinn von: Erz zu neh-
men, dumahe Tir Y. 21 (dümahe) Farg. XIH, 34. Schweif von
Sskr. dhu agitare, wovon dhüma Rauch. — paitis-qarenö
Wange Farg. III, 14.
71. ^ti^a ist schwierig. Unten 106 kommt gate-aogo mit
den Varianten gtejjnd gte vor; sollte dieses gte auch hier anzu-
nehmen sein, so dass der Sinn wäre: Hunderttödter? Oder ist gtiga
von einer Wurzel Qti^=:Lat. stig, sting instigare, distinguere,
njiy In Gl i^Wy orly^a? — merezu Sskr. mar gü das Mark. Der No-
minativ ^tüno ist auffallend, khaö Farv. Y. 14. Bahr. Y. 29. Wird
auf diese Stelle von Neriosengh angespielt ( Burnouf Etudes p. 117.r(
72. hakat Farg. VIII, 70, 71, IX, 25, 26; XVIII, 16,
24, 55, 59; XXII, 3; es heisst: auf einmal, zugleich. — ag-
tegca vergl. Farg. VI, 8. m a^ tare ghan agca Gehirn; Sskr.
mastaka Schädel; mastiska Gehirn. Das sonst nicht mehr
vorkommende Wort ist gebildet wie fra^paregha \aQn. X, 6,
XIX.
73. avaruit scheint mir von ava und ri zu kommen,
welch letzteres im Sskr. mugire bedeutet.
42 Windischmann, über Milhra.
75. s. panö und s. iricö g-laube ich in passivem Sinn
nehmen zu müssen ; es könnte freilich auch heissen : feldbeschützend,
feldleerend.
76. zavanö-Qva. Ebenso Zam. Y. 52. zavano^üm als
Beiname des Meergottes. Ny. III, II. zavand-gavö. Verg-1.
oben z avanö-grütem. Ist zavanö Ruf, oder hier gleich Sskr.
havana Kampf? Rig. V. I, 102, 10, wo der Scholiast hava-
nösu mit yud dharth amäh van ^su erklärt. Der zweite Theil
des Wortes gehört znr Wurzel ^u (^avas); vergl. Ya^n.
XXXIX, 3, wo yavae^vö wohl die immer glücklichen, nützen-
den bedeutet.
77. daregha aiwi-sayana fasse ich als Instrumental.
Für aiwi-sayamna gebe ich nur eine muthmassliche üebersetz-
ung. — bereghmya kommt meines Wissens nur an dieser Stelle
vor; die Wurzel bere^ heisst wohl segnen, saetem bedeutet
in den Worten: saetavatö und asaetai Farg. IV, 47. (cf
44.) Geld oder Reichthum; vergl. Asht. Y. 1.
78. avaqyäi vergl. Yagn. LVIH, 7. Es scheint mir nur
die ältere Form für avanhe zu sein.
XX.
79. Wenn nicht statt rasnus rasnaos gelesen werden darf,
so müsste es als Adjectiv zu Mithra gezogen werden. — dare-
ghai hakhedhräi vergl. unten 81; Ashi Y. 6; dareghd-
h akhedrayana Gosh Y. 1; dareghaeibyö hakhedr ae i by ö
Farv. Y. 30 ; h a k h e d r e m unten 80 ; h a k h e d r e m y at a ^ t i
hakhedranäm vahistem antare maörihemca hvareca
Khur. Y. 5. hakhedra Vist. Y. 10. Ich glaube, dass hakhe-
drem Freundschaft, Genossenschaft oder Begleitung heisst. —
Für frabavara bieten die Hss. unten 81 frabaevare (wenn ich W.s
Varianten richtig verstehe); vermuthlich ist frabawara oder fra-
bawre (?) zu lesen. — Was manav aintim sei, weiss ich nicht
zu errathen; es kommt sonst nicht vor, Ist etwa maniva fitem
zu lesen? vergl. Yagn. XIX, 9. mainivad Farv. Y. 76. Im
Armenischen findet sich das Adverbium manav an t in der Bedeu-
tung: mehr, überdiess.
80. varezanahe vergl. Farg. XV, 17. ^air^ varezänÄ
was mir übrigens dunkel ist. varezänai Ashi Y. 46.; vare-
zana unten 116. Es ist schwer den bestimmten Begriff zu er-
mitteln; ich habe den allgemeinen: Verkehr gewählt, göire mit
den Varianten ^öiri, soire, görai kommt meines Wissesis
nicht weiter vor. Aehnlich klingende Formen sind: gäiri Bahr.
Y. 57; 9Üirim Bahr. Y. 20. (;,aire Farg. III, 8. VII, 45 sqq.,
welches Leichnam zu bedeuten scheint und allenfalls mit Sskr.
^arira verglichen werden kann. Dagegen ^aire Yagn. XXXV,
8 muss einen andern Sinn haben. Ebenso gaer^ oder ^aire
Windischmann, über MUhra. 43
Farg". XV, 17, 20.; doch liesse sich diess noch mit der Bedeutung-.*
Körper vermitteln. Meine üebersetzung- beruht auf einer sehr
g-ewiig-ten Conjectur. die göire für eine dem Sskr. gerate ja-
cent analoge Form hält. — vithisi erinnert an vithwigö F'arv.
Y. 20. vithus und vithus avaiti Farg. IV, 54, 55. vithus-
aebya^ Visp. VI, l. vithusam Farg. I, 6.; wo sich die Va-
riante vithisäm findet. — vithus i Din. Y. 15. Die F>klärung,
die Haug (das erste Kap. des Vendidad p. 28) hiervon giebt,
scheint mir sehr gewagt.
XXI.
82. yaokhstinäm vergl. Tir. Y. 45.; oben 35, 61; ya-
okhstivantem oben 61; Tir. Y. 8, 49; Mali. Y. 5; Rashn.
Y. 1; Zam. Y. 9. y ao kh sti vaiti Farg. XIX, 30. yaokhsti-
vatäm Farg. XX, 1. Neriosengh giebt Ya^n. IX, 8 hazarira-
yaokhstim mit sahasra-pranidhim; letzeres Wort scheint
Anstrengung, Thätigkeit zu bedeuten. — vidoithre vergl. oben
46. vidhaeta. — mithrö-zyäm vergl. Yacn. LXI , 3, wo
offenbar etwas Schlimmes gemeint ist. Im Atharva-Veda kommt
das Compositum brahma^ya vor; die Stelle ist mir leider entfallen.
XXII.
84. u^tanazastö mit aufgehobenen Händen auch in der
Vedasprache vorfindlich Rigv. III, 14, 5. uttänahastä. Der
Nominativ auf ö ist adverbiell neben ein Femininum gestellt; denn
das muss dväcina - hacimna sein. Ersteres Wort kommt so
geschrieben nicht mehr vor; es scheint mir aber gleich daväg-
cinä Ya^n. XXXI, 10 (neben da^vacina Yagn. XXX, 6,),
Der zweite Theil des Wortes: cina dient zur Bildung von Ad-
jectivconipositen wie z. B. tathro-cina im Finstern schleichend
Farg. XIII, 47. dvä nehme ich = dvar Thüre — die an die
Thüren Gehende ist die Bettlerin, d^vgoxönog; vergl. Farg-. III,
29 histahi anyehe dvare. Oder sollte dvd mit dav dabh be-
trügen zusammenhängen? — pithö kommt nicht mehr vor; eine
Hs. bietet pitha. Ist etwa pithwa zu lesen von pitu Topf
oder Speise; (vergl. Yagn. IX, II.)? Oder pithwe der Speise
folgend? oder pithra vom Vater gefolgt? — Eür dareghu-
scit ist wohl drighu^cit zu lesen, wie sich aus den Varianten
und der Vergleichung anderer Stellen ergiebt; drighus verhält
sich zu driwis wie laghu zu levis. — apayato scheint mir
nicht mit dem oben besprochenen apayeiti zusammenzustellen, son-
dern mit apa -|- yata von yam zu erklären: der in seinen Ge-
richten abgewiesene.
85. gerezanahe vergl. oben 53; Farv. Y. 157; Ashi Y.
57; Zam. Y. 80. Unverkennbar ist der Gegensatz von nemaiiha
und gaosa; ersteres scheint das laute Erheben der Stimme zu
44 Windischmann , über Milhra.
bezeichnen, letzteres das ins Ohr sprechen, vacim auch unten 113
mit barat verbunden, wie Farg-. IIJ, 11; Ya^n. XXXI, 12; L, 6 ;
LXX, 4"; Farg. XVIII, 15, 23, 29; väcim allein Farg-. XllI, 40.
86. yä ist auffallend; nach dem Vorhergehenden würde yim
erwartet; auch ist kein ausg-edrücktes Subject da, welches aber
unstreitig die in die Irre gerathene Kuh ist vergl. oben 38. Viel-
leicht ist zu lesen: yim gaus. — gavaithim muss etwas auf
die Kuh bezügliches sein, etwa der Stall? kapo mit den Va-
rianten kapa und kapha (kafem Bahr. Y. 13) ist unklar;
am nächsten läge die Correctur kädha nö; allein das hätten
die Abschreiber nicht so leicht verderbt. — asahe paiti paii-
täm vergl. das vedische : rtasya pantha Böhllingk Sanskr.
Wörterb. p. 1048. — vae^menda. Vergl. Sskr. va^Qman
Haus, vielleicht mit Nebenbeziehung auf ve^ya, ein schlechtes
Haus. Das schliessende da ist meines Erachtens das Gr. öe in
oly.ovöe. Die Kuh ist in die Irre geführt und in das Haus der
Drukh's; von dort befreit sie Mithra (boum abactor) und führt sie
auf den rechten Weg und zum Stalle zurück. Ueber den Raub
der Kuh, die von Indra befreit wird, vergl. Rosen zu Rigv. 1, 6, 5.
XXHl.
88. frasmis kommt ausschliesslich als Beiwort Haoma's
vor: Yagn. X, 21 (wo es Neriosengh nicht übersetzt); XLll, 5;
LVII, 19; Tir. Y. 33; Gosh Y. 17; Ashi Y. 37. Verwandt
dürfte frasmö in hü-frasmo-daitim sein unten 95; Yagn. LVll,
10, 16; Ab. Y. 91. Es wäre möglich, dass in sma Sskr. ksmä
Erde steckt und däss frasmö frasmis über der Erde erschei-
nend, hervorspriessend heisst.
89. berezi-gäthrem. Dürfte berezi-gathem gelesen werden
(vergl. vidus-gathem Farg. XVIII), so Hesse es sich übersetzen:
der die Gäthä's mit lauter Stimme singt. Doch findet sich auch
gathrö Farv. Y. 105, was dem Sskr. gatra Glied analog sein
dürfte. — h 6 statt y e u g h e.
90. Bei yo ist es zweifelhaft, ob es auf Haoma oder Mi-
thra geht. — beregayat unten 108. parä-bere^aydni;
Farg. Vll, 52. beregayaönti — beregaem; berekhdhäm
Y. fr. II, 14; berekhdaö Ashi Y. 7. Die Bedeutung segnen
wird auf diese Stellen passen, kehrpö ist der Genitiv von ke-
refs, womit yeüghao und huraodhayaö zu verbinden sind.
92. Vergl. Yagn. LVll, 24, 25, wo ganz dasselbe von f raosa
prädicirt ist. fraorenta oder getrennt frä-vareuta würde den
passendsten Sinn geben, wenn es passivisch genommen werden
dürfte: Ahura und die Amesa - ppenta's werden verkündet durch
diese Lehre.
93. vaeibya. Im Zend fällt das u des Sskr. ubhau ebenso
ab, wie im Gothischen; s. Diefenbach Wörterb. d. goth. Spr. I, p.
Windüchmann , über Mühra. 45
256. va unten 95. Gosli Y. 10; Ab. Y. 131. Zam. Y. 29. vaya
101. Der Geg-ensatz zwisclien ahu a^tvant und manahyö macht
es klar, dass erstere so oft vorkommende Phrase die bekörperte
Welt oder eig-entlich die knochig-e, nach dem festesten Theil des
leiblichen Org-anismus ausdrückt. Auch die Veda's kennen diese
Antithese: Rig-v. I, 164, 4 wird asthvantam dem anastha g"eg-en-
überg-estellt, welclie beide Worte vom Scholiasten mit sagariram
und a^arirä erklärt werden, aesmo erscheint hier, wie Ya^n.
LVll, 25 in Beg-Ieitangf des Todes und jener dämonischen Kraft,
welche die Auflösung des Leibes bewirkt; er selbst ist ein Uaupt-
repräsentant der zerstörenden Gewalt des Ariro - Mainyus. Sein
Name, der bald ae^mo, bald aesmö g*eschrieben wird, bedeutet
entweder den Brenner von idh , oder den Anstreber, Treiber, den
Beg^ierlichen von is ; verg-1. Farv. Y. 66, 107. Er kommt in allen
Theilen des Zendavesta, auch in den Gätha's vor. — draome-
byö (draomohu Farv. Y. 57.) und dravayat g-ehören zu der
Wurzel dru laedere oder currere im Causativ dravayati; vergl.
Gr. ÖQOfxoQ. Es ist von den Anläufen des Bösen zu verstehen. —
vidätaot vergl. Farv. Y. 11; unstreitig- mit dem vidhötus
Farg-. V, 8 identisch.
XXIV.
96. drajemnö verg-l. Farg-. XIX, 4; Ab. Y. 11, 123. Gr.
dgaoau) y ÖQay^a. — fravaeg-hem. Dessen Wucht nach vorne
fällt, überwuchtig, nyaöncem unten 132. Farg. XIX, 46 über-
setzt Spiegel nyaönco mit: schlecht. Farg. V, 12. VJII, 9., zu
welcher Stelle Spiegel (p. 106) richtig bemerkt, dass das Wort
eigentlich: abwärts heisse; es ist dem Sskr. nyakta: niederge-
bogen, nyaca niedrig verwandt, und kann Farg. V, 12 kaum
die Dämonen bezeichnen. Möglich, dass eine Composition ni-avänc
zu Grunde liegt. — Die Genitive amavato und zaranyehe
müssen wohl mit zarois construirt werden; ich vermuthe, dass
dieses einen Theil der Keule bedeutet, etwa den Griff: ich leite
es von hr nehmen ab; vergl. zasta, hasta und ^eiQ , die alle
von hr kommen.
97. büsyä^ta ein weiblicher Dämon der Trägheit und Schlaf-
sucht, dessen Name vom Partie. Fut. büsyäg abgeleitet die Zu-
künftigkeit heisst, d. h. die Trägheit, die Alles morgen und nicht
heute thut.
98. ag- vere thraga^te mo der erzsiegreichste, erinnert an
den so oft vorkommenden Deus invictus Mithra der lateinischen
Inschriften der Kaiserzeit.
XXV.
100. vairya^tärem ist eine schöne Parallele zu Griecli.
4ß Windischmann, über Mühra,
101. avi-m ith ranyao. Ist avi - mitliryao oder mithrayo
zu lesen?
XXVI.
102. Zwischen arstim und arstä^m (vergl, x4shi Y. 12.)
muss ein Unterschied sein; die üebersetzung- versucht ihn auszu-
drücken, khsviwi halte ich für gleich dem Ahd. sveib vibratio ;
vergl. Tir. Y. 6, 37. Äshi Y. 7- Ab. Y. 130. Farv. Y. 37. —
parö-kevidhem ist dunkel; es kommt nur hier und an der
Parallelstelle Ashi Y. 12 vor. Ist vielleicht zu lesen: paroka-
vidhem und der erste Theil mit Sskr. paröksa unsichtbar zu
vergleichen: der auch das unsichtbare triiFt. — hunairyaon-
cim verbirgt im letzten Theil väcim: der freundlichredende.
103. fravois setzt den Nominativ fravi voraus; vergl.
Yagn. LVII, 15. Vielleicht ist dabei an Goth. fraiv Same, Ge-
schlecht zu denken, anavarihabdemnö. Da sich Y. fr. I, 11.
avaiiuhabdemnö und avanhabdaeta Farg. IV, 45 findet,
welches gleich Sskr avasvap einschlafen bedeutet; so ist auch
hier anavariuhabdemnö zu lesen, was vortrefflich in den Zu-
sammenhang passt.
XXVII.
104. nighne Yagn. X, 2 (?) ; LVII, 29 mit der Variante
naghne. Im Sskr. heisst nighna gelehrig, abhängig, dienstbar,
daosataire vergl. Farg. I, 19, welche Stelle beweist, dass
auch hier hindvö zu ergänzen ist. — vStatt ganake ist wohl
^anke in der Tiefe zu lesen; s. Rashu. Y. 19. vimaidhim
ib. 21.
105. nasto, welches ich gleich Sskr. nasta nehme, könnte
vielleicht mit razista ein Compositum bilden: wo die Gerechtigkeit
abhanden gekommen ist; wäre dann razista mit anuhya zu ver-
binden, dessen Sinn mir ebenfalls ungewiss ist? asatö findet
sich auch Zam. Y. 34. Die Deutung: unruhig, unbefriedigt wird
nicht weit vom Ziel treffen, apisma kommt nur noch Farg.
XIII, 47 vor, wo es Spiegel (p. 199) mit: unzubereitet übersetzt.
Es könnte hier wie dort von ksmä oder zema Erde abgeleitet
werden und : auf der Erde bedeuten (apisma- qarö er isst auf
der Erde, wie der Dieb seine Nahrung am Boden liegend ver-
zehrt) ; so nigmahe Farg. IX, 9. Freilich ist der Wechsel von
^ und s und api statt aipi bedenklich.
106. Wie vorhin die Antithese von agtvant und manahyo, so
hiervon gaethyö und mainyavö, die sich sehr oft wiederholt.
— ^ate mit den Varianten gte und gte lässt zunächst an gata
hundert denken ; möglich aber auch , dass ^ti - aogö zu lesen ist :
mit geschaffener Kraft begabt, wie ^ti-dhäta gegenüber qa-
Windischmann, über Milhra. 47
dhäta Ftirg-. II, 40. Dageg-pii spricht aber rate macyao 107,
was nur hundertmal grösser bedeuten kann.
107. dru^intem statt dru^ayantem oder dru^yantem ; so
azaresintem amaresintem Zam. Y. 11. üebrigens vergl.
dru^aiti Farg-. IV, 10 neben drujaiti ib. 11 und unten drujät.
108. u^a. Weslergaard will ug lesen; vielleicht uge; als
Schreibfehler für die Präposition kommt es im lithographirten
Vendidad p. 205, 250, 330 vor. Ist es aber die Präposition nicht,
so könnte es mit vag wollen zusammeng-ehalten werden und uga
etwa: gern, freiwillig bedeuten.
109. qanirakhtem leitet man wohl am leichtesten von
Sskr^^k können ab : das durch sich mächtige Reich. Zu dem ^^^ji
in k^^^rai liegenden Subject sind, wie es scheint, die fol- Jr ^ f9*
genden Genitive zu construiren ; denn sonst lässt sich kein '
geordneter Sinn eruiren. cathrac ist von einem Nom. Qathar
abzuleiten; vergl. Sskr. ^atru, catayati tödten. Dieser Ge-
nitiv hängt entweder von khsathrem-vahistem ab, oder von
kameredho — vanatö-avanemnahe der tÖdtet und nicht
getödtet wird, eine öfters gebrauchte Formel. Die grösste Schwie-
rigkeit dieses Paragraphen liegt in dem uns unbekannten Wort
(^raosya. Hängt es mit craosö in er. carana zusammen und
bezeichnet es etwa eine Strafart? Oder ist es eine auf den Ya-
zata ^r^osa bezügliche Person oder Sache ? Gleich unklar ist
der Sinn von keretee und kiryete, welche offenbar correspon-
diren. kereti kommt sonst nur in den Compositis vohu-ke-
reti, fraso-kereti, yarnö-kereti (Yacn. LVII, 22; Farg.
111, 31) vor, auf welche Sskr. krti passen würde, dem ich Gr.
xQiaig an die Seite stelle, kereti könnte aber auch gleich Sskr.
kirti sein, welches: Kunde, Erwähnung bedeutet, und erst ab-
geleitet: Ruhm. — mithra vor mano etc. ist kaum zu ha nistata
gehörig. Auch der Gegensatz in 111 bringt kein Licht für diese
verzweifelte Stelle.
110. aini Stirn. Das Gegentheil von istim. Warum nicht
aistim? — hathra ^aiti möchte ich zu einem Compositum
verbinden und als Adverbium fassen.
XXVIII.
112. frasnem mit der Variante fra^nem kann hier nicht
wohl den Sinn: Frage haben, es muss vielmehr eine Waffe oder
ein Rüstzeug bedeuten. Ebenso värethmanem, was sich Se-
rosh Y. 2. und YaQn. LIl , 2. findet, wie es scheint im Sinne
von Abwehr. In astraiihadhem ist der erste Theil gleich
Sskr. astram Geschoss, der zweite die Wurzel sädh, welche
nicht bloss vollenden, sondern auch tödten heisst. — ^afraö
ein gewöhnliches Epitheton der Gewässer Ab. Y. 49. ; Tir. Y. '
8, 46; Gosh Y. 18; Ashi Y. 38; Bahr. Y. 29; Din Y. 7, Zam
48 Windischmann, ücer Milhra.
Y. 51. Farg. XIX, 42, Der Sinn: lief scheint mir durch die
Vergleichung- mit Sskr. gabhira gewiss.
113. Qrifa halte ich zusammen mit Sskr. cipra, wovon
Säyana zu Rigv. II, 33, 5. p. 577 sagt: ^ipre hanü nasik^
vä; es sind die Nüstern der Pferde, welche schnauben: Sskr.
ksubh erscliüttert, erschreckt werden, kahvän von Sskr. kac
sonum edere , wobei mir nur v vor der Endung dunkel bleibt,
nivaithyan Hesse sich mit Sskr. vyath vergleichen. Oder ist
es eine Nebenform von vä oder van? — gouru ist wohl =
garu oder guru, gravis; deren Opfer widerwärtig sind. Yacn.
IX, 28. findet sich garamautam, wofür vielleicht garuman-
täm oder gouru-mantäm zu lesen ist. paithyaönti vergl.
Farg. V, 62.; XVIII. 76. — fra-vare^a. D«ftletzt^jj|||pil des
Wortes bedeutet: Haar; vergl. oben 72. Bahr. Y. 29, 31. ; DinY.7,
10; Ab. Y. 77; Farg. VI, 7. Visp. X, 2 ist varagäi haorao-
anharezanai, wohl das Haarsieb, durch welches der Haomasaft
filtrirt wird. Es ist das Armenische vars Haar. Soll es heissen:
die Haare voraus, Kopfüber? oder: so zahlreich wie die Haare?
XXIX.
'*' 115. Darf ratavö als Vocativ genommen werden?
116. hasa oder hasa scheint Farg. XVIII, 26. Yacn. LXII,
8. LXV, 6 mit hakha Freund identisch zusein; hasämca Yacn.
LXVIII, 12 in ähnlicher Verbindung, wie hier, cupti bedeutet die
Schulter; dareiiga mit der Var. dhareiiga klingt zunächst an
daregha lang an; allein die Aspiration ist entgegen. Ist die
Ableitung von draj : halten, ergreifen zulässig? Der Sinn von
Sskr. dhrang ire ist leider nicht näher bestimmt; davon dhra-
gir der Lauf Nir. XII, 27. Wer sind die schulterlangen oder
schulterhaltenden Freunde? vielleicht die Schultermagen des deut-
schen Rechtes, d. i. Geschwisterkinder, varezana s, oben und
Ya^n. LXV, 6. Möglich, dass es eines Stammes ist mit bara-
zanti Ab. Y. 129. was unstreitig dem Armenischen varts Lohn,
Preis entspricht. — Was hadhö-gaetha meint, ist ungewiss;
ein ähnliches Compositum ist hadho-zätäi Khord. Y. 10;
Bahr. Y. 46. — huyaghna kommt nur hier vor mit der Va-
riante huyaöghna. Ich halte es für ein Compositum, dessen
Sinn: Mann und Frau ist, und identificire den ersten Theil mit
dem N. Pers. sui Mann; huya kommt von su erzeugen. — h a-
vista giebt AnqueiUmlt: disciple; vergl. Ya(;n. LXVIII, 12. Ich
vermuthe, dass die Mitschüler, die mit einander unterrichteten ge-
meint sind, aethra oder aethrya jist der Schüler, aethra-
paiti der Lehrer; vergl. unten 119; Farg. IV, 45; Yac^n. LXV,
9; LXVHl, 12; Farv. Y. 97.
Dadurch, dass Anquelil den zwanzigfachen Mithra auf den vor-
hergehenden Satz bezieht, entsteht eine Confusion in den Zahlen;
bei näherer Vergleichung ergiebt sich, dass sie alle verschoben sind.
Windischmann, übtr Milhra. 49
117, Ist wohl hazanrayus und ba^varayus zu lesen.
Das Folgende von ava — ve reth ragli nah e ist mir unverständ-
lich.
118. nemanha, was Farg*. IV so grosse Schwierigkeiten
macht, kehrt auch hier wieder. Der Gegensatz von adhara-
däta und upara-däta erklärt sich vielleicht, wenn wir unter
data Gericht verstehen: im Gericht unterliegend, im Gericht die
Oberhand behaltend. Aber dann ist der Casus anstössig. Oder
ist nemanha mit adhara-data zu verbinden und in dem ge-
wöhnlichen Sinn: Lob zu nehmen? Dann könnte interpretirt wer-
den: mit untengesetztem Lob möge ich gelangen zu obengesetz-
tem, d. h. zu überirdischem. Diese ganze Steile über Mithra als
Schützer der Wahrheit und des Rechts im bürgerlichen Verkehr
ist dem Eingang des vierten Fargards analog, auch dort erstrckt
sich der mithrö danhumazd auf tausend.
XXX.
119 perenino eine Form wie kainind, yavinö Hapt.
Y, 8. Es beginnt hier ein fragmentarisches Gespräch zwischen
Ahura und Zarathustra ; vergl. 121. Ineredhwacakerethwäca
hat Anquelil irrthümlich den Begriff: parole gefunden, da eredhwä-
ca kerethwa-ca zu trennen und Duale anzunehmen sind, wie Ab. Y.
34. gavanhavaca erenaväca die beiden den nützenden und
tapfern. Die hier gemeinten sind meines Erachtens Mithra und
Haoma, welche bei der Auferstehung wirken. Oder ist eredh. etc.
eine Art von Dvandva- Adjectiv, das sich allein auf Mithra be-
zieht? eredhwö heisst in den Compositis er ed hwo- zanga
Farg. V, 9; er edhw o -dr a f sa Farg. 1,7; eredhwa^nai-
thisa Yagn. LVII, 16 (mit der Variante erethwa) erhoben, auf-
recht. Daneben ist jedoch auch eretö-kerethana als Prädicat
der Schöpfungsperiode hama^path-maedhem Yagn. XVII, p,
73. V. L. vorfindlich, und der Beiname des ^aosyag agtvat-
ereto. — Zu avisto und aiwivistö vergl. Visp. IX, 3.
Welche Opferhandlungen damit gemeint sind, ist schwer zu be-
stimmen. — -upäzananäm das bekannte Wort für eine Busse,
die uns aber leider nicht klar ist; das dazugehörige Nomen upä-
zaiti Yagn, X, 7 muss nach dem Zusammenhang etwas Gutes
ausdrücken. — p airi-a kay an ta sonst nicht mehr vorkömmlich,
vielleicht ist die Wurzel mit ci identisch. Vergleiche jedoch c i-
kayen (cikaen) Farg. XV, 22 sqq.
XXXI.
124. paiti amerekhtim möchte wohl im Zusammenhalt
mit oben 55 auf das Voranschreiten Mithra's zur höheren Unsterb-
lichkeit zu beziehen sein. Sein Ausgang ist vom leuchtenden
Abhandl. der DMG. I, 1. 4
50 IVindischmann , über MUhra.
Garo-ninanu, wie anderswo die Wege der Götter von dort herab
rao khsnäoiilid genannt werden Farv. Y. 84.; Zain. Y. 17.
Statt vavazaneui ist wohl vavazanö zu lesen.
125. Für 9paötita vermuthet Weslergaard gpaeta; allein
ersteres findet sich auch Bahr. Y. 13.; Rani. Y, 31. — anao-
laotiho; aoso Krankheit Farg. XIX, 3.; aosanhao Farg. II,
6. — para-gafaonho die Vorderhufen im Gegenhalt zu apara.
Zu paitis-inukhta vergl. Ab. Y. 78. zaranya aothra pai-
tismukhta — häm-igämca Sskr. isa die Deichsel. Von
den folgenden Worten: gimämca gim öi thr ämca — ba^täin
ist es wahrscheinlich, dass sie Epitheta zu ig am bilden; gima,
welches sich Ya^n. IX, 30 als Beiwort der Schlange findet, er-
innert an Gr. aifiog nach oben gerichtet, nach oben gekrümmt.
Sskr. gimi, gimivan mag stammverwandt sein, jedoch sind die
Bedeutungen auseinander liegend. Bei gimöithra ist mir die
Modification des Sinnes des einfachen gima nicht klar. — Die
folgenden drei Worte scheinen mir alle Appositionen zu aka zu
sein, welches zu Sskr. anka Haken, Klammer zu halten ist.
dereta erklärt Spiegel Avesta p, 131 mit: geschnitten, gespalten
von dr. In u p air igpata befremdet das schliessende a; es ist von
gvi turgere abzuleiten, wie gigpemna Ab. Y. 127. Oder ist
aa Gr. andw zu denken? khsathrem vairim drückt appositiv
aus, dass jener Beschlag der Deichsel von Metall ist.
126. Der Accusativ razistam cigtam ist vielleicht so zu
erklären, dass während der männliche Genosse Mithra's den Wa-
gen selbst mitlenkt, letzterer den weiblichen Genius fährt. Statt
vanuhaita vermuthe ich vanh ata oder vanhaitim; das zweite
9paeta ist wahrscheinlich zu streichen, upamanem nehme ich
hier im Sinn von Sskr. upamana Aehnlichkeit, Gleichniss.
127. Zu den schon oben erklärten Prädicaten des Ebers
kommen hier: yükhdhahe und päiri-väzahe. Ersteres gram-
matisch wohl mit yükhta identisch (Farg. VIF, 41 neben yükhtem
die Variante yükhdhem); allein der Sinn muss hier ein modifi-
cirter sein, päire bedeutet Zam. Y. 1: Seite, Ende; paire-
V ä z a h ^ V so wäre dann zu lesen) könnte daher der bis zum Ende fort-
stürzende heissen. Oder pairi ist dem Sskr. pari. gleich, wel-
ches in mehreren Compositis am Anfang erscheint, nikhsta
zunächst oder zuniedrigst? — yö nach ughrem ist störend; mög-
lich, dass einige Worte ausgefallen sind, von welchen ughrem
kavaem qareno abhängt.
128. Schwierig ist zunächst aom man würde eine den Ge-
nitiv väsahö regierende Präposition erwarten. Das Pronomen
kann es nicht wohl sein; ich halte es daher für ein von av schützen
abgeleitetes Neutrum, statt avem. — thanvare oder thnavare
Farg. XIV. XVI II unter den Waffen des Kriegers aufgezählt.
Roth Nirukt. p. 58 will thanvaretan mit: Bogenschütze erklä-
ren; allein der Zusammenhang fordert den Namen einer Waffe.
Windischmann, über Mithra, 51
Für gavagnah^ bietet eine Hs. da^vayagna ; ist zu le-
sen: agti yo daevayagnali^ wie liaomö yö g-ava (oder es
könnte corrig-irt werden: agti yö g-ava gnavya)? Der Sinn
des Ganzen giebt die üebersetzung, wobei ich freilich das Ge-
wagte der Construction anerkennen muss. Dagegen lässt sich
aber einwenden, dass agti kaum Masculin sein kann. Dass man
aus Hörn Bog-en machte, bezeugt Homer II. iV, 105.
129. zafra. Der Mund (Zam. Y. 50) bezeichnet hier wohl
die Spitze des Pfeils, grvi-gtaya mit hörnenem Schaft, agti
ayaiihaena fasse ich als Dvandva : Die Pfeile wohlgemacht mit
beinernem und erzenem gparegha; fragparegha kommt Yagn.
X, 5 im Sinne von Zweig vor; wahrscheinlich sind hier die Wie-
derhaken und Auszweigungen der Pfeilspitze gemeint.
130. baröithra. Da die Wurzel bar im Zend nicht bloss
die Bedeutung: tragen hat, sondern auch: schneiden (vergl. Spiegel
Indische Studien Hl, p. 406), so halte ich bardithra für die
scharfe Spitze der Lanze. Oder wenn bar = ßaXXo) gesetzt werden
könnte, ßlij&gov. — cakusauam Orm. Y. 18 cakavd (wess-
halb Weslergaard auch hier cakunam vermuthet) nach Änquetil
une piece de bois herissee de clous. Sskr. cakra a discus, or
sharp circular missile weapon; der griechische dia}iOQ. — hao-
gafna^ninam von Kupfer oder Stahl Farg. VH, 75; VIH, 90;
Spiegel p. 155. An beiden Stellen folgt unser Wort in der Auf-
zählung nach Gold, Silber und Erz.
131. däranäm Sskr. dhärä die scharfe Spitze des Schweif
tes.
132. hunivikhtcm vergl. Khursh. Y. 5.
133. ^ainti und nighninti sind Substantive, die von
pac;ca regiert werden, wie pagca vitakhti vafrahö nach
dem Schmelzen des Schnees Farg. H , 24.
XXXH.
136. agänagca. Sollen damit etwa die Speichen des Ra-
des gemeint sein? Die Stelle ist kritisch unsicher.
137. mainyai (vergl. unten 138) muss einen Begriff aus-
drücken, der sowohl vom Guten, als vom Bösen prädicirt werden
kann. Aehnlich ist nur: manaeibyö mit der Var. manyaSibyo
Yagn. XII, 3.
138. yänem bedeutet Ashi Y. 26; Din. Y. 6. Farg. XIX, 6
die erbetene Gabe, gaiihem Farg. IV, 55; es wird vom folg-en-
den anu regiert. Kann gagträi als: der Lofcer interpretirt wer-
den?— Zwischen paiti baregman 137 und pagca baregma
hier ist eine Antithese.
XXXIII.
140. Die Worte gpitama vanheus passen wenig in den
4
52 Windischmann , üher Milhra.
Zusammenhang, ag-lirim der vorzüglichste vergl. Farg. VII,
41, — amithwem Sskr. mithya unwahr, Z. mitha in mi-
thaokhta Zam. Y. 96. mithö ib. 95. Lat. mentiri ; Gr. f.id-
Ti]Vf (.laxaioq.
141. tamanhadha wie qafnadha Y. fr. I, 11, 13. eine
öfters vorkommende Erweiterung des Ablativs ; das Umgekehrte der
Endung aat. Die Accusative ^aghaurüm etc. scheinen fast aus
dem vorigen Satz hierhi
nigen Stellen , wo das
für Gott gebraucht ist.
li<naung aai. t»ie ^ccusaiive gagiicturuiu eic. Bcueiiieu last aus
dem vorigen Satz hierher verirrt. — baghanam. Eine der we-
nigen Stellen , wo das in den Keilinschriften vorkommende bagha
XXXIV.
142. Wenn gürem substantivisch gebraucht ist, so wäre
wohl die Lesart dam an am vorzuziehen; es könnte aber auch
adverbiell stehen. — hvaraokhsno ist in hvä etwa hvare ent-
halten? — barazaiti vergl. Ab. Y. 129., wo das Verbum einen
andern Sinn hat. — Das Folgende ist offenbar verdorben. Ich
vermuthe, dass statt yazai yazatai zu lesen und hämtastem
und die folgenden Accusative auf vasem zurüchzubeziehen sind;
yö dadhvao gpento mainyus scheijit mir zu adhavis zu ge-
hören und hierher verschoben zu sein; vielleicht ist es auch nur
eine Glosse.
XXXV.
144. Dieser Paragraph ist eine der Upanischaden würdige
Spielerei, die aber die Bedeutung der verschiedenen Präpositio-
nen veranschaulicht.
* EH.
Vergleichung des Mlthra der Urtexte mit den Nachrichten der Alten.
Nachdem uns nunmehr der Text des Opfergebetes verständ-
lich geworden ist, werden wir uns auch jenes Bild von Mithra
vergegenwärtigen können, das seinen ältesten Verehrern in Bak-
trien, Persien und Medien vorschwebte. Es hat zwei Seiten:
eine physikalische und eine moralische. Nach ersterer ist er das
geschaffene (denn Ahura hat ihn hervorgebracht Mih. Y. 1.;, alles
durchdringende, alles belebende Licht und zwar in seinem Unterschied
von Sonne, Mond und Gestirnen aufgefasst. (Mih. Y. 145. Khursh.
Nyaish. 6.) Denn er geht der Sonne voraus und erleuchtet zuerst
die Gipfel der Berge (Mih. Y. 13), Nicht Nacht, noch Finster-
Windischmann, über Milkra. 53
niss, noch kalte und glühende Winde, nicht Fäulniss und Schmutz
und keine Dünste sind iu der Wohnung des Mithra auf der
hohen Hara (Mih. Y. 50). Das Licht, wie es Alles sichthar
macht, wird aber auch selbst als sehend dargestellt; daher die
so oft wiederkehrende Bezeichnung des IVlithra als mit zehntau-
send Augen begabt, als Zehntausend -Späher (die Erklärung der
Parsen davon s. bei Spiegel Huzv. Gramm, p. 87). Hieran knüpfte
sich von selbst die Personification der göttlichen Allgegenwart und
Allwissenheit in Mithra, welchem desshalb die Prädicate: allwissend,
unbeirrt, weise, durchdringend, und zur weiteren Symbolisirung der
Omniscienz tausend Ohren beigelegt werden (Mih. Y. o , 7). Er ist
darum der schlaflose, wachsame (Mih. Y. 7) Zeuge aller Gedan-
ken, Worte und Werke (Mih. Y. 105 — 107), und somit auch
Repräsentant der Wahrheit, Gerechtigkeit und Treue, der Hort
des mazdayagnischen Gesetzes und sein Rächer (Mih. Y. 33).
und hier vorzüglich hat die moralische Qualität Mithra's ihren
Spielraum; er, die personificirte Wahrheit und Treue, muss zwi-
schen den verschiedenen Ständen , Menschen und Ländern beste-
hen (Mih. Y. 115 — 118.), ja er muss selbst dem Gottlosen gelten
(Mih. Y. 2); er ist der von allen um Hülfe Angerufene, besonders
auch von den Armen und Unterdrückten und von den in die Irre ge-
führten Rindern (Mih. Y, 83 — 8). Er ist der Wahrer alles Verkehrs
unter den Menschen (Mih. Y. 80). Wer Mithra, die Wahrheit und
Treue, verletzt, Menschen oder Länder, die gehen elendiglich
zu Grund und erfahren die ganze Furchtbarkeit des ergrimmten
Gottes. Denn dieser fährt als ein Krieger einher auf gewaltigem
Schlachtwagen , mit goldnem Helm und silbernem Panzer und mit
allen Gattungen von Waflfen gerüstet, von den ihm homogenen Ge-
nien der Gerechtigkeit (Rasnu) , des Sieges (Verethraghna), des
Fluches (Damöis upamana), der Reinheit (Asi), der heiligen Lehre
begleitet. Als Repräsentant des Lichtes und der Wahrheit ist er per
eminentiam der Vernichter der Dämonen und ihres Einflusses in
der Natur und auf dem moralischen Gebiete, und seine Verehrer
participiren daher an diesem Vernichtungskrieg, wesshalb er sie in
den Schlachten schützt und die Geschosse der Gegner an ihnen
fruchtlos abprallen lässt.
Da aber Mithra geschaffen ist, und trotz aller Erhabenheit
nicht das unendliche Licht selbst, nicht die ewige Wahrheit selbst,
so geht er einer Verklärung entgegen, einem unsterblichen Leben,
wohin er seine Verehrer wohl mit sich führend gedacht wurde.
Er ist daher ein Schutz in beiden Welten (Mih. Y. 93). Nach
zaratliustrischer Lehre steigen die Seelen der Gerechten über den
Berg Hara zum Himmel empor (Farg. XIX, 30) und gehen also
durch Mithra's Wohnung. Der Gott wurde daher in nächste Ver-
bindung mit Tod und Unsterblichkeit gesetzt. Es scheint auch sehr
wahrscheinlich, dass dem Mithra in Verbindung mit Rasnu das Ge-
richt über die Todten, welches an der Cinvatbrücke stattfindet.
54 il'indischmann , über Mühra.
zugeschrieben wurde, wie Anquelii 1, 2. p. 131. behauptet, ob-
gleich mir kein Text gegenwärtig ist zur Bestätigung.
Ist nun Mithra ein Gebilde des zarathustrischen Systems, oder
ist er ein altarischer Gott? Ich glaube beides bejahen zu sollen.
Für letzteres haben wir den Beweis in den Hymnen des Veda's,
in welchen Mitra der Sohn der Aditi ^), des unendlichen Raumes,
Äditya, und daher auch mit der Sonne parallel, fast immer in un-
zertrennlicher Verbindung mit Varuna (Uranos) als ein Wesen vor-
kommt, das einer schon vergehenden Götterperiode anzugehören
scheint und einen Theil seiner Wirksamkeit an Indra verloren hat.
Jene trefflichen Forscher, welchen die Veda's und ihre Commenta-
toren vollständig vorliegen, werden uns über diesen vedischen Mitra
belehren. Soviel ist aber aus den mir zugänglichen Texten gewiss,
dass auch in den Veda's Mitra das Licht ist, während V^aruna
als die Luft, der Himmel, besonders der nächtliche, zu fassen ist.
Der ünzertrennlichkeit Mitra's und Varuna's , der Könige, die auf
herrlichen Wagen daherfahren (Rigv, J, 122, 7, 15.) analog ist
die Verbindung Mithra's mit Vayu in den Zendtexten. Andere
Aehnlichkeiten habe ich im Commentar und weiter unten berührt.
Auch die späten Scholiasten der Veda's hatten eine im Ganzen
richtige Vorstellung von Mitra und Varuna, wenn sie dieselben
als ahorätrabhimänidevatä bezeichnen (Sayana z. Rigv. I, 136,
1.) Jedoch fasst derselbe z. Rigv. I, 151, 3. auch Mitra als
Feuer (wie unten Firmicurs; vergl. Rigv. 111, 5, 4.) und
Varuna als Sonne. Von der Beziehung Mitra's und Varuna's zu
/ / den Kühen giebt derselbe Hymnus des Rigveda Zeugniss v. 5. 8.
l) vergl. 1, 71 9; 1, 122, 7; 153. Beiden wird die Wahrhaftig-
keit und der Schutz gegen die f^üge» zugeschrieben (R. V. I, 152,
1.) Die Allwissenheit aber und das Amt eines Zeugen und Richters
für alle Thaten der Menschen ist in den Veda's mehr ein Attribut
des Varuna, vergl. Rigv. II, 28. I, 24, 25. und die schöne Stelle
im Atharva ') IV, 16, 1 sq. Jedoch auch Rigv. III, 59, 1. sieht
Mitra ohne Zucken der Augen auf die Menschen herab. Neben
Mitra und Varuna erg^cheint ^Aryaman als dritter (Rigv. I, 36, 4;
^lRT7~^T^rTT:r7T907THBr^;T4r^^ II, 27.) der als
Sonne aufgefasst wird, und zwar in der Eigenschaft des Trennens
des Tages von der Nacht, (aryamähöratravibhagasya kartä). Sein
Name bedeutet Gefährte, Freund und auch er kommt in den Zend-
texten vor (s. Spiegel zum 22. Fargard p. 266). Wenn es also ge-
wiss ist, dass die zarathustrische Reform den Mithra als alten
Nationalgott der Arier vorfand, so ist es ebenso unzweifelhaft,
dass jenes Bild, welches die Zendtexte darbieten, so viele Ver-
gleichungspunkte es auch mit den Veda's hat, dennoch wesent-
1) Sind die acht Söhne der Aditi etwa Mih. Y. 45. zu suchen ?
2) Die Späher des Varuna v. 4 haben die auffallendste Aehnlichkeit mit
deneii des Mithra Mih. Y. 45.
fVindischmann , über Mühra. 55
lieh die Färbung des theologischen Systems an sich trägt; Mitlira
ist aus einem Volksgott ein Ausdruck zarathustrischer Ideen vom
Verhältniss des geschaflPenen Lichtes und der irdischen Wahrheit
zum höchsten Schöpfer geworden. — Das wichtigste Document, aus
welchem wir die wahre Kenntniss dessen, was die alten Per-
ser und Meder von Mithra glaubten, zu schöpfen haben, wird uns
nunmehr ein sicherer Führer durch das Labyrinth der Nachrich-
ten des classischen Alterthums über ihn sein, zu deren Betra^^h-
tung wir fortschreiten, wobei wir vor Allem jene, die vor dem
Eindringen des Mithracultus in den Occident überliefert worden
sind, als die achteren und zuverlässigeren den späteren, aus
der Periode der römischen Religionsmengerei herrührenden unbe-
dingt vorziehen müssen. Die Zeit des Erscheinens des Mithracul-
tus im Abendland 'ist uns aber genau überliefert von Plutarch *)
wo er von den cilicischen Seeräubern erzählt: sie hätten auf dem
Olymp fremde Opfer dargebracht und geheime Einweihungen geweiht,
von welchen die des Mithra, von ihnen früher gezeigt, auch bis
jetzt sich erhalten haben. Es ist dies ungefähr 70 v. Chr. zu setzen.
Die vor dieses Jahr fallenden Notizen über Mithra sind spärlich,
aber um so wichtiger. Dass zu Herodol's Zeit Mithracultus in Per-
sien und Medien bestand, würde schon der Umstand beweisen, dass
bei ihm die Namen MirgaöaTfjg (I, 110). uud in der Zeit des Cyrus
MiTQoßuTfjg (111, 120 sq.) vorkommen, die er von der weibli-
chen Mitra abgeleitet haben mag^ij^bei der Mangel der Aspira-
tion des T bemerkenswerth ist)*, di^aber gewiss von Mithra her-
rühren. Die bekannte Stelle I, 131 über die Mitra, mit welcher
Herodot unstreitig die Anähita meinte, welche hier als Mithrani
aufgefasst ist, setzt den männlichen Mithra voraus; wie wir denn
in der susischen Inschrift des Artaxerxes II., welche Norris (Journal
of the royal As. Soc. XV, p. 159.) veröffentlicht hat, Anähita neben
Mithra genannt finden. Eine andere Inschrift desselben Königs
stellt Mithra mit Auramazda zusammen (Benfey Keilinschriften
p. 67.) und giebt ihm den Namen baga, den wir oben auch im
Zendtexte von ihm gebraucht fanden". Wir haben also neben dem
indirecten Zeugnisse Herodot's unwiderlegliche monumentale Beur-
kundung darüber, dass im fünften Jahrhundert vor Christus Mithra
in Persien und Medien verehrt wurde.
Dasselbe zeigt uns Xenophon, ^) wenn er den Namen des
Mithra als Schwur gebrauchen lässt, was nicht blos das Ansehen
beweist, in welchem der Gott zu Xenophon's Zeit bei den Persern
stand, sondern auch ganz besonders zu ihm als zum Genius der
Wahrhaftigkeit und Treue passt. Es ist desshalb auch der spä-
1) Vita Pomp. c. 24. Sivm Sa &voias k'd'vov avrol ras iv W.vfinM,
Hat reXerde rivne ano^^rJTOvs iriXovv , o>v i] xov Mi&QOv nai /u,exQt
Sev^o Siaoco^arat. xaraSeix&aTaa itQOTSQOv vn ixsivcov.
2) Cyrop. VITI, 5, 53. Ma riv Mid'Qrjv. Oec. IV, 24. ufivvfii oot rov
I
\h
:'*t'j|%%**« v>>'
5ß Windischmann, über Milhra.
ter Plularch im Reclit, wenn er Artaxerxes denselben Schwur in
den Mund lee^t, und Darius den Eunuchen beschwören lässt, um
des grossen Lichtes Mithra's willen die Wahrheit zu reden ^).
Dass das grosse Licht Mithra's nicht zwingt, eine Verwechslung
mit der Sonne anzunehmen, ist klar, da ja Mithra grade das
Licht, nicht die Sonne ist.
Die bei weitem kostbarste Nachricht des Alterthums über ]VIi-
thr» hat uns derselbe Plularch ^) aufbewahrt, wenn er bei der
Auseinandersetzung des zarathustrischen Systems sagt, Zoroaster
habe den einen der Götter Oromazes , den andern Areimanios ge-
nannt, und dabei behauptet, ersterer gleiche unter den sinnlichen Din-
gen am meisten dem Licht, der andere aber der Finsterniss und
Unwissenheit, der mittlere zwischen beiden sei aber Mithra, wesshalb
die Perser denn auch Mithra den Mittler nennen.' Vor Allem glaube
ich annehmen zu dürfen, dass Plularch hier aus jener Quelle
schöpfte, welche er selbst c. 47 bezüglich des zarathustrischen
Systems citirt, nämlich aus Theopomp (378 — 305 v. Chr.), der
im achten Buch seiner philippischen Geschichte über die Ma-
gier handelte ; vergl. Diogenes Laerlius prooem. 2. Diesem
Schriftsteller lag also ungefähr das vor, was wir noch heute
im Bundehesch c. 1 lesen , dass Ormuzd im anfangslosen Licht
und in der Allwissenheit wohne , Ahriman aber in der anfangslo-
sen Finsterniss und Unwissenheit, und dass zwischen beiden ein
leerer Raum sei, den man J^^nennt, wo das Vermischen statt-
findet {Spiegel Zeitschr. de^Tjeutschen morg. G. XI, p. 102).
Tai ist wie Spiegel nachgewiesen hat, vayu upar 6-kairya ,
die Luft, die in den Höhen wirkt, welche, wie der Rani Yasht
(1) beweist, mit Räma- Qagtra identisch ist; letzterer aber ist der
unzertrennliche Genosse Mithra's, indem das Licht zum nächsten
Substrat die Luft hat. Wir haben also jenes Vai ganz eigentlich
als Sitz des geschaffenen Lichtes zu betrachten, dessen Personifica-
tion Mithra ist. Das Wort, womit im Huzwareschtexte die Vermi-
schung bezeic^.net wird (gumicesn pars, gumezasn von der
Wurzel gumekhtan) wird von Neriosengh mit sammigrata über-
setzt; vergl. Spiegel 1. c. und bezüglich des Präfixes gu Huzw.
Gramm, p. 96, 12L Sein Stamm mic, mez scheint mir mit mig
in micvane Farg. XIX, 35 einerlei; welches Spiegel zu dieser
Stelle mit mith, maethana ganz richtig zusammengestellt und
damit auch den Namen M ithr a erläutert hat. Ist dies begründet,
wie ich nicht zweifle, und bedeutet Mithra den Verbinder, was
zum Sskr. mitra Freund trefflich passt, so sehen wir zugleich.
1) Artax. c. 4. N^ rov Mid'Qav, Alexand. c. 30. sind ^loi aeßofisveg
Mid'QOv re tpcäi fieya xai Se^iav ßaaikeiov,
%) De Is. et Os. c. 46. Ovros ovv ixdXei rov fiev 'S2^0fiä^rjv, rov d'
^Aosifidviov f xai ngogaTtscpaCvexo rov (liv äoixivai (pairi fidXiara rc5v
atod'rjrcov , rov S" MfinaXiv oxorco xai dyvoiq • fiioov 5' dficpolv rov Mi~
S'qriv elvai' dio xai Mid'Q'qv Ile^aai rov fisoirr}v 6vo/u,d^ovat.
^ , ^fMtuit'f' "itmeti) /- Ä,/S^
Windischmann, über Milhra. 57
wie g-enau Theopomp über die Bedeutung des Namen unterrichtet
war, wenn er ihn mit (xtaivriQ übersetzt. Aber Mithra ist nicht
bloss als geschaffenes Licht das Mittlere, der Verbinder zwischen
anfangslosem Licht und anfangsloser Finsterniss , sondern auch
Repräsentant der Wahrheit, Treue und Gerechtigkeit unter den
Menschen , ein Mittler im menschlichen Leben , der allen Verkehr
wahrt und vermittelt. Als geschaffenes Licht endlich vermittelt er
auch das Verhältniss der Geschöpfe und des Menschen insbesondere
zu Ahura Mazda ^ dem im unnahbaren Lichte wohnenden.
Duris, ein jüngerer Zeitgenosse Theopomp s (von 340 — 276 v.
Chr.) giebt uns im siebenten Buch seiner Geschichten ^) eine
Notiz über das Fest des Mithra, dass es (nämlich bei den Per-
sern) dem König an einem Tage gestattet sei, sich zu berau-
schen , an welchem sie dem Mithra opfern. Allein an diesem
Feste tanze auch der König, sonst aber Niemand in Asien, son-
dern alle enthielten sich an diesem Tag des Tanzes. Es erhellt
daraus, wie heilig der Cultus des Mithra gehalten wurde. I^etz-
terer hat in den Zendtexten nicht bloss eine Tageszeit, in welcher
er angerufen wird, die zwischen Morgendämmerung und Mittag,
sondern auch den ihm geheiligten sechszehnten Monatstag, wie der
alte Kalender Ya^na XVI, 3 beweist^ und einen eignen Monat, den
siebenten (vergl. Benfey Monatsnamen p. 57). Der sechzehnte Tag
des Monates Mithra aber ist der Tag des von Duris erwähnten
Festes Miliragän , welches nach Hyde de rel. vet. Persar. p. 245.
sechs Tage hindurch gefeiert wurde. Die neueren persisch - ara-
bischen Schriftsteller geben als Gründe ~) dieses Festes an, dass
an diesem Tage Gott die Erde geschaflFen und die Körper für die
Geister gebildet habe, oder sie knüpfen an ihn den Sieg Feridun's
über Zohak; auch beschreiben sie einige Züge dieser Feierlich-
keit: wie der König an diesem Tag mit dem Oel Ban gesalbt,
ein feines und buntes Gewand angethan und die Cidaris aufge-
setzt habe , über der ein Bild des Sonnenrundes zu sehen war.
Der Oberste der Mobeds habe ihm eine Schüssel gebracht, auf
welcher sich Citronen, Zucker, Lotus, Quitten, Sysiphen, Aepfel
und weisse Trauben und sieben Beeren Myrten befunden; worüber
er murmelte. Ardeschir und Nuschirvan hatten an diesem Feste
Kleider unter das Volk vertheilen lassen. Das Darbringen von
/•
1) Bei Äthenaeus X, p. 434. e. Krtjoins de itag^ ^IvSols fr^atv ovx e^elvai
tc^ ßaaiXsi /ued'vad'fjvaf naQo. Si Ile^aaig reo ßaatXel s(piexai fie&voxB-
ad'ai fiiq rjfiEQa, iv r; d'vovoi reo Mi&QT]' yQa^Ei Se ovreos nsQl rovrov
Jovgig ev rrj ißSo/ur] rtov lorogicSv iv fiovr] rcov ioqreov rcov ayofidvcov
vnb neqadiv reo Mid'gr] ßaoiXsvs fied'voxerai xai rö Ilegaixdv ^^;ifetTaf
reJov St Xomeav ovSsis xara rrjv ^AaCav, aXXa navrei anixovrai xaret rrjv
^lus'gav ravrrjv rrji oq^V^^^^S» Vergl. Müller Fragm. Hist. Graec. 11 , p.
472 sq.
2) Der wahre Grund des Festes ist wohl Bundehesch XV, p, 33, l. 9. ed.
Westerg. zu suchen , wo gesagt ist , dass am Tage Mithra des Monats Mithra
aus dem Samen Gaiomart's die ersten Menschen entstanden.
58 Windischmann, über Milhra.
allerlei Blumen, Früchten, besonders Datteln, Granaten, Reis,
wohlriechenden Körnern ist acht magisch ; vergl. Anquetil (Usages
T. II, p. 534). Von diesem Mithrafeste redet Straho ^), wenn er
erzählt, der Satrap Armeniens habe dem Perserkönig alljährlich
zwanzigtausend Füllen zu dem Mithrafeste geschickt.
Mag Curtius , dessen Stjl der besten Zeit keine Unehre
macht, in was immer für ein Jahrhundert gehören, seine Notiz ' ),
dass neben der Sonne und dem Feuer Mithra angerufen worden sei,
beweist, dass die spätere Identification Mithra's mit der Sonne
ihm noch fremd war, während schon Slrabo ^), wo er mit ofifen-
barer Beziehung auf Herodot von der Religion der Perser spricht,
den Vater der Geschichte interpolirt und von Helios sagt, die
Perser nannten ihn Mithra. Von da an wird die Verwechslung
eine allgemeine und auf den höchst zahlreichen Monumenten des
Mithracultus, die in allen Gegenden des römischen Reiches zu
Tage gekommen sind, ist: Deo Soli invicto Mithrae zur
unabänderlichen Formel geworden. Nur einmal (Gruler p. 22,
No. 12) findet sich: D. 1. M. e t Soli socio Sac. , wo zwar
Philipp a Turre (Monum. vet. Antii p. 178.) Deae Jsidi ma-
tri ergänzen will, Muratori (zu Paulin, adv. Pag. v. 110. p.
703) aber Deo invicto Mithrae, indem er mit vollem Recht
den Unterschied dieses Gottes von der Sonne hervorhebt. Auch
bei andern ist das Bewusstsein dieses Unterschiedes noch nicht
verloren gegangen; so wenn Nicelas *) sagt: einige hielten den
Mithra für die Sonne, andere für das Feuer, andere für eine be-
sondere Potenz. Oder wenn Firmicus Malernus (de error, prof. rel.
c. 5) an einer unten näher zu erörternden Stelle Mithra für eine männ-
liche Personification des Feuers hält. Aber das ist nur vereinzelt ;
der Cultus und die Schriftsteller im Allgemeinen kannten in den
nachchristlichen Zeiten die Bedeutung des Mithra nicht, und es darf
uns also nicht wundern , wenn die Darstellung der Mithraischen
Monumente, während sie kaum einen Anklang an Aechtzarathust-
risches enthalten, zumeist nur Symbole des Sonnenlaufes und der
davon abhängigen Befruchtung und des Hinsterbens der Natur sind.
Besonders gilt dies von dem bekannten borghesischen Relief und
den ihm ähnlichen Bildwerken, welche den Hauptgegenstand der
früheren Untersuchungen über Mithra bildeten, und auch allerdings
geeignet sind, uns die Begriffe der Späteren über ihn augen-
scheinlich zu machen ; die vielbesprochene Inschrift auf dem von
Mithra getödteten Stier (eine unzarathustrische Vorstellung, die
1) XT, p. 530. Kai 6 oarodnv« rfjs 'Aoueviag tc5 Ile^arj xaz' erog
SiOfivQiovi na'Xovs roTs MiO^Qaxivois ene/uney. Toup emendirt: Mi&Qtatcol«,
Grosscurt Mi&Qa'Cxols, Vielleicht hatle Strabo schon eine dem neuerep Mih-
ragan entsprechende Form , vor Augen und schrieb Mid'Qaxdvoci.
2) IV. 48, 12. Solem et Mithren sacrumque et aeternum invocans ignem.
3) XV, p. 732. c. rijucaai Se xni "Hliov , ov xalovai Mid'Qijv.
4) in Stelit. JNaz. 1.
Windischmann, über Milhra. 59
man am alierwenig-sten mit dem Urstier der Zendtexte hätte ver-
mischen sollen, der bekanntlich durch Ahriman stirbt) NAiVlA
SEBESIO findet, wie mir scheint, aus den Zendtexten keine
Erklärung-, wenigstens bezüglich des zweiten Wortes, wenn
nicht gewaltsame Aenderungen gemacht werden wollten. In den
noch weiter anzuführenden Stellen der Alten werden sich meh-
rere Belege der Auffassung des Mithra als Sonne .finden; ich
will hier nur noch solche folgen lassen, die sich später nicht ein-
reihen.
Archelaus ' ) Bischof von Cascar in Mesopotamien (um 277
n. Chr.) in seiner Disputation mit Manes, die ursprünglich syrisch
abgefasst, schon zu Hieronymus Zeit griechisch übersetzt war,
und von der wir nur eine alte lateinische Version besitzen, zwei-
felt nicht an der Einheit Mithra's und der Sonne.
Öer sogenannte Dionysius der Areopagit ~) bezeugt, die Ma-
gier feierten eines dreifachen Mithra's oder SonnengoUes Anden-
ken. Turre am angeführten Orte (p. 196) will diesen dreiffichen
Mithra von den drei Zeichen des Thierkreises verstehen, die in
jede Jahreszeit fallen, oder von den drei Zeiten, oder es könne
eine Götterdreiheit damit gemeint sein, wie Liber, Apollo und
Sonne bei Arnobius, oder Sonne, Mithra und Feuer bei Curtius
(a. a. 0.). Wir lassen es einstweilen dahingestellt, da wir nicht
wissen, ob dieser dreifache Mithra eine ächte und alte, oder eine
moderne aus der Identification mit der Sonne herrührende Vor-
stellung ist. Bei Hieronymus ^) finden wir die Kunde von einer
auf die Identität der Sonne und des Mithra gegründeten Zahlen-
und Buchstabenmystik, wonach der Name Mithra's in der Form
MEWPA2 die Zahl 365 enthält und den Sonnenlauf bedeutet.
Desshalb vereinigt eine Gemme die Namen Mithra's {Mi&Qu^) und
Abraxas ; vergl. ICopp Palaeogr. crit. III, §. 455.
Paulinus von Nola in einem , wie mein Freund Buse in seiner
trefflichen Monographie (Paulin Bischof v. Nola I, p. 267.) an-
1) Ziicagni Monum. vet. eccies. p. 63. Barbare sacerdos Mithrae et col-
lusor , Solem tantum colis Mithram , locorum niysticorum illuminatorem , ut
opinaris, et conscium, hoc est quod apud eos ludis et tanquam elegans mimus
peragis mysteria.
2} Ep. VII. 2. fidXiara f/ev ovv rovxo ratg Tlegadiv teQarixnts ^/uipe-
QBTai (prifiaiiy xal stasri Mdyoi xd fiviqfioovva rov TocnXaoiov Ml&qov
xeXovOLV, •'^'^mmßmmt^
Die Beziehung des dreifachen Mithra auf das Rückgehn der Sonne bei
König Hiskias Krankheit beweist, dass Dionysius Mithra und Sonne identificirt,
wie auch sein Commentator Pachymeres bemerkt. Ich mache übrigens bezüg-
lich des dreifachen Mithra auf die Stelle Sayana's zu Kigv. I, 136, 2 aufnicrk-
sam , wo der eine Gott als Mitra Varuna und Aryaman (Sonne) erscheint.
3) In Amos c. 3. ßasilidcs omnipotentem Deum portentoso nomine appcllat
Abraxas et eundem secunduin Graecas litteras et annui cursus numerum dicit
in Soüs circulo contineri , quem Ethnici sub eodem numero litterarum vocant
Mithram, et Iberae ioeptiae in Balsamo Barbeloque mirantur.
f
00 Windischmarin , über Mühra.
nimmt, 394 v. Chr. geschriebenen Gedichte adversus paganos v.
110. (p. 703. ed. Murat.) greift den Mithradienst mit Wärme an:
Quae nox est animi ? quae sunt improvida corda?
Quod colitur nihil est, et sacra cruenta geruntur.
Quid quod et Invictum spelaea sub atra recondunt,
ftuaeque tegunt tenebris , audent hunc dicere solem.
Quis*colit occulte lucem sidusque supernum
Celet in infernis , nisi rerum caussa malarum.
Was mit den sacra cruenta gemeint ist, werden wir unten sehen.
Der späte Mariianus Capella ^) (aus dem d. Jahrhundert nach
Chr.) sagt in einer Anrede an die Sonne, dass die barbarischen
Culte sie Mitlira nannten. Hesychius endlich glossirt: Mi&gag
b ij'/uog nagd Utgouig' Mi&(jf]g b ngcojog iv IHgaaig &e6g.
Wir würden den Occidentalen Unrecht thun, wenn wir g-laub-
ten : sie hätten Mithra zur Sonne gemacht; nein sie überkamen
diese Vorstellung aus dem Orient, und wir finden ebensogut in
den Armenischen Quellen, z. B. bei Elisaeus (Hist. Vart. p. 292.
ed Venet.) : die Sonne sei wegen ihrer gleichmässig vertheilenden
Freigebigkeit und gerechten Austheilung der Gott Mithra genannt
worden; eine Stelle, die zugleich auf den moralischen Begriff
des Mithra ganz richtig hinweist. Ja wir müssen sogar zuge-
stehen, dass Mithra, der Sonnengott, im Orient schon in ziem-
liches Alter hinaufreicht.
x4uf den Münzen Kanerki's, eines indoscjthischen Königs um
die Zeit Christi, findet sich abwechselnd dieselbe Figur mit Strah-
lennimbus als Mithra und Helios bezeichnet; vergl. Lassen Ind.
Alt. II, p. 837. Der genannte vortreffliche Gelehrte meint die
Umgestaltung des Mithra zum Sonnengott schon in dem Mihir
Yasht finden zu können, und hält die Zeit von Artaxerxes dem
zweiten an für die Periode , wo sie eintrat. Allein das Opfer-
gebet, wie es jetzt vorliegt, unterscheidet Mithra aufs deutlichste
von der Sonne, und der Umstand, dass Artaxerxes II. auf seinen
Inschriften Mithra nennt, beweist an und für sich nicht, dass er
ihn zum Hauptgott gestempelt habe. Aber gewiss ist es richtig,
dass das einseitige Hervortreten Mithra's als Sonnengott in die
letzten Jahrhunderte vor Christi Geburt zu setzen ist, und dass
der Mihir -Yasht insofern hier in Betracht kommt, als er wieder-
holt von dem Wunsche des Gottes: mit namengenanntem Opfer
angebeteT*zu* werden, redet, und dadurch eine Mehrung oder Neue-
rung seines Cultus andeutet. Wir werden jedoch ebendarum den
Hymnus nicht unter die Zeit der Achämeniden herunter setzen
können. Die unstreitig älteren Gatha's erwähnen Mithra nicht.
Unter den entstellten oder missverstandenen Zügen der Mi-
1) iV, §. 190. ed. Kopp. Dissona sacra Mithram Ditemque ferumque
Typhonem.
Windischmann, über Milhra, 61
tliralelire, welche die spätere Zeit uns darbietet, nimmt die Tra-
dition vom Ursprung- des Gottes die erste Stelle ein. Der älteste
meines Wissens, der Mitlira aus den Felsen geboren nennt, rst
Juslinus in seinem Dialog mit Trypho (um 160 n. Cbr.) ^): „wenn
die, welche die Mysterien des Mithra überliefern, sagen, er sei
aus Felsen geboren und wenn sie den Ort, wo die Weihe der
ihm Glaubenden vorgenommen wird, Hohle nennen, so ist diess
nur eine Nachahmung jener Prophezeiung Daniel's von dem Stein, der
ohne Menschenhände aus dem grossen Berg geschnitten worden, und
des Jesaias (XXXIII, 13 — 19), wo es in einer auf Christus den
Herrn gehenden Rede heisst: „er werde wohnen in der hohen* Höhle
des festen Felsens." Die Nachahmung der Worte des Jesaias, wel-
che Juslinus meint, bezieht sich aber nicht bloss auf die dixaiongu-
'^la , die auch in den mithrischen Mysterien eingeschärft wurde,
sondern auch auf die Stelle: „Brod wird ihm gegeben werden,
und sein Wasser ist treu" wie wir weiter sehen werden. An der
Stelle p. 266. sieht der Apologet Christi Geburt in der Höhle
durch die Höhle des Mithra nachgeäfft. Ein christlicher Dichter
des dritten Jahrhunderts, Commodianus 2), sagt in seinem Buche
Instructiones im 13. Unterrichte: Invictus de petra natus, si Dens
habetur. Nunc ergo retro vos de istis date priorem, Vicit petra
deum, quaerendus est petrae creator. Vincere ist hier im Sinne
von älter sein gebraucht und der Dichter will sagen : wenn der
felsgeborne Unbesiegte für Gott gehalten werde, so sei der Fels
älter als er, der Schöpfer des Felsens aber älter und mächtiger
als beide.
Hieronymus ^) erwähnt der Fabeln der Heiden, welche Mithra
und Erichthonius aus Felsen oder Erde durch die blosse Brunst
der Wollust erzeugt werden lassen. Und der späte Johannes
Lydus *) (Mitte des 6. Jahrhunderts) giebt dem Mithra das Prä-
1) Dial. c. Tryph. 70 (T. 11, p. 336. ed. Otto). Vrav 3i oi xa rov Mld-^ov
fivoxrjQia TtaQnSiSövres Xäycooiv ix nixQai yeyevi^od-at avrbv xai a7cr,Xaiov
xaXcooi rov rönov , ev&a fjuvelv rovs neid'Ofievovs avrcp nagaSiSovoiv
ivxav&a ov/^i t6 siQfjfievov vtco Javi^X, ort Xid'os ävev xeiqoöv iTfiri&rj
«I oqovs fzeyäXov, {te^ifiriod'ai avrovs sniOTa/uat, xal xa VTt" ^Hoatov
bfioitos, ov xai xovg Xoyovg ndvxas /ue/utfiT/oaad'ai änsxsiQrjaav ' Jixnio-
nga^ias yaQ Xöyovs tcal naq' ixeivois Xdyead'ai ixexvnaavzo (vergl. weiter
78. p. 266. elncov Sta xovs Xoyovg ixsivovs xovg xa Mid'Qa fivaxrjQia na-
QaScSovxag iv xonco inixaXovfiivca nag^ avxolg anrjXnCqt juvsTod'ai vti*
avxcöv^ — In der ersten Stelle sind die Worte: xai xä vn^ 'Haatov eine
nach Mnranus und Thirlhfs Vorgang gemachte Verbesserung Otto''s,
2) Instruct. ed. Rigallius und in der Ausgabe des Minucius von Oehter
abgedruckt.
3) Adv. Jovin. I. (Opp. IV , 2. p. 149.) Narrant et gentilium fabulae
Mithram et Erichthonium vel ni lapide vel ni terra de solo aestu libidinis
esse creatos.
4) de Mens. III, p. 43, I. 21. ed. Bonn, o&ev xai 'Eaxiav tt^o ndvxaiv
(faivovxai xifir,aavxeg '^PcnfiaXoi, oigneQ xov nexQoyevrj Mid'Qav 01 UeQoai
8iä xo xov nvQog xevxgov.
()2 Windischmann, über Milhra.
dicat niTQoytvrj't; und sagt, dass die Perser ihn wegen des Cen-
trums des Feuers verehrt hätten.
Ich schalte gleich hier, wo von Mithra's Ursprung die Rede
ist, die ganz vereinzelte Notiz des armenischen Geschichtschreibers
Elisaeus ein, welcher (p. 52. u. 58. ed. Ven.) angiebt: Mihr der
Gott sei von einem Weibe geboren, wenn Jemand mit seiner Ge-
härerin sich verbinde ; einer der Weisen der Magier habe gesagt,
dass Mihr der Gott muttergeboren sei, und von Menschen stamme,
und dass er ein König göttlichen Geschlechtes sei, und ein vor-
trefflicher Beistand der siebenzahligen Götter (Ahura - Mazda's und
der sechs Amesa - fpenta's). Später werden wir sehen , in wie
weit auch dies einen Anhaltspunkt in den Urtexten hat.
In engster Verbindung mit der Lehre vom felsengebornen
Mithra steht die Feier seiner Mysterien in Höhlen. Die Belege
dazu finden sich nicht blos in den zahlreichen Monumenten , wo
die Höhle abgebildet ist, und den Inschriften, die von errichteten
Speläen Zeugniss geben (vergl. Gruter p. 33 et 34) , sondern
auch in einer Reihe schon angeführter oder noch anzuführender
Stellen der Alten. Porphyrius ( im 3. Jahrhundert n. Chr. ) in
seinem für diese Sache besonders wichtigen Buche de antro njm-
pharum ^) überliefert: die Perser weiheten das Hinabsteigen der
Seelen (in die Welt) und ihr wiederum Herauskommen mystisch
darstellend, den Mysten an einem Orte ein, den sie Höhle nennen.
Zuerst habe, wie Eubulus sagt, Zoroaster eine natürliche mit
Blumen und Quellen versehene Höhle in den benachbarten Bergen
Persiens eingeweiht zu Ehren des Schöpfers und Vaters Aller,
des Mithra, und diese Höhle sei ein Bild gewesen der Welt, die
Mithra geschaffen ; ihr Inneres aber habe in symmetrischen Ab-
ständen ein Sinnbild dargeboten der kosmischen Elemente und
Klimate. Nach diesem Zoroaster sei es auch bei den Andern
herrschend geworden in theils natürlichen, theils künstlich ge-
machten Schlüften und Höhlen die Weihe zu ertheilen. Und in
Kürze ebendaselbst ^): „überall, wo man Mithra kenne, mache
man den Gott durch eine Höhle gnädig. "
Wie hier Zoroaster den Mithracultus in Höhlen eingeführt
1) De antro nymph. c. 6. p. 7. ed. van Goens. Ovrat xai Ile^aai iriv
eis xdrco xd&oSov rcov xpv/^döv aal näXiv e^oSov fivaraycoyovvisg , reXovai
rbv fxvorriv y eTtovo/udoavres OTitjXaiov rönov' n^cora fiiv , cos £(pV Ev-
ßovXos , ZojQodoTQOv avToyves omqXaLOv iv loXi nhfjoiov öqeoi ta7s IleQ-
aiSos dvO-rjQov xai nrjyds e'xov dvteQCÖaavTOS eis ri/u,rjy rov Ttdvrcov noirj-
tov xal naxQOS Mid'qov, sixova ^eoovros avrcp rov OTtrjXaiov rov xoafiGv,
ov 6 Mid'Qas iSfj/uiov^yTjas • rcov oe evrds xard ovfifidr^ovs aTtoordoeis
avfißoXa (peQovrtov rcov icoouixcov arpiXBicov xal »Xifiärcav» Merd Se rov-
rov rov Zofoodar^T]v XQarrjoavroe xai Ttaqd roTe dlXois Si' dvrQaiv xai
anrjXaicov e'tr^ ovv avrowvcvv, eirs x^f-oonoirircov ras teXerds dnoSiSovai»
2) c. 20.
Windischmann, über Milhra. 63
haben soll, so wird von ihm selbst gesagt *), er habe aus Liebe
zur Weisheit und Gerechtigkeit sich von den Menschen getrennt
und allein auf einem Berg gelebt. Möglich, dass diess die Oert-
lichkeit ist, welche der Urtext selbst kennt Farg. XIX, 4., wo
dare^ja paiti zbarahi nmanahe pourus-agpahe im
Zusammenhalt mit Bundehesch p. 53, 5. und p. 58, 5 eine an der
Krümmung (zbaras = Sskr. hvaras) oder Höhe des Flusses
darega ( Bundeh. giebt dara^a) gelegene Wohnung bedeutet)
wo Zarathustra den Kampf mit dem bösen Geiste hatte.
Fragt es sich nun , welchen Anhaltspunkt diese Doctrinen
von dem Felsengeborensein Mithra's und von seiner Höhle in den
ächten zarathustrischen Schriften haben , so glaube ich auf die
im Yasht 13, 44, 50, 51 enthaltenen Schilderungen vom Erschei-
nen Mithra's auf den Bergspitzen, von seiner weiten , von Ahura-
Mazda und den Amesa- ^penta's gescha£Penen Wohnung auf der
glänzenden Berghöhe Hara hindeuten zu sollen. Das Licht er-
scheint zuerst vor der Sonne auf den höchsten Berggipfeln ; der
mythologische kindliche Ausdruck dafür ist: es wohne in der
Höhle des Berges, werde vom Berg geboren; ist nun überdiess
der Name des Berges ein weiblicher wie hara berezaiti, so
knüpfte sich daran um so leichter die Vorstellung des Geborenseins
aus dem Felsen, und sie ist insofern nicht unberechtigt, als ja
die Zendtexte den Yazata als einen geschaffenen bezeichnen (Mih.
Y. 1.) , der von einer zeitlichen Existenz hinweg zu ewiger Ver-
klärung hinüberschreitet (Mih. Y. 55, 74, 124). Daher erklärt
sich denn auch, was die armenischen Nachrichten von einem weib-
gebornen Mithra wissen ; es scheint mir eine V ermengung der
Idee von dem geschaffenen, erzeugten Mithra mit der des paosyä^
zu sein , der allerdings von einem Weibe geboren werden soll ;
die Stelle des Elisaeus (p. 52.) erinnert vielleicht an Bundehesch
p. 80, 11.
Auch die indische Tradition kennt die Wohnungen Mitra's;
so ist Säraa-Veda II, 4, 1, 1, 2 von dem Soma die Rede, der
in sadandsu des Mitra sich niederlässt, Rigv. I, 152, 4 u. 5 ist
das Haus des Mitra und Varuna genannt, und es wird dasselbe
ungefähr so beschrieben, wie in den zarathustrischen Texten; so
Rigv. Ilj 41, 4 u. 5: „Dieser Soma ist euch gepresst Mitra und
Varuna ihr Wahrheitmehrer! Hört meinen Ruf, ihr unbetrüglichen
Könige im festen , höchsten Haus dem tausendsäuligen sitzet ihr."
Die Höhle des Mithra hat also ihren Ursprung im hohen
Alterthum; ihre Deutung dürfte aber auch durch die Etymologie
Erläuterung erhalten. Mithra heisst in den Zendtexten oft der
2) Dio Chrysost. Grat. Borysth. ed. Mor. p. 448. '^Ov {Zcoq.) IleQaat
Xeyovoiv k'^can oo(pias xai SixaioovvTjg aTtoxoJ^r/oavra rc5v aXXtov xn-d"^
avrov iv oqei ttvi ^fjv. PHnius H. N. VI. 42. Tradunt Zoroaslrem in de-
sertis oaseu vixisse anuis vigiiiti ita lemperatu , ut vctustatein non sentiret.
§4 Windischmann, über Milhra.
Späher, von ^pag spähen, schauen, Sskr. pag Lat. spec-io,
Gr. OHonetv , welch letzteres durch Verwandlung- des p nach s in
X, und durch Ueberg^ang- des 9 in tt (vergl. a^^va und "Innog) zu
erklären ist; vergfl. Kuhn Zeitschr. f. vergl. Sprachf. IV, p. 10).
Nun bemerkt aber schon Ulpian bezüglich auf das Lat. specus, es
sei: locus unde despicitur, und die Zusammengehörigkeit von specio,
specula, speculari einerseits und von specus, spelunca (für speculun-
ca) andrerseits, von Gr. axontiVy axoneKog^ oxoniu und aniog, ontj-
Aa/01', anijXvy'i, ontXdq, aneXog scheint mir zweifellos. Die Höhle
desMithra wurde daher zugleich als die Warte gedacht, von welcher
herab er Alles sieht und ausforscht; vergl. Mih. Y. 13, 45.
Sie ist aber auch der Schauplatz einer That des Mithra, von
welcher die späteren Quellen mancherlei berichten , nämlich des
Raubes der Rinder. Abgesehen von monumentalen Darstellungen
dieses Mythus ist der älteste Zeuge aus dem classischen Alterthum
Statins (zur Zeit Domitian's) ^), der Phöbus anredet:
Adsis o memor hospitii Junoniaque arva
Dexter ames, seu te roseum Titana vocari
Gentis Achaemeniae ritu, seu praestet Osirin
Frugiferum , seu Persei sub rupibus antri
Indignata s^qui torquentem cornua Mithram.
Deutlicher der schon oben angeführte Commodianus an der bezeich-
neten Stelle :
Insuper et furem adhuc depingitis esse,
Cum si Dens esset unquam non furto vivebat.
Terrenus utique fuit et monstrivora natura
Vrtebatque boves alienos semper in antris
Sicut et Cacus Vulcani filius ille.
Die physikalische Umdeutung des Raubes finden wir bei Por-
phyrius ^), der die Nachtgleiche zwischen Widder und Stier als
den eigentlichen Sitz des Mithra, den Stier als den der Aphro-
1) Thebaid. I, 716. — Lutatius sagt zu der Stelle: Sol apud Adiamenios (?)
Titan , apud Assyrios Osiris , apud Persas , ubi in antro colitur, Mithras vo-
calur. Und weiter : Persae in spelaeis coli Solera primi invenisse dicuntur. Et
hie Sol proprio nomine vocatur Mithra , quique eclipsim patitur , ideoque intra
antrum colitur. Est enim in spelaeo Persico habitu, leonis vultu cum tiara
utrisque manibus bovis cornua comprimens, quae interpretatio ad lunam dicitur.
Nam indignata sequi fratrem occurrit illi et lumen subtexit. Sol enim lunam
minorem potentia sua et humiliorem docens taurum insidens cornibus torquet,
quibus dictis Statins lunam bicornen intelligi voluit. Die Beschreibung passt
vollkommen auf die Monumente, z. B. das berühmte borghesische Relief; sie be-
w^eist zugleich, wie man von der ursprünglichen Bedeutung dieses Rinderraubes
abwich in Folge der Auffassung des Mithra als Sonne. So Porphyrius an der
gleich folgenden Stelle.
1) De antro nymph. c. 18. Kai ßovxXonos ■&edg 6 rijv yivEOiv Xelrj-
S'OTWi dxovcov (?). c. 23. Tep p.sv ovv Mld'Qq olxsiav xad'idgav rr)v
xata ras iorjfiEQiai vnsxa^ai' • Sio xQiov fiev tpi^ei a^rjtov QtoSiov rr^v
Windischmann, über Milhra. 65
dite beseichnet und den Raub als die geheime Forderung der
Genesis des Alls erklärt.
Eine der wichtigsten Stellen über den Rinderraub ist die des
Julius Firmicus Maternus ^), der nach Bursians (praef. p. VI) Ver-
muthung sein Buch de errore profanaruin religiouum ira Jahre 347
n. Chr. schrieb. Es ist augenfällig, dass er Unzarathustrisches
seiner Darstellung einmischte; denn eine Schlangengöttin passt
nicht ins System; es ist die Isis, die mit Mithra verquickt wurde,
wie a Turre richtig gesehen (1. c. p. 186). Oder die fackeltra-
gende dreiköpfige Göttin auf den Agathoklesmünzen; vergl. Lassen
Ind. Alt. II, p. 291, welche die drei Phasen des Mondes symboli-
sirt, die in den Zendtexten neben dem Mond selbst verehrt werden;
vergl. Mab Y. 4. Möglich, dass dem Firmicus als weibliche Göttin
neben xMithra, die Mitra des Herodot, die Anahita der Zendtexte
vorschwebte. Auf Mithra aber und Anahita passt das Feuer nicht;
wenn nicht an des letztern Verwandtschaft mit dem Lichte ge-
dacht werden darf, und bei Anahita an jenes Feuer, welches nach
vedischen Vorstellungen im Wasser verborgen ist. Der Prophet,
dessen griechischen Vers Firmicus citirt, ist wohl ein pseudozo-
roastrischer Schriftsteller, wie sich deren in der spätem Zeit im
Occident mehrere hervorthaten ; z. B. der Verfasser der dnoxd-
"kvxjji^ ZcüQodoTQOV bei Porphyrius (Vita Plot. c. 16.)
So gewiss es nun ist, dass die von den Spätem beliebte
Interpretation des Rinderraubes unrichtig ist, so gewiss ist es
andrerseits, dass der Raub selbst, oder vielmehr die Befreiung
der von den Dämonen geraubten Kühe ein acht- zarathustrischer
Zug ist, der in den Kreis der ältesten arischen Mythen gehört.
Meine Deutung der Stelle Mih. Y. 86 und ihre Vergleichung mit
ähnlichen der Veda's (s. Rosen au dem angef. Orte und Rigv. 1.
65, 1.) und der classischen Mythologie (vergl. Preller Griech.
fidxcciQav , eTtoxsTrai 8e ravQco yi(pQO§irTjs' (os xal 6 raiJQOs {ravoovt)
SrjfiiovQyös ojv b Mi&Qag , 'nal yevsoecag SsanozTjs * xara tov iotjfieQivbv
8e riranxai xvxXov * iv a^iare^ä Se zä vözia.
1) De error, profan, relig. c. 5, Persae et Magi omaes , qui Persicae
regioais incolunt fiaes, ignem praeferunt et omnibus elementis ignem putant
debere praeponi. Hi itaque igaem in duas distribuunt potestates, naturam ejus
ad utrumque sexurnttransferentes et viri et feminae simulacro ignis substautiam
deputantes : et mulierem quidera tritbrmi vultu constituunt monstrosis eam ser-
pentibus illigantes, Quod ide<f faciunt , nc ab auctore suo diabolo aliqua ra-
tione dissentiaot, sed^t dea sua serpentibus pulLulans niaculosis diaboli in-
sigoibus adornetur. Virum vero abactorem boum colentes sacra ejus ad ignis
transferunt potcütatein , sicut propheta ejus tradidit nobis dicens : Mvoxa ßoo-
tcXoTtirig, vis Si^ie naxQOS dyavov, Hunc Mitbram dicunt , sacra vero ejus
in speluncis abditis tradunt, ut semper obscuro tcnebrarum squalore demersi gra-
tiam splendidi ac sereni luminis vitent. 0 dira numinis consecratio ! o nefariae
legis fugienda commenta ! deum esse credis , cuius de sceleribus confiteris.
Wower giebt den griechischen Vers foigendermaassen : Mixräßco /uvardicv ö
xXoniris ovvSexe narQOS dyavov. Scaliger: Mvxrjxao ßoos fivorai, KvxXa
ßooxXoniTje avpaeiSsre n* a, Oehler : Mvaxai ßooxXoTtirji' awaeiSaze n, d.
Abhandl. der DMG. 1,1. 5
^Q Windischmann, über Milhra.
Mytii. II, p. 141 über die Rinder des Geryoneus) setzt dies in
klares Licht. Welclie Deutung den geraubten Kühen zu gehen
sei, wage ich nicht zu entscheiden.
Es übiigt uns noch , über die Mysterien des Mithra zu spre-
chen. Sie waren, wie schon erwähnt, um 70 v. Chr. Geburt
ins Abendland gedrungen, und wurden dort mit jener Leidenschaft
für das Exotische und Geheimnissvolle aufgenommen , welche dem
Untergang des Heidentbums als letztes Aufflammen seines \or
der Sonne des Christenthums erbleichenden Lichtes vorausging.
Mitbra war in der Kaiserzeit ein so beliebter Gott, dass Dio
Cassius ^) dem König Tiridates bei seiner Krönung zu Rom die
Worte an Nero in den Mund legen konnte: er sei zu ihm ge-
kommen, um ihn wie Mithra anzubeten. Die orientalischen Mode-
religionen persiflirt Lucian (120 — 200 n. Chr.) ~), wenn er die
Götter fragen lässt, woher der medische Mithra hereingerollt wor-
den sei mit seinem Nationalrocke und seiner Tiara, der nicht
einmal griechisch rede und es nicht verstehe , wenn man ihm
zutrinke — eine Anspielung auf die barbarischen Namen und
Wörter, welche bei seinem Culte vorkommen. Oder wenn der
Satiriker ^) die schönen, aber ärmlichen hellenischen Götter
den kostbaren , goldenen der Barbaren gegenüberstellt. Zu Ha-
drian's Zeiten war der Cult so ausgebreitet, dass der Schriftsteller
Pallas ein eignes umfangreiches Bucb über Mithra abfasste , wie
Porphyrius *) berichtet, welches aber durch seine Einmischung der
Lebre von der Seelenwanderung in die von Mithra kein günstiges
Vorurtheil für die Kritik seines Urhebers erregt. Die weitere
Stelle des Pallas, we\che Porphyrius ^) citirt, beweist, dass ersterer
zwiscben Hadrian und der Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christo
geschrieben haben muss.
Ob Eubulus, den Porphyrius an der oben angeführten Stelle
erwähnt (de antro nymph. c. 6), und auf welchen im Zusammenhalt
1) LXIII, p. 1029. ed. Reimar. Kat rjld'ov xe tzqos os rov ijuor S'sdv,
nQOSXvvriacov ob cos xal rov Mid'qav xai eao/tiat rovro oxc av av im-
nXoöoriq' ov ya-Q fioi xai fxolqa sl xai rv^V*
2) Deor. coocil. (LXXIV) c. 9. 14W 6 "Ams ye, a Zev , xai 6 Ko-
Qvßas xai 6 ^aßdl^ios nöd'ev rjfiiv BTtEiaxvxXrjd'ijaav ovroi, r, b Mi&qrjs
ixeXvos b ßl^Soe o xdv xdv8vv xai t^v ridqav , ov8a ikXri^it,(ov rfj ^on^fj,
a»ST£ ov8' t^v TiQoni^ Tts ^vvir^ai;
3) Jup. tragoed. c. 8. 'H Bevdii Si avTrj xai b''ivovßis ixeivoai xai
naQ^ avTÖv 6 "Arris aai 6 Mi&qrjs xai 6 Mrjv oXot ölöxQvaoi, xai ßaoBls
xai nolvrifATiroi cos dXr}&(Ss>
4) de Abstin. IV, 16. p. 351. d>v rr/r alrtav anoStSovs IldXXas iv roXs
itBQi rov Mi&Qa xr^v xoiv^v , tprjat, cpoQav oXead'ai cbs tvqos x^v ^(oSiaxov
xvxXov dnoxeivBiv xfjv 8s dXrjd'iviiv VTtoXrjyjiv xai dxQiß-fj neqi xcov dv~
d'QOiTCivoJv ifjvxcov aivixxead'ai , «s TtaproSanals 7t6QiB%Bod'ai ocofiaoi
Xsyovaiv.
5) De Abstin. II, 56. p. 202. xaxaXvd'ijvai 8s ras dvd'QOjnod'valas
o^eSov xds na^d ndai frjoi IldXXas , 6 aQiara xd nsQi xcov xov Ml&Qa
avvayaycov fivaxrjqicov , än^ ^A8Qiavov xov avtoxodxooos.
Windischmann , über Milhra. 67
mit Hieronymus, ^) der offenbar Porphyrius vor Augen hatte, auch
die weitere Stelle 2) im Buch von der Enthaltsamkeit zu bezie-
hen ist, mit dem gedachten Pallas einer sei, oder Müllers Ver-
muthung (fragm. Hist. Gr. II, 26), welche den Eubulus mit Bolus
Mendesius, dem Fälscher demokritischer Schriften unter den er-
sten Ptolemäern, identiiicirt, Platz greife, darüber ist es schwer
klar zu werden. Den Verlust eines Schriftstellers über Mithra
aus der Zeit der Ptolemäer hätten wir allerdings zu beklagen.
Die plastischen Denkmäler und die Inscliriften beweisen die
weite Ausbreitung des Mithradienstes in dieser Zeit, und ebenso
die sogleich anzuführenden Stellen der christlichen Apologeten.
Von Commodus ist uns bei Lampridius ^) überliefert, dass er die
mithrischen Geheimnisse mit Mord befleckt habe. Unter Septimius
Severus gab es Priester Invicti Mithrae domus augustanae (Marin.
Monum. dei frat Arv. p. 529). Noch 358 n. Chr. finden wir
mithrische Festfeier (Gruter p. 1087). Dass sich der enthusiasti-
sche Sonnendiener Julian der Abtrünnige mit Vorliebe dem Mi-
thracult zuwendete und darin wahrscheinlich eine durch den Erfolg
als ohnmächtig erwiesene Waife gegen das Christenthum suchte,
kann uns nur natürlich scheinen. So sehen wir denn den Schön-
redner Himerius *) um 362 n. Chr. in die mithrischen Mysterien
zu Constantinopel eingeweiht werden, und seine Rede bei dieser
Feier mit Mithra's , der Sonne, Namen und einem Complimente
an Julian beginnen. Der Kaiser selbst aber bezeugt (Grat. IV,
p. 155) , dass er der Sonne Mithra neue Kampfspiele eingeweiht
habe, und spricht in seinen Caesares ^) mit Salbung von seiner
Andacht zu Mithra, wobei nur die Worte über die Wirksamkeit
des Gottes nach dem Tode beachtungswerth sind. Aber nur kurz
war die Freude dieses erneuerten Mithradienstes. Schon 377 n.
1) Adv. Jovin. I. (Opp IV, 2. p. 206.) Eubulus quoque, qui liistoriam
Mithrae multis voluminibus explicavit, narrat apud Persas tria geiiera magorum,
quorum primos , qui sint doctissimi et eloquentissimi, excepta farina et olere
niliil amplius in cibo sumere.
2) De Abstin. IV, 16. p. 349. Ji/]oi]vto Ss ovtoi (udyoi) sig yerrj
rqia, dii (f>T]ai ^vfißoyXos o tisq rfjv lov Mid'Qa lorogCav iv nolloXi
ßißliois dvaygatpas* tbv ol n^coroi xai loyiioratoi ovr' eo&iovaip SfiipV'
%ov X, T. X* Es ist zu lesen : EvßovXos 6 xfjv TteQl rov Mid'Qa x, r. k.
3) Lnmprid. Commod. c. 9. Sacra Mithriaca liomicidio vero polluit, quam
illic aliquid ad speciery tinioris vel dici vel fingi soleat. Vergl. Salmasius ad
Hist. Aug. p. 394, 382. und Gruter p. 1066.
4) Orat. VII, 2. p. 510 ed. Weriisdorf. 'Illtco Mid'Qa xpvxr,v xad'ä^nv-
reg xal ßaailel rep yilcp &eole ■^Srj Siot dscop ovyyevöfierot, ^iqe riva
rc^ TS ßaoiXeX xai ttj noXei Xoyov avil XdfinaSoi ävdxpcofiBV.
5) Caes. p. 32. ed«. Heusinger, ^oi Se , tiqos sfje Xiycov b 'E^fi^g, Se-
SoJxa rov naräQn Mi&Qav iniyvcüvai' av Ss avjov iiov ivxoXcäv k'xov,
neXa/ia xal oq^ov dofaXij , ^(Jüvii re asavxf^ TtaQaoy.evd^tov , xal rjvixa
dv ivTsvd'ev djtievai Ser] fietd rr^e dyn{frjfi eXniSog Tjyefiova d-FOv PVfiev^
xad'tarde asavrt^.
5*
I
0g Windischmann, über Milhra.
Chr. Hess der praefectus urbi Gracchus das Mithrische Speläon
zerstören, wie Hirronymus •) bezeugt; ja unter Julian selbst
konnte es, wie Pholius erzählt ^), Georg Bischof von Alexandrien
wagen, einen alten, schon baufälligen hellenischen Tempel, in
welchem vor Zeiten die Hellenen die Mysterien des Mithra gefeiert,
Männer, Kinder und Weiber geopfert und aus ihren Eingeweiden
prophezeit hatten , zu reinigen , und als christliche Kirche herzu-
stellen, bei welcher Reinigung sich viele Schädel der Ermordeten
gefunden haben sollen, was einige unbesonnene Christen benützten,
die mithrischen Mysterien zu travestiren und die Schädel zum
Spotte herumzutragen. Das Wagniss hatte übrigens traurige Fol-
gen für Georg: bei einem Volksauflauf wurde er getödtet, sein
Leichnam auf einem Kamel in der Stadt herumgeschleppt, und
seine Gebeine mit Thierkadavern vermischt und verbrannt ^).
Bemerkenswerth ist auch hier die Behauptung, dass mit den
mithrischen Mysterien Menschenopfer verbunden gewesen seien.
Gehen wir nun zum Inhalte und zur Beschaffenheit dieser
Mysterien über, so berichtet Suidas ") offenbar aus älteren Quellen:
die Perser hielten Mithra für die Sonne und brachten ihm viele
Opfer dar; es könne Niemand in seine Mysterien eingeweiht wer-
den ohne gewisse Stufen der Strafen durchgemacht und sich heilig
und leidenschaftslos bewiesen zu haben.
üeber diese Strafen spricht der h. Gregorius v. Nazianz ^ ), wo
er dem abtrünnigen Julian vorwirft, dass er die Mysterien der
Heiligen verachte, während er für die Feinen des Heidenthums
und seiner Mysterien schwärme , und wenn er die an dem ehr-
würdigen Marcus verübten Grausamkeiten mit denen der Mithra-
1) Ad Laetam Ep. LVII. Ante paucos annos propinqiius vester Gracchus
nobilitatein patritiain nomine sonaus, quum praefecturam gereret urbanam, nonne
specum Mithrae et omnia portentosa smmlacra, quibus corax, gryphus , Miles,
Leo Perses , Helios ßromius pater initiantur, subvertit, fregit, excussit.
2) Bibl. 285. p. 483. B. ed. Bekker. reco^yios §' ö ev Ifke^arS^elq
vaov '^EXXrjvixbv rjSrj xarTj^eiTtto/uevov , di/ co rö naXaior oi "ElXr,vss re-
Xexas äxiXovv rc^ Mid'qq ■d'vovres tb är§Qas xal ndldas xal yvraixas aal
ToTs OTtXdyxrois avrcor fxavrsvofievoi y rovrov avaxa&ai^eiv inefieXelro
ini tqJ avoiüodofirjaai evxx'^qiov* dvana^atQOfisvov de BVQTjxai noXXd
XQavia rcov dvrjQtjfievoJv , ital rwv X^torinvcör ol ^rjXcorai ixTCOfiTCsvovxES
rä rcov '^EXXrjvcov /uvoxi]Qia sii yiXcoxa rcp Srjfic^ xal ^Xe-vtiv rä xQcivia
TiQodyovai.
3) Chronic. Pasch. I, p. 546. ed. Bonn ; Socrates H. E. IIT, 2. ; Sozo-
menus V, 7. Philostorgius VII, 2.
4) s. V. Mid'QOv. MCd'Qav vofiit,ovoiv slvai ol IHgoai xbv ^Xcov, xal
tovxcp d'vovai TtoXXds d'voias • ovx av ovv sie avxbv Svvrjoaixö xis xeXso-
d'fjvai, El fii] dtd xivcov ßnd'ficüv naQsXd'cbv rc5v xoXdoetov Seilet eavxov
oaior xal dna&rj. Vergl. Küster zur Srelle.
5) Orat. Stelit. I, in Jul. p. 77. ed. Col. fi xal ras ev Mid'QOv
ßaadvovs xal xavosis (xoXdoEis) ivdixovs xde juvaxixdg. ib. p. 89. nn^a
rcov d^icoi ev Mid'QOv xavxa xoXat,ofiiva)v. Or. XXXIX. p. 626. ovSs
Mid'QOv xoXaoii k'vdixoi xaxd xcöt- fivETo&ai xd xotavxa dve^oftivcov.
Windischmann, über Milhra. ^9-
Mysterien vergleicht. Zu der ersten Stelle bemerkt Elias von
Kreta (T. II, p. 325.) : Jam vero Mitlirum nonnulli Soleni esse
dicunt, in cujus etiain Lonoreni festa celebrabantur ac praesertim
apud Chaldaeos. Et quidein si qui ipsius sacris initiandi erant,
per duodeciin cruciatus ducebantur, ninürum per ignein, per frigus,
per famem, per sitim, per flagra, per itineris inolestiain aliaque
id genus. Justos autein hujusmodi cruciatus dicit, propterea quod
iis digni erant, qui hujusmodi sacra obibaut; mysticos autem, ut
ipsi existimabaut. Dasselbe wiederholt er zur zweiten und Ni-
cetas zur dritten. Und Nonnus zu der Orat. Stelit. ib. II, p. 501.
Hie Mithra apud Persas sol esse cxistimutur, eique victimas im-
molant, ac sacra quaedam in ipsius honorem faciunt. Nullus porro
ipsius sacris initiari potest, nisi primo per quosdam suppliciorum
gradus transivit ; sunt autem tormentornm gradus LXXX partim re-
missiores, partim intentiores. Primum enim levioribus suppliciis,
deinde acrioribus afßciuntur; atque ita post decursa omnia tormenta
ipsius sacris imbuuutur. Igni quippe et aqua et hujusmodi supplicio-
rum generibus excruciantur. ib. p. 510 sq. Persae Mithram solem
esse existimant eique raulta sacrificia offerunt, quibusdamque ipsius
sacris initiautur, ad quae nemo admittitur, nisi qui prius tormento-
rnm genera pertulerit pietatisque suae fortitudinisque animi in per-
ferendis doloribus specimen dederit. Ajunt autem LXXX esse
cruciatuum genera, per quae certo ordine ei qui initiandus est,
necessario transeundum est. Verbi causa primum ei diebus multis
aperienda est aqua. Deinde necessario ipsi faciendum est, ut se in
ignem conjiciat; postea in solitudine versari sibique ipsi inediam
imperare necesse habet; atque ita ad alia pergere, quousqueLXXX
ut diximus suppliciorum generibus defunctus fuerit. Quibus si su-
pervixerit, tum demum sacris Mitbriacis initiatur. — Nachrichten
von vSchriftstellern des 11. u. 12. Jahrhunderts klingen freilich ver-
dächtig; es scheint aber, dass sie ältere Quellen vor sich hatten.
Schon oben sahen wir aus Lampridius , dass mit den Myste-
rien Schrecknisse verbunden waren, die selbst bis zu wirklichem
Mord ausarteten. Sie sollten den Krieger des Mithra stählen,
wie Terlullian *) ausführlicher entwickelt. Ausser diesen prüfen-
den Strafen und Schrecknissen oder vielleicht in ihnen scheinen
verschiedene Grade der Mysterien bestanden zu haben, die nach
Thieren bezeichnet wurden, wie derselbe Terlullian'^) andeutet,
1) De Corona c. 15. Erubescite coramilitones ejus (Christi) jam non ab
ipso judicandi, sed ab aliquo Mithrae milite, qui cum initiatur in spelaeo , in
castris vere tcnebrarum, coronam interposito gladio sibi oblatam, quasi mimum
martyrii, debinc capiti suo aceommodatam monetär obvia manu e capite pel-
lere et in humerum , si forte transferre , dicens Mithram esse coronam suaui.
Atque exinde nunquam coronatur, idque in Signum habet ad probationeni sui,
sicubi temptatus fuerit de sacramento, statimque creditur Mithrae miles, si de-
jecerit coronam , si eam in Deo suo esse dixerit.
2) Advers. Marc. I, 13. Sicut aridae et ardentis naturae sacramenta lea-
ncs Mithrae philusophautur.
70 Windisclimann , über Mühia.
wenn er vbn F^öwen des Mitlira redet. Klarer Porphyr ius 0? ^^^
diese Thiernumeii und Tliierg-estalten der Eing-eweiliten mit der
Lehre von der Seelenwanderung verknüpft: die Mysten seien Lö-
wen g-enannt worden, die Frauen Hyänen, die Diener Raben (sie
kommen auf den Monumenten vor), die Väter Adler und Haliichte,
und der in den Grad der Leontiker Eing^eweiLte werde mit allerlei
Thierj2;-estalten bekleidet.
Hieraus schöpfte Hieronymus ^), wenn er von den ung-eheuer-
liclien Bildern spricht, mit welchen die verschiedenen Grade ein-
g-eweiht werden. Daher finden wir denn auch auf mithriscben
Inschriften Persica, Heliaca, Gryphios genannt (Gruler p. 1087),
ferner einen pater et hierocorax D. S. J. M, (p. 27) und sacra
hierocoracica.
Die christlichen Apologeten haben uns aber auch noch an-
derweitige höchst schätzbare Notizen über das, was bei den Mi-
thra- Mysterien vorging, aufbewahrt. So der h. Juslinus ^), nach
welchem in denselben Brod und ein Wasserbecher mit einigen
dazu piissenden Reden bei der Weihe des Einzuführenden aufge-
setzt wurden. Aelinliches bestätigt Terluüian *), der in den My-
sterien eine Art Firmung durch Bezeichnung der Stirne und eine
Darbringung von Brod fand und eine Abbildung der Auferstehung.
Den Gebrauch des Wassers in denselben bezeugt auch Porphyrius ^):
die Mischgefässe seien Symbol der Quellen, wesshalb denn auch
bei Mithra das Mischgefäss aufgestellt werde. In der That ünden
sich auf den mithriscben Denkmälern diese Wassergefässe abge-
bildet. Derselbe Schriftsteller giebt uns noch einen andern inte-
ressanten Zug der Mysterien ^): es werde denen, welche in die
Leontika eingeweiht werden, statt des Wassers Honig zum Wa-
1) De Abstin. IV, 16. p. 350. Kai yaQ Böyfxa navxtov eoxi rc3v TCQOtTiov xrjv
fiETSfU^vxcttoiv alvat' o xai iutpaiveiv soixaoiv iv rols xov MiifQa fivaxij^iois '
r^v yäg xotvoxrjxa rjfioiv xr)v ngos ra ^coa alvixxöfievot Sia xcöv ^cäcov f]fiäi
firivveiv etcöd'aaiv, cog rovg fiev fiexixovxas x(5v\ avxcov oqyLwv fivoxag Xeov-
xas i<aleTv , xäs 8t yvvaixag vaivas, xovg Se vnrjQexovvrag y.öqay.ag' ini
T£ xcov naxsQOJv (?) * dsxol yaQ xal isQaxsg ovxoi TtQogayoQsvoi'xaf o xe
xa Xeovrixä TcaQaXafißävcov jcsQixid'sxat navroSanag 'Qcöcov fioofäg.
%) Ad Laetam 7. Portentosa siinulacra , quibus corax, gryphus , miles,
leo , Perses, Helios , Bromius , Pater initiaatur.
3) Apol. I. (T. I, p. 268. ed. Otto) "Oueq xal iv xoXg xov Mi&Qa fivaxrj-
Qioig TiaQtScoxüv yivsod'ac fitfirjodfiBVOt ot tiovtjqoI Sai/uoveg ' oxi yaQ
oLQxog Kai tcox^qiov vSaxog xi&sxat £v xaXg xov fivoftivov xeXsxaXg fisx'
imXoycov xivMv , rj inCaxaod's rj fiad'eiv Svvaad'e.
4) De praescr. haeret. c. 40. Et si adhuc memini Mithra signat illic in
frontibus milites suos ; celebrat et panis oblationem et imaginem resurrectionis
inducit et sub gladio redimit coronam.
5) De antr. nymph. c. 17. xwv ftev nQaxtJQcov 0VfxßoXov xcov nr^ycüv
ffEQOVxoiV xa&tog naoa xoJ Mid'Qq 6 xQarrjo avxi xrjg Ttrjyf/g xexaxxat,
xcov o aftfOQsoJv, £V olg xa a-Ko xcov nriycav a.Qvö^sd'a.
6) ib. c. 15. "Oxav fiev ovv xoZg xa. Xeovxixä fivovfie'voig sig xds x^^'
Qag ävS-' vSarog usli viifjaad'at ey^dwoi xad'aQng exeiv xag ^^Toag
naqayyeXXovaiv änö navioe XvnrjQOv xai ßXaTtxixov xai fivoaQov .
Windischmann, über Milhra. 71
sehen auf die Hände gegossen und sie dabei ermalint, die Hände
rein zu halten von allem traurigen, schädlichen und abscheulichen ;
iftid sie bringen dem Mysten die dem reinigenden Feuer eigen-
thümliche Waschung dar, das Wasser als dem Feuer feindlich
vermeidend; sie reinigen aber auch die Zunge mit Honig von
aller Sünde. Was dieser Honig bedeute, erörtert Porphyrius ^)
weiter: wenn dem Perser (dem in den Grad der Persika einzu-
weihenden, nicht Mithra, wie einige Erklärer meinen) Honig ge-
bracht werde als dem Bewahrer der Früchte (vielleicht ist statt
xagntov vexQwv zu lesen), so werde eben damit diese Eigenschaft
des Bewahrens symbolisirt; wesshalb einige meinen, Nektar und
Ambrosia, welche der Dichter in die Nasen träufeln lasse, da-
mit die Gestorbenen nicht faulen^ sei als Honig zu verstehen, da
der Honig Götterspeise sei.
Am Schlüsse stehe eine Notiz über die Mithra -Mysterien,
welche uns Origenes ^) aus Celsus (zu Hadrian's Zeit) erhalten hat.
„ Es sei in diesen Mysterien eine symbolische Darstellung der zwei
Umläufe am Himmel, der Fixsterne nämlich und der Wandelsterne
und des Durchganges der Seele durch dieselben. Dieses Symbol
sei eine hochthorige (ist vielleicht euTunvXog zu lesen?) Stiege;
das achte Thor sei über ihr. Das erste Thor sei von Blei , das
zweite von Zinn, das dritte von Erz, das vierte von Eisen, das
fünfte von Mischmetall , das sechste von Silber , das siebente von
Gold. Das erste Thor widmen sie dem Kronos , durch das Blei
die Langsamkeit des Gestirnes bezeichnend, das zweite der Aphro-
dite, ihr das Glänzende und Weiche des Zinnes vergleichend ; das
xai cos /nvorrj Ha&aQxixov ovros rov Ttv^og otxela vlnrqa nQOsayovot,
naQatir}oä^£voi xb vScop coi noXsf.iovv reo tcvqI* xad'alQovot Se yai x^v
yXcüooav xco fieXixi and navxos afiaQxotXov,
4) ib. c. 16. "ÖTrtv de xco IleQOTi TCQOidyaioi fiilt cos fvXnxt yaQncov
xb (pvXay.xi'nlv iv ovfißöXc^ ti&svxai • od'ev xives rj^tovv xb vixxa^ xai
xriv a/ußQoaiav f rjv xaxa qivcov ordnet 6 noirjx^s sis xb /ni} aajiTJvai xovs
xed'vrivoxas , rb fidXi ixSexeod'ai, ■decov r^Ofr/s örxos xov fiiXixos. Die
homerische Stelle , auf welche hier angespielt ist , findet sich II. XIX, 38.
5) adv. Geis. VI, 22, p. 336 ed. Lommalzsch. Atvixxexai xavxa xai
6 neQOcöv Xöyos , xai r/ xov MCd'QOv xsXexrj naQ^ avxols eoxiv. "Eaxi ynQ
XI iv avxy ovfjißoXov xcov Svo xcJöv iv ovQavc^ TteQtodcov f xrjs xe ocTtXa-
vovs xai xfjs eis xovs TtXavrjxas av ysysvrj/uivrjs xai xfjs Sc^ avxcjov xfjs
xffvxfje Sis^öSov, Tol6v8e Se xb ovfißoXov xXifia^ vxplnvXoSy ini Sa avxfj
nvXrj bySoTj. ^H nqcöxri xcov nvXcov fioXißSov rj SevxeQa xaaaixegov , r)
xqixrj x^^^^ov , rj xexaQxrj oiStjqov , rj Ttiftnxi] xeQaoxov vOfiiofiaxos , rj
k'xxi] dpyv^ov , ;^ov(;ov J' rj eßSö/ur], Trjv ttocoxtjv xi&evxai Kqovov , xcp
fioXCßSoj xexfirjQiovfievoi xrjv ßQaSvxijxa rov doxe^os' xi]v devxsQav l//(pQO-
Sixrjs , naQnßdXXovxes avxfj xb cpaiS^ov xe xai fiaXaxbv xov xaoaixsQOV
xTJv XQi'xTjv rov JibSi i^v X"-^^oßdxriv xai oxeQQaV xr^v xexd^xrjv 'E^fiov'
xX'iitiova yd(j k'gycov dndvxcov xai ;^ö?7//«t<ö't^?^ xai noXvxfirjxov elvai xov
de oiSrjQov xai rov '^Eqfirjv ' rf,v nifjinrrjv "Aqbos , rfjv in xov xQÜfiaxos
dvcöfiaXdv XB xai noixiX^v i'xxrjv oeXrjvrjs xijv aQyvQav eßS6f^ir]v r^Xiou
XTJv xQvofjv , fiifiovfxevot xdg ;u(><)ae avxcüv. 'E^rjs i^exd^ei xr^v airiav xrjs
ovxco xarF.iXsy^iei'r]s rd^eco:; rcoi^ dorigcov , SrjXovfiivrji Sin ov/tißoXuor iv
xole br6/u,aot xrjs Xomfjs vXrjs (I. nvXi^s^.
•^2 Windischmann, über Mithra,
dritte dem Zeus , das erzene und feste ; das vierte dem Hermes,
denn aller Werke Dulder und Besorger und voller Mühen sei das
Eisen und Hermes; das fünfte dem Ares, das durch die Mischung
unregelmässige und bunte; das sechste silberne dem Mond; das
siebente goldene der Sonne, die Farben derselben nachahmend.
Hierauf erforscht er (Celsus) die Ursache dieser Anordnung der
Sterne, die symbolisch angezeigt sei in den Namen des noch
übrigen Thores." üeber diese Zusammenstellung des Metalls mit
den Gestirnen und den Wochentagen vergl. Kopp (Palaeogr. crit.
III, §. 309.) AnquelU (T. I, 2. Vie de Zoroastre p. 28) will darin
eine Anspielung auf die mehreren Himmel annehmen, welche die
persische Theologie kennt. Aehnliche Aufzählungen der Metalle
kommen in den Zendtexten öfters vor; vergl. Farg. VII, 74.; aber
eine Parallele der Metalle mit den Gestirnen findet sich nicht.
Wenn dieser letzte Zug der Mithra-Mjsterien in den Urtexten
I keine Bestätigung hat, so lässt sich dagegen gar Vieles von
^' dem, was die Alten über sie berichteten, als acht erweisen. Vor
\ allem sind die Mysterien selbst unstreitig aus dem Hauptfeste des
Mithra, welches wir oben kennen gelernt haben, und aus dem
während des Jahres regelmässigen Opferdienste des Gottes ent-
sprungen, dessen Gebetsformel uns in ächter Form vorliegt; solche
( Gebete und Ermahnungen waren nach Justin mit den Mysterien
verbunden. Dass dem Mithracultus gewisse Waschungen und Büs-
sungen vorausgingen, beweist Mih. Y. 122. Vielleicht gehört auch
die dunkle Stelle 109 hierher. Dass der Mithrageweihte als
Krieger betrachtet und durch Schrecken gestählt wurde, ist überein-
stimmend mit dem Texte, wo Mithra selbst mit allen Waffen ge-
rüstet als Krieger daherfährt und die Dämonen und Gottlosen
schreckt und zu Grunde richtet. Wasser und Wassergefässe sind
ein Hauptbestandtheil des zarathustrischen Cultus überhaupt; vergl.
Anquelil Usages T. II, p. 533 sq. Das Brod, welches in den Myste-
rien geopfert wird, sind die Darun's , die kleinen ßrode, welche
noch heute der Färse darbringt, und die unter dem Namen draono
in den Texten vorkommen (Yagn. XI, 4, 5.). Der Honig wird als
Opfergabe in den Texten nur Farg. VIII, 22 erwähnt, wo myazdem
die Prädicate gaomeutem madhumantem hat. Spiegel übersetzt letz-
teres: mit Wein. Farg. XIV^, 17. ebenso madheus und Farg. V,
52 sqq. madhu. Möglich, dass es in der ursprünglichen Bedeutung
genommen werden darf, welche von den andern Stellen wenigstens
nicht ausgeschlossen ist; dass beim myazda Wein dargebracht
wurde , bezweifle ich sehr.
So sehen wir also, dass auch den späten und mannichfach ver-
fälschten Nachrichten über die Mithra-Mysterien gar viel Aechtes zu
Grunde liegt, und dass Idee und Cultus dieses Gottes über ein Jahr-
tausend sich im Ganzen wohl erhalten habe, wenn auch im Einzelnen
Modificationen und Beimischungen fremdartiger Dinge stattfanden.
Windischmann, über Mithra. 73
IV.
Beigabe über Gayu - iiiaratha und CaosyäQ.
Es wurde oben die Vermuthung- geäussert, die armenische
Tradition über einen vom Weibe gebornen Mithra sei vielleicht
aus einer Verwechslung oder Verbindung der Lehre über diesen
Yazata mit jener von ^aosyag, dem zukünftigen Heiler, entstan-
den. Theils um diese Conjectur als einigermassen begründet zu
erweisen, folgt hier eine möglichst kurze Darstellung dessen, was
die Texte über ^aosyä^ bieten, und namentlich über seine Geburt
von einem Weibe; theils aber auch wegen der. nahen Verwandt-
schaft, in welcher die Unsterblichkeitsmysterien des Mithra mit
der Doctrin von der Auferstehung durch paosyäg gestanden sein
mögen. Um aber die Stellung des letztern im zarathustrischen
System zu begreifen , ist es nothwendig, auch die Texte des Zend-
avesta über Gayo-maratha den Urmenschen zu betrachten. Es
werden nämlich der Urmensch einerseits und ^osyäg andrerseits
als die Anfangs- und_ Endpunktejes MenscTien'ge'scTirecTTteF' und
seiner Geschic^fe bezeichnet; aus des ersteren Leib und Samen
gehen alle Menschen hervor, sind aber durch die am Urmenschen
und seinen Nachfolgern geübte Gewalt des Dämons dem Tod und
der Verwesung unterthan; der zweite erhält seinen Leib aus diesem
vom Urmenschen herstammenden Generationsprocess , aber auf
ausserordentliche Weise durch Zarathustra's Samen aus einer Jung-
frau, welche die Allüberwindende genannt wird; er hebt den Fluch /
des Dämons, stellt die Leiber aus der Verwesung wieder her und )
bewirkt die Auferstehung.
Die Stellen, welche Gayö-maratha mit ^aosyä^ verbinden,
sind folgende: Ya^n. XXVI, 5 et 10 haca gayat marathnat
ä ^aosyantät ver e thraghnat. „Von Gayö-maratha an bis
auf den ^aosyäg" d. i. von der Schöpfung bis zur Auferstehung.
Dasselbe wiederholt sich Farv. Y. 145.
Der Urmensch wird auch öfters in Verbindung mit dem Ur-
stier genannt '"l; so Ya^n. XIII, 7. geuQca hudhaonhö gaye-
qyacämarathnö asaonofravasim yazamai (W* ||iHfcyiH'ufr#
an den Genius des gutwissenden Stiers und des reinen sterblichen
Lebens." Yagn. XXVI, 5. geus hudhaonhö urvanem yaza-
maide; gayehe marathnö asaonö fravasim yazamai de
,,wir rufen an die Seele des gutwissenden Stiers (Gosurun) ; wir
rufen an den Genius des reinen sterblichen Lebens." Abgekürzt
heisst es Yagn. LXVIII, 22. nemo geus nemo gayehe „Preis
dem Stier, Preis dem Leben." Visp. XXI, 2. avi geus avi
1) Wie ^aosyä? bei der Auferstehung mit dem Stier Hazayosch oder Ha-
dayavesch verbunden wird , vergl. Bund. XXXI, p. 75, 8. XIX, p 45, 1. 10.
Er heisst auch (;ar9aok. XV, p. 37, 16.
74 Windischmann, über Milhra
gayelid „dem Stier, dem Leben (wünschen wir Opfer)." Ga-
y^qya oder die jüng-ere Form gayelie ist der Genitiv von ^aj^
Leben, welche Bedeutung" des Wortes durch Stellen wie la^nT
XLI, 3., LI, 19.; Farg-. II, 4L; Yagn. LXXI, 15 (wo Zarathus'tra
aufg-efordert wird, die betr. Worte beim letzten Ausg^ang^ des Le-
bens d. i. beim Tode zu sprechen) ausser Zweifel. Leider findet
sich der Name des Urmenschen nicht im Nominativ; der Genitiv
marathnö lässt ein Thema marathan voraussetzen, welches
im Nominativ nach der Analogie von asava maratha lauten muss.
Die Wortbildung- ist wie pairi^athno Visp. IX, 2.
Eine weitere Bezeichnung- des Urmenschen ist die „des reinen
Mannes" per eminentiam. Yagn. XIT, 7.; XIX, 2. parag-äni —
para narem asavanem. Dem entsprechend heisst im Bunde-
liesch der Urmensch g-abra i aharuban III, p. 8, 1. 7, 13. Weil
aber der Ur stier (gaus hudhao) und der Urmensch (na asaya^
am Anfang- der Schöpfung- nebeneinander g-eschafFen wurden, so
stehen sie denn auch häufig- als Gattung-sbeg-rifFe sich zur Seite,
ohne dass dabei eine directe Beziehung- auf die Urtypen stattfindet;
vergl. Visp. XI, 3; Farg-, V, 37. Gayo- maratha allein kommt
vor Yagn. XXIII, 2 ayege y^sti afravasi g-ayehß ma-
rathnö, wo der Urmensch an der Spitze aller Bekenner des wah-
ren Glaubens in der Vorzeit steht.
Auch in den Yasht's kommt Gayö -maratha vor. Nachdem
Farv. Y. 86 von dem Genius des ürstiers und des Urmenschen
die Rede war (yamca (fravasim) geus yämca g-ayehe)
heisst es weiter: 87. g-ayehe marathnö aiaono fravasim
yazamaide yd paoiryo ahurai mazdäi mana^ca g-usta
gagnao^ca yahmat haca fräthweregat nafd airyanäm
daqyunäm cithrem airyanäm daqyunäm „Des Gayd- ma-
ratha, des reinen, Genius rufen wir an, der zuerst dem Ahura
Mazda den Gedanken (so ist mana^ wohl zu fassen) hörte und
die Gebote; aus welchem er (Ahura) gebildet hat das Geschlecht
der arischen Länder, den Samen der arischen Länder." Damit
ist zu verbinden Tir. Y. 13, 14. Da erscheint der Stern Tistrya
^^^ in den ersten zehn Nächten „in der Gestalt eines Mannes, eines
/ / Jjipfzehn jährten . glänzenden, weissaugigen, hohen, angreifenden,
^ ' V c! f riVTl^S^^^Ti o h 1 1 n li fCkAanA an « »rrwTi /Iaivi Alfoi« irrio nur» OT^cfo iVlann lof
Starken, lieblich redenden; von dem Alter wie der erste Mann ist
er herbeikommend ; von dem Alter wie der erste Mann ist er an-
greifend ; von dem Alter wie der erste Mann nimmt er den graden
Weg." (nars kehrpa panca-da^aiihö khsaetahe gpiti-
doithrahe berezatö avi-amahe amavatö hunairyaoncd
tat ayaos yatha paoirim virem avi-yäö bavaiti tat
ayaos yatha paoirim virem avi-amö aeiti tat ayaos
yatha paoirim virem ere z usäm adagte. Die letzten Worte
sind mir dunkel; zu avi-amd vergl. Sskr. abhi -j- am anstürmen,
angreifen).
Vergleichen wir nun mit diesen Urtexten die Stellen des Bun-
Windüchmann , über Milhra. 75
deliesch über Glayö- marutlia, so finden wir eine fast buchstäbliche
Beziehung- auf erstere. Bundeh. XXIV, p. 57, 6 (Anq. II, p. 397)
ist von den Ratava's (Ersten, Meistern) der Geschöpfe die Rede,
und da heisst-^s^^nn: „als der erste des Menschengeschlechtes
wurde Gayomart gebildet glänzend, weissaugig , welcher ins Wasser
schaut." Bund, lil, p. 10, 1. 14. ,,V«r dem Kommen (des Ahriman)
zu Gayomart brachte Aliura für den Gayomart das Khei *■ ) hervor
und als Ahura dieses Khei geschaflPen, in der Geslall eines Jüng-
lings von fünfzehn Jahren eines glärkzenden trat da Gayomart aus
dem Khei hervor." Das AJ^ter von fünfzehn J^a|u^i ist in den M
Urtexten das typische'^I'föriiialaiter des Paradieses, v^rgi. ' Ya^n. ▼
JX, 5. "^^ — — > /
Das Wasser, in welches Gayomart schaut, ist wohl eben
jenes Khei; ich zweifle nicht, dass auch dieser Zug- des Wasser-
schaueiis^t ist, obgleich unsere Urtexte (dem Verfasser des Bun-
dehesch lagen gewiss noch andere vor) davon nichts erwähnen.
Bund. IV, p. 12, 1. steigt Gayomart beim Tode des Urstiers an
seiner rechten Seite hervor ^ ). Es ist mir nicht g-anz klar, ob
hiemit ein Entstehen des Menschen erst nach dem Tod des Ur-
stiers angedeutet sein soll, während doch anderswo beide als coe-
xistent g-edacht sind.
Aber noch anderes höclist Bedeutsames über Gayomart ent-
hält Bundehesch. Aus Furcht vor dem reinen Menschen (Gayomart)
liegt Ahriman 3000 Jahre niederg-estreckt da, und trotz der Auf-
forderung der Dämonen, Ahura zu bekriegen, wagt er es nicht.
Endlich nach den 3000 Jahren , kommt der gottlose (Darvand)
Gabi, der Geist der Unreinigkeit ; er ermuthigt Ahriman und ver-
spricht den reinen Menschen zu vernichten. Ahriman küsst erfreut
den Dämon, und giebt ihm zum Lohn eine Gabe zu wünschen.
Gabi wünscht den Leib eines Jünglings von fünfzehn Jahren, des-
sen er sich bemeistert. Wie nun Ahriman durch Gabi den Gayo-
mart getödtet, davon ist nichts weiteres gesagt; die früheren
Versuche ihn durch Boschasp (Busyagta) p. 10, 1. 7. und Astuiad
p. 11,2 rA^tovidhötus) zu tödten waren umsonst; Gayomart lebte
die ihm bestimmten rliminriQ Jahre nach dem Kommen des Ahri-
man; erst dann starb er, und sagte sterbend, dass aus seinem
Samen alle Menschen gebildet werden. Der Dämon Gabi kommt
auch in den Urtexten vor; vergl. Ardib. Y. 9. Farg. XVIII, 58.
1) Vergl. Haug über die Pehlevi - Sprache p. 42. Leider ist es ungewiss
wie der Name gelesen werden muss; doch scheint er im Zusammenhalt mit
Bund. XXI, p. 54, 2. und p. 53, 19. dem neupersischen y*p^ Speichel oder
-»«> Schweiss identisch.
2) Spiegel Huzw. Gr. p. 115 übersetzt: „als der einzig geschaffene Stier
starb , fiel er auf die i-echle Haud. " Er scheint also der Stelle eine ganz
andere Deutung zu geben.
^
76 Windüchmann , über Mühra.
\a911. IX. 32. Die (iahika's sind gewissermassen seine Bekör-
perungen. Dass aus dem ürmeusclien alle Menschen gebildet
wurden, kaben wir schon aus Farv. Y. 87. gesehen, und es wird
durch Minokhard (Spiegel Parsi - Gramm, p. 166.) bestätigt, wo
noch zwei weitere Züge beigefügt sind, dass tJayomart Azur
(Arzur) getödtet habe, und dass die Metalle aus seinem Körper
geschaffen wurden, die ich nicht weiter erklären kann. Der Name
Arzur klingt eines Theils an den des Berges Erezuro Zam. Y.
2 arcür Bund. XII, p. 23, 9 an, anderntheils an erezusäm Tir.
Y. 14 an. DenProcess dieser Bildung schildert Bundehesch XV,
p. 33,*T. *5f TTi einem ausdrücklichen Citat aus den Din d. i. den
heiligen Büchern. Gayomart in seinem Sterben gab Samen ; dieser
Samen wurde, gereinigt durch das Licht der Sonne, zu zwei
Theilen von Nairyo-^anha und zu einem von fpefita- armaiti
bewahrt. Nach vierzig Jahren (vergl. Farg. II, 40) entspringt
in der Gestalt der Pflanze Reivas eine Säule von fünfzehn Jah-
ren mit fünfzehn Blättern am Tage Mithra des Monats Mithra
aus der Erde ; aus dieser entwickelt sich dann das Menschen-
paar Meschia und Meschianeh ' ) , deren weitere Geschichte nicht
hierher gehört.
Die Parallele dieses Entstehens des ersten Menschenpaars aus
dem Samen des sterbenden Lebens (Gayo-maratha), der von Nairyö-
Qanha und ppeuta - armaiti bewahrt wird, mit dem Entstehen des
paosyäg aus dem von demselben Yazata und der Anahita bewahr-
ten Samen des Zaratbustra, welches wir unten kennen lernen
werden , ist augenfällig und beweist die Zusammengehörigkeit bei-
der Vorstellungen.
Dunkel bleibt aber immer noch , warum Gayomart stirbt, und
wie Ahriman und Gabi seinep Tod bewirken. Es scheint mir hier
eine theosophische Vorstellung zu Grunde zu liegen. Der Ur-
mensch wurde androgyn gedacht; die Theilung in Geschlechter
geht aus dem Verlangen des Urmenschen nach einem sich selbst
gleichen Gegenstande hervor. Dies benützt Gabi der Geist der
Unzucht; er nimmt den Körper eines fünfzebnjäbrigen Jünglings
an. Gayomart schaut in das Wasser Khej^. aus welchem er her-
vorgestiegen; er sieht dort das Trugbild aes Gabi und dadurch
bekommt letzterer Gewalt über ihn. Es ist wahr, dass Einiges
in diesem Bilde von mir ergänzt ist ; allein ich wüsste nicht, wie
anders die Räthsel des Bundehesch gelöst werden könnten. Die
ähnlichen Vorstellungen der Rabbinen von einem androgynen Ur-
menschen erwähne ich nur im Vorübergehen.
1) Gayomart mit seiner weiteren Entwickelung Meschia und Meschianeh
ist der Urmensch in der theosophischen Form des zarathustrischen Systems;
Yiraa ist der Urmensch der rtUen arischen Sage , welcher aber nach dem Sy-
stem eine andere Stellung bekommen musste , obgleich auch hier noch der
paradiesische Zustand so hell hervorleuchtet. Haosyaiihö dagegen ist der Ur-
vater des baktrischen Stammes.
i
Windischmann , über Milhra. 77
Dass dieser theosophische Mythus alt ist, davon haljen wir
einen höchst willkommenen und zugleich üherraschenden Beweis
in der griechischen Mythologie; ich meine die Sage von Narkis-
sos '). Sie tritt zwar in der classischen f^itteratur erst spät auf;
denn meines Wissens ist Ovid (Met. III, 346 sqq.) der erste, der
sie behandelt. Aber so sehr er es verstanden , durch seine ge-
schmeidigen und lieblichen Verse das Ganze in eine blosse ero-
tische Fabel zu verwandeln und die Spuren uralter Sage zu ver-
wischen (die Nymphe Echo scheint er willkürlich hinein verwebt
zu haben), so blitzt letztere doch überall hervor. Pausanias, der ^
(180 n. Chr.) uns mit seiner prosaischen Trockenheit den Mythus -
erzählt, wie er zu Thespiä am Helikon im Volksmund lebte, ist
uns ein weit schätzenswertherer Zeuge, theils weil er die Sage
in ursprünglicherer Form erhalten hat, theils weil er sie ausdrück-
lich als Localtradition von Thespiä bezeichnet, was ein Beweis
für ihr hohes Alter ist.
Er erzählt (IX, 31, 7): „im Land der Thespier am Helikon
sei die Quelle des Narkissos und der Sage nach habe Narkissos
in dieses Wasser geschaut, und nicht wissend, dass er seinen
eignen Schatten gesehen, habe er sich ohne es zu merken, in
sich selbst verliebt, und durch diese Liebe sei ihm an der Quelle
der Tod geworden. Das ist aber, wie der ehrliche Pausanias
meint, gar albern, dass Jemand, der schon solches Alter erreicht
hat, wie von der Liebe gefangen werde und nicht mehr unter-
scheiden könne, was Mensch und was des Menschen Schatten sei.
Es giebt aber noch eine andere Sage von ihm , weniger bekannt
als die erstere , jedoch ebenfalls erzählt, Narkissos habe eine
Zwillingsschwester gehabt in allem Andern ihm gleich an Gestalt;
und beide hätten auch gleichen Haarwuchs gehabt und ähnliche
Kleidung angezogen, und seien auch mit einander auf die Jagd
gegangen. Narkissos sei aber in die Schwester verliebt gewesen,
und als das Mädchen gestorben, an die Quelle gegangen, wohl
wissend, dass er seinen eignen Schatten sehe, sei es ihm eine
Erleichterung der Liebe gewesen, indem er nicht seinen eignen
»Schatten, sondern das Bild der Schwester zu sehen wähnte. Die
Blume Narkissos aber hat die Erde auch erzeugt, wie mir (Pau-
sanias) scheint, wenn wir aus den Liedern Pamphos etwas schlies-
sen dürfen. Denn dieser, der viele Jahre früher lebte, als Nar-
kissos von Thespiä, sagt, dass Kora der Demeter Tochter geraubt
worden sei, als sie spielte und Blumen sammelte; sie sei aber geraubt
1) Kreuzer IV, p. 166. und mein Freund Lasaulx (Studien des class.
Alterth. p. 351.) haben das Richtige über ihn geahnt; auch lihwk Relig. der
Hell. I, p. XXVII ; II, p. 301. Schon die Alten sahen in dem Sinken des
Narkissos in den Fluss den Ursprung der Generation. Anonym, de Incred. c. 9.
Opusc. myth. ed. Gale p. 88. Lasaulce hat bezüglich der Bedeutung des
Blickens in das Wasser mit Recht auf Manu IV , 38. und Ya^iiyavalkya III,
279 hingewiesen.
Ni^^
78 JVindischmann , üter Milhra.
worden nicht durch Veilchen betrogen, sondern durch Narkissen."
Der trockene Pausanias , der gar den Narkissos für eine histo-
rische Person nimmt und nach Pamphos setzt, weiss natürlich
mit der Sage nichts zu maciien, und liat keine Ahnung davon,
dass er zwei uralte orientalische Mythen erzählt, deren einer uns
in altbaktrischer Version von Gayomart dem ins Wasser blickenden,
aus dessen Samen die Blume Reivas hervorspriesst, erhalten ist;
die andere von Yama und seiner Schwester im Alharva- Veda XV 111,
1. (vergl. Rolh Zöitschr. der D. M. G. IV, p. 426 sqq.), die aber
^ auch im Hinblick auf Bundeh. XXXII, p. 77, 1. 6. und XXIII,
p. 56, 1. 13 dem iranischen Kreise bekannt gewesen ist.
Es übrigt noch auf einige Parallelen des griechischen und
des baktrischen Mythus hinzuweisen. Eltern des Narkissos sind der
FIuss Kephissos und die Nymphe Leirioessa, oder Leiriope, die
lilienfarbige oder zarte; er ist also ein dem Wasser entsprungenes
Wesen, wie Gayomart dem Wasser entsteigt. In der Schilderung
dieses Wassers bei Ovid (Met. III, 407) sind Züge eines ürwas-
sers eingewebt. Narkissos ist bei Ovid eins über fünfzehn Jahre
alt (351). Die Beschreibung der Blume Narkissos, die an der
Stelle der Leiche des Jünglings entspriesst, wenn sie mit jener
der Narkissosstaude im homerischen Hymnus auf die Demeter v.
8 verbunden wird, erinnert aufs lebhafteste an die Pflanze Reivas;
beide sind Symbol derselben Sache: des Untergangs des Lebens
im Tode und des Wiedererwachens derselben in der Generation.
Desshalb ist der Narkissos der Kranz der grossen Göttinnen.
Doch wir kehren zu Gayömaratha zurück. Wenn die aus
ihm entsprungene Reihe der Geschlechter vollendet ist, wenn der
andere Endpunkt in (^aosyäg erscheint, dann wird Gayd-maratha
sich bei der Auferstehung zuerst erheben (Bundeh. XXXI, p. 72,
11). Und hiermit sind wir bei der Untersuchung über ^aosyäg
angelangt. Um den richtigen Begriff dieses vielbesprochenen We-
sens zu erhalten, müssen wir vor Allem die Texte unterscheiden,
in welchen derselbe als einzelne, bcsiimmle Person erscheint, und
jene welche von einer Gattung von Menschen handeln, denen die-
ser Name beigelegt wird. Was die erste Reihe von Stellen be-
trifft, so können Texte wie Yagn. XL VIII, 9. vidyat gaos-
kyägyathähöi asis anhat „es wisse der faos. wie ihm
Reinheit sei" und Visht. Y. 15. narem asavanem vidhus-
asem gaosyantem „den reinen Mann, der Reinheit findet, den
^aos. , " obgleich sie von einem paosyäg im Singular reden , doch
nicht auf eine Person bezogen werden; sie sind Bezeichnung des
Gattungsbegriffes. Am prägnantesten wird Person und Zeit des
^aosyäg an jenen Stellen hervorgehoben, wo er als der Endpunkt
des menschlichen Geschlechtes bezeichnet wird (Farv. Y. 145;
Yagn. XXVI, 10; LIX, 27; s. oben). An letzterer wird gleich hin-
zugefügt: gaoskyantem verethraganem yazamaid^ »wir
rufen an den siegreichen ^. " Das Epitheton : siegreich ist , wie
Windischmarm , über Mühra 79
wir weiter sehen werden , ein beständiges des Heilers , des be-
fruchtenden Retters des menschlichen Geschlechtes aus der Ver-
wesung zur Auferstehung und zur Unsterblichkeit. Ein höchst
wichtiger Text zur Erklärung des Namens des paosya^ ist
Farv. Y. 129. Es folgt dort unmittelbar auf die schon früher
HO und 117 zweimal dagewesene Anrufung des Genius des Agt-
vat-eretö, welcher eben der ^'aosyäg ist: yd anhat gaosyäQ
verethraga näma a^tvat-eretagca nama avatha gao-
s y ä ^ y a t h a v i g p e m a h ü m a (; t v a n t e m g ä v a y ä t avatha
agtvat-eretö yatha agtvad ha ustanavao agtvat-ithye-
g an he in paitistät paitistätee bizaugrö-cithrayao
drugd paitistätee asava-karstahö tbaesanhd. „Der
da ist paosyäg der vSiegreiche mit Namen und A^tvat-ereto
mit Namen; desswegen ^aosyäg (Heiler), weil er die ganze
bekörperte Welt heilen wird (bekräftigen, befruchten, ihr Nutzen
bringen wird); desswegen Agtvat-eretö (Erheber der Körper,
oder Körper -erhoben) weil er bekörpert seiend und lebendig dem
Zerstörer der ßekörperten widerstehen wird, zum Widerstand gegen
die zweifüssersamige Drukhs, zum Widerstand gegen den die
Reinen vergewaltigenden Hass. " Die Wurzel gav oder gu, von
welcher gävayät das Causativ ist, liegt dem Zendischen gavas,
gevista, dem Sskr. gavas zu Grunde. Dass die Wurzel gavati
im Sskr. sich nicht findet, bezeugt Nirukla 11, 2. p. 20. gavatir
gatikarma kambö^ösveva bhasyate; vikäram asya-
ryesu bhäsante gava iti. Die Verbal wurzel wird hier den
Kamböga's ^) zugeschrieben, während das Sanskrit das Nomen hat.
Die Wurzel gu wird als dem Nomen paosyäg zu Grunde lie-
gend noch weiter bezeugt Yagn. LV, 4. wo es heisst: pathräi
asah^ gaethanäm harethräi asah^ gaethanam Quyam-
nanam ca gaosyautäraca „zum Schutz der reinen F^ebendigen,
zur Erhaltung der reinen Lebendigen, der geheilten und heilen-
werdenden." Hier ist der Gegensatz zwischen dem Participium
pass. guyamnanäm und dem Partie, fut. gaosyantam sehr
lehrreich: es giebt Lebendige, die geheilt, befruchtet und belebt
werden, und es giebt solche, welche einst diese Heilung hervor-
bringen. Sonach bedeutet faosyäg den Heilen- oder Nützen-,
Befruchtenwerdenden. Die sehr häufig wiederkehrende Variante
gaoskyäg erklärt sich entweder dadurch, dass dem Zend die
Verbindung sy unbequem war und ein k als fulcrum eingeschoben
wurde, wie sich neben usi auch uski, neben masyö maskyö findet;
oder sk ist Futurbildung wie die lat. Formen auf sco. Die
Wurzel gav oder gu entspricht, wie ich glaube, Gr. xvw und
1) Ueber sie vergl. Weher Ind. Studien I , p. 144. Die Identität ihres
!\amens mit dem des Kambyses (Kabugiya) beweist, dass ihre Sprache dem
altpersischen und baktrisehen verwandt war. Ich verdanke diese Bemerkung
Webers mündliclier Mittheilung.
gQ Windischmann , über Mühra.
^aosyay ist daher ein xv'igxmv , xvrjacov y der zukünftig-e Befruch-
ter und Beleher jener, die dem Tod und der Verwesung verfallen
sind.
Doch wir kehren zum Texte zurück : h " scheint mir das
Particip von as zu sein; eretö findet sicli leider ausser in dieser
Verbindung nur noch im Worte: ereto-kerethna einem Epi-
theton der Periode hama^path-raaedhaya, der Schöpfungsperiode
des Menschen; Visp. I, 2, wo Weslergaard aretö-kerethnahe
giebt, während eine Hs. eretö bietet; so Visp. II , 2. eretd
Farg. V, 59 und eretim VII, 13 mit den Varianten irito und
iritim scheint anderswohin zu gehören, ebenso die verschiedenen
Formen von areta und aretha. Ich möchte unser eretö von Sskr.
ar riiöti ableiten, welches den Sinn erheben, aufregen etc. hat,
und wovon Sskr. arati Diener, Ordner kommt, faosyäg thut das
Gegentheil von dem, was der Dämon thut, den er bekämpft; die»
ser vernichtet die Bekörperten ; er erhebt und belebt sie. Der
Dämon, von dem hier die Rede ist, ist wahrscheinlich der anderswo
(vergl. Farv. Y. 130) vorkommende Daeva ithye^ö raarsaonem,
von welchem Farg. XIX, 1 handelt und der auch dort auf die
Zerstörung des Leibes des Zarathustra ausgeht. — Die zweifüsser-
samige Drukhs erinnert an Ardib. Y. 7, wo neben bizangrö-
cithra aji-cithra (Schlangensamen) aufgezählt ist. Zu bi-
zangra vergl. Ab. Y. 89; Farg. XII, 22. V, 35. und Bumouf
Etud. p. 253. Die Drukhs ist ebenfalls der böse Geist der Ver-
wesung. — asava-karstahe ist auffallend; es wiederholt sich
indessen oben 105, während an den Compositis: aji-karstahö
131; aesmö-karstahe 138; gadhö-karstahe 136; ^agtö-
karstahe 135; nafyö-karstahe 120 der erste Fbeil etwas
Schlimmes oder das bezeichnet, wovon die böse Wirkung aus-
geht, karsta ist gleich Sskr. krsta, welches auch vergewaltigt,
gepeinigt bedeuten kann. Soll es im activen Sinn: den Reinen
peinigend heissen?
Nachdem uns so der Name des paosyä^ und durch ihn auch
seine Thätigkeit klar geworden ist, gehen wir zu dem über, was
uns Texte und Tradition über sein Erscheinen überliefern.
^aosyäg wird nach der ausdrücklichen Lehre des Bunde-
hesch ein Sohn Zarathustra's genannt und zwar Sohn auf nicht
natürliche Weise. Dreimal, so heisst es (Bundeh. XXXIII, p. 80,
7) nahte Zarathustra der Hvövi und jedesmal fiel der Same auf
die Erde: der Yazata Nairyö-^anha bewahrte ihn und vertraute
ihn der Obhut der Yazata Anähita bis zur Zeit, wo er (der Same)
sich der Mutter vermischen wird. 9999 Myriaden Fravasi's der
Reinen wachen über diesen Samen. Es könnte scheinen als sei
dies eine Extravaganz späterer orientalischer Phantasie. Allein
die Urtexte bestätigen Hvövi als Gattin des Zarathustra (Farv.
Y. 139), und wenn es auch zweifelhaft ist, ob die Stelle Farv.
Y. 98. thrimithwatö ^pitamahe asaonö fravasim ya-
Windischmann, über Milhra. 81
zamuidd das lieisst, was Anquelil meint: Je fais izescline au
Saint Feröuer des trois (^outtes) de semence de Sapetman (Zo-
roastre) , oder ob die aparazäta's Farv. Y. 127 die postumi des
Zarathustra sind *), so lässt die weitere Stelle (Farv. Y. 62)
keinen Zweifel zu, wo ausdrücklich g-esag-t ist: „wir opfern den
guten , starken heiligen Fravasi's der Reinen , welche jenen Sa-
men bewachen des reinen Zarathustra, neun und neunzig und neun-
hundert und neuntausend und neunzig mal (?) zehntausend."' Ebenso
ist es ein alterthümlicher Zug , dass Anähita den Keim bewahrt,
von welcher so oft gesagt wird, dass sie die Samen aller Männer
reinigt (Ab. Y. 2).
Der Ort, wo ^aosyä^ geboren werden wird, ist vor Allem
das Karsvare Qaniratha (Bund. XI, p. 21, 8); in diesem aber ein
gewisses Wasser, über welches die Urtexte wiederholt sprechen.
Farg. XIX, 5. ^anani pairikam yäm khnäthaiti yahmai
u^zayaite ^aosyäg verethraga haca apat kä^aoyat
usagtarat haca naemat usagtaraeibyö haca naema^i-
byo „ich will tödten die Pairika Knäthaiti, bis geboren wird
^aosyäQ der Siegreiche aus dem Wasser Kagvi, von der östlichen
Gegend, von den Östlichen Gegenden" (Vergl. Spiegel Abb. p. 63).
Was den Namen des Wassers betrifft, so bieten die Hss. kägao-
ydt, kägaosyat und käguyat. Aehnlich klingend ist kägö-
tafedhra Zam. Y. 3. Unstreitig liegt das Adjectiv kagu klein
zu Grunde; vergl. Bahr. Y. 17. Tir. Y. 29. Comparativ kagyan-
häm Farg. V, 24. Superlativ kagistahe Farg. VI, 10. Das
Sskr. käniyäng. kanistha hat den Nasal erhalten. Das Femininum
von kagu kägu lautet kagvi, und käguyat oder kägaoyät
verhält sich dazu wie areduyaö zu ardvi. Die Ursache dieses
Namens des kleinen Sees giebt uns Bundehesch an (XIII, p. 27,
I. 15) wo es heisst, dass der See Kaiangiä in Sistan der kleinste
der Zare's sei, vergl. auch XX, p. 53, 1. 10., wo der Name
transscribirt ist. Dass aber die Tradition diesen See mit dem
Farg. XIX, 5 gemeinten identificire, geht aus der Huzvaresch-
üebersetzung letzterer Stelle hervor, und Deslur-Darab bei Ann.
I, 2. p. 413 hat sonach Recht, während das, was Anquelil von
Ragha einmischt, ganz irrig ist. Der See Zahreh in Sistan hat
dreissig Meilen im Umfang; in seiner MitfeTfegt ein Scliloss Ru-
stam's und sein Wasser soll brakisch sein ; s. Hitler Geogr. VIII,
p. 153. Bund. XXI, p. 55, 1. 3 ist wiederum von diesem See
kayage ap die Rede, welcher der Ort des Samens der Keanier- sei
(so Anquelil). Von diesem Wasser heisst es : dasselbe habe zuerst
keine Khrafstra's, Schlangen und Kröten gehabt und es sei das
1) Ich übergehe hier absichtlich die Frage über die beiden Oscheder als
Vorgänger des (^aosyäg, da mir kein alter Text bekannt ist, welcher sie er-
wähnt. Oder sollten sie in den beiden A^tvat - ereta's angedeutet sein , die
Farv. Y. 110 und 117 dem letzterwähnten ib. 129 vorausgehen?
Abhandl. der DMG. 1,1. a
\
f
g2 Windischmann, über Milhra.
süsseste ulier Zure's g-ewesen. Es sei aber bitter geworden we-
gen der Nähe der Fäulniss , und diese Bitterkeit und Fäulniss
werde bis zur Auferstehung dauern. Dieselbe Localität für den
Ausgang des ^aosyä^ giebt Zara. Y. 92. an: yat agtvat-eretö
frakbstäite liaca apat kaguyät a^to mazdaö ahurah^
viQpH-taurvayao puthrd vaedhim va^^öyimvarethra-
ghnim. „Wenn der KÖrpererbeber bervorscbreiten wird aus dem
Wasser Kä^vi, der Genosse Abura-Mazda's, der Sobn der Vi^pa-
taurvi(a) die siegreiche Kunde verkündend." agtö heisst wie Zara.
Y. 46 beweist: Helfer, Genosse. Sehr schwierig ist vaedhim
vae^o; ich habe die Vermutbung gewagt, statt va^^ö vaedhö
zu lesen ; wird vaegö beibehalten, so muss es wohl als Accusativ
zu frakhs. gezogen werden: er geht in das zu verkündende
Vaeg6 (das iranische ürland) das siegreiche. Zu vaedhim vergl.
Siroz. 11, 29. An v a i d h i m in der Bedeutung Fluss könnte auch
gedacht werden, wenn es Hss. böten, vergl. F'arg. V. 5. XIV, 12.
vaidhim mit den Var. vaidhim, vaedhim. Noch an einer
dritten Stelle kommt kä^u vor Zam. Y. 66. zrayö yat kägüm;
ob aber hier derselbe See gemeint und eine Anspielung auf pao-
syäg enthalten ist, wage ich nicht zu entscheiden.
Wie sich die alten ßaktrer den Process der Entstehung des
^aosyäg dachten, darüber liegen keine Texte vor. Aus dem schon
Gesagten ist es aber wahrscheinlich, dass der Keim als im Wasser
des Sees liegend gedacht wurde und dass man annahm , die Mut-
ter des ^aosyäg werde durch ein Bad im See davon befruchtet
werden (Anq. Vie de Zor. I, 2. p. 45), wie man auch Hvdvi
durch ein Bad das germen verlieren Hess (Anq. Notic. p. XXXVIII),
was aber zur angeführten Stelle des Bundehesch nicht passt.
Der soeben erklärte Text des Zamy. Y. nennt uns den Na-
men der Mutter des künftigen Heilers. Dasselbe thut ausführlicher
und nachdrücklicher Farv. Y. 142. In diesem höchst merkwürdigen
Opfergebete nämlich ist nach Aufzählung aller Genien der Männer
von 139 an auch eine Anrufung der Genien berühmter und heiliger
Frauen. Zuerst kommen die verheiratheten ; z. B. die Frauen
Zarathustra's, Vista^pa's etc. Dann von 141 un verheiratheten, meist
mit dem Prädicat kanya Jungfrau. Ihre Reihe schliesst die Mutter
des ^aosyäQ , graue wie dieser die Reihe der Männer vom Anfang
der Welt bis zum Ende abgränzt. Da heisst es denn 142: kan-
yaö eredat-fedhryö asaonyao fravasim yazamaid^
ya vi gpa - taurvair ica näma avatha vi^p a- ta u r vair i
yatha ha tem zizanät y6 vi^pa taurvayat daeväatca
tba^saömasyäatcä paitistatee ^ae-karstah^ tba^san-
ho „Der Jungfrau Gedeihe - glücklich (oder: den Vater gedeihen
machend) der reinen Genius opfern wir, welche die Alles überwin-
dende (vernichtende) heisst; desswegen alles vernichtend , weil sie
den gebären wird , der allen Hass von Seiten der Dämonen und
der Menschen vernichtet, zum Widerstand gegen den Gabi gezo-
Windischmann, über Mithra. 83
geneii Hass. " Ere d at-fe dliri ist hier als der eig-entliche Nanie
der Mutter des ^aosyäg angegeben; sein zweiter Theil fedhri
könnte = Sskr. bhadra glücklich, heilbringend sein; aber auch,
wie mich Spiegel belehrt liat, pita darin stecken; Avie sich napat
und nafedhro verhalten, so dürften fedhri und pita neben-
einander stehen; eredat halte ich mit Sskr. ardh gedeihen, för-
dern zusammen. — taurvairi ist auffallend neben dem Genitiv
taurvayao, den wir soeben sahen; es ist analog Sskr. Femi-
ninformen wie rtävairi neben rtävan. Die Wurzel turv,
thurv hat im Sskr. die Bedeutung: ferire, occidere ; dieselbe passt
für Bahr. Y. 4; Tir. Y. 8, 39; Asht. Y. 2; Ram, Y. 56; Mih. Y.
34, 60; Farv. Y. 38, 78. Die Ablative daevaatca und mas-
yaatca drücken die Seite aus, von wannen jener Hass kommt;
vergl. Farv. Y. 89; Ab. Y". 15. — Jch habe statt gae-karstahe
die Vermuthung gahi-karstahe gewagt, einmal weil die Composita
mit karsta gewöhnlich im ersten Theil die schlimme Quelle aus-
drücken, aus welcher der Hass oder Angriff fliesst; dann weil es
sehr gut ins System passen würde, wenn paosyäQ jenes üebel
hebt, das am Anfang von Gabi gegen Gayö-maratha verursacht
worden ist, wie wir oben sahen. Allein es ist nicht zu vergessen,
dass gae auch Leben bedeuten kann; vergl. Farv. Y. 11, 22, 28 —
es müsste denn ^ae-karstahe etwa mit leben -verletzt übersetzt
werden, wogegen sich aber viel einwenden lässt.
Es ist also die Aufgabe des paosyäg, den auf das mensch-
liche Leben durch die aus der Sünde stammende Verwesung ge-
richteten Hass der Dämonen zu bekämpfen und die dem Tod ver-
fallenen Bekörperterl neu zu befruchten, zu beleben und zur Auf-
erstehung zu bereiten. Diese Thätigkeit wird uns an der wich-
tigen Stelle Zam. Y. 89 — 96 geschildert. Es ist dort von der
Majestät (Gnade, Glück) die Rede, „welche folgte ^^osyäg dem
Siegreichen und den andern Freunden, wenn er machen wird die
frische Welt, die nicht alternde, unsterbliche, unverwesliche, nicht
faulende , immer lebende , immer glückliche, freiherrschende, wenn
die Todten auferstehn und die Unsterblichkeit der Lebenden kommt,
die da nach Wunsch (aus Gnade) giebt (setzt) eine frische Welt.''
(yat upanhacat ^aosyafitem verethra^anem uta an-
yaö^cit hakhayo yat kerenavät frasem ahum azare-
sintem ämaresi fitem a fr ithya fitem apuyantem yävaö-
^fm yavaÖQÜra va^ö-khsathrem yat irigta paiti u^e-
histän ^agat ^uyö amerekhtis dathaiti frasem va^na
ähüm). Letztere Worte kehren wieder Zam. Y. 11, 19, 22;
Ya^n. LV, 6. Es folgt hierauf die schon erklärte Stelle 92, an
welche sich dann von yim barat täkhmo thra^taono — 93
^a^semno ein offenbar den Zusammenhang störendes und in un-
correcter Sprache redigirtes Einschiebsel schliesst. Denn wenn
auch zugegeben werden wollte, dass dru^em nijbarat asahö
haca ga^thäby6 sich trotz des Futurums auf Vista^pa bezichen
6*
■n.
84 Windischmann, über Milhra.
könne (vergl. Farv. Y. 99 ; Zam. Y, 85) , so kann doch das Fol-
gende nicLt auf ihn gehen. Denn so hoch auch die Texte den
Vjstä^pa stellen, so ist doch das von hö didhat an Gesagte
oflFenbar auf paosyä^ allein passend: „Er wird mit den beiden
Geistesaugen blicken auf alle Geschöpfe, entgegenschauen wird
er der bössamigen Unholdin ^). Die ganze bekörperte Welt wird
er mit des Segens (Gedeihens) Äugen 'anschauen, und blickend
wird er unsterblich machen alles bekörperte Leben. Seine, des
siegreichen Agtvat-ereta, Freunde gehen hervor, gutdenkend, gut-
redend, guthandelnd, guter Lehre und nicht falschredend mit ihrer
eignen Zunge. Vor ihnen wird sich beugen A^sma mit verwun-
dender Waffe, der böskräftige. Er (faosyäg) wird tödten die gar
schlimme Drukhs, die bössamige, finstere. Es tödtet das schlimme
Gemüth (Ako-manö); das gute Gemiith (Vöhu-manö) tödtet es;
es tödtet die falsche Rede ; die wahre Rede tödtet sie ; es wird
tödten Haurvatät und Ameretät -) beide Hunger und Durst; es
wird tödten Haurvatät und Ameretät den sündhaften Hunger und
Durst; es wird sich beugen der böse Werke wirkende Anrö-Main-
yus ohnmächtig. "
Eine weitere Stelle über ^aosya^ Visht. Y. 30 ist mir leider
unklar geblieben , da der Text dieses Yasht corrupt und die Spra-
che verdorben ist.
Die bisher angeführten Texte tlmn es unwiderleglich dar,
dass ^aosyä^ ein künftiger Bewirker der Auferstehung ist. Sämmt-
liche auf die Thätigkeit desselben bezügliche Verba stehen im
zendischen Futurum , d. h. da dieser Dialect das Futurum des
Sanskrit ausser im Particip nicht zu kennen scheint, in jenem
Modus, welchen die indischen Grammatiker Let nennen ^).
Fragen wir, wer die oben benannten Freunde des ^aosyäg
sind, die hei der Auferstehung mitwirken, so können theils aus
dem Text selber Vohumano, Haurvatät und Ameretät genommen
werden (seltsam, dass als Gegensatz der Lüge nicht Mithra ge-
nannt ist) , theils nennt die Tradition als Helfer und Genossen
bei der Wiederbelebung den Häoma, welcher nach Mino-khard
(Spiegel Parsi- Gramm, p. 170, 172), „der Zubereiter der Leicb-
1) Paesiso giebt W. nach K. 12; pa9cai9u D. pasäce^ö Khl.
Ich vermuthe: paesacyo = Sskr. pifäci a female imp. Rigv. II, 133, 5.
Es ist die Drukhs der Verwesung, die ^aosyäf bekämpft und die bei der Auf-
erstehung vernichtet wird; vergl. Zam. Y. 12.
2) Vielleicht sind die Worte haurvaÖ9ca und ameretaofca an der
ersten Stelle zu streichen und zu übersetzen: es werde tödten beide Hunger
und Durst.
3) An der mehrfach besprochenen Stelle Farg. II, 22 — 24 sind die Verba
ebenfalls in diesem Modus als Futura zu fassen und die Parsen haben Reclit,
wenn sie hier eine Prophezeiung des Malkoschan sehen, abdaca scheint
mir im Vergleich mit bibdais thribdais Tir. Y. 55 als a priv. und pada
zu fassen zu sein und den Zustand des Landes zu bedeuten, wenn man wegen
Ueberschwemmung keinen Fuss darauf setzen kann.
s
i
Windischmann, über Miihra, 85
name ist, durch den sie die Leichoame bereiten und den zukünf-
tig-en Körper maclien, in welchem man aufersteht." Hüm i ri^t
arägtar ') ke ri^t padas virä^nt u tan i pa^ün padas
kunent ku ragt e^tet. Neriosengh übersetzt : hümagca ya
^.abä s ammarg-äyita yöna gabam sammar^ ayau ti va-
pugca paQcätyain kuryat^ kva uditah tisthati. Das
Wort Qaba für Leichnam kommt auch vor bei Sayana z. Rig'v«
11, 133, l. Auf diese Wirkung" des Haoma spielen an Yagn. IX,
16; X, 8, 14; XI, 10; und Haoma wird desshalb eine eig-ne Arz-
neiwissenschaft zugeschrieben , welche der des Aesma entg-egen-
wirkt; Haoma tödtet ebenfalls die Drukhs (Yagn. IX, 18). Es
ist daher gewiss alterthümlich, wenn Bundehesch XXXI, p. 75,
I, 9. gesagt ist, paosyäg werde vom weissen Haoma allen Men-
schen geben und diese würden dadurch für immerdar unsterblich.
Allein nicht bloss diese überirdischen Wesen sind die Freunde
des faosyäQ, sondern auch Menschen. Bundeh XXXI, p. 74, 5
heisst es, dass ihm fünfzehn reine Männer und fünfzehn reine
Frauen zu Hülfe kommen werden. Ebendaselbst XXX, p. 69, 6.
werden Heroen aufgezählt, die noch leben und bei der Auferste-
hung dem paosyäQ zur Hülfe kommen werden. Ihre Namen sind
leider darch die Transscription entstellt; einer, den Anquetil Esche-
vand Sohn des Porodakhschtä nennt, findet sich als asavazdan-
hö pourudakhstayanahö Farv. Y. 112; vergl. Ab. Y. 72.
asävazdaö puthro pourudakhstdis. Endlich wird im Mi'
nokhard (Sp. p. 161) als Genosse des Caosyäg Kai-Qasraw ge-
nannt und „die welche die Auferstehung und den folgenden Kör-
per machen." Und weiter (ib. p. 167) wird als der zweite Nutzen
Gaiomärt's angegeben, „dass die Menschen und die Farvers derer,
welche den Frashegard machen, die heiligen Männer und Frauen,
aus seinem Leibe geschaffen wurden. "
Diese Lehre von den Freunden des ^aosya^ leitet uns von
selbst zu jenen Texten hinüber, wo von Ueilern (gaosyantö) in
der Mehrzahl die Rede ist. Farv. Y. 38 werden als Schützlinge
der Genien genannt: y6i takhma ^aosyantö y6i takhma
verethrä^and „die starken Heiler, die starken Sieger" und
ebendaselbst ist 74 ganz allgemein von den Genien der ^^aosyaü-
ta's die Rede. Visp. III, 5; Ya^n. XIII, 3. amesegca gpentc
^aoskyafitagca dähiste ars-vacagtemä aiwyamatemS
äs-khräqanutemä niazist^. „Die Amesa - fpentä's und die
^aosyanta's, die freigebigsten, wahrredendsten, kräftigsten, intel-
ligentesten (?) , grössten." Yägn. XLVIII, 12. at toi anhen
^aoskyantd daqyunam yoi khsnüm vdhu-mananha
1) ara^tär könnte man zu Sskr. ra ras ziehen, ebenso viräenj, wenn
nicht ersteres mit a-rudh zn identißciren ist. Ob araönti Fragm. IV, p. 332.
ed. VV. hierher gehört, wage ich nicht zu entscheiden.
3^ Windischmann, über Mühra,
hacaoute „die sind die Heiler der Länder, welche das Wohl-
gefallen Vohuinano's folgten."
Von den Intellig-enzen dieser Heiler redet Ya^n. XL VI, 3 ;
von ihrem berühmten (klaren) Sinn (Gedanken) Visp. XI, 3. ag-
naca manao asaonäm, ägnaca manad gaoskyantam;
von ihrer Lehre Ya^n. XXXIV, 13; ihre Intelligenzen treibt Asi
an Ashi Y. 2. ya vigpanäm Qaosjantäm frasa khrathwa
fräth an^ayeiti; im Allgemeinen ist von ^aosyanta's die Rede
Yagn. XLV, IL Visp. XXII, 1.
Wenn es diese Stellen zweifelhaft lassen, wann diese Heiler
leben , so gebraucht Visp. V, 1 ; XI, 20 (etwas abgekürzt Ya^n.
XIV, L) von ihnen das Pronomen der ersten Person in der Mehr-
zahl: ahmakem havanhäicaratufritayeca asava^taica
verethraghnyaica hurunyaica yat^aoskyäntäm asao-
näm „uns zum Wohl, zur Befriedigung, zur Reinheit, zum Sieg
und zum Ruhm den reinen Heilern." Hier werden also die Heiler
als die in der Gegenwart lebenden bezeichnet, welche das Opfer
darbringen. Visp. XI, 13. yenghe vaem mahi yöi ^aoskyan-
tö daqyunäm „an welchem (Orte) wir sind die Heiler der Län-
der." Ya^n. XX, 3. khsmavdya — yat ^aosyautaebyö
5, euch den Heilern.*' Am bezeichnendsten schildert aber diese
Heiler Yagn. LXX, 4. yatha ijd vacim nasima yatha vä
^aoskyanto daqyunäm guyamnaväcim bareut^ buyama
gaoskyantd buyama verethra^and buyama ahurah^
mazdaö frya väzista agtayö ') yöi narö asavano hu-
mätäis mainimna hükhtais mrvatd hvarstais verez-
yautö. „Dass wir die Segensrede erlangen, oder dass wir Heiler
der Länder geheilt (von) dem Redenden (die Heilrede verkündend 1)
Heiler seien, Siegreiche seien, des Ahura- Mazda Freunde und
Genossen seien, reine Männer gute Gedanken denkend, gute Worte
redend , gute Werke wirkend. " Die Eigenschaft eines paosyäg
kann also durch heiligen Wandel erlangt werden ; und wenn daher
auch die gegenwärtig Lebenden in dieser Hoffnung ^aosyanta's
genannt werden, so sind doch die Heiler in der Regel als zu-
künftige aufgefasst. So Visp. XI, 7 (yaö iririthusäm asao-
näm yaogca ^vantäm asaonäm yaögca naräm azata-
näm frasd-carethräm gaosyantäm), wo die Genien an-
gerufen werden der verstorbenen Reinen, der lebenden Reinen und
der noch nicht gebornen hervorwandelnden (oder die Auferstehung
bewirkenden) Heiler. Dieselbe Stelle wiederholt sich Yac^n. XXIV,
5; XXVI, 6 und Farv. Y. 17, wo gesagt wird, dass jene Genien
die stärksten seien, welche den Männern der ersten Lehre (den
Urvätern) angehören oder die der noch ungebornen Männer , der
1) Diese Redensart kömmt öfter vor Ya(?n. XllI, 2. XXXI, 22; dagegen
XLVI, 11; XLIX, 11; Farg. VIII, 107; XIV, 18. dru^ö nman^ baithyä
anhen a^tayö.
Windischmann, über Milhra. 87
^aosyanta's. Hier stehen letztere im Gegensatz gegen die Alten
und gGg^n die Lebenden und werden ausdrücklich als Zukünftige
bezeichnet. Endlich YaQn. IX, 2 wird Zarathustra aufgefordert
den Haoma auszupressen und zu preisen: yathä mä aparacit
caosya ntö ^tavan ,, damit (oder: wie) mich die nachfolgenden
Heiler preisen. " (Neriosengh : pagcat).
Aber auch die Vergangenheit hat ihre ^aosyanta's, wie aus
Yagn. XII, 7. folgt: „Von welchem Bekenntniss Zarathustra war,
von welchem Bekenntniss König Vistagpa, von welchem Bekenntniss
Frasaostra, Gama^pa, von welchem Bekenntniss jeder der pao-
syanta's der wahrhaftig handelnden, reinen, von diesem Bekennt-
niss und dieser Lehre bin ich."
Die paosyanta's sind also die Reinen aller Zeiten , der Ver-
gangenheit, Gegenwart und Zukunft und es wird ihnen dieselbe
Thätigkeit zugeschrieben, wie dem ^aosyäg xar^ ^^o/'rjv; vergl.
Zam. Y. 22, wo ihnen die Schöpfung der neuen Welt ganz mit
denselben Worten beigelegt wird wie dem Heiler 89, ja wie dem
Ahura (ib. 11) und den Amesa-^penta's (19) selber; vergl. auch
Visp. II, 5 gaosyaiitö yenghe sky aothnais gäeth ao asa
frädente, wo nur der Zusammenhang nicht klar ist.
IVaeliträ^e.
Zu p. 38, 52. Das von der Bewegung- aLrimanischer Ge-
schöpfe beständig gebrauchte dvar laufen ist gleich Sskr. hvr
curvum esse. Daher zbaras vergl. p. 63; zbaretha Fuss
ebenfalls von ahrimanischen Wesen gebraucht, und daneben dva-
rethra Serosh Y. 2. zbar entern Ram. Y. 50. 51. Der Wechsel
zwischen d und z ist aus Altpers. adam = Zend. azem bekannt.
So scheint mir auch zöizdista von Sskr. dih beflecken digdha,
deha herzuleiten.
Zu p. 46, 102. parö-kevidhem. Oppert (Z. d. D. M. G.
XI, p. 135.) hat das Wort tigrakhaudä in der Inschrift von
Naksi - Rustam mit: pfeilkundig übersetzt, und khauda für eine
Zusammenziehung von khvavida erklärt, was die arische Form
für Sskr. k 6 vi da sei. Diese Erklärung scheint mir sehr pro-
blematisch; möglich ist es indessen, dass unser kevidha (bei
der bekannten Ersetzung von ö durch e) dem Sskr. kdvida ent-
spricht. Ich bemerke im Vorübergehen zu Oppert's Erklärung von
yaunä takabara, dass letzteres Wort das Armenische thagavor
Kronträger, König ist, dass aber dieses taka oder thag mit dagha
Schweif (Tir. Y. 21) nichts zu thun hat; letzteres halte ich zu
Gothisch tagl Engl, tail vergl. Diefenhach Goth. Wörterb. 11.
p. 650.
Zu p. 49, 119. Die Stelle Ab. Y. 34. wiederholt sich Gosh
Y. 14; Ram. Y. 24; Ashi Y. 34. Die Nachkommen des Thra6-
taona, die hier gemeint sind, dürften ^aosyäg und Hugrava sein.
Zu p. 62 u. 63. Bei der Stelle des Elisäus ist mir eine
andere Eznik's nicht gegenwärtig gewesen (p. 138. ed. V.) : „Als
(Ahriman) sah, dass Ormuzd schöne Geschöpfe gemacht hatte
und das Licht nicht zu schaflFen wusste, da berieth er mit den
Dev's : was nützt es dem Ormuzd , dass er so schöne Geschöpfe
gemacht hat, und dass sie in Finsterniss sind, weil er nicht ver-
stand das Licht zu machen. Wäre er weise, so würde er zur
Mutter gehen und die Sonne würde sein Sohn, und er würde mit
der Schwester sich verbinden und den Mond erzeugen. Und er
gab Befehl dass Niemand das Geheimniss offenbare. Als dies die
Dev Mahmi hörte, ging sie sogleich zu Ormuzd und offenbarte
ihm das Geheimniss. '^ Hier wird also die Entstehung des Lich-
tes einem Umgang Ormuzd's mit seiner (des 0.) Mutter zuge-
schrieben. Und so lässt sich auch die Stelle des Elisäus ver-
stehen: „wenn Jemand sich mit seiner Mutter verbindet." Wer
diese Mutter des Ormuzd sein soll, weiss ich nicht. So gewiss
diese armenischen Nachrichten viel spätere Fabelei enthalten, so
gewiss finden sich aber auch schon in den Zendtexten mythologi-
Windischmann, über Milhra. 89
sireude Ansätze. So wenn von den Weibern Abura's die Rede
ist (YaQn. XXXVIH, l), so die Ahurani AhurahS (Ya<;n.
LXVIII.), so wenn (Aslii Y. 2) Ali die Tochter des Aliura und
die Schwester der Amesa - ppenta's beisst.
Zu p. 72. Die Parailelisirnng der Planeten mit Metallen
kommt aucb bei Ya^navalkya vor I, 295 sqq. „Sonne, Mond,
Sohn der Erde (Mars), Sohn des Mondes (Merkur), Vrihaspati (Jupi-
ter), ^ukra (Venus), ^anai^cara (der lang-sam g-ebende Saturn), Rahu
und Ketu sind die Planeten. Die Planeten sind der Reibe nach
zu verfertigen aus Kupfer, Krystall, rotbem Sandelbolz, zwei
aus Gold, aus Silber, aus Eisen, Blei und Zinn." Wir werden
nicht irre geben, wenn wir Krystall und Sandelbolz auf Räbu
und Ketu bezieben. An die Stelle des Miscbmetalles ist Gold
getreten, welcbes zweimal gesetzt ist.
Zu p. 75. Ich babe über die Stelle des Bundebescb Spiegel
befragt, der so gütig war, mir seine Ansiebten mitzutbeilen.
Auch er nimmt Kbei für Sch^y^eiss und übersetzt Bund. p. 10, 14.
„ Bevor er (Abpfman) zum Gayomart kam , brachte Ormuzd das
Kbei zu Gayomart hinzu. In soviel Zeit als man ein Gebet aus-
spricht, schuf Abriman dieses Khei in den Körper eines Mannes,
eines jungen, fünfzehnjährigen, leucbtenden, grossen. Als Gayo-
mart aus dem'Kliei entstand" etc. Die Worte vacact vac bält
Spiegel sehr glücklich mit vararra varast^(Stiin ^ Visp. Xlir. 2.
zusammen. Meine üebersetzun'gVon Jiund. p. 57, 1. 5.: „der ins
Wasser schaut" billigt er nicht, weil er nicbt mia Wasser, son-
dern mas gross liest. Allein icb glaube, dass Weslergaard's Fac-
simile, in welchem leider der letzte Zug des betr. Buchstabens
nicbt ganz deutlich ist, im Schlussstricb jene ErbÖhung bat, welcbe
a ausdrückt. Mir scbeint das betr. Wort ähnlicher demselben p,
10, 1. 9. als dem andern mas gross p. 36, I. 19 und anderswo.
„Der sich nacb Grossem umsiebt" bietet keinen recbten Sinn.
Anquelil übersetzt: ayant des yeux avec lesquels il regardait en
baut. Das wäre etwa das Zendische parö - dregvanö. Tir Y. 5.
— Die Schöpfung des Kbei und des Gayomart aus diesem ist
mir nocb sehr rathselhaft. Ist an den Schaum zu denken, aus
welchem Aphrodite entsteht Hesiod, Theog. 191.?
Zu derselben Seite, diahi kann aucb Feminin sein,
was mir wegen Bundebescb p. 9, 1. 8 angenommen werden zu
müssen scheint.
Z u p. 79. Durch Müllers Auseinandersetzung über die Stelle
des Nirukta (Z. d. D.M. G. VII, p. 373.) bin icb bezüglich mei-
ner Erklärung zweifelhaft geworden.
Correctureu.
p. 2, 13; p. 7, 50; p. 14, 118; p. 24, 13; p. 37 fin. ist das Dehnungs-
zeichen auf der Endsylbe von Hara zu tilgen. Ebenso das einigemal vor-
kommende auf der Endsylbe des Namens Ahura-mazda. Ebenso p. 13,
105 auf dem Namen Ranha. — p. 19, 1. 5 lies 9rutahe; l. 8. 1. qare-
nanha ; l. 42 l. Fravasi's. — p. 29, 1. 37 1. verwandten. — p. 49 , 1. 22
ist den nach beiden zu streichen. — p. 61. not. 3. 1. zweimal statt: ni 1.
in. not. 4. statt: 'Eariav 1. 'Eaxiav. — p. 64, 1. 27. statt: Vrtehat-
que 1. Vertebatque; ebendas. not. 1. 1. 9. bicomem ; ebendas. ist die
weitere Note mit 2 zu bezeichnen und statt : rrjv zu lesen x-f}v, — p. 66.
not. 4. statt: anoBiSovi 1. otnoSiSovs. — p. 68, 1. 19. statt: brachten
l. brächten." 'ebend^. 1. 24 statt: Mysterien 1. Martyrien. — p. 80,
I. 26. statt an 1. in.
Leipzig, Druck von W. Vogel, Sohn.
Al-Kindi
genannt
„der Philosoph der Araber",
Ein Vorbild seiner Zeit und seines Vollies.
Von
Dr. G. Flügel.
Leipzig 1857
Commission bei F. A. Brockhaus.
Abbandluugeii
der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
■• 9 a n d
M. 2.
Al-Kindi
genannt
,,der Philosoph der Araber",
Ein Vorbild seiner Zeit und seines Vollies.
Von
Dr. O. F 1 A s e 1.
Unter den Gelehrten und Schriftstellern des arabischen Chalifats
in seiner grössten Blüthe d. i. von der Mitte des zweiten Jahr-
hunderts bis g-eg-en die des dritten = ungefähr 750 — 850 n. Chr.
ragt kein Zweiter durch Selbständigkeit, Vielseitigkeit und reges,
beharrliches Streben in Erforschung wahrer Erkenntniss und Ver-
breitung derselben in so hohem Grade hervor als der seinem Rufe
nach schon frühzeitig im Abendlande vielbekannte Kindi, dem bereits
seine Zeitgenossen vorzugsweise das Prädicat der Philosoph
der Araber v-ytil o^^-ö beilegten. Dieser in den Augen des
strengen Muslim an sich etwas verdächtige Ehrenname, wie schon
die Wahl des aus der Fremde entlehnten Wortes ^„j^aJIaä andeu-
tet, macht uns zugleich bemerkbar, wie die Art seiner Philosophie
nicht in dem Bereich einheimischer nationaler Wissenschaft wur-
zelte, sondern Stoff und Methode aus den sogenannten alten
d. i. vorzugsweise griechischen Theorien entlehnte und auf ihnen
beruhte; ja man gestand in dieser Hinsicht ganz offen zu, wie
aus dem Bericht Ihn al-Kufti's über ihn hervorgeht, dass es im
Islam keinen zweiten Gelehrten gebe , der durch sein Studium und
die Kenntniss der philosophischen Wissenschaften mehr Berühmt-
heit erlangt hätte als Ja'^küb al - Kindi. Und in der That war
Kindi kein Gelehrter, wie ihn sich der Muslim für seine Doctrin
wünschte ; wohl aber ist er berechtigt, diese Bezeichnung im vol-
len Sinne des Wortes anerkannt zu sehen und zu behaupten, wenn
wir ihn nach dem Massstabe unseres Begriffs von Gelehrsamkeit
beurtheilen. Zählte ihn doch der berühmte Arzt, Naturforscher
und Mathematiker Hieronymus Cardanus (starb 1576) in seiner
Schrift De subtilitate zu den zwölf bis zu seiner Zeit auf der
Abhandl. der DMG. E, 2. 1
2 Flügel, über AI- Kindt.
Welt bekannt gewordenen gewaltigsten Geistern, und der überaus
gelehrte spanische Exjesuit Andres ( gestorben zu Rom 1817 )
nennt ihn in seinem Werke Dell' origine e progressi d'egni lette-
ratura geradezu den Thaies und Pythagoras der Muslimen
und kann für seine Anerkennung der Grösse des Mannes nicht
Ausdrücke genug finden ^).
Es gilt nun unsere obige Anschauung so vollständig als mög-
lich durch folgende Schilderung zu rechtfertigen, in der wir uns
vor Allem an den Fi brist halten als die zuverlässigste, reichste
und reinste Quelle, aus der alle spätem Schriftsteller das We-
sentlichste wie über den Mann selbst so über seine Schriften —
über letztere fast ausschliesslich — entlehnten. Nächst ihr be-
nutzen wir Ihn Useibia in seinen Classen der Aerzte und Ihn
al-K^uftiin seiner Geschichte der Philosophen, ohne andere Quel-
len, wie sie uns zugänglich sind, auszuschliessen 2).
Abu Jüsuf Ja'küb Bin Jshäk Bin as-Sabbah Bin 'Imrän Bin
Jsmä'il Bin Muhammad Bin al-As'at Bin Keis al-Kindi (^jclXaJCJ?)
Bin Ma'^di Karib Bin Mu awija Bin d^abala Bin 'Adi Bin Rabfa
Bin al-Harit ^) Bin Mu awija al - akbar der Grossere oder Ael-
tere *) Bin al-Harit al-asgar der Kleinere oder Jüngere ^) Bin
Mu awija Bin al-Härit al- akbar Bin Mu awija ^) Bin Kinda '' )
1) Vgl. auch De - Rossi im Dizionario storico degli autori arabi S. 30 flg.
2) Als ich vor nun 20 Jahren die kurze Biographie Kindi's für die Ersch-
Grubersche Encyclopadie (2te Section Bd. XIV, S. 69 flg.) schrieb , fasste
ich bereits den Entschluss, das Sein und Wirken des Mannes später einer
umfassendem Darstellung zu unterwerfen. In dieser Absicht bestärkte mich
noch mehr die sehr verschiedenartige Beurtheilung, die ihm bis in die neueste
Zeit in allen Geschichten der Philosophie , Mathematik und Literatur über-
haupt zu Theil geworden ist. Zwar wird überall das Bedeutende seiner Er-
scheinung anerkannt, nirgends aber im Ganzen und Grossen hervorgehoben
oder in einem Gesammtbild zur Anschauung gebracht. — Dass oft genug sein
Einfluss auf Philosophie , Mathematik (vgl. z. B. Montucla) , Medicin u. s. w.
unterschätzt wird , mag darin entschuldigende Erklärung finden , dass uns von
seinen Schriften nur das Wenigste erhalten, noch weniger aber durch den
Druck bekannt geworden ist, und hier wiederum nur in schlechter Ueber-
setzung, nirgends im Original Etwas vorliegt. Doch haben spätere Schrift-
steller ihn vielfach benutzt. Andere Gründe seiner verschiedenen Beurtheilung
schon unter seinen Zeitgenossen werden wir später kennen lernen. — Lake-
macher's Dissertatio de Alkendi Arabum philosophorum celeberrimo (Helmstadü
1719. 16 S. kl. Quart), auf die man sich noch immer bis in unsere Tage
herab beruft, ist höchst unschuldig und stellt nur die zu seiner Zeit gedruckt
vorhandenen spärlichen Notizen zusammen. Für vorliegende Abhandlung war
sie nicht vom geringsten Nutzen.
3) Bin al-Härit ist ein Zusatz von Nawawi im Biographical Dictionarv
S. 160. ' " 1 J
4) al- akbar fehlt ebenda.
5) al-asgar Zusatz von Ibn Abi Useibra und Nawawi.
6) Bin al-Härit al- akbar Bin Mu awija ebenfalls Zusatz von Ibn Abi
UseibFa und Nawawi zum Fihrist.
7) Bin Kinda fehlt bei Nawawi. S. die Etymologie und den Ursprung
dieses Namens bei Ibn Dureid p. 218. und Nawawi.
I
Flügel, über Al-Kindi. 3
Bin Taur Bin Muratti' «) Bin Mu äwija ») Bin Taur Bin 'üfeir ' o)
Bin 'Adi Bin al- Harit Bin Murra Bin Udad Bin Zeid Bin al -
Hameisa*^ ' ' ) Bin Zeid Bin Kahlan Bin Saba Bin Jas^ub Bin
Ja*^rub Bin Kahtan — ist der Name Kindi's und seine Genealogie,
soweit diese die Quellen zurückführen.
Unter seinen nähern und nächsten Vorältern vom Vater an,
der unter den Chalifen al-Mahdi (158—169 = 775 — 785)
und al-Rasid (170— 193 = 786 — 809) die Statthalterschaft
oder das Emirat von Kufa verwaltete, tritt uns sein Ahnherr im
sechsten Grade al- As'at ^") entg-eg-en. Dieser kam als einer
der Fürsten oder sogenannten Könige des Stammes Kinda (q^
iiJjS tiSTjX«) im J. 10. der Flucht mit 70 (nach Andern mit 60)
Reitern seines Stammes zum Propheten Muhammad, wurde dessen
Gefährte und starb 63 Jahr alt. Er wird als Herrscher sämmt-
licher Stämme Kinda's genannt wie sein Vater Keis, welchen
der Dichter A'^sa * ^) in vier langen Kasiden besang, deren
Anfang Ihn al-Kufti aufbewahrt hat ^*), von denen aber keine mit
der von de Sacy herausgegebenen identisch ist. — Ma'di Karib,
der Vater des Keis, erhielt von seinem Vater Mu'^awija Bin Ga-
bala die von ihm behauptete Herrschaft in der Provinz Hadramaut
über die Kinder Harit's des Jüngern, die einen Zweig des Stam-
mes Kinda bildeten. — Mu awija, der Sohn al-Harit's des Aeltern,
al- Harit der Aeltere selbst, dessen Vater Mu awija und der Ahn-
herr Taur waren Könige des Stammes Ma'^add (vÄ*>o) und hatten
ihren Sitz im festen Schlosse Musakkar in Bahrein, von wo aus
sie Bahrein selbst und Jemäma beherrschten.
Mit dem zweideutigen Uebergange Asat's zum Islam und
der darauf erfolgten Unterwerfung des Stammes Kinda und seiner
Abzweigungen, die vorher mehr oder weniger unter persischer
8) Ihn Abi üseibfa und Andere falsch %^j^ ^J. S. Ihn ^jluteiba S. 52
und vorzüglich Nawawi.
9) Bin Mu äwija Zusatz von Nawawi.
lO;) Bin Taur (Ihn Abi Useibi'a: Kinda) Bin 'Ufeir Zusatz von Beiden.
Nawawi fügt al-Kindi (s. Anra. 7) hinzu.
11) Statt y.M«A,»„g,Jt bei Tbn Abi Useibi'a w^SjC ^^yi w^.^^A? qJ.
12) Vgl. A biograph. Diction. of Persons , who knew Mohammed by^ Ibn
Hajar in Bibl. Tndica Fase. II, S. 97.
13) ,tf"^t. S. de Sacy's Chrestomathie II, S. to..
14) Die Anfänge derselben heissen :
3. I;L^! J-J jTcr c>w«^j'i. — 4. ^^^ ^\ "^^ j^^\, —
Auch Ibn Abi Useibi'a hat die Aufnahme dieser Anfänge fiir wichtig genug
gehalten.
1*
4 Flügel, über Äl-Kindt.
Oberlierrlichkeit standen, begann unfehlbar die Zerstreuung- dieser
Stämme und ihrer Fürsten, denen theilweise auch im neuen Staate
eine hervorrag-ende Stellung zu Theil wurde. So erzählt uns
Nawawi (S. 160 — 161) von As at ausführlicher Folgendes. Er
kehrte, nachdem er mit seinen 70 Reitern den Islam angenom-
men, nach Jemen zurück, fiel aber mit Andern nach dem Tode
des Propheten wiederum ab — namentlich wird von den Banü
Kinda in Hadramaut erwähnt, dass sie hauptsächlich wegen der
Armensteuer sich dem neuen Joche entzogen, — so dass Abu
Bakr die Haustruppen ^j J^jl^) zu ihrer Unterwerfung nach Jemen
absandte. A^at an der Spitze der Abtrünnigen war, da er eine
Niederlage voraus sah, verrätherisch genug, die Festung Nugeir
gegen die Zusicherung der Erhaltung des Lebens und Eigenthums
für sich und die Seinigen dem Gegner Muhagir Ihn ümeija zu
öffnen, während er seine Stammgenossen, Männer, Frauen und Kin-
der, dem Mord und der Sklaverei preisgab. Hierauf als Gefange-
ner vor den Chalifen geführt, nahm er von Neuem den Islam an,
bat um Erhaltung seines Lebens und zugleich um des Chalifen
Tochter. Abu Bakr schenkte ihm wirklich die Freiheit und gab
ihm auch seine Tochter zur Frau, die die Mutter des Muhammad,
des Ahnherrn Kindi's im fünften Gliede wurde *■ ^ ). Hierauf nahm
Asa't an dem Treffen am Flusse Jarmük (Hieromax, jetzt Sarfat
Mandür) in Syrien ^^) gegen die Griechen (23. Aug. 634), ein
Jahr oder etwas später bei Kadesia gegen die Perser, bei der
Hauptstadt Madäin 636, bei Galüla, in Irak von Bagdad aus auf
dem Wege nach Chorasan gelegen, bei Nehawend, einer kleinen
Stadt südlich von Hamadän im J. 20 (641) Theil, wohnte dann
in Kufa, stellte sich im Treffen in der Ebene von Siffin nicht
weit von Rakka (Juli 657) in die Reihen *^Ali's, den er in
schändlichem Verrath als einer seiner heimlichen Hauptgegner den
Kampf einzustellen nöthigt, und wohnte der Verhandlung der bei-
den Schiedsrichter bei. Ob ihn der Chalife 'ütman zum Statt-
halter von. Adarbei^an, dessen Unterwerfung ihm zugeschrieben
wird, gemacht habe, lassen wir einstweilen dahingestellt, und er-
wähnen nur noch, dass Hasan, ^Ali's Sohn, eine seiner Töchter
heirathete. As'at starb in Kufa, wo er sich, wie überhaupt
die Banü Kinda, niedergelassen hatte, 40 Nächte nach Ermordung
des Chalifen 'Ali oder später im J. 42 = 662 ''). — Der Sohn
desselben, der obenerwähnte Muhammad, war dem Hause 'Ali's,
wie es scheint, eben so wenig treu zugethan wie der Vater.
Wir finden ihn als Hauptmann unter dem Statthalter von Kufa,
15) Nach Andern war As'at schon vorher Schwager des Abu Bakr. —
Nawawi macht ihn zum Eidam.
16) S. The Fotooh al-Sham S. 195.
17) Diese specielle Angabe seines Todesjahres zeigt, dass er in einem
Alter von ungefähr 30 Jahren zuerst den Islam annahm.
J
Flügel, über Al-Kindl. 5
'Cbeidalläb, der den ümeijaden Jazid gegen den Prätendenten
Husein, 'Ali's Sohn, vertheidig-te. Später empörte er sich geg-en
Muchtär in Kufa , musste nach Basra fliehen und fiel im Treffen
bei Harurä 67 (686 — 87) nicht weit von Kufa. Ein Sohn die-
ses Muhammad ist '^Abd-ar-rahmän, der bekannte Empörer gegen
den berüchtigten Statthalter Hag^ag und die ümeijaden, der sich
Fürst der Gläubigen nannte, ganze Länderstrecken eroberte und
Schlachten lieferte, bis er 85 (704 oder 705) dem Haggä^ un-
terlag und seinen Tod fand. — Auf diese Weise setzte der
Stamm Kinda das Handwerk der Empörung und des Verräths
ununterbrochen fort, und Reiske berichtet ^^), dass Nuweiri eine
ganze Reihe ähnlicher Treulosigkeiten des Vaters , Grossvaters,
ürgrossvaters und Urältervaters dieses 'Abd-ar-rahmän erzähle.
Aus dieser Vorgeschichte Kindi's geht nach vielen Seiten
hin hervor, dass er aus fürstlicher Familie abstammte und dass
auch im Chalifate wenigstens einige seiner Vorfahren durch eine
höhere Stellung rechtlich und widerrechtlich sich für ihre frühere
Herrlichkeit entschädigt sahen oder zu entschädigen suchten. Da-
raus ferner, dass in dem von 'ümar (637) neugegründeten Kufa
vielleicht freiwillig, vielleicht gezwungen — wie ja auch die Ju-
den Arabiens dahin gewiesen waren — die Banü Kinda sich nie-
dergelassen hatten, erklärt sich wohl auch , wie der Vater Kindi's
zum Statthalter oder Emir dieser in Folge der verschiedenartig
zusammengeworfenen Einwohnerschaft sehr unruhigen und zum
Aufstand geneigten Stadt ernannt wurde. Doch scheint es nicht,
dass unser Philosoph Kufa zu seiner Geburtsstätte hatte , da Ihn
Abi üseibi'a nach der Angabe von Abu Däüd Suleimän Bin Hassan
Ibn (jul^ul ihn einen Basrenser (j^^aq^J nennt, sein Grossvater
Sabbäli *®) aber, der verschiedene Statthalterschaften (oL'^j) für
die Haschimiten (die Aliden oder Abbasiden ) verwaltete, sich
in Basra niedergelassen hatte und daselbst auch sein Staatsgut
(NÄJiA/to) besass. Von Basra aus begab sich Kindi, über dessen
Geburtsjahr wie über seine Kindheit und erste Erziehung bis jetzt
alle Quellen schweigen — warum, werden wir später sehen —
seiner weitern Ausbildung wegen nach Bagdad. Wir erfahren
aber ebensowenig, wer hier seine Lehrer waren ; nur soviel dür-
fen wir als sicher annehmen , dass er mit den christlichen des
Griechischen kundigen Uebersetzern griechischer Werke, an deren
Thätigkeit er selbst bedeutenden Antheil nahm, lebhaften Verkehr
unterhielt. Wie dem aber auch sein mag, er „der Treffliche
seiner Zeit und der Einzige seines Jahrhundertes " , von Hause
18) S. Anmerk. »u Annal. Moslem. I, S. 105.
19) §abbah nemlich, wenn wir h^X:^ hier in dieser engen und eigent-
lichen Bedeutung auffassen dürfen.
Q Flügel , über AI • Kindi.
aus in g-ünstiger Stellung-, dabei geistig hochbegabt und durch
die Vorliebe seiner Zeit für wissenschaftliche Forschung getra-
gen, scheint, einmal durch die Beschäftigung mit griechischen ^ ")
Slustern in den Kreis höherer Wissenschaften eingeführt, sehr
bald die beengenden Fesseln der dogmatischen Abgeschlossenheit
des Islam von sich geworfen und einem freiem Denken und mehr
selbständiger geistiger Bewegung sich hingegeben zu haben. Der-
selbe Ibn Gulgul sagt in dieser Hinsicht geradezu, dass es im
ganzen Islam keinen Philosophen gebe, der in seinen Schriften
dem Aristoteles so nachphilosophire wie Kindi. Er habe viele
philosophische Schriften übersetzt und deren Schwierigkeiten durch
ausführlichere Entwickelung beseitigt.
Dass Kindi in Folge seines Wissens am Hofe von Bagdad
und bei den dortigen Grossen eine bedeutende Stellung einnahm,
deuten die einheimischen Schriftsteller ganz einfach mit den Wor-
ten an, dass er im Dienst der Könige stand und der Gegenstand
seiner Beschäftigung mit ihnen die Literatur war (ts^Uf i»iA5>5
V'O'^t ^^..äLij). Unter den Chalifen und ChalifensÖhnen, die ihn
vorzugsweise begünstigten, werden Ma'mün (198 — 218 = 813 —
833j, dessen Bruder Mu tasim (833 — 842), Ahmad, einer der acht
Söhne des Mu tasim, dem er ganz besonders zugethan gewesen
TM sein scheint ^'), und Mutawakkil (232 — 247 ==847 — 861)
speciell genannt. Doch mochte die Gunst durch neidische Neben-
buhler und verleumderische Einflüsterungen mannigfachen Wandlun-
gen ausgesetzt sein.
Wenn uns schon diese wenigen indirecten Zeugnisse über
Kindi nicht gleichgiltig lassen, so zeigt doch nichts den Umfang
seines Wissens und den ungewöhnlichen Gang seiner Studien und
Bildung so zuverlässig als seine Schriften, die uns sorgfältiger
aufgezählt werden als sie erhalten sind und das sonstige Schwei-
gen über die Lebensumstände des Mannes erwarten lässt. Wir
theilen sie in selbständige d. h. von ihm selbst verfasste,
und abhängige oder solche, die sich uns als Uebersetzungen,
Commentare oder Umschreibungen griechischer Originale darstel-
len. Hier waren es Hippocrates, Plato, Alexander Aphrodisiensis,
Porphyrius und vorzugsweise Aristoteles, unter den Mathematikern
Euclides, Hypsicles, Autolycus und Ptolemaeus, die er so bear-
beitete, dass er es im Ganzen weniger auf wörtliche Uebersetzun-
gen als auf Entwickelung des in diesen Schriften herrschenden
Geistes und ihrer Schwierigkeiten absah. Und in der That blieb
20) Was man von seiner Bekanntschaft mit persischen und indischen
Schriften und seiner Kenntniss dieser Sprachen erzählt, lautet zu allgemein
und unsicher, als dass sich auf bestimmte Ergebnisse in dieser Richtung hin-
weisen liesse. Doch verfolgen mehrere seiner Abhandlungen wissenschaftliche
Fragen, die auch in Persien und Indien ihre Vertreter haben.
21) Vgl. unten die mehrfach an ihn gerichteten Schriften.
Flügel, über Al-Kindi.^ 7
auch den üebersetzem mehrfach nichts anderes übrig, wenn sie
den muslimischen Araber in so völlig* fremde Ideen einfuhren
und sie seinem Sinne verständlich machen wollten. Oft verrathen
schon die Titel diese Tendenz. So überschrieb er seine Schrift,
die sich mit Hippocrates beschäftigte: Die Arzneilehre des Hip-
poerates, aus dem Werke Plato's über die Politik nahm er die
harmonischen Zahlen heraus, die darin erwähnt werden, und un-
terwarf sie seinen Untersuchungen, und während er das Ziel,
welches Euclides in seinen Schriften sich vorgesteckt hatte, d. h,
die Aufgabe, welche er zu lösen suchte ^ in einer besondern Ab-
handlung entwickelte, verfolgte er in zwei andern Schriften eine
Verbesserung der Elemente ((j^aX-JISJ «.^aöI) , und zwar abge-
sondert so, dass er die ersten 13 von Euclides selbst herrühren-
den Bücher und dann Buch 14. und 15., die gewöhnlich dem
Alexandriner Hypsicles zugeschrieben werden, getrennt behandelte.
Zugleich verfasste er eine Abhandlung über des Euclides Ele-
mente der Optik. — Ebenso gab er in einer verbesserten Re-
cension die arabische üebersetzung von des Hypsicles Schrift
UbqI Ttöv (^(jüSiwv avaq)OQa.g (liber anaphoricus s. de ascensionibus
signorum coelestium), welche zuerst Kusta Bin Lukä besorgt hatte,
heraus. Ein Gleiches that er mit der von des Autolycus Schrift
Tlegl xtvovfuvTjg o(p(xiQag (de sphaera mota) unter Ma'mün verfass-
ten arabischen üebersetzung. Von seiner Üebersetzung des Pto-
lemäischen Werkes BtßXia, tj ytwyQacpiy.rjg icpi^yi^aetog (La5L*S. <^lxS'
(j»j^t O^ Hjy^jLi\ ^3) wird geradezu von den Einen gerühmt, dass
sie durch Genauigkeit sich auszeichne, während Andere das Ge-
gentheil behaupten. — Den Almagest des Ptolemäus unterwarf er
einer Prüfung dadurch, das er ein Werk über dessen künstliche
Behandlung der Himmelskugel und der Bewegung der Planeten
um die Erde verfasste.
unter den Philosophen des Alterthums wandte er, wie
schon bemerkt, seine Thätigkeit dem Studium des Aristoteles,
der für die Muhammedaner der Vater der Philosophie wurde, in
umfassender Weise zu, immer aber so, dass er bei Behandlung
seiner Schriften nirgends eine gewisse Selbständigkeit verläug-
nete ^ 2 j. Da ihm nicht vergönnt war, für die richtige Auffas-
sung der altgriechischen Philosophie Hilfe in den Quellen aus der
Zeit des Plato und Aristoteles selbst zu suchen, ihm mithin wie
auch den christlichen üebersetzern neben ihm nur die Erklärungen
aus der Schule der Neu-Platoniker zugänglich waren, diese aber
die ursprünglichen Theorien jedes einzelnen der beiden Philoso-
phen in einander geworfen und durch eigene Ansichten getrübt
und verwirrt hatten, so dürfen wir annehmen, dass auch Rindi's
^'^) Vgl. Essai sur les Ecoles pbilos. chez les Arabes uar Sohmöldors
S. 130 flg.
8 Flügel, über AI- Kindl.
philosopliiscbe Schriften vielfach die Spuren der neu -platonischen
Schule an sich trugen. Wie weit hier bei alledem seine ihm ei-
genthümliche Forschung vorgegangen sei, Hesse sich freilich nur
aus den Schriften selbst nachweisen ; allein nach seinen anderwei-
tigen Untersuchungen auf dem Gebiete der Mathematik, Astrono-
mie, Seelenkunde u. s. w. müssen wir dieselbe immer in einem
nicht unbedeutenden Grade voraussetzen, zumal die Speculation
den Arabern Lieblingssache war und diese sich auf allen Gebie-
ten des Wissens versuchte, daher selbst ihre medicinischen Werke
die Spuren griechischer Philosophie an sich tragen. Auch mach-
ten ihm von dieser Seite her seine Nachfolger keinen Vorwurf,
da ihnen allen die alexandrinische Schule als Muster vorleuchtete,
wohl aber zog ihm seine Neigung zu mathematischer Gliederung
auch in den philosophischen Schriften den Tadel zu grosser Spitz-
findigkeit zu 2 3^^ die mehr in der Methode als in der Sache
selbst zu suchen sein mag.
Zunächst kennen wir von Kindi eine Abhandlung über die
Reihenfolge der aristotelischen Schriften d. h. allem Anschein
nach darüber, in welcher Ordnung sie zu lesen sind; dann eine Ue-
bersetzung des Buches v aus dem Werke Ttov fiträ tu (pvaixd ^*),
einen Commentar zu den Analytica priora, ebenso zu den
Analytica posteriora oder Apodictica, eine Schrift über den Zweck,
den Aristoteles seinen Kategorien, aus denen Kindi überdiess ei-
nen Auszug verfasste, zu Grunde legte. Ferner arbeitete er ei-
nen Auszug der Schrift IJegl egf^rjvuag aus und einen Commentar
zu den Büchern de sophisticis elenchis. Die Schrift De arte poe-
tica schmolz er in ein kurzes Compendium zusammen und schrieb
einen Commentar zu der fälschlich dem Aristoteles beigelegten
Schrift die Apologie. — Als hierher gehörig gedenken wir
endlich noch seines Commentars zu des Alexander Aphrodisiensis
Schrift De arte rhetorica, des Auszugs, den er aus der Schrift
De arte poetica von demselben Exegeten des Aristoteles verfasste,
und seiner Abkürzung der Isagoge des Porphyrius.
Alle diese Arbeiten mussten als vorzüglich gelungen betrach-
tet werden, da ihn der bekannte Astronom Abu Ma'^sar, der, wie
wir sehen werden, aus seinem heftigsten Gegner sein Anhänger
und Schüler wurde, unter die vier gewandtesten und geistreich-
sten arabischen Üebersetzer griechischer Schriften im Islam (^1«^^».
*^*w^t ^ ».♦Ä^jÄÜ) rechnet ^s)^ ujqJ i„ der That, sie würden al-
23) Vgl. Ibn Rosd (Averrhoes) in der lateinischen Uebersetzung seiner
Kullijat (Coiliget) Buch 5. Cap. 58.
25) Als solche bezeichnet er Iluneio Bin Ishak , Ja' küb Bin Ishäk al -
Kindl, Tabit Bin Kurra al-IIarräni und 'Umar Bin al-Farruchän at-Tabari.
Flügel, über Al-Kindi. 9
lein hinreichen, die Lebensdauer eines tüchtig-en Gelehrten aus-
zufüllen und seinen Namen der Nachwelt zu überliefern. Dennoch
enthalten sie nur wenig- bedeutende Proben seiner anderweitig^en
schriftstellerischen Thätigkeit g^egenüber,
Fragen wir hier zuerst, inwiefern Kindi neben der Bearbei-
tung- aristotelischer Schriften, durch welche er ebenso wie
durch seine mathematischen üebertrag-ungen sich den Ruf eines
erprobten Kritikers und Kenners des Griechischen erwarb, selb-
ständig das Feld der Philosophie bebaute, so begegnen wir
ihm vielfach als Encyclopädiker - ß). Indem er den Satz an die
Spitze stellte und lebhaft verfocht, dass das Studium der Phi-
losophie nur vermittelst der mathematischen Wissenschaften ge-
sichert werden könne, brachte er ihn von der Logik an bis zur
Erörterung metaphysischer Fragen zu voller Geltung, warnte
vor den Fallstricken der Sophisten und scheute sich nirgends vor
Kampf, wenn dieser der von ihm erkannten Wahrheit galt. —
Unter gewisser Beschränkung gehören auch seine politischen
Schriften (oLu«Lu«il iuXi') hieher, die bei den Morgenländern mit
den ethischen Hand in Hand gehen , daher sich auch bei ihnen
ein ganz besonderer Zweig hier einschlagender Literatur unter der
Benennung Königsethik ausgebildet hat. Demnach finden wir
auch bei Kindi unter den die politischen überschriebenen Schrif-
ten über die Regierungskunst und die Verwaltung des Staates
Abhandlungen zur Beseitigung der Schwierigkeiten auf dem We-
ge zur Tugend, zur Entfernung der Traurigkeit, über Aufmun-
terung zur Tugend und vor Allem über die Tugendhaftigkeit des
Socrates und dessen Aussprüche und Dialogen, ja selbst über
die Umstände, die seinen Tod begleiteten.
Auch in seinen arithmetischen Schriften blieb er nicht bei
den strengen Grenzen dieser Wissenschaft stehen, sondern er un-
terwarf die Zahl an sich in ihrer verschiedenen Anwendung mehr-
seitigen Forschungen. Schon oben wurde angedeutet, dass die
in der Politik des Plato (Buch 7 ) erwähnten Zahlen seine beson-
dere ^Aufmerksamkeit auf sich zogen; aber ebenso untersuchte
er ihre Zusammensetzung und erörterte die Lehre von der Ein-
heit Gottes hinsichtlich der Zahl und den Gebrauch und Einfluss,
der den Zahlen bei Deutung von Weissagungen (z. B. beim Fal-
stechen), talismanisch oder magisch, und bei ihrer Anwendung zu
allerhand Kunststücken beigelegt wurde.
In der Sphärologie suchte er die Kugelgestalt der Welt-
körper als die uranfangliche nachzuweisen und das Wesen der-
selben (geometrisch) zu erörtern.
26) Hier wie in den folgenden Abschnitten der einzelnen Wissenschaften
ist es nur auf kurze Andeutungen abgesehen. Für weitere Belehrung ver-
weisen wir auf das folgende nach Möglichkeit vollständige Verzeichniss seiner
Schriften.
IQ Flügel, über Al-Kindi.
Die Theorie der Musik, für deren Praxis er Schüler
ausbildete, verfolg-te er nach ihren Elementen bis zu ihren höch-
sten Aufgaben, von den einzelneu Tönen bis zur Kunst der Com-
position und entwickelte seine Ansichten über Tact und Harmonie.
Seine astronomischen Schriften befassen sich mit der Be-
schaflfenheit der Planeten wie der Fixsterne, ihrem Einfluss auf
unsere Erde, ihren Kreisbahnen, ihrer Verschiedenheit, ihrer Stellung,
und da er den Fragen seiner zur Astrologie geneigten Zeitgenos-
sen und der auf diese Neigung gegründeten Bochschätzung alles
dessen, was sich auf sie bezog ~^), nicht entgehen konnte, Hess
er sich auf Construction von Horoskopen ein und belehrte über
die Dauer des Menschenalters, sicher aber nicht nach Principien
der Horoskopie, die ihm nur zur Einkleidung willkommen sein
mochte , um seinen Lehren Eingang zu verschaffen, sondern nach
den Gesetzen der Natur, wie schon seine Vergleichung der Berich-
te über das Lebensalter der Menschen in früherer Zeit mit den
Erscheinungen der Gegenwart uns andeutet. ■ — Jene astronomi-
schen Untersuchungen streiften vielfach in die Optik über. Die
Projection der Strahlen, ihr Lauf und ihre Wirkungen gaben ihm
zu Einzelschriften Veranlassung. Auf seine Abhandlung über des
Euclides Elemente der Optik wurde bereits oben hingewiesen,
und es sei nur noch bemerkt, dass ihm Roger Baco den ersten
Rang in der Wissenschaft der Perspective nach Ptolemäus an-
weist.
Ebenso beschäftigten ihn die Luft- und Himmelserschei-
nungen (Meteorologie) vielfach. Zunächst geht er hier auf die
Ursachen ein, wodurch das Entstehen und Vergehen der Dinge
in dieser sublunarischen Welt bedingt ist, indem er ihre Grund-
stoffe untersucht, und wie er nach den anderwärts gegebenen
Andeutungen den Begriff des Raumes soweit möglich, natürlich nur
negativ, zu versinnlichen sucht, so unterzieht er hier die Zeit in
ihrer Dauer und in ihren grössern und kleinern Abschnitten, die
Veränderlichkeit derselben nach den verschiedenen Jahreszeiten und
der dadurch herbeigeführten Verschiedenheit der dem Jahre eigen-
thümlichen Eigenschaften , die Gleichheit und Ungleichheit der
Stunden seiner Forschung, und wendet sich den zum Theil durch
die Zeit bedingten Lufterscheinungen zu, beleuchtet die Ursache
der Kälte der obern Luftschicht und des grössern Wärmegrades
in der Nähe der Erde, ferner der Winter - Kälte, des Nebels, der
glänzenden Meteore, bespricht die Cometen und das Sichtbarwer-
den einzelner Sterne auf kurze Zeit und ihr Verschwinden , end-
lich noch ganz besonders das im J. 222 (837) beobachtete grosse
Phänomen d. i. den nach chinesischen von Pingr^ berechneten
Beobachtungen im J. 837 erschienenen Cometen. Vgl. Olbers,
27) S. darüber später unter Sterndeutekurist.
Flügel , über AI - Kindt \ 1
Abhandlung über die — Methode die Bahn eines Cometen zu
berechnen. 2. Ausg. S. 205.
Wenden wir uns mit einem Rückblick den geometrischen
Arbeiten zu, die wir oben kennen lernten und die das ganze
in jener Zeit bebaute Gebiet der Geometrie nach Vorgang des
Euclides zum Gegenstand hatten, so finden wir auch hier, dass
der Verfasser sich damit nicht begnügte. Er bearbeitete vielmehr
eine Reihe einzelner Lehrsätze umfassend in besondern Schriften,
über die das Nähere später in der namentlichen Aufzählung der-
selben nachzusehen ist. Nebenbei werden eine Reihe von mathe-
matischen Instrumenten erwähnt, die er entweder in ihrer Construc-
tion und Anwendung verbesserte oder neu herstellte. Wir ma-
chen hier insbesondere auf diejenigen aufmerksam, die bestimmt
waren die Entfernungen der Himmelskörper von einander aufzufin-
den, sowie die Entfernung der unserm Auge sichtbaren Körper zu
erkennen. Während er z. B. eine Schrift über diese Entfernungen
und die Entfernung des Mittelpunctes des Mondes von der Erde
verfasste, vergass er die letztere als das Nähere nicht, ermittelte
die Zwischenräume des einen der (sieben) Klima's von dem an-
dern, suchte die Entfernung der Gipfel der Berge zu bestimmen,
schrieb Abhandlungen über die bewohnten Theile der Erde, und
ging so von der mathematischen Geographie zur topo-
graphischen über.
Noch sondert derFihrist eine eigene Classe Schriften über den
Himmelskreis Ud^\ ab, die füglich mit den astronomischen
vereinigt werden konnten. Zugleich reihen sich hier abermals
meteorologische Abhandlungen an solche an, in denen der Him-
melskreis an sich nach Dimension, Beschaffenheit, Gestalt, Ver-
schiedenheit der Kreise, Farbe u. s. w. weiterer Forschung un-
terliegt. — Die Theorie des Lichtes und der Finsterniss und
der Anblick des Himmels von verschiedenen Punkten geht Hand
in Hand mit einer Streitschrift gegen die Manichäer, die beson-
dere Lehrsätze über die Bildungsstoffe des Himmels aufstellen.
Die wenig strenge Gliederung der einzelnen Wissenschafts-
zweige und die dadurch herbeigeführte Trennung verwandterund
Vereinigung verschiedener Gegenstände hat ferner ausser den bereits
angedeuteten in die Astrologie streifenden Schriften ein eigenes
Capitel über Sterndeutekunst geschaffen, dem wir, soll die
überkommene wenig systematische Anordnung nicht ganz bei Sei-
te gesetzt werden , unsere besondere Aufmerksamkeit nicht ent-
ziehen können. Wir bemerkten bereits, dass ihr Verfasser die-
ser unwissenschaftlichen Richtung und dem an astrologischen
Einflüssen mit aller Energie festhaltenden Aberglauben seines
Volkes eine höhere Ansicht von den Eigenschaften der Himmels-
körper entgegen zu stellen wusste und zwar die hergebrachte
Form und Methode nicht ganz entfernt hielt, sie aber in seinem
\ 2 Flügel , tiher Äl - Kindl.
Sinne umg-e staltete. Dass er dessenung-eachtet den Tbeurg-en und
Magiern und zwar in einem eminenten Sinne beig-ezählt wurde, darf
uns nicht befremden, da selbst Aristoteles und Ptolemäus — Kindi
natürlich nicht ausgenommen — zu den novem judices in judiciis
astrorum gerechnet werden (Nicoll S. 273. c). Die Grundsätze
der Neu-PIatouiker, die die Lehren aller Philosophen in ein System
zu vereinigen suchten und deren Ansichten er sich nicht entschla-
gen konnte, waren ganz geeignet, in ihrer Anwendung auf natur-
historische Untersuchungen Verdacht in obigem Sinne zu erregen.
Ein individueller Vorwurf aber erwächst daraus keineswegs. Die
alexandrinische Schule beherrschte in jener Zeit alle denkendea
Köpfe und die muslimischen insbesondere, denen jener Synkretis-
mus vortrefflich zusagte, indem er dem Hange zur Speculation
in der durch den Islam bedingten Sphäre allseitig Stoff zuführte
und dessen Ausbeutung und Anwendung auf einheimische Theo-
rien möglich machte. Dazu kam, dass Kindi im Laufe seiner
Forschungen vielfach auf neue Entdeckungen geführt werden muss-
te, die bei der allgemeinen Unkenntniss der Gesetze und Kräfte
der Natur als zauberisches Erzeugniss geheimer, der Verbindung
mit Geistern oder der übersinnlichen Welt zugeschriebener Wir-
kung von der Menge angestaunt, von den Unterrichtetem aus Neid
und Glaubenseifer verketzert wurden.
Zuerst spricht Kindi von den Geheimnissen, welche die Vor-
begriffe der Erkenntniss im Allgemeinen und insbesondere die
Dinge umgeben, die zur Erkenntniss der zukünftigen Ereignisse
führen, erläutert das, was man Vorhersagungen nennt, und wel-
ches die Dinge sind, die man vorhersagt, und den Begriff der
Kunst, die Himmelskörper zu Schlüssen auf zukünftige Ereignisse
zu benutzen. Er bringt die Astrologie in Lehrsätze, weist nach,
wer wirklich ein Astrolog sei und darf selbst vom Nutzen der
Astrologie sprechen, sicherlich insofern, als sie der entsprechen-
de Weg war die Erkenntniss astronomischer Lehrsätze mehr
zu popularisiren. — Die Constellation der Gestirne, inwiefern
sie Glück oder Unglück verkündet, die Tagewählerei, die Horo-
skopie, alles Brennpuncte astrologischen Wissens, verschmäht er
zur Vermittelung von Prophezeihungen nicht, und selbst die Son-
nen- und Mondfinsternisse schliesst er von diesem Apparat bewun-
derter höherer Weisheit nicht aus; allein wir dürfen annehmen,
dass jene Weissagungen auf wissenschaftlichem Grunde ruhten,
indem aus natürlichen Ursachen natürliche Wirkungen abgeleitet
wurden, ja vielleicht ist es gerade diese hervorragende Eigen-
thümlichkeit, die unserm Philosophen noch heute bei den Muham-
medanern den Ruf als eines der grössten Astrologen sichert.
Schon oben ward angedeutet, dass Kindi in einer besondern
Schrift die Manichäer bekämpfte. Sie gehört zu einer grössern
Anzahl von Abhandlungen, die die Aufschrift führen : Die Pole-
mischen. Neben ihr wird eine Streitschrift gegen die Duali-
Flügel y über AI- Kindi, 13
sten oder Anhäng-er von zwei Principien, ferner die schon ange-
führte gegen die Trugschlüsse der Sopliisten und eine gegen die
HäretiJi^er erwähnt. In andern Abhandlungen vertheidigt er die
Einheit Gottes, lehrt die Wahrhaftigkeit der Gesandten Gottes
(d. h. dass sie wirklich Gottgesandte seien) , stellt Gott als das
erste und vollkommenste handelnde Princip hin und bespricht den
freien Willen des Menschen. Zugleich sucht er mehrfach falsche
Vorstellungen über die mit dem Insdaseintreten der erschaflPenen
Körper verbundene Beschaffenheit derselben nachzuweisen, läugnet
die Annahme, dass es etwas Untheilbares gebe u. s. w.
Eine andere nicht unbedeutende Anzahl von Schriftwerken
umfasst der Abschnitt, der seine üeberschrift von den Arten
(p\yi\) der einzelnen Dinge entlehnt. Hier finden sich Untersu-
chungen über die heterogensten Fragen vereinigt, von denen wir
folgende erwähnen: üeber die verschiedenen Edelsteine, ihre Fund-
orte, Eigenschaften und Werthverhältnisse , über das Glas und
seinen Glanz, über Tinten- und Farbenstoffe, über die Eigen-
schaften des guten und schlechten Eisens (speciell über die Schwer-
ter), über die Tauben, das Ausbrüten der Eier, die Bienen, Ge-
würze, Brennspiegel, selbst über die Bereitung der Speisen und
die Kunst F'lecke auszumachen, die von arabischen Encyclopädi-
kern als besondere Wissenschaft behandelt wird, kurz eine Reihe
von Belehrungen recht practischer Art zu allgemeiner Anwendung
im alltäglichen Leben. Daneben erscheinen Erörterungen über al-
lerhand physikalische Erscheinungen, über Ebbe und Fluth, über
das Schwimmen und Untersinken der Körper, über das Entstehen
der Dünste in der Erde, die Erschütterungen erzeugen, über die
Ursachen des Blitzes, Donners, Schnees, der Kälte und des Re-
gens ^^). Auch auf die Nichtigkeit der Goldmacherkunst weist
Kindi hin und zeigt die Mittel und Wege, durch deren Hilfe der
Taschenkünstler seine Künste ausführt.
Zwei Abhandlungen in diesem Abschnitt — um anderer nicht
zu gedenken — führen uns endlich abermals auf ganz neue bis-
her noch nicht berührte Gebiete, die erste über die Pferde und die
Tbierarzneikunde auf das Feld der Medicin, die zweite ein Send-
schreiben an Johannes den Sohn des Masüjah über die Seele und
deren Thätigkeiten, auf das der Psychologie. An beide reiht
sich eine nicht unerhebliche Anzahl Schriften in besondern Ab-
theilungen an. In Behandlung dieser Wissenschaften schlug Kindi
seinen eigenen Weg ein, der uns wiederholt zeigt, wie er selbst
seinen Satz, dass das Studium der Philosophie nur mit Hilfe mathe-
matischer Grundlage gedeihen könne, auch bei den genannten
Wissenschaften zur Geltung brachte. Wenn bei den Arabern die
Philosophie überhaupt mit der Medicin Hand in Hand ging, so
28) Vgl. oben den Abschnitt über Meteorologie.
14 Flügel, über At-Kindi,
kam bei Kindi nocli hinzu, dass er „zuerst die Lehre von der geo-
metrischen Proportion und von der musikalischen Harmonie" auf
die Grade der Arzneimittel anwandte, eine Theorie, die sich viele
Jahrhunderte lang- erhielt ^s), doch nennt ihn weder der Fihrist
noch Ihn Abi üseibi'a unter den Uebersetzern griechischer Aerz-
te. — Seine den Hippokrates betreflfende Schrift wurde bereits
oben erwähnt. In einer andern Abhandlung wies er auf den gro-
ssen Nutzen der Arzneikunde hin, und, wie es scheint, lag ihm
neben der Therapeutik vorzüglich die Diätetik am Herzen. Er
kommt hier auf die Speisen zurück, zeigt die Verderblichkeit ge-
wisser Nahrungsmittel, bespricht die Lebensordnung des Gesun-
den, empfiehlt das Räuchern gegen die Ansteckungsstoffe in der
Luft und giebt Mittel schädliche Ausdünstungen unschädlich zu
machen. Anderweitig belehrt er über die verschiedene Einthei-
lung der Fieber, über die Ursachen der Krisen bei hitzigen Krank-
heiten , über die Beschaffenheit des Gehirns , über Purgirmittel,
Gegengifte, die Elephantiasis, den Biss toller Hunde, die Ver-
schleimung, den Mageuschmerz , die Gicht und Verhärtung der
Milz.
Unter den psychologischen Fragen — um nur einige
zu erwähnen — behandelt er zunächst die allgemeine, was die
Seele ihrer Substanz nach sei, sucht zu beweisen, dass sie früher
vorhanden sei als sie in die Sinnenwelt eintrete, und hebt unter
ihren Thätigkeiten den Traum und die Räthsel der Liebe hervor.
Ueberblicken wir jetzt das ungeheure Gebiet menschlichen
Wissens, das Kindi in den Kreis seiner schriftstellerischen Thä-
tigkeit hineinzog, so müssen wir gestehen, dass im Allgemeinen
sich kaum eine Spur findet, die in Hinblick auf den Zustand der
Wissenschaft seines Zeitalters ihn uns als Muhammedaner ver-
riethe, wie wir uns einen solchen und selbst den gelehrtesten
unter ihnen vorzustellen gewohnt sind. Sein gewaltiger Geist
weist ihm einen Ehrenplatz in jeder gebildeten Nation an, und
gerade daraus erklärt sich die Erscheinung, dass die Nachrichten
über denselben bei seinen Landsleuten so spärlich fliessen. Wie
möchte der orthodoxe Muslim ihn in die Reihe der Männer stel-
len, die in ihren wissenschaftlichen Bestrebungen für Verherr-
lichung ihrer in strengster Lehrbestimmung sich bewegenden Re-
ligion ihm allein berechtigt erscheinen, an dem Himmel einheimi-
scher Gelehrsamkeit zu glänzen? Alles Andere gilt ihm ja eben
nur soviel als es dieser jedwede Wissenschaft beherrschende Dog-
matismus zulässt und sich für seine Zwecke eignet, daher es
z. B. für einen Astronomen genügt, die kanonischen Gebetstunden
und die Lage von Mekka bestimmen zu können. — Dazu kommt,
dass mit und alsbald nach Kindi's Zeitalter die ernsten Studien
29) S. Ausführlicheres darüber nebst einem Beispiel bei Sprengel in dem
Versuch einer pragmat. Geschichte der Arzneikunde Th. %. S. 308.
Flügel, über Al-Kindi, 15
der exacten Wissenschaften mehr und mehr in Verfall geriethen
und sich ausnahmsweise nur da noch Geltung* verschafften, wo
es Fürsten gah , die ihren VVerth zu schätzen wussten und sie
weiter auszubilden suchten.
Wenn schon das Erwähnte hinreicht Kindi sattsam zu ver-
dächtigen ^0), so dürfen wir einen zweiten ebenso wichtigen Grund
nicht ausser Acht lassen, den nemlich , dass sein Wissen den
Neid und die Verfolgung-ssucht aller derer erregte, die sich auf
gleichem Gebiet geltend zu machen suchten. Alle die Erzählungen,
die die Schriftsteller fast ausschliesslich und als Uauptmomente
ihrer biographischen Skizze des Mannes überliefern, haben ent-
weder die Ausbrüche dieses Neides zum Gegenstande, oder ent-
halten wenigstens Proben der gröbsten Parteilichkeit, die — zum
Ruhme der Nation sei es gesagt — auch immer wieder ihre
Gegner fanden und den Verfolgten siegreich aus dem Kampfe
hervorgehen Hessen.
Schon früher deutete ich die Berichte an, die aus Abu Ma'sar,
einem der Hauptfeinde Kindi's, seinen Vertheidiger und Schüler
machten. Der Fihrist sagt nur, dass Abu Ma'sar Ga*^far Bin Mu-
hammad al-Balchi anfänglich zu den Traditionskundigen gehörte.
Derselbe begab sich in seinem Glaubenseifer aus einer Ursache,
die d' Herbelot erzählt, neben der aber noch andere Motive sich
voraussetzen lassen , aus seiner Vaterstadt nach Bagdad , wo er
in seinem Hasse gegen Kindi soweit ging, dass er das gemeine
Volk gegen ihn erbitterte und allerhand Schimpf um seiner phi-
losophischen Studien willen auf ihn häufte. Kindi suchte in der
Wissenschaft allein seine Waffen ; er stellte heimlich Jemand an,
der dem Abu Ma'^sar das Studium der Arithmetik und Geometrie als
ein treflFliches empfahl. Abu Ma'sar ging darauf ein, hatte aber noch
keine vollkommene Kenntniss dieser beiden Wissenschaften erlangt,
als er sich auch schon der Sterndeuterei zuwandte. Die Beschäf-
tigung mit derselben drängte alsbald seine böse Gesinnung gegen
Kindi in den Hintergrund, da ihn seine Speculation darüber in
die Sphäre der Wissenschaften einführte, die Kindi so meister-
haft vertrat.
Ebenso glänzend bestand Kindi die Angriffe, die nach der
Erzählung des Abu Öafar Ahmad Bin Jüsuf Bin Ibrahim in sei-
nem Buche Husn al-*^ukbä nach dem Zeugnisse des Arithmeti-
kers Abu Kämil $^u^a Bin Asiam die^ Gebrüder Ahmad und Mu-
hammad, die Söhne des Müsä Bin Sakir unter der Regierung
und gewissermassen vor den Augen des Mutawakkil gegen ihn
richteten, und die Ihn Abi Useibfa mittheilt und de Sacy ^')
30) Vgl. Not. Miscelt. zur Porta Mosis op. et studio Pocockü p. 236 :
Sic enim apud Epitomatorein Yafei leginius AI Fnrahius AI Cendi et Ebn SiiM
f^r*"^^ S (^^••-fr*^ De religione suspecti sunt , ut gravius ab aüis dicta
taceam.
31) Abdollat. p. 487.
1 6 Flügel , über AI- Kindt.
kurz andeutet. Diese beiden, übrigens in den mathematischen
Wissenschaften, vorzüglich in der Mechanik nicht unbewanderten
Männer hatten mit Hilfe des Juden Sind Bin 'Ali und allerhand
niedriger Ränke es dahin gebracht, dass der Chalif ihn schlagen
Hess ^2) und den beiden Brüdern erlaubte, sich der sämmtlichen
Bücher in seinem Hause zu bemächtigen, die sie zu einer beson-
dern Bibliothek (^Äjtji>), die des Kindi (x^vAi^Ji) genannt, verei-
nigten. Allein das Graben des Canals (j4i)} der Ga'farische ^ ^)
genannt, brachte die beiden Brüder in Ungnade. Sie wurden
genöthigt ihm seine Bücher zurückzugeben und entgingen ihrem
weitern Schicksale nur durch die zwei Monate nachher erfolgte
Ermordung des Chalifen.
Noch andere Gegner griffen ihn von Seiten seiner Methode
an. So kann AbuMkäsim Sa id Bin Ahmad Bin Sa id der Richter
von Cordova in seiner Schrift ,,Die Classen der Nationen*' ^'*)
da, wo er auf die Werke Kindi's zu sprechen kommt, zwar nicht
läugnen, dass seine logischen Schriften von aller Welt gern
gekauft würden, allein, fügt er hinzu, der aus ihnen für die
Wissenschaften zu gewinnende Nutzen sei gering, da sie von der
analytischen Methode ^^), welche allein den Weg zeige bei allen
üntersuchungsgegenständen das Wahre vom Falschen zu unter-
scheiden, ganz absehen. Kindi halte einzig an der Synthese
(w*j^-3) fest, von der nur ein beschränkter Theil wegen der
Sätze, die jeder zu gewinnenden und unserm Wissen zuzuführen-
den üeberzeugung (slXaÄt: oLo^AiIU) vorauszuschicken wären, Nu-
tzen ziehe. Allein die vorauszuschickenden Sätze jedes Untersu-
chungsgegenstandes würden nur durch die Analyse gefunden,
und er wisse nicht, was Kindi von der Anwendung dieser Me-
thode abgehalten habe, ob ünterschätzung ihres Werthes oder
irgend eine Absicht sie den Menschen vorzuenthalten. In jedem
Falle sei es eine Beeinträchtigung (^j*afii)j ausserdem zeigten
sich in den vielen Schriften Kindi's über eine grosse Anzahl
Wissenschaften seine verderblichen individuellen Ansichten und
seine von der Wahrheit entfernten Doctrinen, wozu Andere den
Mangel an schlagenden Beweisen fügten, an deren Statt er Red-
ner und Dichter sprechen lasse. Speciell wies man auf seine
Schrift über die Einheitslehre hin, in der er nach der Methode
der Logiker seine Untersuchung führe, ganz so wie in seinem
3{i) Im Wiener Exemplar io-o , er Hess ihn nicht vor sich (s. Amari's
Bibl. ar. sie. ov| , 9 u. 10) statt JOy-o , wie de Sacy im Pariser gelesen zu
haben scheint.
33) Mutawakkil, dem dieser Canal ungeheure Summen kostete, hiess Ga'far.
34) S. Ha^i Chalfa IV, nr. 7884.
35) Jw^i^JI SLäUo. Vgl. I^agi Ch. I , S 86. und II, S. 205.
Flügel, über Äl'Kindi. 17
Werke zur Begründung- des PropLetentbums. — Geg-en die erste
Anschauung- des Richters von Cordova tritt nun Ihn Abi Useibfa
auf mit der Behauptung, dass ihr ein bober Grad von Partei-
lichkeit zu Grunde lieg-e, indem sie ohne Ursache das Wissen
Kindi's herabsetze und die Menschen von dem Studium seiner
Schriften und dem daraus zu gewinnenden Nutzen abziehe.
Wie weit die Abneigung und der Hass sogar unter Pri-
vatpersonen gegen Kindi verbreitet war, schildert uns Ihn al-
Kufti in einer andern mehrfach belehrenden Erzählung. Uner-
wartet wurde der Sohn eines sehr reichen Kaufmanns von Bag-
dad, der aus heiligem Eifer unsern Philosophen überall für einen
Ungläubigen erklärte, von einer Apoplexie befallen, die ihm nicht
nur die Glieder lähmte, sondern auch Sprache und Bewusstsein
raubte. Als selbst die Kunst der grössten Aerzte versagte, konnte
er allein von der Noth gezwungen und nur mit höchstem Wider-
streben sich entschliessen, dem Rathe seiner Freunde nachzugeben,
die ihm Kindi, der in seiner Nähe wohnte, als den einzigen Retter
seines Kindes empfahlen. Durch Mittelspersonen an das Kranken-
bett gerufen und über den Zustand des Knaben belehrt, gab Kindi
wirklich allein durch Musik, die in vorgeschriebener Abwechslung
seine Schüler in dieser Kunst ununterbrochen in der Nähe des
Leidenden aufführen mussten, demselben Bewegung, Bewusstsein
und Sprache zurück und stellte ihn endlich völlig her.
Zur Beurtheilung der Stellung, die man Kindi im Orient
anwies, dürfen wir schliesslich nicht unbemerkt lassen, dass Ihn
Ja*^küb an-Nadim, der Verfasser des Fibrist, ihn den Naturphilo-
phen (Physikern ^joju^ »jLw^^s) der Griechen wie Ariston, Theon
u. s. w. und den Erklärern logischer Schriften einreiht, und zwar,
wie er sagt, weil er ihm gern so zeitig als möglich seinen Platz
in der Wissenschaft anweisen wolle. Doch ist schon an und für
sich diese Zusammenstellung nicht eben eine Empfehlung für Kindi,
da die Muhammedaner die Naturalisten als eine verwerfliche Secte
darzustellen gewohnt sind ^-^j. In jedem Falle gab seine philo-
sophische Richtung den Hauptanhalt zu dieser Gruppirung.
In diesen Erscheinungen zusammengenommen, die wie be-
merkt hinlänglich das Schweigen einheimischer Quellen erklären,
müssen wir auch den Grund davon suchen, dass wir bis jetzt nicht
einmal das Todesjahr Kindi's wissen, was bei der Art und Weise
orientalischer Biographen , die die Zeit der Geburt eines Mannes
wenig kümmert, während sie die Bestimmung des Todesjahres
als eine ihrer Hauptaufgaben betrachten , um so auffälliger ist.
Abu Ma"^sar nennt uns zwar die Ursache seines Todes: einen of-
fenen Schaden '') am Knie, der ihm heftigen Nervenschmerz zu-
36) Vgl. Ha^i Ch. I, S. 64. und III, S. 183,
37) A^ , rohes , wildes Fleisch , der Brand ?
Abhandl. der DMG. 1,2.
18 Flügel y über AI' Kindi»
zog und, als dieser in Kopf und Gehirn drang, seinem Leben
ein Knde machte, das Jahr aber, in welchem dieses geschah, er-
wähnt er nicht ^^). Dagegen trägt man sich mit einem angeb-
lichen Testamente von ihm, voller Denksprüche und guter Leh-
ren, unter ihnen speciell an seinen Sohn Abu'l-'abbäs gerichtete,
ganz ähnlich den Testamenten von Lokman, Aristoteles und An-
dern. Mehrere dieser Sprüche sind der Art, dass einheimische
Berichterstatter den Ausspruch des Ibn Abi Jaküb an-Nadim, Kindi
sei geizig gewesen, durch ihren Inhalt bestätigt finden.
Fassen wir die Andeutungen zusammen, die uns über die
Lebenszeit Kiudi's zu Gebote stehen, so ergiebt sich zunächst
aus der Erzählung seiner Verfolgung durch die Söhne des Müsa,
dass er die Ermordung des Chalifen Mutawakkil im J. 247=861
überlebte. Ferner aber, da er Zeitgenosse des Kosta Bin Lüka
war, dieser aber von 250 (864) an uns bekannt wird 3^), so ist
sicher auch das Jahr 864 nicht der äusserste Termin seines Le-
bens, zumal Abu Ma'sar, der nicht als Jüngling mit ihm bekannt
wurde, ebenfalls erst 272 (885 — 886) obwohl über 100 Jahr
alt starb.
Eine andere aufgeworfene Frage betrifft die Meinung oder
wir dürfen sagen ^ie zuerst von d'Herbelot ausgehende Behaup-
tung, dass Kindi seiner Geburt und Religion nach ein Jude ge-
wesen sei — eine Annahme , die gewiss nur in irgend einer Ver-
wechslung unsers Kindi mit einer andern denselben Namen füh-
renden Persönlichkeit ihren Grund hat. Schon de Sacy wider-
legte diese Ansicht, für tlie sich nirgends ein nur irgend gewich-
tiges Zeugniss findet, wohl aber überall für das Gegentheil. Au-
sser den von de Sacy angeführten Gründen möchten bei obiger
Voraussetzung folgende Fragen schwer zu beantworten sein. Wie
konnte ihn der muhammedanische Kaufmann des Unglaubens oder
der Gottlosigkeit beschuldigen (^xftXb), wenn er keinen Muham-
medaner vor sich hatte ? Welche Berechtigung hätte die Bezeich-
nung „der Philosoph der Araber"? Wie konnte ihn der Epito-
mator des Jafi^i mit Faräbi und Ihn Sina zusammenstellen? Wie
sich aus seiner Genealogie ein Beweis führen lassen? Zwar
wissen -wir, dass jüdische Stämme aus Arabien nach Kufa ver-
setzt wurden, wo auch ein grosser Theil des Stammes Kinda
sich niederliess, so dass selbst ein Quartier der Stadt den Namen
Kinda erhielt; aber nirgends wird erwähnt, dass die Banü Kinda
jüdischer Abkunft waren. Auch würde der Vater unsers Kindi
sicher nicht Gouverneur dieser Stadt geworden sein, wäre er
jüdischen Glaubens gewesen, noch weniger aber sein Enkel den
38) Auch de Sacy (Abdollat. S. 487) klagt über das Stillschweigen an-
derer Quellen , denen wir Dahabi und Sujüti beifügen.
39) S. Abulfarag. Hist. Dynast. S. 274.
Flügel, über Al-Kindi. 19
Namen AbuM-abbäs erhalten haben. Es scheint somit kaum der
Mühe werth, dieser Frage weiter nachzugehen, und wir sehen es
De-Rossi und Wolf gern nach, wenn sie unter Anführung d'Her-
belot's auch in dieser Hinsicht seine Meinung theilten.
Finden wir über Rindi's häusliche und Familien-Verhältnisse
nichts weiter erwähnt, so nennt uns doch Ihn Abi Ja*^küb an-
IVadim einige seiner Schüler, die er aber zugleich seine Bücher-
abschreiber {^^j^i^j^) sein lässt oder die er doch wenigstens mit
ihnen zusammenstellt, unter ihnen namentlich Husnaweih, Nifta-
weih, Salamaweih und andere nach dieser Form genannte, denen
Ibn al-Kufti einen Ruhmaweih beifügt, Namen, die Kindi aus Lieb-
haberei oder aus irgend einem andern Grunde ihifen nach diesem
allgemeinen Zuschnitt beilegte. Doch scheinen diese sämmtlich
mehr in einem abhängigen Verhältnisse zu ihm oder in seinen
Diensten gestanden zu haben, als selbständige Schüler gewesen
zu sein, unter diese zählt derselbe Schriftsteller ausser Abu
Ma'sar als bedeutendsten den Abu'l-'abbasj Ahmad Bin Muhammad
Bin Marwan as-Sarachsi, gewöhnlich Ahmad Bin ut-Tajjib ge-
nannt, den wir selbst wieder als ausgezeichneten Philosophen,
Arzt und Schriftsteller und als Lehrer des Chalifen Mu tadid ken-
nen *°). Ihn Abi Ja'küb an-Nadim sagt zwar von ihm, sein Wis-
sen sei grösser gewesen als sein Verstand, doch führt er von
ihm eine grosse Reihe wichtiger Schriften auf und erzählt auch
die Ursache seiner Ermordung.
Die Verketzerung Kindi's als eines ungläubigen Philosophen,
die seinem Zeitalter folgende Periode schlafferer und beengterer
Wissenschaftlichkeit, die das selbständige Forschen und die ern-
steren das Nachdenken bedingenden Studien mied und die Abnahme
Von Gelehrten, die Kindi und seiner Darstellung folgen konnten —
diese und ähnliche Ursachen, die dem Verlangen nach Abschrif-
ten seiner Werke entgegentraten, lassen es leicht erklären, dass
von seinen so vielen Schriften so wenig auf uns gekommen ist,
ein Schicksal, das er übrigens mit vielen andern tüchtigen, frucht-
baren und echtmuhammedanischen Schriftstellern seiner und der
ihm nächsten Zeit vor- und nachher theilt. Noch am meisten sind
uns Exemplare seiner mathematischen, astronomischen und philo-
sophischen Schriften, welche ihren Boden in den griechischen
Originalen hatten, erhalten. Ausserdem dürfen wir den Einfluss
nicht verkennen, den seine Lehren auf den fernem Gang und die
Behandlung der einzelnen von ihm bearbeiteten Wissenschaften
übte und die Benutzung seiner Schriften in den Werken späterer
Schriftsteller ahnen lässt.
Den sichersten Massstab zu einer Beurtheilung aller dieser
40) Vgl. Wüstenfeld's Gesch. der Arab. Aerzte S. 33. nr. 80.
2*
20 Flügel, über Al-Kindi.
Verhältnisse bietet uns die Aufzählung der Schriften Kindi's, bei
welcher wir ganz der Reihe und Anordnung folgen , wie sie uns
Ibn Abi Ja'küb an-Nadim in seinem Fihrist überliefert hat, und
so, dass wir die Uebersetzung *^) vorausgehen und dieser das
Original folgen lassen. Einige Zusätze werden ausdrücklich be-
zeichnet.
f. Die philosophischen Werke.
1. Das Buch der ersten Philosophie über das was nicht
über die (Vorkenntnisse der) physischen Dinge und die Lehre von
der Einheit (Gottes) hinausgeht *-).
2. Das Buch der tiefer eingehenden Philosophie, der logi-
schen und verwickelten Lehrsätze und dessen was über die phy-
sischen Dinge (als gewöhnliche Erscheinungen) hinausgeht.
3. Abhandlung darüber, dass die Philosophie nur durch die
Kenntniss der mathematischen Wissenschaften erworben werden
kann. (Vgl. nr. 133).
4. Anregung zum Studium der Philosophie.
5. Abhandlung über die Menge der Schriften des Aristoteles
und was beim Studium der Philosophie von denselben durchaus
nicht entbehrt werden kann, ihre Reihenfolge bei diesem Studium
und die von ihm (Aristoteles) bei Abfassung derselben verfolgten
höchsten Zwecke (Ideen).
6. Abhandlung über den von Aristoteles bei Aufstellung der
Kategorien zu Grunde gelegten Zweck und die ihnen zugewie-
sene Bestimmung.
7. Abhandlung über die Theile der menschlichen Erkennt-
niss.
8. Abhandlung über das Wesen der Wissenschaft und ihi»e
Theile.
41) Die Richtigkeit der Uebersetzung des einen und andern Artikels lässt
sprachliche und sachliche Bedenken ührig, zu deren Beseitigung jeder Beitrag
auf das dankbarste von mir anerkannt werden wird. Die richtige Auffassung
der Titel, die nur zu oft als rhetorische Kunstslücke von Abschreibern falsch
oder gar nicht verstanden und vielfach verstümmelt überliefert worden sind,
überdiess den Inhalt des Werkes selbst häufig am wenigsten bestimmt andeu-
ten oder der Einsicht in denselben durch Kürze, Zweideutigkeit und Anwen-
dung technischer noch nicht hinlänglich oder gar nicht bekannter Ausdrücke
zu geringen Anhalt bieten , gehört nun einmal zu den mancherlei fraglichen
Dingen, deren Lösung nur mit dem weitern Fortschritt der Wissenschaft, im
vorliegenden Falle vielleicht nur durch nähere Andeutungen oder Auffindung
der Schriften erfolgen kann. — Was Casiri I, S. 353 flg. aus Ihn al-^jlufti
mittheilte , bedarf vielfach der Vervollständigung und Läuterung.
42) Vgl. des Aristoteles Schrift n^corijs ydooofias ßißX. iS., später
Ta fiexa rä (pvaixn genannt. — Die physischen Dinge selbst sind in dieser
Schrift noch nicht das Object der Besprechung. Die erste Philosophie ist die
theoretische, die Wissenschaft des Dinges als Ding, der erhabenste Theü der
Metaphysik.
Flügel, über AI- Kindt 21
9. Die grössere Abhandlung über das von ihm (Kindi) auf-
gestellte wissenschaftliche Mass.
10. Die abgekürzte Abhandlung über das wissenschaftliche
Mass.
11. Abhandlung darüber, dass alle Handlungen des Schöpfers
gerecht und frei von jedem Eingriff einer Gewalt seien.
12. Abhandlung über das Wesen der unendlichen Dinge und
welcher Art das Unendliche beizurechnen sei.
13. Abhandlung zur klaren Auseinandersetzung, dass der
Weltkörper unmöglich endlos sein könne und dass die Unendlich-
keit nur der schöpferischen Kraft zukomme.
14. Abhandlung über die einwirkenden und dieser Einwir-
kung ausgesetzten physischen ursprünglichen oder elementaren
Dinge.
15. Abhandlung über die Bezeichnungen *^) der allgemei-
nen intellectuellen Begriffe.
16. Abhandlung über Fragen, die an Kindi über den Nu-
tzen der mathematischen Wissenschaften gerichtet wurden.
17. Abhandlung zu Erforschung des Ausspruchs dessen der
behauptet, dass die physischen Dinge in einem Act durch die
nothwendig bedingende Ursache der erschaffenden Kraft entstan-
den seien.
18. Abhandlung über die Anfänge der durch die Sinne wahr-
nehmbaren Dinge.
19. Abhandlung über die gegenseitige Verbindung in den
Künsten, wodurch sie sich einander unterstützen **j.
20. Abhandlung über den Entwurf von Zuschriften an die
Chalifen und die Vezire.
21. Abhandlung über die Eintheilung des Canon.
22. Abhandlung über das Wesen der Vernunft und die klare
Entwickelung dessen was sie ist.
23. [Abhandlung über das eigentliche, erste und vollkom-
mene Agens und über das unvollkommene nur bildlich gedachte *^).
24. Schreiben an den Chalifen Ma'mün über die Ursache
und die Wirkung.
25. Auszug der Isagoge des Porphyrius].
II. Die logischen Schriften.
26. Abhandlung über die Einleitung zur Logik mit der
Aufgabe den Gegenstand zu erschöpfen *6).
43) Bei Ihn al-Kufti ot^UÄc! d. i. Beziehungen.
44) Vgl. oLclJükoJ^ 9:J^y£^ rexvdiv ovvayo^y^,
45) Die in [ ] eingeschlossenen Schriften sind Zusätze des Ihn Abi Usei-
bi'a. — Dieselbe Abhandlung auch im Fihrist. S. nr. 172.
46) Dafür Ihn Abi Useibi'a: Zahlreiche Lehrsätze über die Logik.
22 Flügel, über Al-Kindi.
27. Zusammeng-ezogene und kurzgefasste Abliaiidlung- über
die Einleitung- zur Log-ik.
28. Abhandlung- über die zehn Kategorien.
29. Abhandlung zur klaren Entwickelung des Ausspruchs
des Ptolemaeus zu Anfange seines Almagest über das was Aris-
toteles in den Analyticis sagt.
30. Abhandlung, wie man sich vor den Fallstricken der So-
phisten zu bewahren hat '*^).
31. Kurze und zusammengedrängte Abhandlung über den lo-
gischen Beweis.
32. Abhandlung über die fünf Worte oder Kategoreme (Prä-
dicabilien) ^«).
33. Abhandlung über (des Aristoteles Schrift) (Dvöikt} axQO-
uGig (Physica auscultatio oder Doctrina naturalis).
34. Abhandlung über die Anwendung eines Werkzeuges (oder
Hilfsmittels) zur Gewinnung der allgemeinen Begriffe (oder Grund-
sätze).
III. Die arithmetischen Schriften.
35. Fünf Bücher Einleitung in die Arithmetik.
36. Sendschreiben [an Ahmad Sohn des Chalifen Mutasim]
über die Anwendung des indischen Rechensystems. Vier Bücher.
37. Abhandlung zur klaren Auseinandersetzung über die har-
monischen Zahlen, welche Plato in seiner Politik erwähnt.
38. Abhandlung über die Zusammensetzung der Zahlen.
39. Abhandlung über die Lehre von der Einheit in Anse-
hung der Zahl.
40. Abhandlung über die Kunst die verborgene und ver-
steckte Zahl zu ermitteln.
41. Abhandlung über die Weissagungen (aus dem Gesänge
oder Flug der Vögel u. s. w.) und das Fälstechen, insoweit die
Zahl dabei betheiligt ist *9).
42. Abhandlung über die Linien und das Multipliciren mit
der Zahl der Gerstenkörner.
43. Abhandlung über die relative Quantität.
47) Dieselbe Schrift nr. 169.
48) d. i. 1. TtSQi yerovg 2. TtSQl e'iSovs 3. Ttegl Stay>OQäs 4. tzsqI tSiov
5. TtEQl ovfißeßrjxöros. Vgl. des Porphyrius EtaaYcoyrj [eis ras l4QiaxoxeXov6
naxrjyoQiasl Ttsgl räiv Ttivxe (pcovcov (de quinque vocibus s. ia categorias
Aristotelis introductio) d. i. Die Porphyrianischen Prädicabilien oder die fünf
Namen, die jeder der zehn Kategorien beigelegt werden.
49) Vergl. yägi Ch. IV, S. 346.
Flügel, über Al-ICindi. 23
44. Abhandlung über die äussern Erscheinungen ^^) der
Proportionen und Zeiten.
45. Abhandlung über die Kunststücke mit Zahlen und die
Anweisung Andern das Geheime dieser Kunststücke nicht sicht-
bar werden zu lassen.
IV. Schriften über die Kugel.
46. Abhandlung darüber dass die Welt und Alles was in
ihr ist (die Weltkörper) von runder Gestalt sei.
47. Abhandlung zur klaren Entwickelung des Satzes dass
alle uranfänglichen Substanzen und die entferntesten Körper nur
kugelförmig gewesen sind.
48. Abhandlung darüber dass die Kugel die grÖsste der
Körper - Figuren und der Kreis grösser als alle (ebenen) Figuren
sei.
49. Abhandlung über die sphärischen Figuren.
50. Abhandlung über die Construction des Scheitelpunctes
(Azimuth, Zenith) auf einer Kugel.
51. Abhandlung darüber dass die Fläche des Meerwassers
kugelrund sei.
52. Abhandlung über die Beschreibung der Kugel als Flä-
che (de planisphaerio).
53. Abhandlung über die Herstellung und Anwendung der
Ringkugel mit sechs Ringen (sphaera armillaris).
V. Schriften über die Musik.
54. Grössere Abhandlung über die Composition.
55. üeber die Vertheilung der musikalischen Töne (nach ihrer
Stärke, Dauer u. s. w.), die die natürlichen Eigenschaften der im
hohem Aufschwung befindlichen Individuen anzeigen, und über die
Conformität (Harmonie) der Composition.
56. Abhandlung über die Einführung zur musikalischen Kunst
d. i. über ihre Elemente.
57. Abhandlung über den Rhythmus oder musikalischen Tact.
58. Abhandlung über die Geschichte der Kunst der Com-
position.
59. Abhandlung über die dichterische Kunst (Poetik).
60. Abhandlung über die Geschichte der Kunst der Musik.
61. [Compcndium der Musik über die Composition der mu-
sikalischen Töne und die Kunst des Lautenspiels, verfasst füi-
Ahmad den Sohn des Mu tasim].
50) Eig. Formen, Eigenschaften. Man könnte auch an \.^fiXs> Verschie-
denheiten, Widersprüche denken.
24 Flügel, iiber Al-Kind(.
VI. Werke über die Astronomie.
62. Abhandlung" darüber dass die Wandlungen des Mondes nicht
genau berechnet, sondern nur annähernd bestimmt werden können.
63. Abhandlung über Fragen, die man an Rindi über die
die Sterne betreffenden Dinge richtete.
64. Abhandlung zur Beantwortung physikalischer Fragen über
Beschaffenheiten von Gestirnen (in Ansehung ihrer Kräfte u. s. w.).
65. Abhandlung über die Projection der Strahlen.
66. Abhandlung über die beiden Jahreszeiten (Sommer und
Winter).
67. Abhandlung darüber welche Himmelszeichen und Sterne
jeder Gegend eigenthümlich sind.
68. Abhandlung über die an Kindi gerichtete Frage über
die Verschiedenheit, die in den Gestaltungen der Horoskope sich
darstellt s»).
69. Abhandlung über das was von den Lebensaltern der
Menschen in der frühern Zeit erzählt wird und die Verschieden-
heit derselben in der Gegenwart.
70. Abhandlung über die richtige Herstellung der Modelle der
Horoskope und zur Auffindung des Herrn der Geburtsstunde, der
nur auf einen kleinen Theil der Lebenszeit ( Xs^), und des Herrn,
der auf die ganze Lebensdauer ( in Folge der Constellation
bei der Geburt) seine Herrschaft ausübt (|Je>LX5^) ^ -).
7L Abhandlung zur Verdeutlichung der Ursache des Um-
laufes (revolution, Rücklaufes?) der Gestirne.
72. Abhandlung über die deutliche Darstellung der Verschie-
denheit, welche an den einzelnen Himmelskörpern sichtbar ist [nach
Ibn Abi Useibfa: über den deutlichen Beweis, dass die Verschie-
denheit, welche an den einzelnen Himmelskörpern sichtbar ist,
nicht die Ursache ihrer ursprünglichen Beschaffenheit ist].
73. Abhandlung über die wahrnehmbare schnellere Bewe-
gung der Gestirne, wenn sie sich am Horizonte befinden, und ihre
langsamere Bewegung, so oft sie in die Höhe steigen.
74. Abhandlung über die Strahlenbrechnungeu.
75. Abhandlung über den Unterschied zwischen dem Laufe
und der Wirkung der Strählen.
76. Abhandlung über die Ursachen der Stellungen der Gestirne.
51) Eig. der Dinge, denen die Verschiedenheit in den Gestaltungen der
Horoskope zustösst.
52) Schriften dieser Art giebt es mehrere bei den Arabern z. B. von
yasan Bin Sahl, Abu Ma'sar, der i^X^iA^i^ vLä5', ^^i^^ V^^ und
oL>^^Jf ^^ «JdI^üJI »-jUS' herausgab, und Andern. Veranlassung dazu
gaben die läTioxeXeofiara des Dorötheus Sidonius, die ins Arabische übersetzt
wurden. S. Fabric. Bibl. IV, S. 152., Salmasius de annis climactericis S.
384 flg. und Wenrich, de auctor. Graec. version. S. 293,
Flügel, über Al-Kindi. 25
77. Abhandlung (über die Ursachen der Kräfte) * ^ ) in Be-
zug- auf die einzelnen Himmelskörper, genannt Glück und Un-
glück 5*).
78. Abhandlung über die Ursachen der den einzelnen Him-
melskörpern beigelegten Kräfte, die den Regen anzeigen.
79. Abhandlung über die Ursichen der Lufterscheinungen.
80. Abhandlung über die Ursache, warum es an einigen
Orten fast gar nicht regnet.
81. [Sendschreiben an seinen Schüler ... ^^) über die
Geheimnisse der Gestirne und die Belehrung über die Anfänge
(Prinzipien) ihrer Wirkungen.
82. Abhandlung über die wahrnehmbare Ursache des Hofes
an der Sonne, dem Monde, den Gestirnen und den glänzenden
Lichtern d. i. Sonne und Mond ^6),
83. Abhandlung über die Berechnung desselben in Bezug
auf seinen Tod ^ ^ ) , ohne die in der Natur begründete Anzahl
der Jahre, nemlich hundert und zwanzig, zu vollenden.
84. Vortrag über die Kohlen ^^j.
85. Abhandlung über die ijrestirne].
VH. Schriften über die Geometrie.
86. Abhandlung über die Aufgaben (höchsten Ideen) , die
Euclides bei Abfassung seines Werkes zu erreichen suchte.
87. Abhandlung über die Verbesserung des Werkes des Eu-
clides.
88. Abhandlung über die Parallaxen (d. i. über die Elemente
der Optik des Euclides).
89. Abhandlung über das was die Alten von einem jeden
einzelnen der fünf (geometrischen) Körper den ursprünglichen
Substanzen beilegten ^^).
90. Abhandlung über das nähere Verstandniss des Ausspruchs
53) Hier fehlen im Text wahrscheinlich die Worte {^^^ J*Iä i3'
54) Vgl. Pocock. Spec. ed. White S. 134 flg.
55) Unstreitig ein verstümmelter Eigenname eines seiner Schüler (»«Äa^^aj)
und zwar {jt*aj^ö ^ den der Fihrist lA^^ ^i uX«»^ nennt.
56) Eine Tautologie, wenn es eine solche ist, für die ich keine Erklä-
rung habe. — Vielfach leiden die aus dem Wiener Manuscript entlehnten Ar-
tikel des Ihn Abi Useibi^a an Incorrectheiten.
57) Auch hier ist der Text durchaus incorrect und die Uebersetzung
problematisch.
58) Statt O^j^i würde ich lieber 8y^4.:v( lesen d.»i. eine Sammlung
der Aussprüche der Menschen über die Horoskope. Ein Werk unter diesem
Titel gab auch Abu Ma'sar heraus. Wenigstens würde ein solches hier mehr
am Platze sein.
59) Vgl. Catal. codd. mss. orr. Bibl. Bodl. S. 259. Col. 1.
2^ Flügel, über Äl-Kindi.
••
des ArcLimedes über die Bestimmung der den Kreis in zwei glei-
cbe Hälften theilenden geraden Linie (Diameter) von seiner Peri-
pherie aus.
91. Abhandlung über die Beschreibung der Figur der Me-
diallinien ^^).
92. Abhandlung über 4as nähere Verständniss der Sehne
des Kreises.
93. Abhandlung über das nähere Verständniss der Sehne
der Neun (des Neunecks?).
94. Abhandlung über die Dimension einer Halle.
95. Abhandlung über die Eintheilung des Dreiecks und Vier-
ecks und deren Beschreibung.
96. Abhandlung über die Art und Weise, wie ein Kreis zu
beschreiben ist gleich der Fläche eines gegebenen Cylinders,
97. Abhandlung über den Auf- und Niedergang der Gestirne.
Geometrisch.
98. Abhandlung über die Theilung des Kreises in drei Theile.
99. Abhandlung über die Verbesserung des vierzehnten und
fünfzehnten Buches des Euclides.*^
100. Abhandlung über die geometrischen Beweise der vor-
kommenden sphärischen Berechnungen.
101. Abhandlung zur Berichtigung der Lehre des Hypsicles
über die Aufgänge (Ascensionen) der Bilder des Thierkreises.
102. Abhandlung über die Parallaxen des Spiegels.
103. Abhandlung über die geometrische Construction des
Astrolabium.
104. Abhandlung über die geometrische Auffindung der Mit-
tagslinie und des Punctes am Horizonte wo Mekka liegt.
105. Abhandlung über die Construction der Sonnenuhr ^ ' )
vermittelst der Geometrie.
106. Abhandlung darüber dass die Construction der Son-
nenuhr auf einer Platte, die auf der dem Horizont parallelen E-
bene senkrecht steht, jeder andern Sonnenuhr vorzuziehen ist
(Nie. p. 106 .
107. Abhandlung über die geometrische Auffindung der Stun-
den (d. i. der Sonnenuhr) auf einer Halbkugel.
108., Abhandlung über die aus dem Vogelfluge zu gewin-
nenden Anzeichen über zukünftige Dinge.
109. [Lehrsätze über die Kürze und Länge der Tage und
anderer Zeittheile.
110. Abhandlung über die Proportionen der Zeit d. h. über
60) Vgl. Arab. Uebers. des Euclides S. 231 flg.
61) &^Li>», f^^j ^^S- Marmor, und weil man marmorne Platten gern
zu Sonnenuhren benutzte, «die Sonnenuhr selbst, für welche ur. 106. oLftLM*J^
eig. die Stunden gesetzt ist, weil sie aus dem Verzeichnen der Stunden be-
steht.
Flügel, übei' Al-Kindt 27
die nach den Jahreszeiten veränderlichen Verhältnisse der Zeit-
eintheilung-.
111. Vortrag über die Zahl.
112. Vortrag über die Brennspiegel].
VIll. Schriften über den Himmelskreis.
113. Abhandlung über die Unmöglichkeit die Dimension des
äussersten HiÄmelskreises, der die übrigen Himmelskreise lenkt
und in Ordnung hält ® - ) , aufzufinden (ihn geometrisch zu messen).
114. Abhandlung darüber dass die natürliche Beschaffenheit
des Himmelskreises von den natürlichen Beschaffenheiten der vier
Elemente verschieden und dass er ein fünfter Grundstoff ^^) sei.
115. Abhandlung über die Phänomene des Himmels.
116. Abhandlung über die entfernteste Welt.
117. Abhandlung darüber dass der entfernteste Körper sei-
nen Schöpfer anbetet.
118. Widerlegung der Manichäer in Betreff der zehn Lehr-
sätze über die Bildungsstoffe des Himmels.
119. Abhandlung über die Gestalten (der Himmel).
120. Abhandlung darüber dass der Weltkörper unmöglich
endlos sein kann.
121. Abhandlung über die Anblicke des Himmels (von ver-
schiedenen Standpuncten aus).
122. Abhandlung darüber dass der entfernteste Körper
unmöglich gekrümmt sei.
123. Abhandlung über des Ptolemaeus künstliche Constru-
ction des Himmels (d. h. über seinen Almagest).
124. Abhandlung über die Grenze des Weltkörpers.
125. Abhandlung über die Beschaffenheit des Himmelskrei-
ses und der mit ihm nothwendig verbundenen in der Richtung
des Himmelsgewölbes wahrnehmbaren blauen Farbe®*).
126. Abhandlung über die Beschaffenheit des Körpers, der
in seinem Innern die Farben enthält, die von den vier Elementen
kommen.
127. Abhandlung über den Lauf und die Bewegung des fe-
sten Körpers (des Himmels) und die Beschaffenheit der Arten des
Lichtes und der Finsterniss.
128. Abhandlung über die gegebenen Grössen.
129. [Abhandlung über die Zusammensetzung (und gegen-
seitige Beziehung) der Himmelskreise.
6^) Statt jJ<^^^ vielleicht jA*-^-»-^^ zu lesen. In jedem Falle ist das \m
mum mobile, die erste hewegrende Kraft gemeint.
63) arab. RäjuI?.
64) S. Uri sllOO. DCCCLXXVII. 13°.
28 Flügel, über Äl-Kindi.
130. Abhandlung- über die in (aus? q^ statt ^k,) der Höhe
herabfallenden Körper und die raschere Bewegung des einen vor
dem andern.
131. Abhandlung über die Operation mit dem das Allge-
meine (Gami'a) genannten astronomischen Instrumente.
132. Abhandlung über die x4rt und Weise der hin und her-
irrenden Planeten ^^).
133. Abhandlung darüber dass zum Studium ^r Philosophie
kein Weg führe ausser vermittelst der mathematischen Wissen-
schaften ^^)].
IX. Schriften über die Medicin.
134. [Buch über die geistige Medicin ®^)].
135. Abhandlung über die Heilkunde des Hippokrates.
136. Abhandlung über die verderblichen Nahrungs- und Heil-
mittel.
137. Abhandlung über die die Luft von ansteckenden Krank-
heitsstoffen reinigenden Räuchermittel.
138. Abhandlung über die die schädlichen Gerüche vertrei-
benden Heilmittel.
139. Abhandlung über die Art und Weise der Herstellung
der Purgirmittel und das Entziehen der Säfte.
140. Abhandlung über die Ursache der Ergiessung des Blu-
tes.
141. Abhandlung über die Gegengifte.
142. Abhandlung über die Lebensordnung des Gesunden.
143. Abhandlung über die Ursache der Crisen der hitzigen
Krankheiten.
144. Abhandlung über die wesentliche Beschaffenheit des
Hauptgliedes vom Menschen und die deutliche Entwicklung der
bessern Theile desselben ß^).
145. Abhandlung über die Beschaffenheit des Gehirns.
146. Abhandlung über die Ursache der Elephantiasis und
ihre Heilmittel.
147. Abhandlung über den Biss des tollen Hundes.
148. Abhandlung über die vom Schleime herrührenden Zu-
fälle und die Ursache des plötzlichen Todes.
65) Ueberall ist hier das Ptolemäische System als zu Grunde gelegt zu
denken. In ihm ist des Schwankenden sehr viel über den Lauf der Planeten.
66) S. dieselbe Abhandlung nr. 3.
67) Zusatz aus Ibn al-]Kufti.
68) Eine mehrfach verderbte Stelle. Da später unter den psychologi-
schen Schriften (nr. 185) das Hauptglied oder der Haupttheil des Menschen
abermals erwähnt wird, so scheint |j**äaJ| zu lesen zu sein , was auch A. B.
C. ü. haben. Ausserdem könnte man an ijf^^ denken.
Flügel, über AI- Kindl 29
149. Abhandlung über den Mag"enschmerz und die Glieder-
krankbeit (Gicht).
150. Sendschreiben an einen Mann über eine Krankheit,
über die er bei ihm geklagt hatte.
151. Abhandlung über die verschiedenen Eintheilungen der
Fieber.
152. Abhandlung über die Heilung der von den galligen
Zufällen verhärteten Milz.
153. Abhandlung über die Körper der Thiere im Zustande
der Verderbniss,
154. Abhandlung über die Grösse des Nutzens der Arznei-
kunde.
155. Abhandlung über das Verändern der Speisen.
156. Abhandlung über die künstliche Bereitung von Spei-
sen ohne ihre Grundstoffe (hier näher zu besprechen) ^^).
157. Abhandlung über die Dispensatorien.
X. Schriften über die S tern d e u tekun st.
158. Abhandlung über die Vorkenntnisse vermittelst der ein-
zelnen Himmelskörper auf die Lehrsätze einen Schluss zu ziehen
(d. h. diese kennen zu lernen und zu beweisen),
159. Abhandlung über die Einleitung in die Astrologie, nach
den Lehrsätzen geordnet.
160. Die erste, zweite und dritte Abhandlung zur Astrolo-
gie vermittelst verschiedener Eintheilungen.
161. Abhandlung über die Prophezeiungen aus den Con-
stellationen der beiden Unglückssterne (Saturn und Mars) in dem
Himmelszcichen (des Krebses).
162. Abhandlung über den Umfang des Nutzens der Tage-
wählerei.
163. Abhandlung über den Umfang des Nutzens der Stern-
deutekunst und wie der Mann beschaffen sein muss, den man mit
Recht einen Astrologen nennt.
164. Kurzgefasste Abhandlung über die positiven Bestim-
mungen der Horoskope.
165. Abhandlung über den Wechsel der Jahre der Horo-
skope (d. i. der Stufenjahre des Menschenalters).
166. Abhandlung über die Kunst vermittelst der Sonnen-
und Mondfinsternisse die Weltbegebenheiten '°) vorherzuwissen.
69) Dasselbe Werk nr. 243.
70) Andere : y^ Oo[^> die VeränderuDgen der Luft und des Himmels
vorherzubesUmmen .
30 Flügel, über Al-Kindi.
XL Die polemischen Schriften.
167. x4bhandlung zur Widerlegung der Manichäer ^i).
168. Abhandlung zur Widerlegung der Dualisten oder An-
hänger von zwei Principien.
169. Abhandlung wie man sich vor den Fallstricken der
Sophisten zu verwahren hat ^2).
170. Abhandlung zur Vernichtung der Lehrsätze der Hä-
retiker (Mulhida).
171. Abhandlung über die Bestätigung der Gottgesandten
als solche.
172. Abhandlung über das wirkliche, erste und vollkommene
Agens (Gott) und über das zweite nur bildlich gedachte Agens '^).
173. Abhandlung über das Vermögen des Menschen freiwil-
lig zu handeln und die Zeit des Eintritts desselben.
174. Abhandlung zur Widerlegung derjenigen die da mei-
nen, dass die Körper in ihrer Existenz in der Luft Stützpuncte
hätten.
175. Abhandlung über die Nichtigkeit der Lehre derer die
da meinen, dass zwischen der durch die natürliche Beschaffenheit
begründeten und der zufälligen Bewegung Ruhe eintrete.
176. Abhandlung darüber dass es ein eitler Glaube sei,
dass der Körper in dem Augenblicke, wo er aus dem Nichts ins
Dasein tritt, weder ruhig noch bewegt sei.
177. Abhandlung über die Lehre von der Einheit Gottes
mit Erklärungen (von Koranstellen).
178. Abhandlung über die Nichtigkeit der Lehre derer die
da glauben, dass es etwas üntheilbares gebe.
179. Abhandlung über die Substanzen der Körper.
180. Abhandlung über die Anfänge des Körpers ^*).
181. Abhandlung über die verschiedenen Ansichten der Re-
ligionsparteien in Bezug auf die Lehre von der Einheit Gottes
und dass sie — die Bekenner einer Religion — in Bezug auf
die Lehre von der Einheit Gottes an sich übereinstimmen, wäh-
rend jeder Einzelne in seiner Meinung von der des Andern ab-
weicht.
182. Abhandlung über die Lobpreisung.
183. .Abhandlung über den Beweis.
XII. Schriften über die Seele.
184. Abhandlung darüber dass die Seele eine einfache, un-
vergängliche, auf die Körper einwirkende Substanz sei.
71) Vgl. nr. 118.
72) Dasselbe Werk nr. 30.
73) Dieselbe Schrift nr. 23.
74) Andere: über die zuerst entstandenen Körper.
Flügel, über Äl-Kindt 31
185. Abhandlung- über das Wesen des Menschen und den
Baupttheil desselben ^ ^).
186. Abhandlung über das wovon die Seele Bewusstsein
hat und dass sie in der Welt des Verstandes vorhanden sei , be-
vor sie in die Sinnenwelt eintrete.
187. Abhandlung über die Beschaffenheit der üebereinstim-
mung der Philosophen in Bezug auf die Räthsel der Liebe.
188. Abhandlung über die Ursache des Schlafes und des
Traumes und über das was die Seele geheimnissvoll anzeigt.
XIII. Die politischen Schriften.
189. Die grössere Abhandlung- über die Regierungskunst.
190. Abhandlung über die Beseitigung der Schwierigkeiten
auf dem Wege zur Tugend.
191. Abhandlung über die Entfernung der Traurigkeit.
192. Abhandlung über die Verwaltung des vStaates,
193. Abhandlung über die Ethik.
194. Abhandlung über die Aufmunterung zur Tugend.
195. Abhandlung über die Kunde von der Tugendhaftigkeit
des Socrates.
196. Abhandlung über die Aussprüche des Socrates.
197. Abhandlung über ein zwischen Socrates und Archige-
nes (Aeschines?) gepflogenes Zwiegespräch ^^).
198. Abhandlung über die den Tod des Socrates beglei-
tenden Umstände. ^
199. Abhandlung über den Vorfall zwischen Socrates und
den Harraniern ^^).
200. Abhandlung über das Wesen des Vorstandes.
XIV. Schriften über die Luft- und Himmels-
erscheinungen (Meteorologie).
201. Abhandlung zur deutlichem Entwickelung der Ursache,
die zunächst das Entstehen und Vergehen in den dem Untergange
ausgesetzten vorhandenen Dingen bewirkt.
202. Abhandlung über die Ursache, um deretwillen behaup-
75) Vgl. nr. 144.
76) Archigenes steht im Text ; es scheint aber des Socrates Schüler A^
schines geme?üt zu sein
77) Unstreitig sind hier die hartnäckigen Ankläger und Gegner des So-
crates geineint. Ist (jVjAiL^- wirklich &A.*M.i von iM^t^ (""^ "i^^l^t von
qIj^-) j so würde diese Bezeichnung ein schlagender Beweis sein für die
allgemeine Bedeutung Heiden, die man dem Worte Harranier beilegte.
32 Flügel y über Al-Kindi.
tet wird, dass das Feuer, die Luft, das Wasser und die Erde
Grundstoffe für alle dem Untergänge ausgesetzten vorhandenen
Dinge sind , und dass diese und andere Dinge sich eines in das
andere verändern.
203. Abhandlung über die Verschiedenartigkeit der Zeiten,
in denen die Kräfte der vier ersten Beschaffenheiten (der Grund-
stoffe) sich kund thun.
204. Abhandlung über die (nach den verschiedenen Jahres-
zeiten verschiedenen) Proportionen der Zeit.
205. Abhandlung über die Ursache der Verschiedenheit der
specifischen Eigenthümlichkeiten des Jahres (ob nass , trocken
u. s. w.).
206. Abhandlung über das Wesen der Zeit (im Allgemeinen),
des (längern oder kürzern) Zeitraums und des ewigen Kreislau-
fes der Zeit (oder der bestimmten, der unbestimmten und der
unendlichen Zeit).
207. Abhandlung über die Ursache, um deretwillen die
obere Luftschicht kalt ist, während was der Erde nahe ist
warm ist.
208. Abhandlung über die Lufterscheinungen.
209. Abhandlung über das glänzende Meteor, welches in
der Luft erscheint und Sternschnuppe — kaukab — genannt
wird,
210. Abhandlung über den Cometen.
21L Abhandlung über den Stern, welcher mehrere Tage
so erscheint, dass er beobachtet werden J^ann, bis er verschwindet.
212. Abhandlung über die Ursache der Kälte, welche man
Alteweiber- Kälte (d. i. Nachkälte) nennt.
213. Abhandlung über die Ursache des Entstehens des Ne-
bels und die mit ihm zusammenhängenden Erscheinungen, die
ihm während seiner verschiedenen Dauer zustossen.
214. Abhandlung über das im J. 222 der Fl. (837 Chr.)
beobachtete grosse Phänomen.
XV. Schriften, die über die Entfernungen handeln.
215. [Schriften über das Instrument, mit Hilfe dessen die
Entfernungen und die Körper aufgefunden werden ^ ^].
216. Abhandlung über die Entfernungen der Klimata von
einander.
217. Abhandlung über die bewohnten Gegenden.
218. Abhandlung über das bewohnte Viertheil der Erde.
219. Abhaijdlung über das, was wir von den Entfernungen
der Körper von einander wissen.
78) Zusatz des Ibn al - ^ufti.
Flügel, über AI- Kinät 33
220. Abhandlung über Auffindung- der Entfernung des Cen-
trum des Mondes von der Erde.
221. Abhandlung über Erfindung und Construction eines
Instrumentes, wodurch die Entfernungen der Körper von einan-
der aufgefunden werden.
222. Abhandlung über die Construction eines Instrumentes,
durch welches die Entfernung der unsern Augen sichtbaren Kör-
per erkannt wird.
223. Abhandlung über die Kenntniss der Entfernungen der
Gipfel der Berge (Höhenmessung).
224. [Sendschreiben an Ahmad Bin Muhammad al - Churasani
über die metaphysischen Dinge und die Aufklärung über die äus-
sersten Punkte des Weltkörpers].
XVI. Schriften über die Vorbegriffe.
225. Abhandlung über die Geheimnisse der VorbegrifFe der
Erkenntniss.
226. Abhandlung über die Vorbegrifi'e der Dinge, die zur
Erkenntniss der (zukünftigen) Ereignisse führen.
227. Abhandlung über die Vorkenntnisse zur Kunde (der
zukünftigen Dinge).
228. Abhandlung über die Vorkenntnisse der Vorhersagun-
gen (d. i. der Dinge, die man vorhersagt).
229. Abhandlung über die Vorbegriffe der Kenntniss mit
Hilfe der himmlischen Einzelkörper Schlüsse (auf zukünftige
Dinge) zu ziehen.
XVII. Schriften, die sich mit den Arten der
Dinge beschäftigen.
230. Abhandlung über die verschiedenen Arten der kostbaren
Edelsteine und ähnlicher Dinge.
231. Abhandlung über die verschiedenen Arten Steine [die
Edelsteine, ihre Fundorte, die guten und schlechten Edelsteine
und die Preise derselben],
232. Abhandlung über das Glänzen des Glases.
233. Abhandlung über das was färbt (rohe Farbestöffe,
z. B. Pflanzen und Mineralien), so dass es eine Farbe (einen
färbenden Grundstoff) liefert.
234. Abhandlung über die verschiedenen Arten der Schwer-
ter (Klingen) und des Eisens [der guten Klingen und der Orte,
von denen sie den Namen führen].
235. Sendschreiben [an Ahmad den Sohn des Chalifen
Mu tasimbilläh] über das was auf die Klingen und das Eisen zU
Abhandl. der DMG. 1,2. 3
34 Flügel, über Al-Kindl
streichen ist, damit sie keine Scharten bekommen und nicht
stumpf werden.
236. Abhandlung über den zahmen Vogel (d. i. die Brief-
taube).
237. Abhandlung über die Zähmung der Tauben.
238. Abhandlung über das ^Ausbrüten der Eier.
239. Abhandlung über die verschiedenen Arten der Bienen
und ihre edlen Eigenschaften.
240. Abhandlung über di« Construction des klagenden (eig.
bellenden) Kruges ^ ^).
241. Abhandlung über das Gewürz und dessen verschiedene
Arten.
242. Abhandlung über die Destillation der Gewürze.
243. Abhandlung über die künstliche Bereitung von Spei-
sen, ohne deren Grundstoffe (hier zu besprechen) «o).
244. Abhandlung über die Namenlogogriphen,
245. Warnung, die auf die Trugkünste der Alchymisten
aufmerksam macht.
246. Abhandlung über die beiden mit den Sinnen wahrnehm-
baren Erscheinungen im Wasser (Fluth und Ebbe).
247. Abhandlung über Fluth und Ebbe «').
248. Abhandlung über die Grundregeln der Gaukelkünste.
249. Die grosse Abhandlung über das (theilweise) ünter-
getauchtsein der Körper beim Schwimmen ^^).
250. Abhandlung über die untersinkenden Körper.
251. Abhandlung über die Construction der Brennspiegel.
252. Abhandlung über die von dem Spiegel erzeugte Gluth
(Brennp'unct des Spiegels?).
253. Abhandlung über die Stimme. Drei Theile, ein er-
ster, zweiter und dritter.
254. Abhandlung über die kleinern Reptilien mit quecksil-
berartigen (?) Abbildungen.
255. Abhandlung über die Art des Entstehens der Dünste im
Innern der Erde, die viele Erschütterungen und Furcht erzeugen.
256. Abhandlung zur Beantwortung von vierzehn physika-
lischen Fragen, die einer von Kindi's Freunden ihm vorgelegt hatte.
257. Abhandlung zur Beantwortung von drei an ihn gerich-
teten Fragen.
79) Unstreitig ist hiermit ein pneumatisches Gefäss gemeint.
80) S. dasselbe Werk nr. 156.
81) S. Uri S. 190. DCCCLXXVII. 12°, 9 Bl. fol.
82) Eig. tauchende d. h. untersinkende und wieder in die Höbe kommen-
de Körper. In die Hydrostatik gehörend.
Flügel, über Al-Kindt 35
258. Abhandlung über die Geschichte des schweigsamen
falschen Philosophen.
259. Abhandlung über die Ursache des Donnerns , des Bli-
tzens, des Schnees, der Kälte, der Donnerschläge und des Re-
gens.
260. Abhandlung über die Nichtigkeit der Anmassung de-
rer, die sich des Besitzes der Kunst Gold und Silber zu machen
rühmen, und über ihre Betrügereien.
261. [Abhandlung über die Pferde und die Thierarzneikun-
de] «3).
262. Abhandlung über die Rechtschaffenheit.
263. Abhandlung zur Erläuterung davon, dass die Verschie-
denheit, welche an den himmlischen Einzelkörpern bemerkbar ist,
nicht die Ursache der ursprünglichen Beschaffenheiten ist, wie diese
die Ursache jener Verschiedenheit an den Dingen sind, die dem
Entstehen und Vergehen unterworfen sind.
264. [Abhandlung über die Kunst die Flecken von den Klei-
dern und andern Dingen zu entfernen.
265. Sendschreiben an Johannes den Sohn des Masüyah
über die Seele und ihre Thätigkeiten] s*).
83) Zusatz von zwei Handschriften des Ihn al-^ufti.
84) Zum deutlichem Verständniss der Stelle S. 4. „und wohnte der
Verhandlung der beiden Schiedsrichter bei" verweise ich auf Ann. muslem.
I, S. 320 flg., wo die Veranlassung, der Verlauf und das Ergebniss dieser
Verhandlung erzählt ist und die beiden Schiedsrichter genannt werden , und
auf Nawawi S. 161. — Ebenso erscheint zu den Worten ö>-XiAfiÄ oLeiXiU
S. 16. und deren dort gegebener zu enger Fassung die] Bemerkung nicht über-
flüssig, dass der Sinn des Satzes allgemeiner so zu nehmen ist: Nur der
könne die synthetische Methode mit Nutzen anwenden, der es mit Glau-
benssätzen d. h. Sätzen empirisch - dogmatischer Natur , zu thun habe ; die
Sätze jedwedes erst durch die Speculation und Forschung zu construirenden
Wissenschaftsobjectes hingegen seien nur durch die Analyse auffindbar.
35 Finget y über AI- Kindi,
3) ^y U^ 2) iüoUxXf^ JUÄiaAll JoU.l\5 »Jl^fcXii iCft.JLÄJ| ZJ\jS Y
7) ^^^j:^)! ^t ^Im^i 3ür V
^^4.Jl*Ji 10) ig^UÄ^ ^ 9) jIä:1. 2ücJU^ ^ür I,
i^jo^j.^ ^ jvAc L«iy s^i jo^ ^_5^ui jUa? ji ^ üür il
«J Na^i ^
A. bezeichnet das MS. des *L^C±L .^^^Lj in der Wiener Hofbibliothek
A. F. (d. i. Alter Fonds) nr. 195(105), B. das des gemischten Fonds
Mxt. nr. 49., C. den Text Casiri's I, S. 357 — 360., D., das Leydner
Manuscript, H. das Wiener MS. des c^^j^^ N. F. (Neuer Fonds)
nr. 412., L. das Leydner MS., V. das Wiener Mxt. nr. 187., U. das
Wiener MS. des Ibn Abi Useibi'a. Die Abschrift des Artikels aus
diesem MS. verdanke ich der Gefälligkeit des Herrn Dr. Behrnauer,
1) A. M. C. D. oLAft>*».JlÄJf . — 2) V. »otoLÄxIi . — 3) U. V. Uütj.
— 4) U. %^[ij\, V. oLyöyi. — 5) Statt dieses Titels hat U. voll-
ständiger : Uc J^i^AO^' ^S, ä-aJI J-^^. L'*_5 (J^^J-^^^ w*^ ^tV^ v3 8.JL^^
Lg^i »>j:ö\jC.\^ L4AAJyj^ L^A^ »jlc t»^3 ^^ ^J^ ^ U.* gA^Uil . — 6) V.
0^5j.ä*I^ _ 7) H. ^"^1 , L. ^^M^J ^t , V. ^^^^^^ . Auch ^^^S scheint
zweifelhaft. — 8) So immer im Fihrist statt des spätem &a^w , um die
Ableitung der Nisbe von e\^ zu unterscheiden. — 9) L. V. (^jaXJj , —
10) H. (j^UftXl. - 11) L. V. (^Ail.
i
Flügel, über Al-Kinäi. 37
^Ui 15) ^MCi icliu^t *u^:^ ^i ij^aXI 1^) iß vi>.^^ i vL^ iv
V
16) Juv^ iUÄ^jJj JJI3I ^ 'J^ |^
oUUaJf ^ 17) Uiyi ^5 »jciL«^ n
»JLfi &ilj^l^ J^t &ajU v5 »äIU^ t'P
18) &Ldb4l »^
20) j^ jyüi ^Uaa^l. 19) ^^^üLuxi j^Ait vJ äxju^ Zä^ n
12) U. V. J^^l . — 13) A. B. C. oI^UäcJ . — U) iß fehlt in A.
B. L. V. — 15) B. JJUj, H. V. Jw*A^. — 16) nr. 18. nur in H. —
17) H. vjüydf. — 18) A. B. C. D. oLä^äII. — 19) Statt — U^
JaiakA U.iOiM^ ^5 8^JuU^. — 20) A. B. C. 0. j^x^tj statt
Ä-o JjiÜi c\JuX^\i. — 21) A. B. C. D. yeüJ^S statt ^UaÄ:>Li ^ftJaili
jL^I^. ~ 22) L. V. ByMjiJl, auch richtig, je nachdem Jj.JU oder RJ^Ä/«
als Singular angenommen wird.
38 Flügel, über Äl-Kindi.
27) j^;^ aj^^ aJr^ii S ^^^^j vL^ '^
30) aliUjJI^ suAAMjiil UiJl^l ^ if^L.j öx? ff
:^3) Hier schiebt H. ein : s-**^t jU*:>l v5 »JCJLamj vl^ d «nd L. hat
^^Luu^l 3. _ 24) A. D. ^^ La^=>Lj> statt JjJj er*'* "" ^^^ "*
C;vJLLM.3^f . ^ 26) ü. otjJjAtl jw^aJ a&^^^JI J^A^^i-t ^^U-^l statt
aM^i-l olyö^JJl. — 27) A. B. C. £*i>^, H. 5^L^{. — 28) ü. ^\
til^M.\ %^JüS ^5 j^a^ääH ^ (^^1 statt JL;0:*-t ^ . — 29) H. V. jA«^L
— 30) A. B. C. H. icIiUjJt w-^a^^aJ} j statt iUi\^ß^ Wam-äJI UUi^ j.
i
Flügel, über Al-KindL 39
ij^^lyoLjtJI ^^ ^j^ y-^J Sil 33) ^ BLjL,:j)| ^ iuJU^ O^X? fv
^,Jäs^\ äyUif^ äI*j^^ JIXä^I j^LcI B^JÜt ^1 ^5 iOiU^ Ijj^ f A
34) Jl^-tjJl ^^^ ^^
OUfijUM^II »AAJ'
v«ftAJLxJI ^3 ^yS^S iodLv^ vl^ öf
^^\ ^ iOüLw^ 3Lär ov
31) U. J^l . — 32) H. fügt die incorreclen Worte bei : J>^l^jJ< vjLä5'
,^^:^l iuL^i ^5 if^Ji ^j^. _ 33) L. V. Ja. - 34) H. JL^a^^j
&l3tM*»^(. — 34 a) Die Worte KcUo ^ — v.äxJUJI fehlen in L. und V.
— 34 b) H. L. V. *lj*AJL
^(H Flügel y über Al-Kindi.
IM *
I
35) Ä. B. C. \). vJLüJ^Ä^Li . — 36) JoLa^x» fehlt in L. V. U. — . 37)
ü. u3^Jixi>:^i ^/9. — 38) Ihn Abi üseibfa fiigt hinzu: 8.J-C c;^-mw^
Flügel, über Äl- Kindi. 41
&Z*^.^| ^p\ 40) JJU: ^ ^u, U^ vi
öj>L*.« «l:;v4i x^iUii (joIää:^)! jf w^wii . . . NxiUw^ :j^ vv
JUctjlf j^oU ^aU,;^ ^^.^uJl^r^l ^ «uLJb v^^o JläJL^] aj
v-^f^5üf^ ^1^ (j^^^^Äi; o^iJL^jf ^^x, ^^i' jcji iduii ^ ^üü^ ,j.
^^ vg (5^1 ^^«t^l J^ 2^Ur ^^0 !0> ^ «OIcXäi:! ^3 iüL^ ^r
Ot^f ^ ^ Af
j^JS^I 42) ^Ur 41) ^1^1 ^ ^U^ ^^ ^c|
39) H. jAAM^t , L. jA^( . _ 40) Jic fehlt in A. B. C. D. L. V
U. >^c. - 41) H. L. V. o^fy:^ - 42) u. v-^xT.
^2 Flügel, über Al-Kindi.
44) ^J^^Ji\ JXä J.^ ^ 43) j,xJU^ v^ f i
45) ^^^ ^^ ^p^- ^ ^>ÜLM^ Z^ ir
46) ^lyjl iCj5>U^ 3 iOJU^ vlxS' If
47) U«JU^j ^y;^ e^Iilf 1^-^.^,83 ^ NOiL.^ vLä^ Iö
X3U C^ ^\ ^Ja/*J 48) iC^^Lw^ »ylo J^c »»tV^ (3 ».xiU«, v-jLä^ 11
^^ ö^xi^ %^H^\Mj, ö>Ä^ &«yt xiLäl^ ^XaoI ^ ^ÄJ^ ÖÜF 11
49) oULmI^I ^y> owytj U &Ir>LM.U ^Sj^S i *.>^^^ vLäJ' i..
50) jcIjOäJI
^^LmJI J.C w*.AaAj Ä^rSa*ö Jx oLcLJI 51) J,.^ ^ ^ÄJU. ujUi' |.1
K>ww(-U.4JU by ^ÄAoi J.C oLcLmJI _|y^VÄ/^l ^5 äJL^ t.v
43) Die Stelle ».-äJLa«, — w»«*«.-» L#^J fehlt in L. V. — 44) U.
^jN^ix^ydl. — 45) A. B. C. f-*-^l, D. j-.M«JI. — 46) H. L. V.
Üi^^j, B. C. oLa-JL^-JÜ. - 47) H. L. V. L^JL^, A. B. C. D. ^ft^
y^ . — 48) H. 'sp.jL^'JiA . — 49) H. oULm«^| , V. v^^M^f . — 50)
L. U. ÄA^i . — 51) H. -.t^Ä^I. — 5;^) L. jli, V. yj:^.
I
Flügel, über AI- Kindi. 43
Uyc^ ^1^-31 &>L^^ i JJLw^] 1.1
s«^"^! yoU*if ^LLJ JwiiL^ ki^Oftil aütAxI^ j^i ^ ÄÄiU; vti? tff ^
^JlÄif 53) oL^Ü? 3 i^ÄJlwj CJÜ7 ffö
(j^_^;w^cs^l (^J>;j,jX!l ^Xfl ,^^1^ (^UJt sCjoU 3 io:JLw, vt^ "'ö
^U^Jf &4> 56) ^
^>oU*j; ^y. ^ty^ &cLL^ >Ui ^j^\ xajU ^ euju^ vi^ i»'*!
&*y,:ül
53) ol^LL L. V. — 54) So in allen Handschriften. — 55) H. ^, V.
^1. - 56) H. J.
44 Flügel, über Al-Kindi.
58) oL^»:i ^5 ^xJL^^ v^^ \^^
Ua«a L^AiMu Uu^j ^i*J| ^ &LjL4Jf rLr^^^ ^ ^^^; 5^-
oLÄIb^l &AÄf
ti5ÜL«:i x^l^^l^ ^IcUJt ^5 ^xJLw.^ l^Jür in
61) 5^3^:i gji^^i ^ 60) iUft^Äii jo^v^^i ^ *äJLw^ Jür irA
^,iu>:iJi 62) ^iJ^t^ xpjo^f jL^^i xliiAr j ääILw^ wur n
J.AJI e^fti &L ^5 ^ÄJ^, v-iUJ' \f,
^y^\ 63) iCj^l ^ ääJU^ v^ il^i
64) äJUi oi5i^^; CT^^^ '^Ji^*^ i vtx? if r
' 66) ^U^l ^
57) V. ^i'LJf, dasselbe als Randglosse in H., U. y UJ| . — 58) U.
oUIaiil, V. oULUXf. _ 59) Von hier an bis nr. 220. in U. eine
grosse Lücke. — 60) H. &Ait«m , L. auilÄll , V. JWiAAtl. — 61) H. L.
V. &JJ>^I. - 62) Vi. J>0^\^. — 63) H. J^Aji^t, L. V. Ä^iUl. — 64)
H. V. b-jUj. _ 65) H. V. (ji^, L. (j^. — 66) H. . .»Lmo^I , L.
Flügel, über Äl-Kindi. 45
Jjxlf &x:Uo ÄXiLU ^Oiä ^ ääIU, Cto" löf
LP^Laä yLC ^ 71) x^{ K*Jwo ^5 »JiiLw^ vl^ föl
72) ^ypb^/Jl j vi^ töv
oU*uc5^:ij| naäT
j^a^Uäj j*L3C>:^( juUaoJi icüLütj juiUiij 74)icj^-^u;:ju^;3ü? n.
76) ^^ ^ 75) ^^^<:;xJ( JJ^iJo ^ NXiU^ ÜJC? Ilf
67) H. ÄÄAÄ^Ij, L. iu:AÄ*«tj, V. «uaJU-I^. — 68) H. i^oL^I , L.
NI^Ul, A. B. C. D. 'sij\J'\. — 69) H. V. ^_^L^i. — 70) V. yt^OCi , C.
ji±^ iCx^o . — 71) H. }f^\ . — 72) Diese Numer nur in A. B. C. D.,
in L. und V. gar nichts, in H. s.jtJo)i^ (Lücke) A*J ^5 äXILv^ V^- —
73) A. ^JJÜ, B. C. D. H. iUvXÄJ. — 74) V. i^^t . ~ 75) H. L. V.
e;y*^". — 76) A. B. C. D. ^lly^JI -^.
4g ' Flügel, über Äl-Kindu
77) ,^U^ru«L U-^Wi
oUjj^i juxr
XjoUl ^ u>^t ^ näJUv^ vLxi' tiv
Kayüi J.C SjJi J ^x3U^ ;äi? fix
80) iCuliaM.3^1 ^Ai> ^^^ (j^l/^^t ^5 ^XJ^, SÄÖ? Ili
^.^X^^If JoU^ 81) ^j^ ^ ^xJU^ sJjCT Iv.
j.X^| j*^c Jw;^i o^AAAj i3 »ÄiU^ vLä5" (vi
jLilj J,LiJt J^UJI^ ^LäJI J^^^I ^^I >LäJI ^ ^^äJU, vüT |vh
^it ^ L«Äay> ^ rlr^ iD^ r^'J er" vi^ ^^^^ ^ ^^S "^^^ ^^^
82) oLÄSy
QJ.X*« KaÄ)j*J[j
84) oljA.*MÄÄi 83) ^Xjp-yJI i5 ».äJLw^ vl^^ |vv
1/^ ^ t*jÄ- qI ^j ^^ J5.3 ^^^ ^i ^ÄJUJ v'-*^ ivA
77) ^Lft:^U-:iJLi. — 78) A. B. C. D. ^Ui\ . — 79) A. B. C. D.
^i vi;0|^>. _ 80) H. (^j LLaw^Sj^J! . _ 81) D. H. u^afii. — 82)
H. L. oLjtSjj", B. für den ganzen Titel: ^^ J-c 3ß^ (•[y^'^^ ^ V^*^
i^jA\ j j^k-i. — 83) A. C. olJwA£>j.xJI. — 84) H. ol^iUjU .
J
Flügel, über Al-Kindt. 47
87) Ocv?w;ÜI ^ i^\^j TJ^ \^
jyy> 88) ^-fj, ^c Ja^A^j jPj^ ^j^axJt ^^f ^3 ääJU, v-jLÄr Uf
iOvo (jM^yt j.A:a*J|^ ^U^i^l RajLo ^5 aüüLw«, ^jU^ (aö
;j^Aii iu 89) ^^^ Uj ü^yi^ |._^^ji äL ^ ^xJU; ':jjs Iaa
90) 'U^J\ ^ ^yS^\ ioJLv^ u:^ IaI
85) C. D. ,.L*^^(. — 86) H. iüSJU>. — 87) H. Ju.^V*Xfl , L.
Ous^ul! , V. l\-c^UII . Auch a-fc.^UÄi| ist sicher verdorben. — 88) A.
D. ylO, H. ß\^. — 89) B. ^>S , V. yo^. — 90) V. JC^UmJI .
Abhandl. der DMG. 1,2. 4
40 Flügel, über Al-Kindi,
93) JJUJI^ J NaJU^ CÄ^ t^,.
oLl3|Js.5»"^l ÄAÄ5'
J .^L^lj ^^JOJ x.Ä/Ji ^Uit ^ii o«^ ^^"^^^ ^ ^S "^^ ''•^
iCju^l 95) ^^^ vjX:i>f &Ifi ^ *xJL^^ vS? ^*ö
j^j.i\^ 96) ^^1^ ^UjJt &ajU ^5 ääJL^ Üä^ M
y^ U ^j^^Uoj ^1 J^^ 97) o^ L^ ^^j icljj^ j jjjJL^ v-.Ui' f^.v
91) So alle Handschriften des Fihrist, die des *L^si| ^.s^ dagegen
sämmtlich ä^^L^), was, wenn ^J^\ vor OjJ^ hinzugedacht wird, in der
Regel zu setzen wäre. — 92) H. jj*oL^^U*»#ptj , A. B. C. D. L. (j**.j|^.t^,
V. j^\y^j\^. — 93) V. tXSÄif^o. — 94) A. B. C. D. oUjÜCJI
ol^X^^Uit. — 95) ^yi^ fehlt in L. V. — 96) H. jJ^^^ , L. Y, j^My ,
- 97) H. 1^^, L. iJ>y , A. J.fi^t^:^l ^^, C. fj^^* .
Flügel, über Al-Kindi. 49
L5y J^,^ ^1 ^^ 98) ^JJt ^-^^t ^ iOjL^ ^E? f^.i
1 00) 20-i3^( ^ äJ &j-^^i vL^M-^tj vjU*iaJi ^^y äIc ^j *xJ^ vLät Y\r
101) ^^^jJi ^ ^f j^y, o^ ^!r^^-^^ i 2^^ v^ m
JU^I 102) J.JL3 oU;l ioyuo ^ ääJLw^ CÄxT f^f^r
oLL«^XÄÄil »^
MjSiS 9^0^ ^SjmS ^ ääJL.^ Vl^ ''»'O
98) V. ^^Ji^^*^!. — 99) L. 8A/£»j^j4ib. — 100) Die Worte
iu*L33l ^ ijj fehlen in L. V. — iOl) Hier hört die Lücke in U. auf. —
102) (.i5U5.
4*
50 Flügel y über Äl-Kindi»
103) ^\o.s>-% My,i\ ^oji3 i i^xju^ Z^^ m
oüftl^^l iuÄi'
105) ^^c^ -j^;^! ^\^\ ^yf 3 ^xJLv; vUr rr.
'^^A^^ L«i0U^j j^J^^j] »l;^-^^ ^^^) e.^^5 Ä »^^S V^ ^^^
uy jL2x^ 107) j^^ u^ ioJU^ ZÄ^ \rr
jjCi* ^j (JiÄ3 108) :iJ ^^::> Li^x^Jlj
109) ^^:^i ^Lkii j i^JUj Uü? i^n
^U^i 110) ^^ ^ ^oüLm^ 3ü? i^rv
111) ^UJI ^Jusif J^ ^5 ^iJ^, v^ »"^
11?) juifyl^ ^1 i ^ücJU^ ;;u? I^f I
103) U. V. ciulOJ^^I^. — lO/i) A. B. C. D. S^JiÄ^%. — 105) U.
»LxÄ'ilj. __ 106) U. vii^. — 107) L. V. ^Aop.. — 108) H. ^ statt
^ (5^. — 109) V. ^MU^^I. — HO) B. C. goj4.3, D. H. gJ^ . -
111) A. B. C. U. ^tAAaJf, H. ^1^1. — 11?) U. i^ilj^^.
Flügel , über AI • Kindi. 5 1
•Ui j NAajUJi j.i^:iii ^ 115) B^^i j,;:j^ ujur i^fi
ci^i^Jj^jii 117) ^r
>
^tj s-ÄßlyaJIj JyJlj gsJliJt^ öri-^b ^ß;it l^L ^3 iUjL*«^ CÄ!x5^ M
113) A. B. C. D. L^yoUcj. ~ 114) U. J-^t vl(;i • — 115) V.
^jjA<]^ — 116) H. ^. — 117) A. D. oyir, ß. C. V. B^. — 118)
Dieser Titel nur in H. Er ist auch hier fremd.
52 Flügel, über Al-Kindi.
^ ti5ü3 121) 5vL ^ US- i^^t oLLioCJI 120) gL g^ &JUJI
So der Fihrist und ihm nach die andern uns bis jetzt bekannten
Quellen, denen vielleicht noch diese oder jene Schrift Kindi's ent-
gangen sein konnte, deren Auffindung wir der Zukunft überlassen
müssen. — Zweifelhaft bleibt es, ob ein Bericht über die religiösen
Gebräuche (jmW) bei den Indiern, den der Verfasser des Fihrist in
den zweiten Abschnitt des neunten Buches aufgenommen hat, von
Kindi selbst herrührt oder von irgend einem andern Schriftsteller.
Ihn Abi Ja'küb an-Nadim sagt daselbst nur, er habe seinen Be-
richt aus einem Buche entlehnt, in dem die Religionsparteien (JJLo)
und die religiösen Gebräuche der Indier beschrieben würden, und
das mitgetheilte Capitel aus einem Exemplare copirt, das an ei-
nem Freitage 3. Muharram 249 (26. Febr. 863) geschrieben (d. h.
in Abschrift vollendet worden) sei. Er wisse nicht, wem die
Autorschaft dieses Berichtes zukomme, das Buch sei, wie ihn des-
sen Anblick überzeuge, von der Hand des Ja'küb Bin Ishak al-
Kindi Buchstabe für Buchstabe geschrieben, und es laute der
wörtliche Bericht seines Verfassers, wie nun folgt — ^).
Da bereits Ibn Abi Ja'küb an-Nadim zu keiner Gewissheit
über den Verfasser gelangte, so bleibt auch uns derselbe Zwei-
fel übrig, wenn wir nicht den ganz materiellen Grund gelten las-
sen wollen, dass Kindi, der, wie S. 19. bemerkt, eine Anzahl
Abschreiber in seinem Dienst hatte, schwerlich sich Bücher per-
sönlich copirte, woher die Annahme nicht ganz fern liegt, dass,
da das Buch von Anfang bis Ende von seiner Hand geschrieben
war , er auch der Verfasser desselben gewesen sein möge 2).
I
119) A. B. Xixs ^1 ^3. — 120) H. L. V. &aJLc. — 121) V. »An.
1) Auf dieselbe Stelle machte bereits Reinaud in seinem Memoire geo-
graphique, historique et scientifique sup l'Inde S. 23. mit den Worten aufmerk-
sam: 11 (c'est - ä - dire , l'auteur du Kitab al- fihrist) a mis ä contribution un
ecrit qui etait de la main du celebre philosophe Alkendi. — Reinaud kommt
im Verlauf seines Memoire wiederholt auf diesen Bericht zurück. Vgl. S. 288 flg.
290. 292. 293 flg.
2) Reinaud hält an der blossen Abschrift fest. Vgl. S. 289.
Flügel, über Al-KindL 53
Was sich von seinen medicinischen Schriften in den euro-
päischen Bibliotheken nach gedruckten Verzeichnissen findet, ist
von Wüstenfeld in der Geschichte der Arabischen Aerzte erwähnt,
mehrerlei Mathematisches und Astronomisches von üri und Nicoll,
Anderes ist von der VeröfFentlichung- der Pariser Cataloge zu
erwarten. — Im Druck erschien wiederholt seine Schrift De me-
dicamentis compositis ^), und eine andere De pluviis imbribus et
ventis; ac aeris mutatione *). Ausserdem wurden durch Gerar-
dus Cremonensis lateinisch übersetzt sein Liber de somno et vi-
sione ^) und De ratione, nicht zu verwechseln mit der Schrift De
intellectu ^)j und endlich verzeichnet Libri ') unter den persi-
schen — wahrscheinlich eine üebersetzung- — für die Veröffent-
lichung- durch die Druckerei der Medici in Rom vorbereiteten
Werke Alchindi astronomica.
unstreitig ist der Nachtheil, den die Wissenschaft durch den
Verlust eines grossen Theils seiner Werke erfahren hat, grösser
als der anerkannt bedeutende Gewinn, den die erhaltenen Schrif-
ten der Nachwelt sicherten. Gehen wir noch einmal die einzel-
nen Wissenschaftszweige im Geiste durch, wie viel begegnet uns
nicht, worüber weitere Belehrung aus jener Zeit nach vielen Sei-
ten hin höchst willkommen sein würde. Ich erinnere beispiels-
weise an die Abhandlung nr. 214. (S. 32. vgl. mit S. 10.) über
den im J. 222 (837) erschienenen Cometen, für dessen Berech-
nung und nähere Kenntniss sich hier eine ganz neue und beson-
dere Quelle aufthut. — üeberdiess haben sich eigenthümliche An-
sichten überall in seinen Schriften geltend gemacht. Einen Beleg
auch dafür gewährt uns derselbe Fihrist, der im zweiten Abschnitt
des siebenten Buches da wo er weitläufig von Euclides spricht,
auch des Kindi Schrift über die Aufgabe, die Euclides bei Ab-
fassung seines Werkes zu lösen suchte ( s. nr. 86. S, 25. ),
folgende Stelle aushebt: „AI -Kindi erwähnt in genannter Ab-
handlung) dass dieses Buch (die Elemente des Euclides) ein Mann
mit Namen xlpollonius ^) der Zimmermann (.L^UJt, bezeichnender :
3) Vgl. Wüstenfeld a. a. 0. S. 22, und oben nr. 157.
4) Venetiis 1507. Ex officina Petri Liechtenstein. Klein 4. 18 Seiten zu
zwei Columnen und ein Titelblatt. Vgl. oben nr. 78. und 259.
5) S. Recherches critiques sur Tage et l'origine des traductions latines
d'Aristote. Nouv. edit. par Charles Jourdain S. 123.
6) Wenigstens nach Jourdain a. a. 0. S. 123 (8*») und 320 flg.
7) S. Hist. des sciences mathematiques en Italic I, S. 246.
8) Der Fihrist schreibt hier ^j**.-a_a— l_ij , er kennt jedoch die Form
(j«^j^^J^I , die bei ihm mit (jMyXjM wechselt, sehr gut, ein neuer Beweis,
dass die Entscheidungsgründe , ob die Form (j*»LjuIj ^ {j/*yJuli u. s. w. den
IVamen Pliuius oder Apollonius bezeiciine, noch von wo anders hergeholt
werden müssen, als von der einer unkritischen Willkür unterworfenen oder
54 Flügel, über Al-Kindi.
der Geometer) verfasst und dasselbe in fünfzehn Paragraphe
geordnet Labe (^jÄ ^.ixc 'iLw.^r> k^j »il). Nachdem nun lange
Zeit seit seiner Abfassung verflossen war, so dass man dasselbe
völlig ausser Acht gelassen hatte (J^^-^ili) , fand sich einer der
Herrscher von Alexandrien zum Studium der Geometrie hingezogen.
Derselbe lebte zur Zeit des Euclides, dem er das Buch neu zu
redigiren und zu erläutern befahl. Das that Euclides, und so
wurde ihm die Autorschaft desselben beigelegt» Später fand Hy-
psicles, der Schüler des Euclides, zwei Bücher auf, das 14te und
15te, die er jenem Fürsten darbrachte. Sie wurden dem Werke
beigefügt. Alles diess trug sich in Alexandrien zu".
Wir scheiden von unserm Philosophen, der eine Zierde je-
der Akademie gewesen sein würde, mit der Bemerkung, dass
er sich trösten möge, wenn die philosophischen Mystiker des
Orients z. B. Ghazzäli, der Farabi und Ihn Sinä, oft freilich
nur tadelnd, gern im Munde führt, ihn um seiner wissenschaft-
lichen Nüchternheit willen, die ihm auch die Beschäftigung mit
den zu mystischen Grübeleien verführenden Neu - Piatonikern nicht
rauben konnte, nicht einmal zu nennen für werth halten, ein
Schicksal, dem selbst die Brüder der Reinheit (t]Jua}\ rj^t^O ^^^^^
auf so rühmliche Weise entgangen sind.
verstümmelten Transscription dieser Namen bei den Arabern. — Vgl. Ha^i
Ch. VII , S. 645, — S. ausserdem über ApoUonius Cas. I , S. 384 flg. und
Wenrich a. a. 0. S. 198 flg., wozu ich bemerke, dass weder der Fihrist noch
Ihn al-Kufti mit irgend einem Worte die Lebenszeit des Apoilonius näher
berührt. Der Fihrist sagt gar nichts, bestätigt aber indirect die Angabe des
Ibn al-Kufti, der ihn älter sein lässt als Euclides. S. dagegen was Wenrich
nach der Historia Dynastiarum, die vereinzelt dasteht, a. a. 0. mittheilt.
Auf Erörterung der chronologischen Frage in Betreff der Lebenszeit des Eu-
clides und ApoUonius kann ich hier nicht weiter eingehen.
Leipzig, Druck von W. Vogel, Sohn.
Die
Gäthä's des Zarathustra
Erste Abtheilung.
Die fünf Oath^s
oder
Sammlungen von Liedern und Sprüchen
Zarathustra's^
seiner Jünger und Nachfolger.
Herausgegeben, übersetzt und erklärt
Dr. Martin Haug,
Privatdoceuten der orientalischen Sprachen an der Universität Bonn.
Erste Abtheilung.
Die erste Sammlung (Gäthä ahunavaiti) enthaltend.
Leipzig 1858
in Commission bei F. A. Brock haus.
^m ^111
Abhandlniig^eii
der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
I. Band.
Sr. Excellenz
dem Königlich-Preussischen Wirklichen Geheimenrathe
Freiherrn von Bunsen
als ein Zeichen
inniger Verehrung und Dankbarkeit
g e w i d m e t
von ileiii
\' 0 I r a s s e r .
V o r w o r t
Lxx den dunkelsten und schwierigsten Gegenständen der orien-
talischen Alterthumsforschung gehört unstreitig der Zend-
awesta, das angebliche Werk Zoroaster's. Die Schwierigkeiten
liegen nicht bloss in der Sprache, zu der es bis jetzt weder
Grammatik noch Lexikon giebt, sondern namentlich auch in
dem fragmentarischen Zustande der einzelnen Stücke und ihren
grossen Altersunterschieden. Man denke sich einzelne Psal-
men, einige alte Lieder, wie das Deborahlied , einige Stücke
der Propheten, einige Gesetze des Pentateuch, sodann grössere
Stücke der Mischnah und Gemara zu einem Ganzen vereinigt,
so hat man eine ungefähre Vorstellung von der Beschaffenheit
des Zendawesta. Diese grosse Verschiedenheit deutet indess
schon der Name an, der richtiger in Awesta-Zend umge-
stellt werden sollte. Awesta ist die Offenbarung, die eigent-
liche heilige Schrift, Zend dagegen die Auslegung derselben,
zu welcher noch weitere Ausdeutungen , P ä z e n d genannt,
kamen. Diese drei verschiedenen Arten der Litteratur finden
wir in den uns unter dem Namen Zendawesta überkommenen
Schriften der Parsen vereinigt. Daher ist die nächste Auf-
gabe der Kritik, diese drei dem Alter nach so verschiedenen
Arten des religiösen Schriftthums der Iränier zu scheiden, was
am deutlichsten und besten bei dem Gesetzbuche , dem soge-
nannten Vendidäd, durchzuführen ist. Die ganze Sammlung die-
ser religiösen Urkunden ist in der Sprache des alten Baktriens,
die man bis jetzt ganz falsch Zend genannt hat, geschrieben;
man nennt sie weit richtiger baktrisch. Von ihr treffen
wir zwei Dialekte, die weit mehr der Zeit als dem Orte nach
verschieden sind. In dem altern Dialekt sind nur noch sehr
VIII Vorwort.
wenig Stücke vorhanden ; weitaus der grösste Theil des Zend-
awesta ist in dem Jüngern Dialekt geschrieben.
Das Bedeutendste und Umfangreichste, was uns in dem
altern Dialekt erhalten ist , sind fünf kleine Sammlungen von
Liedern, Liederversen und einzelnen Sprüchen, Gäthä's genannt,
die wir im jetzigen Zendawesta mit einer Sammlung zum Theil
sehr später Gebete, dem sogenannten Jacna oder Izeshne,
vereinigt finden; sie bilden dort die Capitel 28—34; 43 — 46; 47
— 50; 51; 53. Obschon die ungemeine Wichtigkeit dieser Stücke
aus den spätem Büchern des Zendawesta, in denen sie oft als
heiliges göttliches Wort angeführt sind, Jedem auf den ersten
Blick einleuchten musste, so war doch bis jetzt von Niemand
eine Erklärung versucht worden. Anquetil's Uebersetzung kann
nicht gerechnet werden ; denn sie verdient diesen Namen wenig-
stens in Betreff dieser altern Stücke sicherlich nicht, da sie ohne
alle Kenntniss der Grammatik und ohne näheres Verständniss
der Wortbedeutungen meist nur durch blosses Rathen nach den
höchst unzuverlässigen Angaben der P^rsenpriester gemacht
wurde; keine Zeile ist auch nur einigermassen richtig übersetzt.
Burnouf, dessen Verdienste für den Anfang einer richtigen
Erkenntniss des Zendawesta sonst so ausgezeichnet sind , hat
nie diese Stücke einer Untersuchung unterzogen; er wusste
weder, dass sie in einem abweichenden Dialekt verfasst sind,
noch dass sie wirkliche Verse enthalten. Der Erste, welcher an
gewissen äusseren , leicht auffallenden Eigen thümlichkeiten die
Verschiedenheit des Dialekts erkannte, war Spiegel; die Erklä-
rung auch nur eines einzigen Stückes versuchte er indess bis jetzt
nicht. Bei dem Mangel einer auf sorgfältige Vergleichung nament-
lich der ältesten und wichtigsten Handschriften des Jacna sich
stützenden Ausgabe des Grundtextes, war es Andern, die nicht
im Besitz des nöthigen kritischen Materials waren, nicht wohl
möglich, in diesem noch ganz dunkeln Gebiete den ersten Schritt
zu wagen. Diesem üebelstande half Westergaard's Ausgabe des
Zendawesta ab, deren erstes den Jacna enthaltendes Heft im Herbst
1852 erschien. Dadurch wurde es mir mögUch, das Studium
dieser wichtigen Urkunden, wozu ich schon vor 11 Jahren, noch
vor Bezug der Universität, den festen Entschluss gefasst hatte,
ernstlich und mit Aussicht auf einigen Erfolg zu beginnen. Die
ersten schwachen Versuche , in dieses Dunkel einzudringen,
sandte ich im Jahre 1853 an die Redaction der Zeitschrift der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, und ich muss dem treff-
Vorwort. IX
liehen Redacteur derselben, Herrn Professor Brock haus, vielen
Dank wissen, dass er sie damals, zu einer Zeit, wo ich mit
Widerwärtigkeiten aller Art zu kämpfen hatte, die Viele für im-
mer von so schwierigen Studien zurückgeschreckt haben wür-
den, aufnahm; denn eine Verweigerung hätte mir leicht auch
allen Muth rauben können, der bei derartigen Arbeiten das erste
und unumgänglichste Erforderniss ist. Seit 1853 setzte ich die
schwierige Arbeit fort, wobei ich mich namentlich der Aufmun-
terung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Professors Ewald,
zu erfreuen hatte, und jetzt, nach fünf Jahren der mühseligsten
Forschung, sehe ich dieselbe so weit gefördert, dass ich einen
die Gathä's nach allen Seiten umfassenden Erklärungsversuch
hiemit veröffentlichen kann. Ich will nun im Nachfolgenden kurz
Rechenschaft über meine Methode und Hilfsmittel geben.
Um in den Sinn dieser alten Urkunden einzudringen, deren
Verständniss schon seit vielen Jahrhunderten verloren gegangen,
schlug ich folgenden Weg ein. Ich sammelte zunächst wo mög-
hch alle Wörter des Zendawesta mit Angabe der Stellen, soweit
diess nicht schon in dem Index der Brockhaus'schen Ausgabe
des Vendidad-sade geschehen war, und suchte dann aus der
Vergleichung der Parallelstellen den Sinn eines Worts zu erschlies-
sen; aber weil derselben meist zu wenige sind und der Zusam-
menhang der einzelnen Worte in ihnen oft schwer zu erkennen
ist, so konnte ich auf diesem Wege kaum ein halbes Verständ-
niss gewinnen. Glaubte ich so der Bedeutung eines Worts oder
einer Form auf die Spur gekommen zu seyn, so versuchte ich
eine Ableitung und zwar zunächst aus dem Baktrischen selbst.
Konnte die aus der Vergleichung der Parallelstellen erschlossene
Bedeutung durch eine regelrechte Etymologie begründet werden,
so schien mir das Resultat schon weit sicherer, aber doch nicht
immer sicher genug, um mich dabei beruhigen zu können. Ich
suchte weitere Hilfe in den Liedern des Rigweda, die ebenso alt
wie die Gäthä's und in einer nur dialektisch verschiedenen
Sprache abgefasst sind. Sie sind für diese Untersuchungen so
wichtig, dass ohne eine eingehende Benutzung derselben ein wirk-
liches Verständniss der Gäthä's ein Ding der Unmöglichkeit seyn
würde. Aber das Verständniss dieser Hymnen ist, wenn auch
lange nicht so schwierig als das der GäthA's, keineswegs auf
eine sonderlich leichte Art zu gewinnen. Auch hier muss man
sich vor allem zu dem mühseligen Sammeln von Stellen ent-
schliessen, da es noch kein vollständiges Wörterbuch oder Re-
X Vorwort.
gister zu dem Rigweda giebt. Bei diesem zeitraubenden Geschäft
hatte ich mich der Hilfe meines lieben Freundes, Gottlob Wil-
helm Hermann, Stadtvikars in Wildbad, eines trefflichen Sans-
kritkenners, zu erfreuen, der mir ein Glossar zum ersten, zwei-
ten, dritten und siebenten Buche des Rigweda anfertigte. Ich
spreche ihm hiemit öfTentlich meinen besten Dank für seine
viele Mühe aus. Die Bedeutung der Wedaworte suchte ich auf
dieselbe Weise, wie bei den GäthA's, durch Vergleichung der
einzelnen Stellen und durch Etymologie zu ermitteln ; so weit
das neue Petersburger Sanskritwörterbuch vorliegt, konnte ich
dieses hiezu benutzen. Indess blieb ich beim Weda nicht
allein stehen, sondern sah mich auch in den leider nur sehr
geringen Ueberresten der Sprache der ersten Keilschriftgattung,
gewöhnlich altpersisch genannt (richtiger ist der Name arisch,
wie sie in der turänischen Uebersetzung der Bisutuninschrift
heisst) , sowie in den jüngeren , dem Baktrischen nächstver-
wandten Sprachen, dem Pärst {Mittelpersisch) und dem Neu-
persischen und Armenischen um. Die Rücksichtnahme
auf die Sprachen der iranischen Familie war um so nothwen-
diger, als sie mit den beiden Dialekten des Zendawesta eine
eigene , von dem Sanskrit geschiedene Sprachfamilie bilden,
welche die Wortbedeutungen oft merklich geändert hat. Die
Benutzung der neuern Sprachen dieser Familie für die Erklärung
des Zendawesta hat indess grosse Schwierigkeit, da die altern
grammatischen Formen in ihnen bis auf einen unbedeutenden
und fast unkenntlich gewordenen Rest verloren gegangen sind,
und die Gestalt der einzelnen Worte, deren sich glücklicherweise
noch eine grosse Anzahl gerettet hat, oft so verstümmelt ist,
dass kaum ein sicherer Schluss auf ihren Ursprung gemacht
werden kann. Noch mehr Vorsicht erheischt das Armenische,
das nur ein Anhängsel der iranischen Famihe ist , aber öfter
recht gute Dienste leisten kann.
Nachdem ich auf diesem mühevollen Wege der Vergleichung
und sprachlicher Combinationen zu wiederholten Malen die Gathä's
durchgegangen hatte und schon zu einem grossen Theil meiner
in dieser Schrift dargelegten Ergebnisse gelangt war, kam ich
endlich im Herbst 1856 auch in den Besitz der traditionellen
Hilfsmittel. Bei meinem mir durch Se. Excellenz, Freiherrn von
Bunsen, meinen hochverehrten Gönner, ermöglichten Aufenthalt
zu Paris copirte ich den die Gathä's umfassenden Theil der
Sanskritübersetzung des Jacna, die den Namen Neriosengh's führt,
Vorwort. XI
nach der Burnouf sehen Handschrift. Die übrigen auf der Biblio-
thöque imperiale vorhandenen Abschriften waren so verdorben,
dass fast gar kein Gebrauch davon geaiacht werden Itonnte.
Auch die Burnouf 'sehe war noch fehlerhaft genug;, daher war es
mir nicht möglich, eine fehlerfreie Copie zu erhalten; denn nach
blossen Conjecturen wollte ich den Text nicht verändern; ausser-
dem habe ich die orthographischen Eigenthümlichkeiten in Betreff
der euphonischen Gesetze, weil sie öfter fast durchgängig sind,
beibehalten. Dieses neue Hilfsmittel, das indess nicht immer leicht
zu verstehen ist, suchte ich theils für meine weitern Forschungen
auszubeuten, theils zur Berichtigung der schon gemachten zu be-
nutzen. Ich fand aber sehr bald, dass dieser Uebersetzer (oder
diese Uebersetzer), der vor 6 — 800 Jahren gelebt haben mag,
durchaus kein richtiges Verständniss dieser uralten Stücke hatte,
und dass bloss mit seiner Hilfe nie auch nur ein einziger Vers
richtig erklärt werden könnte. Es ist weder genaue Kenntniss
der Grammatik , noch der einzelnen Wortbedeutungen bei ihm
zu suchen, denn er hatte weder eine sichere Tradition, noch
verstand er sich auf eine gesunde Etymologie; Verwechslung
von Casus und Verbalpersonen, monströse Wortableitungen (wie
anäis, Instrum. plur. eines Pronomens ana, also durch diese,
von i, gehen, -H a privat.) sind bei ihm ganz gewöhnlich.
Seine üebersetzung ist meist streng wörtlich und daher im
Zusammenhang häuüg gar nicht zu verstehen; überall sind durch
das Wörtchen kila eingeleitete Erklärungen eingestreut, die oft
als aus der spätem parsischen Anschauung erwachsen Vorstel-
lungen in diese alten Texte hineintragen, die ihnen nachweislich
ganz fremd sind. Da dieselbe auf der Pehlewi- oder Huzüresch-
version beruht, deren ich nicht habhaft werden konnte, so kann
sie erst, wenn diese gedruckt vorliegt, ganz richtig beurtheilt
werden. Dessenungeachtet brachte sie mir vielen Gewinn, wenn
auch sehr selten in positiver, doch sehr häufig in negativer Be-
ziehung. Ehe ich in den Besitz Neriosengh's gelangte, war ich
ganz allein auf meine eigenen Combinationen angewiesen und
hatte aus diesen die mir am richtigsten scheinende auszuwählen.
Sowie er mir aber zur Hand war, hatte ich doch einen Vor-
gänger, dessen Deutung mich zu weiterer Untersuchung reizte,
indem ich ihn zu widerlegen und eine andere Erklärung zu be-
gründen suchte, und durch den ich auf diese Weise häufig zu
neuen und glücklichern Combinationen geführt wurde. Da von
seiner Üebersetzung der Gathä's noch gar nichts gedruckt ist.
XII Vorwort.
so hielt ich es nicht für unpassend, grössere und kleinere Stellen
daraus im Commentar mitzutheilen und theilweise zu übersetzen.
Die vorliegende Schrift, deren erster Theil jetzt der Oeftent-
keit übergeben wird, enthält nun die vielfach gesichteten und
geläuterten Resultate meiner jahrelangen anhaltenden Forschun-
gen auf diesem Gebiete. Wie sehr ich bemüht war , meine
Arbeit selbst zu verbessern, kann Jeder leicht an einer Verglei-
chung meiner ersten Aufsätze über das 44. Capitel (Zeitschrift
der D. M. G. 1853) mit der jetzigen Behandlung dieses schwie-
rigen Stückes sehen. Ich konnte oft nur nach langen Irrgängen
und nach wiederholten Versuchen in den Sinn eines Wortes oder
eines Verses eindringen; ich scheute vor keiner Mühe zurück,
da ich vor allem einen Grund zur richtigen Erkenntniss dieser
hochwichtigen Ueberreste einer grauen Vorzeit legen wollte. Bei
diesem Streben fand ich aber bald, dass, um ein wirkliches
Verständniss zu erzielen , man nicht bloss einzelne Worte und
Formen erklären, sondern auch sowohl den Sinn und Zusam-
menhang der einzelnen Verse unter sich, als auch grösserer
Stücke ergründen müsse. Dieser Theil der Arbeit war noch
schwieriger, als der rein spracMiche, da die Verse häufig gar
nicht miteinander zusammenhängen , sondern nur Bruchstücke
verloren gegangener Lieder sind. Bei manchen wird der eigent-
liche Sinn vielleicht für immer dunkel bleiben; auf viele werden
spätere Forschungen auch Anderer noch weiter Licht werfen.
Die Resultate meiner eigenen Bemühungen in dieser Hinsicht
sind in den Specialeinleitungen zu jedem Stück niedergelegt und
weiter in die Einleitung zum Ganzen übergegangen.
Den Urtext habe ich, um die Schrift nicht zu vertheuern,
in lateinische Buchstaben umschrieben ; das Nähere über die Um-
schreibung wird die Grammatik bringen. Bei der Herstellung
des Textes legte ich die vortreffliche Ausgabe Westergaard's zu
Grunde, der mit Recht dem alten Kopenhagener Codex 5. den
entschiedensten Vorzug gegeben ; ausserdem benutzte ich die
ßrockhaus'sche Ausgabe mit den Varianten der Bombayer Edi-
tion, die von Westergaard so gut wie gar nicht berücksichtigt
wurden; dieselbe ist durch Bf., die Varianten sind durch Bb. be-
zeichnet. Von blossen Conjecturen, zu denen in einem so dunkeln
Gebiet die Versuchung sehr nahe hegt, suchte ich mich möglichst
fern zu halten. Meine Aenderungen, über die jedesmal im Com-
mentar Rechenschaft gegeben ist, stützen sich meist auf handschrift-
liche Autorität, in welcher Beziehung ich aber leider zum grössten
Vorwort. XIII
Theil nur auf die wenigen kargen kritischen Noten der Wester-
gaard'schen Ausgabe bescliränkt war. Der Zustand der Texte
des Jacna ist indess ein entschieden besserer, als der der übri-
gen Theile des Zendawesta, und in dieser Beziehung wenigstens
ist die Forschung etwas erleichtert. Das Metrum der Verse ist
öfter gestört und bietet zu einer kritischen Textesconstitution nur
geringe Hilfe, Um das Studium zu erleichtern, hielt ich es nicht
für unpassend, dem Urtext eine wörtliche lateinische Ueber-
setzung gegenüber zu stellen. In der deutschen Uebersetzung
erlaubte ich mir etwas mehr Freiheit, aber es war mir einer-
seits bei dem so fragmentarischen Zustand des Ganzen, anderer-
seits bei den so neuen, in den Gäthä's enthaltenen Ideen nicht
wohl möglich, eine gut lesbare zu liefern; ich hätte zu viel um-
schreiben müssen. Aus diesem Grunde schien mir noch eine
besondere Paraphrase nothwendig, die ich in der Einleitung zu
jedem einzelnen Stücke gegeben habe. Mit Hilfe dieser wird
Jeder die GMhä's ebenso weit verstehen lernen können, als ich
sie selbst verstehe. Alles Kritische und Philologische ist in den
Commentar, die eigentliche Grundlage der ganzen Arbeit, ver-
wiesen. Eine besondere Abhandlung, die dem zweiten Heft bei-
gegeben wird, verbreitet sich über Namen und Stellung der
Gathä's im Zendawesta , Beschaffenheit und Anordnung dieser
Sammlungen, Sprache und Metrum, Dichter und Zeitalter, sowie
über Zarathustra's Person, seine ersten Jünger, seine Lehre und
ihr Verhältniss zum Volksglauben. Da aus ihr die letzten und
für die Entstehung und erste Ausbildung der Zarathustrischen
Religion wichtigsten Resultate am leichtesten ersehen werden
können, so halte ich es nicht für unpassend, dieselben hier am
Eingange kurz zusammenzustellen; die Beweise dafür sind dort
nachzulesen.
Die fünf GäthA's sind fünf kleine, an Umfang verschiedene
Sammlungen alter Lieder, Liederverse und metrischer Sprüche,
in einem von der gewöhnlichen Sprache des Zendawesta abwei-
chenden altern Dialekte verfasst, der sich als gleich alt und
aufs nächste verwandt mit der Sprache der wedischen Lieder-
sammlungen erweist ; ebenso finden wir im Wesentlichen die
wedischen Metra wieder. Sie sind weitaus die ältesten, wich-
tigsten und bedeutendsten Stücke des Zendawesta. Einige
der Lieder haben unzweifelhaft Zarathustra selbst zum Verfasser;
so z. B. die Capitcl 30. 32 aus der ersten Sammlung ; am mei-
sten echt Zarathustrisches enthält die zweite : die vierte und
XIV Vorwort.
fünfte dagegen nichts. Die übrigen Stücke sind von seinen Jün-
gern und zum Theil von noch spätem Nachfolgern; vielleicht
finden sich auch Verse von Vorgängern Zarathustra's. Zur an-
nähernden Bestimmung des Zeitalters ihrer Abfassung und somit
von Zarathustra's Auftreten lassen sich folgende Thatsachen er-
mitteln: 1) Der Ackerbau war damals erst im Entstehen be-
griffen und noch eine ganz neue Sitte. 2) Mit derselben oder
kurz vor ihr war auch eine neue, ihr feindliche Religion aufge-
kommen, die Verehrung des Indra und seiner Götterschaaren,
die, von dem berauschenden und betäubenden Somatrank be-
gleitet, einen wilden , kriegerischen Charakter hatte und den
friedlichen alt-arischen Feuerdienst, wie er von den Caoskjantö
gepflegt wurde, sowie den alten Glauben an gute Genien des
Lebens in den Hintergrund zu drängen suchte. 3) Diese neuen
Elemente erzeugten einen gewaltigen und blutigen Kampf unter
den alten Ariern, der in bürgerlicher Beziehung zwischen Acker-
bauern und Nomaden, in rehgiöser aber zwischen den Anhän-
gern der alten und der neuen Rehgion geführt wurde. Die
Ackerbauer bheben dem alten Glauben treu, die Nomaden da-
gegen huldigten dem neuen Göt-terdienst. 4) Der bekämpfte
Bruderstamm sind die wedischen Inder vor der Auswanderung
ins Gangesland. Die Priester der bekämpften Götter heissen
Kavi's, ein älterer Name als Brähmana, und werden als Ur-
heber alles Trugs und Verderbens geschildert. 5) Der Weda
kennt diesen Kampf, diese Anfeindung des Indra und seines
Somatranks ebenfalls; die Feinde heissen Kaveri oder Ka-
väsakha, d. i. Anhänger des Kavä, welches Wort aus dem
ominösen Kavi , das seit Alters Ehrenname der vornehmsten
iranischen Geschlechter war, von den Anhängern Zarathustra's
absichtlich so umgeändert wurde. 6) Der Hauptführer und
Prophet der Ackerbauer und Anhänger des Feuerdienstes,
der eifrigste Bekämpfer des Götterdienstes, war Zarathustra.
7) Unter dem volksthümlich verderbten Namen G'aradashti
ist er im Weda erwähnt, aber dort schon eine halb verklun-
gene Persönhchkeit. Die muthmassliche Schätzung seines Zeit-
alters führt auf 2000 vor Christo. Seine Heimat war Baktrien.
Er gehörte der Famiüe der Haöcat-acpa's an, die bei den irani-
schen Stämmen das Richteramt verwaltet zu haben scheint. Er
tritt auf Befehl Ahura-mazda's auf, dessen Offenbarungen er
hörte; der von ihm für dieselben gebrauchte Ausdruck Craosha,
d.i. das Hören, wurde sehr früh personifizirt und als Genius
Vorwort. XV
gefasst. Zarathustra verkündet auch die Sprüche des Erdgeistes,
ist Dolmetscher seiner Geheimnisse und predigt den Ackerbau.
Aber er wollte nicht bloss diese neue Sitte und den alten Feuer-
dienst erhalten, sondern er suchte den Volksglauben auch zu
läutern und zu vergeistigen. Die Vorstellung von guten wohl-
thätigen Geistern, den Ahura's mazda's, d. i den Lebendigen,
Weisen, brachte er mehr auf eine Einheit, d. h. auf einen
Ahura-mazda, wobei ihm der Volksglaube an einen weissen
Geist (cpeiito mainjus) zu Hilfe kam. Das wesentlich Neue
indess, wodurch er der iranischen Rehgion auch ein ganz neues
und unterscheidendes Gepräge gab und dadurch ein eigentlicher
Religionsstifter, so gut wie Buddha, wurde, war die rein
philosophische Lehre von zwei Urkräften, Seyn und Nicht-
seyn, Anfang und Ende, die sich namentlich in der Dreiheit
von Gedanken, Wort und That als Wahres und Gutes, so-
wie als Lüge und Böses offenbaren, die strenge Scheidung des
physischen und geistigen Lebens, der ursprünglichen
angeborenen Weisheit und der menschlichen Erfah-
rungsweisheit. Das Princip des Seyns war indess anfänglich
durchaus nicht identisch mit Ahura-mazda, sondern ist als VphA_
manö, guter Sinn, später einer der himmlischen Geister ge-
worden. Während Zarathustra die Volksvorstellungen von guten
Geistern und insbesondere die von einem weissen Geist läu-
terte und daraus den Begriff eines persönlichen Gottes, Ahura-
mazda, bildete, that er nicht dasselbe mit dem Volksglauben an
böse Geister und insbesondere an einen schwarzen Geist
(atirö mainjus). Er suchte in Betreff des Bösen die Personifica-
tion möglichst zu vermeiden und bewegte sich meist nur in ab-
stracten Begriffen, wie nichtiger Sinn, Nichts, Nichtseyn,
Lüge, Verläumdung u. s. w.; Ahriman, der leibhaftige Teufel
und Fürst der Finsterniss, der Gegner Ahura-mazda's von Ur-
beginn, ist erst ein Gebilde der Nachfolger Zarathustra's, her-
vorgegangen aus dem Volksglauben an einen schwarzen Geist
und dem Zarathustrischen Grundprincip des Nicht seyns. Die
Verehrung und Personification von blossen Begriffen, welche eine
Haupteigenthümlichkeit des P^rsismus bildet, hat ihren
Ursprung in der Philosophie des Stifters.
Die sprachlichen Resultate werden in einer kleinen , den
altern Dialekt behandelnden Grammatik und in einem Glossar
übersichtlich zusammengestellt. Das zweite Heft ist vollendet
und kann in Bälde folgen.
<1
•
XVI Vorwort.
Ist CS mir nun gelungen, einige Lichtstrahlen in diese dun-
keln , aus einer viertausendjährigen Vergangenheit geretteten
Bruchstücke der echten Lieder Zarathustra's, seiner Jünger und
ersten Nachfolger zu werfen und zum erstenmal wirklich die
Siegel zu brechen, mit denen sie seit mehreren Jahrtausenden
verschlossen waren, so bin ich reichlich entschädigt für die un-
sägliche Mühe und die grossen Opfer, die ich der Sache bringen
musste. Weit entfernt, zu meinen, dass die Erklärung dieser
Stücke schon bis auf einen gewissen Grad zum Abschluss ge-
bracht sey, weiss ich recht wohl, wie viel hier noch zu thun
ist und wie vieles von meinen Resultaten noch vervollständigt
und berichtigt werden muss; aber einige Erleichterung wird
meine Arbeit hoffenthch Jedem gewähren, der sich in dieses
Gebiet wagen will; denn ich glaube doch etwas mehr als eine
Sammlung von blossen Einfällen und etymologischen Spielereien
gegeben zu haben. Zu tadeln ist sicher Vieles, aber das Besser-
machen ist hier eine etwas schwere Kunst, sowie es sich über
einzelne Worte hinauserstreckt.
Möge diese Arbeit, der, der Natur der Sache nach, noch
^el Härten und Mängel ankleben, als Beitrag zu einer richtigen
Würdigung der Zarathustrischen Religion eine wohlwollende
Aufnahme finden!
Heidelberg, den 16. April 1858.
Der Verfasser.
(Erfte Sammlung,
Gäthä ahunayaiti
Ja^na capp. 28 — 34.
Abhandl. der DMG. I, 3.
/
I.
Gäthä ahunavaiti.
(Japia capp. 28 — 34.)
1. (28.)
1. Jdmm mano jdnim vaco jdnim slijaothnem ashaonu
Zarathustrahe. Frd ameshd gpentd gdthdo geurvdiji.
Nemo vB gdthdo ashaoms.
2. Ahjd jdgd nemanhd u^tdnaza^tö rafedhrahjd
Manjeus Mazddo paourvim ^pentahjd ashd vi^peilg skjaothnd
VanhBus khratum mananho jd khshnmshd geiiscd urvdnem.
Je vdo Mazdd ahurd pairi-ga^di vohii mananhd
Maibjo ddvoi ahvdo a^tvata^cä hjatcd mananho
Ajaptd ashdt hacd jdis rapentö daidit qdihre.
4. Je vdo Ashd ufjdni mana^cd vohü apaourvim
Mazddmcd ahurem jaeibjo Khshathremcd agzaonvamnem
Varedaiti Armaitis d moi rafedhrdi zaveiig-ga^atd.
5. Je urvdnem men-gairim vohü dade hathrd mananhd
Ashiscd skjaothananäm vidus-Mazddo ahurahjd
Javat igdi tavdcd avat kh^di aeshe ashahjd.
6. Ashd kat thwd daret^dni mana^cd vohü vaedimno-
gdtümcd ahurdi gevütdi ^raoshem Mazddi
And mäthrd mazütem vduroimaidi khraf^trd hizvd.
I.
Carmen quod ahunavaiti dicitur.
1. (28.)
1. Manifestata cogitatio, manifestata vox, manifestata actio ve-
racis Zarathiistrae. Praecinuerunt Immortales Sancti carmina.
Laus vobis, carmina veracia!
2. Hujus adorare-velim laude erectas-manus-habens fortunae (ad
haue fortunam adipiscendam) Spiritus Sapientis primum sancti
Vera omnia facta, bonae intelligentiam mentis : quae colam
terraeque animam.
3. Qui vos-duos, Sapiens vive! circumibo (venerabor) bona mente
mihi donationi (ut mihi detur) duarum-vitarum et existentis et
ejus, quae est mentis ; comparanda Veri causa (Veritatis ope)
ea sunt quibus tenentes (studentes) donabat suum-ignem-ha-
bens.
4. Qui vos-duos. Verum praedicem, Mentemque bonam, non-pri-
mum, Sapientemque vivum, cum quibus, et Regnum nondum-
adoratum, defendens Pietas ad me fortunae (auxilio) voca-
tione-veniat.
5. Qui animam terrae mente-laudem-habentem bona facio simul-
cum mente Veritatesque actionum gnari-Sapientis vivi; quam-
diu colam vos poteroque tamdiu ero in-investigatione Veri.
6. Vere! quid (quomodo) te videre-volo Mentemque bonara ape-
rientem-viamque vivo fortissimo ^raoshem Sapienti! lUo car-
mine maximum propulsemus carnem-devorantes Daemones lin-
gual dicto.
1*
[ Hang, die Gdthas des Zarathtistra. I.
7. Vohü giiidi mananhd ddidl asha-ddo daregdjü
Ereshväis tu ukhdhdis Mazdd Zarathustrdi aogonhvat rafeno
Ahmaibjdcd ahiird jd daibishvato dabaeshdo taurvajdmd.
8. Ddidi Ashd tarn ashim vanheus djaptd mananho
Ddidl tu Armaiti Vistdgpdi tshem maibjdcd
Ddo^-tü Mazdd khshajdcd jd ve mdthrd ^revimd rdddo.
9. Vahistem thwd vahistd jem Ashd vahistd hazaoshem
Ahurem jd^d vdunus naroi Frashaostrdi maibjdcd
Jaeibja^cd it rdonhanhoi vigpdi jave vanheus mananho.
10. Andis vaonait Ahurd-mazdd Ashemcd jdndis zaranaemd
Managcd hjat vahistem joi ve joithemd da^emB ^tütäm
Jüzem zevistajdonho isho khshathremcd gavanhdm.
11. At jeng Ashdafcd voigtd vanheuscd ddtheng Mananho
Erethweng Mazdd ahurd aeibjo perend dpandis kdmem
At ve khshmaibjd ag-ünd vaedd qarethjd vaifitjd gravdo.
12. Je dis ashem nipdonhe managcd vohü javaetdite
Tvem Mazdd ahurd fr 6 md gishd thwahmdt vaocanhe
Majijeus hacd thwd ee donhd jdis d anhus paourujo bavat.
2. (29.)
1. Khshmaibjd geus urvd gerezdd kahmdi md thwarozdum ke md
tashat
A md aeshemo hazagcd remo-dhushd jd darescd taviscd
Nöit moi vdgtd khshmat anjo athd moi gdgtd vohil-vdgtrjd.
2. Ada tashd geus peregat Ashem kathd toi gavoi ratus
Hjat Mm ddtd khshajanto hadd vdgtrd gaoddjo thwakhsho
Kern hoi ustd-ahurem je dregvodibis aeshemem vdddjoit.
3. Ahmdi ashd noit garegd advaesho gavoi paiti-mravat
Avaeshäm nöit viduje jd shavaite ddreng ereshvdonho
Hdtäm hvo aogisto jahmdi zaveiig gimd keredushd.
4. Mazddo gaqdre mairisto jd zi vdverezoi pairi cithtt
Daevdiscd mashjdiscd jdcd vareshaite aipi cithit
Hvo viciro ahurd athä nB aiihat jathd hvo vagat.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. 5
7. Bona veni inerite da veri-dationes in-longum-aevuiii validis tu
verbis Sapiens! Zarathustrae robore-praeditum auxilium no-
bisque vive! quae (ut) osoris odia vincainns.
8. Da Vere! hanc veritatein, bonae lucra mentis; da tu Pietas!
Vistä9pae rem-familiarem mihique; des tu Sapiens domineque
quae (ut) vestrum carmina audiamus eflficacia.
9. Optimum te optime! quem Vero optimo conjunctum vivum
venerabor opem-desiderans Frashaostrae mihique et quibus
illud praebeo omni saeculo bonae Mentis.
10. Ulis opum-adipiscendarum-causa Vivum-Sapientem-duos Verum
precibus incitemus Mentemque illam optimam et orrmem qui
vestrum est, qualis decas laudantium sü; vos estü vocati-
bona-praebentes, alimenta possessionemque fortunarum.
11. Ita quas e-Veroque scis bonaque leges Mente, promptas Sapiens
vive! iis complebo adipiscendis cupiditatem quum vestrum vo-
bis proprias omnino-nullas scio ad-alimenta-pertinentes, ad-for-
, tunas-pertinentes auditiones.
12. Cui bis verum protegendum est mensque bona omni-tempori,
tu-ipse Sapiens vive! potissimum me doce tuo dicere ex-animo
per-te quo (id est) ore, in quibus vita prima fuerit.
2. (29.)
1. Vobis terrae anima questa-est: cui me creavistis? qui me for-
mavit? Ad me impetus roburque feriens-jaculans est quorum-
uterque audensque potensque. Non mihi percutiet (adjuvabit)
quam-vos alius neque ita indicabit bona ad-agricolas-pertinentia
2. Deinceps creator terrae interrogavit Verum: quomodo tibi terrae
ratio? quum eam pro creavistis, dominantes! simul pascua tanquam
bovum-nutritum formando. Quem ei adjuvantem-Vivum crea-
vistis qui a mendacibus factum impetum propulsaret?
3. Huic Vera non relinquens, nuHum-odium-habens terrae rt^spon-
dit: illarum-rerum non gnarus-sum quae possidenti ignes simt
sublimes; (sublimium?) omnium-quicunque-sunt ille-ipse fortis-
simus, cui invocatum adeam semel.
4. Sapiens indicans scicntissimus quae enim pro operato exco-
gitavit contra-devasque horainesque et quae pro operaturo ex-
cogitavit. Ille-ipse disccrnens^ivus; itaque erga-nos sit quo-
modo ille-ipse velit.
Uaug, die Gäthd's des Zarathiistra. I.
5. At väo iigtdndis ahvdo zagtdis frenemnd ahurdi d
Me iirvd geiiscd aydo jjat Mazdäm dvaidi feragdbjö
Noit erezigjoi fragjditis noit fshujafite dregva^u pairi.
6. At evaocaf ahuro Mazddo vidvdo vafüs vjdnajd
Noit aevd-ahü-vigto naedd ratus ashdtcit hacd
At zi thwd fshujaiitaecd vd^trjdicd thworestd tatashd.
7. Tem dzütois ahuro mäthrem tashaf Ashd hazaosho
Mazddo gavoi khshvidemcd hvo urushaeibjo gpento ^d^njd
Kagte vohü mananhd je i ddjdt eedvd maretaeibjo.
8. Aem moi idd vigto je ne aevo ^d^ndo güshatd
Zarathustro ^pitdmö hvo ne mazdd vasti ashdicd
Carekarethrd ^rdvajaiihe hjat hoi hudemem djdi vakhedhrahjd,
9. Atcd geus tirvd rao^td je anishem khshänmene rddem
Vdcim neres a^ürahjd jem d va^emi ishd-khshathrem
Kadd javd hvo anhat je hoi dadat zagtavat avö.
10. Juzem aeibjo ahurd aogo ddtd Ashd khshathremcd
Avat vohü mananhd jd hushitis rdmdmcd ddt
Azemcit ahjd Mazdd thwäm menhi paourvim vaedem.
11. Kudd ashem vohucd khshathremcd at mdmashd
Juzem Mazdd frdkhshnene mazoi magdi d paiti-zdnatd
Ahurd rlü ndo avare ehmd rdtois jushmdvatdm.
3. (30.)
1. At td vakhshjd ishento jd mazdd *thd hjatcit vidushe
(^taotdcd ahurdi je^njdcd vanheus mananhd
Humdzdrd ashd jecd jd raocebis daregatd urvdzd.
2. ^raotd geus dis vahistd avaenatd gucd mananhd
A varendo vicithahjd ndrem narem qaqjdi ta?iuje
Pard maze jdonho ahmdi ne ^azdjdi baodanto paiti.
3. At td maijijü paoaruje jdjema qafnd a^rvdtem'
Manahicd vacahicd skjadfhanoi hi vahjo akemöd
'jdo^cd huddonho eres vishjdtd noit duzddonho.
Haiigy die Gdthas des Zarathustra. I. 7
5. At vestrum sublatis vilarum-duarum-causa manibus precantes-
duae ^unt ad viviim, mea anima terraeque indelebilis anirna;
ut Sapientein in-uträque adjuvantibus homiuibm, nee rectum-
amanti porro-existentia nee opulenti inter mendaces sit!
6. Sic dixit vivus Sapiens scieos telam (poesin) cum-arte-tex-
toria : „non-unam-vitam-possidens neque dominus de vero
quoillRque erat; itaqiie enim te opulentique agricolacque crea-
Jü»r formavit."
7. Hüne invocationis vivus cantum fecit Vero conjunctus Sapiens
terrae sexque ille-ipse regionibus sanctus praedieandus; quis-
iste bona mente qui id det tempore hominibus ?
8. nie mihi hie proprius est (hunc possideo) qui nostrum solus
voces audiebat, Zarathustra sanctissimus ; ille-ipse nostrum
cognitiones vult Veroque perfieienda palam-facere; quä-de-
causä ei bonum-spiritum dabo artis-oratoriae.
9. Atque terrae anima flevit quae inopem eoriim quorum-largitio-
optatur feci vocem viri imbeeillis ad-quem opto opum-posses-
sionem! Quando tempore ille-ipse erit qui ei dederit manibus-
faetum auxilium?
10. Vos his Vivel habitaculura datis Vere! possessionemque illam
bona mente quae (possessione) amoenitates voluptatemque dat.
Ego-quid hujus Sapiens! te cogitem primum possessorem!
11. Ubi Verum bonamque Mentem Possessionemque sie amplifi-
eem? Vos Sapiens! sapientiä pro magna magnitudine pro-
misistis Vive! nune nobis-duobus auxilium hoc-illud largitionis
vestrae.
3. (30.)
1. Ita haec dieam, venientes! quae sapientiä (res sapientes) tune
quaeeunque scienti laudabiliaque vivo venerabiliaque bonae
mentis sint; valde-felicia vera precar quorum luminibus eon-
spiciendi ortus sunt.
2. Audite terrae animam illis; optima videatis flammas mente!
secundum optiones (religiones) ad distinguendum et mulierem
et virum sibi ipsi; antiquitus magni! qui huie nobis ad-consen-
tiendum expergefaeti estis.
3. Ita hi-duo Spiritus primi qui gemini sponte-agentcs esse audiuntur
in menteque voeeque et actione, haee-duo, melius pravumque ;
inter-hos-duos e/igiYe,bonum-facientes sitis non malum-facientes.
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I.
Atcd hjat td hem mainjü ga^aetem paourvim da%de
Gaemcd agjditimcd jathdcd anhat apemem anhiis
Acisto dregvatäm at ashaone vahistem mano.
Ajdo manivdo varatd je dregvdo acistd-verezjo
Ashem mainjus ^penisto je khraozdisteiig ageno vagte
Jaecd khshnaoshen ahurem haithjdis skjaothandis fraoret Mazddm.
Ajdo nölt eres vishjdtd daevdcina jjat is ddebaoma
Peregmautng upd-gagat jjat verendtd acistem mano
At aeshemem hendvdrentd ja bänajen ahu maretdno.
7. Ahmdicd khshathrd gagat mananhd vohu ashdcd
At kehrpem iitajüitis daddt Armaitis dnmd
Aeshäm toi d anhat jathd ajanhd dddndis paourvö.
8. Atcd jadd aeshäm kaend gamaiti aenanhäm
At Mazdd taibjo khshathrem vohu mananhd vdividdiie
Aeibjo gagti ahurd joi ashd daden zagtajo drugem.
9. Atcd toi vaem qjdma joi im frashem kerenaon ahum
Mazddogcd ahurdonho dmojagtrd barand ashdcd
Hjat hathrd mando bavat jathrd cigtis anhat maethd.
10. Ada ZI avd drugo avo bavaiti gkendö gpajathrahjd
At agistd jaogante d hushitois vanheus manaiiho
Mazddo ashaqjdcd joi zazente vanhdo gravahi.
11. Jjat td urvdtd gashathd jd Mazddo daddt mashjdohho
Qiticd eneiti jjatcd dregem dregvodebjo ras ho
^avacd ashavabjo at aipi tdis anhaiti ustd.
wrej maza
4, (31.)
1. Td ve urvdtd marento agustd vacdo genhdmahi
Aeibjo joi urvdtdis drixgo ashahjd gaethdo vi-marencaite
Atcit aeibjo vahistd joi zarazddo anhen Mazddi.
2. Jezi dis nöit urvdne advdo aibi-derestd vaqjdo
At vdo vigpeiig djoi jathd ratüm ahuro vaedd
Mazddo ajdo ägajdo jd ashdt hacd gvdmahi.
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. 9
4. Atque ex-hoc hi-duo unä spiritus conveniunt, primum creant,
existentiamque non-existentiamque, et ut sit ultimum; vita ne-
quissiraa mendacium, at veraci optima mens.
5. Horum-duorum spirituum unxLm eligite qui (quorum alter) men-
dax, nequissima-perpetrans, alter \ er um- faciens spiritus san-
ctissimus; qui durissimos lapides flagitat, et qui venerantur vi-
vum essentialibus actionibus religiöse Sapientem.
6. Horum-duorum non re-verä sitis; Daeva aliquis quoniam eos
infringebamus in-consulentes-inter-se irrupit dicens immo eli-
gite nequissimam meutern. Tum in-impetum congregati sunt
Daevae contra quas praedicabant vitas-duas prophetae.
7. Huicque cum-possessione venit mente bona veroque, et cor-
pus aeterna creavit Ärmaitis, animus horum in te erat ut tem-
poris-cursu in creationibus primus.
8. Tumque quum horum aliquo venit malorum, tunc Sapiens ! tibi
(a te) possessio bona mente obtinetur, bis in-vituperatione
(castigatione) vive! qui vera reddunt manuum-duarum (pro-
missa) mendacium (Süge).
9. Atque illi nos simus qui hanc continuam efficiunt vitam; Sa-
pientesque vivi efficiunt promoventia auxilia veraque; etenim
ibi mente-praeditus solet-esse ubi prudentia est domi.
10. Haec enim illa mendacii auxilium est, diruptio deletoris. Et
perfecta conjunguntur in pulchra-habitatione bonae mentis Sa-
pientis Verique qui noti-sunt boni in-fama.
11. Idcirco haec dicta perficite quae Sapiens dedit hominibus spon-
teque efflat idcircoque perniciem mendacibus damnum, utilita-
tes veracibus; et in his erit salus.
4. (31.)
1. Haec vestrum eflfata dicentes inaudita verba indicamus iis qui
efFatis mendacii veritatis praedia destruenti sunt; at-quaecun-
que iis optima qui corde-addicti sunt Sapienti.
2. Si his non efflanti-dicta in-viis-duabus pugnatum est (provi-
sum est?) vestris! tum ad vos omnes ibo, quum legem vi-
vus seit Sapiens harum-duarum partium qua ex perpetuitate
(perpetuo) vivimus.
10 Haug, die Gdiha's des Zarathiistra. I.
3. Jäm däo mainjü dthräcd ashdcd cois rd7i6ibjd khshnütem
Jjat urvdtem cazdonnhvadebjo tat ne Mazda vMva7i6i vaocd
Hizvd thwahjd donho ja gvardd vi^jieng vdurajd.
4. Jadd ashem zevim anhen Mazddogcd ahurdonho
Ashicd Armditi vahistd ishagd mananhd
Maibjo hhshaihrem aogofighvat jehjd varedd vanaemd drugem.
Ö. Tat moi vtcidjdi vaocd jjat moi ashd ddtd vahjo
Viduje vohü mananhd mencd daidjdi jehjd md ereshes
Tdcit Mazdd ahiird jd noit vd anhat ahhaiti vd.
6. Ahmdi anhat vahistem je moi vidvdo vaocat haithim
Mäthrem jim Haurvatdto Ashahjd Ameretdtagcd
Mazddi avat khshathrem jjat hol vohü vahhshat mananhd.
7. Jagtd mantd pourujo raocebis roithwen qdthrd
Hvo khrathwd dämis ashem jd ddrajat vahistem mano
Td Mazdd mainjd xihhshjo je d nuremcit ahurd hämo.
8. At thwd menhi jmourvim Mazdd jazum ^toi mananhd
Vanhens patarem mananhd hjat thwd hem cashmaini hengrabem
Haithim ashahjd ddmim anheus ahurem skjaothanaeshü.
9. Thwoi af Armaitis thwe d geus tashd a^-khratus
Mainjü Mazdd ahurd hjat aqjdi daddo pathäm
Vd^trjdt vd dite je vd noit anhat vd^trjo.
10. At hi ajdo fravaretd vdgtrim aqjdi fshujantem
Ahurem ashavanem vanheus fshenghi mananho
Noit Mazdd avd^trjo daevägcind humaretois bakhstd.
11. Hjat ne Mazdd paourvim gaethdo^cd tasho daendogcd
Thwd mananhd khratüscd jjat agtvantem daddo ustdnem
Jjat skjaothandcd ^enghägcd. Jathrd vareneng va^do ddite,
12. Athrd vdcem baraiti mithahvacdo vd ereshvacdo vd
Vidvdo vd evidvdo vd ahjd zarezddcd mananhdcd
Anus-hahhs Armaitis mainjü pere^aite jathrd maethd.
13. Jd fra^d dvishjd jd vd mazdd peregaitö tajd
Je vd ka^eus aenanho d mazistäm ajamaite bügem
Td cashmeng thwi^rd harn aibi ashd aibi vaaiahi vi^pd.
Hang, die Gclthas des Zaruthiidra. /. 11
3. Quam dedisti Spiritus! igneque perpetuitateque, ei cujus lignis-
ad-ignem-eliciendum-destinatis oblationem? Quod dictum re-
velationem-divinam-habentibus, hoc nobis Sapiens! ad-sciendum
loquere! lingua tui oris qua viventes omnes protegas!
4. Quando Verum invocandum-est et quum irivocandi sunt Sapien-
tes vivi, efFunde, Ärmaiti^ optima praebe mente mihi posses-
sionem potentia-praeditara, cujus auxilio deleamus mendacium!
5. Hoc mihi ad cognoscendum die quo mihi vera data tanquam
melius (optimum) possideo bona mente, et ad commonefacien-
dura cujus me rectitudinis (me monere quae rectitudo sit) •, haec-
omnia Sapiens vive ! quae non vel erat vel erit.
6. Ei erat optimum, qui mihi sciens dixit verax Carmen quod in-
columitatis, veritatis immortalitatisque est, Sapienti illud reg-
num (potentia) quod eo bona dicere-potest mente.
7. Qui-haec cogitavit primus, luminibus coelestihus multitudinem
suo-igne, ille-ipse intellectu creans verum quo fecit-ut-tenea-
tur optima mens. Haec Sapiens Spiritus ! crescere-fecisti qui
in omni-tempore vive ! tu idem eris.
8. Sic te cogitabam primum Sapiens! altum naturae mente, bo-
nae patrem mentis quum te simul oculo concepi, essentiale
veritatis, creatorem vitae, vivum in actionibus.
9. In te erat Armaitis (terra), iu te terrae formator valde-intelli-
gens, Spiritus! Sapiens vive! quum ei fecisti viam, ab agricola
vel venit ad eum qui vel non erat agricola.
10. Ita haec inter-^os-duos eligit agricolam sibi divitem, vivum
veracem, bonae opulentiam mentis; ne. Sapiens! non-agricola
deos-quosque-colens evangelii particeps-^it/
11. Id nobis Sapiens! primum praediaque creasti meditationesque,
te (tua) mente intelligentiasque itaque existentem fecisti mun-
dum itaque actioues (ceremonias) carminaque. Ubi optiones
vir-liber facit,
12. Ibi vocem fert vel falsum-loquens vel rectum-loquens vel sciens
vel nesciens ejus (sui) cordeque menteque; ex-ordine inter-
rogat Armaitis spiritus-duos ubi domi sunt.
13. Quae caetera (porro) raanifestanda sunt vel quae sapientia
(res sapientes) interrogat-sibi illic vel qui in parvo damno
maximam sibi-comparat voluptatem, haec oculos (oculis) splen-
dens! custos circa Vere! circumspicis omnia!**
12 Haug, die Gdthas des Zarathiistra. I.
14. Tä thwä peregd ahurä ja zi diti gmghaticd
Jäo ishudo dadente ddthranäm hacd ashaono
Jdogcd Maadd dregvödebjo jathd tdo ai'ihen heukeretd hjat,
15. Peregd avat jd mainis je dregvdite khshathrem hunditi
Dus-skjaothandi ahurd je noü gjotüin hanare vina^ti
Vdgtrjehjd aenanhu pageus virdatcd adrugajaütu.
16. Pere^d avat jathd hvo je huddnus demdnahjd khshathrem
Shoithrahjd vd daqjeus vd ashd fradathdi agperezatd
Thwdväg Mazdd ahurd jadd hvo anhat jd-skjaothanagcd.
17. Katdrem ashavd vd dregvdo vd verenvaite mazjo
Vtdvdo vidushe tnraotü md evtdvdo aipide-bdvajat
Zdi ne Mazdd ahurd vanheus fradakhstd mananho.
18. Md eis at ve dregvato mäthrä^cd giistd ^dgndo^cd
Ä zi demdnem vi^em vd shoithrem vd daqjüm vd dddt
Dusitdcd marakaecd athd is ^dzdüm ^naithishd.
19. Gustd je maiitd ashem ahübis oidvdo ahurd
Erezukhdhdi vacatihdm khshajamano hizvo-va^o
Thwd dthrd gukhrd Mazdd vanhdu viddtd ränajdo.
20. Je ddjdt ashavanem divamnem hol aparem khshajo
Daregem djü temanhö dusqarethem avaStd '^ vaco
Tem vdo ahüm dregvanto skjaothandis qdis daend naeshat.
21. Mazddo daddt ahurd haurvato ameretdta^cd
Bürois d ashaqjdcd qdpaithjdt khshathrahjd ^aro
Vanheus vazdvare mananho je hoi mainjd skjaothandiscd urvatho.
22. Cithrd i huddonhe jathand vaedemndi mananhd
Vohu hm khshathrd ashem vacanhd skjaothandcd hapti
Hvo toi Mazda ahurd vdzisto anhaiti a^tis.
5. (32.)
1. Aqjdcd qaetus jd^at ahjd verezenem mat airjamnd
Ahjd daevd mahmi manoi ahurahjd iirvdzem d Mazddo
Thwoi ddidonho donhdmd teng ddrajo joi vdo daibishenti.
Hang, die Gatha's des Zarathustra. I. 13
14. Haec te interrogem vive! quae enim veniunt venientque quae
preces conduntur ab creatoribus veracis (veracibus) et quae
Sapiens! a mendacibus, ut hae sint pertectae ita!
15. Interrogem illud, quae cogitatio ejus sit qui mendaci posses-
sionem impertit, mala-perpetranti vive! et quae cogitatio ejus
sit qui non vitara ullum (ullo modo) destruit agricolae damno
in-pecore viroque (virisque), non-Mendacium-colentis.
16. Interrogem illud, quomodo ille-ipse qui bonis-donis-praeditus
domus dominus vel agri vel provinciae veritati-propagandae
studuit, tibi-addictus Sapiens, vive! quando ille-ipse erat et
quae-perpetrans erat.
17. Utrum (uter) veraxve mendaxve docet majus? Sciens scienti
dicat, ne nesciens velamen-faciat (celet); esto nobis Sapiens
vive! bonae confirmator mentis.
18. Ne quis ita vestrum mendacis carminaque audiat legesque,
quoniam domum vicumve agrumve provinciamve tradidit per-
niceique exitioque. Itaque eos interficite gladio!
19. Audiat qui cogitavit veritatem cum-vitis-duabus sciens, vive!
recte-dictam vocum possidens linguae-arbitrium, a-te igne ru-
bente Sapiens! bono posito in-lignis-duobus-ad-ignem-elicien-
dum-destinatis.
20. Qui faciat veracem mentientem, ei alienum imperium, per-
longum aevo, caliginis male-splendens (male-sonans) abiit ver-
bum; hanc •v*e»trunÄluoriim vitam delentes actionibus suis re-
ligio eradicet!
21. Sapiens dedit vivus incolumitates immortalitatesque in multi-
tudine perpetuitateque (multas perpetuasque) e-sww-bonis, pos-
sessionis custos, bonae lucrum mentis ei qui illi animo actio-
nibusque amicus erat.
22. Cognita haec sunt bonum-facienti simulac possidenti mente bo-
num. Ille-ipse, rex! veritatem verbo actioneque colit, ille-ipse
tibi sapiens vive! optime-vehens (ducens) erit res.
5. (32.)
1. Ejusque domesticus veneratus est Sapientem ejus servus cum
diente, bujus, Daevae! in mea mente vivi adortiis Sapientis;
in-te (tui) missi simus; eos capias qui vo^TIlWÄderunt,
14 Hang, die Gathas des Zarathustra. I.
2. Aeibjo Mazddo ahuro gdremno vohü mananha
Khshathrdt hacd paiti-mraot ashd hus-hakhd qenvdtd
(^pefitam ve Armaitm vanuhhi varemaide ha ne anhat.
3. At jus daevd vi^pdonho ahdf mananho ^td äithrem
Ja^cd vdo mas jazaite drüga^cd imirimatoiscd saomäm
Aipi daibitd7id jdis a^nUhim bümjdo haptaithe.
4. Jdt jus td fra-mimathd jd mashjd acistd daütö
VahhshenU daevo-ziistd vaüheus gizdjamnd mananha
Mazddo ahiirahjd khrateus na^janto ashdafcd.
5. Td debnaotd mashim hugjdtois ameretdta^cd
Jjat vdo akd mananha jeng daeveng aka^cd mainjus
Akd skjaothanem-vacanhd jd fracina^ dregvantem khshajo.
6. Paouru a&ndo endkhstd jdis ^rdvajeite jezi tdis athd
Hdtd mardne ahurd vahistd voi^td mananha
Thwahmi vi Mazda kkshathrdi ashaecd ^engho vidäm.
7. Aesham aenanhäm naecif vidvdo dgoi hddrojd
Jd gojd ^mghaite jdis ^rdvi qaend ajanhd
J aesham tu ahurd irikhtem Mazda vaedisto ahi.
8. Aesham aenanhäm Vivanhushö ^rdvi Jima^cif
Je mashjeng cikhshnusho ahmdkeng gdus baga qdremno
Aeshämcit d ahmt thwahmi Mazda mcittioi cupi.
9. Dus^agtis gravdo morendat hvo gjdteus ^enhandis khratüm
Apo md istim apajafitd berekhdhäm hditim vanheus mananho
Td ukhdhd manjfMs mahjd Mazdd Ashdicd jushmaibjd gereze.
10. Hvo mdnd ^ravao morendat je acistem vaenanhe aogedd
Gäm ashibjd hvarecd jagcd ddtheiig dregvato daddt
Ja^cd vdgtrd vivdpat jagcd vadare voizdat ashdune.
11. Anhviscd anhva^cd apajeiti raekhnanho vaedem
Taecit md morendan gjotum joi dregvato mazibis ciköiteres
Joi vahistdt ashaono Mazdd rdreshjän mananho,
12. Jd rdonhajen gravanhd vahistdt skjaothandt maretdno
Aeibjo Mazddo akd mraot joi geus morenden urvdkhs-ukhti gjötiim
Jdis GrejmAashdt varatd karapd khshathremcd ishanäm drugem.
Haus:, (h'e Gdthas des Zarathiistra. I. 15
"bJ
2. His Sapiens vivus protegens bona mente „per possessionem"
respondit, „Vero pulchre-sequente lucente sanctam vestrum
Pietatem bonain eligimus, haec nobis sit!"
3. Sic vos Daevae! omnes e-mala mente estis orta varietas; et
qui vestrum-duoruin magnus colit mendaciique fallaciaeque So-
mam, praeterea insidias quibus famosi-esse-audiinini terrae in-
septem-regionibus.
4. Ex-quo vos haec excogitavistis quae homines pessima facien-
tes loquuntur Daevis-grata, bona privata mente, Sapientis vivi
ex-intellectii pereuntes veritateque sunt.
5. Eo defraudatis horainem bonä-naturä immortalitateque nempe
vestrum-duorum mala mente, et eorum qui Daevae sunt et ejus-
que malus Spiritus, mala actione-et-voce qua potissimum-col-
iecta est in-mendacem opulentia.
6. Multa damna facere-studuistis! quibus (quorum causa) si pre-
ces-fiunt, his fiant ita: quae-re-vera-sunt dicam vive! optima
scis mente; in te Sapiens! in-regno veritateque laudem posui.
7. Horum damnorum nullum (in nullo), sciens in-acie castrorum-
duorum quae auxilia sint clamat, in quibus (quorum) esse au-
ditus-est suo ipsius modo: quorum tu vive! depulsionis Sa-
piens! scientissimus es.
8. Horum raalorum Vivanghuides esse audiebatur Jimus-quoque,
qui homines donis-veneratus nostras terrae (vaccae) partes il-
lustrans est, in his-etiam ego-sum, te Sapiens! judice quoque.
9. Mala-verba— proferens auditiones perturbat ipse existentiae ma-
ledicendo intelligentiam. Ne fortunam auferant excelsam rea-
lem bonae mentis! Haec dicta spiritus mei Sapienti Veroque
vobis! exclamo.
10. llle-ipse ne auditiones perturbet qui nequissimum ad-videndum
dixit, terram nequitiis soleraque implevit et qui leges mendaces
dedit et qui agros detondit quique detrimentum intulit veraci.
11. Viventis vitarum-duarumque aufert thesauri possessionem. Hi-
cunque ne perturbent existentiam qui mendacis inter-magnos
apparentes sunt, qui optimae veraci Sapiens! nocere-student
menti.
12. Qua donaverunt auditione ex-optimä actione prophetae! His
Sapiens mala dixit qui terrae perturbant edictum-dicendo exis-
tentiam, quibus Grehma pugnans contra-verum se-circumdedit
sacrificuUis daemonum, regnumque adeuntium ad-mendacium.
Iß Haug, die Gäthd's des Zaratkustra. I.
13. Jd khshathrd Grehmo hisha^at acistakjd demäne mananho
Aiiheus marekhtärd ahjd jaecd Mazda gtgerezat käme
Thwahjd mathrdno dütemje is pdt daregat ashahjd.
14. Ahjd Grehmo d hoithwoi m kdvajagcit khratus ni dadaf
Varecd hicd fradivd hjdt vigeftid dregvafitem avo
Hjatcd gdus gaidjdi mraoi je duraoshem gaocajat avo.
15. Audis d ve nindgd jd karapotdogcd kevitdaogcd
Avdis aipi jeiig daifiti noit gjdteus khshajamneng vago
Toi dbjd bairjdofite vanheus d demdne mananho.
16. Hamem tat vahistdcit je ush-uruje gjagcit dahmajdi
Khshajäg Mazdd ahurd jehjd md dithiscit dvaethd
Jjat aenanhe dregvato eed nü ishjeng afthajd.
6. (33.)
1. Jathd dis ithd vareshaite jd ddtd anheus paourjehjd
Ratüs skjaothand razistd dregvataecd jjafcd ashaone
Jehjdcd hem'm jdgaite mithahjd jdcd hoi d erezvd.
2. At je akem dregvdite vacanhd vd at vd mananhd
Zagtoibjd vd vareshaiti vanhdu vd cöithaite agtim
Toi vdrdi rddenti ahurahjd zaoshe Mazddo.
3. Je ashdune vahisto qaetil vd atvd verezejijo
Airjamnd vd ahurd vidäg vd thwakhshanhd gavoi
At hvo ashahjd anhat vanheuscd vdgtre mananho.
4. Je thwat Mazdd agrustim akemcd mano jazdi apd
Qaeteuscd taramaitim verezenahjdcd nazdistäm dr%gem
Airjamanagcd nadento geuscd vdgtrdt acistem mafdum.
5. Jagte vigpe-mazistem Qraoshem zhajd avanhdne
Apänö darego-gjditim d khshathrem vanheus mananho
Ashdt d erezüs patho jaeshü Mazddo ahuro shaeiti.
6. Je zaotd ashd erezus hvo manjeus d vahistdt kajd
Ahmdt avd mananhd jd verezjeidjdi maiitd vdgtrjd
Td toi izjd ahurd Mazdd darstoisöd hem-parstoiscd.
Haiigy die Gdtkas des Zarathustra. L 17
13. Quas possessiones Grehma tradidit pessiraae habitacnlo mentis,
vitae occisoris hiijus, in-quäque Sapiens! contumeliä-affecit cii-
piditate tui vatis legatiouem qui eos propiilset ab-impetu veri.
14. Hujus Grehma in vinculis sit! expuhi vates-quicunque daemo-
num, intelligentia abolet artes magicas quasque antiquitus
traditas qniim veniunt ad-mendacem auxilium (auxilio). Ita-
que terra vincere dicebatiir, quae malum-propellens inflamma-
vit auxilium.
15. Ulis in vobis delebo quae sacrificia-daemonum vaticiniaque! —
Auxiliis quoque quos faciunt non existentiae possessores libere,
hi ab iis feruntur bonae in habitaculum Mentis.
16. Omne hoc optimo-cuique qui late-splendenti adjacens est sa-
crificio (qui id perficit) regnans, Sapiens vive! cujus me ad-
rem-omnino misisti; itaque perniciei mendaces quoad nunc
adeundos faciam !
6. (33.)
1. Sicut his ita perficienti quae datae sunt, vitae primae leges,
actiones justissimas, mendacique accidit et quod veraci ; cujusque
totam-rem colenti fallaciae et ei illa quae in eä recta.
2. Sic qui maliim mendaci voceve vel mente, manibusve per-
ficit vel ope-boni cognoscit non-existentiam : hi propugnaculo
agunt, vivi in-gratia Sapientis!
3. Qui veraci optimus domesticorum-duorum vel servorum-duorum
clientum-duorum-ve vel viva sciens laborando terrae : sie hie
Veri erit bonaeque in-campo Mentis.
4. Qui a te Sapiens! inobedientiam malamque meutern deprecar
domesticique impietatem servique proximum mendacium clien-
tisque adhaerentis terraeque a-campo pessimam cogitationem.
5. Qui tibi omnium-maximum (^raoshem invocabo ut sit propulsori
diripientis longam-existentiam in regno bonae Mentis, Veri in
rectis viis in-quibus Sapiens vivus habitat.
6. Qui invocavit vera rectus, ille-ipse Spiritus optimi in essentia;
ex hoc illä mente est praeditus qua colere cogitavit agrestia,
haec tui venerabor vive Sapiens! e-visuque colloquioque.
Abhandl. der DMG. I, 3. 2
lg Hang, die Gdthas des Zarathustra. 1.
7. Ä md didüjn vahistd d qaethjdcd Mazdd darei^atacd
Ashd vohü mananhd ja ^Tiije pare magaono
Avis ndo afitare hentü nemaqaitis ciihrdo rdtajn.
S. Fro moi fravoizdum arethd td jd vohü shavdi mananhd
Jagneni Mazdd khshmdvato at vd ashd ^taomjd vacdo
Ddtd ve ameretdta^cd utajüiti haurvatdo draono.
9. At toi Mazdd tem maiiy'üm ashaokhshajantjdo garedjcjdo
Qdthrd maethd mdjd vahistd baretü mananhd
AJdo droi hd-kurenem jajdo hacaifite urvdnö.
10. Vigpdo gtoi hugitajo jdo zi donhare jdo^cd henti
Jdogcd Mazdd bavainti thwahmi his zaoshe dbakhshohod
Vohü ukhshjd mananhd khshathrd ashdcd ustd tanüm.
11. Je gevisto ahuro Mazddo^cd Armaitisöd
Ashemcd frddat-gaethein Maiia^cd vohü Khshathremcd
^raotd moi marezddtd moi dddi kahjdicit paiti.
12. U^ moi uzdreshvd ahurd Armaiti tevishim da^vd
^penistd mairijü Mazdd vanhujd zavo-ddd
Ashd hazo emavat vohü mananhd fgeratüm.
13. Rafedhrdi vouru-cashdne doishi moi jd ve abifrd
Td khshathrahjd ahurd jd vanheus ashis mananho
Fro gpeiitd Armaite ashd daendo fradakhshajd.
14. At rdtäm Zarathustro tanva^cit qaqjdo ustanem
Dadditi paurvatdtem mananha^cd vanheus mazdd
Skjaothanahjd ashd jdcd ukhdhaijjdcd (;raoshem khshathremcd.
7. (34.)
1. Jd skjaothand jd vacanhd jd jagnd ameretatdtem
Ashemcd taeibjö ddonhd Mazdd khshathremcd haurvatdto
Aeshäm toi ahurd ehmd paourutemdis dagte.
2» Atca i toi mananhd mainjeuscd vanheus vigpd ddtd
Cpentaqjdcd neres skjaothand jehjd urvd ashd hacaite
Pairi gaethe khshmdvato vahme Mazdd garöibis ^tütäm.
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. 19
7. Ad me ite optimae ad me propriaeque, Sapiens! conspiciendae
veritates bona mente ! qua audior coram magno-adjutore. Palam
nos-duos inter fiant ad-venerationem-pertinentes diversi modi !
8. Provenite mihi! provenite res tales ! quae bona illi-ipsi inente sunt,
cultus Sapiens ! vestrum et verae laudatoriae voces. Date vestrum
et immortalitates aeternas-duas et incolumitates, vigorem.
9. Ita tibi Sapiens ! hunc spiritum veritate-augentium-duarum vi-
rium per-totum-annum-efficacium siio-igne, loco, origine, opti-
mae indole mentis. — harura-duarum in-prpmptu praeparatio
est quas-duas sequuntur animi.
10. Omnes in-mundo bonae-res quae enim erant et-quae Sapiens!
erunt, tuä eas gratiä largire; bona äuge mente possessiones
veritatesque, salute corpus!
11. Qui fortissimus vivus Sapiensque Pietasque et Verum convallans-
praedia Mensque bona Possessioque estis: audite me felicem-
reddite me in ^) opere qnocunque!
12. Mihi assurge-te viva Armaiti, vigorem da sanctissime Spiritus
Sapiens! bona precum-oblatione,' da mihiYerel robur vehemens,
bona mente opulentiae-legem.
13. Saluti late spectanti curas mihi, ea veritate quae vos implevit,
illä veritate possessionis vivä quae bonae veritas est mentis;
corrobora sancta Pietas vera! carmina corrobora!
14. Ita e nwmero-sacrificantium Zarathustra, ut corporis-cujuscun-
que proprii natura maneat, dat primordium et qiädem mentis
bonae sapientiam, actionis veritates et quae similia verbique
auditionem possessionemque.
7. (34.)
1. Qua actione qua voce qua veneratione immortalitatem verita-
temque his praebeas Sapiens! possessionemque incolumitatis :
harum rerum tibi vive! hoc-illud plurimum datur (datum est).
2. Itaque haec tibi mente spiritusque boni omnia data sanctique
viri actione, cujus animus veritates sequitur; in habitatione
vesträ amplificatio Sapiens! cantibus laudantium est
^ pro paiti.
2*
20 Hang, die Gdthd's des Zarathiistra. I.
3. At toi mjazdem a/nirä nemafihä ashdicd dämä
Gaethäo vi^pdo d khshathröi jdo vohü thraostd mananhd
Aröi ZI huddonho vigpdis Mazda khshmdvacü gavö.
At toi dtarem ahurd aogonhvantem ashd ugemahi
Allstem emavantem ^toi-rapefitem cithrd-avanhem
At Mazda daibishjante zagtdgtdis derestd-aenanhem.
5. Kat ve khshathrem kd istis skjaothandis Mazda jathd vaokhemi
Ashd vohü mananhd thrdjoidjdi drigüm Jüshmdkem
Pare vdo vigpdis pare vaokhemd daevdiscd khrafytrd mashjdiscd.
6. Jezi athd ^td haithhi Mazdd Ashd vohü mananhd
At tat moi dakhstem ddtd ahjd anheus vi^pd maethd
Jathd vdo jazemna^cd urvdidjdo ^tava^ ajeni paiti.
7. Kuthrd toi aredrd Mazdd joi vanheus vaedemnd mananhd
(^enghüs raekhndo agpencit ^ddrdcit cakhrajo ushi-urü
Naecim tem anjem jüshmat vaedd ashd athd ndo thrdzdüm.
8. Tdis ZI ndo skjaothandis hjante Jaeshü af pairi pourubjo ithjego
JJat agaogjdo ndidjdonhem thwahjd Mazdd ä^td urvdtahjd
Joi noit ashem mainjantd aeibjo düire vohü a^mano.
9. Joi gpentäm Armaitim thwahjd Mazdd berekhdhäm vidusho
Bus-skjaothand avazazat vanheus evigti mananhd
Aeibjo mash ashd ^azdat javat ahmat aurund khraftgtrd.
10. Ahjd vanhüus mananhd skjaothand vaocat garebam hukhratus
^peiitämcd Armaitim dämim vidvdo hathdm ashahjd
Tdcd vi^pd ahurd thwahmi Mazdd khshathröi d vojathrd.
11. At toi übe haurvdo^cd qarethdi d ameretatdo^cd
Vanheus khshathrd mananhd ashd mat drmaitis vakhst
Utajuiti tevishi tdis d Mazdd vtdvaeshdm thwdi ahi.
12. Kat toi rdzare kat vashi kat vd ^tutd kat vd jagnahjd
(^rüidjdi Mazdd frdvaocd jd ve ddjdt ashis rdshnäm
^ishd ndo ashd pathd vanheus qaeteng mananhd.
Hang, die Gdfhas des Zarathustra. L 21
3. Ita tibi sacrificium vive! laude Veroque damus in habitatio-
nibus Omnibus quas bona construxisti mente. In-promptu enim
estote bonum-facientes! in-omnibus rebus Sapiens! quae-ves-
irum-simt salus est.
4. Sic tibi ignem vive! robustuni vere! desideramus, incolumem,
potentem, mundum-adjuvantem, varia-auxilia-/ere7ifem, sie tibi
Sapiens! delenti telis-a-inanibus-missis eitm-qui-commisit-pec-
catum.
5. Quid vestrum regnum? qiiae fortunae actionibus comparatae Sa-
piens! ut loquar veritates bona mente ad-triplicem-faciendam
trinitatem vestram? Jam-dudum vobis duobus in-omnes, jam-
dudum loquebamur in daemones, in-carnem-vorantes, homi-
nesque.
6. Si nunc estis re-vera Sapiens! Vere! praediti bona mente:
sie hoc mihi robur date hujus vitae omni loco, quoniam vos-
duos venerans praedicationi vestrae laudansque obviam ire-volo.
7. Ubi ii prospiciens Sapiens! qui bonae mentis possessa mentis
indicant bona; caligo-quaecunque oppressio-quaecunque effi-
cis-ut-fiat manifesta-Iate. Nulhim hunc aliiim praeter-vos nosco
Vera! Nunc nos-duos servate!
8. His enim nostris actionibus terror-injicitur iis in-quibus erat
in multos pernicies ; itaque affligas cogna'tiim inimicum tui Sa-
piens! angore edicti: ,,qui non verum cogitant, iis in-remoto
loco habitatio est a-Iucente coelo".
9. Qui, quamquam sanctam Pietatem tuae mentis Sapiens! excelsam
scientes sunt, malas-actiones progignendo addicti sunt bonae
ignorantiä mentis: iis magnus dejicit veritates quoniam ex-
hoc discurrentes daemoneÄ-carnem-vorantes nascuntur.
10. Hujus bonae mentis actiones dixit fructum esse valde-intelli-
gens sanctamque Pietatem creaturas-habentem sciens substan-
tiam veritatis esse dixit; eaque omnia vive! in tuo Sapiens!
regno sunt quae-moventur.
11. Sic tibi ambae incolumitatesque in splendorem immortalitates-
que sunt; bonae regno mentis Vero cum Pietas crescit; sem-
piternae vires-duae in his sunt; Sapiens! possidentium eas in
te es.
12. Quid tibi arcanum est? quid concupiscis? quidve laudantis
quidve venerationis est? Audiri Sapiens! die ea quae ves-
trum faciant veritates custodum. Doce nos vere! vias bonae
a-te-ipso-calcatas mentis.
22 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I.
13. Tem advdnem ahurd jem mui mraos vanheus manaiiho
Daendo ^aoshjantäm jd hü-keretd ashdtcit urvdkhshat
Hjat civistd huddobjo mizdem Mazdd jehjd tu ddthrem.
14. Tat ZI Mazdd vairim a^tvaite ustdndi ddtd
Vanheus skjaothand mananho Joi zi geus verezPjie azjdö
Khshmdkäm hucigtim ahurd khrateus ashd frddö verezmd.
15. Mazdd at moi vahistd gravdogcd skjaothandcd vaocd
Td tu vohü mananhd ashdcd ishudem 0üt6
Khshmdkd khshathrd ahurd frashem vagnd haithjem ddo ahüm.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. 23
13. Haec via vivc! quam mihi dixisti bonae mentis, sunt dicta
«acerdofwm-ignem-inflammantium qiiae bene-facta e-veritate-
quäque enata-simt. Etcnim praebitum-est bonum perficienti-
biis praemium Sapiens! cujus tu es dator.
14. Hoc enim Sapiens! propugnaculum existenti mundo dedistis,
bonae actiones mentis; iis qui enim terrae culturä indelebilis
occupati sunt, vestram bonam-sapientiam dedistis; vive ! intelli-
gentiae veram tuitus-es culturam.
15. Sapiens! sie mihi optimas auditionesque actionesque die illas,
tu bona mente veräque die precationem laudantis; vestro reguo
vive! continuam gratiä tud praesentem fecisti vitam.
2)eiit[d}e Ueberfel^img ber ®at^a at)imaDaiti.
1. (28.)
1. 5)ev geoffenSartc (Sebanfe, baS geoffenfcarte Sßort, bie
geoffenBarte X^at beg ttja^r^aftigen ßaxat^u\ixa, —
3)te unjievbUc^en ^eiligen fangen bte l^ieber öor.
5lnBetung euc^, i^r tüa^r^aftigen Siebet!
2. ^^ ^eb em^or in 5lnba^t meine ^änDe unb öcre:^rc guerfi aUe
Wai^xen SBerfe beö njeifen ^fjeiligen ©eifteg unb beg frommen @in=
neö ^injic^t, um biefeS ©lüda t^eil^aftig §u n^erben. Smen 355ev=
fen unb bec @eele ber (Erbe n?iU ic^ mein ®e6et barbringen.
3. ?^rommen @innö tcitt ic^ mid) eud^ na^en, SBeifer! Sebenbiger!
mit ber aSitte, mir baö irbifc^e unb baö geiftige :^eben ju »erleid
t)en. 5)urd^ 3Öa^v:^eit finb biefe @üter ju erlangen, bie ber
(Selbfileuc^tenbe ben banad^ (Strebenben i^entt
4. (Suc^ beibe h^itt i^ rüt;men, bic^, 2Ba^r:^eit, unb bic^, ben guten
@inn, jum ^lüeitenj ben lebenbigen SBeifen unb ben Oiei(^tf;um,
ben i^ noc| nidjt angefleht; mit biefen fomme bie 5lrmaiti ((Sr=
geben^eit), bie üor bem SSöfen fc^ü^t, auf meinen Otuf meinem
^nl i)ex.
5. Mün ©eift berfünbet Sob ber ^eele ber ^rbe unb bem guten
(Sinn, unb ben 2Ba^v:^eiten ber ^eiligen Söerfe beä funbigen 3Bei=
fen, bea Menbigen. äßie lang bie ^raft mir reicht eud^ gu üer=
et)ren, fü lang bleib i^ beim (Suchen naci^ ber äBa:^r:^eit.
6. 3Öa:^rer! ujie vermag ic^ bic^ ^u flauen unb ben guten (Sinn,
unb ßraof^a, ber bem allerftärfften, bem lebenbigen SÖeifen, bie
SBege ba:^nt. Wo^U biefer (S^ruc^, "oon unferm ^unb gefpro=
^en, bie \? erb erblichen ©efc^ö^fe ijcrtreiben!
Haug, die Gathas des Zarathiistra. I. 25
7. ^omm mit bcm guten @inn, öevtei:^ beö Sauren ©aBeii für
lange ßeit, burc^ beine mächtigen 2Borte, SBeifer! SSerleil) bem 3«-
ratf)nfira beine jtavfe J^ilfe unb au6 unö, baf n}ir beö f^einbeö
Eingriffe befiegen.
8. @ie6, Saurer! biefc 2Ba^r(;eit, beö guten ©inneö ®ütev. ®ieb
bu, 5(rmaiti, bem S3iflac^a unb aud^ mir SSermÖgen. Sa^ bu aBei=
fer! bu Äönig! unä eure glü(!6ringenben (S^jrüc^c öcrnet)men.
9. ^'i^, ben 33ejien, Sefter! mit bem :6ejten 2öa!^ren, bicf;, ben l*e-
Benbigen! n>iÜ i6) üere^renj «i^ilfe tt)ün[^ ic^ für ^^raf^aoftra unb
mid^ unb für 2)ie, benen "iiu für aUe ß^it beö guten Sinnet
^raft »erleiden magft.
10. Um ©d^a^e ^u gen?innen feuern tnir euci^ an mit unfern (^tUiin,
ben leSenbtgen Reifen unb ben nja^ren unb ben Bellen (Sinn fo-
nne jeben, ber eurem S^ieici^c angeprt, in weld^er klaffe ber l;imm=
lif($en :^ofcfänger er auc!^ fei). 5(uf unfern 9tuf i)erleit;t i^r ®ü-
ter, 0Za^rung unb ?dt\\% üon SKac^t.
11. 5£)u fennji, leBenbiger Sßeifer! bie Bereite öor^anbenen @efe|e beä
SBal^ren unb beg guten ©inneS^ Befrieöigen Voi\i ic| meine £uft,
fie 5u erlangen; öon euren eigenen (S^rü(!^en, bie ^ur D'^a^rung, §u
©ütern üeri^elfen Unmn, fenne i(!§ nod^ gar feine.
12. 5£)u felBjl, ber bu burd^ biefc ©efe^c bag SBa'^re unb ben guten
(Sinn Befci^üfeejl cirigUcfi, bu leBenbiger SÖeifer! le^r mid^ boc^
bur(^ beinen ®eifi öerüinbigen, burc^ njeffen 3}iunbe, burd^ tuen
über^au^t baö erfie iSeBen Befielt.
2. (290
1. 3^1 ^^^ ^'i^f Ißitt bie ^rbfeele: i^'ür nien fc^uft i^r mic|, mer fd^uf
mid^? @egen mid) ftürmt bie ©ehjalt unb bie Otoi^^eit an mit
^ü()n^eit unb mit ^i\.6:}i. 9fliemanb anberg, alö i()r, fd^Iägt fte
mir gurücf, niemanb fonjl üerfünbet, trag bem l^anbmann frommt.
2. ®a fragte ber ^ilbner ber @rbe bag 2öa^re: traä t)afl bu für ein
@efe| für bie (Erbe gegeben, alö il;r fie fd^ufet, i^r «^errfc^er, bag
fte jletä baö S3ieB ernähre burd^ i^re^luren? Söelc^en l^eBenbigen
fd^ufet i^r ju i^rer <§ilfe, ber ben öon ben l^ügnern »erfuc^ten
Angriff aBgume^ren öermag?
3. 3)iefer ^rbfeele anthjortete ber baä SBo^re nie ijerlaflfenbe, ber fei=
nin «§a^ ^egenbe: 5lüer jener 5Dinge, bie bem .§errn ber er^aBe=
nen Seuer gehören, Bin \i) unfunbig; öon alten, bie fmb, ifl jener
ber ©tärffle, bem ic^ mi^ einmal mit 5tnBetung nal;en nuK.
26 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I.
4. ^er SBeife ifi ber ©iprec^er; er mi^ am Bejien §u öer!ünbigcn,
waä er für ben, ber gemttft i)at gegen JDaeöaö unb 6öfe 3JJenfct)en,
unb für 2)en, ber irirfen h?irb, erfonnen. @r, ber SeBenbige, \mii
^u unterfc^eiDen. (gr möge ba:^er gegen ung [eön, wie eö t(;m ge=
fäUt.
5. 9}?it aufgebotenen «^änben Bittet meine unb ber @rbe un^erjiör^
Bare <Seele tregen eurer Beiber ^eBen, ba§ bie, bic ben SÖetfen in
3Sern)ir!Uci^ung ber Beiben ^eBen unterjiü^en, foiDie bie bag Oted^tc
£ieBenben, unb bie 2Sermi3genben, öom SßeiterleBen unter ben £üg=
nern Befreit «»erben.
6. 5llfo fprad^ nun ber leBenbigc Söeifc, ber baö ®efe| unb bie
^ici^tfunft fennt. ,,^ein «§err auc^ nur eineä l&eBeng, nod) ein
^err bes 3öa^ren n^ar ba; ba^er f^uf bic^ ber ©d^ö^fer für ben
3Sermögenben unb ben ^anbmann,"
7. , 2)iefcö ^ieb ber ©ere^rung bic^tetc ber leBenbige SÖeife im SSer^
ein mit bem SÖa^ren für bie ßrbe; in ben fec^ö ©egenben ber
(Srbe ift eö ^eilig ju )3reifen. 2Öen i)aft bu guten ©eifleö, ber
eö gur ßdt ben 9)lenfd^en geBe?
8. 9lur einen ^a&e i^, ber unfere OJeben ^örte, nämlid^ ben ^ocb
:^eiUgen 3öt^t(?ufira; biefer irilC unfere n^eifen ©^rüc^c unb bie
tiom 5CBat)ren gu üotlBringenben ^()aten Begannt ma^en. ^al;er
wili i^ i^m ber Olebefunft *^tnne:^mlic!^feit i?erlei^n.
9. 3)a njeintc bie ^rbfeele: baö ©eBet beg fc^tt)acf;en 3)2anne0 um
erttjünfc^te ©üter Iic§ ic^ uuert;ijrt, bem n^ünfd^e ic^ je^t ^efi^
toon ©ütern. SBann mirb ber erfd^einen, ber i^m t^ätige «i^ilfe
fc^affe? ________
10. ^hx geBt biefen 2Öo^nung, l^eBenbiger! unb mit gutem (Sinn je=
nen 33efi^, SKa^rer' ber 5(nne:Bntlidpfeiten unb ©enüffe geiuä^rt.
3c| n)iU bi(^, SBeifer, aU feinen erften S3eft^er anbäc^tig öer=
e:^ren.
11. 2Ö0 foK icl) baä SÖa'^re, ben guten (Sinn, ben 33efi| nun üer^
:^errlic^en? 5H 2Beifer! l^eBenbiger! oerf^rac^t ^um (Srfennen beö
großen @utö un§ Beiben geratte bie ^^ilfe eurer @^enbe.
4
Haugy die Gäthd's des Zarathudra. I. 27
3. (30.)
1. SSerfiinbigcn njiK ic^ \z%t, i^x 0la^enben! bic ircifen @:|3rüc^e beS
5tl(tüeifen, bte SoBcöIieber bcö Scbenbigen unb bie 5lnBetungen beä
guten ©eifieö, bie (;errli(^en 2Öaf^rI;eiten, beren 5tufgang Bei ben
B^Iammen fid^ fc^auen läft.
2. «öorc^t beö^alb auf bie (§rbfeele (Urfiier), fd^aut an bie f^cuerjira^^
len mit frömmfiem (Sinn, ^in Seber, SRann n?ie SSeiB, ifi ju
[Reiben nac^ feinem ©lauBen. 3^r @eh?altigen »on 5(Iterö :^er,
ermad^i unb jiimmt un§ Bei!
3. SSon 2(nBeginn gieBt eä ein 3i^iÜing§:^aar, ^n^ei ©eifier, jeber
öon eigener $^^tig!eit} fie finb ba0 ®\xXt unb baö SBöfe in ©t-
banfen, SCBort unb %^(d. QBä^It unter Beiben, feib gut, nic^tBöö!
Unb biefe piti ©eijier Begegnen fi^ unb fc^affen bag (grjie Qr^
bif^e), ba6 @et)n unb 0lic^tfei)n, unb baS :^et^te (©eiftige); ben
l^ügnern njirb baä fc|limmfie 2)afei?n; bem 3Bal)r^aftigen baö Befie.
5. SSon biefen Beiben @ei|iern njä^lt einen, entrt>eber ben lügnerif^en,
baö (5c|Iimmpe öoüBringenben, ober ben iral^ren l^eiligften @eifl.
aöer jenen irä^lt, ern?ä^(t ba0 :^ärtej!e j^ooö, trer biefen, öcrel^rt
ben 5l^uramajba gläuBig unb in S23a^r:^eit bur$ feine %^aUx\..
6. 5)iefen Beiben fÖnnet i^r nid^t bienen. Srgenb nn Bßfer ®ti%-
bie /Dir öernid^ten irotten, üBerfäKt bie fic^ ^eratl^enben unb
fprid^t: „Sßä^It ben fc^lec^tejien ©inn." 2)ann f^aaren Ti^^ biefe
©eijier jum Qlngriff gegen bie Beiben l^eBen, bie bie ^ro^l^eten
laut üerfünbigten.
7. Unb biefem irbifc^en !i?eBen fam 5(rmaiti mit irbifd^er 9)Zac^t, ber
SGBai^r^eit unb bem guten @inn ^u «^itfej fie, bie @tt)ige, f(|uf bie
^örpertrelt, ber @eiji aBer ijl Bei 2)ir, 2Öetfer! in ber ßeit baö
(Erflc Bei ben (S^ö^fungen.
8. SCBann ber @eifl in irgenb mel^eö UeBel fommt, fo h?irb öon btr,
0 aöeifer! irbifd^er SSefi^ neBfl gutem (Sinn »erliefen; aBer 5)ic
firaft er, beren 33erfpre^en ^üge, nic^t äÖa^r^eit ifl.
9. <So laft uns bcnn alö gorter^atter bicfeö ScBenö njirfen, beffen
cifrigpe unb ttja^re gorbcrer bie leBenbigen SSeifen felbfl ftnb.
„i)ort nur iji ber SSerfiänbige, voo bie Sinfic^t tuol^nt."
10. ©erabe fte ifl bie redete J&ilfe gegen baö 33öfe, fie ifi bie 3er|iü=
rung beö 33erberBerä. 3Sot(fommene8 mo^nt nur in bem fd^önen
«§au0 beö guten @innS, beö SÖeifen unb beg 5ÖaT;ren, bie alö gut
Berühmt fmb.
28 Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. ' «
11. \UU m^ bie Se^ren, ijon «0?ajba'ö eigenem DJZunb gef^roc^en, bie
er beit aJZenfd^en ga6, ben Lügnern ^um @cl)aben, gur ©ernt^tung,
t>em Sä>a(;r^ßfttgen jum ^eil. 3n i^nen ru^?t bnö @lücf.
4. (31.)
1. 3nbem ixnr biefe eure ©^rüd^e öerfünbigen, fprec^en nur iinSe-
fannte SBorte für ^ie auö, ireldje bem burd^ feine Higenfpriid)e
bie reinen :^anbgüter S3erbcr6enben angeC;ören. 5tlleö @ute ntirb
2)enen ju %^ü\, bie mit vi^erj unb ©eele bem Sl^uramajba er=
geBen finb.
SBenn (;iebur(^ nic^t für ben 33er!ünbtger fceiber 3öege geforgt
hjirb, fo mu§ ici^ ju euc^ Witn ge^en (um mid^ §u erfunbigen),
njeil ber lebenbige SBeife baä ®efe§ hjo^l fennt unb bie Sortbauer
ber Reiben ^^eilc, burc^ ^ie tr»ir leben.
3. SBem tuurbe baä ®lücf ^u ^^eil, bag bu feinen Diei6^i?Ijern an=
l;altenbeö ^euer gabeft, ®eifi 9)la^ba? 3BeI(^en ©^rud) bie ^en^
ner ber göttUd^en Offenbarung befi|en, ben lag unä nnffen, SÖei=
[er! burd^ beinen eignen 9)?unb, mit bem bu aüe Sebenben be=
f^ü^efi.
SÖann bie SÖa^r^eit unb bie lebenbigen SBeifen auf ben Oiuf er=
f(|einen, fo fijjenbe *2(rmaiti mir mit bem befien @inn ein mäc^ti=
geö 33eft^t^um, burc| beffen ^ilfe lüir bie ^üge ijernic^ten mögen.
5. @ag mir btefeg, um ju ernennen, njel(| ^o^eg @ut i^ 'm ben mir
Verliehenen SÖa^r^eiten burc^ ben guten (Sinn befi|e, unb um mic^
IM erinnern an baö ©erabe (Olic^tige), foiuie an aUeö 2)a6, leben-
biger Söeifer! \t)aö nic^t toax, no(^ fein n^irb (bag Unrid}tige,
Salf^e).
6. ^cr ^atte baö Sepe, ber alö 2Biffenber mir bas hjirflic^e l^ieb
beg Sßo^ljianbeö, ber SÖa^r^eit unb ber Unfterblid^feit öerfün:;
bigte. 3)er SSeife l)at jene 9J?ac^t, bag er e§ burc^ feinen guten
@inn ijerfünbigen fann.
7. ®er, iveld^er burc^ fein eigene^ Sid^t ber «i^immel^li^ter 9)? enge
uranfänglid^ erfanb, ber fc&afft burd§ feine (Sinftd^t baö SBa^re,
iDoburd^ befielet ber gute ©inn. ®ieg läffeft bu gebeil;en, n^eifer
@cifi! ber bu berfelbc bletbji gu aller ^di.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. 29
8. ^i^ ba^t i^ aU ben Urerflen, 35eifer! alö ben ^o^en in ber
^latnr irie im ©eifte, aU ben SSatcr be0 guten (Stnneö, ba id^
bid^ mit Qlugen fc^autc alö ber ilßa^r^eit SBefen^eit, aW be§ ^e^
Benö (Sd^ö^jfer, alä ben J^eSenbigen in beinen «i^anblungen.
9. 3tt 2)ir ru^tc bie (^eilige ßrbe, in ?Dii ber ^oc^ijerftänbige SSil&ner
. beg ©rbleibeS, lebenbiger @eifi, SJ^ajba! 5(uf bem i^on bir ange=
nnefenen 33}eg fommt fie »om ^anbmann ^er unb ge^t an bem
üorfcei, ber feiner ij!.
10. (Sic wäfflt ftc^ unter Beiben ben O^eic^en, :^eBenbigen, 2iÖa^rl;aftlgen,
bie Olei^t^ümer be3 guten ©inneö; fein OHci^tbebauer beö ^anbeS,
ber irgenbn)el(^e ®ü|en öere^rt, fott 5(nt§eil an ber froren Jlunbc
I;a6en, 3Beifer!
11. 5)u fcßuff! guerji, o SBeifer! unfere Sanbgüter unb erfanneft bie
@)3rüc^e burc^ beinen ®eifi unb bie (Srfenntniffe; babur^ erfc^ufeft
bu bie SÖelt biefe6 S)afeinä, baburtf) bie (;eiUgen ^anblungen unb
bie hieben.
12. 2So bem freien Mann bie SÖa^l frei fte^t, ba Bringt fein SÖort
ber :Bügenrebner n»ie ber 3[Ba^r^eitrebner, b'er SBiffenbe n?ie ber
UnnjiffenDe nad) feinem ^erg unb (Sinn ^erbor. 5Dcr ^n^e na^
fragt 5(rmaiti Beibe ©eifier, tvo if)u .^eimat^ ift.
13. SÖaö fonfl für anberc ^inge ^u offenBaren finb, ober trelci^c 2öei0=
freiten bort erfragt n^erben, ober n)0 (Einer bur^ fleinen @d^aben
fic^ ben größten ©enuf üerfc^aft, biefeö 5ltteö erfd^ouft bu alö
SBä(^ter mit beinen gtänjenbcn ^tugen, SÖal^rer!
14. 2)ieä mit idi) bic^ fragen, l^eBenbiger! für je|t unb für bie 3«=
fünft, n?ie bie ©eBete, bie öon ben nja^ri^aftigen (S(^ö:^fern unb
n?elc^e öon ben Lügnern gegeben finb, gebid^tet njurbcn.
15. ^ieö n)[ü id) fragen, n?aä bie ©efinnung 5)effen fei, ber bem Hg=
ner, bem SSoÜBringer beö (Sd^Ied^ten S3eft| berlei^t, SeBenbiger ! unb
hjaö bie ©efinnung Neffen ift, ber baö :^eben beöjenigen i^anb^
mannö, n^elc^er bie ^üge nic^t oere:^rt, auf feine SBeife an 33ie^
ober 3)2enfc^en berieft.
16. ^ieg n?iÜ iä;) fragen, hjie ber reid^ begabte ^err beS 'i^aufeö, ber
©egenb ober ber ^roöinj bie SCöa^r^eit ju verbreiten firebte, njenn
er bir, lebenbiger üöeifer! ergeben tvat unb it»a0 er ti)at.
17. ^ef)xt ber SÖa^r^aftigc ober ber Higner baö ©röf^cre? ber SÖiffenbe
fagc eg bem 0iid^tnn|fenben; ber 9lid^tnjiffenbe möge eS nid)t öer:;
bergen ; fei un8, tebenoiger SBcifer ! dn (Stärf er M guten (SinnÖ !
30 Haugp die Gdthas des Zarathustra. I.
18. Jteinei* "oon euc^ ^öre auf bie lieber unb ©eBote beö Hgnerö; bcnn
v^auö unb ^orf, @egenb unb ^Jroöinj ftürjt er in Unglütf unb
a?erber6en. ©a^er tobtet biefe Hgnev mit bem ©c^ttjcrte!
19. 2(6cr ber Sßiffenbe, irel^er nur an bie 2Öa^rt)eit unb bie beiben
;^eBen backte, Setenbiger! bcffen ßmQc frei fici^ Bewegt, :^i3re auf
bie richtigen 3Borte, bie bur(^ bein glänjenbes gutes ^euer, baö
in ben OteiB^öIjern rul;t, ijerfünbet rcerben, SCöeifer!
20. Sßer ben 2öa^rf)aftigen gum l^ügner ma^t, ber !ommt unter
frembe ^errfc^aft lange ßdt, bem rt)irb baö üble SBort „ing 5)un=
fei"! öerfünbigt. 3)er ©lauBe foK ^te, ireldpe burd^ i^re «§anb=
lungen euer :&e6en jerjlören, ausrotten!
21. ^er leBenbige SBeife, ber SBäc^ter beö a3eftt3tl)um0, oertte^ auö ber
gülte feiner @üter 2Öot)lftanb unb Unj^erSIic&feit in reid^em 59k^
unb i)on eujiger 5)auer, beö guten ©inneS ®Iücf 5)em, ber burcf)
©efinnung unb burc^ Z^aUn fi^ aU feinen ^reunb BeaneS,
22. 5Dieö ijl 6efannt bem ®ute6 $$!^uenben, Ujie bem ©utgefinnten.
@erabc ^cr öere^rt, o «fönig! bie 2Öa^r^eit in SÖort unb %i)cit,
gerabe ;I)er iji bir, leBeuDiger SKeifer! ber bejie ^örbVrer.
5. (32.)
1. ©ein Qtnöertüanbter, fein .^nec^t unb @d)u|genoffe, Betet an na6)
meinem ©inn, iC;r ^Daeöa'ä^ Beim 5lufgang biefeg ÜÖeifen (beg
^yeuerg). 3)eine 33oten luotien n^ir fei^n, 5D'?a§ba! :^alt bie feji,
bie eud) Raffen.
2. liefen antiDortete ber leBenbige Sßeife, ber bur^ ben guten @inn
©^u| gemä^^rt: beg 33efi|t^um§ n)egen mahlen n?ir bur^ t5ie
2ßa^r:^eit, unfere fci^öne, glänjenbe ^Begleiterin, eure gute ^^eiligc
(SrgeBenl^ eit, fte fott un§ fei^n!
3. Sl)r S)aeöa'g allefammt fei)b nur gar mannigfache 5lu§geBurten
beg fc^le^ten (Sinneg, fon^ie ber @ro^e, ber eurer :^üge unb eurer
^äuf^ung Olaufc^tran! für :^od^:^etUg :^ält, unb eure ^rugfünpe,
bur(^ bie i^r in allen ^^eilen ber (Srbe fo n?o^l Begannt fei^b.
4. ^aburci^ erfanbet i^>r all baä ©c^le^te, baS bie 9)^enfc^en t^un
unb reben, baS ^ttjar ben 5Daeöa'0 angenet)m, aBer allen guten ©in?
neg Baar ijl, unb beg^alB buri^ beä leBenbigen Seifen ^infic^t
unb bie SÖa^rl^eit ju ©runbe ge^en.
I
Hang, die Gdthas des Znrathistra. 1. 31
5. @o betrügt it)x beit 2)^ettfd)en um fein gute§ 5£)afei)n wnb feine
UnfierbUc^feit burc^ euren fc^Iec^ten ©inn — fott?o^I burd^ ben
ber 3)aeöa'ö aU ben beö fd^Iec^ten ©eijieä — burc^ f^led^te '^l^at
unb f^le^teö SÖort, ttjoburcf) ber l^üqner 9J?ac^t fic^ fammelt.
6. SSiele Uebel fud)tet i^r ju ftiften. Söitt man um i^re Olbtt^et^r
Bitten, fo gef^e^e eä bur(| biefe @e6ete. 5Die njirfli^en SBorte,
bie bu njeifefi mit gutem i^inn, will ii) f^rec^en. deinem diei^
«nb beiner 2öa^rt)eit bringe i^ ^oh bar, lebenbiger SBeifer!
7. ©egen feineö biefer Uebel fann ber SOBiffenbc beim ^am^f ber bei=
ben .§eere ^ilfe öerfünben, ba er fie felbft auf eigene SÖeife er=
fahren. ^f)vt 5lbJt)e^r fennfi bu, lebenbiger Söeifer ! am bejien.
8. ^can f)bxt, ouc^ Sima, beg SSiöangI;üat (So^n, nmr öon bicfen
Ueb«In nic^t öerfc^ont, er, ber bie 9Jfenfd^en bur^ feine @alm be=
glütfte unb unfere 2:^eile ber @rbe mit feinem ^i^U erfüllte. 5tu(^
i(^ bin in i^nen, nac^ beiner ^ntfd^eibung, SBeifer!
9. SCßer böfe SÖorte f^ric^t »erhjirrt bie O^ieben, inbem er fd^mä^t
beg ^afe*[)n§ 2öeiö^eit. 9^ic^t füKen fie baä ^o\)e, trirflid^e ®nt
beS guten @inneö unö rauben. 5Diefe SBorte meineö eigenen ®ei=
' ^eg rufe i^ tuä), bem SBeifen unb bem Sßa^ren, laut gu.
10. Sener foK nic^t bie D^teben öern^irren, ber gegen bie (Srbe unb bie
(Sonne burc^ feine (S^Ie(^tigfeiten baö (Sd^lecfctej^e rcaö gu fe:^en
auäf^jrad^, ber bie lügnerifd^en ©efe^e gab, ber bie gelber üer=
iüüflet unb bem 3ßa^r:^aftigen (Sd^aben jufügt.
11. 3)en 33efi| beg @c^a|eö ber beiben ^eben unt) beg 93elebten nimmt
er tt>eg. 5lber 2)ie, njelcl}e al0 bie ©ro^en beö Hgnerö erfci^einen,
n?eld^e, Söeifer! bem bejien @eift, bem n^a^r^aftigen, ^u frfjaben
trauten, foden baö ^afei^n nic^t öertoirren.
12. 5D?it biefer 3tebe mögen unö bie ^ro^^eten ber bej^en %^at falber
befc^enfen! ©egen 2)ie f^jrac^ ber SÖ3eife jd^Umme 3Öorte, bie ber
^rbe 5)afe\)n bur(| i^rc ßauberf^^rüd^e üernjirren, üon benen ©re^^ma,
ber ^riejier ber ®Ö|en, umgeben ijl in feinem »Jtam:pf gegen baö
aöa^rc, unb ber Äönig ber Hgenfreunbe.
13. 2)iefe 93eft|t^ümer überlieferte ©re^ma bem aBo^nfi^ bcö fd^Ie^=
teilen (Sinnä, beö SJiorberö biefeg Menö; na6) alfer ^nft f^mä^t
er bcineö ^ro^^eten (Beübung, ber ibren ^^ngriffen ©inl^alt t^un
ttjiU.
32 Haug, die GdthiVs des Zarathustra. I.
14. 3n feinen S3anben fet) @re^ma! SSertrieBen foKen tvevben ieglid)e
®ü^ettpxopf)dcnl 5)ie ©tnfic^t üerm^tet jegti^e ßauBerfünfte auQ
altcx 3^i^f ^o¥^ ^^^ ^ügnerä ^ilfc fam. 3)er ^"rbe fd^rieB man
ben @teg ju, njeil fie bie baö Uebel abmet^venbe flamme jum
(Sd^u|e anjünbete.
15. 5)urc^ btefe (@^rü^e) tvitt ic^ unter eu^ bie ©ö^cno^fer nnb
Oxafd ijerni^ten. 3)ie, irelc^e fie (bie 3)Ja^l)a'g) buvc^ i^rc ^ilfe
nid}t ju freien «Ferren beö .1)afe!9n0 maÄen, iuerben öon il^nen
gum .^o^nfiie be§ guten @inneö getragen.
16. 5111 baö irirb bem 93epen ju ^:^eil, ber baS njeit ()in Ieu(^tenbe
D^fer öoKjie:^t, ai§ ^errfc^er, leBenbiger SBeifer ! ^u lüelc^em 3^^"*^^^
bu mic^ üBer^au)3t fanbteji; baburd) nntt ic^ für icp bie l^ügner
inö SSerberBen fiür^en.
6. (33.)
1. Sie eg 3)em :^ierburc^ bie @efe|e beS erften !2eBeng, bie geredete-
fien ^anblungen 3}olXiringenben ergebt, tüie bem S^ügner, unb une
bem Söat^r^aftigen, trie 2)em, ber lauter 5:rug I;egt, unb ®em,
ber baö 5lufrid)tigc will Qmtl ic^ nun üerfünbigen).
2. 2Ber bem Hgner in SÖort, ober ©eftnnung, ober %f)at Uebleg
gufügt, burc^ be§ Outen ^'üfe bie (Bc^ledjtigfeit erfennt, 3)er
lüirft jum ^6)n^i (gegen baö S3öfe) n^o^IgefäUig bem leljens
bigen SBeifen.
3. SBelc^er tion ^tvd 5(noern)anbtett, ober gn?ei ^m^tm, ober jtrei (B^up
genoffen bem 2ßa:^r{;aftigen aW ber SSefle gilt, ober ireld)cr baö
:S^cBenbige erfennenb, bie (Erbe Bearbeitet, ber rt)ivb in bem ©eftlöe
beö SQBal^ren unb beä guten ©inneg' fei^n.
4. 93on bir, SBeifer, wiU id) ben Unge^orfam unb ben fci^Ied^ten (Sinn
burc^ @eBet aStrenben, unb bie 2öiberf^änftig!eit beS 5tnüern>anbten
unb bie näd^fiüern?anbte :i^tige beö ^ned^tö unb bie beö ange()örigen
(Sd^u^genoffen unb öon ber @rbe ^lux bie öerber6Iic!&|le @e=
jtnnung.
5. 5llö beinen Reifer gegen ®en, ber baö lange 5)afet)n im 0ieid^c
beö guten @inne0 jerfiÖrt auf ben richtigen $faben, wo ber le=
Benbige Sßeife njo^nt, njiU ici^ ben altergröften (Eraof(;a anrufen.
I
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. 33
6. iSßev Qufridjttg bie SSa^r^citm anruft, ber f)at beg Bepen ©eipcö
SBefen^eit; ba(;er ifi ev mit jenem ©inn Uc^aht, ba^ er ben 5^cinb=
bau ju forbern benft. 3)tefen iriU id) l;oc^e^ren, lebeubicjer ilBeifer!
in i^olge beiner Offenbarung unb betner SD?ittt?eiInng.
7. v^ommt ^u mir, bcjte eigene aßat)rt;eiten, bie ju erfdjauen fmb
burc^ ben guten (Sinn, Reifer! bur^ tt>eld^en i6) befannt bin öor
bem großen J&elfer. Unter unö beiben foUen bie mannigfai^en
SÖeifen ber QSere^rung offenbar tuerbcn.
8. Jtommt ^er ju mir, fommt ^er gu mir, il;r ^o^en 5)inge, bie
jener fetbf^ (ßu) burc^ ben guten (Sinn befi^t, eure *2(nbetung,
SBeifcr! unb bie irabrm :^obeön?orte! 33erlei:^t eurer Unflerblid);
täten unb eureö S33ü^ljianl)eö ^auer immerbar.
9. 5Diefe beiben .Gräfte, bie ben ©eifi an ilÖa^r^eit fi?rbcrn, bie boS
gange ^af)x I;inburd^ tüirfen, burd^ it)r eigene^ j^nin, burci^ i^ren
Ort, Urfprung unb beä beften (Sinnes Söefen, bencn bie (Seeleu
folgen, — bie finb in beiner 33ereitfd;aft , Sßeifer!
10. 5(t{e guten 3)inge in ber SBelt, bie njaren, finb unb fein n?erben,
SBeifer! öerlei^e itnö burd^ beine ©nabe. 9)?e^re burc^ ben guten
@inn bie SSefilt^^ümer unb bie SÖa^r^eiten, ftärfe ben «för^er
bur(^ 2ßo{;Ierge(;en !
11. S)er ftärffie !^ebenbige unb ber SSeife, bie (Ergebenheit tinb baö
HÖa^re, baö bie l^anbgüter [c^ü|t, ber gute (Sinn unb baö ^e^
fi|t^um, — i^r aUe ^oret mid^ unb mac^t mi^ glütfli^ in jeg:
li^em 3Berf.
12. Sr^^ebe bid^, lebenbige 5(rmaiti! gieb mir ^raft, t)eiltgfier ©eift
9)?ajba! trenn id^ bir bie guten ®(Uk barbringe, gieb mir, 2Bat);
rcr! ber @tärfe 9}Jacfjt,- beS S^eic^t^umS ©efe^ bur^ ben gutm
@inn,
13. f5ür mein SBo^l forgfi bu, ivenn i^ tveit^in bli(fe burc^ bie aßat;r=
^eit, bie eud) erfüKt^ jene lebenbige, bie bem 33efi^t(;um unb beiu
guten (Sinne eigen ifi. ©ieb 0lad^bru(f ben ^eiligen (Sprüchen,
l^eilige, h?a^)re 2(rmaiti!
14. Unter ben 33ere^rern ifi eö Börat^wfirfl. ber ben ©runb fd)afft,
nämlid) beö guten (Sinneä ^ei&1)eit, ber vi^anblung 2öat;r^eiten
unb anbere folc^e 2)inge, fon^ie beä 2ßorte0 Ueberlieferung unb baö
S3efi|t^um , bamit eineö jeben äßefenö eigent^ümlid^eö 2)afei^n
bleibe.
Abhandl. der DMG, I, 3.
34 Hang, die Gäthas des Zarathustra. I.
7. (34)
1. 5(tt bie ^anblungen, SBortc iinb 93ere^rungen, burd^ bie bu Uu=
jJerWic^feit unb Sßa^r:^eit unb ben SSefi^ beS 2öo:^Ij!anbeg biefen
»evletf;^, aöelfer! Befi|efl bu gcrabe im vcici^jien SD^Jo^e, ^i^cBenbigcv !
2. ^if^ ö^fö i|^ bir bwr^ be6 guten Oetf^eö @inn unb burd^ beS
tauigen ^?anneö «^anblung, beffcn «Seele ben 2©a^r(;elten folgt,
üedie^en. 3n eurer äöoi^nung, Söetfer! erfd;aUen ber ^otfänger
iHeber.
3. 5)ir, ^^eBenbtger ! Bringen n.nr D^fer mit ^ofc^reiS unb bcm SBa^::
ren in atien ben SBo^nungen, \>u \i)x burcfe guten @inn erljautet.
©eib bereit, i^r @uteg ©(^affenben! 3n attem, tonö eud^ gebort,
ifl ^eit, SBelfer!
4. 9^ad) beinern fiarfen Seuer, Menbiger! 3Öa^rer! fielet unfer (Sinn,
nac^ bem öoÜfräftigen, mäd^tigen, ber Schöpfung nü^enben burd)
feine mannigfachen «^ilfömittel; für bi^, ber bu mit Den ©efdioffen
beiner ^änbe bie ^reöler i3ernid)te|!, »ere^ren n)ir eä.
5. SÖel^eö ift euer Otei(^? üÖel^e ©lücfggüter iuerben bxird^ bie from^
men ©ebräuc^e enrorBen, SÖeifer! wenn ic^ mit gutem Sinne bie
SCßa^r^eiten ijerfiinbige, um eure ^vei^eit ju ijerbreifa^en? Sci^on
lange rebeten tüir eurethjitien (:?e6enbiger ! Reifer!) gegen bie böfen
©eiftcr, bie f^leifc^freffer unb bie (bßfen) 9Jienf^en.
6. äÖenn il;r nun, SÖeifer! SBa^rer! nürflicb mit gutem Sinne 6e=
gabt feib, fo mad^t mir biefea (baö irbifc^e) :&e6en allerorten
ftarf, ttjeil id^ mit )2ob unb ^retö cuc^ beibcn entgegen fommen njiÜ.
7. 3Bo finb bie, görbcrer SDZajba! bie anzeigen beö guten Sinncö
©üter, bie fie (bie i^einbe) in S3efi| genommen? St'glid^e bunHe
%i)(i{, jeglidje Unterbrütfung mögeft bu an baö l^elljie ^i6:)t Brin=
gen. deinen anbern fenne id^, alö eud^, SBa^re! füiiiti je^t unä
beibe.
8. 5)urc^ biefe unfere ^anblungcn irerben bie erfd^rectt, bie ^iütn
mit 3?n'berben bro^^ten^ ben na^öerujanbten ^einb mögeft bu burd^
beinen 5lu0fpru(^, SBeifer! ängjtigen: „bie nic^t baö SBa^re bens
fen, bereu ^o^nung liegt \mxi öom leuc^tenben Fimmel entfernt".
9. 3Öer, obfd^on er fennt bie ^eilige, :^o^e 5(rmaiti, SBeifer! bod^ j^ur
Sörbcrung fd^led^ter %i:)akn ^ilft, a\x^ 5D?ifad^tung beö guten Sin=
neö: bem nimmt ber ®roße bie SÖa^r^eiten ^innjeg, n)eil burd^
feine ^anblungen bie ]^in= unb ^errennenben fteifd^frejfenben 3)a-'
monen erzeugt Vtjerben.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. L 35
10. 5)cr ^oci^öerftänbigc fagte, bie 3^^ateit guten ©inneS feien bie
^rud^t, unb ber SÖiffenbc nannte bie l;eilige 5(rmaiti, bie rei(| an
@c^Ö:j3fungen ifi, ber SBa^v^eit 2Befen^eit. Unb atteö ba6 Belegt
in beinern Oteicl)e ficf), ^eBenbiger, SBeifer!
11. SSeibe, bie UnfterBlic^feit fonjo^l alö ber 2ßot;lfianb , gef;ören ju
beinern ©lanje. ^urd^ beö guten (Sinneö «§errt'd{)aft nmdjö mit
bem aCßa^ren bie ^römmigfeit. 3« biefen ruf;en jene beiben »Gräfte,
SÖcifer! 3)enen gel^örfi bu an, bie fie burd^ bic^ Beft^en.
I
12. SScIc^eS ijt bein ©e^eimni^? SBaS bein aSegel^r? SBag i|t ®ad^e
beä ^ü6)3reiferg ? 3Baö gehört gur SSeret)rung? 93er!imbige laut,
na^ man eö t;öre, SBeifer! maö eure, ber äöäd)ter, SSa^ri^eiten
fd^afft. ^e^re un0, Söa^rer! bie ijon bir geBa^nten SBege beö
guten (&inneg.
13. 2)iefer SÖeg beö guten @inne0 , ben bu mir nanntcfl, fmb ber
f5euer:^iriefter f^öngeBilbete, a\x^ lauter 3Öa^r(;eit hervorgegangene
(&))rü(^e. £)enn ben ©uteö ^^^uenben n)irb ein !(^ot;n verliei^en,
SBeifer! unb bu fciji beffen ©eBer.
14. 5t(0 (Sd^u|n?e^r gaBt i^r ber irbifd^en S®elt, HÖeifer! beö guten
(Sinneö %iiak\\. 2)enen, n^el^e ber S3e6auung ber unijergänglidjen
(Erbe fid^ n>ibmen, üerliet^t i^r eure gute ßinfi^t. 2)u ^a^ ber
(Sinfi(|t hja^re 2ßirfung geförbert, SeSenbiger!
15. SGÖeifer! fag mir jene Bej^en Oteben unb %^aUn , fag mir mit
gutem, nja^rem ^mn beö SoBpreiferö ©eBet. ^urc^ beine i^err=
fd^aft fc^ufjt bu in ©naben jietige 3)auer bem njirfUd^en :2efeen,
Menbiger!
3*
I
Commentar zur Gäthä ahuiiavaiti.
Jaf. capp. 28 — 34.
Während die übrigen vier Gdthd's nach ihren Wortanfängen be-
nannt sind, z. B. die zweite ustavaiti nach dem Anfangsworte usta
(43, 1), hat diese erste von dem Gebete jathd ahü vairjo (Honover
der Pärsen) ihren Namen. Wir finden dieses heiligste Gebet am
Ende des 27., unmittelbar vorhergehenden Capitels. Es fragt sich
nun , ob diese Gäthd in einem Zusammenhange mit dem Gebete
steht. Das 27. Capitel ist eine Lobpreisung des jathd ahü vairjo
folgenden Inhalts : „Diess ist das grösste von allen, um zu schaffen
das Leben und das Gesetz, das lebendige, weise, zur Vernichtung des
Änro mainjus, des anlaufenden, zur Vernichtung des verderblichen
Aeshma, zur Vernichtung der Mäzänischen Daeva's, zur Vernichtung-
aller Varenischen Daeva's , der anlaufenden ; zur Förderung des
Ahura-mazda , des reichen, glänzenden; zur Förderung der Amesha
^penta's ; zur Förderung des Sternes Tistrja, des reichen, glänzen-
den; zur Förderung des reinen Mannes; zur Förderung aller reinen
Geschöpfe des heiligen Geistes". Nun sind drei Gebete angeführt,
und zwar jathd ahü vairjo, mazdd at moi (Ja9. 34, 15) und d air-
jemd ishjo (Ja^. 54, 1). Dann wird so fortgefahren: „Durch Homa
werden beschützt Mazda, Khshathra, Asha, die Herren, der gute
^raosha, der mit Macht den Asha begleitet und Die, welche hier
dein seyn mögen. Die dabei wirkenden guten Kräfte des Ahuna
vairja, des fortgehörten in Reinheit, preisen wir, (die Kräfte) der
in Reinheit vollzogenen Auspressung und der mit Wahrheit gespro-
chenen Worte: „dann sollen sie uns die wirksamsten (am meisten
Glück bringenden) seyn" ^). Nun folgen Verse aus dem 33. Capitel
des Jagna (v. 11 — 14), dann das Glaubensbekenntniss: Ich bekenne
mich als Mazdaja^ner etc. Unmittelbar hieran schliesst sich das
jathd ahü vairjo, aber hier ist es vollständig erhalten und zählt 21
Worte, die in der Entwicklung des Pärsismus eine so grosse Rolfe
spielen. Diesem Gebet folgt ashfm vohü, das zweite der heiligsten
*) Diese Worte: AUul zi ne luimäjölarä (iiihcii fj^ehoreii der Sprache
nach ganz dem Cälhä-Bhlekte an, kommen aber sonst nicht weiter vor.
38 Hang, die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 28.
Gebete, ebenfalls vollständig. Nun kommen die gewöhnlichen An-
rufungen: „Das Ahutia vairja beten wir an, die beste, trefflichste
Wahrheit, die unsterbliche, heihge, beten wir an." Zuletzt stehen
die Anfangsworte des dritten der heiligsten Gebete: jenhe hdtäm.
Dieses Capitel zerfällt augenscheinlich in drei Theile, die unter
sich zwar in keinem engen unmittelbaren Zusammenhange stehen,
aber doch einige Beziehungen zu einander haben. In dem ersten
Theile, v. 1 — 5, sind die Wirkungen der Recitirung des heiligsten
Gebets im Einzelnen beschrieben; im zweiten, v. 6 — 12, sind nicht
bloss die Wirkungen des Ähiuia vairjö allein, sondern auch die an-
derer heiliger Worte und die des ausgepressten Homasaftes im All-
gemeinen gepriesen. Das Ganze scheint so eine passende Einlei-
tung zu den nun folgenden Gäthd's zu bilden, indem es die hohe
Kraft und Wirkung heiUger Gebete, namentlich die des allerheilig-
sten, hervorhebt. Die Ueberschrift von c. 28, die Westergaard irr-
thümlich als ersten Vers der Gdthd bezeichnet, ^) schliesst sich ent-
weder als Nachschrift an den dritten Theil von c. 27 an, oder ist
Ueberschrift für alle Gäthd's, oder nur für die Gdthd ahunavaiti.
S. darüber weiter zu v. 1.
Capitel 28.
Dieses Stück, das die erste Liedersammlung (Gdthd ahunavaiti)
eröffnet, lässt sich ausser der Ueberschrift v. 1 (siehe darüber den
Commentar) in drei Theile zerlegen: a) 2 — 6; h) 7 — 10; c) 11.
12. Die jetzige Gestalt haben wenigstens- die zwei ersten durch
einen spätem Bearbeiter erhalten, der beide zusammenfügte; der
dritte steht in keinem nähern Zusammenhange mit den beiden er-
sten und scheint nur durch einen blossen Sammler angehängt zu
seyn. Der Grundgedanke der beiden ersten Theile, die jetzt zu
einem Ganzen verschmolzen sind, ist eine Anrufung und Lobprei-
sung der höchsten Genien, des Ahura-mazda oder des lebendigen
Weisen, des Vohu-manö oder guten Sinnes, der Armaiti oder der
Frömmigkeit und Ergebenheit, des Asha oder des Wahren, Wirk-
lichen, Dauernden, des Khshathra oder des Reichthums und Besitzes,
sowie des Geus urvd oder der Erdseele (s. zu 29), und des Qraosha
oder des Genius der Ueberlieferung , um die Verleihung irdischer
und geistiger Güter. Dabei ist auffallend, dass zwei sonst häufig
genannte Genien, Ameretdt, d. i. Unsterblichkeit, und Haurvatdt, d. i.
Ganzheit, Unversehrtheit, Wohlstand, übergangen sind.
a) 2 — 6. Der Dichter verehrt die wahren Thaten und Hand-
lungen des heiligen Geistes Ahura-mazda und des guten Sinnes Ein-
sicht und die Erdseele, d. h, er vollzieht die heiligen, von Ahura-
') Ich bin ihm in dieser Bezeichnung nur desswegen gefolgt, um keine
Störung in die Citate, was höchst lästig ist, zu bringen, habe aber den
Charakter des Verses als einer Ueberschrift angedeutet.
Haug, die Gdthä's des Zarathustrn. I. Cap. 28. 39
magda angeordneten Handlungen, die dem Feuerdienst gelten, folgt
allen Satzungen des höchsten Geistes, und strebt zugleich nach der
wahren frommen Gesinnung und der Einsicht, um jene Handlungen
würdig vollziehen und des höchsten Glückes, nach dem jeder Wahr-
haftige und Fromme streben muss, nämlich des ungestörten Besitzes
des leiblichen sowohl als des geistigen Lebens theilhaftig zu wer-
den (2). Nur durch die Wahrheit, das Wirkliche und Dauernde,
d. h. die eifrige, unverdrossene Pflege des Feuerdienstes und alles
Guten, nach den vom höchsten Gott gegebenen Gesetzen sind diese
Güter zu erlangen, in deren alleinigem Besitz der Urquell alles
Lichts, Ahura-mazda, ist (3). Die Wahrheit und der damit ver-
bundene gute Sinn haben in der Anrufung gleich die zweite Stelle,
d. h. sie sollen gleich nach Ahura-mazda, dem v. 2 die erste An-
rufung galt , angerufen werden. An diese beiden schliesst sich
Khshathra, der Reichthum, an, dessen in den vorhergehenden
Yersen noch nicht gedacht wurde und der daher der noch nicht
angerufene heisst. Alle diese Genien sind von der Armaüi, der
personifizirten Frömmigkeit und Ergebenheit der Menschen (zugleich
Genie der Erdej begleitet, die vor allem Bösen schützt, wenn sie
gerufen wird (4). Diese Lobpreisungen sollen aber nicht bloss den
höchsten Genien gelten, sondern auch der Erdseele, die die Erde
bildete, sowie allem, was das Leben fördert in Folge der von
Ahura-mazda angeordneten Handlungen. Ja der Dichter ist so be-
geistert, dass er nie im Lobpreisen dieser guten Geister zu ermüden
und stets das Wahre, dem Ahura-mazda Wohlgefällige zu suchen
verspricht (5). Aber er will das Wahre nicht bloss suchen, —
in seiner Gottbegeisterung will er es wie die Seher der Vorzeit in
leiblicher Gestalt schauen, ebenso den guten Sinn und den Schutz-
geist ^raosha, die personifizirte Tradition, der dem Ahura-mazda
die Wege bahnt, d. h. durch dessen Vermittlung der höchste Gott
allein auf Welt und Menschen wirken kann (6). Hiermit schliesst
der erste Theil des Stücks, der sonach ein Loblied enthält.
Wer der Verfasser des Liedes sey und aus welcher Zeit es
stamme, ob aus der zarathustrischen oder einer frühern oder spä-
tem, lässt sich, wie bei vielen andern, kaum bestimmen. Der ganze
Inhalt des Liedes, sowie der Umstand, dass es mit Sprüchen, die
sicher aus der zarathustrischen Zeit stammen , vereinigt wurde,
scheint mir wenigstens zu beweisen, dass es nicht nach Zarathustra,
sondern entweder von ihm selbst oder von einem seiner Genossen,
oder sogar von einem frühern Propheten verfasst ist. Der Wunsch,
den wahren Gott selbst zu schauen, die ausdrückliche Versicherung,
so lang das Leben reiche, der Wahrheit treu zu bleiben, lässt den
Dichter als einen gottbegeisterten Seher und Propheten erkennen;
die Anrufung und Lobpreisung der Erdseele (v. 2. 5) scheint be-
stimmter auf Zarathustra z»i weisen, da er Cap. 29 als Verkündiger
eines der Erdseele vom höchsten Gott gewordenen Orakelspruchs
erscheint und sich auf einen solchen (30, 2) auch wirklich beruft.
40 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28.
Aber der Mangel aller Polemik gegen die Abgötterei und gegen die
Lügner, die in keinem wirklich zarathustrischen Stück vermisst wird
und die hier leicht anzubringen gewesen wäre, scheint mir gegen
die zarathustrische Abfassung des Liedes zu sprechen, und die An-
rufung der höchsten Genien, die sicher schon vor Zarathustra ver-
ehrt wurden, wie die ganze Entwicklungsgeschichte der iranischen
Religion zeigt, beweist wenigstens nichts für dieselbe. Auch der
Umstand, dass von den beiden Leben (dem irdischen und geistigen)
die Rede ist (3), was sonst eine der Grundanschauungen Zarathu-
stra's war, ist kein strenger Beweis dafür, weil 30, 6 diese Lehre
als eine von den Propheten überhaupt, nicht von Zarathustra allein,
verkündigte erscheint. Sonach haben wir gar keinen verlässigen
Grund, das Stück Zarathustra selbst zuzusprechen. Weil nirgends
eine deutliche Einwirkung der neuen zarathustrischen Ideen, des
scharfen Gegensatzes von gut und bös, zu erkennen ist, so möchte
ich dieses einfache Lied , das ebensogut im Weda als im Zend-
awesta stehen könnte, einem vorzarathustrischen Dichter zuweisen.
b) 7 — 10. An dieses Loblied schloss ein späterer Bearbeiter
drei Manthra's oder heilige Sprüche an. Eingeleitet wurden diesel-
ben durch den Schlusssatz von v. 6: „Möchte dieses Manthra, von
unserm Mund gesprochen, die verderblichen Geschöpfe, die Khraf^tra's
(Kharfester, eigentlich Fleischfresser) vertreiben". Dieser Satz steht
in gar keiner Verbindung mit dem übrigen Theil des sechsten Ver-
ses, und bezieht sich, streng genommen, eigentUch nur auf den fol-
genden siebenten Vers; denn es ist nur von einem Manihra die
Rede, während drei folgen, und dann stimmt der v. 6 angegebene
Zweck des Spruches: „die verderblichen Geschöpfe zu vertreiben"
genau mit dem Schlüsse von v. 7: „dass wir des Feindes Angriffe
besiegen", während weder v. 8 noch 9 davon die Rede ist. Da-
her vermuthe ich, dass er ursprünglich zum siebenten Vers als Ein-
leitung gehörte und nicht vom Bearbeiter herrührt. Beidemal, im
Schlusssatz von 6 und 7, spricht der Dichter in der ersten Person
der Mehrzahl: „wir mögen vertreiben" und „Zarathustra und uns".
Der V. 7 enthaltene Spruch hat indess eine so merkwürdige Aehn-
lichkeit in Inhalt und Form mit den zwei folgenden in 8 und 9,
dass eine Verwandtschaft und Zusammengehörigkeit kaum geläugnet
werden kann. Diese drei Verse, in denen die höchsten Genien um
Hilfe gegen die Feinde (7, 9), um Vermögen und Mittheilung wirk-
samer Gebete angefleht werden, sind besonders wichtig und merk-
würdig durch die in ihnen vorkommenden Eigennamen : Zarathustra,
Vistd^pa und Frashaostra, zu denen sich als vierter noch der Dich-
ter gesellt. Dieser spricht in der ersten Person von sich und kann,
dem ganzen Zusammenhange nach, nur einer der nächsten Freunde
Zarathustra's seyn; ich vermuthe G'dmdgpa^ weil dieser sonst neben
Frashaostra und Vistdcpa genannte Freund Zarathustra's und Beför-
derer seiner Lehre hier nicht mit Namen aufgeführt ist, wie die
zwei andern. Ob indess v. 7 ganz denselben Verfasser hat, wie 8
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. L Cap. 28, 1. 41
lind 9, könnte fraglich seyn. Dass sie trotz der grossen Aehnlich-
keit ursprünglich nicht neben einander standen, sondern erst durch
den Bearbeiter des verwandten Inhalts wegen hieher gezogen wur-
den, scheint mir der Schhisssatz von v. 6, der nur auf das nächst-
folgende Manthra v. 7 geht, zu beweisen. Beachtenswerth ist auch,
dass der Dichter v. 7 von sich in der ersten Person pkirahs (uns),
v. 8 und 9 dagegen in der ersten Person sing, (mir und mich)
redet. Der zehnte Vers stand ursprünglich mit diesen drei Man-
thra's in keiner Verbindung, sondern wurde vom Bearbeiter hieher
gesetzt, um den beiden verbundenen Theilen einen würdigen Schluss
zu geben. Er giebt den Zweck und die Absicht jener Lobpreisun-
gen und des Sprechens dieser heiligen Sprüche näher an. Alle die
hohen Genien, der lebendige Weise, das Wahre, der gute
Sinn und jeder, der unter die himmlischen Sänger gehört, d. h.
jeder höhere Geist, der im Garo - demdna (eigentlich Liederwohnung,
der Gorotman der Pärsen) oder Paradies verweilt, sollen durch diese
Verse zur Gewährung erbetener Güter angetrieben werden, wie im
Weda Indra durch der Menschen Gebete zur Besiegung des Feindes
und Erbeutung der Schätze angestachelt wird.
c) 11. 12 sind nicht vom Bearbeiter, sondern nur vom Samm-
ler hinzugefügt und stehen in keinem rechten Zusammenhange mit
dem Vorhergehenden. Sie enthalten den Wunsch und die Bitte an
Ahura-mazda um Mittheilung der ewigen Gesetze des Wahren,
Wirklichen (der irdischen, leiblichen Welt) und des guten Sinnes
(der geistigen Welt) und der wirksamen Reden und Sprüche, deren
der Dichter noch gar keine zu kennen beklagt (11). Aber die
Kenntniss dieser Gesetze genügt dem forschenden Geiste des Sehers
noch nicht, er möchte auch den Urheber derselben kennen lernen,
er möchte wissen, wer alle diese herrlichen Schöpfungen (das erste
Leben) durch sein Wort ins Leben rief (12).
Da in diesen Versen die acht zarathustrische Anschauungsweise
zu erkennen ist, wonach Ahura-mazda eigentlich als der einzige
wirkliche Gott aus der Zahl der himmlischen Geister hervortritt,
so trage ich kein Bedenken, beide dem Zarathustra selbst zuzu-
schreiben.
«
Vers 1. Es sind eigentlich zwei Ueberschriften : ya7i?m vacö — •
geurvdin und nemo ve gdthdo ashaonis. Letztere findet sich vor allen
andern Gdthd's (s. capp. 43. 47. 51. 53). Da die Gdthd ahunavaiti
somit schon ihre besondere Ueberschrift hat , so nehmen wir am
tuglichsten an, dass die erste Ueberschrift: jdnm maiiö, auf alle
Gdthd's gehe. Sollte es aber nicht auch Nachschrift zu /athd ahü
vairjd seyn? Das Meiste hängt von der richtigen Erklärung des
jdnim ab, das wir hier etwas weiter besprechen wollen. Es ist eine
Adjectivbildung von jdna mit ja und steht für jdnjam (neutr.). Die-
ses ^a/m ist einfaches Abstractiun der Wurzel /a, gehen, und findet
sich auch schon im Weda in der einfachen Bedeutung Weg neben
42 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 1.
pathah, namentlich in dem Compositum devajana, Götterpfad, Rv. I, 72,
7. Vli, 76, 2; vgl. Nirukt. 6, 8. In den alten Liedern finden wir
das Wort nur einmal und zwar v. 10 unsers Capitels im Instrum. pl.
jdnäis. Oefter begegnen wir dem Worte in den spätem Stücken,
namentlich in den Jeschts. J. 68 , 21 : gaidhimndo no jüzem da^ta
khshajamndo raesca qarenagca dpo dagta no tem jdnem j6 jüshmat
paro fravi^to, angerufen, ihr Wasser, gebt uns Reichthum und Glanz,
gebt uns das Glück, das durch euch früher (von andern) erworbeu
wurde. J. 65, 11: dpo jdnem v6 jd^dini mazdontem tem me ddjata
jenhe dditi paiti vanho ni^rüta anaiwidrukhti dpo istun vö gaidhjdmi
pouru - ^aredhdm amavaitim frazafitimca qdparäm ^). O Wasser, ich
bitte um euren jdna, gebt ihn mir, dessen Wesen ist als gut be-
kannt, untrüglich; ihr Wasser, euer Gut, das mannigfache, und die
Nachkommenschaft, die sich selbst fortpflanzt. J. 9, 19 — 21 : imem
thwäm paoirim jdnem haoma gaidirjemi düraosha vahistem ahüm; —
imem thwäm bitim jdnem gaidhjemi drvatdtem tanvo ; imem thritim
jdnem gaidhjemi — daregho = gitim etc. Um diesen ersten jdna
bitte ich dich, um das beste Leben; um diesen zweiten, die Ge-
sundheit des Körpers; um diesen dritten, um langes Daseyu etc.
Jt. 17, 26. 35. 39. 43. 52 kehrt stets die Phrase vindat tem jdnem
wieder, nachdem es in den vorhergehenden Versen jedesmal hiess:
dat him gaidhjat avat djaptem dazdi me ashis vanuhi. Da rief sie
(eam) an (irgend ein Held der Vorzeit ist der Anrufende, Jima,
Thraetaona etc.): Lass mich, gute Asid, dieses erreichen, dass ich
(Paradhdta Haoshjanh) nicht erschreckt mich beuge vor den Daeva's,
oder dass ich (^Jima) reich werde an Heerden, inid Unsterblichkeit
den Geschöpfen des Ahura-mazda bringen möge, oder dass ich
(Thraetaona) besiegen möge die verderbliche Schlange Äzidahdka.
Jene darauf folgende Phrase : vindat tem jdnem scheint nach der vor-
hergegangenen Bitte heissen zu sollen : diese Bittgewährung erlangte
er, oder diese Bitte wurde ihm gewährt. Eine ähnliche Fügung
haben wir Vend. 19, 6. Westerg. Hier sagt die Drukhs zum Za-
rathustra : apagtavanuha vanuhim daenäm mdzdaja^nim vinddi jdnem
jatha vindat Vadhaghano danhupaitis , verfluche den guten Mäzda-
ja9nischen Glauben ; du erlangst den jdna, welchen erlangte Vadha-
ghano, der Landesherr (Fürst). Jt. 24 , 8 : jüzemcit qareno bakhsha-
jata dpa da^ta no tem jdnem, ihr Wasser, schenkt uns den Glanz,
gebt uns dies Glück. Jt. 10, 138: jezi-sc jdndt havaiti ganhemcit
anu ^a^trdi ^anhemcit mainjdi — uiti mraot ahuro mazddo, wenn ihm
') Von den Fravashi's Jt. 13, 32 zwischen den Prädikaten qd/.hravaitis
(selbstleuchtend) und baishazjdo (heilbringend), von der Aslii vanuhi Jt. 13,
157, von der Erde Ja^. 10, 14 neben barethri (Trägerin), von der glänzenden,
starken Wohnung Ahura-mazda' s 3&^. 2, 14 gebraucht. Der Ableitung
nach ist qdpara aus qa = sva -f- apara, i. e. alius zusammengesetzt, d. i.
sich selbst zum Andern habend, ein Gegenbild von sich habend (passt sehr
gut für die Fravashi's) oder auch sich selbst zum Andern machend, d. i.
erzeugend; in diesem Sinne gleich qadha.
Hang, die Gdt/ias des Zarathustra. I. Cap. 28, 1. 43
wegen des Jana ein Tadel wird , so will ich auf einen Tadel fiir
den Tadler denken, Vernichtung will ich diesem Mann ersinnen, so
spricht Ahura-mazda. (Hier ist ^aTia so viel als Gang, Lauf, im
Gegensatz zu maethana v. 137.) Jt. 16, 6: jcini (razistam ci^täm
daendm) Jdzata Zarathuströ humatahe paiti mananhS hükhtahe paiti
vacaiiho hvarstahe paiti skjaothnahe avaheca paiti Jdnahe, Jatha he dathat
etc., welche (die richtigste erkannte Lehre, als Personification ge-
dacht) Zarathustra verehrte mit gutgesinntem Geist, gutgesproche-
nem Wort, gutgethaner Handlung und mit jenem Jdna-y dass sie
ihm geben solle Kraft für den Gang, Hörbarkeit dem Gehörgang,
Stärke den Armen etc. Es fragt sich^ worauf avahe paiti jdnaM
hier bezogen werden soll , ob auf das sogleich folgende jatha he
dathat oder auf die Verse 1 — 3, die eine eigentliche Anrufung der
Daend (Personification des Glaubens) enthalten. Am besten bezieht
man es gerade auf dieses Gebet zurück; dann heisst es „mit jenem
Gebet", oder besser, da jenes Gebet ein Glücksgebet ist, „mit
jenem Glücksgebet". Jt. 14, 3 haben wir einen Superlativ jdna-
vagtemö von Jdnavat zwischen qarenanha^temo und ^aokava^temo von
Verethraghna (Behrdm) gebraucht. Das Wort finden wir auch in
der ersten Gattung der Keilinschriften, im Medischen: L H 21,
aita jdnem gadijdmi Äuramazddm hadd vithibish bagibish , um diese
Gnade flehe ich den Auramazda mit den einheimischen Göttern an.
Man kann h\er jdna nicht mit „Glück" übersetzen, wie bisher ge-
wöhnlich geschehen ist , da im Vorhergehenden von gar keinem
Glück, sondern von Beschützung vor Misswachs und andern Übeln
Dingen die Rede ist 5 das aita, dieses, weist zu bestimmt auf das
Vorhergehende hin. Im Neupersischen findet sich jdn, dem fol-
gende Bedeutungen zugeschrieben werden: eine 'zusammenhangs-
lose, unverständliche Sprache, Träumerei eines Fana-
tikers, Faselei eines Verrückten, Verzückung. Da dieses
fdn den Lauten nach ganz identisch mit dem altern jdna ist, so
haben wir vorerst keinen genügenden Grund, den Zusammenhang
beider oder ihre wirkliche Identität zu bezweifeln. Aber wie kön-
nen wir die Bedeutungen vermitteln? oder ist vielleicht die neuper-
sische Bedeutung die einzig richtige? Letztere enthält den Begriff
von begeisterten Worten, die im Zustande der Entzückung gespro-
chen werden, also etwa den eines Orakelspruchs. Dass dem
fdiia eine ähnliche Bedeutung zukommen kann , geht deutlich aus
der oben angeführten Stelle Ja9. 9, 19 — 21 hervor. Hier ist von
verschiedenen jdna'sy die Homa verleiht, die Rede. Homa ist aber
bekannthch ganz der Wedische Soma, ein berauschendes Getränk,
bereitet aus dem ausgepressten Saft einer Asclepiasart und saurer
Milch, das die Priester und Seher an heiliger Stätte tranken und
dadurch in einen Zustand der Ekstase versetzt wurden, in dem sie,
wie die Pythia, allerhand unverständliche Worte murmelten. Dieser
Zustand der Entrückung und Entzückung, der heiligen Begeisterung,
der sich wohl im Hin- und Herwandeln, oder in irgend einer eigen-
44 Hang, die Gdthas des Zarathmtra. I. Cap. 28, 1.
thiimlichen Bewegimg zu erkennen gab , ist der jdna oder Gang.
Da aber mit diesem Zustande das Gefühl höchster Seligkeit verbun-
den war, so konnte jma in den Begriff Glück, Wonne über-
gehen. Diese etwas allgemeine Bedeutung darf aber dem Worte
nicht in allen Stellen beigelegt werden; so wäre sie J. 9, 19 — 21
etwas zu vag; hier scheint es den Sinn einer geheimnisvollen
höhern Kraft zu haben, die nicht bloss Gesundheit und langes
Leben, sondern auch Sieg über die Feinde verleiht; der gleiche Sinn
muss dem Wort in Jesht 17 beigelegt werden. Alles Ausserordent-
liche, das die Helden der Vorzeit gewirkt^ wie Jima, Thraetaona,
Uaoshjanh etc., wird von diesem jdna abgeleitet. Diese hohe Kraft
wurde ihnen aber von Ahiira-mazda nur in Folge ihrer Gebete ge-
oflfenbart. Zu beachten ist, dass dieselben Wirkungen, die sonst
dem jd7ia zugeschrieben werden, im 19. Jescht (sogenannten Zam-
j ad -Jesht) dejn qareno, Glanz, beigelegt werden; dass in Jt. 24, 8
neben Jdnem dieses qareno , und Jt. 14, 3 neben dem Adj. qarenan-
hat, glänzend, jf*a?müai steht. Hierausfolgt mit einiger Sicherheit,
dass beide, qareno und ^*a/m, verwandte Begriffe bezeichnen; der
Unterschied scheint nur der zu seyn , dass qareno die äussere Er-
scheinung jener geheimnissvollen Wunderkraft, jdna dagegen diese
selbst bezeichnet. Neben dem Begriff einer geheimnissvollen Wun-
derkraft hat das Wort aber auch den eines geheimen Spruchs,
eines Orakels, welche Bedeutung klar aus dem Neupersischen folgt.
Letztere ist in unserm Capitel v. 10 die sicherste, wenn man nicht
die von Bitte, welche aber zu wenig Gewähr hat, vorziehen sollte;
unter diesen Orakelsprüchen sind dann die unmittelbar vorhergehen-
den Verse 7 — 9 zu verstehen. Nerios. hat für jdndis hier subhena
(für <^uhhena), mit dem Glücklichen, Schönen. Ebenso deutet er das
Adject. jdnim in unserer Ueberschrift ; er hat ^ohhana-mandh, mit
glücklicher, schöner Gesinnung. Diese Deutung ist aber, wie aus
vorstehender Untersuchung hervorgeht, eine etwas zu allgemeine
und ist für unsere Ueberschrift nicht wohl anwendbar. Was soll
denn der Glücksgedanke und das Glückswort und die Glücks-
handlung Zarathustra's seyn? Einer solchen Anschauung begeg-
nen wir nirgends weiter im Zendawesta. Da sich eine Beziehung
des janim der Ueberschrift zu den jdndis des zehnten Verses kaum
verkennen lässt, so müssen wir demselben die gleiche Bedeutung
beilegen. Somit verstehe ich unter jdnim mano den in der Ent-
zückung dem Zarathustra geoffenbarten heiligen Gedanken, unter
jdnim vaco das ihm in diesem Zustande mitgetheilte heilige Wort, und
unter jdnim skjaothnem die von ihm in heiliger Begeisterung vollbrachte
That. Dass diese Bezeichnung etwas ausserordentlich Heiliges in
sich begreift, sieht Jeder leicht. Daher liegt auch der Gedanke nahe,
dass diese Worte nicht Ueberschrift, sondern Nachschrift zum vor-
hergehenden Capitel seyen als eine Beschreibung des Ahuna vairja.
Aber gegen diese Annahme spricht der Umstand^ dass c. 27 nicht
mit jenem heiligsten Gebete schliesst, sondern dass ihm noch andere
Haug, die Gdthas des Zarathustra. /. Cap. 28, 1. 45
Gebete folgen. Da unmittelbar nach unserer Ueberschrift die Worte
stehen: die Ameshä ^pentä sangen die Gdthas vor, so können wir
sie gut auf die Gäthd's beziehen. Nur lässt sich nicht mit Sicher-
heit bestimmen, ob sie bloss auf die Gdthd ahunavaiti capp. 28 —
34 oder auf alle Gdthd's sich bezieht. Dass sie wenigstens nicht
bloss auf unser Capitel (28) beschränkt ist, wie man ans jdndis
V. 10 vermuthen könnte, geht daraus hervor, dass die Formel, die
alle fünf Gdthd's einleitet: nemo ve gdthdo ashaoms, nach ihr steht.
Wenn sie sich nur auf unser Capitel bezöge, so müsste das Umge-
kehrte der Fall seyn. Das Wahrscheinlichste ist mir , wenn sich
auch eine Beziehung auf die Verse 7 — 9 unsers Capitels nicht ver-
kennen lässt, dass die Worte von jdnim — geurvdin der gemein-
schaftliche Titel aller Gdthd's als der heiligsten Erzeugnisse der alten
religiösen Poesie sind. — Geurvdin. Westergaard corrigirt die hand-
schriftlichen Lesarten in geurvdni, was eine erste Person sing, im-
perativi seyn würde. Diese Schreibung, welche indess vom Sinn
und Zusammenhang nicht gefordert wird, ist, da sie sich auf gar
keine handschriftliche Lesart stützt, wohl zu verwerfen. Die Mss.
bilden hier zwei Gruppen; die eine fasst das Wort als eine Verbal-
form (K. 5. P. 6. K. 11. Bb.), die andere als einen Accusativ sing.
(K. 4. K. 6. Bf.). Letztere Lesung ge urvdnem (K. 4.) oder geur-
vdnem (Bf. K. 6.) ist entschieden irrig; denn einen Accusativ des
bekannten geus urvd, woran am nächsten zu denken wäre, können
wir in unserm Satze mit nichten unterbringen. Die Worte frd —
geur^ bilden einen Satz für sich; sie würden desshalb ein Verbum
verlangen, von dem jener Accusativ abhängig wäre; dieses aber
wäre so nicht zu finden. Auch zugegeben, dass ein Verbum ohne
viel Schwierigkeit supplirt werden könnte, so würde geus urvd hier
keinen Sinn geben. Die Abschreiber haben geurvdnem verbessert,
weil ihnen die ältere Form geurvdin unverständlich war. Die rich-
tige Lesung ist aus der ersten Gruppe zu ermitteln ; den von Wester-
gaard in der Note namhaft gemachten Lesarten ist noch die der
Bombay er Ausgabe geurvdin beizufügen. Die Handschriften dieser
Gruppe schliessen mit n, nur P. 6. hat noch ein a nach ?i. K. 5.
ge urvdin, Bb. geurvdin, P. 6. geurvdina, K. 11. geurvdon. Unter
diesen verdient die Lesung der Bombayer Ausgabe und des K. 5,
unstreitig den Vorzug; die P. 6. Hesse sich nöthigenfalls auch er-
klären, hat aber zu wenig handschriftliche Autorität. Vor dem n,
mit dem die meisten schliessen, haben drei ein ?, nur eine hat ein
o; schon nach der Vergleichung der Handschriften hat demnach die
Lesung geurvdin die meiste Autorität. Suchen wir nun diese Form
zu erklären. Zunächst denkt man an eine Verbalform der Wurzel
gerew, Wed. grbh, greifen, die uns im jungem baktrischen Dia-
lekte so unendhch oft begegnet. Als davon vorkommende Formen
mache ich folgende namhaft: gerewnditi (9te Conj.) Jt. 10, 13.
gerewjeiti Jt. 24, 30. gerewjaite ibid. geurvajat 5, 65. geurvajdt
(Conj.) 8, 60. geurvaj öit (0\)f.) S, 6d. 14,51. geurvaj an 11, 6. ge-
46 Hang, die Gdthd's des Zarathiistra. I. Cap. 28, 1. 2.
rewnän, 10, 93; geurvaja (imper.) Ja9. 9, 28. Nach diesen Formen
könnte geurväin ganz leicht das Imperfect (3. Pers. plur.) der Wur-
zel gerew seyn. Aber zwei Gründe sprechen gegen diese Erklärung:
1) das Wedische gfbh (für garhh) hat im Liederdialekt nicht die
Form gerew, sondern grab, z. B. J. 31, 9 hengrabem; 2) würde
„greifen" keinen nur halb erträglichen Sinn geben, da man nach
dieser Ableitung übersetzen müsste: Die Amesha ^pentas ergriffen
die Lieder. So kämen wir zu einer ganz sonderbaren Vorstellung.
Wir dürfen uns desshalb durch die Form, die so gar schön zu ge-
urvajat, geurvajän stimmt, und durch Neriosengh, der samgagrdha
„er ergriff" übersetzt, nicht irre machen lassen, uns nach einer bes-
sern Erklärung umzusehen. Ich führe es auf die Wurzel gf (gar),
singen, lobsingen, zurück, die uns im Weda in zwei Hauptformen
entgegentritt, als gr und gr (gar). Sie hat auch im Baktrischen
ihre Verzweigungen; hieher gehört garoibis (Instrument, plur.) von
gara, Lied, J. 34, 2. mengairim 28, 5. garo-demdna, Ort der Lob-
preisung, gewöhnlich Name des Paradieses; aus dem jungem Dia-
lekt vergleiche gereute Visp. 4, 1; das Causat. gdrajemi Nj. 6, 2.
Ein Nomen garu findet sich als Accus, plur. grva^^ca J. 9, 26: dat
anhS ahi aiwjdgto bareshnus paiti gairindm drdganhe aiwidhditisca
grvagca mäthrahe, dann sitzest du darauf (auf der Decke) auf den
Höhen der Berge, um festzuhalten die Opfergaben ^) und die Lob-
preisungen des Mäthra. An dieser Stelle schreibt Westerg. graü^ca
nach dem Kopenhagener Cod. 5; die richtige Lesart nach den an-
dern Mss. ist garü^ca oder grvagca, beides Accus, plur. von einer
Form auf u, also garu. Dieses ist ein Abstractum — der Zusam-
menhang verlangt ein solches — und heisst das Singen oder die
Lobpreisung. Das geurvdin unserer Ueberschrift nun ist eine
Denominativbildung von diesem garu mit der Endung aj. Das erste
a wurde wegen des folgenden rv zu au, vgl. haurva für harva = sarva,
alles. Dieses au änderte sich sofort weiter in eu entweder durch
Einfluss des folgenden i oder, was wahrscheinlicher ist, es ist eine
Dehnung des au. Geurvdin ist 3. Pers. plur. imperf. act. und steht
für geurvdjan.
V. 2. Hier macht die Construction Schwierigkeiten. Wir haben
eine Reihe Genitive, deren Nomen regens sich nicht sogleich sicher
erkennen lässt. Viel hängt von der Erklärung des rafedhrahjd ab.
Die Tradition giebt das Wort stets durch Freude (Nerios. dnanda,
0 Die Bumoufsche Erklärung des ahoi-dhäiti durch: celui qui parle,
ist, weil bloss gerathen, entschieden zu verwerfen. Es heisst eigentlich die
Umgebung, man vgl. Afrig. 1, 13 das Verb. aiwi-daidhUa, er soll um-
fassen, umarmen; Jt. 13, 45 raokhshni-aiividhdta, lichtumgeben;
aiwiddna Jt. 8, 18. 14, 9 Decke oder Schabracke eines Pferdes. An
unserer Stelle kann aiwidhditi nur auf die Opfergaben gehen, die ringsum
auf den Tisch gelegt sind.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 2. 47
Pehlewiübers. des Vend. Farg. 20, 26. Sp. rdmesn), ebenso wie das
verwandte rafnanh , welcher Erklärung beim letztern Worte auch
Burnouf unbedenklich gefolgt ist. Diese Deutung lässt sich indess weder
durch den Sinn der Parallelstellen, noch durch Etymologie beweisen.
Rafedhra findet sich nur in den Gdthd's und dem uralten Airjema-
Gebet (J. 54), und ist ein dem Liederdialekt eigenthümliches Wort.
Als Wurzel bietet sich zunächst rap dar, dem wir einigemal in den
altern Stücken begegnen; Ja9. 41, 4: rapöüca tu ne daregemca ustdcd
hdtäm huda^teind, und du mögest uns verleihen langes (Leben, wie
aus dem Zusammenhang klar ist) und die allerbesten Glücksgüter,
oder: du mögest uns beglücken (helfen) lange und mit den aller-
besten Gütern. Wichtig ist Ja9. 70, 1, wo wir das Partie, praes.
rapentem (Acc.) neben dadhvdonhem und tarshvdonhem ^) von Ahura-
mazda gebraucht finden. Da diese beiden schaffend und bil-
dend heissen, so sind wir befugt, dem rapentem eine ähnliche Be-
deutung zuzuschreiben, jedenfalls eine, die sich auf die Kraftäusse-
rung des höchsten Geistes gegenüber der Welt bezieht; ich ver-
muthe helfend, schützend. Diesen Sinn hat gewiss der Impe-
rativ arapd J. 49, 1, hilf mir! Auch dem zusammengesetzten ^toi-
rapentem J. 34, 4, einem Beiwort des Feuers, ist dieselbe Bedeu-
tung zuzuschreiben: der Welt nützend, helfend, wie das un-
mittelbar folgende Prädikat cithrd-avanhem, dem Sichtbaren (d. i.
der Welt) helfend zeigt. In 51, 18 ist rapen (Nom. part. praes.)
von dem Menschen in Beziehung auf Gott gesagt und mit dem
Genitiv tava, deiner, construirt; hier hat es den Sinn: halten,
fassen, festhalten. Denselben legeich dem rapento v. 3 unsers
Capitels bei. Diese Bedeutung fassen, halten, ist wohl die ur-
sprüngHche der Wurzel rap; sie stimmt ganz mit dem Wedischen
rahh, das, in Verbindung mit der Präposition a, ergreifen, fas-
sen heisst, Rv. I, 24, 5; lll, 53, 2, mit sam erlangen, gewin-
nen, I, 53, 4. 5; ebenso, nur etwas stärker, abhi-sam-rabh , III,
29, 13; rabhas, eigentl. Ergreifung, von der Wirkung des Soma
Rv. I, 82, 6, der den Trinkenden seiner Sinne beraubt (hier also
Berauschung); rabhasvat, mit Beute (eigentl. mit Ergriffenem) be-
laden, Rv. I, 9, 6. Im Neupersischen entspricht nibüdan, rauben,
lat. rapio; im Griech. ist Xaßpo^, heftig (vom Sturmwind), hieher
zu ziehen; ebenso die W. AAB in XafxßavM. Suchen wir nun die
Bedeutung des von dieser Wurzel abgeleiteten rafedhra zu bestim-
men. Seiner Ableitung durch die Endung dhra = skr. tra gemäss,
ist es ein Nomen abstractum: die Ergreifung, Erfassung, dann
der ergriffene, festgehaltene Theil, woraus der Sinn An-
theil, Loos, Glück, Hilfe fliesst. Dass diese letztere Bedeutung
') Die Wurzel tarsh ist identisch mit fhwercQ, die auch zu thruQ wird.
Als Urform ist tvarksh anzusehen. An tarshna, Durst, Jt. 17, 30, oder
tars, sich fürchten, kann nicht gedacht werden.
48 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 2.
dem Worte wirklich inne wohnt, beweist nicht nur das derselben
Wurzel entstammende und dem Sinne nach fast identische rafnanh,
das gewöhnlich neben avanhy Hilfe, Schutz, Jt. 13, 1. 19. sich
findet, sondern auch der deutliche Zusammenhang aller Stellen, in
denen es vorkommt (s. das GL). An unserer Stelle nun bezieht
sich das ahjd rafedhrahjd, dieses Glück, auf die v. 3 genannat
Verleihung der beiden Leben , des irdischen und geistigen. Men
verbindet es am besten mit u^tdnazagto: die Hand aufgehoben, d.i.
betend, nach diesem Glücksgut. Nemanhd hat eine rein adverbiale
Bedeutung, mit Andacht, mit Lobpreis. Paourvim ist kein von
■fd^d abhängiger Accusativ, wie man vermuthen könnte, sondern ein
Adverbium: zuerst, was durch apaourvm, nicht zuerst, nach
dem ersten, v. 4 hinlänglich bewiesen wird. Ashd — skjaothnd sind
von jd^d abhängige Accusative (neutr. pl.), sie selbst regieren die
Genitive mairijeus mazddo (dieses kann nur eine Genitivform hier
seyn, wie öfter) ^peiitahjd. Bei vi^peüg, das in jedem Falle Accu-
sativ plur. ist, sind zwei Fassungen möglich; es kann Mascul. =
omnes und Neutr. = omnia seyn. Die Accusative auf eng gehören
zwar gewöhnhch den männlichen Themen auf a an; aber an unse-
rer Stelle kommen wir bei dieser Annahme in grosses Gedränge.
Man könnte höchstens an die Amesha-^penta's denken, aber dazu ist
im ganzen Capitel kein hinlänglicher Grund vorhanden. Zudem ist
der Parallelismus von manjeus — sljaothnd und khratüm mananho
wohl zu beachten. Dieser schliesst eine gesonderte Fassung des
vigpeng als omnes aus. So können wir dieses nur als Accus, plur.
neutr. fassen und mit a^A« — skjaothnd, alle wahrhaften Thaten,
verbinden. — Khshnmshd ist erste Person Aoristi sing, des Optativs
med. der W. khshnu (s. d. Gramm.), anbeten, verehren. Das
Relativ Ja (Accus, plur. neutr.) bezieht sich auf ashd — skjaothnd und
khratüm zurück.
Nerios. übersetzt den Vers folgendermassen : asja samihe na-
maskaranena [asfa üi Hormizdasja svddhinam prasddam samihe; kila
jdh svdmini uttame karomi] utthdnahastah pramodena adfg'asja ma-
hd^imninah pürvam sarvam pfthulatojd punjam vigveshu karmasu [kila
karmasarvam gdthdbhih kdijarn]; uttamasjaca buddhjd manasah [nair-
jasagniki-(?)biiddhjd] jd satkdrjitri gos-manah [praijatnam go-pagü-
ndm parigndnatajd kurute; dvivdram vacjo Gugasta oder Gugaspa].
Durch dessen Verehrung erflehe ich [dessen, d. i. des Ormuzd, freie
Gnade erflehe ich, das thue ich beim höchsten Herrn] mit aufge-
hobener Hand aus Freude über den unsichtbaren grossen Weisen
alles frühere Reine durch Macht in allen Handlungen [alle Handlungen
sind durch die Gdthd's zu vollbringen] und durch die Erkenntniss
des höchsten Geistes [durch die Erkenntniss Nairjoganha's] , welche
gastlich aufnimmt (ehrt) die Kuhseele, d. i. den Goshurun [er
bemüht sich um die Erkenntniss von Vieh und Rindern; zweimal
ist Gustasp zu nennen]. Dass diese Uebersetzung im Allgemeinen
den richtigen Sinn des Verses nicht triflit, liegt auf der Hand und
Haug, die Gdtka's des Zarathustra. I. Cap. 28, 3. 49
braucht, nachdem eine wirkliche philologische Erklärung gegeben ist,
nicht weiter widerlegt zu werden.
V. 3. Mazda ahurd sind hier im Duale verbunden; vdo ist Dual
des Pronomens der zweiten Person im Cas. obliq. — Maibjo —
qdthre Ner. : mahjam he dejdt (dadjdt?) ubhajor bhuvanajor Jac ^fshthi-
matd?h Jacca paralokhidm di<p)arjam puiijdt samjogi [kila me samfddha-
tvam sasadhjdpdrata (tvam) prdpjaiii dehi] jad dnandavariie ddsjati
subhdni \_'jo jagaddndm uttamandmca änandam karoti tasmdi jat
samfddhatvam subhdni ddsjati (i) tan me dehi] , mir möge er den
Besitz dieser beiden Welten, der der (irdischen) Schöpfungen und
der überirdischen durch das Reine vereinigt geben [mich lasse das
Glück, das eine Folge der Vollbringung des Guten ist, erreichen];
im Lande der Freude wird er Glückliches verleihen [welcher die
Freude der Jazata's und der höchsten — Geister , d. i. Amesha
^penta — macht, was diesem für ein Wohlstand, für Güter verliehen
werden, diese verleihe mir]. Die Uebersetzung des ddvoi durch
geben scheint richtig zu seyn; ich war schon vor Einsicht Nerio-
sengh's darauf gekommen. Aber eine direkte Ableitung von der
Wurzel da, geben, hat etymologische Schwierigkeiten. Dem Zu-
sammenhang nach ist ddvoi sowohl hier als J. 44, 14 und 51, 9
ein Infinitiv; hiezu stimmt auch die Form, die sich als Dativ eines
Verbalnomens kund giebt. Von da haben wir nur die Infinitive
daidjdi J. 51, 20; dazdjdi J. 35, 4, aber keinen, der ddvoi lau-
tet. Diese Bildung würde nothwendig ein Suffix va voraussetzen,
dem wir aber nirgends in der Infinitivbildung begegnen. So bleibt
uns nur übrig , eine Wurzel du anzunehmen , von der ddva ein
ganz regelrechtes Nomen abstractum seyn würde. Dieses existirt
nun im Baktrischen, wird aber in den spätem Zendschriften ge-
wöhnlich vom Sprechen der bösen Geister gebraucht. Dass wir
diese Bedeutung hier und an den übrigen Stellen der Gdthd's
nicht brauchen können , leuchtet ein. Am besten zieht man ddva
zu düta, Bote, eigentlich der Gesandte, im Baktrischen und Sans-
krit. So kommen wir auf eine Wurzel du des Sinnes senden,
schicken oder begleiten, die zwar als Verbum finit. weder im
Sanskrit noch im Baktrischen gebräuchlich ist, auf deren wirkhche
Existenz aber Derivata mit Bestimmtheit schliessen lassen, wie das
eben erwähnte düta, Bote, sowie das wcdische duvas , eigentlich
Botendienst, dann Geleite, namentlich feierliches (Rv. I, 4, 5;
14, 1), und das dabei übliche Ehrengeschenk. So steht es von
den Gaben, welche die Menschen den Göttern darbringen, Rv. I,
36, 14: vidd deveshu no duvah, bringe (Agni) zu den Göttern un-
sere Ehrengabe. Das Verbum denomin. duvasjati heisst verehren
(durch Gaben) I, 78, 2, und geht endlich geradezu in die Bedeu-
tung schenken über Rv. 1, 119, 10. Mit der zu Grunde liegen-
den Wurzel du ist vielleicht wohl das neupersische davidan^ laufen,
Abhandl. der DMG. 1,3. 4
50 Haug, die Gdthas des Zarathustra. 1. Cap. 28, 3. 4.
rennen, in Verbindung zu bringen. Im Ja^na nun hat das Nom.
abstr. ddva sicher die Bedeutung das Verleihen, Gewähren, die
von Sendung ist weniger gesichert. Dass Derivata der bespro-
chenen Wurzel du diese Bedeutung haben können, zeigen die an-
geführten Wedawörter genügend. An das im Weda vorkommende
ddvarif gebend, schenkend (von dd-^-van) kann der Form wegen
nicht gedacht werden. — Ähvdo ist Genit. dualis von ahu, Leben,
aber nicht von ddvQi abhängig, wie man meinen könnte, sondern
von djaiptd. Erreichtes, Gewonnenes, das wieder als Accusativ
von dem Infinitiv ddvoi regiert ist. So verbindet schon Nerios. ganz
richtig. Weniger glücklich ist Nerios. in der Fassung des letzten
Sätzchens jdis — qdihre. Rapento (s. zu v. 2) muss hier Accusat.
plur. masc, nicht ein Locativ seyn, wie Nerios. will; ebenso wenig
ist qdthre ein Accus, plur. neutr. im Sinne von subhdni, „die glück-
lichen Dinge", sondern nothwendig ein Nom. sing, masc, für qdthrö
stehend. (Ueber die Aenderung des o in c s. die Gramm.) Es ist
aus qa==sva und dthra (dtar), Feuer, zusammengesetzt, heisst also:
der sein eigenes Licht hat, d.i. der selbtleuchtende. Hierunter
kann einmal das eigene innere Licht des Menschen, der Verstand
oder die Vernunft, dann aber auch das Urlicht, das die Leucht-
kraft in sich selbst hat, d. i. Gott, verstanden werden. Letztere
Bedeutung hat es sicher an unserer Stelle und 50, 5 : Ja ndo qdthre
ddjdt. Da die andern Stellen, wie 43, 2; 53, 6, ein neutrales Thema
qdthrem voraussetzen , so könnte man versucht seyn , in qdthre das
Gleiche zu sehen, indem es, wie vace = vaco für vacanh, so für
qdthranh stände. Aber die Existenz eines solchen Thema's lässt
sich nicht weiter nachweisen. Dass qdthre, wie schon seiner Bedeu-
tung nach sehr wahrscheinhch ist, wirkHch von Ahura-mazda und
höhern Genien gebraucht wird, zeigen die Prädikate vi^pa-qdthra,
der alles Licht selbst hat, pouru - qdthra , der viel eigenes
Licht hat, qdthravdo, mit eigenem Licht begabt, die Jt. 1, 14
als Namen des Ahura-mazda aufgeführt werden; vgl. vi^po - qdthrem
Ja9. 9, 19 von dem Äsha-vahista und qdthravaitis von den Frava-
schi's Jt. 13, 32.
V. 4. Je — apaourvm Nerios.: Jadi jushmdkam he A^avahüta
hi dharma svddhino ^smi manasagca uttamasja prathamasja [as^a pra-
thamatvam idamjad amarebhjo mahattarehhjah prathamam gahdjiö ^datta;
kila cet svddhinatajd jushmdkam tishthdmi], wenn ich von euch, Asha-
vahüta, Gerechtigkeit — nur Uebersetzung des eben genannten
Namens — unabhängig bin und von dem höchsten ersten Geiste
[seine Erstlingsschaft ist die , dass er für die grossesten Unsterb-
lichen (Amesha ^penta) zuerst die Welten schuf; wenn ich in
Unabhängigkeit von euch stände (soll den Sinn des Satzes erklä-
ren)]. Dass diese Uebersetzung eine ganz verfehlte ist, lässt sich
leicht zeigen. Dem ufjdni (erste Person Imper. sing, von uf=vap^
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 4. 51
wird die Bedeutung svddhmo ^) ^smi, ich bin unabhängig, beige-
legt, wonach der Uebersetzer das Wort als erste Person sing, eines
Verb, intransit. fasste. Nur hier ist noch etwas von richtiger An-
sicht zu verspüren; die dem Worte beigelegte Bedeutung ist aber
sicher falsch. Aus der Parallelstelle 43, 8, wo uf/d mit ^taomi,
ich preise, zusammensteht, folgt mit Bestimmtheit, dass es eine
ähnliche Bedeutung, verehren, anbeten, haben müsse. Nerios.
hat daselbst stotavjo ^si svi(svd)dhinajitavj6 ^si, du bist zu loben und
als Selbstständiger — Herr — zu betrachten. Jt. 13, 21, steht
ufjemi neben gtaorni, ich preise, und zbajemi, ich rufe an; ebenso
13,', 49. Im Weda entspricht vip, Lobpreiser, Weiser, Rv. lll, 3,
1. 7 fsukratur vipdm, der Wohlverständige unter den Weisen, von
Agni); 10, 5 (vipdm gjotinshi bibhrate, dem die Lichter der Weisen
Tragenden, d. i. Agni), und seine so unendlich oft vorkommenden
Ableitungen vip-ra, weise, und vipag-cit, der die Lieder kennt.
Da im Weda fast alle Weisheit nur in der Liederdichtung zum Lob-
preis der Götter besteht, so sind wir befugt, bei vip diesen Begrifi"
anzunehmen, der ohnediess auch der traditionelle ist. — Das apaour-
vim wird von Nerios. unbedenklich durch prathamam wiedergegeben,
als ob das a privat, gar nicht vorhanden wäre. Es steht in deut-
lichem Gegensatz zu paouwim v. 2 und heisst wohl so viel als nach
dem ersten, d. i. zu zweit. — Jaeibjo — agzaonvamnem Nerios.:
jebhjo rdgjamcd amalja-dhdtulabdhjd mülagca; \kila md (me) arthini-
tvam sasthulataram'] , welchen die Herrschaft und eine ursprünglich
erlangte fleckenlose Natur ist [mein heftigstes Verlangen]. Am mei-
sten Schwierigkeit hat das octt. Xsyojjl. agzaonvamnem; woraus die
weitläufige Umschreibung des Worts von Nerios. geflossen ist, lässt
sich schwer ermitteln; er hat wohl getrennt agzao navamnem gelesen,
wie K. 5. Man kann sich über die Ableitung des Worts in allen
möglichen Vermuthungen ergehen, z. B. an kshan , vernichten,
denken und es mit unvergänglich übersetzen, aber fast immer
werden einige grammatische und lexikalische Schwierigkeiten übrig
bleiben. Die richtige Erklärung lässt sich nur finden, wenn wir die
genauen Beziehungen unseres Verses zu v. 2 zu Hilfe nehmen. Das
einzige Wort , das dort eine Beziehung zu ihm haben kann , ist
kh^hnvishd von der Wurzel khshnü. Diese kann durch die Medial-
Passivendung mna (mana) ein Partie, khshnumna oder besser khshnva-
mna (vgl. divamna von der Wurzel div J. 31, 20) bilden. Tritt vor
dieses das a priv. , so kann leicht eine Erweichung der harten Con-
sonantengruppe khsh in die entsprechenden weichen Laute gz ver-
mittelst Rückwirkung des weichen v eintreten, wie diese Enschei-
nung der Gäthädialekt ja in sehr vielen Fällen zeigt, vgl. azdübia
^) Dieses Wort hat keine andere Bedeutung im Sanskrit; Verehrer,
Anbeter würde gut in den Zusammenhang der Worte Neriosengh's passen,
aber dem svddhina ist dieser Sinn fremd, man müsste es nur von sva und
dem iranischen rffn, Glauben, im Sinne ,, der selbst glaubt" ableiten wollen.
4*
52 Haug, die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 4.
für a^tebis von afti n. s. w. So bekommen wir die Form agzn-
vnmnem; da aber die Gruppe gznv etwas schwer auszusprechen ist,
so drängt sich unwillkührlich ein kurzer Vokal ein , und zwar o,
der wegen des v am nächsten liegt. Auf diese Weise ist agzaon-
vamnem entstanden. Da khshnu Einen durch Gaben verehren
und damit zufrieden stellen, dann im Allgemeinen verehren,
huldigen heisst, so ist die Bedeutung des agzaonvamnem nicht
verehrend, keine Gaben darbringend. Die Construction
anlangend , so scheint es in adjectivischem Sinne mit khshathrem
verbunden werden zu müssen; aber dieser Verbindung steht das
gewichtige Bedenken entgegen, dass dem hhshathra nie ein die-
sem nur entfernt ähnliches Prädikat beigelegt wird, das überdiess
hier gar keinen Sinn hätte. Ein solches Prädikat wäre um so auf-
fallender, als keiner der übrigen Amesha-^peiita's, die hier genannt
sind, andere als die gewöhnlichsten Prädikate hat; das gebräuch-
lichste Beiwort des khshaihra ist sonst vairja. Ich fasse agzaon-
vamnem daher adverbicd mit demselben Rechte , mit dem paourvim
V. 2 und apaourvim in unserem Verse so gefasst werden muss. Das
jaeibjo ist nach khshathrem zu stellen und leitet den Satz ein, des-
sen Verbum varedaiti ist (solche Verschränkungen sind in dem Lie-
derdialekt nicht ungewöhnlich); sein Adverbium ist agza". Das Sub-
ject des Satzes ist Armaüis. (Ueber den Sinn s. weiter unten und
die Paraphrase.) — Die Worte varedaiti Armaitis giebt Nerios. durch
vrddhiddjd^ca Spinddr maddjdh prthivjd asjd^ca dadisvddhinö ^smi, und
der Wachsthum gebenden Spindarmat der Erde [und ihrer Geschöpfe
bin ich Herr ?], wonach varedaiti als ein Adjectivum zu fassen wäre.
Zur Vergleichung und Ableitung bietet sich das sanskritische vfdh
(für vwrdh) , wachsen, von selbst dar; aber man wird schwerlich
an allen Stellen, wo varedh oder vared und seine Derivate sich fin-
den, mit der Bedeutung wachsen, mehren, auskommen. Zudem
bleibt auffallend, dass das Neupersische in dem lautlich genau ent-
sprechenden gard oder gird diese Bedeutung gar nicht kennt. Für
wachsen, gedeihen, hat das Baktrische andere Wörter, wie
vahsh und fshu. In den Gäthä's scheint es besser zu seyn, vared
als eine Erweiterung der Wurzel var, umgeben, bedecken, an-
zusehen und mit schützen zu übersetzen. Diese Bedeutung wird
durch wardanam der medischen Inschriften, Stadt, Burg, neupers.
gard in fine compos., und gird, Kreis, rund, unterstützt. An die
sanskr. Wurzel vft (vart), lat. vertere, darf bei gird, Kreis, nicht
gedacht werden, da diese Wurzel dem Baktrischen ganz fremd ist.
Man hat fälschlich das Verbum gardidan, wenden, drehen, dann
allgemeiner wenden, vom sanskr. vft abgeleitet; aber dieses ist
ein Denominativ von gird, rund. Dieses Wort nun wird am besten
auf das baktrische vareta, ein Part, von var, umgeben, zurückge-
führt. Ein deutlicher Beweis, dass der Wurzel vared eine gleiche
Bedeutung beigelegt werden darf, ist das so häufige Compositum
varedaf-gaetha, das nicht gut durch „die Gaetha's mehrend" über-
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 4. 5. 53
setzt werden kann, da vfdh, wachsen, im Sanskrit gewöhnlich in-
transitiv ist. Einen sehr guten Sinn giebt dagegen „die Gaetha's
bewahrend, sie schützend'* ; ja man kann noch genauer „die Gaetha'x
umhegend, rings umzäunend" übersetzen, da die Gaethas einge-
friedigte Besitzstücke waren. Denselben Sinn hat das Causativ va-
redhajeni im Anfange des 2. Farg. des Vendidad (s. zu 44, 10). —
A — ga^atd Nerios.: tan me dnande dmantraneca samprdpnuvanta
[jadi jushmakam ahhimamtrjdmi tan me dnande prdpiiuvaiitu] , dieses
mögen sie bei meiner Freude und Anrufung erlangen [wenn ich zu
euch bete, so mögen sie dieses bei meiner Freude erlangen]. Zaveng
ist in dieser Uebersetzung ganz in Parallele mit rafedhrdi gesetzt,
was der verschiedenen Casus wegen nicht geht; es ist ein Accus,
plur. eines Thema*'s zava, das nur von zu = hü (hve), rufen, kom-
men kann. Am nächsten liegt die Verbindung desselben mit dem
Verbum varedaiti; aber die Parallelstelle zaveng gimd 29, 3 (Nerios.
dkaranena prdpnoti) weist auf eine engere Verbindung des zaveng
mit dem Verbum ga^ hin, denn gim = gam, gam, hat dieselbe Be-
deutung, gehen, wie gag^ und kann an dieser Stelle nur ?iy\{ zaveng
bezogen werden. Aber ga^ , gam können als intransitive Verben
keinen Accusativ regieren; daher müssen wir entweder den Casus
in zaveng anders erklären oder als adverbialen Ausdruck fassen.
Letzteres ziehe ich vor ; so fasse ich den ganzen Ausdruck als :
rufen gehen oder beten gehen, vgl. zarem cardni, ich will lob-
singen gehen, J. 44, 17. Der Form nach könnte ga^atd eine dritte
Pers. sing, imperf. medii seyn; aber diese ist sonst nicht gebräuch-
lich, und ausserdem könnten wir ein Verbum finitum, wenn varedaiti
als solches gefasst werden muss, im Satze nicht mehr unterbringen.
Bei dieser Fassung des varedaiti wäre der Dativ jaeibfo nicht wohl
zu erklären, da dieses Verbum nie einen Dativ regiert. Wohl ist
diess aber bei gim, mit dem ga^ fast identisch ist, der Fall 29, 3 :
jahmdi — gimdi. Aus diesem Grunde fühle ich mich bewogen,
ga^atd als das Verbum finit. des Satzes anzusehen und varedaiti als
Partie, praes. femin. von vared zu nehmen. Armaitis ist dann aber
hier nicht die Erde, sondern, wie öfter, die Herzensgeneigt-
heit, Andacht, Frömmigkeit.
V. 5. Mengairim — mananhd Nerios.: dtmane garoihamdne (mano)
uttamasja dijate sahatajd manasah, der Seele wird in dem Paradies
(das Paradies?) durch die Gemeinschaft des höchsten Geistes ver-
liehen. Für die Worte: mefi gairim hat die Uebersetzung nur Ga-
rothman, wonach sie entweder beide zusammengelesen oder mefi gar
nicht wiedergegeben hat. Die Mss. lesen die Worte meistens ge-
trennt; darnach schreibt auch Westergaard. Die Bombayer Ausgabe,
sowie die Burnouf'sche lesen sie zusammen, was Westerg. nicht ein-
mal angiebt. Der erste Theil wird bald men K. 6., bald meän K. 9.,
oder auch getrennt me an K. 4., der zweite von P. 6. gairi und
den meisten anderen Codd. gaire gelesen. Zuerst fragt es sich, ob
54 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 5.
inen und gairim zusammenzulesen oder als gesonderte Wörter zu
schreiben sind. Trennt man sie, so kann mm nur der Genitiv des
Pronomens der ersten Person für mana seyn; das w wäre dann
Aniisvdra n geworden und das schliessende a weggefallen, sodass es
ganz die neupersische Form man, mcn hätte. Aber solches Weg-
fallen der Schlussvokale kennt das Baktrische nicht. Zudem würde
es auch als Wort für sich gar keinen rechten Sinn geben. Man
müsste nämlich danach übersetzen : „ der ich mache meine Seele
preisend zugleich mit dem guten Geiste", was nur so viel heissen
könnte, als „der ich selbst mit guter Gesinnung Lobpreis darbringe",
sodass „meine Seele" nur so viel hiesse, als ich selbst. Diese
Ausdrucksweise, so natürlich sie auch ist, erinnert zu sehr an die
semitische Art, die Reflexivität zu bezeichnen, als dass wir sie dem
Baktrischen , das diesen Sprachgebrauch so wenig kennt als das
Sanskrit, ohne Weiteres zuweisen dürfen. Urvan bezeichnet nur die
Seele als belebendes Princip des Körpers, dann auch den Schutz-
geist. Soll der Begriff eigen, selbst, ausgedrückt werden, so
bedient man sich des qa == sva. Schon aus diesem Grunde ist die
Lesung men gairim zu verwerfen ; denn etwas Anderes als mana =
mei könnte es nicht seyn; an einen nominalen Gebrauch der nack-
ten Wurzel man, denken, darf nicht gedacht werden. So müssen
wir mengainm als ein Wort lesen und als Accusativ eines Thema's
mengairja oder mengairi erklären. Dieses ist eine Zusammensetzung
der Wurzeln man, denken, und gar, gere, lob singen. Dass die
Wurzel man öfter solche Verbindungen eingeht, zeigen men-dd 31,
5; 53, 5, und mefig - jierethd 48, 2; ihre Verwandlung in men ist
häufig im Liederdialekte, vgl. namentlich m'enhdi in Cap. 43. Im
Weda entspricht diesem Compositum ziemlich genau das Wort su-
marngala, das Rv. II, 42, 1 — 3 als Prädikat des Vogels ^akuni
neben kanikradat , schreiend, und bhadra-vddi, glückliches
redend. I, 113, 12 ist es von der Morgenröthe gebraucht, und
kann hier wie dort Glück, Heil verkündend übersetzt were-len,
denn diess wird ja gerade von der Ushds erwartet. An unserer
Stelle ist mengairim adverbial zu fassen im Sinne von „in Gedan-
ken und Wort oder Lied". — Äshiscd — ahurahjd Nerios. : sat-
kdrinica karmakrttdm vettrndm mahdgndninjd svdminah [kila satkdram
tasmdl kurute jasja jugjate karttum jo vettd hhavati dinjd Hormizdasja].
Vidus ist demnach hier als Nom. actoris vettd, der Wisser, Ken-
ner, genommen. Dass es der Wurzel vid, wissen, entstammt,
lässt sich weder hier noch in der Parallelstelle 45, 8 verkennen.
Aber die Form macht einige Schwierigkeit. Man kann es der Stel-
lung und Verbindung nach nur für einen Nomin. sing, halten; statt
vidus sollten wir aber vidvdo, das häufig genug vorkommt, erwar-
ten, da an ein neutrales Nomen der Endung -us, wie vapus , nicht
gedacht werden kann, weil weder Weda noch Zendawesta ein sol-
ches kennt. Erwünschte Hilfe bieten die wedischen Wörter vidush-
kavi, eine Bezeichnung Agni's Rv. I, 71, 10, und Indra's VII, 18, 2,
Hang, die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 5. 55
sowie vidushtharah ebenfalls von Agni I, 31, 14; 105, 13, und Indra
II, 16, 14, sowie von dem hotar (Priester) II, 3, 7 gebraucht. Die-
ses vidush in vidush-kavi kann nur die kürzere thematische Form
für vidvas seyn, wie sie das Compositum verlangt; das Ganze heisst
„kundiger Seher"; vidushthara ist nur die Comparativ- Superlativ-
bildung von vidvas. So ist auch im Ja9na das vidus nur als ein
kürzeres, in Zusammensetzungen gebräuchliches Thema zu betrach-
ten, und nur auf diese Weise erhält das Wort auch seine rechte
Beziehung zu den höchsten Geistern; diese sind die wissenden
und erkennenden, und namentlich Ahura-mazda ist xax' sJoX'*!^
der vidvdo. Wollte man es als Nominativ fassen, so hätte dies»
nicht nur grammatische, sondern auch Sinnschwierigkeiten, da der
Dichter des Liedes sich sonst nie „der Wissende" nennt; er muss
ja erst Belehrung und Weisheit vom höchsten Gott empfangen, wie
c. 44 so schön ausführt. Ich verbinde somit vidus - mazddo und J.
45, 8 vidiis-ashd, der wissende Mazda, d. i. der weise Mazda, der
wissende Asha. — Der Accusativ ashis ist noch von dem Verbum
dade abhängig. — Javat — ashahjd l!^enos.: jdvantim jdcajitum galcto
^smi tdvantim Jdcajeja cajidm (canas) punjasja, wie lange ich im Stande
bin zu bitten, so lange will ich um die Nahrung (Ernährung) des
Reinen bitten. Das tavdcd ist ganz richtig durch gakto ^smi, „ich
bin im Stande" wiedergegeben, da an tava == tui nicht gedacht
werden kann, s. das Gloss. s. v. tu, können, vermögen. Das
khgdi ist zwar richtig als eine erste Person sing, optat. (genauer
Voluntativ) gefasst, aber die Ableitung ist eine falsche; es ist nicht
so viel als i^di, da es mit nichten auf die Wurzel ja^ zurückgeführt
werden kann, sondern es ist eine eigenthümliche dialektische Form
des Verbums as, seyn, und steht zunächst für hi^di, vgl. kh^td für
higtd, stehen, khshmdkam für hishmdkam, Dass von as sich durch
Rediiplication eine solche Form zu bilden vermag, kann nicht be-
anstandet werden, wenn man bedenkt, dass es sein anlautendes a,
wie auch im Sanskrit, oft genug verliert, sodass nur «, g übrig
bleibt, woran sich dann unmittelbar die Endungen hängen, man vgl.
das Part, praes. gas, seyend, J. 46, 19; dass die Reduplications-
sylbe das h, und nicht etwa g haben muss, ist durchgängig Gesetz,
man vgl. hishazat von shaz, histemno von gtd, hismarentö (Jt. 10, 45)
von smar. — Dem aeshe ist die Bedeutung Nahrung beigelegt,
was etymologisch nicht schwer zu rechtfertigen war, da ish als
Wort für Speise, Labung, oft genug im Weda vorkommt, und
sich auch im Zendawesta nachweisen lässt; so ziehe ich das ishem
J. 38, 2 hieher, ebenso v. 8 unsers Capitels (s. dazu u. das Gl.).
Aber der Umstand, dass die gunirte Form esha im Sanskrit nie
diese Bedeutung hat, muss den Forscher etwas stutzig machen, der
Tradition hier ohne Weiteres zu folgen, um so mehr, da wir so
keinen erträglichen Sinn bekämen. Was sollte „ich will in der Nah-
rung des Reinen bleiben oder seyn" denn eigentlich heissen? Da-
gegen giebt die wedische Bedeutung des esha = aesha, das nur
56 Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 6.
ein Abstractum der im Ja9na oft genug vorkommenden Wurzel ish,
kommen, verlangen (s. zu 30, 1) ist, einen sehr guten Sinn;
es heisst das Suchen (eigentl. Kommen zu — ), Wahl.
V. 6. Ashd — vaedinmo Nerios. : he agavahista he dharma kadd
tvdm pagdmi manasa uttamasja vetrtajd Ashavahista, o Gerechtigkeit,
wann sehe ich dich durch die Kennerschaft des höchsten Geistes?
Kat kann nicht so viel als kadd, wann, seyn; es ist deutlich das
Neutrum des Relativums ka, vgl. 34, 5 kat khshathrem, 34, 12 kat
rdzare. Aber mit dem absoluten Interrogativ was? lässt sich an
unserer Steile nicht viel anfangen, da die Construction grosse Schwie-
rigkeiten hätte. Die Verbalform dare^dni als erste Person des Im-
perativs lässt sich in einem Fragesatz nicht gut erklären, da sie
eine energische Willensforderung, ich will sehen, ausspricht. Da-
gegen hebt sich diese Schwierigkeit, wenn wir kat hier enklitisch
fassen, wie ja das Neutrum des Interrogativs fast in allen Sprachen
und insbesondere auch kirn im Weda gebraucht ist, und durch ja,
wohl, übersetzen oder als Wörtchen des Aufrufs nehmen, „was
will ich sehen", d. i. wie will ich sehen, wie gern will ich sehen.
Die Bedeutung wie hat es deutUch in 48, 2. Die letztere Fassung
ist wohl die beste, da kat, wenn es Enklitikum wäre, sich nur auf
Ashd beziehen könnte, was ganz unpassend seyn würde. Da es sich
aber auf das Schauen beziehen muss, so müsste es als Enklitikum
hinter dare^dni stehen. Die Accusative thwd, 7nana^ca, gdtum sind
sämmtlich von daregdni abhängig. Vaedemno ist gar kein selbst-
ständiges Wort, wie Westerg. nach seiner Schreibung meint, son-
dern mit gdtum zusammen zu lesen, sodass wir ein Adjectiv vae-
demno-gdtu bekommen, das zum Substantiv ^raosha gehört. Nur
auf diese Weise kann des letztern Stellung im Satze eine genügende
Erklärung finden. Jenes Prädikat lässt sich sicher mit Hilfe des
Weda erklären. Vor Allem darf vaedemno nicht von vid, wissen,
sondern muss von vid, vind, gewinnen, finden, abgeleitet wer-
den. Ebenso hat gdtu nicht die spätere Bedeutung Ort (Nerios.
sthdna, Ort), wie hamja gdtvo allerorts, überall, Jt. 13, 50. 56.
57, vgl. gdtu Jt. 15, 2, oder die von Platz, Sitz, wie gtaretagca
gdtas, ausgebreiteter Sitz (wahrscheinlich Teppich), Jt. 17, 7 und
10 (gdtus paiti donhenti, sie sitzen auf dem Platze, Teppich), son-
dern die alte wedische: Gang, Pfad, Weg. Dieses Wort ist oft
mit dem Verbum vid, viud, finden, gewinnen, construirt, z. B.
Rv. VII, 13, 3: vimda gdtum, finde den Weg (von Agni), in dem-
selben Sinne auch mit kr, VII, 64, 5: jatrd cakrur amftd gdtum
asmdi, wo die Unsterblichen ihm einen Weg machten; vgl. I, 71,
2; 72, 2 (von den Angirasiden, die den Menschen den Weg zum
Himmel weisen), und mit rad, spalten, bahnen, VII, 47, 4,
aradad gdtum ürmm, er bahnte (Surja) den Weg durch das Ge-
woge. Wichtig ist das Compositum vidad-gdtu, den Weg oder
Pfad findend, von Ag7ii gesagt Rv. I, 96, 4, fast identisch mit
Haug, die Gdihd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 6. 7. 57
imserm vaedemnö-gdtu ; häufiger ist die Umkehrung der beiden Theilc
des Compositums gdtuvid Rv. 1, 51, 3; von Indra 105, 15; von
Agni III, 62, 13; von Soma, Pfadfinder, Wegweiser. Der
Umstand, dass die Redeweise noit gdtavo vinden pagvagca etc. Vend.
2, 16, 17. Westerg. nur heissen kann: „nicht fanden Raum, Platz,
die Rinder etc." könnte uns leicht verführen, auch an unserer Stelle
die Bedeutung Ort, Platz, zu Grunde zu legen. Aber was soll
das Prädikat „Ort-fmdend" bei (^raosha bedeuten? Dieser Genius
verkündigte nach dem ihm gewidmeten Jescht (J. 57 und Jt. 11)
zuerst den Mäzdaja9nischen Glauben , er sang zuerst die Gdthd*s,
streute zuerst die heilige Streu etc. , sodass er als Gründer des
ganzen Cultus gilt, wie Agni in den wedischen Hymnen. Somit ist
er ein Mittler zwischen den höchsten Geistern , namentlich dem
Ahiira-mazda, und den Menschen, indem er diesen den Weg nach
oben und dem höchsten Gott den Weg zu den Menschen weist,
gerade wie Agni im Weda diess thut, der wegen dieser Thätigkeit
gdtu-vidy Wegweiser, heisst. Aus diesen Gründen ist die Deu-
tung „Ort -findend" nicht stichhaltig, die von „Pfad -findend oder
Weg-weisend" aber allein passend. — Vdiiroimaidi — hizvd Nerios. :
ja prabhodhadd buddhigaddja gihvajd [jo buddhigado bhavati tasja
lämcit idam eva utkhhthataram jad adhjajanam kiirute], welche Erkennt-
niss giebt dem Verstandesdummen durch die Zunge (wer am Ver-
stände dumm ist, dem giebt er gerade den allerbesten Unterricht).
Nerios. leitete vduroimaidi (s. das Gl. s. v. var) von vere-nu, leh-
ren, ab. Diess ist aber entschieden falsch; denn die Khraf^tra's,
worunter nur die spätem Kharfesters zu verstehen sind, können nicht
belehrt werden, so wenig als Ahriman, sondern man muss sie durch
heilige Sprüche abwehren.
V. 7. Vohü — daregdjtl Nerios.: uttamasja prdptim manaso dehi
he dharmaddtim dirghd^ivdm, gieb des höchsten Geistes Erreichung,
die langdauernde Schöpfung der Gerechtigkeit. Das Wort daregdju,
langlebender, scheint der Construction nach als Vocativ gefasst
und auf Mazda bezogen werden zu müssen. Aber dieses Prädikat
ist für Mazda wenig angemessen; es könnte etwa den Begriff „ewig"
ausdrücken, den die alten Völker von dem des langen Lebens oder
der langen Zeitdauer ableiteten. Gerade aus dem zweiten Theil
unsers Wortes dju, das ursprünglich wohl Geschlecht bedeutete
(W. ja in joni, Mutterschooss, juvan, Jüngling) hat sich in vielen
arischen Sprachen der Ausdruck für Ewigkeit entwickelt, so griech.
atov, lat. aevum, aeternus für aeviternus, goth. afvs, nhd. ewig.
Aber die Vergleichung von daregem dju (31, 20), lang an Zeit,
führt auf die adverbiale Fassung in langer oder auf lange Zeit.
Anfänglich hielt ich daregdju für einen Dual des Sinnes „die zwei
Jangen Leben", aber das unmittelbar vorhergehende ashd-ddo, das
dann nur als Adjectiv gefasst werden könnte , verbietet diess. —
Ereshvdis — rafeno Nerios. : saijdbhis tvdm vdgbhir mahdgndnin Za-
58 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 7. 8.
rathustro ^ham balavattamdt Gustdspdt pramodajdmiy mit wahren Wor-
ten erfreue ich, Zarathustra, dich, Mazda, wegen des sehr starken
Gustasp (seinetwegen). Für dabaishdo, wie W. nach K. 5. schreibt,
ist dabaishdo zu schreiben. Die meisten Mss. bieten ae für ai.
Westergaard selbst vermuthet auch in der Note diese Schreibweise.
Dieses dabaeshdo steht für das im jungem Dialekt gewöhnliche tbae-
shdo; eine Form dabaishdo ist gar nicht zulässig. Das ai, welches
im Baktrischen gewöhnlich Folge der Einwirkung eines i ist und
durchaus nicht einem sanskritischen e oder gar di entspricht, könnte
hier gar nicht erklärt werden. Die Wurzel \&t dvish, hassen; diese
lautet im Jüngern Baktrischen gewöhnlich tbish; im Liederdialekte
ist die Doppelconsonanz dv entweder beibehalten, z. B. dvaeshanhd,
oder aufgelöst durch Einschiebung eines kurzen Vokals dabish^ was
nach den Lautgesetzen daibish werden muss. Diese vollere Form
hat durchgängig das Verbum. Davon wird durch Gunirung ein Sub-
stantiv dvaeshanh, Hass, Feindschaft, gebildet, von dem wir die
Formen dvaeshanhd (Instr.) und dvaeshdo (Nom. acc. plur.) haben;
letzteres kann mit aufgelöster Doppelconsonanz nur dabaeshdo lau-
ten; ungunirt ergäbe sich die Form daibishdo, aber nie ein dabaishdo.
V. 8. Ddidi — mananho Nerios. : dehi he dharma tarn bhahtim
jam uttamasja dpjatajd manasah [kila mdm bhakti^ilam evam kuru jathd
me samfddhatvam]. Gieb, Gerechtigkeit, dieses Glück dadurch, dass
der höchste Geist erreicht werden kann. Ashi ist aber nicht so viel
als „ Glück " , sondern heisst Wahrheit ; djaptd ist nicht als In-
strumental zu fassen, sondern für einen Accus, plur. neutr. zu hal-
ten; vgl. V. 3. — Baidi — maibjdcd Nerios.: dehi tvam sampürna-
mdnase pffhivjdm Gustdspdt icchdm madijebhjagca [kila dcdrjdndm
dcdrjatvam mahjam dehi ^ishjebhjo ^pi madijebhjah]. Für aeshem, wie
Westerg. nach mehreren Handschriften schreibt, ist ishem nach K. 4.
und Bb. und Bf. zu lesen. Aesha, Gang, Nachforschung, wo-
von wir V. 5 den Locativ aeshe hatten, giebt hier keinen Sinn; wohl
aber wA, das mit dem v/edischen ish ganz identisch ist. Nerios.
hat icchd, Wunsch, Verlangen, aber mit dieser Bedeutung kom-
men wir ebensowenig aus. J. 38, 2 steht der Accus, ishem unter
lauter Wörtern, die sich auf Verehrung, Gottesdienst, bezie-
hen und zwar zunächst zwischen ashim und dzüitim (Anbetung),
Hier darf es aber ja nicht mit iz von ja^ verwechselt werden, wo-
von wir gleich zu Anfang des Verses den Accus, plur. izdo haben.
Im Weda bezeichnet ish die den Göttern dargebrachte Spende,
welche Bedeutung dem Wort an der angeführten Stelle beigelegt
werden kann. Der Umstand, dass in unserem Vers ishem in einem
Satze steht, der dem das ashim enthaltenden unmittelbar folgt, und
beide Sätze einen innern Zusammenhang haben, könnte leicht ver-
leiten, dem ishem hier dieselbe Bedeutung wie J. 38, 2 beizulegen.
Aber der Sinn sträubt sich gegen diese Fassung. Dagegen ist eine
andere Bedeutung des Worts: „Gedeihen, Gelingen" Rv. I, 180, 2
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. L Cup. 28, 8. 59
hier ganz passend, namentlich da es auf das Gelingen von Zara-
thustra's grosser That bezogen werden kann; oder es kann auch
die Kraft^(Rv. II, 22, 4 neben ürgam) bedeuten, um die der Pro-
phet die Armaiti anruft. Letztere Deutung ist vorzuziehen. — Das
maihjdcd übersetzt Nerios. durch madijebhjah, den Meinigen, und
erklärt es durch mahjam ^ishjebhjo ^pi madijebhjah, mir und meinen
Schülern. Aber das maibja kann unmöglich den Begriff „meinig"
tragen, da dieser durch mdvat ausgedrückt wird, auch nicht etwa
uns heissen, was nur durch ahmaibja ausgedrückt wird, sondern
muss mir bedeuten. Die Endung bjd, die sonst dem Dativ plur.
eigen ist, darf hier nicht irre machen. Wie das Sanskrit zwei For-
men für mir hat, eine vollere mahjam und eine kürzere wie, so auch
der Liederdialekt maibja und moi. Das sanskritische mahjam ist
eine Schwächung aus mabhjam und hiermit ist maibja identisch ; dass
der Dativ sing, des persönlichen Pronomens die Endung bja gehabt
hat, zeigen die latein. Dative tibi, sibi (mihi ist nur Schwächung
aus mihi) deutlich. ^)
Ddo^tü — rdddo Nerios. : dehi sfotrn mahdgndnin pdrthivdt je vo
vdnim vaktdro racandddtdrah [kila cet vo vdnim ^ishjanti pravarttamd-
ndmca hirvaiiti]. Ddo^tü löst Nerios. falsch in ddo und ^tü auf, als
ob dieses die Wurzel ftu, loben, wäre; eine Fassung, die weder
einen Sinn giebt , noch sich grammatisch irgendwie rechtfertigen
lässt. Es ist vielmehr in ddog und tu aufzulösen , und ist gerade
so viel als ddo tu, du mögest geben. Ueber die Einschiebung
des ^ vor Enklitika wie ca, tu (yqI. jeng-^tü, quos tu J. 46, 14),
s. die Grammatik. Khshajd nimmt Nerios. als Ablativ eines Nomens
(pdrthivdt), des Sinnes „Herrscher"; es ist Vocativ von khshaja,
Herrscher, und steht dem Mazda ganz parallel, der öfter vage-
lihshajäq, „von selbst herrschend" J. 43, 1 genannt wird. Ein Im-
perativ, zu welcher Annahme ddo leicht verführt, kann es nicht seyn,
da der folgende Relativsatz nicht davon abhängig gemacht werden
kann. Dieser hängt vielmehr allein von ddo ab. Die Uebersetzung
des ^revimd, wie schon Westerg. ganz richtig schreibt, durch vaktd-
rah, Sprecher, ist ungenau; es ist die erste Person plur. optat.
der Wurzel frw, hören. Das Causale davon, ^rdvaj, hören las-
sen, verkündigen, gäbe einen bessern Sinn, aber aus den hand-
schriftHchen Lesarten lässt sich diese Form schlechterdings nicht ge-
winnen. Das letzte Wort rdddo ist durch racandddtdrah, „die Ordnung
gebenden" übersetzt, welcher Uebersetzung ohne Zweifel die Ablei-
tung von rdz, gerade seyn, ordnen, und da, geben, zu Grunde
liegt. Aber diese Erklärung ist ganz verfehlt. Es ist vielmehr auf
0 Die russischen Formen tiebja, deiner, dich, siebja, seiner, sich,
tiebje, dir, siebje, sich, dürfen nicht, so gross die Aehnlichkeit auch schei-
nen mag, zur Vergleichung herbeigezogen werden. Sie sind aus dem alten
Genitiv tava und der Form sva durch Anhängung der Endung ja hervor-
gegangen; vgl. mienja, meiner, aus mana -^ ja.
60 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 28, 8. 9.
rddatih zurückzuführen und hievon nur der Nom. acc. plur. Es ist
identisch mit dem wedischen rddhas, Spende, Gabe, Rv. I, 9, 5.
17, 7. 22y 7, öfter mit gfndti, er lobt, singt ein Loblied, verbun-
den 54, 7, wo es sich mehr auf das Lied, als auf die dargebrachte
Spende beziehen muss; in I, 15, 5 hrdhmandd indra rddhasah piba
somam hat es die Bedeutung Bereitung. Die Grundbedeutung,
wie sie aus der Wurzel rddh sich ergiebt, ist Werk, Bereitetes,
namentlich vom Opfer oder Lied. Denselben Sinn hat auch rddha
in der Fügung rddhdndm pati, Herr der Thaten, thatenreicher, von
Indra Rv. 1, 30, 5. IK, 51, 10. Die Wurzel rddh heisst im Sans-
krit vollenden, fertig machen, so Rv. I, 41, 7 kathd rddhdma
stomam, wie wollen wir das Loblied vollenden? Namentlich in For-
meln des Jagurveda tan me rddhjatdm, diess werde von mir glück-
lich vollbracht, Jv. 1, 5. Rv. 70, 40 arddhi, es ist vollbracht. 120,
1 kd rddhaddhotrdy welches Opfer gelingt? Im Baktrischen treffen
wir zwei Wurzeln rad, rddh , die nicht zu verwechseln sind. Die
eine findet sich nur in den Gdthd's J. 29, 9. 33, 2 (s. das Gloss.),
und hat den Sinn machen, schaffen, vollbringen, stimmt also
im Wesentlichen mit der Sanskritischen Bedeutung j die andere lässt
sich in den Jeschts nachweisen und hat die Bedeutung „spalten,
bahnen", vom Weg, worin sich unschwer das wedische rad, öffnen
(von Wegen) erkennen lässt; so Jt. 10, 68: jenhe vdshem haftge-
rewnditi ashis vanuhi ja berezaiti jenhe daena mazdajagnis qithi patho
rddhaüi, dessen (Mithra's) Wagen die gute glänzende Äshi anfasst,
dessen Wege der Mazdaja^nische Glaube bahnt. Hieher gehört auch
awa-rada der Nakshi- Rüstern -InschriÜ, das „vergehe dich nicht",
d. 1. weiche nicht ab von der rechten Bahn, heissen muss. Um nun
auf das Subst. rddanh, das den Gdthd's eigen ist, zu kommen, so
kann ihm füglich die Bedeutung Werk beigelegt werden; nament-
lich bezieht es sich auf die fertigen Orakelsprüche und Lie-
der, wie hier und J. 46, 17. Der Construction nach sind jd
mäthrd rdddo abhängig von ^revirnd. Am besten wird indess eine
relativische Attraction angenommen, sodass mäthrd rdddo eigentlich
zu ddo gehören. Das ve ist mit rdddo zu verbinden, „die Lieder,
eure Werke".
V. 9. Vahistem — hazaoshem Nerios.: utkfshthatdm te utkrshthata-
rdm aparasmdt kasmdccit cet sadhjdpdratajd dini anu^ilajdmah, wenn
wir deiner Vollkommenheit, die vollkommener als irgend eine andere
ist, durch Vollbringung des Guten (der Pflicht) im Glauben nach-
streben. Schwierigkeit macht das doppelte vahistd; das zweite ge-
hört offenbar zu asha, ob auch das erste, ist fraglich. Nerios. fasst
dieses als Comparativ, aber hiezu ist gar kein Grund vorhanden;
es kann nur Superlativ seyn. Am einfachsten wird es als Vocativ
genommen: „o Bester!" und auf den Ähura-mazda bezogen. Für
Jim, wie Westerg. schreibt, wird mit K. 4. 6. besserem gelesen,
da der Vokal e hier in dieser Form im Liederdialekt gewöhnUch ist.
Haug, die Gdtha's des Zarathustra. I. Cap. 28, 9. 61
Hazaoshem ist kein Verbum, wie es Nerios. fasst, sondern ein No-
men == skr. sagosha, vereint, und nur ein stärkerer Ausdruck für
hadd, mit; vgl. 29, 7. 51, 20.
Vduims erklärt Nerios. durch ^iskjatd, Schülerschaft, in der
Glosse (in der Uebersetznng hat er an der Stelle des vdunus asani-
^itaja oder -gitaja, was unverständlich ist). Es ist a7U. Xey. Am
nächsten liegt lautlich das wedische vanus, denn du, steht nur durch
Einfluss des folgenden us, vgl. haurva für harva, alles, und d für
a ist im Gäthädialekt häufig, z. B. hdma für hama==sama; aber
die Bedeutung dieses Wortes will nicht recht in den Zusammenhang
unsers Verses passen. Es bedeutet fast durchgängig Feind Rv.
VII, 21, 9. 25, 3. (gahi vadhar vanusho martjasja) 38, 5. 83, 5-
97, 9; in 111, 27, 11 (ftasja joge vanushah) muss es Holz = vana
heissen. Seine Wurzel van hat mannigfache Bedeutungen , die
schwerlich auf nur eine Urwurzel zurückzuführen sind. Die Be-
deutung vernichten, zerstören, schon im Weda vorkommend
(Rv. II, 20, 2. VII, 21, 9), ist fast die häufigste für das Verbum
im Baktrischen, die auch im Slawischen und Armenischen, sowie im
Germanischen {han, morden, in der Edda) und im Griechischen
(96vo^) erhalten ist. Von dieser leitet sich auch das Subst. vana
J. 44, 15 (Nerios. pdrihitvam, Herrschaft), Herr, Besitzer,
eigentl. Sieger (man vgl. hshi, vernichten und herrschen) ab,
das im Neupers. zu hdn, Herr, Haupt, geworden ist. Neben der
Bedeutung zerstören, mit der die von gewinnen (Rv. I, 48,
11. 70, 1) zusammenhängen kann, finden wir im Weda die von
annehmen, gewogen seyn (I, 31, 13 vanoshi, II, 30, 6) und
die von geben, spenden (II, 5, 7. VII, 17, 5; namentlich in
der Phrase: td deveshu vanatho vdrjdni VII, 2, 7, diese Güter gebt
ihr unter die Götter, theilt sie ihnen aus, vgl. T, 15, 8). Das Sub-
stantiv vana heisst zwar im Weda gewöhnlich Holz (VII, 1, 9 steht
es neben dame, im Hause, und scheint Wohnung aus Holz zu
bedeuten) ; dagegen in I, 24, 7 : abudhne rdgd Varuno vanasjordhvam
stüpam dadate, muss es das Himmelsgewölbe bedeuten, das als
ein Dach von Holz aufgefasst zu seyn scheint; in Rv. I, 70, 5
goshu pragastim vaneshu dhishe , in die Kühe legst du Ruhm, in die
Ställe (d. i. du machst sie schön und ansehnlich) , muss es eine
ähnliche Bedeutung, die eines hölzernen Daches oder Stalles, haben;
mit „erwünscht, erfleht" oder einfacher „angenehm" kommt man
hier nicht aus, da sich das Substantiv vana gegen solche Fassungen
sträubt. Das Substantiv vani dagegen hat in vasu vani VII, 1, 23
deutlich den Sinn von Spende; davon ist der Superlativ vanishtha,
der Spendendste, Gabenreichste VII, 10, 2. 18, 1. Ausser der Be-
deutung zerstören lässt sich im Baktrischen auch die von an-
nehmen, gewogen seyn, nachweisen, so J. 39, 2: jaeshäm (näm-
lich den Seelen, Fravaschi's) vahehis daendo vanainti vd vinhen vd
vaonare vd, von welchen die besten die Gesetze annahmen und an-
nehmen werden. Die Bedeutung beschützen, die Burnouf an-
62 Hang, die Gdthas des Zaraihustra. I. Cap. 28, 8.
giebt, lässt sich nirgends, weder im Zendawesta, noch im Weda
nachweisen. Das Substantiv vanta J. 51, 20, das Nerios. nicht un-
passend durch sähdjjamat , freundschaftlich, wiedergiebt , ist
ohne Zweifel auf diese Wurzel zurückzufuhren und muss dem Zu-
sammenhange nach so viel als Verehrer bedeuten; aber dahin ge-
hört auch das Adjectivum vainija v. 11 unsers Capitels, das Nerios.
seltsamerweise durch vastrdni , Kleider, übersetzt (er Hess sich
durch das unmittelbar vorhergehende qarethja, worunter er Speise
versteht, verleiten), während es verehrungswürdig, preiswür-
dig bedeuten muss. Als Abstractum ist vanta Ji. 10, 6 neben ne-
manhd gebraucht. In Jt. 5, 34. 9, 14. 17, 10 ist es so viel als
Sieger (Skr. vanta Rv. VII , 8, 3). Vantu Vend. 3, 25. W. ist
Freund, Gönner. Das bekannte Prädikat Jima's hväthwa für
hiiväthwa heisst von grossem Wohlstand, Ueberfluss, da
väthwd öfter den Worten fshaojii, Reichthum, Jt. 19, 32. 5, 26
und isti, Gut, Vermögen, Jt. 8, 15. 17. 19 parallel steht. ^)
Die neupersischen Lexika kennen ein vaiid, Preis; ausserdem haben
sie die Glosse, vandd heisse im Zend und Päzend Wunsch, Ver-
langen. Um auf das vdunus vmsers Verses zurückzukommen, so
können wir ihm füglich die Bedeutung wünschend, verlangend
beilegen , welcher Sinn vom Zusammenhange verlangt wird. Man
führt es am besten auf van, annehmen, gewogen seyn, zurück,
woraus leicht die Bedeutung wünschen hervorgehen konnte.
Jaeibja^ca — mananho Nerios. : tehhjas tato dahshanibhava sadäiva
jat sarvam uttamena manasa; kila Pherao^rdja ^ishjebhja^ca Phera-
^ao^rasja jdvat vapuh pd^cjdnjam sub/iaih tebhjah kuru. Daher schenke
diesen immer alles, was durch den besten Geist (entsteht); nämlich
dem Fraschaostra und den Schülern des Fraschaostra mache, so
lange sie leben, eine Gestalt (Ansehen), die für Zukunft und sonst
schön ist (jetzt und immer). Rdonhanhoi wird von Nerios. als Im-
perativ gefasst. Diess ist aber der Form nach nicht möglich, es
kann nur eine zweite Person sing, praes. medü seyn. Westergaard
') Die Bedeutung „Heer de", die Burnouf nach der Tradition dem
Worte giebt (die Pehlewiübersetzung hat für hväthwa ^'ai'is mit guten
Heerden), ist kaum zu beweisen. Diesen Sinn kann es höchstens in Jt.
18, 5 haben, wo es dem agpäo parallel steht. Ganz entsclüeden spricht
gegen diese Bedeutung Jt. 9, 9 : azem fshaoni väthwa avabaräni avi mazddo
dämähjö, ich will Reichthum und Ueberfluss (Fülle) zil den Geschöpfen
des Ahura-mazda bringen, wo „Heerden" geradezu ein Unsinn wäre. Als
Gegensatz tritt shudhem tarshnemca, Hunger und Durst, hervor, woraus
klar hervorgeht, dass es Fülle an Nahrungsmitteln bedeuten muss. Ich leite
es von vana, Holz, mittelst der Abstractendung thwa (auch im Zendawesta)
ab, sodass es eigentlich Baum, Wald, heisst. In übertragener Bedeutung
heisst es dann Fülle, Ueberfluss, Menge, gerade Wie Silva : Mit dieser
kommt man fast überall aus (Jt. 2, 8. 10, 28. 13, 52. 17, 29 u. s. w.), so
dass es gar nicht nöthig ist , dem Worte auch noch die Bedeutungen Schutz
und Versammlung beizulegen, wie Burnouf thut.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 9. 10. 63
schreibt nach K. 4. rdonhdonhoi; K. 9. hat rdonhanhe, K. 5. rdon-
hanhoit; die meisten haben indess eine kürzere Form, rdonhoi K. 6.
P. 6. Bf., und rdonho K. 11. Bb. lieber die richtige Lesart kön-
nen nur die sonst gebräuchlichen Formen der Wurzel und der Zu-
sammenhang entscheiden. Von rdonh finden wir in den Gdthd's nur
noch rdojihajen 32, 12 (als erste Person pliir. imperf. causat.), und
im Jüngern Ja9na 12, 3 rdonhe als erste Person praes. medii. Als
Wurzelform dürfen wir füglich rdonh annehmen, das nur eine Er-
weiterung der wedischen Wurzel rd, geben, spenden, ist, von
der schon derWeda häufig Formen mit * (rds = rdonh), so rdsate,
rdsan und VIT, 34, 22 aufzuweisen hat. An unserer Stelle nun ist
eine zweite Person nöthig; diese kann, regelmässig gebildet, nar
rdonhanhe heissen; 6i ist geradezu soviel als e in den Gdthd's; die
Form rdonhdonhoi, die Westerg. nach einem Codex aufgenommen
hat, könnte nur eine Conjuuctivform seyn; aber da einerseits diese
Form hier gar nicht nothwendig ist und sie sogar die Stelle des
Conjunctivs vertreten kann und zudem nur durch eine Handschrift
beglaubigt ist^ so ziehe ich die Lesung rdonhanhoi entschieden vor.
Rdonhe liesse sich nicht gut rechtfertigen , wohl aber rdonho als
zweite Person sing, imperf. — Der Genitiv vanheus mananhö kann
nicht von vigpdi jave abhängig gemacht werden, da „für alle Dauer
des guten Geistes" sinnlos seyn würde; er hängt entweder von it
ab, das den Sinn von was, etwas, haben kann, „etwas vom besten
Geiste", oder, wenn it, als unmittelbar an jaeibja^ca sich anschlies-
send, nur den Relativbegriflf hervorhebt und verallgemeinert, ist ein
Genitivus partitivus unmittelbar vom Verbum regiert; „du verleihst
vom guten Geiste". Letztere Fassung ist vorzuziehen.
V. 10. A7idis — zaranaemd Nerios. : andgamtd jushmdsu na svd-
min mahdgndnin ; [kila gfhitagurvvdde^dt vapur jajd na bhavdmi]
dharmamca subhena na bodhaje [kila tat subham na samihe jat dhar-
masja bodhdkaram bhavati]. Diese üebersetzung ist, wie Jeder leicht
sehen kann, ganz verkehrt. Audis kann nicht andgamtd, „Einer,
der nicht herzukommt", heissen , welcher Erklärung die tolle
Etymologie von a-f-z, gehen, mit dem a privat, zu Grunde liegt,
sondern es ist Pronomen demonstr. (Instrum. pl.) von ana, jener.
Für vdo noit der meisten Handschriften, worauf sich auch die Üeber-
setzung Nerios. jushmdsu na gründet , ist mit dem Kopenhagener
Cod. 5 vaonoit zu lesen. Jene Lesung ergäbe den Sinn: nicht wol-
len wir auch Ahura-mazda mit den Sprüchen (Offenbarungen) prei-
sen, was hier geradezu ein Unsinn seyn würde. Einen um so
passendem Sinn gicbt aber die Lesung vaonoit, die überdiess kaum
aus so bekannten Worten wie vdo und noit hervorgegangen seyn
könnte, da wir gewöhnlich nur bei seltenern Wörtern und Formen
beträchtliche Schwankungen in den Lesarten finden. Vaanöit ist
OLK. Xsy., konnte desswegen später auch sehr leicht missverstanden
und in die lautlich fast gleichen bekannten Worte vdo noit aufgelöst
64 Hang, die Gdthd's des Zaratimstra. J. Cap. 28, 10.
werden. Der Form nach ist es ein regelrechter Ablativ eines Thema's
vaoni, worin unschwer das wedische vani zu erkennen ist, für wel-
ches p. 61 die Bedeutung Gabe, Spende (Gottes an die Men-
schen) nachgewiesen wurde. Diese giebt hier einen vollkommen
ausreichenden Sinn. — Zaranaema ist der Form nach deutlich eine
erste Person plur. optat. Nerios. giebt es durch bodhaje, ich er-
wecke, welche Erklärung wohl auf einer Ableitung von gdgere,
erwachen, SYeipo, beruht. Sie ist aber nicht richtig, da für die
Wurzel zar oder zaran dieser Sinn durch nichts bewiesen werden
kann. Lautlich am nächsten steht das wedische hhi für kam, zür-
nen, hauptsächlich vom Zürnen des Varima, dessen Zorn sich durch
Krankheiten offenbart, gebraucht (Rv. I, 25, 2 hfnäna, VIT, 86, 2.
3. 104, 14. II, 33, 15). In den spätem Stücken des Zendawesta
trefifen wir zarnumat (Jt. 19, 67. 24, 4. Nj. 1, 8. Frag. 5, 1),
zarnumana (Jt. 10, 47. 11, 5), zarnumainis (Jt. 14, 33. 16, 13.
Prädikat des Vogels kahrkd^a), die, ebenso wie zaretö Jt. 11, 5 und
zazardno J. 9, 30. Jt. 11, 5, auf diese Wurzel zurückzuführen sind^
wenn auch die Bedeutung zürnend, grollend, nirgends recht
passen will. Sie sind sowohl von bösen (Jt. 11, 5 neben drvdoy
bös, schlecht; J. 9, 30 neben hhrshvjeitisy grausam), wie von guten
Wesen (Jt. 10, 47 ist Mithra zaranumano genannt, Nj. 1, 8 neben
^ürem, stark, Held) gebraucht und daher voces mediae, gerade wie
die Ableitungen von khraozda = skr. hrudh, zürnen. Man muss
ihnen, wie diesen, die Bedeutung „anstürmend, auffahrend, gewal-
tig" geben, um überall einen genügenden Sinn zu gewinnen. Die
Grundbedeutung der namentlich in den iranischen und slawischen
Sprachen so fruchtbaren Wurzel zar = har, ghar (der Urwurzel
von hrn)y ist die des Glühens (vom Feuer), noch erhalten im lit-
thauischen zeru, glühen, zarija, glühende Kohlen, russisch zary,
Hitze, Gluth, skr. gharma, Hitze; übertragen auf das Geistige,
heisst sie zürnen, wütlien, so skr. hfn, vgl. russ. zlöy das Böse,
Uebel; baktr. zarnumat, heftig, gewaltig; von der Bedeutung
des Glühens kommt die „gelb oder grün" als Bezeichnung der
Farbe, skr. hari, die gelben Sonnenrosse des Indra, harit, gelb,
neupers. zard = zaretö im Baktrischen grün, litth. zelu, grünen,
zalas, grün, russ. zelendt, grün, zieltüij, gelb, zlato, Gold, ger-
man. gelb, Gold, yellow. An die Bedeutung grün werden knüpft
sich die von sprossen, hervorkeimen, griech. '^aXXo, litth.
at-zeluy aufschiessen , aufwachsen, at-zala, Schössling = ^aXXo(;,
altslaw. zlaky, Pflanze. Hieraus sieht man klar, dass die Bedeu-
tung des Glühens auf die mannigfachste und lebendigste Weise
übertragen werden konnte. So gebrauchten sie die Baktrier auch
im Sinne „leidenschaftlich, erhitzt, eifrig". An unserer Stelle nun,
die allein eine Verbalform dieser Wurzel aufzeigt , lässt sich die
Bedeutung zürnen durchaus nicht anwenden. Dagegen giebt die
von „anfeuern" einen guten Sinn, wenn man bedenkt, dass nach
alt-arischem Glauben, wie er uns im Weda vorliegt, die Götter erst
Haug, die Gdthas des Zarathustra, I. Cap. 2S, 10. 65
durch Somaspende und Loblieder von den Menschen zur Hilfe an-
gestachelt werden müssen. Da aber diese Anschauung dem Zara-
thustrismus nicht mehr geläufig ist, so können wir' der alten Phrase
„Gott anfeuern zur Hilfe" nur den Sinn „ihn inständig darum bit-
ten" beilegen. An die Wurzel gar, lobsingen, kann nicht ge-
dacht werden, da an unserer Stelle ein weit stärkerer Begriff ver-
langt wird.
Joi — ^tütdm Nerios. : jo jushmdkam piüijo jaciti da^astotf-
bhjah; kila Husandaram Husedaramäham (^aogiogämca sa7n pra^iiatve
jushmdkam diiajati, welcher Reine von euch für die zehn Lobsänger
bittet, nämlich den Husandar (Oshederbämi), Oshedarmah und So-
siosh durch Befragung mit euch herbeiführt. Sonach versteht die
Tradition unter den „Lobsängern'' die drei grossen Propheten,
welche am Ende der Tage erwartet werden. Ueber die Zehnzahl
giebt sie keinen Aufschluss, ja sie steht, weil sie nur drei angiebt,
in direktem Widerspruch mit dem Text. Zudem ist der Sinn un-
klar und ganz unrichtig. Schwierigkeit macht dageme. Ich schreibe
so für das dagame der Handschriften, das auch Westergaard in den
Text aufgenommen hat. Dageme könnte nur der Locativ von da-
gema = decimus seyn, ein Casus, der sich schlechterdings in unserm
Sätzchen nicht unterbringen lässt; das Pronominaladjectiv joühemd
=s skr. jatama (6i==ie nur wegen des jj verlangt, da es im Nume-
rus gar nicht mit joi = qui (pl.) stimmt, eine Beziehung ; denn als
Neutrum liesse es sich nicht gut erklären, weil es dem Masculinum
joi parallel steht. Wenn joithemd aber kein Nom. neutr. plur. ist,
so kann es nur ein Femin. sing. seyn. Dageme nun steht in offen-
barer Beziehung zu diesem joithemd; als Locativ „in dem zehnten"
giebt es auf alle Fälle keinen Sinn. Daher nehme ich an, dageme
stehe für dagemi und heisse so viel als „Dekade"; der Gebrauch
des Feminins der Ordinalia mit Auslassung des Substantivs ist aus
dem Sanskrit bekannt. Die Schreibung dageme für dageme konnte
um so leichter entstehen, als e und e in den Handschriften so oft
verwechselt werden; das e ist gewöhnlich eine spätere Correktur
des missverstandenen e (s. zu 34, 2), und dieses steht oft genug
an der Stelle eines t Neben dieser Erklärung wäre noch eine an-
dere zulässig. Man könnte nämlich joithemd mit dageme zu einem
Compositum verbinden; im letztern Falle stände dageme = dagemo.
Der Sinn würde im Ganzen der gleiche seyn, wie bei der ersten
Fassung; aber dieses Compositum ist zu ungewöhnlich, als dass wir
es so ohne Weiteres annehmen können. Das letzte Wort gtütdm
machte mir viel Kopfbrechens. Zuletzt ergab sich mir unter Ver-
gleichung von J. 34, 2 als sicher, dass es kein Dual Verbi, wie es
sich dem ersten Blick kund giebt, seyn könne, sondern ein Genit.
plur. des Part, gtavat, lobpreisend, sey. Es steht für gtavatäm;
die Verkürzung konnte um so leichter eintreten, da die Endung am
eine starke ist, die den Ton auf sich zieht. Zunächst stand gtva-
Abbandl. der DMG. 1.3. 5
66 Haug, die Gäthas des Zarathustra. 1. Cap. 28, 10.
täm, dieses konnte sich zu ^tütam zusammenziehen (man vgl. hüro,
Genitiv von hvare, Sonne); Zusammenziehungen der Art sind in-
des« aus der Participialdeklination des Sanskrit bekannt genug. Ein
sicherer Beweis unserer Erklärung ist indess, dass der Genit. sing.
^tüto lautet, so J. 34, 12. 15, wo keine andere Erklärung zidässig
ist. So ergiebt sich ein schöner Parallelisnius jöi ve und jolthemd
da^emi ^tütäm. Das ve geht auf die Ahura's, ebenso das ^tütäniy
wie deutlich aus J. 34, 2 erhellt. Die höchsten Geister sind die
Lobpreiser vor allem; ihr Ort ist ja die Wohnung des Lobgesangs
fgarö-demdnaj. Eine unverkennbare Beziehung auf unsere Stelle
liegt in den räthselhaften , von Haoma ausgesagten Worten J. 11,
9 : j6 no aevo at te uje thrdjoidjdi türahe menddidjdi khshvidem
haptdzdjdi nava da^eme (e) joi ve jaethmd. Diese Worte sind um
so merkwürdiger, als sie ihrer Sprache nach dem Liederdialekt an-
gehören. Sie sind wohl so zu übersetzen: der (Haoma) uns nur
einer ist, aber dir (ist es, steht es zu) zwei zu drei, vier zu fünf,
sechs zu sieben , acht zu neun zu machen , welche von euch (es
seyen), was für eine Dekade (es sey). Da^eme darf hier, schon
weil es in der ganzen Zahlenreihe das einzige Ordinale ist, nicht
mit nava verbunden werden; es muss entweder „der zehnte" (da-
^emö) heissen, welche Beziehung grammatische Schwierigkeiten hätte,
oder mit jaethmd verbunden werden, was das Einfachste ist. Wahr-
scheinlich wurde in diesem Verse, der wohl aus einer verloren ge-
gangenen Gdthd stammt, das da^eme, das ursprünglich hinter juithemd
stand, wie unser Vers (10) zeigt, missverständlich zu Jiava gesetzt,
um die ununterbrochene Zahlenreihe von 1 — 10 zu haben. Ob der
Vers ursprünglich auf den Haoma sich bezog, ist sehr fraglich; die
ersten Worte : j6 no aevo gehören der jungem Sprache an und sind
vielleicht dem alten Verse zugesetzt. Er bezog sich ursprünglich
auf Ahura's Schöpfermacht^ der Eines aus dem Andern hervorgehen
lässt. Gerechnet wurde nach Dekaden. Die Zehnzahl war eine runde
Zahl allgemeiner Bedeutung. So heissen die Worte: welche Dekade
der Lobpreiser, nur wie viel Lobpreiser (Selige) es seyn mögen.
— Jüzem — gavanhäm Nerios. : jushmdkam abhildshakebhjo jdcaiiajä
rdgjamca Idbhamattamam, den Verlangenden (etwas) durch eure Bitte
(und zwar) die gewinnreichste Herrschaft. Das abhildshakebhjo be-
zieht sich deutlich auf stutfbhjah zurück. Wenn auch beidemale die
Casus falsch gefasst sind, so findet doch eine unverkennbare Be-
ziehung des zevistajdonho zu jöi — gtutdm Statt. Es bestimmt die
Art der Wirkung der seligen Geister näher und ist sonach nur eine
Apposition. Die Schreibung zevistajdonho ist, obschon das Metrum
hier ein fünfsylbiges Wort verlangt, schwerlich richtig, da sie sich
grammatisch nicht gut begründen lässt. K. 4. und Bb. haben ze-
vistjdofthö , Bf. zevigtjdonho ; diese sind entschieden vorzuziehen.
Auch in der Parallelstelle 50, 7, wo wir den Acc. plur. zevistajeng
haben, weichen die Lesarten ähnlich ab. Siehe weiter über das
Haug, die Gdthas des Zaraihnstra. I. Cap. 28, 10, 11. 07
zu Grunde liegende zevisija oder zevistija (aber nicht zemstaja) zu
50, 7. An unserer Stelle sind die Äccusative isho khshathremca dem
Sinne nach von zevisijdonhu, „die Güter der Anrufung habend", indem
sie diese Güter näher bestimmen, abhängig. Der Gen. konnte nicht
gut stehen, da zevistja kein eigentliches Nomen act. ist; in solchen
Fällen ist der Acc. der passendste Casus zur Angabe des allgemeinen
Inhalts einer Sache. Für aesho, wie Westerg. schreibt, ist sicher
üho zu lesen, wie K. 4. hat. Aesha (siehe zu 5) würde hier gar
keinen Sinn geben, zudem würde der Casus (Nom. sing.) einige
Schwierigkeit machen. Dass aber nur tsho als Acc. plur. von ish,
Nahrung, Reichthum, Besitz, die einzig richtige Lesung seyn
könne, zeigt schon die enge Verbindung mit dem sinnverwandten
khshathrem; man vergleiche ferner das Compositum ishd-khshathrem,
29, 9.
V. 11. At jeng — mananho Nerios.: evam je dharmasja vetidrah
uttamasjaca ddter manasah ; kila je satjatajd sadhjdpdratajdca vet-
tdro gdtdh samtig welche die Kenner der Gerechtigkeit und des
höchsten Geistes von der Schöpfung an sind, d. i. welche durch
Wahrljaftigkeit und Vollbringung des Guten als Wisser geboren sind.
Vüi^td ist hier kein Nomen actoris „der Wisser'', sondern deutlich
die zweite Person Perf. sing, von vid, wissen == ota'^a, so ähnlich
das voi^td auch dem skr. vettd sehen mag. Der Accusativyr% —
ddthmg und der Zusammenhang verlangen durchaus ein Verbum.
Ddtheng ist deutlich auf jeng zu beziehen, und durchaus kein Ge-
nitiv-Ablativ, wie Nerios. will, sondern der Accus, pl. eines Thema's
ddtha. Auch kann es nicht die, „welche geboren sind", bedeuten,
wie es Nerios. nach der Glosse versteht. Unter den ddtheng sind
keine Personen, sondern Sachen gemeint, wie deutlich aus 32, 10:
je ddtheng dregvatö dadat , der die lügnerischen Dätha's
schuf, und 51, 5 folgt. Wir können unter ihnen nur die Schö-
pfungen, die Wesenheiten, verstehen, und zwar zunächst die
guten, dann weiter die Gesetze und Rechte; ihnen stehen die
Adätha's J. 46, 15. 17, die NichtWesenheiten, entgegen, wor-
unter alles Trügerische und Falsche zu verstehen ist, man vergl.
gjditi und agjditi in ähnlicher Bedeutung. Dem Jüngern Dialekt ist
das Wort in diesem Sinne unbekannt; dagegen fehlt dem altern
das spätere so häufige dditi und dditja. Die Worte von erethweng
— kdmem beschreiben sie näher. Nerios. übersetzt hier: di kahela-
jdma (falsche Schreibung für he kaljdnd) mahd^ndnin svdmin tebhjah
purnam paricinohi kdmani; kila samihitena pibhath tebhjah kuru, o Glück-
licher, Ahura-mazda erfülle diesen den Wunsch ganz, d. i. gieb
ihnen Glück in dem Erbetenen. Erethweng ist hier als Vocativ ge-
fasst und auf Ahura-mazda bezogen. Diess ist aber rein unmög-
lich; es ist ein Accus, plur. und muss mit ddtheng verbunden wer-
den. Obschon erethwa, wofür auch eredhwa geschrieben wird, ganz
5*
68 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 28, 11.
das sanskritische ürdhva, erhoben, emporgerichtet ist, so hat
es hier, wie auch J. 46, 13, nicht diese Bedeutung. Es hat viel-
mehr den Sinn von bereit, fertig, in Bereitschaft. Man vgl.
Jt. 13, 76: fravashajo jäo tadha eredhwdo histenti, die Fravaschi's,
die dort bereit stehen; ferner das Prädikat eredhwo-zanga (mit er-
hobenem Fusse) neben Beiwörtern wie aqafiia, aqafnja, schlaflos,
und gagaurväo, wachsam, Jt. 10, 61. 19, 39, wo es nur „bereit,
gerichtet, gerüstet" bedeuten kann. Nur wenn wir es so fassen,
gewinnen wir den guten Sinn: die fertigen Gesetze oder
Satzungen, d. h. die bereits von Asha und Vohu-mano fertig ge-
machten. Dass Asha Gesetze und Sprüche macht, ist 29, 7 aus-
drücklich gesagt. Perenä wird von Nerios. als Adject. gleich imrna
genommen, was es der Form nach auch gut seyn könnte, aber der
Sinn sträubt sich entschieden gegen diese Fassung. Dieser verlangt
ein« Verbalform, und von allen Wörtern des Sätzchens: aeihjo —
kdmem lässt nur perend eine solche Erklärung zu. Es ist erste Per-
son sing. Conjunct. oder Voluntat. In der Deutung des äpandis
durch pancindhi, sammle rings herum, erkenne an, ist noch
eine dunkle Erinnerung au den richtigen Sinn erhalten. Nur ist
es kein Imperativ, sondern ein Instrum. plur. eines sonst nie mehr
vorkommenden Thema's dpana. Dieses darf ja nicht mit dpentdo Jt.
13, 9. dfefitem 8, 35. 13, 54. dfeMo 10, 14, die sämmtlich auf dfs,
Wasser, zurückzuführen sind und wasserreich bedeuten, zusam-
mengebracht werden. Wir können es nur auf die Wurzel dp, er-
reichen, zurückführen, sodass es die Erreichung, Gewinnung
heisst, obschon der Umstand, dass Wurzel dp im Baktrischen durch-
gängig die Form ajdp hat, einiges Bedenken erregen könnte. Aber
es ist kaum eine andere Ableitung möglich, will man es nicht etwa
auf die Präposition apa, wovon wir apan , „der Wegnehmende"
haben, zurückführen. Aber das d im Anfange würde einige Schwie-
rigkeit machen. Der Sinn „Wegnahme" passt indess weniger als
der von Gewinnung. Die Construction anlangend, so muss aeihjo
unmittelbar mit kdmem , „das Verlangen nach ihnen", und dpandis
mit perend, „ich will den Wunsch erfüllen durch ihre Erlangung"
verbunden werden. — At — ^ravdo Nerios. : evamca Izishner anala-
salabhatdm bdghdni fbhdgdni) vastrdnica vadanena, und so denen,
die durch Verkünden des Izeshne fleissig Güter und Kleider em-
pfangen. Diese wunderhche Uebersetzung beruht theils auf andern
Lesarten , theils auf gänzlicher Verdrehung und Missdeutung der
Worte. Für ve wurde ca gelesen, eine Lesung, die einen bessern
Sinn giebt und einfacher ist, als die der Handschriften. Aber, als
zu wenig beglaubigt, dürfen wir sie nicht aufnehmen, Izeshne für
khshmaibjd = vobis beruht auf reinem Missverständniss; von einer
Lesung ja^na findet sich nirgends eine Spur. Woher die Deutung
des schwierigen agüitd durch unermüdet, rasch genommen ist,
lässt sich nicht genau bestimmen; vielleicht Hegt eine Ableitung von
Haugj die Gdtha's des Zaratkustra. 1. Cap. 28, 11, 12. 69
d^u, schnell, zu Grunde. Das Idbhatdm entspricht dem vaeda, das
sonach von vid, erlangen, abgeleitet ist. Diese Erklärung kann
richtig seyn, jedoch ist sie nicht nothwendig; wissen giebt auch
einen guten Sinn. Dagegen ist die Erklärung des a^ünd entschie-
den irrig. Nur die strengste Beachtung des Zusammenhangs un-
seres Verses und die genaueste philologische Betrachtung jedes ein-
zelnen Wortes ist im Stande, dieses Räthsel sicher zu lösen. Ich
dachte zuerst an eine Ableitung von der Wurzel fu, nützen, aber
die Form Hesse sich grammatisch nicht gut hievon ableiten und
gäbe obendrein keinen erträglichen Sinn. Dann mühte ich mich
lange mit agpm J. 34, 7. 45, 9 ab, wähnend, es sey ein Instrumen-
tal davon und heisse feindlich. Da aber qarethjd und vaifitjä nur
gezwungen in Einklang mit dieser Deutung gebracht werden konn-
ten, verliess ich sie. Als einzig richtige fand sich nach reiflicher
Erwägung a^-md zu theilen, a^ für die bekannte Verstärkungs-
partikel zu nehmen und uua mit dem sanskritischen wia, zu klein,
zu wenig, fehlend zu identifiziren , sodass das Wort allzu-
wenig oder ganz mangelnd, d.i. gar kein, heisst. Diese Deu-
tung, die den besten Sinn giebt, wird auch dadurch bestätigt, dass
una im Baktrischen sich wirklich auch sonst findet. Vend. 22, 5.
12, 18: (dfriti) ja unem perenem kerenaoiti perenemcit vighzdrajeiti,
die das Mangelhabende füllt und alles Volle ableitet (fortströmen
lässt). Das Subst. fem. und Ja9. 10, 15 heisst Ende, Aufhören,
Vernichtung; Haoma sagt hier von sich: avanharezdmi ganjois
ündm mairjajdoy ich entlasse (bewirke) das Ende des verderblichen
Weibes (der Drukhs). Unser ag-und nun ist syntaktisch Adjectiv
zu ^ravdo, gerade wie qarethjd und vaintjd. Diese beiden drücken
verwandte Begriffe aus; das erste ist auf qaretha, Speise, Nah-
rung im Allgemeinen zurückzuführen und heisst „das zur Nahrung
Gehörige, darauf Bezügliche"; an qar, glänzen, kann nicht ge-
dacht werden. Vaintjd ist nicht von van, zerstören, abzuleiten,
sondern von van^ erlangen, gewinnen (s. zu v. 10); es ist vom
Part, vanta, gewonnen, durch Ja gebildet, wie ddifjd von ddta.
Beide drücken ungefähr dieselben Begriffe, wie isho khshathremca
^avanhäm im vorigen Verse aus. Dem ^ravdoj Sprüche, Ver-
kündigungen, entspricht im ersten Satze ddthefig. — Die zwei
Pronomina der zweiten Person plur. ve khshmaihjd scheinen einige
Schwierigkeit zu machen; diese verschwindet aber, wenn man beide
auf ^ravdo bezieht: eure Sprüche für euch, d. i. die Sprüche
und Lehren, die ihr, Mazda's, nur für euch bestimmt habt. Am
besten giebt man sie durch „eure eigenen".
V. 12. Nipdonhe (Nerios. : pdlajdmi, in der Glosse rahhdm-
karomi) lässt eine zweifache Auffassung zu; es ist entweder zweite
Person sing, praes. medii oder der Dativ eines Nomens auf anh ==3
as im Sanskrit, der die Stelle eines Infinitivs vertritt, wie aus dem
Weda bekannt genug ist. An unserer Stelle scheint \für den Sinn
70 Hang, die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 28, 12.
eine zweite Person besser zu passen ; aber das gleich folgende
ebenso gebildete vaocanhe , das entschieden Infinitiv ist, spricht
dagegen; ebenso nipdonhe 49, 10, wo es Infinitiv seyn muss. Zu-
dem wäre die Bildung für eine zweite Person praes. etwas auffal-
lend ; man erwartete nipdhi. An eine erste Person sing. _, wie
Nerios. annimmt, ist nicht zu denken; sie wäre hier und 49, 10
völlig widersinnig. So nimmt man es am besten als Infinitiv und
verbindet es mit je — tvem, der du zum Beschützen (bist), d. i. der
du beschützen sollst, wodurch der Begriff eines latein. Part. fut.
pass. ausgedrückt wird. — Tvem steht für tu im. Dass es zwei-
sylbig gesprochen wurde, geht aus Mnehrern handschriftlichen Les-
arten hervor. 47, 3 hat Bf. tuem, ebenso Bb. 48, 2 tüem Bf.,
tüim Bb. 46, 19 Bf. tüuem, Bb. tüem. Hier hat Bf. ivem, Bb.
tüim. Der alte Kopenhagener Codex 5 hat an allen Stellen tvim.
Es ist zunächst nicht das Sanskr. tvairiy denn dann sollte es bloss
tvem heissen; das e == i hat hier keine phonetische Ursache, wie
in Jem =2Jam (e für a durch Einfluss des j) ; daher können wir das
em hier nur für das bekannte verstärkende Enklitikum im nehmen, und
ihm den Sinn des griech. ys beilegen. Für du reicht sonst das einfache
tUr aus. — Mcmjeus — bavat Nerios.: adrg'a tvatto mukhena sphutdja
antar bküvane j^^^^^^^^ babküva; td?h shhtim me brühi. Unsichtbarer,
mit deinem Munde offenbare (was) in der Welt zuerst entstand;
diese Schöpfung verkünde mir. Die Uebersetzung des donhd durch
Mund, Gesicht ist ganz richtig; 31, 3 haben wir deutlich den
Genitiv donhd , Thema donh ==: ds , Mund, im Weda, latein. os.
Der Instrumental dsd, dem donhd vollkommen entspricht, wird im
Weda oft adverbialiter persönlich, leibhaftig, gegenwärtig
(s. das Petersburger Sanskritwörterbuch, I, 735). Hier braucht
indess diese Bedeutung nicht angewandt zu werden, sondern es hat
die ursprüngliche „mit dem Munde". Thwd ist Instrumental von
tu, du, und durch das Relativum mit donhd verbunden. Dieses hat
hier die eigenthümliche Gestalt ee, was gleich je =^ jd, qui, seyn
kann. Dass sich die Sylbe je zu e verkürzen kann , zeigen viele
Beispiele im Gäthädialekt, te für tje == tju, ugen = u^jan. Die
Einschiebung des e nach e, eine Art hebräischen Schwa's, um die
Sylbe zu trennen, findet in den Gdthd's stets Statt, wenn das Re-
lativ zweisylbig gelesen werden soll; so 29, 7 eedvd =jd vd; 32,
16 eed nü inr ja nUj vgl. 47, 2; eed du J. 35, 6 fiir jd du (welche
zwei, beide). Gerade wegen dieses Einschiebsels e wird man
besser thun, anzunehmen, ee donhd stehe für ^a donhd, sodass die
beiden d zusammengeflossen wären. Der Sinn bleibt der gleiche:
durch dich, nämlich den Mund, d. i. durch deinen eigenen Mund.
— Jdis bezieht sich auf dis und somit auf ^ravdo zurück. Nerios.
scheint dvis, offenbar, gelesen zu haben, was aber sinnlos ist.
Hang, die Gdthd's des Zaraihustra. I. Cap. 29. 71
Capitel 29.
Der Haupttheil dieses Capitels, v. 1 — 8, enthält ein Lied merk-
Aviirdigen Inhalts, das in der ganzen Sammlung vereinzelt dasteht.
Es schildert die Entstehung und den Ursprung eines alten Orakel-
spruches (6), der auf Verlangen des Geus urvd, der Erdseele, von
Ahura-mazda und dem Asha (Wahren) ertheilt wird und dessen
Ueberbringer an die Menschen Zarathustra seyn soll. Dass Geus
uwd (Goshürün der Pärsen) nicht mit Stier- oder Kuhseele, wie
gewöhnlich geschieht, sondern mit Erdseele zu übersetzen ist,
scheint mir aus allen Stellen der Gdthd's , in denen sein gedacht
wird, zu folgen. Keine einzige Stelle beweist, dass dem gdo, geus
die Bedeutung Kuh oder Stier gegeben werden müsse. Sie hat
das Prädikat azi, unvergänglich (29, 5. 44, 6), was auf Kuh
nicht passt, aber auf die Erde; sie wird bearbeitet (34, 14), was
von der Erde, aber nicht von der Kuh gesagt vi^erden kann; 33,4
ist von Fluren des geits, d. i. der Erde, die Rede, und 32, 10
gäm (Acc.) neben hvare, Sonne, Himmel genannt, wo es nur
Erde bedeuten kann. Die Verwechslung von Kuh und Erde lag
indess nahe genug, da gdo der älteste Name für Erde und Kuh
zugleich ist Sicherlich ist es aber keine gewöhnliche Bezeichnung
der Erde (diese ist zdo), sondern eine mythologische, wonach die
Erde als lebendiges Wesen unter dem Bilde einer Kuh gedacht
wurde. Dieselbe Anschauung liegt dem wedischen Mythus von den
Ribhu's zu Grunde, welche die Kuh, d. i. die Erde, zertheilteu.
Der geus urvct nun ist die Seele des geus oder der Erde, worun-
ter nur die die Erde durchdringende Lebens- und Schöpferkraft
verstanden werden kann; daher kommt es auch, dass das aus geus
urvd verstümmelte neupersische gewher die Bedeutung Natur, Ur-
sprung hat. Die Verehrung dieser Erdseele, die sich im Weda
noch nicht nachweisen lässt, scheint mit der Einführung des Acker-
baues, der hauptsächlich von Zarathustra und seinen Genossen em-
pfohlen wird, zusammenzuhängen; aber der Begriff ist gewiss vor-
zarathustrisch, da alles eigentlich Mythische den neuen, von Zara-
thustra verkündeten Ideen nicht bloss fern liegt, sondern von ihm
möghchst gemieden oder gar vernichtet wurde. Gehen wir nun zum
Inhalt des interessanten Stückes über, das die Form eines Gesprä-
ches hat.
Die Erdseele klagt bei den himmlischen Geistern über die ihr
zugefügten Gewaltthaten und Rohheiten, worunter wohl Zerstörung
von Saatfeldern, Abhauen von Bäumen und Aehnliches zu verstehen
ist, und erkennt jene Geister als die alleinigen Helfer gegen die
Zerstörer an, an deren Hilfe sie aber, weil sie zu lange ausblieb,
irre geworden war. Sie will daher wissen, für wen sie eigentlich
geschaffen sey und wer sie geschaffen habe, d.h. was ihre eigent-
liche Bestimmung sey, wem sie zu dienen habe, und wer ihr die-
selbe angewiesen habe (1). Dieser an die himmlischen Geister
72 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 29.
überhaupt gerichteten Klage schliesst sich eine Frage der Erdseele,
die hier den Namen geus tashd, Erdbildner, führt, an den Asha,
das Wahre, Wirkliche, an, welches Gesetz der Erde bei ihrer
Schöpfung gegeben worden sey und welcher Lebendige, d. i. wel-
cher höhere Geist, sie vor den AngriJBfen der Lügner, d. i. der Un-
gläubigen, der Götzendiener, die den Feldbau verachten, zu schützen
bestimmt sey (2). Der Genius des Wahren, Gesetzmässigen, selbst
von Ahura-mazda abhängig, bekennt, es nicht zu wissen, und weist
den Frager an diesen, als den stärksten und mächtigsten der himm-
lischen Geister, und erbietet sich, diesem einmal wieder ehrfurchts-
voll zu nahen, um der Erdseele die gewünschte Antwort geben zu
können (3). Ahura-mazda, als der eigentliche Sprecher und Offen-
barer, kenne die wirksamsten Sprüche gegen die bösen Geister für
die Gegenwart und Zukunft. Seiner hohen Einsicht dürfe man da-
her getrost die Entscheidung jener Frage überlassen (4). Nun
bricht Asha das Gespräch mit dem geus urvd ab, und wendet sich
mit der Bitte für sich und den geus urvd an Ahura-mazda, dass die
Frommen, Rechtschaffenen und Vermögenden (d. i. die Landbebauer)
vom Weiterleben unter den Lügnern, d. i. den Götzendienern und
Nomaden, erlöst werden möchten (5). Hierauf erfolgt ein Aus-
spruch Ahura-mazda's auf jene Fragen: „Da kein Gesetz des einen,
d, i. ersten , irdischen Lebens und der wirklichen fortdauernden
Welt dagewesen, so habe der Schöpfer für den Landmann, der die
Erde bebaut, den Asha, d. i. das Wahre (unter dich ist nicht
geus urvd, sondern ashd zu verstehen), dazu bestimmt, Helfer und
Förderer der Menschen und alles Guten zu seyn (6); er ist also
jener Lebendige (ahura), nach dem die Erdseele fragte (in v. 2).
Sonach ist dieser Spruch nur eine Antwort auf die im zweiten Verse
enthaltene Frage. Dieser Orakelspruch, der eine unverkennbare
Aehnlichkeit mit dem heiligsten Gebet der Färsen, dem jathd ahü
vairjo, hat, das wahrscheinlich erst daraus entstanden ist, wurde von
Ahura-mazda im Verein mit Asha gegeben, und soll in allen sechs
Gegenden, d. i. auf der ganzen Erde, als ein göttlich geoffenbarter
verbreitet werden; diess kann nur durch einen Menschen geschehen
(7). Da unter allen Sterblichen dem Zarathustra allein die heiligen
Sprüche des höchsten Gottes bekannt sind, will ihn auch Ahura-
mazda zum Ueberbringer dieses Spruches an die Menschen machen,
und ihm zu diesem Zwecke die gute Gabe der Redekunst ver-
leihen (8).
Hiemit schliesst die Unterredung. Der neunte Vers hat keinen
rechten Zusammenhang mit dem Vorhergehenden, obschon in ihm
ebenfalls von den Klagen des geus urvd die Rede ist, der ängstlich
nach einem Beschützer und Helfer des Schwachen fragt. Der Samm-
ler schloss diesen Vers, der wohl einem andern Klagliede der Erd-
seele entnommen war, seines verwandten Inhalts wegen hier an.
Dass Zarathustra selbst nicht der Verfasser des ganzen Liedes
seyn kann, geht aus v. 7 klar hervor, wo ihm das Prädikat ^pitama,
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 29, 1. 73
hochheilig, beigelegt wird. Ja es ist fraglich, ob es nur von
einem der Genossen Zarathustra's, wie 28, 7 herrührt, wo jenes
Prädikat noch fehlt. Dieses Prädikat weist entschieden auf eine
spätere Zeit , in der der Religionsstifter bereits zu einer heiligen
Person geworden war, wie denn auch später dieses Prädikat ge-
radezu ein stehendes wird. Aber der Kernpunkt des ganzen Lie-
des, jener Ausspruch des Ahura-mazda (6), ist sicher alt und rührt
entweder von Zarathustra selbst her oder geht in noch frühere Zei-
ten zurück. Letzteres möchte ich aus 30, 2 schliessen , wo der
Sprecher, der dort nur Zarathustra selbst seyn kann, auf die der
Erdseele gewordenen Offenbarungen als etwas Bekanntes hinweist.
Jedenfalls stand der Spruch im höchsten Ansehen ; daher bildete
sich auch in einer spätem Zeit das heiligste Gebet der Pärsen
daraus. Wenn Zarathustra als der Vermittler und Ueberbringer des
Spruches an die Menschen genannt wird , so folgt daraus noch
nicht, dass er auch der Verfasser ist, sondern bloss, dass die darin
enthaltene Wahrheit: „der Landmann muss geschützt und der Land-
bau gefördert werden", vou Zarathustra verkündigt wurde. Diese
Anschauung ist aber gewiss älter als Zarathustra, da wir keine
sichern Beweise haben, dass gerade Zarathustra zuerst die Tränier
vom Nomadenleben zum Ackerbau geführt habe. Es ist sogar sehr
unwahrscheinlich , da eine solche durchgreifende Aenderung der
Lebensweise eines ganzen Volks nicht wohl das Werk nur eines
Mannes seyn kann. Gewiss war zur Zeit Zarathustra's der Acker-
bau unter vielen Kämpfen gegen die herumziehenden stammver-
wandten Nomaden schon vielfach in Aufnahme gekommen; er knüpfte
an dieses neue Element nur seine religiösen Ideen und suchte da-
her dasselbe auf alle Weise zu fördern. Für diesen Zweck waren
ihm Sprüche alter Weisen, in denen der Ackerbau empfohlen und
ihm Schutz verheissen war, von grossem Werth, da er sich auf sie
berufen konnte.
Der 10. und 11. Vers sind rein zufällig hieher gekommen, da
sie mit dem übrigen Inhalte des Capitels in gar keinem Zusammen-
hange stehen. Beide hängen auch unter sich nicht zusammen. Der
Dichter des 10. Verses verehrt den Ahura-mazda als den Besitzer
und Geber irdischer Glücksgüter. Wegen des ganz allgemeinen
Inhalts lässt sich kein Schluss auf den Verfasser machen. Auf be-
stimmtere Verhältnisse weist der 11. Vers, wo der Dichter den
Ahura-mazda an sein Versprechen mahnt, ihm und seinem Genossen
(uns beiden) Hilfe angedeihen zu lassen, bei dem Streben, das
grosse Gut zu erkennen, ^a das grosse Gut (maga) die von
Zarathustra verkündigte I^hre ist , so vermuthe ich Zarathustra
selbst als Verfasser des Verses. Uns beiden bezieht sich auf ihn
und seinen Freund Vtstaqm.
V.l. Khshmaibjd — tashat Nerios. : jushmdsu gopa^ündm dtmd
kramdati [deheshu svdminah]: kasmdi avmrmüö ^smi [svdditum dhar-
74 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 1.
tumca]; kasmdi ghatito ^smi [kila kasmäi pradatto ^smi] , in euch
schreit die Seele des Viehs und der Rinder (nämlich in den Kör-
pern des Herrn): fiir wen bin ich nicht bereitet [um zu beglücken
und zu unterstützen]; für wen bin ich gebildet? [wem bin ich hin-
gegeben?] Dass gerezdd er schrie heisst, wie Nerios. übersetzt,
lässt sich nicht bezweifeln. Es ist 3. Person sing, imperf. medii
der Wurzel gerez = skr. garg, brüllen. Die Bedeutung des davon
stammenden neupersischen giristan, weinen, lässt sich im Zend-
awesta nicht sicher nachweisen. Es heisst vielmehr laut rufen,
Jt. 10, 54 von Mithra: j6 bddha u^tdnazagto gerezaüi ahurdi mazddi
uiti aogano: azem vigpanarn ddmandm nipdta, der ja mit aufgehobe-
ner Hand dem Ähura-mazda laut zuruft: ich bin der Beschützer
aller Geschöpfe. Jt. 17, 56 — 58: gerezäm gerezaüi, sie (die As/d)
lässt den lauten Ruf erschallen; 10, 85: jenhe vdkhs gerezdnahe wf
ava raocdo ashnaoiti, dessen (Mithra's) Stimme, wenn er laut ruft,
empor zu den Sternen dringt. Falsch ist von Nerios. das md =
me als Negation gefasst; die 2. Person plur. in thwarozdüm ist von
ihm ebenfalls nicht beachtet. — Ä md — taviscd Nerios. : sa mdm
kopdluh [jah krodhena nihanti^, hafhica [jö hathdt harati], irshjdlak
[jah apramdnam vadhjati^, dbddhajati sarvatrdgiidja (?), ddrajitdca
stena^ca jo me givavighdtam kurute ja^ca mdm corajati, der auf mich
Zornige [der aus Zorn tödtet] und der Räuber [der mit Gewalt
nimmt], der Neidische [der ohne Ursache tödtet] widerstrebt überall
dem Befehl und der Zerstörer und der Dieb [der mir das Leben
nimmt und der mich stiehlt]. Der Sinn der schwierigen Worte ist
hier zwar gar nicht getroffen, aber einige Einzelnheiten verdienen
etwas Beachtung. Äeshemu ist als Concretum im Sinne von der
Zornige, Rachsüchtige gefasst. Dieser Fassung kommt der
spätere Gebrauch des Wortes als Name eines bösen Geistes zu
Hilfe. Die Gdthas aber kennen, wie überhaupt keine besondern
Dämonennamen, diese Bedeutung des Wortes durchaus nicht. Seine
Ableitung von der Wurzel ish -{- Suff, ma mittelst der Gunirung
ist ganz klar. Man darf ihr aber nicht den Sinn von wünschen,
verlangen beilegen und demnach aeshema als Begierde erklären,
weil einerseits diese Wurzel in den Gdthd's gewöhnlich nicht diese
Bedeutung hat (s. zu 30, 1), andrerseits dieser Name für einen
Dämon, da er nicht den Begriff bös in sich schliesst, nicht recht
passen würde. Zudem spricht auch die Verbindung des aeshema
mit hazaiih, Gewalt, und mit remaj^chlag (so hier und 48, 7.
49, 4, und namentlich 29, 2) ent^teden dagegen. Wir müssen
ims an die häufigste Bedeutung des ^, kommen, gehen zu,
auf etwas los, halten und aeshema^fij^e'm davon gebildetes Ab-
stractura der Bedeutung Lauf (.gegen -einen), Angriff nehmen.
Dass dieser Begriff nachher leicht zjihi Namen eines bösen Geistes
werden konnte, zeigt das später so häufige drvdo (das darvand der
Pärsen), eigentlich Läufer, einer der Namen Ahriman's. Ebenso
wie aeshemo hat auch haza^(cd) = skr. sahas nur abstracte Bedeu-
Haug, die Gdtlias des Zarathustra. I. Cap. 29, 1. 75
tiing, wie auch aus 33, 12 leicht ersehen werden kann. Von der
grössten Schwierigkeit ist das folgende Wort. Westergaard schreibt
es nach K. 5. ähushujd; die andern Codd. weichen ab, K. 4. dhi-
shdjd, K. 11. dhishajd, Bf. dhmthjd, Bb. ahesdhjd. Ist die Lesung
von K. 5. richtig, so kann das Wort fast nur als erste Person sing.
Volunt. eines desiderativen Denominativs von ahn, Leben, ange-
sehen werden und hiesse sonach: „ich will leben". Aber diese Be-
deutung giebt keinen recht erträglichen Sinn , selbst wenn man
dares =3 drg, sehen (Sonne sehen = leben), und tavis = tvish,
glänzen, nimmt, da kein genauerer Zusammenhang weder mit den
unmittelbar vorhergehenden Worten, die vollkommen klar sind, noch
mit dem folgenden Satze sich herstellen Hesse. Wir müssen dess-
wegen die ohnehin nur gering beglaubigte Lesung dhushujd auf-
geben. Die übrigen Mss. stimmen für eine Lesung dhishdjd oder
didshajd. Der Sinn und Zusammenhang scheint ein Verbum finit.
zu fordern, aber als solches kann dhishdjd nur eine erste Person
sing, conjunct. seyn. Eine erste Person jedoch widerstrebt dem gan-
zen Zusammenhang; ein Part. fut. pass. , was dhishjd leicht seyn
könnte, ist ebenfalls unpassend, abgesehen von der Nichtüberein-
stimmung der Genera. So bleibt uns nur übrig , an den Casus
eines Nomens zu denken. Am leichtesten lässt sich nach den Mss.
der Instrumental sing, eines Femin. auf d gewinnen; lesen wir näm-
lich dhishajd, so ist diess der regelrechte Instrumental eines Thema's
dhishd. Hiebei wollen wir stehen bleiben, da sich nur so eine wirk-
lich befriedigende Erklärung erzielen lässt. Dieses Wort nun lässt
sich mehrfach ableiten. Ztmächst denkt man an die Wurzel «A=»
ds, sitzen, wovon dhisa (2. Person sing, optat. J. 68, 9. Jt. 10,
32) kommt. Da aber die Bedeutung dieser Wurzel zu wenig mit
den andern Worten stimmt , so können wir sie nicht annehmen.
Nach langer reiflicher Erwägung fand ich für das Gerathenste, un-
ser dhishd mit dem in den spätem Schriften öfter vorkommenden
dhitis in Verbindung zu bringen. Jt. 10, 50. steht es zwischen
akhtis , Dunkelheit (eine vox media, wie das damit identische
wedische aktUj Licht, Strahl und Dunkelheit, Nacht; Strahl
heisst es deutlich J. 36, 1), und dnnmän, Nebel, wonach es so
viel als Finstcrniss, Dunkel heissen muss. Vcnd. 11, 9 ff. W.
perene dhiiim jd diti dtarem dpem zum gäm iirvardoy ich will zerstö-
ren die Ahiti, die sich an das Feuer, an das Wasser, an die Erde,
an die Bäume macht, hat es fast dieselbe Bedeutung; es bezeichnet
eine Trübung der vier reinen Dinge, aber Schmutz schlechthin,
wie Spiegel annimmt, kann es nicht heissen. Auch Vend, 5, 27,
wo jd aktica pavitica dhitica eine nähere Beschreibung der Na9us
ist, reicht die Deutung Trübung, Dunkel, aus. Der Ableitung
nach ist es mit dem wedischen asita, schwarz, dunkel, zusam-
menzubringen, wie schon von Benfey und Spiegel geschehen ist,
obschon Windischmanu (die persische Anahita, p. 28) diese Etymo-
logie bestreitet. Das d im Anfange darf nicht irre machen; dass
76 Haugy die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 29, 1.
es auch nur eine Dehnung aus a seyn kann, zeigt ätar, Feuer =
skr. athar, in atharvan, baktr. dthrava, deutlich. Das asita selbst ist
eine Participialbildung; dass das t nicht stammhaft ist, sieht man am
Fem. asiknt, die schwarze (aus asi-\~kani, Mädchen, zusammen-
gezogen, derartige Feraininbildungen sind aus verschiedenen Spra-
chen bekannt genug; vgl. noch jjalikni, Fem. von palita, grau, alt,
Rv. 5, 2, 4). Sonach haben wir ein Wort asi , das den Begriff
dunkel tragen kann. Hievon nun ist unser ähishd eine Abstract-
bildung wie dhitis, und heisst Dunkelheit, Finsterniss. Da jene
dhitis immer unter den bösen Mächten aufgezählt ist und an unse-
rer Stelle gerade von lauter solchen die Rede ist , so bringt sie
keine Störung in den Zusammenhang. Doch vollkommen befriedi-
gend ist sie nicht, da zwischen remo, Schlag, «md Dunkel kein
rechter innerer Zusammenhang Statt hat. Um diesen zu gewinnen,
kam ich auf den Gedanken, dhishdjd als richtige Lesart anzuneh-
men, aber es in dhishd Ja zu trennen, und remo mit dhishd zu einem
Compositum zu verbinden. Remo- dhishd ist dann der Form nach
ein Nominat. dualis und bezieht sich als Prädikat auf aeshemo ha-
zagcd zurück ; jd darescd taviscd ist dann nur nähere Erklärung.
Als Thema für dhishd ist dhisha anzunehmen, das von der Wurzel
as, werfen, schleudern abzuleiten ist, und die desiderative Be-
deutung (wegen des «) schleudern wollen hat; besser wird dann
freilich dhushd gelesen, was nach K. 5. leicht möglich ist, da wir
von der Wurzel van J. 28, 9 die Desiderativbildung vdunus (eben-
falls mit Dehnung des a) haben. Die Bedeutung dieses dhisha oder
dhush ist somit wurfbegierig. Da rema s«:icher Schlag (s. zu
48, 7), auch Schläger bedeutet, so gewinnen wir den trefflichen
Sinn: Aeshema und Hazanh sind nach mir schlagen und werfen wol-
lende, d. i, wollen nach mir schlagen und werfen. Jd ist dann
der Dual des Relativs und bezieht sich auf Aeshema und Hazanh
zurück, welchen die durch das Relativ angeknüpften beiden Begriffe
dares und tavis entsprechen. Dares kann nur das Sanskritische dhfsh,
angreifen, kühn seyn, wagen, seyn und entspricht vollkommen
dem aeshemo, Lauf oder Angriff. Tavis ist sicher von dersel-
ben Wurzel, wie das häufige tevishi, Kraft, Macht, nämlich von
tUy stark seyn. Da wir aber nirgends ein Nomen tavis finden,
sondern nur tavisha und tavishd (im Weda), welche beide nicht wohl
aus dem Neutrum tavas entstanden seyn können, so thun wir am
besten, tavis als eine Wurzelerweiterung von tu zu fassen; Bildun-
gen dieser Art sind im Baktrischen ja nicht selten. Es entspricht
genau dem hazanh, Macht, Gewalt. Beide Worte dares und tavis
können aber als reine unflectirte Wurzelformen keine Abstractbedeu-
tung haben, sondern müssen im Sinne eines Part, praes. gefasst
werden, in welcher Bedeutung die nackte Wurzel in fine composi-
torum im Sanskrit und Baktrischen oft genug sich findet. Dieser
zweiten Erklärung des Satzes ist wohl, weil sie nach allen Seiten
die befriedigendste ist, der Vorzug vor der andern zu geben. —
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 29, 1. 2. 77
Ndit — vägtrjd Nerios.: na mdm pdlajitd jushmdd anjah evam inadar-
iharn sammdrgajati uttamam gopa^ükam; api na giidne jasmdt subham
(gu") jathd bhavadbhjah, kein Anderer, der mich beschützt , als ihr, lässt
meinetwegen erglänzen das Beste für Vieh undRinder; ich weiss nirgends
woher (etwas so) Heilbringendes, wie ihr es habt. — Für das vdgtrd
der Mss. hat W. gewiss richtig vdgid geschrieben; die Analogie des
g(igtd, sowie anjo miisste darauf führen. Auch Nerios. hat es als
Nomin, sing, des Nomen actoris gefasst. Ableitung lässt es eine
mehrfache zu, von vad, sprechen, und vadh, schlagen. Da das
Verbum vdddjoü im folgenden Verse nur schlagen heissen kann
und 27, 13 am Schlüsse des ahü vairjo das Substantiv vdgtdrem
(Acc.) in dem deutlichen Sinne der Schläger steht, so ziehe ich
letztere Ableitung unbedingt vor. Ein Schläger mir ist ein Schlä-
ger für mich, d. i. Helfer, Erretter. Hiemit stimmt im Allge-
meinen auch die Tradition, die pdlajitd, Beschützer, hat; sie scheint
an eine Ableitung von paitis, Herr, W. jp«, beschützen, gedacht zu
haben. Vohü ist mit vdgtrjd zu einem Compositum zu verbinden
und das Ganze von gägtd abhängig zu machen, das als Nom. act.
des Verbums gdg noch eine Verbalbedeutung haben und den Acc.
regieren kann und sogar muss, wenn es, wie im Sanskrit häufig ist,
das Futurum periphrasticum ausdrückt. Die Futurbedeutung ist aber
sowohl bei gägtd als vdgtd ganz am Platze.
V. 2. Ädd — ratus Nerios. : evam ghafajitd gopagündm Hormizddd
apracchat dharmam kas te gopagündm guruh, so fragte der Bildner
des Viehs und der Rinder den Ahura-mazda nach der (seiner) An-
ordnung: wer ist der Herr deines Viehs und der Rinder? Ahura-
mazda ist hier eingesetzt. Kathd kann nicht durch wer wiederge-
geben werden, wenn schon Nerios. bei dieser Fassung einen guten
Sinn gewinnt. Es kann nur wie, auf welche Art heissen. So
fällt auch die Deutung des ratus durch guruh, Meister, Herr. Es
muss die ursprüngliche Abstractbedeutung Gesetz, Vorschrift,
eigentl. regelmässiger Gang, haben, die leicht in den Sinn von Ver-
hältniss (vgl. ratio) übergehen kann. — Hjat — thwakhshö Nerios.:
jas tebhjo ddtd svdmina(h?) sahagocdrena gosfshthavjavasdjinam; kila
gocdra (m) daddti tebhjah pa(^ushdtaramca (?) daddti jo gopagun
pradvarjati. Am meisten Schwierigkeiten bietet die Verbindung und
Fassung von ddtd. Nerios. umschreibt es bloss und erklärt es in
der Glosse durch daddti. Eine dritte Person sing, ist aber hier
dem Zusammenhange nach nicht statthaft, sondern höchstens eine
zweite plur. Eine zweite Person plur. imperat. Hesse sich am leich-
testen erklären, aber sie stimmt nicht zum Zusammenhange. Dass
es aber auch eine zweite Person plur. imperf. (oder auch praes.)
seyn kann, zeigt v. 10 deutlich. So schwierig diese Fassung auf
den ersten Anblick scheint, so geht sie doch, wenn man UhshajaTito
als Nom. plur. oder besser Voc. plur. von khshajäg nimmt. Dieser
Plural bezieht sich dann auf die Amesha-gpefita's, von denen im un-
78 Hang, die GAthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 2. 3.
mittelbar vorhergehenden Satze zwar nur einer (Asha) genannt ist,
die aber leicht aus dem Zusammenhange des Ganzen verstanden
werden können. Die Worte von hadd — thwakhsho beschreiben, zu
was die Erde geschaffen ist, und sind eng mit htm, das auf gavoi
zurückgeht, zu verbinden. Gaoddjo lässt sich mehrfach erklären.
Zuerst dachte ich an eine zweite Person sing, imperf. eines Deno-
minativs gaodd, das wie jaozdd, reinigen, jav6-dd, Korn machen,
d. i. erndten (s. Zeitschrift der Deutsch. Morgenl. Gesellsch., VIII,
754, nt. 1), gebildet, mit Kühen segnen heissen könnte. Aber
die syntaktische Verbindung hat Schwierigkeit. Eine näherliegende
und richtigere Erklärung lässt sich durch Vergieichung von gavaca
dajaca Vend. 1 , 4 gewinnen. Hier bezeichnet daja deutlich eine
Art von Vieh, wahrscheinlich das junge, noch säugende oder
vielleicht auch das weibliche (vgl. 'ä'YjXl)«^). Die Wurzel ist sicher
dhdi, säugen. Sonach wäre gaoddjo eine Art Bvandva , das mit
„Kühe und Kälber" übersetzt werden kann. Aber man sollte fast
den Dual erwarten, was ddjo nicht seyn kann. Desswegen halte ich
es für besser, dem ddjo die Bedeutung des lautlich damit vollkom-
men identischen wedischen dhdjas zu geben. Es findet sich meist
im Dativ dhdjase Rv. I, 72, 9. 94, 12. II, 17, 2, und heisst zur
Nahrung, Unterhaltung. Agni ist der vigvadhdjdh , der All-
ernährer, I, 73, 3. Seine ursprüngliche Bedeutung ist das Säugen,
die Säugung, die ihm I, 72, 9: mdtd pidrdir aditir dhdjase wirk-
lich beigelegt werden kann. Nach dieser Deutung heisst gaoddjo
die Ernährung^ Unterhaltung des Viehs. Grammatisch ist
es als Adjectiv von thwakhshanh, Bildung, Formation, zu neh-
men. — Kern — vdddjoit Nerios. : kas teshdm subhasja svdmi j6 dur-
gatimatdm dmarshasja fdlatdm datte; kila jo durgatimatam anjdjam
nihanti, wer ist ihr Glücksherr, der den Grimm der Schlechten in
Verwirrung bringt (stört), d. i. der die Unart der Schlechten ver-
nichtet? Ustd wird am besten mit ahurem zu einem Compositum
verbunden, wie schon Westerg. gethan hat. Das Verbum ist im
ersten Satze ausgelassen; man muss ddtd aus dem vorhergehenden
ergänzen, was ohne alle Schwierigkeit geht.
V. 3. Nerios. übersetzt diesen höchst schwierigen Vers so : tasmai
dharmo na svdmine aduhhhakartrtajd gopagun aduhkhakartftajd svdmi
tasja nigraham kurute\ teshdm na vettd ^smi je andnanddh parisphu-
idi^ca ^satjdgca [kila nagraddho — richtiger nigraddho = nigrahito —
jah dtmani kah kijdn iti na gdndsi-ti-]; satdm samhalavattamo jah
akdranena prdpnoti kartftve kimcit [akdrajanti jat kdrjarh punjam kiiru
karotica], diesem (dem Aeshema im vorigen Verse), nicht dem Herrn
(Ahura), thut Asha der Herr Einhalt, dass er dem Vieh und Rin-
dern nicht fnehr schadet; ich weiss nichts von denen, die gottlos,
gemein und lügenhaft sind [abgewiesen ist Der, der bei sich selbst
nicht erkennt, wie gering er ist]; der Stärkste von Allen ist Der,
welcher bei der Anrufung durch seine That etwas erreicht [sie rufen
Hang, die Gdihas des Zaraihustra. I. Cap. 29, 3. 79
herbei, was geschehen soll: thiie das Reine, und er thut es]. Das
schwierige ^aregd kann mit Nerios. nicht wohl als „Herr" erklärt
werden , da diese Bedeutung weder zum Sinn des Ganzen passt,
noch sich etymologisch rechtfertigen lässt. Er hat gewiss an ^ara,
Haupt, gedacht. Sollte es diesem entstammen, so könnte es nur
ein Compositum seyn, aber in diesem Falle dürfte es nicht ^are-gd,
sondern müsste ^aro-gd oder ^ara-gä, was der „Haupttödtende"
hiesse, lauten. Die Wurzel ^dr , wandeln, schützen (Skr. 9?,
^arma), giebt ebenfalls keinen genügenden Sinn. Das Richtigste ist
wohl, ^aregd als eine Nominalbildung der Wurzel ^areg zu fassen,
die mit dem Sanskritischen sfg (sarg), entlassen, fortschicken
identisch seyn muss. In der jungem Sprache lautet sie zwar harez,
woraus im Neupers. hashtan, verlassen, geworden ist; in den
Gdthd's treflfen wir aber diese Form nicht. Dass der Zischlaut *
im Anlaut nicht immer in A übergeht, sondern sich auch in das nah-
verwandte g verwandeln kann, zeigt das gäg = skr. sant (von as,
seyn) deutlich. Der Form nach ist es ein Verbaladjectiv und steht
für garegdo. Ashd ist ein davon abhängiger Accusaliv. Ädvaeshö,
eigentl. Nicht -Hass, d. i. ohne Hass, kann nicht gut mit paiti-
mravat verbunden werden; es gehört zu 7i6ü garegd. — Shavaiti
wird von Nerios. durch andnanddh, freudelos oder gottlos, wie-
dergegeben. Diese Deutung beruht sicher auf einem groben Miss-
verständnisse, da sie dem ganzen Zusammenhange widerstrebt und
zudem ganz ungrammatisch ist, weil shavaüe nie ein Nora. pl. seyn
kann. Verwandt damit ist sicher shavdi J. 33, 8, was Nerios. durch
praticarati, entgegengehen, übersetzt. Diese Uebersetzung könnte
uns auf eine Identification mit dem neupers. shudan, gehen, dann
seyn, fuhren; aber die Wurzel davon lautete früher shju (skr. cjiC),
wie die Keilschriften zeigen. Indess auch zugegeben, das ursprüng-
liche / wäre schon im ältesten iranischen Dialekt ausgefallen, so
würden wir durch die Deutung „gehen" nirgends einen erträg-
lichen Sinn gewinnen. Dasselbe ist bei einer Zurückführung auf
die Wurzel gxi, nützen, der Fall, deren 9 zudem nie in sh über-
geht. Die Form anlangend, so scheint shavaüe eine dritte Person
sing, indic. praes. medii zu seyn. Da aber das Subject im Plural
steht, so ist diese Fassung nicht zulässig. Wir können es nur als
Dativ einer Form shavat nehmen. Vor allem handelt es sich um
das anlautende sh, das weder im Sanskrit noch im Baktrischen ein
gewöhnlicher Anlaut ist. Wir wissen, dass dieser Laut unter ge-
wissen Bedingungen aus s entsteht; letzteres geht im Baktrischen,
namentlich im Anlaut, gewöhnlich in h über, kann aber, wenn das
vorhergehende Wort vokalisch auslautet und das mit s anlautende
enger mit jenem verbunden ist, bleiben oder sh werden, so z, B.
j4zi s4 oder she für he. Dieser Fall trifft nun sowohl bei shavaüe
als shavdi 33, 8 ein, indem ersterem jd, letzterem vohü unmittelbar
vorangeht. So steht unser shavaüe für havaiti und zur Erklärung
dieses Worts bietet der jüngere Dialekt Hilfe, Hier haben wir öfter
80 Haug, die Gdthas des Zarathustra. 1. Cap. 29, 3. 4.
hava, das sicher suus, sein eigen, bedeutet und ohne Zweifel
eine Erweiterung von skr. sva, das im Baktrischen zu hva und qa
geworden ist, s. den Nora, havo Jt. 22, 1. 19. Gen. havahe Jt. 8,
15. Dat. haväi, fem. havajdi Jt. 13, 33. 66. Instrum. pl. havdis Jt.
10, 84. Dat. havaeibja 13, 107. Hievon kann sich durch Anhän-
giing von ant eine Participialform havant bilden; Jt. 17, 9 begeg-
nen wir deren Nora. pl. havanto, das deutlich zu eigen habend,
besitzend heisst und die vorhergehenden Nomina im Accusative
regiert. Von dieser Form nun ist unser shavaite der Dativ sing,
und regiert den Acc. pl. ddreng. Dieses Wort, so schwierig es auf
den ersten Anblick auch dem Forscher scheinen mag, ist nur der
Acc. pl. von dthar, Feuer, und steht für dthräg^ welche regelrechte
Form vor angehängtem ca noch erhalten ist. Sonst wird das äg
zu mg und dann treten die Gesetze der Lauterweichung in Kraft,
sodass aus th d wird und wir ddrejlg für äthrefig haben. Schwie-
rigkeit macht die syntaktische Beziehung des ereshvdonhu. Diese
Form ist nämlich deutlich ein Nora, plur., aber dieser Casus lässt
sich in unserem Satze nicht gut erklären. Man könnte ihn nur als
Vocativ nehmen, aber dieser Ausruf im Plural wäre im Munde des
Redenden, des Asha, unpassend, da der Angeredete, der Geus urvä,
nur einer ist. Möglich wäre, dass der Ausruf vom Dichter ein-
geschaltet ist und sich auf die hohen und vornehmen Zuhörer
seiner Reden und Sprüche bezieht. Doch da diese Annahme zu
unwahrscheinlich ist, so halte ich für besser, den Vocativ fallen zu
lassen und eine Casusverwechslung anzunehmen, wonach hier der
Nominativ statt des Accusativ ^eht und ereshvdonho, die hohen, er-
habenen, das Beiwort der ddreng, Feuer, ist. Noch ist eine an-
dere Fassung möglich , nämlich das ereshvdonho eng mit den folgen-
den Worten hdtdm hvo aogisto zu verbinden. Es wäre dann der
absolute Nominativ: die Hohen (was die Hohen, d. i. die Amesha
^peTita's, anbetrifft), so ist er ihr Allerstärkster. Ueber die Be-
deutung s. zu 44, 9. — Keredushd ist der Form nach Instrumental
sing, einer Bildung keredvo oder keredvdo. Ich kann darin nur das
wedische kfttvas sehen, das ganz unser mal bei Zählungen ist.
Rv. III, 18, 4 bhuri-kfttüas , oftmals; 54, 1 ^a^at-krttvas, jedes-
mal, immer. An unserer Stelle kann es, da kein Zahlwort oder
etwas dem Aehnliches dabei steht, nur einmal heissen, was gut in
den Zusammenhang passt.
V. 4. Nerios. : mahdgndnindm vacasdm ganena [für ganana'] dka-
rali [kila pdpena piinjenaca sarnkhjdih kurute]; Jdnica dcdritdm pür-
vamcid devdigca manushjdigca ; jdnica dcdrishjanti pagcdd ete devd ma-
nushjäja [nikrshthasamkhjdK]; asja vivektu svdminah [svdmi jah kdrjaih
punjam vivinakti]; evam vajam smaJi jathd asja kdmah [kila asmdkam
api samitam (thitam) tat jad asja]. Der Mazda-Worte giebt es eine
grosse Zahl [er überdenkt den Frevel und das Reine] , sowohl was
von den Daeva's und Menschen schon früher beobachtet wurde, als
r
Hang, die Gäthd's des Zarathustra. 1. Cap. 29, 4. 5. 81
worin später diese Daeva's den Menschen wandeln lassen wollen
[nur Böses sinnend]; von diesem Herrn sondere er (der Böse, die-
ses) ab [der Herr, welcher das reine Ding absondert]; so sind wir,
wie es sein Wunsch ist [das uns Erwünschte ist das, was ihm er-
wünscht ist]. (^aqäre ist gewiss im Allgemeinen richtig durch va-
casdm == vocum wiedergegeben, da die AVurzel nur ^dh , sagen,
verkünden, seyn kann. Die Form allein ist etwas fraglich. Man
vermuthet zunächst eine Adjectivbildung durch ra ; aber dann wäre
der Bindevokal a etwas auffallend. Besser ist es, an ein neutrales
Substantiv der Bildung wie avare = avanb , rdzaril => rdzanh zu
denken, worauf der Plural ^dqeni, verba, J. 53, 5 leicht führen kann.
Aber das ä der vorletzten Sylbe macht einige Schwierigkeit , da
nach den Analogieen ^aqare und nicht ^aqdre zu erwarten wäre.
Immerhin ist es indess auch möglich, dass ^aqare für ^dqare ver-
schrieben ist; auf ein d in der ersten Sylbe kann nicht bloss die
Verbalform ^d/uf, sondern auch der Plural ^dqcni führen. Aber da
es als Substantiv an unserer Stelle kein Verbum hätte, so halte ich
es für das Richtigste, ^aqdre für ein aus ^aqare, Wort, Rede, ge-
bildetes xAdjectiv zu halten, wie aus nianas mands entsteht. So ist
es als „der Sprechende", d. i. Verkündiger, ein in den Zusam-
menhang gut passendes Beiwort von Mazdäo. — Vdverezoi wird von
Nerios. als Partie, perf. pass., und vareshaite als dritte Person pl.
futuri gefasst. Der Zeitunterschied ist ganz richtig angegeben; nur
die Bildungen sind unrichtig erklärt. Beide Formen sind nämlich
Dative sing., ersteres von vdverez, dem reinen Perfectstamm von
verez, und letzteres von dem Partie. Aorist, (oder Futur.) act. va- \
reshat (für varekhshaf, W. verez). Hass vdvarez wirklich der Perfect- \
stamm von verez ist, zeigt das Part. perf. act. vdvareziishe , dem
gewirkt habenden, Jt. 13, 88 ganz deutlich. Vgl. auch J. 35, 2
verezjamajidmcd vdverezanandmcd, was gewirkt wird und was gewirkt
worden ist. Ueber den Aor. zum Ausdruck des Fut. s. d. Gram-
matik. Dem vdverez muss, wie dem vareshat, die Bedeutung eines
activen Particips beigelegt werden, welche der nackt gebrauchten
Wurzel im Sanskrit wie im Baktrischen ja oft genug zukommt.
Was die Construction anlangt, so sind beide Dative von den Prä-
positionen pairi und aipi abhängig. Westergaard schreibt die beiden
letztern mit dem Verbum cithit zusammen. Da sie aber den Ver-
balbegrifi" nicht modificiren — wenigstens kann ich nichts davon
entdecken — , sondern dieser beidemal derselbe ist, so ist es bes-
ser, mit K. 4. P. 6. pairi und aipi als besondere Worte zu schrei-
ben. Beide» kann die Bedeutung für beigelegt werden, vgl. pairi
34, 8 und aipi 30, 11. Sie können indess auch als über = de
gefasst werden.
V 5. Nerios.: evamvadbhjah Jazaddh utthdnahastena vjavasdja(i)-
tajd prabravimi svdmine tat [läla amarehhjo mahattarehhjah kdrjdja
Abhandl. der DMG. I, 3. 6
/
82 Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 5.
njdjdjaca Hormizdasja imrabhutataram prabravimi] me dtmano g-o^ca
a^tndnwjdh [agtndmni trivdrshiki go f?jj; je mahdgndnine samdehijam
prcchanti [kila Jena samdigdhah samti tat sarvam je Hormizddja ■punah
punah vfcchanti]; na satjagivena prakrshthd hdnir(?)naca vfddhikarttiih
[kila eteshdm prakrshtd hdnir md bhüjdt], durgatind vindjuto ^sja bhu-
jdd eva. Für solche Dinge, Jazata's l verkündige ich dieses mit auf-
gehobener Hand mit Eifer, dem Herrn [den Unsterblichen, Grossen,
der That und Führung des Ormuzd verkündige ich das grösste
Lob] meiner Seele und der Kuh, die Azi heisst [Agi heisst eine
dreijährige Kuh] ; die den Grossen, Weisen um Zweifelhaftes fragen
[in alle dem, worin sie in Ungewissheit sind, immer wieder den
Ormuzd fragen]; nicht soll gänzliche Verlassenheit des in der Wahr-
heit Lebenden Statt haben, noch soll der das Gedeihen (der Erde)
Fördernde [sie sollen nicht gänzlich verlassen werden] mit dem
Schlechten zusammen seyn; er sey getrennt von ihm. — Vdo zieht
Nerios. mit dem vorhergehenden at zu einem Wort zusammen.
Ein solches atvdo im Sinne von „solcher" wäre wohl bildbar, würde
aber an unserer Stelle gar keinen guten Sinn geben. Wir müssen
bei der gewöhnlichen Bedeutung des vdo als Gen. dual, des Pronom.
der zweiten Person bleiben. Da es dem Zusammenhange nach nicht
auf Ahura-mazda oder ein anderes Paar der Amesha-^penta's be-
zogen werden kann, so bleibt nur die Verbindung mit dem Genit.
dual, ahvdo, der beiden Leben, übrig. Es ist eine Anrede an
diese beiden höchsten Güter der Zarathustrischen Religion. Die
Genitive hängen von ugtdndis iagtdis ab. — Frenemnd fasse ich als
Dual (Part, praes. med. von_/r? = pri, lieben) und beziehe es
auf me urvd geuscd azjdo, j^meme »eele und die der unvergänglichen
Erde". (Ueber azjdo, Gen. von azi, s. das Gloss.) — Dvaidi deutet
Nerios. durch „Zweifelhaftes, Ungewisses". Richtig ist diese Ueber-
setzung zwar nicht; aber es liegt ihr eine richtige Etymologie zu
Grunde, indem dem Uebersetzer sicherlich dva, zwei, woraus die
Bedeutung des „Zweifels" sich ungezwungen ergiebt, vorschwebte.
Wegen des unmittelbar vorhergehenden Accusativs mazdäm könnte
man in dvaidi eine Verbalform und zwar die zweite Person imperat.
sing, vermuthen. Aber abgesehen davon , dass eine solche keine
rechte Stelle in unserm Satze hätte, spricht schon die Form gegen
eine solche Annahme, da sich von dva ohne die Endung dj nicht
wohl eine Verbalform bilden könnte. An die Ableitung von du,
gehen, sprechen, kann schon aus formellem Grunde ebenfalls
nicht gedacht werden. Das Richtigste ist ohne Zweifel, dvaidi ent-
weder als Adverbium gleich dvidhd, zweifach, oder als Locativ
sing, eines Thema's dvad zu nehmen. Dass von Zahlwörtern solche
Formen im Gäthädialekt bildbar sind, zeigt khshvidem 6 (für khshve-
dem) und menda 5 (in der Tnfinitivform meTi - ddi - djdi) , dessen d
nicht etwa dem t in ttsvits gleich seyn und also an der Stelle des c
von panca stehen könnte, da ein solcher Lautübergang im Baktri-
schen unerhört ist. Die Bedeutung eines solchen Thema's dvad
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 5, 6. 83
oder dvada ist zunächst zweifach, was aber leicht den Sinn von
beide annehmen kann. Dvaidi ist sonach in beiden und bezieht
sich auf die beiden Leben zurück. — Fera^dbjö kann nicht auf
die Wurzel pereg, fragen, zurückgeführt werden, was keinen Sinn
gäbe, sondern ist von fra^a, frasha (s. zu 30, 9) abzuleiten. Von
diesem Worte, da es die Bedeutung „vorwärts treibend", d. i.
fördernd hat, ist auch der Accusativ mazdäm abhängig.
Y. 6. Nerios. : e\}am mukhena avocat svami rnahd/^ndm vidUd
vindgasja vipiddhi(er) [idam kimcit vigiidja abravit: jad ja anjdjo jah
Aharmandt, tasja updjo ^sti]; na evam svdmibhfsh(th)jasja; [kila eta-
smin kasmim^cü sthdtie updjain karttum na gakjate, iti hetoh jatah svd-
minaih svdmitvena nd ^dadhai] nddaddnasja gurutTi jmnjdt jathd kathd-
cit; [kila gurumca evam jathd jugjate grhitum nd gfhianti]; evam jat
tvam vfddhikartteca kdrjakartteca vinirmatajo nd ^si ghatitaväcd nd ^si
[kila tasmdi ju vjavasdji pramdnica pradatto nd ^si]. So sprach öffent-
lich der Herr, der grosse Weise, der die Vernichtung (des Bösen)
besitzt, die Reinigung [alles dieses erkennend, sprach er: gegen
jeden Ungerechten, der von Ahriman stammt, giebt es eine Hilfe],
die Vernichtung dessen, der dem Herrn nicht dient [er kann
an keinem Orte hier Zutritt haben, weil er dem Herrn die Herr-
schaft nicht gab], der nicht sich holt (nimmt, wählt) den Herrn
durch das Reine irgendwie [den Herrn ergreifen sie nicht so, wie
sie es thun sollen] ; so bist du nicht unter den zwei Geschaffenen,
dem, der das Wachsthum fördert, und dem, der die Pflicht erfüllt, noch
bist du durch's Wort gebildet [dem, der wirkt und Ansehen hat, bist du
nicht hingegeben]. Das e, welches Nerios. durch mukhena übersetzt,
lässt eine zweifache Deutung zu; entweder ist es das enklitische ?,
dem wir öfter begegnen, oder als Augment gleich a zum folgenden
vaocat zu betrachten. Letztere Annahme verdient entschieden den
Vorzug 1) weil jenes i sonst nie durch e geschrieben, 2) anlauten-
des a aber oft in e verwandelt wird , so das a des Augments in
endkhstd 32, 6; vgl. evidvdo für «m'd", emavat für ama^. — Die Er-
klärung des vafüs durch vindga, Vernichtung (ebenso in 48, 9 vind-
^ana} lässt sich weder aus dem Zusammenhange, noch auf etymo
logischem Wege begründen. Man vermuthet darin zunächst das
wedische vapiis, Gestalt, Schönheit; aber hierdurch lä§st sich
weder hier noch 48, 9 ein passender Sinn gewinnen. Was sollte
denn „der die Gestalt Wissende" oder „er möge die Gestalt des
guten Geistes kennen" eigentlich heissen? Zudem findet sich die-
ses Wort sonst nirgends im Zendawesta. Das Sicherste ist, vaftis
mit dem Verbum ufjdni (s. zu 28, 4), das eine Wurzel vaf, vap
haben muss , zusammenzubringen und mit Loblied, Hymnus,
eigentl. Bildung, Dichtung, zu übersetzen. Dazu stimmt auch
vortrefflich vidvdo und vidjdt. Der Form nach ist es Neutr. sing.;
als Accus, pl. lässt es sich nicht gut erklären. Es kann nun zwar
6*
84 Haug, die GdtM's des Zarathust^ra. I. Cap. 29, 6.
mit dem wedischen vapiis ursprünglich identisch seyn, aber seine
Bedeutung ist sicher verschieden. — ■ In der Uebersetzung des vjdnajd
durch vi^uddhi , Reinigung , Läuterung , lässt sich kein Rest von
Wahrheit entdecken. Man ist versucht, es durch vi-jdna, Weg-
gang, oder als von vi, gehen, abgeleitet durch Gang, Weg, zu
erklären; allein näher betrachtet, erweist sich keine dieser Ableitun-
gen als stichhaltig. Es findet sich nur noch J. 44, 7 und zwar in
der gleichen Form vjdnajd, die nur Instrumental eines Thema's vjdiid
seyn kann, sodass man versucht ist, ihm adverbiale Bedeutung zu
geben. Vjd^io Jt. 13, 35 gehört wohl nicht hieher, da es ein von
vi abgeleitetes mediales Particip ist. Eine Verkürzung aus dem spä-
ter so häufigen vjdkhiia, angesehen, offenbar (nicht weise, wie
Burnouf will), lässt sich, wenn sie auch wohl denkbar wäre, nicht
gut annehmen, da der Gäthädialekt dem Jüngern gegenüber immer
die altern Formen zeigt. Am besten führt man das Wort auf die
wedische Wurzel vje, weben (wovon ein Part, praes. fem. vjanti,
Imperf. avjat), zurück und fasst es entweder als Part, praes. med.
fem. oder als Nom. abstr., sodass vjdnajd mit der Weberin oder
mit der Webung heisst. Diese Deutung mag auf den ersten Blick
sonderbar scheinen; wenn man aber bedenkt, dass vafiis ursprüng-
lich selbst nur Gewebe (yjd^OiCvQ, weben) heisst und dass das Dich-
ten von Liedern als ein Weben angeschaut wird , so versteht sich
die Sache leicht. Der Ausdruck: „der das Gewebe mit der Weberin
kennt", war wohl ein Sprüchwort, das den Sinn hatte: wer Alles
weiss, nicht bloss das Werk, sondern auch seinen Urheber kennt.
Hier bezieht es sich jedenfalls auf die Lieder und ihre Dichtung. —
Die folgenden Worte enthalten einen Orakelspruch. Zwischen noit
■ — hacd und dem Anfang des «Aw vairjo (J. 27, 13) ist eine Ver-
wandtschaft unverkennbar. Wir haben zwei sich genau entspre-
chende Satzglieder: vi^to — ratus, aevd ahü — ashdfcit hacd. Aevd
ahü lassen sich nicht als Nominative fassen, wie man auf den ersten
Blick geneigt seyn könnte — das s dürfte nicht fehlen — , son-
dern sie müssen entweder Instrumentale sing, seyn oder mit vi^to zu
einem Compositum verbunden werden. Letzteres ist vorzuziehen,
da bei der ersten Fassung die syntaktische Stellung des vi^to kaum
erklärt werden könnte. Das aevd kann nur als Zahlwort einer
oder einzig (s. aevo v. 8) gefasst werden, da das sanskritische
eva, so, auf diese Weise , dem Baktrischen fremd ist. Vigto ist
hier nicht Partie, pass. von vid, wissen, sondern von vid, be-
sitzen, und hat active, nicht passive Bedeutung. Dass das Part,
auf ta auch die active Bedeutung annehmen könne , zeigt merato,
verkündigend, beretö, tragend, Vend. 2; ein Gebrauch, der im Pärsi
und Neupersischen häufig genug ist, vergleiche vareto 45, 1. — Das
hacd = ex, de, mit dem Ablativ ist eine umständUchere Ausdrucks-
weise des Genitivs, die schon an sich leicht genug verständlich
ist, durch den genitivischen Gebrauch des daraus verstümmelten az
Haug, die Gdthas des Zarathuntra. I. Cap. 29, 7. 85
des Pärsi und az des Neupersischen sich aber auch als iranisch
erweist.
V. 7. Nerios.: Tat mahattamatvam svdmi mänthrijam aghuiajat
punjena sahasamghatitdja (tajd); [kila tarn prasadam jam Ävistdvdk
samhhavan iasmdi daddii Jena kdrjam pmijamca krtam asti]; makagnani
gopa^ün vikd^ajati hhettfhhju mahatrdmsi ^ikshüebhjah kas ie uttama-
mano jo dvitajam daddti mukhtna adhjajanakarehhjah [kila jo dvitajam
Avista Avistdrthamca vidjdrtidhhjo gndpajati]. Diesen Höhepunkt der
Lieder schuf (dichtete) der Herr mit dem Asha, in gemeinsamer
Schöpfung [diese Gnade verlieh der Verkünder des Avista dem, von
welchem die Pflicht und das Reine gethan wurde]; der grosse Weise
verleiht Kühe und Rinder denen, die unterscheiden, grosse Dinge
den Unterrichteten; wen hast du^ bester Geist, der das Doppelte
öflentlich denen, die sich dein Studium der heiligen Bücher widmen,
gebe? [der das Doppelte, den Avista und seinen Sinn, den Wiss-
begierigen mittheilt].
Die Worte von khshvidem — ^d^njd sind von Nerios. sehr un-
geschickt erklärt. Khshvidem ist, wie mit Sicherheit aus J. 11, 9
hervorgeht, so viel als später khshvas , sechs, nicht sechsfach,
wie man wegen des angehängten dem vermuthen kann. Es fragt
sich nun hauptsächlich, auf welches Wort des Satzes dieses Zahl-
wort bezogen werden soll. Bedenkt man die Siebenzahl der Amesha-
^peiita's, so ist man leicht geneigt, es auf diese zu beziehen. In
diesem Falle müsste iirushaeibjo jene hohen Genien bedeuten , oder
khshvidem- ^peiito verbunden und durch „sechsmal heilig" erklärt wer-
den. Keine dieser Annahmen ist aber statthaft. Urushaeibjo steht
deutlich dem gavoi, Erde, parallel, diese wird aber sonst nie den
Amesha-gpeiitas gleichgestellt, was hier ohnediess auch gar keinen
Sinn hätte. Ausserdem lässt sich durch die Etymologie aus urusha
kein passendes Prädikat für diese Genien gewinnen. Urusha kann
nicht auf das wedische arusha, glänzend, röthlich, zurückgeführt
werden, da dieses Wort sonst im Zendawesta aiirusha lautet. An
nie, leuchten, kann lautlicher Schwierigkeiten wegen auch nicht
gedacht werden. Einzig zulässig ist eine Ableitung von wrw, weit.
Wenn nun auch das Sanskrit keine Bildung uru-sha kennt, so ist
eine solche dem Baktrischen nicht fremd, man vgl. frasha von fra.
Die Bedeutung kann nur Weite, Raum, d. i. auf die Erde be-
zogen, Gegend, seyn. Khshvidem ist nun mit urushaeibjo zu ver-
binden und heisst „den sechs Gegenden". Diese Redeweise scheint
auf den ersten Anblick ganz fremdartig; aber sie findet im Weda
ihre sichere Bestätigung. Hier ist öfter von den 6 urvis (Fem. von
uru), 6 Räumen oder Gegenden die Rede. So Rv. 6, 47, 3 : ajam
shal urvir mimita, dieser schuf die sechs Gegenden (s. weitere Stel-
len im Petersburger Sanskritlcxikon, I, p. 1000). Diese 6 Räume
sind oben und unten und die vier Himmelsgegenden. — Eünige
86 Haug, die Gäthns des Zarathiistra. I. Cap. 29, 7. 8.
Schwierigkeit macht das eedvd, das Nerios. durch mukhena übersetzt,
als ob es für donhd, i. e. ore, stände. Westerg. schreibt e e d vd,
was sicher falsch ist, da sich mit diesen Wörtchen nichts anfangen
lässt. Dass e e d nur für jd stehe, habe ich bereits zu 28, 12 ge-
zeigt. Wollte man vd als besonderes Wörtchen fassen , so hiesse
jd vd vel qua, was aber syntaktisch nicht gut erklärt werden könnte.
So bleibt nur übrig, jdvd als ein Wort zu lesen. Diese Form muss
mit java, Dauer, Zeit, von dem wir v. 9 unsers Capitels und 49,
1 den Instrum. javd ganz adverbialiter gesetzt finden, zusammen-
hängen oder damit identisch seyn. Ich nehme es ebenfalls als In-
strumental , das d kann bei der gedehnten und gezogenen Aus-
sprache des Worts leicht aus a entstanden seyn. So heisst es, da
Instrumental und Locativ in der Wedasprache noch oft genug zu-
sammenfallen (vgl. divd, am Himmel), zur Zeit, was so viel als
zur rechten Zeit bedeuten kann.
V. 8. Aem — vii^to Nerios. : ajam me eudm ddtim alabhata goru-
pdm. Dieser nahm in Besitz meine Schöpfung, die einer Kuh Ge-
stalt hat (geiis urvdj. Vigto ist hier nicht von vid, wissen, sondern
von vid, gewinnen, besitzen, abgeleitet. Diese Herleitung ver-
dient auch wirklich den Vorzug, schon weil vi^to v. 6 ebenso ge-
fasst werden musste, dann, weil es, würde man vid, wissen, zu
Grunde legen, nur so viel als „bekannt'^ heissen könnte, eine Be-
deutung, die aber nach dem hohen Sinne, den der Begriff wissen
in den Gdthd's durchgängig hat, dem Wort kaum beigelegt werden
darf. Man hätte für „bekannt" ^ruto oder i^rdvi (vgl. J. 32, 8) zu
erwarten. „Von mir ist dieser gewonnen, erlangt" heisst so viel:
„diesen habe ich, dieser ist mir da." — Hvo — fravq/a/lÄe Nerios. :
asdii asmdkam mahdgndnindm kdmarh dharmasjaca updjahartftvmhca
samuddhirati; kila asmdiva rocate jad dinih pravartamdnd bhavati upd-
jamca drügasja kathajati. Dieser verkündet unsere, des grossen Wei-
sens, Liebe imd der Gerechtigkeit und die Hilfeleistung. — Einige
Schwierigkeit macht mazdd. Als Vocativ kann es nicht gefasst wer-
den, weil Ahura-mazda selbst in unserm Vers der Redende ist. Man
vermuthet leicht, es stehe dem ashdi parallel und sey in den Dativ
mazddi zu corrigiren. Aber „uns, dem Mazda und dem Asha",
würde im Munde Mazda's selbst etwas sonderbar klingen, man hätte
nur „uns und dem Asha" (vgl. 28, 7 — 9) zu erwarten. So bleibt,
um den nöthigen Parallelismus zwischen ne mazdd und ashdi careka-
rethrd zu gewinnen, nur die Annahme übrig, mazdd sey ein Nentr.
plur. von einem sing, mazda , was eine ältere und kürzere Form
des dem mazddo zu Grunde liegenden mazdanh seyn kann. Aber
es Hesse sich auch als Neutr. plur. von mazddo selbst, das eigent-
lich ein Adjectiv ist, rechtfertigen. Es heisst „weise Gedanken"
und steht dem carekarethrd , einer reduplizirten Nominalbildung von
kere , machen, des Sinnes „Ausführung, Vollendung", parallel,
wie ne, das sich auf die Mazda's überhaupt bezieht, dem Asha. —
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cup. 29, 8. 9. 87
^rdvajanhe ist Infinitiv und mit vasti zu verbinden. — iJjat — va-
hhedhrahjd Nerios.: jadj asmdica supadatvam ddsjati vacasd, wenn er
diesen durch das Wort eine gute Anleitung geben wird. Hwf/emem,
wofür K. 4. hudemtm bietet, ist ein oltz. Xey. Zunächst denkt man
an eine Ableitung von der Wurzel dd, geben, schaffen, -{- hu,
wovon hudama ein Superlativ „am meisten Gutes schaffend" seyn
könnte. Aber der Umstand, dass von hu-dd oder su-dd sich weder
im Zendawesta noch im Weda eine derartige Bildung nachweisen
lässt (nur huddo, huddnu, hudd^tema u. a. sind bekannt), macht diese
Ableitung, obschon sich durch sie ein erträglicher Sinn gewinnen
lässt, bedenkhch. Richtiger ist die Ableitung von der Wurzel dhmd,
wehen, blasen; dass diese im Iranischen wirklich vorkommt, be-
weist das neupers. dam, Athem, Luft, L^ben; damidan, wehen.
So ist hudema das starke Wehen, von der Rede gesagt, das Be-
geisterung weckende Redefeuer. Man vgl. Rv. III, 30, 10: prdvaii
vdmh puruhutam dhamaiitth, es halfen dem Vielgernfenen (Indra) die
blasenden Stimmen; I, 85, 10: dhamanto vdnaifi Marutah, die einen
Ton blasenden Marut's. Durch dieses Blasen werden die Feinde
verscheucht Rv. I, 117, 21. Nach dieser Bedeutung des hudemem
ist auch die von vakhedhrahjd zu bestimmen. Dieses heisst nicht
einfach Rede, sondern muss schon seiner Ableitung durch Suffix
d/ira = tra (von vac , reden) gemäss Werkzeug der Rede,
d. i. Stimme, bedeuten, und steht so dem wedischen vdni ganz
parallel.
V. 9. Nerios.: evamca gopa^ündm dtmd kramdati jah ajdcakah
dnandam adakshandddtena \^jad asja pari vapuh sampimmm dakshan-
jam ajdcaka^ca a^aktitajd]; vdcam nardndm sddhanatdji [jad dinih
sapurnani pravartati] , jas iasmdi ipsijitdjdcajüdrdgjam [ tasmdi Zara-
thustrdja] kalham ddtih kaddcit sd asti [kila sakulah kaddcit prd-
pnoti] jo asmdi ddsjati ^aktitajd sdhdjjam [^asmdi Zarathustrdja\
Und so weint die Seele des Viehs und der Rinder, da sie nicht
um Gedeihen anflehen kann, weil ihr die Macht dazu nicht gegeben
ist [um das Glückliche, rings um ihre volle Gestalt fleht sie nicht
aus Unvermögen], der das Wort der Männer vollbringende [dass
der Glaube erfüllt werde] ist der, welcher diesem die Herrschaft
herbeiwünscht, erfleht [diesem Zarathustra]; wie findet diese Sache
irgend einmal Statt? [wann kommt irgend einmal die Zeit], dass
einer diesem [Zarathustra] aus Machtvollkommenheit Hilfe geben
wird? — Für anaeshem , wie alle Codd. schreiben, wird besser
anishem gelesen. Die Verwechslung von ishem und aneshem , die
schon an sich leicht denkbar ist, findet öfter Statt (s. zu 28, 8).
Aesha, das Verlangen, Suchen (s. 28, 5) giebt hier gar keinen
Sinn; dagegen passt ish^ Nahrung, Gedeihen, um so besser,
namentlich wenn man das ishd-khshathrem im folgenden Satze er-
wägt. — Khshänmenc ist der Locativ eines medialen Particips. Am
nächsten liegend scheint die Sanskritwurzel kshaiiy tödten, aber sie
88 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 9. 10. 11.
giebt keinen Sinn. An khshi, wohnen, herrschen, kann nicht
wohl gedacht werden , denn von dieser Wurzel lautet das Partie,
jned. hhshajamno. Dagegen lässt es sich genügend aus der Wurzel
hart = san, spenden, erklären und zwar als eine Reduplication,
odass khshän für hishän steht, vgl. khshmd für hishmd, khgdi 28, 5
für higdi. Reduplicirte Formen der Wurzel sali sind überdies« im
Weda häufig genug, so Partie, sishdsat Rv. I, 17, 8: sishdsantishu
dhishvd, vgl. den Aor. III, 31, 9: asishdsaii, das Adj. sishdsit l, 102,
6. Allen liegt aber die desiderative Bedeutung : eine Gabe wün-
schen, erflehen, nicht geben wollen, zu Grunde. Diese Be-
deutung ist auch an unserer Stelle vollkommen anwendbar. — Das
folgende vdcim ist als Accus, mit anaeshem zu verbinden.
V. 10. Äogo giebt Nerios. durch sdhdjjam, Freundschaft.
Man identiözirt das Wort zunächst mit aoganh. Stärke, so dass
nur g für g stände. Aber da ein solcher Uebergang des g in g-
bei aoganh und seinen Derivaten sonst nicht vorkommt, so ist diese
Ableitung etwas bedenklich. Zudem giebt Stärke hier ebenso-
wenig einen ganz zutreffenden Sinn, als Jt. 13, 20 dieselbe für das
mit aogo identische aogare (vgl. avo und avare^ passt. Es steht
dort parallel mit khshathrem und agtvdo anhus. Ich sehe darin das
wedische okas, Heimath, bleibende Stätte; die Schwächung des
k zu g ist gar nicht auffallend, wenn man aogedd für aokhta be-
denkt, wo nur die Vocale die Schwächung herbeigeführt haben kön-
nen. Zu dieser Bedeutung stimmt auch hushitis und rdmäm hn Fol-
genden sehr gut. — Das Relativ ja giebt nur als Instrumental gefasst
einen guten Sinn, kann sich aber nicht auf vohu mananhd zurück-
beziehen, sondern muss von avat abhängig gemacht werden. — Das
Subject zu ddt ist vohu-mand. — Für ititnhe, wie Westerg. hat, ist
mit K. 6, 9 in Bezug auf die Parallelstellen 31, 8. 43, 5. 7. 9 etc.
menhi zu schreiben. — Ahjd ist von vaedem, das aber keine Verbal-
form, sondern der Accusativ eines Nomens vaeda ist (vgl. 32, 11),
abhängig zu machen , und bezieht sich auf aogu oder khshathrem
zurück. Nerios. ist an dieser Stelle etwas verdorben und bietet
überdiess nichts Erhebliches.
V. 11. Nerios.: kvaddnam Ashavahistd Gvahmana ^aharevaragca
evam mahjam prdpsjati [kila punjam uttamamca manordgjamca sapra-
sddajii(h) sthdne asti jah evarh mahjain prdpsjati^; ,/'^'«"« mahdgndnin
prabhütataram mahattamena uttamatvena prasddajati [kila tena nir-
malatame(na) uttamatvena mahjam prasddam kuru]; svdmin iha asmd-
kam asmabhjam dakshina (?) tvattah, d. i. wo lässt mich Ashavahista,
Bahman und Shahriver etwas erreichen? [nämlich das Reine, der
beste Geist und die Herrschaft — Erklärung der drei eben genann-
ten Namen — ; der ist wohlwollend an einem Orte, der mich so
etwas erreichen lässt]; ihr (d. i. von euch, Ämesha- ^peiita's), der
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 11. 89
grosse Weise erzeigt durch seine grösste Güte das meiste Wohl-
wollen [durch diese lauterste Güte erweise mir Gnade]-, hier unser
Herr^ (sey) uns Glück durch dich !
Mdmashd. Westerg. schreibt nach den Codices ma mashd, ver-
muthet aber mdmashd als die richtige Lesung, ohne sich näher dar-
über auszusprechen. Anfänglich dachte ich an eine Aenderung des
md mashd in amashd, was nur eine andere Form für das bekannte
amesha wäre ; diess gäbe auch einen guten Sinn , da die Namen
mehrerer Amesha- ^penta's unmittelbar vorher genannt worden sind:
aber der Umstand, dass alle Handschriften constant in der ersten Sylbe
md nicht etwa bloss d oder a haben , zusammengehalten mit der
Beobachtung, dass der Gesammtname Amesha- ^pefita's für die höch-
sten Genien des Ahura-mazda-Glmihens in den Gdthd's noch nicht
vorkommt, nöthigen uns, von dieser Annahme abzjigehen. Trennt
man indess^ wie die Handschriften, so dürfte schwer zu sagen seyn,
was es eigentlich bedeutet; 7/1« könnte nur entweder der Accusativ
des Pronomens erster Person oder die Prohibitivpartikel = griech.
{jLiq seyn; mashd kann für martd, wie für makhsha stehen; martd
lässt wiederum zwei Ableitungen zu, von mar, sprechen, verkün-
digen (skr. smf), und mar^ sterben (skr. mr); makhshd dagegen
könnte nur der Wurzel mag'A = skr. mah, gross, zugewiesen wer-
den. Nun fragt es sich vor allem, ob dieses mashd ein Verbum
oder Nomen oder auch ein anderer Redetheil sey. Fasst man es
als ein Nomen, so kann weder md = [jltJ, noch md = me Statt
haben; der Sinn, der sich so ergeben würde, wäre indess ein un-
passender, wollte man nicht, wie oben vermuthet wurde, das Ganze
in amashd umändern. Nimmt man es aber im Sinne eines Verbums
— und diese Fassung scheint die ganze Construction des Satzes
zu verlangen — , so kann es eine zweite Person plur. praes. von
mar, aber auch eine erste Person sing, conjunctivi (Voluntativ) von
magh seyn. Für beide Fälle passt nun md = [Jlt] nicht; der un-
mittelbar vorhergehende Satz ist ein mit kudd eingeleiteter Frage-
satz, dem bis dahin ein Verbum fehlt; durch ein md martd, spreche
nicht!" würde der unverkennbare Zusammenhang mit dem folgen-
den Satze zerrissen; sollte aber mashd = makhshd seyn und „ich
will gross seyn" oder „ich will gross machen" bedeuten, so wäre,
von dem unpassenden Sinn abgesehen, nicht zu begreifen, wie die
erste Person conjunctivi, der Voluntativ, die Prohibitivpartikel md,
statt der einfachen Negation noit, bei sich haben sollte. Ebenso-
wenig giebt md = me, mich, gefasst, einen genügenden Sinn.
Daher bleibt nichts Anderes übrig, als md mit mashd zusammenzu-
lesen und das Ganze als ein reduplicirtes Perfectuin oder Intensivuui
zu nehmen. Die Ableitung betreffend, so ist die Zurückführung auf
magh, „gross seyn", die wahrscheinlichste; mdmashd steht dann
für mdmakhshd und ist kein reduplicirtes Präteritum, sondern ein In-
tensiv mit causativer Bedeutung (wie häufig), und zwar die erste
90 Haugy die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 11.
Person des Voluntativs. — Ganz in Parallele mit mdmashd steht
■paiti-zänatd. Westergaard verbindet die Präposition paüi nicht, wie
er sonst bei mit Präpositionen zusammengesetzten Verbis thut, mit
zdnatd. Sie ist aber hier nicht wohl vom Verbum zu trennen; es
wäre sonst schwer zu sagen , worauf sie sich bezöge , denn zu
frdkhshnene würde sie nicht stimmen, und mazoi magdi ist bereits
mit d versehen; zudem kommt wirkHch die Verbindung paüi-zan
im Zendawesta vor; nur ist ihre ganz spezielle Bedeutung kaum zu
ermitteln. Jt. 13, 50. 73. finden wir paiti-zandt neben den Wör-
tern ufjdt, frhidtj die „er lobe, preise" bedeuten, wonach ihm eine
ähnliche Bedeutung zuzukommen scheint. Ebenso steht das Part,
pass. paiti-zanta in Jt. 8, 43. 47. 11, 20. 15, 36 Wörtern parallel,
die verehrt, angebetet, bedeuten; so in 8, 43 (von Tistrja ge-
sagt) jezi aem bavaiti jasto khshnuto fritho (besser frito) paiti-zantuy
wenn dieser verehrt, angebetet, geliebt (gepriesen), anerkannt wird.
Ja9. 60, 2 finden wir ein Substantiv paiti-zantiy im Plural paiti-zaii-
taja^cä neben hhshnutagca (für khshnütaja^ca) und ashajagca, dem
Sinn nach etwa Verehrung bedeutend. Auch in Jt. 13, 46
U naro paiti - zdnenti hat das Verbum, wenn man den vorhergehen-
den und den nachfolgenden Satz vergleicht , die Bedeutung von
verehren oder durch Verehrung anerkennen. Diese Bedeu-
tung kann indess, wie eine Analyse dieses zusammengesetzten Ver-
bums und die Vergleichung des Sanskrit zeigen, nicht die ursprüng-
liche seyn; auch das bekannte Wort Pdzend, welches nur aus paiti-
zanti erklärt werden kann (s. Zeitschrift d. D. Morgenl. Ges., IX,
698) weist auf einen andern ursprünglichen Sinn hin. Zan~h paiti
bedeutet wörtlich eigentlich dagegen wissen, erkennen {<m zan
= gmi, zeugen, oder zan = han, schlagen, kann hier nicht ge-
dacht werden), wie patikdra im Medischen Gegenbild (von jmti
^ kar) ist; das ist wohl von Menschen in Beziehung auf die Götter
gesagt, danken (man vergleiche unser erkenntlich, im Sinne von
dankbar); aber es kann auch dazu wissen, dabei wissen,
d. i. sich erinnern , seyn. Im Sanskrit heisst das entsprechende
prati-gnd gedenken, sich erinnern und versprechen. An
unserer Stelle nun fasst man das Wort wohl am besten in diesem
sanskritischen Sinne von gedenken oder versprechen. Mit
paiti- zdnatd ist frdkhshnene zu verbinden (s. zu 43, 12). — Unter
mazoi magdi d, „zu dem grossen Werke" oder wörtlich „zu der
grossen Grösse" ist nur das grosse Werk Zarathustra's , seine neue
Lehre, zu verstehen, vgl. 51, 11. 46, 14. — Für iihido der mei-
sten Handschriften trennt K. 5. ni ndo , welcher X^esung Westerg.
folgt; Bf. imd Bb. haben nundo. Schon aus dem Umstände, dass
nur eine Handschrift trennt, scheint die Lesung ni. ndo. verdächtig;
doch ehe über die richtige Lesart entschieden werden kann, müs-
sen avare und ehmd besprochen werden. Identificiren wir avare,
das scheinbar gleich avaro steht, mit Sanskrit avara, so erhalten
wir den Begriff „der Untere, der Niedrige", welcher in unserm
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 29, 11. 91
Satze indess schwer unterzubringen ist. Zudem ist dieses avara
dem Zend weiter kein geläufiges Wort. Aber avare steht wohl
für avare , wie auch Bb. liest , und ist identisch mit dem sans-
kritischen avas, Hilfe; diese Neutralendung as wurde im Zend,
namentlich im Gäthädialekt , oft zu are; man vergleiche da^vare^
vazdvare, vadare u. s. w. Die Dehnung des e zu e erfolgte hier
wahrscheinlich desshalb, weil die Cäsur* unsers Verses gerade auf
die Sylbe re fällt ; indess finden sich derartige Dehnungen auch
sonst, z. B. 32, 10 vadare für vadare (skr. vadhas, Schlag). Für
ehmä liest Bf. zwar jahmd und Bb. ahtnäi , aber diese l^esungen
sehen nur wie Erklärungsversuche eines dunkeln Wortes aus; auch
in der Parallelstelle 34 , 1 liest Bb. Jehmd, Bf. dagegen eahmdi, in
43, 10 Bf. jedoch ehmäi (für ehma) , Bb. aber ahmdi. Das anlau-
tende e ist nur dialektisch und steht für a oder i; als Grundform
wäre somit ahmd oder ihnd anzunehmen. Ahmd lässt eine zweifache
Erklärung zu, erstens als Dativ des Pronomens demonstrativum a,
zweitens als Casus obliquus des Plurals vom Pronomen der ersten
Person. Für die erstere Fassung scheint der Umstand zu stimmen,
dass in J. 34, 1 und 43, 10 dem ehmd der Dativ toi vorhergeht;
man müsste dann dem Wort seine selbstständige Bedeutung nehmen
und es mehr als eine Art Enkliticum im Sinne von „da", also toi
ehmd (= ahmdi), dir da, fassen; aber zur Rechtfertigung dieser
Annahme sind keine genügenden Beweise vorhanden. Wollte man
es als zu diesem (seil. Zweck) deuten, so würde es schwer seyn,
den Zweck aus dem betreffenden Satze herauszufinden. Die Zu-
rückführung auf den vollem Stamm der Casus obliqui des Pronomens
erster Person im Plural asma hat ebenfalls Schwierigkeit; im we-
dischen Sanskrit haben wir davon asme als Dativ; aber ehmd ent-
spricht nicht ganz, schon wegen des schliessenden d für e; ausser-
dem hätten wir aber hier und 43, 10 den Begriff uns, der an
beiden Stellen schon durch ndo ausgedrückt ist, eigentlich doppelt,
ohne dass ein wirklicher Grund der Doppelsetzung dieses Begriffs
(zudem noch mit Ungleichheit des Numerus, 7ido ist Dual) vorläge.
So bleibt nur noch die Annahme eines ursprünglichen thmd übrig;
dieses konnte sich ganz leicht aus dem in den Gdthd's so häufig
gebrauchten Demonstrativstamm { durch Anhängung der Partikel
hma = skr. sma bilden (s. d. Gramm.) ; das Ganze ist ein sehr
starkes Demonstrativum, eben das, gerade das. Kehren wir
nun zu ni ndo zurück. Wollen wir diese beiden Wörter mit der
überwiegenden Mehrheit der Handschriften in iwido zusammenschrei-
ben, so dürfte es schwer seyn, für das Wort eine passende Bedeu-
tung zu ermitteln; im Baktrischen findet es sich weiter nicht, auch
das Sanskrit zeigt es nicht auf, wollte man nicht das wedische wm',
Herrscher, das leicht aus nina verstümmelt seyn kann, hieher
ziehen. Da aber auch mit dieser Bedeutung in unserem Satze
nicht viel anzufangen wäre , so ist es das Beste , wenn wir mit
Westerg. trennen. Nur fragt es sich noch, ob ni ndo oder nü ndo
92 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30.
die bessere Lesung sey; ni ist beglaubigter als nü, giebt aber einen
weniger guten Siun-, ich will mich für letzteres entscheiden. In
dem 7iäo liegt aber eigentlich der Dualbegriflf uns beiden; hierun-
ter werden wohl am füglichsten Zarathustra und Vistä9pa verstan-
den. — Rdtois. Die Wurzel scheint zunächst die skr. rä, geben,
zu seyn, so dass rdti eigentlich Gabe bedeutete. Aber eine Ver-
gleichung der Parallelstellen zeigt, dass das Wort eine allgemeinere
Bedeutung hat, und zwar die von Ding, Sache, Wesen, über-
haupt, so J. 38, 5 dvaocdma vahistdo ^raestdo vanuhis rdtois — md-
tarö, wir wollen anrufen die besten, die trefflichsten Mütter, die gut
von Wesen; Jt. 10, 4:6: jenhe asta rdtajo, dem (Mithra) acht Dinge
sind; J. 65, 10: kuthra tdo rätajo bavän Ja ahiirö mazddo Zara-
thustrdi fravavaca, wo sind die Dinge, welche A/mra - mazda dem
Zarathustra verkündigte? Im Medischen finden wir dieses Wort in
der adverbialen Redeweise awahjardti (jci), desshalb; im Pehlewi
ist sie zu einer Postposition "'NT im Sinne von wegen geworden
(s. meine Abhandlung „Ueber die Pehlewi-Sprache und den Bunde-
hesch", S. 21 ^g-^, woraus dann die bekannte neupersische Dativ-
Accusativpartikel rd entstanden ist. Die Verbindung der Satzglie-
der unter sich anlangend, so ist der Genitiv rdtois von avare ab-
hängig. Der ganze Satz ist als ein für sich bestehender Ausrufungs-
satz anzusehen.
Capitel 30.
Dieses Stück ist ein fortlaufendes Ganze und weitaus das wich-
tigste und bedeutendste der Sammlung. Es ist ein Lied, das der
grosse arische Prophet und Rehgionsstifter öffentlich vor den baktri-
schen Grossen und einer grossen Menge Volks vortrug und worin er
vielleicht zum erstenmal seine neuen Lehrsätze verkündigte. Dass
Zarathustra selbst der Verfasser ist, kann nach der ganzen Fassung
und Färbung des Stücks gar keinem Zweifel unterhegen. Wir ver-
nehmen hier die Worte eines ausserordentlichen Geistes, unter eigen-
thümlichen Verhältnissen in einer klaren und verständhchen Weise vor
einer grossen Versammlung vorgetragen. Es handelt sich um eine
Glaubenswahl. Zwei Religionen scheinen bisher friedlich neben einan-
der bestanden zu haben, die Verehrung der alten Naturgötter, wie sie
uns der Weda kennen lehrt, und die Anbetung nur Eines höchsten
Gottes, des Ähiira - mazda , und die Verehrung seiner Gaben und
Kräfte; beiden Religionen entsprechen zwei Grundprincipien, jener
das des Bösen, dieser das des Guten. Zwischen beiden soll nun
die Versammlung wählen, da ein längeres Fortbestehen dieser ganz
entgegengesetzten Glaubensweisen neben einander ferner unmögHch
sey. Der Hauptinhalt des Stücks ist ein völlig neuer; die hier her-
vortretende scharfe Sonderung der sittlichen Gegensätze ist wohl zum
erstenmal von Zarathustra ausgesprochen. Dass aber Zarathustra
Haugf die Gdthäs des Zarathustra. I. Cap. 30. 93
nicht der alleinige Urheber jener neuen, unter seinem Namen in
Umlauf gekommenen Ideen ist, beweist seine Berufung v. 6 auf frü-
here Propheten {maretdno, eigentlich Sprecher, wie das hebr. N'^IIj)
und die dem Erdgeiste gewordenen Offenbarungen (v. 2).
Gehen wir zur nähern Angabe des Inhalts und Gedankenganges
über. Zarathustra, der Prophet und Priester des heiligen Feuers,
redet, vor dem helllodernden Feuer eines Altars stehend, zum ver-
sammelten Volke und namentlich zu den Grossen. Er will die Leh-
ren höchster Weisheit, die Preisgesänge und die herrlichen Wahr-
heiten, die der höchste Gott ihm beim Aufflackern der heiligen
Flammen geoffenbart , laut und öffentlich verkündigen ( 1 ). Er
weist auf die alten, der Erdseele gewordenen Offenbarungen (s.
cap. 29) hin, und auf die Flammen des Altars als die Vermittler
der höhern Wahrheiten an die Menschen deutend, fordert er die
versammelte Menge auf, dass alle einzelnen Menschen, Männer wie
Weiber, nach der Verschiedenheit des Glaubens sich nunmehr schei-
den sollen. Vor allem wendet er sich an die Grossen des Reichs,
von denen sicher Vistä9pa, der treue Freund Zarathustra's, an-
wesend war, mit der Aufforderung, seiner neuen nun zu verkündigen-
den Lehre beizutreten (2). Nach diesen einleitenden Worten be-
ginnt er seine neue Lehre zu entwickeln. Der tiefgreifende Unter-
schied der Menschen in Gedanken, Worten und Thaten ist auf
zwei uranfängliche Geister zurückzuführen^ von denen der eine das
Gute, der andere das Böse in sich begreift (3). Von diesen bei-
den Geistern oder Principien, von denen indess nur das Gute als
deutliche Personification (in Ahura-mazda) erscheint, hängt alles ab,
sowohl im Irdischen, das Erste genannt, als im Geistigen, im so-
genannten Letzten, Leben und Tod, Gutes und Böses; nur durch
ihr Zusammenwirken ward die jetzige Welt (4). Einer von beiden
muss zum Führer gewählt werden, der schlechte {aka, eigentl. der
nichtige, vgl. hebr. elüim, die Nichtigen, d. i. Götzen) oder der
gute. Wer den schlechten zu seinem Leitstern wählt, dem wird
ein hartes Loos ; wer aber den guten heiligen Geist verehrt, der
wird schöne Tage sehen (5). Beiden kann man nicht dienen. Wenn
auch einer der bösen Geister (ein Daeva) einen in Versuchung füh-
ren will und einem zuflüstert, den schlechten oder nichtigen
Sinn zu wählen, so soll man sich nicht irre machen lassen; ja auch
dann nicht, wenn diese bösen Geister schaarenweise gegen die bei-
den von den alten Propheten laut verkündigten Leben, das gute
irdische und das gute geistige, mit aller Macht anrennen (6). Die-
ses gute Leben zu stärken liegt der Armaiti ob, der Frömmigkeit
und Ergebenheit im Verein mit der guten Gesinnung und dem irdi-
schen Besitzthuni — denn leibUches und geistiges Wohl sind als
untrennbar gedacht — ; sie schafft als ewig fortwirkende Kraft (sie
ist zugleich Genie der Erde) die körperlichen Formen, während der
sie beseelende Geist, das Erste in den zeitlichen Schöpfungen, in des
höchsten Gottes Händen ist (7). Wenn nun auch der Geist mit
94 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap, 30, 1.
zeitlichen Uebeln heimgesucht wird, so wird doch dem Gläubigen
durch Ahara-mazda ein Besitz zu Theil, während er die straft,
welche lügen und ihr Versprechen nicht halten (8). Doch wir, ruft
Zarathustra in voller Siegesgewissheit aus, wollen uns durch das
Böse nicht irre leiten lassen und angelegentlich an der Forterhaltung
dieses Lebens (des guten irdischen) arbeiten, welches hohe Be-
ginnen von den höchsten Geistern unterstiitzt werden wird. Vor
allem aber ist nach Weisheit und Einsicht zu streben, ohne welche
nichts Gutes ausgeführt werden kann (9). Nur durch die Macht
der Einsicht und des Verstandes wird das Böse vernichtet. Volles
und ungeschwächtes Glück ist aber bloss bei den himmlischen Gei-
stern, dem Weisen (Mazda), der guten Gesinnung und dem Wah-
ren, die allgemein als „die guten" gepriesen sind, zu suchen (10).
Schliesslich fordert der Prophet seine Zuhörer auf, die heiligen
Sprüche des höchsten Gottes zu befolgen, die zur Vernichtung der
Lügner und Frevler (der Götzendiener), aber zum Glück und Heil
der Wahrhaftigen und Frommen (der Ahura-mazda-Diener) geoffen-
bart sind (11).
V. 1. Dieser Vers ist nur ein Prooemium zu dem Capitel. Eine
unverkennbare Aehnlichkeit damit hat der Anfang von 45, 1: Ver-
kündigen will ich nun euch, die ihr von nahe und von ferne ge-
kommen seyd. — Isheiito lässt leicht mehrfache Erklärungen zu, je
nachdem das Wort abgeleitet wird. Man kann an die Wurzel ish,
die im Sanskrit mehrere Bedeutungen: kommen, wünschen,
Speise, hat, denken, aber auch an die Wurzel ^af, verehren, die
sich leicht zusammenziehen kann, wie in ifai, ich will verehren
etc. Nur durch eine genauere Vergleichung der Stellen, in denen
sich solche Formen von ish finden, kann hier die sichere Bedeu-
tung ermittelt werden. Oefter finden wir das Wort in den Gdthas,
wie 45, 1 ishathd , ihr kämet, 45, 7 ishdonti, und 46, 9
ishenti, wo nur die Bedeutung wandeln, gehen, einen genügen-
den Sinn giebt; am gebräuchlichsten ist iskja, ishjdg, Partie, futur.
pass. 32, 16. 50, 9. 51, 17, welches nur auf ish, gehen, kom-
men, zurückgeführt werden kann (s. die Uebersetzung der betreifen-
den Stellen). Hieher ist auch das bekannte Prädikat Airjama's:
ishjo, zu ziehen, „der zu Kommende", d. i. der zur Hilfe gegen
Krankheiten, wegen welcher er angerufen wird, kommen soll. Aus
den Jesht's vergleiche man 22 , 2 : upa aetäm hhshapaneni avavat
shdtois urva ishaiti jatha vi^pem imat jat gujö anhus, in dieser Nacht
kommt die Seele (nachdem sie nämlich den Körper verlassen hat)
zu einer solchen Existenz, wie alles dieses, was Leben eines Leben-
digen ist. Das Causativum frdishaja findet sich im Sinne „er
schickte fort" im Medischen, und auch in der ersten Person plura-
lis fraeslijdmahi , wir schicken, im Zend J. 35, 4. Kehren wir
nun zu isheiito selbst zurück, so ergiebt sich auf den ersten An-
blick, dass es ein Nominativ oder Vocativ oder Accusativ pluralis
Haug, die GdtJuVs des Zarathustra. I. Cap. 30, 1. 95
des Partie, praes. einer Wurzel ish ist. Von der Wurzel jag kann
es aus mehrern Gründen nicht abgeleitet werden, einmal würde sich
diese im Partie, praes. und am wenigsten in einer starken Casus-
form so zusammenziehen können, dann würde es an unserer Stelle,
noch weniger aber in 47, 6 einen genügenden Sinn geben, an letz-
terer Stelle wäre es geradezu widersinnig. Die mehrfachen Bedeu-
tungen der Wurzel ish anlangend, so kann ich ihr nicht die von
„wünschen", wozu man leicht geneigt seyn könnte und wie Nerios.
gewöhnUch thut, beilegen, da diese im ganzen Zendawesta meines
Wissens sich nicht nachweisen lässt. So bleiben wir am besten bei
der von gehen, kommen, stehen. Hier ist es nun Vocativ, eine
Anrede an die Herzuströmenden, welche Zarathustra's neue Lehre
hören wollen, vgl. 45, 1. — Für mazddthd hat die Mehrzahl der
Mss. inazdci thwd, was offenbar nur wie eine Verbesserung jenes un-
verstandenen Substantivs aussieht. Nerios engh hat j6 mahd^ndnine
daite. Dieses mazddthd sieht wie eine Abstractbildung mittelst des
Suffixes thd von mazdd aus. Aber ein solches Abstractum, das ein
Feminin seyn müsste, ist nicht gut zu begreifen, wenn auch sein
etwaiger Sinn „Verherrlichung" nicht ganz unpassend wäre. Da-
gegen lösen sieh alle Schwierigkeiten, wenn man mazdd ^thd trennt,
ersteres als Neutrum plur. im Sinne von 29, 8 fasst. und letzteres
für das Adverbium athd nimmt. Vgl. v. 3: akemcd ^Jdogcd für a'
ajdogcd. Dieses mazdd steht den folgenden gtaotdcd und jegnjdcdy
welche indess Neutra pluralia sind, ganz parallel; welche Art der
Verehrung es neben diesen zwei AehnUches bedeutenden Wörtern
ausdrücke , lässt sich nach den jetzigen Mitteln wohl nicht sagen.
Ebenso stehen hjatcit vidushe ahurdi und vanheus mananho sich gleich.
Hjatcit vidushe, „dem Jegliches Wissenden", ist wohl nur eine Um-
sehreibung des Namens mazddo und ein alter Erklärungsversuch des-
selben. — Humdzdrd Nerios.: sumata, ist der Bildung nach Sub-
stantiv einer Wurzel mc7z , die wir in Verbindung mit dd in der
Form mäzdazdüm J. 53, 5 haben •, als Derivate derselben treffen wir
mäzd (Neutr. plur.) J. 49, 10 und mäzdra (Adj.) J. 43, 12. Das
Substantiv mäzdra selbst, durch das Suffix tra gebildet, dessen t
wegen des wurzelhaften z zu d sieh erweichte, kann die Bedeutun-
gen eines Concretums oder eines Abstractums haben, je nachdem
als Nominativ o oder em angenommen wird. Hier ist es offenbar
neutrales Abstractum; concret dagegen ist mäzdro Jt. 5, 91, wo
dasselbe neben hadhd - hunaro y „der beständig Tugendhafte**, und
tanu-mäthruy „der das heilige Wort in sich selbst trägt oder dessen
Selbst das heilige Wort ist", eine Benennung Zarathustra's ist. Die
Erklärung und Bedeutung der Wurzel anlangend, so kann mdz zu-
nächst als Erweiterung zweier Wurzeln betrachtet werden, einmal
von man, denken, durch Anfügung des eausativen ä (aus az==ag,
agere, verstümmelt), wie in meräz, tödten (aus mere, sterben),
und gerez, weinen, von einem gare, gere = gr, tönen; dann von
maz, gross, gross seyn, durch Infigirung eines Nasals, eine aus
96 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 30, 1.
dem Sanskrit, Griechischen und Lateinischen sehr bekannte, aber
auch dem Baktrischen nicht fremde Erscheinung (man vgl. das Prä-
sens von band, binden, mit dem Partie, pass. ba^ta)-, in diesem
letztern Falle würde es vollständig dem wedischen mamh, nach den
Nigh. 3, 20 ein Verbum des Gebens, aber auch mächtig seyn
bedeutend, entsprechen. Indess ist noch eine dritte Erklärung mög-
lich, nämlich eine Ableitung von der Wurzel mand, freuen (eigentl.
^ berauscht seyn, namentlich vom Soraa); in diesem Falle könnte
man mäzdrd mit dem wedischen mandra (Rv. I, 122, 11 von den
Nahusha's gebraucht, vom Schol. durch mddajitdrah. Erfreu er, er-
klärt; der Sinn erfordert jedoch sich erfreuend; ferner VII, 18,
3 von den girah oder Liedern, die „jubelnden") zusammenstel-
len, nur dürfte nicht ra, sondern dra als Suffix angenommen .wer-
den. Indess sprechen die Formen mäza und mäzdra , die sicher
einer Wurzel mit mäzdra sind, wegen des fehlenden wurzelhaften
d, das nur vor einem andern Dental in z verwandelt werden kann,
welcher Fall hier nicht zutrifft, gegen diese Ableitung. Am meisten
für sich hat eine Identification des mäz mit skr. mamh, demnach be-
deutete hu-mäzdra grosse Macht oder auch sehr mächtig, ge-
waltig; auch kann der Begriff glücklich darin liegen. — Jecd
bietet mannigfache Schwierigkeiten; am nächsten denkt man an den
Plur. raasc. des Relativums ja; aber da sogleich der Plural neutrius
desselben Pronomens, ja, folgt, so dürfte es schwer halten, das
iecd relativisch zu fassen; ausserdem würde in diesem besondern
Falle das ca noch Schwierigkeiten machen. Nach näherer Ueber-
legung kam ich zu der Ueberzeugung, dass es hier wohl nur ein
Verbum seyn könne und zwar eine erste Person Voluntativi einer
Wurzel Jac oder jdc, die voUkoihmen zu dem sanskritischen jdc,
verlangen, wünschen, stimmt, das wir selbst im Weda, wenn
auch selten, finden. Man vergleiche Säma-veda I, 4, 1, 2, 5: d tvd
Somas'ja galdajd sadd jdcannahani gjd | bhürnim mrgam na savaneshu
^ ciiknidham ka tgduam na jdcishat [| „Dich (Indra) flehe ich durch des
Soma Tropfenfall an: asiegen möchte ich»; nicht mag ich wegen der
Opfer (durch Nichtdarbringung) den Ergrimmten (den Gott) erzür-
nen; wer würde nicht den Herrn erbitten?" Diese Bedeutung des
Erbittens durch Opfer kann auch leicht in die des Darbringens
übergehen, welche Westerg. in seinen Radices Hngua? Sanscritae neben
der erstem der Wurzel beilegt. Verfolgen wir das Wort im Zend,
so ist mir nur noch dieselbe Form fecd J. 51 , 2 bekannt. Hier
liegt die Bedeutung erflehen, erbitten, ganz nahe und diese
können wir auch an unserer Stelle anwenden, wenn da schon die
von „überbringen" besser passte. — Daregatd ist hier nicht etwa
eine dritte Person imperf. medü, wie man vermuthen könnte, son-
dern das Adject. verbale der Wurzel dareg = skr. dr^, im Sinne
von „sichtbar, sehenswerth"; es gehört zu urvdzd, einem Neutrum
pluralis von urvdzem, „die Auffahrt", d. i. der Aufgang vom Feuer
und den himmlischen Lichtern, 32, 1. — Der Instrumental raocebis
Hang, die Gdthä's des Zarathustra. I. Cap. 30, 1. 2. 97
bestimmt näher , worin die Sehenswürdigkeit der iirvdzd (Nerios.
dnandüa; 32, 1 pramodasja, Freude) besteht. Aber die an Lich-
tern oder durch Lichter sehenswerthen „Aufgänge" können einen
doppelten Sinn haben; einmal können es die Aufgänge der Him-
melslichter, namentlich der Sonne (so wird urvdzemna 3t. 10, 34.
73 wirklich vom Aufgehen des Mithra, d. i. der Sonne, gebraucht),
überhaupt seyn, so dass es eigentlich hiesse: „die an den Lichtern
sichtbaren Aufgänge"; dann kann es auch die starke Lichtentwick-
lung beim Emporlodern der Feuerflamme ausdrücken; in diesem Fall
wäre der Sinn : „durch die Flammen sehenswerthe Aufgänge" (seil,
der Himmelskörper). Von diesen beiden möglichen Deutungen ver-
dient die erstere als die einfachste den Vorzug. Allein der folgende
Vers könnte leicht darauf führen, dass hier von einem auflodernden,
weithin sichtbaren Feuer die Rede ist , vor welchem stehend und
welches anrufend der grösste aller Feuerpriester, Zarathustra, seine
erhabene Lehre dem versammelten Volke vortrug. Da aber raocdo
gewöhnlich nur von den Himmelslichtern, der Sonne und den Ster-
nen, gebraucht wird, so müssen wir von dieser letztern Deutung,
so ansprechend sie auch ist und so wahrscheinlich die vermuthete
Situation auch Statt hatte, abstehen. In 32, 1 dagegen wird ur-
vdzem vom Aufgang des Feuers zu verstehen seyn.
V. 2. Avaaiatd ist trotz des Augments Imperativ oder hat jeden-
falls den Sinn eines solchen etwa als ein augmentirter Conjunctiv (s. d.
Gr.), weil es dem ^raotd, „höret", ganz parallel steht. — Qücd, Nerios.
7iirmalatara, Hesse sich möglicherweise mehrfach deuten; man könnte
es als einen Instrumental der Wurzel ^-üc, leuchten, nehmen und
seht mit dem Lichte deuten; aber dem transitiven Verbum avae-
natd würde dann ein Object fehlen; desswegen ist es das Sicherste,
^ücd als einen neutralen Plural , unmittelbar aus der Wurzel ^ilc,
leuchten, heratisgebildet, zu nehmen, i). Hierunter sind die Flam-
men des heiligen Feueraltars, vor welchem Zarathustra steht, gc-
') Derselben Wurzel entstammt QÜka (ganz verschieden von <^.aoka.
Nutzen, Wurzel qu ., nützen), Glanz, Licht; durae-QÜka , weithin
leuchtend, ein Name des Ahura-mazda, Jt. 1, 15; klar ist diese Bedeu-
tung namentlich in Jt. 10, 23: apn pddhajäo zavare apa cnshmando ^ükeni
apa gaoshajäo graomu , du (Mithra) mögest wegnehmen den Füssen die
Kraft, den Augen das Licht (Sehvermögen), den Ohren das Gehör. 14, 29
steht es von dem Lichte, welches der Fisch Aar (karö maQJo) hat, der im See
mit den fernen Ufern Wache hält; Nj. 6,3: d fhivd dtarcm gäraj^mi —
(:Cikdi mananha QÜkdi vacahha Qtikdi .skjanthana , dir, dem Feuer, bringe
ich Lob zur Erleuchtung in Gedanken, zur Krleuchtiuig im Wort, zur Kr-
leuchtung in der That. Ganz andern Stammes ist das {ükd Jt. 14, 33. IG,
33 (nur im Genitiv ^ükajdo erhalten); dieses bedeutet die Granne einer
Aehre, namentlich der Gerste, im neupersischen sök noch ganz treu erhal-
ten; dieselbe Bedeutung hat das sanskritische ruka.
Abhandl. der mir,. 1,3. 7.
98 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 2.
meint. — Für das d vare näo Westergaard's ist wohl richtiger d
varendo zu schreiben; K. 6. hat dvare ndo, K. 4., 11 dvarendo, ebenso
Bf. und Bb. Bei dieser Trennung ergäbe sich ein etwas seltsamer
Sinn: „in dem Kreise oder Umkreise von uns beiden"; denn vare,
bekannt genug aus dem zweiten Fargard des Vendidad, lässt sich
nur in der Bedeutung Kreis, Bezirk nachweisen; möglich wäre
immer auch eine Zurückfiihrung auf var, wählen, aber so abgelei-
tet stände es gar zu vereinzelt da. Indess auch bei dieser Fassung
würde das ndo, unser beider, Schwierigkeiten machen. Allem die-
sem wird vorgebeugt, wenn man d varendo abtheilt; letzteres ist
dann ein Accus, plur. von varend, das aufs nächste mit dem häufig
vorkommenden varena y Glaube, Bekenntniss, verwandt seyn
muss. Der Ausdruck d varendo heisst dann „nach den Glaubens-
ansichten". Diese Bedeutung passt trefllich in den Zusammenhang
dieses Verses sowohl, als auch der übrigen, da dem versammelten
Volke hier die neue Lehre zu freier Wahl vorgelegt wird. — Der
Genitiv vicithahjd ist von vahistd mananhd abhängig zu denken und
regiert hier den Accusativ narem, obschor» vicitha eigentlich ein Sub-
stantiv ist; als Verbalnomen oder eine Art Infinitiv kann es noch
leicht diese Rolle spielen. — Für narem hat K. 4. narim und Bb.
narem; narim sieht wie eine deutlichere Aussprache, Jiarem wie eine
Verbesserung des missverstandenen narem aus. Das e steht im älte-
ren Dialekt häufig für i, und narem kann für nairim stehen, von
nairi (Weib). Auffallen kann hier aber zweierlei: erstens, dass bei
der Redeweise „Mann oder Weib" die sonst gewöhnliche Disjunctiv-
partikel vd fehlt (vgl. J. 35, 6. 41, 2 nd vd ndiri vd; 46, 10:^6
od moi 71 d gend vd; in 53, 6 ist wenigstens die Partikel athd:
naro athd genajo); zweitens, dass „Weib" nicht nairi mit kurzem «,
sondern stets ndiri mit langem ä lautet, das auch in dem abgelei-
teten Worte derselben Bedeutung ndirikd sich findet; auch das
Sanskrit hat ndri. Diese zwei Gründe könnten leicht die Lesung
narem als unrichtig erscheinen lassen; aber sie ist durch Handschrif-
ten so beglaubigt, dass wir nicht so ohne Weiteres davon abgehen
können und sie in narem verwandeln dürfen ; denn bei dieser Lesung
(narem) wäre es kaum begreifbar, wie wegen des unmittelbar fol-
genden ganz gleichen narem aus ihm narem oder narim geworden
wäre. Wollte man doch zweimal narem lesen, so könnte dieser
Wiederholung nur distributiver Sinn „jeder einzelne Mann" beige-
legt werden; indess ist der distributive Sinn durch die Phrase: qaq-
jdi tanujcj für seinen eigenen Körper = für sich selbst
(man vergleiche Rv. 10, 8, 4: tanve svdjdi) schon ausgedrückt.
Da die Verbindung „Mann, Weib" zur Bezeichnung von Leuten
und Personen überhaupt gebraucht wird, welchen Sinn der Zusam-
menhang unserer Stelle nothwendig fordert , so nimmt man am
besten narem als Weib; aber der durchgängigen Analogie wegen
ist ndrem zu schreiben ; die Länge des d der ersten Sylbe kann
leicht dadurch verloren gegangen seyn, dass der Ton sehr stark auf
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. L Cap. 30, 2. 3. 99
die letzte Sylbe fiel. — Pard ist hier nicht die sanskritische Prä-
position pard = griech. Trapa, sondern so viel als purd, und be-
deutet früher, vordem, s. noch 43, 12; purd jjat = antequam,
51, 15. 53, 6. 7; im Jüngern Dialekt entspricht para J. 19, 2. 4.
An unserer Stelle ist es eng mit mazt zu verbinden, „ihr Grossen
von Alters her". Zarathustra wendet sich nämlich in seiner Rede
hauptsächHch an die Vornehmen als Häupter des Volks, und deutet
durch das beigesetzte pard an, dass sie auch jetzt, wo es sich um
die Einführung eines neuen und weit bessern Glaubens handle, in
der Beförderung einer das allgejneine Beste betreffenden Sache ihren
alten Ruhm der Vaterlandsliebe bewähren mögen. Der Stellung im
Satze nach können wir es nur als einen Vocativ nehmen und auf
die Verben ^raotd und avaenatd beziehen. — Dass ^ad (Wurzel des
Infinitivs ^azdjdi) eigentlich fallen, im Zendawesta meist so viel
als zufallen, sich schicken, übereinstimmen und Aehnliches
sicher bedeute, siehe das Glossar und zu 51, 16.
V. 3. Mit diesem Verse beginnt eigentlich erst die Rede Za-
rathustra's. Pouruje braucht nicht adverbial gefasst zu werden im
Sinne von „zuerst, uranfänglich", sondern es ist Dual von paouruja;
man verbindet es am besten enger mit jemd und qafnd. Zarathu-
stra redet hier vom Urzustand der beiden Geister, ehe sie ihre
Schöpfungen, die sich entgegengesetzt waren, begannen. — Jemd
und qafnd bieten bedeutende Schwierigkeiten für den Erklärer.
Nerios. hat: piirvam jdu hkümandale svajam avocatdm; kila Jdu ptm-
jaih pdpamca svajam avocatdm. Jemd ist nicht etwa in jem d zu
zerlegen oder in je md, wie wir 44, 12 haben, wo K. 5. ebenfalls
jemd zeigt, steht auch nicht wohl im jehmd, was der Dativ sing,
des Relativs wäre, wie K. 4. hat, sondern es ist ein Nomen im
Dual. Wir finden dasselbe nicht mehr weiter im Zendawesta; nur
eine Verbalform ajamaite, die aber am Ende auf eine verschiedene
Wurzel zurückgeführt werden muss, treffen wir 31, 13. Am näch-
sten verwandt scheint der Eigenname Jima, den wir auch in den
Gdthd's, wenigstens einmal 32, 8, haben. Dieses Wort konnte im
altern Dialekt leicht zu jema werden durch Verwandlung des i in e,
ein Fall , der hier häufig eintritt. Im Sanskrit entspricht Jama.
Dieser Name des spätem Höllengottes ist nicht von jam, bändi-
gen, abzuleiten, sondern das Wort ist ursprünglich identisch mit
jama, Zwilling; als solche Zwillinge (jame, jamajohj sind Himmel
und Erde genannt (Rv. X, 8, 4. 13, 2), ja wir finden Rv. X, 10
einen männlichen Jama und eine weibliche Jami unterschieden, wor-
unter Zwillingsbruder und Zwillingsschwester zu verstehen sind. Mit
diesem jama in seiner ursprünglichen Bedeutung „Zwilling" ist wohl
unser jemd identisch. Die beiden uranfänglichen Geister sind dem-
nach als Geschwister bezeichnet, jedoch Geschwister unähnlicher Art,
wie Nacht und Morgenröthe in den Liedern des Rik so häufig als
7*
100 Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 3.
ein Gescliwisterpaar erscheinen. Die Verwandtschaft liegt in der
gemeinsamen Uranfänglichkeit nnd der geistigen Macht, welche sie,
wenn anch einander gerade entgegengesetzt , doch gleichmässig
üben. — Noch mehr Schwierigkeiten als bei jemd sind bei qafnd
zu lösen. Dieses heisst in den Jüngern Stücken des Zendawesta
Schlaf, und entspricht dem sanskritischen svapna. Aber mit die-
ser Bedeutung lässt sich hier nichts anfangen , auch Neriosengh
denkt nicht daran. Wir müssen desshalb eine neue Ableitung ver-
suchen. Ohne die geringste Aenderung vorzunehmen, kann dieses
qafiid auf ein sanskritisches su - apna zurückgeführt werde» , was,
da apnas so viel als apas , That, Werk bedeutet, mit dem be-
kannten svapds , dem das Baktrische hvdpdo entspricht , identisch
wäre und „von gutem Werk, trefflich, vorzüglich" hiesse. Aber
da ein solches ehrendes Beiwort eigentlich nur dem einen der bei-
den Geister, dem guten, angemessen ist, so erheben sich ge-
wichtige Zweifel gegen diese Ableitung. Sie kann nur gehalten
werden, wenn man eine etwas andere Bedeutung annimmt; su kann
nämlich auch nur sehr bedeuten und so könnte das angenommene
siL-apna sehr thätig, sehr geschäftig heissen. Eine weitere
möghche Erklärung wäre, qafnd aus qdfnd verkürzt zu nehmen und
in qa -h afna zu zerlegen, was „eigene Thaten" oder auch „selbst-
geschäftig" hiesse. Wollte man die Wurzel pan, loben, preisen,
die sich im Baktrischen indess nicht nachweisen lässt, herbeiziehen, so
würde das Prädikat wieder wie oben nur für den guten Geist pas-
sen. Am gerathensten dürfte es seyn , das Wort im Sinne von
selbstthätig zu fassen, da dieser Sinn am besten zu passen
scheint. Auch Nerios. sieht darin qa = sva, indem er es durch svajam
übersetzt. — Hi vahjo akemcd ist mit a^rvdtem zu verbinden, nur
fragt es sich , ob als Nominativ oder als Accusativ. Im erstem
Falle hiesse es: welche (beiden Geister) hörten als Gutes und Böses,
d. i. welche für gut und bös galten. Bei der zweiten Fassung
kommt der Sinn heraus : welche hörten das Gute und das Böse.
Letztere giebt keinen befriedigenden Sinn und erstere hat einige
Härten; denn man erwartet, wenn der angenommene Sinn hier zu-
treffen soll, eher ein Passivum als ein Activum. Allein da die Pas-
siva durch die Endung jft im Baktrischen nicht mehr so flüssig und leicht
bildbar sind, wie im Sanskrit, so ist es leicht möglich, dass dieses
acrvdtem, obwohl activ gebildet, passiven Sinn haben kann. Diese
Annahme erhält noch dadurch eine Stütze, dass das Verbum ^rd
gerade öfter in der Bedeutung bekannt oder gekannt seyn in
den Gdthd's vorkommt; so ^rdvi, audiebatur, 32, 7. 8. 45, 10.
53, 1. Nur so gefasst erhält der Satz einen guten Sinn. — Für
do^cd von K. 5, 4, 9 liest K. 6. Jdogcd , ebenso Bf. und Bb.
Westergaard vermuthet in Note 2 zu v. 3 ajdo^cd, wohl mit Recht;
man vergleiche nur die Parallelstelle v. 6 : ajdo noit eres vishjdtd.
\Yegen des schliessenden d des unmittelbar vorhergehenden akemcd
konnte in der Aussprache immerhin leicht das anlautende flüchtige
Haug, die Gdthä's des Zarathustra. I. Cap. 30, 3. 4. 101
a von ajdo unhÖrbar werden. Da nun gar keine Handschrift die
so naheliegende Lesung ajäo^cd hat, so können wir dieses doch nicht
so ohne Weiteres in seiner vollen Form in den Text aufnehmen,
sondern wir thun am besten, 'jäo^cd vorn mit einem Apostroph zu
schreiben als Zeichen des elidirten a. — Der ganze Satz 'jdo^cd
— duzddonho ist an die Anwesenden überhaupt gerichtet, aber sein
Sinn ist nicht recht klar ausgedrückt. Dieser ist offenbar: von die-
sen beiden Geistern sollt ihr nur einem folgen und zwar dem guten;
seyd daher Thäter des Guten und nicht des Bösen. Das ydo^cd
ist ganz elliptisch vorangestellt; es ist eigentlich ein Genitiv-Locativ
Dualis des Pronomens i; wörthch genommen, kann es nur heissen :
und unter diesen beiden, d. i. was diese beiden anbetrifft. —
Vishjdtd , eine zweite Person imperativi phiralis oder eine zweite
conjunctivi pluralis, lässt sich möglicherweise von zwei Wurzeln, die
beide im Baktrischen vertreten sind, ableiten und zwar von vi^ und vi,
beide gehen bedeutend. Von der erstem abgeleitet, könnte die
Sy\he ja nur Zeichen der sogenannten 4. Conjugation seyn; aber
auf diese Weise findet sich vig sonst nicht conjugirt. Nach der
zweiten Ableitung wäre es eine Aoristform mit s oder eine Art
Conditionalis. Da derartige Conditionalformen sich schwer nach-
weisen lassen, so bleibt man am besten bei der ersten Ableitung.
Das vig hat indess hier nicht seine gewöhnliche Bedeutung gehen,
sondern es ist eine Bezeichnung von seyn geworden. Man vergl.
Vend. 2 , 3 : viganha mi Jinia grtra Vivanhana mereto beretaca dae-
najdo, sey mir, glücklicher Jima, Vivanhvat's Sohn, ein Verkündiger
und Träger des Glaubens; v. 3: jezi noit — vivige, wenn du nicht
seyn willst; v. 4: daf me vigdi (2. Conjunct.), dann sey du mir.
Identisch damit ist das germanische wesan , seyn, in gewesen
erhalten.
V. 4. Dazde ist eine dritte Person dualis praes. medü der Wur-
zel da, schaffen, ebenso 51, 19, und nicht etwa eine dritte Per-
son sing, praes. med., wie man vermuthen könnte (s. d. Gramm.).
— Gaem (von gfja; s. hierüber Zendstudien in der Zeitschrift der
D. M. Gesellsch., VIII, 746 fg.) und agjditim bilden Gegensätze;
beide Wörter, derselben Wurzel gi für gi entstammend, bezeichnen
das Daseyn und das Nichtdaseyn, genauer ein Gut (erworbe-
nes) und ein Nichtgut, worunter der strenge Gegensatz von Leben
und Tod, und von Gutem und Bösem zu verstehen ist. Beide sind
eine nähere Erklärung des paoiirvim (seil, nnhus), des Ersten, d. i.
des ersten =3 irdischen Lebens oder eigentlich der Gcsammtiuhalt
desselben. Zu diesem paoiirvim bildet das jaihdcd anhat apemem
afihus den geraden Gegensatz, Den zwei Gegensätzen im ersten
oder physischen lieben, Seyn und Nichtseyn, entsprechen im
-zweiten, geistigen, die gute und die böse Gesinnung. — Anhus ge-
hört zu acisto.
102 Haug, die Gdthd's des Zarathusira. L Cap. 30, 5.
V. 5. Die drei Relativsätze: je dregvdo etc. und je khraozdisteng
nnd jaecd beziehen sich auf verschiedene Glieder des Hauptsatzes;
der erste , der den Grundunterschied der beiden Geister angiebt,
bezieht sich auf ajdo manivdo; der zweite und dritte gehen auf das
in varatd, „wählet'% liegende Subject ihr, womit die Anwesenden
angeredet sind. — Das je hhraozdistmg a^eno va^te kann des Ge-
gensatzes zum Folgenden wegen nur von den Verehrern des bösen
Geistes, d. i. den Bösen und Lügnern verstanden werden, wenn
auch wegen des khraozdista, das in den spätem Stücken den' guten
Sinn „sehr stark, mächtig" hat und sogar von Ahura-mazda (J. 1,
1) ausgesagt wird und ein häufiges Beiwort seines Fravashi ist
(Jt. 13, 80), eine solche Beziehung des Sätzchens auf die Bösen
bezweifelt werden könnte. Indess lässt sich der angenommene Sinn
aus den Gdthd's selbst und durch die Etymologie rechtfertigen.
Khraozdista kann nur ein Superlativ eines khraozda seyn, worin un-
schwer ein durch dd neugebildeter Verbalstamm zu erkennen ist.
Dieses Verbum haben wir nun wirklich im Imperfectum khraozdat
J. 46, 11 in der Bedeutung verhärten (sich), grausam seyn.
Die Wurzelform khru bezeichnet auch wirklich das Rohe und Grau-
same, sowohl im Sanskrit als im Baktrischen (vgl. auch latein. cru-
dus, crudelis). Man vgl. khrüra J. 48, 11, ein Beiwort der dregvafito;
khrvi-drii, auf Grausamkeit ausgehend, ist ein stehendes Prä-
dikat des bösen Geistes Aeshmo (Jt. 11, 15. 13, 138. 18, 2. 19,
46). Khrvishjat, wüthend, tobend, wird von einem Heere (Jt.
10, 36: ^pddhahe khrmshjaMahe; ^pddha = neupers. sipdh, Heer)
gebraucht ; namentlich ist die Verbindung haenajdo khrvishjeitis,
wüthende feindliche Heerhaufen, häufig (Jt. 10, 8. 47. 48.
15, 49. 19, 54: vandt haenajdo khrvishjeitis vandt vi^pe tbishjato, er
vernichte die feindlichen Heere, er vernichte alle Hasser); auch die
Fravashi's als die alles Dämonische zermalmenden Mächte haben
dieses Beiwort (Jt. 13, 33). Zu derselben Wurzel gehört auch
khrüma Jt. 10, 38 : khrümdo shitajo frazanti anashitdo maethanjdo
jdhva mithro-drugö skjeinti, die wilden Schaaren (^shüi = Ved. kshiti,
Geschlecht) schlagen der Reihe nach die Wohnplätze, in welchen
die Mithra- Belüger sich aufhalten; Jt. 13, 38: joi takhma ^aosh-
javto joi takhma Verethrdganö khrümdo ^) a^ebis frazaifdi ddnunäm
baevarejyaitinäm, welche an Stärke ^aoshjanto's (ihnen gleich), welche
an Stärke Behrame, die wilden schlagen mit Schleudersteinen, die
von zehntausend Herren (geführten) Dänu's. In diesen beiden Stel-
len bezeichnet das khrümdo die wilden , ungestüm vordringenden
Siegerschaaren , in der ersten Stelle die Heere des Mithra. Aus
alle dem sehen wir nun, dass die Ableitungen der Wurzel khru, die
als Verbum finitum höchstens in khrünjdt Jt. 46, 5 zu entdecken
ist, sowohl in gutem als schlimmem Sinne gebraucht werden kön-
nen, in ersterm stark, kräftig, in letzterm wild, grausam
^) Hiezu ist wohl shitajo nach Jt. 10, 38 zu ergänzen.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 5. 103
bedeutend. Der Sinn des khraozdüta an unserer Stelle \um hängt
ausser dem ganzen Zusammenhange von der Fassung seines Sub-
stantivs agmo ab. Dieses lässt zwei sehr abweichende Deutungen
zu. Am nächsten liegt agari, Tag (den Gen. plur. a^ndm siehe in
46, 3. 50, 10); aber der Sinn: die härtesten, grausamsten
Tage scheint wenig zu befriedigen. Neben diesem bekannten a^an
finden wir aber noch ein anderes, dessen Thema gerade so lautet,
das aber männlichen Geschlechts ist ; wir haben davon nur den
Nomin. acc. plur. a^dno und den Acc. sing, agdnem. Dieses be-
zeichnet eine Art Waffe, wie deutlich aus Jt. 1, 18: 7i6it ishavo —
nöit vazra noit vt^eriti a^dnoy nicht Pfeile, nicht Keule, nicht a(^d7i6
sind dort, hervorgeht; ebenso aus Jt. 13, 72: jathd — noit vazro —
noit ishus — noit arstia — noit a^dnö aremo — shuto avagjdfy ohne dass
er (der Mann) sich mit einer Keule, mit Pfeilen, mit Geschossen,
mit a^dno, die vom Arm geschleudert werden, bewaffnet (bekleidet).
Vend. 19, 4: agdno zagta drazimno, a^dnö in der Hand haltend.
In Jt. 10, 136 ist die Lesart: a^dna^ca vi^pd — bdma schwerlich
richtig, wesswegen auf diese Stelle für jetzt nichts gebaut werden
kann. Schreiten wir zur Erklärung des Wortes, so müssen wir vor
allem gestehen, dass sich eine Wurzel oder auch nahe Verwandte im
Baktrischen nicht auffinden lassen; wir sind desshalb genöthigt, unsere
Zuflucht zum wedischen Sanskrit zu nehmen. Hier haben wir a^an
und at^na, Stein, Schleuderstein, ohne Zweifel verwandt mit
a^man, harter Stein; eben dahin gehört auch a^ani, Geschoss,
namentlich vom Blitz. Im Neupersischen ist es vielleicht in seng.
Stein, erhalten. Den Sinn Schleuderstein kann das Wort wohl
in den angeführten Stellen haben. Denselben wollen wir auch an
unserer Stelle versuchen; khraozdista ist dann im Sinn von sehr
hart zu nehmen und va^te (das Medium ist wegen des reflexiven
Sinnes entschieden dem Activ va^ti vorzuziehen) von vag == vas^
anziehen, bekleiden, und nicht von vag, wollen, wählen,
wozu der erste Anblick leicht verführen könnte, abzuleiten. Der
Sinn dieses Satzes nun: „wer sich mit den härtesten Steinen be-
kleidet", könnte ein doppelter seyn; erstens kann es bedeuten:
„wer sich mit den härtesten Steinen als Waffen gegen die Feinde
versieht"; aber da hier nur von geistigen Feinden die Rede ist
und solcher Waffen gegen sie in den Gdthd's nie gedacht wird,
ist diese Deutung nicht zulässig. Die zweite und nach dem Paral-
lelismus der Gheder einzig richtige Erklärung ist die: „wer sich mit
den schwersten und härtesten Steinen belastet", d. i. wer sich von
der Noth und dem Elend niederdrücken lässt, was eine nothwen-
dige Folge böser Gesinnung und That ist. — Das fraoref ist hier
und Jt. 53, 2 adverbial zu fassen und mit khs/inaoshen zu verbin-
den; es ist eigentlich das neutrale Participium von fra-vaiy einen
Glauben bekennen, und steht für fra-varet oder fra-varat.
104 Hang, die Gdthd's des Zarathiistra. I. Cap. 30, 6.
V. 6. In diesem Verse handelt es sich vor allem um die rich-
tige Abtheiluiig der Sätze. Der erste Satz ist: ajdo nuit eres vish-
jdtd (Ner'ios.: teca na satjam viviganti), die Mahmmg enthaltend, dass
nicht beide Geister zugleich verehrt werden könnten; indirekt liegt
auch die Aufforderung darin, sich dem guten Geiste zuzuwenden.
Der zweite Satz ist: daevdcina (Nerios.: je ddivdh santi) pere^mamng
iipdga^at; jjat is (auf daevd bezüglich) ddebaomd ist bloss eine Zwi-
schenbemerkung des Dichters und steht grammatisch in keinem
engern Zusammenhange mit diesem zweiten Satze. Die Worte jjat
verendtd acistem mano bilden einen neuen Satz, die Aufforderung der
Daeva's an die Menschen, sie zu verehren, enthaltend. Die direkte
Rede derselben ist, wie gewöhnlich, durch j/yaf (auch hjat wird so
gebraucht) eingeleitet. — Der letzte Satz at aeshemem — maretdjio
lässt eine doppelte Erklärung zu, je nachdem man die Wörter bd-
najen und maretdnd fasst. Bei häiia/jen vermuthete ich zuerst eine
Verwandtschaft mit der Wurzel van, vernichten, zerstören (das
deutsche bannen), und glaubte, dass, da sich diese Wurzel in den
Gdthd's und im Ja^na-haptanhaiti (s. namentlich 39, 2) in dieser
Bedeutung nicht belegen lässt, bän nur dialektisch von van verschie-
den sey. So fasst es auch Nerios. gaghniih. In dieser Deutung
konnte man leicht noch durch den guten Sinn, der durch diese
Fassung entsteht , bestärkt werden. Aber eine genauere Unter-
suchung führte auf ein anderes Resultat. Dieses bän, das als Ver-
bum im Zendawesta sich nicht weiter nachweisen lässt, findet sich
in den nächstverwandten Sprachen. Im Weda haben wir hhan,
rufen, schreien; so Rv. 7, 18, 7: d Pakthdso Bhaldnaso bhajianta,
die Pakthas und Bhalänas erhoben ein Geschrei (schrien auf). Das
Neupersische bietet 6a«g-, Geschrei, auch bdii, in demselben Sinne.
Reich vertreten ist die Wurzel namentlich in dem Armenischen; so
ban (pan). Rede, Wort, Orakel; in religiösem Sinne der Logos,
Verstand, Sache, Ding; ban-aser, beredt; banal, offenbaren,
enthüllen u. a. Ableitungen. Im Griechischen entspricht (paCvtxi.
Sehen wir auf den Ursprung dieser keineswegs ganz einfachen Wur-
zel, so giebt sie sich als eine Erweiterung von bhd, glänzen, wovon
im Baktrischen 6a7iii, Strahl, 6a/na, glänzend. Die Verwandtschaft
der Begriffe leuchten und sprechen in den arischen Sprachen,
namentlich im Sanskrit, ist bekannt genug. — Das zweite leicht
missverständliche Wort des Satzes ist maretdno (nur noch 32, 12).
Dieses ist sowohl der Form als der Bedeutung nach zweier Erklä-
rungen fähig; es kann nämlich Gen. sing, und Nomin. plur. eines
Thema maretan (vgl. avanhan, ^raoshan, apan etc.) seyn, und so-
wohl von mareta, Mensch, als mare, mere, sprechen, verkün-
digen, abgeleitet werden. Fasst man es in ersterer Bedeutung,
wie Nerios. manushjdndm, so ist nur der Genitiv, in der zweiten
nur der Nomin. plur. zulässig. Der Sinn Mensch würde indess
nur zu bän = van recht passen ; bei bän, laut verkündigen, wäre
\l
Haiigj die Gdthd's Oes Zarathustra. I. Cap. 30, 6. 7. 105
der Sinn viel zu allgemein und unbestimmt; ebenso in 32, 12. Ich,
nehme desswegen keinen Anstand, das Wort auf mare, sprechen
zurückzuführen und als Sprecher, d.i. Verkündiger der göttlichen
Offenbarungen, Prophet, zu fassen; man vergleiche mereto in dem-
selben Sinne Vend. 2, 3 (in der Phrase mereto beretaca, Verkündi-
ger und Träger der Lehre). Aehnliche Benennungen haben die
Verkündiger der göttlichen Offenbarungen auch in andern Sprachen;
so ist das armenische margare , Prophet, in mar -gare zu zerlegen
und als Sprecher der AVorte, Wortverkündiger, zu fassen.
Ebenso heisst das semitische tN*»::: eigentUch Sprecher ( yJ im 2.
und 4. Stamm verkündigen Qor, Sur. 2, 31), und v-V**^ Ver-
kündiger (froher Botschaft) im Qorän. Das Wort ist zimächst
von mareta, dem Partie, pass. von mere, das aber auch schon im
Baktrischen active Bedeutung hat, wie sie im Neupers. so häufig ist,
abzuleiten; um den Begrifif eines Nomen actoris auch äusserlich stark
hervorzuheben, Avurde noch das n (an), das zur Bildung solcher Be-
griffe verwandt wird, angehängt (man vergl. rdgan, König). Die
Mehrzahl geht auf Zarathustra und seine Vorgänger, die sogenann-
ten (^aoshjardo. Noch ist eine Lesart zu berichtigen. Westerg. hat
ahüm nach einigen Handschriften aufgenommen; K. 4, 11 und Bf.
haben ahu. Erstere Lesart ist sichtbar nur durch Einfluss des fol-
genden maretdno aus ahü entstanden und aus Mangel an wirkHchem
Verständniss des hänajen und maretdno fortgepflanzt worden. Bei
dem festgestellten Sinne dieser zwei Wörter ist ahüm schlechter-
dings unzulässig. Liest man ahu^ so hat auch die Beziehung des
Relativums jd keine Schwierigkeit mehr. Beides sind deutliche
Duale (vgl. td mainjü., diese beiden Geister, v. 3). Zudem sind die
beiden Leben ausdrücklich v. 4 genannt. Die Verbindung des
Relativsatzes mit seinem Hauptsatz aeshetnem heildvdreiltd betreffend,
so ist das Object des hendv. das ^a ahü; aeshemem ist adverbial zu
nehmen. Die bösen Geister suchen durch ihre Angriffe sowohl das
leibliche Leben als auch das höhere geistige zu zerstören.
V. 7. Ahmdi, diesem, zu diesem, bezieht sich nicht auf eine
bestimmte Person, etwa auf Ahnra-mazda, wie man vermuthen könnte,
sondern auf den Satz jathd anhat, dazu — dass, zu dem
Zwecke — dass, oder besser auf anhus. — Das Subject zu gagat
ist dasselbe wie zu daddt im zweiten Gliede, nämlich Armaitis. —
Khshathrd — ashdcd sind Instrumentale. Es fragt sich hier , ob
IJishathra, vohu mano und asha als Nomina propria oder als Appel-
lativa zu fassen sind. Das Verbum kommen scheint der erstem
Auffassung günstig zu seyn; noch mehr aber der Umstand, dass
Armaiti, die sonst eben diesen Genien coordinirt ist, hier deuthch
106 Haugj die Gdt/ias des Zarathiistra. I. Cap. 30, 7.
als eine Person erscheint. Die Armaiti führt hier das Prädikat
utajüüis, ein den Gdthd's eigenthümliches Wort (nur Jt. 13, 126
finden wir es als Prädikat von ^aena, einem Vorfahren Rustem's) ;
gewöhnlich wird es von tevtshi (ein Dual, zwei Kräfte), einem
Namen der Haiirvatdt und Ameretdt, auch von Letzterer allein, ausge-
sagt. Der Sinn des Wortes kann nicht zweifelhaft seyn, wenn man
bedenkt, dass die Haurvatät und Ameretat die geheimen Kräfte alles
irdischen Lebens und Wachsthums sind, die das Aussterben dessel-
ben verhindern. Für diese Kräfte ist ein Prädikat wie „fortdauernd,
ewig, unerschöpflich" am passendsten. Und die Etymologie führt
auch wirklich auf eine solche Bedeutung. Zunächst ist das Wort
in Uta und jüitis zu zerlegen; uta ist schon im Weda eine sehr ge-
wöhnliche Copulativpartikel und, auch; ebenso im Medischen der
Keilinschriften, und auch öfter im Zendawesta (Jt. 2, 15. 5, 34.
9, 8. 10. 14. lOy 18), woraus das parsische und neupersische u,
und, verstümmelt ist (letzteres ist durchaus nicht aus dem arabi-
schen "1 entlehnt). Mit dieser Bedeutung, die indess sicher nicht
die ganz ursprüngliche ist, lässt sich hier nichts anfangen. Nach
seiner Zusammensetzung aus den zwei uralten Demonstrativstämmen
w + ta drückt es als ein stark hinweisendes Wort ursprünglich die
Idee fort, weiter, die sich bei öfterer Wiederholung des Worts
so leicht von selbst giebt, aus. Diese Urbedeutung wird bestätigt
durch die Ableitung utavat, der wir Jt. 2, 15 unmittelbar hinter
^atavatj hundertfach, begegnen. Statt, wie gewöhnlich, die höhern
Zahlen hazanra, 1000, und baevare, 10,000, dem ^ata, 100, folgen
zu lassen, wird uta gesetzt, was offenbar nur „die weitern" (unge-
fähr unserem „und so weiter" entsprechend) heissen kann. Das
zweite Wort des Compositums juiü Hesse leicht eine mehrfache Er-
klärung zu, je nachdem es von ^"m, abwehren, oder von ju, hin-
zufügen, welche beide Wurzeln im Baktrischen vertreten sind, ab-
geleitet wird; siehe z. B. Jüto, getrennt, gesondert, Vend. 5,
55 fg., woraus neupers. ttXs^ getrennt, entstanden ist, und java,
Javatdt, Dauer. Hier kann nur die zweite einen Sinn geben, so-
dass das Wort eigentlich immer fortdauernde Verbindung
oder fortwährende Dauer, Fortdauerung heisst und unserem
Begriff Ewigkeit entspricht. Der Verbindung nach ist es Bahu-
vrihi, da es adjectivischen Sinn hat. Eine ganz ähnliche Bildung ist
das wedische 7iijiit (für nijuti), Gespann, Anbind ung (s. haupt-
sächlich den schönen an Vdjit gerichteten Hymnus Rv. I, 135). —
Schwierig ist die Erklärung des Wortes änmd, was wie ein Prädi-
kat der Armaiti aussieht. Nerios. übersetzt atjarthe datja^, „ausser-
ordentlich an Gabe", wonach er es in zwei Wörter zerlegt. Wir
finden es sonst nirgends, wenn nicht etwa änmaini J. 44, 20. 45,
10 damit zusammenhängt. Vor allem ist hier nach der richtigen
Hang, die GathÜs des Zarathustra. I. Cap. 30, 7. 107
Trennung zu fragen; denn ganz einfach kann es schon der Form
nach nicht seyn. Soll d-nmd oder un-md getrennt werden, oder ist
das n hier überhaupt überflüssig? Trennt man d-nmd, so kann ä
nur die Präposition a seyn, und nmd wäre eine Verkürzung aus namd
von der Wurzel nam, die im Baktrischen weichen heisst; wird das
Wort in dn-md zerlegt, so kann du für die Präposition anu stehen
und der Rest die Wurzel md , messen, seyn; ist das n über-
haupt überflüssig, so kann an das wedische dma , unreif, roh
(griech. (ü|j.O(;), gedacht werden. Keine dieser Vermuthungen be-
währt sich indess bei näherer Prüfung. Die Schreibung dnmd ist
so sicher verbürgt, dass wir das d und das n nicht etwa für etwas
Zufälliges, aus ungenauer Aussprache des Wortes Hervorgegangenes
halten können. Auch lehrt eine nähere Untersuchung des Lautes a,
dass er am Anfange der Wörter nie bloss für d steht, sondern
immer noch einen Nasallaut in sich schliesst; man vgl uzanh = skr.
amhas. In Erwägung dieser Umstände kam ich auf die Ansicht,
dass dnmd eigentlich für ann-md stehe ^ der erste Theil führt noth-
wendig auf die Wurzel an, wehen; das zweite 7i ist Rest der En-
dung an für ant, die zur Bildung der Partie, activ. praes. verwandt
wird; das md ist nur die bekannte Abstractendung man, Nom. md.
Bedenken wir nun noch, dass das sanskr. dt-man, Seele, Geist,
für ant-man steht, und dass das ant ein altes Participium der Wur-
zel an und aus anat entstanden ist, so ergiebt sich die Identität
des dn-md mit dtmd, nur mit dem geringfügigen Unterschiede, dass
dem erstem die Participialendung an, letzterm die at zu Grunde
liegt. Indess lässt sich auch denken, dass das Baktrische dn-md
aus ursprünglichem ant-md hervorgegangen ist, da der Uebergang
der Dentale in den entsprechenden Nasal im Baktrischen wirklich
vorkommt, wie z. B. aus demdna, Wohnung, nmdna geworden ist.
Das dnmaini von J. 44, 20 (denn so ist dort für das von Wester-
gaard aus K. 5. aufgenommene dnmaine zu lesen) und 45, 10 ist
nur der Locativ unseres dnmd. Diese Erklärung , die sprachlich
sicher ist, giebt an allen drei Stellen den besten Sinn. — Jathd ajanhd
— jmourvo übersetzt Nerios. : evam dgataje ddaddti purvu jathd Ga-
jomard. — Ajanhd (Instrum.) kann hier nicht auf ajahh = skr. ajas.
Eisen, Erz, zurückgeführt werden; auch 32, 7 passt diese Be-
deutung nicht; nur 51, 9 scheint sie an ihrer Stelle zu seyn. Am
wahrscheinlichsten gehört es zu ajare, Tag, Zeit; dieses steht für
ajase und könnte im Sanskrit nur einem ajas entsprechen; man vgl,
vadare mit vadhas, rdzare mit rahas, woraus folgt, dass das are im
Baktrischen der neutralen Abstractendung as im Sanskrit entspricht.
Diese wird im Baktrischen im Nominativ gewöhnlich zu S^ in den
Casus obliqui dagegen tritt aith ein. Da nun das r in der Endung
are erst aus * hervorgegangen, das e nur ein leiser Nachlaut und
ganz unurspriinglich ist, so ist leicht abzusehen, dass in den Casus
obliqui die thematische Form anh wieder eintreten konnte, wenn
auch in spätem Stücken z. B. ein Gen. pliir. ajarandm Nj. 1, 1
108 Hang, die Gdthäs des Zaratimstra. I. Cap.'SOy 7. 8.
sich findet. Im Sanskrit findet sich indess ajas in der Bedeutung
Tag, Zeit, nicht. Es ist eigenthümlich baktrisch und kann nur
auf z, gehen, zurückgeführt werden, wie schon Nerios. thut, sodass
es eigentlich Gang, Schritt heisst. — Für j^aourujo, wie Wester-
gaard nach K. 4. schreibt, lesen die andern Mss. imour\)6. Dieser
Umstand jedoch, zusammengenommen mit dem andern, dass in den
Gäthä's wohl öfter jjaoiirujo, sonst nie aber paourvo vorkommt, lässt
diese Lesung nicht als eine blosse nachlässige Schreibung des jmou-
rujo erscheinen ; imournjo sieht eher wie eine Correction der altern
und seltenern Form imourvo aus. Die Bedeutung des Worts an-
langend, so ist diese, so einfach die Sache auch auf den ersten
Blick erscheinen mag, etwas schwer zu ermitteln. Man denkt zu-
nächst an das sanskritische pürva, der vordere, frühere; aber es
könnte auch mit parUj parvan, Knoten, parvata, Gebirge, zusam-
menhängen; oder mit purii, viel, jmru, Mensch (im Weda) ver-
wandt seyn. Bleiben wir bei der nächsten Bedeutung: der frü-
here, vordere. Man kann es hier nicht gut auf das erste
(leibliche) Leben beziehen, sondern es gehört zu dnmä. — Das
aeshcim (eorum) könnte noch zu at kehrpem — dnmd gehören und
müsste dann , dem Zusammenhange nach , auf die drei Genien
Khshathra, Vohu-mano und Asha bezogen werden; will man es in
den Satz jatha anhat bringen , so liegt die Beziehung auf kehrpem
— änmä nahe. Beide Fassungen haben Schwierigkeiten. Die erstere
ist indess wegen des Gegensatzes v. 8 : atca jadd aeshdm kaena
gamaiti aenanhäm vorzuziehen. Denn in v. 7 ist offenbar von den
Gütern, die die Armaiti schafft, die Rede, in v. 8 dagegen von
Uebeln, die — durch wen ist nicht ausdrücklich gesagt — wohl
durch den bösen Geist kommen.
V. 8. Das nächste Subject zu f^amaitt wäre Armaiti; aber es
ist kaum begreifbar, wie dieser guten Genie auf einmal Uebel bei-
gelegt werden sollen, man müsste nur durch Interpretation zu hel-
fen suchen, etwa durch: „sie kam wegen irgend eines jener Uebel"
(die der böse Geist geschaffen, um dasselbe zu heben). Aber der
folgende Satz at mazdd würde nicht dazu stimmen. Es wird dess-
wegen am gerathensten seyn, als Subject den bösen Geist zu
nehmen , der aus dem Zusammenhange des ganzen Stückes leicht
erkannt werden kann. Ueber diese Uebel, worunter wohl physische
verstanden werden können, vergleiche auch 32, 6 — 8. — Für taibjo
liest K. 6. taeibjo, ebenso Bf (taehjo) und Bb. Diese Lesung ist
indess nur eine Correctur des schwerverständlichen alterthüralichen,
nur in den Gdthd's vorkommenden taibjo. Sie findet sich überall,
wo wir dem taibjo begegnen, in einigen Manuscripten, so 44, 6.
51, 2. 53, 3, giebt aber nirgends einen guten Sinn. An einen
Dativ, pluralis des Pronomens der dritten Person , was taeibjo
wäre, kann somit nicht gedacht werden. Das taibjn (Nerios.: tva-
dtjdiidm) steht vielmehr dem maibjo, mir, ganz parallel und ist der
Hang, die Gdihd's des Zarathustra. I. Cap. 30, 8. 9. 109
vollere Dativ des Pronom. der zweiten Person sing, dir; am näch-
sten kommt das lateinische tibi. Diese Bedeutung wird dem taibjo
durch Stellen wie 51, 2. 53, 3 ganz gesichert, kui wen bezieht
sich nun dieses taibjo, dir? Entweder auf die Armaiti, oder auf
die wichtigste Person unter den Anwesenden , oder auf Mazda.
Ersteres ist unwahrscheinHch , weil diese Genie nicht direkt ange-
redet ist, und um so mehr, wenn sie nicht das Subject von gamaiti
ist. Wahrscheinlicher wäre, das taibjo auf den Kavd Vistäfpa, den
eifrigen Freund Zarathustra's , zu beziehen, auf den so oft in den
Gathd's angespielt wird. Aber da mazdd nur als Vocativ gefasst
werden kann, so müssen wir es auf diesen beziehen. Fast den
gleichen Sinn mit dieser Stelle hat 44, 6, wo für voividdite das fast
gleichbedeutende cina^ steht. — Im letzten Satze des Verses aeibjd
— drugemj wo ^a(^ti nicht als dritte Person praes. wegen des Vocat.
ahurd genommen werden kann, sondern Locat. (Instrum.) eines Ab-
stractums auf ti von der W. ^ams (vox media loben und tadeln)
nach wedischer Art ist, ist offenbar vom Bruch der Freundschaft
und Treue die Rede, was als eines der grössten Verbrechen in der
Zarathustrischen Religion gilt. Auffallend ist, dass der für dieses
Verbrechen sonst gewöhnliche Ausdruck mithro - drukhs , Einer der
den Mithra belügt, gar nicht angewandt ist. Man vgl. über diese
Sünden namentlich Vend. Farg. 4 und den Mithra-Jescht. Nerios.
hat: tdigca pshjd Hormizdasja; kila avistdvacubhih vjdkhjdndi^ca si-
kshatd samti; je piüijdtmand haste ddsjanti devim" vipratdranam.
V. 9. Diese Stelle ist eine der wichtigsten in den Gathd's, weil
sie den Keim eines Theils der spätem Eschatologie enthält. Es
handelt sich hier vor allem um die Erklärung des frashi, denn so
lautet das Thema von frashem. Die Lesarten weichen hier etwas
ab; K. 5. hat frashim, K. 4. und Bb. frasem, Bf. frisem; in der Pa-
rallelstelle 32, 15 liest K. 5. ferashim, K. 4. frashem. Die richtige
Schreibweise ist gewiss frashem, die schon Westerg. aufgenommen
hat; das e steht dialektisch für ?. Was nun die Ableitung und die
Bedeutung des Wortes anbetrifft, so bieten sich zwei Erklärungen
dar; die nächste ist die Zurückführung desselben auf die Wurzel
2)ereg , fragen; aber auch eine Ableitung von khshi , wohnen,
herrschen, -f- fra wäre möglich. Jede dieser beiden Ableitungen
giebt einen ganz verschiedenen Sinn; nach der ersten heisst das
Wort Frage, Befragung, nach der zweiten fortdauernde
Herrschaft oder Fortdauer überhaupt. An letztere Bedeutung
schliesst sich auch die Nerios. akshajatvam, Unvergänglich keit,
an. Nur die Stellen, in denen das Wort vorkommt, können über
die richtige Ableitung und Bedeutung entscheiden. Die Gathd's (hier
u. 34, 15) gebrauchen es fast nur in Verbindung mit ahum und da oder
kere, „das Leben zu einer Fraschi machen", und zwar das gegen-
wärtige, irdische, an unserer Stelle mit im, dieses, in der ande-
ren mit haithjem bezeichnet. Wollten wir ihm die Bedeutung Frage
110 Hang, die Gdthas des Zarathudra. I. Cap. 30, 9.
unterlegen, so würde der Sinn: „das Leben zu einer Frage oder
OflFenbarung machen" nicht bloss etwas räthselhaft klingen, sondern
auch durch den Gebrauch des später häufigen und damit aufs
nächste verwandten frasha widerlegt werden. Die übrigen Stücke
des Zendawesta zeigen kein frashem mehr, sondern frashem, frasha
oder frasho in dem bekannten Compositum frasho - kereti. Die Be-
deutung fortwährend, fortdauernd giebt hier überall den besten
Sinn , wie eine nähere ' Prüfung der Stellen lehrt , desswegen ist
diese, da sich auch eine ganz entsprechende Ableitung findet, wohl
als sicher anzunehmen. Gehen wir auf fra-khshi zurück, so müssen
wir die Nebenform khsha (erhalten in khsha-threm) herbeiziehen, was
schon einige Schwierigkeit machte. Daher bin ich geneigt, das fra-
sha nur für eine Erweiterung der Präposition fra durch ein ange-
hängtes s (vgl. paiYü aus paiti), also eigentlich weitergehend,
ferner, zu halten; der Singul. frashem ist dann nur eine Erwei-
terung. Eine Bestätigung dieser Ableitung bietet J. 31, 13, wo
fra^d nur porro, cetera heissen kann. In den andern Stellen hat
es schon jene bestimmtere Bedeutung fortwährend angenommen.
Jt. 5, 78 aiijdo dpo kerenaot frasha anjdo fratdcajat (von der Ardvt
cürd andhitd), andere Wasser machte sie, andere Hess sie fortwäh-
rend fortfliessen; 10, 18: jezi vd dim aiwidriizaüi nmdnahe vd nmd-
nopaitis etc. — frasha upa-^cindajeiti mithro upatbisto uta nmdnem etc.,
wenn ihn ein Hausherr belügt, so richtet Mithra erbittert dauernd
sein Haus zu Grunde; 17, 2: (jazamaide) dughdharem ahurahe maz-
ddo qanharem ameshanäm ^pentandm jd vi^panäm ^aoshjantäm frasha
khrathwa frdthangajeiti, (wir rufen an die Ashi) die Tochter des
Ahura-mazda, die Schwester der Arnes ha- ^peüta's, welche durch die
Einsicht aller ^aoshjafito immerwährend fortwandelt, d. i. welche
durch die Einsicht der heiligen Weisen sich immer fortpflanzt und
nie untergeht; Jt. 19, 47: adhdt frasha häm-rdzajata dtars mazddo
ahurahe uüi avatha mahhdno aetat qareno, hangerefshdne jat aqaretem,
als das Feuer des J.ÄMra-mazda für die Dauer bereitet war, dachte
(Anro mainjus) also: ich will an mich reissen diesen unzerstörbaren
Glanz. Oefter findet sich die Verbindung frasha fra-jd, weiter
fortgehen, auch bloss frasha i (so Jt. 14, 37); Vend. 18, 29:
frasha frajdi vahistem d ahüm d, um ununterbrochen fortzuwandeln
zum besten Leben (ebenso Vd. 7, 52); J. 10, 14: md me jatha
gaos drafsho d^ito vdrema cairi frasha frajantu te madho verez/an-
hdonho ga^eTitu, nicht sollen sie mir (die Homatropfen) wie ein ge-
ronnener Milchtropfen in das Gefäss läuft (laufen, nämlich nicht so
langsam und unterbrochen), fortwährend sollen sie fiiessen, deine
Honigtropfenbereiter sollen kommen! Dieselbe Ausdrucksweise J.
10, 19: frasha frajaMu te madho raokhshna frajantu te madho reiigjö,
immerwährend sollen fliessen deine (Homa's) glänzenden Honig-
tropfen, fortfliessen sollen deine farbigen Honigtropfen. Vgl. noch
J. 60, 5: gamjän ithra ashaonäm vanuhis ^ürdo ^peütdo fravashajo
— paitistdtee dtaranäm frasha-vakhshjdi rajämca qarenanhämca , hie-
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 9. 111
her mögen kommen die guten, starken, heiligen Fravashi's, um die
Feuer zu bewachen, um fortwährend zu sprechen die Gebete um
Vermögen und Ansehen (Glanz im weitesten Sinne). Am nächsten
kommt unserer Stelle die Verbindung mit ahu, sq J. 55, 6: frashem
vagna ahüm dathäna, die das Leben mit Eifer (Willen) fortdauern
machen. Ja frasha findet sich auch allein unter andern Adjectiven,
so Vend. 1, 21: hmti anjdo^cit a^^äo^ca shoithräogca ^rirdogca gu-
frdo^ca berekhdhdo^ca frashdo^ca bdmjdofca , es sind auch andere
Gegenden und Länder, glückliche, berühmte, herrliche, ewige, glän-
zende. Von diesem frasha finden wir einen Superlativ frashotemem
J. 46, 19: am dauerndsten, vom gegenwärtigen Leben ge-
braucht (vgl. Frag. 9, 2). Wichtig ist dieses frasha namentlich
durch die Composita frasho - kereti und frasho - caretar geworden.
Frasho-kereti ist nur die Umbildung des Ausdrucks frashem kere, das
frashem machen, zum Substantiv und heisst demnach wörtlich „das
Machen der Fortdauer", worunter nur die des Lebens verstanden
werden kann, was daraus erhellt, dass in der vollständigen Phrase
das ahu, Leben, dabei steht. J. 60, 3: faoc'e buje ahmja nmdne
— vakhshathe buje ahmja nmdne dareghemcit aipi zrvdnem upa gürdm
frasho - kereitim hadha ^ürajdo vanhujdo frashd - keretöit , im Glänzen
bin ich in diesem Hause (spricht das Feuer), im Wachsthum bin
ich in diesem Hause auf möglichst lange Zeit zu der gewaltigen
(X-^ebens-) Fortdauermachung, bei der gewaltigen guten (Lebens-)
Fortdauermachung. Hier ist als eine der wesentlichsten Wirkungen
des Feuers die angegeben, dass es glänzen und leuchten und wach-
sen solle zur Beförderung der grossen Fortdauer alles Lebens. Denn
dieser erwarteten allgemeinen Verewigung des Lebens stehen viele
Hindernisse entgegen, die die heihge Feuerflamme, fortwährend er-
nährt und verehrt, besiegen soll. Aber auch die mächtigen Fra-
vaschi's sollen zur Ermöglichung dieser Lebensewigkeit wirken, wie
aus Jt. 13, 58 erhellt:: dat te nuräm fravazente dürae - urvae^em
adhwano urvaegem ndshemna jim frasho-keretoit vanhujdo, dann führen
sie aufs neue (stets) fort das, was den fernen Ausgang des Weges
vernichtet, nämlich (den Ausgang, die Periode) der guten Lebens-
verewigung. Die Frasho-kereti wird hier in ein dürae-urvae^em (Ad-
ject.) iirvae^em, wörtlich in einen Ausgang fernen Ausgangs, d. i.
in eine noch in ferner Zukunft zu erwartende Periode verlegt. Aus
Frasho-kereti ist das Frashegard der spätem Pärsenbüchcr, wie des
Minokhired geworden, worunter nur die letzte Zeitperiode, die der
allgemeinen Todtenauferstehung, verstanden werden kann. Diese
neue Lebensperiode wird von den (^aoshjanto herbeigeführt , die
desswegen frasho-caretaro (nur im Genit. plur. frasho-carethrdm vor-
kommend), „die Hersteller des Frasha" genannt werden. Häufig
wiederkehrend ist folgende Stelle: jao^ca (fravashojo) gvaTitdm ashao-
ndm jdogca naräm azdtanum frasho-carethrdm (^aoskfailtdm, und welche
(Fravashi's) der lebenden Reinen und welche der poch^nicht ge-
borenen, die Lebensverewigung machenden (^aoskjanto sind (Vp. 11
112 Hang, die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 30, 9.
7. J. 24, 5. 26, 6. Jt. 13, 17. 19, 22). Die Thätigkeit der ^ao-
skja/ito bei der grossen Lebensverewigung und die Art und Weise
derselben ist deutlicher beschrieben Jt. 19, 11: jat herenavdn fra-
shem ahüm azareshifltem amareshintem afrithj aiitem apujafitem javatgim
'Javae^üm va^o - khshathrem jat iri^ta paiti u^efnstän gagät ^iijo ame-
rekhtis dathaiti frashem va^na anhus , woraus (aus dem Glänze) sie
das Leben fortdauernd machen, alterlos, unsterblich, unvergänglich,
unverweslich, ewig siegend_, ewig nützend, von selbst herrschend (ohne
vom Bösen beeinträchtigt zu seyn), wobei die Todten auferstehen;
es kommt des Lebens Unsterblichkeit , sie macht von selbst das
Leben fortdauernd. Dieselbe Stelle siehe in Jt. 19, 19. 23. 89.
Aus diesen Stellen erhell:' mit Sicherheit, dass Frasho-kereti die Zeit
der '^allgemeinen Wiederbelebung alles Todten, die der grossen Auf-
erstehung am Ende der Tage ist. Aus Unverständniss dieses Aus-
drucks wollte man in neuerer Zeit die Lehre von der Auferstehung
dem eigentlichen Zendawesta ganz absprechen ; aber die nähere
Untersuchung ergiebt, dass nur die spezielle Vorstellung von einer
allgemeinen Auferstehung der Verstorbenen und die Einzelnheiten
dieses grossen Ereignisses spätere Ausbildung sind, die Grundvor-
stellung aber, aus der diese einzelne noth wendig sich entwickeln
musste, die einer allgemeinen Lebensfortdauer und Lebensverewigung,
von Zarathustra selbst herrührt. Kehren wir nun nach dieser län-
gern Untersuchung zu unserer Stelle zurück. Zarathustra redet hier
in der ersten Person des Pluralis: wir wollen die seyn; unter die-
sem wir ist nun sicherlich nicht bloss Zarathustra allein, sondern
auch seine nächsten Anhänger, namentlich Kavd Vistd^pa, zu ver-
stehen, dieselben, welche später als ^aoskjafito das Frasham inachen. —
Schwierig ist die Erklärung und Beziehung von inazddo^ca ahurdonhS
— ashdöd. Vor allem bedarf dmoja^trd der Erklärung, die um so
schwerer zu geben ist, als sich weder im Baktrischen noch im Sans-
krit die eigentliche Wurzel nachweisen lässt. Die Bombayer Aus-
gabe corrigirt das Wort in dmöigtrd, wobei dem Verbesserer sicher-
lich das häufigere hamae^trd , das aber ganz anderer Bedeutung
ist , vorschwebte. Neriosengh verbindet es eng mit barand und
übersetzt : ^a^vathan^unamam kurvdudh , stets eine Versammlung
(Zusammenkunft) veranstaltend. Als Subject ist wir aus kurniahe,
womit kerenaon gegeben wird, zu verstehen. Verwandt mit diesem
Worte ist wohl amiijamna, das gewöhnlich mit razisianäm verbunden
vorkommt. Sucht man nach einer Ableitung, so bietet sich nur
eine Wurzel nm dar, die unter den arischen Sprachen allein das La-
teinische in mov-ere deutlich bewahrt. Eine Erweiterung ist die
sanskrit. Wurzel, mtuÄ, stehlen, ebenso muc, lösen. Die Grund-
bedeutung des mii scheint die von bewegen gewesen zu seyn, die
sich noch im Lateinischen erhalten. Die Fügung amujamna razista-
näm bedeutet demnach unbeweglich, unbeugsam in den ge-
rgchte-SJrfjJuPingen. Jt. 13, 35: ashaonäm vanuhis ^urdo ^pentdo
fravas/iajd Jazamaide fra^rütdo — aüi amno — amvjamndo razistandm.
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 9. 10. 113
wir verehren die Fravashi's der Reinen, die guten, starken, heiligen,
die berühmten, mächtigen, die nnbeweglich bei dem Gerechtesten
verharrenden. Jt. 13, 133: ^anha^ca jyaiti hu^a^tajdo ^anha^ca jmiti
amujamnajdo ^anha^ca paiti avanenmajäo, ^) (wir verehren den Fra-
vashi des Kavi Hao^rava) ob des hochgefeierten Ruhmes, ob des
unerschütterlichen Ruhmes, ob des (die Feinde) niederbeugenden
Ruhmes (vgl. 19, 74); zu amujanma razistanäm s. noch Jt. 17, 17.
Das ämojagtrd unserer Stelle nun ist durch das Suffix tra o<ler tara
von der einfachsten Form des Partie, praes. causat. mwjat, von der
Wurzel mxL-\-d, gebildet. Ist tra das ursprüngliche Suffix, so ist
das Ganze als ein Abstractum oder als ein Nomen instrumenti zu
fassen; indess spricht gegen eine solche Deutung der Umstand, dass
tra in diesem Falle thra lauten sollte , welche Form kein einziges
Manuscript hat, abgesehen davon, dass sie sich auch nicht recht
mit dem Zusammenhang vertragen würde. Analoge Formen, wie
Zarathustra, Frashaostra, verglichen mit gdgerebustro , in welchen
nach dem allgemeinen Aspirationsgesetze thra für tra erwartet wer-
den sollte, führen jedoch darauf, dass tra eine Verkürzung aus tara
und demnach Comparativsuffix ist, welches im Weda, wie im Zend-
awesta, auch den höchsten Steigerungsgrad ausdrücken kann. Nach
dem Vorausgeschickten heisst das schwierige Wort nun am mei-
sten bewegend oder erregend; es bezieht sich auf bar and , ein
Neutr. pl., als sein Substantiv. Der Sinn des letztern Wortes ist,
wenn auch die Parallelstellen fehlen (Jt. 19, 6 ist die Lesung zwei-
felhaft), doch leicht durch Ableitung und Vergleichung des Sanskrit
zu finden. Hier heisst bharana Unterhalt, Sold, von der Wurzel
bhar (bhr), baktrisch bar, tragen. Nehmen wir hier das Wort im
nächsten Sinne Tragung, Unterhaltung, so hat es, auf die
Ahura's mazda's bezogen , den Sinn eines Concretums. — Mando
hat den Anschein, als ob es ein Plural von mano wäre; aber der
Singular bavat spricht dagegen. Wir fassen es desshalb am besten
als Adjectiv verständig. Der ganze Satz klingt wie ein Sprich-
wort oder mindestens wie eine Reminiscenz aus einem frühern Liede.
Diess ist schon äusserlich durch das hjat, das häufig zur Einfüh-
rung fremder Gedanken gebraucht wird , angezeigt. Der Spruch
bezieht sich indess auf den folgenden Vers und deutet an, dass der
Verstand und die Einsicht die beste Waffe gegen das Böse seyen,
und der Verständige der beste Kämpfer, dass aber diese richtige
Einsicht nur durch Erkenntniss der göttlichen Wahrheit gewonnen
werden kann.
V. 10. Die zwei Pronomina demonstrativa add avd beziehen
sich auf cutis zurück. DrugS ist ein sogenannter Genit. objectivus,
^) avanemna, Partie, med. von nam -'- ava, ist einer der Namen des
Ahura-mazda, Jt. 1, 8 (vgl. Jt. 8, 55. 10, 109. 111).
Abhandl. der DMG. 1,3. 8
114 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 30, 10.
avo drügo demnacli „Hilfe gegen die Lüge". Das ^keiido q)aja-
thrahjd steht dem avo drügö ganz parallel. Das Substant. ^pajathra
findet sich sonst nicht; wohl aber Verbalformen einer Wurzel ^pi,
so A^end. 3, 41: ^pajeüi zi ^püama Zarathustra daena Mäzdaja^nis
nars d^tavanahe baiidem ^pajeiti draoshem ^pajeiti jdtughnim ^pajeiti
ashaüag/mim (^pajeüi im^u^paem gpajeiti andperethem skjaothnem etc.,
es vernichtet der Mazdaja^nische Glaube , heiligster Zarathustra,
eines ihn bekennenden Mannes Fessel, er vernichtet den Angriff^
er vernichtet den Jätumord (Mord durch Zauberei), er vernichtet
den Mord des Reinen, er vernichtet das Sehen der Todten, er ver-
nichtet jede unsühnbare Handlung (d. i. er vernichtet die schlimmen
Folgen aller aufgezählten Handlungen). Man könnte durch diese
Stelle leicht geneigt seyn, der Wurzel ^pi die Bedeutung sühnen
zuzuschreiben; aber die Verbindung mit baiidem und andern Stellen
sprechen nicht dafür; so Jt. 10, 37: kameredhdo ^pajeiti mithro-
drugäm mashjdnäm, er (Mithra) vernichtet die Häupter der treu-
brüchigen Menschen; Jt. 19, 56 (59. 62): jat i^at mairjo tdirjö
frarirage zrajanho Vouru-Kashahe maghnu apa-(;pajat va^trdu tat qa-
reno i^o jat agti airjanäm daqjimdm zdtanäm azdtanämca jatca ashaonu
Zarathustrahe, welchen (den Glanz) der verderbliche Feind Franrage
aus dem See Voiiru-kasha sich aneignete, er (der GrabendeV)
nahm weg den Fluren diesen Glanz , welcher eigen ist den ari-
schen Ländern der Geborenen und noch nicht Geborenen und dem
reinen Zarathustra. Suchen wir die entsprechende Wurzel im Sans-
krit, so kommen wir in grosse Verlegenheit; lauthch entsprechen
würde zwar fvi , aber dieses heisst eigentUch anschwellen,
strotzen, und in abgeleiteter Bedeutung auch nützen (s. Rv.
Vn, 32, 6. 74, 6. 9, 2); aber diese Wurzel hat im Baktrischen die
Formen angenommen: gu, nützen, und shu in aiwi-shvat, ringsum
schwellen machen, Vend. 2, 18; fra-shava ibid., schwelle fort (bis
zum Bersten, vi-shdvajat v. 15, er Hess auseinander bersten, von
der Erde gesagt) , sodass wir bei gpajathra ganz davon absehen
müssen. Wir finden dagegen im Sanskrit Spuren einer andern
Wurzel gvi oder i^u, die ebenfalls im Baktrischen vertreten ist; ich
meine nämlich die Grundform, welcher gveta, weiss, gvas, mor-
gen, gvit, leuchten (gewöhnlich im Imperf. agvdü von der Mor-
genröthe im Weda) entstammen. Diese scheint die Bedeutung von
helle seyn gehabt zu haben. Darnach heisst das gpajeiti wohl:
er macht helle, was mit dem Begriff: er säubert, zusammen-
fällt, woraus dann der Sinn : er vernichtet, leicht abgeleitet seyn
kann. Diese letztere Bedeutung konnte sich um so eher aus der
ursprünglichen entwickeln, als das Wort vom Vernichten des Un-
reinen und SchädUchen zum Besten des Guten gebraucht wird und
so dieses Vernichten nur eine Art von Säubern ist. Verwandt hie-
mit kann das neupersische sapuch-ten, durchstechen, und noch
eher das armenische spanaiial, tödten (Wurzel span) seyn. Das
Haugf die Gdthd's des Zarathustra. L Cap. 30, 10. 11. 115
^pajathra unserer Stelle nun ist ein Abstractum auf thra == skr. tra
für das Concretum (man vergl. ddthrem 3t. 34, 13 im Sinne von
ddtar). Dieser Vernichter kann nur der böse Geist, der als Lüge
und schlechte Gesinnung in den Gdthd's erscheint, seyn. —
Ueber agistd s. zu 34, 4 und über zazenU zu 34, 9. — Hushitois
ist hier so viel als demdna, oder spezieller garo-demdna, man vgl.
32, 15. Der Ausdruck: gute Wohnung hat au unserer Stelle
wohl eine übertragene Bedeutung, und ist von der Gesammtheit des
Guten und Wahren, wie es sich im Geistigen sowohl als im Leib
liehen offenbart, zu verstehen. — Für vaiihdo liest K. 4 vanhdu.
Diese Lesart hat manches für sich, einmal, weü die Form vanhdo
sonst nicht vorkommt, wohl aber vanhdu; dann, weil sogleich ein
der Adjectivform vanhdu entsprechender Casus, nämlich der Locativ
Qravahi, folgt (dass vanhdu, eigentlich ein Instrumental, auch mit
dem Locativ verbunden werden kann, s. J. 49, 8); die Aenderung
in vanhdo könnte wegen des joi erfolgt seyn, weil man ein Prädikat
zu dem Relativ suchte, und dieses nur in den Nominativ setzen
konnte , du aber nie eine Pluralendung ist , das lautlich nahver-
wandte do dagegen häufig zur Pluralbildung verwandt wird. Er-
klärbar ist jedoch das vanhdo auch; man kann es als eine Verkür-
zung aus regelrechtem vanhavo betrachten, wie auf ähnliche Weise
aus gravanh der Plural gravdo hervorgeht. An ein neutrales Thema
vanhanh und an eine ändere Ableitung als die von vanhu, gut, ist
nicht wohl zu denken.
V. 11. Der Ausdruck td urvdtd (s. hierüber das Glossar) be-
zieht sich nicht bloss auf die vorangegangenen Verse, sondern auf
alle Offenbarungen des Ahura-mazda an die Menschen überhaupt.
Der Vers schliesst passend diese wichtige öffentliche Rede Zarathustra's
ab und leitet das folgende Cap. gewissermassen ein. (^ashathd ist eine
zweite Person plur. eines Aorist-Conjunctivs mit s und steht eigent-
lich für Qakhshathd; die Wurzel ist nämlich gac oder ursprünglicher
pg^, stark, mächtig seyn, welche in gewissen Fällen auch schon
im Sanskrit sich zu gac erweichte, z. B. Qaci im Weda Stärke,
Werk, cacishtha, der Stärkste. Neben verezintem findet sich Jt.
24, 52 cakhshefitem. J. 19, 10: agti zi ana avavat ukhdhaia jatha
jat dii vigpö anhus agtvdo dgaUhshat Qaskäg dadarduo ni pairi iriih-
jä^tdtat haraiti, denn dieses Wort (das ahü vairjo) ist es gerade,
wodurch das ganze irdische Leben besteht, mächtig erhalten geht
es aus dem allgemeinen Tode hervor. Hier drückt das d-^ahhshat
deutlich das Bestehen des Lebens durch die Macht des heiligsten
Gebetes aus. In mehreren Stellen des Vendidad 9, 33. 34. 16, 8.
9. 6, 43 heisst ^acdite und i^acdonte deutlich vorübergehen, ver-
fliessen, von einer bestimmten Anzahl Nächte und vom Jahre
gesagt. Dieselbe Bedeutung hat es auch Vend. 18, 16. 24: qaf(;a
daregho mashjdka n^it U ^acaiti, schlafe lange, Mensch, noch nicht
8*
/
\
116 Hang, die Gdt/td's des Zaratfmstra. I. Caj). 30, 11.
ist dir (die Zeit) verflossen. ^) Ursprünglicher ist die Bedeutung
noch in Jt. 8, 56 geblieben: jat zi (;pitama Zarathustra airjäo dan-
hdvo tistrjehe raevato qarenanhato aiwigacjäres ddittm ja^nemca vah-
memca, wann, o heiligster Zarathustra, die arischen Länder nach
der Anordnung, Lob und Preis des hellen glänzenden Tistrja voll-
bringen. Noch heben wir J. 55, 6 hervor: ^taota jegnja jazamaide
ja data anheus 'paourujehjd maremna verezimna ^akhshemna ^dcajamna,
wir verehren das Preis- und Lobwürdige, die Dinge des ersten
Lebens, gesprochene, gethane, sich vollbringende, vollbrachte. Die
Wurzel ^ac, ^ak hat nach den angeführten Stellen im Baktrischen die
Bedeutung angenommen: trans. ausführen, vollbringen, und in-
trans. vollbracht werden, geschehen, verlaufen (von der
Zeit), Bedeutungen, die sich leicht aus der des Starkseyns erklären
lassen. Im Neupersischen lautet das Wort sdkh-teii, machen, voll-
bringen, ausführen; saz-ed, es geziemt sich, sazd, würdig,
das man hieher zu ziehen leicht versucht seyn könnte, ist dagegen
auf ^adh, zufallen, sich geziemen, zurückzufiihren. An unse-
rer Stelle nun hat ^ak deutlich den Sinn von ausführen, voll-
bringen, und zwar die heiligen Gebote Ahura-mazda's, die er den
Menschen gab. — Qiti und eneiti (Nerios. giebt sie durch abhild-
shaka^ca ^ikshajdh) ist man leicht versucht, gleichmässig für Substan-
tive zu halten; aber bei genauerer Betrachtung der Construction
und näherer Untersuchung der Formen ergiebt sich, dass keines von
beiden ein eigentliches Substantiv ist. Bei qiti sind leicht mehrere
Ableitungen möglich , je nachdem das q auf ein sanskritisches su
oder sva oder auch ein svit zurückgeführt wird. In den Gdthd's
findet es sich nicht weiter, wohl aber Adjectivbildungen wie qaeta
34, 12, qaethja 33, 7 und das Substantiv qaeta. Alle diese sind
auf sva, selbst, zurückzuführen, welche Ableitung namentlich bei
qaetu durchaus keinem Zweifel unterliegen kann. Da zudem das
sanskr. su, gut, im Baktrischen, meines Wissens wenigstens, nur
zu huy nicht aber zu q wird, so müssen wir, wenn schon ein sol-
cher Fall für den Gäthädialekt denkbar wäre, doch von sa absehen.
Allem Anschein nach ist es eine adverbiale Ausdrucksweise und ent-^
weder wohl der Locativ einer neutralen Form svajat, eines Partie,
praes. von sva, im Sinne eines Denominativs, die baktrisch qajat
lauten würde; im Locativ ist nun eine Zusammenziehung erfolgt,
die zunächst qaet lautete; dass eine solche wirklich Statt gefunden,
beweist qaetu deutlich, man müsste nur bei dieser Bildung den Lo-
cativ sve zu Grunde legen wollen , was aber kaum denkbar wäre.
Dieses e wurde wohl durch Einfluss des schliessenden i in t ver-
^^) Diese Worte sind keine allgemeine Sentenz, wie Spiegel zu meinen
scheint, sondern sie enthalten die Anrede des Einschläferers an die Men-
schen. QafQa lässt sich nicht als Substantiv fassen, sondern ist eine zweite
Person eines Conjunctivs oder eine zweite Imperativi medii, natürlich ver-
kürzt.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. 1. Cap. 30, 11. 117
wandelt; es kann indess auch auf alter ungenauer Schreibvveise be-
ruhen. Wörtlich heisst es bei sich selbst oder von selbst.
Man vergl. Jt. 10 , 68 : jenhe vdshem hangerewndüi ashis vanxihi ja
berezaüi jenhe daena mdzdajapns qiti patho rddhaiti, dessen (Mithra's)
Wagen die gute erhabene Ashi ergreift , dessen Wege der gute
Mazdaja^nische Glaube von selbst bahnt. — Eneiti steht wohl fiir
aijuti. Vergleicht man J. 58, 4: 7id fshümdo nisanharatu he aüojdkh-
shajatu hadd ashdcd vd^trdcd — aimticd dthrdcd ahurahe mazddoy
wo aiiiiti ganz parallel mit uthrd steht und der Form nach wohl
ein alter Locativ eines Nomens aiiiiti und für aiuiti gesetzt ist, so
kann man leicht versucht werden, es an unserer Stelle ebenso zu
fassen. Aber die substantivische Fassung verträgt sich nicht recht
mit dem Zusammenhange, wenn auch die Bedeutung des ainiti,
Glanz, an sich nicht unpassend wäre. Ich nehme daher eneiti für
eine 3. Person sing, der Wurzel an, wehen, die im Baktrischen als
Verbum zwar nicht weiter vertreten ist, aber in dem Partie, ainita
(Jt. 13, 34. 51. 63. von den Fravashi's gesagt), „gern wehend,
fächelnd", d. i. in übertragenem Sinn wohlwollend, gütig, in
ainika, Zug, Schaar (Jt. 10, 143. 14, 9. 1, 11. 13, 136) und
dem genannten ainiti, das Glanz (eigentl. das äussere Ansehen) zu
bedeuten scheint, sich findet. (Man vgl. das wedische anika in seinen
mannigfachen Bedeutungen Ansehen, Glanz, Zug etc.). Das
qiticd eneiti unserer Stelle nun ist eng mit dem vorhergehenden
daddt zu verbinden und bezeichnet eigentlich nur die Art und Weise
der Offenbarung , die einem von selbst sich bewegenden Windes-
hauche ähnlich gedacht wird. — Für daregem, wie Westergaard
schreibt, wird am besten dregem gelesen; K. 5. hat nämlich dregim,
ßb. dreghem; diese Lesungen lassen auf ein dreg für dareg schlies-
sen ; letzteres sieht nur wie eine ältere Emendation des schwer ver-
ständlichen seltenen Wortes dregem aus. Gegen die Lesung daregem
spricht auch das e der letzten Sylbe; denn wäre es das Neutrum
singul. des Adjectivs darega, lang, und nur dieses könnte es, die
Richtigkeit der Lesart angenommen, seyn, so müsste daregem mit e
für e gelesen werden, wie P. 6. auch wirklich hat. Aber da kaum
begreifbar wäre , wie bei einem so gewöhnUchen und häufig ge-
brauchten Worte wie daregha, lang, die Lesarten so ins Schwan-
ken gerathen könnten und zudem der sich ergebende Sinn : langes
Verderben etwas zu matt und dem folgenden Gegensatz <^ava6a
nicht ganz parallel wäre, so liegt es nahe, diese Lesung aufzu-
geben und sein Heil mit der andern zu versuchen. Auf den ersten
Blick sieht man, dass dregem auf dregi zurückzuführen und dieses
von der Wurzel dreg = skr. druh, zerstören, abzuleiten ist. Der
Sinn Zerstörung, Vernichtung passt aber auch ganz gut in
den Zusammenhang. — Das tdis im letzten Sätzchen geht auf die
ashavabjo zurück.
118 Haugj die Gdthä's des Zarathustra. I. Cap. 31.
Capitel 31.
Dieses Capitel enthält verschiedene einzelne Sprüche und meh-
rere kleine Lieder, die unter sich nur in einem losen Zusammen-
hang stehen. Die Sammlung ist gewiss sehr alt, da sie eine ganz
in der alten Gathäsprache und im Geist der alten Religion abge-
fasste Ueberschrift oder Einleitungsvers an der Spitze trägt. Nur
als Ueberschrift oder Einleitung kann ich nämlich den ersten Vers
ansehen, in dem der Dichter oder der Sammler die öffentliche Ver-
kündigung bis jetzt unbekannter Aussprüche (urvdtä, eigentlich die
Ausgehauchten) des höchsten Gottes verheisst, um Die zu vernich-
ten, welche im Dienste des Bösen durch ihre Zaubersprüche, worun-
ter wohl Wedaverse zu verstehen sind, den Landgütern der Ahura-
mazda -Diener y den sogenannten Gaethd's oder eingefriedigten Be-
sitzungen, zu schaden suchen. Aber durch die Kraft der neuen
von Ahura-mazda geoffenbarten Sprüche wird seinen treuergebenen
Bekennern doch alles Gute zu Theil (1). Nun folgen eine Reihe
einzelner, zum Theil sehr dunkler und wegen ihrer Abgerissenheit
schwer verständlicher Sprüche 2 — 8.
Die Verse 2 und 3 zeichnen sich durch seltene Ausdrücke und
Vorstellungen vor allen übrigen der ganzen Gdthd aus, man vergl.
urvd im Sinne von Sprecher, Verkündiger, nicht Seele, wie
es sonst immer heisst; advdo, die beiden Wege, d. i. die beiden
Leben; agajdo, die beiden Theile, d. i. Körper und Geist;
cazdonhvadeh'jo , die Einsichtsvollen, Weisen, d. i. die Kenner
der Sprüche und Lieder, worunter sowohl Menschen als die höhern
Geister verstanden werden können. Dass aber Menschen gemeint
sind, folgt aus 44, 5. Der Sinn des zweiten Verses ist: wenn durch
die bereits vorhandenen und bekannten heiligen Sprüche und Hand-
lungen (darauf geht aw, durch diese) der Sprecher beider Wege,
d. i. der Verkündiger der göttlichen Aussprüche über die beiden
Leben, das irdische und geistige, nicht hinreichend gegen die An-
griffe der Bösen geschützt ist, so ist er Willens, nochmals zu allen
himmlischen Geistern zu gehen , d. i. in ihren Rath zu kommen
(vgl. über diese Versammlungen der himmlischen Geister den zwei-
ten Fargard des Vendidäd), um den Ahura-mazda, der beide Leben
und ihre Erhaltung am besten kennt, um seine Hilfe zu bitten. —
Im dritten Vers fragt der Dichter, wem Ahura-mazda, der sich in
den Flammen offenbarende Gott, die Kraft gegeben habe, aus den
Reibhölzern, d. i. durch Reiben eines harten und weichen Holzes
(die älteste und heiligste Art der Feueranzündung), das Feuer her-
vorzulocken. Wahrscheinlich war dieses Hervorspringen des Feuers
aus den Hölzern von heiligen Sprüchen abhängig gedacht oder
glaubte man, dass bei dieser Handlung des Feueranzündens Orakel
gegeben würden; daher trägt der Dichter dem Ahura-mazda den
Haugf die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31. 119
Wunsch vor, den Spruch der Weisen zu besitzen, ja ihn aus
seinem eigenen Munde zu vernehmen, dessen lebendige Worte alle
lebendigen Wesen vor den Angrififen der Bösen schützen.
Beide Verse scheinen denselben Verfasser zu haben; die Sprache
derselben ist aber nicht die einfache und klare Zarathustra's. Der
Wunsch, den Spruch der alten Weisen zu wissen, spricht gegen die
Zarathustrische Abfassung, da es doch kaum denkbar ist, dass Za-
rathustra, der Verkündiger wesentlich neuer Ideen, wie er in c. 30
erscheint, den höchsten Gott nach den Sprüchen der alten Weisen
gefragt haben sollte. Die zu Anfang des dritten Verses vorkom-
mende Phrase: „Feuer in die Reibhölzer legen" findet sich mehr-
mals, jedoch mit einigen Abweichungen, in den Gdthas erwähnt;
so gleich im 19. Verse, vgl. 43, 12. 47, 6. 51, 9. Wegen dieser
Öftern Wiederholung mag sie von irgend einem alten Weisen her-
rühren, was um so wahrscheinHcher ist, als gleich danach in unse-
rem Verse von einem Ausspruch der Weisen geredet wird. Unser
Vers scheint mir die Mutterstelle zu enthalten. Daher glaube ich
diesen, sowie den vorhergehenden Vers, die sich überdiess durch
eine eigenthümliche und zwar sehr alte Sprachfarbe auszeichnen,
einem der Vorgänger Zarathustra's zuschreiben zu dürfen. Sie könn-
ten aber auch von einem seiner Gefährten herrühren, wobei freilich
die Nichterwähnung des grossen Propheten neben den alten Weisen
etwas auffallend wäre.
Im vierten Verse wird Armaiti um Verleihung von Besitzthum
zur Vernichtung des Bösen angefleht zur Zeit, wann die lebendigen
Weisen (d. i. die höchsten Geister) dem Opfer der Menschen sich
nahen , d. i. die Menschen erwerben sich durch Frömmigkeit und
Ergebenheit gegen die höchsten Geister, welche sie in Opfern und
Gebeten kund geben , irdische Güter. Der Vers hat eine unver-
kennbare Aehnlichkeit mit dem letzten Gliede von 28, 4 und mit
28, 8; daher vermuthe ich hier denselben Dichter, einen der Ge-
nossen Zarathustra's.
Im fünften Verse bittet der Dichter den Ahara - mazda um die
richtige Erkenntniss der ihm mitgetheilten Offenbarungen und um
die Gabe, das Gerade, Richtige und Wirkliche von dem Nichtseyeu-
den, d. i. Falschen, Unwahren, oder mit andern Worten das Gute
von dem Bösen zu unterscheiden. Diesem folgen drei Verse (6 —
8), die die Beschreibung des Wesens, der Eigenschaften und Wir-
kungen des höchsten Gottes zum Endzweck haben; aber weder un-
ter sich, noch mit v. 5 enger zusammenhängen. Sämmtliche vier
Verse haben iudess denselben Dichter; das starke Hervortretenlassen
des Ahura-niazda^ als des einzigen wirklichen Gottes, während die
andern höhern Genien nur als Kräfte und Gaben desselben er-
scheinen, das Streben, jenen Grundunterschied zwischen dem Wirk-
120 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I, Cap. 31.
liehen und dem Nichtigen, dem Guten und Bösen immer tiefer zu
ergründen, sowie die schöne, einfache und doch schwungvolle Sprache
weisen deutlich auf Zarathustra als den Verfasser hin. Das Beste,
d. i. das beste Lied oder den besten Spruch, besitzt Ahura-mazda
allein, der wirklich ein Wissender ist, ruft der Prophet aus. Ihn
würdigte er der besondern Offenbarung des Spruches, der Gesund-
heit und Wohlstand (Haurvatdt) , Unsterblichkeit (Ameretdt) und
Wahrheit (Asha) verleiht; diese wichtige Ofifenbarung verkündigte
er ihm durch den guten Sinn (6). Ob unter diesem Liede die zwei
folgenden Verse zu verstehen sind, ist mir nicht recht wahrschein-
lich, weil die Namen von Ameretdt und Haurvatdt darin fehlen. Der
folgende Vers schildert den Ahura-mazda als das Urlicht, durch den im
Anfang der Schöpfung nicht bloss die Menge der Hiramelslichter
entstand, sondern aus dessen Einsicht auch das Wahre und Wirk-
liche, die einzige Grundlage des Guten, hervorging. Nur er, der
Ewige, derselbe zu aller Zeit, konnte dieses schaffen (7). Er war
zuerst vor aller Schöpfung, er ist der Höchste im Natur- wie im
Geistesleben, jegliche gute Gesinnung ist sein Werk; ihn schaut der
Seher als der Wahrheit Wesenheit , d. i. als den Inbegriff aller
Wirklichkeit und alles Lebens , dessen Handlungen voller Leben
sind (8). *'
Von 9 — 12 lässt sich ein Zusammenhang nachweisen. Der 9.
Vers konnte, weil darin, wenigstens zu Anfang, noch von Ahura-
mazda die Rede ist, passend an den 8. angeschlossen werden; aber
einen wirklichen innern Zusammenhang zwischen beiden kann ich
nicht entdecken. Das kleine Stück handelt von den Wanderungen
der Armaüi, vom Unterschied des Ackerbauers und des Nichtbebauers
der Felder, des Lügenredners und Wahrheitredners. Der Sprache
und Anschauung nach scheint es von Zarathustra selbst zu seyn.
Der Inhalt und Gedankengang ist folgender: Die heilige Erde, deren
Bebauung die erste Pflicht des Ahura-mazda-jy'ieners ist, wie der sie
beseelende und ihre Bildungen schaffende Geist ist unter der Hand
des höchsten Gottes; er umfasst sie und schuf ihr die Bahn, auf
welcher sie als Glück und Heil gebende Genie vom Landmann zum
Landmann zieht und an Dem vorübergeht, der sich nicht dem Land-
bau ergeben hat (9). Sie wählt sich unter Beiden den Landbauer,
den Verehrer des Wahren und Reinen, der selbst lebendig ist, wie
der höchste Gott, und die Schätze des guten Sinnes besitzt; da-
gegen weicht sie von den wild hin- und herstreifenden Nomaden,
die zugleich Götzenverehrer sind, und schliesst sie aus von der
Heilsbotschaft, die sie zu verkündigen berufen ist. Dieses Evange-
lium (humareti) ist die Lehre vom Glück und Frieden , das der
Ackerbau gewährt ; dieses Glückes sollen aber die Götzendiener
nicht theilhaftig werden (10). Ja der Ackerbau ist um so höher
zu achten, als Ahura-mazda selbst die Familiengrundstücke, die
Haug, die Guthat des Zarathustra. I. Cap. 31. 121
Gaethd's (s. die wichtige Stelle 46, 12) angeordnet und zu ihrem
Schutze Sprüche vermöge seiner Einsicht ersonnen hat; durch die-
selbe Einsicht rief er auch die wirkliche Welt ins Daseyn und alle
heiligen Gebräuche und Worte entstammen ihr. Da, wo zwischen
Wahrheit und Lüge zu wählen ist, d. i. an dem Orte, wo beide
Glaubensweisen noch neben einander bestehen, sucht der Verkündiger
der Wahrheit, wie der Verkündiger der Lüge und Unwahrheit, der
die wahre Wissenschaft Besitzende, wie der nur Nichtiges weiss,
seine Lehren vorzutragen und zu vertheidigen, d. h. der gute und
der böse Geist suchen auf die Menschen zu wirken. Der böse sucht
durch Lug und Trug die Menschen zu bestricken; aber die Armaitiy die
stets hin- und herwandelt, weiss genau, wo der Sitz des Guten und
wo der des BÖsen ist; sie kann daher die Menschen vor den Trug-
künsten des Bösen schützen (11. 12).
Die Verse 13 — 16 bilden ebenfalls ein Ganzes; der Dichter
richtet verschiedene Fragen an den lebendigen Gott über das Wesen
und den Unterschied zwischen den Lügnern und den Wahrhaftigen.
Der Dichter ist hier ebenfalls Zarathustra selbst. Die hier öfter
vorkommende Formel: diess will ich dich fragen, scheint eine
beliebte Einkleidung seiner Verkündigungen gewesen zu seyn; man
vgl. namentlich c. 44; ja die Wirkungen dieser Formel und Rede-
weise sind noch in der spätem Literatur, wie im Vend., zu spüren.
Wäre diese Weise, die neuen Lehren in die Form von Unterredungen
mit Ahura-mazda einzukleiden, nicht die wirkliche Zarathustrische ge-
wesen, so wäre kaum zu denken, wie diese Form bei der Abfassung
späterer, von der Tradition dem Zarathustra selbst zugeschriebener
Schriften so durchgreifende Anwendung hätte finden können. Der
Inhalt unsers Stücks ist folgender: Zarathustra ist fest überzeugt,
dass der hellleuchtende Ahura-mazda durch seine Flammenaugen als
treuer Wächter alle Wahrheiten und Weisheiten und Alles, was bei
nur kleinem Schaden grossen Vortheil gewährt, genau erspäht und
demnach weiss (13). Der Inbegriff der W^ahrheiten und Weisheit
sind die Gebete; er möchte daher vor allem wissen, wie diejenigen,
die bereits vorhanden sind, „die von den Schöpfern (d. i. Dichtern)
geschaffen wurden", zu Stande kamen; aber nicht bloss die Art
und Weise der Dichtung der guten Lieder und Sprüche will er wis-
sen , sondern auch die Hervorbringung der Lügensprüche kenneu
lernen, alles nur zu dem Zwecke, um den tiefen Unterschied zwi-
schen beiden nachweisen zu können (14). Da die Dichtungen die
Gesinnung des Urhebers bekunden, so fragt er weiter nach dieser.
Die Gesinnung eines Dichters, der dem Lügner zum Besitz verhiift,
d. h. ihn unterstützt zum Nachtheil der Frommen, kann nur eine
schlechte seyn; der gute dagegen sucht weder Vieh noch Leute des
frommen Landmanns durch Sprüche zu verletzen (15). Zarathustra
fragt ferner, wie, auf welche Weise das Oberhaupt eines Hauses,
122 Haug, die Gdtlid"* des Zarathuslra. I. Cap. 31, 1.
eines Bezirks oder eines ganzen Landes zur Verbreitung der wah-
ren Religion beitrage, wann er diess thue und welche Thaten er
zu diesem Zwecke vollbringe (16).
Die Verse 17 — 20 enthalten Bruchstücke eines öffentlich vor
einer grossen Versammhing, vielleicht kurz vor Beginn einer Schlacht
gegen die Götzendiener, vorgetragenen Liedes. Der glühende Re-
hgionseifer, der sich bis zur Aufforderung, die Lügner, d. i. die
Andersgläubigen, mit dem Schwerte zu tödten, gesteigert hat und
der uns noch aus vielen andern Stellen der Gdthas entgegenweht (vgl.
46, 5), verrathen den für seine Lehre begeisterten Propheten und Füh-
rer, der hier nur Zarathustra selbst seyn kann. Er fragt die ver-
sammelte Menge seiner Anhänger, unter denen wohl auch mancher
Halbbekehrte war, wessen Glaube der grössere und bessere sey, der
des Götzendieners oder der des ^Aifra-ma^cZa-Verehrers ? Derjenige,
welcher die höhern Wahrheiten kennt, möge, weil nur der Glaube
an den lebendigen Gott der wahre seyn könne, diese Dem, der sie
noch nicht kenne, mittheilen ; dieser aber solle sein Ohr nicht gegen
ihre Wirkungen verschliessen. Damit die gute Sache siege , wird
der lebendige Gott um Stärkung des frommen guten Sinnes und
Glaubens seiner Anhänger vom Propheten gebeten (17). Da die
Sprüche und Lieder der Götzendiener, worunter wir die Wedalieder
zu verstehen haben, immer noch wegen ihres Alters in einem ge-
wissen Ansehen stehen mochten, so warnt der Prophet nachdrück-
lich vor ihnen, weil Haus und Dorf, Bezirk und Land dadurch nur
ins Verderben gestürzt würden, und fordert die Schaar seiner Treuen
zur sofortigen Ermordung der Götzendiener auf, denn nur so kön-
nen die schädlichen Wirkungen ihrer Sprüche ganz zu nichte ge-
macht werden (18). Der wirkliche und wahrhaftige Verehrer des
lebendigen Gottes wird sich indess nicht durch die Sprüche der
Lügner irre leiten lassen, sondern ohne Furcht mit Freimüthigkeit
nur auf die Worte hören, die der lebendige Gott in seinen Feuer-
flammen die Seher schauen lässt (19). Wenn ein Götzendiener den
zur wahren Religion Bekehrten zum Abfall bewegt, so wird dieser
Verführer all sein Eigenthum verlieren und in das Dunkel , d. i.
Elend und Noth, gestossen werden für immer. Die Kraft des Glau-
bens wird indess alle, die das gute Leben zerstören, gänzUch ver-
nichten (20).
Die zwei letzten Verse des Capitels, 21 und 22, stehen in kei-
ner nähern Verbindung mit dem eben besprochenen Stück. Beide
haben einen ähnlichen Inhalt. Ahura-mazda verleiht seinem Verehrer
in Wort und That, dem tapfern Kämpfer gegen das Böse, die
höchsten Güter, Wohlstand und Unsterblichkeit, sowie den
guten frommen Sinn (21). Denn der gutgesinnte Verehrer fördert
die Wahrheit und alles Gute, und ist somit ein Helfer Ahura-mazda' s
Haug, die Gdthas des Zarathustra. 1, Cap. 31, 1. 2. 123
selbst in seinem steten Kampfe gegen das Böse (22). Beide Verse
verrathen ganz die Zarathustrische Anschauung und sind wahrschein-
lich von ihm selbst oder einem seiner Gefährten verfasst.
V. 1. Td ve urvdtd marento Nerios. : tduca prasiddhdu manjdma-
hdi; hila gdnimah avistavdnimca arthamca. Die Uebersetzung des
urvdtd durch prasiddha, berühmt, ist unrichtig, wenn gleich die
nähere Erklärung der „zwei berühmten" durch Avestd und Zend
(artha) den Rest einer richtigem Anschauung enthält. Denn so viel
ist gewiss, dass unter iirvdtd heilige Worte und Sprüche zu verstehen
sind (s. die Stellen im Gloss.), wenn auch an Zend- Avestd in der
spätem Bedeutung des Worts als Sammlung aller Urkunden des
Zarathustrischen Glaubens nicht zu denken ist. Von dem Worte
lassen sich zwei Etymologieen geben, von vd, wehen, ~\- ur = ut
und vatj sprechen, reden, -f- ur , sodass es entweder das Her-
ausgewehte, d. i. Ausgehauchte, oder den Ausspruch, die
Verkündigung bedeutet. Die erstere Ableitung scheint die rich-
tigste. — Vi-marencaite scheint dem Zusammenhange nach eine 3.
Person Verbi seyn zu müssen ; aber in diesem Falle hätten wir
wegen des joi nothwendig den Plural marencainti oder marencenti zu
erwarten. Da keine Handschrift den Plural hat, so ist es bedenk-
lich, ihn ohne Weiteres herzustellen. Nerios. hat den Sing, (vi-lum-
pati). Es bleibt uns daher nichts Anderes übrig, als bei marencaite
zu bleiben und dieses als Dativ des Part, praes. zu fassen. Man
vergl. gaethdo marehcjdnahi , die Gaethd's verderbend, Jt. 13, 137
(vom bösen Geist); mareiicinti Jt. 6, 3. Das Part, „dem Morden-
den" bildet dann einen ganz passenden Gegensatz zu mazddi, „dem
Mazda" am Schlüsse des folgenden Satzes. — Zu vahistd ist aus
dem Vorhergehenden vacdo zu ergänzen. — Joi zarazddo anheii
mazddi Nerios. : Je jyravrttiddh sarfiti mahdgndnihhjah , welche den
grossen Weisen Thätigkeit verleihen. Dem zarazddo entspricht pra-
vfttidd, Thätigkeit schaffend, wie dem Substantiv zarazddti 43,
11 das Abstr. pravrttiddti. Diese Deutung des Worts ist aber nicht
stichhaltig, da sie nicht nur keinen guten Sinn giebt, sondern auch
etymologisch sich nicht rechtfertigen lässt. Da sich aus den Paral-
lelstellen (Jt. 13, 25. 26 zarazddtema, J. 43, 11 zarazddtis, vgl. Jt.
10, 9. 51. 13, 47. 92. 115) nichts Sicheres für die Bedeutung des
Worts erschliessen lässt, so sind wir auf die Etymologie gewiesen.
Dass es in zaraz und dd zu zerlegen ist, leuchtet ein; zaraz ist ent-
weder gleich zarad, skr. hfd, Herz, oder gleich zarat, skr. garat,
singend, preisend; an die skr. Wurzel har, nehmen, darf nicht
gedacht werden. Die erste Ableitung verdient den Vorzug. So
heisst es eigentlich „das Herz gebend", d. i. ergeben, welche Be-
deutung an unserer Stelle vortrefflich passt, namentlich auch zu dem
von zarazddo abhängigen Dativ mazddi. Der Form nach muss es
Nom. plur. seyn; statt zarazddo sollte man dann aber zarazddonho
124 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 2.
erwarten. Indess konnte sich die Endung donho leicht zu do zu-
sammenziehen. Durch die Form zarezdd (Instrum.) in v. 12 unsers
Capitels, welche „durch das Herz" bedeuten muss und ein Thema
zarazd oder auch zarazda voraussetzt, könnte man leicht verleitet
werden, zarazddo als Nom. plur. neutr., die Herzen, zu fassen;
aber dazu würde das Relativ joi = qui schlecht passen.
V. 2. Jezi — urvdne Nerios. : jad ni^ikshate tasja mahatcam jad
diner na jyratihudhjati. Diese Uebersetzung ist frei und etwas schwer
verständlich. Dem urvdne soll inatibudhjati, er erwacht, entspre-
chen. Worauf der Instrum. plur. dis, der gar nicht übersetzt ist,
wenn ihm nicht tasja entspricht, bezogen werden soll, lässt sich aus
Nerios. nicht ersehen. Es kann aber kaum einem Zweifel unter-
liegen, dass er auf die urvdta zurückgeht. — Advdo — vaqjdo Ner. :
agram ^ajatvena upari pratipddanam uttamam; cet vastuni jagadinih
samdigfkjtvena na bhaved drshfdnter gagatjdh komalam kdrjam. Nach
der Uebersetzung der einzelnen Worte zu urtheilen — denn das
Ganze giebt keinen recht verständhchen Sinn — , ist fast, alles falsch
gedeutet. Dem advdo soll agram gajatvena, „vorn auf oder mit
dem Lager" entsprechen, wobei der eigentliche Ca.«us und die Be-
ziehung zu vaqjdo ganz ausser Acht gelassen ist. Advdo ist deut-
Hch eine Dualform und zwar Genitiv, man vgl. ahvdo von ahü; als
Thema ergiebt sich ein adii, das im Zendawesta sonst nicht weiter
bekannt ist. Dagegen treffen wir später hie und da ein adhu, das
bei der häufigen Verwechslung von dh mit d unbedenklich als iden-
tisch mit diesem erschlossenen Thema angesehen werden kann, um
so mehr, als wir von adhwan, Weg (skr. adhvan), 44, 3 den Accu-
sativ advdnem mit d für dh haben. Dieses adu oder adhu ist indess
nur eine kürzere Form von adhwan , Weg. Man vgl. Jt. 8, 29:
itf v6 apdm adhavo apaiti eretdo ga^dordi, eurer Wasser unhemmbare
Pfade treten hervor (erscheinen). Davon abgeleitet ist adhavis Jt.
10, 143 : jeiihe vdshem hangerewnditi adhavis, dessen (Mithra's) Wagen
der Wanderer erfasst; vgl. adhavis Jt. 1, 14 als Name des Ahiira-
mazda neben vidhavis. Mit advdo ist vaqjdo eng zu verbinden. Bei
letzterm Wort denkt man zunächst an einen Comparativ von vanhu,
gut, und in der That würde vaqjo auch vollkommen dem wedischen
vasjas, besser (eigentl. Compar. von vasu) entsprechen. So fasst
es wirklich auch Nerios., der uttamam hat. Da aber die Bedeutung
gut und noch weniger die von besser hier einen erträglichen Sinn
giebt, so trage ich kein Bedenken, davon abzugehen. Ich stelle
vaqjdo mit Formen wie maqjdo, thwaqjdo, qaqjdo zusammen und sehe
darin nur einen Genitiv dual, einer Adverbialform von ve = vas,
vestrum. Beide Genitive können nun entweder von aibi derestd oder
urvdne abhängig seyn. Letzteres ist vorzuziehen, aber urva7i kann
dann nicht gut seine gewöhnliche Bedeutung Seele hier behalten.
Die „Seele eurer beiden Wege" klingt zu sonderbar. Daher möchte
Haugy die Gaiha's des Zarathustra. I. Cap. 31, 2. 125
ich urvan in einem andern Sinne fassen. Der Ableitung nach ist
es gewiss nicht mit skr. arüa/i, schnell, Renner, zusammenzustellen,
da dieses im Baktrischen aurvan lautet, sondern ist von der Wurzel
vd, wehen, mit der Präposition ur == ut herzuleiten, sodass es
eigentlich das Aushauchende, Wehende heisst; denselben Sinn
hat ja dtmdy animus, ursprünglich auch. Da urvdtd in den Zara-
thustrischen Stücken die von Ahura-mazda ausgehauchten Sprüche
bezeichnet, so ist urvan der Aushaucher, Sprecher selbst. Ahura-
mazda kann indessen unter diesem Sprecher hier nicht verstanden
werden, wahrscheinlich ist der Prophet selbst oder auch der Geus
urvd gemeint. Ädvdo, „die beiden Wege", sind wohl die beiden
Leben, doch könnte man auch die Wege zum Guten und Bösen
oder zum Himmel und zur Hölle darunter verstehen. Man vgl. zur
Anschauung 46, 10. 11. — Ueber aibi-derestd s. zu 34, 4 und 50,
5. — At — djoi Nerios. : evaiTi jushmdsu sarve djanti; küa sarve ^pi
svddhinatve jushmdkam djanti. Die Casus sind in dieser Uebersetzung
nicht beachtet; vigpefig ist deutlich Accusativ und djoi kann nur eine
erste Person sing, und nicht eine dritte Pluralis seyn. Schwierig-
keit macht der Dual vdo, euch beiden, der sich mit dem Plural
vi^peng in keinen rechten Einklang bringen lässt. Daher wollte ich
früher vi^pengdjoi als ein Wort lesen und ihm die Bedeutung „keinen
Seufzer machen, d. i. sich nicht kümmern" (von (}vas und vi) bei-
legen; aber diese Erklärung ist als zu künstlich zu verlassen. Wenn
wir nicht für vdo mit Bf. und Bb. vd lesen wollen, was sehr be-
denklich ist, so müssen wir den Dual vdo in dem Sinne des Plurals
ve = vas gesetzt denken. Der Dual konnte hier leicht missbräuch-
lich für den Singular stehen in Folge der kurz vorhergehenden
Duale advdo — vaqjdo. — Der Satz at — djoi hängt mit dem fol-
genden j'athd — vaedd eng zusammen. — Mazddo — gvdmahi Nerio-
sengh: Hormizddt tebhjah tdm prdptim cet punjasarfigrshtdm jdcajdmah
[mi^dmspitehhjah vajam endm sainpattim mdnushdm Hormizddca cet
kdrjdja pimjdjaca asmdlcani asti Jdcajdmah] , wenn wir von Ormuzd
für diese den Gewinn , der aus dem Reinen entsteht , erlangen.
ä^ajdo ist hier mit prdpti wiedergegeben, welcher Uebersetzung wohl
eine Ableitung von der Wurzel ag, artig, erlangen, zu Grunde
liegt. Wenn gegen diese Ableitung auch an sich nichts einzuwen-
den ist, so kann doch die dem Worte beigelegte Bedeutung „Er-
langung, Gewinn" nicht wohl die richtige seyn. Der Form nach
scheint es Genit. sing, eines Thema's ugd; aber da das dem dgajdo
beigegebene ajdo auch Genit. dual. masc. ist ( s. 30, 5), so kann
ägajdo ebenfalls Genit. dual, eines Thema ajdo seyn. Diess ist mir
um so wahrscheinlicher, als das wedische Sanskrit kein dgd, wohl
aber ein äga kennt. Dieses heisst Theil, Antheil. Unter „die-
sen beiden Theilen" könnte man zunächst zwei Parteien verstehen,
die gläubige und die ungläubige. Aber die Worte ja — gvdmahi
sprechen dagegen. Auf „die beiden Wege" lässt es sich auch nicht
126 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 2. 3.
gut beziehen. So bleibt noch die Beziehung auf „die beiden Leben".
Das ja ist Instrumental wodurch, und geht auf rahm zurück. —
Dem gvdmahi legt Nerios. gewiss mit Unrecht die Bedeutung fle-
hen, erflehen, bei, während es nur leben (von ^iv) bedeuten
kann.
V. 3. Jäm — khshnütem Nerios. : jant datte adrgatajd agm'm
agavahistatnca jmri gfidpüum prativädindm prahoäham; kila guddharnca
prakatikurute agavahistaiuca agnim patim, das Feuer und den Asha-
vahista lässt er auf unsichtbare Weise die Einsicht der Vertheidiger
erkennen, d. h. er macht, dass die Vertheidiger des Glaubens die
unsichtbare Macht des Feuers und des Arashashpand Ardibehesht
erkennen lernen. Der ganz alterthümliche und daher schwer ver-
ständliche Satz kehrt mit geringem Unterschied in der Verbindung
raehrmal in den Gäthd's wieder, s. 31, 19. 47, 6. 51, 9. 43, 12,
während er dem ganzen übrigen Zendawesta unbekannt ist. Die
Hauptschwierigkeit macht rdnoihjo. Nerios. hat es hier und an zwei
andern Stellen, 31, 19. 43, 12, mit prativddiu, einer, der ant-
wortet, vertheidigt, 51, 9 durch samvddakara, eine Unter-
redung haltend, übersetzt. Worauf sich diese Deutung stützt,
lässt sich schwer sagen. Sollte vielleicht an neupers. rdndan, ver-
treiben, abwehren, gedacht worden seyn? Schon der Umstand,
dass sich beim besten Willen keine recht klare Ableitung des Worts
in der von Nerios. angenommenen Bedeutung finden lässt , macht
diese etwas bedenklich. Da aber auch durch sie nirgends ein guter
Sinn gewonnen werden kann, so werden wir wohl davon abstehen
müssen. Mit mwa, Schenkel oder Hüfte im Vend., noch vollständig
erhalten im neupers. ran, id., lässt sich nichts anfangen. Ich deu-
tete es früher als Seite, Marke, durch das der Erde oder Kuh ge-
gebene Prädikat rdrijugkereti, das ich rundseitig erklären zu müssen
glaubte, verleitet (s. zu 44, 6). Das wedische raiia, Schlacht, eigentl.
Schlachtgeschrei, von ra», tönen, sich freuen, giebt keinen wirklich
befriedigenden Sinn, auch wenn rana in der Bedeutung Freude oder
ein sich Freuender (letzteres ginge nicht gut an), gefasst wäre.
„Du giebst Denen j die sich über Jemandes Feuer und Reinheit
freuen, Zufriedenheit" (?) wäre etwas zu matt und unpassend. Da
sich im Sanskrit kein irgendwie passendes Wort, das lautlich unse-
rem rdna genau entspräche, findet, so liegt, da es doch kein un-
arisches Fremdwort seyn kann, die Vermuthung nahe, es sey ein
Anlaut -weggefallen. Ich dachte zunächst an skr. prdiia, Athem,
Lebensgeist. Aber da anlautendes p nicht gut wegfallen kann
— wenigstens ist mir kein Beispiel bekannt — und der Sinn, wenn
auch nicht ganz unpassend, doch etwas gekünstelt wäre, so müssen
wir davon abgehen. Auch mit arana, fremd, können wir weuig
Glück machen. Dagegen sehe ich in dem wedischen araiii, womit
die beiden Hölzer, denen durch Reibung nach alter Sitte das Feuer
Haug^ die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 3. 127
entlockt wurde, bezeichnet werden, das vollkommen Entsprechende.
Der Wegfall des anlautenden a darf nicht befremden, man vergl.
ratu = skr. Hu (für artu), für aretu oder aratii, rapithwem für arem-
pithwem in den Gdthas (44, 5). Die Dehnung des zweiten a zu d ist
ebenso wenig auffallend, man vergl. ^pitdma für ^pitama. Da uns
von dem fraglichen Wort der Nominativ nicht erhalten ist, sondern
nur die Casus obliqui rdmibjo und rdnajdo, sowie die Form rdjijo
in dem Compositum rdnjo^keretim, so lässt sich nicht mit Bestimmt-
heit behaupten, wie das Thema gelautet habe. Rdnuihjo (Dat. pl.)
führt auf rdnUy ränajdo (Gen. sing. fem. oder Gen. dual.) auf rdnd
oder rdna, rdnju dagegen auf rdni. So kämen wir auf drei For-
men des wedischen arani, arani, im Baktrischen rdna, rdnd und rdni,
was auf den ersten Blick seltsam erscheint. Aber bei einem nur
noch selten und in bestimmten Formeln gebrauchten AVorte , das
bereits im Aussterben begriffen ist, lässt sich eine solche Themen-
verwirrung leicht begreifen. Den klarsten Beweis, dass unter den
rdnoibjo die beiden Arani's zu verstehen seyen, liefert der 19. Vers
unsers Capitels, wo ganz deutlich von dem in die beiden rdna's
gelegten Feuer die Rede ist. Dass dort von den meisten Mss.
ränajdo für rdnajdo geschrieben wird, darf nicht irre machen; denn
alle übrigen Ausdrücke stimmen zu genau mit den andern Stellen,
wo rdna für räna geschrieben ist, als dass ein wirklicher Unterschied
zwischen beiden angenommen werden könnte. — Khshnutem ist Acc.
eines Femin. khshnut, das für khshnüti steht, wie ishud für ishudi.
Die Bedeutung Verehrung kann ihm hier nicht beigelegt werden,
wohl aber die von Opfer gäbe, was das Wort seiner Ableitung
nach eigentlich bedeutet. Das in die beiden Hölzer gelegte Feuer
wird al^s eine Darbringung oder Gabe des höchsten Gottes betrach-
tet. Athrdcd ashdcd sind von khshnutem, „Gabe an Feuer etc.",
abhängige Instrumentale. Schwierigkeit scheint noch cois, das sich
in keiner der Parallelstellen findet, zu machen. Nerios. giebt es
durch pan-g-ympiYwm, erkennen, es wohl von ci, wissen, ableitend.
Es ist aber schwerlich eine Verbalform, — als solche könnte es nur
eine zweite Person sing, seyn, — obschon 47, 5 diess zu beweisen
scheint (s. zu der Stelle), sondern der Genitiv des Pronomen indef.
m, das auch Fragepronomen ist (43, 7). In der der unsern am
nächsten kommenden Stelle 51, 9 steht für cois: thwd, dich oder
durch dich. Diese auffallende Verwechslung erklärt sich, will mau
an einer der Stellen nicht einen entschiedenen Irrthum annehmen,
nur dann, wenn wir unsere Stelle als Frage, die andere als Antwort
fassen. Cois ist dann Fragewort: Wessen Gabe an ewigem Feuer
(eigentl. an Feuer und Fortdauer) legtest du in die beiden Keib-
hölzer? Den syntaktischen Schwierigkeiten, die bei dieser Fassung
von jäm — cois bereitet werden, begegnet man am einfachsten durch
die Annahme einer Contraction des Relativ- mit dem Interrogativ-
satze, die so aufzulösen ist: Wessen ist die Gabe, d. i. von wem
128 Haugf die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 3.
kommt die Gabe her, die du in die Reibhölzer legtest? oder: ist
die Gabe, die du — legtest, von irgend Jemand"? 51, 9 giebt die
Antwort: Du legtest oder schufest sie durch dich selbst, nicht
durch Jemand anders. Ueber derartige Fragen vgl. im Allgemeinen
c. 44. — Jjat urvdtem cazdofinhvadebjo Nerios. : jacca jwakd^atvam
pratidvandinam f-dvmdmj vivektuh; niramgamatvam (ftirgamatvam) div-
jagja (sjaj, und was das Bekanntwerden des Störers der zum
Kampf (gegen das Böse) Verbündeten, die Vertreibung des Teuf-
lischen ist. Das Wort cazdunnhvadehjo, wie mit Westerg. zu schrei-
ben ist, hat Nerios. nach andern Lesarten zerlegt und zwar in zwei
Theile. Es entsprechen ihm hier die Worte pratidvandvmdm vivektuh,
in der einzigen Parallelstelle 44, 5 sakhjd (?) vivektuh (Trenner der
Freundschaft). Bei dieser Erklärung hat der Uebersetzer wohl an
die Wurzel chid, trennen, zerschneiden, gedacht; aber diese
Wurzel lautet im Baktrischen voller: ^cind = lat. scindere. Schon
aus diesem Grunde ist eine Ableitung davon nicht wohl zulässig.
Auch chad, bedecken, verhüllen, worauf ich es früher zurück-
führte, ist nicht zu gebrauchen, da die Lautverbindung cazd nicht
genügend erklärt werden könnte. Das Richtigste ist wohl die Ab-
leitung von der Wurzel cit, erkennen, und zwar zunächst von dem
Substantiv cetas, mit dem Suffix vat, gebildet wie aogoiihvat von
aoganh = ogas -{- vat. Gegen diese Ableitung lässt sich einwen-
den, dass cetas im Baktrischen doch nicht leicht zu cazdo werden
könne, da gewöhnlich nur dem durch Erweichung des Schlusskon-
sonanten einer mit a beginnenden Sylbe entstandenen sanskritischen
e (z. B. edhi aus ad-dhi für as-dhi) im Baktrischen azd entspricht,
nicht aber dem aus i durch Gunirung entstandenen e, wie diess bei
cetas von cit zutrifft. Jedoch Bildungen, wie vazdahh = skr. vedas,
Schatz (von vid'), sprechen doch für die Möglichkeit einer Ablei-
tung des cazdü aus cetas. Das d darf nicht befremden; das v des
Suff, vat übte seinen erweichenden Einfluss aus. Die Bedeutung
anlangend, so ist man geneigt, das Wort durch einsichtig, weise,
zu erklären. Diese ist indess etwas zu allgemein und ungenau.
Ich lege die speziellere Bedeutung des cit, anzeigen, offenbaren,
zu Grunde. Agni heisst Rv. I, 65, 5: cetishtho vigdm, der den
Stämmen am meisten anzeigt, offenbart; und W, 5, 1 cetanah, der
Offenbarer; vgl. I, 13, 11: avasfga vanaspate deva devehhjo havih
pra ddtur astu cetanam, entlass, glänzende Vanaspati, das Butter-
opfer zu den Göttern; es möge Anzeige des Gebers seyn (der Geber
möge den Göttern genannt werden)! Hienach kann dem cetas füg-
lich die Bedeutung Offenbarung, Verkündigung, beigelegt wer-
den, sodass das lautlich entsprechende cazdo -j- Suff, vat „mit Offen-
barung versehen", d. i. Einer, der die Offenbarung besitzt und ver-
kündigen kann, heissen muss. — Für das urvatem der Handschriften
wird nach andern Stellen besser urvatem gelesen, da nur ein „Aus-
spruch" darunter zu verstehen ist, ein urvatem mit besonderer Be-
Hang, die Gdthd's des Zarathudra. I. Cap. 31, 3. 4. 129
deutung giebt es aber nicht. — Das Sätzchen hizvd — vdurajd ent-
hält eine Bitte an Ahura - mazda , des einfachen Sinnes: beschütze
alle Lebendigen mit der Zunge deines Mundes. Allein diese Bitte
ist in erhabener feierlicher Rede so ausgedrückt, dass das wichtigste
Nomen, „die Zunge deines Mundes," im Nominativ absolut voran-
steht und dann an der Stelle, wo wir es in ruhiger Rede zu er-
warten hätten, durch das Relativum Ja, das als Instrumental zu
fassen ist, wiederholt wird.
V. 4. Jadd — drmaüi Nerios. : gadiddnena (?) a^avahistasja ni-
mamtrakdh smah ■puvjasja mahdgndninah svdmino hhuktipldjd^ca prthi-
vjdh; kila asmdkam uttamatvam evam astu jathd teshdm saktd bhavd-
mah nimarfdrajüum, wir sind Anrufer des Ashavahista, des Reine«,
des grossen Weisen, des Herrn, und der gabenreichen Erde. Auf
den ersten Anblick ist man geneigt , dieser Auffassung Nerios. im
Allgemeinen beizustimmen; aber es fragt sich sehr, ob dem zevim
hier die Bedeutung „anzurufend" (sanskr. havja) gegeben werden
kann, wonach der Satz hiesse; wann die Wahrheit und die leben-
digen Weisen anzurufen sind; denn das Folgende spricht entschieden
gegen eine solche Fassung. Zudem wäre der Gebrauch des Verbi
substantivi in diesem Falle vollkommen überflüssig und kaum zu
begreifen , warum nicht für zevim anhen der Plural zevijdonhö ge-
setzt wäre. Am richtigsten scheint mir zevim anhen als eine Phrase
ähnlicher Bedeutung wie zaveng ga^ (s. zu 28, 4) zu fassen; zevim
ist aber dann Accusativ, mag man nun zevja oder zevi als Thema
annehmen. Zaveilg ga^ ist rufen gehen, d. i. sich zum Rufen
anschicken; zevim as, zum Rufe daseyn, d. i. auf den Ruf erschei-
nen, oder kürzer: gerufen seyn. Schwierig ist die Verbindung
mit den folgenden Worten ashicd drmaiti. Das cd ist höchst unbe-
quem und lässt sich kaum anders ausser als Einführung des Nach-
satzes erklären. Da aber eine solche Einführung durch cd, und,
sonst nicht vorkommt und ashi der Verbindung nach nur ein Ad-
jectiv von Armaiti seyn könnte, was es sonst nie ist, die Form ashi
als Vocativ nicht regelrecht erscheint, so kam mir der Gedanke,
ashicd als ein einziges Wort und zwar als Imperativ von hie == skr.
sie, giessen, ausgiessen, übertragen verleihen, zufassen. Das
Augment a darf nicht befremden, wir haben es auch sonst beim Im-
perativ, so bei avaenatd 30, 2; das sh für h steht nur des anlau-
tenden a wegen, man vgl. shavaitS für havaite 29, 3 (s. die Note)
wegen des vorhergehenden Vocals. — Vahistd — mananhd Nerios. :
uthrshta tvam abhipsdmo Gvahmanam ; kila mahjam prasddaih dehi,
wir wünschen die Vortreflflichkeit , den Bahman ; gieb mir Gunst.
Ueber ishaga s. zu 50, 2. — Varedd kann hier nur Instrumental
eines Nomens vareda seyn; über die Bedeutung der Wurzel vared
s. zu 28, 4.
Abhandl. der DMG. 1.3. 9
130 Haugy die Gdthas des Zarathusira. I. Cap. 31, 5.
V. 5. Tat — vahjo Nerios.: Ja?i majd kdrjam purijam vaktam
(uktam) asti tena te jad uttamam jjrasddaddnajn katham svijam gakjate
karttum, wie kann man sich, wenn man das von mir verkündete
Reine thut, dadurch deine höchste Gnadengabe erwerben? — Vici-
djdij Inf. von vi-ci^ heisst nie „thun, machen", wie Nerios. anzu-
nehmen scheint, sondern nur unterscheiden und durch Unter-
schied erkennen. Das jjat führt einen Zwischensatz ein, zu dem
noch die drei ersten Worte der folgenden Zeile viduje vohü manatihd
zu ziehen sind. Viduje (Nerios.: vetHvani) kann keine Infinitivform
seyn, wie ich früher annahm, sondern ist nur eine erste Person
medii, wie klar aus 29, 3 hervorgeht. Es ist das Verbum finit. zu
dem mit jjat eingeführten Satze. — Data ist keine zweite Person
plur. imperat. , sondern das Part. pass. plur. neutr. — Für mencd
daidjdi hat Nerios.: mahjatnca dehi, gieb mir; in der Parallelstelle
44, 8 für menddidjdi: me ddtim hruhi; 53, 5 für mencd i mäzdaz-
düm: gndnatd ajam me dehi, die Erkenntniss, die gieb du mir. An
zwei Stellen deutet sonach Nerios. mm durch meiner =3 mana,
mama, an der dritten: Erkenntniss, es wohl auf die Wurzel man,
denken, zurückführend (s. weiter zu 28, 5). Die Bedeutung mei-
ner ist aber nirgends stichhaltig; zudem wäre es auffallend, warum
gerade das Verbum dd, machen oder geben, das sonst immer
mit dem Dativ construirt wird, hier mit dem Genitiv construirt seyn
sollte. Menddidjdi Ja9. 11, 9, zu fünf Theilen machen, kann
nicht hieher gezogen werden, da es in den angeführten Stellen nir-
gends einen guten Sinn giebt. Möglich ist immerhin, dass es ein
Terminus technicus ist , dessen wahren Sinn wir nicht mehr ver-
stehen. Sollte es: die fünf Herren anerkennen, deren höch-
ster Zarathustra selbst ist, heissen nach Ja9. 19, 18? Aber eine
solche Bedeutung kann nur nach- zarathustrisch seyn, während
unser Capitei sicher Aussprüche von Zarathustra selbst enthält; da-
her müssen wir von dieser Bedeutung absehen. An die skr. Wur-
zel niandj sich freuen, kann desswegen nicht gedacht werden,
weil diese keine Trennung zulässt, was bei menddidjdi der Fall ist,
da wir daneben mencd daidjdi Jiaben. Ich kann darin nur eine Zu-
sammensetzung der Wurzel ma?i, denken, meinen, mit dd sehen,
ganz nach jaozdd von jaos ~i- dd gebildet; daher auch die Möglich-
keit einer Trennung. Die Bedeutung ist gedenken, erinnern.
— Jehjd md ereshis Nerios.: Jena me acchedah; kila tena gndnena
saddcdrind pratjuttaram acchedam gakto bhavdmi ddtum, darin ist
meine Unzerstörbarkeit; durch diese immerwährende Erkenntniss ver-
mag ich eine unumstössliche Antwort zu geben. Ereshis ist mit
accheda übersetzt, sodass wir Grund haben, anzunehmen, Nerios.
habe es von der Wurzel rash, verletzen, = cÄid -|- a privat, ab-
geleitet. Diese Erklärung ist aber nicht bloss sprachlich ganz un-
zulässig, sondern in unserem Verse auch sinnlos. Dem Wort ent-
spricht lautlich vollständig das skr. hhi. Dichter, Seher, wie
ereshva dem fshva. Aber der Accusativ md scheint eine Verbalform
Hciigy die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 5. 6. 7. 131
zu verlangen. Als solche könnte ereshis eine zweite Person sing,
aor. von ere = r , gehen, oder von eresh=3arshy fliessen, seyn.
Da sich ohne zu grosse Künstelei kein nur halb befriedigender Sinn
ergiebt , so müssen wir von dieser verbalen Deutung abstehen.
Durch die Zurückführung auf erez, wahr, richtig, ist mehr ge-
wonnen; der Wechsel von z mit sh im Inlaut vor Vocalen ist etwas
bedenklich, im Auslaut dagegen kann es leicht eintreten, vgl. eres
für erez und mas für maz. Da sich die Deutung als „Seher" an
unserer Stelle nicht durchführen lässt, so halte ich es für das Ein-
fachste, bei der Ableitung von eres =^ erez zu bleiben; aber dann ist
nicht ereshis, was nur ein Nominativ seyn könnte, sondern mit K. 5.
ereshes zu lesen, was ein Genitiv von eres ist, gebildet wie neres von
nar, Mann. Der Accusativ md ist dann mit mefidäidjdi zu verbin-
den, sodass nur jehjd ereshes zusammengehören; der erste Genitiv
ist vom Verbum abhängig und der zweite ist nur eine Folge der
Attraction und steht statt des Nomin. — Der letzte Satz ist ohne
Verbum ; er ist von den frühern Sätzen abhängig und giebt nur ein
Resume. Von ja — anhaiti hat Nerios. : jad asti ucjate jacca ndsHy
wonach irrig die Negation nur auf anhaiti bezogen wird, während
sie auch auf anhat gehen muss.
V. 6. Ahmdi — haithtm Nerios. : asdu asti utkfshtatarah [dcdr-
jebhjah ^ishjebhjo vd] j6 wie vettatojd (-trtajdj vaktd vi^adam, der ist
der Beste [für Lehrer oder Schüler, — unter Lehrern oder Schü-
lern?], der durch meine Erkenntniss das Wahrhaftige sprach. Der
Sprechende kann hier nicht Ahara-mazda seyn, sondern dieser ist
der Prophet selbst. Der, von dem gesprochen wird, der vidvdo,
ist dagegen der höchste Gott. — Jjat — mananhd Nerios. : jdvad
asmin uttamam vikat^ajati manah; hildsja Gvahmano vapushi abhjdga-
tah, so lange er hierin den besten Geist offenbart, d. i. in die Ge-
stalt des Bahman eingegangen. Vakhshat lässt eine mehrfache Er-
klärung zu, 1) als Imperfect von vakhsh, wachsen, 2) als Aorist
von vaz, führen, 3) als Aorist von vac, reden. Die Parallelstel-
len 48, 6 und 34, 13 (urvdkhshat) sprechen zwar entschieden für
die erstere Ableitung, aber der Sinn erfordert die dritte; vgl. ur-
vdkhsat 44, 8.
V. 7. Jagtd — qdthrd Nerios.: prdptoca (?) pramdnam prathamarii
Tocishi sam^lishfd subhatd; kila jah prdg adrqjatdjditi tatah tasjedarh
kimcit prdptam evdsti jat sfshtdu punah prdpnoti , und erreicht ist
der erste Grund, die liebliche Schönheit im Licht, d. i. wer in der
Geistigkeit vorwärts schreitet, von dem wird dadurch alles erreicht,
was er bei der Schöpfung wieder erreicht (d. i. was ihm wohl bei
der Neuschöpfung des Leibes, der Todtenauferstehung, zu Theil
wird). Für ja^tä=ja^-{- td, i. e. qui h?ec oder hoc (vgl. jat^tem
46, 4. 6) wird vielleicht besser ja^cd gelesen; f und t konnten beim
Abschreiben leicht verwechselt werden. Auch Nerios. hat ein 4a
9*
132 Hang, die Gathäs des Zarathustra. I. Cap. 31, 7.
gelesen, wie seine Uebersetzung zeigt. Behält man das td , so ij*t
es etwas schwer, dasselbe zu erklären; jnan kann es nur auf qdthrd
beziehen und als Instrumental „durch dieses, mit diesem" fassen.
Dabei lässt sich aber nicht gut begreifen, wie dem qdthrd ein De-
monstrativ vorgesetzt werden soll, da im vorhergegangenen Verse
keine Rede davon war. Uebrigens wäre noch eine andere Erklä-
rung des jagtd möglich. Man könnte es als ein Nomen act. der
Wurzel jf'af, verehren, fassen, wonach es „der Verehrer" bedeu-
ten würde, man vgl. Ja9. 12, 1 jastd ameshanäm ^pe/itanäm im Pa-
rallelismus zu gtaotd amesh. gp. , Lobpreiser der Amesha ^pentas.
Bei dieser Auffassung wäre indess nicht nur der correlative Bau des
Verses (wer, der) zerstört, sondern es würde auch kein passender
Sinn sich ergeben. — Eine Anspielung auf unsern Vers finden wir
Ja9. 12, 1: ahurdi mazdäi vanhave vohumaide; vigpa vohu cinahmi
ashdune raevaite qarenanhaite ja zi cicd vahistd jenhe gdus Jenhe ashem
jenhe raocdo jeiihe raocebis roithwen qdthrd, dem Ahura-mazda , dem
Guten, schreiben wir alles Gute zu; alles Gute erkenne ich dem
Wahrhaftigen, Hellen, Glänzenden zu, all das Beste, sein ist die
Kuh, sein die Wahrheit, sein die Himmelslichter, sein das raocebis
roithwen qdthrd. Am meisten hängt von der richtigen Erklärung
des roithwen ab. Nerios. hat samclishta, umarmt, umschlungen,
angenehm. Diese Bedeutung ist dem ganzen Zusammenhange
unsers Verses zu fern liegend und auch etwas zu allgemein , als
dass wir sie annehmen können. Sucht man nach einer Etymologie,
so drängt sich sogleich das so häufige raethwajeiti auf, das im Ven-
didad die Bedeutung verderben, verunreinigen, angenommen
hat. Aber eine solche Bedeutung widerspricht ganz dem Sinne un-
seres Verses. Vor allem fragt es sich indess, ob dieselbe die ur-
sprüngliche Bedeutung ist oder nicht. Ich glaube nein. Jt. 8, 13.
16. 18 heisst es von dem Stern Tistrja: raethwajeiti raokhshnushva,
was sicherlich nicht durch „er verunreinigt sich in den Lichtern"
übersetzt werden kann; v. 46 desselben Jeschts wechselt diti, er
geht herzu oder hinein, mit raethwajeiti. In Jt. 13, 81: Kehr-
pa^ca jdo raethwajeiti grirdo ameshanäm (^pentanäm, ist das Subject
von raethwajeiti Ahura-mazda oder sein Fravaschi, von einem Ver-
unreinigen kann daher auch hier keine Rede seyn. Vend. 3, 14
hat raethwdt mit upa (eine Conjunctivform gleich bardt, kein Abla-
tiv!) deutlich den Sinn berühren, anrühren: upa od nagus raeth-
wdt, oder den Leichnam anrührt; ebenso Vend. 7, 50. 14, 8
finden wir unter den priesterlichen Geräthen eines, Namens raeth-
wis, 5, 57 ist der raethwis - kara deutlich eine im Feuertempel
dienstthuende Person; er steht neben dem dgndtar , dem, der
wäscht. Hdm-raethwem und paiti-raethwem Vend. 11, 12 sind da-
gegen deutliche Bezeichnungen verschiedener Arten der Verunrei-
nigung. Der Begriff, unter dem die mannigfachen Bedeutungen
des Denom. raethwaj — denn nur als solches kann diese Verbal-
bildung angesehen werden — sich vereinigen lassen, ist der von
Uaug, die Gathd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 7. 133
rühren, die Jt. 8, 13 treu bewahrt erscheint; Tistrja rührt in der
Lichtmaterie und bildet sich daraus einen Körper. Aus dieser Be-
deutung konnte in Verbindung mit der Präposition hänii, zusam-
menrühren, ganz leicht die von trüben, verunreinigen, her-
vorgehen. Als Etymon haben wir zunächst raethwa anzunehmen;
dieses ist aber deutlich erst eine Abstractbildung mittelst des Suff.
thwa === skr. Iva. Die Wurzel ist wohl ri, fliessen, tropfen; an
rdiy Reichthum, Vermögen, ist doch nicht zu denken. Raethwa
ist sonach das Fliessen, der Fluss (fluxus), das, was geflos-
sen ist. Das davon gebildete Denomin. raethwaj heisst mit dem
Geflossenen irgend etwas thun, es in Bewegung setzen,
rühren, oder das Fliessen machen, hervorbringen. Der-
selben Wurzel ist das wedische retas , Nass, Saame. Nun ent-
steht die Frage, ob das roithwen unsers Verses hieher gehört oder
nicht. Dem Zusammenhange scheint eine Bedeutung wie Licht,
Glanz, angemessen. Dürfte man desshalb an raevat, glänzend,
in den spätem Schriften denken? Ich glaube nicht, weil diese Be-
deatung des raevat gar keine ursprüngliche ist und das Wort sich
in den Gathd's nicht nachweisen lässt. Da wir auf anderm Wege
zu dem Sinne Glanz nicht gelangen können, so werden wir zuletzt
genöthigt, wenn wir eine sichere Ableitung wollen, es mit raethwa
für identisch zu erklären; nur das Suffix thwen = wedisch tvana,
armen, thiun, weicht ein wenig ab. Die Bedeutung der Fluss,
die fliessende Masse, enthält leicht den Nebenbegriff der
Menge, wie wir z. B. Strom ähnlich in bildlichein Sinne gebrau-
chen. Dieser passt vortrefflich in den Zusammenhang. Zu dersel-
ben Bedeutung könnten wir auch durch eine Ableitung von rät,
Vermögen, gelangen; wir wollen indess bei der ersten bleiben.
Der Instrumental raocebis ist von roithwen abhängig, Menge an
Lichtern. — Td — hämo Nerios. : taddvitajaia mahd^ndni adf^a-
tajä vikd^ajat; [kila kimcit Jat paralokijam ihalokijamca]; jasja sa
punar api rdgd sarvasja, dieses beides erleuchtete der grosse Weise
durch seine Geistigkeit, d. i. die ganze jenseitige und diesseitige
Welt; von diesem Ganzen ist er wieder König. Das td ist hier
als Dual gefasst und wird auf die beiden Leben bezogen; aber diese
Fassung ist nicht zulässig, da nirgends, weder im Vorhergehenden
noch im Folgenden, davon die Rede ist. Td ist eben Neutr. plur.
und bezieht sich auf das ja des vorhergehenden Satzes, das Nerios.
ebenfalls durch den Dual jdu übersetzt, es auf ashem und vahistem
ma7i6 beziehend, was aber nicht gut angeht. Wollte man jd und
td als Duale fassen, so könnten sie nur auf mainju bezogen werden.
Aber hiebei kämen wir in grosse Verlegenheiten. „Diese beiden
Geister liessest du, Mazda, entstehen** würde das sonst unerhörte
Dogma enthalten, dass Mazda den guten und bösen Geist geschaffen
habe, während beide nach 30, 3 Urkräfte sind und Mazda ja selbst
der gute Geist ist. Der vorhergehende Satz jd etc., „welche bei-
den der beste Geist besitzt", würden zudem einen grobe Wider-
134 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 7.
Spruch enthalten, da der „beste Geirt" sich auf keine Weise mit
dem schlechten Geist verträgt. — A nüremcit giebt Nerios. durch
pimar api wieder, was sicherlich ungenau ist. Das Wort nürem
treffen wir nebst den Varianten desselben, nur am und nurem, öfter
im Zendawesta. Der Etymologie nach ist es eine Adjectivbildung
mittelst des Suffixes ra von nü, jetzt, vu, VUV, unser nun =:= nu,
jetzt, im Weda, und heisst eigentlich das Jetzige; das cit ver-
allgemeinert, sodass d nüreincit eigentl. zu jedem Jetzigen, d.i.
zu jeder Zeit, allezeit, bedeutet. Dass ihm wirklich eine solche
Bedeutung zukomme, wird durch Parallelstellen einleuchtend. Jt. 5,
63: ardvi ^üra anähite moshu me ^ava avafihe nüretn me bara upa^tdm,
d. i. unvergängliche Ardvi 9Üra, eile mir bald zu Hilfe , bringe jetzt
mir Beistand (jiürem ist hier dem moshu ganz correlat und muss ebenso
wie dieses Zeitadverbium seyn). Jt. 14, 54: adhdt uiti fravashata
verethragfmo ahuradhdto noit narn Japijo vahmjo gtus urvd ddmi-ddtu
jat nürem vjdmbura daeva mashjdka daevajdzö vohunim vd tdcajeinti
frashaekem vd frashincanti, von da zog also weg Verethraghna, der
von Ahura, nicht von einem Menschen Erzeugte, der zu Verehrende,
der zu Verherrlichende, die Erdseele, die die Geschöpfe erschaffen,
als neulich die Menschen, den Daeva Vjämbura verehrend, Blut ver-
gossen und Ströme (Blutströme) fliessen Hessen; vgl. die vv. 55 u.
56. — ■ Jt. 8, 15: ho ühra vjdkhmaiijeiti ^) ho ithra pere^anjeüi ko
mäm nur dm frdjazdite gaomavaüibjo haomavaitibj 6 zaothrdbjo kahmdi^)
azem dadhdm virjdm tstim virjdm vdthwäm havaheca uruno jaozddthrem
nur dm ^) ahini jagnjai^ca vahmja^ca anuhe a^tvaiie ashdt haca jat
vahistdty d. i. er (Tistrja) überlegte hier, fragte dort: wer verehrt
mich jetzt mit Milch- und Haomaspenden? Wem ich grosses Ver-
mögen, zahlreiche Verwandtschaft gab und Reinigung seiner eige-
nen Seele, von dem bin ich jetzt zu verehren und zu preisen für
das irdische Leben wegen der besten Wahrheit. Vgl. dieselbe Ver-
bindung Jt. 8, 17. 19. V. 23: apa dim adhdt vjeiti zrajanhat haca
vouru-kashdt hdthro-ma^anhem adhwanem (^ddrem urvistremca nimruite
Tistrjo raevdo qarenanhdo ^ddrem me ahura mazda urvistrem dpo ur-
vardogca bakhtem daene mdzdaja^ne noit mäm nurdm mashjdka aokhto-
') Von vjdk + man, Verschiedenes denken, hin und her den-
ken. Wegen des im Baktrischen angehängten anc (vjäk steht für vjanc),
das im Sanskrit eine so grosse Rolle spielt, vgl. njdoncö und hunairjdoncö,
einem guten Manne ähnlich, Jt. 8, 18.
^) Kahmdi ist hier in relativem Sinne gleich jahmdi zu fassen, ein Ge-
brauch, der sich öfter in den spätem Stücken findet; im Pärsi und Neu-
persischen ist dann weiter das ursprüngliche Interrogativ um ka zum gewöhn-
lichen Relativum geworden, pars, ke, neupers. ä5^
^) Nüräm für nürem steht hier wahrscheinlich nur als eine Art Accom-
modation an das vorhergehende mäm; Fälle der Art sind nicht selten; vgl.
Jt 13, 54 56 wegen pantäm.
Haugj die Gdthas des Zarathudra. Cap. 31, 7. 8. 135
ndmana jagna jazenU jatha anje jazatdonho aokhto-ndmana ja(;na ja-
zente, darauf geht er weg aus dem See Vouru-Kasha, die Wegstrecke
eines Häthra weit; Vernichtung und Untergang verkündet der helle
glänzende Tistrja sich, (indem er ruft) „Vernichtung drohet mir,
Ahura-mazda, Untergang des Wassers und der Bäume ist verhängt;
im Mazdaja9nischen Glauben (die Bekenner dieses Glaubens) ver-
ehren mich jetzt nicht mit derselben namentlichen Verehrung, mit
der sie die übrigen Jazata's verehren". Jt. 13, 54: tdo (fravashajoj
nuräm fratacenti mazdadhdtem paiti paiitdm etc., diese (die Frava-
shi's) gehen jetzt weiter auf dem von Mazda geschaffenen Wege.
V. 55, 56: welche (die Bäume) ausserdem ohne Wachsthum da-
stehen; daf tdo nurdm fraokhshjeifitiy aber jetzt wachsen auf dem
von Mazda geschaffenen Wege. V. 57. 58: welche (die Fravashi's)
den Sternen, dem Mond, der Sonne, den anfangslosen Lichtern,
die Wege zeigen, die vordem überall lange ohne Gedeihen waren
wegen des Hasses der Daeva's und wegen der Angriffe der Daeva's;
dat te nurdm fravazente dürae — urvae^em, aber jetzt eilen diese
(die Daeva's) fort zu dem fernsten Ende des Wegs, vernichtet durch
die gute Frasho-kereti (Lebensverewigung). Vgl. noch Jt, 5, 50.
63. 19, 77, wo überall die Bedeutung jetzig, neulich oder jetzt
klar zu Tage liegt.
V. 8. At thwd — mananhd Nerios. : evam tvam mdtd ^si purvam
mahdgndnin jad jonitajd tishthasi Gvahmauas^'a, so bist du zuerst die
Mutter (der Schöpfer), grosser Weiser, da du begriflfen bist in der
Erzeugung des Bahman. Die Deutung des menhi durch mdtd ist
auffallend. Dem Uebersetzer schwebte wohl eine Ableitung von md,
messen, mit nir, schaffen, vor, statt der näherUegenden von
man, denken. Dass aber nur letztere die richtige seyn könne,
beweist sicher der Zusammenhang unserer Stelle und in den vielen
Versen von c. 43 , in denen wir dem menhi begegnen. Auch die
Erklärung Ae^s j azurn durch yoniia, Erzeugung, wie seines Femi-
ninums jazm 53, 3 durch aganata = nata est, ist wenig befrie-
digend. Diese oder eine ähnliche Bedeutung lässt sich nicht bloss
nicht durch eine vernünftige Etymologie gewinnen , sondern sie
widerstrebt auch offenbar dem Zusammenhange der Stellen. Am
nächsten liegt die Wurzel ^'«2, verehren, aber der sich ergebende
Sinn ist , wenn auch nicht geradezu unpassend , so doch etwas
zu allgemein und die Bildung jazu von dieser Wurzel zu verein-
zelt. Identisch mit diesem ja%\i ist aber wohl das wedische jahu,
femininum jahvi, davon jahva^ jahvai. Nach Nigh. 3, 3 heisst es
gross. Diese Bedeutung ist aber sicher zu allgemein. Jahn fin-
det sich gewöhnlich in dem Ausruf: sahaso jaho! (Rv. 1, 26, 10.
74, 5. Vir, 15, 11) von Agni; die Scholiasten deuten es durch
„Sohn der Kraft!" Dieser Sinn ist aber schwerlich richtig. Jahvarn
purüjidm vii^dm (Rv. I, 36, 1 von Agni) kann sicher nicht mit „Sohn
der vielen Stämme" oder „Erzeuger der vielen Stämme" übersetzt
136 Haitg, die Gäthä's des Zarathustra, Cap. 31, 8- 9.
werden, ebenso wenig wie manusho jahvah (VII, 6, 5 von Agni) mit
„Sohn des Menschen". Das Femininum jahvi wird gewöhnlich von
Flüssen gebraucht Rv. I, 71, 7: samudram 7ia sravatah sapta Jah-
vih, vgl. 72, 8. II, 35, 9. III, 1, 4, und zwar gewöhnlich sind sapta
jahvis genannt. Der Umstand, dass nur die Himmels wass er die-
sen Beinamen tragen, führt leicht auf die Bedeutung hoch (vgl.
III, 1, 9), und aus dieser Grundbedeutung lassen sich die anderen
ableiten, wie Oberster, Herr (von Agni), Herr der vielen
Stamme (Rv. I, 36, 1), Herr der Menschen, Herr der Kraft
(oder auch hoch, erhaben an Kraft, sahaso jaho). Diese Be-
deutung hoch oder besser der Höchste, Oberste, giebt sowohl
in unserer Stelle als 53, 3 und Jt. 24, 26 (jazüm, von Kavd Vi^td-
fpa) den besten Sinn. — Hjat — heiigrabem Ner'ios. : jasjdm samd-
locanatvena samagfhnanti. Cashmaini kann hier der Form nach nur
Locativ seyn. Wenn es Nerios. mit dem Instrumental samdloca-
natmna, durch den Anblick oder die Anschauung, übersetzt,
so ist diess dem Sinne nach richtig. Nur ist es gerade nicht nöthig,
von der ursprünglichen Bedeutung des cashman als Auge abzugehen.
— Haithim — dämim Nerios.: prakatapunjasja srshteh; kila nirma-
latarasrshtini saddcärinim tvam datse (für das sinnlose da^e), der
Schöpfung des offenbar Reinen , d. i. du machst die fleckenlose,
stets fortdauernde Schöpfung. Auffallend ist die Verbindung des
haithim = satjam mit dem Genitiv anheiis, da es meist nur Adjectiv
und, wenn es substantivisch gebraucht wird, kein Concretum, son-
dern ein Abstractum ist. Da es von Ahura-mazda ausgesagt wird
und nur wie ein Prädikat desselben aussieht, so läge der Sinn Ver-
wirklicher der Wahrheit am nächsten; aber diese concrete Be-
deutung lässt sich dem haithim nirgends beilegen. Wir müssen bei
der abstracten bleiben. Diess beweist deutlich 46, 19: ashät haithim
hacdj wo ashdt hacd nur eine Umschreibung des Genitivs ashahjd
ist. Ich nehme es in dem Sinne das Wirkliche, Wesenhafte,
d. i. Wesenheit. Die Wesenheit des Wahren ist gewiss eine
richtige und treffende Bezeichnung des höchsten Gottes. — Ddmis
dagegen muss concret gefasst werden (s. das Gloss.), vgl. 45, 7.
44, 4.
V. 9. Thwe — ag-khratus Nerios.: tvaji sd göh ghatajitri asti
buddhir jajd tvam gopagün dhatse, in dir ist die schöpferische Kuh,
die Einsicht, durch die du das Vieh erschaffen. — Thwe. Zwei
Mss. lesen nach W. thwtj nämlich K. 4. und 9. Diese Lesung darf
nicht auffallen, da das e bloss eine Dämpfung des i ist (man vgl.
ea = id, s. zu 28, 12). Der Form nach kann es nur ein Locativ
gleichbedeutend mit thwoi seyn. Die Veränderung des 6i, das sonst
dem e gleichsteht, in e scheint nur euphonisch zu seyn. Dieses e
findet sich nämlich gern vor a, wie wir aus eednii, eed etc. sehen.
Es ist der Lautassimilation wegen in solchen Fällen gewählt, da e
vermöge seines dumpfern Lautes dem d näher steht, als das hohe
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. L Cap. 31, 9. 137
i und vi. In allen Stellen, in denen thwoi vorkommt, habe ich es
nie vor d, wohl aber vor a, das leicht absorbirt werden kann, ge-
funden, so in unserm Verse thwoi af, 34, 11 thwoi ahl, 48, 8 thwoi
ashd. — Geus tashd. Ob dieser Ausdruck mit geus urvd, Erd- oder
Stierseele identisch ist, wie man aus c. 29, 2 vgl. mit 1 folgern
kann, ist fraglich. J. 39, 1: ithd dt jazamaide geus urvdnemcd ta-
shdnemcd, wo urvd und tashd neben einander genannt sind, beweist,
dass beide wenigstens nicht völlig gleichgeltende Worte seyn kön-
nen, vgl. Fragm. VI, 1. In unserer Stelle hat der geus tashd das
Prädikat ag - khratus, sehr einsichtig, nach 46, 9 verkündet er
Wahrheiten, 29, 2 fragt er die Wahrheit. Hieraus geht deutUch
hervor, dass er als ein persönlich handelndes Wesen gedacht wurde,
wie der urvd , und daher kein blosses Gedankending ist. Auch
die Ableitung des Worts durch das Suffix an von der Wurzel tash,
bilden, schaffen, spricht entschieden für eine concrete Bedeu-
tung des Worts, sodass es eigentlich nur durch Bildner gut über-
setzt werden kann, wie schon Nerios. gethan hat. Körper, wie
man als Gegensatz zu urvd, Seele, leicht vermuthen könnte, heisst
es sicher nicht. Beide, tashd und urvdy sind Bezeichnungen einer
und derselben Urkraft nach verschiedenen Wirkungen. Urvd, eigent-
lich das Herauswehende (vgl. dtman), ist die die Natur durchdrin-
gende Lebenskraft, ihr geistiges Lebensprincip überhaupt; tashd ist
die schöpferische Aeusserung dieser Kraft. — Für ?nainjus, das
Westerg. aus mehreren Mss. aufgenommen hat, ist wohl der Voc.
mainju zu lesen. Da diese Lesung sich auf keine handschriftliche
Autorität stützt — denn alle Mss. zeigen am Schlüsse wenigstens
ein s, wenn auch eine (K. 11.) mainjüs, eine andere (K. 5.) main-
jeus liest — , so muss sie hier kurz gerechtfertigt werden. Mainjus
ist ein Nominativ neben dem Vocativ mazdd ahurd; will man die
Lesung mainjus aufrecht erhalten, so muss für diesen Nomin. irgend
ein anderes Wort gesucht werden, auf das er sich bezieht. Da sich
in demselben Satze nichts Beziehbares findet, so könnten wir unsere
Zuflucht zum Schlüsse der unmittelbar vorhergehenden Zeile geus
tashd a^-khratus nehmen. Hiezu passt aber die Bezeichnung main-
jus, Geist, nicht, welcher Name sonst nur den beiden höchsten
Geistern zukommt. Einen treffenden Sinn gewinnen wir nur dann,
wenn mainjus mit mazdd ahurd zusammengenommen wird, wie 31,
7, vgl. 44, 2; dann kann aber der Nomin. mainjus nicht stehen
bleiben, sondern muss in den Vocativ mainju verwandelt werden.
Auf die Lesung mainjus hat wohl die Endsylbe us in af - khratus
Einfluss gehabt. — Vdt^trjdt — vd^trjö Nerios.: kartrtajd nd dgamte
(falsch für dgacchati); kila jah pratijatnam gopa^undm hurute; ja vd
na asti karttd tasmdi na daddu, durch die Thätigkeit kommt er her-
zu, d. i. wer sich um das Vieh Mühe giebt; wer aber nicht thätig
ist, dem giebt er (Ormuzd) nicht. Schwierigkeit bieten die beiden
vd und dite. Es ist auffallend, dass das erste vd im Hauptsatze,
das zweite in dem dazu gehörigen Relativsatze steht, während diese
138 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 9. 10.
disjunctive Partikel bei Wörtern desselben Satzes stehen sollte.
Diese Construction lässt sich nur ans dem Gegensatz von vat^trja
und noü vd^trja erklären; diesen wollte der Dichter auch äusserlich
hervorheben und dazu bediente er sich der Partikel vd. Wir kön-
nen dieselbe im Deutschen nicht gut wiedergeben. — Aite kann
wohl kaum anders wie als eine 3. Person Verbi „er kommt" (vgl.
neupers. djed, skr. i + a) angesehen werden, namentlich wenn mau
V. 14 bedenkt. Aber diese Bedeutung will sich mit dem Zusammen-
hange des Ganzen nicht recht vertragen. „Von dem Landmanne
kommt, wer nicht Landmann war", wie hienach übersetzt werden
muss, ist unverständlich. Man kann das je — vdgtrjö daher nicht
wohl als Subject von dite ansehen, sondern man muss dieses im
Vorhergehenden suchen. Als solches bietet sich Armaitis , auf die
auch das aqjdi sich bezieht. Aber dann ist vor je ein Demonstra-
tiv mit der Präposition d zu ergänzen, „sie kommt von dem Land-
manne her zu dem, der noch nicht Landmann war, und geht an ihm
vorbei". Von einem solchen Wandern der Erdgöttin ist öfter die
Rede, vgl. 28, 4.
V. 10. At — fshujaiitem Nerios. : evam te dvitijam (für das sinn-
lose dhitijam) etehhjo mitritvam (? für müriktam) kdrjatre ; [tad-
dvitajam narandri rüpaih mülam phalain vd etehhjo manushjebhjo dat-
tam lidrjakdrmd] etasmdica vikd^ajate kiitumbine, i. e. sie tibi (oder
tui) secundum istis, amicitia actori (ab actore data), d. h. beides,
das Männliche wie Weibliche, Wurzel und Frucht ist diesen Men-
schen vom Besorger der Geschäfte gegeben; und diesem Hausherrn
geoflfenbart. Der Uebersetzung des A? durch te dmtijam , dein
Zweites (dein Paar), liegt eine richtige Auffassung zu Grunde, da
hl wirklich Nom. Acc. Dual, des alten Pronominalstammes hi = si
(im Weda) ist, wie unzweifelhaft aus 30, 3 und 44, 18 hervorgeht.
Da aber das folgende ajdo ebenfalls ein Dual und zwar ein Genitiv
ist, so ist die Satzverbindung etwas schwierig. Man müsste hi ab-
solut in dem Sinne „was beide anbetrifft, — so etc." fassen. Als
Gen. sing. fem. lässt sich ajdo, was es seiner Form nach wohl seyn
könnte, nicht nehmen, da es nur auf die Armaiti bezogen werden
könnte, was gegen den Sinn des Ganzen seyn würde. Viel ein-
facher aber ist die Construction, wenn man hi als Nom. demonstr.
femin. fasst, was es der Form nach recht gut seyn kann, und auf
Armaiti bezieht. — Fravaretd. Wegen des humaretöis bakhstd, „Theil-
haber an der frohen Kunde" im letzten Gliede des Verses wäre ich
nicht abgeneigt, dem fra-vare die Bedeutung lehren, unterrich-
ten, zu geben, wenn sich diese nur gehörig beweisen liesse. Diese
Bedeutung kommt zwar dem vere-nu (s. das Gloss.) zu; aber das
Fehlen des Klassenzeichens nu im Imperativ wäre auffallend, und
der Präposition fra keine Rechnung getragen. Fra-vare heisst im
Jüngern Ja9na — im altern kommt es nicht weiter vor, wenn man
nicht das adverbiale fra&ret hieher zieht — sich zur Zarathu-
Hang, die Gdthd's des Zaraihustra. I. Cap. 31, 10. 139
strischen Religion bekennen, eigentl. das Beste wählen. Ja^.
12, 8, wo der Bekenner fravareta (das Part. pass. in activem Sinne,
wie oft) heisst. Diese Bedeutung ist hier wegen der offenbar von
fravareta abhängigen Accusative vd^trim fshujantein nicht zulässig.
Wir werden daher am besten thun, bei der ursprünglichen Bedeutung
erwählen stehen zu bleiben. Was die Form anlangt, so hat man
zwischen der 2. Person Imperat. plur. und der 3- Person sing. Imperf.
med. die Wahl. Letzteres ist unstreitig vorzuziehen. Aqjdi ist
dann reflexiv, sich. — Fshenght. Nerios. hat visphdrajatd, „der
hin- und herfahren, schimmern lässt", und erklärt es durch pravar-
dhajüd, „der wachsen lässt, der Förderer". Die Form wie die Ab-
leitung bieten Schwierigkeit. Ein Nomen actoris, wie es Nerios.
nimmt, ist es sicher nicht. Durch die so häufige, täuschend ähn-
liche Form menhi, ich dachte, könnte man leicht versucht werden,
es ebenfalls für eine Verbalform zu erklären. Aber der Zusammen-
hang gestattet diess nicht, da so auf einmal eine erste Person Verbi
in den Satz käme, die den Sinn zerrisse. Man müsste nämUch die
erste Person entweder auf den Ahura-mazda beziehen, was dem
dritten Versgliede zuwider wäre, oder auf den Dichter, in welchem
Falle eine richtige Beziehung der Worte ahurem ashavanem nicht gut
denkbar wäre. „Ich will den Lebendigen, den Reinen (Mazda)
reich machen an guter Gesinnung", wäre im Munde des Dichters
dem höchsten Gott gegenüber zu vermessen. Wir müssen daher
die verbale Bedeutung des Wortes aufgeben und unser Heil in der
Deutung desselben als eines Nomens suchen. Als Nominalform
scheint es ein Nom. plur. neutr. zu seyn, sodass enghi der Sans-
krit-Endung dmsi entspräche, was lautlich vollkommen richtig ist
(vgl. den Acc. plur. vi(;peng mit vifüa?*); aber das Baktrische kennt
diese sanskritische neutrale Pluralendung nicht. Ausserdem hätte
auch die Beziehung Schwierigkeit. Als Locativ sing, eines Thema's
fshenhj fshenh, von dem wir 49, 9 den Comparativ fshmghjo haben,
Hesse es sich eher erklären. Aber es fragt sich gerade des fshmghjo
wegen, ob es die Bedeutung eines Substantivs habe. Das einfachste
ist, es als Adject. femin. im Nom. sing, zu fassen und auf Armaiti
zu beziehen. Das Thema fshenh führt zunächst auf ein psdns im
Sanskrit, dessen Wurzel p*«, essen (nach Nigh. 2, 14 auch gehen)
ist. Seine Bedeutung konnte leicht auf stark, gross werden,
übertragen werden. Näher liegt das fshaoni, reich, der späterh
Bücher; hievon ist fshenghi wohl nur eine härtere Aussprache. —
Noit — bakhstd Nerios. : na mahdgndni akdrjakrtti (karttre?) pratd-
rajitre Agmogdja ^raddhddhjajaiiatajd pravarshati [tena jatah ^raddhdm
(für ^uddham) adhjeti prasddam na daddti jatah avjdpäratajd adhjeti],
der grosse Weise verleiht dem Ashemogh, dem Uebelthäter, dem
Betrüger, durch die Lesung des Glaubens nichts, d. i. desswegeu,
weil er den Glauben hersagt, gewährt er ihm keine Gunst, weil er
ihn liest, ohne ihn zu vollbringen. Für daväi^cind, wie Westergaard
schreibt, ohne Varianten anzugeben, liest Bf. daevägcind und Bb.
140 Haugj die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 10. 11.
daeväi^cind. Diese Lesungen mahnen ganz an dahdcind 30, 6, wo
sich keine erheblichen Varianten finden. Vor allem fragt es sich
nun, ob daväi^cind auch wirklich genügend erklärt werden könne.
Dass cind = skr. cana nur ein Wörtchen der Verallgemeinerung ist,
leuchtet ein. Das übrig bleibende daväg ist der Form nach nur
Noin. part. praes. der Wurzel du, für welche zu 28, 3 die Bedeu-
tung verleihen in den Gdthd's nachgewiesen ist. Für die spätere
Bedeutung des Worts sprechen (von den bösen Geistern) ist kein
sicherer Beweis aus den Gdthas zu liefern. An unserer Stelle, wo
sie sich verhältnissmässig noch am leichtesten anwenden liesse, giebt
„irgend ein Sprechender", zudem, da böse Geister nicht ausdrück-
lich genannt sind, doch auch keinen rechten Sinn. Da sich somit
davä^ nicht hinreichend erklären lässt, so werden wir nicht irren,
wenn wir die Lesart daeväg vorziehen. Dieses ist entweder ein
Denominativ von daeoa, für daevajä^ , die Daeva's verehrend,
oder es ist von der Wurzel div , spielen, betrügen, abzuleiten;
dann würde besser divä^cind geschrieben. Letzterer Auffassung ist
Nerios. gefolgt. Man vgl. divamnem v. 20.
V. 11. Die Sätze hjat und jjat stehen zu einander im Verhält-
nisse der Correlation; hjat, an der Spitze des Satzes stehend, weist
nur im Allgemeinen auf den Inhalt desselben hin; die nähere Be-
stimmung enthalten die Accusative gaethdo^cd daendo^cd ; desshalb
kann ihm auch keine pronominale Bedeutung beigelegt werden ; der
demonstrative Sinn dieses geht in den adverbialen da, als, über.
Die zwei mit jjat beginnenden Sätze beschreiben das im ersten
Gesagte näher. — Thwd manaiihd khratuscd Nerios.: tvaji biiddhajeca;
[kila tvaji vishaje jan mano buddhi^ca tadartham addh], i. e. in te in-
tellectuique, d. h. du schufest desshalb in deinem Kreis, dem Sinn
und Verstand (vermöge des dir angebornen Sinnes und Verstandes).
Die Construction der Worte macht einige Schwierigkeit. Man ist
daher leicht versucht, den Text etwas zu verändern, um einen ent-
sprechenden Sinn gewinnen zu können, und zwar den Accus, thwd
in den Voc. tu (d wäre dann Präposition zu mananhd) , und khra-
tuscd in khratücd (alter Instrumental für khrathwd') zu ändern, wo-
nach zu übersetzen wäre: „du mit Gesinnung und Einsicht". Allein
es lässt sich doch bei genauerer Erwägung mit Beibehaltung des
überUeferten Textes ein befriedigender Sinn gewinnen , aber nur,
wenn thwd nicht als Accusativ, sondern als Instrumental genommen
wird (vgl. V. 20). Auch Nerios. hat nicht den Accusativ, sondern
den Locativ, also wenigstens einen näher verwandten Casus. „Durch
dich, den Geist" giebt den Sinn: durch deinen Geist. Der Acc.
khratüs ist von tasho abhängig. — Für ustanem wird nach der Mehr-
zahl der Stellen und der Ableitung (von ut -\- tana) wohl besser
ustanem geschrieben (s. das Gloss.). — Jathrd — ddite Nerios.: jat
paraiokakdmindm kdmam addh; [kila jah samihate jai Jena paralokam
vragati tasmdi samihitam addh, tasmdi ipsajitre daddte (?) jah djdti]
Hang, die Gdthd's des Zaratfnistra. I. Cap. 31, 11. 12. 141
du schufest das Verlangen der nach der andern Welt Verlangenden,
d. i. wer dadurch in die andere Welt zu kommen wünscht , dem
erfüllst du seinen Wunsch, dem Verlangenden, der sich naht, wird
er gewährt. Diese Deutung widerspricht dem Zusammenhang, da
dieser Satz eng mit dem Anfang des folgenden Verses zusammen-
hängt, wo von Lüge imd Wahrheit die Rede ist. — Va^do lässt
sich doppelt fassen, entweder als Neutr. plur. von vaganh, Willen,
Verlangen, freie Wahl, oder als ein davon gebildetes Adjectiv
(vgl. mando 30, 9), der, welcher wünscht oder will. Da die
erstere Fassung mannigfache Schwierigkeiten hat — das Verbum
steht im Singular statt im Plural — , so müssen wir uns der zwei-
ten zuwenden. Va^do ist der freie , unabhängige , nach eigenem
Ermessen handelnde Mann (man vgl. va^e-khshajdg y selbstherr-
schend), der sich nach Gutdünken seinen Glauben (varena) wählen
kann. „Wo der Freie die Wahlen macht", d. i. wo er sich von
den verschiedenen Glaubensansichten eine auswählt.
V. 12. Mithahvacdo Nerios. : pdpasja vaktd, der Sprecher des
Uebels. Aehnlich giebt Nerios. mithahjd 33, 1 durch mithjdtmaka,
rügerisch gesinnt. Dass diese Deutung des Worts im Allge-
meinen richtig ist, beweist nicht nur ganz deutlich der Zusammen-
hang dieser und anderer Stellen (vgl. mithS-vaocdonho, Lügenred-
ner, Jt. 19, 95; mithaokto das., 96, Name eines Dämon, s. auch
Ja9. 60, 5), sondern auch die Ableitung. MUhanh (das Thema des
ersten Theiles von mithahvacdo) ist mit dem sanskritischen mithas,
wechselnd, gegenseitig, identisch, woraus die Bedeutung lüg-
nerisch abgeleitet werden kann, vgl. mithjd, falsch, lügenhaft.
Wechselndes redend ist so viel als Verschiedenes redend,
was im Gegensatze zu ereshvacdo , das Gerade, Aufrichtige
redend, nur so viel als Falsches, Lügen redend heisscn kann
(s. weiter Benfey, Weitere Beiträge zur Erklärung des Zend, S. 50).
— Für zarezdd liest Bb. zaredd, was richtiger zu seyn scheint, da
der Zusammenhang ein Wort wie Herz, Gemüth, erfordert, dieses
aber gewöhnlich zaredaja, eine Erweiterung von zared = skr. hfd,
und nicht zarczdaja heisst. Möglich ist indess immerhin die An-
nahme, dass in dem altern Dialekt an das zared eine andere Endung
gehängt wurde, etwa die von dd, woraus regelrecht zarezdd werden
musste. — Anus-hakhs — maethd Nerios. : srone (?) *) prcchdnrtaje
sampurnamanasd anu<:aktajd pradravanti paralokanivdsdn ; divjd adffja-
tajd paralokasthandni prcchanti, indem sie (die Daeva's) gegen die
Armaiti durch beständiges Nachlaufen Unrecht zu thun trachten, ver-
folgen sie die Bewohner der andern Welt; die höllischen Geister
trachten unsichtbarerweise nach den Orten der andern Welt. Da
^) Was dieses Wort bedeuten soll, ist mir unklar geblieben. Wahr-
scheinlich ist die Lesart verdorben.
142 Haug, die Gäthäs des Zarathustra. I. Cap. 31, 12. 13.
Nerios. gegen seine sonstige Gewohnheit in seiner Uebersetzung die
Aufeinanderfolge der Worte im Urtext verlassen hat, so kann nicht
genau angegeben werden, wie er jedes einzelne Wort gefasst hat.
Das anu^aktajd entspricht sicher dem d?ius-hakhs, welche Ueber-
setzung gewiss richtig ist. Die Identität mit dem wedischen dnushah,
der Reihe nach, beständig, leuchtet Jedem von selbst ein.
Mainju kann hier weder als Vocativ, noch als Instrumental singul.,
wie Nerios. thut, gefasst werden, sondern es muss Nora. Acc. Dual,
seyn. Der Dual findet in dem unmittelbar Vorhergehenden, „Lügen-
redncr und Wahrheitredner, Wissender und Unwissender" seine ge-
nügende Erklärung.
V. 13. Ja fraf^a — tajd Nerios.: je pfcchanti prakate puiijena, jo
vd mahdgndnin pfcchati pdpena, die offen nach dem Reinen fragen,
oder wer, grosser Weiser! nach dem Frevel fragt. Fra^d aufperef,
fragen, zurückzuführen, wie Nerios. thut, ist unzuläs.sig (s. zu 30,
9). Das Subject zu peregdite ist Armaitis, die das Subject des un-
mittelbar vorhergehenden Satzes ist ; aber der Instrumental toja,
i. e. cum hac, darf dann, da er nur auf maethd, Wohnung, Ort,
zurückbezogen werden könnte, nicht in seinem instrumentalen Sinn
genommen, sondern muss als Locativ gefasst werden. Vielleicht ist
tajd auch rein adverbial so oder hier. — Mazdd ist hier nicht Vo-
cativ, sondern Neutr. plur. (s. zu 30, 1), und hängt von pere^dite
ab. — Je — bügem Nerios.: jo vd kirhcanena duhkhatvena tau, mnhat
dcdrati ^uddhaje, oder wer durch irgend eine Schlechtigkeit dieses
Grosse vollbringt zum Nutzen. Ajamaite ist ocTü. XsyciJL. Die ihm
hier beigelegte Bedeutung vollbringen kann dem Zusammenhange
nach nicht ganz richtig seyn, da sie zu bügem, Glück, Genuss,
nicht gut passt. Dagegen bietet die sanskritische Wurzel jam in
der Bedeutung geben, gewähren, darreichen, die erwünschteste
Hilfe. Ajamaite ist medium und trägt als solches den Begriff sich
geben, d.i. sich verschaffen. Das Augment scheint auffallend.
Doch kann man die Form als Imperfectum nehmen. — Td — vi^pd
Nerios.: tdu locandbhjdm ekahelajd jydpeshu pari piivjeshu pari pa<;ja
[mdrgeshuca punjeshiica ekahelajd adhipatita (?) ] sarvatraca punar api,
sieh diese zwei mit den Augen, mit Verachtung auf den einen wegen
der Frevel, und auf die Reinen, und (sieh) auch sonst überall herum.
Diese Deutung ist gewiss nicht richtig. Thwi^rd, wofür K. 5, 6.
thwagrd lesen, wird durch e^aÄe/«, was nur Verachtung des einen
oder eine Verachtung heissen kann, übersetzt. Dem Uebersetzer
scheint sonach eine Ableitung von tbish, hassen, oder thwjd, Un-
glück, Elend, thwjä^tema, sehr unglücklich, vorgeschwebt zu
haben. Diese ist aber sowohl der Etymologie als dem Zusammen-
hange nach (namentlich wegen des cashmeng, Augen) unzulässig.
Ich kann das Wort nur als Adjectivbildung der W. tvi^h, glänzen,
ansehen. Cashmeng thwigrd heisst somit: glänzend an Augen
(Accusativ der nähern Bestimmung, d. i. mit glänzenden, hell-
Ha.ug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 13. 14. 143
leuchtenden Augen, was auf Asha, das Subject des Satzes,
worunter wohl nur Ahura-rnazda gemeint ist, besser passt, als du
mit den Augen Hassender. Will man indess der Concinnität
wegen thwigrd nicht als Vocativ, sondern als Accus, neutr. pl. neh-
men, so muss ashd ebenso gefasst werden. Aber dann muss das
Subject aus dem folgenden Verse, Ahura-mazda, ergänzt werden.
Wenn nun auch diese Ergänzung keine Schwierigkeit hat, so bilden
thwigrd und ashd weder so synonyme noch entgegengesetzte Be-
grifife, als dass viel dadurch gewonnen würde. Hdro ist Nerios. ein
Nomen der Bedeutung Sünde, Frevel. Da er J. 44, 2 dasselbe
durch eva swdmi, i. e. sie dominus, deutet, es offenbar mit ahura
verwechselnd, so ist seine eigene Unsicherheit über die wahre Be-
deutung des Worts einleuchtend genug. Keine von diesen beiden
Bedeutungen lässt sich wirklich beweisen. Dass es einer Wurzel
har entstammen müsse, sieht Jeder leicht; aber was diese bedeute
und ob es Nomen oder Verbum sey, kann 4iur eine tiefere Unter-
suchung zeigen. Har entspricht ganz der sanskr. Wurzel sar (sf),
gehen, fliessen, saras ist FIuss, sarasvati die Strömende.
Diese Bedeutungen geben aber keinen irgendwie befriedigenden Sinn.
Zum Glück lässt sich im Zendawesta eine von dieser ursprünglichen
abweichende eigenthümliche Bedeutung nachweisen. Mit nis heisst
Aar deutUch beschützen, behüten. Ja9. 57, 16: nis-haurvaiti —
mazddo ddmcin, er beschützt Mazda's Geschöpfe (von ^raosha), vgl.
J. 58, 4 nisanharatü, er schütze. Häufig wird von dem Genius
^raosha das Substantiv hareta (Thema haretar), Schützer, Hirte,
gebraucht, J. 57, 15: j6 hareta aiwjdkhstacd vt^pajdo fravöis gaetha-
jdo, welcher Schützer und Beschirmer der ganzen Welt ist; 58, 2:
nipdtajaecd nisanharetajaecd harethrdicd aiwjdkhstrdicdj Beschützung
und Beschirmung, Hüter und Wächter; Jt. 10, 103: haretdrem —
aiwjdkhstdrem, von Mithra. Dem hdro der Gdthd's kommt aber hi-
shdro Ja9. 57, 17, wo (J^raosha hishdro ashahe ga^thdo, der die
Besitzthümer der Wirklichkeit Schützende, genannt wird,
am nächsten. Dieses ist nur eine RedupHcation von hdro und regiert
den Accusativ gaethdo, nicht den Genitiv ashahe, wonach es eine
Art Verbaladjectiv ist. An unserer Stelle, sowie in J. 44, 2 hängt
nun kein Accusativ davon ab, sodass wir es füglich in dem Sinne
Hüter, Wächter, nehmen können. Ich dachte lange an eine 2.
Person sing. Aoristi IT., da er an beiden Stellen einen Sinn giebt;
aber eine genauere Betrachtung der Satzstructur hat mich davon
abgebracht. Man vgl. noch die beiden Namen pa^us-haurva, Vieh-
hüter, und vis-haurva, Haushüter, von Hunden im Vendidad ge-
braucht. — Die Präposition aibi gehört beidemal zu vaenahi, man
vgl. für solche Wiederholungen v. 8 hem-hefigrabem, 44, 13 nis —
nis-ndshdma. ^
V. 14. JA zi diti genghaticd Nerios. : jad dgatam djdticd. Ganz
richtig ! — Jdo ishudö — ashaond Nerios. : jo rinam (richtiger fnani)
144 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 14. 15.
dadate ddnebhjah punjdtmane [Hormizddja jathd jugjate ddtum], wel-
cher dein Reingesinnten für die Gaben sich verbindlich macht, näm-
lich dem Ormiizd. Ueber ishudo s. zu 34, 15. Der Genitiv plur.
ddthranäm lässt sich von einem ddthrem == ddtram, Gabe, oder von
ddtar, Geber, ableiten. Nerios. folgt der erstem, ich möchte die
zweite vorziehen. Ashaono und dregvödebjö sind dann Unterabthei-
lungen dieses allgemeinen Begrilfs.
V. 15. Pere^d — hunditi Nerios.: pfcchdmi evam jad vind^anigra-
hüum, je (jo) durgamato (besser durgatimato) rdgjam kurute [kila
pdrthitvam nikrshtebhjo datte^, ich frage so, wie der vom Untergang
gerettet wird, der dem Schlechtgesinnten Herrschaft verleiht (dem
Schlechten die Obermacht giebt). Für mainis liest K. 6. maenis,
K. 4. maenisi, Bf. und Bb. mainjus. Die Abweichungen von K. 4.
und 6. sind rein orthographischer Natur, da ai wohl wie ä ausge-
sprochen und daher leicht mit dem e verwechselt werden konnte.
Mainjus dagegen ist eine blosse Conjectur aus Missverständniss dieses
seltenen Wortes Mainis ist die einzig richtige Lesart. Die ihm von
Nerios. beigelegte Bedeutung vindganigrahitum lässt sich auf keine
Weise rechtfertigen ; er scheint in der zweiten Sylbe nis die Wurzel
na^y vernichten, gesehen zu haben. Man kann es nur "auf man,
denken, zurückführen; an skr. mani, Perle, Edelstein, ist nicht
zu denken. Am nächsten kommt das wedische manishd, Andacht,
Loblied, das gewiss erst aus einem mayiis gebildet ist. (Man vgl.
im Baktrischen tevis und tevishi.^ Dass unserm mainis derselbe Sinn
untergelegt werden kann, wie dem manishd, zeigt die Vergleichung
mit dem vorhergehenden Verse, wo wir das der Bedeutung nach
nahverwandte ishnd an ähnhcher Stelle haben. Legt man dem Wort
die Bedeutung Grund, Ursache, bei, wie ich früher that, so lässt
sich das Folgende nicht gut erklären. Vgl. 44, 19. — Hmiditi über-
setzt Nerios. dem Sinne nach richtig durch kurute, datte. Es steht in
deutlichem Gegensatz zudem vinagti, schaden, vernichten, des
folgenden Satzes und heisst eigentlich hervorbringen, erzeugen
(von SU, gignere, nicht von su-nu, den Soma auspressen), dann in wei-
terem Sinne verleihen. Der, welcher dem Bösen Macht ver-
leiht, kann nur Aiiro mainjus seyn. — Dus-skjaothandi — vina^ti Ner. :
dush-karmd svdmin jasmäd na givitam lairicajd ^} ^pi lahfiate [asduca
jah lamcdja cdram daddti tasjdpi givitam na tena vimumcati], der
Schlechthandelnde, Herr! gewinnt daher sein Leben auch durch Be-
trug nicht [und der, welcher dem Betrug (Betrüger) Folge leistet,
errettet dadurch sein Leben nicht]. Dus-skjaothandi ist hier fälsch-
^ '^) Wohl ungenau geschrieben. Es lässt sich nur von lämch, mit einem
Zeichen, einer Marke versehen, ableiten. JDa aber laksha, das
jedenfalls mit dieser Wurzel zusammenhängt, ausser Zeichen auch Be-
trug heisst, so mochte ich dem lamca oder larhcä hier dieselbe Bedeutung
beilegen, weil sie durch den Zusammenhang gefordert zu seyn scheint.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 31, 15. 145
lieh aufye — vind^ti bezogen, was ganz gegen den Sinn ist; man
muss es zum Vorigen ziehen und mit dregväite verbinden. Denn
der ^e noit vmd^U, „der nicht vernichtet", ist Ahura-mazda selbst.
So bildende — hunäitt und je vinä^ti Gegensätze, ohne äusserlich
durch vd oder eine ähnliche Partikel angedeutet zu se)'n; man vgl.
30, 5. Hanare und vind^ti sind von Nerios. sicher falsch gedeutet;
das erstere kann nicht Zeichen oder Betrug, das letztere nicht
ergreifen, fassen, heissen. Am nächsten liegt die Wurzel han
= san, spenden, wovon es eine Neutralbildung durch are seyn
kann (man vgl. vadare mit skr. vadhas, amire mit amis etc.), sodass
es Spende, Gabe, bedeutet. Im Weda entspricht sanas, Gabe
(Rv. I, 30, 16. VII, 56, 8.) vollständig. Diese Bedeutung giebt
nun zwar 47, 5 hanare thwahmdt zaoshdt dregvdo hakhshaiti, „der
Lügner verschwendet die Gabe deiner Gnade", einen sehr guten Sinn ;
aber mit dem Zusammenhange unserer Stelle will sie sich nicht gut
vertragen. Man muss von der speziellen Bedeutung Spende ab-
sehen und ihm die allgemeinere Ding, Sache, welche Begriffe ja
immer erst aus ganz speziellen entstanden sind , beilegen. So ist
es nur ein nachdrückUches etwas, quelque chose, in Verbindung
mit der Negation nichts, gar nichts, wörthch: nicht eine Gabe,
nicht ein Ding. Dass vindgti nicht fassen, nehmen, sondern
vernichten bedeutet, bedarf keines weitern Beweises, man vergl.
Jt. 3, 17. — Vdgtrjehjä — adru^jurtto Nerios.: kartdramca kadarthafh
jati(?J pagündm mrdndmca vjddhitdram; [küa jah pratijatnamanushjd-
ndm gopagündm jdcamtam (?) jiigjaie kartum im bddhate^. Dem
aenankö entspricht in der Uebersetzung kadarthaih Jdti; wie diess
aus dem so bekannten Wort herausgedeutet werden konnte, begreife
ich nicht. Es hat auch hier seine gewöhnliche Bedeutung Scha-
den, Verderben. Der Genitiv lässt sich syntaktisch nicht gut
erklären; ich nehme daher aenanho als Ablativ, was es ebenso gut
seyn kann, und verbinde es mit pa^eus vhdatcd, wegen des Scha-
dens an Vieh und Menschen. Das letzte Wort adrugajafitd ist Ge-
nitiv sing, und mit vd^trje/ijd zu verbinden. Als Nom. plur. lässt
es sich nicht fassen, da dieser auf kein anderes Wort im Satze be-
zogen werden könnte. In der Schreibung dieses Worts schwanken
die Mss. ; adriigjantu haben K. 11, P. 6, Bf. und Bb.; adrugajanto
K. 6; adregajantü K. 5; ddrugjanto K. 4. 9. Für die Lesung mit
anlautendem kurzem a sind die meisten, für « nur zwei; erstere
ist daher beglaubigter und giebt auch einen bessern Sinn. Aber
liier fragt es sich, ob adrugja/lto oder adru^ajardo gelesen werden
soll. Die erstere Lesung setzt die Flexion der Wurzel dru^ == drah
nach der 4. Conjugation mit ja voraus, nach der zweiten ist es ein
Denominativ von drakhs. Im Baktrischen wird aber drug, druz nicht
nach der 4., sondern nach der 6. Conjugation flectirt, druzeiiti Jt.
10, 45. druzdoräi Jt. 5, 90. Wenn nun im Sanskrit die Wurzel
auch nach der 4. Conj. flectirt wird, so ist diess noch kein Beweis
Abhandl. der DMG. I, ,3. ^ 10
146 Hang, die Gäthas des Zarathusira. I. Cap. 31, 15 — 17.
für (las Vorkomiuen dieser Bildimgsweise im Baktrischen. Das adii-
ru^ja (er log) der ersten Keilschriftgattnng beweist nichts, da die-
ses ebenso gut (und ich glaube richtiger) auch adurugaja gelesen
werden kann. Daher halte ich es für das Beste, die Lesart aduru-
giijaiito anzunehmen. Nur so bekommen wir auch den passendsten
Sinn: „nicht die Lüge verehrend", d. i. nicht den Ahriman an-
betend, der ganz ungezwungen ans der denominativen Bedeutung
fliesst.
V. 16. Die Relativsätze juihd-.^ jadd-, jd-skjaothna^cä hängen
alle gleichmässig von dem Hauptsatze: das will ich fragen, ab.
Der erste fragt nach der Persönlichkeit und den Umständen dessen,
der die Wahrheit befördert, der zweite nach Zeit und Ort (beides
liegt in jndd) seines Wirkens, und der dritte nach seinen Thaten.
Für ja skjaothana^cd y wie Westerg. schreibt, muss jd-skjaothanagcd
geschrieben werden, da ja sonst nicht erklärt werden könnte, weil
skjaothana kein Verbum ist und im Vorangegangenen sich keine Be-
ziehung fände. Daher ist es das Einfachste, jd mit skjaothana^cd
zu einem Compositum, „welche Handlungen habend", d. i. was
thuend, zu verbinden. Man vergl. jdvareno , welches Glaubens,
von ja -\~ varena Ja^, 12, 7. — Khshathrem kann nicht als Accus,
von a^perezatd abhängig gemacht werden, wie ich lange that und
wie es auf den ersten Blick sehr wahrscheinlich ist, sondern es ist
Nominativ und Subject des ganzen Satzes, und gehört zu huddnus.
Wenn diese Fassung bei der Verschiedenheit des Genus von khsha-
threm (neutr.) und huddnus (masc.) auch auffallend erscheint , so
spricht nicht nur 44 , 9 : huddnaos — hhshathrahjd entschieden für
diese Verbindung, sondern sie lässt sich auch als eine constructio
ad sensum leicht erklären. Khshathrem , Herrschaft, steht für
Herrscher. Der Dativ ashd-fradathdi ist unmittelbar von agpere-
zatd abhängig. Auch im Weda, wie im spätem Sanskrit, wird das
dem ^perez vollkommen entsprechende sprh, streben, trachten,
mit dem Dativ verbunden, s. Rv. I, 41, 9: na duruktdja sprhajety
nicht trachte er nach Schmähung.
V. 17. Dieser Vers enthält ebenfalls eine Frage, wenn auch
das tat thwd pere^d fehlt; sie ist durch katdrem == TTOTspov einge-
leitet. Den ganzen Vers hat bereits Benfey, Weitere Beiträge zur
Erklärung des Zend, Göttingeu 1852 — 53, S. 55 fg. besprochen.
Die dem verenoaite beigelegte Bedeutung wählen ist nicht stichhal-
tig-, denn in dieser hat die Wurzel vare nicht das Anhängsel nu,
vgl. varatd 30, 5. vereiidtd 30, 6. Aber die gewöhnliche, dem vere-
nu in den spätem Schriften beigelegte Bedeutung bedecken, ver-
hüllen (Ja9. 9, 28 vom Gesicht oder Verstand, Vend. 5, 24 aiwi-
verenvaiti, überdecken, überragen, Jt. 14, 41 pairi-verenvaiti,
ringsum bedecken, von Wolken), sowie die übertragene be-
schlafen (Vend. J.8, 41. 47) und schwanger werden (Jt. 13
Hmig, die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 17. 18. 147
15) giebt hier noch viel weniger einen Sinn, als die von wählen.
AVir müssen unsere Zuflucht zu der ganz nahverwandten ersten
Keilschriftsprache nehmen, wo waru-nit lehren, unterweisen
heisst. Diese Bedeutung, der die Nerios. Uebersetzung prabodha-
jati, benachrichtigen, erinnern, nahe kommt, giebt in unserer
Stelle den besten Sinn, namentlich da es sich hier um die Lehren
des Wahrhaftigen !md des Lügners handelt, man vgl. den ersten
Vers. — Das älZ. Xs^opi. aipidebdvajat erklärt Bcnfey (S. 56) als
„Denominativ, ausgehend von der schwächsten Form des Ptc. Pf.
red. von dambh, skr. debhiis'-^ und legt ihm die Bedeutung trügen
bei. So scharfsinnig diese Erklärung auch ist, die ich lange für
vollkommen richtig hielt, so lassen sich doch gewichtige Bedenken
gegen sie erheben. Die Wurzel dabh, dambh, wird nämlich im Bak-
trischen zu dab und deb, aber nicht zu deb. Bf. und Bb. lesen zwar
deb, aber diess ist eine offenbare Nachlässigkeit; die bessern Mss.
haben deb oder dib. Da dieses e meist aus i entstanden ist , so
werden wir gut thun, letztern Vocal bei der Ableitung zu Grunde
zu legen; man vgl. adenabdogca für adin'^ J. 44, 4. Der diesem
angenommenen Denominativ unterlegte Sinn trügen genügt nicht,
da hier von keinem Betrügen die Rede ist. Mä aipidkbdvajat
steht den> mraotü, er sage, ebenso parallel, wie evid-vdu, der Un-
wissende, dem vid-vdo oder Wissenden. Das Gegentheil von
sagen , reden , laut verkündigen , ist nichtsagen oder
schweigen, verheimlichen. Und diese Bedeutung ergiebt sich
ganz ungezwungen auf etymologischem Wege, wenn man das Wort
in aipide und bdvajat zerlegt. Ersteres entspricht ganz dem wedi-
schen apidhi, Bedeckung, Verhüllung {dhd -f- api, verbergen);
letzteres ist das Causativum von bu, seyn; das Ganze heisst dem-
nach: machen, das» eine Verbergung ist, d. i. verborgen
machen, verborgen halten. Nerios. Uebersetzung des Wortes
ist mir rein unverständlich, wesswegen ich sie übergehe. — Die Er-
klärung des zdi als gleichbedeutend mit skr. edhi, sey, ist vollkom-
men richtig und macht Benfey's Scharfsinn alle Ehre. Nerios. hat
vigndpaja, erkenne; er leitete es gewiss von sa?i, erkennen,
wissen, ab. Nach dieser Ableitung scheinen auch Emendationen
gemacht zu seyn. Bb. und Bf. haben zddi; aber diese Lesung ist
weniger gut beglaubigt und giebt keinen haltbaren Siim. Was soll :
erkenne uns! hier heissen'? — Fradakhstd giebt Nerios. durch
pracihnaja, bezeichne, mache ein Zeichen. Benfey identifizirt
es mit einem angenommenen skr. pradashtf von der Wurzel daki,h,
s. weiter zu 34, 6.
V. 18. Azi Nerios.: sa jatah Agmogah. Nach dieser Ueber-
setzimg vermuthet man hier den Namen eines bösen Geistes; die-
ser Vermuthung scheint das wirkliche Vorkommen eines Dämons dzis
Vend. 18, 21. 22. Jai;. 16, 10. Jt. 18, 1 (neupers. dx, Verlan-
10*
148 Hmig, die Gdthus des Zarathustra. I. Cap. 31> 18. 19.
gen, böse Lust) noch zu Hilfe zu kommen. Dessenungeachtet
müssen wir sie zurückweisen , da einerseits das hier nothwendige
Nominativzeichen s fehlt, andererseits der Zusammenhang mit dem
vorhergehenden Satze gestört würde. Unser äzt ist vielmehr in ä
und ZI aufzulösen; auch hieran scheint Nerios. gedacht zu haben,
denn das jatah entspricht gewöhnlich dem zi. Die Präposition d
gehört zum Verbum dddt; sie ist demnach, wie so oft, zweimal ge-
setzt. Sehr viel Aehnlichkeit mit unserer Stelle hat Visp. 11, 12:
daf dis dvaedhajdmahi ameshaeibjö ^pentaeihjo hukhshathraeibjo hu-
dhdobjo javaegibjo javae^ubjo joi vohu joi vohunäm ddtäru joi vanheus
d manahho skjeinti [vanheus d zi d mananhv skjeinti joi ameshdo
^penta hukhshathra huddonho adhdt mdta adhdt büta haca vanhaot
mananhat], dann weihen wir sie (den Haoma, den h. Baum) den
Arne s h a- ^petita' s, den gutherrschenden, gutschaffenden, den immer
siegenden, immer hilfreichen^ welche gut sind, den Schöpfern der
guten Dinge, die von guter Gesinnung sind [von guter Gesinnung
nämlich sind die Ameska - (^penta's , die gutherrschenden , die Gutes
thuenden, sowohl von Natur als durch den guten Geist so gewor-
den]. Hier haben mehrere Mss., wie Bf. und Bb., az?, andere, wie
K. T'*, K. 11. dzjd. Westerg. hat — ich weiss nicht, ob auf hand-
schriftHche Autorität hin — mit vollem Recht getrennt. Der Satz, in
dem zi hier steht, ist eine erklärende Note (Päzend). — Dusitdäd ist
wegen seiner engen Verbindung mit marakaecd als Dativ zu fassen,
für dusitdicd mit unterdrücktem i stehend. — Athd — piaithishd
Nerios. : piddhajeca sdmgastrdm tebhjo dracajata , und zum Heile
bereitet ihnen die Ermordung durchs Schwert , d. h. die Daeva's
sollen zum Heile der Schöpfung durchs Schwert vertilgt werden.
Dem Imperativ (2. plur. med., vgl. gushodum J. 45, 1) soll dra-
cajata, ordnet an, entsprechen. Dieser Uebersetzung liegt aber
eine Verwechslung der beiden Wurzeln fad, zufallen, passen,
sich schicken, und ^dd, vernichten, wovon das häufige ^ddrd,
zu Grunde. Der Sinn ist indess im Allgemeinen richtig ange-
geben.
V. 19. Güstd Nerios.: grotavjam; kila adhjajanam tasmdt kdrjam,
i. e. audiendum est, d. h. hievon soll man lernen. Nerios. fasst
demnach güstd als ein Part. fut. pass., was es aber der Form nach
nicht seyn kann. Wir haben nur die Wahl zwischen dem Partie,
pass. und der 3. Person Imperf. medii. Letztere Fassung ist wegen
md güstd im vorigen Verse vorzuziehen. — Je mantd-ahurd Nerios. :
jah pramdnam bhiwanadvajor api vetti Hormizdijam^ der das Ormuzdi-
sche Gesetz für beide Welten kennt. Für ahübis, wie Westergaard
corrigirt, lesen die Mss. sämmtHch ahüm bis, gerade wie 44, 16,
wo nur K. 5. ahü bis schreibt. Die Lesart der Mss, Hesse sich zwar
rechtfertigen, aber die Emendation Westergaard's ist so einfach und
giebt einen leicht verständlichen Sinn , dass ich sie aufzunehmen
nicht beanstande. Wollte man die der Mss. beibehalten, so müsste
Haug, die Gdthd\s des Zarathustra. L Cap. 31, 19. 20. 149
der Accnsativ ahüm von vidvdo abhängig gemacht und bis als Zahl-
adverbium zweimal, wie es sich einigemal im Vend. findet, genom-
men werden, sodass sich der Sinn ergäbe, „der das Leben zwei-
fach Kennende", das hiesse entweder: der das Leben als ein zwei-
faches kennt, oder: der das Leben auf doppelte Weise kennt. Aber
eine solche Ausdrucksweise ist zu dunkel und unbestimmt, als dass
wir sie an dieser Stelle zulassen können. Das durch leichte Emen-
dation gewonnene ahiibis ist indess nicht als Instrumental plur., son-
dern als Instr. dualis anzusehen, obschon die Endung bis eigentlich
dem Plural zukommt. Wir haben zu dieser Annahme um so eher
Grund, als in den Gdiha's nie von mehr als zwei Leben, dem irdi-
schen und geistigen, die Rede ist und der Dativ plur. bjd in der
Verbindung uboibjd a/iubjd , den beiden Leben (Ja^. 35, 3. 8.
38, 3) gebraucht wird. Die verderbte Texteslesart ahum bis ist
aus ahübis wahrscheinlich so entstanden : Beim Recitiren ruhte die
Stimme auf u, das dann (gegen ahiibjd) zu u gedehnt wurde; die
ganz verhallende Endung bis konnte so leicht abfallen. So wurde
zunächst ahu bis, wie der alte Kopenhagener Codex 5 in 44, 16
wirkHch hat. Dieses wurde gewiss, die beiden Leben (altü ist
Nom. Acc. dual.) zweimal, verstanden. Da auf diese Weise der
Begriflf beide Leben doppelt ausgedrückt war, so suchte man
diess durch Veränderung des ahü in den Acc, sing, ahüm zu ver-
meiden, was um so näher lag, als in unserer Stelle der Acc. ashem
unmittelbar vorhergeht, in 44, 16 unmittelbar ratüm folgt. Syn-
taktisch muss ahübis enge mit ashem verbunden werden, wie raocebis
mit roithwen v. 7, also die Wahrheit mit beiden Leben, d. i.
die Wahrheit, dass zwei Leben sind und fortdauern. — Der Dativ
erezukhdfidi muss auf gustd bezogen werden, „er höre auf das Wahr-
gesprochene", nicht etwa auf hizm-va^o. Dieses ist eng mit khsha-
jamano zu verbinden, man vgl. va^-khshajä^ 43, 1. Ueber den
Schlusssatz s. zu v. 3.
V. 20. Für djat, wie Westerg. nach K. 5, 4, 9 schreibt, ist
mit den meisten andern Codd. ddjat zu lesen. Behält man djat
bei, so sind die beiden Accusative ashavanem divamnem nicht zu er-
klären. Diese beiden Wörter sind Gegensätze, aber ganz unver-
bunden neben einander gestellt, sodass djat, kommen, eigentlich
auf beide bezogen werden müsste, was einen dem ganzen Zusam-
menhang, namentlich dem dritten GHede Um vdo, widerstreitenden
Sinn geben würde. Die einzige Möglichkeit, die Lesart dfat beizu-
behalten , wäre, es mit divamnem zu einem neuen VerbalbegrifF,
„zum Betrügen kommen", d. i. betrügen, zu verbinden. Eine
ähnliche Fassung finden wir bei Nerios., der pratdrajati, betrügen,
für djat, an der Stelle des divamnem aber chadma^ Decke, Ver-
hüllung, hat. Aber diese Verbindung, wenn auch an sich leicht
denkbar, hat grammatische Schwierigkeiten. Divamnem ist Accnsa-
tiv des Part. med. von div , spielen, betrügen, dieses könnte
150 Haug, die Gdthus des Zarathustra. I. Cap. 31, 20.
aber, genau genommen, nur zum Betrügenden kommen, aber
nicht zu betrügen kommen heissen. Sollte diese Lesung einen
guten Sinn geben , so müsste der Accusativ ashavanem in seinen
Nomin. ashavd umgeändert werden, „welcher Wahrhaftige (Fromme)
zum Betrügenden kommt"; aber eine solche Aenderung ist gegen
alle handschrifthche Autorität. Um diesen Uebelständen zu entgehen,
entschloss ich mich , die Lesart ddjat aufzunehmen , von dem die
beiden Accusative im Sinne „machen zu" abhängen können, „wer
den Wahrhaftigen zum Betrügenden oder zum Devaanbeter macht".
Nach je lesen P. 6. und Bb. noch das Pronomen ?, Bf. hat dafür c.
Dieses ist schwerlich eine blosse Zuthat der Schreiber dieser Codd.,
sondern es stand wohl in irgend einem altern Manuscript; vielleicht
dachte man an das je t ddjdt 29, 7. Da es aber für den Sinn
nicht nothwendig ist, so habe ich es auch nicht in den Text auf-
genommen. — Hui aparem khshajo Nerios.: ta^a jxigcat astu. Dem
aparem entspricht pa^cdt, nachher, hinterher. Diese Bedeutung
kann dem Worte nach dem Sanskrit und nach Analogie des Super-
lativs apema, der letzte, beigelegt werden. Aber vaqe-khshajä<^
43, 1, das Eigene besitzend oder beherrschend, khshajamann
hizvo-vagu, Zungenfreiheit habend v. 19 unsers Capitels, khsha-
jamanefif^ va^o 32, 15 und andere Verbindungen der Art (siehe s. v.
va^o) führen, da diese offenbar einen Gegensatz haben müssen, auf
eine andere Bedeutung. Aparem bildet den Gegensatz des va^o,
des Freien, Eigenen, Selbstständigen, und heisst das An-
dere, Fremde. Dass dem apara wirklich diese Bedeutung im
Iranischen zukomme, zeigen Stellen wie Jt. 10, 125 und das Pär-
sische aware, andere, Pehlewi apanik oder aparik. Syntaktisch ist
aparem entweder das Subject zu khshajo, wobei die Copula ergänzt
werden muss, „das Andere, Fremde ist sein Besitz" (nicht das
Eigene mehr), oder es ist Adjectiv zu khshajo, in welchem Falle
dieses Neutrum ist. Letzteres ist der Concinnität wegen vorzu-
ziehen. — Avaetd^ erklärt Nerios. (die eigentliche Uebersetzung des
Worts ist nicht gut lesbar) durch: anjd jd me prdptir asti, was mir
sonst zu Theil wird, im Ganzen richtig, da diese auf den ersten
Anblick monströse Form in ava -|- ita -\- «f (s. v. i) aufzulösen ist
und den einfachen Sinn hat: zugefallen, zu Theil geworden
ist, eigentl. hinzugekommen. Ueber diese Bedeutung des i-\-ava
s. das Petersburger Sanskrit-Wörterbuch, I, 762. — Für dusqare-
them hat Nerios. duh - khddanam , schlechte Nahrung, indem er
der gewöhnlichen Bedeutung des qaretha als Speise folgt. Aber
dieses verträgt sich nicht mit dem Zusammenhange; denn das fol-
gende vacö, Wort, wäre dann ganz isolirt, was um so weniger zu-
lässig ist, als avaetdg nicht gut anders als auf die eben angegebene
Weise erklärt und vaco nicht mit dem folgenden Satz verbunden
werden kann. Auch die Stelle 53, 6: beredubjo dusqarethem nä^at
qdthrem spricht gegen die gewöhnliche Bedeutung, da sie nicht
heissen kann: „den schlechte Speise Bringenden vernichtet er das
Hau{^j die Gdthan des Zarathustia. I. Cap. 31, 20. 21. 151
eigene Feuer". Das dem Sinne nach entsprechende akdis qarethdis
49, 11 hat ebenfalls diese Bedeutung nicht. An allen diesen Stel-
len müssen wir eine Ableitung von der Wurzel qar = svar , glän-
zen, wovon qarenanh , Glanz, statt von qnr, neupersisch qurdan,
essen, annehmen. Wie leicht diese beiden Bedeutungen schon zur
Zeit, als das Baktrische noch blühte, verwechselt werden konnten,
zeigt die erklärende Umschreibung des qairjeUi aus einem alten Jima-
liede Vend. 2, 26 (wo die Goldfarbe unvergänglich glänzt)
in den Jeschts durch qairjdn qarethem agjamiiem 13, 50. 73. 15, 16,
sie sollen unvergängliche Speise geniessen, wiedergegeben.
Qaretha heisst nach dieser Ableitung das Glänzen, Leuchten,
die Leuchte, sodass dus-qaretha eine schlechte Leuchte oder
Finsterniss, Dunkelheit bedeutet. Dusqaretha temahho ist der
Finsterniss Dunkelheit. Unser dus-qarethem steht aber wohl für dus~
qarethim == dusqarethjem und ist somit ein Adj. neutr., das zu vacu
gehört. Der Finsterniss schlechtleuchtendes Wort kann
nur die Lehre der Lügner seyn , die das Licht zu scheuen hat.
Einen etwas bessern Sinn, wenigstens für unsere Stelle, würde die
Ableitung von svar , tönen, svara, Laut, geben, aber diese Be-
deutung lässt sich im Baktrischen nicht belegen. — Tem — naeshat
Nerios. : tarn vo bhuvanam durgamatiiah karmdni Jtig-dni dini^ca najaii.
Dem dregvanto muss hier sein ursprünglich partieipialer Sinn gegeben
werden: trügend, betrügend, da sonst der Accusativ ahüin
nicht zu erklären wäre. Ausserdem ist es nicht Nom. plur., son-
dern Accus, plur., und wird von naeshat regiert. Dieses Verbum
ist gewiss keine Bildung der Wurzel ni, führen, wie Nerios. an-
nimmt, da sie, wenn auch grammatisch erklärbar, nur einen unpas-
senden Sinn geben würde, sondern es ist auf skr. nig , reinigen,
läutern, eigentl. putzen, davon 7ieshtar, Reiniger des Feuers,
im Weda, zurückzuführen. In dieser Bedeutung ist diese Wurzel dem
Baktrischen, in dem sie zu niz, niz geworden ist, nur noch in dem
Nomen naenae^tdro, Reiniger, J. 35, 2 bekannt. Naeza Jt. 14,
33- 16, 13 dagegen ist Stachel, Speer, vgl. neupers. niz dass.
Das Intensitiv naenizaiti Jt. 8, 43 heisst ausrotten, vernichten.
Der Uebergang des Begriffs reinigen, läutern, in den von
wegputzen, vernichten, ist einleuchtend; man vgl. qn, weg-
nehmen, läutern und vernichten. Auffallend könnte bei un-
serem naeshat nur das sh für z seyn. Diess lässt sich aber einfach
erklären, wenn man annimmt, es sey Aorist und stehe für fiaekhshut,
wogegen sich grammatisch nichts einwenden lässt.
V. 21. Burois H aihaqjdcd Nerios.: painatcam inuijdtmane, Fülle
dem Reingesiunten. Dass bürCis (Gen.) mit dem wedischen bhüriy
viel, identisch ist, leuchtet ein. Aber hier kann es nicht in ad-
jectivischem Sinne, sondern uniss wegen des c« als Substantiv ge-
fasst werden, wie Wäri in J. 40, 1. Ich lege ihm die Bedeutung
Fülle, Menge, bei, die leicht in die von Grösse übergehen
152 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 31, 21.
kann. Dem Sinne nach sind die Worte noch zum Vorhergehenden
zu ziehen: ., Gesundheit und UnsterbHchkeit in Fülle und Dauer".
— Quqaithjdt — ^aru Nerios.: nigaprabhiitvam rä^d adhipaljena [jah
pdrthüvam dde^ena dcdrjdnam datte] , i. e. proprium regnum rex
maximo imperio, d. i. der die Herrschaft nach Anweisung der Leh-
rer verleiht. Die Uebersetzung des qdpaühjdt durch nigaprahhutvam^
eigene Herrschaft, beruht auf der Ableitung des Wortes von
qa==sva und jmiti, Herr. Aber diese so nahe liegende Deutung,
obschon sie nicht geradezu dem Sinn des Verses widerspricht, wird
verdächtig, wenn man die Parallelstellen Jt. 5, 62. 63. 65: nmdnem
Jim qdpaithhi vergleicht. Hier ist es der Name eines Ortes oder
einer Wohnung, um dessen baldige Erreichung der Held Vafro na-
vdzi) die Andhita bittet. Er wird als fest (dru) und sicher (airista)
beschrieben. Auf diese passt die Deutung „eigene Herrschaft"
schlechterdings nicht. Eher ginge die Ableitung von path , Weg,
Pfad, „die eigene Wege hat", was sich begreift, wenn man be-
denkt, welch hoher Werth den Wegen in dem Zendawesta beigelegt
wird, man vgl. Jt. 16, 3 pantdno qdpaiihina, „Wege mit eigenem
(von selbst entstandenem) Geleise", neben qaraju qdtacina, „von
selbst gehende (fiiessende) Berge". Auch grammatisch lässt sich
dieses paitMm aus path erklären, wenn man das wedische pathjd^
Weg (Rv. VII, 7, 2. 67, 3: pathjdbih, III, 12, 7: rtasja pathjdh
anu, auf den Wegen der Wahrheit, III, 14, 3: vdtasja pathjdbhih^
64:, 5) neben pathin in Erwägung zieht. Dessenungeachtet muss
ich auch diese Erklärung fallen lassen , da sie für unsere Stelle
wenigstens unpassend ist, und zwei qdpaithja mit verschiedener Be-
deutung sind ohne triftige Gründe nicht anzunehmen. Das Sicherste
scheint mir, qdpaithja mit dem wedischen svapafja zusammenzubrin-
gen , dem es lautlich bis auf das d vollständig entspricht. Dieses
macht aber keine Schwierigkeit, da die beiden baktrischen Dialekte
öfter Vocaldehnungen zeigen, man vgl. ^pitdma für ^pitama^ und im
spätem qdtacina für qatacina. Jenes wedische Wort wird in den
Padatexten in su-apatja abgetheilt und von den Scholiasten danach
als gute Nachkommenschaft erklärt. Diese Deutung ist auch
in der Hauptsache richtig; III, 16, 1: rdjah i<^e svapatjasja gomatah,
kinderreicher, kuhreicher Besitz; VII, 1, 5: rajim suviram
svapatjam, männerreicher, kinderreicher Besitz; VII, 1, 12:
jagnam pragdvantam svapatjam, Opfer für Nachkommenschaft und
Kinderreichthum, vgl. 11, 9, 5. 2, 12 in ähnlichen Verbindungen.
Hier erscheint es in adjectivischem Sinn. In I, 72, 9: d je vi^vd
svapatjdni tasthuh kfnvdndso amrtatvdja gdtum, die im Besitz aller
Svapatja's stehen, bahnend den Pfad zur Unsterblichkeit (die Göt-
ter, der Aditi Söhne), ist es Substantiv und hat die allgemeinere
Bedeutung Reichthümer, Güter. Diese Wedastelle hat eine auf-
fallende Aehnlichkeit mit der unsern; daher nehme ich gar keinen
Anstand, unserm qdpaithja dieselbe Bedeutung, wie dem svapatja
beizulegen. Dort schaffen die Götter die Unsterblichkeit aus der
Haag, die Gdthd's des Zarathudra. I. Cap. 31, 21. 22. 153
Fülle ihrer Güter und Kräfte, hier schafft sie Mazda ans der Fülle
seiner Macht; denn der Ablativ qdpaithjdt ist mit daddt, er schuf
(aus) zu verbinden. Durch diese Erklärung erhält auch jene oben
angeführte mythologische Stelle der Jeschts einen klaren Sinn. Der
Held Vafro Naväza strebt nach dem Schatzhause Mazda's, wo alle
Kräfte und Gaben vereinigt sich finden , zu gelangen. Diess ist
der nmdna qdpaühja. — Bei ^aro denkt jeder leicht an das neu-
persische sar , Haupt. Aber diese Bedeutung giebt an keiner
Stelle der altern baktrischen Schriftüberreste einen erträglichen
Sinn. Neriosengh hat adhipatja , Oberherrschaft, woraus zu
schliessen ist, dass er, wenn er an sar , Haupt, dachte, dieses
nur in einer übertragenen Bedeutung verstanden hat. Aber auch
dieser Sinn ist, obgleich er dem Zusammenhange unserer Stelle
nicht widerstreitet, unzulässig, da er in die übrigen desto weniger
passt. J. 35, 8 steht dem ashahjd ^aire ein ashahja verezene, beim
(im) Vollbringen des Wahren, parallel; 41, 6: tat upd-gam-
jdrna tavaca qarem ashaqjdcd vi^pdo jave , wir wollen zu deiner und
der AVahrheit (J^ara für immer kommen. Hier heisst es deutlich
Schutz, Schirm, welche Bedeutung überall passt; das wedische
^nrma, Schutz, kommt ihm am nächsten, da es von derselben
Wurzel frtr (s. zu 29, 3) nur mit einem andern Suffix (ma) gebildet
ist. Aus den eben angeführteiwSteJlen hat sich in der spätem
Sprache ein Adj. asha-^ara Jt. 11, 4, die Wahrheit schützend,
gebildet. — Vazdvare giebt Nerios. durch ptvaratvam, Fettigkeit,
Grösse, und erläutert es durch prasddam, Gunst. So sonderbar
und für unsere Stelle unpassend diese Uebersetzung auch erscheint,
so entbehrt sie doch nicht allen Grundes. Jt. 14, 29. 31. 33. 16,
9 finden sich nämlich die stehenden Redensarten : tanvo vi^jmjdo
drvatdtem tanvo vtgpajdo vazdvare, wo es dem drvatdt, Festigkeit,
Gesundheit, parallel steht, vom Körper ausgesagt ist und gewiss
so viel als Wohl oder Wohlergehen bedeutet. Unserer Stelle
viel näher kommt Vend. 9, 44 : di<^jdt ahmdi naire avat mizdem paro-
a^ndi anuhe vazdvare vahistahe anheus, er zeige diesem Manne als
Lohn für das frühere Leben den Besitz (oder Genuss) des besten
Lebens. Ableiten können wir das Wort nur von der Wurzel vid,
gewinnen, erlangen; vazd entspricht ganz dem ved in ved-as,
Habe, Besitz, vare ist ein Abstractsuffix und steht für ein skr.
vas, man vgl. da^mre. So heisst es eigentl. Besitzthum, Habe,
Wohlstand. — ^^ ß sich nicht auf ahtird mazddo zurückbeziehen
kann, so muss davor ein ahmdi, diesem, ergänzt werden. Afmra-
mazda giebt dem Menschen, der sein Freund ist, Unsterblichkeit
und Besitz des guten Geistes.
V. 22. Cithrd — mnnanhd Nerios.: prakatatvam tena dvajena
uttamagfidnino jathd [ihalokena paralokena] prabodham daddti manma-
teca [jathd svdminah dde<^ah]. Die einzelnen Worte dieser Ueber-
setzung sind wohl verständlich, aber der Sinn des Ganzen ist nicht
^
i
154 Haugy die Gdthd's des Zarathustra. I, Cap. 31, 22.
recht klar. C'ithrd ist nicht unrichtig durch pra/cafafvam^ Deutlich-
keit, Offenbarung, wiedergegeben (nur ist es ein Adjectiv, s.
d. Gl.); aber das Pronomen i kann gewiss nicht durch diese bei-
den, d.i. dieses und jenes Leben, heissen, da es weder Dual noch
instrumental, sondern ein einfaches Enklitikum zu dem cithrd ist. —
Vohü ist nicht mit mananhd , sondern mit vaedemndi zu verbinden,
weil dieses sonst kein Object hätte. Nerios. verbindet es gewiss
unrichtig mit khshathrd und übersetzt vohn — hapU so: uttamah sa-
rdgd punjavacasi harmavica vilohajata [kiiruhca jat saddcdntaram\
den besten König sieht man im reinen Wort und in der That. Die
il^m hapti beigelegte Bedeutung erblicken, sehen, ist nicht stich-
haltig und steht in offenbarem Widerspruch mit der dem hafshi 43,
4 (von der gleichen Wurzel) gegebenen sahdjitavdn asi, du hast
begleitet. Letztere kommt indess der Wahrheit viel näher, da
in der Wurzel hap nur das sanskritische sap, folgen, beglei-
ten, verehren, erkannt werden kann. Dem aahem hapti ent-
spricht lautlich wie der Bedeutung nach das wedische rtam sapan-
iah (Rv. I, 68, 2), das Wahre verehrend, pflegend, vergl.
I, 67, 4. II, 11, 12. Auffallend ist nur, dass hap nach der binde-
vocallosen, sap nach der bindevocalischen Conjugation flectirt wird.
Desshalb dürfen wir aber von der verbalen Fassung des Worts nicht
abgehen, denn das Substant. j^apü, Gespann, Genossenschaft
(Rv. I, 47, 8. 61, 5. 85, 1. uTfu 7. III, 22, 1. VII, 43, 2 etc.)
gäbe nur einen ganz erzwungenen Sinn. — Hvo — a^U's Nerios.:
sa te mahdgndnin svdmin mitram asH niveditatamih [tvdm eva vapushi
ni^a ahhjdgatam kariite], der ist, grosser Weiser! Herr! mit darge-
brachtem Körper dein Freund [dich lässt er in den eigenen Körper
eindringen]. Der Sinn von Nerios. 's Worten scheint mystisch zu
seyn. Die völlige Hingabe des Körpers an den höchsten Gott, d. h.
seine völlige Reinigung von allem Bösen ist wohl darunter gemeint.
Ob a^tis hier Körper bedeutet, wie in andern Stellen (namentlich
bekannt in dem Dat. instr. azdebis), könnte zuerst bezweifelt wer-
den; aber da sich diese Bedeutung auch sicher in den Gdthd's 46,
II. 49, 11, wo es in deutlichem Gegensatz zu urvd, Seele, steht,
nachweisen lässt, so gewinnt sie auch an unserer Stelle an Wahr-
scheinlichkeit, wenn wir nicht agtis in a -f- ^ h', Nichtseyn, Nicht-
b est and, wie at^tim in 33, 2 auflösen wollen. Entscheidend ist
sein Prädikat väzisto, welches 36, 3 als ein Name des Feuers
(gewöhnlicher ist urvdzista in diesem Sinn) genannt wird und dem
in den Weden so häufigen Namen Agnis vahishtha, der Führend-
ste, d. i. der die Opfer schnell zu den Göttern Führende, ent-
spricht. Auf das Nichtseyn, Nichts, ist diese Bezeichnung der
hohen Macht und Kraft des heiligen Feuers gewiss nicht anwend-
bar, eher auf das Gegentheil, das Daseyn. Wenn nun dem aqtis
auch diese weitere Bedeutung beigelegt werden könnte , so gäbe
sie einen zu vagen Sinn. Daher ist es das Beste , bei der fest-
stehenden von Körper oder Wesen zu bleiben. Dann muss aber
Haug, die Gdthd\ dts Zarathusira. I. Cap. 32. 155
der ganze Vers auf das Feuer bezogen werden, sodass sich etwas
Mystisches in diesem Verse nicht verkennen lässt.
Capitel 32.
Das ganze Capitel hat einen verwandten Inhalt, Schilderung
des Wesens und der traurigen Folgen der Abgötterei und
Bekämpfung derselben, wenn auch ein strenger Zusammenhang
der einzelnen Verse und ein Gedankenfortschritt nicht nachgewiesen
werden kann. Bei näherer Betrachtung ergeben sich folgende sie-
ben Theile: 1) 1. 2. 2) 3 — 5. 3) 6-8. 4) 9—11. 5) 12—
14. 6) 15. 7) 16. Der polemische Geist, der in diesen Stücken
herrscht, der so scharf hervortretende Gegensatz von Wahrheit und
Lüge, weist deutlich auf Zarathustra als Verfasser hin.
1) 1. 2. Der Prophet steht mit der Schaar seiner Treuen vor
dem hell aufflammenden Feuer, dem wirksamsten Schutze gegen die
feindlichen, in das Dunkel der Nacht sich bergenden Mächte, und
ruft voll Begeisterung über die raschen und guten Erfolge seiner
Wirksamkeit den Göttern selbst, die er unerbittlich bekämpfte, froh-
lockend zu, dass der Eigene, der Herr, wie der Schutzbefohlene
und Sklave 5 d. h. Menschen jeden Ranges, von ihrem Dienste weg
zur Anbetung des lebendigen, im Feuer sich offenbarenden Gottes
sich gewandt haben. Wahrscheinlich haben wir unter diesen drei
mit Zarathustra in naher Verbindimg stehenden Personen Vistä^pa,
Frashaostra und G'amä^pa zu verstehen. Dieser schöne Erfolg
begeistert ihn und seine Anhänger , dem Mazda zuzurufen : wir
wollen deine Boten seyn, alle, die dich und deine Gaben hassen,
sollen in ihrem verderblichen Wirken gehemmt werden ! Auf die-
sen begeisterten Zuruf des Propheten antwortet Ahura - mazda aus
dem Feuer: dass, um das gute irdische Besitzthum (wohl die Fa-
miliengrundstücke) vor den Angriff*en der Feinde kräftig schützen
zu können, die Andacht und Frömmigkeit der Menschen (die Ar-
maiti) ihn begleiten müsse, d. h. dass er in seinem Kampfe gegen
das Böse durch die Kraft des Glaubens der Menschen und ihrer
Gebete unterstützt werden müsse ; eine Anschaiumg , die nicht
auffallen darf, da sie sich schon im Weda findet (BfhnspoH, der
personifizirte Gottesdienst, ist Indra's Helfer in seinem Kampfe ge-
gen die Dämonen) und in der Tistrja-Sage nachklingt, welcher Stern
in seinem Kampfe gegen die regenabwehrenden Daeva's nur durch
die Gebete der Menschen in den Stand gesetzt wird. Regen zu
bewirken. SchliessHch nimmt Ahura - mazda jenes Anerbieten des
Sprechers und seiner Anhänger, Boten Gottes zu seyn, aus dem an-
geführten Grunde an (2).
2) 3 — 5 enthalten eine ergreifende Schilderung des Unheils,
das die Abgötterei anrichtet. Dio Worte sind vom Propheten
direkt an die Götter selbst oder eher an die Priester derselben
156 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32.
gerichtet. Alle Götter, ohne Ausnahme, stammen von dem bösen
Grundprincip , dem schlechten oder nichtigen Sinn. Von demselben
Sinn sind alle die Vornehmen und Grossen beseelt, die dem Soma-
cult huldigen, die auf die Sprüche und Lieder der Götterpriester
hören, welche sie im Zustande höchster Ekstase in Folge vom
Genüsse des berauschenden Somatrankes gestammelt haben (ver-
gleiche 48, 10), sowie auf ihre übrigen Zaubereien, wodurch
auf der ganzen Erde so viel Unheil gestiftet wird (3). Alles
Schlechte , das die Menschen reden , denken und thun und wo-
durch sie nur den bösen Geistern einen Gefallen erweisen, ist Folge
der Vielgötterei , die sich mit dem wahrhaft guten und frommen
Sinne nicht verträgt. Weil alles Thun und Trachten der Götter-
priester nur Lug und Trug ist und auf der schmählichsten Unwis-
senheit und Verkennung der Wahrheit beruht, so kann es vor der
hohen Einsicht und Weisheit des lebendigen Gottes nicht bestehen,
sondern muss dadurch zu Grunde gehen (4). Die Lügner und
Götzenpriester betrügen den Menschen um Leben und Unsterblich^
keit durch ihre schlechten Thaten und Worte, wodurch sie Macht
und Einfluss zu gewinnen suchen (5).
3) 6 — 8 handeln von den Uebeln, die die bösen Geister ver-
schuldet, von ihrer Allgemeinheit und ihrer Abwehr. Die von den
bösen Geistern verursachten Uebel können durch Gebete abgewehrt
werden; auf diese ist hingewiesen, aber sie sind nicht ausdrücklich
genannt, wenn man nicht die folgenden Verse, was kaum möglich
ist, darunter verstehen will. Es dürfen natürlich nur von Ahura-
mazda selbst geotfenbarte Gebete seyn (6). Diese Uebel sind in-
dess so allgemein und tief, dass selbst der Wissende, d. i. der
Ahura-mazda's Aussprüche kennende Prophet, als beide Heere, das
der Ahura-mazda-T)\ener und das der Götzendiener, einander feind-
lich gegenüberstanden und die Anhänger des Propheten eine Nie-
derlage erlitten, keine Hilfe, kein Gegenmittel gewusst hat. Daher
wendet er sich jetzt an Ahura- mazda um Abwehr des ferner dro-
henden Unheils (7). Aber diese Uebel (wohl Verfolgungen seitens
der feindlichen Partei), in denen der Prophet befangen ist, dürfen
ihn von seinem muthig begonnenen Werke , den Götzendienst zu
vernichten und den Glauben an den wahren lebendigen Gott zu
verbreiten , nicht abschrecken ; denn auch der hochberühmte Jima,
des Vivanghvat Sohn (der Jama des Weda), der nach Vend. 2 ein
Vorgänger Zarathustra's in der Verkündigung und Verbreitung der
reinen Religion gewesen seyn soll, der durch seine Gaben die Men-
schen beglückte und den ihm von Ahiira-mazda verliehenen Glanz
über die ganze Erde strahlen Hess, wurde davon nicht verschont.
Der Prophet muss diese Uebel als ein von Gott verhängtes Schick-
sal tragen.
Dass diese drei Verse, wenigstens die zwei letzten, in Folge
einer heftigen Niederlage, die der Prophet mit seinen Anhängern
Haug, die Gdthas des Zarathustra. L Cap, 32. 157
von seinen Gegnern erlitt, gedichtet wurden, unterliegt kaum einem
Zweifel. Merkwürdig ist die Verweisung auf Jima, die einzige, die
sich in den Gdthas findet. Sie scheint zu beweisen, dass Zara-
thustra selbst, nicht bloss die spätere Sage, ihn als seinen Vorgän-
ger betrachtete. Zugleich sieht man daraus, dass Zarathustra sich
nur gegen die damals verehrten Götter und üblichen Gebräuche,
wie den Somacult, polemisch verhielt, nicht aber die alten zur Ge-
schichte gewordenen Sagen anzutasten suchte.
4) 9 — 11 schildern die Schmähungen und schlechten Worte,
wodurch die Götzendiener den Verehrern des lebendigen Gottes
schaden, sowie den Schaden, den sie anrichten.
Wenn auch die Lügner durch ihre nichtigen und eiteln Worte
die Reden und Sprüche des Propheten schmähen, seine Anhänger
irreleiten und dadurch der richtigen Lebensweise schaden, so sollen
sie doch nicht das höchste Gut, den frommen Sinn, uns rauben.
Mit diesen Worten als mit seinen eigenen, nicht etwa geoffenbarten,
wendet sich der Sprecher an den höchsten Gott, zum Zeugniss, dass
er fest entschlossen sey, trotz aller Schmähungen und Verläumdun-
gen das begonnene Werk fortzusetzen (9). Auch der böse Geist
selbst (der schlechte Sinn) schreckt den Sprecher trotz aller Macht
nicht und macht ihn nicht irre, wenngleich er das Schändlichste zu
vollbringen vermag durch seine Lügengesetze, die er gegeben, wenn
er auch die Erde und die Sonne dadurch verderbte, die Felder un-
fruchtbar machte und dem Bekenner des wahren Glaubens allen
möglichen Schaden zufügte (10). Er raubt zwar beide Leben, d. h.
er schadet dem geistigen wie dem leiblichen Leben und allem Leben-
digen, und grosse und angesehene Männer treten in seinem Dienst
auf und suchen das Gute zu vernichten; aber dennoch soll er ver-
hindert werden, den Sprüchen des Propheten ihre Kraft zu nehmen
und die Gläubigen daran irre zu machen (11).
5) 12 — 14 enthalten Fragmente eines historischen Liedes aus
der Zeit des grossen Religionskampfes. Als Führer der Feinde des
wahren Glaubens erscheint Grehma, worunter einer der alten Weda-
dichter und Götterpriester zu verstehen ist (s. den Commentar);
seine Begleiter sind die Kavi's, die Dichter und Seher der Weden-
zeit; mit ihnen im Bunde ist der König der Götzendiener. Grehma
bekämpft die götthche Sendung Zarathustra's ; aber der Prophet
fordert zu seiner Gefangennehmung auf.
Der nähere Inhalt ist folgender: Die Propheten, die Vorgänger
Zarathustra's, haben schon Reden und Sprüche hinterlassen, um die
guten Werke zu schützen. An diese reihte Ahura-mazda noch wei-
tere, die dem Zarathustra geoffenbart wurden und die zur Vernich-
tung derer dienen, welche unter G^ihmu^jj^des Götzenpriesters und
des Lügenkönigs Führung durch i^^Vaubcrsprüche den guten irdi-
schen Besitzstand der Gläubigen gefährden (12). Ihre Besitzthümer
f
1
158 Haugj die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 32, 1.
hat Grehma bereits der Wohnung des schlechtesten Sinnes über-
geben, d. h. verwüstet und zerstört, und den Propheten, der von
Gott gesandt war, um jene frevelhaften Angriffe auf das Wahre ab-
zuwehren, auf alle Weise verfolgt und geschmäht (13). Dieser Erz-
feind soll nun gefangen genommen und seine Gehilfen, die Kavi's,
vertrieben werden. Der Verstand und die Einsicht machen die Haupt-
stärke dieser Feinde, die aus der grauen Vorzeit überlieferten Zau-
bersprüche und Zauberkünste, zu nichte. Die Sprüche des Erd-
geistes und die von ihm angezündete heihge Flamme werden die
Feinde vertreiben.
6) 15 ist ein Nachtrag zu 12 — 14, vom Sammler hier ange-
hängt; ursprüngUch muss er in einem ganz andern Liede gestanden
haben. Die Erwähnung der Kevitäo, d. i. der Kavikünste (Zau-
berkünste), und der Karapotäo, der priesterlichen Gebräuche der
Götzendiener, bewog den Sammler, diesen Vers hinter 12 — 14 zu
setzen, weil hier von den Kavi's und Karapa's die Rede war. Das
erste Versglied, in dem der Dichter die Absicht, die Trugkünste
der Götzenpriester zu zerstören, ausspricht, steht in keinem recht
nachweisbaren Zusammenhang mit den zwei folgenden Versgliedern.
Der Sinn dieser dunkeln Stelle scheint folgender zu seyn: wenn die
höchsten Geister vermöge ihrer Sprüche und andern Kräfte wegen des
heftigen Widerstandes der bösen Geister nicht im Stande seyn soll-
ten, ihre Verehrer zu freien Besitzern des Daseyns zu machen, d. i.
ihnen zum ungefährdeten und sichern Besitz irdischer Güter zu ver-
helfen, so werden diese treuen Streiter zum Lohne in das schöne
Haus des guten Sinnes, d. i. in das Paradies, die Wohnung der
höchsten Genien, gebracht werden.
7) 16 steht ebenfalls ganz vereinzelt da. Der Sinn ist: alles
Gute wird dem zu Theil, der eifrig der Pflege des hellleuchtenden
Feuers obliegt und ihm opfert; zu welchem Zweck ja Zarathustra
von dem lebendigen Gott überhaupt in die Welt gesendet worden
ist ; dadurch will er die Götzendiener alle jetzt dem Verderben
weihen.
V. 1. Aqjdcd. Dieser Anfang des Capitels zeigt deutlich, dass
es nur Fortsetzung eines andern , wahrscheinlich untergegangenen
Stückes ist; denn an eines der vorhandenen lässt es sich nicht gut
anreihen. Das den Anfang machende Pronomen aqjdcd, i. e. et
ejus, ist, wie das an gleichem Ort gesetzte ahjd 28, 2 auf das
folgende mainjeus mazddo bezogen werden muss, auf ahurahjd mazddo
im zweiten Versgliede zu beziehen. Die Beziehung auf eine Per-
son, etwa auf Kavä Vistä9pa, den König, oder auf ein Land, wozu
46, 1 verleiten könnte, hat Schwierigkeit. — Ueber qaetws und airja-
man s. zu 46, 1. — Daevd ist hier als Voc. pl. zu fassen, gerade wie
V. 3, wo noch zur Venigullkh^yj jils, ihr, dabei steht; denn der
Vers ist an die DaevaTgencHff. Nerios. hat den Locat deveshu.
— Mahmt rncmoi Nerios.: maii-manasi, i. e. in mea mente. Für
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. 1. Cap. 32, 1. 2. 159
mahmt lesen einige Codd., wie K. 6, 11, P. 6, Bf. und Bb., jnahL
Diese Lesung ist aber entschieden zu verwerfen; denn ma/u wäre
nur eine erste Person plur. des Verbums anh^=as, seyn (vgl. J.
35, 2), und hiesse also wir sind; aber hiedurch würde aller Sinn
und Zusammenhang zerstört. Ein Locativ könnte es in keinem
Falle seyn, da weder das Sanskrit noch das Baktrische Locative
auf siy hi kennt. Dagegen spricht alles für die Form mahmi, i. e.
in me, die sich zwar nur an dieser Stelle findet, aber in dem häu-
figer vorkommenden thwahmt, i. e in te, ihr sicheres Analogen hat.
— Für urvdzemd W.'s lesen Bf. und Bb. urvd zemd. Letzteres ist
offenbar eine Correctur des erstem missverstandenen Wortes; sie
ist aber höchst unglücklich, denn mit Seele, Erde, lässt sich hier
nichts anfangen. Aber auch urvdzemd lässt sich grammatisch nicht
erklären , da man ein sonst ganz unbekanntes und ungewöhnliches
Thema vdzema annehmen müsste und hinsichtlich des Casus in grosse
Verlegenheit käme. Die leichteste und zugleich sicherste Verbes-
serung ist, arvdzem d zu theilen; so haben wir ein Thema urvdzUj
das wirklich vorkommt (vgl. 30, 1, und über die Bedeutung die
Note). — ThwSi — donhdmd Nerios.: tava stutd bhavdmah; kila stu-
tatvam kurmahe. Aber dufa kann nicht gelobt heisseu. — Der Dual
vdo kann nur auf Ahura-mazda gehen, welcher Name häufig als
Dual gefasst wird.
V. 2. Das aeibjo zu Anfang darf nicht auf daeva zurückbezogen
werden, weil die Worte ^pentäm ve — drmaütm varemmde im schnei-
dendsten Widerspruch ständen, da den Daeva's gewiss keine fromme
Andacht oder Opferbereitwilligkeit von dem Propheten zu-
gestanden wird (ve bezieht sich nämlich deutlich auf aeibjo). Wir
können es nur auf dutdonh6 donhdma, „Boten wollen wir seyn", be-
ziehen , wenngleich diese Beziehung an einiger Härte zu leiden
scheint. — (^dremnd — mananhd Nerios. : svdmitdjdm uttamasja ma-
nasah, „in der Herrschaft des guten Geistes" (über die Wurzel ^ar
s. zu 29, 3 u. 31 , 22). — Khshathrdt hacd ist entweder auf vohii
mananhd, „durch die Herrschaft, Macht", oder auf paiti-mraof, „von
der Herrschaft, d. i. vom Sitz der Herrschaft aus", zu beziehen.
Erstere Fassung ist vorzuziehen, vgl. 35, 10, und das analoge ashdt
hacd 45, 4. 28, 3. 46, 19. — Ashd — qenvdtd Nerios. : cet satvam
(sattvam) saddcdratvam vapushi abhjdgatam abhüt ^), wenn die Wesen-
heit, die stetige Fortdauer, in den Körper eingezogen wäre. Dass
diese üebersetzung lauter Künstelei ist, leuchtet ein. Der Satz hat
gar kein Verbum — qenvdtd, i. e. splendente, scheint Nerios. mit
qjdt^ i. e. sit, verwechselt zu haben — und ist nur eine adverbiale
Bestimmung zu dem folgenden drmaittm ve — varemaid^. Alle drei
Worte sind Instrumentale und bieten lexikalisch keine Schwierigkei-
ten (s. d. Gl.). — Das Subject yonvaremaidi, wir wählen, muss
') aus mamüt corrigirt.
160 Haug, die Gäthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 2. 3.
Ahura-mazda seyn. Der Plural darf nicht befremden, da dem Pro-
pheten dieser Name nur eine aus der Vielheit abstrahirte Einheit
ist, sodass er leicht in die Mehrheit zurückfallen konnte. Aehnlich
ist der Plural Gen. 1, 26.
V. 3. Ät — cithrem Nerios.: evmn jujam devä vi^ve ^pi nikrshtat
manasah stha higam, so seyd ihr Daeva's alle Saamen von dem
schlechten Geiste, d. h. ihr seyd alle aus dem bösen Geiste hervor-
gegangen. Ob cithrem mit Saamen übersetzt werden darf, ist mir
hinsichtlich der Gäthas zweifelhaft. Diese Bedeutung giebt höch-
stens an unserer Stelle einen erträglichen Sinn, widerstrebt aber
deutlich 31, 22. 45, 1. 33, 7. Wir müssen daher, w^enn sie sich
in der spätem Literatur auch nicht abläugnen lässt (s. meine Be-
merkung Götting. Gel. Anz., 1854, S. 254), hier davon abstehen.
Es scheint hier nicht, wie das entsprechende wedische citra, ein
Adjectiv zu seyn , da es in Geschlecht und Zahl nicht mit dem
Subject übereinstimmt, sondern ein abstractes oder concretes Sub-
stantiv. Cithrem, eigentlich das Helle, Mannigfache, Deut-
liche, Offenbare, Kennbare, nimmt hier die Bedeutung Man-
nigfaltigkeit oder Offenbarung an. „Ihr seyd eine Mannig-
faltigkeit von dem schlechten Geiste , d. h. ihr seyd in mannig-
fachen Formen von dem bösen Geiste erzeugt" oder „ihr seyd
eine Oflfenbarung aus dem schlechten Geiste", d. h. ihr seyd aus
dem schlechten Geiste hervorgegangen. Indess ist auch eine ad-
verbiale Fassung des cithrem mögHch: „ihr seyd kenntlich an dem
schlechten Geiste", vgl. 34, 6 : ^tä haithim. Die erste Fassung ver-
dient indess den Vorzug. — Ja^cd — pairimatoiscd Nerios. : ja^ca
jushmdt prakrshtam drddhjati anftataro gavd ^vamanastara^ca hhavati,
wer durch euch viel Glück hat, ist ein sehr Ruchloser und ein Ver-
ächter der Kuh (der Erdseele). Mas kann hier kein Adjectiv oder
Adverbium seyn, wie Nerios. (prakrshtam) annimmt, sondern muss
die Bedeutung eines Substantivs haben, ebenso wie in der einzigen
Parallelstelle 34, 9. Am nächsten liegt eine Identification mit skr.
7nah , gross, dessen Comparativ im Baktrischen neben mazjö auch
ma(;j6 lautet, wodurch der Uebergang des mah wenigstens in ma<;
bewiesen werden kann. Wir müssen es entweder mit jagcd als No-
minativ verbinden „welcher Grosse", oder von dem Verbum jazaite
als Accusativ regiert werden lassen: „wer das Grosse verehrt". In
letzterm Falle wäre auffallend, warum nicht das Neutrum mazat =
mahat stände, während ma*, mash==mah der Grosse heissen kann.
Da die erstere Fassung noch einen bessern Sinn giebt, so ist sie
unbedingt vorzuziehen. Ein blosses Adverbium, hoch, sehr, kann
es desswegen nicht seyn, weil die nackte Wurzel in diesem Sinne
auch im Weda nicht gebraucht wird. — Zu pairi-matois vgl. Jt. 3,
8. 11. 15. pairi-mata neben taro-mata, verkehrt, falsch Ge-
dachtes, als ein AhrimaniscIÄUebel, das bekämpft werden muss,
aufgezählt. Nerios. hat Verächter, was sich aus dem skr. pari-
Hang, die Gdihas des Zarathustra. I. Cap. 32, 3. 161
ma7i, verachten, beweisen lässt. Aber die Bedeutung verachtet
passt weder für jmiri-mata, noch die von Verachtung für pairi-
matois. Ersteres muss eine dem iaro-maia, verkehrt, falsch ge-
dacht, letzteres eine dem rfruAÄAv, Lüge, ähnliche Bedeutung haben.
Pairi-man, eigentJ. herum denken, kann so viel als hin- und her-
denken, zweifeln, aber auch um Einen herum (ihn umgehend)
denken, d. i. betrügen, bedeuten. Zu dndhs, Lüge, stimmt
als Synonym Betrug am besten. Nicht unpassend wäre auch
Wahnglaube, Aberglaube, aber diesen Begrifi" kann eher taru-
maiti tragen. — Saomäm — haptaithe Nerios.: prncärajaH maji pa^cdt
jnatdrafidm ja jushmdkam anukthh datte bhusaptadvipdjdm , er voll-
bringt an mir dann einen Betrug, der euer Schweigen in den sie-
ben Erdgürteln verursacht. Saomäm schreibe ich nach K. 5; Wester-
gaard hat nach P. 6, K. 11, skjaomdm aufgenommen; K. 6. liest
ashjaomäm; Bf. sajomdmy Bb. sjo mäm. Nerios. hat pracurajati maji,
wonach er wohl ashjo mäm gelesen hat; denn er dachte au asha,
das sonst öfter mit saddcäritaram oder saddcdritvam übersetzt wird.
Aus diesen Schwankungen sieht man leicht_, dass die Bedeutung des
Worts und seine richtige Schreibung sehr bald verloren gegangen
seyn muss. Das von Westerg. aufgenommene skjaomäm lässt sich
zwar zur Noth etymologisch als eine Substantivbildung einer Wur-
zel skju = skr. cju, herabfallen, herabsinken; gehen, kom-
men, medisch s/ij'u, gehen, reisen, neupers. shu-dan^ gehen,
seyn, erklären; aber die sich ergebende Bedeutung Fall oder
Gang, Zug, würde zu dem Verbum jazaite, verehren, schlecht
stimmen und überhaupt den Zusammenhang stören. An einen Zu-
sammenhang mit skjaothana, Handlung, ist nicht zu denken, da
dieses von einer Wurzel skjut=> skr. cjut, fällen, tropfen, stammt,
und dem wedischen cjdutna, Helden that (Rv. VH, 19, 5 von In-
dra), eigentl. Fällung (Besiegung), entspricht. Die Lesung ashjao-
mäm lässt sich nicht einmal halb befriedigend erklären ; Nerios. 's
Versuch ist reine Deutelei. Das wedische sjiimay Strahl (III, 3,
61, 4. VII, 71, 3 vgl. sjümaka als sukhandma Nigh. 3, 6), oder
sjma, schön, lieblich, gut (I, 22, 15. 31, 15. Nir. 8, 13. 9, 32
= sukha), lassen sich nicht gut vergleichen und würden auch kei-
nen erträglichen Sinn geben. Sajomäm und sjo mäm sind vollends
ganz sinnlos. Das allein Richtige ist saomäm, wofür vielleicht bes-
ser shaomäm geschrieben wird. Hierunter ist nichts Anderes als der
bekannte Soma des Weda zu verstehen. Man wird sogleich ein-
wenden, dieser laute ja haoma im Baktrischen. Aber bei der Er-
klärung des shavaite (zu 29, 3) ist gezeigt, dass im altern Dialekt
das anlautende s bleibt , wenn das vorhergehende Wort mit einem
Vocal schliesst. Dieser Umstand findet aber hier um so eher An-
wendung, als saomäm noch zum ersten Versgliede gegen Westerg.'s
Abtheilung gezogen werden muss, da es Accus, zu jazaite ist. Dass
der Somatrank als ein Theil des Daevacultes von Zarathustra an-
gesehen wird, geht deutlich ans der Stelle 48, 10 hervor, wo die
Abhandl. der DMG. 1,3. 11
162 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 3.
Verunreinigung des Rauschtrankes, d.i. des Soma (s. z. d. St.),
als eine gute That gefordert wird. Nirgends in den Gdthas ist der
Soinadienst empfohlen oder als etwas Heiliges erwähnt, ein für die
Zarathustrische Auffassung im Gegensatz zu der der spätem Bücher
nicht unerhebliches Moment (s. weiter die Einleitung). Die Ursache
der Schwankungen der Mss. in der Schreibung oder vielmehr der
förmlichen Verderbung des ursprünglichen Worts ist nicht etwa in
einer absichtUchen Fälschung der Priester , um die Verwünschung
des ihnen so wichtigen Haomacultes seitens des Propheten zu ver-
decken , sondern im Missverständnisse der ungewöhnlichen Form
shaoma, saoma zu suchen. Für sh wird häufig sk geschrieben; skaoma
mahnte aber die Abschreiber gar zu leicht an skjaothana; so kam
es, dass das unverstandene Wort danach in skjaoma corrigirt wurde.
Hieraus sind durch weitere Verbesserungsversuche die übrigen Les-
arten und Missverständnisse hervorgegangen. Die Endung am für
em darf nicht befremden, da wir auch später haomäm für haomem,
nüräm für nürem u. s. w. finden. — Äipi wird hier am besten als
Conjunction, wie im Sanskrit, nicht als Präposition genommen, wie
sie meist sonst vorkommt. Nur ist die ihr von Nerios. beigelegte
Bedeutung nachher unpassend; einen bessern Sinn giebt die sans-
kritische auch, dazu. Daihiiand fasst schon Nerios. richtig als
Substantiv; als Verbura — es könnte nur Imperativ mit paragogi-
schem na seyn — lässt es sich hier nicht gut deuten. Die Formen
daibitd = dvitd, daibitem = dvitijam in den Gdthd's scheinen auf
eine Ableitung von dm, zwei, hinzuweisen. Aber das „Doppelte,
Zweifache" will hier keinen Sinn geben, wenn man es nicht in dem
Sinne von Betrügerei nimmt. Diesen gewinnen wir aber einfacher
durch eine Ableitung von der Wurzel dah, betrügen (s. d. Gl.),
der auch Nerios. folgt; es ist ein vom Part. pass. daihita durch na
gebildetes Abstractum (s. auch zu 48, 1). Ueber die Dehnung des
a zu d vgl. man ^jntdmo für ^intamo. Der Construction nach ist es
noch von jazaite abhängig. — Die Erklärung des a^rudüm, das nur
eine zweite Person plur. Aorist, medii seyn kann, ist Nerios. ganz
missglückt; er fasst es als Substantiv anukti, das Nichts p rechen,
indem er das a des Augments für das a privat, hielt. — Bümjdo
haptaithe erklärt Nerios. ganz richtig durch „die sieben Erdgürtel",
die im Zendawesta sonst karshvare, eigentl. Pflügung, d.i. Land,
das bebaut werden soll, urbar zu machendes Land, ge-
nanntwerden. Sie sind aufgezählt Jt. 10, 15. 133. 12,9 — 15., und
folgen gewöhnlich in dieser Ordnung : Arezahi, ^avahi, Fradadhafshu,
Vidadhafshuy Vourii - baresti , Vourii-garesti und Qanirathem mit dem
Prädikat bdmim (glänzend). Von den 6 ersten bilden je 2 ein Paar,
wie man leicht aus den gemeinschaftlichen Endungen sehen kann;
als Paar sind sie auch Jt. 10, 133 aufgeführt. Die 4 ersten sind
deutlich Locative; dass diese Casus in allen Verbindungen beibehal-
ten sind, rührt vielleicht davon her, dass sie in einer alten Urkunde
zuerst im Locativ sich gebraucht finden (s. weiter Bundehesch, ed.
Hang, die GdtfuVs des Zarathustra. I. Cap. 32, 3. 4. 163
Westerg., p. 20, 9 sq.). Nach dieser Eintheilung wird die Erde
haptaithja oder die siebenfache genannt. Vgl. Jt. 19, 26: jat
khshajata paiti bümm haptaithjäm, als er über die siebenfache Erde
herrschte. Genau genommen sollte haptaühl die siebente heissen,
da haptatha (Jt. 1, 7. 19, 2) der siebente ist. Dass aber haptaühi
siebenfach oder siebentheilig heissen kann, zeigt das genau
entsprechende wedische saptathl in Rv. VII, 36, 6 : sarasvati saptaihi
sindhumätd, Sarasvati, die Siebenfache, die Mutter der Flüsse. An
unserer Stelle ist indess haijftaithe (vielleicht wird besser haptaühi
gelesen) als Substantiv „die Heptade" zu fassen; bümjäo ist ein von
diesem Locativ abhängiger Genitiv.
V. 4. Jät — danto Nerios. : jad dvitajäd asti prakrshtam manah
[dvitajdt, vastumah (für vastunah == vastoh) paralolcjdt ihalokjäcca]
mathate jo mauushjah nikfshtagnani bhavati [Icila vijrratdrajati] , was
von beiden ist die treffhchste Gesinnung [von beiden Dingen, von
der andern und dieser Welt], rührt den Menschen, der das Schlechte
kennt [der betrügt]. Nerios. hat sonach für jdt bloss jat gelesen;
K. 4. trennt ja at. Jedoch ist_;dt vorzuziehen. — Für jus td schreibt
Westerg. nach K, 5. jüscd; Bf., Bb. und K. 4. haben justd, K. 9.
tstd. Jüscd, und ihr, nach^af, daher, darum, stehend, verträgt
sich nicht gut mit der Construction , da cd, und, völlig überflüssig
wäre. Jüstd als ein Wort lässt sich gar nicht genügend erklären;
Nerios. hat beide, ein Paar, woraus nur so viel geschlossen wer-
den kann, dass er in td einen Dual sah, da er es auch sonst öfter
so übersetzt. Da wir im folgenden jd ein vollkommenes Correlat
haben, so trage ich kein Bedenken, jus td zu trennen und td als
plur. htec, ea, zu fassen. — Framiniathd. Westerg. schreibt nach
K. 5. fra-me mathd; Nerios. scheint ebenfalls so zu trennen fra me
mathd, da diesen Lautgnippen drei Worte: prakrshtam y manah und
mathate entsprechen. Diese Trennung ist aber widersinnig, da man
vergeblich durch sie einen Sinn zu gewinnen versuchen wird. Bb.
und K. 11. haben frahmi, Bf. frahmmathd. Das h ist überflüssig,
da es sich auf keine Weise etymologisch erklären lässt; den Ab-
schreibern schwebten vielleicht Formen wie mahmi , thwahtni, vor.
Mathd für sich allein ist kein Wort , es sollte wenigstens maethd
heissen, wie die Burnoufsche Handschrift des Ja9na hat, aus der
ich den Nerios. copirte; aber dieses Wort wäre hier völlig sinnlos.
Daher muss mathd mit dem vorhergehenden me, wofür richtiger mi
gelesen wird, zusammengeschrieben werden. So erhalten wir eine
zweite Person plur. perfect. redupl. oder auch eines Intcnsivs von
man, denken, mimatha. Gerade die Reduplicationssylbe mi war,
weil die Bildung nicht mehr verstanden wurde , die Ursache der
Schwankungen in den Mss. ; man vgl. ^igerczat v. 13 und mdmashd
29, 11. Die Bedeutung (mit /ra) zuvor ausdenken, ersinnen,
stimmt überdiess am besten zum Zusammenhang. — Vakhshefite —
mananhö Nerios.: vadatdm devamitratam uttamam sidajati (sddajati)
11*
164 Hang, die Gäthas des Zarathustra. L Cap. 32, 4. 5.
manah ; kila je kimcit samihitena de [vandiri] vadanti teshdm de/idd gvah-
manali hüd (baktr. hvo?) ^) asti, der beste Geist lässt die sitzen,
welche die Devafreimdschaft verkündigen; welche etwas nach dem
Verlangen der Daeva's verkündigen, aus deren Körper weicht ge-
rade Bahman selbst (Bahman ist Herr der lebendigen Geschöpfe).
Für ^izdjamnd hat K. 5. güzdjamnd, während die andern Codices,
wenn sie auch öfter die Endsylbe mnd als eigenes Wort schreiben,
doch ein i nach dem z haben, sodass f^i die Wurzel ist. Nur diese
giebt auch einen Sinn. Mit (;iksh, lehren, das im Baktrischen (^isk
wird, lässt es sich nicht zusammenbringen; wir müssen zu der im
Baktrischen sehr selten vorkommenden Sanskritwurzel ^ish , ver-
lassen, zurücklassen, unsere Zuflucht nehmen. Sie ist mit da,
das öfter nur die Stelle eines Hilfsverbums Vertritt, zusammenge-
setzt. Nerios. hat den Sinn im Ganzen richtig getroffen. Vgl. noch
Jt. 19, 84: jat upanhacat Kavaem Vistdgpem anumatee daenajdo
wiukhtee daenajdo anvarstee daenajdo jat imdm daenäm d^taota dus-
mawjum ^izdjo daevän apa ashavän, er (der Glanz) hängte sich an
den Kavi Vistä^pa, um nach dem Glauben zu denken, zu reden
und zu handeln; als er diesen Glauben laut verkündigte, vertrieb
er den bösen Geist, die Daeva's, weg von den Reinen {(^izdja, ein
Vertreibender).
V. 5. Td fasst Nerios. als Instrumental Dual tdbhjdm und be-
zieht es auf avistdrtham, d. i. Awesta-Zend, das er im vorigen Vers
zu finden glaubte, zurück. Hievon ist nur so viel richtig, dass es
Instrumental ist, aber nicht des Dual, sondern des Singular; es
weist auf framimathd ja zurück. Am besten nimmt man das Wort
im adverbialen Sinne so. — Debnaotd Nerios.: pracdrajata, lasset
vollbringen. Das Wort kann aber nur verletzen oder betrü-
gen^) heissen (s. d. Gl.), und ist dem Zusammenhang nach nur
eine zweite Person plur. praes., nicht des Imperat. Die Genitive
hugjdtois und ameretata^ca müssen von debnaota abhängen: betrü-
gen um, vgl. moithat 46, 4. — Sehr schwierig ist die Erklärung
der zwei übrigen Verszeilen, so einfach auch die Worte aussehen.
Jefig daeveiig akagcd mainjus Nerios. : jat he devd nikhhtamanasah.
Bf. liest maiijm — Westerg. hat etwaige Varianten verschwiegen — ,
was Accus, plur. wäre, dann müsste akagcd in akä^cd umgeändert
werden. Da aber mainjus in den Gdthd's sich nicht als Plural fin-
det, so ist diese Verbesserung etwas gewagt. Wird in den Gdthd's
von den bösen Wesen in der Mehrzahl geredet , so werden sie
khraf^trd oder daevd genannt. Auch im übrigen Zendawesta ist
der Plural von mainjus nur selten gebraucht (mainjdonhS für mainja-
^) In der Pehlewiübersetzung steht wahrscheinlich sas, dieser, an der
Stelle, was leicht hüd transcribirt werden konnte.
^) Vielleicht liegt diess auch in Nerios.'s Ausdruck.
Haug, die Gdthäs des Zarathuslra. I. Cap. 32, 5. 165
vdonho Jt. 17, 10., mainimo, eigentl. Dual, im Sinne des Plural Jt.
13, 13. 76), was davon herzuriihren scheint, dass mainjas die recht
eigentliche I3ezeichnung der beiden höchsten Geister ist. Nun fragt
es sich, oh j eng daeveng in den Nominativ oder aka^cd mainjas in
den Accusativ umgeändert werden muss, da die beiden einander co-
ordinirten Begriffe syntaktisch gleichmässig construirt werden müs-
sen. Der Accusativ könnte nur von debnaotd im ersten Versgliede
oder von fracina^ im letzten abhängen; erstere Beziehung ist aber
geradezu widersinnig: „ihr (Daeva's!) betrügt — die Daeva's";
letztere ist kaum zulässig, weil fraöiim^ in einem eigenen Relativ-
satze steht und ausserdem auch seine wahrscheinliche Bedeutung
schlecht in den Zusammenhang passen würde. Nimmt man hin-
gegen jeng daeveng als missbräuchlich für den Nominativ gesetzt,
so ist es, wie aka^cd mainjas, Apposition zu vdo , eurer beiden,
der eine Theil sind nämhch die Daeva's selbst , der andere ihr
Haupt, der böse Geist. Jjat heisst, wie öfter, nur nämlich, und
führt den Erklärungssatz ein, der die Mittel bezeichnet, mit denen
die Daeva's und der böse Geist den Menschen zu schaden suchen.
Hiezu gehört auch akd skjaothanem vacanhd. Sollen aber diese
Worte einen dem akd mananhd entsprechenden Sinn geben, so muss
skjaothanem mit vacanhd zu einem Dvandva, „durch schlechte That
und Wort" verbunden werden. — Ja — khshajo Nerios. : jat pra-
krshfam dsvddajati durgatino Äharmandd rdgjam keshdincit, er ge-
nii sst vorzüglich durch den schlechten Ahriman das Vermögen eini-
ger (Leute). Ja bezieht sich auf das unmittelbar Vorhergehende
und ist als Instrumental zu nehmen. Fracina^ scheint ein Verbum
fmitum zu seyn, es lässt sich aber keine Personalendung darin er-
kennen. Vergleicht man ciiia^ti Ja^. 19, 12. cinahmi 12, 1, so un-
terliegt es keinem Zweifel, dass cina^ ein erweiterter Verbalstamm
ist, entweder aus c^^, sammeln, und na^, erreichen, zusammen-
gezogen oder die einfachste Form des Part, praes. der Wurzel ein.
Letzteres ist gewiss das Richtigste, wenn man ^tava^, lobend, für ^tavat
bedenkt. In 44, 6 heisst cina^ sicher verleihen, geben. Dieselbe
oder eine ähnliche Bedeutung kommt dem cina^ti 1. c. zu. Eine
Ableitung derselben Wurzel ist cinvat in dem bekannten Ausdrucke
cinvato jjerethu, das als „Brücke des Versammlers" und als „Richter-
brücke" erklärt wird. Letztere Annahme ist entschieden irrig, da
sich für ein nirgends im Zendawesta die Bedeutung richten, stra-
fen, sondern nur für ci nachweisen lässt; zudem wissen die Gdthd's^
die dieser Brücke erwähnen, nichts von einem eigentlichen Gericht
nach dem Tode. Die erstere Deutung ist die einzig statthafte und
bestätigt sich durch das Abstract. ciiiman, Sammlung, Sammel-
platz, Jt. 19, 32 vgl. Ja9. 12, 3. Wir können auch dem Verbum
die Bedeutung sammeln beilegen, die ja cijw im Sanskrit auch hat.
„Für Einen saimneln" — es ist gewöhnlich mit Dativ der Person
und Accusativ der Sache construirt — ist so viel als „für Einen
etwas zu gewinnen suchen und, wenn es gewonnen, es ihm geben".
166 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 5 — 7.
Diese Bedeutung muss auch das fracmag unsers Verses haben; die
Präpos. fra drückt ein voraus, vor andern aus, wie sie Nerios.
richtig deutet: voraus, vorzüglich sammelnd. Dregvafitem
lässt sich als Accusativ nicht gut erklären; „vs^odurch der Besitz den
Lügner sammelt" wäre sinnlos; daher müssen wir entweder ihn als
einen Accusativ der Richtung nach — zu fassen, oder den Dativ
dregvaüe herstellen. Da Letzteres gegen die Handschriften ist, so
gebührt der erstem Annahme der Vorzug. In beiden Fällen muss
aber cina<^ reflexiv, sich sammeln, gefasst werden, da MsAa^d nur
Besitz, Habe, heisst und bloss der gesammelte, nicht aber der
sammelnde Gegenstand seyn kann.
V. 6. Paourii — jezi Nerios.: inacuram dveshindm dveshah dkfrjdfh-
dati jah ukto ^sti jadi; kila jat pdpakarmatmdm (dtmd) nigrahah kri-
jaie nigraha^ca tasmin kdlasampurnah krijate jadd dtmana (?) punas
tanau samjiigati , laut schreit der Hasser Hass, wenn gesprochen
wird; nämlich wenn dem frevelhaft Gesinnten Einhalt gethan wird;
vollständiger Einhalt wird ihm zu der Zeit gethan, wann der Geist
sich wieder mit dem Körper vereint (zur Zeit der Auferstehung).
Westerg. schreibt pourii damit zusammen; aber pouru-aendo (vgl.
pouru-mahrko , der Todreiche, von Ahriman) würde der Uebel-
r eiche heissen, was gegen den Gebrauch des aenanhäm (Gen. pl.
von aenanK) verstiesse und auch hier Sinnschwierigkeiten hätte. Wir
müssen daher poiiru trennen und entweder als Adject. zu aendo =
mala oder als Adverbium zu endkhstd fassen. Dem endkhstd ent-
spricht in der Uebersetzung dkramdati, tönen, schreien, und in
der Erklärung nigrahagca knjate, „es soll Einhalt gethan werden".
Beide Bedeutungen sind aber nicht zu begründen. Dieses ocTU. Xsy.
lässt sich dagegen leicht aus dem Weda erklären, wo ihm inaksh
(Desider. von naksh, erlangen), erreichen wollen, zu errei-
chen streben, vollkommen entspricht. Der Form nach scheint
enakhstd Partie, pass. zu seyn; aber „viel Uebel sind angetrebt",
gäbe einen zu matten und unbestimmten Sinn. Besser wird die
Form als eine zweite Person pl. praes. gefasst und auf die Daeva's,
die in den vorigen Versen angeredet sind, bezogen. — Jezi ist mit
jdis, wegen welcher (Uebel, um sie abzuwenden), zu verbinden;
athd darf nicht zum folgenden Versgliede gezogen werden, wie es
den Anschein hat, sondern bildet mit tdis einen eigenen Satz, zu
dem gravajeite zu ergänzen ist. Tdis geht auf die im Folgenden
genannten Gebete. Zur Construction vgl. 44, 6. — Bei hdtd darf
nicht etwa an die Ha's oder einzelnen Gebetsabschnitte des Ja9na
gedacht werden, da das Wort nach 29, 3. 44, 10 gar nicht eine
solche Bedeutung haben kann (s. D. M. Zeitschr., VIII, 746, und
d. Gl.). Nerios. hat prakata, offenbar.
V. 7. Äeshäm — ^enghaite Nerios.: te dveskino nakimcit gdnanti
apaghdfd jah parisphumtatarah ; [kila nigraho jo dtmani kah kijdn iti
Hang, die Gdt/iua des Zarathmini. I. Cup. 32, 7. 167
na gananti], vighdtam sikshanti [tat kimcit s'ikshati], diese Hasser ver-
stehen nichts; ein Vernichter ist Jeder, der sich öffentlich zeigt [sie
verstehen nicht, was und wie gross die Selbstbezähmung ist]; die
Vernichtung lehren sie. Für aogoi, wie fast alle Manuscripte haben,
schreibt Westerg. nach K. 5. ägoi. Es ist schwer, sich für die eine
oder die andere Lesart zu entscheiden, da die Rechtfertigung bei-
der die grössten Schwierigkeiten hat. Weil der Zusammenhang im
ersten Versgliede ein Verbum zu fordern scheint und von allen übri-
gen Worten keines ein solches seyn karm , so wird man in dem
fraglichen Worte zunächst an eine Verbalform denken. Aogoi so-
wohl als ägoi können erste Personen sing, imperf. med., ersteres
von vaCj reden (vgl. aogi 43, 8), letzteres von ag, treiben, seyn;
so hiesse es entweder: „ich, der Wissende, sprach keines dieser
Uebel", oder; „ich trieb keines dieser Uebel". Aber eine erste
Person widerspricht dem Zusammenhange, da das Verbum des fol-
genden Relativsatzes ^enghaite eine dritte Person ist und nur das
vidvdo des Hauptsatzes zum Subject haben kann. Dagegen Hesse
sich durch leichte Aenderung des öi = e m i wenigstens der Les-
art dgöi eine dritte Person sing. pass. gleich ^rdvt (wofür K. 5.
^rave hat, ein Beweis, wie in diesen Formen i und e verwechselt
werden können) herstellen. x\ber mit dem Passiv würden sich die
beiden Nominative vidväo und naecit schlechterdings nicht vertragen.
Da sonach alle Versuche, aogoi oder dgoi als Verbalform zu fassen,
scheiterten , so wollen wir unser Heil in der nominalen Fassung
suchen. Von aogank, Stärke, abgeleitet, kann es ein verkürzter
Dativ seyn, aogoi = aoganhc ; aber weder die Form noch die Be-
deutung passen in den Zusammenhang. Die Lesart dgoi führt uns
leicht auf das wedische dgi, Schlacht, Streit; etwas Aehnliches
schwebte auch Nerios. vor, der das Wort durch apaghdtd, Abweh-
rer, Vernichter, wiedergiebt. Hier hätte aber namentlich die
Form Schwierigkeit, da dgoi nur ein verkürzter Dativ für dgaje seyn
könnte, ein Dativ aber hier nicht gut erklärt werden kann, wenn
er nicht etwa als Tnfinitivform genonunen wird. Aendert man dgoi
in dgi, was nach dem oben Bemerkten keine Schwierigkeiten hat,
so haben wir einen alten Instrumental-Locativ. Letzteres, „in der
Schlacht, im Kampfe", sagt mir am besten zu. Doch ehe der Sinn
dieses äusserst schwierigen V^erses richtig erkannt werden kann,
müssen noch mehrere andere aTT. XsYo'iJLSva besprochen werden. —
Hddrojd ist deutlich ein Genitiv-Locativ Dualis und steht für hddrofo.
Das Thema hddra oder hddri lässt mehrere Ableitungen zu von hddh
= sddh, vollenden, gar machen (wovon hdidhistaJt, 12, 8 neben
gaghnista in dem Sinne „am vernichtendsten"), wonach es Vollen-
dung und (im Sinne eines hebr. tlVs) Vernichtung hiesse, oder
von had==sad, sitzen (vgl. hddema==sadma), also Sitzung, Sitz.
Auch kann man es mit skr. satrd, zusammen, zugleich, identi-
fiziren, wenn diesem nicht hathrd im Baktrischen entspräche Am
richtigsten ist wohl die Zusammenstellung mit dem wcdischen sadhrl
168 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap, 32, 7.
und seinen Derivaten sadhrjanc , sadhricina. Sadhrt , aus sa-\-dhri
(von Wurzel dfiar , halten) zusammengesetzt, ist eigentlich: Zu-
samraenhaltung, Verbindung, wird aber gewöhnlich im adver-
bialen Sinne: zusammenhaltend, dicht, gebraucht (Rv. II, 13,
2: sadhri im d janti, von den Wassern). GebräuchHcher sind die
Ableitungen: sadhrjanc und sadlirj ancina (Rv. 1, 108, 3: cakrdthe
hi sadhrjanndma hhadhram sadhricina Vrtrahanän uta sthah) , ver-
eint, vereinigt (vgl. noch I, 33, 11. 51, 7. II, 17, 3: sadhrjah
pfthak, zusammen und einzeln, lll, 31, 6: sadhrjak kar, fest-
machen, von Wegen; 55, 15. IX, 29, 4: inu dveshämsi sadhrjak^
treibe all das Feindliche zusammen weg). Nach dieser Ableitung
ist hddri eine zusammenhaltende oder zusammengehörende
Menge, worunter dem Zusammenhange nach ein Heerlager zu
verstehen ist; denn unser Vers sowohl wie das ganze Lied .spricht
von einem grossen, zwischen den Bekennern der Lehre Zarathu-
stra's und den Daevaverehrern geführten Kampfe; die hddrojd sind
die beiderseitigen Lager. — G'ojd scheint dieselbe Bildung wie
hddrojd zu seyn; aber es lässt sich als Genitiv -Locativ nur erklä-
ren, wenn wir es als Apposition nehmen, etwa „in den beiden Hee-
ren, den streitenden (siegenden)". Da durch diese Fassung sich
indess kein befriedigender Sinn gewinnen lässt — ^e?lghaite könnte
nicht richtig bezogen werden — , so kam ich auf den Gedanken,
gojd als Nomin. Accus, plur. neutr. für gajd zu nehmen; das 6 ist
der Paronomasie zu hddrojd wegen für a gesetzt , was nicht auf-
fällt, wenn man die gegenseitige Wirkung der Vocale auf einander,
im altern Dialekt auch des d, bedenkt. Der Ableitung von gi, sie-
gen, zufolge ist gaja eigentlich Sieg; in der Form zaja nahm es
die Bedeutung Waffe, Werkzeug, an. Wenn auch Letzteres auf
die Wurzel hi, hinv , i. e. mittere, im Sinne von schiessen, zu-
rückgeführt werden kann, so liegt es gewiss nicht fern, dem gaja
selbst die Bedeutung Sieg es w äffe, Mittel zum Sieg, zu geben.
Diese ergiebt sich noch leichter, wenn wir, was möglich ist, die
Wurzel gan, schlagen, tödten, zu Grunde legen, wie Nerios.
wirklich gethan zu haben scheint. Auf eine Zurückführung des gojd
auf giv, leben, als stände es für givjd, muss sowohl aus lautlichen
Gründen als aus Rücksichten auf den Sinn verzichtet werden. Nun
erhebt sich die Frage nach der syntaktischen Construction des schwie-
rigen Satzes. Eine regelrechte Wortfolge hier aufzufinden, war mir
trotz aller Mühe ein Ding der Unmöglichkeit; ich halte die Annahme
eines Anakoluths für unvermeidlich. Aeshäm aenanhäm naec'it steht
als der wichtigste Begriff des Satzes absolut voran. In deutlicher
Schreibweise dürfte hier eine Präposition wie a, oder paiti, in, bei,
nicht fehlen; denn die Worte sind mit jd gojd so zu verbinden:
Von (oder bei) keinem dieser Uebel zeigt der Wissende an, was
die Besiegungen, d. i. die Mittel es zu besiegen, seyen. Jdis ist
nicht auf gojd, was am nächsten läge, sondern auf aeshäm aenan-
häm zurückzubeziehen, man vgl. das erste Glied des folgenden Ver-
Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 7. 8. 169
ses (acnanhäm ^rdvi), Qaend giebt sich auf den ersten Blick als
einen Instrumental sing, von qa, sein, eigen, kund; dass das Bak-
trische, wenigstens der Gathadialekt, Instrumentale auf -ena von
den a Stämmen wie das Sanskrit kennt, beweist kimid 30, 8 deut-
lich. Nerios. ist mir hier unverständlich, an qa hat er aber nicht
gedacht. Indess könnte man es auch für identisch mit dem spätem
hadnd = send, Heer, halten; /t verhärtet sich im Gathadialekt öfter
zu (]f, man vgl. aqjd für ahjd, qjdt für hjdt u. s. w. Ajanhd giebt
Nerios. durch lohena, „mit Eisen", bei welcher Fassung man bleiben
kann, wenn man qaend als Heer nimmt. Sonst ist ajanhd durch
nach Art, Weise oder Zeit, zu erklären, s. d. Gl. Dass nach
^rdm seyn zu ergänzen ist, erhellt ganz deutlich aus dem Anfang
des folgenden Verses. — Irikhtem Nerios.: krurdtmd, grausam
gesinnt, in 44, 2 nr<^a7hsa, grausam; er hielt es wohl für ver-
wandt mit ereghaitja , grausam. Diese Bedeutung ist aber nicht
ganz zutreffend. Da irikhtem, nicht erekhtem, wie Westerg. schreibt,
die richtige Lesart nach K. 6. ist — denn erekhtem könnte nur von
erez, gerade, wahr seyn, abgeleitet werden, was in jeder Beziehung
schwierig zu erklären wäre — , so haben wir als Wurzel iric = ric,
wie urud für riid, anzunehmen. Jt. 10, 75 sind den shoithrü-pdnö, den
Schützern des Landes (Satrapen), die shoithro-irico, nmdno-iricö,
zantu-irico etc. entgegengesetzt, in welchen Verbindungen irico (Plu-
ral der nackten Wurzel) nur schadend oder verderbend, als
Gegensatz zu pdno, bedeuten kann. Jt. 14, 47 steht das Verbum
irinakhti dem aiwidruzaiti, belügen (Mithra), parallel, sodass rashnum
paiti irinakhti, er greift die Gerechtigkeit an, sucht sie zu
vernichten, bedeutet. Nicht die gleiche Bedeutung scheint Jt.
10, QS: jaf dim ddmois upumann hu-irikhtem hddha irinakhti anwend-
bar zu seyn: aber der unmittelbar folgende Vers; vor welchem
(Mithra) alle Geister erschreckt fliehen etc. ermöglicht die
üebersetzung : der Wächter der Geschöpfe straft mit gewaltiger
Strafe (die Lügner etc.). Wenn nun die Bedeutung des Worts in
den spätem Schriften dem grausam gesinnt des Nerios. nahe
kommt, so ist dieselbe ihm des Zusammenhangs wegen sowohl hier
als 44, 2 abzusprechen, wenn auch die Wurzel iric = skr. ric,
leeren, ausleeren, dieselbe ist. Am nächsten kommt das wedi-
sche Abstractum riktham Rv. III, 31, 2: riktham ardik, eine Aus-
leerung (Ausgiessung) machte er. Leerung von Uebeln ist
Befreiung von denselben.
V. 8. Aeshum — Jima(^cft Nerios. : tdn dveshinah [2)dpi7iah'j Vivam-
ghdnasja putrah proktavdn G'ama^edah, diese Hasser [Frevler] hat
des Vivanghana Sohn, G'amshed, angezeigt. Dieser Sinn ist unrich-
tig; zu i^rdvi müssen wir seyn: von solchen Uebeln zu seyn,
d. i. sie zu haben, ergänzen. Das cit hinter Jima kann hier nur
die Bedeutung auch, selbst, haben; die allgemeinere quodcunque
ist unzulässig. — Je — qdremno Nerios.: /o manushjebhjah samdsvu-
170 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 8.
dajati asmdkam pa^ündm daksha{i)najd khadanani, der die Menschen
bei der Darbringung unserer Thiere das Essen kosten Hess. C'ikh-
nusho lässt eine fünffache Erklärung zu: 1) als zweite Person sing,
perfecti oder eher eines reduplicirten Aorist, 2) Gen. sing., 3) Acc.
phir., 4) Nom. sing, des Partie, perfecti activi von khshnü, Gaben
darbringen, beschenken, 5) Nom. sing, eines vom Desiderativ-
stamm gebildeten Adjectivs (s. zu 45, 8). Hier handelt es sich zu-
nächst nur um die drei letzten Möglichkeiten. Nach der dritten muss
cikhshnusho als Adjectiv von mashjeng gefasst und mit diesem von
qdremno abhängig gemacht werden; da zu diesem Partie, ohnediess
die Accusative alimdkeiig — hagd gehören, so würde es in diesem
Falle zwei Accusative regieren. Weil dieses nicht gut angenommen
werden kann — denn qdremno ist keine Causalbildung — und zu-
dem der Sinn „der die gabenbringenden Menschen die Theile der
Erde gemessen Hess", wenig ansprechend ist, so ist diese Fassung
gegen die vierte aufzugeben. Letztere hat die Schwierigkeit, dass
cikhshnusho nur missbräuchlich ein Nom. sing, seyn kann. Dass
dieser Missbrauch , den Casus obliquus für den Casus rectus zu
setzen, bei Bildungen mit vat wirklich vorkomme, zeigt Viminhusho
der Vivanghuide für Vivanhvdo in nnserm Verse ; bei der letzten
Fassung fällt indess diese Irregularität weg, sie ist daher vorzuzie-
hen. So gewinnen wir zwei parallele GHeder, von denen das eine
cikhshnusho, das andere qdremno mit dem gemeinschaftlichen Subject
Jima zum Verbum hat. — Ähmdkeng, die unsrigen, ist nicht auf
mashjeng, sondern auf bagd zu beziehen. Diese mascuHne Form des
Accusat. plur. ist missbräuchlich für die neutrale ahmdkd gesetzt,
wohl durch Einfiuss des vorhergehenden mashjeng. Die nächstlie-
gende Uebersetzung von gdus bagd qdremno ist: „die Theile der Kuh
essend", ist wenig befriedigend, da die Jimasage, wie sie in Vend.
2 enthalten ist, keinen solchen Zug enthält. Da das qdremno mir
eine Anspielung auf den uralten Vers Vend. 2, 26 (s. darüber zu 31,
20) zu enthalten scheint, so ziehe ich die dort einzig statthafte Be-
deutung glänzen, bestrahlen (vgl. qarenanh, Glanz), auch hier
der von essen vor. Vom Glänze Jima's ist oft genug die Rede,
aber von einem Essen der Theile der Kuh ist mir nirgendsher etwas
erinnerlich. Dass baga Theil heisst (Ja^. 19, 3. 5. 7 ist bagha
von den Theil en des heiligen Gebetes ^atÄ« ahü vairjo gebraucht),
unterHegt keinem Zweifel. Diese aHein ist hier auch anwendbar,
da die von „Gott, Schicksal" (bagö-bakhtemy vom Schicksal ver-
hängt) ganz dem Zusammenhange widerstreiten würde. Ob aber
gdus hier Nom. oder Gen. ist und ob es Erde oder Kuh bedeu-
tet, ist fraglich. Grammatisch betrachtet kann gdus nur Nom. sing,
seyn, aber dieser Casus lässt sich nicht construiren, da das Subject
zu qdrenmo Jima ist. Wir werden daher uns entschliessen müssen,
gdus als missbräuchHche Form für den regelrechten Genitiv geus zu
nehmen; als Nom. steht es unzweifelhaft Jt. 19, 93. Ebenso wenig
kann es v. 14 Nom. seyn. Auf die Verderbung des geus zu gdus
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 8. 9. 171
hatten wohl die Genitive der w-Stämme , wie huddndus == huddnaos
Einfluss. Gaus ist zwar ursprünglich Kuh, aber unter dieser Kuh
kann nur die Erde verstanden werden. (Ueber diesen Mythus s.
S. 71.)
V. 9. Dus^a^tis — khratum Nerios. : dushta^ikshathd ja uktir
vindi^am daddti asja gtvitavantim ^ikshajünur buddhim uktir jd devd-
ndm, Dus^a^tis ist hier als Abstractum pro concreto zu fassen, weil
hvö sich nur auf ein Mascuhnum oder ein Wort masculinen Sinnes
beziehen kann. Zuerst legte ich ihm die Bedeutung Verla um -
düng bei, was es etymologisch gut heissen könnte; besser stimmt
indess Nerios. 's dushta^ikshathd, schlechte Lehrweise (Lehre des
Schlechten), in den Zusammenhang, in dem concreten Sinne „der
Lehrer des Schlechten". — Morendat. Diess ist ohne Zweifel die
richtige Form des nur in unserm Capitel v. 9 — 12 vorkommenden
Verbums morefidd. V. 10 schreibt Westerg. morendat mit kurzem o,
V. 11 morendan, v. 12 morenden mit n für den Nasenlaut il. Bei 9
und 10 giebt Westerg. gar keine Varianten; in 10 hat indess Bf.
auch morendat, Bb. hat beidemal maoreiidat. In 11 u. 12 hat K. 5.
morend, Bf. morend, die meisten Uebrigen morend. Die Lesung mit
0 ist gewiss falsch, da durch nichts bewiesen werden kann, dass ur-
sprünghches 6 zu o sich schwächte, oder a durch Einfluss des r zu
0 sich verfärbte (denn in 'pouni für paru ist nicht r, sondern w der
brechende Laut, man vgl. paoirja, wo oi für ou, weil das schliessende
u weggefallen ist). Daher kann das Wort auch nicht auf 7nare,
mere, sterben, wovon das Causativum mared, tödten, 51, 13;
merenq, merdz id. lautet, noch auf mare, sprechen, zurückgeführt
werden. In beiden Fällen wäre auss-^r dem 6 das n nicht erklär-
bar; überdiess würde tödten, morden (so Nerios. vindgaih da),
in Bezug auf Reden oder Vorträge (^ravdo) ein gar zu kecker
Tropus seyn und reden lassen keinen vernünftigen Sinn geben.
Das einzig Richtige ist, more/7 als identisch mit dem wedischen müra,
irrend, fehlend, am bekanntesten mit dem a privat, amura, nicht
fehlend, irrend, von den Göttern, namentlich denen des Lichts,
zu fassen; das h steht für ursprüngliches m, welches vor d nicht
bleiben konnte; moreii-dd ist somit irrend machen, irre führen,
missieiten, verwirren. — ^enhana kann hier nicht so viel als
ukti, das Sprechen, die Rede, heissen, da die Wurzel <;enh =
<^ams als eine vox media sowohl in gutem, wie in bösem Sinne ge-
braucht werden kann (vgl. (^ams, verletzen, abhi-<^ams, schmä-
hen), so nehme ich keinen Anstand, dem Worte hier die Bedeu-
tung Schmähung zu geben, denn nur diese stimmt zum Zusam-
menhange. — Der Genitiv gjdteus ist mit khratum, nicht mit fe?i-
handis zu verbinden. Die von der Tradition dem f:jdtu beigelegte
Bedeutung Leben ist nicht ganz genau. Von der Wurzel giv,
leben, lässt es sich schlechterdings nicht ableiten, da das v nicht
spurlos hätte verschwinden können. Der Accusativ ^jötüm beweist
172 Hang, die Gathas des Zarathiistra. I. Cap. 32, 9. 10.
nichts für das ursprüngliche Vorhandenseyn eines u, da das 6 nur
durch Rückwirkung des ü aus d entstanden ist (s. d. Gr.). Eine
Ableitung von gi, siegen, gewinnen, ist ebenfalls nicht zulässig,
weil ä nicht erklärt werden könnte. Man kann es nur mit dem
skr. gjdjas, der ältere, vorzüglichere, Superlat. gjeshtha, der
älteste, zusammenstellen, sodass es der Wurzel gjä , altern, alt
seyn, entstammt. G'Jdti oder gjdhi wäre demnach das Alter,
aber gewiss nicht das Greisenalter (dieses heisst zaiirvd) , sondern
etwa das Lebensalter oder die Lebenszeit überhaupt. Da in-
dess jene Wurzel gjd sicher nur eine Weiterbildung von ga?i, er-
zeugen, ist, so legt man dem Wort am besten den Sinn von Ge-
burt, Entstehung, bei, worauf gjdjas, der ältere, natu major,
von selbst hinführt. An den Begriff der Entstehung schliesst sich
der des Erstandenen, Daseyenden, des Daseyns, der in den
Gdthd's allein passend ist. ■ — Apo — mananho /Ner'ios.: adhikamca
me lakshmi (m) apaharati hitdm satim uttamena manasd. Dem apo den
Sinn von adhikam, vorzüglich, überwiegend, beizulegen, ge-
stattet der Zusammenhang ebenso wenig als 7nd = me zu nehmen.
Letzteres kann nur die Particula prohibitiva ?na = [X7], ersteres die
Präposition ajm -j- u (vgl. fro für fra-u) seyn, die, wie häufig, eine
Wiederholung der Präposition des Verbum finitum, hier von apa-
jcultd, ist. Der Sinn dieses Verbums ist von Neriosengh durch apa-
harati, wegnehmen, gut wiedergegeben, da es nur eine Deno-
minativbildung von apa, weg, seyn kann. An die Wurzel pd, be-
schützen, darf aus verschiedenen Gründen nicht gedacht werden.
— Mazdd mit dem Dativ ashdi durch ca verbunden, kann kein
Vocativ , sondern muss ebenfalls ein aus mazddi abgestumpfter
Dativ seyn.
V. 10. Hv6 — morefidat Nerios. : asdu me nd ukter vind^ara da-
ddti; kila apravHtim dirier daddti. Wie Nerios. mdnd verstanden hat,
wird aus dieser Uebersetzung nicht klar; md fasst er als me, mir,
7id umschreibt er bloss; und in der Sinnerklärnng : „er macht den
Glauben unwirksam", ist diesen Worten gar keine Rechnung getra-
gen. Alle Mss. schreiben mdnd als ein Wort; Westerg. vermuthet
7nd ndo, sodass nd für den Dual näo, uns beiden, stände. Aber
so einfach diese Verbesserung auch scheint, so giebt sie doch kei-
nen guten Sinn; zudem wäre sehr auffallend, dass kein einziges
Ms. das so häufige ndo zeigt. An eine Ableitung von der Wurzel
man ist nicht zu denken; der Sinn erfordert eine Negation, und
eine solche ist mä7id in der That; 7id, welches auch im Weda so
ungemein flüssig ist und als Enklitikum dient, ist nur zur Verstär-
kung an md = ikTi gehängt; man vgl. jatliand aus jathd -h 7id 31,
22. — Jt — aogedd Nerios.: ^o 7iikrshtataraiü vacasd brüte, der das
Schlechteste mit Worten spricht. Aogedd, gedehnte Form für aokhtd;
die Erweichung des kh in g und des f zu d ist Folge der Einschie-
bung des e. — G(7m — daddt Nerios.: gobhi^ca agdbhih surjdbhih;
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 10. 11. 173
[kila trivarshinihhih pcmcavarsfänibfnh] jo ddnam durgatimadbhjo datte^
wer an Kühen, Ziegen, Sonnen [nämlich dreijährigen, fünfjährigen],
den Schlechten eine Gabe giebt. Dass der Uebersetzer den Text
missverstanden hat, leuchtet ein. Ashihja kann nicht für aga, Ziege,
gesetzt seyn. Am nächsten liegt ashi, Wahrheit; aber diese Be-
deutung stimmt gegen den Zusammenhang, da mit ashihja gerade
das Mittel angegeben wird, wodurch der Böse die Erde und die
Sonne zum jämmerlichsten Anblicke macht. Daher stelle ich das
Wort mit ashjo 48, 4. 51, 6, einem deutlichen Comparativ von ako,
schlecht, zusammen; als Instrumental plur. des Compar. lässt sich
ashibis indess nicht gut erklären, man müsste nur annehmen, es sey
aus ashjSbis verkürzt. Dagegen hat die Annahme eines Substanti-
vums ashi , von aka durch i ebenso gebildet wie ashjd durch Jd,
keine besondere Schwierigkeit; die Schwächung des k, 6 zu sh ist
vielleicht nur dialektisch, da sie sich auch in der Gäthäsprache nicht
als eine gesetzmässige Veränderung nachweisen lässt. — Jagcä —
vivdpat Nerios. : Jagca krshtam udvdsajati; kila sasjdni vi?id^ajati,
der das Gepflügte vernichtet , d. i. der die Kornfelder verderbt.
Vivdpaf, Aor. redupl. von vap, scheeren (s. d. Gl.).
V. 11. Mazibis — cVÄrÄres Nerios. : mahattvajd dcdranti nikrshta-
tdm; kila purahsaratajd pdparii kurvanti, durch Grösse vollbiingen sie
die Schlechtigkeit; nämlich durch Vorangehen thun sie die Sünde
(sie freveln durch böses Beispiel). Ob mazibis, das nur Instrumen-
tal plur. von maz == mah, gross, ist, im Sinne eines Abstractums
Grösse gefasst werden darf, ist mir zweifelhaft; es müsste mazebis
(für mazibis vom fem. mazi) heissen , zu welcher Lesung aber die
Mss. kein Recht geben. Daher bleibe ich bei der Bedeutung gross.
„Die Grossen des Lügners" sind aber nicht die 6 Erzdews, die den
Gdthd's noch gar nicht bekannt sind, sondern wir haben darunter
mächtige Förderer des Bösen auf Erden, Priester, Fürsten etc. zu
verstehen (vgl. v. 14 kdvaja^cit und zu den „Grossen" 30, 2). —
Cikoiteres schreibt Westerg. richtig nach K. 11; K. 5. hat ciköieres,
K. 9. cikoitiris, K. 4. cikoithris, Bf. 11. ce koitares , Bb. ciku taris.
Nerios. scheint nach seiner Uebersetzung „die Schlechtigkeit voll-
bringen" zwei Wörter daraus gemacht, oder besser das Ganze als
ein Denominativ von aka, schlecht, betrachtet zu haben. Von aka
steckt aber nichts in dein Worte, sondern es enthält die Wurzel
kit, cit, sich zeigen, erscheinen, kennen, wissen. Wegen
des Relativums joi denkt man zunächst an eine Verbalform, etwa
an die dritte Person medii perfecti reduplicati; aber das schliessende
*•, das alle Mss. zeigen, lässt sich dann nicht erklären. Da die
Form neres, Genitiv von nar, Mann, eine unverkennbare Aehnlich-
keit mit der Endung von cikoiteres hat, so liegt der Gedanke nahe,
dieses gleich jenem als Genitiv sing, eines Nom. actoris ciknitar zu
fassen. Dazu würde der Genitiv dregvaiu sehr gut stimmen. Weil
aber der Gen. sing, mit dem Nom. plur. in den Nom. auf ar im
174 Haug, die Gdthas des Zarathustra. 1. Cap. 32, 11.
Baktrischen zusammenfallen kann , so lässt sich cikoiteres auch als
Nom. plur. nehmen, was besser zu dem jöi stimmt, als der Genitiv,
der nur durch „welche gehören dem lügnerischen Offenbarer" er-
klärt werden könnte. Die Bedeutung anlangend , so ist ihm die
des analogen wedischen cikitvän, der Erkennende, Wissende,
Rv. I, 25, 11 (von Varuna), 68, 3. 70, 1 (genau die gött-
lichen Satzungen kennend, von Agni), 72, 4 (von Menschen),
73, 1 Weiser, beizulegen. „Die Erkenner des Lügners mit sei-
nen Grossen" sind die, welche die böse Lehre anerkennen und ihr
zugethan sind. — Anhviscd — vaMe?n Nerios. : gf/iapatajo gfhapa-
tnja^ca apaharanti anedalabdhim [kila manushjam haihena gfhnanti], die
Hausväter und die Hausmütter nehmen das unrechte Gut weg [sie
nehmen den Menschen mit Gewalt]. Für anhviscd schreibt Westerg.
auf die Autorität von K. 5. anheus; K. 4. hat anhüdd, K. 6. an-
huiscd, K. 11. anuhiscd, K. 9. anhiscd, Bf. anhuiscd; Bb. umstellt
beide: anhvagcd anuhiscd. Nach diesen handschriftlichen Lesarten
hat anheus, das der gewöhnliche Genitiv von anhu, Leben, ist, nur
wenig für sich. Die Mehrzahl der Mss. weist auf ein ursprüngliches
IS am Schlüsse hin. Die Varianten anheus und anhüs sind nur be-
•quemere, leicht verständliche Formen an der Stelle der schwierigem.
Die verbürgteste Lesart ist anhuis oder anhvis. Der Form nach
sind diess Accusative plur. eines Thema's anhvi. Ein anhvi finden
wir wirklich Frag. 3, 2 nebst dem Accus, sing, anhvim, aber nicht
als Fem. construirt. Auf eben dieses anhvi führen auch der Dativ
ahi^e J. 40, 2. 41, 6 : ahmdi ahuje maiiaqjdicd, und der Abi. anhujat
in der Fügung: zarazddtoit anhujat haca Jt. 10, 9. 51. 13, 92,
durch lebendige Herzenshingabe. Nachdem nun hinlänglich
die Existenz einer Form anhvi nachgewiesen ist, so fragt es sich
zunächst, ob sie eine Feminin- oder nur eine Adjectivbildung sey.
Gegen die Annahme eines Fem. sprechen alle Stellen, da es nir-
gends als solches construirt ist; dagegen sprechen einige, wie za-
razddtoit anhujat, für adjectivische Bedeutung, ebenso Frag. 3, 2.
An unserer Stelle und J. 40, 2. 41, 6 tritt die streng adjectivische
Bedeutung etwas zurück. Man fasst es am besten als „das Leben-
dige, Lebende". Anhvagcd ist eigentlich ein Dual, vgl. J. 41, 2:
ubnjo anhvo, und zwar Genitiv- Ablativ -Locativ. Wie stimmt aber
anhvis, das ganz wie ein Accus, plur. aussieht, dazu? Dass beide
im gleichen Casus stehen müssen, lässt sich der Stellung und dem
Zusammenhang nach gar nicht bezweifeln; da anhvagcd kein Accus,
plur. seyn kann, so muss anhvis ebenfalls als Gen. gefasst werden.
Es ist aus anhvja^ contrahirt, eine Contraction, wie sie sich bei der
Endung as, wenn i vorhergeht, im Weda öfter nachweisen lässt,
z. B. pilrvis, i. e. multae, für piirvjas. — Das Subject zu apajeiti
kann nicht in diesem Verse gefunden werden, da er nur Nomina-
tive des Plurals hat, sondern ist in dem vorangehenden zu suchen
(ja^cd vivdpat etc.). Da überdiess die von den Mss. eingehaltene
Ordnung der drei Verszeilen den Vers schwerfällig macht und ge-
Hang, die Gathd's des Zarathustra. 1. Cap. 32, 11. 12. 175
rade die zweite als blosses Einschiebsel betrachtet werden müsste,
während die erste und die dritte eng zusammenhängen, die zweite
aber dem Sinne nach zu dem Schlussgliede des vorhergehenden
Verses gehört, so nehme ich keinen Anstand, hier eine Umstellung
vorzunehmen, indem ich das zweite Glied des Verses zum eisten
mache. —
V. 12. Ja — maretdno Nerios. : je (j6) dvajam (?) samddi^ati
uikfshtakarmam manushjebhjah [anjdjinam apramdriajudhatvam], wer
beides durch die beste That den Menschen zeigt [ein Kampf gegen
die Unermesslichkeit der Ungerechten]. Dass maretdno nicht Men-
schen, sondern Propheten bedeute, darüber s. zu 30, 6; über
rdonhajeii s. zu 28, 9. Der Satz muss als Wunsch oder Ausruf
gefasst werden: „Mit welcher Rede die Propheten spenden mögen!"
(Instrumental bei den Verben des Gebens für den einfachen Accu-
sativ) d. i. diese Rede sollen die Propheten sprechen. Das ^ra-
vanhd deutet auf den vorhergehenden Vers. — Aeibjo — prjotüm
Nerios.: teshdrh mahdgndni vighdtam abravtt jeca gopa^ündm mriju-
ddndt pramodam vadanti givanimittdja ^), denen verkündigte der grosse
Weise den Untergang, und denen, welche wegen Ermordung des
Viehs Freudenrufe ertönen lassen hinsichtlich (der Vernichtung) des
Lebens. Urvdkhs — ukti kann nicht Freude verkündigen heissen,
da iirvdkhs nur von vac -f- wr, aussprechen, abgeleitet werden
kann; vdkhs ist der Nomin. eines Thema's vdc. Rede, vgl. drukhs
von drug. Gegen die Ableitung von vaksh, wachsen, spricht der
Sinn und urvdkhshat 34, 13. vgl. urvdshat 44, 8. Jt. 23, 3 finden
wir einen Namen Urvdkhsha neben Kere^d^pa und Q'dvarsan (Sijawusch
im Schähnämeh) genannt; J. 9, 10 heisst er Urvdkhshaja. Aber als
Nomen propr. lässt sich das Wort in den Gdthd's nicht gut nehmen,
zudem würde auch die Form urvdkhs für urvdkhsha dagegen sprechen,
und letztere ist auch nicht ursprünglich, sondern erst aus urvdkhshaja
verkürzt. Die nächste Erklärung ist die, es wie tirvdta als Aus-
spruch, dem leicht der üble Nebensinn eines Zauberspruches
beigelegt werden konnte, zu fassen. Durch solche Sprüche such-
ten die Gegner Zarathustra's zu schaden. — Jdis — drugem Nerios. :
jeshdm lamcd pujijdd mitratard kadarthakdndm ; kila jeshdm lakshml
pradhdnatard pratimatipiivjakdrja dipt^), dieser Quäler Zeichen ist
freundlicher als das reine; d. i. ihr Glück ist vorzüglicher als sogar
die reine That der Ehre. Schwierigkeit bietet die Erklärung des
grehmdy das sich nur in diesem und den beiden folgenden Versen
(als Nominativ grehmo) findet. Nerios. hat lajucd, v. 14 lamcdvdny
welche Worte das Sanskritlexikon zwar nicht kennt, aber sicher mit
^) Für das sinnlose nimattdca.
^) Vielleicht karjdd api zu lesen.
>
f
17G Hang, die Gdtlias des Zarathustra. I. Cap. 32, 12.
Idmcchajia, Zeichen, und weiter mit lakshana zusammenhängen;
in der Glosse zu unserm Vers ist es durch lakshmi. Glück, Reich-
* thum wiedergegeben. Dem mit grehmo identischen gremo in An-
qnetil's Zend-Pehlewi-Glossar wird die Bedeutung Grösse gegeben.
Alle, diese Bedeutungen geben aber nirgends einen befriedigenden
Sinn. Die richtige Erklärung wird insbesondere noch dadurch er-
schwert, dass der Weda uns hier ganz rathlos lässt. LautHch ent-
spricht zwar das sanskritische grishma vollkommen, da grehmd (diese
Lesart ist sicher besser als die gerehmd K. 4. Bb., oder garehmd
Bf.) für gnhmd steht; aber die Bedeutung heisse Jahreszeit,
Hitze, will sich nirgends mit dem Zusammenhang vertragen. Die-
ser verlangt überall ein Concretum und kein Abstractum , irgend
eine handelnde Person. Da die Erklärung des Worts als eines Ap-
pellativs nur Schwierigkeiten bietet, so nehme ich keinen Anstand,
es als Eigennamen eines mächtigen, weiter nicht mehr bekannten
Feindes der Zarathustrischen Religion zu fassen. Aber dann muss
an unserer Stelle grehmd als ungenaue Form für den Nom. grehmo
angesehen werden. Dass übrigens auch schon im Gäthädialekt (in
der spätem Sprache ist es sehr häufig) für die eigentliche Nomina-
tivform 0 (aus as) die flexionslose auf a tritt, beweist daevd 30, 6
zur Genüge. Dieser Grehma ist hier als Karapd , Vollzieher des
Opfers, der Satzung (s. nachher) bezeichnet und v. 14 mit den
Kdvaja^, den Dichtern und Sängern der Wedalieder (s. zu 14) zu-
sammengestellt; daher war er gewiss ein Priester der Wedagötter,
wahrscheinlich das Haupt eines ganzen Geschlechts. Die Erklärung
des Namens anlangend, so darf er nicht von der Wurzel gras, ver-
schlingen, abgeleitet werden, wie ich früher that; denn diese er-
weiterte Form findet sich im Baktrischen nicht , sondern nur die
einfache gar (skr. gr); zudem würde die Bedeutung Verschlinger,
Fresser, worunter doch nur Ahriraan verstanden werden könnte,
nicht zu den übrigen, dem altindischen Priesterkreise angehörigen
Bezeichnungen stimmen. Wenn 44, 20 mit karapd der Name u^ikhs
= ugig des Weda, und 46, 11 kavi verbunden ist, so wäre es
sonderbar, hier damit ein Wort wie Fresser zusammengestellt zu
sehen. Aus jenem Sprachkreis liegt grtsa, nach Nigh. 3,. 15 Name
für weise (medhdvij , am nächsten; es ist dem kavi und u^ig syno-
nym und bezeichnet, wie diese, den Weisen, also den Dichter,
Priester und Propheten, neben kavi III, 19, 1 von Agni, dem ucit,
unwissend, entgegengesetzt VII, 86, 7, vgl. III, 1, 2. 48, 3. VII,
87, 5. Die Etymologie ist dunkel; vielleicht liegt gr, lobsingen,
zu Grunde. Mit diesem Wort ist der Name eines wedischen Sän-
gergeschlechts, Gftsamada, zusammengesetzt, dem das zweite Buch
des Rigveda zugeschrieben wird und das auch wirklich mehrmals
darin genannt ist (4, 9. 19, 8. 39, 8. 41, 18). Hieran ist unser
Grehma ein Anklang , vielleicht sogar identisch. Grtsa steht für
gartsa, und grehma ist wahrscheinlich erst aus garehma zusammen-
gezogen; das t fiel aus, da weder die Verbindung t-h noch die von
Haiigy die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 12. 177
t-s dem Baktrischen sehr geläufig ist. Die Sylbe ma ist entweder
das bekannte Suffix ma in vah-ma, dah-ma, oder eine Verstümmelung
von 7nada. Dass solche bei Namen leicht vorkommen können, zeigt
das baktrische Kavi U^ im Verhältniss zum vvedischen Uganas. —
Varatd kann hier kein Adjectiv seyn, wie Nerios. will. Lautlich
würde das wedische Substantiv vrata, Gesetz, Ordnung, nahe
liegen, aber obschon es mit karapd sich vertrüge, so müssen wir
darauf verzichten, weil unser Satz nothwendig ein Verbum fordert ;
von allen Wörtern kann aber lautlich nur varatd als solches nach-
gewiesen werden. Man würde freilich varetd oder veretd erwarten,
was eine regelrechte Form der 3. Person sing, imperf. medii der
Wurzel var, wählen, verhüllen, wäre. Dass aber für are, ere,
auch ara gesagt wurde, beweist karapd, das für karepd steht. Will
man diess nicht zugeben, so lässt sich varatd leicht als eine Con-
junctivform erklären (mit a vor der Endung). Die Bedeutung wäh-
len passt nicht zu dem Instrumental Jaw, dagegen stimmt verhül-
len, bedecken, im Sinne von bewaffnen, nämlich mit allen
Mitteln, Liedern, Sprüchen, Opfern etc, um dem Propheten dadurch
zu schaden- — Karapd giebt Nerios. durch kadarthaka, Quäler,
Feind. Dass es ein Concretum und kein Abstractum ist, zeigen
alle Stellen der Gdthd's deutHch (s. d. Gl.). Das Thema ist kara-
pan, wie der Plural karapaiio 48, 10. 51, 14 zeigt. Dass sie böse
Wesen sind, geht schon aus dem Zusam.menhange der Stellen in
den Gdthd's hervor und wird durch die spätem Stücke vollkommen
bestätigt. Jt. 5, 22. 26. 46. 50. 10, 34 und an vielen andern
Stellen finden wir daemiiuhn mashjanämca jdthwCun pairikanCunca gd-
thräm kaojum karafnämca, welches lauter Namen für böse Menschen
oder böse Wesen höherer Natur sind. Die Zusammenstellung mit
den Jätu's und Pairika's lässt die Karapano gleichfalls als eine Art
Dämonen erscheinen. Wenn sie auch späterhin so gedacht wurden,
so liegt diese Vorstellung den Gdthd's ganz fern. Hier sind es
wirkliche Menschen, von ähnlicher Stellung und Bedeutung wie die
Kavi's, mit denen sie zusammengenannt werden. Wir haben dem-
nach Priester oder Sänger in ihnen zu sehen. Auf diesen Sinn führt
auch die Etymologie. Karapan ist nämUch nur eine Weiterbildung
des sanskritischen kalpa, Regel, Ordnung, Brauch, namentlich
der Opferritus ; vgl. kalpajati, anordnen, vertheilen (s. das Peters-
burger Sanskritwörterbuch, II, 167). Zur Bildung vgl. avanhan von
avanh, apan von apa, maretan von mareta etc., sämmtliche in der
Bedeutung eines Nomen actoris. Daher ist karapan der Ordner
der heiligen Gebräuche, der Opfer etc., somit ein Priestername. —
Khshathremcd tshanam drugem ist ein Sätzchen für sich, in dem das
Verb, substant. ergänzt werden muss. Bedenkt man uhd-khshathrem
29, 9, so ist man geneigt, tshanam auch hier mit khshathrem zu ver-
binden; aber diese Verbindung gäbe keinen guten Sinn, es gehört
zu drallem. Ueber ish s. zu 30, 1.
Abhandl. der DMG. 1,3. 12
178 Hang, die Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 32.. 13. 14.
V. 13. Ueber hishagat (Nerios. ihanti) s. zu 50, 2. Unter
k/ishnthrd (Nerios. rdgjam) sind wohl grössere Bezirke zu verstehen,
die der mächtige Feind des Zarathustrischen Glaubens, Grehma, dem
Dekehrungseifer Zarathustra's entrissen und wieder dem alten Göt-
terdienste zugeführt hatte. — Für gi gerezat , wie Westerg. nach
K. 4, 9. schreibt, ist mit K. 5, 6. gtgerezat in ein Wort zu schrei-
ben und das Ganze als reduplizirter Aorist von gerez, schreien,
klagen (s. zu 29, 1), schelten zu nehmen; Nerios. fasst es als
Substantiv hramda, Geschrei. G'i für sich allein gäbe hier schlech-
terdings keinen Sinn. Einige Mss., wie K. 11, Bf. und Bb., lesen
ZI, was nur aus Nichtverständniss des wohl schon in sehr alten
Handschriften von gerezat losgetrennten gi entstanden seyn kann,
indem dieses unverstandene Wort durch ein den Lauten nahe kom-
mendes, wirklich gebräuchliches mit bekannter Bedeutung ersetzt
wurde. — Jaecd ist mit käme zu verbinden und kann demnach nur
ein Locativ seyn; man sollte desswegen eigentlich jahmi erwarten,
da jae=joi sonst der Nom. phir. masc. ist. Diese Locativform ist
eben eine Verkürzung und verhält sich zu Jahmi wie thwöi zu
thwahmi. — Für daregät der allermeisten Mss. wird mit der Bb.
ed. vielleicht besser daresät geschrieben, da das Wort nicht auf die
Wurzel dareg, dereg = dfg, sehen, sondern auf dares, daresh =
dhrsh, wagen, einen Angriff machen, zurückzuführen ist. Man
vgl. das häufige dam-dr«, heftig laufend, stürmend, vom Winde.
Auch dareslidf wäre richtig, man vgl. dareshim 42, 3 von derselben
Wurzel. — Der Accus, plur. is, i. e. eos, ea, kann sich auf die
khshathrd, die vom Feind genommenen oder bedrohten Bezirke, aber
auch auf die Feinde überhaupt, die zwar im Verse, wenigstens
nicht in der Mehrzahl, ausdrücklich genannt, aber leicht zu verstehen
sind, beziehen. Letztere Fassung scheint mir die natürhchste: „der
(der Sprecher Zarathustra) sie (den Grehma und seine Schaaren)
von einem Angriff auf das Wahre zurückhalte".
V. 14. Ahjd — dadat Nerios. : asdit jo lamcdvdn mahatvam ni-
idntamkadartliakdndmca budhjdni daddti [badhjdca (? buddhjdca) teshdm
hhavati vistidi(h) svdmino adargakdh d(a) grotdragca saiiti], der, wel-
cher mit dem Zeichen versehen, die Grösse niederbeugt und die
Gedanken der Quäler (Bösen) verleiht [ihre Schmähung des Herrn
ist zu vernichten (in ihrem Sinne ist die Schmähung des Herrn),
sie sehen nicht und hören nicht]. Ä hoühwöi. Die Lesarten schwan-
ken sehr. Westerg. hat nach K. 5, 6. d hoi thwo, K. 11. bietet
iikoi thwöi, P. 6. a hoi thoi, K. 4. d huithoi, K. 9. dhoithoi, Bf. dhoi
thwöiy Bb. d hoi thwöi. Die meiste handschriftliche Autorität haben
demnach die Lesarten, welche d trennen und als Präposition betrach-
ten ; ebenso trennt die Mehrzahl das höi von thwöi, und die meisten
zeigen thw für blosses th vor der Endung. Wollten wir sonach rein
diplomatisch verfahren, so müssten wir d höi thwöi schreiben. Aber
da in ihm oder bei ihm in dir, wie diese Wörtchen lauteten.
Hang;, die Gatlms des Zarathustra. 1. Cap. 32, 14. 17U
völlig sinnlos wäre , so ist diese Dreitheilung zu verwerfen. Die
Westergaard'sche Lesung d hat ihwo ist ebenso wenig zu halten.
Die Bedeutung von o und hui wäre klar; die von ihwo wäre noch
zu untersuchen. Dieses könnte auf zwiefache Weise erklärt werden,
erstens als Attraction aus thwä a, zweitens aus tavo = skr. tavas,
Kraft. Aber in keiner dieser beiden Fassungen lässt sich diese
Lesung billigen, da weder „Grehma legte dich in ihm nieder", noch
,^GrfJima legte in ihm nieder die Kraft" einen genügenden Sinn
giebt. Gegen die letztere Fassung sprechen indess auch noch sprach-
liche Gründe. Das wedische tavas lautet nämlich im Ja9na tavis,
woraus nie thwo hätte werden können ; überdiess könnte sogar tavij
nicht gut zu thwo werden, da gerade in solchen Contractiousfällen
das V und r ihre Aspirationskraft auf das vorhergehende t nicht äus-
sern, man vgl. ivem, du, aus tit-em, Zarathustra aus Zarathustara,
Frashuostra für Frashaostara , Khraf^trä für Khraf^tard u. s. w. So
bleiben uns nur die Le>ungeu höithoi und hoithwoi übrig. Da beide
auf die Wurzel hi zurückweisen, indem das eine mit dem Abstract-
suffix thi=ti, das andere mit dem Suffix thwa == iva gebildet ist,
so kann hier nur die Mehrzahl der Mss. entscheiden; diese ist für
die Lesung hoithwoi. Sonach wäre d hoithwoi das Richtige. Ueber
die Bedeutung der Wurzel hi s. zu 48, 7. Die traditionelle Grösse
lässt sich mit nichts beweisen. — Kdvaja^cit. Diese Form ist nach
der baktrischen Grammatik der Nomin. plur. Da dieser mit dem
Verbum des Satzes, das im Singular steht, nicht stimmt, und zu-
dem noch der Nom. sing, hhratus im Satze sich findet, so ist man
leicht versucht, Ldvaja^- als Gen. sing, zu fassen und „der Verstand
des Kavi" zu übersetzen. Aber die Stelle 46, 11: khshathrdis jugen
karapano kdvajai^ca, wo dieselbe Form als Plural construirt ist, spricht
dagegen; überdiess lautet der Genitiv sonst kavois. Es ist indess
noch ein anderer Ausweg offen. Man könnte nämlich kdvajat; auch
als Adjectiv von kavi nehmen und auf den Nom. khratus beziehen.
Dass das Adject. wirklich so lautete, beweist kdvajehe (Genit.) Jt.
19, 97. Nj. 5, 5, ein Beiwort von qarenanh, Glanz, ebenso wie
kavaem (Acc. neutr.) Jt. 8, 2. 10, 66. 127. 12, 4. 19, 8. 9. 14.
21 u. s. w. Hienach dürfen wir auf ein Adjectivthema kdvaja oder
kavaja (nicht kavja, sonst würde die Neutralform nicht kavaem, son-
dern kavim lauten) zurückschliessen. Von diesen zwei Möglichkei-
ten, kdvajaq als Nom. plur. substant. von kavi oder als Nom. sing,
des Adjectivs kdvaja zu fassen, ziehe ich wegen 46, 11 doch die
erstere, wenn sie auch schwieriger ist, vor. Kdvaja^cit steht dann
dem Grehmo parallel; beide Sätzchen sind im Ausruf zu denken.
Durch diesen Parallelismus mit Grehmo erhält das Wort kavi, das
sonst nur eine ehrende Benennung der grossen Könige der Vorzeit,
des Hu^ravä, Vistä^pa, Kavätä etc. ist, einen schlimmen Sinn. Auf
den ersten Anblick könnte man versucht seyn, diesen Widerspruch
durch andere Interpretation unsers Verses zu beseitigen; allein in
12*
180 Hang, die GiUhas des Zarathiistra. I. Cap. 32, 14.
der Parallelstelle 46, 11 ist der Plural kavajat; mit karapoMu^ dessen
Bedeutung mit Sicherheit eine schlimme ist, verbunden ; beiden wird
dort die Vernichtung des Lebens durch schlechte Thaten zuge-
schrieben. Ebenso wird gleich v. 14 unsers Capitels das Abstract.
von hnvi, Icevitd, unmittelbar 'mit Icarapotd., dem Abstract. von dem
eben berührten karapd, verbunden und von der Vernichtung dieser
beiderseitigen schlimmen Künste gesprochen. Hienach ist gar kein
Zweifel, dass das Wort wirklich in schlimmer Bedeutung gebraucht
worden ist. Nun fragt es sich, in welchen Stücken sich die gute
und die böse findet und warum dieser ehrwürdige Name der alten
arischen Seher und Dichter einen schUmmen Nebensinn erhalten
konnte. In der schlimmen Bedeutung kommt es ausser den zwei be-
sprochenen Stellen auch 44, 20 u. 51, 12 (vgl. weiter den 4. Abschn.
d. Einl.) vor. Gute Bedeutung hat das Wort kavd nur vor dem be-
kannten Königsnamen Vistä9pa 46, 14, ebenso 51, 16. 53, 2. In der
gdthd ahimavaitt 28, 8 fehlt indess merkwürdigerweise das kavd vor
dem Namen Vistä9pa. In den Jeshts finden wir kavi vor folgenden
Namen: U^a 5, 45. 14, 39. 23, 2. Hu^rava (Chosru) 9, 18. 15,
32. 19, 93. 15, 32. Kavdta (Kai Kobäd) 13, 132. Aipwanhu,
U^adhan , Pigananh (Bishen), Bjdrshan , Q'dvarshan (Sijawush),
sämmtlich 13, 132. Pourusti 13, 114. Garsta 13, 123- Damit zu-
sammengesetzt ist wohl der Name Kavdra^mu 13, 103. Hieraus
folgt, dass kavd, vor den Namen der bedeutendsten Könige und
Helden der iranischen Vorzeit stehend , nur eine gute Bedeutung
haben kann; aber die Verbindung des Wortes mit den genannten
Namen ist eine so constante geworden , dass es seine eigentliche
appellative Bedeutung beinahe ganz aufgegeben zu haben scheint
und als ein Bestandtheil des Eigennamens angesehen wird. Ohne
folgenden Namen findet sich kavi in den Jüngern Stücken des Zend-
awesta nur einmal Jt. 13, 119, wo es die allgemeine Bedeutung
eines hohen Würdeträgers zu haben scheint. Aus all diesem geht
hervor, dass das Wort seine alt-arische Bedeutung Priester, Dich-
ter, Seher, im Zendawesta allmählig verloren hat. Wie kommt
es aber, dass dieses Wort sowohl im Singular als im Plural in den
ältesten Stücken eine schlimme Bedeutung hat? Die Ursache war
dieselbe, aus welcher die alten Deva's zu bösen Dämonen wurden,
nämlich der Religionshass der alten Iränier oder spezieller Zarathu-
stra's und der Feuerpriester gegen den altindischen Götterglanben.
Die Kavajas des Veda sind die Priester der Götter, ja die Götter,
namentlich Agni, werden selbst Kavi genannt; sie dichten die hei-
ligen Lieder, ertheilen Rath, kurz, sie sind die Höchstgestellten in
dem alt-arischen Volksleben. W^andte sich der glühende Wahrheits-
eifer der iranischen Feuerpriester und insbesondere Zarathustra's
einmal gegen die alten Götter, so mussten die Hauptpfleger des
alten Cultus, die Priester und Dichter, mitgetroffen werden. Nun
ist sehr denkwürdig, dass unter den vielen Namen für Priester,
die wir im indischen Alterthum finden, gerade kavi, einer der alte-
Haag, die GdtfiiVs des Zarathustra. I. Cap. 32, 14. 181
sten, viel älter als brdhmana, gewählt ist. Dieser Umstand ist für
die Untersuchung des Zeitalters Zarathustra's von der grössten
Bedeutsamkeit, da wir in eine Zeit versetzt werden, in der die ari-
schen Inder noch unter Leitung der Kavi's standen, eine Zeit, die
lange vor die brahmanische fällt. — Varecd — fradivd Nerios. : dcd-
ratdm avjdpdragndnindm prabhutabhjdja (?) je te avjdpdratajd sam-
cajam dvdrddadhate (?). Der allgemeine Sinn dieser etwas verdor-
benen Worte scheint der zu seyn: Die, welche die geistige
Trägheit (in religiösen Dngen) vermehren. Wie varecd mit dcd-
ratdm, die Befolgung, Beobachtung, wiedergegeben werden
konnte, lässt sich schwer einsehen-, vielleicht verwechselte es der
Uebersetzer mit verez , machen. Das Substantiv findet sich nur
hier, dagegen haben wir Vend. 20, 1 (vgl. Jt. 19, 72) das Adject.
varecanuhatäm (Gen. plur.) neben thamananuhatdm, jaohstioatäm, jd-
tumatäm, lauter Wörter, die sich auf Heilkräfte beziehen. Welche
besondere Kraft der varecaniihat besass, lässt sich weiter nicht be-
stimmen. Im Weda steht varcas am nächsten, dem gewöhnlich die
Bedeutung Glanz beigelegt wird. Diese hat es an manchen Stel-
len unzweifelhaft, wie Rv. III, 22, 2. 95, 1. Dagegen ist sie min-
der passend in I, 23, 24, wo varcasd dem pntgajdy mit Nach-
kommenschaft, und djushd, mit dem Leben, parallel steht und
besser durch mit Kraft, Vermögen, übersetzt wird. Ebenso
lässt sich die Redensart: varcah dhdh jagna-vdhase Rv. III, 8, 3.
24, 1 nicht wohl durch „du schufest den Glanz zum Opferführen",
sondern eher durch „du schufest die Kraft zum Opferführen" wie-
dergeben. Varciuy das mit (^ambara, dem Wolkendämon, parallel
steht, Rv, II, 14, 6. VII, 99, 5 hängt vielleicht damit zusammen
und heisst wohl der mit geheimen Kräften Begabte. Varecd
an unserer Stelle nun hat ebenfalls gewiss weniger die Bedeutung
Glanz, als die von Kraft, und zwar in bösem Sinne, da es auf
die Kavi's sich bezieht. Der Form nach ist es ein Nom. acc. pl.
einer Neutralform, also entweder eine Verkürzung für varecdu aus
varecanh oder von einem Thema varecem gebildet. Da das Adject.
varecaniihat aber nur auf ein Substantiv varecanh führt, so werden
wir am besten dieses auch hier zu Grande legen. Vielleicht ist die
Lesung von K. 6 , Bb. und Bf varecdo die richtigere. Syntaktisch
ist es Accusativ zu dadat. — Fradivd. K. 6. fraidivd, K. 4. frdi-
divd, Bf. fridvd, Bb. fradvd. Die einzig richtige Lesart ist die von
W. aufgenommene fradivd; die übrigen sind aus Missverständniss
des seltenen, sonst nicht weiter im Zendawesta vorkommenden Wor-
tes hervorgegangen. Man denkt zunächst an eine Ableitung von
div == diw, betrügen (vqL divanmem), aber die Präposition fra und
der Zusammenhang lässt eine Bedeutung, wie Betrug, nicht wohl
zu. Ich sehe darin ein dem wedischcn pradivm und pradivi ganz
analoges Adverbium, mit dem einzigen Unterschied, dass, während
hier der Genitiv und Locativ die adverbiale Bedeutung tragen, dort
der Instrumental dazu verwandt ist. Beide bedeuten eigentlich von
182 Hang, die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 32, 14. 15.
vor dem Tage her oder in der Zeit vor dem Tage, Tags
vorher, was zunächst auf den Begriff gestern führt, vgl. das
wohl damit verwandte lateinische pridie. Diese Bedeutung konnte
dann leicht auf die Vergangenheit überhaupt, die nähere oder
fernere, angewandt werden, sodass es den Sinn längst, seit lan-
ger Zeit, von Alters her, von der Urzeit her, annahm; mau
vgl. pridem, längst, eigentlich Tags vorher, wie pridie, und das
hebr. dil5"bu3 bbnt?, gestern, am dritten Tage = früher, vor-
hin. Im Weda ist mir nur die von längst u, s. w. belegbar,
die als die herrschende anzusehen ist. Rv. II, 3, 1 heisst Agni
jidvakah pradivahy ein Reiniger von Alters her, III, 36, 2 ge-
hören die Somatränke dem Indra pradivah, seit der Urzeit; III,
46, 4 strömen die Somatropfen, die pradivi, längst, ausgepresst
sind, zu Indra, wie zu einem Meer; vgl. noch II, 36, 5. VII, 90, 4.
I, 53, 2. In diesem Sinne ist auch fradivd zu fassen, die Kräfte
von Alters her, d. i. die uralten Kräfte. Das Verbum ?ii dadaf
heisst zunächst niederlegen, was dann weiter in den Begriff ver-
bergen oder wegschaffen übergehen kann, vgl. ?ädhd im Sanskr.
niederlegen, begraben, wegwerfen. „Die von Alters her
wirksamen Kräfte wegschaffen" heisst so viel als „ihre Wirksamkeit
zu nichte machen". — Für hjdt lesen Bf. und Bb. hjat , welche
Lesung das hfatcd der dritten Verszeile zu bestätigen scheint. —
Für gidjdi, das Westerg. aus y^idja von K. 5. herauscorrigirt, ist
mit der Mehrzahl von Mss. gaidjdi zu lesen, was Infinit, von y^an,
schlagen, ist. Auch Nerios. leitet es so ab.
V. 15. Audis — kevitdogcd Nerios. : andgamanatcdt anirikshanwd
hhavati je adar^akd^ca a^rotdra^ca santi. Die Uebersetzung des andis
durch andgamanatvdt beruht, wie man leicht sieht, auf einer falschen
Etymologie, indem der Uebersetzer das Wort von i, gehen, + a
privat, ableitete. Es kann nur der Instrum. plur. des Demonstrativ-
stammes a/ia, dieser, seyn; die Worte durch diese will ich ver-
nichten scheinen sich auf die vorhergehenden Verse zu beziehen.
Da aber diese keine Sprüche und Gebete , mit deren Hilfe allein
die Feinde vernichtet werden können, enthalten, sondern einfach
Zustände und Thaten beschreiben, so ist es wahrscheinlich, dass
unser Vers ursprünglich gar nicht hieher gehörte, sondern wohl nur
wegen des V^orkommens von kevitdo, worin man eine Verwandtschaft
mit kdvaja^cit in v. 14 sah, hergezogen worden ist. Die Worte
standen wahrscheinlich ursprünglich hinter Gebeten gegen die Daeva's,
und auf solche bezieht sich das andis, durch diese, d. i. mit
Hilfe dieser. — Die zwei übrigen Glieder unsers Verses scheinen
in keinem rechten Zusammenhang mit dem ersten zu stehen; avdis
kann daher auch nicht mit andis verbunden werden, wogegen schon
aipij auch, wodurch avdis als etwas Neues eingereiht wird, spricht.
Dieses avdis ist indess nicht Instrum. des Pron. ava, jener, sondern
von avanh, Hilfe, abzuleiten; wegen der Verkürzung vgl. ^avdis 51,
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 32, 15. IG. 183
15 von ^avanh, manoi für mananhe u. s. w. — Das Subject zu dainti
können die kdvajac nicht seyn , da diese verrufenen Priester der
Daeva's unmöglich Einen „iu die Wohnung des guten Geistes, d. i.
den Himmel bringen" konnten, wie dies von jenem Subject ausge-
sagt wird. Als solches haben wir die Mazda's oder auch die ^ao-
skjantö's zu betrachten, die im frühern Zusammenhange gewiss un-
sern Worten vorhergingen. — Äbjd (Dat. plur.), hier beim Passiv
bairjdoTite stehend, kann nur den Sinn von ihnen haben. Genauer
würde der Instrumental dis seyn; der Dativ und Instrumental des
Plural können indess wegen der nahverwandten Endungen bnt und
bis leicht verwechselt werden. Fasst man dbjd als Dativ ihnen,
für sie, so entsteht ein ganz unbeholfener Sinn. Von ihnen weist
auf das Subject von dainti zurück.
V. 16. Hamem — dahmahjd Nerios. : sürvam tad utkrshtataram
jat prthula(m)cit anjend (?) ^ikshdraiiam iiktabhdndm , all das ist das
Beste, was nur gross ist durch einen Andern ^), was zum Unter-
richt der durch Worte Glänzenden gehört. Valiistdcit ist als Dativ
zu fassen für vahistdicit. Ueber ush-uruje s. zu 34, 7. — Für dah-
mahjdy wie Westerg. schreibt, wird mit K. 4, 9, 11 richtiger dah-
majdi, als Dativ eines Thema's dahmd, gelesen ; denn iish-uruje, das
deutliche Adjectiv dazu, ist der Dativ sing, eines Femin. ush-urvi.
Das gänzliche Missverständniss des letztern hat die falsche Lesart
dahmahjd erzeugt, die um so leichter entstehen konnte, als in den
spätem Büchern das Masc. dahma häufiger ist, als das Fem. dahmd.
Für die Bestimmung der Bedeutung des Worts ist Vend. 12, 1 am
wichtigsten. Äat jat pitd para-irithjeiti mdta vd para-irithjetti cvat
aeshäm upa-mänajen puthro haca pitarem dughdha haca mdtarem cvat
dahmaniim cvat tanu - perethanäm (vgl. 3, 7 u. s. w.). Wann der
Vater vorher (zuerst) stirbt oder die Mutter vorher stirbt, wie viel
soll von ihnen (den Gebeten) der Sohn für den Vater, die Tochter
für die Mutter hersagen? Wie viel Dahma's, wie viel Tanu-pere-
tha's? Dass hier unter dahmd Gebete für die Todten verstan-
den werden müssen, kann keinem Zweifel unterliegen, und wenig-
stens die Bedeutung von Gebet überhaupt folgt auch unzweifelhaft
aus andern Stellen. Vend. 7, 71 avat he a^ti mago arethem — 2^^^^
kahmdicit dahmanäm dahmdhu vaethdhu dahmaca ashavana^ca, das ist
ein grösserer Gewinn als irgend eines der Dahma's unter den Dah-
ma's, die man weiss, und das dahma ashavana^ca. Letztere Worte
gehören zur vollständigen Angabe des Dahmagebets, vgl. J. 6, 14:
dahmäm vanuhtm dfritlm dahmemca narem ashavanem jazamaide , die
Dahma, das gute Gebet, und den Dahma, den reinen Menschen,
') r/iest man prlhulncilnujena als ein Wort, so würde es „durcli gros-
ses geistiges Wesen" heisseii; man müsste aber nianja in cetanja ändern
{celana. Seele,, Geist).
184 Hau};, die Gdtkd's des Zarathustra. L Cap. 32, 16. Cap. 33-
verehren wir. Dass dahmd sonach das Gebet selbst, und dahma
die Person ist, auf die es sich bezieht oder von der es handelt,
unterliegt keinem Zweifel. Der dahma wird Jt. 10, 137. 138 mit
tanu-mdthro, der sich selbst zum Wort hat, oder der sein
eigenes Wort hat, zusammengestellt. Den alleinigen Aufschluss
über die Bedeutung beider Wörter giebt der Weda. Hier entspricht
dasma, ein häufiger Name von Indra (l, 62, 5. 4, 6) und Agni
(II, 1, 4. 9, 5. 3, 1, 7) und wird gewöhnlich durch Zerstörer,
Vernichter, seil, der Feinde erklärt. Aber dieser Deutung steht
namentlich VII, 18, 11 entgegen: dasmo na sadman nigigdti barhifi
^ürah sargam akrinod indra eshdm , wie der Dasma die h. Streu auf
den Sitz hinwirft, wonach das Wort eine bei dem Gottesdienste,
namentlich dem Werfen der h. Streu, beschäftigte Person bezeich-
net und mit Opferer oder Darbringer zu übersetzen ist; vgl.
I, 74, 4: dasmat kfnoshi adhvaram, du bringst das Opfer dar. Die
Wurzel scheint da*, zerstören, zu seyn; aber die Bedeutung „Zer-
störer" verträgt sich kaum mit der von „Darbringer" ; daher möchte
ich hier dds, spenden, geben, in der verkürzten Form das zu
Grunde legen.v An unserer Stelle nun hat das Fem. dahmd, das
erst eine Neubildung von dahma ist, nicht gerade die spezielle Be-
deutung eines bestimmten Gebetes, sondern die allgemeinere von
Darbringung, Opfer. — (^ja^ctt für ^aja^cit regiert den Dativ
im Sinne von liegend für, d. i. obliegend; vgl. ^aja, liegend,
Rv. VII, 55, 8. U eher jehjd — dvaethd s. zu 48, 9; über eednu
s. zu 28, 12. — Anhajd giebt Nerios. durch anurupam, angemes-
sen, ähnlich; er fasste es wahrscheinlich als einen Instrumental in
adverbialem Sinne. Den einzig richtigen Sinn giebt es aber, wenn
man es als erste Person Conjunct. des Causat. von aÄ, anh, seyn,
also machen dass etwas ist, fasst.
Capitel 3 3.
Dieses Stück lässt sich in folgende 5 Theile zerlegen: 1) 1 —
5; 2) 6—10; 3) 11; 4) 12. 13; 5) 14. Unter sich hängen die-
selben nicht recht zusammen. Der kräftige polemische Geist, der
in den unmittelbar vorhergehenden Stücken (30. 31. 32) zu erken-
nen ist, der echt Zarathustrische , weht uns nur aus dem ersten
Theile des Capitels entgegen; daher ich auch nur diesen dem Za-
rathustra selbst zuweisen kann.
1) 1 — 5- Bruchstücke eines vor dem Feueraltar vor einem
kleinen Kreise, wohl dem seiner nächsten Freunde, von Zarathustra
vorgetragenen Liedes. Unter den nächsten Anverwandten seiner
Treuen, wohl auch unter seinen eigenen, waren noch manche An-
hänger der Vielgötterei. Diese sucht er durch eigenes Gebet wie
durch Hinweisung auf die Belohnung im Himmel zu bekehren. Da
dieses Lied unter den polemischen Stücken eines der milderen ist,
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33. 185
so möchte ich glauben, dass es in die früheste Zeit seines Auf-
tretens gehört.
Der Anfang des Liedes steht ganz abgerissen da. Zarathustra
will über den Unterschied zwischen dem wahren Gläubigen, der die
Gesetze des ersten, d. i. irdischen Lebens beobachtet, d. h. der
alle von Ähura-mazda zur Förderung des leiblichen Wohls und zum
Gedeihen des Guten angeordneten Gebräuche und Handlungen (Feuer-
dienst, Ackerbau) vollzieht, und zwischen dem Lügner oder Götzen-
diener, dessen Wesen nur Trug ist und der auf Vernichtung des
Ackerbaues hinarbeitet, reden und das Verhältniss des Frommen zu
dem Lügner seinen Treuen näher darlegen (1). Nach diesen ein-
leitenden Worten stellt er den ununterbrochenen Kampf gegen die
Lüge und den Götzendienst, der auf alle Weise durch Gesinnung,
Wort und That vernichtet werden soll, dessen volle Nichtigkeit
durch die Eingebungen des frommen, gläubigen Sinnes zu erkennen
ist, als ein dem Ahiira-mazda wohlgefälliges Werk dar, weil nur
dadurch eine starke Schutzmauer gegen die Macht des Bösen auf-
gebaut werden könne (2). Hier in diesem grossen Kampfe gelten
keine Familienbande; nur der von den nächsten Anverwandten, sei
es Vater, Mutter, Sohn oder Tochter, oder von den Hausgenossen,
oder von den Dienern, welcher dem wirklich Gläubigen, d. i. dem
Propheten und seinen treuen Anhängern zugefhan ist und in rich-
tiger Erkenntniss dessen, was zur Förderung des Lebens dient, dem
Ackerbau obliegt, wird in die Wohnung des guten Sinnes, d. i. in
das Paradies gelangen, während die übrigen, sich nicht bekehren-
den Verwandten von diesem hohen Glück ausgeschlossen sind (3).
Wenn auch der Gläubige (vielleicht hier Zarathustra selbst) von sei-
ner noch dem Götzendienst ergebenen Familie viel Ungemach zu
erdulden hat und wenig Glauben findet, so holft der Prophet doch,
durch Gebet und gute Thaten den Unglauben, die böse Gesinnung
und die Widerspenstigkeit und Hartnäckigkeit gegen den lebendigen
Gott und gegen den von diesem zur Förderung des Guten einge-
führten und empfohlenen Ackerbau abzuhalten und zu besiegen (4).
Der allerstärkste Helfer Ähura-mazda's in seinem Kampfe gegen das
Böse, gegen den Räuber des guten langen Lebens im Reiche des
guten Sinnes, d. i. den Räuber der Seligkeit, der die zum Himmel
des lebendigen Gottes führenden Pfade , auf denen dieser selbst
geht, umlagert, ist der Genius (^ranslia, der personifizirte Gottes-
dienst, ganz der Bfhaspati des Weda, d. h. mit andern Worten,
der Glaube und die Frömmigkeit der Menschen (5).
2) 6 — 10. Der Dichter strebt in Folge einer Oflfenbarung nach
dem Besitze der Wahrheit und der andern hohen Güter, namentlich
der Unsterblichkeit und des irdischen Wohlstandes, und bittet Ähura-
mazda um ihre Verleihung.
Wer mit aufrichtigem Sinne den Besitz der Wahrheit wünscht
und darum betet, wird des guten Sinnes theilhaftig; dieser soll ihn
18C) Haag, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33.
aber zum fleissigen Laiidbau als der besten Handlung antreiben.
Diese AnlTordernng muss um so mehr in Ehren gehalten werden,
als sie eine Folge der Unterredungen des Dichters mit Ahura-
mazda selbst ist (6). Da aber die Wahrheiten die Grundlage von
allen diesen guten Dingen sind , so will der Dichter diese selbst
schauen (vgl. 28, 6) und ruft sie zu diesem Zweck herbei, was nur
durch den guten Sinn möghch ist, durch welchen er bei dem Ma-
gava, vor dem er stehe, bekannt sey. Dass diesem und ihm die
mannigfachen Wahrheiten und Weisen der Verehrung bei den Flam-
men geofFenbart würden, ist sein Wunsch (7). Wie der Dichter
so eben die Wahrheiten herbeigerufen hat, so ruft er nun andere
hohe Güter, die jener Magava vermöge des guten Sinnes besitzt,
herbei; diese Güter sind die Unsterblichkeit (Ameretdt) und der
irdische Wohlstand (Haitrvafdt) , von ununterbrochener Dauer,
die indess nur von den höchsten Genien verheben werden (8).
Diese beiden wichtigen Kräfte, die den Geist des höchsten Gottes
selbst immer weiter im Wahren fördern, die das ganze Jahr hin-
durch thätig sind, da nur durch ihr Wirken die ganze Lebensthätig-
keit der Natur, namentlich der Pflanzenwelt (^Ameretdt ist später Genie
der Vegetation) erhalten, die ihr eigenes, nicht erborgtes Feuer haben,
d. h. Urkräfte sind, die überall wirken und überall sich zeigen und
ganz das Wesen des guten Sinnes an sich tragen, — diese sind
in Ahura-mazda's Händen, er allein kann sie verleihen (9). Aber nicht
bloss diese Kräfte, sondern auch alles andere Gute wird zu aller Zeit,
in der Gegenwart und Zukunft, wie in der Vergangenheit, von Almra-
mazda aus Gnaden verliehen. Durch die Hilfe des guten Sinnes
möge er die irdischen Besitzthümer mehren und die Gesundheit des
Körpers, sowie das wirkliche gute Leben stärken (10).
Der Verfasser des Liedes kann nicht wohl Zarathustra selbst
seyn; ich vermuthe einen seiner Gefährten, Frashaostra oder G'ä-
mä9pa; denn der Magava, d. i. der Grosse, womit später bei den
Westiraniern die Priester überhaupt bezeichnet wurden (Magier),
scheint hier Zarathustra selbst zu seyn, dessen grosse That maga,
d. i. die Grösse, heisst. Dass der Dichter diesem Magava eine
höhere Stellung als sich selbst zuschreibt, geht klar aus dem Zu-
sammenhange hervor, da er vor demselben als vom guten Sinne
beseelt gelten will und ihn im Besitze der höchsten Kräfte (8)
glaubt.
3) 11 ist eine Anrufung der höchsten Genien des Ahura-mazda^
der Armaiti, des Asha, Vohu-mam und Khshathra, um Glück bei
jeglichem Werk. Der Vers ist schwerlich von Zarathustra, vielleicht
von einem seiner Gefährten (vgl. 28, 7 — 9).
4) 12. 13 enthalten eine Anrufung der Armaiti und der übri-
gen Genien. Die Armaiti wird aufgefordert^ sich aufzumachen, um
zu ihrem Verehrer zu kommen und ihn zu beglücken (vgl. 28, 4);
Ahura-mazda, der heiligste Geist, wird um Kraft angefleht in Folge
der Darbringung von Gebeten, Asha (das Wahre) um Stärke und
Hang, die Gdthus des Zarathustra. I. Cap. 33, 1. 187
Gedeihen und um das regelmässige Wachsthum der Feldfrüchte unter
Beihilfe des Vohu-mano (13). Die Ärmaiti sorgt für ihren Verehrer,
dass er weithin schauen kann und verleiht ihm die Wahrheit, mit
der die höchsten Genien erfüllt sind, dieselbe Wahrheit, die lebendig
ist, die dem Besitzthum wie dem guten Sinn angehört, d. h. welche
leibliches wie geistiges Gut ist. Daher wird diese mächtige Genie
angefleht, die Daenä's, d. i. die Lieder und Sprüche der Vorzeit,
kräftig für das leibliche und geistige Wohl wirken zu lassen (13).
Der Dichter beider Verse scheint derselbe, wie v. 11.
5) 14 beschreibt auf eine eigenthümliche Weise die Wirksam-
keit Zarathustra's, und scheint von einem seiner Zeitgenossen oder
einem der nächsten Nachfolger zu stammen. Sehr alt muss der
Vers jedenfalls seyn, da das später durchgängige Prädikat qpitama,
hochheilig, fehlt. Der Sinn desselben ist: Unter allen Priestern
des Feuers hat Zarathustra allein den Grund zur Erhaltung der
Eigenthümlichkeit aller Körper gelegt, d. h. er hat dahin gewirkt,
dass die Körper in dem Zustande, in dem sie von Ahnra-mazda
geschaffen wurden, trotz aller Vernichtungsversuche der bösen Gei-
ster, erhalten würden; die Mittel, deren er sich bediente, war die
grosse Dreiheit des guten Gedankens, des guten Wortes und der
guten That, eine Zarathustra ganz eigenthümliche Anschauung; dem
guten Gedanken gehört die Weisheit, der Handlung die Wahrheit
und Wirklichkeit an, während das Wort als heiHge Ueberlieferung
und als Besitzthum des Verehrers wirkt.
V. 1. Jatha — paourajehjd Nerios.: tat sunirikshja evam vidlal-
tavjam jat dattam bhuvane pürvam; kila sushthutaram idnkshja sarvam
cit sfshtäa kärjam, nachdem dieses wohl betrachtet ist, ist das Ge-
setz in der Welt zuerst festzustellen, d. i. nachdem das Rühmlichste
betrachtet ist, ist alles in der Schöpfung zu machen. Dass der
Vers ganz abgerissen ohne Zusammenhang mit dem Vorhergehen-
den dasteht, während doch die ersten Worte jathd dis, wie durch
diese, einen zu fordern scheinen, leuchtet ein. Indess ist es nicht
nöthig, das dis auf das Wort eines vorhergegangenen, aber ver-
lorenen Satzes zu beziehen, sondern es lässt sich mit^Vt, durch
das, was gab, verbinden; denn ddtd ist nicht, wie ich lange
glaubte, Substantiv (eigentlich Part. pass. von d«), sondern eine
3. Person sing. Imperf. med.; die folgenden Worte raiüs sLjaothand
razistd sind eine Apposition zu iiis — ja ddtd, indem sie das, was
gegeben oder gesetzt ist, als feststehende Regel und regelmässige
That erklären. Der ganze Vers erhält nur dann einen rechten
Sinn, wenn man ihn als Aufschrift fasst, in der kurz angegeben ist,
auf welche Menschenclassen die folgenden Sprüche zu beziehen sind.
Das Subject zu vareshaite und datd ist Ahura-mazda oder vielleicht
auch Zarathustra. In diesem Falle war die Aufschrift später als
das Stück. Da aber Sprache und Darstellung vollkommen mit denen
der Gdthas stimmen und ein späteres Alter dieses Verses durch
188 Haug, die Gdilias des Zaratluisira. I. Cup. 33, 1. 2.
nichts bewiesen werden kann, so thut man am besten, wenn man
den Ahura-mazda als Subject nimmt. — Jehjd — erezvd Nerios. :
jacca-samam avajyrdptajti asH mühdtmakasja jacca svanirmalatarasja
[dvajor api sdtma (?) ^ramjdt], und was ganz von dem Falschge-
sinnten und dem Reingesinnten erreicht wird [die Seele beider soll
sich abmühen]. Westerg. corrigirt die Lesarten der ihm vorliegen-
den Mss. K. 6. hm ja gaüe, K. 5. kern injd^aite, K. 4. hememjd-
^aite in hemjd^aite (Bf. und Bb. lesen beinahe ebenso: hemjd^aüi);
er betrachtet demnach hem als die hier mit dem Verbum jd^ ver-
bundene Präposition hf.m = skr. sam. Obwohl diese Lesart sicli
mit Leichtigkeit aus den Mss. herstellen lässt, so ist doch ein ge-
wichtiges Bedenken dagegen der Gen. mithahjd. Diesen kann man
doch nicht von dem rein transitiven, einen Accus, regierenden Ver-
bum jV/f , wie das angeschlossene Sätzchen jdcd hoi d erezvd deut-
lich zeigt, abhängig machen. Wir müssen auch hier einen Accus,
suchen, der das Verbum regiert und von dem der Gen. abhängig
ist. Als solchen bietet sich uns nur kein oder hemem. Da hem als
Accusativ nur für htm = sim, ihn, stehen könnte, eine Verbindung
dieses Pronomens mit dem Genitiv mithahjd, „ihn der Lüge", gar
zu seltsam wäre, so ziehe ich die Lesart hemem = samam vor, wie
auch Nerios. thut; denn hievon kann mithahjd ohne Schwierigkeit
abhangen, „das Ganze der Lüge". Die Schwankung in der Lesung
entstand vermuthlich dadurch, dass hemem des Metrums wegen ein-
sylbig, also hem'm ausgesprochen wurde. Hierauf weist deutlich die
Schreibart des ältesten Cod. K. 5. hem mjdg hin. — A hoi, in
inm, darin, weist auf hemem, das Ganze, zurück.
V. 2. Mit dieser Aufforderung, das Böse zu bekämpfen durch
Gesinnung, Wort und That , beginnen die „Gesetze des ersten
Lebens". Äkem ist mit vareshaiti zu verbinden. Man kann dieses
Wort zwiefach erklären ; erstens als identisch mit dem wedischen
vhh (aus varsh), ausgiessen; zweitens als eine erweiterte Form
von varez, verez, thun, für varekhsh (das z wird beim Antritt eines
s zum Guttural, vgl. dideregh zö. Als Verbum findet es sich bloss
im altern Ja9na; nur J. 57, 4 (im (Jerosh- Jesht) trefien wir das
Part, vareshjamna. Vergleichen wir alle Stellen, in denen es in den
Gdthd's vorkommt, sorgfältig, so ergiebt sich aus dem Zusammen-
hange, dass die Bedeutung entweder „reden, verkündigen", oder
„thun, ausführen, vollbringen" seyn rauss; denn beide Bedeutungen
geben an allen Stellen einen Sinn. Nerios. giebt es durch vidhd,
bestimmen, festsetzen. Fassen wir es in der ersten Bedeutung,
so bleibt uns, wollen wir eine auch nur halbgenügende Etymologie
geben, kein anderer Ausweg übrig, als die Zurückführung auf die
Wurzel vrsh = varsh, die im Weda vom Ergiessen des Samens, dann
vom Befruchten überhaupt gebraucht wird; daher vrshan, der Stier,
eigentlich der Ausgiesser, varsha. Regen. Mit dem Begriff „reden"
hat diese Wurzel im Sanskrit durchaus nichts zu thun; wollen wir
Hang, die Gdilias des Zaraihustra. I. Cap. 33, 2. 189
diesen für das Baktrische gewiimen, so müssten wir als Mittelbegriff
ausströmen annehmen. In der ursprünglichen Bedeutung treffen
wir es bloss in vareshagiy regenliebend oder regenverlangend
von den Bäumen, Jt. 8, 42, und walirscheinlich in vareshu Jt. 19,
41 = neiipers. 5\%^ Name einer sehr giftigen Schlangenart, eigent-
lich Ausspritzer, seil. Gift. Das in den Jesht's vorkommende
varega hat mit unserer Wurzel nichts zu schaffen; man müsste nur
das vare^em (cK^paem) Jt. 14, 31. 16, 10 mit penis übersetzen,
wozu man durch das lautlich entsprechende neupersische )y^> das
unter andern die Bedeutung „männliches Glied" hat, einigermassen
berechtigt ist. An allen übrigen Stellen bedeutet vare^a eine Waffe,
Wehre, Jt. 10, 72. 113, in welcher Bedeutung es von vare, weh-
ren, abzuleiten ist; es ist ganz das neupersische \j.3, Keule,
Knittel (hieher gehört wohl auch vare^ö-^tavarihem Jt. 13, 115.
16, 7 eines Stockes Dicke, von einer Wasserquelle). Da so-
mit die Deutung des varesh durch „reden" nur sehr schwache Stützen
hat und namentlich das wedische Sanskrit eigentlich gar keine rech-
ten Anknüpfungspunkte bietet, so sind wir zur zweiten Erklärung,
zur Herleitung von der Wurzel verezj varez, getrieben. Diese findet
auch eine überraschende Bestätigung in Ja9. 67, 4: vi^paca hvarsta
skjaothna jazamaide varstaca varesh jamnaca, wir verehren alle gut-
gethanen Handlungen, die vollbrachten und die vollbracht werden
sollenden, wo vareshjamna ganz deutlich das Part, des Futur, pass.
des Verb, verez, thun , ist. Nun fragt sich noch, welche Form
von varez vareshuiti ist. Varesh kann aus varez nur durch Hinzu-
treten eines s entstanden seyn; denn in diesem Falle muss das z
in einen Guttural übergehen (s. hierüber weiter die Gramm.), wie
wir an didareghiu aus derez, und an mimaghzo aus maz sehen; so
entsteht eigentlich vurekhsh; allein khsh kann sich sogleich zu blos-
sem sh schwächen, wie wir an urvdshat für urvakhshaf, an shoithra für
khshetra (skr.) sehen; so bekommen wir varesh. Diese Bildung lässt
nun wieder zwei Erklärungen zu; sie kann ein Desiderativ mit Weg-
lassung der Reduplication oder ein Aorist mit s seyn. Da der Zu-
sammenhang der Stellen den Desiderativbegriff nicht fordert, so ist
varesh als ein Aorist anzusehen; der Bedeutung nach ist kaum ein
merklicher Unterschied von dem einfachen varez wahrzunehmen; doch
scheint es die stärkere Bedeutung vollbringen zu haben. — Van-
häiL — a(^tim. Nerios. : uüamasjavä asvddajanti dehinah, oder die der
besten Seele theilhaftig sind. Vauhda kann nicht als Adjectiv mit
a^tim verbunden werden, da die Casus verschieden sind, sondern es
ist Instrumental von vohü in substantivem Sinne, das Gute. —
Toi rddenti Nerios.: te iubhjam svecchajd dakshaiiam ddtdrah, die dir
aus eigenem Triebe Opfer spenden. Dieser Satz ist das Correlat
zu je akem dregvaite. Der Plural darf nicht auffallen, da der erste
190 Haug-, die Gäthas des Zarathastra. L Cup. 33, 2.
Satz nur ganz allgemein gehalten ist nnd auch dort für jP ohne
Weiteres joi gesetzt werden könnte. — Vdräi. Von diesem Worte
sind mehrere Erklärungen möglich. In den Gdthä's findet es sich
dreimal; zweimal ganz in derselben Fügung vdrdi rdd an unserer
Stelle und 51, 6; dann 46, 18 noch der Accus, vdrem in Verbin-
dung mit dem Part, khshnaoshemno. Da aus diesen wenigen Stellen
der Sinn schwer zu errathen ist, so wollen wir nicht bloss die übri-
gen Stellen des Zendawesta, in denen vdra sich findet, sondern
auch die davon derivirten Verba und Nomina einer Untersuchung
unterwerfen. Alle Stellen, in denen vdra vorkommt, liefern das
Ergebniss, dass zwei grundverschiedene Bedeutungen dem Worte
zukommen , die auch auf eine verschiedene Bedeutung hinführen,
so dass zwei verschiedene Wurzeln anzunehmen sind. Das eine
vdra heisst Regen, Jag. 10, 3 neben maegha, 57, 28 der Dat. pl.
vdraeibja, Regengüsse, Vend. 21, 2: hazanru-vdrajo baevare vdragcify
tausendfach regnerisch zehntausend Regen (von der Wolke); Jt. 5,
120 und 8, 33 neben maegha, Wolke. Dieses vdra ist im Pärsi
bdr, Meer, und im Neupersischen ^o, regnend, in fine compos.
erhalten und stimmt mit dem wedischen vdr, Wasser, und vdri im
gewöhnlichen Skr. Davon stammt ein Verbum im Sinne von regnen,
das uns aber nur im Part. act. erhalten ist Jt. 5, 120 vdrentae (Dat.),
und 16, 10 vdretltjdo (Gen. sing, fem.),- von diesem Part, stammt das
Pärsi vdrdn. Regen, und das neupers. bdrdn, sowie das Verbum
Pärsi vdridan, neupers. bdridaji, regnen. Das andere vdra ist auf
die Wurzel var, wehren, schützen, skr. vf, abwehren, zurück-
zuführen und bedeutet demnach Wehre, Schutz. Hieher gehört
vor allem pairi-vdrem und fravdrem, im alten Jimaliede Vend. 2, 26.
34. Westerg., womit die Wehren und Wälle bezeichnet werden, mit
denen der glückliche Jima seinen Bezirk umgab. Vergl. ferner Jt.
17, 2: (Jazamaide) dughdharem ahurahe 7nazddo qanharem ameshaudm
^pentandm jd vi<;panäm ^aoshjafitdm frasha khrathwa frdthafigajeiti
iita dauern khratum ava-baraiti vdrem uta d^anaeca zbajafddi düraeca
zhajahtdi gagaiti avaithe ho asidm jazditi zaothrdbjo, wir verehren die
Tochter (Ashi) des Ähura-mazda, die Schwester der Amesha-^peTda's,
die aller (Jaoshjantö's Offenbarungen durch den V^erstand fortgehen
lässt und die ursprüngliche Einsicht als einen Schutz herzubringt
und dem in der Nähe wie in der Ferne Anbetenden zu Hilfe kommt,
der die Ashi mit Opfern verehrt. Hier steht ava-baraiti vdrem offen-
bar in Parallele mit gagaiii avanke. Im Neupers. entspricht in die-
sem Sinne bdr, Burg (eigentl. Wehre). Mit dieser wohl hängt vdreiii
(oder uarema) Jt. 5, 130 zusammen, das Hülle, Decke, bedeutet.
Fraothat-a<^pa qanat-cakhra khsvacwajat-astra as-baourva nidhdto-pita
hubaoidhi upa ^taremaeshu vdrema daidhe pdrenanhuntem , sie (die
himmlische Quelle ardvi ^urä andhitd} giebt schnaubende Pferde,
klirrende Räder, schwingende Geissein, viel Speise, Weinniederlage,
Wohlgerüche, mit Federn gefüllte Decken auf die Lager. In die-
Haug, die Gdthas des Zarafhustra. I. Cap. 33, 2. 191
ser Bedeutung ist es auf die skr. Wurzel vr , verhüllen, zurück-
zuführen (diese ist eigentlich identisch mit vr. arcere, da der Act
des Schutzes ein Verhüllen des augegrili'enen Gegenstandes ist). In
den Gdthas findet sich dreimal ein Verb, vdr, zweimal in der Form
vdur, 28, 6: vduroi maide\ 31, 3: vduraja und vdr: vdrdite 47, G,
schützen. Gerade in diesem Sinne treffen wir auch ein Verbujn
denom. vdraj mehrmals in den Jeshts immer in einer Fügung glei-
chen Sinnes Jt. 1 , 28 : drmaitica ^pevfaja aeshdm ihaesho <;cindaja-
dhwem pairi ushi vdrajadhwem., mit Hilfe der heiligen Armaiti spaltet
(vernichtet) ihr ihren (der dneva'«) Hass, verhüllt ihr AugenHcht ; 10,
27 : jö danheiis rdkhshjäühjdo — pairi (die Mss.. haben fälschlich paiti^
qarendo vdrajeiti apa verethraghiem baraiti, welcher rings die Lichter
des feindlichen Landes verhüllt, den Sieg wegnimmt; 10, 48: dat
jat mithro fravazaiti — athra naräm mithro-driigdm apäs gavo dare-
zajeiti pairi daema ^) vdrajeiti apa gaosha gaoshajeiti, dann , wann
Mithra fortfährt, — macht er dort kraftlos die Glieder, verhüllt
ringsum das Angesicht und macht taub die Ohren der Mithrasün-
der; ebenso 14, 63: pairi daema vdrajeiti, er verhüllt rings das An-
gesicht (vgl. auch Ja9. 9, 28, wo der Imperat. verenuidhi , verhülle,
von dem einfachen Stamme var). Von einer Wurzel var stammt
auch das Substantiv vdrethma, Jt. 10, 112 zaranjo-vdrethma, mit
goldenem Harnisch (von Mithra), und Jt. 11, 2: drugö vdretima
ddresta, des Verderbers vollkommene Abwehr. Nachdem wir so
ziemlich alle Stellen des Zendawesta, in denen sich das Wort vdra
und seine Derivaten finden, besprochen haben, so wollen wir noch,
um alle irgendwie möglichen Bedeutungen desselben zu erschöpfen,
die Bedeutungen des VVortes in den nächstverwandten Sprachen bei-
setzen. Vdra heisst im wedischen Sanskrit 1) Haufe, Menge,
welcher Sinn auch noch im neupers. bar, Menge, erhalten ist (in
diesem Sinne haben wir auch vrd mit Ausstossung des wiirzelhaften
kurzen a); 2) Schwanz, Schweif, namentl. Rossschweif = bdla;
3) ein Gefäss zum Durchseihen des Soma, welche drei Bedeutun-
gen sämmtlich von dem Begriff des ßedeckens, Verhüllens ausgehen
können. Im Neupersischen heisst das lautlich entsprechende bar
ausser den schon erwähnten Bedeutungen Regen, Burg und Menge
auch noch mal, z. B. slodo, einmal, gerade wie vdra im clas-
sischen Sanskrit. Die armenischen Bedeutungen von var sind zu
abgelegen und brauchen nicht erwähnt zu werden. Alle die bis
jetzt genannten Bedeutungen lassen sich auf drei oder besser nur
auf zwei Wurzeln zurückführen, auf vdr, Wasser; vf, abhalten.
0 daema, Gesicht, von d/, sehen, vgl. neupers. *-54>, Angesicht,
armenisch "' ,-^. . .
(Idraj
stellen
ten Sinn,
nsch f/6%^ (Pliir.), Antlitz; vgl. noch 11, f)«!: da&vajdzö ushi pairi-
(Hnii daßma, wo für (InrajeÜili fast mit Sicherheit wegen der Parallel-
11 vdrajcHnti zu lesen ist. Die Wurzel dar giebt hier auch keinen rech-
192 Hang, die Gdihus des Zarathustra. Cap. 33, 2. 3.
und vr, bedecken. Das Sanskrit bietet aber noch ein anderes vr
(var), wählen, von dem wir wenigstens mit Dehnung des a kein
Derivat im Baktrischen entdecken können. Mit kurzem a ist hie-
her vareiia, Lehre, Glaube, zu ziehen. Kehren wir zu unserem
Verse zurück, so passt unter allen Bedeutungen des vära die von
Schutz, Hilfe, am besten in den Zusammenhang derselben, sowie
der zwei andern Stellen der Gäthas. Diese Annahme wird noch
dadurch bestärkt und vollends sicher gemacht, dass das Verbum vdr
sich zweifelsohne in der Bedeutung schützen, abwehren, in den
Gdthd's findet (s. S. 191 und das Glossar).
V. 3. Zu ashdune vahisto vgl. 46 , 6 : hvo dregvdo je dregvdite
vahisto; hvo ashavd jahrndi ashavd frjo. Hier ist vahisto deutlich ein
Synonym von frjo und bedeutet den besten, trefflichsten;
ashdune vahisto ist der, welchen der Reine für den Besten und Aus-
gezeichnetsten hält. Der Reine an sich wird selbstverständlich der
Gnade theilhaftig, in den Gefilden des höchsten Geistes zu weilen;
aber auch der dem Reinen am nächsten Stehende, wohl Halb- oder
Neubekehrte erlangt diese Gnade und zwar hauptsächlich durch Be-
bauung des Ackers. Ueber airjaman s. zu 46, 1. — Apposition zu
vahisto sind die drei Worte qaetü, verezenjo und airjamnd, die, da
vahisto sicher Nominativ ist, demzufolge auch im Nominativ stehen
müssen. Die wirkliche Nominativform hat nur verezenjo; die beiden
übrigen können aber nach ihren durch alle Handschritten gebotenen
Formen grammatisch keine Nominative sing. seyn. Nun fragt
es sich, ob wir qaeiil und airjamnd zu den Nominativformen qaetus .
und airjamd corrigiren und mit verezenjo in Einklang bringen, oder
ohne alle Aenderung der handschriftlichen Lesarten eine andere
Deutung versuchen wollen. Ich würde ohne Bedenken zur Emen-
dation schreiten, wenn nicht erstens verezenjo bloss an dieser Stelle
vorkäme, während in allen andern Stellen ganz in demselben Zu-
sammenhang (vgl. sogleich verezenahjd im folgenden Verse und im
Uebrigen das Glossar) nur das Thema verezena und nicht verezenja,
welches einen Nom. verezenjo voraussetzen müsste, vorkommt; und nicht
zweitens der Umstand dagegen spräche, dass die Casus von airjamd
in den Gdthd's nie verwechselt werden, was, sollte airjamnd, das
dem Anschein nach der Instrumental ist, als Nominativ gelten, hier
nothwendig angenommen werden müsste ; ebenso wenig ist eine
Verwechslung der Casus bei qaetus der Fall. Wenn eine Emendation
ohne alle handschriftliche Autorität schon an sich etwas Gewagtes
ist, so dürften die angegebenen Gründe genügen, um hier von einer
Aenderung abzustehen. Aber der Sinn und Zusammenhang for-
dert fast nothwendig Nominativformen , zum mindesten gleichen
Casus aller drei ijur durch vd getrennten Begriffe. Zwei, nämlich
qaetu und airjamnd, können als Instrumentale erklärt werden; aber
verezenjo kann schlechterdings kein Instrumental seyn, und bei qaetu
könnte dieser Casus am Ende auch noch beanstandet werden. In
Haug, die Gdthas des Zurathustra. I. Cap. 33, 3. 193
32, 1 haben wir zwar neben den zwei deutlichen Nominativen qaetus
und verezmem den Instrumental airjamnd, allein dort ist er von mat,
mit, nebst, abhängig. Ein solcher Fall hat an unserer Stelle nun
nicht Statt. Wollten wir die fraglichen drei Worte nicht auf vahisto,
sondern auf ashdune beziehen, so müssten alle drei im Dativ stehen;
aber alle drei Formen lassen sich schlechterdings nicht als Dative
erklären. Dagegen können sie alle als Dualformen gefasst werden;
qaetü und airjamnd sind ganz deutliche Duale Nominativi, verezenjo
ist ebenfalls einer, aber Genitiv und Locativ und eigentlich zusam-
mengezogen aus verezenajOf wie airjamnd aus airjamand; der No-
minativ sollte verezend lauten. Um eine Einheit herzustellen, bliebe
uns nur die Annahme, dass der Dual auf 70 ein allgemeiner Casus
seyn könnte; allein, da diese Annahme an sich kaum möglich ist
und durch unzweifelhafte Belege eines solchen Gebrauchs der Endung
j6 durchaus nicht bewiesen werden kann, so müssen wir beim Ge-
nitiv-Locativ stehen bleiben. Demnach heissen die drei durch va
getrennten Worte: seyen es zwei Eigene, oder: unter zwei Knech-
ten, oder: seyen es zwei Schutzgenossen. Um aber eine gramma-
tische Einheit, die hier absolut nothwendig ist, herzustellen, so thun
wir am besten, wenn wir die Formen qaHu und airjamnd, von wel-
chen sich Genitive und Duale des Gen. Loc. schwerer bilden lassen
(von qaetiL könnte er nach anhu — ahvdo, qaetvdo, von airjamd
airjamfajndo lauten, das sich sehr leicht zu airjamnd abschleifen könnte),
im Sinne eines allgemeinen dualen Casus fassen ; ja bei qaetu scheint
noch ein besonderer Grund, warum die regelmässige Bildung qaetvdo
vielleicht vermieden wurde, nämlich wegen des gleichfolgenden vd;
denn durch die unmittelbare Berührung von vdo, vd oder vd vd, da
sich vdo leicht zu vd abschleifen konnte, konnte leicht zur Vermei-
dung der Wiederholung das vd nur einmal gesetzt und das erste
Wort im nächsten Casus, d. i. Nominativ, belassen werden. So
heissen die Worte: „wer dem Reinen der Beste ist, sey es unter
zwei Verwandten oder zwei Knechten oder zwei Schutzgenossen".
— Ahurd vidäg vd. Auf den ersten Blick könnte man wegen des
vd versucht seyn, diese Worte mit qaetü vd u. s. w. zu verbinden;
aber der Begriflf hat so wenig Verwandtes mit den drei andern,
dass es überflüssig wäre, einen hieher abzielenden Erklärungsversuch
zu machen. Ist das vd hier wirklich ursprünglich , so bezieht sich
die Disjunction auf vahisto in der Art, dass dadurch nicht eine Un-
terabtheilung des Begrifls vahisto, wie es bei qaetü u. s. w. der
Fall war, sondern ein gleichberechtigter Begriff ausgedrückt wird.
So bilden ashdune vahisto und ahurd viddg die zwei Hauptglieder
eines disjunctiven Satzes, wovon das erstere drei Subdivisionen, das
letztere gar keine hat. Nun fragt es sich, welcher Unterschied zwi-
schen dem ashdune vahisto und ahurd vidci^ Statt habe. Beide wer-
den sich dem Begriffe nach nicht sehr wesentlich unterscheiden; der
ashava ist nämlich gerade im Gegensatz zum dregvdo der Verehrer
Abhandl. der DMG. I, 3. 13
194 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. l Cap, 33, 3. 4.
des guten Geistes, des Ahura-mazda; und der Verehrer desselben
ist auch sein Kenner. Der Unterschied kann nur der seyn, dass,
während ahurd vidd^ gleich ashavd selbst ist, vahisto ashdune eine
geringere Stufe der religiösen Erkenntniss als die des ashavd^ wenn-
gleich dem letztern sehr nahe, ausdrückt. Der Unterschied bleibt
derselbe, wenn ahurd vidd^ statt „den Ahura kennend" mit „die
lebendigen Dinge kennend" übersetzt wird, da ja vom Ahura-mazda
alles Leben ausgeht. — Thwakhshanhd gdvöi (Nerios. : vjavasdjo
gopagundm jyratijatnam gopa^ündrn) drückt aus, worin das Wesen des
ashduM vahisto und des ahurd vidä^ bestehe, also in dem „Schaffen
für die Erde". Diess kann nur auf den Ackerbau bezogen werden,
der durchgängig in den Gdthd's als eine höchst verdienstliche Thä-
tigkeit gepriesen wird (vgl. hierüber auch das 3. Capitel des Vend.).
— At hvö etc. ist der Nachsatz zu dem Vordersatz : je ashdune
vahisto. Die Worte enthalten eine Verheissung für Den, der eifrig
im Bebauen der Erde ist. Das Gefilde der Wahrheit und des
guten Geistes, das als Lohn dem Verehrer Mazda's verheissen ist,
ist von einem jenseitigen Aufenthalte der Seligen zu verstehen.
Vdgtra ist hier nur ein poetischer Ausdruck für Ort überhaupt.
V. 4. Das Verbum apa jazdi bezieht sich nicht bloss auf die
Accus, a^rustim akem ma7iöj sondern auch auf taramaitim , drugem
und acistem mantum. Der Sinn des apa jaz ist beten, dass etwas
fern sey oder bleibe. Zarathustra betet hier, dass der Ungehorsam
der Menschen und ihre schlechte Gesinnung fern von dem heiligen
Mazda bleiben sollen, d. h. dass Mazda nicht davon betroffen wer-
den solle, sondern die Menschen sollen ihm Gehorsam beweisen und
eine fromme und gute Gesinnung gegen ihn hegen. — Nazdistdm.
Dieses Wort, über dessen Ableitung und Bedeutung durchaus kein
Zweifel herrschen kann , lässt an unserer Stelle wenigstens eine
mehrfache Beziehung zu. Die „nächste Lüge" kann einmal
die seyn, welche der kurz vorher genannten taramaiti, Wider-
spenstigkeit, am nächsten steht; dann kann aber auch „die
nächste" auf verezenahjd gehen und die Lüge als solche bezeich-
nen, die die nächste Eigenschaft des verezena oder Dieners ist oder
sich gewöhnlich bei ihm findet. Letztere Auffassung giebt wohl den
besten Sinn ; erstere wäre schön etwas zu gesucht. — Nadetito
(Nerios.: niddm ddtdrah) kann nur Gen. sing, von nad (skr. nadh)
seyn, derselben Wurzel, wovon nazdista stammt, und bezieht sich auf
airjamana^ca. Der Airjaman oder Schutzgenosse (s. zu 46, 1)
wird somit ganz passend als der „nahe seyende oder zugehörige"
seil, im Hause bezeichnet. Acista mantd ist eigentl. die „schlimmste
Denkung", worunter hier wohl mit Bezug aufs Feld der Feldzauber,
welcher Unfruchtbarkeit herbeiführt, zu verstehen ist. Solche schlimme
Künste zur Zerstörung des Feldsegens wendet ja gerade der böae
Geist an (s. 32, 10).
Hang, die Gdthas des Zarathnsira. Cap, 33, 5. 195
V. 5. ^raosha. Es fragt sich, ob pr. als Nom. propr. des be-
kannten Genius oder als Nom. appellat. zu fassen ist. In mehreren
Stellen der Gdthd's ist es deutlich ein Appellativ, — so steht es z. B.
33, 14 neben khshathrenij 45,5 neben caja^cd, Wissenschaft, Kennt-
niss, — und bezeichnet, seiner Ableitung von fru nach, wohl so
viel alsUeberlieferung, Tradition (33, 14 graoshem ukhdhaqjd).
An unserer Stelle hingegen kann das Prädikat Vi^pe-mazistem leicht
auf die Deutung des ^raosha als eines Nomen proprium hinführen.
Aber der Umstand, dass der Genius ^raosha dieses Prädikat später
nicht führt und es zudem keine seiner speziellen Eigenschaften aus-
drückt, spricht doch dagegen. Man kann dem Worte hier vielleicht
die Bedeutung einer besondern Ueberlieferung oder besser eines
überlieferten heiligen Spruchs, dem die grösste Wirkung beigelegt
wird, zuschreiben. Bei dieser Auffassung entsteht aber sogleich
die Frage, welcher heilige Spruch oder welche besondere heilige
Tradition hier gemeint ist. Solcher besonders heiligen Gebete be-
sitzt die pärsische Liturgie drei; dem Grade der Heiligkeit nach
sind es: ahü vairjo, ashem vohü und jenhe hdtäm. Da indess kei-
nes von diesen Gebeten, die alle, wie die Gdthd's, im altern Dia-
lekt abgefasst sind, in diesen Stücken erwähnt wird, so wäre es
etwas gewagt, das ^raosha mgpe-mazista auf eines von ihnen, etwa
auf ahü vairfo, als das heiligste zu beziehen. Dagegen finden wir
28, 7. 8 ein ganz besonders heiliges Gebet, vohü gaidi mananhd
etc., wodurch nach 28, 6 die bösen Wesen am meisten verscheucht
werden und das dort ebenfalls ein ^raosha genannt wird. Hierauf
könnten wir am besten das fragliche ^raosha vi<^pe-mazista beziehen.
Indess ist es doch am Gerathensten, (^raosha hier als Nomen pro-
prium des Genius der Ueberlieferung zu fassen. — Avanhdne ist
mit te, dir, zu verbinden und mit diesem a.\i( Ahura-mazda zu be-
ziehen; der Form nach ist es, wie ^raoshdne 50, 4, eine Weiter-
bildung von avanh im Sinne eines Particips (s. zu 50, 4). Da-
von abhängig sind die zwei Accusative apdno und darego - gjditim :
dem Helfenden, dem Reichthum und langem Leben. Apdno kommt
nur an unserer Stelle vor. Zu einer genügenden Erklärung können
uns die Wörter apana, apanotema und apanasta des Jüngern Dia-
lekts helfen. Vergleichen wir desswegen die wichtigsten Stellen, wo
sich diese Worte finden. Das einfache aim7ia findet sich nur Jesht
19, 44 als Accus, apanem: fem (Qndvidhaka) gandt nare-mando kere-
fd^pö ava apanem gajehi ^dnem ustdnahe, den schlug der männlich
gesinnte Kerecä(;pa zum Fernseyn vom Leben, zur Vernichtung des
Daseyns (d. h. er schlug ihn so, dass das Leben von ihm wicli).
Vend. 21 , 2 steht mehremal apanasta mrujdo ashdiim Zarathustra
ja^kahe apanastahä mahricahe apanastahe, gaini-ja^kahe apanastah^
gaini-mahrkahe apanastahe , du sollst sprechen, reiner Zarathustra,
zur Entfernung 1) der Krankheit, zur Entfernung des Todes, zur
') So fasst es auch die Pehlewiübersetzung : nrürz-TJ hsra yt, d.i. zum
13*
196 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 33, 5.
Entfernung der durch einen Schlag verursachten Krankheit, zur Ent-
fernung des durch einen Schlag verursachten Todes. Oefter treffen
wir den Superlativ apanotema, und zwar als Prädikat von dvara,
Thüre, Jt. 5, 54. 57, von dem Fravashi des Ähiira - mazda Jt.
13, 80 (ashdt apamtemdm ) , von ratii (Herr) Visp. 9, 6, von
Qraosha Ja9. 57, 4:^0 ashahe apanotemo (gleichen Sinnes mit ashdt
apanotemo); vergleiche ferner noch Ja9. 58, 8: apanotemaja paiti va-
castastd, mit dem höchsten Wortgebilde, d. i. mit den heiligsten
Worten (haurväm handditm ^taotanam Jepijandm jazamaide apanote-
maja vacastastd). Die ganze Sammlung der verehrungswürdigen Lob -
lieder verehren wir in dem fernsten, d. i. höchsten Wortgebilde.
Suchen wir nach diesen Stellen die Bedeutung von apana festzu-
stellen; es heisst 1) Ferne, 2) Höhe, Erhabenheit, von dem
Begriffe des Entlegenen, schwer zu Erreichenden ausgehend. Der
Ableitung nach kann es nur ein Substantiv von der Präposition apa
durch na gebildet seyn. Kehren wir nun zu dem apdno unsers Ver-
ses zurück. Dieses unterscheidet sich von dem bisher besprochenen
apana nur durch Dehnung des zweiten a, eine Erscheinung, die wir
im altern Dialekt (s. d. Gramm.) so ungemein häufig treffen, dass
die Identification des apdno mit apana von dieser Seite durchaus
keine Schwierigkeiten hat. Nicht so leicht ist die Erklärung des
Casus von apdno an unserer Stelle. Ist es identisch mit apana, so
kann apdno nur der Nomin. sing, seyn; aber der Nomin. kann hier
in dem Satze keine Stelle haben, da ja ein Verbum fehlen würde;
man müsste ihn nur auf^af im ersten Gliede beziehen wollen, was
aber einen unpassenden Sinn gäbe. Nimmt man von apana eine
Neutralform apananh, Nom. Acc. apano, an, so wäre es der Accus.,
und dieser würde gerade in den Zusammenhang vortrefflich passen.
Aber da keine solche Bildung zu belegen ist, so wollen wir die
Deutung auf diesem Wege vorerst dahingestellt seyn lassen. Diese
Annahme eines Neutr. auf anh führt mich jedoch auf eine andere
mögliche Erklärung; apa?i6 könnte nämlich identisch seyn mit dem
wedischen apnas (Neutr.), Gewinnst, Reich thum, und wäre so-
mit ganz andern Ursprungs als das oben besprochene apana. Zu-
dem würde diese Bedeutung sehr gut in den Zusammenhang passen,
da ja unmittelbar darego-gjdüim, langer Besitz, folgt. Aber der
Umstand, dass das Wort in dieser Bedeutung sich sonst im Zend-
awesta ebenso wenig findet als das mit apnas so nahverwandte apas
=3 opus, wenigstens unverbunden (in Compositionen, wie hvdpdo =
svapds, findet es sich), und dass an unserer Stelle zwischen apdno
und darego-gjditim das bei der Zusammenstellung zweier Substantive
sonst übliche ca fehlt, scheint gegen diese Erklärung zu sprechen.
Versuchen wir es schliesslich noch einmal mit einer Ableitung von
Wegtreiben; insiits von Jyj , herabsteigen; vielleicht ist auch hebr.-chald.
Ws, befreien, eigentlich herausreissen , verwandt.
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33, 5. 6. 197
apa. Die Bildungen avahhan (in avanhdne) von avanh, graoshan (in
0'aoshdne) von <;raosha, maretan (in maretdnö) von mareta lassen, als
Thema von apdiio, die Form apan als eine leicht mögliche erschei-
nen ; diese könnte nur ein Part, praes., der Casus der Genitiv sing,
scyn. In dieser Annahme wird man durch das Wort apajeüi (eigent-
lich nur ein Denora. verb. von apa), wegnehmen, bestätigt. Da-
regd-gjdüim ist ein davon abhängiger Acc, und apänö selbst hängt
von avanhdne ab: „dem Helfenden gegen den Wegnehmer (Räuber)
des langen Lebens •'. (Ueber den Sinn vgl. 32, 10. 11.) Der Räu-
ber des langen Lebens, d. h. der Verkürzer desselben, kann nur
der dregvdo seyn, und zwar sowohl der menschliche als der böse
Geist selbst. Der Helfer ist Ähura-mazda; seine Hilfe hat indess
nicht bloss eine negative, sondern auch eine positive Seite; er hilft
auch zum Besitz der guten Gesinnung (d khshathrern vanheus ma-
nanho). — Ashdt d pathö, durch Wahrheit hilft er zu den richtigen
Pfaden, auf welchen Ahura-mazda wohnt. Die richtigen Pfade des
Ahiira-mazda sind nach iranischer Anschauung wohl nur die Bahnen
der himmlischen Lichtkörper oder die Wege des Lichts überhaupt.
Doch scheint es besser zu seyn, dieses dritte Glied nicht von avan-
hdne abhängig zu machen, sondern mit zbajd zu verbinden : ich rufe
durch die Wahrheit, von dieser geleitet, das heiligste Gebet hinauf
zu den geraden Pfaden, auf denen Ahura-mazda thront.
V. 6. Dieser Vers fuhrt ein neues ratu oder eine neue Lehre
und Vorschrift an ; er steht mit dem vorhergehenden in keinem
engern Zusammenhange. Es fragt sich, ob zaotd Verbum oder Sub-
stantivum ist. Ist es Substantivum , so stimmt es vollkommen mit
dem wedischen hotar (Rufer), welches eine allgemeinere und eine
engere Bedeutung haben kann. In den spätem Stücken des Zend-
awesta bezeichnet es einen besondern Priester, gerade wie im Weda,
und das von zaotd abgeleitete zaothra ist dort Opfer gäbe. In
den Gdthd's findet sich das Wort nur an dieser Stelle ; zaothra
kommt gar nicht vor. Der Zusammenhang der Stelle verlangt nicht
nothwendig den Sinn „Priester", die allgemeinere Bedeutung „Ver-
ehrer*' oder nach dem Ursprünge des Wortes von zu, zbai = Äw,
hve (rufen, anrufen), Rufer, passt am besten in den Zusammen-
hang; es ist dann Jeder, der den Ahura-mazda anruft und als
Gott bekennt, darunter zu verstehen. Der Parallelismus mit dem
ersten Gliede von v. 6: ja^-te ^raoshem zbajdi spricht am besten für
die allgemeinere Auffassung. Aber gerade diese Stelle zeigt, dass
zaotd, hier als Verbum aufgefasst in der 3. Person Imperf. med.,
einen concinnen Sinn giebt. Und ashd, das am nächsten ein Nom.
Acc. plur. ist, sich aber am Ende auch als Instrumental sing, er-
klären Hesse, fordert in ersterer Bedeutung nothwendig ein Verbum.
So stellt sich ein ganz genauer Parallclismus mit v. 5 heraus. Dem
jag entspricht je- erezM«, dem graoshcm: ashd, dem zbajd: zaotd.
Desswegen gebe ich der letztern Erklärung entschieden den Vorzug.
198 Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33, 6.
— Manjeus — kajd Nerios.: adrgjdt svargalokdt samihate' kiirute iebhjah.
Kaja. Hiemit ist die Präposition d , die vor vahistdt steht und im
Liederdialekt, wie im wedischen Sanskrit eine etwas freiere Stellung
hat, zu verbinden. Kajd selbst ist ein Instrumental von kd, welche
Grundform wegen kam 44, 20 anzunehmen ist. Mit diesem kajd
ist dkdo 48, 8. 50, 4. 51, 13 und dkd 50, 2 zusammenzubrin-
gen; ja unsere Stelle wirft ein helles Licht auf diese sonst schwer
zu erklärenden Wörter. Eine genauere Untersuchung lehrte mich,
dass diese beiden Worte nicht etwa Adjective sind, wie man aus
peretdo dkdo 51, 13 vermuthen könnte, sondern eine adverbiale
Redensart bilden und aus d kdo zusammengesetzt sind. Die Mss.
schreiben sie gewöhnlich zusammen und verwechseln sie zudem noch
mit aka, einem Worte von grundverschiedener Bedeutung. Der ad-
verbiale Sinn des dkdo ergiebt sich unzweifelhaft aus 48, 8 und 50,
4, wo es unmittelbar bei einem Accus, plur. masc. aredrefig steht
und sich schlechterdings nicht als Adjectiv zu diesem aredreng fas-
sen lässt, da es der Endung nach nur ein Feminin seyn könnte,
noch sich auf irgend eine Weise als Casus vom Particip. ^raoshdne
oder vom Verb, ishjd abhängig machen lässt. Der gleiche Fall hat
bei dkd 50, 2 Statt. Neriosengh hat fiir dkdo an den angeführten
Stellen parisphutam oder prakatam, beides klar, deutlich. Suchen
wir nun dieses Wort zu erklären. Das wedische Sanskrit bietet uns
hier kein Analogon. Auch im übrigen Zendawesta lässt sich nichts
der Art entdecken. Nach einer passenden Verbalwurzel dürften wir
uns vergeblich umsehen. So sind wir nur auf die Gdthd's selbst
wieder hingewiesen. Wie jede neue Religion, jedes neue philoso-
phische System für neue eigenthümliche Begriffe entweder neue
Wörter zur Bezeichnung derselben ins Leben ruft oder ältere in
neuer eigenthümhcher Bedeutung gebraucht, so ist diess auch mit
der Zarathustrischen , die in den Gdthd's niedergelegt ist, der Fall.
Solche neue Wörter und Redensarten sind namentlich aka und kd,
d kd, d kdo. Äka (s. d. Gloss.) bezeichnet ganz entschieden den
strengen Gegensatz des Schlechten und Bösen zum Guten (vohu),
gerade wie dregvdo, der Lügner, den strengen Gegensatz zum
Wahrhaftigen (ashavd) bildet. Etymologisch kann es zur Gewinnung
dieses Sinnes nicht anders erklärt werden, als wie eine Zusammen-
setzung von a~\-kaj OUTIC, ein Nichts; vgl. akö-maiio, noch spä-
ter der Name eines der Erzdew's, Denn das von den indischen
Wörterbüchern angeführte und mit pdpadukhajoh , d. i. Sünde und
Schmerz, erklärte aka ist schlechterdings nicht mit dem baktrischen
aka zusammenzubringen, wie Burnouf that, da dieses ja eine andere
Bedeutung hat; ausserdem weiss der Weda gar nichts von diesem
Worte. Die Bezeichnung: ein Nichts, für den Begriff „schlecht"
ist ganz aus dem Geiste der Zarathustrischen Religion geflossen.
Das Gute ist hier identisch mit Daseyn und Leben, das Böse mit
Nichtseyn und Tod (s. 30, 4). Von diesem negativen aka, dessen
Bedeutung „nichtig, schlecht" ganz sicher ist, haben wir kd als Po-
Haugy die Gdthd's des Zardthustra. L Cap. 33, 6. 199
sition zu betrachten. Heisst aka ein Nichts, so ist kd ein Etwas.
Aber eine kleine Schwierigkeit erhebt sich sogleich; kd ist deutlich
ein Subst. fem., nur in d kd 50, 2 ist es ein Neutrum pliir., wäh-
rend aka als Adj. vorkommt. Diese Schwierigkeit hebt sich, wenn
man bedenkt, dass aka gewöhnlich Prädikat des majio (Gesinnung)
ist und, damit verbunden, den von Zarathustra neu eingeführten Be-
griflf des schlechten, bösen oder besser nichtigen Geistes bezeich-
net. Für den guten Gott, den Ähura-mazda, hatte er nicht nöthig,
einen solchen neuen Namen zu erfinden, da dieser schon vor Zo-
roaster gekannt und benannt war. Dem kd haftet an allen Stellen
der Bcgriflf der Existenz an. Solche abstracte Begriffe werden im
Zendawesta und Weda gern durch Feminina bezeichnet; ja dieses
Streben, abstracte Begriffe sich als Fem. zu denken, geht so weit,
dass nicht bloss Nomina mit deutlichen Abstractendungen, wie ti,
td, tat, Fem. sind, sondern auch die nackten Wurzeln ohne alle
Feminin-Endung, sowie sie als Substantiva im Sinne eines Abstract.
gebraucht werden, sich als Fem. construirt finden, z. B. vdc^ die
Rede, drukhs etc. Daher kommt es, dass der Begriff der Exi-
stenz ein Fem. ist. Der Ableitung nach ist es natürlich mit dem
Interrog. ka identisch. Auch im Sanskrit wird dasselbe in substan-
tivischer Bedeutung gebraucht, wo dieses nicht bloss mit ka, son-
dern auch mit kh geschrieben ist (man vgl. namentlich sukha, gut,
und duhkha, schlecht). — Avd manaiihd, von dieser Gesinnung,
bezieht sich auf mainjeus vahistdt — jd und ist mit vdgtrjd eng zu
verbinden, „welche ländlichen Dinge", d. i. der Landbau überhaupt.
Die Bebauung der Erde ist eine Folge der guten Gesinnung und der
wahren Religion — Verezjeidjdi. Westerg. schreibt verezidjdi gegen
alle handschriftliche Autorität, wenigstens an unserer Stelle. In der
Parallelstelle 43, 11, die er indess nicht anführt, liest K. 5. so, wäh-
rend dort K. 9. verezjedjdi, K. 4. verezjeidjdi, K. 9. verezjeidjdi, Bf.
verezje idjui, Bb. verezjiidhajdi lesen; ebenso lesen an unserer Stelle
K. 5. verezedjdi, K. 4. verezjeidjdi, ebenso Bf., Bb. verezjeidhjdi, K.
11. verezdjdi. Demnach stimmt weitaus die überwiegende Mehrzahl
der Handschriften für ein jei nach verez. Und in der That finden
wir dieses Verbum in der Regel auch nach der vierten sogenannten
Sanskritconjugation mit ^a conjugirt; so conjugirt findet es sich nicht
bloss meist in den Gdthd's (s. d. Gl.), sondern auch noch in den
Jeshts verezjeiti, z. B. Jt. 10, 20. 21. 106. Daher ist Westerg.'s
Correctur entschieden zu verwerfen. — Td kann auf doppelte Weise
bezogen werden; erstens auf das vorhergehende vd^trjä, zweitens
auf darstois hemparstoiscd, und zwar so, dass es im Allgemeinen „die
Dinge des Sehens und des Unterhaltens" ausdrückt. Allein da diese
zweite Erklärung gar zu sehr an eine griechische Redeweise erin-
nert, die im Baktrischen wenigstens nicht gewöhnlich ist, so ist
wohl die erstere vorzuziehen. Die Genitive stehen an der Stelle
der Ablative, wie öfter, „in Folge deines Sehens und deiner Be-
fragung oder Unterhaltung", nämlich des Ahura-mazda, Dieser ver-
200 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33, 6. 7.
langt von seinen Dienern Bebauung des Feldes. (Das toi verbindet
man am besten mit darstoisca hemparstoiscd.) S. c. 29.
V. 7. A qaethjdcd. K. 9. hat qaithjdcd und K. 4. qaitjdcd; mit
d verbunden qaethjdcd in K. 5, 6, 11. In Bb. fehlt dieses d. Die
Erklärung bietet grosse Schwierigkeiten. Gehen wir rein diploma-
tisch zu Werke, so ist die Lesung qaethjdcd als durch die meisten
Handschriften verbürgt, entschieden vorzuziehen. Das d ist eine
Präposition und steht an der Stelle des Imperat. didüm, kommt
herzu! Derartige Wiederholungen der Präpositionen statt des gan-
zen Verbum mit Präposition sind in der Sprache der Gdthd's nicht
selten (s. d. Gr.). Vahistd ist ein Vocativ und zwar im PI. neutr.;
damit parallel ist qaethjd, Nerios. : dnane, im Munde, Gesichte.
Dieser Verbindung nach ist es ebenfalls ein Ädjectiv im Neutr. pl.
Würde nicht der ganze Zusammenhang entschieden für diese Auf-
fassung sprechen, so könnte man es als Instrumental eines Subst.
qaethi nehmen. Die sichere Deutung wird noch dadurch erschwert,
dass es sich sonst nirgends im ganzen Zendawesta findet. Dagegen
treffen wir doch lautlich nahverwandte Worte, wie qaetu und qitt
Das erstere bezeichnet den Eigenen, Blutsverwandten (s. Gl.);
von diesem könnte es indess nicht unmittelbar abgeleitet seyn, da
ein Ädjectiv davon qaetava oder doch qactavja lauten muss. Am
besten führt man es auf qiti zurück, wovon es eine Adjectivbildung
des Sinnes: die Eigenen, ist (s. zu 30, 11). — Dare^atacd.
Westerg. schreibt dareshatcd, ohne eine einzige Variante anzugeben.
Bf. hat dar^adhcd und Bb. dargadhacd. Die Westergaard'sche Schrei-
bung lässt sich indess nicht rechtfertigen, da sich dadurch auf keine
Weise ein guter Sinn gewinnen lässt; denn dareshat führt auf die
Wurzel dare*A = skr. dhfsh zurück, deren Bedeutung, wagen, an-
greifen, hieher gar nicht passt; ferner ist die Endung at zu be-
anstanden; diese könnte Ablat. sing, und das Part. act. im Neutr.
sing, seyn; aber weder das Eine noch das Andere stimmt zu va-
histd qaethjdcd, mit denen dieses dareshat doch durch cd verbun-
den ist und gleichen Casus haben muss. Dagegen giebt das von
mir aus Bb. corrigirte daregatacd einen sehr guten Sinn. Dieses ist
von dareg ein Verbaladjectiv „sichtbar", und ebenfalls Neutr. plur.
Im Weda findet sich das entsprechende dar^ata sehr häufig, „sicht-
bar, ansehnlich". Alle drei Adjective beziehen sich auf ashd. — Ja
^riije pare magaono Nerios.: ja uktd ^sti parama-mahattajd ; ^ruj e \si
demnach als 3. Person sing. perf. pass. gefasst, was es formell nicht
seyn kann; es ist vielmehr die 1. Person sing, praes. pass. c=3 au-
dior; jd ist nicht Nom. Acc. plur. neutr., sondern Instrumental des
Sing., sich auf vohu mananhd zurückbeziehend, „dass ich, mit die-
sem begabt, gehört werde". — Pare kann nur paro, skr. puras,
vorn, vor, seyn; mit skr. jjam^ der Andere, Vorzügliche, lässt
es sich wegen des Genitivs magaono nicht wohl identifiziren ; auch
spricht 34, 5 entschieden gegen solche Auffassung. Am richtigsten
Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33, 7. 8. 201
nimmt man es hier als coram, Angesichts, vor dem magava. Paro
regiert dagegen ganz passend den Genitiv, wie das entsprechende
para des jungem Dialekts in Ja9. 19, 2 den Ablativ. Nun handelt
es sich um die Bedeutung von magaono; der Form nach ist diess
nur der Gen. von magavan. Es heisst seiner Ableitung nach eigent-
lich mächtig, stark, im Weda ist es häufig ein Beiwort der Göt-
ter; dagegen im Zendawesta, wo es sich nur selten findet, ist es
ein Name der Anhänger und Verkündiger der Lehre Zarathustra's,
wie unzweifelhaft aus 51, 15 hervorgeht. Die alte wedische Bedeu-
tung hat es nicht mehr. Ein richtiges Verständniss desselben kann
bloss durch eine genaue Erklärung seines Etymons maga gewonnen
werden. Dieses, dem wedischen magha, Macht, Reichthum, Gut,
entsprechend, bezeichnet in den Gdthas deutlich das Werk Zara-
thustra's , seine neue Religion ; gewöhnlich hat sie noch das Prä-
dikat mazy gross, so 29, 11. 46, 13. 51, 11. Dieselbe wird als
eine grosse geistige Macht aufgefasst, die allein, ohne Beihilfe äusserer
Gewalt, durch die blosse Kraft der ihr inwohnenden Wahrheit, im
Stande ist, die Menschen zu durchdringen. Der magava ist dann
derjenige, der diese geistige Macht vorzüglich besitzt und dadurch
wirkt. Für magaono liest K. 5. magdno; eine Lesung, die viel für
sich hat, namentlich wenn man ^raoshan von ^raosha, maretan von
mareta etc. bedenkt. — Der Dual ndo im letzten Gliede scheint
wenigstens so viel zu beweisen, dass ausser dem Sprecher noch ein
Anderer hier genannt oder gemeint ist; dieser kann nur der Ma-
gava seyn. Da nun Kava Vistäcjpä 46, 13 ein Förderer des gros-
sen Werkes (maga) Zarathustra's genannt und er auch sonst mit
ihm zusammengenannt wird (c. 28, 8), so ist leicht abzusehen, dass,
da unter dem Magava hier eine bestimmte Person verstanden wer-
den muss, Vistä9pä gemeint seyn kann. Doch lässt es sich auch
auf Zarathustra selbst, der, als Urheber und Gründer des maga, der
magava im vorzüglichsten Sinne war, beziehen. — Rdtajo kann nur
auf i\\Q, Asha's oder Wahrheiten bezogen werden. Zuerst sind sie
direkt in der 2. Person Imper. und hier in der 3. Tmper. angerufen
(s. S. 92).
V. 8. Fro — arethd td Nerios. : prakrshtam mahjam prakfshtam
nivedanam — dehi njdjam tad dvitajam; das doppelte njdja wird er-
klärt durch AvistuTtham (Avesta-ZeiidJ, wie so häufig. Ueber arethd
s. das Gloss.; über shavdi s. zu shavaite 29, 3. — Haurvatdo draono
Nerios.: sarvapravfttah avirdadasja utsavah. Die Bedeutung des drao?io
anlangend, so ist zu vergleichen Jt. 19, 7 : javat anu aipi düi ga-
rajo visagiare vit^pem avat aipi draono bazat athauriuiaeca rathaestdica
vdgirjdica fshujailte, auf wie lange die ganze Ausdehnung in Bezug
auf die Berge dauert (Bestand hat), auf so lange giebt sie die
Draono dem Priester und dem Krieger \ind dem Bauern ^). Vcr-
*) In dem Anfang des Zcmjäd- Jcsht (19) ist von der Entstehung der
202 Haug, die Gdthas des Zarathustra. J. Cap. 33, 8.
gleiche ferner Ja^. 10, 15: avanharezdmi gaiijois wiäm mairjajdo —
iä tat jat haomahe draono nigdohhenti i) nishidkaiti , ich entlasse
Vernichtung (=« ich verwüste) der tödtlichen Mörderin (wohl
die drukhs nagus); die das Draono des Haoma schlagen wollen,
bringt er zur Ruhe. Ja9. 11, 4: wf me pita haomdi draono fre-
reJiaot ahurö masddo; ashava hamiharene mat hizvo hojümca doithrem,
mir, dein Homa, Hess der Vater Ahura-mazda, der Wahrhaftige, das
Draono entstehen, um zu bewachen die Zunge sowohl als das linke
Auge. V. 5 : j6 mäm tat draono zandt vd terefjdt ^) vd apa vd jd-
^diti jat me dathat ahiiro mazddo ashava hanuharene mat hizvo ho-
jümca doithrem, noit ahmi etc., wer an mir dieses Draono schlägt
oder belügt oder verwünscht, welches mir Ahura-mazda der Wahr-
haftige gab, um die Zunge sowohl als das linke Auge zu bewachen,
so wird in diesem Orte kein Priester geboren, noch ein Krieger, noch
em Landbauer, sondern es werden an diesem Orte schädHche Thiere,
Ameisen, viele giftige Schlangenarten erzeugt. Vend. 13, 45 heisst
es bei der Vergleichung der Eigenschaften des Hundes mit denen
eines Priesters: aesho kagu draono jathd dthrava, dieser hat ein klei-
nes Draono wie der Priester. Vend. 13, 39: viro-draonanhem , ein
Prädikat des Hundes. Nach dem Lexikon Burhdn-i qdti ist das
lautlich dem draono entsprechende darun „ein Gebet, das die Mager
zum Lobe Gottes und des Feuers hersagen und über die Speisen
sprechen, ehe sie essen '^ Hiemit stimmt auch, was Anquetil von
der Darunsfeier erzählt, bei der der Priester Blumen, Früchte, Wein
und namentHch Brode einsegnet durch bestimmte Capitel des Ja9na.
Die angeführten Stellen sprechen aber nicljl» für diese Bedeutung,
namentlich nicht die wichtige J. 11, 4. 5. Nach dieser ist das
Draono von Ahurd-mazda selbst geschaffen, um die bösen Zungen
und die schädlichen Blicke zu bewachen, damit deren nachtheilige
Folgen zerstört werden. Hieraus geht klar hervor, dass von etwas
Concretem und nicht von einem abstracten Begriff die Rede ist.
Die blosse Wirkung des Homa kann hier nicht gemeint seyn, son-
dern etwas, was einen Theil seines eigenthümlichen Wesens aus-
macht oder am Ende sein Wesen selbst ist, dessen Zerstörung
die allern achtheiligsten Folgen hat, wie die Entstehung Ahrimani-
Berge die Rede (man vgl. hierüber Bundehesh S. 21, 9 — 25, 11 Westerg.),
deren viele mit Namen genannt sind. Auf diese Mannigfaltigkeit und weite
Ausdehnung der Berge bezieht sich visaQtare von vi + Qfd, mit Reduplic,
(das ursprüngliche s für h wegen des unmittelbar vorhergehenden Vocals);
auch kann es von vi + Qtar, streuen, abgeleitet werden, ohne dass der
Sinn eine wesentliche Aenderung erleidet. Aipi gehört das erstemal zu
javat , das zweitemal zu avat, man vgl. die Phrase aipi zrvdnem.
^) Nigdohhenti ist von gan abzuleiten und zwar vom Desiderat, ganh;
das ursprungliche g ist für den Palatal eingetreten, wie öfter.
') Dieses Siiz. XcYOfx. findet am besten seine Erklärung im neupersischen
(XxsJiy Lüge, Betrug. Vielleicht ist lat. terebrum, terebrare, verwandt.
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. L Cap. 33, 8. 203
scher Geschöpfe. Eine genaue Angabe, was speziell unter diesem
draono zu verstehen ist , dürfte kaum möglich seyn. Ein blosser
Segen ist es hier gewiss nicht. Am richtigsten wird wohl darunter
die ganze Homapflanze oder wenigstens deren Stengel und
Saft verstanden. Hiezu lässt sich auch leicht eine sehr passende
Etymologie finden. Der Bildung nach Neutr. auf anh = as, Nom.
0, wie aus allen Stellen genugsam erhellt, hat es gewiss seinen
nächsten Verwandten im wedischen drona, ein hölzernes Gefäss,
namentlich die Somakufe, aber es ist nicht damit identisch (wir fin-
den dieses dagegen ganz deutlich in dem Abi. drondt Vend. 5, 25,
in diesem Sinne ist noch zu vergl. das neupers. ,^^^^> Getreide-
mass). Demnach bezeichnet es etwas, was sich aufs Holz bezieht.
Ist drona das Hölzerne, so ist das davon abgeleitete draono ==
einem vorauszusetzenden dronas, das Gehölze. Dieses lässt eine
zweifache Deutung zu; einmal kann man darunter die Holzfasern
des Homa oder den darin enthaltenen Saft verstehen, andererseits
auch alle die hölzernen Geräthschaften , welche bei der Bereitung
des Homa gebraucht werden. Der Umstand, dass Ahura-mazda das
draono entstehen Hess, dass er es gegeben und gerade darein
die Uebelabwehrende Kraft gelegt hat, spricht indess entschieden
für die erstere Annahme. Denn gerade im Safte oder eher in dem
daraus bereiteten Tranke liegt Homa's hohe Kraft. Aus dieser
Bedeutung „Saft, Trank des Homa" lassen sich auch die andern
leicht ableiten. Jt. 19, 7 bezeichnet es deutlich „Glück, Segen",
eigentlich die geheimnissvolle Kraft des Segens, den das Bereiten
und Trinken des Homasaftes verleiht , welche Bedeutung ihm im
darün der Parsen geblieben ist. Dieselbe hat es auch an unserer
Stelle ^). Die Verbindung anlangend, so ist es als Acc. abhängig
') In Vend. 13, 39 ist virö-draonanhem vom Hunde gesagt, „der die
Menschen beglückt", insofern er sie beschützt, gerade wie das draono des
Homa. In 13, 45 ist es wohl äusseres Glück, Vermögen. Der Hund
hat nur wenig äusseres Bedürfniss, er bedarf wenig Nahrung, wie der Prie-
ster. — Man könnte leicht versucht seyn, dem Worte eine andere Ableitung
zu geben, da sich lautlich nahverwandte Wörter auch sonst im Zendawesta
und im Sanskrit finden. So treffen wir in den Jeschts sehr häufig drvdo,
fem. drvaiti (in Dat. plur. drvaiUbjö Jt. 10, 93), Gen. drvatö, Acc. drvan-
tem, Nom. pl. drvantö, Gen. drvatäm, Dat. drvatac\ Abi. drvatat Jt. 5, 93.
11, 5. 19, 93. 22, 19. 10, 38. 45. 69 u. s. w., eine Bezeichnung der bösen
Geister (das "laim des Bundehesh, darvdnt im Pärsi), von dru, laufen,
rennen, also eigentlich Läufer, Renner, weil sie als an unheimlichen
Orten hin- und herrennend gedacht werden; davon die Abstr. draoma (im
Dat. draomöbjd Jt. 10, 93 und Locat. draomöhu 13, 57) und drvatd (im
Dat. drvatajdi Jt. 4, 4), Lauf, Anlauf, von den Anläufen der bösen Gei-
ster (man s. hierüber hauptsächlich Bundeh. , c. 3, S. 8 Westerg.). Grund-
verschiedenen Ursprungs und auch ganz verschiedener Bedeutung ist drvö,
Gen. drvahö Jt. 13, 134. 19, 75, namentlich als erster Theil eines Compo-
situms, z. B. drvd-cashman von Tistrja Jt. 8, 12, drvo-Qtaoräm , drvö-
urvathatn, drvö - aperendjukäm J. 9, 1 von der drvd^pd, einer guten,
204 Hang, diu Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 33, 8. 9.
von dem Imperativ data. Ameretdta^cd und haurvatäo lassen sich
aber wegen des ve nicht als Vocative fassen , sondern das erstere ist
ein Acc. plur., letzteres ein gekürzter Gen. sing., von draono ab-
hängig. Das Subject zu dem Plural in data ist mazdä, der ja bald
in der Einheit, bald in der Mehrheit angerufen wird; vgl. khshmd-
vato, eigentlich euer für deiner im zweiten Gliede.
V. 9. Toi, deiner, bezieht sich auf Mazda; der Gen. ist von
hdkurenem im letzten Gliede abhängig. — Tem mainjüm. Für tem
hat K. 6. tum, welche Lesung wohl nur aus Accommodation an die
Endung um in mainjum entstanden ist. Dem Sinne nach würde
„deinen Geist" vortrefflich passen, aber die Autorität der Hand-
schriften und die Schwierigkeit, tum als ein Possessivum der zweiten
Person zu fassen, nöthigen uns, bei der hergebrachten Lesart zu blei-
ben. Tem weist indess auf nichts im frühern Verse zurück, son-
dern hebt nur stark den Begriff „mainjus^' hervor. Der Acc. mainjum
kann nicht von hacaiiiti im letzten Gliede des Verses abhängen, wie
ich lange glaubte, obschon hac wirklich mit dem Acc. construirt wird
(48, 4. \ 2), sondern muss mit ashaokhshajaiitjdo verbunden werden. —
Ashaokhshajantjdo (Nerios.: punjavardhajitdrah vapushi manushasja).
So schreibe ich für ashaokhshajantdo oder -rttd (wenigstens Bb. hat
so) der Mss. Diese Form ist nämlich ungrammatisch; sie setzte ein
Thema ashaokhshajanta voraus, das aber auf keine Weise genügend
zu erklären wäre; denn der zweite Theil dieses zusammengesetzten
Wortes aokhshajarit enthält augenscheinlich ein Part, praes. ; dieses
kann aber weder im Masculinum noch im Femininum eine Form
ashaokhshajantdo , wohl aber im Gen. sing, oder dualis des Femin.
ashaokhshajantjdo bilden. Letztere Form stimmt vollkommen zu
garedjajdo, das ebenfalls ein Gen. sing, oder dual. fem. ist. Auch
wenn man es als Nomin. plur. fem. fassen wollte, könnte es doch
nicht ashaokhshajantdo, sondern müsste wenigstens ashaokhshajantjdo
heissen, denn das Femininthema des Partie, praes. ist anti, vergl.
ukhshjiintjdo (Nom.) Jt. 13, 140, Prädikat von ndirjdo (Weiber).
Die Erklärung Nerios.'s: „Vermehrer des Reinen", ist im Ganzen
richtig. — (^aredhjajdo (Nerios.: svdmitvam ddtdrah pdrthivatvam, als
ob es von ^ara, Haupt, und da, geben, käme) bietet der Erklä-
rung mehr Schwierigkeiten. Dieses ist der Gen. sing, femin. oder
schützenden Genie; drvah^ paiti aogahhö Jt. 13, 134. 19, 75 in gutem
Sinne; davon das Abstrat, drvatdt, Acc. drvatdtem, Gen. drvatäto, vom
Wohlbefinden des Körpers Jt. 5, 53. 10, 94. 108, welches die Fravashi ver-
leihen 13, 24. 40; auch Verethraghna 14, 29. Dieses findet sich noch im
neupersischen \^\ö .^ fest, und 4>«5t>, Lobpreisung Gottes, Erflehung
des Guten oder Abwehr des Bösen. Die ursprüngliche Bedeutung des zen-
dischen drvatdt , welches, wie drvo, auf die skr. Wurzel dhru, fest seyn
{dhruva, fest), zurückzuführen ist und demnach Festigkeit und, vom
Körper gesagt, die Gesundheit desselben bedeutet, ist hier verwischt. Nicht
zu dieser Sippe gehört drvd Jt. 24, 50. 51. Dieses bedeutet Holz.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. L Cap. 33, 9. 205
auch Gen. dualis eines Adjectivs ^aredhja, das nur von einem Subst.
^ared, oder ^areda, ^aredha abgeleitet werden kann. Ob d oder dh
zu schreiben ist, kommt bei der häufigen Verwechshing dieser Buch-
staben gar nicht in Betracht. Wir finden nun zwei, der Ableitung
und Bedeutung nach verschiedene ^aredha im Zendawesta. Das eine
ist das bekannte Wort für Jahr, im Neupers. zu sdl versti'immelt,
identisch mit dem wedischen ^arad, Herbst (für Jahr), das andere
heisst Art, Geschlecht, so geus ^aredhanäm, Arten des Viehs
Vend. 2, 27 W., poiiru-^aredhö, vielartig, von giftigen Schlangen
J. 11, 6, von den Heilkräutern viraodha (Wed. virudh) J. 10, 12.
Im Neupersischen lässt es sich nicht mehr auffinden, wohl aber ist
es sehr häufig im Pehlewi, namentlich im Bundehesch; hier lautet
es "TD^O, sartak, und bedeutet Geschlecht, Art, so Bundeh.,
S. 28, 1. 7 W. Im Weda entspricht ^ardhas oder ^ardha, nach den
Nighant. ein balandma , aber oft von den Marut's im Sinne von
Seh aar gebraucht. An unserer Stelle würde ^aredhja sowohl nach
der Ableitung von garedha, Jahr, als von ^aredha, Art, einen pas-
senden Sinn geben. Erklärt man es auf erstere Weise, so heisst
es die jährlichen. Dem Sinne nach würde dieses ^aredhjajdo
ganz mit jdirjajdo zusammenfallen Dieses treffen wir G. 4, 2. Jt.
2, 58 als Prädikat von hushiti, Af. 1, 1 von den ratu's, den Vor-
stehern der einzelnen Tage, Monate und Jahre. Hushiti steht Jt.
4, 0, eine Stelle, die im Jüngern Ja9na öfter wiederkehrt, in Ver-
bindung mit haurvatdt , der Genie der Ganzheit und Gesundheit,
und bezeichnet wohl das irdische Wohlergehen, eigentl. gute Woh-
nung, mit dem Prädikat ^(«V/a , wofür wir auch den Intrum. Dat.
(;arcdhaebj6 haben, „das das ganze Jahr hindurch dauernde Glück".
Da sich nun die Femininform ^aredhjajdo grammatisch nur auf
haurvatdo im letzten GHede des vorigen Verses beziehen lässt, so
wird das Wort gewiss am richtigsten von ^aredha abgeleitet und als
das ganze Jahr hindurch dauernd erklärt. Noch ist die Frage,
die auch für ashaokhshajantjdo gilt, ob es Gen. sing, oder dual. ist.
Der Bildung nach sind es nur Gen. sing, von Femininthemen. Da
aber diese Formen auch für den Gen. dual, gebraucht werden, wie
ajdo 30, 5 und jajdo 45, 2 ganz deutlich zeigen, welche beide auch
im letzten Gliede stehen , und die Haurvat gewöhnlich mit Ameretat
zusammen ein Paar bildet, so nehme ich keinen Anstand, hier Gen. dual,
anzunehmen. Abhängig sind alle diese Gen. von hdkurenem im letzten
Gliede. — Ausser den zwei eben besprochenen Prädikaten haben
wir in diesem Verse noch vier Instrum. , die ebenfalls eine nähere
Beschreibung des Wesens der beiden Kräfte, Ameretdt und Haurva-
tdt, geben. Qdthrd, eigentlich von eigenem Feuer, d. i. von
eigenem, angeborenem Glänze, im Gegensatze zum gegebenen, erst
mitgetheilten, wird in den Gdthd's von Ahura-mazda gebraucht und
passt auch auf ihn am besten. — Maethd (Nerios.: ghatajitdrah)
kommt eigentlich nur in den Gdthd's vor und ist gerade wegen sei-
nes seltenen Vorkommens etwas schwer zu erklären. Man kann es
20G ITaug, die Gdthäs des Zarathustra. I. Cap. 33, 9.
mit mitha, maethana, miti, majd zusammenbringen; Wörter, die, von
verschiedener Bedeutung, auch auf verschiedene Wurzeln zurückzu-
führen sind. Mitha heisst sicher Lüge (s. S. 141), desshalb lässt es
sich hiemit nicht zusammenbringen ; maethana findet sich nur in
den spätem Stücken des Zendawesta und bedeutet Wohnung,
Aufenthalt (von der Warte des Mithra Jt. 10, 44. 50. 79. 81.
137; vgl. 13^ 67. 8, 1); das Verbum mithnditi heisst wohnen,
weilen, Jt. 10, 39. 40; die Wurzel ist meth, begegnen (eigent-
lich sich stossen); müi in upa-miti, Erwartung (neupersisch
f
ö<^} Hoffnung), ist von mdy messen, abzuleiten; über majdy s.
gleich nachher. Suchen wir Wurzeln, so bietet das Sanskrit, ausser
dem erwähnten meth, noch mi, jacere, und md, delere; und im Ja9na
selbst finden wir Verbalbildungen von einer Wurzel md und wii,
messen, d.i. schaffen, sowie m6ith = meth in zwei verschiedenen
Bedeutungen (betrügen und einschlagen, s. Gl.). Bei diesen
vielen möglichen Ableitungen wird hauptsächlich der Sinn und Zu-
sammenhang, in dem sich das Wort im alten Ja9na findet, entschei-
den müssen. Diese stimmen nun für eine Identification mit maethana,
Wohnung, also für eine Ableitung von meth in dem Sinne von
Ort. — Für mdjd lesen Bf. und Bb. mahjd , eine Lesung, die
schlechterdings hier keinen Sinn giebt; es könnte nämlich nur ein
Genitiv des Pron. der ersten Person seyn. Aber die Lesart majd
hat auch ihre Bedenken. In der Parallelstelle 43, 2 haben alle
Handschriften mdjd oder mdjdo. Indess finden wir im übrigen Zend-
awesta auch die Form maja, so z.B. J. 10, 12: d te (haomaj bae-
shaza iririthare vanheus mananho majdbjo, in dir (dem Homa) sind
die Heümittel begraben für die Schöpfungen des guten Geistes (des
Bahman, der die Thiere beherrscht). Die Bedeutung des Wortes
(Nerios. hat pramanena) ist nun an dieser Stelle die gleiche, wie
43, 2, nämlich Schöpfung, von md, messen, schaffen. In
gleichem oder ähnlichem Sinne finden wir die Derivate mdjus Jt.
10, 52, ein Beiwort des Jazata Nairjo-^anha, und mdjavat, eines
der Vögel Jt. 22, 16. 34. Dass der Genius Nairjo-^atiha Beziehung
zur Zeugung hat, beweisen namentlich einige Sagen des Bundehesch,
wie S. 33, 7. 8 (er hielt Aufsicht über zwei T heile vom Saaraen
des Gajomart), und 80, 1. 7 fg. (er bewahrt den auf die Erde ge-
fallenen Saamen Zoroaster's). Desshalb kann das Prädikat mdja
mit „schöpferisch" übersetzt werden. Von den Vögeln gesagt,
heisst mdjavat „sich fortpflanzend". Wollen wir die entsprechenden
Wörter des Sanskrit und Pärsischen noch herbeiziehen, so bietet
uns das erstere mdjd, was aber eine etwas abweichende Bedeutung
hat, nämlich Weisheit, namentlich eine geheimnissvolle Zauberei,
später Täuschung, Trug (der Urbegriff ist der „der innern
Schöpfung"), das Pärsi hat mdjeh, Ursprung, Abkunft. Da sich
nun für majd schlechterdings keine eigene besondere Bedeutung
nachweisen lässt, sondern dieselbe mit der von mdja zusammenfällt.
Hmig, die Gdthas des Zarathusira. I. Cap. 33, 9. 10. 207
so ist in Rücksicht, dass in den meisten Stellen, wo sich das Wort
und seine Derivaten finden, md" für ma" geschrieben wird und die
nächstverwandten Sprachen ganz hiefür sprechen, auch an unserer
Stelle mdjd zu schreiben. — Baretä (Nerios. : avikrta unverändert).
Auf den ersten Anblick ist man leicht versucht, es für eine 3. Per-
son sing. Imperativi der Wurzel bar, tragen, zu nehmen. Aber
diese dritte Person lässt sich dem Sinn und Zusammenhange nach
nicht rechtfertigen; denn erstens fehlt ein Subject, das Subject des
ganzen Satzes ist urvano, welcher Plural nicht wohl mit dem Sing,
verbi construirt werden kann; zweitens Hesse sich auch kaum ein
Object finden, denn qdthrd, mdjd etc. dürften nicht als Accusative
gefasst werden. Aus diesen Gründen nehmen wir baretu als ein
Substantiv und stellen es in gleiche Reihe mit qdthrd mdjd. Als
solches ist es zwar ein aTU. XsycfJisvov, aber der Sinn*Klesselben ist
leicht auf etymologischem Wege zu ermitteln. Von der Wurzel barey
tragen, abgeleitet, heisst es eigentlich „das Tragen, die Tragung**;
aber nicht in dem Sinne von barethri (Trägerin, d. i. Erzeugerin),
sondern es ist das Tragen eines bestimmten geistigen Gepräges,
die Naturanlage und der Charakter. Gerade diese Bedeutung
hat das derselben Wurzel entstammende armenische barq (Plur.).
Man könnte nämlich qdthrd maethd mdjd als Nominative nehmen,
wonach sie nur Namen verschiedener urvdno wären. Eei maethd
mdjd hätte diess weiter gar keine Schwierigkeit , auch nicht bei
qdthrd j denn diese Form wäre dann nur Femin. vom Masc. qdthrd
oder qdthre (s. Gloss.); aber baretu würde sich dann nicht in die
Reihe fügen, denn dieses zu einem Nominativ zu stempeln, wäre
gegen die Grammatik, und als 3. Person Imper. Hesse es sich auch
bei dieser Verbindung nicht fassen. Wir thun desshalb am besten,
bei der zuerst vorgetragenen Erklärung zu bleiben. — Aroi (Ner. :
saittpurna^. Hiefür lesen K. 5, 6, 9 aroi; allein da in den Parallel-
stellen droi mit d sich findet, ohne dass Varianten angegeben sind
und kein droi, sondern nur ein arem sonst vorkommt, so dürfen wir
bei der Lesung droi bleiben. Ueber die Bedeutung s. Gloss. und
zu 34, 4. Ueber hdkurenem s. Gloss.
V. 10. Zu hugttajo vgl. Jt. 22, 42; merezu-gitajö 23, 1; vohu-
^itiy ug-gitiy daregem-giti, Wurzel ^i, siegen, das gewinnen; dem-
nach ist giti Gewinn, Habe, Gut. Nerios. hat sugtvanajah, wo-
nach er es wohl von der Wurzel ^iv ableitet; aber diese Ableitung
ist wegen des Fehlens des v unzulässig. — BavaiTdi kann in der
Verbindung mit henti und donhare nur das Futurum ausdrücken;
dasselbe ist 45, 7 der Fall. Eine besondere Form des Futurums
kennt der ältere Ja^na nicht. Im Jüngern Ja9na findet sich für
die Zukunft eine eigene Form. .1. 52, 1: haithjdi, baväiihjdi, bu-
shjäithjdi.
208
Haugy die GiUhus des Zarathtstra. I. Cap. 33, 11.
V. 11. Das ca in mazduogca dient, um ahuro von mazddo zu
trennen und anzuzeigen, dass der stärkste ahuro gerade der mazddo
genannte ist. Ausser mazddo sind noch vier der höchsten Genien,
ciie später als Amesha-^pefita's eine Rolle spielen, genannt. — Frd-
dat-gacthem, hier Prädikat von ashem, ein auch sonst häufig vor-
kommendes Compositum. Es ist ein Prädikat des Haoma Jt. 8, 23,
des ^raosha Jt. 11, 1, namentlich aber der Arstät (Geradheit, Wahr-
heit) Jt. 2, 5. 11, 16. 21. 13, 18. Häufig folgt darauf varedat-
gaetha, der die Gaetha's wachsen lässt, s. zu 44, 10. — Mareiddtd
(Nerios. : kshamajdmi aham; kila cet pdpamüle teshdm sambhutam nsti
lad aham kshamajdmi') ist ein Imperat. plur. von marezdd. Dieses
ist auf ähnliche Weise zusammengesetzt wie jaozda, reinigen,
javo-ddy Korn machen, pistro-dd, zermalmen etc. Der zweite
Theil ist deutlich die Wurzel dd, dhd, setzen, machen, thun.
Das erste marez, lässt eine mehrfache Erklärung zu. Am nächsten
denkt man an die Wurzel ?n«re, sprechen (sanskr. smr), der wir
öfter im Zendawesta begegnen, wovon marez eine Erweiterung seyn
könnte, wie gerez, klagen, von gere, gare, tönen, oder merdz,
merenCy tödten, von were, sterben ^). Allein diese Erklärung ist
nicht richtig, denn sie giebt an unserer Stelle, sowie für das davon
abgeleitete Substantiv marezdika oder merezdika oder marzdika kei-
nen genügenden Sinn. Eine andere Erklärung wäre die Ableitung
von marez = mfgy abreiben, welche Wurzel auch in der allgemei-
nern Bedeutung bahnen seil, einen Weg, gehen, Jt. 10, 95 (von
Mithra), Jt. 14, 21 von Verethraghna vorkommt^); aber diese giebt
ebenfalls einen wenig passenden Sinn. Da das Verbum marezdd nur
an dieser Stelle und in Citaten derselben, wie Jt. 24, 31, sich fin-
det, so thun wir am besten, wenn wir, um zu einer sichern Erklä-
rung zu gelangen, von dem öfter vorkommenden marezdika, marz-
dika, das nur ein Substantiv von marezda ist, ausgehen. In den
Gdthd's kommt es nur einmal vor J. 51, 4; Jt. 10, 5 steht es zwi-
schen rafnanhe und baeshazjdi und bei andern Worten, die Hilfe,
Heil, Glück, bedeuten. Jt. 17, 15 von der Ashi: frd mäm aiwi-
urvae^ajanuha merezdikem, lass mich vorwärts kommen hin zu dem
^) Eine Erweiterung der Wurzel mere ist offenbar mereth, nur erhal-
ten in merethwentem (Accus, sing, der Form auf vat) Jt. 13, 84: jaeshäm
(amesha Qpenta) anjö anjehe urvcmem aiwi-vacnäiti merethwehtem Imma-
taeshu merethwentem hvarstaeshu merethwehtem gard nmänem, von diesen
(den Amesha- Qpehta' s) sieht der eine die Seele des andern verkündigend
in guten Gedanken, in guten Reden, in guten Thaten das Paradies. Man
kann an dieser Stelle das mereth nicht wohl in einem andern Sinne nehmen.
Nicht unpassend wäre am Ende eine Vergleichung mit dem armen, marth,
möglich, im Stande (marthem , können, vermögen); aber da eine
solche Bedeutung im Iranischen weiter nicht zu belegen ist, so müssen wir
davon abstehen.
^) Mit diesem marezygl. armen, merls, nahe, mertsdnal, sich nähern,
herzukommen.
Haug, die GätluVs des Zarathustra. I. Cap. 33, 11. 209
Glücke; ferner Jt. 2, 2. 7: marezdikdi thrajo-drigaove, wo thr. dn'g.
(s. darüber zu 34, 5) das Adjectiv ist, „das Glück, welches sich auf
die Dreiheit des reinen Gedankens, des reinen Worts und der rei-
nen That bezieht" oder erst aus diesem fliesst. Von diesem ma-
rezdika treffen wir auch ein abgeleitetes Adjectiv marzdikavat , so
Vp. 9 , 5 : haurvatdo^ca nö ameretdtdo geiisca tashno geusca uruno
dthragca aokhtondmano hadüha^ca ashavatö vd^travato qdthravato marz-
dikavato (die Genitive sind abhängig von dvi^tajaeca etc., v. 3), zur
Einsegnung der Haurvatät und Ameretät, des Erdschöpfers und der
Erdseele und des Feuers mit Aussprechung der Namen und des
Hauses, des reinen, kleiderreichen, speisereichen. Hier kann marz-
dikavat offenbar nur eine Kategorie der im Hause befindlichen Ge-
genstände bezeichnen ; ashavat bezeichnet das hadis im Allgemeinen
als ein dem Reinen , dem Bekenner der Zarathustrischen Religion
angehöriges, die drei folgenden Prädikate bezeichnen seinen Inhalt
näher; vagtravat geht auf Kleider, Teppiche und Aehnliches, qdthra-
vnt auf alles zur Nahrung Gehörige. Da durch diese beiden Be-
griflfe eigentlich alles zur Bestreitung des alltäglichen Lebens Noth-
wendige angezeigt ist, so wird marzdika mehr die Luxusgegenstände,
wie Dekorationen, zierliche Geräthe oder Dinge bezeichnen, die zum
Comfort des Hauses gehören, und lässt sich daher am ehesten mit
„vergnügungsreich" oder einem ähnlichen Ausdrucke wiedergeben.
Af. 1, 4 begegnen wir dem Superlativ marzdikava^tema neben hukhsha-
ihrutema und rafito^tema , Wörtern, die sich auf Reichthum, Glück,
Vergnügen beziehen. Suchen wir nach lautlich entsprechenden Wör-
tern im Neupersischen, so bieten sich uns marz , Grenze, und
mirzd, Edelmann, Prinz. Das erstere hat mit unserm marez
nichts zu thun, sondern ist auf die Wurzel marez = skr. mrg zu-
rückzuführen; das zweite dagegen hängt gewiss damit zusammen;
denn dem Begriff Edelmann, Prinz, haftet der von vornehm und
reich an; am nächsten, schon der Form nach, kommt diesem neu-
persischen mirzd das baktrische marezum Jt. 9, 2, ein Prädikat der
Drvä^pä zwischen fshaomm, reich, und amavaitim, stark, mäch-
tig, stehend. Indess darf dieses marezd nicht etwa als Grundform
des marezdd genommen werden, sondern es ist eine erst aus dem-
selben vereinfachte Neiibildung. Gehen wir zur eigentlichen Ety-
mologie über, so fragt es sich, ob das i aus einem ursprünglichen
Zischlaut oder erst aus einem Dental nach dem bekannten Gesetze
der Verwandlung der Dentale vor Dentalen in entsprechende Zisch-
laute hervorgegangen ist. Ich halte die letztere Annahme »mstrei-
tig für die richtige. So kommen wir auf ein ursprüngliches mared-
dd; dieses mared ist« identisch mit dem wedischen mfd (aus 7nard\
erfreuen, glücklich machen (namentlich von den Göttern ge-
sagt). Demnach heisst es wörtlich: freuen machen, glücklich
machen. Man verwechsle dieses mared aber ja nicht mit einem
andern, das nur ein Causativ. von mare, mere, sterben, ist und
Abhandl. der DMG. 1,3. 14
210 Hang, die Gäthd's des Znrathustra. L Cap. 33, 11. 12.
tödten bedeutet. Worauf sich die Deutung Nerios.'s ertragen,
erdulden, nachsehen, gründet, kann ich nicht sagen; sie ist
aber, als dem ganzen Zusammenhange widerstrebend, sicher so falsch,
als die Form zu einer ersten Person sing, praes. zu machen, wie
er thut. — Addi — paiti Nerios.: daddmica kirn api patiivaih svdmi-
tvam jat ihalohijam paraloUjamca , wonach dddi so viel als Herr-
schaft heissen soll, was sich auf reine Vermuthung zu stützen
scheint. Dieses seltene Wort (mir nur in den Gdthas bekannt Jt.
33, 12. 49, 1 und 35, 8, davon abgeleitet ddcma J. 30, 7) kann
dem Zusammenhange nach etwa „Ding, Sache" bedeuten, Suchen
wir auf etymologischem Wege eine Bedeutung zu gewinnen ; ddd
ist augenscheinlich aus d-^dd oder ä-\-dhd entstanden. Die er-
stere Verbindung heisst im Sanskrit nehmen; wir müssen uns aber
wohl hüten , sie ohne Weiteres auf das Baktrische anzuwenden.
Diese Verbindung der Wurzel da mit der Präposition a *) heisst
nur hergeben, weggeben (Jt. 13, 11), und von d-\-dhd hin-
setzen, bestimmen (J. 48, 7. 43, 15, s. Gloss.). Das Substan-
tiv ddd wird am besten von d~\-dd hergeleitet, wonach es Her-
gabe, Hingabe, bedeutet. Diese „Hingabe" bezieht sich wohl
auf die Verehrung (Hingabe von Worten); so deutlich 35, 8:
hdtäm gtgishäm vahistäm ddd ubuibjd ahubjd, ich möchte gewinnen
das beste Daseyn in beiden Welten „durch Hingabe", d. i. Ver-
ehrung. Nicht damit zu vergleichen ist das ada des Pehlewi, das
Seele bedeutet, wenn die Lesung überhaupt richtig ist.
V. 12. f/f — ahurd Nerios.: iiccdir mdm ^odhja svdmin; küa
vigakardd aharmandt piddham kuru. Uzdreshvd ist eine zweite Per-
son Imperat. medii der Wurzel ar , ere, gehen, -j- w« (vgl. uzire-
djdi 43, 12), und heisst: erhebe dich, stehe auf; die ihr von
Nerios. beigelegte Bedeutung: reinige, ist unrichtig und beruht
wohl auf einer Verwechslung mit dem im Vend. so häufigen uz-varez,
eigentlich wegmachen, d.i. sühnen. Leicht ist man indess ver-
sucht, uzdreshvd als Locat. plur. eines Comparativs uzdra von wf, iiz,
in dem Sinne das Aeussere, die Aussen weit (vgl. uzemem ==
uttamd) zu fassen ; aber die Wiederholung der Präposition , die
eigentlich nur bei Verbalformen stattfindet , spricht dagegen. —
Vanhujd zavö-ddd Nerios.: gvahmanasja grhitdro hhammah; kila me
tanund abhjdgato ^stu. Vanhujd ist deutlich Instrumental sing. fem.
von dem Adj. vohu, gut, und kann sich nur auf zavo-ddd beziehen;
ddd steht daher für ddajd und ist ein verkürzter, dem Nominativ
gleichsehender Instrumental. — Fgeratüm. K. 5, 4 haben fe^aratüm,
K. 6 dagegen f^eratüm, welche Lesung durch die Parallelstellen und
') Nicht hieher zu ziehen ist ädidhäiti, von Mithra gesagt Jt. 10, 13.
15. 51. Dieses ist auf die Wurzel dl, sehen, zurückzuführen und heisst
beschauen
Hang, (he Gäthd's des Zarathustra. I. Cap. 33, 12. 13. 211
(He Ableitung gesichert ist ; ein nur in den ältesten Stücken vor-
kommendes Wort, das nach 37, 5. 39, 5, wo es bei asha, daend,
Armaiti steht, eine ethische Bedeutung haben muss. Nerios. giebt
es durch prabhutjena (richtiger prahhutvena) , durch Obmacht,
Herrschaft. Der Etymologie nach aus fqe und ratus bestehend,
heisst es wörtlich Wachsthums oder Reichthums Gesetz, d.i.
Gesetz, welches das irdische Wohlergehen befördert; darunter kann
nur die gute Mazdaja^nische Lehre verstanden werden.
V. 13. Vüuru-cashdne ist nicht mit rafedhrdi, sondern mit moi
zu verbinden; rafedhrdi ist erst davon abhängig, um den Zweck
des Sehens auszudrücken. Des gleichen Sinnes ist das Prädikat
vuuru-doühra, weite Augen habend, d. i. weit blickend, welches
der (Jaokä, einer Genie, Jt. 2, 2. 7. 3, 0, und der Armaiti Jt. 2,
3. 8 beigelegt wird. Da rafedhra nicht als Genie vorkommt und
cashdne zudem eine deutliche Participialbildung ist, nicht etwa, wie
doithra, ein Substantiv, so dürfen wir es nicht auf dieses Abstractum
beziehen. Es geht auf den Dichter, der weithin sein Auge nach
dem Glücke in leibHchen und geistigen Dingen schweifen lässt; aber
die Kraft, so weit und stark zu sehen, ist ihm vom Ahura-mazda
verliehen, was mit den Worten „du siehst für mich" (doisM moi)
ausgedrückt ist. — Die Worte ja ve — td khshathrahjd jd vanheus,
sind sämmtlich syntaktisch von doisM abhängig; y« und td sind Pro-
nomina fem., deren gemeinschaftliches Substantiv ashis ist; es sind
eigentlich nur zwei Sätze, da jd — td einen einzigen Satz bildet;
das td steht hier nur, um das khshathrahjd deutlich abhängen lassen
zu können und ist ganz au der Stelle von ashis , das im zweiten
Relativsatze wirkHch folgt. — Abifrd, K. 6. P. 6. abefrd, Nerios.:
<^aktja. Man kann das Wort mehrfach erklären; 1) als Adjectiv,
zusammengesetzt aus abi und frd==prd, füllen, wobei nur auffal-
lend wäre, dass die Mss. für abi nicht die regelrechte Form aibi
aufweisen; 2) als erste oder dritte Person einer reduplicirten und
augmentirten Form, etwa eines Aorist, conjunct. oder eines Perfects.
Die erste Person: „womit ich euch erfüllen will", widerstrebt dem
Zusammenhange , da der Dichter mit keinen Gütern die höchsten
Geister zu erfüllen im Staude ist. Dagegen stimmt die dritte Person
weit besser zum Sinne des Ganzen; dann ist abifrd keine Aoristform,
weil hier das t nicht gut fehlen könnte (eine Verwechslung der 2.
mit der 3. Person sing., wie sie für den Optativ -jds im wedischen
Sanskrit nachgewiesen ist, s. Roth, Erläuterungen zum Nirukta,
S. 85, not. 1, lässt sich im Baktrischen nicht belegen), sondern ein
wirkliches Perfect = sanskr. paprdu. Das Augment macht keine
Schwierigkeit, da die Anwendung desselben in dem Gäthadialekt in
Fällen geschieht, wo sie das Sanskrit nicht gestattet, wie im Imp.,
s. avaenatd 30, 2. Das ve geht auf Ahura-mazda und die andern
höchsten Geister. — Die ashis oder der Fortgang, das Gedei-
hen nun, nach welcher der Dichter strebt und die ihm Ahura-mazda
14*
212 llmig, die GiUlias des ZaraUnistra. 1. Cap. 33, 13. 14.
ersieht, ist eine zweifache, die des Besitzes oder des Reichthums
und die der guten Gesinnung, also das irdische und geistige Ge-
deihen. Von dieser ashis ist Ahura-mazda mit seinen Geistern ganz
erfüllt; er lässt sie aber auch seinem Verehrer zu Theil werden. —
Die Schlussworte fro ^pefltd etc. haben denselben Sinn wie die zwei
vorhergehenden Glieder, nur ist derselbe in die Form einer Bitte
an Armaiti eingekleidet.
V. 14. At rdtdm — xistanem Nerios.: evam dakshanajd G'arathu-
airo aham tanu^ca iiigtvam daddmi purah pravftjd. Rdtdm als Ab-
stractum im Sinne von Opfergabe, Geschenk, also gleich ra-
fedhra zu fassen, wie Nerios. hier thut, ist nicht zulässig, wenn
auch gegen die Ableitung von der Wurzel rd, spenden, nichts ein-
zuwenden ist. Auch die Annahme eines Accusativs des Part. pass.
fem., das sich allenfalls auf paurvatdtem beziehen könnte, ist nicht
statthaft, weil sich so nur ein sehr gezwungener Sinn ergiebt. Noch
weniger geht die 3. Person dual, act., weil dadurch aller Zusam-
menhang mit dem Folgenden zerstört würde. Das einzig Richtige
ist, rdtdm sowohl hier als in der Parallelstelle 43, 9 als Gen. plur.
des Part, praes. zu nehmen (vgl. ^tütdm 34, 1) und eng mit Za-
rathustra zu verbinden: „Zarathustra von den Opferdarbringern",
d. i. Zarathustra aus der Zahl der Opfer und Verehrung Bringenden,
sodass durch rdtdm das Genus, dessen ausgezeichnetster Genosse
Zarathustra ist, bezeichnet wird. — Paurvatdt drückt den ge offen-
barten Urgrund des geistigen und leiblichen Seyns aus. Dieser
Uranfang ist die heilige Trias des guten Gedankens , des guten
AVortes und der guten That. Dieselbe zur Grundbedingung des
Gedeihens eines jeden menschlichen Wesens gemacht zu haben, ist
das Verdienst Zarathustra's. — Ustanem ist zweiter Accus., abhän-
gig von dadditi. Zu diesem ust. gehören die Gen. tajivagcit qaqjdo,
wozu 30, 2 tanuje qaqjdi verglichen werden kann. Das tanu kann
hier nicht wohl auf Zarathuströ bezogen werden und seine Persön-
lichkeit bedeuten, so nahe auch wegen des qaqjdo diese Annahme
liegen mag. Gegen eine Beschränkung desselben auf nur eine
Person streitet das angehängte cit, welches verallgemeinert. Ein
jeder eigener Körper ist jede einzelne Persönlichkeit, jeder ein-
zelne Mensch. — Die Worte von manaiiha^ca an bis zu Ende sind
nur eine nähere Erklärung, worin die von Zarathustra geschaffene
paiirvaidt bestehe. — Mazda ist hier nicht als Nomen proprium des
höchsten Gottes zu nehmen, sondern ist ein Appellativum und zwar
Neutrum plur. , ganz analog mit askd und ^raoshem khshathremca,
und bedeutet Weisheit (s. zu 30, 1). Die Auffassung des inazdd
als Vocativ von mazddo würde die Symmetrie des Ganzen stören,
und der Genitiv mananhagcd vanheus müsste gezwungen auf ashd
bezogen werden. — Jdcd gehört zu sljaothanahjd ashd, „und welche
Wahrheiten der That". Für mazdd lesen K. 6, 15, 18 mazddi, ebenso
für asha K. 11, 15, 18 ashdi; beide Lesungen sind aber offenbar
Hang, die GdtfuVs des Zarathustra. I. Cup. 31. 213
nur Verbesserungen, zunächst hervorgegangen aus der Unverständ-
lichkeit des mazdd; änderte man dieses einmal in mazddi, so lag die
Umänderung des ashd in ashdi auf der Hand. Gegen diese Aende-
rung spricht entschieden der Parallelismus von ukhdhaqjdcd ^raoshem
khshathremvd y dessen Lesung ganz unbeanstandet ist.
Die vier letzten Verse unsers Capitels (von 11 — 14) gehörten
ursprünglich nicht hieher , sondern sind wohl nur aus liturgischen
Gründen hieher gekommen. Sie sind 27, 8 — 11 vollständig citirt.
Capitel 34.
Dieses letzte Capitel der ersten Sammlung lässt sich in vier
unter sich nicht zusammenhängende Stücke zerlegen: 1) 1 — 6; 2)
7. 8; 3) 9—11; 4) 12—15.
1) 1 — 6. Dieses Lied ist eine Lobpreisung des Ahura-mazda,
als des Gebers aller guten Gaben, der sich im Feuer offenbart, und
drückt den Wimscli aus, diese Güter trotz aller Angriffe der bösen
Geister zu erlangen und zu behalten, wogegen Aliura-mazda selbst
den besten Schutz verleihen kann.
Ahura-mazda, der lebendige Gott, besitzt alle jene Mittel, durch
die die höchsten Güter , Unsterblichkeit , Wahrheit und irdischer
Wohlstand, erworben werden können, nämlich die heiligen kräftigen
Sprüche, Lieder und Gebräuche im reichsten Masse, d. h. er kennt
sie am besten und theilt sie seinen treuen Dienern mit, damit sie
jener hohen Güter theilhaftig werden können (1). Dieses alles be-
sitzt er aber nur durch den guten Sinn, d. i. durch das Gute, des-
sen Inbegriff er selbst ist, und durch die eifrige Pflege des Feuer-
dienstes und des Ackerbaues seitens' des heiligen Mannes, d. i. des
Zarathustra, dessen Seele ganz der Wahrheit ergeben ist (letztere
Vorstellung, dass Gott nur durch eifrige Unterstützung seitens der
Gläubigen gegen das Böse wirken kann , findet sich oft genug in
den Gdthd's, namentlich in dem Begriff der Armaiti). Der Himmel,
die Wohnung Ahura-mazda's und der höchsten Geister, ertönt von
jenen heiligen Liedern, d. h. diese Lieder gehören zunächst dem
Himmel an und können nur durch Vermittelung erleuchteter Men-
schen, vornehmlich Zarathustra's, auf der Erde gegen die bösen
Mächte wirken (2). Wohl wissend, dass, um der höchsten Güter
theilhaftig zu werden, der Mensch desswegen Gott anbeten und ihm
Gaben darbringen müsse, will der Dichter ihm Opfer und Lobpreis
überall, in allen Gaethd'sy d. i. den von Ahura-7nazda angeordneten
Familienbesitzungen der Glaubensgenossen bringen, damit in diesen
der Wohlstand bleibe (3). Vornehmlich muss das Feuer, der kräf-
tigste und wirksamste Schutz gegen die Mächte der Finsterniss, das
einen unerschöpflichen Schatz von Hilfe für die von den Bösen ge-
214 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 34.
fährdete gute Schöpfung in sich birgt, verehrt werden; seine Flam-
men sind Geschosse in den Händen des lebendigen Gottes , mit
denen er die Frevler vernichtet (4). Aber trotzdem, dass der Dich-
ter seine Schuldigkeit im Lobpreisen gethan zu haben glaubt, sind
ihm jene hohen Güter noch nicht zu Theil geworden, wie sehr er
sich auch um die Erhaltung beider Leben, des irdischen und des
geistigen , bemüht hatte , indem er stets eifrig gegen die Daeva's
(die Götter und die verderblichen Wirkungen der Vielgötterei) ge-
gen die Khraf^tra's, die fleischfressenden und blutsaugenden Un-
holde und die bösen Menschen, worunter die Jätu's oder Hexen zu
verstehen sind, ankämpfte und die heilige Dreiheit fdrigii) des guten
Gedankens, des guten Wortes und der guten That sogar zu ver-
dreifachen, d. i. ihre Wirkungen zu vervielfältigen strebte. Daher
fragt er nach dem Reich und der Herrschaft des Ahiira-mazda, wo
dieses bestehe und welche Güter denn überhaupt durch fromme
Handlungen erworben werden können (5). Da die erbetenen Güter
zu lange nicht gewährt werden und die Hilfe überhaupt auszublei-
ben scheint, so fängt der Dichter bereits zu zweifeln an, ob die
hohen Geister überhaupt von dem guten Sinne noch geleitet wür-
den; er dachte sich clie Macht des Bösen so gross, dass dieses be-
reits alle Wirkungen des guten Sinnes gelähmt haben könnte. Da-
her fordert er die hohen Genien nochmals dringend auf, dieses von
den Feinden mit Tod und Vernichtung stark bedrohte irdische Leben
wieder stark und kräftig zu machen, namentlich da er unablässig
dem Wahren, wie dem Weisen Lob und Preis singen wolle (6).
Der Verfasser des ziemlich allgemein gehaltenen und in keinen
ganz bestimmten Verhältnissen sich bewegenden Liedes kann nicht
Zarathustra selbst seyn. Die scharfe und bestimmte Polemik gegen
die Daeva's und ihre Priester, sowie gegen die Götzendiener über-
haupt, fehlt. Zudem ist in v. 2 vom Dichter noch deutlich auf Za-
rathustra als denjenigen hingewiesen, der am meisten für den leben-
digen Gott gewirkt hätte; denn unter dem „heiligen Manne" kann
dort nur Zarathustra verstanden werden, weil sonst ihm allein unter
den Sterblichen dieses Prädikat, das eigentlich nur dem Ahura-mazda
und der Armaiti zukommt, beigelegt wird. Gerade dieser Umstand,
dass er schon als Heiliger erscheint, führt auf einen spätem Ver-
fasser; denn seine Zeitgenossen, selbst seine nächsten Freunde, leg-
ten ihm nicht dieses Prädikat bei, wie aus 28, 7 und 33, 14 er-
hellt. Da aber auf sein Wirken als ein noch in frischem Andenken
stehendes deutlich angespielt wird, so sind wir einigermassen be-
rechtigt, es einem seiner frühesten Nachfolger im Prophetenamte,
noch ehe seine Lehre allgemeinere Verbreitung gefunden hatte, zu-
zuschreiben.
2) 7. 8. Der Dichter ist in grosser Noth und fleht um Er-
rettung aus derselben zu den höchsten Geistern; er vertraut indes-
sen auf die Kraft der frommen gottesdienstlichen Handlungen und
Hang, die Gdthd'i des Zarathuslra. I. Cap. 34. 215
alter Sprüche. Der nähere Inhalt der beiden in einem engern Zu-
sammenhange stehenden, wenn auch nicht unmittelbar zusammen-
gehörenden Verse ist dieser:
Der Sänger ist mit seinem nächsten Freunde in grosse Noth
gerathen, wohl durch seine Feinde und Verfolger um sein Besitz-
thum gekommen; er fragt ängstlich, wer ihm anzeigen könne, wo-
hin seine durch den guten Sinn erworbenen Güter gekommen seyen.
Er wendet sich in seiner Bedrängniss an Ahura-mazda, der sich in
den helllodernden Flammen des Altars offenbart und allein das Dun-
kel zu verscheuchen und alles Unrecht ans Licht zu bringen ver-
mag, da er keinen andern Helfer als ihn und seine guten Geister
weiss. „Errettet uns jetzt beide", d. i. mich und meinen treuen
Freund und Genossen, ruft er zuletzt aus (7). Doch er lässt sich
nicht schrecken; die Verheissungen des lebendigen Gottes, dass die
Schlechten zu Grunde gehen müssen , tröstet ihn ; die frommen
Handlungen, d. i. der Feuerdienst und der Äckerbau, sowie die
übrigen heiligen Gebräuche erschrecken schon an sich die mit Ver-
derben drohenden Gegner , weil sie die ihr Treiben vernichtende
Kraft derselben kennen ; noch mehr aber werden diese Gegner,
welche gar die nächsten Blutsverwandten (die wedischen Inder) sind,
durch einen alten Ausspruch des lebendigen Gottes erschreckt, dass
die, welche nicht das Wahre und nur die Lüge denken, dem Him-
mel, der Wohnung der seligen Geister, ewig fern bleiben werden (8).
Diese beiden höchst eigenthümlichen Verse scheinen mir nicht
von Zarathustra zu seyn. Da sie aber, wie ihr ganzer Inhalt zeigt,
noch mitten aus der Zeit des grossen Glaubenskampfes stammen,
so sind sie schwerlich lange nach Zarathustra verfasst, vielleicht sind
sie gleichzeitig und rühren von einem seiner Genossen her.
3) 9 — 11. Die Missachtung des guten Sinnes und der Ärmaiti
(der Abfall vom wahren Glauben) , durch die allein die guten in
Ahura-mazda ruhenden Kräfte und Gaben gewonnen werden können,
Wfird durch Verlust der Wahrheit gestraft. Die Verse scheinen an
Abtrünnige , die nach ihrer Bekehrung zum wahren Glauben sich
wieder der Abgötterei zugewandt hatten, gerichtet zu seyn.
Wer die Kraft der heiligen Armaüi bereits erkannt hat, d. h.
wer bereits zum wahren Glauben bekehrt ist und doch fortfährt, die
schlechten von Ahura-mazda verworfenen Werke zu vollbringen und
die guten, wie Ackerbau und Feuerdienst, zu vernachlässigen oder
ganz zu unterlassen, und zwar aus Missachtung des guten Sinnes,
dem alle guten Werke entstammen, dem nimmt der Grosse, d. i.
Zarathustra, alle Wahrheiten weg, d. h. er erklärt ihn aller bisher
ihm gewordenen Segnungen für verlustig , weil seine schlechten
Werke nur zur Vermehrung der verderblichen, das gute Leben zer-
störenden Geschöpfe, der Khrafi^tra's , worunter schädliche Thier^,
wie Schlangen etc., und nächtliche Unholde zu verstehen sind, bei-
tragen und er also den Geboten des lebendigen Gottes zuwider
216 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 34.
handelt (9). Hieran schloss der Dichter, um die Grösse jenes Ver-
lustes deutlicher zu machen, zwei Verse über die Bedeutung der
Armaiti und der andern hohen Kräfte. Nach einem Ausspruche des
sehr Einsichtigen oder Hochverständigen, worunter ent-
weder Ahura-mazda oder Zarathustra gemeint ist, sind die guten
Thaten die Frucht des guten Sinnes; wer schlechte Thaten voll-
bringt, ist somit des guten Sinnes verlustig, und aus Missachtung
der Armaiti, dem Grunde aller Wahrheit nach jenem Ausspruche,
auch der Wahrheit selbst ; denn alle diese Kräfte wirken nur im
Reiche des guten Geistes, aber nicht des bösen (10). Ausser den
schon erwähnten Kräften, die in Ahura-mazda s Lichtreiche wirken,
werden noch die Unsterblichkeit und der irdische Wohlstand
genannt, die nur durch die Frömmigkeit (Armaiti) und den guten
Sinn, wie durch die Wahrheit erworben werden können und beim
Verluste dieser auch verloren gehen. Diese Kräfte sind um so wich-
tiger, als nur die, welche sie besitzen, einen Antheil an dem leben-
digen Gott selbst haben (11).
Dass Zarathustra nicht der Verfasser der drei Verse im jetzi-
gen Zustande ist, geht aus der Erwähnung „des Grossen", unter
dem ich nur Zarathustra verstehen kann (man vgl. magava 33, 7,
und maz maga, der grosse Schatz, als Bezeichnung seiner gros-
sen Lehre 29, 11 und sonst) und Hochverständigen, der eben-
falls Zarathustra ist, hervor. Sie rühren wahrscheinlich von einem
Jünger des grossen Meisters her, der durch Berufung auf die Aus-
sprüche des Propheten selbst seinen Worten mehr Nachdruck geben
wollte.
4) 12 — 15 handeln vom Wesen, Werth und Bedeutung der
heiligen von den ^aoskjanto's gedichteten Lieder und den guten
Handlungen , der besten Schutzwehr des irdischen Lebens , und
schliessen mit der Bitte an Ahura-mazda um Mittheilung jener Sprüche
und Handlungen.
Der Dichter fragt den Ahura-mazda nach seinem Geheimniss,
d. i. seinen geheimnissvoll wirkenden Sprüchen , und nach seinem
Willen, wie er gepriesen und verehrt zu werden verlange; er will
alles Das wissen, wodurch die Wahrheiten der höchsten Geister, d. i.
der Fortgang des irdischen Lebens, gewonnen werden können; da
diese nur auf den vom guten Sinne geebneten Pfaden zu finden
sind, so bittet er den Ahura-mazda, diese Wege anzuzeigen, damit
er sie gehen könne (12). Die zwei ersten Glieder des folgenden
Verses enthalten die Antwort Ahura-mazda's auf die Fragen des
Dichters. Jener Weg des guten Sinnes, nach dem dieser fragte, sind
die Daenä's oder Meditationen (Lieder, Sprüche etc.) der ^aoskjanto,
d. i. der alten Feuerpriester und Liederdichter (s. zu 45, 11), deren
hervorragendster und berühmtester Zarathustra war; alle diese Dich-
Haiigy die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 34, 1. 217
tungen gingen aus der Wahrheit hervor. Sie wurden ■ — der Dich-
ter spricht nach Ahura-mazdas Worten wieder, — jenen Feuer-
anzündern als Lohn für ihre guten Thaten von Ahiira-mazda ver-
liehen (13). Ausser den Liedern sind auch noch fromme Hand-
lungen zum Wohle der Schöpfung von Ahura-mazda erdacht. Diese
aus gutem Sinn hervorgegangenen Thaten sind eine Schutzwehr für
dieses irdische Leben gegen die Angriffe der Bösen; sie sind von
Ahura-mazda angeordnet, der Denjenigen, die dieselben vollbringen,
namentlich die dem Ackerbau obliegen, Einsicht und Weisheit, die
beste Schutzwaffe gegen Lüge und Thorheit, worin das Wesen der
Gegner besteht, verleiht und dieselbe auf die ganze Schöpfung wohl-
thätig wirken lässt (14). Schliesslich bittet der Dichter Ahura-
mazda nochmals um Mittheilung der besten Sprüche , Gebete und
Lobpreisungen , da nur durch diese das wirkliche Leben Bestand
haben und gegen die Tod- und Verderbenbringenden Angriffe der
Bösen dauernd geschützt werden könne (15).
Wer der Dichter dieser Verse ist, scheint ungewiss, da sie zu
allgemein gehalten sind. Auf Zarathustra weisen keine deutlichen
Spuren.
V.l. Einige Schwierigkeit macht die Fassung von drtonÄa. Diese
Form, welche nur auf die Wurzel da zurückzuführen ist, kann eine 1.
oder 2. Person sing, conjunct. aor. seyn. Nerios. hat daddmi, fasst es
also als 1. Person sing, praes. Bei der 1. Person müsste der Dich-
ter das Subject seyn ; aber dieser kann die höchsten Güter nicht
verleihen , was dem Subject von däonhd zugeschrieben wird. So
müssen wir es als eine 2. Person fassen und zum Subject den Vocativ
ahurä 7nazda nehmen, da nur dem höchsten Gotte diese hohe Macht
zukommt. Es ist ajber keine zweite Person des Imperat. med., wie
Bopp, Vergleich. Gramm., S. 1001, annimmt, weil nicht bloss die
Bildung — denn die zweite Person Imper. medii wird stets durch
iiiiha oder ^va, welche Endungen dem skr. -sva entsprechen, gebil-
det — , sondern auch der Zusammenhang der Stellen (s. noch 44,
18) diese Deutung geradezu unmöglich machen. Vielmehr ist daonhd
eine Conjunctivform des Aorists. Dass die zweite Person auf sa ha
sich endigen kann, beweist das später häufig vorkommende jazaesa,
du mögest verehren. Taeibju , diesen, geht wohl auf diejeni-
gen, in deren Gegenwart der Prophet diese Worte sprach. Schwie-
rigkeit macht die richtige Construction und Beziehung des letzten
Satzgliedes. Hat die Medialform dagte den transitiven Sinn geben,
so muss ein Subject dazu erst gesucht werden, da der ganze Vers
kein passendes bietet; man könnte an Zarathustra im Schlussvers
des unmittelbar vorangegangenen Capitels denken, da dieser in un-
verkennbarem Zusammenhang mit unserm Verse steht. Aber die
Verleihung der Unsterblichkeit und der übrigen höchsten Güter, von
der hier die Rede ist, wird sonst nirgends dem Zarathustra zuge-
218 Hang, die Gdthas des Zamthustra. I. Cup. 34, 1. 2.
schrieben, sondern dem Ähiira-mazda allein. Da dieser im Vocativ
angeredet ist , so kann er nicht das Subject zu dagte seyn. Weil
wir sonach bei der transitiven Fassung geben kein passendes Sub-
ject erhalten können, so müssen wir sie aufgeben und zu der medijil-
passiven übergehen: es giebt sich = wird gegeben. lu die-
sem Falle ist ehmd das Subject. — Äeshdm weist auf die in den
zwei ersten Versgliedern genannten Gaben zurück; von ehmd, ge-
rade das (s. darüber zu 29, 11) ist aeshdm abhängig. — Pouru-
temdis geht auf die Fülle der Spenden an Wahrheit, Unsterblichkeit
und Gesundheit. Der Instrumental lässt nur eine adverbiale Erklä-
rung zu, mit den meisten == am allermeisten; davon hängt
dann der Genitiv aeshdm ab.
V. 2. Qpentaqjd neres. Es fragt sich, ob hier "„der heilige,
fromme Mann"^ nur von den Verehrern des Ahura-mazda überhaupt,
der sonst ashavd genannt wird, oder von einer bestimmten Person
zu verstehen sey. Die Verbindung yA ^peritu haben wir noch in J.
48, 7 und 51, 21. An ersterer Stelle ist wahrscheinlich Zara-
thustra darunter gemeint, an letzterer hat sie nur einen allgemei-
nern Sinn: Armatois nd ^pento hvo ci^tt ukhdhdis skjaothand, „der
heilige Mann von Andacht, d. i. der fromme Ahira-mazda-Y erehrerj
erkennt durch Worte die Thaten." An unserer Stelle sind beide
Fassungen möglich. — Pairi — gtütäm Nerios.: samdgaddmi jushmd-
kam namaskftaje mahdgndnin garothamdnö stdumi; kila ihaloke jushmd-
kam jagnam karomi paralokeca stdumi. — Das dritte Satzglied hat
manche kritische Schwierigkeiten zu lösen. Westerg. schreibt: paire
gaethe khshmdvatö vahme mazdd garoihis ^tütdm. . Für die Lesung
paire führt W. nur K. 5. als Autorität an; K. 4, 6 haben pairi;
ebenso Bf. und Bb. Gegen diese Schreibung lassen sich mehrere
gewichtige Bedenken erheben. Erstens hat sie zu geringe hand-
schriftliche Autorität und sieht neben dem verbürgten gaethe mehr
wie eine Emendation aus Missverständniss, als wie eine ursprüngliche
Lesart aus. Zweitens hält es schwer, diesem paire, das der Stel-
lung und Verbindung nach nur ein Adjectiv von gaethe seyn könnte,
eine in solchen Zusammenhang passende Bedeutung zu ermitteln.
Man denkt zunächst an das skr. para, fremd, ein A^ndercr, vor-
züglich; aber dieses, welches nur eine Verkürzung von apara, dem
Comparativ der Präposition apa ist, findet sich im Baktrischen wei-
ter gar nicht, sondern nur die vollere Form apara, die noch im
aware, Andere, des Pärsi (apanik des Pehlewi) erhalten ist. Das
para, dem wir J. 19, 1. Jt. 5, 65 und an andern Stellen begegnen,
ist mit paro, skr. puras , antea, identisch und ganz andern Ur-
sprungs und anderer Bedeutung;- zudem kommt es als Adjectiv gar
nicht vor, sondern ist nur Adverbium oder Präposition. Daher
müssen wir von einer Zusammenstellung unsers pairt mit skr. para
ganz absehen. Da sich ausserdem keine andere Erklärung des paire
als die eines Adjectivs bietet, so ist es am besten, bei der Lesung
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 34, 2. 219
fast aller Handschriften pairi zu bleiben. — Gaethe, Nach den Pa-
rallelstellen Jt. 5, 73. 109. 113 ahmja gaethe und 12, 8 jahmi
gaethe ist es Locativ von gaethä. — Vahme. Westergaard schreibt
vahme nach K. 11; K. 5, 4 haben vahmi, K. 6. vahme, K. 9. vahmd,
K. 11. nebst Bf. und Bb. va/me. In der Parallelstelle 45, 6, schreibt
Westerg. ebenfalls vahme nach K. 4; ebenso liest Bb.; K. 5. hat
aber vahmi und Bf. vahme. Die von Westerg. aufgenommene Les-
art lässt sich bei genauerer Betrachtung nicht halten. Schon die
handschriftliche Autorität dafür ist keine sehr grosse; aber sie stimmt
auch nicht in den Sinn und Zusammenhang weder unserer noch der
Parallelstelle. Vahme könnte nur eng mit gaethe im Sinne eines
Beiworts verbunden werden; demnach wäre es einerseits Adjectiv,
andererseits Locativ. Im ganzen übrigen Zendawesla ist indess
vahma, das wir als Thema zu Grunde legen müssen, nur Substan-
tiv und zwar bloss Mascuhnum (s. J. 35, 7. 46, 10. 50, 7. Jt. 8,
56. 1, 23 u. s. w.), nie aber Adjectiv, sondern es bildet sich aus
ihm mit Suflf. ja erst ein Adjectivum, vahmja Jt. 8, 15. 13, 34. 14,
54 mit einem Superlativ vahmjotema 13, 152, und aus diesem Ad-
jectiv sehen wir weiter durch das Abstractsuffix ta ein Abstractum
vahmjata entstehen Jt. 8, 50. 52. 10, 1. Wollte man an unserer
Stelle vahme als Locativ eines Substantivs fassen, so würde man es
nur als eine Apposition zu gaethe nehmen können; aber vahma ist
nie ein Synonym von gaethd, sondern wird gewöhnlich, namentlich
später, mit japia verbunden. Zu 45, 6 jehjd (ähuro mazddo) vahme
vohü frasht mananhd kann ebenfalls, der Schwierigkeit der Constru-
ction wegen, der Locativ vahme nicht gelesen werden. Die Stelle
heisst nämHch: dessen (Ahura-mazda'sJ vahma durch die fromme
Gesinnung befragt ist. Die Lesart vahme einiger Handschriften ist
nur ein Nothbehelf und aus Missverständniss des vahme hervorge-
gangen; die Lesung vahmi ist bloss eine andere Schreibweise des
vahme, da manchen Spuren zufolge das i einen dem e sich nähern-
den Laut hatte (s. die Grammatik). Die einzig^ richtige Lesung
an beiden Stellen ist vahme, ein Nominativus singularis masculini
für vahmo. Die Bedeutung des Wortes anlangend , so ist es von
Burnouf mit invocation erklärt worden, indem er es von vac,
reden, ableitete. Diese Bedeutung ist indess bloss aus der ger
wohnlichen Verbindung dieses Worts mit ja^na, Verehrung, ge-
rathen; denn die Ableitung ist sprachlich nicht wohl möglich; vac
kann nie zu vah werden, sondern nur zu vakh, vaokh. Die Be-
deutung des Worts ist in den Gdthd's noch nicht die in spätem
Stücken vorkommende; in jenen heisst es deutlich Verherrlichung
(53, 2, wo für vahmd vahmdi zu lesen ist 46, 10), Erhabenheit
(48, 1. 45, 6); der Plural bezeichnet die Verherrlichungen des
Ahura-mazda und der höchsten Geister, und zwar sowohl in guten
Gedanken als in guten Worten und Thaten (45, 8. 46, 17.). Zum
erstenmale findet sich vahma im Ja^na haptanhaiti (35, 7) mitjapia
zusammengestellt : ahurahjd at zi af ve mazddo japiemcd vahmemcd
220 Hang, die Gathas des Zarathustra. I. Cap. 34, 2. 3.
vahistem amthmaidi, des Ahura-mazda Anbetung und Verherrlichung
denken wir. Aus dieser Stelle ist die in den spätem Schriften
durchgängige Verbindung des Wortes mit jagna entstanden — der
Ja9n. liai)tanh. gilt nämlich später für heilig — und ist der Bedeu-
tung nach von letzterm fast nicht mehr geschieden worden. Diese
Verbindung ist dann eine so constante geworden, dass sie sich auch
auf das Adj. vahmja, das wir nur neben jt^nja, und das Abstractum
vahmjata, das sich bloss neben je^7ijata findet, erstreckt. Sehen wir
nun auf die Etymologie, so ist es unverkennbar derselben Wurzel
wie vohii, vahjoy vahista, welche auf vas, leuchten, glänzen (vgl.
vasu im Weda), zurückzuführen sind, aber die sinnliche Urbedeutung
gänzlich verloren und nur die übertragene gut behalten haben ^).
Sonach ist es , etymologisch durch das Abstractsuffix ma gebildet,
eigentl. die Gutheit, die Güte, die Gesamratheit alles Guten, was
die Menschen denken, reden und thun. Da Ahura-mazda gerade
diess von den Menschen verlangt, so besteht die schönste und wür-
digste Art seiner Verehrung darin , nur Gutes zu wollen und zu
thun, und somit ist der vahma seine beste Verherrlichung. Aber
weil Ahura-mazda der Inbegriff alles Guten ist, so ist der vahma
auch seine Wesenheit, die den Menschen, weil des Höchsten Wollen
und Handeln an Reinheit und Vollkommenheit alles Menschliche weit
übertrifft, als Erhabenheit entgegentritt. Und gerade diese letz-
tere Bedeutung hat das Wort an unserer Stelle. — Ueber (^tütäm
s. zu 28, 10. Der Ausdruck: garoibis ^tütdm , die durch Lieder
Preisenden, d. i. die Lobsänger, erklärt den bekannten Namen des
Paradieses: garo-demäna oder garo-nemdna, als Liederwohnung, da
jene Lobsänger nach unserer Stelle sich in der Wohnung der Mazda's
befinden. Man vgl. J. 41, 1 : ^tüto garo-vahmeng.
V. 3. Mjazdem. Die richtige Erklärung und Ableitung dieses
Worts bietet manche Schwierigkeiten. Die jetzigen Pärsen bezeich-
nen damit das Opferfleisch, „das eingesegnet imd dann gegessen
wird während oder nach dem heiligen Dienst" (Kleuker, Zendaw.,
111, S. 206). Dass es wenigstens eine Art Opfer oder eine gottes-
dienstliche Handlung bezeichnet, erhellt aus Visp. 11, 2, wo wir
neben den Homa's ima mjazda (phir.) finden. Aus Ja9. 3, 1 (wie-
derholt in 7, 1. 8, 1) qarethem mjazdem dje^e jesti , die Speise
mjazdem verehre ich mit Anbetung, darf sogar mit Recht geschlossen
werden, dass darunter etwas Essbares zu verstehen ist. Aber ob
es gerade Fleisch ist, lässt sich hier nicht bestimmen. In Vp. 4,
') Im Rigweda finden wir zwar auch ein vasma, dem vahma lautlich
vollkommen entsprechen würde; aber es bedeutet Decke, Hülle, und ist
von vas, kleiden, abzuleiten. So 4, 13, 14: vähishtebhis vihdran, jäsi tän-
tiim avayjäian dsitam deva vasma, d. i. mit den schnellsten (Strahlen) gehst
du (Sürja) das Gewebe auflösend, die schwarze Hülle lostrennend, Gottl
{aoa-vjajan, eigentlich „das Gewebe trennen", Wurzel ve, weben).
Hang, die Gdihas des Zarathustra. I. Cap. 34, 3. 221
2: « htm (auf gao^ bezüglich) vaC'dhajamald rathwadca mjazda^ca
rathwa^ca ratufntaeca, ist die Beziehung undeutlich. Af. 1, 7 kennt
für jeden der sechs Gahdnhars ein eigenes mjazdem. Da die 6'«-
hdnbär nur die Jahreszeiten sind und in jeder ein besonderes, nach
der jedesmaligen Jahreszeit benanntes wjazdem darzubringen ist, so
ist wohl schwerlich anzunehmen, dass es bloss Fleisch bezeichne,
sondern es drückt wahrscheinlich Dinge aus, wie sie die Jahreszeit
gerade zum Opfer darbot, sodass Blumen und namentlich Früchte
gewiss auch darunter begriflfen sind. Für eine allgemeinere Bedeu-
tung spricht ferner Jt. 8, 1 mdonhemca maethanemca mjazdemca frd
jazainaid4, den Mond und die Wohnung ^) und das mjazdem ver-
ehren wir. Das Neupersische zeigt das Wort noch in t^V-yo, Gast-
mahl, Fest, Hochzeitsfest; desselben Stammes ist auch mezhdn,
ein Gastwirth. Das Armenische hat mis. Fleisch. Im Sanskrit
lässt sich das Wort nicht nachweisen; denn mdmsa, Fleisch, kann
mit mjazdem lautlich schlechterdings nicht verwandt seyn. Suchen
wir eine Ableitung, so zerlegt man vor allem das Wort in mjaz und
dem; letzteres ist auf dhd, setzen, oder dd, geben, zurückzufüh-
ren ; ersteres ist wohl aus mjaf, einer Verkürzung von majat, entstan-
den. Dieses kann nur ein Partie, einer Wurzel mi, mi, seyn, die
sich in der Bedeutung zeugen, erzeugen, nachweisen lässt (s.
zu 33, 9 und das Gloss.); ganz desselben Stammes ist das sanskr.
Suffix majtty gemacht aus — , entstanden aus — ; demnach
heisst mjaz -dem „Erzeugendes gebend" = Erzeugung, Frucht,
und bezeichnet wohl Naturprodukte überhaupt, insonderheit die zum
Opfer bestimmten. Da unter Anderem auch Fleisch geopfert
wurde ^), so konnte es auch dieses bezeichnen. Wahrscheinlich sind
dann mjazda die einzelnen Fleischstücke, auf Gras gelegt und mit
Blumen geziert. Um auf das mjazdem unsers Verses zurückzukom-
men, so kann es dem Zusammenhange nach nur Opfer überhaupt
bedeuten. Die Stelle ist um so merkwürdiger, da sonst nirgends
in den Gdthd's von wirklichen Opfern, bestehend in Darbringungen
von Gaben, die Rede ist. Gerade desshalb kam ich auf den Ge-
danken, ob hier für mjazdem nicht das häufiger vorkommende miz-
dem, Gabe, Spende, dann Lohn (neupers. niuzd, Lohn, s. Zeit-
schrift der D. M. G., VIII, S. 760), zu lesen ist. Die Verwechs-
lung kommt wirklich in den Handschriften vor; so hat die Burnouf-
sche Ausgabe öfter miazdem, wo mizdem stehen muss, z. B. S. 283.
334. 495. 49G ; Bb. und die andern Codd. haben richtig mizdem.
Allein da sich hier nirgends eine Variante »iiidem bietet, so wollen
') Unter maölhana ist wohl hier das Firmament gemeint, als Wohnort
der Sonne.
^) Herod., I, 132: i'XZOL'i Sc StafxtaTuXa; xata fx^pea xh Ipi^iov Ivl^-rfaf) xa
xp^a, TjTtoa-nraffa? 'iro(Tf)v to? draXwTaxTQv, jJiaXiaTa Se t6 Tp'!9uXXov, irX TauxY]?
l'iif)^s t.jv TiavTa ra xpe'ot.
222 IJaug, die GcUfias des Zavaihustra. I. Cap. 34, 3.
wir von einer Emendatiou vorläufig abstehen. — Thraostd (Nerios.:
pratipulja, pravardhanija. Vgl. 46, 7: jajdo skjaothandis ashem thraosta
ahurd). Auf den ersten Blick sucht man eine Ableitung von einer
Wurzel thrush . oder ihrud ; die Wedasprache bietet zwar taruif,
Ueberwinder, Sieger, Schützer, tanisht, Kampf, tarushjati,
tödten, überwinden, welche Wörter auf eine Erweiterung der
Wurzel tar, überschreiten, zurückzuführen sind; aber weil sich
Formen dieser Wurzelerweiterung im Zendawesta weiter nicht nach-
weisen lassen, so müssen wir hievon absehen. Eine Wurzel trud
bietet das Lateinische (wohl aus taru mit dem causativen d, dem
Reste von dhd, machen, oder dd, setzen, zusammengesetzt) in
trudere; aber auch diese kann in den Zendschriften nicht aufge-
zeigt werden. In der Verbindung, in welcher wir hier thraosta
haben, sind nur zwei Erklärungen desselben zulässig; entweder be-
deutet es schaffen, oder schützen, erhalten. Die sicherste
Erklärung scheint die zu seyn , thraosta als eine durch Metathesis
aus thwarezj schaffen, bilden, entstandene Form zu fassen und
zwar als eine zweite Person imperf. medii. Hierauf führt die in
den Gdthd's gewöhnliche Verbindung des Substantivs ga^thd mit
einem Verbum ähnlichen Sinnes, wie z. B. dd, schaffen, vgl. 43,
5. 46, 13; ja 46, 12 lesen wir frddö thwakhshanhd, was gerade so
viel als thwarez bedeutet. Schwerer lässt sich die Bedeutung
schützen, beschützen, der Nerios. folgt, herausbringen. Die
hiefür gebräuchlichen Ausdrücke sind pd, hare und thrd, wovon das
bekannte thrdtar , Schützer, Beschützer. Aus dieser letztern
Wurzel, die hier allein in Betracht kommen körinte, lässt sich aber
grammatisch die Form thraosta nicht ableiten. Wir finden indess
dieses Wort auch in. den Jeshts gebraucht; so Jt. 5, 62 (und dar-
aus wiederholt 22, 7. 24, 55): ho avatha vazata thri-ajarem thri-
khshaparem — thraosta khshafnö thritjäo frdghmat ushdonhem ^urajdo
vivaitim *) iipa ushdonhem upa-zbajat ardvim ^üräm andhitdm, der
(Vafro navdzo) fuhr drei Tage und drei Nächte; nach Vollendung
der dritten Nacht kam er zu der wehenden Morgenröthe, der herr-
lichen (zur Morgenluft, die sich über die Herrliche, nämlich die
Andhitd, erhob); am Morgen rief er der Ardvi ^ürd andhitd zu: eile
mir zu Hilfe etc. In 22, 7 und 24, 55 heisst es: thritjdo khshapu
thraosta vja^ä ^adhajeiti^), nach der dritten Nacht glaubte er, es
^) Westerg. vermuthet ushdofihö QÜrajdo vjustim. Zu letzterer Emen-
dation kann das vju^a von Jt. 22, 7 und 24, 5 hinfahren; ein Acc. plur.
vivditts von den Fravashi's s. Jt. 13, 40; viväiti (Verb.) auseinander
wehen, von Tistrja 8, 40.
^) ^adhajeiti wird von der Huzüreschübersetzung des Vendidäd durch
^^031^3^3-:» sich dünken, scheinen (s. mein Schriftchen „Ueber die Peh-
lewisprache, S. 14) erklärt, welche Bedeutung sich auch etymologisch recht-
fertigen lässt. Im Neupersischen entspricht ^A'awujLwu , sich geziemen,
passend seyn.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. 1. Cap. 34, 3. 223
werde hell. Nach diesen Stellen jnuss thraosia so viel als nach-
dem vergangen war, nach Vollendung bedeuten. Diese aus
dem Zusammenhang folgende Bedeutung würde uns auf die Wurzel
tare zurückführen und es könnte die Frage entstehen , ob dieses
thraosta mit dem der Gdthus identisch sey. Eine Vermittlung scheint
Vp. 12, 5 zu bieten: humaja mainjdmaide Ja daihat ahuro mazdäo
ashava thraosta vohu mananha vakhsta asha ja hätcim mazistaca va-
histaca ^ra^staca, die heilsamen Dinge bedenken wir, die Ahura-
mazda gab, der Schöpfer mit gutem Geiste; der Beförderer der
Wahrheit dessen , was unter dem Seyenden das Grösste und das
Beste und das Trefflichste ist. Hier ist thraosta augenscheinlich
Nomen actoris von der Wurzel thwarez; in den Stellen der Jeshts
ist es wohl dieselbe Form ; nur hat es hier den strengen Sinn
Vollender; „der Vollender der dritten Nacht" kam == nach voll-
brachter dritter Nacht kam er. In den Gdthä's ist diese Fassung
nicht zulässig. — Aroi. Um dieses Wort, das mich schon viel Nach-
denken gekostet hat, richtig erklären zu können, ist vorher das
häufige paitj-drem, dessen Bedeutung keinem Zweifel unterliegt,
zu betrachten. Wir finden es bekanntlich im ersten Capitel des
Vendidad, so oft von einer Gegenschöpfung des bösen Geistes die
Rede ist, in folgender Fügung: dat ah4 paitjdrem frdkerentat anru
mainjiis, aber diesem entgegen schuf Anro mainjus (nun folgt jedes-
mal die Angabe des vom bösen Geist geschaffenen Uebels). Man
kann in dieser Fügung paitjdrem als Substantiv oder als Adverbium
fassen — letzteres halte ich für richtiger — , der Sinn bleibt im-
merhin der gleiche. Aus diesem paitjdrem, das im Vendidad schlech-
terdings keine persönliche Bedeutung hat, ist paitjdra (plnr.) in den
Jeshts, das neben daeva vorkommt und ganz deutlich „feindliche,
böse Geister" bezeichnet, hervorgegangen, vgl. Jt. 3, 7. 10. 3, 14
(paitjdranäm paitjdrotemaj. Um nur einen Gegner zu bezeichnen,
wurde durch die Endung jia ein neues Wort gebildet, paitjdreno;
so Jt. 8, 59 md geurvajoit ahümerekhs paitjdreno imdm da^nam, nicht
möge der Leben tödtende Feind diese Lehre erfassen (ihr nicht
schaden). Im Bundehesch ist dann patjdreh geradezu ein Name des
bösen Geistes geworden. Sehien wir nun auf die Ableitung des
Wortes, so muss es zunächst in paiti und drem zerlegt werden; letz-
teres führt auf eine Wurzel ar , die sich wirklich auch im Zend-
awesta findet. Fragm. 4, 3: zemarguzo bavdt anro mainjus zemar-
guzo havdofdi da^va «9 iri^ta paiti araQuti ^) , unter der Erde ver-
borgen sey Anro rhainjus , unter der Erde verborgen seyen die
Da^va's; daraus hervor gehen sie gegen die Gestorbenen (bekäm-
pfen sie). Vergl. ferner frdreilt^ , sie wandeln fort, J. 46, 3.
Das Sanskrit bietet die Wurzel ar, gehen, die schon im Weda
') Für aräoüti Fr. 4, 1 ist sicher maräonti (nennen) zu lesen. Der
Abfall des m war wegen des unmittelbar vorhergehenden tem leicht möglich.
224 Hang, die GcUhäs des Zarathustra. I. Cap. 34, 3. 4.
sehr viel angewandt wird. In der Bedeutung auf Einen los-
gehen, haben wir die Wurzel im baktrischen areta^), angrei-
fend, feindlich, J. 53, 6. 9. Sehr reich verzweigt ist dieselbe
im Armenischen, in dem sie bald mit einfachem r, bald mit stär-
kerm r geschrieben wird. Man vgl. ar?i-el, machen (Aor. arar},
drn-ul, nehmen (Aor. « r , ^«r), cir , Präposition gegen, nach,
gemäss, bei, af-el, dabei seyn, anwesend seyn, die Sub-
stantiva ar-mat, Wurzel, und arm ü'/r, Frucht, Produkt (vollkom-
men mit Armaiti stimmend) ; hieher zu ziehen sind auch Komposi-
tionen mit j (h)y einer Abschwächung vom iranischen pa und sans-
kritischen «a, so j'af7i-el, aufwachen, lebendig werden, sich
erheben, faruthiun, die Auferstehung (wohl aus upa ~\- ar)^
farj-el, verbinden (aus sam -^ ar , zusammengehen, vgl. auch
griech. apo, fügen). Von der erweiterten Wurzel arsh stammt
das baktrische arsti, Geschoss, wedisch rshti. Um nun auf droi,
von dem wir ausgingen, zurückzukehren, so ist es Locativ eines
Thema's ära, neben welchem wir auch ein anderes, dri, finden; aber
nur in den Gdthd's und bloss adverbialiter gebraucht (s. weiter d.
Gloss.). Die x\bleitung betreffend, so gehört es der eben bespro-
chenen Wurzel ar, gehen, an; ich dachte zwar früher lange an
eine Wurzel ar, brennen, aber ich habe diese Erklärung nach
langer reiflicher Erwägung aufgegeben. Demnach heisst droi eigent-
lich im Gange, woraus sich die Bedeutungen gegen, entgegen,
herbei, herzu, welche letztere es an unserer Stelle und 50, 5
hat (beidemal haben wir droizt mit folgenden Vocativen) entwickeln.
— Vi^pdis ist mit dem Loc. plur. hhshmdoa^u zu verbinden. Der
Grund, warum der Dichter die Mazda's herzuruft (wahrscheinlich
zum Opfer), ist, weil sie alle Kraft und Stärke besitzen, die sie
nach ihrem Willen den Menschen mittheilen können oder nicht.
V. 4. Dem Feuer werden hier mehrere Prädikate beigelegt,
von denen namentlich allstem etwas schwerer verständlich ist. Ner.
hat hgnstarah. Das Wort kommt nur noch J. 30, 10 als Neutr.
plur. a^istci vor und 44, 9 findet sich ein Substantiv a^istis. Sehen
wir nach der Ableitung, so bieten sich sogleich zwei Möglichkeiten;
erstens die Wurzel ^ish = skr. ^iksh, lehren, demnach hiesse es
eigentlich „nicht gelehrt", d. h. von selbst ohne Anweisung etwas
wissend; zweitens die Wurzel ^ish , verlassen, zurücklassen,
wonach allstem nicht zurückgelassen, d.i. ganz, vollständig
(vgl. skr. a^esha, integer) bedeuten würde. Beide Wurzeln lassen
^) Hieraufist das arla in den medo-persischen Eigennamen zurückzu-
führen. Der alte Name der Perser 'ApTaioi hat hiemit nur die zufällige Laut-
ähnlichkeit gemein. Dieser lässt sich am richtigsten aus dem Tatarischen
der zweiten Keilschriftgattung und den andern Sprachen desselben Stammes
erklären.
Haiig^ die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 34, 4. 225
sich im Zendawesta und zwar in den Gdthd's nachweisen. Die er-
stere Bedeutung indess passt nicht recht zu einem Beiwort des
Feuers, die zweite empfiehlt sich mehr, namentHch wegen des un-
mittelbar folgenden emavarttem, stark, und bezeichnet das Feuer
in seiner ungebrochenen Macht. — Für ^toirapefltem (Nerios.: tish-
ihata dnandain), wie AVesterg. nach K. 5, 6 schreibt, lesen die mei-
sten Mss. ^tüi rapeFite. Nach ersterer Lesung ist es Accusativ und
bezieht sich auf dtarein, nach letzterer Dativ und geht auf toi, wor-
unter Ahura-mazda gemeint ist, zurück. Wenn auch die Lesart
rapenteni leicht als eine Accommodation an emavaiitem und die andern
im Accus, stehenden Prädikate erscheinen kann, während ein solcher
Entstehungsgrund für das viel verbürgtere rapeüte nicht anzunehmen
ist, so wollen wir sie der Concinnität wegen beibehalten. Jt. 24, 6
findet sich der Genit. plur. ^t^-rapafitäm neben cithra-avanhani (so
ist für Westerg. cithra-vanhäm dort zu lesen), von Männern (naräm)
gebraucht. (Ueber die Wurzel s. zu 28, 2 und das Glossar). —
At mazdd — aHanhem Nerios.: eüa ahuramazdah piddkarasja hastdicchaj'd
vidadhdti nigraham, so hält Ahura-mazda durch das Streben seiner
Hände (mit Gewalt) den Quäler im Zaum. — DaihishjaTdL Diese
Form, deren Wurzel daiÄüA = /6w/t {skr. dvish, hassen) ganz deut-
lich ist, lässt eine zweifache Erklärung zu; erstens kann es 3. Per-
son plur. praes. medii seyn , zweitens der Dativ sing, des Partie,
praes. Die erstere ist nicht wohl zulässig , da daibish = thish,
wenigstens im Verbum finitum, nicht nach der sogenannten 4. Con-
jugation geht. (Man vgl. daibisheiiti J. 32, 1). Dagegen finden wir
ein Adjectivum (eigentl. Participium) thishjat, z. B. Gen. pl. thishja-
täm Jt. 10, 76. 13, 31; Nom. pl. ibishjafito 13, 31. Zudem er-
giebt sich bei dieser Fassung auch der passendste Sinn. — Za^td-
^tdis. Westerg. corrigirt za^td-istdis , ebenso schreibt er 50, 5 für
za^td^td zagtd-istd. K. 5, 4 haben an unserer Stelle zagtdis tdis,
K. 6. zagtd. stdis, P. 6, K. 11. zagtd. ^tdis, Bf. und Bb. za^tdstdis;
in 50, 5 hat K. 5 za^tdistd, K. 4, P. 6, Bf. zagtdstd, K. 6. za^tdis.
td, Bb. zagtd^td. Die Westergaard'sche Lesung ist nur eine Tren-
nung des zagtdistdis von K. 5, 4; er folgt hierin wohl der Auffas-
sung Nerios.'s, der in dem Ganzen die zwei Worte hasta und icchäy
Verlangen, sieht. Die Mehrzahl der Handschriften ist jedoch ge-
gen diese Lesung; das i nach d und vor stdis oder <^tdis scheint
sich nur wegen des di dieser Endung eingeschlichen zu haben, und
in 50, 5, das auch sonst eine Reminiscenz an unsere Stelle zu ent-
halten scheint, ist dann das i auch vor der Endung ffa geblieben.
Indess die Richtigkeit der Westergaard'schen Lesung zugegeben, so
handelt es sich vor allem um die Erklärung des istdis und dann
des Sinnes des ganzen Compositums. Istdis könnte möglicherweise
auf zwei grundverschiedene Wurzeln, jaf, verehren, und ÜA, kom-
men, wandeln (s. darüber zu 30, 1 und das Glossar) zurückge-
führt werden; nach der ersten Erklärung würde das Compositum
„das durch die Hand, d. i. Thaten, Verehrte", nach der zweiten
^hhandl. der DMO w ^. 15
220 Hang, die Gdt/tas des Zaraihustra. I. Cap. 34, 4.
die durch die Hand gegangenen", oder, wenn man ista für ishita
nehmen will, „das durch die Hand Geschickte" bedeuten. Von allen
diesen Bedeutungen passt nur die letztere zu dem Sinne des Gan-
zen, Weil aber dem ista als einem von dem einfachen ish gebil-
deten Particip nicht die causative Bedeutung geschickt beigelegt
werden kann, so müssen wir die Lesung ista aufgeben. Einen noch
weit passendem Sinn gewinnen wir indess, wenn man za^tdstä liest
und dieses in za^tä asta, mit der Hand geworfen, d. i. Ge-
schoss, auflöst. — Derestd, Bf. darest a, Bb. darestd. Der Form
nach lässt es sich weder als eine zweite noch als eine dritte Per-
son sing. Verbi (Nerios.) fassen, sondern es muss das passive Part,
seyn. Da aber der Accusativ aenanhem nicht davon abhängen kann
und, wenn es, wie dieses, auf daihishj afite bezogen wird, letzteres
zwei Accusative regieren würde, was nicht genügend zu erklären
wäre, so ist der einzige Ausweg, dieses derestd mit aenanhem zu
einem Worte zu verbinden. Diess geht um so eher, als aenanhem
schon formell nicht als Abstractum Sünde, sondern als Coucretum
Sünder gefasst werden müsste. Die Ableitung des Wortes anlan-
gend, so kann es drei sanskritischen Wurzeln entsprechen, die alle
im Baktrischen vertreten sind: drq (für dar^, griechisch 6£pX0{j.a0j
sehen, dhrsh, wagen (Jnr dharsh), und Jr/j, wachsen (für dargA).
Für die erstere bietet das Baktrische gewöhnlich dareg, für die zweite
dares, deres, daresh, und für die dritte darez, derez. Hienach würde
das derestd unserer Stelle nur auf die zweite zurückzuführen seyn;
aber der so häufige Wechsel der Zischlaute^ namentlich des f, s und
sh untereinander im Baktrischen würde auch die Ableitung von einer
der andern Wurzeln wenigstens möghch machen. Der Sinn der
ganzen Stelle, sowie der der Parallelstellen 31, 2 und 50, 5 (aibt-
derestd) fordert indess nothwendig die zweite; vgl. auch die zweite
Person plur. perfect. reduplic. didhareshathd 46, 7. Ausser diesen
sind mir weiter keine Verbalformen der Wurzel daresh bekannt.
Dagegen treffen wir ziemlich häufig in den spätem Stücken des
Zendawesta ein Adject. darshis vom Winde (vdto) gebraucht Jt. 8,
33. 34. 18, 5, das den Sinn von gewaltig, stark, heftig hat^);
dasselbe Wort haben wir auch in dem Compositum darshi-dru, rasch
laufend, gewöhnlich ein Beiwort des tanumäthra, „der das heilige
Wort zur Person hat" (was nur ein Name des ^raosha ist Jt. 13,
85), Jt. 13, 99. 106. Die Wurzel finden wir indess auch im Me-
dischen (der ersten Keilschriftgattung), wo sie darsh lautet. So
Bis. I, 53: kascija nija adarshanush cishcija thastanija parija Gumd-
iam, niemand unterstand sich, etwas gegen Gumäta zu sagen; hier
ist adarshanush dritte Person plur. des Imperf. der Wurzel darsh.
^ ) Indess finden wir im ganz gleichen Sinne eine Ableitung der Wurzel
(lerez gebraucht, z.B. Vend. 3, 42 välö derezi-takathrö, ein Wind star- a
ken, gewaltigen Laufes. Man s. über die Wurzel derez auch meine m
„Bemerkungen" in Ewald's Jahrbüchern der bibl. Wissensch. , V, 152 fg. '*
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. l. Cap. 34, 4. 5. 227
Die erste Person imperf. medii adarshya (== adarshe) treffen wir
in J. 7, 8 : imd dahjdwd ijd adam adarshija, diess sind die Länder,
welche ich mir unterwarf. Davon abgeleitet finden wir ein Siib-
stantivuin darshama, Gewalt, Gewaltthat; so Bis. I, 50 kdrashim
hacd darshama atarsa, das Reich fiirchtete ihn (den Gumäta) wegen
seiner Gewaltthat; IV, 37 thuwamhja aparain ahja hacd darugä dar-
shama 2)aUpajuwd, du, welcher du in Zukunft (König) bist, schütze
dich vor des Bösen ^) Gewalt. Das neupersische scheint die Wur-
zel in ddsh-ten, halten, festhalten, die im Imperfectstaram dar
annimmt (wohl nur eine Verkürzung aus darsh und nicht von dare,
dere, abzuleiten, das d wäre sonst nicht erklärlich), bewahrt zu haben.
Das Wort durust, ganz, gerecht, ist nicht hieherzuziehen; es ist
aus drvu-^tdj feststehend (vgl. das Subst. drvo-^tdti Jt. 9, 2) ent-
standen. Das Armenische bietet darian-il oder dazan-ü, sich ab-
mühen, dazankh. Mühe, Arbeit. Gehen wir nun auf die Grundbe-
deutung des besprochenen daresh == skr. dhfsh zurück, so ist dieselbe
wohl etwas festhalten wollen oder etwas festzuhalten suchen
(es ist nämlich nur ein sehr altes Desiderativ der Wurzel dhaty
festhalten); daraus ging die Bedeutung intrans. muthig seyn,
stark seyn, trans. einen Angriff auf Einen machen. Einen
überwältigen (mit der Präposition d) hervor, welche beide sich
im wedischen Sanskrit finden. In den iranischen Sprachen treflfen
wir nur die transitive, wie aus den angeführten Beispielen erhellt.
Auch in unserer Stelle hat es diese Bedeutung.
V. 5. Die Lesart skjaothandis ist schwankend; K. 5. bietet
skjaothandi, K. 11. skjaothnd; ein ähnHches Schwanken s. bei 44,
10. Die Entscheidung hierüber hängt von der richtigen Erklärung
und Verbindung des istis (Nerios.: lakshmi) ab, welches wir dess-
wegen zuerst weiter besprechen wollen. Es findet sich öfter in den
Gdthd's, aber an keiner Stelle derselben ist seine wirkliche Bedeu-
tung mit vollkommener Sicherheit zu ersehen. Wenden wir uns
desshalb zu den spätem Stücken, wo sich dieselbe deutlicher aus
dem Zusammenhange entnehmen lässt. Jt. 8, 15 (in 17 wieder-
holt) : kahmdi azem dadhdm virjdm isttm virjäm vdthwäm havahecd
uruno jaozddthrem, wem gab ich Reichthum an Männern 2), Ueber-
fluss an Männern, und Reinigung der eigenen Seele? Jt. 5, 26
^) Darugä ist nicht, wie bisher allgemein angenommen wurde, Instru-
mental, sondern Genitiv und Ablativ, vollkommen dem alten baktr. drügö
(von drulxhs) entsprechend. Der Nominativ lautet nicht daru(/a, sondern
nur dariig; das Schluss-a ist ja gar nicht geschrieben.. Auch H. 17 ist
darugä dieselbe Form wie hier. Dort wäre der Instrumental nach hacd
etwas schwer erklärbar.
'^) Hierunter sind die Nachkommen, die Kinder, sowie das Gesinde zu
verstehen; vira hat hier ganz die Bedeutung des wedischen viravat, das wir
80 häufig neben gömat, agvavat etc. finden.
15*
228 Hang, die Gdthas des ZaraUtuslra. Cap. 34, 4.
(gieb mir Ardvi gurd anuhitd), jathd iizhardni haca daevaeibjo ujd
istisca ^aokdca iijc fshaonica väthwdca, damit ich von den Daeva's
wegnehme beides, sowohl die Güter als die Vortheile, beides, so-
wohl die Reichthümer (Geld) als die Heerden. Jt. 10, 108: hah-
mal istim — 'poiirus-qdthräm hakhshdni, wem soll ich nahrungsreiches
Gut schenken? In 10, 33 finden wir die Verbindung istim amem
verethraghnemca y wonach isti etwas Aehnliches bedeuten muss, wie
die zwei andern bekannten Macht, Sieg. Man vgl. noch Jt. 5,
98. 19, 32. 24, 46. Aus allen diesen Stellen kann mit einer ge-
wissen Sicherheit entnommen werden, dass istis die Bedeutung von
Vermögen, Reichthum, Besitz, Gut, hat, und zwar scheint
es näher den Grundbesitz (das Stammcapital) zu bedeuten, da
als mit ihm gleichsam nothwendig verbunden ^aoka, der Nutzen,
Ertrag (Zins) erscheint. Burnouf hat schon im Allgemeinen den
Sinn richtig erschlossen, indem er das Wort mit „les biens" deutet.
Gehen wir nun zu den Gdthas über. Hier ist vor allem daran zu
erinnern, dass wir zwei Schreibungen des Wortes, isti und isti, fin-
den (s. d, Gloss.). Auf den ersten Anblick vermuthete ich, es seyen
zwei verschiedene Wörter , aber eine nähere Untersuchung stellte
die Einerleiheit beider heraus. Da die Schreibung istis die weitaus
häufigere ist, so wird man am richtigsten verfahren, wenn man die
Schreibung istis an den wenigen Stellen, wo sie sich findet, in istis
ändert. Was die Bedeutung anlangt, so können einige Stellen, wie
44, 10 und 53, 1, leicht zu der Annahme führen, es heisse in den
Gdthd's Verehrung (etwa von jaz abgeleitet), eine Erklärung, die
ich selbst früher in meinen Zendstudien (zu 44, 10) gab. Aber
diese Erklärung stösst bei manchen Stellen, wie 32, 9. 46, 2, auf
bedeutende Schwierigkeiten, und auch an den eben dafür angeführten
wäre' sie nicht ganz zutreffend. Wenden wir nun die spätere Be-
deutung des Wortes auf die Gdthd's an, so passt im Allgemeinen
dieselbe, namentlich an unserer Stelle, wo istis ein Synonym von
khshathrem zu seyn scheint; aber in <len meisten andern hat das
Wort wohl eine bestimmtere Bedeutung, nämlich die von „wesent-
lichem Gut", d. i. das Gut, wodurch eine Sache allein bestehen kann.
Diesen Sinn möchte ich namentlich den Stellen geben, wo istis mit
vohu memo verbunden erscheint. Das wedische Sanskrit bietet zwei
ishti, die mit unserem isti leicht identisch seyn können; das eine,
von ish, gehen, abgeleitet, heisst: Eile, Gang; das andere, von
jag, opfern, stammend, bedeutet Opfer. Am nächsten liegt für
das Baktrische die Wurzel ishy da auf Jaf, wie vorhin schon gesagt
wurde, zu verzichten ist. Von dieser lässt sich im Baktrischen nur
die Bedeutung „kommen" (s. zu 30, 1) mit Sicherheit erweisen.
An die Bedeutung wünschen, welche sie im Sanskrit hat, kann
hier nicht gedacht werden, da sie im Zendawesfa nirgends zu ent-
decken ist; denn das Adjectiv ishjo, ein stehendes Prädikat des
Airjama , heisst nicht wünschens werth , eine Bedeutung, die
in den Gdthd's nie einen Sinn gäbe (siehe das Glossar). Da-
Haugy die Gdthas des Zarathustra. L Cup. 34, 5. 229
gegen finden wir ein Substantiv ish in der Bedeutung Speise,
dieselbe, welche ish auch im Weda hat. Hiemit ist istis zu verbin-
den; und zwar ist es nur eine Abstractbildung davon und heisst
eigentlich Speisung, Nahrung, worunter alles insgesammt, was
zur Ernährung überhaupt gehört, zu vorstehen ist. Hieraus lassen
sich die wirklich vorkommenden Bedeutungen des AVortes Gut, Ver-
mögen, Reichthum, genügend erklären, wenn man die alt-arische
Anschauung bedenkt, in der die Begriffe Speise imd Besitz zusam-
menfallen, wie wir so häufig in den wedischen Liedern sehen kön-
nen. — Gehen wir mm nach dieser Erklärung des istis zu seiner
Verbindung mit dem folgenden Worte über. Liest man dieses mit
Westerg. skjaothajuUs, so entsteht der Sinn: welches Gut ist durch
die Handlungen? d. i. welches Gut wird durch die Handlungen
(nämlich die religiösen) errungen? Wird der Dativ skjaothanäi ge-
lesen, so heisst es: welches Gut ist für die heilige Handlung, d.h.
welches Gut ist für die heilige Handlung bestimmt. Da sonach
bei beiden Lesungen eigentlich der gleiche Sinn herauskommt, so
halte ich es für das Beste, bei der von den meisten Handschriften
gebotenen Schreibung skjaothandis stehen zu bleiben. — Jathd vao~
khemi Nerios,: jathd jashmabhjarn bhavdmah. Für vdo ahmt der mei-
sten Handschriften (K. 6, 11. P. 6. Bf.), das Westerg. aufgenom-
men hat, ist vaokhemi zu schreiben. K. 5. hat hahtnij K. 4. hakhmi,
Bb. vd ahmt. Die handschriftHche Schreibung scheint dadurch ent-
standen zu seyn, dass bei der Recitation des Stücks das ursprüng-
liche vaokhmi mit einem Absätze gesprochen wurde; der Ton lag
wohl auf der Stammsylbe. Hatte man einmal der Recitation wegen
das Wort getrennt, so ist leicht begreiflich, dass, da so der wirk-
liche Sinn des Wortes allmählig verloren gehen musste , mehrfache
kleine Veränderungen versucht wurden, um einen passenden Sinn
zu gewinnen. Man verbesserte vdo in das so häufige pronomi-
nale vdo oder gar in vd, das kh7nt in ahmi (von as, seyn) oder
hakhmi (von hac , folgen). Aber alle diese Verbesserungen geben
keinen genügenden Sinn. „Dass ich euer bin", wäre hier viel zu
matt und Hesse sich überdiess in keinen rechten Zusammenhang
mit ashd — thrdjoidhjdi drigüm jushmdkem bringen. Was nun die
Form vaokhmi selbst anlangt, so kommt sie zwar im Zendawesta
nicht weiter vor, ist aber durch das vaokhemd unsers Verses, das
deutlich die erste Person plur. imperf. der Wurzel vac, reden, ist,
sichergestellt. Auch im Sanskrit bildet diese Wurzel das Präsens
ohne Bindevokal (nach der zweiten oder dritten Conjugation). —
Ashd ist als Accusativ abhängig von vaokhmi zu denken. Der fol-
gende mit thrdjöidjdi eingeleitete Infinitivsatz giebt den Zweck des
Verkündens der Wahrheiten an. Der Sinn des thrdjöidjdi kann bei
näherer Betrachtung nicht zweifelhaft seyn. Nerios. hat pdlanam
daddti, Schutz geben, wonach er das Ganze in zwei Worte zer
legt, was unstatthaft ist. An eine Ableitung von der Wurzel thrdy
erhalten, der wir öfter im Baktrischen begegnen, ist hier nicht
230 Haug, die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 34, 5.
zu denken, sondern dieses Wort ist vielmehr der Infinitiv eines
Causale des Zahlworts thri, drei, und heisst eigentlich verdrei-
fachen. Das Wort findet sich nur noch in der schwer verständ-
lichen Stelle J. 11, 9: j6 no aevo at te uje thräjoidjdi türahe meii-
ddidjdi khshvidem haptdzdjäi nava da^eme joi ve jethma, welcher ^)
uns einer ist, um diese zwei zu verdreifachen, die vier zu ver-
fünffachen, das sechsfache zu sieben und acht zu machen, die neun
zum zehnten u. s. w. — Drigu kann hier nur D reih ei t (eigentl.
Dreigespann) heissen und steht eigentlich für thrigu. Die Verwand-
lung des th in d ist eine Folge des Einflusses des weichen g der
Endsylbe ; diese Erweichung ist in dem Dialekt der Gdthd's sehr
häufig (s. darüber die Gramm.; man vgl. nur azdebis, Instrum. pl.
von a^tif Daseyn, Körper). Das gii am Ende ist identisch mit
dem schliessenden gu sanskritischer Composita (unser drigu würde
zur 5. Classe dvigu gehören), das wir sonst noch im baktrischen
hvogvd haben (s. das Glossar). Nun fragt es sich vor allem, was
unter dieser Dreiheit zu verstehen sey. Die Parallelstellen helfen
uns hier nichts; denn unter dem marezdika thrdjo-drigu Jt. 2, 2. 7
ist nur der Spruch unserer Stelle zu verstehen. Bei näherm Nach-
denken fielen mir drei mögliche Erklärungen bei. Erstens kann die
heilige Trias, Gedanke, Wort, That, gemeint seyn; zweitens
könnten darunter die drei Stände dthrava, rathaestdo und vd^trja
fshujäf, verstanden werden; drittens dürfte auch an die drei heilig-
sten Gebete Jathd ahü vairjo, Ashem vohii und Jenhe hdtäm gedacht
werden. Gegen die zweite Erklärung spricht namentlich, dass auf
die drei Stände in den Gdthas weiter kein Gewicht gelegt wird;
ja der dthrava und rathaistdo werden nicht einmal erwähnt. Gegen
die dritte Möglichkeit kann geltend gemacht werden, dass in den
Gdthd's nirgends auf diese drei heiligen Gebete angespielt wird, die
wahrscheinlich sogar etwas spätem Ursprungs sind. Dagegen spricht
vieles für die erste Erklärung. Die Dreiheit des Gedankens, des
Wortes und der That war eine der Grundideen Zarathustrischer
Lehre (s. 33, 14) und findet sich überall in den Gdthd's. Die
Dreiheit wird vom Ahura-mazda und seinen Geistern ausgesagt
(man denke aber ja nicht an den Begriff christlicher Trinität) ; denn
auf ihn kann sich nur das jushmdkem beziehen. Darunter ist dann
die Vereinigung des allerreinsten Gedankens , des allerheiligsten
Wortes und der glückbringendsten That gemeint , wie diess dem
höchsten Geiste zugeschrieben werden muss. Was ist aber nun der
Sinn der ganzen Redensart: „eure Dreiheit verdreifachen"? Eine
0 Der Vers bezieht sich wohl auf Haoraa, von dem im ganzen Capitel
vorher und nachher die Rede ist; er ist hier als Vermehrcr des Menschen-
geschlechts bezeichnet — denn von etwas Anderem können diese Zahlen
kaum verstanden werden — , eine Rolle , die ihm Ja9. c. 9 wirklich zuge-
schrieben ist, da die Weisen der Vorzeit, die ihn verehren, zum Lohne von
ihm öfter Söhne erhalten.
HuHgf die Gdthas des Zaraihuslra. I. Cap. 34, 5. 231
Dreiheit verdreifachen, ist zunächst so viel, als eine Einheit ver-
neiinfachen. Beides, drei und neun, sind' im Zendawesta, wie
auch im Weda, sogenannte heilige Zahlen. Ich sage sogenannte,
weil die Heiligkeit bestimmter Zahlen erst allmählig aufkam, nach-
dem der ursprüngliche Sinn der Verbindung gewisser Zahlen mit
gewissen Substantiven vergessen war. Dieser war keineswegs ein
heiliger, sondern ein ganz natürlicher und in der uralten Anschauung
begründeter; ja gerade solche bestimmte Zahlverbindungen lassen
uns noch einen Blick in die allerältesten Verhältnisse werfen ^). So
reden die Lieder des Rigweda z. B. öfter von panca kfshtajah oder
panca kshüajah, d. i. fünf Geschlechtern; dem Sinn und Zusam-
menhang nach sind aber keine fünf einzelnen Geschlechter mehr
darunter zu verstehen, sondern der Ausdruck bezeichnet alle Ge-
schlechter, das ganze Volk überhaupt. Ursprünglich bezeichneten
sie aber gewiss nur fünf Geschlechter, welche die angesehensten
seyn mochten und als Träger des Ganzen galten. Nachdem man
sich einmal gewöhnt hatte, von fünf Stämmen als vom ganzen Volk
zu reden, so wurde diese Redeweise auch beibehalten, nachdem sich
die Zahl der Geschlechter bedeutend vermehrt hatte, wie aus einer
gewissen Ehrfurcht gegen das Althergebrachte. Dieser kurze Wink
möge für jetzt genügen. Was nun die Zahl neun insbesondere
anbetrifft, so finden wir sie im Zendawesta häufig angewandt. So
treffen wir drei und neun namentlich in der grossen Reinigungs-
ceremonie der neun Nächte (der sogenannten Barshnomceremonie),
wie sie Vend. Farg. 9 näher beschrieben ist. 99,999 Fravaschi's
sind aufgestellt, um den See Vouru-kasha zu bewachen; ebenso
viele sind für den Stern Hapto-iring, wieder die gleiche Zahl zur
Bewachung von (^äma's Körper, und noch einmal ebenso viele zur
Bewahrung von Zarathustra's Saamen bestimmt (Jt. 13, 59 — 62;
vgl. Minokhired in Spiegel's Pärsi-Gramm., S. 141, §. 11, u. 142,
§. 17). 900 Jahre (eigentl. Winter) werden dem Jima zuletzt
zu Theil (nach Vend. Farg. 2); 9000 Jahre soll der Kampf zwi-
schen Ahura-mazda und Angro-mainjus dauern (Bundeh. S. 4, 1. 11);
die einzelnen Perioden des Kampfes dauern 3000 Jahre. An un-
serer Stelle nun hat der Ausdruck: „die Dreiheit verdreifachen"
(eine Einheit verneunfachen) nur den Sinn, die Fülle der guten Ge-
danken, Worte und Thaten, die im Ahura-mazda vereinigt sind,
überall unter den Menschen zu verbreiten , sodass jene höchsten
Güter, indem die Menschen sich ihrer theilhaftig machten, als ver-
') Dass derartige Verbindungen bestimmter Zahlen mit gewissen Sub-
stantiven im Lauf ihren eigentlichen Zahlwerth verlieren und nur zu einer
\rt Pluralzeichen herabsinken, zeigt namentlich das Chinesische; so ssd
hell, die vier Meere == alle Meere; Hud fang, die vier Gegenden = alle
Gegenden;* kiü tceu , die neun Provinzen = alle Provinzen ; pe sing , die
hundert Geschlechter ::= alle Geschlechter (s. Endlicher, Chinesische Gram-
matik, S. 196 fg.).
232 Haug, die Gdihas des Zarathustra. /.- Cap. 34, 5. 6.
vielfacht erscheinen mussten. — Pare vdo — mashjdisca. Der Sinn
dieses Satzes ist, obschon die einzelnen Worte an sich klar sind,
etwas schwer zu deuten. Ueber pare ist schon zu 33, 7 geredet
worden; es kann auch hier nur antea, vorher (Nerios.: purah^,
bedeuten. Man könnte leicht versucht seyn, es in dem Sinne von
coram zu nehmen und mit vdo eng zu verbinden; aber der so ent-
stehende Gedanke „wir sprechen in eurer Gegenwart wegen aller
Daeva's etc." dürfte nicht mit dem Geiste der Zarathustrischen Re-
ligion stimm.en. Die erste Person plur. in vaokhemd kann nur auf
den raenschhchen Redner (Zarathustra) und seine Genossen gehen;
unter vdo ist der Dual Ahura-mazda gemeint. Am richtigsten fasst
man vdo als einen Dat. commodi und verbindet j)^^^ > antea, eng
mit vaokhemd. So ergiebt sich der Sinn: wir, die Verkündiger der
neuen reinen Lehre, reden nicht erst heute gegen die Daeva's, die
Khraf9trä's und die Menschen (nämlich die schlechten) zu euerem
Besten, sondern wir haben dies schon oft früher gethan. Die Wie-
derholung des pare scheint den Begriff „schon früher" oder „schon
längst" auszudrücken. — Das Adjectiv vi^pdis ist mit daevdis und
den zwei folgenden Worten zu verbinden. Die Instrumentale drücken
den Begriff „wegen" aus. „Wir sprachen wegen der Daeva's" ist
so viel als „wir sprachen gegen die Daeva's". — Für khraf^trd
von K. 5. haben alle andern Copien hhraf^trdis. Da aber hier das
cd fehlt, so sieht diese Lesung fast nur wie eine Correctur nach
Analogie von daevdis und mashjdis aus. In den der unsern nahver-
wandten Stellen 29, 4 u. 48, 1 finden wir nur daevdiscd mashjdisca
ohne khraf^trd. An unserer Stelle ist khraf^trd mit mashjdis zu einem
Doandva zu verbinden. (Ueber khraf^trd s. d. Glossar.)
V. 6. Haithtm ist hier Adverbium in dem Sinne von wirklich,
in der That. — Mazda- ashd ist Prädikat: wenn ihr (Ahura-
mazda) wirklich Weisheitspender und Wahrhaftige seyd. — Bakhsiem
(Nerios. : lakshanam). Diesem Worte begegnen wir in den Gdthd's
nur noch 51, 9: aibi ahvdhü dakhstem ddvöi, welches eine der un-
sern ganz ähnliche Verbindung oder eigentlich dieselbe Ausdrucks-
weise, nur anders construirt, ist. Dagegen treffen wir das Wort
öfter im Vendidad; so 1, 18. 19 arathwja dakhsta als Schöpfungen
des Anro mainjas; 2, 37: naedha cim anjäm dakhstanäm joi henti
anrahe mainjeus ddkhstem mashjdisca paiti nidhdtem, auch nicht (ist
hier im Vara des Jima) eines der andern dakhsta' s , welche sind
dakhsta des Anro mainjus und gegen die Menschen niedergesetzt
(eingesetzt); 14,6: bis hapta dthro dakhstem nerehjo ashavabjo ashaja
vanhuja urime cithim nigirimijdt, zweimal sieben dakhstem des Feuers
möge er den reinen Männern mit guter Reinheit als Sühne über-
liefern; 15, 10: jezica aesha jd kaine mashjdttäm paro fsharemdt taro-
dakhstem parditi taro-apemca urvardmca, wenn dieses Mädchen (das
ausser der Ehe schwanger wird), ehe es sich vor den Menschen
schämen muss, zu einem schlimmen dakhstem, nämlich zu einem
Hang, die Gdthas des Zarathiistra. I. Cap. 34, 6. 233
schlimmen Wasser oder Holz, hingeht (um durch die Anwendung
derselben die Frucht abzutreiben); 15, 46: jezi va^eii mazdajapia
gvd-dakhstem maethmanem kiitha te verezjän aete joi mazdaja^na, wenn
die Mazdaja9ner ein J^ehcns - dakhstem durch Begegnung wollen (es
ist von der Begattung der Hunde die Rede), wie sollen sie es
machen? 16, 13: aetadha he aete mazdajapia aetajdo nairikajdo
cithravaitjdo dahhstavaiijdo vohunavaüjdo , dalchstem uzverezjät hd he
a^ti citha, sollten hier diese Mazdajacner dieser Frau, die mit Saa-
men ^), dakhsta's und Blut versehen ist, ihr dakhsta herausthun, was
ist die Strafe dafür? 16, 14,: jat he cifhra dakhstem bavaiti jaf h6
dakhsta cithrem bavaiti, wann ihre (des Weibes) Saamen dakhstem
Saamen wird, wann ihre dakhsta's Saamen werden. Eine gewöhn-
liche Bezeichnung der nienstruirenden Frauen ist dakhstavaiti (s. die
angeführte Stelle und sonst oft im Vend.). Versuchen wir mm zu-
erst nach den zahlreichen Stellen des Vendidad die Bedeutung des
Wortes zu bestimmen. Vor allem scheint es hier einen schlimmen
Sinn zu haben und die Ahrimanischen Kräfte und Schöpfun-
gen zu bedeuten. Jedoch Stellen, wie 14, 6. 15, 46, sprechen
gegen diese Beschränkung des Worts auf den Ahrimanischen Wir-
kungskreis, ebenso die der Gdthd'sr In 14, 6 könnte man leicht
versucht seyn, auf „Werkzeuge" zu rathen; aber diese folgen in
einem der nächsten Verse unter dem gewöhnlichen Namen zaja;
dagegen was dort folgt, bezieht sich auf mannigfache Handlun-
gen, die mit dem Feuer vorgenommen werden. Die nächste Be-
deutung dieses Wortes an jener Stelle ist demnach Handlung,
That. In 15, 10 bezeichnet taro-dakhstem deuthch ein Gegenmit-
tel gegen den Fötus, ein Mittel zur Abtreibung, woraus folgt, dass
dakhstem wenigstens irgend eine Kraft, die etwas bewirkt, aus-
drückt. Namentlich sind darunter die Kräfte zu verstehen, welche
bei der Zeugung und der Menstruation thätig sind. Da letztere
als eine Schöpfung Ahriman's galt, so kann das Wort xax' s$ox.i>]V
zum Ausdruck der Ahrimanischen Kräfte und Schöpfungen ver-
wandt werden; diese Beschränkung ist dann aus dem Umstände zu
erklären, dass für das Wirken des guten wie des bösen Geistes je
besondere Ausdrücke später angewandt wurden. In den Gdthd's,
wo Ahura-mazda ein fradakhstd heisst, hat das Wort nur eine gute
Bedeutung, ebenso wie dakhsha 43, 15 und das Adj. dakhshdra. Eine
Etymologie finden wir im Baktrischen nicht, man müsste es nur mit
dahma oder dakhma (Begräbnissplatz) in Verbindung bringen wollen,
was jedoch Schwierigkeiten hätte. Das wedische Sanskrit bietet
uns zwar kein dakhsta, aber desto häufiger ein daksha, mit dem es
sicher zusammenhängt ; unser dakhsta ist nicht sowohl eine Abstract-
bildung von daksha, als ein Part. pass. der Wurzel dakhsh. Das
*) Unter diesem Saaineu wird wohl daa Ei, das sich jedesmal bei der
Menstruation ablöst , verstanden. Cithra hat im Vend. keine andere Bedeu-
tunK als die von Saamen.
234 Haag, die Gdthd's des Zarathuüra. I. Cup. 34, 6.
wedisclie dahsha ist nach den Nighantava's ein balandma (Kraft,
Stärke); auch wird es als Nom. propr. eines Aditja gebrancht,
der mit der AdiW die Götter zeugt. Die Bedeutung Stärke lässt sich
bei diesem Worte nicht wohl annehmen. Die Wurzel ist schwer zu
ermitteln; verwandt damit ist wohl dakshma, die rechte Hand (eigentl.
die kräftige, weil in der Rechten die meiste Kraft liegt ^). Für unsere
Stelle nimmt man am besten die allgemeinere Bedeutung Kräftigung,
Festigung, Stärkung, an. Nun handelt es sich noch um die syn-
taktische Stellung des dakhstem. Nach der Parallelstelle 51, 9 ist es
mit dem a/tjä anheus zu verbinden. Was die „Kräftigung dieses (des
irdischen) Lebens" sey, scheint der folgende Satz anzudeuten, der
diesem parallel läuft und durch das cd in jazemnagcd ihm angeschlos-
sen ist. Hier ist vom Loben und Preisen die Rede; diess ist das
wesentlichste Moment des altzarathustrischen Glaubens, hinter wel-
chem das eigentliche Opfer in den Gdthd's bedeutend zurücktritt,
sodass wir mit einigem Recht annehmen können , hierin bestehe
hauptsächhch die Festigung dieses irdischen Lebens. Aber doch darf
zunächst kein spezielles Gebet darunter verstanden werden, sondern
nur im Allgemeinen das irdische Wohlseyn, Gedeihen des Feldes
«. s. w. , das indess nur Folge der Anbetung Ahura-mazda's ist.
Die Worte vi^pd maühd gehören eng zusammen und bilden eine
adverbiale Redeweise, mag man sie nun als Instrumentale oder als
abgestumpfte Dative fassen, in dem Sinne von „an jedem Orte"
oder „für jeden Ort", d.i. überall; ganz entsprechend ist die be-
kannte Redeweise vi^pdi javdi, für immer. — Jathd — paiti Ner.:
Jathd jashmdkam igisneh vikhjdtiddtjd stutajeca pracardmah ; kila igi-
pidja stutajeca jushmdkam pracardmah, Jazemna^ca steht dem ^tava^
parallel; das cd sollte eigentlich bei letzterem stehen. Das aTU. XsyofJi.
urvdidjdo ist der Form nach ein Gen. sing, oder ein Dual von wr-
vddi, das offenbar mit dem Instrumental urvddanhd 43, 2 verwandt
ist und mit dem wichtigen urvdta (s. darüber Zeitschrift der D. M.
Ges., VIll, 756); es scheint aber nicht sowohl Ausspruch, was
iirväta ist, als das Aussprechen, den Act der Mittheilung des
höchsten Gottes an seine Propheten, zu bedeuten. Der Genitiv ist
von paiti abhängig: ich will euch loben für das Aussprechen,
wegen desselben. Nicht unmöglich ist es indess, urvdidjdo als Ge-
nitiv-Locativ Dualis zunehmen; aber in diesem Falle ist urvddi nicht
Abstractum, sondern ein Adjectiv des Thema's urvddin, ausspre-
chend, verkündigend; es hiesse dann: ich gehe mit Lob euch
beiden (die Orakel) sprechenden (Geistern) entgegen, d. h. ich em-
pfange euch mit Lob. Aber die Bildung wäre etwas seltsam. Zu
^tam^ vgl. 50, 9.
V. 7. Aredrd (Nerios.: dakshina) ist mit mazdd zu verbinden
und als ein Beiwort desselben zu fassen. Das Wort findet sich in
*) Vgl. das hebr. ■j'^ta-, dexter, verwandt mit ps, fest, stark seyn.
Haug, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 34, 7. 235
den Gdthas sowohl als Beiwort des höchsten Geistes (s. noch 43,
3), als auch besonders frommer und erleuchteter Menschen, die in
den Himmel kommen (J. 46, 16). Jt. 5, 19. 9, 5 ist es Beiwort
des Opferers (zaoihra-bara) ; 13, 75 eines der Fravashi's; 10, 65
eines von Mithra, der aredro aredrandm heisst (neben d^undm äpcs,
der Schnellen Schneller). Die Tradition schreibt ihm die Bedeutung
gross zu; diese ist indess viel zu allgemein und unbestimmt, wie
die meisten traditionellen Bedeutungen, als dass wir etwas Gewisses
über die Etymologie daraus entnehmen können. Diese lässt mehr-
fache Möglichkeiten zu. Man kann das Wort zunächst entweder in
are + drä oder ared -\- rd zerlegen ; nach der erstem Abtheilung
könnte es Wahrheit (oder Wirklichkeit) haltend bedeuten, indem
man are mit dem zu asha, Wahrheit, gewordenen arta zusammen-
bringt (auch arem ist zu vergleichen) und den zweiten Theil auf
die Wurzel dar, halten, zurückführt; jedoch wäre in diesem Falle
eher die Form dara zu erwarten. Mehr Wahrscheinlichkeit hat die
zweite Abtheilung. Eine Wurzel ard finden wir wirklich J. 50, 11
in der Form aredat; sie entspricht genau dem wedischen fdh, ge-
deihen, befördern. Aredra ist demnach der Fördernde, der,
durch dessen Hilfe ein Werk gedeiht. Diese Bezeichnung stimmt
ganz mit dem Wesen derer, denen sie beigelegt wird. Ahiira-mazda
wird ja so häufig als Förderer des irdischen wie des geistigen Lebens
und insbesondere der Wahrheit angeschaut. Ganz passend wer-
den auch die so genannt, welche Zarathustra's Lehre zu befördern
und zu verbreiten suchen. Man könnte auch an das armen, ardar,
gerecht, denken; aber diese Bedeutung hätte auf dem iranischen
Sprachgebiete keinen sichern Boden. — Vaedemnd (so ist mit W.
richtig zu lesen) ist mit ra^khndo zu verbinden, aber nicht auf vid,
wissen, sondern vid, finden, erlangen, zurückzuführen. Vgl.
radkhnanho vaddem 32, 11. — ^enghus — ushiuru Nerios. : ^ikshdm
satjavacah samddhdnatve samkatatve ^pi kurute vipulacetanjah ; kila jah
kdrjam punjam jat samfddhatajd kurute jat sairikatatajd ^pi kurute
tasja vigfidnacetanjam tasmdd bhavati. Cakhrajö lässt sich auf den
ersten Anblick mehrfach deuten; man kann an cakbra, Rad, den-
ken und cakhrajö als Locativ des Duals fassen; aber diesem Locativ
könnte nicht leicht eine passende Stellung im Satze angewiesen wer-
den ; das einzige Verbum des Satzes ^enghüs würde hiezu nicht taugen;
auch die Fassung desselben als einer adverbialen Redeweise auf bei-
den Rädern, d. i. flugs, schnell, würde nicht befriedigen. Die Stelle
würde nämlich bei dieser Deutung so lauten : welche verkündigen,
„jegliches Dunkel, jegliche Bedrückung sey flugs weitleuchtend!"
Aber schon das ra^khndo, das als Object mit <}enghus zu verbinden ist,
lässt diesen Ausrufesatz nicht zu, und anders könnte er wohl nicht
gefasst werden. Viel genügender ist es, wenn cakhrajö als Verbum
und zwar als zweite Person Aoristi redupl. i\es Causat. von kare,
machen, genommen wird (über die Form s. die Gramm.). Man
vgl. favajo 51, 9. — Für usheurü, wie Westergaard schreibt, lesen
236 Hang, die Gdthas des Zarat/uisfra. I. Cap. 31, 7. 8.
K. 4, 9 usiurii, Bf. ughirü, Bb. use. um; zu vergleichen ist 32, 16
nsh-uruje. Die richtige Schreibung wird von der richtigen Erklä-
rung abhängen; versuchen wir daher zuerst diese. Die Theilung
des >Vorts in ushe oder ushi und um ist klar; die Bedeutung des -
letztern, breit, vreit, Avird nicht zu bezweifeln seyn; das uru,
breit, des Sanskrit lautet zwar sonst vouruy aber man bedenke,
dass um hier nicht der erste, sondern der zweite Theil des Com-
positums ist, wo das AVort um so leichter seine einfachste Gestalt
annehmen konnte. Der erste Theil dagegen lässt eine dreifache
Deutung zu; erstens kann ushe, u^e die Präposition u^==ut (man
vgl. u^e histaf, er erhob sich, von ^tä -{- uc) , zweitens eine Ablei-
tung der Wurzel va^, wollen, wünschen (mdii yg\. vage-khshafä^),
und drittens eine der Wurzel ush, leuchten, brennen (aus vas
entstanden; das Perfekt lautet im Weda uväsa, illuxit) seyn. Auf
letztere ist usfii, dem Burnouf, Nerios. folgend, ohne genügenden
Grund, die Bedeutung intelHgentia gab (sie war wohl aus Jl. 22,
38 und andern Stellen , wo von einer ushi des Ahura - mazda die
Rede ist, bloss gerathen), zurückzuführen. In Jt. 1, 28 ist es ganz
deutlich ein Ausdruck für Auge, Gesicht (synonym mit daema);
die häufigen Composita ushi- da und ushi-darana, welche als Bei-
wörter von gairi, Berg, erscheinen (Jt. 1, 31. 14, 56) können nur
lichtgebend, lichthaltend heissen, worunter der Berg, über dem
die Sonne aufgeht, verstanden wird. In dem usi-uru unserer Stelle
nun giebt die Zurückführung des ersten Gliedes auf die Wurzel ush
den genügendsten Sinn „weithin leuchtend", d. i. weithin bekannt.
Die Deutung „nach Belieben weit" (von va^, wollen) wäre zu un-
klar; die als Präposition, da sie nicht als einfache Verstärkung des
Begriffs gefasst werden könnte, enthält zu viel Gezwungenes. Da-
her ist am besten, nach den oben angegebenen Beispielen ushi-uru
oder usi-uru zu schreiben. Nun fragt es sich noch, auf wen toi —
joi ^enghüs zu beziehen sey. Man denkt am nächsten an die Ahura's
oder Asha's, indem der letztere Satz: na^ctm tem u. s. w. als eine
Antwort auf die Frage: kuthra toi gefasst wird. Wollte man diese
Fassung tür unzutreflfend halten , wozu übrigens kein genügender
Grund vorhanden ist, so könnte nur an die (j^aoskjantö oder die
alten Weisen gedacht werden. Aber der letztere Satz stände dann
in keinem Zusammenhange mit dem vorhergehenden. Der Dual ndo
kann nur den Zarathustra und Vistä9pa bezeichnen.
V. 8. Bjante. Diese Emendation Westerg.'s nach der Lesung
von K. 5. bjrde (Bf. hat bjente) halte ich für richtig; denn die
Lesungen bajaiW und bujente sehen deutlich wie Verbesserungen eines
unverstandenen bjaiW oder bjetlte aus. In Jt. 17, 12. 13 haben
wir zwar bajaifiti; aber jene kürzere Form scheint ganz zu den
Eigenthümlichkeiten des Gäthädialekts zu passen. Da es überdiess
hier noch das Passivum seyn muss, so wäre eine Auflösung in ba-
jant4 unstatthaft; es müsste mindestens bijant^ (Wurzel bi, fürch-
ten) seyn. — Das Relativum ^aeWt« (so ist mit Westerg. nach K. 6.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. L Cüj). 34, 8. 237
zu lesen) bezieht sich auf das in hjaiiU liegende Pronomen der 3.
Person plur. Hierunter sind wohl die Khraf(,tra's gemeint. — Pou-
ruhjö ist mit ithjego zu verbinden: „Verderben fiir viele". — Jjat
urvdtahjd Nerios.: jo asti halishthatamah pracchann akarmä agmogdih
(gah) tvadijdjdm mahdgndnin andstikatvam prabodhaßtd [dindu te ^sja
api karmatvdt asmdkam mahdbhajam vartate]. A^aogjdo. So ist ent-
schieden nach den mir zu Gebote stehenden meisten handschriftlichen
Lesarten zu schreiben. Westerg. hat a^-aogdo, ohne eine Hand-
schrift zu nennen; er bemerkt nur, dass K. 4. aogjdo habe, Bf. hat
asao gjdo und Bb. a^aogjd. Westerg.'s Trennung a^-aogjdo beruht
wahrscheinlich auf Nerios. 's Deutung halishthatamah, am allerstärk-
sten; aber der Zusammenhang widerspricht dieser Erklärung. Wo-
von sollte ndidjdonhem abhängen? Da der Zusammenhang hier noth-
wendig ein Verbum fordert, so eignet sich a^aogjdo besser zu einer
Verbalform als a^aogdo. Fassen wir das Wort als ein Verbum, so
kann a^ kein blosses Präfix seyn; denn dieses hätte nur als Ver-
stärkungspartikel sehr vor dem Nomen einen Sinn (vgl. ag-khratus)»
So ergiebt sich eine Wurzel faog-, die gleich faoc= skr. fwc, bren-
nen, oder fwc, bekümmern, wehe thun, betrüben, ist. Letz-
tere stimmt besser zum Zusammenhang. Wenn auch das Verbum
in diesem Sinne im Zendawesta kaum zu belegen ist, so ist sie für ^
das Iranische durch das neupersische sog, Kummer, Betrübniss, C
doch sichergestellt. Die Erweichung des c in g- finden wir auch ^
bei der Wurzel vac (vgl. aogi 43, 8) und ist auch sonst aus dem
Wesen des altern Dialekts leicht zu erklären. Der Form nach ist
es eine zweite Person sing. Optativi mit dem Augment. Unter dem
ndidjdonhem, was der Etymologie nach nur der Nähere oder der
Nächste bedeuten kann, indem es der Comparativ zu dem be-
kannten Plural naadista = proximus ist, versteht Nerios. einen Ruch-
losen (akarmd) , einen Ashmoga oder Störer der Wahrheit. In der
einzigen Stelle des Zendawesta Jt. 13, 16, wo es sich ausser der
unsern findet, steht es als Adjectiv vor dem Namen Gaotema (der
Gotama der Weden), während es an der unsern absolut steht, ja
nicht einmal mit dem Genitiv thwahjd urvdtahjd verbunden werden
kann. Die ihm von Nerios. beigelegte Bedeutung widerstrebt nicht
dem Zusammenhang unserer Stelle, wohl aber dem von Jt. 13, 16.
Den besten Aufschluss über den wahren Sinn dürfte das nächstver-
wandte nazdista (in ndba nazdistd) geben, worunter bekanntlich die
wedischen Inder als die nächsten Brüder der Genossen Zarathustra's
zu verstehen sind. Mit diesem halte ich es nun dem Sinne nach
für identisch. Eine schlimme Nebenbedeutung konnte oder musste
das Wort in dem furchtbaren Religionskampfe, den die Iranier lange
mit ihrem Bruderstamme führten, annehmen; in der spätem Zeit
erlosch dieselbe zwar, aber die Verbindung mit dem wedischen Gao-
tema weist wenigstens noch auf alte Erinnerung zurück. Ueber
ä(;td (Instrum.) s. zu 46, 18; hier bezeichnet es die Noth und das
Ungemach, die Ahura-mazdas Sprüche über die Feinde verhängten.
>
238 Haag, die Gdihas des Zandhusira. I. Cap. 34, 8. 9.
Die Worte jui noit — a^manö geben den Inhalt des uwdta, der von
Ahiira-mazda verkündigten Offenbarung, näher an. Sie klingen wie
ein alter Spruch aus vorzarathustrischer Zeit. Die Bezeichnung
a^man für Himmel findet sich sonst in den Gdthas nicht, fehlt
selbst da, wo der Gegensatz zur Erde nothwendig stehen muss, wie
44, 4: ka^nä deretd zämcd adi nahdogcd, wo für das uralte a^man,
das im Weda so gewöhnlich ist, nabdo (eigentl. die Wolken) ge-
wählt ist. In den spätem Zendschriften , sowie in der medischen
Keilschriftgattung ist es sodann das gewöhnliche Wort für Him-
mel und auch noch im Neupersischen erhalten. Dazu ist der hier
ausgesprochene Gedanke so eigenthümlich und von dem, was wir
sonst aus den Gdthd's über die Vorstellung von Himmel und Hölle
wissen, etwas abweichend, dass wir den Spruch als irgendwoher ent-
lehnt ansehen müssen. Der Spruch ist indess nicht ganz vollstän-
dig angeführt; in dem zweiten Gliede fehlt ein Wort wie „Woh-
nung, Aufenthalt"; für „denen fern (in der Ferne) vom guten Him-
mel'' sollte es heissen: „denen sey fern vom guten Himmel ihre
Wohnung". Das Wort vohu könnte übrigens hier auch in seiner
ursprünglichen Bedeutung, wie sie noch das wedische vasu zeigt,
genommen und demnach mit glänzend, leuchtend, wiederge-
geben werden.
V. 9. Dus-skjaothand —'mananho Nerios.: dahkarmajii pankshi-
pjanti tittamasja asamgrahmdd manasah. Avazazat (Nerios.: parikshi-
pja?iti). Dieses Wort lässt auf den ersten Anblick mehrere Erklä-
rungen zu, je nachdem abgetheilt wird; man kann auaa-f-azaf, aber
auch ava -f- zazat trennen. Theilt man auf die erstangegebene
Weise, so ist avaz ein Adverbium der Präposition und würde mit
dem awdz des Parsi, weg, fort, vollkommen stimmen, der zweite
Theil wäre dann auf die Wurzel az, treiben, machen, zurück-
zuführen, sodass das Ganze wegtreiben, wegmachen, hiesse.
Wenn nun auch diese Bedeutung gut zum Sinne des Satzes stim-
men würde, so müssen wir die Ableitung doch verwerfen, weil sich
acais wenigstens im Zendawesta nicht aufweisen lässt. Nach der
zweiten Trennung lässt der zweite Theil des Worts, zazat, sogar
drei Erklärungen zu, je nachdem es von der Wurzel zan, schla-
gen, oder zan, nasci, oder za7i = grid abgeleitet wird. Diese re-
duplicirte Form finden wir auch in den Jeshts, so 5, 130 zazditi,
wo dieses dem Sinn und Zusammenhang nach nur auf zan = skr.
gan, zeugen, zurückzuführen ist (vi^pdm hugjditm uruthefitem khsha-
tfirem zazditi, sie — iVie Ardvi gurd andhitd — befördert die Herr-
schaft, die alles Gut gedeihen lässt); in 5, 34. 9, 14. 15, 24. 17,
34 treffen wir den Dativ eines Abstracts zazditeS in Verbindung mit
ga^thjdi: joi heu kehrpa ^ra^sta zazdite^ gaäthjdica joi abdotem^ *),
') Zu dem Superl. abddtema vgl. das einfache alda Jt. 19, 10 neben
Haug, die Gdthas des Zaraihuatra. I. Cup. 34, 9. 239
(ich will des Bösen Zerstörer seyn als Helfer derer), welche vom besten
Körper für das Gedeihen der Schöpfung und die nützlichsten für die
Welt sind. Auch an dieser Stelle lässt sich nur die Wurzel zan = gaJi
annehmen. Noch ist zu vgl. zazü in Af. 1, 17 : nigene hiij4 vigp^ diis-
mainjava vi^pe daevaja<pm zaze buje vanhduca mizd4 vanhäuca ^ravahi, ich
bin zum Schlagen (d. i. ich werde schlagen) aller bösen Geister, aller
Daevaverehrer; ich bin zum Wachsen (ich werde wachsen) an gutem
Lohn und gutem Ruhm. Hier bildet zaze ganz deutlich einen Gegen-
satz zu nigenS, und kann in diesem Falle nur von zan=gan abgeleitet
werden. Die dritte mögliche Ableitung des Worts, die von za7i =
gnd, hat schon aus dem Grunde wenig Wahrscheinlichkeit für sich,
weil das n in zazat ganz verloren gegangen wäre, was sonst bei
Ableitungen dieser Wurzel nicht vorkommt, man vgl. nur zaiiti und
das neupers. iu\\yi , weise. Der Umstand, dass gerade dieses
zaji = gfid mit der Präposition ava vorkommt (Vend. 8, 2 ava-
zanän, sie bemerken), während wir die Verbindung derselben mit
den zwei andern zan nicht treffen, könnte indess doch leicht zu
einer solchen Ableitung führen, wenn das in den Derivaten dieser
Wurzel nie fehlende n vorhanden wäre. Nun fragt es sich noch,
welchen Sinn die Zusammensetzung ava-zan habe und welche Stel-
lung dem Worte in der Satzverbindung anzuweisen sey. Die Prä-
position ava hat in Zusammensetzungen nicht eine privative , wie
man vermuthen könnte, sondern eine objective Bedeutung, ähnlich
unsern Vorsylben er-, be-; demnach ist avazan nur erzeugen,
hervorrufen. Der Form nach denkt man leicht an eine 3. Per-
son sing, eines reduplicirten Aorist; aber auf welches Subject soll
sich diese dritte Person beziehen? Dus-skjaothand ist kein Singular
und ev^ti kein Nominativ, sondern ein Instrumental; das Subject
des vorangegangenen Satzes ist ein Plural joi-vidusho. Der einzige
Ausweg scheint mir der, dass man avazazat als den Sing, neutr.
eines Part, praes. fasst und dieses im adverbialen Sinne als einen
Zustandssatz einleitend dem Hauptsatze anschliesst, ein Fall, in dem
das Sanskrit Gerundia, das Arabische den Accusativ des Infinitivs
anwendet. Von diesem Participium ist jedoch der Accusativ dus-
skjaothand als abhängig zu denken ; evi^ti bildet mit vanheus mananho
dagegen eine adverbiale Bestimmung. — Aeihjo mash ashd g'azdat
Nerios. : tebhjah prahhutodharmah prabhrasjati [tebhjah a^mogebhjah],
— Ueber mash s. zu 32, 3. Die Erklärung des <;jazdat durch pra-
bhrasjati, entfallen, verloren gehen, ist im Allgemeinen nicht
unrichtig, nur lässt es sich nicht gut im neutralen Sinne nehmen,
sondern es muss ihm eine active Bedeutung beigelegt werden: lie-
gend machend {(^ajat~\- dd, s. ^aja^cit 32, 16), d. i. niederwer-
fen, wegwerfen. Das Subject ist mash, der Grosse, worunter
Qrira. Der Ableitung nach kann es nur von dp, Wasser, + cid, geben,
stammen, sodass es eigentlich wasserspendend heisst.
240 llaii^, dk Gdihas des Zaraihustra. I. CajK 34, 9. 10.
wahrscheinlich Ahtira-mazda oder auch Zarathustra zu verstehen ist
(s. zu 32, 3); (las Object ist ashd. — Javat — khraf^trd Nerios.:
jdvat etehhjah asmagobhjah — dushtasväpadebhjah cdravattjehhjah. —
Für aurimd lesen Bf, und JBb. urund, was Westerg. nicht bemerkt hat.
Jedoch hat diese Lesung zu wenig Wahrscheinhchkeit, als dass sie
näher besprochen zu werden braucht. Die Deutung des Wortes
anlaugend, so wird es am passendsten auf dieselbe Wurzel, der
aurvat, schnell, entstammt, zurückgeführt, als welche sich arv
(aurv), rasch einherfahren, rennen, ergiebt; es ist dann eine
schwächere Participialbildung (oder Adjectiv) mit Suffix van für vant.
Zu einem Verbum lässt sich das Wort nicht machen, wie ich an-
fänglich versuchte.
V. 10. Die Westergaard'sche Schreibung hiiham nach K. 5. ist
entschieden irrig, wie namentlich eine Vergleichung mit der Paral-
lelstelle 31, 8 lehrt, wo wir haithtm ashahjd haben. Weitaus die
meisten Mss. (auch Bf. und Bb.) lesen haithdm. Die Lesung kann
indess aus phonetischen Gründen nicht richtig seyn, da ai im Bak-
trischen gewöhnlich nur in Folge eines i oder y aus« entsteht; wir
müssen desshalb entweder hathäm oder haithtm wie 31, 8 schreiben.
Da keine der beiden Aenderungen handschriftlich beglaubigt ist, so
thut man am besten, die leichteste, hathäm, in den Text aufzuneh-
men-, es ist der Accusativ eines Abstractums hathd der gleichen Be-
deutung wie haithi, Wesenheit, Wirklichkeit. Nerios. giebt es
durch sukhanivdsam, schöne Wohnung, es wahrscheinlich irrthüm-
lich von der Wurzel hadh=^sad, sitzen, ableitend. — Garebum
ist hier Nomen, vgl. Jt. 5, 2. 5 garewun, Mutterleib (wie skr.
garbha), und keine Verbalform, etwa eine erste Person Conjunctivi
von garb, wie es scheinen könnte. Nerios. hat grhndti, sieht es
demnach ebenfalls für eine Verbalform an. Die Satzordnung ist nun
die: hukhratus vaocat bildet den Hauptsatz; garebdm ahjd vanheus
skjaothand ^pentdmcd — ashahjd (vtdvdo ausgenommen, zu dem wie-
der vaocat zu ergänzen ist) ist ein davon abhängiger Voluntativsatz.
Das Subject desselben ist der hukhratus vtdvdo, worunter wohl nicht
Ahura-mazda gemeint seyn kann, sondern jeder einsichtige Verehrer
desselben. ■ — Vojathrd Nerios.: nisvdtdjane, wohl für iiirvdtajane,
gegen den Durchzug des Windes geschützt. Dieser Ueber-
setzung liegt eine Lesung avojathrd zu Grunde, die durch Zusam-
menschreibung der unmittelbar vorhergehenden Präposition d mit
vojathrd und Verkürzung derselben zu a entstanden ist. Voja lei-
tete er von der Wurzel vd , wehen, ab, was sprachlich recht gut
möglich ist (man vergl. vajit für vdja. Wind), ciber der sich er-
gebende Sinn Durchwehung stimmt nicht zum Zusammenhang.
Der Form nach kann dieses älZ. \e,y6\k. Nom. plur. neutr. und In-
strumental sing, seyn; im erstem Falle ist es mit tdcd vi^pd, im
letztern mit thwahmt (der Instrumental kann dem Locativ respon-
diren) zu verbinden; im erstem ist es dann weiter auf ein Thema
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. I. Cap. 34, 10. 11. 241
mit der Endung thra == skr. tra, im zweiten auf eins der Endung
tar (Nora, actoris) zurückzuführen. Bei näherer Betrachtung ist
jedoch nur die erstere Annahme haltbar; man vgl. zur Bildung ^pa-
juthra 30, 10, niuthra, ddthrem. Die Wurzel, auf die das Wort mit
einiger Sicherheit zurückgeführt werden kann, ist vi. Dass diese
die Bedeutung gehen hat, wie unter andern auch im Sanskrit, be-
weist Jt. 8, 23. 29: apa dim adhät vjeiti zrajanhut haca Voiiru-
Kashdt, darauf stieg er (Tistrja) heraus aus dem See Vouru-Kasha;
vergleiche auch Jt. 15, 43 vjemi bei der Erklärung des Namens
Vajus, der als Gänger gedeutet wird (so sehr hatte sich die Er-
innerung an das Wesen dieses Genius, der mit dem wedischen
Väju, der Wind, identisch ist, verwischt). Vojuthrd heisst dem-
nach Gänge, und bezeichnet wohl Dinge, Wesen überhaupt.
Man vergl. das sanskr. gagat, eigentlich das Gehende, für Welt
überhaupt.
V. 11. Qaretha kann hier nicht wohl die später gewöhnHche
Bedeutung Speise haben; denn es muss mit toi, dir (Mazda),
welches hier nicht der Plural des Demonstrativs seyn kann (hier
wäre nur tdo am Platze), verbunden werden. „Zu deiner Speise"
(Mazda) gäbe aber durchaus keinen passenden Sinn. Führt man
dagegen das Wort auf die Wurzel qar, glänzen, zurück, so ist
durch den Sinn „Glanz" alle Schwierigkeit gelöst (siehe S. 170).
— Das Subject des zweiten Versgliedes ist Armaitis; das mat be-
zieht sich sowohl auf ashd als khshathrä und macht diese Wörter
eigentlich zu adverbialen Begriffen. — Für vahhist, wie Westerg.
nach einigen Codd. schreibt, lesen Bf. und Bb. vak/ista, K. 4. vakhst.
Da das schliessende a von Bf. und Bb. gegen das durchgängige
Gesetz der Dehnung der Schlussvocale im altern Dialekt kurz ist,
so ergiebt es sich leicht als später zur Verdeutlichung der Form
zugesetzt. Das i vor st sieht nur wie ein Hilfsvocal zur Erleich-
terung der Aussprache der Doppelconsonanten khst aus, dem hebr.
Schwa gleichend, und hat in der grammatischen Bildung der Form
keine Stelle; daher wird am besten vakhst geschrieben. Die Bedeu-
tung anlangend, so giebt die Ableitung von vakhsh, wachsen, einen
bessern Sinn als die von vac, reden; Nerios. hat vikdgajati. Der
Form nach fällt es mit coist, daedoist , tust zusammen, die sämmt-
lich dritte Personen sing, des Imperf. oder Aor. sind, mit Ausstos-
sung des kurzen Bindevocals a. Man könnte sie auch für dritte
Personen sing. aor. med. auf sta halten, aber während der Wegfall
eines kurzen inlautenden a im Baktrischen nicht selten ist (man
vgl. ptd für patd, pitd), kommt der eines schliessenden kaum vor
und Hesse sich im GäthAdialekt um so weniger begreifen, als hier
nur d und nicht a ein Wort schliessen kann. — Das utajüiti tevisfn
tdis d weist auf die Haurvatät's und Ameretät's zurück, denen am
meisten tevisfu, Kraft, sonst beigelegt wird (vgl. 51, 7).
Abhandl. der DMG. 1,3. 16
242 Ilaug, die Gdthas des Zarathmtra I. Cap. 34, 12.
V. 12. Kat t6i—ja<}nahja Nerios.: kirn te sammdrhshavam, kah
kdmah kdca jushmdkam stutih kdca jushmdkain igi^mh. Das dem
rdzare entsprechende Wort sammdrkshanam wird , wie rdshnäm im
zweiten Versgliede , in der Glosse durch mahdnjdjitd , was etwa
der grosse Logiker oder der grosse Philosoph heissen kann,
erklärt, welche Deutung wahrscheinlich auf der Ableitung von der
Wurzel rdz , ordnen, anordnen, beruht. Fast alle Codices
haben rdzare, nur Bb. hat rdzare. Beide Formen können richtig
seyn, je nachdem der Zusammenhang ein Adjectiv oder ein Sub-
stantiv erfordert; rdzare oder besser rdzre (nach Bf.) ist Adjectiv
für rdzaro, rdzare dagegen neutrales Substantiv der Bildung vadare,
vazdvare. Wegen des toi bei der ersten Frage und der Art der
übrigen lässt sich hier kein Adjectiv annehmen; dagegen giebt
ein Substantiv einen ganz guten Sinn; daher ist auch rdzare zu
schreiben. Man vergleiche zur Bedeutung des Worts Jt. 13, 157:
^taomdca rdzareca harerdu dathus/w ahurahe mazddo. Hier finden
wir es neben einem Worte, das den deutlichen Sinn „Lob, Lob-
preisung" hat; ähnlich steht es an unserer Stelle parallel mit gtuto
und ja^na; in J. 50, 6 ist rdzeng, das wahrscheinlich ein neu-
traler Plural von rdzare ist, mit einem Verbum sagen, verkün-
digen, verbunden. Die Ableitung führt zunächst auf eine Wurzel
räz (raz); dieser begegnen wir in der Bedeutung lenken, regie-
ren, Jt. 10, 14; ordnen, herstellen, Jt. 14, 56. 19, 47, wo-
von rdsta im Baktrisch(?n und Medischen, rast, gerade, im Pärsi
und Neupersischen, drd^tar im Parsi, namentlich in der Verbindung
iri^t-drd^tar , Wiederhersteller, Wiederbeleber der Todten
(Spiegel, Pärsigrammatik, S. 138, 1. 25. 140, 1. 7. 142, 1. 4.), drdsten,
zurichten, schmücken, im Pärsi und Neupersischen stammen. Im
Sanskrit entspricht rag-, glänzen und regieren (ursprünglich wohl
so viel als gerade machen). Von dieser Wurzel ist indess keine
recht in den Zusammenhang passende Bedeutung zu gewinnen, aus-
ser man wollte sich etwa mit Geradheit, Gerechtsame zufrie-
den geben ; zudem haben wir in dieser Bedeutung Formen mit kur-
zem a, z. B. im Namen des Genius rashnu razista , geradeste
Geradheit ==: gerechteste Gerechtigkeit. Dagegen kann rdshnäm.
Gen. plur. im zweiten Versgliede, hieher gezogen werden. Auf den
richtigen Weg kann uns hier vielleicht das neupersische rdz führen,
dessen häufigste Bedeutung „Geheimniss" ist. Bei diesem Worte
entsteht aber sogleich die Frage, ob es nicht den semitischen Spra-
chen, von denen es wenigstens die aramäischen haben, entstammt.
Das Chaldäische hat fn Geheimniss, Mysterium, Dan. 2, 19.
27 (namenthch häufig in den Targüms) ; das Syrische hat nicht bloss
das Substantiv j^jj ]}h}j sondern auch ein Verbum |-|), wovon aber
nur Pael und Afel gebräuchlich ist (geheim halten, verbergen);
auch im Samaritanischen findet sich das Wort. Da die übrigen
Hang, die Gdtkas des Zarathiistra. I. Cap. 34, 12. 243
semitischen Sprachen, das Hebräische, Arabische ^) und Aethiopische,
welche an Formen wie an Wörtern durchweg alterthümlicher sind
als die aramäischen Dialekte, das Wort gar nicht kennen, so ent-
steht ein gerechter^ Zweifel an seiner semitischen Abstammung. Die-
ser wird noch dadurch erhöht, dass wir im Aramäischen noch manche
andere semitische Wörter finden, wie z. B. •]'!2\, Zeit (neupersisch
j^Lcv, armenisch zamanak, aus dem baktrischen zrmna, zrüdna^ das
wirklich Zeit bedeutet, Wurzel zrtr = skr. g-r, altern, vergehen,
entstanden), das durchaus keine wirkliche Wurzel im Semitischen
hat, denn das chaldäische -psT, Zeit bestimmen, ist erst ein De-
nominativ davon. Dass das besprochene rdz indess ursprünglich
arisch ist, beweist noch das sanskritische rahas, Einsamkeit, ge-
heim, und rahasjdy Geheimniss (s. Manu, 2, 140, wo „Geheim-
lehre" darunter zu verstehen ist), von der Wurzel rah, verlassen.
Das rdzare an unserer Stelle wird am passendsten hieher gezogen;
es bezeichnet hier wie an den andern Stelleu ein geheimniss-
volles Wort oder einen geheimnissvollen Spruch. — Vashi,
wofür Bf. und Bb. vasi haben, lässt eine zweifache Erklärung zu;
man kann es nämlich von vaf, wollen, oder von vac, reden, ab-
leiten; die letztere scheint die richtigere zu seyn. Jedenfalls ist es
aber kein Substantiv, sondern eine 2. Person sing, praes. Wollte
man es als Substantiv Wunsch, Verlangen, nehmen, wie Nerios.
thut, so müsste va^e geschrieben werden. Dazu ist aber kein ge-
nügender Grund vorhanden. — Ja ve ddjdt ashis rdshndm. Rdshnäm
könnte man leicht versucht seyn , für identisch mit dem rdzare zu
erklären, wie es Nerios. wirklich gethan hat. Aber da die Form
zu deutlich auf einen Gen. plur. eines Thema rdshan hinweist, für
rdzare aber bloss rdzo, rdze , stehen könnte, so müssen wir diese
Deutung aufgeben. Mehr Befriedigung giebt die Zurückführung auf
skr. rdgan, König, eigentlich der Ordnende; das sh für das z ist
zwar etwas auffallend, aber ein solcher Wechsel der Zischlaute fin-
det sich wirklich, man vgl. nur rashnu, Gerechtigkeit, das bloss
auf die Wurzel raz, rdz, zurückzuführen ist. Keinesfalls ist dem
rdshan aber die Bedeutung König beizulegen, da die iranischen
Dialekte andere Worte für diesen Begriff haben, khshathra, khsha-
jamna, kshajathi etc. Besser führt man es indess auf rahh, be-
schützen, zurück, sodass es der Beschützende heisst. Diese
Beschützer sind Ahura-mazda und die andern höchsten Genien.
Das ^tt (Nom. plur. neutr.) ist hier das Subject; ashis der Accus.
^) Dem arabischen ^\ einen Brunnen graben, wird unter man-
chen andern auch die Bedeutung verheimlichen beigelegt; doch Ist allen
Spuren zufolge diese keine ursprüngliche; ein Substantiv der Wurzel im
Sinne von „Geheimniss" findet sicli nicht. Auch V vi , verbergen, an sich
schon sehr selten und ohne alle Derivaten, ist nicht hieher zu ziehen.
16*
244 Hang, die Gdthas des Zarathustra. I. Cap. 34, 12.
pliir. von aslii, abhängig von ddjdt; ve (vas) ist als Genitiv mit
rashnäm (Gen. plur.) zu verbinden. Für ve wird zwar von raehrern
Mss., so von Bf. und Bb., vi gelesen; in diesem Falle müsste es
die bekannte Partikel vi seyn und eng rait ddjdt zu einem neuen
Begriffe, austheilen oder anordnen, verbunden werden; aber
der dadurch entstehende Sinn „was die Tugenden der Herrschenden
vertheilt" passt nicht recht in den Zusammenhang. Ein ganz anderer
Sinn des Verses entstände, wenn man vi-dd als entfernen, weg-
schaffen, deuten könnte; dann wäre rdshnäm von rash, verletzen,
und mhfs von aka, Compar. ashjo, Superl. acista, schlecht (dass
eine solche Ableitung wirklich möglich ist, zeigt ashibjd J. 32, 10),
abzuleiten, sodass das Ganze hiesse: „was die Schlechtigkeiten der
Verderber entfernen kann"; aber dieser Sinn stimmt nicht zu dem
folgenden Satzgliede. — Qaeteilg giebt Nerios. durch njdjavantam,
angemessen, passend, richtig, wieder, aber, wie ich glaube,
irrthümlich. Am Richtigsten löst man das Wort wohl in qa H- ita
auf, sodass es selbstgegangen, selbstbetreten, nämlich von
dem Asha, dem Geist des Wahren, heisst,
V. 13. Der Accusativ Um advdnem lässt eine doppelte Erklä-
rung zu; er kann erstens van ^ishd im vorigen Verse abhängig ge-
macht, zweitens aber auch nur als eine Attraction in Folge des j^m
mraos genommen werden, sodass eigentlich der Nom. stehen sollte.
Letzteres ist mir das Wahrscheinlichste; denn wegen mraos lässt
sich ^ishd nicht gut ergänzen. Das eigentliche Subject , auf das
dieser Relativsatz hinweist, ist daendo; die Lieder der alten Feuer-
priester sind der Weg der frommen Gesinnung , das Mittel , um
fromm gesinnt zu werden. Diese daendo werden ihrer Art und
ihrem Ursprünge nach näher bestimmt durch jd — urvdkhshat. Der
Numerus will hier nicht recht stimmen; daendo ist nur Plural, /a —
keretd dagegen entweder Fem. sing, oder Neutr. plur. Die Bezie-
hung ist somit eine etwas ungenaue, was bei diesen Stücken, die
aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben wurden , nicht besonders
auffallen darf. — Für cevistd ist wohl richtiger mit K. 4. civistd zu
schreiben; Bf. hat tevestd, Bb. dagegen cevistd. Dass i für e zu
schreiben ist, beweist civishi J. 51, 15 eine Verbalform der gleichen
Wurzel, nämlich cju, die im Baktrischen sich weiter nicht findet,
dagegen im medischen shju, (in ashijdwa, profectus est) und neu-
persischen ^lXXw, eigentl. gehen, erhalten ist. Eine andere Ab-
leitung ist nicht wohl möglich. Nerios. hat dsvddajah. Der Form
nach ist es eine dritte Person sing. aor. med., und nicht eine zweite,
wozu der Vocativ mazdd leicht verführen könnte. Die Bedeutung
ist zufliessen, zu Theil werden.
V. 14. Tat zi — ddtd Nerios.: sa jato mahdgndniii kdmo [^s7nd-
kam] jat tanumate givamate dijate [dcdrjdja]. Die Erklärung des
Haug, die Gdthas des Zarathüstra. I. Cap. 34, 14. 245
vainm durch kdma, Verlangen, stützt sich wohl auf die Ableitung
desselben von var, wählen; aber sie stimmt weder zu dem Zusam-
menhange, noch lässt sich für das zu Grunde liegende Thema vairi
oder vairja im Zendawesta eine Bedeutung wie Wahl, Verlangen
oder wählend, nachweisen. 43, IS lesen wir vairjdo ^töiSy was mir
dem Sinne nach dasselbe zu seyn scheint, als ustdna a^tvaf , das
wirkliche Daseyn, d. i. die irdische Welt oder Schöpfung. In
42, 2 haben wir unter vairis deutlich Quellen zu verstehen, wie
das Prädikat aweiddndonho, wasserhaltend, und der Zusammen-
hang ausweist, eine Bedeutung, die dem Wort auch in späteren
Stücken zukommt (Jt. 5, 4. 191. 8, 41. 46. 19, 51). Letztere
Bedeutung kann intless nicht auf die Gdthd's angewandt werden,
sowohl unsere Stelle, als 43, 13 und 51, 1 sträuben sich dagegen,
namentlich aber das vairjo in dem berühmtesten Gebet jathd ahn
vairjo. Während zu der Bedeutung Quelle, der zudem die Form
vari zu Grunde liegt, das sanskr. vdri, Meer, zu stimmen scheint,
lässt sich das vairja der Gdthd's nut vara, Kreis, Umkreis, Feld,
eigentlich das Umzäunte (von var, umgeben), im 2. Farg. des
Vendid. , und vareshvd J. 53, 3 zusammenbringen und adjectivisch
Kreise, Felder habend (43, 13), substantivisch als Umzäu-
nung, Schutzmauer, wie hier, fassen. An unserer Stelle hat
das Neutrum vaiHm ungefähr den Sinn von vdgtrja. Dass eine
solche Bedeutung unserra Verse gar nicht entgegen ist, zeigt gleich
das folgende Glied, wo von der Bebauung der Erde die Rede ist.
Die Bedeutung Segnung würde auch passen, aber sie lässt sich
nicht begründen. — Jöi zi — azjdo. Dieser Plural des Relativs kann
sich nicht wohl auf mazdd^ das wegen ddtd zwar deutlich als Plural
zu fassen ist, beziehen; es drückt vielmehr einen dem a^ivaite ustd-
jidi parallelen Gedanken aus und ist mit sljaothand in die engste
Beziehung zu setzen; der Dativ des Demonstrativs ist davor zu er-
gänzen. „Verleiht die Thaten guten Geistes denen, welche sich die
Bebauung der ewigen Erde zur Lebensaufgabe machen". — Das
khshmdkdm huci^Vm ist nicht von frddo, sondern von ddtd abhängig.
— Die ashd verezeiid sind wohl die Bebauung der Erde , was als
das wichtigste und glückbringendste Werk des Mazdaja9ners gilt.
V. 15. Dieser Vers gehört wohl ursprünghch nicht hieher; wir
finden ihn auch J. 27, 4 citirt; in Bf. und Bb. ist er nur mit den
Anfangs- und Schlussworten angeführt, wie gewöhnlich die bekann-
ten heiligen Gebete, jathd ahu vairjo. Auch dem Sinn nach hängt
er nicht mit v. 14 und den noch frühern zusammen. — Das De-
monstrativ td ist auf (^ravdoi^cd und skjaothand zu beziehen. —
Ishudem (Nerios. : gmdndajdh) ist sicher mit ^tuto enger zu verbin-
den; seine Erklärung bietet jedoch manche Schwierigkeit. J. 31,
14 haben wir den Plural ishudd als Feminin construirt; im Jagna
haptunhaiti treffen wir ein Verbum ishnidjdmahi (J. 37, 5. 38, 4.
39, 4) unter lauter Verbis des Verehrens. Auch der Weda bietet
246 Haug, die Gathas des Zarathiistra. I. Cap. 32, 15.
uns ein denominatives Verbum ishudhjati, nach den Nighantavas ein
jdcndkarma, d. h. ein Verbum des Verlangens, Wünschens;
davon findet sich auch ein Adjectiv ishudhju Rv. V, 41, 6, das dort
deutlich wünschend, verlangend, strebend, bedeutet. Dein
Ursprünge nach ist es auf is/iw, Pfeil, und dhd, setzen, zurück-
xuführen, nicht auf ishiidhi, Köcher, wie Benfey (Säma-veda- Glossar,
s. h. V.) thut. So heisst es eigentlich „den Pfeil ansetzen", d. i.
zielen, und dann übertragen nach etwas trachten oder stre-
ben. Das ühud der Gathas nun ist die reine Grundform ishudh,
substantivisch und zwar als Femininum gebraucht, wie dieses Ge-
schlecht auch im Sanskrit in solchen Fällen gewöhnlich ist; die ur-
sprüngliche Bedeutung ist wohl Eifer; dann Gebet, das auf Gott
gerichtete Verlangen. Khshmdkd — ahum Nerios. : jushmdkam rdgjena
svdmin akshajatvam smcchajd parisphutam ddsjati bhuvane. Ueber fra-
shem s. zu 30, 9.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.
Verbesserungen.
5>
8
10
12
15
16
17
21
24
25
—
30
Seite 7, Zeile-29, lies: precer, statt: precar
, 16 lies: qjdmd, statt: qjdtna
, 5 lies: ArmaiU\ statt: Armdüi
, 30 lies: vdo^ statt: vdo
, 13 lies: qui, statt: que
, 7 lies: kevitdogcd, statt: kevUdaogca
, 25 lies: deprecer, statt: deprecar
, 17 tilge das erste „mentis"
, 16, 17, lies: gu meinem ^nl t)(xUi, statt: meinem J^eil
, 6 lies: S^ictdcpa, statt: SSiftac^a
, 23 lies: 9)Zunb, statt: SDhmbc
, 33, 34, lies: jene ge^en beJ^^alB burc^ beS leBentigen
SGßeifen ßinfic^t unb bic 3Bat;v^eit ju ©runbe, statt:
unb bef^alB burd^ beö leBenbigen SBeifen ©inftd^t unb
bic ^ai)xi)nt ju ®runbe ge^en
„ 32 „ 33 lies: ^raosha, statt: (Exao^a
„ 48 „ 27 fg., lies: Khshnvishd kann der Form nach nicht wohl
eine erste Person sing. aor. optat. seyn, sondern
es ist als eine zweite sing, optat. med. zu betrach-
ten, also: du mögest verehren. Die Anrede
bezieht sich auf den Begleiter des Sängers oder
einen andern Anwesenden.
„ — „ 33 lies: uttdnahastah, statt: utthdnahastah
„49 „ 5 (dadjdt?) ist zu streichen
„ 54 „ 31 nach redend ist sich findet zu ergänzen
„ 55 „ 26 H'ai ist nicht auf ^'«f, verehren, zurückzuführen,
sondern identisch mit skr. i^ , vermögen, be-
sitzen, s. weiter zu 43, 8
, 21 u. öfter, lies: utkhhtataram, statt: utkfshthataram
, 21 lies: bhuvane, statt: hküvane
, 1 lies: anjahy statt: anjah
, 34 lies: gosrshta, statt: gosrshtha"
, 38 lies: nigfhito, statt: nigrahito
, 44 lies: uttdnahastena, statt: ntthdnahastma
83 „ 13 lies: grahitum, statt: gfhitum
— „ — lies: n«, statt: nd
5>
57
70
77
—
78
81
ii
131
?5
137
55
151
55
152
55
166
55
170
55
Seite 86, Zeile 30, lies: der grossen Weisen, statt: des grossen
Weisens
„ 87 „ 33 ist „rings" zu tilgen
„ 94 „ 26 zu tilgen: wie in igdi,
„ 97 Note Zeile 2, lies: dihae, statt: durae
„ 105 Zeile 19 lies: Qdoskjanto, statt: (^doshjanto
,, 125 „ 31 lies: Hormizdäcca, statt: Hormizddca
33 lies: verlangen, statt: erlangen
28 lies: vikd^ajati, statt: vika^ajati
41 lies: vd, statt: nd
41 lies: pürnatvam, statt: jnirnatvam
4 lies: dcdrjandm, statt: dcdrjdnam
12 lies: dkramdati, statt: dkrdmdati
2 lies: cikhshmisho, statt: cikhnusho
„ — „ 2 lies: wegen der von uns dargebrachten Opfer
an Vieh, statt: bei der Darbringung unserer
Thiere
„ 177 „ 4 lies: Kavd, statt: Kavi
,, 181 „ 9 lies: Dingen, statt: Dngen
„ — „ 14 lies: jaokhstwatäm, statt: jaokstivatdm
„ 183 Note Zeile 2, lies: cditanja, statt: cetanja
„ 188 „ 33 lies: didereghzo, statt: dideregh io
„ 206 „ 40 lies: Persischen, statt: Pärsischen
„ — „ 44 lies: Neupersische, statt: Pärsi
„ 208 „ 9 lies: der die Gaethas beschützt, statt: der die
Gaethas wachsen lässt
„ 210 „ 21 lies: gigishäm, statt: gigishdm
„ 218 „ 24 lies: im dritten Satzglied sind, statt: das dritte
Satzglied hat
Ucber das
(Jatrunjaya Maiiatinyain.
Ein Bei t r a g
zur
Geschichte der Jaina.
Von
Albrecht Weber.
Leipzig 1858
in (Kommission bei \^. A. Brockhau«.
Abtiandlnnj^en
der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
I, Band.
M 4.
De
Wirklichen Geheimen Rath
Dr. Johannes Schulze
zum 80. August 1858
in dankbarer Verehrung
dargebracht.
Ueber das ^atrunjaya Mähätmyam.
Von Dr. Albrecht Weber.
J_)ie Entstehung und Geschichte der Jainalehre liegt noch in
ziemlich mysteriöses Dunkel gehüllt. Die gewöhnliche Annahme ist,
dass die Jaina eine Sekte seien, die sich wesentlich erst auf den
Trümmern des Buddhismus, als derselbe gezwungen ward Indien zu
räumen, gebildet habe, oder wie sich Wilson, Mackenzie Collection
I, 147 (1828), ausdrückt: „the Jaina religion appears to have
grown out of the downfall of that of the Bauddhas about the eighth
or ninth Century". In der später geschriebenen Introduction frei-
lich findet sich eine bedeutende Modifikation dieses Ausspruches: es
heisst daselbst S. LXVII „it is highly probably therefore from these
accounts as well as from the inscriptions, that the Jaina faith was
introduced into the Peninsula about the seventh Century of the
Christian era". Um im siebenten Jahrhundert im Dekhan eingeführt
werden zu können, müsste die Jainalehre natürlich da, von woher
sie kam, ein Geraumes früher entstanden sein, also nicht erst im
achten, neunten Jahrhundert aus der Zerstörung des Buddhismus,
sondern bereits in einer Zeit, wo derselbe noch in Blüthe stand,
sich gebildet haben. So war es denn auch früher Wil so n's Ansicht
gewesen, in der Vorrede zum Sanscrit Dictionary (1819) S. XXXIV,
dass die Jainalehre „a scion of the Bauddha heresy" sei, „which
sprang into existence during the early centuries of the Christian era".
P. V. Bohlen (Altes Indien 1830 I, 357) stimmte dieser letzteren
Auffassung bei, während Benfey im Artikel: Indien in der Ersch
und Grnber'schen Encyclopädie, 1840, S. 160 die Jaina erst im
zehnten Jahrhundert aus den Kämpfen zwischen Brahmathum und
Buddhismus hervorgehen lässt. Lassen in dem neuesten Hefte
(UI, 2, 1858) seiner Indischen Alterthumskunde hält es S. 532
„zwar für möglich, dass zur Zeit der Blüthe der Dynastie von Balla-
bhipura (d. i. im sechsten, siebenten Jahrhundert) die Jainasekte
sich bereits von dem Buddhismus abgezweigt hatte, ihr war jedoch
eine so bedeutende Blüthe (dreihundert Tempel nämlich, nach Tod's
Angaben, deren Glocken die Andächtigen zum Gebete zusammen-
gerufen hätten) damals noch nicht zu Theil geworden". S. 534
Abhandl. der DMG. 1,4. 1
2 Weber, über das Qairunjaya Mahnt my am.
meint er, dass „der Entstehung der Jainasekte kein so hohes Alter
(es ist von einem Ereigniss aus angeblich 224 nach Chr. die Rede)
zugestanden werden darf".
Im direkten Gegensatze hiezu stehen Colebrooke und Ste-
venson. Colebrooke's erste Abhandlung über die Jaina, die 1807
im neunten Bande der Asiatic Researches (misc. essays I, 191 ff.)
erschien, enthält nur faktische Angaben über die Lehren derselben
überhaupt, keinen Versuch über ihr Verhältniss zum Buddhismus ins
Klare zu kommen. Wohl aber geschieht dies in der zweiten Ab-
handlung (1826, im ersten Bande der Transactions of the Royal As.
Soc, misc. ess. I, 315 ff.). Daselbst identificirt er den Indrabhuti
Gautama^} oder Gautamasvdmin, den Lieblingsschüler F^ra'*, des letz-
ten Jina, geradezu mit Gautama Buddha, und erklärt somit den
Stifter des Buddhismus für einen Schüler des Stifters der Jainalehre,
welche letztere sich von ihrem Stifter durch seinen andern Schüler
Sudharman fortgepflanzt habe, während Gautamasvdmin deshalb keine
„Spiritual successors in the Jaina-sect" habe, weil eben seine „fol-
lowers constitute the sect of Buddha". Danach wären also beide
Sekten, Jaina und Bauddha, gleichzeitig entstanden, ja die Ersteren
hätten sogar noch Ansprüche auf Priorität, da Vira, ihr Stifter, Leh-
rer des Stifters des Buddhismus gewesen wäre, wie denn Colebrooke
ausdrücklich auch noch weiter geht und sogar schon den vorletzten
Jina, Pär^vandtha, der 250 Jahre vor der „apotheosis" des Vira
starb, als „the founder of the sect of Jainas" annimmt, S. 317-
Stevenson in der Vorrede zu seiner Uebersetzung des Kal-
pasütra (1848) stimmt wesentlich hiermit überein und meint, dass
„Gautama by the force of natural geniiis threw their (der Jaina)
System entirely into the shade tili the waning light of Buddhism
permitted its fainter radiance to reappear on the Western horizon."
Diese Annahme Colebrooke's beruht zunächst auf der Namens-
gleichheit des Gautamasvdmin und des Gautama Buddha, — sodann
darauf, dass Buddhisten wie Jaina Süd-Behär als den Hauptschau-
platz des Wirkens und insbesondere auch des Todes ihrer Stifter
angeben, — dass Beide denselben Dialekt, das Mdgadhi, als heilige
Sprache verwenden, — und dass endlich auch die traditionelle Chro-
nologie beider Sekten „assigns nearly the same period to their
Gautama respectively". Es wird zudem von den Buddhisten der
nächste Vorgänger Buddha's Kd<;yapa genannt, Vira aber war der
Tradition der Jaina nach ein Kdqyapa , s. Kalpasutra S. 37 : ich
habe daher auch selbst im Anschlüsse an Colebrooke früher (Ind.
Studien III, 127) die Vermuthung ausgesprochen, <lass „einer von
den in der buddhistischen Legende als Zeitgenossen Buddha's er-
wähnten Kd^yapa, Uruvilvd - Kd^yapa nämlich, dessen Bekehrung so
^) So heisst er im Kalpasutra S. 92: „the chief of his (Vira's) perfectly
initiated disciples", und wird auch S. 93 an der Spitze der Schüler dessel-
ben stehend genannt.
Weber, über das ^atrunjaya Mdhätmyam. 3
grossen Eindruck machte, sowohl der Legende der Jaina, als dem an-
geblichen unmittelbaren Vorgänger Buddha's zu Grunde liegen möge."
Es erscheint endlich, füge ich hinzu, Gautama durchweg in den Schrif-
ten der Jaina als Lehrer des Magadha Königs ^renika (s. Wilson
Mackenzie Coli. I, 144. 146. 153. 157. II, 97. 99—101). Ebenso
aber, oder Qrentja, hiess auch Bimbisdra^), König von Magadha,
der bekannte Patron und Schüler Buddha's, s. Burnouf Introduc-
tion ä l'hist. du BuddhisFne S. 165. — Gegen eine solche hienach
ziemlich unmittelbar erscheinende Identität des Gaxitamasvdmin mit
Gautama Buddha spricht mm aber allerdings, theils dass die Jaina
selbst den Gautama Indrabhüti und den Gotamdnvaya Buddha voll-
ständig getrennt halten .(s. Hemacandra 31 und 237), dass sie so-
mit nicht die Ansprüche auf Vorrang erheben, die Colebrooke für
sie macht, und die sie sicher geltend machen würden, wenn sie dazu
berechtigt wären, theils ferner dass sich nicht minder bedeutsame
Anhaltspunkte finden, welche zu einer Identifikation des Vira, Ma~
hdvira selbst mit Gautama Buddha Veranlassung geben. Erscheint
doch Mahdvira geradezu z. B. im Eingange des Mahdvanso als Name
Buddha's, dessen häufigster Name darin ja zudem gerade Jina
selbst ist! Es wird ferner Siddhdrtha als Name von Vira's Vater an-
gegeben, dies ist aber gerade Buddha's eigener Name. Es heisst
endlich Vira's Gemahlin, wie die Buddha's, Ya^odd (Colebrooke II,
214). Fügen wir hinzu, dass es schwer denkbar ist, dass zwei
rivalisirende Sekten der Art sich gleichzeitig aus dem ßrahmanen-
thum losgetrennt haben sollten, so befinden wir uns in der That
bei der Colebrooke'schen Auffassung in einiger Verlegenheit.
Dagegen erklären sich jene Uebereinstimmungen leicht und ein-
fach, wenn wir dieselben auf die Entstehung der Jainasekte aus dem
Buddhismus zurückführen, also auf gemeinsame Erinnerungen mit
diesem, die nur bei ihnen anders gewendet wurden, um eben ihre
selbständige Entstehung zu begründen.
Denn dafür, dass dies das wirkliche Verhältniss gewesen sei,
spricht doch allerdings gar Mancherlei. Zunächst die Namen der
elf Schüler Vira's selbst, welche bei Hemacandra 31. 32 also auf-
gezählt sind: Indrabhüti^ Agnibhuti^ Vdyubhuti, alle drei aus dem
Gautamageschlecht, Vyakta, Sudharman, Mandüa, Mauryaputra,
Akamjnta, Acalabhrdtar , Metärya (Colebrooke II, 216 hat die I^es-
art Mevdrya, die ich vorziehe) und Prabhdsa aus verschiedenen Ge-
schlechtern^): es wird dabei im Texte angegeben, dass zu diesen elf
Schülern nur neun rishisaingha , resp. ga?ia, Schulen, gehören, und in
0 Hemacandra 712 hat Bhambhdsdra.
0 In dem selbstverfassten SchoHon dazu nennt der Vf. (bei Bohtlingk-
Rieu S. 293) diese Geschlechter. Sonderbarer Weise darunter noch einen
Gautama (Akampita) , was jedenfalls auffällig ist, da er im Text selbst aus-
drücklich nur die ersten drei als Gautama bezeichnet hat. Auch der
Mauryaputra als KüQyapa verdient schwerlich besonderen Glauben.
4 Weber, über das ^atriinjaya Mähätmyam.
dem selbst verfassten Commentar giebt der Verf. als Grund dafür
an, dass die Lehren des Akampita und Äcalabhrdtar und die des
Metdrya und Prabhdsa mit einander übereingestimmt hätten. Woher
nun CoJebrooke II, 216 dem gegenüber die anderen Angaben hat:
„nine of these disciples died with Mahdvira, and two of them Indra-
bhüti and Sudharma survived him and subsequently attained beatitude.
The Calimsutra didids that all ascetics, or candidates for holiness,
were pupils in succession of Sudharma, none of the others
having left successors. The author then proceeds to trace the
succession from Sudharma to the different gdkhds or Orders of priests,
many of which appear still to exist" ist nicht ersichtlich; wohl aus
einem Commentar zum Kalpasütra? denn dieses Werk selbst enthält,
in Stevenson's Uebersetzung wenigstens, nicht das Geringste
von allem dem, nicht einmal der Name des Sudharma wird darin
genannt, von allen jenen Schülern überhaupt nur der des Indrabhüti
Gautama. Erst in der nach dem Schlüsse des Werkes (hinter Cap.
VII.) angefügten sthirdvali, Lehrerliste, ist Sudharma an der Spitze
derselben genannt. Stevenson selbst indess ist der Ansicht, dass diese
Lehrerliste eine spätere Zuthat sei, wenn er S. 99 Note sagt:
„I am incHned to think that the original work ended with the life
of Mahdvira", d. i. mit Cap. VI. Was freilich Stevenson pref. S. XIII
über die Angaben der jetzigen Jaina bemerkt: „they teil us that
not he {Indrabhüti nämlich) but Sridharma (sie!) became head of
the Community after the Tirthankara's death etc.", steht mit Cole-
brooke's Worten allerdings im Einklang, vermag aber den Wider-
spruch, in welchem dieselben mit Hemacandra sich befinden, nicht
zu beseitigen. Zu dessen Zeit wurden offenbar neun Gana als
von Vira ausgehend angenommen, und Sudharma war nur der Füh-
rer eines derselben. — Unter jenen elf Namen nun sind zunächst
nur drei, welche ein annähernd alterthümliches Gepräge tragen, die
drei ersten nämlich: Indrabhüti, Agnibhüti, Vdyubhüti, vgl. die ähn-
lichen Namen in dem freilich selbst nicht gerade sehr alterthümlichen
Van^abrdhmana des Sdmaveda, s. Monatsberichte der k. preuss. Aka-
demie der Wissenschaften 1857, S. 503- Unter den übrigen acht
Namen aber sind wenigstens zwei, welche mit Bestimmtheit sich als
späterer Zeit angehörig erweisen lassen, als die ist, auf welche sie
Ansprüche machen, Maur y aputra n'^imVich, welcher Name bekanntlich
erst seit dem Anfange des dritten Jahrhunderts vor Chr. überhaupt
möglich ist, und Mevdrya'^), welcher Name auf den Landstrich Mevdr
zurückgeht, für den eine solche Benennung in so früher Zeit schwer-
lich irgend denkbar ist (vgl. Lassen, Indien I, 113). — Von allen
elf Namen ist nun übrigens blos der des Gautama, womit Indrabhüti
gemeint sein mag, und der des Sudharman (vgl. ^atrunj. Mdh. I, 10)
0 Da Mevär einer der Haiiptsitze des Jainathums lange gewesen ist,
so wäre möglich, dass dieser Name, unter die Schüler Flra'« erhoben, nur
eine Art Compliment für die frommen Jaina daselbst sein sollte.
Weber, über das (^atrunjaya Mdhdtmyam. 5
in der sonstigen Jainaliteratur (ausser Hemacandrd) bis jetzt nach-
gewiesen. Den Namen des letztern könnte man möglicher Weise
sogar als eine blosse Fiction zu deuten versucht sein, da das Wort
sudharma „gutes Gesetz" in der Jainalehre eine überaus grosse Rolle
spielt^): es wäre dann nur das verkörperte Jainagesetz selbst, wel-
ches sich in dem Namen des Stifters wiedergespiegelt fände. Die
Namen seiner Schüler in der sthirdvali (^Kalpasütra S. 100) klingen
wenigstens durchaus nicht so alterthümlich, wie man lür die Zeit,
welcher sie zugeschrieben werden, zu erwarten berechtigt wäre.
Die Aera übrigens für den Tod Viras stimmt, wie wir im Ver-
lauf sehen werden, durchaus nicht so genau mit der für Buddhas
Tod überein, wie dies nach den jetzigen Angaben der Jaina bei
Colebrooke II, 215. 317 und Stevenson (Kalpasutra pref. III.) der
Fall ist, sondern ist nicht unbedeutend, fast 200 Jahre später. Die
Angabe der nördlichen Buddhisten freilich, die Buddha's Tod 400
Jahre vor Kanishka setzen, stimmt sonderbar genau mit Vira's Aera
überein und könnte dieser Umstand für eine Geltendmachung jener
Angabe, bei den unstreitig gemeinsamen Erinnerungen beider Sekten,
wohl in Anschlag gebracht werden. Die Entstehung der Jainasekte
als solcher wirklich mit der Aera Viras (d. i. circa 348 vor Chr.) zu
beginnen, wäre dann ganz unnöthig, ist freilich auch sonst, selbst
abgesehen von dem Mauryaputra und Mevarya, wohl unthunlich.
Was nämlich vor Allem die Posteriorität der Jaina nach den
Baiiddha, den jüngeren Ursprung ihrer heiligen Literatur wenigstens,
klar dokumentirt, ist der Umstand, dass ihr Mdgadhi nicht mit dem
Mdgadhij Pdli, der letzteren identisch ist, wie Colebrooke annimmt,
sondern dass es auf einer wesentlich späteren Stufe steht als dieses,
wie aus den geringen Proben davon, die bis jetzt durch Stevenson
bekannt sind, bereits mit voller Sicherheit hervorgeht. Es entspricht
dasselbe entschieden, auch nach Stevenson's eignen Bemerkungen
darüber, vielmehr dem Mdgadhi des Vararuci, s. hierüber Spiegel
in seiner Besprechung des Kalpasutra in den Münchner Gelehrten
Anzeigen, 1849, S. 911 — 12.
Es sind endlich auch sonst die Dokumente der Jaina überhaupt
an Alter mit denen der Buddhisten nicht zu vergleichen.
Wenn wir somit auch ausser Stande sind, eine mit dem Ent-
stehen des Buddhismus gleichzeitige oder gar eine frühere Entste-
hung der Jainalehre anzuerkennen, so sprechen denn doch für eine
gewisse Altcrthümlichkeit derselben, eine grössere, als die gewöhn-
liche Annahme ihr zugesteht. Gründe genug, so dass ich nicht nur
geneigt bin, mich Wilson's früherer Annahme von ihrer Entstehung
0 Den „Jamah sudharmah, das gute Jainagesetz" finden wir Catr.
Mäh. XIV, 343., das Appellativuin sudharman, z. B. XIV, 182. Indra selbst
scheint I, 335 sudharma zu heissen, regeiniässij; wenigstens heisst er .sw-
dharmendra, saudharmendra (vgl. Colebrooke \\, 214. Wilson Mack. Coli.
II, 148 — 50). Auch eine sabhd sudharmd finden \\\r zu dem saudharma
des Textes bei Hemac. 93 im Scholion S. 298.
6 Weber, über das Qatrmjmja Mähdtmyam.
„during the early centuries of the Christian era" anzuschliessen,
sondern auch, des Maiiryaputra wegen, einen noch etwas früheren
Termin ansetzen möchte, da die Dynastie der Maiirya nach Las-
sens Berechnung nur von 315 — 178 vor Chr. regierte, Gheder
ihres Namens also schwerlich noch mehre Jahrhunderte später zn
vermuthen sind.
Die ältesten Zeugnisse nämlich für die Existenz der Jaina, ab-
gesehen von ihren eignen Angaben, sind die folgenden.
Die Stellen der Alten über die YujxviqTaL oder 'yufxvoaocpf.araL ^)
beweisen allerdings nichts für die Existenz der Jaina (wenn es auch
auffällig bleibt, dass Ptolemäus geradezu ein Reich derselben im
nordwestlichen Indien anführt): die Nacktheit ist ja nicht blos
den Jaina, sondern auch den brahmanischen Yogin eigen, wenn auch
nicht den Buddhisten, wie Lassen III, 357 irrthümlich angiebt, de-
nen sie vielmehr ausdrückHch untersagt ist (vgl. Koppen, die Re-
ligion des Buddha, S. 339 ff.). Die sicher wohl genuine Glosse des
Hesychios indessen „Fswot, OL ru[JLV0<J09iaT:aL" scheint denn doch
mit Bohlen (I, 357) jedenfalls sich auf die Jaina zu beziehen und
bewiese somit ihre Existenz ziemlich sicher doch mindestens für ein
halbes Jahrhundert vor der Zeit desselben, d. i. vor dem Ende des
vierten Jahrhunderts.
Aus Colebrooke's Worten über die Polemik gegen die Jaina in
den Sanhhya- und Veddnta- Sutra (1827, misc. ess. I, 329. 378 ff.)
erhellt leider nicht mit Sicherheit, ob damit die betreffenden Sutra
selbst, oder nur ihre Commentare gemeint sind, doch scheint Erste-
res das Wahrscheinlichere.
Die bis jetzt in brahmanischen Schriften als älteste vorliegende
Erwähnung der Jaina ist somit einstweilen, bis wir über den eben
angeführten Punkt im Klaren sind, die bei Vardhamihira 59, 19
(Catalog der Berl. Sanskrit -Handschriften, S. 247. Reinaud mem.
sur rinde, S. 121. 122), wo sie (jinds) den ^dkyds gegenüberstehen,
ebenso wie ebend. 58, 44 Buddha ihrem Arhatdm deva in v. 45.:
an beiden Stellen ist ihre Nacktheit besonders betont.
Im Pancatantra S. 234 ff. (ed. Kosegarten) müssen unter jina
und den jinds offenbar auch die Jaina, nicht die Buddhisten gemeint
sein (ob auch eine Erinnerung an eine Buddhistenverfolgung dabei
mit hineinspielt, s. Indische Studien III, 353), da sie nagnakdh (236,
4) genannt werden: danach lebten sie damals in Pdtalipidra von
den Gerichten geschützt.
Die von Böhtlingk-Roth unter xapanaka angeführten Stellen kön-
nen sich nur zum Theil auch auf Buddhisten beziehen , mit Ausnahme
derer nämlich, wo von Nacktheit der xapanaka gesprochen wird;
vgl. das über die digambara von Colebrooke I, 380. II, 202 Bemerkte.
Die bisher älteste Jainaschrift war das im Vorhergehenden schon
^) Letzteres Wort noch m'cht im makedonischen Zeitalter, s. Lassen I,
70. III, 357.
Weher y über das ^atnmjat/a Mdhdtn'jam. 7
öfter erwähnte, von Stevenson (1848) übersetzte Kalpasutram des
f*n Bhadrabdhusvdmin ^), welches in Cap. I — VI. eine Lebensbeschrei-
bung des Vira enthält, oder vielmehr eine Beschreibung seiner Ge-
burt, resp. dessen was derselben vorherging in Cap. I — V. S. 21 — 80,
während nur Cap. VI. bis S. 95 sehr dürftig von seinem Leben und
Tode handelt. Als Cap. VII. schliessen sich daran Nachrichten über
das Leben des Pdr^va, Nemi und Rishahha, der dem Vira vorher-
gehenden zwei und des allerersten Jina 2). Darauf folgt noch eine
Lehrerliste und als letzter Nachtrag — denn als solcher sind Cap.
VII. etc. auch nach Stevenson's Ansicht zu betrachten — mönchische
Regeln über die Beobachtung der pajjusana (paryushana) genannten
Fastenzeit. — Dies Werk nun ist, seinen eignen Angaben am Schhisse
von Cap. VI. nach (s. Stevenson S. 95. 96 und Colebrooke misc.
II, 215), 980 Jahre nach Vira's Tode verfasst, und im 993steu Jahre
nach Vtra, also dreizehn Jahre später öffentlich gelesen worden.
Der Commentar giebt (S. 15) die speciellere Nachricht, dass es
980 Jahre nach Vira's Tode in Anandapura (now called Bddnagar,
fügt er hinzu) unter König Dhruvasena, der gerade durch den Tod
seines geliebten Sohnes Sendgaja schwer betrübt war, verfasst und
gelesen worden sei; er erwähnt hierbei für letzteren Termin des
Vorlesens der dreizehn Jahre nicht, die doch das Werk selbst aus-
drücklich namhaft macht ^). Stevenson schlägt nun, um die Ab-
fassungszeit zu bestimmen, den Weg ein, dass er die Tradition der
Jaina in Guzerate zu Grunde legt (S. 96), wonach Vira 470 Jahre
vor Vikramdditya gestorben sei; da er nun Letzteren in der gewöhn-
lichen Weise 56 v. Chr. ansetzt, so fällt ihm danach die Abfassung
des Kalpasutra 454 n. Chr. In der Vorrede S. IX gewinnt er ein
anderes Datum, 411 n. Chr., indem er nämlich eine andere Aera
für Vira's Tod, die in Prinsep's Useful Tables angegebene, 569
V. Chr. zu Grunde legt. Bei der Berechnung der Zeit des zur Va-
labht -Dymistie gehörigen Dhruvasena begegnet es ihm hierbei (S. X)
freilich, dass er „the Gujerate copper-plate grants of the first (sie)
(^ridhavasena (sie) dated Samvat 375 i. e. AD. 318" nennt, also
dabei nicht, wie nothwendig (es handelt sich hier um die Inschrift
des (^ridharasena IV) die Valabhi-K^r^ (welche 319 n. Chr. beginnt),
sondern die *Samyat-Aera (56 v. Chr.) zu Grunde legt! erstere würde
allerdings nicht besonders für ihn gepasst haben. — Der einzig
richtige Weg, um zu einem annähernd sicheren Resultat zu gelangen,
ist eben nicht der, dass man die ganz unsicheren Angaben über
^) Der bei Hemacandra v. ?A. als einer der sechs QrulakevaUu genannte
Hhadrabdhu ist wohl nur ein Namensgenosse und könnte eher mit dem in
der Slhirävali als fünfter Nachfolger Sudharman's genannten Bhadrabdhu
identisch sein, s. Stevenson Kaipas, S. 100.
'•') Daraus darf aber nicht etwa geschlossen werden, dass nur diese vier
Jina damals in der Jaina-Doktrin existirt hätten! es wird vielmehr im Ein-
/^nnge S. 24 ausdrücklich aller 24 Jina gedacht.
) Stevenson. [)refac<' S. TX. \ dreht das Verhältniss um.
8 Weber, über das Qairmijaya Mdhdimijam.
Vikramdditya oder Vira zu Grunde legt und danach den Dhruvasena
bestinimt, sondern umgekehrt der, dass man die Zeit des letzteren,
und damit die Zeit des Vira, resp. wenn man will des Vikramdditya
zu fixiren sucht.
Dazu aber helfen uns jetzt mehrere Umstände. Zunächst die
von Wathen und Anderson so glücklich entzifferten Inschriften
der Fa/a6Äi- Dynastie, in denen sich der Name des Dhruvasena dr^i-
mal vorfindet (s. Journal of the Asiatic Soc. of Bengal IV, 477 ff.
Sept. 1835, und Journal Bombay Branch R. As, Soc. III, 213 ff.
1850). Sodann der wie in so vielen andern Beziehungen so auch
hier überaus wichtige eigne Reisebericht (Si-yu-ki) des chinesischen
Buddhapilgers Hiuen-Thsang , der von 629 — 45 Indien durchreiste,
und dessen Siyuki in St. Julie n's gewiss trefflicher Uebersetzung
wenigstens zur Hälfte bereits vorliegt^). Endlich ein Werk, welches
fortab als die bis jetzt älteste Jainaschrift zu gelten hat, das (^atrun-
jaya Mähdtmyam nämlich, ein Legendenbuch zur Verherrlichung des
heiligen Berges ^atnmjaya^) in Surdshtrd, mit welchem Werke wir
uns eben hier speciell beschäftigen werden, und über dessen literar-
historische Stellung ich bereits im zwölften Bande der Zeitschrift
der Deutschen Morgenl. Gesellschaft S. 186 — 89 vorläufig die Haupt-
data mitgetheilt habe. Dasselbe ist nach 1, 13 — 15. XIV, 342
verfasst von dem Jainalehrer Dhane^vara in Valab/ti^) unter dem
Schutze des Siirdshtrd -Herrschers (^tldditya, welcher (nach XIV, 286)
477 Jahre nach Vikramdrka herrschte^), während Letzterer (XIV,
101 — 103) seinerseits 470 Jahre nach dem Nirvdiiam des Vira gesetzt
wird. Es ist das Werk somit 947 nach letzterem Ereignisse ab-
gefasst, also 33 Jahre älter als das (980 danach abgefasste) Kalpa-
sütram, und hat natürlich auch ^ildditya, der Patron des Dhane^-
vara in Valabhi, 33 Jahre früher gelebt als Dhruvasena, der Patron
des Kalpasütra -Y er^assers in Anandapura. Können wir nun in der
Wirklichkeit zwei Könige dieser Namen nachweisen, die in dem eben
angegebenen Verhältnisse zu einander stehen, so ist die Identität
derselben mit den Genannten wohl über allen Zweifel erhoben.
^) Leider fehlt gerade noch der Guzerate und Mälava betreffende Theil,
doch enthält die von St. Julien vorausgeschickte Uebersetzung der Lebens-
beschreibung des Hiuen Thsang theils im Anhange direkte Auszüge daraus,
theils giebt auch die Lebensbeschreibung selbst den Inhalt des Siyuki wohl
im Ganzen ziemlich getreu wieder.
^) „This is a tirtha of the Jains 84 miles from Bhownagur'* lautet
Stevenson's Bemerkung zu einer Stelle in der Einleitung des Comraentars
zum Kalpasütra S. 9, wo „Satrunjaya among holy places" der Heiligste
genannt wird, ebenso wie es ebend. S. 10 heisst: „no holy place superior
to Sri Satrunjaya". Auch Hemacandra v. 1030. kennt den Namen {Satrun-
jaya, dem ich aber ausserdem noch nirgendwo begegnet bin.
^) Nicht Ballabhi , wie die Stadt in der Regel genannt wird.
^) d.i. doch wohl in dem Jahre, in welchem das ^atrunjaya Mähd-
tmyam abgefasst ward !? So wenigstens auch die Randglosse der Handschrift
zu I, 13.
Weber, über das (^atrnnjaya Mdhdtmyam. 9
Was nun zunächst die Nachrichten des Hiuen Thsang betrifft,
50 giebt derselbe an, dass 60 Jahre vor seiner Ankunft in Mälava,
die etwa 637 zu setzen sein mag, daselbst ein frommer König
Kiai-ji, oder Chi-lo-o'-t'ie-to ^ildditya, geherrscht habe (vie de Hiueii
Thsang 204. 370), der als ein grosser Begünstiger der Buddhisten
noch in dankbarer Erinnerung stand und dessen 50jährige Regierung
als eine Zeit des Glückes galt. Hier scheint nun in der That wenig
Veranlassung zu einer Identifikation dieses Fürsten mit dem gleich-
namigen Patron des ^atr. Mähdtmya, der ja darin mehrfach als ein
Verfolger der Buddhisten gerühmt wird. Es liegt indess eine Lö-
sung hiefür nicht sehr fern. HiueJi Thsang nämlich berichtet aus-
drückUch, dass in Valabhi, Anandapura und Mälava die Schule ,,Tchmg-
liang-pou (ou les Sammüiyas , Sammitinikdya^ qui se rattache au petit
vehicule (Hmaydjia)^'^ herrschend sei (s. die Angaben aus dem Siyiiki
bei St. Julien vie de H. Ths. 358. 370. 419 und vgl. noch S. 204.
206). Sollten darunter nicht vielleicht direkt die Jaina zu erken-
nen sein, deren Namen in der chinesischen Umschreibung Tching-
liang-pou noch durchzublicken scheint ?'^) Es wären eben dem chine-
sischen Pilger die Unterschiede der Jaina von den Bauddha nicht
prägnant genug gewesen, um Beide zu trennen: er hätte Jene eben
nur als eine abweichende häretische Schule dieser angesehen (vgl.
noch S. 123, 124, 132, 181, 211 wo die Tching-liang-pou eben-
falls erwähnt sind), und das mit vollem Rechte. Dass Beide sich
auf das Bitterste gegenseitig befehdeten, ist eine Sache für sich und
hat ja zwischen den buddhistischen Sekten von jeher in nicht min-
derem Grade stattgefunden, wie dies bei allen mit einander ver-
wandten religiösen Parteien noch heutigen Tages zu geschehen pflegt:
je näher man sich eigentlich steht, desto schärfer pointirt man die
Unterschiede. Auch Hiuen Thsang tritt ja mehrfach als Bekämpfer
der verschiedenen Hhiaydna- Schulen, die im eigentlichen Indien da-
mals die Oberhand über die MahdydnaSchnlen besassen, auf, und
insbesondere auch gerade alsBekämpfer der Tching-liang-pou (S. 241).
Sollte sich übrigens diese unsre Identifikation der Letzteren mit den
Jaina als richtig erweisen, so ergäbe sich daraus auch die Möglich-
keit die Spuren der Jaina noch weiter in den chinesischen Berichten
zu verfolgen. In der Beschreibung freiUch, welche im Siyuki selbst
Cap. III, S. 163 — 164 von den Häretikern im Reiche Sinhapura
(in derselben Gegend, wohin nach Lassen Ptolemaios sein Reich
der r\)(J.voao9l(Ji:ac versetzt!), die theils weisse Kleider tragen ffwe-
tdmbaraj theils, und zwar in der Regel, nackt^) gehen (Dignmbara),
gemacht wird, und welche in allen Einzelheiten vollständig auf die
') Allerdings wird aber sonst jina als Theil von buddhistischen Namen
von Hiuen Thsang stets durch Chin-na oder Tchin-na gegeben , s, vie de
H. Ths. S. 94. 187. 210.
'■') Die nackten Häretiker, die in der Lebensbeschreibung S. 242. 224.
228 genannt werden, sind wohl brahmanische Yogin.
10 Weber y über das (^atrunjmja Mdhdtmyam.
Jaina passt, wird der Name l'clmig-liang-imu nicht für diese Hä-
retiker in Anwendung gebracht. Dafür findet sich aber in den ein-
zelnen Angaben, welche Hiuen Thsang über füdditya's Regierung
macht (vie de H. Ths. S. 205) Mancherlei, wodurch derselbe mit
ziemlicher Bestimmtheit als Jaina markirt wird; so heisst es von ihm:
„dans Ja crainte de causer la mort aux insectes, qui vivent dans
Teaii, il ne permettait pas d'en donner a boire aux elephants ou
aux chevaux avant de l'avoir soigneusement filtree. Quant aux
hommes du royaume il leur defendait severement de tuer des ani-
maux. De lä il vient, que les betes feroces s'attachaient aux hommes,
les loups oubhaient leur fjireur" (vgl. ^atrunj. Mäh. T, 48); eine
dergl. Uebertreibung der ahwsd, Lehre von der Schonung des Le-
bens Andrer, ist das recht charakteristische Kennzeichen des Jaina-
thums ^). Auch die Aufstellung der „statues des sept Buddhas"
führt uns zu den Jaina, welche eine dergl. Siebenzahl ausdrücklich
annehmen (Hemacandra 235, 236), während Hiuen Thsang sonst
durchweg nur von „quatre Buddhas passes "2) spricht. Die Bud-
dhisten kennen nämlich auch sonst nur vier dergl. in der jetzigen
Periode, und ausserdem in der früheren Periode 24 Buddha^); die
Verehrung durch Statuen beschränkt sich in der Regel auf ^dkya-
muni allein, oder dehnt sich höchstens zugleich auch noch auf die
drei ihm vorhergehenden Buddha aus, s. Lassen II, 997, 998. Hl,
514 not.; erst aus späterer Zeit rühren Gebete an die sieben letz-
ten Buddha her (s. Koppen, die Religion des Buddha, S. 314).
Ist somit eine Identifikation der beiden Cildditya des ^atr. Mdh.
und des Hiuen Thsang wohl zu rechtfertigen, so handelt es sich
doch darum noch nähere Anhaltpunkte dafür zu gewinnen. Dass der
Eine König von Valabhi, der Andere König von Mälava heisst, ist
zunächst kein Hinderniss, da beide Reiche nebst Anandapura und
anderen Distrikten zu Hiuen Thsang' s Zeit vereinigt waren, s. Las-
sen [II, 510. 522. 525. Leider enthält die Angabe desselben, dass
60 Jahre vor seiner Zeit „le tröne etait occupe" durch ^ildditya,
keine Bestimmung darüber, wie lange dies von da ab noch gedauert
habe, wann ^ilädUya gestorben sei. Nehmen wir daher auf gut
0 Im grellen Widerspruche hiemit stände sein Kriegszug gegen die
Mahratten, von dem Lassen berichtet (HT, 515). Lassen hat hiebei aber
irriger Weise, das was Hiuen Thsang (vie de H. Ths. S. 416) von dem ihm
gleichzeitigen (aujourd'hui) Qiläditya, König von Känyakubja berichtet,
auf jenen 60 Jahre früher blühenden Qüddüya von Mälava übertragen.
2) So überaus häufig im Siyuki S. 198. 206. 212. 233—39. 262—68 etc.
die Siebenzahl aber nur an dieser einen Stelle (vie 205).
^) Vgl. Hardy, Manual of Buddhism S. 94. 95. Die älteste Aufzäh-
lung freilich im Eingange des Mahavanso kennt überhaupt nur 24 Vorgänger
Gautama's , mit Dipankara beginnend, nicht die drei Vorgänger dieses Letz-
teren, — Ohne Zweifel gehört hieher die Vorstellung der Jina von ihren
24 Tirthankara : so (Tanhankaro) heisst ja gerade der erste Buddha bei
Hardy.
Weber j über das Qatrunjaya Mähdtmyam. 11
Glück jene Zeit, also das Jahr 577 (60 Jahre vor 637, wo Hiuen
Thsang in Mälava gewesen sein mag) als die Blüthe, den Mittel-
punkt der 50jährigen Regierung desselben an, so hätte er danach
von 552 — 602 n. Chr. regiert (Lassen nimmt 545 — 595 an). Wie
steht es nun mit einem 33 Jahre nach diesem ^ildditya zu setzen-
den Dhruvasena?
Unter den drei Dhruvaseiia, welche die Inschriften der Valabhi-
Dynastie kennen lehren^), erscheint in der That der eine, Dhru-
vasena IL, als ein Neffe und unter den Nachfolgern eines von seiner
Beherrschung Mälava's auch Vikramäditya genannten^) ^iläditya.
Und es stimmt hiezu ferner auch die Angabe des Hiuen Thsaiig,
der unter den ihm gleichzeitigen Fürsten einen Thou-lou-po-po-tcha,
Dhruvabhafta^), als Neffen des ^iläditya von Mälava, als Fürsten
von Valabhi wie des südlichen (westlichen) Indiens überhaupt, und
als Schwiegersohn des Sohnes eines andern (^üdditya, Königs von
Känyakubja, aufführt (vie de H. Ths. 206, 254, 370).
Mit Rücksicht darauf nun, dass die Abfassung des Kalpasütra,
resp. dessen Patron Dhruvasena, nur 33 Jahre später fällt, als die
des ^atrunjaya-Mdhdtmyam, resp. dessen Patron ^ildditya, dürfen
wir die Abfassung des letztern Werkes erst in die letzten Regie-
rungsjahre des (^üdditya verlegen, da wir bei dem Dazwischenliegen
zweier Regierungen (des I^varagraha und des ^ridharasena IL) zwi-
schen Qldditya und Dhruvasena IL nicht annehmen können, dass
') Zur Orientirung stehe hier Lasse n's Restitution der Valabhi-Dy nBistxe
in übersichtlicher Folge.
1. Bhatdrka, sendpati.
2. Dharasena, sendpati.
3. Dronasinha, erster Grosskönig.
4. Dhruvasena I.
5. Dharabhatta.
6. Guhasena.
7. ^ridharasena I. 530 — 45 (Inschrift, die sam-
vat 9 seiner Regierung und 220 der Aera d. i. 539
n. Chr. datirt).
t 1 — * \
9. iQvaragraha bdb — ? 8. i^Udditya 64:6 — 95.
10. Qrtdha- 11. Dhruvase- Qilddilya. iQvaragraha. 13. Dhruvasena III.
rasenall. ?ta IL bis 650. 1 660 — 670.
12. Qrtdharasenain.. 14. (^ridharasenaTY. (zwei Inschrihen, samvat
650 — 660. 365 und 379 d. i. 684 und 698 n. Chr.).
2) So Benfey Indien S. 113.
') So übertrage ich den Namen mit Jacquet und Benfey, vgl. Dhara-
bhatta neben Dharasena. — St. Julien und Lassen nehmen Ühruvapatu an.
12 Weber, über das (^atrunjcuja Mdhdtmyam.
Letzterer sehr bald auf Erstereii gefolgt sei. JfmragraÄa zwar, der
ältere Bruder und Nachfolger des (^ildditya, kann nicht mehr lange
nach diesem regiert haben, wir wollen ihm anfs Ungefähr etwa noch
fünf Jahre geben (also von 602 — 607). Aber sein Sohn Qridhara-
sena II. kann auf die durchschnittliche Regierungszeit von 21 Jahren
— die sich ergiebt, wenn wir die Zeit vom Regierungsantritt des
^ridharasena I. bis zum letzten Inschriftendatum bei (^ridharasena IV,
d. i. nach Lassen 530 — 698 n. Chr., also 168 Jahre, gleichmässig
unter die acht Fürsten dieser Zeit vertheilen ^) — immerhin An-
sprüche machen (also von 607 — 628). Diese 26 Jahre müssen
somit von jenen 33 Jahren in Abrechnung gebracht werden, so dass
wir nur sieben Jahre zur Vertheilung unter ^ildditya und Dhruva-
sena II. übrig behalten. Stellen wir diese Vertheilung gleichmässig
an, so erhalten wir das Resultat, dass das (^atrunj. Mdh. 3^/^ Jahre
vor dem Tode des ^üdditya (602) also 598, das Kalpasütram da-
gegen 3^2 Jahre nach dem Regierungsantritt des Dhruvasena (628),
also 632 n. Chr. verfasst worden sei.
Rechnen wir hiernach zurück, so ergäbe sich, dass Vira's Tod
947 Jahre vor 598, resp. 980 Jahre vor 632 n. Chr., d. i. 349
resp. 348 v. Chr. zu setzen wäre, und weiter, dass die Lebenszeit
Vikramdrkasy der im ^atrimj. Mdh. 470 Jahre nach Vira's Hinschei-
den gesetzt wird, danach in die Jahre 121, 122 n. Chr. fiele. Was
nun zunächst jenes Datum für Vira's Tod betrifft, so stimmt es
allerdings nicht zu den sonstigen dergl. Angaben (s. Stevenson,
Kaipas. pref. IIL), welche zwischen 663 (the Jains of the Carnatic),
637 (those of Bengal), 569 (Prinsep, Useful Tables), und 526
(the Jains of Gujerath, Stevenson S. 96) schwanken, wohl aber
stimmt es, wie bereits oben S. 5 bemerkt, ziemlich genau zu den An-
gaben der nördlichen Buddhisten über Buddha' s Tod, welche den-
selben in runder Summe 400 Jahre vor Kanishka (nach Lassen 10
— 40 n. Chr.) ansetzen. Und jedenfalls ist unser Resultat in einer
ganz unverfänglichen Weise gewonnen durch die Angaben Hiuen
Thsang'sy der Inschriften und des ^atr. Mdh. wie Kalpasütra selbst
gestützt, und kann nur wegen der Unsicherheit, die über die wahre
Regierungszeit des ^ildditya und des Dhruvasena herrscht, um einige
Jahrzehnte von der Wahrheit differiren, vorausgesetzt freilich dass
die Angaben über die 947 (d. i. 470+477), resp. 980 Jahre selbst
richtig sind.
In dieser Beziehung wird denn allerdings zunächst einiger
Zweifel erregt, wie ich bereits in der Z. d. D. M. G. a. a. O. bemerkt
habe, wenn in dem prophetischen Theile des letzten Capitels des
*) Für die sechs ersten Fürsten bleibt dann freilich, wenn man die Va-
labhi-Aera. (319 n. Chr. beginnend) als nach ihrem Auftreten datirend rech-
nen will, ein unverhältnissmässig grosser Zeitraum (319 — 530) auszufüllen.
Das Richtige wird wohl sein, dass diese Aera eben einen andern Grund
ihres Beginnens gehabt hat.
Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmyam. 13
^atrunj. Mäh. XIV, 290, 291 von einem Könige Kalkin gesprochen
wird, der 1914 Jahre nach Vira's Tode, also 967 Jahre nach Ab-
fassung des ^atr. Mäh. leben werde; da diese Angabe indess später
V. 305 noch durch 86 Jahre vervollständigt wird, somit die Ge-
sammtsumme 2000 herauskömmt, so scheint damit eben eine perio-
dische Zahl (die Dauer des paiwamdra} gemeint zu sein, wie ich
ad 1. näher besprochen habe. Die Uebereinstimmung von ^atr. Mäh.
und Kalpasütra untereinander und mit den sonstigen Verhältnissen
lässt überdem für die Richtigkeit der Angaben über die Aera des
Vira, als damals so gültig, jedenfalls keinen Zweifel aufkommen.
Etwas anders steht es freilich mit der einzeln dastehenden, nur auf
Dhane^vara's Zeugniss ^) beruhenden Angabe über die Zeit des Vi-
kramdrka, da uns bis jetzt um 120 n. Chr. durchaus kein König
der Art bekannt ist, und da sie ferner auch um mehrere Jahrzehnte
von der von mir anderweitig ausgesprochenen Ansicht diflferirt, wo-
nach die Blüthezeit der Gupta -Dynastie (Candragupta I., Samudra-
gupta, Candragupta l\., nach Lassen von etwa 168 — 240) für die-
jenige Periode zu erkennen wäre, welche der sagenhaften Tradition
von der Herrlichkeit des Aerenstifters Vikramdditya zu Grunde liegt
(Ind. Stud. IL 417. 1853).
Wir wenden uns nunmehr zu dem ^atrunjaya- Mdhdtmyam selbst,
dem gegenwärtig ältesten Dokument der Jainalehre und seinem rei-
chen Inhalte. Leider habe ich das umfangreiche Werk — es ent-
hält 14 sarga, mit 8695 Versen, fast durchweg im f/oÄa -Metrum —
während meines nur kurzen Aufenthalts in Oxford im vorigen Som-
mer nicht in allen seinen Theilen gleichmässig durchforschen, son-
dern zum grössten Theile nur kursorisch durchfliegen können: nur
das vierzehnte Buch habe ich seiner historischen Notizen wegen
vollständig kopirt: es sind daher die folgenden Angaben mehr geeig-
net und bestimmt, die Aufmerksamkeit Andrer auf das Werk zu
richten, als über dasselbe bereits genügende Auskunft zu ertheilen.
Es bietet übrigens die Oxforder Handschrift, aus der Wilson'-
schen Sammlung Nr. 264, die einzige, welche bis jetzt überhaupt
bekannt ist 2), auf ihren sehr sauber und zierlich geschriebenen
172 Fol. manche Schwierigkeit sowohl durch einzelne eigenthüm-
liche ^) Schriftzüge (wie sie in den Jainamanuscripten fast durchweg
wiederkehren), als auch durch gelegentliche Inkorrektheiten*) und
^) Dem die Angabe der jetzigen „Jains of Gujerath" offenbar entlehnt ist.
'^) Eine ganz incorrekte, moderne Abschrift davon findet sich in der
Wilson'schen Sammlung selbst, in Nr. 271, 272, auf 369 Fol.
^) Eine orthographische Eigenthümlichkeit ist die, dass sich finaler Gut-
tural vor Nasalen nicht in ri, sondern g wandelt.
^) Häufiger Wechsel von q und s , kh und sh oder .t.
14 Weber, über das Qatrunjatja Mdhdtmyam.
Lücken, welche letztere zwar mehrfach, aber doch nicht immer, am
Rande ergänzt sind: sie ist geschrieben: samvat 1654 ^rijegra-
ma(l)lameru mahddurgamadhye vdcandcdryavarya^ri padmahema ga-
nigishyena nilayasundaraganindmnd.
Das Werk ist in den Mund des letzten Jina, Vardhamdria oder
Vira genannt, gelegt, der bei einer feierlichen Versammlung auf dem
(^atrunjaya selbst den Bitten Tndra's gemäss demselben die sich an
den dem ersten Jina, Rishabha, geweihten Berg knüpfenden Legen-
den erzählt, dabei aber überaus weit ausholt, so dass er nicht nur
die eigentlichen Jainasagen selbst über die Geschichte ihr^r haupt-
säcbhchsten Patriarchen, des Rishabha nämhch und seiner Familie,
so wie des Ajitasvdmin , (^dnti, Nemi, Pdrgva heranzieht, sondern
auch den ganzen brahmanischen Sagenschatz einfügt, der sich auf
die Geschichte des Rdma, wie auf den Kampf der Kuru und Pdndu
und die Geschichte des Krishna bezieht (andere dem Pwmwa- Kreise
speciell angehörige Stoffe fehlen), und zwar in zum Theil höchst
willkürlicher Weise umgeformt.
Die Sprache des Dichters ist im Ganzen edel und kräftig und
reiht sich der des Bhattikdvya würdig an, welches Werk ja eben-
falls m Valabhi und zwar unter der Herrschaft eines der vi^r fn-
dharasena — welches derselben ist ungewiss — verfasst ward (Bhattik.
XXII, 35). Es finden sich bei Dhane^vara übrigens nicht nur, wie
begreiflich, viele Wörter in einem ganz speciellen der Jaina -Termi-
nologie angehörigen Sinne verwendet, so samgha, samghapa, sam-
ghapati, samghe^a, caitya, tirtha, uddhdra, samavasaranam I, 201. 204.
XIV, 65 1),* de^and XIV, 65. 74. 339, sdmya XIV, 71. 82, samijaktva
XIV, 67. 75. 80, mithydtva XIV, 79. 80. 340 — 41, mithydtvin XIY,
175. 224. 232, y/ sütray XIV, 21. 55. 70 etc., sondern auch sonst
noch manche andere sprachHche Eigenthümlichkeiten. Hieher gehört
die Verwendung von itah, ita^ ca am Eingange eines neuen Abschnitts,
z. B. 1, 64, 222, 511. l'l, 454. III, 4. V, 3. VII, 1. IX, 4. 99 etc.: —
ekavela für kevala, z. B. I, 17. 368. 388. 401 etc., während kevala
theiis einen ganz speciellen Sinn, vgl. XIV, 64. kevalin X, 140- theils
auch im gewöhnlichen Sinne daneben gebraucht wird, so X, 141,
147 : — die (bei Westergaard nur noch im Bhattikdvya belegte) ^ lä
XIV, 149. 166. 298 (?): — apäci Süden I, 56. 283: — angin =z dehin
XIV, 82. 336: — die einfachen Denominativbildungen, wie kimkaranti
XIV, 40. 81, jalati, jnyüshati, abjati, mitranti XIV, 81. 82. Gram-
matisch auffällig sind die nicht periphrastisch gebildeten Perfektfor-
men ixatuh X, 137 und jajdgdratus X, 168.; auch das Parasmaipadam
bei y ix ist irregulär, findet sich indess noch öfter z. B. X, 171.
XIV, 142 (ixishyaii). 181 (ixyasi). Ebenso udvejishyaii XIV, 234.
ushishyati XIV, 140. tapisliyati XIV, 179. asimat XIV, 91. vimushayan
XIV, 343. sndpya für sndpayitvd X, 156. Besonders interessant aber
ist die Stelle X, 153: tdm eva na smardmy asmi, vgl. dazu die
^) Mack. Coli. I, 150 samopasaranam.
Weber, über das Qatrunjaija Mdhdttnyam. 15
ähnlichen Beispiele bei BÖhtlingk-Roth, S. 536. Bekanntlich sind die
vier zusammengesetzten Aoristformen des Sanskrit nebst mehreren
Verbalformen des Prdkrit und Päli durch eine dergl. Nebeneinander-
stellung und schliessliche Verwachsung des Hülfsverbums entstanden.
Vielleicht kommt denn doch auch Holtzmann's ^u^rdvdsa (Indravijaya
S. 56. 75), für welches er von Lassen (Jen. Allg. Lit. Z. 1842, Nov.,
Nr. 275, S. 1132) so hart mitgenommen worden ist, noch einmal zu
Ehren und wird wirklich definitiv nachgewiesen! — In den Noten zum
Text habe ich noch gelegentlich auf mancherlei andere sprachlich inter-
essante Punkte besonders aufmerksam gemacht, üeberhaupt giebt das
Werk auch durch Anwendung sonst wenigstens seltner Worte reiche
Beute für das Lexikon, vgl. asüryampa^yd, mattavdrana , piishpadantau
etc. Stylistisch eigenthümlich ist die häufige Bekräftigung einer Sache
durch die schliessliche Versicherung, dass das Gegentheil nicht der
Fall sei, z. B. X, 96. XIV, 95. 262. 289. Besonders beliebt sind auch
Zusammenstellungen gleichklingender Wörter, so I, 30. 50. 165. 294.
380 — 82. 11, 6. 8. 13. 17 etc., nicht selten finden sich auch wirkhche
Wortspiele, so I, 3. 6. 26. 44. 56. 160 etc., jedoch nirgendwo in
der gesuchten und geschraubten Weise späterer Dichtung.
Cap. I. (526 vv.) bis ll'': dcdrya^ridhane^varasürioiracite ma-
hdtirthagatru7ijayamdhdtmye giri-Kamduinmn-hhagavatsama(va)sara7ia-
degano-'dydnavarnano iiäma prathamah sargah, schildert den Berg, die
Geschichte des Kamdumuni, die feierliche Sitzung des Vira, seine
Predigt und seine Beschreibung der Haine.
Der Dichter beginnt mit der preisenden Anrufung der fünf
hauptsächlichsten Jina ^) : des Yiigddi^a (ersten), fawfi (sechszehnten),
^emi, Pdr^va und Vira (der drei letzten), verehrt in v. 6 seinen
Vorgänger Pundarika, und richtet in v. 7 seine Andacht auf alle Jina,
Adi^vara an der Spitze, auf alle Muni, Pmdarika'^) u. s. w., und auf
die gdsanadeoi (\iem3.c. 46) genannten Wesen. In v. 8, 9. berichtet
er, dass auf Verlangen des Yugddijina (dessen) g-awa-Führer Punda-
rika vormals ein mdhdtmyam des (^atrunjaya in 100,000 pdda abgefasst
habe. Auf Anweisung des Vardhamdna (Vira) habe dann (dessen)
g-awa- Führer Sudharman daraus einen Auszug gemacht (v. 10.). Aus
diesem 24000 Verse enthaltenden Auszuge aber habe er, Dhanegvara,
die Buddhisten demüthigend kraft des Systems des Einräumens 3),
1) Es sind dies wohl die fünf parameshthin, dieX, 82. XIV, 203. 237
erwähnt werden.
-) Nicht bei Heniacandra, s. aber v. 6. 8. 499. XIV, 186, und vgl. den
Purushapuridarika bei Hemac. 696, als Name des sechsten schwarzen Vdsudeva,
•^) „syddvddavddavaQatah, kraft des Systems des als-moglich-Zulas-
sens", s. Hemac. 25. 681. Es liegt hierin wohl nicht der ,,Skepticismus*',
der ja grade negirend , zweifelnd sich verhält, ausgedrückt, wie Böhtlingk-
Rieu zu V. 681. lihersetzen, sondern gerade im Gegentheile die Einräumung,
16 Weber, über das Qairmjaya Mdhätmyam.
in Valabhi auf Befehl des ^tldditya^), Königs von Surdshtra, Herr-
schers über 18 Fürsten, sein Werk verfasst (v. H — 15). Hierauf
folgt ein kurzer Lobpreis des Berges und seiner entsühnenden Kraft
^v. 16 — 25.) und darauf der Beginn der Erzählung selbst.
Vardhamdna (Vira) besuchte einstmals den ^atrunjaya umgeben
von den Vrinddraka (Göttern, Hemac. 88). Da erzitterten die Sitze
der Vidaujas (Indra, Heraac. 171), sie gleichsam antreibend sich vor
dem Jina^) zu verneigen (v. 27). Vierundsechszig derselben, nämlich
20 Bhavanasyendra (Hemac. 90), 32 Vyantarädhipa (Hemac. 91), 2 Jyo-
tirindra (Hemac. 92), und 10 Urdhvalokanivdsm eilten mit ihren Dienern
herbei und machen ihrer Bewunderung des Berges in einer ausführlichen
Beschreibung desselben (v. 26 — 48), so wie seiner Umgebung
(v. 49 — 63) Luft. — Danach hat derselbe 108 Gipfel: Svarnagiri,
Brahmagiri, Udarya, Arbuda^) n. s.w. Vierzehn Flüsse gehören dazu:
Qatrunjayd (auch V, 738. 749), Äindri, Ndgendrij Kapild, Yamald,
Tdladhvaji, Yaxdngi (oder Kapardikd) , Brdhmi, Mdhegvari, Sdbhra-
mati, ^advald, Varatoyd, Ujjayantikd, Bhadrd: von dem ersten wird
ausdrücklich erwähnt, dass er in das östliche Meer, d. i. offenbar
den Meerbusen von Kambay fliesse. Auch verschiedene Haine
(udydnam) befinden sich darauf, im Osten das Süryodydnam (s. 511.
II, 3. 599. 602), im Süden das Svargodydnam, im Westen das
Candrodydnam , im Norden das Laxmilildvüdsam genannte. Ebenso
mehrere Seen (saras) mit Namen Aindram (einst von Dhanada auf
Anweisung des Saudharmendra angelegt), Bhdratam (von Bharata,
dem ersten Cakravartin herrührend), Sarah Kapardiyaxasya (vgl. XIV,
210 ff.), Sarvatirthdvatdram u. A.
„Jener weise Mimi dort büsst seine Busse: höre aufmerksam
die Geschichte seines wunderbaren Lebenswandels!" fährt der Dichter
(v. 64.) fort, ohne dass ersichtlich ist, welcher Einzelne hier spricht
(s. fiuch V. 163) und welcher Einzelne hier angeredet wird: es schliesst
dass die Gegner vielleicht auch Recht haben könnten, also nur ein Verzicht-
leisten auf imbedingte Richtigkeit der eignen Ansicht, s. Wilson Vishnup.
339. Dergleichen Resignation ist zwar auch den Buddhisten überhaupt im
Allgemeinen eigen, scheint aber ganz besonders bei den Jaina charakteri-
stisch zu sein, die sich dadurch beziigs der Dogmen in die Mitte zwischen
die dstika, Brahmanen, und nästika oder Qünyavddinas, Buddhisten stellten,
und erklärt die Erscheinung, dass sie friedlich mit Jenen, denen sie sich
ja auch bezugs der Kasten accommodirten , hausen konnten, während die
Letztern weichen mussten.
^) Die Handschrift hat durchweg in diesem Namen kurzes /, indess
wohl jedenfalls mit Unrecht, da nicht an gild Stein, sondern an gila Tu-
gend, Sittigkeit zu denken ist.
^) Oder ist jindn nantum nicht aus jindt, sondern aus jindn (Accus.
plur.) zu erklären, so dass die vrinddraka mit eingeschlossen wären? s. v. 165.
^) Dies scheint jetzt in der Form Abu sein berühmtester Name zu sein,
vgl. die Inschriften von da , die Wilson in Vol. XVI. der Asiatio Res. bespro-
chen hat, imd s. Höh tlingk- Roth s. v.
Weber, über das ^atruiijaya Mdhatmyam. 17
sich (lies eben ganz unmittelbar an das aus dem Munde der Götter
gesungene Lob des Berges an, als ein Beleg für die Heiligkeit des-
selben, ohne doch dazu gehören zu können. Der Dichter fällt den
Göttern gewissermassen ins Wort, und die Legende folgt nun in
aller Ausführlichkeit bis v. 164. — Es war vormals ein grausamer
König in Candrapura, Kandu genannt i). Durch eine himmlische
Stimme aufgerüttelt, ging er in den Wald, ward daselbst von einer
Kuh (der Surabhi) besiegt, von einem Yaxa gebunden und in einer
Höhle im Walde ausgesetzt. Dadurch kam er zur Erkenntniss seiner
Frevelhaftigkeit. Die Schutzgöttin seines Geschlechts (goiradevi) Am-
bikd (v. 108), oder wie es v. 129 heisst: „^äsanasundari (vgl.
^dsanadevi v. 7. und Hemac. 46) tasyiimbiV- erschien ihm und wies
ihn an zum Qatrunjaija zu pilgern; unterwegs traf er (v. 149) einen
Mahdmuni, der ihn völlig belehrte. Durch Ersteigung des Berges
besiegte er seinen Feind ^), die Sünde (v. 160), und ist jelzt nach
langen und schweren Bussen im Begriff, die wahre Erkenntniss (und
damit zugleich die Befreiung) zu erlangen. „So habe ich (wer?)
o ihr Götter! aus dem Munde des Qrimat Simandharasvdmin
gehört, als ich einst nach dem Xetram Mahdvideham (s. v. 295.)
gegangen war (v. 163). Jeglicher noch so grosse Sünder wird
durch die Verehrung des Qri ^atranjaija entsühnt und der Vollen-
dung theilhaftig wie dieser Kandu (v. 164)."
Immer noch mehr Götter strömten herbei (v. 165) um sich
vor dem Jina zu verneigen. Ausführliche Schilderung der feierlichen
Versammlung. Auch der Yadw-Spross Hipumalla, Fürst von Giri-
durga (s. II, 8), Sohn des Fürsten Gddhi und Oberherr des Su-
rd^Ä^fra- Landes stellte sich ein (v. 222). — Wir finden ihn II, 660
wieder, wo Vira auf ihn hinweisend zu Sura]^ati QnilTdi') sagt: „dem
Geschlecht desselben (des Süryamalla} gehört dieser König Ripu-
malla hier an, der da an der Seite des jRaimta- Berges wohnend
durch (d. i. nach) drei Existenzen zur Befreiung gelangen wird".
Wie mag nun dieser einzelne König gerade zu einer solchen Be-
vorzugung, wie sie der Dichter ihm hier zu Theil werden lässt,
kommen? Sollte der Dichter etwa damit einem ihm gleichzeitigen
Fürsten, einem jener in v. 14 genannten 18 Vasallen^) des ^ild-
ditya, ein Compliment machen wollen? Freilich wäre dies etwas un-
galant gegen ^ilddifya, indessen scheint doch kaum eine andere
Deutung möglich. Vgl. das am Eingange von Cap. II. Bemerkte.
Als nun Alle ordnungsgemäss Platz genommen (v. 223), be-
gierig den Nektar der Worte, die sie von Vira hören sollen, mit
^) Steht derselbe zu seinem brahmanischen Namensgenossen in irgend
welcher Beziehung? haben die Jaina ihn blos zu dem Ihrigen gemacht, um
sich damit zu schmücken?
2) Wortspiel mit dem Namen des Berges, die zugleich die wirkliche
Erklärung desselben enthalten.
•') i^Udditijn heisst QrisuräshtreQa v. 14, Ripumalla aber blos Surä-
shtradeQddhinätha, dagegen GiridurgeQa.
Abhandl. der DMG. I, 4. 2
18 Weber, über das (^atrunjmja Mdhdtmyam.
ihren Ohren aufzuschlürfen , beginnt zunächst Saudharmendra ihn zu
preisen (v. 224 — 240). — Darauf folgt dann eine predigende
Ermahnung des Jina (244—65) unter andächtigem Entzücken der
Versammhing. — Saudharmendra sodann, der beständig zum Guten
Unermüdliche, wird durch den Anblick des Qatninjaya tirtha, der
Herbeikunft des Herrn, der Statue (arcd) des ^riyugddijiria (RishabhaJ^
des milchträufelnden Räjädani - Baumes ^\ der beiden darunter be-
findlichen Schuhe etc. zu staunenden Fragen an Vira gedrängt
(v. 269 — 73): „welches Heil und auf welche Weise man es auf
dem Berge erreiche? wann der Berg entstanden sei? durch welchen
Frommen dieser neue Tempel hier gebaut? durch wen dies wie
Mondschein liebhche Bildniss (pratimd, Statue) gefertigt'? wer die
beiden Götter seien, die das Schwert in der Hand, an der Thüre
vor dem Herrn (Rishabha) stünden? wer die beiden Gestalten zu
seiner Rechten und Linken? und wer die übrigen Götter? und
ebenso jener einzelne Rdjddani-Bdiwm, wem die beiden Schuhe dar-
unter gehören? was das hier für ein Pfauenbild ^) sei? und wer der
Yaxa^ der hier dastehe? wer die Göttin sei, die hier sich ergötze?
und wer die Muni, die hier versammelt? was das für Ströme und
Wälder seien? und Bäume? welchem Mw?ii jener Teich dort gehöre?
und die andern Brunnen? und woher diese Saftquelle (? rasdküpi,
Mineralquelle?), Edelsteinhöhle, diese Grotten entstanden? und wer
jene fünf von ihren Frauen begleiteten Männer aus Mörtel 3) gemacht?
wer jene Leute seien, die da hier die übermenschlichen Tugenden
des Ndbheya (ersten Jina, Rishabha) besängen? was das für ein
Berg sei im Süden? und wie er entstanden? was das für Berg-
spitzen und Städte ringsum seien? wie das Meer dort hieher komme?
welche Purushottama (Jina, hier) gewesen seien? wie lange Zeit sie
noch hier vollenden würden? wie viel weiter sich dieser Berg noch
halten (?) werde? wie viel Erhebungen*) Hochweiser hier noch statt-
finden würden? (v. 274—86)."
Diese Fragen enthalten gewissermassen den Inhalt des ganzen
^atr. Mdh. in nuce, und geben zugleich von dem Schauplatz des-
selben, von dem Berge selbst, ein ziemlich anschauHches Bild. —
Die beiden Schuhe unter dem Rdjddani -Bdnime sind das Symbol
der Herrschaft des Yugddiga (vgl. X, 159), gerade wie im Rdmdyana
^) Buchanania latifolia, oder Mimusops kauki, oder Butea frondosa,
nach Wilson.
2) Ueber die Heiligkeit des Pfaus bei den Jaina s. Wilson Vishnu Pur.
338, sowie auch unten II, 20.
^) ? oder ist lepanirmita einfach nur: gemalt.
^) Das Wort wdd/tara ist ein wahrer Proteus, bedeutet bald die geistige
Erhebung Jemandes, bald die Erhebung, Stiftung, Verherrlichung von Jaina-
Heiligthümern durch Jemand, und oft geht beides ineinander über, ebenso
das Verbum uddhar selbst. Die Handschrift bietet übrigens fast durchweg
udvar, udvära ebenso wie värdvih statt vdrddhih.
Weber, über das (^atrunjaya Mdhätmyam. 19
II, 123 Bharata die beiden Schuhe des Rama auf den während
dessen Abwesenheit erledigten Thron setzt.
Viva holt mit seiner Antwort glücklicher Weise sehr weit aus.
wodurch wir viel Interessantes erfahren.
„Dieser 100,000 yojana weite Welttheil (dvipaj hier heisst Jam-
büdvipa, weil darauf der ewige Jambü -Baum steht ^), der mit seiner
Rankenfülle vor Freude darüber, dass sich Jaina-caitya in seinen
Zweigen befinden, gleichsam tanzt (v. 290. 91)." — Die bewohnte
Erde besteht nach den Jaina aus „two and a half continents and
two seas" Kalpasutra S. 94, wozu Stevenson bemerkt: „namely
Jambudvipa, Dhdtuki khanda and Urdha Piishkar and the salt and
fresh water sea, all our earth." So stellt auch Hemacandra in sei-
ner Erklärung zu 1074 dem Jambudvipe ein dhdtakikhande und push-
karavaradvtpärdhe'^) zur Seite (wo sich dieselben Regionen und Berge,
wie in Jambiidvtpa, aber in gedoppelter Zahl finden sollen). Dieselbe
Eintheilung scheint hier in v. 342. 343 jambüdrucaityeshu, dhdtuki-
vrixe, pushkaradvipacaityeshu zu Grunde zu liegen. Diese dritt-
halb „continents" sind es ferner wohl, welche unter dem Ausdruck
trikhanda X, 318. XIV, 309 zu verstehen sind. Auch Colebrooke
II, 222 führt nur diese drei Namen (Jamb., Dhdtuktdvipa , Pushk.)
an, obwohl er von „numerous distinct continents" spricht, aus
denen die Erde besteht. — Die Brahmanen haben' bekanntlich
sieben dvipa, darunter Jambüdvtpa und Pushkaradvipa : und Dhdtaki
erscheint bei ihnen (s. Wilson Vishnupur. 200) als Name eines Für-
sten, nach welchem eine der beiden Regionen (varsha) des Push-
karadvipa benannt ist (die andre nach seinem Bruder Mahdvira): bei
den Jaina scheint jedoch (vgl. v. 343) der dvipa von einem dhdtuld-
Baume^) benannt zu sein, wie der Jambudvipa von dem Jambü-
Baume darauf.^)
„Daselbst befinden sich sechs Berge (Far^Äa- Halter), die durch
sieben Regionen (varsha) abgemessen sind (d. i. deren innere Grenz-
scheide bilden). Diese sieben Regionen heissen: Bhdratam^), Hai-
mavatam, Harivarsham, Videhakam, Ramyakam, Airanyavatam und
Airavatajn. Die sechs Berge sind: der Himavant, Mahdhimavant,
Nishadha, Nilavant, Rupya und ^ikharin, die an das östliche und
1) Vgl. Wilson Vishnu Pur. S. 168.
2) Nur die eine Hälfte des Pushkaradvipa „is accessible to mankind,
being separated froni the remoter half, by an impassable ränge of moun-
tains, denominated Mdnushottara parvata'^ Colebr. IT, 222. Aehnlich bei
den Brahmanen, s. Wilson Vishmp. 200, wo der Berg Mdnasotlara heisst
(s. unten v. 344).
*) Wilson hat nur dhdtald, grislea tomentosa.
^) Unter diesem Jambü-Baume ist offenbar, wie v. 291 andeutet, der
heilige bodha-tree zu verstehen: „under which Gotama became a Buddha",
s. Hardy, Manual of Buddhism, S. 4. Der Name Jambudvipa ist somit
buddhistischen Ursprungs. '
^) In der Regel hier mit kurzem ä geschrieben.
2*
20 Weber, über das gatrunjaya Mdhdtmijam.
westliche Meer streifen und mit Caitya geschmückt sind (v. 292 —
94)." — Dieselben Angaben finden sich bei Hemacandra in seinem
Schol. zii V. 946 — 47 bei Böhtlingk-Rieu S. 377, nur dass wir
daselbst Iravyavata und (vgl. Colebrooke II, 223) Airävata, Nila
und Rukmin (statt Rüpya) lesen. Im Text selbst zählt er nur B/ia-
ratdni, Airävatdni und Videhdh auf, alles übrige als bekannt voraus-
setzend, was immerhin auffällig ist: sollten die Namen ihm etwa zu
obsolet und theilweise abnorm gewesen sein? ähnlich wie er v. 1074
nur die laukika-^dLmen der dvipdntara-Meere aufführt. — Die sieben
varsha des Jambüdvipa kehren auch in den Pardna wieder, stehen
aber daselbst in andrer Ordnung und haben zum Theil andre Na-
men (s. Wilson Vishnupiir. 168), nämlich: Bhdratam, Kimpurusham,
Harivarsham, Ildvritam, Ramyakam, Hirmmayam, Uttarakuru. Der
erste, dritte und fünfte Name stimmen also mit den obigen überein:
der zweite ist verschieden: in Hiranmayam und Ildvntam liegen uns
wohl die Grundformen für Airmiyavatam und Airävatam vor. Den
Uttarukuru entspricht Videhakam, welches nach Hemacandra 946 die
Kuru einschliesst, da es Kurun vind als karmabhümi, die Kura aber
nebst den andern vier nicht aufgezählten varsha als phalabhümi zu
gelten haben. Das Videhakam gilt überdem als der Mittelpunkt des
ganzen Jambüdvipa, der bei den Brahmanen durch das Ildvritam
gebildet wird. Der Grund dieser Bevorzugung ^) der Videha bei
den Jaina (wie bei den Buddhisten, wo ja auch einer ihrer vier
dvipa nach ihnen benannt ist) ist wohl ein historischer, die Erinne-
rung nämlich daran, dass bei den Videha der Buddhismus (also auch
das Jainathum) entstanden ist. Mithild, die Stadt des frommen
Janaka, wird als ein Hauptaufenthalt des Vira genannt, s. Kalpa-
sütra S. 91. Verz. der Sanskr.-Handschr. der Berl. Bibl. S. 372. —
Die sechs Berge heissen in den Purdna: Himavant, Hemaküfa, Ni-
shadha, Nila, (^veta, ^ringln. Der zweite und fünfte Name sind hier
ganz verschieden. Nilavant für Nila (so übrigens auch Hemacan-
dra im Schol. V. 947) und Qikharin für Qringin sind nur Varianten.
Die Reihenfolge ist dieselbe. — Der Zusatz „die an das östliche und
westliche Meer streifen" entspricht dem Salz -('/auana) Meer der Pa-
rdna, welches den Jambüdvipa von allen Seiten umgiebt. — Diese
ganze Darstellung stimmt somit im Wesentlichen mit denen der Purdna
überein, während die der Buddhisten höchst verschieden ist. Die-
selben haben vier dvtpa, in der Mitte derselben den Meru und um
diesen herum sieben encyklische Bergreihen, für diese aber vollstän-
dig verschiedene Namen, s. Hardy, Manual of Buddhism S. 4. 12.
Ind. Stud. III, 123.
„In der Mitte des Mahdvidehakhanda erhebt sich ein goldner
mit 100,000 Spitzen gezierter Berg, Meru genannt, der auf dem
') Während umgekehrt bei Manu die Vaideha als eine unreine Kaste
erscheinen, s. meine Academ. % orlesungen über indische Literaturffescluchte
S. 242.
Weber j über das (^atrunjaya Mdhdtmyam. 21
Nabel der Erde sich befindet, 100,000 yojana hoch, mit Wäldern
geschmückt und durch ein Diadem ewiger Arhat-Caitya mit schim-
merndem Juwelenglanz geziert ist (v. 295 — 96)." — Ganz ebenso
in den 'Pm'dna, nur dass eben Ildvritam als das betreffende varsham
genannt wird.
„Das Bharatam varsham halten wir fiir das Reinheittragende i),
weil dessen Bewohner sogar zur Zeit der Duhshamd^) nach Rein-
heit streben. Daselbst aber ragt unter allen Königreichen hier das
Land Sxirdshtrd hoch hervor, wo die Sünde eingeschüchtert ist, alle
Landplagen mangeln, und die Menschen in Liebe mit einander ver-
bunden sind (v. 297. 298)." — Siirdshtrd — so, als Feminin
erscheint der Name hier fast durchweg, vgl. auch bei Ptolemaios
2upacJTpY)VY]. Das Land scheint sich früh durch seine brahmanische
Cultur ausgezeichnet zu haben, vgl. das Ind. Stud. IH, 220 Be-
merkte. Hier wird es natürlich als Hauptsitz des Jainathums so
hervorgehoben und bezeichnet offenbar, wie bei Ptolemaios, ins-
besondre die Halbinsel Guzerate, auf welcher der ^atrunjaya selbst,
wie auch Valabhi liegt. Seiner Lage wegen ist dieser Landstrich
den Einflüssen des Abendlandes von jeher besonders zugänglich
gewesen. Sollen ja doch z. B., einheimischen Legenden zufolge, sogar
die Fürsten von Udayapura, der Hauptstadt von Mewar, von einer
byzantinischen Prinzessin Maria, Tochter des Kaisers Mauritzios
(583 — 602, also gleichzeitig mit unserm Qüddityd), der GemahHn
eines zum Christenthum bekehrten Sohnes (resp. Enkels) Nüshirvans
des Grossen (531 — 79), der sich nach Indien flüchtend daselbst
ein Reich gründete, abstammen, s. T o d Annais of Rajasthan I, 236 ff.
Es wäre sonach an und für sich nicht unmöglich, dass, wie dies
beim Krishnad\enst , der ja auch gerade von hier aus seinen Ursprung
nimmt, geschehen ist, so auch dem Jainathum frühzeitig hierselbst
christliche Elemente sich beigemischt haben könnten. Mehrere Le-
genden von ^dlivdhana, der weiter südlich auf dem Dekhan in Pra-
tishthdna an der Goddvart herrschte, hat bereits Wilson (Mackenzie
Coli. I, 347) auf einen dergl. Ursprung zurückgeführt.
Es folgt nun in v. 298 — 327 ein ausführliches Lob dieses Land-
striches, und daran schHesst sich ein längeres dergl. des Qatrunjaya-
Berges selbst, der gleichsam das Diadem desselben bilde und der
schon dadurch, dass man nur an ihn denke, viele Sünden tilge
') Wortspiel mit Bharatam; bharüam ist wohl von bhara, Last, {gebil-
det, wie tdrakita von Idrakd.
•') Dies ist die vorletzte Speiche der rtvasaj'pinl- Periode, s. Henia-
candra 131, ßöhtUngk-Rieu S. 303. Der Cod. liest hier wie XIV, 165. 318.
323b duhkhamd (ebenso Colebrooke II, 215), dushkamd \iy,dl4:, und nur
ibid. 323^^ duhshamd. Der Zusammenhang mit duhkha (sukha) giebt sich
auch in dem „ekdntam mahdduhkhinani ydvat"' \l\y ^S, womit die ekdnta-
duhshamd bezeichnet wird , kund, und es fragt sich vielleicht also doch, ob
nicht diese Ableitung der des Hemacandra aus dah (resp. su) -! snmd vor-
zuziehen ist. Ein taddhita-Ai'f\x ma ist freilich höchst ungewöhnlich.
k
22 Weber, über das ^atrmjaya Mdhdtmyam.
(v. 328). Von seinen hundertundacht Namen werden dreiundzwanzig
aufgeführt (v. 331 — 335), nämlich: Qatrunjaya selbst, Pimdarika,
Siddhixetram, Mahäbala, Suragaüa, Vimalddri, Punyarä^i, Qriyah-
padam, Parvatendra, Subhadra, Dridhagakti, Akarmaka, Muktigeham^
Mahattrthaniy Qä^vata^ Sarvakdmada, Pusfqmdanta, Mahdpadma, Prith-
vtpttham, Prabhohpadam , Pdtdlamula, Kaildga, Xitimandanamandanam.
Von allen diesen kennt Hemacandra (1030) nur zwei, Catrunjaya
und Vimalddri: ausser ihnen ist besonders Pimdarika, Siddhixetram
(Siddhddri, Siddhabhubkrit) in unserm Werke hier oft verwendet, die
andern nur selten.
„Welche Reinheit man an irgend welchen anderen künstlichen
Wallfahrtsorten (ttrtha) , Städten, Hainen, Bergen u. dergl. durch
Gebete, Bussen, Gelübde, Spenden und Studium erlangen mag,
zehnmal so viel erlangt man bei Jina- Wallfahrtsorten: das hundert-
fache bei den caüya des Jamiw- Baumes (vgl. v. 291): das tausend-
fache bei dem ewigen DAafwÄ:«- Baume, bei den lieblichen Caüya des
Pushkaradvrpa, bei dem Berge Anjana^). Noch je zehnfaches mehr
gewinnt man bei dem Nandigvara, Kundalddri, Mdnushottaraparvata^).
Je zehntausendfaches mehr bei dem Vaibhdra (v. 358. V, 953. XIV,
100), Sa(m)metddri^), Vaüddhya (II, 349), Meru, Raivata^) und Ash-
tdpada (s. v. 358. Cap. VI., Colebrooke II, 208. nach Hemac. 1028
= Kaildsd). Unendlich mehr aber noch erlangt man schon durch
den blossen Anblick des Qatrunjaya. Nicht zu sagen endlich ist, was
Alles man erlangt, wenn man sich seiner Verehrung widmet (v. 341
— 46)." — Andere heilige Berge ausser dem hier und im Folgen-
den genannten sind noch der Girindragiri II, 8. XIV, 89. prtgaila
XIV, 89. Candraprabhdsa XIV, 89. 254.
Hieran schliesst sich eine Aufzählung der einundzwanzig Berge,
welche zu demselben Gebirgszuge mit dem Catrunjaya gehören, näm-
lich: Catrunjaya selbst, Raivata, Siddhixetram (v. 322 Name des
patrunjaija selbst), Sutirthardj, Dhanka, Kapardin (s. v. 52. 61),
1) S. Böhtlingk-Roth s. v.
-) S. Seite 19 not. 2.
■^) Colebrooke II, 212 — 13: Sammeya er Samet sikhara, called in
Major Renners map Parsonouth, is situated among the hills between Bihar
and Bengal: its holiness is great in the estimation of the Jainas, and it is
Said to be visited by pilgrims from the remotest provinces of India. Pdr-
Qvandtha, der vorletzte Jina, ging auf ihm zum Nirväna ein, s. XIV, 95.
*) Der Baivala ist in v. 352 als die zweite der zum {.'atrunjaya-Gehirge
gehörigen Spitzen genannt, in V, 868. X, 8 als die fünfte derselben. Die
Bücher X — XII. des {Jatr. Mäh. sind ganz seiner Verherrlichung geweiht
und tragen daher auch den Specialtitel Rawatäcalamdhdlmya. — Nach
X, 140 ff. und Hemacandra 1031 ist er identisch mit dem Ujjayanta. Der
Fluss Ujjayantikd oben v. 55 hat wohl davon den Namen. S. noch Wilson
Vishnu Pur.^ 180 not. 3. Colebrooke II, 212. Lassen III, 549. Der drittletzte
Jina, Nemi, ist es, der auf ihm besonders verehrt wird.
Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmyam. 23
Lauhitya, Tdladkvaja (s. v. 50), Kadambaka (V, 714), Bnhiibali,
Mdrudeva (^ge Cri Marudevdydh v. 500 »nd VIII, 699), Sahasrd-
kkya, Bhagiratha, Ashtottara^ataküta, Nage^a, Catapatraka, Siddhardj,
Sahasrapatra , Punyard^if Surapriya, Kdmaddyin (v. 352 — 54). —
fatrunjaya heisst die Hauptspitze, auf welcher sich alle tirtha, 3Ieru,
Sammeta, Vaibhdra, Rucaka (s. Wilson Vishnup. 169), Ashtdpada etc.
vereinigt finden (v. 358).
Es folgt ein langes Lob des Berges unter dem Namen Pun-
darika. Erst gegen den Schluss des Capitels, von v. 496 ab v^^en-
det sich Vira zur kursorischen Beantwortung der einzelnen ihm vor-
gelegten Fragen, deren viele er dabei übergeht: sie finden eben
ihre Erledigung durch das Werk selbst in den spätem Abschnitten:
die beiden Gestalten zur Rechten und Linken des Herrn (Rishabha)
sind nach v. 499 die des ersten Ga;m -Führers Cri Paiujartka (s. XIV,
186 und oben v. 6 — 8).
Cap. II (662 vv.) bis 23'"^, mahipdla Mahipdlacaritacariiano ndma,
schildert die Geschichte des Fürsten Mahipdla.
Surendra, also die Rede des Bhagavant gehört habend, ist von
hoher Freude erfüllt, und ersucht ihn ehrerbietig, ihm nun auch
noch weiter die einzelnen Geschichten, zunächst die von dem See,
der sich in dem am Schlüsse des ersten Cap. (v. 511) erwähnten
♦Swri/a- Haine befindet, zu erzählen.
Vira beginnt nun eine lange Erzählung, die gar nichts hiemit
zu thun hat, erst in v. 598 kommt er auf die Frage Indra's zurück.
So ist überhaupt durchweg der Verlauf des ganzen Werkes. Der
Qatrunjaya mit seinen Heiligthümern bildet nur immer den Hinter-
grund, der gelegentlich auch wieder specieller hervortritt, und dann
hie und da ganz ausführlich behandelt wird. Das Hauptinteresse
aber nehmen die sagen - und märchenhaften Erzählungen in An-
spruch. — Weshalb aber gerade die Geschichte des Mahipdla hier
allen übrigen Erzählungen, sogar denen von Rishabha, der Schutz-
gottheit des Berges selbst, vorangestellt wird, ist schwer erklärlich,
wenn man nicht annehmen will, dass der Dichter ein ganz beson-
deres persönliches Motiv dazu hatte. Ich vermuthe darum, dass er
mit dieser Verherrlichung seines Anherrn jenem Könige Ripumalla
(vgl. S. 17) ein CompHment machen will.
In pri Surdshtrd liegt unterhalb des Berges Girindra (Girnar,
vgl. XIV, 89) die mit Jaina -Tempeln gezierte Stadt Giridurga.
Dort lebte einst Fürst Suryamalla, Nachkomme des Samadravijaya
vom Fadaua- Stamme, ein frommer und tapferer Herr. Seine Ge-
mahlin pagüekhdy eine fromme Verehrerin des Cri Nemi sah einst, als
ihr Gatte auf einer Jina -Wallfahrt zu dem Berge gegangen war, ein
Pfauenweibcheu mit ihren Jungen spielen. Die Sehnsucht nach Kin-
dern ward dadurch in ihr rege: ihr Gemahl wies sie an, sich deshalb
an den Jina mit ihrem Gebet zu richten. Durch die Gnade der
I
24 Weber, über das ^atrimjaya Mdhdtmyam.
„Ambd, jagadambä, Mutter, der Mutter der Welt" erlangten sie
dann auch bald zwei Söhne, Devapdla und Mahipdla,
Nach der Vorstellung der Jaina (s. I, 7. Hemac. 44 — 46) hat
jeder Jina seine eigne „pdsanadevi, Göttin, die seine Befehle voll-
zieht". Unter den vierundzwanzig Namen derselben bei Hemacandra
befindet sich auch Ambikd und zwar als dem drittletzten Jina, Nemi,
zugehörig. Da dies nach v. 18. derjenige Jina ist, der hier in Be-
tracht kommt, so muss diese Ambikd hier offenbar unter der „Ambd
jagadambd'-' ^) gemeint sein. Wir werden derselben im Verlaufe noch
öfter begegnen (v. 200. X, 150. 152. 157. 158. XIII, 320. vgl.
auch oben I, 108. 129). Lässt sich nun auch diese ganze Vor-
stellung der Jaina recht wohl auf die brahmanische Verehrung der
mdtaras, resp. insbesondere auf die der Ambikd, Gemahlin des piva,
zurückführen, zumal sich auch noch andere Namen dieser letzteren
imter den Namen jener vierundzwanzig gdsanadevi wiederfinden (z. B.
Kdlikd, Mahdkdli, Candd) , so liegt doch die Versuchung nahe, zu-
gleich auch etwa an mit hineinspielende christliche Elemente zu den-
ken, deren Einfiuss ja an und für sich, wie bereits oben (S. 21)
bemerkt, in Surdshtrd, dem Hauptvororte des Jainathums, der geo-
graphischen Lage wegen fast mit Nothwendigkeit vorauszusetzen
ist. — Die Buddhisten wissen nichts von dergl. weiblichen Buddha-
hälften. Ueberhaupt scheint die Jainalehre, da sie entschieden, vgl.
das zu XIV, 94. 95. Bemerkte, bei dem weiblichen Geschlechte eine
besondere Begünstigung gefunden hat, demselben, ihrem allgemei-
nen Charakter der Milde gemäss, eine höhere Stellung eingeräumt
zu haben, von welcher eben auch die Vorstellung von den ^dsana-
devi ein Zeugniss ablegen könnte. Ein genetischer Zusammenhang
hiebei ist indess doch nicht nothwendig, wie uns das Beispiel der
Brahmanen zeigt. Während nämlich die weiblichen Göttinnen, die
überhaupt erst in dem nachvedischen Pantheon der Inder eine her-
vorragende Stellung erhalten , darin in immer steigenderer Entwicke-
lung begriffen sind (vgl. die Cdkta), ist dagegen sonderbarer Weise
gerade umgekehrt die Stellung des Weibes selbst in Indien immer
tiefer und tiefer gesunken.
Mahipdla zeichnete sich in jeder Beziehung vor seinem Bruder
Devapdla aus. Unter den vielen Abenteuern, die er einst im Walde
herumstreifend bestand, wird besonders ausführlich seine Besiegung
des raxas Mahdkdla^) ^erzählt (v. 141 ff.), den er dann über das
wahre Gesetz belehrte (v. 160 ff.):
^) „Mutter der Welt '' oder jag atdm ambd, „der Welten", wie die Jina
selbst trijagadguru, jagatprabhu heissen. — Ausser der Ämbd finde ich
nur noch die CakreQvari, die cdsanadevi des ersten Jina, in meinen Aus-
zügen aus dem (^atr. Mäh. namentlich ei wähnt: in I, 7 indessen treten sie
collektivisch auf
^) Dieser Name ist wohl mit Anspielung auf (7i«-a-Kultus gewählt.
Weber, über das ^atnmjaya Mdhdtmyam. 25
„Vermeide zu beschädigen, übe Mitleid, beobachte die ewige
Satzung, mit dem eignen Körper sogar bring Hülfe den Wesen"
(v. 186).
„Gegen den Feind sogar übe nicht Feindschaft, noch um eignen
Nutzens willen" (v. 188).
Wir haben hier ganz die buddhistische Ethik, welche bekannt-
lich der christlichen Lehre der Liebe in nichts nachsteht, eher viel-
leicht noch mehr auf die wirkliche Praxis der Selbstverleugnung und
Schonung Andrer hinzuwirken gesucht hat (s. auch I, 298). An
Feindseligkeit gegen Andersgläubige freilich hat es trotz der dogma-
tischen ahinsd bei Bauddha und Jaina begreiflicher Weise auch nie
gefehlt (vgl. V. 383. I, 11. XIV, 281. 285), aber sie wurde doch
nie zum Dogina.
Der Yaxa, hocherfreut, versprach dem Mahipäla, dass fortab
„der Gott Jina, der fromme Lehrer, und das Mitleid -voranstellende
Gesetz seine stete Trias bilden sollten" (v. 191). — Also die
buddhistische Trias, Buddha, Samgha und Dharma.
Der Prinz beschliesst nun, sich die Welt weiter anzusehen.
Nach einigen Tagen kömmt er zur Stadt Sundara (v. 199), wo er
sich bei einem der Ambikd geweihten caitya unter Bäumen zur Ruhe
legt (v. 200). Aufgeschreckt befreit er die Gunasuiidari (v. 240),
Tochter des Kalydnasundara (v. 238), Königs von Kalydnakataka
im Kanyakubja -Lande (v. 237), und der Kalydnasundari (v. 239),
aus den Händen eines Vidyddhara, der sie durch die Lüfte entführt
hat und tödten will, besiegt ihn im Kampfe, bekehrt ihn, und lässt
das Mädchen durch ihn in ihr Vaterhaus zurückbringen. Der Vidyd-
dhara erzählt ihm darauf (v. 349 ff.) seine Geschichte: auf dem
Berge Vaitddhya in der Stadt Ratnapura lebte König Manicuda,
Vater des Ratnaprabha und Ratnakdnti etc. — Der Prinz zieht
darauf (v. 358) nach Kalydnakatakam , um der Selbstwahl der Guna-
sundari beizuwohnen (v. 367): er gewinnt sie in dem angestellten
Wettstreit (wobei ihm der Verf. eine feindselige Bemerkung gegen
die Anhänger der Sdnkhya -hehre in den Mund legt, v. 383) und
macht sich mit ihr auf den Heimweg (v. 453). Unterwegs aber,
im Lande Mdlava (v. 454), fallen seine Nebenbuhler, Naravarman
(389. 411. 416. 476) an der Spitze, über ihn her. Er besiegt sie
aber sämmtiich, unterwirft sie sich, und schickt dann einen Jeden
in seine Heimath (v. 476), selbst auch heimkehrend.
Eingefügt sind noch andere Geschichten, so des Königs Tri-
vikrama, Sohnes des Tri^aiiku in frdvasti (v. 275), und des Königs
Qrinivdsa von Cripura (v. 547), der im Walde einen Rishi tödtete
und zur Sühne dafür daselbst einen vierantlitzigen (?) Tempel (prd-
sddam) des frigditti, des (sechszehnten) Jinandyaka (v. 254), baute
(v. 578), doch aber in die siebente Hölle (saptamtin narakdvanim) kam.
Erst mit v. 598 kommt Vira , wie bereits bemerkt, zu kur-
zer Beantwortung der Frage Indra's nach dem »Surj/a-Haine unter-
halb des Qatrunjaya. Der Sonnengott habe daselbst einst 60000
26 Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmyam.
Jahre sich dem Dienste des Jina gewidmet, daher der Name. Der
Brunnen darin, der den Namen Sürydvarta führe, habe Wasser, das
durch den Nektar des Anblicks der iVdöÄe^a - Statue daselbst ge-
weiht sei. — Auch der Vidyddhara Manicüda zog mit seinem
Freunde (Mahipdla?) beim Frühlingsfest auf den Vimaldcala fCa-
trunjayajy verehrte den Jina daselbst, besuchte den Sürya-ti-d'm,
ehrte die Ndbheya- Statue darin und nahm sich von dem Wasser
des heihgen Brunnens mit (v. 603).
Nachdem er 104 Jahre gelebt hatte, legte König Mahipdla
die Regierung nieder, übergab sein Reich seinem Sohne Cripdla
(vgl. Mackenzie Coli. I, 152. II, 113. Verz. d. Berl. Ssk. Hdschr.
1362), das Sindhu-hduid aber nebst Jaladurga seinem Neffen Va-
napdla, und zog sich darauf nebst seiner Gemahlin auf den Ca-
trunjaya zurück, woselbst er von dem 3Iuni Crikirti belehrt am
Ende seines Lebens der Befreiung (von der Einzelexistenz) theil-
haftig ward.
„Seinem Geschlecht, o Indra! gehört hier dieser König Ripu-
malla an, dessen Geist geweiht ist durch Ruhm- und Tugend-
füUe. Sicherlich wird dieser Hochbeglückte, an der Seite des
Raivata wohnend, durch (d. i. nach) drei (weitere) Existenzen
zur Befreiung gelangen (v. 660)."
Cap. III (822 vv.) bis 38^. Qri Rishabhasvdmijanmard-
jydbhisheka - dixd - kevalotpatti ^) -Bharatadigvijaya - bhrdtridixä-tatputra-
rdjyaddnavarnano ndma: schildert die Geburl und Krönung des
Rishabhasvdmin (ersten Jina), seine Weihe und jiein Gelangen zur
wahren Erkenntniss, die Weltgegendenersiegung des Bharata, die
Weihe seines Bruders, die Uebergabe des Reichs an die Söhne.
Viva fährt unaufgefordert fort, dem Indra nunmehr die Ent-
stehung der wundersamen Hoheit des patrunjaya tirtha in der
Avasarpiiii-F eriode zu schildern (v. 2. 3).
Hier im Jambüdvipa in der rechten Hälfte des Bhärata(varsha)
in der Mittelgegend zwischen Gangd und Sindhu war Vimalavdhana
der erste der Stammväter. Sein Sohn war Caxushmant, Vater des
Abhicandra, dessen Sohn Prasenajit aber Vater des Mariideva, der
auch Ndbhi hiess und im Schoosse von dessen Gemahlin Martidevi
am Ende der dritten Speiche der Avasarpiiä-l^ er'iode der Herr der
Welt vermöge seiner Allmacht Geburt nahm (v. 4 — 8), unter
dem Namen Rishabha, oder Vrishabha - sena (v. 255).
Auch die Purdna nennen Ndbhi und Marudevt als die Eltern
eines Rishabha, geben aber dem Ndbhi selbst andere Abstammung
(den Agnidhra, Sohn des Priyavrata , nämlich als Vater), s. Wilson
Vishnu Pur. S. 162. 163. — Den Namen des Vimalavdhana finden wir als
') ''shedhadixdmkcva'' Cod.
Weber, über das ^afrunjaya Mdhdtmyam. 2T
den des letzten Fürsten der fünften Speiche (XIV, 318. 319) wie-
der, so dass somit der erste und der letzte Fürst denselben Na-
men tragen: wohl mit Absicht! — Prasenajit erscheint in Rdmdij. I, 70.
als elfter Nachkomme des Ixvdku (anders Vishnu Pur. S. 362) und
Onkel eines Bharata. Nach Wilson Vishnu Pur, 464, not. 21 hiess so
der Vater des mit Vira gleichzeitigen ffrenika. Auch die Buddhis-
ten kennen einen Zeitgenossen Buddha's dieses Namens, daneben
indessen auch einen weit jungem Fürsten, Vater des Nanda (Bur-
nouf Introd. S. 359). Die Purdna nennen so Quddhodanas (Buddha's)
Enkel selbst (Vishiu Pur. 464). Es erscheint hiernach nicht un-
wahrscheinlich, dass die Jaina sich dieses bei den Buddhisten hoch-
angesehenen Namens bedient haben, um für den Stammbaum ihres
Rishabha einen gut klingenden Anhaltspunkt zu gewinnen. — Dasselbe
ist wohl der Fall mit Marudeva, der in den Purdna (Vishnu Pur.
463) als zwölfter Ahnherr des fuddhodana (Buddha) genannt wird.
Das Rdmdyana kennt einen Maru (I, 70) als achten Ahnherrn des
Rdma, wie I, 71 {Vishnu Pur. 390) als elften Ahnherrn der Sitd.
Das Vishnu Pur. führt als 24sten Abkömmling Beider einen Maru auf
„ who through the power of devotion is still living in the village,
called Kaläpa and in a future age will be the restorer ot the Xa-
triya race in the solar dynasty" Vishnu Pur. 387.
Rishabha hatte nebst andern Kindern ^) von anderen Frauen,
von seinen Gemahlinnen Sumangald und Sunandd auch je ein Zwil-
lingspaar, von jener (v. 65) den Bharata und die Brdhmt (sddhvt
264. 269), von dieser (v. 67) den Bdhubali und die Sundart
C^rdvikd 265. 269), vgl. Wilson Mack. Coli. I, 145. 146. — Sein
Bildniss durch Bdhubali gestiftet (XIV, 177. 266) ist es, das dem
fatrunjaya so besondere Heiligkeit verleiht, wie wir denn auch be-
reits zwei Spitzen des betreffenden Gebirgszuges nach seiner Mut-
ter Marudevt foder °devd) und seinem Sohne Bdhubali benennt fanden
(I, 353), vgl. auch das Bhdratam saras I, 60. — Die Brahmanischeu
Legenden von Rishabha's schliessHchem Anachoretenthum (Vishnu
Pur. 163. 164) haben höchst wahrscheinlich, wie das Bhdgavata-
Purdna behauptet, (s. Wilson's note S. 164), die ganze Vorstellung
der Jaina von ihm als ihrem ersten Jina hervorgerufen. Stevenson
freilich (Vorrede zum Kaljjasütra XV. XVI. und ibid. S. 99) hält
ihn nicht nur für eine wahrhaft historische Persönlichkeit, sondern
auch für den ideellen Stifter des Jainathums ( Pdr^vandtha für den
real founder), insofern er „practised austerities in very ancient
times, which the Jains in after ages imitated."
') z. B. Draviola VII, I. Kuru X, 399.
28 Weber, über das (^atrunjaya Mdhdtmyam.
Cap. IV. (671 vv.) bis 52^ ^) Bharata-Bdhubalüamgrdmavarnano
ndma, schildert den Kampf der beiden Brüder Bharata und Bd-
hubali.
Ich habe mir hieraus nichts notirt, als v. 2. 3, wonach Vira
in seiner Erzählung an Qahra fortfährt, und zunächst von einer
Wallfahrt des Bharatddhiga auf den heiligen Berg berichtet.
Cap. V (982 vv.) bis 7V. fri Bharatatirthaydtrdtirthoddhdra-
(°dvdra Cod.)varnaTio ndma, schildert die Wallfahrten und die from-
men Stiftungen des Bharata.
„Wie du so eben seinen Sieg über den äusseren Feind ge-
hört hast, höre nun jetzt den Sieg des Cakrin^) über den innern
Feind, seine t/rfAa- Vollendung, und seine Gegenwart bei allen
(d. i. seine Wallfahrten zu allen ttrtha Pj."
Das Capitel handelt sehr speciell von Catninjaya, und den darauf
durch Bharata errichteten Jina-Heiligthümern (vgl. I, 60), sowie
vom Raivata (v. 759. 868) resp. Ujjayaiita (v. 732. 930), Kddam-
bakagiri (v. 714), Vaibhdrakagiri (v. 953) etc.
Cap. VI (296 vv.) bis 77''. CriVHshabhasvdmi^riBharate^a-
nirvdndshtdpadoddhära (dvdra Cod. J^rtSüryaya^a^caritavarnano ndmay
schildert das nirvdnam des Vrishabhasvamm , des Bharata, die Wei-
hung des (Berges) Ashtdpada, (vgl. I^ 345 und Colebrooke II, 208),
den Wandel des Süryaya^as (Sohnes des Bharata.)
Nachdem Bharata den Somaya^as , Sohn des Bdhubali (s. X,
303) u. A. durch Landschenkung erfreut entlassen hatte (v. 3.),
wandte er sich wieder der Regierung zu.
Der Tod des Vrishabhasvdmin etc. v. 17 fi".
Wie von Vrishabhasvdmin das J:rvaAu - Geschlecht ausging, so
von Süryaya^as der Suryavaii^a ( v. 285 ). Ueber den Somavanga
s. X, 303.
Von Bharata kam ^) Adityayaqas ( Sdryayacas ) , und weiter
Mahdya^as, Atibala, Balabhadra, Balavirya, Kirtimrya, Jalavirya,
Dandavirya als der achte. Diese acht Männer hindurch dauerte die
CraciofAa-Feier (v. 288 — 89).
0 Auf 47b ist Platz für v. 456 — 59 gelassen, weil das Papier löschte,
doch sind dieselben auch am Rande nicht mitgetheilt. Dagegen sind auf 48*
am Rande v. 485 — 92 zugefügt, die aber in der Zählung nicht fehlen !
'^) Bharata ist der erste cakravartin, s. Hemac. 692.
^) Die Purdna haben ganz andre Namen, s. Wilson Vishnup. 164. 165.
Weber, über das ^atrunjaija Mdhdtmyam. 29
Von Bharata ab waren alle seine Nachkommen bis zu Ajita-
svdmin, dem zweiten Jina (s. Cap. \1II) hin, fromme Fürsten, welche
Jum-caitya bauten und ttrtha errichteten.
Cap. VII (400 vv.) bis 85**, Drdvida-Välikhüla-cdrüratirthoddhd-
ravarnano (°dvdra °Cod.J ndma, schildert den Wandel des Drdvida
und Vdlikhüla so wie die durch dieselben errichteten tirtha.
Ein Sohn des Vrishabhasvdmiit hiess auch Dravida, nach wel-
chem das getreidereiche Dravida -hsind benannt ist. Seine beiden
Söhne Drdvida und Vdlikhilla entzweiten sich, führten Krieg mit-
einander, versöhnten sich aber wieder (v. 171) und stellten Wall-
fahrten nach dem Catrunjaya an. — Auch von Dandavtrya (s. oben)
handelt dieses Cap.
Cap. VIII (724 vv.) bis 99*. griAjitasvdmi-griSagara^ri-
pdntijina- Cakradharddimahdpiirushatirthoddhdravarnano ndma, schil-
dert die tfrfAa-Errichtungen des Ajitasvdmin (zweiten Jina), Sagara^),
(Jdnti (sechszehnten Jina, zugleich auch fünften Cakravartifi), Cakra-
dhara'^) und anderer Grossmänner. 3)
Die Geburt des Ajitasvdmin in Ayodhyd von Jita^atru und
Ya^omati^) wird ausführlich geschildert wie bei Rishabha (in III)
und Pdr(^va (in XIV). Die üblichen Träume zeigen der Mutter
die hohe Ehre an, die ihr wiederfahren ist (v. 25). Sechs und fünf-
zig dikkumdryas eilen herbei, ihre Verehrung zu bezeigen (v. 30)
und Saudharmendra selbst nahm ihn auf den Schooss (v. 35): der
Vater gab ihm den Namen Ajita, dem andern Sohn den Namen Sagara.
Cap. IX (539 vv. ) bis 108^, (wo ^ri^atrunjayarndhdtmye
prathamah khandah schliesst!) fr^ Mdmaprabhntimahdpurushavarnaiio-
ndma schildert Rdma und andere Grossmänner.
Während wir bisher, bis auf Rishabha und Bharata, nur Per-
sönlichkeiten der Jaina -Legende selbst vor uns hatten, gelangen
wir nunmehr zu den Aneignungen brahmanischer Legenden durch
die Jaina, welche denn zum Theil in sehr willkürlicher Weise statt-
gefunden haben. Ein Hauptzweck hierbei scheint der, alle diese
alten Helden auf Rishabha als Stammvater zurückzuführen , von
dessen beiden Enkeln Suryayagas und Somaya^as das Sonnen- und
Mondgeschlecht hergeleitet wird. Eine Abzweigung des letztern
ist das iTangeschlecht (vgl. Colebr. II, 207, Wilson Mack. Coli. I, 153).
') Zweiten Cakravartin bei Hemac. 692 ff.: der erste ist Bharata.
'^) Cakradhara ist hier nicht Titel (wie X, 401), sondern Name; vgl.
v. 722 nirvdnam {\intindlhasya Qrutvd Cakradharo nripah |
•') Mahdpurusha entspricht hier dem (^aldkdpurusha des Hemac. (700).
^) ? die Jaina ^ehen sonst Vijayd als iliren Namen, s. Hemac. 39.
30 Weber, über das (^atrunjaya Mdhdtmyam.
Vira fährt fort: „höre weiter, o pakra, die Geschichte dieses
Ixvdkuvan^a wie des Berges. Ich erzähle die Geschichte des Cri
Suvratajinendra (des zwanzigsten Jina, vgl. X, 320)^ des Ndrdyana'^),
Rdma und Rdvana.'^
Nachdem im Geschlecht des Adüyayagas viele Könige vorüber
waren, herrschte in Ayodhyd Fürst Vijaya^). Von seiner Gemahlin
Himaculd hatte er den Vajrabdhu zum Sohn, dieser den Puraiidara,
der den Kirtidhara. Dessen Sohn Siikogala überliess seiner schwan-
gern Gattin das Reich und ward Anachoret (v. 7). Durch Naghusha,
Süddsa, Si7iharatha, Brahmaratha, Hemaratha, Cataratha, Vdriratha,
Inditratha, Ädityaratha, Mdndhdtar, Virasena^), Pratimanyu, Padma-
bandhu, Viinanyu, Kuveradatta Kakii{tjstha , Raghu, Anaranya,
Aja, Anantaratha gelangen wir (v. 92) zu Da^aratha. Von diesen
Namen ist nur der geringere Theil den brahmanischen Stammbäumen
des Rdmdyana und der Purdna (Lassen, Indien I, S. IV. fF. Wilson,
Vishiu Pur. 379), die freilich selbst auch nicht mit einander über-
einstimmen, bekannt: auch die Reihenfolge derselben ist eine ver-
schiedene. Wir haben es ja hierbei wohl an allen drei Orten nur
mit erfundenen Namen zu thun, die natürlich, bis auf einige ge-
meinsame Grundzüge, nicht übereinstimmen können.
Dem Da^aratha wird hier zu seinen drei Frauen Ä^aM^a/i/d, Kekaydt-
majd, Sumitrd noch eine vierte gegeben, Suprabfid, die den patrughna
gebiert, während Sumitrd nur den Laxmana. Rdma führt auch den
Namen Padma, und Laxmana den Namen Ndrdyana (v. 94 — -98,
man sollte das Umgekehrte erwarten!): ersteres ist der Name des
neunten Cakravartin bei Hemacandra (v. 693), so wie des achten
weissen Bala^) (Heros) ibid. 698 (der neunte heisst [Bala-] Rdma),
letzteres der des achten schwarzen Vdsudeva (Ardhacakravartin , Schol.
zu 695), ibid. 697, dessen Feind Lankega d. i. Rdvana ibid. 699.
Das Catr. Mdh. scheint noch nichts von drgl. Classificationen (nach
Vdsudeva, Bala) zu wissen: dagegen ist cakradhara, cakrabhrit im
Sinne von cakravartin vorkommend, s. X, 401. 403, ebenso cakrin
I, 2., V, 2., VI, 3., X, 143. 728. Das Kalpasütra kennt jene Na-
men Vdsudevay Baladeva, s. S. 36, 65 bei Stevenson.
Fürst Janaka in Mithild wird hier Vdsavaketu , Sohn der
Vipuld und dem Harivanga angehörig genannt (v. 99).
Rdma's Söhne heissen (v. 543) La'oandmku(^au. — Ueber die
Behandlung der jRama-Sage habe ich leider nichts Näheres notirt.
Cap. X (936 vv.) bis 126^. °^rt ^atrunjayamdhdtmyäntarbhüta-
Raivatdcalamdhdtmye Bhimasena - Harwan^a - Pdndavotpatti- Krislma-
^) d. i. Laxmana, s. unten.
^) Name des zweiten weissen Bala bei Hemac. 698.
^) (Vtrdsana, Abschrift.)
■*) Die Bala sind zu v, 698 nach Hem. , die älteren Brüder (agraja)
der Vdsudeva.
Weber, über da^ (^atrunjaya Mdhdtmyam. 31
Nemi^ajanmavarnano ndma, schildert die Geschichte des BMmasena,
des Harivan^a, die Entstehung der Pändava, die Geburt des Krishna
und des Nemiga (zweiundzvvanzigsten Jina.)
Cap. X — XII schildern der Hauptsache nach die Geschichte
der Pandava, verknüpft mit der des Krishna, wie diese mit der
des Nemiga, des auf dem Raivata-Berge verehrten Jina. Sie führen
daher auch den Separattitel Raivatdcalamuhdtmyam, weil es eben
besonders die heiligen Orte dieses Berges (s. I, 345. 52) sind,
welche hierbei gefeiert werden.
Ijn Eingange wendet sich Indra ehrerbietig an Mahdvira.
„Herr! unserer Erhebung wegen hast du die sich auf die Haupt-
spitze beziehende Geschichte des patrunjaya erzählt, und ich bin
dadurch gereinigt worden; ich möchte aber weiter noch die Ge-
schichte der 21 Spitzen hören, welche du (I, 352 — 54) unter sei-
nen 108 Spitzen (1, 34) hervorgehoben hast" (v. 2 — 5). — Der
Herr der Dreiwelt beginnt demgemäss mit der Schilderung der
fünften Spitze des Siddhddri, des Raivata nämlich, (v. 7. 8) und
erzählt, zum Beweise seiner entsühnenden Kraft die Geschichte
des Bhimasena, des verdorbenen Sohnes des Königs Vajrasena
von prdvasti und der Subhadrd ( v. 50 — 227 ). Ihres viel-
fach interessanten Inhalts wegen habe ich mir dieselbe in extenso
kopirt :
Bhimasena ging in seiner Ruchlosigkeit so weit, seinen eigenen
Vater, von dem er, weil die Bürger ihn bei ihm verklagt hatten,
bestraft worden war, zu tödten : er wurde dann von den erzürn-
ten Städtern verjagt, und sein jüngerer Bruder von denselben zum
König eingesetzt (v. 64). Herumirrend gelangte der Prinz (v. 73)
nach der Stadt Prithvipura im Magadha-hsLude, wo er nach vieler-
lei Diebstählen bei einem Kaufmann Igvaradatta Dienst fand (v. 77),
mit dem er zur See ging. Nach einem Monat blieb das Schiff plötzlich in
der Nacht auf Korallenbänken sitzen, und alle Anstrengungen, es flott zu
machen, blieben vergebens. Vorräthe und Wasser gingen mit der
Zeit aus. Der Kaufmann schickte sich eben an, selbst in den Wel-
len den Tod zu suchen. Da kam plötzlich ein Papagei herbei und
gab sich ihnen in menschlicher Stimme als Schutzgottheit des in
Sicht befindlichen Berges zu erkennen. Ein Mittel zur Rettung
sei noch da. Einer von ihnen müsse sich dem Tode weihen, nach
dem Berg hinschwimmen und dort die Bhdraiida-Yögel ^) aufscheu-
chen. Durch den Luftzug, den ihre Flügel beim Fortfliegen machen
würden, werde das Schiflf flott "werden (v. 88). Auf Igvaradatta's
') Die Bhdranda heissen khüapaxinah. Bedeutet dies etwa „Wüsten-
vogel"? Wir finden sie im M. Bhdrata wieder als rasch entfliegend (?)
XII, 3357. 3519 und als lieblich singend und mit Menschenantlitz begabt
XII, 6325 (vgl. Ind. Stud. III, 149). Im Pancalantra (S. 263, 18 ff.) erscheint
ein bhdran{la als ein Seevogel mit doppeltem Kopf.
32 Weber, über das ^atrmjaija Mähdtmyam.
Auflforderiing an seine Leute bietet sich Bhtmasena an, für 100 di-
ndra das Wagstück zu vollführen. Es gelingt; das Schiff wird
flott. Bhimasena aber bleibt natürlich allein auf dem Berge zurück.
Der hülfreiche Papagei giebt aber auch ihm einen Ausweg an: er
möge sich nur in das Meer stürzen, dann würden ihn die Fische
verschlucken und dann zum Strande schwimmen; sollten sie da etwa
ja (ihn) nicht auspusten, so möge er ihnen nur ein Kraut, das er
ihm giebt, in den Schlund schieben, damit derselbe weit aufgehe,
er könne dann leicht an das Ufer hinausspazieren. ^) Es geschah,
wie der Vogel sagte, und Bhimasena kam auf diese Weise an das
Gestade der Insel Ceylon (Sainhalam tatam v. 97). Daselbst eine
Weile herumwandernd, nachdem er sich durch das Wasser wasser-
haltiger Bäume erquickt hatte, begegnete er einem brahmanischen^)
Wanderbettler (v. 99), der ihn autforderte, mit ihm nach einer
Edelsteingrube (ratnakhdni) hier auf dem dmpa Sinhala (v. 112) zu
ziehen, wo er ihm reiche Schätze versprach. Die 100 dindra gin-
gen auf dem Wege dahin als Reisezehning drauf, ehe sie anlang-
ten. Der Muni licss den Bhimasena an einem Seile in die Höhle
hinab (v. 115^. 116* sind in der Handschrift ausgelassen), zog die
Edelsteine, die dieser sammelte, herauf, schnitt dann das Seil ab,
ihn dem Wächter der Höhle preisgebend und ging davon (v. 118).
Bhimasena wanderte darauf in der Höhle tiefbetrübt hin und her
und traf auf einen sehr magern Mann, der ihn freundhch ansprach
und frug, ob er etwa auch, wie er selbst, von dem bösen Büsser
durch die Sucht nach Edelsteinen betrogen worden sei. Als Bhi-
masena dies bejaht und ihn um ein Mittel, wieder herauszukommen,
fragt, gab er ihm an, dass die Göttinnen vom Himmel ihrer Edelsteine
wegen (bald) ein Fest halten würden, den Wächter der Höhle durch
Gesang und Tanz erfreuend : wenn dieser dann in den Gesang
vertieft sein würde, möge er die Gelegenheit benutzen, mit der
Dienerschaft der Göttinnen sich hinauszuschleichen. So geschah es
auch am andern Morgen, und in wenig Tagen kam Bhimasena dann
nach der Hauptstadt von Sinhala (v. 129), und trat daselbst in
den Dienst eines Kaufmannes. Da er aber von seinem alten Hange
zum Stehlen nicht Hess, wird er bald ertappt und zum Pfahle ge-
führt. Da sah Igvaradatta ihn, seinen Retter, ging zum König, er-
wirkte seine Freilassung und nahm ihn mit sich auf sein Schiff,
welches dann bald in Prithvipura landete (v. 134). Beim Ausstei-
gen erzählt Bhimasena sein Geschick in Gegenwart eines Fremde-
1
■A ■
k. fl
^) Eine bizarre Aneignung des „Jonas im Fisch", der sich ja auch
sonst noch zweimal (s. Ind. Skizzen S. 111) in den indischen Mährchen (des
zwölften Jahrhunderts freilich erst) wiederfindet, in der Bajatarangini näm-
lich IV, 503 und im Kathdsarilsdgara XXV, 47.
'0 Das beweist der Name tridandin. Es liegt offenbar eine gewisse
Animosität in der Wahl dieses Namens für einen, wie der Verlauf zeigt,
betrügerischen Menschen.
Weber, über das ^airunjaya Mdhdtmyam. 33
pilgers, der ihn zu trösten sucht und mit ihm nach dem Rohana-
Berge sich aufmacht. Sie trafen unterwegs bald auf einen Einsied-
lersitz, und verneigten sich dem alten Muni, Jatila mit Namen. In
demselben Augenblick stieg gerade ein Schüler desselben, Jdiigala,
aus der Luft hernieder, begriisste den Lehrer und erzählte ihm auf
seine Frage, dass er von Siirdshird komme, wo er mit den Jina-
Verehrern den Festen auf dem Catrunjaya und JJjjaijanta (v. 140.)
beigewohnt habe, deren Heiligthüraer über alle Beschreibung herr-
lich seien. Ganz besonders sei er von der Herrlichkeit des Ujjayantddri
(v. 142.) entzückt, durch dessen Verehrung ein geringer Mann alles
Glück und Hoheit erlangen könne, wie Agokacandra es that. Der
war nämlich ein armer Xatriya, ein Dienstmann in der Stadt Campd.
Einst frug er Jaina-Büsser, die er sah, wie er wohl seinem Unglück
abhelfen könne; auf die Autwort derselben, dass der Mensch durch
die Macht des karman (d. i. früherer Werke, also ganz der bud-
dhistische Begriff und Name des Schicksals!) in der Welt umher-
getrieben werde, und sich aus diesem Gefängniss des karman nicht
befreien könne, ausser durch Aufgabe aller Genüsse oder durch an-
dächtige Verehrung des Rawatddri (v. 148.), machte er sich nach
Letzterem auf, und nach einigen Tagen der Busse daselbst gab
ihm die Göttin Ambd (die (^dsanadevi des auf dem Raivata verehr-
ten Nemi) einen Stein (spar^opalam), der durch seine Berührung
Eisen in Gold verwandelte (v. 150). Heimgekehrt nahm er Die-
nerschaft an, gewann durch seinen Reichthum bald ein Reich und
genoss alle Freuden. Mit der Zeit aber ward er alles dessen über-
drüssig, was er durch die Gnade der Ämbikd erlangt hatte (v. 153.),
zog nach ^atrunjaya und von da wieder nach dem Raivata (v. 155.),
wo er die Statue des Nemi^a und die Ambd, Jagatdm ambd andäch-
tig schmückte und verherrhchte , und beschloss, da er nun bereits
300 Jahre durch die Gnade des Gottes und der Ambikd regiert
habe, fortab nur die beiden Schuhe des Qri Nemi sich zur Richt-
schnur zu nehmen, und das Reich dem Sohne zu überlassen: er
nahm die Weihe und erlangte durch reine Andacht bald das Heil
(^ivam, hier offenbar gleichbedeutend mit nirvdnam, vrgl. l, 6.
23., n, 8. 383., VI, 293., IX, 533 etc.) Durch diese Erzählung
des Jdngala waren alle Büsser hocherfreut, und der Fremdling
ebenso wie Bhima. Sie setzten aber doch beide zusammen ihre
Wallfahrt nach dem Rohana fort (v. 167. 168.), und wachten da-
selbst die Nacht durch, unter Gebeten zu der Gottheit des Berges;
am Morgen in eine Höhle kommend schlugen sie darin (an die
Wand?) und erhielten (dadurch) zwei Kleinodien (ratnc). Nachts
dann im Meere auf dem Schiffe stehend sah Bfuma den Mond und
betrachtete, seinen Stein in die Hand nehmend, dessen Aehnlich-
keit damit, verlor ihn aber dabei aus der Hand in das Wasser. Sein
Begleiter bietet ihm seinen eigenen Stein an und tröstet ihn weiter
damit, dass ja der Raivata noch da sei, fvas brauche er also zu
klagen (v. 179). Muth gefasst habend, gingen sie dann Beide
Abhandl. der DMG. 1,4. 3
34 Weber, über das fairiinjmja Mdhdtmyam.
über's Meer und wanderten am Ufer fort nach dem Raivata, auch
das andere Kleinod auf dem AVege durch Diebe verlierend. Entkräftet,
der Kleidimg beraubt, ohne Nahrung, doch aber geduldig ergeben,
trafen sie unterwegs auf einen Muni, dem sie ihr Geschick klagten:
Wie ohne Wasser eine Wölk' , ein Körper ohne Leben ^^ie ]
wie eine Blmne ohne Duft, ohne Lotus ein Wasserteich ||
Wie ohne seinen Glanz der Mond, und ohne Stimme das Sanskrit ') |
edle Geburt ohn' Sittigkeit, Frömmigkeit ohne Wissenschaft ||
Wie ohne Haus eine Hausfrau, Klugheit ohne Bescheidenheit {
wie die Nacht ohne Mondeslicht, und wie ein Tempel ohne Bild ||
Wie Liebe ohne Jugendkraft, wie Herrschaft ohne Heeresmacht |
wie ein Geschlecht ohn' edlen Sohn, wie Reichthum ohn' Freigebigkeit 1 1
Wie Satzung ohne Mitleiden, Beredsamkeit ohne Wahrheit |
wie ohne Auge das Antlitz, so ohne Habe ist der Mann, [j
Der Muni trpstet sie aber (v. 190 — 96.) und verheisst dem
Bhimasena die glückliche Wendung seines Geschicks als nahe be-
vorstehend: er werde noch einst die ganze Erde durch Jina(-Tem-
pel) schmücken, nicht werde es einen ihm an Glück gleichen Mann
geben ( v. 298 ). So getröstet pilgern die Beiden weiter zum
Raivata: mit der Zeit daselbst anlangend, findet Bhima in dem
^rAaf- Tempel daselbst seinen Jüngern Bruder vor, der mit seinen
Käthen etc. dahin gewallfahrt war (v. 200.) und ihn freudig auf-
nimmt, ihm sofort die Herrschaft abtretend, die er nur als ein
Pfand für ihn bewahrt habe. Auch seine Unterthanen freuen sich
über seine Rückkehr, und er regiert nun, Segen und Heil verbrei-
tend, auf das Trefflichste, indem er seinen Bruder zum yuvardjan
(Kronprinz), seinen treuen Begleiter aber zum Schatzmeister machte
(v. 219). Nach geraumer Zeit übergab er dann, des Herrschens
müde, die Regierung jenem seinem Bruder Jayasena (v. 223.) und
zog sich zum Raivata als Einsiedler zurück (v. 227.)
Da der auf dem Raivata verehrte Nemi dem Harivan^a ange-
hört, schliesst sich hieran die Darstellung der Geschichte dieses
Geschlechtes (v. 236. 237).
Zunächst folgt eine Erzählung von König Sumukha in Kau-
gdmbi (v. 239.), der sich in die Vanamdlikd, Frau des Virahuvinda,
verliebte ( v. 268.), sie mit Hülfe einer wandernden Schwester
(parivrdjikdj Atreyikd (v. 270.) gewann, worauf dann aber das Lie-
bespaar durch einen Blitz getödtet ward.
Die von Somaya^as (s. VI, 3), dem Sohne des Bdhuhali und
Enkel des prathamasvdmiu Vrishabha, abstammenden Fürsten heissen
Somavan^ya, das Mondgeschlecht bildend. Zu ihnen gehörte Fürst
Qreydnsa (Name des elften Jina) (v. 303. 304.), sowie König Hari,
der in dem Tempel des CHalasvdmin (des zehnten Jina) seine Weihe
') so ist samskrUam wohl zu übersetzen , also auf die Sprache bezüg-
lich: oder ist väkyam zu ergänzen im Sinne von: ,,eine zierliche Rede"V
Weber, über das Qatrunjaija Mähutmyam. 35
«rhielt: von ihm stainint der Harivaii^a ab (v. 312). Ihm nämlich
gebar die Harint (v. 315., Hirani, v. 314.) den Prühvtpati, auf
welchen Mahagiri, Himagiri, Vasugiri, Giri, Mitragiri, Suya^as fol-
gen. Alle diese Fürsten im Somavanqa und Harivm<^a waren eifrige
Jaina, von denen die einen direkt ik^xs nirvanam^) , die andern we-
nigstens den svarga erlangten (v. 318. 319.) — Anhangsweise (pra-
sarigdt) wird dann die Geschichte „des zwanzigsten Arhant, Siivrata'-'^
der dem Harivan^a angehörte, und Sohn des Magadha-Könv^s Su-
mitra in Rdjagriha war, erzählt (v. 320 ff.) (wie schon IX, 3 ver-
sprochen war.)
Mit V. 386 geht die Erzählung auf die Darstellung der Vorfah-
ren und Verwandten des Krishna aus dem Harivan^a über (bis v. 398).
Nachdem viele Könige desselben bereits vorüber waren, entspross in
Mat/mrd dem Brihaddhvaja, Sohne des Vasu, der König Yadu [v. 3S7).
Dessen Sohn Süra hatte zwei Söhne, den Caiiri, Gründer von
^auryapiirtty Vater des Andhahavrislmi etc. und den Suvira in Ma-
thurdy Vater des BhojavHshni (etc^) dem er das Reich in Matimrd
übergab und darauf selbst noch „puram Sindhushu sauviram'^' die
Saxmra - Stadt im Sindhu - Lande gründete. Der Sohn des Bhoja-
vrishvi in Matimrd war Ugrusena, Vater des Kamsa (v. 666 — 68).
Andhakavrishni in ^auryapura dagegen hatte von Subhadrd zehn
Söhne, Da^drhdh genannt, 1. den Samiidravijaya, Vater des Ne7ni
(v. 712), auch Arishtanemi genannt (v. 846. 48. 76), 2. den Axobhya,
3. den Stimüa, 4. den Sdgara, 5. den Himavanty 6. den Acala,
7. den Bharana, 8. den Purana ^ 9. den Abhicandra, 10. den Va-
sudeva, Vater des Krishna durch die Devaki , Tochter des Bevakanripa
(v. 681.698.), und des [BalaIRdma durch dieRohim (v. 679.): ausserdem
noch zwei Töchter [anuje] die Kunti und Madri, Gemahlinnen des Pdndu.
Hier stimmt wenig mit den brahmanischen Angaben: dagegen wird
die Geburt etc. des Krishna wesentlich in derselben Weise wie in
den Piirdna berichtet. Seine Gemahlinnen waren 1. Rukmini, die
Schwester des Ruhmin , die er durch die Kraft seines Arms entführte, 2.
J dmbavatt, T ocXiier des Vo^eh [\) Jdmbavant, die er, als sie in der
Jdhnavt badete, ihren Vater besiegend raubte, ^. Laxmand, 4,. Su-
simd, 5. Gaurt, 6. Padmdvatt, 7. Gdndhdrt: so nach v. 933 — 35.,
wo von acht Frauen die Rede ist, aber nur sieben aufgezählt wer-
den: die achte ist Satyabhdmd, Mutter des Bhdnii und Bhd-
mara ( v. 821. ) Nur die vier gesperrt gesetzten Namen kennen
die Purdna (Wilson Vishnu Pur. 578), für die andern vier haben
sie andere Namen.
Nicht minder abweichend wird v. 399 ff. die Stammtafel des
Daryodhlina und der Pdndava augegeben, die nicht einmal dem
Somaüay^a augehören, sondern von einem Sohne des Vrishabhasvd-
') Ueber die Bedeutung dieses Worfps, s. h'nlpttsvh'd . S. 91,
36 Weber, über das Qairnnjaya Mdhdtmyam.
min, Kxiru genannt, direct abgeleitet werdenl Nach Kuni sei da«;
Kuruxetram benannt, wie nach seinem Sohne Hastin die Stadt
Ilastind'pura. Zu den Nachkommen des Hastin gehörte Vigvavtrya,
ebenso Sanaikumara (der vierte Cakravartin] sowie ^dnti, Kunthu,
Ära, welche zugleich ttrthakrit [Iß^'^ bis 18'^'" Jina) und cakradhara
(iiinfter bis siebenter cakravartin) waren (s. Hemacandra 693) , ferner
Indraketu, Ktrtiketu, Vairikuldntakrit (oder ist dies ein Beiwort, nicht
nomen proprium?), Qabhavtrya, Simrya, Anantavtrya, dessen Sohn
Kritavirya, und der (achte) cakrabhrit Subhüma. Nachdem dar-
auf noch unzählige Fürsten vorüber waren, ward (^dmtanu geboren
— fortab stimmt Alles so ziemlich — der Vater des Gdngeya
Bhishma von der Gangd , des Citrdngada von der Satyavati, und
des Vicitravirya. Letzterer hatte (v. 483 — 84.) 1- von der Ambikd
den blindgebornen Dhritardshtra , Gemahl der Gdndhdri und ihrer
sieben Schwestern (v. 640.), Vater des Duryodhana (v. 749), 2. von
der Ambdia den Pdndu , durch die Kunti und Madrt (v. 639.) Va-
ter der fünf Pdndava (v. 743 ff.) , nnd 3. von der Ambdlikd den Vi-
dura, Gemahl der Kumudini, Tochter des Devakanrijm (v. 642).
Cap. XI. (416 vv. ) bis 135^: ° Raivatdcalamdhdtmye Pdndava-
dyutakriddvanavasddivarnano näma, schildert das Würfelspiel, das
Waldleben etc. der Pdndava.
In der Anrufung in v. 1. ist Nemi ausdrücklich als 22. Arhant
bezeichnet, wie wir X, 320 den Suvrata als zwanzigsten genannt
finden. — Der Inhalt stimmt im Ganzen zum M. Bhdrata; nähere
Notizen fehlen mir leider.
Cap. XII. (664 vv.) bis 148'^. ° Raivatdcalamdhdtmye Pdndavddi-
san grdmavarnano ndma, schildert den Kampf der Pdndava etc.
Beginnt mit der Rettung des Duryodhana aus der Gewalt des
Vidydbhrit-Kömgs Citrdngada, der jenem vergebens verboten in den
DvaitaSee im Dvaitavanam, wo derselbe den Pdndava nachstellend
sich gelagert hatte, hineinzugehen, und ihn, als er dies eben doch
that, nebst seinen Brüdern mit sich fortschleppte. Ihre Frauen wenden
sich klagend an Yudhishthira, und flehen ihn an als Sohn des Dharma die
Beleidigungen Jener zu vergessen und Mitleid mit ihnen zu haben. Arjuna
befreit sie dann auf den Befehl des Yudhishthira durch Besiegung des
Citrdngada. Duryodhana ist aber dann noch ungezogen, grüsst den
Yudhishthira nicht, wird jedoch mit Gewalt gezwungen, sich zu ver-
neigen, worauf ihn jener umarmt und gütig entlässt. — Die Pdn-
dava sind also hier als Muster der Jaina -Ethik aufgestellt.
Tod des Jardsandha (v. 652.)
Weber, über das ^atrunjai/a Mä/iätmi/am. 37
Cap. Xlll. ( 720 vv. ) bis 165"^. ^riNemidtxdjndnanirvdna-
Pdndavoddhdrddivarnano (dvärd °Cod.j 7idma schildert die Weihe,
Weisheit und das nirvdijam des Nemi, so wie die frommen Stiftun-
gep etc. der Pdndava.
Krishna und dessen Frauen geben sich (v. 83 ff.j viele Mühe,
in Nemi Liebesgedanken zu erregen: es vertritt Ersterer hierbei
eine ziemlich lüsterne Lebensanschauung, und erscheint mit allen den
Epithetis versehen, welche ihm speciell auch bei den Brahmanen
zukommen, wie er denn geradezu auch Vishnu genannt ( v. 99.
318.) wird: so farwgm 87, (^drngapdni SQ, Hari 90, Gadddhara 111,
Hrishtke^a 105, Acyuta 106, Govinda 108, 112, Pitdmbara 86. Auch
seine 16000 Frauen (vrgl. Vishnu Pur. 578) werden erwähnt.
Nach langem Sträuben geht Nemi darauf ein zu heirathen, und
Krishna sucht ihm selbst eine Frau aus, Rdjimati, die Tochter des
Ugrasena 108. Beschreibung der Hochzeit 120 ff., die indess frucht-
los bleibt. Nach einem Jahre schon pilgert Nemi zu den Uttarakimc
v. 173 (drohanavidhim vyadhdt]
Prophezeihung des Nemi (v. 320 — 405.) über die 2000 Jahre
nach seinem Nirvdnam durch einen Kaufmann, Namens Ratna, un-
ter Anweisung der Ambd, in Aussicht stehende Herbeiholung und
Verehrung seiner Statue nebst Tempel auf dem Raivata u. s. w.
Cap. XIV. (343 vv.) bis 172*». (^ri Pdr^vandthddimahdpurusha-
saccaritavarnano ndma, schildert den reinen Wandel des Pdr^vandtha
(vorletzten Jina, Vira's Vorgänger) und anderer Grossmänner.'
Zunächst bis v. 97. die Geschichte des Pdr^vaiidtha^).
Dem König A^ase7ia in Vdndrasi (sie!) ward von seiner Gattin
Vdmd nach den üblichen vierzehn Träumen^) der Jine^vara Pdrgva
geboren (v. 2 — 9.), der sich dann später, des V^aters Wunsch gemäss,
mit Prabhdvati, Tochter des Königs Naravarman, vermählte (v. 11.)
Einst rief er einen Wander -Asketen Katha, der dem Systeme der
Leichenbusse folgte ("?), von seiner Vorweisung (?) einer durch
Rauch gequälten Schlange zurück. Die Schlange, von den Flammen
umwallt, ihren Geist aufgebend, ward durch den Anblick des Pdri^na
(vrgl. I, 4) als ^vabhrapati ('iVog^a-Fürst) unter dem Namen Dharana
wiedergeboren^), der Katha aber als e^xu AsuraMeghamdlin[\. 12 — 14).
') Colebrooke und Stevenson halten ihn für den wirklichen Stifter des
Jainathums, was wohl zu viel der Ehren ist.
'^) Ueber diese vierzehn Träume, welche „the niothcr of an ArhaV
sieht, vrgl. Kalpasütra S. 25. 2(). 42 — 52. 65. Als fünfzehnter kömmt auf
dem Frontispice von Stevenson's Ausgabe Tri<;ald selbst hinzu. Bei Wil-
son Mack. Coli. I, 148 sind es sechszehn Träume: ebensoviel bei den Bud
dlüsten, s. Hardy Manual 303.
•) und sein treuer Diener, s. im Verlauf. Daher schreibt es sich, dass
l'rlr<;vci die Schlange als Kmblem führt (v, 1. und Hemac. 48), und die Aus-
38 Weber, über das Qatrunjaya Mdhdtmyam.
Nach Verlauf seines 30. Lebensjahres erfasste den Herrn [Pdr^a)
Sehnsucht nach der Weihe, die er mit 300 (tri^att) Fürsten zugleich
erhielt. Die erste Kasteiung i) hielt er im Kddambari - Walde auf
dem Kaligiri, am Ufer eines Teiches (v. 19). Der yl//ga - König,
der dahin kam, sich ihm zu verneigen, traf ihn nicht mehr; ihn zu
trösten machten die Götter eine neun hasta grosse Gestalt (Statue)
des Herrn. Der Äiigaräja stiftete daselbst einen Tempel, der von
der Zeit ab unter dem Namen Kalikundam bekannt und seiner
heiligenden Eigenschaften wegen berühmt ist (bis v. 30.) Die
nächste Kasteiung hielt der Herr in ^wajmri (s. I, 382) im
Kau^ämbaka-W aide. Dharana (der iVag-a-Fürst) kam schnell herbei,
um ihn zu verehren, und hielt seinen ausgebreiteten Nacken (phana)
über ihn als Sonnenschirm. Davon erhielt die Stadt Ahichatrd den
Namen (v. 31 — 35). Bei dem Aufenthalt des Herrn in Rdjapura kam
I^varabhüpa verehrend zu ihm, erfuhr von ihm seine frühere Ge-
burt, und baute daselbst einen hohen Tempel, errichtete auch in
Erinnerung an seine eigene frühere Geburt eine Hahn -Statue , seit
welcher Zeit das ttrtham „kukkidegvaram"^ heisst (v. 36 — 40). Bei einer
weiteren Kasteiung des Herrn suchte ihn vergeblich Kathdsura (der
ihm schon in zehn Geburten Feind gewesen war) durch Gewitterstür-
me und Regengüsse zu erschrecken und in seiner Andacht zu stören.
Gegen die zum Schutze des Herrn von Dharana ausgesandten Die-
ner musste er (Meghamdlin) vielmehr bei Pdr^va Schutz suchen,
und ward fortab mit Dharaija selbst sein treuer Diener (v. 41 — 62).
Tm Kdsivana erreichte dann der Herr am 84. Tage die wahre Er-
kenntniss ( kevalam, s. Kalpasütra S. 90) und begann dann sein
Predigtamt. A^vasena und andere Fürsten, Vdmdy Prabhdvati und
andere Frauen wurden Asketen, Hastisena u. A. mit ihren Frauen
schlugen den richtigen Pfad ein, Aryadatta etc. waren seine zehn
Weisen (süri). Er zog auf der Erde herum, überall wo sein Fuss
sich niederliess , Heiligthümer schaffend (bis v. 69). So kam er
auch nach dem ^atriivjaya, dem t^V^Äa-herrlichsten, wo er, wie der
erste Arhant dessen Hoheit pries. Auch auf dem Raivata und
den übrigen Spitzen hielt sich der Herr der Dreiwelt auf und
kehrte dann nach Kdsi zurück. Vor Hastisena, seinem Verwandten,
und vor den surendra, die zu ihm herbeikamen (v. 73.), begann
er darauf mit seiner alle Sprachen gleichzeitig umfassenden Stimme
eine Predigt zum Lobe des (^airunjaya (bis v. 83.) Hastisena Hess
sich darauf von ihm zum samghapati weihen und pilgerte zum fatr.,
auf allen Spitzen daselbst neue caitya errichtend : ebenso auf dem
spräche seines Namens gegen Schlangengift hilft I, 331. Sein Name Pdrgva
selbst kam davon (v. 9.), dass seine Mutter, als sie mit ihm schwanger
war, an ihrer Seite (pär^ve) eine Schlange kriechen sah (sarpam sar-
panlani.)
0 so ist wohl kdyotsarga(r. 31. 319.) zu verstehen? vrgl. „ncglected hts
bod(,''; Kalpasütra S. 86.
Weber, über das ^airunjaya Mdhdtmyam. 39
Candraprabhäsa (s. 254), ^ngaüa^) und Girindragiri (v. 89), über-
all reiche Geschenke gebend, worauf er dann nach Kdst zurück-
kehrte (v. 91).
„In die Schaar der vratin (sonst auch dcdrya, sddhti, yaii) des
Herrn fanden 20,900 Männer Aufnahme, in die der vratint (sonst auch
sddhvt) 38000 Frauen, 164000 war die Zahl der <;rdvaka, 349,100 (oder
377,000?) die der frdüi/:«." — Der weibliche Theil ist hier^)
also bedeutend überwiegend, was in der That von Interesse ist!
Die Zahlen selbst sind an und für sich für eine siebzigjährige Wirk-
samkeit (25550 Tage) nicht gerade zu sehr übertrieben — es kä-
men auf jeden Tag etwa 22 Bekehrte — indessen sind sie doch wohl,
wie am Ende der ganze Pdr^va selbst, aus der Luft gegriffen.
Nachdem der bhagavant 100 Jahre gelebt (die Welt geschützt)
hatte, begab er sich auf den Sammeta- ^aila^) und ward daselbst durch
monatliches Fasten erlöst, nirvrittah (vrgl. nirvritti =3 nirvdnam in v.
290). Auch ^rt Hastisena übergab seinem Sohne die Regierung
und zog sich auf den ^atrunjaya zurück (97).
„Nun habe ich dir", fährt Vira fort, „o Surardja, von den
vollendeten Muni und sainghapati, welche eifrig zur </rMa- Errich-
tung waren, erzählt. Höre du nun auch von denen, welche nach
uns kommen werden, bis zum ehdnta mahddiihkhin'^) hin" (v. 98).
— Diese Prophezeihung (alle Verba im Futur) geht bis 324? wo
sich ein Lob des (^atrunjaya Puiidarika bis 335 anschliesst: dasselbe
bildet auch den Inhalt von v. 99, der den Uebergang zur Prophe-
zeihung macht. Diese beginnt erst in v. 100:
„ Wenn wir den Vaibhdra erlangt haben , wird auch Fürst
^reiiilca , auf unser Wort eine Wallfahrt unternehmend , caitya
dort (auf dem ^atrimjaya? ) und in der Stadt [ — errichten?"
Das Verbitm finitum fehlt, da wir doch v. 100 kaum mit v.
101 konstruiren dürfen! Es fehlt also wohl ein Vers in der Hand-
schrift?] Der Sinn des Verses scheint der zu sein, den Qrevikn,
Freund des J^ka, (s. oben S. 2. und 3.) dem Hastisena, Freunde
des Pdr^va gleichzustellen: wie dieser sich, nach Pdr^va's Hingang
auf den Sammetddri, seinerseits auf den Qatrunjaya zurückgezogen
habe, so werde auch Qrenika nach Vira's Hingang aiif den Vai-
bhdra (T, 345) dasselbe thun. Das Kalpasutra indessen weiss nichts
von einem solchen Hingang auf den Vaibhdra, sondern lässt den
Vira in Pdpapuri sterben (Stevenson S. 91., Colebr. II, 215); sollte
^) über einen andern Berg dieses Namens, s. Wilson Vif>hnii Pur. 180
not., Verz. d. Berl. Sskr. Hdschr. S. 347.
'0 ebenso wie im Kalpasillra S. 93 bei der Aufzälilung von Vira's
Schülern, wo auch 30000 female ascetics ge«;enüber 14000 male ascetics,
und 318,000 female lay adherents {gegenüber I5i),000 male lay adherents.
') s. r, 345. 3r)8 Colebrooke 11, 212. 213. Nach Stevenson Kalpa-
siUra S, 98 =^ Shilcar: meint er damit etwa den {'ikhatiu (1, 294)?
') H(Mnn<:. 131 clidnladalii.haiitd.
40 Weber, über das Qatranjaya Mähdtmyam.
vaibhäram „Entlastung" etwa appellativisch im Sinne von nirvanam,
miikti zu fassen sein? Dieser Begriff ist es jedenfalls wohl auch,
der dem Berge selbst den Namen gegeben hat,
„Drei Jahre, 8V2 Monat nach unserm nirvdna, o ^akra, wird
der das Gesetz verwirrende imncamdra eintreten (v. 101)." — Wir
begegnen diesem sonst noch nicht belegten Ausdruck wieder in 171.
313. Nach Colebrooke's Angabe II, 215, dass Vira's Tod „is dated
three years and eight and a half months before the close of the
i'ourth age (called Diihkhamä Sukhamd) in the great period avasar-
inni'^'-, müsste dieses Ereigniss, der Schluss der vierten Speiche, oder
vielmehr das Eintreten der fünften Speiche, resp. wohl diese selbst
unter pancamdra verstanden werden: was folgt, fiele somit in die
fünfte Speiche Duhshamd, oder, wie sie hier v. 165 genannt wird,
(vrgl. oben S. 21) Diihkhamd. Nach v. 313 indessen (und auch v.
171 passt dazu) scheint es eher, als ob pa/icamara die Zwischenzeit
bis zur fünften Speiche hin bedeute, da diese letztere in v. 314 aus-
drücklich als hinter dem pa??camara/:a folgend genannt wird.
„466 Jahre 45 Tage darauf wird Vikramdrka diese Erde
nach der Unterweisung des Siddhasena der Jinalehre gemäss ent-
sühnen und meine Aera verdrängend die seinige einführen" (v. 102
— 103). — Ueber diese höchst interessante Angabe s. das in der
Einleitung Gesagte. Es ist dies die älteste dgl. Erwähnung, doch
erhellt hieraus (vergl. Z. D. M. Ges. XII, 188) „weder, ob die Safu-
vat-, oder ^aka- Aera gemeint ist, noch folgt daraus irgendwie,
dass die neue Aera des Vikramdrka mit dessen Regierungszeit
begonnen habe" : denn auch die Angaben in v. 280 und 286
können sich wohl nur auf obiges Datum jenes Verdrängungs-,
resp. Einführungs- Actes beziehen, nicht auf den Beginn der Aera
selbst. — Hierauf folgt eine lange Geschichte (bis 280) von einem from-
men Kaufmann Bhdvada, seinem Sohn und Enkel. Derselbe lebte
in Kdmpilyajnira , gewann durch Pferdezucht viel Reichthum und
erhielt für ein grosses Geschenk gleichfarbiger Pferde an Vikramdrka
(124) von demselben die Stadt Madhiimati {Dagakum. 158, 5) nebst 12
andern Städten im S aurds htramandala (126) : gleichzeitig damit auch
von seiner Gemahlin Bhdvald einen Sohn, den er Jdvada nannte
(132). Zum Dank dafür baut er dem Vira einen Tempel (135.
136.) in einer neu erbauten nach Jdvada benannten Stadt. Als der
Knabe gereift, schickt Bhdvada seiner Frau Bruder nach Kdmpilya,
um dort eine Frau für ihn zu suchen (139). Untervi^egs am Fusse
des ^atrunjaya in Ghatdgrdma übernachtend, sieht derselbe die
Sugild, Tochter des Süra, eines Kaufmannes aus guter Familie und
wirbt um sie für seinen Neffen. Das Mädchen stellt zur Bedin-
gung die Beantwortung von vier Fragen, die sie dem Jdvada stel-
len werde: sie betreffen die Definition der vier ,,purushdrtha, Men-
schenzwecke", des dharma, artha, kdma und moxa (154) und werden
glückhch von demselben gelöst (159), worauf die Hochzeit stattfindet
(161). Nach Bhdvada'sTode übernimmt Jdvada die Regierung (164).
Weber, über das (^atrmijafja Mdhdtmyam. 41
Nun folgt ein höchst merkwürdiges Intermezzo (165 — 67).
„Wegen der Macht des DwÄsAam«- Zeitalters wird die Macht
der Mudgala mit Gewalt, wie ein Meerstrom, die Erde iiberflu-
thend ergreifen. Kühe, Getreide, Reichthümer, Kinder, Frauen,
mittlere, niedrige und hochgestellte Menschen, (in) Saurdshtra,
Kacha, Lata u. s. w. mitnehmend werden die Mudgala ziehen. Zu
ihren je gewohnten Geschäften die verschiedenen Kasten zusammen-
rufend (auffordernd, s. 181) die Mudgala dann viele Reichthümer
vertheilend in das Land ^) bringen werden." — Wer mögen diese
Mudgala sein? Offenbar wohl ein fremdes Volk, (andrya, s. v. 169.
70.), welches eine Zeitlang über Surdshtra herrschte, und unter dessen
Herrschaft sich nach 167 das Land zuletzt ganz gut stand. Es können
damit wohl nur die Indoscytheu, Yuaitchi, weissen Hunnen, gemeint
sein, deren Reich sich mehrere Jahrhunderte über Guzerate erstreckte,
wo zu Ptolemaios Zeit ihre Hauptstadt Minnagara lag, die geradezu
mit dem, nach arabischen Zeugnissen auch Mdnekir genannten Va-
labhi zu identificiren ist (s. Lassen, Indien II, 773 — 4. 855. 871.
III, 145. 171. 491. 532. 587 — 89.) Woher aber dieser aufiällige
Name Mudgala, der sonst nirgendwo in den indischen Quellen in
drgl. Beziehung vorkommt^)? Dem Klange nach läge der Namen
den Mongolen nahe, der aber theils überhaupt in so früher Zeit
nicht nachweisbar ist, theils auch des Volkes selbst wegen nicht
passt: denn da Bhdvada's erste Zeit mit Vikramdrka gleichzeitig
gesetzt wird, und Jdvada 108 Jahre nach Vikramdrka stirbt (v. 280.),
so handelt es sich hier bei diesem bald nB.ch Bhdvada's Tode fallen-
den Ereigniss , nach dem in dör Einleitung über Vikramdditya's Zeit
Bemerkten, um das letzte Drittel des zweiten Jahrhunderts nach
Chr., in welcher Zeit selbstverständlich an einen Einfall mongolischer
Stämme des Namens in Guzerate nicht zu denken ist. ^)
') zu manda/a, Kreis, Provinz, Distrikt, Land, 8.125. 191 ,,Saurdshtra-
mandale und v. 2vS5. 309. Vrgl, „mandalika rdja dependent king" bei Ste-
venson Kalpasütra 65.
^) Das Wort mudgala, mudgara, kommt zwar vor, aber in der Bedeu-
tung „Hammer", oder zur Bezeichnung eines /^«5/i/- Geschlechtes ÄQval.
(>V. XII, 12. In d.en Puräna wird dieses allerdings als xatropeta „with
the character of Xatriyas" genannt, (s. Wilson Vishnu Pur. S. 454. Muir,
Sanscrit texts 185S, S. 54), aber sonst nichts Näheres davon erzählt.
•') Sollte nicht aber doch vielleicht in den Namen ein Zusammen-
hang stattfinden? — Klaproth hat allerdings den Namen der Mongolen
mit dem des im fünften Jahrhundert von den Chinesen in der Mandschurei woh-
nend genannten Volkes M u -k //, später mit Mo - kh o, Mo-ho wechselnd, identi-
ficirt: das l sei abgefallen, wie das r in Tata, dem chinesischen Namen der Ta-
taren. Er weist auch nach, dass im zehnten Jahrhundert unter der Thang-
Dynastie bereits der Name Munggu oder Munggus vorkömmt und 1135
die Mongolen unter ihrem jetzigen Namen Mungku oder Mungkus be-
kannt sind (Castren, ethnologische Vorlesungen über die altaischen Völker
S. 37). Nach Schmidt's Auffassung einer Angabe des Sanang Ssetzen zwar
Ist der Name Mongol ein Ehrennamen, den erst Tschingiskhan (l- 1227) nach
einem himmlischen Wunderzeichen seinem eignen Stamme zur Auszeichnung für
42 Weber, über das Qatrunjaya Mdhdtmyam.
Auch Jdvacia erwirbt dabei durch Handel grosse Reichthümer
(168), vereinigt sein Geschlecht an einem Orte, als ob es ein
Arya-Land wäre, bei sich, und errichtet daselbst dem Vira einen
caitya , zu welchem die in den arischen und nicht-arischen
Ländern herumziehenden Mmä herbeikommen und ehrerbietig be-
grüsst werden. Ihren Ruf „während des imricamära ist Jdvada der
tirtha-Süüer^^ hörend, fragt er sie, ob mit diesem Jdvada er selbst
oder ein Andrer gemeint sei (172). Er erhält zur Antwort: „Die
Wächter des Pwidarika wurden mit der Zeit bösartig i); von be-
seine Treue beilegte, wie denn in der That der Name Mongol, Mogol vor
dieser Zeit im westlichen Asien resp. Europa noch nicht bekannt ist: frei-
lich das Volk ebensowenig! der Name könnte also unbeschadet dessen in
der Heimath des Volkes selbst begreiflicher Weise schon früher bestanden
haben! Dies ist denn auch Klaproth's Ansicht, der mit Recht besonderes
Gewicht darauf legt, dass nicht Mongol allein, sondern Koke Mongol,
blaue Mongolen, jener Ehrentitel bei Sanang Setzen lautet, und der für
die frühere Existenz des Namens eben obige Vorstufen annimmt. Ueber
die Bedeutung des Wortes selbst, über seine Herleitung scheint noch keine
Bestimmtheit erlangt zu sein. Schmidt (Sanang Setzen S. 380) leitet es
von mong trotzig, unerschrocken her; ähnlich Klaproth in den tableaux
historiques S. lb',i „brave et fier"; vrgl. auch Hammer Geschichte der
goldenen Horde S. 34 (nach Hashid eddin). Nach Klaproth's eigenen
Aeusserungen in der Asia Polyglotta indessen S. 260 scheint diese Bedeu-
tung doch noch nicht so ganz sicher zu sein. — Ein Zusammenhang mit
dem Namen der Mudjjala nun wäre etwa in der Weise denkbar, dass in
früher Zeit bis zum sechsten Jahrhundert, wo die weissen Hunnen nach
dem Zeugniss des Kosmas noch im westlichen Indien sassen, buddhistische
Missionare von da denselben in seiner Präkrit-l^'orm IMuggala zu einem Volke
Central-Asiens mitgebracht hätten, welches sie diu-ch Aussehen und Lehens-
art an die in ihrer Heimath zurückgelassenen fremden Eroberer erinnerte,
welche ihrerseits den Namen Mudgala ,, Hammer" von den unterworfenen
Indern etwa ihrer Bewaffnung oder ihrer zermalmenden Kraft wegen erhal-
ten hatten. Die Aneignung dieses immerhin einen Ehrennamen bildenden
Namens durch jenes Volk selbst, hätte in ähnlicher Weise stattgefunden,
wie dies bei dem Namen der Mandschu geschehen scheint und mit so vie-
len andern buddhistischen Namen geschehen ist. Sie wäre vielleicht noch
dadurch besonders erleichtert worden, dass einer der Hauptschüler Buddha's
und Hauptpatriarchen der Buddhisten den Namen Maudgalyäyana (Pdli:
Moggaldna , Moggaliputta) führt. — Ich gebe diese Vermuthung natürlich
nur eben als eine solche, die einstweilen noch auf sehr schwachen Füssen
steht. — Hiuen T/isang in Cap. III des SijuM (St. Julien S. 133) erwähnt
übrigens im nordwestlichen Indien, in Udijdna, dem Lande der {'äkfia (d. i.
Indoscythen; denn die Identität, resp. Verwandtschaft mit den {'dJiya des
Ostens ist wohl nur eine gemachte, vrgl. meine Acad. Vorles. über indische
Lit.-Gesch. 249. 266) als Hauptstadt die Stadt Moung-kie-li, Mungaii,
die möglicher Weise mit dem Namen Mudgala in Verbindung stehen könnte.
Den Namen des M audgal y dyana freilich giebt er (z. B. S. 211) durch
Mo-te-kia-io-tseu wieder.
^) Es hatte also wohl , während der Eroberung durch die Mudgala,
eine Unterbrechung des Jainak'ultus stattgefunden? und zwar durch einen {Hva-
Cultus, s. S. 45 not. L Sollte t^wa doch unter den Mudgala einfach nur
jenes den Ihirdna nach kriegerischeBrahmanengeschlecht zu verstehen sein?
Aber wie passte dazu der Gegensatz Von ärya und andry[a in v. 169. 170!
Weber ^ über das ^atrimjai/a Mahdtmijam. 43
rauschenden Getränken und von Fleisch lebend zogen sie fünfzig
Yojana rings um den Pimdarikddri eine Gränze (?) : wer die über-
schreitet, fällt dem bösen Kapardayaxa (s. v. 246) in die Hände
(175). Der (^riyugddljine^vara kann somit nicht verehrt werden:
doch jetzt ist die Zeit da, ihn wieder zu erheben und du bist der
GlückUche. Das durch Bahubali gestiftete (s. v. 266) Bildniss des
heiligen ersten Herrn suche du durch gläubige Verehrung der Ca-
kregvari suri^) zu erhalten" (177). Nach einer monatlangen Busse
erscheint ihm dann auch dieselbe (180) und weist ihn an, nach
der Stadt (dranga) Taxa^ild zu gehen, und dort sich mit dem
Fürsten Jaganmalla zu verständigen: er werde daselbst vor dem
dharmacakram das Bild des Arhant (drhatam bmbam) erblicken, und
durch ihre Gnade einen grossen tirtha, das Mark der sudharmau
(Rechtgläubigen) ins VVerk^) setzen (182). Es glückt ihm auch In-
der That, durch Geschenke die Gunst des Fürsten von Taxa^üd so
weit zu gewinnen, dass derselbe die Wegführung des Bildes des
Rishabhasvdmin nebst den beiden Pundarika (s. I, 499) zu AVagen
gestattet, und er kommt glücklich damit im Saurdshtra mandala bei
seiner Stadt Madlmvati an (191). Er hatte früher mit Gütern be-
ladene Schiffe zu den MaAacm«, Cina und Bhota geschickt ^j: diesel-
ben waren durch Stürme nach der Goldinsel SvaTnad(v)?pa ver-
schlagen worden , und kamen jetzt gerade, alle achtzehn, mit Gold
beladen zurück. Ein Bote nun meldete dem Jävada, als er die
Nähe der Stadt erreicht hatte, die Ankunft dieser Schiffe nach
zwölfjähriger Abwesenheit: ein anderer aber die Ankunft des Qri
Vajrasvdmm^). Ohne jene zu beachten, eilte er diesen zu begrüssen.
Als er noch eben im Anschauen des Vajra versunken war, stieg,
die Himmelsgegenden erhellend, wie einen Blitzstab in der Luft zei-
gend, vom Himmel ein Gott hernieder und verneigte sich vor dem-
selben, also sprechend (201): „Herrlich war vormals der Sohn des
Sukarinan, des Herrn von Ttrthamdnapura , Kapardin genannt, un-
gezähmt berauschenden Getränken ergeben. Höre, wie ich durch
dich gerettet ward, durch meine Sünde in die Tiefe stürzend.
Einst sass ich im Söller auf lieblichem Sitze von den Frauen
umgeben und schlürfte Kadambari -Wein. Als ich den Becher zum
^) Es ist dies die {^dsanadevi des ersten Jina, Hemac. 41. (Auch eine
der 1() vidyddevyas heisst so Hemac. 239.)
-) Hiernach fand also die Restauration des Jainakultus in Surds/tira von
TaxaQÜd am obem Indus aus statt, eine überraschende Nachricht. Tliuen
Thsanrj fand in der That in Taxagild (Julien I, 450, IJ, 152) nur „la
doctrine du grand vehicule" vor, übrigens bereits auch im Verfall.
^) Die bis jetzt älteste Envähnung vom Seehandel der Inder mit China!
Zu den Bhola (Tübet!) freilich kann man nicht zur See gelangen.
^) Vajra is der Name des letzten der sieben Davapilrvin, Hemac. 34
(vgl. schol. bei Böhtlingk-Rieu S. 239), der somit hiernach in das letzte
Drittel des zweiten Jahrhunderts p. Chr. fallen würde.
44 Weber, über das ^atnmjaya Mdhdtmyam.
Munde führend deines Namens gedachte, liess eine in den Klauen
eines Vogels in den Lüften sich krümmende Schlange ihr Gift ge-
rade hineinfallen (207), ohne dass ich es merkte i). Ich trank und
durch das Gift schwand mir die Besinnung, doch gedachte ich der
hohen Formel^) beständig dich erschauend. Mein Laster immer mehr
tadelnd, deiner stets gedenkend, die Formel auszusprechen mich
bemühend, starb ich, und ward unter den Yaxa so wieder ge-
boren. Ich heisse jetzt Kapardi- Yaxa^), bin von 100,000
Yaxa gefolgt , alles auszuführen im Stande. Herr , sage mir,
was ich thun soll." Vajrasvdmin erzählt darauf von der Ho-
heit des Siddhädri ( ^atrunjaya ) und ermuntert den Jdvada zu
seiner Wallfahrt dorthin und zur tirtha-ErnchUmg daselbst, er und
der Yaxa würden ihm beistehen; durch einen Blick heilt er zugleich
Jayamati die Gemahhn des sainghega, {Jdvada), welche die bisheri-
gen Wächter des Siddhabhubhrit krank gemacht hatten. In der That
gelingt es auch, den Widerstand der Dämonen zu brechen^), und
den ^ailendra mit dem Bilde des Bhagavant zu besteigen. Man
findet den Berg durch Blut etc. verunreinigt, die Tempel einge-
fallen, voll Staub, den Winden preisgegeben. Die Nacht benutzen
dann die Dämonen, den Wagen mit dem Bilde des Herrn wieder
vom Berge herab zu bringen. Tags darauf wird er zwar durch
Jdvada' s Leute wieder hinaufgeschafft, folgende Nacht aber wieder
hinunter. So 21 Nächte hindurch: bis Vajrasvdmin die Anord-
nung trifft, dass der Yaxa mit den Seinen, die Glieder gestählt
durch die Formel des Vajra, in der Lnft Wache hält, Jdvada sich
mit seiner Frau, zum Adijina betend und der fünf Parameshfhi
gedenkend, unter dem Wagen neben die Räder schlafen legt, und
er selbst mit dem ganzen samgha, Kindern und Frauen bis zum
Morgen bei dem Bilde bleibt, des Adijina gedenkend. Am Morgen
(245) bringen sie dann das Bild glücklich zum Tempel hin, und
sorgen zunächst für die Reinigung und Entsühnung des Heilig-
thums^). Der frühere Kapardiii (s. v. 175) hält sich erzürnt, von
einigen Asura umgeben, im Innern der frühern Statue versteckt.
') Dieselbe Geschichte in der VetdlapancavtnQati und im Syntipas, s.
Ind. Stud, III, 350. Einen ähnlichen Vorgang ,,saw the poison of a snake
fall into the rice and milk" s. in der Einl. des Kalpasülra S. 12.
'^) Es muss dies ein von Vajra erdachter mantra sein, der, vrgl. v. 236.,
y,vajravad abhedya" macht.
^) gleichnamig, nicht identisch mit dem v. 175. 246 Genannten.
'*) Vajra vertreibt die von ihnen geschaffenen Wolken durch Wind, ih-
ren Wind durch Berg, ihren Berg durch Keile {pavind, Randglosse, vajra),
ihre Elephanten durch Löwen, ihre Löwen durch den ^arabha, Feuer durch
Wasser, Wasser durch Feuer, Schlangen durch Vögel." — Für den ersten
Theil dieser Mittel vrgl. Paiicat. III, Li, wonach das Ind. Stud. Ill, 345
Gesagte zu modificiren ist.
^) dies ist die I, 277 erwähnte neue Einrichtung des Tempels.
(
Weber, über das Qaininjaija Mdhatimjam. 45
und als nun Jävada dieselbe heraus, die neue feste hineinschaff'en
lässt, wird der ^*ura -Schwärm zwar durch die Sprüche des Va-
jrasvämin festgebannt, so dass er nicht auf jenen losstürzen kann,
stösst aber ein so furchtbares Geschrei aus, dass die Erde mit den
Bergen wie eine Meereswoge schwankt, Bäume und Tempel umstür-
zen, der Berg selbst in zwei Stücke, ein südliches und ein nörd-
liches sich spaltet, und alle Leute, ausser Vajra, Jävada und seiner
Gattin, die Besinnung verlieren. Auf Vajra's Anweisung nimmt da
der Yaxa Kapardiii den vajra (Keil : oder ist Vajra damit gemeint ?)
in die Hand, den Asura damit bedrohend, und erschreckt flieht der
frühere Kapardiri eiligst an das Ufer des (najtidrd?) Meeres, wo er
im Candraprabhdsaxetra einen andern Namen annimmt^) (254).
Vajra richtet darauf den neuen Tempeldienst ein (bis 259).
Jävada steigt, um die Fahne aufzustecken, mit seiner Gemahlin auf
die Spitze des Tempels, und preist sein glückliches Geschick, durch
welches ihm dies schwierige Werk geglückt, Vajrasvämin sein Lehrer,
und Kapardin durch dessen Antrieb sein Beistand geworden sei.
Die Freude hierüber übermannt die beiden Gatten bei ihrem hohen
Alter so sehr, dass ihnen wirkhch das Herz bricht; die Vyantara-
Götter nehmen ihre beiden Körper und werfen sie sogleich in das
Milchmeer. Die Cakre^vari (s. 177. 180) tritt sodann zu dem mit der
Gemeinde harrenden Sohne Jdjanäga und zeigt ihnen das Gesche-
hene an, sie mit passenden Worten tröstend. Jäjanäga aber, die Jina
auf dem Raivata und den andern Bergen verehrend, überall caitya
errichtend, befolgt in allen Dingen das väterliche Beispiel. — Am
Ende des 108. Jahres nach Vikramdditya wird dieses Hinscheiden
des Jdvada stattfinden (280).
„Nachdem einige Zeit dahin gegangen, erlangen die Bauddha,
kraft ihrer Weisheit die Fürsten beherrschend, durch Gegner schwer
zu besiegen, das Uebergewicht, beseitigen die andern Systeme, und
vernichten, ihre eigene Lehre in der Welt einführend, alle tirtha
(Jaina-Heiligthümer)" (282).
„Da tritt DhaJie^vara, der Mond des Oceans des Mondge-
schlechts, der weise aus allen Göttern zusammengesetzte^) Lehrer
^) Nach V. 89 liegt dies Candraprabhdsam in der Nachbarschaft des
(^atrunjaya , so dass der Dämon also doch nicht sehr weit verjagt ward.
Der Name desselben führt übrigens darauf hin, in ihm eine Gestalt des
^ivaismus zu erblicken, vrgl. den /?rt.Ta.s-Namen Mahdkdia II, 141, und wir
werden somit wohl nicht irre gehen, wenn wir in dem Candraprabhdsam
geradezu das Prahhasaxctram suchen, vrgl. MBhdr III, 5000, wie nach
Journ. Bombay brauch R. As. See. II, 14 im Shdndapurdna der heilige
Somanätha-Tempei in Surdshtra genannt wird. Es handelt sich hier also
um einen Kampf zwischen i^AiHiismtis und Jainathum in Guzerate, in wel-
chem ersterer eine Zeitlang siegreich war, bis letzteres sich aus TaxaQÜd
frische Kräfte holte.
^) Der Dichter scheut sich , wie man sieht, nicht, sich selbst möglichst
auszustaffiren.
46 Weber, über das ^atrimjaija Mdhdtmyam.
auf, unterrichtet den ^ildditya, Herrn der Stadt Valablii, in der
reinigenden Jinalehre, lässt durch denselben die Bauddha aus dem
Lande vertreiben, und eine Menge caitya an den verschiedenen
ttrt/ia errichten. 477 Jahre nach Vikramdrka lebt ^Udditya , der
das Gesetz zu neuer Blüthe bringende" (bis 286).
Hier sollte nun rechtmässiger Weise die Prophezeiung des
Vira schhessen , da er doch nicht gut von Dingen berichten
kann , die hinter der Zeit des Verfassers kommen werden. Trotz
dessen folgt noch bis v. 324 manche gewiss historische Angabe,
die wir nur eben theils für die Gegenwart, theils für die Vergan-
genheit werden umsetzen müssen, wie grosse Ansprüche an die
Zukunft (in v. 290 ist von 1914 Jahren nach Fzm, also 967 Jahren
nach ^Udditya, resp. Dhane^vara die Rede! und in v. 305 kommen
noch 86 dazu) sie auch erheben mögen. — Oder wir müssten diese
Verse sämmtlich für eine spätere Zuthat erklären , was natürlich
sehr gewaltsam wäre.
„Danach aber werden Kumdrapdla, Bdhada, Vastupdlavid (?va-
5rw° Cod.) die ersten im Kampfe sein, mächtig in diesem Lehr-
system (287). — Die Fürsten werden (dann) Mlecha sein, ihre
Minister habsüchtig, die Leute aber von ihren Gebräuchen weichend,
und einander zu betrügen suchend (288)."
Unter Kumdrapdla könnte der (Cdlukya) Caulukya-Fnrsi ge-
meint sein, den Hemacandra 712. 713 aulführt? oder sollte derselbe
nicht vielmehr damit den ihm nach Wilson Sanskr. Dict. first edit.
pref. S. XXXin not. gleichzeitigen Fürsten meinen, der seiner-
seits daselbst 2500 Jahre nach Pdrgvanatha gesetzt wird?^) Wil-
son im Lexicon führt Kiimdrapdla als Namen des ^dlivdhana, wie
eines „Königs, in Guzerate^'- an; unter letzterem ist aber eben
wohl jedenfalls der spätere, dem zwölften Jahrhundert (1144 — 73,
nach Lassen HI, 567) angehörige Fürst (Hemacandra's Patron) ge-
meint, der hier natürlich nicht in Betracht kommen kann. In der
Inschrift im Journ. Bombay Br. R. As. Soc. II, 18, scheint dagegen
ein Kumdrapdla als der Stifter des C/mWA'?/a- Geschlecht genannt zu
sein (vrgl. J^assen III, 564 not.), welches letztere nach ibid. 11, 9.
in, 205, Journ. Royal As. Soc. London V, 343., inschriftlich
bereits ^ake 4:11 A. D. 489 nachgewiesen ist. — Zu Bdhada weiss
ich gar nichts anzuführen, und mit Vas tupdlavid kann der Minister
Vastupdla, der auf den viritifZa-Inschriften (Wilson, As. Res. XVI,
303 — 319) mit seinen Brüdern als eifriger Jaina in den Jahren »Samurtf
1287 — 93 erscheint, natürlich nur dem Namen nach verglichen werden.
^) Gelegentlich mache ich hier darauf aufmerksam, dass Agnisvdmin
zu Läty. I, 10, 10. als Beispiele eines dveshyakalpa (Verfluchung) und eines
priyakalpa (Segnung) folgende anführt, die offenbar für seine Zeitgenossen
bestimmt waren! idam aharr Kurcinaharn Caulaky an (^alabhikdhütydm
C') putram udicyddiQahyavddyannddydnnirühdmi, und idam aham Kumd-
raguptam Dravyasydpinydyaputram (?)prdcydm digi gdlyannddye 'dhyühdmiti.
Weber, über das Qatrunjmja Mdhdtmyam. 47
Es folgen bis 312 sehr specielle Angaben über einen König
Kalkin (und seinen Sohn Datta). Der Name desselben ist identisch
mit dem der noch bevorstehenden Incarnation des Vishmi, ein wei-
terer Zusammenhang indess scheint nicht stattzufinden. Auch die
beiden durch Inschriften bekannten Karkardja (Lassen IIT, 539. 40.
543. 552 — 55) passen nicht hieher, da sie bedeutend jünger sind,
als Dhane^vara. Eine be.«^timmte historische Grundlage indess wird
den so speciellen Nachrichten über Kalkin wohl schwerlich abzu-
sprechen sein. — 1914 Jahre nach Viras Tode, am achten des Caitra-
Monats, um die vishfi- Zeit^) wird in Pdtaliputra ein Mlecha- Sohn
sein (d. i. „geboren werden"), der die drei Namen Kalkin, Caturvaktra,
Radva (? Rudra?J führt. Da werden in Mathurd plötzlich die bei-
den Tempel des Mu(^alin (Balardma) und des Krishim einfallen 2),
wie ein alter vom Sturm umgerissener Baum. Die sieben Land-
plagen ^) werden sich einstellen, Furcht, Verlust von Geruch und Ge-
schmack, Theuerung, Streit zwischen den Fürsten, unzählige ungün-
stige Anzeichen. Am Ende des 36. Jahres wird jener Kalkin Kö-
nig werden und wird die goldenen stuim des Königs Nanda aufgra-
ben lassen. Nach Schätzen gierig wird er die ganze Stadt (Pd-
falipiitraj durchgraben und viele Reichthümer erlangen, wobei sich
eine steinerne Kuh, Namens Lagnadevt, finden wird, welche die mimi
quält, so dass Viele die Stadt verlassen werden. Die Jaina - rishi
zornig verfolgend wird Kalkin durch die Stadtgötter mit Gewalt
zurückgehalten werden. Ein Regen von 17 Tagen wird dann die
Stadt überfiuthen. Kalkiu, der Weise Prdtipada und viele Andere
Gläubige (samgha) und Nichtgläubige (lokah) werden sich retten.
Andere aber fortgeschwemmt vi'erden. Vermittelst der Nanda-
Schätze wird Kalkin tlann die Stadt neu bauen lassen und 50 Jahre
lang wird dann Wohlstand herrschen. Seinem Ende nahe aber wird
der böse Kalkin durch ketzerische — (?) die Jaina überfallen. Der
Weise Prdtipada und viele Gläubige werden hart zu leiden haben.
^akra, selbst auf seinem Sitze schwankend, wird die Gestalt eines
vipra (Brahmanen) annehmen (um ihn zu bekehren) : da aber Kalkin
trotz aller Ermahnungen nicht ablässt, wird er nach vollendetem
86. Lebensjahre von ^akra getödtet werden. Sein Sohn und Nach-
folger Datta^), von ^akra selbst in der Jinalehre unterwiesen, wird
unter der Leitung des Prdtipada viele Arhat-Caittja errichten, sowie zum
') s. Böthlingk-Roth unter karana. Die Jaina lieben es, durch drgl.
ganz specielle chronologisch-astrologische Zeitbestimnuuifjjcn auf Tag, Stunde,
und Minute wo möglich, ihren Angaben den Schein möglichster Genauigkeit
zu verleihen, vgl. v. <;. 7. 16. 96, Kalpasütra S. 22. 23. 74. 89. 98.
0 ich lese MuQalikrish'\ und palishycte.
^) s. Böthlingk-Roth unter tti , wo nur sechs drgl. aus Pardgara auf-
gezählt werden.
^) bei Hemac. 696 Name des siebenten schwarzen Vd.sudeva, Sohnes
des Agnisinha, dem Prahldda als Feind gegenüber steht.
48 Weber, über das ^atriinjaya Mdhatmyam.
^atrunjaija etc. selbst wallfahrten. Im (ganzen) trikhanda (d. i. wohl
„in allen drei dvtpa^^}, im Bharata (varsha), in Dorf und Stadt,
Weilern und Marktflecken, Städtchen, Berg und Thal (Fürth), in
arischem und nicht-arischem Lande wird König Datta Jina- Tempel
errichten lassen und stets des Gurii Anweisung befolgen, bedacht
darauf. Niemand Schaden zu thun. Unter seiner Regierung wird
dann auch Wohlstand und Fülle überall herrschen, die Fürsten wer-
den gescheut sein, die Minister wohlwollend und die Leute das
Gesetz beobachten.
Bis zum Ende des Pancamdraka (313) wird so ununterbrochen
Fortgelten der Jina-Religion stattfinden^). Dann weiter aber in
der Duhshamd werden die Leute das Gesetz ( dharma} ganz bei
Seite lassen, nur kurzes Leben führen, von Krankheit verzehrt, von
Abgaben gedrückt. Die Könige werden habsüchtig, diebisch, furcht-
bar sein, die Frauen sittenlos, die Dörfer Leichenäckern gleich.
Schamlos und erbarmungslos werden die Leute die Lehrer schmä-
hen und die Götter, und allmälig immer tiefer sinken. Die letzten
Guten während der Duhshamd werden im Bharata (varsha) sein der
Lehrer (^dcdrya) Duhjjrasaha, die Lehrerin [sddhvij Phalgu^rt, der
fromme (^rdvaka) Nägila^), die fromme (^rdvikd) Satija^ri, der
König Vimalavdhana , der Minister Sumuhha. Nach Anweisung des
Diihprasaha wird König Vimalavdhana auch eine Wallfahrt zum
vihdra Vimalddri anstellen. Zwei Hände hoch und nur zwanzig Jahre
lebend werden die Menschen dann sein ^) : die Wolken werden nur
hier und da, meist aber nicht, ihre Schuldigkeit thun. Diihprasaha
wird 12 Jahr zu Hause, acht Jahre im vrata zubringen, und zuletzt
durch die achte Mahlzeit (? stets immer nur das achte Mal essend,
d. i. alle vier Tage einmal, s. ashtamakdlika Manu 6, 19) das Ge-
setz üben.
Der Reihe nach wird am Vormittage das Geschäft, Mittags die
Königspflicht, Nachmittags das Feuer aulhören (gepflegt zu werden?).
So wird die Duhshamd 21000 Jahre dauern. Dasselbe Maass
wird für die Zeit der Ekdntaduhshamd stattfinden, wo die Menschen
schamlos wie das Vieh in Höhlen wohnen und Fische essen werden (324).
Auch der ^atrunjaya wird dann nur 7 Hände hoch sein, und
erst in der Utsarjmu-F enode wieder zu seiner frühern Höhe gelangen
(325). — Hieran schliessen sich ungemessene Lobpreisungen des-
selben bis V. 335.
1) Umfasst der Pancamdraka hiernach etwa 2000 Jahre? Er beginnt
(nach V. 101) 3^4 Jahre nach Vira's Tode. Kalkin nun wird 1914 Jahre
nach Vira's Tode geboren, dazu die 86 Jahre seines Lebens giebt 2000.
Dann blieben freilich für Datta während des Pancamdraka nur 3y, Jahre
übrig !
^) So heisst der 15. Nachfolger des Sudharman in der sthirdvali am
Schluss des Kalpasütra S. 101.
^) Anders Hemac. 134.
Weber, über das ^atrunjaya Mnhdlmyam. 49
Also den Nektar der Erkenntniss über die Creatnren gereg-
net habend, verstummte Vrra (336) und stieg herab von der Spitze
des Vimalagaüa (339): auch seine Zuhörer zerstreuten sich je in
ihre Heimath.
Den Schluss machen vier Verse, in denen der Dichter sich
seines Werkes rühmt, für etwaige Fehler oder unkanonische Anga-
ben (utsütram) um Nachsicht bittet, den Schutz des Adijina dafür
erfleht, sich nochmals als Verfasser, Demüthiger der Saugata (Bud-
dhisten), Mond des Mondgeschlecht-Oceans und seinen Patron Fürst
^tldditya als Zierjuwei des Yaduvant^a verherrlicht, und endlich sei-
nem Werke ewige Dauer wünscht, so lange als das der Menschheit
Heil spendende gute Gesetz der Jaina auf Erden wache, Sonne und
Mond die Finsterniss vertreibend aufgehn.
Berlin, im April 1858.
Nachtrag.
Die in dem so eben bei der letzten Correctur erhaltenen letz-
ten Hefte des 3. Bandes von Lassen's Indischer Alterthumskunde
auf S. 1159. 60 sich findende Stammtafel der jjBallabhi'^-Kön'iQe
weicht von der oben S. 11. gegebenen in einigen Punkten ab.
Meine Darstellung ist aus Lassen's eigenen, allerdings vielfach
durch Druckfehler etc. entstellten Angaben auf S. 501 — 34 seines
Werkes entlehnt, denen bei Zusammenstellung jener seiner Stamm-
tafel nicht vollständig Rechnung getragen scheint. — Zu dem Namen
Moung-kie-li auf S. 42 not. bemerke ich, dass Lassen a. a. O.
S. 887 denselben durch Mangala restituirt. —
Berlin, 3. Juli 1858.
Abhandi. der DMG. I, 4.
Aus dem (^atrunjaya Mahatmyarn,
Cap. 1.
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^) Voraus geht die Anrufung des Schreibers: '^l^-f | ^^C (!)
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2) (^<?n<e ist sowohl Arhant als Cakrin d. i. cakravartin.
^) cfi^Tu Gloss. zu einem machend , auf den man sich zu besinnen hat,
d. h. ihn in Vergessenheit bringend,
') Siehe XIV, 13. ^) ^JJ^^® ^*^^-
) ^^JtR-ft^m Cod.
I
1, 6. Weber, über das ^atrunjcuja Md/uUmyam. 51
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■) frr^ "»arg. =) ^^^ Cod.
^) So häufig durch 2 Verse «|j ^, durch 3 f^^qT^cß' durch 4
ch<v3m4> ^"''^^^ '^-li (^- ß- 1' 275-8G) '^^ch4-(^
^) Hiezu am Rande (entstanden aus XIV, 28G):
T^hR^T?Tft?f ^ II
^^ ^TT^rrT^i* ^'***'* ^'^ ***^ durchweg bei dieser Form dv für r/r///.
4*
52 Weber, über das (^atrmijaya Mdhdttnyam. 1, 15.
TTsgft: ^^5^ II
fNi fT^tPlWq: f^ ^ f^ ^: ^rqitlfq I
^»i^ ^ vAm»^^! ^rtf^g^') I
^T^Ii^ytflR^ ^ VM^^iJ<=h^T^^: md II
^Wm' r\^ rftf V^'t ^TtT: Ti?Trs^: I
^^^ f^sn4 ^i55R«#r^^^fiK'!n^ ii ^o ii
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Wf!^ ^in'a^fMi ^I^^^l^RT^^: II ^H II
Wf^^ TifFT^T -m^m Wi?g5^: 1
^1^ *4m*J!*4iM*ü w^^' ^fifrjxR^: II ^n II
^ f^T#t^TrRt5^:*) ^T^^m: 1
^sr^^ ^VT ^ü^^ M^ri*4|Jmfl^ II ^^ II
0 l^i^ 4^" Cod. 2) Pundartkay ein andrer Name des (^atrunjaya.
') «^^5 4) ^J Cod.
1, 27. Weber, über das Catrimjcnja Mdhdtmyam. 53
W^RTf^ ftRT^ i^-^öfhl rilHc?4*i II ^S II
f^^irfrT)l'=iH^<i iiRjjiäifKifwr: i
^ ^qtffrft?^ ^ ^if^<j4)chf^=iTf^^: II ^t II
^1^ WT^^q^rf^ tTRi^^RT:') II ^^11 ^'■H^ll
^4 ^;5f^^T: %^^5T%^^:*) ii 9o ii
Trf^f^f^f^ »irfir w^^ifw^iTt ■Prfi: ii 9«i ii
5|öj#5j^: ^HrawiT: ftn^S^^: i
^TltfRT'MN l-M^fi^-Sf TTiw: II 9^ II
^ret^^T^T^^I^TflT 'T^l^ f»Tft,: II 98 II
^T^T^^f^S^ fttf^^^ i^H\^ II 9M II
^sTOTtf^: ^^ %^ >^f?r ^^ f^rft: ii ?!? ii
^r^rrg ^rtwf «n'H'rqt'M »rf : ii ?« ii
) Hemac. 171.
^) (?) ^^T Cod. „also ()4 an Zahl ftiiigon sie, umgeben von liinun
lischen Schaaren."
') Ou^* Cod. aber IMiiral zu le.sen, als Beiwort der i'A Indra.
') CRX%0 ('od.
54 Weber, über das ^atrunjaya Mdhdimyam. 1, 38.
#^ilR^^: ^RWt >1TJ^ Fift: II 9Q II
^^ TR^S-Ji 5R^^: W:U^' II Ö^ II
fMHf^V|t|ch4<^ II
npiwr ftnwT^JRzi 'J^üi-MR f^Ri^: H ü? II
ff^'^^Rf^T^ftflTf^ g^: iwfk^ II JiJJ II
^^^q^qiJiTt') ^J^T^rti^^S^: II JiM II
fti;RrT§T^ irrfir ^M^iRoMHi^^fi^i') ii ^% ii
^: ^pjjfT^^T: %^^ «l^'Dri^: i
^hjTTfWT f^^^spff 'püT^stl^^^' II ^s II
HT^IT W%S^ -f^iRT^JTf^f^ti^* II {it II
■) f^^: Cod.
'^) nirjliannirjhara wohl für nir^harannirjhara? Vgl. caiic(al) für
cancal(ai) in v. 296. 3) ? OV^f^^^n^ Cod.
^) Wie kommt der Nnya-¥i\rst dazu? etwa ähnlich wie Pingalandga?
die Schlangen als besonders redekiindig? Vgl. XIV, 33. 55.
1, 49. Weber, über das Caltanjaija Mdfidtmtjam. 55
M^I*^^f»1^*fi|^yyiWÖr«(ri'R^ II M 5^ II
wfw^S^J^ITpif m^ xiFfTT7fTfi?!lt II M? II
^^^ m^t^ ^ifT?^ im^ TI^ I
WT^JS^^ft ^ ^T# ^# ^^^ rT^ II MJi il
H^T %f7T TlfR?r ?:RT HTf% ^^^ II MM II
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iTOT^ ^TTf¥l%T^Tf?I ^\Jjm^ II IfO II
') s. V. 283. Hcnuii-. 1(17.
56 Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmyam. 1, 61.
WTT't f^^!^T^5ft 5RT: TPTIrT-xp3lfT II %^ II
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f^f^^^ftjT^T^ 'j^ ^ntr ^g^^ II ^8 II
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II
T!^tHJ#Hm^Trf'ig^^^fNTTHrfe II «ilr?
') ^RT^^
Cod.
1, 165. Weber, über das (^airunjaija Mdhdtmyam. 57
^^ f^H|rH*HN<'4^^<^-'irri<rä**J!*') » StfM II
^WT^f^')^ ^^m. ^Jj: II ^%% II
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^mr^ — I — II ^S^ II xpg^: ^fi^y^Tl^ II
') f^RTfWT* t;od. s.v. 27.
'') fXlHW* wohl lim- meine Abschrift!
58 Weber, über das ^ainmjaya Mdhdtmyam. l, 274.
f^ ^ ^ wir: ^s^ ft^^: ^ »T^'t^riTi II ^«M II
^i^ -^Mt wrw: ^TT^ftr^ ^ ftsrfrT: II ^s% II
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cti^*^^ Hilft ^(\f^'l %SH-^^^^^Trr: II ^t?i II
i#rafnT f^iWtS^ ^rRt^nr:*) ^^■^TOT^ II ^ tM II
) 1^? =) statt xn^l^:
') "^rrft t;od. 4) o^j^-j: Cod.
59
1, 286. Weber, über das (^(itrimja(ja Mditdtmyam.
Tj^^^: li^^n^ II
ffMJWFTf?!^ »I^n^ -^tvIcT^ II ^tS II
^^TR rft^TTTfTPBt ^1 ^^ ?f f^TR^ II ^tt II
f5R%?rTf^ Trar^^FnrRtfir ^m^^' ii ^<i«i ii
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ffJT^T^fT^Rlf^^ ;?fte^T^ II ^(i? II
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m^Hril^miRtft^^MI%r^+(fi|iriT: II ^^H II
^?T^^ ^RrMp« -q-^: f^frRT^: II ^QM II
) ^nrPITT Absclirift.
) cp^?
60 Weber, über das ^airunjaya Mdhdtmyam. 1, 298.
w^;w^'' xrtwts^ -^sIti "^fTTtti^ ii ?^t ii
■Jmr ^1 M I »^HT'aTWti^'^f^Tff^t f^^^) II 9?«J II
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^Trn^y^: %JT^: fSjrri+4<|iW*4<!im^ II 99?i II
^1^^ f^TJft^: 5V^T%')sf^^ft^ II ??M II
^gw^: ^^5^ II
ftl^rft% ^Tf^^^ ^tm^TTf^) ^%li; II 98^ II
3) S. das ZU XIV, 13 Bemerkte. ') Tl^XJfp Cod.
^) ^vfj^irfiV^ pr. m. „Mögest du seine 108 Namen wissen, o Su-
ciliar nia (= lndra)\ welche bei ihrer Aussprache für eni mahdkalpa reiches
Heil spenden": oder ist zu übersetzen: „mögest du diese 108 Namen wissen,
die für ein mahdkalpa , wie es im guten Gesetz (s. XIV, 343) gelehrt ist
reiches Heil spenden"? *") Drei Kürzen statt des Jambus.
1, 343. Weber f über das (^atninjaya Mdhdtmyam. 61
5^^iT^'Vq^5 ^^%^^ ^T II 9Ji? II
5=r<Hl f ^!5^5T^ ^TT^^t^^rt^ II 9ÖiJ II
Wt,sfxT ^FWcTT^') %T^ ^^^ I
T^S^Ttl^ %f **4|i*lQ!Jj*li >#r!; II ?iiM II
^^Tf T^ "^m ^raW^ ^ TTT^W II ?iJlf II
^J3jpi: ^^5^ II
^: ^R^ #TffrM*Hlc!4M^<<i<'^# II ?M^ II
wh'^^Tf^ ^^' ^W^^^^: II 9M!f II
f^f^TR, ^^*;(m: •ptTT.Tftr: ^jftR: i
^iTO^T^ ^W^TO%5f%fiTT5^: II 9M{i II
5R^ rft^snTTW ^rf^ ^^ M II 9Mt II
^^ w^ w^ %l%^ ^mrv^: I
^Ti^?gf^ ^^ Wfm' 11^ ^^: II 9to II
^Tfl%T:') tt|^ vi^mj' W19 ^#>tt: 11 ?t«i 11
•) So Cod. •') O^^^O s,.,;. „,.! ä) ^^_^_
G2
Weber, über das ^ntrunjaya Mähatmyam.
1, 382.
^f?^: ^: %^ ^i^ra^ ^!Pn^ ii Moo ii
f^^ ^^ finW, II q^Q H
Gap. II.
^itf^^rr^ WT^^'- TTTf ^: ^i^ttt^T!; ii «i ii
tqf^^iJTTÜTsn^ ^TlfiR Tf^WT^f^: II ^ II
^irT;=tft!iiTw:^in£rt ^ffl^^^ II ? II
T\ I
if^^rm II !, II
') S. XIV, 31.
^) Der sechszehnte Jina.
) Der sechszehnte Jina.
2, 7. Weber, über das Qifrunjaya Milhidmijam. 63
^^^flw^: ^♦4rH*^<;r^^'m'<4^ ii «i? ii
TT^ f^xj^^^^ f^tJTTRTttftrf W II <=iM II
^^ ^inkJ^Sfri t^*) ^3)1^i^ II =In9 II
^i^^Tq'irr') ^5^: ^i<M4-^^Mt mb II
§^ ^n^ FT^ ^Ttnft 1^ ^w ftr^ i
^TSrarf'nTt ^iT^ gjyyHKcj,^«^ II 1^ II
Cr
2) „ähnlich der Stadt des Gotterherrn." ndkindtha fehlt bei Hema-
candra 171 — 74 unter den Namen Indra's.
^) „aufblühen Lotusblumen Hess der Lotusteich : nimmt Wunder das?"
^) S. Pdn. m, 2, 36 (bhdshye tu na vydkhtjdlam).
) ^tf^ ^ «^ ') ITl'Wt "»arg.
64 Weber, über das i^alrmjaya Mdhdtmyam. 2, 21
HI5I %rt ^ ^ ^w vü ^rttrt^ I
— I rrlfwrf^ ^T%tf ^t: ^^^^ f^frrq -^ ii «itt ii
^iTTUVWt M^ ^^?^«^r^T'^ ^ II «|^«i II
W^-R") ^Rt^ iws(m ^ iJ^TUf J II S^^ II
■^^ ^■^T-'^^tPt f^rftj 5^T^ 1^T>I^* IRoo II
^Tm^sft %iR ^n^T ?^ ftj% ^ II 9t9 II
^^^ »Tfhn^ TncrJmtitiRfW^ 11 iJMJi 11
■^^WT^ W^l^pi ^ ^g^^T^ 5t JTfri II iJSM II
0 ®^|t^ [ ? sich selbst f5vam^ als von Söhnen verlassen beklagend,
0 ?®^TTt Cod. ) ■q'Ptljr marg. s Wilson s. v. ^^ofT^IJ.
2, 476. Weher, über das (^atriuijaya Mäftätmyam. 65
ri^'spT^in^ ;n^^-% ;jqT: I
XTTOT^ ^T?imre '^Nn%'4i^<Mw^ ii M^st ii
%^t«^ f^r^ ;T«^ ^^^ fT^THTTfi; II %o^ II
fTifWr^imT^HMcrJr^^^t ■ffffT II ffO? II
— TffVin^siTsrcJTij: II IfMM II
^TOKfwtt ^% ^^^t^^^l^') II ffMif II
^ ^ -^^TtnTjT^ ^-^m^w ^?f% II IfM« II
T!fN^^f^H«hiäHf%fv w^m 1^5n^:^
^ Vm TT^rf^^ f^R^S^T^ ^(^^m: II ^M <i II
') *frnTT Cod. ') oTj^: Cod. ') '5F^^5%cjo Cod.
Abhandl. der DMG. I, 4. 5
ßß Weber, über das ^drunjaija Mahdtmyam. 2, 660.
fT^P^ ^TTT^ ft^'^ 'T^ TT3TT ll^t^^TW-
Cap. UI.
•^l jpTR%f^ ^rq^ fiqV|W|ril*t II ^ II
^I^ rlc)^rOll'Hi ^nrPg^ rir^iWIH, II 9 II
»TWTf^^t^?,% "^TTT^ 3^^') II ^ <l
^i^?r: f^sijfn fnR^mf") §"^^^ ii m ii
TT^^-snsnrrs «^ i^-si i fiRTrrr HÄil^^rri: i
A^^l^fi^^4ri: f# ^^ ^nrifroi; ii t ii
') H^IM** Cod. '') Was ist hierunter zu verstehen?
4, 2. )r«At'r, über dus ^atrunjat/a Mähätmyam. 67
Cap. IV.
vj^ ^Pfi 14^ UJ* r<4*H *filrlTf|rrf^^') I
TRFfWfq rfh^ inj^ITT^^f^fT^^) || ^ II
#?? ^ ^^ ftifre^mftÄ^ II 9 II
Cap. V.
^^amR^^m^r ^%: ^%ft.'5n^»TK') ii ? ii
^^^A f^rftiifff ■^Rif-^^jfTRFmTi: II ^ II
T|^ ^^Wt^ ^'VT^ TR^^: II ^Ji« II
^ 1^ P^fhilf^ f^T^m m^splftT II ^M8 II
^gn^l^sfir^ ^I^HI <?i»-<?Mr^ M<c?i^^*(4tll^Q?ll
tu
^) Der alles ahüam bewältigt. ^) O^xj^ Abschrift.
') Gegenwart bei allen, Wallfahrt zu allen,
4) Vgl. Böhtüngk-Roth unter ^R^cff^pU-
68 Weber j über das (^airmjaija Mähdtmijam. 5, 728.
5jji5('MPil» :r#^W^=^ "f^RT^^: I
Cap. VI.
^MrT<^<ri«4(sw f^f^rof v[^m^i II 9 II
fT^ '^Wi^l ^t^S>T5(ff^ II Rb^ II
^fTR^ "^^»ifr "^^S^^^mtsf^T "^ II ^tt II
?HI^ ^^m-i»Hä<iW '«STT^^li;^ II ^t<l II
^iif^ri^H^ifiiw ^N<^?i<nt!mc?{^i: II ^e? ii
wHf^R^RT:') ^ ^fs^HlüMrilf^: II ^QJi II
Cap. vn.
^5Crf^ ^nf^Hw^ ^nm m^ ^nir:f^: ii ^ ii
') *^l^ Cod. ■') ^EJ^ Cod.
8, 5. Weber, über (las ^atnmjaiju Müliütmijam. 60
Gap. VIII.
^rqt^fw >^fH W^ TTcTTcTlI^Tf^'V) II M II
xniipiT^ "^R fTTTfTnm^^Pi^ fWT I
f^^^S^H^TlTHT TJETT^fft W>ir<J^T' ■3fTT II ?8 II
^fTTf^^ yi^-^ir^R«« H^fTRT^^n;') II 9M II
Cap. IX.
i»J^ ^[T^ ^^ rIr^iTrifTJrT^|^|3(H*(^ II ^ II
-4l<|il*ü^ TJT?^ ^r! ^T^T»M ^ II 9 II
^^■Rft^WRT f^nm 5^1^ inft^: II 8 II
^ 5 -r^i^ TJrrflf ^^ TJ^S^^äriH^ II « II
- I ^r^ ^ ^^!T^jn TPt TT^ ^ ^TT^m: ii ^ii
— I gfwWr^ ^mi^ri ;TTO^ ^ TT^II ^M
— I — »TCf %^JRTriT5rr I
11^ ^TMT^: ^ij^ ?TTO H<H*i^ II ^!f II
0 ?'f|^| Cod. 2) Doppeltes ival
•^) 'i 1^ -5|f^^O Cod. „die Geschichte der Geburt des {'rhucrata auf
diesem /o-Z/ia"'-'
70 Weber, über das ^atrunjayn Mahdtmyam. 9, 98.
^T^TTri^t5# ff ^iJf?WT:^ f^: II Qt II
fR'^Nt fTrfwT^^^fhsR^nl^:') ii <i^ ii
^^•^ ^^ ^vRrr: in^: ftrwq^^ ii m?? ii
Cap. X.
^w^ PK^^TT^hr: irfirnM^) f^^^Ti^ i
?^fHH TTfTHün ^irfwif^ ^^]: II ^ II
[Xft? ^ WTlTtsf^ ViX^m-*) II 9 II
^■^^«^tif^ ^^^TTT^^fi^Mw:") II ^ II
rfTi^ ^jftraafTT TiT^RT^nfwiff^: ii m ii
^Tfin ^i%^t irf^ ^^*i«^<: ii ^ w
•^ 'SJ^ TTfT^S^ PlO^ 'l-snTTfvR: I
■ftraT^: 1?^ »jt ^i<i+4s!M<l'q^Tj^ II t II
^) Des Metrums wegen wohl zu lesen pu-ri dsij?
') lrf7r"qrg Cod.
^) ^"57"^^ ViWl ^^^- ^" H^TT Ausbreitung = Verherrlichung?
vergl. HXpSr V. 312. VII. 1. *) „gereinigt."
') «TTTTf^^ Cod.
10, 50. Weber, über das (^(liniujaya Mdhdtmijam. 71
fT^T^^^^HKsjTr ^^ft^TFJPJfl, II MO II
— I — »FTV^^ Hmf<i^4t'5t "5^ II 'S? II
— I ^iwr^^TSj^w «h^^sm^ifl*!!: II S« II
•^r^T^ ^^5TTT% ^TR^T^^ FRT??^ II ^St II
^*yc?JrH^^l TT'^ IRT55T^Wtf7| II ^<i »
;TR^iTO^'^*U*4'sl*4^ ^ ^l^JW: II to II
fii^T^:^fmTVT^') ^5rrfrr| -^ fw ii t<i ii
^iTnsg^: T?T^ ^^^l^Hjd ^5^:') II t^ II
iTTn^^: ^ifw»^ ^^MmM^t! II b? II
^Mfi!iri*4g 1J«5 ^ERfTFtwi5|-Hr3T I
iflf^TlTimW f^ TTf^^^n^ II t8 II
') QatuliQarana wird wohl Name eines manlra seiiiV oder ist (7Ww/)
'aranam zu trennen: dann inüsste Letzteres allein ein dergl. Name sein:
'ine Aufzählung der 18 Sünden s. bei Hemac. 72. 73.
■^) Sturz in's Meer, wie v. 18 1. purvala-pdlvna , Sturz vom Berge.
72 Weber, über das <^atrimjaya Mdlidtmyam. 10, 85.
^mrwrsf^ rr^^-^TT^Tq-R ^^difl^^H ii t%
rftl^f^ TtrtH W: ^T?# fTTJTTf^fT: II t« II
rf^ irm ^ HTTjqsT^n^') Iw^rf^: I
rfWT^ ^ ^^ ^l^rf IT^5 ^: II bt II
TR»^T^ ^>^S^ vf^wr 1^^^: I
^?rR?Tfmf%^T ffti^f^ -q-tfr ^ ii (>o ii
TRl^-sit^igWT ^Wrmi ^iin^^r^ II a^ II
^^ IT^ M i4^TT%^ TWf^ fW^ I
ft F '^ lit% ^fTfTp?r W^lft I
I^P^H^Rt^^ ^ ?# rri^rfl^ II ^9 II
'^fiT ^ ^: in^ >frR^ ^ T^fT I
iqRtn^ 5 f^if^fviT ^^T% ri^l-^i«)*!^ II <iJi II
nRüM^W%') W -mi ^3nf¥^ TlfW^ II QM II
^) „deine Leute", oder „bhavantah'^? Auch Qukatvam ist höchst eigen-
thümlich !
') ^'CTWt ^^*^- ^- ^- ^^•^- ^24. XIV, 173. 216. 255.
^) m^^ I Hij^T^ ^^^' ^^ ^^^^ *>(lddpyd'khila° zu lesen?
^) fw^it, xrf?^ ^: cod ) i?^^TT^% Cod.
10, 96. Weber, über das (^atriinjaya Mdhdtmijam. ,73
rT«^«^ ITTXI ^xrf^ Itf^ fR^?: II (iS II
W^ ^1^ ^fW ^ f^T'jnwnTi'^rR ii <it ii
»Fgrft: f^w^: wi^ •grrs-q'^Tp^^fi!?^ ii <i<i ii
^^:5Tm J^^Tj^"^!^ ^ ^^^T II «100 11
t:h<!<ih^^ w^ ^^ -f^^ ^ g^^Tw^ II «is^ II
mm ^%^ ff f^'^WTiT ^ftTm^ m«i? ii
TTR^ T.H^'llfw ^ lTJTt<<*f^riT'5F^ II '\^i II
^'«T ^"<lH^^*Hi ift'T^^t WrTlTO« I 115'' fei'"
11«» felllt.
nf^') <mfHH^ rf TFrrar^^'qijfm^ ii '\'=\% ii
^rfM^TiJ§TI%f Wrf^W^Sf^"Rr^^r|^ II «I=|v9 11
IR^^^ ^ ^gf^rft^^ f^^tr^* II ^^t II
^ ^P^ f^f^if^SJTWfnOltiT: II «ISQ II
') Tiin?(y< <''<«i- ') tw^'. Cod.
74 Weber, über das ^atrimjaya Md/tdtmyam. 10, 120.
rim ^fiTT^ wtsifhR '"j^pi ^^H^^ I
^^i^^: ^T^^lf^ ^^i5Tf^rf|iftJ?RT: II «1^9 II
l^iftRfTfr fNf^M^^xRT^: II «^^{i II
wwhT^^f^sf^T^t Trfr^TrNrr: I
f^:#.^ ■^fl'^tm ^^ri^^Mlfq -^l II S^M II
H^ ^ TT^f^T^ ^|-^T#iTT II «i^lf II
^: F5f! ^mT;T^eireRT>%fRfti^: ii «I^S ii
^ f^R^^rT: ^fH ^T^fl^tn^ II «l^b II
f5FT# ^IsH^l^l f^frnW!3;WT?I'5rT^ II «l^<l II
m<!iV||(j4T5 §^W4r1i^*!!l^r^^f II «190 II
cT^ »H )fN%;^ ^ft,^ »It'l^: II 19«i II
irfw ^^1*^^^l5T3t') ^Wari^PT^T^^ II «i?^ II
') T^' clftft Cod. ■-') aUllta, Locke, liier so viel als Fessel?
lOj 133. Weber, über das ^atrunjaya Mdfuümyam. 75
^'TTJ'Js^^t 5TT^ ^ TRini^Tr: ii e|?8 II
^5MI'rifl*imT^ -^ ^^ TT(^<«<l II «1?M II
#SfxT ri^rl*4l^# fJl fw^llT ^ f2R; I
?ft«?T #^ ff ^ XrffT TTfTIR^Ti; II ^^% II
f^i f^gm^nt ^ f^^rzRTTR: ii «i?t ii
■sn^ j^TT^T^TTw: ^: ^^ni rT^^m ii «i?^ ii
^^äsnpfTT^ ^fh') f^R^^: II «liJo II
ii ;? ^iHiPff iRfH %^ ^ %^i^ II «iö<i II
f^f^^T^isninn^^flm;?^ 'j^ II «lö^ II
^f¥ ^i^^ ^iw^ ip^ ^^f^ftiRnt:') I
iT^RHRTTt ^Pf^^T^lchTl^ci,^ II <\^-^ ||
W^ ff "511! TjUllilt "^fWM- "RT5fN^* I
^n^t^fi^'^-RTJJlftst fwt »T^ II «IÖ8 II
*) Wohl aus kritvci -f <^^o, nämlich d-ito , wie v, 150 prUiparü -f d-ilya
zu priliparetya wird. -) ^^'T Tf** Cod.
•*) vajrin, Jnrlra, steht also hinter dem vakrin = cahravarlin.
76 Weber, über das ^atrimjaya Mdhdtmyam. 10, 145.
■^^TT %^ ^qTWn f^^^^ fi^TT^ II «lös II
%^RT^^rrT^^t ^rT^ ^^T^W: in?it II
f^^^T^T^t ^?^%: HTf^rt^T^xi: f^: il ^^^ li
^RTrW^W T!"^ ^^i?Mtf^ l'l^ II «IM 0 II
^^R#^^5T^^ ^r^^T^^') w mq«! II
'^T^^i^ ^^^iTO# f^^ %fTfe ^^^: I
■Ri^ *) 5ftf^rTT?it -g Tcr^JT -^ fqfwr: f^: in M ^ II
wm^ ^ "5Wif^ ^ ^mife -^ TiTxni'ni ii «im? ii
^R ^m^ mwfi <jHi^^: ^ ^^: I
^P^^^yf%%s^^^: ^r^i^j^Rw: inMiJ ii
^^RlHI ^ -NI^RT ^^T '^[strWFmrl, II «IMM II
^) cjJUljrr Cod. '■^) vinä abhogam, und letzteres = vairägnam?
') ^^'RfEP Cod. ^) fipr^ Cod. dhik ist eigentlich nur /di/i,
„Befleckung, Besudelung", dann Interjektion,
10, 157. Weber, über das ^atriinjaija Mahdtmyam. 77
f^^Sf^TTqf%% ^ ^ jftPriLiVJrri: II «IM« II
t^#^f^^5Fn"^') ITOT^P^T^ TRT II «IMt II
wmsH: tTTflW^ 'sf^^^-sT -qr^^ I
^FW Tm )finwt ??iTt TT^q ^H -g II «iq<i II
^ftr^ ^^ ^)^STRT?Jnn% ITT^rfM ^ ^5 II iffO H
^rR^ g^ ^- ^ fT^ wirr^RT: II '\%% II
'TT^^f^ 7R^ ÜI^ W^ «^ iTW: I
5I^HIK^<r^r4T ^ tI"%;rR^ II «ilft II
<^ri#l llfit ^T^ Tj^ ITT^^^fl»^ II '^%^ II
"^t^ Ts^ ^ ^i^ 5HT«l*4lcj4|ch^|^: II «i^90 II
'^WFWTF^SI^^ ri^«H*iMriHh<|ft^ II «l^S II
?^ ^1^ TFT "^ '^nJF y^"4rM<H. I
^rerrft "t^irr «>f^m ^ f^^r^ ii «iv9<i ii
^^ ^ ^^^ ^PRTWT^^^r^'H II «Ito II
^^
Cod.
78 Weber, über das ^atnuijaya Mähähnyam. K), 181.
mH*i^ fk^m^ f^T,Tn^ f^^ I
m ft<t^ gf^ ^rf^'H^w') jpt xrf^ II «ib^ II
^^f : l3^8rf^ ^^'^^FfWanfW*) II «Ib? II
^nr: TT^nn^ *4<*iii-tiTftcr4iM<*i ii ^bH ii
ym^d fk^ -^Tfl f^T ^H ^f^v^ I
f^^T »T^ -^ 5gTRt f^^T "R^ ^cjil'MiC II IbM II
f^ ^^iHriNK^I^f^RT f^^ fTqf^TTT II «^b!f II
f^^ ITC ^ ifHV ^"^^ f^^ f^ I
f^RT ^^m ^ UTOT^: nfTfTTt f^ II U« II
^^ f^ 15^ \^^ ^^ W ^1^ II Üb n
^n^n r«IHlRiJ# ^^ rPTT ^ f^T ^R: II «lb<i II
^nr: trt -^ ^ H^ J^f^^fw ^ ^tjr: i
5T FH^lIfT::') ^f^'TTfT^W i^rf^^rfw II «i^b II
1) ?-|^|v4M«» Cod. '') mtishta, bestohlen. ^) ?f%^® Abschi-,
') **^llrfnl Abschrift, „von ihm gebeten, gefragt"
') ^)4I' ^1^1 <=( I ^"^- ""'* "''^ Füfsten der Armseligen", = als
die Armseligsten? ') ^Tf^ Cod. ') 0^X15^^.5 ^°^-
10, 199. Weber, über das (^"afrnnjatja Mähdtmyam. 79
'jlhmjf^^ ^^T^Tf^TO^'^fl^') II ^00 II
ikW[^ ^^Pffft^ ^T^(!^tIRTJTf^^ II ^SQ II
rft^^W^Tfsr ^^: ^WT^^^T^^iJT^ II ^^% II
^IW: ^%nT: ^ rf ^ c^iiiwj^*!^ II ^^^ ii
^nj^ ^TfM^: ^Tn^*44uii«ri: ii 90? 11
nwii ^ ^ ^"nn: #iT^»^ ff ?r "^fn: 1
t^n^'ra ^t^w. ^mm w^?'^'- 11 ?o{i 11
W^Tf^ fftcf^S^ TTIRS^^rtf^iJw II 9«!^ II
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•^^TS^^: TpfWwfwr^nrr ^: 11 9«i?i 11
fft,: w^ ^fwn "^ f^^ ftm-q-m^:') 1 — 11 $«m 11
W^ ^1t^Tr^%sf^fN^Ty%WT: II 9«it II
1) Ob muner zu lesen? Oder gehört 7nun/r noch z« 198.
80 Weber, über das gafrunjmja Mdhdtmyam. 10, 319.
rr"R^T %sfq fvT^ftjf ■q^: ^^ -^ %^;t II 9«|<l II
XRTfTWSTfWR f^^fif^fT^ ^ I
XT^W^TüTlfsü^) ^ftff ^V#ftw^ II ?^o II
IfT'^^'R^ >^^ ^ TFTVW!?^ I
^■P^ 5t TllI^fTTftgr — II ?^«l II
'^^ ^ÜA^kH ^rhl*4RuR«IWtri' I
fTwt^^^^lHH^: gfTTw ?1tt ^TTfw: ii 9^^ 11
'T^I ^3?^ ^JR^Mf^T^ ^tt: II ?t^9 II
^^[^T^TVT^ ^^^Wft^ II 9^e II
ff^Mr^frwrn^ f^^iHfs^^^: 11 jioo 11
rnr: ^fwt^ ^^iwri^^rreR: 11 io'=\ 11
'^^'V^: f^t^^T^i'fRRT ^sirf?i II 80^ II
rnrrsTiRn^TMl^ qw^^ff^ ^^n^: 11 809 ii
^^TTKTs^ Trfp!?rra ^^ I
^Wg^f^5ni5jirr^Tfw^rf% 11 %s<i 11
^) pancaparvan ist mir unklar.
10, 933. Weber, über das ^atrimjaya Mdhdtmyam. 81
^tlK wrpTT t^iiHrft rTfrqgt^nri; ii <>?iJ ii
Cap. XI.
¥Tf^(^miTt%S^^ ift'SF'TR "^f^ II «I II
«h^^ri^W: ^Sft ?n^^^^>M4i^T II ^ I!
Cap. XII.
^^TT^iT ^ %rW5cifft ^^f^^srtn^ II ? II
f^rf^tWTRtsfq ^SXJJll^ri fT^^: II li
m\: fi: ^ f^TH|^fvTTO^^R^ i
5TfR m^ wr^mKK^fi^tfTi II M II
^) H{^ marg. ^^ ^rpr marg., i^'acikafnra nämlich; „gehend
gestützt auf den sirh bückenden Indra"? :i\ o^rf Co<}
Abhandl. der DMG. 1,4. G
82 tfeber, über das yauunjaya Mähätmyam. 12, 6.
Cap. XIII.
^irmm -^ %Tf^ f^Jrraf ^fiwrjf innwi:)
w^tfrr II «i II
^R*) II ^ II
^^^^THft ^S^ft^ f^ ^^ II ee II
^HU^H^IfW ^liTTWm^ ^atRT^T II 9=1« II
qn^ ^T^RT^T'^T^ Ü-^ ^^H<KIW^f^ II 9«)t II
^r^^T*!]y*i-m<*5H^vjiäRi|^V: ii 9^0 11
^ ^■^m^st^ ^rawT^t 5'^ra^* 11 9^*=i 11
■) oj}^ ^ Cod. n »rff^t f^FRT^^^lf^ Cod.
») nämlich 14fH<4^: ! ') "JT^ = OTT? marg. ") So Cod.
I
14, 1. Weber, über das (^atrunjaya Mdhätmyam. 83
Cap. XIV.
Twf^^iFTirr ^ft H TTi^: m^ TT f^: ii ^ ii
Tl^^f^^^Tr^r^ft:^"-) ^TT^^Rrinjit^ II ^ II
rRTWt^^%?TT^ HnWIsil«*»^^ ^: II 9 II
^PJFTT ^ll?ft^ inMiii|r4?|Wt^^'5T II q ||
f^S^ ^RT^ ^^^ c^^P^rr ft'Wi^ ^rTT?^ I
^n^ 5^^ ^i^tquftri^t fTT^: ii ^9 ii
fqtsf^ ^iwti^^mf^^ ^zniTif ") II t II
?fft-sj fkvm w^ m^ ^[srftvt f^nV) ii q ii
^'^^^^ 1^ f^ «T^ f^^^RTin II «10 II
■) Tg^<lri<jr» Cod.
') ?i?iy^r<4 cod
') ?urRT^ Cod.
') ^ i^ Cod.
) ■'«♦ülll^'Tt^^ri«» Cod
') lg: Cod.
.> «ajiri ^»'1
°) »Vtf^ <^<"i
84
}¥eber, über ans (^atrunjmja Mähalmiji
14, 11.
^Pä|;>JRf7T?Tf^ W^tS^fiT^^:') II «i? II
■sfC^T^ "^^ '^ ^^WT^^S^^ m?J II
^w ^rsn^ ^ n»3^l!^w^s^ II «IM II
mn^sff f^Pf^TTHTf'H^jftij^: II <=ilf II
-^T^ ^-^ "^^ in^: T^iwt TR^ ftRTi^ II «1« II
^^^^ xRTn%T inw ^PT^'JTf?? II «it II
^üfNrt TT^: TTTW ^ cTW ^WFm: i
^ f^jj ^i^-QT^i!ni%^?r -^ ^: II ^0 II
fw»«!') mi=^ in^ ^^^ ^s^TO^ II ^1 II
^) dgraha das Jemand-wozu-Heranziehen , Veranlassen, vgl. I, 14. und
^K||Jl(^ V. 343. — In V. 234. ist ^Jf^^= ^||<U^ Unternehmen.
2) ^fcf pr. m. Gfi^c[ sec. m. ') ^T^t Cod.
^) s. V. 321 und vgl. Stevenson Kaipas. S. 17. 85 und ^^4-|4l K^4
bei Böhtlingk-Roth? S. indess auch Hemac. 85. ^
^) bei der Todtenbahre des Zornes, s. v. 64. ^) ein axara zu viel,
s. V. 178. I, 342, 381., viharan zweisilbig! 0 s. v. 110. Hemac. 140.
14, 22. Weber, über das Qdranjaija Mdhalnujam. 85
^Wrinfwf^^SM[^') fg^TTTTTOTf^ II ^^ II
"^ "^^ l'^ ^ ?r^f^3rfiTrTt IRt: II ^? II
^ M f^!?wt irfir^T -^ ^FTWHt: i
XFzrfrT ■^TCfir iftsrrt^ElRI^ffrf H%f!^ II ^If II
TlfTfft^^ ^ilwrfVf^rTTftfwrOl
^ Hc|ä"M^lft *4n^yj|HTWtSf^^1^ II ^S II
^NrMui|;f^: ^ ?T^ ^ ;;t ftn^: ii ^t ii
^m^M WRR^') ^WT^ ^T^^ I
^ fttiwr') 'Tt»n^^wft^ w^ II ^<i II
^M'*4t?i ^"^^T^rcJ <| frH f^TTT^mfr II ^o II
'■) i. c. T(r^! s. 219. ") Denominativ., s. v. 40. Kl. 82.
86 Weber, über das (^atrmjaya Mahäimijam. 14, 34.
Tjtn-^mr TTfTnT(:) ^^ ^Jir^^t^ f| ii 9?i ii
WWg^W^ -^f^TT^lfTT^R^rT*) II ?lf II
rR-R5T^l^fT]^fi' TTTOT^ ^^f^xrfw: II 9S II
^irw^')s>TT#H f fT^TfiiHi^: II 9t II
Tr^n'gTüt") ^t ^^ ^: «h^^*4i ^ ii 9<i ii
f^Tf^ §T,-n5gr^ ^gr^^im^ Wf^ ii iJo ii
5T,TO% ^^TMTi^rRt^ f^ f ^W^: II ?i«l II
^x^^FP^P^q^yp^^O ^j*4KHril^riH H ^^ «
WlfxrflTTflMKI Priori l<^^lc<i^r^^:^) I
^PT^*!i f^ ^Ti^ f^^^^jR ^^^tf^- <l Ö? II
■) ^ Cod. =) fqf^t I f^ Cod. ä) ?T[J Cod.
*) »fri4H**4^TrT Cod.. s. v. 243. Xni, 2. ») ungeschickt, und
dann noch am Schlüsse wieder adas! ') TTSTT** ^'"''
') •5IT^5ZI^5T* Co«'-, oder ob OJ | |Sl^?»i |* zu korrigiren?
,-. MIT n f^ r^ j j ■ - ^.- T " ^) qaUacailän wohl = fai^a-
) TTRTnT Cod., dm/;«r«/. == Lowe. laliusthän.
4
14, 45. Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmyam. ^7
wnt f^ ^: TP^ii^: f^ II 8u II
55T^ TT^^nirfNi Tm^fWf^: i
mT.wnfl^nflwf M i vj fw j^^vj j^ n i% ii
^ ^^ ^ JTrTtg ^ ^f^^^:^ I
rmm^^cji 15Tfq -^ V^ ^«Tt ^^ II ^^ II
tTJTT-rT^ f^Ht^MH^M4^ imW II iJt II
^I^^RWIär ^S^t^ U»|tqT?mt ^^T^') II ^^ II
rT^Wri^T') ^Si^tf^J^^.^? ^') II MO II
^RT^ ^^-^^ H^T^RTT^f^ t I
^^<!Ilä f^T^?R2I ^»^ ^-^^^^JW^^H, II M^ II
cTR^^n^ ^ fifjjTTip3iirTTiT^7m ii m? ii
tfiXjnir^TTVT^fRt^T^^TTftR ^ ff II M8 II
^m^fwf^^'ij \H\ <S)^fq 5FT ^^f^ IIMM II
«rftr marg. ») ^%^ Cod. 11% "'«'g-
slhairiiam, fester Platz. ') s. v. 238. 334. X, 80. i)7. 197.
^fTm*^iif<«( Cod.
stieg durch das Wogen dem Herrn bis zur Nasenliöhlc.
^WA "^a«-^^- ") ^% Cod.
88 Weber, über das ^atrunjaya Mdhdtmijam. 14, 56.
^ ^l^ 5 ^^ITimt r<4$!m<rM rrt ^ II M^ II
rrfe^ fl^ f^.* WtW f^ ;T ^W 11 ffO II
'^fn^rsRRrerai^n^Äflwf^^rRfT: ii If^ ii
T^^^^ f^ JTrfT ^ ^-^ xr^ irfw I
^TFft f^^frpq^ ^ Tft^rrnsni:^ ii If? ii
^^ ^iT^sf^^') %T^WWf VTH^fR^') I
TTVnrt ^^^ JT^SfiTR %^F5^ II %'i II
^^^T ^^ pjRT^RT^") ^5m^ II IfM II
^ng^^^rar? tot: irft:^^: i
■^rrnxMT-stfft^^T ;n^ ftR^fvm: ii %% ii
0 ®TfpW Cod. ^) Compositum? „geschickt schnell die Feinde zu
vernichten." ^) ^5R^ Cod. 4)';gf^Cod. ^) TTfTT ^o<^-
^) s. 265. 7) "jf^^ra Cod. 8) cfff^ Cod. so auch v. 72. 91.
^) als die d/iöfw in ihm wie durch Feuer verzehrt waren, s. v. 330 und v. 18
^"R^ '«) W\'^^ '"^rg. ^ ) ;Tf^ Cod.
1
14, 67. Weber, über das (^atrunjmja Mdhdtmyam. 89
^[Hf# ^\TOW2rf^ f^fij^MW«*«i:') II fft II
^en^-^T^sfq ffNfft f Wffi^^JRTrl^ II %<i. II
Hf^: ir^i^^Br^ ^ ^rn=5Rwr5RT: ii s^ ii
5^: ^rnf^H^rr#i^') f^^: %m^w: ii s^ ii
fftEW^S^ riä'^W^rM f^^rn^TRH^ I
#?5T ^rfq ^iwi iif^»g^: vmm' ii ^9? ii
5H^T^firrf^pn f^nTTH^ ^'üt^ttti; ii s^ ii
w^w^' -fef^iT^ 'stp^tt: %^^ ^ %: ii s% ii
IR^f^T^TOWrrw') ^fwr fOiT ^fl^fR^ II SS II
') ®;Jt|cmt Cod. updsaha mit dem Accus. 2^ cfl^flf^ Cod.
') ?®tt^Jff^ Cod. Zu dhvdnla s. 83. 217. 225. 327. 342. II, 14.
') ^rf^Tf Cod. inif niarg.
90
Weber, über das (^atrimjaya Mdhälmyam.
14, 79.
f^xnpp^w: Tt7iri<*i«tf<fi?rsfi=^T^ II vse II
w^ ^ ^^j^ ■4N(^:iN^rnraH ii to ii
f^Rirf^ f TT ^rm^^^t^ %^!mf|^: ii t«i ii
f^^^^S'qrn^^ -^j^ ftf^f^Rj^^ II t^ II
^"S^ ^?n?R«lis^TTTftt^TTWfw:') I
IJ^^W?!**^^^!^ fttcnTT^ II t? II
^f^gre^ ^i^i^fTT >wr«='mi ;to#3r^ i
^^^%5?: ^mmPhi^ xrr^^Ep^ ii tJi ii
infw^^Il^') ^t^nfr!fjrtH«l*4f<<^ II tM II
^«lyyM^^'TRS^tfT "^ t^Rpg^ II t?{ II
flft^|j 1 1 <1 aj+4ri*4-»|^ iit v{^) II tv9 II
^ ff 5T!?nR: ^yn-^frT -^ ^^^ II tt II
qi^T-^T«^') ^ fft^^'^ "q^f^ ^ II t(i II
f^:^:Tii^ ^jö5^ ^FHFrwt^^^^^') ii eo ii
') »m?roTT)^cod.
H^Vl *^od. mrinmaya im Sinne von slhira?
') ^rilMHT Cod. ^) ?H^ 3^ ^FT ^T^P Cöd. ^ marg.
14, 91. Weber, über das ^atriuijat/a Mdhdtmyam. 91
f5Rf^*) 33^'% ^rrf^ rf^ ^ ^ I
^ ^^ ftn^TW vffiU!«^ ^T^T II ^^ II
^tTWTf^ -^ ^^ in^l^J^KRt Wfrl^t 1% II e? II
II <ilf II
II QnS II
') nämlich ^\r{, ^^l^, WR> HT'I' '■ Stevenson A'a/pas. S. 6. 65.
Oder s. II, 186. =) ? cjf^^^Cod. Zu /'^^, s. 11, 475. C03. X, 91.
136. 199. XIV, 183. 189. ■') avdsU wohl = prdpa, s. Nalod. I, 48? oder
ist etwa avdtsil zu leaen? asimat wohl von ^^sam, wie astdat von /snrf.
') <$jrt) pr. m. '') .«aftosra als Mascul. oder Fem.! ebenso v. 94.
'''> '"'' ^TTOlrfrl^ '"'*'■ = 1200? ') so auch nietri caussa, nicht
O^:; s, 290. Hera. 74. hat "^rtfWJ ') 'T^' »"' ."««<"» + atas.
k.
92 Weber, über das ^atranjaya Mdhdlmyam. 14, 98.
fFTT ^nrf '^ftj^sfiT %2n?ir^ ^sfTT "^ inoo II ')
v^f^T^cR: ^s^') -q^rn^ ^f^^rfk ii «io=i ii
M^-MHlf7?mTfiT ^^iTTT^ Tr^r*4HI»l '< ^»^ II
^TOre^l^ ^') ^ rTTnf^^fl-arfrT II «lo? II
^^km m^' ^51^') ^jRfTftftT^ftr: ii =iojJ ii
^fwT WTf^wft:^ "t^ TJi viTsr^T^nr ii «)om ii
') ?5^5^'» cod "^ -^RT!«!! p-^ '" 5 f^T^ Cod.
') Lücke? <) ^ra Abschrift. ■) s.v. 282. 158. 191. ') IgT^^ ^od.
") s. Stevenson, Kalpan. S. 5. Die Kaufleute sind unter den Jaina sein-
zaltlreich, ähnlicli wie unter den jetzigen friends of peace. Der Handel braucht
eben Frieden.
') g^TTP Cod
14, 107. Weber, über ihcs Qilriiiijiii/a Mdhätmijam. 93
tnf^Tft M fT^ ■q^JT^HTfq') W^' II SOvS» II
^m%Si^ ^^ ^^ ^ rT%lf^zrfTT üf^ I
;R^?^^n«qT f| "zn^ f^ ^^ Tfjftf^T') II Sot II
i^ft ^^^wn iTfw^;^2rfw f^%r) II «^icjo II
w^m irf^^5«rm ir^ffT ^^er-iijw*^ ii «^«^«^ ii
f¥^^ 5^ qr^T -^^RTTT^ II 1«!^ II
HK^^*^") Tmt ^^T^^*4'^^flwfw') II «IS? II
^^ ^TPsnmraKT »j^irRT^ ^"srf^i^nT: ii «i«^Ji ii
q^ffT 'j^^nrri ^nwtgfrRTffR^ ii ^^% ii
^Ht^^ f^ ^T^ xn^Tt ^^uHri: II «I«)« 11
') Für M^Ulirl oder Xf^fff^fEElfff ! der Stamm ^ ist ganz
verschwunden.
') ®f^Tt Cod. ■^) f^ Cod. 0 ?f5r^ö Cod., hay^, Stute.
') ^^Wfir® ^* C«^^' J'"'- Beichte gehen? s. irffT^WTOF going
lo confess to a spirltual guide, Stevenson Kaipas. S. 7. '') OUjlJ Cod.
') ^^Iril^fftpCod. 8) f^fyi^Cüd. '•) soCod., mchtoggh^
' ) '?¥R0^T!T Cod.
94 Weber, über das ^airuitjaija Mdhdtmyam. 14,118.
wr^ ^^ ^ t*^<^ ^ *i!<!if^fn^ I
^ni^R ^f^ Wri^niHf^^ftiT:') in«ie II
rl-^ t^^^A ^^1 fHWR^ ^^fif II ^^0 II
rr'^T^t5?nRt ^?fttTft.^^Tf^: ii «i^«i ii
^qtfnTRR:^5ft3^t^'^t?Tftl^fÄ') II «i^^ II
^1^1^ »lÄ^lf^ -f^^pi^ fmtsfti ^ I
^RiTT^;^: ^STra^pfr^Fg^') ■^ffwrr: ii «^^? ii
[^x^TT^II
wT^^rsnüf^^^ ^ft,wRi^ ^^R^l II ^^^ II
n<^ii-M^i^^ '^rmO TJ^rnrl ^fK '• '^^^ "
xRfWn^^srrt TT'^taf'R^^: ii «^^^ ii
WK^ÜTO^*^') >^T5(ft ■^I^ffT') 4-4'«<\l*i^in^«ll
rrftf!%5r ^^ TT^ m^ -^ ^r^n.^^"") i
^r^TJFT^^ irof^^TfrT IT'^^ II «l^t II
') ^: Cod. ^) fa^f^ff: Cod. =>) ?^iiiych: cod.
') T^äl^ Cod. ') "tj/, adahsünus, der Sohn jener Stute.
') f^TJ^^ Cod. -^^ sec. n.. ') ^jfT S'n öfhi;.'""'"''""'""'"
^) ®T<U*1^ ^od. ^) /'c| xT, wird sie die seinige nennen? nach sich
benennen? oder / ^^) wird einziehen in? ^^) wie der Osten die Sonne.
14, 129. Weber, über das (^atrunjaija Mdhätmyam. 95
fWFifw'^frnfhT: iTf¥^ ^T^t vjni i
^^^T^mfr ^^^TP^^T Wt^fWrT II «l?o II
^fgTJ^T5ft^rRt TR: ^»nf^'Wrf') II <)9<^ II
^ ^»Tt^iginf jtH wt^ ?r?nq » =19^ 11 3^111
)^T^S?qt ^ 5TT^ ^t^') ^en^f^frr II '=\^H II
?:? ^rq^ ^ipni^^sn^ f^R^TX: I
^IRR5T!?r^5 ^1^: TTW^i:: II «l?M II
^^ ^ ■^^VFTTt V^«TRf^nftoT II «l?lf II ^''WJI
|5JTn:: xi^göf^T^: ^j^JT^Ü^ ^RT^^rfw II <\-^s II
f^') jj^ -^m^^rmri^ TTfrqiT^fxj f^n^qr^ I
TT^^raPTTOTgrftr') ^^Tqmf^vT^^rr:") 11 «)9t 11
') Hf;<4frM'' Cod. ■■>) aUo Jdva<fapura? ') f^ Cod.
') IPTXI* ^"'l- Die beiden Eltern. «) yj|^ Cod.
96 Weber, über ilas galnmjaya Mdhdtmijam. 14, 140.
^^'j^rf^n^RTFra T^ftf^^rfw #3^fiTri; ii «lö^ ii
^pn*<i'*ii^ ttI "^^ ^ f^^TJWsrrt^srfrT ii SJi? n
^i^STirfvtr^I'WTcmT^ftnTT ^RTrl II «liJiJ II
rf H*4«H ^Tf^J^pf^W l^wf^ II «|8M II
^Rt ^FRTpM-mil WT'Tf^fTT*) rTi^WlT^II '\^% II
y|VJ*J| ?T««(<.4t ^TRi^ »rfwfW I
riMPrtHNT ^ Wm rR^ ^fftTarfW II «iJi« II
^ cRtS^ TWR5$f ^ %^f^ W^' II SJit II
^Tf^^rf^ m ^m ^Tfl^fir ^n^: ii <i?i<i ii
') ff^^ Cod. =) NjfMUlfri C»<1 — StSitt valsyali!
') tTWTW Cod. *) verlangen, bitten, s. 177. Anders 298.
*) ob CD«!) zu lesen? tj fehlt ja im Cod. öfter in Gruppen. e)|f^ | ist
nur im Rigveda belegt. ") fi||igi«( Abschrift.
f
14, 151. Weber ^ über das ^atrunjaya Mdhätmyam. 97
%RWRT ^RT'^^^ -gmr ^^ifirarfw II SM«I II
Wr^tl ^ <?JHIlH^M7mvi|*4i<«i<rri II «IM^ II
■g^: g^^prf^ ^'^S^') "^^ inMii II
Tp^T^s^m^fv^f^') "STf^fcT inMM II
^ft.'lc^HJ^irr V^: ^S^ ^W^ ^ ff II «^Mlf II
^?(^TrtT%ft ^Jn^^S^^f^T^?^: II «iM« II
M^n^T^I^: ^5TOt ^'i?«^m^RÄl^ H «IMt II
««MN^mm^iri)') >TFTRTf^im^;m: i
^T^:M<M<mTTt rn^ 5RtwfrT ^W^ II «ifjO II
1) ?^p^cief)J pr, m. ^rH'i^'X ^^^- ^' "^*** Lippen entsendend ein
entstehendes feines Lächeln": uttha sollte voranstehen. Oder ist sraksrikvä
zu lesen *^ „die Lippen durch ein feines Lächeln entstehenden Kranz habend
dadurch bekränzt."
*) Yoc.,o Kluger! ') Xj^^xfV ^o^' ^^ /'«•V^'^^' ' ^) fft Cod.
') '^^Pf^^Rt^g^ Cod. ) g^FTW Cod.
Abhandl. der DMG. 1,4. 7
98 Weber, über das Qairmijaya Mdimtmijam. 14, 162.
^xiTi<|r^^riid^ ^r^TT'nil^^?^^: II "=1^9 II
5n^: ^T5T^^ ^i^r«n^rfWw ii ^%^ ii
xmtfvf(«t?^'if yrÄni ^^Wtt II «ilfM II
€i<i^4^c;4i<;i<K ^^rm ^T^f% gw^: ii <i^ff ii
^:^ ^ff^ f^wrf^t ^t^rftwf^ TR!# II e|^^ II
'3r#fwfrT f^wrf^ M'n'ifN f^^T^TR^ ii ^%b ii
fT^rft ^ri|H*HI^ ^iRp^fir V^^TJ^ II ^%^ II
rR-RT^JTFfT ^W<r "Slf^t^fT ^ 5fT^: || ^So II
T^'iTrit WRST^TBfHf^fffrf") '^^irfrl II «l««l II
Wir: innwT <^M<t f^^t^ ^ Il^rfw I
^ ^T^ftSfJTf^t ^ ^TOfti^f^T,^|ft') II «)«^ II
^) ^^ITtTT ^***^* ^) Niemals gab es den Beiden Aehnliches, da
«I
sie wie Nacht und Mond, Körper und Schatten zu einander gehörten, und da
sie in überwiegender Weise (Alles) hinter sich zurückliessen.
) ^♦^'PTT^ Cod. ) o^F^^fpjj;^? ) ^f% Cod.
14, 173. Weber, über das ^atrunjaya Mdhatmyam. 99
^IMRPp?^^TftreTHTTt nWfH: -mm II ^«9 II
TTftfr: ^Ü^Ochl^^l^') Hin=lri'^ri') II <|v98 II
«ftM^-m^ ^TWn^ rf f^H^i^friit^R!!: II «ISM II
^W^S^ Tf^it.') ^F^Rt^ H^TRlt II '\S% II
-^^!^ g^ >1^T *TT»k") rt f5i;Tr%: II S^^S II
?f7T ^m ^') 5Ri^ IWt^f^^^tJH: I
Wr^^l *?l'[^HIr4T ftR^rtmfiT") ^^11 «ist II
TRwr^zn^ ^ Iraf wfxndw'") ^mrflfT: ii SvSQ ii
*4lf^«*lrimH: HPW 5?T -^^tt §<t I
^IHjl^rJI ^^IfT^ iW3i ^ZTTfft^rfw II <)to II
^nff fT^fWT^W ^'I"H^ ^ fTSPJl^ I
^IWIT^ V#^^^ f%^Tn|7ITflH*j%") II «It«^ II
fsRT^jrfrT TJfTrfHf^t'") Wi ^V^T^ II "ibR II
') s. V. 231. Oder ob ifj [^|«-| zu lesen? „ihn als einen brauchbaren
erkennend". -y z^s
') ^lÄj^ Cod. 3) ,,Oede"? 4) ?XrR Cod.
') ift Cod. ^) ^T^ Cod. ^) g^Cod.
^) ein axnra zu viel, ^ v^ _ v^ _ statt ^ — ^ —, s. v. 19.
') .. Stevenson Kalpas. S. 73. "■) ^55^ rTf^TPTffT f'^tj"'
7*
100 Weber, über <lns (^atrunjaija Mdhätmtjnm. 14, 183.
^T|^ ^ ^(ft lftf?TTTr-ini|f^I^TfrT II «It8 II
mqT ti<nti<in^rMi-^n<^TffT ^^1%: n «itq ii
■=imH4-c|ir*4Ht 1%^ 5?!5fNil^nfNw^ II «Itif II
^irf^pIfH^rfrT T^n^^rrfi* ^tt^t^j«!^ inbvSii^TTT^ii
^%sfMT?pIT ^^Tfl^^T^r^R^^^iT^ II «Itt II
^i^gjchH^hHi^rilf'') ^ ^f^y^rfff II stQ II
^^pqrffTMIrifHyTrTtflir^xi^') I
Ä^jni^raTH^^") f^HE^f ^^-^ II ^<io II
0 s. V. 254. X, 169. 2) ^^P\ ^f^ Cod. "^f^ sec. m.
n rrf^® Cod. ^) grjTcf^'^o Cod. ^) ^fTiq Cod.
•") rJföfM^ Cod. „mit täglich nur einer Mahlzeit", s. v. 321.
') ^rrrfflT Cod. s) ^^^cod. ^) ^y cod.
^") f^^ '^rff^'^® Cod. alam = unversehrt.
^ ) ^"^JRTrüTHt^ Cod.
14, 193. Weber, über das ^atrfüijaya Mähaimijam. 101
jjrfrn^ ■3rrf5n[rw: ^#^Ti') ^mro^ i
^i^rf^WfiT ^TW^: ^VT^Hrn^") II '\^% II
•zra^^^^sfq mv^ ft ^wrsftf m") II «i<it II
TTfti^: ^ ^"li^ Vr^^Pri ^n^^I^: II S<i<i II
fR^tf?!^tIHn^ ^IRWR^^rRi^^:') II ^00 II
•f^S»^ §Tt ^rm gft^ ^f^frT II ^0«! II
^T^'") »l'^rn Hf<<lisMMM<*|5Mr|Tfl^ I
^^^T^* TR^^TiiiaM^T^ II ^0? II
') TfTTWfJl fo'l- >J?T ""'• HftfT „•'«■la'l.n". ') -^ Cod.
Cod.
pr. IH.
Cod.
102 Weber, Hier das galrmtjai/a Mälidtmyam. 14, 204.
imj imT '^ ^Tfi=l^ fRt'q^fri<?JJSJ*!l*t II ^08 II
Hri(|lsMMm<j4<it % ^ I^^^SRra^') II ^OM II
^ftR ^ ?nft^f^ ^fT^^ 5TTT|^ II ^off II
m'sra^ff^ranrrfl'^ tt^ -^u^j^ ii ^os ii
wm. ^ HfR^ ip^MiJm ;r%: ii ^ot ii
'T'^tWTT.^ f^ -IJ^^^H^I^^W^:') II ^0^ II
f^^^KHj*<:')^TTfiR^fJ^f^^iT5rTfi!r?n!;iR«ioil
f^^RfU5ffJT ^RfHT^^rf^: I
m^i||«'ÜH|^rcrJtIJÜVTft^^5f W'l II ^«l«l II
5'^#^'§>^ fir^f^^fir rrgr:: ii ^«j^ ii
^^^RT^M'") ^T^i ^^RmPri II ^s? II
') WWt ^<"'- ') %roT Cod. ') ^ Cod. 1 aor. Ätm.
■*) Cod. unsicher; T|CICt|J, aber corrigirt und nicht deutlich, wie?
'•)'q»T^Cod. ') ^Cod. ') ^T^Cod.
^) „der da an vier Stellen Arme hatte, welche einen Strick, einen Ha-
ken, — (V) und ein Rad hielten". Ob):^!:;^? ,) j g 'g^'
'") >Mr|Cod. Vergl. Heinac. 34. TSIff^öff^^. Fnjcn gehört indes.?
nicht EU den sechs dergl., die dort genannt sind. ^
14, 214. Wtber, über das ^atnmjaya Malidimijam. 103
f^ f^R^ ^ «^Töf HT^R^ Wqtff?T II ^SS II
^mr^iTWt*) fwf^ ft^^rnfri^:^: II ^«It II
^T5^ 11^ ^ Plfl*J!l irf^') f^lfi^i I
»T5f fttl^ fttf ^ ^EJ^l^ -^^X' II ^SQ II
f^Tf^^Ii^Ttcq^^'H^f^^TTfw^lR^oll^TTiTlll
^TqfW^ ^^ ^TWl^ri|Mt^c(71^ 11 ^^«» II
^^ -sfwf^^rff^ ^^Tf^^^ifr II ^^? II
«) ^T^Cod. 0 Wilson: a flower. "») Hflfyof
'0 fgfff Cod. Uc. Part.
Cod.
104 Weber, über das (^alravjaya Mäliätmyam. 14, 225.
ffs^rn^t^ ^ ^ -Mt^^f^ TJT^rsrr: ii ^^^ ii]
^rf^^^fir^ ^^ ^T^^TfrT") ft^^^y»!^ ii ^^vs ii
r^ Wf\f^' ^nTRnfrf ^t^w ^: II ^^t II
V!^ m^fn JiJTöfKTfftmT fHt: ii ^^e ii
^iifT irfrmt i^ffwtf^^ ^Tfl^ II ^?o II
^f^miTSW^ ^R^-2tKnfwr -^'1 II ^9S II
^TC^'^nf^f^ ^T^^^f^ f^ II ^?^ II
1) rjjGf Cod. 2) the sun and moon, Wilson. Siehe v. 343.
^) Xj'QjffT Cod. '') der Opferthiere nämlich.
^) ^-RT^Preri Cod. (IJX am Rande). ') l^l^^ Cod.
") Hiatus! ^) i^[J Cod. '^) Offenbar mefn cai^ssa für syas/i.
Umgekehrt s. svarna in v. 193. 196.
'') Uf^^ Cod. H) Für ^rfff^^!
14, 235. Weber, über das Qitrunjaya Mähüimyam. 105
^ffi-aifTT -JR!^') ■^Ti:T^f% ■^^T^nr^') II ^?M II
■^^^ ■^\^ ^: ^ f?reT§THTnTf^:') i
4H.*4.t4lf^riJ||-m-r4*<iq^ ^3Ri^: II ^?| II
«n-n^if^^ TTsg M<iH«1'*H<'ir< II ^9^9') II
^m^ ^f^ TT ^T^ f5(t ^5^#5 TT^TT^ II ^?t II
^nf^Trf irfriTnn frremf^fiR -^ri?!, ii ^?(i ii
r^ftar^ ^ "ST^ «m^ ^err^fff f?r^^: ii ^^o ii
?r 11%^ lif^WRT ^s^^Jpff «nw^iuiri: ii ^^^ ii
■g^JTRt ^^t^fWüR^^^ ^^^ II ^^^ II
irfWirt JHtrfWf^ ITTOT^ [^ifTT^RiH^Tt^ II ^^^ II
^) 4J^f\ = oti die direkte Rede einleitend.
2) 'TT ff Cod. „sprich zu deinen Dienern" = stelle sie an.
^) die asura wie der Wind die Gräser zerstiebend. "*) ^^fl^lJ Cod.
^) im Cod. nochmals ^3cf' daher auch fortab imCod.dicN ors/iihliing um
zu wenig , bis 328. , ^ j^j^^^ ^^^ , ^ -|-^^^^^ ^^^
«) QjlnRZl Abschrift '0 Vinj: ^«d- ^*') T?OT Cod.
106 Weber, über das (^ahuHJaija MdliiUimjam. 14, 246.
'sn<<«l4H4lfi4riT Ti#(:)^?rfwnT: ^S§T3^: i
^t.^^ ^>T ^ni^;T wr: i
f<'<nTlPT: W^ ^ ^l^^MPfi') i^^frm: II ^?J^ II
^rf^Ww') f^: %: ^TOUfMH^^') i
t^^tOjt ^! ^sfii Jwfti^^Tim:') II ^^o II
t^sft ^ fivFrr^ ^fi5T5tri«<K!iri: ii ^q«) ii
f5f%fRT Hr^^MPfi ^Snft fwrwsrft II ^M^ II
^;V^ ^ VTFIRIft'") fft^PiffjT^ II ^M? II
^Tfwr^'^^^spT^^qffft^^ ^n^pft: II ^MM II
^) sf /las t/ö^i ZU lesen, metri caussa, ^) ^<S | Cod. ^) ^|4^Cod.
') rur ^;ft^:! ^) Tqn^O Cod. s. X, 95.
'') "^fW ^'od. //ii „werden ziehen"? ') >J^ ff| Cod.
"^ ^^ 1^ marg. vi' i wohl aus vyanc entstanden. ■') "Kj [ | J Cod.
^'0 den vajra, nehmend, wird er in der Hand halten.
14, 257. Weber, über das (^(drunjaija Mahdtmyam. 107
irfirei^") iRpjw HFft xr^'^nr: ii ^%o ii
^ ^ i^f^jT^ ^ f^ ^ ^ wf^) I
i^m^ in: imt^ ^ ^^ ^ra tjt^ ii ^!f«i ii
^I^Jj'HM^fii ^KWI^TT^') ^ Vl^ri; II ^%^ II
W^Wt^W^^^'") HWKN ^ftlKrfTT II ^^9 II
^iT^i^^^^^i^^sFHf^sn^'') HM\^m ii ^If8 ii
irrar^sg^^i^^r^Tnft yHl'*4*< " ^^m ii
- ') MM^i^Cod. •') ^Tiif^o Cod. ') •^grt*^ *•«<=''"»•
') ^IW«firlt Cod. ") f^: Cod. Oder ob O-^J zu lesen?
') Iff; Cod. ') ^TWCod. „in Folge eines Festes"?
**) das Perfect babhöva ist nicht an seiner Stolle hier, das Futur sollte da
stehen. ..) ,, -jj^ ,„) -^^ Cod. ") "% Cod.
'^) "^TT. Cod. '3) dies ist auch die liedeutuüf» von ffl^^cR^,
•rrVtSfi^'J vaduin faciens, s. Steveusou Kalpaa. 34 „who nrocures the meaiis
nm^l\ofsaivatioii. ^
'') *• ^T^^ITff : Cod. ncUhyam = Schutz? > ) ^Jof Cod.
108 Weber, über das ^atrmjaya Mdhdtmyam. 14, 267.
^mw "^PT^ ^ fT'^ ^ rlTt^'- II ^%S II
W^35Rtfwr ^: HT^sm^f^fJi: I
W^ f^f^m^ % W^ HF^^ TTfTJ^ H ^!,t II
•zn^ 5tjt: ^j^ tj^iws^ f^^T[:] ii ^ft^ ii
^if^ ^^m^^ wm^ §*4t^*i. II ^«0 II
WW^Tf^^lft: ^ ^i^lf^T') ^ II ^S'\ II
i^^\f^ w^ w^ rT^ ft?f%#Ritm: ii ^s^ ii
f^<>eh^i' ^»l^R ^TüT^-rf^J^^srfw 11 ^S9 II
%c^jrf^ Tf^Txn^rr^ H!*m<,Hn*ü«iWHi: n ^«m ii
m-sRT^^ wrü fMtf^^ f^w, II ^^9ff II
?frf^!5f^5^1^^^<l H|T^Tf¥^ II ^SS II
5T-nRrTts^ et ^ 5^»^ ^3^f^5 I
^^^Tf^l ^^ ^fTF^rfrT f^^l^g^ II ^St II
1) ?^c|c|f5?0 Cod. „wird sich wieder beflecken ". S. v. 342. 11,21,
') ^rlT-'^T^t Abschrift.
14, 279. Weber, über das ^afrunjaya Mdhdtmyam. 109
wrwi^nrn^j^ Hrf^^^if^^^rn ii ^to it
•^^t: wrtg J^Mif^i^^iji: xRcrrf^: ii ^t«i il
^m^^Wt Tftl^TOfT fT>Tff^ ^«^i^l'ilfR II ^t^ II
^(jf^jT^Tf fwsfV ^iw^ V^^: II »t? II
f^lc^lM f^^m^ TtvfWrT xiT^ II ^t8 II
«^KnimPri fft^ 'Mlf'ri«*! %?TO^^ II ^tM II
^i;wTrf7m^;TTifrra»j5i') ■^t^fnftrj^ i
^wmrr ^f^^iÄr ^T^Rsm^i^T^rafr: ii ^ts ii
fH^Mi<MRȊi^ ^tm- m^^^^^^^im- ii ^tt ii
W^J WMpMäl^ f^rarg ^ ^ >1Tf^: II ^tQ II
') ^TwIriffTTr» coä. ■') -sr^ t;od, -> f^ cod.
110 Weber, über ilas Qatnmjaya Mdhatmyam. 14, 290.
^g^^5 5n%5 ^f| Öä^Ht^h: II ^(io II
^^ ^ TT^ Tiirf^Rt^sfiSf^tT^: II ^^9 II
M<^R^lärH<T^S5fr U^ ^R^ »Tf^^rffT I
^T^Tf^wfw JT'^^ Tig ^^nf^^OT^n^ II ^eü ii
^RT^T^rfwpjjtnqrflR^:^) ^ fw^jrfTi ii ^qm ii
wMf^^lfrT 5^ift?W^ r^Ml^i'MI II ^<l% II
ff^fiS yrf^^THIT'^l^ ^ %^R I
f^sll^M'l ^IWlffi ^^STT^T*!^ 5 rr^ -g II ^<iv9 II
^!^ ^^Ti5<t^t%T^ f^T^W II ^Ct II
STFfftwfrT ^^^^:infrnT^:*)%iiHn^<ieii
#Elt ^^(0 f^^%: ^n^rffT ^j^^[^ I
') <*^H lr?S<Ji<» Cod. 2) iq^ Cod. =) <^c|rl^cod
') ^üTcrr^fwr coa. ^) Tn^iw: cod. pr^....
') ^5TWT Cod. [^ (j I sec. m. f^J | pr. m. ') Loch für zwei
axnra; von dem ersten sind noch Spuren da, die auf {^ deuten. Ob ^rf|?
*) *>V|r|! pr. ni., del. sec. m. Xf" niarg.
14, 301. Weber, über das ^atrtmjaija Mdhdtmyam. 111
M^ivj<°^ -^ im: ^^ mf^ v^^ II ^o<\ II
f^l^rMlpH(?)^W|^m^»f<rri ^^t: II 90^ II
^n^ür ^^sf^ ■'d^srn^R Wir ii 909 11
11^ ^i^ W<r 'l'*'4lriTfM*dr4iH<nrri II 908 II
^■R!^ ^^T3Rn ^^?fn^ Hf^^rfrr ii 9om h
^ftreiTtft ^ ^ JTrqr iftraifTT II ^0% II
^mf xnxTTiicrJ m?'^: ^i*i^Ä|)iiri; i
5^: IlTfrnT^wr^Tttf?nf^ f^VT^zrfW II ^OS II
^T^RT im: ^ »3^ <7jRüri>5i:: I
Uj^^^|%'>^ ^^^Tt') «»RmPri II 90t II
f^w ^^ ql^ ^ %t ^ ^fi^ I
xi^ "^ fnt fft^s^^^n^sfi? w!5% II 90Q II
^t^T^nTJTR%: ^Rf^ffT ^;iTjz I r^n^R 11
Tn^fWw ^wT^f^^nftm: ^t ii 9So ii ^
TT^TRt 'iJl^fHWlIlriT ^f^^TOt ^RWlffiTT: I
^tm' 5fnj5WWr ^% IT^ H^lffT II 9«)^ II
112 Weber, über das ^atrunjui/a Mähdtmyam. 14, 313.
»^f^Tirf% ^WT^ft'TOWF ?m: ^ II ?«jlf II
'ssrx^ ^TTTOt ^TW ^THT^O) ^STlfW 3^: II 9«^« II
^nrf^g^MTf^STft ^t^riFit*) ff >^t,^ ii ?«^t ii
f^m^-Äfn;^ ^n^t ^f^ ^»fi^rfw ii 9«^^ ii
%f^^Tfn: iTRt f^v^ »irf^^ "q^ii: ii ?^o ii
^nRT%; W^ "^^ **4ir<rtti i^f^fw II 9^^ II
^ ^ ^,-qm -sfty^y Ulli c^iRvj Tri:') 1
Uc«)|rri^;tWFRT^")S^ T»T;Tt') i^f^ffT II 9^9 II
') "ff^^ C»«!- ') fjT^* Cod. „niedrig, klein?"
=) ^I^: Cod. *) ^,-^ Cod. ') fTT^rirT Cod.
') ticj Cod. ') öf^ Cod. «>)'H:^Cod. ') Mascul.!
I
14,324. Weber, über das ^utrimjaya Mdhdtmy am. 113
VJ^4!i%fq tl$<«<l ^TTT^TJt^: I
^Ä'^-M«^rHni*mi') ^rt^^f%H«lf7T II 9^M II
»tf^^i^ ^^^wKr^t'^rri ^ff^: I [^Tf^^ii
^t#^^^IH|r<^'J^lirTiJH^r*f^rit^: II 9^lf II
'af^fq ;tt?^: ") %f^ ^tos^i ii ^^t'") ii
0 ? ♦j I ^ Cod. -) °shyati zu \esen, metri caussa.
') ^frr«(M<r<H® Pr- m. - cTJi: Cod. = ;H^ marg. cf macht
keine Position, s. Coiebrooke misc. ess. II, 71.
^) >lf Cod. ^) FnfCod. ö) ^Tt^XITl! »»arg. Zwei Kürzen
fehlen. ^
') 9^lf^o<i- S. das zu 237 Bemerkte. «) ?c|5:|sec. m. ^|pr. m.
') '^^(^f^^PJ^: Cod. (^rurjq am Rande).
'*•) so auch Cod. Die Zahl 327 ist übersprungen in der Verszählung.
") ^Cod. ''0 gCod. '0 '^f^^pr.in. f^^^cROsec.m.
Abhandl. der DMG. 1,4. "^ S^
114
Weber, Hier das ^atrunjaya Mdkdtmyam.
14, 330.
ift^ITT^yRITTR^^MNi^MIM^riH^') Il99«ill
^ %fT^ ft*!^ 1?T3W^ <;i«MM') ^Pwafd
II 999 II [TRT^ I
Tn^ II 99?J II
^ W »l^rw ^") ^üiO^ II 99M II
>) {ijU Cod. n eine Kürze fehlt. Ob (fj^qf^ ^ ''WT^
') ^f^ Cod. ■■) ^^1^ marg. •') Accus, von Cfi 'n" causati-
ven Sinne (^[T^lffiT lO' '> «lll^ ^"'*- '> «M^ ^od.
«) ^«hcrjyjrii Cod. ■') xranr^ c«d. ■») ?%ftjT cod.
14, 336. Weber, über das ^atranjaya Mdhdtmyam. 115
f^ II 99^ II
II 99^9'') II
^: ^0 f^') H^ ^<m^: I
i;^') HHim^*fl<<^i^$: II $9t II.
•^»jfT^rrfwT^ ^ lit II 99<i ii
f?m^ II 9iio ") II
') ^irm Cod. ■') iffcfi: cod. ») f^ cod.
) H§:xrni cod. ") ^^fq^ni^ «««rrew** (^ »'»
Rande) Cod.
^) aU 336 gezählt, so dass die Verszählung wieder um Eins zurückbleibt.
') „schon vorher waren Alle gewesen gefüllt von schönen Gefühlen, die
durch Laute sich kund gaben".
') (cjirj Cod. ') abhüyata, wie eben ;d/am. für «(if^M^^rl.
'")und ") sjrHch: Cod.
") («l'^IM^ril Cod. Viernialiges'^ist etwas ungeschickt!
'''') nachdem sie sich dem tirtha verneigt hatten.
") im Cod. als 339 gezählt, so dass fortab die Verszählung um zwei
zurückbleibt.
8*
116 Weber, über das ^airmijai/a Mähdtmyam. 14,
) I
11 ?8s II
fiT^IHH!*JI<l^')Sftf^^l^lriHriI^ti^*)
II 98^ II
11 ?ä^ II
'■^) rTi* C!od. fco(//i« femin. , während bei Wilson mascul.
') f Rt ^^^- ™^^s- Trf^' »ä"'i^^^ ^^<r. ') ^ Cod.
■') Wortspiel, sowohl = ^jf^H* »^« = ^f^JH^T*' Ersteres auf
Uisliabha, Letzteres auf die Sonne bezüglich. 6^ yyjg ^jg gönne.
') ®1^ Cod. "^^ und "^f^ marg. ^) ohne giina !
^'^) das Metrum fodert die Kürze des i m {'ild".
") ö^Cod.: bahuvrlhi. ^'-) ^^ ff J Menschheit, v. 312. X, 141,
14, 344. Weber, über das (^atrunjaya Mähälmyam.
117
^3^(?)
II ?ää
^^^: ^A' II sJi II
) »^^^'f^rfv^
Cod.
Ihii.k Min F. A. nrot-kh.'tiis jii Lpiiiüi^.
Berichtigungen.
Seite 17 , Z. 4 und 3 von unten lies : das zugleich — enthält.
» 22, Z. 19: Der Vaibhdra wird auch bei den südlichen Buddhisten
genannt , s. schol. zu Dhammapadam v. 188.
» 23, Z. 35 lies: Ahnherrn.
» 30 vorletzte Zeile lies: nach Hemac. zu v. 698.
» 41, Z. 13 lies: Indoscythen.
» 43, Z. 19 lies: Madhumati.
Zu S. 44. 45. Sollte der Name des Kapür-di-Giri „in the vicinity of Pesha-
war" etwa als Kapardigiri zu fassen sein? dann hätte auch
schon in Taxagild eine ähnliche, wenn auch nicht so nahe,
Nachbarschaft des Kapardin und des Rishabha stattgefunden,
wie die spätere im Candraprabhdsam und auf dem ^atrunjaya.
S. 51, Z. 14 lies: 04^^|^^:.
>, 52, Z.8 lies: IMIMIIU|^
>> 54, Z. 7 lies: f^^g®.
» 77, Z. 12 lies: x|s))ri«.
79, ZI lies: B^^rrif<l!j|.
Ueber das Verliältniss des Textes
der
drei syrischen Briefe des Ignatios
zu den übrigen
Recensionen der Ignatianischen Literatui*.
Von
Rlcliard Adelbert Lipsiiis,
Dr. tlieol.
Leipzig 1859
in Cominission bei F. A. Brockhaus.
Abliandluiigeii
dei
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
I. Band*
JV?. 5.
Ueber dasVerhältniss des Textes der drei syrisehen
Briefe des Igiiatios zu den übrigen ttecensionen der
ignatianiselien Literatur.
Von
Dr. iheöl. Richard Adelbert Lipsius.
Ilie Frage nach der Aecbtheit der neuerlich durch Cure ton
aus zwei in der nitrischen Wüste gefundenen Handschriften her-
ausgegebenen 3 Briefe des Ignatios von Antiochien an Polykarp,
an die Epheser und an die Riiiner ') ist trotz einer sehr lebhaft
geführten Streitverhandlung noch immer nicht zur endgiltigen
Entscheidung gebracht worden. Cureton's Ansicht, dass die
drei Briefe in der von ihm veröffentlichten alten syrischen üeber-
setzung als der echte Kern der ignatianischen Literatur, die bis
dahin gangbare kürzere griechische Recension von 7 Briefen aber
nicht minder als die sogenannte weitere griechische Recension
von 13 Briefen als eine vielfach erweiterte und überarbeitete
Textgestalt zu betrachten sei, fand zuerst an Wordswort h in
der Engiish Review^) einen entschiedenen Gegner, der vielmehr
die entgegengesetzte Auffassung zu begründen und die Verstüm-
melung des ächten griechischen Textes durch einen Monophysiten
nachzuweisen versuchte. Gegen Wordsworths Angriffe ver-
theidigte Cureton seine frühere Ansicht in einer zweiten Schrift
Vindiciae Ignatianae '), in welcher er wenigstens die Unmöglich-
keit erschöpfend darthat, dass der syrische Text der 3 Briefe
einer aus monophysitischem Interesse vorgenommenen Vcrstümme-
1) The ancicnt Syriac Version ol" tlie Kpistics of Saint Ignatius to
St. Polycarp, thc Ephesians aad »he llumans etc. By William Curetoii. M.
A. London 1845.
2) Juli 1845. J\. VIII.
3) Viudiciac Ignatianae or tlie genuine writings oF St. Ignatius as ex-
hibited in tlie ancient Syriac Version viudiealed of the Charge of heresy.
London 184G.
Abbandl. d. DMG. 1, 5. 1
2 Upsius, ühcr den syrischen Text der Briefe des hjnaiios.
lun«- «Icr griccliischen 7 Briefe seinen Ursprung verdanke. Darauf
scliioss sich Bunsen in zwei gleichzeitigen Schriften') der
Ansiclit Curetons an, und versuchte in der einen die Herstel-
lung^ des griechischen Urtextes der 3 Briefe , in der andern die
Vcrtlieidigung ihrer Ursprünglichkeit vornehmlich aus Gründen
der inneren Kritik. Allein weit entfernt dass die Erörterungen
Bunsens die Streitfrage zum Ahschlusse gehracht hätten, gaben
sie vielmehr den Anstoss zu einer Reihe eingehender Entgegnungen.
Den Reigen eröffnete mit gewohntem Scharfsinne Dr. von Baur ').
Er ging aus von seiner früherhin aufgestellten Ansicht, dass die
7 Briefe der kürzeren griechischen Recension von einem Späteren
im Namen des Ignatios verfasst seien ^), erkannte aber auch den
drei Briefen des syrischen Textes so wenig den Preis der Aecht-
heit zu , dass er ebenso wie Wordsworth in ihnen nur einen
Auszug aus den sieben Briefen erblickte. Seine Beweisführung
bewegte sich ähnlich wie die von ihm bekämpfte Bunscn's
überwiegend auf dem Boden der inneren Kritik und suchte theils
die Abgerissenheit und Dunkelheit theils den historisch dogma-
tischen Inhalt des syrischen Textes ^^^f^n dessen Ursprünglichkeit
geltend zu machen. Ihm stimmte in allem wesentlichen auch
Hilgcnfeld '^) hei. Dagegen versuchten Denzinger^) und
Uhlhorn ^') die Abfassung der 7 Briefe der griechischen Re-
cension durch Ignatios von Antiochien gegen Baur und Bunsen
zu retten, traten aber zugleich der Baurschen Ansicht über die
Entstehung des syrischen Textes bei. In demselben Sinne äu-
sserten sich Hefelc '') und Jacobson "*).
Allen diessen Erörterungen war ein's gemeinsam : Die Zu-
rückstellung der eigentlich diplomatischen Kritik und die Her-
vorhebung von mehr oder minder ausschliesslich der innern
Kritik zugewandten Gesichtspunkten. Auf demselben Boden be-
wegten sich auch die Vertheidigungen des Syrischen Textes durch
Ritschi ») und Weiss ^ o).
1) Die drei ächten und die vier unäcliten Briefe des T^natius von Anti-
ochien Hamburg 1847. — Tgnatius von Antiochien und seine Zeit. Sieben
Sendschreiben an Dr. August Neander. Hamburg 1847.
%) Die ignatianischen Briefe und ihr neuester Kritiker. Eine Streit-
schrift gegen Herrn Bunsen. Tübingen 1848.
3) lieber den Ursprung des Episcopats. Tübingen 1838. p. 147 IT.
4) Die apostolischen Väter. Halle 1853. p. 274 ff.
5) lieber die Aechtheit des bisherigen Textes der ignatianischen Briefe.
Würzburg 1849.
6) Zeitschrift für die historische Theologie 1851, 1.
7) Patrum Apostolicorum opp. ed. IV. in den Prolegg.
8) Patres Apostolici ed. II. in den Prolegg.
9) Entstehung der altkatholischen Kirche (1. AuR.) p. 118 ff. 577 ff.
10) Reuters Repertorium Sept. 1852 p. 1G9 ff. Eine ausführlichere Ab-
handlung von Weiss, von deren Dasein mir dnrch die freundliche Miltheüung
des Herrn Prof. Ritschi Kunde zugekommen ist, ist leider von dem Verfasser
zurückgehalten werden.
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignatios. 3
üfFeFihar war ein King^ehen auf die Fragen der iunern Kritik
eine sclileclithin unerlassliclie Aufgabe. Es niusste, wenn die
griechischen 7 Briefe den Vorzug- vor den 3 syrischen Briefen
behaupten sollten , gezeigt werden , dass auch nach Abzug aller
bei dem Syrer fehlenden Briefe und Briefabschnitte dennoch die-
selbe historische Situation, derselbe dogmatische Gedankenkreis,
in welchen uns die 7 Briefe versetzen , noch übrig bleibe. Um-
gekehrt aber musste, falls die 3 Briefe des Syrers den Anspruch
auf Aechtheit machen sollten, wo möglich nachgewiesen werden,
dass die geschichtlichen Voraussetzungen ebenso wie der dog-
matische Inhalt beider Recensionen mit Nothwendigkeit auf zwei
verschiedene Verfasser führten, und dass namentlich die Beschaf-
fenheit des syrischen Textes nur aus den Verhältnissen einer
früheren Zeit heraus begriffen werden könnte. Hiermit in enger
Verbindung stand eine zweite Leistung, die der Kritik auf alle
Fälle nicht erlassen werden konnte: entweder musste gezeigt
werden, dass der syrische Text durch Abgerissenheit, Lücken-
haftigkeit und Unverständlichkeit nothwendig die fehlenden Stücke
der griechischen Recension von 7 Briefen voraussetze, oder es
war umgekehrt darzuthun , nicht nur dass der syrische Text,
selbstständig für sich ein einheitliches Ganze bilde, sondern auch
dass die eingearbeiteten Stücke der griechischen Recension einer
gemeinsamen Tendenz ihren Ursprung verdanken und durch eine
gemeinsame Methode der Einarbeitung sich kennzeichnen.
Dennoch konnte die innere Kritik für sich allein die Streit-
frage zu keinem Abschlüsse führen. Erst dann Hess sich ein
sturmfester Boden gewinnen, wenn die auf dem bezeichneten
Wege gewonnenen Ergebnisse ihre Bestätigung erhielten durch
eine philologisch-diplomatische Kritik der Handschriften der ver-
schiedenen Texte selbst und ihres gegenseitigen Verhältnisses
unter einander. Auf die hier sich zur Losung stellenden Fragen
war die Kritik in den obengenannten Schriften theils gar nicht
theils nur beiläufig und in ungenügender Weise eingegangen.
Allerdings war aber damals , als die Untersuchung begann,
eine kritische Sichtung der bezeichneten Art noch sehr erschwert
durch die Unvollständigkeit des zur Zeit zu Gebote stehenden
Materials. Erst nach dem Erscheinen der beiden den Streit we-
nigstens in Deutschland erst eröffnenden Arbeiten von Bunsen
und Baur traten zwei vollständigere Sammlungen des kriti-
schen Apparates ans laicht, die als sichere Grundlage zu wei-
teren diplomatisch - kritischen Untersuchungen dienen konnten.
Die eine verdanken wir abermals dem Engländer Cure ton.
Dieser versuchte unter Benutzung einer dritten im Jahre 1847
aufgefundeneu syrischen Handschrift der drei Briefe, welche ganz
dieselbe Textgestalt wie die bereits bekannten zwei Handschriften
darbot, mit grösserer Sicherheit als es ehedem möglich war,
die Herstellung des ursprünglicheu Textes; zugleich gab er die
1*
4 Lipsiuü , über den syrischen Texi der Briefe des Jgnaiios.
zur Kenntniss der Textg^eschichte überaus wichtigeu syrischen
Frag-mente, welche er bereits seinem ersten Werke beigefügt
hatte, mit einer Anzahl von neuaufgefundenen vermehrt abermals
lieraus *). Gleichzeitig erschien in Deutschland ein umfangreiches
Werk des bekannten Orientalisten Petermann, welches den
sämmtlichen bis dahin zugänglichen kritischen Apparat enthielt,
namentlich auch eine 13 ignatianische Briefe enthaltende armeni-
sche Version 2). Jn den Prolegomenen zu dieser Schrift unternahm
Petermann den Nachweis, dass die genannte armenische üeber-
setzung nicht unmittelbar aus dem Griechischen , sondern selbst
erst aus einer syrischen üebersetzung geflossen sei, in welcher
er den ursprünglichen Text der von Cureton herausgegebenen
drei syrischen Briefe zu erkennen glaubte.
Auf Grund ihrer beiderseitigen Entdeckungen haben nun
Cureton und Petermann wenigstens den Anfang zu einer kriti-
schen Sichtung des vorhandenen Materials gemacht. Doch hat
sich der erstere ebensowenig als der letztere auf eine genauere
Ergründung des Verhältnisses der verschiedenen hier in Betracht
gekommenen Zeugnisse unter einander eingelassen. Cure ton
hat in den seinem grossen Sammelwerke beigegebenen kritischen
Noten überwiegend nur innere Kritik geübt ^). Petermann aber
nahm zwar eine ziemlich eingehende Revision des gangbaren
Textes vor, aber leider ohne bestimmte kritische Principien.
Seine Kritik blieb Einzelkritik, und so richtig er auch an einer
ganzen Reihe von Stellen insbesondere im Römerbriefe den Text
hergestellt hat, so wenig ist es auch bei ihm zu einer sicheren
Entscheidung über den kritischen Werth der verschiedenen Hand-
schriften und sonstigen Documente gekommen. Ebensowenig ist
nach Erscheinen der Werke von Cureton und Petermann ein ent-
scheidender Schritt vorwärts gethan worden. Auch Uhlhorn,
der unter den obengenannten Gegnern des syrischen Textes noch
am häufigsten Fragen der äusseren Kritik berührte, kommt über
eine ziemlich subjective Einzelkritik nicht hinaus: und zudem
unterliess es derselbe ganz , dass neue von Cureton und Peter-
mann beigebrachte Material zu verwerthen, obgleich er das Corpus
Ignatianum ebenso wie die Petermann'sche Ausgabe der ignatia-
nischen Briefe kennt und citirt. Endlich ist neuerdings B uns en
abermals wenn auch nur nebenher auf die von ihm zuerst in die
deutsche Wissenschaft eingeführte Frage zu sprechen gekommen.
In der V^orrede zum zweiten Bande seines Hippolyt machte er
1) Corpus Ignatianum; a complete collection of the Ignatian Epistles etc.
London 1849.
2) S. Ignatii Patris Apostolici quae feruntur Epistolae. Lipsiae 1849.
Vgl. auch dessen vorläufige Mittheilungen in dem Jahresberichte der deutschen
morgenländischen Gesellschaft 1846. S. 203.
3) a. a. 0. p. 263 — 365; desgl. in der Introduction p. I— LXXXVII.
Lipsius, über den syrischen Texte der Briefe des Ignalios. 5
einen abermaligen Versuch, unter Benutzung- der neuerliclien Ar-
beiten Curetons und Petermanns den ursprünglichen Text eines
der drei Briefe, des Briefes an die Epheser herzustellen ^).
Doch leuchtet wohl ein, dass eine solche Herstellung des
Textes so lange auf unsichern Füssen steht, als eine diplomatisch
kritische Gesammtanschauung über den Werth der verschiedenen
Zeugen und eine Zurückführung derselben auf bestimmte Text-
familien noch nicht erlangt ist -),
Eben diese Aufgabe ist aber zur Zeit noch ungelöst: nur
Beiträge sind bisher geliefert worden, theils durch die von meh-
ren Seiten vorgenommene Prüfung der patristischen Zeugnisse^),
theils durch die Erhebungen Curetons über das Alter und die
Beschaffenheit der verschiedenen Documente *), theils endlich durch
die sorgfältige aber dennoch nicht erschöpfende Erörterung Pe-
termanns über das Verhältniss der armenischen Uebersetzung
zur syrischen ^). Da indessen theils durch die Bemühungen der
zuletzt genannten beiden Männer, theils durch die neuerlich von
Dressel in seinen Patres Apostolici veröffentlichten Collationen
einer Anzahl bisher unbenutzter Handschriften das kritische Ma-
terial, soweit es überhaupt zur Zeit habhaft ist, vollständig vor-
liegt, so steht einer eingehenderen diplomatisch -kritischen Sich-
tung durchaus nichts mehr im Wege.
Wir haben nun unsererseits in einer unlängst in der Zeit-
schrift für historische Theologie eingerückten Abhandlung die
ignatianische Frage in eingehender Weise wieder aufgenonimen ^).
Dort beschäftigte auch uns wesentlich nur die eine Seite der
Untersuchung, nämlich die innere Kritik; und zwar versuch-
ten wir hierbei theils auf Grund der Erörterungen Curetons,
Bunsens und vornehmlieh Ritschis den historisch-dogmatishen
Inhalt der drei syrischen Briete im Unterschiede von dem der 7 grie-
chischen Briefe zu ergründen , theils aber durch die Erörterung
der Form der beiden Textgestalten die Selbstständigkeit des sy-
rischen Textes sowie die Tendenz und Methode des Ueberarbei-
ters darzulegen. Die Ergebnisse dieser Erhebungen waren allent-
halben günstig für die Ursprünglichkeit des bei dem Cureton'schen
Syrer vorliegenden Textes. Gleichzeitig aber fassten wir schon
1) Vorrede zum. vierten Bande der englischen Ausgabe (der vierten Ab-
theilung der deutschen) p. VI — XXIII.
2) ßunsen selbst betrachtet übrigens jene Herstellung blos als eine vor-
läufige.
3) Vgl. hierzu besonders Cure ton, Corpus Ignatianum, Mtroduction p.
LXV sq.
4) Corpus Ignatianum, introduction p. XXVIII ff. notes p. 341 ff.
5) Ignatü quae feruotur Epistolae. Prolegomena de versione Armeniaca
p. VI — XXVI.
C) Ueber die Aechtheit der syrischen Rccension der igoatianischen Briefe.
Zeitscbrirt für histur. Theologie 1856, 1.
ß Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Jgnalios.
damals auch die äussere Kritik in der oben angedeuteten
Weise in's Auge und legten die Ergebnisse unserer Untersuchung
in gedrängter Zusammenstellung dem gelehrten Publicum vor ^ ).
Die eigentliche Untersuchung selbst und die eingehendere Be-
gründung der mitgetheilten Ergebnisse hielten wir damals um
die jener Zeitschrift gesteckten Gränzen nicht zu überschreiten
noch zurück.
Wir konnten nicht erwarten, dass eine so schwierige und
verwickelte Frage, wie die der Kritik der ignatianischen Briefe
ist, durch unsere Abhandlung sofort zum endgiltigen Abschlüsse
würde gebracht weiden können; und je weniger es uns damals
schon möglich war, alle in Betracht kommenden Puncte gleicher-
weise zu beleuchten, desto uatiirlicher war es, dass die entge-
genstehenden Ansichten aufs neue sich geltend machten. Dies
ist zunächst durch Uhlhorn geschehen, in einer sehr ein-
gehenden und gründlichen Beurtheilung unserer Abhandlung in
den Göttinger Gelehrten Anzeigen 2). Seine Polemik richtete
sich vornehmlich gegen den von uns versuchten Nachweis , dass
die Verfassungsverhältnisse, der Character der bekämpften Häre-
tiker sowie der eigne dogmatische Standpunct des Verfassers
in den drei Briefen der syrischen Recension sich bestimmt von
der historischen Situation und dem dogmatischen Gedankenkreise
der 7 Briefe unterscheide. Wir können uns durch das gegen
uns Bemerkte indessen um so weniger für widerlegt halten, als
Uhlhoyi zur Zeit einige der wichtigsten von uns angezogeneu
Instanzen ausser Betracht gelassen hat, wohin wir namentlich
auch den von uns gemachten Versuch rechnen müssen , der Me-
thode, nach welcher der von uns angenommene Interpolator ar-
beitete, im einzelnen auf den Grund zu sehen.
1) a. a. 0. S. 11 — 20.
2) Jahrg. 185G , 152 — 154 Stück, vgl. mit dem Artikel „ Ignatius von
Antiochien" in Herzogs Realencyclopädie für protest. Theologie und Kirche.
Die Haupteinwendungen Uhlhorns gegen unsere Ansicht werden wir im
Zusammenhange der folgenden Darstellung an geeigneter Stelle berücksichtigen.
Hier nur eine einzige Bemerkung. Uhlhorn behauptet, dass die Lesart der
syrischen Handschriften in der Zuschrift des Epheserbriefes p^A) j^AxJLO
sich in dem von uns angenommenen Sinne dv nQO&Boei oder xarä jtQod'saiv
nicht fassen lasse, da |.A..t.J nur in der eigentlichen Bedeutung signum (meta)
vorkomme. Durch die freundlichen Mittheilungen des Herrn Geh. Regierungs-
ralh Bernstein, der entscheidenden Autorität auf diesem Gebiete, bin ich jedoch
in den Stanc^esetzt dem zu erwidern, dass sich |jfi.Aj in der Bedeutung
propositum, consilium (Zweck, Absiebt) z. B. im Bar-Hebr. Chron. s. 203, 9.
422, 13. vortindet und von Assemani Bibl. Orient, sehr häufig durch scopus
wiedergegeben wird. Der genannte Sprachkenner schreibt mir zugleich , dass
Tigod^iois das dem entsprechende Wort sein würde, üebrigens streift auch
schon der Gebrauch des Worts in der Stelle Phil. 3, 14. bei Peschito sehr
nahe an die von uns angenommene Bedeutung.
Lipsius^ über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 7
Wenn es nun auch un diesem Orte nicht unsere Aufgabe
sein kann, die Fragen der inncrn Kritik im Einzelnen wieder-
aufzunelimen, so geben wir andererseits willig zu, dass unsere
Beweisführung so lange eine unvollständige war, als wir uns
fast ausschliesslicli auf die innere Kritik be&cbräuken mussteu.
Doch haben wenigstens die wenigen liruchstücke der von uns
angestellten Untersuchungen über die Beschafi'enheit des Textes,
welche wir damals mittheilen konnten , auch auf gegnerischer
Seite einer nicht ungünstigen Aufnahme sich erfreut. Ja ein
neuerlich aufgetretener Gegner, Dr. Volk mar, hat sich, obwol
er unsere Resultate für völlig unhaltbar erklärt ^) , nicht nur zu
dem Zugeständnisse veranlasst gefühlt, dass unser syrischer Text
wirklich manche ältere Lesarten aufbehalten habe ^), sondern er
i) Rheinisches Museum für Philologie 1857, S. 504.
2) Die Keligioa Jesu S. 492. vgl. Rheiüisches Museum a. a. 0. S. 492 ff.
Wenn übrigens V o l k m a r hier die Unächtheit der gesammten ignatianiscben
Literatur „schon dadurch evident" machen will, weil Ignatius gar nicht nach
Rom transpoi'tii't, sondern „nach zweifelloser Kunde" bei Trajans Anwesenheit
in Antiochien während seines Partherkriegs, ,,also sicher dort selbst" Märtyrer
geworden sei , so scheint die kühne Zuversichtlichkeit dieser Behauptung ihren
Mangel an wissenschaftlicher Begründung verdecken zu sollen. Jene „zweifel-
lose Kunde" ist ihm nämlich durch — den byzantinischen Chronisten Johannes
Malala geworden , der frühestens in der zweiten Hälfte des 0. Jahrhunderts
gelebt hat. Malala sagt lib. XI, p. 361 (S. 276 ed. Dindorf) : 6 Se avros
ßaaiXevi T^aCnvoi iv rfj avrfj nolei (JAvt to^eict) Si^ysv, ort r} d'eourjvia
tyevsTO' ifiaQXVQTiae de iiii aviov loxe 6 oiycog '[yvccrios o inioxonos rrjs
TtolsofS "Aviioxeiai* rjyavaxzrjoe yaQ xax' avxo%y ort iXoiSoQei avrov.
Offenbar ist diese Angabe aus einer ziemlich dunkeln Kunde von einer Zusam-
menkunft und Streitunterredung des Ignatios mit dem Kaiser zu Antiochien
geflossen : diese ganze Geschichte ist aber sofern sie in Antiochien sich zuge-
tragen haben soll, um so sicherer eine Fiction als die Quelle, aus welcher
jene Nachricht stammt, das vou Ruinart herausgegebene, frühestens zu
Ende des 2. Jahrh. verlässte, Martyrium des Ignatius (p. 208 ff. in der Dres-
sel' sehen Ausgabe der Patres ApostoUci) den Tod des Ignatios in das
9. Jahr Trajans , als Senecio und Sura zum zweiten Male das Consulat
verwalteten, also ins Jahr 107 n. Chr. setzt, während der Kaiser erst im
Jahre 114 nach Antiochien gekommen ist. Nach diesem Martyrium hat Igna-
tios in Antiochien vor dem Kaiser „Zeugniss abgelegt" von seinem Glauben;
aus dieser fiaQxvoCa des Worts ist bei Malala durch eine übrigens auch bei
einem andern späteren Chronisten eingetretene Begriffsverwirrung eine fi-aQ-
xvQia durch die That, der Märtyrertod in Antiochien geworden. Vgl. das
von Cureton (Corpus Ignat. S. 221.) mitgetheilte Fragment eines syrischen
Chronicon vom Jahre 723 n. Chr., und unsere Bemerkungen dazu in Niedner's
Zeitschrift 1856, 1, S. 76 flg. Wenn für Herrn Volkmar also die Angabe des
Malala auf ,, zweifelloser Kunde" beruht, so beurkundet dies eine Kritiklosig-
keit, die bei dem Begründer der ,, absoluten Kritik" billig in Erstaunen setzt.
Oder sollen etwa die allerdings eben so speciellen als zuverlässigen Nach-
richten über den Partherkrieg und Trajans Aufenthalt in Antiochien , w eiche
Malala seinem Domninos und Arrian entlehnt, die Bürgschaft übernehmen für
die in seine Quellenauszüge eingeschobenen kirchengeschichtlichen Angaben?
Ein Schriftsteller , der um nur ein Beispiel vou unzähligen herauszuheben
aus Clemens von Alexandrien herausliest, dass Markion unter Hadrian — die
manichäischc Lehre verbreitet habe, dürfte wol eben keinen grossen An-
8 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
tritt sogar g-erade in der Auffassung- derjenigen Stelle des syrischen
Textes, an welcher man bisher die sichersten Kennzeichen des
Spruch auf Glaubwürdigkeit erheben können. Aber freilich Malala war Anti-
ochener und schöpfte aus Antiochenischen Quellen — also muss vermuthlich alles,
was er über Antiochien berichtet, auf zweifelloser Kunde beruhu. Doch man
sehe nur die schätzbaren Beitrüge Malala's zur Kirchengeschichte , da , wo
er von dem Aufenthalte Trajans in Antiochien handelt , ein wenig an. Da
wird jener angebliche Brief des Procurators von Palaestina Prima, Tiberianus
mitgetheilt, in welchem derselbe beim Kaiser Verhaltungsbefehle in der Sache der
Christen einholt , und in dessen Folge der Kaiser mit den Christenverfolgungen
innehält. Das Actenstück, welches sich schon durch seine Sprache als ein
Machwerk sehr später Zeit verräth, ist nichts als ein sehr unglücklich aus-
gefallenes Nachbild des bekannten Uriefes des Proconsul Plinius von Kithynien,
Die oben angeführte Stelle über Ignatios endlich bildet die Einleitung zu
einem abgeschmackten Märchen im byzantinischen Geschmack, welches in
einen aus älterer, offenbar noch heidnischer Quelle stam-
menden Abschnitt mit Unterbrechung des Zusammenhangs
eingeschoben ist. Wir bekommen hier von tlinf um ihres Christenthums
willen vom Kaiser verbrannten Antiochenerinnen zu lesen, deren Asche der
Kaiser unter das Kupfer gemischt habe, welches zur Anfertigung von Gefässen
für ein öffentliches Bad bestimmt gewesen sei. Da sei nun jeder der dieses
Bad betreten, in Ohnmacht gefallen, bis der Kaiser die Gefässe weggenommeu
und jenen Frauen Bildsäulen errichtet habe. Hieran reiht sich dann die
weitere Kunde , der Kaiser habe in Antiochien einen Feuerofen errichtet,
und die Christen aufgefordert, wer von ihnen Lust habe, möge sich hinein-
stürzen. Viele wären wirklich dieser Aufforderung gefolgt, darunter die hei-
lige Drosina uud viele andere Jungfrauen. — Herr Volkmar hat also etwas
vorschnell geschlossen , wenn er mit der allerdings auf zuverlässiger Kunde
beruhenden Nachricht von dem Erdbeben in Antiochien das Einschiebsel von
dem Tode des Ignatios zugleich in den Kauf nehmend, das letztere Ereignis»
in die Zeit des Erdbebens und der Anwesenheit des Kaisers in Antiochien
(114 n. Chr.) versetzt. Wie anziehend also auch an sich die Combination der
durch das Erdbeben am 13. December 114 erregten Volkswuth gogen die
Christen , unJ des nach der gangbaren Annahme an einem 20. December er-
folgten Thierkampfes des Ignatios sein möge (Rhein. Museum a. a. 0. S. 493),
so kann dieselbe doch die Probe einer schärferen Kritik (welche neben der
Chronologie auch die Quellen der verschiedenen Nachrichten und deren Glaub-
würdigkeit gegen einander abwägt) durchaus nicht bestehn. Folglich fällt hier-
mit auch die daraus gezogene Folgerung ,, dass alle und jede Märtyrerreise
des h. Ignatios ausgeschlossen und nicht ein einziger von allen ignatianischen
Briefen von ihm selbst herrühren könne" rettungslos zu Boden und die Gegner
der Aechtheit der ignatianischen Briefe in jeder Gestalt werden sichs hinfort
doch nicht ganz so bequem machen dürfen. Nur im Vorbeigehu sei noch an-
gemerkt, dass das andre, durch Dressel zuerst herausgegebene, Martyrium
des Ignatios (a. a. 0. S. 368 ff.) das neben dem Ruinartschen den Werth
einer unabhängigen Quelle zu beanspruchen hat, den Tod des Ignatios gar
nicht, wie jenes in so chronologisch verworrener Weise gelhan hat, mit dem
Partherkriege und Trajans Anwesenheit in Antiochien in Verbindung bringt,
sondern ihn bereits ins 5. Jahr des Trajan , und die Unterredung des Kaisers
mit dem Bischöfe gar nicht nach Antiochien, sondern nach Rom verlegt. Je
abweichender diese Darstellung von dem gewöhnlichen, aus Ruinarts Martyrium
in alle späteren übergegangenen Berichte ist, desto grössere Beachtung scheint
sie zu verdienen. Auch setzt das neuaufgefundene Martyrium grade diejenige
geschichtliche Situation voraus, welche wir schon früher mit U hl hörn aus
inneren Gründen für wahrscheinlich halten musten (vgl. m. angef. Schrift S. 82) :
erst so gewinnt der ignatianische Römerbrief sein richtiges Licht. Wie es
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 9
epitomatorischen Cbaracters unseres Syrers zu finden gewohnt war,
nämlich der Worte Eph. 19. von den drei Geheimnissen des Rufs und
der Erscheinung des Sternes , ganz entschieden für den Syrer in
die Schranken ' ). Ja neuerdings scheint er , wenn ihm auch die
sich mit dem „5ten Jahre Trojans" verhalte, kann hier nicht eingehend er-
örtert werden. Dagegen lügen wir schliesslich noch hinzu , dass selbst der
20. December als Todestag des Ignatios nicht teststeht. Das neuaufgefuodene
Martyrium nennt in einem vielleicht von zweiter Hand herrührenden Zu-
sätze, den 20. Dec. einfach als „Gedächtnistag"; das Martyrium bei Ruinart
nennt ebenfalls den 20. Dec. , scheint aber nicht den Tag des Thierkampfes
wie V'olkmar (a. a. 0. S. 493) ohne Weiteres annimmt, sondern den Tag der
Translation darunter zu verstehn; wenigstens ist die Beziehung des syevero di
ravTu ifi nQo Sexm^icov xaXnvSoiv 'lavvovn^icuv (c. 7.) auf das (c. 6.)
unmittelbar Vorhergehende die näherliegende. Das armenische Martyrium lässt
die Sache im Unklaren: es berichtet c. 47. die Translation, und gibt dann
c. 49. nach der Erzählung von der einigen römischen Brüdern zu Theil ge-
wordenen Erscheinung des Heiligen als Zeit wo ,, diese Sache geschehen sei "
den 24., nach den Griechen den 20,, December an. In der Schlussbemerkung
c. 52. heisst es dann noch einmal ganz allgemein, der 1. Hrotitz , nach den
Griechen der 20. December, sei der Gedächtnistag des Heiligen. Hrotitz heisst
der letzte Monat der Armenier, der aber nicht mit dem December zusammen-
lallt. Das armenische Jahr beginnt vielmehr seit die Armenier feste Monate
hatten, mit dem Frühling, folglich fällt der 1. Hrotitz jedenfalls noch in den
Februar. Nur zwei spätere griechische üeberarbeitungen der älteren Martyrien,
die angeblich von Symeon Metaphrastes herrührende, und eine andre, bis jetzt
nur in einigen von Usher mitgetheilten Bruchstücken bekannte, verstehen wie
das Menaeum Graecorum unter dem 20. Dec. ausdrücklich den Todestag, und
setzen die Translation später an. Dagegen bezeichnet das lateinische Marty-
rium bei den BoUandisten (Acta SS. Febr. T. I, p. 29 sqq.) als den Todestag
den 1. Februar, als Tag der Translation den 17. December (XVI. Kai. Jan.,
wol ein Schreibfehler für XIII. Kai. Jan., d. i. der 20. Dec). Die Bemerkung
Volk mar s (a. a. 0.) ,,erst die lateinische Kirche habe aus weit spätem be-^
sondern Interessen sowol die Gebeine des Ignatios für Rom vindicirt als dann
auch einen eignen Märtyrertag eingesetzt" kann dieser Angabe nichts anhaben.
Denn der fragliche lateinische Vlartyrolog setzt ja die Translation ganz ebenso
wie die vorhergenannten griechischen und armenischen Quellen voraus (c. 21.),
kann also die Gebeine des Ignatios eben nicht für Rom vindicirt haben.
Folglich sind auch seine, wie es scheint auch durch den Armenier unterstützten,
Daten nicht so ohne Weiteres von der Hand zu weisen, um so weniger da auch
die Angabe des Todesjahres „consulatu Attici et Marcelli", freilich ebenfalls von
der gewöhnlichen Zeitbestimmung abweicht, dämm aber keineswegs von ihm er-
funden ist. Nach dem allen bleibt als Resultat, dass das allerdings an sich
unantastbare Datum „der 20. December" durchaus nicht mit derselben geschicht-
lichen Zuverlässigkeit den Todestag des Ignatios, sondern mindestens ebenso
möglich, wo nicht noch wahrscheinlicher den Tag der Translation bezeichnet.
1) Monatsschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich. 1856 , 3, S.
145 ff. Volkmar erklärt hier alle drei Rufe aus dem Evangelium des Mar-
cus , indem er zu den beiden himmlischen Rufen bei der Taufe und der Ver-
klärung Jesu noch den Ruf des Hauptmanns bei Jesu Tod „dies war
wirklich der Sohn Gottes" Marc. 14, 37 hinzuzählt. Wir könnten uns diese
Annahme gefallen lassen, obwohl es immerhin bedenklich bleibt, als dritten
Ruf eine Stimme ganz anderer Art als jene Himmelsstimmen^ bei Taufe und
Verklärung zu Hülfe zu nehmen. Aber wenn Volkmar alle drei Rufe aus
Marcus ableitet, so übersieht er, dass gerade das Marcusevangelium von der
Erscheinung des Sternes nichts weiss: der Ruf des Hauptmanns aber findet
10 IJpsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
g-esamte ignatianisclie Literatur für unäclit g-ilt, doch die relative
ürsprüng^Iichkeit der syrischen Recension in noch umfassenderem
Masse anzuerkennen ' ).
Drei andere Stimmen liahen sich seitdem über die ig-natia-
nische Frage vernehmen lassen: D res sei in den Prolegomenen
zu seiner verdienstlichen Ausgabe der Patres Apostolici, Lechler
in der zweiten Auflage seines apostolischen Zeitalters und Ritschi
in der zweiten Auflage seiner altkatholischen Kirche. Alle drei
kommen mit uns darin überein , dass sie von der Aechtheit
des kürzeren griechischen Textes sich nicht zu überzeugen ver-
mögen. Der erstere, der übrigens unsere Untersuchung noch
nicht gekannt hat, will über die Priorität des syrischen oder
griechischen Textes noch kein abschliessendes Drtheil wagen ;
aber ohne Curetons Ansicht ohne weiteres zu der seinen zu
machen, weisst er doch mit beachtenswerthen Gründen die An-
nahme zurück, dass unser Syrer als Epitomator zu betrachten
sei 2). Was Lech 1er anlangt *) , so hat derselbe der gan-
zen Streitfrage ofl*enbar ein nur sehr flüchtiges Interesse ge-
schenkt, und von den neuesten Verhandlungen über dieselbe, wie
es scheint, keine Notiz genommen. Dagegen hat Ritschi durch
die Ergebnisse unsrer Untersuchung seine früher vertretene x4nsicht
in allen Wesentlichem bestätigt gefunden , und nur in einem ein-
zigen Punkte, der die hier nicht näher in Betracht zu ziehende
Charakteristik der in den 7 Briefen geschilderten Irrlehrer betrifft,
eine abweichende Meinung zu begründen gesucht *).
sicli ja ganz ebenso auch bei Mattliiius (27 , 54) , folglich hätten wir alle
drei Rufe sammt dem Stern beisammen. — Auf jeden Fall aber hat uns die
von einer Seite her, wo wir es am wenigsten erwarteten, erfolgte Zustimmung
zu unserer Auslegung nur um so mehr bestimmen können , auch fernerhin,
trotz der von Uhlhorn erhobenen Einwendungen daran festzuhalten. Beson-
ders erfreulich war es uns, dass auch V o 1 k m a r den Zusatz xal 6 O'äva-
T05 avxov auf Grund unserer Erörterungen (freilich beiläufig gesagt ohne
seine Quelle namhaft zu machen) für ein späteres Einschiebsel erklärt. Wir
müssen dabei bleiben, dass der Gedanke, der Tod Christi sei dem Teufel ver-
borgen geblieben, ein schlechthin unmöglicher ist. Wenn aber Uhlhorn um
der Schwierigkeit zu entgehen , auf seine früher ausgesprochene Ansicht ver-
weist, dass Ignatios nicht an die Mysterien als geschichtlich auf Erden voll-
zogen, sondern an den erst von Gott gefassten Rathschluss der Erlösung denke,
so trägt er gerade das Wesentliche, den vorzeitlichen Erlösungs-
rathschluss auf eigne Hand in einen Zusammenhang hinein , der doch augen-
fällig genug von geschichtlichen Offenbarungsthatsachen handelt. Wie übri-
gens die T]avxia d^eov zu erklären sei, hat auch Volkmar a. a. 0. gut gezeigt.
1) Rheinisches Museum a. a. 0. p. 495.
2) Proll. p. XXIX: si epitomator versionis Syricae auctor est, omni-
um ut Tib. Gracchi vocabulo utar, epitoraatorum postremissimus dicendus
est, quippe qui opus condiderit sine externa aut interna uniformitate, sine ullo
certo quodam mentis proposito aut scopo, quamvis pii propra usus essent
propositi ipsi.
3) a. a. 0. 421 flg.
4) a. a. 0. 403 flg. 453. 457 flg.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 1 1
Je weniger aber, wie die Ansichten der genannten Gelehrten
beweisen , das alte Schwanken über den eigentlichen Sachver-
halt überwunden ist, desto dringender wird für uns selbst die
Pflicht, auch unsere bisher noch zurückgehaltenen Arbeiten zu
veröffentlichen und hiermit unsere Schuld an die wissenschaftliche
Welt abzutragen. Wir thun diess um so lieber, da wir über-
zeugt sind, dass diese unsere Untersuchung auf Grund der durch
die neuere Philologenschule Lachmauns geltend gemachten Princi-
pien unabweisbare Zeugnisse zu Gunsten des syrischen Textes
darbietet- Wir hoffen , dass eine solche kritische Sichtung des
handschriftlichen Materials am sicherste« jedes subjectivistische
Gebahren bei der inneren Kritik verhindern und namentlich auch
die noch neuerlich von Baur ausgesprochene Ansicht auf ihr
gebührendes Mass zurückführen werde, dass die Entscheidung über
die relative ürsprünglichkeit der syrischen oder der kürzeren
griechischen Recension für jeden zuletzt nur in der allgemeinen
Anschauung liegen könne, die man sich von jenen Zeitverhältnissen
bilde »)•
Drei Hauptfragen sind es vornehmlich, die wir nach einander
zu erwägen haben: 1) Nach den patristischen Zeugnissen und
der äusseren Verbreitung der drei verschiedenen Textrecensionen.
2) Nach dem Alter der Handschriften der kürzeren syrischen Recen-
sion, namentlich im Vergleiche mit den Zeugnissen für das Vorhan-
densein einer weiteren dem gangbaren griechischen Texte näher
stehenden syrischen üebersetzung von 13 ignatianischen Briefen.
3) Nach dem Verhältnisse des syrischen Textes zu den übrigen Text-
familien. Hierbei wird zu handeln sein a) von dem Vorhandensein
verschiedener Textfamilien (nicht bloss Textrecensionen) der
ignatianischen Briefe überhaupt , wobei wir unabhängig von dem
kürzeren Syrer den Nachweis zweier Hauptfamilien, deren Cha-
racteristik, soweit eine solche ermöglicht ist, und die Einordnung
der verschiedenen Zeugen in diese 2 Familien durchführen wer-
den, b) Von der armenischen Version insbesondere, wobei wir
das nähere Verhältniss derselben zu den im vorhergegangenen
Abschnitte nachgewiesenen Textfamilien zunächsst für die beim
Syrer fehlenden Briefe und Briefabschnitte ergründen müssen.
Endlich c) von dem Verhältnisse des kürzern syrischen Textes
theils zu den übrigen Textgestalten überhaupt, theils speciell zu
der weiteren syrischen Recension.
Die eigentlich entscheidende Erörterung wird selbstverständ-
lich die letzte sein. Hier hoffen wir zu erweisen, dass der Cu-
reton'sche Syrer unter allen Documenten den vorzüglichsten, selbst-
ständig nefcen den beiden Hauptfamilien hergehenden Text aufbe-
wahrt hat, die weitere syrische Recension hingegen, soweit sich
1) Das Christenthum und die christliche Kirche der drei ersten Jahrhun-
derte S. 253. Aiini. 2.
12 Lipsius , über den syrischen Texl der Briefe des Jgnalios.
aus den noch aufbewahrten Hilfsmitteln entscheiden lässt, als eine
üeberarbeitung- des kürzeren Syrers nach dem Griechischen sich
kennzeichnet.
Selbstverständlich kann eine rein diplomatische Kritik für
sich allein den letzten Abschluss der Untersuchung- über die ig-na-
tianische Literatur nicht herbeiführen, wohl aber müssen die Er-
g-ebnisse derselben an die vSchwelle der endg-ilti^en Entscheidung-
leiten. Wenn daher die oben hing-estellten Resultate sich bewahr-
heiten sollten, so wäre dadurch das Erg-ebniss unserer frühereu
Abhandlung über die Aechtheit der syrischen drei Briefe des Ig-
natios soweit sicher gestellt, als überhaupt in dergleichen Fragen
von einer wissenschaftlichen Sicherstellung die Rede sein kann.
Möglich bliebe freilicli für den, der lediglich der diplomatischen
Kritik sich anvertraun wollte, die Ausflucht, dass der kürzere sy-
rische Text zwar späterhin nach dem griechischen überarbeitet,
selbst aber ein wenn auch uraltes Excerpt des allerdings reinsten
und ursprünglichsten griechischen Textes wäre. Aber diese rein
abstracte Möglichkeit wird auch abgesehn von ihrer innern ün-
wahrscheinlichkeit ausgeschlossen durch das Ergebniss der innern
Kritik: und hier ist der Punkt, in welchem sich unsere beiden
Untersuchungen gegenseitig zu stützen und zu ergänzen haben. —
1. Die patrIstischen Zeugnisse.
Als ältestes Zeugniss für das Vorhandensein der kürzeren
griechischen Recension ist insgemein und noch neuerdings von
Denzinger ^) und Uhlhorn ') der Brief des Polykarp an
die Philipper betrachtet worden. Und allerdings ist nicht zu
leugnen, dass im 13. Cap. dieses Briefes bereits eine Sammlung
ignatianischer Schriften vorausgesetzt wird , die nicht wohl mit der
nur 3 Briefe enthaltenden syrischen Recension identisch sein
kann. Die angeführte in ihrem griechischen Texte aus Eu-
sebios geflossene Stelle lautet nämlich folgendermassen : iygu-
xpaxa fioi vfxeig xul ^Tyvuriog, 'Iva, iuv Tig anfgyrjrai tig 2vgiav,
xal ra tiuq^ vfxwv anoy.Of.uarj yguixpiaja* ontg noirjüw, luv Xdßo)
yMigov tvd^erov , eite lyw , ehe ov nffiipM ngeaßevaovxa xal negl
vfKov. Tag IniaT o'kag ^lyvar lov rag nefi(f)& eiaag
rifiXv vn^ avTOv, xal ciXXag, oaag eV/o/^ev nag' ht^^^y
fn^f^xpafjBV vfAXv, xa&wg eveieikaGd^t • a'lriveg vnoxeTayfievai eloi ifj
imaJoXfj ravifj* i^ (i)v f.teyala wcpeXrj&rjvai övvi^aea^e, Uegtexovai
ydg nlöTiv xal imof-iovr^v xal jiäaav oixoöo/:ii]V ttjv etg tüv xv-
giov rifiwv äv)]xovaav. Was den Plural Tag Imoxo'kag betriflft,
1) Ueber die Aechtheit des bisherigen Textes der ignatianischen Briefe
p. 11 ff.
1) Zeitschrift für die histor. Theologie 1851, 1, p. 79 ff.
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Jgnalios 13
so wollen wir zug-eben, dass er am einfachsten auf den Brief an
Poljcarp und auf den Smyrnäerbrief zu hezielien sei •) ; und wenn
auch die andern Briefe, deren Erwähnung geschieht, nicht zu der
Annahme nöthigen, dass darunter noch mehr Briefe als die bei-
den an die Epheser und an die Römer zu verstehen seien, so
spricht doch schon die wahrscheinliche Bezugnahme auf den
Smyrnäerbrief dagegen, dass mit den betreffenden Worten unsere
syrische Recension gemeint sein könne. Trotzdem müssen wir
das angebliche Zeugniss des Polykarp ohne weiteres zurückwei-
sen. Schon von vornherein ist das Vorhandensein einer.Samm-
lung ignatianischer Sendschreiben in der allernächsten Zeit
nach dem Tode des Ignatios, in welcher Polykarp geschrieben
haben soll, höchst verdächtig. Einen weiteren Anstoss erregen
die Anfangsworte der oben ausgeschriebenen Stelle, wo auch ein
(zweiter) Brief des Ignatios und ein Brief der Philipper an Poly-
karp erwähnt werden, in welchen er aufgefordert worden sein soll
einen Boten nach Syrien zu schicken , um der syrischen Ge-
meinde den Brief der Philipper zu überbringen. Dies setzt ein
vollständig organisirtes Brief- und Botensystem vorauf, im Wi-
derspruche mit der Einfachheit damaliger Zeitverhältnisse. Der
Schlüssel zu diesem wunderlichen Satze dürfte wohl in einer
Stelle des griechischen Briefes an Polykarp zu finden sein.
Hier heisst es c. 8: intl nuaaig raig ixxX^atuig ovx ^Sw/jd^i^v
ygaxjjai . . . , yQaxptiq luTg t^nQoo&iv ixx}.t]aiaig cog &eov yvw^itjv
ytxTfjf.uvog eig xo xui uvzovg x6 uvio notrjaai ' ol liifv dvvu/Atroty
ntt,ovg nt/.itprxt f ol de, IniaioXag öid twv vnö aov 7i((.inofifVMV,
'Iva do'^ua&^Tt aiwvt(ü fQyw xtX, Mit diesen übrigens in mehr
als einer Hinsicht unbegreiflichen-) Worten stellen wir hier noch
folgende Worte aus dem 11. Cap. des Smyrnäerbriefs zusammen:
ngtnti tig tifx'^v d^eov /.f^igorov^oat r^v exxXi]aiav vjlicüv &ionQt-
aßvTT]v tlg xb ytvo/mvov l'cog 2vQiug ovy/^agrivui avxoXg ^) . .. ^E(pa-
vTj /uoi ovv a^iov ngäyfiUf nifj.\fjai Tivu tmv v(.uxtQU)v (.itx^ eni-
GXoXijg, 'Iva ovvöo'^aoi] x^v xaxu &eov avxoTg ytvof.ievi]v ivdiav xxX.
Diese beiden Stellen und die obige des Polykarp sehen einander
so ähnlich , dass sie ganz dieselbe für damalige Zeitverhältnissc
eben unerklärliche Anschauungsweise voraussetzen. Wurden im
Auftrage des Ignatios von allen Gemeinden , an die Ignatius
früher geschrieben hat (so nämlich werden die efingood^ev ixxXr^oiai
zu erklären sein) , Boten und Briefe nach Antiochien geschickt,
wurde Polykarp sammt den Smyrnäern von Ignatios aufgefordert,
weitere Briefe und Boten nach Antiochien abzusenden : nun so
konnte jemand sehr leicht auf den Gedanken kommen, dass wohl
1) Sicher steht freilich nicht einmal dieses vgl. flilgenfeld a. a. 0.
S. 210.
2) Vgl. unsere ßeinerkungen in Niedners Zeitschrift 1856, 1, S. 84 flg.
3) Vgl. auch die ganz ähnlichen Worte Philad. 11.
1 4 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
auch an die Philipper eine ähnliche Anordnung des Ignatios er-
gangen sei, und diese demgemäss den Polykarp aufgefordert hät-
ten, die Briefe weiter nach Syrien zu befördern. Nur Schade,
dass nach dem Sclilusse des Smyrnäerbriefs sowol als des grie-
chischen Briefs an Polykarp Ignatios von Troas aus geschrieben
haben soll, nach der Stelle des Polykarp aber Ignatios und die
Philipp er die betreffende Aufforderung an Polykarp erlassen
haben, Ignatios also damals als zu Philippi weilend gedacht wird.
Sollen wir also glauben, dass Ignatios ganz denselben Auftrag,
den er schon von Troas aus dem Polykarp ertheilt hatte, kurz
nachher von Philippi aus wiederholt haben sollte? Aber dies geht
selbst über die Sammlung von sieben ignatianischen Briefen hin-
aus , ganz abgesehn von der Unwahrscheinlichkeit des Sachver-
haltes selbst. Wir können daher nicht umhin, den starken Ver-
dacht auszusprechen , dass der Verfasser des 13. Capitels des
Philipperbriefs entweder nach der Schablone der in den Briefen an
Polykarp und die Smyrnäer vorausgesetzten Verhältnisse eine ähnli-
che Situation erdichtete, und dieser Umstand wäre eben nicht
geeignet die Glaubwürdigkeit jenes angeblichen Zeugnisses des
Polykarp zu erhöhen, oder aber dass er gar eine noch mehr als 7
Briefe des Ignatios enthaltende Sammlung vor sich hatte, in wel-
chem Falle sein Zeugniss nicht länger für die Aechtheit der 7
Briefe angeführt werden dürfte, weil es zuviel bewiese ').
Hierzu kommt endlich, dass Ritschi neuerdings noch durch eine
Reihe von andern Gründen, die hier nicht wiederholt werden kön-
nen, das ganze 13. Capitel nebst einer Reihe von andern Stellen
desselben Philipperbriefes als iuterpolirt in Anspruch genommen
hat ^). So lange nun diese Ansicht nicht besser als durch Den-
zinger geschehen widerlegt ist, müssen wir verlangen, auf das
angebliche Zeugniss des Polykarp für den griechischen Text des
Ignatios Verzicht zu leisten ^).
1) Vgl. hierzu auch Hilgenfeld, a. a. 0. S. 209 f.
2) Entstehung der altkatholisclien Kirche (1. Aufl.) p. 604 ff'. (2. Aufl.)
p. 584 fl*.
3) Uhlhorn, in der angeführten Anzeige meiner Schrift S. 1518. spricht
seine Verwunderung darüber aus, dass ich mich mit diesem ,, einzig entschei-
denden" Zeugnisse des Polykarp nicht gründlicher abgefunden habe, und be-
merkt, dass ihn die bisherigen Beweise für die Uilschl'sche Interpolationshy-
polhese nicht überzeugt haben — ein im Angesichte der von Ritschi bei-
gebrachten Belege freilich ziemlich subjectives Urtheil. Mir hat sich auf Grund
einer nochmaligen eingehenden Prüfung des Polykarpbriefes die Rilschl'sche
Kritik in allen Puncten bestätigt, und ich freue mich in diesem Puncte auch
Volkmar zum Bundes^nossen zu haben (die Religion Jesu S. 411. 505). Die Art
und Weise, mit welcher übrigens der Interpolator arbeitet, steht durchweg im
Einklänge mit derjenigen Methode, welche ich an den Interpolationen der drei
syrischen Briefe des Ignatios nachgewiesen zu haben glaube, und die bisher auch
noch durch keine Gegengründe widerlegt worden ist. Ganz unzw eideutig ist dies
besonders am 9. Cap. und dem eingeschobenen Passus am Anfange des 12.
fjpsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 15
Gehen wir nun auf die ührig^en patristischen Zeugnisse ein,
so ist zuvörderst zu beachten, dass der kürzere griechische Text
erst von der Zeit der nestorianisclien und inonophysitischen
Streitigkeiten an eine weitere Verbreitung erlangt zu haben
scl>eint. Vorher wird sein Vorhandensein (oder doch das Vor-
handensein irgend welcher mindestens sieben ignatianische Briefe
umfassenden Textesrecension ) zuerst durch Eusebios bezeugt;
in dem ganzen Zeiträume aber von Eusebios bis Theodoret
nicht wieder. Erst seit Theodoret findet sich eine der kürzeren
griechischen entsprechende Textgestalt in allgemeinerem Gebrauch:
im 5. Jahrhunderte noch bei Gelasius und Timotheos von
Alexandrien ; im 6. bei Ephraim von Theopolis, Severus von
Antiochien, Anastasios Sinaita^ im 7. Jahrhunderte bei An-
t iochos iMonachos; im 8. bei Johannes Damascenus,
Antonius Melissa u. s. w. Für die sonderbare Erscheinung
aber , dass der eigenthümliche Text der kürzeren griechischen
Recension zwar schon früher durch Eusebios bezeugt, aber erst
100 Jahre nach Eusebios allgemeiner gebraucht ist, iindet sich
ein vollständiges Analogon durch die längere Textesrecension
Ja ich möchte die Vermuthung äussern, dass von dem Inlerpolator auch noch
ein anderer kürzerer Zusatz herrühren dürfte, nämlich das cos d'eio aal
X^toTcö Cap. 5. — Uebrigens ist beachtenswerth , dass die Verfassungsver-
haltiiisse des "achten Briefes im Ganzen dieselbe Situation voraussetzen wie
die drei Briefe des Ignatios , verglichen mit dem des römischen Clemens.
Als Hauptaufgabe der Presbyter erscheint nicht wie in den sieben Briefen die
Bewahrung der reinen Lehre, sondern die Sittenzucht und die Sorge für Wit-
wen, Waisen und Arme (vgl. C. 6). Der Ton des Ganzen erinnert an die
ähnliche Haltung der drei syrischen Briefe: besonders augenfällig ist die im-
mer wiederkehrende Mahnung zur Milde und zur Versöhnliehkeit (vgl. C. 2.
6. 10. 12.) Die bekämpften Häretiker sind denen der sieben Briefe zwar
mannigfach verwandt, und wenn die Worte C. 7. dg av firj 6fio?.oyfi ^hjaovv
X^iOTOv iv onQxi iXrjXvS'dvac, avxlxQtoxos eari acht sein sollten (sie fehlen
aber in den codd. Laurent, und Paris.) , so würden dieselben allerdings auch
einen doketischen Charakter der Häresie beweisen; aber bemerkenswerth bleibt
doch, dass das Hauptgewicht der Polemik noch nicht auf die Betonung der Wirk-
lichkeit der gesammten Lebens- und Leidensgeschichte Jesu gegenüber dem be-
haupteten To Soxslv avTov nsTtovd'svni, sondern auf Christi Auferstehung und
die Todtenauferstehung überhau^it , desgleichen auf die Wiederkunft Jesu zum
Gericht fällt, wie denn der ganze Brief offenbar von eschatologischer Perspective
aus entworfen ist. Zu vergleichen ist die uns auch sonst bekannte Abneigung
gegen die Auferstehungslehre in gnostischen Kreisen , wofür ausser dem soge-
nannten zweiten Clemensbrief, der sich ganz in denselben Anschauungen wie
der Polykarpbrief bewegt, auch noch das verglichen werden kann, was in dem
angeblichen Schreiben der Korintlier an Paulus über die Häresie des „Simon und
Ivirobis" gesagt wird. — Alles dies d(!utet darauf, dass der Polykarpbrief einer
früheren Zeit angehört als die sieben ignatianischen Briefe der griechischen Recen-
sion , sodass auch von dieser Seite her die Interpolationshypothese hinreichend
gwichert erscheint. Wenn jedoch Volkmar in dem Verfasser des (Ruinart'-
schen ?) Martyrium Ignatii den Interpolator entdeckt zu haben glaubt, so müssen
wir unser Urtheil so lange zurückhalten bis wir seine Gründe kennen gelernt
haben. Der Abhandlung, auf die er sich p. XIII. des Vorworts beruft, konn-
ten wir nicht habhaft werden, da das Cilat Dicht stimmt.
16 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
geboten. Während diese erst im 7. Jahrhunderte eine weitere Ver-
breitung- erlang^t zu haben scheint — das erste ausdrückliche und
längere Citat, welches aus dieser Recension geflossen ist, findet
sich im Chronicon P aschale — so ist sie doch vorausge-
setzt schon durch Stephan Gobaros im 6. Jahrhundert. Die-
ser berichtet nämlich, dass Ignatios die Häresie des Nikolaos und
der Nikolaiten bekämpft habe (bei Phot. Bibl. cod. 132;. Dies
geschieht aber nirgends in der kürzeren griechischen Recension,
wohl aber in der längeren, Trall. 11. — Ja noch weit später
werden beide Textgestalten theils von verschiedenen theils sogar
von denselben Schriftstellern neben einander gebraucht; so setzen
Maximus im?., Johannes Damascen'us und Antonius Me-
lissa im 8. Jahrhundert, letztere beiden wenigstens an einzelnen
Stellen, einen Text voraus, der ganz der längeren Recension ent-
spricht, während dieselbe Zeit und was den Damascener und An-
tonius angeht, auch dieselben Schriftsteller daneben und in über-
wiegenden Zeugnissen den kürzeren Text darbieten. Noch im
9. Jahrhundert finden wir, dass Theodoros Studites eine
Stelle (Smyrn. 4) nach der kürzeren , eine andere (Philad. 3)
nach der längern Textesgestalt citirt.
Ihre Erklärung kann diese auffällige Erscheinung nur in
dem Umstände finden, dass der je weitere Text den je kürzeren
nicht sofort, sondern erst allmählich und nicht ohne mancherlei
Schwapkungen verdrängte. Wie also Stephan Gobaros den wei-
teren Text an 100 Jahre vor seiner allgemeineren Verbreitung
schon kannte, so kannte Eusebios genau ebenso den kürzeren
griechischen Text 100 Jahre früher als derselbe in weiteren
Kreisen benutzt wurde.
Doch wir haben bisher nur die Thatsache allgemein hinge-
stellt, dass vor Theodoret nur Eusebios den kürzeren griechischen
Text kennt. Der Beweis liegt darin, dass alle Citate vor Eu-
sebios, ebenso wie alle kritisch zuverlässigen Citate aus der Zeit
von Eusebios bis Theodoret nur aus den drei auch durch den
Syrer aufbewahrten Briefen (Römer, Epheser, Polykarp), und hin-
wiederum nur aus solchen Stellen dieser Briefe genommen sind,
die auch in der syrischen Recension sich finden. Aus der vor-
eusebianischen Zeit finden sich Zeugnisse von Eirenaeos,
Theophilos und Or igen es.
Eirenaeos (adv. Haer. V, 38. p. 327 Mass.) citirt die Worte
aus Rom. 4: „quoniam frumentum sum Christi et per dentes bestia-
rum molor, ut mundus panis Dei inveuiar." Bei Ori gen es finden
sich zwei Citate; Rom. 7: „mens autem amor crucifixus est" und
Eph. 19: „xai ila&e lov ug^ovia rov alwvog tovtov tj nag&i-
via Magiag^^ ^). Bei Theophilos endlich findet sich kein
1) Die erstere Stelle im Prolog, in Cant. Cant. Tom. III. p. 30 D. De-
larue ; die letztere hom. VI. in Lucam ibid. p. 938 A.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. \ 7
ausdrückliches Citat, wohl aber eine Anspielung- auf die letztj*-e-
nannte Stelle E p h. 19 »).
Von den nacheusebianischen Schriftstellern weiss man
g-ewöhnlich noch Rufinus, Hieronymus und x4thanasios
als Gewährsmänner für den kürzeren griechischen Text anzufüh-
ren. Von diesen dreien ist aber zunächst Rufinus abzuziehen,
als blosser Uebersetzer des Eusebios , der demnach für den auch
bei ihm enthaltenen Passus aus dem Smyrnäerbrief (c. 3.) nicht
das Gewicht eines selbstständig-en Zeug-en beanspruchen kann.
Was ferner den Hieronymus betrifft, so ist es um dessen Zeug^-
niss nicht viel besser bestellt. Denn der g'anze Abschnitt ans
seiner Schrift de viris illustribus '^), in welcher er der Reise des
Ig-natios nach Rom, und der unterwegs erfolgten Abfassung von
7 Sendschreiben gedenkt, ist mit Ausnahme des letzten eine No-
tiz über die Zeit seines Todes und den Ort seines Begräbnisses
enthaltenden Satzes meist sogar wörtlich aus Eusebios abgeschrie-
ben, freilich ohne dass die Quelle genannt worden wäre. Die
3 Citate aus Ignatios (das schon bei Iren, erwähnte Citat aus
Rom. 4., Rom. 5 ganz und eine Stelle aus Smyrn. 3.) sind die-
selben, welche bereits Eusebios bietet. Ja es lässt sich sogar
der positive Beweis liefern, dass Hieronymus den Ignatios gar
nicht gelesen haben kann. Die Worte, mit welchen er das Citat
aus dem Smyrnäerbriefe anführt, lauten so: ... inde egrediens
scripsit ad Philadelpheos , et ad Smyrnaeos, et proprie ad
Polycarpum, commendans illi Antiochensem ecclesiam : in qua
et de Evangelio quod nuper a me translatum est, super persona
Christi ponit testimonium dicens : ego veroetc. (nun folgt das Citat).
Diese Bemerkung beruht jedenfalls auf einem Irrthum, dessen
Quelle in den Worten des Eusebios zu suchen ist, die Hierony-
mus hier vor Augen hatte: tJÖtj d' Inty.tiva rijg 2/.iv^vrg ytvof.ii-
vog ano Tgoädog ToXg rt iv OiXaötXifda avdtg diu 'yQaq)rjg ofitXeT,
xai xfj 2f.ivQvuiü)v ixxXrjoia, ISiwg xi tm Taviijg Trgofjyov^evM Tlo-
XvxoQnd) Entweder hat nun Hieronymus diese Worte dahin ver-
standen, dass nur ein Brief gemeint sei, der gleichzeitig an die
Gemeinde in Smyrna wie an ihren Bischof insbesondere gerichtet
wäre — eine Deutung, die allerdings dem Wortlaute nach mög-
lich, bei Eusebios aber unzulässig ist, weil er den Smyrnäerbrief
ebenso wie den Inhalt des griechischen Briefes an Polykarp
1) comm. in Mt. 1, 18: cum esset desponsata mater eius Ma-
ria Joseph. Quare non ex simplici virgine, sed ex desponsata concipitur
Christus ? Primo, ut per generationein Joseph origo Mariae raonstraretur, secundo
oe lapidaretur a Judaeis ut aduitera: tertio ut in Aegyptum fugiens haberet
solatium viri : quarto ut partus eius falleret diaboiuin putantein
Jesum de uxorata non de virgine natum. — Uebrigens ist die Aechtheit die-
ses comm. in Matlh. bedeutenden Zweifeln uQterworfeo , doch hat ihn Hieron.
bereits gekannt.
2) Opp. Vol. H, p. 842. Vallars.
Abhandl. d. DMG. I, 5. 2
\ 8 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
kennt ') — : tl»"" kann Hieronymus weder den Smyrnäerbrief noch
den Brief an Polykarp gelesen haben : denn der erstere ist nicht
zufi-leich an Polykarp gerichtet, der letztere aber, welcher aller-
dings zugleich mit an die Gemeinde in Smyrna sich wendet, ent-
hält zwar die von Hieronymus aus Eusebios abgeschriebene Em-
pfehlung der Antiochenergemeinde an die bischöfliche Obbut des
Polykarp, nicht aber die von Hieronymus citirte Stelle. Oder aber,
er verstand die Worte des Eusebios richtig von zwei verschiede-
neu Briefen, einem an die Smyrnäer und einem an Polykarp:
dann meint Hieronymus irrthümlich , dass die citirte Stelle nicht
im Smyrnäerbriefe, sondern im Briefe an Polykarp gestanden habe.
In beiden Fällen bleibt also das Ergebniss dasselbe, dass Hie-
ronymus die Briefe nicht selbst gelesen baben kann; ja im letz-
teren Falle hätte er sich gar die grobe Nachlässigkeit zu Schul-
den kommen lassen, nicht einmal den Eusebios genau gelesen zu
haben, welcher wenige Zeilen weiter unten die vielbesprochene
Smyrnäerstelle richtig und ausdrücklich als aus dem Smyrnäer-
briefe geschöpft anführt. ') — Damit aber aller Zweifel daran
schwinde, wie es mit der Kenntniss der ignatianischen Schriften
bei Hieronymus stehe, schiebt er sogar an einem andern Orte
dem Ignatios einen Ausspruch unter, der aus dem Barnabas-
briefe entlehnt ist. ^) Wahrlich ein Musterstückchen von Un-
kenntniss der altkirchlichen Liferatur, welches selbst dem blinde-
sten Verehrer der Autorität des Hieronymus in solchen Dingen
die Augen öffnen muss. — Hieraus lässt sich schon im Voraus
ermessen, was über die beiden andern Stellen zu urtheilen sein
wird, in welchen er auf die ignatianischen Scbriftcn Bezug nimmt.
Die eine derselben steht adv. Helvid. Vol. 11. 225 c Vallars: num-
quid non possum tibi totam veterum* Scriptorum seriem commo-
1) Letzteren wegen der unmittelbar auf die oben angeführte Stelle fol-
genden Worte oV ola S^ aTioaroXinov ^vSqa sv fidXa yvcDQil^oJv ttjv xar'
^vrio%eiav avrco noiftvijv eos av yvijatoe tcal ayad'de noifiijv na^arid's-
rai , ii]v negi avTTjs (pQOvrida 8ia OTtovdfjs e'xetv avTOV a^icSv. Diese
Worte setzen wenigstens eine Bekanntschaft mit dem griechischen Texte des
Briefes an Polykarp voraus.
T) Die dem Hieronymus eignen W^orte „in qua et de Evangelio quod nuper
a me translatum est super persona Christi ponit testimonium" beweisen natür-
lich gar nichts für die Annahme, dass seine Kenntniss der durch diese Worte ein-
£deiteten Smyrnäerstelle auf eigner Leetüre des Ignatios beruhe. Er fand
«i^ in jener Stdjle enthaltene Citat aus dem Nazarener - Evangelium ,, ecce
palpate me et vijaete quia non sum Daemoniuni incorporale," welches Eusebios
in den ihm bekannten kanonischen Evangelien nicht unterzubringen wusste,
eben bei Eusibios vor, und die von ihm kürzlich verfasste Uebersetzung die-
ses Evangeliums machte es ihm möglich in diesem Punkte besser unterrichtet
zu sein als Eusebios, welchen Hergang der Sache er zum Ueberflusse durch
seine eignen Worte quod nuper a me translatum est, selbst andeutet.
3) Adv. Pelagianos HI, 1. Vol. II, p. 769 A. Vallars. Ignatius vir Apo-
stolicus et Martyr scribit audacter : „ elegit Dominus apostolos qui super
onmes homines peccatores erant." Die Stelle steht aber Barn. c. 5.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 1 9
vere [g-natiuin , Polycarpuin, Irenaeum , Ju^itinuin Märtyrern , mul-
tosque alios apo^tolicos et eloquentes viros qui adversus Ebionem
et Tlieoilotum, Byzantium, Vai«ntinuin , liaec eadem seiitientes,
plena sapientiae volumine conscripserunt^ Zur Kritik dieser Worte
sei bemeritt, dass Ebion unter allen bier aufgezäblten Vätern von
keinem, sondern erst von Tertull. praescr. baer. 33, erwäbnt wird,
dass Tbeodot erst unter Victor (185 — 192), also lang-e nacb dem
Tode von Ignatios, Polykarp und Justin nacb Rom kam, dass der
wenigstens später als Ignatios lebende Valentin unter den genann-
ten nur von dem einzigen Irenaeus bekämpft wird-i Was aber
den nüterwäbnten Byzantium betrifft, so bat Hieronymus aus ünwis-
senbeit aus einer Person zwei gemacht. Tbeodotos nämlicji mit
dem Beinamen o axvitig war aus Byzanz : Hieronymus aber
creirt wie Interpunction und Satzbau lebren statt eines Tbeodotus
Bjzantius einen Tbeodotus und einen Byzantius. Wollte jemand
trotz alledem eine wirkliebe Bezugnahme auf Ignatios in den an-
g-egebenen Worten ßnden , und sieb auf Stellen der weiteren
Recension wie Pbilad. 6., wo Ebion, und TralJ. IL, wo Tbeodot
genannt wird, berufen : so wäre im änssersten Falle soviel erreicht,
dass man bei Hieronymus die Kenntniss eines nachweislich ver-
fälschten von Anachronismen der stärksten Art wimmelnden Tex-
tes annehmen müsüte, was also die hier in Betracht kommende
kritische Frage gar nicht berührte. Aber selbst soviel kann
nicht zugestanden werden. Denn einmal kann die Textgestalt,
aus der jene beiden Stellen geschöpft sind, nicht wohl älter sein
als Hieronymus , und die Benutzung wird schon darum unwahr-
scheinlich ; sodann aber wäre Hieronymus dadurch der bei weitem
älteste Zeuge tiir die genannte Textrecension, noch über ein
Jahrhundert früher selbst als Stephan Gobaros : solches aber aus
den vorliegenden den Stempel der Unkritik tragenden Worten
schliessen zu wollen, dürfte doch mehr als bedenklich sein. —
In der zweiten Stelle, die noch zu betrachten ist ^), Hegt ein wirk-
liches Citat aus Ignatios vor. Die Worte lauten: Martyr Igna-
tius etiam quartam addidit causam, cur u desponsata conccptus sit.
Ut partus inquiens eius celaretur diabolo, dum eum
putat non de virgine sed de uxore generatum. Vergleicht man in-
dessen hiermit die oben in der Note mitgetbeilte Stelle des falschen
'Ibeophilos, so ist die Aehnlichkeit so überraschend, dass gar
kein Zweifel übrig bleiben kann, woher Hieronymus jene Anspie-
lung auf Epb. 19. entlehnt habe. Dass die Idee der dem Teufel
verborgen gebliebenen Geburt Christi von einer Jungfrau von Ignatios
stamme, musste ihm aus Ori genes bekannt sein, da er eben
jene Homilie zum Lukas, in welcher die Worte xul ilad^e rov
uQXOvxa Tot- ahüvoQ jovjov tj nug&tviu Mayiug als ignatianisch
citirt sind, ins Lateinische übersetzt hatte; dasM er aber den
1) Gomm. in Matth. Vol. VII. p. 12«. Vullars.
20 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Wortlaut der Stelle eben auch nicht weiter kannte als er durch
Oriffenes überliefert war, geht daraus hervor, dass er die Worte
ut partus eius etc., die er mit geringen Aenderungen demTheo-
philos (vielleicht aus dem Gedächtnisse) nachschreibt, für des
Ignatios eigne Worte hält'), üebrigens bewiese jenes
Citat nichts für den kürzeren griechischen gegen den syrischen
Text, da dieselben Ausdrücke auch in letzterem sich finden, wie
bereits zu Theophilos und Origenes angemerkt worden ist.
Anders, aber darum nicht besser, steht es mit einem angeblichen
Citate des Athanasios aus Eph. 7, einem bei Syr. fehlenden Ab-
schnitte. In der Epistola de Synodis Arimini et Seleuciae 2) werden
die Worte elg Iutqoq ian oaQxtxög xai nrevf.iuTixbg , yivr^jog xal
äyfvtjTogy iv avdQiono) ^iof, h d^avurto Cw^ dXrj&trrj , xal ix
Vllaglag xal fx d^iov ausdrücklich angeführt als aus Ignatios ge-
schöpft. Allein der ganze Abschnitt, in welchem das Citat sich
findet, erweist sich offenbar als ein späteres Einschiebsel. Schon
Montfaucon ^) hat gezeigt, dass der Abschnitt Nuni. 30 ravia
ygaxfjfxvrtg iv rfj ^laavQia — Num. 32. iHog /titv ovv ol/Qi jovtov
q)&uauvTtg nothwendig später sein müsse als der übrige Brief,
weil in jenem der Glaubensbekenntnisse von Konstantinopel (360)
und Antiocheia, sowie des Todes des Constantius (f 361) Er-
wähnung geschehe, der übrige Brief aber schon zu Ende des Jah-
res 359 geschrieben sein müsse. Dass aber unter sobewandten
Umständen das ganze Einschiebsel dennoch vom Athanasios selbst
später hinzugefügt worden sei , ist eine eben so unerwiesene als
unwahrscheinliche Behauptung *).
Wir kommen nun zu einer Reihe von Citaten, welche ledig-
lich aus den auch in der syrischen Recension enthaltenen Stellen
entnommen sind. Wenig Gewicht legen wir hier auf das eine
Citat bei Basilios dem Grossen, hom. in sanctam Christi gene-
rationem Opp. Vol. II. p. 598 ed. Benedict. Es ist dies nur eine
Anspielung auf die vielgenannte Stelle Eph. 19, eingeführt mit
den Worten HQ7]jat de twv nuXaiwv rnl xu) ixtgog Xoyog, also
ohne ausdrückliche Nennung des Ignatios. Die Anführung geschieht
nur in indirecter Rede mit folgenden Worten : out vnfg %ov "kad^tiv
%6v a.QXOVTa tov alwvog jovtov ttjV -nagdtviav rijg IVIaglag ri xov
^T(jooi)(p inevoTjd^fj fiiTjania. Die Worte geben wenigstens keinen
Beweisgrund für Benutzung des kürzeren griechischen Textes gegen
den syrischen, vermögen aber freilich auch die eigne Bekanntschaft
1) Vgl. hierüber auch Cureton, Corpus Ignatianum introduction
p. LXVn sq.
2) Opp. Vol. I. pars II. p. 761 A. Benedict.
3) In seiner Ausgabe des Athanasios Vol. I. p. 714. vgl. auch Cureton
l. c. p. LXVIII sq.
4) Vgl. dagegen Cave, Life ot' Eusebius §. XXII und Cure ton, l. c.
Lipsius über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 2 1
des ßasiliüs mit den ig^riatiunischen Schriften nicht mit Bestimmtheit
zu bezeng-cn.
Wichtig^er sind für uns die durch Johannes Chrysosto-
III o s darg^ebotenen Zeugnisse. Zunächst citirt er zwei Stellen
(lusdrückiich, beide enthalten in der syrischen Recension. Die
eine findet sich in der homilia de leg-islatore, Opp. Vol. VI.
p. 410. C ed. Benedict.: dtd tnvjo ytvvaiog ng twv ag/aicov,
'lyvuTtog de r^v üvo(.ia avxM' oviog Uqoovvt] yja f.iuQXVQiM dia-
ngirpug , enia%i\hov tiv\ ifQH iltyi* ^^IMriölv uvev yvo'ifirjg aov
yiviG&co, f.ir]de ad lirtv yvwf^rjg dtov ii nguTTt.^^ Die Worte
stehn Polyk. c. 4., und (inden sich wörtlich so auch beim Syrer.
Namentlich ist die Wiederholung^ von yvMf.itjg zu beachten, in wel-
cher Chrys. mit Syr. gegen die Handschriften des gewöhnlichen
Textes stimmt. Ebenso sind in seiner dem Ignatios besonders
gewidmeten Homilie, Opp. Vol. 11. p. 592 die Worte citirt iyco
jwv &rjQiwv fy.HVMv dvui^irjVj wie es scheint aus dem Gedächtnisse,
vgl. weiter unten die nochmalige Wiederholung dieser Worte: dtu
xoiTO t(x)v &r]guov, l'Xaytv, ovui^itjv. Sie stehn Rom. 5., und lauten
in der syrischen wie in den beiden griechischen Recensionen über-
einstimmend : üvaif^ifjv Twv S^tioImv tmv ifiol Tjjot^un^ihiov. Hierzu
kommen über noch mehre in seiner homilia in S. Ignatium ent-
haltenen Anspielungen auf die Briefe des Ignatios, welche
säinmtlich unserm syrischen Texte entsprechen. Herr Denzinger*)
will dies freilich nicht zugeben und behauptet von einer Stelle
„eine wörtliche Uebereinstimmung mit einem dem Mediceischen
RömerbrieFe eigenthümlichen Schriftcitat " '^). Allein diese An-
spielung ist eben nicht wörtlich, wie ein einziger Blick auf die
fragliche Stelle lehren kann. Richtig ist, dass es dem Chryso-
stomos darum zu thun ist, in der Geringschätzung des Sichtbaren
und dem Streben nach dem Unsichtbaren einen ganz eigenthüm-
lichen Charakterzug des Ignatios zu malen. Allein eben auch die
Art und Weise, wie er beide Male hierauf zu sprechen kommt,
beweist, dass es gar nicht seine Absicht war, wörtlich zu citiren.
Man vergleiche die Worte intOTT] ndXtv xixiQog uvögdav intll,7]iwvy
yMi \pvx,t]v' Twv nuQovKov VTiiQogioaav unuvTiov , xal Tip d^tiM
L,wvnuv iQMTi , xui TU jLirj ß'ktnof.itva T(7)v OQW(.iivcov ngoTif-iovauv,
Desgl. weiter unten : . . . diödanakog dnriH d^uvftuoiog, nti&wv x«~
TUffgovttv TTJg nagovarjg Cwijg, xal f.i7]div rjynad'ai t« ßXin6f.uva,
xal T(ov (.uXkovTiov igäi'', xal ngog tov ovgavov ßXfniiv , xal ngbg
f-iridh TMv iv T(p naguvTi ßiu) ötivMV fnioTgt(ptod^at. Woher aber
Chrysostomos die betreffenden Gedanken entlehnt habe, kann er-
rathen werden aus dem unmittelbar auf die zuletzt angeführte
1) über die Aechlheit des bisherigen Textes der igiialiuiiiseken briel'e
p. 90 f.
2) es sollen die Worte sein Uöin. 3 : ra yd^ ßkenofieva nqoixaiQa,
T(t Öe jurf ßXenöfABra aiiövia.
22 IdpsiuSf über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Stelle folgenden : tovzo yoQ xul tu tovtmv nUiova diu twv i'gywv
avzovg natöivMv üöevi^ xu&a.7ie() r/XtSg rig l^ dvuToXrjg aviaywVj
xal ngoQ irjv övaiv TQt/m; f.iu'k'Kov da xai tovtov (fuidgojtgog ...
ovTog {^TyvaTiog) de tig rä rrjg Sv(n(x)g ant)Mwv (nagrj , (fuiögo-
regog ixiTS^fv ävlrtiXtv, Also die Gedanken sind entnommen aus
Steilen wie xa'Kov zb övvai anb xoofiov ngog d^thv, Iva etg uvzov
flvazeiXto c. 3 ovSiv (fan'Ofiei ov ^ uyu&ov c. 4. etc. Hiermit rei-
chen wir aber vollständig auSy^ und nichts zwingt uns, eine Be-
rufung auf jene Worte des Mediceisclien Textes anzunehmen.
Oder soll das Zwingende durin liegen , dass beide Male unter
ganz verschiedenartigen Wendungen der Ausdruck za ßXtnofievu
vorkommt? Fast möchte man versucht sein, dies als den eigent-
lichen Nerv der D en z i n ger'schen Beweisführung anzusehn :
Herr Denzinger behauptet ja eine wörtliche üebereinstimmung,
8Xen6fj.iva aber ist das einzige Wort, was den verglichenen Stel-
len gemeinsam ist, denn grade die Stichwörter jenes Schriftcitats,
nQogxfxiQu und aicüvia fehlen gänzlich. Doch wäre eine solche
Argumentation doch gar zu naiv, als dass wir im Ernste glauben
könnten,, Herr Denzinger habe sich ihrer bedienen wollen.
Schliesslich können wir ein eigenthümliches Misgeschick nicht
unerwähnt lassen, welches Herrn Denzinger mit unsrer Stelle
begegnet ist. Er vindicirt uämlich dem Chrysostomos eine Stelle,
die wenn irgend von Kritik noch die Rede sein soll , als inter-
polirt sich nachweisen lässt — eine Stelle, die nicht einmal in
dem grösseren Theile der Handschriften stand, welche den kür-
zeren griechischen Text repräsentiren. Sollte es daher auch ge-
lingen, die „wörtliche üebereinstimmung" der fraglichen Stelle
mit Chrysostomos über allen Zweifel zu erheben, so wäre mit
aller Mühe nichts weiter bewiesen als dieses, — dass Chrysosto-
mos nicht etwa den älteren griechischen, sondern einen nachweis-
lich interpolirten und secundären Text vor sich gehabt, dass die
betreffende Stelle also grade das nicht beweisen kann, was Herr
Denzinger beweisen will *). — Dagegen sind nun die übrigen
Anspielungen auf die Ignatiosbriefe, welche sich in jener Homilie
auf Ignatios finden ,^ ganz unzweifelhaft nur aus Stellen entlehnt,
welche auch in unserm syrischen Texte sich finden. So die schon
vorhin benutzte Anspielung auf Rom. 2 : , . . dg dvaiv ano äva-
roXrig f.uzantfA.ipa^trog. KuXdv zo dvvai anb xöa^ov ngog &ebv,
Vva iig avzbv avazdXwy womit man die oben. ausgezogenen Worte
der Homilre nochmals vergleichen möge. Die g^anze Vergleichung
des Ignatios mit der Sonne (welche übrigens noch viel weiter
ausgesponnen wird) , ist jener Römerstelle nachgebildet, ja selbst
1) Hierzu kommt (beiläufig bemerkt), dass die angeblich benutzten Worte
ia yaq ßkenofieva TiQogxaiQa , rä de /ufj ßlenofi-eva aicovia selbst, wenr>
sie ursprünglich im griechischen Texte gestanden iMtten , gar , nicht einmal
eigne Worte des Ignatios sind, sondern ein Citat aus 2 Kor. IV, 18.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios, 23
die SticLwörter övöig y arwroX^, ULVUTeXXtiv finden wir sämintlich
bei Clirysostomos wieder. Eine andre Stelle ist ebenfalls scbon
oben benutzt worden, jto d^tiu) teovoav l'gwTt, ein präg^nanter Aus-
druck der offenbar in Rom. 7 : 6 if,i6g iQwg fOTuvganut seine
Quelle hat. Ferner fiig-e man hinzu folgende bildliche Wenduftg:
ügneg ovv xvßegv/iTTjv ^uv^iutoiAtv , ovy^ otuv tjov/al^ovaijg jijg
d-uX(Aiirjg xul i'^ ovgiwv %r,g vr^og qeQOf.ifvrjg dvvfjd^fj joig ^inXfov-
xag ötaawout, uXV oxav (.iaivof.dvXiv tov ntXuyovc, dtavioTaf-ificov
iMV y.v(.iuT(x}v avxwv toJ»' l'vdov inißanov OTaaiai^ovitov , no)ilov
yu(.i(7)vog l'awd^tv T^w^fv jovg ffinXtovxag noXtoQy.ovvrogy dvvrjd-fj
xatfvdvvui To axücpog /ntju uacfaKtlug anuai^g ' ovtü) xai rovg
Tore Ttjv ixxlr^oiav iy/etgta&trzug ixnXrjJTtad^ui /qt] xai d^av^al^HV
noXX(p nXfov tcov vvv olxovof.iovvTiov avT7,v , oTt noXvg o noXifxog
i%wdtv taiad^tv. Diese ganze Stelle ist wiederum offenbar Nach-
bildung von Polyk. 2: e xaigög änatxtT aa, rog xvßegvTjiai uva-
(.lovg , xai w? yei(,i(iL.6(.uvog Xif.ifvu, Von einer Anspielung endlich
auf die Worte Rom. 9. ol yag ngootjyovaat tjj odco tf, xaxa adgxa
haben wir in der mehrgedachten Abhandlung in Niedners Zeit-
schrift S. 150 f. ausführlicher gehandelt. Die Anspielung ist
darum wichtig , weil sie für die Weglassung des /^r/ vor ngoari'
xovaai in Uebereinstimmung mit dem syrischen Texte (cod. ß^)
Zeugniss abzulegen scheint.
Dem Chrysostomos reihen wir noch einen andern Gewährs-
mann an 5 von dem Herr Denzinger freilich keine Notiz ge-
nommen hat : den Johannes Monachos, einen syrischen Schrift-
steller aus der zweiten Hälfte des 4ten Jahrhunderts ^). Von ihm
haben wir einen Brief an die Mönche Eutropios und Euse-
bios 2), in welchem eine Reihe von Citaten aus dem Römerbriefe
des Ignatios aufgenommen sind. Zuerst das Hauptcitat Rom. 2:
idv ydg oiwmJGijxe an* i/uov y iyco ytv^ao/Liai Xoyog d'tov' iuv öi
fguöd^TJxe xijg ougy.og i.iov , nuXiv l'aofiai cfMvrj (^/w), eine Stelle
die Gelegenheit gibt zu einem längeren exegetisch -dogmatischen
Excurs über den Sinn des Gegensatzes zwischen Xoyog und (fMvri.
Ferner aus demselben 2. C a p. : y.aXov xo övvai dno x6of.iov ngoQ
&tdv, 7vu tig avxov uvaxtiXo) iv fcu/J'. Nicht minder C. 3: tot«
i'ao^ai niaxog oxav xoafAW f^tj (f)uivw(.iat. Endlich C. 5: ^irjdiv
(.u l^TjXwaj] xwv bguxbjv xai xwv uoguxcov. Alle diese Stellen
finden sich ebenfalls in der syrischen Recension, und in dem ganzen
Briefe ist keine vSpur von einer Kenntniss der 7 Briefe oder der
beim Syrer fehlenden Abschnitte der 3., obwol Johannes mehre
Briefe des Ignatios kennt, wie seine Worte lehren: qui cum
1) Vgl. über ihn Cureton l. c. ( notes on the Syriac extracts)
p. 350 ff.
. 2) Bei Cureton l. c. p. 205 — 207.
24 Lipsius , über den syrischen Texi der Briefe des Ignalios.
ascenderet Romam in testimonio Christi , scripsit epistolas ad ce-
lebres (certas) civitates »).
Das Resultat unserer Untersuchung- ist demnach allerdings
dieses, welches wir schon oben hingestellt haben, dass vor Eu-
seHios niemand, nach Eusebios aber erst Theodoret die 4
beim Syrer nicht enthaltenen Briefe kennt; ebenso dass keine Spur
der beim Syrer nicht enthaltenen Abschnitte der 3 andern Briefe
in die Zeit vor Eusebios hinabrtiicht, späterhin aber ebenfalls erst
Theodoret sichere Zeugnisse für seine Benutzung dieser Ab-
schnitte darbietet, höchstens mit Ausnahme jenes Einschiebsels bei
Athanasios , dessen früheres Datum zwar nicht grade unmöglich,
aber durch gar nichts erwiesen ist '). Dagegen werden die Briefe
an die Römer, Epheser und an Polykarp, und zwar lauter Stellen
derselben, die auch in der syrischen Recension sich iindeu, bei
Eirenaeos, Theophilos (oder Pseudo - Theophilos), 0 r i g- e-
nes, Basilios, Johannes Chrysosto mos und Johannes
Monachos theils citirt theils vorausgesetzt; der Epheserbrief 3
mal , der Brief an Polykarp 2 mal , der Römerbrief 10 mal.
Man entgegnet, dies könnte Zufall sein ^). Ein vortreff-
licher Erklärungsgrund , der zu gut Deutsch nichts als das still-
schweigende Geständniss ist, dass man vom gegnerischen Stand-
punkte eben keine Erklärung für die auffallende Erscheinung weiss.
Denzing-er verlangt nun freilich positive Beweisgründe
für den Cureton'schen Syrer, Stellen in der kürzeren Gestalt des
1) Syrisch (A^'Jt.j f A ' «|SS*^ (von Cureton übersetzt „to certnin
cities" p. 240).
2) Beiläufig sei bemerkt , dass selbst E u s e b i o s zwar ein vollgiltiger
Zeuge für das Vorhandensein von 7 Briefen , insbesondre des Suiyrnäerbriefs
in der kürzeren griechischen Gestalt, nicht aber so ohne Weiteres ein Zeuge
für das Vorhandensein der im syrischen Texte fehlenden Stellen der 3 auch
dem Syrer gemeinsamen Briefe ist. Denn die einzige Stelle , die hier in Be-
tracht kommen könnte, Eph. 19, ist zwar in der Hauptsache übereinstimmend
mit dem griechischen Texte citirt , und fügt insbesondre den Tod Christi zur
Jungfrauschaft der Maria und der Geburt Christi hinzu; allein eben dieser
Zusatz scheint ein ziemlich alter zu sein , und findet sich , obwol nachweislich
unächt, schon in einem Codex des syrischen Textes. Zudem wird weiter unten
gezeigt werden, dass wenigstens der hergebrachte griechische aus dem Codex
Colbertinus geschöpfte Text seinen Citaten aus dem Römerbrief nicht zu Grunde
gelegen haben kann. Indessen wollen wir die Möglichkeit, dass Eusebios in der
Hauptsache den gegenwärtigen kürzeren griechischen Text, insbesondre des
Codex Mediceus vor sich gehabt, nicht bestreiten, nur möge man darauf verzich-
ten etwas als Beweisgrund anzuführen, was noch gar nicht so ausgemacht ist.
3) Hierauf und auf nichts anderes kommen auch die Einwendungen hinaus,
welche [Jhlhorn in seiner Recension a. a. 0. S. 1516 f. gegen unsre frühere
Darlegung (Niedners Zeitschrift 1856, 1. S. 11) erhoben hat. Alle von uns
^ angeführten Zeugnisse sollen ,, durchaus keine entscheidende Kraft" besitzen,
,,da sie Stellen betreffen, die in beiden Recensionen gleichlautend vorkommen."
Aber woher kommt es denn eben, dass sich in den angeführten Zeugnissen
durchaus kein Citat eines der griechischen Recension A eigenthümlichen Briefes
oder Briefabschnittes entdecken lassen will?
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 25
syrischen Textes. Die Forderung scheint auf den ersten Anblick
ganz natürlich und berechtigt zu sein. Finden sich Stellen in
irgend einem patristischen Citate, die dem Syrer eigenthümlich
sind, so ist freilich der Beweis für die Benutzung dieser Text-
gestalt über allen Zweifel erhoben. Indessen müssen wir Herrn
Denzinger denn doch bitten uns vorerst darüber zu belehren,
wie ein solcher Beweis überhaupt möglich sein soll. Unseres
Wissens giebt es in allen 3 Briefen, die der Syrer kennt, auch
nicht einen einzigen grösseren Passus, der dem Syrer eigenthüm-
lich wäre. Wir vermögen daher auch nicht die Möglichkeit ab-
zusehen, wie die Väter einen solchen hätten citiren können. Der
wesentliche Unterschied besteht eben in seiner kürzeren Textge-
stalt, d. h. darin, dass der Syrer eine Menge von Abschnitten der
3 Briefe nicht kennt, die sich in der kürzern griechischen Recen-
sion finden. Und eben mit Bezugnahme hierauf haben wir die
Thatsache festzustellen gesucht, dass von allen den Abschnitten
und Briefen, die der Syrer nicht kennt, vor Theodoret nur bei
dem einzigen Eusebios eine sichere Spur vorhanden ist, während
für die übrigen 15 (oder wenn man Pseudo-Theophilos abrechnen
will 14) Citate und Anspielungen sprechen.
Doch vielleicht soll der positiye Beweis dadurch geführt wer-
den, dass kleinere Zusätze des Syrers von ein, zwei bis drei Worten
durch anderweitige Zeugnisse belegt werden. Allerdings sind diese
Zusätze sparsam genug (alle drei syrischen Briefe zusammen weisen
deren, abgesehn von beigefügten Partikeln und dem fast constan-
ten Zusätze v|^ » o xtgiog rijuwv, zu dem Namen Christi, 5 oder
6 auf), und wir wären vielleicht, wenn wir dergleichen nicht
vorfänden, weit eher berechtigt, auf den Zufall zu recurriren.
Trotzdem sind wir im Stande, auch diesen Beweis zu führen.
.Johannes M o n a c h o s setzt in seinen vier Citaten aus dem
Römerbriefe nicht nur buchstäblich denselben Text mit unserm
Syrer voraus , sondern fügt auch übereinstimmend mit demselben
gegen alle griechischen und lateinischen Codices zu dem Citate
aus Rom. 2 xaXov ro dvvai — uvaTtiXü) hinzu U>j.o iv ^ayrj »).
Ebenso scheint, wie bereits bemerkt, Johannes Chrysostomos
in seiner Anspielung auf Rom. 9 denselben Text, den der Syrer über-
setzte, vor Augen gehabt, und nicht ol yci^ f.ir} nQOürjxovaui, sondern
OL yuiQ ngoo^xovoui gelesen zu haben , obwol dieses ^irj sogar in
spätere Handschriften des syrischen Textes selbst eingedrungen ist.
Doch wir geben zu, dass dieses Zeugniss nicht völlig sicher ist,
IX. Nur Id dem syrischen Texte des Martyriums (hei Cuietoii 8. 225)
und in der von Cureton S. 291 angeführten alten laleinisehen Version findet
sich dieser Zusatz noch : aber der im syrischen Martyrium enthaltene Text
des Hönierbriels kann von Johannes nicht benutzt worden sein , da er von
unserm syrisclwu Texte völlig abweicht.
26 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des lynalios.
und fiiffen schliesslich nur die vorläufige Bemerkung hei, dass die
armenische Version und eine Anzalil syrischer Fragmente , welche
die Zusätze des griechischen Textes gegen den Syrer hezeugen,
dennoch in den meisten jener dem Syrer gegen den griechischen
Text eigcnthümlichen Zusätze mit dem Syrer zusammengehn. Es
wird dies später, wenn wir von den verschiedenen Handschriften-
familien handeln , ausführlicher nachgewiesen werden.
Fassen wir nun das Ergehnis der bisherigen Untersuchung
nochmals zusammen, so ist es kein andres als dieses : Der kürzere
griechische Text ist vorhanden schon zur Zeit des Eusehios, eine
weitere und allgemeine Verbreitung aber hat er nachweislich erst
zu Theodorets Zeiten erlangt. Dagegen gehn die Zeugnisse für
Stellen , die der kürzere griechische Text mit dem vSyrer gemein
hat, bis herauf zu Eirenaeos ins 2te Jahrhundert; und wenig-
stens Ein sicheres Zeugnis für einen eigenthümlichen Zusatz des
Syrers wird von einem wenige Jahrzehnte nach Eusehios lebenden
Schriftsteller dargeboten.
2, Das Älter der Handschriften der syrischen Recension,
Ein Hauptargument, welches Denzinger noch gegen die
äussere Bezeugung des syrischen Textes vorbringt, ist dieses,
dass die Syrer selbst keine Kunde von demselben gehabt, dass
vielmehr die syrischen Fragmente und Citate sämmtlich den Me-
diceischen Text voraussetzen. Das ist nun wiederum gleich
von Vornherein dahin einzuschränken, dass gerade der älteste
syrische Schriftsteller, der den Ignatios benutzt^ Johannes
Monachos nicht nur kein Zeuge wider, sondern umgekehrt ein
Zeuge für den syrischen Text in der durch Curetou vorliegenden
Gestalt ist. Dagegen sind die nächstältesten syrischen Citate,
deren Alter von Vornherein feststeht, die des Timotheos von Ale-
xandrien und des Severus von Antiochien, erstere aus der zweiten
Hälfte des 5., letztere aus dem 6. Jahrhunderte, also bereits aus
der monophysitischen Zeit; dies aber ist für uns gar nichts auf-
fälliges, da wir die weitere Verbreitung des kürzern griechischen
Textes eben vom Beginne der physiologischen Streitigkeiten da-
datirt haben.
um aber zu einem genaueren ürtheile zu gelangen, drängt
sich uns die Frage nach den handschriftlich bezeugten Ueber-
setzungen des Ignatios auf, welche überhaupt in syrischer Sprache
existiren.
Hier begegnen wir zunächst einer Sammlung auserwählter
Sentenzen aus den Briefen des Ignatios, mit kanonischer Kraft,
wie die Ueberschrift besagt. Sie ist abgedruckt bei Cureton im
Corpus Ignatium p. 197 — 201, und ist unter der Rubrik „extracts
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignaiios. 27
from the Ig'iiatiuii epistles " mit X. 1 bezeichnet. Diese Samm-
lung enthält Bruchstücke aus allen 7 Brieten der kürzeren Recen-
sion, und setzt in den hei unserm Syrer feiilenden Stücken einen
mit der von üsher herausgegebenen lateinischen üebersetzung
verwandten Text voraus. Dagegen stimmen die auch beim Syrer
vorhandenen Stücke so wörtlich mit demselben überein, dass beide
aus einer gemeinsamen Quelle geflossen sein müssen. Betrachten
wir nun das Manuscript, von welchem diese Sammlung entlehnt
ist, etwas näher. Es befindet sich' in der kaiserlichen Biblio-
thek zu Paris; eine ausführliche Beschreibung desse beu hat
Munk für Cure ton besorgt, welche letzterer im Corpus Igna-
tianum p. 342 — 344 abgedruckt hat, und der wir folgendes ent-
lehnen: „manuscrit Syriaque du fonds de St. Germain des Pres.
Nr. 38. Recueil de Canons d'un grand nombre de conciles et
des pieces y relatives : petit in-fol., sur parchemin, 284 feuillets.
Ce manuscrit, qui a appartenu a Renaudot, a ete legue par lui
a l'abbaye de St. Germain des Pres, dont la Bibliotheque a l'epoque
de la premiere revolution fut reunie a la Bibliotheque nationale.
Le manuscrit, ecrit en caracteres Chald. ou Estranghelo , parait
etre tres-ancien, mais comme il manque quelques feuillets a la
fin, la date, qui s'y trouvait probablement, a disparu. Selon une
note qu'on trouve a la (in de la 1"^^'^ piece (fol. 85 verso) le vo-
lume a ete vendu l'an 1812 des Seleucides (1501)." Die Samm-
lung enthält 48 Nummern, darunter die Constitutiones et Canones
Apostolorum, sowie Synodalcanones von der 3. Synode zu Karthago
an (258) bis zum Concil zu Chalcedon (451), dazu eine grössere
Anzahl von Briefen und Briefextracten angesehner Väter, Athana-
sios, Basilios, Gregor von Nyssa, des Papstes Cölestin, des Ky-
rill von Alexandrien, sowie der monophysitischen Bischöfe Timo-
theos von Alexandrien, Severus von Antiochien u. s. w. In dieser
Sammlung nehmen nun die Stellen aus den ignatianischen Briefen
die 17. Nummer ein. Unter Nr. 15. erscheinen die Acten des 3.
Concils zu Karthago , voran die epistola synodica an die Bi-
schöfe Numidiens, und zwei Briefe des Cyprian an Quintus und
Fidus. Unter Nr. 16: 16 canones, ausgezogen aus einem von Italien
an die orientalischen Bischöfe geschickten Briefe. Unter Nr. 17.
folgen nun die Auszüge aus Ignatios; Nr. 18 aber enthält einen
Brief Peters des Märtyrers von Alexandrien, welcher bekanntlich
311 starb. Es stehn sonach die Auszüge aus Ignatios noch un-
ter den ältesten Bestandtheilen der Sammlung, doch ist darauf
nicht viel zu geben , da von chronologischer Ordnung hier nicht
sehr die Rede ist. So kommt unter Nr. 19. unmittelbar hinter
dem Briefe Peter des Märtyrers, ein von Timotheos von Alexan-
drien herrührender Abschnitt (Mitte des 5. Jahrh.) und gleich
darauf kommen wieder die Canones und das Glaubensbekenntniss
von Sardika (347 nach der gewöhnlichen Zeitrechnung). Ebenso
gehn deu Cuuunes von Karthago, den ältesten der Sammlung un-
28 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
mittelbar unter Nr. 13. und 14. die Canones und das Symbol von
Constantinopel (381) und zwei Canones von Ephesos (431) vorher.
Wann die betreifende Sammlung abgeschlossen worden sei,
kann ziemlich genau bestimmt werden. Dem mehrgenannten Ab-
schnitte Nr. 15. (Canones von Karthago u. s. w.) ist nämlich eine
Notiz beigefügt, nach welcher diese Actenstücke zuerst aus dem
Lateinisclien ins Griechische , sodann aber aus dem Griechischen
ins Syrische übersetzt worden sind , letzteres im Jahre 998 der
Seleuciden, ti87 nach unserer Zeitrechnung.
Hiermit stimmt nuu das Datum der beiden letzten Stücke der
Sammlung, Nr. 47. eines Briefes des Patriarchen Athanasios 995
der Seleuciden, 684 n. Chr. i)j und Nr. 48. einer Anzahl von
Fragen eines Priesters Ädi an Jakob von Edessa und der Ant-
worten desselben vom Jahre 998 der Seleuciden, oder 687 unserer
Zeitrechnung. Aus diesen Daten ergiebt sich, dass die Zusam-
menstellung und der Abschluss der Sammlung nicht vor dem Jahre
687 n. Chr. statt gefunden haben kann. Cure ton meint nun,
dass die ganze Sammlung aus dem Griechischen ins Syrische
übersetzt worden sei, mithin auch die Uebersetzung der ignatia-
nischen Abschnitte nicht vor das Jahr 687 zurückverlegt werden
dürfe ^). Dem müssen wir jedoch entgegentreten. Denn es be-
ünden sich in unserer Sammlung eine Reihe von Stücken, die nach-
weislich syrischen Ursprungs sind. So sicher Nr. 31 : „Glaubens-
bekenntnis und Auswahl von Canones der Synode der persischen
Bischöfe, welche zu Seleukeia und Ktesiphon versammelt waren,
im Uten Jahre von Jezdegerd , des Sohnes Sapor, nach der Ge-
sandtschaft von Marontha, Bischofs von Mifarakt oder Miafarkin."
Der König Jezdegerd ist unstreitig Jezdegerd I. (400 — 421);
der Bischof Marontha von Mifarakt oder Miafarkin aber ist Ma-
ruthas, Bischof von Tagrit in Mesopotamien, welche Stadt auch
Maifarkin, Martyropolis hiess (vgl. Assemani B. 0. Th. I. vS. 174).
Das Actenstück gehört also dem Jahre 411 an, und ist der muth-
masslich älteste ursprünglich syrische Theil der Sammlung. Aus-
serdem waren ursprünglich Syrisch geschrieben die verschiedenen
Sentenzen , welche aus den Schriften des Philoxenos von Maboug
oder Hieropolis (im Anfange des 6. Jahrh.) gezogen waren. Sie
stehen Nr. 27. zugleich mit ähnlichen Sentenzen griechischer und
lateinischer Väter (Basilius Magnus, Gregorius Theologus, Papst
Damasus). Muthmasslich dasselbe gilt von Nr. 29: 87 Canones
des bekannten Mar Rabulas, Bischofs von Edessa. Endlich schei-
1) Wer diesei' Athanasios war, ist mir unbekannt; jedenl'alls ist er nicht
ru verwechseln mit dem Patriarchen Athanasios von Antiochien , auf dessen
Veranlassung Paul von Tela die sogenannte hexaplarische Uebersetzung des
A. T. verfasste. Dies unmöglich wegen der oben beigesetzten Jahreszahl 684 :
denn dieser Antiochener Athanasios lebte im Jahre 616.
2) Corpus Tgnatianum p. 345.
IJpsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 29
nen syrischen Ursprungs zu sein die fünf letzten Stücke der
SammJung Nr. 44^ — 48. Von ihnen sind Nr. 47 und 48. schon
oben genannt Avorden, und jedenfalls ist die syrische Abfassung
des letzteren nicht zu bezweifeln. Nr. 44. enthält verschiedene
Canones des Mar Sergius, Bischofs von ^o^U^JiDl (verderbt aus
Amphipolis [am Euphrat] ?), Nr. 45. Canones von Johann, Bischof von
A^laiiO) pZ (Tela de- Mauzalt); Nr. 46. Fragen eines Priesters
Sergius an Johann von Tela de -Mauzalt und Antworten desselben.
Sonach verdankt die vorliegende Sammlung ihre gegenwärtige
Gestalt den Syrern, und nicht den Griechen; und zwar rühren, wie
uns das Datum zu Nr. 15. im Vergleiche mit dem Datum von
Nr. 48. (beide Mal 687 n. Chr.) bezeugt, die Uebersetzungen aus
dem Griechischen (mindestens zum Theil) aus derselben Zeit her,
aus welcher die Abfassungszeit der letzten syrischen Stücke stammt.
Sollen wir eine Vermuthung über den Urheber der Sammlung aus-
sprechen, so war dies vielleicht eben jener Mar Jakob von
Kdessa, dessen Antworten an Adi den (incompleten) Schluss der
Sammlung bilden, und an welchen auch ein unter Nr. 39. in die
Sammlung aufgenommener Brief des Anthimos von Konstantinopel
gerichtet ist. Wenigstens ist uns von ihm bekannt, dass ersieh
auch sonst mit literarischen Arbeiten und Uebersetzungen aus dem
Griechischen abgab, namentlich rührt von ihm eine syrische Bear-
beitung der LXX her, aus dem Jahre 704, von welcher grössere
Theile noch jetzt vorhanden sind ').
Hiernach mag man ermessen , von welchem Belange die vor-
liegende Sammlung für die Kritik des Ignatios ist. Allerdings
können die betreffenden Sentenzen, so wie sie vorliegen, nicht aus
einer griechischen Sammlung geflossen sein, zum wenigsten kön-
nen sie nicht unabhängig von einer schon vorhandenen syrischen
Uebersetzung des Ignatios ins Syrische übertragen worden sein:
denn hierzu ist die Aehnlichkeit mit unserm syrischen Ignatios
viel zu bedeutend und die Abhängigkeit dieser Sentenzensammlung
von unserm Syrer oder vielmehr von einer sehr verwandten Hand-
schrift ist ganz unleugbar. Allein andrerseits ist auch durch Nichts
erwiesen, dass die betreffenden Sentenzen schon längere Zeit vor
der Veranstaltung vorliegender Sammlung kanonische Kraft be-
sessen haben; die ganze Sammlung aber gehört einer Zeit an,
in welcher die Syrer schon längst angefangen hatten, ihre alte
Ijiteratur zu verlassen, und sich ganz in Abhängigkeit von den
Griechen zu begeben. So fanden wir in unserer Sammlung unter
Nr. 27. eine Anzahl Canones des Philoxenos ^on Maboug oder
Hierapolis. Dies ist aber derselbe Mann, der am Anfange des
6. Jahrh. durch seinen Chorepiscopus Polykarp eine neue unter
1) Eichhorn, Kinl. ins A. T. II, 160.
30 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
dem Namen der Philoxenianisclien bekannte buclistäblicbe üeber-
setzung des N. T. aus dem Griecbiscben veranstalten liess, aus
keinem andern Grunde, als weil ibm die alte syrisebe Pesebito
den griechischen Text nicht vollständig und nicht bucbstäblicb
genau genug wiedergab. Die Pesebito liegt bekanntlich dieser
neu£n üebersetzung zu Grunde: aber die fehlenden Theile sind
von dem Bearbeiter ergänzt, die übrigen im Interesse der grö-
ssern Wörtlicbkeit und Treue nach griechischen Handschriften um-
gestaltet.
Ebenso berichtet Jakob von Edessa, dass er seine üeber-
setzung des A. T. tbeils nach der damals bei den Syrern gang-
baren Version tbeils nach LXX gestaltet habe^): also auch er
überarbeitete den älteren syrischen Text mit Hilfe griechischer
Handschriften. Aehnliche Spuren von Ueberarbeitungen älterer
syrischer üebersetzungen nach dem Griechischen lassen sich aus
jener Zeit noch mehre auffinden. Z. B. die abermalige üeber-
arbeitung der philoxenianisclien üebersetzung nach dem Griechi-
schen durch Thomas von Charkel 616 ^).
Nach dem allen dürfte die Annalime nicht als zu gewagt er-
scheinen, dass auch bei der Ignatios- Literatur ein ähnliches Ver-
bältniss stattgefunden habe, dass also der ältere in der Cureton '-
sehen Ausgabe vorliegende Text der 3 Briefe späterbin nach dem
Griechischen ergänzt und erweitert worden sei. Wenigstens kann
das Vorhandensein dieser Zusätze in vorliegender Sammlung nach
der obigen Auseinandersetzung durchaus keinen Beweis abgeben
gegen die ürsprünglichkeit unseres kürzeren syrischen Textes.
Nur dieses ist überwiegend wahrscheinlich , dass diese Abschnitte
nicht schon in einer ursprünglich griechischen Sammlung in vor-
liegender Gestalt vorhanden waren, sondern einer syrischen
Receusion des Ignatios entnommen sind, welche in den
auch bei unserm Syrer vorbandenen Abschnitten fast wörtlich mit
diesem übereinkommt, aber auch die bei diesem fehlendem Stücke
und Briefe zugleich enthielt. Allein wenngleich dies gegen die
Cureton 'sehe Meinung festzuhalten ist, so folgt doch hieraus
durchaus nicht die ürsprünglichkeit dieser weiteren üebersetzung,
vielmehr führt alles Obige auf die gegentheilige Annahme hin.
1) Welchen syrischen Text Jakob vor sich gehabt, ist schwer zu ermit-
teln , ist indessen für unsre vorliegende Aufgabe weniger zu wissen nötbig.
Nur soviel sei bemerkt, dass weder die Eichhorn'sche Annahme, Jakob
habe die sogenannte Figurata überarbeitet (über welche nur eine sehr dürftige
Notiz bei Abulfaradsch sich findet) , noch eine der beiden andern Hypothesen,
er habe die Philoxffni ani'sche (des A. T,) oder die des Paul von Tela
überarbeitet, zur Evidenz gebracht ist, wenn auch die letztere vielleicht die
meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat.
2) Mit letzterer wie es scheint unter ähnlichen Verhältnissen entstand
die in vorstehender Anmerkung genannte hexaplarische Üebersetzung des A. T.
durch Paul von Tela.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 3 1
I)ass nuü eine solciie weitere syrische Recensioii vorhanden
g-ewesen sei, wird bestätigt noch durch ein zweites von Cure ton
initg-etheiltes syrisches Fragment. Dasselbe findet sich bei Cure ton
]). 201 flg. unter der Ueberschrift „aus dem Buche des lieiligen
Ignatios Theophoros, Bischofs von Antiochien" und entliält Frag-
mente aus den Briefen an die Römer, Epheser, Magnesier, Smyr-
näer und an Ueron. Diese Excerpte finden sich auf dem Deckel
und dem leeren Raum der ersten Seite eines älteren Volumen ;
Schriftzüge aus dem 11. oder 12. Jahrb. Das Manuscript ist aus
dem Kloster St. Maria Deipara 1842 nach f^ondon gebracht wor-
den , einige Ergänzungsblätter im Jahre 1847. Es befindet sich
im Brit. Mus., Add. Mss. 14577 ^ ). Ein dritter Auszug findet
sich bei Cure ton p. 29H; er enthält drei Citate aus dem Rö-
merbriefe, darunter eins aus einem bei unserm Syrer fehlenden
Abschnitte, daher wir ihn vorläufig mit jenen Sammlungen zusam-
menstellen wollen, obwol sich später ein etwas anderer Sachverhalt
ergeben wird. Der Auszug ist entnommen aus einem ebenfalls
im britischen Museum befindlichen Manuscript, von dem jedoch
Cure ton weiter keine Mittheilung macht; das Manuscript trägt
die Nummer Cod. Add. 17134.
Beide Fragmente nun stimmen tlieils unter einander, theils
mit den oben beschriebenen Sentenzen aus Ignatios so genau überein,
dass eine gemeinsame Uuelle ganz unzweifelhaft ist. Da nun in
beiden Fragmenten Stellen sich finden, die in jener Sentenzen-
sammlung fehlen, so folgt hieraus wiederum die Nothwendigkeit,
dass sowol diese Sentenzen als jene Fragmente unabhängig von
einander aus einer syri« c h e n Rece n s i o n geflossen sind. Das
Verhältniss dieser Recension zu unserm kürzern Syrer bleibt auch
nach den Fragmenten ganz dasselbe, wie solches durch die Sen-
tenzensammlung vorausgesetzt wurde.
Endlich wird diese weitere syrische Recension vorausgesetzt
durch die armenische Version, welche Petermann im Jahre 1849
herausgegeben hat. Dieser liegt eine syrische Version zu Crunde^
die ebenfalls in den bei unserm Syrer vorhandenen Stücken über-
raschend mit demselben zusammen stimmt ^); dieselbe setzt aber
auch in den bei unserm Syrer fehlenden Abschnitten einen syrischen
Text voraus ^), speciell einen mit dem Texte obiger Fragmente
öfters sehr genau zusammenstimmenden *),
1) Das Nähere s. bei Cure ton p. 348 flg.
2) Vgl. 1^ et ermann, in der seiner Ausgabe vorausgeschickten Abhand-
lung de Version« Armeniaca p. XII sqq. Der i^^inspruch Hunsens (Hippolyt
I, iO Anni. II, in der Vorrede zur englischen Ausgabe p. Vll) ist unbegrün-
det , wie aus der weiter unten folgenden Erörterung sich mit Bestimmtheit
ergeben wird.
3) 1. c. p. WIV sq.
4) Wir werden weiter unten ausluhrlicher hieraul' zurück komjn«!u.
32 LipsiuSi über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
Es entstellt nun die wichtige Frage, inwieweit sich das Alter
dieser vorausgesetzten weiteren syrischen Recension , desgleichen
das Alter unseres kürzeren Syrers durch Erforschung der Hand-
schriften bestimmen lasse. Für ersteres wird der einzig sichere
Anhaltepunkt durch die vielgenannte Sentenzensammlung geboten,
abgeschlossen im Jahre 687. Durch diese Jahreszahl ist freilicli
niclit bewiesen, dass der vorliegende ignatianische Text nicht von
früherem Datum sein könne: nur soviel ist wahrscheinlich gemacht,
dass er einer Zeit angehöre, in welcher die monophysitischen
Theologen durch Ueberarbeitungen nach griechischen Quellen ihre
alte Literatur zu berichtigen strebten. Dies wäre im Allgemeinen
der ganze Zeitraum von Philoxenos an, d. h. ungefähr seit dem
Jahre 488, oder wenn wir die äusserste Gränzlinie setzen wollten,
die nicht alle Wahrscheinlichkeit gegen sich hätte, vom Beginne
einer monophysitischen Literatur überhaupt, d. h. von der Mitte
des 5. Jahrhunderts an. Die beiden andern Fragmente geben zur
Entscheidung vorliegender Frage keinen Beitrag, so lange nicht
genauere Notizen über sie vorliegen, doch verräth das erstere
wegen seiner Benutzung des Briefes an Heron schon eine ziem-
lich späte Sammlung ignatianischer Briefe. Dagegen stimmt mit
dem angenommenen Zeiträume der Umstand, dass eben diese er-
weiterte Recension von 7 Briefen auch unter den Griechen seit
Theodoret, also ebenfalls seit dem nestorianischen und
monophysitischen Streite sich in allgemeinerem Gebrauche
findet. Endlich weist auf eben diesen Zeitraum das x4lter der
armenischen Version hin. Ist diese auch in der gegenwärtigen,
nach dem Griechischen nochmals durchcorrigirten Textgestalt bei
weitem jünger, so scheint doch nichts im Wege zu stehn , ihren
ursprünglichen aus eben jener syrischen Recension geschöpften
Text im Allgemeinen der Zeit zuzuweisen, in welche sie die
constante Tradition der Armenier verweist, nämlich ebenfalls ins
5. Jahrh. Wenigstens schliesst sich auch Petermann dieser
Tradition an, theils aus paläographiscben Gründen, theils wegen
des in späterer Zeit fast unterbrochenen literarischen Verkehrs
der Armenier mit Syrien, theils endlich weil die Bibelcitate, ins-
besondre der 6 letzten Briefe meist nicht mit der (um die Mitte
des 5. Jalirh.'s veranstalteten) armenischen Version der heiligen
Schrift zusammenstimmen, diese letztere also noch nicht allgemein
verbreitet gewesen zu sein scheine. Entscheidend für eine relativ
ältere Zeit ist freilich hiervon nur der erstere Grund ; der Um-
stand, dass wir von späteren Uebersetzungen aus dem Syrischen
ins Armenische nichts wissen, könnte in unserer mangelhaften
Kenntniss der armenischen Literatur überhaupt seinen Grund haben,
und ebensowenig bezeugt die Textgestalt der Bibelcitate die Un-
bekanntschaft des Uebersetzers mit dem armenischen N. T. , da
1) 1. c. p. XXVI sq.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios, 33
nicht erwiesen ist, das* er sich im Falle seiner Bekanntschaft mit
demselben auch veranlasst fühlen musste, nach dessen Texte den
vorgefundenen zu corrig-iren. Ist nun die weitere syrische Version
rauthmasslich um die Zeit des Philoxenos verfasst, so kann die
armenische jedenfalls nicht früher verfasst sein: und in üeber-
einstimmung mit diesem Umstände ebensowol als im Allgemeinen
mit der armenischen Tradition glauben wir ihre Abfassungszeit
etwa in die Gränzscheide des 5. und 6. Jahrhunderts versetzen
zu dürfen.
Bemerkenswerth für die Geschichte des Textes ist aber je-
denfalls der Umstand, dass die armenische Recension im Ganzen
13 Briefe kennt, also ausser den streitigen 7 noch die ß übrigen,
einstimmig als untergeschoben betrachteten. Ebenso setzen nun die
syrischen Bruchstücke auch die unächten Briefe voraus. In der vSen-
tenzensammlung Nr. II. (p. 202 bei Cureton) findet sich ein Citat aus
dem unächten Briefe an Heron, und ausserdem hat uns Cure ton
zwei gleichlautende Fragmente aus dem ebenfalls untergeschobenen
Briefe an die Tarser aufbewahrt, von denen das eine von einer
noch dem G.Jahrhunderte angehörigen Handschrift entnommen ist *),
Dies liefert den wichtigen Beweis, dass in eben jener Zeit, in
welcher nach unsern Ermittelungen die längere syrische (und ar-
menische) Recension entstand, der griechische Text bereits oiFen-
bare Verfälschungen und Unterschiebungen erfahren hatte : dass
jene längere syrische Recension also nachweislich Unterge-
schobenes unter dem Namen des Ignatios enthalten hat.
Betrachten wir jetzt die Handschriften unseres kürzeren syri-
schen Textes. Es sind deren gegenwärtig 3, von Cureton mit a,
/?, y bezeichnet '). Alle drei enthalten ausser den ignatianischen
Briefen grössere Sammlungen patristischer Schriften, und grade
die Beschaffenheit dieser Sammlungen hat für uns ein wesentliches
Interesse, darum, weil sie uns einen sicherem Anhaltepunkt für das
nacJiweisliche Alter der Version an die Hand giebt als das Alter
der Handschriften selbst.
Die älteste Handschrift, «, ist geschrieben vor dem Jahre
550, also eine der ältesten Handschriften der ignatianischen Lite-
ratur überhaupt ^). Es sind zwei zusammengebundene Pergament-
1) Corpus Ignatiunum, additional extracts p. 363 — 365. Die erstere von
beiden Handschriften ist mit Brit. Mus. Add. Mss. 17191 bezeichnet.
2) Nach Bunsens interessanter Mittheilung (Hippolyt II, Vorrede zum
4. Bande der englischen Ausgabe p. XI 1'.) hat Oberst Rawlinson in Bagdad
eine Handschrift des N. T. in syrischer Sprache gesehn, welche ,,die 3 Briefe
des Ignatios" als Anhang zn den heiligen Urkunden enthält, grade wie der
Codex Alexandrinus die Episteln des Clemens von Rom der heiligen Schrift
folgen lässt. Es ist nur zu wünschen , dass dieser hochwichtige Fund bald
ebenso wie die übrigen syrischen Handschrillen zugänglich gemacht werde.
3) Brit. Mus. Add. Mss. 12175. Von Tattam 1839 nach London ge-
bracht. Das Nähere bei Cureto.n, Introduction p. XXVIII sq.
Abbandl. d. DMG. 1,5. 3
34 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Volumina; auf der letzten Seite des ersten findet sich der Brief
an Polykarp. Den übrig-cn Inhalt bilden: im ersten Volumen : das
Asketikon des Vater Pachomios (um 340); eine Erzählung von einem
alten Mönche Malchos; Fragen und Antworten der ägyptischen Väter;
die Briefe von Euagrios an Melania; im zweiten Volumen: aske-
tische Werke des Euagrios und des Mönches Marcus; Lebens-
beschreibungen der ägyptischen Väter; die Peschitoversion des
Jesaias; endlich ein Brief des Basilios an Gregor von Nazianz.
Vergleichen wir dieses Verzeichniss mit dem der oben erörterten
Canones- und Sentenzensammlung, so leuchtet ein, dass wir es
hier noch mit einer ganz andern und zwar weit früheren Literatur
tu thun haben. Trotzdem dass das Manuscript in der monophjsi-
tischen Äeit abgeschrieben ist, findet sich in dieser Sammlung
patristischer Stücke noch nichts auf den monophysitisclien Streit
Bezügliches. Da das Datum der meisten dieser Stücke sich ge-
nauer bestimmen lässt: sie gehören, wie der Brief des Basilios an
Gregor von Nazianz, der Mitte des 4. Jahrhunderts an ^): so stellt
sich für die Sammlung vorliegender Stücke, welche auf eine
ältere Zeit als die monophysitische führt, als ungefähre Zeit die
zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts heraus.
Die zweite Handschrift (/? bei Cureton) rührt aus dem 7.
oder 8. Jahrhundert her, setzt aber noch ganz dieselbe Literatur
voraus wie die erste. Der Anfang und der Schlnss fehlen. Zuerst
steht das Fragment eines Trostbriefes über den Tod eines Kindes ;
dann folgen die 3 Briefe des Ignatios an Polykarp, die Epheser
und die Römer, welche sämmtlich den kürzeren syrischen Text
darbieten, und von denen der erstere nur in orthographischer Be-
ziehung hie und da von der Handschrift « abweicht. Den Rest
bilden folgende Stücke: ein Brief des Gregorios Theologos an
Euagrios; Predigten von Mar Jakob, Bischof von Serug oder
Batnae^ Predigten von Mar Isaak; Auszüge aus den Philosophen
über die Seele; Auftrag Piatons an seinen Schüler; Ermahnung
eines der Senioren an die Mönche beim Anfang ihrer Exercitien;
Predigten von dem heil. Basilios und Gregor von Nyssa über die
Trinität ; verschiedene Fragen über die Seele u. s. w. gerichtet an
Johannes Monachos von Eusebios und Eutropios -). Das Manuscript
bietet also noch ganz dieselbe vormonophysitische Literatur dar
wie das erste: es ist der Einfluss der origeuistischen Theologie
und des Piaton, sowie die Untersuchungen über die Trinität auf
1) In dieselbe Zeit ist wol auch Euagrios zu versetzen , von dem sicli
ein Brief in diesem Manuscript befindet. Höchstwahrscheinlich ist dieses der
bekannte Origenist Euagrios, an welclien auch ein im Manuscript ß enthaltener
Brief des Gregorios Theologos (d. i. des Nazianzeners) gerichtet ist. Ebenso
gehört in die letzte Hälfte des 4. Jahrh. der Mönch Marcus, dessen Schrif-
ten Galland i, Bibl. Patr. T. VIII. gesammelt hat.
2) Brit. Mus. Add. Mss. 14618. Von Tattam 1843 nach London gebracht.
Vgl. übrigens Cureton 1. c. p. XXX flg.
Lipsius, über den syrischen Texte der Briefe des Ignalios» 35
Anlass der arianischcn Streitigkeiten , wodurch sich die vorlieg-ende
SaiDiuIung chiirakterisirt. Dies ist für die Zeitbestimmung um so
wiclitiger, weil die Handschrift selbst einer weit spätem Epoche
angehört, welche durch ganz andre Ideen bewegt wurde. Selbst-
verständlich ist also , dass das ManusCript auf eine ältere Zeit
zurückweist, als die sein kann, in welcher es abgeschrieben wurde:
und zwar kommen wir wiederum auf die 2. Hälfte des 4. Jahr-
hunderts zurück, was durch die Namen eines Gregor von Nazianz,
Euagrios, Gregor von \yssa, Basilius Magnus erwiesen wird.
Etwas anders stellt sich das Verhältniss bei dem 3. Manuscript,
y bei Cureton. Dasselbe ward durch Moses von Nisibis im Jahre
931 ins Kloster Sta Maria Deipara gebracht, und scheint 3 oder
4 Jahrhunderte früher (6. oder 7. Jahrb.) geschrieben zu sein. Obwol
das Manuscript also nicht viel jünger ist als das Manuscript a, so setzt
es doch schon eine spätere Literatur voraus. Unter den ziemlich
zahlreichen patristischen Documenten, welche das Manuscript ausser
den 3 Briefen des Ignatios enthält, ßnden sich nämlich allerdings
auch noch ältere Stücke: so zuerst Briefe des Euagrios, unmit-
telbar vor den 3 ignatianischen Briefen ; dann , diesen zunächst,
zwei Briefe des Johannes Monachos (ohne Angabe des Verfassers),
dann ein Stück, betitelt Glaube des Euagrios; in den folgenden
mehre vSchriften des Mönches Marcus und seines Zeitgenossen
Scholasticus, dann ein Brief des Basilios von Cäsarea an
Gregor von Nyssa, und weiter unten noch eine Predigt des Gregor
von Nyssa. Aber daneben finden sich auch theologische Schriften,
die schon einer spätem Zeit angehören. Hierher gehört zunächst
ein Sermon des Mönches Gregorios über die Pflege der Tugend,
in Fragen und Antworten , welchen er schrieb an den Bischof
Theodoros (d. i. wol von Mopsveste) und den Vater Epiphanios,
seine Freunde, die ihn darum ersucht hatten: die beiden letzteren
aber reichen tief in die ersten Decennien des 5. Jahrhunderts hinein ;
ferner der 17. Sermon von Kyrill, über die Festzeiten der Heiligen;
ein Auszug aus einem Sermon des Bischofs Proklos von Konstan-
tinopel (des bekannten Gegners des Nestorios) über die Geburt
Christi; endlich eine Lebensbeschreibung des Epiphanios von Kon-
stanteia auf Kypros (f 420) von einem seiner Schüler, Johannes ^).
Nöthigt uns nun schon die zuletzt erwähnte Lebensbeschrei-
bung des Epiphanios über das Jahr 420 hinauszugehn , so wird
durch die mitaufgenommenen Schriftstücke des Kyrill von Alexan-
drien und des Proklos von Konstantinopel erwiesen, dass die vor-
liegende Sammlung erst angefertigt sein kann nach Beginn der
nestorianischen Streitigkeiten. Doch scheint alles noch
auf das erste Stadium der Untersuchungen über die Physiologie
1) ßrit. Mus. A.dd. Mss. 17192. Vod Pacho 1847 nach London gebracht.
Das JNäherc bei Curetön I. c. pag: XXXI ff., wo auch düs Vollständige Ver-
zeichniss der iti diesem Ms. enthaltenen Schrillen eingeschn werden kann.
3*
36 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Christi hinzudeuten, und namentlich findet sich in dieser Sammlung
nichts, was uns nöthigte, bis zu dem monophysitischen Streite,
namentlich bis zur Synode von Chalkcdon, herabzugehn. Wir glauben
daher nicht zu irren, wenn wir den Abschluss dieser Sammlung
in die letzten Deceunien der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts
setzen.
Bestätigt wird dieses Ergebniss durch Betrachtung der Text-
gestalt, welche dieses Manuscript von den ignatianischen Briefen
bietet. Auf der einen Seite nämlich finden wir hier im Ganzen noch
denselben Text, welcher durch die beiden Manuscripte (t und ß ver-
bürgt ist. Auch y kennt nur 3 Briefe, und diese in der kürzeren
Gestalt von « und /?, fast allenthalben mit wörtlicher üebereinstim-
mung. Andrerseits aber finden sich bei ihm schon einige klein ere
Zusätze, welche sich als den ersten Anfang späterer Ueberarbeitung
charakterisiren. So insbesondere in der Stelle Eph. 19. Während die
Handschrift y hier den Text von ß : i'Xa^f tov uQ/ovra tov alwvog
TovTOV 7] nagS^fvia IVluglag , y.ai o roxtrog tov y.vglov , xai tu
TQia /LivaTTjQta xiX. in der von den griechischen Handschriften ab-
weichenden Gestalt voraussetzt, so schiebt sie doch nach o ToxtTog
tov xvgiov die jedenfalls aus dem Griechischen genommeneu Worte
ein cnZo^Oj yo^i o d^avatog aviov. Dadurch entsteht ein vermitteln-
der Text: die vorgefundenen vom Griechischen abweichenden Les-
arten des altern Syrers selbst werden nicht angetastet, aber das was
zu fehlen schien, wird aus dem Griechischen herübergenommen und
in der Construction dem vorgefundenen Texte angepasst ^ ). Dies
Verfahren zeugt noch von grosser Behutsamkeit im Emendiren;
tiusser der vorliegenden Stelle wird fast nichts geändert. Nur
noch an zwei Stellen finden sich solche Emcndationen : Rom. 2.
der Zusatz ttiq 2vgiag zu inloxonov und Rom. 9, wo der syrische
Text Ol Tigogrjxovoai Tfj odio Ttj xuTa oagxa bietet, y aber vor
ngogrjxovoai nach dem Griechischen ein ur] einschiebt, wodurch
denn freilich ein ganz andrer Sinn entsteht 2). Die übrigen Ab-
weichungen beziehen sich nur auf die Orthographie, die Inter-
punction, und hie und da auf den Gebrauch der Partikeln, und
es muss dahingestellt bleiben, inwieweit hier eine Emendation nach
dem Griechischen stattgehabt hat, wenn sich auch der eine oder
andre Fall wol in ähnlicher Weise wie die obige Stelle betrach-
ten liesse.
Sonach stellt sich auch das Ergebniss dieser Untersuchung
günstig für den Cure t o n'schen Syrer. Während der durch die
Codd. a und ß gebotene kürzere Text bis ins 4. Jahrhundert hin-
aufreicht, so gehören die Fragmente und die armenische Version,
oder der weitere syrische dem griechischen entsprechende Text
1) Vgl. über die betreffende Stelle meine Abhandlung in Niedner's Zeit-
schrift 1856, I. S. 128 f.'
2) Vgl. die angef. Abhdig S. 150 f.
Lipsius, über den syrischen Text der liriefe des Ignaüos 37
erst der inoiiophysitischcn Zeit an , lassen sich nicht weiter ver-
folg-en als bis in die letzte Hälfte des 5. Jahrhunderts , stehen
wenigstens der Zeit nach in naher Beziehung- zu Philoxeuos und den
an diesen Namen sich schliessenden reherarheitungen des syrischen
A. und N. T. (der Peschito) nach griechischen JVlanuscripten, und
verrathen durch die mitdargebotenen unzweifelhaft untergeschobe-
nen Briefe deutlich genug, dass zu ihrer Zeit die ignatianische
Literatur bereits bedeutenden Fälschungen ausgesetzt war. Der
Text von y ferner zeugt einmal gegen das Vorhandensein jenes
weiteren Textes noch in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts,
verräth aber zugleich auch die ersten wenngleich nur sehr spo-
radischen Versuche von Aenderungen des ältesten Textes. Das
Alter der Handschriften endlich selbst (6. und 7. Jahrb.) legt hin-
wiederum dafür Zeugniss ab, dass auch in der monophysitischen
Zeit, in welcher der weitere Text muthmasslich schon vorhanden
war, der kürzere doch nicht völlig verdrängt wurde; und es
tritt uns hier wieder die schon bei der Geschichte des griechi-
schen Textes beobachtete Erscheinung entgegen, dass der relativ
weitere Text nur sehr allmählich erst an die Stelle des kürzeren
sich einsetzte.
Nun erst sind wir im Stande, die übrigen Spuren syri-
scher Uebersetzungen, die auf uns gekommen sind, richtig
zu beurtheilen. Mit Ausnahme von den Fragmenten bei Johannes
dem Mönch und vielleicht in der syrischen üebersetzung des Ku-
sebios gehören dieselben sämmtlich der monophysitischen
Zeit an. War dies schon nach den Untersuchungen über den
griechischen Text die Zeit, in welcher eine weitere Verbreitung
des Mediceischen Textes zuerst nachweislich ist, so sahen wir
noch deutlicher aus der Geschichte der syrischen Literatur, wie
gewöhnlich damals Ueberarbeitungen aus dem Griechischen und
selbst Einschwärzungen ganzer Schriftstücke waren. Wir führen
jetzt die vorhandenen Fragmente einzeln auf.
Zunächst eine Reihe von Belegstellen aus Ignatios in der
Schrift des Timotheos, Bischofs von Alexandrien, gegen das
Concil zuChalkedon. Also eine monophysitische Streitschrift
aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts ; und zwar jedenfalls
herrührend von dem bekannten Parteihaupte Timotheos o aiXovQog,
gestorben 477 als Bischof von Alexandrien. Was von seinen
Schriften früher bekannt war, s. bei Maji scriptt. vett. nova coli.
Vn, 1, 277. Er schrieb ursprünglich griechisch. Das Manuscript
(Brit. Mus. Add. Mss. 12156 fol. 1 und fol. 69) mag um's Jahr
562 geschrieben sein, und ist beschrieben bei Cureton p. 332 sqq.
Die Excerpte aus Timotheos stehen bei Cureton p. 210 — 212,
unter Nr. VL
Es folgen unter Nr. VIL und VIH. bei Cure ton Excerpte.
aus den Schriften des Severus von Autioc hieu mit zahl-
reichen Citateu aus Ignatios Die Excerpte sind theils aus seiner
^8 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
Schrift adv. impium grammaticum (d. i. Johannes, Bischof von
Caesarea) p. 212 — 215 hei Cureton; theils aus seinen biscliöflichen
Amtssreden ') (aus dem ersten und zweiten Buche p. 215 — 217
Cureton) genommen. Auch die Schriften des Severus , welcher
von 513 an Patriarch von Antiochien war, unter Justinus i. aber
nach Aeg-ypten floh und in der Folgezeit das Haupt der einen
Monophysitenpartei wurde, die sich nach seinem Namen nannte,
sind uns schon früher , wenigstens durch eine Reihe von da und
dort gesammelten Bruchstücken bekannt gewesen 2). Sie waren
ursprünglich griechisch geschrieben , scheinen aber wenigstens in
den Originalexemplaren von den Gegnern des Severus mit Eifer
unterdrückt worden zu sein, lieber beide Manuscripte (Brit. Mus.
Add. Mss 12157 fol. 198 und 12159) giebt Cureton nähere Aus-
kunft p. 355 — 357. Das erstere mag aus dem 7. oder dem Ende
des 6., das zweite ays dem 7. oder 8. Jahrh. herrühren.
Ungefähr aus demselben Zeitalter, und theilweise wol noch
von Severus selbst rühren eine Reihe von Schriftstücken her,
die jedoch nur sehr vereinzelte Citate aus ignatios enthalten. Sie
finden sich bei Cureton unter Nr. IX — XIV, p. 217 — 220.
Die zwei ersteren Citate (Nr. IX, p. 218) aus der Schrift testimonia
Patrum adversus impium grammaticum, ohne Zweifel von Severus,
doch ohne Nennung des Verfassers; das Manuscript (Brit. Mus. Add.
Mss. 14629) ist unvollständig und enthält nur den letzten Theil der
angeführten Schrift. Das dritte und vierte (Nr. X, p. 218) aus einem
unvollständigen Volumen, enthaltend Briefe des Julian von Ha-
likarnassos und des Severus; Manuscript ungefähr aus dem
8. Jahrh. (Brit. Mus. Add. Mss. 17200; vollständig von Pacho 1847
nach London gebracht). Ein fünftes Citat (Nr. XI, p. 218) aus einem
(muthmasslich von Severus verfassten) Streitwerke gegen die Häresie
des Julian von Halikarnass. Manuscript Ende des 6. oder 7. Jahrh.
(Brit. Mus. 14529 fol. 37. b). Fernere 4 Citate (Nr. XII. p. 218 f.)
in einem monophysitischen Streitwerke, mit patristischen Citaten
von den ältesten Zeiten bis auf Severus herab. Manuscript unge-
fähr aus dem 8. Jahrh. (Brit. Mus. Add. Mss. 12155 fol. 111.
168b. 262); drei Citate (Nr. XIII. p. 219) ebenfalls aus einem
unvollendeten monophysitischen Streitwerke, dessen Zeit Cureton
nicht näher bestimmt (Brit. Mus. Add. Mss. 14535); endlich (Nr. XIV,
p. 220) ein Citat entnommen aus einer Apologie der Jakobiten
gegen ihre Verleumder, welche nXrjgocpogia betitelt ist. Das Ma-
1) Genauer Reden, die er ejtl d'Qovco auf dem Throne, d. h. auf der
bischöflichen Kathedra sitzend gehalten hat, Bni&QOviarixai. Syrisch f^^l^
QjiJ09Aa£>|, was Cureton mit Epithronian Sermons giebt.
2) S. Fabricius, Bibl. Gr. IX, 343. Maji scriptt. vett. nova coli.
VII, 1. Maji classicorum auctorum T. X, 408. Spicilegium Romanum III,
in. X, 169.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios 39
uuscript aus dem 8. Julirlt. (ßrlt. IVliis. Add. Mss. 12154 fol. 13) >).
Die Schrift selbst luuss, nach dem Titel zu schliesseti, g^riechisch
g-eschrieheu geweseu sein und g-eliort frühestens in den Schluss
des 6. oder den Anfang des 7. Jahrhunderts.
Aus dem Mitgetheilten geht nun hervor, dass die meisten der
die genannten Fragmente enthaltenden Schriften nicht ursprünglich
syrisch geschrieben waren , sondern erst aus dem (griechischen
übersetzt sind. Unleugbar ist dies von den unter Nr. VI — Vlll.
vorangestellten Schriften des Timotheos von Alexandrien und des
Severus von Antiocheia, welche bei weitem den grössten Theil der
Citate enthalten. Nicht minder gewiss ist dies bei Nr. XIV., über-
wiegend wahrscheinlich bei Nr. IX — XI, und nur bei Nr. XII
und XIII kann man noch zweifelhaft sein. Doch liegt auch hier
keinerlei Beweisgrund für ursprünglich syrische Abfassung vor,
und nur dem zur Zeit noch stattfindenden Mangel an weiteren
Nachrichten mag es zuzuschreiben sein , dass über die ursprüng-
liche Sprache dieser Documente noch Ungewissheit obwaltet. We-
nigstens behauptet Cureton selbst, der die IVIanuscripte gesehn hat,
dass keins von allen ursprünglich syrisch geschrieben sei.
Sind aber alle aufgezählten Schriften theils ganz unzweifel-
haft, theils mit grösserer Wahrscheinlichkeit ursprünglich in grie-
chischer Sprache abgefasst, so können die in ihnen enthalt^neu Citate
wenn nicht ganz besonders zwingende Umstände obwalten , auch
nicht als Beweise für eine selbstständige syrische Uebersetzung
des Ignatios benutzt werden. Wer die ganzen Schriften ins Sy-
rische übertrug, übertrug natürlich die darin enthaltenen Citate mit.
Nun wäre es an sich zwar nicht unmöglich , dass nach Ana-
logie der biblischen Schriften auch vom Ignatios im Laufe der
nachphiloxenianischen Zeit eine dritte noch buchstäblichere Ueber-
setzung nach dem griechischen Urtexte veranstaltet worden wäre.
Es wäre ferner möglich , dass die syrischen Uebersetzer die vor-
gefundenen Citate aus Ignatios nach dem Texte der ihnen etwa
geläufigen syrischen Recension dieses Vaters wiedergegeben hätten.
Auch tragen die in den genannten Schriften enthaltenen Citate
allerdings insgesammt den Charakter einer grösseren ßuchstäb-
lichkeit nach dem gangbaren griechischen Texte als die früher
besprochenen Fragmente (zum mindesten in den auch in dem
kürzeren Syrer enthaltenen Abschnitten) oder auch als die arme-
nische Version. Allein alles dies erweist natürlich das wirkliche
Vorhandensein einer solchen neuen syrischen Uebersetzung keines-
wegs. Das Gegentheil wird vielmehr wahrscheinlich gemacht durch
Stellen, welche dem Timotheos und Severus gemeinsam sind, ins-
besondre durch ein Citat aus Magn. 8. Hier weichen beide in
ihren Versionen so von einander üb, dass die Benutzung einer
i) Das Nähere über alle diese Mss. bei Cureton p. 357. 360.
40 Lifsius , über den syrischen Tejcl der Briefe des Ignalios.
gemeinsamen syrischen Version kaum denkbar erscheint ^). Grösser
scheint die Verwandtschaft in der Uebersetzung von Rom. 6:
iniToiyjaTe ^loi fHfJ,rjTrjv elvai rov nd&ovg rov &eov f.iov zu sein :
doch verstanden sich hier die meisten Ausdrücke von selbst, daher
denn hier auch ein sonst völlig" abweichendes und dem oben be-
sprochenen weiteren syrischen Texte angehöriges Fragment (bei
Cureton p. 296), hier mit Timotheos und Severus zusammenstimmt 2).
Die Stelle ist ausserdem auch noch in den Fragmenten IX, Xlll
und XIV citirt, und bei Severus gar zweimal. Trotzdem ergeben
sich aus der Vergleichung aller dieser Fragmente eine solche
Reihe von kleinern Varianten, dass die Annahme eines allen zu
Grunde liegenden gemeinsamen syrischen Textes unhaltbar erscheint.
Ja nicht einmal der üebersetzer des Severus selbst hat die Worte
an beiden Stellen völlig gleichartig ins Syrische übertragen *).
1)
: aij^ ]L>aaa:^ \iaAj ,-^0 oiAj 13^ ooi s-^ctioA*! lai.1^ ,.^ T i m 0 1 h.
l \m,xm!^ ^QJLf i-fcO 01^ OOI PsO OOI ^OIOAjI joi!^ fX»2 S e V e r.
^ Jooi V .U^oAiÄ Ol^A? lAb:a:iD «-lOloAjjj OOI Timotlu
*^^ ;oiA^^ >_»010Aj]? OOI .Ol!^j5 IjÖ 007 Sever.
.01ifj»2 001^ -^SIM >0^1^»a05 001 . cHSlJ l£C\M Timoth.
♦ 0l5,.A? 001^ 'fSiM >0,iD ^^^1X^2 ^^ ,t.£XSxJ \£)1\m Sever.
2) Nur beiläufig sei erwähnt, dass Herr Denz in ger einen Beweis dafür,
dass Severus mit, kritischer Sichtung zu Werke ging , folglich den kürzeren
syrischen Text, wenn er acht wäre, vorgezogen haben müsste, davon her-
nimmt, dass derselbe in der einen Stelle (in der Schrift adv. imp. gramm.) die
Bemerkung einflicht, statt JLla^,^ (imitator) finde sich in älteren Exem-
plaren f,^^l^.Z (discipulus) , l. c. pag. 74. Die Variante ist natürlich eine
Variante des griechischen Textes fi.ad'rjrijv für fiifirirriv , beweist aber nur
soviel , dass Severus mehre Handschriften des Mediceischen Textes sah , dass
dieser also zur Zeit des Severus der allgemein verbreitete war : eine That-
sache, die wir ohnehin schon längst festgestellt haben, die in der vorliegenden
Frage aber gar nichts entscheidet.
3) Hier die verschiedenen Texte:
•:• «-toC^? oiAx»9 )j.A^|.^ )ooih «laI^ Qm£)h
' • JSev. adv. gramm.
• v^oi.^9 oiA>j9 |ooi( fpk^al^Z) uA^ am^f)
. ^OtJ^J \m^^1 looij jXjVOy^? ojt!b» Qina] Sev.Epithr.Serm.
.^Oli^j \m.m-) iooi] jlj-AliDj:^) «-kli oma] Timoth.
.«-^i^ \m.m\ tj.AiDjiö? looil) .-^^ uns] fr. p. 217 (IX).
. >..«ai2:^9 ^olOAjjj JooiJ }4-AiOr^? t.*^ oms)} fr. p. 219 (XIII).
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 4 1
Aus einzelnen übereinstimmenden Stellen der Fragmente mit
Severus oder Timotlieos lässt sich ebenfalls nicbt viel für jene
Annahme erschliessen. Denn grade bei dem Fragmente XI,
welches am nächsten an Severus sich anschliesst, haben wir die
Vermuthung äussern müssen, dass sie vom Severus selbst herrüh-
ren; von Fragm. IX und X ist dies gewiss. Diese Annahme
wird für Fragm. XI auch dadurch bestätigt, dass ein sonst ziem-
lich abweichend citirter Passus aus Eph. 7 bei Fragm. XI
buchstäblich zusammenstimmt mit Fragm. X, mit Ausnahme eines
einzigen interpretirenden Einschiebsels bei X, welches Fragm. XI
nicht kennt. Der Verfasser der Schrift ferner, .welcher das Fragm.
XII einverleibt ist, stimmt allerdings in einer Stelle Smyrn. 6 (mit
Ausnahme von ganz unbedeutenden Aenderungen) wörtlich mit Ti-
motheos ; ein ferneres Citat daselbst aus Eph. 7. stimmt wenig-
stens im Wesentlichen mit den Stellen (bei Severus) Fragm. X und
XI; obwol hier die Uebereinstimmung schon nicht mehr so buch-
stäblich ist (das Fragm. XII schiebt nach den zwei ersten Worten
ein fA^c ein? "öd liest weiter unten mit Äthan. Theod. Gelas. iv
av^Qwno) 0-ibg, |oii^ )^ i}^t statt des von X und XI gebotenen
Textes ]oii^ Jaj] AaO (was doch wol schwerlich mit Peter-
mann iv av&gwnoig d-eog übersetzt werden kann). Allein derVer-
fasser der fraglichen Schritt hat jedenfalls die Werke desTimotheos
und Severus gekannt, kann also auch die beiden Citatc von dorther
genommen haben. — üeber Fragm. XIII lässt sich nichts ausmachen
so lange sein Ursprung nicht festgestellt ist. Ein Citat aus Rom. 6.
haben wir in der vorstehenden Note angeführt, dasselbe stimmt am
meisten mit Fragm. p. 296. Ausserdem finden sich hier noch zwei
Citate, eins aus Eph. 18, verwandt mit dem kürzeren Syrer, doch mit
einigen Aenderungen, und ein andres aus Eph. 19, verwandt mit
einem Citate bei Timotheos, doch ebenfalls ohne durchgängige
Uebereinstimmung ^). Folglich liegt auch hier keine Textgestalt
,^.*^-.5 loi2^5 U->^? looil ij-*:^^? cA^ amal fr. p. 220 (XIV).
.^cTi^)) ^c7ia«LK*9 ixj^^o:^ )ocn)9 ca^ qxiis>) fr. p. 296.
1) Eph. 18:
]t'!^£iQZ ^.iOloAjjj OOI I^Oa^^^ «-•.W09 Ifs*^ l'i'- XIII.
Ia>j^o jljjsjaal^ ^y ^a:i^ « ^ausL^l^iO p9 ^^l^stj}] Syr. l.
Ua»2:;;^o Ijoioa!:^ ^5 ^J::^. : ,-AA^jOiiD y? ^jiXtlJ fr. XIII.
42 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des lynalios.
vor, welche zur Annahme einer dritten selbständigen syrischen
Version des Ig-natios iiöthigte. Was endlich das Fragui. XIV an-
langt, so haben wir das einzige Citat aus Rom. 6, welches das-
selbe bietet, ebenfalls in der vorstehenden Note mitgetheilt, und
es erhellt schon aus einer oberflächlichen Vergleichung der zu-
sammengestellten Texte, dass grade dieses Citat zum Schlüsse
eine ganz eigenthümliche Variante bietet.
Sonach bleibt es bei unserm oben hingestellten Resultate,
dass weder die Citate bei Timotheos noch die bei Severus noch
auch die unter Nr. IX — XIV zusammengestellten eine dritte, buch-
stäblich nach dem Qriechischen gefertigte syrische Recensiou der
ignatianischen Briefe voraussetzen.
Aus dem Gesagten geht sonach hervor, dass wir es nach wie
vor nur mit einer doppelten Recension des syrischen Textes zu
thun haben, einer kürzeren, die den Vorzug des höheren Allers
für sich in Anspruch zu nehmen hat, und einer weitern, unter
Benutzung dieser altern Recension und des damals schon herr-
schenden griechischen Textes in der monophysitischen Zeit ge-
machten , wie solche in den zuerst von uns besprochenen drei
Fragmentensammlungen und in der armenischen Uebersetzung vor-
liegt. Die Bruchstücke des Timotheos , Severus und der übrigen
monophysitischen Schriften (Nr. IX — XIV) kommen also, sobald es
sich um Untersuchung der syrischen Textgestalten handelt, nicht in
Betracht. Handelt es sich jedoch um den Vorzug des kürzeren
oder jenes weiteren syrischen Textes, so müssen wir zunächst
nochmals daran erinnern, dass bei Johannes Monachos, zu
Ende des 4. Jahrhunderts, noch keine Spur von den im weiteren
Texte enthaltenen Zusätzen sich findet, dass vielmehr sämmtliche
von diesem Schriftsteller benutzten Citate sich auch in dem kür-
zeren Texte finden. Dies ist keine gering anzuschlagende Unter-
stützung unserer schon auf anderm Wege gewonnenen Ueberzeu-
gung, dass jene weitere Recension frühestens nach der Mitte des
5. Jahrhunderts gemacht worden sein kann. Wir müssen sonach
behaupten, dass Johannes Monachos im 4. Jahrhundertc zwar
unsern kürzeren Text, nicht aber die Zusätze des weiteren kennt.
Eph. 19:
l,.l^QiflO >aji.:a3) IZq^^oA::^ : Jjoi j.^!^:^^ IJO^iP oiAi^^o T im o t h.
.}ji.:i05 OlZOiD uS>l IZq^j^ r:*^ ^^ .Ca^? Tim.
,y^^2 ClZoiO t.Si]o Ua:iOj.Si OlS fr. XIII.
Zmn Beweise , wie leicht übrigens eine üebereinstimmung vieler Worte bei
sonst ganz selbständigen Versionen stattfinden könne , möge man hier den
Text des kürzern Syrers nachlesen.
Lipsius , über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios. 4 3
Und hierniit stimmt denn auch der umstand aufs Beste überein,
dass die durch Johannes erhaltenen Citate buchstäblich genau mit
dem kürzeren Texte übereinkommen '). Dag-egen w(iichen sie gleich-
massig mit dem Cureton'schen Syrer mehrfach von dem Armenier
ab, und in der einzigen Stelle, die sich zugleich in der mit Nr. 1
bezeichneten Fragmentensammluug iindet, auch von dem von dieser
gebotenen Texte ^).
Der Vollständigkeit halber mag schliesslich eine syrische Ueber-
setzung der 5 ersten Bücher der Kirchengeschichte des Eusebios
Erwähnung finden, welche auch die H. E. III, 36 citirten drei
ignatianischen Stellen enthält. Cureton hat das fragliche Capitel
unter Nr. III. p. 202 — 204 abdrucken lassen. Die Handschrift
ist nach ihm aus dem 6. Jahrhundert; über das muthmassliche
1) In sKmmtlichen vier Citaten, die Johannes Monachos bietet, findet sich
auch nicht eine einzige Abweichung, die auf eine verschiedene Texlgestalt
schliessen Hesse. Die ganzen Abweichungen, die sich vorfinden, sind folgende :
in dem Citate aus Rom. 2. edv oicoTtijoTjre xrX. liest er statt caJLJQÄJDjiZ . f
(si relinquetis me) «.AJ.iD yC)Ci\mZ >Q^ ^| si scilicet taceatis de rae ; hier
weist Johannes einen offenbaren Schreibfehler des Syrers auf, und schiebt ein >q!^
ein, lediglich zur Anknüpfung des Citates an das vorhergehende. Unmittelbar
nachher leitet er die Worte joiJ^j ]^ vT* durch ein der Deutlichkeit wegen
eingeschobenes Jj) ein; im übrigen ist dieses Citat buchstäblich mit Syr.
übereinstimmend. Von den 3 andern Citaten stimmen zwei, das aus Rom. 3.
Tors k'oofiat axX. und aus Rom. 5. fir^Siv fia ^rjXcöorj xrX, buchstäblich mit
Syr. , nur dass beide Male durch 5 an das Vorhergehende angeknüpft wird ;
das dritte Citat endlich aus Rom. 2. xaXbv ro dvvai xtX. stimmt ebenso
buchstäblich, nur dass er statt des einfachen OOl '^3>.M vielmehr mit
^!^ «.A^ OOl '^JL^^IO beginnt, eine umständlichere Weise der Anknüpfung;
das einzige « >,^, welches Johannes mit Arm. gegen Syr. bietet, mag bei letz-
terem irrthümlich ausgefallen sein.
2) Es sind dies die Worte Rom. 5: firjSiv fis ^rjXcoarj rcov OQatcav xai rcov
aoqdtajv. Hier stimmt Job. Mon. buchstäblich mit dem Cureton'schen Syrer ; dage-
gen schreibt der Sammler (p.201) .l^J für ^j, und _j].jjÄi£> IJ5 -a^j] -^O
für -aV-wAiß IJJO, letzteres in Uebereinstimmung mit der syr. Uebersetzung
von Eusebios. Der Armenier geht hier mit dem kürzeren Syrer, hat aber in
demselben Citate eine andre Variante, indem er den Infin. ^i]Xcooai für ^rj-
XcooT] im Griechischen voraussetzt. — Von den übrigen Abweichungen des
Armeniers wollen wir vorläufig erwähnen, dass er die Worte iav oiconrj-
ar}xe an^ ifiov, iycli yerriaofiai Xoyos (dies der von Syr., Johann. Mon. vor-
ausgesetzte Text) mit uam si siletis a me verbo, ego pars Dei fiam; das
ndXiv i'ooiuai tpiovr} mit ndXiv k'oofnai xQixo^v gibt. In der Stelle C. 3.
setzt er xoo/um für iv xoojuco voraus , und in den Worten C. 2. xaXov ro
Svvai xxX. giebt er Svvai mit congregari, liest dann ab hoc mundo, und zu-
letzt «tatt eii &s6v ^joi^Jo) vielmehr tzqos d'eöv.
44 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios.
Alter der üebersetzung spricht er sich jedoch nicht aus. Merk-
würdig- ist die Art und Weise, wie die ignatianischen Stellen über-
setzt sind. Dieselben sind nämlich nicbt selbständig aus dem
Griechischen üßertragen, sondern stimmen so wörtlich mit dem
kürzeren syrischen Texte überein, dass die Annahme einer Ab-
hängigkeit von demselben ganz unabweisbar ist. Dabei hat die
Uebersetzung aber die Eigenthümlichkeit, dass sie allenthalben da
vom syrischen Texte abweicht, wo derselbe eine von Eusebios
bedeutend verschiedene Lesart zu bieten schien. So lässt sie
Rom. 4. xa&aQog uqtoq d^tov das Wort d^eov weg. Rom. 5 über-
setzt sie d^T]Qiof^ax(o und dvaifj.7]v wörtlicher nach dem Griechischen,
lässt in den Worten ovx ojgntg . . . /Ji/;äyTO zwei Zusätze des Syrers
weg (während er grade hier im übrigen dessen Abweichungen
theilt), übersetzt üxovra , welches Syr. nicht ausgedrückt hatte,
liest die bei Syr. (wol irrthümlich) fehlenden Worte iyü) yivwaxw.
vvv aQ^oiÄUL fia&TjT^g elvai^ übersetzt &7]giwv te avaraoug wört-
licher, und bietet statt xaxal xoXuattg vielmehr xal xoXuatig.
Schwieriger ist die andre Frage, ob Eus. Syr. die kürzere
oder weitere syrische Recension voraussetzt. Die wörtliche Ueber-
einstimmung mit der einen ist nach unserer obigen Erörterung in
den gemeinsamen Stellen auch wörtliche Uebereinstimmung mit der
andern. Stellen, die bei dem kürzeren Syrer fehlten, sind ausser
Smyrn. 3 bei Eus. Syr. nicht vorhanden, und für diese letztere
Stelle liegt wieder kein Fragment des weitern Textes zur Ver-
gleichung vor. Der Armenier, welcher grade hier einen ziemlich
secundären Text bietet, kann nicht ohne weiteres als Reprä-
sentant dieses zweiten Textes betrachtet werden.
Die Wahl zwischen der doppelten Möglichkeit also, dass Eus.
Syr. entweder nach dem kürzeren Syrer, soweit derselbe vorhan-
den war, und in der Smyrnäer- Stelle selbstständig aus dem Grie-
chischen, oder aber nach dem weiteren Syrer durchweg übersetzt
habe, kann lediglich abhangen von der Betrachtung des Verhält-
nisses, in welchem er zu der beiderseitigen Textgestalt steht.
Obgleich wir nun die abschliessende kritische Vergleichung der
beiden Textgestalten selbst, für welche noch anderweitige Erhe-
bungen zu machen sind, auf den nächsten Abschnitt aufsparen müs-
sen , so möge doch für Eus. Syr. soviel vorausgeschickt werden,
als nÖthig ist demselben seine Stellung zu der einen oder andern
Textgestalt anzuweisen. Freilich ist auch diese Entscheidung
schwierig, einmal weil nach dem Obigen auf jeden Fall Verände-
rungen mit dem syrischen Texte zu Gunsten des griechischen Eus.
vorgenommen worden sind, und sich nun nicht mit Sicherheit
beurtheilen lässt, wie weit sich diese Aenderungen erstreckt haben
mögen ; sodann aber auch, weil die uns zu Gebote stehende Anzahl
und Bedeutung der Varianten nicht eben hoch anzuschlagen ist.
In der Stelle Rom. 4. onog . , . tvgt&ai erstrecken sich die
Aenderungen bei Eus. Syr. auf Einschiebung eines >q^^ nach }^\>,
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 45
welches überhaupt ein Liebliiig-swort dieses üebersetzers zu sein
scheint, dann auf die gemeldete VVeglassung- des d^eov und die
Üebersetzung des y.ad^uQog mit \x:^-i statt mit j^j. Die Abwei-
chungen der Fragmente sind indessen auch nur ganz unbedeuten-
der Art. Rom. 5 ist Fragm. 11 p. 201) erst von den Worten
Gvyyvwf.irjv (.loi f/jtt an vorhanden. Syr. Eus. bietet hier mit Fragm.
11 und Arm. die bei Syr. weggelassenen Worte iyio ytrcoaxu) . , .
jLia&. ilvai, wo Letzterer wol im Irrthume ist, übersetzt das xal
noguTMi' mit Fr. 11 gegen Syr. Job. Mon. Arm. durch wie-
derholtes _a2^j) _i:£>> liest xui oxognia^wl ooiiwv xai avyxonul
(.ihh7)v gegen Syr., der das eine xai weglässt und die Worte um-
stellt (den Plural, gegen alle). Doch ist an letzterer Stelle wol
auch ein Irrthum des Abschreibers bei Syr. anzunehmen. Mit Syr.
gegen das Fragment und gegen Arm. stimmt die Weglassung des
secundären Zusatzes ötaigtatg (entsprechend den Worten von Colb.
etc. uvuTO/Liai , dmiQfoet<;) eine einzige, aber desto bedeutsamere
Variante, auf die wir weiter unten nochmals zu sprechen kommen,
womit man die schon oben berührte Lesart xul xoXaaig für xuxul
xoXftGeig (Syr.) vergleichen möge, weil Fr. 11 Arm. hier den
vermittelnden Text xal xnxal xoXaaetg bieten. Die Abwei-
chungen des Fragments oder des Armeniers allein übergehn wir, und
heben in dem vorhergehenden Worten, jvo das Fragment noch nicht
vorhanden ist, die Variante xal tv/^of-iai mit Syr. hervor, weil sie
sowol gegen den Armenier als auch gegen Eus. Gr. und den
damals ziemlich verbreiteten Text des Griechischen zeugt.
Das Ergebniss bleibt sonach dieses, dass eine Uebereinstim-
mung des Eus. Syr. mit unserem Syrer, wenn auch nicht als un-
umstö'sslich gewiss, so doch gegenüber gewissen Merkmalen von
secundärem Ursprung, die der andre Text verräth, als wahrschein-
lich angenommen werden darf.
Hiermit wären wir am Ende dieses Abschnittes unserer Unter-
suchung angelangt '), Wir haben uns von dem Vorhandensein
1) Absichtlich ist in obenstehender Erörterung einer syrischen üeber-
setzung einer grösseren Stelle des Römerbrief'es (vom Anfange an bis zu den
Worten Cap. 2 näXiv eoofiairQixtov) keine Erwähnung geschehn, welche sich
in einer syrischen üebersetzung der Mürtyreracten des Ignatios vorfindet.
Diese üebersetzung bietet nämlich zur Entscheidung der obigen Fragen darum
keinen weiteren Anhaltepunkt dar, weil sie völlig selbständig aus dem Grie-
chischen genommen ist. Was vom Römerbriel'e den Märtyreractcn einver-
leibt war, wurde zugleich mit diesen ins Syrische ohne Benutzung einer schon
vorhandenen syrischen üebersetzung übertragen. Wichtig dagegen ist die-
ses Fragment für die Beurtheilung der verschiedenen Handschriften und Fland-
schriftenfamilien, indem es, völlig unabhängig von unscrm Syrer, einen vielfach
mit diesem übereinstimmenden Text bietet. In dieser Hinsicht wird im näch-
sten Abschnitte von besagtem Fragment mehrfach die Rede sein, und es ist
nur zu beklagen, dass das Manuscript unvollständig ist, und uns dadurch der
ganze Rest dieser üebersetzung des Römerbriefes verloren gegangen ist. Das
46 Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignaüos.
eines kürzeren und eines weiteren syrischen Textes überzeugt;
für jenen sprach das höhere Alter und seine bis ins 4. Jahrhun-
dert zurückgfehende Bezeugung; für diesen der nachweisliclie Ge-
brauch in der inonophysitischen Zeit. Doch konnten wir diesem
gegenüber die Spuren eines spatem Gebrauches auch des kürze-
ren Textes aus dem Alter seiner drei Handschriften selbst, und
nicht ohne Wahrscheinlichkeit aus einer syrischen üebersetzung
des Eusebios nachweisen, während umgekehrt der nur in der nio-
nophysitischen Zeit nachweisbare weitere Text dem starken Ver-
dachte späterer Ueberarbeitung nach dem Griechischen sich aus-
setzte und sogar anerkannt unächte Briefe, als Verräther der
vorgenommenen Fälschungen schon zu Ende des 5. Jahrhunderts,
spätestens zu Anfang des 6., umfasste.
Es ist nun unsere Aufgabe, das Verhältniss der beiderseiti-
gen Textgestalt noch genauer zu ermitteln. Hierzu ist aber ein
Eingehn auf die Beschaflenheit der griechischen Textfamilien un-
erlässlich. Zudem muss eine solche Untersuchung auch den an-
dern ebenso wichtigen Beweis führen, dass jener syrische Text,
welcher durch seine patristische Bezeugung und die Beschaffen-
heit seiner Handschriften ein höheres Alter in Anspruch nimmt,
auch wirklich in seinen Lesarten zum mindesten mit den vorzüg-
lichsten und relativ am wenigsten verunstalteten Handschriften
übereinstimme.
3. Das Verhältniss des syrischen Textes zu
den übrigen Textfamilien.
Die Textkritik der ignatianischen Briefe liegt bis jetzt noch
ziemlich im Argen. Als positives Ergebniss der bisherigen Unter-
suchungen kann nur das Eine angesehen werden , dass unter den
beiden griechischen Textgestalten die kürzere den Vorzug vor
der weiteren verdient, diese letztere aber als eine spätere Ueber-
arbeitung und Erweiterung der ersteren angesehen werden muss.
Ein anderes, freilich nur negatives Resultat der bisherigen For-
schungen aber ist dieses, dass auch der kürzere griechische Text
Manuscript findet sich Brit. Mus. Add. Mss. 7200 , und soll nach dem Verfas-
ser des Catalogs aus dem 13. Jahrb., nach Curetons Urtheil jedoch älter sein.
Ein andres Manuscript erwähnt Assemani, Bibl, Orient. I, p. 606. Cod. I,
Nr. 28 und Acta Martyrum Orientalium et Occidentalium Vol. II, p. 5, Nr. 15.
Ebenso soll schon nach Assemani, Bibl. Orient. I, 618, XV. eine kopti-
sche Uebertragung dieser (syrischen) Märtyreracten existirt haben; und Cure-
ton lässt zwei Notizen abdrucken, p. 362 f., eine von Peyron (Lex. Linguae
Copticae. Taurinae 1835 praef. p. XXV) über ein in der Bibliothek zu Turin,
und eine von Tattam über ein in der Vaticana zu Rom vorhandenes Manu-
script der koptischen MärtjTeracten. Doch ist über keins dieser Manuscripte be-
richtet , wie viel sie vom Römerbriefe enthalten haben.
Lipsiufi , über din syrischen Tezl der Briefe des Ignalios. 47
an einer Reihe von Stellen nicht der vorzüglichste ist, sondern
emendirt werden inuss nach den durch Citate und Versionen ander-
weit darg-ebotencn Hilfsmitteln. Diese letzteren sind mit grosser
Vollständigkeit von Petermann und Cureton zusammengetra-
gen, und was den erstem anlangt, durchgängig mit anerkennens-
werther Sorgfalt verglichen worden. Die Herstellung eines cor-
recteren Textes seihst aber, auf Grund dieser Hilfsmittel und
theilweise auch auf Grund der längeren griechischen Recension
ist zwar angebahnt worden in der Pe ter m an n'schen Ausgabe,
aber nur auf rein empirischem Wege, indem ohne vorgängige
üntersuchunsf über den Werth der verschiedenen Zeugen, nur
deren grössere oder geringere Anzahl, in Verbindung mit inne-
ren Gründen in jedem einzelnen Falle zur Richtschnur genommen
wurde ^).
Dieser Mangel an allgemeinen kritischen Principien musste
natürlich auch auf die Beurtheilung des syrischen Textes einen
überaus nachtheiligen Einfluss üben. Auch eine noch so eingehende
Erörterung einzelner Lesarten, wie sie seit Bunsen mit einer
Reihe von Stellen vorgenommen worden ist, konnte zu keinem
oder nur zu einem sehr unsichern Resultate führen, so lange
nicht das Verhältniss dieses Textes zu den übrigen Textfamilien
im Allgemeinen festgestellt war. Eine solche Feststellung aber
war hinwiederum deshalb zur Zeit noch unmöglich , weil alles
Material hierzu fehlte, solange das Verhältniss der übrigen Text-
gestalten zu einander und der grössere oder geringere Werth der
einen oder der andern noch nicht bestimmt war. Selbstverständ-
lich fehlte sonach auch jede sichere Grundlage zu einer Ver-
gleichung des kürzeren syrischen Textes mit dem nach dem vor-
hergehenden Abschnitte vorauszusetzenden weiteren , vornehmlich
mit dessen Hauptrepräsentanten, der armenischen Version.
Unsere gegenwärtige Untersuchung wird sich daher zunächst
auf eine Erörterung sämmtlicher vorhandener Textgestalten im
Allgemeinen zu erstrecken haben : es ist die Frage aufzuwerfen
nach dem Vorhandensein verschiedener Textfamilien, ihrem gegen-
seitigen Verhältnisse und Werthe, der Einordnung der verschiede-
nen Handschriften, Uebersetzungen u. s. w. in die etwa vorhan-
denen Familien, und soweit dies möglich, einer Beurtheilung des
Werthes dieser einzelnen Documente wieder unter einander inner-
halb des Bereichs ihrer gemeinschaftlichen Familien. Erst wenn
dieses geschehen, sind wir im Stande, das Verhältniss der beiden
syrischen Recensioneu theils zu den übrigen Recensionen, theils
1) Die oeue Ausgabe der Patres Apostolici von D res sei, sonst in vieler
Hinsicht so danicenswerth , genügt in der von uns bezeichneten Beziehuiig den
kritischen Ansprüchen so wenig, dass sie im Vergleich mit Petermanns Ar-
beit sogar als ein Rückschritt bezeichnet werden rauss. Vgl. meine Anzeige
im Literarischen Centralblatt 1857, Nr. 1.
48 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
aber auch, so weit dies mög-licli sein wird, unter einander, zu er-
kennen. Hierbei wird ein besonderes Augenmerk noch auf die
armenische Version gerichtet werden müssen, insbesondere auch
in den beim kürzeren Syrer nicht enthaltenen Briefen und Brieiab-
schnitten.
Wir handeln daher: a) von dem Vorhandensein verschiedener
Textfarailien der ignatianischen Briefe überhaupt und deren Ver-
hältnisse unter einander im Allgemeinen; b) von der armenischen
Version insbesondere; c) von dem Verhältnisse des kürzeren syri-
schen Textes, theils zu den übrigen Textgestalten überhaupt,
theils speciell zu der weiteren syrischen Recension.
a. Von dem Vorhandenseiu verschiedener Text-
familien überhaupt und deren Verhältnisse
unter einander.
Voran stellen wir eine üebersicht sämmtlicher uns zu Gebote
stehenden handschriftlichen Documente. Der kürzeren griechi-
schen Recension gehören an: der Codex Mediceus (Ephe-
ser. Magnesier, Trailer, Philadelphener, Smyrnäer, Polykarp;
Maria Cassabolita, Tarser), der Codex Casanatensis (für die-
selben Briefe) und der Codex Colbertinus (Römer); desgleichen
ein Codex Parisinus für ein Fragment aus dem Epheserbriefe
(C. 18. o yuQ d-tog tj^iwv bis zum Schlüsse von C. 19) i). Die dieser
kürzeren griechischen Recension entsprechende lateinische üeber-
setzung ist vorhanden in der, nach dem seitdem verschollenen Co-
dex Montacutiensis veranstalteten Ausgabe von üsher, sowie
in dem Codex Cajensis (im Cajuscollege in Cambridge). Wir
bezeichnen vorläufig sämmtliche dieser kürzeren griechischen Re-
cension angehörigen Handschriften mit A., die griechischen mit
Gr. A., die lateinischen mit Lat. A.
Von den Handschriften der weiteren griechischen
Recension waren bisher verglichen: Griechische: Cod.
Augustanus (aus welchem die Ausgabe des Pacaeus geflossen
ist) und Cod. Nydprucciensis (Grundlage der Gesner'schen
Ausgabe); ferner ein Cod. Florentinus und ein Cod. Lei-
cestrensis, beide verglichen insbesondre für den Brief an Poly-
karp; ein Cod. Thuanus (früher im Besitze von de Thou; aus
ihm einige Varianten in älteren Editionen angemerkt) , ausserdem
ein ungenanntes, dem Texte A in auffallender Weise wieder nahe
tretendes Manuscript, von welchem ältere Editionen Varianten be-
richten 2), Lateinische: zwei Oxforder Codd., Magdalen-
1) Cod. 950 ßibl. Paris, fol. 165. Er enthält neben andern patristischen
Fragmenten dieses ignatianische unter Nr. 26.
2) Ein Manuscript war in Pearson's Händen und enthielt 7 Briefe in
folgender Ordnung: Trailer, Magnesier, Philadelphener, Smyrnäer, Polykarp,
Epheser, Römer. Vindiciae Ignat. I, C. 6.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 49
sis und Baliolensis, ferner ein Codex, der früher im Besitze
des Petavius war (Cod. Petavianus), und wie es scheint noch
melire andre ungenannte Codd., welche älteren Herausgebern zur
Verfügung gestanden haben, und wenigstens in einzelnen Varian-
ten auf uns gekommen sind'). Durch Dressel ist nun der
handschriftliche Apparat bedeutend vermehrt worden. Es kom-
men jetzt folgende Codd. hinzu: Griechische: Cod. Vatica-
nus 859, und der aus gleicher Quelle geflossene Cod. Otto-
bonianus 348, beide für Trailer, Magnesier, Tarscr, Philipper,
Philadelphener, Smyrnäer, Polykarp, Antiochener, Ueron, Kpheser,
Römer; ferner Cod. Regius .30, ein Fragment des Epheser-
bricfes enthaltend; JManuscript Barberinum 68, die Abschrift
eines verloren gegangenen Cod. Vatic. , enthaltend die Briefe an
Maria Cassab., an die Trailer, Magnesier, Tarser, Philipper, Phi-
ladelphener, Smyrnäer, Polykarp, Antiochener, Heron, Epheser,
Römer, endlich ein Cod. Medicaeus (Plut. VII, num. 21) für
dieselben Briefe mit Ausnahme des Briefs an Maria Cassab. Die
genannten Handschriften sind bei Dressel durch Codd. VORBF
bezeichnet. Unter ihnen stimmt Cod. 0 namentlich in den Rand-
bemerkungen einerseits mit dem besonders zum Polykarpbriefe
verglichenen Cod. Florentinus, andrerseits mit dem oben erwähn-
ten unbekannten Manuscript, dessen wie es scheint sehr sorgfäl-
tig verglichenen Varianten sich fast sämmtlich im Cod 0 wieder-
finden. Zu den lateinischen Codd. endlich kommen durch
Dressel hinzu: Cod. Regius 81 (Reg. bei Dressel) und Cod.
Palatinus 150 (Pal.), beide für 12 Briefe des Ignatios (mit
Ausschluss des Briefes der Maria Cassabolita an Ignatios.
Unter den übrigen Documenten nennen wir zuerst die in der
Hauptsache, wie gezeigt werden wird, dem Texte von A ent-
sprechende Recension des Römerbriefs in den dem Simeon Me-
taphrastes zugeschriebenen Märtyreracten - ) [imcU einem Cod.
Laurentinus und zwei Pariser Codd. [Cod. 1490 und 1531], zu
denen jetzt noch drei neue von Dressel verglichene römische
Codd. kommen, die Codd. A, E, N, vgl. Dressel prolegg.
p. IjVII und LX). Hieran reihen wir die patristischen Citate, bei
Eirenaeos, Origenes,Theophilos,Eusebios, Johan-
1) Vgl. das Nähere bei Jacobson, in den Prolegoinenen zum ersten
Bande seiner Patres Apostolici.
2) Abgedruckt bei Cotelier im 2. Bande der Patres App. und aufs Neue
bei Petermann und Dressel. Was die übrigen Martyrien betnfl"t, so
ist aus dem des Codex Colbertinus der Uömerbrief der kürzeren gricchisehea
Uecension geflossen; das Menaeum Graecorum zum 2Ü. December giebt ausser
einer kurzen Biographie nach iilteren Martyrien nur ein etwas zurechtgemachtes
Citat; das griechische Martyrium bei Dressel S. 308 11". (aus einem Cod. Vat.,
Nr. 866) und das hieraus abgeleitete von U s h e r aus dem (Jodex (^ottonia-
nus und vollständiger von B(»lland und Henschen aus mehren andern Codd.
herausgegebene lateinische Martyrium , enthalten den Hömerbriel' nicht.
Abhandl. d. DMG. I, 5. 4
50 Lipsias, über den sijrisvhen Text der Briefe des lijnaiios.
nes Chrysostomos, Rufinus, Hieronymus, Athana-
sios, Thcodoret, Gelasius, Dionysios Areopagites,
Gildas, Stephan Gobaros,Anastasios Sinaites, An-
tioc li o s JVi o n a c h o s , im C b r o n i c o n P a s c li a 1 e , bei M a -
xiinus, Andreas Cretensis, Johannes Damascenus,
Antonius Melissa, Beda, Theodoros Studites u. s. w.
Von ihnen sind einzelne durch die grössere Masse ihrer Citate
für die Textkritik von bedeutender Wichtigkeit.
Unter den syrischen üebersetzungen steht obenan der kür-
zere Syrer, dessen Text unsere grösste Aufmerksamkeit be-
ansprucht: diesen Text bezeichnen wir im Laufe unserer Unter-
suchung einfach mit S y r. Dann folgt der mit unserm Syr. ver-
wandte Text des Joannes Monachos und des Eus. Syr., deren all-
gemeines Verhältniss wir oben schon erörtert haben. Die längere
syrische Textgestalt wird vertreten durch die Fragmente I
(p. 197 ff.), II (P- ^01 f.) und p. 296 bei Cureton; ferner durch
die armenische Uebersetzung (Arm.) ^ ). In der Hauptsache den
Text von A bieten Timotheus Alexandrinus, Severus
Antiochenus und die Fragmente IX — XIV bei Cureton.
Selbständig von allen steht noch eine syrische Ueber-
setzung der ersten Capitel des Römerbriefs in den syrischen
Märtyreracten, und endlich eine armenische Uebersetzung
des vollständigen Römerbriefs in den direct aus dem Griechischen
übersetzten armenischen Märtyreracten. Erstere bezeichnen wir
mit Syr. 2 , letztere mit Arm. 2.
Wir müssen bei unserer Untersuchung beginnen mit einer
kritischen Ehrenrettung des weiteren griechischen Textes (B). Man
hat sich, seitdem die in demselben zahlreich enthaltenen Interpola-
tionen als solche anerkannt waren, gewöhnt, die ganze Textge-
stalt B ohne Weiteres als secundär anzusehen. Allein hier ist ein
Unterschied zu machen. .Selbstverständlich sind die Interpolationen
von B ohne Belang für eine Kritik, die sich die Erforschung der
relativ ältesten Textgestalt zum Ziel steckt. Allein der Text B,
wie er vorliegt, setzt doch einen älteren Text voraus, den der
Interpolator vorfand, und den er überarbeitete. Nun aber entsteht
die Frage, wie wol dieser vom Interpolator voraus-
gesetzte Text sich zu dem Texte A möge verhalten
haben. Fassen wir dieses Verhältniss genauer ins Auge, so er-
gibt sich , dass B an einer ziemlich bedeutenden Reihe von Stel-
len andre Lesarten als A bietet, die nicht auf Rechnung des
Ueberarbeiters gesetzt werden können. Dieselben beziehen sich
theils auf einzelne abweichende Ausdrücke, theils auf Weglassung
1) Bei Peter mann nach der editioConstantinopoUtana (1783) abgedruckt.
2) bei P e t e rin an n nach A u c h e r vitae Sanctorum (Tom. X) abge-
druckt.
Lipsius , übrr dm syrischen Text der liriefe des ignnU(ts. 51
einzelner Worte, tlicils endlich auf kleinere Zusätze ; als ihr unter-
scheidendes Merkmal aber von den dem Interpolator angehÖrigen
VerJinderuni^en kann im Allgemeinen nur dieses ang-egcben wer-
den, dass sie nicht wie jene den Charakter späterer Erweiterun-
gen tragen j oder dass für sie kein Grund sich denken lässt,
warum ein Späterer sie hätte mit Beseitigung der Lesarten von
A in den Text einschwärzen sollen. Nun ist zwar nicht zu leug-
nen, dass eine solche Scheidung des urspriinglicii vom Interpola-
tor Vorgefundenen und des durch ihn in den Text ^Eingedrungenen
an sich ein ziemlich schwieriges und missliches IJegirsnen ist, weil
hierbei vieles mehr von dem sul>jectiven Gefühle des Kritikers,
als von einem objectiv feststehenden Kriterium abhängt. Auch
räumen wir von vornherein ein , dass an einer Reiiie von Stellen
die üeherarbeitungen so durchgreifend sind, dass es liier geradezu
zur Unmöglichkeit wird, das ITrsprüng-liche von den späteren Zu-
sätzen zu sondern. Indessen ist das Letztere doch nicht allent-
halben in gleichem Maasse der Fall. Ein einziger Blick auf die
beiden Textgestalten kann lehren, dass die beiden Briefe an die
Römer und an Polykarp von spätem Zusätzen durch den Inter-
polator B bei weitem weniger entstellt sind, als die Briefe an die
Magnesier und Trailer oder gar die an die Smyrnäer und Phila-
«lelphener. Im Epheserbriefe aber ist wenigstens der Anfang
ziemlich rein von solchen Interpolationen, und erst vom 2. Capitel
an werden dieselben zahlreicher. Wir können hierbei niciit unter-
lassen, wenigstens im Vorbeigehn auf die eigenthümliche Erschei-
nung aufmerksam zu machen , dass grade der Bömerbrief und
Polykarpbrief auch bei Syr. sich linden ; was aber den Epheser-
hrief betrifft, so linden sicli die grössten Interpolationen von B
grade in den Capiteln, welche Syr. nicht kennt: daher sich sagen
lässt, dass die bei Syr. fehlenden Briefe und Abschnitte späteren
üeherarbeitungen am meisten ausgesetzt waren. Liegen aber bei
B überhaupt Briefe und Abschnitte vor, welche dem \ erdachte
späterer Interpolation weniger unterworfen sind, so werden diese
selbstverständlich mit grösserer Sicherheit einen Schluss zu ziehn
erlauben auf die dem üeberarbeiter ursprünglich vorliegende Text-
gestalt; und wir werden in solchen Stellen nicht befugt sein,
etwaige Varianten ohne Weiteres für später eingedrungen zu er-
klären.
Einen festeren Anlialtepunkt aber gewinnen wir durch die
Erscheinung, dass theils die patristischen Citute, theils
die syrischen und armenischen Versionen in einer
grossen Anzahl von Stellen die abweichende Les-
art von B bestätigen. Diese Thatsachc, die wir hier ein-
fach hinstellen, die aber im Laufe der Untersuchung sich erweisen
wird, zeigt hinreichend, dass allerdings in dem vom Interpolator
vorgefundenen Texte von B eine eigenthümliche, von A abwei-
chende Texfrecension vorliegt. Denn es leuchtet ein, dass durch
4*
52 Lipsius, über den syrischen Text der Brii'fe des Ignalios.
die üebereinstimniung der Väter und der Versionen nicht nur eine
Anzahl von den durch B gebotenen Varianten als ursprünglich
nachgewiesen werden, sondern dass durch diesen Nachweis uns
auch das Recht gegeben wird, alle diejenigen nicht durch ander-
weite Autoritäten bestätigten Varianten von B , die nicht durch
das Interesse des Interpolators ihre Erklärung finden, dem ur-
sprünglichen Texte von ß zuzuweisen. Da nun wenigstens in
der bei Weitein überwiegenden Zahl dieser Varianten sämmtlichc
griechische und lateinische Codd. von B zusammengehn, so glau-
ben wir diese Codd. als eine eigentliche Texlfamilie
der durch die Codd. von A gebotenen Textfamilie
gegenüberstellen zu dürfen. Denn die einzelnen Varian-
ten, durch die einzelne lateinische Codd., im Griechischen aber
insbesondre der Codex Florcntinus und der Codex Augustanus,
dem Texte von A sich wiederum nähern , fallen gegen die Ge-
sammtheit der übrigen so gut wie gar nicht in die VVagschale,
und haben eigentlich nur den Werth , dass sie ihren Theil dazu
beitragen, den Wahn, dass alle die fraglichen Varianten von B
dem Interpolator zuzuschreiben seien, zu zerstören.
Es wird nun unsere Aufgabe sein, die einzelnen patristischeu
Fragmente, Versionen u. s. w. soweit möglich der Familie A oder
der Familie B zuzutheilen. Es wird diese Zutheilung im Einzel-
nen zugleich unsere allgemeine Annahme zu rechtfertigen haben,
obwol wir bemerken müssen, dass eine Anzahl von patristischen
Citaten keinen Anhaltepunkt bieten , um hierauf eine Zuweisung
au die eine oder andere Textfamilie zu begründen.
V^ir machen den Anfang mit Familie B. Bedeutend ist
hier der Umstand, dass Eusebios einen weit mehr mit B, als
mit A stimmenden Text darbietet ^ ). Insbesondre ist dies der
Fall mit dem von ihm ausgeschriebenen 5. Capitel des Römerbrie-
fes. Hier bietet Eus. folgende Varianten mit B gegen A: ivöt-
ötfÄtvoQ für öiötfÄtvoQi a xw/ tvyof.iai für aal tYx,o^ai, atvTO/Liu
für iiotfiu, ^tXi^ für i^t'kr^oij, ovyxonui für ovyy.ontji Weglassung
des xaxui. Gemeinschaftlich mit B und Sim. Met. Lat. A gegen
Gr. A. aiQcxTiwTixov für oifjanwicüv. Gemeinschaftlich mit B und
Lat. A gegen Gr. A der Inf. IrjXüiaui. Gegen B, aber auch zu-
gleich gegen 2 Zeugen von A (Gr. A Met.) nur die Weglassung
der Worte avuTO/xut , dtut^jeatig, in denen sich aber ein späterer
Zusatz manifestirt, da sie sich auch in Lat. A und den mit diesem
zusammenstimmenden Versionen, sowie bei Syr. entweder gar
nicht oder nur zum Theil vorfinden. Eigenthümliche Varianten
sind eToifiwv für i]Toi^ao(,itv(jov y xoXuatig mit Weglassung von
(
I
1) Wir machen übrigens, um Missverständnissen vorzubeugen, ausdrück-
lich darauf aufmerksam, dass allenthalben, wo wir im Folgenden von dem
Texte B reden, nicht die Interpolationen, sondern der diesen zu Grunde lie-
gende Text gemeint ist, ausser wo wir ausdrücklich auf jene Bezug nehmen.
i
I.ipsius , über den syrischen Text der lirirfe des Ignalios. 53
y.ai , £'? f//f statt In^ f/ne. Sonach ist grade in dem grössteii
Frag-mente der überwiegende Anschiuss von Eus. an die Familie
ß klar, nur dass er einen offenbar älteren , sonach von spätem
Aenderungen überhaupt noch reineren Text bietet. In dem Citate
aus Smyrn 3. eyw yuo — enlnTfvaav liest Eus. mit B iyut df,
lässt aber das ohne Zweifel auf Rechnung des Interpolators kom-
mende Einschiebsel ovx — f.i6rnv natürlich weg. Die Worte uvtov
t'/Xpavio xai , welche bei B fehlen , fügt Eus. mit A. Theodoret.
Arm. bei, und zeigt sonach einen Fehler in den vorliegenden
Codd. von B auf. Eine weitere Variante ^XrjXvd^iv für ri'k&iv hat
Eus. eigenthümlich. Die beiden andern Citate aus Rom. 4 onoq —
Tov Xqigiov und E p h. 19 xa/ Vka^t — inga/d^T] geben nur zwei
Eus. ganz eigenthümliche Varianten: in der ersten die VVeglassung
des Tüv XgiGTov (A) oder d^iov (B) ^); in der letzteren für tov
xvQiov 1. yov XgiGTav.
Mit Eusebios gehn noch die lateinischen Versionen der 3
ersten Stellen bei Rufinus, Hieronymus, sowie die nur
Rom. 5 enthaltende bei Gildas. Sie sind alle 3 nicht als selb-
ständige Zeugen für B zu betrachten, da ihr Text aus Eus. ge-
flossen ist. Noch weniger Werth hat natürlich eine durch So-
phronios vorgenommene Rückübersetzung des Textes bei Hieron.
ins Griechische.
Wichtiger dagegen ist das freilich nur sehr kurze Zeugniss
des Eirenaeos, als die älteste Spur des ignatianischen Textes.
Es sind die schon bei Euseb. angeführten Worte Rom. 4 oTtoq —
TOV Xqigtov, Hier liest Iren, gegen A m i t B ugrog -diov tvged^co,
weicht also auch von Eus. ab, der weder XQiaiov noch d^tov hinzu-
setzt. Dagegen mag in der eigenthümlichen Lesart bei Iren.
GiTog XgiOTov , für ^eov wie alle andern lesen, ein Erklärungs-
grund zu der spätem Variante bei A gefunden werden.
Die beiden ältesten griechischen Väter, deren Citate in Be-
tracht kommen (denn Orig. Theopli. bieten kein Material für
die vorliegende Frage) stellen sich sonach zu dem Texte von B
überwiegend günstig.
Von den Späteren kommen Stephan Gobaros und
Chronicon Paschale für B nur insoweit in Betracht, als sie
auch die Interpolationen kennen; sie sind also keine selbständigen
Zeugen für den ursprünglichen Text von B.
Bedeutender sind drei andre Zeugen, Maximus, Johan-
nes Damascenus und Anton ius Melissa, tu den beson-
ders bei den beiden Letzteren sehr zahlreichen Citaten Hetzen sie
einen Text voraus, der noch frei ist von den gegenwärtig in B
vorliegenden Interpolationen, nach Abzug derselben aber wesent-
lich mit B zusammengeht.
1) Einige Manusrnptt' bei Uufiu. füj^eo (wol irrtlitimlich) Christi hinzu.
54 Lipsias , über den syiischen Tejcl der lirie[e des Ignaiios.
Natürlich sind hierbei alle die Stellen aus dem Spiele zu
lassen, in welchen wie Kph. 13, Eph. 5, Kph. 16, Trall. 11 u. s. w.
der Inlerpolator so thätig gewesen ist, dass von dem ursprüng-
liphen Texte von B keine Spur mehr übrig ist. Dagegen stim-
uien mit B eine Menge von andern Stellen, die der Interpolator
weniger angegriffen hat, oder in denen sich die späteren Erwei-
terungen docl» mit grösserer Sicherheit ausscheiden lassen. Wir
verzicijten indessen hierbei auf die vollständige Angabe der Va-
rianten, und heben nur einige wStellen heraus, wo diese üeberein-
stimmung besonders in die x4ugen fällt. So z. B. Smyrn. 8 und
9 — T(ü dtußöXcü laiQeiet. Hier hat Johannes Damascenus, wel-
cher die betreffende Stelle zweimal citirt, zunächst die späteren
Interpolationen sämmtlich nicht. Dergleichen aber sind dvowvi-
f.iovg (HQtaiiq , xal iovq tu, n)(ia(.iaTa noiovvrag für das einfache
(xi^iO(xovq\ ovTt ngoocp^QHv ovxt &voiav nQoaxofj.i^etv ovre öo/^iiv
fTHTiXetv , eine oflfenbare Umschreibung von äynnriv noiHv; des-
gleichen nuaa rj ovQaviog OTgnjiä nagtOTtjy.tv ioq aQXi(jT()aT7]yo)
T^c dvra/,ita)i; xv(jiov xal diuvojHH nuar^Q voTjTi^g (pvoeiog, an der
Stelle des muthmasslich missliebigen ixii t] y.ad^oXiKi] ixxXrjom, und
mehres Andre noch, besonders im 9. Capitel nach den Worten fig
^eov /LifTuvoHv. Dagegen stimmen mit B die jedenfalls dem ur-
sprünglichen Texte von B zugehörigen Varianten : der Zusatz J/«-
xovovviag zu iteov IvioX^r; desgleichen im 9. Capitel die Lesart
uvuvTJtpui TjjLiäg, fxjg l'ri y.xX. für ui'avijipai xul wq txi xtX. bei A.
Ebenso Trall. 4 XQrfyfi — tov uicovog zovtov. Hier setzen Dam.
und Anton, mit B. zum Schlüsse bei 6 ömßoXog. Trall. 8 setzt
Dam. mit B ein n ein, als Object zu inTjdeig vf.i(Jüv xurä tov
nXijaiov (/Jto)' dagegen lässt er den nun folgenden Zusatz des
Interpolators , ein Schriftcitat, weg. Polyk. 6: tw eniaxonto
ngooex^ti — o/eTv iv &((xi. In dieser kurzen Stelle finden sich
3 Varianten des Dam. mit B gegen A: die Weglassung des Ar-
tikels bei TfZ inKTxoTKo, n^^ieoßvTtQia) für nQtfrßvTeQotg, endlich die
Weglassung von xu) vor (.itr^ aviwr. Weiter unten sind die
Worte ^axQod^v/u^ouTt xiX. ebenfalls bei Dam. citirt; hier liest
er mit B (,ioixQoi^vf.iHTe und ev ngavrrjTi für h nQuorrjTi. Magn. B
lässt Dam. mit B die Worte xal tmv nfjenßvregwv weg. Ganz
eigenthümlicher Art ist ferner ein Citat aus Trall. 4. Hier lesen
wir übereinstimmend bei Johannes Damascenus und Maxi-
mus die nur bei B in dieser Gestalt vorhandenen Worte: xuv
eQgwjUfvog m tu xuiu &wv , nltiov f,it öh <foßtTa&aiy xul [jutJ]
ngoGf/eiv ToTg iixij cfvoiovoiv /na • enuivovvTsg yug f.ie (xuoTiyovGiv.
Man würde an sich versucht sein, die an dieser Stelle vorliegen-
den Abweichungen von B für ein Interpretament des Interpolators
zu halten: dies geht aber darum nicht an, weil weder Dam. noch
Max. die interpolirte Textgestalt kannten. Folglich haben wir
hier einen Text vor uns, der mindestens älter ist, als die gegen-
wärtigen Interpolationen. Einen überraschend mit B stimmenden
Lipsius , über ih'ii syrischen Text der liriefe des Ignalios. 55
Text g-iebt endlich noch ein Citat des Antonius aus Eph. 5. 6.
nnovdfA(7(jüf.iev — nQooßltnuv. Hier liest Anton, mit H geg-en A :
anovddaaTE für O7iovddaü)f.iev , tjTe für (ofav , i^fiji für d^eor, ßXe-
neie für ß}Jnet xig^ nXeov für nXeinvwg, ffoßtiö&f: für ffoßito&w.
Dieselbe Stelle findet sich zwar auch bei Daniasc. , aber grade
hier geht derselbe näher mit A zusammen, als sonst seine Gewohn-
heit ist.
Wir sind nach alle dem berechtigt, iVlaximus, Johannes
Damascenus und Antonius Melissa überwieg-end dem Texte
B in dessen ursprüngliclier Gestalt zuzuweisen. Hierbei müssen
wir indessen noch einer eis^enthümlichen Erscheinung^ gedenken.
Die beiden Letzteren stehen nämlich wieder unter einander in
einem überaus auffällig^en Verwandtschaftsverhält-
nisse. So citiren sie zwei iStellen, die sich in keinem bis jetzt
bekannten Briefe finden, mit wörtlicher üebereinstimmung-: nag-
d-tviag tvybv (xi^Stvl iniji&tt' InicfCfuk^g yuQ to xTr^fia xai dvacfv-
"kaxTOv , oxav xar^ ävuyxrjv yhi^rui und: roTg vewTfgoig iniTQtne
ya^ieiv, vqiv öimf&agwoiv elg haigag (Dam. htgag). Ebenso über-
einstimmend citiren sie Polyc. 4 (.uj eguiwoav — inii^v/m'ag, indem
sie beide vor tguiMoav ein ol öovkoi einschieben , und statt der
Worte von A.B. 'Iva /j.rj dovXoi — intd^vf-iiag \'ie]nni\\T lesen: uXX* dg
do'iav &eov nXiov öovXevhwaav, a'u xgehrovog iXevS^eguxg anh i^tov
Tv/MGiv, In der oben angeführten Stelle ferner aus Eph. 5. 6..
wo beide sonst mannichfach auseinandergehn, haben sie doch zwei
eigenthümliche Varianten gemein, nef^novia für ntfixpavTa, und die
Weglassung von diiXov OTt. Ebenso stimmen ihre Anführungen
von Eph. 13 ovdtv ioriv — xaTagyetrai] Trall. 4. y^grfyx) — Tof;
uicüvog TOVTOV (mit dem Zusätze von B o SiaßoXog s. oben) ; Polyc. 6
fxaxgod^v(.itiXi xtX. wörtlich überein. Desgleichen Polyc. 3 oxri^i
idguiog — vnofiihrj. Hier lesen sie orijxe mit Weglassung von
idguiog', ä&XrjTov iariv für (oriv ud^XtjTov] dfgea&ai für rö JV-
gead^ai-, rifxäg nach navxa und vor V7io(,ieiv7j statt der Ordnung
von A und ß. Endlich Polyc. 2 xaXovg (.ia&7]Täg xtX. lesen
beide hier noch übereinstimmend mit Antioc hos, gegen alle
sonstigen Auctoritäten änti&eoTfgovg für Xotf,iOTtgovg.
Da nun eine gegenseitige Abhängigkeit nicht zulässig ist,
einmal weil daneben sich einzelne Abweichungen finden (Eph. 5. 6),
sodann aber weil Antonius Stellen citirt, die der Damascener nicht
hat und umgekehrt, so folgt, dass Beide aus einer gemeinsamen
Quelle gfeschöpft haben. Da sie nun sonst im Ganzen den Text
von B voraussetzen, so finden wir hei ihnen eine eigen-
thümliche Abzweigung der Textfamilie B. Das Ge-
nauere aber über diese Abzweigung des Textes ist dieses, dass
wir in ihr wol einen ziemlich secundären Text anzuerkennen ha-
ben. Die zuerst augeführten eigenthümlichen Zusätze Beider las-
sen nämlich ersehen, dass die ihnen vorliegende Textgestalt von
B bereits allerhand Aenderungen und Zusätze erfahren haben muss.
5() Lipsias, über den syrischen Text der Briefe des Jgnaiios.
Hiermit stimmt auch erstens das spätere Zeitalter dieser Väter,
ferner der Umstand, dass Beide offenbar unäclite Briefe kennen,
Dam. den Antiochenerbrief, Anton, den Brief der Maria Cassab.
an Ignatios. und endlich findet eben hieraus ihre Erklärung wol
die Textgestalt, in der sie die oben besprochene Stelle Trall. 4
aufbehalten haben, da diese, obwol älter als der spätere Interpo-
lator, doch jedenfalls einen schon mehrfach geänderten und secun-
dären Text voraussetzt^).
Noch ist ein Kirchenschriftsteller übrig, dessen zahlreiche
Citate sich mit einem gewissen Rechte unter die Familie B ein-
reihen zu lassen scheinen, Antiochos Monachos. Allein
grade bei diesem liegt ein durchweg secundärer Text vor, des-
sen nähere Ergründung kaum noch möglich ist. Denn 1) verän-
dert derselbe fast durchgängig die persönlichen Ermahnungen des
Ignatios in allgemeine. So wird das Gebot Poljc. 1 j^^ ev(o-
GtMQ (pQOVTii^e xtX. durch ein vorausgeschicktes tvnQOödtHTov &fip
verallgemeinert, und es folgen Infinitive (fgovriLea^ai xiX. Magn. 7
liest er statt owige/ere: ocfeiXofitv- ovvigi/tod^ui, Polyc. 3 statt
OTTi&i tögaioQ vielmehr aTü)f.uv ovv idgaiot , statt jiXiuv Gnovduiog
yivov WQ d vielmehr anovöaioi yivw/.itita u. s. w. 2) lässt er
ganze Partieen weg, von denen kaum anzunehmen ist, dass sie
in den von ihm benutzten Handschriften gefehlt haben. Magn. 7
fehlt wg tig vuov. Polyc. aaQxixj] je xa/ ; cogntg y.ui noitig.
Polyc. 2 dia tovjo auQy.ty.hg tt aal nvtVfxaTixog, Smyrn. 8. 9.
tV aGCf'uXeg tj xai ßißaiov nuv o nguoatTui ; tvXoyov iaii Xoinov
avavijyjai -- xul (ntoxonov tiöivai, Trall. 2 iv (v dmyovTtg evgt-
d^rjGOfitd^u. Ott Ö€ xat rovg diuxovovg ovTug (.ivmriQiwv ^Trjoov
Xqiötov (worauf die unterbrochene Rede fortgeht). Ausserdem
fehlen eine Menge einzelner Worte, die wir nicht alle aufzählen.
3) macht er nicht selten gewaltige Zusätze und verwebt diesel-
ben so eng mit den Worten des Ignatios, dass schwer zu schei-
den ist, was er in seinem Texte las, was von den eigenen hinzu-
that. So liest er Magn. 7 nach eV &vatuoT7](jiov noch folgende
Worte: (nia U/v/jj, xuv Iv nolXoTg %oTg ^itXtoiv, (.liu. yvco/tir} evi &e-
"kriixari tog ev GW(xa vnuQ/^ovTtg. — Philad. 7 nach evf'xQtoTov]esen
wir: ov y^Q onov ßovXovKu ßadi^ovGiv tcüv d^gtf^i^uTiov al ayt-
A.«£, üXh^ evd^untQ ol noifitvtg avrug anoiftQOvoiv. tu de e^M rrjg
äyeXtjg änof.uvovTa SiaguufyvGiv ol S^rjgtg , y.al jgo(p7]v taviwv
noiovvxai to 7ienXavrj(j.tvov. Dann folgen die Worte des Ignatios
ovx i'^ov xjX. 4) behandelt er überhaupt den Text aufs Freieste,
indem er nicht blos eine ausserordentliche Menge blos ihm zuge-
höriger Varianten bietet, sondern auch oft die Worte des Ignatios
gradezu umarbeitet oder gar blos paraphrasirt. Auch hier mögen
1) Man vgl. z. B. auch die schwierige Stelle Trall. 6: oi xaiQoi na-
Qe^tnXiitovaiv . wo Dam. ganz secundär und erleichternd die Worte xai na-
(tafinkixovot bietet. '
Lipsius , über den syrischen Text der Driefe des Ignalios. 57
einig-e Beispiele genügen. Epb. 9 lauten die Worte iaif ovv xtA.
bei Antioch. folgendermassen: xal b toiovtoq yivtrai d^eocpuQog,
Tjyovv /QtaTO(f6()og xal vuog d'sov xu) ayioÖQi'tfxoq xui tu navra
xexoo(xri^lvoq Iv latg ivroXuTg ^Trioov Xgiarov , xal aQX^ l^co^g rj
diu nioTawg xal uyuntjg tig ovdtv nQoxtxQiTui. Polyc. 6 die Worte
avyxoniuTE xtX. in folgender Gestalt: to av/^nda/eiv uXXijXotg xul
owalyeTv, ovvTfje/eiv t« xul avyxoniäv evafjearov ioii iw &ew. xal
yuQ pf^JiCoaTOtJ^ev toi^to nguTTtiv, wg dovXoi xul nuQtÖQOt xul vntj
QfTui zov &eov Xoyov 'Iva elugiaiw^tv oj iaTQUTev&7]^ev, uq)*
ov xul TU oiiKjüvia xü(.notüfnedu y%X, Ebenso paraplirastiscb wird
Polyc. 1. »2 citirt u. s. w. — Aus dem Mitgetbeilten , was
durcbaus keinen Ansprucb auf Vollständigkeit niacben darf, er-
gibt sieb zur Genüge, dass der durcb Antiocbos gebotene Text
nocb weit weniger bei Constituirung des ursprünglicben Textes
eine besondre Berücksicbtigung verdient, als der interpolirte
Text von B in seiner jetzigen Gestalt. Werfen wir aber trotz-
dem nach Abzug aller dieser wol meist auf Rechnung des frei
schaltenden Antiocbos selbst und nicht der von ihm benutzten
Handschriften kommenden Eigenthümlichkeiten die Frage auf
nach dem Verhältnisse seines Textes zu den beiden vorhandenen
Familien A und B: so muss die Antwort im Allgemeinen da-
bin lauten, dass der Text des Antiocbos ein sehr gemisch-
ter sei. Mehrfach finden sich bei ihm Uebereinstimmungen
mit Aj zunächst überall da, wo B interpolirt ist. So Eph. 9
w? ovTtg Ud^oi — fvioXuig ^iTjaov X^iarovy wo der ursprüngliche
Text von B kaum noch zu erkennen ist. Eph. 15 bietet er den
Zusatz von A tIg ovv diöuaxuXog — tVa TfXtiog r] gegen einen
andern Zusatz bei B o^ yug uv notrjorj - diu naawv T(x)v exxXrj-
oiMv. Epb. 14 qungov to ötrögov uno tov xagnov uviov, in
Wortstellung und Ausdruck mit A. Smyrn. 8. 9. in den Wor-
ten bnuv Ulf Tj XgiOTog ^Irjoovg xtX. ; in ovTt uyunrjv noitiv; end-
lich Cap. 9 in den Worten xaXwg l'x^i xtX. — Für Zusammen-
stimmung des Antioch. mit A gegen die ursprüngliche Textgestalt
von B würden unter den genannten Stellen vielleicht Eph. 14 und
mit noch etwas grösserer Sicherheit Eph. 15 genannt werden
können , wo der ursprüngliche kürzere Text beiderseits durch
verschiedene Zusätze interpolirt zu sein scheint. Ausserdem las-
sen sich folgende Varianten mit A gegen B feststellen: Eph. 17
Tfi ixxXfjoiu für Tj ixxXtjaiu, Eph. 15 XaXovi'Tug wenigstens mehr
mit A, als mit B. Eph. 14 uf.iagTuvti für 6q)eiXei af.iugTuvitv ;
/Liiaet für fiiöEiv tov udeX(p6v] Offd^rjaeiui (A. 6(p9^i^aovTui) für
yvwgll,ovTui ; (fuvtgov (yitnui) für yivwaxaTui (B), doch fehlt bei A
yivtTui, Polyc. 2 tu jLitv (f>aivo(xtvu aviwVi wenigstens im Genit.,
wie Aj xoXuxevf] (A xoXuxtvtjg) für enuvog&wor]g ; fitjöevog Xtint]*
%ui für f^tjdii' ooi Xiinji (A. zweite Person, sonst wie Antioch.);
Weglassung des tv/^ab^at, Polyc. 6 ngtoßvTigoig für ngioßvTi-
giM. Philad. 1 iv w für di* ov. Trall. 2: vnoTuaaio&ui für
58 Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios.
vnoTaaaeod-i ; Zusatz von nuaiv ; ßQM/nazojv für ßganwv ; avjovq
für avTüv; b(.iouog — Tovg öiaxovovg wörtlich mit A gegen B;
lOVQ de ngeaßvTfQOvg für ol Se ngioßvreQOi. — Dag-egen
stimmt er mit B: Polyc. 1. n^oivM für ayoiviau Eph. 17
Wegflassung von avxov nach x^qp. ; akti(fla3^M für uXii(ftGd^E ; ttjc
aagy.og rov xvgiov (auch mit Lat. Ä) gegen rov y.VQiov Tijg guq-
'Aog. Eph. 15. ^yylg uvtov für avT(ö. Eph. 14. Xqigtov für
XgiöTiavoi. Polyc. 3. der Zusatz öi' rj/Liug de yj7]la(pt]h6VTa, wo!
mit dem ursprünglichen Texte ß. Polyc. 1. ügneg xal noitig
wenigstens auch bei Lat. B. und einmal bei Dam. fehlend; Polyc. 6.
x«/ fuer^ avTCüv mit Weglassung von xai ; l'/eiv für g/hv. Phi-
lad. 7. (ÄüLQTvg juoi ohne de; Xeyov für Xeycov. Trall. 2. unoGiö-
Xoig ohne Artikel. Wäre nach dieser Üebersicht die grössere
üebereinstimmung mit Antioch. auf Seiten der Familie A, so ist
doch zum Schlüsse zu beachten, dass Antioc hos mehrfach
mit Johann. Dam. und Anton, zusammengeht, welche
Beide in der Hauptsache mit B gehn. So Srayrn. 8. 7JT0) und die
Weglassung der Worte Vi/' uGcpaXeg — Cap. 9 eidevai (übereinstim-
mend mit einer Stelle bei Dam.); Polyc. 1. Tovg änei&eGTegovg für
Tovg XoifxoxeQovg (mit Dam. Anton.). Polyc. 3. a&Xi^rov ioriv und
SeQfGd^ai ohne Artikel (wiederum mit Beidenj. Ausserdem finden
sich noch einige von den Varianten, in welchen An-
tioch. mit A geht, auch bei Dam. Polyc. l. iLit]devdg Xeinrj
(aber tV« mit B). Philad. 7 ev w. Eph. 14 a/uaoTuvei u. s. w.
Nach dem Allen können wir Antioc hus zwar nicht un-
bedingt zur Familie B, aber ebenso wenig zu Fami-
lie A rechnen; vielmehr bietet derselbe eine ge-
mischte Textgestalt.
Wir haben im Bisherigen erwiesen, dass unter den Vätern
^•rade die ältesten, Eirenaeos und Eusebios, den Text B
voraussetzen (soweit dies namentlich bei Ersterem überhaupt sich
bestimmen lässt), desgleichen dass unter den Späteren drei, Ma-
ximus, Johannes von Damaskos und Antonius Melissa,
ebenfalls auf die Familie B zurückführen , die beiden Letzteren
aber einer eigenthümlichen und wie es schien weniger ursprüng-
lichen Abzweigung dieser Familie angehörten. Die späteren Zeu-
gen für den interpolirten Text lassen wir hierbei säramtlich bei
Seite. Dagegen ist uns von griechischen oder lateinischen Hand-
schriften keine aufbehalten, welche die ursprüngliche Textgestalt
B repräsentirte, und wir haben nur mittelbare und in vielen Stel-
len freilich sehr unzuverlässige Zeugen für dieselbe in den sämmt-
lichen Handschriften des interpolirten Textes. Auch unter den
syrischen und armenischen Versionen ist keine einzige dieser Text-
familie zuzuzählen, obwol wir später sehen werden, dass sowol
die Armenier als die kürzere syrische Recension, namentlich aber
die letztere, viele Stellen mit B gemein haben.
Wir wenden uns jetzt zur Familie A. Als ihre Hauptver-
Lipsiüs , über den syrischen Text der liriefc des Ignaüos. 59
treter gelten der Codex Mediceus (ein Minuskelcodex aus dem
10. Jahrli., wie es scheint), der Cod. Casanatensis (15. Jalirh.),
der Codex Parisinus (950 Nr. 26) für ein Fragment aus dem Eplie-
serljriefe (aus dem 15. Jalirli.), der Codex Colbertinus (für den
RÖraerbrief) und die beiden lateinischen Codd. Montacutiensis und
Cajensis. Letztere Beiden bieten in der Hauptsache denselben
Text, der von den griechischen Codd., namentlich aber vom Cod.
Colbertinus innerhalb der Schranken der gemeinschaftlichen Fa-
milie wiederum nicht unbedeutend abweicht. Ehe wir aber die-
sem Verhältnisse genauer nachspüren , wollen wir zunächst die
Väter, welche dem Texte Ä angehören, zusammenstellen.
Unter diesen ist der wichtigste Theodoret. Smyrn. 1.
mnX7]go(pOQ7]f.uvovg — ^v oagxi stimmt Theod. wörtlich mit A.
Mit B hat er nur die Wortstellung des aXrj&cog nach ntn'krjQ. ge-
mein, mit dem gleichfalls der Recension A angehörigen Arm. die
Variante xard d^toTriia xai övvafuv für xuxu &eXrif.ia xul diva-
jLuv d-toT. Dagegen stimmt er völlig mit A im TJebrigen , und
lässt namentlich den (vielleicht vom Interpolator herrührenden)
Zusatz 'h]Govv Xgtaxov xor jLiovoytvrj vlov weg, wofür er denn
nach x«T« ougy.a die Worte vlov &iov — ytytvrifxivov uX7]&(Jüg ge-
gen B einfügt, wobei wenigstens die Wortstellung auf eine ur-
sprüngliche Textverschiedenheit hindeutet, wenn sich dieselbe auch
nicht mehr genau ermitteln lässt. Einen andern, entschieden vom
Interpolator herrührenden Beisatz hat er natürlich nicht. Im Folgen-
den liest er rngagxov für tov Ttzgüg/ov, und iv aagy.l mit Weglas-
sung von uXrj&wg , beides mit A gegen B. Smyrn. 4. 5. ii yäg
t6 öoxitv — agvovrxai stimmt nur xot Öoxhv mit B , dagegen fügt
er die Worte «XX' iyyvg (.la/aigug — Iv iw ovoiuari ^Itjöov Xgi-
OTov bei, wo B weit kürzer blos aXX* oif jm doxeiv «XX« lai
ovTi . . . öiä XgiGTov liest, und jedenfalls eine ursprüngliche Text-
verschiedenheit vorliegt. Nicht zu übersehn hierbei ist allerdings,
dass Theod. den Zusatz von A nicht in seiner ganzen Ausdeh-
nung kennt , sondern mit Ausschluss der Worte (.UTa6,v &rjguov
f-ieru^v &tovy die sich wol als ein späteres Einschiebsel charakte-
risircn, jedenfalls aber der Uebereinstimmung im üebrigen ein
desto grösseres Gewicht verleihn. Derselbe Fall ist im Folgen-
den, wo Theod. den Zusatz von A toi; TtXtiov uv^gojnov ytvo-
(.livov mit Ausschluss des letzten Wortes beifügt, während die
Weglassung bei B wol ebenfalls ursprünglich im Texte begrün*
det war. Das Uebrige stimmt wörtlich mit A, namentlich auch
ägvovvxai für yjgvriaavTo bei B. — Aus demselben Briefe kommen
noch in Betracht Cap. 3 ey(o yag — iniöTtvouv wörtlich mit A
gegen B, ebenso die Worte (ntTu de t^v uvuaTaatv — tw nuxg)^
wo namentlich die letzteren Worte V'>c cfugynxog xtX. , welche bei
B fehlen, nicht nothwcndig in Folge der weiteren Zusätze des
Interpolators hinausgeworfen zu sein brauchen. Drei kleinere Va-
rianten von A, xiti ovvf(payiv für avi'ty). autotg; xul avvtnitv mit
()0 Lipsius, über den syrisrhen Tcxl der ii liefe des Jgnatios.
Beisetzung von uvroTg , und y.ai nvfv/narixcüg für xuineQ nvtvfxu-
rixwg stimmen wenigstens mit Arm. zusammen. Cap. 6 ist die
g-anze Partie tv/agioTiug — rjyeigtv wörtlich mit A (nur nQooqo-
Qilg für ufjoatvx^g '■, ovx unods^ovrai für unf/ovrui) gegen B, hei
welchem keine Spur von Allem zu finden ist, ohne dass der In-
terpolator für diese Weglassung verantwortlich gemacht werden
zu dürfen scheint. Eph. 20 oti ol xut^ aV(5()a xoii'f] — xal vlfa
i^fov liegt ein genau mit A stimmender Text vor (nur h ti für
oTi ; erl ^Tr^oov X^toTw für (p Y. X^. , und einige Aenderungen
durch Weglassung oder Zusetzung des Artikels). Dagegen stimmt
B durchaus nicht überein; und wenn wir auch die Weglassung
der Worte von A tw vlw uvdQMnov xai vlio &€0v gelten lassen
wollen als vom Interpolator veranlasst, der dafür eine andre
christologische Stelle vor xaTu odQxu ix yevovg /taßlö eingescho-
ben habe : so deutet doch die verschiedene Wortstellung, das auch
bei Theod. fehlende tw vor xaxa auQxu u. s. w. auf eine auch
ursprüngliche Textverschiedenheit hin. Zudem ist im 20. Cap.
das Verhältniss der beiden Recensionen A und B dieses, dass
uns B aufmerksam macht auf einen offenbar späteren Zusatz,
den A in diesem Cap. bietet (ausser dem ganzen ersten Satze, wo
Ignatios von dem zweiten Buche redet, das er schreiben will,
noch die Worte uaXiöia iav o xvQiög (xoi anoxakrxpr^). Dennoch
setzt auch hier Theod. den Text A voraus, wie namentlich die
Anfangsworte des Citats ti ji ol xar* civÖQa xoivfj navTsg fv yu-
gat f| 6v6(.iaTog oweg/eade iv f.uä niOTti lehren, wo B einfach
navTeg iv iuqiti t^ ovü(.iaTog Gvva&Qoittad^e xoivfj iv (.iia niazei
liest. Ob er die vorangängigen unächten Einschiebsel in seinem
Texte gelesen habe, kann indess nicht entschieden werden.
Träll. 9 in den Worten xorqpw^jyit — vnox^oviwv fehlen natür-
lich sämmtliche Einschiebsel des Interpolators^ aber auch sonst liest
Theod. %(iv ix yiiovg Jaßlö für tov yevo/nivov ix Jtxßld iCfaylv
%t xai tnitv , so dass aXi]&(og zum Folgenden gehört für e(payt
xai tnuv aXri^cog\ endlich iSiM/d^rj für das wol durch einen
Schreibfehler bei B aus dem folgenden heraufgenommene ioruv-
gw&t] xai anid^avev. Ausserdem stimmt mit Arm. allein die Weg-
lassung des äX'i]d^(xig vor iaiuvgwd^r], mit B aber nur die Variante
xaTU/ß-orkov für v7i9X^oviwv.
Hiernach ist allerdings die üebereinstimmung von Theodoret
mit der Familie A in der Hauptsache unzweifelhaft. Indessen ist
diese üebereinstimmung doch nicht so durchgreifend, dass er nicht
in einzelnen Varianten der Lesart von B folgen sollte; und wir
werden in solchen Stellen, falls nicht durchschlagende innere Gründe
entgegenstehn, wol derjenigen Lesart den Vorzug geben müssen,
welche eine ganze Familie zugleich mit einem Zeugen der andern
Familie übereinstimmend bietet. Hierher gehört insbesondre das
bisher noch nicht erwähnte Citat aus Smyrn. 5. tl ydg ^i wiftXu
— vtxQoqiOQog, Die einzige bemerkenswerthe Variante ist hier
Lipäus, über den sijrischen Text der Briefe des Ignalios. 61
Ti yuQ uiffeXeT) nneQ ut inaivtt rig für W ya{) f^it wcfiXti ng, d
f(.ie inuivtL Theod. g^iebt hier den Text von B gegen A, und
übereinstimmend mit ibm finden wir diese Worte aucli bei Arm.,
dessen Zusammentreifen mit Theod. wir schon mehrfach zu be-
achten Gelegenheit hatten.
Sodann aber finden sich bei Theod. auch noch andre
Spuren eines von A abweichenden Textes, obwol die-
selben nicht als Zeugen für B gehraucht werden können. Die
Hauptstelle hierfür ist Eph. 7; dg laiQog iariv ouQxixog Te y.ui
nveviiiuTixdg, ytvvf]j6g xal uyivvr}Xog ^ iv oagxi yevojLitvog &tog, iv
ad^uvuTO) 1,0)}] a'kri&ivri , xui ix Magiag xui ix ^ioi" ^ tiqmtov na-
Stjjbg xcü T0T6 una&fjg. Hier offenbart schon Lat. A einen von
Cod. Med. verschiedenen Text, indem er nach den im üebrigen
wörtlich übersetzten Worten zum Schlüsse noch beifügt: Dominus
Christus noster. Diese Stelle nun findet sich bei Theod. folgen-
dermassen wiedergegeben : tig iaxQog ion oagxtxbg xal nviVf^uTi-
xog , ytvvfjTog i'^ uytvvrjTOv , iv äv&QionM d-tog, iv d^avuTM
C,a)i] uXrjd^ivrj , xal ix Magiag xal ix d^eov , ngcoTOv na&fjzog xal
Tore anad-rig, ^Irjoovg Xqigtoq o xvgiog rjinwv. Wörtlich
ebenso findet sich dieser Passus bei P s e u doathan as i os (epi-
stola de Synodis Arim. et Seleuc, s. oben) und Gelasius ^), nur
dass Beide richtig yeivr^Tog xal uyhvrjTog lesen, statt der wol aus
dogmatischen Gründen hervorgegangenen Veränderung bei Theod.
yevvriTbg i'^ ayevv^TOv, Die sonach durch 3 Zeugen belegten Ab-
weichungen vom Texte A finden sich wiederholt in den 3 syri-
schen Fragmenten X — XII, und endlich in der armenischen Ueber-
setzung. Letztere liest nach Petermann: unus est medicus
spirituum et corporum, non factus et factus, Dens et filius homi-
nis; unicus qui unitus est supra verba factorum (i. e. ratione
quae mentem hominum exceditj, vera vita et in morte vivus et a
Maria et a patre, qui passus est pro nobis, Jesus Christus Dominus
noster. Der Text bei Arm verräth zwar durch den Zusatz qui
unitus est supra verba factorum , desgleichen durch den Ausdruck
qui passus est pro nobis für ngujtov nai^fjrdg xal tot« unud-rjg
seinen secundären Ursprung; nichts desto weniger bietet er
in drei Varianten von A den Text der vorhergenännten Väter und
Fragmente, indem er die Lesarten iv dvO-gfonM d^eog'^)^ iv &a~
vaTü) t,a}rj und endlich den Zusatz *If]aovg Xgiaioc b xvgiog '^/nwv
ebenfalls enthält. Nun ist grade an dieser Stelle der Text von B
1) Unbedeutend ist, dass einige Codd. bei Äthan, yevr^rds ani nye'vrjroe
lesen, desgleichen dass Gelas. vita aeterna bietet, und 6 hvqios ^/acüv
voranstellt.
2) Bemerkt mag wenigstens noch werden der eigenthümlicho Text des
Theod. in Eph. 18. b yoQ O'eoe tjfi(dv — xn&aoioij. Hier liest er ix
TtvEvfiaxoi Sb ayiov und statt iva rd Tta&eiv ro vomq xa&aQiarj vielmehr
iva ro d'vrjxov rjfiöiv xad'aQia&fi. lieber den Werth dieser Lesart lässt
sieb nichts Sicheres mehr bestimmen.
02 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
so durch Interpolationen verunstaltet, dass kein Schluss auf
dessen ursi»rünji;^Iiclie Gestalt mög-lich, also auch nicht abzuseilen
ist, inwiefern die hier gleichniässig- von Gr. und Lat. A abwei-
chenden Autoritäten Theod., Äthan., Gelas., Syr. Fragm. X — XII..
Ann. etwa dem Texte von B sich nähern. Wir haben demnach
auch keine Berechtig-ung-, zumal bei der sonstigen Verwandtscliaft
des Theod. mit A , die g^enannten Autoritäten hier einer andern
Tcxtrecension zuzuweisen als der Familie A. Aber so viel folgt
jedenfalls aus dem dargeleg-ten Sachverhalte, dass auch innerhalb
der Familie A die Textgestalt noch mannichfach schwankt, und
dass namentlich dem Codex Mediceus kein unbeding-
tes An sehn beigemessen werden kann. Insbesondre
beweist das Vorhandensein der Worte ^Irjoovg Xqiotoq o xvQiog
ri(.i(7)v wenn auch in etwas verkürzter Gestalt bei Lat. A, die
Vorzügiichkeit des durch die übrigen Autoritäten dargebotenen
Textes.
Bemerkt mag ferner Averden die üebereinstimmung des Citats
aus Eph. 20 bei Theodoret und Gelas ins. Diese beweist
1) dass auch Gelasius der Familie A beizuzählen ist; 2) dass er
innerhalb dieser Familie einen näher an Theod. als an Gr. A.
herangehenden Text vor sich gehabt. Mit Theod. hat er nämlich
gemein die beiden Hauptabweichungen y.al tvl ^Ii]gov XgiGTüi
und wie es scheint auch die grade hier kritisch wichtige Weg-
lassung des tw vor xazu ougxa (er übersetzt nämlich secundum
carnem ex genere Dav. , statt ei qui etc.). Diese üebereinstim-
mung aber muss natürlich in Zusammenhang gesetzt werden mit
dem gemeinschaftlichen Texte von Eph. 7. — lieber Pseudo-
Athanasios lässt sich, weil weiter keine Stelle als die aus Eph. 7
vorliegt, nichts Näheres bestimmen. Doch mag immerhin der übri-
gens unbekannte Urheber jenes das Citat aus Ignatios enthalten-
den Einschiebsels einen der Familie A zugehörigen Text benutzt
haben.
Die armenische üebersetzung fanden wir ebenfalls in meh-
ren Varianten in Einklang mit Theod., obwol besonders die Ge-
stalt von Eph. 7 beim Arm. ein ungünstiges Vorurtheil gegen
denselben erweckte. Wir kommen im nächsten Unterabschnitte
unserer Textkritik auf den Armenier noch besonders zu sprechen,
und merken hier nur vorläufig an, dass er der Familie A beizu-
zählen ist, obwol er an einer Anzahl von Stellen einen gemisch-
ten Text darbietet.
Ebenfalls zur Familie A zu rechnen sind ferner Timotheos
und Severus. Ersterer citirt Eph. 18. 19 nov aocphg — InQ^x^n
wörtlich mit A gegen B : ovmwv für dvvazMv (so Gr. B. ; Lat.
B. lässt es ganz aus); ebenso "Iva %m nud^tt rb vdwQ na&agiarj
gegen tV« ntaronoirjGTjTui Ttjv diuTu'^tv tt^v tyxiiQiod^Hoav iw tiqo-
(prixji. Hier mag die gegenwärtige Gestalt der Worte bei B vom
luterpolator herrühren ; ursprüngliche Textverschiedenheiteu bezeugt
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 63
grade hier auch Theod., der, wenn auch nicht mit ß stimmt, so
doch einen von A abweichenden Text gibt. Die üebereinstim-
mung von Timoth. mit A ist mithin um so bemerkenswerther. C. 19
endlich h rjövyja mit dem Zusätze von A d^tov. Unberücksich-
tigt lassen wir dagegen, dass Tim. in den Worten o yuQ d-eog
TjlLUüv xtA. mit A stimmt, weil diese Stelle in B unleugbar vom
Interpolator verfälscht ist. Magn. 8. oti hq S-fog iartv — T(p
7iif.iilJuvTi uvTov. Hier stimmt er mit A in der Weglassung des
7iuvTo>c()difi>Q , in den Worten Xoyog ui'dtog ovy. dno otyrJQ ngotl-
&(t)v gegen Xoyog ov grjiog uXV ovoiwdrj^ mit einem weitern
jedenfalls dem Interpolator zugehörigen Beisatze bei B. Beide-
male hat indess der Interpolator gearbeitet, und nur der Zusatz
ui'diog ovx ist wichtig, weil dieser bei B gefehlt zu haben scheint,
indem das ov orjTog wol blose Erklärung des dno atyijg ngotX-
d^wv ist. Sicher ist noch oc x«r« nuvTa evrjQfOTTjGiv ^) für oc ndvTa
xajtV7]Qi(TT7]aiv mit A gegen B. Smyrn. 5. 6. (Ätygig ov ^itTa-
i>or,GiOGiv — wv ovdlv nQoyJxQiTui, Wiederum buchstäbliche Ueber-
einstimmung mit A , nur zu dg t6 ai/na Xgiorov der Zusatz
.-jOIQAa) ]ail^)5 quod Dei est. Also gegen die Weglassung von
dg t6 ndd^og o Iotiv fj/nwv urdoraoig C. 5, und von xui tu inov-
gdvia — doguTOu Die folgenden Aenderungen für idv f-irj nioxtv-
GMöii' xrA. , namentlich auch die Auslassung von xdxtivoig xgiatg
iariv und wv ovöiv ngoxlxgitai gehören wol lediglich dem Inter-
polator an, dem sie nach ziemlich umfänglichen Einschiebseln beide-
male nicht mehr in die Construction passten. Dagegen mögen die
beiden erstgenannten Weglassungen, für die sich keinerlei Grund
beim Interpolator entdecken lässt, mit einiger Wahrscheinlichkeit
dem ursprünglichen Texte von B vindicirt werden, und da die
Worte bei Tim. stehn , für dessen V^erwandtschaft mit Familie A
Zeugniss ablegen
Severus stimmt mit A: Trall. 5 xal ydg iyü — uogata»
Für rag uyyelixdg ra^eig (II) liest er zag Tono&toiag jag dyytXi"
xdg (A) und zeugt gegen die freilich wol blos dem Interpolator
angehörigen Erweiterungen im Folgenden. Y>ixgegen liest er
gegen Cod. Med. xal Svvaf.iai (övvdjufvog'i) vohv {%.j^zim.)^o
IJsAmiQ^ j.j] et potens ego intelligere, die gewöhnliche syri-
sche Bezeichnung des verbi finiti), also mit B, und ähnlich wie
Lat. A. Polyc. 3. %ovg xaigovg xuTu(.idv^avt — vnofAHvavta
stimmt Sever. mit A gegen die spätem Erweiterungen der christo-
logischen Stelle beim Interpolator. jov vnig xaigov fehlte viel-
leicht (?) auch im ursprünglichen Texte B. — Eph. 1 dval^w-
nvgrjoavTtg — diirigTloaTi liest Sev. h ou^axi &tov mit Gr. A.
Syr. gegen B {XgioTov)^ ober auch gegen Lat. A {Xgioiov S^tov).
1) '^M >0|?mNaO? OOl qui in omiiibiis (xara ndvra) plaruit.
()4 Upsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios
iMagn. 6 onovödl^tTe — xm ev Jt'Xei tcpuvrj gibt keinen Anhalt für
die Verglcicliung-; denn ausser den stark interpolirten letzten Wor-
ten Tiuga nuTQi tjv xtX. gibt selbst der gegenwärtige Text von
B keine Varianten. Nur die Weglassung der Worte xat tujv diu-
xortüv TMv e/Lioi ylvxvTotrwv bei Sev. allein ist bemerkenswerth.
Magn. 8 Ol yuQ S^hotutoi - ne^txpavxi uvtov setzt den Text
von A voraus, vgl. Timoth. , mit Auslassung jedoch der Worte
ui'diog, ovx, worin Sev. mit Arm. und wie es scheint mit B zu-
sammengeht, s. oben. Trall. 2. oi' uv yag tcü enioxonw —
exffVYfjxe wörtlich mit A gegen B, welcher or' üv yag weglässt,
und dafür das cpaivfod^e (.loi durch dio xui einleitet, ferner wg
Tio xvQio) liest für wg 'Trjaov Xqiotw. Der hierauf folgende Zu-
satz avTOQ yoLQ dygvnvH xt\. ist Einschiebsel des Interpolators ;
zweifelhafter ist dies am Schlüsse des Citats, wo A und Sever.
To uno&aviTv ex(pvyi]Te, B diu tov ßunTinf,i(/Tog xoivwvoi Tfjg
ävuoTÜaiwg avvov yivrja&f: bietet. Trall. 10. 11. d de loaTieg
Tive? — nuQ^ uvTu dno^vriaxii stimmt wieder wörtlich mit A in
dem Zusätze uvtoi ovieg to öoxhv , den B nicht kennt; für na()^
avTu liest er mit B nuQaviixu wenigstens nicht gegen alle Zeugen
von A, sondern zugleich mit Lat. A und Arm. gegen Med.; und
die Weglassung des ov in ciga ov xuxuiptvöo^ai, welche eben-
falls mit B übereinstimmt, hat zwar nur noch Arm. für sich, da-
gegen Gr. A und Lat. A wider sich : trotzdem scheint diese Va-
riante als von Familie B und zwei Autoritäten von A geboten,
selbst abgesehn von ihrem inneren Werthe (welcher hier sehr of-
fen zu Tage liegt), vorgezogen werden zu müssen. Smyrn. 1
und 2 — uväairjotv tai tov stimmt ebenfalls genau mit A. Ur-
sprüngliche Varianten von B sind mit Sicherheit nur das wg
uX7]d^cüg nach ntnlTjQOcpogrj^ifvovg , und u(p^ ov xut rjfieig eai^iiv für
ncfj* ov xagnov rjf.tHg , in Cap. 1; endlich die Weglassung des
Vra o(x)d^io(.av C. 2. Dagegen sind die christologischen Abwei-
chungen Cap. 1 auf Rechnung des Interpolators zu setzen, und
ebenso wol das äveaitj Cap. 2 für dveoTfjatv eaviov, welche
Aenderung ebenfalls aus dogmatischen Beweggründen hervorge-
gangen zu sein scheint.
Die Stellen aus dem Römerbriefe, welche bei Timoth.
und Sever. sich finden, haben wir vor der Hand übergangen; so-
viel geht aber aus der bisherigen Vergleichung sicher hervor, dass
der von Beiden benutzte Text zur Familie A gehört hat. End-
lich mögen hier noch ihre Stelle finden die Fragmente IX — XIV
bei Cureton. Dass X — XII zu Eph. 7 einen mit Theod., Äthan.,
Gelas., Arm. wesentlich übereinstimmenden Text bieten, haben
wir schon gesehn ; ebenso ist ihr nahes Verhältniss zu den Schrif-
ten des Timoth. und Sev., insbesondere des Letzteren, schon frü-
her erörtert worden, als wir nach den vorhandenen syrischen
üebersetzungen fragten, so dass nicht wol zweifelhaft bleiben
kann, ob auch diese Fragmente dem Texte A angehören oder
Lipsius, über den syrischen Texte der Briefe des Ignalios, 65
niclit. Im blinzeinen sei noch bemerkt, dass Fragm. Xill die
Worte Epli. 18 negiilirj/na — ^mt] uifovtog wörtlidi mit A citirt,
g-egen die kürzere (wol secundäre, obwol darum niclit nothwendig-
vom Interpolator herrührende) Textgestalt von ß o arav^jog toi
Xqigxov Toig fiiv uniaioig axuvduXov iait, roig öf niatoTg nxX.
für neQi'iprjf.ta tu i/.idv nvevfza tov aiav^ovy o iariv axuvduXov roTg
unioTovoi , ri[.uv ö^ y.rX. Ferner Fr. X liest die Worte E p h. 19
uyvoiu xud^riQHTo x%X, buclistäblich mit A gegen B, dessen Ab-
weichungen hier nicht blos auf Rechnung- des Interpolutors ge-
setzt werden könneo. Fr. XII liest die Worte aus Smyrn. 6
f.iriÖt)g nXavuo^u) — xQiatg iariv genau nach dem Texte von Ti-
motli. Smyrn. 4 7iQ0(fvXuaaü) — omg övoxoXov in demselben
Fragmente wörtlich mit A, namentlich die von B weg-geiassenen
beiden letzten Worte (doch ngooivxiod^e für ngoatv/^tod^ui mit B
gegen A) und Phil ad. 3 (.itj nXavuad^e — xXtiQovofiH bietet das-
selbe Fragment statt o/J^ovit (A) oder o/Ji^ovTi uno rrjg aXr,d^tlag
(B) mit Arm. und einem Fragmente der syrischen Sentenzensammlung
Nr. 1 (p. 199, Cur.) a/il^ovTi Zfjv ixxXrjaluv [tov &iov. Fr. I]. Endlich
das Citat aus Eph. 1. bei Fr. IX stimmt genau mit Severus überein.
Nach dem Entwickelten lassen sich mit Sicherheit dem Texte
A nur Theodoret, Timotheos, Severus, die Fragmente
IX — XIV und sodann der Armenier zuzählen. Wir können
diese Zeugen noch vermehren um Gelasius und (Pseudo-) Atlia-
nasios, weil Beide einen mit Tlieod. übereinstimmenden Text
bieten: betreffen diese üebereinstimmungen auch fast nur Stellen,
in welchen Theod. von dem gegenwärtigen Texte A selbst sich
entfernt, so macht doch eben dieses Vcrhältniss zu dem Texte
des Theod. die Annahme wahrscheinlich, dass beide Schriftsteller
anderwärts einen näher mit A zusammengehenden Text gelesen
haben werden.
Wir fassen nun eine für die Familie A wichtige Frage ins
Auge, das Verhältniss der griechischen und latei-
nischen Handschriften unter einander.
Hierbei ist zunächst zu bemerken, dass der Codex C asan a-
tensis mit dem Codex Medicaeus aus einer und derselben Quelle
geflossen ist, wie ausser der Beschaffenheit des Textes, der wenig
bedeutende Varianten bietet, namentlich der Umstand zeigt, dass
Beide zum Schlüsse von dem unächten Tarserbriefe ein Fragment
mittheilen, welches an derselben Stelle abbricht. Der ältere Cod.
Med. steht dem gemeinsamen Originale näher').
Was ferner den Cod. Parisinus betrifft, so setzt derselbe
einen minder ursprünglichen Text voraus, als der Cod. Med.
Dies erhellt aus den beiden Varianten aus Eph. 19: lYlfxgiag Trjg
uel nuQ&ivov xui &toi6xov für das einfache JVIugiug und ndvia
1) Vgl. Dresse], Patr. App. p. LXI und ineiiic Ik'iiiciktiiig; in der obeu
angeführten Recension S. 98.
Abhandl. d. DMG. I, 5. 5
66 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
ixivHTO für T« ndvra owaxiveTro. Dieses Resultat stimmt übri-
gens überein mit dem jüngeren Alter dieses Cod.
Das Verhältniss des Cod. Medicaeus zum Cod. Colber-
tinus lässt sich durch unmittelbare Vergleichung nicht bestimmen,
weil Letzterer nur den im Cod. Med, fehlenden Römerbrief bietet.
Dagegen erhellt allerdings aus ihrer beiderseitigen Vergleichung
mit den Handschriften von Lat. A ein wesentlich verschiedenes
Verhältniss beider griechischen Codd. zu den lateinischen,
Vergleichen wir zunächst den C o d. M ed, mi t Lat. A , so
haben wir uns ins Gedächtniss zurückzurufen , dass die Verglei-
chung der patristischen Citate in einer der Hauptsteilen Eph. 7,
für den Cod. Med. (und Casan.) kein günstiges Resultat gelie-
fert, und namentlich eine Auslassung dieses Cod. ans Licht ge-
zogen hatte, welche uns Anlass zu der Bemerkung bot, dass man
dem Cod. Med. wenigstens kein ungemessenes Ansehn zugestehn
dürfe. Einen sicher späteren Zusatz hat Cod. Med. Eph. 2: tm
avTM vot, xal ttj avjfj yvwfij] , xal t6 avrd "kiyriTt ndvT8Q negt
Tov avTOv übereinstimmend mit B, aber gegen Lat. A und Arm,
Unter den übrigen Varianten im Ep he s er b rief e sind hervorzu-
heben: Cap. l. Gr. A Gr. B ^ifj.rjTui ovreg gegen Lat. A und (wie es
scheint) Syr. Arm., welche ein oti vorsetzen (Lat. B?), Ebenda-
selbst Gr. A Lat. B änagriaare (Cod. Cas. dnavTiaare) für dnriQ-
jiaare Lat, A Syr. Arm. Gr, B. Ebendaselbst liest Gr, A 'iva
öiä TOV (xaQTVQiov iniTvx^tv övvrj&w f^ad^rjr^g ttvai tov vneQ 7]f-iwv
tavTOv dvevtyxovTog ^iov ngoocpoQuv xui ^voiav. Ganz so B, nur
mit Weglassung von inijvxuv. — Der Text von Lat. A Syr.
Arm, erweist hier bei sonstigen Abweichungen die Worte tov
vnig Tjfiwv xtX. als Einschiebsel und bietet dafür zum Schlüsse
das für die Construction unentbehrliche löeTv eanovö doate.
— Endlich Gr. A mit Syr. Sev. iv acfnaTt d-eov, wofür Lat. A
XgicsTOü TOV Seov, ß XgioTov lesen. Hier hat Gr. A das
Richtige aufbewahrt, Cap. 14 liest Gr, A d-eov ioTiv gegen die
schwierigere Lesart von Lat. A und Arm. i)^e6g egti, ß umschreibt
hier. Aus dem Magn es ierb rief e : Cap. 6. Gr. A tm nXfjoiov.
Lat. A Arm. B Dam, tov nXtiolov. Cap. 7, Gr. A ndvTtg ovv,
Lat. A Arm. B ohne ovv. — Gr. A (hg dg vaov Lat. A Arm.
wg eig tva vaov, B w^ tlg dg tov vaov, Cap. 8. Gr. A xaTu
vofxov ^TovSaiafj.6v. Lat. A xaTa *Iov$aCo(x6v. Arm. B : xaTa v6-
ixov 'lovda'ixov. Hier leuchtet ein, dass Cod. Med. einen secun-
dären Text bietet. Cap. 9. Gr. A i^cotjv t^aJvTtg. Lat. A ^aJvTtg
ohne fw^v, Cap. 14. Gr. A nagixiXavoa, Lat. A Arm. ß nagtxd-
Xaaa, Cap. 15. Gr, A ÖidxgiTOVy Lat. A Arm. ß döidxgiTOv (ganz
unzweifelhaft die richtige Lesart). — Aus dem Trallerbriefe:
Cap. 2. Gr, A Arm, Antioch. Cod. Nydpr. diov ovv avTovg (pvXda-
Gtad^at xtX, Gr, ß Lat. B avTWV Lat. A opportunum igitur vos
observare. — Cap. 3. Gr. A Arm. Antioch. Tovg diaxovovg dtg
IfjGOvv XgioTov, Lat. A r. d. wg ivToXrjv 'If^aov Xgiaxov» —
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignailos. 67
Weiter unten in der schwierig-en Stelle, von der nochmals die
Rede sein wird , Gr. A Mg xui rov intoxonov ovru vibv rov nu-
TQog, eine offenbare Verderbniss, welche Lat. A freilich unglück-
lich so herzustellen sucht xai tov iniaxonov wg ^Irjaovv XgtaTov
ovxa vlov TOV nargog. — Cap. 5. lässt Gr. A v/aiv nach jU?J Jr-
vafxai weg gegen L. A Arm. Syr. B , und ebenso fehlt nach
xal dvvdf.ievog bei Gr. A voiTv , was Lat. A beifügt, während Se-
ver. Syr. Arm. B xai dvvafiai voiiv , also wenigstens den Zusatz
mit Lat. A lesen. — Cap. 6. liest Gr. A das unsinnige ot xaigol
7iaQE(,inXixovaL 'Ii^aovv Xgtardv, während Lat. A dafür quae et
inquinatis implicat Jesum Christum bietet, indem er das Relat.
auf u(fiGig zurückbezieht. B liest xai tov Ibv nQoanXlxovTtg rijg
nXavtig "^V y^'^»^*''« ^QOorjyoQia, Antioch. ganz erleichternd ol xai
TtagtfiTiX. ; Arm. aber und Syr. Fr. I ol tavioTg naQtf.in'kixovai xtX,
(letzteres }.x».AA:aO ^oaaS ^OoiaSU ^.^b5.jjlQ5 ^oi5 qui miscent
personas suas cum Jesu Christo). Diese Lesart ist ebenso wenig
geeignet, zur Erklärung der übrigen zu dienen. Das Richtige
hat schon Vossius gesehn, der aus dem Texte von B und Lat.
A ol xai loTg naof(j.nXfxovoi herstellt. Aus KAJ101C erklärt
sich einerseits die Lesart von Cod. Med. Casan. KAIPOJ, andrer-
seits der von der weiteren syrischen Recension vorausgesetzte
Text EAYTOIC. In demselben Capitel liest ferner Gr. A mit
Johannes Damasc. und sehr verwandt mit Arm. den Zusatz xaz*
u^iav niGTiv6(.iivoi {xuja'^ioniaTtvo^tvoi Dam.), welcher bei Lat.
A und B fehlt, aber doch vielleicht ursprünglich ist. Cap. 7 feh-
len bei Gr. A die Worte o öe ixrög wv ov xad-agog iaxiVy von
denen die drei ersteren wol ursprünglich sind, die letzteren aber
von Lat. A um der Concinnität mit dem vorhergehenden Satz-
gliede willen eingeschoben wurden. Wir werden diesen Sachver-
halt weiter unten zu erweisen suchen, wenn wir vom Armenier
besonders handeln. Cap. 8. liest Gr. A mit Arm. di* oXiyovg
äq)govag, Lat. A mit B und Dam. oXlycov tivwv ägjgovwv t'ivexa,
Cap. IL hat Gr. A nag* avToi gegen Lat. A Arm. Sevef. B,
welche sämmtlich nagavxixa bieten. Cap. 13. liest Gr. A vno-
Taaaöf-ihvoi tm inioxonw w^ t^ ivToXf] Lat. A Arm. . . . cog &eov
ivToXfj B lässt den ganzen Zusatz wg xtX. weg.
Aus dem Philadelphenerbriefe: inscr. Gr. A. Gr. B.
Arm. nagdfzovog Lat. A u/nwfiog oder navu^wfxog (incoinqui-
natum) ivol ein Schreibfehler. Noch anders Lat. B (singulare).
— Cap. 1. Gr. A und B t^v dtaxoviav , dagegen Lat. A
Arm. rrjv olxovofiiav , die schwerere und vorzüglichere Les-
art. Cap. 5. Gr. A w^ i'ii (Cod. Cas. Ion) wy dvagnaazog für
wg m wv uvanugTioTog wie Lat. A (Cod. Caj. lässt wg weg),
Arm. Lat. B (und auch Gr. B) bieten. — In demselben Capitel
liest Gr. A mit B zu ^ ngogtvx^ vfiwv den Zusatz elg ^iov, wel-
chen Lat. A Arm. weglassen. Cap. 9. Gr. A rrjv nagovalav
68 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
Tov yvQtov rjfnuivy Lat. A Arm. B schieben vor tov xv^jiov ein
öCDtiJQog ein.
Aus dem S iny r n äe rbr ief e : Cap. 1. Gr. A dg tov y.vgiov
TjjLiwv mit Theod. und Sever. , während Lat. A Arm. ß "Ttjaovv
Xqioiov hinzufügten. Es geht also die Hälfte der Auetoritäten
von A mit B gegen Gr. A. — Cap 6. Gr. A niGTivo(i)(.itVi wol ein-
Schreibfehler für TtioTevawGiv , wie Lat. A, Arm., Timoth. und
Fr. XII bieten. Andrerseits ist in demselben Capitel bei Lat. A
qualiter (ro ntoq) Schreibfehler für Tonog, Gr. A x4rm. Tim. Fr. XII
B. Cap. 11 liest Gr. A allein xarä &t)^i]f.iu di gegen Lat A.
Arm. B, welche ^tov beifügen (Cod. Caj. und Nydpr. lassen di
weg). Ebendas. Gr. A a^iov mit Gr. B, gegen Lat. A und (Avie
es scheint) Arm., welche aE,i(tdtov lesen. Cap. 13 Gr. A Gr. B
h dvvüfiti nvev/LiuTog, gegen Lat, A Arm. ev d. nuTQog, womit
auch Lat. B stimmt, der jedoch d^tov nujQug hat.
Aus dem Briefe an Polykarp: Cap. 1. Gr. A Gr. ß
Syr. Arm. ev /agirt , wogegen Lat. A Lat. B ein &env beifügen.
Ersteres ist äusserlich besser bezeugt, doch wäre die Weglassung
auch aus innern Gründen erklärlich. Gr. A Lat. B ^oiid^tiar,
Lat. A. Gr. B. Syr. Arm. ofioyj&etav (Syr. Jj.aO. ^j], Arm. se-
cundum voluntatem) , jedenfalls der richtige Text. Cap. 5: Gr. A
ilt; Tiin7]V TOV y.vQiov Tv/g auQxog, Lat. A Gr. B Antioch. Anton.
Syr. Arm. eig Tif-i>)v GUQxog tov xvpiW; letzteres die bezeugtere
wie aus innern Gründen vorzüglichere Lesart. Im Folgenden
liest Gr- A tW o yufxog fi y.aja Otov. Dafür Lat. A mit Gr. B
Syr. Arm. yuTa xvgiov, wogegen die übrigen Zeugen ausser Lat.
A in der Aufrechthaltung des o yujuog mit Gr. A gehn. Ein
offenbarer Irrthum von Lat. A ist endlich noch in demselben
Cap. kurz vorher der Zusatz tov xvgiov zu iv äxav/rjamy wel-
cher wol aus dem obigen tig tifxriv Tr^g oagxog tov xvgiov einge-
flossen ist. Aus den bei Syr. fehlenden Abschnitten dieses Capi-
tels lind nur 2 Varianten aus Cap. 7 bemerkenswerth, Gr. A und
Cod. Mont. iv Tfj dvaoidoEi ^ Cod. Caj. mit Arm. und B iv t/7
ahi^oti. Letzteres die bezeugtere Lesart. Weiter unten Gr. A
mit Codd. Aug. Leicestr. ovvtovov Lat. A mit den übrigen Codd.
von ß ovvTOfAOv (iirm. l'ToifA,ov wie es scheint; „promptitudi-
nfem")i).
Fassen wir nun die Resultate vorstehender Darstellung zu-
sammen, so ergibt sich: I) sowol bei Cod. Med. und Casanat.
als bei den Codd. von Lat. A finden sich eine Anzahl offenbarer
1) Ich bemerke nebenher, dass diese Zusammenstellung nur die wichtigern
Varianten umfasst. Kleinere, die sich auf Partikeln etc. oder ganz unzweifel-
hafte Schreibfehler . in dem einen oder andern Texte beziehen, sind absichtlich
aus dem Spiele gelassen worden.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 69
Fehler, die durch den entg-e^eng-esetzten Text verhessert werden.
2) In der grossem Anzahl der Varianten l»at Lat. A den aus in-
nern Gründen vorzüg-licheren und auch äusserlicli bezeug;teren
Text. Namentlich aber 3) verräth schon Cod. Med. in seiner
üeberein Stimmung- mit B mehrere Kinsclilehsel , die freilich noch
nicht auf Rechnung- des Interpolators von H zu setzen sind , wol
aber einen spätem Text als den ursprünglichen, dem Lat. Ä noch
näher steht, verrathen. Insbesondre finden sich Beispiele dieser
Art im Epheserbriefe: und eins dieser Einschiebsel erweist sich
seiner Tendenz nach offenbar als ein christologisch-dogmatisiren-
des , nämlich die Worte Eph. 1 : jov vn€Q rjf.iü)v tavTOv anvty-
y.ovTog, i^eov 7i(joo(fOQ(lv xut &vaiav.
Was endlich das Verhältniss der beiden lateini-
schen Codd. zu einander betrifft, so ist dieses allerdings
schwer zu ermitteln, da Cod. Mont. verloren ist; indessen nach
Massgabe des üsher'schen Abdrucks scheint im Allgemeinen
Cod. Caj. der vorzüglichere zu sein. So sahen wir schon Po-
lyc. 7., dass h uhi^aeiy welches Cod. Caj. bot, die bessere Les-
art war (gegen iv avaoruau Cod. Mont.). Die ausschlaggebende
Stelle aber ist Eph. 1. Hier haben beide Codd. den durch Syr.
Arm. bestätigten und durch die Structur gebotenen Nachsatz lötTv
ionovduaaii , videre festinastis, der bei Gr. A und B wegen der
folgenden Einschiebsel ausgefallen ist. Aber Cod. Mont. lässt
nun auch die Worte tVa diu tov (xaQZVQiov eniTV/uv dvvrjd^ai
fxad^fjtrjQ Hvai weg, wodurch jede Erklärung des Einschiebsels
unmöglich wird. Cod. Caj. aber liest wenigstens ut potiri possim
discipulus esse. —
Im üebrigen weichen aber, wie es scheint, beide Codd. unter
einander in sehr unerheblichen Dingen ab , ebenso wie auch ihr
Text im Ganzen und Grossen dem Griechischen des Cod. Med.
entspricht, das sie zuweilen bis zum Unsinn wörtlich übersetzen.
Wir haben uns jetzt zur Erforschung des Verhältnisses zu
wenden, welches zwischen dem Codex Colbertinus und den
lateinischen Codd. von A stattfindet. Mit dieser Untersuchung
lässt sich zugleich die Einordnung der noch nicht unter eine be-
stimmte Familie gebrachten handschriftlichen Documente verbin-
den. Es sind dies nämlich Simeon Metaphrastes, der 2te
Syrer und der 2te Armenier, welche sämmtlich die Märty-
reracten des Ignatios, und in diesen ganz oder theilweise den
Römerbrief enthalten. Ebenso werden wir hier von den bis-
her bei Seite gelassenen Citaten des Timotheos, Severus und der
syr. Fragmente aus dem Römerbriefe, desgleichen soweit dies zur
Orietitirung unumgänglich nöthig ist, vorläufig von dem Texte des
Römerbriefs bei Syr. und Arm. zu handeln haben. Mit einem
Worte können wir demnach die Frage so stellen: welches ist
im Römerbriefe das Verhältniss der Handschriften,
Versionen und Citate zueinander?
70 Lipsius, über den syrischen 2'eoct der Briefe des Ignalios.
Im Ällg-eineinen bemerken wir so viel, dass dieses Verhält-
niss auf der einen Seite verwickelter wird durch die grössere'
Masse der zu berücksichtigenden Auctoritäten und die vom Cod.
Med. abweichende Stellung, welche hier Cod. Colb. zu den lat.
Codd. einnimmt; dass aber auf der andern Seite auch der An-
haltepunkte mehr sind, welche uns die einschlagenden Fragen mi(
grösserer Sicherheit %u beantworten erlauben.
Wir beginnen mit der Betrachtung einer Stelle aus dem
3. Cap. Hier lesen wir zuerst: idv yaq [xaY[ evQs^w (sc. Xgi-
OTtuvog), xal Xtyea&ui Svva/Ltai, y.ai t6t€ niarog (hat orav x6af.iüß]
f4T] q)uivii)^ai. Darauf folgen bei Cod. Colb. folgende Worte:
ovöiv (paivofxhvov , aicoviov. Ta yaQ ßktno^tva, nQoaxaiQa' ri
de (XT] ßXenoftava f ulcuvia. 0 yäg &(6g rjfj.wv ^Trjaovg X()iGTdgA
iv nargi wv , (.lotXXov cpahaxui. Die Codd. von B und Sim. Met.]
lesen genau ebenso, lassen aber den letzten Zusatz o yuQ ^«od
— (pniverai aus. Dagegen fehlt der erstere Zusatz t« yägj
ßXeno^ieva — aiwvia bei Lat. A Timoth. Syr. 1 Arm. 1 Arm. 2;i
im Vorhergehenden lesen diese Auctoritäten sämmtlich ovöiv q)ai-
vojuevov äya&ov (oder xalovi); der letztere Zusatz endlich
ya^) 'd^fdg xtX. findet sich bei Lat. A Tim. Arm. 1 Arm. 2, als(
bei allen mit Ausnahme von Syr. Nun ist soviel klar, dass der^
erstere Zusatz t« yuQ ßXen6f.tsva — aiwvia steht und fällt mif
der Lesart aicjviQv im Vorhergehenden. Letztere aber findet
weder im Vorhergehenden noch im Nachfolgenden irgend welche
Bestätigung. Nicht davon ist im Zusammenhange die Rede, dass]
dem sinnlich Wahrnehmbaren kein ewiger Bestand zukomme, son-
dern davon, dass Ignatios, so lange er in der sinnlich wahrnehm-
baren Welt verweile, nicht im Stande sei, seine wahre Jünger*
Schaft und seinen aufrichtigen Glauben zu erweisen. Ganz natür-j
lieh schliesst sich hieran der Gedanke, dass nichts sinnlich Wahl
nehmbares wahrhaft gut sei : dies ist die Folge davon , dass
in der Sinnenwelt seine Jüngerschaft nicht wahrhaft bethätigei
kann ; und andrerseits ist eben dies hinwiederum die Ursache^
warum er der Sinnenwelt durch den Märtyrertod entrückt zu wer-
den strebt. Er hasst die Sinnenwelt als ein Hinderniss seine
wahren Jüngerschaft, als ein dem wahren Christenthum feindlicl
entgegentretendes Princip : daher der Satz ovöiv cpatvof^evov aya-
"^ov, Fragen wir also nach innern Gründen , so ist die Lesart
v.yad'ov unbedingt der Lesart ahjüvtov vorzuziehn. Dazu kommt
nun das bedenkliche Verhältniss, in welchem diese Lesart zu dem
unmittelbar folgenden Satze steht t« yap ßXenofxeva xtX. Dies
ist ein Schriftcitat (2 Kor. IV, 18) : und schon dieser Umstand
macht den Satz als Einschiebsel verdächtig: denn eben das Ein-
schieben von Bibelstellen war ein Hauptmittel, den ursprünglichen
Text anscheinend auf unbefangene Weise zu erweitern, wie dies
insbesondre durch das Verfahren des Interpolators von B längst
festgestellt ist. Steht aber das Citat einmal da, so ist die Les-
M
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 7 1
art uhöviov durch das C'itat, und hinwiederum das Citat durch die
Lesart auoviov scheinbar verbürgt.
Wenden wir uns dagegen zu dem andern Zusätze o yag
&ehg rjfxfov 'Irjaovg X^ioTog iv natgl wv fnuXlov (pulrexat, so steht
dieser nicht in einem so engen Verwandtschaftsverhältnisse zu
ayad^ov wie jener andre Zusatz zu ahoviov. Der Sinn ist ein-
fach und klar, ehensowol mit als ohne diesen Zusatz. Den Ge-
dankengang der Stelle, wie er ohne denselben sich herausstellt,
haben wir vorher angedeutet: steht der Zusatz, so soll er die
Ansicht, dass nichts sinnlich Wahrnehmbares gut sei, gegen einen
Einwurf schützen, davon entlehnt, dass ja Christus selbst sinnlich
wahrnehmbar erschienen sei, die Sinnenwelt als solche also nicht
diesem verwerfenden ürtheile unterfallen dürfe. Dem erwidert
nun der Verfasser: der Einwurf wegen der Erscheinung Christi
in der Sinnenwelt erweist nichts : denn im wahren und richtigen
Sinne kommt Christus, unser Gott, nicht in der Sinnenwelt,
sondern vielmehr, sofern er im Vater ist, zur Erscheinung.
Nun zur äussern Kritik. Durch die doppelten Zu-
sätze scheint sich eine doppelte Textgestalt her-
auszustellen: den erstem Zusatz haben die Codd.
von B und Sim. Met.; den letztern Lat. A Timoth.
Arm. I Arm. 2; beide hat Cod. Colb. ; keinen von
beiden Syr. Dass der zweite Zusatz ursprünglich in allen
Handschriften der erstem Textgestalt gestanden habe, ist durch
nichts erweislich: denn der einzige Grund, welcher allenfalls die
Möglichkeit hiervon begründen könnte, nämlich der, dass der
üeberarbeiter von B die Stelle weggelassen habe, weil Christus
darin Gott genannt wird, Hesse sich zwar durch vielfache Ana-
logien stützen, hat indessen doch immer Stellen gegen sich wie
Rom. inscr. xaza niOTiv y.ui äydntjv ^Irjaov Xqiotov tov &eov xal
awTfjQog Tiixcov u. a. , wo der üeberarbeiter das jov d^tov stehn
Hess. Die Hauptsache aber ist, dass hierdurch das Fehlen der
Stelle bei Sim. Met. nicht erklärt wird. Sonach setzt Cod.
Colb. schon einen doppelten Text voran; den einen der
Familie A angehörig, durch Lat. A Arm. 1 Arm. 2 Timoth.
vertreten '); den andern der Familie B angehörig, durch die Codd.
von B und ausserdem durch Sim. Met. geschützt.
Cod. Colb. kann sonach nicht als unbedingt giltige Auetori-
tat für den Text A benutzt werden.
Wir gehn einen Schritt weiter, ünsre Stelle ist nicht die
1) Die Weglassung des zweiten Zusatzes bei dem Syrer kommt liier
noch nicht weiter in Betracht. Jedenfalls ist auch der Zusatz von A erst
später aus christologischem Interesse eingedrungen , so dass Syr. den von
Zusätzen noch freiesten Text bietet. Vgl. unten. Die betreffende Stelle ist
schon in Nicdners Zeitschrift a. a. 0. S. 17 ffg, und Liter. Centralblatt
1857, Nr. 7, S. 99 in der Kürie erörtert.
72 Upsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
einzig-e, in welcher Cod. Colb. ein Einschiebsel enthält, von dem
Lat. A noch frei ist. Cap. 6. lesen wir bei Colb.: ^äXXov ^oi
uno&avHV €ig X^mroV 'l7]Ooiv rj ßcxodeveiv zmv negarcüv jr^g yr^g.
Dann folgen bei ihm die Worte r/ y«p cocpeleiTui uvd^Qwnng, iuv
y.t(jöriari rov xon/Liov nXov , rip' de ipv/rjv uvtov Crjuiiod-fj ; Dies
ist ein Evangeliencitut, verhältnissmässig- mehr mit Matth. als mit
Luc. verwandt. Dieses Citat nun stellt auch bei Sim. Met. und
B; dagegen fehlt es bei Lat. A Arm. 1 Arm. 2 Timoth. Syr.
Fragm. II (p. 201). Es stehn sich also hier dieselben
Auctoritäjten wie in der Stelle aus Cap. 3 entgegen,
und der Zusatz von Cod. Colb. Met. B chaiakterisirt sich deut-
lich als eingeflochtene Bibelstelle, also ebenfalls wie im obigen
Falle.
Dergleichen Zusätze secundärer Art finden wir noch mehre
im Römerbriefc.
Cap. 4: Lat. A Syr. Arm. 1 Arm. 2 vvv (.lavd-dvo) dadt/Litvog
jLi?]div fni&vf,ieTv, dazu bei Cod. Colb. Met. B der interpretirende
Zusatz y.oa^iaov rj f^draior,
Cap. 5: das Einschiebsel uvaro^u}, diaiQtoeig nach den Wor-
ten nvg y.ai oruvQog d^rjfjuov je GvoTaaeig bei Cod. Colb. Met. B und
auch Arm. 2 ; weggelassen bei Lat. A Syr. Eus. Gr. Eus. Syr.
Rufin. Einen Mittelweg schlagen Arm. 1 und Fr. 11 (201) ein,
welche blos den Singul. öiaiQenig lesen. Es bedarf indess nur
eines kurzen Blicks auf den Satzbau der vorliegenden Periode,
um zu erkennen, dass Lat. A hier den richtigen Text bietet, wenn
auch ausnahmsweise im Stiche gelassen von einigen andern, ge-
wöhnlich mit ihm gehenden Zeugen.
Cap. 7 finden sich eine ganze Menge von solchen Einschieb-
seln. — Der Text lautet nach Lat. A so: uqxov &eov d^iXo), o iaii
aug"^ Xqiotov toü ex antQ^aTog /Jußld ' xul 7i6f.ta d^fho t6 aif-ia
avtov , o ioTiv dydnrj Hcp&ugrog. — Hiergegen schieben Cod. Colb.
Met. B, welche auch hier wieder zusammengehn, eine Reihe er-
klärender und vermeintlich vervollständigender Zusätze ein: ug-
Tov ov guv lov , cigr ov Km^j g nach ägrov S^eov S^eXw . augl^
^Itjgov XgtOTOv TOV vlov TOV d'tov für das einfache Gug'§
Xgiojov. yivof.iivov iv varegio zwischen tov und ex öntg-
f,iaTog. xui 'AßgudfL nach /Iaßi8. xix\ dewaog t,(x}ri zu Ende
nach licp&agTog. Von allen diesen Zusätzen weiss ausser Lat. A
auch Syr. nichts : Letzterer lässt obendrein noch die Worte tov
ex aneQ(.iaTog Jaß)8 weg. Arm. 1 und Arm. 2 stimmen eben-
falls fast allenthalben mit Lat. A gegen Cod. Colb. etc. : nur der
kritisch unbedeutendste dieser Zusätze, der leicht selbständig bei-
gefügt werden konnte, ^Irjoov , findet sich auch bei beiden; und
wenn ihre üebersetzung facti e prole Davidis wirklich yevo^e-
vov voraussetzte, so wäre dies noch eine zweite unbedeutende
üebereinstimmung mit Cod. Colb, Alle andern Zusätze fehlen auch
bei Arm. 1 und Arm, 2 : denn die Worte xut atvvuog ^wtj, welche
I
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 73
sich bei Arm. 2 finden, sind Glosseiu von späterer Hand, und
vermeintlicLe Ergänzung* eines unvoUständigen Textes.
Wir finden durch das Erörterte unsre Ansicht von dem Ver-
hältnisse der beiden Textgestaiten zu einander bestätigt. Cod.
Colb. kann nicht als Zeuge für die Familie A benutzt werden,
wenn es sich darum handelt, dem ursprünglichen, von Interpola-
tionen noch ziemlich reinen Texte auf die Spur zu kommen. Viel-
mehr bieten Cod. Colb. Sim. Met. mit B bereits einen
mehrfach interpolirten Text, und verrathen hierin eine
fremde üeberarbeitung des Ignatios , welche älter ist als der In-
terpolator von B , dessen Zusätze und Aenderungen weder Cod.
Colb. noch Met. kennen.
Oagegen bieten Lat. A Syr. Arm. l Arm. 2 Eus. Gr.
Eus. Syr. Syr. Fr. li Timoth. einen reineren , durch Zusätze
noch weniger inficirten Text, womit indessen noch nicht ohne
Weiteres gesagt ist, dass sie auch alle der Familie A angehören.
Was namentlich den Eus. betrifft, so gehört dessen Text den
Varianten zufolge zur Familie B, setzt aber eine noch zusatzfreiere
Gestalt desselben voraus. Der erste und der zweite Armenier
kennen der Zusätze einige; der Syrer hat einen einzigen bei
Lat. A fehlenden Zusatz, der indessen nicht blos durch Cod. Colb.
Met. B, sondern auch durch Arm. 2 seine Bestätigung findet.
Es sind dies die Worte iv avico nach dvaGTi]O0f.iui Cap. 4.
Wichtig für die Kritik ist auch der umgekehrte Fall» dass
bei Lat. A sich Wörter und ganze Sätze finden,
welche bei Cod. Colb. fehlen. Cap. L handelt es sich
um ein /litJ. Cod. Colb. liest mit Syr. 2 Arm. 2 Sim. Met. Lat. B
if^iol da dvoxoXov fort tov &eov innv/sTv , idvntQ vf^eig cpeiarja&e
fA,ov es ist schwierig für mich, Gottes theilhaftig zu werden, wenn
ihr meiner d. h. meines Lebens schont, mich dem Märtyrertode
zu entziehn sucht. Dagegen lesen Lat. A Syr. 1 Arm. 1 Gr.
B: — euvnsQ vf.iHg f.i^ q)eiarioS^a /liov. Es ist schwierig für mich,
Gottes theilhaftig zu werden, wenn ihr meiner nicht schont, d.h.
wenn ihr meine Bitte nicht erfüllt, durch euch am Märtyrertode
nicht gehindert zu werden. Man sieht, der Sinn kommt beide-
male auf dasselbe hinaus; indessen ist einleuchtend, dass die letz-
tere Lesart die schwierigere ist, und dass die Weglassung des
fi'^ leicht erklärbar, die spätere Einschaltung desselben aber un-
erklärbar ist. Ebenso urtlieilt auch Peter mann; dagegen be-
hauptet Uhlhorn ^) das Gegentheil, ist aber den Beweis für
seine Behauptung schuldig geblieben. — Cap. 3: der Zusatz
OTuv f.uorjTui vnb [xov] xoa^ov zu dXku (.ityld^ovg Igt)v ö Xqi-
OTiuvtofÄog fehlt bei Cod. Colb. allein; er findet sich dagegen
nicht nur bei Lat. A Timoth. Syr. Arm. 1 Arm. 2, sondern
auch bei B, nur dass der letztere Text 6 XQiojtavog liest und
1) l. c. p. 26.
74 Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios.
den weitern Zusatz bietet (fiXtixat nuQu &i(a , welcher einer ver-
schiedenartig^en Verbindung* der Worte seinen Ursprung verdankt.
(Metapbr. hat liier eine Lücke.) Wir werden gegen die Weglas-
8ung bei Cod. Colb., aber auch gegen den Zusatz bei B zu entschei-
den haben. Weniger bedeutend Cap. 4: die Weglassung des ^tc5
in den Worten tVce Sia rwv ogyavwv tovtmv d-tto &voia fvged^d.
Das Wort findet sich bei Lat. A Syr. Syr. Fragin. p. 296 Arm. 1
Arm. 2 Gr. B ; dagegen fehlt es bei Sira. Met. und Lat. B.
(Met. und Cod. 0 in marg. lesen dafür d^vaia xa&agu.) Die äus-
sere Bezeugung entscheidet für den Zusatz. In demselben
Capitel lesen Lat. A Syr. Syr. Fragm. p. 296 Arm. 1 Arm. 2
Met. (Cod. Paris. 1531) B UTiiXavd^eQog "Trjoov X^tarov ytvi^-
oofiai , wogegen Cod. Colb. mit allen Codd. von Met. yev^aof.iai
weglassen (Cod. Colb. lässt auch X^iarov weg). Auch hier ist
gegen die Weglassung aus äussern Gründen zu entscheiden. —
Die bemerkenswertheste Weglassung von allen aber findet sich
C ap. 6. Hier liest Cod. Colb. tov tov d^eov d^eXovra tivai xüa/nco jn^
Xagiarjad^e. Ebenso B (nur ohne rbv , und /ut nach ^Aoj/t«* ein-
schiebend; Met. hat wieder eine Lücke). Dagegen hat Lat. A
nach diesen Worten den Zusatz neque per materiam sedu-
catis, der ganz aus derselben dogmatischen Verwerfung der
Sinnenwelt als Princips des Bösen und ewigen Hindernisses alles
göttlichen Strebens geflossen ist, wie Cap. 3. die Worte ovdev
(patvofievov äyaS^ov, Derselbe Zusatz, den Peter mann in den
Text aufnimmt und durch ^^^* vXri l^anajuTt wiedergiebt, der
aber wol, wie unten noch weiter begründet werden wird, durch
jM?;^* iXt] naQall,TjX(oaf]Te zurückzuübersetzen ist, findet sich nun
auch bei Timoth. Arm. 1 Arm. 2 Syr. Fragm. JI (p. 201), also
bei allen den Zeugen, die, wie wir sahen, sonst in der Weglas-
sung von Zusätzen des Cod. Colb. B Met. mit Lat. A zusammen-
stimmen.
Das Ergebniss auch dieser Erörterung ist, dass für Lat. A
alles, was von syrischen und armenischen Versionen und Citaten
vorhanden ist, für Cod. Colb. nur Sim. Met. und B stimmen.
Wir gehn über zur Vergleichung einer Anzahl Abweichungen,
die nicht sowol in Weglassungen oder Zusätzen, als vielmehr in
einzelnen verschiedenen Ausdrücken und Wendungen bestehn. Inscr.
Cod. Colb. Gr. B y^giaTihvvixoq, Dagegen Lat. A Arm. 2 Syr. 2
XQKftovo^og, womit auch Syr, 1 Arm. 1 (perfecta in lege
Christi) übereinstimmen. Sim. Met. lässt die Stelle weg. Alle
Auctoritäten also, denen nach obiger Untersuchung der relativ
reinere Text zukommt, sind gegen die Lesart XQioTwvvfiog , welche
aus dem folgenden nmQwvv^og erst entstanden zu sein scheint').
1) Den syrischen Text glaube ich übrigens nicht mit C u r e t o n durch
7tenXT]Qüifi£V7j iv vofico Xqiarev a/xcifKOi^ sondern einfach durch xqiotÖvo-
fiog äfico/ios zurückübersetzen zu müssen. Hoffentlich empfiehlt sich diese
Legung von selbst durch innere Evidenz.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 75
— Wiclitig-er ist eine andre Stelle ans Cap. 2. Hier lautet der Text
von Cod. Colb.: luv yäg atconrjaTjxt an* ifiov, iyw yevi^öOf^ai d^tov '
iuv de igaad^rJTe rijg oagxog (.lov y nuXiv l'dOf^uL rgi^^iov. Den-
selben Text g-eben wiederum Met. und die säinmtlichen Codd. von
B. — Dag-egen beisst es bei Lat. A Cod. Caj., übereinstimmend
mit Sjr. 1 Syr. Fr. IV bei Johannes Mon. Syr. 2 Arm. 2: si
enim taceatis a me, ego ero verbum Dei, si autera desideretis
carnem meam, rursus factus sum vox. Anstatt d^eov lesen sie
also koyog d^eov, statt rgt/^MV vielmehr ^;^a oder (pvovr} *).
Zur Erklärung dieses Gedankens ist der bei Cureton p. 205 — 210
abgedruckte Brief des Johannes Mon. an Eutropios und Eusebios be-
sonders lehrreich, welcher einen vollständigen Commentar der Worte
lA^liD (verbum) und \\q (vox) enthält-). — Schwankend sind Lat.
A Cod. Mont. (nach dem üsher'schen Texte), welcher verbum
mit Cod. Colb. etc. weglässt, dagegen im zweiten Satze mit Cod. Caj.
vox für c u r r e n s liest ; und Arm. 1 „nam si siletis a me v e r b o ,
ego pars Dei fiam; sin vero corpus meum amatis , sum iterum
currens". Letzterer folgt also theils dem einen, theils dem
andern Texte, wie schon Peter mann gesehn hat^). Was
1) r)x,(o von Bunsen vorgeschlagen und von Petermann gebilligt,
hat den bedeutenden Vorzug, dass sich die andre Lesart xqsxcov daraus leicht
erklärt. Dagegen glaubt Cureton p. 291 sq. nachweisen zu können, dass
<pa»vri zu lesen sei , und bringt für das Vorhandensein des Gegensatzes XöyoQ
und fcovf} im patristischen Sprachgebrauche zwei Stellen bei, Orig. Opp. ed.
Delarue IV, 149 tcS xexQnrrjxÖTi rdHv ei^rjfiivcov negi rov (pojvrjv fiev
elvai TÖv^lodvvrjv, Xöyov Sa rov 'Irjaovv 8t,Xov k'arai. Pseudo - Basil,
Hom. adv. eos, qui per calumniam dicunt dici a nobis Deos tres (Opp. ed. Gar-
nier II, 612 c.) 6 'loävvrji tpiovr] fiev iXe'yero ßocovxos iv t^ iqi^fico^ av&Qca-
noi 8e ^v TTjv (pvaiv' fir) ovv avaiQBL 8iä to övofia tov Xoyov Trjv %ov
fiovoyevovs vTtoaxaoiv ; Indessen leuchtet wol ein , dass an diesen beiden
Stellen der Gegensatz zwischen Xoyos und tpouvr} eine ganz andere Bedeutung
hat, als bei Ignatios der Gegensatz zwischen verbum und vox. Der Beweis
für tpiov^ ist also nicht zwingend.
2) Vgl. insbesondre folgende Worte (in Curetons Uebersetzung) : „for the
W^ord belongs to the power of the intellect of the soul, but the Voice to
the conformation of the flesh. But because all bodies are of a nature without
a soul, on this account also tbey are without the Word; and because the con-
formation of their nature is flesh only, on this account they utter only the
Voice : for the Word is apart from all bodies , because the soul is separated
from them all. Because, therefore, the soul dwelleth in man only, for this
reason in man only is the Word found; but the Voice proceeds from the
warmth of the blood, in which consists the moving principle of the life oV the
flesh."
3) Petermann constituirt den Text [|j] JA^iQo] caJ.^ . OCA^Z • )
]ooi| (CTl^^ ]AJ.^* Doch ist vielleicht (Ajl^ aus dem Anfange von
cjlJ.^ und dem Ende von |A^^ entstanden, und der ursprüngliche Text
wäre: nam si siletis a me verbo, ego Dei ero.
76 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios.
aber den ersteren lat. Cod. betrifft, so ist nach der obigen Erör-
teruns^ der Cod. Caj. dem Cod. Mont. (soweit uns derselbe durch
den Üsher'schen Text erhalten ist) vorzuziehn. — Hiernach ist
denn die Entscheidung- durch die im Laufe der Untersuciiung- ge^
wonnenen kritischen Grundsätze an die Hand g-egeben. Der Tex(
von Lat. A (Cod. Caj.) Sjr. 1 Syr. 2 Arm. 2 ist auch der voi
züglichere; die Abweichungen bei Arm. l stellen sich als secun-
dar, eine üeberarbeitung verrathend, heraus; und bestätigt wird
diese Thatsache noch durch die Beschaffenheit des Textes von
Arm. 2, der ursprünglich wie Lat. A lautet, die Lesarten aber
„ego Dei sum" und „iterum ero currens" als Glosseme noch
obendrein beigefügt enthält, nach Petermann durch Correctur
von dritter Hand.
Nach allem bisher Erörterten scheint der Schluss sehr nahe
zu liegen, dass Cod. Colb. und Sim. Met. beide der Familie B
beizuzählen seien, dass also im Römerbriefe die Recension A
durch gar keine griechische Handschrift aufbehalten sei.
Allein ehe wir hierüber zum Schlüsse kommen können, müs-
sen wir die Varianten noch weiter vergleichen. Da sind zunächst
deren einige, in welchen die sonst so allgemeine Uebereinstim-
mung von Cod. Colb. und B nicht stattfindet. Cap. 3. ov naiaßovrj<;
z6 egyov Lat. A Syr. Arm. 1 Arm. 2 findet sich auch bei
Gr. B (Metaphr. lässt den ganzen Passus weg); dagegen liest
Cod. Colb. ov aiMTiriQ f.i6vov t6 l'gyov ganz allein (nur für das (.lovov
scheint Lat. B : „non solum in opere" ein Zeugniss zu bieten,
wenn auch ein sehr secundäres). — Cap. 6: ovdiv /liov wq)eXrj-
GH rar iQTivu rov xoofiov Cod. Colb. Met. Cod. 0 in marg. dage-
gen neQara Lat. A Syr. Fr. II (p. 201) Arm. 2 Gr. B. Ebendas. :
/.luXXov f4.ot dno&uvetv Cod. Colb. Arm. 2 xuXov Lat. A Syr.
Fr. II Timoth. Arm. 1 Arm. 2 auch Met. und B. — tlg *T7]govv
XgiaTov Cod. Colb. Arm. 2 (?). diu 7. Xg. Lat. A Arm. 1
Tim. Gr. B h Xqiotw ^Irjoov Met. Lat B. Ebds.: extt nagayt-
vo^tvog av&gwTiog &£ov iao/,iai Cod. Colb. Met. B; dagegen fehlt
d-tov bei Lat. A Tim., desgl. bei Arm. 1 und Syr. Fr. p. 296 («V-
&Qü)Tio§ lilfLog)^ vgl. auch Fr. II (p. 201) und Arm. 2. — Cap. 7.
Hier liest Cod. Colb. mit Met. Cod. 0 (am Rande) und dem
Men. Graec. ad XX. Dec. nai ovx h'oTiv iv e^ol nvQ q)i'K6'vXov^
vSmq Si l^wv xtX. Dagegen hat Gr. B für (piXovXov vielmehr
(ptXovv Ti, und ebenso liest Lat. A, der nur fälschlich vdcog mit
dem Vorhergehenden verband und „ignis amans aliquam aquam
sed vivens" übersetzte. Hiermit stimmen auch Syr. 1 Arm. 1
Arm. 2 zusammen, welche alle cptXovv ti [äXXo] voraussetzen.
An beiden Stellen offenbart also Cod. Colb. einen secundären Text,
einmal mit Met. , beidemale gegen ß. — Ausserdem finden sich
mehre kleine Zusätze bei Cod. Colb. und Simeon Met., welche
ebenfalls bei B fehlen, gleicherweise wie in den Auctoritäten der
Familie A. Vgl. Cap. 3: eav ydg xai evQi&d) Cod. Colb. (Sim.
Lipsius , über den sytischen Text der Briefe des Ignalios. 7 7
Met. lässt den ganzen Satz weg) gegen A (Lat. A Syr. Arm. 1
Arm. 2) und B. — Cap. 7: &eov, Zusatz zu nö/Liu bei Cod. Colb.
Met. und Cod. 0 am Rande gegen dieselben Zeugen. Aehnlich
Cap. 1: Idvneg d^iXrifxa xov d^eov fi Cod. Colb. mit Arm. 1 und
Cod. 0 am Rande gegen alle Uebrigen (Arm. 2 tov nvgiov).
Endlich Cap. 10 nach ^(nre/ußgicov lesen Cod. Colb. Arm. 1 Arm. 2
gegen Lat. A Met. B den Zusatz tovtIgtiv Avyovorov iixddi
TQiTJl, —
Hierdurch ist wenigstens der negative Beweis geliefert, dass
Cod. Colb. und Met. nicht unbedingt unter die Auctoritäten von
B gestellt werden können wegen ihrer theilweise eigenthümlichen
Lesarten.
Wir gehen noch weiter. Wir liefern den positiven Beweis,
dass Cod. Colb. in einer nicht unbedeutenden Anzahl von Stellen
dem Texte von A naher kommt, als dem Texte von B. Natür-
lich sind die im Römerbriefe ohnehin ziemlich seltenen Stellen
auszuschliessen, wo B Interpolationen der späteren Zeit verräth.
I n s c r. TQv fÄOvov d^tov uviov Lat. A Arm. 1 Syr. 2 Cod. Colb.
Met. für f.iovoyevovg Arm. 2 B — rjyanrjfnivrj Lat. A Syr. 2
Arm. 2 Cod. V in marg. Cod. Colb, Met. Tjyiaa/itevT] Arm. 1 B, —
xttTM dydm]v Lat. A Syr. 2 Cod. Colb. Met. gegen xaru nlaitv
y,at uyunfjv Arm. 1 Arm. 2 B. — tov &eov ij/uwv Lat. A Arm. 1
Arm. 2 Cod. Colb. Met. gegen tov d^eov xai awiT^gog rjf^wv
(beim Interpolator?) B. Cap. 2. nXioi^ (xot fi?] nagdü/eo'&e
Lat. A Syr. Arm. 1 Arm. 2 Cod. Colb. dagegen lassen Met. und
B das fÄT] weg (doch bietet B /tu statt (noi). — xaXov to övvai
Lat. A Arm. 1 Arm. 2 Syr. Cod. Colb. Met. Cod. 0 am Rande;
dagegen las B xaXcHv, und dann tov duxXv&^vai (Cod. Aug. und
Cod. B) oder tov dieX&tiv (Codd. Nydpr. FOV Lat. B). — ■ Cap. 4.
iycü ygu(p(jü Talg ixxX7]oiuig Lat. A. Colb. Met. f. y. ndaaig tuTq
ixxh B Syr. Arm. 1 Arm. 2 Tim. Syr. Fr. li p. 201 und p. 296.
Also an einer Stelle, wo die Unrichtigkeit von Lat. A unzweifel-
haft ist, stimmen doch Cod. Colb. und Met. mit ihm zusammen.
Ebds. ßoguv Cod. Colb. Cod. 0 am Rande, ßgt7)[xa Gr. B. — ugTog
ivged^ü) TOV XgiGTOv Lat. A. Timoth. Rufin. in einigen Codd. Cod.
Colb. Met. Cod. 0 am Rande, d^tov Syr. Arm. 1 Arm. 2 B. Iren.
— yivwfAai Lat. A Syr. Cod. Colb. Met. gegen B tvge&rjGüfiiat. —
hTuveva^Te tov XgiaTov Lat. A Cod. Colb. (tw Xg. Met.) und Cod. 0
am Rande für tov xvgiov B. Arm. 1 Arm. 2 Syr, Syr. Fr. p.
296. — xajdxgiTog alle gegen Gr. B {iXuxiGTog), — Cap. 5.
öedfutvog Lat. A Cod. Colb. hdtdefxivog Syr. Bus. Syr. Arm. 1 B.
Eus. — xai iv/ofiut Lat. A Syr. Eus. Syr. Cod. Colb. Met. gegen
a xai evx» Arm. 1 Arm. 2 B Eus. — ino(.iai Lat. A Cod. Colb.
Met. Cod. 0 am Rande für avvTOfia Arm. 1 Arm. 2 Syr. Syr.
Eus. B. Eus. — xaxal xo^uatig Lat. A Cod. Colb. Syr. für
xul xoXaaig B oder xai xoldaetg Met. — Cap. 6; tov nd&ovg
TOV &€ov (XOV Lat. A Arm. 1 Syr. Fr. p. 296 Arm. 2 Sever.
78 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
Timoth. Syr. Fr. IX XllI XIV Cod. Colb. — Dagegen XgtaTov
tov &tov f.iov B und Anastas. Sinaita, wol aus dogmatischen
Gründen geändert; Met, blos zov Xgiaiov. Eine besonders wich-
tige Stelle findet sich ferner Cap. 8. Hier lesen zunächst die
verschiedenen Manuscripte übereinstimmend: ova tu d^ikw xaiä
avd^Qwnovq ^fiv tovto de lazai, idv v/j.eTg d^tXTj07]Te (Gr. B d-iXrjTe),
Dann aber steht bei Lat. A Arm. 2 Cod. Colb. Met. und Cod. 0 am
Rande d^tXr^Gaxt ovv "va xal vfÄtTg d^tXf]d^iJTe (Lat. A lässt ovv
aus). Dieser Satz fehlt bei B und Arm. 1; erstere Codd. geben
dafür ein paulinisches Citat Xqigtw ovveajavQWftai* ^co de ovx
l'tt iyM, ineidtjTiaQ ^fj iv i/nol o XQiarog (Gal. 11, 19), welches
sich auch im Men. Gr. ad XX Dec. findet (Cod. 0 schliesst es
in Klammern). Das Citat kann kaum vom spätem Interpolator
herrühren; jedenfalls aber fehlte der Zusatz von A bei B, nur
dass ein Zeuge bei A (Arm. 1) mit B geht, und ein Manuscript
von B mit A. Die Stelle lehrt deutlich, wie die verschiedenen
Texte später unter einander gemischt worden sind. — In demsel-
ben Capitel liest ferner Cod. Colb. Met. mit Lat. A Arm. 1 Arm. 2
nach OTL uXtjd^wg "ktyio die Worte t6 äyjtvöeg GTOfJ-Uf iv w b najfjg
iXuXfjGev aXTjd^aig, und dann alirjGaG^a neQi i/nov. Die ersteren
Worte fehlen bei B gänzlich, und im Folgenden liest er xal vf-uTg
avveviuGd-e fxoi. Unmittelbar darauf Vva iniTvxct) bei Lat. A Arm. 2
Cod. Colb. Sim. Met.; dagegen hat B tVa zov Gxonov zvx,o>
iv Ttvtvftazi aylo). Beide Zusätze bei B gehören dem ursprüng-
lichen Texte an, denn ersterer wird durch eine Glosse zu Arm. 2,
letzterer durch Arm. 1 bestätigt. Endlich lesen Cod. Colb. Lat. A
Arm. 1 Arm. 2 eäv nu&co rj&eX^aaza, wofür B iuv nui^io TJya-
n^oaze bietet. Cap. 9. lässt B in (xovog avzrjv ^IrjGovg X^iazog
iniGxonriGii die Worte ^Ir^Govg XgiGzbg weg gegen Lat. A Arm. 1
Arm. 2 Cod. Colb. Met. ; für 7) vi.i(jjv ayanr} (Lat. A Arm. 1 Arm. 2
Cod. Colb. Met. hat B rj v^wv [ri\ dg avzbv (Lat. B iv avzw'i)
uyanri. Ebendaselbst fehlen bei B Arm. 1 die Worte zfi xazä
GfXQxa, welche bei Lat. A Arm. 2 Cod. Colb. Cod. 0 am Rande
Met. Syr. sich finden. Cap. 10 lesen Arm. 2. Colb. negl zwv
ngotX&ovTWV /m«, wofür B negl züv ngootXdovzMv ohne /u«, Arm. 1
einen mittleren Text nigl zwv ngoaX&ovzMV (s. Petermann zur
Stelle) bietet. Met. mit Cod. 0 am Rande zwv GvvtX&oizwv /not,
womit auch Lat. A zu stimmen scheint.
Ziehn wir nun aus dieser Darstellung das Resultat, so er-
gibt sich, dass Cod. Colb. keineswegs ohne Weiteres
der Familie B beizuzählen ist. Vielmehr sind trotz der
oben zusammengestellten Uebereinstimmungen mit B seine Ueber-
einstimmungen mit Lat. A wiederum so in die Augen fallend, dass
die Annahme eines äussern Verwandtschaftsverhältnisses mit A
unabweislich wird. Sonach bleibt nur eins von beiden möglich:
entweder gehörte Cod. Colb. ursprünglich zur Familie B und
wurde nach dem Texte von A durchcorrigirt ; oder er gehörte ur-
1
Lipsius, über den syrischen Text dei' Briefe des Ignalios. 79
sprüng^lich zu A, und hat eine Ueberarbeitung erfahren, die ihn
dem Texte B näher brachte. Sieht man nun die oben zusammen-
gestellten Varianten auf die eine oder die andre Möglichkeit hin
an, so kann der Entscheid nicht zweifelhaft sein. Die Ueberein-
stimmung mit B bezieht sich meist auf allerhand Einschiebsel, die
sich hei genauer Betrachtung zwar nicht alle, aber doch bei wei-
tem zumeist als späteren Ursprungs auswiesen ; die übrigen Va-
rianten aber sind mit Ausnahme von zweien oder dreien, die sich
ebenfalls sehr leicht als spätere Aenderung erklären lassen, kaum
der Rede werth. Dagegen bietet Cod. Colb. eine bei weitem grössere
Anzahl mit A geg^n B stimmende Varianten, deren Erklärung aus
späterer Correctur so gut wie unmöglich ist. Hierzu kommen
eine Reibe von solchen Varianten, die theils Cod. Colb. eigenthiimlich
sind , tbeils mit einer oder der andern zu A gehörigen üeber-
setzungen zusammentreffen (mit Arm. 1 oder Arm, 2).
Sonach folgern wir 1) Cod. Colb. gehört der Textfa-
milie A ursprünglich an. 2) der ihm zu Grunde lie-
gende Text hat eine spätere Ueberarbeitung erfah-
ren, welche insbesondre eine Reibe von Zusätzen
des Textes B herübergenommen hat.
Im Wesentlichen dasselbe ürtheil ist über den griechischen
Text des Simeon Metaphrastes zu fällen. Auch dieser setzt
ursprünglich den Text A voraus und stimmt mit dem Cod. Colb.
theils in den aus B herübergenommenen Zusätzen, theils in dem
grössten Theile der übrigen (mit Lat. A gemeinschaftlichen oder
selbständigen) Varianten überein. Einige wenige ebenfalls im
Obigen mit verzeichnete Varianten hat er indessen gemein mit dem
Texte B auch gegen Cod. Colb., insbesondre die Weglassung des
Zusatzes der Familie A o yäg &t6g tjinüiv xtX, (Cap. 2). Doch
werden diese aufgewogen durch einige Varianten mit Lat. A gegen
Cod. Colb. und B.
Bemerkenswerth ist endlich, dass sich in den älteren Editio-
nen Spuren von Manuscripten der Familie B erhalten haben, welche
von ihrer Familie in einer Anzahl Stellen abweichen. So insbe-
sondre Cap. 8 in dem Zusätze von A und Met. d^tXrjaaTt Iva xal
vfittg &tXf]&ijTe, desgleichen das xaiu aagxa Cap. 10 u. s. w.
An mehren Stellen ergeben sich bei B auch Varianten eines un-
genannten Manuscriptes, welche mit Sim, Met. allein gegen alle
übrigen Auctoritäten stimmen (vgl. Cap. 4 tw XgtoTM, Cap. 10
Twv GvvtXi^ovTwv (.101 xtA. *). Die nächstliegende Erklärung die-
ser Erscheinung wäre die Annahme einer ähnlichen Mischung des
Textes nur in umgekehrter Weise wie bei Cod. Colb.; doch sind
die Spuren, die uns über diese Manuscripte aufbehalten sind,
(in den von älteren Herausgebern angegebenen Varianten werden
die benutzten Manuscripte niemals genannt und noch weniger be-
1) Doch vgl. hieiTür auch Lat. A: de advenientibus mecum.
80 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
schrieben) viel zu unbedeutend und unsicher, als dass sich erheb-
liche Folg-erung-en daraus ziehn Hessen ^).
Werfen wir nun noch einen Blick auf die übrigen Auctori-
täten, so ergibt sich ebenfalls schon aus obiger Zusammenstel-
lung, dass dieselben zunächst die Zusätze von B Cod. Colb. Met.
grösstentheils nicht kennen, in dieser Hinsicht also mit Lat. A
zusammengehn. Dem Texte von Arm. und Syr. wird von uns je
eine besondre Darstellung weiter unten gewidmet werden: hier
beschränken wir uns für beide nur auf die eine vorläufige Bemer-
kung, dass hierdurch ihre Zugehörigkeit zur Familie A noch
nicht ohne Weiteres erwiesen ist, da der Fall denkbar wäre, dass
beide mit Lat. A zwar den zusatzfreieren Text, mit B aber eine
grössere Anzahl Varianten gemein hätten. Doch wird sich wenig-
stens für Arm. dessen Zugehörigkeit zur Familie A im Aligemei-
nen mit einigem Scheine aus den oben mitgetheilten Varianten er-
schliessen lassen.
Dagegen gehören unbedingt zur Familie A in ihrer
ursprünglicheren, durch die lat. Codd. verbürgten
Gestalt Timotheus Alexandrinus, Syr. 2 und Arm. 2.
Von Timoth. war schon früher (im zweiten Abschnitte) erwiesen
worden, dass die bei ihm vorliegenden Citate unabhängig von
einer syrischen Gesammtübersetzung der ignatianischen Briefe sind.
Sein Zeugniss wird mithin für die vorliegende Frage die Bedeu-
tung einer selbständigen aus dem Griechischen gemachten Ver-
sion in Anspruch nehmen. Die von ihm aufbewahrten Fragmente
des Römerbriefes sind : Cap. 3. ovdiv (paivofievov uyu&ijv — Cap. 4.
iavniQ vf.uig (xri xw^vriTe, Cap. 6. nakov f,ioi ano&aviiv dg Xqi-
Gxbv 'Itjaovv — zu Ende, also das ganze Cap. mit Ausnahme des
ersten Satzes, in allen diesen Abschnitten stimmt er buchstäbiicii
mit Lat. A in Weglassungen, Zusätzen und sonstigen Varianten,
mit einziger Ausnahme von Cap. 4: iyco ygcKfU) ndaaig ratg
ixuXriaiaii; , wo ndaaig ausser bei Cod. Colb. Met. auch bei
Lat. A fehlt, aber durch alle übrigen Auctoritäten Arm. 1 Arm. 2
Syr. B bestätigt wird ^).
Was ferner den von uns sogenannten zweiten Syrer be-
1) Obige Bemerkung über das Verhältniss eines Manuscriptes von ß war
lange niedergeschrieben, ehe ich die Dress el 'sehen Coilalionen benutzen
konnte. Ich tuge jetzt hinzu , dass jenes von alteren Editoren offenbar sehr
sorgfältig verglichene Manuscript wahrscheinlich der Codex Ottobonianus (0) ge-
wesen ist, der am Rande nach dem Texte des Sinieon Metaphrastes durchcor-
rigirt ist. Alle von mir früher notirten Varianten jenes ungenannten Manu-
scriptes finden sich wenigstens in den Randglossen des Cod. 0 wieder. —
üebrigens scheint auch Cod. Vat. hie und da Veränderungen nach dem Texte
von A erfahren zu haben.
2) So gut, wie gar nicht, in Betracht kommt für den Römerbrief S e v e-
rus, der zwar die Stelle Rom. 6. eniTQbtpaxe fioi fiifirjxriv elvat toü nd-
&ov<i rov d'Eov fiov mit A gegen B übersetzt, im Uebrigeo aber keine An-
haltepunkte zur Entscheidung bietet.
Lipsius , über den syrischen Text der Uriefe des Ignalios. 81
trifft, so ist schon oben bemerkt worden, dass sein freilirli nnr
bis g"egen die Mitte des 2. Cap. reichender Text aus dein Marty-
rium des Ig'natios genommen ist, völlig* selbständig von den übrigen
syrischen üebersetzungen. Jetzt fügen wir hinzu, dass auch er
mit r^at. A gegen die Familie B stimmt. Eine einzige Variante
stimmt mit Gr. B: die Einschiebung des dg niQug im ersten Ca-
pitel. Doch ist die Wortstellung so, dass hier nicht sowol eine
Uebereinstimmung mit B, sondern mit Syr. anzunehmen ist, wie
wir später zeigen werden. Eine Variante ferner mit Cod.Colb. Met.,
zugleich mit Arm. 2: die VVeglassung des /nij vor (ftio7jO-u.
Ausserdem finden sich allerdings noch allerhand andre Abweicbun-
gen von F^at. A , aber diese geben doch keine Varianten für Cod.
Colb. oder für Familie B, sondern sind theils völlig isolirt (inscr.
7jV y.ai acfnuCo^iai xil. Cap. 1. VVeglassung des didf^tvog etc.),
theils in Uebereinstimmung mit Syr. 1 und Arm. 1 (s. unten)
gegen alle sonstigen Auctoritäten, einmal auch allein mit Arm. 2.
(die üebersetzung des e%o) Cap 2 mit inveniam). Ueberall
aber, wo zwischen Lat. A und B zu entscheiden ist,
stellt sich Syr. 2 a u f d i e Seite von Lat. A.
Der zweite Armenier endlich bietet ebenfalls den Römer-
brief in den Märtyreracten des Ignatios. Sein Text ist, wie
schon Petermann gesebn hat, nicht aus dem Syrischen, son-
dern unmittelbar aus dejn Griechischen geflossen. Dadurch
gewinnt sein Zeugniss selbständige Kraft; werthvoll aber ist
es insbesondre auch dadurch noch, dass er nicht blos wie Syr. 2
ein grösseres Fragment, sondern den ganzen Römerbrief enthält.
Was den Text von Arm. 2. betrifft, so stimmt er mit Lat.
A in dessen Weglassungen eben so wie in dessen Zusätzen gegen
Cod. Colb. und B zusammen. Dagegen finden sich auffallender VVeise
zwei sehr secundäre Zusätze, nämlich Cap. 5. das Einschiebsel
uvaio/Lial diuiQtotigi welches in den altern Handschriften von Lat. A
ebensowol als von B (laut Eus.) fehlte, und Cap. 10 der Zusatz von
Cod. Colb, und Arm. 1 : Tovrirniv Axyovoxuv tixadi igiij]. In den
Varianten stimmt Arm. 2. mit Lat. A gegen B: inscr. -rjyanrifÄi-
rt]v, — ;^()/aTOi^O(UOC. — Cap. 2. Weglassung des uQtoai nach ^«w.
— ytvrjGoiLiui Xoyog &iov , und gleich darauf ^;ifw für t()*/w»'. —
fitj nuQua/i]ad^e. Cap. 3. ovdiv q)aiv6f.ievov ayad^ov mit dem Zu-
sätze 0 yuQ &t6g xtX. — xuTÜxQiTog. — Cap. 6. Weglassung des
d^eov vor i'ao(A(XL (aber für uvd^gwnog vielmehr angelus). Cap. 7.
imd^v/ntiTe. Cap. 8. tw &ea} XQfjjai *). —
Mit B gegen Lat. A: inscr. xatä niortv x«i uyuni^v. —
Cap. 1. ötötfj,lvog yag. — Der Zusatz dg negag oder ntguTog. — ^^
g)eiaj]a&e ohne (ntj. — Cap. 4. nüoatg Tutg ixxX7]ai(xig. — xa&u-
1) Auch mit Lat. A (und li) gegen Cod. Colb. : Cjij). 3. ov n^iufiovr^ t6
Bqyov. Cap. A. d" e. i^ &voin, Cap. 5^. furjSiv /us ^ij7.(öoai (^^tjlcaoai), Cap. 6.
T« ntQaxa, Cap. 7. iptXoiv ii \ß.XXo\. ' . '
Abhandl. d. DMG. 1,5. 6 .
82 Lipsius , über den syrischen Teacl der Briefe des Ignatios.
gng uqtoq d^tov. — uXtjd-wg für äXfjB-fjg (mit L a t. B, aber ge-
gen Gr. B\ — Xirav. rbv y.vgiov. — Der Zusatz h aviw zu
araoTi]oof.iai (auch mit Cod. Colb.). — Cap. 5. a xai ivyo(.iai. —
nvpToua. — Allein alle diese Varianten der letzteren Art beweisen
nicht ein Verliältniss der Abhängigkeit von B, weil Arm. 2.
sie entweder mit Syr. oder insbesondre häufig mit
Arm. 1, oft mit beiden, gemeinschaftlich hat. Hier-
aus folgern wir aber, in Uebereinstimmung mit mehren andern
weiter unten noch genauer zu entwickelnden Spuren, dass die
ursprünglich selbständig aus dem Griechischen
gemachte Uebersetzung des Römerbriefs späterhin
nach Arm. 1 corrigirt worden ist.
Dass übrigens spätere Correcturen ziemlich zahlreicher Art
mit dem älteren Texte von Arm. 2 vorgenommen worden sind,
beweisen eine Anzahl von Glossemen, welche sich neben der ur-
sprünglichen Lesart finden. Bemerkenswerth sind darunter fol-
gende: Cap. 2. findet sich neben der Lesart von Lat. A ego
verbum sum die Bemerkung „(aut ; ego Dei sum)" ; neben iterum
ero uicra vox das Glossem „aut: iterum ero currens)". Cap. 6.
neben der gewöhnlichen I^esart partus mens die missverständliche
von I^at A {toxoq für ToxtxoQ) „(aut: fenus et lucrum meum)";
Cap. 7. ignis araandi mit dem parenthet. Zusätze alienum quid-
quam ; Cap 8. ut assequar in Parenthese der Zusatz von B sco-
pum illum (jov oxonov). Die blos parenthetische Anführung sol-
cher Varianten ist freilich sehr ungenügend. Einmal bleibt die
Möglichkeit der Unvollständigkeit sehr nahe liegend; und nament-
lich möchten wol sämmtliche bei Lat. A fehlende Zusätze erst
später bei Arm. 2 eingedrungen sein; sodann aber ist man nicht
einmal davon vergewissert, welche Lesart von zwei nebeneinan-
der im Text stehenden die ursprüngliche war, da die blos paren-
tlietische Anführung in der Aucher'schen Ausgabe ebenso wenig
als das hie und da eingefügte aut hierfür genügende Sicherheit
bietet. So mögen namentlich in der Stelle Cap. 6. die Worte
,, fenus et lucrum meum" ursprünglich nach Lat. A bei Arm. 2
gestanden haben , und erst bei der späteren Correctur mag die
richtige Lesart partus meus aus Arm. 1 nachgetragen worden
sein, also grade umgekehrt, als gegenwärtig die Textgestalt bei
A u c h e r bietet. Wenigstens spricht hierfür der Umstand , dass
wol für eine üeberarbeitung des ursprünglich mit Lat. A stim-
menden Textes nach Arm. 1 vSpuren vorliegen, nicht aber für
einen Sachverhalt umgekehrter Art. —
Hiermit schliessen wir die allgemeine kritische Untersuchung
über die Textfamilien der ignatianischen Briefe ab, und geben
das Gewonnene nun in folgender kurzen üebersicht:
Zu Familie A: Für ep. ad Eph. Magn. Trall. Philad. Smyrn.
Polyc. : Lat. Cod. Caj-, als der relativ vorzüglichste; dann
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 83
F^at. Cod. x^ o n t a c u t. (bei üslier) ; Gr. Cod. Med,, Cod.
Casunat. , schon mehrfacli alterirt.
Tlieodoret, P s cu d o- A t li a nas i o s , Ue las Ins; die
syr. Citate bei Tiinotheos, Severus, Frag in l\ —
XIV. Spuren von früheren Textverscbiedenheiten auch liier
(insbesondre Eph. 7). — Vorläufig" Arm.
Für den Rönierbrief insbesondre: wiederum Lat.
Codd, Caj. und Montac. ferner Timotli., Syr. 2 ;
Arm. 1 (wenigstens in den Weglassungen und Zusätzen).
Arm. 2 ursprünglich genau nach F^at. A übersetzt, dann*
nach Arm. 1 durchcorrigirt.
Cod. Colb., Sim. Metaphr. und die Randbemerkungen
des Cod. Ott ob., ursprünglich mit Lat. A, aber in
einer nach B ergänzten und theilweise überarbeiteten Re-
cension.
Zu Familie B: die lat. und griechischen Codd. des interpo-
lirten Textes sämmtlich, sammt den patristischen Citaten, die
diesen Text voraussetzen.
Aus der Zeit vor den Interpolationen : Eirenaeos, Euse-
bios (in der Hauptsache), dies die ältesten Zeugen für einen
griech. Text der ignat. Briefe überhaupt.
M a X i m u s , Johannes 1) a m a s c e n u s , Antonius i\I e -
liss.a, als Repräsentanten eines noch von den spätem Inter-
polationen freien , doch schon mannichfach geänderten Tex-
tes. Alle drei, sicher aber die beiden letzten, stehn zu ein-
ander in einem engern Verwandtschaftsverhältnisse, und re-
präsentiren einen besondern Zweig der Familie B.
Antioc hos Monachos bietet einen mehrfach mit den
vorhergehenden verwandten , übrigens ganz secundären , und
aus A und B gemischten "^fext. Die Interpolationen in den
gegenwärtigen Codd. von B kennt er noch nicht.
b) Von der armenischen Version insbesondre.
Es liegt uns nun ob, das Verhältniss der armenischen üeber-
setzung der ignatianischen Briefe zu den beiden Textfamilien A
und B genauer zu ergründen. Die Untersuchung hierüber wird
uns den Weg bahnen zur Betrachtung der syrischen Uebersetzung.
Wenn der kürzere syrische Text nur Excerpt ist aus einer dem
Armenier zu Grunde liegenden syrischen Version , so müssen na-
türlich sowol Arm. als Syr. allenthalben in der Hauptsache der-
selben Textfamilie angehören, sei diese nun A oder B. Ebenso
müssen die Briefe und Abschnitte, welche bei Syr. und Arm. zu-
gleich sich finden, dasselbe Verhältniss einnehmen zu den vorhan-
denen Textfamilien, in welchem die übrigen Briefe und Abschnitte,
welche bei Syr. fehlen, zu denselben stehn. Hieraus ergibt sich
6*
84 Lipsias, über den synschen Text der Briefe des Ignalios.
die Nolliwendigkeit, eine Scheidung vorzunelimen zwischen dem,
was hei Syr. fehlt, und dem, was hei letzterem zugleich vorhan-
den ist. Wir haben zunächst ganz unabhängig vom Syr. die
Briefe und Briefabschnitte zu durchforschen, welche bei diesem
fehlen, und in ihnen das Verhältniss des armenischen Textes zu
den beiden Textfamilien festzustellen. Erst wenn dieses geschehn
ist, können wir uns mit den übrigen Briefen und Briefabschnit-
ten beschäftigen, die der Syrer ebenfalls bietet; dies aber wird
unmöglich sein ohne fortlaufende Vergleichung eben jener syri-
schen Textgestalt selbst, daher wir denn diesen Theil der Unter-
suchung passender dem nächsten Abschnitte vorbehalten, der von
der syrischen Recension insbesondre handelt.
Wir beginnen unsre Betrachtung des armenischen Textes mit
den 4 Briefen, welche bei Syr. fehlen, wobei wir nur Cap. 4. 5.
des Trailerbriefes vorläufig ausscheiden.
Zuerst der Magnesierbrief. Hier ist die ü ehe rein-
st immun g von Arm. mit dem Texte von A so in die
Augen fallend, dass sie kaum einer ausführlicheren
Begründung bedarf. Natürlich ist wiederum abzusehn von
den Interpolationen des Textes B, soweit dieselben sich mit eini-
ger Sicherheit ausscheiden lassen; die behauptete üebereinstim-
mung mit A hat also nur den Sinn, dass damit ein Gegensatz
auch gegen die ursprüngliche Textrecension B ausgesprochen
sein soll. Aber auch mit dieser — nach dem ganzen Entwick-
lungsgange unserer Untersuchung selbstverständlichen — Ein-
schränkung ist die bei Weitem überwiegende Uebereinstimmung
des Armeniers mit A ganz unzweifelhaft. Der Stellen, auf die
sich diese Thatsache gründet, sind so viele, dass wir nur die
allerdeutlichsten herausheben wollen. Cap. 1. ^iongtutOTtuTOV für
d^tiov xui nod^iivov. — Tov uQX^^^og tov aiwvog tovtov für das
einfache tov aiaivog tovtov, Cap. 2. avvdovXov für ov(.ißiw%ov.
• ^Q yßQ^'^'^ ^iOV Xai TM TlQtGßvTiQlM lOQ v6f.l(ß ^JtjOOV XqIGTOV
für ymX TM ngeaß. ;^a(J<T<. [Lat. B h x^Q'] ^^ov iv [Lat. B xui]
v6(.iM 7. Xq. — Cap. 3. xttT« dvvufÄiv für xaxa yvcofA.fjV, — entl
nvx oTi Toi^ fninxonov tovtov ktI. für ov yatQ tovtov) xtX, — Cap. 4.
xcxiovoi (wenigstens dasselbe Verbum bei Arm.), fürUyovai. — Cap. 7.
inoifjoev für nonT. — jLifjdev neifjuarjod^e fvXoyov ti qaiveo&ai xtA.
für iLU^de ti (fjaivlod^M v(,uv tvXoyov. — tv ttj ayunt] für fv nioTei. —
Cap. 8. ofÄokoyovfxtv xuQiv f.iri elXfjcptvui für aQvovfuel^a x^Q^^ dXri-
(fev(t(. — og x«T« navTa tlrjQfaTr,at für oc nuvTu xuTevrjQaOTriat
n. s. w. Hierzu lassen sich eine Reihe von Zusätzen fügen,
die Arm. mit A gemein hat, während B sie nicht kennt. So
Cap. 3. der Zusatz zo»' tu x^vqia eidoTa zu &i6v. — Cap. 4. (zum
Schlüsse des Cap.) die Worte diä xo f^i^ ßeßaitog xut^ ivToX'^v
avvuifQoil^tai^ui. — Cap. 6. yMt Toig nQOKa&rj^tvoig dg Tvnov xal
didux^v cx(pd^aQoiag. — Cap. 9. inel anb Trjg OQ/nijg eXeyx^rjaeTt. —
Cap. 13. (V viM xru naTQ) xal iv nvevfxaTi ev UQxfj xal iv TiXet
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignatios. 85
(hier hat Arm. den Zusatz obwol mit einigen Abweichungen). —
Cap. 15. Iniay.OTKn ^fnvgvaicüv. Wir könnten dieses V'erzeichniss
um ein Beträchtliches noch vermeliren; docli mögen diese Beispiele
genügen ; wenigstens sind grade die vorliegenden Stellen sämmt-
lich von der Art, dass man kaum bei einer einen Grund wird auf-
finden können , warum der spätere Ueberarbeiter sie hätte weg-
lassen sollen. Hierzu Hessen sich noch eine Anzahl von solchen
Stellen fügen, in welchen eine grössere Aenderung der Lesart
vorliegt, ohne dass man berechtigt wäre, die Schuld auf den
Interpolator zu schieben. So Cap. 7. diaqtl'^tndt bei B für ötu-
(fvyövieg i)eov Jtv^o^ie^u. — Cap. 6. uXXrjXovg uy(xni'iOa)fifv bei
B für (vTQfneGd^e aXh'iXevg. — Cap. 10. "vu ^irj o uXIütquk v/lkov
xv()uva7] für "va ^rj dtucfd^ugfj Tig iv ruiv u. s. w. In allen
diesen Stellen bietet Arm. den Text von A.
Andrerseits linden sich aber doch wiederum Einzelnheiten, in
welchen Arm. mit B stimmt. So fehlt bei B der Satz Cap. 7 ^vw-
f.itvog wv j ovTt di^ iavTov ovre diä twv ukogtoImv (sc. ovdiv
inoiTjaev), Hier lässt Arm. wenigstens die beiden ersten Worte
rjvw^uvog cov ebenfalls weg. Cap. 8 fehlen bei B die Worte äiöiog,
ovx ano oiyijg nQoaXd^wv , dafür nur ov Qr^rog , aAX* ovai(üd7]g.
Arm. und Sev. nun lassen beide das (aSiog , ovy. ebenfalls weg
(während Timoth. mit A es festhält). Sehr inshuctiv endlich ist
die Stelle Cap. 13 vnoidyrjTt rwin laxonu) y.ai äXXi^Xotg, wg^Iijaolg
XQiGTÖg TW naTQi xar« oufjxOy xal ol änooToXoi zw Xqiotm xai
TM nargi xal tw uvtif^iaxi, Vv« evwaig 7] aaQxr/.i] Tt xui nrevf^a-
TiXTj. Hier lässt nun B (abgesehn von der Variante zum Schlüsse
<Va evcüoig tj xaiu dtov h Ijluv) den ganzen Zusatz xaiä o(Xi)xa
— xat T(ü nvev^iuTi weg; Arm. aber bestätigt diese Weglassung
zwar nicht im Ganzen, aber doch in einzelnen Worten. Während
nämlich xui ol dn6aio7,oi reo XgiaTO) xa) im nuigi stehn bleibt,
lässt er im Anfange das xatu ougxa und zum Schlüsse das xui
T(h nvtvfLian weg. Dgl. Weglassungen ändern natürlich das Ur-
theil nicht, welches den Arm. der Familie A zuweist, aber sie
liefern wenigstens dafür einen Beweis, dass der Text von A nicht
so ohne Weiteres der allein giltige war, daher vielmehr durch sol-
che Weglassungen das ürtheil nur noch gekräftigt wird, welches
auch in der Textfamilie A eine Anzahl später eingedrungener
Zusätze fand , denen gegenüber B trotz anderweitiger Interpola-
tionen den reinen Text autliewahrt hat.
Varianten im Einzelnen, welche eine Ucbereinstimmung von
Arm. mit B erwiesen , sind im Magnesierbriefe ziemlich selten.
Abgesehn von sehr unbedeutenden Kleinigkeiten (Cap. 3. v^iug für
7j(j.ug. Cap, 10. xui für wg. Cap. 11. rjiuuc; für r(H(7c , vgl.l)i's. Cap. 3.
ov TiQOüiiXrjqxWag tt^v quivof.iivriv vfwrtQixrjv rd^iv, A, wofür Arm.
mit B 0^ n()()g ttjv (f'Uivo(M.tvr]v dq)0(jajvTeg vtujrjju haben , eine
jedenfalls richtige Lesart auch aus innern Gründen, wenn man
die vorhergehenden Worte vergleicht, wo die Magnesier gewarnt
86 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
werden /.irj ovyXQf^Cf^f*'^ '^fj rjXrxiu rov iniaxonov. Es ist also
vom Alter der Person, nicht vom Alter des Amtes die Rede;
und dass A von letzterem spricht, erweist sich als eine dogma-
tische Aenderung-. Hiermit endigt zugleich aller Streit über die
Auffassung der Worte vewrtgtxrj ru^ig. Cap. 8. liest Arm. mit B
yMTu vofÄOv ^lovda'r/.dv , während Lat. A xurä ^Iovduio(.iov , Cod.
Med. und Casanat. aber die aus beiden Lesarten entstandenen Worte
XMT« vofAOv ^Iovöaio(.iov bieten. In demselben Cap. lassen Arm.
und B in den Worten l^nvi6(A.tyoi inb rrjg )rä^ttog aviov das
uvjov weg.
Alle diese Varianten sind freilich bei weitem nicht im Stande, die
Üebereinstimmungen mit A aufzuwiegen ; ja sie würden nicht einmal
die Benutzung von Handschriften der Familie B durch den Armenier
erweisen, da in den oben besprochenen Varianten mit B Arm. wie
es scheint stets den richtigen Text bewahrt hat, dieser aber un-
abhängig von B auch in Handschriften von A sich erhalten haben
kann (vgl. insbes. das xaju rofiov ^lovduia/Lidv von Cod. Med.).
Allein ein andrer Umstand beweist allerdings eineBenutzung
von Handschriften der Familie B durch den Arm.
Es ßndeu sich nämlich mehre Stellen, in welchen Arm. einen
aus A und B gemischten Text bietet. Hierher gebort Cap. 3. die
Lesart ad hominem carnalem, aus ngog golq/m. von A und
TiQOQ av&gwnov von B zusammengesetzt. — Cap. 5: imago principis
huius mundi, aus tov x6o(a.ov tovtov (sc. xagaxjriQa) von A und
Hxovu TOV uQxovTOQ T?jg Tzovrj^iag (B) entstanden. Cap. 6. sumite
in vos similitudinem Dei et concordiam, wesentlich mit A {of^iot}-
d^Huv d^eov "kaßovTtg), aber aus B {h Ofiovotu) ist der Zusatz yMi
ofA-Ovoiav bei Arm. geflossen. Ebendas. auch die Lesart sed (cum)
amore Jesu Christi, näher an B «XA,* h Xqiötm *It](Jov, aber das
Wort uydnf] wol aus A herübergenommen, welcher uXX^ iv ^Irjöov
J^QiOTM aXXi^Xovg Sianavrog uyanäre liest. Endlich gehört hier-
her vielleicht auch Cap. 10. Hier liest A ftjv y.ax7]v ^v/uijv Tfjv
naXaiw&tioav xal ivo'ii'aaaav , Gr. B hat für die letzteren Worte
Tfjv TiaX.f TTiv a eafjnvTuv. Dafür liest nun Arm quod acidum
factum est (sc. fermentum) corruptione, las also beide Participia
ivo^ioaaav und GfOTjnvTav. Doch könnte dies lediglich aus dem
Texte von B hervorgegangen sein , da Lat. B quod corrumpit et
putrefacit bietet, also ebenfalls zwei Participia voraussetzt.
Auf alle Fälle geht aus dem Gesagten soviel hervor, dass
Arm. obwol er nach wie vor zur Familie A zu rechnen ist, doch
einem gewissen Einflüsse auch von B unterliegt, und mehrfach mit
B gegen A geht, mehrfach auch einen aus beiden gemischten Text
bietet. Dass diese Erscheinung einen secundären Ursprung von
Arm. voraussetzt, ist wol an und für sich klar.
Bestätigt wird dies noch durch einen andern Umstand. In
Stellen nämlich, deren Sinn durch schwierige Worte dunkel ist,
bietet Arm. gegen A und gegen B eine dritte Variante, die
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios. 87
gleichwol aus der Schwierigkeit iiirlit lierausliilft. So liest A
Cap. 3. avy/gäad^ui, B bietet dafür das wie es scheint erleichternde
yajucfQovHv, und Arm. hat das g-anz secundäre spectaie, wo-
durch der ursprüngliche Sinn keine Aufliellung erlangt. Aehniich
Cap. 10, wo Gr. A aXiod^fjva wol richtig liest; Lat. A setzt durch
seine üehersetzung salviücemini (für salificemini) dasselbe Wort
voraus. B liest urXiad^rjTe (Lat. ß exsultate) und Ann., wul nur
aus dem Zusammenhange rathend , conjungite v o s.
Hierzu lassen sich noch eine Reihe von Varianten fügen, die
Arm. eigenthümlicli hat: theils Weglassungen wie inscr. tv m
aana^O(.iai. Cap. 1. ayft\\ia)(A.tvog. Cap. 4. ßtßuuoq. Cap. 7. to g vor
inl tra ^TriGOvv Xqigtov. Ebendas. das kv xfi ;jap« xf] ufiM^ito
und ovTu xui, Cap. 8. tov viov uvror. Cap. 10. diu rovro — yevo-
/uevoi. Cap. ii. xul ßfßuiofg. Theils erl e i cb tern d e Zusätze, wie
Cap. 3. tantum zu orx avTwöi. Cap. 4 dtov zu xax IvTo'kriv, Cap.6.-
in fine temporum apparuit corpori für das einfache Iv Jtlti
{(pavr] u. s. w. Anderwärts ist die üehersetzung geradezu para-
phrasirend und interpretirend : so der Anfang von Cap 5: oportet
intelligere quod omnium rerum finis est für (tih ovv ifXog zu
ngayf-iaia e/tt. Ferner der Anfang von Cap. 6: et quoniam in eo
quod antea scripsi de episcopo et presbyteris etdia-
conis vidi omnem coetum vestrum plenum sancta fide et amore,
et peto a vobis ut in concordia et Deo faciatis omnia, womit man
den Text von A vergleichen mag: Inel ovv ev ToTg 7iQoyeyQaf.if.ie'
voig TiQOCfCünotg rö nuv nXrjd-og ed^ecoQrjGOL iv nianei xal dyunrjy
naQaivu) ev Ofiovoia &tov anovddt^ere ndvxa nQucativ, Cap. 8 : el
yuQ fttXQ'^ '^^'^ — Cwfiev schiebt Arm. wie es scheint ein Glossem
ein : sed nunc quando cognovimus veritatem, et etc. Cap. 9. wird
der Ausdruck xvqiuxtj durch Domini dies sancta et prima umschrie-
ben. Aehnliches findet sich noch in ziemlicher Menge. Zuweilen
wird der Ausdruck von A in verkürzter Gestalt wiedergegeben :
so Cap. 5. TO änod-uveiv eig to avxov nd&og durch pati et mori,
Cap. 9. tlg xuivoTTjza eXniöog ad hoc gaudium u. s. w.
Aus allem geht hervor, dass mindestens die armenische üeher-
setzung wie sie vorliegt, an sehr vielen Stellen einen ziemlich
secundären Text repräsentirt. Doch lässt sich freilich aus den
dem Arm. eigenthümlichen Verschiedenheiten nicht mit Sicherheit
auf die dem Arm. zu Grunde liegende syrische und hinwiederum auf
die dem Syrer zu Grunde liejj^ende griechische Textgestalt schlies-
sen , da vieles jedenfalls nicht auf Rechnung des übertragenen
Textes, sondern des üebersetzers selbst zu setzen ist. Hierzu
kommt dass der armenische Text selbst wie wir schon oben ge-
sehn haben, sehr im Argen liegt, und mannichfache spätere Aen-
derungen erlitten haben muss. Indessen lässt sich trotz alledem
die Thatsache nicht umstossen, dass der Armenier eine
zwar ursitrünglich aus A geflossene, aber bereits
mehrfach gemischte Textgestalt darbietet.
88 Lipsius, über dan syrischen Text der liriefe des Ignalios.
AiKlrcrscits gelin wir jedoch keinesweg-s so weit, beliaupten
zu wollen, dass Ann. nirg^ends den . richtigen Text gegen Cod.
Med. auflicwahrt habe. Schon oben haben wir gesehn, dass er
an einigen Stellen mit B eine vorzüglichere Lesart bietet. Dein
fügen wir jetzt noch weiter hinzu, dass er auch mannichfach Ver-
derbnisse des Cod. Med. (und Casanat.) aufgezeigt und gegen
diese Autorität den Text von Lat. A aufrecht erliält. So liest
er Cap. 6 xbi^ nXrjoiov mit Lat. A B Dam. gegen tm nlrjaiov
Med. — Cap. 7. {h uydnif) rfj dg^TrjGovv Xqigtov mit Lat. B gegen
elg eoTiv ^Trjoovg XQioiog Med. — Ebendas. tlg tva vaov mit Lat. A
(vgl. auch B (hg dg dg jov vabv) gegen Med., der eva weglässt. —
Cap. 9. die Weglassung des ^carjv vor l^wvreg. Cap. 10. oGf-i^g
mit Lat. A für og/urjg. Cap. 14. nagexuleaa für naQexiXivau.
Cap. 15. ddtuxQiTOv für Siuxqitov.
Wir wenden uns jetzt zum Trallerbriefe. Auch hier
geht Arm. in der Hauptsache mit A gegen B: nur ist
es theilweise schwierig, zu erweisen, inwieweit die Abweichungen
des Textes B von A und Arm. eine ursprüngliche Textverschie-
denheit waren oder erst durch den üeberarbeiter hereinkamen. Zu
den ursprünglichen Varianten lassen sich indessen mit einiger Sicher-
heit folgende zählen : Inscr. iv aagxl xai aijuari für ev oagxl xai
nvevfiaii. Cap. 1. iövjXcoafv fxoi für das einfache fcJTjXwff«, — tvvoiav
ohne vfj.(Jüv. — (.uixriTug ovrag d'eov für /.i, o. ^Irjoov Xqlgtov tov gm-
TfJQog. Cap. 2. ot' äv ydg rw Ittighotim vnoTaGGtGd^t für die imperat.
Form tCo entGx. VTioraGGiGd^a woraus sich dann bei B eine weitere
Aenderung ergab. wgntQ noiHie für onantQ noitiie (Lat. B lässt
dies ganz weg). Cap. 3. ofioiwg nuvTtg ivTQsntG&MGav xovg öiu-
xovovg (xtg ^I?]Govv Xqigtov für vfxtig de eviQtmGd^a avTovg wg
^TtjGovv Xqigtov. — ov xaXtiTui (auch Antioch.) für (xXtxTT] ovx Igtiv,
Cap. 6. ägneg &avdGtfj,ov (puQfxaxov Sidovieg fAträ olvo(.uXtTog für
(ogntg olvo^sXni xwvetov xtgavvvvxtg (doch las auch Arm. wol xe-
gavvvvxtg für öiöovreg). Cap. 7. ovrog ov xad^agog Igti rfj Gvvei-
ÖTjGei für 0 xoiovTog f.U(.uavTai Tfj GVveiöriGU Cap. 8. ngavnd&eiav
für ngaoTfjTu, — \'vu fj.?] — to iv dtco nXT]&og ßXaG(prjf,i7]Trxi für Vj/a
f^iTj — 6 Xoyog xal tj öidaGxakia ßXaGq)rjf,iiJTai (die Lesart von B
auch bei Dam.). Cap. 9. tov ix ylvovg /Jaßlö für tov yivofxevov ix
^aßiö. (Lat. B beides : qui factus est ex semine David). Cap. 10.
avTo\ ovieg to öoxttv für ov tm ovti. ti de tv/Of-iai für xal tviof.iai.
Cap. 12. iv Tjj o/Ltovoia vficov xal Tfj (xtT* uXkrß.{xiv ngoGtvxf] für
iv xfi of.iovoia Tfj ngog dXh^Xovg xal T/y ngoGev^fj, Cap. 13. (.ivri-
(.loviviTt iv TuTg ngoGEv/uTg vf.i(ov für fivTjfnovtveTe rjfiwv. Doch
macht dieses Verzeichniss auf Vollständigkeit keinen Ansprucli,
vielmehr Hessen sich wol nocli manche Varianten von B dem In-
terpolator streitig machen und dem ursprünglichen Texte B vin-
diciren, wodurch dann der Unterschied von Arm. nur um so grösser
werden würde. Auch einige Zusätze von A kennt Arm.,
die bei B fehlen: so Cap. L das tag ^yvtoj^ (ündet sich jedoch
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 89
bei Lat. B). Cap. 3. T/;g ayanriQ v^ojv (auch bei Lat. B). Ferner
der ganze letzte Satz Cap. 11 : ov övvajat ovv xecpaXr] xwQig yevvt]-
d-rjvai uvtv intXoiV rov &tov e'vwaiv inayyilXof^ihov, og imiv avxög.
Cap. 13. die Worte aig ttj hroXfi zu reo tniaxoniü.
Dagegen sind die U ebe re i n s ti ni in u n ge n mit B wieder
sehr unbedeutend, wenigstens der Zalil nach. Cap. 3. die VVeglas-
sung des ntQi (hv vor niniia(.i(u (wenn dies bei B allein fehlte,
würde man es auf Rechnung des üeberarbeiters gesetzt haben).
Cap. 6. vieileiciit y.igavvvvxig für J^JöyTtf (s. oben). Cap 7. ngtoßv-
TiQMv (Plur. für Sing.). Cap. 10. uga yMiayjivdojiiai ohne ov, wo
übrigens auch wSeverus mit B geht, und die Lesart von A jeden-
falls einen Irrthum enthält Cap. 12, für eig Tijurjv nurgog ^Irjaüv
XgiOTOv schiebt Arm mit B ein xu) ein, bietet aber noch einige
andre Abweichungen , die B nicht kennt (letzteres wiederholt fig
Tt(.irjv). Ebendas. v(.iTv für Iv v/luv. Cap. 13. o nurtjQ ^IrjGOv Xqi-
GTOv für 0 71. fv *Irjaov Xqiotm. — evQt&ti}]jLttv für evQe&eitjre. —
Uebrigens liest Arm. mit B in demselben Cap. auch ,eQQ(0(7&e Iv
KVQiayTrjaov Xqiotm , gegen A, welcher h' xvqim weglässt. Doch
ist diese Uebereinstimmung nur zufällig, da Arm auch sonst o
xvgtog oder o xvgiog jj^kov zu dem Namen Christi hinzuzufügen
pflegt, wie denn überhaupt bei dem Namen Christi ein so bedeutendes
Schwanken der Lesarten staft findet, dass darauf ein Argument
für die eine oder andere Textfamilie nicht gebaut werden kann.
In Uebereinstimmung mit dem bisher gefundenen steht es nun
aber, wenn auch im Trallerbriefe wieder eine Reihe von Stellen
sich finden, wo Arm. beiderlei Familien voraussetzt, oder sonst
einen secundären Text bietet So liest er in der Inscr. mit A iv
aagxi xal (u/liuti, lässt aber mit B das xal tm nd&ei weg, wel-
ches B weiter unten nachbringt und gleich darauf bietet er statt
ev Tjj Big avTov avumaafi vielmehr Iv jf] uvamuGei avjov , wo-
mit verglichen werden mag B: Iv nd&d im öiä ütuvqov xui d^a-
vÖltov xal uvaöTVLnti. Arm. ist hier ebenso wenig im Rechte als
B, und der Text von A als der schwierigere verdient den Vorzug.
Cap. 1. hat A ov xard XQrjoiv , dX^u xaiä cfvoiv ^ B. ov xutu
XQTJoiv, dXXfx xaxd xxT^aiv. Arm. das ganz secundäre non va-
nitate sed sagaci sapientia. — Cap. 3. eine der verzweifeltsten
Stellen, die auch Arm durchaus nicht ins Reine bringt. Ignatios
sagt hier nach dem Texte von A von dem Bischöfe der Trailer:
ov loyiC^o^ai xui rovg dd-lovg hjQtntadui^ uyanajvxag, (hg ov q)ei-
öo/iiui tüLVxov noxegov , dvvdfxtvog yQuq)eiv vneg xovxov, tfg xovxo
(o^&i]V , 'Iva OßV xaxdxoixog wg dnonxoXog v(.iiv öiaxdaao(.iui. Es
leuchtet ein, dass die Worte, wie sie hier stclin, unsinnig sind.
Lat. A bietet buchstäblich denselben Text, indem er, ebenfalls
bis zum Unsinn, treu übersetzt: quem existimo et im|)ios revereri.
Diligentes quod non parco ipsum aliqualem , polens scribere pro
illo ; in hoc existimet, ut existens condemnatus, velut apostolus
vobis praccipiam. Nur das in hoc existimet für tlg xovxo wrjdijv
90 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
und der Conj. praecipiam weichen in etwas von Gr. A ab. Den-
selben Text g^iebt nun B in folgender Gestalt: -^v (so Codd. BFOV)
loyit,ofiui — ivTQfTieod^at. ^Ayaniov vf.i(y.g , (peido/nat ovvTovojTeQOV
imareiXat, ^Iva (xt] do^oo tigIv eivui nQOoavTTjg i] enidtrji;. /Jtömui
(Xiv diu XgtGTOVy ulV ovölnw Xqiotov u§t6g d(.u • iuv de reXiuoi^w,
Tu/a yev7ioo(.iat, ovx tog unooioXog diuzdotro/nui. Ebenso Lat, ß :
... quia autem dilig-o vos, parco frequentius vobis scribere: ne
videar aliquibus contrarius aut taedlosus esse etc , also wÖrtlicb
mit Gr. B Aus einer oberflächlichen Verg-Ieichung- erg^ibt sich,
dass B im Verlaufe der Stelle einen so abweichenden Text bietet,
dass daraus sehr wenig für die Kritik entnommen werden kann.
Wichtig-er dagegen sind die ersteren Worte, indem sie wenigstens
für ayantoviag cog ov q)tiöo(.iai die Lesart dyauMV vfiug (ftiöofj.cn,
statt des unsinnig-en euviöv noTtgov aber owTovomgov herstellen.
Es leuchtet jedoch ein, dass damit der Text im übrigen um nichts
gebessert ist. Vergleichen wir nun den armenischen Text, so
lautet er folgendermassen : atque quoniam amo vos, parco vobis
scribere vehementer (vaiide) et gloiificare. Sed et non sum suf-
ficiens sicut apostolus praecipere vobis, quoniam vir aliquis (unus)
condemnatus sum. Diese Uebersetzung gibt ebenso wie B einen
leserlichen Sinn: griechisch würde sie lauten: xui uyanwv vfxug
(f)döo(Äai vfxTv ovvTOvcoTiQOv y(jd(petv [iniOTtiXai) xai do'^dl^iiv. I4lld
yai ovK aS,ibg eifzi cog dnooTo'kog dtaTuaoeo&ai y.aTÜxQiiog dir.
Allein dieser Text kann nicht der ursprüngliche sein. Bietet
auch der Anfang der Worte den durch B gesicherten richtigen
Text, so ist dies schon weit zweifelhafter mit ovx a^iog h/lu (so
scheint nämlich der Text hergestellt werden zu müssen, nicht ovx
M^&f]v oder ov övia/j.at wie Petermann will , der übrigens auch
das (ig tovto irrig wie es scheint aus dem quoniam herleitet).
Dieses scheint aus B eingedrungen zu sein uXX^ ovötnw Xqigtov
aS,i6g df-u. Ganz unverständlich ist das xai 6o'E,uleiv , welches
sich aus 'Iva ilitj öo'^w von B erklärt. Vielleicht floss do'^co
und a^^iog in ein W^ort zusammen. Arm. brachte aber letzteres
noch einmal. Endlich aber und dies ist das Wichtigste, kann aus
dem Arm. der Text von A nicht im Entferntesten erklärt werden ;
man sieht nicht ein, wie bei der Lesart von Arm. die Corruptionen
von A entstehen konnten. Dagegen hat es umgekehrt die höchste
Wahrscheinlichkeit, dass Arm. mit Hilfe von B den Text erträg-
lich herzustellen suchte, mit Weglassung einiger, wie es schien,
sinnstörenden Ausdrücke. Die Herstellung des ursprünglichen Tex-
tes ist in sehr verschiedener Weise versucht wurden. Die älte-
ren Conjecturen von Salmasius, Pearson, Toupius , Junius s. bei
Jacobson. Dressel will lesen: ov Xoyi^of^ai xa) lovg dd-eovg
ivzQintad^ui [ov fxovov vfxäg ovg dyanw], uyandJvTag^ Mg ov cptidofnui
tavTov. UoTiQOv dvvä^tvog xtX, An der Herstellung des üebrigen
verzweifelt er. Peter mann conjicirt: dyanwv v/xug qjeiöofiai
avviovwjeQov yQdq)tiv Svvd(j,ev6g ntQ tovto {cog cp-^S-i^v), 'Iva fi^
Lipsius , über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios. 9 1
wv xurdxQtiog wg unoaxo'kog vf^Tv dtazuaacof^at. B u n s e n : aya'
nujv vf.ußv q)ddo(.iai, 2vvTOvwTeQov dvvufxtvog yguiptiv vntQ tovtov,
[diu rovTo] dttv ovk loridriv, ''Iva jlit] wv y.uxaxQiTog wg anöcToXog
vfÄiv öiaraoocof-iai. Die Bunsen'scLe Conjectur ist relativ immer
noch die Vorzüglichste von allen. Doch könnte der Text B in dem
"va fAt] do^w [naiv] wol Recht hüben; und folgende Conjectur
mag wenigstens zur Krwägung anheimgegeben werden : ayancuv
vfnäg g)aidofLiai vf-iiov , xal owTovcuiegov ygucfHv dvvdf^evog [vnfQ
tovtov], öiä TovTO (oder ^711 tovtm) ovk tßovXr^d-riv^ 'Iva jurj do§w
[tio}v] MV xuTaxQiTog tu? unüOToXog v^Tv Siuzuaatad^ai, Das ißov-
Xi^&r/V konnte durch das wjj^jyv verdrängt worden sein ; für 7va (xt]
d6'%M Tialv war vermuthlich 'Iva (xrj olri&fiTig, oti — öiaTaoaofiai
eine Variante ^ ), und aus der Umstellung der W^orte gingen dann
die Lesarten wtj&ti und (o^&rjv hervor. Merkwürdig bleibt jeden-
falls, dass weder Gr. A noch Lat. A unmittelbar vor ah xaTu-
xQiTog eine Negation verräth, welche doch für den Sinn nothwendig
ist: unsre Vermuthung, dass zwischen 'Iva und lov xaTaxgiTog
etwas zu ergänzen sei, wird dadurch bestätigt. In tig tovto ferner
steckt jedenfalls ein Fehler, wie auch Lat. A zu verrathen scheint,
der eher ev tovtm gelesen haben mag: enl tovtm dafür dürfte
sich am meisten empfehlen. Das vneQ tovtov endlich, welches
sich, wenn es acht ist, auf den Bischof der Trailer zurückbeziehn
muss , konnte leicht vor tni tovtm ausfallen.
Mag man indessen diese Herstellung des ursprünglichen und
Erklärung des verderbten Textes billigen oder nicht, soviel steht
jedenfalls sicher, dass der Arm. vielleicht zwar Spuren des ur-
sprünglichen Textes, die auf das Richtige führen können, noch
erhalten hat, in der Hauptsache aber einen ganz secundären will-
kürlich erleichternden und ändernden Text darstellt.
Wir wenden uns jetzt zu der Betrachtung zurück , von wel-
cher vorstehende Erörterung ausgegangen war. Zu den Stellen
in welchen Arm. einen secundären Text verräth, gehört ferner
Trall. 6. ol xaiQol naQtf.in'kixovaiv ^Ti]Oovv XQiaxbv, wofür Arm.
iam commiscent personns suas cum Jesu Christo, d. i. wahrschein-
lich 01 tavToTg naQe/nnXexovaiv 7. Xq. bietet. Wir haben schon
oben, als vom Verhältnisse des Cod. Med. zu I^at. A die Rede war,
gesehn, dass die richtige Lesart ol xal lotg €(ÄnUxovGiv 7. Xg,
bei Lat. A und B sich erhalten hat, während die von Arm. vor-
ausgesetzte Lesart 01 eavroTg nichts als eine secundäre Variante
für ol xal ioig ist. Cap. 7. liest A xal olaiv a/MgloTotg &tov
1) Mab könnte überhaupt auf die Vermuthung kommen , den Text ur-
sprünglich so^ zu gestalten : /^7ri rovrq> ovx ißovX^d-rjv, Iva ///} oirjd-ij ris
Ott mv xaräxQiroe cbq anoaroloi vfiiv (fiaxdaoofiai , womit die Lesart von
Lat. A (^ijd-ri, der Indicativ von Gr. A Siardaoo/uai, und ebenlalls die Weg-
lassung^des /irj unmittelbar von cos stimmen würde. Doch ging die andre
Lesart iva firj 86^co xtX. wol frühzeitig neben her, und lag mindestens dem
Armenier auch zu Grunde.
92 LipsiuSf über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Tfjaov Xqigtov, B bietet dafür a/Mglatoig i^tov, mit Weg^Iassung
von "IriGOV Xqiotov und Arm. lässt S^eov weg^ und hat d/. *Tr]aov
Xqigtov. IVIan könnte liier nun allerdings auf die V^ermuthung^
kommen, dass der Text von Ä secundär, und aus dem von Arm.
und B g-emisclit wäre, ünmög-lich wäre dies nicht grade, aber
doch nach allem, was wir von dem Verbältnisse der Texte zu
einander schon wissen, unwahrscheinlich. \ ielmehr ist das Ver-
hältniss grade das umg-ekehrte: B Hess 'Tt^gov Xqigtov weg, weil
er die Bezeichnung- Christi als Gott schlechthin allenthalben zu
vermeiden sucht, und aus einem ähnlichen Grunde kann S^eov in
der von Arm. benutzten griechischen Handschrift weggefallen sein,
üebrigens ist bereits früher bemerkt worden, dass an solchen
christolog. Stellen die Lesarten der verschiedenen Auctoritäten oft
bunt durch einander gehn , also auch keine sichern Schlüsse dar-
aus zu ziehen sind. Wichtiger für die Kenntniss des Textes von
Arm. ist folgende Stelle aus demselben Cap. : o evTog d^vGiaGT?]-
Qiov MV, xa&aQog Igtiv ' tovt^ Igtiv, 6 /^(JüQig iniGy.onov xul nQi-
GßvTiQlOV Xal SiaXOVMV TIQU.GGMV Jl , OVTOC OV XU&aQOQ tGTl T]]
avvitöriGfL. So Gr. A. Dafür liest Lat. A : qui intra altare est,
mundus est: qui vero extra altare est, non mundus est: hoc est,
qui sine episcopo et presbytero et diacono operatur aliquid, iste
non mundus est conscientia. Dagegen Gr. B : o ivToq tov itv-
oiuGTTigiov a)v, xa&agog tGxi' öio xul vnuxovti tco iniGxono) xal
Toig TiQiGpvTiQoig' 0 ot ixTog wv, ovTog tGTiv 0 xcogig tov eni-
oxonov xal twv nQtGßviigiav xul tmv diaxuvcov ti nguGGwv b
rotovTog (xi^iiavTai rrj GvreidrjGeti xal I'gtiv uuigtov /aigMv. Ebenso
Lat. B, nur dass er qui euim intra altare est constitutus, episcopo
vestro et presbyteris und endlich qui vero extra altare est con-
stitutus liest. Offenbar sind hier die Worte dio xal — ngtGßvxi-
QOig und xal — x^igwv später eingeschobene Zusätze 5 dagegen
hat B mit Lat. A das 0 de exTog tov [tov &VGiaGTi]giov] gemein.
Vergleichen wir nun hiermit den Armenier, so gestaltet dieser den
Text wie folgt: nam omnis, qui est intus altare, mundus est
mente; et qui operatur aliquid sine episcopo et sacerdotibus im-
purus est corde. Er bietet offenbar einen leserlichen Text: mit
Lat. B las er übrigens 0 ydg IvTog xtX. ; ferner Hess er xal tcov
dtaxorwv weg, und interpretirte das xa&agog (gti durch den Zu-
satz mente. Wichtiger als alles dies aber ist, dass er mit Gr. A
das 6 di exTog tov tov &vGiaGTrjgiov nicht las , und ausserdem
auch das tovt^ Igtiv^ welches Gr. A und Lat. A haben, wegliess.
Jedenfalls war nun der ursprüngliche Text: 6 ivTog d^vGtaGTtjgiov
wv xad-agog Igtlv^ 0 öe exTog wv d^vGiaoTrigiov , tovt* Igtiv, 0
X^glg iniGxonov ... nguGGWv ti , ovTog ov xa&agog (Gti ttj gvv-
iid^oei. Bei Lat. A findet sich ein Zusatz zu 0 Sa exTog wv
d-VGiaGT7]Qiov , der den Satz concinner machen sollte, in Wahrheit
ihn aber verdarb: ov xa&agog fGTiv; bei B, der den Zusatz von
A nicht kannte, finden wir eine Correctur, ovtog tGii für toit'
Lipsius , übe) den syrischen Teil der Briefe des hjnalios, 93
foi/, woraus sich dann die Notliwendigkeit ergab, den Satz nach
ngäoGcov ti abzuschliessen , und statt ovtoq das für einen neuen
Satz bezeichnendere o Toioizog zu wählen. Gr. A änderte nichts
am Texte , aber die Worte 6 di ixTog o)v Övaiumrjgiov fielen
durch ein Versehn wesi;. Arm. hatte den Text von Gr. A vor
sich, ohne diese Worte; er sah ganz richtig ein, dass nun das
tovt' iaiiv sinnlos war, und liess es also ganz einfach weg.
Folglich muss das von ihm vorwiegend benutzte griechische Manu-
script von A ein mit Cod. Med. sehr verwandtes gewesen sein :
er erlaubte sich aber, den ihm gebotenen Text durch Aenderungen
sich zurechtzum.'ichen. Ferner Cap. 9: og xui uXr]&cü<i r^yi^d^Tj
«710 vtxQMV, eyeigavTog uviov jov naxQOQ uvtoVj xarä to 0(j.oiw(A.a,
og nai fif.iog xovg ninTtvorTag aviio ovzdjg iyeQH o naT^g avxov
fv Xgiajco ^Tfjnov, ob /coi^ig to uXrjd^ivbv CfiV ovx e'/ofiev» Gr. A.
— Grade so Lat A, nur dass er xwt« to ojuoi(Of.iu offenbar rich-
tiger hinter das zweite of ;?«/ stellt. Dagegen liest Arm.: et vere
resurrexit a mortuis, et quem resuscitavit pater, itidem et nos
credentcs in eum secundum eandem rationem resuscitabit sine quo
non est cuiusquam vivere veram vitam. Auf Grund dieser Lesart
lässt nun Peter mann nach dem Vorgange von Markland und
unter Zustimmung Dresseis die Worte o naii^Q uvtou iv Xgt-
OTM ^IrjGou als späteres Glossem aus, und stellt im übrigen den
Text von Lat. A her. Allein es ist gar keine Nöthigung zu jener
Auslassung vorhanden, obwol man den Grund sehr wol einsieht,
warum sie Arm. beseitigte. Er hielt sie nämlich ebenso wie später
Markland für überflüssig ^ ). Allein der Arm. verräth selbst durch
seine Lesart itidem et, dass ursprünglich wg y.ui im Texte stand,
wie schon Smith (unter Zustimmung von Jacobson wie es
scheint) ganz richtig vermuthete. Ist aber dies der Fall , so
ist die Auslassung jener Worte zwar wol möglich, aber durch
nichts gerechtfertigt, und den Armenier trifft wiederum der Vor-
wurf, den Text willkürlich zurechtgemacht zu haben. Was übri-
gens das ovTU)g betrifft, so steht es zwar dem log nicht grade
entgegen (es konnte eine umständlichere Ausdrucksweise sein),
kann aber auch getrost weggelassen werden, und entstand viel-
leicht erst aus der Aenderung des vitg in og. Ob Arm. es gelesen
hat oder nicht, mag dahingestellt bleiben, wenn auch das letztere
fast wahrscheinlicher ist. — Fernere Steilen, die den secundären
Ursprung des Textes von Arm. erweisen, sind noch Cap. 12: dg
Ti/LUiV natgog 'It^aov XgioTov (A), wofür Gr. B iig TiftTJv nargog
1) Der Text von B gibt keinen Aufschluss. Er liest hier nur: xal ave~
OTT] Sia TQicov rjjuBQcäv, iyei^avTOS avtöv tov najQoe mitten unter einem
Wust späterer Einschiebsel, und erst gegen Ende des folgenden Cap. bringt
er die Worte nach 6 xoivvv dvaarr/aae avjov naxi]Q xnl rj/uäg Si' avrov
iyeQEl' ov xofgls tö dXfjd'tvov ^fJM ovx i'^ei rig, was übrigens immerhin
noch eher für, als gegen die von Arm. ausgelassenen VV^orte spricht.
94 Lipsius , über den syrischen Text der Brirfe des IgnaUos.
xal eig T//U7yV ^Irjüov Xqigtov bietet (ebenso Lat. B , nur dtov
nuTQog). Arm. liest hier: in honorem patris et unigeniti eins, Do-
mini nostri Jesu Christi. Das „et" mag- ursprünglich sein ; ebenso
wollen wir das so häußg bei Arm. eingetragene Domini nostri
nicht urgiren. Dagegen ist jedenfalls das unigeniti eins ein In-
terpretament , wozu sich eine Parallele in einem Manuscript von
B üudet, welches vlov *h]üov XgiaTov liest. Endlich ganz auf-
fällig ist noch Cap. 13. Hier findet sich bei A das dunkle uyvi^
Ctre (Cod. Casanat. prim. man. ayvil^iTui) vfiwv t6 if.iov nviv/na, wo-
für Lat. B uyvii^eTai v/ucßv, Gr. B aanul^eTai vf.iäg las. Arm. ver-
stand die schwierigen Worte nicht, und bietet eine dritte, ganz
secundäre Variante: desideratvos.
Aus dem Gesagten geht wiederum hervor, dass Arm. obwol
im Ganzen und überwiegend dem Texte A beizuzählen, doch nur
eine ziemlich secundäre Gestalt dieses Textes bietet, unter mehr-
facher Benutzung von B, ohne Rath und Hilfe in verdorbenen Stel-
len, vielmehr vielfach nur erleichternd und willkürlich ändernd.
Bestätigt wird dies wiederum durch die Arm. eigenthümlichen
Varianten, besonders durch die ergänzenden, erleichternden und
interpretirenden Zusätze, wie inscr. vera carne et corpore. Cap. 1.
fJo^arra mit dem beigefügten Objecte tov yvQiov fxov^IriGovv Xgi-
<7t6v, Cap. 2. dg t?;V yevtaiv avTov xa} tov d-drurov für fig tov
d^dvaTOv avTOv, Zu du öe y.al rovg diaxovovg schiebt er ein eignes
Verbum ein, und übersetzt conveniens est et diaconis ob sequi
— et in Omnibus etc.; das folgende näoiv interpretirt er durch
Deo et hominibus. Cap. 11. ecputvovro aV durch fortasse lierent et
apparerent. Ebendaselbst die üebersetzung der Worte tov &eov
fVMaiv inayyeXXo^tvov o eaiiv aviog durch quoniam Deus promi-
sit coniunctionem nostram cum ipso sicut unum corpus.
Cap. 13. zu ovx u§i6g dfxi "Klytod^ai ergänzt er änoöToXog.
Andres ist weniger instructiv, und auch die ziemlich zahlrei-
chen Weglassungen machen nur mehr im Allgemeinen den Ein-
druck eines ungenauen Textes, als dass man eine bestimmte
Tendenz dahinter vermuthen sollte. So fehlt der Zusatz rijg iXnidog
rjf.mv zu Christus in der Inscr. und abermals Cap. 2. , das vnfj-
ghai Cap. 2, welcher überflüssig zu sein schien, aber bei A und
B steht. Cap. 7. fehlt xai dtaxovov 's. oben). Cap. 8 o iariv
(7«^^ rov xvQLOV (s, weiter unten in der Note). Cap. 9. og akrjd^wg
lyivvrjd^r^, Cap. 10. bleibt von den Worten wgmQ rivig aO-toi ovreg
tovtIötlv aniGTOi nur ügneg [ol] anioroi stehn, gegen A. Sev. B.
Läge hier ursprünglich ein Glossem vor, so wären die Worte
TovTfGTiv aniGXoi an den Rand zu verweisen, der Arm. hätte dann
trotzdem einen secundären Text. Cap. 12. lässt er negifpigo) ahov-
fitvog weg, und verbindet d^eov eniTv/Hv mit dem Folgenden.
Cap. 13. fehlt wv eG/cuTog {Xiivwv , was überflüssig schien. Da-
gegen mag er Cap. 8. in der Weglassung des prophetischen Ci-
lats ovat yäg — ßXaGcpTjj^eTiai, welches sich auch bei Dam. nicht
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios. 95
mehr wiedergegeben findet, Reclit haben. Dieses Citat konnte
in der ursprünglicli von Arm. benutzten Handschrift von A noch
fehlen i).
Der Ph iladel plien erbrief, zu dem wir jetzt übergehn,
bietet im Ganzen völlig dieselben Erscheinungen dar, wie Magn.
und Trall. Auch hier sind selbst nach Abzug sämmtlicher nach-
weislicher oder muthmasslicher Interpolationen des Textes B die
Varianten von Arm. mit A so zahlreich, dass er unbedingt auch
in diesem Briefe der Familie A beizuzählen ist; und sicher wür-
den dieser Varianten gegen den ursprünglichen Text noch weit
mehre sein, wenn der Interpolator nicht so tiefgreifende Umge-
staltungen sich erlaubt hätte.
Inscr. iv yvio^if] 'Itjgov X^igtov, wofür B ausser andern
Aenderungen iv &eXrj(.iaTi bietet. Der Anfang von Cap. 1.: ov
iniaxonov lyv(or, ovx uip^ taviov, ovöe öi^ avd-Qdünwv , xexT^a&ai
Trjv diaxoviav für d^ianujLievog v/licüv röv fniax. , l'yviov ort ovx
— avd^Q ^'^tCüd^T] TTjv diaxoviav. Cap. 2. jlxva ohne wg, —
TttC xaxodidanxaXiag für ttjv xuxoötdaaxaXiav F e silent. Nydpr.
Baliol. oder rij^ xuxoöiduoxuXiag BOV Aug. Magd. Petav. Pal.
Reg. — Cap. 3. xXrjQovofxti für xX7]Qovof.i7Jaei. — ovzog tm
7ta&€i ov GvyxaTarid^eTut für ovTog ovx loii Xqiütov ovre rov
ndd^ovg avxov xoivwvog , wo jedenfalls wenigstens in dem xot-
vcovog eoTt eine ursprüngliche Variante vorliegt. Cap. 6. (og hi
ü)v xtX. an das Vorhergehende angeschlossen, statt tri yag tif^i
als neuer Satz (doch vgl. Lat. B). diu tü xal avxovg elg ro
ivayyiXiov xairjyyeXxtvui für wg Xqiütov xarayyeiXavJog. Cap. 6.
ovTOi GTfjXai tlniv für ol toiovtoi navreg GTtjXui iiGiv. (Dagegen
fehlt f/iio'i bei Arm. wie bei B.) ovo/nara uvd^Qatnwv ohne ve-
xQUJv, — TQv uQ/ovTog Tov aldivog TovTOv für Tov nvEVf-iaiog
Tov vvv ivsfjyovvTog iv zoTg vioTg t. «f. t. — iv jluxqm für rj iv
fAixow. Cap. 7. To nvtv/Liu für ro nvavfAU /nov. — unb ^eov ov für
nagd yaQ &tov avzo tiXfj(f)a. — ol di nTtaavxig fiie [vnomtvGav-
jtg] für ei öi vjionitvtxt [hi vero despexerunt me F^at. B]. —
1) Einzelne andre Eigenthüralichkeilen erklären sich theils aus dem Grie-
chischen selbst, wie Cap. 8 ev nioxei o iariv aag^ rov xvoiov xal iv aydnr]
o eoTiv alfia '[rjaov Xqiotov. Hier bietet Arm. allerdings secundär fide et
spe et coena sanguinis Christi, aber coena für dyanr] erklärt sich leicht aus
dem Doppelsinne des griechischen Wortes. Theils erklären sie sich aus dem
Syrischen: so Cap. 2 iv ch Scfxyovre« evQEd'Tjaoifxsd'a, wofür Arm. ut inve-
niatur vita vestra cum iis, wo statt vestra, nostra zu lesen, und ein Irrthum
der syrischen Punctation («aa>.» Tür ..aa^j) aozunehmen ist. (S. die Peter-
mann'sehe Note.) Ebenso Cap. 11., wo iv tq5 nnd'ei avxov durch cum
signo erucis Domini nostri wiedergegeben ist. Hier hat Arm. oflenbar den
syrischen Text missverstanden, und |ajlJLO in signo für JIajaO in passione
gelesen. Eben hierher gehört der ziemlich häufige Fall, dass der Singular
fiir den Plural, oder der Plural lür den Singular gesetzt ist, was sich mit
Hille des syrischen Uibbui sehr einfach erklärt.
9(3 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
ngoHÖoTa für ngofxad^ovTa. — inriQVüotv für ixrjQv^i (xoi. —
f.iifi7]Tal yivta&e ^Tf](Jov Xqigtov (hg yau avTOQ jov naxQog avrov
für f.ufi. ytv. IJuvXov xui twv uXXcov utiootoXmv, uyg xal avtol tov
Xqiotov, Cap. 8. Euv (.leTavorjOwai für euv ovvÖQUf.i(jt)aiv, — «y*
vfA,wv für u(p^ rjf.i(Jüv. — iv roTg dgxaioig (auch Lat. ß) für ev Toig
aQX,doig» — /^ di^ avTov für rj negi tovtwv (wenigstens näher an A
durch die Uebersetzung- eius'. Cap. 9. eiG^g/oviai für eirrijXd-ov. —
TO nad^og avrov y.ai ri]v avuGxaaiv für rb nud-og, avxrjv ttjv uva-
OTuniv. Cap. 10. /itgoTovriOai diuxovov für /. iniayonov. — xaza-
'^iw&i^oeTai Futurum (oder xaru^iwd^fj, wie wol Lat. B) für xaxr]-
'^iLod^ri (Gr. B). — ovx l'oTiv udvvarov für ov nuoiv advvaxov, — cbg
xoi (AI für (hg xal ätl al. Cap. 11. and KiXixiag vor ävögbg ge-
stellt. — fv X6y(p d^aov (auch Lat. B) für das einfache h X6y(x). —
(AnoTu^Uf-itvog für anoTaS,afA.ivoi. — tv/agiOTUt vnig vf.i(jt}v^ ort Idt-
'^(W&e uvTOVQ für tv^' negl v/luov, vntg (hv idf^aaS-t ariovg, und
gleicli darauf (a)Q xai vfj.ag b xvQing für ngoaöf^eKxi v(.iäg o xv-
giog. • Tif-iTjoti für df-itixiitiat. — Hierzu füge man nocli zwei Zu-
sätze mit A gegen B: Cap. 5. xui owrigid^firi/iievoi und Cap. 11.
äjna e/Lio) statt des einfaclien af^ia. Wie weit Arm. etwa mit A in
Wcglassungen von Wörtern und Sätzen des Textes B zusam-
mengehe, lässt sich gar nicht feststellen, weil sich grade hierin
Jas ursprünglich der Familie B Angehörige von dem durch den
Interpolator Eingedrungenen schlechthin nicht absondern lässt.
Freilich ist dies aber auch mit einer nicht geringen Anzahl Va-
rianten der Fall, und wir hätten dem ursprünglichen Texte von
B gewiss noch manche in obigem Verzeichnisse nicht aufgenom-
mene abweichende Lesart vindiciren müssen, wenn wir nicht vor-
gezogen hätten, uns auf die Varianten zu beschränken , die mit
grösserer Zuverlässigkeit der ursprünglichen Familie B zuerkannt
werden dürfen. Jedenfalls ergibt sich aus obigem Veizeichnisse,
dem man wol kaum eine oder die andre V^ariante abstreiten möchte,
eine sehr erhebliche Verwandtschaft des Armeniers mit A , und
eine Abweichung von B, die sicher noch grösser sein würde, wenn
wir den ursprünglichen Text noch vergleichen könnten').
Andrerseits sind doch auch im Philadelphenerbriefe einige
Varianten mit B zu notiren, der Art, dass eine gewisse Berüh-
rung des Arm. auch mit dieser Familie stattgefunden
haben muss. So in der Inscr. of für ovg, Cap. 1. /^ogdal rfj
1) Innerhalb der Familie A weist Arm. mehrfache Irrthümer von
Cod. Med. (und Casanat.) mit auf, z. B. stellt er Cap. 5. avajtaQriaros gegen
avaQnaaros her. Unter den übrigen Varianten : ttjv oiytovopiiav mit Lat. A
gegen Staxoviav Cod. Med. und B. Die Weglassung des sli &sdv nach ^
7iQoae%>iy v/ucöv Cap. 5., ebenfalls mit Lat. A gegen Med. B. Cap. 7. der
Zusatz 9-sov (poivfi mit Lat. A gegen Med. Cap. 9. der Zusatz rov ocarrj-
Qoe mit allen gegen Med. (und Casanat.). Gegen Lat. A: inscr. naga-
fiovoe mit Gr. A Gr. B. (Lat. A incoinquinatum [dfico/uos], Lat. B singu-
lare). Cap. 9. Evöxrixa &eov mit Med. für svorr^ra niorseos.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios, 97
xid^uQU für xogSutg xi&aga, Cap. 4. iv o/novota für xaru &eov.
Cap. 5. dyanco für uyunwfiiev. — eig altov für dg Xqiöiov, unter
den Weglassungen: inscr. das avv aviiZ. Cap. 3. das /^lov
Linter uötl(pot. — unter den Zusätzen ; Cap. 8. ixti zu d-tog ov xa-
Toixei. Cap. 10. &eov (ein Ms. X^tavov) zu to ovo/iia. Vergl.
auch Cap. 1. Taig hroXaig (A), wo B TuTg ivToXuTg xvqiov, Arm.
mandatis divin is liest.
Zieinliclie Verwirrung lierrsclit auch hier bei dem Namen
Christi, sodass handschriftlich nichts fixirt werden kann. Man
vgl. Cap. 1. d^eov nuxQog xul xvgiov 'It]Oov Xq.-^ Arm. ebenso,
nur xvg. rjinwv» B ^hjaoi) Xqiotov xul ^tov nuTQog. Cap. 3. oaoi
yoLQ &tov iiaiv xal ^It]Gov X(jiotov A; oaoi yug ^tov ttaiv Arm.;
oooi yäg Xqigtov etoiv B (ein Ms. Xgtazov &eov), Cap. 4. tov
xvQtov 7i(.i(Jüv ^Itjoov Xqiotov A. Arm. ; %ov xvqiov ^Ir^oov B (ein
Ms. T. X. '/. Xq.) u. s. w.
Sehen wir aber hiervon ab, so sind noch eine Reihe von Va-
rianten bemerkenswerth, in denen der secundäre Ursprung von
Arm. offen zu Tage liegt. So bietet er an zweifelhaften Stel-
len eine dritte Variante und verräth dadurch seine Rathlosigkeit:
Cap. 1. ovvtvQld^fxiaTai A avvtjjnoaiui B patiens est et consen-
tiens est Arm. Cap. 2. das schwierige nollol yuQ Xvxoi ä'^iO'
71 1 (TT Ol bei A, wofür B noXXol yuQ Xvxoi xtüdioig rj/LKfuof^tvoi
corrigift. Statt beider Lesarten bietet Arm. multi lupi existunt
qui inflati, was wahrscheinlich eine Interpretation zu dem un<
verstandenen u^iontaioi sein soll. Cap. 3. uXX^ dnoötvXia/iiov hat.
A (nach Med. Cas. unoötvXio(.itvov), B wich zu sehr ab durch
seine Uebersetzung uWa nfjoaacpaUZofiai vfA.äg wg Ttxva &tov.
Daher räth denn Arm. , der das Wort nicht verstand , und setzt
das ganz unpassende sed clamor (oder iubilatio). Cap. 5. iv lo
xXi]Qü) Tjltrjd^riv A, h uj ixXij&rjv B. Dafür lesen wir bei Arm. :
portionis eius qua donabar, et in ea requiescam. Muthmasslich
hat er hier beides übersetzen wollen, TJXetj&fjv und ixAiJ^^r,
doch ist diese Stelle noch nicht sicher genug. Dagegen ist
eine Benutzung beider Texte ganz unzweifelhaft
Cap. 10. Hier liest A iig to avyxagijvni avToig, B dg to avy-
XM0t]&fjvai uvToTg, Arm. aber ut proiiciscatur illuc et simul gau-
deat, was offenbar die beiden Verba ovyxcnQtjvai und ovyy^coQfjd-t^-
vai voraussetzt. Ein ähnlicher Fall ist übrigens auch Cap. 11.,
wo Codd. Met, Cas. auQxi, "(pv/fj, nioTti, die übrigen Auctoritäten
auQxi, '(pv/tj, nviVfiuTi, niaiH bieten. Hier hat Arm. corpore
et spiritu et mente, setzt also nvei/fiait bei, lässt aber nioTti weg,
was sich bei Allen findet.
Anderwärts verwischt er die Eigenthümlichkeiten beider Texte,
2. B. Cap. 7. und auQxoQ uv&gcDnivrjg (A) unb OTÖfiUTog uv&qcü^
nov (B) ab hominibus Arm. Unter den eigenen Varianten
(gegen beide Familien) zeigt sich dasselbe Streben auf Erleich-
terung des Sinnes. So wird inscr. zu uyaXXicofitvrj hinzuge-
Abbaodl. d. DMG. 1,5. 7
98 Lipsius , über den syrischen Text deJL Briefe des Ignaiios.
fügt ev uyariT], und dafür aöiuxgiTMg weggelassen. Cap. 1. iyvwv
durch accurate cognovi übersetzt. Cap. 2. wird aus o noi/.irjv
ein pastor ortbodoxus. Cap. 5. für a^tuyunriToi y.cxl a^iod^av-
/iiaGTOi äyioi lesen wir et illi digni sunt ainore propter pura opera.
Cap. ö. oTi ivovvetörjTog ef^ii Iv vf.dv propter puram mentera ve-
stram. Cap. 7. zu nXavr^iSui der interpretirende Zusatz corpore.
Irrthümlich weggefallen ist z. B. Cap. 3. der Satz diu to (.li] dvai
avTOvg (fvidav tov naiQog.
Das Resultat bleibt also auch beim Pbiladeipbenerbrief das-
selbe: Arm. folgt wesentlich dem Texte von A, bietet aber
eine weniger correcte , in schwierigen Fällen rathlos lassende
oder erleichternde und interpretirende , theilweise auch einen
au^ A und B gemiscbten Text voraussetzende Recension.
Der Smyrnäerbrief, zu dem wir jetzt übergehn , bestä-
tigt das bisher Gefundene allenthalben. Auch bier sind die Ueber-
einstimmungen mit A in die Augen fallend, wenngleicb der Inter-
polator wiederum so viel geändert hat, dass es unmöglicb ist,
dem ursprünglichen Texte von B auf den Grund zu sehn. Doch
mögen wenigstens folgende Varianten bezeugen, dass Arm. nicht
der Familie B, sondern der Familie A beizuzäblen ist. Inscr. ^eov
nnjQoQ für ^tov nazQog vipioiov* Cap. 1. uxf)^ ob y.uQnov für
«(jp' ov, Cap, 4. ovg ov ftovov dei vf.iug ^itj nuQ(xde/to&ai , aXV
tl SvvuTov ioTii ^iTjöe ovvuvTuv für a ov /Liorov unooTQt(faa9^ai /qt],
uXXä xal (felyeiv. Cap. 5. uqvovptui füri-Qvi]aavTO, — ovreg ovvi]-
yooot Toi) d^uvdiov für y.al ovvrjyoQOvai tm iptvöti. — ovx ido'S,i [aoi
für vvv oix iöo'^a (.lou Cap. 7. ('§aigtTwg de rat evayyelioj xtX,
für y.al ToTg ivayyeXioaf,ifvoig 7jf.dv ktX. Cap. 8. wg &tov hToXi]v
für wg d^tov avToXr^v öiay.ovovvxag (ein nicht vom Ergänzer her-
rührender Zusatz). Cap. 8, o av ixetvog öoxtf.iuorj für o uv ixti'vM
dox^. — Tovio xul TCO &eco tvugeGTOv für xaz' fvagearrjOiv d^eov.
Cap. 9. uvuvriipai für avuvijxpai rj^Lug, — Xad^Qa iÜTavev. — yazänavTa
/j.e uvenuvGUTe für xa^o (M£ uvenavoare. — di^ ov navra vno/LitvovTeg
avTov Ttv^ea&t für di* ov Tavxa dg tov deo/Liiov avTov ivide/'^uad-e
(hier weisen die ähnlich klingenden Schlussworte auf eine ursprüng-
liche Variante hin). Cap. 10. xul '^Pi'cov xal l4yu9-('movv genau so
Lat. A; B yai Faiov y.al Idya&bnoda. Dieselbe Variante auch
Philad. 11., wo sie nur noch nicht erwähnt wurde, weil dort Arm.
gegen alle Auctoritäten von A vor 'Ayad-. das xal einschob. VTir
können aus unsrer Stelle schliessen, dass auch im Pbiladeipbenerbrief
Handschriften von A das xul lasen. — ol yal ev/agtoTOvoi für ol y.al
GcpoÖQa ev/uQiazovai. — ov (.ltj unoXeiTatfür nagaXoyio&rjOtTai. —
ovde v(Liug inaioxw&i^GtTai für dib ovöe Vfiug inaiG/. Cap. 11.
T] nQOGhv/jl ^Atwv an7]X&ev inl xtX, für al ngoGivxal {(.liov ijyyt-
aav dg xtX. — icpävi] (.loi ovv uE,iov ngäy/Lia für o icpuvrj (.loi uhov. —
TOVTO ioTiv , üJGTa xtX. — xat oTi Xi/utvog TJörj hvyxavtv für xul
oxi Xtfiivog £v6gf.iov TiTvyjiKaj Xqigtov, Cap. 12. tmv udeXcpaiv
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 99
für Tai»' udaXgjwv vfiwv, — rj yagiQ, für r] yuQig toi; xvqiov, —
inioxonov ohne TLoXv/.uQnov , doch mit B tn, vfiwv. — tou^
GvvdovXovg /.lov diaxovovg für y.al rovg xgioxocpoQovg ötaxovovg
Tovg avvöovlovg /.lOv. — Trj ougxl für TT^g oagxog (doch auch
Lat. B wie A) diu navxog für diu nuvxbg ev Xgiaiw. Cap. 13.
Tug leyofih'ug /Jigug für lug X^i9^^' — Oi'kwv für Otlwv 6 ovv-
diuy.ovog.
Wichtiger noch als alle diese Varianten aber ist die Erschei-
nung-, dass im Smvmaerbrief Arm. eine grössere Zahl von bedeu-
tenderen Zusätzen mit A gemein hat, die in Familie B fehlen,
und zwar auch häufig an solchen Stellen, wo keine Spur
einer üeberarbcitung durch den Interpolator im
Texte B sich findet. Man wird hier nothwendig annehmen
müssen, dass der Interpolator diese Zusätze in seinem Texte gar
nicht vorfand. Lassen wir hierbei wiederum alle die Stellen bei
Seite, in welchen wenigstens eine Möglichkeit sich auffinden
lässt, sie als vom Interpolator gestrichen zu denken. Dennoch
bleiben noch folgende: Cap. 2. a'u a(jü9^wf.iev. Cap. 3. uviov 'tiipuvxOt
xuL — xguTfjd^tvTeg rfj aagxi uvtov xui rw 7ivtv(.iaTi. Cap. 4. il
dvvuTov ioTi. — OTieg dvoxolov. — tovtov de e/n i§ovniav *T7](T0vg
XgiOTog,Tb uXri&ivbv tjiiiwv l^ijv. — uXX^ eyyvg (.layuigug, iyyvg d^eov,
(.levu^v d^rjgicov ^ixa^v ^tov, (Die Worte (.itruiv d^rigicov xtX.
fehlen auch bei Theod.) Vgl. auch den Text der folgenden Worte
ILiovov ev Tu) ovofiuTi ^JrjGov XgiGTOv eig ro Gv^inu&tTv uvt(Z nuvia
vno(.ilv(jo i UVTOV fite eiövru/novvTog rov reXtiov uvd^gwnov yerof-te-
vov (Arm. für die letzten Worte tov &eov tj/ucüv) A ; dagegen B ceAX'
ov TW öoxeTv uXXa tm ovti tiuvtu vTCOfLevo) diu Xgiaxbv , elg to
GVunud^Hv avTM, avTOv f,ie evdvvuf,iovvTog* ov yag (.tot togovtov
Gd^tvog (doch ist hier vielleicht Einiges auf Rechnung des In-
terpolators zu setzen). Cap. 5. (.luXXov de rjQvri^riGuv vn^ uvtov.
— e\g TO nud-og o Igtiv ijfxi^v urdoTUGig. Von Cap. 6. an werden
die Aenderungen des Interpolators bedeutender; doch sieht man
keinen Grund für die Weglassung des ganzen Satzes von ?J XeXv-
fxevov an bis zum Schlüsse des Cap,, und des Anfangssatzes
von Cap. 7. ol ovv dvTiXeyovTeg — uvugtwgiv. Ebenso Cap. 7.
fehlt ohne allen Grund der Satz iv ut to nudog rif.icov dedi^XcoTUi
xui Tj uvuoTuaig TeTeXelcüTut. Das Ganze, was B hierfür bietet,
ist, dass er statt T<h evuyyeXuo im Vorhergehenden ToTg tvayyeXi-
GU(.ievoig v(.uv tov awTTjgiov Xoyov liest. Cap. 9. xa^io»? eyei ^eov
xal iniGxonov eldevat (fehlt ausser B auch bei Antioch. Dam. und
Cod. Mont. , während Cod. Caj. ihn hat). Ebendas. liest A und
Arm. nuvTU ovv vfitv iv yugiTi negiGoeveTW , u^ioi yug eGTe. B
liest nuvTu ovv vf.iTv fUT^ evTu^tag iniTeXeiGd^w ev XgiGTM, lässt
u^toi yug eoTe weg, und fügt dann einen dem Interpolator ange-
hörigen Zusatz bei. Cap. 11. hat Arm. den Zusatz Ttjg 2vgiagy
kommt indessen im Uebrigen dem Texte von B näher. Weiter
unten schiebt Arm. mit A d^tongeneOTUToig dla(.ioig ein. — Dieses
7*
100 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
Verzeiclini'ss Hesse sich übrigens noch mit einiger Sicherheit um
eine Reiiie anderer Stellen vermehren, von denen wir nur die
letzten Worte von Cap, 2 namhaft machen wollen alxol to öo-
xtTv ovreg' xal yaS^cog (f^ovovoiv ^ xal öVjußrjOiTni avJoTg , ovaiv
uocüf-iaToig xal daif.iovtxoTg, An dieser Stelle finden sich aller-
dings hei B beträchtliche Interpolationen, aber gegen seine son-
stige Gewohnheit verarbeitet der Interpolator von obigen Worten
auch kein Jota, was auf gänzliches Fehlen derselben im ursprüng-
lichen Texte B hinzudeuten scheint.
Daneben linden sich aber auch in diesem Briefe einzelne
nicht zu übersehende üebereinstiminungen des Arm. mit B. So
ins er. der Zusatz vlov uvrov zu *Tfjaov Xqiotov, Cap. 1. statt
Tj^tig nach a^* ov xagnov mit B xui ri(.iiig iafiivf obwol wie oben
bemerkt xagnov mit A eingefügt ist. Cap. 2. uvfOTt] für uviOTTj-
Gtv iavTov (ersteres wol aus dogmatischen Gründen schon früh-
zeitig hergestellt). Cap. 3. die Weglassung des Zusatzes rjvgi-
d^j^oav da vneg d-uvarov. Cap. 5. rtg zu Inairu statt zu coqelu
gezogen (auch sonst bezeugt). — aXX« vor ^i^T^Jf weggelassen (doch
Lat. ß wie A). Cap. 8. nuv o uv nguGatjie für näv o ngaoat-
jai. Cap. 9. cog Izi für xal wg lii. Cap. 10. ^ riXeta IXntg für
Tj Tiltia, niöTig. Cap. 11. tnl yijg für xal Inl yijg. Der Plural
für TJj ngoütvxfi v/iiaiv. Ebenso nochmals weiter unten Cap. 12.
inioxonov vf^icop für enioxonov (doch fehlt IloXvxagnov y s. oben).
Cap. 13. Faüviag für Taov'iag.
Alle diese Varianten fallen freilich gegen die erstgenannten
kaum in die Wagschale, ja sie dienen eher dazu, die Thatsache,
dass die obigen Abweichungen des Textes A von B Abweichun-
gen vom ursprünglichen Texte sind, indirect zu bekräftigen, in-
dem wenigstens ein, wenn auch noch so geringer, Theil dersel-
ben durch den Arm. bestätigt wird. Andrerseits sind sie indessen
doch, mit den bei den drei vorher besprochenen Briefen gewon-
nenen Resultaten verglichen, nicht zu verachtende Zeugnisse da-
für, dass Arm. in irgend welcher Weise den Text B benutzt habe.
Hauptsächlich erhellt dies aus einigen der aufgeführten Stellen,
in welchen Arm. halb mit A, halb mit B geht^).
Ein secundärer Text liegt bei Arm. auch in folgenden Stel-
1) Innerhalb der Familie A stimmt Arm. wieder mehr mit Lat. A
als mit Cod. Med. Cap. 1. stg rov y.vqiov rjficöv ^Irjaovv XQiarbv Lat A
B Arm. 7. Xo. fehlt bei Med. Sever. Theod. Cap. 4. et Se fiir st yao (Gr.
A, Theod., B). ytayM ovv Lat. A Lat. B Arm. (ohne ovv Gr. A Gr. B).
Cap. 6. Ttiorsvocoaiv gegen (den Schreibfehler) Tttorevaco/isv. Cap. 9. xnra
nävxa mit dem Zusätze yäq. Cap. 11. ix oweiSriaetoi wie es scheint für
in ovveiSoTog. — a^io&eov für a^iov. Cap. 12. die Weglassung von iv 6v6-
fiaxi. Cap. 13. iv 8vvdfiet narQos für ev Svrä/uei Ttvevfiaros (Gr. A Gr.
B ; dagegen Lat. B d'eov naroos). Ausserdem stimmt Arm. auch in einzelnen
Varianten mit dem zur Familie A gehörigen Texte von Theod., worüber man
oben das Weitere nachsehn kann.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 101
len vor. Cap. 1. do'^d^fov ^f/jnovv Xqiotov tov -f^tov A. So'^ato)
Tov &eov y.ai naiign tov xvq/ov rjfKnv ^Trjanv Xgiarov B, eine
dog-matische Aenderung-. ^Ti^ootv Xqiotov ohne rov &füv bei Arm.
Dag^eg-en ist Cap. 4. der Zusatz des Ann. rov &{ov r/nMv (von
Christus) statt tov Ttltiov uvd^gomov yivotnivov ein Fall der um-
gekehrten Art, wo Arm. das Prädikat Gott selbständig von den
übrigen Auctoritäten Christo beilegt, freilich wol mit ebensowenig
Recht, als er es oben wegliess. Cap. 10. liest A dg diuxovovg
Xgiaiov &eor. Hier lässt Gr. B &eov , Lat. B und Arm. Xgi-
GTOv veeg, B fügt ein diuxovoi XgtüTov ovieg hinzu, woraus Arm.
kurz vorher, wo alle itg Xoyoi' d^eov lesen, etg Xgiazov gemacht
hat. Ebenso secundär ist wol Cap. 11. der Text bei Arm. eig
!AvTt6/eiuv Trjg 2vgiag für ini ttjv ly.y.Xrjaiav ttjv iv ^AvTioytla TTJg
^vguig (A) und iig tvv 'Avtio/Jo)v ixxXrjotav (B). Ebendaselbst
die Lesart xar* ow d^iXri(.iu f.iov für xuTa &iXr^(4a de (Gr. A),
oder xaTu [de] d^ilruxa tov d^iov (Lat. A. B).
Hiermit stimmen denn wiederum eine Anzahl dem Arm. eigen-
thümlicher Varianten, welche eine erleichternde und interpretirende
Tendenz verrathen, sich also ebenfalls als secundär kund geben.
Inscr. navTog /jxQifrfxuttog mit dem Zusätze XgiOTOv, Cap. 1. ßi-
ßunTiO(Atvov mit dem Zusätze in Jordane. — xa&7]Xw^ie7'0v mit dem
Zusätze ev tw OTavgw. Cap. 3. avTOV olöa xat tiktthco ovtu A,
Arm. scio et credo Dominum, oti ovx tif.il xtX. quod ego idem
sum et non sum. Cap. 4. oneg övay.oXov quod et hoc difficilli-
mum est istis. t6 uXrj&ivov tj/liojv Cfiv durch nam hie est einge-
leitet, avibv unrigvj]Tai negator est perfectus. tig t6 nu&og
mit dem Zusätze tov owTtjQog '^/licuv. Cap. 6. t^v tvyagiOTiav
aagxa ilrut. Hier ist augxa durch corpus et sanguis wie-
dergegeben. Cap. 7. avvi<pegtv öi avToTg dyanuv , "va xai uva-
(TTcüOiv bonum erat diligere passionem eius et vivere. Cap. 8.
wg ^Irjaovg XgtOTog j(p nuTQi , dafür wg 'Tr^nov Xqiotm xai
dew TM naigi. Cap. 9. xcti v(.iäg mit dem Zusätze recreabit.
Cap. 11. dtongeaßvTTjv durch praecursorem {^e6ögof.iov). ovyya-
grjvai avzoig gaudeat salute ipsarum. Cap. 12, xai Tovg xwt'
(xvöga xat xotvfj nuvTag salutem dabimus invicem Omni-
bus. Cap. 13. 20 no^rjTüv fioi orof-ia einfach durch dilectae meae
übersetzt, tov uavyxgiTOv y dafür das erleichternde electum. —
Weglassungen von Worten, die sowol bei A als bei B stehn,
oder über die B keinen Aufschluss gibt wegen anderweiter
Aenderungen, finden sich bei Arm. zuweilen, z. B. Cap. 2. xai
uXrj^wg i'nai^fv , wg. Cap. 6. Tonog (.itjölva (fvotovTü). — rj XeXv-
fihov. Cap. 7. xar' iölav. Cap. 9. dg &tdv. Cap. 11. ifg ti/u^v
^eov. Cap. 12. ^ufr* if.iov. Cap. 13. l'Xeog^). Doch wäre immer
1) Unter den übrigen Varianten bemerke Cap. 1. nno rov &eo^nxagi-
OTOv avxov Ttfi^ove, wo Arm. et a signo illo quod dignos r<'ddidit nos
beatitudinc divioitalis übersetzt; also ganz dieselbe Verwechselung zweier sy-
102 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
möglich, dass Arm. an der einen oder der andern Stelle den ricli-
tig-en Text aufbewahrt hätte, da er auch sonst in Gemeinschaft
mit Lat. A fremdartige Zusätze im Cod. Med. aufdeckt.
Sonach hätten wir für alle 4 bisher behandelten Briefe, für
jeden besonders, folgende übereinstimmende Resultate gewonnen:
1) Arm. gehört zur Familie A. Innerhalb dieser Familie
schliesst er sich mehr dem vorzüglicheren Texte von Lat. A als
dem Cod. Med. an. Trotzdem lässt er an Stellen , wo der grie-
chische und der lateinische Text von A verderbt sind, stets rath-
los, sucht aber auf eigne Hand einen leserlichen Text herzustel-
len. 2) Die Uebereinstimmungen mit Familie ß reduciren sich
auf eine verhältnissmässig geringe Anzahl von Stellen. Theil-
weise mögen dieselben unabhängig von Familie B entstanden sein,
insbesondre da, wo sie wirklich den vorzüglichem Text enthal-
ten. Theilweise aber ist die Benutzung der Familie B unleug-
bar, besonders in Stellen, wo Arm. halb mit B geht, oder einen
aus beiden Familien gemischten Text voraussetzt. 3) In den
eigenthümlichen Varianten macht sich ein Streben, den Text zu
paraphrasiren und zu interpretiren, geltend, und nur sehr wenige
scheinen einen älteren und besseren Text zu verrathen. Wieviel
von dem Allen auf den ursprünglich benutzten griechischen Text,
wieviel auf den syrischen Uebersetzer, wieviel auf den armeni-
schen üebersetzer, wieviel endlich auf spätere mit dem armeni-
schen Texte vorgenommene Correcturen zurückzuführen sei, ist
schwer zu entscheiden. Nur soviel scheint sich zu ergeben, dass
nach der durchgängig gleichartigen Textgestalt von Arm. zu
schliessen, der Corrector grade in diesen 4 Briefen nicht eben
viel gethan haben kann, dass ferner, wenn Aenderungen später-
hin vorgenommen worden sind, dieselben nicht auf eine nachträg-
liche Anpassung an die Familie B zurückgeführt werden dürfen,
da die wenigen noch aufbehaltenen Varianten vielmebr darauf füh-
ren, dass der Text von A selbst, der freilich durch die doppelte
üebersetzung theilweise ziemlich unkenntlich geworden war, der
Correctur zur Grundlage diente 2). Folglich muss der griechische
rischen Wörter, die wir schon oben zq Trall. 11 notirt haben. Bei Sever.
lauten diese Worte: A*]öl.l^ ^AOQ.^ ÜIM.^ ^iö was Peterniann falsch
mit „a beata divine" übersetzt. Vielmehr a passione beatltudlnis nostrae
divinae. — Ebenso rührt in demselben Capitel die Üebersetzung? mundi für
eiq rovg aicovag von einem Schreibfehler im Syrischen her, s. Peter mann
zur Stelle. Unter den übrigen Varianten besonders Cap. 5. yQäuuaja wie
es scheint für na^rifiaxa. Sonst hauptsächlich Aenderungen in der Wort-
stellung.
2) Es sind deren überhaupt nur drei, sämmtlich im Smy rn ä erb r i e fe :
Cap 1. in immobili fide für iminobili fide. Cap. 2. eteniin haec omnia passus
est propter nos , ut salvemur für haec omnia passus est ad vivifieandum nos.
Cap. 6. ,,et de agape non est cura iis", wodurch die Textesworte „et non
habent curam orborum et viduarum" ergänzt werden sollen. Sie erklären
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 103
Text, aus dem erst eine syrische, dann unsre armenische üeber-
setzung- geflossen ist, ein schon ziemlich später und se-
cundärer, wenn auch bei Weitem überwiegend zu A
gehöriger gewesen sein. Die Mischung der Textfamilien
muss bereits begonnen haben ^ der in den gegenwärtigen Codd.
von A entstellte und verderbte Text einzelner Stellen muss eben-
falls schon zur Zeit der Uebersetzung entstellt und verderbt ge-
wesen sein. Daneben hat indessen dieser dem Arm. zu Grunde
liegende Grieche an einzelnen Stellen eine vorzügliche Lesart
aufbehalten, lieber das Verhältniss endlich des Armeniers zu der
ihm vorliegenden syrischen Uebersetzung soll weiter unten im
Abschnitte c. die Rede sein, wenn wir den Armenier mit dem
(kürzern) Syrer vergleichen.
Wir kommen nun zu den drei Briefen an die Epheser, an
Polykarp und an die Römer, die sich auch beim kürzeren Syrer
finden. Unserem Plane gemäss behandeln wir aber zunächst die-
jenigen Abschnitte der drei Briefe besonders, die der Syrer nicht
kennt.
Am zahlreichsten sind die beim Syrer fehlenden Abschnitte
im E p h es er brief e. Hier finden wir bei Vergleichung des ar-
menischen Textes mit den Familien A und B noch ganz dasselbe
Y^erhältniss, welches sich durch Vergleichung der vier Briefe an
die Magnesier, Trailer, Philadelphener und Smyrnäer herausge-
stellt hat. Arm. geht vorwiegend mit Familie A.
Wir heben hier folgende Variauten heraus, die dem Arm. mit
A gegen den ursprünglichen Text von B gemeinsam sind: Cap. 2.
Tov avvdovXov f.iov für jov avvöov'Kov rj^ixiv. — dq Jif.u)i' huwv für
eig Ttiu]v jr,g ixxXrjaiug. (Dagegen mag der Zusatz vfiMv jov
fiuy.rxoujüTuTOV zu tov imaxonov vvol dem Interpolator angehö-
ren.) (xul Kgoxoq öa A; Arm. hier xai JMÜqxoq ohne de\ B lässt
xai weg, sonst wie A.) unthxßov für untlußofitv (doch Lat. B
mit A). Cap. 3. mq ovvdidunxaXiTatg fiov für w^ o/.iodor'koig,
Cap. 4. To y«(> u^tof/i/LiaoTov vf.i(Jüv ngtoßvitgiov gegen die Weg-
lassung des {[.Kiiv bei B. — yJ^Qf^g yiveoi^e für yogog yhtad^e ng. —
fv troiTjTi adrjTt iv (pwvfj f^ua für Iv ivorriTi 'ev yivriO^e rfj nvfx-
qwviu. Einige grössere Varianten in demselben Capitel mögen
wenigstens nicbt ausschliesslich auf Rechnung des Interpolators
zu setzen s«in, so insbesondre die gänzliche Wcglassung der
Worte Vj« vfiKov xai axnia?] — tov viov aiToi , wofür B jetzt
ein Johanneisches Citat hat. Cap. 5. wg tj exxlriOiu ^Ir^Gov Xgi^
GT(b für w^ 7} ixxX. TW xvgtO)^Ir]oov. — xfxl wc o ^Itjaovg XgioTog
TU) ntxTgt, gegen xul (hg 6 xiQiog tw i^ew xai naigl aviou ^ wo
sich sämnitiich daraus, dass spätere Leser oder Editoren den griechischen Text
voo A vor sich hatten, vgl. I'eterniann, de versione Armeniaca p. XXV:
doch w ürde , seihst wenn noch mehre Aenderungen als wir jetzt nachw eisen
können, stattgefunden hätten, an eine systeuiatische Correctur des Arm.
nicbt zu denken sein.
104 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Diindcstens die Weglassuog des wg schwerlich Schuld des Inter-
polators war. — anovödaw/iiev [ovv] f,ir} uvrirdnaend^ai tm (ntnxonM
für anovSanaxe äyanj]Toi vnoTayijvai jm Inioyjmut. ovv fehlt auch
bei Arm., wie bei Anton. Der folg-ende Zusatz bei A mag durch
die Interpolationen bei ß verschlungen sein. Cap. 6. uvxo^ f.iiv
ovv für avTog (.livTOi. Cap 7. ucoi^aai ydg jivtg für rivig di
(pavXoTUTOi tlwd-aai (könnte vielleicht vom Interpolator herrühren).
dVkd Tiva für aXXa rivd (hier theilt Arm. einen mutlimasslicben
Fehler von A, da die Lesart von B unbedingt vorzüglicher ist). —
ovTfxg övadfganevTOVQ für uviura yaQ voooiunv, Cap. 9. ovq ovx
aldaaTE für oTg ovx f Jwxare nuQodov. — (OTi ovv xat avvodoi ndv-
Ttgt &(0(f6Q0i htX, für /Liaxugtoi ovv laxe vf.ifTg ol &(0(f6Qot, wo
nur etwa das (.laxugioi vom Interpolator herrühren mag. — uyaX-
Xtw(,iat ort 7i'^i(x)driv gegen dya'kliwf.iivog tj'^iwd^riVy worin hier Lat.
A mit B stimmt. Cap. 10. dXV iv nuar] dyveia xul oioggoavvr]
fitvtJi iv XgiOKu ^Jrjaovy aagxixojg xul nrtvuuTixwg wofür B nur
bietet vrjXpan , oMqgovrjaaTt iv Xgiarui ^l7](T0v. Cap. 11. ttjv
iveoTcooav yugiv für t?]v iveoiwoav yugdv (doch Lat. B wieA). —
Hg %o uXrjd^ivov i^fjv für ttg rb dXrjdivwg Cfjv, — dvaGTijvat für
TeXeiio&ijvat. Cap. 12. xuTuxgnog für iXdyia%ng. — ndgodog iore
TMv tig &eov dvaigov^iivcov (Arm. ad vos viatores qui propter
Deum [ötu ^eov, praep. wie B] martyrium subeunt) für nagaöo'
&iig ya iyw, dXXu jiov Std Xqigtov dvaigovfiiviov, — u'^iof-iayMgi-
üTOV was bei B ganz fehlt. — oxuv &eov inav/co für otuv ^Irioov
XgtoTov iniTv/o). — og iv ndrrtj iniaioXi] fÄV7]jnovivti vf.iMv iv Xgt-
GT(p *Ii^aov (Arm. iara in omnibus epistolis meis memoriam fa-
c i o vestrum in Christo Jesu) für og ndvrore iv ratg öttfüiaiv
avTov /nvr]/noviv£i r^iwv, Cap. 13. (einige Aenderungen bei B,
wol durch den Interpolator veranlasst, nur etwa uegtwv für inov-
gaviwv ursprünglich gegen A und Arm.). Cap. 14. Xav^dvei für
XrjObxai. — dgyrj fxiv nlorig für dgytj Cwijg niartg {^(orjg aus
dem Vorhergehenden wiederholt). — af^iagidvit und fnati für ocfti'
Xti u[,iagrdvttv und /.itatTv mit dem (secundären) Zusätze xbv dötX-
q)6v (vielleicht spätere, dogmatisirende Aenderung). Cap. 15.
xal avTog fj iv tj/luv d-eog r^ficov A; hier hat Arm. das bei B feh-
lende ^f.iwvy lässt aber das von A und B festgehaltene iv tjiuTv
weg. Cap. 17. int rfjg xtcpaXijg uvrov für int xacpuXijg. — na
nviji jfj ixxXfjOia dq}&ngaiav für "va t] ixxXrjota nverj riiv dcp&ug-
aiav, — jLiT] aXeicpead-efär (Lirj dXeKplGd^o), — tov ag/ovrog tov ahovog
tovTov (ohne roi dg/., wie immer bei B). o nino^(ftv dXrid^wg
0 xvgiog A, wofür B o eiXrj(f>aiuev dvorjxwg. Arm. quod vere
passus est (ninov&ev) Christus Deus noster setzt den Text A
voraus. Cap. 18. avvtjaiv für öwartov (Lat. B lässt das ganze
Wort weg; Arm. umschreibt die Worte, setzt aber avvtxwv vor-
aus). Cap. 19. nüg ovv ig^aregwdt] xoTg auoaiv für 7](,uv di i(pa-
vegwd'rj. — vnig ndvxag Toi'f doxtgag für vnig ndvxag xovg ngo
avTov. — VTtigßdXXwv xo qxJHg «vtov vnig ndvxa für vnegßdXXtov
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 1 05
aviu Tu) g)av(p. — yaivöiT]^ rj avofxoiog avToTg für rj xatvoTf]^ 7]
(faivo/LtirT]. Doch fügt Arm. zu yMivoTtjg ein atrov. Cap. 20.
liat Ann. mit A den ganzen bei B fehlenden ersten Theil des
Capitels iuv fu xrxTu'^iwoj] — ^Tj]aovv Xoiaxbv ^ desgleichen die
ebenfalls bei B weggelassenen Worte fxuhaxa lav o xigiog luoi
unoxaXvyjj] mit den hierdurch bedingten Constructionsverschieden-
heiten ; desgleichen den Zusatz ol x«t* urdga (gegen B und Gelas.)
und die Varianten avr^g/ta&i für awad^goiCtai^t. — dt; lo rrra-
y.oveiv Tj/iiäg für vnuxovovjeg. Cap. 21. uvTiU)vyov v(.i(uv lyu) für ti'riv
Vfiwv uvTi\\)v/ov. — xai ov inif.i\fj(xTt furx«/ wv in/ftrpurt (doch Lat.ß
wieA). — jrjg exxlt]fjiag ohnel4vTto/Jo)v, — Ausserdem vergleiche man
noch Cap. 11. den Zusatz bei A und Arm. Via iLUf 7)^dv etg xgt^ia yi-
VT]Tui. Derselbe fehlt bei B, und an seiner Stelle finden sich zwei
verschiedene Zusätze: bei Gr. B die Worte /tii] jov nloviov rTJg
XQtiaxoxriTog uvtov xul Trjg uvo/rjg xaTU(f(jovTjacjüf.iev, bei Lat. B:
et non simus divitiarum aut utilitatum eorum appetitores. Cap. 15.
sind zunächst die Worte flg ovv 6 didaaxuXng — «§/« jov naigog
toiiv vom Interpolator erweitert; dagegen fehlt der nächste Satz
von A und Arm. o Xoyov ^Trjoov xexTr]f^fvog äXtj^aig dtvaiai xai
%i]g Tjovxiag aviov uxovfiv, Via tiXetog j] bei B ganz , und dies
dürfte mit grosserer Sicherheit als eine Auslassung im ursprüng-
lichen Texte zu betrachten sein. Weiter unten fehlte der letzte
Satz des Capitels utkq xul l'axiv xai qavi^aiTai ngo ngoaconov
Tji-iajry ('§ wv dixutwg uya7n7}(A.tv aviov , der sich ganz bei A und
bei Arm. von i'^ wv an findet, abermals bei B, und was an die-
ser Stelle steht, ist wol eine Erweiterung des vorhergehenden
Satzes (Xgtoxüg iv rj^iTv hiXtiiw w^ xai fv TlavXw • t6 nviv^iu t6 ciyiov
öidaaxhio tj/iiug tu XgioTOv (p&eyytfrd^ai, nagunXT^aiwg atTw), die
sich vielleicht vom Interpolator herschreibt, aber kein Ersatz für
das Ausgefallene. Endlich zum Schlüsse von Cap. 19. 'Iva tw
nud^ti To vöwg xad^agtat] wie A und (mit einigen kleinen Abwei-
chungen) Arm. bietet, ist bei B durch die Worte Vi« ntaTonoirjOi]'
Tut TTjv öiüTu^tv TrjV iy/tigtod^tiauv tw ngoffi^irj ersetzt, wo-
bei es wenigstens sehr zweifelhaft bleiben muss, mit welchem
Rechte man diese Aenderung dem spätem Interpolator zuschreiben
möchte.
Man sieht, dass die Uebereinstimmungen des Arm. äusserst
zahlreich und theilweise von sehr tiefgreifender Bedeutung sind.
Nun wollen wir grade hier nicht verkennen, dass einige unter den-
selben in Anspruch genommen werden könnten, weil die abwei-
chende Lesart bei B doch nicht nothwendig auf den Urtext, son-
dern sehr wohl auch auf den Interpolator zurückzuführen sei.
Allein bei einem so schwierigen Unternehmen wie diesem, den
nicht mehr vorhandenen Urtext von B von den spätem Interpola-
tionen abzusondern, wird man nicht überall eine unumstössliche
Gewissheit fordern dürfen, sondern sich mit der grösseren Wahr-
scheinlichkeit genügen lassen, die wiederum für einzelne vStellen
106 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
oft nur aus der Gesamratanscliauung- des Ganzen hervorgebn kann.
Auch sind wir bei der Auswahl der oben zusammengestellten Va-
rianten mit der möglichsten Vorsicht zu Werke gegangen, und
haben alle Stellen, deren Ursprung vom Interpolator irgend wahr-
scheinlich schien, bei Seite gelassen.
Dagegen ist andrerseits an einer verhältnissmässig nicht ge-
ringen Anzahl von Stellen auch die Uebereinstimmung des
Arm. mit dem ursprünglichen Texte von B nicht zu
übersehn. Cap. 2. xai ev näotv für h näoiv, — nQtnov ovv
v/iiäg iOTi für nglnov ovv loTiv. — Cap. 3. wg töv ri für w?
wv Ttg. — Stä TU ovojLia für iv tm ovo^iaii (Arm. lässt mit A
avTov weg, bietet aber dafür den secundären Zusatz veritatis).
Cap. 4. od-fv '/Ml vfiTv nQtnti für o9^i:V nginEi v(.dv. — avay.tygu'
(.ilvovQ (oder eyxexgafievovg bei Arm.) avTU} für eyyexQ. ovicjg. —
Die VVeglassung des ovv mit B, aber anovdaocof-uv mit A (s.
oben). Cap. 6. oom wie es scheint für onoj/, aber y.ai mit A statt
ovv von B. Cap. 8. o\oi yag fore &eov für oXoi ovieg ^eov.
Cap. 9. naQOÖevouvTag rtväg J*' vjtnov (Lat. B ex vobis) für
nagod, Tivo.g ixtT&er. — ontTgat mit dem Zusätze tm OCdvia^ aber
auch etg v/näg mit A. — Ebendaselbst für den Inf. ovy/agr^vat das
Verbum finitum, obwol B xaigco ovv ecp^ v/iiTv (Interpolator?), Arm.
ovyxnigo) liest. Cap. 11. iv rto vvv ßico angeschlossen an das
vorhergehende cyan7]GCt)(iiev , für Vv riov ovo (mit dem Folgenden
verbunden) wie A hat. — Ebendaselbst ovvrjoav für avvi]vinuv.
Cap. 12. v(,iHg öe (Lat. B enim) TluvXov av(.i(.ivoT(u iazi für das
einfache TluvXov Gv^ifivoTat. Cap. 14. yivwayerai statt (favigov, —
yvo)gil^oviai für 6<f9^r,(JovT(xi. — Xgiarov tlrai für Xgioxiavol enat.
Cap. 15. fehlen die Worte ontg xul l'nriv yai (favi](TeTni ngo
ngoaconov tj^iwv , dagegen findet sich das Folgende f§ (ov xiX.
wieder bei Arm. Cap. 16. il de für tl ovv. Cap. 17. die Weg-
lassung des navTig bei rfgovifioi yivoiLitd^a. Cap. 20. iv &iM
diä 'Jr]aov Xgimov für iv ^Ttjctov Xgiaup diu nuvjog
Die angeführte Zahl von Varianten ist etwas bedeutender als
in den vier oben behandelten Briefen: die üebereinstimmungen mit
der Familie B sind zu zahlreich und zu erheblich, als dass man
sie blos aus einer unabhängigen Aufbewahrung des richtigen Tex-
tes erklären könnte, zumal bei einer Reihe von Stellen allerdings
sehr zweifelhaft bleiben mag, ob wirklich der Text von Arm. und
B der vorzüglichere sei. Dagegen verrathen eine Reihe der oben
mit aufgenommenen Varianten ganz deutlich einen gemischten
Text. Wir sind nicht gemeint, alle diese Stellen nochmals zu-
sammenzustellen, in welchen Arm. theilweise mit A, theilweise
mit B geht. Wir erinnern nur an Cap. 9, wo A antigai tig v^og^
B aneTgai rd l^iCuvta, , Arm. antTgai dg v/liuc tu i^i^avia liest,
und an die Weglassurig der Worte Cap. 15. onig xui taiiv — -
7ji,i(7)v, welche mit B stimmt, während gleich das folgende i'^ wv
xtX, aus A gegen B herübergenommen ist. Man vergleiche ferner
LipsiuSß über den syrischen Texl der Briefe des Ignatios. 107
Cap. 9. Hier lässt Arm. mit A (und Antioch.) nviVf.taT0(f>6Q0t, mit
E /ot(7TO(fUQOt, selbständig von beiden noch ausserdem raocfoQoi oder
«y/o^o()Of weg (er übersetzt induistis ... sanctitatem sive sanctuarium
eins). Desgleichen Cap. 2. ov l^ei^inXaQiov h. co q etf^inXugiov B
ov wg f'^ejunl. Arm. Ebenso sind zwei Stellen zu betrachten, in
denen Arm. in üebereinstimmung nur mit Lat. B einen secundä-
ren Text bietet: Cap. 4. Gr. A liest hier /Qw/na deov XaßovTtg,
Lat. A melos Dei accipientes. Gr. B avvucpeiav d-eov Xaßovreg,
und ebenso Lat. B, der nur noch einschiebt in s i mi 1 i tu d i n e m
morum (coniunctionem Dei in similitudinem morum accipien-
tes). Diesen secundären Zusatz setzt Arm. allein im Texte
voraus, und liest similitudinem Dei. Cap. 12: hier hat A eig
&sbv, Gr. B dta Xqiotov^ Lat. B und Arm. ötu ^eöv, eine ziem-
lich deutlich ihren Ursprung verrathende Lesart. Einen nicht
grade aus A und B gemischten, aber trotzdem offenbar secun-
dären Text setzt iVrm, noch an einer Reihe von andern Stel-
len voraus. Cap. 3. vnaXtKfd^ijvui Gr. A vnoXtjcpO^^vui Lat. A
vnof.ivf]ad^r]vai B accipere Arm., offenbar nur erleichternde und
interpretirende Wiedergebung. Cap. 6. liest A mit Dam. ßXtnei
T/g, und weiter unten qoßtta&ü), B mit Anton, ßlinne und (fo-
ßeiad-e, Arm. dafür ßXinof.iev und opus est timere eum {qoßiTG^ui'i)^
eine dritte die Abweichungen nicht erklärende Variante. Cap. 6.
nXiov el'nfQ ^Trjoov XgtaTov A ^ f.i6vov ^IrjGov Xqiotov B si non
— de Jesu Christo Arm. (d f-iri\), Cap. 9. ru 07itiQ6[.uva vn'
avTüJv A T?jv V7i' avTwv xaj u'yyeXXof.ttvi]v nXuvrjv B mala verba
eorum Arm. Cap. 11 liest A: t/ yug rrjv (.UXXovGav ogyrjv cpoßr,'
d^W(.uv^ 7] TTjv eveOKuauv XUQtv ayanijafofnv ' fv ralv ovo' fiovor
Iv Xqiotw 'Trjaov evge&r^vui. Gr. B stimmt in den ersten Worten
überein, liest aber dann: rj TrjV tveaiwoav yjtQu.v ayanr^owi^ttv iv
T(pvrvßi(p' ioTco de 7} lvtöX(7)aa /aga ym) rj aXrj^ivri ^ to (.lovov Iv
Xgioiio It^oov iVQed^rjvai. Lat. B beinahe ebenso, nur liest er
mit A xuQiv, lässt ev rw rvv ßiM und yai ^ aXr]^ivrj weg. Arm,
geht mit B, liest aber ebenfalls ;f«p<v, lässt hemuioav und den
ganzen Zusatz \gtw öe — aXrjdtvi] bei Seite. Letzteren mag
Arm. weggelassen haben , weil er in A (und theilweise bei
Lat. B) fehlte; weiter las Arm. Iv t(o vvv ßuo mit B und
glaubte das heGKoGu entbehren zu können. Lat. B hielt evi-
aiMoa fest, strich aber nun fv rot vvv ßtio. Beide bieten
also einen secundären Text. Ebendaselbst liest A: xwgig
Totjov (xriötv vfÄiv ngenhu) i B: yj'Wh tovtov fi?jd^ uv avu-
nvevGui non i)riG^f^ Arm : ne sit vobis aliud quidquam gratum
praeter hoc (näher an A, aber erleichternd). Cap. 13. HQi,vr}g bei
A und Cod. Baliol. (und mehren Editoren von Lat. B); dafür B:
T^C J^ttT« Xqigtov fiQi'jvrjg. Arm. : nimiwg y.a) tiQt'ivrjg, Ganz se-
eundär ist Arm. auch Cap 16. Hier liest A o joiorjog Qvna-
Qog yevo/Atvog, B umschreibend ov ttjv dtdaaxuXi'av o u&eTi]aag
Xtnavd^ug xai nrxxw&eic, Arm. gar blos qui haec negat. Hierzu
108 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
noch einigte ÄenderuDgen in christologischen Stellen: Cap.4.
ötu ^JfjGov Xqiotov Th) TKXTQi A T(b d^eco TTUTgl xul To5 riyunfj-
f.iivM vhü aiiiov ^If](TOv Xqioicu B TW nargi rov xvqiov 7}f.i(7)V
^Tj](tov Xqiöiov Arm. Cap. 17. in der schon oben berührten Stelle
o niTiG/Lirfav alrjd^Mg b xvgiog A o elXrjrfaf.itv B quod vere pas-
sus Christus Dens noster Ann. Cap. 21. x(xi iv ^Jr^oov Xgi^
CTU) A. xai xvQinv 'Ttjoov Xqiotov B. tov xvqiov ^Jriaov Xqigtov
Arm. finehr mit B).
Das Resultat bleibt also abermals dieses, dass Arm. zwar
bei Weitem überwiegend mit A, aber doch auch zuweilen mit B
geht, und in letzteren Fällen nicht immer den ursprünglichen
Text herstellt; vielmehr verräth er mehrfach eine bereits einge-
tretene Mischung der Lesarten von A und B, öfter noch über-
haupt einen secundären Text.
Eine recht instructive Stelle ist auch Eph. 7 dg largog xtA.,
wo B durch den Interpolator ganz entstellt ist. Hier geht Arm.
gegen den jetzigen Text von A mit den patristischen Citaten (s.
oben bei Theodoret), verräth* aber durch seine Aende-
rungen den secundärsten und spätesten Text von
allen. Er schiebt nämlich nach iv av&gc6n(b d-eog (deus et filius
hominis) die Worte ein: unicus qui unitus est supra verba facto-
rum, und liest statt uQojxov nai^fjTog y.al TOTt UTiud-r,g vielmehr
qui passus est pro nobis. Hierzu kommen noch eine Reihe von
eigenthümlichen Auslassungen, die wol kaum ursprünglich sein
dürften, z. B. Cap. 7. ovg öh v(.iug ^vXdnotaO^ai (gegen A und
B*. Cap. 11. fehlt Xoinov (gegen A und B), ebendaselbst iv (oder
h'}) xXrjQCp ebenfalls gegen A und B).
Dagegen finden sich allerdings auch Spuren des ursprüng-
lichen Textes bei Arm. gegen alle oder doch gegen die mei-
sten Auctoritäten. Insbesondre ist dies der Fall Cap. 9. Hier
liest A OTi xctr' oiXXov ßi'ov ovöiv ayanuTe el /ui] f.i6vov rov
^eov. Dafür liest Gr. B oti /urj TrJ juaiai'Ti^Ti TrgofTf/jTf
ovöi xaru odgxa uyanärf, uXXd xaju &e6v , hat. B aber und
Cod. Aug.: — ol'di tu xaxä ndgxu äyanaxt, aXXd rd xaxd dtov.
Natürlich kommt hier der Zusatz von B oxi (.irj rf] (.tax. ng. als
späteres Einschiebsel nicht in Betracht; wichtiger aber sind die
andern Varianten. Vergleichen wir nämlich den Arm., so finden
wir folgende Lesart: quoniam alium quemdam non diligitis, nisi
(sed) eum, qui secundum Deum vivit, d. i. öxi aXXov ovötva ayU'
Tiäxe uXXd (oder et jurj) xbv xaxd &aüv. Dies passt vortrefflich
zu dem Vorhergehenden, worin die Epheser gelobt werden, dass
sie den reinen christlichen Glauben und die rechte christliche Ge-
sinnung behauptet haben, und bildet auch einen passenderen üeber-
gang zu den folgenden Worten, die nach dem hergebrachten Texte
lauten : xal vnig xcäv aXXwv öi dvd^gMnwv dStaXtinxwg ngoaiv/j-
ad'B xxX. Auch ist ersichtlich, wie die Lesarten von A und B
entstanden sind. Das xov xaxd d-tov stand ursprünglich im Texte:
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 109
A liess xaru weg und trug es ins Vorhergehende, wo nun eine
Aenderung nothwendig wurde. Er schrieb darum statt uXXov viel-
mehr y.uT* uXXov ßiovy und machte aus oiölva oidtv, was um so
leichter war, da das a von dem folgenden uyanuie verschlungen
sein konnte. B bildete sich einen Gegensatz zu y.uiä dtovy der
sehr einfach xutu oÜqxu lautete (den Zusatz von A kannte er na-
türlich nicht) behielt aber xuiä auch unten bei; wegen des Arti-
kels schwankte die f^esart von B zwischen dem hergestellten
Neutrum und zwischen gänzlicher Weglassung. Zum Sciilusse
ferner des ganzen Briefes mag wol der Zusatz von Arm. tj yd-
Qig vf.uv. uim^v ebenfalls richtig sein, wie ihn denn auch Gr. B in
etwas veränderter Fassung hat u/liijv. rj yu^iq. Aehnliche Zusätze
finden sich übrigens auch zum Schlüsse der andern Briefe (Magn.
Iqqcüo&s adeXqoi. u(.ir^v. Trall. gratia vobiscum omnibus. Amen,
Philad. wie Eph. Smyrn. wie Magn. u. s. f.).
Anderwärts bietet Arm. mit Lat. A einen relativ bessern
Text. So lässt er mit Lat. A die überflüssigen Worte von Gr.
A und B TW avTM vo'i xai jfj avrfj Yvw/ntj xai t6 uvto XeyrjTt nav'
TiQ TiiQi Toü avTov Weg, uud liest gleich darauf richtig t;noT«ffffo-
f.tevoi für iniTaoaofievoi (Cod. Med.}. Cap. 4. xal iniytvcoax?] für
xul iniyivwaxwv und Cap. 14. das schwerere d-tog iori (auch
Dam. so) für &eov iaii (Cod Med.) oder für das secundäre &eov
uv&QCjt)Tiov enatXfi bei B.
Sehr unbedeutend ist die Ausbeute, die die Verglcichung des
Arm. in den bei Syr. grösstentheils fehlenden Capiteln 7 und 8 des
Briefes an Polykarp bietet.
Hier hat. Arm. mit A gegen B folgende Varianten: Cap. 7.
ytiQOTOVTJGui Tivu üv für ytiQ, h jiva, Cap. 8. to avjo für toi^to
der Zusatz aiwruo i'oyio der bei B fehlt; endlich diaf.tiii7]Te für
di(A[.ulvuTt (Schreibfehler bei B?). Varianten, die Arm. mit allen
Zeugen von B gegen A hätte, finden sich gar nicht: und nur
an einer Stelle bietet Arm. einen aus einigen Codd. von B wie
es scheint entlehnten Text : für Iniaxonfj von A und Codd. Nydpr.
FOV liest er nämlich iniaxonov in üebereinstimmung mit Codd. B.
Aug. Leicestr. In der Schlussformel ferner liest A Iggtoa^t iv
xvQiM, während die Codd. von B sehr durch einander gehn. Nydpr.;
^ yjJ^Qig f^iiO' rjf.i(ür. u/Li^v, Aug. m^jJx'. ^ yotgig. l'ggcDod^e iv xvqim,
Florent. : ufirjv, tj /upig, lacog' tov &iov tit] (nf:^ vf^aiv *). Arm.
stimmt hier allerdings fast buchstäblich mit Nydpr. ^ y/^^gig /miu
nuvTMV vfiwv. uf.ir}i>, bietet aber nur denselben Text wie am Schlüsse
von Trall. Rom. Smyrn. (Eph. Philad.), auch unabhängig von B. —
Unter den übrigen Varianten bewähren zwei die auch sonst be-
zeugte üebereinstimmung mit Lat. A: Cap. 7. (loi/iiov für avvio-
fxov oder avviovov (gegen alle) und vorher mit Cod. Caj. und B
1) Dieselben Worte merkt D res sei zu dem Cod. Ottob. an. Sollte die-
ser wol mit dem früher verglichenen Cod. Florent. identisch sein?
110 Lipsius p über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
(ausser dem Cod. B) ahrjüei wol richtig für uvaaiaoei (Codd.
Med. Cas. Mont. und Cod. B).
Eig-entliümlicli hat Arm.: Cap. 7. die Uebersetzung- quomodo
et scripserunt ad me für w^ iörfhhd^r] (.loi (erleichternd), beate für
d^tof-KitnaQiaTOTaTey et credo gratiae Dei für nioTevü) yuQ zfj yd-
gixi (interpretirender Zusatz) , in omnibus — literis für öi"
oUyMV — yga^i^dzcov. Ausserdem fehlt der Satz iavusQ öiu tov
na&Hv d-eov Inixvio) und für tovtov xaja^KZoui, ^iva nogevO^ttQ dg
2vQtav do'^doTj v(.iwv ttjV äoxvov uyunriv dq doE,av &iov lesen wir nur
et mittere in Syriam ut glorificent amorem vestrum , eine Ueber-
setzung die theilweise ihre Erklärung darin findet, dass Arm. das
vorhergehende uv in seinem syrischen Texte mit Ribbui las , und
demgemäss auch hier den Plural herstellen musste. Die übrigen
Abweichungen dieser Stelle sind theils ungenaue Uebersetzung
(das mittere) theils einfache Weglassungen (aoxvov und dg do^av
d^tov). Cap. 8 fehlt w? to d^tXrjf^ia n^OGiaTTei und mit ygaipiig
beginnt ein neuer Satz. Die Worte ol ^tv övvu^itvoi ntl^ovg nein-
\j.iut, ol ds fniGToXug did zwv vno oov 7i€f,inof.ieviov werden ganz
ungenau durch „et raittant viros qui potentes sunt cum epistolis
vestris" wiedergegeben ; für cog u^iog wv wird corrigirt aE,iot omeg,
eine vermeintliche Verbesserung, die sich auch am Rande des Cod.
0 vorfindet, und von D res sei in den Text von B aufgenommen
worden ist.
Sonach dient auch das Wenige was wir vom Briefe an Po-
lykarp beibringen können , ganz dazu, unsere über den Text des
Armeniers bisher gewonnenen Resultate aufs Neue zu bestätigen.
Zuletzt haben wir es noch mit dem Römerbrief zu thun,
so weit nämlich Abschnitte desselben beim Syrer fehlen.
Arm. geht hier mit A (d.h. Lat. A und wenn nichts Be-
sondres angemerkt ist, auch mit Cod. Colb. und Met.): Ins er. tov
l^LOvov vlov aiTOv (ebenso Syr. 2) gegen tov (.iovoytvovg vlov
avTOv B Arm. 2. tov &tov rjf.iMv (auch Arm. 2) gBgen tov &iov
y.al 0(jt)T?]Oog rjjitwv. Cap. 6. in dem Zusätze ^xf^or deXw tovÖi^ rj^mg
IvaoTuvTUf wofür B nur xui uvaorüvTa hat, angeschlossen an das
Vorhergehende, Met. aber alles weglässt. — ilitj ffj,noöi07]Ti fioi Crjaai
vielleicht mit A und Arm. 2 gegen Gr. B (litj ff^7iodiat]Tt f.ioi dg
^w^v cpd^uaui, wenn nicht etwa die freilich ungriechische Lesart von
Lat. B f.irj tiLinodiOfjTS fioi dg ^wtJv die ursprüngliche sein sollte:
wenigstens lesen Arm. 1 Syr. fr. II (p. 201) Timoth. ne expellite
nie e vita, was ebensowol auf die Lesart von A als auf die von
Lat. B zurückweisen kann. — nd&ovg tov d^tov fxov mit allen
Auctoritäten gegen Gr. B (und Lat. B Cod. Pal. und Reg.),
Xqiotov tov &£ov (äov. Met. liest blos Xgiatov. In demselben
Cap. noch mit Lat. A Timoth. Arm. 2 Syr. fr. II die Weglassung
des Citats it yuiQ (LcpeltTiui uv&gwnog xtX. , und der Zusatz ne-
que per materiam seducatis. Cap. 7. intd^vf^eiTt für ngoTiftuTS. —
i
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 1 1 1
TTilad^rjri f.ioi für nila&riTe (Lat. A ntoiivoaxe), Cap. 8. kommen
die Erweiterungen der Worte niOTeioixje fiot, 'IrjGOvg de XQiaiog
bei B zumeist auf Rechnung des Ergänzers; dagegen ist für die
Weglassung des folgenden to diinvöeg oiofia , iv co b nuirjQ tXu-
Xrjotv dXrjitcog bei B kein Grund vorhanden, sie dem Interpolator
zuzuschieben. — ahrjfruie ne^l ifiou statt xui vfitig ovvev^aa&a
lÄOi. — ^Iva IniTv/M für Vv« tov oy.onov tv/cü. — Tid-eXi^auTe
für TjyanrjGarf. Cap. 9. sind die Aenderungen bei B tm xvgia)
für TW d-ew, die Einschiebung des xai vor f.i6vog und die Weglassung
\on^lr]Govg XQiaiüc vor (ntaxoninjei sämmtlich durch das eingescho-
bene johanneische Citat veranlasst, Job. 10,11 welches Worte Chri-
sti enthielt. — Dagegen kann der auch bei Arm. fehlende Zusatz
vor dyuTiT], nach Gr. B ug uvtov, nach Lat. ß eig «irrjv wol eher
als eine Differenz des ursprünglichen Textes betrachtet werden.
Cap. 10. negl rcot^ nQoeXd^ovzcov iLie wie es scheint mit Gr. A,
gegen negl rcov nQootX&ovTOJv oder tüjv avvtX&ovTwv fxoi der
übrigen Handschriften.
Wir vergleichen nun die Uebereinstimmungen von Arm. mit
B gegen A. Inscr. f]yiaGf.iiV7] für rjyanri(j.hri (A Met. Syr, 2
Arm. 2 und auf einer Randglosse des Cod. V). — yiaxu niGiiv y.al
dyuntjv (auch Arm. 2) für xai^ dyäntjv (A Syr. 2). Cap. 8 für
^TrjGovg de XQiGiog bietet Arm. Jesus Christus idem ipse, und
verräth dadurch die Ursprünglichkeit einer V^ariante bei B, die
sonst Jederman dem Interpolator zugeschrieben hätte, nämlich
des avTog de. Ebenso kennt Arm. den Zusatz von B iv nvev(.iaTi
ayiü) hinter enixvyw.
Einen relativ reineren Text scheint Arm. Cap. 8 be-
wahrt zu haben, wo er den Zusatz von A und Met. ^elr^nare de,
^iva xui vf.ieTg &elt]d^^Te ebensowenig kennt als das paulinische
Citat von B XgiGTCy GvveGTuvQco/iiai' ^co de ovx eii eyM, entidi^neg
tfj ev e/uoi 6 XQiGTug. Wir haben wol gegen beide Zusätze zu ent-
scheiden, trotzdem dass ersterer auch bei dem zusatzfreiern Lat. A
und einem Manuscript von Gr. ß. Cod. 0 (am Rande) sich findet.
Dagegen hat der Text von Arm. auch eine Menge von
kleineren Auslassungen, welche nur in den seltensten Fäl-
len zu Gunsten des Arm. zu entscheiden sind. Inscr. ev ovofiaii
'TriGov Xqigtov vloi) nargög, — TKwri vor ivvoXfj, — udiuy.oiTwg. —
der Beisatz tw &e(Z r^/iKov zu ev'Ti]Gov XgioKp. Cap. 2. das dgeoai
hinter uXXu ^ecp, dies mit Cod. Caj. und Lat. ß. Cap. 6. tov
uiMvog in ul ßuGiXeiai tov utcovog tovtov. — Cap. 7. eig ^eöv (.lov, —
in /.itjde'ig ovv tmv naoovTwv alles bis /m^deig (ebenso Arm, 2).
Cap. 9. xul eyTQ(x)f.ia. — Cap. 10. weicht Arm. sehr stark von A
und B ab, und bietet theilvveise einen kürzeren, theilweise einen
sehr veränderten Text. So übersetzt er die Worte eativ de xal
af.ia i(AOi avv akXoig noXXoTg Kgoxog to noS^rßov (.lov ovo/iia sunt
mecum et alii multi fratres dilecti. Dann lässt er die Worte ni-
GTevix) vf.iüg eneyvwxivaiy oig xai dTjXwaave eyyvg fie ovzu, ndvTeg
112 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios»
yuo tiaiv a^ioi rov ^tov y.ai v(.uüv weg, und liest dann auch die
folgenden Worte ovg ngtnov — dvanavaai wie es scheint eben-
falls nicht in der sonst überlieferten Gestalt (vgl. Petermann
zur Stelle).
Varianten des Armeniers andrer Art sind Inscr. nurgog vxpi-
OTOV Tov xvQiov Tj/üCüv ^Irjöoxj Xqiotov für n, v. y.al *T. Xq. (A).
Cap. 6. thesaurus für t« rsQnvd oder t« ntQuiu, der Zusatz nav-
Twv zu TU)V neguTCüv (mit Fr. llj; für jui) xagioriüd^e oder f.ir. /m-
giorja&e (Lat. A), ne honorate sie (mit Fr. 11} ; die Uebersetzung
des : neque per materiam seducatis, durch : et ne aemulatorem facite
visibilium (mit Fr. II); für tivd^Qwnog d^tov oder einfach uvd^gconog
(Lat. A], horao perfectus (mit Fr. [II] p. 296). Cap. 8. xai«
Yvw(Äi]v d^iov durch secundum spiritum et voluntatera. Die-
selben sind wenigstens zum Theil secundärer Art; über einige
wirklich ursprüngliche wird später noch ausführlicher die Rede sein.
Innerhalb des Textes A endlich stimmt Arm. zwar wol mei-
stens mit den reineren lateinischen Codd. Cap. 6. xuXov für
fxäXXov. — Die Weglassung des riyug (vifeXiiTui — fyi(xiM&fj. Ebdas.
der (freilich abweichend ausgedrückte) Zusatz neque per materiam
seducatis. Aber auch mit Cod. Colb. stimmt Cap. 10. der ganz
secundäre Zusatz Tovreaitv Avyovoxov elxädi TgiTrj , den aus*,
serdem nur noch Arm. 2 kennt.
Das Resultat bleibt also wiederum dieses : wir haben Arm.
auch in den besprochenen Stellen des Römerbriefes zur Familie
zu stellen, und zwar liegt der bessere Text der lateinischen Coddi
ursprünglich zu Grunde. Dennoch ist bereits eine Mischun
der Texte eingetreten, und Arm. kennt schon spätere EinschiebselJ
theils von Colb., theils von B (natürlich aber nicht von dem In-
terpolator), während er andre Einschiebsel bei A und B hinwies
derum nicht kennt. Eine Reihe von den Abweichungen des Arm«
sind theils durch Syr. 2, theils durch Arm. 2, theils durch dii
syrischen Fragmente bestätigt; andre, besonders eine Menge kür«*
zerer Weglassungen, stehn vereinzelt.
Ehe wir nun zur genaueren Betrachtung und Vergleichunj
des syrischen Textes übergehn, müssen wir noch mit wenigei
Worten das Verhältniss des ersten Armeniers zu
zweiten erörtern.
Hierbei ist zuvörderst festzuhalten, was schon früher bemerki
wurde, dass der zweite Armenier nicht aus dem Syrischen, son-|
dern unmittelbar aus dem Griechischen übersetzt hat; und dasi
der von ihm benutzte Text zur Familie A gehört. Speciell füi
das Verhältniss zum ersten Armenier aber ist zu bemerken, dass
Arm. 2 an einer Reihe von Stellen den Text von A auch da bietet,
wo Arm. 1 davon abweicht. Rom. inscr. riyanr](xlvriv für Tjyia-
o/ii(Vf]v, Cap. 2. f|w xuiQov roioviov und i/,tTi iniygacprjvai (gegen
die Varianten von Arm. 1 mit Syr.). tm nargl iv Xqiotm 'If]aov
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 113
— evQB^yvcxi, — %a tig avibv uvaniXco (ohne Iv ^wfj). Cap. 3. der
Zusatz iyw öe d^iXo) — ivTtXXea&e, der bei Arm, 1 und Syr. fehlt. —
iuv yuQ iVQtd-w und ov ndO/^iovfjg ro l'^yor, a\)M fityt&ovg touv
6 X^iariaviafiog (gegen den abweichenden Text von Arm. 1).
Cap. 4. Vva /m] xotf.iri&iig ßuQvg Tiri ylvMf-iai (bei Arm. 1 ganz
fehlend). — tv uvtco nach uvaaTr^oof-iati was bei Arm. 1 und Lat. A
fehlt. Cap. 5. d-rjQio^axM (wörtlich übersetzt). — deöe/^ihog für tv-
didifiivog, — iv öi ToTg udixrjjnuaiv amwv (Arm. 1 sed et per hoc). —
ovaißTivvfÖTiWch übersetzt. — Nach (xrj ö^eXrjorj lässt erappropinquare
mihi (Syr. Arm. 1) weg. Cap. 6. rä m^ata (Arm. 1 thesaurus). — o
di ToxfTo^für dolores mortis. — Gvyyvwxl fxoi (wörtlich übersetzt). —
el' rig avTov iv iavito t/ai — tm ovvi/ovru fie übereinstimmend mit
A gegen den hier sehr abweichenden Arm. 1. Cap. 7. der Zusatz
ifg d-eov, der bei Arm. 1 fehlt. — ^i^ XaXeiit — inid^vf^teTie wörtlich
übersetzt. — ov/ r^dofA.ai TQO(f>fj cp&OQug gegen eine missverständ-
liche üebersetzung bei Arm. 1. Cap. 8. der Zusatz von A &eli^-
ofxTB di — ^£X7]&7JTe (bei Arm. 1 fehlend). Cap. 9. wi/ io/uiog
aviüjv '/Ml exTQco^a gegen die Abweichungen von Arm. 1. — t/J
yMrd aagxa (abweichend bei Arm. 1). Cap. 10. stimmt er eben-
falls mit A gegen die Auslassungen von Arm. 1.
Allein an andern Stellen sind die Uebereinstimmungen mit
Arm. 1 wieder so auffallend, dass wol eine Benutzung dieser
üebersetzung, wo nicht durch den zweiten Armenier selbst, so
doch durch einen späteren Redactor dieses Textes angenommen
werden muss. So insbes. Cap. 7. in den Worten /uriöelg ovv ruiv
nuQovTwv vf,iwv ßofj&eiTW uvto) ' fÄuXXov {(.lov yivead-a , rovTtaziv
Tov d^eov. Hier übersetzt Arm. 1: ne quis e vobis auxilietur ei,
sed potius ad meum latus estote, hoc est Dei; und Arm. 2: Jta-
que ne quis e vobis auxilietur ei, sed potius ad meum latus estote,
hoc est ad Dei. Ebenso Cap. 8. di^ üXtywv yQUf.if.iuTa)v ctiTorf.iat
vf,iug was beide übereinstimmend durch : quod per paucas literas
(characteres) peto a vobis wiedergeben ; und in demselben Cap.
die Worte uXXd y.uTa yvcofitjv &tov durch „sed secundum spiritum
et voluntatem Dei. " Cap. 9. die üebersetzung des xai ?; dydnrj
TMv exxXrjGKxiv bei Arm. 2 durch „et amor omnium ecclesia-
rum", was nur durch den Einfluss des Textes von Arm. 1 „et
omnes ecclesiae" erklärlich wird. Diese Spuren einer üeberar-
beitung des zweiten Armeniers nach dem Texte des ersten stehen
im Zusammenhang mit denen, die wir schon oben, wo wir von
Arm. 2 besonders handelten, besprochen haben, insbesondre mit
der Beschaffenheit der Glosscme, die der letztere enthält. Wir
liaben indessen nicht nötbig, diese Erscheinung weiter zu verfol-
gen, da sie für unsern Hauptzweck nur von untergeordneter Be-
deutung ist. Nur das muss einschränkungsweise hinzugefügt wer-
den, dass nicht alle Spuren späterer üebcrarbeitung auf den er-
sten Armenier als Quelle zurückführen, wie denn namentlich das
Glossem y.ai divvaog ^cot}, welches in Uebereinstimmung mit Cod. Colb.
Abhandl. d. D.MG. I, 5. 8
114 Lipsius, üher den syrischen Text der Briefe des Ignaiios.
Met. B den Schlussworten Cap. 7. dyarnj aq)^aQTO(; angefügt ist,
ebenso wie Cap. 8. der bei Arm. 2 als Glossem sich findende Zu-
satz tov Gy.onoi) zu tVa tniTv/^u) , nicht aus dem ersten Armenier
geflossen sein kann.
Mit dem Bisherigen können wir die Untersuchung über den
armenischen Text in den Briefen und Briefabschnitten, die beim
Syrer fehlen, als geschlossen ansehn. Wir müssen jetzt zum sy-
rischen Texte selbst uns wenden und zu ergründen suchen, ob
auch hier ganz dasselbe \ erhältniss zu den Familien A und B
vorliegt, welches wir beim Armenier da, wo derselbe Stellen und
ganze Briefe bot, die beim Syrer fehlen, gefunden haben.
c) Von dem Verhältnisse des kürzeren syrisclien
Textes theils zu den übrigen Textgestalten über-
haupt, theils speciell zu der weiteren syrischen
Recension.
Die ganze bisherige Untersuchung hat lediglich das Verhält-
niss der vorhandenen Documente, und der armenischen Recension
insbesondre, zu den verschiedenen Textfamilien im Auge gehabt.
Es gilt nun, die Anwendung auch auf den Cureton'schen Syrer
zu machen, und zuzusebn, wie beschaffen die von ihm gebotene,
Recension sei. Der Einzige, der bisher diese Frage berührt haf
ist Ühlhorn ^). Derselbe hat richtig eine doppelte Frage aus
einandergehalten: einmal nach dem Texte selbst, der dem Syt
rer vorlag, und sodann nach der Art seiner Uebersetzun
Aber die Beantwortung beider Fragen ist ungenügend ausgefal-
len. Um den vom Syr. benutzten Text selbst zu beurtheilen, hat
er nur innere Gründe gelten lassen, und an vielen Stellen auch
da die Lesart des Cod. Med. oder gar des Cod. Colb. der durch
den Syr. gebotenen Lesart vorgezogen, wo dieselbe durch eine
Reihe andrer Auctoritäten, wo nicht gar durch alle geschützt war.
An einem Abwägen der verschiedenen Zeugnisse nach diplomati-
schen Gründen, an einer richtigen Einsicht in das Verhältniss des
lateinischen Textes von A zu Gr. A , geschweige denn der bei-
den Familien A und B zu einander, fehlt es bei ihm noch
ganz; nicht einmal das Verhältniss des armenischen Textes zum
Syrer ist in Erwägung gezogen, welches doch für die Entschei-
dung, ob der Syrer wirklich ein Epitomator sei, so tiefgreifende
Bedeutsamkeit hat. Wir sehen uns daher genöthigt, die Unter-
suchung des vom Syr. übersetzten Textes völlig von Neuem wie-
der aufzunehmen.
Wir stellen in gewohnter Weise eine Vergleichung mit den
Familien A und B an. Wir erinnern hierbei nochmals daran, dass
1) Zeitschrift für die histor. Theologie 1851, I, p. 15 ff.
I
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 115
es unsre Aufgabe ist, den ursprünglichen Text von B, soweit
dies möglich sein wird, von den späteren Interpolationen zu
scheiden.
Zuerst behandeln wir den Brief an Polykarp. Hier bie-
tet Syr. nur geringere Abweichungen, B nur wenige und minder
umfängliche spätere Interpolationen.
Mit A finden sich folgende üebereinstimmungen : inscr. '/ym-
Tiog, 6 xal d^eoqoQog für 'lyruitog iniay.onog lAvTioyjtag , b hui
fiuQTvg 'Irjoov Xgtoiov. Hier leuchtet wol ein, dass das iniaxo'
nog 'Avxioytiag ein späterer Zusatz ist; und ebenso ist natür-
lich auch die Variante o xai ^agTvg ^Ir^aüv Xqiotov zu beurthei-
len, da Iguatios unmöglich so von sich gesprochen haben kann.
Die Worte mögen aus einer üeberschrift in den Text bei B ge-
drungen sein , da sie sonst in keinem von allen den Namen des
Jgnatios tragenden Briefen, auch bei B nicht, sich ßnden. Cap. 2.
diu TOVTO aaQy.iy.bg ti xul nvevfAUTixdg für diu tovto ix ^jjvyrig
xal acüfiuTog f?, üugxixog xai 7ivev(.iaTix6g. Hier ist wieder ohne
Weiteres klar, dass ix ipvxrjg xul ocüf^taing nur interpretirendes
Glossem ist. — t« cpuiv6f.itvd oov für zu q^^aivo/ntva ooi{B. Dam.).
Richtig, weil tu q)aiv6/nevu sich auf die geistigen Gaben des
Polykarp, nicht auf offene Schäden in der Gemeinde bezieht, wie
Uhihorn treffend entwickelt hat ^). — xoXuxevrjg (auch Antioch.)
für inuvoQ&cüotjg (B. Dam.) ; letzteres eine aus dem Missverständ-
niss des Vorhergehenden entsprungene Correctur. — oncog (ii7]dtvbg
Xtinri für tVa fx7]div ooi \tinrj. — In den folgenden Worten o xai'
Qog anuiTH ce — tü d^eov innvx^iv bietet B einige erleichternde
Einschiebsel, und liest o xuiQog unuirtT oe ev/eoi^af ojamg yäg
xvßtgvTjTT] uve/iiog ov(.iß aXXei ui ^ xal ü)g vtj'i /ei/^al^of^ivrj Xif.ii'
veg ivd^eiot tig owtt] g iav. Syr. kennt alle diese Einschieb-
sel nicht, mit Ausnahme des vr/i, worüber weiter unten Genaueres.
Gleich darauf liest B ovzco xuL ooi t6 ntgixv/tiv d^tov für ilg rö
d^eov iniTV'/HVi was aus derselben erleichternden Tendenz hervor-
ging. Cod. Nydpr. (und Cod. F?) hat noch ein weiteres Ein-
schiebsel und liest oviu) xai aoi 7) ivxfj ngbg t6 ^£01! rvxttvy
dessen späterer Ursprung übrigens durch das Fehlen in den übri-
gen Codd. zur Genüge erwiesen wird. Uebrigens mögen diese letzte-
ren Zusätze alle, mit Ausnahme des rt^t, auf Rechnung des Interpo-
lators zu setzen sein. — t6 &((^a ucpd^ugolu für 01; to d^iXri(.ia
ucpd^ugaia bei Gr. B (ov zur bessern Verbindung eingeschoben,
d^iXrj(.iu wol eine alte Variante. Lat. B ganz abweichend),
Cap. 3. 'Iva xal aviog '^f.iug vnofielvr] für tV« xal avjog tiuag uva-
(.liivri tig ttjv ßaoiXdav. Hier ist vnofxtivri jedenfalls ursprünglich, wie
es denn auch Dam. Anton, und Lat. B aufbewahrt hat; der mit
uva^dvri zusammenhängende Zusatz tlg rrv ßaoiKdav ist wiederum
1) 1. c. p. %^.
116 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
g-anz offenbar eine spätere Aenderung, welche bei Dam. und An-
ton, noch fehlt. — nXiov onovöaTog yivov ov a für nlttov nQoad-eg
rfj onovdfj ov el' avvTOVMTiQOv dguf^e. Ebenfalls offenbar spä-
tere Aenderung bei B, wol entstanden durch Vermischung mit den
Worten Cap. 1. naQuaaXoi ae — nQoadtivni tm d^of-io) aov. Nach
y.aTaf,idvd-avs bringt ß einen Zusatz wg ivravd-a el , vUrjGov wSa
yag eari ro oradiov , ixtt de ol oTtcpnvoi, und die folgenden
Worte Tov vneQ y.uiQov ngooSöy.a, tov uxqovov, tbv aogaiov, tov
öl' ^jLiag bgarbvf rbv ciip7]ld(pr]Tov, tov dnad^fj , tov di^ '^/j.ag na-
&f]T6v bringt B in einer mit Zusätzen reichlich versehenen Ge-
stalt, welche alle das Gepräge späterer Interpolationen an sich
tragen, mit Ausnahme des übrigens auch durch Interpolationen
erweiterten öi^ rj^äg de '(pr]Xuq)?]T6v, welches auch Antioch. kennt.
Offenbar hat hier der spätere Interpolator von B gearbeitet, daher
denn auch Syr. ebenso ^wenig wie A die Zusätze kennen. Doch
fehlt ausserdem auch das Jf' rj/nag de iprj},a(pr]T6v bei beiden.
Cap. 4. bietet Cod. Aug. BF für iguTwoav die Variante algho)-
cav oder Nydpr. mgiod-Maar, doch haben auch Codd. Florent. OV
Dam. Anton. igaTCOGaVi die Variante betrifft also nicht die ganze
Familie B. Ganz von derselben Art ist die Variante Cap. 5, w<
Syr. mit A fnäXlov öe ntgl tovtwv ofAih'av noiov liest, gegen CoddH
Aug. Nydpr. von B, welche vor noiov ein (.iri einschieben. Die^
fehlt wiederum in allen übrigen Codd. von B. Ebenso liest Syi
mit A. TuTg yafxov^lvaig für taig yaiuovaatgy wo zwar aus dei
Codd. von B keine Variante notirt ist, Anton, aber wiederum mit
A yaf-iovf.itvaig liest. Cap. 6. liest Syr. mit A und Antioch. ngea^
ßvTegoig, für die Lesart von B. Dam. zw ngtaßvTtgiw. Es leuch-
tet ein, dass letzteres aus ersterem, nicht aber ersteres aus letz^
terem entstanden sein muss. Endlich Cap. 6. ojg 6 d^tog für xa{
b d^eog bei B, wo jedoch Dam. wieder gegen B zeugt.
Ziehn wir nun die Summe aus dem Bisherigen, so finden wirj
dass die meisten Varianten in Wegfall zu bringen sind, weil siel
vom Interpolator veranlasst sind; einige können nicht in An-^l
schlag gebracht werden, weil ein Theil der Auctoritäten von
selbst mit A geht. Nach Abzug hiervon bleiben von Varianten,|
welche Syr. mit A gegen sämmtliche Auctoritäten des ursprüng-1
liehen Textes B gemein hat, Cap. 2. t« (paiv6f.ievd aov für t«
q). ooi und xoXaxtvtjg für inctvogd^watjg. — {oncog) fxr^ötvbg lein^
für (iva) (Ätiöev aoi Xeinj^. — to &e'iLia für ov xo &(Xfjf.ia. Cap. 3.
die Weglassung von di'' rj/Liug de iprjXac^riTov. Cap. 6. ngeaßvTe-
goig für ngeaßvTegiw. An allen diesen Stellen, höchstens mit Ausnahme
der vorletzten, aber ist nicht zweifelhaft, dass Syr. mit A die bes-
sere ursprünglichere Lesart aufbehalten habe : es folgt also hieraus
durchaus nicht, dass Syr. eine Handschrift der Familie A benutzt
habe, da sich die üebereinstimmung in den anerkannt vorzügliche-
ren Lesarten ebenso gut durch die Annahme von einem selbständi-
gen vorzüglichen Texte erklären lässt, der dem Syrer vorlag.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 117
Wir kommen zu den Varianten, die Syr. m i t B gemein hat.
Cap. 2. liest Gr. ß xal u/Jgaiog tiauu, ojg tj nfgiGTegu. Dafür
steht bei Gr. A y.ai uyJgaiOQ woii ntgioTSQu., bei Lat. A und
Lat. B simplex ut columba, bei Antioch. uxeuaiog wg al negiOTe-
gai. Es leuchtet nun ein, dass sich die Weglassung- des daaei sehr
leicht erklärt durch die Bcschaifenheit des Textes bei Gr. A und
Antioch. und dass die Lesarten wrif J, mq al nur noch vSpuren sind
des ursprünglichen Textes, doaii stand also ursprünglich im
Texte. Nun liest Syr. Jjoi ^a] ^a^^oA:^? r^^^^V >Qa:^Zo (et in-
teger ad ea quae requiruntur s. desiderantur ut columba), was B u n -
sen ganz richtig durch xui uxegaiog €i g a d et wg -^ negiGisQul^iQ-
dergibt, vgl. auch Arm. mit dem ähnlichen Zusätze ad ea quae digna
sunt, dg ä dtt setzt aber die Lesart daatl voraus, was denn auch C u -
reton in den Text setzt, obwol er vermuthet, daad sei aus dem un-
vollständigen dg a et... zusammengezogen, so dass das durch
Syr. vorausgesetzte Verbum bis auf den Anfang ti... verloren sei»
Ziemlich unwahrscheinlich i). In demselben Capitel erklären sich
die Worte j.^^P J.g»jj.OQ£} ^^j] wg xvßeQvr^T7]g vavv für w^ xv-
ßegvTJrai avtfiovg (A) oder cog xvßtgvriTj] ävmog (B) aus dem
Texte von B, welcher gleich darauf xal wg vifl' xetf^a^ouevt] liest.
Dieses vrj'i erscheint sonach als der üeberrest einer ursprünglich
eben bei Syr. noch vorhandenen Variante. Es ist also unberech-
tigt, im syrischen Texte eine willkürliche Veränderung anzuneh-
men, selbst wenn man zugibt, dass die Lesart av^iovg aus in-
nern Gründen empfehlenswerther zu sein scheint. Wir kommen
übrigens auf diese Stelle weiter unten ausführlicher zurück ; hier
nur im Voraus soviel, dass allem Anscheine nach die Lesart von
Syr. im Vergleiche mit B als die ältere anzusehn ist, B aber einen aus
A und der älteren auch dem Syrer vorliegenden griechischen Re-
cension gemischten Text enthält. Cap. 3. oi^S'i öi eögrxtog'
mit B gegen die Weglassung des de, Cap. 4. liest Syr. mit B
cxvtv &eov yvwf.ir}gi gegen uvev deov bei A. Da Chrysost. eben-
falls yvwf-irjg beisetzt, so ist dasselbe aus diplomatischen Gründen
für bezeugter zu halten. Weiter unten liest Syr. einstimmig mit
B den imperativ evaru&ei (A*)^.^ /Oaß) gegen evaja&yg (Gr. A)
oder evGTu&eg (Lat. A) , offenbar richtig. Cap. 5. euv yvwa&f]
nXrjv Tov inioxonov (Janmal ^^ jS^ili^) ^^^ ^^"^ yvwa&fj nXeov
Tov entoxonov. Ersteres ist jedenfalls die schwerere Lesart, deren
Aenderung in nXeov sehr begreiflich ist. Cap. 6. (.lex^ uvTiov für
xa* (.itT^ avTwv. Für die Weglassung des xul auch Dam. An-
tioch. — xof,iioeG^e (Cod. OV xofiiarjo&e) für xof.ii^eo^e. — a^ia
1) Nach ühlhorn, p. 22 f. sollen die Worte ad ea quae requiruntur
blos erleichterndes interprelirendes Einschiebsel sein.
118 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
d^eoij für das einfache ä'^ta. — o &e6g lued^^ v^uiv für o S-tog
v/Liwv. Auch Dam. mit Syr. und B ; bei Lat. A ist es ungewiss,
doch las er vielleicht auch f.ied^^ vfurov.
Ausserdem kommen noch üebereinstimmungen in der Wort-
stellung- hinzu, z. B. Cap. 4. die Stellung des und d^eov nach
rv/^i'iaiv^ und üebereinstimmungen mit einzelnen Zeugen von B,
wälirend andre den gewöhnlichen Text von A bieten. So zum
Schlüsse von Cap. 1. onov yuQ nXtiwv xonog, noXv^ yai y.fgdog
mit Lat. B, während die übrigen Auctoritäten yuQ und xul weg-
lassen. Ferner Cap. 6. yivono o/jlv ev d^tw (A), wofür B ytvoiTO
l'/jiv (Cod. V a/ttv , a cum spir.) nagu d^aov hat, lässt er mit
Dam. das a/eiv oder l'xav weg, und liest mit Codd. OV tiuqu.
d^fO), kommt also dem Texte von B nahe, bietet aber hier den
relativ besten Text. Endlich lassen Syr. und Dam. in demselben
Capitel das ovv nach (LiaxQO&vf.ieTTe {f.iay.Qod-vfxri'oaT t A) weg.
Nach gegenwärtiger Auseinandersetzung stellt sich heraus,
dass Syr. mit B theils in allen, theils in einzelnen Zeugen häu-
figer als mit A zusammenstimmt. Geben wir zu , dass einzelne
dieser Varianten ziemlich unbedeutend sind; dass andre, insbe-
sondre die entschieden vorzüglicheren, auch unabhängig von B bei
Syr, sich finden können: so bleiben doch eine Reihe von solchen
Varianten zurück, in denen der beiderseitige Text ziemlich gleich
berechtigt und die Entscheidung der ursprünglichen Lesart uq
möglich ist; ja grade Kleinigkeiten in den Abweichungen leiten
je weniger bei ibnen eine Absichtlichkeit vorausgesetzt werden
darf, um so eher auf eine Spur zur Beurtheilung des Textver-
hältnisses. Soll also Syr. einer von beiden Textfamilien zuge-
zählt werden, so dürfte wol einleuchten, dass im Briefe an Poly-
karp der Text von B den Syrer mit grösserem Rechte für sich
in Anspruch nehmen könne, als der Text von A. Nur darf man
hieraus nicht zu viel folgern wollen. Die üebereinstimmungen
mit A sind bedeutend genug, um Beachtung zu erheischen, —
Eine spätere Mischung der Texte anzunehmen geht nicht an , ein-
mal weil keine Spur sich findet von einer Verbindung oder Durch-
einanderwerfung der beiderseitigen Lesarten, und zweitens, weil
sich aus den Varianten mit A der gegentheilige Nachweis liefern
lässt, dass diese sämmtlich nichts weniger als zufällige oder bunt
untereinandergewürfelte, sondern lauter solche sind, welche als
besser und vorzüglicher angesehn werden müssen. Sonach setzt
Syr. entweder einen immerhin der Familie B näherstehenden, aber
älteren und ursprünglicheren Text voraus, oder ist eine mit kri-
tischer Sichtung nach beiden Familien veranstaltete Recension.
Da trotzdem hie und da Irrthümer mit untergelaufen sind, die bei
einer kritischen Vergleichung vermieden worden wären (Cap. 2.
o)g xvßeQVT^TTjg vavv) ; da ferner einzelne Spuren darauf leiten,
dass da, wo Syr. sich gegen B entscheidet, wenigstens theil-
weise bereits ein etwas späterer mannichfach geänderter (wenn
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 119
auch noch nicht in die Hände des berufenen Interpolators gfefalle-
ner) Text bei B sich finde (Cap. 2. fnavoQ^^wmjg für yohAXirrjg
eine Correctur, die älter ist als der Interpolator und durch alle
sichern Auctoritäten von B hindurche^eht) — so ist dafür zu ent-
scheiden, dass die dem Syrer vorlieg-ende Textgestalt
eine relativ ältere und vorzüglichere ist, die noch
vor einer Reihe von späteren Äenderungen und \ er-
derbnissen entstanden ist. Dass diese Textrecension grade
der Familie B näher steht als der Familie A, wird durch die
analogen Spuren bei Eirenaeos, Kusebios, Chrysostomos
erklärlich. Der Text von B war im Allgemeinen der verbrei-
tetste: wie er späterhin den mannichfaltigsten und meisten Ver-
derbnissen ausgesetzt war, so ist er andrerseits auch WMeder der
älteste und dem Urtext, soweit wir es verfolgen können, am
nächsten stehende. Es ist eben jener älteste Text von B frei
von einer Reihe späterer, theils A und B gemeinsamer, theils nur
bei B eingedrungener Aenderungen.
Eine kleine Probe der Vorzüglichkeit der syrischen Recen-
sion können wir auch durch Vergleichung mit einzelnen Varianten
bei Gr. A oder Lat. A anstellen. Syr. wird im Einklänge mit B
und Lat. A zum Verräther des irrigen Textes von Gr. A: gegen
das xuTu ßorjd^iiav Cap. 1. (was auch Lat. B bietet, also auch
in die Familie B eingetragen worden ist) stimmt er mit Lat. A
und Gr. 'B für xaiu oi^orj&eiav, wie solches durch sein Jj-aS. ^j]
ausgedrückt werden soll. Cap. 5. bestätigt er gegen Gr. A die Lesart
aller übrigen Zeugen Lat. A B Antioch. Anton, eig Ttf^ir/V rrjg oaQy.bg
Tov xvQiüv statt ttg jiur^v jov y.vQiov Tr^g aaQ'/.og. Wenn man hier
durch das Gewicht der äussern Zeugnisse sich nicht bestimmen
lässt, so gibts überhaupt keine diplomatische Kritik^). In dem-
1) Uhlhorn meint innere Gründe für die Lesart des Cod. Med. anfüh-
ren zu können. Er sagt, „wie aus dieser (nämlich der Lesart bei Cod. Med.)
die Lesart bei Syr., B und Lat. A werden konnte, erklärt sich leicht. Da man
nämlich die Stelle nicht recht verstand, lag es nahe, an das Abendmahl, an
die oäo^ avQiov zu denken und diesen Gedanken in den Text zu bringen".
Wir stellen die Worte, wie sie nach Cod. Med. lauten, einfach hin: et ne
dvva-iai ev ayveiq fidveiv eis rifirjv tov xvqiov t^s aag^CK^, iv axavxrjaia
fiEviT(o. Der Leser mag beurtheilen , ob es wirklich so nahe liegt , hier ans
Abendmahl zu denken. Zudem sind die Worte bei Cod. Med. so einfach und
verständlich, dass ich nicht begreifen kann, wie es möglich war, dass jemand
sie ,, nicht recht verstand", und deshalb sich veranlasst fühlte zu ändern.
Wenn es aber wirklich so nahe liegt, ans Abendmahl zu denken, so muss man
zugestehn, dass der Gedanke ans Abendmahl eben die Lesart t^s onoxoi rov
xvfjiov bereits voraussetzt, dass also die missverstÜndliche Auslegung, welche
,,so nahe lag", grade das Gegentheil beweist von dem, was Uhlhorn beweisen
will, nämlich die Ursprünglichkeit der Lesart xjys oa^xoe tov xv^iov. Diese
ist übrigens auch die schwierigere, denn die Auslegung vom Abendmahl war
allerdings eine missverständliche; und sie machts erklärlich, dass ehedem Cod.
Med., neuerdings Vossius (mit Jacobson) und Bunsen ciuendirt haben.
120 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
selben Capitel stimmt Syr. mit Lat. A und B in der Lesart Vvce
0 yü(.ioQ fi xarä y.vgiov statt x«t« ^tov (Gr. A) zusammen. Da-
g-cg-cn stimmt Syr. wiederum mit Gr. B und Gr. A gegen Lat. A
in der VVeglassung des d^tov nach ;^a()fTi Cap. 1., eines offenbar
überflüssigen Zusatzes, wenn auch Lat. B denselben ebenfalls
hat. Ebenso fehlt Cap. 5. bei Sjr. wie bei Gr. A B Antioch.
Anton, der Zusatz von Lat. A tov xv^jiov zu h axavxT]Gia, offen-
bar mit Recht; und in demselben Capitel bietet er das von Lat.
A weggelassene o yufnog in <Va 6 yaf.iog f] xiX, , ebenfalls in
üebereinstimmung- mit allen übrigen Auctoritäten. Dieser That-
bestand erweist zum wenig-sten soviel , dass Syr. frei von Irrthü-
mern sowol des griechischen als des lateinischen Textes von A
ist, folglich als Auctorität g"egen beide immerhin in Betracht
kommt.
Wir betrachten jetzt den Epheserbrief^). Hier sind zu-
nächst die Stellen, in welchen B durch den Interpolator Aende-
rungen erfahren hat, häufiger als im Briefe an Polykarp : Syr.
kennt keine von allen, es versteht sich aber, dass daraus kein
Zeugniss gegen den ursprünglichen Text B entnommen werden
kann. Hierher gehört, dass Inscr. B für tov naiQog vielmehr
S^eov nuTQog, für 'hjaov Xqiotqv tov &£ov tj^uZv aber xvgt'ov
'Tjf.KJijv ^Irjoov Xqigtov tov acüTiJQog -rjjucüv liest. Ebenso Cap. L
der Zusatz qi'kavd^QMniag zu d^eov. — vtiIq Xqiotqv Ttjg yoivrjg
eXniöog eine interpretirende Aenderung für vTieg tov xoivov 6v6-
/.laTog xai eXnidog. — Der Zusatz iv Xqiotcu am Schlüsse von Cap. 1.
Cap. 8. vnuQ/ji für iveiQioTUi Gr. A (complexa est Lat. A. plan-
tata est Syr.). — gvndvai xal ßaauvov in uyayetv iur das einfache
ßaaaviaai. — Der Zusatz y.ai Igte Xqigtov nacli y.aTu d^eov ^^if. —
7ioXvvf.iv7JTOV nach diaßarjTOV. Ferner der umschreibende Satz v^ittg
öe , nh]Qeig oVjfg bis zum Schlüsse des Capitels für ä Ö€ y.al
yaTU oüLQya n^uGoeTe xtI. Ebenso Cap. 9. die Aenderungen
ivaQ^iO'koyovf.itvovg für '^TOif.iaGf.itvoi. — diu Xqigtov tov vtieq rifA,ajv
OTav^co^evTog für öiä Ttjg f^7]xuvi]g ^Tf]Gov Xqigtov oc; egtiv GTav-
Qog, Ebenso die Umgestaltungen der Worte niGiig v/^imv avayw-
yavg Vfucdv, 7] de uyanr] bdog tj uva(f)eQOVGa eig &bov, welche doch
denselben Text mit A und Syr. voraussetzen. Ebenso sind spä-
teren Ursprungs Cap. 10. die zwei eingeschobenen prophetischen
Citate, und die erleichternden und erweiternden Aenderungen der
folgenden Sätze bis zum Schlüsse des Capitels, die übrigens alle
den Text von A und Syr. in einer Menge von einzelnen Spuren
verrathen. Cap. 14. ist in den Aenderungen des Interpolators der
Satz Ol; yaQ Inuyyeklag to tQyov — dg Telog, dsgl. Cap. 15. der Satz
Vva öl* wv XaXet TiQdGGrj, y,ai Si^ wv Giyä yivcoGX'i^Tai verloren
j
1) Zu den Versuchen, den ursprünglichen syrischen Text des Epheser-
briefes herzustellen, ist neuerlich noch die Erörterung von Bunsea gekom-
men Hippolyt II, Vorrede S. XIV ff.
I
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 121
gegangen. Cap. 18. verrathen die Worte bei B 6 aiuvgog tov
Xqiotov — ^w?) auoviOQ mit dem Texte bei A verglichen, eben-
falls eine spätere ändernde Hand. Ebenso bezeugt die Gestalt, ia
welcher die Worte oS-tv llitro All. Cap. 19. bei B sich vorfin-
den, die Hand des üeberarbeiters. Innerhalb dieser vom Interpo-
lator veränderten Stellen ist allerdings die Entscheidung sehr
schwer, was etwa schon vor dem Interpolator bei B abweichende
Lesart gewesen sein mag, und nur Weniges lässt sich hier auf-
spüren: so Cap. 18. die Lesart xoTg de nioToTg für r]/nTv de, die
durch den Arm. bestätigt wird, nichts desto weniger aber wol
kaum dem Urtexte angehörte. Die übrigen Varianten aber, welche
mit einiger Sicherheit als Abweichungen des ursprünglichen Tex-
tes von B von A und Syr. betrachtet werden können, sind fol-
gende: Cap. 1. ToiovToiQ oloi für u^ioig ovat. — noXvno&tjTov für
nolvayanr^TOv , wahrscheinlich ein Schreibfehler, aus dem folgenden
TotovTov entstanden. — Ebendaselbst die Lesart evXoy7]xog yuQ 6
&eog b yuQiüa^tvog bei B und Arm. für wXoy7]Tbg yoQ b /apiau-
fuevog^ ohne o &ebg A. Syr. Das 6 d^ibg ist zum mindesten über-
flüssig. Cap. 8. liest Syr. mit A oigruQ ovöe tj niaxig für w^r«
xtX. (B). — Vielleicht liegt auch in den folgenden Worten bei B
iv Xqihtm TeXeiova&e für iv ^Trioov yag X^jigim navTa nguTTixe
eine schon vor dem Interpolator vorhandene Variante vor (natür-
lich ausser der sehr unerheblichen, übrigens auch bei Arm. sich
findenden Umstellung von XgiaKo und 'Irjaov). Cap. 9. aig oixo-
do(j.7]v &eiav narQog nur bei Gr. B für €ig olxod. &€ov Tiurgog,
Dagegen gehen Cod. F und Lat B mit A und Syr., nur Cod.
Reg. Pal. (und Petav.) geben durch die Einschiebung von „san-
ctam'' eine gemischte Lesart zu erkennen. Cap. 10. fehlt bei B
(wol nicht blos bei dem Interpolator) das (x xmv fgywv. Cap. 19.
lässt Gr. B das &iov hinter iv tjov/ia weg, gegen alle übrigen Zeu-
gen; insbesondre steht es auch bei Lat. B, nur dass dieser es
anders construirt. Der eigentlichen, wirklich für die ganze Fa-
milie B in Betracht kommenden Varianten sind also fünf oder sechs;
bei mehren von diesen ist gar nicht zweifelhaft, dass die ent-
gegengesetzte Lesart von A und Syr. die richtige sei, während
umgekehrt die V'orzüglichkeit einer Lesart von B in keiner von
diesen Ctellen sich erweisen lässt.
Betrachten wir nun die Varianten, welche Syr. mit B ge-
mein hat. Inscr. X^Q^ ^^^ yagai, Cap. 1. xo noXvaydnrjTOP
Vfx(7)v ovo/na Syr., wo noXvayu7it]TOV zwar mit A, aber v^iaiv
gegen das offenbar verkehrte oov bei A mit B zusammenstimmt.
uxovaavng yug /ne dtöefiivov für uxovaavitg ydg dtö. Hier ist
das (t/£ für den Sinn fast unerlässlich. Zu iv ^Ovtjgi/uci) hat Syr.
den Beisatz tw iv uyuntj adi?]y^TW vf.i(ov intoxöno) für die Les-
art von A TW iv aydntj udttjyrjTcp, vf-itüv dt iv aagxl iniaxorup,
B stimmt mit Syr. in der Weglassung von iv aagxi überein, bie-
tet aber das nunmehr zwecklose öiWxniQT v(.i(jijv» Petermann sieht
122 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
richtig, dass die Lesart von Syr. die ursprüngliche war, und
setzt sie demg-emäss in den Text, öi kam zug-leich mit dem Zu-
sätze iv na^xl herein: B enthält Spuren vom urspriing^lichen Texte
wie von der in A vorliegenden Aenderung, kommt aber dem er-
steren näher. — iv 6f.ioiw(iiaTi avrov Syr. mit B (cnZalaO o) für
avTco iv bfiüi6T7]Ti bei A. Cap. 8. /LiT^öffAta iniB^vfiiu ( )^ } ^
)£\^ji^}) für fAridmia egig. Hier scheint das tgig hei A durch
das ivttQioiai veranlasst zu sein. Cap. 10. oxti'/.tTt v/atig iv rrj
nloTH iÖQoioi, wo das qa.*)!] (armati estote) wol auf dieses
Verbum zurückzuführen ist, wie denn auch Arm. state firmi hat,
obwol dies nicht aus wSyr. geflossen ist. A lässt OTi]y.iTe weg,
Cap. 19. lässt Syr. mit ß den Zusatz tig yMivon^Ta aiöiov ^wrjg
weg. — Hierzu lassen sich noch einige andere Stellen zählen, in
welchen ebenfalls der Text von Syr. in einzelnen Handschriften
von B eine Unterstützung findet. So Inscr. für iv ^leyi&n d^iov
nuTQog TiXrjQM/^aTi (Gr. A und Gr. B Codd. BFORV) oder xal
7iXriQMf.iaTi (Gr. B text. vulg. Lat, A) liest Syr. yMi 7ieTiXt]QW(iUV7]
JibikliQAlsDO womit Lat. B übereinstimmt. Obwol auch Cureton
und Bunsen (im Hippolyt a. a. 0.) y.ul nXrjQWfiuji im Texte^j
behalten, so sieht man doch nicht ein, wie nenXriQW/iiavrj aus tiXt^-
QWjLiuTi hätte entstehn sollen, während umgekehrt 7i7.riQM(xaTi spä-
ter hergestellt sein kann unter dem Einflüsse angelologisch-gno-
stisirender Ideen. Cap. 1. den Plur. laig ngooev/jug mit Lat. B,
Cap. 8. Ol yuQ ouQxiy.ol mit Lat. B und Antioch. Cap. 10. Ion
yug avToTg iXnig xiX. mit Gr. B gegen eaii yaQ iv avioTg iXnig^
Ebenso fehlt das uöeXcpol avTwv ivQt&cüfiev (aöeXqovg avTOig noii]-
acüfiev) auch bei Cod. Nydpr.
Es ergibt sich also auch hier ein kleines Uebergewicht der]
Varianten mit B über die Varianten mit A: Syr. kann auch inr!
Epheserbriefe nicht zur Familie A gezählt werden. Andrerseits
sind aber allerdings die Varianten mit B wenigstens zum Theil«^
der Art, dass sie uns nicht zwingen, Syr. zu Familie B zvt^
rechnen: einige sind auch unabhängig von B bei Syr. zu erklären^
und unter diesen wieder haben wir insbesondre eine kennen ge-
lernt, in welcher bei Syr, die Ursprünglichkeit, bei B der secun-j
däre Ursprung vor Augen lag. Es würde sich hierdurch die Er-»^
scheinung bestätigen , welche wir schon beim Briefe an Polykarp-j
feststellten, dass Syr. zwar im Allgemeinen einen mehr mit B^j
verwandten Text, aber einen älteren und vorzüglicheren voraus-
setze, der frei war auch von den noch vor der Zeit des Inter-
polators gemachten Veränderungen, ebenso wie von einzelnen bei
A später eingeschlichenen Irrthümern.
Hiermit stimmen denn auch noch eine Reihe anderer Stellen
überein, wo Syr. den bessern Text hat. So liest Syr. Cap. 1.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 123
iv alf-iaxL &eov mit Codd. Med. Cas. und Sev. , gegen Lat. A
iv aif^iaxi Xqiotou dsov, und gegen B h uif.iuTt Xq(Otov. Pe-
t ermann hält hier iv alfiuxi Xfjtaiov für das ursprüngliche;
d^iov sei aus einer monophysitischen Randglosse eingedrungen,
und zuletzt Xqiotov ausgefallen. Ich gestehe, dass mir selbst
diese Ansicht der Sache eine Zeitlang die annehmlichste erschien.
Indessen überwiegen doch für die Lesart &iov entschieden die
äussern Zeugen, und der Nachweis, wie die beiden andern Les-
arten aus d^tov entstanden, ist unschwer zu liefern. Dasselbe
katholisirende Streben, welches den Interpolator von B bei üeber-
arbeitung aller patripassianisch oder monophysitisch klingender
Stellen leitete, und welchem wir auch anderwärts nicht selten be-
gegnen, fand den Ausdruck ui/na &£ov anstössig, und ersetzte
d^eov entweder ganz clurch die Lesart Xqiotov, oder wusste we-
nigstens das AnstÖssige durch das vor &eov eingeschobene Xgi-
aiov zu mildern. Das letztere , mit dem überlieferten Texte vor-
sichtiger umgehende Verfahren, sehen wir bei Lat. A angewendet.
iv ui/Liari d-iov ist also aufrechtzuerhalten, und Syr. bietet die
richtige Lesart. Unter den andern hier zu erwähnenden Va-
rianten, vgl. noch das unzweifelhaft richtige anrjQTinuTt mit Gr.
B Lat. A Arm. gegen anaQTioaxt Gr. A Cod. Med, (Cod. Ca-
sanat. unuA'XLoaxi) vgl. Lat. ß ').
Die Hauptstelle aber, in welcher Syr. eine bis dahin ziem-
lich verzweifelte Stelle in völlig klares Licht gesetzt hat, ist
ebenfalls Cap. L Hier liest Gr. A (Cod. Med. und Casanat.) :
axovoavxtg ydg deöffthov . . . iXnifyvxa rfj TiQoaev/f] vfxoJv inixv/jTv
iv ''Pojf.irj &riQiofia/rjaat, \'va öta xov (.laQTVQiov inixvy^HV dvvi]&co
^la^rixriQ iivai xov vnig Ti/hmv eavxov (/.vevfyxovxog &e(p jiQOOcfOQuv
aui ^voiav. Gradeso B , nur dass für iXni'C,ovxa vielmehr nenoi-
&6xa (TifTTO/^oTf^ Codd. F OR V) steht, und dass das Verbum im-
xv/tiv fehlt (Lat. B setzt zum Schlüsse noch bei: in odorem bonae
suavitatis). Es ist offenbar, dass hier ein unvollständiger Satz
vorliegt: es ist ein Subject da, welches im Part, axovoavxtg Viegt,
aber das Verbum flnitum fehlt. Lat. A. Cod. Caj. giebt nun den
fraglichen Sat^ von tVoe an durch ut potiri possim discipulus
esse, videre festinastis, während Cod. Mont. auch das ut potiri pos-
sim discipulus esse weglässt, und nur videre festinastis bietet. Wir
hatten nun schon oben bei der Vergleichung des Cod. Med. mit
Lat. A erkannt, dass hier die lat. Codd. in den Worten xov vneQ
7}(A.(Jüv — &vniav ein Einschiebsel bei Cod. Med. erkennbar machen.
In dem Vorhergehenden aber hat jedenfalls Cod. Mont. zuviel
weggelassen, und Cod. Caj. kommt mit seiner Lesart der Wahr-
heit näher. Hier hätten wir also drei Lesarten: Vv« öiä xov (xuq-
xvQiov inixvyjTv dvvi^d^w (.la^rjxi^g elvat (Gr. A) tV« ötd xov f.iuQ~
1) Ich kann nicht beistimmen, wenn Bunsen, auch in seiner neuen Her-
stellung des Textes, ■&£ov von ai'fiari durch ein Komma trennt.
124 Lipsius , Hier den syrischen Text der Briefe des Jgnatios.
rvQiov övi"i]&uJ i-iad^rjTriQ dvai (B) und Vya InixvyjXv övvti&o)
fiad-fjTrig elvai. Zu diesen kommt nun als vierte der Text
von Syr. Vm öia rov Itiitv/hv Svv7]d^ü) ßadrjTrjg ehai ^). Diese
Lesart ist ganz offenbar die richtige: das Lier absolut gebrauchte
iniTV/jtv war anstössig, daher man es auf mancberlei Weise bei
Seite schaffte. Lat. Ä liess das dtä t6 weg, Gr. A setzte ein
/LiaQTvgiov ein, als Object zu innv/eiv , und B, welcher dia tov
nun mit (.laQTVQ^iov in eins verband, fand das enizv/nv überflüs-
sig, und liess es aus. Die Vorzüglichkeit des syrischen Textes
ergibt sich auch daraus, dass er richtig mit Lat. A das zum Satze
nothwendige löetv eanovddaaxe beifügt, dagegen die eingeschobe-
nen Worte TOV vneg tj/lhov xtX. weglässt. Statt letzterer hat er
nur, hier in üebereinstimmung mit Arm., &aov als Object zu f.ia-
O^rjXijg eivai, dessen Spuren sich in dem Zusätze bei Gr. A
und B deutlich erkennen lassen. Wir haben hier also eine Stelle,
wo Syr. den ursprünglichen Text gegen die verschiedenartigsten
Abweichungen bei den übrigen Zeugen (auch Arm. weicht sehr
ab) allein aufbewahrt hat; derjenige Text aber, welchen wir unter
den übrigen verhältnissmässig für den reinsten erkannt haben, der
Text von Lat. A, speciell von Cod. Caj., kommt dem vom Syrer
aufbehaltenen Texte am nächsten.
Der dritte Brief, den auch der Syrer kennt, ist der Rom er-
brief. Hier hat der Syrer einen Abschnitt mit aufgenommen,
der bei sämmtlichen übrigen Auctoritäten das vierte und fünfte
Capitel des beim Syrer fehlenden Trallerbriefes ausmacht. Wir
nehmen diesen Abschnitt vorläufig jetzt mit in die Betrachtung
des Textes auf.
Zunächst rauss hier an das Ergebniss unserer früheren Un-
tersuchung erinnert werden, dass Lat. A in Üebereinstimmung mit
Arm. 1 Arm. 2 und mehren patristischen Citaten (insbesondre bei
Timotheos) eine zusatzfreiere Textrecension bietet, als die grie-
chischen und lateinischen Codd. von B, Cod. Colb. und Sim.
Met. Diese Zusätze fehlen nun sämmtlich auch beim
Syrer, während er eine Anzahl Varianten und Zu-
sätze, welche Lat. A und die mit ihm gehenden Zeu-
gen enthalten, ebenfalls bietet.
So fehlen bei Syr. folgende Zusätze: Cap. 4. xoofitxdv ^
f-iaraiov (fehlend auch bei Lat. A Arm. 1 Arm. 2; vorhanden bei
B Cod. Colb, Met.). Cap. 5. avaro/ual , diaigioeig (ganz fehlend
auch bei Lat. A Eus. Gr. Eus. Syr. Ruf., vorhanden bei B Cod.
Colb. Met. Arm. 2, theilweise bei Fr. II und Arm. 1). Cap. 7.
fehlen bei Syr. Lat. A Arm. 1 Arm. 2 die Zusätze uqtov ovquviov,
1
I
1) Vollständig: jocyi], Px>j U^/1 <^^ U] joAAlbDj IjOl ^x^^
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 125
HQTOv tcor^Q, — Tov vlov TOv diov. — xai aivvaog ?W7/, welche alle bei
B Cod. Colb. Met. sich finden; desgl. d^tov nach nof-ia^ welches bei
Cod. Colb. Met. und Cod. 0 (am Rande) steht, aber bei Syr. Lat.
A Ann. 1 Arm. 2 und den meisten lat. und griech. Codd. von ß
fehlt. — Endlich der Zusatz tov ytvofAtvov — x«i l^ßgauf-i, der bei
Lat. A Arm. 1 Arm. 2 nur in sehr verkürzter Gestalt vorliegt,
fehlt bei Syr. ganz. Hierzu kommt endlich noch Cap. 1. die
Weglassung des jov &tov nach ^ilr^^a, worin Syr. mit Lat. A
Syr. 2 B gegen Cod. Colb. Met. ein Manuscript von B Arm. 1
(und Arm. 2, doch dieser tov y.vQiov) übereinstimmt; und die
VVeglassung des x«i in luv yuQ y.ai avQtd^w Cap. 3, wo alle Zeu-
gen gegen Cod. Colb. stimmen. — An allen diesen Stellen kann es
gar nicht zweifelhaft sein, dass die weggelassenen Zusätze nicht
ursprünglich im Texte standen, und wir werden anerkennen müs-
sen, dass Syr. eben durch diese VVeglassungen einen besseren und
reineren Text beurkundet. Nur einen einzigen Zusatz, den Lat.
A und x4rm. 1 nicht kennen , nämlich Cap. 4. das ev uvtm iu
avaGTi]aof.iai Iv aviw iXev&BQog hält Syr. aufrecht, and grade hier
stimmt unter den übrigen Zeugen auch Arm. 2 für die fraglichen
Worte. Ebenso hält Syr. mit allen Zeugen gegen Cod. Colb.
die letzten Worte von Cap. 3. oiav fM,tai]Tai vnb x6of.iov auf-
recht, ohne Zweifel mit Recht; und Cap. 4. bietet er den Zu-
satz ^£w zu &vaia evQe&o) und anelevd^eQog yev^ao/Liaiy wo
beidemale nur Met. mit Cod. Colb. stimmt. Dasselbe ürtheil ist
über die Aufrechthaltung des Vf.dv nach dviaf-iut Trall. 5. zu fäl-
len, wo Syr. ebenfalls mit allen Zeugen gegen Cod. Med.
geht; desgleichen über den Zusatz votTv vor t« inovguvia eben-
daselbst, wo ganz dasselbe Zeugenverhältniss stattfindet.
Unter den übrigen Varianten mit Lat. A sind zu bemerken
Inscr. /p/(TTorO|MO^ (so auch Syr. 2 Arm. 1 Arm. 2) für /qiotw'
vv/Äog (Cod. Colb. ß) ; der Zusatz f,i?] zu qtio7]Gd^e /liov (Cap. 1.
am Schlüsse), wo auch Arm. 1 und ß das zum Sinne nothwen-
dige IU7] gegen Cod. Colb. Met. Lat. ß aufrecht erhalten; Cap. 2.
die Lesart eyco yevriGOf-iat Xoyog d^eov und ndXiv iOOjiiai TJ/iUy
welche wir bereits oben ausführlich erörtert haben; Cap. 3. o^Jf-
noTB ißaaxuvuza iv ovötvi oder vielmehr, da Syr. häufig den Da-
tiv durch ci ausdrückt, ovdevl für ovöiva (Cod. Colb. Lat. ß):
richtig, weil ßaaxaivfiv in der Bedeutung beneiden in der Re-
gel mit dem Dativ construirt wird. Ebendaselbst ovdev (patv6f.ie'
vov uyu&ovi die richtige Lesart für ovdiv q}aiv6(.ievov ulcoviov,
wie wir oben ebenfalls erwiesen haben ; 7ietGf.iovrjg für das irrige
atwnrjg bei Cod. Colb. (s. oben) ; endlich Cap. 7. cptXovv Tt [uXXo]
für (piXüvlov (Cod. Colb. Met. Cod. 0 (am Rande) Men. Gr.),
worüber ebenfalls unsre obige Auseinandersetzung nachzusehn ist.
Soviel ergibt sich also aus dem Erörterten zur Genüge, dass
der Text, welcher dem Syrer vorlag, nicht nur kein secundärer
126 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
sondern vielmehr der nachweislich vorzüglichste war, der ander-
wärts bezeugt ist. Möglich bleibt freilich hierbei immer noch,
dass Syr. diesen vorzüglichen Text seinerseits willkürlich verstüm-
melte; doch ist dies eine Frage, die wir gegenwärtig beiseitelassen.
Wichtiger ist zunächst für uns eine andre Frage. Gehört
sonach Syr. im Römerbriefe der Familie A an? Zur Beantwortung
sei vorläufig an das oben gefundene Verhältniss des Cod. Colb.
erinnert, der in allen diesen Varianten oder doch in den meisten
derselben, die wir aus innern und äussern Gründen verwerfen
mussten, mit B geht, und trotzdem nicht der Familie B, sondern
der Familie A zugezählt werden konnte Bei Syr. findet nun ein
ziemlich umgekehrtes Verhältniss statt: trotz der genannten üeber-
eiustimmungen mit Lat. A haben wir kein Recht, denselben zur
Familie A zu rechnen. Es wird uns dies jedoch nicht Wunder
nehmen dürfen, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass auch im
Polykarpbriefe und Epheserbriefe der Syrer vielfach spätere Aen-
derungen von B noch nicht kennt, an den betreifenden Stellen
also mit A stimmt, und trotzdem Alles in Allem genommen, dem
vorauszusetzenden ältesten (nicht blos älteren) Texte von B noch
näher steht als der Familie A.
Der Zusammenstimmungen mit Gr. und [^ a t. A gegen den jetzi-
gen Text von B sind eine noch grössere Anzahl als der Varianten mit
Lat. A gegen Gr. A und B. Der Grund liegt in den Veränderungen, ^
die der Text B zuletzt durch den Interpolator erfuhr. Es wirdi
freilich schwer, diese Aenderungen durch den bekannten Interpo-^
lator von den früher schon vorgenommenen Aenderungen zu schei-
den: indessen kann als allgemeiner Massstab festgehalten werden,:
dass keine von den auch bei Met. Cod. Colb. oder auch bei Dam.j
Antioch. Anton, sich findenden Abweichungen dem Interpolator zu*
geschrieben werden darf, während freilich umgekehrt durchauti
nicht feststeht, dass alles, was sich bei B allein findet, dem Inter-
polator nun zugehört. Wir suchen indessen, soweit dies angeht,!
die Zusätze des Interpolators von dem schon vor ihm vorhande-
nen (gleichviel ob ursprünglichen oder auch schon alterirten)1
Texte B zu scheiden. Ersterem sind beizulegen Cap. 1. dii
Worte zum Schlüsse nQoqjuaei (fiXiag ouQxivrjg (noch später]
bei Lat. B der Zusatz tarnen potero nach %ov d^eov IniTvxtTv),
Cap. 2. das Einschiebsel nach (ueianei^ixiKAf^tupg: y.ai twv tavTOv\
na&rjfAUTCDV (xuQiVQa xaluV tov dieXdeiv avzov (Codd. Nydpr. F;
aber Codd. Aug. BOV tov SiuXvd^ijvui) und xoa/Liov xrh Es istj
indessen klar, dass die letzten Worte ein Verderbniss aus yaXovi
t6 dvvat sind, welches vielleicht schon vor dem Interpolator in B
eingedrungen war. Cap. 3. gehört zunächst die Aenderung der
Interpunction in den Worten ov 7i(iG{.iov?jg t6 l'^yov, uXXa f-ieya-
dovg ioTiv b XQiaTiaviafA.bg, otuv fiiaiJTui vno y^oofiov schon einer
frühern Epoche an. Es wurde ein Punkt nach Iot\v gesetzt und
nun für den mit 6 XQiaTiavbg beginnenden neuen Satz ein eignes
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 127
Verbum q)iXtiTai naQo. d^iov ergänzt. Ebenso liest auch Met. Da-
gegen gehört nun der folgende jobanneiscbe Zusatz h ex zov
y.oafxov — f-iHvuTE nag* i/noi entschieden dem Interpolator zu.
Aenderungen des Interpolators mögen noch Cap. 4. in den Wor-
ten ixtivoi anooioXot, eyw di xuidygizo^, i/.Hvoi l'kti&tgoi xiX.
der Zusatz ^Jr^oov Xqiötov zu unoaioXot, vielleicht die Ersetzung
des zu starken Ausdrucks xaruxgnoq durch iXayioTog , endlich
der Beisatz wg dovXot &eüv zu iltvOtgoi sein. ( Zweifelhaf-
ter ist dies dagegen mit dem Zusätze von Gr. B er « 'tw zu
dtda/iievog). Trall. 4. mag vielleicht der bei B fehlende Anfang
nolXa cpgovcü h ifto) durch die Verderbnisse des vorhergehenden
Capitels, welche der Interpolator vergeblich zu beseitigen suchte,
verschlungen worden sein. Doch scheint es richtiger, diese Worte
in den folgenden xav (ggtü/ntvog o) tu xaxa d^tov wiederzufinden,
und diese rühren nicht vom Interpolator her, denn sie finden
sich auch bei Maxim, und Johann. Dam. Auch die Zusätze toi)
ix^QOv und o dmßolog gehören ihm nicht an. Desto deutlicher
sind seine Spuren nachweisbar im 5. Cap. — Zweifelhaft mag
der veränderte Anfang f.irj ydg ovx tßovXofiriV vuiv ^ivaiixconga
ygaipai; zweifelhaft allenfalls noch der übrigens ganz secundärc
Zusatz T71V ivtgytiav zu /(ngriout sein: sicher dem Interpolator
gehört die Erweiterung der angelologischen Stelle an, xal tag
dyythxdg ra^eig — ^eov una^üö^eiov ^ desgleichen der folgende
Satz ravia yivMOxwv iyd) ov ndviwg Tjör] veieXei'cofÄai , tj /uur^i]-
Tfjg Ujiti oiog UavXog xcxi Tliigog für das einfache nagd tovxo rjdij
xal f-iu&fji/jg il(,u.
Dass nun von allen diesen Abweichungen von vornherein ab-
zusehn ist, wenn wir das Verhältniss des syrischen Textes er-
gründen wollen, bedarf nach den Resultaten unserer bisherigen
Untersuchung kaum der Erwähnung. Es handelt sich also noch
um andre Abweichungen des Textes B von Syr. und A, welche
früheren Datums als jener Interpolator sind.
Hierher gehören folgende: Inscr. lesen Syr. A und alle Aucto-
ritäten von A nurgug vyjioioVi B vxpiaTov d^eov naigog, Cap. 2,
Syr. A: nXtov [öe] /uoi (.iri nugdo/j^n&e , dafür ß Met. nage/jo&e
ohne iLiTj. Doch erklärt sich diese Weglassung einfach, da au-
sser Cod. Aug. alle Codd. von B statt /nol vielmehr f.ie lesen.
Cap. 3. der oben schon besprochene, offenbar secundäre Zusatz
(piXiLTui nagd &tov. Cap. 4. erklärt sich der Zusatz iv uvtlo
vor öid((Ätvog, der sich übrigens blos bei Gr. B findet, wol am ein-
fachsten aus einer Wiederholung des kurz vorhergegangenen h
uvTM nach iXtvd^egog. Cap. 5. liest B mit Arm. 1 Arm. 2 Eus.
Hier. Rufin., also bei Weitem mit der grössten Anzahl von Zeu-
gen u xal tvxo/nat. Syr., der grade hier eine Menge Varianten
mit B gemein hat, weicht hier mit Eus. Syr. ab, und lässt nach
dem Texte von A (auch Met.) u weg. Ebenso behält Syr. die
Lesart vonA Met. Eus. Syr.,x«xai xoXdatighei für xal xoldattg {Eus,
128 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios.
[wo xai wol nur irrthümlicli fehlt, vgl. die Ueberss.] Met.) oder xfu y.6-
Xaaig (B Eus. Syr.) oder xat ndvreg xoluaetg (Ruf. Hier. Arm. 2)
oder xal yaxal ycoluoEig, der secundärste Text von allen (Syr. Fr. II
Arm. 1). Es leucLtet ein, dass y.al aus xay.al leicbter entstelm
konnte, als dieses aus jenem: die äussern Zeugnisse sind eben-
falls günstiger für die Lesart yaxal, da Arm. 1 und Arm. 2 hier
nicht mit in Betracht kommen. Syr. hat nachweislich wiederum
den ältesten, richtigsten Text bewahrt: und analog wird wol
auch über das « in der vorhergenden Variante zu urtheilen sein.
Cap. 9. fehlen bei B und diesmal auch bei Arm. 1 die Worte li]
yMiä oaQxa nach rfj höro, gegen A Syr. Arm. 2 Met. Cod. 0 am
Rande. Allein offenbar mit Unrecht: wegen des folgenden xard
nokiv Hessen die Abschreiber irrthümlich yaxa ouQxa aus , wie
denn nach der Angabe älterer Edd. ein Manuscript bei B
(Cod. 0?) umgekehrt yaru GUQya, hat und yoru nöXiv auslässt.
Sonach ist unter allen Varianten zwischen B und Syr. keine
einzige, welche sich als ursprüngliche \ erschiedenheit zweier
gleicb berechtigter Familien erwiese, vorausgesetzt, dass
wir das oben Gefundene festhalten, welchem gemäss B allerdings
noch vor dem Interpolator Veränderungen erlitten hat, die Syr,
noch nicht kennt. Bei allen obengenannten bleibt die Möglich-
keit späterer Aenderung, bei allen ausser dem &8ov in der InscrJ
und dem « Cap. 4. sogar die Gewissheit, dass auf Seite von Bj
ein Irrthum vorliegt, wenn auch dieser Irrthum sehr frühzeitij^
eingedrungen sein mag. Freilich ist andrerseits so viel klar,]
dass Syr. eben wegen solcher Abweichungen von dem theilweise!
schon durch Eus. bezeugten Texte von B nicht ohne Weite -^
res zur Familie B gewiesen werden kann, mögen die sonstigei
Aehnlichkeiten noch so gross sein.
Diese Aehnlichkeiten sind jedoch theilweise ziemlich auffäl*
liger Art. Zuerst Cap. 1. die Worte bei A: edvneg ;ja()£T0ff1
inixvxoi , tig ro top xXiJQov /iioi dve/nnoSiaiwg dnoXaßtiv. So lesen
Cod. Colb. Met. und Lat. A (letzterer nur gratia raea). Da-;
gegen liest Syr,: edvneQ tlg ni^ag enirvxw, eig rö xil. (Jo^m] A:
J^^vßQjj_V^ QA.^l^A!iQ!^ si dignus fiam perduci ad finemj offenbar]
ist die umständlichere Uebersetzung des intTv/co statt des sonst^
gewöhnlichen dignum fieri hier durch die Construction mit dg be-
dingt). Die folgenden Worte dg to xtX. sind sonach Epexegese
des elg ntgug , während bei der Lesart von A dieser Satz ein
einfacher Finalsatz ist, abhängig von /uQixiog eTrirv/w. Ver-
gleichen wir nun die übrigen Zeugen, so liest Arm. 1 grade
so wie Syr. , B bietet aber idvneQ xaQtrog eniTvxM, dg t6
Tov xXiJQov f.iov dg nigag uvef-inodiaTcog unoXaßHv. B liest
also beides, sowol yuguog als dg nigag, letzteres aber an un-
passender Stelle. Ferner Syr. 2 liest ebenfalls beides, aber
dg nigag an derselben Stelle, wo es bei Syr. 1 steht JisO^li.?
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 129
iZOÄA^ IjcJT.^ oiD5)l li^i^^QA^ quod usque ad fiuem assequar
hanc gratiam; und ebenso bietet Arm. 2 si finera etiam grafiae
obtinebo. Nun ist g-ar nicht zu bezweifeln, dass bei diesen letz-
tern Zeugen ein aus der Lesart von A und Syr. g-emiscliter
Text vorlag-, A las yuQiTog , Syr. slg ntfjug (woraus vielleicht
einige Handschriften ntQarog machten, weil iniTvyyuviiv gewöhn-
licher mit dem Genitiv verbunden wird}; B ebensowol als Syr. 2
und Arm. 2 setzten beiderlei Text voraus, und die letztg-enann-
ten zwei Zeug-en behielten auch die ursprüngliche Wortstellung^
des elg ntgag bei. Folgt, dass hier hei Syr. ein sehr alter Text
vorliegt, dem die Handschriften von B näher stehn als die Hand-
schriften von A; aber Syr. ist hier ursprünglich, B secundär. Ob
nun die Lesart von A oder Syr. ursprünglicher sei, kann dahin-
gestellt bleiben: beide bieten einen guten Sinn, obwol mir scheint,
dass yaQiTog leichter (durch die Vermittelung von nt'iJUTog) aus
dem oben angeführten Grunde entstehn konnte, als elg nigug aus
/aQiTog, War einmal efg ntQug in n^Qaxog geändert, so lag die
Coirectur /ugiTog sehr nahe, da xugtrog iniivyxuvtiv eine den
ignatianischen Briefen sehr geläufige Wendung war, die man leicht
auch an vorliegender Stelle vermuthen konnte. Cap. 4. liest Syr.
mit Arm. 1 Arm. 2 Timoth. und B iyw yQÜcpco nuaatg ruTg fxxl?]-
oiaig, während Lat. A Cod. Colb. Mai. nuaaig weglassen. Die Lesart
von B und Syr. ist also auch durch Documente der Familie A bezeugt.
Ebendaselbst /V« xu&uQog uQiog ^eov eigid^co Syr. B Arm. 1 Arm. 2
Iren., während Lat. A Colb. Met. Timoth. und Cod. 0 am Rande
JCqiotov für Deov lesen (ebenso einige Codd. bei Rufin.), Eus,
Gr. und Eus. Syr., Hieron. Ruf. aber das fragliche Wort ganz
weglassen. — 7uTuvtvouTt tov xvgiov Syr. Fr. p. 296 Arm. 1 Arm. 2
B für TOV Xgiaibv Colb. Lat. A oder tw Xgionp Met. und
Cod. 0 am Rande. — iya) de yuTuxgiTog Syr. B {tku/jaTog, s. ohen)
Arm. 1 Arm. 2; ohne de Lat. A Colb. Met. Fr. p. ^296. Cap. 5.
IvSeöef-itvog Syr. B Arm. 1 Eus. Gr. Eus. Syr. für Seöef.ievog
Colb. Met. ein Manuscript von Gr. B Ruf. , wol auch Lat. A
(Arm. 2 Lat. B ?). — ovvTO(.ia Syr. B Eus. Gr. Eus. Syr. Hier.
Arm. 1 Arm. 2 für tToifia Lat. A Colb. Met. Cod. 0 am Rande.
Hier scheint ovi/TO(.ia aus dem folgenden avviufiwg entstanden zu
sein, doch ist auch der umgekehrte Fall denkbar, dass man wegen
des owTOf-iMg im Vorhergehenden e'Tot(.iu emendirte.
Hierzu kommen noch einige Stellen, in welchen B theil-
weise mit Syr. geht. So Inscr. die Weglassung des y.al in ijrig xal
7Tgoxu&7]Tai bei Gr. B, Syr., Syr. 2, Arm. 1 Arm. 2, während
Lat. A Colb. Lat. B das xul kennen. Besser bezeugt ist offen-
bar die Weglassung. Cap. 2. lesen Syr. und Cod. Nydpr. elg d^eov
(Syr. IcTiliJo) für ngog deov. Die Entscheidung ist aus inuern
Gründen unmöglich. Cap. 3. /iiovov fioi dvvu(.tiv ahrjaaaS^e öo&ij-
vut Syr. B Met. Arm. 1 und Cod. 0 am Rande gegen (.lovov fioi dv^
Abhandl. d. DMG. 1,5. 9
130 Lipsius, üler den syrischen Text der Briefe des Ignaüos.
vc/fuv aUtTad^t ohne dodfjvai (übrigens setzen Met. und Cod. 0
nagu d^iov bei). — Für ov/, ügn^Q zivcov ÖEÜMivo/^ttva ov^ rj^juvro
Colb. Lat. A Met. Gr. B (Arm. 2) Eus. Gr. lesen Syr.' Lut. B
Eus. Syr. Ann. 1 Uieron. ovx wgniQ tivOjv uXlcov y.zX. — Einige
weitere Varianten bei Syr. und Eus. Syr. liaben wenigstens keine
Zeugen bei B für sieb. — ay.OQniaf.ioQ Syr. Syr. Eus. Fragm.
p. 201 Arm. 1 Arm. 2 Lat. B gegen a/.OQnia(.iol Lat. A Colb.
Met. Eus. Gr. Gr. B. — Cap. 7. rov alcovoQ tovtov Syr. Arm. 1
Lat. B Cod. Baliol. und Edd. gegen tov ßiov tovtov bei Lat. A
Colb. Met. und die übrigen Zeugen bei B (Arm. 2 scheint eben-
falls TOV ßiov TOVTOV vorauszusetzen). — In og eoTi odg'^ ^Ir^aov
XQiazov lässt vSyr. ^Itjaov weg mit Codd. FOV. Cap 9. end-
lich setzt Syr. vor hq üvof.ia ^Ir^aorj XQiaiov ein mq voraus, mit
Cod. Nydpr., Lat. ß und Arm. 1. Nun lassen zwar diese Zeugen
sämmtlich tig dafür weg; doch kann dies ein Irrtbum sein, da
eins von beiden Worten bei den Abschreibern leicht wegfal-
len konnte; welche Erklärung an vorliegender Stelle natürlicher
als die Annahme scheint, dass bei Syr. eine Mischung des bei-
derseitigen Textes vorläge , eine Annahme, zu der wir durch kein
Analogon berechtigt sind, während unsre Ansicht paläographisch völ-
lig sicher steht. Syr. hat also auch hier den ursprünglichen Text.
Das Resultat bleibt wiederum dieses, dass Syr. nicht zur
Familie A gerechnet werden darf; die Verwandtschaft mit B
aber ist zwar nicht wegzuleugnen, ist jedoch ebenfalls nicht so
bedeutend, um darauf eine Verweisung des Syrers an die Familie
B zu begründen. Dagegen führen mehrfache Spuren darauf, dass
B zwar mannichfachc Abweichungen von A mit Syr. gemein hat,
dass aber hier Syr., soweit überhaupt ein Nachweis möglich ist,
den älteren unverfälschten Text noch bietet. Wir haben also eine
mit B mehrfach verwandte, aber ältere und ursprünglichere Text-
gestalt beim Syrer anzuerkennen.
Etwas anders stellt sich das Verhältniss bei den zwei Ca-
piteln des Trallerbriefes, welche Syr. dem Römerbriefe ein-
verleibt hat. Bier bietet B insbesondre im 4. Cap. einen schon
vor der Zeit des Interpolators bezeugten, mehrfach sehr bedeutend
abweichenden Text. Sehen wir recht, so ist indessen diese Re-
censiou eine spätere; und so weit die ursprüngliche Gestalt noch
durch Combinationen erschlossen werden kann, so legt die Ueber-
einstimmung des Syrers mit A damit noch kein Zeugniss dafür
ab, dass Syr. ohne Weiteres hier abweichend von seinem sonsti-
gen Texte der Familie A beigezählt werden müsste. Wenigstens
haben wir auch zwei Varianten mit B Cap. 4. l(.u öi noXifiei
ohne das bei A eingeschobene nXiov und Cap. 5. noXXu yuQ (.loi
Xeintt (so auch Arm.) statt noXXci yuQ ti/luv Xdnei wie A Sev.
und auch Syr. Fr. I fp. J98) lesen. Es kann also obiger Um-
stand uns nicht Wunder nehmen: Syr. geht mit A mehr als ß,
weil A hier ursprünglicher ist; die üebereinstimmung mit A
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios» 131
kann also auch hier eine völlig selbständige sein ; jedenfalls
ist sie keine völlig durchgangige.
Wenn es sonach durch Vergleichung des Syrers mit A und
B für den Römerbrief feststeht, dass ersterer bei seiner Ueber-
setzung einen sehr vorzüglichen und alten Text benutzt hat, so
mag es hier gestattet sein, noch einen Blick auf die kleineren
Auslassungen bei Syr. im Römerbriefe zu werfen. In dem bisher
Besprochenen hatten wir gesehn, dass Syr. allenthalben mit Lat. A,
dem zusatzreinsten Texte, stimmte; dass die gemeinschaftlichen
VVeglassungen weder zufällig noch secundär sein konnten; dass
daraus indessen noch keine Abhängigkeit des Syr. von Lat. A
gefolgert werden könne (wie denn Syr. wenigstens einen Zusatz,
der bei Lat. A und Arm. 1 fehlte, aufrechterhielt) : dass vielmehr
das sonstige Textverhältniss des Syrers seine Unabhängigkeit von
Lat. A hinlänglich sicher stelle.
Wie steht es nun mit den übrigen Auslassungen des Syrers?
Wir beginnen mit der schon oben bei Vergleichung des Cod.
Colb. VQxt den lateinischen Codd. von A besprochenen Stelle Cap. 3.
oiöh (f)aivb(.uvov auoviov* tu yug ßlenofieva TiQÖay.aiQa, toi. öe
(.17] ßXen6(.uvu uicovia. 'O yäg ^iog 7jf.uov ^Trjoovg XQiGTog Iv
nuTQi üjv (.luXXov cpuii'tT(Kt, Wir hatten gesehn , dass dieser
Text nur bei Cod. Colb. sich findet, während die übrigen Zeugen
nur einen von beiden Zusätzen kennen: Sim. Met. und die ^odd.
von B den ersten rä yu.Q ßlenofieva — ulwvia , Lat. A Arm. 1
Arm. 2 Timoth. den letzten o yu^) dtog rjf.iojv xtA. Die letzte-
ren Auctoritäten lasen ayai}dv für uhoviov , und zwar ergab sich
dies als die vorzüglichere Lesart. Den ersteren Zusatz anlan-
gend, so war er hinlänglich kenntlich als ein eingeschobenes
Bibelcitat, veranlasst erst durch die Lesart uhovtov. Was aber
den letzteren Zusatz anbetrifft, so kann auch für ihn der Um-
stand nicht günstig stimmen, dass er in sämmtlichen Zeugen der
Familie B fehlt; dass selbst Sim. Metaphr., der sonst überwie-
gend mit Cod. Colb. geht, hier von ihm abweicht und der Lesart
von B sich anschliesst. Aus innern Gründen aber lässt sich die
Ursprünglichkeit dieses Zusatzes auch nicht erweisen; er kann
ohne Nachtheil fehlen. Warum er aber, falls er unächt ist, ein-
geschoben wurde, lässt sich leicht absehn. Die Ansicht von der
Schlechtheit der Sinnenwelt musste dem bedenklich erscheinen,
dem die wahre Menschheit Christi im Gegensatze gegen die
doketischen Häresien ein wichtiger Glaubensartikel war. War
wirklich die Sinnenwelt schlecht, so hätten die Gnostiker mit
ihrer Consequenz Recht; dass eine wahre Menschheit Christi eine
Befleckung des Pneumatischen in ihm gewesen wäre. Daher
denn bei B die Correctur in uiaiviov , die allen weitern Einwürfen
vorbeugte, bei A der Zusatz 6 yäg d^eug r^fuZv xtA., der, wenn er
acht sein sollte, jedenfalls nur als Parenthesis zu fassen wäre, da
er den Gedankengang unterbricht. Ob übrigens der hier gebotene
9*
132 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
Gegengrund ein sticlilialtiger war, kann uns für die vorliegende
Frage gleicligiltig sein.
Vergleichen wir nun den Text des Syrers, so bietet dieser
die richtige Lesart uyud^ov, lässt aber den ersteren Zusatz mit A,
den letzteren mit B weg. Was hieraus folgt, ist nunmehr leicht
abzusehn. Wie Cod. Colb. den secundärsten weil aus
A undB gemischten, so hat Syr. den ursprünglichen,
von den beiderseitigen Zusätzen noch reinen Text.
Wir haben mithin an dieser Stelle ein recht leuchtendes Beispiel,
dass der syrische Text auf einer älteren und zusatzreineren Re-
cension beruht, als selbst der Text von Lat. A.
Bestätigt wird dieses Ergebniss durch eine Weglassung,
welche Syr. mit Arm. 1 gemein hat. Sie ist im Anfange von
Cap. 3., wo der Satz iycü de d^elco 'Iva xuxeTva ßeßaia f] u /na&t]-
Tevovreg IvTt'kXto&e bei beiden fehlt. Wir setzen hier einfach
das ürtheil Petermanns hin: „uterque interpres omisit verba
eycü de — ivTtXXead^e, quae salvo sensu deleri possunt, et ab aliis
fortasse addita sunt", üebrigens charakterisirt sich dieses Ein-
schiebsel dadurch, dass es idiöa^uTt irrig im streng dogmatischen
Sinne interprctirt, und nun einen Wunsch für Festigung der wah-
ren Lehre beifügt ^ ). Eine andre Syr. und Arm. gemeinschaft-
liche Weglassung, Trall. 5. v7]7iioig ovaiv, gibt keinen Anhalt für
die Kritik: der Zusatz konnte fehlen und stehn, durch Zufall
ausgeblieben oder aus ueutestamentlichen Reminiscenzen entstan-
den sein.
Ausser diesen Weglassungen findet sich eine, die Syr. mit
Metaphr. gemein hat, Cap. l. wg y.al nXiov ^]T0Vf.i7]v XaßeTv, Auch
Cod. 0 schliesst diesen Zusatz in Klammern. Die Weglassung
dieser Worte beim Syrer aus der erleichternden Uebersetzung des
inev'^afLinog xrh bei Syr. herzuleiten, wie es Uhlhorn-) thut,
ist wenigstens nicht sicher: man sieht nicht ein, was den Syrer
zu dieser Wcglassung genothigt haben sollte. Für den Sinn er-
forderlich ist der Zusatz auf keinen Fall und das Zeugniss des
Met. und namentlich des Cod. 0 ist beachtenswerth. Die üeber-
einstimmung mit Met. allein würde freilich zufällig sein können,
da dieser auch sonst ziemlich zahlreiche Stellen weglässt. Doch
soll die ühlhorn'sche Annahme einer erleichternden Uebersetzung
der vielfach auch von andern üebersetzern missverstandenen
Worte nicht als unmöglich zurückgewiesen werden. Das näXaij
I
1) Uhlhorn p. 58 fasst freilich den Sinn der vorhergehenden Worte
ißaaxävare ktX. so : „ihr habt nie jemanden irregeleitet" , übersieht aber,
dass der Grund, welcher ihn zu dieser abweichenden Uebersetzung veranlasste,
die Construction des ßaoxaiveiv mit dem Accusativ, nach dem Zeugnisse der
meisten und besten Auctoritäten in Wegfall kommt. Es bleibt vielmehr bei
der hergebrachten Uebersetzung „beneiden" und alle Consequenzen, die Uhl-
horn aus seiner Uebersetzung gezogen, fallen zu Boden.
2) p. 28.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 133
welches auch Syr. 2 statt nXeov bietet, könnte dann von Syr. 1
g^elesen und mit dem Vorhergehenden in eins zusammeng-ezogen
worden sein. Andrerseits können wir jedoch nicht unbemerkt las-
sen, dass eine derartige Umgestaltung der Sätze sonst ohne Ana-
logie beim Syrer ist, daher das Wahrscheinliche auch hier dieses
ist, dass die bei Syr. Met. Cod. 0 fehlenden Worte auch im ur-
sprünglichen Texte nicht gestanden haben. Mag man indessen
entscheiden wie man will: ein secundärer Text ist an unsrer
Stelle auf keinen Fall vom Syrer benutzt worden.
Unter den übrigen Weglassungen ist zunächst bemerkens-
werth Cap. 4. die Weglassung des ßoQav (A) oder ßgwjLia (B)
nach u(feTe f.iB ^r^Qicüv elvai. Dass hier der syrische Text der
ursprüngliche sei, räumt auch Uhlhorn ein p. 17; der Zusatz
in den meisten Auctoritäten verräth seinen secundären Ursprung
durch die Variante ßoQuv oder ßQWfiu. Zudem fehlt das Wort
auch in den beiden syrischen Fragmenten II (p. 201) und p. 296,
während Arm. 1 es in seinem syrischen Exemplar schon vorge-
funden haben mag. Es ist dies übrigens wieder eine Stelle, in
welcher die Masse der Auctoritäten gegen Syr. hinter der innern
Vorzüglichkeit des syrischen Textes zurückstehn muss ; ja die
allgemeine Verbreitung des Zusatzes legt wieder Zeugniss ab für
das hohe Alter der syrischen Version.
Endlich Cap. 7. liest Cod. Colb. nach dg loxiv oäg'^ 'Ii^aov
XQiaxov die Worte xov vlov rov d^fovy tov yfvofj.tvov iv voregco
ix ant(j(.iaTog Jaß\S xai yißQau(.i. Ebenso Met. und B. Dagegen
lesen Arm. 1 und Arm. 2 Toi; yerof-thov ix anigfAUTog /^uß\ö,
lassen also tov vlov tov dtov, iv voTtQio und xu\ l4ßQauf.i weg;
Lat. A setzt durch seine üebersetzung eins qui ex genere Da-
vid ausserdem voraus , dass yevofievov fehlte, hat also nur tov ix
anepjLiaTog ^aß]ö ; Syr. hat den ganzen Zusatz nicht. Es be-
darf nur eines Blickes auf den Zusammenhang, um zu erken-
nen, dass der ganze olmehin schon sehr angefressene Zusatz
hier am unrechten Orte ist. Die Worte lauten aQTOv &eov d^eXco,
0 iöTiv auQ^ yjrioov^ JCqiotov , xal n6f.ia &iX(x) to ui(.ia avTov,
o ioTiv ayan7\ u(f&a(JTog. Wer wollte leugnen, dass der Zusatz
TOV ytvof.iivov xtX. ganz müssig und unmotivirt in diesem Zusam-
menhange ist? Syr. hat eben wiederum den ursprünglichsten, von
allen spätem Einschiebseln reinsten Text. Uhlhorn i) meint
freilich auf einem andern Wege nachweisen zu können , dass wir
„hier bei Syr. einen weniger ursprünglichen Text und eine Er-
leichterung des Satzes durch Aenderungen" haben. Ein Punkt
muss ihm dazu behilflich sein. Im Cod. ß lauten die Worte näm-
lich folgendermassen: \j] |^o .oiiöjo Ix^aa^^dj 0}^^^^ ^cnot*]}
V^n« qui est corpus Christi et sanguis eius ; peto potum etc.^
1) p. 57.
134 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
10 (xlf.ia avxov ist also zum Vorhergehenden, niclit zum Folgen-
den gezogen. Hierauf gründet ühlhorn nun ein ganzes Ge-
bäude von Folgerungen, weiss den Grund anzugeben, warum Syr.
die Interpunktion und folglich auch die Construction änderte, und
nennt die von Cureton und Bunseu vorgenommene Aenderung
der Tnterpunktion willkürlich. Hätte er indessen nur einen Blick
auf die im Corpus Ignatianum gesammelten V^arianlen des Cod. y
geworfen, so würde ihm selbst die Einsicht gekommen sein, dass
alles, was er hier an Mühe und Scharfsinn aufgewendet, vergeb-
lich war. Cod. y setzt nämlich ganz richtig den Punkt vor
cn.liO)0) und bestätigt damit die Aenderung Curetons und Bun-
sens (denen übrigens auch Peter mann durch seine Ueber-
setzung „et sanguinem eius peto potum" beistimmt) vollkommen.
Was endlich den bei Syr. fehlenden Anfang von Cap. 2: ov
yinQ &iXü) vfiTv uvd^Mnageoy.ijoai, aXXa &e(p [ägiaai], wgmQ xul
agtaxere anlangt, so meint ühlhorn ^) selbst, dass es sich hiei
nicht mit Sicherheit entscheiden lasse, ob er bei Syr. weggelas-
sen oder bei A hinzugefügt worden sei. Ausser Cod. Colb. lesen]
hier übrigens alle Zeugen vf^iäg , was daher auch Peterman
und ühlhorn für den richtigen Text ansehn. Der bezeugten
ists offenbar. Aber was soll nun der vSatz hier? wer sind dem
die Menschen, von denen Ignatios will, dass die Römer ihnei
nicht gefallen sollten? Ich kann keine Antwort hierauf findenJ
Der Gedanke würde in den Zusammenhang passen, wenn Igna-
tios von sich redete: „ich fürchte, dass mir eure Liebe ünrechi
zufüge, denn euch ists leicht, was ihr wollt zu thun ; mir abei
ists schwer, Gottes theilhaftig zu werden, wenn ihr meiner nichj
schont. Denn ich will nicht Menschen gefallen , sondern Gotl
Denn ich werde nie eine so günstige Gelegenheit haben, Gol
tes theilhaftig zu werden". Aber dies steht eben nicht daj
man müsste denn gegen alle Auctoritäten das r^iiv des Codi
Colb. wiederherstellen und übersetzen wollen ,,nolo enim vobiSjj
hominibus, placere, sed Deo". Dann müsste aber das ägnii
xai dgioxets als späteres Einschiebsel gegen alle Zeugen abgei
sondert werden. Lassen wir daher den Zusatz ganz weg, um
folgen auch hier dem syrischen Texte, so sind wir über all(
Schwierigkeit hinaus, und der Gedanke schreitet einfach und klai
fort, indem auf die Worte „mir aber ists schwer, Gottes theil-
haftig zu werden, wenn ihr meiner nicht schont" unmittelbar diel
vortrefflich sich anschliessende Wendung folgt „denn ich werdei
nie eine so günstige Gelegenheit haben, Gottes theilhaftig zi
werden". Wollte man trotzdem an der Aechtheit der bei SyrJ
fehlenden Worte festhalten, so bliebe jedenfalls die von ühl
hörn p. 53 ausgesprochene Ansicht stehn , die Worte seiei
1) p. 52.
Lipsius , über den srjrischen Text der Briefe des Ignalios. 135
bei Syr. durch ein Verselin ausgefiillen , was allerdings leicht
mog-lich war, da dieser Satz ebenso wie der nächstfolgende mit
ou yuQ anfängt. Die Weglassung wäre also sicher nicht durch
eine secundäre Gestalt des vom Syrer benutzten Textes zu er-
klären.
Zwei Weglassungen sind im Römerbrief noch übrig, in denen
wir einen Irrthuni des syrischen Uebersetzers anerkennen müssen.
Die erste findet sich Cap. 5. In den Worten ovyyvu'inriv (.loi
fX^re ' Ti /LiOL ov(.i(ftQii lyto yivcoaxu). vvv äg/Of-iat (.lad^rjrrjq ilvai
fehlt nämlich alles beim Syrer von lyio yivwaxco an ; und ovy-
yvcüfiTiv (.101 l'/jTi: ' ri /.loi ov(.i(peQei verbindet er zu einem Satz
>^1^ «.,w.n^ l^"^ >-iÄ.2iJ _!iD ^!^ alk5 noscite me ex anima mea
quod expedit (oder quid expediat mihi). Die Worte !:o >-«^ Qi^j
^M.SLJ sind die gewöhnliche üebersetzung für avyyvaifirjv (.loi
fyjre, avyyvcüTt (.loi^ ovyyvü}f.ioveiTe fwi. An unsrer Stelle haben
Syr. Eus. und Fr. II ganz dieselben Worte; Trall. 5. stehn eben
diese bei Syr. (bei Arm.: scio ex anima mea) und Rom. 6 in
einer bei Syr. fehlenden Stelle auch bei Arm. 1 (cognoscite me
ex anima mea). Die Worte bilden nach der gewöhnlichen Ver-
bindung einen Satz für sich; so finden sie sich auch Trall. 5 bei
unserm Syrer und dem Armenier gebraucht, Rom. 6 bei Arm., an
unsrer wStelle bei Eus. Syr., wie allenthalben die Interpunktion,
theilweise auch die Construction der folgenden W^orte lehren kann.
Die Verbindung dieser Worte mit ji (.loi avf.t(feQ£i nun wie sie
an unsrer vStelle auftritt, ist eine harte und ungewöhnliche, die
nur durch die Noth und die Dunkelheit der Worte entschuldigt
wird. Der Sinn muss freilich der sein, den Cureton annimmt
„I crave your indulgence to leave the knowledge of what is ex-
pedient for me to my own conscience"; aber dieser Sinn ist nichts
weniger als leicht, und die ganze Verbindung wurde nur dadurch
möglich, dass das lyco yivcücf^ü) irrthümlich ausgefallen war. Von
einer absichtlichen Unterdrückung des iyco yivMaxo), wie
ühlhorn^) annimmt, kann ebenso wenig die Rede sein, als
man mit Cure ton avyyvwjLiTjV (.loi fyjTe , rl (loi ovf.i(f)tgei ix\s ur-
sprünglichen Text annehmen, und eyo) yivcoaycü als Interpolation
verwerfen darf. Die Worte geben in dieser Verbindung im Syri-
schen nur einen nothdürftigen, im Griechischen gar keinen Sinn.
Wenn nun aber an dieser Stelle eine, freilich sehr unab-
sichtliche, Lücke beim Syrer anzuerkennen ist, so ists wol
einfacher, auch das folgende vvv ugyo^^ai (lad^rjr^g tivai ^ was
nicht so störend ist als Runsen meint, von dieser Lücke betrof-
fen sein zu lassen, als dass man hier dem Syrer Recht gibt, und
die Worte aU spätere Interpolation betrachtet.
1) p. 21 f.
136 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Cap. 9. endlich mag ovx cog naQoöelovra durch Versehen
ausg-efallen sein; dass Syr. es nicht verstanden, und deshalb
wcgg-elassen haben sollte, ist Avenig- glaubhaft, da auch die
beiden Armenier keinen Anstoss an den Worten nahmen. Die
Annahme, dass Syr. hier nur aus dem Zusammenhange, aber
unglücklich gerathen habe, gründet CJhlhorn^) auf die Weg-
lassung des einzigen ^ti?;. Allein dieses findet sich wieder
im Cod. y, es liegt mithin im Griechischen wie im Syrischen,
mit Ausnahme des ovx cog naQoStvovja, derselbe Text vor. üebri-
gens ist selbst, wenn das /Lii) bei Syr. sicher nicht vorhanden
wäre, die ühlh orn'sche Ansicht der Sache nichts weniger als
gewiss. Wie nun, wenn f^irj ursprünglich gefehlt hätte, und der
Sinn eben einfach der gewesen wäre, ,,die am Wege liegenden
Gemeinden nahmen mich auf"? Dies war Späteren vielleicht nicht
genug, und man erweiterte den Gedanken durch ein eingescho-
benes fifj , sodass nun nicht blos die näheren, sondern auch die
ferneren Gemeinden allenthalben zur Verherrlichung des im Namen
Christi reisenden Märtyrers herbeieilend gedacht wurden? Dieser
Hergang der Sache ist grade der wahrscheinlichere, und im Cod. y
ist dieses /.li] ein nach Gr. eingetragener Zusatz.
Es bedarf aber wol kaum noch der Bemerkung, dass, wenn
auch in allen den zuletzt genannten Stellen (desgl. Cap. 1. und
Cap. 2.) Syr. irrthümlich einige Worte weggelassen hätte, hier-
aus noch keinerlei Schluss zu ziehn ist gegen den hohen Werth
des von ihm gebotenen Textes. Derartige Auslassungen finden
sich in den besten und vorzüglichsten Handschriften und es würde
ein Wunder sein, wenn Syr. sich von allen derartigen und ähn-
lichen Fehlern frei erhalten hätte.
Ziehn wir nun aus dem bisher Erörterten das Resultat, so
ergibt sich, dass Syr. weder zur Familie A noch zur Familie B
gezählt werden kann. Aus den zusammengestellten Varianten er-
hellt, dass der Syrer unabhängig von A und von B den jedes-
mal besten Text an einer grossen Reihe von Stellen bietet; dass
er dem älteren, zusatzreineren Texte von Lat. A überall da ent-
spricht, wo in Gr. A und in B Zusätze eingedrungen sind; dass
er aber eine Reihe von Zusätzen auch bei Lat. A kenntlich macht,
und dadurch seinen eignen, vorzüglichen Text beurkundet; dass
er endlich an einer Reihe von Stellen dem Texte B näher tritt,
als dem Texte A, aber so, dass Syr. die ursprünglicheren, B die
secundären Lesarten bietet. Syr. hat also offenbar den vorzüg-
lichsten Text unter allen Zeugen aufbewahrt, wenn auch selbst-
verständlich damit nicht gesagt sein soll, dass er von allen Irr-
thümern oder Verderbnissen freigeblieben sei.
Wir fassen jetzt eine weitere Frage ins Auge: wie über-
setzte Syr. den ihm vorliegenden Text?
1) p. 22.
\
Lipsius, üler den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 137
Hier werden wir kürzer seiu können, da wir Uhlborn un-
bedenklicli zugeben, dass eine Reibe von scbeinbaren Abweicbun-
gen des Syr. aus dem Streben liervorgegangen sind, den Sinn
der Worte mÖglicbst deutlicb wiederzugeben , andre aucb einer
niissvcrständliclien Auslegung des griecbiscben Textes ibren Ur-
sprung verdanken. Docb ist freilieb sebr Vieles, was Üb 1 hörn
gegen den Syrer geltend inacbt, bereits im Obigen durch Ver-
gleicbung der verscbiedencn Texte erledigt worden.
Zu den Uebersetzungs e ige ntbüml i c bk ei ten gehört die
Wiedergabe von o y.vQiog durch ^•^'^ dominus noster, desgleichen
die häufige Beifügung dieses -vq zum Namen Christi aucb ohne
dass sich im Griechischen etwas Entsprechendes findet; die um-
ständliche Uebersetzung des aviOTuvai durch JAaÜd A*a _iaO >oaD
surgere a domo mortuorum (weil in >Oqd , welches bäußg für
das einfache stare gebraucht wird, die Bedeutung des Auferste-
hens nicht deutlich genug ausgedrückt zu sein schien); eniTvy-
yuvtiv mit dignum fieri, joA^I sq. 1;^; aonateod^ui mit >abiÄ ^\m
sciscitari salutem ; dvat^irjv c. genit. durch Jj) lo5 }j| sq. i^, gau-
deo in aliquo ; einmal durch Jj) c^jatc sq. V^ desidero aliquem ;
drjQtof.taxM durch }j] Jv^^ ]Za*.JS Aaü inter bestias coniectus sum
u. s. w. Im Einzelnen noch Folgendes. Polyc. 2 ist der Zu-
satz (iiovov zu (pdj]Ci wie es scheint zur Schärfung des Gegen-
satzes gemacht. Die folgenden Worte ov nav TQav(.ia t/J olvxji
ifxnluGTQM &igu7ieitT(At' Tovg nuQo^vofxovQ f/Lißgox^T? navt über-
setzt er, weil er die medicinischeu Ausdrücke nicht verstand,
durch „non omnia ulcera una medicina curantur. Abscissionem in
lenitate esto tranquillans " (^^^idIA:^ {iüic ^jj.^ ^ij-iia^ ^s a!^
.«.jaaJ-^ £\jOai j.aoofO |Hv>-^) Weiter unten sind die Worte
0 y.uiQog unaiTH ae cog xvßeQvijrut uv/fiovg xui ibg yu(A.al^6(.ievog
hlÄiva durch )o\c, \ju.] ^x]o .}ali.}J ]^x2;^aD ^A ^z^Z Jj.3l
,}j}iaa^li> pQAjAinii tempus posce, ut gubernator navem, et
ut is qui stat in procella, portum. Wie die Punctation des ^^z:^^
zeigt, bat der Uebersetzer uTiaiTet für den Imperativ (für unal-
Tii) gehalten, und daraufliin übersetzt: insbesondre ist aus diesem
Missverständnisse die Weglassung des ae und die Beziehung von
y.vßiQVTjTui und yu(,iaC,6(.uvog auf Polykarp hervorgegangen, daher
wol auch ).^AjjOCLC im Singular, ohne Ribbui. Die einzige Ver-
schiedenheit vom griechischen Texte, die noch übrig bleibt, ist
das Ja!::^!] vavv für uvtfiovg. Dies scheint eine alte Variante zu
1 38 Lipsius, über den stjrischen Text der Briefe des Ignalios.
sein, von der sicli indessen aiicli bei B in dem folgenden vi]f eine
Spur crlialten liat. Wäre die Lesart bei B ursprünglicb, und bätte
vielleicbt im Texte gestanden ojg xvßfQvrirai avti-iovg, xut (hg vuvg
/etjuuCo/iitvt] lii-itva, so liesse es sicli erklären, dass ein Abscbrei-
bcr das vuvg irrig an die Stelle von ave(,iovg setzte, was um so
leicbter anging, weil vuvg aucli als Acc. Plur. gefasst werden
konnte. Dann müsste vavg das zweite Mal als scbon vorausge-
nommen , nicbt ausgedrückt worden sein. Da aber aucb bei
A das vuvg felilt, so liesse sieb aucb ein vom syrisclien Ueber-
setzer vorgefundener Scbreibfebler annebmen , nacb welcliem
vuvg irrig für das damit ziemlicb leicbt zu vertauscbende
avffiovg gesetzt worden wäre. B verrietbe dann durcb die
bei ihm vorauszusetzende Lesart wg xvßtQVTJiai uvtfiovg xai
wg vavg /€i{.ial,ofi€vr] hf.i(va (die Lesart w? xvßeQvrjTrj uvif.iog
av/iißuX).€Tut , y.ai wg vrfl' /fijLtuKofifvjj Xiutreg yrl. ist jeden-
falls spätere Aenderung) einen aus A und Syr. gemiscbten
Text, indem er beide I^esarten uvi[.iovg und vuvg böte. Un-
ter den übrigen Abweichungen mag das nuvTa vor dem di*
ii^iog vnofiaivuvTU Cap. 3. aus dem Bedürfnisse des üeber-
setzers, einen Objectsaccusativ zu haben, liervorgegangen sein.
Cap. 5. die Uebersetzung äyunuv iv xvqim für uyanuv xov
y.vQiov ist vielleicht blos aus einem Schreibfehler im Syri-
sclien hervorgegangen (Codd. u. y. .f^o _Ci>j.J) für oj^Jj
^l^D^ik) 5 obwol sie fast einen vorzüglicheren Sinn bietet als
der gewölmliche Text (daher aucli von Cureton beibehal-
ten) ; dagegen ist die Lesart von Cod. ß ^jiQO ^^oiZ/o^ ^j.>j)
(teneant maritos suos in Domino) offenbar erst hieraus hervor-
gegangen. Cap. 6. 5jiQj rebellet für SeoegiwQ tvQi&fiy ^z^^\
thesauri vestri für tu öenoona Vfiiov ) )ai2^5 )Ai:joiai:0 donum
dei für t« uyxtnra Vf.ifov sind keine Veränderungen des Tex-
tes, sondern geben nur die römischen Ausdrücke so gut es ging
dem Sinne nach wieder; und ebenso ist die Uebersetzung des clg
uy/iiiov TVTiTOfiivog durch \\!^::i) ^.^a^Z] yx] ut atliletha qui per-
cutitur keine absichtliche Wegschaffung des Bildes vom Ambos,
wie Uhlhorn wilP)? sondern nur ein in diesem Zusammenhange
selir verzeihliches Missverständniss eines griechischen Wortes. Er
fasste uyfi(x)v nämlich in der Bedeutung von uy.(.t7]g (vgl. Call.
Dian. 146. Aoy/7j^ uyf-toveg Aescli. Pers. 51), wodurch er dann
leicht weiter dazu gebracht werden konnte, das Wort hier sub-
stantivisch zu nehmen, und dem Sinne nach, wie er meint richtig,
durch „Kämpfer" wiederzugeben. An zwei andern Stellen hat
1) p. 29.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignatios. 139
ühlliorn ') sicher ünreclit, wenn er bei Sjr. eine erlcicliterntle
Uebersetzung sucht: Cap. 2. in dem Zusätze ^::^cj^^2 ,-^jD
ad ea quae requiruntur, von dem wir schon oben g-esproclien Ija-
ben, und bei welclieni nur darüber ein Zweifel entsteho kann, ob efg
a dti des Syrers oder tlouti von B ursprünglicher ist. Sodann Cap. 3.
die Uebersetzung des arrjd^i de tÖQaToq I^^ao .5 Snnn „sta vero
in veritate" soll einen Zusatz verrathen, „mit welchem Syr. dem
Verständnisse seiner Leser zu Hilfe kommen will". Allein der
angebliche Zusatz js^jao ist nichts als die Uebersetzung des
fSgaiog, wie Cap. 1. die Uebersetzung des rjdQfxa(.ih'fjv durch
9j.jk^ zur Genüge lehren kann.
Im Epheserbriefe finden wir in der Inscr. rjV(ouevi]v mit
Jil^iöAiDO et perfecta übersetzt. Cureton vermuthete in der
ersten Ausgabe , und P e t e r m a n n und ß u n s e n stimmten ihm
darin bei, dass der Syrer 7jvv(jf.itvrjV gelesen Iiabe. Im Corpus
Ignatianum schlägt Cureton unriQxia(.tivr} vor. Eher hätte hier
U hl hörn 2) das Richtige getroffen, wenn er annimmt, das Wort
j[Al::ibQjitia3 sei durch einen Schreibfehler aus dem Obigen, wo das-
selbe Wort vorkam, an dieser Stelle wiederholt worden. Doch ist
wol gar keine Aenderung nÖthig. Auch sonst wird ivcaatq, evw-
TriQ mit liaiaib^A perfectio übersetzt vgl. Philad. 3 und 4 (Syr.
Fragm. p. 199 Curet.). Aehnlich Peschito 2 Cor. VI, 15 {övfi-
(fwvr^atg). Dagegen ist wol Cap. 1. ein Schreibfehler in der
Uebersetzung {j^^oic ^<£j ab actionibus (Cod. y, Jj^i^qa) ohne
Ribbui) für l^taED ^bD ano 2voiug anzuerkennen, obwol Cure-
ton im Corpus Ignatianum gegen seine frühere Ansicht die Les-
art des Syrers aufrechterhalten, und das Jj^vq^ von Cod. y, durch
„visiting" wiedergeben will, wie auch B u n s e n (Hipp. 1. c.) evTiv'iecog
in den Text setzt. Desgleichen müssen wir Cap. 10. Of^UZ \io
yOaiZi »neque miremini in iis'« trotz Curetons neuerlicher Ein-
sprache für einen Schreibfehler halten, und annehmen, dass für
^'f'^^ZZ vielmehr ^QliDjZZ „imitemini" zu lesen ist, entsprechend
dem griechischen /iif) onovdu^ovieg uvt if,it(j,rjO aa& at uvrovg.
Die Uebersetzung ferner des (pLOti öixaia Cap. 1. durch {i^^a
{äjjIo )j]ij lxAr:)^o in natura voluntate recta et iustu („by nu-
1) p. 22 und 29,
2) p. 19.
I
140 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
iure in a will pure and just" Cur.) erklärt sich wol am einfach-
sten durch die Annahme, dass Jj}o I-LaCj^^ ein vom Rande ein-
g-edrung-enes Glossem sei. Bunsen (Hippolyt l. c.) liest yva)f.ir]
öiy.ala (l). Wichtiger würde eine andre Stelle sein, wenn sich
liier zu einem bestimmten Resultate kommen Hesse. Cap. 8. liest
nämlich A : neQiip7]f.iu ^ [.aov y.ai ayvil^ofxai v(xiov 'Etftoiojv ixxX?]-
aiag rijg diutßoijTov roTg aiwoiv. So wie die Worte hier stehn,
ist sicher ein Fehler darin: die einfachste Heilung wäre, ein iycu
nach 7iiQi\pri[.ia anzunehmen. B las die Worte ziemlich wie sie
hier stehn, negiiprjfia vfiwv y.ai Trjg uyvoTdrrjg 'Eq^eatwv (y.xX7](jiag
Trjg öiaßoTiTov xul no'kvv(.ivi]%ov roTg aicoaiv ^). Soviel steht
wol fest, dass Ignatios negiipriina auf sich bezog vgl. Cap. 18.
n(Qiyj7]fÄa To €f.i6v nvivfj.a tov oxavQOv, Vergleichen wir nun
hiermit den syrischen Text, so lesen wir: tSXAsAliC'O .aao ij] ),.>^
^QüAal ^^ls. \i\ gaudeo in vobis et supplico in vobis. Dass nun
hier insbesondre das gaudeo in vobis keine Uebersetzung des
7itQL\prif.ia v(A.(jüv ist, liegt auf der Hand. Uhlhorn^) erklärt
nun die Entstehung des c2iA::)Aic ftir uyvit,of.iai wie mir scheint
richtig „er dachte an Opfer, und kam auf dieses Verbum, mit welchem
die syrischen Kirchenschriftsteller das Lesen oder Sprechen der
Liturgie bezeichnen (vgl. Act. XUI, 1 wo XiiTovpyovvriov damit
übersetzt wird)". Wenn Uhlhorn aber weiter hinzusetzt, „dass
er aber 7ifQi\prjf.ia durch Jj] ]^ ,, gaudeo" übersetzt, erklärt sich
nur daraus, dass er in Verlegenheit über den Sinn aus dem Zu-
sammenhange rieth", so müssen wir dem entgegentreten. Es ist
nämlich gar nicht glaubhaft, dass Syr. den Sinn des Wortes nicht
sollte verstanden haben. Denn weiter unten, wo das Wort noch-
mals vorkommt, Cap. 18. nigiyjrjfia tu ifibv nvtv^ia tov aiuvgou
übersetzt Syr. einstimmig mit dem von ihm unabhängigen Fr.
XHI (p. 219) v_,>j05 Irsjc^ "^^*" Geist beugt sich nieder (beugt
sich in den Staub, vgl. die (aus Syr. geflossene) armenische
Uebersetzung adorat oder terram osculatur bei Peter mann.
Dies ist nun hier sicher kein Rathen aus dem Zusammenhang,
sondern wirkliche Uebersetzung des negiipr]f.ia, und wie das andre
syr. Fragment lehrt, keine ganz ungewöhnliche. Dass damit die
biblische Bedeutung des Wortes, nach welcher es piaculum be-
deutet, nicht ganz genau getrnfl^en ist, ist freilich wahr. Allein
man sieht doch, wie aus der Urbedeutung des Wortes scobs, pur-
gamentum die Uebersetzung sich niederwerfen, in den Staub beu-
1) Cod. BFORV. — Cod. Nydpr. schiebt Se nach neqixprjfxa, und ix-
ßaXlsTs nach atcöaiv ein. Willkürliches Interpretament.
2) p. 21.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 141
gen entstehen konnte'); und wir liaben sonacli kein Recht zu
der Behauptung", der Syrer habe hier wie dort nur aus dem Zu-
saninienhange gerathen. Er liatte an der zweiten Stelle eine
üebersetzung in Kereitschaft, die wenigstens nach seiner Ansicht
den Sinn des Wortes wiedergab : folglich ist es unerklärlich, wie
ihm eine solche an der ersten gemangelt haben sollte. Wie mir
nun scheint, liegt ein Fehler in den syrischen Worten, der auf
Rechnung des Abschreibers kommt, und statt j.j] }^^ ist jLj] ]]xi
„Staub bin ich" zu lesen. Dann ist alles in Ordnung, und Syr.
setzt obendrein das bei A fehlende fyco richtig in den Text,
was schon Cotelier und nach ihm mehre Andre ergänzten-).
Weniger wörtlich und genau scheint noch Cap. 10. die üeber-
setzuug der Worte n()dg rag ogyug aviwv vfAsTg nQUiig, ngbg rüg
(ÄtyuXuQ^fjfioavvag avTwv tf.iiTg zanetvocp^oveg zu sein. Syr. gibt
hier ]2qx»,aJloo aii.5 Jj-a^^ Zaü^iikio JAaaij ^oid*^^ ^ojdq^
contra verba eorum dura in humilitate mentis pavete (reconcilie-
mini) et inquiete. Vielleicht las Syr. oQydg nicht, (so Cureton, Pe-
termann, Bunsen im Hippolyt) und die verba dura sind üeber-
setzung von f.tiyaXoQQi]fioavvag, Das Verbum qv,^ könnte aus
dem Anfange des vorhergehenden Wortes mit Wiederholung des
nachfolgenden o geflossen sein; doch ist richtig, dass Syr. nach
dem Folgenden ein Verbum vorauszusetzen scheint, daher denn
Cureton yivtod^e aus B in den Text nimmt. Liegt hier wirklich
1) Es ist folglich auch unnöthig, mit Bunsen (Hippolyt II, Vorrede
p. XIV) anzunehmen, dass Syr. und Arm., wenn auch irrig, nQoaxvvtjfia in
ihrem Texte gelesen hätten.
2) Das „gaudeo" ist natürlich auf jeden Fall irrig, und die Vermuthung
Petermanns, Syr, habe rionofiai oder re^xpo/uni vficov gelesen, führt niclit
zum Ziele. Cure ton im Corpus Ignatianum (p. 282) weiss auch keinen an-
dern Rath, als die Bemerkung: ,,it does not seem probable, Iherefore, that the
Syriac translator read the passage exactly as it now Stands", und will ausser-
dem, Syr. habe für ayvi^cofiai gelesen ayojvi^ofiai cäAdAJ^, was wieder in
cajiLl)£\iO verwandelt worden sei (wie Kol. f, 29 bei Peschito). Dies zu com-
plicirt. Eine Möglichkeit wäre noch , wenn man unsre Conjectur verwirft,
eine vom Rande eingedrungene Glosse anzunehmen , da Peschito Phil. I, 4 die
Warte PI cSäadA^ Pf ||.>J fQO als Uebersetzung von hbto. xaqSi r^p
derjaiv notovfievog bietet. Möglich , dass diese Bibelworte von irgend einem
Leser oder Abschreiber am Rande beigefügt wurden , und späterhin statt der
ignatianischen Formel in den Text geriethcn. Indess ist dies eben nur ein
iNothbehelf, wenn auch zuzugeben ist, dass die Uebereinstimmung unseres Tex-
tes mit jener Philippcrstelle auffallend ist. — Bunsen (Hippol. 1. c.) ent-
scheidet sich ebenfalls für die Ursprünglichkeit von neQiiprjfia , meint aber,
Syr. und Arm. hätten irrig neqiooev/xa xal dyeoviojna in ihrem Texte ge-
esen (?).
142 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
eine Zusanunenziehung- zweier Sätze in einen, und eine Weglas-
sung des ogyag vor, so beweist dies allerdings so viel, dass Syr.
liier in seiner üebertragung wider sonstige Gewohnheit etwas
freier zu VV^erke ging. Doch dürfte sich der syrische Text auch
noch anders erklären lassen, ß liest nämlich einfach yivtoda
TJQOQ Tag ogyäg aviiov v/ntTg xannvocjQOvtg. Nun wäre doch
möglich , dass die verba dura Uebersetzung von zug vQyug sein
sollten. Syr. las dann nQog rüg ogyug avicov vfiug Taneiv6(fQQ-
7ig yiviod^e y.a) ngaetg, A machte daraus zwei Sätze, B Hess y.ul
ngang weg, und ebenso Arm., der übrigens den Text von A vor
sich hatte, und die ,,dura verba" irrig als Uebersetzung von i.u-
yaXogQ?]f.ioovvag nahm. Unmittelbar darauf liest A: ngog zag
ßXao<fr^f.daQ aviiuv ifuig TWf ngootv/ug. Dass hier ein Fehler
vorliegt, ist klar: es fehlt das regierende Verbum zu rüg ngoa-
iv/^ug. B bietet: uvma^uTa ngog rag ßXaacp}]fiiag uvxcov i\ueT^
Tug ixTtrtTg ev/^ug. Dies hilft dem Fehler ab, aber das einge-
schobene Adjectiv ixievtig macht die Acndcrung sehr verdächtig.
Vergleichen wir nun den Syrer, so liest dieser .ocjiaSjjQva. ^^^^^
-il^^liD ^oAjOCI ^oAj| contra blasphcmias eorum vos fuistis (viel-
mehr estote) orantes. Bunsen gründete hierauf früher seine
kaum zu billigende Conjectur ngog Tf).^ ßXua(f. aviwv vf-itig exie-
riTg Tf)^ ti/ug. Das ixTeriTg steht aber nicht da, und kann ohne-
hin kaum von Personen gesagt werden. Das Richtige hat schon
Peter mann gesehn, welcher zuGOiit ngooev/jAg vorschlägt.
Dass dies oder etwas Aehnliches wirklich ursprünglich im Texte
stand, lehrt insbesondre die jetzige Lesart bei B: hier sind
das voraufgenommene uvxiTu^uTe , und weiter unten, da wo
TuoGtre hereingehört, das nun mit einem Male sein rechtes Licht
erhaltende rüg fXTtveTg avy/xg deutliche Anzeichen. TACCETEUPOC
wurde corrumpirt in TACEKTENEIC. Eine Spur von TaaotTa ent-
hält auch bei A der Artikel rag. Was endlich den Syr. bctrijfft,
so übersetzte er sein jaoatTi (oder uvTaa^uTt wie er mit B ge-
lesen zu haben scheint) nooötvy^u.g dem Sinne nach durch fuistis
orantes richtig, und fehlte nur darin, dass er Taoaite für das
Verbum finitum nahm statt für den Imperativ ^). Nun folgen die
Worte TTQog ttjv n)iuv7]v avxtov vfuTg tdgaToi rj] nioiei, oder wie
sie bei B lauten avicov nXavwfitvcüv oiiy/.iTt v(.uig iv rj] niaiu
iÖQaioi. Syr. j^axl^jaio qj-j^i] ^ooiZq*^ \iiijCQl::iO et contra
errorem eorum armati estote (in) tide. Jedenfalls ist zuzugeben,
dass Syr. auch hier wieder das Verbum freier und nur dem Sinne
nach wiedergibt; doch setzt er, wie schon bemerkt wurde, wol
die Lesart ngog Ttjv nXavr]v avrojv oii^xexi Vfitig iv rj] niom
1) Gegenwärtig liest ßunsen (im Hippolyt) xal tiqos ras ßkaofrjfiias
avXüiv Vfiels Tt^qsXs rag nQoosvxäsj freilich ziemlich hart.
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 143
tÖQmoi voraus, vgl. Arm. et contra insaniam (vielmehr errorem)
firmi State in fide. Der letzte dieser parallelen Sätze lautet bei A
7i()()g To ayQiov aviwv vfieig rjfiaQOi , bei ß rixrjaaze tö uy(jiov
^dog iv fjfie^iOTr^rt , to oQyiXov iv tiquotyiti. Syr. \^CijDQ-^0
^aI^jOi^o ^AiAÄlaD 0001 ^oiZQj^jjl^ ') et contra feritatem eo-
rum estote pacifici et tranquilli. Arm. : et contra amentiam eorum
vos tranquilli State. B ist jedenfalls secundär, und seine Lesart
scheint entstanden zu sein aus der bei Syr. vorausgesetzten ngbg
TO uyQiov uvTc7)v [yiveaite] l^atg 7]f.te^ot xai ngatig. Arm. mochte
xai ngatig weglassen, weil er es bei A nicht fand. — Fassen
wir nun den ganzen' Abschnitt, den wir jetzt im Einzelnen be-
sprochen haben, zusammen, so ist es nichts weniger als ausge-
macht, wie ühlhorn -) annimmt, dass hier beim Syrer ein ganz
secundärer Text vorliege. Wenn Syr. sich auch in der üeber-
tragung einzelner Worte mehr nach dem Sinne als nach der Wort-
bedeutung gerichtet hat, so führen doch mannigfacbe Spuren
darauf, dass bei ibm der ursprüngliche Text vorlag. Die Grund-
lage der Texte von B und Arm. ist der syrische Text jedenfalls.
Nur darüber könnte noch gestritten werden, ob in dem ersten
und letzten Satze yiveod^e zu i^/ung hinzuzufügen sei. Dass im
zweiten und dritten Satze ein Verbum stdit (Taaoiie und OT7]xtJi),
beweist nichts Sicheres ; Syr. konnte blos das vfuTg durch das
Verbum ausgedrückt haben , und A wurde umgekehrt durch das
ein- oder zweimalige Fehlen des Verbum der Concinnität halber
verleitet, es überall wegzuschaffen. Auf Grund unsrer Erörte-
rung constituiren wir demnach den Text folgcndermassen : Tipo^
rag ogyug uvtcov vf.iHg ranetvöcpQOvag ylread^e yul ngatig^ Tigbg
Tug ßXuacpfj/Liiug uvtmv vfieig avTiTu^are (oder raoaeTt) ngooev/üg,
Tigbg n]v nXuvriv uvtcov OTTjxeTt vfieTg Iv zfj nioTU tögaioiy ngbg
TO ägyiov uvtcov vfuTg ^fitgoi [xul ngaug].
Noch haben wir die letzten Worte f.i^ anovöu(^ovTeg uvTifii-
f-irjauod^at uvTovg. IdötXcfol uvtcov ivged^djf.tav Tfj inieixetu' fuft'i]-
Tul öi Toi; xvgiov onovdu'C,M(A.av tlvui bis jetzt ausser Acht gelas-
sen. Nach der gewöhnlichen Interpunktion ist das firj onovöu-
^ovTtg uvTifitfii^naa&ui a^TOt'^noch parallel mit dem vorhergehenden
vfitig rif,ugoi x«t ngang. Dann aber hat ßunsen, wie ühl-
horn ausdrücklich anerkennt. Recht, den folgenden Satz uötX(fol
uviwv avgf&w/iifv einen unsinnigen zu nennen, ühlhorn ^) schlägt
daher als Heilung vor, nach tvgt^w(,uv zu interpungiren , und so
zu übersetzen : „dass wir nicht uns beeifernd ihnen nachzuahmen,
1) ^jf^iz^O plur. feri , davon 20i.Ji.i^ii fentas, also das Jud vor der
Feminiiialendung zu streichen.
2) p. .30.
3) p. 40.
144 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
als ihre Brüder erfunden werden. Lasset uns vielmehr in Milde
Nachahmer des Herrn sein." Hier geben wir ihm insoweit Recht,
als er t// inteiytia mit (Ätf-iriToi zov xv()iov verbindet. Allein ge-
gen seine Verbindung des uöel(poi uvtcüv ivged^w/Liev mit dem Vo-
rigen wenden wir ein 1) dass durch den so entstehenden Final-
satz der Periode alle oratorische Schönheit geraubt wird, welche
grade in den fortlaufenden parallelen imperativischen Sätzen liegt.
2) dass dadurch udeXq)oi sensu malo gebraucht würde, was in der
biblischen und kirchlichen Gräcität ganz unerhört ist. Es bleibt
also gar keine Wahl : der Satz adeXcfol avicov evQtd^w^itv ist zu
streichen, uad es lehrt ein einziger Blick auf den nun entstehen-
den Satiebau, dass erst so das richtige Ebenmass der Glieder her-
gestellt wird: fxrj onovdul^ovTeg dvTi/iit(.ti^oaG^ui aixovg* (.iif.i7]Tul
di Toij y.VQiov anovöul^wfitv aivai rf} inteixeta (so auch Cureton)
oder mit engerem Anschlüsse an die Wortstellung des griechi-
schen Textes T/y enieixtia de intf.ir]Tai tov xvqiov onovdui^wfiev
tivai (Bunsen im Hippolyt) ^). Entstanden mag die Lesart da-
her sein, dass in einigen Handschriften das vocativische adt'kq)ol
eingeschoben worden war, was denn nun mit dem (vielleicht von
unten heraufgenommenen) r/y Intti/Ma zu einem neuen Satz ver-
webt wurde. Sehen wir nun auf den Syrer, so bietet derselbe
völlig den von uns hergestellten Text, und seine Lesart wird be-
stätigt tlieils durch den Armenier, der, obwol in der Satzform ab-
weichend, dennoch das aöaXifol uvtwv ivQtd^üJf.itv wcgiässt („sed
in mansuetudine State et imitatores Dei studeamus fieri"), theils
durch den Cod. Njdpr., welcher ebenfalls den Zusatz nicht kennt
(dass er übrigens zugleich ifj intetxeia weglässt, erklärt sich aus
der falschen Verbindung und der Unsicherheit über die Stellung
dieses Wortes). — Also bewährt sich auch an dieser letztem
Stelle der vorzügliche Text des Syrers, und mit Ausnahme von sehr
geringen Kleinigkeiten muss auch seine Uebersetzung im Epheser-
briefe als wörtlich und zuverlässig gelten.
Im Römerbriefe endlich ist die Uebersetzung in der
Hauptsache ebenfalls sehr wörtlich und getreu. An einzelnen
Kleinigkeiten fehlt es allerdings auch hier nicht, wo Syr. sich
durch das Streben nach möglichst deutlicher Wiedergabe des Sin-
nes zu scheinbaren Abweichungen vom Texte hat verleiten las-
sen. Doch scheint auch U h 1 h o r n anzuerkennen , dass grade
der Römerbrief zu der Anklage blos paraphrastischer Wieder-
gabe des Sinnes wenig Anlass biete, denn er entlehnt aus die-
sem Briefe nur sehr wenige und obendrein meist sehr zweifelhafte
Belege, üeber den Anfang de« ersten Capitels haben wir schon
I
1) Es ergibt sich aus diesen Worten für das Vorhergehende, womit sie
eng Zu verbinden sind, dass, wie das Part. OTtovSd^ovree kein Verbum
fordert, so auch* zu v/ueTs rlfieqot xai n^asTs kein yiveod'e zu ergän-
zen ist.
Lipsius , über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios, 145
oben g-esproclien ^). Dalier folgen hier einige andre Belege da-
für, dass Syr. zuweilen in unbedeutenden Dingen um der üeber-
setzung willen abzuweichen scheint. Hierher gehört wol Cap. 2.
die üebersetzung des xquttovl fgyw 'f'x^Te iniyQaqjrjvat durch
^Oj^oI\mZ Ijoi ^i^ ^Aa^dj li-CilkO in opere pracstantiori quam hoc
inveniremini. Hier ist quam hoc der Deutlichkeit halber beige-
fügt, und inveniremini kann blos Wiedergabe des undeutlichen
iniyQucpr^vai sein (wenn nicht itfjedrjvut ursprünglich im Texte
stand). — 7i)Jov fioi /nr" nugua/tjad^e ist übersetzt durch: .q^2Z IJ
jjoi ^^£> ^AaI^dj >o,.:iO ^lü::* non dabitis mihi quidquam quod prae-
stantius quam hoc. Cap. 3. u)la y.ai tvQid^oj durch ^a] p]
^^jI? c>*I;A*] verum etiam inveniar quod s u m. — uXXu fieye&ovg
hl IV bXQtaTtariOfiog durch ]Za±^l^£D-^D s^(y] Jo^ ]}] sed raagnus
est Christianismus. Cap. 4. iuvneQ vfutg jurj y.cüH'orjTe durch
^2.j>ci^dZ ]} ^o£\j]^ GOT J IdvniQ vf^ietg /.irj y.toXtarjrt fj. t (was
doch eine ursprüngliche Variante sein kann). — (.irj ivvota uxutgog
ytvi]a^i fxoi durch cnicivo Pj Jr^Q/^iiä v-.2Qb:i ^oooiZ Ü f^n [h]
tvvoia äxaiQü) yhria^l (.loi. Dies wol ebenfalls keine Variante,
sondern eine aus dem Streben nach Deutlichkeit hervorgegangene
Üebersetzung. — ßagvg durch das vSubstant. |i.i:Qj onus. Cap. 5.
o\ ya) evegyaTOv/Lievoi yjigovg yivovTui durch Jj] c£il.g^i05 \^ «.2>J)
^.•^ ^A^i:^^ pA^ ^ooi!^ qui etiam quando benefacio Ulis magis
malefaciunt mihi. Zweifelhaft ist die üebersetzung von ov/ woneg
Ttrwv dedatvofiivu ot/ ijxpuvio durch \m.j] _io \ix»5j*-ji] ]}o
^ooi^ tOjX) Wo IjfXi] et non sicut qui metuit ab hominibus aliis
et non appropinquat iis. Hier ist das aXXwv , welches Syr. zu
Tivdiv setzt, auch anderwärts hinreichend bezeugt; auch avjwv
setzen zum Schlüsse Arm. 1 Arm. 2 Eus. Syr. hinzu; für TJxpavTO
liest auch Syr. Eus. und Gr. Eus. rjxputo. Doch scheint Syr. ge-
lesen zu haben ov/ wamg uXXcov tiv(Zv deiXatvojuevog ov/ rjijjaTO
avTotg, und gradeso las Syr. Eus., während Arm. 1 Arm. 2 avrwv
nicht auf die Thierc, sondern auf die ukXot jiiig beziehn. Mir
1) Wir lassen hier die Möglichkeit ofTen , dass die Üebersetzung A*-^*
(V>j(9 (oAajj (cnjiiP precatus suni deum ut dignus ficrem ut viderem die
griccliischen Worte tTtev^fifieros ^ecp initvxov iSeip wiedergeben soll ;
ebenso dass sich vvv 3i C^? i^Ol) vor Sedefupos nur um des ndXai wil-
h'n eingesetzt ist, doch Iblgt hieraus durchaus nicht, dass Syr. den Sinn der
griechischen Worte ahsichtlich habe ändern wollen.
Abbandl. d. D.MG. I, 5. 10
146 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
scheint, dass Syr. durch ein Missverständniss der Worte zu die-
ser Üebersetzung- kam , da bei dem buchstäblich vorausgesetzten
Texte unklar bleibt, auf wen das uXlcov jtvwv zu beziehn sei.
Syr. Eus., der unsern Syr. jedenfalls benutzte, schrieb seinen Irr-
thum nach ; Arm. 1 verbesserte ihn. In den Worten xav avru de
uxovxa fxi] d^ilrjarj (Cod. Colb.) scheint Syr. durch seine Ueber-
setzungf ^bk aOjcAl^!::^ ^^x^ V ^*JOi ^a] etiamsi haec non ve-
lint appropinquare mihi die Weglassung des uxovia anzudeuten.
Indessen führen doch die beigefügten Worte appropinquare mihi weit
eher darauf, dass Syr. mit B und Lat. A die richtige Lesart
ixovju statt axovTa vor sich hatte, oder vielmehr für EKONTA
die Variante HKONTA, und demgemäss , freilich falsch, über-
setzte. In demselben Capitel stellt Syr. die Worte oxognia/nog
ooTfMv avyxonrj fieXcov um, und übersetzt J^jqoo j^^^oi? {.Qüia
J.^j,^-^5 abscissio membrorum et dispersio ossiuni , allerdings ge-
gen die übrigen Zeugen; doch muss es unentschieden bleiben,
wer den richtigen Text bietet.
Zwei andre Stellen bieten kleine Zusätze bei Syr. So
Cap. 1. zu ttg To tov xkr^QOV fiov avif.tnodioTü)q dnoXußeiv fügt
er ein öiä tov na&etv (Aj1.äQa>j). Ebenso Cap. 2. zu *iva tig
avTov uvuTiiXü) fügt er hinzu iv l^corj (Ujj.o). Letzteres findet
sich auch im Citate des Joannes Monachos und wird bestätigt
durch das unabhängige Zeugniss von dem syr. Ucbersetzer des
Martyriums (Syr. 2j bei Cureton S. 225, desgl. der von Cu-
reton S. 291 angeführten alten lateinischen Version, ist daher
vielmehr als eine ursprüngliche Variante, denn als eine genauere
üebersetzung des ävux^XXttv zu betrachten; ersteres ist jeden-
falls Interpretament, vielleicht vom Rande eingedrungen.
In den dem Römerbriefe einverleibten zwei Capiteln des
Trailerbriefes macht ühlhorn als ein erleichterndes Ein-
schiebsel die ^aIi^^ct yt*]^ ToiavTa nach ot yag XlyovTtg (xoi gel-
tend*). Allein es ist klar, dass der Text A ol ydg Xtyovitg fnoi
/LiaoTiyovaiv /.le von einem Fehler behaftet ist; die Lesart von B
ot yug Inaivovvflg fia ist ojffenbares Interpretament ; und es ist
unbedingt nöthig, zu )Jyovieg einen Objectsaccusativ zu ergänzen,
wo dann die Lesart von Syr. die einfachste Abhilfe bietet, da die
Annahme einer Aposiopese aus Bescheidenheit (ühlhorn) schwer-
lich gebilligt werden kann. Vi^ir haben also allen Grund, bei
Syr. den richtigen Text anzuerkennen. Weiter unten Cap. 5.
mag die üebersetzung ,^amiö!^ ^q^^mZ V Jia^j »*s5^ '^^ t-»OTl
^Q-^1jii»Z^o cautus enim sum ne forte non possitis capere et
1) p. 23.
1
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 147
implicemini für das einfache fii^noTt ov Svvr^d^ivTiQ xcoQijaai
OTQayyuXwd^TjTe wol blos uniständlicliere Uebersetzung sein, und
wir hüben wol kein Recht, mit Cure ton cpvXuaaofiai yuQ in
den Text zu nehmen. Endlich die letzten Worte dieses Capitels
nolla yuLQ i^f.uv Uinei *iva d^eov fu) Xein6f.ie9^a übersetzt Syr.
]o\2^lJ Uqaj Uo^Aiö^^iO \j] jAm>j ^Jl^^-.^^ multum enim de-
ficiens ego a perfectione quae dignu dei. Bunsen will hier
lesen noXXu yuQ Itinti, ^Ivu ^iw Jiltiajf,iat , Cure ton noXXu yu()
(.101 Xtinti, "la [u^noq] &eov Tildw^ai. Wahrscheinlicli las Syr.
noXXu yug (.iol Xtintt ^Iva &e(p unoitleicod^Wi eine allerdings wol irrige
Variante für &€0v fu] unoXet(pd^cd, Arm. kommt unserm Syr, nä-
her durch die üebcrsctzung sed quod valde deminutus (deficiens)
sum a similitudine dci ; Sever. und Fr. I (198) geben den Text
von Cod. Med.
Die zusammengestellten Beispiele beweisen alle, dass Syr.
sich hie und da zur genaueren Wiedergabe des Sinnes kleine Ab-
weichungen und Erweiterungen der Textesworte erlaubt habe; im
Allgemeinen können jedoch auch diese unser ürtheil nicht ändern,
und wie wir früher gefunden haben, dass Syr. im Römerbriefe
den vorzüglichsten Text aufbewahrt habe, so müssen wir jetzt
unbeschadet einzelner kleinerer Abweichungen und selbst aus
Missverständniss hervorgegangener Unrichtigkeiten die üeber-
setzung als eine sorgfältige und den Urtext möglichst treu wie-
dergebende anerkennen. Von willkürlichen Abänderungen und
blosser Paraphrase aber ist der Syrer so weit entfernt, dass bei
Weitem die meisten seiner Aenderungen aus einem zu ängstlichen
Streben, den Sinn der griechischen Worte so genau als möglich
auszudrücken, hervorgegangen sind. Die übrigen kommen auf
Rechnung von Missverständnissen oder rühren von den Schwierig-
keiten her, die die syrische Sprache einer buchstäblichen und doch
zugleich auch dem Sinne nach treuen Wiedergabe der griechischea
Wendungen entgegenstellte.
Wir wenden uns jetzt zu der letzten il\ufgabe, die bei ge-
genwärtiger 'i'extkritik uns noch obliegt: zu der Untersu-
chung des Verhältnisses unseres Syrers zu der vor-
ausgesetzten weite reu syrischen Recension. Hier
ist unsre Aufgabe zuvörderst diese, das Verhältniss zu be-
stimmen, welches zwischen unserem Syrer und dem
Armenier stattfindet.
Peter mann ') hat nun die Ansicht zu begründen gesucht,
dass der Armenier eben dieselbe syrische Version, von welcher
gegenwärtig nur noch drei Briefe vorlägen, vor sich gehabt habe,
und stützt diese Ansicht auf Uebereinstimmungen theils in einer
Anzahl Varianten, theils insbesondre auf gewisse auch bei Arm.
1) Üe versionc Armeniaca p. XXII sqq.
10
I
148 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignatios.
sich findende Üebersetzungseig-entliüinlicbkeiten unseres Syrers.
Wir müssen diese Thatsacbe nicbt nur einfach anerkennen, son-
dern auch im Interesse unserer weiteren Erörterung nochmals aus-
fübrlicber feststellen. Wir geben demnach alle drei Briefe der
Reibe nach wiederum durch.
Polyc. inscr. xul y.vgiov 'Ir^aoü Xqigiov Syr. \iaA* -ißo
•iö IjAAjiIiD et a Jesu Christo domino nostro. Ebenso Arm, et
a Domino nostro Jesu Christo. — uXtiaia yaiQuv Syr: >q1^ä ^v>cP
multa Salus. Ebenso Arm. — Cap. 1. U7i€y.dex6f.iev6g oov ti]v Iv diu
yvco/in]V rjdQuof.iii'r]v Syr. joil^io? 001 »^J-A^^^i ^^iu ^^üißj ^^^
yM.'^Q quoniam accepta super me mens tua quae in Deo firmata.
Ebenso Arm. (nur acceptabilis, und apud me). — Zu vneQÖol^al^ü)
setzt Syr. ^for, ebenso Arm. — ovaifujv durch j.j) ,.x»Qa) desidero,
Arm. desiderabam. — rj iröedvoui Syr. ^ACi^^j ^oi quam induisti.
Arm. quam indui (pungirt AAiilis statt Ajti;::^!^). — n'a acol^wv-
Tai Syr. . ax».^? ut yiyant. Arm. ebenso. — ixöiy.tt aov rov jonov Syr. :
)Aa1:;^'d ^sio et vindicans (I.^oZo et vindica) convenientia.,Ebenso
Arm. iam expete convenientia. — jijg ivwaecog Syr : IZa^o) ^i^ de cod-
cordia. Ebenso Arm. — fjg ovöev lifietrov ^Aa^O oiJ-iß) >o^ A^ibkjquod
non est quidquamquod ea praestantius. Ebenso Arm. — wg[xai] oiHyr.
und Arm. fügen bei ßaaiu^u. — xuiU ßorjd^eiuv diov secundum vo-
luntatem dei (Syr. : joi^? IxaO . ^j) ) beide. Cap. 2. jovg loi-
fWTtQOvg Syr. xm..m^^ tt^^I^ ^^^ 4"^ mali. Ebenso Arm. malos. —
iuv (fiXjig mit dem Zusätze (.lovov bei Beiden. — ttj uvifj ff.i7i\uaTQM
Syr. \<£xai ^ jaS^ una medicina. Ebenso Arm. — %ovg naQo'^vof.iovg f(A.-
ßQoy^atg navt Syr. abscissionem in lenitate Tj^DOg-O )Hs>^)
esto tranquillans. Arm. ebenso sed abscissionem in lenitate
tranquilla. Hier hätten wir zwei Fälle, wo Arm. offenbar weniger ge-
naue Uebersetzungen des Syr. nachbildet. — tig ngooconov mit coram
facie tua Syr. Arm. — tig id itfov i/inv/Hv beide mit ut dignus
fias Deo. Diese Uebersetzungseigentbümlichkeit kehrt , wie
schon von Petermann bemerkt wird, bei Arm. überall wieder. —
t6 &tf^a Syr. mit ^ -i'Nsp? x^r^ quidquid promissum (oder
promitteus) nobis. Arm. quoniam quidquid promisit nobis (hier
hat Arm. den Syr. missverstanden). — aov uviiipvxov iyiu
Syr. ego ero pro anima tua. Ebenso Arm. persona mea sit
vice personae tuae. Cap. 3. ol doxovrug aitoniaioi elvui Syr.
>0j.^ ^ooijAj]? ^jj-^Aml^J -A^äj] ii qui putantur esse all qui
i
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 149
Ebenso Ann. (nur: at illi etc.). — aiij&i da tögaiog, Syr. und Arm.
sta vero in veritate. — wg ux^cor, Syr. sicut athleta, ebenso
Arm. (ut vir fortis). — rovg y.aiQOig xuiufAuv&uvf, Syr. ^oA^ i^jOCJi
Jj-O].^ esto animum advertens ad tempora. Ebenso Arm. (et ani-
mum adverte ad tempus, ohne Ribbui). — rov vntg xuigöv ngoadoxa
gibt Syr. durch ^üm^ A*ooi .}j.£l ^^ >-.l:ii»iD? ooili eum qui
elatior a temporibus. esto exspectans. Arm et ad eum qui supe-
rior est quam tempora; et exspecta etc. Durch die syrische
Interpunction veranlasst, verband Arm. TiponJoxa mit dem Fol-
g-enden, und knüpfte daher mit et an. — tov xktu nayxa XQonov
dl* i,fiug vnoftenuvTa, Syr. und Arm. schieben ein nurra (omne
aliquid) ein. Cap. 4. yvbjftrjg zu uvev d^eov bei beiden gesetzt. —
uXXu fitjöf avTo) (fvaiova&waav , Syr. ^q^qaj .Qjoi ]]2)) ]J| sed
etiam non illi contemnant. Arm. ebenso: itidem et illi ne con-
temnant eos. — uXX* tig do'^uv d^eov, Syr. und Arm. ulX" wg dg
do'^av &tov. Cap. 5. iv uvofiuTt ^l7]aov Xqigtov durch oi^aO
|>*AAi£) ^QAj <^iiOJ in nomine domini nostri Jesu Christi. Ebenso
Arm. Ein auch sonst bei beiden vorkommender Zusatz. — wg 6 xv~
Qiog 7i]v exxXrjoiuv i Syr. oiZf^iik .^iö ^*1 quemadmodum domi-
nus noster ecclesiam suam. Ebenso Arm. Cap. 6. die Ueber-
setzung des avjixpv/^ov iyw wie oben. — Beide lassen wie es scheint
das a/eiv nach tü /.itgog yivotjo weg. — agtaxtit w aigarevtad^ei
Syr. N_,oiax».l^aao oibi o^a.* placete (grati estote) ei et servite
ei. Ebenso Arm. — t^tjxig {/.iiov dtatQTMQ fvge&i] , Syr. ne quis
(non homo) e . vobis rebellet (desciscat). Ebenso Arm. et unus
aliquis rebellis inveniatur (nach Petermann zu lesen: et n e
quis etc.). — t« denoatra rficov %a i'gya 1(.i(jüv, Syr. Qüji^
\^i yQ.^-»t^^ ^ooaiJ thesauri vestri sint (erunt) opera vestra
bona. Ebenso Arm. — tu axxenra v(iiu)v beide durch donum dei. —
ovaifiriv r/jwf , Syr. ^£i^ {j) loi \j] gaudeo in vobis. Ebenso
Arm. (Während beide oben desidero vos übersetzen). Cap. 7.
aXX« ^füi ayolut^H, Syr. ^ci::^Ajtj, *.Ci*.^iö Icnb^V P) sed deo
paratus est ut se subjiciat. Arm. wenigstens ebenso sed deo
paratus est.
Ephes. inscr, rjv(üuevi]v Syr. et perfecta Ebenso Arm. quac
perfecta est. Cap. 1. liest Syr. für q)vaii öixuta in natura
in voluntate recta et iusta (s. oben) Arm. „ revera immaculata
voluntate" wo das voluntate offenbar auf das Glosscm beim Syr.
zurückweist; revera ist vielleicht Uebersetzung des Jj^ao» im-
maculata desgl. des Ij?0. — TtXfiwf, Syr. ^s^»3 Ta;j*wf(?) con^
I
150 Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignalios.
tinuo, festinanter. Arm. in araore (ob beide anovdalux; lasen ?). —
T^ TiQOOivyJ] r(.iMV Syr. und Arm. den Plural. Derselbe Fall kebrt
ffleicb in den näcbsten Worten wieder. — iXTi/^ojT«, Syr. j.j] jr:iini;DO
et spcro (durcli die vorbergebende Structur bedingt;. Ebenso Arm.
(et exspecto). — Itciiv/hv h ^Pcofii] d^7]Qio/iia/Jjaui. Heide lassen
intTV/jTv weg", und lesen ut devorer a bestiis (a bcstiis devorari
Romae, Syr. j.:^ooi^o ]Iqjlx» ^"^ ^^s]^]?)- — fiu^tjTtjg thai, Syr.
und Arm. fügen bei &eov. — xiXTrja^ai scbeint bei beiden zu feblen.
Cap. 3. onwg avvTQix^Xi, Syr. ^^si-wZZj ut studeatis; äbnl.
Arm.: in studendo vos. Cap. 8. ojav yuQ fn]öe/iiia l'gtg (vtiQtoiui
ivv^uv, Syr. JA^j^^l ^1^ ]fj^ ^Qno }a*^J V? r-^v^i^ <!"»'"-
diu enim non pl antat a in vobis una ex concupiscentiis. Ebenso
Arm.: quamdiu non est plantatum in vobis quidquam ex concu-
piscentiis mundi. — negiyjr^fia vfidiv , Syr. und Arm. gaudco in
vobis (s. oben). — xa) ayviL,0(Aa.i rjnior, Syr. und Arm. et supplico
pro vobis; für joTg alwatv liest Syr. Jü^ol^v» .ocTibjliO in omnibus
saeculis; Arm. in omnibus gentibus ; durcb i^lissverständniss oder
einen Scbreibfebler veranlasst, Jiaink für )voSs • Cap. 9. iig
&e6v, Syr. ]oi^l ia!:^ J^Ojli in altum ad deum (keine Va-
riante, sondern nur umstandlicbere Uebertragung des uvucpegovau),
Arm. ebenso. Cap. 10. nQog jug ß\ao(jri(.iiag avxwv vfxiTg tm^ ngoa-
ii;;^af, Syr. contra blaspbemias eorum vos fuistis orantes. Aebnl. Arm. :
contra scbisma eorum (.ooii2<\%_^s nacb Peter mann Scbreibfebler
für ooixSjQ^t ) orate. — ädik(fo\ tvQidwjitev lassen beide weg (s.
oben). Cap. 15. aiwnuv ycai tlvai, Syr. ^oioAj] fD caj) «.öjA^ joaiJ?
/Qf^ quod sit silens bomo cum sit aliquid. Arm. quod sit ali-
quid quispiam et audiat (für audiat scblägt Peter mann sileat
mit leicbter Aenderung des armeniscben Textes vor). Cap. 18.
TttQixprif.ia t6 if^öv 7iviV(.ta rov otuvqov , Syr. adorat Spiritus mens
crucem banc. Ebenso Arm. (nur obne banc). — rj^iiv dt, Syr. und
Arm. IfxTv Si (. qü^}. Cap. 19. iv rjov/Ja ^lov, Syr. )2q>*aJO
Iai-^5 in lenitate Dei. Ebenso Arm.
Rom. Cap. 1. eüvneQ tig 7i(()ag f/iar/w statt iavueg //xQtrog
tniTvyoi) (s. oben). Cap. 2. ov yaQ lyu) nort I'^m y.aiQov toiovtov
&eov t7ttivxtTv.SyT,'.]otA] laiÜ^^^]]? Ijch^-jI hf»^] l-i-ö1 f*^A.»l^
noü est enim tempus aliud sicut boc ut Deo dignus fiam, Arm. non
enim est aliud tempus sicut boc quo dignus fiam Deo. — i'x^Ti
intyQucpijvtti ^ Syr. inveniemini, Arm. inveniatis. Cap. 3. iyw di
diXü) — ivTfXXeod^a feblt bei Syr. und Arm. — /novov /not dvvafxiv
ahtiadty Syr. ^\, t.»ai.iAJ5 qI^}.» ]3-*.k» jQj^lr^a tantumraodo
LipsiuSf über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 151
potentiam petite ut detur milii. Ebenso setzt Arm. ut detur mihi
bei. — y.al Tore htaicg (Ivat, Syr. {j.iQjoiiD \j] ]o<n rr*r*^ *""^
sum (sim) fidelis. Ebenso Arm. — uXXu /ueyeO^ovg eoTiv b Xqi-
üiiaviG(.ioq, Syr. sed magnus est Cbristianismus (s. oben) , Arm.
ebenso : sed mng^num aliquid est Christianismus. — oiav fuarJTai vnb
xüOf-iov, Syr. )va\v. m\ }jl£05 Jio cum odit eum mundus. Ebenso
Arm. — Der Zusatz iv ^wjj nach uvutiiXü) bei beiden. Cap. 4. xal
hriWof-iaif Syr. )i S'*oV>" et notum facio. Ebenso Arm. — öi' o)v
l'vtoTtv d^eov iniTV/Hv , Syr. Joib^P ]oA^| ^jaijj.jfoj ut per ma-
nus eorum (quarum manibus) dignus fiam deo. Arm. ebenso: et
per manus eorum (per quas) dignum fieri deo. — Xtravivaars rov
XntOTov (rbv xvQiov)y Syr. -Vß V) Qii»0 petite a domino nos/ro.
Arm. ebenso. — (xetvoi unoaroXot , Syr. |.>AA-i»j* ^ooijAjJ) Qjoi
illi qui sunt apostoli. Arm. qui erant electi apostoli. — xai uva-
GT'fjoof.iai, Syr. mit dem Zusätze a domo mortuorum. Ebenso Arm.
a mortuis. Cap. 5. &riQtOfiuxM } inter bestias coniectus sum
(}j| \^S ]laA^ Ä*o) Syr. und Arm. — diu yijg y.al ^aXaaai]gy
Syr. umgestellt l^^iA^o ).^a1^ in mari et terra (ariditate). Ebenso
Arm. in mari et in arido. — o\' y.al tviQytrovfXivoi x^^QOvg yivovTai,
Syr. qui etiam quando benefacio iis , magis malefaciunt mihi.
Ebenso Arm.: et quantum (JI^qd) benefacio iis, magis etiam male-
faciunt erga nie. — ovuifirjv twv &rjQi(jüv wie Polyc. 6. laetor bestiis
beide. — eroif^u beide mit confestim W . v«~^^ {avvTOfxa oder ovvtü-
/.ifog), — xav avvä de uxovja /tirj &£X'^ar], Syr. etiamsi haec non
velint appropinquare mihi. Ebenso Arm., nur setzt er ein
„nam"vor(s. übrigens oben). — eyo) nQOGßtaaofxaii Syr. |^A^.ai:i Jj|
^jOIj^I:;* {j| Nilj ego cum vi eo ( ibo ) super eas. Arm. ego
coactus (diese üebersetzung Missverständniss des ]:A^n^)» —
tVa *Irjaov Xqkttov iniTv^w, Syr. Arm. ut Jesu Christo dignus
fiam. — &T}gi(ov rt avajuaitg , Syr. _CiA.^i^5 I^Qa^Jj et
bestiae quae paratae. Ebenso Arm. — f.i6vov 'Iva ^Ttjaov Xgiatov
fnixvyo) , Syr. und Arm. lassen 'Iva weg und übersetzen mit dem
bekannten dignum ßeri. Cap. 7. xai ovx taxiv iv ifiol nvg <pt-
XovXov, Syr. (Cod. y) ]Z-^] ]£^iax»5) jiQj -^s i^Al:i.0 et non est
in me ignis alius amoris. Ebenso Arm. (et non est in me älius
aestus amoris). — ovx ^So/iiat TQO(pfj q)&OQug,^ Syr. «-svJvO^^ V
U-CÄijj IZ^riiAm-:^ \j] non desidero cibum corruptionis. Arm. liest
non desiderat senectus lac, ein nur aus dem Syrischen zu erklä-
152 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
rendcr Irrtliuin: statt ji^CiAin^li» las er IZa^Ainbi, statt pci^jj
aber {ciI^jj, und Ij| strich er nun (vgl. Peterm.). — jov ßiovioirov,
Syr. Ann. tov xonfiov roviov. Cap.9. tJg ovo^iu, Syr. cTi.'iQA.V, ^^j,] , (5,
tlg ovOf.ia. Arm. sicut imagineni, las wol oil^!:^^? für oiiQAli,^ (Pe
term.). Trall. 4 fehlt das nXwv vor nolefitthei Beiden. Cap. 5. inrj
ov övva/iiai vfuv — yQuipui Syr. qü!^ cCäoAo)^ Ij.>j,cjaLd pos-
sum ut scribam vobis. Ebenso Arm. (possum scribere vobis). —
vt^nioig ovoiv fehlt bei Beiden. — zal avyyvwjnovtiTt f^oi Syr. noscite
me ab anima mea. Arm, ähnlich scio e\ anima mea. — fii^noTe ov
Svvrid^ivxeQ — OTQuyyaXov &iJTe Syr. schiebt hier ein cautus enim
sum vorher ein (s. oben). Dieses liest aucb Arm. (et caveo),
lässt aber alles Andre weg. — xrx/ rag Tono&ioiag Syr. ]Zo'')Z]q
Arm. et provincias, weil ]5Z) auch provincia bedeutet. — noXXu
yuQ Tjf.itv Xdnti 'na &£0v (.itj Xemo^ieda Syr. multum enim deficien
sum a perfectione qnae digna Deo , ebenso fast Arm.: sed quo
valde deminutus (deiiciens) sum a similltudine Dei, —
Es ergibt sich aus obiger Zusammenstellung soviel , dasa
Arm. mit unserm Syrer in einem sehr engen Verwandtscliaftsver
hältnisse steht. Eine Reihe von Varianten , Uebersetzungseigen
thümlichkeiten , irrthümliclicn üebersetzungen oder Schreibfehler
bei Arm. sind nicht allein aus dem Syrischen zu erklären, so
dern wie es scheint, speciell aus unserer syrisclien Recension
Allein wir wissen aus uns^erer früheren Erörterung, dass Ar
eine weitere syrische Recension voraussetzt als die gegenwärti
in den drei Briefen uns vorliegende. Da nun das Ziel unsere
gegenwärtigen Untersuchung dieses ist, zu erkunden, ob die kür-
zere oder die weitere syrische Recension die ursprüngliche sei
so gilt es jetzt, auch die Abweichungen des armenischen Texte
vom syrischen ins Auge zu fassen, sofern daraus für die Ursprung
lichkeit des einen oder des andern etwas zu erschliessen ist.
Zuerst stossen wir auf die Erscheinung, dass Arm. in einer
Reihe von Stellen dem Griechischen, insbesondre dem
Texte A, wieder näb er tritt. Polyc. inscr. Arm. epis-
copo ecclesiae Smyrnae urbis für ep. Smyrnae (Syr.). A iniaxono)
ixxXi^aiag 2(iiv^vaicor, Cap. 1. nuvTcov avixov Syr. caj.!^d >Qi»
^j^oh \^J\ cum omni homine protrahe spiritum tuum. Arm.
wörtlich nach dem Griechischen patiens esto ad omnes. Cap. 7.
lässt Arm. den Zusatz von Syr. „ut se subiiciat" nach „sed deo
paratus est" weg, wol weil er sich im Griechischen nicht fand.
Freilich ist dadurch die Uebersetzung „sed deo paratus est"
allein für aXA« '^eip axoluKei ziemlich hinkend geworden. Cap. 8.
wird uanu(^of.iut wörtlich nach dem Griechischen übersetzt (Syr.
Lipsius, über den syrischen Texl der Briefe des Ignatios, 153
rog-o salutem, Arm. saluto). Für tig *Arii6xtiav (Syr.) Ann. mit
Gr. dg 2vQtav. Dass gleich darauf bei Ann. «jt* ((.lov , yMd^ojg
diera^o.ftTjv aoi fehlt, beruht auf dem Unterschiede der längeren
und weiteren Recension überhaupt. — Kph. inscr. liest Arm.
nXrjQM^iuTi mit Gr. gegen ns7i).fjQü)jitevf] (Syr.). — ev na&ti uXt]~
&IVCÜ Arm. mit Gr., gegen in praposito veritatis (Syr.). Hierüber
vgl. man meine Abhandlung in Niedners Zeitschrift 1856, I, 24 ff.
Die gewöhnliche Annahme, dass hier im Syr. ein Schreibfehler
J^^ii;:) für lÄ.>Aii vorliege, ist möglich, doch kann ebenso gut xuiu
TiQod^eaiv dlrjdeiag der ursprüngliche Text sein. Arm. hat dann ent-
weder nach dem Griechischen corrigirt oder die üebereinstimmung
mit Gr. ist zufallig und der Schreibfehler auf seiner Seite. Ganz
denselben Fall haben wir schon oben zu Trall. II. Smyrn. 1 bei
Arm. kennen gelernt. An ersterer Stelle las Arm umgekehrt i n
signo (}aaXC)) für in passione ((aj^^), an letzterer ähn-
lich a signo als üebersetzung von passionis. Ueidemale hat
also der armenische üebersetzer zwei syrische Worte ver-
wechselt und dasselbe wird wol auch an unserer Stelle der Fall
sein. Fernere Abweichungen der armenischen üebersetzung im
Epheserbriefe sind noch folgende: Cap. 1. dno 2vgiag Arm. rich-
tig mit Gr. , gegen den Schreibfehler bei Syr. ab operibus (s.
oben). Cap. 10. xai vn^Q töJv ukXcov di ävd^Qibnwv statt Syr.
vniQ TiuvTcov dv&QCOTiMv, uud eniTQiXpaxi ovv aviotg , wofür Syr.
einfach fiulXov (und im Folgenden das Verbum finitum liest).
Beidemale Arm. mit Gr. — (.u] onovödt^ovxig drTtjuiuHfj&ai avrovg
Arm. richtig ,,et ne studeatis similes fieri eorum'* für Syr.: et ne
miremini eos. Selbst wenn Arm. hier in der syrischen Hand-
schrift „et ne imitemini eos" gefunden hätte, so könnte doch
hieraus die üebersetzung et ne studeatis etc. nicht erklärt
werden. Dieser Fall tritt gleich nachher nochmals ein , wo Syr.
„simus autem imitatores domini nostri" (^jVq:^ lij^^^liO _.j5 ]ooij)
liest. Arm. liest hier „imitatores dei studeamus fieri'S wo auch die
Variante ^tov statt y.v^iov auf den Text von f-^at. A zurückweist,
abweichend von den übrigen Auctoritäten. Diese Stelle ist wich-
tig, weil sie uns beweist, dass in der armenischen Version der-
selbe Text auch in den mit Syr. gemeinsamen Abschnitten neben
Syr. benutzt wurde, welcher dem übrigen bei Syr. fehlenden
Theile der ignatianischen Literatur, wie wir wissen, zu Grunde
lag. Cap. 19. weicht nun Arm. ganz von Syr. ab, und stimmt,
mit Ausnahme einiger eignen secundärcn Varianten , ganz mit A
zusammen. — Im Römerbriefe geht Arm. ebenfalls oft gegen
Syr. mit Lat. A; so in den Zusätzen Cap. J. uig — Xußtir.
Cap. 2. od yuQ — ug^axeTf. (Dieser Zusatz auch in der Gestalt
wie er bei F^at. A steht, ohne ugtoat.) Cap. 3. o yug ^thg
rjfA.(tiv — (paivtjat. Cap. 4. ßogäv. Cup. 5. iyw yivcoaxu) — ^ad;
1
154 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
tlvnt, Cap. 7. rov Ix oniQf.ia%oq z/a/?/cJ. Cap. 9. ovx wC nago^
öevovra. Ebenso stimmt ganz allein mit Lat. A Cap. 4. die Weg--
lassung- des h avito. Unter den Varianten vgl. noch Cap. 5.
fitjöiP f.is i^TjUoar] [l^f]lc6o(M] , wo Arm. mit F^at. 1 den Infin. tf]-
Xwaat voraussetzt, was wiederum nicht aus Syr. geflossen sein
kann. Cap. 4. /iiad^ijTtjg u.Xrj&r]g mit Lat. A und Gr. \l gegen
/nad". aXfjd^wg wie Syr. Lat. B Gr. A lesen. Ebenso übersetzt er
Inscr. a^/o;i()«7r^c wörtlich nach dem Griechischen mit „et digna aequi-
täte" statt des syr. j.A>^l:i, JIjQao et digna vita (letzteres nach
Petermann wol ein Schreibfehler für J*}*^ IjQäo)« Cap L lässt
er das diu jov na^tTv des Syr. zu unoXaßeTv weg. Auch die
übrigens ziemlich secundäre Uebersetzung des ov^ wgneg jivwv
ddXaivofitva ov/ ij^uvTO Cap. 5. durch ac nc fiat iis metuere a me
sicut a quibusdam qui noH appropinquarunt iis ist nicht aus dem
Syrer, sondern aus dem gewiihnlichen Texte von A geflossen. —
axoQntGfiog oöTtwv ovyy.onrj ^tXwv hei Arm. in der gewöhnlichen,
von Syr. abweichenden Wortstellung. Cap. 9. danaCtiui v(.iug ti
([,i6v nvev/^ia wörtlich aus dem Griech.
Diese üebereinstimmungen beweisen schon soviel, dass di
vom Arm. gebotene Text nach derselben griechischen Recensioif"
revidirt wurde, aus welcher die beim Syrer fehlenden Briefe und
Briefabschnitte geflossen sind. Wie aber in diesen letzteren bei
Arm. ein aus A und B gemischter Text vorlag, so triffst es sich
auch hier, obwol sehr selten, dass Arm. Varianten des Textes B
enthält. So ist dies einmal der Fall im E ph eserb ri ef e: Cap. 1.
der Zusatz 6 &t6g zu ivkayi^rog (der indess auch selbständig bei-
gefügt sein könnte); im Rom erb riefe Cap. 5. die I^esart u
xui evxo/Liat, die übrigens auch sonst verbreitet gewesen zu sein
scheint. Ebenso bietet Arm. an einigen Stellen des Römerbriefes
schon gemeinschaftliche Varianten von B und Cod. Colb. ; so
Cap. L das intl ev^u/LUVog für inividfievog (eine Stelle, wo Arm,
entschieden unabhängig von Syr. geschaltet hat). Cap. 3. die
Lesart naXiv too^ai tq^x^^' ^«'P* ^- ^^r Zusatz diuigiaig , wel-
cher wenigstens theilweise das Einschiebsel von Colb. B uvaio-
f^ai, ötaigeotig wiedergibt. Cap. \. hat Arm. eine Variante, den
Zusatz &eov zu d^iXfj/na mit Cod. Colb. allein; Cap. 9. eine Va-
riante mit B allein, die Weglassung von jfj xurä odgxa (secundär).
Hierzu kommen nun eine Reihe Stellen, in welchen Arm.
einen offenbar aus Syr. und A (seltner aus Syr. und
B) gemischten Text bietet. So Polyc. 2 b xaigbg unantT
a€, wg xvßtQVi]xai drff.iovg. Wir hatten oben gesehn, dass Syr.
l^x!^)^ l.^jjoa£) j^-j] ^s2 ].JLOl tempus posee ut gubernator na-
vem bietet. Arm. liest nun pete tu tibi in tempore, sicut sapiens
gubernator ventum. Er nimmt also uvfßovg aus dem Griechi-
schen herüber, behält aber den Fehler des Syr. {unairei für
(
LipsiuSf über den syrischen Text der Briefe des Ignalios» 155
änuiTei) bei, und las sehr walirsclieinlicb auch das Ja^^, leitete es
aber ab von . o\ V] docere, daher denn die üebersetzung sapiens
(doctus) g-ubernator. Eine aus Syr. und Gr. g^einischte Version
liegt auch Eph. 10. in der Stelle ngog t«? oQyug xtL vor. Hier
las Arm. zuerst: et contra magna verba eorum in humilitate state j
der Ausdruck magna verba entspricht dem griech. jntyaXo^^r^ov-
vag von A besser als dem syr. dura verba. Letzteres lag wol
ursprünglich vor, wurde aber nach A in magna verba verändert;
ebenso blieb das xui npaetg des Syrers weg, weil es auch A an
dieser Steile nicht las. Dagegen fehlen nun in Folge der üeber-
setzung des Armeniers die Worte Trpo^ jug ogyu^ avTwv v^ng
TiQuiig ganz , was sich eben nur aus der Benutzung unseres
syrischen Textes erklärt. Weiter unten lehrt die üebersetzung
,,et contra amentiam eorum vos tranquilli State" bei Arm. eben-
falls eine Benutzung des Textes von A. Cap. 18. liest Syr.
v(.uv df oiuTr](Jia B joTg de tiiütoTq odnrjQia Arm. v (.iTv de toTg
ntOTotg o(oii]Qia, Im Römerbriefe verräth einen gemisch-
ten Text die Lesart (Inscr.) u^iayvog a^ioi.ivi]f.i6viVXQg. Hier
liest nämlich A und B a^ioenhevxTogi a^iayvog; Syr. dagegen
Q>j.^^i£il:ä JjQ*o l l-JpOf^o et commemoratione (sc. digna)
et digna prosperitate. Letzteres ist offenbar üebersetzung von
u^itniTevxTog, esteres aber entspricht, wie Cureton richtig ge-
sehn hat, dem griechischen u^io^ivrijuoviviog (vgl. ep. ad Tars.
Inscr.). Syr. las also uiiiof.iyrij.wvtvTog, a^ioininvxiog und Hess
a^lnyvog weg. Arm. übersetzt nun „et precibus et sanctitate".
Letzteres entspricht dem griech. uS,iayvogi ersteres aber kann
nicht das a^toeniTtvy.iog wiedergeben, sondern vielmehr das u^io-
f.ivrif.i6vtvTog des Syrers (fivfj^toveieiv vom Gebete ist durch pau-
linischen Sprachgebrauch constatirt). Arm. liess also a^iOini-
Tivxxoc, trotzdem dass es alle Andern haben, weg, nahm u^iojuvtj'
^lovfVTog aus Syr., u^iuyvog aus Gr., bietet also, wie gesagt,
einen gemischten Text. Cap. 2. liest er: nam si siletis a nie
verbo , ego pars dei fiam. Dies setzt ebensowol die I^esart von
Syr. und Lat. A iuv yag aiMnriarjTt «ti' ifAOv, iycü yevfjOOfj^ut
Xoyog d^eov, als auch die von Cod. Colb. und B: tyco yevi^aojLKxi
&iov voraus. Letzteres ist durch die Worte „ego pars dei fiam*'
offenbar ausgedrückt; dass aber die F>esart Aoyof ebenfalls vorlag,
ergibt sich daraus, dass Arm. auch dieses hat, nur am unrechten
Orte. Cap. 5. setzt die üebersetzung et malae turbationes Sa-
tanae ebensowol die Lesart von Syr. und A xaxul xoXuoeig i als
die Lesart von B Met. Eus. Syr. xul xoXuoiig (xoXaatg) voraus.
Cap. 4. bietet Arm. für die Lesart von A Syr. iöiu tlüv ogyuvwv
TOLTMv i^fw d^voia ivgidw vielmehr ut hoc opere vas sacrificii
deo inveniar. Die Lesart erklärt sich aus Lat. B und Arm. 2,
welche Sio rwv egycov tovtwv lasen. Arm. verbindet nun beides
156 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
iovMv und oQyuvwv, und inuss nun uatürllcli etwas ung-enauer über-
setzen. Dies beweist wol nicbt Abbang^igkeit des Arm. von
Arm. 2, wol aber von einigen Codd. von B. — Hierzu füge man
endlich noch zwei »Stellen, wo bei Arm. eine doppelte üeber-
setzung vorliegt, die eine aus unserm Syrer, die andre aus dem
griecbischen Texte geflossen. Cap. 4. übersetzt Sjr. die Worte
jiiäXlov xoXaxtvaajf tu &r]Qia durch J^Q*!*.!;^ ^ii] Ciyi^sx. Q^viv^;^
provocando provocate eas , bestias, welche Wendung das /näV.ov
schon mit ausdrückt. Arm. aber bietet sed potius provocando
provocate bestias illas , übersetzt also das (.luXkov de noch ein-
mal aus dem Griechischen. Ganz derselbe Fall kehrt Cap. 7. bei
den Worten o if^iog l'gayg iajuvQWjai wieder. Hier hat Syr. :
ocn )*~^«V^ ^1:^j9 ^b)^^So et amor meus crucifixus est. Da-
gegen lesen wir bei Arm.: amor meus crux est, meum dcside-
rium crucifixum est. Nämlich 1.1:^!^. konnte sowol durch crux
als durch crucifixus wiedergegeben werden. V'erstand man es
ersterem Sinne, so fehlte der passende Ausdruck für ioTaigayrau
Daher finden wir denn hier zuerst die Uebersetzung der syrischei
Worte „amor meus crux est" und diesen ward nun noch aus dei
Griechischen beigefügt „meum desiderium crucifixum est." Nacl
Peter mann hätte der letztere Satz auch beim Arm. nicht ui
sprünglich im Texte gestanden, sondern wäre eine aus dem gri(
einsehen Texte geflossene Randbemerkung. Dafür könnte die einfache
Nebeneinanderstellung der Sätze zu sprechen scheinen ; doch kani
auch diese aus einer wirklichen Mischung der Texte erklärt werdet
Jedenfalls erweist auch abgesehn von der letzteren Stelle du
vorstehende Erörterung mit völliger Sicherheit, dass der armeni^
sehe Text ein ziemlich secundärer ist. unser Syrer lag ihm zl
Grunde, aber nach griechischen Handschriften, die wie es schein!
selbst schon einen aus A und B gemischten, wenn auch überwies
gend mit Lat. A stimmenden Text enthielten, wurde der Ursprung«!
liehe syrische Text vielfach corrigirt.
Den im Vergleich mit unsrem Syrer secundären Ursprung dei
Textes der armenischen Recension mag schliesslich auch noch eil
Blick auf die eigenthüralichen Varianten des Armeniers zeiget
(wobei wir vorläufig die mit den syrischen Fragmenten der weite«
rcn Recension gemeinsamen Varianten mit aufnehmen).
Polyc. Inscr. fehlt /nuXXov iniaxonri/iiercü. Cap. 2. ist xi
"kay.trtjt; mit corrigas gegeben (wahrscheinlich eine Emendatioi
nach B: inavoQ&wGrjg). Cap. 3. /ar] ae y.aTanXrjaatiioaav durclf
ne mirare eos. — Tvmo^itvog durch qui percutitur et non cadit
(qui percutitur ist aus unserm Syr. geflossen; et non cadit ist
Interpretament). — vnofitutv runag dei durch decet nos pati et susti-
nere.' Cap. 4. nii] vntgr^ffuvii durch doceas non contemnere domi-
nos. — nUov dovXevhcoaav einfach durch serviant. — uno rov xoivov
Lipsius^ über den syrischen Teotl der Briefe des Ignalios. j 57
durch a commurii Servitute (Interpretament). Cap. 5. ntgi tovtuv
üjLitliav noiov durch loquere cum sororibus ineis propter has
(cum sororibus meis aus dem Folgenden heraufgenommen). — il'
ng dvi'UTut tv (xyvtia jLiireiv et si quis continentiam ha-
beat, et potest manere cum castitate. Cap. 6. Gwa^XeTre und
av^jQf/iTt fehlen ganz. — Für to ßanTio(.ia v/hlov West er nioTtg,
und an der Stelle von niaiig gleich nachher iXntg. — E p h. inscr.
fehlt iv &i)irj/iiuit und dann heisst es ,,dei ac domini nostri Jesu
Christi". Cap. 1. fehlt uvuCatTivgi^auviig h utfiaii &eov. — Für
/Va öia TOü (7TiTv/fTv dvy>rji^(7) (.laSriTr^g ilvui Oeov (Syr.) liest
Arm. : et quando hoc dignor et perfero, spem habeo fieri disci-
pulus Dei, eine ganz secundäre Lesart, vgl. Petermann zur
Stelle. — iöeh' ianovdaouTe (Syr.: uaJ.jo].>jZo ^oijZj ^^^sx^l]
studuistis ut veniretis et videretis me) Arm. et vos studuistis re-
creare me (nach Petermann aus s^..j.jq>j.aj2) . oAj] entstan-
den. Wol möglich; wenigstens scheint das oZJZj i»it folgendem
O sicher als ein Irrthum einiger syrischen Handschriften für
oAj] betrachtet werden zu können). Cap. 8. fehlt das öiußorjTov,
Cap. 9. statt eU otxoöof.if}v ^tov nuzQog liest Arm. ad aedificia
templi spiritualis. Cap. 10. lig nXtov udtxf^&jj — u&trrj&fi fehlt
ganz. Cap. 14. ov yuQ vvv inayyeXiug to l'Qyov, oXX* iv dvvüfiet
niaTicog, euv %ig tvqtd-fj dg lilog (Syr. J^rüi^. ocn Jj^oqaj ali
|2^>Ali^ li;Dj.:i cAj] .>a2Aaj liQJ-iQiOij 1Ja>aO? I^l non quod
promissio (promissionis) hoc opus, sed quod in vi fidei invenietur
homo usque ad finem). Arm. : non est bonum poUiceri habere
opera tantum sine executione et vi fidei usque ad finem. — Rom,
Cap. 2. oTi tIv inioy.onov ^vgiag o d^eog xuir/^itoaev evgt&ijvat
iig dvaiv äno uvuToXtjg (.itianef.i\lJUf.ievog, Dafür liest Syr. oxl
%ov tniöy.onov [^vgiag nur bei Cod. y.] yuTif^uüOiv ^iov elvat
[oder vielmehr ivgti^rjvui] und avuioXfig tlg duoiv mTU7iff.iipa/ii€~
vog. Arm. qui episcopum Syriae dignatus est vocare ab Oriente in
occidentem, lässt also \^tog oder Ö^iov ebenso wie evgt&rjvai ganz
weg (im Uebrigen angeschlossen an Syr.). Cap. 3. /.lovov ^loi
dvvfx/Liiv uiTHode öod^ijvat (Syr. etc.). Arm.: una virtute petite,
ut detur mihi vis. — Ttaaiiiovrjg (ein Cod. M nlt]aiiiovijg) Syr. Lat. A
etc. atcüTirjg (,i6vov Colb. vanitatis Arm. Eine dritte, secundäre
Variante. Cap. 4. fehlt näai bei evjeXXoftai. — Vv« (itij xoif^irjd^eig ßa-
Qvg Tivi yivcü/iiai fehlt. — ixiTvot anoaioXot qui erant (s. Syr.) e I e c t i
apostoli. electi eigne Zuthat. Cap. 5. die Umstellung tj/nfgag
xal vvxiog. — iv de roig udixtjfiaaiv uvidiv fiaXXov f.ia&j]Tivo^iui
Arm. sed et per hoc niagis erudior (ob hier ein blosser Schreib-
fehler vorliegt^). — a xul xoXuxevaw owTOfnog fit xatacfaytTv ein-
fach mit „et comedent me" übersetzt. — ovyyvcofir^v fioi i'/,iTi ist
158 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
weggelassen. Cap. 9. für xai rj uyanTj tvüv h.xli^aicov liest Arm.
et omnes ecclesiae (vgl. den secundären, hieraus mit geflossenen
Text von Arm. 2). Die Sclilussformel eggcaad^e (tg TtXog h' vno-
fiovfj *Triaov Xqiotov. ^^/Lttjv (Colb. etc.) übersetzt durch salvi
estote et firmi manete patientia Jesu Christi. Gralia Domini no-
stri vohiscum omnibus. Amen. VValirscheinlich las er nach 'It^aov
X^iaiov noch rov xvqiov tj/ncdv. ?; XUQtg, woraus der weitere
Zusatz dann entstand. — Trall. 4 joTg qvaioioip f.ie (Syr.
^lii _jVa>aJ^5 . Qjaio ad eos qui superbirc me faciunt) Arm. ad
eos qui censentur auferre mc (ob ^y^xt.)iD^ ^ür _j5A>*i^) qui 1 i-
berant? Peterm.). Cap. 5. t« Inovguria durch altiora et coe-
lestia. — fi^noTt — GiQUiyyuXov &i]Te Arm. einfach et caveo (s.
oben). — xfAi yuQ lyM vor ov y.ud^oit didtfiui fehlt. — xai lug
ovoTuaeig tag uQ/^ovTtxäg Arm. et potestates et principatus.
Ziehen wir nun aus dem Erörterten das Resultat, so ist es
völlig klar, dass bei Arm. ein späterer und überarbeiteter Text
vorliegt. Arm. setzt überall da, wo unser Sjr. vorhanden ist,
denselben voraus^ gehört also hier wesentlich derselben Textge-
stalt an wie Syr. Nun hatten wir aber gesehn, dass die syrische
Recension eine besonders alte und vorzügliche ist, die weder der
Familie A noch der Familie B zugezahlt werden durfte, obwol
sie dem ältesten Texte von ß relativ näher stand. Dagegen hat-
ten wir im vorhergehenden Abschnitte, wo wir die armenische
Textgestalt einer sorgfältigeren Prüfung unterzogen, gefunden,
dass Arm. wesentlich dem Texte von. A, speciell von Lat. A,
entspricht, obwol mit allerhand Reimischungen anderer Art, ins-
besondre auch aus B, welche auf eine secundärere Textrecension
schliessen Hessen. Hieraus ergibt sich, dass Arm. in
denjenigen Briefen und Briefabschnitten, welche
bei unserm Syrer fehlen, eine andre, und zwar spa-
tere Textgesalt voraussetzt, als in denen, die Arm.
mit unserm Syrer gemein hat; und zwar ist die in
jenen zu Grunde liegende Textgestalt dieselbe,
nach welcher diese späterhin dur che orrigirt wor-
den sind.
Nun setzt aber Arm. auch da, wo der kürzere Syrer nicht
vorhanden ist, einen syrischen Text voraus, den er übersetzte,
welcher in einzelnen Ausdrücken und Wendungen mit unserm
kürzeren Syrer zusammenstimmte. Hierher gehört die häufige
(obwol durchaus nicht regelmässige) Beisetzung des jjjo (o avqiog
rifxüjv) zum Christusnamen ; die ähnlichen üebersetzungen des bvai'
/ni]v durch „gaudeo" Eph. 2 Magn. 12 Tars. 8 oder durch „de-
sidero" Magn. 2. aviixpvxov durch ooiAaäJ t.^!^^ ]oa\] Jj]
(persona mea vice personae [auimae] eorum) Eph. 21 Mar. 3
I
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 159
Tars. 8 Ant. 7 Her. 1. 9 Philipp. 14. (ntTvy/ureiv durch dignuin
fieri Miign. 14 Trall. 12 Phiiad. 5 Smyrn. 11. avyyvMTe fnoi
Rom. 6 vgl. Rom. 5 noscite me ex anima mea. uvaa%r{vai mit
dem Zusätze a mortuis (a domo mortuorum) Eph. 11 Rom. 6
Smyrn. 2, vgl. auch die üebersetzung des nQoxa&r]j,tiVOV rov
IniOAonov Mago. 6 et sedeat episcopus in capitibus vestris mit
Syr. Rom. Inscr.
Allein diese Uebereinstimmungen sind einmal nicht durchge-
hend. So ist inixvyßv Rtirn. 8 mit assequi übersetzt; ovfxtfitjv
mit fruur ad Mar. 2 Änt. 12 Her. 6 u. s. w. Zum andern sind sie
nicht ausschliesslich dieser üebersetzung der 13 Briefe mit un-
serm Syrer gemeinsam: so übersetzt z. B. Syr. Eus. Rom. 5 zwei-
mal das intxv/Hv ebenfalls durch dignum fieri. — Es ist daher
unmöglich, von diesen Uebereinstimmungen auf die Identität des
syrischen üebersetzers der 3 Briefe (unseres kürzeren Syrers)
und des der 13 Briefe (des Verfassers der weiteren syrischen Re-
cension) zu schliessen. Nur soviel ergibt sich aus dem bespro-
chenen Umstände, dass die Üebersetzung aller 13 Briefe in irgend
welchem Verwandtschaftsverhältnisse zu unserer kürzeren syrischen
Recension stehen müsse. Hierzu reicht völlig aus, dass wir an-
nehmen , ein Späterer habe den kürzeren , 3 Briefe enthaltenden
syrischen Text zu einer die 13 Briefe enthaltenden üebersetzung
erweitert; hatte er nämlich jene kürzere Recension zur Ueberar-
beitung und Ergänzung vor sich, so war es natürlich, dass er
vielfach, aber eben auch nicht durchgängig, die Ausdrucksweise
jenes Üebersetzers adoptirte. Ein ganz analoger Fall läge dann
bei Eus. Syr. vor, dessen Üebersetzung, insbesondre vom 5. Cap.
des Römerbriefes, ebenfalls theils nach dem Griechischen des
Eusebios, theils nach unserm kürzern Syrer gearbeitet ist.
Ist also die Identität dieses vom Arm. vorausgesetzten syri-
schen Üebersetzers der 13 Briefe und des Üebersetzers der uns
vorliegenden 3 Briefe aus obiger Erscheinung nicht erweislich,
so fragt sich, ob die armenische Üebersetzung einen Anhalte-
punkt andrer Art bietet, um über die Identität jener Uebersetzer
ins Klare zu kommen; oder mit andern Worten, ob aus Arm.
etwas erschlossen werden kann für die ürsprünglichkeit der kür-
zeren oder der weiteren syrischen Recension.
Nun ist allerdings von vornherein zuzugestehn, dass das Urtheil
über den armenischen Text nicht ohne Weiteres übergetragen
werden kann auf den ihm zu Grunde liegenden weiteren syrischen
Text. Vielmehr sind wol eine Anzahl insbesondre der dem Arm.
eigenthümlichen Weglassungen, Interpretamente u. s. w. nicht auf
Rechnung des ihm vorliegenden syrischen Textes , sondern auf
seine eigne Rechnung zu schreiben. Andrerseits aber ergibt sich
aus unserer früheren Erörterung über den armenischen Text, dass
diese Abweichungen secundärer Art im Einzelnen doch kaum in
die Wage fallen gegeu die im Ganzen und Grossen vom Arm.
I
160 Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
vorausg-esetzte Textgfestalt. Und auch diese nicht aus der
ihm vorliegenden syrischen Quelle , sondern aus seihständiger
üeberarheitung herleiten zu wollen, ist unmöglich im Hinblick
auf die vielen Spuren oft bis zum Unsinn buchstäblicher Ueber-
setzung aus dem Syrischen.
Mag also im Einzelnen noch so viel auf Rechnung des Ar-
meniers selbst' zu setzen sein, sobald man zugesteht, dass die
arm. Recension auch in den beim kürzeren Syrer fehlenden Thei-
len aus dem Syrischen geflossen ist, so muss unbedenklich fest-
gehalten werden, dass die allgemeine Textgestalt, welche Arm.
bietet, die Textgestalt dieser von ihm vorausgesetz-
ten weiteren syrischen Recension ist.
Hieraus folgt aber, dass auch die weitere syrische Recension
eine doppelte Textgestalt voraussetzt: eine andre in den aus dem
kürzeren Syrer entlehnten Briefen und Briefabschnitten, eine andre
in den beim kürzeren Syrer fehlenden. Krstere ist selbständig
ebensowol von Familie A als von Familie B ; ursprünglich , rein
von mancherlei späteren Zusätzen. Letztere ist aus Familie A
geflossen, schon behaftet mit mancherlei späteren Beimischungen
insbesondre aus B. Aber diese letztere hat Einfluss gehabt auf
die Gestaltung des Textes auch da, wo erstere Recension die
Grundlage bildete. Während eine Anzahl Varianten oder üeber-
setzungsfehler der erstem Recension beibehalten wurden , sind
andere nach dem letztern Texte geändert oder berichtigt, wie
ein flüchtiger Blick auf die obigen Collationeu zur Genüge leh-
ren kann.
Hieraus ergibt sich mit Nothwendigkeit: die kürzere syrische
Recension von 3 Briefen ist älter als die weitere, 13 Briefe ent-
haltende; die letztere ist erst eine spätere Erweiterung der er-
steren, angefertigt unter Benutzung einer griechischen Handschrift,
die aus der Familie A geflossen war.
Wir müssen uns vorläufig mit diesem allgemeinen Resultate
begnügen, da der Nachweis desselben im Einzelnen fortwährend
erschwert wird durch die sich dazwischendrängende Vorfrage, ob
diese oder jene einzelne Variante auf Rechnung des Arm. selbst
oder des von ihm benutzten weiteren syrischen Textes zu setzen
sei. Doch gewährt schon dieses allgemeine Resultat hinlängliche
Sicherheit, da die doppelte Textgestalt des Armeniers durchaus
auf keine andre Weise erklärt werden kann, selbst wenn man an-
erkennt, dass die armenische üebersetzung im Einzelnen nach
griechischen Handschriften corrigirt worden ist. Denn die ver-
schiedene Beschaff*enheit der beim kürzeren Syr. vorhandenen und
der bei ihm fehlenden Theile der armenischen üebersetzung lässt
nur eine Möglichkeit zu: dass unser kürzerer Syrer einen selb-
ständigen und ursprünglichen ßestandtheil der armenischen Üeber-
setzung ausmacht , trotz aller später mit ihm vorgenommenen
.^mendationen ; ist aber dies der Fall, und alle 13 Briefe sind
l
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 161
aus dem SyriscLen geflossen, die Textgestalt der übrigen ist aber
bei Arm. eine andre als die der drei, so bleibt auch wieder nur
eine Möglichkeit, nämlich dass der weitere Syrer eine üeberar-
beitung und Ergänzung des kürzeren, nicht aber umgekehrt der
kürzere ein Excerpt des weiteren ist.
Wir sind indessen glücklicherweise im Stande, die Richtig-
keit unseres Resultates wenigstens durch einige Bruchstücke
der weiteren syrischen Recension im Einzelnen zu erproben. Wir
erinnern uns, dass zwei von Cureton abgedruckte Fragmentsamm-
lungen PV. 1 (p. 197 fF.) und Fr. II (p. 201 f.), desgleichen (wie
wir wenigstens vorläutig annahmen) ein grösseres Fragment aus
dem Römerbrief Fr. p. 296 den weiteren syrischen Text
enthalten. Diese Fragmente stimmen, soweit der kürzere syrische
Text mit ihnen verglichen werden kann, so wörtlich ja buchstäb-
lich mit ihm überein, dass offenbar nur die Alternative bleibt, ent-
weder ist die in diesen Fragmenten noch aufbewahrte weitere Re-
cension eine üebwarbeitung der kürzeren, oder die letztere ist ein
Excerpt aus der ersten. Wir stellen jetzt die betreffende Verglei-
chung im Einzelnen an.
Für Polyc. 3, ol doxovvreg — rifj.ug vno^ieivT] haben wir
ein Fragment aus der Sentenzensammlung I p. 198. Es stimmt
buchstäblich mit unserm Syrer überein; nur 3 Varianten sind zu
bemerken: den Anfang leitet das Fr. mit jj ^aI^j] »t illi statt
mit dem einfachen ^a^j] ein ; für J^\Al:i>i£] wi*) (ut athleta) liest
CS J jAl^jija j^*] ut potens ( oder ut robustus ) ; endlich für
001 cä] . iCumj? ut sustineat nos etiam hie liest er ijLrjj|
OOl cs] . i.ixiiaj5 quemadmodum quod sustinet nos etiam hie. In
allen diesen drei Varianten stimmt Arm. mit dem Fragmente gegen
Syr. (at illi; ut vir fortis ; nam et hie sustinuit propter nos).
Die erste und dritte weichen gemeinschaftlich von Syr. und den
griechischen Handschriften ab ; die zweite ist offenbar In-
terpretation des fremden Wortes J^,a!^Z1 j welches sich zwar wei-
ter unten, aber nicht an dieser Stelle im griechischen Texte
befand. Vielleicht, dass der Ueberarbeiter u&lT^Trjg daher an
dieser Stelle nicht beibehielt , jedenfalls fand er die Lesart
unseres Syrers schon vor. — Das Fragment aus dem 6. Ca-
pitel, TW iniaxono) — o/jtv Iv &e(xf stimmt mit Syr. und Arm.
buchstäblich überein, gewährt also keine weiteren An-
haltepunkte. Ein andres Fragment aus Cap. 7 (aus derselben
Sammlung, s. unten) ;f()mrmvof — a;foXa?€t stimmt wörtlich mit
Syr. und Arm.: nur uXXa &e(^ a/oX«?ft gibt unser Syr. )c7i2::ip ]}]
fZ:i^l\jLjy -nr^^ sed Deo paratus est ut sc subiiciat; dagegen
Abbandl. d. DMG. 1,5. 11
162 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios,
lässt das Fragment ut se subiiciat weg-, und liest dafür nach p) ein
^jIxa^I constanter. Arm. lässt beides weg. Das ut se subiiciat
hat wol ursprünglich gestanden, wurde aber später nach dem
Griech. weggelassen. Aus dem Epheserbriefe kommt jetzt
nur ein Fragment aus der Sentenzensammlung Nro. 1 p. 197 in
Betracht, aus dem 15. Cap., nämlich diel Worte äfieivov iaviv aiwnav
y,al eivui rj XaXovvTa f,ir] dvai. Sie stimmen buchstäblich mit unserm
Syr., und ebenso mit dem Arm. zusammen (nur löst letzterer der be-
quemeren Üebersetzung halber die Participien auf, die Lesart et sileat
für et audiat aber ist, wie schon oben bemerkt, nur Schreibfehler
im Armenischen). Dann folgt im Fragment ein bei Syr. fehlen-
der Satz yiokov %o ÖLdaomiv iuv o "kiycov noifj j*^. <-iOi jf^^iA
♦ 001 flii» f^^]? liö 0015 ooij) cAj) ti^l^J? melius (bonum) id
enim quod docet vir si id quod loquitur facit (for it is good
that a man teach if it be that he do what hg says Curet.). Die
armenische üebersetzung: „bonum est docere id quod et faciat
primum ipse et tunc dicat" weicht etwas ab, kann aber doch aus
der syrischen des Fragm. hervorgegangen sein.
Wichtiger sind die beiden grössern Fragmente p. 201 f. und
p, 296 (ersteres in der Sammlung Nro. W) für den Römer-
brief. Sie enthalten Cap. 4 — 6, freilich nicht vollständig, son-
dern mit mancherlei Lücken, wie dies der Zweck der Sammlung
erklärlich macht. Uns geht zunächst nur Cap. 4. und 5., und
aus Cap. 6 ein einziger Passus an. Im Allgemeinen sind hier
die Abweichungen beider Fragmente von unserm Sy-
rer sehr unbedeutend, die meisten beziehn sich auf die
Wortstellung und Orthographie (wie sich dergleichen Unterschiede
auch zwischen den Handschriften des Syrers selbst finden). Beide
Fragmente gehen zunächst Cap. 4. bis zu den Worten tov oto-
fAOLiog fiov. Fr. p. 296 hat eine einzige bemerkenswerthe Variante:
es liest öia tov oTOf-iarog (JliDaao) für Jm twv oöovtwv. Fr.
p. 201 lässt lavniQ vf.itTg (xij xuyXvofjTe weg, desgleichen das
«,Za^ (erga me) hinter ivvoia uxuigco 'yiV7]a&e. Fragm. p. 296
scheint sonach das relativ dem kürzern Syrer näher kommende
zu sein.
Von den Worten Vv« furj xoi^tj&elg xtA. an verlassen uns
beide Fragmente. Fr. 201 hat eine weit grössere Weglassung,
und fängt erst in der Mitte von Cap. 5. wieder an. Bei Fragm.
296 fehlen nur die Worte "va furj xoifirjd^tlg ßaQvg rivt yivwfxai.
Toxe h'aofiai jnad^7]Tfjg uX7]d-tüg *I?]aov Xqiotov ots ovdi to awfid
IA.OV 0 x6o/,iog oxptiai. Dass übrigens hier eine Weglassung sei,
deutet das Fragment selbst an, indem es die nun folgenden
Lipsius, üher den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 163
Worte hravevaaTe xih durch ein «.ooZ (wiederum) einleitet.
Merkwürdig ist nun hier, dass diese Lücke theiiweise auf Arm.
überging, nämlich bis zu yivcü/,iai; die übrigen Worte fehlen aber
auch (mit dem nächsten vSatze — tvged^w) bei Cod. Baliol. Dann
steht bei Fr. p. 296 die Stelle Xiiavivattje — iv avTw iXev&efJog.
Hier sind zwischen Syr. und Fr. p. 296 gar keine Varianten zu no-
tiren, während einige Varianten auf Rechnung des Armeniers al-
lein kommen. Darunter ist besonders bemerkenswerth die secun-
däre üebersetzung des diu twv OQyavMv ^ und die Weglassung
des Iv avTM (erstere auf Grund von Lat. B, letztere auf Grund
von Lat. A).
Cap. 5. beginnt bei den Worten ovyyvco/nTjv (xoi f/£r£ das
Fragment der zweiten Sammlung p. 201 aufs Neue. Hier ist zu-
nächst zu bemerken, dass dieses Fragment ebenso wie Arm. die
Worte iycj yivcoayjx). vvv UQ/Ofiai (,ia&riT^g ilvai gegen beide Codd.
unsres Syrers enthält. Wir hatten oben, als wir auf diese Stelle
zu sprechen kamen, die Meinung zu begründen gesucht, dass die
Worte nur irrthümlich bei Sjr. ausgefallen sein könnten, und dass
die Verbindung von ovyyrwfxTjV (aol l'/eja %i (lioi GV^i(f(QeL eine
höchst gezwungene, nur durch die Noth entschuldigte sei. Gehen
wir nun zum Fragm. 201, so bietet dieses ganz dieselbe Verbin-
dung dar, und fügt trotzdem das lyco yivcoaxo) xxh bei. Syr.
schreibt nämlich ,,«,b^ uj^sis^ |j-!iD v_ia£1J -^ »«.I^ o:^?, und grade-
so finden wir, dass bei Fr. p. 201 nach ^^ interpungirt ist statt
nach ^Aaj} und das folgende Jj) \Jj.j Jj) {lyu) yivwaxco) nicht
mit dem vorhergehenden, sondern mit dem folgenden ),.a^ \mc\
]^A<a!^Z jooilj jj) v^^ äg/o^ai fiu&?]T7jg ilvai verbunden wird;
„ich erkenne, jetzt fange ich an ein Schüler zu seines Diese
ganz naturwidrige Verbindung, die bei Syr. Eus. und Arm. mit
vollem Rechte verlassen ist, kann nur so erklärt werden: der
spätere Uebersetzer fand die Worte avyyvi6f,iT]v — ov^icpeQsi in
der vom Syrer überlieferten Gestalt vor, und behielt diese bei, so-
gar mit Einschluss der Interpunction. Aus dem Griechischen aber
fügte er noch die Worte iycj — ilvai, welche bei Syr. fehlten,
hinzu; da er aher in der Interpunction nichts ändern wollte, so
kam er dazu, nicht nur die unnatürliche Verbindung des tI fxot
av(Ä(ffQii beizubehalten , sondern ausserdem auch noch das lyut
yivwaxü) verkehrt zu verbinden. Es leuchtet wol ein , dass dies
die einzig mögliche Erklärung des Herganges ist, da es schlech-
terdings unbegreiflich wäre, wie Syr. Fr. 201 zu dieser Inter-
punction käme, wenn die Werte iyib xtX. ursprünglich im syri-
schen Texte gestanden hätten. Erhält aber diese Interpunction
nur aus unserm syr. Texte ihr Licht, so ist auch offenbar, dass
11*
164 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
durch die vorliegfende Stelle die ürsprüngliclikeit unseres Syrers,
und eine erst nacli dem Griecliisclien überarbeitete Textgestalt
der dein Fr. p. 201 zu Grunde liegenden Recension erwiesen wird.
Ein zweiter Beweis für den secundären Ursprung dieser Recen-
sion ergibt sich noch aus dem Folgenden. Hier fehlt einstimmig
bei Syr. und den besten Handschriften von A der Zusatz von B
uvuTO/Liui duuQLGfig, Dagegen findet sich bei Fr. 201 wenigstens
das eine dieser Worte: J^v^bäO^o et divisio, also öiaiQiOtg, und
eben dieser Zusatz wird von Arm. geboten. Es bedarf wol kei-
ner Beweisführung, dass hier ebensowol wie bei Cod. Colb. und
B ein secundärer Zusatz vorliegt, von dem Syr. ebenso wie A
noch frei ist. Also bestätigt diese Stelle abermals unser Urtheil,
dass bei Syr. ein ursprünglicherer und älterer Text vorliegt, als
bei Fr. 201 : und zwar setzt grade der Zusatz öiuigeaig voraus,
dass schon einige Mischung der Familien A und B eingetreten
sei, während grade der umgekehrte Fall beim kürzeren Syr. vor-
liegt. Ein ganz ähnlicher Fall liegt noch vor in den Worten
xuxul xoXdatig zov diußoXov. Dass Fr. 201 hier xoldang mit
)£Lm.aO et contritioues übersetzt, ist wol blos auf Rechnung des
Abschreibers zu setzen, der oben statt et contritio (uXriO(.iug)
vielmehr et tormentum j.ja.jaüO schrieb, also die beiden ähnlichen
Wörter ).a>AA£> und J^ja^o mit einander vertauschte. Wichtiger
ist, dass seine üebersetzung im Griechischen xcai xay.ai xoXuaeig
voraussetzt, ganz wie Arm. Dies ist aber, wie wir schon oben
erwiesen haben, eine Mischung von Syr. (hier auch A) und dem
(grade hier sehr verbreiteten) Texte von B (auch von Syr. Eus.).
Folglich ist Syr. wiederum ursprünglicher. Dies geht übrigens
auch aus der wörtlichen Üebersetzung des xaxal durch ).ajlO
malae hervor, während Syr. \^mJd „durae" braucht. Wie näm-
lich ein Epitomator darauf kommen sollte , malae in durae zu
verwandeln, sieht man nicht ein, während umgekehrt sehr klar
ist, warum ein üeberarbeiter, der den griechischen Text vor sich
hatte, das dem Griechischen zu wenig entsprechende J.aa£> in das
wörtlichere |.aa^ umwandelte. Schwer zu unterscheiden ist der
Hergang der Sache in den Worten oxoqjitafÄog oaxlwv , avyxonrj
fitXcüv , wo Fr. 201 in Uebereinstimmung mit Arm. 1 (und hier
auch mit Syr. Eus.) ^.^joij ].£ifioaao V^VvsJ l'J^^O ®^ disper-
sio ossium et amputatio membrorum liest, wogegen bei Syr. die
Worte umgestellt sind J^iso'^^ hjQiiO l-^joi) }-Ama abscissio
membrorum et dispersio ossium. Eine absichtliche Aenderung bei
einem Epitomator anzunehmen, ist gar kein Grund vorhanden; die
t
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. \ 65
walirscbeinlicliste Annähme ist vielmehr die , dass die durch einen Irr-
thum des üebersetzers in die syrisclien Handschriften g-eiiommene
Umstellung- späterhin nach dem Griechischen wieder berichtigt
wurde.
Soweit also V^erschiedenheiten der syr. Fragmente von unserm
Syr. sich ergeben, so tragen dieselben ganz entschieden das Ge-
präge späterer Üeberarbeitung nach dem Griechi-
schen. Es stimmt dies mithin mit unserm Urtheile über den
armenischen Text zusammen. Nur Fr. p. 296 macht eine Ausnahme:
dieses bietet eine einzige Variante vom syrischen Texte (Rom. 4
öia Tov aiofiuTog), wo dieser indessen durch alle übrigen Aucto-
ritäten gesichert ist. Fast scheint es sonach, als ob dieses Fragm.
dem kürzern Syr. ohne Weiteres zugehörte.
Dass übrigens Arm. und die beiden Sentenzensammlungen im
Ganzen derselben Textesrecension angehören, ergab sich schon
durch einige übereinstimmende Varianten ini Briefe an Polykarp,
Aus dem Römerbriefe lernen wir eine andre Erscheinung kennen,
die. diese Thatsache aufs Evidenteste bestätigt: aus der weiteren
Recension, die ins Armenische übersetzt wurde, sind Schreibfehler
ins Armenische übergegangen, die sich wol bei dem Fragment
p. 201 f. und bei Arm., aber noch nicht bei unserm Syr. finden.
So übersetzt Fr. 201 Cap. 5. t/ fcoi av(.i(piQH fälschlich durch ] tSp*'
^V^ piÄÄ quid mandatum sit mihi, indem ^^^Si irrig für
^xD.2i i wie Syr. liest, geschrieben wurde. Ebenso Arm. quid
mandatum sit mihi. Ebenso übersetzt Fr. 201 die Worte o öe
Toxeiög durch ]Zqvo5 ]1 ^^ dolores mortis , Schreibfehler für
I l:ial^5 P-.0>j dolores partus, wie Syr. liest. Arm. stimmt auch
hier mit Fragm. 201 überein. Zunächst mag hier noch beachtet
werden, dass, wenn der Text von Fr. 201 der urprüngliche, un-
ser Syr. aber ein Epitomator wäre, es nicht begreiflich ist, wie
er zur richtigen üebersetzung käme; denn eine Benutzung des
griechischen Originals kann wol bei einem Ueberarbeiter, nicht
aber bei einem Epitomator angenommen werden. Schreibfehler
also, die bei unserm Syr. sich nicht finden, sondern allein bei den
Documenten der weiteren Recension , sind Zeugnisse für den äl-
teren Text des ersteren; Schreibfehler aber unseres Syrers, die in
jenen Documenten vermieden sind, brauchen, durchaus nicht als
Zeugnisse für den altern Text der letztern zu gelten , sondern
erklären sich ebenso gut bei der Annahme späterer üeberarbei-
tung durch Vergleichung mit dem griechischen Texte.
Folglich ergibt sich aus dieser Erscheinung für die Text-
vergleichung unseres Syrers mit den syrischen Fragmenten und
dem Armenier wiederum : Der kürzere Syr. hat den Ursprung-
166 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
liehen Text, die in den Frag-menten und bei Arm. vorliegende
weitere Recension den späteren.
Eben diese Erscheinung erweist aber auch , dass wir Recht
haben, Ann. auch in der Textgestalt mit den syrischen Fragmen-
ten näher zusammenzustellen als mit unserm kürzern Syrer. Es
ist also nicht ganz richtig, wenn Peter mann behauptet, die ins
Armenische übertragene syrische Recension sei dieselbe mit un-
serer von Cureton bekannt gemachten syrischen. Es ist nur
eine sehr nahe verwandte , oder vielmehr es ist eine allerdings
auf Grund derselben späterhin nach dem Griechischen überarbeitete
und erweiterte Recension.
Natürlich soll damit nicht behauptet werden, dass diese vom
Arm. benutzte syrische Recension nun allüberall mit der armeni-
schen üebersetzung zusammenstimme. Vielmehr ist dieselbe in
Vergleich mit dieser verhältnissmässig rein und genau, und hat
eine Reihe von späteren Irrthümern, oder auch ziemlich planlosen
Emendationen und Glossemen noch nicht, welche bei Arm. sich
verratben. So fehlen bei ihr Polyc. 3 der Zusatz „et cadit", die
Weglassung des (xeyaXov, Rom. 4 die Weglassung nuai nach h-
lÖXotxaiy der Zusatz ßoQuv , die doppelte Üebersetzung des fiuX-
Xov xoXaxevGUTt. Rom. 5 die secuudäre üebersetzung des ötu
Tü)V oQydvcov und die Weglassung des iv avrip (erstere mit Lat,
B, letztere mit Lat. A). Diese Aenderungen setzen voraus, dass
auch der arm. Text theilweise von Lesern, die das griechi-
sche Original bei der Hand hatten, corrigirt wurde. Nur ist
diese Correctur schwerlich eine durchgängige und planmässige
gewesen, obwol sie grade hinreiclit, um an den Stellen, wo der
syrische Text der von Arm. benutzten Recension fehlt, die Ent-
scheidung unmöglich zu machen, welche Emendationen des ur-
sprünglichen syrischen Textes nach dem Griechischen auf Rech-
nung des syrischen Ueberarbeiters oder späterer Leser der
armenischen Version zu setzen sind. Nur das ist sicher: sowol
der älteste syrische Text als auch die erweiterte armenische Ver-
sion ist nach griechischen Handschriften corrigirt worden ^).
Etwas anders scheint sich das Verhältniss bei dem von un-
serm Syrer dem Römerbriefe einverleibten 5. Cap. des Traller-
briefes zu stellen. Von diesem Capitel enthält die Sentenzen-
sammlung I ein p. 198 abgedrucktes Fragment, welches die Worte
1) Es versteht sich übrigens wol von selbst, dass mit dieser Verwandt-
schaft der weiteren syrischen Recension und des Armeniers allerhand Irrthü-
mer sehr wol vereinbar sind, welche sich in die gegenwärtigen Handschriften
der betreEFenden Fragmente eingeschlichen haben, bei Arm. aber, der weit frü-
her übersetzte, als jene Manuscripte abgeschrieben worden, noch fehlen. Ein-
zelnes der Art ist schon oben mit erwähnt. Hier nur ein Beispiel : zu bestiae
quae paratae setzt Fr. 201 ein >-j!^, mihi, offenbar ein späteres Interpre-
tament.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignaiios. 167
von xal yag iyw an bis zum Schlüsse enthält. Dieses Frag-ment
hat in der Hauptsache denselben Text mit unserm Syr. dtöef^ai
übersetzt es richtig mit {.aO)]?, statt J^aO)]), wie unser Syr. bie-
tet; letzteres ein Schreibfehler, den schon Petermann verbes-
serte. Das vOHv übersetzt es nicht mit ^J,i£lb:i (Syr.), sondern
mit Vi?]jj bei xul jug rono&eaiag knüpft es nicht mit o (et), son-
dern mit vs) (etiara) an, lässt offenbar irrig bei |.Dp_^5 angelorum
das Zeichen des Plurals weg, schreibt statt |^.<^\/ ^i:^ Aao'oi
sum mihi discipulus vielmehr j^^ial^^ ^1^ . oAooi estis mihi
discipuli, ebenfalls irrthümlich, und übersetzt zum Schlüsse über-
einstimmend mit A: i^oAj ß lcn2^ ^iiOj : ^i*j*m>^ ^Ask, ^<^
multum enim deficit nobis ut a Deo non destituti simus. Diese
letztere Stelle weicht von Syr. ebenso wie von Arm, und B ab,
welche /not statt rjf^Tv und zum Schlüsse uTToXeicp^io statt Xeino-
fjt^oi lesen. Dass der kürzere Syrer nach B corrigirt worden
sein soll, ist ohne Beispiel, und unerklärlich, mögen wir seinen
Text nun als den ursprünglichsten oder als einen Auszug aus der
weiteren Recension betrachten wollen. Es bleibt also hier nur
die andre Annahme übrig, däss der vom Fragment gebotene Text
ein nach A corrigirter ist, Syr. mit Arm. also die ursprünglichere
Lesart bietet: dies wird dadurch um so wahrscheinlicher, weil
ganz unbegreiflich bleibt, wie ein Epitomator, hätte er den vom
Fragment gebotenen Text vorgefunden, die Worte ,,ut a Deo
non destituti simus" in die ziemlich freie Uebersetzung „a per-
fectione quae digna Dei" hätte verwandeln sollen. Hier ist wie-
der der umgekehrte Fall der einzig mögliche: ein Späterer, dem
diese Uebersetzung zu frei erschien, änderte sie nach dem Grie-
chischen um. Auftällig bleibt hierbei nur dieses, dass Arm. dies-
mal nicht mit dem Fragmente, sondern mit unserm Syrer geht.
Es tritt dieser Fall in den besprochenen Varianten noch zweimal
ein : bei ]_i)p_i05 steht bei Arm. richtig Ribbui, denn er übersetzt
„angelorum", und f,ia9^f]T/jg ei(.ii ist ebenfalls wie Syr. durch
„factus sum discipulus", nicht durch „estis discipuli" übersetzt,
mit der einzigen Abweichung, dass Arm. das mihi nicht las, ab-
weichend von beiden, aber übereinstimmend mit dem griechischen
Text. — Wir haben sonach an dieser Stelle den umgekehrten
Fall von dem oben constatirten: Arm. geht mit Syr., während das
Fragment einen offenbar nach A corrigirten Text enthält. Dies
erklärt sich am einfachsten daraus, dass bei dem Fragment eine
noch spätere Correctur vorliegt, von welcher der vom Arm. be-
nutzte Text noch frei war, was nicht auflfallen kann, wenn man
bedenkt, dass die Handschrift der Sentenzensammlung bedeutend
168 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnatios.
jünger ist als die arraeniscbe Version ; und wir hätten hier nur
einen neuen Beweis dafür, dass mit unserm syrischen Texte spä-
terhin wiederholte Aenderungen nach dem Griechischen vorgenom-
men worden sind. Auf jeden Fall liegt aber auch hier bei Syr.
der ursprünglichere Text vor: denn auch Arm. verräth wenig-
stens eine offenbar nach dem Griechischen gemachte Correctur
(die Weglassung des f/nol bei fAud^fjTfjg dfii): unsere oben ge-
wonnenen Resultate von dem Verhältnisse der kürzern und der
weitern syrischen Recension sind also bestätigt. Nur eine Frage
kann hierdurch noch nicht zur Entscheidung gebracht werden : ob
der ganze fragliche Abschnitt ursprünglich im Römerbriefe, wo
ihn Syr, liest, oder im Trailerbriefe, wohin ihn das Fragment
ebenso wie Arm. stellen , gestanden habe. Doch ist durch die
sonst erwiesene grossere Ursprünglichkeit des kürzern Syrers
allerdings die VS^ahrscheinlichkeit dafür nahegelegt, dass der kür-
zere Syrer auch hierin die ältere Textgestalt der syrischen üeber-
setzung aufbewahrt habe.
Wir müssen, ehe wir die ganze Untersuchung über das Ver-
hältniss der verschiedenen Recensionen zu einander beschliessen,
noch einen Blick auf die bei Syr. fehlenden Abschnitte
des in den genannten Fragmenten auf uns gekommenen weiteren
syrischen Textes und deren Verhältuiss zu den entsprechenden
Abschnitten des Armeniers werfen.
Die meisten Fragmente bietet die Sentenzensammlung
Nro. I p. 197 ff. Am auffallendsten sind die Uebereinstimmun-
gen dieser Fragmente mit Arm. im Magnesier- und Trall er-
briefe. Aus dem Magnesierb riefe ein Fragment aus Cap.
5. und 6 , Ol uniOToi rov xoofnov tovtov — xul twv dtaxovwv
(p. 197). Im Griechischen geht vorher ixaoxov avTtov l'diov /a-
QaxziJQa enixti/Litvov l'/ei, und nun die Worte ol untoTOi (sc. ya-
QaKTfjga tyovGi) tov xoainov tovtov. Der Fragmenlist beginnt
nun mit }.iQV.v,, ^qj) oiJQii^]]? ,UQj.iü..oi ^oais ijtli.? ^aI:;^*!
\.j(Jl ii in quibus non est fides, archontis huius mundi sunt.
Demgemäss übersetzt auch Arm. : „sie et qui non habent rectam
fidem , imago principis huius mundi sunt", wörtlich mit dem
Fragment, nur dass Arm. noch zwei secundäre Einschiebsel hat,
das Interpretament rectam, und der aus dem Folgenden herauf-
genommene Beisatz imago. — iv Totg nQoyeyQctfif.uvoig n^ootonoig
steht auch beim Fragmentisten, aber mit dem Glossem: ],^rLmt:^|?
f.i mSXM.'^iO-iO }.aaa£150 AaS id est, episcopi et presbyteri et dia-
coni. Arm. nimmt nun dieses Glossem in den Text, lässt aber
das ursprüngliche ngoautnoig weg, und übersetzt et quoniam in
eo quod antea scripsi („of whom [ have written above" Fr.) de
episcopo et presbyteris et diaconis. Für ovvedgiov twv anoaxo-
Xmv las Fr, anoaioXcov tov avveÖQiov , fai^i^o uAajL^'j . Er
I
1
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 169
fasste also anoaioXog im eig^eutlichen Sinne, und übersetzte das
Wort mit }.i)p_JiO ayyelog. Arm. macht nun aus den äno-
GToXoi Tov avvtSglov „Boten des Königs" angeli regis. Er
las nämlich ].abii^ rex statt ]^«i\sn consilium. So liegt also bei
Arm. ein nur aus unserni Fragment erklärbarer Text vor, der
um so secundärer ist, da das Fragment selbst ohne Zweifel mit
Unrecht tov avvedgiov tw»' oTtooToXwv in xaii' anooTolwv rov
ütviögiov umgestellt hat. Zu xal twv öiaxovcov fügt Fr. eine Ap-
position, und liest ^>j.a1^ä5 ).maa.^ii ^.xji^Qa^o et diaconi in
typo apostolorum (h tvtim unooTo'kwv). Dies ist wieder ein of-
fenbares Glosseni, welches genau so bei Arm. sich findet et dia-
coni in fonuis (specie, similitudine) apostolorum. Eine andre Va-
riante des Arm. (im 5. Cap.) erklärt sich ebenfalls aus dem
(übrigens hier wörtlich übersetzenden) Fragment. Die Worte Jt*
ov iuv f,ii] uv&aigejMg t/w^iv ro uno&avHv sig to uviov nud^og
übersetzt Arm. mit „et si noliimus pati et mori propter nomen
eins". Das syr. Fr. liest nämlich : oiZl^^io /n^ ^ V^t-^ P \\^
oiAjAli et si noiumus mori propter illum in passione eins. Hier
scheint Arm. nämlich oi^ai:) statt oiAj^Si gelesen zu haben (das
pati kann aus dem Griechischen beigefügt worden sein) oder er
übersetzte die beiden letzten syrischen Worte freier, so dass sein
propter nomen eins dem oiA^^^iD entspricht.
Ein andres Fragment aus Cap. 6. und 7. des Magnesier-
briefes in derselben Sammlung p. 200 (aXX* hcu&^Tt — qjaivta&ai
idia r/iiiv) erweist sich ebenfalls offenbar als Original zur arme-
nischen Version. Hier stimmt die armenische Uebersetzung ,,et
ne tentando tentate" wörtlich mit der syrischen (q . rr^ i v> P-ä)
• amjZ) überein; ebenso fehlt bei beiden das rjvcofAevog wv (in
Uebereinstimmung mit B). Die Abhängigkeit des Arm. von un-
serm Frugm wird aber ganz augenfällig in den letzten Worten
fif]ö(v 7iti()uar]Te evXoyov ti (paiviod^ut tdia Vfih\ Dieses idia
v^iTv gibt der Fragmentist durch ,oi^o oiiiö ^aj.b£» ,.>j ^j*^
tanmiS)] ,Ja3 ^^^^ unicuique e vobis a se ipso, sibi ipsi,
absque episcopo Wir haben also eine glossirende Umschreibung
des griechischen Textes vor uns, dessen Sinn übrigens richtig
getroffen ist. Arm. behält bei unusquisque e vobis a se ipso,
lässt das Uebrige weg, und macht alles sinnlos. Secundär ist
endlich auch seine Uebersetzung des iig jvnov Qha^^b:^) durch in
conspectum bonum.
Aus dem Tral lerbrie f e bietet die genannte Sentenzen-
I
170 Lipsius , nher den syrische Text nder Briefe des Ignalios,
Sammlung- drei Fragmente, das erste aus Cap. 2. und 3. orav
y(\Q — ov xuXeTiai (p. 198). Auch hier setzt Arm. den Text
des Fragmentes voraus (trotz einzelner secundärer Abweichungen
vom Fragment und dem Texte von A zugleich). So lesen beide
für yaza üvd^QConov vielmehr xaT« aa^xa (•f^j-3LCi)-^ür iv lo Siayov-
inveniamur in eo dum in eo vivimus. Arm. inveniatur vita vestra
cum iis, ein sehr secundärer Text, der aber xa^ voraussetzt,
und es nur anders punktirte (s. oben). Die Pe (e rm an n'sche
Vermuthung wird also durch den syr. Text bestätigt, vn^ghai
lassen beide weg. Ergibt sich aus diesem Fragmente, dass die
weitere syrische Recension sammt der armenischen Uebersetzung
im Ganzen dem Texte von A folgt, aber ziemlich secundären Ur-
sprungs ist, so haben wir hier wenigstens eine Stelle, von wel-
cher anerkannt werden muss, dass das Fragment allein gegen
alle Zeugen den richtigen Text aufbewahrt hat. Dies sind die
Worte Cap. 2, Avelche im Cod. Med. lauten wg xul tov iniaxonov
ovia vtov TOV nuTQog. Lat. A bietet hier um nichts besser y.al
tuv iniaxonov tag ^Trjoovv Xgioiov ovtu vlnv tov nuT^og, eine
offenbar aus der F^esart von Cod. Med. hervorgegangene Cor-
rectur. B bietet a>^ xal o inioxonog zov nujQog Ta^v ohjov Tvnog
vnuQ/ei, ebenfalls ohne irgend welche Heilung der Schwierigkeit.
Die einfachste Lesart bietet Antonius, welcher xal tov iniaxo-
nov wg TOV naiiQa liest: und diese Lesart setzt Petermann
in den Text. Aber trotzdem, dass sie auch durch Arm. bestätigt
wird, der hier vom syr. Fragm. abweicht und xal tov inioxonov
u)g &e6v naTe(ja bietet, so ist diese Lesart deshalb schwerlich
die richtige, weil sie uns nicht erklärt, wie vlov bei A oder tv'
nov bei B daraus entstehen konnte. Dagegen bietet syr. Fr. :
l^]) lm2>Q.^o s«,oioA*l) IsinmAal ^o et ab episcopo qui est
(in) typo patris. Dies gibt xai tov iniaxonov tjg ovxa Tvnov tov
naTQog, unzweifelhaft die richtige Lesart. Bei B liegt noch das
Ursprüngliche vor, aber mit späteren Zusätzen ; bei A ward durch
ein Versehn vlov für Tvnov gelesen , woraus sich dann weitere
Aenderungen bei Lat. A ergaben (der übrigens (hg an der richti-
gen Stelle liest). Die Lesart von Anton, und Arm. ist nur er-
leichternde Correctur. Ob nun die vom Fragmentisten benutzte
griechische Handschrift zur Familie A oder B gehört habe, mag
dahingestellt bleiben: ursprünglich lasen wol beide gleich.
An andern Stellen stimmt das Fragm. mit A gegen den se-
cundären Arm.: so Cap. 2. 7ra niaTtvaavTsg eig tov &dvaT0v av-
Tov. Arm. bietet dafür et quando creditis ortum eins et mor-
tem. Weiter unten schreibt er statt ^Itjaov XgiaTOv Trjg iXniöog
t]f.iwv einfach Xqiotov, ebenfalls gegen A und Fragm.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios, 171
Dann folg^t unmittelbar darauf das schon oben erörterte
Fragment aus Trall. 5, und hieran schliesst sich Cap. 6. ganz
und von Cap. 7. die Anfangsworte qvluriea&e ovv rotoi'jovg.
Hier sind zunächst zwei Stellen von grösserer Wichtigkeit, in
welchen die Verwandtschaft des Fragments und der armen, üeber-
setzung augenfällig ist, beide aber einen secundären Text bie-
ten. Die Lesart ol xaigoi nage^inUxovaiv 'Trjaovv X^taibv wird
von Beiden ersetzt durch „qui (Arm. iam) miscent auimas suas
(personas suas) cum Jesu Christo'*' (^ooiaäJ ^^I^ja^Dj ^qjoij
1>aaa1;0 VSQAASi) tl. i. 0? [y.u}] eavToTg 7iaqi(.niXhovötv eine se-
cundäre Lesart, s. oben. Endlich das onfQ o äyvoMV r^dicog Xa/ii-
ßürti xai tv 7]öovfj /.axf, tu uno&areiv gibt Fr. mit pj Ji.*)? }x^.*)
\SiiiÄj ]2a!iD ]Avt.^^iO ^^f* ita ut is qui ignorat in concupiscentia
mortem accipiat. Aehnlich übersetzt Arm.: ut ii quos non cogno-
scunt (dies ein Irrthum des Arm.) cum voluptate mortem accipiant.
üeide lasen also rjdtwg und y.uxfj nicht. Eine Spur des Ursprüng-
lichen liegt dagegen Cap. 6. in der Beibehaltung des xar' u^iuv
7itOTev6f.ievoi (Cod. Med. vgl. Dam.) vor, wo das Fragment
.Qj-iajcnAj? )j-i^.») ('ta ut creditum est iis) liest. Arm. hat den
Zusatz auch: ,, ut simplices crederc faciant. " Die üeberein-
stimmung beider liegt wieder auf der Hand : aber Arm. er-
weist sich als secundärer. Ein umgekehrter Fall liegt Cap. 6.
in den Worten /hopt^ t/J XotaTiavfj TQO(ffj /griO^ai vor, wo
Arm. richtig „cibo CJiristianismi tantum nutriamur" bietet. Hier
übersetzt das Fragment: I^Q^a.^ Vi-OOD? jQ/aI^O jijCiAiao?
^cu^M^j^lL quod cibo solum, epulo gratiae uteremini, bietet also
ein dem Arm. unbekanntes [nterpretament.
Ein drittes Fragment findet sich in derselben Sammlung
p. 200 aus Cap. 8. vf^itig ovv — al(.ia ^Irjaov XgtoTov, Im Gan-
zen folgt auch hier das Fragm. wieder dem Texte von A, ist
aber wol sccundär in der Variante in laetitia ( J^iDQCiSi) für iv
uydnr], während Arm. hier Aan richtigen Text durch seine Lesart
in coena (d. i. eben h uyun?] nur in missverständlicher Bedeu-
tung) voraussetzt. Dagegen zeigt die Lesart des Arm. für iv
nioTH 0 (GXiv aoLQ^ Tov y.vgiov „fide et spe" einen ganz secundä-
ren Text, der nur aus der Abhängigkeit vom Texte des syr. Fr.
erklärbar wird. Dieses liest nämlich oijAj]) v-iOi ♦]2axi£ljicn.C>
li.Cimo in fide illa quae est in spe; das in spe aber beruht auf
einem einfachen Schreibfehler, l^ooiÄ für lifitt^ (corpus), toi; hv-
piov fehlt bei beiden. Secundär ist endlich bei Arm. allein die
doppelte Uebersetzung des ttjv nQuvnud^eiav durch liumilitatem et
mansuetudinem.
172 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Ein viertes Fragment endlich aus derselben Sammlung geht
von den Worten y.wq)W&J]T£ ovv Cap. 9. bis ovjag ^tXri avxov
Cap. 11. Auch hier geht das Fragment wesentlich mit A: unter
den Abweichungen sind zu bemerken: die Weglassung des og in
og xai dX7]&wg riytQdri xtX. ; im Folgenden die F^esart wg y.ul
rjfiäg xrA. und die Weglassung des o 7iuti]q aviov iv Xqigiw
'Ii]aov. Für wg xai steht im Texte ».slj Ijli5j]> tl«ber denn der
Armenier, welclier ganz denselben Text bietet, seinen syrischen
Text nicht missverstand, wie Peterraann meint, sondern ganz
richtig übersetzt. Wie weit übrigens diesen gemeinschaftlichen
Text der Vorwurf späterer Correctur treffe, ist schon oben bei
Erörterung der armen. Üebersetzung nachgewiesen worden. Rich-
tig ist dagegen die gemeinschaftliche Weglassung des ov vvv
yarayjtvöofiai Cap. 10. Secundär aber wiederum Cap. 11. die
üebersetzung der Worte di^ ov iv tw nd&ti uvtov ngocyMAHTai
v(xag ovTug (aHt] avrov durch ooi ^^clD'^} cjiOaI^.j (ax*.!:)
♦:♦ v_»oiQiö?oi ^anjAj)^ »n passione crucis Domini nostri, cuius estis
membra. Es ist also 6i* ov und n^GOxaliTmi weggelassen. Arm.
genau so, nur dass er „in signo crucis" übersetzt; er las näm-
lich irrig {aaü^? setzt aber grade dadurch seine Abhängigkeit
vom Texte des Fragmentisten in das hellste Licht; wie dies
übrigens auch aus der gemeinschaftlichen üebersetzung des &tjoio-
f.iaxfjoui durch „von den Thieren verzelirt werden", des yagndg
&avaTr](pÖQog durch „fructus mortis" u. s. w. erhellt. Nicht aus
diesem syr. Texte scheint dagegen das ,,secundum speciem" für
t6 doxtiv geflossen zu sein, da das Fragment ^iü^i») 0:i:i£\mi;D
„putando ille putabatur" hat. Hier stimmt Arm. genauer mit dem
Griechischen. — Ausserdem kommen noch eine Reihe von Weg-
lassungen auf des Arm. alleinige Rechnung, so insbesondre die
des Tiveg — rovitariv Cap. 10 und mehres Andre (s. oben).
Wenig Neues bieten die Stellen des Philadelphener-
briefs, welche in der Sentenzensammlung Nro. I enthalten sind
(p. 199). Das erste Fragment geht von x(xl oaoi yu^) Cap. 3.
bis tlg l'vcüoiv rov aifiarog uvtov. — evcjutrjg Cap. 3. und tvwatg
Cap. 4. ist beidemale mit jZaiiQ^j» perfectio (aber auch concor-
dia, pax) wiedergegeben; Arm. übersetzt das erstemal mit unio, das
zweiteraal mit eucharistia. gxi^ovti übersetzt Frägm. durch oxi%ovti
TTjv eyxXi]aiav &eov (A einfach a/Jl^ovri^ B gxi^ovti and rrig dXfj-
d^iiag), Aehnlich Arm. und ein monophys. Fragment bei Cure-
ton (p. 48 ed. I. 218 ed. II) a/Jl^ovxi rrjv exxXtjaiuv ohne d^eov. —
Das zweite Fragment enthält die Worte des 7. Cap. ixgav-
yaaa — f^r]div noitiii, Syr. Fragm. und Arm. setzen wieder
wesentlich den Text A voraus. Zu ixgavyaaa fügt aber Syr.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 173
]1 n«^ qpwv/J, woraus Arm. ftiyaXi] qjwvj] inaclit, und das jLuydlj]
(pcovfj im Fülgeaden weglässt. diov <fO)vfj setzen auch Fragm.
und Arm. im Einklänge mit Lat. A voraus (Arm. nur irrig: verbo
Dei). Weiter unten lasen beide für and GUQxog avd^QMnivrjg (A)
wie es scbeint an* uv&qcüjhüv (Fr. J.aj_aJLO ^^j ^ filiis homi-
num; Arm. ab bominibus). B liest and OTO/iarog avd^Qtonov,
Höcbst wabrscbeinlicb ist die Lesart des Fragm. und des Arm.
die secundärste von allen. Irrtliünilicb übersetzen endlicb beide
das iy.riQVüaiv mit clamare (l:^c). — Das dritte Fragment
entbält Cap. 10. ganz. Verwandt ist bier die üebersetzung des
Fragments und Armeniers bei den Worten dg rb n^toßeioai ixtt
Oeov nQtoßeiav: ^^oAli» ^Jyl^-J) ]o\^5 1rs*s^*1 ]ooiJ5 ut sit lega-
tus Dei qui proficiscatur illuc; Arm.: qui poscit fieri praecursor
(nuncius) Dei ut proficiscatur iliuc. Beide scbeinen bier d^eoÖQO'
^log gelesen, und &eov nQtoßiiav weggelassen zu baben. Ebenso
fügen beide zu rd ovofiu ein rov y.vQiov binzu. Ausserdem feblt beim
Fragm. h IdvTioyjlay was bei Arm. sieb findet; d^iXovaiv öi ifiTv
ist irrig zum vorbergebenden Satze gezogen, wo Arm, wieder mit
dem Griecb. übereinstimmt.
Aus dem Smyrnäerbriefe findet sieb in der genannten
vSammlung ein Fragment ( p. 199), welcbes von den Worten
Cap. 8. ovx i'^ov lazi — Cap. 9. tw dtaßoXio Xargnti gebt. Be-
merkenswertb ist die Bezeicbnung der Kircbe von Smjrna als der
Kircbe von Asien (JIaIX)]? jZ^i^) i» der Ueberscbrift des Fragments,
Die Abbängigkeit des Arm. vom Fragm. ist bier wieder sebr klar;
so die üebersetzung des ayunriv nonTv durch IAaaaj r^:^^!^
facere requietera („make refresbments" nacb Cureton, richtig we-
gen des Ribbui}; ebenso des ivXoyov toxi durch conveniens est
(^01 IAaI^o). Dagegen lässt Arm. allein das dg &e6v vor uva-
Vfjipai weg.
Als gemeinschaftliches Resultat für die besprochenen 4 Briefe
lässt sich wol ansehn, dass die Sentenzensammlung einen Text
enthält, der in der Hauptsache dem armenischen Ueber-
setzer vorlag. Andrerseits ist die Abhängigkeit des Arme-
niers nicht so durchgängig, dass aller und jeder Einfluss des
griechischen Originals auf denselben geleugnet werden müsste.
Vieles ist im gegenwärtigen armenischen Texte nach dem Grie-
chischen corrigirt, obwol schwerlich vom Uebersetzer selbst. Die
Sentenzensammlung endlich selbst enthält zwar im Allgemeinen
den Text der weiteren griechischen Reccnsion, doch scheint es,
als ob sich schon eine Reihe von spätem Irrthümern in denselben
eingeschlichen haben, von denen er zur Zeit seiner Uebertragung^
ins Armenische noch frei war.
174 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios,
Wenden wir jetzt unser Aug-enmerk auf die in derselben
Sammlung enthaltenen Frag-mente des Briefes an Polykarp und
des Eplieserbriefes, so kommt aus ersterem ein Fragment des
7. Cap. in Betracht, welches sich p. 200 findet, und die Worte
nginii TIoXvy.aQnt — unaQiiatjTe enthält. Der F'ragmentist bietet
hier im Ganzen ziemlich genau den Text von A; kleinere Zu-
sätze sind Goi zu n()e7ntg (gleich am Anfange), ein yuQ zu Tovro
TO iQyov'i avffßovhov uyuytiv ^tongentOTUTov ist etwas weitschwei-
fig umschrieben durch ]{,, Jiil:^:^!::;» in!:::»iO ^JLZi j^l^ caJ-dZj
)cib;>)J ut congreges ad te consiliarios (filios consilii) ad concilium
quod decet deum. o? dvvriGtTui &e6dQo/.iog y.aXiiod^ai übersetzt
er durch joii^j lrv:s^*l Ir^^JO looij? c^üaI^Dj ooi qui poterit
esse etvocari legatus dei, während Arm. blos qui possunt
fieri hat. Wie es scheint, bewahrte hier x4rm. einen älteren
Text auf, das Fragment aber verband diesen mit der Lesart des
Griechischen. do'§uaf] endlich gibt er mit -Qjj,ciJtjO ^o'^uacüai.
ähnlich wie Arm. , während Sjr. P>agm. sonst allenthalben den
Singular beibehält. Stimmt aber das Fragment in allem Wesent-
licLön mit dem Texte von A übercin, so gibt Arm. eine mehrfach
abweichende und theilweise verkürzte Textgestalt. So übersetzt
er das -d iOf^KxxuQLGiMTaii , welches das Fragm. wörtlich ins Sy-
rische überträgt, einfach durch beate, das GVf.ißovXiov uyaytTv &io-
TiQtntOTaxov durch congregare consuito consiliarios dignos Dei,
ganz abweichend vom Fragm. ; iivä ov uyunfjtov Xlav l'/jn (Fr.
wörtlich wie A; B h xiva xrX.) durch qui valde dilecti sunt,
und nun fortwährend den Plural statt des Singular; lioxvov durch
homines virtute praeditos ; og dvvijGtTai dtoögofiog xuXata&ai durch
qui possunt fieri praecursores ; tovtov yMia^iwöai ^lia noQtvd^ttg
ilg ^VQiav durch et mittere in Syriam ; So'^daj] v/.tcuv ttjv aoxvov
ayuntjv dg öo'^av d^iov durch ut glorificent amorem vestrum. Es
scheint hiernach doch misslich , alle diese Aenderungen blos auf
Rechnung des armenischen Uebersetzers zu setzen , und die wei-
tere syrische Recension mag gemäss ihres secundären Ursprungs,
selbst einen mehrfach schwankenden und verschiedenartigen Text
enthalten haben, was recht begreiflich wird grade in den Abschnit-
ten, die im kürzeren Syrer fehlten.
Aus dem Epheserbriefe bringt die Sentenzensammlung gleich
zu Anfange p. 197 zwei Fragmente. Das erste geht von den
Worten Cap. 5. Gnovöuacof-uv ovv — Cap. 6. rov xvgtov öh
ngooßXineiv. Bemerkenswerth ist hier unter andern die wörtliche
Uebersetzung anov8aa(x)(j.iv durch ^.^a^^Jj eine üebersetzung,
die auch Arm. voraussetzt; der kürzere Syrer gibt anovdd^tiv in
den beiden Stellen, wo es in dem von ihm übersetzten griechi-
schen Texte vorkommt (beide Stellen finden sich Eph. 10) nie
Lipsius , üher den syrischen Text der Briefe des Ignalios. 175
wörtlich, während Arm. die wörtliche üebersetzung durch u^£i>jZl
beidemale voraussetzt. Es ist diese Abweichung des Sprachge-
brauches zwischen dem kürzeren und dem weiteren Syrer um so
mehr zu beachten, als die üebersetzung des kürzeren Syrers nicht
aus dem Interesse eines Epitomators abgeleitet werden kann, es
vielmehr schlechthin unerklärlich bleibt, warum er bei seinem son-
stigen Streben nach Wörtlichkeit die vorgefundene wörtliche
üebersetzung hätte ändern sollen. Dagegen liegt auf der Hand,
Avie ein Späterer darauf kommen konnte, eine üebersetzung, die
ihm den griechischen Text nicht treu genug wiederzugeben schien,
nach dem Griechischen zu emendiren. — Im Üebrigen bietet das
Fragment wenig Bemerkenswerthes ; iig iöiav oly.ovo(xiav ist durch
oi^j5 ■ .rnnmi^oo^V iu alimenta sua übersetzt, was Arm. wol
bei seiner üebersetzung ad necessitatem suam vor Augen hatte^j
dagegen fehlt Cap. 6. bei Arm. das örj'kov or/, welches sich im
Fragment findet. — Das zweite Fragment ist aus Cap. 13. ent-
nommen, und geht von onovöat^tTt — iniyeiwv. Dieses stimmt
wieder wesentlich mit A zusammen; nur setzt es d^eov nicht zu
ivxuQiOTiuv, sondern zu öo'^uv (wie Lat. B), dagegen liest es mit
Lat. A iv T?7 bfdovoia jrjg niazewg vficHv. Für o oXeO^Qog avtov
hat er durch einen Schreibfehler cnJ,.>jo] possessio eius statt
cnjj.al pernicies eius, woraus Arm. ou^soj memoria eius gemacht
hat. Aus welchem von beiden die arm. Lesart entstanden sei, ist
schwer zu sagen. — Arm. lässt oben ^eov sowol bei tvxuQiOJiav
als bei öo'^uv weg, desgleichen den ganzen »Satz or' av y^Q
nvxvwg im t6 avio yivea&e ; dagegen liest er unten statt iiQtjvrjg
vielmehr niaitwg xal eiQfjvrjg,
Das Resultat bleibt also im Ganzen stehn; die Sentenzen-
sammlung I bietet den Text von A, obwol theilweise schon ziem-
lich secundär; Arm. hat zwar nicht ganz denselben Trxt, aber
docli einen sehr nahe Verwandten vor sich gehabt, der ebenso wie
jener der weiteren syrischen Recension angehört, verändert diesen
selbst aber wiederum mehrfach nicht unerheblich.
Noch bleibt uns übrig, den Text der Sentenzensamm-
lung Nro. 11, p. 201 bei Cureton in ähnlicher Weise durchzu-
gehn. Es ist schon oben bemerkt worden, dass diese Sentenzen-
sammlung hauptsächlich einen grösseren Abschnitt aus dem Rö-
merbriefe enthält, Cap. 4 — 6. Die beiden ersteren Capitel,
die sich auch beim kürzeren Syrer finden, sind bereits im Obigen
verglichen worden, und es hat sich herausgestellt, dass der kür-
zere Syrer offenbar eine ältere, ursprünglichere Recension ent-
hielt, als das Fragment des weiteren sammt dem Armenier. Was
nun das noch übrige 6. Cap. betrifft, wo der kürzere Syrer fehlt,
so stimmen hier das Fragm. 201 und Arm. so buchstäblich zu-
1
1 76 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios.
sammen, dass über ihr gegenseitiges Verliältniss gar kein Zwei-
fel obwalten kann. Statt ovde al ßaaiXiTat %ov uhovog tovtov
lesen beide oiiaii^iD P-£>) oiöe al ßuoiliiai uvtov oder tovtov
(Arm. et non regnum huius, ohne Ribbui). Zu rcov neQUTwv rijg
yrg setzen sie tcuvtiüv hinzu ; für vnfQ tji^wv lesen beide vnio
i/Liov; öi^ f](Liag lassen sie ganz weg, und zu avnaTuvra setzen
sie a mortuis (a domo mortuorum) hinzu ; Gvyyvcoie /not übersetzen
beide mit der bekannten Phrase ^^^aj ^ ^b:» ai^j noscite me
ab anima mea (a persona mea); jnri efinodiar^Te jlwi i^ijoat durch
J1a>j ^iD >-»ijaiiai^Z P ne impedite me a vita (Arm. ne expellite
me e vita); f^rj d^tXrjOt^Tt f.u unod-avtiv durch ^^al^Qli %9^\^ P
ne velitis mortem meam; rov tov &tov &eXovTa dvui xoa/nco (.it]
Xagiatjod^e durch ]^(t^ v-iAJO^a^Z D JiaQl::^»!»^^ jooij^ l^.* jJj ooi\
eum qui non vult esse in mundo ne honorate me in hoc (Arm*
qui nolo esse in mundo, ne honorate sie) abweichend von Cod.
Colb. und ß wie von Lat. A; neque per materiam seducatis (den
Zusatz von A) durch ^^^juAliJ) ^^^ ^j.jQi^]2 Po et ne
aemulatorem facite me eorum quae conspiciuntur ( Arm. et ne
aemulatorem facite visibilium) ' ). — Von ucptTt f,ie xu&agov (fwg
XaßeTv an tritt auch das Fragm. p. 296 noch ein, welches fast nur
einige orthographische Abweichung vom Fragm. p. 201 verräth.
Für ixH 7iaQuyiv6fA.tvog äv^Qconog &eov i'oofxai (Colb. B) oder
. . . uv^Qwnog taoi^ai (Lat. A) liest Fr. p. 296 l\\^]]^ J^d ^icil>
\j] ]ooi }a1::^^a1^ l-^Jr^ "'^'"^ (sursum) quando ibo, filius homi-
nis (homo) perfectus eio. Ebenso Arm.; Fr. 201 desgleichen, nur
liest es wol irrthümlich )>oiQiO in luce für J^aj^o, und stellt
liiVsVnft^ ans Ende. Hier hört Fr. p.201 auf; Fr.p. 296 bietet aber
auch noch das Folgende bis &eov f,wv , und liest hier statt tov
na^ovg den Plural (mit Ribbui), was Arm. wol nach einer andern
sjr. Handschrift unterlässt. Bemerkenswerth ist hierbei der um-
stand, dass in der einen Stelle, in welcher Fragm. p. 296 von
Fr. p. 201 abweicht, ersteres einen richtigeren Text darbietet.
Wir haben diese Erscheinung schon oben, wo wir den kür-
zeren syr. Text vergleichen können, beobachtet, und namentlich
1) Ich stelle den griechischen Text der fragliehen Worte, wie er dem
Syrer zu Grunde lag und ohne Zweifel der richtige ist, folgenderinassen her:
vöv fiij d'elovxa elvac iv xoo/ucp , (irj xo-Qiorja&e avitö , firjd"^ vlrj naQa-
^rjXcöorjTB [fie]. Dass zuletzt naQa^rjXovv, nicht i^anaräv (Petermann)
zu lesen ist, lehren ausser der mit dem syr. Fragm. stimmenden armenischen
üebersetzung auch die selbständigen Versionen der Worte bei Arm. 2 und in
dem Fragm. des Timolh.
Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 177
aucb gefunden, dass Fr. p. 296 dem kürzeren syr. Texte
näber trat, als Fr. p. 201.
Die Abweichungen des Arm. sind kaum der Rede wertb:
für T« negara liest Arm. irrig tbesaurus , was wol ein einfacber
vScbreibfebler des arm. Textes ist; wenigstens bat er niebt, wie
Petermann vermutbet, J^b^lioa« (plenitudines, fines), sondern
^(Tio'fcl:^ (transitus, termini) im syriscben Texte gelesen, folg-
lich kann der Fehler nicht aus dem Syrischen entstanden sein.
Weiter unten für yM&agdv (fcog ]^r^j l^oiQJ (F**. p. 201 und 296
gleicb'mUssig) liest Arm. lucem infinitam (indeficientem).
Wir haben also in den beiden Fragmenten p. 201 und 296
(vgl. aucb das schon oben bei ihnen Bemerkte) einen dem Arme-
nier noch näber stehenden Text als in der Sentenzensammlung
p. 197 ff. Bezüglich seines Verhältnisses zu den übrigen Text-
familien gilt wiederum dasselbe, was schon früher vom Armenier
gesagt wurde. In der Hauptsache gehn beide Fragmente (sammt
dem Armenier) mit Lat. A: so die Lesart negara für TfQnvu,
xa).dv für f.iäXXov, die Weglassung des Bibelcitats t/ yuQ — Ct]-
(iiKjod^fii der Zusatz des neque per materiam seducatis, endlich die
Lesart tov nud'ovq tov &iov /iiov. Ebenso mag aus der Lesart
von Lat. A ävd^Qwnog ioofiui (ohne &eov) die Lesart der weite-
ren syrischen Recension „homo perfectus ero" entstanden sein j
und das „ne impediatis me a vita'' ist wol auch auf jlu) ifinodi-
fTTjT* /Lioi i^ijaui (A) nicht auf firj e^nodiOTjii (.lot tlg tvoriV (pd^uoat
(B) zurückzuführen. Mit Cod. Colb. haben sie nur die Lesart
unoO-avHv iig 'Ji^aovv Xqiotov (oder mit Sim. Met. kv 'T7]G0v
Xqiotm, sie lesen nämlich die Praep. t!!)) gemein, mit B gar keine
Variante. Dagegen geben sie statt zweier Lesarten von A eineu
eigenthümlichen Text: für toV tov &iov d^eXovTu elvai hoo^ko (.itj
XaQiai]G&e (oder [ev] xuofHM {.i^ X(x}Qiaf]Te Lat. A Tim.) die Weg-
lassung des &eov , die Verbindung des f.i7] mit &i\ovTüt. und des
(tv) y.6af.i(p mit tlvaty endlich die üebersetzung ne honorate in
hoc (mit wiederholtem jur)) , der übrigens jedenfalls die Lesart
von Cod. Colb. /agiar^od^e zu Grunde liegt; sodann für „neque
per materiam seducatis" die (nach unsrer obigen Bemerkung rich-
tige) üebersetzung „et ne aemulatorem facite visibilium". Im
Ganzen also der grade hier besonders reine Text von Lat. A,
Arm. verhältnissmässig weit weniger abweichend, als an vielen
Stellen der Sentenzensammlung I. Bemerkenswerth ist jeden-
falls die Erscheinung, dass grade im 6. Cap. des Römerbriefea
dieFragm. p. 201 und 296 einen besonders ursprünglichen Text zu
verrathen scheinen, und namentlich gilt dies von Fragm. p. 296.
Wir glauben nun durch anderweitc Erörterung wahrscheinlich
gemacht zu haben , dass eben dieses Capitel dem ursprünglichen
Abhaiidl. d. D.VIG. I, 5. 12
I
178 Lipsius, über den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
syrischen Texte ang-eliört habe, und nur irrthümlich in den uns
jetzt erhaltenen Handschriften ausgefallen sei »). Wäre diese
Annahme unverwerflich , so würde sie in selir einfacher Weise
erklären wie es denn komme, dass insbesondre Fragm. p. 296
dem kürzeren syrischen Texte so auffallend nahe steht: es würde
nämlich wirklich aus demselben geflossen sein, aber aus einer
Handschrift, die Cap. 6 mit enthielt.
Die übrigen in der Sammlung H enthaltenen Fragmente sind
weit unbedeutender. Zuerst zwei Fragmente aus dem Eph es er-
briefe, aus Cap. 15. und 20. Das erstere geht von ovöev lav-
^avet bis zum Schlüsse des Capitels, Der syrische und armeni-
sche Text bieten übereinstimmend den Text von A, aber mit
Weglassung der Worte oneQ xui ioTiv y.ul q)uv^asTai nyu nQoa-
(JÜ710V fj/.iwv , wogegen die letzten Worte i'^ wv xtI, sich ganz
wie bei A wiederum finden ( a^j] io steht bei Syr. Fr. , daher
wol anch Arm. t'^ wv, und nicht idvneQ , wie Petermann ver-
muthete, las). Die Weglassung der Worte ontQ — nfjoaconov
jj^Mv wird aulfällig dadurch, dass auch B dieselben nicht kennt. ^_
Allein beide Zeugen der weiteren syrischen Recension deshalb fl
zur Familie B zu weisen, geht deshalb nicht an, weil die folgen- ^
den Worte *§ wv xrl. ebenfalls bei B fehlen. Will man also
jene üebereinstimmung in Weglassung des ersteren Satzes nicht
für einen blossen Zufall ausgeben , so lehrt uns gegenwärtiges
Sachverhältniss , dass der syr. armen. Text der weiteren Recen-
sion aus der Familie A geflossen ist, aber zu einer Zeit, in
welcher der erste Zusatz oneQ xjX» noch fehlte. Dagegen war
der zweite Satz e'^ wv xtX. bereits im Texte von A vorhanden,
während B keinen von beiden kannte, und dafür einen andern, sei
1) Vgl. meine Abhandlung in Niedners Zeitschrift 1856, I, S. 141 ff. Ich
weiss recht gut, dass jene dort aufgestellte Hypothese nicht zur Gewissheit ge-
bracht werden kann ; wenn aber Herr Uhlhorn in seiner Recension S. 1525 mich
hier „derselben Willkür" zeiht, „der sich B u n s e n so ofi in seiner Verthei-
digung des syrischen Textes schuldig gemacht habe", so wird ihn vielleicht
obige Erörterung überzeugen, dass mich zu meiner Annahme doch noch andre
Beweggründe bestimmt haben, als blos subjectives Belieben , oder die Furcht,
durch Inhalt und Zusammenhang des 6. Capitels den Gegnern des syrischen
Textes eine gefahrliche Waffe in den Händen zu lassen, üebrigens, wenn ich
wirklich bewiesen hätte, dass bei Syr. sonst allenthalben der ursprüngliche
Text und bei A ein interpolirter zu finden wäre; was habe ich denn da so
Willkürliches gethan, wenn ich vermuthete, die Stelle, wo mich die sonstigen
Kriterien des Interpolators verlassen , möchte wol gar nicht vom Interpolator
herrühren? Glaubt also Herr Uhlh o r n , dass bei A der bessere Zusammenhang
vorliege, so möge er meine anderweiten Nachweise entkräften ; dagegen muss
ich mir ausbitten, die vorliegende Stelle so lange aus dem Spiele zu lassen,
bis durch Wider legun g meiner Darlegung der sonstigen Me-
thode des Interpolators das Urtheil wider den Syrer entschieden ist.
Dann erst würde es an der Zeit sein, mein Verfahren im vorliegenden Falle
der Willkürlichkeit zu bezichtigen.
Lipsius, über den .syrischen Text der Briefe des Jgnalios. 179
es durch den späteren Interpolator, sei es nocb vor dessen Zeit,
erhielt. Im üebrigen stimmt das Frag-m. wörtlich mit Ä: nur
statt avTOv vuüp liest es ^^oi; vuov (allein) und in &e6g rifitov
lässt es fjfiwv weg- (mit B) , Arm. geht in beiden Fällen mit A,
lässt aber dafür h' 7]^ur vor ^«oc Ti/lküv weg. Das zweite Fragment
aus Eph. 20 enthält die Worte iv (.itu nioiei — vIm S^eov
(p. 201 flg.) ganz nach dem Texte von A; nur das y.al vor h
^h]Oov XgioTü) (was übrigens auch bei B steht) fehlt im Fragm.,
ebenso wie bei Arm. Sonst bietet das Fragm. nichts Bemerkens-
werthes, ausser etwa die üebersetzung des iy. yarovg &(ov durch
i.*0J5 AaOj Jiiil _iD ex semine domus Davidis (x4rm. einfach ex
prole Davidis) eine auch sonst wiederkehrende Uebersetzermanier.
Es folgen nun p. 202 zwei Fragmente, aus dem Magnesier-
und Smyrnäerbriefe. Magn. 10. aionov eaiiv — ovvrjxd^^' Hier
stimmt das Fragm. mit dem Arm. abermals buchstäblich zusam-
men; den Satz 'Ttjoovv Xoigtov laXtiv verwandeln beide in einen
Vordersatz, (und streichen daher das verbindende xal (\Sqaj |.s^
^bilioAi^) ).>j..i.a1^ ubi Jesus Christus nunciatur); 'lovöu'i'utv über-
setzen sie durch Judaice vivere (das Fragm. wörtlich AjIjooij -i>j
-j.*^0)AiD ]ooiJ „that we should conduct ourselves like Jews",
uos Judaice esse nos gerentes); endlich das c^c näoa yXwaoa,
niOTtvouoa übersetzen sie durch ^joi oiCi? J^ ^:^} »ut omnis
qui credit in eum", lesen also statt nuaa yX^aoa etwas anderes,
und stimmen sodann hier einmal mit B in der Lesart i\g ov zu-
sammen. Im üebrigen bieten sie ganz den Text von A.
Smyrn. 4. d de to öoxeTv xtX. bis zum Schlüsse des Capi-
tels, mit den Anfangsworten von Cap. 5, ov rivtg ayvoovvifg uq-
vovvTut. Auch hier stimmen Syr. Fr. und Arm. wie unter einan-
der, so mit der Recension A zusammen, während B grade hier
sehr bedeutende, aller Wahrscheinlichkeit nach ursprüngliche, Dif-
ferenzen hat. Bemerkenswerth ist, dass to doxHV hier, abwei-
chend von Trall. 10 (Sentenzensammlung I), aber übereinstimmend
mit Arm, durch l^oj^amiQa (opinione) übersetzt ist. Abweichend
von A ist die syrische üebersetzung von TtjJ d-avdno uQog nvQ
TiQüg f.iayuiQav TiQug ^rjgia durch Ja^ml^O ] >>^«~^Vn j^a^i:^
] /r> . » B V r^ morti et ignominiae (irrisioni) et gladio et bestiis.
Arm. setzt diese Lesart voraus, wenn er übersetzt im mortem et
in ignominiam ferarum, ignis et gladii. Doch ist seine üeber-
setzung die sccundärste, weil sie die syrische und die griechische
Lesart zu verbinden sucht. Die letzten Worte von Cap. 4, «v-
jov (.u ivövvufiovvxog tov jiXtiov uvd^gwnov ytvofitvov gibt Fragm.
abweichend : joil^ i.K»KiA:^ \iQJi.i ^^^>AiöO et corrobat me Jesus
12*
180 Lipsius, üher den syrischen Text der Briefe des Ignalios.
Christus deus, was Arm. in einig-er Anbequemung an die griecli.
Structur durch per eum qui corroborat me Jesus Christus deus
noster übersetzt, /uallov de rjQvridi^oav vn^ avTOv übersetzt Fr.
durch ^ooio {.as ooi ,.»•) QJCJi id est vero ille denegavit eos.
Ebenso fast Arm. : itidem et hie ipse eos negat. Ausserdem ist
die Uebersetzung vou aW eyyvg /.la/uigag y.xX. durch sed is, qui
etc. (Arm. nam qui), und des f.itTaS,v d^rjQuov f.uTu§v &eov durch
OCT ]c7i2^ >Qi^ locfiJ UqI>j ^J~kO ^)o et si inter bestias erit,
cum deo (apud deum) est (Arm. grade so) zu beachten. Zu f.i6-
vov iv TW övo/iiaTi ^Tfjoov Xqiotov setzt das Fragment allein ein
x2>| ^iii Aa^d? ooi jjqui mortuus est pro nobis" hinzu, während
Arm. diesen Zusatz nicht kennt.
Endlich findet sich zum Schlüsse dieser Sammlung ein Citat,
welches folgendermassen lautet: ^^ci^^ asiccaial^ }j| cmAa^
).iö52 yl^ A.»l 13? l^^-*] liortor ut addas ad cursum tuum: per-
severa in ieiuniis et in supplicationibus ad Deum, sed non immo-
dice (sine mensura) ne temetipsum abiicias. Diese Worte gehö-
ren zum 1. Cap. des Briefes an Heron, und lauten im griech.
Texte: naQaKalto ae iv d^tM nQoa&tivui t(ü dQOf.io) aov .. *\vriaxiiaig
xal öe^oeai o/oXa^e, uXXu f.irj af-ihgioc, Vy« f.iij oavibv y.aTußaXrjg,
Arm. stimmt mit dem Fragra. in der Weglassung des h d^t(Z
nach naQaxuXw rr«, während letzteres das iv ^e(b oder ag d^ebv
nach ötTjOiai gesetzt zu haben scheint, wo es bei Arm. ebenfalls
fehlt.
Dass der Brief, dem dieses Citat entnommen ist, unächt, und
issbesondre unsre Stelle nichts als eine Nachbildung des ersten
Capitcls des Briefes an Polykarp ist, bedarf kaum der Erinnerung.
Wichtig aber ist dies, dass wir durch dieses Citat über den spä-
ten und secundären Ursprung der weiteren syrischen Recension
als einer auch anerkannt untergeschobene Briefe mitenthalten-
den, vollständig vergewissert werden.
Wenn in der spätem syrischen Literatur Machwerke, wie
der Brief an Heron, so allgemeinen Eingang ßnden konnten, dass
man einzelnen Stellen daraus, als ächten Aussprüchen des gros-
sen syrischen Kirchenvaters, sogar kanonische Kraft beilegte,
so lässt sich leicht ermessen, wie viel Gewicht in kritischen Fra-
gen dieser ganzen weiteren Recension überhaupt zuzuerken-
nen sei.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist daher auch das Citat aus
Tars. 2, welches Cureton p. 363 f. aus zwei Fragmenten ab-
druckt, zur weitern syrischen Recension zu rechnen. Es stimmt
wörtlich mit den griech. Codd., speciell mit den Codd. von B, in
Lipsius , über den syrischen Text der Briefe des Jgnatios. 181
der Wegflassung des xal doxi^att uni&uvev. Arm. schiebt „et
opinione passus est" vor fnravQw^J] ein. (xul doxr/oei l'nad^tv
y.ai laxavQco^ri) liest statt ol di oti avTog iariv b enl nuvTWv
&i6g vielinelir „et non ipse Creator et non deus super omnia",
also grade das Gegentlieil. — Das zweite dieser Fragmente bringt
übrigens noch die Worte aus Cap. 1. gleich zu Anfang dno 2v-
Qiug (.uyoL ^PcofATjg &riQtof.ia/aj mit der ausdrücklichen Bemerkung,
dass sie von hier entnommen sind. Benierkenswerth ist hier die
wörtliche üebersetzung des &7]gtojna/(x) durch ^^AdA^ I-Zqä^ >Q^
J.j) cum bestiis pugno, womit auch Arm. zusammenstimmt. Diese
wörtliche üebersetzung ist bekanntlich beim kürzeren Syrer nie
angewendet, —
Die syrische Literatur kennt demnach eine doppelte
Sammlung ignatianischer Briefe: eine kürzere, drei Briefe enthal-
tende, und eine längere von dreizehn Briefen. Die kürzere ist
der längeren an Alter vorzuziehn (denn sie ist bis ins
4. Jahrhundert hinauf bezeugt); sie enthält ferner keine Spur von
den offenbar unächten Briefen, welche die kritische Zuverlässig-
keit der weiteren Recension verdächtig machen; ihre Textgestalt
ist ferner eine besonders reine, zusatzfreie ursprüngliche, die, ohne
einer bestimmten Textfamilie zugewiesen werden zu können, doch
am meisten mit dem vorauszusetzenden ältesten Texte von B
stimmt; wogegen die weitere Recension allerdings die kürzere
zur Grundlage hat, aber als eine Ueberarbeitung nach dem Grie-
chischen sich kundgibt, und überall da, wo sie selbständig von
jener auftritt , einen wesentlich zu A gehörigen, theilweise noch
recht guten und brauchbaren, aber theilweise auch schon ziemlich
gemischten und secundären Text verräth. Also nicht der kür-
zere Syrer ist Epitomator des weiteren, sondern
der weitere Syrer ist Ueberarbeiter des kürzeren.
BerlchtiguDgeiit
S. 2 Z. 1 V. u. lies worden für werden.
„ 8 „ 24 und 25 V. u. 1. 115 für 114.
„ 128 ,, 9 V. 0. I. vorhergehendem für vorhergenden.
„ 141 „ 17 V. 0. l. in quiete für inquicte.
Kleinere Versehn in Setzung der Accente , Spiritus u. s. w. ist der ge-
neigte Leser gebeten selbst zu berichtigen.
i
IGNATII ANTIOCIIENI
EPISTOLAE TRES GRAECE
CUM VEESIONE SYRIACA.
Textum Graecum ad oplimorum testium fidem recensui, leclionem variantem
apposui, versionem Syriacam ex Curetoni Corpore Ignatiano ad literam
repetitam cum eiusdem et Pelermanni critica adnotationc adieci. De
ratione quam in textu recensendo secutus sum, leclorem ad praecedcntem
dissertalionem remitto.
184
ITNATIOY EniSTOAAI.
npoE noATKAPnoN,
'Tyvdrioc [o y.ai &eo(p6Qog] TIolvnaQ-nto imaxono) * ^/uvgvtjg,
f.idiXXov lneaxoTirifA.lvM vnb d^tov naTQog xal avQiov ^TfjOov Xqiotov,
nXetara /aiQHV.
I. lAnexSt/^ofievog cov rr^v ev &e(S yviof-iriv rjÖQaofttvfjv cog
ini nixQav uxIvt^tov vntQÖo'^uI^a) ^ d^ebv , xaTu^tw&tig tov ngoa •
(JÜ710V oov^ j ou dvaifÄ7]v iv d^ew. TlagaxaXcü ^ ae ev /uqiti , tj
ivöiövGui , TiQOod^Hvai TM Sgof-iM oov xal * vneQ navTcov TiQoaiv/e-
ad^ai ^ "va G(x)t,a}VTai, *Exöixet ^ rö nginov Iv naarj Enif.itXeia oagxixfl
T£ xou nviVfiartxTJ' ^ rijg iviuGiwg qjQovTit^e , r]g ovöfv uf.teivov'
navTag ßuoTut^e ü)g ^ \_xai] ak ^ ßaaiuCei o y.vQiog- nuvTwv avi-
Xov iv dyunrj, waneg ^ ° [xal] nouig. ÜQoaevxutg c/oXate ^ ^ [uöia-
Xdmoigl' ahov ovvtöiv nXeiova, ^g l'/jig' ygrjyoQei äxotfirjrov
nvev(.ia xexTr]/.ih'og. ToTg xwt' livöga xaxu ^^ bfio-^d^etav d^iov
XdXei ' ndvTWv * ' tag vooovg ßuaral^e wg reXtiog dd-Xi]Trjg • cnov
^*yuQ nXticOv xonog, noXv ^ ^ xal ib xagöog,
II. KaXovg /na&TjTug iäv g)iXfjg ^ , X^Q^Q (^oi ovx toTiv, (.lüX-
Xov Tovg XoifioTegovg iv ngaoTi^ri vnoTaaae. Ov ^ nuv jgavfxa
rfj avTJ] * i(.in'kdaTQO) d^eganavtrat* rovg * nago'§vafiovg ^ ifjßgo-
Xutg nav€. Og6vif.iog yivov wg bcpig iv anaaiv , xal dxegaiog
^ ilaatl ^g rj negiöxegd. /lid jovto oagxtxbg el xal nvivf-iarixogy
loser. 1 cum Syr. ... Arm. add. exxXr,aias ...AB ixxXrja/as ^/uvq-
vaicov Lat. ß om. ixxX.
I. 1 cum Syr. Arm. ...AB om. — 2 cum Syr. Arm. ...AB add.
rov aficöfiov, — 3 Syr. Arm. add. d&. — 4 cum . . . Syr. Arm, (et sie
petas pro omnibus filiis hominum ) ... Aß ndvras naQaxaXelv. —
5 cum AB... Syr. Arm. ut vivant. — 6 cum Syr. Arm. ...AB oov rov
roitov. — 7 cum AB... Syr. Arm. de concordia {öfiovolasl), — 8 cum
A B Arm. ... Syr. om. — 9 cum Syr. Arm. ...AB om. — 10 cum A
B Arm. ... Syr. om. — 11 cum AB ... Syr. in orationibus persevera.
Arm. precibus vaca. — 12 cum B Lat. A consuetudinem . . . Syr. Arm. vo-
luntatem, A ßoiqd-einv. — 13 cum AB... Syr. Arm, morbum. — 14 cum
Syr. Antioch. ...AB Arm. om. — 15 cum" Syr. Arm. Antioch. ...AB
om. xal To.
II. 1 Syr. Arm. add. fiovov. — , 2 Syr. Arm. ndvra xqavfiata, —
3 Syr. Arm. medicina. — 4 Syr. Arm. abscissiones. — 5 Syr. Arm. in le-
mtate. — 6 cum B ... Syr. ad illa quae requisita, ßts « ^bI, A mael. —
I
185
06) . *^o,v^ JS*OJSJt/l J0JS.JJ W w.-^^^» WwN* .>^j)S2D ^ JJj
♦ Jlic ^^^^J JlCL»0/ \bÄ. , w^O^JO Vs^? Q^s-^a^ ^^O^ jhs\Ö N»io ^
^i^ )oi. vp5 ^i^ ^j |o-/ .ftiXA^ ^ ♦ iJ^^-^ 6>i>Di )o^>o J^^j
iboOD ^jjt .^/l/ Jlc^p »W f2b.J \^/ jl^OwO ^oi v^
j^i/ ^/ ^ jü^j ' JjO)^co ,\;^ Jojl^j Jj^, ^/ uaiSj^
h.^\.K . ^ JS-^ <p^ ia-\) hss/ )Q^i J^ )».^.2o\l ^, II.
1 Inscriptionem ipse apposui. Cftr. quod epistolae ad Rom. in Cod. ß
Bubscriptum est. — 2 sie Cureton in libro impresso. ^cu^JuV ^'»»j )lVx/
)2>ßOQ2>/ Cod. a 5DQ*^Ji^/? jl-,^ Cod. ß Uou^^j lajQQQs/ .-^o^^j^/j )JL^^
Cod. y. — 3 5Da.^i^ Cod. ß. 500*^0^/ Cod y. — 4 ^DO-^/JL Cod. y. —
5 )2>QuQ0Q*2>/ Cod. |3 iSQXiCDS/ Cod. y. — G )j»Q>Ojj Cod. p. —
I. 1 cod a. v^jifcs» Cod. ^ et y. — 2 |«Jlj5 Cod. |3. — 3 1. \öto feterm.
-- 4 Cod. a, Jü/ \^ Cod. ^ et y. — 5 1. jio Peterm. — 6 Cod. a. Jü/ ^
Cod. ß et y. — 7 Jü/ \öj Cod. ß. —
II. 1 ^QO VsvQ^ Cod. y. — 2 Peterm. leg. coniicit j-Vq. irritatidnes
vel JlOQ^ incitationes. — 3 Pj» ^^aa Cod. y. —
186
*lva XU (patvof^evu ^ oov dg ngoaconov ^ xoXaxtvrjg • tm di aogara
aliei tV« aoi (paveQwd^fjy ^ onwg iii7]divdg Xeinfj xcu lo navxog yaQi"
(TfiuTog negtaaev]]g, '0 yMiQog änaiTit oe, cbg * ^xvßeQvrjTtjg ^^ uvi-
fiovg, xal wg ^^vavg /jif,ittt^0fiiv7] h(.itva elg t6 ^£o£i imTV/jTv.
Nijcpe cog d^tov a&X^Tfjg ' t6 d^t(.ia u(p&agoia y.al Jw^ uicoviog, negl
i]g y.al gv ntneioai, Kura ndvTa oov uvtiipv/^ov lyto y.ai tu ötaf.tu
(,10V, u rjyuuTjaag,
HL Ol doxovvTeg ' ftvai xi xai hiQOÖi8uGy,a\ovvTtg (.itj ae
yaxunXriGöhwGav' GX^di ^ de ^ Idgutog Mg * ux/ncov xvnxo/LiE-
vog' (uayuXov ^ yuQ iaxiv u&l^xov xb ötQtG^ut yui vtxuv. Md-
XiGxa ^ [da] evextv &iov nuvxu vnof^avetv 7](.iug J*r, 'ivu y.ai uv-
xog rjf.iug vnofuttvT]. TlXaov GnovöuTog yivov ov tl* xovg xutgovg
xuxu(.iuv&uva' xov vnaQ y.uiQov ngoGÖoxa, xöv uygovov, xbv uoqu-
xov , xbv öl* rjfxug oquxov , xov uxfJtjXucptjxov , xov unad^ij , xov
dl* ri[.Lag 7iu^7]t6v, xbv xuiu nuvxu xgonov ^ [nuvxu] öi* r]f.iug
vnofialvuvxu.
IV. XiJQut (4.1] ufiaXaiG^WGuv • * f,iaxu xbv xvqiov gv avxwv
(pQOvxiGxi^g I'go, Mfiöav avav yvwf-irjg gov yivaG&a), fitjda gv uvav
d^aov 2 yv(jü(i7]g xt nguGGa ' onag ovöe nguGGatg. ^ EvGXud^ai.
* Hvxvoxagov Gvraywyui yivaGd^coGav • a'§ dv6f.iuxog nuvtug t,rixai.
/tovXovg xai öovXug (xi) v7iegf](pdvai y uXXu fxrjda avxot q)vaiova&w-
Gav f ulX* 5 [(Lg] alg öo^uv d^aov nXaov dovAavaiWGUv , 'ivu xgaix-
xovog aXav&agiag unb d^aov xvitOGiv* (irj (guxMGav unb xov xoi-
vov aXav&agovGd^ui , "va fir] öovXoi avga&(7)Giv antd^v^iiag. lug
xuxoxayvlug q)avya' (tuXXov da nagi xovxcov üf.iiXiuv noiov,
V. TaTg udaXcpuTg [xov ngoaXuXai uyanuv ^ av xvgiM xui xotg
Gv/iißiotg ugxaiGd^ui Gugxi xui nvav/Liaxi. '^ O/^iouog xut xoTg udaX'
(poig ftov naguyyaXXe av dr6f.iuxi ^ *Ti]gov XgiGXOv , uyunuv xdg
GVf.tßiovg, cjg o xvgiog xr]v axxXi]Giav * [uvxov], Ei xig dvvaxui
7 cum Syr. A ... B ooi. — 8 cum Syr, A Arm, ... B Damasc. inavoq-
&(6aTjs. — 9 cum Syr. A Arm. ... B i'i^a firjSev ooi. — 10 Syr. Arm.
ndvrcov xotQiafiÜTCov. — 11 cum Syr. Arm. B ... X xvßsQv^rat. — 12 cum
A B Arm. ... Syr. vavv. — 13 ex coniect. cf. ß vr}\' x^t/^f^^Ofierrj ... Syr.
Arm. A %Eifxat,6inEvoi.
III. 1 cum Syr. Arm. ...AB ä^ioTtioroi. — 2 cum Syr. B Arm. ...
A om. — 3 cum Aß ... Syr. Arm in veritate. — 4 cum AB... Syr. Arm.
a&Xrjrrjs . , . fragm. Syr. ap. Curet. vir fortis. — 5 cum Syr. Arm. Lat. A
om. A B. — 6 Syr. öm. Sä. — 7 cum Syr. Arm. . . . A B om.
IV. 1 Syr. propter {8ia). — 2 cum Syr. B Arm. Chrysost. . . . A om. —
3 cum Syr. B Arm. . . . A svata&ijs. — ^t Syr. assiduae. — 5 cum Syr. Arm.
V. 1 cum Syr. ... A B Arm. rov xvqiov. — 2 Syr. Arm. add. rov
xvqIov [fjfiüiv]. — 3 cum Syr. Arm. ...AB om. —
187
.iis*U ^o)Qio \coo «;^CY)>» Joo^l JJ )o«»3j . J^ x:\^? '^j*'
.Jjlxi^ JÜQA--.2QO )oii3j W ^/o .|a\JÜ )^*tZ5aO * ^/ >^i. JjO)
^ .j^j )Ot>D JoJJi^i Jfr-^y ^^ V-^ ^?^ JojScJJ Jofc^itb
^^a:^ />^op) ^qq2j:d Isj/ "" ^/j >^6j .JUb^ jJj )c^iS.j ocm |x^
p<pQj ii5^cL >^oN>oo : )o^x> ^^o^^*/1 ^p>)^.QaiDj ^/ III.
. ^l^/j Jio ^ ^ *^N. «^^-^^-^ -»0O1 • oo) ^/ ^p-Äuj . ;zv.cpti
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.^Oj^l ^«^ ^OOJ W ^ ^^>^ «^{Y>^)^ü JJ jÄJDiV IV.
^ V=^ - )0*>D 1Q\Qd1 )^/ jü .£>/ ^ *^f^-^} ^ ^ 'A^COl JJ )0*tX)0
^/"' il/ .^QJtl JJ JlojiJJo J^ijii .opajL ^ Ji^ ^ooi W ^^^^
JJj v^v^fco ^^^^? >^2a-v^ JJ Jo^ ^j jt^hss Jlo^JJs. >$o^jüj
^j Ww^* .JDo*A JiW3 J^i. ^ '^^^^^^^^ Jf?^ >$uo^jtj
^OJ^V^^^oJS. >^jQ2iQCSJO VpQZä ^p^J^ 'tX)/ J^OO) wlouljj V.
^J OJ^XJJO »Cl^V> fc^OOl w^JJ ^/ ^J ^Ol .w^O*t250 ^c^^
J^ JU/ 7 .0)lA vi» ^/ >$Öj.-.JU >9.2WJJ .^..äX) >Ci.QJU
4 )[^;3QX> Cod. ^. — 5 Cod. a W ^oSi» W Cod. ß et 7. —
III. 1 jjÄ^Syr. fragm. p. 198. — 2 \0j2CJ^ Cod. ß et y. — 3 Cod. ß et
y. om. Cod. a. — 4 JU>DtA» Cod. ß. — 5 Cod. of. )qood/ Cod. |3 et y. —
IV. 1 Cod. a, l]3i/ Cod. ßety. — 2 ^ Cod. |3. — 3 JJ ä/ Cod. o'. —
4 Cod. a. JLfisaV Cod. ^ et y. — 5 JJ ^/ Cod. y. —
V. 1 \^z^ Cod. |3, ubi etiam additur statim ^o^VA^ ^a^iritos suos. -»-
188
iv ayveta (xivtiv ilg Jif^rjv * rijg ougxdg jov xvgiov , Iv äxav/t}-
aia (.uvtxci). *Euv xavxriaf]Tai , anojXtro* xal iuv yvcüad^fj ^ nXrjv
JOV eniaxonov, t(fd-uQTnu llQtnti ^ Si ToTg yaf.LovGi xul JuTg
faf.iovf.uvaig ^era yvwfitjg tov Iniaxonov ttJv ivwatv notHo&ai,
'iva 0 ya/uog fi xara ^ xvqiov xul {xri xut" inid^vfiiav. TlavTa
8 [df] dg Tt/^t^v d^eov yiviad^oj,
VI, Tw imaxonü) ngoae/tTf, 'Iva xal b d^eog * Vjiitv, lAvrl-
tpv/ov lyM TMV vnoTaaaof.itv(ov zw Iniaxonw , ngiaßvxtQOig, 6ta~
xovoig' 2 /U6t' avTMV /lioi to fA.iQog yivono ' [^';ff «i^] "^ naga ^ &€w.
2vyxontuTa dXXfjXotg, owadliiTe, avvTQe/jTS^ ovf.i7idaxtTe ^ ^ avy-
xotf-iäa^ey ovviyeigto^e wg ^eov oixovninot ^ xal nageSgot xal
^ vnr]getai. ^ lAgioxeJt, to aigajtvtad^e, u<f)^ ov ^° [xa<] tw ot//cu-
vta xo(xiatod^i» Mriztg vficHv * * deolgjwg evged^fj, To ßamiaf^a
' 2 vf.iMv * ^ fiivhü) ütg onXuj ^ ♦ ^ nloTig wg mgixiifa'kala, tj ayani]
wg öogv f 7] vnof.iov7] Mg navonXia. ** Tä ötnoairä v^c5v
^® T« * '' [rlyad-o] Vgya Vjuwv, "va ^^ tu uxxenTa ^^ [t-f-icuv] a^ia
^° d-iov xof^iarjad^f. ** Maxgo^vfifjoart ^^ /u£T* aXXi^Xwv iv
ngaoTTjTi, ^^wg b ^edg ^ * ^t&* v(xü)v, ^ ^^OvuifATjv v^imv öiu'nav-
Tog. 'O XgiGTiavbg tavjov l^ovaiav ovx eyjt aXX« ^^&iw o/oXa-
^ei. 'Aa7tüi^of,tat ^''tov ^AXorra Ixara'^iovo&ai tov] ilg "^^lAvrto-
Xtiav nogeveod^ai ^^ [uvil i(.t0Vf ^ ° xad-Ufg Steia^aiArjv aot}. ^ ^tj /dgig.
4 cum Syr. Lat. A B Ann. Aütioch. Anton. . , . A rov xvqiov rrjg aaQxos, —
5 cum Syr.B Arm. . . . A nleov. — 6 cum Syr. Cod.yff. ;/ A B . . . Syr. Cod. « enim. —
7 cum Syr. Arm. Lat. A B Antioch. . . . A xaTo. &edv, — 8 cum Syr.
VI. 1 Syr. spectet in vos, — 2 cum Syr. Arm. B Antioch. Damasc. ...
A praemitt. xai. — 3 cum B .. . A axeiv ... Syr. Arm. om. — 4 cum Syr. B
Arm. ... A iv. — 5 cum Syr. Aira. B (Codd. 0 V) ... reliqui Mss. ap. B
et Met. d'eov. — 6 Syr. Cod. ß om. exstat in Codd. a. y, — 7 Syr.
filii domus eius Arm. et domestici. — 8 Syr. Arm. ministri eius. — 9 cum
AB... Syr. Arm. placete ei et servite ei. — 10 cum AB... Syr. Arm.
om. xal. — 11 cum A Arm. . . . B Cod. August. SeasQxcoQsvd'fi (Cod. Nydpr.
SiaaaXevS-fj ', Dressel in editione nuUam lectionis varietatem notavit). Syr. dub.
(desciscat)! — 12 Syr. Cod. « vobis ß. y apud vos. (Arm. in vobis). Num
legendum Ttaq^ vfiXvt — 13 cum A ß Arm. ... Syr. erit(sit); ex scribendi
errore pro manebit. — 14 ^ nians — rj dy. — 17 vnofi. apud Syr. Arm.
Polysyndeton: et -et -et. — 15 Syr. Arm. thesauri. — 16 Syr. add. sint.
— 17 cum Syr. — 18 Syr. donum. — 19 Syr. Arm. om. — 20 cum
Syr. B Arm. ... A om. — 21 cum A . .. B fiaxgo&vfieTre. — 22 cum Syr.
Arm. Damasc. ...AB add. ovv. — 23 cum A Syr Arm. ... B xai. —
24 cum Syr. Arm. B . . . A vfiedv. — 25 Syr. Arm. gaudeo in vobis. —
26 Syr. Deo paratus est ut se subiiciat. Arm. Deo paratus est. Syr. Iragm.
ap. Cur. constanter Deo paratus est. — 27 Syr. qui coosentiens est (om.
xata^iovad-ai) similiter Arm. qui paratus est. — 28 cum Syr. ... A B
Arm. JSvqiav. — 29 cum Syr. — 30 cum Syr. — 31 cum Syr. Cod. a.
189
J;o^JJ ^j )o^^ -J^p J^° N?^ ^^°^ ^°°^? •'^^JPo
♦ JooM Joj^j
Jj/ , s^rri ia«j Joi^ xä/j }2)oocy>0)|^ ^ ^V-** v^i^ooj VI.
O^V»?^ Jj^Il )Qi. QJU* Jl*^ )0i. Q^^O) Jj^l )Qi. JjCV^ OpX
0)^-0 wJlSo .-Joi^J JJ^S* .-JiV ^(^ Jl^Il )Q^ QiDCLD . Jj^Il )Qi.
♦ luj ^/ >^^\' Joojl >9^^^io.so-\>o »ipaj >^.njL>o .ju(^ JJ
^/ jLoj;r^oCY>Y>o .|op ^/ Jbcu.o JIiqjlQd ^/ JIcu>q-0)0
joi!^5 ^/ JIomwü^ Jjv** Id^ >^2L*0^ ^♦^^ J°^^ '^J)? ^<^
Jj^Qjt ojl NX ju^Vril .^j^i::^' >giD^ Jj/ jo^ Jj/ .>^ldSw
2 Cod. a. jiScuQ0Q*2><' Cod. |5 |g>or>CT>o>/ Cod. y. — 3 cum Cod. ß et y. Vsv
Cod. a. — 4 Cod. a |2>or>CY>.o>/? Cod. ß |anQQ2>/j Cod. y. — 5 p»» ^
Cod. y. —
VI. 1 Cod. (X. Ji2>QQQcu2>i=i Cod. ß i2ißQQa|3 Cod. y. — 2 Cod. a. JlSQuQQOÄJJ
Cod. ß laofloaJJ Cod. y. — 3 )jj^ )Qic oCiJOj om. Cod. ß. — 4 IjLqjlqqS)/
Cod. |3. — 5 Cod. a. >^i.c^ Cod. |3 et y. — 6 o^QO Cod. y. — 7 ^j \a;i
Cod. ß, — 8 Peteimann |*3*^JJ Antioclüam o margine in textum venisse
et logendum putat ^iocdi^ in Syriam. Vix crediderim. — 9 \t«ß3J Cod. y.
— 10 Cod. a. ^>cÄJt Cod. ß JÄ^Äjö A^X^ Cod. y. —
190
nP02 EOE^IOTS.
*IyvaTioQ [o xul d^toqjOQoq] Trj tvloyrifxlvri Iv f^eyt&ei diov
nu.TQog ^ xai ^ ntnXfjQW/^ivj] , ttJ nQOWQiOfievrj tiqo alwvwv elrai
diu navTog dg öo^av nuQUfiOvov , ^argtriTov, "^ riv(x)y.lvriv xai
ixXeXeyfxevTjv ^ y.uTu ngo^taiv uXTj&tvrjV y iv &ekr}(.iuTL lov nuiQog
^ ^ItjGOv Xqiotov toi d^iov ^(.iwv, rfj ixxXi]aia Tfj uiio/naxaglaTO) rfj
OVO]] tv ^Eq)tO(p nXtiOTa Iv ^Ir]aov Xqiotw «y u/nuf^M ^ x.aQä /aiQttv,
J. Vlnoöt'idfxevog iv ^ecZ rb noXtayaniiTOv * vf^oJv ovofia,
0 y.ixT7]G&e ~ q)vaei drxuia ^ [xui] xuTa nioriv xal uyunrjV *^Trj-
oov Xqiotov tov acoTtJQog tj^wv, ^ [on] /nt/^riTul ovitg &iov, äva-
^(jüTivQrjoavug iv uI/autl ^ d^iov zb ovyytviy.bv Igyov '' tif^auv ^ anov-
duiwg dn7]QTioaTt' uxovauvTeg ^ yu^ ^^(.le dtöi^ivov ^^dnb 2v-
Qiag vneQ tov xoivov ovofiarog xal l^niöog, iXni(^ovTu ^^raig
ngootv/aig vfiwv * ' [innvyjtv] iv '^Pwf.irj ^riQiofxayriöat, 'Iva * * diu
TOV initv/^Hv dvvfjd^cd (j.ad^i]TTig tlvat ^ ^ d^iov , ^^löttv ianovdu"
ouTt • ind ovv rrjv noXvnXrjd^lav v(.im' iv uvo^uTi &tov * ^ unti-
Xri(fa iv 'OvrjaifiM tco iv uyunr] ddiriyrjTCp ^^ijiwv imaxonM , ov
ev)^Ofiat xaTu ^ ^ ^Irioovv Xqiotov vfxuig dyanuv xul ndvTug v/nug
^°fv biJ.oiWfiaTt avTOv dvai' ivXoyrjTog yuQ b xuQiodfÄivog vfiiv
d'^loig ovai toiovtov ^^ inioxonov — dW ind t] dydnt] ovx iä (A.t
GiMTiuv neQi vf^iüiv, diu tovto nQoiXußov nuQUKaXuv vuäg, ^ ^ bncog
GVVTQfX^^^ '^fl yVWf.iri TOV d^EOV.
Inscr. 1 cum Syr. Lat. A Mss. B ... oiii. aal Arm, A et al. Mss. ß.
— 2 cum Syr. et repleta Lat. B repletae ...AB Ann. nlrjQcifiatt. — 3 cum
Arm, AB ... Syr. xai äx^enTov. — 4 Syr. Arm. perfecta. — 5 cum
Syr. in proposito veritatis ...AB Arm. iv ndd'et dlr]d-tv(^. — GAB add.
xai. — 7 cum Syr. B ... A ;ta(><T«.
I. 1 cum Syr. B ... Arm. A oov. — 2 Syr. in natura in voluntate
proba et iusta (in voluntate proba, ex margine in textura irrepsisse videtur). —
3 cum Syr. Cod. ß ß (Mscr. Bodlei.) . . . Cod. /AB om. otai. — 4 cum Syr. . . . iv
'/. Xq. A iv X^. 7. Lat. AB.— 5 cum Lat. A (Syr.?) . . . om. xai A ß. —
6 cum Syr. A .. . Lat. A Xqiotov rov d'eov . . . B Xqiotov. — 7 cum Syr. et
Arm. . . . om. Aß. — 8 cum Syr. in festinatione Arm. cum amore ...AB
rsXeicog. — 9 cum A B Syr. Cod./ ... Cod. ß Arm. om. yaQ. — 10 cum
B ... A om. Syr. dub. — 11 cum AB.,. Arm. in Syria ... Syr. ab ope-
ribus (ex calarai lapsu). — 12 cum Syr. Arm. Lat. ß ... A B ttj ttqoo-
^^Xfj' — 13 cum AB... Syr. Arm. om. ijuTvx^tv. — 14 cum Syr. ...
Lat. A (Cod. Caj.) om. Sid rov A Lat. A (Cod. Mont.) Sia tov inir,
fiaQTVQiov. B 8iä rov fiaQT. om. inir. ... apud Arm. locus corruptus est. —
15 cum Syr. ... Lat. A (Cod. Caj.) om. iteov ..AB rov vnsQ fjfiwv
eavTov dveveyxovros ■d'stp nQOOfOQav xal d'vaiav. — 16 cum Syr. Lat. A
... Arm. similiter ...AB om. — 17 cum A B Arm. ... Syr. accepimus. —
18 A add. 8e iv oaQxi. — 19 Syr. add. rov xvqiov tj/uojv, — 20 cum
Syr. B ... A (Arm.?) avr^ iv o/uoiottjti. — 21 cum Syr. ... A add.
tcbXTjiod'ai, B x6XTr,ad-ai iv Xqiotc^. — 22 cum A B .. . Syr. ut stu-
deatis (oncos OTtovSdotjrel) Arm. ^simifiter.
191
♦ I^Q^ l-»QA.J ^Öj^ »vpj^ j^^..>.X> N\CLJL^1 wO)CO/j OM-^3p
1^020 JJl Jlo^-M^JZä ^-.-..-.JLiD >\CUl-wZ> ^CLQCl2>|o C^J^/j w.6^
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>5oo)l >$>n\>o ^ %»^OMCCL-b v^ J^AJt» N^Qju:^ W JJ)»? oo)
j2>ciQQa3/ ^ Jjo) ^/? >5dS. ^o)-»? o6j Vs^v ^^ Y*^^^ * oilci>Dp
♦ ^oiY> jdoNjl/j w^ wQZ^ jj JzjQa*? ^"^^ Jj/ . ^$^J/ x^^ T^
1 |-m2>/ JLcb.j ^IVIJ )tv^ Cod. y. — 2 ^DO^^'i. oo^j 500.^0^ Cod. y.
— 3 Peterm. legendura esse censet jjuo sed et Cod. y legit JbuJO.
I. 1 om. Cod. y. — 2 >^j^A.Iio Cod. y. — 3 Cod. y addit ;*^. —
4 jJ'titOQD Cod. y. Sed legcndum est cum Peterm. et Curet. (ed. 1)
Mqcd. — 5 legendum videtur «JJO^.JLj >^W y^ls^SH^U (cf. Arm.). —
C Ji2uacQ2>/ Cod. y. — 7 >92iswCOO Cod. y. — 8 IscuaQoa/ Cod. y. —
192
II. "Otav yag /n^öf/Liia * ini&vinia 2 IvdQiaTün h vf-uv r] Sv-
fUfievt] l/iiäg ßaoaviaat, uga y.aja &tdv ^tJtc. ^ IltQixprifxa Ifiwv
iyw, xal ayvi%Ofiat vneQ v^wv ''Eqeatwv «xxXjjamg Trjg diaßorj-
fov * TOig aiiOGiv, ^ Ol oagxixol tu nvevfiaTixu jiQuaauv ov dv-
vavtai ovöi 01 nvevf.iaTtxoi tu oagxixu y üantQ ovöi tj niatiq %a
jfjg untaTiag, ovde t] uniaTia tu j^g niaTecog. *yl ^ de xat xara
ougy.a nguaüiTe, Tavra nvevfiuTixu ioTiv , Iv ^Ij]O0v yuQ Xqiotm
nuvTU nQuaaaTij rjTOtfxaof^ivoi iig oixodo/^ifjv d^eov naTQog, uva-
q)iQ6(.iivoi iig tu vipt] diu r^g f^i]X^^^i? *Ti]oov Xqiotov , og eoiiv
GTUVQOg , O^OlvicO XQüJ(.ltVOl TW TlViVf^UTl TU) UyiM ' 7] öi ntOTtg
vf^wv uvaycoytvg vfA.Cüi', tj di "^ ayuni^ oöog rj ^ uvttq)tQovaa dg
III. ^^Ynig ^ tcuvtcüv ^ [de] tüjv uv&gconwv '^ ngoaevxio&e'
töTiv yuQ ^ uvTotg iXnlg (.itTuvoiug, 'ivu deov tv/cooiv, ^^EtiitqI-
ifjuTe avToTg ^ ex tcuv egywv ^ v^iwv fj.u&riTfv&jjvai ' ngog Tug
vgyug uvtüjv vf^ittg TunetvoqQOveg yiveo&a^ xul ngaeig , ngog Tug
ßXaaqjtjfiiug uvtwv vfitig ^ ° uvTiTu^are ngooev/ag y ngog t/Jv 7iXuv7]v
UVTÜJV vfieTg * * edgutoi Tfj nioTet , ngog t6 uygiov uvt&v vfietg
■ijfiegot ^^[yivtad^e xul tjav/joijj f^rj onovdui^ovTeg ^^uvTiy.ifxrioaad^UL
avTOvg ^*T/y de enitixelu f.iifi7]Tut tov xvgiov anovda.^wi.iev elvai'
1 s — jig jiXeov udixi]d-fji Tig unooTegi^&fj, Tig u&eT7]&i'] ; — * ^ ov/
oTi ennyyeXia To egyoVf ^'' uXV Iv dvvufiet niaTiwg luv Tig evged^fj
eig Telog. ^!AfA.HVüv iariv aiwnuv xut elvai ^^y rj XuXovvTa fx^ elvui,
tV« di^ ü)V ).uXtL nguoarj xai di* o)v oiyä yiv(vaxT]Tat,
II. 1 cum Syr. Arm. B ... A e^tg, — 2 cum A ... Syr. plantata est.
Lat. A complexa est. B vnaqx^i. — 3 cum A ... Syr. Arm. gaudeo in
vobis et supplico pro vobis. — 4 Syr. praemitt. näoi. — 5 Syr. Lat. A
Antioch. add. enim. — 6 Syr. enim. — 7 Syr. Arm. amor vester. — 8 Syr.
Arm. add. in altum.
III. 1 A B Arm. xal vneQ. — 2 cum Syr. ...Aß Arm. rc5v aXXcov.
— 3 Syr. Arm. om. de. — 4 A B add. aSmleinrcos. — 5 cum Syr. B
... A Lat. ß add. iv, — 6 Syr. legisse vid. fiäXXov de ix rcov 'dqyutv vfiwv
fia&Tjxevd'woi. — 7 A xäv ix r. i. — 8 cum Syr. ...AB vfiTr. —
9 cum ß Syr, Arm. om. A. — 10 Syr. vos fuistis orantes. Videtur legisse
cum B avTird^ars uQOoevxas , sed imperativum cum verbo finito permutavit.
— 11 fortasse Syr. cum ß legit bSquIoi orr/xers tjj itioxei. — 12 cum
Syr. sitis pacifici et tranquilli ... A Arm. om. — 13 Syr. ne miremini eos.
Sed lege ne imitemini eos (Cur. ed. 1. Peterraann). — 14 Syr. pauIo inverso
ordine: simus autera imitatores domini nostri in mansuetudine. Sed ordo in
textum receptus ab Arm. A ß commendatur. — 15 Syr. add. xai. — 16 cum
Syr. non quod promissio est factum. A ov ya.Q vvv inayysXiai i6 sQyov. —
17 Syr sed (nisi) quod in vi fidei invenietur horao usque ad fiuem. Sed le-
gisse vid. ut A. — 18 Syr. legisse vid. elvai ti.
I
193
. ^«>*^«Y> JJ >^*AQCü? JNu**oV . )j'<K^ >50p W? V-s^v ^/ . Jn^\
^V^Qjj^ ^/ Jlov>n.O) JJ ^/j Jjn-/ .J^^V,^ Jbu*oV JUl2>/
>^W >A^)^o .Jii/ JoJ^j luiSv ^W ^:^-^o ♦ ^$l;^>CY>
^♦^fc^o " , JL:^^ . ^ojoWj ).^^iL>o >\CLJu^i JjLoJba^ )j»o;\
Jlocub Jvi^QD v-^ >$ojS. CO) W . Iaxjc) >5oJSd\^ ck, III.
joop *>$CH^ >$ W^^ ' i^o ♦ ^cH2>o ^xuR^ oooj ^0)!.a«*t^*t^ ^
U. 1 cum Cod. y. J^x^sOV Cod. |3. — 2 Peterm. corrigit jajÄXis. . — 3 1. JÜL .
— 4 ^•♦OQJJ Cod. y. — 5 Peterm. supplet ^Z. — 6 p,y>\) Cod. y. —
7 Cod. y addit >^W. — 8 >^:iL\«^o Cod. y. — *
111. 1 1. v^ojJLo*^*,^) . — 2 1. >^jU JJ iie imitemini eos. Curet. (ed. 1)
Peterm. — 3 Cod. y addit %*oj. —
Abhandl. d. DM6. I, 5. 13
194
IV. ^ neQirpJ]fia t6 ifÄOP nvii/ia tov axavQov^ o lau axuv-
Salov ToTg "^ äniaiovoiv , ^ rßiiv de awTt]Qiu xul ^wtj aiwvioq,
'Elad-tv TOV agxovra tov ahovog tovtov tj naQ&tviu Maglug xal
b TOXiTog * tov ycvQiov ^ xal TQia (xvoTtiQia xgavyrig^ axiva Iv
6 r^av/Ja &aov InQaxO^J] '' «^o tov uoTegog, ^^'Ev&av « (pavtqov-
(.itvov vlov * ° iXveTO fiuyela , xal nag dto(.i6g * * riq)aviC,ixo ^ ^ y.ai
na'kaia ßaaileia [xadrjQtTro] xal ayvoia xaxiag Sieg)d^eiQaT0. ^'Evd^av
TU nävTa ovvexivtiTO ^ ^ diu t6 /.lekeTaad^ut d^avuTOv xuTuXvotv •
ägxTjv Ö£ iXu(.ißuve to tzuqu &eM anr^QTioi-uvov.
nPOS PSIMAIOTI.
*IyvuTiog [b xal &£oq)6Qog] ttj ri'ktru.dvri iv f.ieyaX(i6Tr]Ti na-
TQog vxpiöTOV exxXt]oiu, iJTig ^ nQOxad^riTat Iv totim /cogiov ^Pco-
(xatojv uE,i6d'aogf ^ a^ionganrig, a^iofiaxuQioTog, a^ianatvog, ^ ä'^io-
fxvr}(A.6viVTog j * u'iientTevxTog xal ngoxa&rjf^ivt] ^ iv ayunj] , \xa)] ^
® XQiGTovofxog '' a/.iü)fj.og nleiaTU /aigeiv. «j^
I, ^ ^Enev'^äfuvog d^tM ^ iniTV/ßv idtiv v/nüiv tu a^iöd^ta ngoa-
wna ' [0^5 xal ndXat fiT0Vf.u]v XaßtTv], * vvv ^ öaöefiavog iv Xqigtm
^ItjaoZ iXnil^o) vfiug uandaaadat, idvnaQ ^&aXrii.ia rj tov u'itcod-TJvai fis
ilg TiXog '' , "^H (xav yuq uq/^ri avoixovofitjTog ioTiv, idvnaQ ^ ilg nagag
IV. l Syr. adorat s. incurvat se. Item Arm. et fragra. Syr. ap. Cur.
— 2 Syr. anei&ovaivt sed Arm. et fragm. Syr. apud Curet. ut A. —
3 Syr. Arm. vfjXv . . . fragm. Syr. ut A. — 4 A ß Arm. et duo fragmenta
Syr. ap. Cur. 6 roxerös avt^g , ojiioicog xal 6 d'dvaxos tov xvqIov Cod. y
add. xal 6 d'dvaxos avrov. — SAB Arm. om. xai. — 6 Syr. Arm. ex
scribendi errore : in lenitate pro in tranquillitate. — 7 cum Syr. ...AB
Arm. om. Sed änö rov dareQog cum sequentibus videtur coniungendum esse.
Legere placet: "Evd'ev^ dno rov doxeQOs vlov faveqcod'ivTOs, bXvexo xxl.
— 8 cum Syr. ß . . . A od'EV. — 9 cum Syr. . . . A d'tov dvd'QcoTtivws
g)avEQOVfiivov. — 10 Syr. coepit cessare. — 11 Syr. destrui (evanescere). —
12 Syr. om. xad'rjgslxo . .. A xaxias dyvota xadrjQsTxo xai naX. ßaa. diecpd'.
quod fortasse praeferendum est. — 13 cum AB... Syr. et solutio mortis
meditata fuit.
Ins er. 1 Lat. A B add. xai ... om. B Syr. 1. 2. — 2 cum Aß...
Syr. 1 digna vita. ~ 3 cum Syr. 1 digna recordatione ...AB Arm. 1.2 Syr. 2
om. — 4 A B Arm. 1. 2 Syr. 2 add. d^ioayvos, quod fortasse pro d^iofivrj-
fiovevxos legendum est. — 5 cum Syr. 1 Lat. A ... AB Arm. 1. 2 Syr. 2
xTjs dyaTtTjs. — 6 cum Syr. 1 perfecta in lege Christi Lat. A Arm. 1. 2 Syr. 2
Christi habens legem A x^^oxcow^ios. — 7 cum Syr. 1 ... AB Arm. 1. 2 Syr. 2
Ttax^covvfios-
I. 1 cum Syr. 1 Lat. A Lat. ß Simeon Metaphr. Syr. 2 . . . A B Arm. 1. 2
in ei Ev^dfiEvog. — 2 cum Syr. 1 reliqui inexvxov. — 3 cfr. nota ad textum
Syr. — 4 cum Syr. 1. Arm. 1 . . . A B om. — 5 Lat. A B Arm. 2 add. ydg.
-- 6 cum Syr. 1. 2. Lat. AB ... A Arm. 1 add. xov ^eov. — 7 A B add.
Blvai, — 8 cum Syr. 1. Arm. 1. ... AB x'^Qt'^og. Syr. 2. Arm. 2. ek
niqas x^Q^T^os. ß eis niqag post xk^^ov fcov. —
I
195
•:• )c3i^jüo JojS^Jbi )o^>oV j-^ojt Joojo . joo) \>ju*^ä Jloioi o^vio
>^6) . >^-2u2)o,v^ )l^/? jofc^/j Jo^jy fc^; )a**-0 ^ I.
IV. 1 )JÄ.QßJL Cod. y. — 2 Cod. y addit o^JLoiOO. — 3 1. |^> -»^ in tran-
quillitate Peterm. — 4 Peterm. 1. |nv>0 sive JnY> , — 5 O^Ju\vj Cod. y. —
6 Qi-Ji./ Cod. y. — 7 pjid^ Cod. y. -- 8 ^rjJLj jlvw* J^X^•. Cod. y. —
1 Cod. y Ä.IJ )^W' ceteris omissis. — 2 Cod. y ^po\3>^L. — 3 Cod. y
)ji*»Z>. — 4 Cureton 1. jjA (cc^ionQSTCT]^). — 5 Peterm. 1. )Z.q*o^o (cc^iccy-
vog). — G Cod. y \»,\2i. —
I. 1 Cod. y Jb/ •,'>fV>Y» . — 2 Peterm. vocem >(>.'?>Mo/i ex errore huc trans-
latam censet. Fortasse Syrus paullo supra in graeco exemplari legit
ovg %al nccXuL rjtovfirjv XaßeCVy x. e. >^i2b^o/i Ä\)ä. )Qu*i3 ;d ^/j , quae qui-
dem verba ex errore partim transposita, partim omissa sunt. Nimirum
cum infra ^)«,/o sequeretur, calaraus facillime aberrare potuit. — 3 Cod. y
>j>nY>\t ^\«yo. — 4 Cod. y ^saxi'^U. —
13*
196
fnitvyto Tov xXtiQOV (.lov uve/^inodiarwg unolaßtiv ^ [tm nadiiv],
Ooßomui y«(> T^v v[.iMV uyanriv, ^17 «^'^^ /^te uöixr^arj. 'YfiTv
1 " ydo evyjfjtg Igtiv , 0 d^iXtra noirjaat , i/^iol de diaxoXov eart
II. Ov yoLQ iyio nore * aXlov T^w xatQov toiovrov &eov int-
Tvyßv, ovTi vf^itg luv aiwnr^üriTi y "^ xQiixTOvi i'gyto l'xtTt ^ Int-
yQaq)r]vai. **Edv oiconrjaT^Te an* i^iov, iyw yer^aoinai d^tov
^Xoyog' luv de eQuad^iJTS fijg auQxog ^ov , ndhv laofAUi^ ff^av-
TOV rjXM' TTkIov [xol '' /LiTj nagua^i^r^a^e rov Gnovöio&tjvut ^«w,
(hg Iri ^VGiaoxriQiov ixoiuov Igtiv' 'Iva iv uyunj] x^9^? yiv6f.iivoi
aor^Tf ^ &e(p naxgl Iv ^Jrjaov Xqigtm^^ oti [toj] IniGxonov^^
xarrj'^icooev ^ ^ ilrai &tov , eig dvoiv uno dvaroXijg ^^ (neianmyjd-
ftivog. KaXov tÖ övvai dno xoGfiov *^ ngog d^tov, 'Iva tig avjbv
dvatiiXü) * * fv ^(üfj. 'U
III. OvSenore ißuGxuvare ovdiva, ciXXovg tötöuiure. Movov "
fioi övvafxiv aheiGd^e öodijvat ^ l'aw^ev xai Tico^tv, 'Iva fitj fiovov
Xiyw, dXXa xal &iXa)y "^ xai (.it] fiovov Xeywfxai X^iGTiavog, dXXä
xal ivQe&ü)» *Eav yuQ ^ evQed^cd, xal XiytG^ai övvaf.iui , xal zore
niGTog * iif.11, oTuv ^ x6g/.im firj (paivcofiat. Ovöiv ^ yäg cf,aiv6(.uvov
' dya&ov. Ol ^ mtGjnovrjg t6 i'gyov , uXXa ^ (.leyi&ovg touv 6
^^ XQiGTiaviGfibg^ ^ ^ ojav f.tiorJTat vno xoGfiov.
IV. ^Eyw ygacpo) ^ nuGatg ratg fxxXrjGiuig , xu} iritXXofiai
nuGiv, ort iyu) excov vnfQ &iOv dno^vr^Gxci) , luvntQ vfitig fit]
* xcoXvatjTS. naQuxu7.ü) vfxag /.u] ^ ttvota äxutgog yfvtjG^i fioi,
9 cum Syr. 1. — 10 Syr. 1. vft'tv Se. — 11 cum Syr. 1. Arm. 1. Lat. A B
. . . A Lat. B Syr. 2. Arm. 2. Met. om.
II. 1 cum Syr. 1. Arm. 1. Metaphr. Cod. 0. — 2 Syr. 1. in praestan-
tiori opere. — 3 cum A B Arm. 2. . . . Svr. 1. Arm. 1. inveniemini. — 4 cum
Syr. 1. Metaphr. ...Aß Syr. 2. Arm. 1. 2. add. yaQ. — 5 cum Syr. 1. 2.
Arm. 2. Lat. A ... AB Met. om. Arm. 1. pars Dei. — 6 cum Syr. 1. 2.
Arm. 1. Lat. A factus sum vox ...AB Arm. 1. xQBxan'. — 7 Lat. A Met. om.
fiTj. — 8 cum Syr. 1. Lat. B. — 9 Syr. 1. Arm. 1. add. xc5 xvqico [rjfiiov]. —
10 Syr. Cod. y AB Arm. 1. 2. add. 2!v^iag. — 11 cum Syr. ...AB evge-
&^vai. — 12 cum AB . . . Syr. (cf. Arm. 1.2) vocavit (xaXcov). — 13 Syr. ut
Cod. Nydpr. legisse videtnr eis ^eöv. — 14 cum Syr. Arm. 1 . Joh. Mon. . . . rel. om.
in. 1 cum Syr. Arm. 1. Met. Cod. 0 Thuan. — 2 cum Syr. Arm. 1. 2.
... iva AB. — 3 A praemitt. xai reliqui om. — 4 cum Syr. Arm. 1. (eao-
fiai'i') ... A B elvai. — 5 Syr. in seculo. — 6 cum Syr. Met. Thuan.
Lat. ß ... om. A Arm. 1. 2. et rell. Mss. B. — 7 cum Syr. Arm. 1. 2. Lat.
A . . . A B Met. aicovtov. — 8 cum Syr. Lat. A B Arm. 2. . . . A oiconijs
fiovov. — 9 Syr. magnus. — 10 cum Syr. Lat. A B Arm. 1. ... A Lat.
B XQ^ortavoi^ — 11 Syr. Arm. 1. cum odit eum mundus.
IV. 1 cum Syr. B Arm. 1. 2. ... A om. ndaais. — 2 Syr. Arm. 1.
add. me. — 3 cum Aß... Syr. in amore , qui non in tempore suo
(jEvvoic^ OLHaiqfo), —
I
197
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jui2>/ ' . joW )o{s.ii? lio, ^/ Jiw/ |o) -.^^ ^ n:^ IL
.JÜLo w^ Jj/ Jooj »sol >92wl ^k^ x^? J Jooj/ )oi!^j J&>Jo
.^-.^ A Joi^jy -**i?^/? ♦*)?<>) ^ i^-Äj )Ot» w^ >^Ll JJ
JL** jcu^ . >$^.^5^ )JV**JJ . .jüj^ >^^>oqn..» )oofcOQ>D jJ III.
.A^D^jt/ ^/ 11/ %iQ^ Jj/ JväJn^ Joo)/ JL^.cd*^oj Jüo »Iz),/
00)1 j^N»? ' ;-s^^ fc^ . )j|**fc^ JJ )>o\^i j>D |i>Q-.oji>o Jj/ Jo6|
Jjcbj )» JIqi*^.qd^d ^o) Jzäi JJ/ »J*:^ ooj joa^j d^ .V^ajt
ssA-A-A JLi.jQ.AO ^ :Jl4-l ^ojlXüS. Jj/ ^)^o Jj/ IV.
.w^AJO\0l JJ >$W? OOp/ .-JoJlI^ ^ja^ Jj/ IJJO Jli, ^ 4J3J
.OM^)^ JJ? )-::^o-^3 w»la\ >$oo)l JJ >^_aju>o j_j/ \j^
5 Cod. y ^.jb.QJk.a^. — 6 Cod. y ^aj. — 7 sie legendum. Apud Curet.
ex typographi ut vid. errore exstat ;trii\YK ♦ — 8 Cod. y om. —
II. 1 cum Cod. y. om. Cod. ß. — 2 Cod. y jJ ä/. — 3 Cod. y
jlSQQQQajJj, et add. cum A. B. Arm. )L»QflDj , SvqCcc^. — 4 Cod. y et Jo-
hannes Mon. add. *A . —
III. 1 Cod. y JJj. — 2 cum Cod. y )vx>JL/ Cod. |?. — 3 Cod. y add
Pj2D. — 4 Cod. y Jj<' |)a*ÄJD.
IV. 1 Cod. y et fragm. p. 201. 296 )j/ Ni.jQ»o. — 2 Cod. y et fragm.
p. 201. 296 V bj . —
198
jig)tTi (.u ^riQiMV * uvat^ Si^ wv Ivioriv &iov intiv/itv. Iijog
tlfu &£OVy y.ai di^ oöovTWV &r]Qiwv ^ ukrj&oinat y 'Iva xa&UQog ug-
Tog ^ d-fov evQe&üJ. MulXov y.oXaxtvouTe t« &t]gia, "va f.ioi raifog
yivMvTai yal (A.ri$h xaraUnwoi tov otüf-iarog f40v , 'Iva ^ f,ii]öa
xoif.t7]^eig ^ ßagvg rtvi yivwf^iai. Tore laof^iat f.ia&7]Trjg ^ttAT^^aif
^^^JriGOv Xqiotqv i oTi ovöa xo owftd (ädv b xooftog oxjjtTui.
ytiTavtvGave rov * ^ xvQtov vneg ffiov, 'Iva öiu tmv ogyavcov rov-
Twv * 2 d^iM ^ ^ d^vaia dge&cü» Ovx Mg Tlixgog xal HavXog öia-
Tuaao/nai v(xlv • ixtTvoi änoaJoXoi, iyco ^ * Jf xaTuxgiTog ' ^ ^ ixtivoi
eXev&tgoi, lycj öe {ne/gt vvv SovXog' uXk* iav Tid&io, untXtv-
d^tgog * ^ yevi^aofiai *lf]0ov * ^ XgtoTOVi xai dvaOTi^ao/iiat ^ * iv avKu
iXev'&egog, ^^Kal vvv f-iav^dvo) dtöi(A.ivog /ntjdiv Imd^vf.itiv'^^,
V. 1^710 2vgiug i-i^XQ'^ ^Pwf^tjg ^ &r]gio/iiaxcü diu ^ &aXuaor]g
xal yijg, vvxjog xal rjfAegag , ^ fvöidif.uvog dexa Xtondgdoig, *o
lau argaricoTCüv Tuyf.ia, oV xal avegytrovfAtvoi /eigovg yivovrat.
^Ev de ^ ToTg äSixrifxaaiv aviwv f^iäXXov f.iad^tjravo(j,at , uXX* ov
nagä tovto öiöixaicDi^ai. *Oyai(.i^v xmv ^fjgicüv jaiv efiol tjtoi-
liiaaf,uvcji)Vy ^ xal tvxof^ai '' ovvjof^d f.iot ivgid^T]vui* a xal xoXaxevau)
ovvTOf^cog fA.i xaracpaytTvy ^ ov/ woneg ^ uXXwv Tivuiv ötiXatv6f.ieva
ovx ^ ° TJyjavo, Kav avid de * * ixovTa /.irj ^eXriOtj , iyw ngoa-
ßtdaoiA,ai. ^vyyrwfitjv fiot f^ere * ri (äoi ovfiqx'gn * * iyco yivwaxio *
vvv agxo/j,ai fia&rjr^g tlvai, Mtjdev fxe I^tjXwot] xwv ogaiojv
4 A add. ßoQav ^ B ßgafia. — 5 cum Syr. Arm. 1. 2. AB Iren. V, 18.
Euseb. III, 36 . . . Lat. A Lat. B molar, aXrid'ojfini. — 6 cum Syr. B ... A
Arm. 1. 2. Met. rov Xqioxov Eus. om. — 7 cum Syr. ...AB firj. —
8 cum A B Arm. 2. . . . Syr. onus , ßd^og. — 9 cum Syr. A . . . Lat. A B
Met. Arm. 1. aXrjd'iqs. — 10 cum Syr. Lat. A B ... A Met. om. "irjoov. —
11 cum Syr. B Arm. 1. 2. ... A Xgiarov Met. Cod. 0 in marg. rcp X^iortä.
— 12 cum Syr. Arm. 1. 2. Lat. AB... A om. — 13 Met. Cod. 0 in marg.
add. xa&agd. — 14 cum Syr. B Arm. 1. 2. ... A om. — 15 Syr. Cod. ß
Lat. B add. 8e, — 16 cum Syr. Arm. 1. Lat. A B Cod. Paris. 1531 ... A
Met. om. — 17 cum Syr. Lat. A Arm. 1. 2. B Met. ... A om. — 18 Lat.
A Arm. 1. om. dv avrc^. — Syr. Arm. 1. add. e domo mortuorum. — 19 cum
Syr. Lat. A Arm. 1. ... A B Met. Arm. 2. om. xai. — 20 cum Syr. Arm.
1. 2. Lat, A ... AB Met. add. xoofiixov i^ fidjaiov.
V. 1 Syr. Arm. 1. inter bestias coniectus sum. — 2 cum Syr. Arm. 1.
Eus. Syr. ...AB Arm. 2. Eus. Met. yiji xai d'aXäoarii, — 3 cum Syr.
Arm. 1. B Eus. ... A SsSefievos. — 4 cum A B Met. Eus. . . . Syr. Arm. 1. 2
qui sunt. — 5 cum A B Met. . . . Syr. Arm. 2. reo dSixr;/uart. — 6 cum
Syr. A Met. .. . B Eus. Arm. 1. 2. a xai evx- — *7 cum Syr. B Eus. Arm.
1. 2. ... A Med. Cod. 0 in marg. Sroifia. — 8 cum AB... Syr. et non. —
9 cum Syr. Lat. B ... A B Arm. 1. 2. om. — 10 cum Syr. Eus. (hinc apud
Syr. error natus quo scripsit Sedaivofisvos) ...AB Arm. 1. 2. Met. ij\f/avro.
— 11 cum Lat. AB... Syr. Arm. 1. rjxovra ut vid. A Met. axovxa. —
12 cum A B Syr. fr. ap. Curet. p. 201 Arm. 1. 2 ... Syr. om. iyco yivcoaxco
— fia&ijrrjs elvai, —
199
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^I^^JÖJ ^/ ^ )0*» wO ^^ JJ A ^ wwJQ2> * Jj>D
3 fragm. p. 296 )oo)/. — 4 fragm. p. 296 Jx>Q2O0. — 5 Cod. y JJ ^/j. —
6 fragm. p. 296 ^DOV^Jfi). — 7 fragm. p. ^DoVoja. — 8 fragm. p. 296 om.
— 9 Cod. y et fragm. p. 296 om —
V. 1 Cod. y M*ri. — 2 Cod. y W \^JßO. — 3 Cod. y ,^jsjü. —
4 fragm. p. 201 rO^ — 5 addendum videtiir cum fragm. p. 201 vSl«-, jj/
.|««X^JL Joo)/j jj/ );»» |ä.O)J )j/ fy^^ yrvcü'axw vvv äqxoncct (icc^r^Tris etvai.
Interpunctio post »A delenda est. Lacunae signiim ipse addidi. —
200
xal Twv dogdrcJVj 'Iva *Tr^aov XQiaiov Innvyw. Ilvg xal aravQog,
» ^d^figlwv Tf ' * avaruaetg, * ^avyxonri ^iUov, » ^öxoQnia^oq oariwv,
^^uXt]Ofiog oXov Tov awftaTog, ^ ^ xaxul xoXuaeig tov diußoXov
en i/ni f()//fT^waav, ^ ^ f.i6vov \'va ^Irjoov Xqiotov Innv/^w,
VI. f Oidiv fioi aKpiXrjait tu * ulguTa tov xoa(ÄOv, oi Si al
ßuaiUTui 2 joi5 alcüvog tovtov, ' KaXov fioi ano&avttv * tlg
*Tr]üovv Xqiaiov // ßaaiXevttv * nuvTwv tcov nfgaTwv Tijg ® ytjg.
'Exeivov f^Tw, TOV ^ vneo ^fxaiv dno&uvovTa, ixeivov &(Xa) tov
* [vneg rjf.iwv] uraoidvTa. f o ^ [öi] TOxtTog f^oi InixtiTui. f avy-
yvtüTt f^ioiy udiX(poi, furj (finoöiaTjri fxoi ^ijofxi' /^i^ &eX7Jaf]Ti f.u
uno&avuv tov ^^furj &iXovTa eivut '* iv xoafiM f,i^ ^ "^ /ugtorjaO^e
^^avTcp, ^ * f.iT}d-^ vXji nagal^rjXwGriTt. ucftTE (Ai xa&agov (fwg
XaßiTv ixet nugayivo^tvog ^ ^ uv&gconog ioo/iiai *^[TAf/og].
EniTQ^xfjaTt fioi fÄififjTViV ilvat * ' tov nd&ovg tov &eov (lov, f
VII. 1 '0 ff^iog iQbjg loxaxQioTai xal ovx toxiv iv ff^ol nvg
^ q)iXovv uXXo Tl. Ovx ^öofiai Tgocpfj (fd-ogag ovdi Tjdovaig tov
^ alüjvog tovtov ugTov &tov *dlXü), og ioTtv cog'^ ^ XgiaTov,
13 Syr. Arm. 1 bestiae quae paratae. — 14 A ß Met. add. avajofiai Siaige-
oeig Arm. 1. Syr. fragm. Stai^sois ... Syr. Lat. A Eus. om. — 15 cum
Syr., reliqut inverso ordine oxoQn. oor. avyx, fiel, ... Syr. Lat. A Arm. 1.
2. Syr. fragm. Lat. ß avynoTtr] ...AB Eus. ovyxonai. — 16 Syr. a4d.
©t . . . oxogTito/ios cum Syr. Arm. 1. 2 Syr. fragm. Lat. B oxoQTtiOfioi A B Met. —
17 aXrjofidi cum Syr. Arm. 1. 2. fragm. Syr. Lat. B ... AB Eus. aXrjofiol,
— 18 cum Syr. A xai xoXaois B Met. ... xal xaxai xoXäostt Arm. 1.
fragm. Syr. ... Eus. om. utruraque. — 19 Syr. 1. fragm. Syr. Arm. 1. xal
fiövov , sed Arm. 1. om. iva,
VL 1 cum Lat. A B Arm. 2. ... A Met. Cod. 0 in marg. re^nva. —
2 Arm. 1. et fragm. Syr. om. aicofos. — 3 cum Lat. A ß Arm. 1. fragm.
Syr. ... A Arm. 2. fiaXXov, — 4 cum A et (ut vid.) Arm. 1. fragm. Syr.
... Met. Lat. ß iv ... Lat. A ß 8id. — 5 cum Arm. 1. et fragm. Syr. ...
reliqui om. nävxwv. — 6 A ß Met. add. ri yaQ uKpeXelrai dvd^Qconos,
iav öXov xbv xoofiov xsqS^otj , t^v Si xfjvxr;v avxov ^Tjuicod'TJ ; ... Lat. A
Arm. 1. 2. fragm. Syr. om. — 7 Arm. 1. fragm. Syr. vtisq ifiov! — 7 Arm 1.
fragm. Syr. om. — 9 ö xoxtxöi fioi inixEixat legitur etiam apud Syr., sed om.
Se, — 10 cum Arm. 1. fragm. Syr. ...AB Arm. 2. tov rov d'eov d'iXovxa el~
vai. — 11 cum Arm. 1. fragm. Syr. ...Aß Arm. 2. om. iv, et coniungunt
xoa/utp cum sqq. — 12 cum A B Arm. 2. ... Lat. A x^oior]T8 ... Arm. 1.
fragm. Syr. honoretis (^agio. an rifiriorjxe'i'). — 13 cum Arm. 1. fragm. Syr.
— 14 Arm. 1. fragm. Syr. ne ad aemulationem me provocetis in iis quae
conspiciuntur Lat. A neque per materiam seducatis Arm. 2. et ne elementis
quibusdam seducimini Timoth. etiamnon per hylem persuadeatis ...AB om. —
15 cum Lat. A Arm. 1. fragm. Syr. p. 296 Timoth. ... A B Met. ävd'Qconoe
'9'eov fragm. Syr. p. 201 in luce. — 16 cum fragm. Syr. p. 201. 296 Arm.
2. — 17 fragm. Syr. p. 296 passionum.
Vn. 1 Syr. praemitt. xai. — 2 cum Syr. Arm. 1 (qui est alius amoris).
Similiter legit glossema apud Arm. 2. ... Lat. A B (ptXovv ri (sed etiam
lectionis aXXo reliquiae apud utrumque reperiuntur) . . . A Met. ^tXovX.ov. —
3 cum Syr. Arm. 1. et Mss. ap. Lat. ß ... A B Met. ßiov. — 4 A B Met.
add. ä^Tov ov^dviov uqxov t^aiji ... Lat. A Syr. Arm. 1. 2. om. — 5 cum
I
i
201
Jlox^o |.^^A,o )^Qj Jofc^r^ )^.^.jlX) n\qjlAj .^p^^:o JJjo
.j;,^ ojtoj Jä-Ljlo^ *j^^^? J^jQ2>o jaDjö)? JÄcb2>' .,^p*^j^
J^*^» >\QJL^ ICU^O .>9l|j ^^ j*V^ ^/l j.^^ Jo^l
.w-^i.^ ^^^ÄJÖ )^Q»j j^^ VI.
6 fragm. p. 201 add. »A. — 7 fr. p. 201 jbcßoao )»u ? jVjaao )s^Q20
.JbojojJ yiocl diaLQSGig xat oiOQTnüiiog ogtscov xat avy-noniq iislcov. — 8 fragm.
p. 201 jkUQftX> pro )a*l«.o, et infra JbÖMjiO pro \a^sä.l, — 9 fragm. p. 201
jtc^f quod Cureton in textum putat recipiendum esse. —
VI. 1 Lacunam in textu Syriaco ex fragm. p. 201 explendam esse statuo.
Ante l:^ legatur: Iqä/j »A oo) ^ . o^lonNv) iJs<' )»\\i -ojoviii. w\ ^Uc52D U
pßj 6o^ . |j/ )ii wÄ/ ^^ JU.J oo^ . |\V? o).*v=ii^ >^o^ ^^ 1^/? o<' ).>.tY> vi.CMu^
.Jj/ Ji^: )^-i> J^-Iä ;d ovdsv [XOL oacpslrjasL vcc TtSQCctcc xov -noGfiov, ovds cct
ßciCiXeiai. avtov. ytcclov (loi dnod'avsiv sCs 'irjGOvv Xgiatov rj ßccailsv-
SLV Ttdvtcov t(ov nsQccTtov t^s yrjg. i-aetvov ^rjtc5 zbv vtisq (lov nccd^ovta.
i-KSLVOv ^7^T(ö tov dvaaravta. In sqq. fragm. p. 201 leglt jJLaCDj jl'^^.o.f)
.^2Cuo et dolores mortis surgentes , om. -\i>.. — 2 lacunam post -Aa
rursiis ex fragm. p. 201 et 296 explendam statuo. Addantur haec : oi^j
. )xt>v> )oopi )::^j i)i o6^ ^Icnoiä >^^iE. 11 . jJl ;d wJJQ3q\1 )J ,^^ >>ao>i ;o «A
(fr. p. 201 N^iozioa) wjQfiOQjL .^^^ibJ ^o)3 ..ajov^/I jJo . )jo^ .-jjovci*! U
^o^/j s->.o^a«ulj noscite me ab anima mea fratres mei ne proliibeatis me
a vita. Ne velitis mortem meara.^i qui non vult esse in mundo, ne honoretis
(oneretis) me in hoc; neque ad aemulationcm provocetis me eonim quae
visibilia sunt. Permittite mihi recipere lucem puram. illuc quando pro-
ficiscar, homo perfectus ero (fragm. p. 201 |<\x>ax> Jj/ joöj JiojQJLS in luce
perfectus ero). Permittite mihi ut «im Imitator passionum dei mei. —
VII. 1 Cod. y |^5a-»j. — 2 Cod. y oj*.^^. — 3 cum Cod. y. Cod. ß
falso post opD^o interpungit interpunctatione post )L*«jüOi praetermissa. —
202
xal ^ 7i6[xa d^i'kbt) xo at(.ia avTOv, o loxiv äyuni] ^ u(pd^aQTog,
*Aa7iut,tTai vfxug ib i/^iov nvevfxa xul ^ äyunrj tmv exxXtjaiwv twv
deiaf-itviov fie ^ wc dg ovofxa 'l7]0ov ^ Xqigtov • xul yäo al ^ ^ uQoa-
Tjxovoui tfl oö(Z TT/ xara ou.Qxa xavu nohv fia ngo^yov,
Vlll. ^ Nvv iyyvg mv 'Pwf^iTjg nolXa. (pgovM iv &(m' «XX'
ff.iavidv fUXQWf 'ivuf.17] Iv xavyr^oii unoXwfAai, Nvv yuQ f.u öeT nXeov
(foßttod^ai xul f.if] TiQooi/eiv roig (pvatovoiv fie, Ol yag llyovjig
1.101 2 [xoiama] f,iaaTtyovoiv (.le. Ayanoj ^ yuQ lo na&itv, uXX*
ovx olöuy d a^iog tif^i, To yug ^rjXog no)loig f.iiv ov (pa/veiai,
i/^€ öi ^ 7ioXi(AH, XQfjt^o) olv TiQuoTfjTog, Iv fi xuTaXverai 6
uQX^wv lov alwvog ^ tovjov.
Villi. 1 ^vvafiat ^ V(.dv tu InovQuvta ygaipai^ äX\u (poßov-
jiiuti fx^ ^ vfxiv ßXaßrjv naQa&aJ' * ovyyva)f.wvHTt (.loi' ^ (.i^noie
ov dvvr]d^ivTeg /WQ^aui otQuyyaXwd^iJTe» ^ Kai yäg eyw , ov xce-
^oTi öideiiat , xal '' dvva/^ai votiv t« Inovgavia xal zug rono&e-
oiag Tag dyyihxug xal rag avaidoetg rag aQ/ovrtxag, bgard Jt
xal aogara, nagd ^ tovxo f.iad^r^j'^g d(.iL' noXXd yuQ ^ f^ioi Xdnet,
fV« ^°&iw unoTaXetw^ü), ^ ^^'EgQwa&e iig xtXog Iv vno(.iovi] ^Ttj-
aov Xqiöjov * ^ T0t5 dtov rif.aov^^,
Syr. et Mscr. ap. ß ... A B Arm. 1. 2. "Inoov Xq. Codd. FOV 'irio. rov Xg,
— AB Met. add. rov viov rov d'eov . . . Syr. Lat. A Arm. 1. 2. om. — his ad-
dunt A ß Met. rov ytvofiivov iv voregcp ix ondQ/naroi JaßiS xal ^Aßgaüfi
... Arm. 1. rov ysvofiivov ix ott, Jaß. Lat. A rov ix an. Jaß. ... Syr.
om. omnia. — 6 cum Syr. Lat. A B Arm. 1. 2. ... A Met. Cod. 0 in marg.
nofia d'BOv. — 7 A B Met. add. xal asvvaos l^mr] ... Syr. Lat. A Arm. 1.
2. ora. — 8 cum Syr. . . . A Codd. ß 0 V ek, B Cod. Nydpr. Lat. ß tos. —
9 cum Syr. — reliqui add. ovx cos nagoSevovra. — 10 cum Cod. ß ... A
B Arm. 1. 2. Syr. Cod. y add. firj. — AB Arm. 2. add. fioi ... Syr. Arm. 1. om.
Vin. Apud A B in ep. ad Trall. Cap. IV et V. — 1 vvv — 'Pc6/u.T]e cum
Syr. reliqui om. — 2 cum Syr. — 3 cum Syr. Lat. B ... om. A ß Arm.
/uiv yaQ Cod. Pal. — 4 A praemitt. nliov ... Syr. Arm. ß om. — 5 ß Joano.
Damasc. Anton, add. 6 StaßoXoi . . . A Syr. Arm. om.
Vlin. 1 A add. fiTj ov Syr. Arm. om. — 2 cum Syr. Lat. A B . . . A
om. — SAB add. vrjniois ovaiv Syr. Arm. om. — 4 A ß add. xal , B
avyyvoiri fioi. — 5 Syr. praemitt. cautus ego enim (<pv?.daoo/uac yaQ ?) Arm.
et caveo (reliquis omissis). — 6 Arm. Lat. B om. xal yaq, Lat. ß om. etiam
ov. — 7 cum Syr. ß Arm. . . . Lat. A potens scire, A 8vvd/u.Evos om. voeiv.
— SAB add. rjSq xai . . . Syr. Arm. fragm. Syr. ap. Curet. om. — 9 cum
Syr. B Arm. . . . A ^filv Lat. A vobis. — 10 cum Syr. (a perfectione quae
digna deo) Arm. legisse videtur d<pofioi(od'di. A fragm. Syr. ap. Cur. d'BOv
fiT} XeinojfxE&a. ß d'BOv fit] d.TtoleKfd'di (quae lectio fortasse praeferenda
est). — 11 Apud A ß in fine ep. ad Rom. — 12 cum Syr. ... Arm. 2.
rov xvQiov rificöv ...Aß om. — 13 Syr. addidisse vid. ij ;ta^«s. Arm. 1.
rov xvQiov rjfidiv tj j^aotg juerä ndvroov vfiwv A B Arm. 1. add. auriv.
I
203
^Sc;/ Vs^v >^/ >)^.Jfc2P N^QJUj CH>qAi y»/ .'sJ^lOI JlÄ? )^CL-0
)j/ N\^ JlK^ö ♦ jiooc»;^ te^/? ' oo) W ^^^VJö ^^-o>D VIII.
^/ ^ ^Vl^wooi >9jci:i 1CU*/ JJo .WwN* ^^.V? ^ JJo
.-.ioi. .j\^h^ JJ J^s^ü^ V-sjsj^ lu^ .W joi ^ Jj/ vi.^ JJ W
J^^jix> opj JIOmwJ ''"^w.do) s-^ wO) )--.ju» »cJS^ W Izivo ^j
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4 Cod. y cum Gr. .^^.yT) jjj ^Z. —
VIII. 1 cum Cod. y. |^/ Cod. ß. — 2 Cod. y W cx^^. ~
Villi. 1 Cod. y K >«rfY>. — 2 Cod. y W V.J. _ 3 Sic recte
apud Curet. legltur. — 4 1. jiOQDO et statioims. — 5 Cod. y Ä.lj Ky>\fi , — ■
Druck von G. Kreysing in Leipzig.
1
Abhandlungen
für die
Runde des Morgenlandes
herausgegeben von der ^
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
unter der verantwortlichen Redaction
des Prof. Dr. Hermann Brockhaus.
II. Band.
M 2.
Die
Gäthäs des Zarathustra.
Herausgegeben, übersetzt und erläutert
von
Dr. Martin Haug.
Zvreite Abtheilang.
Leipzig 1860
in Commission bei F. A. Brock haus.
Die
Gäthä's des Zarathustra.
Zweite Abtheilung.
Abtiandliing^en
der
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
II. B a n d.
JW. 2.
Die funr mw^
oder
Sammlungen von Liedern und Sprüchen
Zarathustra's,
seiner Jünger und Nachfolger.
Herausgegeben, übersetzt und erklärt
Dr. Martin Haug,
Professor des Sanskrit am College zu Poona in Ostindien, Superintendent der Sanskrit-
studien am College, in der College School und Normal School, Ehrenmitglied der
Asiatischen Gesellschaft zu Bombay, correspondirendes Mitglied der Asiatischen Ge-
sellschaft von Bengalen zu Calcutta etc.
Kureite Abtheilung.
Die vier übrigen Sammlungen enthaltend.
Nebst einer Schlussabhandlung.
Leipzig 1860
in Commission bei F. A. Brock haus.
Seinem hochverehrten Lehrer
Herrn Professor
Heinrich von Ewald
als Zeichen
inniger Verehrung und Dankbarkeit
zum
Scheidegriiss aus Europa
gewidmet
von dem
Verfasser.
Vorwort.
Uiesem zweiten Theil habe ich nur Weniges vorauszuschicken.
Vor allem muss ich mein Bedauern darüber aussprechen, dass
ich nicht die Grammatik und das Glossar beigeben kann. Der
an mich ergangene Ruf nach Indien (sowie andere Abhaltungen)
Hess mir leider keine Zeit mehr, um die für beides vorhandenen
Materialien so zu bearbeiten, wie ich es gern gewünscht hätte.
Dagegen hoffe ich, sobald mir meine neuen Aemter in Puna Zeit
gestatten, beides in nicht zu langer Frist nachzuliefern. Das
Studium des Zendawesta, dem ich bereits eine Reihe von Jahren
gewidmet, werde ich auch in Puna fortsetzen, wo mir, wegen
der Nähe Bombay's, alle Gelegenheit gegeben ist, einerseits mich
mit den Pärsen direkt in Verbindung zu setzen und ihre Sitten
und Gebräuche aus eigener Anschauung kennen zu lernen,
andrerseits aber auch auf Begründung eines wissenschaftlichen
Studiums ihrer heiligen Schriften unter ihnen selbst hinzuwirken.
Auf den neulichen Angriff des Herrn Prof. Spiegel gegen
meine Methode eingehend zu antworten, halte ich für vollkommen
überflüssig. Unter Sachkennern, die nur die Wahrheit wollen und
daher in der Wissenschaft Niemandem ein Monopol zuzuerkennen
vermögen, kann, wie auch bereits schon Stimmen laut geworden
sind (Zarncke'sches Centralblalt 1858, Nr. 52) und wie Herr Spiegel
noch weiter hören wird, über die Richtigkeit der von mir ein-
geschlagenen Methode gar kein Zweifel herrschen, da sie ganz
dieselbe ist, durch welche die Classiker und namentlich das alte
Testament philologisch erklärt worden sind. Die ganz kürzlich
veröffentlichte Spiegel'sche Uebersetzung der Gathä's, die kaum
besser ist als Anquetil's im vorigen Jahrhundert gemachte, und
in einem wirklich schreienden Contraste zu den richtigen jetzt
YllI Voiwort.
von der orientalischen Philologie gebotenen Mitteln steht, liefert
den deutlichen Beweis, dass durch bhnde AnhängHchkeit an die
Tradition, Verachtung der so unentbehrhchen Vergleichung der
Parallelstellen und von Grammatik und gesunder Etymologie ^j,
die Gatha's für ewige Zeiten ein versiegeltes Buch bleiben werden.
Herr Spiegel dollmetscht Worte, die aber meist keinen verständ-
lichen Sinn geben; viel Mühe auf Formen zu \ erw enden [ishathä,
ihr kommt, ist ihm das Erwünschte, gtütam — gen. plur. part.
praes. — heisst beim Preisen u. s. w.) scheint ihm ebenso über-
flüssig, als den Sinn oder Gedankengang nur einzelner Verse oder
gar ganzer Stücke zu ergründen. Daher wird auch Niemand aus
seiner Uebersetzung lernen können, was in den Gatha's steht.
Von ihrem wahren Inhalt hat er keine Ahnung. Letzterer kann
auch unmöglich anders als durch eine jahrelang dauernde Be-
schäftigung mit diesen Stücken, durch mühsame, oft viele Tage
in Anspruch nehmende Untersuchungen einzelner Worte und
Formen, sowie durch stete Rücksichtnahme auf den Sinn und
Zusammenhang des Verses oder ganzen Stücks, wieder erkannt
werden. Dass Herr Spiegel diess nicht gethan, gesteht er selbst
in der Vorrede p. VH, hält sich aber dessenungeachtet für voll-
kommen befugt, zu einer Zeit, wo an philologische Arbeiten,
selbst auf dem orientahschen Gebiet, mit Recht hohe Forderungen
gestellt werden, eine allen Anforderungen einer gesunden Philo-
logie Hohn sprechende Uebersetzung zu veröffentlichen. Für Sach-
kenner ist weiter nichts zu bemerken. Die Laien werden einfach
nach derjenigen Uebersetzung und Erklärung greifen, die sie am
besten verstehen und woraus sie am meisten lernen können.
Die Correctur wird mein lieber Freund G. W. Hermann in
Wildbad besorgen, dem ich zum voraus meinen besten Dank
für seine Freundlichkeit hiermit ausspreche.
Bonn, den 27. Januar 1859.
Der Verfasser.
0 Drigu soll Bettler heissen, weil es mit dem Pärsi darjös identisch
sei. Weiss denn Herr Spiegel nicht, dass letzteres nur das baktrische
driwis, Armuth, ist? Baktrisches g wird in den spätem iranischen Spra-
chen kein j.
Nachs ehr if t.
Uas Erscheinen des zweiten Theils meiner Schrift, den ich schon
ein halbes Jahr vor meiner Abreise nach Bombay (18. Juli 1859)
zum Druck eingesandt hatte, ist wider Erwarten sehr lange ver-
zögert worden aus Gründen , die früher zu beseitigen nicht in
meiner Macht war. Gern hätte ich mancherlei Verbesserungen an-
gebracht, die ich bei einer wiederholten Durchsicht der Gäthä's behufs
einer englischen Bearbeitung des Hauptinhalts meiner Forschungen
und Entdeckungen über die ältesten Theile des Zendawesta und
die ursprüngliche Lehre Zoroaster's, der ich mich auf den Wunsch
meiner parsischen Freunde unterzogen, für nöthig befunden hatte;
aber da die grosse Entfernung vom Druckorte, in der ich jetzt (und
wohl noch für lange Zeit) lebe, mich verhindert, sie am passenden
Orte aufzunehmen und einzuschalten, so muss ich leider jetzt darauf
verzichten. Es bleibt daher Alles, wie ich es hinterlassen habe.
Nachträge hoffe ich später zugleich mit der Grammatik und dem
Glossar zu liefern.
Den lächerlichen Streit über die richtige Interpretation des
Zendawesta oder Weda, den Herr Spiegel aus mir leicht begreif-
lichen Gründen neuestens wieder anzufachen sucht, aufzunehmen, halte
ich für eine reine Zeitverschwendung. Jeder mit der Wissenschaft
der neuern Philologie etwas Vertraute weiss, dass alle bedeutenden
Resultate in der Auslegung der classischen sowohl als der hebräischen
Schriften nur durch Anwendung der auch von mir befolgten Methode:
sorgfältige Vergleichung der Parallelstellen und gesunde grammatische
Formerklärung und regelrechte Etymologie erzielt worden sind.
Diese Methode ist in allen philologischen Schulen so allgemein an-
erkannt, dass wenn z. B. heutzutage einer das Alte Testament nur
nach Septuaginta und der chaldäischen Paraphrase ohne alle Rück-
X ' Nachschrift.
sieht auf Parallel st eilen und die Etymologie im Kreise des
Hebräischen und der nächstverwandten semitischen Sprachen, ebenso
ohne alle Rücksicht auf Verständlichkeit oder Unverständlichkeit ins
Deutsche übertragen würde, er allgemein verlacht und sich niemand
die Mühe, solch verkehrtes Treiben zu widerlegen, nehmen würde!
Ungefähr so verfährt Herr Spiegel mit dem Zendawesta. Vor der Ge-
fahr, allen Ruf als Philologe zu verlieren, war er hauptsächlich durch
den glücklichen Umstand geschützt, dass der Zendawesta noch zum
grössten Theile eine terra incognita war, worüber man der un-
eingeweihten Menge mancherlei Mahrchen erzählen konnte. Es handelt
sich zwischen Herrn Spiegel und mir nicht um einen Principien-
streit, sondern nur um eine wissenschaftliche und methodische oder
eine unwissenschaftliche und charakterlose Auslegung. Herr Spiegel
wird freilich nicht müde, als seine Interpretationsgrundsätze: zuerst
Benutzung der Tradition , dann Controle derselben durch die ira-
nischen Sprachen und in letzter Instanz erst Sanskrit und Sprach-
vergleichung, vorzutragen; und sein Freund Julius Mohl hat in
seinem letzten Jahresbericht auch nicht verabsäumt, diess nach-
drücklich hervorzuheben, um den Vergleich mit meinen Arbeiten zu
seinen (Spiegel's) Gunsten ziehen zu können, was aber nur durch
die Verschweigung eines Hauptunterschieds, nämlich die von mir
stets in den Vordergrund gestellte Vergleichung der Parallel-
stellen, von Herrn Spiegel ganz vernachlässigt, möglich geworden
ist. Hätte Herr Mohl diess in reifliche Erwägung gezogen oder
ziehen wollen, hätte er nur auch ein oder zwei Verse der Spie-
gel'schen und meiner Uebersetzung wirklich mit einander zu ver-
gleichen sich die Mühe genommen, so würde er bald gesehen haben,
dass meine Arbeit nach einer nur nach langer mühsehger Vorbe-
reitung ausführbaren Methode, Herrn Spiegel's dagegen ohne alle
Vorbereitung (die Mühe, sich Glossare zu machen, scheint derselbe
für ganz überflüssig zu halten) unter höchst oberflächlicher Be-
nutzung der Tradition und einer mehr zufälligen als planmässigen
Herbeiziehung der neuern iranischen Dialekte gemacht worden ist.
Der Grundsatz, die Tradition durch die iranische Philologie zu
controliren, sieht sehr plausibel aus, aber zwischen blossem Auf-
stellen und Ausführen ist ein grosser Unterschied. Die Aufgabe
ist bei der grossen Verderbniss der alten Worte in den neuern
iranischen Dialekten (die grammatischen Formen sind fast gänzlich
verloren und können nur durch die Beihilfe des Sanskrit wieder er-
Nachschrift. ' XI
kannt werde«) eine sehr schwierige und erfordert, um consequent
durchgeführt zu werden, ganz andere Vorbereitungen, als sie Herr
Spiegel zu machen gewohnt ist, einen weit grössern philologischen
Scharfsinn und umfassendere Kenntnisse, als ich sie bis jetzt aus
seinen Büchern ersehen konnte. Die Art von Controle, die er übt,
wird, wenn er nicht wirklich gesunde philologische Interpretations-
grundsätze annimmt, nur zur Verwirrung statt zur Entwirrung des
Knotens beitragen.
Dass man die Tradition ganz bei Seite lassen müsse, habe ich
nie behauptet, sondern nur, dass man sie entschieden verwerfen
müsse, wenn sie sich nicht mit einer wirklichen philologischen Aus-
legung verträgt. Letzteres ist aber so häufig der Fall, dass man
nur mit der grössten Vorsicht sie benutzen kann. Die Pehlewi-
version des Japia, wie die danach gemachte Sanskritübersetzung
des Desturs Neriosengh wimmelt von den gröbsten Verstössen gegen
die Grammatik, was sich fortgeerbt hat, da selbst heutzutage die
gelehrtesten Desturs keinen Begriff von grammatischen Endungen
haben. Casus und Verbalpersonen werden nach Belieben ver-
wechselt 1), und den Worten werden keine feste bestimmte spezi-
fische, sondern möglichst vage und abgeblasste Bedeutungen ge-
geben (wie ich in meiner englischen, zunächst für die Parsen be-
stimmten Bearbeitung der Gäthä's näher zeige). Dessenungeachtet
sind diese traditionellen Uebersetzungen von höchstem VVerth, sowie
es sich um Gegenstände des Cultus und Auslegung von Gesetzen
handelt, Dinge, die die Uebersetzer aus täglicher Anschauung und
Beschäftigung sehr gut kannten und verstanden. So unentbehrlich
aber die Tratlition auch für das Verständniss des Jüngern Jagna
und des Vendidad ist, so können wir nicht dasselbe von dem ältesten
Theile des Zendawesta, den sogenannten Gäthä's, sagen, weil hier
weder liturgische Ausdrücke noch gesetzliche Bestimmungen vor-
kommen^ sondern der Inhalt ein mehr philosophischer und poetischer
ist. Obschon sie fin- die heihgsten Gebete galten und noch gelten
(wie mir der Destur hier sagte), so kümmerten sich die Desturs
und Mobeds doch wenig um den oft schwer verständhchen Sinn,
da nach ihrer Anschauung das mechanische Geplapper der Zend-
^) Wie noch jetzt. Der Destur bat mich einmal, ihm den Unterschied
von mazdäo , niazdäm, mazdäi zu erklären, woraus ich bald sah, dass er
gar keine Idee von einer Zendgrammatik hat! Casusendungen waren
ihm böhmische Dörfer!
XII Nachschrift.
Worte ohne alles Verständniss des Inhalts als vollkommen zureichend
für Beförderung des leiblichen wie des geistigen Wohls gehalten
wurde und noch gehalten wird. Weit grössere Aufmerksamkeit
mussten die Priester aber solchen Capiteln und Stellen schenken,
die Bezug zum täglichen Leben hatten, wie Reinigungen und Ver-
unreinigungen, Behandlung von Leichen, Heirathen, Bereitung des
Homa, Anwendung der heiligen Geräthschaften und Dinge, wie des
Barsom, der Milch etc.; daher können wir uns auch so ziemlich auf
ihre Auslegung solcher Stellen verlassen.
Wie wenig aber gerade Herr Spiegel diese in vielen wichtigen
Punkten verstanden hat, will ich an einigen Beispielen zeigen, die
ich leicht bedeutend vermehren könnte, zum Beweis, wie gering die
Verlässlichkeit seiner auf die Tradition sich stützenden Uebersetzung
des „Avesta" ist. Die Möglichkeit diess zu thun, ist mir nur durch
meinen V^erkehr mit den besten Kennern der parsischen Tradition,
den Desturs oder Ober p riestern der Pärsen gegeben. Ich er-
freue mich der besondern Freundschaft des hiesigen Desturs, Nu-
schirwandschi Dschamaspdschi, den ich jeder Zeit in seiner Woh-
nung, dem hiesigen Feuertempel, besuchen kann und der mir, wie
sein Bruder, jeder Zeit über alle Cultusgebräuche etc. die genaueste
Auskunft giebt. Mit ihm habe ich theils mündlich, theils schriftlich
über verschiedene Stellen des Zendawesta verhandelt; ich gedenke
später meine Unterredungen mit ihm und seine Correspondenz, die
im Verlauf der Zeit noch beträchtHch werden kann, zu veröffentlichen.
Nun zur Sache!
Vor einiger Zeit war unter den Pärsen zu Bombay ein Streit
über die richtige Bedeutung von hü-fräshmo-dditm (Vend. 7, 58.
Ja9. 57, 10. 16. Jt. 4, 9. 5, 94. 10, 95). Ein jüngerer, vor kurzem
aus Europa zurückgekehrter Pärse, Kharsedschi Rustemdschi Cama,
der sich ganz dem Studium seiner heiligen Schriften widmen will,
empfahl die Spiegel'sche Uebersetzung des Worts durch „Sonnen-
aufgang"; die Desturs verwarfen sie als gegen die Tradition strei-
tend und erklärten es durch Mitternacht. Da sich die Parteien
nicht einigen konnten, ersuchte mich Cama um mein Gutachten.
Ich machte sie vor allem auf den Unterschied von hü-frdshmo-dditim
und pa^ca hü - frdshmo - dditm , den sie nicht beachtet zu haben
schienen, aufmerksam und erklärte, auf die Jt. 4, 9 befindliche
Glosse (Pdzend) mich stützend (pagca hvo noit uzukhshayamno,
nachdem sie — die Sonne — noch nicht aufgegangen ist), pa^ca
Nachschrift. XIII
hü-frdshmo-dditm als die Zeit der Nacht, in der der Genius
Serosch gegen die bösen Geister kämpfen muss (Ja^. 57, 10);
hü-fräshmo-ddüm deutete ich zuerst als die Nachmittagszeit, nach-
dem die Sonne den Meridian passirt hatte; bei weiterer Unter-
suchung fand ich aber, dass es Sonnenuntergang bedeutet, wie
aus dem Gegensatz zu hüvakhshat, Sonnenaufgang (Jt. 5, 94),
und aus dem aus hü-frdshmö-däüim verstümmelten neupersischen
shdm, Abendzeit, mir deutlich hervorging. Die Desturs zu Bombay,
Pastondaru und Ardeschir, sowie der hiesige Destur gaben dieser
Erklärung ihre Zustimmung, die auch durch eine mir nachträglich
mitgetheilte Stelle des Neringistan (soviel ich weiss, unbekannt in
Europa, er ist in Zend und Pehlewi geschrieben) vollkommen be-
stätigt ward. Es heisst dort, dass uzayeirina gdh (von 3 Uhr Nach-
mittags bis Sonnenuntergang, wie mir mein Freund, der Destur
hier, sagte) bis hü-frdshmo-dditim und der aiwi^ruthrema gdh (von
Einbruch der Nacht bis Mitternacht) von hü-frdshmo-ddüim bis Mit-
ternacht dauere, woraus mit völliger Sicherheit hervorgeht, dass
das Wort nur Sonnenuntergang bedeutet. Vor dem groben
Irrthum, ein Wort, das Sonnenuntergang bedeutet, mit Son-
nenaufgang zu übersetzen, wäre Herr Spiegel bewahrt worden,
wenn er die Parallelstellen sorgfältig vergUchen und die iranische
Philologie befragt hätte!
Einen noch grobem Irrthum hat er, Uebersetzung des Avesta
II, p. XV, in die Welt hineingeschrieben, indem er die Mobeds
und Desturs für so ziemlich identisch erklärt. Ueber diesen
Punkt habe ich verschiedene genaue Erkundigungen eingezogen,
die mich in den Stand setzen, diese Ansicht als völlig irrig zu
widerlegen. Pärsen der niedern Classe, die ich zuerst befragt,
sagten zwar allerdings, dass zwischen Desturs und Mobeds nur ein
geringer Unterschied sei, ersteres sei nur ein etwas höherer Titel;
aber Manokdschi Kharsedschi, Judge in the small Cause Court zu
Bombay (der vor 20 Jahren in Europa und näher mit Burnouf be-
kannt war), belehrte mich dahin, dass zwischen beiden ein bestimm-
ter und grosser Gradunterschied sei. Die Desturs glichen den
Bischöfen in Europa, sagte er, die Mobeds dagegen den Pfarrern
und Kaplanen. Bei einer meiner Zusammenkünfte mit dem Destur
hier, der (wie öfter) ausser seinem Bruder mehrere Mobeds an-
wohnten, theilte ich dann nachher auch Spiegel's neue Ansicht mit
und bat um genaue Auskunft. Der Destur antwortete mir, dass
XIV Nachschrift.
die Destur- und Mobedwürde wohl zu unterscheiden sei. Der Mobed
habe nur die Gebete zu sprechen, Cereraonien vorzunehmen und
müsse zu diesem Zweck den ganzen Zendawesta auswendig wissen
(wie der Destur auch ; mein Freund weiss ihn auch wirklich ganz
auswendig!), aber er brauche den Sinn nicht zu verstehen. Der
Destur dagegen habe das geistliche Oberaufsichtsamt über alle
Ceremonien und den ganzen Feuerdienst, bei dem er selbst nicht
activ sein muss, wenn er nicht will, da auf sein Geheiss die Mobeds
alles besorgen müssen; dagegen werde von ihm verlangt, dass er
den Zendawesta vollkommen verstehe und auslegen könne und in
allen Glaubenssachen werde nur an ihn appellirt. Die Mobeds
können nie Desturs werden, da die Würde sich nur auf die Söhne
forterbt. Ein Destur hat mehrere Gemeinden unter sich; so ist der
hiesige Destur zugleich das geistliche Oberhaupt der Gemeinden zu
Sholapur, Ellitschpur und Mhow, wo einer seiner Brüder für ihn
beständig vicarirt. Zum Beweis der geistlichen Suprematie der
Desturs führte er mir eine Stelle des Jagna (11, 9. West.) an, die
er, mit der Pehlewiübersetzung im wesenthchen übereinstimmend,
folgenderinassen deutete : Für uns ist nur ein Destur thätig (beim
Gottesdienst), d. i. der Züota, der die Gebete verrichtet; dieser
kann sich von einer bis zu zehn Personen (worunter er die ver-
schiedenen dienstthuenden Mobeds, den Atarwakhsho , Agndtd, Fra-
bereta etc. versteht) vervielfachen (er begreift diese als deren
geistliches Oberhaupt in sich). Diese Erklärung, die wirklich die
richtige sein kann, wird man vergebens bei Herrn Spiegel suchen,
und doch beruht sie gerade nur auf der ihm zugänglichen
Tradition !
Auch Herrn Spiegel's neue Erklärung von Mobed durch nmäna-
paiti, Hausherr, wird von dem Destur und seinem Bruder verworfen.
Letzterer sagte mir, diese Deutung sei aus dem Grunde unmöglich,
weil nmänapaiti nur einen Hausherrn ohne Rücksicht auf den Stand
bedeute, die Mobeds aber nur der Athrava oder Priesterkaste an-
gehören und nur die Söhne von Mobeds wieder Mobeds werden
können und nicht jeder Hausvater, wie es nach Spiegel's Erklärung
der Fall sein müsste. Das Pehlewiwort, das Herr Spiegel mdnpat
liest, lesen die Desturs mit Recht magupat.
Pag. 125 seiner Uebersetzung des Ja^na spricht Herr Spiegel
von qaetüs, airjama und verezena als wichtigen dogmatischen Begriffen.
Ich bat den Destur, der mit allen pärsischen Glaubensartikeln aufs
Nachschrift. XV
genaueste vertraut ist und eine grosse Belesenheit in den traditio-
nellen Schriften besitzt, mir dieselben doch zu erklären. Er sagte,
es seien gewöhnliche Worte und hätten weiter keine nähere Be-
ziehung zum Glauben. Airjama erklärte er als Diener des Glaubens,
worunter jeder fromme Ormuzdverehrer verstanden werden könne,
von dem „freudigen Gehorsam" Spiegel's weiss er nichts. Ueber
die einzig richtige Bedeutung vgl. man meine Note zu 46, 1.
Einst fragte ich den Destur über die Erzeugung des heiligsten
aller Feuer, des Behramsfeuer. Er belehrte mich, dass seine Er-
zeugung Vend. farg. 8 beschrieben sei und dass die dort gegebenen
Vorschriften jetzt noch in Anwendung kommen ; es müsse von
16 verschiedenen Feuern bereitet werden. Unter anderem müsse
man unter gewissen Ceremonien das Feuer (oder besser die Elektri-
cität) aus einem frischen Leichname herausbekommen, welches Feuer
na^uspäka heisse. Liest man das betreffende Capitel bei Spiegel
nach, so wird man leicht sehen, dass er es völlig missverstanden
hat, da er gar nicht weiss, wovon eigentlich darin die Rede ist.
Ich habe hier nur solche Irrthümer berührt, die Herr Spiegel
bei längerem Nachdenken und sorgfältigem Studium, wovon in allen
seinen Büchern sich nur wenig Spuren entdecken lassen, hätte leicht
vermeiden können. Eine nähere Kenntniss der im Jüngern Japia
und Vispered vorkommenden Kunstausdrücke zu erwarten, wäre viel
zu viel verlangt. Wer nicht mit einem Destur fieissigen Umgang
hat, kann sie nicht verstehen, da die Berichte Anquetil's hierüber,
der sonst treu und wahr das Treiben der Desturs schildert, nicht
immer zureichend sind. Welqhe tolle Missverständnisse in Folge seiner
Unbekanntschaft mit dem Cultus in seine Uebersetzung hineipgekom-
men sind, will ich an einigen wenigen Beispielen zeigen. Gdo
hudhäo übersetzt Spiegel mit „wohlgeschaffene Kuh"; der Destur
aber sagte mir, es sei der Kunstausdruck für „Butter", die er dem
Feuer opfere. Gdo gtvja ist nach Spiegel „das Fleisch von lebenden
Wesen", der Destur belehrte mich, es sei die „frischgemolkene
Milch", die er darbringen müsse; um sie stets frisch zu haben,
müsse er neben dem Tempel Kühe halten; wenn man keine Kühe
auftreiben könne, so genüge eine Ziege. Was der Baum hadhd-
naepata, der in den liturgischen Formeln so häufig wiederkehrt, sei,
;jsagt Spiegel meines Wissens nirgends; er lässt das Wort einfach
unübersetzt. Der Destur sagte mir, es sei der Zweig eines Granat-
baunis (dirakht-i-dnar, Fehl, anvalc), der zur Bereit inig des Houia
XVI Nachschrift.
genommen und mit ihm zerstossen wird. Er hat mir einen solchen
nebst den heiligen von Nosairi in Guzerat kommenden Homzweigen
geschenkt und mir ganz ausführlich die Bereitung des Homa gezeigt.
Nach diesen Bemerkungen wird man den Werth der Spiegel'schen
Arbeiten nach der traditionellen Seite hin zu würdigen wissen. Von
der andern wissenschaftlich sein sollenden schweige ich, da mein
Werk eine hinreichende Würdigung derselben für jeden Denkenden
darbietet.
Poona College, Sanscrit Department, den 10. Mai 1860.
M. Hang.
3tt>eite biö fünfte Sammlung.
Gäthä ustavaiti
bis
Gäthä vahistöisti.
Ja^na capp. 43 — 53.
Abhandl. der DMG. II, 2.
IL
Gäthä UQtavaiti,
(Jacna capp. 43 — 46-)
8. (43.)
Nemo ve gdthdo ashaonis.
1. Ustd ahmdi jahmdi usid kahmdicit
Va^e-khshajäQ Mazddo ddjdt ahuro
Vtajüitt fevishim gat toi vagem?
Ashem deredjdi tat moi ddo Armaite
Rdjo ashis vanheus gaem manaiiho.
2. Atcd ahmdi vigpandtn vahistem
Qdthrojd nd qdthrem daidttd
Thwd cict thwd ^peiiistd mainjü Mazda
Ja ddo ashd vanheus mdjd mananho
Vigpd ajdre darego-gjdtdis urvddanhd.
3. At hvo vanheus vahjo nd aibi gamjdt
Je ndo erezüs gavanho patho pshoit
Ahjd anheus aQtvato mananhagcd
Haithjeng d <^tis jeng d shaeti ahurö
Aredrd thwdväg huzentuse gpefito Mazda.
4. At thwd meng,hdi takhmemcd gpeiitem Mazda
Hjat td zagtd jd tu hafshi avdo
Jdo ddo ashis dregvdite ashdunaecd
Thwahjd garemd äthro ashd-aoganhö
Hjat moi vanheus haze gimat mananho.
5. ^pentem at thwd Mazdd menhi ahura
Jjat thwd anheus zäthoi dare^em paourvim
Hjat ddo skjaothand mizdavän jdcd ukhdhd
Akem akdi vahuhim ashim vanhave
Thwd hunard ddmöis urvae^e apeme.
IL
Carmen, quod u^tavaiti dicitur.
8. (43.)
Laus vobis, carmina veracia!
Salus illi cui (quicunque est), salus cuique! cui sponte-
regnans Sapiens det vivus duas-perpetuas vires. Idem e-te
rogo ad verum tenendum; id mihi des. Pietas ! divitias,
veritates, bonae possessioneip mentis !
2. Itaque huic mundo omnium Optimum lucis-fontem-venerabor;
vir lucis fontem-habentem sibi-det (eligat), te quisquis
sanctissime spiritus Sapiens ! Quae das vera bonae sa-
pientiä mentis, omnia hoc-die longae-existentiae promisso.
Ita ille-ipse bono melius vir circuraeat, qui nos-duos rectas
salutis vias doceat hujus vitae existentis mentisque, prae-
sentes ad creationes ad quas habitat vivus fidelissimus tui-
similis nobilis sanctus, Sapiens!
4. Ita te cogitem fortemque sanctum, Sapiens! quum hac
manu qua tu largiris auxilia, Utas dedisti. quae su7ä veritates
mendaci veracique tui calore ignis veri-vigorem-praebentis,
quum mihi bonae robur venit mentis.
5. Sanctum ita te Sapiens cogitem vive! quum te vitae in-
procreatione vidi primum tum das actiones praemia-habens !
et quae dicta, malnm das m3.\o , bonam veritatem bono, te
cogitem illustris ! creationis in fine extremo.
1*
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. II.
0. Jahni ^pefitä thwd mainju urvaege ^uqo
Mazda khshathrä ahmt vohü mananhd
Jehjd skjaothandis gaethdo asftd frddente
Aeibjo rains ^eng,haiti Armaitis
Thwahjd khrateus jem naecis ddbajeiii.
7. Qpentem at thwd Mazda menhi ahurd
Hjat md vohü pairi-ga^at mananhd
Pere^afcd md eis ahi kahjd ahi
Kathd ajdre dakhshdrd fera^jdi dtshd
Aibi thwdhü gaethdhü tanushecd.
8. At hoi aogt Zarathusfro paourvim
Haithjo dvaeshdo hjat i^ojd dregvdite
At ashdune rafeno qjem aogonhvat
Hjat d büstis vaqa^i khshathrahjd djdi
Javat d thwd Mazdd {'taomt ufjdcd.
9. ^pentem at thwd Mazdd menhi ahurd
Hjat md vohü pairi-ga^at mananhd
Ahjd fra^cm kahmdi vividuje vashi
At d thwahmdi dthre rdtäm nemanho
Ashahjd md javat igdi mainjdi.
10. At tu moi ddis ashem jjat md zaozaomf
Armaiti hacimano H drem
Pere^äcä ndo jd toi ehmd parstd
Purstem zi thwd jathand tat emavantdm
Jjat thwd khshajd^ aeshem djdt emavantem.
11. Qpentem at thwd Mazdd menhi ahurd
Jjat md vohü pairi-ga^at mananhd
Jjat khshmd ukhdhdis didanhe paourvim
Qddrd moi ^ä(^ mashjaeshü zarazdditis
Tat verezjeidjdi hjat moi mraotd vahistem.
12. Jjatcd moi mraos ashem gago frdkhshnene
At tu moi lioit agrustd pairjaoghzd
Uzireidjdi pard jjat moi dgimat
^raosho ashi mäzdrajd hacimno
Jd ve ashis rdiidibjo gavoi viddjdt.
13. ^pentem at thwd Mazdd menhi ahurd
Jjat md vohü pairi-gagat mananhd
Arethd voizdjdi kdmahjd tem moi ddtd
Dar eg ahjd jaos jem vdo naecis ddrstd
Ite vairjdo gtois jd thwahmi khshathroi vdci.
I
Haugy die Gdthä's des Zarathustra. II. 5
6. In-qiio sancte te vidi spiritus exitu venisti Sapiens ! pos-
sessione in-hoc bona inente. Cujus actionibus praedia per-
petuo circumvallantur : iis lege« indicat Pietas tui intel-
lectus quem nemo decipiat.
7. Sanctum ita le Sapiens! cogitem vive! quod me bona cir-
cum-ivit mente interrogavitque me : quis es? cujus es?
Quomodo hodie valida incremento meditaris pro tuis praediis
corporibusque?
Sic huic dixi : Zarathustra primum ego sum; praesens inimi-
citias quum exhibeam mendaci tum veraci auxilium velim-
esse robustum. Taradiu expergefactiones in-quoque-cupido
possessionis ponam quamdiu te Sapiens laudo et-amplifico.
9. Sanctum ita te Sapiens! cogitavi vive! quod me bona cir-
cumivit mente. Hujus incrementum cui indicam, tu-vis?
Ita in tuo igne sacrificantium laude veritatis me quamdiu
potero, commonefaciam !
10. Sic mihi des verum : quod me appello Pietate comitatus
quidem pium ; interrogemque nobis-duobus quae a te haec-
illa interrogata (interroganda) sunt, ut interrogatum enim
te, sicut ahquis id e-potentibus facit, ut te rex incendium
faciat potens.
11. Sanctuuj ita te Sapiens! cogitavi vive! quod me bona cir-
cunriivit mente, itaque vos, quum verbis deleam primum
inimicos mihi quum-sum inter hoinines animum-proniptum-
habens, hoc perficiendum illud mihi dicite optimum.
12. Et-quod mihi dixisti verum, venisti ad-cognoscendum; sed
tu milii non sine-tradita-doctrinä imperasti j)rodire, ante-
quam mihi adiit (^raosha a-veritate magnifica comitatus
quae vestrüm veritates lignis-ad-ignem-eHciendum-destinatis
utilitati distribuat.
13. Sanctum ita te Sapiens! cogitavi vive! quod me bona
circumivit mente; res venire amoris! iliam mihi- date longin-
qui aevi quem vestrum-duorum nemo detineat itioni excel-
ientis mundi qui in-tuo regno <lictus-esf.
Haui»;, die Gdthas des Zarathiistra. II.
14. Hjat nd frjäi vaMemnu i^'vd dg^idit
Maibjo Mazda tavd rafenu-frdkhshnenetn
Jjat thwd hhshathrd as/idt hacd frästd
Uzireidjdi azem garedando f^enhahjd
Maf täis Vi^pdis joi toi mäthrd marente.
15. ^peritem af thwd Mazdd meiihi ahurd
Jjat md vohü pairi-gagat mananhd
Dakhshaf ushjd tüsnd-maitis vahistd
Noit nd paourus dregvato qjdt cikhsknusho
At toi vigpeng angrehg ashdimo ddare.
16. At ahurd hvo mainjüm Zarathustro
Verente Mazdd jegte ciscd gpenisto
Agtvat ashem qjdt ustdnd aogonhvaf
Qeng-daregol khshathroi qjdt Armaitis
Ashim skjaothandis vohii daidit mananhd.
9. (44.)
1. Tat thwd peregd eres möi vaocd ahurd
Nemanho d jathd neme khshmdvato
Mazdd frjdi thwdväg gaqjdt mavaite
At ne ashd fr ja dazdjdi hdkurend
Jathd ne d vohü gimat mananhd.
2. Tat thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Kathd anheus vahistahjd paourvim
Käthe güidjdi je i paitishdt
Hvo zi ashd gpento irikhtem vigpoibjo
Hdro mairijü ahübis urvatho Mazdd.
3. Tat thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Kagnd zäthd patd ashahjd paourujo
Kagnd qeng gtaremcd ddt advdnem
Ke jd mdo ukhshjeiti nerefgaiti thwat
Tdcit Mazdd vagemi anjdcd vtduje.
4. Tat thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Kagnd deretd zämcd ade nabdogcd
Avapagtois ke apö urvardogcd
Ke vdtdis dvänmaibjagcd jdo get dgü
KaQud vanheus Mazdd dämis mananhd.
1
Haug, die Gäthas des Zarattiustra. IL 7
14. Idcirco vir aiiiico possidens potens dedit mihi Sapiens ! tuae
felicitatis cognitionem, quia postquam a-te possessiones veri-
tatis causa profectae-sunt, prodire ego promptus-fui varia-
genera-habens orationis cum illis omnibus qui tibi carmina
recitant.
15. Sanctum ita te Sapiens! cogitem vive! itaque me bona
circumivit mente. Flagrans lucenda sit beatitudo optima!
Non vir multus mendacis sit venerator! sed hi vmerentur
omnes inflammatores veracis ignis.
16. Sic vive! ille-ipse spiritum sanctum Zarathustra eligenti
Sapiens! adorat et quisque sanctissimus. Existens veritas
sit substantiae valida, in-solem-spectante possessione sit
Pietas! Veritatem actionibus bona dedit mente.
9. (44.)
1. Hoc te interrogem rectum mihi die vive! in laude quo-
modo laudem vestram Sapiens amico tui-similis amicus in-
dicet mei-simili et nobis vera amica dare sacrificia quomodo
ad nos bona veniat mente.
2. Hoc te interrogem rectum mihi die vive! Quomodo vitae
optimae primum? Unde utilitatem afferre illi qui hie
praesens-sit? Ille-ipse enim vere! sanctus depulsio malorum
omnibus, custos, spiritus ! vitis adjutor Sapiens!
Hoc te interrogem recte mihi die vive! Qui-vir genitor
pater V^eri primus? qui-vir solem (soIi) stellamque (stellis-
que) creavit viam? Quis efficit quae (ut) luna crescat et
diminuatur praeter-te? Haec-omnia Sapiens! cupio aliaque
scio-mihi.
Hoc te interrogem recte mihi die vive! Qui-vir tenebat
terramque supra nubesque? Campi quis aquas arboresque?
quis cum-ventis tempestatibusque est quippe-quae veloces?
Qui-vir bonae Sapiens! creaturas-habens mentis?
Haag, die Gdthas des Zarathusira. II.
5. Tat ihwd pere^ä eres moi vaocd ahurd
Ke hvdpdo raocdogcd ddt temdo^cd
Ke hvdpdo qafnemcd ddt zaemdcd
Ke jd ushdo arem-püfnod khshapdcd
Ja manot/ms cazdonhvantem arethahjd.
6. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Jd fravakhshjd jezi td athd haithjd
Ashem skjaothandis debäzaiti Armaitis
Taibjo khshathrem vohu cina^ mananhd
Kaeibjo azim rdnjo^keretim gäm tashö.
7. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Ke berekhdhäm tdst khshathrd mat Armaitim
Ke uzemem coret vjdiiajd puthrem pithre
Azem tdis thwd frakhshne avdmi Mazda
(^pentd mainjii vi^pandm ddtdrem.
8. Tat thwd pere^d eres mni vaocd ahurd
Menddidjdi jd toi Mazdd ddistis
Jdcd vohü ukhdhd frashi mananhd
Jdcd ashd anheus arem vaedjdi
Kd me urvd vohu urvdkhsat dgemat td.
9. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Kathd moi jdm jaus daenäm jaozddne
Jdm huddnaos paitis ^aqjdt khshathrahjd
Ereshvd khshathrd thwdvdt; aqistis Mazdd
Hademoi ashd vohucd skj(7^ mananhd.
10. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Tarn daendm jd hdtdm vahistd
Jd moi gaethdo ashd frddoit hacemnd
Armatois ukhdhdis skjaothand eres daidjdt
Maqjdo ä\t6is thwd istis u^en Mazdd.
11. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Kathd teng d ve gamjdt Armaitis
Jaeibjo Mazdd thwoi vashjeite daend
Azem toi dis paourujo fravoivide
Vi^pmg anjeng manjeus gpagjd dvaeshanhd.
12. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Ke ashavd jdis pere^d dregvdo vd
Katarern d anrö vd hvo vd angro
Je md dregvdo thwd ^avd paiti erete
CjanghaJ hvo noit ajem anrö mainjete.
I
Haug, die Gdthas des Zarathusira. IL 9
5. Hoc te interrogein recte mihi die vive! Quis bonis-operi-
bus-praeditas lucesque creavit tenebrasqiie? Quis bonis-
operibiis-praeditos somnumqiie creavit actumqiie? Quis
creavit quae aurora meridies noxque quae inveutrices divi-
nam-revelationem-habenti rerum sunt?
6. Hoc te interrogein recte mihi die vive! quae praedicare-
velim si haec porro praesentia (sequentia) praedicata sunt.
Verum actibus duplicat Pietas. Tibi possessionem bona
colligens est mente. Quibus invictam Ränjoskereti appella-
tam bovem finxisti?
7. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quis excelsam
finxit cum possessionibus Terram? Quis excelleutem in-cursu
texturä filium a-patre? Ego harum-rerum-causa te cogni-
tioni adeo, Sapiens! sanete spiritus! omnium rerum crea-
torera.
8. Hoc te interrogem recte mihi die vive! ad-cogitationem-
faeiendam quae tibi sit Sapiens ratio, et-quae bona dieta
promotio mente et-quae vera vitae in-promptu sint ad-pos-
sidendum, qui animus bonum edieit ut appropinquet idem?
9. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo mihi
illam religionem quam sanete religionem sanetificem, quam
bonis-donis-praedito eoram praedieet rege magno imperio,
tuus amicus integritates Sapiens! in-consessu verä bonäque
adjuvans-est mente.
10. Hoc te interrogem recte mihi die vive! hanc reHgionem
quae earum- quae -sunt optima, quae mihi praedia vero
tueatur comitata, Pietatis verbis cerimonias recte faciat,
meae scientiae te veneratio petens Sapiens!
11. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo ad eos
vestrum veniat Armaitis, quibus Sapiens per-te affertur
doctrina. Ego tibi ab-his primus agnitus-sum; omnes alios
spiritu aspiciam odio.
12. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quis est verax
quorum-causa interrogem aut mendax? Apud utrum vel
niger spiritus iile-ipse vel lucidus? Qui me mendax te
robore aggreditur, qua-de-causa ille-ipse non idem niger
creditur?
10 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IL
13. Tat thwd pere^ä eres moi vaocd ahurd
Kathd dru^em nis ahmat d nis-ndshdmd
Terlg d avd joi a^rustois perendohho
Noit ashahjd ddi vjeinti hacfmnd
Noit fraqjd vanheus cähhnare mananho.
14. Tat thwd -pere^d eres moi vaocd ahurd
Kathd ashd drugem djäm zagtajö
Ni Mm meräzdjdi thwahjd mdthrdis ^eng.hahjd
Emavaitim ^inäm ddvoi dregva^u
A is dvafsheng Mazdd andsc ä^tä^cd.
15. Tat thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Jezi ahjd ashd poimat khshajehi
Hjat hem Qpddd anaocanhd gamaete
Avdis urvdtdis jd tu Mazdd didereghzo
Kuihrd ajdü kahmdi vananäm daddo.
16. Tat thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Ke verethrem gd thwd p6i^erig,hd jvi henti
Cithrd moi dam ahubis ratüm cizdi
At hol vohü (^raosho gantü mananhd
Mazdd ahmdi jahmdi vashi kahmdicit.
17. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Kathd Mazdd zarem cardni hacd khshmat
Agkitim khshmdkdm jjafcd moi qjdt vdkhs aesho
(^aroi büzdjdi haurvdtd ameretdtd
Avd mäthrd je rdthemo ashdt hacd.
18. Tut thwd peregd eres moi vaocd ahurd
Kathd ashd tat mizdem haudni
Da^d agpdo arshnavaitis ustremcd
Jjat moi Mazdd apavaiti haurvdtd
Ameretdtd jathd hi taeibjo ddonhd.
19. Tat thwd pere^d eres moi vaocd ahurd
Ja^tat mizdem hanente noit dditi
Je it ahmdi erezukhdhdi na ddite
Kd tem ahjd mainis anhat paouruje
Vidvdo aväm jd im anhat apemd.
20. Cithend Mazdd hukhshathrd da4vd donhare
At it pere^d joi peshj&iilti aeibjo kam
Jdis gäm karapd u^ikhscd aeshmdi ddtd
Jdcd kavd änmaine urüdüjatd
N6it him mizen ashd vdgtrem frddanhe.
Haug, die Gdthä's des Zarathustra. II. 11
13 Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo menda-
cium furas ab-hoc-/oco depelleiites-deleamus ad eos iliuc
qui inobedientiae pleiii non pro Vero pugnant id tanquam-
sequentes, non promotione bonae acquiescunt mentis?
14. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo vero
Mendaeium tradam in-manus ad id interficiendum tnae car-
minibus laudis? efficacem incantationem in-dando (quum
das) in-mendaces, in bis ambiguitates Sapiens! deleo
angustiasqne.
15. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Si hujus Vere!
medullam possides quum duö-exercitus non-loquentes con-
grediuntur, illis dictis quae tu Sapiens! confirmare-volens
e* ubi aut cui dominorum illam dedisti?
16. Hoc te interrogem recte mihi die vive ! Quis daemones-
inimieos necavitve forma qui sunt diversä ut mihi ponerem
eum-vitis legem in-cognitione? Sic igitur bona ^raosha
pugnet mente, Sapiens! ei cui propitius-es unieuicunque.
17. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo Sapiens!
ad-cantum curram a vobis factum in-habitationem vestram?
itaque mihi est vox petens in-tutela me futurum-esse in-
cohimitate immortalitate, illo carmine, quod thesaurus est
Veri.
18. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Quomodo Vere!
hanc oblationem largiar decem equas gravidas et-amplius,
unde mihi Sapiens ! futurae-duae sint incolumitates immor-
talitates-duae sicut duas his dare-possis.
19. Hoc te interrogem recte mihi die vive! Qui hanc oblatio-
nem largienti non dat qui id huic recte-dicenti non dat,
quae ei ejus cogitatio erat prima, quufn sciens sit illam,
quae ei erat ultima?
20. Quid enim Sapiens bonum-regnum-habens! Daevae erant?
Sie id interrogem qui oppugnant sibi existentiam, quibus-
cum terram saerificulus-idolorum augurque Impetui tradidit,
et-quae pontifex-deorum sibi-ipsi nactus-est. Non ei largiens
sis Vere! agrum hereditati!
12 Haag, die Gdthd's des Zarathustra. IL
10. (45.)
1. At fravakhshjd nü gushödüm nü ^raotd
Jaecd a^andf jaecd durdt ishathd
Nu im vi^pd cithre zi mazddonho dum
Noit daibitim dus-^a^tis ahäm meräs/ijdt
Akd varand dregvdo hizvd d vareto.
2. At fravakhshjd anheiis mainju paouruje
Jajdo ^panjdo uiti mravat jem anrem
Noif. nd mundo noit ^engjtd noit khratavu
Naedd varand noit ukhdhd naedd skjaothand
Noit daendo noit urväno hacainti.
3. At fravakhshjd anheus ahjd paourvim
Jäm möi vidvdo Mazddo vaocat ahurd
Jöi im ve noit ithd mäthrem vareshenti
Jathd im mendicd vaucacd
Aeibjo anheus avöi anhat apemem.
4. At fravakhshjd anheus ahjd vahistem
Ashdt hacd Mazddo vaedd je im ddt
Ptarem vanheus verezjafito mananho
At hoi dugedd huskjaothand Armaitis
Noit diwzaidjdi vigpd hisha^ ahuro.
5. At fravakhshjd jjat mSi mraot ^peiltöiemo
Vace ^ruidjdi jjat maretaeibjo vahistem
JSi moi ahmdi ^eraoshem ddn cajat^cd
Upd gimen haurvdtd ameretdtd
Vanheus manjeus skjaothandis Mazddo ahuro.
6. At fravakhshjd vi^pandm mazistem
^tava^ ashd je huddo joi henti
(^pentd mainju ^raotü Mazddo ahuro
Jehjd vahme vohü frashi mananhd
Ahjd khratü fro md (;d<^tü vahistd.
7. Jehjd gavd ishdonti rddanho
Joi zi gvd donharecd bvaintiöd
Ameretditi ashaonö urvd aesho
Utajütd ja neräs «;ddrd dregvato
Tdcd khshathrd Mazddo dämis ahuro.
8. Tem ne ^taotdis nemanho d vivaresho
Nü zit cashmaini vjddare^em
Vanheus manjeus skjaothanahjd ukhdhaqjdcd
Vidus-ashd jem Mazdäm ahurem
At hol vahmeng demdne garo niddmd.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL 13
10. (45.)
1. Sic pronnnciabo nunc aures-praebete, nunc audite, et-qui
comminus et-qui eininus venistis, nunc quidem oinnia pro-
nnnciabo; noverunt enim sapientes par spirituum. Ne se-
cundam male-loquens vitam occidet, nequam religionem
mendax in linguä confitens !
2. Sic pronnnciabo vitae spiritus-duos primos, quorum-duorum
ita sanctior dixit ad-eum-qm improbus spiritus est : Nonne
cogitationes, nonne verba, nonne intellectus, neque doctrinae,
nonne dicta neque ceremoniae, nonne meditationes, nonne
animi me sequuntur?
3. Sic pronunciabo vitae hujus primam meditationem , quam mihi
sciens Sapiens dixit vivus; iis qui illud vestrüm non ita
effatum exercent, sicut id et-cogitem et-dicam : bis vitae
auxilio sit ultimum !
4. Sic pronunciabo vitae hujus optimum veri Sapiens gnarus-
est qui id dedit, pater bonae efficacis mentis. Etiam ei
filia bonum-faciens, Pietas; non i\eci\n-potest omnia esse-
faciens vivus.
5. Sic pronunciabo quod mihi dixit sanctissimus verbum ad-
audiendum, quod hominibus optimum, iis qui mihi huic
voci auditum praebent et-qui huc venerunt. Incolumitate,
immortalitate bonae mentis actionibus praeditus-est Sapiens
vivus.
6. Sic pronunciabo omnium maximum laudans vera, qui bonum-
faciens, qui bonum-facientes sunt cum-sancto spiritu. Audito
Sapiens vivus, cujus bonitas bona promotio est mente, ejus
intelhgentiä me gubernet optima.
7. Cujus potentiä veniunt actus (gen.) qui enim viventes
et-erant et-erunt; in-immortalitate veracis animus studens
aeternä quae virorum deletrix improborum est. Et-häc
possessione Sapiens creaturas-habens vivus praeditus est.
•8. Hunc nostrum laudationibus in veneratione amplificare-cu-
piens nunc enim oculo perspexi, boni spiritus, bonae actionis
boni verbique, sciens-verum qui est Sapiens vivus. Ita ei
bonitates in habitatione cantorum deponemus.
14 Haug^ die Gdthas des Zarathustra. IL
9. Tern 7ie vohit mai manahhd cikhshiuishd
Je ne u^en coret gpeilcd a^pencd
Mazddo hhshathrd-varezmdo djdt ahtiro
Pagus vir eng ahmdkeng fradathdi d
Vanheus ashd haozäthwdf d manahho.
10. Tem ne ja^ndis drmatois mimaghzo
Je änmaini Mazddo ^rdvi ahuro
Jjaf hoi ashd vohucd coist mananhd
Khshathroi hol haurvdtd ameretdtd
Ahmdi ^toi ddn tevishi utajüiti.
11. Ja^td daeveng aparo-mashjä^cd
Tarem mdgtd joi im tarem mainjantd
Anjefig ahmdi je hoi arem mainjdtd
^aoshjanto deng-patois ^peiltd daend
Urvatho brätd ptd vd Mazdd ahurd.
11. (46.)
1. Kam nemoi zäm kuthrd nemo ajeni
Pairi qaeteus airjamanagcd dadaiti
Noit md khshndus ja verezend hecd
Naedd daqjeus joi ^dgtdro dregvailtd
Kathd thwd Mazdd hhshnaoshdi ahurd.
2. Vaedd tat ja ahmt Mazdd anaesho
Md kamnafshvd hjatcd kamndnd ahmt
Gerezoi toi d it avaerA ahurd
Rafedhrem cagvdo jjat frjo frjdi daidif
Akhgo vanheus ashd istim mananho.
3. Kadd Mazdd joi ukhshdno a^näm
Anheus darethrdi fr 6 ashahjd frdrente
Verezddis geng^hdis gaoshjafitdm khratavo
Kaeibjö üthdi vohü gimat mananhd
Maibjo thwd gdgtrdi verene ahurd.
4. At teng dregvdo jefig ashahjd vazdreng pdt
Gdo-froretois shoithrahjd vd daqjeus vd
Duzazobdo hdg qdis skjaothandis ahem-ugto
Jaqtem khshathrdt Mazda moithat gjdteus vd
Hvo teng fro gdo pathmeng hucigtois carat.
I
Haug, die Gdthd's des Zarathusira. IL 15
9. Hunc nostriim bona cum inente venerari-cupiens sum qui
nobis ,propitiiis-est semper cum-hix-sit tum non-lux-*if ,•
Sapiens possessiones-cum-labore-faciens det vivus pecudes et
viros nostros in-incrementum, bonae vera protegat per no-
bilitatem mentis.
10. Hunc nostris precibus pietatis extollere-cupiens sum, qui
per-se-ipsum Sapiens audiebatur esse vivus, quum sibi
vera bonäque intelligens sit mente. In regno ejus incolu-
mitates immortalitates-duae; huic mundo dans est vires-
duas aeternas.
11. Qui eo daemones et-porro-homines perversos esse credidit
ülos, quippe qui perversum cogitent, alios illo qui rectum
esse cogitat, ut ignem-infiammantis domini meditatio sancta
est — : sie est ejus amicus frater vel pater Ahurä-mazdä.
\
11. (46.)
1. Tn-quam vertam-me terram? quo fugitum eam? quae cir-
cumdet domesticum clientemque. Nemo est me venerans
omnium, quae mancipia ulJa sunt, neque ii qui provinciae
tyranni iraprobi sunt. Quomodo te Sapiens! venerer vive?
2. Scio hoc, quod sum Sapiens! inops; me inter fideles,
etenim fidelis-vir sum, querentem apud te de-hoc aspice
vive! fortunam distribuens ! quum amicus amico dedit, tenes
bonae, Vere! beneficium mentis.
3. Quando Sapiens ! ii qui indicatores dierum sunt vitae susten-
tationi veri prodeunt. — Confectis carminibus ignem-inflam-
mantium intelligentiae sunt. — Quibus auxilio bona venit
mente? — Mihi te laudatori eligo vive!
4. Sic hos mendax Veri campos tenet terram-tuentis sive re-
gionis sive provinciae, malum-invocans qui-est suis actioni-
bus non-successum-habens. Qui hunc e-regno Sapiens!
detrudit vel possessiones ille-ipse porro terrae vias bonae-
scientiae ingreditur.
16 Hang, die Gät/iäs des Zarat/iusfrn. IL
5. Je vd khshajäf^ add^ dntd ajantem
Urvätois vd huzentas mithroibjo üd
Rashnd ^väg je ashavd dregvafitem
Vieira häg tat fro qaetave mrujdt
Uzüithjoi im Mazda khrdnjdt ahurd.
6. At jagtem 7i6it nd i^mann djdt
Drügo hvö ddmän haethahjd gut
Hvo zi dregvdo je dregvdite vahistö
Hvo ashavd jahmdi ashavd frjo
Jjat daendo paourujdo ddo ahurd.
7. Kern nd Mazdd mavaite pdjüm daddt
Jjat md dregvdo didareshatd aenanhe
Anjem thwahmdt dthraccd mananha^cd
Jajdo skjaothandis ashem thraostd ahurd
Tarn möi dd(;tväm daenajdi frdvaocd.
8. Je vd moi jdo gaethdo dazdi aenanhe
Noit ahjd md dthris skjaothandis frögdt
Paitjaoget td ahnidi ga^oit dvaeshanhd
Tanvem d jd im hugjdtois i)djdf
Noit duzgjdtöis kdcit Mazdd dvaeshanhd.
9. Ke hvo je md aredro coithat paourujö
Jathd thwd zevistim uzemohü
Skjaothanoi qpentem ahurem ashavanem
Jd toi ashd jd ashd geus tashd mraot
Ishenti md td toi vohü mananhd.
10. Je vd moi nd gend vd Mazdd ahurd
Ddjdt anheus jd tii voi^td vahistd
Ashim ashdi vohü khshathrem mananhd
Jd^cd hakhshdi khshmdvatäm vahmdi d
Fro tdis vigpdis cinvato frafrd perefüm.
11. Khshathrdis jügen karapano kdvaja^cd
Akdis skjaothandis ahüm merengedjdi mashim
Jeng qe urvd qaecd khraozdat daend
Jjat aibi-gemen jathrd cinvato peretus
Javoi vigpdi drü^o demdndi a^tajo.
12. Jjat wf ashd naptjaeshü nafshiicd
Türahjd uzgen Frjdnahjd aogjaeshü
Armatois gaethdo frddo thwakhshanhd
At IS vohü hem , aibi-moi^t mananhd
Aeibjo rafedhrdi Mazddo ^a^ti ahuro.
I
Hang f die Gdthas des Zarathustra. IL 17
Qiii vel regnans futurus teilet exeuritem ex-jurejurando vel
qui nobilis aliquem e-promissis vel rectitndine viveiis qui
verax tenet mendacem, cogaoscens hic-qui-est, hoc domin o
indicet, in-inopia is Sapiens miser-sit vivus!
6. At qui eiim non vir quum-potest adeat mendacii ille-ipse
ad-statuta praesentis eat; ille-ipse eniin mendax est qni
mendaci optimus, ille-ipse verax cui verax amicus est. Sic
sententias antiquas dabas vive!
7. Quemnani Sapiens! meo tutorem dedit, quum me mendax
aggredi-studeret damno, alium te igneqne menteqne, quo-
nim-duorum-actionibus verum creavisti vive! Hanc mihi
virtutem religioni indica.
8. Qui vel mihi praedia dat damno, non suis me ut ignera-
venerans actionibus eligit; ultor eodem huic veniat odio in
corpus, quä-de-causä eum a-bonä-possessione detineat, non
a-mala-possessione quaque Sapiens ! inimicitiä praeditih
9. Quis ille-ipse, qui me adjuvans cognoscentem-fecit primus,
ut te venerabunduin in-maximis-rebus, in-actione vivum,
veracein? Quae tibi vera, quae vera terrae formator dixit,
veniunt ad me ea tuä bona mente.
10. Qui vel mihi vir vel mulier, Sapiens vive! faciat vitae,
quae tu scis, optima, veritatem vero, bona regnum mente,
et-quos sequar ad vestrüm laudem, — ciun-his omnibus
coUectoris transibo pontein.
11. Regnis praediti-sunt sacrificuli et-vates daemonum, maus
actionibus vitam ad-interficiendam humanam, quos suus
animus suaque stimulat cogitatio, ut circumeant hie ubi
collectoris pons est, diuturnitati omni mendacii habitationi
existentiam-habentes.
12. Quum vera inter-gentiles gentesque, inimici oriantur Frjanae
victores, Pietatis praedia circumsepsisti contignatione. Sic
illa bona cunctim circum-vallavit mente, et his (gentilibus)
fortunae Sapiens assignavit vivus.
Abhandi. der DMG. H, i. 2
\^ Haiigy die Gdthas des Zarathustra. IL
13. J^ t^püämem Zarathustrem rudanhä
Maretaeshü khshndus hvo na fra^rüidjdi eretfnvii
At hol Mazdäo ahüm dadät ahuro
Ahmdi gaethdo vohü frädat mananhd
Tem ve ashd mehmaidi hus-huhhaim.
14. Zarathustra ka^te ashavd urvatho
Mazoi magdi ke vd fra^rüidjdi va^ti
At hvo kavd Vistd^po jdhi
Jeng-gtu Mazdd hademdi minas ahiird
Teilg zbajd vanheus Jikhdhdü mananhd.
15. Haecaf-a^pä vakhshjd ve ^pitamdonho
Jjat ddtheng vicajathd addthä^cd
Tdis jus skjaothandis ashem khshmaihjd daduje
Jdis ddtdis paoirjdis ahurahjd.
16. Frashaostrd athrd tu aredrdis idi
Hvdgvd tdis jeng u\'vahi ustd ^toi
Jathrd ashd hacaite drmaitis
Jathrd vanheus mananho istd khshathrd
Jathrd Mazddo varedemäm shaeite ahuro.
17. Jathrd ve afshmdm ^enhdni
Noit anafshmäm De-gdmd^pd hvogvd
Hadd vi^td vahmevg ^raoshd rddanho
Je vicinaof ddthemcd addthemcd
Darigrd mafitü ashd Mazddo ahuro.
18. Je maihjd jaos ahmdi a<;cit vahistd
Maqjdo istois vohü coishem manaiihd
Ägterig ahmdi je ndo d^td daiditd
Mazdd ashd khshmdkem vdrem khshnaoshemnd
Tat moi khrateus ma?ianha^cd vicithem.
19. Je moi ashdt haithtm hacd vareshaifi
Zarathustrdi hjat va^nd frashStemem
Ahmdi mizdem hanentt pardhiim
Mane vigtdis mat vi(;pdis gavd azi
Tdcit moi faf tvem Mazdd vaedisid ahi.
Hang, die Gdthas des Zaratftustra. II. 19
13. Qni sanctissimum Zarathustram indiistriä inter-homines ve-
nerans-es/j ille-ipse vir ad-pronimciandam ejus-doctrinam aptiis
est; et hiiic Sapiens vitam dedit viviis, liuic praedia bona
circumsepsit mente ; eum vobis , Vere ! putamus esse bonum-
amicnni.
14. Zarathustra! qiiis tibi verax cultor est magnae inagnitiidiuiV
- vel qnis proniinciare id vult? Sic ille-ipse Kavä Vistä9pa
talia vult. Qiios tu Sapiens in-consessn separas vive! hos
adorabo bonae vocibiis nientis.
15. Haecat-a9pae ! dicam vobis sancti! quoniam jiira distinguitis
injuriasque, bis vestris actionib.us verum a-vobis datum-est,
quibus legibus primis vivi !
16. Fi;ashaostra illuc tu cum-adjutoribus i auguste ! bis quos
diligimus-nos-duo saluti mundi, ubi veritates sequitur Pietas,
ubi bonae nientis cultRe-simt possessiones^ ubi Sapiens
arcem inhabitat vivus.
17. Ubi vobis fausta verba sunt, non infaustam-rem Degämä9pae
augusti! sed semper habentes bona cerimonias instituentis-
et-perficientis, qui distinxit et-jus et-injuriam vehementi in-
telligentiä verä Sapiens vivus.
18. Qui mihi salutem praebet, ei valde-quaecunque optima meae
fortunae bona colligam mente; angustias colligam ei qui
nos-duos angentes faciat. Sapiens vere ! vestram opem im-
plorans sim hoc mei intellectus et mentis consilium est.
19. Qui mihi per veritatem realem-mundum efficit Zarathustrae
ut sit sponte maximum-incrementum-habens, huic ut prae-
mium tribuunt primam-vitam et mentein (vitam spiritualem)
comparatis cum omnibus rebus in-terrä indelebili; hacc-quae-
cunqiie, mihi qui-es, tu Sapiens! maxime-possidens es.
2*
IIL
G ä t h ä g p e ii t ä - m a i n j ü.
(Jagna capp. 47 — 50.)
Nemo ve gdthdo ashaonh.
12. (47.)
1. ^peiitd mainju vahistdcd mananhd
Hacd ashdt skjaothandcd vacanhdcd
Ahmdi da haurvdtd ameretdtd
Mazddo khshathrd drmaüi ahuro.
2. Ahjd manjeus ^penistahfd vahistem
Hizvd ukhdhdis vanheus eed nü mananho
Armatoü zagtoihja skjaothand verezjat
Ojä cigti km ptd ashahjd Mazddo.
3. Ahjd manjeus tvem ahi td-^pefito
Je ahmdi gdm rdnjugkeretim hem-tashaf
At hol vd^trd rdmd däo drmaitim
Jjat kern vohü Mazdd hem-frastd mananhd.
4. Ahmdt manjeus rdreshjaTiti dregvatd
Mazddo qpefitdt nöit ithd ashaono
Ka^uscH nd ashaone kdthe anhat
I^vdcit häg paraos akö dregvdite.
5. Tdcd ^pentd mainju Mazdd ahurd
Ashdune cois ja zi cicd vahistd
Hanare thwahmdt zaoshdt dregvdo hakhshaiti
Ahjd skjaoihandis akdt d-skjd^ mananho.
6. Td ddo ^pentd mainju Mazdd ahurd
Athrd vaiihdu vidditim rdnoibjd
Armatois dehdzaiihd ashaqjdcd
Hd zi paoiirus ishefito vdrdite.
m.
Carmen, quod ^pentä-mainjü dicitur.
Laus vobis carmina veracia!
12. (47.)
1. Sancto spiiitu optimäque mente veritatis et-actioiie et- voce
huic mundo largiens est incolumitates immortaKtates-duas
Sapiens in-regno, et pietate vivus. •►
2. Hujus Spiritus sanctissimi Optimum est linguä dictis bonae
quae nunc sunt mentis; pietatis raanibus actiones perpetrat
tali scientiä ille-ipse pater veritatis Sapiens.
3. Hujus Spiritus tu es hoc-modo-sanctus qui huic mundo
bovem (terram) Ränj69keretim appellatam conformavit. Tum
ei campis amoenis fecisti Armaitim, quum simul-cum bona
Sapiens! consultavisti Mente.
4. Hoc spiritu nocere-student improbi mendace, Sapiente sancto
non ita agunt verace. E-perpaucis aliquis veraci quä-dc-
causa est, quum potens-quisque est e-multis malus men-
daci?
5. Et-haec sancte spiritus Sapiens vive! veraci in-quäcunque-
re sunt, quae enim et-qualia optima. Largitionem tuä gratiä
praebitam mendax profundit, in-hac actionibus mala per-
sistens mente.
6. Hoc posuisti sancte spiritus Sapiens vive ! igne bono in-
structam donationem in lignis-ad-eliciendum-ignem-destinatis,
pietatis duplicatione vcritatisque-, illa enim ujultos advenien-
tes protegit.
22 Hang, die Gdt/uVs des Zaraihustta. Hl.
13. (48.)
1. Jezi addis ashd drugem vtfinhaiti
Jjat ä^ashutd ja daibitdnd fraokhtd
Ämeretditi daevdiscd mashjdiscd
At toi ^avdis vahmem vakhshat ahurd.
2. Vaucd moi ja tvem vidvdo ahurd
Pard hjat md jd mefig-perethd gimaiti
Kat ashavd Mazdd venhat dregvaiitem
Hd zi anheus vaiiuhi viqtd dkeretis.
3. At vaedemndi vahistd ^dpiancini
Ja huddo gd^ti ashd ahurd
Qpento vidvdo ja^cit güzrd {enhdonho
Thwdvä^ Mazdd vanheus khrathwd manaiiho.
4. Je ddt mano vahjö mazdd ashja^cd
Hvo daenäm skjaothaiidcd vacanhdcd
Ahjd zaosheng ustis varemng hncaiti
Thwq^ni khratdo aptmem nand anhat.
5. Hukhshathrd khshentdm 7nd ne dus-khshathrd khshentd
Vanhujdo cigtois skjaothandis Armaite
Jaozddo mashjdi aipi zäthem vahistd
Gavoi verezjdtdm t(ifn ne qarethdi fshvjo.
6. Hd zi ne hushoithemd hd ne utajuiti
' Ddt tevishi vanheus manaiiho berekhdhe
At aqjdi ashd Mazddo urvardo vakhshat
Ahnro anheus zdthoi pourujehjd.
7. Ni aeshemo nt-djdtäm paiti remem paiti-godum
Joi d vanheus mananhu didraghzo duje
Ashd vjäm jehjd hithaos nd ^pefitö
At hoi damCin thwahmi dddm ahurd.
8. Kd toi vanheus Mazdd khshathrahjd istis
Kd toi ashois thwaqjdo maibjö ahurd
Kd thwoi ashd dkdo aredreng ishjd
Vanheus manjeus skjaothananäm gavare.
9. Kadd vaedd jezi cahjd khshajathd
. Mazdd ashd jehjd md dithis dvaethd
Eres moi ereiucdm vanheus vafus mananho
fidjdt ^aoskjä^ jathd hoi ashis anhat.
Haugf die Gdthu's des Zarathustra. HJ. 23
13. (48.)
1. Si Ins rebus Vere! mendaciiim delet quura hereditate-pro-
pagatae sunt quae infestae-voces dictae su7it in-immortali-
tatem et-a-daeinonibus et-ab-hominibus : sie tuis auxiliis
precem-salutis dicat vive !
2. Die mihi quae tu scieus es vive! antequam ad-me ea quae
mentis pugna est venit. Numquid verax Sapiens! delet
mendacem? hoe enim vitae bonum notum-est facinus.
3- Sic gnaro optima sunt legum, quas bonum-faeiens promul-
gat vere vivus sanctus sciens et omnes quicunque arcana
indicantes sunt, tui-similis Sapiens ! bonae intellectu mentis.
4. Qui creavit meutern meliorem, pejoremque, ille-ipse medi-
tationem, et-actione et-voce. Hujus arbitria salus et doctri-
nas sequitur. In-te intelligentiarum-duarum ultimum nonne
erat?
5. Bene-regnantes regnanto, ne nobis male-regnantes regnent!
bonae scientiae actionibus Armaiti, fortunam-das homini
in genus optimas-res, terrae eulturam hane nobis nutri-
mento auges.
6. Haec enim nobis optimam-habitationem-habens, haec nobis
aeternas-duas creavit vires-duas bonae mentis alta (Armaiti).
Sed huic vero Sapiens arbores crescere-fecit vivus, vitae
generi primae!
7. Deponatur impetus deponatur! in destructionem impugnate!
quos per bonam meutern vincens-est duos. Vera sequor
cujus officii vir sanctus est et ejus creaturas in-te pono
(tibi trado) vive!
8. Quae est tibi boni Sapiens ! regni comparatio quae tibi ve-
ritatis tuae comparatio mihi vive? quae in-te positae res-
verae ad-reales adjutores vcniendac su7it, boni Spiritus actio-
Mum praesidium?
9. Quando scio, num et qualis-rei participes-eslis, Sapiens j
Vere! cujus me ad-rem misistis? Recte mearum rectarum-
vocum bonae tclam mentis noscat ignem-colens ut ei veri-
tas sit!
24 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III.
10. Kadd Mazda mänarois naro vigente
Kadd agen müthrem ahjd madhahjd
Ja afigrajd karapano iirüpajemti
Jdcd khratü dus-khshathrd daqjunäm.
11. Kadd Mazda ashd mat Armaitis
Gimat khshathrd hushitis vdgtravaitt
Koi dregvodebis khrurdis rdmäm ddonte
Keng d vanheas gimat mananhu ci^tis.
12. At toi anhcn gaoskjanto daqjiuidm
Jüi khshnum vohü mananhd hacdojite
Skjaothandis ashd thwahjd Mazdd ^enhahjd
Toi zi ddtd hamaeqtdro aeshemahjd.
14. (49.)
1. At md jaüd Beüdvö pafre mazisto
Je dus-erethris cikhshnmhd ashd Mazdd
Vanheus ddd gaidi moi d moi arapd
Ahjd vohü aoshn vidd mananhd.
2. At ahjd md Bendvahjd mdnajeiti
Tkaesho dregvdo daibitd ashdt rdresho
Noif ^pentäm durest ahmdi gtoi Armaitim
Naedd vohü Mazda frastd mananhd.
3. Afcd ahmdi varendi Mazdd niddtem
Ashem ^üidjdi ikaeshdi rdshfanhe drukhs
Td vanheus ^are izjd manaiiho
Autor e vi^peng dregvatö hakhmeng antare mruje
4. Joi das-khrathwd aeshemem vareden rememcd
Qdis hizubis fshuja^ü afshajanto
Jaeshäm noif hvarstdis vä^ duzvarstdis
Toi daeoeng ddn jd dregvatö daend.
5. At hvo mazddo izdcd dzüitiscd
Je daenäm vohil ^drstd mananhd
Armatois ka^cit ashd huzentus
Tdiscd vi^pdis thwahmi khshathroi ahurd.
6. Fr 6 vdo fraeshjd Mazdd ashemcd mruje
Ja ve khrateus khshmdkahjd d mananhd
Eres vicidjdi jathd i 0-dvajaemd
Tarn daenäm jd khshmdvathö ahurd.
Haugy die Gdthd's des Zarathustra. III. 25
10. Quando Sapiens! auimi-et-virtutis viri apparent? Qiiando
faciunt contaminationem hiijus inebriantis-potionis? qua arte-
nigra sacrificnli-daernonum superbiunt et-quä intelligentiä
malam-possessionem-habente provinciarum.
11. Quando Sapiens! Vere! unä Armaitis venit cum-regno,
bonam-habitationem-praebeus, campis-praedita ? Qui contra-
mendaces crudeles voluptatem comparant? Ad quos bonae
venit mentis sapientia?
12. Sic ii sunt ignem-colentes pii homines provinciarum, qui
cultum bona mente persequuntur actionibus vere! tuae Sa-
piens! doctrinae; tuae enim leges deletrices sunt impetus.
14. (49).
1. Sic ne perpetuo Panduides interimens maxiinus sit! qui
raalum-incitatrices cum-venerante est vere Sapiens ! Boni
donatione veni mihi, me adjuva, hujus bona damnum re-
move mente.
2. Sic hujus me Panduidis meditantem-facit reh'gio mendax
dupliciter veritati nocens est. Non sanctam conservat huic
mundo Armaitim neque bona Sapiens! coUoquitur cum-
mente.
3. Atque huic doctrinae Sapiens inditum Verum est ad-utili-
tatem-afferendam ; religioni mendaci ad-nocendum vanitas
inest. Ula bonae creatio veneranda est mentis ; sed contra
omnes mendaces socios dico.
4. Qui malä-intelligentiä impetum augent perniciemque suis
unguis, in-opulentis non-opulenti, quorum nullus bonis-factis
praeditus est sed malis-factis : hi daemones gignunt ed quae
mendacis meditatio est.
5. Sic ille-ipse sapiens est et-veneratio et-invocatio, qui medi-
tationem bona tuetur mente, Pietatis quisque vere ! nobilis;
et-his Omnibus in-tuo regno est vive!
6. Prommdo a-vobis-duobus mittenda Sapiens! verumquc pro-
nuncio, quae vobis intelligentiae vestrae in mente sunt.,
recte ad-dignoscendam, ut id audire-faciainus, hanc medi-
tationem quae vestra est, vive!
2G Hang, die Gäthd's des Zarathiistra. HL
7. 7\itca vohü Mazda graotd mananhd
^raotu ashd giishahvä tu ahurd
ke airjamd ke qaehis ddtdis anhat
Je verezendi vanuhim ddf fraga^tim.
8. Frashaostrdi urvdzistam ashahjd ddo
^arem tat thwd Mazdd jd^d ahurd
Maibjdcd jäm vanhdu thwahmi d khshathioi
Javüi vi^pdi fraestdonho donhdmd.
9. ^raotü ^d^ndo fsheiigjijö ^uje tasto
Nüit eres-vacdo (^arem dadä^ dregvdtd
Hjat daendo vuhiste jügen müde
Ashd jukhtd jdhi De-gdmd^pd.
10. Tatcd Mazdd thwahmi ddäm nipdonhe
Mario vohü uruna^cd ashaonäm
Nemagcd jd drmaüis izdcd
Mäzd khshathrd vazdanhd avenürd.
11. At diis-khshathreiig dus-skjaothaneTig duzvacariho
Bazdaeneng dusmananho dregvato
^Akdis qarethdis paiti urväiio paiti-janti
Drügo demdne haithjd anhen a^tajo.
12. Kat toi ashd zbajefite avanho
Zarathusirdi kat toi vohii mananhd
Je ve ^taotdis 3Iazdd frindi ahurd
Avaf jaffff hjat ve isfd vahistem.
15. (50.)
1 . Kat möi urvd i^e cahjd avanho
Ke möi jiageus ke mend thrdtd vi^do
Anjo ashdt thwatcd Mazdd ahurd
Azdd zütd vahistdatcd mananho.
2. Kathd Mazdd rdnjo-^'keretim gum isha^oit
Je him ahmdi vdgtravaitim gtvi u{-jdt
Erezgis ashd pourushü hvare-pishjapi
AkdgteFig 7nd nishd^jd ddthem ddhvd.
3. Atcit ahmdi Mazdd ashd anhaiti
Jäm hoi khshathrd vohucd cöist mananhd
Je 7id ashois aoganhd varedajaetd
Jäm nazdistäm gaethäm dregvdo hakhshaiti.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. 27
7. Et-hoc bona Sapiens! audi mente, aiuli Vere! aures-praebe
tu vive! Qui cliens, qui domesticus in-rebus-constitutis
est, qui servo bonam tradat laudationem?
8. Frashostrae maxiuie-excellentem veritatis dedisti creationeml
hoc a-te Sapiens precer vive! et-mihi eam-quae in bono
tuo regno est; tempori omni missi (nuncii) simus!
9. Audiat leges ditior (ditissimus) ntilitati creatus, non rectum-
loquens creationein praebens sit mendaci ! quum meditatio-
nes optimo conjungantur praemio, vero conjuncti qui-iidem-
duo sunt Degämä9pae.
10. Et-hoc Sapiens! in-te posui ad-tuendum mentera bonam
animosque veracium adorationemque quae est pietas pre-
catioque, magnitudine, regno, possessione auxilium-lar-
giente.
11. At in-male-regnantes, male-facientes, male-loquentes male-
raeditantes, male-sentientes improbos nequam intellectibus
animi aggrediuntur ; mendacii in-domo profecto erunt eoriun
Corpora.
12. Quid tuas veritates invocanti auxilii Zarathustrae ? Quid
tuä bona mente? qui vos laudibus Sapiens! praedicem
vive ! illud precans quod a-vobis precatus-est Optimum.
15. (50.)
1. Quid mens animus? particeps est cujus auxilii? Quis mihi
pecoris, quis mei-ipsius servator est, alius Vero et-te Sa-
piens vive! magnopere laudati-duo et-optimä jnente?
2. Quomodo Sapiens! Ranj69keretim appellatam bovem (terram)
formavit, ille qui eam huic campis-praeditam generi desti-
navit? Rectum-obtinentes Vere! in-multis solem-adspicien-
tibus illustrationes mc deponcre-sinc, justitiam da.
'S. Sic-omnino huic wmwdo Sapiens \ere\ justitia sit, quam sibi
regno bonäqne intellcxit mente ille qui vir veritatis vigore
circumsepiat eum, quem proximum agrum mendax pro-
fundit.
28 Haag, die Gdt/tas des Zarathustra. II l.
4. At vdo jazdi c^tavag Mazda ahurd
Hadd Ashd vahistdcd Mananhd
Khshathrdcd ja isho ^tdonhat d j)aithi
Äkdo aredreng demdne gar 6 ^raoshdne.
5. Aroi zt khsfimd Mazdd Ashd ahurd
Jjat jüshmdkdi mäthrdne vaordzathd
Aibi-derestd doishjd avanhd
Za^td-istd jd ndo qdthre ddjdt.
6. Je mäthrd vdcim Mazdd baraiti
Urvatho ashd nemanhd Zarathustra
Data khrateus hizvö-raithim ^toi
Mahjd rdzeng vohu gdhit inanankd.
7. At ve jaogd zevistjälg urvatho
Gjdis jjerethüs vahmahjd jushmdkahjd
Mazdd ashd ugreng vohu mananhd
Jdis azdthd mahmdi qjdtd avanhe.
8. Mat vdo j)addis jd fra^rütd izajdo
Pairi-ga^di Mazdd u^tdnaza<^t6
At vdo ashd aredraqjdcd nemanhd
At vdo vanheus mananhd hunaretdtd.
9. Tdis vdo ja^ndis paiti-^tavag ajeni
Mazdd ashd vanheus skjaothandis mananho
Jadd ashois maqjdo va^e khshajd
At huddndus ishjäg gerezdd qjem.
10- At jd vareshd jdcd jmiri dis skjaothand
Jdcd vohu cashmäm aregat mananhd
Raocdo qefig a^näm ukhshd aeurus
Khshmdkdi ashd vahmdi Mazdd ahurd.
11. At ve ^taotd aogdi Mazdd donhdcd
Javat ashd tavdcd i^dicd
Ddtd anheus aredat vohu mananhd
Haithjd-varstäm hjat va^nd frashotemem.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. 29
4. Sic vos-duos venerer laudans Sapiens vivel simul-cum Vero
optimäque Mente Regnoqiie : quae petentes posuit (Zara-
thustra) in via tanquam reales promotores in-habitaculo
laudis (paradiso) audienti.
5. In-promptu enim estote vos Sapiens! vere! vive! ut vestro
poetae opem-feratis circum-circa-vincente manifeste auxilio,
manu-missä : quae nobis-duobus ignem-suum habens prae-
beat !
6. Qui carmine vocem Sapiens! fert cultor Vere! laude Za-
rathustra; opera intelligentiae, linguae-gubernationem ge-
neri humaiio, mea arcana bona indicat raente.
7. Sic vos conjungam invocatos-bona-praebentes cultor cum-
adipiscentibus pontes beatitudinis vestrae Sapiens! Vere!**©-
bustos bona mente, quibus praediti-estis ; meo sitis auxilio!
8. Simul vos-duos versibus, qui noti-sunt venerationum-duarum
circumibo Sapiens! erectas-manus-habens sie et vos-duos
Vere promotorisque laude et vos-duos bonae mentis vir-
tute.
9. His vobis precationibus obviam laudans eam Sapiens! vere!
bonae actionibus mentis. Quoniam naturae meae arbitrium
possideas, sie bonis-praediti cupidus clamator sim !
10. Sic quae corpora-splendida et-quae in illis actiones et-quae
bona oculo lucido mente stellae, sol, dierum indicator, in-
grediuntur vestrae Vere ! beatitudini Sapiens vive !
11. Sic vestrum laudator appellatus-sim Sapiens; et-ero; quamdiu
vere! et-potero tamdiu et-compos-ero, leges vitae provehens
bona mente rerum-praesentium-perfectionem ut mnndus
sponte maxime-progrediens sit.
IV.
Gätha vohukhshathra.
(Japia cap. 51.)
16. (51.)
1. \ ohu-khshathrem vairtm bdgem aiht-hairi stein
Vidiishemndis izdclt ashd aüiare-caraiti
Skjaothandis Mazda vahistem tat m iiüctt vares/tdne.
2. Td ve Mazdd paourvim ahurd ashd jecd
Taibjdcd Armaite döis d moi istois khshathrem
Khshmdkem vohü mananhd vahmdi ddidi ^avanho.
3. A ve geiis d hemjanti joi ve skjaothandis ^dreiite
Ahuro-ashd hizvd ukhdhdis vanheus mananho
Jahhäm tu paouritjo Mazdd fradakhstd ahU
4. Kuthrd drois d f^eratus kuthrd mizdikd akhstat
Kuthrd ja<^6 qjen ashem kii ^pentd Armaitis
Kuthrd mano vahistem kuthrd thwd khshathrd Mazdd.
5. ViQjid td jjeregäg jathd ashdt hacd gdm vidat
Vdgtrji) skjaothandis ereshvö häg hukhratus nemanhd
Je ddthaeibjo eres ratüm khshaja^ ashivdo ci^td.
G. Je vahjö vanheus dazdi jagcd hin vdrdi rddat
Ahuro khshathrd Mazddo at ahmdi akdt ashjo
Ja hoi noit vi-dditi apeme anheas urvae^e.
7. Ddidi moi je gäm tasho apagcd urvardo^cd
Ameretdtd haurvdtd ^penistd mainju Mazdd
Tevishi utajüiti mananhd vohii genhe.
8. At zi toi vakhshjd Mazdd vtdushe zi nd mrujdt
Jjat akojd dregvdite iistd je ashem dddre
Hvo ZI mdthrd skjdto je vi'dushe mravaitt.
1
IV.
Carmen, quod bona possessio dicitur.
16. (51.)
1. Bonam possessionem^ tutantem, fortunam maxime-circumferen-
tem ad-obtinendum-adaptes adoratio-quaecurique Vere ! inter-
venit actionibus Sapiens! Optimum hoc nobis mmc perficiam!
2. Haec a-vobis Sapiens primmn vive! vere! precer et-te Pietas!
in meditatione mihi salutis possessionem vestram bona mente
felicitati da auxilii.
3. Ad vos ad terram conveniunt qui vos actionibus tuentur, Vive!
Vere! linguä diclis bonae mentis, quorum tu primus Sapiens
confirmator es !
4. Ubi in-proraptu est opulentiae-dominus? ubi praemia exstant?
ubi venerantes sunt veritatem? ubi sancta Pietas? ubi mens
optima? ubi per-te regna comparanda Sapiens?
5. Omnia haec interrogans est ut perpetuo terram possideat agri-
cola actionibus validus quum-est bonam-intelligentiam-habens
laude illuin qui creaturis recte legem possidens veritatem-habens
cognitus-est,
6. Qui melius quam-bonum largitur ei qui propugnaculo peragit
aliquidj vivus cum-regno Sapiens; sed illi malo pejus (pessi-
mum) qui sibi non distribuit aliquid in ultimo vitae exitu.
7. Da mihi qui terram formasti et-aquas et-arbores, immortali-
tates-incolumitates-duas sanctissime Spiritus Sapiens, vires-dnas
aeternas mente bona cano.
8. Sic enim tibi dicam Sapiens! scienti enim vir (aliquis) indicet:
quod mala-faciam mendaci est, salutem illi qui verum tenet.
llle-ipse enim carniina tutans est qui scienti indicat.
32 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IV.
y. Jdm khshnütem rdnoihjd ddo thwd dthrd qukhrd Mazdd
Ajanhd Uishu^td aihi ahvdhu dakhstem ddodi
Rdshajanhe dregvafitem ^avajo ashavanem.
10. At je md nd marekhshaite anjdthd ahmdt Mazdd
Hvo ddmois drügo himustd duzddo joi hefiti
Maibjo zbajd ashem vuhujd ashem gat te.
11. Ke urvatho ^pitamdi Zarathiistrdi nd Mazdd
Ke vd as/td dfrastd kd ^peiltd Armaitis
Ke vd vanheus mananhö aci^td magdi ereshvo.
12. Noit id im khshndus vaepajo kevino pereto zemo
Zarathustrem ^piidmem jjat ahmt uriirao^t a^tn
Jjat hoi im carata^cd aoderescd zoishenü vdzd.
13. Td dregvato maredaite daend erezdas haithim
Jehjd -v,rvd khraodaüi cinvaio peretdo dkdu
Qdis skjaothandis hizvagcd-ashahjd nägvdo patfio.
14. Noit iirvdtd ddtoibja^cd karapanö vd\trdt arem
Gavöi druis d ^endd qdis skjaothcmdiscd ^enhdiscd
Je IS ^enho apemem drugo demdne d ddf.
15. Jjat mizdem Zarathiistro magavabjo coist pard
Garö demdne ahuro Mazddo ga^at jyaourujo
Td ve vohü mananhd ashdicd ^avdis tevishi.
16. Tarn kavd Vistd^pö magahjd khshathrd nä^at
Vanheus padebis mananhd jäm ci^tim ashd mantd
Qpeiito Mazddo ahuro athd ne ^azdjdi tistd.
17. Berekhdhäm moi Frashaostro hvogvo daedoist kehrpeni
Daenajdi vanhujdi jäm hoi ishjäm ddtü
Khshajäg Mazddo ahuro ashahjd dzdjdi gerezdüm.
18. T(im cigtim De-gdmdgpd hvogvd istois qarendo
Ashd varefite tat khshathrem mananhd vanheus vido
Tat moi ddidi ahtird jjat Mazdd rapen tavd.
19. Hvo tat nd Maidjo-mdonhd ^pitamd ahmdi dazdi
Daenajd vaedemuo je ahüm isha^cig aibi
Mazddo data mraot gajehjd skjaothandis vahjo.
Haugf die Gdthas des Zarathustra. IV. 33
9. Quam oblationem lignis-duobus-ad-ignein-elicienduiii destinatis
das tuo igne rubente Sapiens! tempore elabente in vitis-dna-
bus robur ad-ponendum, ad-nocendum mendaci, ad-adju-
\andum veracem.
10. Sic qui me ^ir protrudere-studet aliorsum de hoc loco Sapiens,
ille-ipse est artifex creationis mendacii eorum qui malum-facientes
sunt. Mihi invocabo verum cum- bona creatione, verum idem
tibi est.
11. Qui amicus sanctissimo Zarathustrae vir est Sapiens? vel quis
Vero colloquitur? quae sancta Pietas? vel qui bonae mentis
cognitus-est raagnitudini validus?
12. Non est hacce re venerans, nempe progenies ejus-qm vati-deo-
rum-addictus-e^t, deletoris terrae, Zarathustram sanctissimum,
quod in-eo crevit mundus, quod ei e-moventibusque nterisque
affluentes sunt divitiae.
13. Haec mendacis interimit religio probi naturam, cujus animus
appetens-est Congregatoris animorum pontium-duorum re-vera,
suis factis linguae-quoque-veritatis nancisci-studens vias.
14. Non effata ortis-quoque sacrificuli e-campo praesto-sunt, terrae
in promptu sahibria suis factis vocibusque, pro illo qui ea
tanquam ultimam vocem Mendacii in domicilio posuit.
15. Itaque praemium Zarathustra vires-arcanas-possidentibus (Magis)
decrevit antea. Ad laudatorium locum (Paradisum) vivus Sa-
piens venit primus. Hae-duae vobis bona mente Veroque
auxiliis praedita vires-duae sunt.
16. Hanc scientiam Kava Vista9pa thesauri-arcani possessioue nactus-
est bonae versibus Mentis, quam scientiam ope-veri excogi-
tavit sanctus Sapiens vivus. Sic nobis accidat salus !
17. Altam meam Frashaostra nobilis videre-cupivit formam religioni
bonae : quam huc venientem faciat regnans Sapiens vivus.
Veritatis nactioni clamatis!
18. Hanc scientiam sapientes Gäma^pae nobiles, fortunae lumina,
veritate eligunt; hanc possessionem mentis bonae habentes.
Hoc mihi da vive! quod Sapiens! tenax-sum tui.
19. Ille-ipse hoccine — Maidjo-mäohhae-duo sanctissimi ei attri-
buunt-ambo — fide possidens est qui vitam creaus-est circum-
circa? Sapiens leges pronunciavit existentiae, actionibus melius.
Abhandl. der DMG. II, 2. 3
34 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IV.
20. Tat ve ne hazaoshdunho vigpäotihö daidjdi ^avo
Ashem vohü mananhd ukhdhd jdis drmaitis
Jazem7idonh6 nemanhd Mazddo rafedhrem cagedo.
21. Armatois nd gpeilto hvo cigtt ukhdhdis skjaothand
Daend ashem ^penvat vohü khshathrem mananhd
Mazddo daddt ahurö tem vanuhim jd^d ashim.
22. Jehjd moi ashdt hacd vahistem j4(^ne paiti
Vaedd Mazddo ahiiro joi donharecd heilticd
Td jazdi qdis vdmenis pairicd ga^di vailid.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. IV. 35
20. Hoc vestrum nobis congregati cuncti! dare velitis auxilium,
veritatem bona inentc voce qiiibus consistü Pietas, adorati
laude ! Sapiens fortunam praebens-eÄf.
21. Pietatis nonne sanctus ille-ipse sapientiä dictis, actione, reli-
gione veritatem lucentem bona possessionem mente Sapiens
creavit vivus? Hanc bonam venerer veritatem!
22. Cujus mihi perpetuo optimum in adoratione sit, novit Sapiens
vivus, in illa eoriim qui fueruntque suntque. Hos venerer suis
nominibus et-circum-ibo tanqiiam laudator.
3*
V.
Gäthä vahistöisti.
(Jacna cap. 53.)
17. (53.)
Nemo ve gdthdo ashaonis.
1. Vahisid istis ^^rdvi Zarathustrahe
Qpitdmahjd jezi hol ddt djaptd
Äshdt hacd ahuro Mazddo javoi vi^pdi d hvan/wim
Jaicd hol daben ^askcTcd daenajdo vanhujdo ukhdhd skjaothandcd.
2. Atcd hol ^cantü manahhd ukhdhdis slijaothandiscd
Khshnüm Mazddi vahmdi d fraoret ja^nd^cd
Kavacd Visidgpö Zarathustris ^pitdmu Frashaostara^cd
Ddonho erezüs pathö jäm daenäm ahuro ^aoskjanto daddt.
3. Temcd tu Paouru-ci^td Haecat-a^pdnd
^pitdmi jezvi dügedhrdm Zarathustrahe
Vanheus paitjd^tim mananho Ashahjd Mazddo^cd taibjd ddt ^.arem
Athd hem ferashvd thwd khrathwd ^penistd Armatois huddnu-vnreshvd.
4. Tem ZI vegpereddni vardni jd fedhro daddt
Paithjaecd vd^trjaeibjo atcd qaetaeve
Ashdune ashavabjo mananho vanheus qenvat hanhus mebeedus
Mazddo daddt ahuro daenajdi vanhujdi javoi vt^pdi d.
5. ^dqent vazjamndbjö kainibjo mraomi
Khshmaibjdcd vademno mencd i mäzdazdüm
Vaedödüm da&ndbis abja^cd ahum je vanheus mananhd
Ashd ve anjo aintm vivanhatü tat zi höi hushenem anhat.
6. Ithd i haithjd naro athd ^enajo
Drügö hacd rdthemd jeme ^pashuthd frdidim
Brügo dje^e höis pithd tanvö pard
yajü-beredubjö dus-qarethem nä^at qdthrem
Dregvddebjo degit aretaeibjö andis d maytahm ahum merefigeduje.
V.
Carmen qiiod vahistöisti dicitur.
17. (53.)
Laus vobis carmina veracia!
1. Summum bonum auditum-est Zarathustrae esse sancti quam ei
dedit adipiscenda, perpetuo vivus Sapiens in tempus omne
td-(/wocZ-bonain-vitam-habet omnibusque qui ejus minuunt ampli-
ficantque religionis bonae verba actionesque.
2. Sic ejus perficiant mente vocibus actionibusque venerationem
Sapienti ad laudationem religiöse precesque et-Kava Vistä^pa
Zarathustrae-assecla, et sanctissimus Frashaostra facientes rectas
vias ad eam quam fidem vivus ignicolis dedit.
3. Hancque vero Pouru-ci9tä Haecat-a9pida sanctissiuia, illustris-
siina filiarum Zarathustrae bonae tanquam iinaginem Mentis, Veri
Sapientisque tibi fecit creationem. Itaque consule te intellectu
sanctissiino Terrae in bona-habentibus-regionibus.
4. Hanc enim vobis aemuler, eligam qua felix dedit dominoque
agricolis et-sic propinquo veraci veracibus Mentis bonae splen-
didam pulchritudinem saepe-distribuens; id Sapiens dedit vivus
fidei bonae in tempus omne.
5. Voces nubentibus puellis clamo vobisque dicens dnimadvertite
in id animadvertite. Possidetis meditalionibus illisque vitam
quae est bonae mentis. Sinccritate vestrum alius aliiim acci-
piat; haec enim bona habitatio erit.
P). Sic re-vera viri atque mulieres Mendacii causa, largitor enm
est Jimus, speculamini providentiam ; Mendacii, veneror eum,
hujus deletor corporis antea erat. Vajus .co/ifra-ferentes malum-
splendorem obtinet lucis-fontem; mendacibus sapientiä-victor
aggrcdientibus illis rebus spiritualem vitam ad-interficiendum.
38 Hang, die Gäthä\s des Zamthustra. V.
7. Atcd ve mizdein anhat ahjd magahjd
Javat Azus zarzdistö bünöit hakhfjdo
Paracd mraocäg aordcd jathrd mainjus dregvaiö unä^at pard
Jvizajathd magein tem af ve Vajö anhaut apemem vacö.
8. Andis d duzvarsnanhö dafshnjd heutu
Zaqjdcd vtgpdonhö JchraogeilMm upd
Hukhshathrdis Genaräm khrüneramcd rdmdmcd dis daddtü skjeitibjö
vizihjo
Iratü IS dvafsho hvö derezd merethjdus mazisto moshucd a^tü.
9. Duzvarendis Vaeshö rdgti toi narepis ragis
Aeshagd degit aretd peshö tanvö
Kü ashavd ahiiro je is gjdteus hemithjdt vage-itöiscd
At Mazdd tavd khshathrem ja ereiigjoi ddhi dregave vahjö.
Hang, die Gatfid's des Zarathustra. V. 39
7. Et-sic Vobis praemium sit hujus thesauri, quamdiu Azus inaxime-
addictus sit societatis, antiqua profereiis novaque, ubi Spiri-
tus sa7ictas mendaces capiebat antea. Progiguitis thesaurum
hiiiic, sed Vobis Vaju! erit ultima vox.
8. Per haec malefactores diminueiidi sint, et in gignendo (the-
sauniin hunc) omnes clauient! Bonis-possessionibus Genaram
Khrüneramque anioenamque bis donet habitaculis, vicis! Ve-
iiiat ad-illos deletor ille-ipse vehementiä mortis maximus mox-
que esto!
9. Malis-doctriiiis Veshu doiiat tibi viros-augeiites leges; creaturas
sapientiä-vincens est hostiles deletor-corporis. Ubi verax vivus
est, qui eos ab-existentiä protrudat libero-arbitrioque? At
Sapiens! tui (tibi) regnum est, quo rectum-habenti das trini-
lati melius.
S)eutfd^e Uebevfe^ung ber jt^eiten ®dt^d.
8. (43.)
1. «§eil iji jebem, ^eil ifl allen, irelc^en ber ©eisp^eufd^er, ber
teBenbtge SBeife, bie Beiben einigen .Gräfte öerlei^en mag. ^arum
Bitte i^ U^, um bie SÖa^r^eit fefiju^alten. 3)aö gieB mir,
5Ivmaiti : SSermogen, Sortbauer, ben 58eji^ beS guten (Binne?.
2. 3)id&, ben al(er6c|len, »ere^re id) aW Urlic^t btefer SBelt; bic^,
t^eiUgfler ©eiji 50?ajba I möge jeber fid) gum :^eitfiern trä^Ien.
kiie§ SBa^re gieBjl bu bur(!^ beS guten @inne0 SBeia^eit unä
ie^t, unb öer|>rid^ji un0 baburd^ langeö 5)afein.
3. 3ener (^raoffja) fann baö aUerBefie erreidjen, ber unö Beioe bie
geraben SSege im irbifci^en unb im geifiigen l^eBen gu lehren öer=
mog, bie f;infü^ren ju ben hjirflid^en (B^opfurxQen ', auf biefen
SCBegen it^ol;nt er, ber !^eBenbige, ber ^reuergeBene, bein (EBenBilb,
ber ^ble, ber «^eilige, 3Beifer!
S)ein will i<i) benfen aU beg @tarfen, «^eiligen, SÖeifer! 5)enn
mit ber «i^anb, mit ber bu «^ilfe f:penbeft, »erlie^ft bu bem QiBa()r=
Saftigen, \vk bem !Si^ügner bie ^ortbauer Betinrfenben »Gräfte burcf)
bie äÖärme beineö «l^euerS, n?oburd^ baö SÖirfüc^e geftärft it-irb.
5Dabur^ itirb mir beä guten ^inneö ^raft ^u if)nh
©0 backte itf) bein aU bee «^eiligen, leBenbiger SBeifer! 3)enu
bid) ^ah' iä) gefc&aut aU ben Urgrunb Bei ber (^r^eugung be^
^eBenS, tr»ell bu ®aBenrel(!^er ! bie :^eiligen ©eBräu^e einfe|tefl
unb bie SÖorte i^erfünbigteft; bem 9Zid^tigen Befc^ecrj! bu 0lid)tigi
feit, bem ©Uten bie gute SGBefen^eit. 5)ein n?iU id) benfcn, ^err;
lieber! Beim legten Qlu0gang biefeS '5)afein§.
Hang, die Gdlhas des Zarathusira. II. 41
6. 3n h?elc^em 5(uägang (bem erflen obei Ie|ten) ic^ bicf} fc^auen
mag, teienbiger SSeifcv! in bem fornrnfl bu mit ^Befißt^um unb
mit gutem <£inn, bur(^ beffen "Xijaten bie l^anbgütev Beftänbtg ge=
fc^ü^t werben. 3)iefcn ^it-r (beinen SSere^rern) ijerfünbet 5(rmaitt
bie @ffe|e beiner (Sinfic^t, bie 0^iemanb ju Betrügen üermag.
7. (So backte ic^ beiu, beö »^eiligen, leBenbiger Sßßeifer! bal;er tarn
er (ßraof^a) §u mir mit gutem ©eifte unb fragte mid) : lüer Bift
bu?'lüef|'en (So^n Stjt bu? äöie benfft bu je^t auf (Stärfung
beö ©ebei^enä beiner Sanbgüter unb i^rer 2ßefen?
8. 3)iefem anttüortete i^ alfo : erfttid^ Bin id^ 3«t«t^«fiva ; je|t Wiil
icf) ^einbfc^aft ben Sügnern f^n?ören, bem SBat}r^aftigen aBer eine
fiarfe «i^ilfe fein. <Bo lange alö i^ bic^, SBeifer! loBe unb greife,
mü i^ erttjetfen unb erleudpten alle, bie nad^ ®efi| trauten.
9. <So backte i^ beiu, beö <§eiligen, leBenbiger SBeifer! ba^er fam er
^u mir mit gutem ©eifte, (unb fragte i:^n) : 3Bem W'iüfi bu, bag
icfc bag @ebeil;en beö irbifc^en SeBenä mitt^eilen foü? (&o tviii
x&) unter benen, bie bein ^-euer burci) :&oB öere^ren, fletö on baö
SCÖa^re beuten, fo lang i(i) eä öermag.
10. ®o mogeji bu mir ba§ SBa^re üerlei^en; benn öon ber @rgeBen=
l;eit Begleitet, nenne ic^ mic^ einen (SrgeBenen unb fragen wiU i^
für unö Beibe, n?aä eBen nur öon bir gu erfragen ijt. 5Da^er
möge ber ^önig bic!^, ben ©efragten, gu einem gcn^altigen ^euer=
Branbe fc^üren, trie bieß nur @ad^e ber 9)Zä(i^tigen ift.
11. «So badete i^ bein, beö J^eiligen, leBenbiger SÖeifer! batjcr fam
er §u mir mit gutem ©eifte. 3)a iä) alö euer ergeBenfier Wiener
unter ben QJienfd^en guerfl mit euren (S^rüc^en bie ^einbe ^er=
nid^ten mU, fo »erfünbet mir ba6 SSefte, iüa6 id^ t^un foU.
12. Unb aU bu mir baö SEa^re fagteft, tamft bu mid) ju Belet;ren.
^u Befa^Ijt mir, nid^t ot;ne üor^erem^fangene OffeuBarung auf=
zutreten, e§e ba§ (Sraof^a öon ber er^aBenen SBa^xf)dt Begleitet,
bie eure SßefenBeiten in bie JKeiBt;üI§er jum «^^eile legen möge,
^u mir gefommen fei.
13. ®o badete ii) bein, beö »^eiligen, leBenbigcr SCßeifer! ba^er fam
er ju mir mit gutem ©eifie. ^a^t mir bie JDinge ujerben, bie
icf) ern^ünfcl)t; bie ©aBe langen SeBenö üerlei^t mir, feiner von
eud^ ^alte eö mir ^urücf für baS ©ebeil)en ber guten 5ÖeIt, bie
beincr Ǥervfc{;aft untert(;an ifl.
42 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. II.
14. 2)avum gab ber iuäcl)tige 33efi^ei- ber ©üter (gi-ao((;a) mir bem
g^vcunbe bie (Sufenntnif beiner ^i(fe, hjeil id) im S3efil^e bei- ijon
bir iHn-Iie(;eneu iüal)ren ©ütev in ben mannigfachen 5(rtcn bev Diebe
^ugleid; mit alten benen, bie beine (S^rücf;e :^erfagen, aufzutreten
SBiKenS umr.
15. <Bo bac^t id^ bein, be§ ^eiligen, lebenbiger SSeifer! bat;er fam
er ju mir mit gutem ©cij^e. «^eK leu^tc au§ ber flamme baö
i)o^\U ©liicf! SBenige feien eg ber 33ere()rer bcg J^ügneröl 5(l(e
biefe mögen fi(^ ben ^rieftern beg tim^rt)aftigen ^euer6 guixnntben!
16. ©0 Uki, leBenbiger SSeifer! .3^i'«t^"fi^^^ ii«b jeber <§eiUge für
aüe, bie ben (^eiligen (Seift fi^ (jjum l^eiter) mahlen. 3)aö 2Öirf=
M)e unb äBa()rc luerbe mäd^tig in ber 3BeIt! 3n jebem Söefen,
baö ber «Sonne ^ic!^t fc^aut, möge 5(rmaiti (bie (Srge6en(;eit)
iüof)nen! fie, bie bur^ i(;re ^f)aten mit bem guten @inne baö
@ebeil;en giebt.
9. (44.)
5r)ief wili [^ bidj fragen, fag' e§ mir redjt, ^^ebenbiger! ob euer
g^reunb ^um i^ob^reiS euer lijoblieb bem meinen lun-fimbigen mödjte,
SKeifer! unb ob er ju unö fommen n.nirbe mit gutem Sinn, um
unö bie ivar;ren Srfunbc§tl)aten gu üoK-bringen.
2. 5)ie§ mü id) bid^ fragen, fag' eö mir rec^t, ^ebenbiger! Sßie
UHU- ber ^Itnfang beö beften (njirnid^en) Sebenö? SBoburd) mag
man bem nützen, baö i^^t ba ijl? Sener felbfl, ber ^eilige
((Sraof^a), tvat^rer ®eiji ! SBeifer! i\t Sädjter ber ®ef(i^ö^fe, »on
alten bie Ue^el abh.ie^renb, ber SSefßrberer alteg Menö.
.3. ,^ie§ iüilt id) bi^ fvageti, fag' eö mir rec^t, ^ebenbiger! Ser ift
ber 2Öal)rl;eit erfter 33ater unb Srjeuger? SKer fd^uf ber (Sonne
unb ben Sternen i^re SSa^^n? 2Ber lä^t ben 3)?onb n^adbfen unb
fd)tuinbfn, ivenn nid)t bu? 5(tt biejj n.nuifd)e ic^ ^n bem ^u
uuffen, \va§ i^ fc^on iin'i^.
4. 3)ie§ tuilt id) bid^ fragen, fag' cß mir red)t, l^ebenbiger! äöer
^ätt bie (Erbe unb bie äÖolfen brüber? Ser fdjuf bie SBaffer
unb bie SSäume auf ber g^tur? SBer ift in ben SBinben unb
Stürmen, baß jie fo fd)nelt gelten? SÖ^er ift ber >^err ber ®e=
fc^ö^fe beg guten (Sei|te0, ^Bcifer?
(.
Haag, die Gdthd's des Zarathustra. II. 43
5)ie§ tviü id) bic^ f^i^c^^^^, fag' «?ö mir red^t, i^eknbiger! 3öcr
fc^uf ble ®ute0 iini-fenben ^idfjter unb bie ^yinfterniffe ? iucr fdjuf
ben @uteö irirfenben @d)(af unb bie ^'()ätigfeit? 2öev bcn 9)?orijcn,
SD^üttag unb bie dladjt, bie ben Neuner bev göttlichen Offenbarung
j^etg an feine ^flic^ten mal;nen?
6. ^ief tviü id) bic^ fragen, fag' e3 mir red^t, ^ebenbiger! njeld^e
QSerfe id) laut i:erfünbigen fott, Irenn bie eben j;e|t folgenben tter=
fünbigt ftnb : 1) £ie ^rommigfeit ijerbo^^elt burd^ il;re 3:l;aten
baS äßa^re. 2) gur bid^ fammelt er 93efi|t^um mit bem guten
(Sinn. 3) SBelc^en fd}ufeft bu bie unüergänglid)e Stiii) Oidnjccfereti?
5Dief wiU id) bic^ fragen, fag' eä mir rec^t, Menbiger! SBer
bilbete bie l;ol)e ßrbe mit if;ren ©ütcrn? SBer bilbet fortirä()renb
ben beflen «So^n an^ bem SSater t;eraua, hjie burd) SBeberfunfi?
^d) fomme, SSeifer ! um biefe 5£)inge ju erfennen, ju bir, l^eiliger
@ei^! bem ©djö^fer ader ^inge.
8. ^ie§ njitl id) bid) fragen, fag' eö mir rec|t, Menbiger! SGßel(|e
©cele (lüeld^er @d)U^geift) jeigt mir ©uteö an, baf fie mic^
erinnere an beine ;^e^re unb an bie ^orberung, bie üom guten
©eiji üer^ei^en, unb an alle n^al^ren 3)inge beg ^^eBenö, bie ba
finb, um fie ju beji^en; biefe @eele möge fid) mir na^)en.
9, ^ieß trill id) Ud) fragen, fag' e§ mir rec^t, ^eBenbiger! SGßie foU
id) jenen ©laufen ^eilig galten, ben bein g^reunb i)or bem mä^=
tigen ^^errfd^er mit ber gen^altigen ^errfdjaft öerfünbigen möge,
ber in ber SSerfammlung, SBeifer! burd^ ben guten @eifl aUeö
OSoKfornmcne (®ute) fd}ü|t.
10. ^ie§ it>iK id) bid; fragen, fag' mir rec^t, ^ebenbiger! jenen ®lau=
Ben, njelc^er ift ber aderbefte, ber meine l^anbgüter fd;ü^e unb
bie hja^ren (guten) ^l^aten in ?5olge ber 3Öorte ber 5lvmaiti
rid^tig vollbringe, ^ad) meiner (Srfenntni^ ((Sinfld&t) nninfd^e id^
bic^, Söeifer! ^u i?eve^ren.
11. ^ie^ njitt id^ bid^ fragen, fag' eö mir red;t, IH'benbiger! njie eure
^2lrmaiti ^n benfenigen gelange, benen burd) bid^ felbft, Reifer!
ber ©laube üerfünbigt nnrb. S3on biefen bin id) als bein (Svfier
0^ro!pl;et) anerfannt; alle anberö ©efinnten follen mir \)er^apt fein.
12. !X)ie§ ivill ic^ bid) fragen, fag' eö mir rcd^t, !(?ebenbiger ! SBer ifl
Der 2Ba^rt;aftige, tuer ber Hgner, nad; benen id) mid) erfunbigen
tuill? 33ei unlc^em ift ber fd^n^arjc (®cifi), bei tvelc|)em ber
glän^enbe? SCBarum tvirb ber l^ügner, ber mid) ober bic^ mit ®e;
umlt angreift, nid^t mit 91ed)t für einen (Sd^ivarjen gehalten?
44 Hang, die Gdthas des Zarathusira. 11.
13. 3)ieß iv'di id) bid) fragen, fag' eg miv xeä)t, :^e6enbigei:! SBie
füKen mv bie ^üge öon biefem Ort öeviageu unb fte ^u benen
treiben, bie voU üon Unge(;orfam baö äÖabre nid^t burd^ 93efoI=
gung e^^ren, no&) fi^ um ba§ ®ebei(;fn br§ guten @inneö be-
flimmern?
14. 3)ie^ wiü i<i) bi(^ fragen, fag' eö mir rec|t, IVbenbiger! SlJie foU
id) bem äÖa^ren bie J^üge in bie «^änbe liefern, bamit fie burd)
beineö J2oBe§ IMeber öernic^tet irürbe? iSöenn bu, SCöeifer! einen
iüirffamen geheimen (S)3rud) mir nUtt^eilft, fo wiU. i^ baburd)
alter OZot^ unb aKem (Slenb ein (§nbe mad)enl
15. 2)ie§ n)iü i^ bi^ fragen, fag' eg mir rec^t, Sebenbiger! SSo ober
mem uon ben «i^erren giebj^ bu, 2öal;rer! aU SBefi^er biefer fetten
beerbe biefelbe, n?enn bie Reiben ^eere loutloS fid) jum ^am!pfe
fdjaaren, vermöge jener (B^^rüd^e, bie bu, SBeifcr! fel&ft feft-
fleUen n^itift?
16. ^ieß n^iU ic^ bici^ fragen, fag' eö mir rcd^t, Menbiger! SGßer
töbtete bie feinbUd)en Dämonen, bie fo ijerfd)ieben gejtaltet finb,
bamit i^ baS @efe| ber beiben ^eUn erfennen möchte? (&o möge
benn Sraof^a mit bem guten @inne fäm^fen, SÖcifer! für einen
jeben, bem bu gnäbig Bip.
17. ®ieg mü. iä) bi^ fragen, fag' eö mir red^t, ^ebenbiger! fBie
ttiog id^ in eure SBo^nung ju eurem ©efang gelangen? ^aut
njünfd^e iiS), öon ber 3}oUfommen^eit unb UnfierbUd^feit befd^ü^t
ju a^erben bur^ jeneg IHeb, baö ein (Sä;)a1^ beg Sßa^ren ijl.
18. ^ief wiii i^ bid^ fragen, fag' eä mir rec^t, l^ebenbtger! SÖie
foU i&), SCßa^rer! biefe (^aU f^jenben, ^e^n fd^n^angere (Stuten
unb noc^ me^r, bamit mir, SBeifer! in ßwfunft bie beiben ^^räfte
ber Q3oUfommen:^eit unb Unfterblic^feit »erliefen n?erben, fotrie bu
beibe biefen liier geben fannft.
19. 5)ie§ will id^ bid^ fragen, fag' eg mir rec^t, Sebenbiger! 3Öaä
ift baö erfle 3)enfen beffen, — fein le|teö fenn' id^ fd^on — ber
bem 3)arbringer biefer ®abc nid^t tineber giebt, ber bem, ber
ri^tig f^rid^t, nic^tö giebt.
20. 3ÖaÖ fmb benn, guter ^errfdjer aJlajba ! bie 5£)aeüa'g? <Bo möd^t'
i(^ bi^ nad^ benen fragen, bie für ftc^ baö 3)afein (bie gute
S(^i3)3fung) befäm^fen, mit bereu <§iife ber ®Ö|en^riefler unb
^ro^f)et bie ^rbe bem 25erberben ^?reiägab , unb n^ag baburd) ber
falfd^e (Selber für ftd^ felbft geh^ann. 'iRi<S)t mögej^ bu i^m, SBa^rer!
ein t^e^b terlei^en, ba§ er eö einzäune.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL 45
10. (45.)
1. (So mevft ie^t auf unb ^oret ju, bie if)x öon ferne unb l^on naf)
gefommen feib; öerfünbigen tintl i(!^ eud^ je^t aWea üon bem
©eiftev^aar, n?ic eö bie SBeifen erfannt i^abtn. ^n UeSeliebcnbe
\oU baö ^hjeite !?e6en nic^t ertÖbtcn, nod^ ber, lüeld^er aU J^ügner
mit feiner Bunge fid) gum nid)tigen (®o|en=) ©tauten Befennt.
2. S3ertobigen iriü id) euc^ üon bcä J^e6en6 Selben erpen ©eiflern,
»on benen ber irei^c ju bem fc^trar^en fagte : folgen nic^t mir
bie ©ebanfen, nid^t bie äßorte, nic^t bie (Sinfid^ten , nic|t bie
l^e^ren, nid^t bit S^rüc^e, nic^t bie SBerfe, nid;! bie a3etrac^tun=
gen, nic^t bie (Seelen?
3. 23erfünbigen wiU. i^ ben erfien ©ebanfen biefeö ^etenö, ben mir
ber lebenbige SBeife fagte, benen, bie euren @^ru^ nid^t fo öoll-
bringen, n?ie ic^ i^n benfe unb rebe : liefen möge beö SeSenö
®nbe (bie (Erfahrung) eine .^ilfe fein.
4. (Bo mll i(^ öerfünbigen baö 6ejte SBefen biefeä Mmß, ben
SCBeifen, ber be6 SÖa^ren funbig i\t, ba er eö fc^uf, ber ber S3ater
beö n?irfenben guten (Sinnet ift; feine 3:üd^ter, bie baö ®utc
fc!^afft, ift Qtrmaiti. 91ic^t fann ber OtHeg (Sc^affenbe betrogen
ii^erben.
5. So njill ic^ ijerfünbigen, njaö mir ber J&eiligpe fagte, baö Sßort,
baS für bie ?D?enfc^en ju ^ijren baö aUerbejie ift, alim benen, bie
mir ^ieju ©e^or öerleit^en unb bie beg^alb t)ie^er gefommen fmb :
SSoUfommen^eit unb Unfjerblic^feit burd) bie 5Berfe beö guten
(Sinneä ^at ber lebenbige SSeife.
6. (So will iiS) öerfünbigen ben aUergröften (ßraof^a), ber baö
HBa^re lobt, baö ®ute t^ut, unb aUt bie, n?ei(^e um ben ^eiligen
©eifi gefc^aart finb. (So ^öre mici^ ber lebenbige SBeife, bcffen
©Ute baö ©ebei^en beä guten (Sinneä ben?irft} mit feiner befien
SOBeiö^eit mi?ge er mid^ regieren.
7. 2)urd^ feine OJJac^t unb burd^ fein SÖalten beftanben bie öer=
gangenen ©efd)Ied)tcr unb aud^ bie zukünftigen loerben burd^ fic
befielen, ^eö 2Ba^r(;aftigen (Seele flrebt nad^ ber immerbauernben
Unjierblic^feit, ber 33ernid^terin ber Streuten biefc ijl im SSeji^
beä lebenbigen SBeifen, beö «§ervn ber ©efd^ö^jfe.
8. 3§n, ben ic^ burd() unfere ßoblieber ^u feiern unb ^u i)erel;reu
tt)ünfc|e, fc^aute ic^ ihn jie^t mit meinem 5fuge, i^n, ben ba6
SCÖa^re ^cnnenben, ben lebenbigen Sßeifen, als bie ÖueUe beö
guten ®ei|leÖ, ber guten ^ijat unb beö guten SGÖorteÖ. @o laft
unö benn unfere ^obeögaben im »§aufe ber ^obfänger nieberlegen.
46 Hang, die Gäthä's des Zarathustra. IL
9. 3^11 ivitt ic^ «lit unfevem guten @inue anbeten, i^n, bcr unS
immer gncibtg ift Bei :^icl)t unb 2)un!el; er, ber leBenbigc Seife,
ber burcö feine 9)?ü^e bie 33eft|t(;ümer f(J)afft, möge baö ©ebei^en
wnferS 3Sie()ä unb unferer 9J?änner förbevn, unb bur^ bie ^o(;eit
bea guten ©innö baö SBa^re fd}ü|en.
10. 3(;n itnU ic^ mit ben ®e6eten unferer Qlnbadjt ^jreifen, ber für
ftcf) aüein als ber le6enbige äöeife gilt, ba er öerftänbig unb non
tt^a^rem, gutem Sinne ifi. .3n feinem dUii) fmb ii^ottfümmenl^eit
unb UnperBUdjfeit; biefer SBelt öerlei^t er jene Beiben eivigen Jträfte.
31. 9Ber bie ®ü|en unb ferner aUe jene CDtonfdjen fiir i)erfel;rt ^ält,
bie nur 33erfet;rteö benfen, unb \i^ öon benen unterfc^eibct, bie baS
Otec^te benfen : beffen i^rennb, trüber ober 33ater ifl Sl^uramajba
felbft. So lautet be§ ^aug(;errn, beö ^euer^riefter^ S).n-u(Ii.
11. (46.)
dUd) tt^elc^em l&anb foÜ id) mid^ n?enben? SBo^in füll id) mi*
flüdjten? SCÖeldjeö Sanb geiuä^rt S(^u^ bem -§errn unb feinem
©efä^rten? S^iemanb üon ben 5)ienern üere(;rt mic^, nod^ üon
ben v!g>errfc]^ern beö l^anbeö, bie ungläubig fmb. 9Bie foll i(^,
lebenbiger SÖeifer, bid^ ferner i?erel;ren?
M) iveif eö, t>a^ id) t;ilfloö bin. Siel; auf mid), ben Streuen
unter beinen ©etreuen, fiel), tt)ie id^ be§l)alb tveinenb ^u bir
fomme, Menbiger, ber bu baa ®liicf öerleil;fl, wie ea ein ^''"funb
bem i^veunbe giebt. 5Daa ®ut beS guten Sinnea befi^cfi bu gu
eigen, 2Ba:^rer!
SÖann erfd^einen, 3Beifer! bie 33erfünbiger ber ^age, um baa
n>irflid)e ^eben ju erl^alten? — 3n ben funftreid) gebic^teten
Siebern ber f^euer^riefter liegen bie l;o^en @infid}ten lu'rborgen. —
2Bel($en fam er mit bem guten Sinne ^u J&ilfe? — 3c^, aia bein
I^ob^reifer, ertt>ä^le bic^ mir, l^ebenbiger!
4.
$)er Lügner befi|t bie gelber bea SBa^ren, ber bie @ibe fd)ü|t,
in bem SSejirfe tine in ber ^ro^inj, aber ata ein baa Sd)led^te
3Seret;renber ^at er in feinen eigenen ^l^aten feinen glütfli^en
Erfolg. 2Öer biefen, iffieifer! aua feiner ^errfc^nft ober axh^ feinem
93cfi§ vertreibt, gerabe ber iranbelt treiter bie $ßege guter fc
fenntnt^.
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. II. 47
5. ilßenn in ßuhrnft ein ^crvfc|er einen eujreift, ber ben (Eib bvi^t,
ober n>enn ein 33ornef)mer einen ercjveift, ber bie 35erträge öerte|t,
ober njenn ein gerecJ^t lebenber 2Ba^r^aftiger einen Öiigner ergreift,
fo foK er, foBatö er bie§ crfannt (;at, bem ^errn anzeigen : in
9fZot^ unb OJZangel foK ein fold^er §n feinem Ungliicf geflogen fein.
6. SKer ater, obfc^on er fann, nic^t jn i^m (bem ^errn ber ®e=
meinbe) get;t, ber möge nur ben (Sa^ungen ber j;e|t ^errfd)enben
£üge folgen, ^enn ber ifl ein Siigner, ber bem iHtgner alö ein
3Sortre[flid[)er ^ ber ein SBat^r^aftiger, bem ber Söa^r^aftige ein
?5rcunb ifi. (So gabji bu alte @^rü(^e, Menbiger!
7. Söen, SBeifer! machte man jum (ö(f)ü§er beö 9)?einigen, hjann
mir ber l^ügner gu fc^aben trad^tet, n^en anberg aU bein ^euer
unb beinen (Sinn, burd^ beren SBirfungen bu ba0 3Sirf(ic|e fd^ufeft,
l^eBenbiger! — SSerfünbige mir jene ,^raft für ben ©kufien!
8. SÖer meine l^anbgüter i^ernjüjlet, nic^t burcf) feine ^^atcn olö
^enerbiener mic^ erirä^lt, bem möge für feine ^^erfon gleic^eriDeife
vergolten n^erben. 23on gutem 33efi|tt)um fei er fern, aOer ni^t
öon ^öfem,-mit iegli(f)em lleSel erfüllten, SBeifer!
9. SÖer if! .eö, ber aU mein ^^elfer mici^ guerft erfennen lief, baf
bu am meiften öerel;rungön?iirbig tjift aU ber Menbige, 2Öa^r=
Saftige in ber ^t)at'^ 5)ie 2Öa^rt)eiten , bie bir ber JBitbner ber
6rbe üerfünbete, n^erben mir gu ^^eil burd^ beinen guten «Sinn.
10. SÖelc^er 9)?ann ober wel^e i^xan, leBenbiger SiÖeifcr! bie beften
3^l?aten, bie bu fennfi, für biefeö Men vollbringt, inbem er fo
für baö SKa^re bie 2Bal;rl)eit unb burc^ ben guten (Sinn bie
>^errfc^aft förbert, fo n?ie alle, bie in meinem ©efolge ju eurem
;&oS:^rei0 kommen : mit allen biefen unll i^ über bie ^rücfe beö
3Serfammlerö :^inü6er (ing ^arabieö) geilen.
11. 3)ie ^errfd^aft ifl in ben J^änben ber ^viefler unb !]]roVl;eten ber
©ö^en, bie burd^ i^re Xi^aUn baä menfct;Iid^e J^eben ju ertöbten
fu^en. 5)iefe treibt il;r eigener ®eifl unb i()r eigener «Sinn, baf;
fie vorbei ge^en muffen an ber 33rücfc be0 ißerfammlerö, um für
alle @n?igfeit in ber i}ügenrt)ol;nung (^ötte) gu »erbleiben.
12. Qllö \\a^ 23eftegung beö geinbeä ^t'iana unter ben (ivanifd^en)
(Stämmen unb i^ren ©enoffen bie n)a:^ren ©ebräud^e (Der %än^
bau unb ^euerbienft) anffamen, gäuntcfi bu mit hatten ber (Srbe
©runbflüffe ein. (So umzäunte fie alle ber lebenbige iißeife burd)
feinen guten @inn unb iüieö fic jenen ^jum 93efi^tl;um an.
48 Httugj die Gdthd's des Zarathusfra. IL
13. 5Ber beu r;ü(l)(;eiligcn ßarat^ufira mit isln^ unter ben 5)?tnf(^en
üeie^rt, ber t^ gef^irft, feine ^e:^re öffentlid^ ju yerfünbigen. 3^m
(bem 3«^at^«ftva) iiOergaB bei* leBenbige SÖeife baö !^el3cn; für
t^n umzäunte er mit gutem «Sinn bie :S^anbgüter; i(;n galten n.nr,
SÖa^rer, für euren guten S^reunb.
14. Brtvat^ufira! wer ijl betn ira^r:^afttger ^reunb 6ei bem großen
2Berf? ober irer mü eß öffentU^ oerfünbigen? Mai^o, S^ictdc^a
gerabe n?ilX baö t^un. SBelc^e bu, lebenbiger Seifer! in ber
(^immlifc^en) @i|ung au0eriräl;lt ^aft, bie irnÜ icf) mit ben
äÖorten be^ guten @innä üere^^ren.
15. 3(;r ^eiligen ^aecat = ac))iben, ju eud^ mli id) reben; benn i^r
uttterf(^eibet baö Oiec^t unb baö Unre^t; burd) eure XhaUn ift
üon eud) baä Söa^re 6egrünbet, treidle in bcn alten @o|ungen
beö \?e6enbigen niebergelegt ifi.
16. ö(;rn?ürbiger f^raf^aofira ! ge^ bu mit jenen «geifern, bie itür
beibe für bag SBo^l ber SBelt un6 errtjä^tten, bort(?in, n?ü bie
?5frömmigfeit im ©eleit ber SBa^r^eit i|t, wo bie $öefi^tt;ümer beö
guten ©inneä enr»or6en u>erben, wo bie 2Öol)nung beö lebenbigen
SGBeifen tj^.
17. 2Bo üon eu^ nur (Segenöfprüc^e, feine i^lüci^e, i^r e^rhjürbigen
2)e?gdmdc^3a'S, gu :^ören ftnb, inbem i^r immer bie @üter beffen
Befigt, ber bie ^eiligen ©ebräud^e anorbnet unb öoUbringt, ber
baö 0^ed)t unb Unred^t unterfc^eibet, nämlid^ be0 lebenbigen SÖeifen,
ber öon fiarfer ßinfic^t ift.
18. 9ßer mir gehjogen ifi, für ben fammle id) all baö 93efte meiner
©üter mit gutem ©eifie; aber 0Zot^ bringe ic^ über alie bie,
treidle unö in ^otf) bringen. SÖeifer! Söa^rer! eure <^i[fi wiä
id) anflehen. 3)ief ijl mein (Sntfc^luf nac^ meiner @inftd)t unb
meinem @inn.
19. 2Öer mir, bem S^tratl^uflra, bicfeö njir!li(!^e Men burd^ bie aBaf;r=
^eit jum größten ®ebei(;en bringt, bem njirb aU ^ot)n baS (h?a^re)
erfie unb baS ©eijleäleben üerliefjen, mit alten ©ütern, bie auf
ber unöergänglid^en @röc gu finben jinb. QlUi biefe ®inge be=
fi|efi ober bu, SBeifer, ber bu mein (^reunb) U]t, im rei^ften
2)eutfc^e Ueberfe^ung ber brüten ®att)a.
12. (47.)
1. ^er leSenbigc SCßeife yeilei^t, tofvmöge fcincö ^eiligen ©eifieö , ^n-^
möge be0 befien «Siiineö iinb ber wa^xm %f:)at unb beS ma^re»
Sßorteö biefer Sßelt bie beibcn i^räfte ber 33otlfomment)eit iiub Un;
fterSUd^feit in bem did(i)c auf ber @rbe.
2. 33on biefem ^elligfien ®eiji fommt aUcö ®\iU, ba0 f((^ ie|t in
ben mit ber 3w"9f ge]>rod^enen SBorten be^ guten (Sinnet offene
Bart. Wlit feinen «^änben »oKBringt ber Sßetfe atö ber QSater
beg SÖa^ren, vermöge feiner (Srfenntni§, bie ^^eiligen SBerfe ber
5lrmaiti (ten *2(cf erbau).
3. S3on füld&em ©eifle, eSenfo ^eilig, 6iji bu, ber biefer SBelt bie
(Srbe mit bem in i^rem ©ci^oof ru^enbcn ^euer f^uf. 9J?it lieb-
lichen fjluren f^mücfteft bu bie @rbe, nac^bem bu, Sßeifer, bid)
mit bem guten (Sinn berat^en ^attefi.
4. 9'^ur burd^ ben Sügengeifl fuc^en bie ©otttofen ju fc!^aben, burd)
ben n)a^v(;aftigen SBeifen fonnen fie eä nid)t t§un. SGÖarum jä(;lt
ber Sßa^rt)aftige fo n?enig ^In^änger, n?ä:^renb bem i^ügner in
großer ßai)[ alle 3)Zäc^tigen, bie ungläubig finb, folgen?
5. Unb boc^ geboren, ^eiliger @eijt ^^^uramajba! alte bie beften
©üter bem 2öat;r()aftigen. ^er ßügner \3erfc^ir>enbet beine ©naben^
gäbe unb bebarrt bod) burc!^ feine $l)aten bei feinem f(^lecf)ten
@inn.
6. 5)u, ^eiliger ®eiji Sl^uramajba I legteft bie @abe beö guten S^euerö
in bie O^eibt^öljer, burc^ bie ß^^fi^fit i^on 9Ba(;r^eit unb von
i^tömmigfeit. ^nwn biefe fc^ii^t bie 93ielen, bie fid) naiven
Abhandl. der DMG. II, 2.
50 I1«ng, (ii<^' Gdthas des ZamtfiHsha. III.
13. (48.)
1, 3Bt'nii ev biivc^ i^lefe ^tnge, SBa^rer! bie ^üge öernid^tet, ba§ bi
fdjlimmctt gegen bte Unfier6Iic^feit i^on ben 2)ämonen unb SWenfd^ei
gefproc^enen 2Borte ftc^ nidjt üerevBen : \o möge er bur^ bein
^tlfetei|lungen, ^eBenbiger! baö ^obgebet fpredpen.
2. ©ag' mir, ivaö bu ivei^t, :^ebenbtger! e(;e tc^ ben @eif!eefamVt
^u befielen ^cibe. S3erni(f)tet n?ol;l, SBeifer! ber Söa^r^aftige ben
J^ügner? 5)ie§ gilt aU eine gute l^ebenet^at.
^em ber ®efe|e v^unbigen, iveI(J)e ber baö ®ute fci^njfenbe :2e6enbige,
^eilige, bein greunb, Söeifer! bur^ bie @tnnc!^t beö guten ©inneö,
ijerfünbigt, SÖa^rer! im ä^erein mit aUen, Wcldjc beine ®e(;eimniffe
beuten fönnen, n>irb baö 6efte Ji?oü^.
5)en 3Keinungen unb l^e^ren beffeii , ber einen guten unb fc^leci^ten
©eiji in ©ebanfen, SBort unb ^(;at ^uerfl Ie(;rte, folgt »Segen
unb «§eil. — ^iegt nicf)t ber Seiben SSeiö(;eiten UrgrunD in bir?
5. 3)ie ©Uten foUen iihn unS l;crvfd^en, nid^t bie 93öfen! ^urc^
SBerfe guter SrfenntniJ üevlei(;fi bu ©lücf beut ÜJJenfci^engefc^ted^t,
Qtrmaiti! unb bie heften ©aljen. 3)u Inpt ju unferer S^a^rung
ben Selbbau gebei^en!
6. @ie, bie u>o(;nIi^fie, ga"6 un§ biefe Deiben endigen »Gräfte beä guten
©innö; fic, bie t)ol)c (5(rmaiti), tijat e^. g^ür fie lä§t ber lebenbige
2öei[e burc^ baS SBal^re S3äume njn(i)frn für baa ®efd;Iec[)t beö
erf^en Sebenä.
5. 0?ifber mit bem 5(ngveifer ! Jlämpft gegen bie ßf^'ftövung ! 33eibe
Befiegt er burd^ ben guten (Sinn. 2)er 2Ba^r^t'it folge i^, bereu
93efolgung ^^f!id;t beö ^eiligen SD'Janneö ift, unb feine ©ef^cpff
Ü6erge6e i<i) bir, Sebenbiger!
8. Sie ift bein guteö Dfleid), Söeifer, nue beine 2öa^rr;eit für mid^
gu erreid^en, Sebenbiger? SBelc^e tta^ren 3)inge ru^en in bir,
bie ben nnrfUc^en geifern (beö ©laubenö) mitgetl;eilt irerben follen,
unb bie eine (Sd;u§n)e^r ber '^i^aUn beä guten Sinneö finb?
9, äÖann erfal^re id), oB i^r, Steifer! Saurer! mid) jur Börberung
beö ©ebietg, baö i^r be^errfd)et, fanbtet? 2)er &eueiüerel;rer foK
genau bie auö bem guten Sinn gefloffenen rid)tigen Sid)tern?orte
erfahren, bamit bie 2öal;r:^eit i^m ju ^(;eil n>erbe.
I
Hang, die Gdlhas des Zarathustra. III. 51
10. SBann erfc^einen, 3Beifer! bte a)iänner üon ^Mit) unb ^raft?
tuann öerunrcinicjm fle biffen O^aufc^tvanf? 3)urd) biefe 3:eufel0=
funjl finb bic @i>|enprtef^er üBermüt^ig unb burc^ ben fd)Ied}teu
@eijl, ber in ben S^änbern :^errfcl;t.
11. SBann fommt, Söeifer! Söa^rcr! bie 2lrmaiti unb i:erlei(}t «^evr^
f^aft unb fd^öneä fturenveid^eö a3eji|t^um? — SBelc^e öevmügen
tro§ ber graufamen iMigner (tro§ il^rfi^ Eingriffe) 5{nneI;mUd^fcit
5U üevfc^affen? — 3u n?elc^en gelangt bte (Sr!enntni(? be^ guten
©innä ?
12. f5euerüere(;rer (ßaosfjanto) in ben Räubern ftub ^ie, \vM)i beut
@otteöt>ienft mit' gutem «Sinn buri^ ^^aten oBIiegen, SBn^rer! —
^ie @efe^e beiner !^et)re, SSeifer! ^ernid)ten ben feinblic^eu Eingriff.
14. (49.)
1. ^^ici^t für immer fotl ber mäcl)tige 33enbüa ^erj^ören, ber fi^ mit
bem 33ere^rer ber @d)Iimmeg ftiftenben ^eren bereinigt, Söa^rer,
SSeifer! Äomm mit ber ®a6e beg ®uten ^u mir, ^ilf mir, ent=
ferne baö üon jenem bro^enbe Unheil burd^ ben guten @inn!
2. @ü fommt mir ber ©ebanfe, ba§ ber ^ügenglauBe biefeö 33enböa
ber 3Ba(;r^eit bop)3clt fc^abet : er ert;ält biefer SBelt bie QUmaiti
nid^t unb üerfei^rt nic^t mit bem guten Sinne, SQBeifer!
3. Sn biefer Se^re ru^t baö 2öa^re, um 0lu^en gu jHften; in ber
fölfc^en Oieligion bagegen bie S^ic^tigfeit, um Sä)ciben an^uridjten.
^iefe Scf}üVfu«3 ^f^ QVitcn ©eifieö iji ju ijere^ren; a6er gegen
alte *2(n^änger ber Süge Mi iäj reben.
4. ^ie, irelc^e burc!^ i(;re fd)Iimme (Sinfid^t bie S^^f^t^vwng unb baö
9Serber"6en öerme^ren burcf) il;re SÖorte, bie al§ nic^tö ®cft|enbe
unter ben 33ejtl^enten finb, unb »on benen ffiner gute, fcnbern
nur fc^(ecl}te :l!()aten vollbringt : foI(^e SSJJenfd^en erzeugen bie üöfen
©eifter burd^ il;ren 2öat;ng(au6en.
5. ^er ÜBeife ift eS, ber mit 5ln6etung unb SSerei^rung burd; ben
guten @eift ben ®lau6en fc^i'U^t, fo irie jeber ^ble, ber ber 5lrr
maiti angel)ört, 2BaC;rer! SO^it aUcn biefen tM;t er unter beiner
^errfc^aft, l^eBenbiger!
6. 3c^ fpredjc an&, iraö mir ijon eud^ oufgctragen, baS 2Ba(;re' unb
bie ©ebanfen eureö ©eifteö, um rid)tig gu ernennen euren ®lau--
ben, bamit loir i(;n i-^erfimben mögen, Sebenbiger!
4'
52 Hang, die Gdtftas des Zarathustra. III.
7. ^Öre bie§ mit gutem ©elfie, Sßcifer! fjöre e8, SÖa^rev! Slcige
bctne D^ren, J^eBenbiger ! SBeld^er @(l^u|genoffe ober icelci^er 9(n=
üenimnbte 6efi|t bte ®efe|e, um ben 5)tener ben guten ©tauben
teuren ju können?
8. 5)u ütjergabji bem Sva[(;aofira bie auögegeid^nfte ©(^ö))fung bev
SGßa^v^elt — unb auc^ mir — td^ Wit bic^ barum, leSenbiger
SBeifer! — jene bie in beinern guten D^eicfee ift. ^ür alte ^di
iüüUen irir beine S3oten fein !
9. ^er 33ermögenbe, n)elc[)er gum 9?u|en gefc^affen ijJ, möge bie
@efe|e C;ören; nic^t folt n^er bQ§ iHi(^tige rebet, bie @cl)ö:pfung
bem Lügner übergeben. !Denn bte alten @^rii(^e bringen ben
größten ^^ovt^eil, ba (i^re Urheber itnb 93eiünl)rer) bie beiben
2)e = gamacpa'S baö äöa^re befi^en.
10. 2)aö, SÖeifer, iibergab ic^ bir, um ben guten (Sinn unb bie (Seelen
ber SSa^r^aftigeU; fon?ie ben ©otteSbienp, ber in ^^römmigfeit
unb ©ebet \ii\Ui:jt, ^ii bef(^ü|en, burc^ beine 9J?ac|t, bein S^teid^
unb bein JBefilt^um, baö «§ilfe bringt.
11. 5£)ie (Seelen (ber 233af)rf)aftigen) (breiten gegen bie Lügner, beren
©inftc^t nichtig ifi, bie fc^led^t fmb, bie fc^led^t ^anoeln, reben,
benfen unb glauben. 3a fürlt»a^r in ber l^ügentüo^nung («i^ötte)
iverben einft i^re ^Ör^er fein.
12. aSelc^e ^ilfe h?urbe bem S^rat^uftra ju^^^eil, aia er bie Sa^r::
Reiten anrief? SBaä iüurbe i^m burc^ ben guten «Sinn? (Sud)
untt id^, ©eifei! !?ebenbiger! (oben unb :preifen, inbem ic^ bon
eu^ baffelbe erfd-^n^ n?ag jener als ba§ bcjle ®\\i jic^ erfleht ^at.
15. (50.)
1. SÖelc^e ^ilfe mirb meiner (Seele gu 5^l;eil? SBer anberö ijl be=
fannt alö ber @r:^alter meineö ^ie^§ unb meiner felbfl, n^enn
nic^t ber SBa^re unb bu, lebendiger SSeifer, il;t ^od^ge))riefenen
unb ber gute ©eift?
2. aöie, iiBeifer! bilbete ber bie ^u^ ^lanjocfereti (bie Srbe), n?elc^er
fie biefem ©efd^le^t jum SÖo^nfi^ beftimmte? £af mic^ bie üielen
aCBefen, bie ber (Sonne Sic^t fc^auen, erleud^ten unö auf ben rechten
SBeg führen! (Schaffe ®ere(^tig!eit !
3. (So möge benn, lebenbiger SBeifer! biefer Sßelt ©erec^tigfeit ju
^^eil n^erben! a)iefe ernannte mit «^ilfe beS 33eft|eS unb beä
guten Sinneä nur ber 2J?ann ber Sa^rl^eit, ber mit ^a^i ba0
näc^ftgelegene ©ebiet einzäunt, melc^eS ber l^ügner tergeubet.
I
Hang, die Gdthas des Zarathustra. 111. 53
4. @o rtjitt i^ eu(^ Mbc burc^ 5^o6 ijere^ren, USenbiger SlBeifer!
gugleic^ mit bem Salven unb bem guten «Sinne unb ber ^^errfd^aft.
^k, tüelc^e nac^ biefen @ütern ftreSen, leitet er (ßarat^upra) auf
ben 2Öeg, ber ^infü(;rt gu bem, ber bie l^obUeber bcr a^a^r^oft
^frommen im ^arabiefe ^ört.
5. @eib Bereit, 3Ba^rer, Sebenbiger! eurem ^ro^^eten 33eif}anb ju
leiten burd^ eine ringsum fic^tBare mächtige v^üfe, burc^ eure au0=
geftrecfte J^anb! 3)er UrqueU beö geuerö möge biefe «^ilfe unö
Beiben geträ^ren!
6. Sarat^uftra ift eg, aöcifer! ber alö bein SSere^rer, Sßa^rer!
:^ü6eön.iorte darbringt, ber bie SBerfe beö HJerftanbeö, iveld^e bie
Bunge t)er!ünbet, ber meine ©e^eimniffe bem menf(^Ii(^en ®e[c^Ied)te
offenbart.
7. (So n,nü td^ alö S3ereX;rer eud^ inögefammt anrufen, bie i^r ®\\U^
f^enbet, fottne at(e bie, trelc^e bie ftarfen SSrücfen eurer @lücffelig=
feit erreid^en, Äßeifer! SCBa^rer! mit gutem ©eifie, iene 33riicfen,
bie eu^ get)ören^ fommt mir ju «J^ilfe!
8. Wii ben SSerfen, bie §u eurem SoBc gebid^tet unb ütterllefert jinb,
h)it( ic^ mid^ unter 5luf^ebung meiner «§änbe, SBeifer! euc^ Reiben
na^en. (Sud^ beibe, SBa^rer! n.HK id^ mit bem !?ob beS ^^rommen
unb mit ber a?ortrefflid^feit beö guten ©inneö tierel^ren.
9. ^\i biefen ©ebeten tt?iU \ä:i euc^, SBeifer! äÖa^rer! lobenb ent^
gegenge:^en unb mit ben SCßerfen beö guten (Sinneg 2BeiI bu
«§err meiner ^Zatur bijl, [o tierlange \6:) nad^ bir alä bem baö
(^wit ^efi^enben unb bringe bir meine Älage üor,
10. 5(üe ^eüglänjenben ,^or:|3er mit i^ren @rfc|einungen , alieä, tüaö
burd^ ben guten (Sinn ein leud^tenbeg 5luge :^at, bie (Sterne unb
bie «Sonne, bie 33erfünbigerin ber ^age, ii^anbeln ^u eurem Sobe,
lebenbiger 21'eifer!
11. @uer Sob^reifer anCl ic^ genannt fein, SBeifer! unb eg a\\6)
bleiben, fo lang alä id^ üermag unb fann, inbem idf; bie @efe|e
beö ^i^tx^^, bie bie 23oUfomment)eit biefer 5Dinge anpreben, be=
förbere, bamit baö ^eben ber SBelt toon felbfl fortgebe.
3)eiitfd^e Ueberfe^ung ber merten ®dtp.
16. (51.)
1. 3ebe QirtBetung, SÖa^rerl befielt in ^anblungen, ivoburc^ man
fi^ Qukn S3cft^, ijoU (Std^er^eit unb ©lücf ringsum, crmevben
fann. (Bim fold^e üortreff(icJ)e tDitt idj je^t i^n unferem ^eil ^oU-
bringen.
2)ieg erflehe ii) öon euc^, ?«ftft öon bir, SÖetfer! Menbiger!
SSa^rcr! unb öon bir, Qtrmaiti! SSerlei^ mir burc!^ mein @in=
nen ben 93eft^ eurer @üter, mit gutem Sinn, mir §um «§eile
unb gur ^itfe!
3. 3u eurer (Srbe fommen bie, wd^e euc^ burc|) i^re ^anblungen
fcl)ü|en, Menbiger! 2öfl()rer! burcf) bie ijom 9)?unbe ge|>ro(^enen
SGBorte ber guten ©ejlnnung, benen bu, 3Seifer! juerft bie «Stärfe
ga6j!.
4. SBo ijt ber ^err ber @^ä|e? 2Bo fmb bie greife? SGßo ftnb
bie, n^elc^e bie Sßa^r^eit üere^ren? hjo ift bie :^eilige 5lrmaiti?
wo ber Uftt @inn? tt3ü finb bur(| bi(i^, sißeifcr ^ JKeid^'t^ümer ^u
erlt»erBen ?
5. 5tWe0 biefeg fragt ber !?anbmann, ber jiar! burd^ feine ^anblungen
ift, um Bejlänbig bie @rbe ^u Befi^en, ber bie gute (Sinft(^t Ijat,
unter ÖoB:^veifuttg jienen, ber un6 aU «^err beö für bie ®ef(|ö))fe
geltenben ©efe^eö, aU 3n()a6er ber SBa^r^eit befannt ifi;
6. S)er bie aUerbejte ©abe bem öerlei^^t, n^elci^er gum @c^u|e (beö
©Uten) n^ivft, ber lebenbige Söeife mit feiner ^^a^t; aber jenem
glebt er bie atterfc^limmfte (®aBe), ber für ii^ xM)t^ t^ut bei
beg Sebenö Qtuögang.
Haag, die Gäthd's des Zarathuslia. IV. 55
7. ®ieb mir, fcev bu bie (Srbc bilbetej!, bie SBaffcv unb bie SSäume,
bie Unjler6licf)feit unb QSoUfommen^cit, ^»ciligfier ©cijt! bicfe
bctben etingen Jträfte bcfinge ic^ mit gutem ©eift.
(So tviü ic| bir beiu ^ot) üevfünbigen, Seifer! benn bem Söif:;
fenbeu möge man e5 fagen, ba§ ic^ Uebleö bem Lügner, ^eil
a6er bem Derleii^eit \m\i, ber baS 2Öa^re fefi:^ält. 3)enn gerabe
ber 6etüa(;rt bie S^rüc^e, ber fic bem SBiffenbeu U)ieber fagt.
9. 5Diefe @oBe beineö ^eUglänjenben ^euerö legft bu iu bie 6eiben
^t'il^Uin, SSeifer! um im SSerlauf ber ^nt bie BeiDeu lieben
lu jlärfeu, bem !2ügner gu fc^aben, bem SSa^r^aftigen ju nü|en.
10. 3Ber mid; Don biefer (Stelle anberStuo^in ju fto§en fudjt, ©Reifer!
ber ijl ein S3ilbncr ber t)öfeu (S(J)üpfung, nämltd) berer, bie baö
93öfe t^un. ?5ür mic^ iritt ic^ baö llÖo^re anrufen ^uglei^ mit
ber guten (S^iJ^fung; baö ä'Öa^re gehört bir!
11. SGBer ift ein ?5^eunb beö :^od}^eiUgen ßarat^ujlra, 3Beifer? ober
trer unterrebet fic^ mit bem Sauren? 2Ber ifl bie (^eilige 5lr^
maiti? ober n?er ifl Befannt üon gutem (Sinn al6 ein «Reifer ju
bem großen SGBer!?
12. ^ein Of^ad^fomme beö 5(nt)ängerö ber ©ijtter^riefter, beö S3enDÜfter3
ber Srbe, ijere^rt t;ieburc^ ben ^oc|(;eiIigen ßarat^uftra alö foId)en,
burd^ ben bie 2Belt emvorgelvac^fen, bem bie 9teic|t^ümer von bem
niaö fd)on lebt, fonne bon bem, )MCi^ noc^ geboren nnrb, juffiegen.
13. 3)iefe JReligion beö l^ügnerö vernichtet bae SBefen beö 9^ed)tfd)affenen,
beffen Seele n)irflic| gu ben Beiben 93rücfen beö 33erfammlerö (in
ben «Fimmel) ^u fommen trautet unb burd^ i^re SÖerfe bie ^fabe
ju bem n^a^ren SQBort §u erlangen flreOen.
14. t^eine (;ei(igen S^rüdje fmb für baö, ivaö baö f^elb ber ®ö^en=
^ro^^eten {)eröor6ringt, Vorlauben; bie (Srbe a^er l;at ^eil in
ifjren Serfen unb Sorten für ben, ber ba8 93ernid;tungaiüOvt
ber Sügenhjo^nung ü6ergieBt.
15. ßaratfjuftra verwieg längfl ben 9)?agaüa'a (SOJagiern) einen :^of;n.
3um ^arabiefc fam guerjl ber leSenbige Seife. 3ene treiben Jlräfte
mit i()ren «Hilfen feefi^t i^r burci^ ben guten Sinn unb baö Sa(;re.
16. 3)iefe ^Vnntniß erlangte R<x^i\ 3^iftac)3a mit bem 93efi(j beö ge>
(;eimen Sd^at^eö, nämlid^ mit ben ißerfen, bie ber gute Sinn ge=
ticktet; biefe erfann mit «^ilfc beö Sa(;ren ber (^eilige lettenbige
Seife. So möge unö ^eil iuerben!
)() Haag, die Gdthu's des Zarathustra. IV.
17. 9)Zcin «igjo^lattb luünfc^te ber eble graf^aoj^ra ju bcfud^en, um bort
ben Qütm ©laufen gu öerbreiten. ^k\m niöqe ber ^ervfc^er, ber
lebenbige 2ßeife, bort^in gelangen laffen. Oluft laut, baf man
ber SBa^r^eit nac^ftveBen foKe.
18. 2)iefen ©lauOen irä^lten fiel) bie n^etfen ©amac^a'ö, üotl glänjenbcr
sDiefen ©lauben iraplten jic^ bte n^etjen (äJamac^a'ö
©üter, fie bie im ®eft§ beö guten «Sinneö finb.
mir, leBenbiger SBeifer! rt?eil ic^ an bir fefi^alte.
19. 33efi|t bief jener burc!^ ben ©laufen — bie 6eiben ^od&^eiligen
9)Zaiblomaon^a fc^reiBen (§ i^m ^u — ber nac^ aUen (Reiten baö
mcn Wafft? 5Der ^Beife üerfünbigte bie ©efe^e beö 3)afeing,
baS S3effere üoü bringt er burc^ feine SGBerfe.
20. ^i)x alte ^ufammen möget vereint unö biefe eure ^ilfe gemä^ren,
bie SH^a^r^eit burd) ben guten (Sinn unb ba§ gute S33ort, njorin
bie i^römmigfeit befielt. (Beib ge^riefen unb gelobt! 3)er 2Öeifc
oerlei^t baö ©Utcf.
21. •^at nid)t ber »^eilige, ber lebenbigc SBeife felbjl burc^ bie njeifen
(S:^rüci)e ber 5frmaiti, burc^ i^re Xf)ai unb if;ren ©lauben bie :^elt=
leud}tenbe SSat)rt}eit, ben SSefi^ mit bem guten (Sinne gefc^affen?
^iefe gute SBat;r^eit mü id) üere^ren!
22. Saö für mid^ beflänbig baS S3ej!c fei Bei ber 93ere^rung berer, bie
ivaren unb bie noc^ finb, ireif ber leBenbige SBeife. Jt)iefe ujitt
id^ mit S'Zennung i^rer S^amen anrufen unb al0 I^obpreifer mic^
i^nm na^en.
J)eut[d^e Ueberfe^ung ber fünften ®dtp,
17. (53.)
5(nbetung fei euc^, i^r tra^r^aftigen ü^ieber!
1. m ifl Mannt, baf Barat^uftra im SSefil beg ^oc^ficn ©uteö ijl;
benn i^m ga6 ber lebenbige 2Beife ftctö für at(c ß^it at(eö, traö
§u erlangen ift, aUeÖ, njaö bem guten Seben angei^ort, fo roie
benen, bie me^r ober minber bic SBcrtc feinet guten ©lauBcnö
öerfünbigen unb beffen SCBerfc öoKBringen.
2. @o mögen ^a)ia S3ij!acVa, B^^^^^upva'ö ©efä^^rte, nnb ber l^od)-
:^eiUge graf^aojira, bie bie rechten ^fabe für ben ©lauben bahnen,
ben ber lebenbige ben f^euer^riejiern gab , in feinem (Biitat^uftva'Ö)
©inn, mit feinen SGBortcn unb feinen SBerfen ben 9)iajba gläubig
»ere^ren unb anbeten!
3. ^iefe l^e^re bilbetc bie ^ourutfc^ijta, bie ^etfc^ataä^ibin, bie ^o^^
l^eilige, bie auSgejeidjuetpe üon ben $Ö(^tern B^^at^nfi^^'^ ^ fliö
ein (S^jiegelbilb beö guten @inneg, beö SSa(;ren unb be6 SBeifen.
SSerat^e Vi^ mit bem f}oi)m S3erjlanb in ben mit ©ütern ge=
fegneten 93ejirfen ber (Srbe.
4. liefen euren ©lauben njilt ic^ eifrig befennen, ben ber ©lürffelige
bem «§errn für bie ^ontleute, unb bem n)a^rt;aftigen «^auö^errn
für bie 9Ba^r^aftigen beftimmte, fletä ben ©lan^ unb bie (S(^ön=
^eit M guten @inneö üerbreitenb, njeld^en ber lebenbige 3Beife
bem guten ©tauben für alle ßnt »erlief.
5. (Segenön?ortc rufe i^ ben ^eirat^enben üJläbc^en ^u : 9J?erft auf,
mcrft barauf ! 3^r befi^t burd^ jene <Bpxü(i)e baö lieben beö guten
@inneö. 3)?it aufrichtigem «bergen ne()me ber eine ben anbern auf;
benn nur fo n?irb eö eu^ njo^l ge'fjen.
58 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. V.
6. 31;v 3i)iänner imb aßeibev fc&aut eud; tüirflid^ nud) einer J^ilfe g/cjeu
t)ie a^nQ^ um; :3ima ^at bie ©aBen; er, ben ic^ üere^re, gerjlßrte
frü(;er il)x Söefen. U^aju erijreift baö Urlic^t unb richtet eö gegen
bie, ivel^e ^unfel machen; er fiegt burc^ SSeiöfjeit über bie, treibe
burd^ jene £)inge ba§ ©eifteöle&en angreifen, um e8 ^u üernic^ten.
7. @o foW eud^ biefer geheime @c^a| aU :^oljn i>erlie^en fein, fo
lange -^tjuä mit ganzem «^erjen ber ©emeinbe ergeBen ift, bort
alte unb neue (^prüd^e i?erfünbenb, tt)0 ber l^eüige ©eift früher
bie Sügner fefi^ielt. ^^x Bringt l^erüor biefen gel;eimen ©ci^a|;
aBer eu^, Sßajul n?irb ber Ie|tc ^pxn^ ju ^^eil.
8. ^ieburd^ foüen bie UeBelt^äter tierminbert h^erben. @ie mögen
Bei ber J^erüorBringung beö geheimen (S(l)a|e0 immerhin taut auf=
fci^reien. SJiit biefen guten S3e|i|tt)ümern, ben 3Bo(;nungen, ben
2)ürfern möge er ^fd^enara unb ba0 lieBIidje ^(;runera Befc^enfen.
Senen na^e ber gen^altigfie B^^pörer mit tÖbtli(^er ©eiualt unb
fomme Balb!
9. ^erberBIic^e Sel;ren jlreut bir 33ef§a unter bie menfci^enBeglücfenben
(Sa|ungen; bie i:^m feinblid^en ©efdjö^fe Befiegt ber 3Serni(^ter beö
^ör^jera burd^ SBeig^eit. 3Bo ifi ber iüa^r^aft Menbige, ber fie
aus i(;rem (Sigent^uui ijertreiBen unb i^nen bie ^rei^eit nel;men
mag? SBeifer! bir geBü^rt bie »§errfcl)aft, vermöge ii>elcl)er bu
ber rid^tigen 5Drei^eit (©ebanfen, SSorte, S^^aten) baö SBeffere
i>erleit;ji.
Commentar zur Gäthä ustavaiti
Capitel 43.
Uieses Stück scheint auf den ersten Anblick ein grösseres Ganze
zu bilden. Mehrere Verse haben die gleiche Eingangsformel, so be-
ginnen 5. 7. 9. 11. 13. 15. mit den Worten : gpentem at thwd menhi,
und V. 4 steht das dem Sinne nach gleichbedeutende at thwd
meng,häi zu Anfange. Der Inhalt ist ein verwandter; Lobpreisungen
Ahuramazda's als des leuchtenden, heiligen, lebendigen, starken
Gottes und Erinnerungen an seine dem Zarathustra durch den
Genius (^raosha gemachten Offenbarungen. Da sich aber dessen-
ungeachtet kein wirklicher innerer Zusammenhang und Fortschritt
der Gedanken nachweisen lässt, so können wir das Stück nicht als
ein ursprünglich zusammenhängendes Ganze betrachten, sondern wir
müssen es als ein erst von einem Sammler zusammengestelltes an-
sehen. Es lässt sich in folgende Theile zerlegen :
a) Die Verse 1 — 3 stehen ganz vereinzelt, ohne einen eigent-
lichen Zusammenhang. Der erste Vers ist ein allgemeiner Segens-
spruch, der wohl die ganze Gäthd würdig einleiten soll. Alle die,
welchen von Ahiiramazda die hohen Kräfte der Vollkommenheit
und Unsterblichkeit verliehen wurden, werden glücklich gepriesen.
Im Besitz dieser Kräfte scheint sich der Dichter bereits zu fühlen.
Daher bittet er nicht mehr darum, sondern fleht die Armaiti nm
den fortdauernden Besitz des Wahren und Wesenhaften, irdischer
Güter, wie des guten frommen Sinnes an. Der Dichter kann Za-
rathustra sein, doch fehlt ein genügender Beweis.
Der zweite Vers ist eine Lobpreisung Ahuramazda's. Der
Dichter erkennt nur den Ahuramazda als das Urlicht dieser Schöpfung
an, d. h. als den, der durch sein eigenes Licht die Schöpfung er-
leuchtet, und von dem alles den Glanz borgt, im physischen wie
im geistigen Sinn (vgl. 31, 7). Jeder möge ihn daher sich zu
seinem Urlicht, d.i. Leitstern wählen; denn er allein verleiht alles
Wahre und Wesenhafte und verspricht jetzt langdauernden Besitz.
Verfasser ist Zarathustra selbst (vgl. 31, 7).
Der dritte Vers bezieht sich auf den Genius Qraosha; er ist der
„Deinige** in Bezug auf Mazda, d. i. des Mazda Freund (vgl. 44, 1).
60 Hang, die^Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 43-
Die beiden sind Zarathustra und Vigtd^pa oder ein anderer seiner
Gefiihrten ; ^raosha erreicht das Allerbeste (über den Ausdruck vauheus
vahjo vgl. 51, 6), d. i. das höchste Glück und die höchste Weis-
heit, und ist somit im Besitz desselben; daher kann er auch dem
Dichter und seinem Freunde die geraden und richtigen Wege zeigen
in den gegeil^ärtigen Schöpfungen, d. h. lehren, wie alle Wesen
der guten Schöpfung zum Heil und Glück geleitet werden möchten,
er als der Lebendige und als der eifrigste Freund des Ahiiramazda
und sein Ebenbild wohnt auf denselben. Verfasser Zarathustra selbst.
h) 4: — 6 ein Erinnerungslied an die Offenbarung Ahuramazda's
an den Dichter, seine Hilfeleistungen, Schöpfungen und Gesetze für
den Gläubigen wie den Ungläubigen, sowohl in der irdischen Welt
des Daseins als in der geistigen der Intelligenz.
Der vierte Vers beginnt mit der Formel : at thwd meng^hdi, ich
will dein denken, und enthält die Erinnerung nicht nur an die Hilfe-
leistungen des Ahuramazda überhaupt, der dem Wahrhaftigen wie dem
Lügner die wahrhaftigen wirklichen Dinge, d.i. irdischen Besitz, ver-
liehen habe durch die Kraft des hellleuchtenden und alles schützenden
und stärkenden Feuers, sondern auch noch besonders daran, dass
er dem Dichter die Kraft des guten Sinnes zu Theil werden Hess.
Der fünfte Vers enthält die Erinnerung an eine frühere Offen-
barung. Der Dichter schaute (28, 6) ihn als den zuerst bei der
Erzeugung des Lebens Thätigen, d. i. als den Urheber und Er-
zeuger dieses irdischen Lebens (44, 3); als solcher setzte er die
heiligen Gebräuche des Feuerdienstes fest und dichtete die wirk-
samen Sprüche und Worte, da er im Vollbesitze aller Gaben war.
Aber von Anfang an machte er schon einen Unterschied zwischen
dem Gläubigen und Ungläubigen; jenem giebt er allein das Gute,
diesem nur das Schlechte, Nichtige, wenn schon beide das Feuer
verehren. Der Dichter schaute ihn indess nicht bloss in der irdischen
Schöpfung thätig, sondern auch im letzten oder geistigen Theile,
d. i. in der Welt der Intelligenz.
Hieran schliesst sich der sechste Vers. In M^elchem Theile der
Schöpfung, d. i. im leiblichen oder geistigen Theile, der Dichter
den Ahuramazda thätig schauen mag, überall ist er von dem Besitz
und dem guten Sinn begleitet. Letzterer schützt durch seine Hand-
lungen, d. i. den Feuerdienst, die irdischen Besitzthümer, welchen
die Armaiti die ewigen Gesetze, die Mazda's eigene Weisheit ge-
geben und die Niemand umgehen kann, anweist. Diese Gesetze
sind der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten, die für das Ge-
deihen und Wachsthum der äussern Natur durchaus noth wendig sind.
Da in diesem Liede ganz die Zarathustrische Anschauung weht,
so haben wir allen Grund, es dem Propheten selbst zuzusprechen.
c) 7 — 16 enthalten eines der wichtigsten Stücke, die Berufung
Zarathustra's zum Prophetenamte. Diese geschah durch den Genius
^raosha, d. i. das Hören, in Begleitung des guten Sinnes (s. die
1
Hang, die Gdihd's des Zarathustra. IL Cap. 43. 61
Einl.). Denn das Siibject zu der 7. 9. 11. 13. 15 regelmässig im
zweiten Versgliede wiederkehrenden Formel: „als er zu mir kam
mit dem guten Sinne" kann nur Qraosha sein, wie deutlich v. 12
zeigt. Da Qraosha aber bloss eine Personification des Vernehmens
oder Hörens der Offenbarung und dieser selbst ist, und Zarathustra
demnach eigentlich mit Ahuramazda selbst redet, so erklärt es sich
leicht, warum er das Gespräch mit (^raosha (8) verlassen und sich
wieder direkt an den höchsten Gott selbst wenden konnte (9 fF.).
Der Sinn der fünfmal wiederkehrenden Formel „Dein dachte ich,
als er zu mir kam mit dem guten Sinn** kann nur sein: während
ich anhaltend dein dachte, mich mit meinen Gedanken ganz in dich
versenkte, vernahm mein geistiges Ohr deine Stimme; die heilige
Begeisterung kam über mich und ich wurde des guten Geistes voll.
Diese Formel steht indess nur im siebenten Verse in einem
engern Zusammenhang mit dem Folgenden; bei den übrigen scheint
sie nur zugesetzt, um einen neuen Gedanken einzuleiten. Betrach-
ten wir den Inhalt näher.
Dem Zarathustra erscheint, als seine Gedanken auf den höchsten
Gott gerichtet waren, (^raosha mit dem guten Sinn und fragt ihn,
Wer er sei, von wem er stamme und wie er jetzt, wo der Un-
glaube und die Lüge so weit herrsche, die ihm zugehörigen Grund-
stücke, sowie alle guten Geschöpfe kräftig schützen und für ihr
Gedeihen sorgen wolle (7). Der Prophet antwortet, er heisse Za-
rathustra und wolle in der jetzigen Zeit als ein Gegner und Feind
der Lügner, aber als Freund und mächtiger Schützer der Wahr-
haftigen und Frommen auftreten. Während seines ganzen Lebens
will er durch stete Verkündigung des Lobes Ahuramazda's die
Menschen zur wahren Religion zu bekehren suchen, namentlich
jeden, der nach festem Besitz strebt, d. i. vom Nomadenleben zum
sesshaften Leben des Ackerbaus übergehen will (8).
Wieder vernimmt der Prophet in heiliger Begeisterung Ahura-
mazda's Stimme. Die nun folgende Frage geht indess nicht von
Ahuramazda aus, sondern ist von Zarathustra an diesen gerichtet.
Er fragt ihn, mit wem er sich über das Gedeihen dieses irdischen
Lebens besprechen solle. Eine direkte Antwort Ahuramazda's ist
nicht gegeben; aber sie ist in den nun folgenden, vom Dichter selbst
gesprochenen Worten enthalten. Er will beim Aufflammen des hei-
ligen Feuers unter Lobgesängen der Opferer, d. i. der Priester,
stets an die Förderung des Wahren und Guten denken. Sonach
ist es das Feuer, mit dem er sich über das Gedeihen der guten
Schöpfung befragen soll. Diess geht auf Weissagen aus den Flam-
men, vgl. 30, 1 (9). Der Prophet bittet aber vor allem den Mazda,
ihm die Wahrheit zu verleiben, damit er dafür wirken könne. Er
nennt sich, als von der Armaiti oder Ergebenheit begleitet, einen
dazu Bereitwilligen. Für sich und seinen Genossen, den Kavä Vistd^pa,
möchte er alles von Ahuramazda erfragen, was von ihm nur erfragt
werden kann. Dieser sein Freund und König wolle dann, wie diess
(52 Hang, die Gdthas des Zarathiistra. IL Cap. 43.
nur Sache der Mächtigen seyn könne, den Ahuramazda zu einem
gewaltigen Feuerbrande machen, d. i. s eine Verehrung weithin ver-
breiten (10).
Bei einer neuen Offenbarung Ahiiramazda's bittet der Dichter
den höchsten Gott mit ^raosha und dem guten Sinn um Mitthei-
lung der besten Art und Weise, um mit seinen Worten die Feinde
zu vernichten. Er glaubt um so eher Anspruch auf diese Mitthei-
lung zu haben, als er unter allen Menschen der ergebenste Diener
Ahuramaida's ist (11). Er erinnert Ahuramazda an eine frühere
Offenbarung, als er ihm das Wahre und Wesenhafte mittheilte. Da-
mals befahl er ihm, nicht ohne ^raosha öffentlich zur Verkündigung
der neuen Lehre aufzutreten, sondern zu warten, bis dieser Genius
mit der Wahrheit, die das wahre untrügliche Feuerorakel schon in
die Reibhölzer lege', zu ihm gekommen sei (12).
Bei einer abermaligen Offenbarung bittet der Dichter den Ahura-
mazda und (^raosha, die schon lang gewünschten Güter (33, 8.),
namentlich lange Lebensdauer, mögen ihm zu Theil werden. Keiner
von den höhern Geistern möge diesem Wunsch entgegenhandeln,
da es sich nicht etwa um bloss persönliches Wohlergehen, sondern
um das Heil der ganzen guten, unter Ahiiramazda's Leitung stehenden
Schöpfung handelt (13). Bei dieser neuen Offenbarung erklärt er sich
bereit, öffentlich aufzutreten. Qraosha hatte ihm die wahre Gottes-
erkenntniss geoffenbart und ihm zum Besitz der wahren geistigen
Güter und der verschiedenen Sprüche, Worte und heiligen Hand-
lungen, durch die das irdische Wohlergehen gefördert wurde, ver-
holfen. Er will aber nicht allein, sondern in Gemeinschaft mit denen,
die schon Ahuramazda s frühere Offenbarungen kennen, also mit seinen
Glaubensgenossen und Freunden, zu denen Vigtä^pa, Frashaostra und
Gdmdgpa gehören, auftreten.
Bei der letzten Offenbarung hat Zarathustra bereits den höhern
Auftrag Ahuramazda' s, als Prophet der wahren Religion aufzutreten,
erfüllt und theilt dieses ihm mit. Er steht vor dem Feueraltar und
ruft das heilige Feuer an, ihm Glück und Heil zu verkünden; der
Erfüllung seines Wunsches ist er um so gewisser, als Qraosha mit
der untrüglichen Wahrheit zu ihm gekommen war. Sein sehnlichster
Wunsch ist, dass den Lügnern und Lügenpropheten' keine Verehrung
mehr gezollt, d. h. dass der Lügenglaube und Götzendienst ver-
nichtet, dagegen die Priester des reinen heiligen Feuers hochgeehrt
werden möchten (15). Er verheisst jedem, der sich zum wahren
Glauben bekennt, bleibenden und dauernden Besitz der Wahrheit.
In jedem Besitzthum, das die Sonne schaue, d* i. in jedem lebenden
Wesen, möge die Armaiti wohnen, d. h. alles möge sich dem wahren
Glauben zuwenden ; denn jene schuf durch ihre Thaten und den
guten Sinn das Gedeihen.
Aus dieser Inhaltsangabe ersieht man leicht, dass das Stück
keinen strengen Zusammenhang hat und desshalb schwerlich aus
einem Gusse ist; nur die Verse 12 — 16 scheinen enger zusammen-
l
Hang, die Gdihd's des Zarathustra. IL Cap. 43, 1. 63
zuhängen nnd einen wirklichen Gedankenfortschritt zu enthalten, den
Entschluss Zarathiistra's, öffentlich als Verkündi^er der neuen Re-
ligion aufzutreten und die wirkliche Ausführung dieses Entschlusses.
Die Verse 7 — 11 dagegen zeigen weder unter sich, noch mit den
folgenden einen solchen genauem Zusammenhang; nur 7. 8. gehören
als Frage und Antwort zusammen. Aber ohne alle Beziehung zu
einander und zum Folgenden sind sie nicht. Hier fiagt Ahuramazda
durch fraosha bei Zaraihusira an (7), wie er die gute Schöpfung
schützen wolle, in welcher Anfrage die natürliche Voraussetzung
Ahuramazda' s liegt, dass Zarathustra dazu fähig und bereit sei. Za-
rathustra erklärt sich bereit (10) und nennt sich einen dem höchsten
Gott ganz ergebenen Diener (11); aber er will vorher genau unter-
richtet sein. Vom öffentlichen Auftretenwollen ist zwar nichts ge-
sagt; aber darin, dass sich Zarathustra einen „Bereitwilligen" nennt,
ist diess wenigstens angedeutet. Dort sehen wir ihn wirklich auf-
treten, nach vorangegangener Mahnung Ahuramazda' s.
Wenn nun das Stück in der jetzigen Fassung nicht von Za-
rathustra selbst ist, so enthält es doch sicher ächte Aussprüche des
grossen Propheten, die von einem Sammler ihres verwandten In-
halts wegen durch die Formel „dein dachte ich etc.'' zu einem
Ganzen vereinigt wurden. Diese wurde wohl öfter von Zarathustra
angewandt, wie v. 4. 5. und 7, die gewiss ganz, wie sie jetzt vor-
liegen, von Zarathustra herrühren, mir zu beweisen scheinen; daher
konnte sie ein Sammler zur Einkleidung Zarathustrischer Reflexionen
ebenso gut verwenden, als die Formel „diess will ich dich fragen"
im folgenden Capitel bei Fragen, die Zarathustra an Ahuramazda
richtete.
Vers 1. Ustd — kahmdicit Ner. : sudarah (für sundarah) sa
jasja ^ubham kebhjagcit ; kila kebhja^cit manushjebhjah ^ubhdt jasja
^ubham asti kagcit evam brüte jat (^ubham dinitah gubhah sarvasja
kasjacü ^ubham. Ustd ist ursprünglich kein Substantiv, wie bisher
geglaubt wurde; wir finden es in den Gdthd's nirgends flectirt, sogar
da nicht, wo es die Structur zu fordern scheint, wie Ja9. 46, 16.
Meiner Ansicht nach ist es die als Imperativ plur. flectirte Präposition
w^, aus, empor, und bedeutet eigentlich: seid auf! d.i. wohlan,
Glück auf. Glück zu! Von ti^-^sthä, stehen, lässt es sich nicht
ableiten; ein Substantivum von derselben kann es aus dem eben
angeführten Grunde nicht sein; der Imperativ lautet sonst immer
u^ehistd, stehe auf. Jedenfalls ist es in den Gdthd's ein Ausruf,
da die Verbindungen, in denen es vorkommt, nur in diesem Sinn
gefasst werden können Später, nachdem sich seine ursprüngliche
Bedeutung eines Glücksrufs so alhuählig verlor und in die von
Glück, Heil, überging, fing man an dasselbe zu flectiren, so
M. 19, 42 ustem, Afer. 1, 3 ustahä. — Ahmdi jahmdi ist seiner Be-
deutung nach ebenso viel als kahmdicit^ einem jeden, d.i. allen. —
L'iajüüi — va^emi Ner. : adhjavasdjasja balavatah prdptdu tava kdmdt.
G4 Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 43, 1. 2.
Für ieoUhim der meisten Handschriften schreibt K. 11 tevhht. So
gut dieses auch zii dem vorhergehenden Adjectiv utajüiti dem Casus
nach stimmt, müssen wir doch Bedenken tragen, diese Lesung als
richtig anzunehmen; sie sieht nur wie eine Emendation eines Ab-
schreibers aus. Aber wie kann tevishim mit der offenbaren Accusativ-
endung das Substantiv zu utajüiti seyn? Die einzige Aushilfe ist
die Annahme tevishim sei hier aus tevishi im zusammengeflossen.
Dieses im, das sonst öfter nach dem Relativum steht (Ja^. 44, 19.
46, 8. 45, 3. 4), ist eigentlich ein Casus obliquus des Demonstra-
tivums i und kann auch noch zur Bezeichnung von ihn (Ja9. 46, 5.)
dienen ; aber es ist meist schon zu einer blossen Deutepartikel ver-
steinert, die ohne Rücksicht auf Geschlecht und Casus gebraucht
wird; so haben wir sie 44, 19 bei einem Feminin; 51, 12 bei einem
Neutrum; 44, 19 bei einem Nominativ, 30, 9 bei einem Accusativ.
Sie gehört zu gat und ist nicht mehr auf utajüiti tevtshi, welche
Accus. Dualis von dem Optativ ddjdt abhängig sind, zu beziehen. —
Gat ist durchaus nicht als dritte Person Aoristi der Wurzel gä,
gehen, zu fassen, wie man auf den ersten Anblick geneigt sein
könnte, sondern es ist eine Partikel, die das Sanskrit in dieser
vollem Form verloren hat; sie ist eigenthch das Neutrum eines De-
monstrativstammes ga, den der Wedadialekt in der Form gha aber
nur als Partikel in der Bedeutung des damit identischen griechischen
yz bewahrt hat. Vergleiche J. 51, 10; dasselbe ist gat 46, 6 und get
44, 4. Solche neutrale Demonstrativstämme hat das Baktrische über-
haupt in grösserer Zahl als das Sanskrit; so avat , avavat, dit. Die
Bedeutung des gat anlangend, so hebt es nur den Begriff des De-
monstrativs im hervor: ja dieses, dieses gewiss. — Das Pronom.
toi wird am passendsten mit im verbunden. Das gaem (Accus, von
gaja) vanheus mananho ist nur Apposition zu ashis.
V. 2. Ner. verbindet ahmai mit vahistem, indem er tasmdi ut-
kishthardja diesem besten übersetzt; aber diess ist ganz gegen
die Grammatik; ebenso, dass er den Genitiv vi^pandm durch den
Dativ erklärt. — Qdthrojd — daiditd Ner. : ^ubhamate nardja c^uhham
praddtavjam, dem glücklichen Mann ist Glück zu verleihen. Diese
Erklärung verstösst in allen Punkten gegen die Grammatik; qdthrojd
kann kein Adjectiv und 7id nicht Dativ eines Nomen sein. Qdthrojd
ist ein Denominativ von qdthra, eigenes Feuer habend, Licht-
quell, und zwar erste sing, conjunct. wie pere^d, ich will fragen;
vgl. i^ojd V. 8. V. 9 und akojd 51, 8 (s. die Note); dem Sinne nach
bedeutet es soviel als das gleichfolgende qdthrem daiditd, sich einen
zum Lichtquell machen, d. i. als solchen verehren. — Ueber nd,
unser man, s. v. 3. 14. 15. u. die Grammat. — Thwd cici Ner.:
toam prakd^aja ; kila tvam brühi jat ^ubhamdn narah kah , erkläre es
du, d. i. sprich du, wer der glückliche Mann ist. Ner. betrachtet
demnach das cici als eine Verbalform, wahrscheinlich der Wurzel ci,
wissen, wie ich auch lange vor der Kenntnissnahme der Sanskrit-
Haiig, die Gathas des Zunühustra. IL Cap. 43, 2. 3. 65
Übersetzung that; aber das Fehlen einer Personalendung verbietet
diese Fassung. Bf. und Bb. schreiben cicühwd; aber diese Schrei-
bung sieht nur wie ein Verbesserungsversuch des unverständlichen
cici aus. — Man kann es unter Vergleichung von 47, 5 (cicd) nur
als eine Pronominalbildung betrachten, und zwar als Interrogativum
oder Indefinitivum. Die Wiederholung des einfachen ci in cici ver-
allgemeinert den Begriff: jeder, vgl. quisquis. Für mdjd lesen
K. 5, P. 6, Bf. mdjdo; letztere für das Relativ ja auch jdo. Diese
Lesung lässt sich indess nicht wohl vertheidigen, da ashd als In-
strumental gefasst und mit dem Genitiv vanheus mananho verbunden
werden müsste, was keinen guten Sinn giebt; es hiesse: welche
Weisheiten du giebst durch Förderung (Wachsthum) des guten
Geistes. — Vi^pd — urvddanhd Ner. : vigveshu vdaareshu dirghagivi-
tajd ^avasja (?) ddtd, alle Tage ein Geber der Stärke mit langem
Leben (Ormuzd ist dieser Geber). Für ajare, wie Westergaard
bloss nach K. 5 schreibt, ist sicher richtiger mit den andern Hand-
schriften ajdre zu lesen; ebenso v. 7. Man vgl. (;aqdre J. 29, 4 für
^aqare. Ner. deutet es durch Tag; aber dann kann vi^pd, alles,
als Plural, nicht mit ajare etwa in dem Sinn von ,jalle Tage" ver-
bunden werden, sondern ist noch von ddo abhängig zu denken.
Indess lässt sich diese Deutung nur halten, wenn es in dem ad-
verbialen Sinne von heute, jetzt, genommen wird; hiefür spricht
ganz deutlich v. 7. — Urvddanhd deutet Ner. als Geber der
Stärke; aber diese Fassung ist sicher ganz falsch; da hienach wrra
und danhd getheilt und ersteres als Stärke, letzteres als Geber
erklärt werden müsste ; beides lässt sich aber mit nichts beweisen.
Als Thema lässt sich nur eine Neutralform urvddanh annehmen ; die
Wurzel ist vad, sprechen ~\- Präposition ur (ut) , also ausspre-
chen, verkündigen, vgl. iirvdidjdo 34, 6.
V. 3. Af hvo — gamjdt Ner. : evaih tasmin uttame uttamatvam
nare upari prdpnotu prasddah. Vanheus vahjo gehört enge zusammen;
dieselbe Fügung siehe 51, 6. Da vahjo nur Neutrum ist, so dürfen
wir es nicht ohne weiteres mit hv6-nd, das die Masculinendung
fordern würde, verbinden. Es ist Comparativ von vanhu, vohu, gut,
und kann in der Verbindung mit dem Genitiv — Ablativ seines Po-
sitivs „das Bessere als das Gute" nur das Allerbeste bedeuten.
Der Construction nach muss es als Accusativ von aibi-gamjdf ab-
hängig gemacht werden. Diesem Verbum legt Ner. die Bedeutung
erreichen bei; eigentlich heisst aibi-^am (j==gam, gehen) um-
hergehen, zu einem gehen, besuchen. Da eine solche Thätig-
keit mehr auf Personen als auf Sachen gerichtet ist, so ist man
leicht geneigt, unter vanheus vahjo eine Person zu verstehen. Man
kann dazu manS ergänzen, wie 30, 3. 48, 4 zeigen und darunter,
weil an letztern Stellen dem vahjd manö „dem bessern Sinn" der
akem manö oder „nichtige Sinn" gegenübersteht, das zarathustrische
Grundprincip des Seins in seinem höchsten Grad verstehen. Wenn
Abhandl. der DMG. II, 2. 5
66 Hang, die Gdthns des Zarathustra. IL Cap. 43, 3. 4.
dieses nun an sich keine Person ist, so konnte es leicht personificirt
werden, wie diess ja auch mit dem Positiv vohü mano geschehen
ist. Aber an unserer Stelle ist eine solche Personification schwer-
lich anzunehmen, da dieselbe den ältesten Stücken, zu welchen
ohne Zweifel unser Capitel gehört, fremd ist. Ist demnach vahjo
vanheiis, das Bessere als das Gute, d. i. das Beste, als blosser
Begriff zu denken, so können wir aibi-gam nicht in dem Sinn von
besuchen fassen, sondern wir müssen ihm mit Nerios. die Bedeu-
tung erreichen beilegen. — Die Genitive ahjd — mananhat^ca sind
adverbiale Zusätze zu erezüs — patho : für dieses irdische Leben
und den Geist (das geistige Leben). — Haithjeng d ^tis , die
gegenwärtig existirenden Schöpfungen und Geschöpfe,
ist nicht mit dem Verbum aiht gamjdt, sondern mit (^ishöit zu ver-
binden. — Für huzentus , wie Westergaard nach einigen Mss.
(K. 4, 9) schreibt, liest K. 6 huzentuse und K. 5 hier und J. 60, 1,
wo sich unser Vers ebenfalls findet, huzentuse. Da wir indess nirgends
in dem Satze einen Grund sehen, der einige Abschreiber bewegen
konnte, hier ein e zu setzen, denn kein Wort dieses Satzes schliesst
sonst mit einem e, so thun wir besser, die Lesarten mit e als die
ursprünglichen, die ohne e als die corrigirten anzusehen. Dieses e
ist indess nicht ein Casuszeichen von huzentus, etwa der Dativ, wie
es die Abschreiber, die es corrigirten, wohl ansahen, da huzentus
hier nothwendig ein Nominativ sein muss, sondern es ist rein
euphonischer Art. Die Lesung e ist unrichtig, da dieses e nie bloss
euphonisch gebraucht wird; richtiger ist e, aber dieses ist hier wie
öfter, z. B. in avare, rdzare etc. nur als eine Verlängerung eines
ursprünglichen kurzen e anzusehen. Dieses e wird öfters zwischen
den Schlussconsonanten eines Worts, namentlich des Relativs ja^,
und den Anfangsconsonant des folgenden zur Milderung eingeschoben,
z. B. jage-thwd. Hier ist das Einschieben des e um so eher ge-
rechtfertigt, als das eine Wort mit einem Zischlaute schhesst, das
andere gpentö mit einem Zischlaute wieder beginnt, so dass ohne
einen dazwischentretenden Vokal die beiden *, die in der Aussprache
auseinander zu halten waren, nicht deutlich gehört worden wären. —
Das thwdvä^ , dir gleich, dein Ebenbild, geht auf Ävd-na, worunter
(^raosha zu verstehen ist, zurück.
V. 4. Nach der Fügung thwd takhmemcä ^pentem scheint es,
dass takhma und <^penta sich nicht auf thwd, worunter Ahuramazda
gemeint ist, beziehen, sondern ein anderes Wesen darunter zu ver-
stehen sei. Aber ^pefitem ist in diesem Capitel so sehr ein Prädikat
des Ahuramazda, dass es sich nur auf ihn beziehen kann. Das ca
hinter takhmem, das die Störung des Sinnes bewirkt, ist versetzt;
es sollte bei ^pentem stehen. Somit sind beide Worte Prädikate
Ahuramazda'' s. — Hjat — avdo Ner. : jat tat dvitajam ^aktjä jas tvatri
ja^cajam (?) sahdji-tavdn asi ; kila kimcit ihalokijaiti paralokijam tvam
pravrdhatavdn asi. Ueber hafshi s. 31, 22. Der Dual td zastd.
I
Hang, die Gäthd's des Zarathustra. IL Cap. 43, 4. 5. 67
diese beiden Hände, ist als Accusativ von dem Verbum meng.häi
abhängig zu denken. Ja hafshi avdo steht für aväo jd hafshi Der
Plural avdo ist Apposition zu za^td, diesen bildlichen Ausdruck er-
klärend. Die gleiche Umstellung wie bei jd-avdo ist mit jdo ashis
vorzunehmen: ashts-jdo; der Acc. plur. ashis ist ebenfalls von meiig.hdi
abhängig.
V. 5. Für meng.hdi von v. 4 haben wir hier und 7. 9. 11. 13. 15
menhi. Ersteres ist eine Voluntativform oder eine erste Person sing.
Conjunctivi medii, letzteres eine erste Person sing. Aoristi medii.
Wir haben somit hier keine Anrufung Ahiiramazda's , wie man leicht
vermuthen könnte, sondern die einfache Angabe des Dichters, dass
er an Ahuramazda gedacht habe. — Zu anheiis zcXthöi vgl. J. 48, 6. —
Thwd — ajyeme Ner. : tava guneshu srishfi (eh) paribhramati niddne.
Für ddmois urvae^e apeme haben wir 51, 6 apeme anheus urvae^e,
woraus wir deutlich sehen, dass ddmi an unserer Stelle so viel als
anhu, Leben, bedeutet. Mehr Schwierigkeit macht die Erklärung
der Worte urvae^e apeme. Oroüeesö (urvae^o) soll nach der Tradition
in dem Anquetilschen Glossar einen öffentlichen Platz, oroüeese
(iirvaege), machen, ausführen, bedeuten. Ner. giebt es durch
paribhramati, herumirren. Diese Erklärungen halten aber bei näherer
Prüfung der Parallelstellen nicht Stand, wenn schon auf der andern
Seite nicht zu läugnen ist, dass wenigstens die erstere noch eine
dunkle Erinnerung an die ursprüngliche Bedeutung enthält. Ver-
gleichen wir die Parallelstellen Si. 8, 35: (Tistrjö) jd fravazaiti du-
rae-urvae^em paiti paMäm, welcher auf einem Wege von fernem
urvae^a hinfährt. Denselben Ausdruck durae-urvae^em mit dem Ge-
nitiv adhwano haben wir Jt. 13, 58. Wir denken am nächsten an
die Bedeutung Ende, Gränze. Diese passt auch in 14, 29. 16, 7,
wo es von dem bekannten Fische (magjo, Neupers. mdhi) heisst :
j6 dpa urvae^em mdrajeiti *), welcher die Gränze des Wassers be-
stimmt; ebenso in 24, 29: aparat haca iirvae^dt fratarem urvae^em^
vom hintern Ende zum vordem Ende. In Jt. 21, 15 hau (asho-
^tüitis) ha — jäm bd nd u^teme urvae^e gajehe ashem gtaoiti haben
wir urvae^a in dem gleichen Sinne, wie in den Gdthd's; ugtema ist
nicht der Gegensatz von apema, wie es leicht scheinen könnte,
sondern beide Ausdrücke sind identisch; der eigentliche Gegensatz
von apemem, das letzte, ist paourvim, das erste; ugtema ist das
fernste und fällt dem Begriff nach mit apema, das letzte, zu-
sammen. Gaja ist ein anderer Ausdruck für anhus oder ddmi und
bezeichnet die daseiende Welt überhaupt, worunter nach Parsischer
Anschauung nur die lebende verstanden wird. Dieselbe Fügung
findet sich J. 71, 14. 15: aeti (vdcu) — u^teme urvae^S gajehe
frdmrüidhi, diese Worte sprich am äussersten Ende des Lebens.
(Dass hier das eigentliche Lebensende gemeint ist, geht aus v. 15
^) Causativ der Wurzel mere, sagen, verkündigen.
5*
68 Haug, die Gdthas des Zarathustra. 11. Cap. 43, 5. 6. 7.
klar hervor.) Dass urvae(;.a die durch den Zusammenhang erschlos-
sene Bedeutung Ende, Gränze, wirklich habe, wird durch die
Etymologie bestätigt. Es ist in ur und vaega zu zerlegen; ur ist
die Präposition wf (skr. wt), aus, deren f vor weichen Lauten gern
in r übergeht; vae^a ist ein Nomen der Wurzel vi^ , gehen, ein-
gehen, so dass das Ganze wörtlich Ausgang heisst, was auch in
unserer Sprache soviel als Ende bedeutet ^).
V. 6. Jahmt — gfiQo Ner. : evam mahattaratvam adfgjamürttih
paribhramatd prdpiiotu. Der Accusativ thwä ist noch von dem Verbum
menhi, v. 5, abhängig. Ahmi lässt eine doppelte Erklärung zu; es
kann die erste Person sing, praes. des Verbums as sein und ich
bin bedeuten, aber auch der Locativ sing, des Pronominalstammes a,
in dem. Das jahmi (in welchem) im Vordersatze, sowie ahmi
J. 51, 12 lässt die letztere Auffassung als die richtige erscheinen.
Die Stelle jehjd — frddente findet sich auch in J. 19, 17. Visp. 2, 5.
3, 4. Nerios. giebt es durch: jeshdmca karmabhih bhdvabhüteh pim-
jdimanjdh vrdhir ddti (vrddhiddtih).
V. 7. Kathd — dishd Ner.: kathamvdsarasja cihnapra^nakdritd
adhi nidr^itim (drshtim) asti; kila cihnam kathd karomi. Für feragajdi
mehrerer Mss. liest richtig Westergaard fera^jdi nach K. 5, 6. Es
ist keine erste Person sing. Conjunct. von pereg, fragen, wie man
vermuthen könnte, sondern der Dativ sing, von fra^i oder frashi,
s. zu 30, 9. — Tanushica Ner.: tanogca. So schreibt Westergaard
nach K. 5. Die Lesart ist aber schwerlich richtig, was Westergaard
selbst zu fühlen scheint, da er in der Note tanushu vermuthet.
P. 6 hat tanusemcd, K. 4 tanusecd, Bf. tamisecd, Bb. tanusaecd. Hand-
schriftlich am meisten verbürgt ist demnach der e-Laut am Ende;
ianushi sieht wie eine blosse Correctur aus, um den Locativ von
tanu, Körper, wegen des parallelen Locativs gaethdhii zu gewin-
nen. Aber sollte dieses tanushi vor allem von tanu, Körper, stam-
men, so wäre auffallend, warum das Wort nicht in den Locativ Plu-
rahs, den wir in gaethdhii haben, gesetzt ist, da der Plural dieses
Wortes wirklich vorkommt (vgl. Y>i. pl. tanubjo Jt. 5, 53. 10, 94).
*) Von diesem urvaeQa ist ein denominatives Verbum iirvae^aj öfter im
Gebrauch; es heisst eigentlich endigen, vom Wege (Jt. 4, 5), einen Weg
zurücklegen, vollenden, vom Pferde (Jt. 5, 131); zuletzt kann es in
die allgemeine Bedeutung von machen übergehen (Jt. 13, 89 jö paoirj6
cakhrem urvaeQajata, der zuerst das Rad — den Himmelskreis — machte).
Dieses Denominativum wird öfter mit Präpositionen zusammengesetzt; so
haben -wir pairi-urvaeQajSiti, herumschweifen lassen, vom Auge
(Jt. 14, 56); fraonrva^Qaj , ein Ende machen, vernichten (Jt. 9, 31.
10, 86). Jt. 10, 51 ist pouru-fraourvaßQJd , mit den vielen Enden d. i.
Gipfeln, ein Prädikat des Harö-berezaili (Alburz). In der Verbindung mit
ava (avaouvvaeQajeiti Vend. 4, 22- W.) ist es ein technischer Ausdruck
für eine leichte Art körperlicher Misshandlung, zunächst soviel als be-
gränzen bedeutend, dann in dieser kriminalistischen Sprache einen fest-
pressen, drücken.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 43, 7. 8. 69
Wir werden daher gut thim, tanusha als Grundform anzunehmen
und dieses als ein Collectivum von tanu zu fassen; sein regelrechter
Locativ ist tanushe, diess halte ich für die richtige Lesart.
V. 8. Aogi Ner. : avocat. Sonach wäre es eine dritte Person
sing. act. von vac, reden. Dass vac die Wurzel sein muss, lässt
sich wohl nicht bestreiten; die Erweichung des c zu g findet sich
öfter in Bildungen derselben, vgl. das part. med. aoganö, sprechend,
sagend, Jt. 5, 76. 10, 53. 19, 49, die dritte Person sing, conjunct.
ao^aiti Jt. 8, 51. 53; aber eine dritte Person sing, iraperf. act.
oder med. kann es unmöglich sein; denn diese lautet im Activ
vaocat, im Medium aokhta. Wiegen des auslautenden i könnte man
aber leicht geneigt sein, eine dritte Person sing, imperf. passivi
darin zu sehen ; doch diese lautet väct Dagegen lässt es sich ohne
alle Schwierigkeit als eine erste Person sing, imperf. medii fassen,
man vgl. menhi und die entsprechenden Sanskritformen, und diese
Fassung giebt allein einen richtigen Sinn. Zarathustra ist nämlich
der Sprechende selbst im ganzen Stück. Auf die v. 7 von Ahura-
inazda an ihn gerichteten Fragen kann er desshalb die Antwort nur
mit den Worten: ich sagte zu ihm, einleiten. —
Haithjo — dregvdite Ner.: parisphutam pidajitd jdvad icchajd dur-
gatinah [Aharmanasja nikrshtdndinca jad icchajd prakatam pidajitd
^smi]. Schwierig ist i^ojd. Ner. giebt es durch icchajd, mit Wunsch,
Verlangen, wornach es der Instrumental eines Abstractums der
Wurzel wÄ, wünschen, wäre; aber gegen diese Fassung spricht
der ganze Zusammenhang. Dieser verlangt vielmehr eine erste
Person sing. Verbi, da wie haithjo dvaeshdo dem rafenö aogonhvat des
folgenden Gliedes, und dregvdite dem ashdune entsprechen, ebenso
i^ojd dem qjem, ich will sein, entsprechen muss, Dass es wirk-
lich eine erste Person sing. Verbi und zwar des Conjunct. ist, zeigen
die ganz analogen Bildungen qdthrojd v. 2 und akojd 51, 8, die
ebenfalls so erklärt werden müssen. Eben diese Formen zeigen
aber auch deutlich, dass es eine Denominativbildung sein nmss; wie
diese sich von den Nominibus qdthra, aka ableiten, so muss igöjd
auf ein Nomen i^a zurückgeführt werden; 6 ist die Nominativendung,
an die sich der Verbalcharakter anhing, ähnlich, wie in der Com-
position von Substantiven das vordere Glied nicht das reine Thema
zeigt, wie im Sanskrit, sondern ebenfalls den Nominativ o. Einem
Thema i^a begegnen wir wirklich schon in den Gdthn's, i^e für
i^o 50, 1, und öfter in den spätem Büchern Jt. 19, 56. 59: tat
qareno i^ö jat a^ti airjanäm daqjunum, 19, 82: i<^6 qarenn Zara-
thustrdi, wo es eigen, zugehörig, heissen muss. Dass ihm diese
Bedeutung zukommen könne, zeigt die dritte Person imperf. sing, i^at
Jt. 19, 56. 82 ganz deutlich, da die Worte jat (qareno) i^at mairjd
tüirjö Franra^e heissen müssen: welchen (Glanz) sich aneignete
der verderbliche Turanier Franra^e. Denn i^at steht dem upanhacat
der übrigen Paragraphen des ZamjÄd- Jescht parallel; dieses heisst
70 Haag, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 43, 8.
haften an, von jenem Glänze oder jener unsichtbaren Kraft, die
die Helden der Vorzeit, Jima, Thraetaona etc., stets begleitete;
dem Turanier Franrage (Afräsiab), dem grossen Feind der Iränier,
der ebenfalls wunderbare Thaten verrichtete, konnte ein Zoroastrischer
Schriftsteller aber sicher nicht jenen Glanz als einen ihm stets an-
haftenden zuschreiben, sondern nur als einen, den er sich selbst
angemasst. Daher ist hier statt des upanhacat ein anderes Verbum,
igat, gesetzt. Beide Verben drücken indess nur die Idee des Be-
sitzens, Habens, aus. Dass ig, haben, besitzen, bedeute,
zeigt auch Jt. 10, 45 igenti, 13, 92 igen. Jt. 13, 145 steht wpa no
igentu dem gageiitu „sie mögen kommen" parallel und muss „sie
mögen bei uns sein, uns angehören" heissen. Die dritte Person
sing, optat. medii igaeta steht Jt. 19, 53 dem ishdonhaeta „er möge
herzukommen" gegenüber und kann nur „er möge da sein, an-
wesend sein" heissen. Die Bedeutung daseiend, sich befindend,
ist auch dem Partie, praes. med. igemno Jt. 14, 20 beizulegen. So-
nach ergeben sich für den spätem Dialekt als Bedeutungen der
W^urzel ig, haben, besitzen, im Activ, und da sein, sich be-
finden, im Medium. Der ältere Dialekt zeigt ausser igojd und ige
die Formen igdi (43, 9. 28, 5) und igdmaide J. 35, 7. An eine Ab-
leitung von jag, verehren, woran ich lange festhielt, kann nicht
gedacht werden, da diese Wurzel sich in den Präsensformen nicht
zu ig verkürzen kann. Wir müssen ihm entweder dieselbe Bedeu-
tung, wie. im Jüngern Dialekt, oder wenigstens eine ähnliche bei-
legen. Der Sinn von haben, besitzen, stimmt nicht ganz zum
Zusammenhang der Stellen; aber der mediale, sich verhalten (se
habere), vermögen, können, giebt den passendsten Sinn. Die
Etymologie dieses ig anlangend, so ist es nur eine verstümmelte
Reduplication der Wurzel as, sein, und steht für hig (man vgl.
khgdi für higdi 28, 5. s. die Note dazu), gerade wie ishag neben
hishag vorkommt. Im Sanskrit entspricht ig, zu eigen haben,
besitzen, vermögen. Um nun auf die eigentliche Bedeutung des
denominativen igojd zurückzukommen, so heisst es eigentlich „ich
will zu eigen machen", d. i. besitzen lassen; das Object ist dvaeshdo,
Nom. acc. plur. von doaeshanh, Hass.
Hjaf — djdi Ner. : jo gobhajishjati svacchajd" rdgjasja data ; kila
vapushi pdgcat (?) rdgjasamihitena ddsjati. Büstis ist hier als eine
dritte Person sing, futuri des Sinnes „er wird glänzen oder
schmücken" gefasst; aber diese Fassung lässt sich weder der Form
noch der Bedeutung nach begründen. Der Form nach ist es nur
Accusativ plur. eines Abstractums husti; als Wurzel würde sich zwar
das sanskr. hhush, schmücken, darbieten — und hieran dachte
Ner. gewiss — aber sie lässt sich sonst im Iranischen nicht nach-
weisen. Bush in den Formen hushjaüiäm (Jt. 13, 21), hüshjägta
(Jt. 10, 97. 134.) ist der Futurstamm von hii, sein; hievon abge-
leitet würde es „die zukünftigen Zeiten" heissen; aber dieser Sinn
verträgt sich nicht gut mit dem Zusammenhang. Richtiger ist wohl
Uaug, die Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 43, 8. 9. 10. 71
die Zurückfuhrung auf tue Wurzel budhy erwachen, aufmerken,
so dass es mit dem sanskr. huddhi, Einsicht, identisch ist. Dass
von dieser Wurzel wirklich ein solches Abstractum sich bilde, zeigt
apaüi-biisti Vend. 13, 10. W., ohne Aufmerken, d. i. unvermerkt,
deutlich. Dem büsti an unserer Stelle nun ist die Bedeutung Er-
wachen oder Erweckung im geistigen Sinne beizulegen; man
vgl. in diesem Sinn das sanskr. buddha, der Erweckte, innerlich Er-
leuchtete. Einen geistigen Sinn hat auch baodafito 30, 2. — Für
va^a^i (West, nach K. 5) lesen K. 4 va^a^e, K. 11 vagage, K. 6, 9.
Bf. va^e, Bb. va^e. Die beiden letztern Lesarten geben sich leicht
als Correcturen zu erkennen; statt des ungewöhnüchen va^agi setzte
man das in Verbindung mit kbshajä^ und khshathra öfter vorkommende
va^e. Indess lässt sich dieses va^a^i als Locativ sing, des part. praes.
va^ag = va^at {\g\.^tavaf = ^tavaf), wollend, verlangend, fassen;
der Locativ hängt von djdi ab. Die Erklärung Nerios. durch „Ge-
sundheit" giebt weder einen Sinn, noch lässt sie sich begründen.
V. 9. Ahjd — vasht Ner. : enam apracchata Hormizdah jat te
kasja vi^ishte giidne kdmah , den fragte Ormuzd : wessen Verlangen
ist nach deiner ausgezeichneten Erkenntniss? Dass fra^em keine
Verbalform und am allerwenigsten eine dritte Person ist, bedarf
keines nähern Beweises; es ist der Accusativ eines Nomens fraise,
fragt (s. d. Gl.). Vashi wird sich kaum anders wie als eine zweite
Person praes. von der Wurzel vag, wollen, erklären lassen, wenn
schon Ner. an seiner Stelle den Nominativ kdmah hat. Schwierig
wird indess diese Erklärung durch vivlduje, was kein Infinitiv sein
kann, vgl. viduje 29, 3, sondern eine erste Person sing, medii oder
passivi sein muss. Da die nominale Fassung — man müsste nur
annehmen, es stehe für vagaht, in dem Wunsche, nach dem
Wunsche — grosse Schwierigkeiten hat, so schlage ich vor, vashi
als ein eingeschobenes Verbum „du willst" zu fassen, oder anzu-
nehmen, dass die Partikel, welche es mit vividuje verbinden sollte,
etwa jathd, dass, ausgefallen sei. Letzteres wäre eine semitisch-
artige Verbindung eines Verbum finitum mit einem andern. — At
d thwahmdi — mainjdi Ner. : evam mdsd (?) tvadijdja agnaje dakshini-
bhavdmi prandmena puvjamca aham jdvad icchami dhjajdmi. Die Deu-
tung von rdtäm durch dakshmibhavdmi, ich bringe Opfer dar, ist
dem Sinn, aber nicht der Form nach richtig, s. zu 33, 14. Md
ist nicht nach K. 5 imt juvat zusammenzuschreiben, sondern getrennt
zu halten. Syntaktisch kann es nur mit mainjdi verbunden werden.
Dieses fasst Nerios. richtig als eine erste Person sing.; es ist aber
nicht einfaches Präsens, sondern eine sogenannte erste Person Im-
perativi oder Voluntativ.
V. 10. Zaozaomt lässt sich auf doppelte Weise ableiten ; ein-
mal kann es mit der sanskrit. Wurzel hu (hve), rufen, dann aber
auch mit gu, eilen, zusammengebracht werden. Beide sind in den
72 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 43, 10.
iranischen Sprachen vertreten; die Wurzel zu z= hu haben wir öfter
sogar in den Gäthas; die andere gu ist wenigstens in dem neu-
persischen züd, geschwind, schnell, enthalten. Da aber diese
letztere in den Gdthd's nicht nachweisbar ist, so werden wir am
besten thun, die erstere festzuhalten. Der Form nach entspricht
ganz das sanskr. ^uhomi, ich rufe. Ner. hat prdrthandja prdrthaja
„durch Verlangen verlange''^, wonach er es als Nomen fasst, was
es schlechterdings nicht sein kann. — Armaiti ist hier ein Instru-
mental, nach AYedischer Art gebildet. — lieber ehmd s. zu 29, 11. —
Jathand tat emavaiitäm, das eine Vergleichung bildet, kann doppelt
verbunden werden, erstens kann es sich auf parstem thwd, zweitens
aber auch auf aeshem emavafitem beziehen. Die erstere Beziehung
würde nothwendig sein, wenn jathand in jatha und nd = narj Mann
(indefinit einer), aufzulösen wäre und wie einer hiesse, Diess
ist aber nicht der Fall, wie die zwei andern Stellen J. 31, 22 und
35, 2 deutlich zeigen, wo eine solche Deutung von nd geradezu
dem Sinne zuwiderläuft. Das nd ist hier nur ein enklitisches Wörtchen,
das wedische na, das sich leicht anhängen kann, so dass jathand
nur ein verstärktes wie ist. Schon aus diesem Grunde wird man
gut thun, die zweite Beziehung anzunehmen. Diese empfiehlt sich
auch wegen des emavantäm^ das ohne Zweifel der Ausgangspunkt
der Vergleichung ist. Das tat weist im Allgemeinen auf ahhem hin ;
das Neutrum statt des Acc. masc. tem steht hier, weil das De-
monstrativ von dem Nomen, auf das es sich bezieht, durch mehrere
Worte getrennt ist. Noch besser ist es indess, das tat auf den
ganzen Satz aeshem djdt emavaiitem zu beziehen. Zu dem Gen. plur.
emavantäm ist der Genitiv von khshajäg zu ergänzen, so dass das
Ganze heisst „wie diess (das Anzünden eines starken Feuers) Sache
der Starken (Könige) ist". — Für aeshem lesen mehrere Mss.
(K. 5, 11. Bf. Bb.) aeshmem. Diese abweichende Lesart, die sicher
ein alter Erklärungsversuch des dunkeln aesha ist, kann auf die
richtige Deutung desselben führen. Aeshma bedeutet in den Gdthd's
sonst Angriff, Gewaltthat (s. das Gloss.); diese Bedeutung passt
aber an unserer Stelle gar nicht. Dagegen findet sich in dem übrigen
Zendawesta häufig das Wort aegma (für edhma^, Holz, Brenn-
holz, wofür bei dem öftern Wechsel der ZiscWaute auch aeshma
geschrieben werden konnte. An dieses dachten die verbessernden
Abschreiber. Aeshem selbst, wie zweifelsohne die ursprüngliche Les-
art lautet, ist seiner Bedeutung nach gewiss nicht identisch mit aegma,
Holz, wohl aber wurzelverwandt. Die gemeinschaftliche Wurzel ist
das wedishe idh, griech. al'^-G), brennen, das e ist durch Gunirung
des i, der Zischlaut durch Erweichung der Dentalaspirate entstanden.
Im Sanskrit bildet sich von dieser Wurzel edha, Brennholz, edhas,
dasselbe, im Weda namentlich lähma^ Holz. Diese Bedeutungen
geben indess keinen rechten Sinn für das aesha unserer Stelle ; am
besten ist es, wenn es im abstracten Sinne Brand genommen wird.
Wollte man das Wort auf die nahverwandte Wurzel edh, gedeihen.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 43, 10- 11. 73
zurückführen, so wäre der Begriff „gewaltiges Gedeihen", der sich
ergeben würde, etwas zu vag. An eine Ableitung von den Wur-
zeln ish, gehen und wünschen, wie sie Ner. (abhipsajä) versucht,
ist hier nicht zu denken-, sie geben hier ebenso wenig einen Sinn
als in den Parallelstellen 48, 12. 28, 8 (s. weiter das Glossar). Und
von dem sanskritischen Demonstrativ esha, das sich im Baktrischen
eigentlich nicht findet, kann vollends keine Rede sein.
V. 11. Jjaf khshmd — paourvtm Ner.: ja jujam vdiitm praro-
hinapraropita prathamam dinim. Durch prarohiiiajiraropita , lasst her-
vor — hervorwachsen, soll didanhe übersetzt werden, so dass die
Reduplicationssylbe di durch lyrarofiina, danhe durch iiraropita wieder-
gesehen ist. Diese Erklärung ist indess sicherlich unrichtig, da sich
für dank eine Wurzelbedeutung wachsen nicht nachweisen lässt.
Die richtige Erklärung des didanhe bietet mannigfache Schwierig-
keiten, da es sich nur an dieser Stelle findet. Auf den ersten Bhck
giebt es sich als eine durch Rednplication entstandene Bildung zu
erkennen, wenn man Formen wie dtdereghzo und mimaghzo vergleicht,
so dass beim Aufsuchen der Wurzel von der Anfangssylbe di abzu-
sehen ist. Als solche ergiebt sich dank. Im Sanskrit entspricht der-
selben nach den Lautgesetzen dans oder auch bloss das; erstere
Wurzel ist soviel als dan^, griech. Sax-vo, beissen; die zweite
heisst zerstören, vernichten. Ausser diesen zwei am nächsten
liegenden Ableitungen ist noch eine dritte möglich, nämlich die
Zurückführung auf das, geben, verleihen, eine Erweiterung der
bekannten Wurzel da. Auf die erstere Ableitung miiss, da sie
keinen passenden Sinn giebt, verzichtet werden. Dagegen ist die
zweite zu beherzigen, um so mehr, als sich im Baktrischen von der
Wurzel das unverkennbar Nomina abgeleitet finden, z. B. dahdka,
verderblich, dahma, Zerstörung oder Zerstörer des Bösen
(victor); auch der Nasal schleicht sich bereits ein, danhu, Land,
Provinz, =z dasju im Weda (auch ohne Nasal in der Form daqju
vorkommend), dafigra = skr. dasra, zerstörend. Der Form nach
ist das in Frage stehende didanhe nur eine erste Person sing, praes.
medii. Das unmittelbar vorhergehende khshmd könnte leicht als sein
Accusativ erscheinen, aber die der Accusativcndung ermangelnde
Form, so wie die Parallelstelle J. 50, 5, wo es kein Accusativ sein
kann, sprechen dagegen; khshmd ist nur Noirunativ und wird am
besten mit dem mraotd im letzten Versgliede verbunden, so dass
didanhe — zarazdditis als Zwischensatz gefasst werden muss. —
(^ddrd — zarazdditis Ner. : pishmdca maji avocat antar manushjeshu
pravHtiddtaje. faf ist mit avocat übersetzt, gewiss falsch, s. darüber
zu 46, 19; zarazdditis ist durch pravHtiddtaje „für das Gedeihen-
machen" wiedergegeben. Der erste Theil des Wortes lässt lautlich
eine doppelte Ableitung zu; er kann erstens mit aared = skr. hrd,
Herz, identisch, zweitens aber auch eine Ableitung der Wurzel
zar = skr. gar (gf), lobsingen, und zwar in diesem Falle die
74 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 43, 11. 12.
thematische Form des Partie, praesentis sein. Nach der ersten Ab-
leitung heisst es „Herzenshingabe", was soviel als Frömmig-
keit wäre; nach der zweiten Gabe des Lobenden oder die
Gabe lobend. Welche von den beiden Erklärungen die richtige
sei, ist etwas schwer zu entscheiden, weil beide im Zusammenhang
der Stellen, in welchen sich das Wort findet, einen guten Sinn
geben. Das Wort ist zunächst ein Abstractum von zarazdd, das
sich im Sinne eines Adjectivs J. 31, 1 mit dem Dativ construirt
findet; diese einfache Bildung lässt sich nicht wohl auf die zweite
Art erklären, da es nur „das Lobende gebend" heissen könnte,
was weit fremdartiger klingt als „das Herz hingebend". Hievon
finden ' wir zwei Superlative zarzdisto J. 53, 7 und zarazddtema
Jt. 13, 25. 36. In den zwei letztern Stellen jathra naro ashavano ashem
henti zarazddtema passt die Bedeutung „Herz-hingebendst" nicht
in die Construction; das Wort ist mit ashem zu verbinden, was aber
ein Accusativ und kein Dativ ist, wie wir ihn J. 31, 1 in mazddi
haben. Dieser Umstand schadet indess der gegebenen Ableitung
weiter nicht, da das Wort im Verlauf der Zeit leicht seine ursprüng-
Uche Bedeutung „herzhingebend" verloren und die allgemeinere
von „liebend" angenommen haben kann, was vortrefflich in den
Zusammenhang der ausgehobenen Stelle passt. Das Substantiv za-
razdditi nun findet sich öfter in den Jeschts, aber immer (ausser
13, 115) in derselben Verbindung. So Jt. 10, 9. 51 (vgl. 13, 47. 92) :
jatdra vd dim (Mithrem) jmurva frdjazeilte fraoret-frakhsni avi mano
zarazddtoit arihiijat haca dtarathra fraoin^jeite Mithru etc., je öfter
sie ihn (Mithra) in gläubigem Fragen im Innern durch lebendige
Herzenshingabe (Liebe) verehren, desto öfter geht dorthin Mithra.
So gut nun an dieser Stelle die Bedeutung Liebe passt, so will
sie sich in den Zusammenhang unserer Stelle nicht recht fügen.
Jedenfalls hat es hier keine abstracte Bedeutung, wie die deut-
liche Beziehung auf das Subject zeigt; demnach müsste es zum
Mindesten der Ergebene, der Liebende bedeuten. So kann sich
der Sprecher dem Ahuramazda gegenüber bezeichnen; aber besser
scheint es wegen des ukhdhdis zu sein, das Wort auf zar, lob sin-
gen, zurückzuführen und als Lobesgabe, Lobesgeber zu fassen. —
Für verezidjdi, wie West, nach K. 5 schreibt, lesen K. 9 verezjedjdi,
K. 4 verezjeidjdi, K. 6 verezjeidjdi; nach diesen wird richtiger verez-
jeidjäi gelesen, s. zu 33, 6.
V. 12. Jjatcd — frdkhshnene Ner. : jacca maji avocah punja-
jyrdptiprabhütanaram. Sonach deutet Ner. frdkhshnene durch „einen
(in der Erreichung des Reinen, — er verbindet es mit ashem) vor-
züglichen Mann"; aber eine solche Auflösung des Wortes in
frdkhshna, das gleich prabhüta sein soll, und in nd, Mann, ist eine
etymologische Spielerei und verdient weiter keine Beachtung. Das
Wort, das sich nur in den Gdthas findet (29, 11 u. 43, 12. 14),
lässt eine doppelte Ableitung zu, entweder von der Wurzel pere^,
Haugf die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 43, 12. 13. 75
fragen, oder von einer Wurzel khshnd -\- fra. Die Ableitung von
peref hat mannigfache lautliche und etymologische Schwierigkeiten;
man müsste eine Endung shnenay shnana, annehmen, die sich aber
nirgends nachweisen lässt; ebenso ist eine Verwandlung des schlies-
senden f in kh im Baktrischen kaum nachweisbar. Mehr für sich
hat die andere Erklärung. Eine Wurzel khshnd findet sich zwar im
Zendawesta sonst nicht; aber die arische Keilschriftsprache kennt
eine Wurzel khshnd^, erkennen, wissen, und das Neupersische hat
ein shindkhtan, wissen, aufzuweisen. Hievon ist es eine kürzere Form,
wahrscheinlich ist es nur eine härtere Aussprache für ziznd = i^ignd,
so dass gjid, wissen, erkennen, die zu Grunde liegende Wurzel
ist. Die dem durch Suff, iia gebildeten Substantiv frdkhshnena zu
Grunde liegende Bedeutung ist wohl Erkenntniss. — A(^rustd sieht
seiner Bildung nach wie das Partie, pass. einer Wurzel grus oder
Qrush aus. Aber eine solche Erweiterung der Wurzel prw, hören,
so leicht auch ihre Bildung wäre, finden wir nicht im Zendawesta;
zudem würde die Bedeutung, die nur un gehört, oder unhörbar
sein könnte, gar nicht in den Zusammenhang des Satzes passen.
Mit der genannten Wurzel ^u muss es indess auf irgend eine Weise
zusammenhängen. Ich halte es für den Instrumental von a^rusti,
dem wir J. 33, 4 und 44, 13 begegnen, für a^rustjd stehend, so dass
das schwache i ausgestossen ist. Man kann dagegen einwenden,
dass wie im Weda die Nomina mit schliessendem i einfach durch
Verlängerung des i zu i den Instrumental bilden können, so auch im
Baktrischen diess manchmal Statt habe, z. B. Armaiti v. 10. unsers
Capitels für Armaitjd mit oder von der Armaiti (begleitet). Will
man aber a<;rustd nicht für a^rustjd oder agrustajd gesetzt gelten
lassen, so leicht auch diese Annahme ist, so wird man zu Annahmen
getrieben, die eine weit geringere Wahrscheinlichkeit haben, da sich
dieses a^rustd nur als Instrumental fassen lässt. A^rusti bildet einen
deuthchen Gegensatz zu ^raosha, so namentlich J. 10, 16 ^raoshahe ahmt
agriLstois noit ahmi ashaono ahmi drvato nöit ahmi (von Haoma). Auch
an unserer Stelle lässt sich dieser Gegensatz bemerken, wenn man
die Worte para jjat moi dgimat ^raoshö bedenkt. Die Bedeutung
des agriisti wird somit nach der von ^raosha zu bestimmen sein.
Dieses heisst eigentlich das Horchen, Hören, die Ueberliefe-
rung, und wurde der Name eines Genius; a^rusti ist das Ent-
behren der Ueberlieferung, der Mangel derselben, und daher
gleichbedeutend mit Unwissenheit. — Eine Anspielung auf die
Worte: dgimat — hacimno ist Vp. 12, 1 enthalten: tan/ms ^raoshö
j6 ashahe hacaite mdzdraja heca idha a^tu, der gute ^raosha, der
von der Hoheit des Asha begleitet wird, sei hier. Pairjaoghzd
zweite Person imperf. medii von vac, reden, s. das Gloss. Ueber
mäzdrajd Instrum. fem. eines Adject. nidzdra vgl. das Gloss.
V. 13. Arethd — ddtd Ner. : njdjanivedajatuh kdmam tarn inahjam
dehi. Vgl. 33, 8. Syntaktisch ist arethd (Nom. Acc. plur. neutr.)
76 ' Hang, die Gathas des Zarathustra. IL Cap. 43, 13. 14.
mit kdmahjd und data zu verbinden: gebt, macht, dass die Dinge
des Wunsches kommen! Data bezieht sich nämlich nicht bloss auf
<!en zunächst gelegenen Accusativ tem, sondern arethd muss aucli
davon abhängig gemacht werden. Letzterer Annahme, die indess
gar nichts Bedenkliches hat, kann man nur dadurch entgehen, wenn
man arethd voizdjdi als einen Interjectionalsatz fassen will, so dass
der Infinitiv für den Imperativ gesetzt wäre. — Daregahjd ist nicht
mit kdmahjd, wie ich lange that, sondern mit jdus zu verbinden;
diese beiden letztern Genitive sind von tem abhängig, was sich auf
kdmahjd zurückbezieht. Ner. deutet daregahjd jaos durch dirgha-
jrrdptogivasja vapiishi, also durch langlebig, welche Erklärung sich
unter Vergleichung von daregdjü 28, 7, daregem djü 31, 20 als die
richtige erweist. Jaos kann daher nicht mit dem wedischen jos^
Glück, Heil, (s. Z. d. D. M. G. VllI, p. 740 ff.) zusammengestellt
werden, sondern steht für djaos von djü; das anlautende d ist mit
dem Schluss-a von daregahjd zusammengeflossen. — Je — ddrestd ite
Ner. : jo jushmdkam naka^cit upakramena pracdram. Ddrstaite West.'s
i»ach K. 6 ist ein Unding. Die Handschriften schwanken; K. 4 hat
ddristaiti, K. 5 darstite ; Bb. ddresta te. Auf den ersten Blick ist
man versucht, das Wort zu trennen, wie Bb. ; aber die Theilung
ddresta und tS giebt schlechterdings keinen passenden Sinn ; das t^,
gleichviel ob man es als Dativ des Pronom. zweiter Person dir oder
als Nomin. plur. des Demonstrat. fasst, ist in der Construction des
Satzes nicht unterzubringen. Will man das Wort als Dativ einer
Nominalbilduiig ddrs-tat, die an sich leicht möglich wäre, nehmen,
so könnte der Acc. jem nicht erklärt und dem Nomin. naects,
keiner, keine pausende Stelle angewiesen werden. Wir können
das Wort nur als ein Verbum betrachten ; aber als Verbalform sieht
es ganz seltsam aus. Am nächsten läge eine Wurzel darst, aber
eine solche kennen wir weder aus dem Zendawesta, noch aus dem
Weda. Eine Bildung aus dem Participium darsta ~\- aite (er geht)
wäre detikbar, aber es finden sich keine Analoga in den Zend-
schriften. Kurz als eine Verbalbildung der Wurzel dars^ darsh, an-
greifen, wagen, oder auch von dere^ , sehen, lässt es sich nicht
genügend erklären. Der einzig sichere Ausweg ist Trennung des
Worts und zwar in ddresta und ite ; das erste ist' die dritte Person
sing, imperf. medii der Wurzel daresh, das zweite Dativ des Sub-
stantivs iti, Gang, contrahirt aus itaje (den Genit. itois s. J. 53, 6).
Von diesem letztern sind die Genitive vairjdo ^tuis abhängig. K. 5
liest für vairjdo , was als eine Verkürzung von vairjajdo zu betrach-
ten ist, vairjd; hiemit lässt sich aber wenig anfangen.
V. 14. Hjat — daidit Ner. : jo nardja mitrdja vi^ishtagfidnine
Idbham daddti. Ueber i<;vd s. zu 47, 4. Frjdi (dat. sing.) ist mit
maibjo zu verbinden. Maibjo — frdkhshnenem Ner. : mahjam mahd-
gndnin te pramodakdri-prabhütaram. Die Worte rafeno frdkhshnenem
fasst man am besten als ein Compositum des Sinnes: Hilfs erkennt-
Hang, die Gdtha's des Zarathustva. II. Cup. 43, 14. 15. 77
niss; das Ganze ist als Accusativ von daidit abhängig zu denken.
Frästd Ner. prdvocat, er verkündigte. Das Wort lässt sich von der
Wurzel af, im Sanskrit erreichen, erlangen, -\-fra, aber auch
von dem adverbialen aus der Präposition fra gebildeten fräs ab-
leiten. Dem Adverbium frds begegnen wir öfter in den Jeschts ;
es ist das sanskrit. prdnc, weiter, vorwärts (gehend). So Jt. 8, 56-
14, 48: noit ithra airjdo danhdvo fräs hjdt haena, noit voighna etc.,
nicht soll dort in den arischen Ländern fortwandeln das feindliche
Heer, nicht Plagen etc. 10, 71: j6 fräs-taco hamerethdt, welcher
(Mithra) weiter gehend nach der Schlacht (vgl. auch 19, 40). Von
diesem frds ist frästd ein partic. pass. in der Bedeutung fortge-
gangen, ausgegangen. Wollte man das Wort auf dg, er-
reichen, zurückführen, so müsste man es als eine dritte Person
imperf. medii nehmen und thwd als Accusativ davon abhängig machen.
Aber diese Fassimg hat mannigfache Schwierigkeiten, — z.B. khshathrd
könnte nicht gut construirt werden, — daher ist die erstere vorzu-
ziehen. Thwd ist indess dann nicht Accusativ, sondern Instrumen-
tal. — Uzireidjdi — genhahjd Ner. : Jaf uccdih sthdpaja mahjam svd-
minam dinivaktdram. Hienach löst Ner. das ocTU. XsyoiJL. garedando in
gare und dando auf, ersteres mit gara, Haupt, letzteres mit daend,
Glaube, identifizirend. Wie verkehrt diess ist, bedarf keines nähern
Beweises. Der Form nach karm garedando ein Nom. Acc. plur. neutr.
eines Thema's garedananh oder auch ein Adjectiv der Bildung do = ds
von demselben Thema sein. Der Zusammenhang, namentlich das
azem, empfiehlt die letztere Fassung. Die Ableitung des Worts an-
langend, so hat es damit dieselbe Bewandtniss wie mit garedjajdo
33, 9 (s. die Note), indem es sowohl auf gareda, Jahr, als gareda,
Art, Geschlecht, zurückgeführt werden kann. Letztere Ableitung
verdient den Vorzug. Das davon hergeleitete Substantiv gare-
dananh mag die Bedeutung Mannigfaltigkeit haben, indem es
als Collectivum von gareda zu fassen ist; dann hat garedando als
Adjectiv die Bedeutung „mit Mannigfaltigkeit begabt" und ist enge
mit dem Genitiv genhahjd zu verbinden.
V. 15. Dakhshat — vahistd Ner.: cihnamcatanjena vjavasdjind
manasi samunmilatu. Dakhshat ist hier von Ner. als Substantiv ge-
fasst und nach der Tradition als Zeichen erklärt. Als Substantivum
lässt sich das Wort indess nicht gut erklären, das ,* am Ende würde
Schwierigkeit machen, man müsste es nur als Ablativ von dakhsha
fassen wollen; aber dann wäre dakhshdt zu erwarten, wie wir von
asha den Ablativ ashdt haben. Als Verbalform lässt es sich leichter
erklären und diese stimmt auch besser zum Zusammenhang. Im
Zendawesta lässt sich die Wurzel dakhsh im Verbum sonst nicht
nachweisen; wir müssen also zum Sanskrit unsere Zuflucht nehmen.
Hier bietet sich uns zunächst daksh, wachsen, gedeihen, stark
sein, und dah (für dagh), brennen; erstere ist eine zu spezifisch
sanskritische Wurzel, als dass wir sie ohne weiteres auf das Baktrische
78 Haug, die Gdthas des Zarathtisira. L Cap. 43, 15.
anwenden könnten; letztere ist ursprünglicher und mehr altarisch.
Ich gebe daher dieser Ableitung den Vorzug. Die Form anlangend,
so ist es entweder die dritte Person sing. Aor. I oder das Particip.
dieses Tempus, das durch Anhängung eines s gebildet wird. Zu-
dem weist der Weda wirklich eine Form dahhat auf (s. Benfey,
Samaveda Glossar p. 88 s. v. dah). Ich nehme es als absolut stehendes
Particip (man vgl. fraoret), das adverbial gebraucht den Zustand
von ushjd beschreibt. Letzteres ist als Verbaladjectiv zu fassen und
nicht von va^, wählen, sondern \on ush, leuchten, glänzen, ab-
zuleiten. — Die Erklärung des tüsnd-maitis durch vjavasäjino manasi
„des sich im Geiste (geistig) Anstrengenden" lässt sich nicht recht-
fertigen. Sie stützt sich wohl auf eine Ableitung von der Wurzel
tu, stark sein, die aber nicht statthaft ist. Das Wort tüsndmaitis
ist sonst nur noch einmal Jt. 13, 139 und zwar als ein Name nach
ustavaiti (dem Namen der ganzen Gdthd, die dieses Capitel eröffnet)
nachweisbar; tushni-shddho Jt. 13, 29 ist ein Prädikat der Fravaschi's
und steht neben amavaitis, stark, mächtig, und hudoühriSy mit
gutem Gesicht. Im JRigveda finden wir tushnim (Acc. von tushni)
neben bhadram, das Glückliche, Glück (II, 43, 3). Die zu
Grunde liegende Wurzel ist tush^ zufrieden, vergnügt sein;
dieselbe ist auch in tüsiid zu erkennen; tüsnd-maitis selbst ist ge-
bildet wie Armaitis, taromaitis und entspricht ungefähr unserem Zu-
friedenheit, Glückseligkeit. Vielleicht ist es nur ein anderer
Name für Armaitis j was um so weniger auffallen dürfte, als dieser
Vers manches Seltene enthält, wie angreng, ddare (s. weiter die Ein-
leitung zu 43). — Noit — cikhshnusho Ner. : md narah pracuram
durgatindm bhiijdt jathdkathamcit satkarjd. Diese streng wörtlich sein
sollende Uebersetzung giebt keinen verständlichen Sinn. Nd ist mit
pourus eng zu verbinden; es kann aber hier nicht eine streng sin-
gulare Bedeutung „der Mann" haben, sondern ist gerade wegen
des pourus y das nur viel heissen kann, collectivisch zu fassen, wie
auch Nerios. thut, der es im Plural übersetzt. So heisst 7id pourus
viele Leute, Viele. Ob dregvato als Plural zu fassen ist, wie
Ner. thut (er hat den Genitiv plur. durgatindm dafür), ist fraglich.
Da es einen deutlichen Gegensatz zu dem ashdunö^des letzten Gliedes
bildet und letzteres ein deutlicher Genit. sing, ist, so nehme ich
keinen Anstand, es ebenfalls als Genit. sing, (von dregvdo") zu fassen.
Der dregvdo oder Lügner ist hier natürhch das böse Princip, das
auch drukhsy Lüge, heisst. — Ueber cikhshnusho, das hier miss-
bräuchlich als Nominativ sing, steht, s. zu 32, 8. — At toi — ddare
Ner.: evam te samagrdn hamtrn punjdtmano dadhate; kila balishthatardn
dadhate, so macht er alle deine Reinen zu Schlägern, d. h. er macht
sie viel kräftiger. Doch diess kann nicht der Sinn der schwierigen
Worte sein, da angreng weder Schläger bedeuten kann, noch ddare
eine auf dhd, machen, setzen, zurückzuführende Verbalform ist.
Ueber angreng = den Angiras des Weda s. zu 44, 12. Adare ist
der Genitiv sing, von dtar, Feuer, vgl. ddreng 29, 3 mit der Note.
Haug, die Gäthas des Zarathustra. IL Cap. 43, 16. Cap. 44. 79
V. 16. Verente giebt Ner. durch mürajdmi „ich mache mir
zum Freund''. Von einer ersten Person sing, praes. kann aber hier
gar keine Rede sein; entweder ist es dritte Person plur. praes. medii
oder Dativ sing, partic. praes. Das Verbum finit. in der dritten
Person phir. lässt sich im Zusammenhang gar nicht unterbringen,
da nirgends ein Nominativ phir. sich entdecken lässt, wohl aber
Nominat. sing., wie Zarathustro, ^penisto sich finden; zudem steckt
in je^tä das Verbum finitum. Daher ist kaum eine andere Fassung
als die zweite angegebene möghch. Die zu Grunde liegende Wurzel
ist vere, vare, wählen, dann glauben; mainjüm ist ein davon
abhängiger Accusativ. — Mazda — gpenisto Ner.: mahdgndninah
prdptd'sti jathdkathamcü mahattamatd, des grossen Weisen hohe Grösse
ist irgendwie erreicht. Diese üebersetzung ist ganz ungrammatisch,
da weder mazdd ein Genitiv, noch Qpeitisto ein Abstractum ist. Je^t^
durch erreicht zu erklären, ist gewiss irrig, da die einzig mög-
liche Wurzel jöf nie diese Bedeutung haben kann. Vielleicht wurde
es mit ajapta verwechselt, dem die Bedeutung erreicht zukommt.
Es ist dritte Person sing, medii von ^af, verehren, man vgl. dje^i
53, 6 und häufig im Jüngern Japia. Für die Bildung vgl. man das
Substantiv j^^tiy Verehrung, woraus Jescht geworden ist. —
A^tvat — aogonhvat Ner.: tanumadbhjagca pwijam asti givamadbhja^ca
balishthatamarh. Agtvat als Dativ zu übersetzen, was es der Form
nach unmöglich sein kann, wurde der Uebersetzer wohl durch die
Dative des folgenden parallelen Gliedes qeilg-daregoi khshathroi be-
wogen. Ustdnd ist ebenfalls so übersetzt und hier scheint es richtig
zu sein. Ein Nominativ sing., wie a<;tvat ashem, ist es sicherHch
nicht; Nom. plur. (sing, ustdnern) könnte es der Form nach wohl
sein, aber dieser Hesse sich syntaktisch nicht rechtfertigen, ebenso
wenig als der Instrumental. Der in den Zusammenhang einzig pas-
sende Casus ist der Dativ ; ustdnd steht für ustdndiy eine Abstumpfung
wie sie sich öfter im Gäthädialekt findet, z. B. mazdd für mazddi. —
Zu qeng- dar 6(^01, dem Sonne sehenden, d.i. lebenden, vgl. hx)are-pishja(;u
50, 2 und das wedische svardf<^, Sonne sehend, d. i. lebend.
Capitel 44.
In diesem umfangreichsten Stück der Gdthd's beginnt jeder Vers,
der letzte ausgenommen, mit der Formel: „Diess will ich dich fragen,
sag's mir recht, Lebendiger." Dadurch gewinnt es den Anschein
eines zusammenhängenden Ganzen. Bei näherer Betrachtung lässt
sich auch ein gewisser Fortschritt der Gedanken erkennen. Aber da
ein eigenthcher innerer Gedankenzusammenhang dem Ganzen fehlt,
so lässt es sich nicht als ein ursprüngliches imtrennbares Ganzes
erkennen, sondern, wie das vorhergehende Capitel, als eine mehr
äusserliche Aneinanderreihung verwandter Gedanken. Ein Sammler
stellte hier verschiedene Fragen Zarathustra's an Ahuramazda zu-
80 Hang, die Gathas des Zarathustra. IL Cap. 44.
saiiimen, und bediente sich zu der Einleitung d,?r gewiss häufig von
Zarathustra gebrauchten Formel „diess will ich dich fragen'' (vgl.
31, 14 ff.), die im letzten Vers gewiss nur desswegen weggelassen
ist, weil im zweiten Versgliede fast dieselben Worte, „diess will
ich fragen", stehen. Die einzelnen Verse stammen gewiss von Za-
rathustra selbst und mehrere haben auch unter sich einen wirklichen
innern Zusammenhang, wie 3 — 5, 12 — 14, die als kleinere Lieder
betrachtet werden können. 9 — 11 aber haben nur einen schein-
baren Zusammenhang; der Grand ihrer Zusammenstellung ist, weil
sie sich alle auf die daSnd oder den Glauben beziehen. Ans einem
ähnlichen Grunde sind 18 — 20 zusammengestellt, weil in allen vom
Spenden die Rede ist. So stehen 15 und 16 zusammen, weil in
beiden von Kämpfen und Siegen geredet wird. Aeusserlich können
wir folgende Versgruppen unterscheiden :
aj 1 und 2 sind als Einleitung vorangeschickt, und zwar ist 1
die allgemeine, 2 die spezielle zu dem schönen Schöpfungshymnus.
Der erste Vers ist eine Frage des Dichters, ob Ahiiramazda's Freund,
^raosha, hier durch der Dein ige schlechthin bezeichnet, dem Freunde
des Dichters, der meinige genannt, worunter Kavd Vhtd^pa oder
ein anderer Freund Zarathustra's zu verstehen ist (vgl. v. 9), die
Lob- und Preisgesänge des höchsten Gottes (vgl. 30, 1) verkün-
digen würde und ob derselbe zur Mittheilung der guten, das irdische
und geistige Wohl fördernden Werke mit dem guten Geiste zu ihm und
seinen Gefährten komme (vgl. 43, 7. 9 etc.). Da in diesem Vers die
zwei Hauptpunkte der Religion, die Gebete und die Opfer, inbegriffen
sind, so können wir ihn füglich als eine Art Einleitung betrachten.
Im zweiten Vers ist vom Ersten des besten Lebens, d. i. vom
irdischen Leben (vgl. 45, 3) die Rede. Dieses ist gegen die An-
griffe der feindlichen Geister zu schützen. Daher fragt der Dichter,
wodurch dem, was da sei, genützt werden könne, worunter nur
das gegenwärtige irdische Leben zu verstehen ist. Er beantwortet
sich indess diese Frage sogleich selbst. Der Freund und Genosse
Mazda'Sf (^raosha, ist es, der das Wächter- und Schützeramt für
alle Lebendigen versieht und die Angriffe der Bösen abwehrt (vgl.
31, 13). Gerade die Beziehung dieses Verses auf (^raosha war der
Grund, warum er dem vorhergehenden angeschlossen wurde. Weil
aber darin zugleich vom ersten Leben, d. i. vom Irdischen, die Rede
ist, so bildete er einen passenden Uebergang zu den folgenden
Fragen nach Erschaffung einzelner Theile der Welt.
h) 3 — 5 bilden ein zusammenhängendes Ganze und enthalten
einen schönen und einfachen Schöpfiingshymnus in Form von Fragen.
Wer ist der erste Erzeuger und Vater des Wahren, d. h. wer hat
zuerst diese irdische Welt geschaffen? Wer hat der Sonne und den
Sternen die Wege gewiesen (vgl. Rv. VII, 87, 1 von Varuna: er
öffnete der Sonne die Pfade). Wessen Werk ist es sonst als Mazda's,
dass der Mond ab- und zunimmt. Nicht bloss hierüber will er nähere
Auskunft haben, sondern auch über andere Dinge der Natur (3).
I
Haag, die Gdthd's des Zarathusira. II. Cap. 44. 81
Er möchte ferner wissen, wer die Erde festhalte und die Wolken,
d. i, den Himmel über derselben, wer die Wasser auf den Feldern
fliessen lasse und wer die Bäume geschaffen habe? Wer in den
Stürmen walte, dass sie rasen? Wer der Herr und Besitzer aller
guten Schöpfungen sei? (4). Wer schuf Licht und Finsterniss, von
deren Wechsel die Thäligkeit und der Schlaf der Menschen ab-
hängt? Wer schuf die drei Tageszeiten, den Morgen, Mittag und
die Nacht, die den Weisen stets an seine Pflichten mahnen, d. h.
die durch ihren beständigen, gleichmässigen Wechsel die verschiedenen
Geschäfte und die Thätigkeiten des Weisen, d. i. des Priesters be-
stimmen, dass er die Opfer zur rechten Zeit darbringt und zur
rechten Zeit die Loblieder zu Ehren Gottes singt? (5).
c) 6. 7. Beide Verse haben einen rein äusserHchen Zusam-
menhang. Der einzige Berührungspunkt ist, dass in beiden von der
Erschaffung der Erde die Rede ist. Der sechste Vers rührt in dieser
Fassung schwerlich von Zarathustra her; er enthält zwei Sprüche
und das Bruchstück eines Liederverses, die hier als Gebete oder,
wie es scheint, als Anfänge von Gebeten zusammengestellt sind.
Sie werden als schon bekannte angeführt; der Dichter möchte wissen,
welche andere er, nachdem er diese verkündigt, seinen Anhängern
und Glaubensgenossen verkündigen solle. Der erste Spruch klingt
räthselhaft: Die Armaiti verdoppelt das Wirkliche durch Handlungen
(vgl. denselben Gedanken 47, 6). Der Sinn kann nur sein: wenn
die Andacht und Frömmigkeit in guten Thaten, namentlich in der
Pflege und Verehrung des heiligen Feuers, sich offenbaren, so wird
dadurch das Gedeihen der guten Schöpfung doppelt so weit ge-
fördert, als wenn es nur bei der Gesinnung bleibt. Der zweite
Spruch ist : für dich sammelt er durch den guten Geist die Macht,
d. i. dir verleiht er Macht durch den guten Geist. Der Verleihende
kann nur Ahuramazda sein; wem die Macht aber verliehen wird,
ist nicht klar. Wahrscheinlich ist es eine Verheissung Zarathustra's
an Kavä Vi^tä^pa. — Das letzte Versglied enthält das Bruchstück
eines Liedes , in dem gefragt ist : für welche Wesen Ahuramazda die
unvergängliche Kuh Rdnjoskereti geschaffen habe, worunter nur die
Erde oder die Erdseele zu verstehen ist (vgl. 29, 1). Die Antwort
ist 47, 4 gegeben, nämlich für diese Welt, das irdische Leben.
Ueber Ränjuskereti s. den Commentar zu diesem Vers.
Der siebente Vers beginnt mit einer ganz ähnlichen Frage, wer
die hohe Armaiti mit den Besitzthümern geschaffen habe. Dass Ar-
maiti hier nicht die Frömmigkeit, Ergebenheit bedeuten kann,
sieht man leicht; sie ist hier ein Name für die Erde, in welcher
Bedeutung das Wort unzweifelhaft im Veiididad sich findet (vgl. 47, 3
und das Gl.). In Verbindung mit berekhdhd, iioch, nun bezeichnet
es das baktrische Land (s. die Note), Etwas räthselhaft und
dunkel ist die zweite Frage : wer wob den Sohn aus dem Vater
heraus? d. i. wer Hess aus dem Vater den Sohn hervorgehen j wie
ein Gewebe aus dem Webstuhl ? (über das Bild vgl. 29, G). Diess
Abhandl. der DMG. II, 2. * 0
82 Hang, die Gathd's des Zarathustra. IL Cap. 44.
scheint mir auf das Hervorgehen des Feuers aus Ahuramazda, dem
ürlichte, zu gehen; das Feuer heisst ja oft Ahuramazda s Sohn. Solche
Geheimnisse will der Dichter von Ahuramazda erkunden, der als der
Schöpfer aller Dinge ihm die beste Belehrung dariiber geben kann.
d) S — 11. In diesen Versen ist von geistigen Dingen die Rede,
von der Lehre und Unterweisung Mazda's und seinen daenas oder
den heiligen , dem Seher geoffenbarten Sprüchen und Liedern , dem
Hauptinhalte des Glaubens, daher das Wort später gewöhnlich den
Glauben bezeichnet (s. die Einleit.). Unter sich haben die Verse
keinen innern Zusammenhang. Der Grund ihrer Zusammenstellung
war ein mehr äusserlicher, die darin vorkommende Erwähnung der
daenä. Der achte Vers bildet eine Art Einleitung, indem hier nach
der Lehre und Unterweisung Mazda's, deren Früchte gerade die
daenas sind, gefragt wird. Der Dichter fragt, welche Seele, d. i.
welcher Schutzgeist (urvd ist der Name der Fravashi's in den Gdthas)
ihm Gutes verkündigen würde und wünscht, dass dieser ihm er-
scheinen möge, um ihn an die Unterweisung des Ahuramazda zu
erinnern, d. h. ihn in der Lehre des höchsten Gottes zu unterrichten,
um ihm die zum Wohle der ganzen guten Schöpfung vom guten
Geist verkündigten Worte und alle andern sonst vorhandenen Wahr-
heiten für die Förderung des irdischen Lebens mitzutheilen. Hieran
schliesst sich die Frage, wie Ahuramazda' s Freimd, Qraosha, in der
grossen Versammlung vor dem mächtigen Könige durch den wahren
und guten Sinn dem Sprecher helfen würde, denjenigen Glauben,
den er für den glück- und heilbringendsten halt«, der alles Gute
in seiner ursprünglichen Vollkommenheit erhalte, öffentlich zu ver-
kündigen (9). Das Folgende giebt eine nähere Beschreibung dieses
Glaubens; er ist der allerbeste, schützt den erblichen Familienbesitz
und vermag von dem Wahren begleitet durch die Worte der Armaiti
die heiligen und guten Handlungen in der richtigen Ordnung her-
vorzubringen, d. h. aus dem wahren Glauben, der eine völlige Hin-
gebung an Gott jst, entspringen alle frommen, wahren und guten
Thaten. Diesen Glauben will der Sprecher, nachdem er ihn er-
kannt, mit Ahuramazda's Hilfe sich erwählen (10). An diese Be-
schreibung des Glaubens schloss der Sammler die Frage, wie in
denjenigen, welchen der Glaube an Mazda (das geistige Versenken
in ihn) verkündigt sei, die rechte Frömmigkeit und Ergebenheit
entstehe, d. h. wie aus diesem Glauben die wahre Gottesfurcht kom-
men könne. Der Sprecher, Zarathustra, wünscht diess um so mehr
zu wissen, als er für diese, welche ihn als des Mazda Ersten,
d.i. als seinen höchsten Gesandten und Propheten, anerkannt haben,
auf alle Weise zu schützen und zu berathen hat, während er alle,
die anderer Gesinnung sind, also alle Ungläubigen, nur mit Hass
betrachtet (vgl. 31, 18. 43, 8), d. h. zu vernichten sucht (11).
e) 12 — 14 bilden ein zusammenhängendes Ganze. Alles dreht
sich hier um den Grundunterschied zwischen Gläubigen und Un-
gläubigen und die Vernichtung der letztern. Der Schluss des vorigen
Haugy die Gdt/tan des Zarathustra. II. Cap. 44. 83
Verses, in dem Zarathustra seinen Hass gegen alle Andersgesinnten
ausspricht, bildete einen passenden Uebergang, was gewiss den
Sammler bewog, das kleine Lied hieher zu setzen. Zarathustra
fragt, wer ein Gläubiger oder ein Ungläubiger sei, d. h. worin ihr
Grundunterschied bestehe. Darauf weist die unmittelbar folgende
Frage, bei welchem von beiden der Schwarze, Schlechte, und bei
welchem der Hellglänzende, Gute sei. Offenbar ist hier ein Wort-
spiel zwischen anro und aiigro, die fast gleichlauten, aber ganz ent-
gegengesetzte Begrifl'e bezeichnen, beabsichtigt. Der gewöhnliche
Gegensatz von anro, schwarz, bös, ist ^peüto, weiss, heilig.
Des Wortspiels wegen wurde für letzteres das seltenere angro ge-
wählt. Da unter anro nur Anro mainjus (45, 2), der Geist des
Bösen, verstanden werden kann, so haben wir bei angro an den
^pefito mainjus, d. i. Ahiiramazda, zu denken (s. den Commentar).
Durch diese neue Frage wird die erste nach dem Gründunterschied
zwischen den Gläubigen und Ungläubigen beantwortet. Bei dem
Wahrhaftigen und Gläubigen weilt der helle Geist des Lichts, bei
dem Lügner und Ungläubigen der schwarze Geist der Finsterniss.
Nachdem der Dichter fragend den Grundunterschied zwischen beiden
hervorgehoben, so fragt er, warum derjenige, welcher den Dichter
und den Ähuramazda mit Macht angreife und verfolge, nicht eben-
falls ein Schwarzer, Böser, genannt werden solle, d.h. ob die-
jenigen Menschen, die das Gute bekämpfen, nicht dem Grundargen,
dem Teufel selbst, gleichzuachten seien? (12). Hat der Fromme,
Gläubige, das Böse in seiner wahren Gestalt erkannt, so ist es
seine Pflicht, dasselbe zu bekämpfen. Daher knüpft sich an das
Vorhergehende die Frage nach der Vertreibung und Vernichtung der
Lüge. Lüge und Wahrheit, Glaube und Unglauben können nicht
neben einander bestehen (vgl. 30, 2 flf'.). Die Lüge muss aus der
Gemeinschaft der Wahrheit vertrieben und denen überlassen werden,
die keine Offenbarung anerkennen, nicht der Wahrheit folgen, noch
dafür streiten, und nichts für die Förderung des guten Sinnes thun;
mit andern Worten: die Gläubigen und Ungläubigen müssen sich
scheiden (vgl. 29, 5) und können nicht mehr wie bisher friedlich
beisammen wohnen (13). So ist ein grosser Kampf unvermeidlich,
da sich die Ungläubigen nicht gutwillig vertreiben lassen. Vor allem
entsteht dann die Frage, wie man der Lüge, d. i. der Lügner, hab-
haft werden könne. Erst dann können sie vernichtet werden. Diess
hofft der Dichter durch die heiligen Sprüche und Gebete, in denen
Ähuramazda gepriesen ist, erreichen zu können. Wenn dieser ihm
die gegen die Lügner wirksamen Sprüche mittheile, so könne er
von allen Zweifeln, in die ihn die Macht der Lügner gestürzt
und wodurch er fast am Bewusstsein seiner höhern Sendung irre
wurde, sowie von aller Noth und allem Elend, das ihm diese be-
reitet, befreit werden (14).
f) 15. 16 sind nur zusammengestellt, weil in beiden vom Kampf
die Rede ist; im erstem sind zwei schlagfertige Heere, im letztern
6*
84 Ilaugy die Gdthas des Zarathustra. II. Cap. 44.
die Besiegung von Feinden erwähnt. Der Sinn des 15. Verses scheint
der zu sein: Zwei Heere stehen sich lautlos gegenüber: ehe sie
indess den Kampf beginnen, warten sie einen Orakelspruch ab, der
den Streit um den Besitz eines grossen Vermögens, etwa einer
fetten Rinder- oder Schafheerde, schlichten könne. Da dieses, wie
alles Gute und Schöne in dieser Welt, eigentlich dem Ahuramazda
kraft seiner ewig fortwirkenden Worte, die er gleich Marksteinen
zum Schutze der guten Schöpfung hinstellt, zngehört, so wendet
der Sprecher sich an ihn um Entscheidung und fragt, wem von den
Mächtigen er jenes Besitzthum vediehen und wo dieses geschehen
sei. Ob die beiden Heere die der Gläubigen und Ungläubigen sind,
ist fraghch, lässt sich aber vermuthen.
Der 16. Vers fragt nach dem grossen Bekämpfer und Besieger
der Dämonen, (^raosha. Er schlägt alle Feinde des Wahren und
Guten, welcher Art sie sein und welche Gestalt sie haben mögen.
Er hat das Gesetz, wodurch alle Lebendigen bestehen; dieses möchte
der Dichter gern wissen. Aber er wünscht auch, dass (^raosha für
jeden, dem Ahuramazda gnädig sei, d. h. für jeden Bekenner des
wahren Glaubens, kämpfen möge.
g) 17 — 20. Der Grund der Zusammenstellung dieser Verse
ist wieder ein rein äusserlicher, die Erwähnung von Gaben und
Spenden. Die Verse 18. 19 haben gemeinsam den Ausdruck mizdem
han, eine Gabe spenden, womit mizen v. 20, spenden, fast
identisch ist. Der 17. Vers ist nur desswegen hieher gestellt, weil
in ihm von der Ameretdt und Haurvatdt die Rede ist, welche beide
im folgenden Vers erwähnt sind. Der Dichter fragt darin, auf welche
Weise er zum Lobgesang, den die himmlischen Geister anstimmen,
in deren Wohnung, d. i. ins Paradies, gelangen möge (vgl. 28, 10.
34, 2). Er hofft, wenn er in den Lobgesang einstimmen kann, da-
durch des besten Schutzes theilhaftig zu werden, indem er die Voll-
kommenheit und Unsterblichkeit gewinne, sowie jenes Lied, das ein
wahrer Schatz von Wahrheit (vgl. 31, 6). Während in diesem Verse
jene beiden hohen Güter durch Lobpreis erworben werden können,
so werden im folgenden 18. Opfer zu diesem Zwecke dargebracht.
Der Dichter fragt, aufweiche Weise er das Opfer von zehn trächtigen
Stuten oder das von noch einer grössern Zahl darbringen solle, um
dadurch für die Zukunft jener beiden hohen Kräfte, der Vollkom-
menheit und Unsterblichkeit, theilhaftig zu werden, ebenso wie die
andern, denen sie Mazda verliehen. Ob die hier genannten Thiere
zum Schlachten bestimmt waren oder sonstwie dem Ahuramazda ge-
weiht wurden, lässt sich nicht näher bestimmen. Blutige Opfer sind
sonst in den Gdthas nicht erwähnt.
Hieran reiht sich v. 19 eine etwas allgemeinere Frage, wie es
sich mit dem ersten Denken und Sinnen, d. h. mit der angebornen
Anlage dessen verhalte, der dem, welcher eine Gabe darbringe,
nichts wieder gebe, noch dem, der recht und wahr spreche. Nach
dem ersten Denken fragt der Dichter desswegen, weil er das
HuHgf die Gdthiis des Zarathastra. IL Cup. 44, 1. 85
letzte schon kennt, d. h. die in der That sich offenbarende Ge-
sinnung des Nichtgebens. Der Sinn dieser räthseihaften Frage ist
wohl der, ob der, welcher, ein Opfer nicht durch Gaben erwiedere,
seinem ursprünglichen Wesen nach gut oder böse sei. Der Geber,
dessen Huld durch Opfer gewonnen werden soll, kann nur einer
der höhern Geister sein. Nur der gute Geist Ahuramazda spendet
Güter denen, die ihn verehren, da er allein der wahre lebendige
Gott ist; die Da^va's, die nichtigen Götzen, vermögen es nicht.
Daher sind diese die nicht gebenden. Ihr Wesen ist Schein,
Trug und Unraacht. S. 31, 15 eine ähnliche Frage.
Während im 19. Vers die Daeva's nur angedeutet sind, sind
sie V. 20 ausdrücklich genannt. Hier ist gefragt: was sind denn
eigentlich die Daevas, was bewirken sie? Sie, die Nichtigen, be-
kämpfen das Wirkliche und Wahre als ihrem Wesen entgegengesetzt.
Ihre Verehrer, die wedischen Sänger und Priester, die Kavi's, stiften
nur Unheil und Schaden, indem sie die Erde der Verwüstung preis-
geben und ihre Güter durch Raub sich aneignen. Ahuramazda solle
ihnen daher kein Feld zum erblichen Besitz geben, d. h. ihnen das
Geraubte wieder abnehmen (vgl. 46, 4). Dieser letzte Vers, wo-
durch wir mitten in <len grossen Religionskampf versetzt werden, ist
unverkennbar von Zarathustra selbst; man vgl. hauptsächlich 32, 12 ff.
Die übrigen drei Verse mögen ebenfalls von Zarathustra herrühren ;
nur der Inhalt von 18. 19 ist etwas befremdend und scheint nicht
recht Zarathustrisch zu sein.
V. 1. ^) Nemanho — mavaiU Ner. : namaskdri sa jah evam na-
maskrte jushmdkam dinim mahdgndnin mitrd (mitrdja) me tvattiUjah
samtoshdja bhaved utsahena; kila me samtoshah svasmiu kdle jadd
karttftvana (-ena) jathdsaktjd puyjah tvajd sambhüto hhavdmi, d. i. der
ist ein Darbringer des Lobes, der mir, dem euren Glauben ver-
ehrenden Freunde, dir gleich, zum Glücke mit Eifer wirken mag,
nämlich mein Glück wird dann erreicht, wann ich durch Thätigkeit
rein in der Verbindung (mit dir) geworden bin. Diese Erklärung
des schwierigen Verses ist sicher ganz falsch, da nicht einmal die
grajnmatischen Formen richtig erkannt sind; nemanho ist weder ein
Nominativ, noch neme ein Dativ. Letzteres kann nur für nemo
stehen und ist deutlich Nominativ. Auch hat <;aqjdt sicher nicht
die Bedeutung von samtoshdja hhavet , zum Glück möge er sein,
sondern ist Optativ der Wurzel foA, fa/iA, sagen (s. Zeitschr. der
D. M. G. Vlir, p. 765); ebenso wenig ist mavaiU durch utsahena
„durch Anstrengung, Eifer" zu übersetzen, sondern ist einfach der
^) Dieses Capitel wurde von mir bereits in meinen „Zendstudien",
Deutsch- Morgenländische Zeitschrift Bd. VII, p. 314 — 337; p. 50« — 526;
Bd. VIII, 73*J— 771, ausführlich behandelt. Ich werde daher der Kürze
halber öfter darauf verweisen, sofern ich die vor mehreren Jahren gegebenen
Erklärungen noch billigen kann.
86 Hang, die Gdthäs des Zarathustra. IL Cap. 44, 1. 2.
Dativ von mavat, der meinige (vgl. Bd. VII, p. 335 das über thwdvä^
Gesagte). Syntaktisch ist mavaite mit frjdi zu verbinden und zu
thwaväg dann entsprechend frjo zu ergäijzen. Ein Freund gleich
dir, ein Freund gleich mir sind nur stärkere und poetischere
Ausdrücke für du und ich, man vgl. das a^CkoQ bei Homer. Um
einen guten Sinn zu gewinnen, muss nemanhö d khshmcivato nicht
„bei eurem Lobpreis", sondern „zu eurem Lobpreis" gefasst
werden. — At ne — hdkurend Ner. : evamca jam pu7]jena mitram
daddmah sahakarttdram ; kila tubhjam sddhjapdratajdgishjam daddmah.
Dazdjdi ist Infinitiv des Verbums da, geben, setzen, und keine
erste Person pliir. Auch der dem hdkurend beigelegte Sinn „Mit-
wirker", oder nach der Erklärung „ein Schüler in Vollbringung des
Guten" ist nicht richtig, wie eine Vergleichung der einzigen Parallel-
stelle 33, 9 zeigt, da das Wort seiner ganzen Bildung nach kein
nomen actoris, sondern ein Abstractum ist. Die Ableitung von hd=^sa
und kurena =■ karana, Wurzel kar, machen, lässt sich zwar nicht
läugnen (s. Bd. VH, p. 337), aber seine Bedeutung ist eine andere,
nämlich die von Zurüstung, Opfer (s. VIII, p. 765), welche am
besten zu dem Zusammenhang als Parallele von nemo stimmt.
V. 2. Kdthe — jMÜishdt Ner. : Ko Idbhasja ddtd jah tasmin
düitaje navatn navam samihate avistdvdci avistdrthica (-eca) , wer ist der
Geber des Heils? Der, welcher in diesen beiden Dingen immer
Neues anstrebt, im Avesta und im Zend. Zu kdthe vgl. 47, 4. Es
ist sicher nicht gleich ko, wer? dem sonst ke entspricht, sondern
steht für katho, was ein kathas voraussetzt; der Bildung nach kann
es nur woher heissen, vgl. sanskr. jatas , kutas, tatas. — Dem
paitishdt, wofür K. 5 paiii sdt liest, soll samihate, er strengt sich
an, entsprechen; aber diess ist gewiss irrig. Es ist entweder eine
A^erbalbildung von dein Adverbiiim paüis, d. h. an dieses ist un-
mittelbar die Verbalendung dt (Conjunctiv) gehängt oder eine Zu-
sammensetzung des Verbum substant. as (^shdt kann eine Conjunctiv-
forra sein und für hdt stehen wegen des vorhergehenden i) mit der
Präposition paiti. Die Bedeutung ist in beiden Fällen die gleiche,
nämlich die von dabei sein, anwesend sein; man vgl. paitisdna
paitümaremna Ja9. 55, 6, die gegenwärtigen in (Gegenwart (Jemands)
gesprochenen (Worte). Die erstere Erklärung verdient den Vorzug,
da im letztern Fall das Partie, med. paitisdna nicht gut erklärt
werden könnte; denn eine Bildung sdna von as, sein, ist sowohl
dem Sanskrit als dem Baktrischen unbekannt (s. VII, p. 508). —
flüd — irikhtem Ner.: sa jatah punjena pravardhajanti nrgamsdt; kila
sadhjdpdratajd dadhdti pdpakdritardn. Ueber irikhtem s. zu 32, 7.
Dieses kann hier doppelt gedeutet werden, entweder als „Abwehr",
also „eine Abwehr für alle", oder, wenn man es eng mit i^pento
verbindet und die ursprüngliche Bedeutung der Wurzel ric , leeren,
festhält, „rein heilig, ganz heilig" (geleert =■ rein, lauter) gefasst
werden. Erstere Erklärung ziehe ich vor, wenn auch das irikhtem
Hang, die Gdt/tas des Zaralhusiia. IL Cap. 44, 2. 3. 4. 87
der Form nach dem hdro und urvathö nicht ganz adäquat ist. —
Vigpoibjo hdro — Mazda Ner. : sarvdd eva svdmi paraloke bhuvane
dvaje ^pi mitro mahd^fidnin dinimitrah. Lieber hdro 8. zu 31, 13 nnd
über urvathö s. Bd. VllI, p. 766 f. u. das Gkiss. Der Instrumental
ahuhis muss hier dem Sinn und Zusammenhang nach eine adverbiale
Bedeutung haben.
Y. 3. Ke ja mdo — thwat Ner. : kasmdt jat candrah unmilati
nimilatica te; kild ^sja dadhih kshaja^ca kasmdt. Dass ukhshj^üi sich
auf das Wachsen, jieref^aiii (s. VII, p. 512) aber auch auf das Ab-
nehmen des Mondes sich bezieht, zeigt Jt. 7, 2: hat mdo ukhshjeüi
hat mdo neref^aiti. Pancada^a mdo ukhshjeüi pancada^a mdo ne-
ref^aiti n. s. w. Wie lange nimmt der Mond zu, wie lange nimmt
der Mond ab? Fünfzehn Tage nimmt der Mond zu, fünfzehn Tage
nimmt der Mond ab. — Tdcif — vidujS Ner. : tacca fnahd^ruhiin
vdnchdja anjasjaca vettd ^smi, Viduje erklärte ich früher (VII, p. 512)
als Infinitivform. Wenn schon der Zusammenhang dieser und anderer
Stellen (43, 9) für eine solche Fassung sprechen würde, so lässt sich
die Form nicht leicht als ein Infinitiv erklären. Nach den von mir
aus den Weden angeführten Beispielen kftvi, vishtvi etc. hätten wir
vit-tvt oder nach iranischen Lautgesetzen vigtvi zu erwarten. Dieser
Form liegt aber viduje ziemlich fern. Man muss es als eine erste
Person sing, medii betrachten; das u ist ein Nachhall des an-
lautenden V.
V. 4. Ka^nd — nabdoi^cd Ner. : ko dharte gagatimca anddhdratve
^pi; kila ddhdro gagatjd iidsti, wer hält die Welt auch im Grund-
losen? d. h. die AVeit hat keine Grundlage. Wie unrichtig diese
Deutung sei, leuchtet ein; zäm heisst nicht Welt, sondern Erde,
und ade ist kein a privat., sondern die Präposition adhiy über.
Nabdogcd heisst nicht Grundlage, sondern Wolke (vgl. vscpOi;, ue-
bula, skr. nabhas). West, schreibt nach K. 6 adenabdo^cd, K. 5 hat
ade nabdogcd, K. 4 adinabdogcd. Jene Schreibung lässt sich aber gar
nicht genügend rechtfertigen und scheint nur der Neriosengh'schen
Uebersetzung anddharatve zu Liebe gewählt zu sein. Dass nicht das
kurze e ursprünglich war, sondern nur aus Missverständniss des e
durch einen spätem Abschreiber eingeführt wurde, zeigt die Variante
adinab; i kann mit e wechseln, aber nicht mit e. Die Westergaard'sche
Schreibung Hesse sich nur dann halten, wenn man annehmen könnte,
dass denabdo ein wirkliches Wort im Baktrischen oder VVedischen
sei. Das Griechische zeigt neben v^^o^ ein hvocpOQy das Litthanische
hat debesis für nabhas , nubes, woraus die Existenz eines Anlauts dn
bei nabhas für einige alte arische Dialekte sicher gestellt ist. Allein
dieser Umstand berechtigt noch nicht zur Einfiihrtuig einer solchen
Form in das Baktrische, die sich zudem auf die Autorität nur einer
Handschrift stützen würde. Der sich nach dieser Lesung ergebende
Sinn „und die Nichtwolken" oder „und das Wolkenlose" würde
88 //««/g, die Gäihd's des Zaraihustru. II. Cap. 44, 4.
zudem ganz unpassend sein. Den einzig richtigen Sinn gewinnen
wir durch die Trennung ade nabdo^cd, wie schon die zuverlässigste
und älteste Handschrift K. 5 hat. Ade ist gleich dem sanskritischen
adhi, oben, darüber, in adverbialem Sinne (s. VIT, p. 513). —
Avapagtois ist durch na nipatati erklärt, wonach das Wort mittelst
des a priv., einer Präposition (ava) aus der Wurzel pat, fallen,
gebildet sein soll. Wie abgeschmackt aber eine solche Erklärung
„er fällt nicht nieder" ist, leuchtet auf den ersten Blick ein. Der
Zusammenhang verlangt noth wendig die Bedeutung Flur, Aue.
Dass sich diese wirkUch begründen lässt, ist VII, p. 513 f. gezeigt. —
Ke — ägu Ner. : kasmdt vdtdh arbuddgca upakramanti dgiikdrjdja.
Ueber dvänmaihjo^ das hier durch arbuddh, Massen, Millionen,
wiedergegeben ist, vgl. VII, p. 514 und VIII, p. 767. — Für jaoget
wie West, nach K. 4, 6 (Bf. hat ebenso) schreibt, Hest K. 5 jdo get
und Bb. jö get. Jenes jaoget, das nur hier vorkommt, Hesse sich
doppelt erklären, entweder als eine dritte Person Imperf. der Wurzel
jug, binden, oder als Partie, praes. neutr. derselben Wurzel. Erstere
Deutung wäre syntaktisch die leichteste „wer verband mit den
Winden und Stürmen Schnelles (Schnelligkeit)?"; aber die Wurzel
jug geht im Präsensstamme nicht in die Form jaog über. Dasselbe
Bedenken waltet bei der zweiten Fassung, bei der man fraoret ver-
gleichen könnte, vorj letztere hätte auch syntaktische Schwierig-
keiten. Das Ja9. 16, 8. Jt. 8, 51. 53 vorkommende paitjaoget-tbai-
shahjdicd ist nicht hieher zu ziehen; pai/jiaogef ist hier aus paiti-\-aoget
(Partie, praes. von vac) zusammengesetzt und heisst eigentlich ant-
wortend^ entgegnend, das Ganze „Gegenvernichtung". Ent-
schiedene Aehnlichkeit mit diesem jaoget hat hdget in JaQ. 58, 1,
einem offenbar altern Verse. Sowie man jaoget auf jug zurückzu-
führen geneigt ist, so ist man versucht, hdget von der Wurzel
hac = sac, folgen, abzuleiten. Aber dagegen spricht a; die Wurzel
hac erscheint überall nur mit kurzem a. Auch der Zusammenhang
ist dieser Ableitung nicht günstig, da hdget, um als Verbum einen
genügenden Sinn zu geben, eine Conjunctivform sein müsste, als
welche es sich aber nicht erklären lässt. Ich fasse es als eine Zu-
sammensetzung von hd = sd und der Partikel gat (s. zu 43, 1), die
als Enklitikum in die kürzeste Vokalaussprache gel übergehen konnte.
Demnach heissen die Worte : hjat neme hucührem ashis hdget drmaüis
hdget — nipdtu, daher möge das schöne (Gebet): diese Wahrheit
da, diese Armaiti da (^jenhe — hvarstemcd enthält nur eine Erklärung
des hucührem) uns schützen gegen die Daeva's etc. Nach dieser
gewiss einzig richtigen Erklärung des hdget haben wir allen Grund,
in unserer Stelle die Lesung jdo get vorzuziehen, da hier das Re-
lativum ja in eben der Weise mit der Partikel get verbunden ist,
wie dort hd, eine Verbindung, die genau an die des lautlich ent-
sprechenden griech. »ys tnit den Pronominibus mahnt. Bei dieser
Fassung ist als Verbum zu dem Subject ke das Verb, substant. agti
hinzuzudenken, gerade wie im letzten Gliede kagnd — dämü. „Wer
Hang, die Gdthas des Zarathustra. II. Cup. 44, 4. 5. 89
ist mit den Winden und den Stürmen, die da so schnell" (dass sie
so schnell sind). — Kagnd — mananho Ner. : ha iittamasja mahd^nänin
grühiir manasah. Die Uebcrsetzung des dämis mit Schöpfung ist
nicht ganz genau; es ist eher concret: Schöpfer zu nehmen (s.
das Gloss.).
V. 5. Ke hvdpdo — zaemdcd Ner. : kah sunirikshanam svapnam
daddu ^dgaranamca. Dass hvdpdo nicht „von schönem Anblick"
heissen kann, ist bereits Vli, p. 514 gezeigt. Die dort vorgeschla-
gene Aenderung des qafnem, das nur Schlaf heissen kann, in
tafnenij Wärme, finde ich jetzt zu gewagt, da sie jeder hand-
schriftlichen Autorität entbehrt. Aber die Erklärung des zaemd macht
dann grosse Schwierigkeit. Einige Handschriften lesen zemd, wo-
nach man es als Winter deuten könnte; auch bei der weit ver-
bürgtem Lesart zaemd ginge diese Deutung noch an, wenn man
das sanskr. hemantay Winter, bedenkt. Aber Winter bildet gar
keinen Gegensatz zu Schlaf und eiuen «olchen fordert nothwendig
der Zusammenhang. Auch durch Herbeiziehung von sanskr. hema,
Gold, lässt sich dieser nicht gewinnen. Eine verbale Fassung ist
hier kaum zulässig, obschon uns hiefür Ja^. 41, 4 hanaemdcd zaemdcd
sehr zu statten käme, an welcher Stelle zaimd eine erste Person
plur. der Wurzel zi =. gi, gewinnen, oder = hi, senden,
schicken, ist. Die von Neriosengh gegebene Deutung das
Wachen, Erwachen, ist sicherlich nur gerathen, um den noth-
wendigen Gegensatz zu gewinnen, und stützt sich auf keine irgend-
wie richtige Etymologie. Da wir aber ohne Aenderung des Textes,
Verwandlung des qafnem in tafnem und des zaemd in zima, Winter,
andere Gegensätze gar nicht gewinnen können, so müssen wir es
vorläufig bei der Erklärung des Neriosengh bewenden lassen. Durch
Herbeiziehung von zaja, Werkzeug, lässt sich die Bedeutung des
zaema vielleicht als Thätigkeit bestimmen, was auch einen Gegen-
satz zu qafnem bildete. — Arem — pithwd Ner.: rapithvanakdla , d.i.
Mittagszeit. Dieselbe Bedeutung habe ich bereits früher VII, p. 515—21
für das Wort ermittelt. — Jd — arethahjd Ner. : ja^ca pramdnam
sakhjd vivektu njdjena; kila tarn kdlam jatra rdugtrugah prdpnoti ko daddu.
lieber cazdonhvantem s. zu 31, 3. Der Accusativ ist von manothris
abhängig, ebenso wie der Genitiv arethahjd. Manothris ist zunächst
Apposition zu ushdo arem-pithwd khshapdcd. K. 5 liest mando thris,
was „die drei Gedanken" hiesse; aber dieser Sinn lässt sich hier
nicht gut unterbringen, da an die Dreiheit von Gedanken, Wort und
That nicht gedacht werden kann. Zudem hätte die syntaktische Ver-
bindung Schwierigkeit. Wovon sollte der Accusativ cazdönhvaiitem
abhängen? Wir müssen wohl bei der Lesung manothris bleiben.
Vend. 13j, 30. 37 finden wir manothrim, wo es dem Zusammenhang
nach einen Körpertheil bezeichnen nniss, vermuthlich den Kopf;
dasselbe scheint es Jt. 5, 127 upa tiim griräm manothrim zu bedeu-
ten. Jt. 9, 30. 17, 50 bezeichnet gtui-mamthris etwas an den Pferden
90 Hang, die GdtluVs des Zarathustra. II. Cap. 44, 5. 6.
Befindliches. Die Bedeutung lässt sich hier nicht mit Sicherheit
bestimmen, obschon die Etymologie ganz klar ist. Es ist ein nomen
actoris fem. von tnano, Sinn, Gedanke, gebildet durch thri (fem.
von tar) und heisst eigentlich die Denkerin, Merkeriii, was nun
mannigfach übertragen sein kann, auf Kopf, Gehirn oder die
Sinne. Im Weda entspricht manotar, Erfinder, Ersinner (Rv.
1,46,2 maiiotard rajindm, Erfinder der Reichthümer neben vasuvidä
Schätze findend, von den Ägvin; II, 9, 4: fvam — Agtii — gukrasja
vacasah maiiotd, du bist der Denker der hellen Rede). An unserer
Stelle nun ist weder die Bedeutung Kopf, noch die von Sinne
passend. Am nächsten kommt die wedische, „Erfinder". Die Mor-
genröthe, die Mittagszeit und die Nacht können ganz passend, wenn
sie persönlich als Genien gefasst werden, die Erfinderinnen des
Geschäfts (arethahjd , aretha ganz das wedische artha, s. d. Gl.)
genannt werden, insofern nach ihnen das ganze Thun und Treiben
der Menschen sich richten muss oder durch sie seine bestimmte Ein-
theilung erhält. Nur will der Accusativ cazdonhimutem sich syntak-
tisch nicht erklären lassen. Entweder muss man annehmen, der
Accusativ stehe missbräuchiich für den Dativ (cazdonhvate) „für den
Weisen", oder man muss dem manothris eine causative Bedeutung,
denken machend, d. i. erinnernd, „den Weisen an das Geschäft
erinnernd" beilegen. Da der erstere Fall sich leichter denken lässt
(vgl. V. 3 die Accusative qeng und gtarem im Sinne des Dativ) als der
zweite sich begründen, so gebe ich der erstem Fassung den Vorzug.
V. 6. J^zi — haithjd Ner. : jadi tat evam pansphutntaram ; kila
vigadataram vapushi pagcdt b/iavati. Die Uebersetzung des haithjd
durch offenbar, augenscheinlich, ist sicher unhaltbar, da sich
diese Bedeutung des Worts weder aus den Parallelstellen, noch
etymologisch erweisen lässt. Als eine Adjectivbildung des Part,
praes. der Wurzel as ^ sein (hat=sat), heisst es eigentlich „was
seiend ist", d. i. das WirkUche, Gegenwärtige. Als Bezeichnung der
gegenwärtigen Zeit findet es sich deutlich Ja9. 52, 1: haithjdica
baväithjäica bilshjäithjdicaf für das Gegenwärtige, das Vergangene und
Zukünftige; vgl. 43, 3 haithjmg gtis^ die gegenwärtigen Schöpfun-
gen. Weiter kann dem Wort auch die Bedeutung'des entsprechenden
sanskritischen satja, wahr, wahrhaft, beigelegt werden (s. das Gl.).
An unserer Stelle scheint letztere nicht anwendbar. Wir müssen bei
der ursprünglichen Bedeutung bleiben. Haithjd (plur. neutr.), „die
gegenwärtigen" seil. Dinge, geht auf die unmittelbar folgenden drei
Verszeilen, welche Anführungen alter berühmter Sprüche enthalten
(s. die Einl.). Diese konnten als die gegenwärtigen, daseienden,
bezeichnet werden, entweder weil sie unmittelbar folgten, oder weil
sie gerade dem Geiste des Redenden gegenwärtig waren. Ersteres
ist das richtigere; das dem haithjd vorhergehende athd, so, also,
ferner, weist deutlich auf das Folgende hin. Dem ganzen Be-
dingungssatze fehlt das Verbum ; am einfachsten ergänzt man dieses
I
Haugy die Gdtha's des Zarathustra. II. Cap. 44, 6. 91
aus fravakhshjd und zwar fraokhtä „wenn die gerade folgenden
(Worte) verkündet sind". — Äskem — Armaitis Ner. : pmjchiäm
karmabhih sthülatara sampürnamanasatd bhavati. Debäzaiti ist durch
dicker, grösser werden erklärt; Der zu Grund liegende Stamm
debäz, der als Verbmn sonst nirgends weiter vorkommt, findet sich
nur noch in dem Nomen debdzanhd drmatois 47, 6, was denselben
Gedanken ausdrückt, der hier enthalten ist. Beim Fehlen weiterer
Parallelstellen können wir uns nur durch Etymologie helfen. Am
nächsten liegt die Sanskritwurzel dfiva^', dhvamg, gehen, sich be-
wegen, die aber als tiectirtes Verbum noch nicht nachgewiesen ist.
Das Subst. dhvaga heisst Fahne (schon im Rigveda VII, 85, 2).
Ausserdem lässt es sich als ein Causativum der Wurzel dab, deb,
verkleinern, betrügen, erklären, wenn man Bildungen wie
merehc, meräi, tödten, von mere, sterben, bedenkt. Auch als
causatives Verbum \ on dva, zwei, lässt es sich deuten; dass dieses
zu dab werden kann, beweist daibitim, das zweite, = d'oitijam;
so hiesse es verdoppeln. Von diesen drei möglichen Erklärungen
widerspricht die zweite ganz dem Zusammeuhang; die erste gäbe
einen erträglichen Sinn, wenn man nach derselben debäzaiti in dem
Sinn von gehen lassen, machen, fassen könnte; aber da debiXz
schon die Wurzel wäre, die nur in der intransitiven Bedeutung
gehen und zwar bloss von den indischen Lexikographen aufgeführt
ist, so würde es sehr gewagt sein, derselben ohne weiteres die
causative Bedeutung zu geben. Die dritte Erklärung scheint die
beste. Der Begrifi' des Verdoppeins nimmt leicht den des Ver-
mehren s an, der zu dem Zusammenhang trefflich stimmt. Dass
dem enc, äz wirklich causative Kraft inwohnt, beweist mereiic,
tödten, von mere, sterben, ganz deutlich. — Taibjo — mananhd
Ner.: tvadijebhjo rdgjam lätamam dgvddajati manah. Dass taihjo dir
und nicht den deinigeu bedeutet s. zu 30, 8; über cinag s. zu
32, 5. — Kaeibjo — tasho Ner. : keb/tjah agindmnim dakshindm kardgdm
aghatajah. Ueber azim, das Nerios. stets als Eigennamen fasst, s.
VIII, p. 771. Für rdnjög keretim schreibt West, ränjo-gkerethn hierin
den Mss. folgend, die das g zu keretim ziehen. Wenn sich auch
nicht läughen lässt, dass Bildungen der Wurzel kere = kar sich durch
ein vortretendes g, s verstärken (man vgl. gkarena, rund, Jt. 5, 38.
10, 95; auch Wurzeln mit anlautenden c lassen g vortreten, vgl.
gcind =: skr. chiiid), so ist doch hier eine solche Verstärkung nicht
wohl annehmbar, da sich rdiijo sonst nicht gut erklären liesse. Dass
dieses zu dem öfter vorkommenden Dativ plur. rdnoibjd^ als dessen
Thema ich rdni =. arani des Weda nachgewiesen habe (s. zu 31, 3);
gehört, unterliegt gar keinem Zweifel. Die Form rdnjo nun liesse
sich allenfalls als Adjectiviun erklären; aber es liesse sich, da es
keine Accusativendung hätte, sondern Nominativ sein müsste, gar
nicht construiren. Zieht man dagegen das g noch zu rdnjS, so hat
man den ganz regelrechten Genitiv Dual., im Weda aravjos; diesen
regiert kerethn. Obschon diese Bildung das ursprüngliche schliessendc
92 Haug, die Gdthas des Zarathustra. II. Cup. 44, 6. 7-
s, Q einbüssen kann, mau vgl. za^taju, so «glaube ich doch hier das 9
zu rd7ij6 ziehen zu müssen, da iin Compositum vor dem k die vollere
Form nicht gut entbehrt werden kann (man vgl. die Wiederkehr der
vollen Nominativendung ap für 0 vor ca, ferner ka^nä für ke nd
oder ko nd). Der Sinn des Ganzen hängt noch von der Erklärung
des keretim ab (über rdnjö s. zu rdnoibjd 31, 3). Dieses entspricht
ganz einem sanskritischen krti, das von kar abgeleitet, Thun, Aus-
führung, Handlung, Werk, auf krnt, schneiden, zurückge-
führt, dagegen Schnitt, Waffe, Messer (Rv. I, 168, 3) bedeutet.
Sonach hiesse das Ganze entweder Werk der beiden Reibhöl-
zer oder Schnitt der beiden Reibhölzer (Messer für die beiden
Reibbölzer). Beide Deutungen klingen etwas sonderbar. Daher ist
es, zumal sich das Wort nicht gut als Adjectiv erklären lässt, sehr
wahrscheinlich, dass es ein Eigenname ist. Es kommt nur in Ver-
bindung mit g-rtwi, Kuh (47, 3. 50, 2), vor, worunter, wie sich
klar aus 50, 2 ergiebt, bloss die Erde verstanden werden kann.
Rd7ij6g-kereti war wohl eine alte Bezeichnung der Erde, als die Er-
zeugerin der beiden Hölzer, durch deren Reiben das heilige Feuer
sich entzündete. Da die altarischen Völker sich die Erde unter dem
Bilde einer Kuh dachten, so wurde dieses Prädikat auch auf diese
übertragen und, da es hier keinen klaren Sinn mehr gab, zum
Eigennamen.
V. 7. Ke — Armaitim Ner. : kah prijataram aghatajat rdgjam
samam sampumamanasd. Dem herekhdha, einem auch sonst vorkom-
menden Prädikate der Armaiti, die Bedeutung lieb beizulegen, ist
sicher irrig und wahrscheinlich nur Folge einer falschen Etymologie.
Dieses Wort ist deutlich ein Participium pass. der Wurzel hereg,
sich erheben, hoch sein, Jt. 10, 90: haraithjo paiti berezajdo be-
regajat ahuro mazddo beregajen ameshdo ^.pentd, auf dem hohen Ge-
birge thronte erhaben Ahuramazda, thronten erhaben die Amesha
f^penta. Im Pärsi entspricht burzidan, erheben, rühmen, burzisn,
Ruhm, im Neupersischen gehört barz, Statur, Höhe, Grösse,
hieher (wohl identisch mit beregd Ja9. 35, 1). Das Armenische bietet
bartsanü, erheben. Im Sanskrit entspricht vrg , reinigen (von
der Streu, eigentlich emporheben, schütteln^. Wollen wir dem
berekhdha die Bedeutung des ihm lautlich entsprechenden wedischen
vfkta beüegen, so würde es gereinigt, d. i. glänzend, schön,
heissen. Aber diese scheint nicht recht zu dem Begriff der Armaiti
zu passen. Am besten giebt man ihm die Bedeutung erhaben,
hoch, die auch besser im iranischen Sprachgebrauch begründet ist.
Von grosser Bedeutung wird aber dieses Wort noch dadurch, dass
es die eigentliche Grundform des Ländernamens Baktrien, der
Heimath der zarathustrischen Rehgion, enthält und in den Gatha's
dieses Land wirklich bezeichnet. Wir finden gewöhnlich den Accu-
sativ fem. berekhdhäm^ auf Armaiti, Land, Heimath, Erde (so
34, 9), und an unserer Stelle isti, Gut (32, 9), oder kehrpi, Ge-
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 44, 7. 93
st alt, bezüglich (51, 17), und einmal den Nominat. sing. berekhdfiP
(für berekhdhi), 51, 17, ebenfalls mit IJezug auf die Armaiti gesagt.
Die hohe oder erhabene Heimath ist das baktrische Hochland.
Der jetzige Name Balkh ist eine Verstümmelung aus herekhdhd mit
Uebergang des r in / (letzteres ist ja den altern iranischen Spra-
chen überhaupt unbekannt) und Wegfall des schliessenden dh, wie
in sdl, Jahr, aus caredha, dil, Herz, aus zaredhaja u. s. w., und
Hesse sich auf gar keine andere baktrische Urform zurückführen.
Bdkhdhi Vend. 1, 7 ist eine wohl dialektische Verderbniss des alten
berekhdhi, die hohe (Heimath, Erde); Baxrpa der Griechen ist eine
einfache Umstellung des berehhdha, welch letzteres für einen grie-
chischen Mund schw erer zu sprechen war. — Ke — pithre Ner. :
kah jnatjakarot jat gfhndti putram pitd; kila pratijatnam karoti,
wer wirkt entgegen, wenn der Vater den Sohn ergreift, d. i. wer
übt Vergeltung. Dass diess nicht der Sinn der dunkeln Worte sein
kann, lehrt die nähere Betrachtung der einzelnen Worte; uzemem
kann nicht die Bedeutung von prati haben, so wenig als vjdnafd
die von grhndti; überdiess kann piYÄre kein Nominativ sein, sondern
ist ein deutlicher Genitiv- Ablativ. Uzemem (vgl. uzemohü 46, 9), ganz
das sanskritische uttama, der äusserste, höchste, d.i. vortreflf-
lich, ist als Adjectiv zu puthrem zu nehmen. Coret, das sich bloss
noch 45, 9 findet, lässt eine dreifache Ableitung zu: 1) von kar,
machen, cor wäre dann eine dialektische Aussprache; 2) von cur,
stehlen, entwenden; 3) von car, gehen, wandeln. Gegen die
erste, der Ner. folgt, ist einzuwenden, dass eine solche Veränderung
der Wurzel kar in cor weder im Verbum noch Nomen im Baktrischen
nachweisbar ist. Die zweite würde wohl hier, aber nicht 45, 9
einen Sinn geben. Dagegen hat die dritte Ableitung am meisten
für sich; die Verwandlung des a in o konnte leicht durch Einfluss
des r erfolgen, welcher Consonant das unmittelbar vorhergehende
helle a gern verdunkelt. Der Form nach kann es indess nur die
Neutralform des part. praes. sein, also eigentlich gehend, laufend,
was dann in die Bedeutung von fortwährend leicht übergehen
konnte. Der Accusativ puthrem ist noch von tdst im vorhergehenden
Verse abhängig. Daher werden wir uns zu der zweiten bequemen
müssen. Ueber vjdnajd s. zu 29 , 6 ; über den Sinn des ganzen
Spruches s. die Einl. — Azem — mazdd Ner. : aham tdsdm tvatah
pracuram sdhadhjam ('?) dhjajdmi mahdgndnin; tdsdm ^rishtmdm.
Frakhshne dürfte nicht wohl auf pereg, fragen, zurückgeführt werden,
da ein Suffix sna angenommen werden müsste, das wir sonst im
Baktrischen nicht finden; es ist sicherlich nur eine Verkürzung des
frakhshnene , worüber die Note zu 43, 12 zu vergleichen ist. K. 4
liest sogar frakhsneni. — Dass avdmi ganz die sanskritische Wurzel
av, gehen, wünschen etc., enthält, leuchtet jedem von selbst
ein. Woher Neriosengh die Bedeutung nachdenken bringt, ist
schwer zu sagen.
94 Hang, die Gdthd's des Zarathiistra. II. Cap. 44, 8.
V. 8. Mmddidjdi — ddistis Ner. : me ddtim brühi ja te ma-
hdgndnin sd vikramjatd. Die Auflösung des menddidjdi in zwei Worte,
in mt'w, das mir, meiner (also gleich mand) lieissen, und in ddidjdi,
das ein Substantiv im Sinne von däti, Gabe, sein soll, ist nur eine
etymologische Spielerei, die den Sinn des Ganzen verzerrt. Früher
erblickte ich darin die Wurzel mand, sich freuen. Aber diese giebt
keinen rechten Sinn. S. weiter zu 31, 5. Zu ddistis s. Vil, p. 526
und das Glossar. — Jdcd — mananhd Ner. : jdca uttamena vacasdm
^ratd [Qritd^ manasd; kila dinih inavartamdnd kadd bhavishjati. Die
Erklärung des frashi durch hineingegangen, befördert werden,
beruht wohl auf der Zurückfiihrung des Worts auf das Adverbium
fräs, vorwärts, weiter. Vor allem fragt es sich indess, ist es
eine Verbal- oder eine Nominalbildung. Der Zusammenhang scheint
sowohl hier als in der Parallelstelle 45, 6 eine Verbalform zu ver-
langen. Aber als solche lässt sich frashi nicht gut erklären. Es
könnte nur eine dritte Person imperf. passivi der Wurzel pere^,
fragen, sein; aber dann sollte das a zu d verlängert sein, vgl.
grdvi, vdci. Ausserdem wäre der Sinn „nach welcher vom guten
Geist gesprochen, gefragt wurde" nicht ganz zutreffend. Der 30,9.
34, 15 vorkommende Accusativ frashem, dem ein Thema frashi zu
Grunde liegen muss, veranlasst mich hier eine Nominalform und
zwar gerade dieses frashi anzunehmen. Da es Nominativ sein muss,
so bleibt der Mangel des charakteristischen s etwas auffallend,
das bei dem kurz vorhergehenden ddistis sich findet; doch kann
dieses beim femininum leicht fehlen. Die demselben zukommende
Bedeutung (s. zu 30, 9) Fortdauer stimmt im Allgemeinen mit der
von der Tradition angegebenen. — Jdcd — vaedjdi Ner. : jdca
pmijeshu hhuvaneshu [?] pürnd vetrtd miiktdtmandm durgatindmca. lieber
arem, das hier durch voll wiedergegeben ist, s. VIII, p. 768. —
Kd me — td Ner.: katham idaiii ganme dtmani uttamdndm prdpnoti
tdbhjdm kimcit jat ihalokijam paralokijamca gudha[dtn] karomi. Die
von Westergaard wohl auf Grund der überwiegenden Mehrzahl der
Mss. gemachte Trennung des kdme in kd me ist aus mehreren
Gründen zu verwerfen. 1) Das Interrogativ, das auf einmal mehreren
Relativsätzen folgte, giebt keinen rechten Sinn; wir hätten jd er-
warten müssen. 2) Urvd, worauf kd allein als Interrogativ bezogen
werden könnte, ist ein Masculinum, kd aber ein Femininum. Liest
man kdme als ein Wort (Bb. hat kdm^), so ergiebt sich ein weit
besserer Sinn. Dieses steht entweder für kdmö oder für kdmi.
Letztere Fassung verdient den Vorzug, da so urvd ein passendes Ad-
jectiv erhält, „liebende, mit Verlangen erfüllte Seele". Für urvdshaf,
wie West, schreibt, wird richtiger tirvdkhsat mit K. 4, 6 gelesen (vgl.
34, 13). Es ist aber nicht Verbum finitiim — dieses ist dgemat —
sondern Partie, praes., und nicht von vakhsh wachsen, sondern von vac,
reden, abzuleiten; vohü ist ein davon abhängiger Accusativ. Td ist
Instrumental in adverbialem Sinn: dadurch, so. Auch Neriosengh
fasst es als Instrumental, aber des Duals, nicht des Singulars.
Haug, die Gdthd's des Zarathustra II. Cap. 44^, 9. 95
V. 9. Kathd — jaozddne Ner. : katham idam aham jat dinipa-
vitrataram pavitrajämi. Ueber jaos und jaozddne s. die Ausführung
in VIII, p. 740 ff.; über <;aqjdt (Nerios. ^ishjdpajati) s. VIII, p. 765. —
Ereshvd — mazdd Ner. : satjo rdgje tvattuljah vikramatajd inahdgndnin.
Ueber aqistis s. zu allstem 34, 3. — Hademöi — mananhd Ner. :
sahasthdnatajd dharmasja uttatnasja nivasati manasja [manasaK] saha-
sakhajajd [sakhjajd^]. Die Uebersetzung des skjä^ mit wohnen
stützt sich auf Zurückführung dieser Form auf die Wurzel khshi,
wohnen. Da sich diese Wurzel in den Gdthd's nie zu skj ver-
ändert, sondern zu khshaj oder khshe wird (s. das Gl.), so müssen
wir von dieser Ableitung abstehen. Wir müssen eine eigene Wurzel
ski annehmen, die sich in dieser Form nicht im Sanskrit nach-
weisen lässt. Dem sk entspricht im Sanskrit c, wie z. B. skjaothana,
Handlung, genau das wedische cjdutna, Bewegung, ist. Sonach
wäre das entsprechende Sanskritwort ci, wissen, oder sammeln.
Aber wir finden das Wort in eben dieser Form und Bedeutung auch
im Baktrischen. Dass indess in den altern arischen Sprachen neben
ci=: kl noch eine vollere Form ski nebenher ging, scheint mir das
lateinische scire, wissen, zu beweisen. Diese Bedeutung stimmt
jedoch nicht zu dem Zusammenhang der Stellen J. 37, 2 : ja^najidm
jyaiirvatdtd jazamaide joi geus hacd skjaiiti; J. 39, 3: joi vanheus d
mananlw skjanti (vgl. 47, 5), und noch weniger zu dem Substantiv
skjeiti (J. 53, 8). Man könnte leicht geneigt sein, ihm den Sinn
von sein, dasein, bestehen, beizulegen, aber dieser liesse sich
weder etymologisch begründen — denn eine Bildung von as könnte
es unmöglich sein — noch würde er zu den Stellen stimmen, wie
Jt. 10, 38: ma^thanjdo jdJwa mithrodrugo skjeinti. Hier scheint es
die Bedeutung von wohnen, weilen, zu haben. Aber damit un-
vereinbar ist Jt. 14, 48 : Jim (Verethraghna) skjeiti dditjotemo ja^na^ca
vahma^ca ashdt haca, wo es ein transitives Verbum des Sinnes „um-
geben" zu sein scheint. Da sich aus dem Zusammenhang der
Stellen keine überall passende Grundbedeutung ergiebt, so müssen
wir unser Heil wieder in der Etymologie suchen. Dem sk kommt
wohl das ch des Sanskrit näher, als das einfache 6; man vgl.
chid =<icindere, baktr. ^kend. Dem Sanskrit chdjd, Schatten, ent-
spricht axta (engl, sky hängt wohl auch damit zusammen); als seine
Wurzel müssen wir ein = ski annehmen, das sich in den Wurzel-
verzeichnissen al)er nicht findet; es ist eine kürzere und abgeschwäch-
tere Form für c/md, bedecken (wovon das deutsche Schatten),
welche dem Baktrischen unbekannt ist. Die Bedeutung ist wohl die-
selbe: bedecken, bergen, schützen, verbergen, sich bergen.
So heisst Jt. 10, 38: die Wohnungen, in denen sich die Mithrabelüger
verbergen; Jt. 14,48: welchen (Behram) die ausgezeichnetste Ver-
ehrung (seitens der Menschen) und Verherrlichung schützt (zu Hilfe
konnnt); J. 37, 2: wir machen den Anfang mit den Gebeten, welche
zum Schutz der Erdseele dienen; J. 39, 3: die im guten Geist sich
bergen. Letzteres ist auch der Sinn an unserer Stelle und 47, 5.
96 Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 10.
V. 10. Ueber hdtäm s, VIII, p. 746. — Ja — hacemnd Ner. :
ja me bhiivibhütam dharmasja vfddhiddtjd dglishajati. Ueber gaethd
(Ner. bhuvibhüta) s. VITI, p. 746 ff. u. das Gl. Frddoit, von Ne-
riosengh als Substantiv „Wachsthummachen, Waclistbumsförderung"
erklärt, leitete ich früher VIII, p. 748 von fra-hdd ab, so dass es
eigentlich fortschaffen hiesse. Aber diese Ableitung geht nicht
an, weil sich der Optativ der W. dd nicht zu doü zusammenziehen
kann, sondern die vollere Form ddjat erhält. Gegen diese Ableitung
sprechen auch andere Formen wie frddente, was frddamte, und frddo
(46, 12), was frdddo heissen müsste. ^^\r müssen eine besondere
Wurzel frdd zu Grunde legen, deren ursprüngliche Form frddh ge-
wesen ist, wie sich diess auch Vend. 2, 4. Jt. 10, 142 u. s. w. be-
weisen lässt. Diese Wurzel ist noch deutHch im neupersischen fardz
(z für baktrisches dh ist nicht selten, vgl. zer, unten, aus adhairi),
oben, hoch, erhaben, vermehrend, vergrössernd, erhalten.
Im Sanskrit findet sich nichts Entsprechendes; denn prath, aus-
breiten, kann nicht verglichen werden, da das hieher gehörige
baktrische perethu das th bewahrt hat. Dieses frddh ist entweder
eine Erweiterung der Präposition fra durch das causative Anhängsel
dh, so dass es fortmachen, weitermachen, fördern, oder ein
Causativum der Wurzel /rrt=:]}ra, voll sein, so dass es anfüllen,
erfüllen hiesse. Hierüber müssen die Stellen entscheiden. Am ge-
wöhnlichsten wird es von den gaethd's, den abgegränzten Familien-
grundstücken, gebraucht, wie denn frddat-gaetha ein häufig vor-
kommendes Adjectivum ist. Vend. 2, 4 (vgl. 5) lesen wir: me gaethdo
frddhaja, dat me gaethdo varedhaja, was Spiegel „breite meine Welten
aus, dann mache meine Welten fruchtbar" übersetzt, hier gegen
seine Grundsätze die Huzüreschversion ganz verlassend. Diese hat
für frddhaja "^V^NCT^S, und erklärt es durch „viel machen", für
varedhaja -pi^Nl, dem die Glosse: -,^?;ri5^?: xm '^nC-:'^2 ^) „mache
sie ganz umzäunt" beigegeben ist. Da diese Erklärung des va-
redhaja gewiss richtig ist (s. zu varedaiti 28 , 4) und zu dem Begriff
der gaethd's als eingefriedigter Besitzstücke auch recht gut stimmt,
so muss frddhaja, das ihm ganz parallel steht, eine auf die Ein-
friedigung bezüghche Bedeutung haben. Viel machen, mehren
^ verträgt sich nicht gut mit dem Begriff der gaethd's, die bereits
von Ahiiramazda selbst (s. die wichtige Stelle 46, 12) fest bestimmt
und angeordnet sind und daher von den Menschen nicht wohl ver-
mehrt werden können. Wir müssen ihm die Bedeutung auffüllen,
erhöhen geben, was sich dann auf die Wälle, welche die gdethas
umgaben, bezieht. Sonach ist die Ableitung von frd, voll sein,
vorzuziehen. Von dieser Bedeutung des Anfüllens, Auffüllens
leitete sich die von erhöhen ab, die dem Wort nicht bloss im
Neupersischen zukommt, sondern die es deutlich auch schon im
^)^ Dieses Wort ist deutlich im armenischen parisp, Mauer, parspel,
lit einer Mauer umgeben, enthalten, latein. sepio.
I
Haiigi die Gdthd's des Zarathiisira. IL Cap. 44, 10. 11. 97
Zendawesta hat (Jt. 15, 52 fradhajamanö, sich aufrichtend, er-
hebend). Ueber die von anfüllen, auffüllen s. Jt. 8, 7 frddhajat
pajitäm, er füllte den Weg auf (machte ihn durch Auffüllung),
Jt. 10, 14 hat frddhajen die tropische Bedeutung „Ueberfiuss
haben". — Maqjdo — Mazdd Ner. : me nü-vdna^ndiiine ie lahshinhn
[ja nirvdna^ndnajn Jämcit sadhjdpdratajd vetti tasmdi prasddaja] ; sam-
tiishto ^smi mahagndnin. Ueber maqjdo s. VIII, p. 749. U^en ist
von Nerios. fälschlich als eine erste Person sing, praes. gefusst; es
kann nur dritte Person imperf. plur. oder part. praes. der Wurzel vap^
wollen, im Baktrischen auch verehren, sein. Letztere Fassung
stimmt allein zum Zusammenhang.
11. Jaeibjo — daend Ner. : je mahdgndnin ivadijdm samudgiTanU
dinim. Die Uebersetzung des vashjeite durch au sgiessen (verbrei-
ten) fällt sehr auf. Ihre Unrichtigkeit ergiebt sich schon aus der
Construction, in der kein Verbum transitivum Platz hat, da der so
nothwendige Accusativ fehlt. Für vashetS, wie West, schreibt, wird
richtiger mit K. 11 vashjete oder mit K. 6 vashjeite gelesen; Bf. hat
vasjete, Bb. visj^iti. Vashete könnte nur dritte Person sing, praes«
medii der Wurzel vash sein, wofür iedocH^vashaite regelrechter sein
würde; vashjeite ist dagegen Passivura, was ganz gut zu dem Zu-
sammenhang stimmt. Von vakhsh, wachsen, lässt es sich nicht
gut ableiten, da es dann uhhshjeiti[e] heissen müsste. „Welchen
der Glaube an dich wächst" kann zudem nicht der richtige Sinn
sein, da daend (s. das Gl.) von v. 9 an nicht Religion, Glauben,
wie später allgemein, sondern Lied, Spruch bedeutet. Einen
bessern Sinn würde die Ableitung von vac, reden, geben; vashjeite
stünde dann für vakhshjeite ; dass das khsh zu sh sich vereinfacht)
beweist aoshaite von derselben Wurzel. Aber auch hier wäre eine
Zusammenziehung zu ukhshjeit4 oder aoshjeiti zu erwarten. Wir
thun daher am besten es von der Wurzel vaz=:vahf führen, die
im Baktrischen auch vash lautet (Jt. 14, 39 vashata und vashdonte)^
abzuleiten. So hat es den Sinn geführt, gebracht werden, von
der daend oder dem Spruche, überbracht, mitgetheilt werden. —
Azem — fravuivtde Ner. : mahjatu tvam tebhjah jyrathamam praddnam
dehi; kila amarebhju mahattarebhjah prathamam ^ubhatvam dehi. Ais
ist hier als Dativ plur. des Demonstrativs gefasst und auf die Amesha
^peiita bezogen. Beides ist unrichtig, denn dis giebt hier nur als
Instrumental, was es der Form nach auch ist, einen Sinn ; von den
Amesha ^penta's ist aber nirgends in dem Verse die Rede. Es geht
auf jaeibjo zurück. Das letzte Wort fravoivide wird von Nerios.
durch „gieb das Geschenk" übersetzt, wonach er fravöi und vidi
abgetheilt zu haben scheint. Als Wurzel nahm er vid, finden^
gewinnen, erlangen. Wenn auch letzteres zugegeben werden
könnte, so kann jedoch die Form kein Imperativ sein. Der Form
nach ist es nur eine erste Person sing, praes. Intensivi und steht
so dem Qpa^d des letzten Gliedes parallel. Sonach wäre zu über«
Abhandl. der DMG. II, 2. 7
98 Haug) die Gdthas des Zarathustra. IL Ca}^. 44, 11. 12.
setzen : ich bin zuerst im Besitz deiner durch diese. Aber bei dieser
Fassung lässt sich keine passende Sinnterbindung mit dem Folgenden
„alle von anderem Geiste will ich mit Hass betrachten" herstellen.
Wir thun besser, voivide von vid, wissen, abzuleiten-, die Präpo-
sition fra dient nur zur Verstärkung, wie auch im Sanskrit jpravid
fast soviel als das einfaclie vid bedeutet, erkennen, einsehen.
Legen wir dem Medium eine passive Bedeutung bei, was wir gut
können, so heisst es „ich bin erkannt (anerkannt) von diesen
als dein Erster". Hiedurch gewinnen wir den erwünschten Fort-
schritt in der Rede. Die, welche deine Lehre besitzen, erkennen
mich als deinen ersten Gesandten an ; die, welche andern Geistes sind,
nicht; daher betrachte ich diese mit Hass. — Vi^pefig — dvaeshanhd
Ner. : vi^vebhjo anjehhjo adr^jamürttibhjah jyrajatnajdmi piddkarebhjah ;
kila aharmandt doshebhja^ca vibhinno bhavdmi. Auffallend ist die Ueber-
setzung des (^pa^jd durch. prajat7iajdmi, ich mache Anstrengung,
kämpfe an (gegen); der Uebersetzer dachte vielleicht an das neu-
persische sipdh. Dass aber fpaf spähen, erspähen, sehen be-
deutet, beweist Jt. 10, 82: dbjo doithrdbjo ^pa^j^üi, mit diesen
Augen erspäht er (Mithra), und die Etymologie (^pa^ pa^, specio) ;
vgl. das Substant. ^pa<^ (plur. fpa^o), Späher, von den dienstbaren
Geistern des Mithra (10, 45), ganz das wedische spa<;.
V. 12. Katarern — angro Ner.: ko ^sdu hantd vd sa vd hantd.
Anro und afigr 6 sind hier gleichmässig durch hantd, Mörder, über-
setzt. Dass aber beide Worte, so ähnlich sie auch dem Laute nach
sind, nicht ein und dieselbe Bedeutung haben können, zeigt nicht
bloss das disjunctive vd, das bei einem jeden steht, sondern auch
der unverkennbare Parallelismus mit ashavd dregvdo vd im vorher-
gehenden Gliede. Dieser zeigt deutlich, dass anro uud a?7gr6 Gegen-
sätze sind. Die Bedeutung des anro ist aus dem Namen des bösen
Princips Anro mainjus hinreichend bekannt; es ist die von böse,
schlecht. Hinsichtlich der Ableitung herrscht völlige Unsicherheit
und Verwirrung. Ich leitete das Wort früher (Zeitschr. IX, p. 694)
mit Benfey von skr. dasra, schrecklich, verderblich, ab. Aber
dieses Sanskritwort wird im Baktrischen zu daiigra, mit Beibehaltung
des d. Um zu einer richtigen Ableitung zu gelangen, muss man
vor allem den Gegensatz des anro mainjus zu gpeiito mainjus wohl be-
achten. Dass gpento ursprüngUch weiss, helle bedeutet, unterliegt
gar keinem Zweifel. Wenn somit der gpeTitö eigentlich der weisse
oder helle Geist ist, so wird sein Gegensatz anro mainjus wohl
schwarzer oder dunkler Geist heissen (s. Jt. 19, 44). Sonach
haben wir denn ganz die mythologischen Gegensätze der den Iräniern
nahverwandten Slaven, Biel bog, weisser Geist, und Czerny bog,
schwarzer Geist. Wenn wir nun schon aus diesen beiden Um-
ständen allein mit Wahrscheinlichkeit dem anro die Bedeutung
schwarz beilegen können, so wird dieselbe durch die Ableitung
vollends zur Gewissheit erhoben. Anra musste im Sanskrit asra
Hang, die Gathas des Zarathusira. II. Cap. 44, 12. 99
lauten (vgl. anhat = asat) , was eine Wurzel as voraussetzt. Auf
eine solche ist das wedische asita, fem. asikni, schwarz, dunkel,
zurückzuführen, ein Wort, das sonst ganz vereinzelt dasteht. Von
eben dieser Wurzel as, schwarz sein, ist anra abzuleiten; nur
das Suffix ist verschieden. ÄTÜgTo ist der Ableitung, wie der Be-
deutung nach von ihm ganz verschieden. Hierin glaube ich mit
Recht das wedische angiras zu erkennen; das i ist ausgestossen,
gerade wie in dem damit identischen litthauischen anglis, Kohle.
Angiras ist eigentlich ein Neutrum (man vgl. das Adject. angiras-tama^f
dem dieselbe Bedeutung wie aiigdra, nämlich Kohle, zukommt, wie
das Litthauische und Slawische beweist. Hiervon bildete sich durch
Dehnung des as zu ds ein besitzanzeigendes Wort (man vgl. manas,
Gesinnung, mit surnands, ein.en guten Sinn habend, gut-
gesinnt); angirds ist demnach einer, der Kohlen hat oder
macht, d. i. Köhler. An eine Identificirung mit dem griechischen
ayysXo«^ oder gar mit dem altpersischen ayyapog', wie sie im Peters-
burger Sanskrit- Wörterbuch I, p. 55 behauptet und von Weber
(Zeitschr. der D. M. Ges. VIII, p. 393) gebilligt wurde, ist nicht zu
denken. Diese beiden Worte sind eines ganz verschiedenen Ur-
sprungs. ''AyysXoi^, dessen ursprüngliche Bedeutung Bote ist, stammt
deutlich vom Verbum aYysXXo, verkündigen. Dieses ist aus der
Wurzel jek == skr. gar, gar, singen, deutsch gellen (treuer be-
wahrt in Nachtigall) + Präpos. ava entstanden und heisst eigent-
lich gegen einen laut sprechen, so dass er es hört, d. i. ver-
kündigen. Das von den Griechen erwähnte altpersische Wort
ayyapoi;, womit die reitenden Staatsboten des grossen persischen
Reichs bezeichnet wurden, ist nicht einmal arischen Ursprungs»
Weder der Zendawesta noch die Keilinschriften erster Gattung
kennen dieses Wort, ja nicht einmal eine Wurzel, auf die es mit
guten Gründen zurückgeführt werden könnte. Das baktrische haii-^
kdrajemi, sowie das daraus entstandene angdrdan im Pehlewi-Pärsi
und angarden im Neupersischen, die Spiegel (Zeitschr. der D. M. Ges.
IX, p. 183. not. 2) damit zusammenbringt, sind gar nicht verwandt.
Dem hankare =. skr. samkr, vollenden, kommt die Bedeutung ver-
kündigen gar nicht zu. Die bekannte Anfangsformel von Ge-
beten nivaedhajemi hafikdrajemi kann nicht heissen „ich benachrichtige
und verkünde", sondern einfach „ich bringe Gebet und Opfer dar".
Die aus Ja«j-. 71, 1 angeführte Stelle: kat agti rathwdm frameretis
kat gdthanäm hafikeretis spricht nicht für die Bedeutung verkün-
digen, wenn man den Zusammenhang näher betrachtet. Es findet
sich in der gleich folgenden Antwort Zarathustra's auf jene Frage
Frashaostra's die Aufzählung einer langen Liste von Gebeten.
Gerade auf diese Aufzählung beziehen sich die beiden Worte fra^
meretis und hefikeretis, von denen das erste füglich mit Angabe,
Verzeichniss (index), das zweite mit Aufzählung übersetzt
werden kann. Denn die Bedeutung zählen kommt wirklich dem
angart = heftkereta im Bundehesch zu p. 59, Hn. 13. 14 West.:
7*
100 Hmig, die Gdtha's des Zarathustra. II. Cap. 44, 12.
n5i73'^ip*^ n^:i2N •^nriS iib^ ^wXäSNns m:, 6 rr^i^ es werden sechs
Gah-Gahanhar in einem Jahre gezählt. Neriosengh giebt in seiner
Uebersetzung des Mmo-Khired dem angdrdan ebenfalls die Bedeu-
tung zählen (ganajatij, die indess in den beiden Stellen (s. Spieg.
Pärsigrammat. p. 133, ün. 6 und p. 329 der Burnoufschen Hand-
schrift: ^akhün ves goeiit \l kunasni u karddri awirtar angdrenf), wo
es mit sagen, sprechen parallel steht, nicht ganz zutreffend ist.
In der zweiten Stelle kann es den Sinn von ausführen, voll-
bringen haben, der dem han-kere ursprünglich zukommt; auch in
der ersten ist dieser anwendbar. Jedoch giebt man ihm in beiden
besser die Bedeutung denken, überdenken, wovon leicht sich
die von rechnen und weiter zählen ableiten lässt. Die Bedeu-
tung zählen ist erst eine abgeleitete. Das neupersische angdreh
ist Ereigniss, Erzählung, Rechnungsbuch, angdrdan soll
meinen, glauben heissen. Somit lässt sich nirgends dem Wort
die Bedeutung verkündigen beilegen. Jenes ayyapoc; kann also
schlechterdings nicht hiervon abgeleitet werden. Es ist vielmehr
tartarischen Ursprungs. In den Keilinschriften der zweiten oder
tartarischen Gattung wird das thäti, er verkündigt, der arischen
Gattung stets durch nan-ri wiedergegeben; als dessen Wurzel sich
nang ergiebt (Col. II, 81, wo das entsprechende athaham der ersten
Gattung Col. III, 14 durch nanga übersetzt ist). Durch das Suffix
ra, das vom umfassendsten Gebrauche ist, wird das nomen unitatis
gebildet (s. meine Abhandlung: Ueber Schrift und Sprache der
zweiten Keilschriftgattung, p. 24 f.), so dass in dieser Sprache
nang-ra ein Verkündiger, oi'^ys\o^, heisst. Hievon nun stammt
ayyapo«;, ebenso wie das rTnr.N, Brief, der spätem Bücher des
Alten Testaments und das syrische igarto, Brief. Kehren wir nach
dieser zur Vermeidung falscher Deutungen des baktrischen angra
nothwendigen Abschweifung zu angiras zurück. Der Weda erwähnt
häufig die Angirasah als ein altes berühmtes Geschlecht, das sich
der besondern Gunst der Götter zu erfreuen hatte; nach Rv. 10, 62, 1
hatten sie durch ihre Verdienste die Unsterblichkeit erlangt. Sie zu
rein mythischen Wesen zu machen und sie mit unsern Engeln zu-
sammenzustellen, wie im Petersburger Wörterbuch geschehen, halte
ich für verkehrt. Angirasah (Angirasiden) simY wie Bhrgavah und
Atharvdnah nur verschiedene Namen der nur das Feuer verehrenden
Vorväter ^) ; denn alle drei beziehen sich deutlich auf den Feuer-
dienst der Etymologie wie der Sage nach. Agni, der Feuergott,
ist der erste und oberste der Angirasah; ihr Name heisst „die
feurige Kohlen Habenden", denn angiras scheint nicht schlechthin
nur Kohle, sondern spezieller die glühende Kohle bedeutet zu
haben, wie aus dem Prädikat angirastama, das dem Agni, Indra
und der Morgenröthe beigelegt wird, hervorgeht. Denn es hat,
') Die weitere Ausführung dieser Ansicht behalte ich mir für einen
andern Ort vor.
Haag, die Gdthas des Zarathusira. IL Cap. 44, 12. 13. 101
namentlich bei der Moigenröthe nur dann einen Sinn, weini mau
ihm die Bedeutung ganz feurig, glänzend beilegt, da bei der
Ushds ja gerade die Lichterscheinungen in den mannigfaltigsten Bei-
wörtern gepriesen werden. Das baktrische aftgro nun, das dem
Laute nach schon mit angiras identisch ist, hat auch dieselbe Be-
deutung wie mich 43, 15, wo von den angrevg des Feuers, d. i.
von den Anzündern des Feuers, die Rede ist. Es ist eine fast
verschollene Beziehung der Rechtgläubigen und Frommen, der treuen
Anhänger des alten Feuerdienstes. An unserer Stelle ist dieses sonst
ganz seltene Wort nur desswegen gebraucht, um eine Paronomasie
mit anro bilden zu können. Die Form angro anlangend, so ge-
hört sie zu der verkürzten wedischen angira (für angiras^ —
Cjajlghat — mainjete Ner. : kasmdt tan na ägmdna ^) hantfmanja; kila
kimartham cet tan jjat^jämi devatvena na vedmi. Das erste Wort
cjailghat ist sonach als Ablativ sing, des Interrogativums gefasst,
wie ich glaube dem Sinne nach richtig, aber nicht der Form nach.
Der Sinn ist warum? wess wegen? Aber cjanghat kann nicht
wohl ein Ablativ von ci, was? sein, da im Baktrischen sowohl als
im Sanskrit jedes Analogon fehlt. Es ist ci und afighat aufzulösen,
ersteres das Interrogativum , letzteres gleich anhat =. erat oder
esset, also was wäre es? d. i. wozu? warum? Das Ganze ist somit
eine adverbial gewordene kurze Redeweise. Meine früher (VIII, p. 752)
versuchte Ableitung von ci, büssen, strafen, ist irrig und stört
den Zusammenhang.
V. 13. Kathd — nis-ndshdma Ner.: kadd drügu nirgacchati tena
vinirgamena. Der Präposition nis ist hier die Bedeutung heraus-
gehen beigelegt, aber wie ich glaube mit Unrecht. Sie steht hier
zweimal, das erste mal ohne, das zweite mal mit dem Verbum
ndshdma, dem aber nicht die Bedeutung Weggang gegeben werden
kann. Bei dieser Deutung ist der Accusativ drügem ganz ausser
Acht geblieben. Würde der Sinn des Satzes wirklich sein: Wann
geht die Drukhs durch diesen Ausgang (Weggang) fort, so müssten
wir 1) statt drugem den Nomin. drukhs, 2) bei nis, das für sich
kein Verbum sein kann, noeh eine Verbalform haben, 3) ndshdma
irgendwie als Nomen einer Wurzel nash, gehen, erklären können.
Letzteres ist aber nicht möglich. Meine VIII, p. 753 gegebene Ab-
leitung von na(^, untergehen, causal vernichten, halte ich für
die einzig richtige. Die Präposition nis, weg, hinweg, ist hier
nur zur Verstärkung des Begriffs zweimal gesetzt: ganz weg-
treiben, völlig vertreiben. — Avd ist hier Präposition oder
Adverbium weg, hin und kein Pronomen, wie man vermuthen
könnte; sie ist eng mit d zu verbinden. Beide geben dann den
Begriff hin — zu. Ncrios. giebt avd fälschlich durch evaiii, so. —
^) Wohl in dgamdn zu verbessern.
102 Haugy die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 13. 14.
TVoit — hacemnd Ner. : iia pwijdjii pratipddajaiite ^pi ^d^lishjanti ; kila
kimcü jat sadlijdpdrisamudgiranti uaca kurvanti. Ädivjeifiti ist ein
aTT. Xs^opi. und lässt sich mehrfach deuten. Die von Nerios. qg-
gehene Deutung pratipddaj ante, führen, überliefern, herstellen,
gründet sich wahrscheinlich auf eine^ Ableitung von der Wurzel vi,
gehen, welche sehr nahe liegt. Adi kann dann nur das sanskri-
tische adhi (Adverb und Präposition), über, sein, das wir v. 4 als
ade treuer bewahrt finden. Da wir dieses Wort nie als eine Prä-
position vor Verben im Baktrischen finden, so halte ich für besser,
es hier zu trennen. Auffallend ist immer das anlautende d für a,
da solche Dehnungen wohl im In- und Auslaut gebräuchlicher sind
als im Anlaut (vgl. jedoch dtar, Feuer, dthrava, Priester, skr.
atharvan). Von dieser Präposition ist dann der Genitiv ashahjd ab-
hängig und nicht von hacemnd, das sonst (v. 10) mit dem Instru-
mental verbunden wird. Dieses kann indess hier nur einen ad-
verbialen Sinn indem man folgt, durch Folgen haben. Ein
passiver Sinn, wie v. 10 und 43, 12, begleitet von kann dem
hacemnd hier nicht zukommen, da es dann in der Zahl mit dem in
vjeinti liegenden Subjecte übereinstimmen müsste. Der Büdung nach
ist es Medium und hat somit ursprünglich keine active Bedeutung.
Diese legen wir hier dem Wort bei. Um auf ddi vjeiiiti zurückzu-
kommen, so könnte man es auch, wenn man es nach den Mss. zu-
sammenliest, als ein Denominativum von daeva erklären, so dass es
als Daeva handeln, d.i. schlecht handeln, zu schaden suchen, hiesse.
Aber durch diese Fassung würde der schöne Parallelismus mit dem
folgenden Gliede gestört, der aber hergestellt ist, sowie man dem
ddi vjeifiti die Bedeutung gehen über, d. i. schützen, kämpfen,
beilegt. — Fragjd lässt sich nicht mit Nerios als prapia, Frage,
deuten; eine Ableitung von peieg, fragen, wäre hier völlig sinnlos.
Es ist Instrumental von frashi, fra^i, Fortwachs, Fortgang
(s. V. 8), und wird von cdkhnare (dritte Person plur. perf. von kan,
zufrieden sein, s. d. Gl. s. v. khan^ regiert.
V. 14. Kathd — za^tajo Ner. : kadd puiijdtmandm drügd ddsjanti
hasteshu. Djäm ist hier als eine dritte Person plur. futur. genom-
men, es kann aber nur eine erste Person sin^. optativi von da,
geben, setzen, sein. Vgl. 30,8. — Emavaitim — dregva^u Ner.:
utsdham satvamca dadanti dalasja durgatinah. Sehr schwierig ist das
OLTZ. XsyofJL, gi7iäm. Nach Neriosengh soll es Kraft, Stärke be-
deuten, welche Erklärung mir eine reine Vermuthung und sich bloss
auf die wohlbekannte Bedeutung des bei ihm stehenden emavaitim,
stark, mächtig, zu stützen scheint. Früher schwankte ich zwischen
der Bedeutung schneidend, scharf von ^t, ^6, schärfen (VIII,
p. 754), und Segensspruch. Letztere war bloss gerathen. Dem
Zusammenhang nach ist es ein Substantiv, als dessen Adjectiv ema-
vaitim anzusehen ist. Aus dem Neupersischen könnte sen, Speer,
verglichen werden, aber der sich ergebende Sinn „einen starken
I
Haag, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 14. 15. 103
Speer (Waffe) gegen die Lügner zu machen" scheint mir nicht recht
angemessen. Am besten stimmt „ Glücks -Segensspnich" zum Zu-
sammenhang, welche Bedeutung ich nun auch etymologisch recht-
fertigen kann. Das wedische ^am. Glück, Heil, wird im Baktrischen
zu fc'/T, wie ^mdäo, Glück bringend, beweist. Von dieser Wurzel
ist es eine Femininbildung durch d. Für ^inäm scheint mir indess die
Lesung von K. 5 (^andrn richtiger. • — A is — ä^tdgcd Ner. : te eta[e]
prataritd santi dnä^e ndstikdh; kila pagcdtgdnanti jat pratdritdh sma
je ^sjdm dindu ndjdnti vdcamca anjeshdm vüiipanti. Die Erklärung
des dvafsheng durch betrogen gründet sich wohl auf eine Ablei-
tung von daeva oder diwz ; diese kann aber sprachlich nicht gut
gebilligt werden. In 53, 8 wird der Nominativ dvafsho ganz ab-
weichend durch prasddah, Gunst, erklärt, woraus zur Genüge er-
hellt, dass der richtige Sinn den üebersetzern längst verloren ge-
gangen war. Die von mir VIII, p. 755 gegebene Erklärung Stärke,
Macht hat manches für sich, sie müsste aber auf die böse Macht
beschränkt werden. Dass der erste Theil des Worts dva, zwei,
ist, leuchtet ein ; der zweite fsheng lässt sich doppelt ableiten, ein-
mal von f^a = skr. psd, essen, zunehmen, dann von pig, bilden,
wovon pae^anh, Gestalt. Letztere Deutung gefällt mir nun besser.
Doppelgestalt, d. i. Truggestalt scheint eine vortreffliche Be-
zeichnung der bösen Mächte, deren Wesen Lug und Trug ist und
von deren Vernichtung hier der Dichter redet. Ändse ist eine erste
Person medii imperf. (eigenthch praes.) mit dem Augmente; vgl.
avaenatd 30, 2.
V. 15. Jezi — kkshajehi Ner. : cet tadd pimjena prakatatajd
sam^lishfapdrthivir asi. Dem poi scheint in dieser Uebersetzung
prakatatajd „durch Deutlichkeit" zu entsprechen; sie kann aber nicht
gerechtfertigt werden. In v. 16 wird es abweichend durch pdtdrah
„die Schützer" übersetzt, wobei dem Uebersetzer wohl die Wurzel
pdy schützen, vorschwebte. Aber diese Herleitung ist geradezu
unmöglich. Dass poi mit Sanskrit pivan, fett, tclov, TzUiga. ver-
wandt und noch im neupersischen pi, Fett, erhalten ist, lässt sich
nicht bezweifeln; ebenso wenig, dass poi mit dem folgenden mat in
poimat zusammengelesen werden muss, da sonst poi ein Indeclinabile
sein müsste, zu welcher Annahme doch gar kein Grund vorhanden
ist (s. darüber VIII, p. 755 u. Gott. Gel. Anz. 1854, p. 258. Note).
Sein Fettes hat hier wohl eine tropische Bedeutung, wie unser
Mark und das hebr. äbn, Fett, und heisst soviel als sein Bestes,
Edelstes. Worauf der Genitiv a^/d, sein, der nur mit j^oimat ver-
bunden werden kann, bezogen werden soll, ist nicht recht klar, da
der Vers in keinem rechten Zusammenhang mit dem vorhergehenden
steht. Aus dem, was folgt, vernnithc ich, es bezeichne den Feind,
der besiegt ist oder besiegt werden soll, dessen Schätze dann dem
Sieger zuiallen. — Hjat — ^amaUe Ner. : jadd samagrdmdnca ana^a-
ram [ane^aram] samdgamishjati ; kila dtmd nah punaru tano [tandu]
104 Hang, die Gdthä's des Zarathustra. II. Cap. 44, 16.
bhavati. In der Erklärung des ^pddd durch samagrdma (für san-
grdma), Krieg, Schlacht, liegt ein Rest von Wahrheit, wogegen
meine frühere Deutung (Vlll, p. 756) von selbst, aus freien
Stücken entschieden irrig ist. Dass es zunächst der Form nach
ein Nom. Dualis ist, zeigt die sich unmittelbar darauf beziehende
dritte Person dual, verbi : ^amaete deutUch. Für die Bedeutung sind
mehrere Stellen der Jeschts entscheidend, wie 5, 68: täm jazata
Gdmd^pö jat gpadhem pairi-ava^nat dürdt ajcmtem, diese (die And-
hüd) verehrte Gdmd^pa, als er das Heer von ferne nahen sah, vgl.
14, 43: jat ^pddha hangagdonte, als die Heere zusammentrafen, und
14, 58: jatha azem aom ^pddhem vandni^ dass ich dieses Heer ver-
nichte (s. noch 13, 37 pouru-^pddhdo, mit vielen Heerschaaren, von
den Fravaschi's, und 5, 68. 10, 35). Die Bedeutung Heer giebt
an allen Stellen den besten Sinn und wird durch das aus ^pddd
verstümmelte neupersische sipdh, Heer, vollkommen bestätigt. —
Avdis — dtdereghzo Ner. : teshu prasiddhishu jathd mahdgndnin pra-
rohena praropüa [pajataj; kila dineh pravfttih sainpüriid hhavishjati
antas tasmin kdle. Die Uebersetzung des didereghio durch wachsen
machen, hervorgehen lassen ist im Allgemeinen richtig, da
der Wurzel derez = drh die Bedeutung wachsen zukommt. Nur
ist diese Grundbedeutung weder hier, noch in der Parallelstelle
48, 7 anwendbar, sondern didereghio (Adjectiv der Desiderativbildung
s. zu 45, 9) hat die abgeleitete von fest machen, kräftigen,
wie auch den Derivatis dereza und derezra (Jt. 14, 46 neben ughra,
gewaltig, 13, 75 neben ^urdoj ^vistdo, stark, sehr stark), die
von fest, stark zukommt. S. weiter darüber meine Erklärung von
ö^^fnlN in Ewald's Jahrbüchern der Biblischen Wissenschaft, Bd. V,
p. 152 f. — Kuthrd — daddo Ner.: kasja nigraham kasmdica jidrthi-
vatvam ddsjaii. Die Deutung des ajdo durch nigraham, Enthal-
tung, Zurückziehung, ist höchst auffallend, da dieses nur der
Genitiv-Ablativ des Duals sein kann s. 30, 5. 6. Vend. 13, 41 {katdro
ajdo vehrkajdo, welcher von diesen beiden Wölfen). Im Pärsi findet
es sich in der Bedeutung oder (s. Spiegel, Pärsigrammatik p. 134,
lin, 11), woraus dann das neupersische ja, oder, geworden ist.
An unserer Stelle will die ursprüngliche Dualbedeutung „von diesen
beiden" keinen rechten Sinn geben, obschon es auf die „beiden
Heere" zurückbezogen werden könnte; denn dann wäre auch für
den Genit. plur. vananäm ein Gen. dual, vanajao zu erwarten. Nimmt
man es dagegen in der spätem persischen Bedeutung oder, so be-
kommen wir einen guten Sinn ; und auf diese Weise wird auch das
schroffe Zusammenstehen der Fragewörter kuthrd, wo? und kahmdi,
wem? gemildert. Vananäm ist nicht auf vana, Holz, Baum,
zurückzuführen, wie ich früher that; denn obschon sich vana im
Zendawesta wirklich in dieser Bedeutung findet (Vend. 5, 1, vgl.
das persische van, Baum; Spiegel, Grammat, der Pärsisprache,
p. 143, lin. 1), so giebt es hier keinen erträglichen Sinn^ wesshalb
>yir davon absehen n^üssen. Die Uebersetzung Nerios. durch pdr-
Hang, die Gdthä's des Zarallnisirn, IL Cup. 44, 15. 16. 105
thivatvam, Herrschaft, kommt der Wahrheit näher. Im neupersischen
bdn, Herr, Gebieter, ist unser vana noch erhalten; die Dehnung
des a zu a darf nicht befremden, da sie öfters im Neuiränischen
im Verhältniss zu der altern Sprache sich findet (vgl. Iran aus
Airjana). Die Wurzel ist van, besiegen, vernichten, die häufig
genug im Zendawesta gebraucht ist. In fine compos. finden wir
vana in der Bedeutung vernichtend, so Ja9. 9, 17 drugeni-vano,
die Drukhs vernichtend, neben fbaesko-taurvdo, den Hass
überwindend. So heisst es eigentlich vernichtend, siegend
und wurde dann eine Bezeichnung für Herr, Gebieter, der von
den orientalischen Völkern leicht als der Sieger gefasst wird. In
unserer Stelle lässt sich ihm wohl diese abgeleitete Bedeutung
beilegen.
V. 16. Ke verethrem — heilti Ner. : ke vigajatajd hanüdram pd-
tdrah ^ikshdjdm je samti. Vgl. Jt. 1, 20, wo die Stelle citirt ist.
Die Uebersetzung des verethrem durch Besiegung gründet sich auf
die diesem Wort in den spätem Büchern zukommende Bedeutung
Sieg (Jt. 13, 24. 40 jdo ddthris verethrem, die sieggebenden,
von den Fravaschi's), die noch in dem daraus entstellten neu-
persischen firuz, siegreich, Sieg, erhalten ist. Sie ist aber auf
unsere Stelle so wenig anwendbar, als auch in vielen andern der
spätem Schriften. So 19, 54: tem hacdt verethrem vigpo-ajdrem etc.;
dat ana verethra hacimno vandt haenajdo khrvishjeitis dat. ana verethra
hacimno vandt vi^pe tbishjato, ihm möge folgen Verethrem, das allen
Helfende, von diesem Verethrem begleitet möge er die feindlichen
Heere vernichten, von diesem Verethrem begleitet möge er alle Feinde
vernichten. 13, 38: jüzem tadha taurvajata verethrem ddnundm türa-
näm, ihr besiegt hier das Verethrem der feindlichen Bdnu's (Name
von Dämonen). 5, 69: avat djaptem dazdi me — jatha azem avatha
verethra hacdne, lass mich das erreichen, dass ich dort den Verethra's
folgen möge. 13,46: naro — jdhva verethra, Männer, in denen die
Verethra's (sind). Das Adjectiv verethrava^tema (Superlat. von ve-
rethravaf) finden wir Jt. 14, 3 neben amavagtema, sehr stark;
11, 3 heisst das heilige Gebet Ahuna vairja ein verethra verethra-
va^tema, d. i. am meisten mit der Eigenschaft des Verethrem begabt.
Nach diesen Stellen ist verethrem nicht sowohl der Sieg, als etwas,
was den Sieg verleiht, ein Sieges gen ins, die innere geistige Kraft,
durch die der Sieg allein möglich wird. Wie verethrem im Zendawesta
zu dieser Bedeutung kommt, ist schwer zu sagen, da dieses Wort
mit dem vHra des Weda, dem Wolkendämon, der die himmlischen
Wasser zu entführen sucht und gegen den stets Indra ankämpft,
identisch ist und ausserdem die Worte verethraga = vrtraha, d. i.
Fr^ratödter, Frirabesieger (ein Beiname Indra's), im Zendawesta
in der Bedeutung siegreich und Verethraghna (von der gleichen
Bedeutung) als Name eines guten Genius {Behrdm der Pärsen) be-
kannt genug sind. Die Bedeutung Feind überhaupt, die vHra im
106 Hang, die Gdthas des Zarathustra. II. Cap. 44, 16-
Wethi auch hat, lässt sich dem verethrem in den spätem Stücken
nirgends mit Recht beilegen. An unserer Stelle hängt nun alles
von der Fassung des folgenden Worts ab. Die meisten Codd. haben
gdthwdf das von West, nach K. 6 in gd thwd getrennt wird. Diese
Trennung giebt indess keinen irgendwie vernünftigen Sinn, da gd
allein, ohne mit verethrem als letzter Theil eines Compositums ver-
bunden zu werden, grammatisch ebenso wenig erklärt werden kann,
als ein Accusativ thwd, dich, zu der Structur des Satzes passt.
Die Schreibung gdthwd giebt indess auch keinen genügenden Sinn ;
es könnte nur Instrumental sing, oder Nom. plur. eines Thema's
gdthwa sein, das Tödtung bedeuten könnte; aber hiemit Hesse sich
das an der Spitze des Satzes stehende ke, wer? nicht reimen;
dieses verlangt hier ein Verbum finitum oder zum mindesten einen
Nominat. sing., also entweder gdt , er schlug, oder gdtd, ein
Mörder. Letztere Fassung ist unhaltbar. Wenn sich auch der
Accusativ verethrem von einem Nomen actoris gdtd abhängig machen
Hesse (man bedenke^ dass diese Bildungen im Sanskrit als dritte
Person sing, futuri gebraucht werden können), so würde das w, das
alle Codd. zeigen und das schwerlich nur von Abschreibern her-
rühren kann, gar nicht erklärt werden können. Dagegen heben sich
alle Schwierigkeiten, wenn man gdth wd trennt, gdth als dritte
Person sing. Aorist II von gan, schlagen, und wd als gleich-
bedeutend mit der Partikel vd fasst. Die Verwirrung der hand-
schriftlichen Lesarten rührte davon her, dass das schliessende t un-
mittelbar vor dem v des folgenden vd gleich th gesprochen und in
Folge davon das v in w verwandelt wurde nach dem bekannten
Gesetze der Aspiration (thwd, dich, = tvd). Gegen diese leichte
Emendation könnte man einwenden, dass dem disjunctiven vd kein
zweites vd folge. Diess ist aber nicht nothwendig, wie v. 12 ke
ashavd-dregvdo vd zeigt. Da zudem der Vers irgend einem alten
Liede entlehnt ist und mit dem vorhergehenden in gar keinem Zu-
sammenhange steht, so Hegt immerhin auch die Annahme, nahe^ dass
ihm in dem Stücke, zu dem er gehörte, ein Satz mit einem vd
vorhergegangen sei. Dass gdt für das regelmässigere gut gesetzt
ist (man \q\. gata, geschlagen) darf nicht befremden; der ältere
Dialekt liebt solche Dehnungen; man vgl. v. 10 hdtäm für hatäm
= satdm. Nach dieser Erklärung des gdthwd der Handschriften
lässt sich nun auch die Bedeutung von verethrem bestimmen. Es
kann dem Zusammenhang nach hier nicht Siegesgenius bedeuten,
sondern es ist in dem alten wedischen Sinn von Feind zu nehmen;
aber es ist nicht Feind überhaupt, sondern bezeichnet wohl die
überirdischen Feinde, die Dämonen. Die folgenden Worte, welche
durch das Relativum joi an den kleinen Hauptsatz : wer schlug den
Feind ? angeschlossen werden , dienen bloss zur nähern Bestimmung
des Feindes oder der Feinde. Sie geben aber so, wie die Mss.
abtheilen, keinen Sinn. Poi ge7ig,hd wird man nicht, selbst beim
besten Willen, vernünftig als zwei Worte erklären können. Poi
Haug, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 16. 107
mahnt sogleich an poimat im vorhergehenden Verse; aber Fett giebt
hier nicht nur gar keinen Sinn, sondern das Wort Hesse sich auch
gar nicht construiren ; ebenso wenig würde ^e)lg,hd erklärt werden
können. Die leichteste und sicherste Aushilfe ist poi ^efig,hd als
ein Wort poi^efig^hd zu schreiben; dieses ist der Instrumental von
pai^anh, Gestalt, Form (skr. pe^as, armen, pes). Zu der Tren-
nung und dem Missverständniss gab wohl die von der spätem etwas
abweichende Orthographie Veranlassung ; 6i steht im Gathädialekt
oft gleich e, a^, z. B. vöi^td für vae^td und engjid ist für anhd ge-
setzt, vgl. mengjidi für manhdi. Zu diesem Instrumental gehört
cührd aus dem Anfang der folgenden Zeile als Adjectiv. Das Re-
lativum ist, obschon verethrem, worauf es sich bezieht, im Singular
steht, im Plural (jpij gesetzt, da verethra als Collectiv gefasst
werden kann. — Cührd — cizdi Ner. : prakatatajd me ^rishtije hhu-
vanam dvaje ^pi gurutdm; a^vddajitd ddegam ihalokijaih paralokijaguru-
tajd grahifo ^smi. Mit moi beginnt ein neuer Satz. Für ahübis, wie
Westergaard richtig die handschriftlichen Lesarten ahüm bis und
ahü bis corrigirt, hat Nerios. bhuvanam dvaje; durch dvaje wollte
er bis, das er für das Zahladverbium bis, zweimal, hielt, über-
setzen, was aber ganz künstlich und unthunlich ist. Das letzte
Wort cizdi ist von Nerios. gar nicht übersetzt; denn gurutd ent-
spricht dem ratilm. Dieses cizdi hielt ich früher (VllI, p. 757) für
einen Imperativ von ctsh, verehren; aber der Imperativ hat in
dem ganzen Satze keine rechte Stelle; man müsste ihn nur als
einen Satz für sich nehmen, wodurch aber kein guter Sinn gewon-
nen würde. Jetzt sehe ich in cizdi nur den Locativ- Instrumental
(nach wedischer Art) von cigti , Erkenntniss, Wissenschaft;
die Dehnung des wurzelhaften i zu i darf nicht auffallen, wenn
man kagcit und kagcif, vigta und vigta bedenkt; die Erweichung des
gt zu zd ist derselben Art wie die von ddreiig aus dthrefig, wohl
nur eine Folge des langen Vokals. — At hoi — mananha Ner. :
evam tasja uttamena (^rogasja samdgamanam manasd; kila uttamena
manasd saha Qrogasja iti Gustäspasja uttamena manasd dtndii samd-
gamanam. Einige Schwierigkeit macht hui hinter at; Nerios. giebt
es durch tasja und verbindet es mit Qraosho, was aber kein Genitiv,
sondern ein Nominativ ist. Auf ein Wort im vorhergehenden Satze,
auf moi oder ratüm kann dieser enklitische Genitiv -Dativ des De-
raonstrativstammes hi nicht bezogen werden; dagegen lässt es sich
im nachfolgenden mit ahmdi, diesem, verbinden. Aber es lässt
sich auch in adverbialem Sinne davon, desshalb nehmen, wie in
der später so häufigen Phrase paititem he „es ist dafür, desshalb
gcbüsst". Dann bezieht es sich auf die „Feinde von mannigfacher
Gestalt" zurück. Diese Fassung ist entschieden der so schwer-
fälligen. Verbindung mit ahmdi vorzuziehen. — Gantü ist von Nerios.
durch samdgamanam, Zusammenkunft, wiedergegeben, wonach
er es offenbar von gam, gim, gehen, ableitete imd als ein durch
tu gebildetes Nomen abstractum wie zafitu fasste. Beides ist aber
108 Hmigj die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 4:4,, 16. 17.
entschieden falsch und giebt auch keinen erträglichen Sinn. Gantu
ist hier eine dritte Person sing. Imperativi von gan=ihan, schlagen,
tödten. So gefasst ist es ein ganz passendes Prädikat zu (^raosha.
dem Genius, der mit dem Schwert in der Hand die Feinde ab-
wehren und vernichten soll. Das Fehlen eines Objects begreift sich,
wenn man schlagen allgemein in dem Sinn von kämpfen fasst. —
Mazda — kahmdictt Ner. : mahdgndnin tasja me kdmah jasja kdmah
hbhjagcit Vashi ist hier durch kdmah wiedergegeben und demnach
als Substantiv gefasst. Obschon die Analogie von frasht, fragt und
die ähnliche Stelle 43, 1, wo anstatt des vasht ein anderes Sub-
stantiv ustd gesetzt ist, fiir die substantivische Fassung angeführt
werden konnte, so ist sie doch weder hier, noch in der Parallel-
stelle 43, 9 befriedigend. Viel passender nimmt man vashi als eine
zweite Person sing, praes. von vag, wollen. Dass diese wirklich
vashi lautet, beweist Jt. 1, 10 unwiderleglich. Dem Sinn nach ähn-
lich ist 29, 4 : jathd hvo vagat.
V. 17. Kathd — khshmat Ner. : mahdgndnin saniajakartrtvam
jushmdkam; kila kdlo jah ■pagcdt asja kadd prdpsjati, grosser Weiser !
eure Zeiterfüllung; d. h. wann wird die Zeit nach dieser Zeit (die
zukünftige, das Ende der Tage) eintreffen? Zarem wird somit als
Zeit erklärt, eine Deutung, die sich etymologisch rechtfertigen
lässt, wenn man das skr. garas, Alter, herbeizieht. Unser Ueber-
setzer hielt es wohl für verwandt oder einerlei mit zrvdna, Zeit.
Aber der BegriiSf Zeit widerspricht ganz dem Zusammenhang und
namentlich der Verbindung des zarem mit cardni „ich will gehen",
das von Ne.r. ganz irrig auf die Wurzel kere, machen, zurückge-
führt wird. Auch das entweder identische oder jedenfalls nah ver-
wandte zaragca Jt. 9, 26 spricht dagegen. Dieses steht im Parallelis
mus mit da6näm mdzdajagnim und vanuhim fragagtim und scheint
demnach eine ähnliche Bedeutung wie Glaube, Lehre zu haben.
Früher (VIII, p. 757 f.) führte ich es auf die Wurzel zar = gar,
lob sin gen, preisen, zurück, und ich sehe noch keinen genügenden
Grund, hievon abzugehen. Der Weda bietet das Substantiv gard,
Lob (Rv. I, 38, 13), und das Compositum gardhodha, Lob er-
kennend (Rv. I, 27, 10). Zarem heisst somit Lf)b, Lobpreis und
setzt ein Thema zara voraus und ist eng mit cardni zu verbinden,
so dass beide zusammen „ich will zum Lobe gehen" heissen. In
diesem Ausdruck mag eine Anspielung auf den Namen Zarathustra
liegen, der, wie ich schon anderwärts (IX, p. 693) gezeigt habe,
„grössler Liederdichter oder Sänger" heisst. Hacd khshmat ist
euretwegen, eurethalben. Diess wird durch das Folgende näher
bestimmt. — Agkitm — aesho Ner. : sd vikramatd ja jushmdkam
[kila kdrjdni jushmdkam kadd saittpurndni karishjati] jeca me hhavanti
vacasdm ihajitdrah. ÄQkitim, wie West, richtig nach K. 5 schreibt,
ist hier durch Kraft, Tapferkeit übersetzt. Aber diese Ueber-
setzung lässt sich bei diesem ocTC. Xsyofj.. etymologisch nicht be-
Hang, die Gdthas des Zarathuslra. IL Cap. 44, 17. 18- 109
gründen. Die Wurzel ist ski, s. darüber zu v. 10; 47, 5 treffen
wir das Partie. d-<^hjd<^ , weilend, wohnend in, wonach es Woh-
nung, Herberge heissen muss und somit nur ein anderer Aus-
druck für das gewöhnliche demäna ist; vgl. skjeitibjo neben vizibjo
53, 8. Da dieses ä^kitim von card?n, einem Verbum des Gehens,
abhängig ist und dieses zunächst eine Präposition der Richtung wie
d, zu, nach — hin, fordern kann, so Hesse sich d^kittm auch auf-
lösen in d ^kititn. Weil der Accusativ allein aber auch die Richtung
ausdrückt und die Handschriften nichts von dieser Trennung des d
wissen, so können wir von dieser Aenderung abstehen. Ueber das
Lobsingen in Ahuramazda's Wohnung vgl. 34, 2. Vdkhs wird von
West, mit aeshö zu einem Compositum verbunden. Diess ist aber
sicher unrichtig, weil auf diese Weise der Satz wohl ein Subject
nebst Copula, aber kein Prädikat hätte; gerade letzteres muss
aeshö sein. Die Deutung Nerios. „die Antreiber der Worte" ist
nicht ganz stichhaltig, enthält aber etwas Richtiges. Ich fasse hier
aeshü im Sinne von aesha 28, 5, Trachten, Streben, Suchen.
Mit jjatcd, daher auch, w esshalb auch, wird der ganze Satz
eingeleitet. — Caroi — ameretdtd Ner. : svdmino hhavishjanti upari
Ävirddde Amirddde. Qaroi ist demnach als Plural in der Bedeutung
„Herren" genommen; aber es kann kein Nom. plur. sein, sondern
ist ein Locat. sing. Die Bedeutung Herr gründet sich zwar auf
das neupersische sar, Haupt, Oberhaupt, aber sie giebt nirgends
in den Gdthas einen guten Sinn (s. das Gloss.). Sollte unser (^ara
indess mit diesem neupersischen Worte, dem im Sanskrit das Neutrum
giras, Haupt, entspricht, identisch sein, so wäre in den Gdthd's
gewiss die neutrale Form garanh zu erwarten; wir finden sie aber
nirgends. Die ihm in den alten Liedern zukommende Bedeutung ist
nur die von Schutz, Hilfe, gleich dem sanskr. ^arman (s. das Gl.).
Der Infinitiv huzdjdi ist von Nerios. als dritte Person plur. futuri der
Wurzel 6m, sein, gefasst. Diese Ableitung ziehe ich jetzt meiner
frühern von bug , geniessen (VIII, p. 759), vor. Wir haben in
dieser Form wirklich den Infinitiv futuri besagter Wurzel, deren
Futurstamm büshj lautet. Die folgenden Worte haurvdtd ameretdtd
sind Instrumentale „im Schutz sein werden durch Haurvat und
AmeretdV^, d. i» von ihnen geschützt werden. — Avd — hacd Ner.:
evam mdmthravdvjdh je ddnam dharmasanmi^ram ; kila prasddam eva
daddti. Avd nidthrd müssen als Instrumentale genommen und noch
mit büzdjdi verbunden werden in demselben Sinne wie Ameretdtd. Die
Deutung des rdthemo durch Gabe ist ganz richtig, vgl. 53, 6. Ebenso
fasste ich es auch schon früher (VIII, p. 759 f.).
V. 18. Kathd — handnt Ner.: katham satjatajd tasja prasddasja
anurupo bhavdmi; kila me apratdranatajd svddhtno bhavet. Ashd ist
hier als Instrumental und in der Bedeutung eines Abstractums
Wahrhaftigkeit genommen. Aber beides ist unrichtig. Der In-
strumental lässt sich nicht construiren, und die Bedeutung Wahr-
110 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 44, 18.
haftigkeit ist unpassend. Es ist vielmehr Vocativ in der Bedeu-
tung Wahrer, Wahrhaftiger, dem Mazda, dessen Bezeichnung es
ist, in der dritten Zeile parallel stehend. Müdem handni kann nicht
„ich bin dieser Gunst würdig" bedeuten, wie es von Ner. gefasst
ist. Denn handni ist deutlich eine erste Person sing. Iinperativi der
Wurzel han = san, spenden. Dass von einer Opferspende und
nicht von einem Verdienste die Rede ist, beweist die gleich fol-
gende Zeile, in der die Opfergabe näher beschrieben ist. x\uch die
in der Glosse gegebene Deutung frei, selbstständig ist unpas-
send. — Dago, — ustremcd Ner. : dagdndm agvdndm sabigdndm tishfhrd-
ndmca. Ueber arshnavaitts ^ eigentlich raännerbegabt, d. i. schwanger,
trächtig, s. VIII, p. 760. Ustrem lässt sich nicht mit Ner. als
Kameel deuten, obschon wir das Wort in dieser Bedeutung wirk-
lich im Zendawesta finden, da neben der bestimmt angegebenen
Zahl von Stuten die Nennung nur eines Kameeis (sogar ohne das
Zahlwort) sehr sonderbar sein würde. Das Wort kann hier nur
soviel als das skr. uttara sein und höher, darüber hinaus, d. i.
eine grössere Anzahl, bedeuten. — Jjat — Ameretdtd Ner.: jathd
me magdah jad evam vedmi Avidadisja Aniidadasja. Ajyavaiti ist hier
in mehrere Worte, wie es scheint, in zwei, aj>a und vaiti aufge-
löst. Letzteres soll ich weiss beissen, also von der Wurzel vid,
wissen, stammen. Diese Deutung ist indess eine reine Spielerei.
Früher (VIII, p. 760) fasste ich es als eine dritte Person conjunct.
imperf. der Wurzel pu, läutern, reinigen; aber diese Wurzel ist
in dieser Bedeutung im Baktrischen nicht gebräuchlich und würde
überdiess nur einen sehr gezwungenen Sinn geben. Aus dem Sub-
stantiv apavaidite Vend. 9, 52 lässt sich nichts für die Bedeutung
des apavaiti unserer Stelle erschliessen, da die Lesung jenes Worts
nicht sicher, vermuthlich eher falsch ist; auch mit dem ebenfalls
zweifelhaft gelesenen apivaüi Jt. 10, 27, das sicher ein Verbum ist
und den Sinn von wegnehmen zu haben scheint, lässt sich wenig
anfangen. Der Zusammenhang und die Construction unserer Stelle
scheint eine Verbalform zu verlangen ; aber es lässt sich keine pas-
sende Wurzel finden. Die den Dualen haiirvdtd ameretdtd sonst
beigegebenen Prädikate utajuiti und tevishi veranlassen mich in apa-
vaiti eben ein solches (im Dual) zu sehen. T)ie Bedeutung an-
langend, so würde das wedische apavat „mit Wasser versehen"
lautlich vollkommen entsprechen; aber die Bedeutung will nicht
recht passen. Besser empfiehlt sich eine Ableitung von apa (Ad-
verbium und Präposition), weg, darauf, mittelst des Suffixes mit,
so dass es eine ähnliche Bedeutung wie der Superlativ apema, der
äuss erste, in der Verbindung tirvaegS apeme (43, 5) hat, etwa
wie die von zukünftig. Das Verbum substant. ist, wie oft, zu
ergänzen. — Jathd — ddonhd Ner. : evam jathd tubhjamca daddmi.
Ueber ddonhd, das irrig als eine erste Person gefasst ist, s.
zu 34, 1.
Ilaug, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 19. 111
V. 19. *Ja^ — däite Ner. : jah präptam prasddatn anurüpmi-
no [?] 1) daddti. Ueber haneiite (Dat. sing, des part. praes.) s. zum
vorigen Vers. — Je — ddite Ner. : jah asti tasmdi satjavaktd naro
daddnah [iittamo nd]. If ist hier durch asti und nd durch iiarah
wiedergegeben. Der bei dieser Deutung sich ergebende Sinn „wel-
cher Mann diesem Wahressprechenden giebt" würde indess dem
vorigen GHede, dem das unsere allem Anschein nach parallel sein
muss, völlig widersprechen. Der Parallelismus verlangt auch für
diesen Satz durchaus eine Negation. Diese wird, wie ich schon
früher (VIII, p. 761) annahm, dadurch gewonnen, dass man nd und
it als eine Auflösung der gewöhnlichen, aber zusammengesetzten
Negation jioit (aus 7ia -f- it) betrachtet. — Kd — paouruje Ner. : kirn
tasja tena dosheiia asti prathamam ; kila tasja tena pdpakarmatvena
prathamafh. Die dem mainis hier gegebene Bedeutung Frevelthat,
Verbrechen scheint nur gerathen zu sein; sie lässt sich weder
aus den Stellen (dieser und 31, 15) beweisen, noch etymologisch
begründen. Dagegen wäre die Bedeutung Strafe, Ahndung,
Rache nicht unpassend, die sich auch etymologisch begreifen Hesse,
wenn man die Wurzel man, denken, in dem Sinne von gedenken
(einem etwas gedenken := sich an Jemand zu rächen suchen) fasst.
Da aber diese Bedeutung weder durch Stellen aus dem Zendawesta
noch aus dem Weda bewiesen werden kann, da sich ferner die nahe
Verwandtschaft des maiids mit dem so häufigen wedischen manishd,
Andacht, Loblied, nicht verkennen lässt, so werden wir wohl
von jener Deutung abstehen müssen. Ich halte es für das beste,
bei der nächsten Bedeutung Dichten, Trachten zu bleiben. Die
Accusative tem und im (in der folgenden Zeile) müssen hier wegen
ihrer Verbindung mit dem Verbum substant. anhat im Sinne eines
Dativs gefasst werden ; denn ein transitives Verbum , von dem sie
abhängig gemacht werden könnten, lässL sich nicht finden. Paouruje
steht wahrscheinlich für paourujd und ist das Femininum von paou-
rujü (z= pürvja, früher), wie K. 5 falsch corrigirt. Man vgl. seinen
Gegensatz apemd, ein deutliches Feminin, im folgenden Gliede. —
Vtdvdo — apemd Ner.: cettd ^smi tasja jad asja asti niddne; niddne
jmiijasja durgatih. Die Deutung des apemd durch niddne, wonach
es der Locativ eines Substantivs wäre, Aufhören, Ende, hat etwas
Richtiges; Substantiv ist es zwar nicht, aber Adjectiv femin. und
im Nominativ mit der Bedeutung die letzte (seil, mainis). Einige
Schwierigkeit macht die syntaktische Verbindung von vtdvdo, wis-
send, von dem jedenfalls der Accusativ aväm, worin ich nur das
Pronom. demonstrat. ava erkennen kann, abhängig ist. Man kann
es von peregd zu Anfang des Verses abhängen lassen, „ich will
fragen — kennend jenes Denken etc."; aber die beiden Sätze sind
von einander zu weit entfernt. Daher möchte ich lieber hinter
i
^) Wohl anurüpine na zu lesen.
112 Hang, die Gdihd's des Zarathustra. IL Cap. 44, 19. 20.
vidvdo das Verbum substant. ich bin (ahmt) oder m seiner Con-
junctivform ich sei (qjem) ergänzen.
V. 20. Die Worte von cithend — doiihare finden sich nicht
übersetzt in dem von mir copirten Manuscripte Neriosengh's. Cithend
erklärte ich früher (VIII, p. 761) als einen Infinitiv der Wurzel ci,
büssen, wovon citha, Strafe. Aber die Infinitivformen auf tana
sind wohl der ersten Keilschriftsprache, aber nicht dem Zendawesta
bekannt; zudem müsste man, wäre es wirldich ein solcher Infinitiv,
entweder den Dativ cithandi oder den Locat. cithane erwarten. Aus
diesen Gründen ist die alte Erklärung zu verlassen. Ich halte jetzt
dieses cithend für eine Zusammensetzung von cit, dem Neutrum
des Interrogativstammes ci i. e. quis und des Enklitikums 7m. Das e
ist blosser Bindevokal, der häufig an die Interrogativ- und Relativ-
pronomina antritt, wenn sie enger mit einem folgenden Wörtchen
verbunden werden sollen, wie ja^e thwd, ka^e thwd. Das t wurde
zu aspirirtem th vor na, gerade wie skjaothana oder skjaothna einem
cjdutna gegenübersteht. So ist das Sätzchen eine an Ahuramazda
gerichtete Frage nach den Daivas, was sie seien oder wozu sie
da seien. — At — ddtd Ner. : evam idam prcchdmi je pratiskhala[n]ti ;
teshdm je jushmdkam gavdm kadarthakdndm. Hier ist die Ueber-
setzung Neriosengh's sehr lückenhaft; wahrscheinlich wussten die
Erklärer des Zendawesta aus der Säsänidenzeit nicht alle Worte
dieses höchst schwierigen Verses zu deuten. Peshjeintt. So corrigirt
Westergaard richtig das peshjeiti von K. 5. Die Lesung anderer
Mss. inskjeifiti (K. 6, 11) lässt keine richtige und verständliche Er-
klärung zu. Wollte man nämlich diese Lesung festhalten, so würde
als Wurzel das v. 9 besprochene ski, weilen, sich herausstellen,
die erste Sylbe pi aber müsste als Verkürzung der Präposition aipi
genommen werden. Sonach könnte es verweilen, vielleicht auch
bewohnen heissen. Aber die Präposition aipi wird in den Gdthd's
nie zu pf verkürzt und die Bedeutung widerspricht dem Zusam-
menhang, da joi auf die daSvä sich zurückbeziehen und daher von
kämpfen, streiten oder schaden die Rede sein muss. Zu einer voll-
kommen richtigen Erklärung des auf den ersten Anblick höchst
schwierigen Worts gelangen wir durch eine nähere Betrachtung von
peshana und peshand der spätem Bücher. Jt. 5, 109: jat bavdni
aiwivanjdo — duzdaSnem peshanemca da^vajapiem drvantemca, dass ich
überwindend sein möge den Schlechtgläubigen und den peshaiia, den
Daevaverehrern und Gottlosen (eigentHch feindlich Angreifenden);
vgl. 19, 87. Jt. 9, 30 (vgl, 17, 50): jatha azdni peshane asta aur-
vanto, dass ich acht Renner treiben möge gegen den Peshana. Aus
diesen Stellen ergiebt sich klar, dsLss peshana so viel als Feind und
zwar Glaubensfeind bedeuten muss. Das femm. peshand bedeutet
dagegen deutlich Kampf, Schlacht, so Jt. 13, 17: tdo ughrdhu
peshandhu upa^täm henti ddhistdo jdo fravashajo ashdunäm, die Fra-
vaschi's der Reinen bringen am meisten Hilfe in den gewaltigen
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 44, 20. 113
Schlachten. 13, 23: jäo zaojdo vanhuthwaeshu jdo zaojdo verethragh-
njaeshujdo zaojdo lieshandhu , welche schnell sind in Gntthaten, schnell
bei Siegen, schnell bei Kämpfen. 13,27: tdo zaojdo tdo verethragh-
njaeshu tdo peshandhu; tdo idha jat naro takhma peretente verethragfi-
njaeshu, die schnellen in Siegen in Kämpfen, die da sind, wo die
starken Männer um den Sieg kämpfen. Die letzten Worte von tdo
idha — verethraghnjacshii sind deutlich eine Glosse, welche das Vor-
hergehende, namentlich das peshandhii erklären sollen. Die er-
klärenden Worte idha jat pereteftie, da wo kämpfen, lassen somit
keinen Zweifel mehr übrig über die Bedeutung von peshand als
Schlacht, Kampf 1). Es ist vollkommen das wedische pHaiid,
Schlacht; dieses musste nach demselben Gesetze zu pesha?id werden,
nach welchem fta zu asha, amrta zu amesha etc. ward. Im Weda
findet sich noch einfacher pH im Sinne von Kampf. Hievon ist
unser peshjeifiti ein Denominativ und heisst somit kämpfen, transit.
bekämpfen. Aübjo kann hier nur in reflexivem Sinn „für sich"
(zum eigenen Besten) genommen werden. Das Subject müssen die
Daeva sein. Der Accusativ kam ist von peshjeihti abhängig; aber
es hat hier keine interrogative Bedeutung, sondern die 33, 6 an-
gegebene allgemeinere Wesenheit, Bestand. Der Instrumental
jdis, mit welchen, durch welche, bezieht sich auf die Daeva's.
üeber karapd s. zu 32, 12; über u^ikhs, einen andern Namen der
von Zarathustra so angefeindeten und verwünschten wedischen Seher,
Priester und Liederdichter, s. VIII, p. 762. Das Verbum data steht
zwar im Singular (aor. medii), bezieht sich aber sowohl auf karapd
als ugikhs. — Jdcd — iLvixdujatd Ner. : jeca kikdh anirvittajah avja-
pdraddtfbhjah. Ueber dnmaine, das nur gleich dtmane, für sich
selbst, sein kann, s. zu 30, 7. Die dem urüdujatd gegebene Be-
deutung: „Geber der Nichtvollbringnug" ist gewiss irrig. Vor allem
ist das Wort kein Substantiv, sondern ein Verbum und zwar die
dritte Person sing, imperf. medii einer Wurzel md. Diese lässt
sich auf das sanskritische rudh, abhalten, hemmen, oder ruh
(für rudh), wachsen, zurückführen. Ersteres ist nur selten im
Zendawesta; der sich ergebende Sinn „was der kavd für sich ab-
wehren Hess" widerspricht dem Zusammenhang. Das zweite ist
häufiger und auch noch im neupersischen rustan, wachsen, erhal-
ten; aber die ursprüngliche Bedeutung wachsen ist hier nicht an-
wendbar. Dagegen giebt die wedische Bedeutung erlangen einen
guten Sinn. Letztere ergiebt sich leicht aus der Causativform rudaj,
wachsen lassen, machen, im Medium für sich wachsen lassen,
d. i. sich zukommen lassen, erlangen. Der ursprüngliche Causativ-
^) Peshu Jt. ,5, 77 : huskem Peshüin raicajai , er bewässerte das trockene
Peshu, und Jt. 24, 42: frdjantö tard Peshüm dhraö-Qrülam, gehend durch
das weitberühmte Peshu, gehört nicht hieher, sondern ist Name eines Landes.
Da esh lautliche Veränderung für ursprüngliches art ist, so erhalten wir
den Namen Parlu, d.i. Parthuwa der Keilinschriften, Parthyene der Alten.
Abhandl. der DMG. II, 2. 8
114 Hang, die Gäthas des Zarathustra. IL Cap. 44, 20. Cap. 45.
stamm rüdaj wurde zu urüduj durch Einfluss des wurzelhaften in-
lautenden u, das eine grosse Macht über die benachbarten Vokale
ausübt; das anlautende u ist ein einfacher Vorschlag, wie er sich
bei dieser Wurzel gewöhnlich findet, vgl. uru^ta, urüraot u. s. w. ;
das zweite ü trat an die Stelle des a, als Nachhall des u der
Wurzelsylbe. Was die syntaktische Verbindung des Sätzchens an-
langt, so ist es von it pere^d abhängig und dem joi peshjeinti.
coordinirt. — Noit — frddanhe Ner. : na te prasddeshu puvjakdrjarh
pradadanti ; kila jah prasddah tebhjo dtjate tena kimcidapi sadhjdpdri-
taram na kurvanti. Der von der Tradition diesen Worten gegebene
Sinn „sie fördern nicht bei den Gunstbezeugungen das reine Han-
deln" ist vollkommen falsch. Hirn ist kein Nominativ plur., sondern
ein Accusativ sing, des Pronominalstammes hi; aber die streng accu-
sative Bedeutung lässt sich hier so wenig festhalten, als bei im im
vorhergehenden Verse. Wir müssen es ebenfalls im Sinne eines
Dativs nehmen, wollen wir nicht annehmen, dass das Verbum mizen
mit zwei Accusativen construirt sei, was höchst unwahrscheinlich
ist. Mit mizen, das schlechterdings kein Substantiv in der Bedeu-
tung Gunst sein kann, hat es dieselbe Bewandtniss wie mit u^en
V. 10. Es ist entweder dritte Person plur. imperf. activ. oder der
Nominat. des part. praes., in beiden Fällen für mizjan stehend.
Da nirgends, ausser daevd, ein Plural ist, worauf eine dritte Person
plur. bezogen werden könnte, von diesen aber sicher nicht der In-
halt dieses Schlusssatzes ausgesagt sein kann, so werden wir am
besten thun, uns der zweiten Auffassung zuzuwenden. Das Subject
des Satzes ist dann der Vocativ ashd, Wahrer! ein Name des
Ahuramazda. Zu ergänzen ist nur wie in v. 10 das Verbum snb-
stantivum. Die Bedeutung von miz = mih , spenden, ist nicht im
mindesten zweifelhaft. Frddanhe ist kein Verbum wie Ner. annimmt,
auch nicht von dd~\~frd abzuleiten, sondern es ist ein aus der zu
V. 10 besprochenen Wurzel frdd gebildetes neutrales Abstractum,
„Auffüllung, Umzäunung". Da dieses gewöhnUch von den gaethd's,
den eingefriedigten erblichen Familiengrundstücken, ausgesagt ist, so
kann frddanh leicht die weitere Bedeutung „bleibender Besitz, Erb-
theil, Eigenthum" annehmen. ^
Capitel 45.
Dieses Stück enthält ein grösseres, vor einer grossen Versamm-
lung vorgetragenes Lied, das der Form und dem Inhalt nach eine
unverkennbare Aehnlichkeit mit Cap. 30 zeigt. Einer grossen, von
fern und nah zusammengeströmten Volksmenge werden hier die
Hauptsätze der neuen Religion verkündigt, die Lehre von den zwei
uranfänglichen Geistern und deren Verhältniss zu einander, von der
Urweisheit und von Ahuramazda , als dem besten und allergrössten
in der Schöpfung. Dem Lobe dieses grossen Gottes ist dann ein
Haugy die Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 45. 115
grösserer Theil (6 — 10) gewidmet. Die sechs ersten Verse be-
ginnen jedesmal mit den Worten: at fravakhshjd, so will ich ver-
kündigen, und leiten dadurch jeden neuen Gedanken ein. Der
letzte Vers (11) gehört nicht zum Ganzen und kam wohl nur zu-
fällig hieher. Der Inhalt und Gedankengang des Liedes ist im Ein-
zelnen folgender:
Der Prophet fordert alle seine Zuhörer, die aus den ver-
schiedensten Gegenden zusammengeströmt waren, auf, seinen Worten
ein aufmerksames Ohr zu leihen; er wolle ihnen alles mittheilen,
vor allem die von den Weisen erkannte Existenz eines ursprüng-
lichen Geisterpaars, eines guten und eines bösen Wesens. Diese
Verkündigung der neuen Lehre sollen weder der böse Geist, der
nur Uebles und Verderbliches redet und das zweite Leben, d. i. das
Geistesleben, dadurch zu vernichten sucht, noch seine Anhänger,
die Lügner, die die nichtige Religion des Götzendienstes mit ihrer
Zunge bekennen, stören (1). Nach diesen einleitenden Worten
spricht er über das Verhältniss dieser beiden Geister zu einander, und
zwar theilt er dieses in Form eines Gesprächs des weissen, guten
Geistes mit dem schwarzen, bösen mit. Der gute Geist sagt zu
dem bösen, dass alle guten Dinge, wodurch die Welt bestehe, die
Gedanken, die Loblieder, die Intelligenzen, die Glaubenssätze, die
heiligen Worte und Handlungen, die heiligen Sprüche und die Seelen,
die Schutzgeister der Schöpfung, nur seiner Leitung folgen, und
dass er dadurch in den Stand gesetzt sei, die ganze gute Schöpfung
gegen Angriffe der Bösen zu schützen (2). Da als eine Haupt-
macht gegen das Böse die Kraft des Verstandes und der Einsicht
(vgl. 30, 10) hervorgehoben ist, so wird der Sprecher auf die zwei
Arten derselben, die erste und die letzte, im Folgenden hingeleitet.
Die erste ist die ursprüngliche, dem Menschen von Gott mitgetheilte,
die letzte die durch Erfahrung vom Menschen selbst gewonnene
Weisheit (vgl. 44, 19). Der Sprecher will nun allen denen, welche
die göttliche Weisheit noch nicht kennen und die ihnen bereits mit-
getheilten Sprüche nicht so anwenden, wie er selbst sie denkt und
spricht, jene ihm von Gott selbst mitgetheilte Urweisheit verkün-
digen, damit ihnen die selbstgewonnene Weisheit fiir dieses Leben
desto förderlicher und nützlicher sein könne (3). Die Urweisheit
ruht aber in Mazda. So wendet sich der Dichter ihm zu und ver-
weilt nun länger bei der Beschreibung seines Wesens, seiner Offen-
barungen und schliesst mit einem Lobespsalm. Er ist das vortreff-
lichste Wesen der Schöpfung; er als der Weise kennt das Wahre
(ashdt hacd vaedd = vidus-ashd v. 8), er ist der Vater des alles
Gute wirkenden Geistes und die das Gute vollbringende Thätigkeit,
die Armaiti ist seine Tochter (vgl. 31, 8. 9). Er, der Lebendige,
der alles ins Dasein gerufen, kann nie betrogen und getäuscht
werden (4). Er, der Heiligste, hat seinem Propheten das Wort,
das denen, die ihn zu hören gekommen sind, das nützlichste und
beste sein wird, mitgetheilt. Sie werden dadurch der Unsterblich-
8*
116 Hang, die GdtluVs des Zarathiistra. II. Cap. 45.
keit und der Vollkommenheit theilhaftig, welche aus den Werken
des guten Geistes entspringen, mit welchen Kräften Ahiiramazda
selbst ausgestattet ist (5). Der Dichter will nun sein Lob ver-
künden. Er preist zuerst den (^raosha, die Offenbarung, als den
allergrössten (vgl. 33, 5) unter den das Gute vollbringenden Geistern,
die um den Ahuramazda geschaart sind. Er bittet diesen, sich ihm
zu offenbaren mit den Worten : es höre der lebendige Wei^e! d.h.
er schenke meinen Fragen Gehör. Er, dessen Güte durch den
guten Sinn stets wächst, soll den Dichter mit seiner besten Weis-
heit erfüllen und regieren (6). Durch sein Walten und Wirken,
durch seine Macht bestehen alle Lebendigen, die vergangenen Ge-
schlechter wandelten nur durch ihn ihren Weg wie die gegenwär-
tigen und kommenden. Aber unsterblich ist nur des Frommen Seele,
die nach Unsterblichkeit strebt; die Frevler und Gottlosen dagegen
werden als Feinde des wahren Lebens durch diese hohe Kraft, die
im Besitze des Herrn der Schöpfung, des Allweisen, ist, vernich-
tet (7). Diesen will der Sänger mit Lobliedern verherrlichen. In
heiliger Begeisterung schaut er ihn mit seinen Augen selbst, ihn,
den lebendigen Weisen, die Quelle alles Guten in Gesinnung, Wort
und That, der das Wahre kennt und weiss. Das Loblied des
Sängers und seiner Genossen soll zum Himmel dringen und in den
Gesang der himmlischen Schaaren (28, 10) einstimmen (8). Diesen
will er mit frommem Sinne verehren, der ihm und seinen Leuten
stets gnädig ist, zu jeder Zeit in Licht und Dunkel. Er bittet ihn,
als den der durch sein Wirken jegHches Besitzthum schafft, Vieh
und Menschen zu beschützen durch die Kraft des guten Sinnes, eine
Bitte, der man so oft in den wedischen Liedern begegnet (9).
Nicht zufrieden mit den eigenen Lobliedern ruft der Dichter noch
die Armaiti herbei-, mit ihren Gebeten will er noch den Höchsten
feiern. Er hat sich als den durch sich selbst Weisen und Lebendigen,
d.i. als Quelle der Weisheit und des Lebens (31,8) geoffenbart;
daher hat er den wahren und guten Gedanken ; daher sind die
beiden hohen Kräfte, die Vollkommenheit und Unsterblichkeit, die
er dieser AVeit verliehen und wodurch allein sie besteht, in seinem
Besitz (10).
Ob das Lied aus einem Gusse und von einem Verfasser sei,
möchte fast zu bezweifeln sein. Wie es jetzt vorliegt, ist es zwar
ein Ganzes, dem ein gewisser Plan nicht abgesprochen werden
kann; aber die einzelnen Glieder haben zu wenig Ebenmass. Die
ersten fünf Verse haben mehr einen didaktischen, die letzten fünf
mehr einen panegyrischen Charakter. Vergleichen wir damit das
acht zarathustrische Lied cap. 30, so scheint es, wenigstens die vier
ersten Verse, mehr eine Nachahmung als ein Originalprodukt zu
sein. Diese rühren schwerlich von Zarathustra her, da in der An-
schauung dieses Stücks und in der von cap. 30 einige Differenzen
sich auffinden lassen, theils sprachliche, theils in der Anschauung
begründete. In jenem schönen Liede heisst das Geisterpaar jemd,
Hang, die Gdt/id's des Zarathustra. IL Cap. 45, 1. 117
Zwillinge, hier dum, die zwei; dort heisst der böse Geist ako,
der nichtige, hier anroy der schwarze, eine Benennung, die
Zarathustra noch nicht geläufig ist; denn 44, 12 ist anrö nur «les
Wortspiels mit aiigro wegen gewählt. Dort werden die Anwesenden
aufgefordert, zwischen beiden Geistern zu wählen, entweder dem
guten oder dem bösen zu folgen ; hier scheint die Scheidung bereits
erfolgt zu sein; denn es ist von keiner Wahl mehr die Rede. Der
ersten Hälfte fehlt die Kraft und Gedrungenheit jenes herrlichen
Liedes, die zweite dagegen ist sehr schön und erhaben und hat
eine unverkennbare Aehnlichkeit mit wirklich zarathustrischen Versen,
wie 31, 7. 8; aber die Sprache ist doch eine etwas abweichende;
so vermisst man z. B. das Prädikat Ahuramazda's qdthra, mit
eigenem Feuer, Urlicht, das hier ganz an seinem Platz gewesen
wäre. Aus diesen Gründen möchte ich das Lied dem Zarathustra
absprechen und einem seiner Schüler und Gefährten, der zara-
thustrische Gedanken nach seiner Auffassung benutzte, zuschreiben.
Der letzte (elfte) Vers steht in keinem nähern Zusammenhange
mit dem vorstehenden Liede. Der Sinn desselben ist wohl folgender.
Nach der heiligen Lehre des Hausherrn und Feuerpriesters ist Ahura-
mazda der nächste Verwandte und Freund eines jeden, der den
Götzendienst für falsch und verkehrt imd die Götzendiener für
Lügner hält und sie streng von dem unterscheidet, der fromm und
wahr denkt. Der Grundgedanke dieses Verses kehrt zwar oft genug
in den Gdthd's wieder, aber die Ausdrucksweise ist eine so eigen-
thümliche, dass er ganz vereinzelt dazustehen scheint. Dem Zara-
thustra gehört er gewiss nicht an. Wahrscheinlich ist er unter dem
Hausherrn und Feuerpriester gemeint; dann, könnte der Vers von
einem seiner Freunde, Kavd Vistd^pa oder Gdmd^jm, herrühren.
V. 1. At — ^raotd Ner. : evam prakfshtam bravimi nanu kar-
ndbfijdm ^rüjate. Güshodüm ist hier fälschlich als ein Nomen im
Dual genommen, während es deuthch eine zweite Person plur. Im-
perativi medii von gush, hören, ist. Der üebersetzer verwechselte
es mit gaosha, Ohr. — Jaecd — ishathd Ner.: jathd dsannät jat^ca
dürdt samihnte. Dass a(;andt, von nahe, heissen muss, wie Ner.
hier richtig übersetzt, geht deutlich* aus dem Gegensatze dürdt,
von ferne, hervor. Ishathd kann keine dritte Person sing, praes.
medii sein, sondern ist eine zweite sing, activi der Wurzel ish,
kommen, herzukommen, und nicht von ish, wünschen (s. zu
30, 1). — Nu — dum Ner.: jad nanu idam sarvam prakatam jato
mahdgndni daddu. Eine Anspielung auf unsere Stelle enthält Jt. 17, 2.
Der Üebersetzer scheint durch das vorgesetzte Relativ die ersten
Worte dieses Versgliedes mit dem ersten nü ^raotd zu verbinden,
was meiner Meiming nach ganz richtig ist. Denn mit cithre be-
ginnt ein neuer Satz. Einige Schwierigkeit macht im, das von
Nerios. neutral durch idam, dieses, wiedergegeben wird. Da es
mit vi^pd einem Nom. Acc. plur. neutr. verbunden ist, so liegt die
118 Hangy die Gdthd's des Zarathustm. IL Cap. 45, 1.
Annahme nahe, es sei eine Verkürzung für imd = haec. Diess ist
jedoch nicht nöthig, da wir durch den wedischen Sprachgebrauch
berechtigt sind, es als eine blosse Verstärkungspartikel, die sich
gern an dt jat etc. hängt, zu fassen, ein Gebrauch, der in den
Gdthd's noch nicht herrschend ist, da es sich an den meisten Stel-
len als obliquer Casus des Fürworts der dritten Person ihm, ihn,
es übersetzen lässt (s. v. 3). — Cithre erklärt Ner. durch offen-
bar, wornach er es mit dem bekannten cithra = citra identifizirt.
Sonach wäre es ein Adjectiv; aber dieses passt gar nicht zur Con-
struction. Der Plural mazddonho verlangt einen Plural des Verbums,
und zwar wo möglich in der dritten Person. Diesen finden wir
auch, wenn wir cithre auf die Wurzel cith, wissen, kennen,
zurückführen; dann ist es wie donhare eine dritte Person imperf.
medii. Mazddonho ist, obschon es ein deutlicher Plural ist (vgl.
ahurdonho 30, 9. 31, 3) von Nerios. durch den Singular wieder-
gegeben, vermuthlich weil der PUiral des höchsten Gottesnamens
den Auslegern entweder unverständlich, oder anstössig war. Indess
ist der Zusammenhang des ganzen Stückes, sowie der Inhalt dieses
Verses insbesondere, entschieden gegen eine Beziehung dieses
Plurals, etwa im Sinne eines plural. majestaticus, auf Ahuramazda;
ja nicht einmal an die Amesha-gpenta's , deren Oberster Mazda ist,
darf gedacht werden, sondern jener Plural „die Weisen" ist hier
im eigentlichen Sinne von Menschen zu verstehen, von den weisen
Priestern der Vorzeit oder den in die göttlichen Geheimnisse ein-
geweihten Propheten; ähnlich wird der Plural ahurdanho Jt. 5, 85
als eine Bezeichnung der Fürsten (danhu-patajoj gebraucht. Wie
hier der Plural, so bezieht sich der Singular mazddi in dem berühm-
ten Ahunavairja- Gehet (Jt. 27, 13) ebenfalls auf einen Menschen
und nicht auf Ahuramazda. Für einen solchen Gebrauch des Got-
tesnamens bietet das Alte Testament eine treffende Parallele, wo
d'^ri'bN auch von Menschen, im Sinne von Richter oder Anführer,
ausgesagt wird. — Einige Schwierigkeit macht auf den ersten An-
blick dum. Vergleicht man aber v. 2 und die ersten Verse des diesem
Stücke ganz analogen 30. Capitel, wo von den zwei Geistern die
Rede ist, so kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass wir in
dum das Neutrum von dva, zwei, in einer etwas verkürzten Form
haben. Dass sich dvain zu diim im Baktrischen zusammenzieht, be-
weist ganz deutlich die Verbalendung dhvam, die im Baktrischen
(wenigstens im Gäthädialekt) stets zu dum wird. Diesem dum, zwei,
ein Paar (vgl. im Sanskr. die Verdoppelung dvathdvam. Paar), ent-
spricht in 30, 3 jema, Paar. Dass unter diesem Paar der weisse
und schwarze Geist zu verstehen sei, ergiebt sich klar aus v. 2.
Die Erklärung Nerios. durch daddu, er gab, beruht auf der ganz
verkehrten Ableitung von der Wurzel dd, geben. — Noit — me-
räshjdt Ner.: na dvittjakdle dush-^ishjajitd Aharmanah jagdn [jugdn]
mdrajishjati vapushi pdgcdt etja akshaje. Diese Uebersetzung ist im
Allgemeinen richtig; nur ist daibitim ahum keine Zeitbestimmung
I
Hang, die Gdthd's des Zaraihustra. II. Cap. 45, 1. 2. 119
„in dem zweiten Leben", sondern ein von merushjdt abhängiger
Accusativ. Die Beziehung auf den zukünftigen unvergänglichen
Auferstehungslcib ist jedenfalls falsch, da diese Vorstellung der spä-
tem Bücher den Gdthd's noch fremd ist. Auch merashjdt ist fälsch-
lich als ein Fiiturum gedeutet; das shj wurde nämlich als Futur-
charakter genommen, während das sh noch zum Stamme gehört;
denn meräsh ist nur eine andere etwas erweichte Aussprache für
merefic, das Causativum von mere, sterben; jdt ist die dritte
Person sing. Conjunctivi (des sogenannten Precativ im Sanskr.). —
Akd — vareiö Ner. : 7iikhhtakdmi[i] durgatijam gihvajd prabodhakah.
Dass die beiden ersten Worte akd und varand zusammengehören'
ist klar. Varand ist nur eine breitere, vielleicht unrichtige Aus-
sprache für das öfter vorkommende varena, eigentl. Wahl, d. i. Glau-
ben (vgl. 30, 2, wo von der grossen Glaubenswahl, der Scheidung
nach dem Bekenntniss, die Rede ist). Die Uebersetzung durch
kdmi, verlangend, wünschend, ist nicht ganz zutreffend. Den
Casus anlangend, so ist varand entweder Instrumental sing, oder
Nominativ Pluralis. Was vorzuziehen sei, hängt von der Fassung
des vareto ab. Westergaard verbindet damit die Präposition d,
welche man indessen besser trennt und zu hizvd zieht, welches der
ganzen Structur des Satzes nach kein Nominativ sein kann, sondern
ein Instrumental z= hizvajd sein muss; vgl. 31, 3. Die mangelnde
äussere Endung wird nun durch die Präposition (hier Postposition) d
ersetzt. Vareto, das der Bildung nach ein Partie, pass. ist, kann
von vare, bedecken, verhüllen, oder vare, wählen, abgeleitet
werden; aber da der Begriff verhüllt zum Zusammenhang nicht
passt, so werden wir uns am besten zu der andern Wurzel wenden,
von der ja auch varand abstammt. Aber dann kann vareto keine
eigentliche passive Bedeutung haben, sondern es ist ihm die active
beizulegen, welche da^ passive Partie, im Baktrischen wie im Neu-
persischen tragen kann, man vgl. bereto meretagca, tragend und
verkündigend, im zweiten Farg. des Vend. Bei dieser Fassung
des vareto sind akd varand die von ihm abhängigen Accusative. In-
strumentale könnten diese nur sein, wenn sich vareto als verhüllt
fassen Hesse. Deutlicher wird der Sinn, wenn wir dem vare hier
die Bedeutung von fra-vare, glauben, bekennen, beilegen.
V. 2. Jajdo — aiirem Ner.: jdbh^ca mahattamah Hormizdah
evam abravid enam hantdram Aharmanam. Dass der Dual (gen. Loc.)
jajdo sich auf die mainjü paouruje „die beiden ursprünglichen Geister"
zurückbezieht, ist einleuchtend. Das jdbhih des Neriosengh weist
aber nicht auf diese zurück, da er unter paouruje nicht „die beiden
ersten Geister", sondern die Gdthd's (er hat ddjam gdthdbhuvah)
versteht, eine ganz willkührliche und verkehrte Annahme. Unter
^panjdo kann dem Zusammenhang nach nur der (^pento mainjus, der
weisse Geist, Ahuramazda, verstanden werden, wie es Ner. auch
richtig deutet. Der Form nach kann es bloss ein Comparativ und
120 Haug, die Gdthas des Zaratimstra. IL Ca;). 45,2. 3.
zwar nur der Nominat. sing. masc. sein; als Genitiv Dualis, der
wegen jajdo verinuthet werden könnte, lässt es sich nicht deuten.
Der Comparativ ist unmittelbar von der Wurzel ^pan gebildet, wie
7nazjo von maz; im Nominat. masc. muss die Endung j6 =jas zu
jdo =jäs werden. Obschon die Comparativform hier ganz sicher
ist, so lässt sich derselben hier doch nicht die Comparativbedeu-
tung beilegen. Der Comparativ hat öfter den Sinn des Superlativs,
und so ist auch hier ^panjdo im Sinne von <;imnsta zu nehmen (vgl.
kavitara neben kavitama im Weda). — Noit nd mando Ner. : kila
asmdkam manah aham na tad manje jat tvam mavjase jato ^haifi
sadhjdpdntaram manjaivamca [adhjdpdrüaram maiijase?^. Nd ist von
Neriosengh als gleichbedeutend mit ndo genommen, was aber nicht
wohl angeht, da sich letzeres nie zu nd abschleift. K. 6 verbindet
es mit mando, indem er ndmando liest, was, wäre es ein Wort, nur
auf ndman, Name, zurückgeführt werden könnte. Aber da sich
die Form grammatisch nicht gut erklären Hesse und da „Namen"
zudem keinen Sinn giebt, so ist diese Lesung zu verwerfen. Ebenso
wenig ist an nemanh, Lobpreis, zu denken. Nd als gesondertes
Wörtchen lässt sich entweder als Nominativ von nar , Mann, auch
im Sinne eines unpersönlichen Pronomens man gebraucht, oder als
die enklitische Partikel na fassen, wie in jathand. Als Nominativ
sing, giebt es keinen Sinn und lässt sich nicht construiren, da lauter
Nominative sing, und das Verbum im Plural folgen. Es lässt sich
nur als Partikel fassen; aber es fragt sich, welcher Sinn ihr bei-
zulegen ist. Ich nehme es als angehängte Fragepartikel, so dass
noit-nd vollkommen dem nana 48, 4 := 7ionne? entspricht. Da es
hinter dem ersten noit des Verses steht, hat es die Kraft, den
ganzen Satz zu einem Fragesatz umzuwandeln. Nur bei dieser
Fassung erhält das Ganze einen befriedigenden Sinn. Die negative
Frage non7ie? ist nämlich eine sehr starke Affirmation ist es nicht
so ? = ja gewiss (man vgl. hebr. N'bSr; und arab. ald). — Für den
Singular daend, wie West, nach K. 4 schreibt, wird richtiger mit
den übrigen Codices der Plural daendo gelesen, da der Satz lauter
Nominative plur. enthält.
V. 3. Die Beziehung des Accusat. sing. fem. des Relativs jdm
hat Schwierigkeit. Das zunächst vorhergehende Wort paoiirmm ist
wegen seines Gegensatzes ajiemem (mau vgl. auch 44, 2) nur als
Neutrum sing, zu fassen. Daher müssen wir entweder einen Schreib-
fehler annehmen und jat für jäm lesen, wie diess Nerios. zu thun
scheint, oder jäm auf ein ausgelassenes weibhches Substantiv, etwa
daend oder gdthd beziehen. Die Beziehung auf daeiid ist dem In-
halte des Satzes ganz angemessen und findet im Schlusssatze des
vorhergehenden Verses, wo die daendo wirklich genannt sind, eine
Stütze. Ich halte diess für die befriedigendste Erklärung. — Joi
im — vaocacd Ner. : je end bhavadbhjah na endm vdnim samdcaranli
jathd ijam manasi vacasi. Die Deutung von mendi und oaoca als
Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 45, 3. 4. 121
Locative sing, ist sicher falsch. Es können überhaupt keine Nomiual-
forinen sein, da sich der Zusammenhang gegen diese Annahme
sträubt und die grammatische Erklärung derselben nicht wohl mög-
lich wäre. Es sind vielmehr erste Personen sing, des Conjunctivs.
Vaoca(cä) ist sicherlich verkürzt für vaocd(cd); die Verkürzung konnte
in Folge der Anhängimg des cd eintreten.
V. 4. Ashdf — ddt Ner. : puiijasain^lishtam Hormizdo vettd jad
idam daddu. Vor allem fragt es sich, ob mazddo das Subject des
Satzes ist, wie Nerios. annimmt, oder ob dieses in vaedd liege.
Nach der erstem Fassung wäre zu übersetzen: „von dem Wahren
weiss Mazda, wer ihn schuf, den Vater etc."; nach der zweiten
„von dem wahren Weisen weiss ich, wer ihn schuf, den Vater etc."
Die erstere ist unstreitig die richtige, wie klar aus der Parallel-
stelle 51, 22 ashdt hacd vahistem — vaedd mazddo ahuro hervorgeht.
Eben diese Stelle zeigt uns aber auch weiter, dass ashdt hacd,
welches nur eine Umschreibung des Genitivs ist, wie aus 27, 13
erhellt, mit vahistem verbunden werden müsse. Ahjd aiihhis vahistem
ashdt hacd ist „dieses Lebens grösstes Glück, nämlich des jetzigen,
wirklichen", so dass ashdt hacd eigentlich nur eine nähere und deut-
lichere Bestimmung von ahjd ist (vgl. den Ausdruck ashdt haithim
hacd 46, 19). Sinnschwierigkeit haben die Worte je im dat ptarem.
Dass je sich auf mazddo zurückbezieht ist klar. Der wörtliche Sinn
ist: der ihn, den Vater des guten Geistes, schuf. Aber dieser
„Vater des guten Geistes" oder „der guten Gesinnung" kann
Niemand anders sein, als Ahuramazda selbst, der 47, 2 ganz deut-
lich und unmissverständlich ptd ashahjd „Vater des Wahren" ge-
nannt ist. Wie kann er sich selbst schaffen? Es ist mir desshalb
nicht unwahrscheinlich, dass hier ein alter Textfehler steckt, und
für ptarem wohl der Nominativ ]j<a oder pitd zu lesen sein wird.
Die Aenderung mag durch im-mäthrem v. 3 veranlasst worden sein,
indem man dem im auch einen Accusativ folgen lassen wollte. Das
im unsers Verses bezieht sich dann auf anheus zurück. Pitd ist
dann Apposition zu Mazda. Verezjafito kann nur Nominat. plur. oder
Genit. sing, des part. praes. von verez, machen, wirken, sein.
Da im ganzen Verse sonst nirgends ein Plural ist und dieser sich
auch syntaktisch hier gar nicht construiren lässt, so nehmen wir
es am besten als genit. sing., so dass es ein Prädikat „der guten
Gesinnung" als der das Gute wirkenden Kraft ist. — At — diwzaidjdi
Ner. : evam sd duhitd uttamaharmam saifipurnamanasi prthivi na vjdmo-
hita[d]. Die Deutung des diwzaidjdi durch verwirrt, bestürzt
ist nicht genau. Es ist Infinitiv einer Wurzel diwz, die auch in
der Redeweise diwzat haca Vend. 18, 3. 4 enthalten ist. Spiegel
übersetzt dieselbe (Uebersetzung des Vend. p. 228) durch betrü-
gerisch nach der Huzüreschversion. Dass diess der Sinn sein muss,
zeigt deutlich der ganze Inhalt und Zusammenhang des 18. Fargard,
wo von dem Unterschied des unächtcn, falschen vom wirklichen
122 Hang, die Gäthas des Zarathustra. IL Cap. 45, 4. 5.
Priester die Rede ist. Der Form nach ist diwzat, wie die folgende
Präposition (Postposition) haca zeigt, der Ablativ eines sonst nicht
vorkommenden diwza. Dieses halte ich für eine erweiterte Form
von daiwis, das Vend. 2, 37 sich neben driwis, Armuth, als ein
Ahrimanisches Uebel erwähnt findet. Es ist sich von daeva ab-
leitend, zunächst die Teufelskunst, dann in weiterem Sinne Be-
trug (s. weiter zu divamnem 31, 20). Von diesem daiwis nun, das
sich durch Ausstossung des i der letzten Sylbe leicht zu daiwz und
weiter zu diwz zusammenziehen konnte, ist unser diwzaidjdi ein
denominativer Infinitiv in dem intransitiv-passiven Sinne betrogen
sein, betrogen werden. Für die passive Bedeutung vgl. büzdjdi
44, 17 und über den Sinn 43, 6. — Vi^pd — ahurö Ner, : sar-
va^fidnim Hormizdijd, worunter nach der Glosse der Glaube (dinih^
verstanden wird. Dass vi^pd als Accusativ mit hishag verbunden
werden müsse und beide zusammen ein Prädikat Ahuramazdas
bilden, ist einleuchtend; aber die Deutung des hisha^ macht einige
Schwierigkeit. Die von Nerios. gegebene „erkennend" ist sicher
falsch. Am nächsten denken wir an ishagoit 50, 2 und hishai^at
32, 13 (s. die Noten), so dass die Wurzel sha^ = sadh,sidh wäre. Aber
der Umstand, dass hier die nackte ganz unflektirte Wurzel stünde,
macht die Ableitung etwas bedenklich. Hisha<^ könnte zwar auch
für hishad-s stehen, wie ^tava^ für ^tavat-s , aber was sollte es für
eine Form sein? Ich bin daher geneigt, dasselbe als ein Particip.
praes. mit Reduplication der Wurzel as, sein, anzusehen und ihm
gemäss der Kraft der Reduplikation eine causative Bedeutung bei-
zulegen. Dass eine solche Form von as im Baktrischen wirklich
bildbar ist, zeigt p«f (46, 19), das für sant-s steht und seiend
heisst. Bei der reduplicirten Form wurde statt der vollem Endung
aiit die kürzere at gewählt, wie in ^tavag, cinaq, um das Gewicht
der Reduplikationssylbe nicht zu schwächen. Demnach steht hishag
eigentlich für sishat-s und heisst „der seinmachende", was in Ver-
bindung mit viq)d „der alles ins Dasein rufende" ein ganz pas-
sendes Prädikat des höchsten Gottes ist.
V. 5. Joi — caja^cd Ner. : jo madijo tasrj^di ^ro^dja daddti
agvddajatica; (^rogdja dcdrjdja daddti svijam vapuh. (^eraoshem ==:
^raoshem kann hier nicht der Genius Craosha sein, sondern muss
so viel als Gehör bedeuten, da dieser Genius gewiss nicht dem
redenden Propheten von den Menschen (auf diese bezieht sich joi
zurück) gegeben werden konnte, was der Sinn sein würde, wenn
man Qeraosha für den bekannten Genius halten würde. Caja^cd ist
von Neriosengh ganz falsch durch geniessen erklärt. Es ist der
Plural des Relativ -Interrogativums ci (s. das Gl.) und bezieht sich
auf die maretaiihjo zurück; das dazu gehörige Verbum ist upagimen.
Mit Haurvdtd beginnt ein neuer Satz, dessen Subject mazddo
ahuro ist.
Haug, die Gäthas des Zarathustra. IL Caj). 45, 6. 7. 8. 123
V. 6. ^tava^ — hefiti Ner. : stuttpunjdndm asja uttamagnänino
je santi. Die Verbindung des gtava^ mit ashd ist richtig, aber nicht
die gegebene Deutung ,,in Lobpreisung rein", da ^tava^ kein Nomen
abstractuin, sondern der Nominat. sing, des partic. praes. ist. Äshä
lässt sich nicht als Yocativ fassen, so wenig als ^pentd mainju in
der folgenden Zeile, sondern entweder als Accusativ plural. neutr.
„die wahren, wirklichen Dinge" oder als Instrumental, sing. Für
letztere Fassung spricht das sogleich folgende" je huddo „welcher
gutthuende"; doch kann dieses auch auf vi^paiiäm mazistem sich be-
ziehen. Da aber das transitive ^tava^, lobend, preisend, kein
Object hätte und letzteres nicht gut entbehrt werden könnte, so
thun wir am besten, wenn wir ashd als Objectsaccusativ nehmen.
Je huddo und joi hefiti sind sich coordinirt; zu ersterem muss ist
ergänzt werden, letzteres ist mit dem folgenden ^petltd mainju, das
als Instrumental sing, zu fassen ist, zu verbinden. Unter je huddo
ist nur der höchste Geist Ahuramazda, unter joi hefiti, wozu der
Plural huddonhd ergänzt werden muss, sind dagegen die übrigen
hohen Genien zu verstehen. — J^hjd — mananhd Ner.: jasja pra-
ndmah uttamasja pragnatajd manasah. Ueber vahme s. zu 34, 2, und
über frashi, das auch hier kein Verbum ist, zu 44, 8.
V. 7. Jehjä — rddanhd Ner. : asja Idbhdt samihe dakshind [m].
^avd ist indess kein Ablativ, sondern ein Instrumentalis, und ishdonti
ist keine erste Person sing., sondern eine dritte plur. Auch ist die
dem letztern Wort gegebene Bedeutung verlangen, trachten
nicht passend; es hat, wie anderwärts in den Gdthd's (s. v. 1 n.
30, 1) die Bedeutung von kommen, gehen. Rddanho (Genit.
eines Thema's rddanh) heisst nicht Gabe, Geschenk, da es sich
nicht von m, geben, ableiten lässt, sondern Handlung, That
(s. über rdd zu 33, 2). Der Vers ist citirt Ja^. 7, 24. — Aesho
giebt Ner. durch abhtpsajah. S. über aesho zu der ähnhchen Stelle
44, 17. — Etwas fraglich ist die Form utajütd, der wir sonst nir-
gends in den Gdthd's begegnen. Das Thema ist utajuiti, wie uta-
jüitis 30, 7 deutlich beweist. Da es, wie anderwärts, nur ein Prä-
dikat von ameretditi ist und dieses ein Locativ sing, sein muss, so
liegt die Annahme nahe, dass utajutd eigentlich für utajütjd stehe
und der im Sinne eines Instrumentals gebrauchte Locativ (wie häufig
im Weda) sei. Doch ist es auch möglich, utajütd als Nom. femin. sing,
zu fassen, aber dann muss als Thema die verkürzte Form utajüt
(vgl. ishud) angenommen und mit dem folgenden Relativum „welche
ewige" verbunden werden. Die erstere Fassung verdient indess
den Vorzug.
V. 8. Tem — vivareshö Ner. : tasmdi asmabhih stutih prandmah
lato ^dhikam vidhejjah, diesem müssen wir noch mehr Lob und Ver-
ehrung darbringen. Für Westergaard's ve varesho schreibt man
besser vivareshö als ein Wort (K. 6, P. 6 haben vi für ve). So be-
124 Hmig, die Gdth4's des Zarathustra. IL Cap. 45, 8. 9.
kommen wir eine rediiplizirte Form, gerade wie uns das erste Glied
der zwei folgenden Verse solche aufweist, cikhshnusho v. 9 und
mimaghzö v. 10. Auch die Bedeutung muss eine ähnliche sein. Dass
die \VuTze\ varesh, eine Erweiterung von verez, thun, machen, ist,
scheint unzweifelhaft zu sein. Aber die Bedeutung machen, wir-
ken, ausführen, vollbringen, die es sonst hat (s. das Gl), will
hier keinen genügenden Sinn geben, da das Object zu vivareshö,
das auf Ahuramazda zurückweisende tem ist. Den Ahuramazda
vollenden kann aber nur den Sinn von ihn verherrlichen haben;
und diess stimmt ganz zu den parallelen Wörtern der zwei folgenden
Verse cikhshnusho, verehrend, anbetend, und mimaghzö, rüh-
mend, verherrlichend. Der Form nach scheint es, wie die beiden
andern, eine zweite Person sing. Aoristi zu sein; aber der Zusam-
menhang in allen drei Versen, namentlich in dem achten, spricht
dagegen. Alle drei Formen haben die Reduplicatiou und die Endung
sho. Letztere ist der Nominativ von sha. Da dieses keine Participial-
endung ist, der Accusativ Um aber ein Particip oder ein Verbum
finitum fordert, so werden wir irgend eine Verbaladjectivform hier
zu suchen haben. Das sh, s und die Reduplicatiou weisen auf das
Desiderativura. Von diesem bilden sich im Sanskrit durch u solche
Verbaladjective, z. B.jujiitsu, gern kämpfen wollend. Im Baktrischen
wurde statt des u das a angewandt. Sonach kommt dem vivaresho
die Bedeutung zu verherrlichen suchend, strebend, zu. Zu
diesen Bildungen gehört auch didereghzo 44, 15. — Nil — vjddare^em
Ner. : nanu jatah idam locandbhjditi vidf^jate. Zit ist hier ganz richtig
in 551 (jatah) und it (idam) aufgelöst. — Vidus ist mit ashd zu einem
Compositum: vtdus-ashd, zu verbinden (s. zu 28,5 vidus-mazddo).
Ashd ist Nominal, acc. plur.: die kundigen, wahren, worunter indess,
wie das gleich folgende zeigt, nur der eine Mazda verstanden
werden kann.
V. 9. Je — agpeiicd Ner. : jo asmdkam samtushtjdca kdrasa-
mddhdnam samadhänim nah; kila tasjdm durgatimdn samddhdnajat [?]
kimcit asti Hormizddt. Ueber u<^m s. zu 44, 10 und über cöret zu
44, 7. Qpencd und a^pencd sind deutlich Gegeiisätze und, wie es
auf den ersten Anblick scheint, Substantive. Da beide keine Casus-
zeichen haben, weder die des Nominativs noch die eines Casus
obliquus, so scheint die rein Substantive Fassung etwas bedenklich
zu sein. Man kann sie gleichwie u^en für Participia praesentis er-
klären, so dass sie für ^pjan und a^pjan stehen und die Wurzel gpi
ist. Die Parallelstelle 34, 7, wo a^pencit dem ^ddrdcit parallel steht,
spricht wenigstens nicht dagegen. Auf eine Form gpm weist deut-
lich das Adjectiv (^pemat 51, 21, der Superlativ (^penista und das
participiale Adjectiv (^penta. Dass aber (^pen nicht die eigentliche
Wurzel, sondern erst aus dieser abgeleitet ist, zeigt der Superlativ
^pitama, dem deutlich eine Wurzel ^pi zu Grunde liegt. Von dieser
wurde durch Anhängung der Participialendung an die Form (^pjan
Haiig, die Gdfhd's des Zarathustra. IL Cap. 45, 9. 10. 125
gebildet, die sich nach Aiisstossung des schwachen a, einem Falle,
dem wir im Sanskrit oft genug begegnen, zu ^ptii zusammenzog,
das dann weiter zu cpen wurde, wie denn ja e oft genug aus i ent-
steht (s. die Graramat.). Die Bedeutung der Wurzel ^pi ist im andern
Dialekte wegnehmen; ihre ursprüngliche . war aber „helle, licht
sein" (s. zu ^pajathrahja 30, 10), die dann in die metaphorische
von „heilig sein" überging. Hier ist die ursprüngliche Bedeutung
„helle" vorzuziehen. Die Construction anlangend, so sind beide
Wörter als adverbiale Bestimmung zu n(^tn zu fassen, „hell seiend
und nicht hell seiend", d. i. mag es hell oder dunkel sein, in Licht,
wie in Finsterniss. — Für khshathrd varezi, wie West, nach K. 5
schreibt, lesen K. 6, P. 6 varezindo, K. 4, 9 verezmjdo. Die Wester-
gaard'sche Lesung bietet mannigfache Schwierigkeiten; erstens statt
eines Verbums, djdt, würden wir zwei in den Satz bekommen, da
varezi doch kaum anders wie als eine dritte Person imperf. pass. ge-
fasst werden könnte; diess würde aber den Zusammenhang des Satzes
stören, da man khshathrd varezi durch zur Herrschaft gemacht,
d. i. herrschend gemacht, deuten müsste, eine Verbindung und Fas-
sung, die ohne Analogieen ist. Zweitens würde das ndo, uns
beiden, schwier zu beziehen sein, da im ganzen Capitel von
„zweien" nirgends die Rede ist. Diese Schwierigkeiten werden ver-
mieden, wenn man die varezindo als ein Wort liest. Das i steht
für e, welches auch einige Codd. haben; die richtigste Lesung ist
varezendo. Diess ist entweder der Nomin. plur. femin. eines Thema's
varezmd oder eine Adjectivbildung von dem in den Gdthd's häufig
vorkommenden Substantiv varezena (verezena). Die erstere Fassung
hat einige Schwierigkeit; die zweite dagegen keine. Da varezena
das Thun, Arbeiten, die Arbeit (concret Dien en) ist, so heisst
varezendo der arbeitende, khshathrd muss damit zu einem Compo-
situm „der die Herrschaft machende" verbunden und das Ganze
auf Ahuramazda bezogen werden. — Haozäthwdt — mananho Ner. :
susdinjatäm Gvahmanena asmabhjam dehi. Hienach soll haozäthwdt
gutes Kriegsheer bedeuten, welcher Erklärung die Ableitung von
haendf Heer, zu Grunde zu liegen scheint. Diese Deutung ist
indess entschieden falsch, da sie sich durch keine vernünftige Ety-
mologie, auch nicht durch Parallelstellen rechtfertigen lässt. Es kann
nur eine Abstractbildung von huzentus „edelgeboren" (s. das Gl.)
sein. „Durch edles Wesen, hohe Natur" bezieht sich auf Ahura-
mazda zurück.
V. 10. lieber das Desiderativ mimaghzo s. zu 8 und das Gloss.
s. v. maz. — Coist, eine verkürzte Form der dritten Person sing,
imperf. für cuithat von der Wurzel cith, wissen, kennen, muss hier
absolut genommen werden, da ashd nicht sein Accusativ sein kann,
sondern als Adjectiv mit mananhd verbunden werden muss. Dafür
spricht ganz deutlich das cd nach vohü, das, wollte man ashd als
Substantiv nehmen, gar keinen Sinn hätte imd auch nicht zu er-
126 Hang, die Gdthäs des Zarathustra. IL Cap. 45, 10. 11.
klären wäre. — Haurvätd ameretätd sind hier zwei Nominative Dualis,
während einer genügte, haurvdt- ameretätd ; vgl. die wedischen Ver-
bindtingen Indrdvarundu , djdvdbhümi. Dan kann hier nicht, wie v. 5
und 49, 4 die dritte Person plur. Aoristi sein, da sie sich auf kein
Subject beziehen Hesse. Haurvdtd ameretätd kann nicht Subject sein,
da die von dä?i abhängigen Worte tevishi utajüiti nur Prädikate von
Haurvdtd ameretätd in den Gdthd's sind; man müsste nämlich über-
setzen „der Wohlstand und die Unsterblichkeit geben dieser Welt
die beiden ewigwirkenden Kräfte", während die „beiden Kräfte"
ja gerade Haurvdtd Ameretdtd sind, welche Uebersetzung daher ganz
sinnlos sein würde. Zudem würden diese Duale auch den Dual des
Verbums erfordern, was dän auf keinen Fall sein kann. Es steht
indess noch ein anderer Ausweg offen, um dän als dritte Person plur.
fassen zu können, nämlich die Annahme, dass hier die Gesammtheit
der höhern Genien, die Mazda's, die spätem Amesha gpenta''s, ge-
meint sei. Diess wäre aber sehr auffallend, da gerade in diesem
Verse nur von einem Ahuramazda die Rede ist und nur seine
Herrschaft (khshathroi hoi) erwähnt wird. Fasst man dagegen dän
als Partie, praes. (ebenso in der Parallelstelle 47, 1), so bezieht es
sich ohne alle Schwierigkeit auf Mazdäo ahuro zurück. Syntaktisch
ist das letzte Glied als ein^eigenes Sätzchen zu fassen, in dem nur,
wie so oft, das Verbum substantivum ergänzt v^-erden muss.
V. 11. Jat^td — mainjantd Ner. : samdgagmuh devdh pa^cad
manushjdndmca hinamdnasa\s6?\ ja endm hindm manjante [endm
grishti\m\]. Für ja^td liest K, 11 ja^cd, was indess dem unbe-
fangenen Auge sich leicht als Conjectur eines Abschreibers, dem
jagtd nicht mehr verständlich war, kundgiebt. Es ist indess nicht,
wie man vermuthen könnte, Nomen actoris von jag, verehren,
wonach es „Verehrer" hiesse, noch auf die Wurzel jd, gehen,
zurückzuführen und als Verbum zu fassen, wie Nerios. thut („zu-
sammenkommen"), sondern es ist wie 31, 7 in das Relativum jag
und das Demonstrativ td aufzulösen. Letzteres kann formell
dreierlei sein, Nominat. femin. sing., Instrumental, mascul. sing.
und Nom. Acc. plur. neutr. Die erste und dritte Fassung haben
grosse syntaktische Schwierigkeiten, die zweite dagegen nicht, wenn
man es, wie man muss, im adverbialen Sinn so, somit oder hie-
durch nimmt. — Aparo fasst Nerios. adverbial nachher; aber
dieser Fassung scheint die Form, welche deutlich der Nomin. sing,
eines Thema's apara ist, zu widersprechen. Sie ist übrigens da-
durch zu vertheidigen, dass man aparo in parö, vorher, -f- a privat.,
also nicht vorher = nachher zerlegte, wobei man sich auf
apaourvim 28, 4 berufen könnte. Aber dieser Erklärungsversuch ist
allzukünstlich; zudem steht in keinem der vorhergehenden Verse der
Gegensatz parö, während wir 28, 2 paourvim als deutlichen Gegen-
satz zu apaourvim 28, 4 haben. Auch würde die Construction einige
Schwierigkeit machen ; das cd nach mashjägcd wäre dann überflüssig.
Haug^ die Gäthd's des Zarathustra. IL Cap, 45, 11. 127
Ist nun aparo nicht als Adverbium für sich zu fassen, so scheint die
adjective Fassung und Beziehung auf ja^ die nächste. Dann müsste
es wohl in seiner spätem Bedeutung „andere" (Jt. 10, 125), noch
erhalten in aware , andere, im Pärsi, genommen werden. Aber
hiebei „welcher andere glaubt" wäre der so nothwendige Gegen-
satz im Vorhergehenden ebenfalls nicht aufzufinden. Die einfachste
und sicherste Lösung dieser Schwierigkeiten, scheint mir die Ver-
bindung des aparo mit mashjd^cd zu einem Compositum zu sein.
Dass apara wirklich als erstes Glied von zusammengesetzten Wör-
tern vorkommt, zeigen aparo-apdkhtara (Jt. 3, 17), apara-zdtahe
(Jt. 13, 127), apara-irithento (Jt. 13, 11). In dem erstem Beispiel
hat es eine örtliche Bedeutung „weit nördlich" oder „fern im
Norden", in den beiden andern eine zeitliche „nachgeboren" und
„nachher sterbend", d. i. künftig sterbend. Wenn auch beide Be-
ziehungen auf aparo-mashjä^cd nicht anwendbar sind, so lässt aparo
glücklicherweise auch noch eine weitere Beziehung zu. Seinem Ur-
sprung nach Comparativ der Präposition apa, weg, hinweg, be-
zeichnet es von zwei Gegenständen nur den fernem, dem Raum,
der Zeit oder auch der blossen Anordnung nach. In letzterer Be-
ziehung nimmt es die Bedeutung der andere, zweite an, ebenso,
wie sein Superlativ apemem, das „letzte", dem paourvim, das „erste",
gegenübersteht. Und diese stimmt am besten zum Zusammenhang,
indem so den daeva's die Menschen als zweites gegenübergestellt
werden. Der Sinn des Compositums ist somit: „und die Menschen
als zweites", d. i. sowohl die Daeva's als die Menschen. Die Worte
joi im tarem mainjaiitd sind ein die mashjä^cd näher bestimmender
Relativsatz; denn nur die schlechten Menschen können in eine
Linie mit den Daeva's gestellt werden. Im ist hier wie im Weda nur
ein das Relativ hervorhebendes Enklitikum , ebenso hoi im folgenden
Gliede. Anjeng ist von tarem mä^td abhängig, da mainjantd als Passiv
gefasst werden muss, wie mainjete 44, 12. — ^aoshjafito — daend
Ner. : Idhhamatdm guruh paiit^ca mahatjd dineh. Die Erklärung des
^aoshjantö, das der Form nach übrigens hier nur Genitiv sing, (nicht
Nomin. plur.) sein kann, durch „die Nützlichen" stützt sich auf die
Ableitung des Wortes von fu, nützen, helfen. Diese ist schon
im Zendawesta selbst zu lesen Jt. 13, 129: j6 anhat gaoshjä^ ve-
rethraga ndma a^tvnt-ereta^ca näma avatha gaoshjd^ jatha vi^pem ahum
a^tvafitem (^dvajaf, wonach der künftige Todteuerwecker desswegen
Qaoshjä^. heisst, weil er allem irdischen Leben nütze. Auf eine
solche Ableitung führt auch eine ältere Stelle Ja^. 55, 4, wo von den
gaethd's der ^ujamandmca (^aoshjafdäm „der jetzt Nützenden und in
Zukunft Nützenwerdenden" die Rede ist. Dieser alten Autoritäten
ungeachtet ist dieselbe falsch und hat hauptsächlich nur einen dog-
matischen Entstehungsgrund. Denn am Ende der Tage wurde ein
(^aoshjäq als Wiederbringer alles zu Grunde gegangenen Lebens, als
Erwecker der Todten, mit dem eine neue Aera des Glücks und
Friedens beginnen sollte, erwartet. Was war natürlicher, als den
128 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 45, 11.
Naineii desselben auf die so nahe liegende Wurzel ^u , nützen,
helfen, zurückzuführen, da er ja der durch die Ahrimanischen Uebel
so arg heimgesuchten Schöpfung wieder helfen sollte? Diese Her-
leitung war um so verführerischer, als gaoshjä^ auch der Form nach
ein Particip. fnturi zu sein schien und dieser grosse Helfer erst in
der Zunkunft erwartet wurde. Da aber weder die Vorstellung von
einem am Ende der Tage kommenden (^aoshjäg den Gdthd's be-
kannt, noch irgendwo darin auf die Ableitung von (^u, nützen,
angespielt ist, so haben wir schon Grund genug, an dieser Her-
leitung wenigstens zu zweifeln. In diesen alten Liedern sind die
(^aoshjanto (der Plural ist gewöhnlicher als der Singular, s. das
Gloss.) nur wirklich lebende Menschen, die der Verbreitung des
Glaubens auf alle Weise förderHch sind (vgl. namentlich 48, 12, wo
eine nähere Definition gegeben ist). Nach Ja9. 12, 7 werden Za-
rathustra, Vistdgpa, Gdmd^pa und andere berühmte Glaubensmänner
der Vorzeit mit den ^aoshjafito's zusammengestellt; Jac. 9, 2 wird
Zarathustra von Haoma aufgefordert: „preise mich, wie mich alle
übrigen ^aoshjaflto priesen (^tavän)''^ und diesen frühern Verehrern
sind im Verlauf des Capitels Vivanhäo der Vater Jima^s, Athwja,
Thrita, lauter Persönlichkeiten des iranischen Mythenkreises, bei-
gezählt. Hieraus ergiebt sich klar, dass die ^aoshjanto als keine
erst in ferner Zukunft erscheinenden Wesen, sondern als solche, die
längst der Vergangenheit oder wenigstens nur der Gegenwart an-
gehören, gedacht wurden. Wie könnte nun auf dieselben die Be-
ze'chnung „die nützenwerdenden" anwendbar sein? Gegen diese
PvUtung spricht indess nicht bloss die ältere Vorstellung über die
Qaoshjanto's, sondern auch die ältere Form, unter der es sich ge-
wöhnlich in den Gdthd's findet. Diese ist gaoskjä^ , Qaoskjantö.
Sk und sh sind aber nicht so ohne weiteres gleichbedeutend und
etwa bloss orthographisch verschieden. Sk kann zwar zu sh werden,
aber nie umgekehrt. In den Gdthd's finden wir nirgends das sk
aus * oder sh hervorgegangen (s. über skjäg zu 44, 9), sondern
dasselbe entspricht entweder einem sanskritischen cha oder ca (vgl.
skjaothana = skr. cjdutna) ; mit diesen Lauten beginnt aber nie,
weder im Sanskrit, noch im Baktrischen die Futiirendung, sondern
mit s, sh. Somit ist die Deutung des ^aoshjäq als eines Particip.
futuri entschieden gegen die Lautgesetze. Die einzig richtige Ab-
leitung ist die von der Wurzel fwc, leuchten, die ich schon früher
gab. Sie findet sich sowohl im Weda, als in den Gdthd's (^ogucdiiah,
leuchtend, ist ein öfter gebrauchtes Prädikat Agiii's im Weda).
Qaoshjä^ könnte nun Partie, praes. davon sein, da diese Wurzel nach
der vierten Conjugation flectirt wird, und „der Leuchtende'* heissen.
Diese Benennung der alten Helden würde auch nicht auffallend sein,
wenn man bedenkt, dass die Sage sie von einem Lichtglanz (qarenöj
umgeben sein lässt, kraft dessen sie ihre grossen Werke vollbrach-
ten, wie uns der 19. Jescht zeigt. Aber gegen diese Fassung
spricht das ao = o. Wäre es wirkliches Particip. praes. des einfachen
Hang, die Gäthd's des Zaraifiustra. II. Cap. 45, 11. Cnp. 46. 129
Stammes, so hätten wir guskjä^ zu erwarten. Die Guninmg weist
auf den Causativstamm. Dieser lautet nach 32, 14 ^aocaj, so dass
eigentlich ^aoskajd^ = ^aocajd^ zu erwarten wäre. Aber dieser kann
sich auch durch Ausstossung des a vor aj verkürzen, wie uns diess
ukhshjeüi 44,3, wachsen machen, deutlich zeigt. In Folge einer
solchen Verkürzung, wie sie in den Gäthd's öfter vorkommen (man
vgl. ptd für patd oder pitd), wurde ^aocajdg zu ^aocjdg , unmittelbar
vor^ konnte sich aber c nicht halten, sondern ging wie in skjaothana
(für cjotnd) in sk über. Als Partie, praes. des Causativs heisst nun
^aoskjdg „helle machend, licht machend", was nur auf das An-
zünden und Unterhalten des heiligen Feuers sich beziehen kann.
Hierauf spielt auch 32, 14 je duraoshem (^aocajat avo an, welche
Worte wahrscheinlich nur ^aoskjd(^ umschreiben und erklären, ^aoskjdg
ist sonach wie aiigru (s. zu 44, 12) nur ein Name der uralten arischen
Feuerpriester, wie die Atharvan's und die Bhrgu's im Weda. Wie
sich daraus die Idee eines Messias entwickeln konnte, werde ich
anderswo zeigen. — Ueber deng-pati =z dathjmti, Hausherr, s.
Zeitschr. der D. Morgen). Ges. VIII, p. 767, not. 1 und das Gloss.
Zusammengezogen ist das erste Glied deilg aus damas, Genit. eines
Thema's dam, Haus, wovon demdna, Wohnung^ eine Weiterbildung
ist; man vgl. vanas-pati, Holzherr (von Agni) im Weda, in welcher
Composition ein Thema van und nicht das gewöhnliche vana, Holz,
angenommen werden muss. Als Accusativ plur. eines Thema's di, das
„Nachdenken" heissen könnte, lässt es sich nicht gut fassen; dagegen
spricht sowohl die Construction als der Sinn und Zusammenhang. —
Syntaktisch betrachtet sind die Worte von ^aoshjafito — da4nd ein
Zwischensatz, dem die Copula fehlt und dessen Subject daend ist;
„des feueranzündenden Hausvaters heiliger Ausspruch ist." Der Nach-
satz für jagtd etc. beginnt erst mit urvaihö. Dieses letzte Versglied
giebt Nerios. durch : müro hhrdtd päd vä Hormizdah richtig wieder.
Schwierigkeit macht die Verbindung von ahiird mazdd. Vocativ kann
es hier nicht sein, da nicht nur der ganze Zusammenhang des Verses
einem solchem Ausrufe widerstrebt, sondern die übrigen Worte dieses
Gliedes auch gar nicht construirt werden könnten. Wir müssen die
beiden Worte entweder als Nominat. Dual, oder als Dative sing,
fassen. Ich ziehe erstere Fassung vor, da auf diesen Dual oft genug
durch das Pronomen vdo (genit. Dualis) zurückgewiesen wird.
Capitel 46.
Wir haben hier nicht, wie im unmittelbar vorhergehenden Stücke,
ein grösseres zusammenhängendes Lied, sondern meist nur einzelne,
oft in gar keinem Zusammenhange stehende Verse, ähnlich wie im
Cap. 31. Der Inhalt ist zu verschieden und ungleichartig, als dass
sich nur eine äussere Einheit, wie in 44, könnte erkennen lassen.
Das Klagelied des Propheten über seine Verfolgung steht neben
Abhandl. der DMG. II, 2. 9
130 Hang^ du Gäthas des Zarathustra. II. Cap. 46.
allgemeinen Sentenzen, die Zurufe und Ermunterungen, die Zara-
thustra und seinen Freunden gelten, neben der Geschichte vom Ur-
sprünge der Gäthd's. Betrachten wir die einzelnen Verse und Vers-
gruppen für sich.
a) 1. 2. Klage Zarathustra's iiber Verfolgung. Der Prophet
ist von feindlichen Machthabern, die seiner neuen Lehre abhold
waren, aus seinen gewöhnlichen Aufenthaltsorten vertrieben. Er muss
von Land zu Land irren und weiss nicht, wo er für sich und seinen
Begleiter eine Zufluchtsstätte finde. Weder die Fürsten noch ihre
Diener glauben und huldigen ihm. Dessen ungeachtet will er bei
seinem Glauben beharren und sich nur an den wahren lebendigen
Gott Ahuramazda, nicht an die nichtigen Götzen wenden. Aber wie
kann er, verfolgt und verbannt, diesen Glauben ausüben? (Mit
dieser Frage wendet er sich an Ahuramazda. Unter qaetiis^ der
Eigene, der Herr, ist der Prophet selbst zu verstehen, wie der
Zusammenhang lehrt. Der airjama ist einer seiner Gefährten,
De-gdjiidqja oder Frashaostra.') Er fleht in seiner verlassenen hilf-
losen Lage den Ahuramazda um Hilfe an. Da er sein treuergebener
Diener sei, so möge er sein Weinen ansehen und seine Klage hören.
Er könne ja als der Mächtige, der über alle Glücksgüter gebiete
und sie vertheile, ihm leicht helfen. Als sein Freund erwarte er
diese Hilfe um so eher, nach dem alten Spruche, „dass ein Freund
dem Freunde giebt" (vgl. 43, 14). Zum Schlüsse hebt er noch-
mals des wahren Gottes Macht als des Besitzers aller Güter und
Gaben des guten Sinnes hervor, um sein Vertrauen zu stärken.
Dass beide Verse von Zarathiistra selbst herrühren und die
Erinnerung an eine seiner heftigsten Verfolgungen enthalten, scheint
mir ganz sicher zu sein. Die Ausdrücke qaetus, airjamdy verezena
(32, 1. 33, 3) sind acht zarathustrisch, namentlich in ihrer Zusam-
menstellung; ebenso findet sich die Redeweise, „wie der Freund
dem Freunde giebt" in sicher ächten Stücken (43, 14. vgl. 44, 1).
b) 3. Dieser Vers steht nicht nur weder mit dem Vorher-
gehenden noch mit dem Nachfolgenden in irgend einem Zusammen-
hange, sondern selbst seine einzelnen Glieder gehören gar nicht zu-
sammen, da sich wirklich kein Gedankenfortschritt entdecken lässt.
Er enthält ähnlich wie 44, 6 verschiedene Fragmente von Lieder-
versen. Die zwei ersten Glieder gehören zusammen. Ahuramazda
wird darin gefragt, wann die Verkündiger der Tage zur Erhaltung
der Ordnung in der Welt entstanden seien. Dass unter diesen nur
die Himmelslichter verstanden werden können, zeigt 50, 10 deut-
lich genug. Gerade desshalb kann auch das folgende dritte Glied,
in dem von den sich in künstlichen Liedern kundgebenden Einsich-
ten der Feuerpriester geredet wird, in keinen Zusammenhang damit
gebracht werden, man müsste nur annehmen, „die Verkündiger der
Tage" seien hier bildlich von den Liedern zu verstehen, welche die
Priester jeden Morgen erschallen lassen, was aber sehr unwahr-
scheinlich klingt. Ich glaube, dass unter diesen „Einsichten der
Hang, diu Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 46- 131
Feuerpriester" die beiden folgenden Sprüche gemeint sind, oder
wenigstens, dass der Sammler dieselben darunter verstanden hat
und desshalb dieses GHed von ihm hieher gesetzt ist. Der erste
derselben (viertes Glied) fragt, welchen Ahuramazda mit dem guten
Geist zu Hilfe komme. Im zweiten bekennt der Sprecher sich als
einen Anhänger und Lobpreiser Mazda's. Was die Zusammenstel-
lung dieser Fragmente hier bedeuten soll, ist schwer zu sagen.
cj Der vierte Vers ist ein Bruchstück aus einem acht zara-
thustrischen, gegen die Götzendiener gerichteten Liede. Der Gott-
lose oder Ungläubige hat den Frommen aus seinem Besitze ver-
drängt. Dieser herrscht jetzt über die Fluren, die dem wahren
Schützer und Beförderer des irdischen Wohlergehens, dem Geus urvd,
angehören, und dehnt seine Herrschaft über kleinere und grössere
Bezirke aus. Aber seine Macht kann, da sie nur auf Aberglauben
und Götzendienst, also auf Lug und Trug sich stützt, nicht von
langer Dauer sein. Daher kann und muss er wieder vertrieben
werden. Jeder, der dazu beiträgt, ihn aus dem geraubten Besitz
zu verdrängen, der wandelt auf den vom Erdgeist angewiesenen
und gelehrten Bahnen der Weisheit.
dj 5. 6. sind Verse über den Abfall von Glaubensgenossen, die
unter sich zusammenhängen. Beide sind äusserst merkwürdig, da
sie ein altes, wahrscheinlich von Zarathustra selbst herrührendes Ge-
setz enthalten. Wenn ein Fürst unter seinen Leuten einen treffe,
der den Eid übertrete, oder wenn ein Vornehmer einen finde, der
die mithra's oder Verträge nicht halte (s. Vend. 4, 2 ff.), oder wenn
irgend ein rechtschaffen lebender Anhänger der wahren Religion einen
andern der Gemeinde Angehörigen als Lügner und heimlichen Götzen-
diener finde, so soll er, sobald er einen sichern Beweis der Schuld
habe, ihn dem Herrn der Gemeinde, d. i. dem Zarathustra anzeigen,
damit der Abtrünnige und Gesetzesübertreter sofort ausgestossen
und aller Hilfe beraubt in Noth und Elend die gerechte Strafe für
sein Vergehen erleide (5). Wer nun diese Vorschrift nicht beachtet
und nicht, obschon er kann, zum Herrn der Gemeinde geht und
Anzeige macht, der kann selbst kein Mitglied mehr bleiben, sondern
solle nur zu seinen Geistesverwandten, den Götzendienern, zurück-
treten und die Satzungen der jetzt herrschenden Lüge wieder an-
nehmen; denn der Wahrheitgläubige und der Lügner vertragen sich
nicht. Wer dem Ungläubigen hilft, der ist selbst em Ungläubiger;
der Gläubige hat nur einen Gläubigen zum Freimd. Diese alten
Sprüche sind von Mazda selbst gegeben (6). Unter diesen Sprüchen
sind die unmittelbar vorhergegangenen Aussprüche (5. 6) gemeint,
als deren Urheber Ahuramazda selbst genannt ist. Sie rühren wahr-
scheinlich von Zarathustra selbst her; jedenfalls kamen sie aus seiner
Zeit und seinem engsten Freundeskreise. Denn der qaetus, Herr,
kann hier nur Zarathustra sein; ebenso nennt er sich ja selbst im
ersten Vers. In dem Schlusssatz von G sind diese Sprüche als
frühere oder alte bezeichnet. Im Munde Zarathustra's oder seiner
9*
132 Huiigf die Gdtha's des Zarathustra, II. Cap. 46.
Freunde könnte diess nur heissen, sie seien von altern Weisen ihnen
überliefert worden. Da aber der hier ausgesprochene strenge und
scharfe Gegensatz von Wahrheitgläubigen und Liigengläubigen erst
ein Werk Zarathustra's ist, so kann dieser Schlusssatz nicht von
dem eigentlichen Verfasser der Sprüche herrühren, sondern ist erst
von einem spätem Bearbeiter, um die Versglieder vollzählig zu machen,
hinzugesetzt worden.
e) 7 — 11 handeln von dem Schutz gegen das Böse, der Be-
lohnung der Frommen und der Bestrafung der Gottlosen. Unter
sich hängen sie nicht zusammen.
Im siebenten Vers sagt der Dichter, dass er gegen die An-
griffe des Lügners keinen andern Helfer als das Feuer und den
Geist Ahuramazdas kenne; durch die Thätigkeit dieser beiden Kräfte
sei ja das Wirkliche, d. i. die ganze gute Schöpfung ins Leben ge-
rufen worden. Sollte es indess sonst noch eine Stütze für den Glau-
ben geben, so bittet er den höchsten Gott um deren Kenntniss.
Im achten Vers wird dem, der die Landgüter verderbe und
nicht als Feueranbeter dem Dienste des heiligen Feuers obliege,
Rache und Vergeltung angedroht. Ahuramazda soll über dessen
Person alles Unglück verhängen und alles thun, was ihn aus einer
glücklichen Lage herausstossen könne. Störend ist im letzten Vers-
gliede Mazda. Ist dieses wirklich acht, so ist der ganze Vers eine
Anrede an Ahuramazda. Dann muss sich „meine Gdthas'-'- und „nicht
verehrt er mich" auf den Sprecher, der vermuthlich Zarathustra ist,
beziehen. Da diese Beziehung etwas sonderbar klingt, so möchte
ich fast vermuthen, das fünfte V^ersglied, das überdiess ziemlich matt
nachhinkt, sei der Zusatz eines spätem Bearbeiters.
Der neunte Vers fragt, wer dem Propheten die erste Kenntniss
von Ahuramazda als dem am höchsten durch gute Werke zu ver-
ehrenden Gotte, als dem heiligen, lebendigen, wahrhaftigen zuerst
mitgetheilt habe. Die zwei letzten Vcrsglieder enthalten die Ant-
wort. Jener Helfer und Freund ist der Erdgeist, dessen Worte ihm
durch Ahuramazda's Geist geoffenbart wurden (vgl. 29, 1).
Im zehnten Vers sind die genannt, welche über die Brücke
Cinvat in das Paradies gelangen. Jeder, Mann (wler Weib, der des
Propheten Lehre folgend das thut, was Ahuramazda als die besten
Thaten zur Förderung des Lebens erkannt hat, indem er dem Wirk-
lichen die Wirklichkeit oder dem Wahren die Wahrheit giebt (d. h.
indem er nur solche Werke vollbringt, die der guten Schöpfung
nützen und sie forterhalten) und durch fromme Gesinnung Besitz
erwirbt, sowie alle Jünger des Propheten, mit denen er zum Lobe
der höchsten Geister geht, d. h. alle entferntem und nähern An-
hänger der neuen Religion, werden von ihrem Herrn und Meister
über die Brücke Ci7ivat oder die Himmelsbrücke, wo die Abge-
schiedenen sich versammeln und über ihren Wandel befragt werden
(daher eigentlich Brücke des Versammlers, welch letzterer wahr-
scheinlich der Genius (^raosha ist), hinüber ins Paradies geführt.
I
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 46. 133
Hieran ist der eilte Vers nur desswegen geschlossen, weil darin
den Ungläubigen und Feinden des wahren Lebens die Hölle an-
gedroht und dabei die Brücke Cinvat wieder erwähnt ist. Ein näherer
Zusammenhang mit dem Vorhergehenden lässt sich nicht nachweisen.
Sein Inhalt ist merkwürdig und stimmt zu 32, 14. 44, 20. Die Götzen-
priester und heidnischen Sänger haben die Oberherrschaft; sie miss-
brauchen diese dazu, um durch ihre schlechten Werke das mensch-
liche Leben zu Grunde zu richten, d. h. sie schaden durch ihre
Zauberlieder und Ceremonien dem menschlichen Leben ; ihre eigene
Seele und ihr eigenes Denken führt sie vom wahren Weg zum
Himmel ab und treibt sie von der Brücke Cinvat hinweg und stürzt
sie auf ewig in die Lügenwohnung, d. i. die Hölle. Man vgl. 51, 13-
f) 12. Dieser Vers steht ganz vereinzelt in der ganzen Samm-
lung; er ist höchst merkwürdig, da er Aufschluss über die Grün-
dung der so oft genannten GaethcCs giebt. Dieses wichtige Ereigniss
ist an eine historische Thatsache geknüpft. Als die iranischen Stämme
und ihre Genossen den Feind Frjdna besiegt hatten, kamen die
wahren Dinge zum Vorschein, d. h. diejenigen Sitten und Gebräuche
entstanden, welche zur ßefcirderung des Wohlstandes dienten; hieher
gehören vor allem der Feuerdienst und der Ackerbau. Um beide
zur Erhaltung der guten Schöpfung durchaus nothwendige Dinge auf
die Dauer vor feindlichen Angriffen zu schützen, umzäunte Ahura-
mazda selbst einzelne Ackerstücke und schied so die Gaethd's (Be-
sitzthümer), worunter wir einen geschlossenen Hof mit Ackerland,
Weide und Wohngebäuden zu verstehen haben. Nachdem sie also
hergerichtet und befestigt waren, wurden sie den Siegern als bleibender
Besitz angewiesen. Von Zarathustra rührt der Vers schwerlich her.
g) 13 — 17 handeln von Zarathustra, seinem Werke und seinen
Gefährten den Haecat-a^pa's, dem Gdmd^pa und Frashaostra. Man
vgl. 51, 14—19.
Wer unter den Menschen dem Zarathustra als dem Heiligsten
durch die That Ehrfurcht bezeugen will, der sei auch bereit seine
Lehre öffentlich zu bekennen. Diese Verehrung verdient der Prophet
um so mehr, als ihm Ahuramazda das Leben, d. i. die ganze gute
irdische Schöpfung übergab und für ihn die Gaethd''s gründete. Da
er so hoher Gnade gewürdigt wurde, so ist er als Freund und
Genosse der himmlischen Geister zu betrachten (13). Auf diesen
allgemeinern Satz folgt nun die Anfrage an Zarathustra, wer ihm
Freund und Helfer bei seinem grossen Werke sei, und wer es ver-
kündigen wolle. Die Antwort folgt, wie öfter, sogleich. Kavd
Vistd(;:pa ist sein nächster Freund, der solches thim will. Ihn, sowie
alle andern, die Ahuramazda in der Versammlung der himmlischen
Geister zur Verbreitung des wahren Glaubens auserwählt hat, will
der Dichter mit Worten frommen Sinnes preisen (14). Er wendet
sich zuerst an die Haecat-aQpa's, eine mit Zarathustra verwandte
Familie, wie aus 53, 3 erhellt, wo eine Tochter Zarathustra's
Haecat-a^pdnd heisst. Sie führen das Prädikat fjpitema, hochheilig,
134 Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 46-
das sonst nur Zarathustra und seiner Familie zuzukommen scheint
(53, 3 führt seine Tochter ebenfalls das Prädikat ^pitämi); vermuth-
lich war es der Name von Zarathustra's Familie selbst. Der Ruhm
dieser Familie besteht darin, dass sie das Recht und Unrecht unter-
scheidet; durch ihre Handlungen, die in Ausübung der alten Ge-
setze Ahuramazdas bestehen, wird ihnen die Wahrheit verliehen.
Nach diesen Andeutungen zu urtheilen, war diese Familie im Be-
sitz richterlicher Würden ; darauf gründet sich wahrscheinlich auch
die Bezeichnung ^pitama (15).
Diesem Zuriif an die Haecaf-agpa's folgt eine Aufforderung an
Frashaostra mit seinen treuergebenen Anhängern, die sie beide, der
Sprecher und Frashaostra, sich zum Wohle der Schöpfung erwählt
haben, dorthin zu kommen, wo die Armaiti mit den Wahrheiten
ist, wo die Besitzthümer des guten Sinnes sind, wo die Wohnung
Ahuramazda's ist, d. h. in das Paradies (16). Nun wendet er sich
an die De-^dmd^pa's , sie ebenfalls einladend, dorthin zu kommen,
wo nur Heils- und Segensworte und kein Fluch zu hören sei. Wie
die Haecat-a^pa's das Recht verwalten, so sind sie im stetigen Be-
sitz der Güter des die Offenbarungen bewirkenden, vollbringenden
Ahuramazda, d. h. all der Lieder und Gebete, die der höchste Gott
in seinen Offenbarungen den Propheten mitgetheilt hat. Dieser
machte nach seiner tiefen Einsicht einen Unterschied zwischen Recht
und Unrecht, d. h. er theilte in seinen Offenbarungen stets das
Rechte und dem Gedeihen der guten Schöpfung Förderliche mit (17).
Diese Verse (13 — 17) hängen ursprünglich nicht zusammen und
wurden von einem spätem Bearbeiter nur desswegen zusammenge-
stellt, weil darin von den Personen, die zu Zarathustra in einem
engern Verhältniss standen, die Rede ist. Die drei ersten (13. 14. 15)
können nicht von Zarathustra sein, da er darin Qntama genannt
und sogar in der zweiten Person angeredet ist. Auch der Zuruf
Zarathustra's an die Haecat-a^pa's würde etwas sonderbar klingen.
Dagegen halte ich die Verse 16. 17 für acht zarathustrisch. Deut-
lich führt darauf der Ausdruck „wir beide wählten", worunter (vgl.
28, 7 — 9) nur Frashaostra und Zarathustra zu verstehen ist.
h) 18. 19 beziehen sich auf die Belohnung''der Bekenner und
Verehrer der Lehre Zarathustra's. Da der Prophet in der ersten
Person von sich redet und zugleich seinen Namen dabei nennt, so
ist kein Zweifel, dass er selbst der Verfasser ist. Wer ihn verehrt
und ihm gewogen ist, für den sammelt er die allerbesten Gaben,
die er durch seine eigene Glaubens- und Gebetskraft mit frommem
Sinne erfleht hat und verleiht sie ihm. In Noth und Elend will er
dagegen denjenigen bringen, der ihn und seinen Gefährten (wahr-
scheinlich Frashaostra) selbst in eine solche Lage stürzte. So zu
handeln, nämlich seine Freunde zu belohnen und seine Feinde zu
bestrafen, erklärt er als seinen festen, aus reiflicher Ueberlegung
hervorgegangenen Entschluss und ruft den Ahuramazda und seine
himmlischen Geister um Beistand dazu an (18). Wer der Lehre
Haug, die Gdthas des Znrat/iustia. IL Cap. 46, 1. 135
Zarathustra's folgend, am meisten zur Forterhaltung dieses Lebens
der Wirklichkeit beiträgt, d. h. wer das Gedeihen des Guten in der
Schöpfung fördert, dem verleihen die himmlischen Geister das höhere
geistige Leben und im irdischen den Besitz aller Güter, die auf
der unvergänglichen Erde sich finden und die alle dem Ahiiramazda,
dem Freund des Propheten, gehören (19).
V. 1. Kam — ajeni Ner. : kam namaskaromi gatuh Hormizddh
(wohl —dasja) ^ishjo; kasminca namaskftjd pracarämi, welche Weise soll
ich, des Ormuzd Schüler, als Lob darbringen; in welcher Verehrung
soll ich wandeln? Obschon die Uebersetzung des nemoi und jiemo
durch namas, Lob, das so oft im Baktrischen sich findet, am nächsten
liegt, so kann ich sie bei näherer Besichtigung der Stelle nicht theilen;
denn erstens ist nemoi keine regelrechte Dativform von nemafih und
zweitens kann auf diese Weise der Accus, kam — zdm nicht genü-
gend erklärt werden. Nemoi aber als Denominativ von nemafth zu
fassen, ist grammatisch nicht möglich, da dessen Thema nemaqja
lautet (vgl. die erste Person Plur. praes. med. nemaqjdmahi 36, 5.
38, 4. 39, 4 und das Part, praes. nemaqaitis 33, 7). Es kann hier
nur eine erste Person sing, praes. medii der Wurzel nem =: nam^
beugen, wenden, sein, der wir öfter im Zendawesta begegnen
(s. nemaiti ii. 24, 51; nemdonU, sich wenden, fliehen von den Daeva's,
Jt. 9, 4. 17, 25) und die im neupersischen numildan, zeigen, noch
erhalten ist. Das zweite Glied des Satzes kuthrd nemo ajeni ent-
spricht dem Sinne nach vollkommen dem ersten; nemo ajeni ist
ebenso viel als nemoi allein, so dass nemo hier nicht im übertragenen
Sinne von Lob, Anbetung, sondern im ursprünglichen von Beu-
gung genommen werden muss. Vgl. Jt. 24, 65. — Pairi — dadaiti
Ner. : upari svddhineshu ddigamanam ^) supradattvö ^smi, für die Unab-
hängigen habe ich den Anweiser ganz hingegeben. Diese Ueber-
setzung, in der svddhineshu dem qaeteus und ddi^amanam dem airja-
mana^ca entspricht, ist grammatisch nicht richtig. Beide stehen im
Genitiv, der von pam abhängig ist. Dass qaetus selbstständig,
unabhängig oder auch Eigenthümer, Herr bedeutet, ist ausser
allem Zweifel, da hier Etymologie (für qajatu, was einem sanskr.
svajatu entspräche), Tradition und der Zusammenhang der Stellen
aufs beste übereinstimmen. Etwas schwieriger ist die genauere Be-
deutung des Airjama zu bestimmen, das in deti Gdthas gewöhnlich
neben qaetu, dem Eigenthümer, Herrn, und verezejia, dem Ge-
sinde oder Sklaven (eigentl. das Arbeitende, gerade wie ^^y iin
Hebr.), vorkommt. Nerios. giebt das Wort an den vier übrigen
Stellen, wo es sich noch in den Gdthd's findet, immer durch Ab-
leitungen der Wurzel dif-f-d; so 33, 3 durch das Abstractum
') So lesen die Mss. ; das Wort findet sich so im Sanskrit nicht; es soll
eine Nächbildung: des Airjama n sein; als Wurzel ist (li<;-\-d genommen.
136 Haag, die Gaihas des Zarathustra. II, Cap. 46, 1.
Migakatdy Anweisung, 33,4 durch dd^VaA-a, Anweiser, Lehrer,
32, 1 durch diqatd, Weisung, 49, 7 durch dde^a, Anweisung.
Worauf sich diese Uebersetzungen stützen, ist etwas schwer zu
sagen. Neben dieser Tradition scheint es indess noch eine andere
gegeben zu haben, wonach Airjama der Name eines Landes wäre.
So fasst es Anquetil. Beide Erklärungen sind indess entschieden
falsch, da sie nirgends näher betrachtet, einen auch nur halb be-
friedigenden Sinn gewähren. Die gewöhnliche Zusammenstellung mit
qaetus und verezena lässt mit Sicherheit darauf schliessen, dass auch
airjama irgend ein bürgerliches oder staatliches Verhältniss bezeichne.
Hierüber habe ich schon weiter in der Kieler Monatsschrift, Oktob.
1854, geredet und will nur das Wichtigste ausheben. Es ist iden-
tisch mit dem wedischen arjaman, welches nicht bloss Eigenname
eines häufig neben Mitra und Varuna genannten Äditja ist, sondern
auch noch in dem appellativen Sinn von Freund, Genosse sich
findet. Ja9. 40, 4 finden wir neben qaetus und verezena, die mit
airjaman gewöhnlich eine Dreitheilung machen, an der Stelle des
letztern hakhemä, Genosse, Gefährte, was deutlich genug dafür
spricht, dass dem airjaman eine ähnliche Bedeutung in wohnte. Hiezu
ist eine Notiz des Burhdn-i qdti über irmdn, was lautlich vollkom-
men dem airjaman entspricht und nur daraus entstanden sein kann,
zu stellen. Nach diesem trefflichen Wörterbuche bezeichnet irmdn
,, einen Gast oder Genossen, der seine Freunde an irgend einen
„Ort begleitet, oder einen, der von selbst kommt, ohne dass man
„ihn holt; auch einen, der sich ohne Erlaubniss in die Wohnung
„oder auf das Eigenthum irgend eines begiebt." Hieraus kann man
klar sehen, dass wir unter airjaman einen Schutzgenossen, eine Art
dienten, überhaupt einen Mann zu verstehen haben, der ohne mit
der Familie blutsverwandt zu sein, doch zu ihr in einem nahen
Verhältnisse steht, aber nicht in dem eines Knechtes oder Sklaven,
sondern in dem eines Freien. Am besten scheint der cliens der
Römer und der l.n der Hebräer zu entsprechen. Nur eine solche
Bedeutung hat das Wort in den Gdthd's. In andern Stücken des
Zendawesta dagegen finden wir Airjama als Nomen proprium eines
Genius, der gewöhnlich das Prädikat ishjo, daseist nicht der er-
wünschte, auch nicht der nahrungsreiche, wie ich früher er-
klärte, sondern „der zu sendende", was zu seinem Wesen sehr gut
passt. Er ist nach dem 22. Capitel des Vendidad ein Heilgott.
Ahuramazda schickt den Genius Nairjo-ganha in seine Wohnung mit
dem Auftrage, er solle heilen die zahllosen Krankheiten, die Anrn
mainjiis geschaffen; dafür solle er tausend Pferde erhalten etc. Be-
rühmt ist ein altes an ihn gerichtetes Gebet (Ja9. 54. Vend. 20, 26 ff.
Sp.; vgl. Jt. 3, 5). — Das Subject zu diesem Satze pairi — dadaiti
kann nur zäm im vorhergehenden Gliede sein ; das Relativum muss
daher vor pairi ergänzt werden.
Noit — hecd Ner. : na mdm samvidanti svagronajo ^pi, nicht
kennen mich die eigenen Lenden (wohl figürlicher Aus(lruck für
Hang, die Gdthas des Zarathustra. IL Cap. 46, 1. 2. 137
Kinder oder das Hausgesinde). Khshndus ist von Nerios. als dritte
Person Plur. praes. gefasst, und der Zusammenhang scheint ganz
diese Fassung zu bestätigen, während v. 13, ebenso 51, 12 ent-
schieden dagegen spricht. Nach diesen ist es sicher ein Singular.
Aber da us keine Endung einer dritten Person sing, des V^erb. finit.
ist, so müssen wir von einem Verb, finit. absehen. Es ist der No-
minativ sing, rein aus der Wurzel k/ishnü durch Antritt der Nomi-
nativendung s und durch Vriddhirung des u gebildet, gerade wie die
Wurzel djii, div, glänzen, im Sanskrit den Nominativ djdus, der
Himmel (eigentl. das Glänzende), bildet. Die Bedeutung ist eine
participiale : verehrend. Khshndus ist eng mit iiöit zu verbinden:
kein mich verehrender ist da. Die folgenden Sätze ja verezend
und naMd daqjeus etc. sind eine nähere Erklärung dieses kurzen
Sätzchens. — Kathd — ahurd Ner. : katham [d] tvdm mahdgndnin.
satkdrajdmi svdmiii: wie nehme ich dich, Ahuramazda , auf?
V. 2. Faedd — anaesho Ner.: vedmi tat jad asmi mahdgndnin
aprdrthavit, ich weiss das, dass ich einer bin, der kein Verlangen
kennt (nicht begehrlich bin). Das anaesho leitet der üebersetzer
demnach von einer Wurzel wÄ, wünschen, ab. Dass das Wort
aber einen andern Sinn hat, beweist 29, 9, s. dazu. — Für md
kamnafshvd hat Ner. : aham kimcit naracajah kila me vibhüti[Ii] kimcii
naro, ich (bin) in jeglichem Ding eine Menschenmenge (so stark
wie eine Menschenmenge), nämlich meine Stärke, ein Mann in jeg-
lichem Ding. Aus dieser Uebersetzung, wie aus der der folgenden
Worte hjatca kamndnd ahmi durch jacca kimcit naro ^smi sieht man,
dass Ner. kamnafshvd in drei Worte, kam = kimcit, na =. nara und
fshvd = caja, und kamndnd in zwei Worte kam und na zerlegt hat.
Dieses Verfahren war ein verzweifeltes Mittel, das oLiz. Xsy. zu er-
klären, dessen richtiger Sinn längst verloren gegangen war. Wir
müssen diese Erklärung entschieden verwerfen, da sie völlig sinnlos
ist. Kamnafshvd als ein Wort betrachtet, muss entweder Locat.
plur. von einem Adjectivum kamna oder eine zweite Person Impera-
tivi medii der Wurzel kam, lieben, sein. Die letztere Fassung
wäre für den Zusammenhang die passendste; aber, da wir durchaus
nicht nachweisen können, dass dieses Verbum nach der sogenannten
neunten Conjugation flectirt werde, was hier der Fall wäre, so
müssen wir von dieser Erklärung abstehen. Das kamna als Adjectiv
findet sich zwar nicht weiter im Zendawesta, aber wir haben es in
der arischen Keilschriftgattung (Bisut. I, 56. II, 2) in dem Sinn von
„Getreuer". Die Locativendung fshvd (vgl. varefshvd 53, 3 von
vare oder vara^ macht keine Schwierigkeit. Der Accus, mdme ist
mit dvaend zu verbinden. Kamndjid ist ein adjectivisches Compo-
situm und in kamna und nd. Mann, zu zerlegen. — Gtrezoi — ahurd
Ner.: kranddmi tvaji tad etad dlukaja svdmin, ich schreie zu dir, sieh
doch dieses da an, Herr! Für dvaend, wie West, nach K. 4, 9,
P. 6 schreibt, wird besser mit K. 5, 6 avaend gelesen. Das Augment
138 Jlaug, die Gdthäs des Zaraihastra. II. Cap. 46, 2.
beim Imperativ darf im Baktrischen nicht befremden, man vgl. die
zweite Person plur. imper. avaenaid 30, 2. Gerezoi ist hier keine
erste Person praes. medii, sondern Infinitivform, eigentlich Dativ
der blossen Wurzel.
Rafedhrem cagväo Ner. : pramodafn samihitaitica, Freude luid
Erwünschtes-, ähnlich werden rafedhrem cagedo 51, 20 durch:
dnande pramodeca, in Freude und Lust, übersetzt. Grammatisch
ist diese Fassung jedenfalls zu verwerfen, da rafedhrem als Accusativ
von cagvdo abhängig ist. Zur Ermittlung der Bedeutung ist noch
38,3: uboibjd ahubjd cagemd zu vergleichen. Im Sanskrit bietet
sich zur Erklärung zunächst die Wurzel cak, leuchten, wovon das
bekannte caksh, sehen, cakshus, Auge, im Baktrischen cashma;
aber die Bedeutung sehend, erblickend, passt für cagvdo (ge-
bildet wie dreg-vdü von der Wurzel dreg = driih) nicht recht, noch
weniger für cagemd 38, 3 mögen wir dieses für ein Verbum (eine
erste Person plur.) oder ein Nomen abstract. halten. Richtiger ist
wohl die Zurückführung auf kan, lieben, dessen Perfectum im
Activum zwar cakdna, aber im Medium, wenigstens in Verbindimg
mit «, nur cake lautet (s. das Petersburger Sanskritlexikon, s. v. kan).
So ergiebt sich für cagvdo die Bedeutung liebend, gern habend,
womit die traditionelle Auffassung erwünscht und Freude sich
vereinigen lässt. Für cagemd 38, 3 würde nun zwar die Bedeutung
Freude, Annehmlichkeit nicht unpassend sein; aber die Rede-
weisen rafedhrem cagvdo oder rafedhrem cagedo, welche von Ahura-
mazda gebraucht werden, durch der Glück liebende zu über-
setzen, wäre nicht zutreffend. Der Zusammenhang an unserer Stelle
scheint noth wendig den Begriff verleihen oder verkünden zu
verlangen. Die letztere Deutung scheint durch caksh, das in Ver-
bindung mit Präpositionen, wie a, wirklich erzählen, verkünden
bedeutet, begründet werden zu können; aber das Fehlen des sh in
allen baktrischen Formen, das in dem Substantiv cashma, Auge,
sich zeigt, ist ein gewichtiges Zeugniss gegen diese Ableitung.
Ausserdem passt die sich ergebende Bedeutung durchgängig nicht
so gut, als die von verleihen, zutheilen, wenn sich diese wirk-
lich erweisen lässt. Eine Verbalwurzel, die unmittelbar diesen Sinn
giebt, können wir im Sanskrit nicht finden. Am nächsten liegt ki
oder ci (ciketi im Weda, gewöhnlich zu kü gerechnet), erkennen,
wissen, und das Substantiv cihna, Erkennungszeichen, Symbol,
welches gewiss erst aus cikna abgeschwächt ist. Damit ist das neu-
persische cak, Diplom, Document, zusammenzustellen. Darnach
sind wir einigermassen berechtigt, dem cag oder cig (K. 4 liest
cigvdo, ebenso Bf cigedo in 51, 20) die Bedeutung durch ein
Zeichen markiren, kenntlich machen beizulegen. Diess führt
uns auf die allgemeinere Bedeutung zutheilen, bestimmen (für
einen bezeichnen). Da nun rafedhrem nicht Freude bedeutet, wie
die Tradition erklärt (s. zu 28, 2), sondern Antheil, Glück,
Schicksal, so bekommt nach dieser Untersuchung die Phrase
Hang, die Gät/id's des Zurat/tustra. IL Cap. 46, 2. 3. 139
rafedhrem cagvdo den Sinn „der das Schicksal bestimmt, zutheilt",
oder genauer „der den Antheil bezeichnet", welches Prädikat nicht
nur am besten dem höchsten Gotte an sich schon zukommt, son-
dern auch trefflich in den Zusammenhang unserer Stelle passt. —
Akh^o — mananha Ner. : ^ikshajd utiamasja puiijalakshmi manasah cet
sadhjdpdritajd ^ikshito ^smi tan mahjam prasddam dehi, wenn icii in
der Lehre des höchsten Geistes, in der des Reinen Glück besteht,
in der V^ollbringung des Guten unterrichtet bin, so gewähre mir
diese Gunst. Ak/tgo ist hier mit gikshd, Lehre, wiedergegeben,
was aber eine ungenügende und irrige Uebersetzung ist. Vor allem
kann das Wort hier kein Nomen, sondern es muss ein Verbum
sein, da der Accus. Mim sonst gar nicht genügend erklärt werden
könnte. Weiter lässt sich aber auch die Bedeutung lehren weder
etymologisch — der Uebersetzer verwechselte es wohl mit ^ish,
lehren — beweisen, noch giebt dieselbe irgend einen vernünftigen
Sinn. Der Zusammenhang scheint die Bedeutung besitzen oder
eine ähnliche zu fordern. Darauf kann uns auch die Etymologie
fuhren. An die Wurzel M^Ai, herrschen, besitzen, -f- « ist nicht
zu denken, da wir dann zum mindesten dkhshojo haben müssten.
Auch fi, liegen, das mit d diesen Begriff geben könnte, liegt wohl
zu fern. Jedenfalls ist es derselben Wurzel wie kh<^di 28, 5. Da
eine Wurzel khi;a nirgends existirt, so müssen wir hier wohl eine
Reduplikation annehmen, so dass kh^a eigentlich für /«V« steht.
Dass die Syibe hi vor s, f wirklich zu kh verkürzt wird, beweist
khshmdvat für hishmdvat, khstd für hi^ta deutlich genug. In diesem
khga = hi^a nun können wir nur eine Formation des Verbum
substant. as, sein, haben, das im Imperfect. a^ lautet und von dem
sich eine Participialform gu^ 46, 19 (Nominat.) findet. In dieser
verstärkten Form hat es wohl die stärkere Bedeutung bleiben;
was in 28, 5 den besten Sinn giebt. Mit der Präposition d kann
es die Bedeutung bleiben bei, d.i. bewahren, behüten oder
auch bleiben, halten an etwas, d. i. besitzen, bedeuten.
V. 3. Kadd — at^näm Ner. : kadd tdh ddtajo mahdgndnin ja
vikd<^ajitrj6 ahndm akshajakardh ; kila sakdlah kadd prapnoti jatndin
nardineshu [?] kdrjam pu)ija[jn] pravardhajanti. Ukhshdno ist hier
durch vikdgajatrijo , Erhellerinnen, übersetzt; akshajakara, Un-
vergänglichkeit machend, ist ein Beiwort dazu oder eine Er-
klärung davon. An eine Identifikation mit dem wedischen ukshan^
befruchtend, dann Stier, ist wohl nicht zu denken, wenn auch
die beiden Worte äusserlich sich ganz gleich sind. Auf die Wurzel
ush, leuchten, wovon iisharih, Morgenröthe, womit es wahrschein-
lich die Tradition zusammenbrachte, lässt es sich auch nicht zurück-
führen. Am nächsten liegen die Wurzel ukhsh ==: vaksh, wachsen,
und vac, reden, das sich häufig genug zu nkh verkürzt. Ukhsh,
wachsen, wird gewöhnlich mit der Sylbe /a conjugirt; sollte ukhshan
davon kommen, so hätten wir eher ukhshjan zu erwarten. Doch
140 Hang, die Gdthäs des Zarathustra. IL Cap. 46, 3. 4. W
die Ableitung von ukhsh, wachsen, auch zugegeben, würde die
Bedeutung „die Mehrer der Tage", wie übersetzt werden müsste,
nicht recht befriedigen. In Cap. 50, 10 wird der Ausdruck ukhshd
a^näm von den Sternen und der Sonne gebraucht, wozu die Ab-
leitung von vac, reden, verkünden, am besten passt, indem die
Himmelslichter als die Verkündiger der Tage und Zeiten auf
Erden gefasst werden. Gebildet ist xihhshan, Verkündiger, wie
^raoshan, maretan, avanhan etc. — Kaeibjo — mananhd Ner. : heshu
Idbhah uttamena präpnoti manasd [kila tarn prasddatn jam sadhjdpära-
tajd dadanto |?| kebhjo dadantij. Die üebersetzung des üthdi durch
Idühah, Nutzen, scheint auf den ersten Anblick richtig zu sein,
da es sich von av, helfen, wovon avanh, Hilfe, ableiten lässt und
dem wedischen üti, Hilfe, sehr ähnlich sieht. Aber bei einer Ab-
leitung von av wäre im Baktrischen nicht utha, sondern avatha oder
aotha zu erwarten; va zieht sich wohl zu u zusammen, jedoch
nicht av. Mit diesem uthdi, das nur Dativ eines Theraa's utha sein
kann, hängt offenbar uzüithjoi v. 5 zusammen. Ich kann hierin nur
die Wurzel vat, vath, verkündigen, sprechen, sehen, wovon
urvatho, der Sprecher, Lobpreiser, und urväta, der Ausspruch,
kommt. Diese giebt auch einen bessern Sinn als av, helfen.
V. 4. At — gdo-froretois Ner. : evam te durgatinah je dharmarn
sim (sam) dcaratah rakshati gdm samdda^dt(de^dt) ; kila jah kdrjam
piüijam kurute tasja gdm ddndt kebhja^cit pratiskhalaiiti. Diese Üeber-
setzung ist streng wörtlich, aber grammatisch kaum im Zusammen-
hang zu verstehen. Das Compositum gdo-froretois ist eng mit ashahjd
im Sinne eines Adjectivs, die Erde schützend (froreti = fravarti,
Schützer, schützend) zu verbinden. Nerios. fasst fröretois als
Ablativ, was möglich, aber hier durchaus nicht nothwendig ist. - —
Duzazobdo — ahem-ugto Ner.: dushto baldtkdri bhavati svijdih karmabhih
adho mrtah; kila apagivo bhavati. Der Schlechte in Kraft handelnde
wird durch seine eigenen Handlungen todt. In dem ersten Worte
sieht Ner. mit Recht ein Compositum, aber die Deutung ist nicht
ganz richtig; er trennt duza = diishta, und zobäo, das ihm eine
Adjectivbildung von zdvare, Kraft, ist. Die Treanung duz -\- azobdo,
welche als die naturgemässeste erscheint, da wir sonst kein Sub-
stantiv duza (wohl aber duzanh') kennen, würde auf zu grosse
Schwierigkeiten der Erklärung stossen, als dass wir sie annehmen
können (etwa az6 = ahas, ahhas , Angst, und bdo, glänzend, das
Ganze: durch schHmme Noth sich auszeichnend?). Trennen wir
duza zobdo, so heisst ersteres nur das Schlechte, Schlechtig-
keit, das zweite ist eine Bildung der Wurzel zbe = hve , rufen,
anrufen, so dass das Wort „der das Schlechte verehrt" bedeutet,
was einen guten Sinn giebt. — Die Üebersetzung des ahem-u^tö
durch adho mrtah „unten todt" hat noch eine Spur richtiger Auf-
fassung bewahrt. An das Verbum vaf, wollen, oder an vas, woh-
nen, ist nicht zu denken; sondern das u^to ist gleicher Abstam-
Haug, die Gathas des Zarathustra. IL Cap. 46, 4. 5. 141
inimg mit dem bekannten usta. Glück, Heil, und dem ustdiia,
Erhebung, das auch Dasein, Leben bedeutet, womit die Tra-
dition dieses Wort (ui;tSj zusammenbrachte. Der Ableitung nach
ist es nur eine Participialbildung der Präposition ut (uz, ur) und
kommt nicht von ut + sthd her. Bleiben wir bei der Bedeutung
des usta als Heil, Glück (43, 1), eigentl. was empor geht, her-
vorragt, so heisst ahem-u<^t6 (das hem = sam ist blosse Verstärkung,
und Verallgemeinerung des Begriffs) nicht beglückt, ohne Er-
folg. — Jagtem — gjdteus vd Ner. : prdpie rdgje mahdgnduin prati-
cchedajitd hantdro vd; kila manushjdn pdpdt anjathd samihate dharttum,
nach erlangter Herrschaft ist er ein Vernichter oder Mörder; durch
Frevel sucht er auf andere Weise die Menschen festzuhalten. Diess
kann nur auf den bösen Feind der Menschheit gehen, 'auf Ahriman;
aber dregvdo ist hierauf nicht zu beziehen, sondern auf den Gott-
losen überhaupt. Das Imperf. moiihat ist entweder auf müh,
stossen, wovon ma^thana, Wohnung (eigentlich das Festgeschla-
gene, Festgemachte), abzuleiten, oder es hängt mit mitha, Lüge,
zusammen (s. zu 31, 12). Ich halte das Erstere für das Richtige,
was auch mit der Tradition praticchedajitd stimmt. Dagegen ist die
Uebersetzung des gjdteus durch hantdro j wonach es von gan=.han,
schlagen, tödten, kommen müsste, entschieden irrig; es kann
nur auf 4"*, ersiegen, und dann besitzen, zurückgeführt werden
(s. das Gl.). — Hvo — carat Ner. : ete te prakrshfain gavdm samüheshu
sunirvdnignatarah karmdnah ; kila pratijatnam gopagündm suparigndna-
tajd kurvanti; nirdarQajanam Zarathustrasja, Diese haben bei Riiider-
heerden am meisten die höchste Erkenntniss; sie trachten durch die
höchste Erkenntniss nach Vieh. Der Sinn und Zusammenhang des
Ganzen spricht gegen diese Erklärung; gdo ist hier nicht im Sinne
von Kuh zu nehmen, sondern muss Erde heissen. Die Genitive
shoithrahjd und daqjeus bestimmen gdo näher.
V. 5. Je — ajantem Ner. : jo jushmdkam rdgje addtdnrgansasa-
mdgamanah; kila antar asmin gagati ddnam na kuriite cchadam (cche-
dam) karttumca djdti; wer in eurem Reiche sich zur gesetzlosen
Grausamkeit zusammenrottet, nämlich in dieser Welt keine Gerech-
tigkeit übt und Zerstörung zu machen trachtet ^). Addg, hier durch
addta, ungerecht, wiedergegeben, lässt mehrere Deutungen zu.
Es kann sein 1) part. praes. von ad, essen, also der cssende,
vernichtende; aber diese Wurzel findet sich im Baktrischen nicht;
in diesem Fall müsste ajantem davon abhängig gemacht werden ;
rP 2) = a-dant, nicht-gebend , oder a-dhant, nicht setzend;
3) Nom. sing, einer Adjectivform des Adverbiums «da, darauf,
I
^) addtänrQansa kann nicht wohl in addta -+- anvQansa (nicht grau-
sam, milde) zerlegt werden, da die Glosse gar nicht dazu stimmen würde,
sondern in addld -h nri^ansa ; addla ist kein Sanskritvrort, sondern ein
baktrisches, man müsste nur adäna, das Nichtgeben, lesen wollen.
142 Hang, die Gäthas des Zarathustra. II. Cap. AQ, 5.
vgl. vag 49,4; 4) könnte auch noch an adhas, unten, oder an
eine Erweichung der wedischen Wurzel ai , gehen, wandern, ge-
dacht werden ; beides hat aber geringe Wahrscheinlichkeit. Die tra-
ditionelle Bedeutung ungerecht, die durch eine Ableitung des adäg
von da oder dhä gestützt werden könnte, ist dem Sinn und Zu-
sammenhang nach nicht zulässig. Zudem würde, wäre es Particip.
praes. der besagten Wurzeln, nicht dag, sondern dadäg zu erwarten
sein. Die einzig richtige und stichhaltige Erklärung ist die unter 3
gegebene. — Das Verbura finit. dritd ist nicht auf skr. dri, zer-
reissen = neupers. daridan, zerreissen, oder das wedische dar,
zerstören, zurückzuführen, wozu die traditionelle Erklärung leicht
verleiten könnte, sondern es ist eine dritte Person imperf. medii
optat. der Wurzel dhf , dare, halten, festhalten = besitzen. Ueber
die Form vgl. khshnvishä. — Urvdtois — mühröibjagcd Ner. : su-
prasiddho vd satkdratajd mitratajd vdceh (?) impakarmandm nigraham
kuriite. Der Genitiv urvdtois und der Dativ mithroibjagca sind beide
von ajantera abhängig, das den Sinn gehend gegen oder aus,
d.i. übertretend, hier haben muss. 'Urvdtois. Ner. nimmt dieses
Wort als identisch mit dem öfter vorkommenden urvdta, Ausspruch,
Orakel, obschon das Thema urvdti davon verschieden lautet, wenn
auch die Wurzel dieselbe ist. Die richtige Erklärung dieses Wortes,
sowie der ganzen Stelle lässt sich bloss durch nähere Betrachtung
im Vend. 4, 2 — 4-'^) gewinnen. Hier finden wir fünfmal die For-
mel: adhdt framarezaiti adhdt afitare urvaitja fradathaiti, von den
fünf letzten der sechs mithra oder Verträge, die nach ihrer grössern
oder geringern Wichtigkeit in aufsteigender Reihe hier aufgezählt
und mit besondern Namen bezeichnet werden. Bei dem ersten,
dem mithro vacahino , dem blossen mündlichen Versprechen,
finden wir sie nicht, wahrscheinlich weil dieser nur ein einfacher
sein konnte, während alle andern doppelter Art waren. Diese zwie-
fache Art derselben bezeichnet deutlich jene Formel. Die Verba
framarezaiti und fradathaiti stehen sich entgegen ; ersteres eigentlich
wegnehmen, bezeichnet eine Abnahme, letzteres, eigentlich för-
dern, dagegen eine Zunahme, oder mit andern Worten einen
niedern und einen höhern Grad. Jeder mithr» wird durch antare
urvaitja in Ci^n höhern Grad versetzt. AVenn aber von Verspre-
chungen oder Verträgen die Rede ist, so kann nur den mit einem
feierlichen Schwur bekräftigten eine höhere Wichtigkeit bei-
gelegt werden. Und diesen bezeichnet die Formel ant(fte urvaitja
unzweifelhaft. Wörthch : er nimmt zu, wird grösser durch Aus-
sprechen, d. i. durch Schwur. An unserer Stelle nun muss es ganz
die Bedeutung von Schwur, Eid haben, während dem Plural
mithroibja die von Versprechungen, Verträgen zukommt.
^) In Jt. 8, 40 hat urvditis die Bedeutung von fortströmend, aus-
strömend; av6-urv(iüis, Hilfe, Segen ausströmend (von den Wassern)
in die sieben Zonen der Erde.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. II. Cap. 46, 5. 6. 143
Für rashnd gvä^ hat Ner. richtig satvena givamjah, der nach
der Wahrheit leben soll. West, schreibt gaväg nach K 5 ; ich glaube,
dass man richtiger mit andern codd. ^vä<; liest, da das Wort nur
Partie, praes. der Wurzel g-iü, leben, sein kann, das im Baktrischen
gvä^ oder auch gvo lautet, nicht aber von einer Wurzel ga oder
gav abzuleiten ist. Das rashnd ist Instrumental wohl für rashnavd,
rectitudine, stehend. — Uzüühjoi — ahurd Ner.: uccdir nigato ^sti j6
mahdghdnin kadartlianatvdt svämin durgatvdt, welcher weit entfernt
ist von der Verachtung, von der Schlechtigkeit. Nach dieser Ueber-
setzung scheint uzüithjui von uz -}- i abgeleitet zu sein. Aber diese
Ableitung, sowie die angegebene Bedeutung ist sicher irrig. Dass
uz die Präposition ist, kann leicht ersehen werden; aber das uithjoi
hat eine zu grosse Aehnlichkeit mit uthdi v. 3, als dass wir es nicht
damit zusammenbringen sollten. Führen wir dieses auf skr. uti,
Hilfe, zurück, so würde uz-uUhja das was hilflos ist (vgl. uz-
ustdna, leblos) heissen; aber gegen diese Deutung spricht der Sinn
und Zusammenhang; was sollte: „er strafe ihn in dem Hilflosen
oder er schlage ihn in dem Hilflosen" für einen Sinn haben? Leiten
wir es von vat~\-ur ab, so gewinnen wir die Bedeutung: das Aus-
zusprechende = das Urtheil, was trefflich in den Zusammen-
hang passt. Lautlich lässt sich überdicss nichts gegen diese Ab-
leitung einwenden, da die Zusammenziehung eines anlautenden va
zu u bekannt genug ist. — Das Verhum khrünjdt (dritte Person
sing, optat.) kommt zwar nur hier vor; aber seine Bedeutung lässt
sich unschwer erkennen. Die zu Grunde liegende Wurzel ist khrün^
oder auch nur khru^ wovon khrura, grausam (skr. krüra), khrümja
id., khrvishjat, feindlich, verheerend, stammt. Wir können der
Wurzel somit die Bedeutung grausam sein beilegen. An unserer
Stelle ist khrünjdt aber wegen des Accusatives im in transitiven«
Sinne zu nehmen und bedeutet wohl verletzen, beschädigen,
allgemeiner züchtigen, strafen.
V. 6. Für i^mano liest K. 4 i^emno. Die Form kann nach
beiden Schreibweisen nur ein Partie, medii sein; die letztere, die
indess wie eine Correktur aussieht, ist die gewöhnliche, später vor-
kommende Jt. 15, 53. 16, 15. 14, 20. Aber die erstere war gewiss
die ursprünglichere, da mno immer erst aus mano mend verkürzt ist.
Die Wurzel ist jaf, verehren, nicht ish, wünschen, woran Nerios.
zu denken scheint, der es mit prdrthajüum , verlangen, übersetzt, -r-
Für haethahjd liest K. 6 haühahjd, K. 5 haethahjd, K. 11 haithjd.
Letztere Schreibweise ist eine offenbare Correktur, indem eine ganz
gewöhnliche Form für eine minder gewöhnliche gesetzt i>t. Es fragt
sich nun, ist haethahjd von ganz anderer Abstammung als haithja
oder ist es damit identisch. Da ein haHha sonst nicht vorkommt
und die allenfallsige Etymologie desselben auf haetu, Brücke, = skr.
setu, oder das wedische siti (m prasiti, Ban<l, Strick) führte, da-
durch aber kein genügender Sinn gewonnen würde, die dem Sinn
144 Hang, die Gdthas des Zarathustra. II. Cap. 46, 6. 7. 8.
nach ganz passende Zurückführung auf haühja dagegen aucli laut-
lich sich rechtfertigen lässt, so ist letztere Ableitung unbedingt vor-
zuziehen. Haethahjd steht für haithjahjd, was eine etwas übelklin-
gende Form wäre, indem das ja in die erste Sylbe getreten und
mit dem wurzelhaften a zu ae zusammengeschmolzen ist. Zu unserm
Gunsten spricht, dass die ganz regelrechte Genitivform sich nie
findet. Nerios. giebt es durch trasanija „der zittern muss", und
erklärt es weiter durch hantavjah „der zu schlagen ist", eine Er-
klärung, die sich philologisch schlechterdings nicht begründen lässt.
Sie ist gewiss nur gerathen, weil es offenbar mit drugo, Lüge
(nach der Tradition nom. propr. eines verderblichen weiblichen Un-
holds), verbunden ist, die der aufrichtige Ahuramazda -Yerehrer stets
zu bekämpfen und zu vernichten hat.
V. 7. Mavaite wird von Ner. durch mahjam madfjebhja^ca , mir
und den Meinigen, wiedergegeben; unter den „Meinigen" ver-
steht er die Schüler. — Nd nicht Mann, sondern Fragepartikel, s. zu
45, 2. — Jjat — aenanhe Ner.: jato maß durgati[r] a^mogah[o] vidi-
tvd dadhdti dvesham; hila majd saha dvesha\i}x\ dadhäti me raksham ke
kurvanti, dadurch in Kenntniss gesetzt, wirft der schlechte Ashemogha
einen Hass auf mich; wirft er diesen Hass auf mich, wer rettet
mich? Hienach übersetzt Ner. didareshata nur mit dadhdti, er
macht, setzt, was zu allgemein ist; viditvd scheint vom Ueber-
setzer eingeschoben zu sein. Ueber diese Form s. unter daresh. —
Ueber thraostd s. zu 34, 3. — Das oCK. Xsy. dd^tväm giebt Ner.
durch ddegana, Anweisung; aber diese Bedeutung lässt sich ety-
mologisch nicht begründen. Es ist mit dem wedischen darnsa,
Werk, zusammenzustellen, wovon es eine Abstractbildung ist.
V. 8. Noit — fro^jdt Ner.: 7ia tasjdham nrgasoh (nr^amsah)
karmmabhih prakhhtam prasarpimjüd i. e. non ejus ego crudelis actio-
nibus, optimi promotor. Die Deutung des dthris durch nrgamsahj
grausam, das in der Glosse weiter durch Aharman chedakara, Ahri-
man der Vernichter, erklärt wird, und die durch Zurückführung auf
die Wurzel ad, essen (Fresser kann von bösen-'Geistern gebraucht
werden), etymologisch begründet werden könnte, ist indess nicht
zulässig an unserer Stelle, sondern dieses Wort ist identisch mit
dem wedischen Namen Atri, womit ein uraltes Priestergeschlecht
bezeichnet wird; seine ursprüngliche Bedeutung war wohl „Feuer-
priester", und in dieser müssen wir es hier nehmen. Gebildet ist
es von dtar, Feuer, wie Zarathustris von Zarathustra. — Das td
könnte man geneigt sein, für einen Nominat. sing, des Demonstrat.
im femin. zu nehmen; aber die Schwierigkeit, eine richtige Be-
ziehung zu finden, mahnt davon ab. Ebenso ist die Annahme, es
sei Nomin. plur. neutr., wegen des Verb, ga^oit nicht wohl zulässig.
Am sichersten ist es, das td mit dvaeshanhä zu verbinden und als
Instrumental zu fassen. Als Subject des Satzes ist paitjaoget an-
Hang, die Gdthd's des Zarafhustra, IL Cap. 46, 8. 9. 10. 145
zusehen, wenn man auch leicht geneigt sein könnte, dieses für
blosses Ädverbium „zur Vergeltung, dagegen" zu fassen; Ner. hat
pratjabhimukha. Es ist seiner Bildung nach partic. praes. von der
Wurzel aog = vac -\- paiti , sodass es eigentlich antwortend, er-
wiedernd heisst. Aber in diesem buchstäblichen Sinne lässt es
sich nicht nehmen, sondern nur der übertragene vergeltend. Ver-
gelte r ist anwendbar. Es gehört zu Mazda im letzten Gliede, das
nur als Nominativ (verkürzter Dual für ahurd-mazda) , nicht aber
als Vocativ einen Sinn giebt, vgl. v. 5.
V. 9. Ke — paournjo Ner.: ko ^säu j6 mahjam dahshinä[m\
äsvädajati prathamam ; hila nie prathamafh chafratvam kah kurute,
d. i. wer ist der, der mich zuerst das Glück kosten lässt; nämlich,
wer schafft mir zuerst Schutz? Die dem aredro und cnithat ge-
gebenen Bedeutungen sind indess entschieden irrig (s. d. Wörter). —
Jatha — uzemohü Ner. : jathd tava prito iiccdir uitishthdmi dino (di-
neh?) te , wie ich, dein Geliebter, mich hoch erhebe (wegen deines
Glaubens). Dieser Satz hat Schwierigkeit wegen de? uzemohu. Die
Anlage des Satzes scheint zu verlangen, dass es als Verbum zu
nehmen sei, wogegen aber die Form sich sträubt; denn wir kennen
keine Verbalformen, die sich auf mohü endigen. Ner.'s Ueber-
setzung durch uccdir uttishihdmi ist bloss aus der ersten Sylbe des
Worts uz gerathen. Diese Form ist indess nichts als der Locat.
plur. von uzema, das äusserste, höchste, das 6 für a durch Einfluss
des schliessenden w, was öfter im Gäthädialekt vorkommt (s. die
grammat. Uebersicht). Die Verbindung des Satzes mit dem vorher-
gehenden lässt sich auf zweifache Weise denken: 1) man fasst jathä
als Vergleichungspartikel wie, als und macht die Accusative davon
abhängig in dem Sinn: wer anders ist der Förderer, als du. 2) Man
macht die Accusative von coithat abhängig; wer erkannte mich, wie
dich etc. Da letztere Erklärung auf einem bessern philologischen
Grunde ruht, so ist sie hier vorzuziehen.
V. 10. Der Genitiv anheus ist mit ja — vahisid zu verbinden. —
Bei ashim, khshathrem kann die Frage entstehen, ob diese Accusative
von ddjdt oder von hakhshdi abhängen. Auf den ersten Blick scheint
das letztere am wahrscheinlichsten zu sein , da der Accusativ des
Relativs durch ca, und, angeschlossen, unmittelbar vor hakhshdi
steht, was noch auf ein anderes von diesem Verbum abhängiges
Object oder auch auf mehrere zu deuten scheint. Aber gegen diese
Verbindung des ashim — khshathrem mit hakhshdi spricht entschieden
der Sinn und Zusammenhang des Ganzen; denn „ich will folgen
der Wahrheit, dem Besitzthum und welchen ich folgen will" giebt
keinen erträglichen Sinn. Das einf[ichs(e ist, ashtm khshathrem als
Apposition zu jd — vahistd zu fassen und noch von ddjdt abhängig
zu machen, mit jiX(^ca aber einen neuen dem je vdnd coordinirten
Satz beginnen zu lassen. Zu diesem Relativ ist dann, wie oft,
Abhandl. der DMG. II, 2. 10
I
146 Haug, die Gäthas des Zarathustra. II Cap. 46, 10. 11. 12.
ein Demonstrativ im Nominativ zu ergänzen. — Diese Worte
jagcd — vahmdi d giebt Ner. durch : jdnca utthdpajdmi jushmdkarh
namaskfiaje, diiiaje jushmdkarh. — Den Nachsatz bildet fro — peretüm.
Ner.: prakrshtam te vi^ve ^pi Candori prabruvanti uttare; kila je Za-
rathustrasja bhavanti te sarve api Garothmdiiambha^o bhavanti, d. i.
das Vorzüglichste verkünden alle, die auf dem äussersten Candor
(Name einer himmlischen Brücke) sind; nämlich alle die, welche
Zarathustra angehören, haben Antheil am Gorotman (Paradies).
Die Erklärung des /rafra durch verkündigen ist sicher falsch. Dass
es eine Verbalform und nicht etwa die verdoppelte Präposition
fra = pra ist, kann leicht ersehen werden. Das erste fra ist zwar
die Präposition, aber das zweite frd eine Verbalform. Die einzig
passende Wurzel ist par, pare, vollenden, vollbringen; das d
ist Endung der ersten Person des Voluntativ; das wurzelhafte a
wurde ausgestossen und das p musste nach den Lautgesetzen in f
verwandelt werden, so dass frd eigentlich für pard steht. Ueber
die Bedeutung fortkommen, hingelangen kann kein Zweifel
sein, wenn wir das frafrdo in dem sehr alten Segensspruche
Vend. 7, 136 Spieg. vergleichen : usta itha te narem j6 ithjeganhatat
haca anhaot aühjeganhem ahum d frafrdo, Heil sei also dir, dem
Manne, der du von dem vergänglichen Leben zu dem unvergäng-
lichen kämest (gelangtest).
V. 11. Khshathrdis jugen giebt Ner. durch rdgjdja upakramanti,
„auf die Herrschaft gehen sie los", gewiss irrig, da jwg- = jüngere
nicht die Bedeutung von upa-kram haben kann. Karapano wird
nicht übersetzt, sondern nur durch karapdh umschrieben; für kd-
vaja^ca steht ein seltsames Wort kikdgca, das sogleich weiter durch
agrotdro adargakäh erklärt ist, s. zu 32, 14. — Jeng — dahid Ner.:
je 7iigdja dtmane nigdjaca dkrogam dadanti dindja, welche die
eigene Seele und den eigenen Glauben schmähen, ein im
allgemeinen richtiger Sinn.
V. 12. Jjat — aogjaeshü Ner.: je uccdir puiijer (?) yidbher
ndbhigabhjah ndbhithakd (für kah) gurutkdndm (f) tdm (?) utthdpa-
janti pragnasamldpajogca ; kila teshdm tatra pratikftir bhavati, d. h.
welche von reiner Verwandtschaft ^) verwandt den von den Ver-
wandten Gehörnen hoch aufrichten (emporheben) die Meisterschaft (?)
durch Frage und Unterredung; ihnen wird nämlich dort vergolten.
Diese Uebersetzung, deren allgemeiner Sinn nicht ganz klar ist,
ist in manchen Einzelnheiten entschieden unrichtig; so namentlich
in der Deutung des frjdna durch Frage, als ob das Wort von
peref, fragen, stammte, und des aogjaeshü durch Gespräch, wie
') ndhhi hat hier gewiss nicht die im spätem Sanskrit vorkommende
Bedeutung König, Fürst, sondern die ursprüngliche Verwandter, Ver-
wandtschaft. Es ist offenbar wegen des baktrischen naptja gewählt.
Hang, die Gdt/id's des Zaraihustra. IL Cap. 46, 12. 147
wenn es von vac, sagen, herkäme. Dass die zwei Worte naptjeshü
und nafshü desselben Stammes sind, ist leicht zu ersehen; das ab-
geleitete steht voran. Als Wurzel bietet sich nabh^ dessen Grund-
bedeutung wohl verhüllen, bedecken ist; im Weda lässt sich
nur die abgeleitete Bedeutung vernichtet werden nachweisen,
s. Rv. 8, 39, 1 u. 10, 133, 1 (nabhaiitdm anjakeshäm ^jdkd ad/ii dhan-
vasu, zu Grunde gehen mögen die Sehnen der Andern auf den
Bogen); s. Roth, Erläut. zum Nir. p. 135. Davon stammt nabhiy
Nabe des Rades (Rv. 2, 39, 4), nabhas = nubes , nabln, Nabel etc.
Das bekannteste Derivat ist napdt, Sohn, Enkel, im Weda, lat.
nepos, im Baktr. napdo, Sohn, Nachkomme bedeutend; so Jt. 13, 95:
idha apäm napdo fradhdt viQpdo fratematdtd daqjunäm, hier schuf der
Sohn der Wasser alle Vortreiflichkeiten der Länder; 19, 51: ddim
hathra- ha?lgeiirvajat apäm napdo aiirvat-a^po, ihn (den Glanz) ergriflf
dort der Sohn der Wasser Aurvat-agpn ^) ; vgl. 8, 34. Neben der
Form naj)do (Nom. sing.) geht naptar her, von der nur Cass. obliq.
nachzuweisen sind, und zwar mit Erweichung des p und t durch
das schliessende r, so Gen. nafedhro apam Jt. 2, 4, Abi. nafedhrat
Jt. 8, 4; vgl. Rv. 2, 35, 11 naptur (Gen. sing.) aj)dm (7, 18, 22) und
v. 14 naptre (Dat.). Desselben Stammes ist ndfo, Nabel, neupers. ndf.
Jt. 13, 87: frdthwere^at ndf 6 airjanäm daqjunäm, er schuf den Nabel
(Mittelpunkt) der arischen Länder, vgl. 24, 9. 37. Dahin gehört
auch das bekannte ndbanazdUta „der nächste Anverwandte." Nur
zu diesen Wörtern sind napijaeshu und nafshü in unserem Verse zu
ziehen; beides sind Locative plur., ersteres von einem Thema naptja,
letzteres von naf, nab, also der reinen Wurzel. Wenn auch For-
men von naf, nab unmittelbar abgeleitet sich sonst nicht finden,
so können wir mit einem gewissen Recht ihnen doch dieselbe Be-
deutung wie napdo, Sohn, Enkel, zuschreiben; vielleicht war
nafshü der gebräuchlichste Locat. plur. davon. In dieser Ansicht
bestärkt uns naptja, was für naptija zu stehen scheint, gebildet von
napti -\- ja; napti muss Verwandtschaft, Geschlecht überhaupt
bedeuten, wie aus Vend. 13, 3 nava-naptajecit he urvanem para-me-
reilcaüi, bis zum neunten Geschlecht tödtet er seine Seele, erhellt.
Demnach ist naptja der zum Geschlecht Gehörige, der Ver-
wandte. Jt. 13, 102 lesen wir den Genitiv naptjihi; hier scheint es
jedoch ein Eigenname zu sein. Im Rigveda treflfen wir ebenfalls
ein naptjah an , I, 50, 9 : ajukta sapta ^undhjuvah sürö rathasja naptjah ;
aber es ist hier kein Nom. sing., wie man auf den ersten Anblick
anzunehmen versucht sein könnte, sondern ein wedischer accus, plur.
von napti, Genossenschaft, Genosse; „er spannte die sieben
reinen hellen Genossen des Wagens (die Pferde) an"; vgl. 3, 31, 1:
') Dieses Wort, „schnellrossig" bedeutend, ist ein Prädikat der Sonne.
In der spätem iranischen Sage ist der Held LohrdQp daraus geworden. Das
Prädikat der Sohn der Wasser mahnt an die wedische Bezeichnung
Agni's apäm napdt (Nir. 10, 18), der Wasser Sohn. Hiedurch kommen
wir auf einen rein mythologischen Ursprung dieses iranischen Helden.
10*
148 Hmig, die Gdthas des Zarathusha. IL Cap. 46, 12.
duhüur naptjdm (wohl für napthn). Nach diesen Auseinandersetzungen
glaube ich mit einem gewissen Recht dem naptja die Bedeutung
Stammesgenossen, Verwandte im weitern Sinne, dem naf die
von Verwandten im engern Sinn, Familienglied, beilegen zu
können. Beide bezeichnen in ihrer Zusammenstellung jede Art von
Verwandtschaft. — TürahS (Gen. von türd) kann nur die Be-
deutung Feind haben, nicht etwa die von Sieger, wie sie dem
wedischen tura in fine compos. inwohnt; diess beweisen Parallel-
stellen deuthch; so türo Franrage Jt. 19, 57. 93, der von Kavd
Hugrava überwunden wird; tura, feindliches, 5, 73- Daher der
Name der Erbfeinde Irans, der Turanier. Frjdna ist hier deut-
lich ein Eigenname und zwar der eines berühmten Turaniers (viel-
leicht des Weisen Pirdn). Wir treffen noch zweimal den Genit. plur.
frjdnanäm Jt. 5, 81. 13, 120, wo es ebenfalls ein Name ist, in der
Verbindung: joisto frjdnanäm^ der Verehrte unter den Frjdna' s.
Wollte man es mit frjo, Freund, zusammenbringen und es als ein
reines Appellativ fassen, so würde sich kein genügender Sinn er-
geben. Nerios. hat das Wort auf eine jämmerliche Weise miss-
verstanden. Aogjaeshü ist nicht auf die W^urzel vac, reden, zurück-
zuführen, obschon die Form aogaite Vend. 13, 3, er redet, eine
solche Ableitung stützen könnte, sondern von aogo. Stärke, Kraft,
abzuleiten, und zwar ist es eine Comparativbildung davon, wie maQJa,
grösser, von mago, Grösse, stammt. Ebenfalls ein Comparativ ist
die Form aogjehis (Accus, plur. fem.) Jt. 13, 17. 64; der Superlativ
lautet aogisto. Der Genitiv Frjdna ist davon abhängig: stärker
als Frjdna (ihn überwindend). — Uzgen, eine dritte Person plur.
imperf. auf ashd bezüglich; uz ist die Präposition, gen steht wohl
für gaja7i und führt auf die Wurzel gi, gewinnen, er sie gen,
aber auch eine Ableitung von gau, erzeugt werden, wäre nicht
unmöglich. Die Bedeutung des Worts ist an unserer Stelle aber
augenscheinlich intransitiv, gewonnen sein, gehören, vgl. giti,
Besitz, Habe. Die Präposition uz, die wegen der Wichtigkeit
ihres Begriffs zweimal gesetzt ist (im ersten Gliede wf), hat den
Sinn des Vertheilens, Austheilens; so dass uz-gi eigentlich aus-
besitzen, d. i. einen Antheil von etwas besitzen, bedeutet. —
Das thwakhshanhd (Instrum. von thwakhshanh) darf hier nicht in
dem gewöhnlichen erst übertragenen Sinn Schaffen, Schöpfung
genommen werden, sondern in dem ursprünglichen Zimmern, da
hier ganz eigentlich von dem Zimmern der gaethd's, der Hürden,
wodurch das Besitzthum eingezäunt wurde, die Rede ist (s. darüber
die Einleit.). — Aibi-möigt giebt Ner. durch nivasanti, sie woh-
nen, wobei er ohne Zweifel an maethana, Wohnung, dachte- Dass
es wurzelhaft damit zusammenhängt, ist wohl nicht zu bezweifeln;
aber diese Bedeutung is^t hier nicht am Platze. Wir müssen an
dem ursprünglichen Sinne des moith = meth , stossen, die im Weda
nachweisbar ist, festhalten. Es geht auf das Einstossen der ein-
zelnen Balken, welche die gaethd's bilden.
Haag, die Gdthd's des Zaraihiisha. IL Cap. 4G, 13. 14. 15. 149
V. 13. Je — rddanhd Ner. : jah spitatnagdja Zarathustrdja dak-
shindm ddtd [d(ttte?] „wer dem von Spitama gebornen Zarathustra
Glück verleiht", eine sehr vvillkiihrliche üebersctzung. — Mare-
ta^shu — erethwo Ner.: manushjeshu satkdrjdni jah sa narah prakfshta-
^Idghdddii&na statjd sadhjdparind evam tasmdi, i. e. inter homiries
veneranda; qui idem vir exiiniae gloriae donatione, laude bona per-
ficiente, ita eidem. Schwierig ist die Fassung von fra^rüidjdi erethwo.
Nerios. deutet fra^r. durch berühmt werden, was an sich leicht
möglich ist; aber <ler Sinn spricht entschieden gegen diese Fassung
und namentlich v. 14: ke fraQrüidjdi va^ti, was, wollte man über-
setzen: wer will berühmt werden? völlig gegen den Zusammenhang
wäre. Tn Ja^. 9, 14 und daraus wiederholt Jt. 19, 81 finden wir
fra^rdvajat vom Hersagen des Gebets Ahu vairjo gebraucht. Eine
ähnliche Bedeutung, wenn auch nicht diese beschränkte, müssen wir
dem Worte hier beilegen. Es heisst verkündigen überhaupt und
geht auf die Verbreitung der Zarathustrischen Lehre im Allgemeinen.
V. 14. lieber jdhi, das Ner. mit samgrdmi, ein Krieger,
wiedergiebt, s. zu 49, 9. — Jefig — ahiird Ner. : jah stotd ma-
hdgndnin as savdsino vjdvarttajati svdminah , i. e. qui laudator
Magna- cognoscentes, cohabitantes separat (onmes singulos laudat)
Dominos. In der Erklärung des schwierigen minas durch sondern,
trennen liegt gewiss etwas Richtiges; aber es ist anders zu ver-
binden, als Nerios. thut, und manches anders zu fassen; jeng ist
Accus, plur. und nicht Nom. sing. , t^tu nicht die Wurzel ^'fit, loben,
sondern einfach das Pronomen der zweiten Person, indem f reines
Einschiebsel ist, wie wir es öfter haben. Minas nun ist sicher eine
zweite Person imperf. sing., einer Wurzel min, die mir im Zendavesta
weiter nicht bekannt ist. Man könnte zunächst versucht sein, es
auf die bekannte Wurzel md, messen, mit der Bildimgssylbe na
zurückzuführen; aber Spuren einer solchen Abwandlung der Wurzel
kann ich sonst nicht finden. Am nächsten liegt skr. mi, nach der
neunten Conjugation gebildet, mind (s. Benfey, Sämaveda-Glossar,
s. h. v.) nach den Nighant. gehen und verletzen, welch letztere
die gewöhnliche Bedeutung ist; damit hängt das lateinische minus,
miniio zusammen. Aber mit dieser Bedeutung lässt sich an unserer
Stelle nichts anfangen. Wenn wir sie im lateinischen Sinne ver-
ringern, verkleinern nehmen, was leicht möghch ist, so werden
wir auf den Begriff von trennen, sondern geführt, wie ihn die
Tradition hat. Aber dieses Sondern ist hier mehr ein Aus-
sondern, Auslesen zur Mitgliedschaft der Gemeinde. Will man
bei der Wurzel md, messen, stehen bleiben, so kann dem Worte
die Bedeutung zumessen, zählen unter beigelegt werden.
V. 15. Haecaf-a^pd muss hier ein Plural und zwar im Vocativ
sein; 53, 3 haben wir einen Singular Haecat-a^pdnd , wo es der
Name einer der Töchter Zarathustra's ist. Ob an unserer Stelle
150 ffaug, die Gaihd's des Zaraihusira. IL Cap. 46, 15. 16.
ebenfalls Töchter Zarathustra's gemeint sind , ist fraglich ; die Form
des Prädikats ^pitamdonho (nom. plur. masc.) spricht dagegen. Am
einfachsten ist es, den plur. neutr. hier anzunehmen, so dass ganz
allgemein geredet ist und vielleicht ein ganzes Geschlecht darunter
verstanden wird. — Ms z=jüzem, ihr, scheint an unserer Stelle als
Gas. obliq. gefasst werden zu müssen, im Sinne von ve. Will man
es als Casus rectus nehmen, wie 32, 3. 4, so muss es noch mit
dem vorhergehenden Satze (vicajathd) verbunden werden. Die erstere
Annahme ist mir die wahrscheinlichere. Daduje (Ner. ddsjate pra-
sddah) ist so wenig als viduje (29, 3 s. d. Note) eine Infinitivform,
wie ich anfänglich glaubte, sondern eigentlich eine erste Person
sing. pass. praesentis oder eine erste und dritte sing. pass. per-
fecti. Da nur die dritte Person sich hier construiren lässt, so ist
letztere Fassung vorzuziehen. Das u mahnt an die dritte Person
sing. perf. activi daddu im Sanskrit.
V. 16. Hvogvd. Nerios. fasst es als Eigennamen; aber diess
ist entschieden irrig, da sich aus dieser, wie aus den übrigen Stellen
V. 17. 51, 17. 18 ergiebt, dass es nur ein Prädikat ist, das dem
Frashaostra und De-gdmd^pa beigelegt ist. In der spätem Sprache
ist hvova daraus geworden, aber ebenfalls Prädikat der genannten
zwei Beförderer Zarathustrischer Religion, Jt. 13, 103. Wir finden
auch ein Feminin hvowi, das indess wie ein Eigenname behandelt
ist und Name einer Tochter Zarathustra's geworden zu sein scheint,
Jt. 13, 139. 16, 15; als solcher steht es auf gleicher Stufe mit
pouru-cistd, eigentlich nur Prädikat „vielgekannte", später ebenfalls
Name einer Tochter Zarathustra's. Für die ursprüngliche appel-
lative Bedeutung des Worts spricht Jt. 5, 98, welche Stelle auch
zugleich über den Sinn belehren kann: täm (Ardvi-^üra) jazenta
hvovdohho, täm jazenta naotairjäohho ^) istim gaidhjafiti hvovo d^u-aqnm
naotaire, moshu paccaeta hvovo istim haon ^evista moshu pagcaeta
naotairS, Vistdgpo donhdm daqjunäm dgu-agpotemo bavat. Diese ver-
ehren die Tapfern, diese verehren die Krieger, sie bitten um Reich-
thum an schnellen Pferden, der Tapfere, der Krieger; sobald darauf
der Tapfere um Reichthum (fleht) soll das Stärkste (ihm) sein, so-
bald der Krieger (darum fleht) ; Vigtdgpa hatte am meisten schnelle
Pferde in diesen Ländern. Im Neupersischen ist aus diesem hvovo:
khob, gut, tapfer, schön, geworden, das fälschlich bis jetzt aus
dem skr. Qubha, schön, erklärt wurd«, einem Wort, das im Iranischen
gar nicht existirt. Die ursprüngliche Bedeutung des Worts, als dessen
ältere vollere Form hvogva bezeugt ist, führt uns auf den Weda. Ich
^) Das Thema muss naotairja lauten, das sich aber zu naotairS zu-
sammenziehen kann, was kein Dativ, sondern ein Nominativ ist. Das Wort
ist im neupersischen nüdarah, kühn, kriegerisch, erhalten. Davon ab-
geleitet ist Naotairj(7n6 , Beiname eines alten Helden Vigtaurus (Guderz?)
Jt. 5, 76. Der Name des Helden Nüder im Shdhndmeh hängt wohl damit
zusammen.
Haug, die Gdthas des Zarathiistra. II. Cap. 46, 16. 17. 151
zerlege das Wort in hvo =:z suus und gva; letzteres ist identisch mit
dem zweiten Theil der wedischen Worte nava-gva, da^a-gva, die
bis jetzt so gut wie nicht erklärt sind. Beide Ausdrücke kommen
häufig nebeneinander vor und sind gebraucht von den pitarak, den
Manen, so Rv. 3, 39, 5, namentlich aber von den Angirasiden, wie
10, 14, 6, wo sie ausdrücklich genannt sind; bestimmt gemeint sind
sie 5, 29, 12. 45, 7. 1, 33, 6. 62, 4', auch dem Ag?ii, als dem ersten
der Angiras, werden diese Prädikate beigelegt 10, 62, 6; von seinen
Strahlen 6, 6, 3. Da die Wörter meist von den Angirasiden, deren
He er den Indra nach vielen wedischen Liedern aus dem Versteck
hervorholt, gebraucht werden, so können wir, da die Zahlen jiava
und daga nur eine Vielheit überhaupt bezeichnen (man vgl. das
häufige nava navati 99 von den Burgen, die Indra zerstörte, für
eine grosse Zahl überhaupt), sie füghch als neun oder zehn Kühe
habend, d. i. viele Kühe habend = heerden reich, woraus im Alter-
thum der Begriff vornehm sich leicht ergeben konnte, übersetzen.
Das baktrische hvo-gva nun, dem ein genaues Respondens im Sanskrit
nicht nachgewiesen werden kann — es müsste svagva lauten —
heisst demnach eigentlich: der eigene Kühe hat, d.i. der selbst
Kühe besitzt; dieses gab zunächst den Begriff reich. Da aber in
der ältesten Zeit die Kühe gewöhnlich geraubt wurden;, was man
aus unzähligen Wedastellen ersehen kann, der Raub aber nur durch
Tapferkeit gelingen konnte, so nahm es allmähHg den Sinn von
tapfer, vornehm an. Es ist als Prädikat dem Kavi parallel, nur
bezeichnet es einen etwas niedrigem Grad. ■ — Varedemäm shaeite
Ner. : sthdnam nivasati, i. e. locum habitat. Dass varedemäm hier
nicht von der Wurzel vared, wachsen, abgeleitet werden kann,
leuchtet aus dem Zusammenhang ein. Es scheint eher mit dem
skr. vartman, Weg, Pfad, das schon im Weda sich findet (Rv.
1, 85, 3), zu stimmen. Aber auch diese genügt nicht ganz. Am
nächsten liegt das medische der Keilschriften , vardanam^ Stadt, das
ursprünglich so viel als Schutzwehr bedeutet. Auf eben diese
Bedeutung führt varedat in dem häufigen Compos. varedat-gaethay
die Besitzthümer mit einer Wehr umgebend, sie schützend.
Auch varedhaja Veiid. 2, 4 f. heisst umgeben, schützen, nicht
vermehren. Die zu Grunde liegende Wurzel vared ist eine Er-
weiterung von var, bedecken; im Neupersischen entspricht girdy
rund, Kreis (s. zu 44, 10).
V. 17. Afshmäni Ner.: pramdnam, Maass, Zeugniss, Be-
weis, in der Glosse durch dini, Glauben, erklärt. Der Form nach
ist es Nom. acc. neutr. plur. eines Thema's afshman; sonst finden
wir auch af^mana Vp. 13, 2. Die wichtigste Stelle über den Sinn
dieses Worts ist Ja^. 19, 6: aetatca vaco mazddo-ukhtem thri-afQtnem;
kais hA af^män: hümatem hükhtem, hvantem, „dieses von Mazda ge-
sprochene Wort ahü vairjo hat drei afi^ma; welches sind seine
af^ma's: das gut Gedachte, gut Gesprochene und gut Gethane."
152 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IL Cap. 46, 17.
Diese Griindlehren Zarathustra's von der Dreiheit des Gedankens,
tles Wortes und der That also werden durch af^ma bezeichnet.
Auch sonst finden wir die afpnana neben Wörtern, die sich auf die
heiligen Offenbarungen beziehen Vp. 13, 2. 14, 1. 16, 4, wo von
af^manas des Abschnittes Ja^na haptanhaiti (Ja9. capp. 35 — 42) die
Rede ist; Jt. 13, 126 raocdo perethu-af^mo, 24, 24 vi<^p6-af^manäm,
ein Prädikat des Glaubens. Im Neupersischen ist es noch als afsun,
Zauberei, Besprechung, erhalten, womit es bereits von Spiegel
zusammengestellt wurde. Die Etymologie ist etwas schwierig. Nehmen
wir afshman als Thema, so ist es in af und shman zu scheiden;
af ist entweder die Präposition aipi = api oder aibi=abhi; in
shman, ^man haben wir sicherlich die Wurzel ^airif die im Weda
sehr häufig vorkommt und von der sich einige sichere Spuren auch
im Zendawesta nachweisen lassen. Ihre ursprüngliche Bedeutung
ist eine rein gottesdienstliche, wie die häufige Segnungsformel ^aih
Jos, Glück, Heil dem Geschlecht! zeigt. Die eigentliche Be-
deutung ist das Opferthier schlachten, wie das nom. actoris
^amitd, der Opfer schlechter, in einer alten Opferformel, die aus
den A^valdjana-Sütras von Roth in seiner Einleitung zum Nirukta
p. XXXVII f. mitgetheilt ist, und ^amt, das Schlachten, Rv. 1, 20, 2.
83, 4. 110, 4 deutlich beweist. Nachher nahm es die allgemeinere
Bedeutung beruhigen, besänftigen an. Im Baktrischen findet
sich davon das nom. propr. Qdma, der Held Sdm des Schdhndmeh;
Ja^n. 9, 10 haben wir den Plural (;dmandm ^evisto, der stärkste der
Sdme, worunter wohl im Allgemeinen Heilkünstler, eigentl. Be-
ruhiger, verstanden werden. Hieher gehört auch das Adj. ^endd,
heilbringend, J. 38, 5. 51, 14. Af^man nun, für aipi-^aman
stehend, bezeichnet wohl die Gebetsformel, die bei der Schlachtung
des Thieres hergesagt wurde; der ursprüngliche Begriff verdunkelte
sich so allmählig und nahm die allgemeinere von Segensspruch
an, die wir dem Wort mit Fug und Recht vlndiziren können. —
Ob genhdnt erste Person Imperativi oder Nom. plur. neutr. ist, könnte
fraghch sein. Der deutliche Accusativ anafshmdm verlangt ein Verbum;
als solches lässt sich nur genhdni auffinden. Ausserdem ist ^eftha,
das Wort, Lob, in den Gdthd's ein Masculinum. — Hadd — 'rd-
danho Ner. : sahaddtja ['^^ vah asti namahstütaje grogadaksha[i]nd ddne ;
sahaddtir ijam jat (a)ddti[m] Jushmdkain brüte vapugca dakshijikurute.
Nach dieser Uebersetzung vi^äre für vtgtd : ve <^td zu lesen, wie K. 6.
P. 6 schreibejä. Aber der Accusativ vahmeng macht Schwierigkeit;
zudem wäre die zweite Person ^td, ihr seid, hier nicht am Platze.
Bleiben wir desshalb bei vigtd. Der Form nach ist es ein Partie, pass.
der Wurzel vid, finden, erlangen (nicht von vid, wissen), aber
nicht etwa der Instrumental sing., wie es den Anschein haben könnte,
sondern der Nom. plur. neutr. und bezieht sich auf Degdmd^pd
zurück. Es hat indess die Bedeutung des activen Particips gerade
wie varetö 45, 1 (s. dazu) und regiert den Accusativ vahmeng , wie
unzweifelhaft aus 51, 18 folgt, wo wir an der Stelle des vigtd das
Haiigy die Gdthas des Zarai/iustra. IL Cap. 46, 17. 18. 153
deutlichere vido haben. — Baiigra — ahurd Ner. : gndte[fi] pramditain
satjatajd mahdgndnm svdmin, i.e. cognitionis autoritas veritate magna
noscens Doinine ! religionis Hormizdae. Dass dangra huithch soviel
als das wedische dasra ist, leuchtet ein, weniger aber will die
wedische Bedeutung Zerstörer gefallen. Als Prädikat der Götter,
des Indra und der A^vin, kann es indess auch die allgemeine Be-
deutung Sieger haben. Diese kann sich in unsere Stelle besser
fügen. Vielleicht ist das Wort noch in dem neupersischen daiigü,
frech, unwissend, mit freilich etwas veränderter Bedeutung er-
halten. Der dem Worte von Ner. gegebene Sinn „Erkenntniss"
= Religion, lässt sich etymologisch nicht beweisen. Er dachte
wohl an dahma, das auch ohne Zweifel verwandt ist (s. zu 32, 16)
und durch Gebet, Vernichtungsgebet in Bezug auf die Daeva's
erklärt wird.
V. 18. Agcit giebt Nerios. durch vapushd, i. e. corpore, und
fasst es demnach als Substantiv, wohl verführt durch das bekannte
a^ti, existentia. Das angehängte cit, qiiodcunque, scheint diese
Auffassung zji bestätigen. Da sich aber nirgends ag als Substantiv
nachweisen lässt und zudem das Adject. vahistd (nom. plur. neutr. oder
Instrum. sing.) nicht dazu stimmen würde, so müssen wir davon ab-
stehen. A^ kommt nur vor 1) als dritte Person Imperf. sing. act. von
as, sein, = erat; 2) als Verstärkungspartikel vor Norainibus = valde,
s. d. Gl. Weil wir vahistd damit nothwendig in Verbindung bringen
müssen, so ist die Fassung als „erat" schon wegen Nichtübereinstim-
mung des Numerus unzidässig; wir müssen es als Verstärkungswort
fassen; das cit ist an dieses af statt an vahistd gehängt worden.
Das Verbum ist coishem im Folgenden. — Maqjcio — mananhd Ner.:
mahjam lakshmivatah uttamam dsvddajati manah; kila jo mahjam
lakshmim daddti tasmdi gvahmd prasddam daddti, i. e. mihi felices
optima praebet mens; nempe qui mihi fortunam dat, eidem Bah-
manus gratiam dat. Coishem ist kein Substantiv, zu welcher An-
nahme arenat-caeshem Jt. 10, 35 leicht verleiten könnte, da dieser
Accusatlv von keinem Verbmn abhängig gemacht werden kann, son-
dern es ist entweder eine erste Person sing. Imperf. der Wurzel
mA, flehen, bitten, J. 35, 5. 39, 4 oder eine erste Person sing.
Aor. l von ci, sammeln. Letztere Bedeutung ist die passendste. —
Schwierig ist d^tefig, d^td, dem wir fast nur in den Gdthd's be-
gegnen (vgl. noch Jt. 24, 44). Ner. hat zum erstenmal andstikatvam,
zum zweiten anjdstitvam; 34, 8 andstikatvam, 44, 14 ndstika. Da
nur das letzte ein wirkliches Sanskritwort in der Bedeutung Un-
gläubiger, Gottesläugner ist, die übrigen im Sanskrit gar nicht
vorkommen, so haben wir allen Grund zu der Annahme, dass sie
das unverständliche ä^ta, d^teng nur umschreiben sollen. Der Deu-
tung durch ndstika, was von na-\- astika, d.i. einer, der nicht das
Sein hat oder nicht daran glaubt, liegt die Auflösung in das negative
an^agti, Sein, zu Grunde. Diese Etymologie ist aber nicht mög-
154 Haugj die Gdthd's des Zarathustra. II. Cap. 46, 18. 19.
lieh, da wir anagti haben müssten und mia sich nie zu ä zusam-
menzieht. Sehr nahe Hegt skr. am^a, Theil, Antheil, aber diese
Bedeutung giebt keinen guten Sinn und passt namentlich nicht zu
44, 14. Ich sehe darin nur das wedische amhati, Angst, Noth,
Bedrängniss ; dieses musste im Baktrischen zunächst zu äzati
werden, das sich sehr leicht durch Elidirung des a und Verwand-
lung des z in 9 wegen des t zu ä^ti verkürzen konnte. In der
spätem Sprache haben wir äzo =: skr. amhas, das aber nie in den
Gdthd's vorkommt. Durch diese sehr einfache Erklärung gewinnen
wir überall einen sehr befriedigenden Sinn und namentlich an unserer
Stelle den nöthigen Gegensatz.
V. 19. Je — vareshaiti Ner. : jö me punjam prakatam-samdcaratij
i. e. qui mihi purum manifestum exsequitur. — Zarathustrdi — frasho-
temem Ner. : Zarathustras (6) jah kdmeh[ine] prakrshtatamah ; kila
^rdjd [?] Zarathustrasja nidar^atir asti, i. e. Zarathustra qui volentis
(volenti cuique) excellentissimus. Die Beziehung des frashötemem
(s. darüber zu 30, 9) als eines Adjectivs auf Zarathustrdi ist gram-
matisch nicht zulässig: es muss mit parahüm im Folgenden ver-
bunden werden. Dieses giebt Ner. durch ubhajor bhuvanajoh, der
beiden Leben. Doch gegen diese Fassung spricht entschieden
das pard; was nie die beiden heissen kann. Ebenso wenig kann
das andere Leben übersetzt werden, wie ich früher that, da para
nie der andere heisst, dafür müsste apara stehen. Für pard lässt
sich in den Gdthd's nur die Bedeutung vorher, früher = skr. purd
nachweisen. Wir können daher unter dem Compositum pardhü nur
das paourjo ahn, das erste Leben, verstehen. — Azi fasst Ner.
als Eigenname; er hat agindynnim (eine Kuh), Agi mit Namen, s. zu
44, 6 u. das Gl. — Qlg. Ner. scheint es an unserer Stelle durch
samtoshah, Glück, wiederzugeben (doch ist die Lesung nicht ganz
sicher); in der Parallelstelle 43, 11 hat er aber sicher avocat, er
sagte, wornach er es von der Wurzel fawgÄ = skr. gams, loben,
preisen, abgeleitet hat. An beiden Stellen steht es hinter moi und
bezieht sich auf einen Nominativ, aber ein Accusativ scheint nicht
davon abhängig zu sein; denn tdcit wird am besten mit vaedisto
verbunden. Eine Form der Wurzel ^afigh kann es indess nicht sein,
man müsste nur annehmen, es sei eine Verkürzung aus Qajighd^,
was wohl ohne Analogie ist. Ich halte es für ein Participium praes.
der Wurzel as, sein, die in der Flexion oft genug das a weg-
wirft. Man würde hag vermuthen, was auch vorkömmt; aber der
unmittelbar vorhergehende Vokal in moi begünstigte die Erhaltung
des ursprünglichen Zischlauts, wie wir auch sonst wissen. Dem Sinn
nach ist dieses moi gä^ mir seiend = mir gehörig, mein, so dass
wir darin nur einen andern Ausdruck für das bekanntere mdvat,
mdvä^ = meus haben.
Commentar zur Gäthä 9pentä-mainjü,
Capitel 47.
JL)ieses kleine Stück ist in drei Theile zu zerlegen, die unter sich
nicht zusammenhängen.
a) 1 — 3. Lobpreisung Ahuramazdas als des Herrn aller guten
Kräfte und des Gebers alles Guten und des Schöpfers dieser Welt.
Die spätem Amesha ^peitta's erscheinen hier deutlich nur als Kräfte,
die Ahuramazda besitzt und die er seinen Anbetern verleiht. Diese
Anschauung ist ein genügender Grund, das kleine Stück Zarathustra
selbst zuzuschreiben. Der nähere Inhalt ist folgender.
Ahuramazda verleiht vermöge seines heiligen Geistes, seines nur
das Allerbeste denkenden, seines nur die Wahrheit verkündenden
Worts und seiner nur die Wahrheit vollbringenden That (vgl. 34, 1)
jene beiden hohen Kräfte, die Vollkommenheit und Unsterblichkeit,
dieser Schöpfung und lässt sie in dem Reich auf der Armaifi, d. i.
der Erde, wirken (1). Merkwürdigerweise ist hier dem Ahuramazda
der gpeiito mainjus oder heilige Geist zugeschrieben, unter dem
er sonst selbst genannt ist. Diesem heiligsten Geiste, fährt der
Prophet weiter fort, gehört alles Gute, durch die Worte seines
eigenen Mundes, die aus dem guten Sinne geflossen; mit seinen
eigenen Händen wirkt er die frommen Werke der Armaiti und ist
vermöge dieser hohen, in Gedanken, Wort und That sich oflfen-
barenden Weisheit der Vater des WirkHchen, d. i. alles Daseins (2).
Von solchem Geiste ist Ahuramazda, der selbst ebenso heilig ist,
wie jener ihm inwohnende Geist. Er schuf für dieses irdische Leben
die heilige Erde, in deren Schooss das Feuer ruht; er schmückte
sie mit lieblichen Fluren. Alles diess that er, nachdem er sich mit
dem guten Geiste bcratlien hatte, d. h. nachdem er die Schöpfung
der Erde als etwas zur Förderung des Guten durchaus Noth-
wendiges erkannt hatte (3).
b) 4. 5. schildern das gegenseitige Verhältniss der Wahrhaftigen
und der Lügner, das dem Dichter als ein sehr ungünstiges er-
scheint, indem die Mehrzahl dem Lügengeiste huldigt und von dem
wahren Glauben sich abwendet und die von dem höchsten Gott ge-
botenen Gnadengaben verschwendet. Beide Verse scheinen einem
156 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 47, 1. 2.
grössern LIede entnommen zu sein, das der Proi)het dem kleinem
Kreise seiner Freunde und Anhänger vortrug. Die Lügner, sagt
er, suchen durch den Lügengeist zu schaden und können diess nur
auch durch diesen thun, da dem guten heiligen Geist ein solcher
aufs Verderbliche gerichteter Sinn ganz zuwider ist. Die Lügner
sind jedoch im Vortheil; alle Reichen und Mächtigen unter dem
grÖssten Theile des Volks sind schlecht und huldigen dem Lügen-
geiste. Warum, fragt nun der Prophet, hat der Wahrhaftige Geist
nur unter dem kleinsten und geringsten Theile des Volks An-
hänger? (4). Indess sollen sich durch dieses Missverhältniss die
wahrhaft Gläubigen nicht abschrecken lassen. Ihm gehört alles Gute,
wo es auch sich zeigen mag. Der Lügner missachtet diese Gaben^
die ihm der wahre Gott durch seine Gnade giebt, und vergeudet
sie, indem er durch seine Handlungen das Verharren bei der schlech-
ten Gesinnung kundgiebt (5).
c) 6. Dieser Vers bezieht sich augenscheinlich auf die auch
im Weda bekannte Weise, das Feuer durch Reiben zweier Hölzer,
eines weichen und harten, zu erzeugen. Die so einfach schönen
Worte können von Zarathustra selbst herrühren. Er steht vor den
brennenden Hölzern, die sich soeben entzünden, und ruft vor der
grossen zu dieser heiligen Ceremonie herbeigeströmten Menge den
Ahuramazda als den Geber dieser guten Gabe an, der sie vermöge
der unzertrennlichen Zweiheit von Wahrheit und Frömmigkeit her-
vorbringt. Gerade die fromme gottergebene Gesinnung ist es, die
alle Versammelten vor dem Bösen schützen kann.
V. 1. Vgl. 45, 5. 10. So einfach dieser Vers auf den ersten
Anblick erscheint, so schwierig ist die richtige Wort- und Sinn-
abtheilung. Man ist zunächst versucht, ^pefitd mainjü als Vocativ
zu fassen, aber dagegen spricht das unmittelbar folgende vahistdcd
manaiihd; denn wie sollte sogleich ein Instrumental mit und an-
geknüpft werden? Daher ist es das Beste, gperdd mainju ebenfalls
als Instrumental zu fassen und eng mit den folgenden Instrumen-
talen manaiihd etc. zu verbinden. Zu ahmdi ist ^toi zu ergänzen,
wie 45, 10 zeigt. Da ist nicht dritte Person j)lur. aor., sondern
partic. praes. wie in der angeführten Stelle ; sein Subject ist Mazddo
ahuro. Hacd ashdt hat ganz den Sinn eines Genitivs.
V. 2. Zu eed nu vgl. 32, 16 (s. weiter zu 28, 12); es be-
zieht sich hier auf den Plural uhhdhdis zurück. Ojd hielt ich lange
für einen Genit. dual, des Demonstrativums a\ aber diese Ansicht
ist haltlos, da sich qdthrojd 43, 2 und akojd 51, 8 ebenfalls nicht
als Duale nachweisen lassen. Man kann es nur als eine Form oder
Bildung von ava, jener, nehmen, entweder als Instrumental eines
Feminins avi oder, da die Feraininbildung durch t bei den De-
monstrativen nicht vorkommt, als eine Conctraction des regelrechten
Instrumental femin. sing, avajd, indem av zu 6 zusammengezogen
Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 4:1 , 2. 3. 4. 157
und das a aiisgestossen ist. Letztere Erklärung ist die wahr-
scheinlichste.
V^ 3. Der Genitiv ahjd mainjeus steht hier im Sinne eines
Ablativs, das Abstammungsverhältniss ausdrückend, wie 43, 7. —
Zu td-^peiltö, so heilig, d. i. ebenso heihg, als der heilige Geist,
vgl. jd-varano, welches Glaubens, Ja9. 12, 7. — Das Relativum
je geht nicht auf ^pefito, sondern auf ahjä mainjeus zurück. Ahmdi
kann nicht auf ahjd mainjeus zurückbezogen werden, sondern es
geht auf das irdische Leben oder die Aussenwelt, vgl. 30, 7.
45, 10. — Für Am, wie West, schreibt, ist mit K. 4 hem zu lesen,
da ersteres als Accusativ des Pronomens der dritten Person schlech-
terdings keinen passenden Sinn giebt. Hern ist zwar nach dieser
Emendation in demselben Satze zweimal gesetzt; eine solche Wieder-
holung der Präposition findet sich aber in den Gdthd's öfters, vgl.
44, 13 zweimal nis.
V. 4. Man ist bei der Erklärung dieses höchst schwierigen
Verses leicht versucht, für dregvato mit den meisten Handschriften
dregvanto zu lesen; aber wegen des entsprechenden Gegensatzes
ashaonoy das deutlich ein Genitiv singul. oder Acc. plur. ist, können
wir diese Lesart nicht annehmen, obschon sie der Plural des Verbum
rdreshjanti zu verlangen scheint. Das Subject ist ausgelassen und
kann nicht in dem Vorhergehenden gesucht werden, mit dem der
Vers in gar keinem Zusammenhang steht. Der Sinn verlangt „die
Lügner, die Gottlosen", überhaupt die Gegner des guten Geistes
und seiner Schöpfungen. — Für kdthe, was schwer abzuleiten und
zu erklären wäre, ist kdthe zu lesen, wie es 44, 2 lautet. — Am
meisten Schwierigkeit macht bei der ersten Untersuchung i^vdcit.
Man ist versucht, es von der Wurzel jag, verehren, mit SujQf. va
abzuleiten, so dass es Verehrer bedeutete; aber diese Bedeutung
hat schon an sich etwas Bedenkliches, sowohl hier als in der
Parallelstelle 43, 13; zudem wird die Ableitung auch grammatisch
verdächtig, da das Wort eine Casusendung haben müsste und im
Nominativ z. B. iQvdo heissen sollte. Nerios. übersetzt es 43, 13
mit Idbha, Gewinn, was eine offenbare Verwechslung mit ^avo, das
sonst richtig so übersetzt wird, ist. Nach langer Erwägung fand
ich, dass es ein pronomen indefinitum ist und dem altern deutschen
etwer=: irgendjemand entspricht. Es ist eine Zusammensetzung
des Pronomen demonstr. is mit dem Suffix ua, das öfter mit Pro-
nominalstämmen verbunden wird und ihnen eine eigenthümliche Be-
deutung giebt, so z.B. kva, wo? (für kava) und aeva, eins; vgl.
im Sanskrit noch das so häufige iva, wie. Im germanischen, wie
im lateinischen Fragepronomen hat sich dieses va ebenfalls erhalten ;
denn wer, was für hwer, hwaz stehend, sind aus dem zu h ver-
stümmelten Interrogativstamm ka und va zusammengesetzt; ebenso
latein. quis. Wegen des f vor v fasse ich es als mascul. = etvver ;
I
158 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IIL Cap. 47, 4. 5. 6. Cap. 48.
aber es Hesse sich auch die Deutung etwas näher begründen,
wenigstens in 43, 13, aber nicht wohl an unserer Stelle. Das
Wort gehört nur dem Gäthädialekte an. — Paraos kann nur Ge-
nitiv-Ablativ von j)(i^^ ^ür pouru, viel, sein und bildet einen deut-
lichen Gegensatz zu ka^eus, wenig, gering.
V. 5. In cois vermuthet man zunächst eine zweite Person verb
der Wurzel ci. Da aber solche Bildungen unmittelbar aus der
Wurzel durch blosse Anhängung der Personalendungen bei ci sich
sonst nicht nachweisen lassen und ausserdem die Bedeutungen des-
selben sammeln, wissen, keinen rechten Sinn geben, so müssen
wir von dieser Fassung absehen. Auch spricht 31, 3 ashdcd cois
deutlich dagegen. Wir können es nur als Genitiv des Pronom.
interrog. indefinitum ci fassen und von ashaone abhängig machen.
Auf diese Weise hat der Satz von td — cois eigentlich gar kein
Verbum. Wenn man aber, wie auch aus andern Gründen geschehen
muss, das ja — vahistd eng mit td verbindet, so hat man nur nöthig,
das einfache verb. substant. zu ergänzen, was keine Schwierigkeit hat.
V. 6. Für viddiU, wie Westerg. nach K. 5, wohl durch die
Form vnrdite am Ende des Verses verführt, schreibt, ist gewiss mit
der Mehrzahl der Handschriften vidditim zu lesen. Jenes viddit^
könnte der Form nach eigentlich nur Verbum sein, und ein solches
wäre hier schwer zu rechtfertigen; dagegen geht der Accusativ ganz
gut und ist sogar nothwendig, wenn man td als Instrumental mit
dthrd verbindet. Ha bezieht sich nur auf Armaiti zurück. — Paourus
muss mit ishento (Accus, plur. part. praes.) verbunden werden und
ist wahrscheinlich eine Verkürzung für paourus; sonach steht es für
den Accusativ plur. Als Nominativ sing, lässt es sich nicht con-
struiren; denn das Subject des Satzes ist das weibliche Demon-
strativ hd.
Capitel 48.
Hier laufen verschiedene Verse aus früherer und späterer Zeit,
zarathustrische und nichtzarathustrische, durch einander. Nur 5. 6
und 8 — 11 hängen unter sich etwas lose zusammen; die übrigen
sind alle vereinzelt und mehr zufällig zusammengereiht.
Im ersten Vers redet ein Freund des Zarathustra über diesen
selbst zu Ahurarnazda. Er steht ganz abgerissen da, mit addis „durch
diese" auf etwas Vorhergegangenes hinweisend. Was darunter ge-
meint ist, lässt sich nur errathen. Wahrscheinlich bezieht es sich auf
„Sprüche". Der Sinn ist folgender. Wenn der Prophet durch seine
ihm von Gott geoffenbarten Sprüche die Lüge vernichten kann,
die sich in alten, aus früherer Zeit ererbten Zaubersprüchen zeigt,
welche von den Daeva's und ihren Verehrern gegen die Unsterblich-
Haugy die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 48. 159
keit, d. i. gegen die Fortdauer des guten irdischen Lebens, ange-
wandt werden, so solle er diess nur thun und jetzt unter dem Bei-
stand Ahuramazda's das Heilsgebet sprechen.
Im zweiten Verse bittet der Dichter den Ahuramazda als den
Wissenden um Mittheilung seiner Erkenntniss. Dieser bedarf er um
so mehr, als ihm ein gewaltiger geistiger Kampf, der Kampf der
Wahrheit gegen die Lüge, bevorsteht. Fast zweifelnd am glück-
lichen Ausgang des Kampfs fragt er den Ahuramazda, ob der Wahr-
haftige den Lügner besiege, welcher Sieg um so nothwendiger sei,
als dadurch das Leben erschaffen, d. h. das Leben der guten
Schöpfung festgegründet würde.
Der dritte Vers ist ein allgemeinerer Satz über den Kenner
der Gesetze des Ahuramazda und über diese selbst. Das beste Loos
wird dem zu Theil, der die Sprüche und Gesetze kennt, welche
der gute lebendige heilige Freund des Ahuramazda, ^raosha, ver-
kündigt im Verein mit allen den höhern Geistern , welche die
Geheimnisse den Propheten offenbaren, durch die Einsicht des
guten Sinns.
Der vierte Vers bezieht sich auf Zarathustra als den Urheber
der Lehren vom guten und bösen Sinn, sowie der von der Drei-
heit: Denken, Wort und That. Dass unter je, welcher, Zara-
thustra zu verstehen ist, kann kaum einem Zweifel unterliegen; denn
nur von ihm konnte mit Recht gesagt werden, dass er den guten,
wie den bösen Sinn geschaffen, d. h. die Lehre von diesen zwei
Grundprincipien zuerst aufgestellt habe; von Ahuramazda oder einem
der andern höhern Genien konnte diess nicht ausgesagt werden; da
diese ja den strengsten Gegensatz zum Bösen bilden. Zudem ist
gleich im Folgenden von Lehren und Meinungen {varenmg) die
Rede. Daend hat hier nicht den Sinn von Glauben, sondern seine
ursprüngliche Bedeutung Nachdenken ; es steht hier für das sonst
gebräuchliche mano, Gesinnung, als das erste der von Zarathustra
verkündigten Dreiheit : Gedanken, Wort und That (vgl. 33, 14 und
weiter 30, 3). Diesen Lehren Zarathustra's folgt Glück und Heil,
d. h. wer den Grundunterschied des Guten und Bösen in der Drei-
heit: Gedanken, Wort, That, erfasst und nach dieser Erkenntniss
nur dem Guten als dem segenbringendsten sich zuwendet, wird glück-
lich sein. — Der letzte Satz über die beiden Weisheiten steht
in keinem Zusammenhang mit dem übrigen Theile des Verses. Er
wurde wahrscheinlich nur hinzugesetzt, um die Versglieder vollzählig
zu machen. Sein Sinn ist, dass beide Weisheiten, die erste und
die letzte, die Urweisheit wie die Erfahrungs Weisheit, in Ahuramazda
ihr Ende und Ziel, d. i. ihre letzte Grundursache hätten (vgl. 44, 19).
Der fünfte und sechste Vers gehören zusammen und bilden
ein kleines, die Armaiti als Genie der Erde preisendes Lied. Zuerst
spricht der Dichter den Wunsch aus, dass nur die Guten, nicht die
Bösen auf Erden herrschen sollen. In Folge der aus der richtigen
Einsicht und dem guten Sinne geflossenen Thaten verleiht die Armaiti
1
160 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 48. fl
dem Menschengeschlecht die besten Gaben, befördert namentlich
den Ackerbau und spendet dadurch Nahrung den Menschen (5).
Für sie, als die Schutzgenie des Hochlandes (berekhdfd), schuf Ahura-
mazda die beiden ewigen Kräfte der Vollkommenheit und Unsterb-
lichkeit durch den guten Sinn und machte so Baktrien zum an-
genehmsten Wohnort; durch diese lässt er für sie Bäume wachsen
für das Geschlecht des ersten, d. i. irdischen Lebens (6).
Der siebente Vers steht wieder ganz vereinzelt. Man könnte
ihn mit dem vierten Vers in Verbindung bringen, da er sich wahr-
scheinlich ebenfalls auf Zarathustra bezieht. Der Dichter fordert die
Anwesenden auf, gegen die Gewalt und die Zerstörung (vgl. 29, 1)
von Seiten der Götzendiener anzukämpfen. Beide vermag Zarathustra
festzubannen, d, i. zu besiegen durch den guten Sinn. Der Dichter,
welcher hier in der Rolle des Geus urvci aufzutreten scheint, will in
der Wahrheit wandeln und alles erfüllen, was der heilige Mann
(vgl. 34, 2), worunter nur Zarathustra verstanden werden kann,
angeordnet hat; für seine Geschöpfe, d.h. die ganze gute Schöpfung,
wünscht der Dichter den Schutz des Ahuramazda. Dass hier Zara-
thustra sonach als Herr der Schöpfung oder selbst als Schöpfer er-
scheint, darf nicht befremden, da wir 51, 12 deutlich dieselbe Vor-
stellung ausgesprochen finden und diese in den spätem Büchern
geradezu ein Hauptdogma ist. Der Vers ist natürlich nachzara-
thustrisch; er scheint nicht von einem seiner Gefährten herzurühren.
Die Verse 8 — 11 bilden scheinbar ein Ganzes. Sie enthalten
lauter Fragen, von denen die meisten mit kadd, wann? beginnen.
Unter einander haben sie keinen engern Zusammenhang. Dieser
könnte höchstens darin bestehen, dass die Fragen sich auf die Mittel
zur Abwehr der Lügner beziehen.
Im achten Verse fragt der Dichter den Ahuramazda nach der
Gabe der Herrschaft und Macht, sowie nach der Wahrheit, welche
er gern besitzen möchte; er fragt ferner den höchsten Gott nach
den in ihm wohnenden Kräften, worunter die Ameretdt und Haur-
vatät gemeint sind, und die den eifrig ergebenen Dienern des wahren
Glaubens mitgetheilt werden sollen als eine Schutzwehr der guten
Werke, des Feuerdienstes und des Ackerbaus ,' gegen die Angriffe
der Bösen.
Im neunten Verse werden Mazda und Asha vom Dichter um
Mittheilung über das Gebiet, welches diese beherrschen, gebeten
und zugleich gefragt, ob er wirklich von ihnen zur Förderung des
Glaubens in diesem Gebiet gesandt sei. Er möchte hierüber um
so eher Gewissheit haben, als die frommen Feuerverehrer die dem
guten Sinn entsprungenen wahren Dichterworte wissen sollten, um
der Wahrheit theilhaftig zu werden. Der Sinn ist wohl dieser: Der
Dichter, welcher wahrscheinlich Zarathustra selbst ist, ist an seiner
Sendung durch die vielen Verfolgungen, die über ihn ergangen sind,
irre geworden; die Grenzen des Gebiets der Gläubigen und Un-
gläubigen, das sonst streng geschieden werden soll (29, 5), sind
I
Hang, die GdthcVs des Zarnihustra. IIL Cap. 48, 1. 161
verwirrt, so dass er nicht mehr weiss, welches den guten, und
welches den bösen Mächten gehört. Er muss hierüber Gewissheit
haben, da seine Anhänger, die Feuerdiener, ihm nicht mehr glau-
ben, wenn seine Sprüche und Worte und Verheissungen keine Wahr-
heit und Richtigkeit mehr haben.
Höchst wichtig und merkwürdig ist der zehnte Vers, weil
darin der Somacult angegriflfen und als ein Dienst der Götzenver-
ehrer dargestellt ist, der vernichtet werden soll. Der Gedanken-
gang scheint folgender. Die Götzendiener sind durch die Kraft des
berauschenden Somatranks mächtiger geworden und haben den Ver-
ehrern Ahuramnzdas wohl eine Niederlage beigebracht. Daher wünscht
der Dichter sehnlich, dass diese Teufelskunst vernichtet würde. Er
fragt daher den Ahüramazda, wann denn endlich die muthigen und
tapfern Männer erscheinen, die den Somatrank verunreinigen, d. h.
ihm seine Kraft nehmen und seine Wirkungen unschädlich machen.
Durch diese Zauberkunst, sowie durch die nur auf Unheil in den
von den Wahrhaftigen bewohnten Landestheilen gerichtete Geistes-
kraft zeichnen sich die Götzenpriester aus und sind stolz darauf.
Wegen der unverkennbaren Aehnlichkeit des Inhalts mit dem acht
zarathustrischen Stück cap. 32 kann der Vers mit einigem Recht
dem Zarathustra selbst zugeschrieben werden.
Der eilfte Vers enthält drei Fragen : 1) Wann die fiuren-
reiche Armaiti, die eine gute Wohnstätte bereitet, mit dem irdischen
Besitz erscheine, d.h. wann die Erde wieder von den Zerstörungen
und Verunreinigungen der Feinde sich erhole und fruchtbar werdend
ihre Gabenfülle spende. 2) Welche Männer fähig seien, den Lügnern
zu widerstehen und ihrer Roheit ungeachtet sich eine liebliche an-
genehme Stätte zu bereiten, d.h. das Land zu bebauen. 3) Welchen
die Weisheit und Erkenntniss des guten Geistes mitgetheilt sei.
Da unter diesen das Gute in der Schöpfung befördernden
Männern die Caoskjafitas leicht verstanden werden konnten, so schloss
ein Sammler hier einen das Wesen und die Thätigkeit derselben
beschreibenden Vers an (12). Hieraus erkennt man deutlich, dass
es ein allgemeinerer Name war; denn alle die, welche dem Dienste
Ahuramazda's mit frommem Sinne ergeben sind und in ihren Thaten,
durch Feuerdienst und Ackerbau, die Befehle Gottes erfüllen, ge-
hören zu ihnen. Sonach sind sie mit den Mazdaverehrern überhaupt
identisch oder nur eine höhere Klasse derselben. Letzteres ist wohl
das Richtige.
V. 1. Zu dem Pronom. demonstr. adais (instrum. pl.) fehlt
das Substantivum ; sonach ist es ganz absolut zu fassen „durch
diese (solche) Dinge". Diess geht sichtlich auf den folgenden Satz:
jjat — fraokhtd, demnach weist das Demonstrativ statt auf etwas
Vorhergehendes, das wir ohnehin nicht ermitteln könnten, auf das
Folgende hin. Nicht unmöglich wäre es auch, den Instrum. ^avdis
im Nachsatz damit in Beziehung zu bringen, sodass dieses addis
Abhandl. der DMG. II, 2. 11
t
162 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 48, 1. 2.
im Anfang für addis ^avdis stände. Die Deutungen Neriosengh's,
der es durch asja datta übersetzt und nachher mit vapushi erklärt,
sind jedenfalls irrig und bedürfen keiner Widerlegung. — Den höchst
schwierigen Satz \onjjat — fraokhtd übersetzt Neriosengh folgender-
massen : je (jo) avistdvdni gikshati teshdm bodhäkardh prakfshtam
abravit jat idam prdpnuvanti vipratdrakdh , wenn einer die Avestä-
sprache (amstdvdni) lehrt, so verkündigt der Lehrer dieser Dinge
das Vortrefflichste, dass die Betrüger dasselbe erlangen. In der
Glosse sagt er: man erkläre, sie (die Betrüger) erlangen die
Avestd-vdnt nicht. Man sieht deutlich an dieser Uebersetzung, dass
der Uebersetzer keinen klaren Begriff mehr von dem Wortsinn hatte.
Agashutd erklärte er durch prdpnuvanti , weil er an die Sanskritwurzel
ag amg, erreichen, dachte. Das daibitdnd giebt er durch vipra-
tdrakdh, Betrüger, wieder, indem er es auf die Wurzel dab,
eigentlich verkleinern, schmälern oder betrügen, zurückführt.
Was vom Avesta gesagt ist, ist rein zugesetzt. Wenn nun die Er-
klärung des daibitdnd durch pratdraka vieles für sich hat, so ist die
des ägashutd durch prdpnuvanti zu verwerfen, obschon es schwer
hält, eine richtige Erklärung dieses ocTT. Xs^o^a. zu geben. Am
nächsten liegt freilich die Wurzel amg ag, erreichen; aber diese
lässt sich im Baktrischen sonst nicht als Verbalform nachweisen;
zudem könnte diese nur zur Erklärung des «fa, aber nicht des
shutd ausreichen, das nicht als blosse Verbalendung erklärt werden
kann. Ich halte es für ein zusammengesetztes Wort und erkenne
im ersten Theil c7ga das sanskritische amga, Antheil (im Weda)
und namentlich Erbantheil (im Manu), wieder; in shutd dagegen
sehe ich das Partie, pass. der Wurzel shu, welche nicht mit dem
häufigen ^w, nützen, zu identifiziren ist, sondern für shju steht,
wie sie in den arischen Keilschriften lautet und im Neupersischen
zu shudan, eigentl. gehen, dann sein, geworden ist. So heisst
das Ganze „zum Erbantheil geworden", d. 1. vererbt, überliefert.
Wollte man die Lesung dgashutd etwas ändern und mit K. 5, 6
d . gashutd trennen, so würden die Schwierigkeiten der Erklärung
noch grösser. — Das Wort daibitdnd kann ausser der Wurzel dab
= skr. dabh, dambh auch auf dvi, zwei, zurückgeführt werden;
denn dass die Lautverbindung dvi wirklich zu daibi im Gäthädialekte
wird, beweist die Form daibish für das bekannte skr. dvish, hassen,
und das daibitim 45, 1, wo es deutlich dem sanskritischen dvitijam
entspricht. Die Stellen 32, 3 und 49, 2 sprechen für die Zurück-
führung auf die Wurzel dabh. Es ist ebenfalls Part, pass.; das nd
am Ende des Wortes kann nur als enklitische Partikel gefasst
werden; denn imperativisch, wozu ähnliche Sanskritimperative ver-
führen könnten, lässt sich daibitdnd seiner ganzen Stellung nach
nicht fassen.
V. 2. Pard — gimaiti Ner. : sarve manushjdh pfthivjd amtardle
prdpnuvanti margasja taradhasjaca (wofür taradagca zu lesen), was
Hang, die Gdthäs des Zarathustra. IIL Cap. 48, 2. 3. 1(38
ganz ungenau und sehr frei ist. Die Worte pard hjat mä ja scheinen
gar nicht übersetzt, es sei denn, dass das sarve dem pard ent-
sprechen solle; meng ist durch maiiushjdh, perethd durch pfthivjä
antardle übersetzt und durch margasja taradagca erläutert. Dass die
ganze Uebersetzung verfehlt ist, leuchtet jedem, der kein abergläu-
bischer Anhänger der Tradition ist, von selbst ein. Ueber ])«r«
hjat, ehe als, vgl. 43, 12, welche mit der unsern überhaupt grosse
Aehnlichkeit hat. Für mdme steht dort mui. Die meiste Schwierig-
keit hat meilg perethd; eines dieser beiden oder beide zusammen
müssen das Subject des Satzes sein, da sie grammatisch betrachtet
die Stelle des graoshö in 43, 12 einnehmen. Mmg lässt sich nicht
als casus obliquus des Pronomens der ersten Person fassen, wozu
man leicht verführt werden könnte; an eine Identification mit mashja
= manushja, Mensch, die Ner. vorbringt, ist nicht im entferntesten
zu denken. Wir müssen bei der Wurzel man stehen bleiben, wo-
von wir in den Gdthas die Verbalform menhi als eine erste Person
sing, conjunct. med. haben, mit der mefig.hdi wechseln kann (43, 13).
Meng ist nur das durch s = baktr. h (g) erweiterte man. Im Neu-
persischen entspricht vollkommen mang, Ueber muth, Stolz, Be-
trug, Spiel, dessen Bedeutungen zum Theil wirklich auf unsere
Wurzel zurückgeführt werden können. Da aber dieselben im Zend-
avesta weiter nicht nachzuweisen sind, so wollen wir davon absehen.
Am besten scheint mir die engere Verbindung desselben mit perethd
zu einem Compositum, in dem das meng soviel als mano bezeichnet.
Das feminine perethd selbst ist aber nicht durch das sanskritische
pfthim, Erde, zu erklären, wie Ner. thut; ebenso wenig ist es auf
perethu. Brücke, auch nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung
breit zurückzuführen. AVir müssen es von der Wurzel pereth =: peret,
einer Erweiterung der Wurzel pere, zerstören, vernichten, ab-
leiten. Dieses pereth, peret, identisch mit dem wedischen pft,
Schlacht, Kampf, hat die Bedeutung kämpfen Jt. 5, 50. 13, 27.
19, 77; das Substantiv pairithnem Vend. 18, 22 die von Vernich-
tung. Das ganze Wort meng-perethd deutet man sonach am besten
durch Geisteskampf, d. i, Widerstreit der bösen Gesinnung gegen
die gute, eine Bedeutung, die vollkommen in den Zusammenhang
des Verses passt.
V. 3. Der Dativ vaedemndi ist noch auf vi^td im zweiten Vers zu
beziehen. Der Relativsatz : jaecit güzrd genhdonho ist ein Erklärungs-
satz zu ^pentö vidvdo, und weiter zu dem ganzen Satze ja — ahurö,
indem er näher den Namen derjenigen nennt, welche die hei-
ligen Lehren überhaupt verkündigt haben. Ner. giebt die Worte
^pento — ^enhdonho folgendermassen^ wieder : dadhignunam vedasja sa-
mipe ^ishjeta jat tad adhogdmmah Aftarmanasja vdkjam tasja upariva-
dati, was sehr frei ist. Deju giizrd eutspricht adhogdminah, der
unten wandelnde; es schwebte dem Uebersetzer wohl das hier und
da vorkommende zemar-güza Jt. 19, 81. frag. 4, 8, unter der Erde
11*
1G4 Hcmg, die Gaihas des Zarathustra. III. Cap. 48, 3. 4.
sich bergend, von Ahriman und seinen Schaaren gebraucht (hau
figer ist das Wort im Pärsi), vor. Dass dieses güz dem sanskri-
tischen giih, verbergen, entspricht, wird sich auch an unserer
Stelle nicht läugnen lassen; aber die Beziehung auf Ahriman ist
jedenfalls irrig. Güzrd, eigentlich ein neutr. plur. des Adjectivs, ist
van ^enhdonho abhängig, so dass diese Verbindung „das Tiefe oder
die tiefen Dinge (Geheimnisse) anzeigend" heisst. — Thwdväg giebt
Ner. mit: te utkhhfabhuvanam, woran man deutlich sieht, dass er
dieses Wort in zwei zerlegt hat, in thwd und vä^, welch letzteres
ihm identisch mit vanhus war, das gewöhnlich durch utkfshta über-
setzt wird. In der Parallelstelle 31, 16 dagegen ist es mit tvattulja,
dir gleich, wie du, wiedergegeben, was den Sinn des Wortes
im Ganzen treu wiedergiebt. Von jener Zerlegung des Worts müssen
wir absehen, obschon K. 5 ebenfalls thwd vag abtheilt, da der Ac-
cusativ thwd nicht wohl erklärt werden könnte. Es steht collectivisch
und ist Apposition zu dem Vorhergehenden.
V. 4. Für ashjagcd, wie West, mit Recht nach K. 4, 9 schreibt,
lesen K. 5 ashajagcd und K. 11 ashd jdcd, welche Lesungen nur
aus Missverständniss des ashjagcd entsprungen sind. Dass dieses
nicht auf das bekannte asha zurückzuführen ist, beweist die Stelle
51, 6, wo es einen deutlichen Gegensatz zu vanhus bildet. Nerios.
giebt es durch utkfshtatara , in welcher Uebersetzung die äussere
Form, der Comparativ, richtig erkannt ist. Ueber seine Ableitung
von akö, nichtig, s. d. Grammat. (Lautlehre). — Die Worte ahjd
zaosheng hacaiti giebt Ner. mit : teshdm mitratvam gundatvam fgundhat-
vam oder Qubhatvam?) abhildshdja sammdjate und erklärt es durch
kdrjena punjejia nirmajatvam kdrajati piinjagrdhandja rnanasd kdrjam.
Die Plurale zaosheng vareneng hat der Uebersetzer ebenso wenig w
berücksichtigt, als die Casus. Wenn er vareneng mit abhildshdja ■■
„zum Verlangen" übersetzt, so ist er von der Wurzelbedeutung
var, wählen, geleitet worden. Sie ist aber gegen den Zusammen-
hang und die spezielle Bedeutung des varena in den Gdthd's,
worüber das Glossar. — Thwahmi — anhat Ner. : jat ajam te bud-
dhinirvdno nardndm ndrindm asti, was mehr -' oder minder Missver-
ständniss ist. Naiid ist nur eine Partikel, ganz dem lateinischen
nonne entsprechend, und hat mit nar. Mann (Nom. nd), nichts als
die zufälhge Lautgleichheit gemein. Schwierig ist die Fassung des
khratdo. Es ist sicher eine Form von khratu, Verstand, mit Ausfall
des zu V verwandelten u vor der Endung, da ein Nominativ khrata
oder khratd sich weder im Zendawesta noch Weda belegen lässt.
Eine ähnliche Form ist peretdo .L 51, 13, das nur von peretu ab-
geleitet werden kann. Die Endung do führt auf einen Nomin. plur.
fem. oder neutr. oder auf einen Genitiv dual. (vgl. vdo, ahvdo etc.);
letzterer Casus stimmt am besten zum Zusammenhang. Die beiden
Intelligenzen (s. die Einl.) finden sich auch in den spätem Büchern
erwähnt. Auf diese Weise erhält die Neriosengh'sche Uebersetzung
Haug, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 48, 4. 5. 6. 165
buddhmirvdna y des Verstandes Entschwinden, d. i. des Verstandes
Höchstes, ihre richtige Deutung.
V. 5. Jaozddo — vajiistd Ner. : pavürikaranam manushjdndni
pa^cdt jag gdtdndm utkfshfahhuvanam. Jaozddo kann aber hier nur
als eine zweite Person sing, Verbi gefasst werden und schlechter-
dings kein Nomen sein. Aipi ist kein Adverbium im Sinn von
pa^cdt, nachher, sondern eine Präposition, die mit zäthem ver-
bunden werden muss ; sie hat ganz denselben Sinn, wie v. 6 der
Dat. zäthui. Diese Redeweise ist eine nähere Bestimmung zu mashjdif
„dem Menschen nach dem Geschlecht", d.i. dem Menschengeschlecht.
Jaozdd kann hier noch nicht die im Vendidad gewöhnliche Bedeutung
von reinigen haben, welche Ner. diesem Worte ebenfalls hier bei-
legt, sondern es hat die ursprünglichere Bedeutung Glück, Heil
verleihen; das vahistd ist accus, plur. neutr., von jaozddo ab-
hängend und seinen Begriff näher erklärend. — Für gavoi verezjd-
tdm hat Ner. : gavdviracajüd pa^updtd kutumbi, drei Ausdrücke für
denselben Begriff; der erste gavd-viracajüd ist die wörtliche üeber-
setzung „der mit dem Vieh bestimmte Anordnungen trifft"; da diese
Uebersetzimg zu unverständlich war, so wird sie weiter erläutert
durch pa^updtd „Viehbeschützer"; aber dem Uebersetzer genügt
dieser engere Begriff noch nicht, er giebt ihm eine aligemeinere
Bedeutung, indem er ihn durch kiifumbi, Hausherr, erklärt. Alle
diese Erklärungen sind sicher falsch, da dem ganzen Sinn und Zu-
sammenhang nach gavui nicht Vieh, sondern Erde bedeuten muss,
und verezjdtäm kein Nominativ, sondern Accusativ, und überdiess
kein nomen actoris, sondern ein nomen abstractum der Bildung
nach ist, wörtlich das Gearbeitetwerden in der Erde. —
Tarn. — fshujo Ner.: sau (asdu) asmabhjam svddjam svijajati, der
macht uns das zu Essende zu eigen, erklärt durch: asmattanum
vardhati. Die Deutung des fshujo durch vermehren ist gewiss
richtig (nur ist es keine dritte, sondern eine zweite Person); aber
die ganze Satzverbindung ist eine falsche.
V. 6. Für utajuüim, wie West, ohne Angabe von variae
lectiones schreibt, haben Bf. und Bb. utajuitt, für tevishim Bb. eben-
falls tevtsht So richtig die Westergaard'sche Schreibung auf den
ersten Anblick auch erscheinen mag, so wird sie zweifelhaft, wenn
man dem berehhdhe seine Stellung im Satze anweisen will. Dieses,
wofür eine Handschrift berekhdhim corrigirt, nur um es mit tevishim
in Einklang zu bringen, kann seiner Form nach nur ein Vocativ
feminini oder ein Locat. des Neutrums oder Masculinums sein ; beide
Fassungen widerstreben dem Sinn und Zusammenhang. Der Vo-
cativ könnte sich nur auf Armaiti im vorhergehenden Vers beziehen,
aber eine solche Beziehung ist, weil unser Vers nur dritte und keine
zweiten Personen hat, nicht wohl möglich; die Erklärung durch den
Locativ geht aber noch weniger. Wir müssen die Westergaard'sche
I
166 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 48, 6. 7.
Schreibweise ändern. Für berekhdhe liest Bf. berekhdhe ; diese Lesung
weist auf ursprüngliches berekhdhi hin, da dieses e meist aas { ent-
standen ist (s. die Graminat.). Für jenes e setzen die Handschriften
häufig e, aus welcher Verschreibung das .berekhdhe der meisten Mss.
erklärt werden kann. Dieses berekhdhe = berekhdhi ist indess nicht
auf tevishi, die beiden Kräfte, sondern auf Armaiti im vorigen
Verse zurückzubeziehen, ebenso wie hushuithemd und der Form nach
dennoch Norainat. sing. S. über die Bedeutung zu 44, 7. Nerios.
fasst sie als Accusative sing. ; für berekhdhe hat er prijataram.
V. 7. Von diesem schwierigen Vers giebt Ner. keine wörtliche
Uebersetzung, sondern mehr eine Paraphrase, die den Sinn im All-
gemeinen wiedergeben soll. Die Worte von ni — paiti-gjodum lauten
bei ihm : nüdmtam kdrjam nitdtrdam dadhjdt pratikulam irshjdlmnanu-
shasja jo ^pramdnam vadati sapratikülam ^ishjdpojdmi, Ausserordent-
liches möge er thun gegen den neidischen Menschen, der Ungesetz-
mässiges verkündigt; ich bilde ihm entgegen Anhänger (Anhänger,
die ihn bekämpfen). Die Erklärung des nidjdUJm durch nitdmtam
dadhjdt ist sicher falsch, da die einfache Präposition ni nie die Be-
deutung von nitdiTitam, übermässig, ausserordentlich, hat;
ni -\- dhd heisst nur niederlegen, hinlegen. Aeshm.6, das mit
irshjdlumanushja übersetzt ist, ist nothwendig als Subject und nicht
als Object zu fassen. Pratikiilam = paiti; ^jodum ist mit ^ishjdpa-
jdmi gedeutet, was auf offenbarer Verwechslung der Wurzel 91 mit
^ish beruht. Zu beachten ist, dass die Präposition ni und paiti
wegen des besondern Nachdrucks des durch sie ausgedrückten Be-
griffes zweimal gesetzt sind. Mit Unrecht schreibt West, daher
jtaiti remem zusammen als ein Wort. Die Worte irshjdlamaniishjasja
jo apramdnam vadati^) sind eine Uebersetzung von remem, wie aus
29, 1, wo wir ebenfalls remo haben, deutHch zu ersehen ist. Diese
Deutung ist etwas zu umständlich. Als Wurzel darf nicht an ram,
sich freuen, wovon rdma, lieblich, gedacht werden. Im Neu-
persischen findet sich ram in zwei ziemlich verschiedenen Bedeu-
tungen, die wohl auf verschiedenen Ursprung hinweisen: 1) Heerde
(Pehl. ramai: öfters in den Uebersetzungen vorkommend); 2) Schrecken,
Flucht. Das Verbum ramidan heisst erschrocken sein, sich fürch-
ten, erschreckt fliehen; erschrecken. Der Wedadialekt kennt
neben dem gewöhnUchen ram, sich freuen, eine andere Wurzel
ram, die den Präsensstamm nach der siebenten Conjugation bildet
und 1) befestigen, einschlagen, einrammen, 2) tödten be-
deutet. Hierauf können die Bedeutungen des neupersischen ram
zurückgeführt werden; hieher ist auch unser remem, was, wie wir aus
remo 29, 1 sehen können, Accusativ ist, zu ziehen. Seine Bedeu-
tung ist wohl Vernichtung (eigentl. Einschliessung). — Joi — duje
Ner.; jat sarve Bahmanasja ddti grahanabhavitavjam, alle müssen
^) Für vadati, er spricht, steht 29, 1 vadhjati, er schlägt.
r
Hang) die Gdthas des Zaratlnistra. III. Cup 48, 7. 167
Bahman's Schöpfung ergreifen, diese Schöpfung ist weiter durch
(^ariram svijam bestimmt. Das j6i fasst der Uebersetzer, wie aus jat
sarve zu schliessen ist, als Nomin. phir., was auf den ersten Anblick
die einzig richtige grammatische Erklärung zu sein scheint*, aber das
Verbum didaraghzo und duje lassen sich damit nicht reimen ; das
erstere verlangt nothwendig einen Accusativ, das zweite diije, der
Dual von dvi, zwei, einen Dual. Letzterer ist an unserer Stelle
auch allein richtig; und zwar ist es der Accus. Dual.; über die Form
siehe die Grammat. Duje scheint gar nicht übersetzt zu sein, es
müsste nur das sarve seine Stelle vertreten. Die zwei Dinge, die
hier gemeint werden, sind aeshemö und remem. — Ashd — ^pento
giebt Ner. durch : jat idam piuijamanobhjah prakatam narena gurund.
Das schwierige hithaos ist hier augenscheinlich durch prakatam^ of-
fenbar, deutlich, wiedergegeben. Da sich diese Bedeutung des
hithaos etymologisch nicht wohl erweisen lässt, • — was beachtungs-
werth ist, da bei Ner. gerade Etymologieen eine Hauptrolle spie-
len, — so ist Grund anzunehmen, der Uebersetzer sei einer andern
Lesart gefolgt. West, giebt nur die Variante hithdus K. 4; aber
Bf. hat haithdis und Bb. hithdis. Die erstere Lesung führt auf das
bekannte haithja, wirklich, wahrhaft, und dieses hat wohl dem
Uebersetzer vorgeschwebt. Diese Lesung ist indess zu wenig be-
glaubigt und sieht mehr wie eine Correktur des weniger verständ-
lichen hithaos aus, als dass wir dieselbe aufnehmen könnten; zudem
giebt sie auch keinen passenden Sinn. Dass es als Genitiv zu
fassen und enger mit jehjd zu verbinden ist, scheint mir ausser
Zweifel. Die Wurzel ist hi, nicht etwa hith , welche nirgends nach-
weisbar ist, und entspricht dem skr. si, binden ^). Dem Part, hita
begegnen wir öfter in den Jesht's, so 5, 53. 10, 11. 94 in der
Phrase: hitaeibjö tanubjo dwatcttem, was nur heissen kann: den
kranken Körpern ertiehe ich Gesundheit. Dieselbe Bedeutung
krank, eigentl. gebunden, hat es auch 13, 100. 19, 86 in der
Phrase: ^tdtdm hitäm laaitim uzvazat, den wirklich kranken (ge-
bundenen) Zustand nimmt er weg. Dahin gehört auch der häufige
Name Hitd^pa, der gebundene (kranke) Pferde hat. Im Weda ist
die Wurzel sehr verbreitet; davon pra-sita, Band, Streif, setu.
Brücke, siman, Gränze (eigentl. Festsetzung, Bindung). Als eine
solche Ableitung von hi = si ist hithu an unserer Stelle zu fassen,
es ist ein Abstractinn, eigentl. Bindung, Band bedeutend, und
hat hier den übertragenen Sinn von Verpflichtung, Obliegen-
heit. Der Satz lautet wörtlich: vera persequor, cujus officii vir
sanctus, was nur heissen kann: dem Wahren gehe ich nach, wie es
Pflicht des frommen Mannes ist. — Das hoi im folgenden Satze
geht nicht auf nd ^pento, sondern auf ashd zurück und entspricht
ganz unserem davon.
') Die von den Grammatikern als so aufgeführte Wurzel ist eigentlich
dieselbe, wie die Flexion deutlich zeigt.
168 Hang, die Gdthas des Zaralhustra. IIL Cap. iS, 8. 9.
V. 8. Das InteiTogativum kd im zweiten Satz bezieht sich auf
istü im ersten Satze zurück. Der Sinn ist nach Ner. : wie ^ishjdh
fighram prasädam te prdpmivaiiti , was gewiss nicht richtig ist, da
von ^ishjdhj Schülern, nirgends im Verse die Rede ist. Schwie-
riger ist der folgende Satz kd — ishjd, Ner. hat: kadd te parisphu-
tam prakatam dakshind samihe. Diese Uebersetzung ist ungenau.
Das ashd scheint gar nicht übersetzt, es müsste denn durch pa-
risphutarn, klar, offenbar, ausgedrückt sein, was sonst nicht der
Fall ist. Ishjd fasst Ner. als erste Person sing, praes. , indem er
es durch samihe , ich strebe, trachte, giebt; ebenso übersetzt er
auch istis. Er leitet es wohl von ish, wünschen, ab, aber diese
Bedeutung hat diese Wurzel im Baktrischen nicht, s. zu 30, 1 u.
das Gloss. üeber dkdo s. zu 33, 6. — Syntaktisch sind zu ver-
binden: kd ashd ishjd = quae veritates eundae sunt; der davon ab-
hängige Accusativ ist aredreng und eine adverbiale Bestimmung zu
letzterem ist äkdo. — Schwierig ist gavaro im letzten Satze. Ner.
giebt es mit dhdranam wieder. Auf welcher Ableitung diese Ueber-
setzung beruht, lässt sich schwer sagen. Als Wurzel bietet sich
zunächst gu, eilen, die auch im Weda vorkommt; davon haben
wir den Imperativ gava, eile, Jt. 5, 63, und davon stammt das
neupersische züd, schnell. Eine Ableitung von der Wurzel giv,
leben, ist nicht wohl statthaft, da die Ableitungen davon gewöhn-
lich verkürzt sind, wie gva, gvdg. Eben soviel Schwierigkeit wie
die Ableitung bietet die Form dem syntaktischen Zusammenhang.
Dem Anschein nach ist es ein Adjectiv durch die Endung ra
gebildet, und zwar Nominativ; aber eine solche Form passt nicht
in den Zusammenhang des Satzes, der hier einen Vocativ erfordert,
da der Nominativ hier eigentlich auf nichts bezogen werden kann.
Daher fragt es sich vor allem, ob die Lesung richtig ist. West.
giebt keine Variante an; Bb. hat gvaro, was an der Sache nichts
ändert. Ich glaube, dass dieses 6 durch einen Abschreiber miss-
bräuchlich für e gesetzt ist, was um so leichter der Fall sein kann,
als das schliessende e des altern Dialekts gewöhnlich einem 6 des
Jüngern entspricht; man vgl. ke für ko, ve für v6 etc. Dieses e ist
am Ende aber manchmal auch eine missbräucjiliche Verlängerung
des e in den Neutralbildungen, wie avare für avare (avasj. So halte
ich es für sehr wahrscheinlich, dass an unserer Stelle für gavaro
gavare = gavare zu lesen ist. Dieses ist nun wohl identisch mit
dem in den spätem Theilen des Zendawesta vorkommenden zavare,
Stärke, Kraft, Jt. 1, 22. 23. 2, 16. 3, 16, neupersisch ziir, wäh-
rend die Gdthas es in dieser Form nie zeigen. An dieses Wort
dachte Neriosengh, wenn er gavaro mit dhdranam, Festhalten,
übersetzt. Diese Deutung stimmt auch am besten zu dem Zusam-
menhang; grammatisch ist das Wort als Vocativ zu fassen, auf
Ahuramazda sich beziehend.
V. 9. Cahja khshajathd und jehjd dvaethd sind Zwischensätze.
Haug, die Gdt/täs des Zaruthmtra. III. Cap. 48, 9. 10. 169
Die Phrase jehjd dithis dvaethd findet sich nur noch 32, 16. Ner.
giebt den ganzen Satz von mazdd — dvaethd: svdmin parisphutam
asmin samaje kadd me ^ishjdh prakatd bhavishjanti, d. i. Herr, wann
werden ineine Schider in dieser Zeit offenbar (bekannt, berühmt)
werden? Dabei findet sich die Glosse: asja samajasja me samdehah,
mein Zweifel an dieser Zeit. 32, IG sind die Worte: jehjd md
dithi^cit dvaethd so übersetzt : jathd mddljdndju prakdtajate aam-
digdha7n ^ishjdndm me, damit meiner Schüler Zweifel offenbar werde.
Nach diesen Uebersetzungen ist klar, dass dem Nerios. dithis soviel
als prakatam bhavati, offenbar sein, oder prakdtajati, offenbar
machen, bedeutete, während dvaethd ihm gleich samdeha , Zwei-
fel, galt, da er es ohne Zweifel von dvi, zwei, ableitete. Die
Erklärung beider Worte ist aber sicher falsch, da sie weder in den
Zusammenhang passt, noch sich etymologisch rechtfertigen lässt.
Aithis findet sich ausser den Gdthd's noch Jt. 10, 37 : avi dis aem
khshajamno dithim baraiti thwjdmca, wo es Verderben, Unheil, als
Synonym von thwjäm (Jt. 10, 23, vgl. den Superlativ thwjä^tema
Yend. 2, 53 Sp.) bedeuten muss. Wovon das Letztere abzuleiten
ist, lässt sich schwer sagen. Ich vermuthe, es ist auf die sanskr.
Wurzel vjath, quälen, welche sicher nur aus a/A + Präpos. vi zu-
sammengesetzt ist, zurückzuführen. Vielleicht ist auch an at, gehen,
oder das uralte ath, brennen, zu denken. Das dithis der Gdthd's
nun hat mit diesem gar nichts zu thun, sondern ist vielmehr ganz
andern Ursprungs. Dass es kein deklinirbares Substantiv sein kann,
sieht man leicht aus der ganzen Structur der Sätze. Um es kurz
zu sagen, es ist zusajumengesetzt aus d-\- this ; letzteres ist identisch
mit dem in den spätem Schriften öfter vorkommenden Demonstrativ
dis. In den Parsischriften begegnen wir sehr häufig einem Wörtchen
this, das Ner. mit kimcit, etwas, wiedergiebt und das wirklich
öfter diese Bedeutung hat. Die Verbindung des d mit Pronominal-
stämmen kommt wirklich vor, vgl. das skr. dkim (aus d + kirn),
von — her. Die Bedeutung des dithis ist eigentl. zu diesem,
d. i. wegen diesem, was dann in den Begriff des wegen schlecht-
hin überging und so den Genitiv (j^hjd) regieren konnte. Das md
kann nur me heissen und ist von dvaethd regiert, das ebenso sicher
eine zweite Person plur. praes. ist, als khshajathd im vorhergehenden
Satze. S. weiter das Gloss. s. v. du.
V. 10. Kadd — vi^ent^ Ner.: kadd ^jam kdlaJi svdmin eteshdm,
manushjdndm madhje mdnnvdh pratikaranatd bhavanti, wann ist diese
Zeit, Herr, (dass) in der Mitte dieser Menschen die Männer ent-
sprechend handeln? Erklärt wird der Sinn durch: asmin kdle kadd
prdpmivanti jat me ^ishjdh pracalanam sanqmrjiam bhavati, wann er-
langen es in dieser Zeit meine Schüler, dass ein vollkommener Fort-
gang ist (Statt findet)? Das schwierigste Wort des Satzes ist md-
naröis, welchem in der Uebersetzung manashjdvdm madhje entspricht.
Der Form nach ist es Genitiv sing, und lässt auf einen Nominativ
170 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. III. Ciq). 48, 10.
mditari zurückschliessen. Dass es ein zusammengesetztes Wort ist,
aus md und 'tiari bestehend, ist leicht zu sehen. Ersteres lässt sich,
nur auf die bekannte Wurzel man, denken, letzteres auf nar^
Mann, zurückführen. Am leichtesten wird man bei 7iari an de
femin. wegen der Endung i denken; allein dieses bildet sich ii
ßaktrischen stets mit Dehnung des stammhaften a, ndiri oder mit'
ha: ndirilid, Weib. Schon aus diesem Grunde müssen wir eine Identi-
fizirung des nari mit 7idiri abweisen. Eine Adjectivbildung kann es
auch nicht wohl sein, da wir dann wenigstens die Endung in haben
sollten. Wir sind genöthigt, nari zu Grunde zu legen und ihm die
Bedeutung eines Abstractums zu geben; mä-nari ist somit wörtlich
Gesinnungsmannheit, d. i. männliche Gesinnung, Muth.
Aus denselben Elementen, nur in umgekehrter Folge, ist der be-
kannte Eigenname Nare-mando (im Shähnämeh Neriman) zusammen-
gesetzt, den Männlichen, Muth igen bedeutend. Die schwierigei
Worte kadd agen — madahjd giebt Ner. durch: kadd iitthdpajani
uttamdndm kadd nirmalatd nikhhfatard bhavatt, wann lassen sie (di(
Bösen) entstehen, wann wird der Besten Fleckenlosigkeit schlechtel
(wann verschlechtern sie sich)? Dem müthrem soll augenscheinlicl
nirmalatd, Fleckenlosigkeit, dem madhalijd nikhhtatara, ge-
meiner, schlechter, entsprechen. Das nmthra findet sich nocl
Vend. 6, 29 West, als ein möglicherweise im Wasser gefundene)
Theil eines Leichnams, neben vaühutdt, das sicher das Blut,
die Blutmasse überhaupt bedeutet. Die Pehlewiübersetzung giebl
es durch müt wieder, was mehr einer Umschreibung als üebersetzung'
ähnlich sieht. Das Sanskrit bietet mutra, Urin, Harn. Dass diesem
eine alte arische Wurzel der Bedeutung nass sein zu Grunde liegt,
kann das griech. [XuSoi;, Flüssigkeit, das englische mud, Schlamm
(deutsch Moder) lehren; zu derselben Wurzel, die ohne Zweifei
mud gelautet hat, gehört auch das lateinische mollis , weich, für
mod-lis (nach dem bekannten Assimilationsgesetze). Herbeizuziehen
ist noch das litthauische myzu, harnen, das lautlich aus einer
Wurzel mud hervorgegangen sein muss. Das sanskr. mud hat eine
übertragene Bedeutung sich freuen, vergnügt sein oder es ist
vielleicht dem Ursprung nach grundverschieden. ^ Wenn nun die Be-
deutung Urin, Harn oder wenigstens die einer unreinen Flüs-
sigkeit vollkommen in den Zusammenhang der angeführten Stelle
des Vendidad passt, kann diese auch an unserer Stelle angewandt
werden? Sollte es vielleicht nicht die Bedeutung des aus einem
muthra verstümmelten neupersischen muhr , Siegel (wie mihir, Sonne,
aus mithra) haben? Die Antwort auf diese Frage hängt von der
richtigen Fassung des madhahjd ab. Westerg. schreibt madahjd,
ohne eine Variante anzugeben. Bf. hat maf ahjd, Bb. madhahjd.
Da wir im ganzen Zendawesta nur ein madha, aber kehi mada
finden, so wird die Westergaard'sche Schreibung, auch wenn sie
sich auf die Mehrzahl der Handschriften stützt, verdächtig. Weil
im Zendawesta keine strenge Orthographie herrscht, so konnten d
I
Hang, die Gdthas des Zarathudra. III. Cap. 48, 10. 171
und dh leicht verwechselt werden. Zudem ist das im Weda so be-
kannte Verbum mad, sich freuen (eigentl. berauscht sein vom Soma),
wovon mada am Ende nur abgeleitet werden könnte, im Zendawesta
nicht nachweisbar. Daher wird am besten madhahjd geschrieben.
Hievon finden wir den Nominativ sing, madhö Jac. 10, 14. 19. ^)
Jt. 17, 5 und den Nom. plur. madhdonho Jt. 17, 5. In allen diesen
Stellen bezeichnet es deutlich etwas dem Haoma Angehöriges, und
zwar, da in allen diesen Stellen Haoma als Person gefasst ist, den
Haoma- oder Somatrank selbst und ist mit madhu des Weda, eine
sehr gewöhnliche Bezeichnung des Somatrankes, zusammenzustellen.
Das Neupersische hat es als bädeh, Wein, bewahrt. Kehren wir
nun zu müthrem zurück. Dieses ist abhängig von dem Verbum agen
und bildet mit demselben eine Phrase; seine Genitive sind offenbar
ahjd madhahjd. Wenn nun muthra als Siegel gefasst wird, so
würde der Sinn des Satzes sein: wann bringen sie das Siegel
dieses süssen Trankes, was vollkommen sinnlos sein würde.
Halten wir fest an der wirklich nachgewiesenen Bedeutung des
Wortes unreine Flüssigkeit, so heisst es: wann machen sie
Verunreinigung dieses süssen Trankes? Diese Deutung scheint auf
den ersten Anblick zu befremden; aber bei näherer Betrachtung des
Zusammenhangs der einzelnen Sätze unseres Verses wird sie sich
als die einzig richtige erweisen (s. die Einl. zur Gdthd). Zarathustra
wünscht nämlich hier, dass die muthigen Männer kommen und den
Somatrank, der seinen Gegnern, den Lügnern, so überaus heilig
war, verunreinigen möchten. Der ganze Vers wirft ein eigenthüm-
liches Licht auf das Verhältniss Zarathustra's zur Volksreligion und
ihren Gebräuchen (s. zu 32, 3 und weiter die Einleitung). — Ja
angrjd — karapano urupajeinti Ner. : jat anjdjinah santi nihantdrah
santi a^rötdro kimcit hdidm karüdrah adar^akah santi rakshakd jad
rakshakoja (für rakshikdrja) qrshtindm rakshdm na kurvanti, dass sie
Ungerechte, Mörder, Ungehorsame sind; jeglichen Schaden (Ver-
lust) zulassend sind sie achtlose (nicht zusehende) Wächter, da sie
nicht die zur Hut anvertrauten Geschöpfe behüten. Das anjdjinah
entspricht dem angrajd. Aber dieses ist schwerlich ein Nominat.
plur., sondern ein Instrumental eines Nomens angri oder besser
angrd. Liest man mit K. 4 angrjd, so könnte es ein von angra
durch Suff, ja abgeleitetes relatives Adjectiv sein , was aber unwahr-
^) Dass madhö wirklich Nom. singular ist und nicht Plural, wozu eine
flüchtige Betrachtung von Ja9. 10, 14. 19 leicht verführen könnte, zeigt
10, 19 deutlich : ren(jj6 vazaitö madhö värcthraghnis heut cm d^taoiti
hathra ana (jälhwja raca, der farbige Honigtrank, der siegreiche kommt
herzu; er (der Priester) preist ihn mit diesem Liederwort. Ganz klar wird
der Nominat. sing, madhö durch Jt. 17, 5: hö jö haomahe madhö asha
hacaiti ; nemo haomdi jat viQp^ anjß madhdonho a('shma hncahtC' khrvi-drrö.
Der Honigtrank des Haoma begleitet die Wahrheiten; Preis dem Haoma!
während die andern süssen Getränke den grausamen A^shma (einen Dämon)
begleiten.
172 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 48, 10. 12.
scheinlich ist, da angra selbst als Adjectivum gebraucht wird (s. weiter
zu 44, 12). Ueber karapano s. zu 32, 12. Urüpajiifiti. Die ein-
zigen Wörter im Baktrischen, woran wir es anschliessen können,
sind uriipis, womit Venu. c. 5 eine Art von Hunden bezeichnet
wird und das gewiss mit Recht bereits mit dem lateinischen vulpes
zusammengestellt worden ist, und urnpa Jt. 15, 11. 19, 28. 23, 2,
das mit takhmo zusammen einen Eigennamen bildet, Takhmo-uriqm,
worin ohne Zweifel der Diwbändiger Tahmüras des Shähnameh zu
erkennen ist. Im Neupersischen steht rubüdan, dem das gothische
raubon, engl, rob, deutsch rauben, litthauisch rubijit rapere (ruba,
Raub) entspricht, am nächsten. Im Sanskrit ist die entsprechende
Wurzel aus riip in lup erweicht. Ob mit diesen Wörtern das uru-
pajeinti unserer Stelle zusammengebracht werden kann, ist zweifel-
haft; denn in den Zusammenhang will die Bedeutung rauben, weg-
nehmen durchaus nicht passen. Eine Ableitung von dem sanskri-
tischen rupa, Gestalt, oder eine Identifizirung mit dem Causale
von ruh (rudh) ropajati gäbe zwar einen weit bessern Sinn, aber
diese Wörter sind spezifisch sanskritisch und lassen sich nicht in
den iranischen Sprachen nachweisen; zudem ist eine solche Causal-
bildung im Baktrischen eigentlich nicht erhört. Wir können das
schwierige Wort auch in ur und npajemti zerlegen, indem wir den
ersten Theil als Präposition = ut fassen und eine Wurzel up an-
nehmen, die aus vap verkürzt wäre. Allein auch diese Annahme hat
zu viel Unsicheres, als dass wir viel darauf bauen können. Bleiben
wir somit bei der erst versuchten Ableitung stehen, weil sie im
Iranischen wirklich eine Begründung hat. Für die spezielle Bedeu-
tung rauben nehmen wir besser die allgemeinere Gewalt ge-
brauchen, unrechtmässig handeln, wodurch der Sinn erträg-
lich wird.
V. 12. Kritische Schwierigkeit hat der letzte Satz : toi zi data
hamae^täro ahhemahjd. West, liest hamae^tro aeshem mahjd. Die
Lesung hamaegtro hat nur die Autorität einer einzigen Handschrift,
von K. 5, und sieht mehr wie eine Correktur wegen eines folgenden
Genitivs (auf -ahjd) aus. Aeshem mahjd trennen die meisten Hand-
schriften, K. 11 hat aegemem ahjd. West, scheint die recipirte Les-
art selbst nicht recht zu gefallen, da er für aeshem in der Note 2
aeshemem als das richtigere vermuthet. Nerios. übersetzt folgender-
raassen : jatah teshdrh dadantah santi pratipakshdndm teshdih kopanam,
denn sie (das Subject des vorigen Satzes ist anjdjinah, die Un-
gerechten) sind veranlassend den Zorn dieser Gegner. Die Ueber-
setzung teshdm kopanam setzt die Lesart aeshem oder aeshemem ahjd,
nicht mahjd voraus. Letzteres kann nur eine zweite Person sing,
des Pronomens der ersten Person mei sein (vgl. 50, 6) und steht
ganz dem thwahjd tni parallel. Aber es fragt sich, ob mahjd mei
hier einen erträglichen Sinn giebt. Es wäre zunächst mit aeshem
zu verbinden, was hier nur den Sinn des bekannten aeshemo haben
Haug, die Gathäs des Zarathustra. IIL Cap. 48, 12. Cap. 49- 173
kann, da die Bedeutungen des aesha schlechterdings hier nicht an-
wendbar sind. Dieses aeshem könnle aber nur als Accusativ von
hamaegtdro abhängig genommen werden, welche Construction zwar
nicht unmöglich, aber doch befremdend ist. Das einzige Mittel,
den vielen Schwierigkeiten, die sich noch weiter namentlich wegen
toi data ergeben würden, zu entgehen und einen ganz einfachen,
und klaren Sinn herzustellen, ist die beiden letzten Worte aeshem
mahjd zusammen als aeshemahjd zu lesen. Die jetzige Lesung der Mss.
ist entstanden 1) aus einem phonetischen Grunde, indem die Sylbe
em einen Versfuss endigt, die folgende ah einen beginnt, so dass
der Schlussconsonant der ersten Sylbe leicht zum Anfang der fol-
genden herübergeschleift werden konnte. 2) Hatte sich einmal diese
fehlerhafte Aussprache gebildet, so konnte sie leicht auch bei der
schriftlichen Aufzeichnung Eingang finden, da die Schreibung des
Zendawesta nie so geregelt war, wie die des Weda; und konnte
diess an unserer Stelle um so mehr, als im vorhergehenden Satze
ein thwahjä dem mahjd gegenüberstand, ein Umstand, der überhaupt
mannigfach auf die Schreibweise eingewirkt hat.
Capitel 49.
Dieses Stück enthält zwei Lieder, die unter sich keinen nähern
Zusammenhang haben.
1) 1 — 5. Der Styl dieses Liedes ist etwas eigenthümlich. Die
Worte bendvo, pafre, erethrts, arapd finden sich nur hier. Eigenthüm-
lich ist auch seine Anschauungsweise. Die Lehre Ahuramazda's ist
varena, die der Andersgläubigen dagegen tkaesha genannt, ein Un-
terschied, der später ganz verwischt ist (3). Die Dämonen werden
durch die schlechten Thaten der Menschen hervorgerufen (4), was
eine den Gdthd's nicht geläufige Vorstellung ist; ein Anklang daran
findet sich 34, 9. Jedoch sind in letzterer Stelle nur die Khraf^tra's^
worunter zunächst schädliche Geschöpfe zu verstehen sind, genannt;
in diesem Liede sind es die Da^va's selbst, die also erzeugt werden.
Das Lied selbst hat den Grundunterschied zwischen den Ahuramazda-
verehrern und den Götzendienern zum Gegenstand. Die Götzen-
diener haben die Uebermacht und verfolgen die an den lebendigen
Gott Glaubenden; aber diese haben in ihrem Glauben eine starke
Wafife gegen ihre Feinde, und dieser wird von ihrem Weisen, näm-
lich Zarathustra, geschützt. Der Inhalt ist im Einzelnen folgender.
Ein mächtiger Fürst, Bifidvö genannt, welcher Name dem indischen
Pdndava vollkommen entspricht, wonach er ein Abkömmling des be-
rühmten Pandugeschlechts ist, hat viel Unheil im Verein mit dem
Priester der bösen Genien gestiftet, und es scheint, als ob seine
Gewaltthaten gegen die Wahrhaftigen nicht endigen wollen. Daher
bittet der Dichter den Ahiiramazda, ihm die Gabe des guten Geistes
zu verleihen und dadurch all jenes Unheil abzuwenden (1). Dieses
174 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 49.
rührt von dem Wahn - und Lügenglauben des Bendvo her. Dadurch
schadet er der Wahrheit auf doppelte Weise; erstens er erhält dieser
Schöpfung die Armaüi nicht, d. h. er fördert nicht den Landbau,
denn aus allen unbebauten Gegenden entflieht die Erdgöttin; zwei-i
tens er verkehrt nicht mit dem guten Geiste, d. h. er wendet sich'
.nicht an den guten lebendigen Gott um Rath und Hilfe, sondern
an die bösen Mächte, da ihm der gute Sinn ganz fremd ist (2).
Indess dürfen die Frommen nicht zagen; ihr Glaube trägt die Wahr-
heit, die Heil und Segen bringt, in sich; der Glaube jenes Herr-
schers dagegen ist nur Lüge und Wahn, bloss aufs Schaden ge-
richtet und hat keinen Bestand. Jener Glaube ist festzuhalten als
das kräftigste Schutzmittel gegen die Lügner, gegen deren Gesammt-
heit der Dichter seinen Fluch schleudert (3). Das Wesen dieser
Lügner, der Unterthanen jenes Befidoo, wird nun näher geschildert.
Aus lauter Mangel an wahrer Einsicht und richtigem Verstand suchen
sie durch ihre Zungen, d. i. durch ihre Sprüche, das Unheil und
Verderben zu vermehren (vgl. 29, 1). Da sie als Unvermögende,
die kein festes Besitzthum haben, unter den Vermögenden und Be-
sitzenden wohnen und kein einziges gutes Werk vollbringen, so.
rührt alles Unheil nur von ihnen her. Ihrem schlechten Glauben
entspringen die Daevas, d. i. all die schädHchen und der guten
Schöpfung verderblichen Mächte (4). Der Weise, Zarathustra, wirkt
dagegen mit Anbetung und Andacht, die beide als Genien gedacht
sind, und beschützt den wahren Glauben durch den guten Geist.
Ihn unterstützt jeder Edle, der der Armaüi, d. i. dem Landbau er-
geben ist. Mit allen diesen Edlen steht er unter Ahuramazda's
Herrschaft und weilt in seinem Reich (5). Dass unter dem mazddo
nicht Ahuramazda verstanden werden kann, ergiebt sich klar aus
dem letzten VersgUed. Es ist entweder ein anderer höherer Geist
oder ein Mensch damit gemeint. Von den höhern Geistern könnte
es nur ^raosha, von den Menschen nur Zarathustra sein. Letzteres
ist mir das wahrscheinliche. Dass mazddo von Menschen gebraucht
wird, beweist 45, 1 und 27, 13 (der Schhiss des Jathd-ahü-vairjo-
Gebetes) deutlich.
2) 6 — 11 enthalten ein, wie es scheint vorf Zarathustra selbst
im Kreise seiner Freunde vorgetragenes Lied, worin er die Weis-
heiten Ahuramazda's zu verkündigen verspricht und diesen als den
Schützer des Guten um Beistand für sich und seine Freunde bittet,
den Gegnern aber den Untergang und die Hölle verheisst.
Der sechste Vers bildet die Einleitung. Der Prophet erklärt
sich mit seinen Freunden bereit, die ihm von Ahuramazda, der hier,
wie öfter, als eine Zweiheit (mazda und ahura) erscheint, aufge-
tragene Mission auszuführen und die ihm geoffenbarten Wahrheiten,
die der Sinn und Verstand der höchsten Geister ausgedacht, aus-
zusprechen. Um die Menschen auf die richtige Wahl zu leiten,
dass sie den Ahuramazda-G\auhen nämlich wählen, will er die Ge-
danken Gottes mit seinen Gefährten verkündigen.
Haug, die Gdthä's des Zurathustra. III. Cap. 49, 1. 175
Nun folgt eine Bitte an Ahuramazda, dass er dem Dichter
Gehör schenken, d. h. sich ihm offenbaren und ihm sagen soll,
welcher Schutzgenossc und welcher Herr die Gesetze habe, um dem
Diener die gute Lehre zu übergeben, d. h. welcher Höherstehende,
Herr oder Schutzgenosse die Gesetze habe, um sie den Diener zu
lehren, und ihm dadurch den guten Glauben zu verkündigen (7).
Die Antwort auf diese Frage scheinen die folgenden Verse zu ent-
halten. Der Schutzgenosse und Freund ist Frashaostra , der Herr
Zarathustra selbst; die Diener scheinen die De-gämd^pa's zu sein.
Diese Antwort ist indess nicht direkt, sondern indirekt gegeben.
Der Prophet giebt nämlich den Grund an, warum er mit seinem
Gefährten Frashaostra stets den Ahuramazda verehren will und beide
zu jeder Zeit seine Boten sein wollen. Dieser ist, weil ihnen der
höchste Gott die seinem Reiche unterworfene, von Reinheit über-
strömende Schöpfung (vgl. 43, 13) als Wächter übergeben hat. Sie
sind es desshalb, ^lie die Gesetze der Schöpfung kennen und sie zu
lehren im Stande sind (8). Diese Gesetze und Gebote soll indess
nur der Vermögende, d. i. der Landmann (im Gegensatz zu den
kein festes Besitzthum habenden Nomaden)^ der zum Nutzen der
guten Schöpfung von Gott bestnnmt ist, hören. Dem Lügner aber
giebt der wahr und richtig Redende, d. i. Ahuramazda, seine gute
Schöpfung nicht. Da unter dieser zunächst die geistige Schöpfung,
der die da6nas oder Gedanken Gottes angehören, zu verstehen ist
(vgl. v. 3), so werden diese passend sogleich angeschlossen. Diese
dürfen dem Lügner um so weniger anvertraut werden, als sie die
beste und heilsamste Gabe, der grösste Lohn sind. Die beiden
De-gämd^pä's als die treuen Diener dagegen sollen die Wahrheiten
und somit anch die daend's bes^itzen (9). Mag das Reich des Guten
auch viele Angriffe erleiden, es hat Ahuramazda zum Oberherrn und
Schützer; von ihm erwartet daher getrost der Dichter alle Hilfe,
dass er den guten Sinn, die Seelen der Frommen, d. i. die guten
Genien, die Frömmigkeit und den Gottesdienst durch seine Macht
und seinen an Gabenreichthum unerschöpflichen Schatz beschützen
und bewahren möge (10). Gerade die Seelen der Frommen (die
Fravashi's) sind in Ahuramazda's Händen die tapfersten Streiter gegen
die Bösen in Gedanken, Gesinnung, Glauben, Wort und That. Dieser
Kampf kann nur damit endigen, dass die Lügner für immer in die
Wohnung der Lüge, d. i. die Hölle, gestürzt werden (11).
Ein Anhang zu dem Liede ist der zwölfte Vers. Der Dichter,
welcher sicherlich nicht Zarathustra ist, bittet den Ahuramazda , dass
er ihm als seinen Lobpreiser dasselbe Gut verleihen möge, welches
Zarathustra zu Theil wurde, als er um die wahre Hilfe und um
den guten Geist den höchsten Gott anrief.
V. 1. Den ersten Satz at — mazisto giebt Nerios. durch: evam
me sarveshdm jävat antar nikrshtatareshu rakshdm mahattardiidm kuru,
beschütze alle meine Grossen so lange sie unter den Schlechten
176 Haag, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 49, 1.
sind. Diese Uebersetziing ist aber grammatisch und lexikalisch theils
ungenau, theils falsch und verfehlt ganz den richtigen Sinn. Der
Sinn des befidvo durch a7itar Jiikhhtafareshu wiedergegeben, ist nicht
ein so allgemeiner, sondern ein bestimmterer. Eine klare Ableitung
schwebte dem Uebersetzer nicht vor-, v. 2 giebt er es durch Aharman.
Dass irgend etwas Böses und Schlimmes damit bezeichnet wird, er-
giebt sich klar aus dem Zusammenhang. Ableitungen bieten sich
mehrere dar von der AVurzel band, binden, ba7i, bäuj sprechen,
verkündigen, und bidh = skr. bhid, bhind, Andere, spalten.
Von der erstem wäre es durch ein SufF. va gebildet, oder besser
von einem bandii mit hinzugetretenem « abgeleitet; der Sinn wäre
Binder, Fessler oder vielleicht auch Bindun g, Fessln ng. Diese
Ableitung, so nahe sie auch liegt, ist wenig befriedigend, da wir,
um die angegebenen Begriffe auszudrücken, sicher andere Bildungen,,
wie bagtar oder ba^thwa, zu erwarten hätten, das wedische bandh\
aber, das nur Verwandtschaft, Genossenschaft bedeutet ii
Baktrischen gar nicht vorkommt. Von der Wurzel ban, spreche!
(prophetisch) abgeleitet, könnte es durch tva (dva stände dafütj
wegen des b nach der Consonantenerweichung) gebildet die Rede
kunst, namentlich die geheimnissvolle, und zwar hier in schlimmem]
Sinne Zauberei bedeuten (Besprechen, Segensprechen), was einen]
guten Sinn gäbe. Aber bei dieser Ableitung wäre eher die Form b(7dva\
statt befidva zu erwarten. An eine Identifizirung mit dem im gewöhn-
lichen Dialekte des Baktrischen so oft vorkommenden viithwa, Füllej
Leberfluss (s. I, p. 62, not. 1), ist aus verschiedenen Gründen'
nicht zu denken. Richtiger ist unstreitig die Ableitung von der
Wurzel bhid, bhimd, spalten, zerstören. Vollkommen entsprechend
scheint das wedische bhinduh, von Indra gebraucht (Rv. I, 11, 4:
puräm bhinduh, Spalter der Städte), Spalter, Zerstörer, nur dass
dem Baktrischen bendva noch ein a zugesetzt ist. Dass diese uralte
arische Wurzel, die in den iranischen Sprachen fast verschwunden ist,
wirklich im Zendawesta vorkommt, beweist Vend. 4, 37. 39. W. das
Wort agto-bidhem, Knochen spaltend, zerbrechend, ohne Zweifel
ein alter kriminalistischer Ausdruck. Unter diesem Spalter oder Zer-
störer könnte nun entweder der böse Geist Afigrö mainjus, worauf
das Prädikat mazisto, der grösste, zu deuten scheint, oder ein
irdischer Tyrann verstanden werden. Da aber dieses befidvo gleich
grehmo (32, 12) dem Sinn und Zusammenhang nach eher ein Eigen-
name als ein Nomen appellativum ist, bhindu indess als solcher nicht
nachgewiesen werden kann, so müssen wir davon abstehen. Bei
näherer Betrachtung stellt es sich wirklich als ganz identisch mit
dem berühmten altindischen Namen Pdndava heraus. B steht für p
nach dem im altern Dialekt so gewöhnlichen Gesetze der Laut-
erweichung (vgl. ddreng = dthreiig etc.') , e = a, d findet sich eben-
falls (jem =2 jam) und das kurze a wird öfter ausgestossen (vgl.
ptd =zpatd, Vater). — Pafre , wofür mehrere Codd. pafre schreiben,
scheint eine Verbalform zu sein , da wir sonst das md := me nicht
I
Haug, die Gdthd's des Zaraihustra. III. Cap. 49, 1. 2. 177
abhängig machen können. Java ist nämlich sicher das Verbum nicht,
da es nur Imperativ sein könnte, was sich mit dem Zusammenhang
des Satzes gar nicht verträgt. Aber die Erklärung desselben als
einer Verbalform hat Schwierigkeiten. Der Zusammenhang fordert
nothwendig eine dritte Person; eine solche kann aber pafre nicht
sein, sondern nur eine zweite, für pafro (oder papero) stehend,
ausser wir wollten annehmen, dass wie öfter im Weda so auch im
Baktrischen die zweite für die dritte Person stehen könnte. Da
wir aber hiefiir keine weitern Belege haben, so müssen wir von der
verbalen Fassung abstehen. Wir haben somit pafre als Adjectiv zu
nehmen, aber nicht im Sinn des ganz analog und zuletzt von der-
selben Wurzel gebildeten wedischen papri^), voll, füllend, spen-
dend, sondern wir müssen es von der baktrischen Bedeutung der
Wurzel pere, zerstören, ableiten, und es somit als der vernich-
tende, zerstörende fassen. Damit aber der ganze Satz einen
grammatischen Sinn giebt, müssen wir denselben als einen Aus-
rufesatz fassen, und zwar so, dass md hier gleich [itJ? nicht me ist;
die Auslassung des Verbums in solchen Sätzen ist leicht verständ-
lich. — Arapd giebt Nerios. durch prdpnoti, was sowohl in gram-
matischer als lexikalischer Beziehung zu verwerfen ist. Der Form
nach ist es nur ein Imperativ, parallel mit gaidi und vidd stehend,
und zwar von der Wurzel rap (s. das Gloss.); das anlautende a ist
entweder Augment oder phonetisch (s. die Grammat.). — Den Im-
perativ vidd übersetzt Ner. mit ^dnijate, führt ihn also auf die
Wurzel vid, wissen, zurück. Aber diese Bedeutung passt nicht
recht in den Zusammenhang. Ich fasse es als zusammengesetzt aus
vi-\-dd, weggeben, d.i. entfernen (s. das Gl.). Die kürzere
Form des Imperativs da für dazdi ist wohl des Metrums wegen ge-
wählt, oder in der Bildung mit vid verwechselt.
V. 2. Tkaisho. Dieses Wort, das Ner. hier durch 7i;a;i, der
gerechte, v. 3 durch prasddaddnam , Gunstbezeugung, wiedergiebt,
ist an diesen beiden Stellen, den einzigen der Gdthä's, in denen
wir es finden, deutlich eine Bezeichnung des Glaubens und der Re-
ligion der vom Propheten verfolgten und Lügner genannten Partei
und steht im strengen Gegensatz zu varenaj womit Zarathustra seine
eigene Lehre bezeichnet. Eine Erinnerung an diesen Unterschied hat
sich auch später noch erhalten, obschon das Wort keine schlimme
Bedeutung mehr hat. Wir finden es meist neben varena, aber ge-
wöhnlich nach diesem gesetzt, so Ja9. 12, 7 tdvarena tkaeskdca
^) Rv. I, 52, 3 paprir andhasah, der voll ist vom Soma (von Indra
gesagt); I, 91, 21 prtanäsu paprih (von Soma), in Schlachten (Beute)
spendend; II, 23, 10 paprind sasnind (von Brhaspati). Paprivän, erfül-
lend, I, 73, 8. Nur der Aussprache nach von papri rerschieden ist pa-
purih I, 46, 4.
Abhandl. der DMG. II. 2. 12
I
I
178 Hang, die Gäthäs des Zarathustra. III. Cap. 49, 2. 3.
mazdajaQno ahmi, dieser Lehre und dieses Glaubens bin ich ein
Mazdaja^ner; 16, 2: Zarathustrahe varenem tkaeshemca; Vend. 12, 21
15, 2. W. anjüvarena, anjofkahha. Bedeutsam ist namentlich die
Verbindung imoirjo-tkaesha^ vom ersten Glauben, Ja^. 3, 22.
22, 27. Jt. 13, 148. 150 u. oft; nie kommt in dieser Verbindung
(mit paoirja) varena vor. Dass das Wort die Bedeutung Glauben,
Religion hatte, ist unzweifelhaft, was auch noch das neupersische
kesh, Religion, beweist. Aber neben dieser finden wir im Jüngern
Japia, und zwar in den Stücken, die zur Erläuterung der heihgen
Gebete dienen sollen (19. 20), eine andere; es bezeichnet hier die
einzelnen Theile dieser Gebete. So hat ahü vairjö fünf
tkaesha (19, 14), ashem vohü deren drei (20, 3); darunter sind die
einzelnen Grundgedanken dieser Gebete zu verstehen, von denen
jeder leicht eine Lehre genannt werden konnte. Die Ableitung des
Worts hat die grössten Schwierigkeiten. Unter den vielen von mir
angestellten Versuchen halte ich eine Zusammenstellung mit dem
sanskritischen dikshd, Opfer, Cultus, und weiterhin eine Ableitung
von der Wurzel dif = 8£txvU[Ji.l, dico für den richtigsten. Man muss
in diesem Fall eine Metathesis — ohne dieses Mittel lässt sich hier
durchaus keine auch nur halb befriedigende Erklärung finden — an-
nehmen, indem nämlich tkaesha für daekhsha gesetzt. Dass ur-
sprüngliches d unmittelbar vor einem Consonanten zu t wird, sehen
wir an tbish = dvish, hassen. Bei dem so häufig gebrauchten
Wort konnte leicht das k in der Aussprache vorgeschoben und un- Mi
mittelbar hinter das d gesetzt werden. Seine ursprüngliche Bedeu- ■'
tung ist Lehre, Anweisung. Die Sprache war sich der Ableitung
nicht mehr klar bewusst. — Daibüd ist hier nicht auf die Wurzel
dab zurückzuführen, sondern Adverb, von dvi, zwei, für dvüa
stehend; diese zwei Dinge sind in den zwei folgenden Sätzen noit
^pefitäm und naeda vohü angegeben. — ■ Dorest kann nur für darest
stehen von der Wurzel daresh = skr. dhrsh; das 6 ist rein euphonisch
wegen des r; man vgl. coret für caret. An eine Ableitung von der
Wurzel dvar, laufen, namentlich vom Laufen böser Geister ge-
braucht, ist wohl nicht zu denken; wir müssten eine erweiterte Form
dieser Wurzel dvarsh annehmen, die sich aber nirgends nachweisen
lässt. Diese Etymologie liegt indess Neriosengh's Uebersetzung du-
rdgaccha zu Grunde.
V. 3. Für rdshajanhiy wie West, nach K. 11 liest, wird
besser räshjanhe oder rdshjenhe mit andern Mss. gelesen; man vgl.
rdreshjdn 32, 11 und rdreshjanti 47,4. — ^are = ^ari, das sich
auch v. 8. 9 und sonst in den Gäthd's findet, ist nicht mit ^ara,
Schutz, zu identifiziren, sondern es muss mit dem sanskritischen
^artra, Körper, zusammengestelllt werden. Die Ableitung führt
auf die Wurzel ^ar, hervorgehen. Wir deuten es am besten als
Schöpfung.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 49, 4. 5. 179
V. 4. Für das sinnlose rdmem aller Handschriften, das nur
Vergnügen, Lust bedeuten könnte, was ganz dem Sinn und Zu-
sammenhang entgegen ist, ist mit Sicherheit reinem oder ramem
(48, 7), Verderben, Vernichtung, zu lesen. — VäQ scheint auf
den ersten Blick eine Partikel zu sein und mit vd zusammenzu-
hängen; aber bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass es die
Nominativform des bekannten Suffixes vat ist, das hier absolut
gesetzt ist, ähnhch wie oft das nahverwandte mat. Die zwei In-
strumentale hvarstdü — duzvarstdis sind davon abhängig, ebenso
der Genitiv jaeshum; eng damit zu verbinden ist 7mt : quorum
nullus bonis factis praeditus (sed) malis factis. Nerios. hat vdnchita,
erwünscht, das hier ganz sinnlos ist und nur auf zufäUiger Laut-
ähnlichkeit beruht. Die sanskritische Wurzel vdilch, wünschen,
lässt sich überdiess im Baktrischen nicht nachweisen. — Ja dregvato
daend, Dregvato wird hier als Genitiv sing., nicht als Accus, plur.
zu fassen sein.
V. 5. At — dzuitüca. Für mazddo, wie nach den meisten
Handschriften gelesen wird, lesen K. 11, Bf. und Bb. mazdd, also
den Vocativ. Für den Nominativ spricht der Umstand, dass so-
gleich zwei Nominative, jeder mit cd, folgen; der erste von beiden
scheint offenbar einen vorauszusetzen (s. v. 10); ja die beiden Wör-
ter izdcd und dzuitiscd scheinen sogar eine Erklärung des mazddo
geben zu wollen. — Für je daenäm vohü ^drstd mananhd hat Nerios.
jat asjd diner adhipatir bahmano ^sti, weil dieses Glaubens Oberherr
Bahman ist. Die Erklärung von ^drstd durch adhipatir asti enthält
dem Sinn nach unstreitig etwas Richtiges; der Uebersetzer identi-
fizirt es wahrscheinlich mit dem sanskritischen ^iras, Haupt, dem
neupersischen sar id., womit es auch zusammenhängen kann; nur
ist es nicht als Denominativ zu betrachten , da ihm der nothwendige
Denominativcharakter fehlt (nämlich die Sylbe aja oder eine ähn-
liche). Gewiss hängt es mit <;are (v. 3) für (^ari, das Nerios. eben-
falls mit adhipati wiedergiebt, zusammen. Für die richtige etymo-
logische Erklärung bieten sich zwei Möglichkeiten: 1) man nimmt
eine Wurzel ^arsh oder ^ard an ; 2) man betrachtet das s als
Aoristzeichen und legt eine Wurzel f«r zu Grunde. Das erstere
ist unstreitig das Richtigste. Da sich eine Wurzel <}arsh sonst
nicht nachweisen lässt, so müssen wir zu ^ard die Zuflucht neh-
men. Dieses ist mit dem wedischen i^rdh = ^ardh zusammenzu-
stellen, welches Rv. 7, 21, 5 überwältigen, besiegen {sa
^arddhat arjö vishunasja gantoh, er — Indra — besiegte die Feinde
verschiedener Art) bedeutet; aber diese Bedeutung ist an unserer
Stelle nicht anwendbar, aber eine daraus abgeleitete, etwa die
von beherrschen oder beschützen, s. weiter zu 32, 2. — Die
Worte von Armatuis — huzentus hängen nicht mehr mit dem Vor-
hergehenden zusammen, sondern bilden mit dem folgenden einen
eigenen Satz.
12*
180 Haug, die Gäthas des Zarathustra. III. Cap. 49, 6. 7. 8. 9.
V. 6. Fraeshjd giebt Ner. mit ddegajdmi, der Bedeutung nach
im Ganzen richtig, aber nicht der Form nach. Es ist nicht eine
erste Person sing. Voluntativ wie peregd, sondern ein part. fut. pass.,
und zwar im piur. neutr. von fra -}- ish, schicken (s. ish).
V. 7. Für mazdd, wie alle Mss. lesen, vermuthet West, in der
Note mazddo, den Nominativ für den Vocativ. Hiezu kann aller-
dings leicht das güshahvd tu, höre du, des folgenden Satzes ver-
leiten, wenn man ^raotü mazdd damit in Parallele bringt; zur drit-
ten Person graotü kann nämlich der Vocativ nicht passen, wenn
mazdd Subject davon sein soll. Aber auf der andern Seite will sich
eine solche Aufforderung zum Hören an den Mazda \md die andern
höchsten Geister nicht schicken, namentlich wenn dieselbe Auffor-
derung V. 9 verglichen wird. Man wird mazdd als Vocativ beibe-
halten müssen, dagegen als Subject zu ^raotü dasselbe zu nehmen
haben, das in mrüite v. 6. Hegt, nämhch huzefdus. Aber die zweite
Person güshahvd bringt wieder ins Gedränge. Erwägt man über-
diess, dass nach jedem Verbum ein Vocativ mazdd — ashd — ahurd
folgt, so liegt die Annahme nahe, in diesen die Subjecte zu sehen.
In diesem Fall aber müssen wir annehmen, dass die dritte Person
graotu für die zweite stehe, was der leichteste Ausweg ist. Im
andern Fall müssten wir güshahvd für eine dritte Person erklären,
was wegen des tu noch weniger möglich ist.
V. 8. Der Accus, jäm bezieht sich auf ^arem, das auf ein
Feminin ^ari zurückzuführen ist, s. v. 3. 5.
V. 9. Die Worte ^vj4 tasto nach Westergaard's Schreibung
sind von Nerios. durch Idbham abhildshaja wiedergegeben. Hieraus
scheint hervorzugehen, dass der Uebersetzer eine andere Lesart vor
sich hatte oder wenigstens anders trennte ; er las wahrscheinlich
gujet isto; denn die Uebersetzung abhildshaja, verlange, trachte
danach, beweist sicher, dass Ner. nicht tasto, geschaffen, ge-
macht, was ein sehr bekanntes Wort ist, gelesen hat. Obschon
gegen die von West, recipirte Lesart manches einzuwenden wäre,
so behalten wir sie doch bei, da wir uns sonst in gar zu vielen
vielleicht grundlosen Vermuthungen erschöpfen müssten. Sie giebt
wenigstens einen erträglichen Sinn. Nerios. hat die Glosse: mache
den Glauben des Frashaot^tra grösser. — Für jiSit — dregvdtd hat
Ner.: na satjavacanasja rdgjam dehi asja durgatimatah. Der satja-
vacana ist nach der Glosse wieder Frashaostra. Dregvdtd ist der
Form nach zwar Instrumental, aber in der Construction kann es
nur den Sinn eines Dativs haben. — Ashd ist Instrumental sing.;
jukhtd dagegen ist Nom. dualis und mit den folgenden Dualen : jdhi
De-gdmd^pd eng zu verbinden. Jdhi ist zusammengesetzt aus dem
Relativura jd (nom. dual.) und dem Demonstrativum hi (nom. dual.).
Man nimmt sie am besten in dem Sinne eben dieselben, gerade
Haug, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 49, 9. 10. 11. 181
dieselben. Gegen die verbale Fassung, die in Betreff der Wur-
zel und Bedeutung (Ja, gehen, oder jäh, das aber im Baktrischen
weiter nicht existirt) schon grosse Schwierigkeiten bietet, spricht
unsere Stelle entschieden. Nerios. hat : pai^cdi imvjam nijogajet
kdrjam njajam Gdmdspasja , wovon kdrjam njdjam dem jdhi ent-
sprechen soll, was durchaus irrig ist. Vgl. 46, 14.
V. 10. Mdzd — avemird Ner. : ju manasd asja svdminahsna
pa^jati avjdpdri)ia(d) tasja aghe narake pratjag (für das sinnlose
pratkar) bhujdt, wer durch einen Geist (Gesinnung), der sich mit
diesem Herrn (Ahuramazda) nicht beschäftigt, nicht sieht, der möge
in seiner Sünde künftig in der Hölle sein. Diese Worte Neriosengh's
sind aber mehr eine Paraphrase, als eine Uebersetzung, so dass es
schwer ist zu ermitteln, wie jeder einzelne Ausdruck des Originals
verstanden wurde. Wahrscheinlich soll dem schwierigen a7ü. XsyofJl.
avemird das avjdpdrwd entsprechen, eine Bedeutung, die sicher
ebenso wenig richtig sein kann, als wenn na pa^jati dem vazdanhd
er»tsprechen soll. Die ganze traditionelle Auffassung des Verses ist,
wie gewöhnlich in schwierigen Stellen, ganz falsch und willkührlich.
Die Form vazdanhd zeigt deutlich, dass wir hier Instrumentale haben.
Avemird ist x4djectiv und zusammengesetzt aus ave = avö, Hilfe,
und mird. In diesem, das im Baktrischen weiter nicht zu finden
ist, erkenne ich das wedische milha = midha, spendend, (W. mih)
wofür im Baktrischen zunächst miza oder miza zu erwarten wäre.
Aber so gut, als sich im Sanskrit ein / aus dem eigenthümlichen
Cerebrallaute entwickelte, konnte im Baktrischen ein r daraus
werden, da dieses bekanntlich kein / hat. Die sich so ergebende
Bedeutung hilfespendend, hilfegewährend ist ganz passend,
da es zunächst ein Adjectiv zu vazdanh = skr. vedas, Schatz, ist.
V. 11. Qaretha kann hier nicht die gewöhnliche Bedeutung
Speise haben, da sich der Sinn ganz dagegen sträubt. Wir
müssen es mit qar, glänzen, qareno, Glanz, in Verbindung brin-
gen, ihm aber einen tropischen Sinn, den von Einsicht, Ver-
stand, beilegen. So fasst es auch Nerios., der akdis qarethdü
durch nikfshtataram bodham wiedergiebt. — Vor dem letzten Satze
drügo — aqiajo haben mehrere Mss. vishd atcd oder adhcd. Sowie
diese Worte überliefert sind, geben sie gar keinen Sinn; liest man
aber vishdatcd als ein Wort, was sehr leicht geht, so haben wir den
Ablativ von visba, Gift (\q\, vishavat, giftig von einer Schlange,
Jt. 19, 40). Diess giebt zwar einen in den Zusammenhang pas-
senden Sinn, indem durch und wegen Gift der Grund, warum
die Lügner in der Hölle wären, angegeben wäre. Aber da sich
eine solche Vorstellung in den Gdthd's gar nicht belegen lässt, so
können wir dieses Wort nur als eine möglicherweise alte Glosse an-
sehen. Fast identisch mit unserer Stelle ist der Schluss von 46, 11.
Das letzte Wort affa;o, das nur Plural von a^ti, Körper, Wesen,
182 Hang, die Gdthas des Zarat/msira. III. C«p. 49, 11. 12. Cap. 50.
sein kann, giebt Ner. hier durch Umschreibung: devdndm mftjugänäm
madhje, in 46, 11 durch asthitvam, was viel treuer ist.
V. 12. Für toi und zbajente sind zweierlei Erklärungen mög-
lich; ersteres kann nom. pl. des Demonstrativpronomens = skr. te,
diese, und Dativ des Pronomens der zweiten Person tibi, letzteres
dritte Person Plural, praes. und Dativ participii praes. sein. Sind
es Dative, so muss Zarathustrdi damit verbunden werden; aber diese
Fassung stösst auf bedeutende Sinnschwierigkeiten, namentlich in
Betreff des Zusammenhangs mit den zwei letzten Sätzen, wo der
Redner in der ersten Person (frindi) von sich selbst und in der
dritten (istd) von Zarathustra spricht. Am besten ist wohl die andere
Fassung. Nerios. ist hier wieder sehr ungenau ; er hat : jathd te
parisphutam prakatam gdndmi dkdrajdmi aham sadhdjt Zarathustro
bhavdmi jathd te Bahmanah uttamamanasah , wodurch die Worte von
kat — mananhd wiedergegeben werden.
Capitel 50.
Dieses Stück ist ein fortlaufendes Ganze. Die redende Person,
die zugleich als Dichter erscheint, ist der Gens urvd oder die Erd-
seele. Dieser tritt hier als Lobpreiser der höchsten Genien, des
lebendigen Weisen, des Wahren, des Besitzes und des guten Sinnes
auf, diese zu seinem Schutze und Beistand anrufend. Aber er ver-
kündet seine Lieder nicht unmittelbar den Menschen selbst, sondern
durch Zarathustra, seinen Propheten und Sprecher. Das Lied hat
grosse Aehnlichkeit mit Cap. 29, in welchem Geus urvd ebenfalls
redend auftritt. Geben wir den Inhalt desselben näher an.
Die Erdseele ist in Bedrängniss, d.h. die Erde ist verunreinigt,
die Felder sind verwüstet worden. Sie weiss, dass nur die höchsten
Geister, der lebendige Weise, der Wahre und der gute Sinn ihr
helfen können. Diesen Gedanken spricht sie in Form einer Frage
aus, dass weder sie selbst noch das von ihr ernährte Vieh einen
andern Erhalter und Beschützer als eben jene höchsten Geister
hätten (1). An diese Frage nach einem Helfer gegen feindliche
Gewalten schliesst sich die weitere : wie der Schöpfer die Kuh
Rdnjo^kereti, die Bereiterin der beiden Reibhölzer, bildete,
worunter die Erde selbst oder ihre Vegetationskraft zu verstehen
ist, eine Frage, die wir mehrmals in den Gdthd's finden (44, 6.
47, 3). Der Schöpfer dieser Kuh ist nach diesem Verse weder
Ahuramazda noch der Geus urvd, sondern wohl diejenige Persönlich-
keit, welche 29, 2 tashd geus, Bildner der Erde, heisst, welche
indess schliesslich mit geus urvd identisch sein muss. Dieser, die
redende Person, bittet den Ahuramazda um die Kraft, in die vielen
Wesen, die die Sonne schauen, d. h. die auf dieser Erde leben.
Hang, die Gätha's des Zarathustra. III. Cap. 50. 183
das Licht des Guten anzuzünden und sie auf den rechten Weg zu
führen, sowie darum, dass er Gerechtigkeit schaflfen möge (2). Diese
soll der Welt zu Theil werden. Der Mann der Wahrheit, der nur
Zarathustra sein kann, erkannte durch den Genius des Besitzes und
den guten Sinn diese Gerechtigkeit, die der Welt vediehen werden
soll, d, h. er sah, dass nur durch die Herstellung des richtigen
Maasses und Verhältnisses zwischen dem Geistigen und Körperlichen
die Welt in ihrem Gange erhalten werde, was sich auf die ewigen
Natur- wie Geistesgesetze bezieht. Jener Mann der Wahrheit, Za-
rathustra, ist hier noch näher bezeichnet als ein solcher, der die
von Ungläubigen in Besitz genommene, zunächst gelegene Gaethä
oder Grnndstück einzäunt, d. h. dem wahren Glauben gemäss be-
baut (3). Weil die himmlischen Geister allein Glück und Segen
verleihen können, so will der Erdgeist sie mit Lobliedern verehren,
den lebendigen Weisen, das Wahre, den guten Sinn und den Be-
sitz. Sein Prophet, Zarathustra, ist der Führer aller derer, welche
nach den höchsten Gütern streben; er leitet sie ins Paradies hin
zu Qraosha, der die Loblieder der seligen Geister hört und diese
den vom Propheten Geleiteten mittheilt (4). Nun folgt eine An-
rufung der höchsten Genien seitens des Erdgeistes, dass diese mit
ihrer Hilfe nahen und mit den Geschossen ihrer Hände die feind-
lichen Gewalten vernichten möchten. Der Selbstleuchtende, der Ur-
quell alles Lichts und Lebens vermag diese Hilfe den beiden ihn
darum Bittenden, dem Erdgeist und Zarathustra, zu gewähren (5).
Gerade Zarathustra ist es, der dem Ahuramazda Lobeslieder dichtet,
der die vom höchsten Verstände ausgedachten Werke in deutlicher
und vernehmlicher Sprache den Menschen verkündet und ihnen die
Geheimnisse des Erdgeistes anzeigt, vgl. 29, 8 (6). Der Erdgeist
wiederholt nach dieser Erklärung über Zarathustra seinen Willen,
die höchsten, das Gute spendenden Geister anzurufen; aber nicht
bloss diesen allein, sondern auch allen Frommen, welche über die
Himmelsbrücken zum Paradiese eingehen, ist sein Lob geweiht.
Alle diese seligen Geister sollen ihm zu Hilfe kommen (7). Der
Dichter will nicht nur die schon vorhandenen und überlieferten Lieder
unter andächtiger Aufhebung der Hände anwenden, sondern auch
mit neuen, mit dem Lobliede des frommen Förderers der Wahrheit,
des Zarathustra, und mit dem erhabenen Gesänge des guten Geistes
auftreten (8). Da der Erdgeist sich als einen eifrigen Verehrer
Ahuramazda's bekennt, so klagt er ihm auch seine Noth und sein
Leiden, namentlich weil dieser nicht nur alles Gute schafft, sondern
auch sein Herr und Gebieter ist (9). Indess ist es nicht bloss der
Erdgeist, der das Lob und den Preis der höchsten Genien verkün-
digt, sondern auch alle hellstrahlenden Hunmelskörper, die Sonne
an der Spitze, und die Sterne wallen zu ihrem Lobe (10). Zum
Schlüsse versichert der Dichter, dass er ein steter Lobpreiser der
hohen Geister genannt werden wolle; denn er werde, so lang als
seine Kräfte reichen, d. h. so lang er lebe, ihr treuer Verehrer
184 Hang, die Gdthus des Zaratkustra. IIL Cap. 50, 1. 2.
bleiben und das Gedeihen und Wohl des irdischen, wie geistigen
Lebens, das auf der strengsten Erhaltung ewiger Satzungen beruhe,
auch auf alle Weise fördern (11).
Dass dieses Lied nachzarathustrisch ist, leuchtet wohl jedem
von selbst ein. Dem Dichter, der den Erdgeist (Gens urvä) als
redend einführt, schwebte wohl das 29. Capitel vor, welches un-
verkennbar älter ist.
V. 1. Für ife, wie West, nach mehreren Mss. schreibt, haben
P. 6, sowie Bf. und Bb. i^e. Diese Lesart ist ohne Zweifel die
richtige, da das Wort keine Verbalform ist, wie W. zu vermuthen
scheint. Nerios. giebt es durch abhildshajdmi , indem er es wohl
von ish in der falsch angenommenen Bedeutung wünschen ableitete.
Es stammt aber sicher von einer Wurzel i^ = ig, haben, besitzen,
und ist nur ein Substantiv davon, so dass es dem skr. i^a, Herr,
entspricht. S. zu 43, 8. — Für me nd, wie West, die offenbar
verderbten Lesarten der Mss. mi ndthrdtd, me ndthrdtd corrigirt, ist
mend als ein Wort zu schreiben, da me eigentlich gar keine Form,
mend aber der Genitiv des Pronomens der zweiten Person für mana,
meiner, ist. Diess passt auch vortrefflich in den Zusammenhang,
denn dem Genitiv pa^eus entspricht der Genit. mend, beide sind
abhängig von thrdtd. — Azdd — mananho Ner. : diner upari su^ilam
satjamcakdrjam tatah param bhuvanam svargam manasd dkdrjate; pa^cdt
jathd atah paraih bhuvanam sarve gdnanti, für den Glauben ist Tugend
und Wahrheit zu üben, dadurch wird mit dem Geiste das andere
Leben, der Himmel erworben, nachher erkennen alle daraus das
andere Leben. Schwierig ist die Erklärung von azdd. Bedenkt man
die eigenthümliche Imperativform zdi ., sei, 31, 17 von «f, sein, so
könnte man leicht azdd für seinen Plural: seid nehmen; aber hiegegen
spricht der Zusammenhang, in welchen sich ein solcher Ausruf nicht
recht fügen will, und die Form zutd, welche nur ein plur. neutr.
sein könnte, den wir hier nicht brauchen können. Eine Ableitung
von der Wurzel az = agy ageve, ist nicht zulässig, ebenso wenig eine
Zurückführung auf a^ti, wozu dessen Instrum. plur. azdebis leicht
verleiten könnte, denn der erweichende Laut fehlt. Die richtigste
und befriedigendste Erklärung dieses aTU. XsyofX. ist, es als ein Ad-
verbium zu nehmen und in az und dd aufzulösen; az = ag, das
häufig Adjectiven und Substantiven vorgesetzt wird, um einen höhern
Grad, etwa unserem sehr entsprechend, auszudrücken; dd ist ein
bekanntes Adverbialsuffix, z. B. idd, hier, tadd, dort, hadd, mit etc.
So hat es die Bedeutung sehr, hoch, ausserordentlich, die Be-
deutung des Vocativs zütd, angerufen, verehrt, verstärkend;
diesen fasst man am besten als Dual, da er sowohl auf Asha, als
Mazdd ahurd bezogen werden muss.
V. 2. Kaihd — isha^oit Ner. : jathd tvam svdmin ajam dakshindm
kuru gospandam pa^u samihe, also mache du da, Herr! ein Geschenk,
Hang, die Gäthus des Zarathustra. III. Cap, 50, 2. 185
ich trachte nach den Schafen. Dieselbe Uebersetzung des rdnjo-
^keretim durch dakshmdm kuru ^) ist 44, 6 gegeben. Für isha<;6it
steht samihe. Grammatisch sind diese Uebersetzungen jedenfalls
ganz zu verwerfen, und JexikaHsch gewähren sie wenig Sicherheit.
Isha^oit scheint der Uebersetzer für ish in der Bedeutung wünschen
genommen zu haben. Dass diese aber, von dem matten Sinn ganz
abgesehen, nicht angeht, zeigt eine genauere Vergleichung von 44, 6
u. 47, 3, wo derselbe Gedanke wie hier ausgedrückt ist, an der
Stelle von ishaguit aber tashat steht. Wir haben demnach gewiss
in dem ishagoit ein Wort von ähnlicher Bedeutung wie tash, schaf-
fen, machen, zu suchen. Als Wurzel haben wir shag, anzusehen;
das i im Anlaut ist eine Verkürzung, und zwar entweder der Re-
dupHcationssylbe hi oder der Präposition ni. Die erstere Annahme
ist allein die richtige, da wir neben dem Partie, isha^äg 51, 19
und dem Imperativ ishagd 31,4 auch ein Imperf. hishagat 32, 13
haben; dass dieses völlig dieselbe Bedeutung hat wie die Formen
mit anlautendem i statt hi, zeigt deutlich der Zusammenhang bei
der genauem Vergleichung der Stellen. Wie gelangen wir aber auf
etymologischem Wege zur Bedeutung schaffen? Im Sanskrit giebt
es keine Wurzel t^as oder sat;, die etwas derartiges bedeutet; <;as,
schlagen, und sas, schlafen, wären ganz unpassend, ebenso fa*,
befehlen, das auch schon wegen des d bedenklich wäre. Wir
müssen eine Lautveränderung annehmen. Am nächsten liegt die
Entstehung des zweiten Zischlauts aus einem Dental. Dieser an
sich sehr leicht denkbare und in den verschiedensten Sprachen vor-
kommende Uebergang wird durch aegma, Holz, :=: skr. idhma be-
stätigt. Bei dieser Annahme bieten sich mehrere Wurzeln sad,
sitzen, und sddh, vollbringen, oder sidh, vollbracht werden.
Am besten passen die zwei letztern ; da sidh offenbar mit sddh ver-
wandt ist und seine neutrale und passive Bedeutung hauptsächlich
Folge der Sylbe ja ist, mit der es conjugirt wird, so können wir
getrost ein ursprüngliches sadh annehmen, da das i gewöhnlich eine
Verkürzung des a ist (man vgl. sanskr. vap = baktr. vif). So
kommen wir zur Bedeutung von vollenden, fertig machen, was
ganz zu der bisherigen Untersuchung stimmt. — Erez^is — jnshjagu
Ner. : jat satjena givet asdu puvjdtmd jat dhdrajet tat idain prabhutaih
rahshdm gubhamcay eine allzu willkührliche Uebersetzung. Gis ist
vor allem keine Verbalform und die Wurzel gi kann etymologisch
nicht mit giv, leben, zusammenhängen. Die Worte hvare pishjaqü
bilden ein Compositum, der Bedeutung nach dem wedischen svar-df^,
die Sonne schauend = lebend, vollkommen entsprechend, und
sind der Form nach Locativ plur., wovon keine Spur in Neriosengh*s
Uebersetzung zu finden ist. Da der Satz kein Verbum hat, weil
erezgis entweder Nom. oder eher Accus, plur. ist, so müssen wir
^) In meiner Abschrift steht hier Ixara, was aber gewiss nach unserer
Stelle in kuru zu corrigiren ist.
186 Hang, die Gdthas des Zarathiistra. III. Cap. 50, 2.
entweder die Copula ergänzen oder ihn mit dem folgenden ver-
binden. Letzteres ist wohl das Richtigste, da erezgh kein Sub-
stantiv, sondern ein Adjectiv ist. Die folgenden Worte dkd — ddhvd
bieten aber grosse Schwierigkeiten. Ner. hat: prakatam pfthivjacü
(wohl prthivjdmcit) ajam nashah(6) mamopavishfasja satah atah grhe
ddtiddtm pradehi prabhütam dehi, das soll wohl heissen : Bekannt ist
auf der Erde dieser mein Nosk bei meinem Auftreten ; dadurch gieb
im Hause jegliche Gabe, gieb Grosses (Vieles). Die zwei ersten
Worte des Uebersetzers sind rein erklärender Zusatz; ajam soll dem
dkd entsprechen, wofür K. 6 ddd liest; diese Lesung lag dem Ueber-
setzer vor, er identifizirte ddd mit dem Demonstrativ add; das Wort
naska, welches nur das bekannte na^ka = Nosk sein kann, womit
die Hauptabtheilungen des Zendawesta bezeichnet werden, entspricht
dem gUng; mama upavishtasja dem md nishä^jd, satah atah grh6 ist
erklärender Zusatz, ddtiddtim pradehi entspricht dem ddthem ddhvd.
Der sich hiedurch ergebende Sinn kann gewiss nicht der richtige
sein, da wieder stark gegen Grammatik und Etymologie gesündigt
ist. Vor allem fragt es sich, ob dkd gteng als zwei Worte, oder
ob sie in eins, dkdgteng, zu schreiben seien. Mehrere Handschrif-
ten sind für das letztere, und ich glaube, dass diese Schreibung
mit Recht den Vorzug verdient. Akd, sowie ^tetlg würden als be-
sondere Worte betrachtet der Exegese unüberwindhche Schwierig-
keiten in den Weg legen, da dkd hier mindestens dkdo wegen des
^teilg lauten sollte und letzteres Schöpfungen bedeuten müsste,
was gar nicht zu dem Sinn des Verses passt. Akd^teiig als ein
Wort dagegen lässt sich genügend erklären als ein Abstractum der
Wurzel kd^--\-d, erleuchten, erhellen, und giebt in Verbindung
mit erezgis einen trefflichen Sinn. Bei md nishd^jd fragt es sich
zuerst, ob wir md als Accus, des Pronomens azem, ich, gleich lat.
me, oder der Negation [xi^ zu nehmen haben; danach muss sich
auch die Fassung des nishä^jd richten. Dieses bringt Ner. (upavishta)
offenbar mit sanskr. ni-shad, sich niedersetzen, neupersisch ni-
shastan zusammen. Obschon sich hiedurch ein recht guter Sinn ge-
winnen lässt, so ist die Ableitung etwas bedenklich, weil sich das ä,
das meines Wissens nie für blosses a steht,* nicht gut erklären
Hesse, da die Wurzel sad nicht nasaHrt wird. Daher liegt eine
Wurzel shd^ nahe, der wir aber als Verbum nirgends im Zendawesta
begegnen. Im Sanskrit entspricht vollkommen gattis, loben, prei-
sen, das aber in den Gdthas die Forjn gmgh oder auch kürzer
gaq annimmt; dass aber auch gäg bekannt war, beweist wenigstens
das Nom. actoris gägid 29, 1. In der Verbindung mit der Präpo-
sition ni aber muss sie eine andere Bedeutung, und zwar eine dem
ursprünglichen Sinn fast entgegengesetzte, annehmen; wörtlich würde
ni-shag weg-loben, d.h. schmähen, verwünschen, heissen. Da
aber auf diese Weise nur ein höchst unbefriedigender Sinn sich er-
giebt, so werden wir gut thun, bei der von Ner. gegebenen Be-
deutung zu bleiben, um so mehr, als gams, gengh sich nicht mit
Haagj die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 50, 2. 3. 4. 187
der Präposition ?ii verbunden findet, während sad sehr häufig damit
zusammengesetzt wird. Das ä für a lässt sich als eine Eigenthüm-
lichkeit des altern Dialekts fassen. Der Form nach möchte ich
nishäfja als Imperat. des Causativs fassen, so dass es für shd^a
stände, vgl. ukhshjeiti für ukhshajeüi, er lässt wachsen.
V. 3. Ätcit — anhaiti Ner. : evamca asmdkam svdmin jat jnivjasja
jogjam. Für anhaiti, was nur die dritte Person sing. Conjunctivi praes.
sein kann, hat Ner. jogjam , passend; in der Glosse erklärt er:
pa^avo jogjatardh saiiti, worin zugleich dem Satz ein Subject (pa-
^avo) gegeben ist. Aber es ist durchaus kein Grund vorhanden,
pa^avo (pecora) zum Subjecte zu nehmen. Ner. holt es aus der
ersten Strophe des zweiten Verses (gäm). Das Subject kann auch
in den nächstfolgenden Sätzen gesucht und als solches nazdistdm
gaethäm angesehen werden. Aber ddthem am Schlüsse des zweiten
Yerses liegt am nächsten. Ahmdi sowie hol sind mit je nd zu ver-
binden, während jäm des zweiten Satzes sich auf ddthem zurück-
bezieht. — Jäm — mananhd Ner. : jat idam rdgjain Bahmanasja ds-
vddajet, dass er diese Herrschaft des Bahman geniessen möge. Aber
coist kann die Bedeutung geniessen, kosten nicht haben, da es
nur als eine dritte Person imperf. sing, auf die Wurzel ciM, wis-
sen, erkennen, zurückgeführt werden kann. — Jäm — hakhshaiti
Ner. : jat atah pfthivjdh ajam diirgatimdn vinaih (wohl vind) gandn
dhdrajet, dass dadurch dieser Böshandelnde die Erde menschenleer
macht. Auf diese sonderbare Uebersetzung kam Neriosengh wahr-
scheinlich durch die falsche Ableitung des nazdistäm, das nur das
sanskrit. nedhishtha sein kann, indem er darin die Negation na oder
naedhd und ^ti, Welt, Leute, erblickte.
V. 4. Khshathrdcd — paithi Ner. : rdgjam jat asja samt he jat
sarhprdpteh(r) ajam mdrgah [kila asja mdrgasja suvjdpdram asti], nach
dessen (des Asha^ Herrschaft strebe ich, dieses ist der Weg zur
Erreichung. Ishö ist keine erste Person sing, praes., wie Ner. an-
nimmt, sondern entweder Nomin. sing, eines Nomens isha oder
Accus, plur. von der nominal gebrauchten Wurzel ish. Das Nomen
isha würde dem skr. t^a, Herr, entsprechen, aber da letzteres mit
Verkürzung d^s i und Beibehaltung des 9 if« (s. v. 1) im Bak-
trischen lautet, so müssen wir davon absehen. Die zweite Fassung
scheint die einzig richtige zu sein. Abzuleiten ist es von ish = ishy
verlangen, begehren, also die Verlangenden. Vgl. 29, 9.
32, 12. Abhängig ist es von ^tdonhat. Dieses Verbum kann nur
auf die Wurzel ^td, stehen, zurückgeführt werden, die aber nicht
in neutraler, sondern in transitiver Bedeutung stellen gebraucht
sein mjiss; vgl. Vend. 7, 52: 7i6it zi ahmi paiti nairi dva mainju rena
ava-^tdonhat, denn nicht stellen die zwei Geister bei diesem Manne
einen Kampf an. Die Form anlangend, so ist es Aorist; aber das
nh = s scheint nicht ohne Einfluss auf die transitive Bedeutung
188 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 50, 4. 5.
gewesen zu sein. Hieher ist auch das Adject. gtähjo Jt. 13, 52
neben vjdkhano, weise, zu ziehen. Das Subject zu ^täonhat ist
ausgelassen; als solches haben wir Ahuramazda zu denken. —
Akdo — ^raoshdne Ner. : prakatdm ajam dakshanäm dehi svdmin jat
antah Gorothmanasja ^tutim drddhandm prakatatdm karomi. Dem
^raoshdnd soll ^tutim karomi, ich mache Lobpreisung, entsprechen;
aber diese Form ist nicht etwa eine erste Person Iraperativi, wie
man auf den ersten Anblick vermuthet, sondern der Dativ eines
Nomens graoshan von ^raosha, dem mehrere gleich gebildete im
Gäthädialekte zur Seite stehen, wie mdthran von mäthra, avanhan
von avanh, maretan von mareta. Diese Nomina haben die Bedeu-
tung eines Partie, praes. oder auch die eines Nomen actoris. Der
Accusativ aredre?lg, zu dem dkdo eine nähere Bestimmung bildet, ist
von ^raoshdne abhängig.
V. 5. Aroi — ahurd Ner. : sampürnd jat jushmdkam bhaktim ka-
romi. [Kila bhaktim ^ilatdni jushmdkam sampiirnain\drrt\ kurvann asmi."]
Die Uebersetzung ist frei; denn äroi leitet einen Interjectionalsatz
ohne Verbum ein, so dass bhaktim karomi bloss vom Uebersetzer
hinzugedacht ist. Der Sinn ist somit verfehlt, um so mehr, als
droi nicht sampünia, voll, sondern bereit, willfährig bedeutet
(s. das Gl.). — Jjat — oaordzathd Ner. : sarve jat tat avistdvdnhU tava
vdmcchajet pramodena harsheim; [kila dinim tava pradattdm dndm (dnafh-
ddm) karomi sarve jat dnamdam kurvanti], jedermann soll verlangen
deinen Avesta und die Erklärung aus Freude; [deine überlieferte
Lehre mache ich zu einer freudigen, alle machen Freude]. Hier ist
mäthrdne auf Avesta und Zend bezogen, enthält somit den Begriff
der göttlichen Offenbarung nebst ihrer Auslegung; aber mäthrdne
steht nicht für mdthra, sondern ist als Nomen actoris, Lobsänger,
Sprecher, zu fassen, s. zu v. 4, worunter nur Zarathustra ver-
standen werden kann, wie klar aus dem folgenden Vers erhellt.
Das OLK. Xsy. vaordzathd wird durch er verlange mit Freude
übersetzt und durch alle machen Freude erläutert. Im ersten
Theile des Worts sah der Uebersetzer wahrscheinlich die Wurzel
var, wählen, was er im zweiten gesehen, lässt-sich nicht deutlich
erkennen. In einigen Mss. K. 6 und Bb. ist vaord zathd getrennt
geschrieben, aber diese Schreibung ist gewiss unrichtig, da die Er-
klärung auf diese Weise allzu verwickelt und künstlich werden
müsste. Zuerst fragt es sich indess, ist vaordzathd einfaches oder
zusammengesetztes Wort; dass es der Form nach eine zweite Person
plur. praes. ist, leuchtet ein. Nehmen wir es als ein einfaches Wort,
so liegt die Wurzel verez, varez, machen, thun, am nächsten. Das
vao für blosses va würde keine grossen Schwierigkeiten machen, da
solche Verdunklungen des a bei folgendem r häufig sind, z. B.
haurva für harva, vdurajd = vdrajd, pouru für paru u. s. w.; schwie-
riger aber wäre das d für e, was sich höchstens aus metrischen
Gründen erklären Hesse. Da aber bei dieser Fassung ausserdem
Haugy die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 50, 5. 189
ein viel zu matter und vager Sinn sich ergeben würde, so müssen
wir von derselben abstehen. Ein Denominativ von vardza, das mir
indess nur in der Bedeutung Eber bekannt ist, anzunehmen, ver-
bietet das gänzliche Fehlen der denominativen Endung. Am rich-
tigsten theilt man das Wort, und zwar in vaor und dzaihd; ersteres
kann die reine Wurzelform var, wählen, oder auch das Substantiv
vara oder vare enthalten, dessen e vor dem starken d sich nicht
halten konnte; der zweite Theil enthält dann das Verbum aa=rag-,
thun, treiben, machen. Ich halte den ersten Theil für das
Substantiv vara oder vare, eigentlich Bedeckung, dann ein be-
stimmter Platz, eingefriedigter Platz, sodass das Composi-
tum vaor az, Platz machen, Raum machen, heisst, aber in über-
tragenem Sinn zu nehmen ist, man vgl. die wedische Redeweise
uru kr, weit machen, oder auch als Denominativum urushjati für
befreien, helfen. — Aibi-derestd — avanhä Ner. : asmdkam upari
dlokajet prakatatd ekam alam kuru. Asmdkam ist hinzugesetzt, upari
entspricht der Präposition aibi, und dlokajet, er schaue an, dem
derestd, prakatatd, Deutlichkeit, dem dvishjd, ekam alam kuru,
schmücke das Eine, dem avanhd. Ob die Uebersetzung des de-
restd durch ansehen richtig ist, fragt sich. Man ist sehr versucht
an die Wurzel daresh = skr. dhrsh, wagen, unternehmen, zu
denken; die Präposition aibi scheint eher für dare^ ^==z dfg y sehen,
zu sprechen (vgl. aibivaen, umhersehen, J. 31, 13), obschon sie sich
auch in der Zusammensetzung mit daresh, wagen, genügend er-
klären lässt. Da derestd 34, 4 (s. die Note) nur auf daresh = dhrsh,
nicht aber auf dareg = dr^ zurückgeführt werden kann, an unserer
Stelle aber, sowie 31, 2 die Bedeutung ringsherum gewagt,
unternommen besser passt, als die ringsherum gesehen (all-
bekannt), so wollen wir hier von der traditionellen Erklärung ab-
gehen und uns an daresh = dhrsh halten. Der Form nach ist de-
restd hier Partie, pass. im Instrumental. Eine Anspielung auf unsere
Stelle enthält Jt. 13, 146: tdo no dzahicit hatd thrdjeiüte aiwi-derestdis
avebis, diese (die Fravaschi's) schützen uns, wenn wir in irgend
einer Noth sind, durch ihre allgegenwärtige Hilfe (die überall ge-
leistet wird). — Bei prakatatd für dvishjd mag wohl an das sanskri-
tische dvis, offenbar, gedacht worden sein. Da wir dieses 33, 7
finden und es zudem auch im Weda häufig in dieser Bedeutung
vorkommt, so ist kein triftiger Grund vorhanden, von der traditio-
nellen Erklärung abzugehen, zumal da sie einen guten Sinn giebt.
Der Form nach ist dvishjd ein von dem Adverbium dvis durch ja
gebildetes Adjectivum. Sonst könnte man bei diesem Wort an
ä -\- vish = vi^ , herzukommen, denken. — Zagtd — ddjdt Ner.:
jat drogjatdm samihe [tat drogjam samdhajatdm — wohl samihjatdm — ]
kuru jat asmdkam ^ubhe dehi. Die Uebersetzung des za<;td durch
drogjatd, Gesundheit, Wohlbefinden, ist sehr befremdend, um
so mehr, da es in der Parallelstelle 34, 4 (ebenfalls mit istd ver-
bunden) ganz richtig durch hasta, Hand, wiedergegeben wird; istd
190 Hang, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 50, 5. 6-
ist wieder irrthümlich auf ish, wünschen, verlangen, zurückge-
führt. Ueber die Bedeutung s. I, p. 225 fg.
V. 6. Mäthrd vdcim Ner. : dvistdvdni. — Urvatho — Zara-
thustra Ner. : mitratdm ddddrasja [von Pärsi ddddr = ddtar] punjasja
rakshdm namaskrtim karomi; kila jat kdrjarn punjasja susamrddho aham
Garathugtrö bhavdmi, d. i. ich mache die Freundschaft des Schöpfers,
ich mache Beschützung, Verehrung des Reinen; was von Reinem
zu thun, dessen bin ich, Zarathustra, Förderer. Ueber urvatho s.
das Gloss. — Data — ^toi Ner. : daddmi buddhim gihväjd mdrgasja
samsthitim, ich gebe die Einsicht der Zunge, den Aufenthalt auf
dem Wege. Ddtd könnte hier verbum finitum, aber nur nicht eine
erste Person sing., wie Ner. es fasst, sondern höchstens eine dritte
Person sing, sein; in diesem Falle müsste ddt d getrennt werden.
Besser aber ist es als Plur. neutr. im Acc. von ddta, gesetzt, d. i.
Gesetz, Verordnung, zu nehmen. Hizvo-raithim schreibt West.
ganz richtig als ein Compositum. Ner. giebt raithim mit mdrga,
Weg, wobei wohl an das neupersische rdh, Weg, das allerdings
ähnlich genug ist, gedacht wurde. Aber diese Bedeutung von rauht
oder raithja, wie das Thema von raithim lauten muss, lässt sich im
Zendawesta sonst nicht nachweisen; ausserdem ist rdh, Weg, auf
rdti, das auch in der arischen Keilschriftgattung sich findet (awahjd
rdthija Bis. I, 6. 51), zurückzuführen. Der Etymologie nach kann
es nur mit ratha, Wagen, zusammenhängen, und zwar ist es ent-
weder ein durch i gebildetes Abstractum oder ein durch ja gebil-
detes Adjectivum. Dieses Adj. raithja finden wir Jt. 10, 38. 17, 17,
wo es mit Wagen versehen, kriegsgerüstet heisst. An unserer
Stelle passt die adjectivische Bedeutung nicht recht, da wir kein
Substantiv haben, worauf es sich bezieht. Im Parallelismus mit ddtd
und rdzeng stehend, kann es nur die Bedeutung eines abstracten
Substantivs haben. So sind wir auf ein Thema raithi gewiesen. Im
Weda heisst das entsprechende rafAz* Wagenlenker, auch in über-
tragenem Sinne gebraucht, so Rv. I, 77, 3 adbhutasja rathih, des
Wunderbaren Lenker; ferner III, 2, 8: rathih rtasja — agrdh, des
Opfers Lenker, Herr ist Agni (vgl. 11, 24, 15).- An unserer Stelle
müssen wir ihm die abstracte Bedeutung, die es seiner Bildung
nach gehabt haben muss, geben, und zwar die von Lenkung.
Grammatisch ist hizvo-raithim Zungenlenkung, eine Apposition zu
ddtd khrateus, die Gesetze der Erkenntniss, denn vom Verstand
und der Einsicht wird die Zunge regiert. — Mahjd — mananhd
Ner. : jat ajam samdracanam mama ^ishjd7idm kuru , tat Bahmanasja
fishjd (p'shjdnj dehi. Die Uebersetzung des rdzeng mit samdracanam,
Anordnung, hat manches für sich, da die Wurzel rdz =. skr. rdg-
in der Bedeutung anordnen, richten sich wirklich findet, s.
Jt. 10, 14. 14, 56. 19, 47, aber die Bedeutung geheimnissvolles
Wort oder Spruch ist passender, s. zu 34, 12.
Hang, die Gdthas des Znrathustra. IIL Cap. 50, 7. 191
V. 7. At — urvatho Ner. : evam jat tvdm nijömi (?) idam Icdrjam
njdjasja naca mitrasja vdiTicchdm karomi vega (vegu) na *) kdrjam upari
bhavet, so trage ich dir auf das, was Billiges (Gerechtes) zu thuri
ist und nicht verlange ich es von einem Freunde, nicht möge das
zu Thuende übereilt werden. Dem zevistjefig entspricht kdrjam njdjasja,
was zu thun ist von Billigkeit, 28, 10 wird es aber durch
abhüdshaka, verlangend, und 46, 9 durch priiah, geliebt, über-
setzt; das einfache zevini 31,4 wird durch nimantraka, Anrufer,
zaveiig 28, 4 durch dmantraiia, Anrufung, 29, 3 dasselbe durch
kdrjam punjam übersetzt. Aus diesen mannigfachen abweichenden
Uebersetzungen derselben Wörter ist ersichtlich, dass die Tradition
ihre genaue ursprüngliche Bedeutung nicht mehr kannte. Am rich-
tigsten ist indess die durch nimantraka, Anrufer, und dmantrana,
Anrufung, die uns auf die Wurzel hve, hu, anrufen, führen.
Das zevistjeng oder zevistojeng, wie K. 4 liest, ist sichtlich ein zu-
sammengesetztes Wort, und zwar aus zevi und istjeng oder istajeiig;
das erstere ist eine Abstractbildung^von der Wurzel zuz=zhu, rufen,
anrufen, und bedeutet die Verehrung (man vgl. im Sanskrit
hava, Anrufung, havja, havis)', im zweiten erkennt man leicht das
Wort isti, Gut, Besitz, so dass das Ganze Gut der Anrufung,
d. i. ein durch Anrufung der höhern Geister erworbenes Gut, heisst.
Von diesem so sich ergebenden Compositum zevisti ist durch an-
gehängtes a oder ja ein Adjectiv gebildet, das aber nur zevistja
oder zevistijay aber sicher nicht zevistaja gelautet haben kann, wie
West, hier und 28, 10 annimmt. Zwar finden wir Jt. 13, 21 ze-
mstajdo zemstajanäm daqjundm ohne Angabe einer Variante ge-
schrieben, aber in diesen spätem Stücken kann es leicht ungenaue
Schreibweise sein. — Gjdis — jushmakahjd Ner. : jat prdpnomi etat
antardle prandmas tava hetoh [kila jdvat antarhhuvane |'?| prdp7i6mi
namaskfiim te balishthatdih karomi], dieses erreiche ich in dem
Zwischenräume ^) deinetwegen [so lange mir in der Zwischenwelt
Lobpreis wird, mache ich deine grösste Stärke]. Für ^jdis haben
K. 5, 6 gjditis. Beide Lesungen bereiten grosse Schwierigkeiten.
Am wenigsten lässt sich indess gjditis rechtfertigen, da es der Form
nach nur Nominativ sein kann, welcher Casus aber in dieser Satz-
verbindung gar nicht erklärt werden könnte. Sie ist wohl eine
Correktur des unverständlichen gjdis. Dieses ist seiner Form nach
ein Instrumental des Plural von einem Thema gja. Aber hier waltet
der missHche Umstand ob, dass dieses Wort sonst gar nicht vor-
kommt, ausser wenn wir, was möglich ist, den Dual goja 32, 7
(s. zu der St.) hieherziehen wollen, während gjditis sich öfter findet.
Von Ner. ist gjdis als Verbum (prdpnomi) und zwar in der Bedeu-
^) Vielleicht vegena, mit Eile, schnell, zu lesen.
2) Unter diesem antardla ist das Andarvdi der Pärsibücher, der
Zwischenraum zwischen Himmel und Hölle, zu verstehen.
192 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. III. Cap. 50, 7. 8.
tung erlangen, erreichen gefasst. Etwas Richtiges ist gewiss
darin enthalten; denn gjdis ist auf die Wurzel gi, gewinnen, er-
siegen, zurückzuführen. Das Substantiv gja steht für gaja und
hat noch die verbale Kraft, einen Accusativ zu regieren, bewahrt.
Perethüs (acc. pl.) bedeutet indess nur Brücke; der Uebersetzung
antardla , Zwischenreich, liegt wohl ein dogmatischer Grund
unter. — Jdis azaihd — avanhe Ner. : asja grahitdrö [grahitd] bhavdmi
jat tvam svdmin sahdjatd asti [kila sahdjatd jat gaktmdn na ^aknomi
kartiim]. Die Uebersetzung des azdthd durch grahitdro. Ergreifer,
ist sicherlich irrig. Dieses Wort lässt zunächst eine dreifache etymo-
logische Erklärung zu: 1) kann es die Wurzel az = ag, treiben,
machen, enthalten; 2) die Wurzel zan, gebären; 3) zan =z han,
tödten. In allen Fällen ist es eine zweite Person Pluralis; im ersten
des Präsens, im zweiten und dritten des Imperfecturas mit dem
Augment. Gegen die erste Erklärung spricht namentlich das d der
zweiten Sylbe für a; dann ist der sich ergebende Sinn „durch
welche (perethüs, Brücken) ihr treibet" etwas zu vag. Aber die
zweite und dritte haben auch , sowohl der Form als dem Sinne
nach, ihre Schwierigkeiten; mit welchen ihr geboren seid, d. i.
welche ihr von Anfang an hattet, scheint nicht gut auf die höchsten
Geister bezogen werden zu können. Doch möchte ich dieser Er-
klärung den Vorzug geben, da sie eher den von der Tradition aus-
gedrückten Begriff ergreifen, d. i. in Besitz nehmen, besitzen,
ausdrückt, als die erste Erklärung. An dem allgemeinen Sinn,
welche ihr besitzt, kann wohl kein Zweifel sein.
V. 8. Mat — izajdo Ner. : samapdddbhjdm te prakrshtam vikhjdto
^smi mahattaro ^ham jat idam balam dijamdnam asti; tatah avistd-
vanim vaddmi, durch deine beiden gleichen Versfüsse (Avesta und
Zend) bin ich vorzüglich als der grössere bekannt, dass diese Stärke
(mir) gegeben ist; daher spreche ich Avesta und Zend. Die Be-
ziehung des Instrum. plur. paddis (sg. pada} auf Verse, d. h. auf
Lieder, die der Höchste verkündet, lässt sich gewiss nicht bestrei-
ten. Dagegen ist jd fra^rütd falsch bezogen; es geht auf paddis,
Verse, und bezeichnet diese als gehörte und- verkündete, die
immer noch weiter verkündet werden sollen. Ebenso ist die Deu-
tung des izajdo, was nur Genit. dual, von izd, Verehrung, sein
kann, durch mahattarah, major, entschieden irrig. — Pairiga^di — u^td-
nazagto Ner. : upari prdpnomi jat svdmin uttdnahastah sana[d]nivdsanam
karomi, dafür erreiche ich, dass ich, Herr, mit erhobener Hand (betend)
eine dauernde Wohnung gründe ^). Die Uebersetzung ist zu frei,
der Sinn verfehlt. — At vdo — nemanhd Ner. : evam jat te parisphutam
dakshindm karomi jat namaskftim, so mache ich, was dir klar ist,
die Verehrung, nämlich die Lobpreisung. Ganz richtig wird hier
ashd nicht mit punja, wie sonst meist, übersetzt; es ist hier kein
0 Darunter ist wohl die Fortdauer der Avesta - Zendlehre gemeint.
Haug, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 50, 8. 9. 193
Nomen proprium, sondern ein reines Appellativ, parallel mit nemanhd,
aber nicht derselben Bedeutung; am besten legt man ihm die Be-
deutung das Beständige, die Beständigkeit bei, die es seinem
Ursprünge nach leicht tragen kann, s. das Gl. Dahhinäm karomi
für den Genitiv aredraqjd ist grammatisch ungenau, aber der Sinn
ist im Allgemeinen nicht unrichtig. — At vdo — hunaretdtd Ner. :
evam jat tat Bahmanasja gundh pravarttamdudh santi; kila suvjdpdra-
gund asja madhje santi, also (in solchem Zustande) befinden sich
die Eigenschaften Bahmans; die Eigenschaften der glücklichen Aus-
führung sind mitten in ihm, d. h. er besitzt sie vollständig. Die
Deutung des hunaretdtd durch guna lag sehr nahe, da man unwill-
kührlich an das neupersische hunar , Eigenschaft, Tugend, erin-
nert wurde, s. das Gl.
V. 9. Tdis — ajeni Ner. : tava drddhandm sammukham stuHm
pracardmi karomi, deiner Günstiges vollbringenden Lobpreisung gehe
ich offenbar nach. In der Präposition paiti, die mit sammukham,
angesichts, offenbar, übersetzt wird, hat Ner. gewiss das neu-
persische paidd, offenbar, gesehen. Diese Bedeutung liegt nun
in der Präposition paiti an sich nicht, aber sie kann aus dem Zu-
sammenhang erschlossen werden. Dem Sinn nach ist paiti eher mit
ajeni als mit ^tavag zu verbinden ; wörtlich hiesse es : entgegenlobend
will ich gehen, d. i. lobend, mit Lob will ich entgegengehen. —
Jadd — khshajd Ner. : evam lakshmi me bhaktigildm dehijatdt ^) bhaktim
karomi jat ahhildshajdmi [kila rdgjasja ahhildshaih karomi]. Äshi mit
lakshmi, Glück, zu übersetzen, ist nicht zutreffend, da es vielmehr
das Wesen, 4lie Wesenheit bedeutet (s. das Gl.); me entspricht
ganz richtig dem maqjdo; die Worte bis karomi sind Erklärung;
abhildshajdmi zizz vage, rdgjasja =:^ khshajd. Diese Uebersetzung und
Deutung ist viel zu gezwungen und künstlich und zudem ganz un-
grammatisch, als dass sie im Ganzen richtig sein könnte. Vage
(vgl, 43, 1) ist enge mit khshajd zu verbinden und eigentlich nur
ein Adverbium zu diesem Verbum ; die Genitive ashois maqjdo sind
davon regiert. Für khshajd lesen einige Manuscripte khshajdt, was
entweder Ablativ von einem Nomen khshaja oder dritte Person
Conjunct. sing, von khshi wäre. Beide Fassungen würden aber
schlechterdings keinen Sinn geben; daher müssen wir davon abstehen.
Khshajd kann hier nur zweite Person sing. Conj. sein, für khshajdo
stehend. — At — qjem Ner. : evam te suddninam ahhildshajdmi grahi-
tdro [grahitd] hhavdmi prasddam, so erflehe ich von dir einen guten
Geber, ich ergreife die Gunst, d. h. ich Zarathustra erflehe von
dir, Ahuramazda, einen guten Geber, einen, der mein Wirken för-
dert; du gewährst mir diese Gunst, ich ergreife sie. Die Ueber-
setzung des gerezdd durch Ergreifer ist sicher verfehlt und beruht
auf einer Verwechslung der Wurzeln gerez, schreien, weinen,
^) Dafür ist wohl dehi jat te zu lesen.
Abhandl. der DMG. II, 2. 13
194 Hang, die Gdtlias des Zarathustra. III. Cap. 50, 9. 10.
und gere6, ergreifen. Gerezdd ist mit qjem zu verbinden; es
kann kein Partie, pass. sein, wie man leicht vermuthet, da ihm die
hier nothwendige Nominativendung 6 fehlt; aber als nomen actoris
lässt es sich leicht begreifen. Es steht für gere^td (Thema gere^tar)',
die Erweichung des t in d ist durch das wurzelhafte z bewirkt (s.
weiter zu 29, 1). Zu huddndus (gen. sing, von huddnii) ist khsha-
thrahjd zu ergänzen, s. 44, 9. Der Genitiv ist von ishjä^y gehend
nach = strebend nach, «bhängig.
V. 10. At ja vareshd giebt Ner. durch evam tat samdcardmi,
so gehe ich diesem nach; er hält somit vareshd für eine erste Person
Verbi. Der Zusammenhang spricht dagegen und verlangt ein Sub-
stantiv. An das sanskritische varsha, Jahreszeit, kann nicht ge-
dacht werden, da sich dieses Wort im Baktrischen nicht mit Sicher-
heit nachweisen lässt. Ebenso wenig kann das baktrische vare^a
= neupers. gurz, Keule, in Betracht kommen, da es einen gar
zu abgeschmackten Sinn geben würde. Der Zusammenhang erfordert
ein Wort der Bedeutung Glanz, Glanzkörper. Diese gewinnen
wir auch, wenn wir var^Aa auf uarca* , Glanz, zurückführen, sodass
es eigentlich für varkh-sha stände. — Jdcd — mananhd Ner. : jasja
jat Bahmanasja locane nirmale; Ulla svahhdvina[n{\ siivjdpdreiid ddtim
kuru, in dem fleckenlosen Auge dieses Bahman; mache durch glück-
liche Vollendung (That) eine selbstständige (durch sich selbst be-
stehende) Schöpfung. Aregaty das durch nirmala, fleckenlos,
wiedergegeben wird, scheint eine dritte Person sing. Imperf. und
kein Adjectivum zu sein. Seine richtige Bedeutung ist indess nicht
leicht zu ermitteln. Es findet sich sonst nur noch in dem Namen
Aregat-a^pa. Da mit diesen Worten die von v. 11 unsers Capitels
ddtd anheiis aredat vohü mananhd verwandt sein können, so fragt
es sich zunächst, ob nicht aredhaf zu lesen sei, was dem aredat
gleich wäre. Das g und dh sind einander so ähnHch, dass eine
Verwechslung leicht Statt haben kann. Doch der sich auf diese
Weise ergebende Sinn „was das Auge fördert, dem Auge nützlich
ist" hat so wenig Empfehlendes, dass wir von dieser Aushilfe ab-
stehen wollen. Aref^at für eine dritte Person sing. Imperf. zu nehmen,
hat manche Schwierigkeiten, da man wegen des Plur. relat. ja im
Anfang auch den Pluralis Verbi erwarten sollte. Bleiben wir bei
der traditionellen Fassung, die sich etymologisch gut erklären lässt,
wenn man aregat, wofür mehrere Mss. indess eregat lesen, mit dem
bekannten Worte erezata =: skr. ragata, armenisch ardsat, latein.
argentum, Silber, zusammenbringt. Im Weda bietet sich noch ar-
guna, weiss, lichthell, dar, von der Morgenröthe gebraucht; auch
rgra, röthlich, von Pferden gebraucht, gehört hieher. Um indess
die Uebersetzung Neriosengh's „in fleckenlosem, d.i. reinem, hellen
Auge" grammatisch zu erklären, so ist aregat mit cashmdm zu einem
Compositum zu verbinden und somit aregat-cashmdm zu Grunde zu
legen. Dass eine solche Trennung der Composita wirklich möglich
Haug, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 50, 10. 11. 195
sei, beweist demani garo v. 3 unsers Verses für gard-demdnS, Garotman
der Parsen, dem bekannten Namen des Paradieses. Aregat-cäshmdm
heisst hienach mit weissen, hellen Augen, wonach der Eigen-
oame Aregat-agpa, einer, der weisse Pferde, der Schimmel
hat, ganz passend erklärt werden kann. An eine Ableitung von
arg, gerade sein, welche Wurzel im Baktrischen durchgängig eres
lautet, kann nicht wohl gedacht werden. Syntaktisch ist der Accus.
cashmdm adverbial zu fassen und eng mit den folgenden Worten
raocäo zu verbinden. — Raocäo — aeurus Ner. : nirmalah sürjah atah
divasja cetanjam ajam samdraca7idm karoti; kila sarveshäm mauxishjdndm
^tghram ddtim kurute, die fleckenlose Sonne bewirkt das Sichtbar-
werden des Tages, sie macht die Anordnung. Die Uebersetzung des
raocdo, des gewöhnlichen Wortes für Himmelslichter, Sterne,
durch nirmalah, fleckenlos, und die Fassung desselben als eines
Adjectivs ist entschieden zu verwerfen; der Plural verb. aeurus, den
der Sing, verbi doch sicher nicht regieren kann, spricht dagegen.
Zur nähern Erklärung vgl. 46, 3, wo dem aeurus, dritte Person
perf. von ir, gehen (das erste u ist rein phonetischer Vorschlag),
frdrente entspricht.
V. 11. At — donhdcd Ner.: eoaih jushmdkam stomi jad balam
asti [kila balam tat stutim te pracuram dhdrajdmi], so preise ich, was
eure Stärke ist; diese Stärke, dein Lob, halte ich sehr fest. Aogdi
ist durch balam, Stärke, übersetzt; aber es fragt sich, ob der Zu-
sammenhang ein Nomen hier erlaubt. Ziehen wir donhdcd nicht
zum folgenden Satze, so muss aogdi als erste Person Verbi gefasst
werden. Aber auch ohnediess hat die Erklärung des aogdi als eines
Nomens Schwierigkeit. Von dem Nomen aoganh, Stärke, an welches
Ner. hier dachte, lässt sich ein Casus aogdi auch nicht wohl durch
Verkürzung erklären. Gäbe man dieses indess auch zu, so würde
schwerlich mit einem Dativ aogdi hier etwas anzufangen sein. Wir
stellen das Wort zu aogi 43, 8, aogedd 32, 10, aogemadae 41, 5,
welches lauter Verbalformen einer Wurzel aog, aog = vac, reden,
sind, und nehmen es als eine erste Person Voluntativi (s. zu 43, 8). —
Javat — i^dicd Ner. : jdvan magam puvja (puvjam) tdvanmdtram gaktim
punjasja abhildsham karomi jat gfhiidmi, wie lange ich nach der
reinen Macht strebe, ebenso lange strebe ich nur nach der Gewalt
über das Reine, dass ich es ergreife. Tavdcd als Correlat von javat
zu fassen und es gleich dem sanskritischen tdvat zu nehmen, wie
Nerios. thut, streitet ganz gegen die Construction; ebenso wenig
kann tava hier Genitiv des Pronomens der zweiten Person sein, da die
Zusammenstellung tavdcd i^dicd nicht wohl begriffen werden könnte.
Es ist hier vielmehr eine erste Person sing, des Voluntativ der Wurzel
tu, können, vermögen, die sich in dem Baktrischen ebenso gut
als im Wedischen findet. Eine Erinnerung an diese richtige Bedeu-
tung enthält auch Neriosengh's Uebersetzung, die hier mehr um-
schreibend ist ; denn für die Worte tdvanmdtram ^aktim hat der Grund-
13*
196 Haug, die Gdthas des Zarathustra. III. Cap. 50, 11.
text nur taväcd. — Dem aredat entspricht in Ner. sarupümaddti,
eigentl. vollkommene Schöpfung, wohl so viel als Vollkommenheit.
Eine dritte Person Imperf., wie man auf den ersten Anblick leicht
vermuthet, ist aredat gewiss nicht, sondern das Neutrum des Par-
ticip. praes. der Wurzel ared, gedeihen, adverbialiter gebraucht,
gerade wie fraoret. — Haithjd — frashotemem Ner. : jathd prakata-
karmindm jat jo ^bhildshaprakfshtatarah, wie unter den offenbar han-
delnden der im Verlangen vorzüglichste ; dieser ist nach der Glosse
Zarathustra. Die Deutung des va^-nd durch ahhüdsha ist nicht ganz
richtig; es ist in der Verbindung mit frashotemem (s. über frasha
zu 30, 9) nur Adverbium im Sinn von selbst, gern.
Commentar zur Gäthä vohukhshathra.
Capitel 51.
Uiese kleine Sammlung sieht wie ein Nachtrag zu den drei vorher-
gehenden grössern Sammlungen aus. Die darin enthaltenen Verse
bilden unter sich kein Ganzes ; sie sind aber theilweise wenigstens
rücksichtlich des Inhalts zusammengestellt. Sie hat manche Aehn-
lichkeit mit der alten Cap. 31 erhaltenen Sammlung und mit Cap. 46.
Mehrere Verse sind völlig vereinzelt, wie 1. 2. 3. 8. 9. 10. 20. 21. 22,
andere hängen nur äusserlich zusammen, wie 11 — 19", einen wirk-
lichen inneru Zusammenhang haben aber nur die v. 4 — 7.
a) Der erste Vers scheint eine Art Einleitung zu dem Ganzen
zu sein, ähnlich wie der Anfang des 31. Capitels. Es handelt über
das Wesen und den Zweck der religiösen Verehrung. Diese soll in
Handlungen bestehen, wodurch man sich guten sichern Besitz er-
werben kann. Unter diesen ist zunächst der Ackerbau und dann
der Feuerdienst gemeint. Eine solche Glück bringende Handlung
will der Dichter vollziehen. Wahrscheinlich war er im Begriff, ein
neues Besitzthum, eine gaethä, einzufriedigen oder einen neuen
Ackergrund umzupflügen.
h) Der zweite Vers enthält eine kurze Bitte an Ahuramazda
und Armaiti um Verleihung ihrer Gaben und Güter, worunter wir
die UnsterbHchkeit und Vollkommenheit, sowie irdischen Besitz uns
zu denken haben. Der Dichter hofft diese Güter durch sein Sinnen,
d. i. durch seine Lieder und Sprüche, denen schon in den Weden
eine gewisse magische, die Götter gleichsam zwingende Kraft bei-
gelegt wird, erlangen zu können.
c) Der dritte Vers ist eine Einleitung zu dem nun folgenden
kleinen Liede. Um die Erde oder vielmehr um die Erdseele (geus
steht für geus urvci wie 30, 2) schaaren sich, d.h. helfen ihr gegen
feindliche Angriffe, alle Anhänger der Genien des Lebens und för-
dern alles Gute durch Verkündigung weiser frommer Spriiche, denen
der höchste Gott Kraft und Stärke verliehen, sowie durch ihre
frommen Werke, d.i. durch Ackerbau und Feuerdienst. Hiedurch
ist deutlich der innige Zusammenhang der Ahuramazdareligion mit
dem Ackerbau hervorgehoben.
198 Hang, die Gdthä's des Zarathustra. IV. Cap. 51.
dj 4 — 7 enthalten verschiedene Fragen des Landmanns an
Ahuramazda, als den Herrn der Natur und den Beschützer des Guten,
sowie Bestrafer des Bösen, sowie eine Bitte um Verleihung seiner
hohen Güter. Wer der Verfasser sei, lässt sich kaum vermuthen.
Die einfache klare Sprache könnte auf Zarathustra selbst hinführen;
doch ist schwerlich anzunehmen , dass acht zarathustrische Verse von
den Sammlern in einen blossen Nachtrag verwiesen wurden. Der
Inhalt im Einzelnen ist folgender.
Der Dichter fragt nach dem f^eratus, d. i. dem Herrn des
irdischen Besitzthums, worunter wahrscheinlich der Geus urvd oder
Erdgeist zu verstehen ist, nach den Belohnungen, welche den Wahr-
haftigen zu Theil würden, nach den Verehrern des Wahren, d. i.
den Anhängern des Ackerbaus, nach der Armaiti, der Genie der
Erde^ nach der guten Gesinnung, nach den Reichthümern, die durch
Ahuramazda zu ererben sind (4). Solche Fragen richtet der Land-
mann, der mit Fleiss und richtiger Einsicht die Erde bebaut, um
ihr einen Ertrag abzugewinnen, an den Herrn des Naturgesetzes,
den Inhaber der Wahrheit, d. i. den Ahuramazda (5). Von ihm
kann der Fromme um so mehr Hilfe erwarten, als er gerecht ist;
denn die guten Gaben verleiht er nur dem, der zum Schutze des
Guten wirkt, d.h. der die gute Schöpfung fördert; demjenigen aber,
der sein ganzes Leben lang durch nichts das Gute fördert, im Gegen-
theil der guten Schöpfung noch schadet, wird das Schlimmste zu
Theil (6). Nach dieser Schilderung bittet der Dichter den Ahura-
mazda als Herrn und Bildner der Erde, der Wasser und der Bäume
um jene beiden guten, oft genannten Kräfte, die Unsterblichkeit
und Vollkommenheit, und preist dieselben (7).
d) Die Verse 8 — 10 stehen weder mit dem Vorhergehenden,
noch mit dem Nachfolgenden, noch unter sich selbst in irgend wel-
chem deutlichen Zusammenhang. Sie scheinen mehr zufällig hieher
gekommen zu sein. Der achte Vers erinnert theils an 43, 8, theils
an 31, 7. Der Dichter will das Lob Ahuramazda' s verkündigen, und
zwar für den Wissenden, d.i. Einsichtigen, Verständigen, den An-
hänger des wahren Glaubens, im Gegensatz zu dem Unwissenden
oder Götzendiener. Er ist überzeugt, dass er -gerade durch Ver-
kündigung der alten überlieferten Sprüche, die nur durch Mitthei-
lung an die Einsichtigen und Verständigen, die ihren hohen Werth
zu schätzen wissen, bewahrt werden können, zum Unheil und Ver-
derben der Lügner, dagegen aber zum Heil und Segen der Wahr-
haftigen wirken könne (vgl. 30, 11). — Der neunte Vers ist, ob-
schon eines ganz andern Inhalts, hier wohl desswegen angeschlossen,
weil in ihm ebenfalls die Absicht, den Lügnern zu schaden, den
Wahrhaftigen aber zu nützen, ausgesprochen ist. Der Hauptinhalt
bezieht sich auf das in den Reibhölzern ruhende heilige Feuer (wie
31, 3), welches die Kraft hat, die beiden Leben, das leibliche wie
das geistige, zu stärken, das leibliche als erwärmendes und be-
lebendes Element, das geistige als Licht der Einsicht. — Die Be-
Hang, die Gdthd's des Zarathmtra. IV. Cap. 51. 199
Ziehung des zehnten Verses ist dunkel. Der Dichter scheint an einer
heiligen Stelle, wahrscheinlich vor dem Feueraltar, zu stehen und
fürchtet von seinen Feinden von derselben vertrieben zu werden.
Er erklärt die, welche diess wagen wollen, für Urheber des Bösen
und der bösen Menschen, d. h. für die verderblichsten Feinde des
Guten, weil er ein Verehrer und Beförderer des Wahren ist, das
dem Ahuramazda zugehört.
e) 11 — 19 sind eine ganz ähnliche Zusammenstellung von
Versen, die über Zarathustra und seine ersten Jünger handeln, wie
wir sie 46, 13 — 17 haben. An beiden Orten sind Kavd Vistd^pa,
Frashaostra und die Gdmä^pas als Anhänger Zarathustra's bezeich-
net; die Hecat-agpas dagegen kommen nur 46, 15, die Maidjo-
mdonhd's nur in unserem Capitel vor. Einen innern Zusammenhang
haben diese Verse hier ebenso wenig wie Cap. 46 ; sie sind aus der
rein äusserlichen Rücksicht, um Verse, die die Wirksamkeit Zara-
thustra's und seiner ersten Genossen schildern, beisammen zu haben,
zusammengestellt. Nur zwei Verse (13. 14) enthalten keine Namen,
sondern sind des Inhalts wegen an Vers 12 angeschlossen, mit dem
sie ursprünglich indess ein kleines Lied gebildet haben mögen. Der
eilfte Vers enthält mehrere Fragen, wer ein Freund und Genosse
Zarathustra's sei, wer sich, wie er, mit dem Wahren unterrede,
d. h. nur das Wahre denke und spreche, die Armaiti, die Genie
der Erde, hoch halte und mit gutem Sinn das grosse Werk der
Bekehrung zu fördern suche. — Die Verse 12 — 14 schildern die
Angriffe der Lügner und Götzendiener auf die Lehre Zarathustra's,
aber auch die Gewissheit ihrer Besiegung. Sie sind entschieden
nachzarathustrisch, da Zarathustra nach v. 12 bereits als Herr und
Haupt der Welt und sogar als Urgrund der ganzen guten Schöpfung
erscheint. In ihm, heisst es, sei die Welt emporgewachsen, d. h.
die ganze gute Schöpfung ist durch seine Geisteskraft wie neu ge-
boren worden, indem er durch seine neue ihm von Gott mitgetheilte
Lehre auf das Natur- wie das Geistesleben einen wohlthätigen um-
gestaltenden Einfluss ausübte. Ihm, als dem Herrn der Schöpfung,
stehen alle Güter und Schätze zu Gebot, sowohl die, welche im
Besitz der Genien der schon gebornen Wesen sind, als die, welche
in dem der Schutzgeister künftiger Generationen sich finden werden.
(Letztere Vorstellung von Genien der gegenwärtigen und zukünf-
tigen Wesen lässt sich am deutlichsten aus dem an die Fravashi's
gerichteten Jescht erkennen.) Wenn auch die Lehre Zarathustra's
von den Anhängern und Nachkommen der Götterpriester aufs hef-
tigste bekämpft wird, so wird die Religion derselben zuletzt doch
durch die Wirksamkeit des Rechtschaffenen, des eifrigen Anhängers
Ahuramazda' s, in ihren schädlichen Folgen vernichtet. Denn dieser
trachtet stets danach, die beiden Brücken, d. i. das irdische und
geistige Leben, die zur wahren Seligkeit führen, zu erreichen und
durch gute Thaten auf die Pfade, die zum Urquell der wahren
Weisheit, dem wahren Wort, selbst führen, zu kommen (13). Ihm
200 Hang, die Gäthas des Zarathustra. IV. Cap. 51.
werden die heiligen Segenssprüche mitgetheilt ; die Götzenpropheten
kommen nicht in ihren Besitz; daher sind auch ihre Felder wüste.
Der Erdgeist verkündet Heil und erwirkt Glück für alle die, welche
den Sitz der Lüge verdammen und ernstlich bekämpfen durch Wort
und That (14). — Hieran schloss der Sammler wieder einen Vers,
in dem der Name Zarathustra's wieder erwähnt ist. Dieser ist sehr
merkwürdig, weil darin von einem Verhältniss Zaruthustra's zu den
Magava's, d. i. den spätem Magern die Rede ist. Zarathustra er-
kannte, heisst es, den Magava's, d. i. den Inhabern des maga oder
Schatzes, worunter heilbringende Worte und Handlungen (und in
weiterem Sinn die ganze zarathustrische Religionsstiftung) zu ver-
stehen sind, einen Lohn zu. Worin derselbe bestehen sollte, scheinen
die folgenden Worte anzuzeigen, wonach Ahuramazda zuerst in den
Garo-demäna (die Liederwohnung), d.i. den Himmel, gelangte und
die beiden hohen Kräfte der Unsterblichkeit mit all ihren Wirkun-
gen besitzt. Die höchsten Gaben Ahuramazda's also, wodurch das
leibliche und geistige Wohl der Menschen gefördert wird, sowie die
himmlische Seligkeit sind der von Zarathustra verheissene Lohn (15). —
In den folgenden Versen (16 — 19) sind diese Magava's, die wir als
die ältesten und bedeutendsten Anhänger Zarathustra's uns zu denken
haben, mit Namen aufgeführt. Zuerst ist Kavd Vtstd^pa genannt,
welcher „diese Kenntniss", d. i. die Lehre Zarathustra's, wie sie in
den ihm vom guten Geist eingegebenen und vom höchsten Gott
selbst gedichteten Liedern dargelegt war, erlangt habe (16). Fra-
shaostra, ein anderer Anhänger Zarathustra's, will in das Hochland
(wörtl. die hohe Gestalt) der Armaiti, worunter Baktrien zu ver-
stehen ist (s. zu 44, 7) gehen, um dort den guten Glauben, d. i.
die Lehre Zarathustra's, zu verbreiten. Der Dichter bittet, dass
Ahuramazda ihn an sein Ziel gelangen lassen solle. Frashaostra soll
dort angekommen mit seinen Gefährten die Menschen öffentlich zum
Bekenntniss der Wahrheit auffordern, d. h. sie zum wahren Glauben
bekehren (17). Die weisen Gdmdgpas , die so reich und angesehen
sind, haben ebenfalls den zarathustrischeu Glauben angenommen und
dadurch Glück und Segen gefunden. Um Verleihung dieser Güter
fleht der Dichter den Ahuramazda als sein treuer Alihänger an (18). —
Der folgende V ers ist sichtlich nur wegen der zufälligen Erwähnung
der beiden Maidjo mdonhd^ die Anhänger Zarathustra's waren, hieher-
gesetzt, obschon er auf Zarathustra selbst zu gehen scheint. Denn
er ist schon nach alter Anschauung Herr und Erhalter der irdischen
Schöpfung; ihm sind von Ahuramazda die ewigen Naturgesetze ge-
offenbart und die das Beste der Wesen fördernden Handlungen
mitgetheilt (19).
f) Die drei letzten Verse scheinen rein zufällig hieher gekommen
zu sein, da sie weder unter sich, noch mit dem Vorhergehenden
im geringsten Zusammenhang stehen. Der zwanzigste enthält eine
Anrufung der Amesha ^penta. Nach dem einundzwanzigsten ist Ahura-
mazda der Schöpfer des Wahren, des irdischen Besitzes und des
Hang, die Gäthd's des Zarathustra. IV. Cap. 51, 1. 2. 201
guten Sinnes; seine Gehilfin ist die Armaiti, die Genie der Erde.
Der Sinn ist: der walire Glaube ist unzertrennlich mit dem Acker-
bau verknüpft, da nur dadurch das Gute in der Schöpfung gedeihen
kann. — Im zweiundzwanzigsten ist von der Verehrung der Fra-
vaschi's der Dahingeschiedenen ilnd der Lebenden die Rede. Der
Dichter will sie mit Namen anrufen (was auch im Fravardin-Jescht
geschieht) und ihr Lobpreiser sein.
V. 1. Vohü — aibi-bairistem Ner. : utta?nasvdmikdmme vibhütiiu
uparivarshdmi ; kila vibhütim tasmdi daddmi jo rdgnah gubham vdmccha-
jet. Dem vainm (kdmine) ist die Bedeutung wünschend, verlan-
gend beigelegt. Aber diese Bedeutung giebt weder hier noch 34, 14
und 43, 13 einen genügenden Sinn. Ebenso wenig ist die Verbin-
dung Neriosengh's „der dem Herrn das Beste wünschende" zulässig,
da vohu-khshathrem nicht von vainm abhängig sein kann, sondern
letzteres ihm einfach coordinirt ist. Am besten nimmt man es wie
34, 14 als Schutz, Hilfe, eigentl. etwas schützendes. Ueber
bdgem s. das Gl. ; es ist von aibi-bairistem abhängig. Letzteres ist
kein Verbum, wie Ner. annimmt, sondern ein aus der Verbalwurzel
nach wedischer Art gebildeter Superlativ von bare, bringen; man
vgl. Jt. 12, 7 rashnvö arethamat bairista, die am meisten Gedeihen
bringende Gerechtigkeit. An eine Zusammenstellung mit bdrdn,
Regen, und somit an eine Ableitung von vfsh^ regnen, was Ner.
vorschwebte, ist nicht im entferntesten zu denken. Die Präposition
aibi verstärkt und verallgemeinert den Begriff: ringsum. — Vi-
dushemndis — caraiti Ner. : jad ddtim vfddhim satjena atniardle karomi;
kila ddtim satje ja dijate jad mamishjdminah [?] ^iibham abhipsajat
Für vtdushemndi, wie West, nach K. 5 corrigirt, ist mit der über-
wiegenden Mehrzahl der Handschriften vidashemndis zu lesen, da
sich das Wort auf skjaothandis im dritten Gliede beziehen muss.
Ueber die Bildung s. die Grammat.
V. 2. Jecd (Ner. kuru) ist hier, wie 30, 1, erste Person Con-
junctivi von jac (s. zu 30, 1). — Taibjdcd — khshathrem Ner.: jat te
suvjdpdram pHhivjdm sampürnamanasd karomi dehi mahjam vdmcchitam
rdgjam. Dois ist durch dehi übersetzt und somit von da, geben,
abgeleitet, Obschon diess eine zweite Person sing, einer Conjunctiv-
Optativform, ganz entsprechend dem lateinischen des, sein könnte,
und die Bedeutung „gieb" zudem recht gut zu dem Zusammen-
hang des Satzes stimmen würde, so müssen wir diese Herleitung
dennoch entschieden verwerfen, da sich derartige Bildungen von dd
im Baktrischen nicht nachweisen lassen ; der Optativ lautet sonst
ddjdo, ddjdt ohne Contraction. Wir müssen dois auf die Wurzel dt,
sehen und nachdenken, zurückführen. Als Verbalform könnte
es nur eine zweite Person sing, aoristi sein; aber der Sinn „du
mögest sehen oder nachdenken" empfiehlt sich wenig dem Zusam-
menhang. Allein wir können des Verbums im zweiten Versglied
202 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. IV. Cap. 51, 2. 3. 4.
ganz entrathen, da däidt im dritten darauf zurückbezogen werden
kann. Ich halte es fiir einen Genitiv des aus den Weden hin-
reichend bekannten Substantivs dhih, Andacht, Nachdenken, dem
wir auch im Baktrischen in dem Namen De-gdmd^pa (s. zu v. 17)
begegnen. Es steht entweder dem istois ganz parallel und ist wie
dieses von khshathrem abhängig, oder es bildet mit d eine adver-
biale Redeweise. Letztere Fassung ist die wahrscheinlichste „durch
Nachdenken '^ Der Ausdruck bezieht sich auf das Dichten der daind*s
oder heiligen Aussprüche, deren Kräftigung gerade der Armaiti zu-
geschrieben wird, vgl. 33, 13. — Khshmdkem — ^avanho Ner. : toam
Bahmanasja uttamasja manaso dehi Idhham.
V. 3. A — ^drente Ner.: jaA te ajam Idbhah sarve pracaranti
^ubhena karmatid adhipatjam bhavet; kila aham pdpasja punjasja lekhja-
kam karomi. Diese üebersetzung scheint ziemlich frei gegen die
sonstige Regel. Die Lesarten der Mss. schwanken bei den ersten
Worten; das Richtige lässt sich leicht herstellen und ist bereits von
West, geschehen, dem ich folge. Nerios. scheint indess eine ganz
andere Lesart als die von West, notirten unbedeutenden Varianten
vor Augen gehabt zu haben. Merkwürdig ist es, dass das sonst
so bekannte Wort geus gar nicht übersetzt ist; statt seiner scheint
Ner. ^avo = Idbhah gelesen zu haben. Sarve soll dem hem ent-
sprechen, wofür Ner. wohl Ama las, wie auch einige Mss. (s. K. 4)
thun, und dieses mit dem neupersischen ham, alles, ganz, identi-
fizirte. Dem ^drente ist die Bedeutung „die Oberherrschaft haben"
beigelegt ; diese stützt sich aber auf die ganz falsche Ableitung von
^ara = neupers. sar, Haupt, und giebt zudem keinen erträglichen
Sinn. Wir müssen bei der Bedeutung schützen, schirmen (s. zu
32, 2 u. das Gl.) bleiben. — Ahuro — mananho Ner.: svdmin pa-
risphutam jad jushmdkam gihvdjd vacandni xMamena manasd gdndmi.
Für den Nomin. ahuro scheint Ner. den Vocativ ahurd gelesen zu
haben, und ich glaube, mit einigem Recht; denn der Nominativ
lässt sich nicht gut construiren. Da die Mss. nur den Nominativ
bieten, so müssen wir ihn wohl beibehalten. Die nächste Aushilfe ist,
ahuro mit ashd zu einem Compositum zu verbinden ; als erstes Glied
eines Compositums kann ahura die Endung ö haben. — Jaeshäm — ahi
Ner. : teshdm tvam svdmin ptirvam prakrshtam ddtiiii pfthak karoti.
V. 4. Kuthrd — akhstat Ner.: katham sampurnam adhipatjam
dtnivdhikdh samti; [katham adhipatjam sampurnasthdne kftam jat sarve
samdracand\e\ pracaranti; katham adhipatjam sampurnasthdne akarot;
katham ajam prasddah svargasthdne asti\ Für mizdakd, wie ich mit
K. 5 schreibe, schreibt West, merezdikdi nach K. 4. P. 6. Vor allem
ist der Dativ auffallend, da er nach dem ganzen Parallelismus des
Verses hier unpassend ist; denn die andern Glieder haben nach dem
fragenden kuthrd einen Nominativ. Auch der sich ergebende Sinn
wäre nicht passend. Bleibt man nämlich bei der Lesung merezdikdi,
Haag, die Gdthd's des Zarathiistra. IV. Cap. 51, 4. 5. 6. 203
so müsste man, da merezdika Freude, Vergnügen (Jt. 10, 5.
vgl. die Note zu marezddtä 33, 11) heisst, übersetzen: wo ist es
zum Vergnügen da? was schlecht zu dem ersten Gliede: wo ist das
höchste Gedeihen vorhanden? (eigentl. des Reichthums Gesetz) stim-
men würde. Beachten wir den unleugbaren Parallelismus dieser
beiden ersten Sätze, so entspricht dem drois d, in Bereitschaft,
vorhanden, das akhstat, es ist da, im zweiten; dem fgeratus muss
dann merezdakd oder mizdakd entsprechen. Mizdakd, das sonst nicht
weiter vorkommt, lässt sich leicht als eine Ableitung von mizda,
Lohn, Gabe, das sich auch zu mizda verkürzen kann (vgl.
Jt. 24, 30), mittelst des Suffixes ka erklären; es bezeichnet somit
das, was sich auf den Lohn bezieht, die als Belohnung
gegebenen Dinge. Diese Bedeutung stimmt gut zu der von
f^eratus, des Reichthums Gesetz. Der Form nach ist mizdakd
einfach der Nominativ plur. , der aber, wie öfter ashd, als nächste
thematische Form auch für den Singular steht (vgl. die Grammat.).
Die Lesung merezdikdi ist nur eine Correction des seltenen und miss-
verstandenen mizdakd; man setzte ein später geläufiges Wort für
ein ungewöhnliches und ausser Gebrauch gekommenes. Die Deutung
Neriosengh's durch dinivdhikdh, die den Glauben Führenden,
lässt sich auf keine Weise begründen. — Kuthrd — Armaitis Ner. :
katham jah prdpiioti puiijam jat parisphutatn pfthivjdm sampürnamanasd,
Ueber kü s. das Gl.
V. 5. Vigpd — vidat Ner.: sarveshdm jad jathd evath, punjam
kathamcid gavdm pa^ilndni labdhirh samakdrjena punjena kurvanti. Der
Satz jathd — vidat giebt den Zweck der Frage an und ist nur von
|)eref«f abhängig. — Je — ci^td Ner. : jo ddtim satjena sa gurum
dhdrajad ahhildsham kurjati (kurute); kilajad rdgjain antar (^^) vidhatte;
tanur eva ddndm dadhjdt; jat tat punjam nirvdna[m'\; kila 7iirvdna[in]
kimcit suvjdpdram gdnijdt Die Deutung des ashivdo durch abhildsham.
Verlangen, Wunsch, beruht sicher auf einer falschen Etymologie.
Der Uebersetzer dachte wohl an die Wurzel ish, wünschen, die
aber keinenfalls verglichen werden kann. Es ist eine einfache Ad-
jectivbildung mittelst vat von ashi, Wahrheit; Jt. 2, 5 ist ashivat
ein Prädikat des ^raosha. — Ci^td, dritte Person imperf. medii von
cith (s. das Gl.).
V. 6. Je — rddat Ner. : jah uttamdndm uttamatvam dadhjdt pra-
sddamca asja hhildhokshildjd [?] dijate svdmin, vgl. zu 33, 2. Ueber
apeme urvae^e s. zu 43, 5. — Ahurd — ashjo Ner.: asja 7iikfshta[m]
Aharmanasja nikfshtatardih, kurjati y asja nigraham vidhtjate. Die
Deutung des ashjo als eines Comparativs von aka^ schlecht, ist
ganz richtig; ich war indess selbstständig schon vor Einsicht Ne-
riosengh's auf dieselbe gekommen. S. zu ashibjd,32y 10. AshjS ist
nur eine weichere Aussprache für askjo = a6j6; das k wurde wegen
des unmittelbar folgenden j zum Palatal.
204 Haug, die Gcitkd's des Zarathustra. IV. Ca]>. 51, 8. 9.
V. 8. Jjat — dädre Ner. : jo nihamtd durgatimatdm jad ^ubfm
punja[m] dhärajet; bhaved jad nirbhajena. Das nur hier vorkommende
akojd ist durch iiihamtä , Vernichter, erklärt. Aber dem Zusam-
menhang nach kann es kein nomen actoris sein, sondern muss dem
ustd, Heil, Glück, parallel stehen und das Gegentheil, Unglück,
Verderben, bedeuten. An eine Ableitung von kavi -\- a inixat.,
wonach es für akavjd stände, ist nicht zu denken, da kavi in den
Gdthd's (s. zu 32;, 14) die schlimme Bedeutung von Götzen priester,
Lügner hat, das Wort mit dem a privat, also nur die Bedeutung
„nicht götzendienerisch" haben könnte ;, die aber dem Zusammen-
hange widerspricht. Das in den Jeschts häufig vorkommende kaojäm
ist nur Genitiv plur. von kavi und hat eine schlimme Bedeutung.
Wir müssen akojd von aka, schlecht, ableiten. Die Form macht
Schwierigkeit; zunächst ist man versucht, sie für eine durch das
Suffix ja vermittelte adjectivische Weiterbildung zu halten, aber
dann sollte man nicht akojd, sondern akja erwarten. Der Umstand,
dass der Hauptsatz unseres Gliedes kein Verbum hat, bestimmte
mich, in dem akojd eine Denominativbildung zu sehen, und die
nähere Betrachtung der ganz analogen Formen qdthrojd 43, 2 und
i^ojd 43, 8 bestätigt diese Meinung. Es ist entweder eine zweite
Person Imperativi sing, oder eine erste Conjunctivi sing. Hier und
43, 8 ist letzere Fassung vorzuziehen. Sonach heisst es: ich will
schlimm sein für den Lügner, d. i. ihm Schaden zufügen. Man
vgl. 47, 4 hd^ ako dregvdite, wo das Denominativ aufgelöst ist. —
Skjdto, Part, pass., jedoch mit activer Bedeutung, wie varetu 45, 1
von ski, skjd (s. zu 44, 9), bergen, schützen.
V. 9. Ajanhd — ddvoi Ner. : anupakdrindm ni^cdjaii upari ubhajor
bhuvanajor drddhanam dehi jat tad gdtham tanolr] akshajat. Ueber
ajanhd s. zu 30, 7. Khshu^td ist durch nigcdjan fnigcajanj, be-
schliessend, gewiss wissend, wiedergegeben, was aber hier
weder einen Sinn giebt, noch sich etymologisch begründen lässt.
Man kann das Wort nur auf eine Wurzel khshud oder khshtit, khshutli
zurückführen, und einer solchen begegnen wir sowohl im Sanskrit
als im Baktrischen. Das Sanskrit bietet kshud, bewegen, schüt-
teln, zerstossen, wovon kshudra, klein; kshodas ist im Weda
Wasser, Strom, Fluss, von der Bewegung so genannt. In dem-
selben Sinn treffen wir auch khshaodanha (Instr.) Jt. 10, 14; das
Verbum khshaothat (dritte Person imperf.) Jt. 8, 6. 37 heisst deut-
lich flies sen, strömen. Von dieser Wurzel khshuth oder khshud
nun ist khshu^tä (instr.) das Part, pass., hat aber wie vareta 45, 1
activen Sinn und eine figürliche Bedeutung „in fiiessender Zeit",
d. i. im Verfluss, im Verlauf der Zeit. — Ahvdhü ist kein einfacher
Locativ des plur., sondern ein von dem Genit. dual, ahvdo durch
Anhängung der pluralen Locativendung Am gebildeter Locativ dualis
von ahu, Leben. Gegen die plurale Fassung spricht das lange d;
man müsste einen Singular ahvd zu Grunde legen, der aber nicht
n
Haug, die Gdthas des Zarathustra. IV. Cap. 51 , 9. 10. 11. 12. 205
existirt. — ^avajo, Accus, eines Thema's gavajanh, steht für fa-
vajanh4, wie wir rdshajanhe in demselben Versgliede haben. 49, 3
steht an seiner Stelle der Inf. ^üidjdi, 30, 11 das Subst. ^avä.
V. 10. Marelihskaite lässt sich nicht wohl von merenc, tödten
(Causat. von mere, sterben), ableiten, da „wer mich anders tiidtet,
als dieser" einen schlechten Sinn geben würde. Es ist wohl auf
die Wurzel marez, wegtreiben, z=z mrg zurückzuführen und davon
eine Desiderativbildimg mit Wegfall der Verdoppelung. — Hunusta ist
von Ner, nur umschrieben, nicht erklärt. Dieses oltz. Xsy. ist man zu-
nächst mit hunavo (nom. plur.), das Jt. 5, 54. 57. 10, 113. 19, 41 als
Name feindlicher oder dämonischer Wesen vorkommt, zu vergleichen
geneigt. Da diesem Plural ein Singular hwtit entsprechen muss, so
könnte hunusta ein Superlativ davon sein; aber da hvo = eben der
vorhergeht und hunusta darauf bezogen werden muss, so sollten
wir hunusto haben. Aus diesem Grunde kann diese Ableitung nicht
richtig sein. Mit hunn, auspressen (vom Soma), lässt sich eben-
falls wenig anfangen. Die einzig richtige Ableitung scheint mir die
von hunare = neupers. hunar, Kunst, Geschick, List, zu sein;
tä (Thema tar) ist das nomina actoris bildende Suffix, so dass hu-
nusta der Künstler, Schöj)fer heisst. Ueber die Veränderung der
Endung ar in us {hunusta steht für hunarta) s. Zeitschr. der D. Mor-
genland. Gesellsch., Bd. IX, p. 693, u. die Gramraat. — Zu dem
Instrumental, fem. sing, vohiijä des Adject. vohu ist aus dem vorher-
gehenden GHede dämi, Schöpfung, zu ergänzen, — Zu gat
vgl. 43, 1.
V. 11. Nd ist mit ke zu verbinden und steht gleich ka^nd
44, 3, welcher Mann z=: wer? — Ke — Armaitis Ner.: kas te puitja-
sarvam apracchat; kila jat satjatajd sampurnamanasd sarvam apracchat.
Afrastd lässt sich als nomen actoris und als dritte Person imperf.
sing, medü der Wurzel pere<^, fragen, erklären; die Vergleichung
von hem-frastd 47, 3 und frastä 49, 2 spricht für letztere Fassung.
Nach diesen Stellen muss ashd der Instrumental sein. Dem Sinne
nach ist es so viel als sich befragen mit, — Ke — ereshvo Ner.:
ko jushmdkam uttamam mano nirvdne samaje kimcit suvjdpdram gdndti
jad uttamatvena satjatajd nirmalatajd gdndti.
V. 12. N/iit — zem6 Ner.: na tad jad lobhjam gdnanti aiTitardlt
dsit kdlasja svddjavastramca. Die Deutung des khshndus durch lobhjam
gdnantiy sie halten für begehrenswerth, beruht auf falscher Etymo-
logie, wie auf Unkenntniss der Grammatik. Dass khshndns aber ein
Nom. sing, von khshnu ist, s. zu 46, 1. — Vaepajö lässt der Form
nach mehrere Deutungen zu, einmal als Nom. plur. eines Thema's
vaepi, dann als zweite Person imperf. sing. Caus. der Wurzel vip,
säen, = skr. vap, Vend. 8, 26 Saamen lassen. Die zweite Fas-
sung stimmt nicht zu dem Zusammenhang, da eine zweite Person sing.
206 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. IV. Cap. 51, 12. 13.
hier keine Stelle hat. Wir müssen uns an die erste halten. Den
Nom. plur. vaepaju finden wir auch sonst wie Vend. 8, 32 arsha-
vaepajo, Männerbesaamungen, d. i. Päderastie, vgl. Vend. 1, 12
narö-vaepaja. Hier kann es diese Bedeutung nicht haben, sondern
wir müssen ihm die Bedeutung Sprösslinge, Nachkommen geben.
Kevhw ist Genit. sing, eines Thema's kevin, d. i. einer, der zum
kevi oder dem kevi gehört. Es steht für kavin, man vgl. kevitäo für
kavitdo 32, 15. Hierunter sind die Anhänger der Kavi's, der Götzen-
priester, gemeint. Pereto, Gen. sing, von peret = pH, feindlich,
zerstörend, s. zu peshjeAnti 44, 20. Die Structur des Satzes an-
langend, so steht noit td im khshndus absolut voran: nicht ist also
ein Verehrender, d. i. Niemand verehrt; die folgenden Worte vaS-
pajo — zemo enthalten eine nähere Bestimmung derer, welche nicht
(den Zarathustra) verehren. — Jjat — vdzd Ner. : ajam me gdtigite
kdle pracarati mitratdm. Dem aoderes, welches nur Genit. sing, eines
Thema's aodar sein kann, scheint in der Uebersetzung ^dti, Ge-
burt, zu entsprechen. Die Ableitung führt auf das sanskritische
üdhar, Euter. Hiezu stimmt auch das folgende Adjectiv zoishenu,
das von der Wurzel zish==.gish, ausgiessen, ausfliessen, sich
ableitet, aber nicht die schlimme Bedeutung des derselben Wurzel
entstammenden Superlativs zoizdista, hässlich, garstig (eigentlich
am stärksten ausfliessend von Eiter und andern unreinen Flüs-
sigkeiten), angenommen hat; wir dürfen ihm die von ausströmend
beilegen. Den Casus anlangend, so ist es Nom. plur. neutr. einer
Adjectivbildung zoishenu und bezieht sich auf vdzd (nom. plur. neutr.)
= skr. väga, Speise, Kraft.
V. 13. Td — hdithim Ner. : ubhajor bhuvanajor durgatigdminah
gandndm asti dininirmalatd prakatatd bhavishjati. Warum das Verbum
maredaiti durch gaiia, Schaar, wiedergegeben ist, lässt sich schwer
sagen. Wir müssen es entweder mit dem sanskritischen mrd (für
mard), erheitern, erfreuen, identificiren oder als eine causale
Erweiterung der Wurzel mare^ sterben, also tödten, fassen, wo-
zu das Substantiv maredhd, Mord, Vend. 1, 6 sehr gut stimmt. Hier
passt nur die letztere Bedeutung, da der Sinn unmöglich der sein
könnte: die Lehre des Lügners erfreut das Wesen des
Rechtschaffenen; es muss heissen: die Lehre des Lügners ver-
nichtet das Wesen des Rechtschaffenen. — Jehjd — dkdo Ner. : ete-
shdm dtmd pdtajati Cinüadandm-parisphutatn. Vgl. 46, 11, wo aber
für khraodat von den besten Handschriften khraozdat gelesen wird,
welches an unserer Stelle keine einzige zeigt. Da sonst weder ein
Verbum khraod, noch khraozd sich findet, so ist es eigentlich schwer
zu entscheiden, welche Lesart die richtige ist. Der öfter vorkom-
mende Superlativ khraozdista, am gewaltigsten, stärksten, weist
auf einen Positiv khraozda, der sowohl auf eine Wurzel khraod, als
khraozd zurückgeführt werden kann; jedenfalls aber ist khraod, das
vollkommen dem skr. krudh, zürnen, entspricht, die ursprüngliche
Haugf die Gdthd's des Zarathustra. IV. Cap. 51, 13. 14. 207
Form. Ich möchte mich an beiden Stellen für die Lesung khraod
entscheiden. Die sanskritische Bedeutung zürnen können wir ihm
aber weder hier, noch 46, 11 beilegen. Es hat an beiden Stellen
ein Object nach sich, 46, 11 einen Accusativ (jeng), hier einen Ge-
nitiv, peretdo. Denn nur als Genit. dual, lässt sich letzteres fassen,
indem es aus jyeietvdo (von peretiC) ebenso verkürzt ist, wie khratdo
48, 4 aus khratvdo (von khratu). Die von Nerios. ihm hier gegebene
Bedeutung von stürzen ist nicht ganz unpassend; richtiger und
besser zu 46, 11, wo es einen antreiben, anreizen bedeutet,
stimmend ist die von losstürmen gegen, auf. Die Seele, des
Frevlers stürmt los auf die beiden Cmvaibrücken (s. die speziale
Einleitung), um sie zu zerstören. Ueber dkdo s. T, p. 198. —
Qdis — pathu Ner. : jad eteshdm svtjate karmano gihvd vind^ajate
[punjasja pamthdndm suvjdpdra^ca vindgitd]. Hizva^cd-ashahjd ist
eigentlich ein Compositum, an dessen erstes Glied das ca, und,
statt, wie zu erwarten, an sein letztes, gehängt ist. Hizvag =: hizvo
lässt sich nur als erster Theil eines Compositums fassen und nicht
als irgend ein Casus von hizvd, Zunge, erklären; man vgl. hizvo-vago
31, 19, hizvu-raithim 50, 6; es steht für hizvo-ashahjaca und heisst
eigentlich Zungenwahrheit, d. i. die Wahrheit, welche laut und öf-
fentlich verkündet wird. Nd^do ein partic. praes. der Wurzel nd^,
erlangen = nanciscor, vgl. nd^at v. 16. An na^ , untergehen,
vernichten ist nicht zu denken, wie Ner. thut, da hiedurch ein
ganz falscher Sinn entstehen würde.
V. 14. Nöit — arem Ner.: 7ia mitrasja datvam d^rotasja kdrjam
sampürnam kftam [kila kimcit savjdpdram abhipsitam sampurnani ni-
krtam]. Urvdthd, wofür richtiger tirvdtd geschrieben wird, wird von
Ner. als gleichbedeutend mit urvatha, Freund, genommen, was aber
keineswegs der Fall ist; denn letzteres ist ein Masculiuum, wogegen
urvdthd nur ein Neutrum (nom. plur.) sein kann, und hat stets ein
kurzes a in der vorletzten Sylbe; ausserdem würde diese Bedeutung
hier auch keinen Sinn geben. Wir müssen es als gleichbedeutend
mit urvdtd (s. zu 31, 1), die Aussprüche, nehmen. Karapam
kann hier nur Genit. sing, von karapan, Götterpriester, nicht
Nom, plur. sein, wie 46, 11. Als solchen fasst es auch Neriosengh.
Vd^trdt ist von ddt6ibja(;:cd abhängig. Ueber arem s. T, p. 222 fg. —
Gavoi — ^enhdiscd Ner. : gavdm pa^ü?idm sampurnamanasd ^ikhjdpa-
janti [nirvdnanihanti] jat svijdt karmanah ^ikhjdpajanti [pagcdd avjd-
pdram kurvanti]. Für ^endd, das mit dem gleichen Worte wie ^enha
übersetzt ist, scheint Neriosengh ebenfalls ^enha gelesen zu haben,
welche Lesung aber sicher irrig ist. Es ist wohl nur ein reines
Missverständniss des Uebersetzers, der mit dem seltenen ^efidd nichts
anzufangen wusste. Der Abstammung wie der Bedeutung nach ist
es aber von ^enha (W. fenÄ = fa?Ä*, loben, preisen), Wort,
Lob, völhg verschieden; denn es ist aus ^bti -{-dd zusammengesetzt;
few entspricht völlig dem wedischen ^am, am bekanntesten in der
208 Hang, die Gathas des Zarathustra. IV. Cap. 51, 14. 15. 16.
Formel gam Jos (s. darüber Zeitschr. der D. M. G. VIII, p. 742),
Heil, Glück, so dass gendd nur Glück bringend bedeutet.
J. 38, 5 ist es Prädikat der „Mütter" (gefiddo mätaro). Gramma-
tisch bezieht sich hier gendä auf urvdtd zurück. — Je — ddt Ner. :
jat te pkhjdpajanti teshdm nirvdne drugasja samdsatram ddadäti [dt-
mane sv^jam].
V. 15. Jjat — pard Ner.: jat prasddam kuru Garathustro [^hajn
bhavami] svargalokam dsvddajdmi drgatuljapunjam. Auffallend ist die
Uebersetzung des Dat. plur. magavabju durch svargaloka, Himmels-
welt, Paradies, während wir doch deutlich darunter Personen,
die magava's (die spätem Mager), zu verstehen haben. Der Ueber-
setzer wurde wohl durch das im folgenden Gliede vorkommende
garo demdna (^Gorotmdn, Paradies) hiezu verleitet. Zu coist vgl.
50, 3. — Td — civtshi Ner.: jat te uttamasja manasqh punjasja
Idbham dsvddajdmi [kila Idbhaiu jat savjdpdram kuru]. Civishi ver-
wechselt Ner. mit coist oder leitet es wenigstens von derselben Wurzel
ab, da er beide gleichmässig durch ich lasse geniessen wieder-
giebt. Diese Identifikation ist aber nicht möglich, da 6i nie aus
Uj V, sondern nur aus a ~\- i entsteht. Der grossen Aehnlichkeit
wegen mit tevishi kann man es für eine Verschreibung statt dieses
häufiger vorkommenden Wortes oder wenigstens für die gleiche Form
(Nom. Acc. dual.) halten, und diese Annahme gewinnt dadurch an
Bestand, dass civishi weder als Verbum, noch als Nomen gut er-
klärt vk^erden könnte. Man müsste es auf die Wurzel cju (wovon
cevista 34, 13 s. die Note), fliessen, strömen, gehen, zurück-
führen, und es entweder als eine zweite Person sing. Optativi
oder als einen Nom. Accus, dual, eines Thema's civis fassen, was
beides unwahrscheinlich ist; denn die zweite Person sing, optativi,
die überdiess civtshd lauten (vgl. khslmvishd) sollte, gäbe gar keinen
passenden Sinn, da die angeredete Person hier nicht zu bestimmen
wäre — denn Ähuramazda, auf den das im Sätzchen Ausgesagte
allein passen würde, kann sie nicht sein, ebenso wenig Zarathustra —
und der Nominat. dual.: die beiden Gänge würde zu sonderbar
lauten und wäre kaum zu erklären. Liest man dagegen tevishi, so
erklärte sich alles einfach; die „beiden Kräfte" sind die haurvatdt
und ameretdt; hiezu stimmt alles sehr gut. Die Verschreibung ist
bei der graphischen Aehnlichkeit des c mit t leicht erklärhch.
V. 16. Täm — nä(^at Ner.: kai Gustdspd nirmolo rdgd jogja-
tarah. Ndgat, das nur eine dritte Person sing, imperf. activ. der
Wurzel nag (s. zu nägvdo v. 13) sein kann, giebt Ner. durch ein
Adjectiv: jogjatarah, sehr gewandt, geschickt, welche Deutung
indess völlig irrig ist. Ebenso ist die Uebersetzung des magahjd
durch nirmala, fleckenlos, kaum zu begreifen. — Vaiiheus — mantd
Ner. : uttamena manasd tasja suvjdpdrena sagndh evarh kuru [kila nir-
vanam kimcit suvjdpdram evam jathd jugjate gndtum]. Ueber padebis
Hang, die GdtluVs dts Zarathustra. IV. Cap. 51, 16. 17. 18- 209
s. zu 50, 8, wo es Ner. richtig durch Versfiisse erklärt, während
er es hier mit gutvollbringend wiedergiebt. • — Qmlto — ustd
Ner. : giirutardn sväminah mahägndninah evam ^akjate ^ub/iam gfidtiim.
Der Infinitiv gazdjdi (W. ^ad, s. zu 30, 2) ist hier durch ^aljate,
er kann, vermag, >vicdergegeben , wonach der Uebersetzer es un-
zweifelhaft mit dem sanskrit. sah, können, zusammengebracht hat,
eine Herleitung, die nicht zu billigen ist. Die Wurzel ^ad ist noch
im neupersischen sdzad, es schickt sich, geziemt sich, erhalten
(s. I, p. 116). Die Pehlewi-Uebersetzung des Vendidad giebt sie
gewöhnlich durch inc:!?:?:^?:, sinnen, denken, dünken (s. mein
Schriftchen: Ueber die Pehlewi- Sprache, p. 14), wieder, aber ich
glaube mit Unrecht. Eigentlich identisch mit dem sanskrit. ^ad,
fallen, lat. cadere, bedeutet es in der Uebertragung zufallen, zu
Theil werden, sich" ereignen und dann weiter sich schicken,
passen. Man vgl. die Parallelstellen: Vend. 2, 24: idha Jima anuhe
actvaite ^adajdt jat idha pageus anumajehe padhem vaendite, hier Hess
Jima dem irdischen Leben die Sorge für einen iiufenthalt des Viehs
zu Theil werden. 3,32: hdm-iirvi^donho ^adajeiti (ü\r -einti), d.i.
es ereignet sich, trifft sich, dass sie (die Deva's) zu Grunde gehen.
18, 19: avi me dzis daevö-ddto paroit pairithnem anhvdm ava-darenän
^adajeiti, der von den D^va's geschaffene Azi will mich vernichten;
eine Zerstörung alles Lebens will er eintreten lassen. Jt. 22, 7:
thritjdo khshapo thraosta vjugä gadajeiti, wenn es nach Verfluss der
dritten Nacht helle wird (wörtl. sich ereignet helle zu sein). An
unserer Stelle kann man ihm füglich ebenfalls die Bedeutung zu
Theil werden beilegen.
V. 17. Berekhdhdm s. zu 44, 7. — Daedoist (Ner.: gurutvam
karttum) ist die dritte Person sing, imperf. des Desiderativs der
Wurzel dt (neupers. didari), sehen, skr. dhjdi, denken, also hier:
zu sehen wünschen, wollen. Ein Intensivum, woran man zu-
nächst denkt, kann die Form desswegen nicht sein, weil das s, das
nicht wurzelhaft ist, sonst nicht erklärt werden könnte; denn eine
Wurzel dis kennt das Baktrische nicht. — Azdjdi Ner. : bhütiiTi kuru.
Diese Deutung stützt sich auf die Ableitung von as, sein, welche
möglich, aber nicht wahrscheinlich ist; es wäre dann entweder der
Infinitiv oder der Dativ des Substantivs a^tt (mit Lauterweichung:
azdi), das Sein; aber die Ableitung von der Wurzel af, awif, er-
langen, hat weit mehr für sich. Es ist jedenfalls (wegen des da-
von abhängigen Genitivs ashahjd) ein Substantiv und identisch mit
dem wedischen ashti, Erreichung.
V. 18. Tdm — qarendo Ner.: asdu nirvdnagnah sadgiirutvajdm
dsja [?] durugavdgah jdcajati hastdbhjdtn svijena kdrjena. — Tat — tavd
Ner. : tat me dehi svdmin mahdgndnin tvatri dnandam pracdrajitum pra-
sddam kuru. Rapen wie wft/t Nom. sing. masc. praesentis act. für
rapjan W. rap == mbh, s. I, p. 47 fg.
Abhandl. der DMG. II, 2. 14
210 Hang, die Gdthd's des Zarathtistra. IV. Cap. 51, 19. 20. 22.
V. 19. Maidjo-mdonhd ist deutlich ein Dual, wie die darauf
sich beziehende Verbalform dazde (s. zu 30, 4. I, p. 101) beweist.
Mit diesem Yerbum bildet es einen besondern Zwischensatz. Da
aber ahmdi, diesem, nur auf Mazdäo bezogen werden kann, so
können wir da nicht in der Bedeutung von schaffen, machen
nehmen, «oudern müssen ihm die von beilegen, zuschreiben
geben. Denn die beiden Maidjo-mdonhd konnten dem Ahuramazda
die Gesetze nicht machen, sondern nur sagen, dass sie von ihm
herrühren und sie andern verkündigen. — Ueber isha^d^ s. zu 50, 2.
V. 20. Jazemndonhö — cagedo Ner. : jadi manasd namaskrtim
svdminah dnande pramodena kurute tat svdmi karoti prasddam. Ueber
cagedo s. zu cagvdo 46, 2.
V. 22. Dieser Vers findet sich mit einigen Abweichungen auch
J. 4, 26.
Commentar zur Gäthä vahistöisti,
Capitel 53.
Diese letzte und kleinste Sammlung, die wie die vorhergehende
nur als ein Anhang zu betrachten ist^ hat hinsichtlich der Sprache
soviel Eigenthümliches und von den übrigen Gdthd's Abweichendes,
dass wir nicht nur einen kleinen Zeit-, sondern auch einen Orts-
unterschied annehmen dürfen. So sind die Formen mebeedus , pithä
sicher Provinzialismen, ebenso scheint degit eine örtliche Redeweise.
Merkwürdig sind namentlich die vorkommenden Eigennamen, wie
Azus, Vesha und die Ortsnamen Genard und Khrüiierd, die sich sonst
nirgends weiter im Zendawesta finden. Auffallend ist auch die Er-
wähnung des Gottes Vajuy der wir nirgends sonst in den Gdthd's
begegnen. Dem Inhalte nach lässt sich das Stück in drei Theile
zerlegen: a) 1 — 4, bj 5, c) 6 — 9.
a) 1 — 4. Diese Verse beziehen sich, wie 51,11 — 19 auf Za-
rathustra und seine ersten Genossen. Merkwürdig ist die Erwäh-
nung der Tochter Zarathustra's, Pourutschista, d. i. die Viel-
wisserin, welche einen wesentlichen Antheil an der Ausbildung und
Verbreitung der Lehre ihres Vaters gehabt zu haben scheint.
Zarathustra und seine Anhänger sind in Folge ihres Glaubens
im Besitze der höchsten Güter; denn ihnen ist diess Glück von
Ahuramazda selbst verliehen (1). Die Förderung und Verbreitung
der Lehre Zarathustra's, die Verkündigung seiner Lieder und Sprüche,
sowie das Vollbringen der von dem grossen Meister angeordneten
Handlungen, wird zunächst von seinen bedeutendsteu*Anhängern,
dem Vistdgpa und Frashaostra erwartet (2). An ihrer Ausbildung,
dass sie die wahrsten und reinsten Gedanken der höchsten Genien,
des Mazda, des guten Sinnes und des Wahren, also die grösst-
mögliche Vollkommenheit erhielte, hatte Zarathustra's ausgezeich-
netste Tochter, die nach der Familie ihres Vaters (s. 46, 15) die
Hetschataspidin heisst, einen wesentlichen Antheil. Ueber diese ihre
grosse und segensreiche Wirksamkeit, die namentlich auch der Be-
fcirderung des Ackerbaus gewidmet war, kann der Erdgeist (geus urvd)
die beste Auskunft geben (3). Der Dichter bekennt mit Freuden
diesen glückbringenden Glauben, den der Glückselige, d. i. Zara-
14*
212 Hang, die Gdthas des Zaratfiustra. V. Cap. 53, 1.
tliustra, die Herrn und Gebieter zur Mittheilung an die Landleute
und die Wahrhaftigen gelehrt hat, um dadurch das Gute in der
Schöj)fung zu fördern (4).
b) Der fünfte Vers steht ganz abgerissen da. Er enthält einen
an die heirathenden Mädchen gerichteten Spruch, dessen Sinn ist,
dass die Ehe nur dann glücklich sein und sie sich nur dann des
Wohlstandes erfreuen könnten, wenn sie Zarathustra's Lehren fol-
gend, mit Wahrheit und Aufrichtigkeit des Herzens ihrem Gatten
ergeben seien.
cj 6 — 9 hängen unter sich zusammen, sind aber etwas schwer
zu verstehen. Der Dichter oder Prophet macht die ganze auf Hilfe
harrende Gemeinde, Männer wie W^eiber darauf aufmerksam, dass
es eine Hilfe gegen das Böse gebe. Schon Jima hat in der Vor-
zeit dagegen gekämpft. Aber auch jetzt sind die wahrhaft Gläu-
bigen nicht verlassen ; denn der Genius Vajn (der Vdju, Morgenwind,
des Weda) kämpft mit der Macht des Lichts gegen die an, welche
es verdunlceln wollen; er besiegt alle, welche das Geistesleben, die
gute Gesinnung, verderben wollen (6). Die Gemeinde harrt aber
nicht umsonst. Sie soll für ihren Glauben und ihr Handeln belohnt
werden, und zwar durch den geheimen Schatz, d. i. durch Mitthei-
lung der kräftigen, gegen das Böse wirksamen Sprüche und Hand-
lungen. Diess geschieht durch Azus (vielleicht Appellativum : der
Hersager, Verkündiger), der die Sprüche aus alter und neuer Zeit,
welche zur wirksamen Vernichtung des Bösen angewandt wurden,
der Gemeinde verkündet. Die letzten Worte sind dem Znsammen-
hang nach sehr dunkel (7). Die Frevler, welche der Verkündigung
und Ausübung der wirksamen Sprüche und Handlungen entgegen-
stehen und laut darüber aufschreien, sollen vernichtet oder wenigstens
verringert werden. Während Ahuramazda die Orte Dschenara und
Khrunera, d. h. ^'W) die siegreichen und tapfern Männer wohnen,
mit allen guten Besitzungen beschenkt, soll die Frevler in Bälde
Verderben ereilen (8). Einer der Hauptfeinde ist Vesha, der die
alte Lehre zu verdrehen und zu verderben sucht; die feindlichen
Wesen besiegt der, welcher bereits zum Verderben der bösen Ge-
schöpfe gewirkt hat, nämlich Jima (vgl. 6). Ahiiramnzda ist im
Stande die Lügner völlig zu vernichten und aus ihrem Eigenthum
zu vertreiben (vgl. 46, 4); daher gebührt auch ihm die Herrschaft;
denn er verleiht durch die Drciheit des guten Gedankens, des guten
Worts und der guten That der Menschheit Heil und Glück.
V. 1. Jezi lässt sich hier nicht in der gewöhnlichen Bedeutung
wenn fassen, sondern wir müssen es in dem Sinne von da, dass
nehmen, da wir sonst keinen passenden Sinn zu gewinnen vermögen.
Man vgl. das griechische d in der Bedeutung von dass nach ge-
wissen Verben. — Ashäf — hvanhvim Ner. : jat piüijam sampattim
svdmin mahdgndnin sarvam dehi sarvaih jdvat dhdujasarveshdm govindin
dehi [kila jdvat tano akshajatvam eteshdm apardiidm dehi']. Das a.iz. Xsy.
Hang, die Gdthas des Zarat/iastra. V. Cup. 53, 1. 2. 3- 4. 213
hvahhvim lässt sich nur als Zusammensetzung von hu-\-an/ivi „das
Lebendige" fas:sen. Ueber letzteres s. I, p. 174. — Jaecd — f^askäcd
Ner. : tat jad asdii jjratdrajati Aharmatah ^ishjdpajati. Die Deutung
des dahen durch betrügen ist hier nicht zulässig; wir müssen es
in der ursprünglichen verkleinern, verringern (vgl. skr. dahhra,
klein, gering) nehmen; in Verbindung mit den Accusativen ukhdhd
und skjaothand bedeutet es dann weniger davon sprechen und
thun. Den natürlichen Gegensatz bildet gaskd (dritte Person sing.
imperf. von ^ask=zfac, ^ak , stark sein) s. zu 30, 11. I, p. 115 fg.
V. 2. Atcd — shjaothandiscd Ner. : evam jad asdu ^ishjapajati tvam
uttamaih manasd vdkjam kuru jat pürvani. ^caiitü ist die dritte Person
plur. imper. von fac, vollbringen, machen, mit Ausstossimg
des a; man vgl. jytd für püd; khshmd für kishmd u. s. w. — ^aoskjafito
ist der Form nach nur Nom. oder Acc. plur. ; aber hier passt weder
der eine noch der andere Casus in die Construction; wir müssen
nothwendig annehmen, es sei zwar ein Accusativ, aber er stehe
missbräuchlich für den Dativ, da nur auf diese Weise ein passender
Sinn herauskommt.
V. 3. Vanheus — ^arern Ner. : uttamasja manasah sthdtum suujd-
pdram evam asti [punjasja gndnam evam — dehi adhipatitvaih']. Das
aiu. Xs^. paitjd^tim löst man am besten in paiti-\- dgtim auf; letzteres
ist auf agti, Sein, Dasein (mit Dehnung des a zu d vgl. Qpitdma
für (^pitama) zurückzuführen, so dass das Ganze eigentlich Gegen -
sein, d. i. Gegenstand, bedeutet; man vgl. paitikara in der ersten
Keilschriftgattung = neupers. paikar, Bild, eigentl. Gegenmachung,
Contrefey. — Für garem, Schutz, liest man mit K. 4 passender
garem, Schöpfung.
V. 4. Tem — vidat Ner. : jat tvam gobhanam paripurnam ddnam
dehi; jad diner anena pitrd ddiim dattdtanusrijah (?) samprdpti. Für vi
scheint mit den meisten Handschriften besser ve geschrieben werden
zu müssen. Die Schreibung Westergaard's gpere-ddnivardni kann ich
auf keine Weise billigen; entweder muss man gperedd-riivardni oder
gpereddni vardni trennen ; ich möchte die letztere Theilung vorziehen,
so dass wir zwei erste Personen des Imperativs neben einander haben.
^pereddni lässt sich nur auf das sanskritische spfdh, wetteifern,
zurückführen. — Mananho — mebeedus Ner. : jiad uttamamanasvHam (?)
suvjdpdram svijagotrindm upari asti [tasja susvddiisampürnakhddam vas-
traprasddam prasddapuritam gurukdrjam anjagiidnatvam sukhena dehi].
Hafihus ist a7C. Xey. und wird von Ner. durch suvjdpdram erklärt.
Es lässt mehrere Ableitungen zu, einmal von der Wurzel sas, schla-
fen, wonach es Schlaf hiesse, dann von anhus, Leben, -h ha,
wobei aber das kurze a auffallend wäre. Weit sicherer als diese
beiden Ableitungen ist die von hus = neupers. kfwsh, gut, -f- ha,
so dass das Grinze ein Neutrum wäre und perpulchnim bedeutete.
214 Haiigy die Gdthd's des Zarathustra. V. Cap. 53, 4. 5.
Man vgl. hus-hakhd qenvdtd 32, 2. Noch weit schwieriger ist das
aTü. Xsy. mebeedus. Die Handschriften trennen. Me , wofür mehrere
Codd. wie K. 4, 9, 11. P. 6 mem haben, wird als besonderes Wort
betrachtet, wie ich glaube, ohne Grund. In diesem Fall könnte es
nur für ma-s stehen und der Meinige bedeuten, oder es könnte
auch für md, mich, oder md = i)jTi gesetzt sein. Aber weder durch
die eine, noch durch die andere Annahme bekommen wir einen er-
träglichen Sinn. Wir müssen me nothwendig mit beedus zusammen-
schreiben, da es nur eine Reduplikationssylbe sein kann. Da so-
wohl im Sanskrit als im Baktrischen bei der Reduplikation die Re-
duplikationssylbe eine Modifikation des Consonanten der Stanimsylbe
Hebt (wie z. B. die Reduplikationssylbe einen Palatal hat, wenn die
Stammsylbe einen Guttural zeigt, so in girgerezat, cikoiteres u. s. w.),
so liegt auch hier diese Annahme nahe, um so mehr, als m zu der-
selben Lautklasse wie i), nämlich zu den Lippenlauten gehört. Dieser
Wechsel ist im Baktrischen um so eher erklärhch, als es b und bh
nicht mehr unterscheiden kann, wie das Sanskrit, das für das bh
der Stammsylbe b in der Reduplikationssylbe setzt. Für beedus
hat K. 9 beetus, K. 6 beedus , K. 4 biedhus, P. 6 bee dus, K. 11
beredhus. Westerg. schreibt biet us. Er scheint Ner. zu folgen,
welcher nach seiner Üebersetzung upari zu schliessen, us als ein
besonderes Wort fasste; diess ist aber entschieden irrig, da beet
als eigenes Wort nicht gut erklärt werden kann. Beedus scheint
mir die einzig richtige Schreibung. Abzuleiten ist das Wort von
bid=zbhid, spalten, als eine Adjectivbildung; das e ist wie in
eed nur als leiser Nachhall zu betrachten und hat nicht den ge-
ringsten Einfluss auf die Herleitung. Wir müssen das vollständige
Wort mebeedus als eine Intensivbildung fassen und ihm die Bedeu-
tung austheilend, vertheilend, spendend beilegen.
V. 5. Mencd i mäzdazdum. Das mencä gehört zu mäzdazdütn
und ist eigentlich nur eine Vorausnahme der in letzterem liegenden
Verbalwurzel man. Mäzdazdum, selbst ist ein zusammengesetztes
Verbum ähnlich wie jaozdd; der erste Theil mäz ist gleich mdns
(vgl. mimdnsy Desiderativ von man), der zweite dazdüm ist die
zweite Person Imperativi medii von dd = dhd 'Zi^ri\kl. Der Verbal-
stamm ist men-mäz, der identisch mit dem sanskritischen Desidera-
tivum mimdns ist. Das Ganze heisst Nachdenken, Ueberlegung
machen, d. i. ernstlich nachdenken. Ueber die Trennung des mm
von dd s. zu 31, 5 (I, p. 132). — Für abjaQcd lesen K. 11, P. 6
aibja^cd, K. 5 abjacta. Es kann nicht mit der Präposition aibi zu-
sammengebracht werden, sondern wir müssen es als/J)ativ plur. des
Demonstrativstammes a nehmen, wenn wir auch diese Bildung weiter
nicht mehr in den Gdthd's nachweisen können. Am besten bezieht
man dieses Demonstrativ auf ^aqeni zurück. — Vivanhatu (dritte
Person imperat. sing.) hat ganz den Sinn des lautlich völlig ent-
sprechenden Sanskrit, vi-vas, annehmen, aufnehmen. Hushenem
1
Haag, die Gdthas des Zarathmtra. V. Cap. 53, 5. 6. 215
steht dialektisch für hushajanem Jt. 8, 2. 10, 4, gute Wohnung,
wie khshmtäm 48, 8 für khshajantäm gesetzt ist.
V. 6. Haithjd lässt sich hier nur in adverbialem Sinn nehmen;
es ist wohl Instrumental und bedeutet wirklich oder auch jetzt.
Ueber rdthemo, das hier Concretum im Sinne von Geber sein muss,
s. zu 44, 17. — Frdidim. K. 5 hat fraidim, K. 6 fraedim. Da wir
sonst nirgends mehr dieses Wort im Zendawesta finden, wohl aber
ein ähnlich lautendes fraetim hie und da im Ja^na vorkommt (62, 11.
71, 6) in der Verbindung: fraetimca paititimca aibigaretmca , so liegt
die Vermuthung nahe, dass beide identisch und die Verschiedenheit
nur eine orthographische sein könnte. Die Bedeutung des fraeti,
in Verbindung mit Wörtern, die Lob, Preis heissen, kann gar
nicht zweifelhaft sein; es ist auf die Wurzel pn, lieben, zurück-
zuführen, die aber in den iranischen Sprachen, namentlich in Ver-
bindung mit der Präposition d loben, preisen, beten bedeutet
und heisst wohl Gebet. Diese Bedeutung giebt an unserer Stelle
zwar einen Sinn, „ihr erspähet (sucht zu bekommen) ein Gebet,
das gegen die Brukhs wirksam ist"; aber der Umstand, dass die
Handschriften kein t, sondern ein d haben, und nur eine ein «e,
statt di oder ai der andern zeigt, spricht gegen die Identifikation.
Wir müssen es als ein ocTT. Xsy. ansehen, deren es überhaupt meh-
rere in unserem Capitel giebt. Zu einer richtigen Erklärung kann
uns hier nur die Etymologie helfen. Wir müssen das Wort von
der Wurzel di = skr. dhjdi, nachdenken, die aber in den ira-
nischen Sprachen die Bedeutung sehen angenommen hat (vgl. das
Intensiv daedoist 51, 17), und der Präposition fra ableiten, so dass
es eigentlich Voraussicht, Vorsorge heisst, welche Bedeutung
auch besser zu dem Verbum spashuthd, ihr seht, erspäht, wie
West, richtig schreibt, zu passen scheint. Die Tradition fvrddhiddtjd-
pahara karttd = ^pashuthd frdidim) bringt es mit frdd, frddanh zu-
sammen, dem die Bedeutimg wachsen, fördern beigelegt wird. —
Einige Schwierigkeit macht die Construction. Rdthemo Jeme muss
als Zwischensatz genommen und drugo von frdidim abhängig ge-
macht werden. — Ajege, ich verehre, steht ganz absolut, ohne
Object; als solches ist Jeme = Jima zu ergänzen. — Grosse Schwie-
rigkeit macht pithu. Ner. übersetzt es mit mftjuh, Tod, und er-
klärt es durch avagivatvam, Ableben. Diese Deutung enthält etwas
Wahres; aber auf etymologischem Wege — denn die Parallele pithe
Jt. 10, 84 ^) ist zu wenig verständlich — lässt sich dieselbe, wenn
wir die Lesung beibehalten, nicht wohl begründen. An pi == pjäi,
fett sein, ist nicht zu denken; ebenso wenig ist pavaiti, Fäul-
niss, herbeizuziehen. Wegen der Verbindung mit tanvö, Körper,
^) Der Ausdruck dvdcina pithS hacimna bezeichnet dem Zusammenhang
nach einen geringern Grad ah nmänd-paitis , Familienoberhaupt; wahr-
scheinlich ist jedes Ehepaar darunter gemeint.
216 Haugj die Gdthd's des Zarathustra. V. Cup. 53, 6. 7.
liegt die Vermuthung nahe, pithd sei eine verdorbene dialektische
Aussprache für peretho, da der Ausdruck perethd-taim „dessen Kör-
per vernichtet ist" (Selbstmörder) den Zendbüchern sonst geläufig
ist. In der Form pesho (peretho) = tanvo findet sich das Wort im
neunten Verse unsers Capitels. Indess können wir es dem peretho
nicht vollkommen gleichstellen, noch als Theil eines Compositums
fassen; wir müssen es als ein Nomen actoris nehmen, der Zer-
störer, was freilich schhesshch denselben Sinn giebt, wie das Com-
positum peretho-tanvu. — Vajü scheint hier für den Nominativ vajus
zu stehen. Es ist der Genius, dem der sogenannte Rdm-Jesht ge-
widmet ist, der fünfzehnte in Westergaard's Ausgabe. Ueber dm-
qarethem s. I, p. 150. — Degit kommt nur in diesem Stücke vor;
Parallelstellen helfen also nichts. Will man es als eine Verbalform
fassen, so muss man es auf eine Wurzel deg, dig zurückfiihren , die
aber das Baktrische so wenig kennt, als das Sanskrit. Ich halte
es für ein aus de und gif zusammengesetztes adjectivisches Particip ;
de = dhi im Sanskrit entspricht ganz dem de in De-gämdgpa und
bedeutet weise oder eher Weisheit; gif ist das sanskritische git,
siegend, erlangend (von gi, siegen), häufig in fine composito-
rum gebraucht, also „durch Weisheit siegend", — Areta ist auf die
Wurzel ar^ gehen, zurückzuführen; mit dem Dativ losgehen auf
Jemand.
V. 7. Azus. Dieses ocTT. Xey. macht grosse Schwierigkeit. Man
hält es am passendsten für einen Eigennamen. Etymologisch könnte
man es auf die Wurzel zu = hu (hve), rufen, anrufen, zurück-
führen und als der Anrufer deuten. — Zarzdisto ist deutlich ein
Superlativ von zarazdao, s. zu 31, 1. — Bünoit kann Ablativ sing.
eines Thema's büni und dritte Person sing, optat. von einer W^irzel
oder einem Verbalthema bün sein. Das Nomen büui würde nach
dem neupers. bun Grund, Ursprung heissen; doch finden wir
letzteres eher in buiia Jt. 19, 51 wieder. Als Verbalwurzel könnten
wir nur bü, sein, annehmen; bün wäre eine eigenthümliche dia-
lektische Erweiterung derselben. Ich glaube, letztere Erklärung vor-
ziehen zu müssen. — Para und aora (avara) bilden hier augenschein-
lich Gegensätze und heissen entweder Früheres und Späteres
oder Höheres und Niederes. Ich möchte es in der erstem Be-
deutung nehmen und auf ältere und neuere Sprüche beziehen. —
Jmzajathd. Das i ist reiner Vorschlag wie das u in ururaogt. Die
Wurzel ist indess nicht zi==hi, werfen, schicken (wovon zaja,
Werkzeug), wie man vermuthen könnte, sondern zan, erzeugen.
Man vgl. zajeüS Jt. 13. 16, zajdofite Jt. 23, 5, geboren werden.
Aber wir können es der Construction nach nicht als Passivura fassen,
sondern wir müssen ihm einen transitiven Sinn beilegen. Dieses ist
leicht möglich, wenn wir es wie gdjate im Sanskrit als Deponens
nehmen. — Für mageus, wie West, nach K. 5, 6 schreibt, ist mit
K. 4, 9, 11, P. 6 magern zu lesen. Denn nicht nur giebt es sonst
Haug, die Gdthd's des Zaraihustra. V. Cap. 53, 7. 8. 9. 217
keine Bildung magu, sondern der Genitiv-Ablativ wäre wegen des
Accus, tem gar nicht zu erklären. Das Demonstrativ tem weist deut-
lich auf magahjd des ersten \'ersgliedes hin.
V. 8. Dafshnjä Ner. avjdpäram. Dieses a7C. Xsy. lässt sich nur
von der Wurzel dab = dambh, klein sein, betrügen, täuschen,
ableiten. Zunächst ist es ein Adject. relativum eines Nomens dafshna,
wohl aus dafshana verkürzt, das aus dab ebenso gebildet ist, wie
Sanskr. dhishaiid, Lobgesang (eigentl. Produkt des Nachdenkens),
aus dhi, dhjdi. Sonach ist es das Verringern, Abnehmen,
Schwinden, und dafshvja, sich verringernd, abnehmend. —
Zaqjdy ebenfalls ocTü. Xsy. , kann nur Genitiv sing, eines Nomens za
seiuj das wir am passendsten auf die Wurzel zan, erzeugen, der
wir im vorigen Verse begegneten, zurückführen und mit dem
sanskritischen ga (in fine compos.), erzeugt, geboren, zusammen-
stellen. Es weist auf ivizajathd magern zurück. — Genard und khrü-
nerd sind sicher Eigennamen, und zwar wie der Zusamijjenhang zu
lehren scheint, von Ortschaften; das erstere Wort besagt: die
welche siegreiche Männer hat, das zweite die welche krie-
gerische (harte, rauhe) Männer hat. Rdmämcd ist sicher nur
Prädikat, zu den beiden vorhergehenden Namen gehörig. Auffallend
ist indess das cd, das eigentlich nicht hieher gehört. — Die Dative
skj^üibjo vizibjo stehen (wie öfter) für den Instrumental. — Ueber
dvafsho s. zu 44, 14. — Derezd ist als Instrumental von derez = dfh,
fest, stark sein, zu nehmen und bedeutet mit Macht, Stärke.
V. 9. Vaeshd, ein ocTü. Xsy. , das hier Eigenname eines Feindes
zu sein scheint. Das ocTT. Xsy. narepis ist ein Adjectiv und leitet sich
am besten von narey Mann, H- p?% fett sein, transit. ernähren,
Gedeihen geben, ab. Für rigis, wie West, schreibt, wird am
besten mit K. 9 ragis gelesen, als Accus, plur. von ragi Ja^. 19, 18.
Verehrung, Religion von skr. rag, ergeben sein, verehren. —
Aeshacd lässt sich nur als eine Nominalbildung des Verbalstammes
ishag, bilden, schaffen (s. zu 50, 2), fassen und als Geschöpf,
Gebilde deuten. — Pesho-tanvo ist soviel als perethö-tanvo; der
Uebergang von eret, ereth in esh oder art^ in ash ist im Baktrischen
sehr häufig (s. bei peshjeinti 44, 20). — Gjäteus hemühjdt vgl. 46, 4,
woraus klar hervorgeht, dass hemühjdt Verbum (dritte Person Potent.)
der Wurzel müh, stossen, heran sstossen, ist; he lässt sich nur
als eine Verkürzung für hem=:sam erklären. — Vage-iti, das von
selbst Fortgehen, ist soviel als sonst vagnd frashem. — Ueber
dregave (von dregu = drigu) s. zu 34, 5.
Schlussabhandlung.
1. Bedeutung und Stellung der Gdthd's im Zendawesta.
JJas Wort gdthd findet sich im Zendawesta in zwei Bedeutungen.
Erstens bezeichnet es einzelne Liederverse, so stets in der zu
Anfang einer jeden Liedersammlung stehenden Segensformel: Lob
sei euch ihr wahrhaftigen Gdthd's. In dieser Bedeutung treffen wir
es auch im Sanskrit, sowie im Päli (vgl. Dhammapadam ed. Faus-
böll, p. 76, wo die einzelnen Verse gdthd genannt sind). Aber
es bezeichnet nicht etwa Dichterverse überhaupt, sondern solche,
die gesungen oder wenigstens mit einer gewissen Modulation der
Stimme vorgetragen wurden ^). Zweitens ist es die Benennung
einer ganzen Sammlung von Liederversen. Diesen Sinn hat das
Wort in den spätem Theilen des Zendawesta, wo bereits von den
fünf Gdthd's (Ja^. 57, 7. 8. 71, 6) die Rede ist und jede einzelne
einen bestimmten Namen hat (Afrig. 2, 1). Dass hier nur die jetzt
noch vorhandenen fünf Liedersammlungen verstanden werden können,
leuchtet von selbst ein ^).
Diese fünf Sammlungen nun bildeten schon in sehr früher Zeit
ein geschlossenes Ganzes, wie wir aus allen spätem Theilen des
Zendawesta zur Genüge sehen können. Nicht nur werden sie oft
im Aligemeinen (Ja9. 3, 4. 9, 1. Jt. 22, 13. 24, 59. Vend; 18, 111. Sp.)
und auch mit ihren besondern Namen im Einzelnen (Visp. 1, 5 ff.
20, 2. 14, 4. Ja9. 71, 16. Afrig. 2,1. u. s. w) angeführt, sondern
die einzelnen Verse sind häufig genug wörtlich citirt, namentlich im
Vendiddd, dessen zehnter Fargard grossentheils aus solchen Citaten
besteht (man vgl. Ja9. 7, 24, wo 45, 7. 10, 20, wo 48, 5. 19, 17,
wo 43, 6. 21, 3, wo 43, 1. Vend. 8, 20, wo 46, 7 u. 44, 16.
0 Vgl. Gdthd Rv. VIII, 5, 2, 1. 8, 2, 14. 9, 12, 2. 10, 5, 9. IX, 1, 11, 4.
X, 7, 1, 6.
^) Man vgl. denselben Doppelsinn von Mischnah, als Name einzelner
Gebote und Gesetzesabschnitte, wie der ganzen Sammlung.
Hang, die Gdthas des Zarathustra. SchlussabhandUng. 219
Vend. 8, 107, wo 49, 11 angeführt sind u. s. vv.). Schon früh wurde
mit den fünf Sammlungen von Liederversen der sogenannte Jagna
haptanhaiti (^Jagna von sieben Capiteln, Ja^. 35 — 42) nebst einigen
kleinern Gebeten verbunden, welche in Prosa abgefasst sind und
sicher aus einer Jüngern Zeit als die Gdthas stammen. An den
Anfang der Sammlungen scheinen die drei heiligsten Gebete der
Pärsen gestellt worden zu sein. Alles diess ergiebt sich aus der
für die Geschichte der Entstehung des Zendawesta höchst wichtigen
Stelle Visp. 1, 5 ö". Hier sind nämlich die heiligen Schriften in
folgender Ordnung aufgezählt: 1) das Ahuna-vairja-Gehet\ 2) das
Ashem-vohu-G ehet; 3) das Jenhe-hdtäm-Gehet; 4) die Gdthd ahuna-
vaüi (Ja9. 28—34); 5) Ja(^Jia haptan/iaüi (35 — 42): 6) die Gdthd
ustavaiti (43 — 46); 7) die Gdthd (^pefitö-mainjus (47 — 50); 8) die
Gdthd vohü-khshathrem (51); 9) die Gdthd vahisto istis (53); 10) das
^irjama-Gebet (54); 11) das Fshüsu-fnäthro-Gehet (58); 12) Fragna
dhuri, tkaesho dhuri, worunter nur der Kern des Vendidad ver-
standen werden kann. Diese hier aufgezählten Theile dürfen wir
mit Recht als die ältesten und wichtigsten Stücke des Zendawesta
betrachten, die als der eigentliche Avesta oder als die eigentliche
göttliche Offenbarung galten. Unter diesen standen die Gdthas
oben an, wie aus Vend. 18, 111. Sp. erhellt, wo drei Arten heiliger
Schriften: 1) Gdthd's; 2) Jagna (haptanhaiti); 3) Paiti-parstem fra-
gafighem, die Lehre in Antworten (wohl ein Theil des Vendidad
selbst), aufgezählt sind. g
Das Recitiren der Gdthd's war eine der wichtigsten Handlungen
beim Gottesdienst und wird -neben der Unterhaltung des heiligen
Feuers (Ja^. 9, 1) und dem Streuen des Bere(^ma oder heiligen
Opfergrases (Ja^. 3, 4. 57, 6 ff.) genannt. Der erste, der diese
Lieder sang und überhaupt den ganzen Gottesdienst begründete,
wie Agni im Weda, war der Genius ^raosha, wie diess deuthch aus
Ja9. cap. 57 und dem Serosch-Jesht hervorgeht. Als Verfasser galt
Zarathustra (s. weiter unten). Schon früh waren sie, wie die Weda-
verse, Gegenstand des Studiums bei den iranischen Feuerpriestern
geworden. Spuren davon lassen sich noch aufzeigen. Man theilte
die noch aufbewahrten Liederverse 1) in hariddti's oder Sammlungen,
deren es fünf sind, mit besondern Namen; 2) in hditi's oder ein-
zelne Abschnitte, deren wir 17 haben und die gewöhnlich nach
ihren Anfangsworten benannt sind; 3) in afgmän oder einzelne Verse
(eigentl. Segenssprüche); 4) in vaca oder Verszeilen; 5) in vacatasta
oder einzelne Worte. \ gl. darüber Visp. 14, 4 und Juc^. 57, 8; in
der letztern Stelle sind Azainti'sy d. i. Erklärungen (Zend), und
Paitifragdo oder Antworten als eine Zugabe zu den Gdthd's ge-
nannt. Hierunter haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach das Zend
oder den dogmatisch liturgischen Commentar und das P uzend oder
die Glossen zum Zend , in Form von Antworten , zu verstehen.
Zu den drei heiligsten Gebeten ist die Azaiuti noch erhalten von
Ja9. cap. 19 — 21, wodurch wir einen Einblick in die Exegese der
220 Hang, die Gdthd's des Zarathiistra. SchhssabhandUng.
alten Feuerpriester zu thun vermögen. Zu den Gdthd's scheint nur
ein Theil des Pd:iend in Vend. 10 erhalten zu sein. Hier werden
drei Klassen von Gdthd's oder Liederversen, zu denen indess auch
der prosaische, ^h^v dXie Jagna haptanhaiti gerechnet ist, angeführt,
1) bisdmrüta, d. i. solche, die zweimal, 2) thrisdmruta , solche, di<
dreimal, und 3) cathrusdmrüta , solche, die viermal hergesagt werden
müssen. Die zu den einzelnen Klassen gehörigen Verse sind mit
den Anfangsworten angeführt.
Da wir fast alle in den spätem Theilen des Zendawesta citirten
Verse in der altern Visp. 1, 5 ff. beschriebenen und im Ja^jia noch
erhaltenen Sammlung nachweisen können, so dürfen wir daraus mit
einiger Sicherheit schliessen, dass diese längst vor Entstehung des
jetzt sogenannten Zendawesta ein geschlossenes und als heilig an-
erkanntes Buch bildete.
2. Beschaffenheit der vorhandenen Sammlungen.
Die noch vorhandenen fünf Gdthd's sind fünf Sammlungen theils
ganzer Lieder, theils einzelner Liederverse, die oft den Charakter
von Sprüchen tragen. Von ganzen Liedern sind nur sehr wenige
erhalten; dagegen desto mehr Liederfragmente und vereinzelte Verse,
wie diess ganz dem fragmentarischen Zustand des Zendawesta ent-
spricht. Ihr äusserer Umfang ist verhältnissmässig gering. Alle fünf
Sammlungen enthalten nur 17 Capitel oder Abschnitte, von denen
7 auf die erste, je 4 auf die zweite und dritte, und je 1 auf die
vierte und fünfte Sammlung kommen. An äusserem Umfang sind
die erste und zweite Sammlung so ziemlich gleich, die dritte ist
bedeutend kleiner und in den beiden letzten ist derselbe noch
weit geringer.
Fragen wir zunächst nach dem Grund dieser fünffachen an
Umfang so ungleichen Abtheilungen der alten Lieder und Lieder-
verse, so scheint dieser zunächst ein liturgischer gewesen zu sein.
Der Tag wurde nämlich in fünf Zeiten eingetheilt, und in jeder
mussten bestimmte Gebete hergesagt werden. Da die überHeferten
alten Liederverse die kräftigsten und wirksamsten Gebete gegen die
bösen Geister enthielten, so vertheilte man dieselben auf die fünf
Tageszeiten, welche desshalb später ebenfalls gdthd's genannt worden
sein müssen, wie die pärsische Benennung dieser Tageszeiten, gdh,
deutlich beweist; denn dieses kann nur aus g-ai/ia verstümmelt sein;
im Neupersischen hat sich dann diese Bedeutung zu der allgemeinern
von Zeit erweitert. Die umgekehrte Erklärung der fünf Tages-
zeiten aus der Vertheilung der fünf einmal vorhandenen und über-
lieferten Sammlungen ist nicht wohl statthaft, da die Namen der
erstem mit denen der letztern nicht im mindesten übereinstimmen.
Freilich lässt sich die Eintheilung des Tages in fünf Zeiten (ratu
= skr. Hu) in den alten Liedern nicht nachweisen; diese scheinen
Hang, die Gdthd'a des Zaraihustra. Schlussabhandlung. 221
nur drei, Morgen (ushdoj, Mittag-Abend (arem - inthwd) und
Nacht (khshapd), gekannt zu haben (s. 44, 5). Aber die den ein-
zelnen Zeiten gegebenen bestimmten Namen : hdvanja (Vormittag),
rapithwina (Mittag und Nachmittag), uzajeirina (Abend und Vor-
mitternacht), aiwi^ruthrema (Mitternacht bis zum Frühroth) und
iishahina (Morgen), die in keiner Beziehung zu den fünf Gdthd's
stehen, deuten darauf hin, dass diese Tageseintheihmg unabhängig
davon entstanden ist.
Wenn nun auch die Fünfzahl der Gdthd's auf einem liturgischen
Grunde beruht, so soll damit nicht gesagt sein, dass die Samm-
lungen überhaupt nur zu diesem Zweck veranstaltet wurden. Bei
näherer Betrachtung finden wir, dass bei der Anordnung der Samm-
lungen namentlich auf Metrum und auch auf den Inhalt Rück-
sicht genommen wurde. So enthält die erste Sammlung nur drei-
zeiiige, die zweite nur fünfzeilige (mit der einzigen Ausnahme des
Schlussverses von Cap. 44, der vierzeilig ist), die dritte nur vier-
zeilige Strophen von meist dem gleichen Metrum ; die vierte nur
aus einem Capitel bestehende Sammlung hat wieder dreizeilige, die
fünfte vierzeilige, aber von denen der dritten metrisch abweichende
Strophen. Die Berücksichtigung des Inhalts bei der Sammlung
und Anordnung der einzelnen Bruchstücke lässt sich indess nur theil-
weise erkennen; ein bestimmter Plan und Zweck eigentlich nur bei
der zweiten nachweisen.
Die erste Sammlung wird durch eine Ueberschrift (s. darüber
den Commentar p. 41 fl.) eingeleitet, in der die folgenden Stücke
als eine an Zarathustra vom höchsten Gott gemachte Offenbarung
bezeichnet werden. Sie ist die wichtigste und älteste und enthält
nur Verse von Zarathustra selbst oder von seinen nächsten Freunden.
Das erste Stück enthält ein Gebet an die höchsten Genien, um
Verleihung irdischer und geistiger Güter, dem mehrere alte, aus Za-
rathustra's Zeit stammende Sprüche einverleibt sind (s. p. 38 ff.)
und bildet höchst passend den Eingang der Sammlung. Wegen der
hohen Bedeutung, welche die Erdseele und deren Orakel bei den
alten Iraniern hatte, Hess man sogleich ein Lied folgen (Cap. 29),
welches die Entstehung eines wichtigen Orakelspruchs zum Gegen-
stand hatte, um so wichtiger, weil daraus das heiUgste Gebet der
Pärsen, das Ahuna-vairja (Honover) hervorgegangen ist. Weil Za-
rathustra selbst in demjenigen Liede, das wohl die erste öffentliche
Verkündigung seiner neuen Lehre enthält, sich auf die Aussprüche
der Erdseele beruft, so war Grund genug vorhanden, dieses wich-
tigste Stück der Sammlung (Cap. 30) an das Orakel anzuschliessen.
Da am Schlüsse dieses Liedes der Prophet zur Befolgung der Aus-
sprüche (urvdtd) Ahuramazda's auffordert, so war hier der passendste
Ort, um eine schon früher gemachte Sammlung solcher Aussprüche
einzuschalten. Denn als solche betrachte ich das 31. Capitel (s.
p. 118), wie sich aus seiner Ueberschrift (v. 1) ergiebt. Es sind
diess Sprüche, die theils von Zarathustra selbst, theils von altern
222 Hmig, die Gdthd'.s des Zarathusfra. Schlussab/mndltmg.
Weisen, theils auch von seinen Anhängern herzurühren scheinen, die
bei verschiedenen Anlässen gedichtet wurden und auch an Inhalt
etwas verschieden sind. Da indess namentlich in den spätem Theilen
der kleinen Sammlung Sprüche und kleine Lieder, die den grossen
Unterschied zwischen dem wahren Glauben und der Abgötterei zum
Gegenstand haben, vorkommen, so Hess sich hier des verwandten
Inhalts wegen das 32. Capitel anbringen, das aus mehreren zum
Theil historischen Liederfragmenten besteht und den Kampf gegen
den Götzendienst theils im Allgemeinen, theils ganz speziell den
grossen geschichtlichen Religionskampf gegen die stammverwandten
Inder schildert. Darauf konnte passend das kleine, vor dem Feuer-
altar von Zarathustra in Gegenwart seiner nächsten Freunde vor-
getragene Lied 33, 1 — 5 folgen, in welchem der selbst in den
Schooss der einzelnen Familien eingedrungene religiöse Zwiespalt
uns entgegentritt. Nun folgen mehrere Bruchstücke bis zum Ende
der Sammlung, die weder unter sich, noch mit dem Vorhergehenden
in einem engern Zusammenhang stehen und hauptsächlich des
gleichen Metrums wegen angeschlossen wurden. Es sind meist Ge-
bete an die höchsten Genien um Verleihung irdischer und geistiger
Güter und Fragen nach verschiedenen Gegenständen.
Während der äussere Charakter der ersten Gdthd vorwiegend
nur der der blossen Sammlung und Aneinanderreihung alter über-
lieferter Lieder und Sprüche ist, bietet uns die zweite Gdthd das
Bild einer Bearbeitung gesammelter Liederverse. Spuren eines Be-
arbeiters lassen sich zwar auch in der ersten Gdthd (28, 6. 10)
nachweisen, aber nicht so durchgreifend und planmässig wie in der
zweiten. Hier tritt ganz sichtlich das Bestreben hervor, eine Reihe
älterer überHeferter, meist acht zarathustrischer Verse, die unter sich
in keinem nähern Zusammenhang stehen, durch gewisse stehende
Formeln zu einem grössern Ganzen zu verbinden. Diess ist durch-
gängig der Fall bei Cap. 44, wo alle Verse (den letzten ausgenom-
men) mit der Formel: Diess will ich dich fragen. Lebendiger!
verkünde es mir recht, eingeleitet werden; in Cap. 43, das die
Gdthd eröffnet, treffen wir 7. 9. 11. 13. 15 jedesmal die Eingangs-
worte: Dein dachte ich als des Heiligen, Ahuramazda! da-
her kam er (^raosha) zu mir mit dem guten Geiste. Cap. 45
finden wir vv. 1 — 6 die Formel: so will ich nun verkündigen (at
fravakhshjd). Weder in der ersten, noch in einer der übrigen Samm-
lungen finden wir so oft und theilweise durchgängig diese Formeln
angewandt. Da sie öfter, wie aus den Einleitungen zu Capp. 43
und 44 zu ersehen ist, in gar keiner nähern Beziehung zu dem
übrigen Inhalt der betreffenden Verse stehen, so liegt die Ver-
muthung nahe, sie seien nur hinzugesetzt, um dem Stück den An-
schein eines wohlgegliederten Ganzen zu geben oder auch nur, um
das fünfzeilige Metrum herzustellen. Jene Formeln sind indess nicht
erst vom Bearbeiter erfunden, sondern riihren in der Hauptsache
gewiss von Zarathustra selbst her. Die Formel: diess will ich
Haug, die Gdthd's des Zarathustra Schlussabhaiidlung. 223
dich fragen, finden wir auch in einem kleinen acht zarathustrischeu
Stück der ersten Sammlung (31, 14 — 16), die beiden andern, dein
dacht' ich und so will ich nun verkündigen, ebenfalls (31, 8.
30, 1). In dem letzten Stück (Cap. 46) der zweiten Sammlung
fehlen diese Formeln ganz, aber dennoch ist es nicht ohne Absicht
an das Ende gesetzt, wie wir gleich sehen werden. Ausser diesen
regelmässig wiederkelirenden Formeln lassen sich auch andere Spu-
ren einer Bearbeitimg entdecken. Wir finden nämlich einige Verse,
deren einzelne GHeder weder mit einer vorhergegangenen Formel,
noch unter sich zusammenhängen, wie diess bei 44, 6 nnd 46, 3
der Fall ist; diese sind nämlich aus verschiedenen kleinen, meist
nur eine Zeile haltenden, dem Inhalte nach aber nicht verwandten
Versen zusammenge.<etzt. Die Sammlung enthält vorwiegend zara-
thustrische Verse, mehr, als die erste Gdthd. Der Plan des Sammlers
und Bearbeiters scheint der gewesen zu sein, den Anhängern der
zarathustrischeu Religion ein möglichst getreues Bild der Thätigkeit
des grossen Mannes zu geben, sowohl seines innern geistigen Ver-
kehrs mit Gott, als seiner Wirksamkeit nach aussen. Den pas-
sendsten Vordergrund zu diesem Gemälde bildeten die Verse, in
denen Zarathustra seinen Beruf zum Propheten und Religionsstifter
ausspricht und sich auf einen höhern Auftrag beruft (Cap. 43). Aber
ehe er öffentlich auftreten kann, muss er von Ahurafaazda belehrt
sein; daher richtet er an diesen Fragen über verschiedene Gegen-
stände, die Schöpfung der Welt, den wahren Glauben, den Grund-
unterschied zwischen Wahrheit und Lüge, über die Opfer etc.
(Cap. 44). Nachdem er so berufen und belehrt ist, tritt er öffent-
lich auf und verkündet allen, die von nah und fern herbeiströmten,
um ihn zu hören, die Grundzüge seiner neuen Lehre (Cap. 45).
Da ausser den seine Berufung, seinen von Gott empfangenen Unter-
richt und sein öffentliches Auftreten schildernden Versen auc h noch
solche vorhanden waren, die sich auf seine Schicksale (46' 1« 2),
sein Wirken in seiner Gemeinde (46, 5. 6. 18. 19) und sein Eifern
gegen die Abgötterei (46, 4. 10), sowie auf den Kreis seiner Freunde
und Genossen (46, 13 ff.) bezogen, so schloss man diese, um das
Bild von dem Leben und Wirken des Propheten, soweit es noch
aus treuen Ueberlieferungen zu erkennen war, zu vervollständigen,
passend hier an (46). Da hienach dem Ganzen ein bewusster Plan
und Zweck zu Grunde liegt, so sind wir zu der Annahme berech-
tigt, die zweite Gdthd habe ursprünglich ein für sich bestehendes,
von den übrigen ganz unabhängiges Buch gebildet. Sie scheint
indess in der jetzigen Gestalt wirklich jünger zu sein, als die erste,
die sich mehr an die treue Ueberlieferung hält und keinen so deut-
lich ausgesprochenen Plan und Zweck hat.
Die dritte Sammlung (Capp. 47 — 50) iässt weder einen be-
stimmten Plan, noch eine Anordnung nach Inhalt erkennen. Ihr Zu-
stand ist meist fragmentarisch. Sie enthält Loblieder Ahiiramazda's
(47, 1 — 3. 50, 7 — 10) und der Armaiti (48, 5. 6), verschiedene
224 Hang, die Gäthd's des Zarathustra. Schlussabhandlung.
iilte Sprüche, die sich auf die heilige Ceremonie der Erzeugung
des Feuers durch Reiben zweier Hölzer (47, 6), auf Zarathustra's
Person und Lehre (48, 1 — 4. 7) beziehen, sowie Fragen über das
Verhältniss der Wahrhaftigen und Lügner (47, 4. 5) und die Hilfe
der Wahrheit gegen die Lüge, der Anhänger Zarathustra's gegen
die Götzendiener (48, 8 — 11). Das merkwürdigste Stück dieser
Sammlung ist indess ein historisches Lied aus der Zeit des grossen
Religionskampfes , in dem als Anführer der Gegner Bmdva genannt
wird, worunter wohl ein Panduide zu verstehen ist (49, 1 — 5). Das
Eigenthümlichste dieser Sammlung sind indess die vielen Verse, die
Zarathustra selbst zum Gegenstand haben; vgl. ausser 48, 1 — 4. 7.
49, 12 namentlich 50, 5. 6, wo er hauptsächlich als Liederdichter
auftritt. Aber auch seiner Freunde und Genossen ist darin gedacht
(49, 7 ff.). Das grösste zusammenhängende Stück ist Cap. 50, in
welchem die Erdseele den Ahiiramazda um Hilfe anruft (vgl. 29) und
den Zarathustra als ihren und seinen Sprecher nennt: ob es aber
ursprünglich ein Ganzes war, ist fraglich. Merkwürdig sind über-
haupt die Anklänge, die sich in der ganzen Sammlung an Cap. 29
entdecken lassen, worin der Ursprung eines der Erdseele gewordenen
alten Orakelspruchs, den Zarathustra an die Menschen überbringt,
erzählt wird; man vgl. ausser Cap. 50 noch 47, 3. 48, 7. 9. Hieraus
scheint mir mit einiger Sicherheit zu folgen, dass diese, Stücke
später als jenes Capitel entstanden sind und eine Art Ausführung
seiner Grundgedanken enthalten. Um den Stücken indess den An-
schein eines zarathustrischen Gepräges zu geben, wurden der Samm-
lung einige ächte Verse,' wie 49, 7. 8. 47, 6 u. s. w., einverleibt.
Die vierte und fünfte Sammlung, die den geringsten Um-
fang, jede nur ein Capitel (51. 53) haben, sind entschieden später
als die drei ersten und enthalten auch bloss nachzarathustrische
Verse. Wichtig sind indess beide durch die Nennung der Freunde
und Verwandten Zarathustra's. Ausser den in den frühern Samm-
lungen erwähnten Namen des Kavd Vistd^pa, Frashaostra und De-
gdmd^im finden wir auch den von Maidjo-mdonhd (51, 19) und der
Tochter Zarathustra's Pouru-ci^td (53, 3). Am meisten Eigenthüm-
lichkeiten, namentlich auch in sprachlicher Beziehung, hat die fünfte
Sammlung. Sie ist zugleich die einzige, in der einer der alten
indischen Götter, nämlich Vaju (53, 6), angerufen wird. Als ein
Ganzes lässt sich keine von beiden betrachten; sie sind meist aus
vereinzelten Versen zusammengesetzt. Ihrer Stellung nach sind sie
nur als ein Nachtrag zu den drei altern Sammlungen anzusehen.
S. weiter die Einleitungen zu Cap. 51 und 53.
Wann und von wem diese fünf Sammlungen veranstaltet wurden,
lässt sich beim Mangel aller Angaben in spätem Schriften natürlich
nicht bestimmen. Dass diese lange vor der Abfassung des Jüngern
Jagna und auch des Vendiddd geschehen sein muss, ist aus §. 1
deutlich zu ersehen. Obschon jede Sammlung ein gewisses eigen-
thümliches Gepräge hat, so möchte ich doch nicht die einzelnen
Haag, die Gdthas des Zarathudra. Schhissabhandlung, 225
Sammlungen bestimmten Familien zuweisen, wie diess bei den vielen
kleinern Liedersammlungen, aus denen der JRigveda erwachsen ist,
geschehen muss; denn an eine solche Fortpflanzung alter Lieder in
einzelnen Familien kann nach dem Auftreten Zarathnstra's bei den
Iräniern nicht gedacht werden, da seine Lehre nicht zur Geheiin-
lehre bestimmt war, sondern ein Gemeingut des ganzen Volkes
oder wenigstens aller seiner Anhänger werden sollte. Die Gdthas
mussten beim öffentlichen Gottesdienst vor dem Feueraltar gesungen
werden und waren in den ältesten Zeiten, als ihre Sprache noch
Volkssprache war, gewiss jedermann verständlich. Dagegen liegt
die Vermuthung nahe, dass sie, wie die Gäthd's des Buddha, von den
ersten Anhängern und Schülern des Zarathustra gesammelt wurden.
Aber dagegen scheinen mehrere Gründe zu sprechen. 1) Die Samm-
lungen sind zu klein, als dass angenommen werden könnte, sie ent-
hielten auch nur das Wichtigste, was der grosse Prophet während
seines reichen Lebens wirkte und dichtete und was doch seinen
Jüngern bekannt sein inusste. 2) Sind die von Zarathustra selbst
und die von seinen Freunden und ersten Jüngern herrührenden Verse
nicht geschieden, was, hätten die Schüler die Sammlung veranstaltet,
bei der grossen Verehrung, die dem Meister gezollt wurde, gewiss
geschehen sein würde. 3) Wäre es kaum denkbar, dass die Jünger
vorwiegend solche Verse, die oft gar keinen Zusammenhang haben,
ihrem Inhalt nach aber deutlich als Theile eines grössern Ganzen
sich ergeben, gesammelt und aus dem Zusammenhang der voll-
ständigen Lieder herausgerissen haben sollten. 4) Sind die ersten
Freunde und Jünger Zarathnstra's Kavd Vistd^pa, Frashaostra, De-
gdmd^pa etc. in allen fünf Sammlungen in der Art genannt, dass
nicht angenommen werden kann, sie selbst hätten die Sammlung
veranstaltet; so haben sie z. B. ehrende Prädikate, gerade wie Za-
rathustra selbst, Frashaosira und Degdmd^pa heissen hvogvd (s. darüber
zu 46, 16), Maidjomdonhd und die Haecata^pa's führen das Prädikat
Zarathnstra's gpitama, Vistd^pa heisst gewöhnlich kavd (dass dieser
Beiname auch fehlen kann, und nicht etwa einen unzertrennlichen
Theil des Namens bilde, beweist 28, 8). Wären sie selbst die Samm-
ler, so würden wir diese Prädikate ebenso gut vermissen, als in
den acht zarathustrischen Stücken das Beiwort ^püama fehlt.
Da sich somit durchaus nicht wahrscheinlich machen lässt, dass
Zarathnstra's Jünger die Liedersammlungen veranstaltet haben, so
sind wir zu der Annahme genöthigt, dass sie erst nach jener Zeit
des grossen Religionskampfes, nachdem auch die Jünger des grossen
Propheten bereits vom irdischen Schauplatz abgetreten waren, ge-
macht worden sind. Wie sich namentlich aus den drei letzten
Sammlungen und auch aus einzelnen Versen der ersten (so 33, 14)
ergiebt, war Zarathnstra's Lehre bereits eine sichere Glaubensgrund-
lage seiner Gemeinde und er selbst Gegenstand der Reflexion bei
den Bekennern seiner Lehre geworden; er galt bereits als Herr und
Abhandl. der DMG. II, 2. 15
220 Haug, die Gäthas des Zarathustra. Schlussabhandlung.
Haupt der ganzeu irdischen Schöpfung (51, 12. 48, 7), was eines
der Hauptdogmen des spätem Pärsisraus ist, die sich aber in den
ächten alten Stücken noch nicht entdecken lässt. Auch seine Freunde
und Genossen sind bereits hochgefeierte PersöuHchkeiten und eben-
falls Gegenstand der Speculation geworden. Diess alles konnte nur
in einer Zeit geschehen, wo der persönliche Einfluss des Meisters
und seiner Jünger nicht mehr wirken konnte und sie bereits Gegen-
stand der Verehrung geworden waren. Wenn wir 100 — 200 Jahre
nach Zarathustra's Auftreten die Sammlung der Gdthas ansetzen,
so dürfte dieser Zeitraum eher zu klein als zu gross sein.
Dass die Verse überhaupt aus so alter Zeit sich erhalten haben
und dann später zusammengestellt wurden, hat gewiss einen gottes-
dienstlichen Grund. Wie bei den stammverwandten Indern bestimmte
Verse alter Lieder beim Gottesdienst oder andern feierlichen Hand-
lungen, bei Opfern, Bereitung des Somatranks, Streuung des hei-
ligen Grases, bei Leichenbegängnissen etc. gesungen oder recitirt
wurden, so dürfen wir sicher annehmen, dass die Iranier schon in
der ältesten Zeit, vor und nach der Trennung von ihren Stamm-
verwandten, bei den einzelnen gottesdienstlichen Handlungen, bei
der Verehrung des Feuers, den Opfern, dem Ackerbau, der eine
heihge Handlung ist, ebenfalls alter Verse und Sprüche sich bedien-
ten. Vor dem Auftreten Zarathustra's waren diese ganz oder zum
Theil identisch mit denen der wedischen Inder. Nachdem aber durch
das Auftreten des grossen Propheten die Wedaverse als Zauber-
sprüche und Lügenwerk gebrandmarkt waren, so mussten die Iranier
andere Verse bei ihren gottesdiensthchen Handlungen gebrauchen.
Dass die von Zarathustra selbst und seinen Gefährten stammenden
dazu verwandt wurden, obschon sie ursprünglich gar keine solche
Bestimmung hatten, verstand sich bei der grossen Bedeutung, die
alle von dem Religionsstifter selbst oder aus seiner Zeit stammenden
Worte bei den Bekennern der neuen Religion haben mussten, ganz
von selbst. Im Verlauf der Zeit, nachdem der neue Cultus fester
geregelt war, entstand das Bedürfniss, diese Verse zu sammeln und
zu ordnen und daraus ein für alle Zeiten geltendes kanonisches
Buch zu machen. Da neben den bloss beim Gottesdienst gebrauch-
ten Versen auch noch einzelne wenige grössere Lieder, wie Cap. 30,
sich erhalten hatten, so wurden auch diese mit aufgenommen. Ueber-
haupt müssen die Sammlungen zu einer Zeit veranstaltet worden
sein, in der schon ein grosser Theil des alten Liederschatzes un-
widerbringlich verloren war. So enthalten diese fünf Sammlungen
sicher fast alles, was schon in früher Zeit von Zarathustra selbst
hergeleitet wurde. Die Sammlungen haben grosse Aehnhchkeit mit
denen des Sdmaveda und Jagurveda, insofern sie mehr vereinzelte
Verse und Bruchstücke als ganze Lieder enthalten. Ob ein Rigveda,
d.h. eine möglichst vollständige Sammlung ganzer Lieder, bei den
Iräniern überhaupt existirte, möchte zu bezweifeln sein; Spuren
davon lassen sich keine entdecken, wenn man nicht einzelne im
Haug, die Gdthas des Zaruthustra. Schlussabhandlung. 227
Vendidad (namentlich Fargard 2 u. 3) erhaltene Verse dazu rechnen
will. Auch die übrigen wenigen im Ja^na zerstreuten Verse
(15, 2. 54) sprechen nicht dafür.
3. Sprache und Metrum.
Die Sprache der Gäthä's unterscheidet sich von der des grössten
Theils des Zendawesta und bildet einen eigenen Dialekt. Ausser
den fünf Gdthas sind in demselben nur sehr wenige Stücke vor-
handen, die aber sichtlich ebenfalls der altern Literatur angehören.
Das an Umfang bedeutendste ist der Ja^na haptanhaiti (Ja^. 35 — 42),
eine kleine Sammlung älterer Gebete. Sonst sind nur noch einige
wenige Verse hieher zu rechnen, wie die drei heiligsten Gebete
(Jac. 27, 13 ff. 4, 26 und Ja9. 15, 2), das Airjema- (Ja^. 54) und
das Fshiiso-mäthro-Gehet (Jaq, 58), sowie einige kleine poetische
Stücke des Vendidad (2, 26. 3, 35), wo indess einige der äussern
Spuren, wie Dehnung des Schlussvokals, verwischt sind.
Vor allem fragt es sich, ob dieser Dialekt nur dem Alter oder
auch dem Ort nach von der gewöhnlichen Sprache des Zendavesta,
in der der Vendidad, der jüngere Ja^na, Vispered und die Jeschts
nebst den andern liturgischen Stücken abgefasst sind, verschieden
sei. Westergaard (Einleitung zu seiner Ausgabe des Zendawesta,
p. 16, not. 2) behauptet, dass der Unterschied zwischen diesen beiden
Dialekten weniger in der Zeit als im Ort liege und dass der rauhere
Dialekt des Ja^na (d. h. des älteren Ja^na mit den Gdthd's an der
Spitze) einer Gebirgsgegend, der andere dagegen als weicher dem
mildern Klima der Ebene angehöre. Wenn sich nun auch nicht
läugnen lässt, dass einige Spuren auf eine etwas verschiedene Oert-
lichkeit führen, so sind diese doch nicht hinreichend, um ein all-
zugrosses Gewicht auf diesen Unterschied zu legen. Er scheint
etwas harter zu sein, als der gewöhnliche Dialekt, wie die öfter
vorkommenden Häufungen von Consonanten zu Anfang der Worte,
so ptd, Vater, für pitd oder patd, khgdiy ich will sein, für hi^di,
khshmd, ihr, für hishmd, wie am Ende zeigen, vgl. die Imperfecta
tdst für tashat, er schuf, moi^t für moithafy er stiess, coist für
coithat, er wusste, etc., in denen sänimtlich das a der letzten
Sylbe ausgestossen ist. Aber der gewöhnliche Dialekt ist auch nicht
ganz frei von solchen Härten, wie die Bildungen khstd für histä,
fstdna für pistdna beweisen. Daher kann aus diesen Cousonanten-
häufungen auch nicht mit Sicherheit auf einen besondern Gebirgs-
dialekt geschlossen werden. Neben diesen Härten finden sich indess
Spuren entschiedener Weichheit, woraus man, da diese im gewöhn-
lichen Dialekt fehlen, das gerade Gegentheil, dass der Gathädialekt
den Ebenen angehöre, vcrmnthcn könnte. Hieher gehören vor allem
die so hänfigen Erweichungen einzelner Consonanten und ganzer
Grni)pen, wie vdzdreiig für vd^treng von vd^tra, Flur, ddreilg für
15*
228 Haxigy die Gäihas des Zaruthusira. Schlussahhandhing.
äthreftg von diar, Feuer (beides Accus, plur.), ferner die Auflösun-
gen einfacher Sylben in doppelte durch Verwandlung des Halb-
vokals j in ein e, so eed^=jdy Dehnung von Vokalen im Inlaut,
wie fpitdma für ^pituma, und Auslaut. Die Dehnung des Schluss-
vokals eines Wortes ist so durchgängig im altern Dialekt, dass sie
gerade eine seiner Haupteigenthümlichkeiten bildet. Diese Umstände
machen die Vermuthung, er sei ein Gebirgsdialekt, unwahrschein-
lich; aber sie beweisen auch nicht das Gegentheil, dass er etwa
den Ebenen angehöre. Dagegen lassen sich mehrere dieser Erschei-
nungen aus der Liederform und dem Singen oder Recitiren der
Gdthd's erklären. Die einzelnen Laute wurden sehr deutlich und
bestimmt ausgesprochen, ebenso die einzelnen Worte bei der Reci-
tation möglichst geschieden, wohl gerade so, wie diess in der Schrift
geschehen ist. Da die Wörter so ungemein häufig auf Vokale aus-
lauten, so konnte das Wortende am deutlichsten durch Dehnung
des Schlussvokals hervorgehoben werden. Einen bloss metrischen
Grund kann dieselbe nicht haben, da sie auch in den prosaischen
Stücken des Ja^na haptanhaiti, die wohl auf dieselbe feierliche Weise
wie die Gdthd's recitirt oder gesungen wurden, sich findet. Vom
Accent konnte sie auch nicht wohl herrühren, denn dann müsste
bei allen Wörtern der Accent auf die letzte Sylbe gefallen sein,
was nicht bewiesen werden kann ; zudem kann der Accent kaum
die Kraft haben, die Vokale, auf die er fällt, durchgängig zu
dehnen, wie wir diess weder im Sanskrit noch im Griechischen
finden. Die übrigen Dehnungen, wie ^pitdma, können metrische
Gründe haben, wie wir ja derartige metrische Dehnungen auch im
Weda finden. Ebenso haben die Verkürzungen zum Theil auch
metrische, zum Theil aber auch Accent-Gründe, wenn der Ton rasch
nach hinten eilte, so sicher bei ptd für jntd = TuaTTJp. In Folge
dieser Verkürzungen mussten Gruppen von Consonanten, die öfter
etwas hart lauten, entstehen; so konnte higdi bei Ausstossung des i
nur kh^ai werden, da hs keine Lautverbindung ist, weil das weiche
Ä, um sich halten zu können, sogleich zu kh sich erhärten muss.
Wenn auch aus den bis jetzt angeführten EigenthümUchkeiten
kein sicherer Schluss auf eine örtliche Verschiedenheit der beiden
Dialekte gemacht werden kann, so lassen sich dagegen einige andere
aufzeigen, die dieser Vermuthung mehr Raum zu geben scheinen.
Hieher gehört vor allem das ungewöhnlich häufige Vorkommen des
Vokales e, der dem Anschein nach (s. die Grammat.) nur eine Ab-
art des i ist, namentlich für o im Auslaut, so ke für ko, je für j6,
ve für v6, ne für no, vace für vaco, und e, so avare für avare = avo,
Hilfe. Ein metrischer oder ein in der Recitation liegender Grund
kann hier nicht angenommen werden; ein derartiger Vokalwechsel
weist auf eine wirklich dialektische Verschiedenheit, und zwar hier
weniger auf eine zeitliche, als eine örtliche. Indess ist dieser
Wechsel nicht durchgreifend, da wir oft genug auch 6 im Auslaut
finden. Eine andere mehr locale Eigenthümlichkeit ist der Wechsel
Haag, die Gdthas des Zarathustra. Scidussahhandhmg. 229
des t mit 9 am Ende; so haben wir cina^ (pait. praes.) für cinat^
Qtavag für ^tavat etc., aber auch dieser ist nur zerstreut und nicht
durchgreifend genug, um viel darauf gründen zu können. Andere
Spuren einer verschiedenen Oerthchkeit lassen sich nicht auffinden.
Da diese somit ganz gering sind, so sind wir auch gar nicht be-
rechtigt, eine bedeutende örtliche Verschiedenheit der beiden Dia-
lekte anzunehmen. Derartige kleine Verschiedenheiten in der Vokal-
aussprache finden sich oft in nahgelegenen Orten ; sie scheinen mehr
die eines kleinen Bezirkes, vielleicht nur eines einzelnen Dorfes zu
sein. Dass bie aber so treu bewahrt worden sind, beweist, dass
sie für sehr wichtig gehalten wurden. Daher liegt die Vermuthung
nahe genug, es sei der Dialekt von Zarathustra's Heimathsort ge-
wesen. Diess ist um so wahrscheinlicher, als Zarathustra ja bei
grossen Volksversammlungen seine Lieder und Sprüche vortrug, so-
dass jedermann seinen Dialekt hören konnte. Bei der grossen Wich-
tigkeit, die man seinen Worten beilegte, säumte man gewiss nicht,
sie möglichst getreu so, wie der Prophet sie selbst gesprochen, der
Nachwelt zu überliefern.
Weit grösser und bedeutender sind dagegen die Unterschiede
des Alters. In dieser Beziehung steht der Gäthädialekt zu dem
gewöhnlichen Baktrischen in demselben Verhältniss wie die Sprache
der Weda's zum classischen Sanskrit oder wie das Griechische des
Homer zu dem classischen. Dieser Unterschied zeigt sich sowohl
in der Formenlehre als im Wortschatz. Da alles dieses näher und
eingehender in der Grammatik behandelt wird, so genügt es, hier
einige wichtige Punkte hervorzuheben. Vor allem ist die Tmesis,
die Trennung der Präposition von ihrem Verbum, wie im Weda
und Homer, hieher zu rechnen. Ebenso finden wir durchgängig
den (wedischen) Infinitiv auf djdi, der in den spätem Büchern kaum
zu treffen ist. Der Dual ist vollständiger erhalten, sowohl im Nomen
als im Verbum. Der Genitiv sing, hat noch die regelrechte Form
ahja oder härter aqja = asja, während später die kürzere a/«^ ge-
bräuchlich ist. Der Accusat. plur. der Nomina auf a endigt sich
auf efig, vor cä auf «9 und entspricht genau der wedischen Form
auf ans. Unter den Verbalbildungen ist vor allem die erste Person
Conjunct. sing. (Voluntat.) auf di und kürzer d bemerkenswerth. Das
Augment erscheint noch freier gebraucht, so beim Imperativ und
Conjunctiv, wie wir ähnliches auch im Weda finden. Ueberhaupt
sind die grammatischen Formen durchgängig fester und bestimmter
als in der spätem Sprache, und von der Casusverwirrung der letztem
ist in der Liedersprache kaimi etwas zu verspüren. Ausserdem
finden wir manche eigenthümliche, aber wie die Sprachvergleichung
zeigt, sicher alte Formen; so maibjd = mihi , mir, iaihjd = tibi,
dir, mahjd , maqjdo , meiner, thwahjd, thwaqjdo, deiner; khshmd,
i h r (si -\- smaj , ehmd (i + sma) , dieses da, eben das, cahjd ,
wessen? cow, von wem, wessen? cici^ was nur, zdl, sei,
frtf, seiend, = sant (oder eher gleich asant, von af, er war).
230 Hang, die Gclthas des Zarathustra. Schlussabhandliüig.
ifojd, ich möchte haben, akojd, ich will mich schlimm zeigen
(s. zu 43, 8), «• s. w. -, ferner ältere Pronominalpartikeln wie hjat, da,
daher, jjat, woher, nämlich, gat (von dem wedischen gha = jz),
im, i etc. Ebenso wie in der Grammatik zeigt sich auch im Wort-
schatz durchgängig eine wirklich ältere Sprache. Manche Wörter
und Wortgebilde sind später ganz verloren oder nur als Reminiscen-
zen gebräuchlich; so rdni = arani, Reibholz, der Name der
Erde ränjo^kerett , tashd, Bildner, maretan, Sprecher, apan,
ein Wegnehmer, iirvdtem, der Ausspruch, irikhtem, Abwehr,
airjemd in dem Sinne von Client, Genosse, = arjaman^ ^ari,
Schöpfung, arem-pithwd, Mittag, ä^ti, Angst, debäz, verdop-
peln, avapagti, Flur, afigro =: angiras, arem = aram, bereit,
vorhanden u. s. w.
Hieraus ergiebt sich mit Sicherheit, dass der Gäthädialekt älter
sein muss, als die gewöhnliche Sprache. Jener Dialekt läuft der
Sprache des Weda ganz parallel und ist sicher, wie wir weiter im
folgenden Abschnitt sehen werden, ebenso alt und nur mundartlich
davon verschieden. Von allen iranischen Dialekten ist er der älteste
nnd hat die grammatischen Formen am treusten und vollständigsten
bewahrt. S. weiter die Grammatik.
Die Metra der Gdthd's zeigen keine grosse Mannigfaltigkeit.
Wir können vier Arten unterscheiden, nach welchen die einzelnen
Sammlungen geordnet sind. Bei jedem hat die Strophe eine be-
stimmte Anzahl von Verszeilen. Die erste Sammlung hat fast durch-
gängig ein 16sylbiges Metrum; drei Verszeilen bilden eine Strophe.
Der Quantität nach ist es vorwiegend jambisch; doch lassen sich
hier keine bestimmten Gesetze auffinden. Jede Strophe hat 48 Syl-
ben und entspricht somit einer doppelten wedischen Gdjatri oder
einer iy2 fachen Anushtubh, woraus der (^loka hervorgegangen ist.
Die Grundlage dieses Metrums sind Sfüssige Halbverse, woraus bei
den Indern sowohl die Gdjatri als der ^loka hervorgegangen ist.
Wir haben demnach in der Mitte eines jeden Verses, meist nach
dem siebenten Fuss, eine Cäsur anzunehmen. Die zweite und dritte
Sammlung zeigen gleichmässig ein llsylbiges Metrum, nur mit dem
Unterschied, dass es in jener fünf-, in dieser nur viermal in der
Strophe wiederholt ist. Letzteres ist vollständig die wedische
Trishtuhh. Nur selten fehlt eine Sylbe. Die vierte Sammlung zeigt
ein 14sylbiges Metrum, das dreimal wiederholt eine Strophe bildet.
Dieses ist nur eine Abkürzung des Ißsylbigen, indem jedem Halb-
vers (Pada) bloss 7 Sylben gegeben, sie also durchgängig kata-
lektisch sind. Die fünfte Sammlung vereinigt diese drei Arten von
Metra, die jedoch öfter gestört sind. Sie hat vierzeilige Strophen;
die zwei ersten haben ein kürzeres, die beiden letztern ein längeres
Metrum. Bei dieser Sylbenzählung gelten ere und are, wenn ein
einfacher Consonant folgt (erezus 43, 3, pere(^at 43, 7) einsylbig,
das e im Inlaut wird oft gar nicht gezählt, da es nur den Sinn
eines hebräischen Schwa hat (vgl. aeshemetn 30, 6), ebenso das
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. Schlussabhandlimg. 231
kurze a, namentlich in skjaothana. Consonantengrnj>pen wie nj, rj, rv
mit folgendem Vokal gelten als zweisylbig (j^^njd 30, 1 , frjdi 44, 1,
a^rüdtem 30, 3). S. weiter hierüber die Grammatik.
4. Dichter und Zeitalter.
Als Dichter der Gdthd's ist im Zendawesta selbst (Ja^. 28, 1.
53, 1. 57, 8) Zarathustra genannt. Diese Angabe hat an sich mehr
Wahrscheinlichkeit als die der jetzigen Parsen, welche den ganzen
Zendawesta dem Zarathustra zuschreiben ; denn in diesem selbst
wird ausser den Gdthas nichts ausdrücklich auf Zarathustra selbst
zurückgeführt; im Vendidad und den übrigen spätem Schriften wird
von ihm in der dritten Person geredet, so dass diese Schriften auch
nicht einmal den Anschein haben, von Zarathustra selbst verfasst
zu sein, sondern nur als Berichte über seine von Gott empfangenen
Belehrungen gelten wollen. In den Gdthd's dagegen spricht der
Dichter durchgängig in der ersten Person, der Einzahl (30, 1. 44, 1.
45, 1 etc.), der Zweizahl (46, 16. 43, 10 etc.) und der Mehrzahl
(30,9. 32,1 etc.); daneben finden sich freilich auch Verse, wo von
Zarathustra in der dritten Person geredet wird (29, 8. 33, 14.
49, 12). Der Dichter, der in der ersten Person von sich redet,
kann natürlich auch ein anderer als Zarathustra jrein und ist es in
mehreren Stücken sicher. Aber es sind sichere Zeichen vorhanden,
dass Zarathustra selbst wirklich mehrere der vorhandenen Lieder
und Liederverse gedichtet hat. Um diese wichtige Thatsache be-
weisen zu können, müssen wir vor allem die Art und AVeise, in
der der Name Zarathustra erwähnt wird, besprechen. Diese ist
eine dreifache. 1) Der Name findet sich in Verbindung mit der
ersten Person sing, verbi 43, 8: Diesem (dem ^raosha) sagte
ich : erstlich bin ich Zarathustra (er war nach seinem Namen
gefragt worden); zeigen will ich mich jetzt als Feind der
Lügner, aber als mächtigen Helfer der V^ahrhaftigen, und
mit dem Pronomen der ersten Person 46, 19: wer mir (für mich),
dem Zarathustra, dieses wirkliche Leben am meisten för-
dert (am meisten zum Gedeihen des Lebens durch Ackerbau, Baum-
pflanzung etc. beiträgt), dem wird als Lohn das Geistesleben
verliehen. 2) Zarathustra wird mit Namen angeredet 46, 14:
wer ist dein wahrhaftiger Freund, Zarathustra? Die Ant-
wort ist, dass dieser Kavd Vistd^pa sei. 3) Am häufigsten wird
von Zarathustra in der dritten Person geredet. In diesem Fall wird
er einmal so erwähnt, dass er unverkennbar als Anwesender oder
wenigstens als Mitlebender erscheint; so 28, 7: gieb dem Za-
rathustra und uns mächtige Hilfe; und 43, 16'): So,
Lebendiger! betet Zarathustra selbst für jeden, der den
') Nachdem v. 15 ein acht zarathustrischer Spruch angeführt worden.
232 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. Schlussahhandlang.
(guten) Geist wählt, d. h. für jeden seiner Anhänger. Die übrigen
Stellen (29, 8- 33, 14. 46, 13. 49, 12. 50, 6. 51, 11. 12. 15.
53, 1. 2) lassen es ganz zweifelhaft, ob Zarathustra noch als lebend
zu denken ist oder nicht; mehrere führen entschieden darauf, dass
sein Wirken schon ganz abgeschlossen und ein Gegenstand der
Speculation geworden war (33, 14. vgl. 48, 4. 51, 12), und seine
Person selbst bereits als heilig betrachtet wurde (46, 13), wie
namentlich aus dem Prädikat Qpitama, hochheilig, zu erhellen
schemt (29, 8. 51, 11. 12. 53, 1). Aber aus den unter 1) ange-
führten Stellen folgt mit Sicherheit, dass Zarathustra selbst der
Dichter ist. In dieser Art hätte doch sicher keiner der frühesten
Nachfolger (und nur an die ältesten ist in den Gdthas zu denken)
des Propheten aus Ehrfurcht vor dem grossen Meister zu reden
gewagt; denn er würde dadurch einen groben Betrug begangen
haben; ein solcher aber konnte, da Zarathustra vor grossen Volks-
versammlungen öffentlich lehrte, in früher Zeit nicht gut gewagt
werden und hätte auch keinen Sinn noch Zweck gehabt. Die unter 2)
ausgehobene Stelle scheint sich auf ein Zwiegespräch zwischen Za-
rathustra und einem seiner Freunde zu beziehen. Von den unter 3)
ausgeschriebenen beweist wenigstens 28, 7, namentlich, wenn man
die zwei nachfolgenden Verse vergleicht, dass Zarathustra selbst bei
der Opferhandlung, während welcher jene Verse recitirt wurden,
zugegen war. 43, 16 ist das Beten Zarathustra's für seine An-
hänger als ein wirklich geschehendes, gegenwärtiges, nicht als ein
geschehenes erwähnt.
Steht schon hiedurch unzweifelhaft fest, dass wir in den Gdthd's
wirklich von Zarathustra selbst oder von seinen nächsten Freunden
herrührende Verse besitzen, so kann diess noch weiter aus dem
Inhalt vieler Stücke mit der grössten Wahrscheinlichkeit gefolgert
werden. Hier kündigt sich ein Mann als Prophet an (32, 13), sagt,
dass ihm von Ahuramazda öffentlich aufzutreten (43, 12) befohlen
sei; er fragt Gott und wird von ihm unterrichtet (Cap. 44), er
tritt vor grossen Volksversammlungen wirkHch auf, fordert Glauben
an seine neue Lehre und eine entschiedene Trennung der Wahr-
haftigen und der Lügner (Cap. 30. 45, 1 — 5); er beruft sich auf
göttliche Offenbarungen und auf die Sprüche des Erdgeistes (30, 1. 2);
seine Grundlehren sind die Existenz von zwei Urkräften, dem Sein
und Nichtsein, dem Guten und Bösen, in der Dreiheit von Ge-
danken, Wort und That (30, 3); er bekämpft aufs heftigste den
Götzendienst und die Lehren der Götzenpriester als Unheil und
Verderben bringend (Cap. 32), fordert sogar zur Ermordung der
Götzendiener auf (31, 18. 46, 4) und findet natürlich viel Wider-
stand (32, 13. 34, 7. 46, 1); er ist umgeben von Freunden, die
Frashaostra, Vutd^pa und Degdmdgpa heissen (49, 8. 9. 46, 14);
daher redet er öfter in der Mehrzahl: wir wollen sein (32, 1.
49, 8. vgl. 30, 6. 9), und auch in der Zweizahl: rettet uns beide
(34, 7), komm mit den Treuesten, Frashaostray die wir
Hang, die Gdt/ias des Zarathustra. Schlussabhandlung. 233
beide erwählt (46, 16); aus welch letzterer Stelle klar ist, dass
der eine von den beiden Frashaostra heisst.
Nach alle dem zu schliessen, war dieser Mann eine gewaltige
hervorragende Persönlichkeit, der durch seine Lehre und durch seine
Bekämpfung des althergebrachten Götterglaubens eine grosse ge-
schichtliche Bewegung hervorrief, deren Schluss eine gänzliche Tren-
nung der beiden streitenden Religionen war. Seine Lehre war etwas
Neues und begeisterte viele ihm nachzufolgen. Wer anders kann
dieser gewaltige Mann gewesen sein als Zarathustra, den die Iranier
als ihren Religionsstifter nennen? Er tritt als handelnde Person
auf, nicht bloss als solche, über die berichtet wird, wie später
durchgängig. Indess haben wir noch einen andern Beweis, als einen
blossen, wenn gleich folgerechten und sichern Schluss, dass jene
hervorragende Persönlichkeit wirklich Zarathustra selbst ist. Die
Lehre von der Dreiheit : Gedanken, Wort und That, die sich 30,3
vorgetragen findet, wird 33, 14 gerade eine der Grundlehren Za-
rathustra's genannt, vgl. 48, 4. Der Dichter von 30, 2 beruft sich
auf die Aussprüche der Erdseele ; 29, 8 ist Zarathustra ausdrücklich
als derjenige genannt, der ein der Erdseele von Ähuramazda ge-
gebenes Orakel den Menschen überbringen soll, und 50, 6 erscheint
er geradezu als Dolmetscher der Geheimnisse derselben. Die Najnen
Vtstdgpa, Frashaostra , Gdmä^pa gehen durch die ganze parsische
Sage als die der Freunde und eifrigsten Anhänger Zarathustra's.
Dass somit in den Liedersammlungen ächte zarathustrische Verse
vorhanden sind, lässt sich hienach nicht bezweifeln. Zu diesen
rechne ich 28, 11. 12. Cap. 30. 31,6 — 22. Cap. 32. 33,1 — 5.
Capp. 43. 44. 45, 6—10. 46, 1—11. 16—19. Cap. 47. 49, 6—11.
Sie sind an der einfachen, klaren und schwungvollen Sprache (vgl.
namenthch Cap. 30. 31, 7.8. 44,3 fr. 45,6 — 10), während die
übrigen oft allen poetischen Schwunges entbehren und nur in metrische
Formen gebrachte Prosa sind, sowie an der scharfen und zum Theil
rein persönlichen Polemik gegen die Abgötterei und die Götzen-
priester leicht kenntlich (vgl. Cap. 32. 31, 17 ff. 44, 12 ff.). Be-
sonders stark tritt in diesen Versen Ähuramazda nur als der einzige
wirkliche wahre Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde
(44, 3 — 5), der Geister- wie der Körperwelt (31, 7. 8), vor den
übrigen himmlischen Genien hervor (47), während in den nicht-
zarathustrischen Stücken diese weit häufiger mit ihm und neben
ihm angerufen werden. Stark betont wird auch die Zweiheit von
Körper und Geist, der das irdische und das geistige Leben ent-
spricht. In sprachlicher Hinsicht bemerken wir mancherlei Eigen-
thümliches. Vor allem die Formeln : diess will ich fragen, dein
dacht' ich, so will ich nun verkündigen (vgl. § 3); die Zu-
sammenstellung von qaetus, Herr, airjemä , Schutzgenosse,
Freund, und verezena, Diener (32, 1. 33, 3.4. 46, 1. 49, 7)-,
die Redeweise: wie einer dem Freunde giebt oder wie ein
Freund dem Freunde giebt (43, 13. 46, 2), der Meinige (sage
234 Haug, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandlung.
es) dem D einigen 44, 1. vgl. 46, 7; die Ausdrücke maretdno, Pro-
pheten, eigentl. Sprecher (30, 6. 32, 12. vgl. 43, 14), änmd,
Seele (30, 7. 44, 20. 45, 10), arigrö = arigiras , hell, glänzend
(43, 15. 44,12).
Der grössere Theil der Verse der Liedersammlungen stammt
indess nicht von Zarathustra, sondern rührt theils von seinen ersten
Jüngern und Gefährten, theils von noch spätem Nachfolgern her.
Eines der sichersten Kennzeichen, dass ein Vers nicht von Zara-
thustra herrührt, ist das Prädikat ^intama^ das er sich selbst nie
beilegt und das ihm auch seine Freunde noch nicht gegeben zu
haben scheinen (28,7); von selbst versteht sich die nichtzarathustrische
Abfassung eines Verses, wenn von ihm in der dritten Person ge-
sprochen wird (33, 14. 50, 6); ebenso wenig können solche Verse
von ihm herrühren, die Anspielungen auf ihn enthalten, wie 34, 2.
48, 7, wo von dem heiligen Manne, dem Grossen, der Ab-
trünnige verstösst (33, 9), die Rede ist, noch weniger die, in denen
er bereits eine dogmatische Persönlichkeit als Herr der ganzen
Schöpfimg (51, 12) und seine Lehre Gegenstand der Speculation
geworden ist (48, 4). Von wem diese Stücke verfasst seien , lässt
sich natürlich nicht bestimmen. Nur haben wir allen Grund zu ver-
muthen, dass manches den Gefährten Zarathustra's zugeschrieben
werden darf, wie 28, 7 — 9, wo der Dichter von Vistd^pa, Fra-
shaostra und Zarathustra als anwesenden Personen redet, 33,6 — 10
wo auf Zarathustra (^magavd, v. 7) als einen Lebenden ange-
spielt wird. Viele Verse wurden indess wahrscheinlich erst von
spätem Dichtern verfasst, die 100 Jahre oder noch länger nach
Zarathustra lebten.
Ob wir auch vorzarathustrische Verse in den Liedersammlungen
haben, ist etwas fraglich, doch, da sich Zarathustra selbst auf Pro-
pheten (30, 6) beruft, nicht unwahrscheinlich. Vielleicht gehört zu
diesen 28, 2—6 (s. p. 40) und 31, 2. 3 (s. I, p. 118).
Die Zeit der Abfassung genau zu bestimmen, ist bei allem
Mangel chronologischer Daten ein Werk der Unmöghchkeit; wir
werden uns, wie bei den Weden, mit allgemeinem Schätzungen
begnügen müssen. Die Frage ist um so wichtiger, als sie mit der
von Zarathustra's Zeitalter eigentlich identisch ist. Vor allem fragt
es sich, welche Zeit und Verhältnisse finden wir geschildert ^ die
uns einen Anhaltepunkt zu Schlüssen geben können. Der kräftige
polemische, ja selbst fanatische Geist, der in den altern Liedern
weht, weist auf die Zeit eines grossen Religionskampfes, der zwischen
zwei stammverwandten Völkern, die bisher dieselbe Religion und
Sitten gehabt und friedhch neben einander gewohnt hatten, ausge-
brochen war. Dass die Völker wirklich nahverwandt waren und zu-
sammen lebten, geht klar aus 30, 2. 29, 5. 33, 1—5 hervor; 34, 7
ist sogar von dem Nächsten die Rede, der für immer vom Him-
mel ausgeschlossen werden soll. Der Kampf ist vorzugsweise gegen
die Daevd's oder Götter und die Kdvajas und Karapano als deren
Hang, die Gdthas des Zaraihiistra. Schlussahhandlang. 235
Priester und Propheten gerichtet; einer derselben heisst Grehma
(32, 12 — 14); ein anderer Feind des neuen Glaubens ist Befidvo
(49 i 1. 2); als Feind überhaupt ohne nähere Beziehung auf den
Glauben ist Frjdna (46, 12) aufgeführt. Die Verehrer der Götter
heissen dregväo, d. i. Lügner, die Verehrer Ahuramazdas ashavä,
d. i. Wahrhaftige. Der grosse Kampf scheint blutig gewesen zu sein,
da einigemal Schlachten und streitende Heere erwähnt werden (32, 7.
44, 15) und von der Ermordung der Lügner mit dem Schwerte die
Rede ist (31, 18. vgl. 46,4). Wer diesen Kampf hervorgerufen,
ist nicht genau zu ermitteln. Keine Spur führt auf den Anfang
desselben ; überall finden wir uns mitten darein versetzt. Nur soviel
ist klar, dass es nicht bloss eine neue, vom bisherigen Volksglauben
abweichende Lehre, sondern auch eine neue Sitte war, die jene
gewaltige Bewegung verursachte. Die neue Lehre war die von
zwei Grundkräften, dem Sein und Nichtsein, Guten und Bösen in
Gedanken, Wort und That; dieser schloss sich die von Ahuramazda,
als dem einzig wahren Gott und Schöpfer des Himmels und der
Erde, der mit mannigfachen Kräften ausgestattet ist und der das
Reich des Guten fördert, an. Die neue Sitte war der Ackerbau
und das sesshafte Leben. Ueberall wird die Bebauung der Erde
als ein verdienstHches Werk gepriesen und mit besonderem Nach-
druck hervorgehoben; sie selbst unter mehreren Namen, Annaiti,
Rdnjd^kereti, gepriesen; der Erdgeist selbst wird redend eingeführt
(29. 50) und verlangt Hilfe und Schutz gegen die Verderber. Be-
sonders eifrig wird über der Erhaltung der Gaethd's, der eingefrie-
digten Familienbesitzungen, welche von den Feinden so häufig an-
gegriffen werden, gewacht. Die Gegner sind Feinde des Ackerbaus
und suchen die Besitzungen zu zerstören, daher wird eine Tren-
nung von ihnen gefordert (29, 5. 30, 2). Daraus ist klar, dass es
nicht etwa fremde turänische Stämme waren, die Raubzüge gegen
die Iränier unternahmen, sondern Leute des gleichen Stammes, welche
die neue Sitte des Ackerbaus hassten und lieber das alte Nomaden-
leben fortsetzen wollten. Ackerbauer (vd^trja) und Nichtackerbauer
(avd^trja) stehen sich ebenso schroff gegenüber als der Wahrhaftige
und der Lügner (31, 9. 10); der Vermögende, der Landmann, ist
dem Lügner geradezu entgegengesetzt (29, 5). So hängt die neue
Lehre mit einer neuen Culturepoche zusammen; sie entstand also
zur Zeit, als ein Theil der alten Arier von dem Nomadenleben, wie
wir es im Weda herrschend finden, zum Ackerbau und zur Grün-
dung fester erblicher Besitzungen fortschritten. Aber wie hängt die
Einführung des Ackerbaus mit der Bekämpfung der Vielgötterei
und der Lehre von zwei Grundprincipien zusammen? Die Verehrung
der Erdseele und Heilighaltung der Erde sollte man sich als die
einzig natürliche Folge denken, und diess war auch sicher die erste.
Aber da die neue Sitte als ein Abfall vom Glauben betrachtet
wurde, so konnte der durch die anfangende Verschiedenheit der
Lebensweise hervorgerufene Streit leicht zu einem Religionskampfe
236 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. Schhissahhandlung.
werden. Doch ein solcher, namentlich wenn er nicht etwa gegen
einzelne Gottheiten, sondern gegen ein ganzes Rehgionssystem ge-
richtet ist, muss durch eine grosse Persönlichkeit wachgerufen und
geführt werden. Wie im Judenthum und Mohammedanismus jener
Kampf gegen die Abgötterei von den Gründern des neuen Glaubens,
Moses und Mohammed, angeregt und geführt wurde, so rauss diess
ebenfalls von dem Urheber der alten arischen Rehgionsbewegung,
Zarathustra, geschehen sein. Der geschichtliche Zusammenhang
zwischen der Einführung des Ackerbaus und Zarathustra's Lehre
und Wirken scheint mir folgender zu sein. Die neue Sitte, Grund-
stücke einzufriedigen und zu cultiviren, hatte grossen Zwiespalt in
der arischen Gemeinde hervorgerufen; die Priester eiferten gegen
diese Aenderung der altväterlichen Sitten und sahen darin einen Ein-
griff in die Rechte der Götter, denen es allein zustand, Satzungen
zu ändern. Die Priester mochten längere Zeit mit einigem Erfolg
gegen die neue Sitte angekämpft haben, da sie als Besitzer alt-
ehrwürdiger und allgemein als heilig verehrter Lieder und Sprüche,
denen man Wunderkraft zuschrieb, im höchsten Ansehen standen;
aber sie konnten sie nicht mehr ausrotten. Bald musste sich bei
den Anhängern der neuen Sitte die Ueberzeugung geltend machen,
dass nur durch eine Bekämpfung des ganzen Götterglaubens und
seiner Priester und durch Trennung von den nomadisirenden Brüdern
dieselbe befestigt werden könne. Der Träger dieser neuen Idee
war Zarathustra. Der neuen Sitte aufs eifrigste ergeben, sann er
nach über den Grund des neuen Zwiespalts und über die Mittel,
der neuen Sitte des Ackerbau's den Sieg zu verschaffen. Er fand,
dass er, um erfolgreich gegen die heilig verehrten alten Lieder und
Gebräuche, wie den Somacult, wirken zu können, neue Sprüche
und Lieder als eine ihm unmittelbar gewordene göttliche Ofifenbarung
vortragen müsse. In diesen legte er das Ergebniss seines Nach-
denkens dar. Der Unterschied zwischen den Ackerbauern und den
Nomaden, zwischen cultivirtem Land und Wildniss und weiter zwischen
Leben und Tod war ihm ein so durchgreifender und unvereinbarer,
dass er auf die Annahme zweier Grundkräfte, wobei ihm der Volks-
glaube von einem weissen und schwarzen Geist zu Hilfe kam, ge-
führt wurde. Alles Gute und Nützliche in der Schöpfung hing ihm
mit dem Feldbau, dagegen alles Böse und Schädliche mit der Wild-
niss und Wüste zusammen. Jeder, der der Bebauung des Bodens
Widerstand leistete, galt ihm für einen Beförderer des Schlechten;
solche waren vor allem die Priester des alten Götterglaubens und
die Götter selbst. Hatte er einmal die Idee eines uranfänglichen
Dualismus erfasst, so mussten die Götter und ihr x4nhang sonach
dem schlechten (32, 2), alles Lebenfördernde dagegen dem guten
Grundprincip entstammen. Die nächste praktische Consequenz seiner
Philosophie (das Weitere übergehen wir hier) musste die eifrige Be-
kämpfung des Götterglaubens, als der Wurzel allen Uebels, sein.
Da ein längeres Zusammenleben beider Parteien nicht mehr möglich
Ilaug, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandlwig. 237
war, so mtisste Zarathustra auf eine völlige Trennung, die sich bis
auf die Famihe erstreckte (33, 3. 46, 5), hinarbeiten. So wurde
er der Führer einer grossen Bewegung, jedoch nicht der eines aus-
wandernden Volks, sondern der eines bereits sesshaften; die Nomaden
mussten vertrieben werden.
Wenn nun, wie sich nach dem Vorhergehenden nicht läugnen
lässt, Zarathustra's Auftreten mit der Einführung des Ackerbaus
und dem Uebergang zum sesshaften Leben zusammenhängt, so be-
weist dieser Umstand für die Bestimmung seines Zeitalters wenigstens
soviel, dass es in ein graues Alterthum fallen muss, und an die
Zeit des Darius Hystaspes, also an das 6. Jahrhundert vor Chr.,
nicht im entferntesten gedacht werden kann, da zu jener Zeit der
Ackerbau in Iran längst eingeführt war. Diess musste ja schon ge-
schehen sein, als das baktrische Reich gegründet wurde, denn
Nomaden gründen als solche kein Reich*, und dieses Reich, das
die Heimath Zarathustra's war, wurde historischen Ueberlieferungen
zufolge schon 1200 a. Chr. von Assyrien aus i) vernichtet. Zwischen
der Gründung des Reichs und seiner Vernichtung liegt aber gewiss
ein sehr beträchtlicher Zeitraum. Die alten Lieder kennen aber
noch gar kein grosses Reich mit einem gewaltigen Herrscher an der
Spitze, so wenig als die Wedalieder, sondern nur eine Art Gau-
verfassung. Am vollständigsten wird uns die Gliederung dieses Ge-
meinwesens 31, 18 vorgeführt, wo Haus (demana) , Dorf (m<;)^
Stadt oder Bezirk (shoithra) und Land (daqjusj sich folgen;
31, 16 ist das zweite ausgelassen, 46, 4 nur Bezirk und Land,
48, 10. 12 Länder genannt; diese kleinem und grossem Ganzen
hatten ein Oberhaupt, wie schon an sich leicht verständlich ist und
durch die spätem Erwähnungen von Hausherr, Ortsherr, Be-
zirksherr 2), Landesherr (Jt. 10, 18. 84. vgl. Ja^. 19, 18) be-
stätigt wird. Diese Oberhäupter scheinen viel Macht und Einfluss
gehabt zu haben, da es in ihrer Gewalt stand, ganze Genossen-
schaften von der Annahme des neuen Glaubens zurückzuhalten
(31, 18). Dabei soll nicht geläugnet werden, dass bei solchen Zu-
ständen kein Oberherrscher dagewesen sein könne; nur soviel ist
gewiss, dass wenn er vorhanden war, er nur geringe Macht hatte,
da nirgends dieselbe hervorgehoben wird. Dass aber wirklich ein
iranisches oder baktrisches Reich mit Königen an der Spitze im
frühen Alterthum existirte, wissen wir aus den Classikern sowohl als
aus dem Shdhndmeh. In welchem Verhältniss steht nun dieses Reich
zu der in den Gäthd's angedeuteten Verfassung, die indess auch in
den spätem Büchern des Zendawesta bewahrt scheint? Ich glaube,
^) Duncker, Geschichte des Alterthums, II, p. 305.
^ Für shoithra steht später gewohnlich zantii, eigentl. Geschlecht,
Stamm, das sich in den Gdlhd's nur in dem Compositum huzentits, von
edlem Geschlecht, nachweisen lässt.
238 Haugy die Gdthd's des Zarathustra. Schlussabhandlung.
dass sie die Anfänge desselben enthält und dass sich zu Zarathustra's
Zeit das Königthum erst zu bilden anfing. So werden wir auch
von dieser Seite auf ein graues Alterthum geführt.
Doch alle diese Schlüsse würden immer noch keinen zwingenden
Grund enthalten, Zarathustra in eine so ungemein frühe Zeit zu
setzen^ wenn nicht die ältesten Urkunden des bekämpften arischen
Brudervolks, die Weden, zu Hilfe kämen. Die bekämpfte Religion
war die der alten Inder, noch ehe sie in das Gangesland gezogen
waren und das eigentliche Brahmanenthum sich ausgebildet hatte.
Dafür sind unwiderlegliche Beweise vorhanden. Bis jetzt war nur
einer bekannt, dass der Name der indischen Götter, deva, im
Zendawesta Bezeichnung der bösen Geister geworden ist. Ich habe
noch zwei weitere und zwingendere Beweise gefunden. Der eine
beruht auf den Namen der Götterpriester und wedischen Lieder-
dichter, der andere auf der Verwünschung des Somatranks. Für
die Priester, Propheten und Dichter der Gegenpartei finden wir drei
Namen: kdvajo (32, 14. 46, 11. 44, 20), karapano (32, 12. 46, 11.
48, 10. 51, 14) und u^ikhs (44, 20). Der erste und dritte lassen
sich im Weda nachweisen, der zweite wenigstens erschliessen (s. zu
32, 12 u. 14).
Kavi ist im Weda der Name der Seher und Opferpriester
(Rv. I, 128, 8. 142, 8. 188, 1); durch den Genuss des Soma
erlangt man die Kraft eines kavi, d. h. man wird ein Seher
(Rv. I, 91, 14); der Somapriester führt geradezu diesen Namen
(IX, 37, 6. 72, 6); da sie im Besitz höherer Weisheit und Einsicht
sind, so werden sie um Rath gefragt und sind Propheten und
Orakelpriester (1,164,6. VII, 86, 3); die Götter selbst, vor-
nämhch Agni, führen diesen Namen (II, 23, 1. III, 14, 1 heisst er
kavitamah, d. i. der grösste kavi). (Vgl. weiter zu 32, 14.) Ueber
karapano, womit nur die Opferpriester bezeichnet zu sein scheinen,
s. zu 32, 12. Der Name ugikhs findet sich als upg ebenfalls im
Weda und bedeutet einen Weisen, Verständigen, wie deutlich aus
Rv. II, 21, 5. X, 46, 2 hervorgeht, sicher nicht eifrig strebend,
zugethan, wie das Petersburger Sanskritwörterbuch (I, p. 1009)
will; Qdnkh. Gfhj. 6, 12, 19 ist es mit Aam zusammengestellt, gerade
wie Jag. 44, 20; es war wahrscheinlich nur ein anderer Name dafür.
Dass die drei Worte : kdvajo, karapano und u^ikhs wirklich in den
Gdthd's eine schlimme Bedeutung haben, geht aus dem Zusammen-
hang der betreffenden Stellen (s. oben) mit vollkommener Sicher-
heit hervor. Dieser Umstand muss auf den ersten Anbhck um so
mehr befremden, als kavi bei den Iräniern der Ehrenname einer
ganzen Dynastie, der Kajanier, war und Zarathustra's Freund,
Vtstd^pa, denselben vor seinem Namen trug, denn kai Gustd^p der
Pärsen ist nur aus einem kavi Vistdgpa zu erklären. Dieser Ehren-
name fehlt ihm wirkhch auch in den Gdthd's nicht; aber er lautet
kavd. Da aber im Baktrischen ein scWiessendes i nie in a ver-
wandelt wird, so liegt die Annahme nahe genug, es sei der ominösen
Hang, die Gdthu'n des Zaratftudra. Schlussabhandlung. 239
Bedeutung wegen absichtlich in kavd *) verändert worden. Dieser
Umstand führt uns auf eine wichtige Thatsache.
Wie kavi in den Gdthd's eine schhiuine Bedeutung hat, so hat
sie kava in dem Weda; kavdsakhah, Freund des kava, kavdri, An-
hänger des kava, kavatnu, sind lauter Bezeichnungen für Götter-
feinde. Die den Worten im Petersburger Sanskritwörterbuch ge-
gebene Bedeutung eigennützig, karg gründet sich auf eine falsche
Etymologie; denn eine Wurzel ku, geizig sein, existirt nirgends,
und auf das verkleinernde und herabsetzende Präfix ku kann es
sicher nicht zurückgeführt werden; ein Wort wie kavdsakhah setzt
für das erste Glied nothwendig ein kava, aber sicher kein blosses
ku voraus. Prüfen wir die Stellen. Rv. V, 34, 3 :
jah asmdi ghrarnse uta vd jah udhani somam sunoti bhavati djimän aha
apa apa gakrah tatanushtim ühati tanü^ubhram maghavd jah kavd-
sakhah
wer ihm (dem Indra) bei Licht und Dunkel (d. i. stets) Soma
presst, wird glänzend (von ihm erleuchtet); aber weit fort
stösst der Mächtige (Indra) den, der Besitzungen^) von
Gütern hat, den durch sich selbst Glänzenden (Mächtigen),
den Maghava, der dem Kava folgt. Diese Stelle lässt sich
vollständig nur aus den Gdthd's erklären. Im ersten Halbverse sind
die Verehrer des Indra, die ihm den Soinatrank darbringen und
dadurch zu Glanz und Macht gelangen, im zweiten ihre Gegner,
die diese Ceremonie verachten und sich eigener Kraft rühmen, ge-
nannt. Dass Zarathustra gegen den Somacult eiferte, folgt sicher
aus zwei Stellen der Gdthd's (32, 3. 48, 10). Die Gegner haben
ausgedehnte Besitzungen, aus denen sie vertrieben werden sollen;
diess sind die Gaethd's. Der Name der Anhänger Zarathustra's ist
magava (51 , 15) ; da das Wort häufig genug im AVeda in der Be-
deutung Mächtiger vorkommt, so musste, um eine Zweideutigkeit
zu vermeiden, das Beiwort havdsakhah zugesetzt werden; kavd ist
der Ehrenname von Zarathustra's mächtigstem Freund und Beschützer
^) Wenn 44, 20, wo die Götzenpriester gemeint sind, der Singular
ebenfalls kavd lautet, so ist diess sicher die Verbesserung eines Abschrei-
bers, der den Sinn des schwierigen Verses nicht mehr verstand und dem
aus dem Zendawesta nur ein Singular kavd, aber nicht kdvi bekannt war.
Dass aber im schlimmen Sinne dieser wirklich vorkam, beweist der Genit.
kevinö 51, 12.
^) tatanushti kann nur eine Abstractbildung von tanus, Körper, sein;
die Reduplikation verstärkt die Bedeutung; sie darf nicht befremden, da sie
im Wedadialekt noch sehr häufig ist. Dass es auf die GaiUlid's sich bezieht,
scheint mir Ja9. 43, 7, wo (ja^thä mit tanus zusammengestellt ist. Die
Erklärung Jäska's (Nir. 0, 10) einer, der sich gern ausdehnen,
schmücken möchte, d.i. hochmüthig, ist unstatthaft Richtig bezieht er
es jedoch auf den ajajvan, den Nichtverehrer der Götter.
240 Haag, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandlung.
Vistdt^pa seiner ganzen Familie. Den gleichen Sinn wie kavdsakhah
hat kavatnu, dem Kava eigen, d. i. ergeben; Rv. VH, 32, 9:
md sredhata somino dakshatd mähe kfjiudhvam rdje dtuge
taranir ig gajati ksheti jmshjati na devdsah kavatnave
Nehmt keinen Schaden, ihr Somatrinker! werdet stark
und helft zu grossem Gut, dass es uns zufalle. Der
Schnelle (Indra) siegt, nimmt in Besitz, gedeiht; nicht
(helfen) die Götter dem ifava ergebenen. Diese Worte sind
nicht an die Götter, sondern, wie die vorhergehenden Verse zeigen,
an die den Soma bereitenden und trinkenden Priester gerichtet;
diesen ist der kavatnu, als ein den Soma verschmähender, entgegen-
gesetzt. In derselben Beziehung zum Soma finden wir kavdri, dem
iTaüa nachfolgend oder ergeben. X, 107, 3:
devt imrtir dakshind devajagjd na kavdribhjo na hi te phianti
athd narah prajatadakshiiidso ^vadjahhijd bahavah prnanti
Die glänzende Gabe des geläuterten Tranks (Soma) ist den
Göttern darzubringen, nicht den Anhängern des Kava;
denn diese kämpfen nicht; aber die Männer, denen die
Opfer dargebracht wurden, kämpfen in grosser Zahl. Die
Männer, welche kämpfen, sind die Manen nach v. 1 (mahl gjotih
pitfbhir dattam), und zwar kämpfen sie für die Ihrigen zum Dank
für die dargebrachten Gaben. Ihnen sind die kavdri entgegenge-
setzt, was hier nicht auf die lebenden Somaverächter, sondern auf
ihre Vorfahren bezogen werden muss, ein Beweis, wie tief im Volks-
glauben noch das Bewusstsein des zur Zeit der Abfassung dieis^s
Liedes längst ausgekämpften Religionszwistes wurzelte. Dieses ka-
vdri finden wir auch mit dem a privativ, zusammengesetzt akavdri,
nicht dem Kava folgend, als Beiwort Indra's (ill, 47, 5) und
der Sarasvatt (VII, 96, 3); beide Gottheiten sind also als Feinde
der Kavas bezeichnet; bei Indra, dem Somatrinker, begreift sich
diess leicht; aber höchst merkwürdig ist, dass Sarasvatt, die zugleich
ein Flussname ist, ebenso heisst; man könnte vielleicht daraus
schliessen, dass dieser FIuss der Gränzfluss zwischen beiden Parteien
war, den die tränier, als nicht mehr zu ihrem Gebiet gehörig,
nicht überschreiten durften. Auch das einfachste Negativum akava
finden wir, das denselben Sinn, dem Kava nicht zugehörig,
hat. Rv. VI, 33, 4:
sah tvam nah Indra akavdbhih üti sakhd vi^va-djuh avitd vfdhe bhuh
Du, Indra, bist uns zur Hilfe mit den Feinden d^v Kava's,
ein Freund, ein Helfer im Wachsthum. (Vgl. I, 158, 1.
III, 54, 16.)
Nach diesen Untersuchungen sind kavdri oder kavdsakha und
akava oder akavdri religiöse Parteinamen. Die erstem sind Ver-
ächter der Götter, insbesondere des Indra und seines Lieblingstranks,
Hang, die Gäthas des Zarathiistra. Schlussabhandluiig. 241
des Soina. Dass darunter die Anhänger der zarathustrischen Religion
gemeint sind, geht mit Sicherheit aus den Gdthd's hervor. 32, 3
ist der Soma mit seinem indischen, nicht mit dem iranischen Namen
Haoma als ein Werk der Lüge und des Trugs, das die Dahd's
bereitet, genannt; 48, 10 wird gefragt: wann erscheinen die
Männer von Muth und Kraft? wann verunreinigen sie
diesen Rauschtrank? (mada = madhu , Name des Soma in den
Weden, vgl. zu der Stelle); durch diese Teufelskunst sind
die Götzenpriester übermüthig und durch den schlechten
Geist, der in den Ländern herrscht. Diese Thatsache, dass
Zarathustra den altheiligen Somacult zu vernichten strebte, muss
um so mehr überraschen, als wir die Verehrung des Haoma im
spätem Zendawesta so gut treffen wie im Weda. Mehrere Capitel
(Ja^. 9. 10) sind ihm gewidmet, und auch sonst wird er oft genug
als ein wesentlicher Bestandtheil des Cultus aufgeführt. Sonach ge-
lang es Zarathustra nicht, diesen Rauschtrank abzuschaffen. Dass
er es aber versuchte, schien noch längere Zeit nach ihm im Volks-
bewusstsein fortzuleben; denn man suchte ihn, um den altheiligen
Gebrauch zu schützen, später zu einem Verehrer Haoma's zu machen.
Diess geht deutlich aus dem 9. Capitel des Ja^7ia hervor, in welchem
Haoma dem Zarathustra, als er die Gdthd's recitirt und das Feuer
reinigt, erscheint und ihn auffordert, sein Verehrer zu werden, indem
er ihm einen Lohn verheisst und, um ihm Vertrauen einzufiössen,
auf den Segen, der den Vorvätern Jima etc. durch seine Verehrung
geworden, hinweist. Diese ganze Aufforderung hätte keinen Sinn,,
wenn Zarathustra ebenso wie seine Vorväter den heiligen Gebrauch
beobachtet hätte. Da er aber denselben abschaffen wollte, und
dieser dennoch bestehen blieb, so iiess die Sage den Zarathustra
durch das Erscheinen des Haoma selbst in glänzender Gestalt wieder
dazu bekehrt werden.
Da der Somacult aufs engste mit der Verehrung Tndra's zu-
sammenhängt, mit dieser aber eine neue Epoche in der altarischen
Religionsentwicklung beginnt, so gewinnen wir dadurch einigen An-
haltepunkt für die Bestimmung von Zarathustra's Zeitalter. Im Weda
ist Indra der Gott des Donners wie des heitern Himmels und der
Herr der Schlachten, geradezu der Nationalgott. Um Kraft zur
Besiegung seiner zahlreichen Feinde zu gewinnen, trinkt er den
berauschenden Soma; dieser muss ihm und seinen Schaaren, unter
denen die Götter der Winde die erste Stelle einnehmen, von seinen
Verehrern dargebracht werden; denn ohne ihn vermag er nichts.
Diesen obersten Rang hatte er indess nicht von Anfang an, sondern
wie Zeus bei den Griechen an die Stelle des Uranos kam, so trat
er bei den Indern an die Stelle des Varima. Je herrschender und
allgemeiner seine Verehrung wurde, die neue Gebräuche, wie den
Somatrank, mit sich brachte, desto mehr mussten die Anhänger deS:
alten Cultus ihr widerstehen. Der wilde kriegerische Geist des neuen
Indracultus stand mit der alten, so friedlichen und kindlichen Ver-
Abhandl. der DMG. II, 2. 16
242 Haug, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandlung,
ehrung des Feuers und der erhabenen des Himmels und seiner
Lichterscheinungen im schneidendsten Widerspruch, so dass alle die-
jenigen Arier, welche zu einem sesshaften Leben übergehen wollten
oder schon übergegangen waren, sich durch die neue Religion be-
droht sahen. So rief dieselbe einen gewaltigen Kampf hervor, dessen
Ende eine vollständige Trennung der beiden stammverwandten
Völker war.
Da die von Zarathustra geleitete Religionsbewegung von der
eben angedeuteten nach den obigen Erörterungen nicht verschieden
ist, so dürfen wir mit Recht sein Zeitalter dem der Entstehung der
WedaUeder vollkommen gleichsetzen, und zwar der altern, nicht etwa
der spätem, im 10. Buche des Rigweda und im Atharvaweda er-
haltenen; denn Indra und Soma ziehen sich durch den ganzen Weda,
durch die ältesten, wie die neuesten Stücke. Diese Annahme wird
durch ein gewichtiges Zeugniss bestätigt, nämlich durch die Erwäh-
nung von Zarathustra's Namen in der Form Garadashti im Weda.
Die Hauptstelle steht Rv. VII, 37, 7 in einem an Indra und die
Rbhu's gerichteten Liede:
abhi jarii devi nirftigcid t^e nakshanta Indram garadah suprkshah
upa tribandhur Garadashtim ^eti asvave<;am jam krinavanta martdh
von welchem (dem Pferd, das die Güter entführt hatte) die
Göttin der Vernichtung Besitz nimmt; dem Indra aber
werden gabenreiche Jahre (als Ersatz für das Geraubte) zu
Theil; zu Garadashti, den die Leute von seinem Eigen-
thum vertrieben haben, kommt der Dreibund. Der Zusam-
menhang beider Halbverse ist schwer zu ermitteln; es scheint eine
Anfeindung und Bekämpfung Indra's, zu der Garadashti in Beziehung
steht, angedeutet zu sein. Der zweite Halbvers lässt sich vollständig
aus den Gdthä's erklären. 46, 1 klagt Zarathustra: Nach wel-
chem Land soll ich mich wenden? wohin soll ich mich
flüchten? Welches Land gewährt Schutz dem Herrn und
seinem Gefährten? Niemand von den Dienern verehrt
mich, noch von den Herrschern des Landes, die ungläu-
big sind. Hier finden wir also den Propheten landflüchtig, ver-
trieben aus seiner Heimath und seinem Eigenthum, wie er im Weda-
verse geschildert ist. Der Dreibund (tribandhu findet sich im ganzen
Rigveda nur hier, vgl. dvibandhu, Zweibund, Paar, von Mitra-
Varuna X, 61, 7) ist die dreifache GHederung der zarathustrischen
Gemeinde: qaetus, Herr, airjama, Schutzgenosse, Gefährte,
und verezena, Diener, wie sie uns nur in den ächten Stücken ent
gegentritt (s. oben). Es scheint eine neue Einrichtung Zarathustra's
gewesen zu sein; denn wir finden sie, so natürlich sie auch ist,
weder im Weda, noch in dem übrigen Zendawesta. Namentlich
muss die Stellung des Airjama bald etwas in Vergessenheit gekom-
men sein, da das Wort später stets einen Genius bedeutet, so
schon in der alten Formel (Ja9. 54); dass aber das Bewusstsein
Haug, die Gdthas des Znrathustra. Schlussabhimdluitg. 243
davon nicht ganz verschwand, zeigt eine spätere Notiz (s. zu 46, 1).
Der Dreibund könnte aber auch auf Zarathustra's drei wichtigste
Freunde, VistcK^pa, Frashaostra und Degdmd(;pay bezogen werden;
aber die erstere Erklärung verdient entschieden den Vorzug. Der
Sinn des Verses ist <lemnach : dem durch seine Feinde von seinem
Eigenthum vertriebenen Garadashii kommt seine Gemeinde zu Hilfe.
Will man die Stelle aus dem Zusammenhang des Liedes erklären,
so müsste mau tribandhu auf die drei Rbhus, Rbhukshd, Vibhvd und
Väga, und Garadashti auf Indra oder Agni, der ebenfalls in Ge-
meinschaft der Rbhus sich findet, beziehen. Aber der Vers steht
augenscheinlich in gar keinem rechten Zusammenhang zu dem ganzen
Liede. Ein Sammler, der den wahren Sinn nicht mehr verstand
und unter tribandhu die drei Rbhu's sich dachte, stellte ihn, da er
ihn sonst nicht unterzubringen wusste, an das Ende dieses Rbhu-
liedes; er Hess zwar noch einen Vers folgen (v. 8), aber auch dieser
ist an Savitar gerichtet und ist vom ganzen Liede völlig unabhängig.
Ausser der angeführten Stelle treffen wir Garadashti nur noch
Rv. X, 85, 36. Der Vers ist an Pushan, den Wächter des Hauses,
gerichtet.
grbhndmi te saubhagatvdja hastam majd imtjd Garadashtir jathd asak
ich ergreife deine Hand zu meinem Glücke; mögest du
mit mir sein, wie Garadashti mit dem Herrn. Die Verglei-
chung ist etwas dunkel. Da Garadashti dem angerufenen Gotte
gegenübersteht, so liegt die Verrauthung nahe, er sei ebenfalls ein
Gott, und zwar Agni, der ein Schützer des Hauses ist und der
V, 8, 2 das Prädikat garad-vish (der das Nass lobt oder der altes
Nass besitzt) führt. Und dem Dichter mag er auch so gegolten
haben, nachdem die wahre Bedeutung des Namens verloren ge-
gangen und sich nur noch die dunkle Erinnerung, dass durch
einen Garadashti der Feuerdienst erhalten wurde, bewahrt hatte;
daher konnte er leicht mit Agni identifizirt werden. Treuer und
geschichtlicher ist die Erinnerung in der erstem Stelle (VII, 37, 7),
wo Garadashti nur auf eine wirkliche Person bezogen werden kann.
Wollte man dieselbe auf Ag7ti beziehen, so müsste man annehmen
„aus seinem Eigenthum vertrieben" gehe darauf, dass man ihm
seinen eigenen Heerd genommen und ihm einen mit den Rbhu's
gemeinschaftlichen eingerichtet hätte. Aber diess würde dem ganzen
-<4gwibegriff des Weda widerstreiten, wornach dieser der Vermittler
zw.ischen den Göttern und Menschen ist, und also den Heerd mit
Niemand zu theilen hat. — Gegen die Identification des Garadashti
mit Zarathustra könnte man indess in lautlicher Beziehung Bedenken
erheben; aber man muss bedenken, dass der Name Zarathustra den
Indern, als einem etwas abweichenden Dialekt angehörig, fremd
klang und daher, wie es Fremdwörtern so leicht geht, im Volks-
munde verunstaltet wurde. Er wurde ja zudem auch bei den Iräniem
selbst verstümmelt, und unter den mehreren verderbten Formen
16*
244 Hang, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandlung.
finden wir die fast ganz gleiche Zaradesht neben der gewöhnlichem
Zerdusht im Shdhndmeh (Vuller's Lexic. pers., TT, p. 103). Wollte
man Garadashti aus dem Sanskrit erklären, so würde es einen,
der das Ziel lobt, bedeuten; aber auf alle Fälle kann es VIT, 37, 7
nur der Eigenname eines Mannes sein.
Nach diesen Darlegungen hängt somit die Bestimmung von Za-
rathustra's Zeitalter aufs engste mit der Frage über die Abfassungs-
zeit der altern Wedalieder zusammen. Letztere Frage erfordert
eine ganz weitschichtige und höchst schwierige Untersuchung, die
ich mir für einen andern Ort vorbehalten will. Nach dem bisher
Bekannten darf man das Alter eines grossen Theils der Wedalieder
über 1500 a. Chr. setzen. Da aber Garadashti im Weda schon eine
halbverklungene Persönlichkeit ist, so wird man nicht irren, wenn
man ihn ebenfalls über diese Zeit setzt. Die classischen Schrift-
steller setzen bekanntlich Zarathustra in eine unvordenkliche Zeit.
Aristoteles lässt ihn nach Plinius Mittheilung 6000 Jahre vor Plato
leben, andere 5000 Jahre vor dem troischen Krieg. Nach Berosos,
dem Geschichtschreiber Babylons, war Zoroaster König der Meder,
der an der Spitze einer medischen Dynastie stand, die zwischen
2200 — 2000 a. Chr. über Babylon regierte. Duncker (Gesch. des
Alterth., TT, p. 317) setzt seine Lebenszeit zwischen 1300 und 1250,
was offenbar zu niedrig gegriffen ist und weder mit den classischen
Nachrichten, noch mit den Ergebnissen meiner neuen Untersuchung
sich recht reimen will. Denn wie ist es denkbar, dass der Ackerbau
erst eingeführt wurde, nachdem schon lange die Kaj anier-Dy n^Lstie
bestand, gegen deren Ende Zarathustra nach seiner auf das Shdh-
ndmeh sich stützenden Annahme gelebt haben soll? Bunsen dagegen
setzt ihn, den Zeugnissen der Alten, namentlich dem des Berosos
mehr Gewicht beilegend, weit höher, zwischen 3000 — 4000 a. Chr.
(Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, V. a, p. 236). Er macht
mit Recht die nähere Entscheidung über das Zeitalter des arischen
Religionsstifters von der Beantwortung der Frage abhängig: Ist
Zoroaster's Auftreten in Baktrien vor oder nach der Auswanderung
aus Baktrien zu setzen? Ich glaube mich unbedingt für den erstem
Fall entscheiden zu müssen; denn im zweiten müsste man eine Rück-
wanderung der Iranier aus dem Indusland, in welches sie mit ihren
indischen Brüdern gezogen sein würden, annehmen. Dafür fehlen
nicht nur alle Zeugnisse, sondern die Zustände, die wir in den
Gäthd's geschildert finden, widersprechen sogar ganz einer solchen
Annahme. Die Tränier sind bereits sesshaft; sie sind im Besitz von
eingefriedigten Grundstücken (gaethd'sj und bauen den Acker. Wie
kann da an eine Auswanderung oder Rückwanderung gedacht werden?
Wenn von einer Trennung beider Glaubensweisen in den alten Liedern
geredet wird, so darf diess nicht auf eine Auswanderung der Za-
rathustrier, sondern nur auf eine Ausscheidung der Altgläubigen,
die sich nicht bekehren wollten, bezogen werden. Da diese von
den Anhängern der neuen Religion aufs heftigste bekämpft wurden.
Hang, die Gdthas des Zarat/iustra. Schlussahhandluvg, 245
so wanderten sie in das Indiisland aus. Ob indess das ganze Volk
der wedischen Inder an dem Kampfe Antheil genommen, ist frag-
lich-, ich vermuthe, dass es nur die nördlichen Stämme waren.
5. Zarathustra's Leben und Lehre nach den Gdthd''s.
Obschon Zarathustra's hohe Persönlichkeit wie ein rother Faden
durch den ganzen Zendawesta sich durchzieht, so ist es doch un-
möglich, ein genaueres Bild seines Lebens zu entwerfen; denn die
weniger ächten Stücke in den Gdtha's, in denen Zarathustra als
eine rein historische Persönlichkeit erscheint, geben zu wenig Aus-
beute, und in allen spätem Stücken ist er, mit einem Nimbus der
Heiligkeit umgeben, der wirklichen Geschichte entrückt und daher
ein desto fruchtbarerer Gegenstand der Sage und Speculation ge-
worden. Ebenso unhistorisch und legendenhaft sind die Nachrichten
des Shdhndmeh und der spätem Pärsenbücher und die aus der
Sage geflossenen der Classiker, obschon nicht geläugnet werden
kann, dass sich noch ein Rest wirklich historischer Erinnerung er-
halten hat. Dahin gehört vor allem, dass er unter Kavd Vistd^pa
gelebt, dass Frashaostra (Freshoster), De-gdmdgpa (Gdmd^p), Maidjo-
mdonhd (Mediomah) seine (zum Theil mit ihm verwandten) ersten
eifrigsten Anhänger gewesen seien; dass er gegen eine bestehende
Priesterkaste, die Magier, aufgetreten sei, worin eine deutliche Erin-
nerung an die Kavi's sich erhalten hat, dass er sich auf eine un-
mittelbar göttliche Sendung berufend, eine neue Lehre verkündigt
habe, und vielfach angefeindet und verfolgt, doch schliesslich den
Sieg errungen habe, Suchen wir nun die geringen Spuren in den
Gdthas auf, die uns ein freilich nur sehr dürftiges Bild des rein
historischen Zarathustra geben können.
Zarathustra, der vortreffliche Sänger oder Dichter ^), wie
der Name übersetzt heisst, gehörte zu der iranischen Familie der
^) Der Name hat schon viele Deutungsversuche erfahren. Die ver-
breitetste, von den Parsen selbst herrührende ist die von Goldstern (aus
zairi, Gold, und Tishja, Name eines Sterns); diese lässt sich indess auf
keine Weise mit der Urform des Namens Zarathustra reimen und wider-
spricht allem, was wir sicher von ihm wissen. Man suchte sie dadurch zu
rechtfertigen, dass man ihn zu einem Sternanbeter machte; aber davon findet
sich keine Spur in den Gotha' s. Besser ist der Versuch Burnoufs „gelbe
Kameele habend", den er aber wieder aufgab und den viel schlechtem
alten von Goldstern dafür eintauschte. Ustra findet sich öfter als Name
des Kameeis im Zendawesta, und Personennamen, die dieses Wort zu ihrem
letzten Gliede haben, waren im Baktrischen gewiss ebenso leicht bildbar
als die zahlreichen mit aQpa, Pferd, schliessenden , wie llaccatacpa,
Vtstdcpa etc.; aber zaroth kann nicht wohl gelb oder golden heissen, da
68 kein Adjectiv sein kann, sondern, wie die Analogie der wedischen Namen,
z.B. Iiharad-vd(ja , lehrt, die Grundform des Participii praes. sein muss,
welcher aber (zarat = harat, garat) nirgends die Bedeutung gelb zukommt.
246 Havgj die Gäthas des Zarathustra. Schiassabhandlung.
Haecat-a^jms, wie mit Sicherheit aus dem vollständigen Namen
seiner Tochter: Pouruci(^td Haecat-a^pdnä (53,3), d.i. Pouriicigtä
(Vielwisserin) die Haecata^pidin , die heilige von den Töchtern Zara-
thustra's, deutlich hervorgeht. Diese Familie ist 46, 15 auch wirk-
lich genannt und führt wie Zarathustra selbst das Prädikat ^pitama,
das gewöhnlich durch hochheilig, der heiligste erklärt wird.
Von dieser heisst es dort, dass sie das Recht und Unrecht unter-
scheide und dass durch ihre schon von Anfang an von dem leben-
digen Gott eingesetzten Gebräuche ihr die Wahrheit verliehen werde.
Hieraus können wir mit einiger Wahrscheinlichkeit den Schluss ziehen,
dass in ihr das Richteramt erblich und sie daher im Besitz aller
Ueberlieferungen und der Kenntniss der Gesetze war. Vielleicht
steht auch ihr Prädikat ^pitama in Beziehung zum Richteramt-, die
Bedeutung hochheilig ist sicher nicht die ursprüngliche, sondern
diese ist am besten reinigend, scheidend (von ^pi, weg-
Will man an der Deutung des uslra durch Kameel festhalten, so lässt
sich das zarath =^ garat durch lobend oder alternd, also: Kameele
lobend oder alternde Kameele besitzend, erklären (man vgl. sanskr.
garad-gava, ein alter Ochs). Da aber der Sinn zu unpassend ist, so
müssen wir von diesem Versuch ganz abstehen. Die Erklärung durch
Goldschmied ist schon von lautlichem Standpunkt ganz zu verwerfen;
denn man müsste zara und thuslra trennen und in letzterem eine Verkür-
zung für das wedische tvashlar, Bildner, sehen; aber dieses Wort lautet
im Baktrischen Uncörestar, das sich nicht zu thiistra zusammenziehen konnte;
zudem heisst das Gold zairi, nicht :;arrt. Will man auf eine wirklich rich-
tige und haltbare Erklärung kommen, so muss vor allem die Trennung des
Namens in zara und thustra aufgegeben werden; man darf nur zarath-uslra
abtheilen. Der erste Theil zaraih ist entweder die Grundform eines Particip.
praes. zarat von der W^urzel zur =^ gar in der doppelten Bedeutung lob-
singen und altern, oder das Substant. znrad = hrd, Herz; der zweite
ustra ist, da nach dem eben Gesagten uslra, Kameel, aufgegeben werden
muss, soviel als skr. ultarn , höher, vortrefflich; das a der vorletzten
Sylbe ist ausgestossen , gerade wie in gdgerebuslrö (Vend. 4, 48 nach der
Lesart der meisten Codd.) für (jdrjerebustarö, der mehr ergriffen hat,
und in Frashaostra, wofür 53, 2 Frashaosara sich findet; iistrem = nltaram
in der adverbialen Bedeutung weiter, mehr treffen wir 44, 18. Von den
drei möglichen Bedeutungen der ersten Hälfte muss die von alternd (skr.
garat) als zu unpassend bei Seite gelassen werden. Zwischen den beiden
andern ist dagegen schwer zu entscheiden, weil auf beide in alten Versen
angespielt scheint; auf zarad, Herz, 43, 11 pap mashjaeshu zarazdditis,
da ich bin die Herzenshingabe unter den Menschen, d.i. da ich
euer ergebenster Diener bin; ebenso 31,1: joi zarazddo anhen Mazddi,
die ihr Herz den Mazda geben, dagegen aufwar, lobsingen, 44,17:
kathd Mazda zarem cardni haca cardni, wie soll ich euch lobpreisen
gehen? Auf zarad, Herz, zurückgeführt würde somit das Ganze der
ein treffliches Herz hat bedeuten; von zarat = garat, lobsingend,
abgeleitet dagegen der treffliche Lobsänger. Da das Singen von Lob-
liedern in den Gdlhä's eine wichtige Rolle spielt (vgl. den Namen des Pa-
radieses garö-demdna, Liederwohnung, und 34, 2) und Zarathustra selbst
als Dichter erscheint (50, 6), so ziehe ich die letztere Erklärung vor. Der
Uebergang des t von zarat in /// geschah durch Einfluss des u
lieh gebildeter Name ist der indische garat-kdru.
Ein ähn-
gc
Hang, die Gdthd'a des Zarathustra. Schhssabhandlung. 247
nehmen, tilgen von der Kraft des Glaubens Vend. 3, 41). Sicher-
lich führte Zarathustra dieses Prädikat nur als Mitglied der Haecat-
agpideii-F mmVie, das ausser diesen auch noch den Maidjo-mdonhd's
(51, 19) zukoraint. Diese Familie ist in der Ueberlieferung der
Pärsen zu einem Einzelnamen Mediomah, der ein Vetter Zara-
thufetra's gewesen sein soll, geworden. Dass die Familie verwandt
war, scheint mir das gemeinschaftliche Prädikat ^püama zu beweisen.
Zarathustra's Vater ist in den Gdthd's nicht erwähnt; nach Ja 9. 9
hiess er Pourushd^pa, welcher Name ganz richtig sein mag. Der
Sage nach hatte Zarathustra Söhne und Töchter. Der Söhne ist
in den Gdthd's nicht gedacht, dagegen der Töchter, von denen
Pouru-ci^td (die Vielwisserin) 53, 3 mit dem Familienprädikat ^pi-
tdmi ausdrücklich genannt ist; wahrscheinlich war sie sein hervor-
ragendstes Kind, die die Sprüche und Lieder ihres Vaters am besten
bewahrte; darauf scheint ihr Name hinzudeuten. Ueber die Heimath
Zarathustra's geben die Lieder nicht die geringste Andeutung. Aber
alle Traditionen weisen aufBaktrien, das ich in herehhdhd Armaiti,
d. i. Hochland (s. zu 44, 7), der Gdthd's zu erkennen glaube, und
wir haben gar keinen Grund, diess zu bezweifeln; jedenfalls kann
seine Heimath dem obern Tndusgebiet, wo sich lange die wedischeu
Inder aufhielten, nicht fern gelegen haben. Seiner Stellung nach
war er Priester des Feuers und wahrscheinhch auch Richter. Er
zählt sich selbst zu denen, die dem Feuer Opfer darbringen (43, 9)
und wird auch von Andern einer der Opfer er (rcitäm) genannt
(33, 14). Diese Bezeichnung deutet auf priesterHche Geschäfte,
gerade wie wir ähnliche Priesternamen im Weda haben (man vgl.
ftvig, der zur rechten Zeit Opfernde). Wir treffen ihn öfter
(30, 2. 32, 1) vor dem Feueraltar, wie er in die hell auflodernden
Flammen schaut, um daraus Ahuramazda's Stinnne zu vernehmen
und seine Sprüche zu hören. Dieser Umstand lässt ihn deutlicher
als Orakelpriester und Propheten erkennen. Er selbst nennt sich
einen mäthran, d. i. einen, der heilige Gebete (mantra's)
spricht (32, 13), und einen Gesandten (duta) Ahuramazda's
(32, 1); letztere Benennung theilt er aber mit seinen Gefährten,
die maretan oder Sprecher (30, 6. vgl. 43, 14) heissen, welcher
Name indess auch frühern Propheten zuzukommen scheint. Ob es
indess zu seiner Zeit schon einen fest eingerichteten Priesterstand
gab, können wir nicht sicher entscheiden ; wenigstens wird er nirgends
in den alten Liedern erwähnt. Die öfter genannten (^aoskjanto ^ d. i.
Feueranzünder (s. über die Etyjn(»l()gie die Note zu 45, 11), wahr-
scheinlich so genannt, weil sie die heilige Ceremonie der Feuer-
erzeugung durch Reiben zweier Hölzer {rdni =1 arani , vgl. p. 119)
vorzunehmen pflegten, kann man als Feuerpriester betrachten; aber
sie scheinen noch keinen eigentlichen Stand gebildet zu haben. Nach
48, 12 sind die (^aoskjanto in den Ländern diejenigen, welche mit
gutem Sinn der Verehrung Ahuramazda's obliegen und seine Befehle
vollziehen, und von ihm zu Vernichtung aller feindlichen Angriffe
248 Hang, die Gdthd's des Zarathustra. Schiassabhandlimg.
auf den Ackerbau eingesetzt sind. Sie besitzen heilige Sprüche
(45, 11); ihi'e schönen Werke oder Spriiche heissen der Weg des
guten Sinnes (34, 13)-, ihre hohen Gedanken trugen sie in künst-
lichen Liedern vor (46, 3); sie beschäftigten sich aber auch mit
der Erklärung alter Offenbarungen (48, 9). Ihre Lehre war die-
selbe, wie die Zarathustra' s, Vistd^pa's und Frashaostra's (53, 3),
mit welchen wir sie auch später (Ja9. 12, 7) zusammengestellt finden.
Die Benennung Hausherr (deng-pati 45, 11) wirft ein Streiflicht
auf ihre ursprüngliche Bedeutung. Es waren die Hausväter und
patriarchalischen Priester, die sich durch W^eisheit auszeichneten und
Lieder zum Preise des Feuers und der Erde dichteten. Dieselbe
Stellung als Priester hatten die Hausväter ja auch bei den wedischen
Indern-, aber diese setzten früh Stellvertreter (purohita) ein_,
woraus sich später das Brahmanenthum entwickelte. Diess scheint
bei den Iräniern nicht geschehen zu sein, da wir keine Spur davon
finden. Sie nehmen in der iranischen Religion ganz dieselbe Stelle
ein, wie die Angirasas und die Bhrgavas im Weda, die man neuer-
dings gewiss mit Unrecht ganz in das Nebelgebilde mythischer Ge-
stalten auflösen wollte. Sie sind die frommen Vorväter, die nur
das heilige Feuer verehrten und den Acker zu bauen anfingen, auf
die mit Verehrung hingeblickt wird. Merkwürdigerweise finden wir
auch den Namen aTigreng := angirasas (43, 15) in demselben Sinne
von Feuerverehrer, wie ^aoskjaiito (s. zu 44, 12).
An die Lehre dieser ^aoskjafito , d. h. an die alten überlieferten
Sprüche und Lieder derselben zum Lobe des Feuers, schloss sich
Zarathustra insofern an, als er zunächst den uralten Feuerdienst,
der durch den neuen wilden Indracult etwas vernachlässigt wurde,
aufrecht zu erhalten suchte; er wollte mit der Vergangenheit seines
Volkes nicht brechen. Dass ihm die alten Traditionen heilig waren,
beweist auch die Art und Weise, in der er des Jima, des hochge-
feierten Dschemschid der iranischen Sage, gedenkt (32, 8). Den
altarischen Volksglauben an gute Geister, ahura's mazda's genannt,
die als alles Leben und Gedeihen schaffend und im Besitze aller
Weisheit gedacht wurden, behielt er bei und suchte ihn zu ver-
geistigen (s. nachher); dem Glauben an böse Mächte dagegen gab
er eine gcinz veränderte Gestalt, indem er die meisten bisher ver-
ehrten Götter zu solchen umstempelte. Diess war der Anfang der
grossen Religionsbewegung, der ältesten, die die Weltgeschichte
kennt und die seinen Namen an der Spitze trägt. Dass er die
Bewegung in Folge des sich immer mehr verbreitenden stürmischen
und den altväterlichen Sitten widerstrebenden Indra- und Soma-
dienstes hervorrief, um die altern Sitten zu erhalten und den eben
erst beginnenden Ackerbau zu schützen, ist bereits im vorigen Ab-
schnitte gezeigt worden. Um mit Erfolg gegen eine von Vielen
anerkannte Religion, deren Träger, die Priester und Weisen, man im
Besitz geheimer Kräfte glaubte, wirken zu können, musste er sich
auf eine höhere Offenbarung und auf unmittelbar göttlichen Auftrag
Ilaug, die Gäthd's des Zarathustra. Schlussabhandliing. 249
berufen können. Dass er diess wirklich that, lehrt das wichtige
43. Capite], wo er von den Besuchen des Genius (^raosha in Be-
gleitung des Vohü-mam oder guten Sinnes redet und v. 12 sagt,
dass ihm Ahiiramazda befohlen habe, nicht ohne die Offenbarung
aufzutreten, ehe nämlich ^raosha die erhabenen Wahrheiten, wie
sie bei der heiligen Ceremonie der Feuererzeugung durch Reiben
zweier Hölzer zu schauen sind, ihm mitgetheilt habe. Diesem Auf-
trag leistete er nach v. 14 wirklich Folge, wo er sich, nachdem er
in den Besitz mannigfacher kräftiger Sprüche gekommen ist, auf-
zutreten bereit erklärt. Der folgende Vers beschreibt nun sein,
wahrscheinlich erstmaliges Auftreten, das gewiss zunächst im Kreise
seiner Freunde geschah. Er erklärt, dass der heilige Feuerdienst,
der. Glück und Frieden bringe, fortdauern solle, und fordert die
Zuhörer auf, dass Niemand den Lügenpriestern, sondern den alten
Feueranzündern Verehrung darbringen solle. Später trat er vor
grossen Volksmassen, die von nah und fern herbeiströmten, um den
gewaltigen Propheten zu hören, auf; eines seiner Lieder, das er
bei einer solchen Gelegenheit vortrug, ist Cap. 30 erhalten (vgl. die
Einleitung zu demselben [, p. 92 ff.); eine Nachahmung, wahrschein-
lich von einem seiner Nachfolger, haben wir Cap. 45, 1 — 5. Er
entwickelte, vor dem Feueraltar stehend, seine neuen eigenthüm-
lichen Lehrsätze, auf die wir bald zu sprechen kommen werden,
und verlangte eine Glaubenswahl, d. h. eine Trennung der Bekenner
der zwei bisher neben einander bestandenen Religionen; daher ist
varena, Wahl, das acht zarathustrische Wort für seine Religion;
die der Gegner heisst tkaesha (49, 3), das aber später seine
schlimme Bedeutung ganz verloren und ein gewöhnliches Wort für
Glauben (neupers. kesh) geworden ist. Alles Unheil, das auf Erden
gestiftet wird, legt er den Götzendienern und ihrer Religion zur
Last. Der Mensch wird durch die Götter und ihre Priester um
seinen Wohlstand, sein Glück und seine Unsterblichkeit betrogen
(32, 5). Dieser Angriflf auf den Götterdienst rief den heftigsten
Widerstand hervor; die Priester suchten den neuen Propheten durch
Worte zu widerlegen, und im Anfang mag der Streit nur ein Wort-
streit (31, 11. 12) gewesen sein, was daraus zu schliessen ist, dass
schon nach Beginn des Zwiespalts die Bekenner beider Religionen
noch neben einander wohnten (30, 2), ja sogar ein und derselben
Familie angehören konnten (33, 3). Sie behaupteten, auf ihre Lieder,
denen eine unwiderstehliche Siegeskraft zugeschrieben wurde, sich
stützend, dass sie im Besitze der höchsten und wichtigsten Lehren
seien; aber Zarathustra bestritt es und suchte überall seine Lehre
als die bessere und höhere darzustellen (31, 17). Er nannte sie
geradezu maga maz, d. i. das grosse Gut, der grosse Schatz
(29, 11. 46, 14). Da die Sprüche und Lieder der Götterpriester
in grossem Ansehen standen, so scheint er anfänglich mit keinem
grossen Erfolg dagegen angekämpft zu haben; er musste den Seinen
ausdrücklich verbieten, nicht mehr auf diese Zaubersprüche zu höret).
250 Hang, die Gäthas des Zarathustrn. Schlussabhandlung.
weil sie nur verderblich wirkten (31, 18). War der Faualism
einmal angefacht, so konnte es bei keinem blossen Wortstreit mehr
bleiben; ein blutiger Religionskrieg war die nothwendige Folge. Um
Zarathustra schaarten sich alle, die dem Feuerdienst der Vorväter
und der Verehrung der Geister des Lichts und Lebens treu bleiben
und den friedlichen Landbau betreiben wollten. Um die Götter-
priester sammelten sich alle Verehrer des neuen Somacultes und
Freunde des Nomadenlebens. Zwischen beiden streitenden Parteien
kam es zu Kämpfen (31, 18. 32, 7. 44, 15) mit wechselndem Glück.
Als die Hauptgegner des Propheten und seiner Lehre sind Grehma
(32, 12 — 14), worunter vielleicht der berühmte wedische Sänger
Gftsamada (I, p. 176) zu verstehen ist, und Befldva = Pdjidava
(49, 1. 2), also ein Sprössling des berühmten Pändugeschlechts, ge-
nannt. Grehma hatte die Besitzungen der Anhänger Zarathustra's
verwüstet und den Propheten selbst aufs heftigste geschmäht ; daher
soll er mit seinen Helfern, den andern Kavi's, vertrieben werden.
Bendva hatte ebenfalls das angebaute Land der Zarathustrier ver-
heert; der Dichter bittet den Ahuramazda um Hilfe gegen ihn. Für
einige Zeit scheinen die Götterpriester gesiegt zu haben; denn wir
finden 46, 1 den Propheten landflüchtig; er klagt Ahuramazda seine
Noth und bittet ihn um seinen Beistand (46, 2).
Als die wärrasten und eifrigsten Anhänger Zarathustra's sind
Kava Vistdgpa , Frashaostra und De-gämä^pa oder vielmehr die Fa-
milie der De-gdmd^pa's genannt. Alle drei kennt auch die iranische
Sage. Nach ihr war Vistd^pa (Kai Giistdsp) der König, unter dem
Zarathustra auftrat; aber wir finden ihn nirgends deutlich als König
oder Herrscher bezeichnet, wie wir überhaupt nach dem oben Ge-
sagten keine deutlichen Spuren eines wirklich starken Königthums
entdecken können. Er ist Freund und Verehrer (urvatho) Zara-
thustra's genannt, der bereit ist, dessen Lehre weiter zu über-
liefern (46, 13); er erlangte die wahre Erkenntniss durch die Kraft
des Maga (Zarathustra's Lehre), durch die Verse des guten Geistes
(51, 16); er bahnt als Verehrer Ahuramazda' s mit Frashaostra die
richtigen Wege, d. h. er befördert den wahren Glauben, Feuerdienst
und Ackerbau (53, 2). Da er als ein Verkündiger (denn dieser
Begriff liegt in fra^rüidjäi 46, 13, s. die Note) der zarathustrischen
Lehre erscheint, es aber kaum denkbar ist, dass der Oberherrscher
von Iran die neue Lehre selbst öffentlich gepredigt habe, und da
der aus knvi verdrehte Name Kavd ursprünglich durchaus keinen
König oder Herrscher, sondern nur einen Priester oder Weisen
bezeichnete, so liegt die Vermuthung nahe, dass er nur Hauj)t eines
hoch angesehenen Geschlechts war, das namentlich in religiösen
Dingen eine einflussreiche Stimme hatte; später mögen dann daraus
Könige hervorgegangen sein. — Frashaostra, der Sage nach ein
Bruder des Gdmdgp, wird neben Zarathustra und Vistd^pa (28, 7 f.)
genannt. Der Prophet richtet an ihn (46, 16) eine Aufforderung,
mit den Getreuen zur Armaiti und den übrigen hohen Genien zu
US ^
Hang, die Gäthas des Zaraihv^^'"''' Schlussabhandlung. 251
kommen, was auf die au«^ ^"^ Vend. 2 bekannten Zusammenkünfte
Zarathustra's mit r^^«« höhern Geistern hinzudeuten scheint (vgl.
46, 14). 51, iV sagt von ihm die Erdseele, dass er ihr für die
Verbreituots *^es Glaubens einen glänzenden Körper ausersonnen habe,
in welchem sie von Ahuramazda fortgeschickt zu werden wünscht,
was entweder auf ein schönes, dem Lobpreis der Erde gewidmetes
Lied (in Cap. 50 redet die Erdseele durchgängig in der ersten
Person, so dass sie als Dichter erscheint) oder auf eine schön ein-
gerichtete Besitzung hindeutet. Letzteres ist das Wahrscheinlichere.
Damit stimmt die Bitte des Dichters 49, 8, Ahuramazda möge dem
Frashaostra die gedeihlichste und blühendste Schöpfung verleihen,
und sein Prädikat hvogva, reich, angesehen (s. zu 46, 16). Er
war sonach einer der eifrigsten Pfleger des Ackerbaus, der grosse
und schöne Güter besass, und schon aus diesem Grunde eifrig dem
verderblichen Indradienst entgegenwirkte. — De-gdmd^pa, Gdmdsp bei
den Pärsen, nach der Sage Minister des Königs Gustdsp, lässt sich
nur als Plural in den Gdthd's nachweisen, woraus wir mit Sicher-
heit schliessen dürfen, dass es nicht der Name eines einzelnen
Mannes, sondern einer ganzen Familie war. Das vorgesetzte De
ist wie Kavd ein Ehrenname und heisst der Weise (vgl. dht, Nach-
denken, dhira, weise, im Weda); ausserdem haben sie auch das
Prädikat hvogva, wie Frashaostra. Dass die Familie als Besitzerin
von Segenssprüchen galt, geht klar aus 46, 17 hervor, wo sie auf-
gefordert sind, dorthin zu kommen, wo ihnen die Segensworte zu
Theil werden und sie stets die von (^raosha geschafienen Güter,
d. i. die Ueberlieferungen besitzen sollen. Wahrscheinlich waren es
Kenntnisse in der Heilkunde, durch die die Familie sich auszeich-
nete; denn darauf deutet der Ausdruck afshmdni, Segens- oder
Heil Sprüche (s. die Note). Ihre Sprüche und ihre Erkenntniss
werden auch sonst gerühmt (49, 9. 51, 18). — Ausser den drei
genannten ist einmal der Name Maidjü-mdonhd (s. oben) erwähnt
(51, 19); diese Familie scheint aber keine solche Rolle wie die
drei genannten Namen gespielt zu haben.
Wie viel diese eben aufgeführten ersten Bekenner des Zara-
thustrismus an der Vorbereitung und Aufbildung desselben Antheil
hatten, lässt sich natürlich nicht genaii bestimmen. Sie wachten
wohl über die Reinerhaltung der Lehre und setzten nach Zara-
thustra's Tode den Kampf gegen die Götterpriester fort. Sie sind
als die ersten Magava's, d. i. Schatzreiche, Mächtige (als In-
haber wirksamer Lieder und Sprüche) zu betrachten und aus ihren,
sowie aus Zarathustra's eigener Familie erwuchs die später so ein-
flussreiche Kaste der Magier. Das Wort kommt im ganzen Zend-
awesta merkwürdigerweise nur dreimal vor (Ja9. 33, 7. 51, 15.
Vend. 4, 47); in der einen (33, 7) ist es wahrscheinlich eine Be-
zeichnung Zarathustra's; in der andern (51, 15) ist Nom Lohne die
Rede, welchen Zarathustra den Magava's , die in den folgenden
Versen (16 — 19) mit Namen aufgeführt sind (Vtstdt^pa, Frashaostra^
252 Haug, die Gdthas des Zarathustra. Schlüssahhandlung.
De-gdmd^pa, Maidjomdonhd) , ziierkaim^. hcibe; in der dritten weit
spätem scheinen schon die wirklichen Magier — jedenfalls eine be-
sondere Menschenklasse — gemeint, denn es hels^t• ich spreche,
wie der Magava laut zu sprechen pflegt, d. li. ich spreche
eine Formel ganz in der Weise, wie diess die thun, welcKe sich
einen besondern Beruf daraus machen, wie dä^ Magava's. Das Ver-
hältniss der Magava's zu den Priestern des Zendawesta, den dthrava's,
darzulegen, würde mich zu weit in die iranische Religionsgeschichte
hineinführen. Ich bemerke für jetzt nur soviel, dass wohl lange
nach Zarathustra ein Sectenkampf ausbrach, in welchem die An-
hänger der reinen ächten Lehre Zarathustra's , die Magava's, von
den Feuerpriestern, die noch viele heidnische Gebräuche, wie den
Somacult, bewahrt und Zarathustra's Ideen mit dem alten Götter-
glauben in Einklang zu bringen versucht hatten, aus Baktrien ver-
trieben wurden. Wir finden sie ^'päter in Westirän oder Medien.
Zarathustra's Thätigkeit war nach dem Bisherigen auf Ver-
nichtung des Götterdienstes und Reinerhaltung des Feuercultes, sowie
auf Beförderung des Ackerbaus gerichtet. Die Wirksamkeit in letzterer
Beziehung tritt so stark hervor, dass er geradezu ein Prophet des
Ackerbaus genannt werden kann. Ihm theilte Ahuramazda selbst
einen auf die Erdseele bezüglichen Spruch, dass diese zum Schutze
des Landmsnns von Gott geschaffen sei, mit und befiehlt ihm, den-
selben den Menschen zu überbringen (29, 8). Der Erdgeist selbst
nennt ihn (50, 6) seinen Verehrer und den Dolmetscher seiner Ge-
heimnisse. Auf seine Aussprüche beruft sich der Prophet (30, 2).
Hieraus ist mit Sicherheit zu schliessen, dass er wesentlich zur Ver-
breitung des Ackerbaus beitrug. Dieser hing mit dem sesshaften
Leben aufs engste zusammen ; daher sind in allen Gdthd's die
Gaethd's oder Besitzthümer so ungemein stark hervorgehoben (über
die Ableitung vgl. Zeitschr. der D. M. G., VIH, p. 746 ff.). Dass
es eingehegte oder eingefriedigte Ackerstücke (mit Haus und Hof) *)
waren, geht nicht nur aus den stets in Bezug auf sie gebrauchten
Zeitwörtern frdd und vared (s. zu 44, 10), einhegen, einzäunen,
sondern auch aus der wichtigen Stelle 46, 12, wo ihre Entstehung
beschrieben wird, hervor^): „als unter den Verbündeten und ihren
^) Das Mascul. goMha (im Locat. gaHhi 34, 2) bedeutet Wohnung
überhaupt; es steht dort für das gewöhnliche demäna, Haus.
^) Vgl. weiter den 13. Farg. des Vendiddd. Hier heisst es nämlich,
der Pagus-haurva^ d. i. Vi eh hüte r (Name einer bestimmten Hundeart),
müsse stets bei den Gaethd's sein (v. 50. Sp.), damit kein Dieb etwas davon
wegnehmen könne (v. 28). Hier sind sie abgegränzte Orte, wo das Vieh
weidet. Dass sie mit Latten oder Pfählen eingefriedigt waren, versteht sich
leicht von selbst und folgt aus dem Obigen mit Sicherheit. — Die im Ven-
diddd so ungemein häufige Formel: dätare gaSthanäm aglvaitinäm heisst
nicht: Schöpfer der ' daseienden Welten, sondern Schöpfer der
irdischen Besitzthümer (Familiengrundstücke), d.h. Gründer des sess-
haften Lebens,
Hang, die Gctthd's des Zarathustra. Schlassabhandlung. 253*
Nachkommen, den Siegern über den Feind Frjdna, die heiligen
Gebränche (asha, Feuerverehrnng und Ackerbau) aufkamen, [^o
schufest du zimmernd die Gaethas der Armaiti. Ahuramazda stiess
sie (die Pfähle) rings herum ein und wies sie ihnen (den Verbün-
deten) zum Besitze an." Sie gehören der Armaiti (43, 6. 44, 10)
im doppelten Sinn des Worts, als Erde und Frömmigkeit^ der Erde,
insofern sie Grundstücke sind, der Frömmigkeit, insofern sie nur
durch sie erworben und erhalten werden können. Sie sind ein In-
begriff des Lebens, weil in ihnen unter sorgfältiger Pflege alles
blüht und gedeiht; Zarathustra ist ihr Herr und Haupt; für ihn
friedigte sie Ahuramazda selbst ein (46, 13); daher heissen sie auch
seine Gaethd's (43, 7, wo (^raosha ihn fragt, wie sorgst du für
deine Gaethd's und Körper?). Da später dieses Wort als Inbegriff
alles irdischen Lebens und Gutes die Bezeichnung für Welt über-
haupt wurde (vgl. das neupersiche gethi, Welt, aus gaethja, was
sich auf die gaethd's bezieht, verstümmelt), so musste sich
auch die Vorstellung von Zarathustra als dem Haupt und Herrn
der irdischen Schöpfung, wovon wir schon früh Spuren finden
(Ja9. 51, 12: in ihm ist das Dasein, die Welt, erwachsen), ent-
wickeln. Aus diesem in den alten Liedern angedeuteten Verhält-
niss Zarathustra's zu den Gaethd's möchte ich schliessen, dass er
nicht nur darauf bedacht war, die bereits gegründeten zu erhalten,
sondern auch neue gründete, um möglichst viel Land zu cultiviren
und das Gedeihen des Lebens in der Natur zu fördern.
Nachdem wir bei seiner praktischen Thätigkeit verweilt, müssen
wir nun auch seine theoretische, nämlich seine Meditation und die
daraus hervorgegangene Lehre etwas besprechen. Bei der blossen
Bekämpfung des Götterdienstes und der Erhaltung der Feuerver-
ehrung und des Ackerbaus konnte er nicht stehen bleiben. Er musste
der hochangesehenen Lehre der Götterpriester und ihrer vielge-
priesenen Weisheit eine neue entgegensetzen. Seine wesentlich neue
Lehre war das Ergebniss eines tiefen Nachdenkens und enthält
streng genommen keine Religion, sondern eine reine Philosophie.
Er ist der älteste Philosoph — im vollen Sinne des Worts — den
die Weltgeschichte kennt. Ueber den Zusammenhang seiner Lehre
mit seiner praktischen Thätigkeit sind schon im 4. Abschnitt An-
deutungen gegeben worden. Am klarsten und deutlichsten ist seine
Philosophie in dem höchst merkwürdigen 30. Capitel vorgetragen.
Die mathematische Grundlage ist eine Zwei- und eine Drei-
theilung. Alles, was sich der Betrachtung des Menschen darbietet,
ist auf zwei Urkräfte zurückzuführen, die nur als die einzigen nicht-
erzeugten im Gegensatz zu allem Erzeugten ein Zwillingspaar
genannt werden, aber in ihrer Thätigkeit grundverschieden und sich
geradezu entgegengesetzt sind. Diese sind das Sein und Nicht-
sein (gaja oder gjditis und agjditis), der Anfang und das Ende
(paourvim, apemem). Das Sein ist das Leben (ahu), die Wirklich-
keit und AVahrheit (asha) und das Gute, das Nichtsein der Tod,
"^54 Haug, die Gdtha's des Zarathustra. Schlussabhandlmg.
der Schein, die Lüge (druhhs) und das Böse. Aus ihrem Zusammen-
wirken ist die ganze Welt^ die körperliche wie die geistige, her-
vorgegangen. Die Macht beider erstreckt sich somit nicht bloss auf
die äussere Welt, sondern auch auf die Gedanken, Worte und
Thaten der Menschen. Der Gedanke ist stets vorangestellt; die
guten wie die schlechten Worte und Thaten haben in ihm ihren
Ursprung. Diese Dreitheilung (drigu, Dreiheit, 34, 5) wird schon
früh (33, 14) eine der Grundlehren Zarathustra's genannt; sie zieht
auch durch den ganzen Zendawesta hin. Die beiden sich wider-
streitenden Religionen ruhen auf jenen beiden Grundkräften. Die
Verehrer des Feuers und die Ackerbauer gehören dem wahren und
guten Princip an, weil sie alles thun, was das Leben und das
Wohlsein der Welt fördert; daher heissen sie ashava, d.i. die das
Wahre, Wirkliche, Fortdauernde besitzen. Die Verehrer der
Götter dagegen folgen der bösen Grundkraft, von der die Götter
mit ihrem Lug und Trug selbst stammen ; sie heissen dregvdo,
Lügner (nach der iranischen Bedeutung der Wurzel dreg, drug
= skr. driih, zerstören), weil sie die Wahrheit vernichten und
das Gedeihen der guten Schöpfung stören. Die Zweizahl finden
wir indess noch weiter in diesem System angewandt. Das Leben
ist ein zweifaches, ein irdisches, körperhches (a^tvat) und ein
geistiges, „das des Gedankens" (hjatcä mananho 28, 3. 43, 3),
öfter nur die beiden Leben ohne weitere Bestimmung genannt.
Sie heissen auch Urleben (pardhu) und Gedanke {mane 46, 19);
das geistige auch das zweite (daibitim 45, 1). Nicht hieher zu
ziehen ist dagegen der Ausdruck: das Erste des Lebens (44, 2.
45, 3), was auf den Anfang (paourvim) des Lebens sich bezieht,
dem das Ende (apemem) entgegengesetzt ist. Eine weitere Zwei-
theilung ist in der Unterscheidung zweier Denkungsarten (mainis)
oder Weisheiten (khratus) zu erkennen; sie heissen die erste und
die letzte (44, 19. 48, 4), d. i. die göttHche und die menschliche
Weisheit, die Urintelligenz und die durch Erfahrung erworbene *).
Diese wenigen Grundgedanken der eigentlichen Philosophie Za-
rathustra's bilden das wesentlich neue Element, das er in die Volks-
religion brachte. Diese bestand in der einfach kindlichen Verehrung
des Feuers, als des Schützers gegen alle feindlichen, in das Dunkel
der Nacht sich bergenden Mächte, und in der Anbetung guter
Geister, die als die Urheber des Lebens und die Inhaber aller Weis-
heit gedacht wurden und daher bald Ahura's, d. i. Lebendige,
bald Mazda' Sy d. i. Weise, genannt wurden (31, 4. 45, 1).^ Ihre
Zahl war anfänglich ganz unbestimmt, ebenso wie die der Aditjd's
0 Diese Unterscheidung finden wir noch in spätem Pärsibüchern. Die
erste heisst ägnö-kliratu, Urvveisheit, die zweite gaoshö-Qrüta-khratu,
die durchs Ohr vernommene Weisheit. Die Urweisheit ist als
Mainju-khard, d. h. himmlische Weisheit, in dem sogenannten Minökhired
personifizirt.
Hang, die Gdthd's des Zarathustra. Schlussahhandlung. 255
(^Varu7ia, Mitra, Arjaman, Bhaga, Am^a^ Daksha sind dte vornehmsten)
des Weda, die gewöhnlich zur Vergleichung herbeigezogen werden.
Die Vorstellungen von beiden sind verwandt, aber sicher nicht
identisch. Denn der Name keines einzigen dieser später auf die
Siebenzahl beschränkten und unter der allgemeinen Benennung Amesha
Qpeiita (Unsterbliche, Heilige) bekannten Ahura's mazdas stimmt
mit denen der im Weda als Aditjä's bezeichneten Genien. Von allen
sieben Einzelnamen der Amesha ^pefita's lässt sich überhaupt nur ein
einziger, als Name einer Genie, im Weda nachweisen; nämUch Ar-
maiti; aber die entsprechende wedische Aramati wird nie zu den
Aditjä's gezählt. Wenn sich auch sonst einige dieser Namen, wie
Arjaman, Bhaga, Mitra, im Iranischen wiederfinden, so haben sie
andere Bedeutungen; in den acht zarathustrischen Stücken heisst
airjama nur Freund, Schutzgenosse, und hagha ist später ein
allgemeinerer Name für Gott. Mitra steht dh Mithra ganz ausser-
halb des Systems der Amesha-^peüta's , und nimmt in der iranischen
Mythologie ganz die Stelle des wedischen Varima ein, der als Gott
ganz und gar aus dem iranischen Glauben verschwunden ist. Au
eine Herleitung der Ainesha-^peTita-hehre und weiter des Ahura-mazda-
Glaubens aus der Vorstellung von den Aditjä's ist sicher nicht zu
denken. Beide haben aber dieselbe Grundlage, nämlich den ein-
fach kindlichen Glauben an das Walten guter Geister, denen man
alles NützHche und Gute zuschrieb, deren Zahl anfänglich unbe-
stimmt war und die wohl auch keine besondern Namen hatten ; sie
nahmen im altarischen Glauben ganz dieselbe Stelle ein, wie die
Elohim bei den alten Semiten. Deutlich zu ihnen gerechnet wird
indess der Geus urvd, der Erdgeist (29, 2. 6), der in dem spätem
System keine Stelle hat. — Neben den guten Genien kannte der
Volksglaube auch böse, wovon wir auch Spuren genug im Weda
finden. Ihr ältester Name war wohl Khraf^tra, d. i. Fleischfres-
ser, worunter nicht bloss schädliche Geschöpfe, sondern auch Un-
holde zu verstehen sind.
Aus diesen Vorstellungen in Verbindung mit dem Feuerdienst
entwickelte sich der Volksglaube an einen weissen (^pefltö) und
schwarzen (anrö, s. zu 44, 12) Geist, den die stammverwandten
Slawen in Biel bog (weisser Gott) und Czerny bog (schwarzer Gott)
bewahrt haben. Sie sollten zunächst nur die Mächte des Lichts
und der Finsterniss in einer Einheit repräsentiren. Die nächste
Veranlassung zur Bildung dieses Glaubens war wohl der Feuerdienst;
in der hellauflodernden glänzenden Flamme erblickte man den
weissen, in dem ganz verkohlten schwarzen Holze den schwar-
zen Geist. Als Urkräfte, als Schöpfer des Guten und Schädlichen
in der Welt, als die Urheber aller guten und schlechten Thaten der
Menschen galten sie sicher nicht, sondern sie nahmen, wie in der
slawischen Mythologie, nur eine untergeordnete Stellung ein. Darauf
deuten schon die Namen hin, die nur auf rein physische Eigen-
schaften sich beziehen, ferner dass Steigerungen des Namens ^pentö,
256 Haug, die Gdthd's des Zarathustra. Schlussabhandlung.
weiss, wie ^pentotemö, der allerweisseste, oder ^penisto , der
weisseste, häufig vorkommen, wenn die Bezeichnung auf Ahura-
mazda angewandt wird. Die Finsterniss, das eigentliche Element
des bösen Geistes, gilt in den Liedern zudem nicht für etwas Böses,
wie später durchgängig; denn 44, 5 sind die Finsternisse (te-
mdogca) wie die Lichter von Ahuramazda geschaffen und haben
auch dasselbe Beiwort hvdpdo, die Gutes schaffenden. Während
wir dem Namen des weissen ((^pentü) Geistes, der allmählich eine
Bezeichnung Ahuramazda' s wurde, oft in den Gdthd's begegnen,
finden wir den des schwarzen Geistes eigentlich nur einmal (45, 2),
wo er dem weissen entgegengesetzt wird; das Wortspiel von ailgro
und anro 44, 12 (mainjus fehlt) kann kaum gerechnet werden. Za-
rathustra suchte, um dem Volksaberglauben nicht zu viel Nahrung
zu geben, ihn geflissentlich zu vermeiden.
Wie verhält sich nun Zarathustra's Philosophie zu diesem Volks-
glauben? Er suchte ihn durch seine neuen Ideen zu läutern und
zu vergeistigen. Indem er seine neuen Gedanken demselben anpassen
wollte, lief er Gefahr alle Volksvorstellungen vom götthchen Wesen
in blosse Begriffe aufzulösen ; und ganz ist er auch dieser Gefahr
nicht entgangen; aber er war in dieser Beziehung doch glücklicher
als Buddha, der durch lauter Speculation alle Persönlichkeit ver-
nichtete. Zarathustra rettete wenigstens den Glauben an einen persön-
lichen Gott. Diesen gewann er aber zunächst nicht dadurch, dass
er den Begriff des Seins personifizirte, sondern indem er die Volks-
vorstellung vom weissen Geist und von den Ahura's mazda' s zu
einer Einheit verschmolz und durch den Begriff eines anfanglosen
Daseins vergeistigte; jener lieh die Einheit des Begriffs, diese
statteten ihn mit den götthchen Eigenschaften und Gütern aus. Aus
den Ahura's mazda's wurde nun ein Ahura-mazda, mit dem der
ältere Name fpeiltö mainjus, weisser Geist, wechseln konnte, aber
so dass dann ^peüto die übertragene Bedeutung heilig annahm.
Ein deutliches Zeichen, dass das Prädikat <^pe?it6 nicht mehr ganz
zu genügen schien, erkennen wir in der öfter vorkommenden Er-
setzung desselben durch höhere Steigerungsgrade, seltener durch
den Comparativ ^panjdo (45, 2), häufiger durch die beiden Super-
lative ^peuisto und gperitdtemo. Der herrschende Name wurde indess
der andere, viel bezeichnendere, JAwramazda, lebendiger Weiser.
Er ist der Schöpfer und Herr des leiblichen, wie des geistigen
Lebens (vgl. die schöne Stelle 31, 7. 8 und den Hymnus 44, 3 — 5);
in seiner Hand sind alle Geschöpfe, daher heisst er dämis, der die
Geschöpfe habende; er als der Ungeschaffene ist der Selbst-
leuchtende f(jfafÄraj, von dem Alles Licht und Leben borgt; erschuf
zuerst die Gaethd's, die Besitzthümer, und die Daenas, die Sprüche
und Lieder, zum Schutze der guten Schöpfung; er ist der Wissende,
Einsichtige etc. Auch den Begriff der Gerechtigkeit finden wir nicht
ausgeschlossen, denn er giebt Schlechtes dem Schlechten, Gutes
dem Guten 43, 5. Er ist im Besitze mannigfacher Gaben und
Hang, die Gdthas des Znrafhusfra. Schlussabhandlung. 257
Kräfte, wie des khshathrem oder des irdischen Besitzes (31, 6),
der Haurvatät oder Ganzheit, Vollkommenheit, der Ameretät
oder Unsterblichkeit (31,21. 33,8.9); er ist der Vater des
guten Sinns (Vohü-mano 31,8. 45,4), der Inbegriff des Wah-
ren (asha 31, 8); in ihm ruht die Armaiti, flie Erde, sie ist seine
Tochter (31, 9. 45, 4); auch der Erdgeist ruht in ihm (31, 9).
Diese Kräfte wiirden sehr früh personifizirt und als höchste Geister
dem Ahuramazda beigeordnet; man brachte mit ihm ihre Zahl auf
sieben und gab ihnen den allgemeinen Namen Amesha ^pentuy un-
sterbliche Heilige. Aber weder ihre Siebenzahl, noch ihr all-
gemeiner Name findet sich in den Gaihd's (die entschieden spätere
Ueberschrift von Cap. 28 ausgenommen). Man konnte sie um so
leichter personifiziren, als der Volksglaube an gute lebendige Geister
hier zu Hilfe kam. Nun entsteht die Frage, waren nicht gerade
sie die alten Ahura's Mazda's? Von einigen wird es sich nicht
läugnen lassen, wie von der Armaiti. Diese war eine Genie schon
iu älterer Zeit, wie die entsprechende Aramati des Weda lehrt, und
hatte schon früh die doppeltet Bedeutung Ergebenheit, Fröm-
migkeit und Erde. Schon mit weniger Grund können wir diess
bei Haurvatät und Ameretät annehmen, denn diese sind selbst in den
Gäthä's nie personifizirt, sondern nur Kräfte in der Hand des
höchsten Gottes. Khshathrem und Vohü-mano sind reine Begriffe und
ein blosses Produkt von Zarathustra's Speculation. Nach 33, 14
hat er das khshathra, den Begriff irdischer Macht und irdischen
Reichthums, zuerst eiugefiüirt. Vohü mano, der gute Sinn, ist
ein zarathustrischer Name des guten Grundprincips des Seins
und der gerade Gegensatz von akem mann, dem nichtigen Sinn^
dem Nichtsein (30, 3), wir finden davon auch den Comparativ
vahjö und sehr häufig den Superlativ vahistem; für Zarathustra selbst
war es ein blosser Begriff und sicher keine Person. Asha (skr. rta),
das Wahre, Wirkliche, Fortdauernde, der Inbegriff des Da-
seins, ist eigentlich nur ein Beiname der Ahura's mazda's, Dass er
aber bald, schon vor Zarathustra, Name eines besondern Genius
wurde, lässt sich nicht verkennen, da er als solcher in den unver-
kennbar alten Stücken, wie Cap. 28 u. 29, erscheint und in sicher
zarathustrischen Stücken dem Mazda gegenübergestellt wird (30, 10).
So ist die ganze Amesha-i^penHa-l^ehre theils aus altern Vorstellungen
des Geisterglaubens, theils a|is der Personification zarathustrischer
Begriffe hervorgegangen. Dieses geschah schon sehr früh, da wir in
<len Gäthä's Anrufungen von wenigstens vier einzelnen derselben (mit
Ausnahme Ahuramazda' s) , nämlich des Asha, Vohü-mano, Khshathra
und der Armaiti, finden (28, 2 — 6. 29, 11 n. s. w). Auch Zara-
thustra selbst vermied es nicht ganz, im Plural von der Gottheit
zu reden, wahrscheinlich, um sich besser dem Volke verständlich
machen zu können. Am durchgreifendsten und überwiegendsten tritt
die Einheit Ahuramazda' s in der zweiten Gäthä hervor, die verhält-
nissmässig die meisten acht zarathustrischen Verse enthält. Gelter
Abhandl. der DMG. II, ± 17
258 Hang, die Gdthas des Zarat/iustra. SaliUissabhandlang.
finden wir auch einen Dual (28, 2), wenn Ahura von Mazda ge-
trennt und als ein besonderer Genius gedacht ist. Die beiden sind
häufig ganz getrennt, ein deutlicher Beweis, dass sie ursprünglich
nicht einen Namen bildeten. Alle dem liegt eben noch die Vor-
stellung von einer Vielheit des göttlichen Wesens zu Grunde, die
Zarathustra nicht ganz aufheben konnte.
Während nach dieser Untersuchung Zarathustra aus den Volks-
vorstellungen von einem weissen Geist und von guten Genien durch
sein philosophisches Princip des Seins den Begriff eines lebendigen
persönlichen Gottes^ des Ahuramuzda, entwickelte, so können wir
nicht sagen, dass er aus dem Glauben an einen schwarzen Geist
und an böse Geister überhaupt vermittelst seines Princips des
Nichtseins den Iräniern einen persönlichen Teufel gegeben hätte.
Er mochte die schlimmen Einflüsse einer krassen Teufelsiehre voraus-
sehen; daher war er hier behutsam und bewegte sich meist nur in
Abstractionen. Er selbst gebraucht den Namen Anro maiiijus, die
später stehende Bezeichnung des Teufels, nie (ausgenommen in
dem Wortspiel von 44, 12, wo indess mainjus fehlt). Seine philo-
sophische Benennung des bösen Grundprincips ist akem, d.i. nichts
(outl), ein von ihm neugebiidetes Wort (30, 3), womit er zunächst
nur den Begriff des Nichtseins bezeichnen wollte und wovon wir
auch den Comparativ ashjo und den Superlativ acistem finden; in
physischer und ethischer Beziehung nannte er es drukhs , Verder-
ben und Lüge, was einer der gewöhnliclisten Namen ist; rein
physische Bedeutung hat die Bezeichnung aeshema, Angriff (29, 1),
rein ethische die von dusgagtis, Verläumdung, Schmähung (32, 9.
45, 1), die indess in die concrete von Verla umd er überzugehen
scheint; nur in der Bezeichnung dregvdOf Verderber, Lügner, die
aber auch für die Götterverehrer gebraucht wird, finden wir das
böse Princip deutlicher personifizirt (30, 5). Von einem besondern
Reich des bösen Geistes mit Ahriinan und sechs Erzdews an der
Spitze, wie wir es später finden, lässt sich noch keine Spur ent-
decken. Nach der acht zarathustrischen Anschauung (32, 3) sind
die Dadva's, die Götter, aus dem Princip des Nichtseins hervor-
gegangen, d. h. sie sind Schein, Lug und Trug; von einem Reich,
wo sie einen besondern Rang einnehmen, weiss er nichts. Aus dem
zarathustrischen Grundprincip des Nichtseins in Verbindung mit
dem Volksglauben an einen schwarzen Geist ist dann in späterer
Zeit, wohl schon durch einige seiner ersten Nachfolger, die seine
Philosophie nicht mehr begriffen, die Vorstellung von einerrt leib-
haftigen persönlichen bösen Grundwesen, das als gleich uranfänglich
dem Ähiiramazda gegenübergestellt wurde, hervorgegangen.
Der Glaube an einen Himmel und an eine Hölle findet sich
schon in" den Gäthd's. Ob Zarathustra denselben bereits vorfand,
oder ihn erst begründete, lässt sich nicht sicher entscheiden. Ich
vermuthe das Erstere. Der gewöhnliche Name für den Himmel ist
Garo-demdna (Liederwohnung), wo die Schaaren seliger Geister Lob-
Hang, die Gdthas des Zarathustra. Schlussabhandluug. 259
lleder singen (28, 10. 34, 2) und >vo Ahuramuzda wohnt, zu dem
die Magavas, die erleuchtetsten Freunde Zarathustra's, kommen
(51, 15) und ihm Lob und Preis darbringen (45, 8). Ein anderer
Name ist a^man 34, 7: welche nicht das Wahre denken, sind
fern vom glänzenden Himmel. Der Name der Hölle ist
Drugo-demdna, Wohnung der Lüge oder des Verderbens; hieher
kommen die Götterpriester, die das wahre Leben zu Grunde rich-
teten (46, 11), und alle, die Schlechtes denken, reden, thun und
glauben (49, 11). Mit dem Glauben an Himmel und Hölle hängt
die Vorstellung von der Brücke Cinvat zusammen, die im spätem
Pärsismus eine so grosse Rolle spielt. Üeber diese gelangen die
Frommen ins Paradies zur Lobpreisung Ahuramazdas (46, 10), die
Gottlosen (vornämlich die Götterpriester) müssen sie umgehen und
gelangen in die Wohnung des Verderbens (46, II). In einer
spätem Stelle (51, 13) ist von zwei Brücken Cinvat die Rede, gegen
welche die Seele des Verderbers anstürme. Man kann Cinvat nur
als Versammler, nicht als Richter deuten; denn von einem Ge-
richt nach dem Tode finden wir in den Gdthd's ebenso wenig^eine
Spur, als dort die reine Wurzel ci richten heisst. Die Vorstellung
bildete sich wohl aus dem Glauben von Zarathustra's und seiner
Jünger Gängen zu höhern Geistern, von denen er Unterricht und Be-
lehrung empfing (vgl. 46, 14. 16 f). Der Name Versammler be-
zeichnet ursprünglich wohl Zarathustra selbst oder den Genius Qraosha.
In der Vorstellung von den urviäno oder Seelen haben wir die
Grundlage des spätem Glaubens an die Fravashi oder Schutzgeister
(aus fravareti = Phraortes, Schützer, verderbt); sie sind die Seelen
der Verstorbeneji, welche ihre Nachkommen schützend umschweben
und für sie kämpfen (49, 11); sie folgen nur dem guten, nicht
dem bösen Geist (45, 2).
Druck von F. A. Brockliaus ii» Leipzig.
BL Windischmann, Friedrich
I5S5 Heinrich Hugo
W5 Mithra
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