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Full text of "Mitteilungen"

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MITTHEILUNGEN 


KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 

GEOGRAPHISCHEN  GESELLSCHAFT. 


III.  JAHRGANG  1859. 


REDIGIRT 


FRANZ    FOETTERLE, 

K-    K.  BKRGRATI1     ERSTEM  SECRETAR  »ER  K.  K.  GEOGRAPHISCHEN  GESEI.LSVHAKT 


WIEN,  1859. 

DRUCK      VON      M.    AÜER. 


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INHALT 

des    dritten    Bandes. 

Seite 

Statuten    der    k.    k.    geographischen   Gesellschaft       V 

Geschäftsordnung    der    k.    k.    geographischen    Gesellschaft VII 

Verzeichniss    der    Mitglieder    der    k.    k.    geographischen    Gesellschaft X 

Berichte   über   die   Versammlungen   der   k.   k.   geographischen    Gesellschaft. 

Jahresversammlung    am    9.    November    1858. 

Fürst   von    Salm    H.    Jahresbericht 1 

Foetterle    F.    Rechenschaftsbericht 10 

Verzeichniss  der  verschiedenen  fnstitute,  Gesellschaften  etc.j    mit  welchen   die   k.    k. 

geographische    Gesellschaft    in   Schriftentausch    getreten    ist (3 

Kintzl    L.    Antrag    des    Danke6    an    den    Präsidenten 17 

Wahl    von    Functionären 17 

Wahl    von    neuen   Mitgliedern  .        ^ .   *\^ 18 

Foetterle    F.    Vorlage    erhaltener    Geschenke    von    Hrn\pToyikar    M.    Kirchner 

in    Chartum    und    von    Hrn.    Freiherrn    von    Hiet^inger 18 

Fr-ankl    Dr.    L.    A.    Vorlage    mehrerer   seiner    Werke    und    des    Gedichtes    „an    die 

hingeschiedene  Freundin    I<ia    Pfeiffer"  .    .    .    .\ 18 

Matkovich   P.    Einsendung    der    topographischen    Karte    des    Gebietes    St.    Michel 

di    Lemmo    in    lstrien 18 

Versammlung   am    23.    November    1858. 

Czoernig   K.    Freih.    v.    Eröffnung    der  Versammlung 18 

Wahl    von    neuen    Mitgliedern 18 

Schmidt   Dr.   J.    Ueber    die    Metallbarometer 19 

Schmidt    Dr.    J.    Ueber    den    grossen   Do  na  tischen    Kometen 19 

H eifert  A.  Freih.  v.  Ueber  den  Mangel  eines  allgemeinen  topographischen  Le- 
xikons  von  Oesterreich 20 

Hauer  F.  v.  Vorlage  des  Werkes:  Reports  of  Exploration^  and  Surveys  to  ascer- 
tain  the  most  practicable  and  economical  rötete  for  a  reilroad  from 
the    Missisippi   river   lo    the   Pacißc    Ocean,    made    linder    the    Direction 

of  the   Secretary   of    War   in    1853  —  1854 21 

Foetterle    F.    Vorlage    von    100  Aquarell-Ansichten   aus    dem  Thal    der  Rienz    und 

Boite  und  dem  Drauthale  von  Hrn.  k.  k.  Rath  und  Professor  Th.  Ender.     25 

Eingegangene    Druckschriften 27 

Versammlung   am    7.    Dezember    1858. 
Czoernig    K.    zeigt    den    Verlust    mehrerer    Mitglieder    durch     den    Tod    an         .    .       27 

Wahl    neuer  Mitglieder 28 

Foetterle   F.    Vorlage    des   Werkes:    „das    mineralogische  Lexikon  für  das  Kaiser- 

thum    Oesterreich    von   V.    Ritter    von    Zepharovich" 28 

Foetterle  F.  Vorlage  von  A.  St  ein  hau  s  er's  Zusammenstellung  über:  Organi- 
sation    und    Fortschritt    der    militärisch- kartographischen    Arbeiten    in 

Oesterreich 28 

Foetterle    F.    Vorlage     einer    Reihe    landschaftlicher    Ansichten    des    obern    Save- 

Thales    vom    Hrn.    k.    k.    Rath    und   Prof.   Th.    Ender 28 

Eingegangene    Druckschriften 28 

Versammlung   am    21.    Dezember    1858. 

Wahl    neuer    Mitglieder 29 

Foetterle  F.  Vorlage  zweier  gezeichneter  Kartenwerke    der  Republik  Venedig  von 

Christoforo   Sorte 29 

I 


II 

Seite 
Guggenberger    M.    „lieber    eine    practische    bequeme    geographische  Maasseinheit 

als    genauer    Theilwerth    der    geographischen    Meile 31 

Ruthner    Dr.    A.    v.    Vorlage    von    Aquarell-Landschaften    aus    Salzburg    und    Tyrol 

von    Hrn.    k.    k.    Rath    und    Prof.    Tu.    Ender 34 

Eingegangene    Druckschriften 35 

Versammlung    am    4.    Jänner    1859. 

Foetterle    F.    Mittheilung    über   den    Tod    zweier  Mitglieder 36 

Foetterle  F.  Vorlage  der  Werke:   „der  milit.  Maria  Theresien-Orden"  von  J.  Hir- 
tenfeld   und    „les   saints  lieuxu    von  Mislin 36 

Foetterle  F.  Bericht  über  die  November-Sitzung  der  kais.  russisch. -geogr.  Gesellschaft  36 

Ha  i  din  ger  W.  Vorlage  von  :  „Lettre*,  sur  la  Turquie  par  M.  P.   de  Tchihatchef"  36 

H  ai  d  in  ger    W.    Vorlage   von    Prof.    Dr.    F.    Locher's    „Allgemeiner    Erdkunde"  .  37 

Haidinger    V\\    Mittheilungen    aus    einem    Schreiben    von    S.  R.  Murchison.     .  38 

Guggenberger    M.    Schilderung    des    Leopoldsteiner    See's 38 

Foetterle    F.    Vorlage    einer    grossen  Karte   von  Kleinasien 38 

Foetterle    F.    Vorlage    von    landschaftlichen    Aquarell-Darstellungen    aus    den    süd- 
lichen   Alpengegenden     von    Hrn.    k.    k.    Rath     und   Prof.    Th.    Ender  39 
Eingegangene    Druckschriften 39 

Versammlung    am    18.    Jänner    1859. 

Wahl   neuer  Mitglieder 41 

Foetterle    F.    Vorlage    eingegangener   Druckschriften 41 

Foetterle    F.    Vorlage    von  K.    v.    Sonklar*s    Mittheilung:    „Ueber  einige  Höhen- 
messungen der  Gebrüder  A.    und    H.    S  chlagi  n  t  weit" 41 

Haidinger    W.    Mittheilung    von    Nachrichten    von    der    „Novara" 41 

Haidinger    W.     Vorlage     mehrerer     von     Hrn.     E.     R.     Straznicky     erhaltener 

Zeitungsblätter 42 

Boleslawsky   G.    v.    Vorlage    ethnograph  scher  Gegenstände    aus  Egypten,    Nubien 

und  Sudan 43 

Kornhuber    Dr.    G.    A.    Ueber    das    Moor    „Schur" 43 

Foetterle    F.    Mittheilung    über    seine   Reise    nach    dem    Orient 44 

Eingegangene    Druckschriften 44 

Versammlung    am    1.    Februar    1859. 

Wahl    eines    neuen  Mitgliedes 45 

Foetterle    F.Vorlage  des  Werkes:    „Reisen    in    Central-Afrika"    v.   Dr.  H.    Barth  45 
Haidinger    W.    Nachricht    über    M.    v.    Riedwald's    Allgm.  Zeitg    f.   Wissenschaft  45 
Becker    Dr.    M.    Vorlage    der    von    dem    k.    k.    Ministerium    für    Cultus    und    Unter- 
richt   eingeführten    Lehrbücher    für    Volksschulen     .    .    .    : 46 

Foetterle    F.    Mittheilung    über    seine  Reise    nach    dem  Orient 46 

Eingegangene    Druckschritten 46 

Versammlung    am    15. "Februar    1S59. 

Wahl  neuer   Mitglieder 47 

Foetterle    F.    Mittheilung    über    seine  Reise    nach   dem  Orient 47 

Stäche  Dr.  G.  Darstellung  der  geologisch-geographischen  Beschaffenheit  der  Tschit-  47 

scherei    in    Istrien 47 

Eingegangene    Druckschriften 48 

Versammlung    am    1.    März    1859. 

Wahl    eines    neuen   Mitgliedes 49 

Streffleur    V.    Ueber    die    Configuration    des    Terrains    innerhalb    des    Weichbildes 

von    Wien 49 

Zhishman   Dr.  Jos.  Ueber  den  Zug  Alarich's    nach  Griechenland,  dem  Pelopones 

und   Epirus 50 

Stur    D.    Nachtrag    zu    den    Mittheilungen    und   Untersuchungen    über    das  Erdbeben 

zu    Sillein    am    15.    Jänner    1858    von    Hrn.    Joseph    Kiemen s    ...  51 
Lorenz    Dr.    J.    Ueber  die  Versumpfungen  in  den  oberen  Flussthälern  der  Salzach, 

Enns    und    Mur 55 

Eingegangene    Druckschriften 57 

Versammlung    am    22.    März    1859. 

Foetterle    F.    Mittheilung    über    den    Tod   zweier    Mitglieder 58 

Wahl    neuer  Mitglieder 58 


III 

Seite 

Becker    Dr.   M.    Ueber  die    topographischen  Verhältnisse    im  Umkreis    des   Oetscher  59 

Foetterle  F.  Vorlage  sämmtlicher  Manuscripte  Dr.  W.  Helfer's  über  Hinter-Indien  59 
Foetterle    F.  Vorlage  der  „Land-  und  Seekarte    des  mittelländischen  Meeres  nebst 

den    angrenzenden    Ländern    von    Dr.    Henry    Lange" 59 

Foetterle  F.  Vorlage   des    Werkes   Dr.  Bö'ttgers:   „Das    Mittelmeer." 59 

Foetterle    F.   Mittheilung    über    Don    Mazza's    Institut   in    Verona 59 

Foetterle  F.    Mittheilung    über    die    wissenschaftliche    Reise    des    Herrn    Dr.    Th. 

Kotschy    nach    dem   Taurus    und    Kurdistan 60 

Eingegangene   Druckschriften 60 

Versammlung    am    5.    April   1859. 

Wahl    neuer    Mitglieder 62 

Haidinger    W.  Mitteilung    von    Nachrichten    von    den    Novara-Reisenden      ...  62 

Müller    Dr.    Fr.   Mittheilungen    über    eine    Reise    nach    Grodno 69 

Zhishman    Dr.  J.    Alarichs    Zug  nach    Italien        69 

Eingegangene    Druckschriften 70 

Versammlung   am    3.    Mai   J859. 

Wahl    eines    neuen   Mitgliedes 71 

Foetterle    F.   Mittheilung    des    Verlustes    durch    den    Tod    der    korrespondirenden 

Mitglieder  P.    von  Sick,    und    0.  Sendtner 72 

Foetterle  F.  Vorlage  der  Abhandlung  „Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Un- 
garn"   von   Fr.    Ritter    v.    Hauer 72 

Foetterle  F.  Vorlage  der  Mittheilung  „über  die  Quellen  des  liburnischen  Kar- 
stes  und    der    vorliegenden    Inseln"  von    Dr.    J.    R.    Lorenz    .    .    .    .       72 

Haidinger    W.   Vorlage   der    Abhandlung:    „Das    Delta    des    Nil    von  Cap.  Spratt     72 

Wolf  H.    Die    Strassen-    Fluss-    und    Eisenbahnnivellements    im    Honther    und    Neo- 

grader-Comitate    in    Ungarn       73 

Steinhauser    A.    Vorlage    von    Kartenwerken    über    Bayern 73 

Versammlung   am    17.  Mai    1859. 

Andrian    Frh.    v.    Vorlage    mehrerer    Berichte    an    das    engl.    Parlament 76 

Foetterle    F.    Ueber    die  Teraingestaltung  des  nordwestlichen  ungarischen  Gebirgs- 

landes 77 

Ruthner    Dr.    A.    v.    Uebergang    aus    dem    Oetzthal   in  das    Pitzthal 7  7 

Eingegangene    Druckschriften 77 

Versammlung    am    7.  Juni    1859. 

Wahl    neuer    Mitglieder 78 

Foetterle    F.    Die    Publication    der  h.    Mechitaristen-Congregation    auf    S.  Lazaro      78 
Foetterle   F.    Die   hydrographischen    Verhältnisse    des    Kreises:  Unter  dem  Wiener- 
Wald     78 

Ruthner    Dr.    A.    v.    Uebergang   -von    dem    Oetzthal    in    das    Pitzthal 78 

Foetterle  F.  Bericht  des  Herrn  J.  M.  Ziegler  über  den  Vorgang  der  topo- 
graphischen Arbeiten  in  der  Schweiz,  über  'Munzingers  Reisen  in 
Afrika / 79 

Versammlung    am   18.    Ocktober    1859. 
Genehmigung    der    erfolgten    Uebergabe    einer   Medaille    an    die    Equipage  der    k.    k. 

Fregatte    „Novara" 86 

Foetterle  F.  Einladung  zur  Subscription  von  Beiträgen  für  die  A.  v.  Hum- 
boldt-Stiftung           87 

Wahl    neuer   Mitglieder 87 

Foetterle    F.    Vorlage  der   Karten   der    beiden    Hemisphären   von    Dr.    C.    Vogel 

in    Leipzig 87 

Haidinger  W.    Schreiben  von  Dr.  D.  Livingstone    aus    Tette   am    Zambesi-FIusse     87 

Haidinger    W.    Schreiben   des    Hrn.    Dr.    R.  Ave- Lalle mant 89 

Haidi nger    W.     Bericht   über   die    neuesten    von    Hrn.   Dr.  F.   Hochstetter    von 

Auckland    und   Nelson    erhaltenen    Nachrichten 91 

Haidinger   W.  Ueber   Dr.    F.   Liharzik's    Werk   „das    Gesetz    des   menschlichen 

Wachsthums 94 

Frauenfeld  G.  Notizen  zur  Kenntniss  über  die  Insel  Neu-Amsterdam  ....  94 
Haidinger   W.    Das    dritte   und    letzte   Jahr   der   Erdumseglung    der  k.  k.  Fregatte 

„Novara"  von    Dr.    K.    Scherz  er 94 

1* 


IV 

Seite 
Foetterle   F.     Vorlage    zweier    Mittheilungen    des    Hrn.    Prof.    L.    H.    Jeitteles 

in   Kaschau 95 

Foetterle    F.    Notiz    über    die    Planina-Grotte    von    Dr.    E.    H.    Costa 97 

Eingegangene    Druckschriften 97 

Abhandlungen. 

I,    Fligely    A.    v.    Organisation    und    Fortschritt    der    militär- kartographischen 

Arbeiten    in    Oesterreich 1 

II.    Scherzer    Dr.    K.    und    Schwarz    Dr.    E.    Lieber    Körpermessungen      .    .       11 
III.    Matkovich    P.   Topographische    Karte    des    Gebietes    St.    Michel  di  Lemmo 

in   Istrien     ....         32 

IV.    Schmidt    J.    F.    Ueber    den    Reichenauer-Berg    in    Mähren 38 

V.  Barth  Dr.  W.  Versuch  einer  Erklärung  der  verhältrrissmä<sig  höhern  Tem- 
peratur an  den  Polen  der  Erde  aus  dem  Verhältniss  zwischen  Sonne 
und    Erde 44 

VI.  Sonklar    K.   v.    Ueber    einige    Höhenmessungen    der    Gebrüder    A.    und    H. 

S  c  h  1  a  g  i  n  t  w  e  i  t 58 

VII.  Pechmann   E.    Die    geographische    Breite   von    Insbruck 65 

VIII.    Hauer    F.    Ritter    v.    „Höhenmessungen    im    nordöstlichen    Ungarn*    ...       71 

IX.  Lorenz    Dr.    J.   R.    Die    Quellen    des    liburnischen    Karstes    und    der   vor- 

liegenden   Inseln 103 

X.  Steinhauser    A.  Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Baiern        108 
XL    Wolf  H.    Strassen-,     Fluss-,    und    Eisenbahn-Nivellements   im  Honther-  und 

Neograder-Comitate    Ungarns 120 

XII.    Ruthner    Dr.    A.    v.    Uebergang    aus    dem    Oetzthal    in      das     Pitzthal     über 

den    Hocbvernagt-    und    Sechsegertenferner 130 

XIII.  Dr.  F.    Müller.    Mittheilungen    über    eine    Reise    nach  Grodno  in   den  Bialo- 

wescher-Wald    und    über    die    Auerochsen 155 

XIV.  Dr.  J.  W.    Helfer's     gedruckte    und    ungedruckte    Schriften     über    die    Te- 

nasserim-Provinzen,  den    Mergui-Archipel    und    die    Andamanen-Inseln        167 
XV.    Jeitteles    L.    H.    Quellentemperatur-Messungen    in    den    Sudeten    und    Kar- 

pathen 390 

XVI.    Jeitteles    L.    H.    Das   Erdbeben    am    15.    Jänner    1858    in    den    Karpathen 

und     Sudeten   in    seinen    Beziehungen    zur    Atmosphäre 397 

XVII.    Scherzer    Dr.    K.    Das    zweite   Jahr    der     Erdumseglung    Sr.    Maj.    Fregatte 

„Novara" 414 

XVIII.    Scherzer    Dr.    K.    Das    dritte    und    letzte    Jahr    der  Frdumeglung    Sr     Maj. 

Fregatte    „Novara"       425 


STATUTEN 

DER  KAISERLICH  KÖNIGLICHEM 

GEOGRAPHISCHEN  GESELLSCHAFT. 


I.  Zweck  und  Mittel. 

1.  Der  Zweck  der  Gesellschaft  ist,  die  Interessen  der  geographischen  Wissen- 
schaft  in    ihren    verschiedenen    Richtungen    zu    fördern. 

2.  Die  Mittel  zur  Erreichung  dieses  Zweckes  sind  periodische  Versammlungen, 
Herausgabe  von  Druckschriften  und  Karten,  Unterstützung,  Zuerkennung  von  Preisen, 
anzulegende  Sammlungen  von  Büchern,  Karten  und  andern  zweckdienlichen  Gegenständen. 

3.  Die  Gesellschaft  schöpft  die  Mittel  zur  Bestreitung  ihrer  Auslagen  und  Ver- 
mehrung ihres  Besitzes  aus  Beiträgen,  welche  sie  erhält  an  Geld  und   andern  Gegenständen. 

II.   Bildung  und  Erneuerung. 

4.  Die  Gesellschaft  besteht  aus:  a)  ordentlichen  Mitgliedern,  b)  ausserordentlichen 
Mitgliedern,  e)  correspondirenden  Mitgliedern  und  d)  Ehrenmitgliedern  a.  im  Inlande 
ß  im  Auslande. 

5.  Ordentliche  Mitglieder  sind  diejenigen,  welche  einen  Jahresbeitrag  von  5  Gul- 
den C.  M.,   oder  für  Lebenszeit  die    12*  2fache    Ausgleichungssumme  per  62  fi.  30  kr.  zahlen. 

Ausserordentliche  Mitglieder  sind  diejenigen,  welche  einen  jährlichen  Beitrag  von 
mindestens   10    fl.    C.  M.  leisten. 

6  Zur  Aufnahme  als  ordentliches  oder  ausserordentliches  Mitglied  wird  der  Name 
von  einem  Mitgliede  dem  Ausschusse  vorgeschlagen,  von  diesem  der  nächsten  Gesammt- 
versammlung    empfohlen    und    durch    absolute    Majorität    angenommen. 

7.  Dieses  Verfahren  ist  für  jene  Personen,  welche,  sich  vorbehaltlich  der  Aller- 
höchsten Genehmigung  und  ihrer  eigenen  Annahme  der  Statuten  als  eventuelle  Mitglie- 
der   der    Gesellschaft    erklären,    nicht    mehr    erforderlich. 

8.  Zu  correspondirenden  Mitgliedern  werden  jene  Personen  gewählt,  welche, 
ohne  einen  Beitrag  zu  leisten,  die  Interessen  der  geographischen  Gesellschaft  durch 
ihre    persönliche    Thäthigkeit    fördern. 

9.  Zu  Ehrenmitgliedern  a.  im  Inlande  oder  ß.  im  Auslande,  sollen  solche  Per- 
sonen gewählt  werden,  welchen  die  Gesellschaft  für  ihre  ausgezeichneten  Verdienste 
um  die  Förderung  der  geographischen  Wissenschaft  eine  besondere  Anerkennung  dar- 
zubringen   wünscht. 

10.  Sowohl  die  Correspundenten,  wie  die  Ehrenmitglieder  werden  vom  Aus- 
schusse der  Gesammtversammlung  vorgeschlagen  und  mit  absoluter  Stimmenmehrheit 
gewählt.  Die  Aufnahme  eines  Ausländers  als  Mitglied  der  Gesellschaft  hat  nicht  ohne 
Genehmigung    des    Ministeriums    des    Innern   zu   geschehen. 

III.  Rechte  und  Pflichten. 

11.  Alle  Mitglieder  sind  verpflichtet,  die  Zwecke  der  Gesellschaft  innerhalb  der 
durch  die  Statuten  gezogenen  Grenzen  nach  Kräften  zu  fördern;  die  ordentlichen  und 
ausserordentlichen  Mitglieder  überdiess  auch  die  jährlich  zu  entrichenden  Beiträge  regel- 
mässig zu  zahlen.  —  Die  VerahsJiumung  der  Einzahlung  des  Jahresbeitrages  nach 
Jahresfrist    wird    als    Austrittserklärung    betrachtet. 

12.  In  den  Gesammtversammlungen  hat  jedes  anwesende  Mitglied  Eine  Stimme. 
Es  hat  das  Recht,  Anträge  zu  stellen,  welche  an  den  Ausschuss  zu  richten  und  schrift- 
lich   dem    Secretär    zu    übergeben    sind. 

Die  Mitglieder  werden  durch  Druckschriften,  welche  sie  unentgeltlich  in  Empfang 
nehmen  können,  in  der  Kenntniss  der  Vorgänge  erhalten.  Sie  benützen  die  Samm- 
lungen   nach    den    in    der    Geschäftsordnung    bestimmten    Normen. 

IV.  Geschäftsführung-  und  Leitung. 

13.  Die  Geschäftsführung  geschieht  theils:  a)  in  den  Gesammtversammlungen 
durch    die  versammelten  Mitglieder,    b)    durch    die    von  denselben   gewählten   Functionäre. 

14.  Die  den  Gesammtversammlung-en  zur  Entscheidung  vorbehaltenen  Geschäfte 
sind:    a)   Wahl    aller    Mitglieder,    b)    Wahl  der    Functionäre,    c)    Annahme  der    Geschäfts- 


VI 

Ordnung,    d)    die   Genehmigung   des   jährlich  zu    legenden  Rechnungsberichtes,  e)    Aende- 
rung  der    Statuten,    wobei    übrigens    die    Allerhöchste    Genehmigung  vorbehalten    ist. 

l.j.  In  der  Regel  findet  jeden  Monat  eine  Gesammtversammlung  statt.  Der  Tag 
derselben    wird    in    der   Wiener    Zeitung    bekannt     gemacht. 

16.  Ausserordentliche  Versammlungen  können  nur  durch  den  Ausschuss  bestimmt 
werden,    und    müssen    dann    ebenfalls   in    der    Wiener    Zeitung  bekannt    gemacht    werden. 

17.  Alle  übrigen  Geschäfte  besorgt  ein  Ausschuss  durch  die  Functionäre.  Diese 
bilden  einen  Körper,  der  in  seiner  vollständigen  Zusammensetzung  aus  34  Vertrauens- 
männern besteht,  a)  Ein  Präsident  mit  einjähriger  Functionsdauer.  b)  Sechs  Vice-Prä- 
sidenten  mit  zweijähriger  Functionsdauer  und  jährlicher  Erneuerung  der  Hälfte.  Nach 
dem  ersten  Jahre  bestimmt  das  Loos  die  Austretenden,  c)  Zwei  Secretäre.  d)  Ein 
Rechnungsführer,  e)  Ein  Cassier,  und  zwar  alle  vier  mit  einer  in  der  Geschäftsord- 
nung zu  bestimmenden  Functionsdauer.  f)  Zwei  Prüfungscommissäre  der  Jahresrechnungen 
mit  einmaliger  Function  der  Prüfung,  g)  Einundzwanzig  Ausschussmänner  mit  dreijäh- 
riger Functionsdauer  und  jährlicher  Erneuerung  eines  Drittheils.  Nach  dem  ersten  und 
zweiten    Jahre    bestimmt    das    Loos    die     Austretenden. 

18.  Der  Präsident  und  die  sechs  Vice-Präsidenten  sind  nach  dem  Austreten 
nicht    sogleich  wieder    zu    derselben    Function    wählbar. 

19.  Der  Präsident  leitet  die  Verhandlungen  in  den  Gesammt-  und  Ausschuss- 
Sitzungen,  welche  letztere  er  beruft.  Er  gibt  am  Schlüsse  seines  Functionsjahres  einen 
Jahresbericht. 

20.  Die  Vice-Präsidenten  unterstützen  den  Präsidenten  in  der  Geschäftsleitung 
und    vertreten    denselben  nach    einem    einmonatlichen    Turnus. 

21.  Die  Secretäre  führen  die  Protokolle  in  den  Sitzungen,  besorgen  die  Corre- 
spondenz  und  überwachen  die  Sammlungen.  Einer  der  Secrectäre  legt  den  im  Aus- 
schuss   berathenen,    jährlich  zu  legenden  Rechenschaftsbericht   in  der  Gesammtsitzung  vor. 

22.  Der  Rechnungsführer  und  der  Cassier  besorgen  die  Geldangelegenheiten  der 
Gesellschaft. 

23.  Sämmtliche  Functionäre  werden  von  dem  Präsidenten  oder  von  dem  ihn 
vertretenden  Vice-Präsidenten  zu  Ausschuss-Sitzungen  berufen,  in  welchen  die  Anwe- 
senden   Stimme    haben. 

V.  Vertretung  und  Schlichtung  von  Streitigkeiten. 

24.  In  diesen  Ausschuss-Sitzungen  werden  sämmtliche  Geschäfte  der  Gesellschaft 
erledigt,  welche  nicht  der  Gesammt- Versammlung  vorbehalten  sind;  die  vor  die  letztere 
kommmenden  Fragen  und  Anträge  näher  erwogen  und  die  zu  fassenden  Entschlüsse 
vorbereitet. 

25.  Sowohl  für  die  Gesammt-  wie  Ausschuss-Sitzungen  leitet  ein  Secretär  die  Vor- 
bereitungen. 

26.  Jede  Abstimmung,  sowohl  in  den  Gesammt-  wie  Ausschuss-Sitzungen  geschieht 
nach    absoluter    Majorität    der    Stimmen. 

27.  Ueber  jede  Gesammt-  und  Ausschuss-Sitzung  wird  ein  Protokoll  geführt, 
welches  von  dem  jedesmaligen  Vorsitzenden,  dem  Sekretär  und  einem  anwesenden 
Ausschussmanne    gefertigt    wird. 

28.  Die  Gesellschaft  wird  durch  den  Präsidenten  oder  im  Falle  seiner  Verhin- 
derung durch  den  ihn  vertretenden  Vice-Präsidenten  gemeinschaftlich  mit  einem  Sekre- 
tär   nach    aussen    und   den    Behörden   gegenüber    vertreten. 

29.  Der  Natur  der  Gesellschaft  nach  sind  eigentliche  Streitigkeiten  nicht  denkbar 
—  Die  etwa  eintretenden  Verschiedenheiten  der  Ansichten,  die  sich  auf  die  Erreichung 
der  gesellschaftlichen  Zwecke  beziehen,  werden  in  den  Ausschuss-Sitzungen  vorgetragen 
und  in  Anträge  formulirt,  in  einer  Gesainmt-Sitzung  zur  Entscheidung  vorgelegt. 

VI.  Auflösung  der  Ciesellschaft. 

30.  Im  Falle  der  Auflösung  der  Gesellschaft,  welche  vorläufig  zur  Kenntniss  der 
politischen  Landesstelle  zu  bringen  ist,  entscheidet  die  Gesammt-Sitzung  über  die  Moda- 
litäten der  Auflösung,  insbesondere  aber  über  die  bezüglich  des  Gesellschaftsvermö- 
gens   zu    treffenden  Verfügungen. 


VII 


GESC HAFTS-ORDNUNG 

DER    KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 

GEOGRAPHISCHEN -GESELLSCHAFT. 


Der  Zweck  der  Gesellschaft  ist  die  Förderung  der  geographischen  Wissenschaft 
in  ihren  verschiedenen  Richtungen  und  zwar  durch  periodische  Versammlungen,  Heraus- 
gabe von  Druckschriften  und  Karten,  Unterstützungen,  Zuerkennung  von  Preisen,  an- 
zulegende Sammlungen  von  Büchern.  Karten  und  andern  zweckdienlichen  Gegenständen. 
Die  Geschäftsordnung  hat  daher  nähere  Erörterungen  für  alle  diese  Zweige,  so  wie 
für    die    Geschäftsführung    im    Allgemeinen    zu    enthalten. 

Die    Geschäftsordnung    geschieht:    a)    durch    die    Functionäre: 

I.  Der  Präsident. 

§.  1.  Der  Präsident  führt  bei  allen  Sitzungen  den  Vorsitz,  eröffnet  dieselben, 
leitet    die    Verhandlungen,    und    schliesst    sie. 

§.  2.  Er  unterfertigt  die  Diplome  und  alle  wichtigeren  Akten,  in  welchen  die 
Gesellschaft    als    Ganzes    nach    Aussen    und    den    Behörden    gegenüber    repräsentirt    ist. 

§.    3.    Er    beruft    die    Ausschuss-Sitzungen. 

§.  4.  Er  nimmt  die  von  dem  Rechnungsführer  und  Kassier  von  drei  zu  drei 
Monaten    verfassten    Rechnungsabschlüsse    zur    Kenntniss. 

§.  5..  Er  weiset  specielle  wissenschaftliche  oder  administrative  Gegenstände  in 
vorkommenden  Fällen  eigenen  Referenten  aus  der  Zahl  der  Ausschuss-  oder  der  übrigen 
Mitglieder   zu. 

§.    6.    Er    gibt    am    Schlüsse    seines    Functionsjahres    einen    Jahresbericht. 

§.  7.  Im  Verhinderungsfalle  wird  er  durch  den  in  der  Tour  stehenden  Vice- 
präsidenten    vertreten, 

11.    Vice-Präsidenten. 

§.  8.  Die  sechs  Vicepräsidenten  vertreten  den  Präsidenten  in  allen  seinen  Func- 
tionen   und    zwar    von    Monat    zu    Monat  abwechselnd  in   alphabetischer   Reihenfolge. 

111.  Secretäre. 

§.  9.  Den  beiden  Secretären  fallen  alle  die  Geseilschaft  betreffenden  admini- 
strativen   Geschäfte   zu,    in    welche    sie    sich  theilen. 

§.  10.  Alle  an  die  Gesellschaft  gerichteten  Zusendungen  gehen  an  den  ersten 
Secretär;  derselbe  beantwortet  alle  Briefe,  Anfragen  und  Akten  im  Einverständnisse 
mit  dem  Präsidenten  und  legt  sie  nöthigenfalls  berichterstattend  in  der  Ausschuss- 
sitzung vor. 

§.  11.  Er  trägt  die  in  den  Ausschusssitzungen  formulirten  Anträge  in  den  Ge- 
sammtsitzungen    zur    Entscheidung   vor. 

§.  12.  Er  legt  ferner  alle  eingegangenen  Tausch-  oder  Geschenkgegenstände 
in  den  Gesammtversammlungen,  so  wie  die  an  die  Gesellschaft  eingesendeten  wissen- 
schaftlichen   Aufsätze    dem    Ausschusse    vor. 

§.  13.  Er  führt  über  die  für  die  Gesammtversammtung  angemeldeten  Vorträge 
eine    eigene  Aufschreibung. 

§.  14.  Er  unterfertigt  mit  dem  Präsidenten  alle  Diplome  und  alle  Akten,  sowie 
allein  die   minderwichtigen    kurrenten,    administrativen    Gegenstände   der   Correspondenz. 

§.  15.  Er  verfasst  den  am  Schlüsse  des  Jahres  zu  legenden  Rechenschaftsbe- 
richt und  legt  ihn  der  Ausschusssitzung  und  der  allgemeinen  Versammlung  vor.  Dieser 
Rechenschaftsbericht  enthällt  zugleich  den  Rechnungsabschluss  des  Jahres,  sowie  Vor- 
anschläge. 

§.  16.  Er  leitet  im  Einverständnisse  mit  dem  Präsidenten  den  Druck  der  Ge- 
sellschaftsschriften. 

§.    17.    Er   führt    über    die    Mitglieder    ein    genaues    Verzeichniss. 

§.    18.    Er    führt  die    Kanzlei direction. 

§.    19.   Er   unterfertigt  alle  an  den  Kassier  zur  Auszahlung  gerichteten  Anweisungen. 

§.    20.    Die   Function   des    ersten    Secretärs    dauert  vier   Jahre. 


VIII 

§.  21.  Der  zweite  Secretär  führt  bei  allen  Sitzungen  das  Protokoll  und  un- 
terstützt   den    ersten    Secretär    in    allen   seinen    Geschäften. 

§.  22.  Er  besorgt  ferner  die  Ordnung  und  Aufsicht  der  Bibliothek  und  der 
Sammlungen,    worüber    er   genaue    Kataloge    führt. 

§.  23.  Er  führt  ferner  über  alle  an  die  Gesellschaft  eingegangenen  Gegenstände 
eine    chronologische    Vormerkung    und    eine    eigene    Inventarsrechnung. 

§.  24.  Die  Function  des  zum  ersten  Mal  gewählten  zweiten  Secretärs  dauert 
zwei   Jahre,    später  ebenfalls    4    Jahre. 

IV.   Rechnungsführer. 

§.  25.  Der  Rechnungsführer  nimmt  alle  an  den  Verein  gelangenden  Gelder  in 
Empfang  und  übergibt  sie  dem  Kassier  zur  Aufbewahrung,  worüber  ein  eigenes  Vor- 
merkungsbuch   zwischen    Beiden   geführt    wird. 

§.  26.  Er  übernimmt  alle  zur  Zahlung  einlangenden  Contos  und  weiset  den  Be- 
trag zur  Auszahlung  an  den  Kassier  mittelst  eigener  vorgedruckten  Anweisungen,  die 
vom    Secretär    mitgefertigt    sind. 

§.  27.  Er  führt  über  sämmtliche  Einnahmen  und  Ausgaben  eine  eigene  Geld- 
rechnung und  übergibt  dem  Präsidenten  von  drei  zu  drei  Monaten  einen  vom  Kas- 
sier   mitgefertigten    Kechnungsabschluss. 

§.    28.   Er    unterfertigt    mit    dem    Kassier    die    Jahreskarten. 

§.  29.  Er  bereitet  alljährlich  einen  vollständigen  Jahresabschluss  vor  und  über- 
gibt   denselben    dem    ersten    Secretär. 

§.    30.    Die    Function    des    Rechnungsführers    dauert    drei    Jahre. 

V.  Kassier. 

§.  31.  Der  Kassier  nimmt  die  ihm  vom  Rechnungsführer  übergebenen  Gesell- 
schaftsgelder   in    Empfang    und    führt    hierüber    eine    geuaue    Aufschreibung. 

§.  32.  Er  zahlt  alle  an  ihn  gerichteten  vom  Rechnungsführer  und  Sekretär  un- 
terfertigten   Anweisungen  aus,    und   verzeichnet   dieselben. 

§.  33.  Sobald  die  Baarschaft  Einhundert  Gulden  übersteigt,  legt  er  sie  frucht- 
bringend  an.  „    • 

§.-  34.  Er  unterzeichnet  alle  vom  Rechnungsführer  verfassten  dreimonatlichen , 
und    Jahresrechnungen,    so   wie    die   Jahreskarten. 

VI.  Prüfungs-Commissäre. 

§.   35.    Die    Function    des   Kassiers    dauert    zwei    Jahre. 

§.  36.  Die  Prüfungs-Commissäre  revidiren  die  vom  Rechnungsführer  zu  legende 
Jahresrechnung  und  die  vom  zweiten  Secretär  zu  führende  Inventarialrechnung  am 
Jahresschlüsse. 

VII.  Ausschussmitglieder. 

§.  37.  Die  Ausschuss -Mitglieder  haben  in  den  Aussohuss- Sitzungen  entschei- 
dende  Stimme. 

§.  38.  Sie    übernehmen    in    vorkommenden    Fällen    Referate   zur   Erledigung, 
b)  durch   die 

Gesammt-  Versammlungen. 

§.  39.  Den  Vorsitz  bei  diesen  fü'irt  der  Präsident ;  ist  dieser  nicht  anwesend,  so 
übernimmt  der  Monats-Vicepräsident,  als  dessen  Stellvertreter  den  Vorsitz.  Sollte  der- 
selbe nicht  anwesend  sein,  oder  den  Vorsitz  ablehnen,  so  folgt  der  nächstgereihte 
Monats-Vicepräsident  u.   s.    f. 

§.  40.  Sollte  auch  keiner  der.  Vicepräsidenten  anwesend  sein,  oder  den  Vorsitz 
ablehnen,  so  leitet  ein  im  Alphabet  zunächst  folgendes  Ausschussmitglied  die  Verhand- 
lungen. 

§.  41.  Gegenstände  der  Gesammtsitzungen  sind:  die  wissenschaftlichen  Vorträge,  die 
die  Gesellschaft  betreffenden  Mittheilungen,  und  die  der  Gesammt-Versammlung  durch 
die    Statuten  vorbehaltenen    Geschäfte. 

§.    42.   Die    Vorträge    werden    von   den   Mitgliedern    der    Gesellschaft  gehalten. 

§.  43.  In  besonderen  Fällen  ladet  der  Präsident  oder  der  erste  Secretär,  im 
Einverständnisse  mit  demselben,  zur  Abhaltung  eines  Vortrages  auch  solche  Personen 
ein,    welche   nicht  Mitglieder    der   Gesellschaft    sind. 

§.  44.  Wer  einen  Vortrag  zu  halten  beabsichtigt,  wird  ersucht,  davon  dem  er- 
sten Secretär  schriftlich  oder  mündlich,  wo  möglich  zwei  Tage  vor  der  Versammlung, 
die  Mittheilung  zu   machen. 


IX 

§.  45.  Zrir  Beschlussfähigkeit  der  Gesammtversammlung  ist  die  Anwesenheit  von 
mindestens   einundzwanzig   Mitgliedern    erforderlich. 

Jahres- Versammlung. 

§.  46.  Die  erste  Gesanimtversamuilung  im  Monat  November  eines  jeden  Jahres 
wird  zugleich  als  Jahresversammlung  betsaehtet,  in  welcher  der  Jahresbericht  und  der 
Rechenschaftsbericht    vorgelegt    wird. 

§.  47.  In  derselben  werden  die  erforderlichen  Wahlen  der  Functionäre  vor- 
genommen. 

Ausschuss-Sitzungen. 

§.    48.    Zu    den    Ausschuss-Sitzungen  werden  die  Functionäre  besonders  eingeladen. 

§.  49.  In  denselben  führt  der  Präsident  oder  der  ihn  vertretende  Monatspräsi- 
dent den  Vorsitz.  Die  Sitzung  beginnt  mit  der  Vorlesung  des  Protokolls  der  vorher- 
gegangenen  Ausschuss-Sitzung. 

§.  50.  Gegenstände  der  Ausschuss-Sitzungen  sin>l:  die  Berichte  des  ersten  Se- 
cretärs  über  die  gefassten  Beschlüsse,  die  wichtigsten  die  Gesellschaft  betreffenden  Ein- 
laufe,   und    die    eingegangenen    Anträge. 

§.  51.  Zur  Beschlussfähigkeit  ist  die  Anwesenheit  von  mindestens  sieben  Func- 
tionären    erforderlich. 

§.  52.  Alle  anwesenden  Functionäre  sind  stimmfähig,  bei  gleicher  Stimmenzahl 
entscheidet    der    Präsident. 

§.  53.  Auf  Verlangen  eines  Mitgliedes  ist  über  den  Schluss  der  Debatten  ab- 
zustimmen. Sobald  der  Schluss  der  Debatte  ausgesprochen  ist,  hat  nur  noch  der  An- 
tragsteller   oder   Berichterstatter    das   Recht    zum    Worte. 

§.  54.  Bei  der  Fragestellung  ist  ein  Antrag  auf  Aussetzung  des  Beschlusses  auf 
eine  spätere  Zeit  vor  allen  materiellen  Verbesserungsvorschlägen  zur  Abstimmung  zu 
bringen.  Von  zwei  selbstständigen  Anträgen  ist  derjeige  zuerst  zur  Abstimmung  zu 
bringen,  durch  dessen  Annahme  der  andere  Antrag  von  selbst  hinwegfällt.  Ausser  die- 
sem Falle  hat  der  weitergehende  Antrag  den  Vorrang  vor  dem  andern.  Im  Uebrigen 
gehen    Verbesser'ings-Vorschläge    den    Hauptanträgen    vor. 

Herausgabe  von  Druckschriften. 

§.  55.  Die  Gesellschaft  veröffentlicht  Druckschriften,  deren  Ausdehnung  von  den 
vorhandenen    Geldmitteln    abhängt. 

§.  56.  Diese  sollen  enthalten:  a)  die  Sitzungsberichte  über  die  Gesammtsitzun= 
gen  der  Gesellschaft,  b)  Abhandlungen  sowohl  von  Mitgliedern,  wie  von  Nichtmitglie- 
dern    über    geographische    Gegenstände. 

§.  57.  Die  Abhandlungen  werden  »on  den  Sitzungsberichten  dadurch  getrennt 
gehalten,    dass    sie    eine   abgesonderte    Paginirung    erhalten. 

§.  58.  Jeder  Verfasser  erhält  von  seiner  gelieferten  Abhandlung  fünfzig  Se- 
paratabdrücke gratis. 

§.  56.  Die  Redaction  führt  der  erste  Secretär  in  Einvernehmen  mit  dem  Prä- 
sidenten. 

Bibliothek. 

§.  60.  Alle  an  die  Gesellschaft  einlangenden  Druckschriften  und  Karten  wer- 
den  in    einer  Bibliothek   aufbewahrt,    deren    Aufsicht    der   zweite    Secretär  führt. 

§.  61.  Ueber  dieselben  wird  ein  gehöriger  Katalog  und  ein  chronologisches  Vor- 
merkbuch der    einlangenden    Gegenstände    geführt. 

§.  62  Jedes  Mitglied  ist  berechtigt,  aus  der  Bibliothek  die  Druckschriften  zu 
benützen. 

§.  63.  Gegen  jede  Entlehnung  aus  dem  Vereinslokale  wird  eine  Empfangsbe- 
stätigung  ausgestellt. 

§.  Auch  andere  an  die  Gesellschaft  eingehende  Gegenstände  werden  in  der 
Bibliothek  aufbewahrt  und  hierüber  wird  vom  zweiten  Secretär  ein  eigenes  Inventa- 
rium  geführt. 

Hilfspersonale. 

§.  65.  Zur  weiteren  Besorgung  der  Geschäfte  wird  den  Secretären  ein  Scriptor 
zur  Aushilfe    und    ein    Diener  gegen    eine    monatliche    Entschädigung    beigegeben. 


K.   K.   GEOGRAPHISCHE   GESELLSCHAFT. 


Funktionäre. 

Präsident: 

Czocrnig  Karl,  Freiherr  v.  Czernhausen,   Se.  Excellenz,  U.  J.  Dr.,  Commandeur,  k.  k.  w.  geh. 
Kalh,  Seetionschef  im  k.  k.  Handelsministerium,  C.  M.  K.  A. 

Vicc-l*rä.sitleuten : 

Baidinger  Wilhelm,    Ritter,    Phil.   Dr.,    k.  k.  Seetionsrath,    Director  der  k.  k.  geologischen 

Reichsanstalt,  M.  K.  A. 
Belfert  Alexander,  Freiherr  von,  U.  J.  Dr.,  Unterstaatssecretär  im  k.  !..  Ministerium  für  Cultus 

und  Unterricht, 
flieizinger  Karl,  Freiherr  von,  Se.  Excellenz,  k.  k.  wirklicher  geheimer  Rath,  k.  k.  Reichsrath. 
Kinlzl  Leopold,  k.  k   Generalmajor. 
Saliii-Rcilieischeidt-kiaiitlieiin  Hugo,  Se.   Durchlaucht  Fürst  von,  Ritter  des  goldenen  Vliesses, 

Grosskreuz,  k.  k.  Reichsrath  etc. 
Steinhäuser  Anton,  k.  k   Rath. 


Secretär : 

filcchunngsführer : 

trassier; 


FoetUrle  Franz,  k.  k.  Bergrath. 
Hornig  Emil,  k.  k.  Professor. 

Artaria  August,  Kunsthändler. 

Censoren : 

flarinat  Anton,  Revident  im  statistischen  Bureau  des  k.  k.   Handelsministeriums. 
Schimmer  Gustav  Adolf.  Revident  im  statistischen  Bureau  des  k.  k.  Handelsministeriums. 

Ausschuss-  Mitglieder: 

lierker  Moriz  A.,  Phil   Dr.,  k.  k.  Schulrath. 

Bergmann  Joseph,  Ritter,  Custos  im  k.  k.  Münz-  und  Antiken-Cabinet,  M.  K.  A. 

Cjbnlz  Ignaz,  k.  k.  Artillerie  Hauptmann. 

Ficker  Adolf,  U.  J.  et  Phil.  Dr.,  Ministerial-Secretär  im  k.  k.  Handelsministerium. 

Kitzinger  Leop.,  Med.  et  Phil.Dr,  Custos-Adjunkt  am  k.  k.  zoologischen  Hof-Cabinete.  M.  K.A. 

Fligely  August  von,  Commandeur,  k.  k.  Generalmajor,  Director  des  k.  k.  Militär,  geographischen 
Institutes. 

Fritscfa  Karl,  Adjunkt  a.  d.  k.  k.  Cential-Anstalt  für  Meteorologie  u.  Erdmagnetismus,  CM.  K.A 

Bauer  Franz,  Ritter  von,  k.  k.  Bergrath,  C.  M.  K.  A. 

Beller  Karl,  k.  k.  Professor  am  k.  k.  Theresianum. 

Beufler  zu  Rasen  und  Perdonegg  Ludwig,  Ritter  von.  k.  k.  w.  Kämmerer,   k.  k.  Seetionsrath. 

flingenau  Otto  Freiherr  von,  k.  k.  wirkl.  Kämmerer,  Bergrath,  Professor. 

Börnes  Moriz,  Ritter,  Phil.  Dr.,  Custos  und  Vorstand  des  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinetes.  - 

Kotschy  Dr.  Theodor,   Custos-Adjunkt  am  k.  k.  botanischen  Hof-Cabinete. 

Rreil  Karl,  Ritter,  Phil.  Dr.,  Director  der  k.  k.  Central -Anstalt  für  Meteorologie  und  Erd- 
magnetismus, M.  K.  A. 

Muszvnski  Karl,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

Pechmann  Eduard,  Ritter,  Oberstlieutenant  im  k.  k.   Mifit.   Ingenieur-Geographen-Corps. 

Reissek  Siegfried,  Med.  Dr.,  Custos-Adjunkt  am  k.  k.  botanischen  Hof-Cahinete.  C.  M.  K.  A. 

Buthner  Anton  v. ,  U.  J.  Dr.,  Hof-  und  Gerichts-Advokat. 

Simon;  Friedrich,  k.  k.  Professor. 

Zhishinan  Josef.  Phil.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  Theresianum. 


XI 
Ehren  -  Mitglieder. 

Des  Inlandes: 

S  e.  k.  k   H  o  h  e  i  t  d  e  r  D  u  r  c  h  1  a  u  c  h  t  i  g  s  t  e  P  r  i  n  z  und  Herr 

Erzherzog  Ferdinand  Maximilian. 
Se.  k.  k.  Hoheit  der  Durchlauchtigste  Prinz  und  Herr 

Erzherzog  Karl  Ludwig. 
S  e.  k.  k.  H  o  h  e  i  t  d  e  r  D  u  r  c  h  I  a  u  c  h  t  i  g  s  t  e  P  r  i  n  z  undHerr 

Erzherzog  A  I  b  r  e  c  li  t. 
S  e.  k.  k.  H  o  h  e  i  t  d  e  r  D  u  r  c  h  I  a  u  e  h  t  i  g  s  t  e  Prinz  und  Herr 

Erzherzog  Karl  Ferdinand. 
S  e.  k.  k.  H  o  h  e  i  t  d  e  r  I)  u  r  c .  h  I  a  u  c  h  t  i  g  s  t  e  Prinz  und  Herr 

Erzherzog  IS  te  phan. 
S  e.  k.  k.  H  o  h  e  i  t  d  e  r  D  u  r  e  h  I  a  u  c  h  t  i  g  s  t  e  P  r  i  n  z  undHerr 

Erzherzog  Joseph.  « 

S  e.  k.  k.  Hoheit  der  Durchlauchtigste  Prinz  und  Herr 
Erzherzog  Ludwig  Joseph. 

Bone  Dr.  Ami,  M.  K.  A. ,   Wi  e  n. 

Hauslab,  Se.  Excellenz  Franz  Ritter  v..  k   k.  \v.  Geh.  Kath,  k.  k.  Feldmarschall-Lieutenant.  Wien. 

Nostitz  Gräfin  Pauline  vi,  geborne  Freiin  Des-Granges.  Schön dorf  bei  Neu-Arad,  Ungarn. 

Des  Auslandes: 

S  e.  M  a  j.  der  Kaiser  von  Brasilien 

Dom   Pedro  II 

S  e.  M  a  j.  der  König  von  S  c  h  w  e  d  e  n  und  Norwegen 

Karl  XIV. 

S  e.  kaiserliche  Hoheit  der  G  r  o  s  s  f  ü  r  s  t 

Constautiu  von  R  u  s  s  1  a  n d. 

Bache  Alexander  D.,  Superintendant  des  Coast  Survey  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika, 
Washington. 

Baer  Dr.  Karl  Ernst  von,  kaiserlich  russischer  Staatsrat!)  und  Akademiker,  St.  Petersb  urg. 

Barth  Dr.  Heinrich,  Ritter  des  Bath-Ordens,  Hamburg. 

Baeyer,  königl.  preussischer  Generalmajor  und  Ahtheilungschef  im  grossen  Generalstab,  Berlin. 

Beaiiinoiit  Leonce  Lllc  de,  Ritter,  kaiserlich  französischer  Senator,  beständiger  Secretär  der  kai- 
serlichen Akademie  der  Wissenschaften,  Paris. 

Brisbane  Sir  Thomas  Macdougall,  Hart,,  königl.  grossbritannischer  General-Lieutenant,  Präsident 
der  königl.  Gesellschaft  von  Edinburg.  Edinburg. 

Candolle  Alphons  de,  Professor,  Genf. 

Demidoff  Anatol  Fürst  von,  kaiserlich  russischer  Kammerherr ,  Staatsrat!),  SanDonato   bei 
Florenz. 

Daumas  Melchior,  kaiserl.  französischer  Divisions-General,  Director  der  Abtheilung  für  Algier 
im  Kriegsministerium,  Paris. 

Dove  Heinrich  Wilhelm,  königl.  preussischer  Professor,  Mitglied   der  königl.  Akademie    der 
Wissenschaften,    Berlin. 

IMipperrcy  Louis  Isidore,  kaiserl.  französischer  Admiral,  Paris. 

Dupin  Karl  Baron,  kaiserl.  französischer  Senator,  Mitglied  des  Instituts  von  Frankreich,  Paris. 

Ehrenberg  Dr.  Christian  Gottfried,  Ritter,  Professor,  Mitglied  der  königl.  Academie  der  Wissen- 
schaften, Berlin. 

Ermann  Dr.  Adolph,  königl.  preussischer  Professor,  Berlin. 

Fitz  Roy  Robert,    königl.  grossbritannischer  Rear-Admiral,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft, 
London. 

Fremont  John  Christ.,  Oberst  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika,  Washington. 

Fries  Dr.  Elias,  Ritter,  königl.  schwedischer  Professor,  Upsala. 

Grey  Sir  George,  Gouverneur  des  Kapiandes  in  der  Kapsta  dt. 

Griiiell  Henry,  Vice-Präsident  der  geographischen  Gesellschaft  in  New-York. 

Hansteen  Christian,  Commandern*,  königl.  schwed.  Professor,  Christian)*). 

Hermann  Dr.  Friedrich  Benedikt  Wilhelm  von,  königl.  bayer.  Staatsrat!),  Director  des  statist. 
Bureau  und  Vorstand  d.  k.  General-Bergwerks-  und  Salinen-Administration,  München. 

Hooker  Sir  William  Jackson,  Ritter,  Director  des  königl.  botanischen  Gartens,  Mitglied  der  k. 
Gesellschaft  in  London,  Kew. 

Jomard  Edme  Francois,  Präsident  der  geographischen  Gesellschaft  in  Paris,  Mitglied  des  kais. 
Institutes  von  Frankreich,  Paris. 


XII 

Keyserling  Alexander  Andreje»  itsch  Graf  von,  kaiseri.  russischer  Kammerherr,  Reval 

Kupfl'or  Adolph  Theodor,  kaiseri.  russischer  Staatsrath,  Akademiker,  St.  Petersburg. 

Lainuiit  Dr.  Johann  Ritter,  Conservator  der  königl.  Sternwarte,  München. 

Lesscps  Ferdinand  von,  Paris. 

Luca  Se.  Excellenz  Anton  Xaver  de,  apostolischer  Nuntius.  Erzbischof  von  Tarsus,  Grosskreuz 
der  königl.  bayer.  Krone,.  Mitglied  der  b.  Congregation  de  Propaganda  fide  etc.,  Wien. 

Liitke  Fr.  v.,  kaiseri.  russischer  Admiral,  St.  Petersburg. 

Lyell  Sir  Charles.  Hitler,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft,  London. 

IMarlius  Dr.  Karl  Philipp  Friedrich  von.  königl.  bayer.  Hofrath,  Commandern-,  Ritter,  München. 

JUiddendurfT  Adolph  Theodor  von,  kaiseri.  russischer  Staatsrath,  beständiger  Secretär  der  kais. 
Akademie  der  Wissenschaften,  St.  Petersburg. 

Horeau  de  Jonnes  Alexander,  Mitglied  des  Institutes  von  Frankreich,  Paris. 

Murchison  Sir  Roderick  Impey,  Grosskreuz,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft  und  Präsident 
der  königl.  geographischen  Gesellschaft,  London. 

Quctelet  Dr.  Adolph  Lambert  Jacob.  Director  der  königl.  Sternwarte,  Präsident  der  Central- 
Commission  für  Statistik,  Brüssel. 

Ranlinsuii  Heinrich  Creswicke,  königl.  gross  britannischer  Oberst,  Commandeur,  Mitglied  der 
königl.  Gesellschaft,  London. 

Rose  Dr.  Gustav,  Professor  der  Mineralogie.  Berlin. 

Rü|t|)el  Dr.  Eduard,  Frankfurt  a.  M. 

Sabine  Eduard,  königl.  grossbritannischer  General-Major,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft, 
London. 

Sinjth  William  Henry,  königl.  grossbritannischer  Rear-Admiral,  Ritter,  Mitglied  der  königl.  Ge- 
sellschaft, Lo  mloii. 

8 1 r ii v e  Friedrich  Georg  Wilhelm  v.,  kaiseri.  russischer  Staatsrath,  Director  der  kaiseri.  Stern- 
warte, Pulkowa. 

Sykes  William  Henry,  königl.  grossbritannischer  Oberst,    Mitglied  der  königl.  Gesellschaft, 

I.  ii  II  il  on. 
Tchlhatcheff  Peter  von,  kaiserlich   russischer  Kamnierherr,  St.  Petersburg. 
Vlcunite  de  Yerncuil  Philipp  Eduard  le  Poulletier,  Mitglied  des  kaiseri.  Institutes  von  Frankreich, 

Vice-Präsident  der  geologischen  Gesellschaft  von  Frankreich,  Paris. 
Wheweli  Reverend  William  D.  D  ,  Marter  of  Trinity  College,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft 

in  London,  Cambridge. 
Wied  Seine  Durchlaucht  Maximilian  Prinz  von,  Wied. 
Zarco  del  Valle  y  Huet,  Seine  Excellenz  Don  Antonio  Remon,  Grosskreuz,  königl.  spanischer 

General-Lieutenant,  Präsident  der  königl.  Akademie  der  Wissenschaften,  Madrid. 

Correspoudirende  Mitglieder. 

Des  Inlandes: 

Kremiuer  Alfred  von,  k.  k.  Vice-Consul  und  Consulats-Leiter  in  Cairo. 

Loossey  Karl,  k.  k.  General-Consul  in  New -York. 

Schwarz  Dr.  Wil.,  k.  k.  Sectionsrath  u.  Kanzlei-Directur  des  k.  k.  General-Consulats  in  Paris. 

Magyar  Ladislaus  Amerigo,  in  Bihe  in  Afrika. 

Des  Auslandes: 
Ablcb  Hermann,  kaiseri.  russischer  Staatsrath,  Akademiker,  St.  Petersburg. 
Anderson  Ch.  J.,  Stockholm. 
Andrec  Karl,  Phil.  Dr.  Leipzig. 

Angelrodt  E.  J..  k.  k.  Vice  Consul  in  St.  Louis,  Missouri.  U.  S.  A. 
d'Avezac,  Secretär  der  geographischen  Gesellschaft,  Paris. 
Bergbaus  Dr.  Heinrich,  königl.  preussischer  Professor,  Berlin. 
Bickerstcth  Dr.,  Inspector  siimmtlicher  Spitäler,  Kapstadt. 
Bleck  Dr.  W.  H.  J,  Kapstadt. 

Blceker  Dr.  P.,  Präsident  der  naturforschenden  Gesellschaft  für  Niederland.  Indien,  Batavia. 
Buist  Dr.  F.  Georg,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft  in  London,  Secretär  der  geographischen 

Gesellschaft,  Bomb  a  y. 
Carrasco  Don  Eduardo,  Cosmografo  major  del  Peru,  Professor,  Director  der  nautischen  Schule, 

Lima. 
Castelnau  Graf  Francis  de,  kaiseri.  französischer  General-Consul,  Kapstadt. 
Dana  James  D.,  Professor,  New-Haven,  Connecticut. 

Darwin  Charles  Esq.,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft  in  London,   Down  bei  Bromley,  Kent 
Daussy  Peter,  Commandeur,  Mitglied  des  kaiserliehen  Instituts  von  Frankreich,  Paris. 
Kniory  W.  E.,  Major  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika,  Washington. 


XIII 

Engel  Dr.  Christian  Lorenz  Ernst,  Vorstand  des  statistischen  Bureau's,  Berlin. 

Kwald  Ludwig,  grossherzogl.  hessischer  Ober-Steuerrath,  Vorstand  des  Vereines  für  Erdkunde 

und  verwandte  Wissenschaften,  Darmstadt. 
Ferrcira  Lagos  Dr.  Manne],  kaiserl.  brasilianischer  Prnfessor,  Rio  de  Janeiro. 
Flügel  Felix  Philipp  Dr.,  Konsul  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika,  Leipzig. 
Forchbammer  Dr.  Peter,  Professor,  Kiel. 

Galton  Francis  Esq.,  Mitglied  der  geographischen  Gesellschaft,  London. 
Gibbon  M.  Mac  Jupes,  Intendant  des  botanischen  Gartens  in  der  Kapstadt. 
Gicwinck  Dr.  Constantin,  kaiserl.  russischer  Professor,  Dorpat. 
Grisebach  Dr.  August,  königl.  hannoverscher  Professor,  Göttingen. 
Hamilton  William  John  Esq.,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft,   Präsident  der  geologischen 

Gesellschaft,  London. 
Uampe  Ernst,  Apotheker,  B  I  anke  nbu  r  g. 
Ueer  Dr.  Oswald,  Professor,  Zürich 

lleliuerseii  Gregor  v.,  kaiserl.  russischer  General-Major,  Akademiker,  St.  Petersburg. 
Henry  Joseph,  Secretär  des  Smithsonian  Institution,  Washington. 
Heuglin  Theodor,  Ritter  von,  Stuttgart. 
Holding  Mr.  J.  C.,  Kapstadt. 
Hooker  Joseph  Dalton,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft  in  London,  Director-Assistent  der 

königl.  Gärten,  Kew. 
Jochuius  A.,  königl.  preussischer  General-Lieutenant,  London. 
Jobnston  Alexander  Keith  Esq.,  Mitglied  der  königl.  Gesellschaft,  Edinburg. 
.luiigliiiliii  Dr.  Franz,  Batavia. 
Juritz  Dr.  C.  F.,  Kapstadt. 

hänilz  Dr.  Ludwig  Friedlich,  kaiserl.  russischer  Professor,  Dorpat. 
Karsten  Dr.  Hermann,  königl.  preussischer  Professor,  Berlin. 
Kiepert  Dr.  Heinrich,  Mitglied  der  königl.  Akademie  der  Wissenschaften.  Berlin. 
Kolblug  Dr.,  Missionär  zu  Gnadenthal  im  Kapland. 

Koppen  Peter  v.,  kaiserl.  russischer  Staatsrath,  Akademiker,  St.  Petersburg, 
hülzing  Dr.  Traugott  Friedrich,  königl.  preussischer  Professor,  Nordhausen. 
Lacblan  Mr.  Mac,  zu  Stelienbosch  im  Kapland. 
Laing  Dr.  T.,  Inspector  sämmtlicher  Spitäler  in  der  Kapstadt. 

Lamansky  Eugen  v.,  Secretär  der  kaiserl.  russischen  geograph.  Gesellschaft,  St.  Petersburg. 
Layard  Mr.  L.,  Secretär  des  Südafrikanischen  Museums,  Kapstadt. 
Lcgoyt  August,  Chef  des  Bureau  für  allgemeine  Statistik  im  kaiserl.  Ministerium  des  Innern, 

Paris. 
Llvingstone  Dr.  David,  k.  grossbritann.  Consul  in  Afrika. 
Maclear  M.,  Uirector  der  Sternwarte,  Kapstadt. 

Malte-Brun  V.  A,  Redactions-Secretär  der  geographischen  Gesellschaft,  Paris. 
Maury  Alfred,  General-Secretär  der  geographischen  Gesellschaft,  Paris. 
Maury  Mathew  Fontaine,  Director  der  Sfernwarte  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika, 

Washington. 
Merk  Ernst,  Command.  des  k.  k.  österr.  Leopold-Ord.,  k.  k.  General-Consul,  Hamburg. 
Mettcnius  G.,  königl,  sächsischer  Professor,  Leipzig. 
Müller  Karl,  königl.  sächsischer  Professor,  Halle  a.  d.  S. 
Muh  ich  J.,  Batavia. 

Netscher  M.  E.,  Directionsmitglied  der  Gesellschaft  für  Kunst  und  Wissenschaft,  Batavia. 
\i  uinaiin  Karl  Friedrich,  königl.  bayerischer  Professor,  München. 
Pappe  Dr.  L.,  Kapstadt. 

Peieruianu  Dr.  August,  Geograph  der  Perthes'schen  geographischen  Anstalt,  Gotha. 
Peters  Dr.  Wilhelm,  königl.  preussischer  Professor,  Berlin. 
Poeppig  Eduard,  königl.  sächsischer  Professor,  Leipzig. 
lia» son  Mr.,  Kolonial-Sccretär,  Kapstadt. 
Roser  Dr.,  Missionär  zu  Gnade  nthal  im  Kapland. 

Sartorius  v.  Walterhansen  Dr.  Wolfgang  Freih.,  königl.  hannoverscher  Professor,  Göttingen. 
Schlagintweit  Dr.  Hermann,  Berlin. 
Schlaginlweit  Dr.  Robert,  Berlin. 

Scbomburgk  Sir  Richard  Henry,  königl.  grossbritannischer  General-Consul,  Siain. 
Schür b  de  Capaneina  Dr.  Wilhelm,  kaiserl.  brasilianischer  Professor,  Rio  de  Janeiro. 
Shaw  Dr.  Norton,  Secretär  der  königl.  geographischen  Gesellschaft,  London. 
Seemann  Dr.  Berthold,  Redacteur  der  Bonplandia,  London. 

Spruner  Karl  von,  Oberstlieutenant  im  kön.  bayer.  General-Quartiermeisterstabe,  München. 
Slraznickj  Eduard  R.,  Bibliothekar  der  geographischen  Gesellschaft,  New- York. 
Sturz  Johann  Jacob,  Berlin. 


XIV 

Sydow  Ernst  von,  königl.  preussiseher  Hauptmann  a.  D.,  Gotha. 

Vcrsteeg  \V.  F.,  k.  niederländisch.  Kapitän  etc.,  Bat  a  via. 

Vogel  Dr.  Eduard,,  Reisender  in  Central-Afrika. 

Wagner  Dr.  Moriz,  M  ü  n  c  li  e  n. 

Wappaeus  Dr.  Johann  Eduard,  königl.  hannoverscher  Professor,  Göttingen. 

Weddell  Hugo  A.,  Garten-Director  im  Musee  imperial  d'histolre  naturelle,  Paris. 

ft'citzel  A.  W.  P.,  k.  niederländ.  Capitän  etc ,  Batavia. 

Wjlej  Mr.,  Kapstadt. 

Ziegler  W.  M.,  Palmgarten  bei  Winterthur  in  der  Schweiz. 

Anssordentliche  nnd  ordentliche  Mitglieder. 

(Die  ausserordentlichen  Mitglieder  sind  mit  A.  r?I.  bezeichnet.) 
Abel   Joseph,   k.  k.    Schichtenmeister.    C  i  I  I  i. 
Alpenburg  August    Ritter    von,    Realitätsbesitzer.  Innsbruck. 
Alt   Alois,    Dr.    U.  J.,   Landes-Advokat.    Krakau. 

Acken   Hermann   von.   Hauptmann   im   k.  k.    Ingenieur-Geographen-Corps, 
Anaker   Emil   Edler    von,    Hauptmann    im   k.    k.    Gen. -Quartiermeisterstabe. 
Andiian-Werburg  Ferdinand  Freiherr  von,  Geolog  an  der  k.  k.  geologischen  Reichs- 
Anstalt. 


1856 

1857 

1858 


1857 
1856 


1859 

n 

1857 
1856 
1857 

1856 

1857 
1857 
1856 


Ankersbofen  Theophil,   Freiherr   von,   Landstrasse   497. 
int 


toine   Franz,   k.  k.    Hofgärtner,    k.  k.   Hofburg. 

Areiistein   Joseph,    Se.    Hochw.,   Phil.    Dr.,   Ritter,    k.   k.    Professor.   Stadt,    Heili- 
genkreuzerhof. 
10  Arneth    Joseph  C,    Ritter,   k.k.   Regierungsrath,   Director  der   k.    k.    Münz-    und 
Antiken-Cabinete.    Stadt,   alter  Fleischmarkt   697. 

Aitaria   August,    Kunsthändler,   Stadt,   Kohlmarkt    1151. 

Artaria   Claudius,   Kunsthändler.   Stadt,    Kohlmarkt   1151. 

Auer  Alois,   Ritter,    Philos.    Dr.,    k.   k.  Hofrath,    Director   der   k.  k.    Hof-    und 
Staatsdruckerei.    Neubau,   Mariahilfer  Hauptstrasse    306. 

Auerhahn,  Erzieher  bei    Herrn    Grafen   Kinsky,  Stadt,   Freiung    62. 

Babanek    Wenzel,   Professor   am   k.   k.    Obergymnasium.   Pisek. 

Bach  Dr.   Alexander  Freiherr   von,   Se.   Excellenz,    Grosskreuz,   k.  k.  wirklicher 
geheimer   Rath,    k.   k.  Botschafter     in   Rom.    A.   M.  (10  fl.) 

Balbi    Eduard  von,  k.    k.    Professor.    Venedig. 
18561  Bauer   Alexander,  Dr.    Ch.    Stadt,  Kärthnerstrasse    1049. 

1857j  Bauer    Edmund.    Gemeinderath ,    Director    des    stabilimento   teenico,    Consul    von 

Hayti   und  Buenos-Ayres,  Tri  est. 
20  Bauiugartner  Andreas  Freiherr   von,    Se.  Excellenz,  Philos.  Dr.,  Grosskreuz,  k.  k. 
wirkl.    geheimer  Rath,  Präsident  der  K.  A.   W.    A.  JJI.    (15  fl.)  Stadt,  Seiler- 
stätte   803. 

Bayer   Anton,   k.    k.  Hauptmann    und    Director   der    k.    k.    Militär-Schwimmschule 
Jägerzeile    49. 

Becsey    de    la    Volta    Stephan    Freiherr    von,    Ritter  des  k.    k.    Maria  Theresien- 
Ordens,  k.  k.   Oberst-Lieutenant,    Stadt    1578. 

Beer  Joseph    G.    Landstrasse  138. 

Beck    Friedrich,   Buchhändler.    Stadt  603. 

Becker   Moriz   A.,  Phil.    Dr.,    k.    k.   Schulralh.   Landstrasse,    Razumowskyg.    93. 

Bell  Samuel,  Sectionsrath   im  k.  k.  Ministerium  des  Innern.  Landstrasse,  Wagg.  662, 

Bergmann  Joseph,  Ritter,  Custos   im    k.  k.  Münz- und  Antiken-Cabinete.    M.    K.    A. 
Landstrasse,    unteres   Belvedore  642. 

Bilhaber   Herrmann.   Ch.  Dr.   Josephin.    Florianigasse    52. 

Blaba    P.    Franz,    Consistorialrath    und    Bezirksdeehant.    Heraltitz.    Mähren. 
30   Blumfeld    Franz    Seraphin   Edler    von,     Comthur.    Ministerialrat!!    im    k.    k.    Han- 
delsministerium.   Stadt    136. 

Böhm    Joseph    Georg,    Phil.    Dr.,    Director   der    k.    k.    Sternwarte.    Prag. 
1859  Buleslawsky    Gustav  von,    Hauptmann   im  k.    k.    Militär-Ingenieur-Geograph-Corps. 

1836  Bunitz    Herrmann,   Phil.  Dr.    k.    k.   Cniversitäts-Professor.    M.   K.    A.   alte    Wieden 

Hauptstrasse    348. 

Boscban    Friedrich,   Med.   Dr.   Stadt,  alt.  Fleischmarkt   702. 

Buscban    Friedrich,   k.    k.   priv.  Grosshändler,  Stadt,    Pressgasse    457. 

Brachelli    Hugo,    Beamter    im    Statist.    Bureau     des    k.    k.     Handelsministeriums 
Spittelberg    134. 

Braumüller    Wilhelm,    Buchhändler.   A.   M.  (10   fl.)    Stadt,    Graben    567. 


XV 


Breiiner-Enkevoirth  Aug.   Graf,    k.   k.  Oberst-Erbland-Kämmerer.   A.  HI.  (12   fl.) 

Landstrasse  6- 
Hrozowskj  Wenz.,  Vice-Director  d.  Gremial-Handelsschule.  Stadt,  Tuchlfluben  557. 
40  Brück  Karl  Freiherr  von,  Se.  Exe.,  Grosskreuz,  k.  k.  w.  geheimer  Rath,  k.  k.  Finanz- 
minister,  A.  HI.  (10  fl.)  Stadt  Himmelpfortgasse. 
1837  Briijiiiaiin    Wilhelm,    k.  k.    Ober-Berg-Commissär.    Kaschau. 

1858  ßniniier  Joseph,    Director    des   k.   k.    Ober-Gymnasiums    zu    Vinkovce. 

Bruuiier   von    ftattenwyl    Karl,  k.   k.    Telegraphen-Director. 
Bublcli   Sigismund,    Erzieher,    Mariahilf  42. 

1857  Biicker    Dr.  B.  F.,    Informator    in  P  Ionen    bei  Takum    in  Kurland. 

1858  Bühler  Ernst,  Ingenieur  der  k.  k.  a.  priv.    Kaiser    Ferdinand's   Nordbahn,  Prerau. 
1856|         Blink  Franz,  Ccntral-Direetor  der   freiherrl.    Rothschild'schen  Eisenwerke.    Witt- 

kowitz,    Mähren. 
„  Burg   Adam,  Ritter  von,  k.  k.  Regierungsrath,  Professor,    M.    K.    A.  Wieden   348. 

„  Bürger   Johann,    Währing   133. 

1857    50  Busan    Hermann    von,     Hofrath    des    k     k.    Obersten     Gerichtshofes.    Stadt,  höh. 
Markt  512. 

1856  Butterweck  Karl.  Alservorstadt    127. 

1857  Civelli   Joseph,    Besitzer   der  geographischen    Anstalt   in    Mailand. 

1856  Conrad   Michael,  Sectionsrath  im  k.   k.  Finanzministerium.  Landstr.  Rennweg  636. 

1857  Costa  Ethbin  Heinr.  v.,  U.  J.  et  Phil    Dr.,  Secretar  des  histor.  Vereins  von  Krain, 
Laibach. 

1856  Cjbulz    Ignaz,    k.    k.    Artillerie-Hauptmann. 
Czedik    von  Bründlsberg   Alois,    k.    k.    Professor.    Wieden,    Favoritcnstrassc    314. 
Czerniu,    Graf  von  Chudenitz  Eugen,   Se.    Excelleuz,    k.   k.   wirkl.  geheimer   Rath. 

A«    HI.    (25  fl.)   Josephstadt,    Glacis    213. 
Czoernig  Karl  Freih.v.  Czernhausen,  Se.Exc,  U.  J.  Dr.,  k.  k.  w.  geh.  Rath,  Sectionschef 

im  k.k.  Handelsm.  C.  M.  K.  A.  A.  HI.  (10  fl.)   Stadt,  alter    Fleischmarkt  690. 
Üauscher   Anton    U.  J.    Dr.,  Press  bürg. 

1857  60  Decker   Karl,  k.    k.    Kunstmeister.    S  Chemnitz. 
Denk  Anton,    Stadt  571. 

Dolezal    Anton,    Revident  im    statistischen  Bureau    des  k.  k.     Handelsministeriums. 
Drassenberger   Joseph     k.    k.    Rechnungsrath.   Landstrasse,    Heumarktglacis   498. 
Dreer  Franz  von,    Doctor    der   Medizin.    Tri  est. 

1859  Dunlop   Alexander    Graham,    Attache    der   k.  grossbritannischen    Gesandtschaft. 
1857  Ebersberg    Julius,    k.    k.    Hauptmann,  Professor  an  der   k.  k.    Artillerie-Akademie. 

Weisskirchen. 

1856  Egger   Franz,  ü.  J.  Dr.,    k.    k.    Hof-  und    Gerichts-Advokat.  Stadt,  Wollzeile    776. 

1857  Egger  Alois,  Professor  am  k.  k.  akademischen  Ober-Gymnasium.  Landstrasse    87. 
Eugelbardt   Ignaz,    Sectionsrath    im    k.    k     Handelsministerium. 

70  Erik    von    der    Burg    Karl,    k.    k.   Schulrath.    Josephstadt  216. 

1856  Einust   von    Gerdovchak   Erperich,   Gutsbesitzer.   Josephstadt    319. 
Lttingshausen   Constantin.     Ritter    von,    Med.    Dr.,  Professor  an    der    k.   k.    medic. 

chirurg.  Josephs-Akademie,    Alservorstadt  222. 
1858j         Ettncr  Moritz,  Hauptmann  im  k    k.   General-Quartiermeister-Stabe.    Ofen. 

1857  Fabisch  Joseph,  k.  k.  Oberst,  Direct.  der  k.   k.  Artil. -Akademie.  Weisskirchen. 

1856  Farkas    von   Vukotinovic,    Gutsbesitzer.    Agram. 
Felder  Cajetan,  U.J.  Dr.,  k.  k.  Hof-  und  Gerichts-Advokat.  Stadt,  Kohlmarkt  1149/50. 
FtMizI   Eduard,    Med.   Dr.,    k.  k.    Universitäts-Professor,   Director   des   k.   k.    bota- 
nischen   Gartens.    M.  K.  A.,  Landstrasse,    Rennweg   638. 

Ticker   Adolph,   U.    J.    et  Phil.   Dr.,   Ministerial-Secretär   im    k.  k.    Handelsminis- 
terium.   Landstrasse.    Hauptstrasse    370. 
Figdor    Gustav,    k.  k.  priv.  Grosshändler.   Jägerzeile  579. 

1858  80  Filippi    Eduard,  Ritter,    Oberst-Lieutenant  in   der  k.  k.  Marine-Artillerie,  Sections- 
chef beim   k.    k.    Marine-Commando.  Tri  est. 

1857  de  Fiori  Franz,  Prof.  an  der  nautischen  Akademie.    -Tri est. 

1856  Fitzinger  Leopold,  Med.    et    Phil      Dr..    Custos-Adjunkt    am    k.  k.   Hof-Naturalien- 

Cabinete.    M.  K.    A. 

Fligelj  August  von,  Commandern-,  k.  k.  General-Major,  Director  des  k.  k.  militär- 
geographischen  Institutes.    A.  HI.    (20  fl.) 

Foetterle    Franz,    k.  k.    Bergrath.    Landstrasse,    Razumowskygasse    93. 

Frankl    Joseph   Adam  Paul,    Med.  Dr.,  Stadt,  Weihburggasse  939. 


XVI 


Eintr. 
Jahr 

1856 


1857 
1856 

1858 
1857 

1856 
1857 

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1859 
1856 
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1856 


1858 


1856 


1857 
1856 

1857 


1856 


Frauenfeld  Georg,    Custos-Adjunkt  am    k.    k.  Hof-Naturalien-Cabinete. 

Friesach  Karl    von,   Med.  Dr.   Stadt   484. 

Fritsch  Joseph,  k.  k.  Zollbeamter.  Zinnwald. 

Fritsrh  Karl.  Adjunkt  an  der  k.  k.  Central-Anstalt  für  Meteorologie  und  Erdmagnet- 
ismus C.  M.  K.  A.   Wieden,  Favoritenstrasse  303. 
90  Gabler  Wilhelm,  Phil.  Dr,  Ilossau  199. 

Gabrielv  Joseph  von,  Rechnungsrath  im  k.  k.  Handelsministerium. 

Ganabl  Johann,  Major  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

Galsclier  Albert,  Se.  Hoehw.,  Capitular  des  Stiftes  Schotten  und    k.  k.  Professor. 

Ghcipiier  von  Mely-Nadasd  Paul  Sigmund,  Hofrath  des  k.  k.  Obersten  Gerichtshofes, 
Laimgnibe  184. 

Gigl  Alexander,  Bibliotheks-Offiziul  im  k.  k.  Ministerium  des  Innern. 

Gintl  Wilhelm,  Phil.  Dr.,  k.  k.  Telegraphen-Director.  C.  M.  K.  A.  Leopoldstadt  623. 

Glasl  Karl,  Professor  an  der  k.  k.  Ober-Realschule  am  Schottenfeld. 

Ginelin  Otto,  Phil.  Dr. 

Göhlert  T.  V.,  Ministerial-Concipist  im  k.  k.  Ministerium  des  Innern. 
100  Gorizutti  Franz   Freiherr   v.,    k.  k.  Feldmarschall-Lieutenant,  Truppen -Üivisions- 
Commandant.  Venedig. 

Götsch  Georg,   Wundarzt.  Tschars  bei  Naturns,  Vintschgau  in  Tyrol- 

Guttschar  Job  ,  Se.  Hochw..  bisch.  Consistorialrath,  k.  k.  Schulrath.  Grosswardein. 

Griimii  Johaun,  Director  der  k.  k.  Montan-Lehranstalt.  Pfibram. 

Grün  Dionys,  k.  k.  Professor.  Landstrasse  487. 

Grünne  Ferdinand   Graf,  Rittmeister  im  k.  k.  Adjutanten-Corps. 

Grüner  Karl,  Major  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

Guggeuberger  Ignaz  Martin,  k.  k.  Hauptmann.  Wieden  376. 

Giiggentbal  Victor  von,   k.  k.  Major,   Vorstand  der  k.  k.  Kriegs-Bibliothek. 

Giitinaimstlial   Ludwig,  Ritter  von,  Vice-Präsident  der  k.  k.   Central-See-Behörde 
T  r  i  e  s  t. 
110  Uaecker  C.  Friedrich,  Beamter  der  k.  k.  priv.  Credit-Anstalt.  Landstrasse,  Wag- 
gasse 663. 

Haidinger  Fugen,  k.  k.  priv.  Fabriksbesitzer.  Ellbogen. 

Ilaidiiiger  Rudolph,  k.  k.  priv.  Fabriksbesitzer.  Ell  böge  n. 

Haiduiger   Wilhelm,  Ritter,    k.  k.  Hofrath,  Director  der  k.  k.  geologischen  Reichs- 
anstalt. M.  K.  A.  Landstrasse,  Ungeigasse  363. 

flank  eil  berg  Theodor,  Ritter  von.  Stadt,  ßürgerspital. 

Harniat  Anton,  Revident  im  statist.  Bureau  des  k.k.  Handelsministeriums.  Landstr. 337. 

flarlinger  Anton,  Lithograph.  Mariahilf  71. 

flarlinger  August,   Lithograph.   Mariahilf  71. 

Hartnigg  Paul,  Bergwerks-ßeamter  der  Venetianischen  Bergbau-Gesellschaft.  Sap- 
pada  hei  Auronzo. 

Haueis  Emil ,  Lehramts-Candidat.  Stadt  168. 
120  flauer  Franz  Ritter  von,  k.  k.  Bergrath.  C.  M.  K.  A.  Landstrasse,  Lagergasse  774. 

Hauer    Joseph    Ritter    von,    Se.   Excellenz,  k.  k    wirkl.  geheimer   Rath.    A.  M« 
(10  fl.J    Landstrasse,    Hauptstrasse   279. 

HaiiT   Julius    Ritter   von,    k.k.    Maschinen-Inspectors-Adjunkt.    Schemnitz. 

flauer   Karl  Ritter  von,  k.  k.  Hauptmann  und    Vorstand  des  chemischen  Labarato- 
riums   der  k.  k.    geologischen    Reichsanstalt,    Landstrasse,    Ungergasse    575. 

Hauke,   Director  der  Handels-Akademie. 

Heine  Gustav,  Redacteur  des  Fremdenblattes,  Stadt,  Wollzeile  774. 

Heinrich  Alois,  Secretar  des  niederösterreichischen  Gewerbe-Vereines. 

Heisler  Ferdinand  von,  U.  J.  Dr.,  Senats-Präsident  des  k.  k.  Obersten  Gerichtshofes. 
Stadt,  Singerstrasse  896. 

Helfert  Alexander  Freiherr  von,  U.  J.  Dr.,  Unter-Staatssecretär  im  k.  k.  Ministerium 
für  Cultus  und  Unterricht,  Stadt,  Wollzeile  769. 

Heller  Karl,  Professor  am  k.  k.  Theresianum. 
130  Hcngelinüller  Mich.,  Hofrath  des  k.  k.  Obersten  Gerichtshof.  Stadt,  neuen  Markt  1053, 

Hess  Heinrich  Freiherr  von,  Se.  Excellenz,  Grosskreuz,  k.  k.  wirkl.    geheimer  Rath: 
Feldmarschall,  Stadt   1073. 

Hessler  Ferdinand,  Phil.  Dr.,  k.  k-  Professor.  C.  M.  K.  A.  Neue  Wieden  775. 

Heuller  zuRaseu  und  Perdonegg  Ludwig  Ritter  von,  k.k.  wirkl.  Kämmerer, Sections- 
rath  im  k.  k.  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht.  Landstrasse  747. 
1857|         flieber   Carlmann,  Phil.  Dr.,  Director  des  k.  k.  Ober-Gymnasiums.  Gratz. 


Eintr. 
Jahr. 

1856 
1857 
1856 


1837 
1850 


1857 

1838 
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» 

1856 

1859 

1858 
1856 

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18*59 

1856 
1859 
1856 
1857 
1856 
1857 
1858 
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18l>7 

1858 
1856 

1857 

1856 

1857 
1858 


ausser- 


XVII 


Olerschel  Joachim,  Ritter,  Ingenieur.  Laimgrube  177. 

flletzliiger  Karl  Freih.  v.,  Se.  Excellenz,  k.  k.  wirkl.  geh.  Rath,  Reichsrath.Stadt  548. 

Hillgenau  Otto  Freiherr  von  k.  k.  wirkl.  Kammerer,  k.  k.  Rergrath,  Professor.  Stadt, 

Seilerstätte  804. 
Ulrteiifeld  J.  N.,  Redacteur  der  Militär-Zeitung.  Rossau  127. 
Borbeder  Johann  Karl,  Ministerial-Secretär  im  k.  k.  Finanz-Ministerium. 
140  flocbsteüer  Ferdinand,  Phil.  Dr.,  Geolog  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt. 
Hochstetter  Karl.  Fabriksbesitzer.  Hruschau,  Mähren. 
Huck  Karl,  Ritter  von,  Phil.  Dr.,  Se.  Excellenz,  k.  k.  wirkl.  geheimer  Rath,  Sections- 

chef  im  k.  k.  Finanzministerium.  Stadt,  unt.  Bäckerstrasse  746. 
Hofer  Joseph,  Professor  ander  k.k.  Realschule  in  der  Leopoldstadt.  Leopoldst.  185. 
Hofler  Joseph,  Beamter  beider  Dampfschifffahrts-Gesellschaft.   Alservorstadt  15. 
Hoffinger  Johann  Baptist  von,  U.  J.  Dr.,  k.  k.  Hof-Concipist.  Stadt  785. 
II u ll'in an ii  Leopold  von,  k.  k.  Hof-  und  Ministerial-Secretär.  Stadt  753. 
Bögelsberger    Karl,   Professor   an   der  k.k.  Ober-Realschule  auf  der  Landstrasse, 

Landstrasse  Gemeindegasse  74. 
Hiilenia  Edmund,  Gutsbesitzer.  Egendorf,  Ober-Oesterreich. 
Uölzel  Eduard,  Buch- und  Kunsthändler.  0  Imütz. 
150  Hopfuer  Johann,  Erzieher  bei  Sr.  Durchlaucht  dem  regierenden  Fürsten   von   Lich- 
tenstein. Stadt  44. 
Börnes  Moriz,  Phil.  Dr.,  Ritter,  Director  des  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinets. 
Bornig  Emil,    Professor    an    der  k.  k.  Ober-Reaschule  auf  der  Landstrasse.    Stadt 

Wallfischgasse  1020. 
Borustcin  Karl,  Phil.  Dr.,  Adjunct  an  der  k.  k.  Universitäts-Sternwarte.  C.  M.  K.  A. 
Bovanji  Franz,  Se.  Hochw.,  Domherr  v.  Grosswardein.  Stadt,  Bürgerspital. 
Brubv  Franz,  k.  k.  Catastral-Archivar,  Alservorstadt  210. 
Brubv  Karl,  k.  k.  Gensdarmerie-Ober-Lieutenant  in  Oedenburg. 
Brubv  Moriz,  Hauptmann  im  k.  k.  Infanten e-Reg.  Erzherzog  Karl. 
Bügel  Karl  Freiherr  von,  Se.  Excellenz,  Grosskreuz,  k.  k.  wirkl.  geh.  Rath, 

ordentlicher  Gesandter  und  bevollmächtigter  Minister.  A,  M.  (01  fl.) 
Jan  Georg,  Director  des  städt.  Museums.   Mailand. 
160  Jüek  August,  k.  k.  Linienschiffs-Arzt,  Leibarzt  Se.    k.  Hoheit  des  Herrn  Erzherzog 

Ferdinand  Maximilian.  T  r  i  e  s  t. 
Jlllv  Gustav,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Ol  mutz. 
Jokelv  Johann,  Geolog  an  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt. 
Kaiser  Johann  Nepomuk,  Ritter,  k.  k.  Universitäts-Professor.  Landstrasse  304. 
Kastner  Leopold,  Vorstand  der  Registratur  der  k.  k.  priv.  Credit- Anstalt. 
Keler  Sigmund  von,  Hauptmann  im  k.  k.  General-Quartiermeister  Stabe. 
Kempen  Johann,  Freiherr  von  Fichtenstamm,  Se.  Excellenz,  Grosskreuz,  k.  k.  wirkl. 

geheimer  Rath,  k.  k.  Feldzeugmeister  in  Pension  A.  WI. 
Kerner  Anton,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  Josephs-Polyteehnikum.   Ofen. 
Kerr  Frau  Leopoldine,  Mitglied  mehr,  gelehrten  Gesellschaften  A.  IM. 
Keszthcly,  die  Direction  des  k.  k.  Ober-Gymnasiums  zu. 
170  Kintzl  Leopold,  k.  k.  General-Major,  Alservorstadt,  Glacis  200. 

Riraly  Jos.  Paul,  Director  des  evangelischen  Ober-Gymnasiums.  Oedenburg. 

Kluger  von  Teschenberg  Adolph,  Hauptmann  im  k.  k.  General-Quartirmcister-Stabe. 

Kluii  Vincenz,  Dr.,  Phil.,  Professor  an  der  Handels-Akademie.  Stadt  Strauchgasse. 

Kocziczka  Wenzel,  Hauptmann  im  k.  k.  Lin.  Inf.  Reg.  Erzh.  Wilhelm  Nr.  12. 

Kögler  Wilhelm,  k.  k.  Professor.  Prag. 

Koristka  Karl,  k.  k.  Professor  am  st.  Polytechnicum.  Prag. 

Kornhuber  Gustav   Andreas,   Med.  et  Phil.,   Dr.  Professor   an  der  Ober-Realschule 

Pressburg 
Kotschy  Oscar,  Pfarrer.  Bist  ritz,  Schlesien. 
Kutscby  Dr.  Theodor,  Custos-Adjunkt  am  k.k.  botanischen  Hoi-Cabinet.  Josephstadt, 

Roferanogasse  78. 
180  Kralnsky  Alois  Ritter  von,  Hauptmann  im  k.  k.  Lin.  Inf.  Reg.  Erzh.  Stephan  Nr.  58. 
Krasicki  Kasimir  Graf  A.  UI.  (10  fl.)  Lemberg. 

Kreil  Karl,  Phil.  Dr.,  Director  der  k.  k.  Central-Anstaltfür  Meteorologi  und  Erdmag- 
netismus. M  K.  A.  Wieden,  Favoritenstrasse  303. 
Krichubrr  Ludwig  Ritter  von.  Alte  Wieden,  Schmölerlgasse. 

Rronenfels  Johann  Ritter  von,  Ober-Lieutenant  im  k.  k.  Lin.  Inf.   Reff.  Grossherzog 
von  Baden  Nr.  50.,  Prof.  der  Geographie  am  k.  k.  Kadetten-Institute  Fi  um  e. 


') 


XVIII 


Eintr. 
Jahr. 

1857 


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1857 
1859 
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1857 
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1857 

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1356 

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1857 

1857 
1856 

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1857 
1858 

1858 

1856 

1858 
1859 

1857 


Krumb  aar  Joseph,  Minislerial-Concipist  im  k.  k.  Ministerium  für  Cultus  u.  Unterricht. 
Kubinyi  August  von,  k.  k.  Rath,  Director  des  ungarischen  National-Museums.  Pest, 
kubinyi  Franz  von,  Gutsbesitzer.  Pest. 

K ii k ii I a  Wilhelm,  Professor  an  der  k.  k.  Ober-Realschule.  Laybach. 
Kiinesch  Adalbert,  Se.  Hoehw.;  Professor  an  der  k.k.  Nautischen  Akademie.  Trio  st. 
190  kiinzc'k  August,  k.  k.  Universitäts-Professor.  C.  M.  K.  A.  Erdberg.  108. 
kupfeisrhmidt  Adolph,  k.  k.  Salinen-Cassa-Offizial.  Bochni  a. 
kurz  Eduard,  k.  k.  Professor  in  Gratz. 
Lanckoronsky-Brzezlc   Kasimir  Graf,   k.  k.  wirkl.   Kämmerer.  A.  HI.  (-5  fl.)  Stadt 

Schenkenstrasse  51. 
Langner  Julius,  Hauptmann  im  k.  k.  46.  Lin.  Inf.  Reg. 
Lanza  Franz,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Spalato. 
Lehne  Gustav,  k.  k.  Gensdarmerie-Rittmeister. 

Lens  Louis  Guislain  de,  Secretär'der  Galizischen  Karl-Ludwigs-Bahn.  Stadt  903. 
Lerch  Johann,  Med.  et  Phil.  Dr.,  Leopoldstadt  675. 
Lctoclia  Anton,  k.  k.  Kriegscommissär. 
200  Lewynski  Heinrich,  Se.  Hochw.,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Lemberg. 
Liebenberg  Emil  Ritter  von,  Major  im  k.  k.  Lin.  Inf.  Regimente  Nr.  11. 
Liebener  Leonhard,  k.  k.  Ober-Baudirector.  Innsbruck. 
Lindeiiberg  Louis,  Fabriksbesitzer. 

Lipoid  Marcus  Vineenz,  k.  k.  Bergrath.  Landstrasse,  Waggasse  665. 
Littrnw  Heinrich  Ritter  von,  k.  k.  Fregatten-Capitain,  Director  der  k.k.  Handels-  und 

Nautischen  Akademie.  Tri  est. 
Lobkowllz  Karl  Johann,  Fürst  von,  Herzog  von  Raudnitz,  Commandeur,  k.  k.  wirkl. 

geheimer  Rath,  Statthalter  von  Niederösterreich  etc.  A.  HI.  (12  fl.) 
Locher  Franz,  Phil.  Dr.,  Professor.  Ell  wangen,  Würteinberg. 
Loefllcr  Franz,  Gutspächter.  Krzeszow  bei  Sucha,  Galizien. 
Lorenz  Josef  Roman,  Phil.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  Obergymnasiuni.  Fiume. 
210  Löwenthal  J.,   Redacteur  der  österreichischen  Zeitung. 

Luby  Caspar  E.,  Bauverwalter.  A.  HI.  (10  fl.)  Jak vir  bei  Neu-Szöny. 

Lukas  Franz,  Phil.  Dr.,  Assistent  an  der  k.  k.  Central-Anstalt  für  Meteorologie  und 

Erdmagnetismus.  Wieden  303. 
Malaguzzi  de  Valery  Alexander  Graf.  Venedig. 

Marck  Franz,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.   Vinkovce,  Militärgrenze. 
Marenbolz  K.  Th.  Ferdinand  Freiherr  von,  k.  k.  Hauptmann  in  Pension.  Linz. 
Marien!  Jacob,  k.  k.  Generalmajor  in  Pension. 
Marschall  auf  Burgholzhausen  August  Friedrich  Graf,  Erbmarschall  in  Thüringen, 

k.  k.  w.  Kämmerer,  Archivar  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt.  Stadt,  Wollzeile  789. 
Matkovich  Peter,  Se.  Hochw.,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Warasdin. 
Matzenauer  Josef,  Piaristen-Ordens-Priester. 
220  Mayer  Karl,  Erzieher  bei  Herrn  Grafen  Hardegg.  Freiung. 
Mayr  Gustav,  Med.  Dr.,  k.  k.  Professor.  Pest. 

Menhardt  Johann,  Beamter  im  stat.  Bureau  des  k.  k.  Handelsministeriums.  Wieden  487. 
Messedaglia  Angelo,  U.  J.  Dr.,  o.  ö.  Professor  der  National-Oekonomie  und  Statistik. 

Padu  a. 
Meszäros  Gustav  von,  Major  im  k.  k.  General-Quartiermeister-Stabe.  Alservorstadt. 

Schlösselgasse  318. 
Migerka  U.  J.  Dr.  Venedig. 

Miller  August  von  und  zu  Aichholz.  A.  HI.  (20  fl.)  Stadt,   Krugerstr. 
Miller  Franz  von  und  zu  Aichholz.  Hruschau,  Mähren. 
Miller  Friedrich,  Amanuensis  der  k.  k.  Universitäts-Bibliothek. 
Miller  Vineenz  von  und  zu  Aichholz.  Stadt,  Krugerstr. 
230  Mislin  Jacob,  Monsignor,  inful.  Abt  von  St.  Maria  de  Gog,  geh.  Kämmerer  Sr.  Heil. 

des  Pabstes  Pius  IX.,  Domherr  des  Domeapitel.  zu  Grosswardein.  Stadt,  Kruger- 
strasse 1010. 
Molin  Raphael.  Med.  Dr.,  Professor  an  der  k.  k.  Universität.  Padua. 
Morelli  Hadrian,  k.  k.  Corvetten-Capitän.  Triest. 
Much  Mathäus,  k.  k.  Finanz-Procuraturs-Concipist.  Temesvar. 
Mündel  Joseph,  Sectionsrath  im  k.  k.  Finanz-Ministerium.  Alservorstadt  319. 
Mustatza  Nicolaus  Freih.  v.,  Gutsbesitzer  zu  Toporouz,  Bukowina. 
Muszynski  Karl,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 
Muth  Alexander  v.,  k.  k.  Landesgerichts-Secretär.  Stadt,  alt.  Fleischmarkt  696. 


XIX 


Eintr. 
Jahr. 

1859 
1857 

1858 

18"57 

18*56 

1857 

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1856 


1859 
1856 


Muzler  Stephan,  Se.  Hocliw.  Director  des  k.  k.  Obergymnasium.  Warasdin. 
Nardi  Franz,  Dr.,  So.  Hochw.,  Auditor  der  Sacra  Routa.  Koni. 
240  Nciudhj  Joseph  von,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 
Neuinann  Franz,  Jurist,  Stadt,  Annag.  995. 

Ncumaiin  Julius,  Hauptmann  im  k.  k.  General-Quartiermeister-Stahe. 
Obrntiuller  Ignaz,  Professor  an  der  städtischen  Ober-Realschule.  Pressburg. 
Palacky  Johann,  Docent  an  der  k.  k.  Universität.  Prag. 
Pasetti  Florian  Ritter  von,  Ministerialrat!]  im  k.  k.  Handelsministerium. 
Patera  Adolph,  k.  k.  Reichs-Chemiker.  Joachims thal,  Böhmen. 
Pattloch  Otto,  Opalgruben-Inspeetor.  Dubnik,  Ungarn. 

Pechmami  Eduard,  Ritter,  Oherstlieut.  im  k.  k.  Milit.-Ingenieur-Geographen-Corps. 
Peters  Karl,  Med.  Dr.,  Professor  an  der  k.  k.  Universität.  Pest. 
250  Petz  Eduard.  Major  im  k.  k.  Kriegs-Archiv. 

Pick  Hermann,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  akad.  Ober-Gymnasium.  Stadt  594. 
Pierre  Victor,  Phil.  Dr.,  Professor  an  der  k.  k.  Universität.  Prag. 
Pipitz  Dr.  F.  E.,  Redactcur  der  Triester-Zeitung.  Triest. 
Pitt oni  Joseph  Claudius,  Ritter  von  Dannenfeldt.  k.  k.  Truchsess.  Gratz 
Pirona  Julius,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  Lyceal-Gymnasium.  Udine. 
Pleischl  Adolph  Martin,  Ritter,  k.  k.  Regierungsrath.  Alservorstadt  109. 
Pohl  Joseph,  Chem.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  polytechnischen  Institute.  Wicden  462. 
Pokorny  Alois,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  akad.  Ober-Gymnasium.  Stadt  74. 
Poszvek  Gustav,  Professor  am  evangelischen  Ober-Gymnasium.  Oedenburg. 
260  Potyka  Theodor,  Ingenieur-Assistent  der  k.  k.  priv.  Feidinands-Nordbahn. 
Prasch  Vincenz,  Professor  am  k.  k.  Obergymnasium.  Brunn. 
Pratobevera-Wiesborn  Adolph  Freiherr  von,  Hofrath  des  k.  k.  Obersten  Gerichts-  und 

Cassationshofes. 
Proschko  Fr.  Isidor,  U.  J.  Dr.,  k   k.  Ober-Polizei-Commissär.  Linz. 
Ptaschnik  Johann,  Professor  am  k.  k.  Obergymnasium  am  Thcresianum. 
Radoneiz  Eduard,  k.  k.  Linienschift's-Lieutenant.  Triest. 
Raffclsbergcr  Franz,  Eigenthümer  der  k.  k.  a  pr.  typo-geographischen  Kunstanstalt. 

Alservorstadt,  Quergasse  349. 
Rakovszkv  Stephan  von,  Gutsbesitzer.  Pressburg. 
Ratzesberg  Ludwig  Ritter  von,  Wartenburg  bei  Vöklabruck.  0.  Ö. 
Rcirhenbacb  Karl  Freih.  v.,  Phil.  Dr.  C.  M.  K.  A.  Schloss  Reis  en  b  c  r  g  nächst  Wien. 
270  Reissek   Siegfried,   Med.   Dr.,   Custos-Adjunkt   im   k.    k.    botanischen  Hof-Museum. 
C.  M.  K.  A.  Landstrasse  408. 
Rcitlinger,  Philos.  Dr.,  Privatdocent.  Stadt,  Bischofgasse. 
Repitsi'h  Johann,  k.  k.  Professor  am  Gymn.  Lügos. 

Reslhubcr  Augustin,  Se.  Hochw.,  C.  M.  K.  A.  Dir.  d.  Sternwarte.  Kremsmünster. 
Reuss  August  Emil,  Ritter,  Professor  an  der  k.  k.  Universität.  M.  K.  A.  Prag. 
Richtkufen  Ferdinand  Freih.  v.,  Phil.  Dr.,  Geolog  an  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt. 
Robert  Justin,  k.  k.  priv.  Fabriksbesitzer.  Oberalm  bei  Hallein,  Salzburg. 
Rochleder  Friedrich,  Med.  Dr.,  Professor  an  der  k.  k.  Universität.  M.  K.  A.  Prag. 
Robiati  Mathias  Ambrosius  Dr.,  Professor.  Mailand. 
Rolle  Friedrich,  Phil.  Dr.,  Assistent  am  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinete. 
280  Röslcr  Maximilian,  Professor  an  der  k.  k.  Ober-Realschule  auf  der  Landstrasse. 

Rosinanit  Alois,  Präsidial-Secretär  d.  k.  k.  n.  öst.  Statthalt.  Stadt,  Spitalplatz  1100. 
Rossiwal  Joseph.  Revident  im  statistischen  Bureau  des  k.  k.  Handelsministeriums. 
Rosthorn  Hugo  Edler  von,  Mitinteressent   einer  Metallwaarenfabrik.  Leopoldstadt, 

grosse  Fuhrmannsgasse  716. 
Rucber  Ignaz  Edler  v.,  Oberstlieutenant  im k.k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 
Russeger  Joseph  Ritter  von,  k.  k.  Ministerialrath,  Vorstand  der  k.  k.  Berg-,  Forst- 

und  Güter-Direction  C.  M.  K.  A.  Schemnitz. 
Ruthncr  Anton  von,  J.  U.  Dr.,  k.  k.  Hof-  und  Gerichts-Advokat,  Stadt  597. 
Saffran  Emanuel  Freiherr  von,  Oberst  im  k.  k.  Adjutanten-Corps. 
Saliii-Reiffersrheidt-Kraiithcim  Hugo,  Se.  Durchlaucht  Fürst  von,  Ritter  des  goldenen 

Vlieses,  k.  k.  Reichsrath.  Landstrasse,  Razumowskygasse  74. 
Salzbacher  Joseph,  Se.  Hochw.,  Theologiae  Dr.,  Domherr  und  Capitular-Prälat  zu 
St.  Stephan. 
1857  290  Sapieha  Leo,  Se.  Durchlaucht  Fürst  von,  Stadt  903. 

Sauer  Franz,  Lehrer  der  Unter-Realschule  zu  St.  Thecla  auf  der  Wieden. 
1856|         Schabus  Jakob,  Professor  an  der  k.  k.  Ober-Realschule  am  Schottenfeld. 

2* 


1857 
1857 
1859 
1856 
1859 

1857 
1856 


1857 
1855 


XX 

Eintr. 
Jahr. 

1858  Schiffer  Julius  Ritter  von,  Ingenieur  der  k.  k.  priv.  Kaiser  Ferdinands-Nordbahn 

„  Schaller  Josef,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur- Geographen-Corps. 

1856  Scballhaminei'  Michael,  Reichsritter,  im  k.  k.  Post-Controlor.  Oedenburg. 

1858  Sc  hau b  Franz,  Phil,  Dr.,  Director  der  k.  k.  Marine-Sternwarte.  Triest. 

„  Srhauensteiu  Anton,  k.  k.  Finanz-Ministerial-Concipist. 

1856  Scheda  Joseph,  Major  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

1858  Scbefrzik  Anton,  Ingenieur  der  k.  k.  priv.  Kaiser  Ferdinands-Nordbahn. 

1856  300  Scherzer  Karl,  Ritter  von,  Phil.  Dr. 

„  Schimmer  Gustav  Adolph,  Revident  im  Statist.  Rureau  des  k.  k.  Handelsministeriums 

1857  Schindler  Gustav,  Ritter,  Oberst  im  k.  k.  Genie-Corps  und  General-Archivs-[)inctn;\ 

Stadt  468. 

1856  Schleicher  Wilhelm.  Gresten,  Nied.  Oesterreich. 

„  Schmerling  Anton  Ritter  von,  Se.  Excellenz,  k.  k.   geh.   Rath,  Präsident  d.'s  k    k 

obersten  Gerichtshofes. 
„  Schmldl,  Erzieher  bei  Herrn  Grafen  Wilczek.  Stadt. 

„  Schmidt  Adolf,  Phil.  Dr.,  Professor  an  der  Handelsakademie.  Pest. 

1857  Schmidt  Julius,  Phil.  Dr.,  Director  der  königl.  Sternwarte.  Athen. 
„  Schmidt  Wilhelm.  Phil.  Dr.  Augsburg. 

1856  Schmitt  Augustin,  k.  k.  Professor.  Gumpendorf  Nr.  394. 

„      310  Schober  Johann,  Director  der  Realschule.  Leopoldstadt. 

1858  Scholz  Anton,  Med.  Dr.  Prag. 

1856  Schom  Adolf,  k.  k.  Oberlieutenant,  Professor  am  k.  k.  Cadctten-Institute  Ha  inburjj 

„  Schott  Heinrich, k.  k.  Hofgarten-  und  Menagerie-Direktor.  C.  M.  K.  A.  Seh  ö  n  b  run  n. 

1858  ScbröcUnger  Julius,  Ritter  v.  Neudenberg,  k.  k.  Ministerial-Secretär.  Wieden  378. 
Schnitter  Dr.  Anton,  Professor  am  k.  k.  politechnischenlnstitute.M.K.  A.  Wieden  51. 
Schubert  W.,  Direktor  der   evangelischen  Lehranstalt.  Oberschützen,  Ungarn. 
Schwarlz  Gustav,  Edler  von  Mohrenstern.  A.  Jfl.  (15  fl.)  Jägerzeile  Nr.  47. 

1858j  Schwarz  Karl,  Ingenieur-Assistent  der  k.  k.  priv.  Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. 

„  Schwarz  Franz,  Med.  Dr.,  Chefarzt  im  k.  k.  Hospital.  Ko  nsta  ntin  o  p  el. 

1856'  320  Schwarz  Georg,  Commandeur.  Stadt,  Graben  1122. 

Schwarzcnberg  Johann  Adolf  Fürst  zu,  Herzog  zu  Krummau,  Ritter  des  Ord.  des  gold. 
Vliesses,  Grosskreuz,  k.  k.  w.  geh.  Rath,  Präsident  der  Landwirthschaftsgese Ilsehaft 
(A.  I»I.)  (15  fl.) 
Schwenda  Julius,  k.  k.  Professor  a.  d.  k.  k.  Oberrealschule  a.  d.  Landstrasse. 
Schweiz  W.  August,  Se.  Hoehw.,  k.  k.  Professor.  Josefstadt  im  h.  Piaristen-Colleg. 

1856  Sedlarzek  Ernst,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

1859  Sedlaczek  Josef,  k.  k.  Rezirksvorsteher  zu  Szilagyi  Cseh,  Siebenbürgen. 

1857  Seidel  J.  W.,  Buchhändler,  Stadt,  Graben. 
Seldl  Johann  Gabriel  Ritter,  k.  k.  Schätzmeister  und  Custos  am  k.  k.   Münz-   und 

Antiken-Cabinete.  M.  K.  A.  Alservorstadt  149. 
Seiller  Johann  Caspar,  Freih.  von,  Comthur,   Bürgermeister  der  Reichshaupt-  und 

Residenzstadt  Wien.  A.  IM.  (10  fl.) 
Sellgmaim  Franz.  Med.  Dr.,  k.  k.  Professor.  Stadt  153. 

1857  330  Seligmann  F.  A.,  Med.  Dr.,  k.  k.  Fregatten-Arzt.  Triest. 
Senft  Eduard,  U.  J.  Dr.,  k   k.  Gerichts-Adjunkt.  Ausp  itz,  Mähren 
Sevbel  Emil,   k.  k.  priv.  Fabriksbesitzer.  Wieden. 

Simon;  Friedrich,  k.  k,  Universitäts-Professor.  Landstrasse.  Waggasse  508. 
Slmigliiowicz  Franz,  k.  k.  Professor.  Czernowitz. 

1859  Slmlginowicz  Adolf,  Professor  am  k.  k.  kathol.  Gymnasium.  Kronstadt 

1858  Skuppa  J.  k.  k.  Hauptmann. 
Sommaruga   Franz  Freiherr  von,  Sectionsrath  im  k.  k.  Finanz-Ministerium,  Hoher 

Markt    511. 
Soiiderlelthner  Georg,  Concepts-Adjunkt  bei  der  k.  k.  Obersten  Polizei-Behörde. 
Sonklar  von  Innstätten  Karl,  Major  im  k.  k.  Lin.  Inf.  Regiment  Nr.  16.    Wiener- 
Neustadt. 
340  Spaur  Anton  Ritter  von,  Stadt  152. 
1858j         Stäche  Guido,  Phil.,  Dr.,  Geolog  der  k.  k.  geologischen  Reiehsanstalt. 
1857)         Stein  Lorenz,  k.  k.  Universitäts-Professor.  Leopoldstadt  656. 
1856i         Steinhäuser  Anton,   k.  k.  Rath.  Stadt  1072. 
„    I         Stifft  Freiherr  von,  Stadt  833. 

„    I         Streffleur  Valentin,  k.  k.  Generalkriegs-Commissär.  Landstrasse  747. 
M    i         Stur  Dionys,  Geolog  an  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt. 


Eiotr. 
Jahr. 

1857 


i857 

1859 
1856 

1859 
1857 
1856 


1857 
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1856 
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1858 
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1857 
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1856 
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XXI 


Suess  Eduard,  k.  k.  Universitäts-Professor,  erster   Custos-Adjunct  am  k.   k.  Hof- 
Mineralien-Cabinete. 

Teirlrb  Valentin,  Phil.  Dr.,  Director  der  Ober-Realschule  auf  der  Wieden. 

Temple  Rudolf,  Hauptmann  im  k.  k.  Linien  Inf.  Regimente  Prinz  Friedrich  Wilhelm 
von  Preussen  Nr.  20.  Pest. 
350  Tburin  Caspar,  Se.  Hochw.  Professor  am  k.  k.  Obergymnasium  Warasdin. 

Tkalar  Emerieh  Ignaz  von,  Phil.  Dr.  Secretär  der  Handels-Kammer.  Agram. 

Tkalec  Jacob  Franz,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Agram. 

Toinascbek  Karl,  Professor  am  k.  k.  Obergymnasium  am  Theresianum. 

Trotter  Victor,  U.  J.  Dr.  Hof-  und  Gerichts-Advocat. 

Tschudl  Johann  Jacob  v.,  Med.  Dr.  CM.  K.  A.  Jacob  erhof  bei  Edlitz.  Nied.  Oest. 

Turcsänjl  Adolf,  k.  k.  Professor.  Oedenburg. 

Turrziuanowirz  Paul,  k.  k.  Schichtmeisters-Adjunkt.  Wieliczka. 

Iranisch  Anton,  Phil.  Dr..  Secretär  der  Handels- Kammer.  Laibach. 

I  rllngcr  Paul.  Se.  Hochw.  Beneficiat.  Gresten,  Nied.  Oestereich. 
360  Vacanl  de  Font  Olivo  Camill  Freiherr  von,  Commandeur,  k.  k.  Feldmarschall-Lieu- 
tenant. Mailand. 

Yanlcek  Franz,  k.  k.  Professor  am  Ober-Gymnasium.  Vinkovce.  Militärgränze. 

Veigl  Joseph,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

Wagner  Ferdinand,  Director  der  Realschule  in  der  Jägerzeile. 

Walbel  Georg,  Med.  Dr.,  im  k.  k.  allgem.  Krankenhause. 

Walderdorf  Arthur,  Wilderich,  Graf  von. 

Walland  Ignaz,  General-Agent  für  Eisen-Industrie.  Stadt  300. 

Warhanek  Wilhelm,  Professor  an  der  k.  k.  Ober-Realschule.  Landstrasse  109. 

Warna  Heinrich,  Med.  Dr.,  k.  k.  Marine-Oberarzt.  Triest. 

Weiss  Adolph,  Phil.  Dr.,  Landstrasse  140. 

Weiss  Edmund,  Assistent  der  k.  k.  Sternwarte.  Landstrasse  440. 
370  Werner  Joseph,  Freih.  v.,  Se.  Exe,  k.  k.  w.  geh.  Rath,  k.  k.  Gesandter  in  Dresden. 

Wllczek  Johann  Graf  von,  k.  k.  wirkl.  Kämmerer.  Stadt  26. 

Wilrzek  Heinrich  Graf  von,  k.  k.  wirklicher  Kämmerer.  Szemered,  Ungarn. 

Wilkens  C.  F.,  Handelsmann. 

Wlssiagg  Johann,  k.  k.  Landesgerichtsrath.  Pressburg. 

Wittinarin  Alois  Ritter  von,  k.  k.  Gubernialrath,  Director  des  österr.  Lloyd.  Triest. 

Woblniann  Bruno,  Phil.  Dr.,  Erzieher  bei  Herrn  Grafen  Hoyos.  Alservorstadt  200. 

Woldfich  D.,  Johann  Nep.,  Prof.  am  k.  k.  Gymnasium.  Eperies. 

Wolf  Heinrich,  Geolog  an  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt. 
380  Wüllerstorfu.  Urbair  Bernh.  Freih.  v.,  Commod.  k.  k.  Linienschiffs-Capitän.  Trie  st. 

Würtenberger  Franz,  k.  k.  Oberfactor.  Steyer. 

Zaufall  Franz,  Hauptmann  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 

Zegladowlcz  Titus,  Ritter,  Se.  Hochw.,  k.  k.  Professor.  Bochnia. 

Zeltbaimner  Anton,  Professor  am  k.  k.  Ober-Gymnasium.  Pest. 

Zepharowlch  Victor,  Ritter  von,  Phil.,  Dr.,  k.  k.  Universitäts-Professor.  Krakau. 

Zerenner  Karl,  Phil.,  Dr.,  Coburg. 

Zezschwitz  Friedrich  Oskar,  Freiherr  von,  Hauptmann  im  k.  k.    Militär-Ingenieur- 
Geographen-Corps. 

Zlegl  Joseph,  Lehrer  an  der  Unter-Realschule  in  der  Leopoldstadt. 

Zeuschner  Ludwig,  Warschau- 
390  Zhlsbiiia.ii  Anton  Eduard,  Professor  an  der  k-  k.  Handels-  und  Nautischen  Akademie 
Triest. 

Zblshiuan  Joseph,  Phil.,  Dr.,  Prof-  am  k.  k.  Theresianum.  Wieden  Hechteng.  4054- 

Zwach  Martin,  Ministerialsecretär  im  k-  k.  Handelsministerium. 


Die  Gesellschaft  verlor  durch  den  Tod   folgende 
JEhren-Mitglieder : 

Se.  k.  k.  Hoheit  den  Durchlauchtigsten  Prinzen  und  Herrn,  Erzherzog  Jobann. 

Dieterlcl  Dr.  Thomas,  k.  preuss.  geh.  Ober-Regierungsrath,  Dir.  des  statist.  Bureau.  Berlin. 

Humboldt  Alexander  Freiherr  von,  Se.  Exe,  Berlin. 

Ritter  Carl,  k.  preuss.  Professor,  Präsident  der  Gesellschaft  für  Erdkunde.  Berlin. 


XXII 


Correspondirende  Mitglieder  : 

Papen  August,  k.  hannoverscher  Major  a.  D.,  Frankfurt  a.  M. 

Scblaglntwell  Adolf.  Berlin. 

Sendiaer  Otto,  Dr.,  k.  bayer.  Professor.  München. 

Sfcfe  Paul  von,  Phil.  Dr.,"k.  würtemb,  Finanzrath.  Stuttgart. 

Ausserordentliche  und  ordentliche  Mitglieder  : 

Aiidrlan-Wcrbiirg  Victor  Freiherr  von,  k.  k.  wirkl.  Kämmerer  A.  IH. 

Augustln  Vincenz  Freiherr  von,  Grosskreuz,  k.  k.  w.  geh.  Rath.  k.  k.  Feldzeugineister.  A.  .11. 

Bajzath  Michael,  k.  k.  pens.  Oberst. 

t  hini'l  Joseph,  Se.  Hochw.,  Chorherr  zu  St.  Florian,  k.  k.  Regierungsrath.  M.  K.  A. 

C» ra i I ich  Joseph,  Phil.  Dr.,  k.  k.  a.  o.  Professor,  Custos-Adjunct  etc. 

Krzlwani'k  Franzi  k.  k.  Oberlieutenant. 

Lejdult  Franz,  Med.  Dr.,  Professor  am  k.  k.  polytechnischen  Institute.  M.  K.  A. 

Metternich-Wiiineburg  Clemens  Wenzel  Lothar,  Fürst  von,  Se.  Durchlaucht. 

Hledwald  Max  von. 

Sejdl  Mathias,  k.  k.  Major. 


BERICHTE  ÜBER  DIE  VERSAMMLUNGEN 

DER  KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 

GEOGRAPHISCHEN  GESELLSCHAFT. 


Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

Der  Herr  Präsident  Sr.  Durchlaucht  Fürst  und  Altgraf  Hugo  v.  Salm 
Reiff  er  scheid  -  Krau  thei  in  eröffnete  die  Versammlung  mit  folgender 
Ansprache : 

Verehrte  Herren!  Indem  die  Periode  ihr  Ende  erreicht  hat,  für 
welche  Ihr  wohlwollendes  Vertrauen  mich  zum  Präsidenten  unserer  Gesell- 
schaft  berief,    liegt   mir   Ihnen    gegenüber  noch    eine  Pflicht  zu  erfüllen  ob. 

Ich  habe  Ihnen  einen  übersichtlichen  Bericht  über  die  Leistungen, 
oder  was  hier  gleichbedeutend  ist,  die  Fortschritte  der  geographischen 
Wissenschaft    während    des    abgelaufenen    Jahres    zu    erstatten. 

Zufrieden,  wenn  man  mich  nur  als  bescheidenen  Freund  der  Wis- 
senschaften gelten  lassen  will,  dessen  Beruf  es  zuvor  erheischt,  sich  ihrer 
Resultate,  wie  er  eben  kann,  als  Werkzeug  in  mancher  Richtung  zu  bedie- 
nen, ihm  aber  nicht  vergönnt,  sie  auch  wissenschaftlich,  dass  ist  um  ihrer 
selbst  willen,  und  mit  dem  Aufgebot  aller  Kräfte  zu  betreiben,  wurde  es 
mir  zunächst  zum  Bedürfniss,  mich  für  den  vorliegenden  Zweck  nach 
einem  Muster  umzusehen,  an  ein  Beispiel  mich  anzulehnen,  welches  ich 
denn  auch  in  dem  Voranschritt  meines  verehrten  Vorgängers,  des  würdi- 
gen Ritters  W.  Haidinger,  dessen  Gedanke  der  Gründer  unserer  Gesell- 
schaft wurde,  gefunden  habe.  Hat  er  die  Aufgabe  eines  Jahresberichtes 
als  eine  der  schwierigsten  bezeichnet,  die  ihm  noch  vorgelegen,  was  sollte  ich 
empfinden  und  sagen?  —  Gar  mancherlei  höchst  triftiges,  gälte  es  Rechtferti- 
gung dem  Ablehnen  einer  Aufgabe  zu  suchen.  Dass  davon  keine  Rede  sein 
kann,  liegt  in  dem  mir  durch  Ihre  Wahl  bewiesenen  Vertrauen,  dem  mir 
nur,  so  weit  die  schwachen  Kräfte  eben  reichen,  zu  entsprechen  erübrigt. 
Erlauben  Sie  mir  nach  diesen  einleitenden  WTorten,  nunmehr  zur  Sache 
zu   schreiten. 

Wie  billig  wendet  sich  zuerst  die  erste  Betrachtung  jenen  unserer 
Mitglieder  zu,  deren  Laufbahn,  während  des  nun  zu  Ende  gehenden 
Jahres,  durch  ihren  tief  zu  bedauernden  Tod  abgeschnitten  wurde;  deren 
für  sie  persönlich  abgeschlossenes  Wirken,  uns,  den  Ueberlebenden,  im 
Sinne  gesellschaftlicher  Genossenschaft,  fortzusetzen  und  zu  ergänzen  obliegt. 

Zuerst  lassen  Sie  mich  unseres  ordentlichen  Mitgliedes  Dr.  Friedrich 
Wilhelm  Freiherrn  von  Reden  gedenken,  den  im  rüstigsten  Mannesalter 
der  Tod  so  schnell  überwältigte,  dass  die  Meisten  von  uns  durch  dessen 
Kunde  überrascht  wurden,  noch  ehe  sie  von  Krankheit,  geschweige  von 
Gefahr,    etwas  geahnt. 

Sie  kennen  alle  meine  Herren  die  unermüdliche  Bienen-Emsigkeit, 
mit  der  von  Reden  ein  Material  des  ungeheuersten  Details  gesammelt 
und  ordnend  gestiftet,  ja  in  manchem  Theil  schon  geniessbar  verarbeitet 
hatte.  Als  echter  Mann  der  lebendigen  Wissenschaft,  hielt  er  nicht 
die  Welt  um  der  Statistik  willen  geschaffen,  sondern  suchte  in  dieser 
einen    allgemeinen    Schlüssel    zur   Beurtheilung    der    Weltverhältnisse. 

Mittheilungen   der  k.  k,  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  1.  Heft.  1 


2  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

In  trüber  Betrachtung,  wie  viel  er  gesäet,  und  wie  verhältnissmässig 
wenig  ihm  ein  zu  früher  Tod  an  Erndte  einzuheimsen  vergönnte,  ist 
wohl  ein  seufzender  Wunsch  erlaubt,  dass  seine  Saat  den  würdigen  Pfle- 
ger  finden    und    nicht    verloren    gehen    möge !  — 

Der  zweite  ist  unser  ordentliches  Mitglied,  Herr  Emil  Porth,  der 
an  Jahren  fast  noch  Jüngling,  aus  innerem  Drang  sich  wissenschaftlichen 
Anstrebungen  ergab.  In  v.  rhältnissmässig  behaglichen  Verhältnissen,  gaben 
ihm    diese,    sowie    die  Natur  seines  Bergbesitzes,    hiezu  Mittel  und  Anregung. 

Sich  unserm  verehrten  Secretär  Herrn  Bergrath  Foetterle  auf 
dessen  Excursion  nach  Klein- Asien  anschliessend,  nahm  er  dort  den 
tödtlichen  Keim  in  sich  auf,  der  ihm  nicht  einmal  mehr  die  Wiederkehr 
in  den  Schoss  der  Seinigen  gestattete.  Schwer  erkrankt,  raffte  ihn  in 
Triest  ein  rasch  entwickeltes  Nervenfieber  hinweg,  eben  da  er,  rückkeh- 
rend,   kaum    die    Schwelle    der    Heimath    wieder   betreten. 

Drittens  nenne  ich  Ihnen  Herrn  Anton  von  Reguly,  correspondi- 
rendes    Mitglied    unserer    Gesellschaft. 

Mit  der  Leidenschaft  des  Lernens  verband  er  die  Begabung  uner- 
müdlichen Fleisses,  die  es  ihm  möglich  machte,  gründliche  Sprachstudien 
bei  fremdesten  Stämmen  des  hohen  Noidens  zu  machen,  und  zugleich 
noch  andere  nahe  liegende  wissenschaftliche  Interessen  zu  pflegen.  Mehr- 
fach von  Seiten  der  ungarischen  Akademie,  so  wie  vom  Eifer  heimischer 
Freunde  unterstützt,  fand  er  auch  mannigfache  Förderung  in  Russland, 
das  ihm  auch  die  Anerkennung  zollte,  nachdem  er  eine  mühevolle  Karte 
des  nördlichen  Uralgebiethes  in  16  Quartblättern  beendigt.  „Reguly  sei 
durch  dieses  Werk  zum  Entdecker  einer  ausgedehnten  terra 
incognita  in  der  Geographie  und  Ethnographie  Russlands 
geworden." 

Die  Verarbeitung  alles  des  gesammelten  reichen  Materials,  als  reif 
für  die  Oeffentlichkeit,  war  ihm  nicht  mehr  vollständig  vergönnt.  Dem 
Vernehmen  nach  ist  die  ungarische  Akademie  im  Besitze  seiner  nachge- 
lassenen Aufzeichnungen.  Ein  ausführliches  Verzeichnis*  seiner  Arbeiten 
enthält  seine  Biographie,  wie  selbe  der  Pester  Lloyd  vom  29.  August 
dieses   Jahres    ab,    brachte. 

Nun  lassen  Sie  mich  des  Falles  erwähnen,  der  uns  vor  nur  wenig 
Wochen  unserer  Ida  Pfeiffer  beraubte.  Unser  im  doppelten  Sinne,  dem 
ihrer  Abstammung  als  Oesterreicherin .  und  dem  ihrer  Verbindung  mit 
unserer    Gesellschaft,    als    deren    Ehrenmitglied. 

Wahrlich  eine  wunderbare  Frau ,  mit  dem  dunklen  Instinct  eines 
Dranges  in  die  Ferne,  welche  jedoch  ohne  deren  kriegerische  Wuth,  fast 
an    die    Führer  der    uralten    Völkerwanderung   gemahnt. 

Mit  einem  Muth  und  einer  Ausdauer ,  ja  lassen  Sie  es  mich  ein 
Gottvertrauen  in  die  selbstbewust  gewordene  Bestimmung  nennen,  begabt, 
wie  sie  in  solchem  Grade  auch  dem  stärksten  Manne  zur  Ehre  gereich- 
ten, hat  sie  Gegenden  durchwandert,  wohin  auch  nicht  viele  Europäer 
gedrungen,  hat  sie  Beschwerden  und  Gefahren  überstanden,  die  manchen 
Stärkeren  gesättigt  und  entmuthigt  hätten,  ihr  aber,  waren  sie  nur  erst 
vorüber,    nur    ein    Reitz    zu    Entwürfen    neuer    Unternehmungen    wurden. 

Vom  Haus  aus  ohne  Diplom  oder  sonstigen  Zunftbrief,  wusste  sie 
mit  dem  angebornen  Takt  weiblicher  Auffassung  so  manches  Interessante 
zu  erkennen  und  zu  sammeln,  dass  ihre  Reisen  immerhin  auch  der  stren- 
geren    Wissenschaft     nicht    ohne    einigen    Gewinn    blieben;     denn     dieser 


Fürst  von  Salm.  3 

kömmt  es  ja  nicht  immer  auf  den  plötzlichen  Gewinn  ganzer  Länder- 
strecken an;  auch  der  einzelne,  noch  so  gering  scheinende  Baustein  ist 
ihr    ein    wahrer,   echter    und    dauernder   Gewinn. 

Und  so  sei  ehrende  Erinnerung  ihrem  Namen  geweiht,  so  wie  dem 
tragischen  Schicksal,  dem  sie  endlich  erlag,  als  sie  schon  leidend,  inmitten 
schauerlicher  Mordscenen,  kaum  das  Leben  vor  der  madegassischen  Wild- 
katze Ranaivalo  Manjoka  zu  bergen  vermochte,  und  mit  dem  Todeskeim, 
den  diese  Schrecken  entzündet,  heimkehrend  dahin  siechte,  dieselben  in 
letzten    glühenden    Fieberphantasien    noch    einmal    durchlebend. 

Noch  habe  ich  Ihnen  unseres  Ehrenmitgliedes  des  Herrn  Dr.  Ignatz 
Knoblecher  Erwähnung  zu  thun,  Apostolischen  Provicars  der  katholischen 
Mission    für    Central-Afrika    in    Chartum. 

Einer  ausführlicheren  Biographie  steht  der  Raum  nicht  zu  Gebot, 
auch  sind  deren  Umstände  bereits  von  der  OelTentlichkeit  vielfach  gewür- 
digt, sowie  auch  seine  Missionsberichte  in  derselben  Erwähnung  und  Ver- 
breitung fanden.  Ein  echter  Glaubensbote,  blieben  ihm  auch  die  Anfor- 
derungen der  Wissenschaft  nicht  fremd.  Manche  daraus  hervorgegangenen 
Sammlungen  hatte  auch  unsere  Gesellschaft  Gelegenheit,  Ihrer  Kenntniss- 
nahme  vorzuführen.  Er  ist  ein  Opfer  seines  warmen  Eifers  geworden. 
Tiefleidend  musste  er  Erholung  seiner  Kräfte  in  Europa  suchen,  gelegent- 
lich einer  Reise,  deren  Hauptzweck  jedoch  die  Interessen  seiner  Mission 
betraf.  Ein  unerforschlicher  Rathschluss  Hess  ihn  nicht  mehr  zu  seinem 
WTerke  zurückkehren.  Zu  Neapel  ereilte  ihn  der  Tod,  ihm  nur  den  Trost 
des  Vertrauens  lassend,  dass  was  er  so  innig  betrieben  und  gewirkt,  zur 
Fortführung  tüchtigen  Freundeshänden,  die  er  zum  Theil  hiefür  herange- 
bildet,  verblieb. 

Weiter  entriss  uns  der  Tod  zwei  ordentliche  Mitglieder,  den  Piari- 
sten-Ordens-Priester  P.  Gottfried  Fitzinger  und  den  Professor  W.  Zdo- 
binsky,  ersteren  im  besten  Mannes-,  diesen  im  eben  vollendeten  Jüng- 
lingsalter. Beide  eifrige  Theilnehmer  unserer  Bestrebungen,  ersterer  auch 
durch    Beiträge    ein   Mehrer    unserer   Bibliothek. 

Von  Ausländern  verloren  wir  das  Ehrenmitglied  Herrn  Robert  Brown, 
einen  der  verdienstvollsten  Botaniker  neuerer  Zeit.  Lange  Freund  und 
Genosse  Sir  Joseph  Banks,  testamentarischer  Nutzniesser  seiner  kostba- 
ren Sammlungen,  bis  sie  an  das  brittische  Museum  gelangten,  starb  er 
von  jedem,  der  ihn  kannte,  auch  den  Fachgenossen  verehrt,  sowohl  um 
seines  tiefen  Wissens,  als  seines  einfach  harmlosen  Characters  voll  Liebens- 
würdigkeit willen. 

Das  correspondirende  Mitglied  Mariano  Eduardo  de  Rivero  Usta- 
riz,  Generalkonsul  von  Peru  für  Belgien  zu  Brüssel.  Durch  Studien  in 
Europa  gebildet,  Director  der  Bergbaue  und  des  Museums  von  Peru,  war 
er  auch  Reisebegleiter  der  Herren  Boussingault  und  Ro  ul  in  in  Columbia 
gewesen.  Die  geographische  Gesellschaft  hat  ihm  eine  Bereicherung 
ihrer  ßüchersammlung  durch  mehrere  seiner  eigenen  Publicationen  zu 
verdanken. 

Indem  ich  hiermit  die,  leider  nicht  kleine  Liste  derer  schliesse,  deren 
Tod  die  Gesellschaft  als  ihre  Mitglieder  in  doppelter  Weise  zu  beklagen 
hat,  habe  ich  noch  mit  wenigem  eines  Mannes  zu  gedenken,  der,  obwohl 
nicht  in  unserer  unmittelbaren  Genossenschaft,  so  doch  wesentlich  der 
von  uns  gepflegten  Wissenschaft,  und  zwar  mit  grosser  Bedeutung,  in 
einer    ihrer    practischsten   Richtungen     angehört.     Nenne     ich     den    Namen 

1* 


4  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

Alois  Negrelli  Ritter  von  Moldelbe,  so  nenne  ich  für  die  Zeitgenos- 
sen einen  der  wesentlichsten  Träger  und  thätigsten  Mitwirkenden,  seit 
Beginn  jener  denkwürdigen  Werke,  mit  denen  Oesterreich  begann  die 
ersten  Stränge  von  Eisenbahnen  zu  legen,  die  schon  jetzt,  ein  bedeutend 
verzweigtes    Netz,    seine    Länder    so    vielfach    durchziehen. 

Wie  aber  innere  Verbindungen  nur  dann  eine  nicht  untergeordnete 
Weltbedeutung  gewinnen,  wenn  sie  nicht  bloss  an  den  eigenen  Grenzen 
abbrechen,  sondern  überall  an  die  allgemeinen,  von  der  Natur  selbst  gege- 
benen oder  geforderten  grossen  Weltverbindungen  anzuknüpfen  suchen,  so 
finden  wir  mit  Stolz  unsern  Negrelli  auch  unter  den  ersten  Theilueh- 
mern  an  den  Studien  und  Vorarbeiten  zum  Durchstich  der  Landenge  von  Suez. 

Wie  bei  Gibraltar  die  mittelländische  Binnensee,  den  sie  umrahmen- 
den Völkern  den  Weg  in  das  Weltmeer  eröffnete,  durch  das  sie  fortan 
der  Compass  Flavio  Giajas  von  Amalfi  um  die  Welt  und  wieder  zur 
Heimath  zurückführte,  so  soll  dem  gegenüber  nun  ein  zweites  Thor  eröff- 
net werden  als  kürzester  Wasserweg  in  den  Orient,  den  die  Schiffe  bis- 
her nur  um   das    ungeheure   Afrika    herum    zu    fahren    hatten. 

Ein  bedeutsames  Zeichen  der  Zeit ,  dass  sie  dieses  gerade  jetzt 
erstrebt,  worauf  ich  noch  zurückkommen  werde.  Hier  genüge  die  Andeu- 
tung wieder  Name  Negrelli,  sowohl  bei  der  Gründung  von  Eisenbahnen, 
als  einer  künstlichen  Weltwasserstrasse,  fortan  den  Gedenktafeln  der 
Geschichte  angehört,  denn  auch  er  weilt  nicht  mehr  unter  den  Leben- 
den, auch  ihn  traf  es,  die  Verwirklichung  heissesten  Strebens  nicht 
erleben    zu    sollen. 

Suez,  dem  er  ein  neues  Leben  eröffnen  gewollt,  gab  ihm  den  Tod. 
Schwere  Anstrengungen  in  dem  gefährlichen  Clima  zerrütteten  seine 
Gesundheit,  welche  die  heimathliche  Luft,  die  Pflege  der  Seinen ,  ihm 
nicht  mehr  herzustellen,  sondern  ihm  nur  die  Ruhe  in  vaterländischer 
Erde    zu    geben   vermochten,  die    leicht    auf  seiner    Asche    liege. 

Von  dem  ehrenden  Gedanken  der  Todten,  die  ihr  Wirken  hieniden 
vollendet,  gehe  ich  nun  zum  Wirken  der  Lebenden  über.  Hier  darf  ich 
mich  berichtend  kürzer  fassen,  denn  ihre  Thätigkeit ,  vor  unseren  Augen 
sich    entwickelnd,    bringt   sich    selber    zu    Kenntniss    und    Erinnerung. 

Mit  der  innern  Heimath  beginnend  habe  ich  Ihnen  vorerst  die 
Ergebnisse  des  k.  k.  militärisch-geographischen  Institutes  vorzuführen, 
wie  ich  deren  Bekanntgebung  der  gütigen  Mittheilung  seines  Directors 
des   Herrn    Generalmajors   August  von    Fligely    verdanke. 

Das  k.  k.  Militär,  geographische  Institut  hat  im  Verlaufe  dieses  Jahres 
von  der  Spezialkarte  von  Böhmen  im  Maasse  von  1  :  144,000,  —  die  Blattei- 
Nr.  2,  8,  14,  27  und  36  herausgegeben,  es  bleiben  somit  von  den  38  dieses 
Werk  bildenden  Blättern  noch  9  zu  publiciren,  welche  im  nächsten  Jahre 
fertig    werden. 

Auch  von  der  Generalkarte  dieses  Landes  in  4  Blättern  und  im 
Maasse    von    1  :  288,000    sind    bereits    3    im    Gerippstich   vollendet. 

Die  Spezialkarte  von  Dalmatien  in  21  Blättern  im  Maasse  von  1  :  144,000 
ist  im  Stiche  so  weit  vorgeschritten,  dass  das  Gerippe  vollendet,  fünf 
Blätter  beschrieben    und    zwei    Blätter  sich  bereits    im  Terrainstich  befinden. 

Die  Aufnahme  von  Ungarn  hat  durch  die  allerhöchst  bewilligte  Ver- 
mehrung der  Arbeitskräfte  solche  Fortschritte  gemacht,  dass  die  gänzliche 
Vollendung  in  2  Jahren  zu  erwarten  steht.  —  Die  Spezialkarte  dieses 
Landes  im    Maase    von    1  :  144,000    wurde    daher    in    der   Zeichnung    auch 


Fürst  von  Salm.  *J 

begonnen.  Von  der  schon  im  vorigen  Jahre  erwähnten  General-  und 
Administrativkarte  von  Ungarn  im  Maasse  von  1  :  288,000  und  17  Blättern, 
sind  bereits  8  Blätter  erschienen.  —  Die  vielen  Schwierigkeiten  in 
der  Orthographie  der  Ortsnamen  fanden  ihre  Erledigung  durch  einen 
hohen  Befehl,  welcher  auf  die  strengste  Benützung  der  durch  die 
politischen  Behörden  herausgegebenen  Ortsverzeichnisse  hinwies.  —  Auch 
auf  die  vielen,  wie  in  keiner  andern  Provinz  der  Monarchie  in  solchem 
Maasse  zu  erwartenden  Veränderungen  im  Strassennetze,  Eisenbahnbau  etc.  etc. 
wurde  dadurch  Bedacht  genommen,  dass  der  Terrain  vom  Geripp  getrennt 
auf  einen  eigenen  Stein  ausgeführt  wurde  und  färbig  gedruckt  wird.  Von 
ganz  besonderem  Interesse  dürfte  aber  der  orographische  Theil  dieser 
Karte  sein,  da  bis  nun  keine  der  bekannten  Karten  auch  nur  annähernd 
einen  richtigen  Begriff  von  der  Terraingestaltung  dieses  Landes  gab ,  — 
noch   geben   konnte. 

Geodätische  Arbeiten  fanden  in  der  westlichen  Militär-Grenze  u.  z. 
im  Liccaner-,  Otocaner-,  Oguliner-  und  Sluiner-Grenzregimente  statt.  — 
Sie  bezweckten  die  Vervollständigung  des  I.  Netzes  und  die  Legung  eines 
Netzes    II.    und   III.    Ordnung    zum    Gebrauche    der  Katastral-Vermessung. 

In  Ober-Oesterreich  wurde  das  Netz  I.  Ordnung  zur  Verbindung  der 
Basen  bei  Wiener-Neustadt  und  Innsbruck  vollständig  beendet,  —  und  in 
Ungarn  das  Hauptnetz,  ausgehend  von  der  Basis  bei  Wiener-Neustadt  bis 
Ofen  gemessen,  und  in  verschiedenen  Theilen  Punkte  für  die  Militär-Auf- 
nahme   bestimmt. 

Die  in  den  Jahren  1856  und  1857  bewirkte  Aufnahme  des  Fürsten- 
tums Wallachei  nach  der  gleichzeitig  bewirkten  Triangulirung  in  112 
Militär-Sections-Blätter  zusammengestellt,  rein  gezeichnet  und  photographisch 
copirt. 

Hieran  reihet  sich  die  vom  Hrn.  k.  k.  Schulrath  Dr.  M.  Becker  herausge- 
gebene Wandkarte   des   Kaiserthums  Oesterreich. 

Was  sowohl  dem  täglichen  wie  dem  Schulgebrauch  erspriesslich  sein 
kann,  bringt  sie  in  reicher  Fülle  zu  übersichtlich  klarer  Anschauung;  in 
ihrer  Durchführung  gleichmässig  den  Geographen,  wie  den  Freund  und 
gewiegten    Kenner    der   Schule    beurkundend. 

Von  diesen  häuslichen  Arbeiten  biethet  sich  der  Uebergang  zu  eigent- 
lichen   Reisen    durch  heimische    Kräfte. 

Schon  bei  Gelegenheit  des  zu  früh  verblichenen  Porth  wurde  erwähnt, 
dass  er  den  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterl  e  auf  einer  Reise  nach  Klein-Asien 
begleitet,  welche  dieser,  als  Mitglied  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt 
zu  Zwecken  geologischer,  sowie  sich  daran  knüpfender  bergmännischer 
Forschungen  unternahm ,  mit  dem  nächsten  Zwecke  der  Constatirung  von 
Kohlenlagern    und    ihre   Ausbeutung    für    Schiffahrtszwecke. 

Herr  Dr.  Karl  Kr  eil,  Director  der  k.  k.  Central-Anstalt  für  Meteo- 
rologie und  Erdmagnetismus,  unternahm  in  Begleitung  des  Directors  der 
k.  k.  Marine-Sternwarte  in  Triest  Hrn.  Dr.  Schaub  eine  Seereise  auf 
einem  k.  k.  Kriegsschiffe  in  das  schwarze  Meer,  um  magnetische  Beob- 
achtungen auf  diesem  selbst,  wie  auch  an  den  verschiedensten  Küstenpunkten 
anzustellen.     Derselbe  ist  erst  kürzlich   auf  der    Donau   zurückgekehrt. 

Hieran  reihen  sich  Reisen  mehrerer  Mitglieder  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt  im  Laufe  des  Sommers  nach  Ober-Ungarn  zu  speciellen  Zwecken 
dieser   Anstalt,    von    der  auch    die  ausführlicheren  Berichte  erstattet  werden. 

Ebenso  machte  auch  Hr.  k.  k.  Bergrath  M.  V.  Lipoid  einen  Ausflug  nach 


6  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

Cattaro,  worüber  der  Bericht  gleichfalls  der  geologischen  Reichsanstalt  zusteht, 
sowie  über  die  weitern  sonstigen  geologischen  Aufnahmsreisen  dieses  Sommers. 

Dahin  gehört  auch  die  auf  Anregung  des  Herrn  Dr.  A.  Schmidl 
durch  Seine  kaiserliche  Hoheit  den  durchlauchtigsten  Herrn  ErzherzogAlbr  echt 
in  das  Werk  gesetzte  Untersuchung  des  Biharer-Comitates,  an  welcher  sich 
die  Herren  Professoren  Dr.  Schmidl,  Dr.  Peters,  Dr.  Kern  er  und 
J.  Wastler  betheiligten,  die  von  Dr.  Julius  Schmidt  auf  eigene  Kosten 
unternommene  Bereisung  des  Erdbebenkreises  um  Sillein  in  Ungarn,  worüber 
das  1.  Heft  1858  unserer  Mittheilungen  eine  Abhandlung  enthält,  und 
woran  sich  eine  Reise  des  Professors  Jeitteles  in  Troppau  anschliesst, 
welche  derselbe  mit  Unterstützung  der  kaiserlichen  Academie  der  Wissen- 
schaften zu  gleichem  Zwecke  unternahm,  und  von  der  ein  Bericht  erst 
vor    ganz   kurzem    der    letzteren   zugekommen    ist. 

Der  Professor  am  Ober -Gymnasium  in  Fiume  Herr  Dr.  J.  Lorenz, 
uns  bereits  durch  Untersuchungen  über  die  Salzburger  Torfmoore  bekannt, 
hat  vergangenen  Sommer,  mit  Unterstützung  des  k.  k.  Unterrichts-Mini- 
steriums, eingehende  Untersuchungen  im  Quarnero,  in  phisikalisch-geogra- 
phischen,  zoologischen,  botanischen  und  geologischen  Beziehungen  ausge- 
führt, hiebei  mit  anerkennenswerthester  Liberalität  durch  den  österr.  Lloyd 
gefördert,  der  ihm  zur  Befahrung  ein  eigenes  Dampfboot  zur  Verfügung 
stellte. 

Die  Anwesenheit  des  durch  seine  „Studien  über  Albanien"  bekannten 
k.  k.  Consuls  in  Syra,  Hr.  v.  Hahn,  gab  der  kaiserlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  Veranlassung  ihn  zu  geographischen  Arbeiten  zwischen  Bel- 
grad und  Saloniki  zu  unterstützen,  namentlich  in  den  Thälern  der  Morawa 
und  des  Wardar,  und  das  deren  beide  Gebiethe  trennende  Gebirge,  wovon 
nicht  nur  eine  belangreiche  Erweiterung  geographischer  Kenntniss ,  sondern 
auch  die  Lösung  mancher  Frage  über  Führung  einer  Eisenbahn  nach  Salo- 
niki zu  erwarten  ist. 

Auf  eigene  Kosten  unternahm  Hr.  Professor  Dr.  Franz  Unger  eine 
Reise  nach  Unter-  und  Ober-Aegypten,  und  gelangte  auf  dem  Nil  bis 
Assuan.  Auf  der  Rückreise  besuchte  er  die  Syrische  Küste  sowie  Cypern 
und    Rhodus. 

Der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  hat  er  bereits  einen  Vortrag 
über  das  Alter  der  ägyptischen  fossilen  Hölzer,  als  ersten  Reise-Erfolg  vorgelegt. 

Ihn  begleitete  theilweise  Hr.  Eckhold  durch  Beiträge  des  k.  k. 
Unterrichts-Ministeriums  und  mehrerer  Gönner  unterstüzt,  denen  auch  unsere 
Gesellschaft  sich  anschloss,  so  wie  durch  freie  Fahrt  auf  der  Südbahn  und  nach 
Alexandrien  gefördert.  InCairo  mit  Herrn  Unger  zusammentreffend,  begleitete  er 
ihn  bis  Assuan  und  stromabwärts  zurück  bis  Edfu,  wo  sie  sich  trennten.  Herr 
Eckhold  befindet  sich  noch  in  Cairo,  von  wo  er  Vegetations- Studien 
ägyptischer  Baumarten  und  eine  Abhandlung  über  dortige  Wald-  und  Wüsten- 
cultur  einsandte,  die  von  Tafeln  voll  gelungener  Charakteristik,  von  verschie- 
denen  Baum-   und    Waldparthien    begleitet    ist. 

Einer  der  tüchtigsten  Zoologen  Oesterreichs  Herr  Dr.  Schmarda  ist 
erst  vor  Kurzem  von  einer   mehrjährigen  Reise  um   die  Erde  zurückgekehrt. 

Im  Jahre  18o2  begleitete  er  Herrn  Dr.  F.  Ritter  v.  Fried  au  nach  Ceylon, 
ging  von  da  über  Mauritius  und  die  Capstadt  nach  Sidney  und  nach  Neusee- 
land, an  die  Westküste  von  Südamerika  nach  Chili  und  Peru,  machte  meh- 
rere Ausflüge  in  die  Andischen  Condilleren,  und  kehrte  über  Panama  zurück. 
Die  Mittel  zu  diesen  Reisen  hatte  Herr  Ritter  v.  Fried  au  ermöglicht,  auf  dessen 


Fürst  von  Salm.  7 

Schloss  in  Steiermark  sich  auch  nunmehr  die  gemachten  grossen  zoolo- 
gischen Sammlungen  Schmarda's,  voll  des  werthvollsten  Materials,  nament- 
lich die  niederen  Thierklassen  betreffend,  befinden,  von  dessen  Bearbeitung  um  so 
mehr  wissenschaftlicher  Gewinn  zu  erwarten  steht,  als  sich  Hr.  Schmarda 
hiezu  noch  längere  Zeit  im  Jardin  des  plantes  in  Paris,  sehr  eingehen- 
den  Vorbereitungsstudien    unterzog. 

Noch  auf  Reisen  befinden  sich  von  unsern  Mitgliedern  Dr.  v.  Tschudi 
und  Dr.  Friesach  seit  längerer  Zeit  in  Südamerika,  dann  Hr.  August 
Müller   von   und    zu  Aichholz    in    Syrien. 

Mit  dem  allgemeinen  umfassenden  das  Einzelne  abschliessend,  kann 
ich  Ihnen  meine  Herren  über  die  Fahrt  der  k.  k.  Corvette  Carolina 
Folgendes    mittheilen: 

Als  die  Weltumseglungs-Expedition  der  k.  k.  Fregatte  „Novara"  beschlos- 
sen wurde,  erhielt  die  k.  k.  Corvette  „Carolina"  die  Bestimmung  anfäng- 
lich die  erstgenannte  Fregatte  zu  begleiten,  und  sodann  ihre  Fahrt  allein 
nach  den  südamerikanischen  Küsten  zu  maritimen  Zwecken  auszudehnen. 
Aus  Anlass  dieser  projektirten  Excursion  der  Corvette  „Carolina"  fand  sich 
Seine  kaiserliche  Hoheit  der  durchlauchtigste  Herr  Erzherzog  Ferdinand 
Maximilian  allergnädigst  veranlasst,  die  Benützung  der  projektirten  Reise 
der  „Carolina"  zu  handelspolitischen  Zwecken  in  Anregung  zu  bringen, 
worauf  mit  Allergnädigster  Zustimmung  Seiner  kaiserlichen  Hoheit  die 
Entsendung  des  Handels-Agenten  Herrn  Ferd.  Fabel  auf  der  Corvette 
„Carolina"  behufs  Anbahnung  kommerzieller  Verbindungen  zwischen  Oester- 
reich  und  den   südamerikanischen    Staaten    beschlossen  wurde. 

Am  30.  April  1857  verliess  die  Corvette  „Carolina"  den  Hafen  von 
Triest. 

Am    8.    August    1857    Ankunft   in    Bahia. 

Aufenthalt    daselbst  bis    31.    August    1857. 

In  Bahia  hat  der  Handels-Agent  Hrn.  Fabel  die  erste  Aufstellung  der 
ihm  mitgegebenen  Mustersammlung  österreichischer  Waaren  und  Fabrikate 
veranstaltet. 

Bis  zum  31.  August  war  die  Corvette  „Carolina"  79  Tage  in  See 
gewesen,   und    49    Tage    in    verschiedenen    Häfen  vor   Anker  gelegen. 

Am  8.    September   1857    Ankunft    der   „Carolina"    in  Rio    de  Janeiro. 

In  der  brasilischen  Hauptstadt  veranstaltete  Fabel  abermals  eine 
Ausstellung  österreichischer  Waarenmuster,  und  trennte  sich  von  der  „Caro- 
lina", um  Behufs  Realisirung  seiner  kommerziellen  Zwecke  seinen  Aufent- 
halt  in  Rio  de    Janeiro    zu    verlängern. 

Der  Tag  des  Abganges  der  „Carolina"  von  Rio  de  Janeiro  ist  unbekannt. 

Am  17.  November  1857  erfolgte  die  Abreise  der  „Carolina"  von 
Montevideo. 

Am  13.  April  1858  traf  die  Corvette  Carolina  in  Gibraltar  wieder 
im  Mittelmeere    ein. 

Nenne  ich  noch  die  Expedition  um  die  Welt  der  k.  k.  Fregatte 
„Novara",  so  berühre  ich  einen  Gegenstand,  der  uns  nur  mit  erhebenden 
Empfindungen  erfüllen  kann.  Mit  tiefster  Theilnahme,  von  Zeit  zu  Zeit 
durch  die  bereits  eingegangenen  Berichte  angefrischt,  folgen  ihr  unsere 
Gedanken,  die  jetzt  wahrscheinlich  schon  das  stille  Meer  in  seinem  süd- 
lichen Theil  durchfurcht,  unter  Führung  eines  ebenso  tüchtigen  Seemanns 
als    Gelehrten,    des    Commodors    v.   Wüllerstorf,    schon   im    zweiten    Sta- 


8  Jahresversammlung  am  9.  November  lö58. 

dium  ihrer  Aufgabe  begriffen  ist,  in  jener  Hälfte  ihrer  Fahrt,  die  schon 
die  Aussicht  gibt,  bald  die  Segel  heimwärts  zu  stellen,  da  dem  Plane  nach 
die  Rückkehr  um  das  Cap  Hörn  erfolgen  soll.  Gott  geleite  das  gute  Schiff 
und    die    guten  Männer   die    es    trägt! 

In  ganz  kurzer  Uebersicht  entnehme  ich  noch  Petermanns  Mit- 
theilungen einige  Notizen  über  geographische  Reisen  und  Arbeiten,  die 
auf  den    Antheil    des    Jahres    1858    fallen. 

Für  Europa  finden  wir  die  Angabe  der  Arbeiten ,  welche  im  Laufe 
der  nächsten  Zeit  durch  das  topographische  Bureau  des  königlich  preus- 
sischen  Generalstabs    zur  Ausführung   kommen    sollen: 

1.  Vollständige  Aufnahme  der  Hohenzoller'schen  Fürstenthümer,  für  eine 
Karte   im   Massstab    von    1  :  50.000. 

2.  Beendigung  der  Bemessung  der  Altmark,  um  im  Jahre  1859  die  Pro- 
vinz   Preussen    mit  allen  Kräften    anfassen    zu    können. 

3.  Vollendung  und  Revision  der  Aufnahme  der  Umgegend  von  Berlin, 
um    sie   wie    1  :  50,000    in   Kupfer   zu  graviren. 

4.  Umfassende  Versuche  in  Anwendung  der  Photographie  zu  Zwecken  des 
topographischen    Bureaus. 

Beiträge   zur    Bestimmung    der  Seehöhe    von    Dresden. 

In  Russland  sind  seit  vergangenem  Jahre  51  Generalstabs -Offiziere 
in  eben  so  viele  Gouvernements  abgeschickt  worden,  um  deren  statistische 
Beschreibungen  zu  revidiren  und  nach  einem  neuen  Programm  zusammenzu- 
stellen. Diese  sollen  dann  mit  Karten  in  russischer  Sprache  in  die  Oeffent- 
lichkeit    kommen. 

Arbeiten  des  kaiserlich  russischen  Generalstabs  und  topographischen 
Kriegsdepots: 

1.  Trigonometrische  Netze  in  den  Gouvernements  Kostroma  von  Woronesch, 
und  längst  der  Wolga  von  Sanatow  bis  Simbirsk.  Im  Sanatow'schen 
Gouvernement  zur  Anknüpfung  an  die  Triangulation  der  Gouv.  Woronesch, 
Tambow    und    Pensa. 

2.  Zwei  chronometrische  und  astronomische  Expeditionen  in  die  Gouv. 
Wologda   und    Wiätka,    wo    an    100   Punkte   bestimmt   werden    sollen. 

3.  Topographische  Aufnahme  der  Gouv.  Poltawa,  Gorkoff  und  Esthland 
im   Maassstab    1  :  42000   (1  Werst  =  1  engl.  Zoll). 

4.  In  Sibirien,  dem  Kaukasus  u.  s.  w.  Fortsetzung  der  topographischen 
Arbeiten.  Von  den  Graveuren  werden  heuer  noch  Smolensk  und 
Kaluga,  vielleicht  auch  Witegsk  vollendet.  Im  Maassstab  von  1  :  126,000 
(3  Werst  =  1  engl.  Zoll). 

In  Asien  sind  neueste  Nachrichten  über  Roths  Reisen,  aber  auch  die 
seines    Todes,   der   am    26.    Juni    erfolgte. 

Ferner  Cühdorfs  Schilderung  der  Wichtigkeit  des  russischen  Besitzes 
am   Amur    und    einer   Reise    von    dessen    Mündung  nach    Moskau. 

Für  Afrika  sind  mehrere  Reisen  theils  beabsichtigt,  wie  Maccarthys 
theils  im  Zuge,  wie  August  Rösche rs  von  Hamburg,  in  Chaillus  im  äqua- 
torialen Theil,  dann  Burtons  Reise  von  der  Ostküste  gegen  den  innerafri- 
kanischen See.  Gemeldet  wird  Neimanns  Tod  in  Cairo  am  15.  März.  In 
Aussicht  wird  die  Herausgabe  der  Reisen  von  Ladislaus  Magyar  gestellt, 
dessen    seltsam   genug   Livingstone    gar   nicht    erwähnt. 

In  Amerika  reist  Herr  L.  Pückler  in  den  Andesregionen. 

In  Australien  hat  die  Regierung   der  Niederlande   eine  Expedition   nach 


Fürst  von  Salm.  9 

Neu-Guinea  abgeschickt,  zum  doppelten  Zweck  eine  Niederlassung  zu  gründen, 
als  auch  zur  Anstellung  wissenschaftlicher  Untersuchungen. 

Als  Neuestes  gelangte  an  unsern  Altmeister  Alexander  vonHumbo  ld  t  durch 
den  Consul  in  Bombay  die  telegraphische  Nachricht,  dass  auf  Befehl  des 
John  Lawrenec  und  unter  dem  Commando  Lord  William  Hay's  von  Simla 
eine  Expedition  abgefertigt  wird,  um  Adolph  Schlagintweit  aufzusuchen. 
Noch  ist  also  ein  günstiger  Erfolg  vielleicht  zu  hoffen ! 

Niemand  mehr  als  ich  selbst  meine  Herren  fühlt  und  bedauert  mehr 
die  unerquickliche  Trockenheit  dieses  summarischen  Details,  aber  die  Zeit 
ist  mir  zugemessen  und  ich  habe  Ihre  Geduld  vielleicht  schon  über  Gebühr 
in  Anspruch  genommen.  Wo  ich  irrte  oder  etwas  übersah  oder  sonst  eine 
Ergänzung  nöthig  würde,  soll  sie  noch  vor  der  Drucklegung  verbessernd 
eintreten. 

Gestatten  Sie  mir  zum  Schlüsse  eilend,  noch  einige  wenige  abrundende 
Worte : 

Mit  Recht  nannte  Linne  die  Botanik  die  Scientia  amabilis ,  mit 
gleichem  Rechte,  ja  in  noch  höherem  Sinne  wäre  der  Geographie  diese 
Bezeichnung  zu  vindiziren.  Ist  jene  das  blühende  Mädchen,  so  strahlt 
diese,  eine  Königin,  in  voller  Pracht  matronalen  Reizes,  in  strengerer 
Reife  und  dennoch  in  vollendeter  Liebenswürdigkeit.  Mit  noch  manchen 
andern  führt  sie  auch  die  Wissenschaft  der  Botanik  in  ihrem  Gefolge 
und  neben  ihr  geht,  auf  ihre  Schulter  gestützt,  Staatskunst,  in  einer 
Hand  die  Feder ,  das  Schwert  in  der  andern ,  den  Adlerblick  in  die 
Ferne    gerichtet. 

Was  ich  Ihnen  so  eben  von  geographischen  Leistungen  aufgezählt, 
reiht  sich  von  selbst  nach  drei  Kategorien.  Es  ist  die  Arbeit  sinnender 
Wissenschaft,  die  bei  nächtlicher  Lampe  die  Kunde  von  Wegen  und 
Stegen  der  Welt  verarbeitet,  die  Gesetze  erforscht,  nach  denen  sich  deren 
Wesen  und  Art  dargestellt  und  diess  Alles  in  Umrissen  dem  Auge  über- 
sichtlich fasslich,  festzuhalten  sucht.  Bald  zeigen  sich  Lücken  in  einer 
oder  der  andern  Art,  diese  zu  ergänzen,  eröffnet  der  wandernde  Handel 
ein  Folium  für  Geographie,  worin  er  einzeln  zu  Buche  bringt ,  woraus 
ihm  wieder  die  Wissenschaft  ein  organisches  Ganze  zum  Gesammtgewinn 
heranbildet.  Ja  sie  begeistert  kühne  Herzen,  um  ihretwillen  allein  weite 
Meere  unter  neuen  Sternbildern  nach  unbekannten  Küsten  zu  durchfor- 
schen, durch  pfadlose  Wüsten  zu  dringen,  bis  auch  diese ,  dem  schon 
Bekannten  sich  anschliessend,  dieses  fortzusetzen  und  zu  ergänzen.  Dieses 
möchte  ich  practische  Geographie  nennen ,  die  von  der  Wissenschaft 
geführt,    ihr    Reich    durch    entdeckende    Thaten    erweitert. 

Nun  tritt  eine  Praxis  noch  höherer  Potenz  hinzu,  und  wie  alle 
Exponentialgrössen,  nur  in  seltenen  Fällen  nach  der  rationalen  Einfachheit 
elementarer  Rechnungsweise  aufzufassen  und  zu  berechnen.  Es  ist  dieses 
erobernde  Geographie ,  wie  sie  einst  vorzugsweise  Spanien  und  England 
nach  Westen  und  Osten  getrieben ,  damit  die  Wissenschaft  für  ewig 
bereicherten,  aber  in  ihren  practischen  Resultaten,  sie  eben  auch  nur  krie- 
gerisch   zu    behaupten    vermögen. 

So  wurde  in  neuesten  Tagen  wieder  das  märchenhafte  Indien  unse- 
rem Tagesinteresse  schaudervoll  näher  gerückt,  so  nährt  das  ferne  China 
die  Spalten  der  Zeitungen  mit  willkommener  Speise,  so  hat  Russland  an 
den  Ufern  des,  bisher  eben  nur  dem  Namen  nach  bekannten,  Amur, 
im   Stillen   die    Gründe    einer   Besitzergreifung   gelegt,    die   uns    nun    schon 


10  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

als    vollendete    Thatsache    entgegentritt,    ehe    noch    ihr    Beginn   so    recht  zur 
gesprächsweisen    Kenntniss    der   Welt   gediehen    war. 

Diess  meine  Herren,  sind  Ereignisse  von  weit  grösserer  als  der 
nächst  sichtbaren  Tragweite.  Wir  stehen  eben  wieder  an  einem  der  grossen 
Wendepunkte    der    Weltgeschichte. 

Seit  mit  dem  unergründlich  geheimnissvollen  Ereigniss,  von  dem  der 
Welt  die  Rechnung  einer  neuen  Zeit  darum  zu  Theil  wurde,  weil  erst 
von  da  an  eine  geistige  Einheit,  Stammesgeschichten  zur  Weltgeschichte 
zusammenzubinden  und  fügen  begann,  können  wir  ein  Hin-  und  Zurückwogen 
derselben,  in  grossartigem  Verhältniss  fast  regelmässige  Strömungen  von 
Osten   nach    Westen    und    wieder   von    Westen    nach    Osten    verfolgen. 

Von  Osten  drang  das  Christenthum  nach  Westen,  und  bald  nach 
ihm  der  Strom  bisher  unbekannter  Stämme  in  der  Völkerwanderung, 
bestimmt  dessen  Träger  in  staatlichem  Boden  zu  werden.  Kaum  in  Europa 
gefestigt,  trieb  ein  dunkler  Instinct  die  Völker  in  den  Kreuzzügen  wieder 
nach  Osten,  das  Grab  des  Erlösers  aus  den  Fäusten  der  letzten  Nach- 
zügler   der   Völkerwanderung,    Seldschuckischer   Fürsten,    zu   retten. 

Ohne  dauernden  Erfolg  an  Ermattung  verendet,  hatten  sie  doch  den 
Kriegseifer  Türkischer  und  später  Mongolischer  Horden  geweckt,  die  wieder 
in  gewaltigen  Strömen  nach  Westen  zuflutheten.  Die  stolze  Byzanz  war 
gefallen,  flüchtend  drängte  die  antike  Bildung,  ein  geistiger  Strom  nach 
Westen.  Nach  Westen  drang  durch  Columbus  wachgerufen  das  Streben 
der  Conquistadoren  nach  einem  geträumten  Eldorado.  Nach  Westen  brach- 
ten Holland  und  England  die  Keime  heimischer  Staatseinrichtungen,  bis  sie 
ihnen    in    errungener  Selbstständigkeit   über  den  Kopf  wuchsen. 

Nach  mancherlei  Zwischenfallen,  welche  auszuführen  die  Zeit  mir 
nicht  erlaubt,  die  aber  alle  nur  das  Gemälde  vollenden,  von  dem  mir 
nur  eine  Andeutung  der  äussersten  Umrisse  vergönnt  bleibt,  stehen  wir 
nun   wieder  an    dem    Punkte    des    nach    Osten    rückfluthenden    Weltstromes. 

Diess  ist  die  Bedeutung  der  jetzigen  Tage,  darum  wird,  wenn  nicht 
England,  so  doch  Europa,  wie  in  Indien ,  so  in  China  endlich  siegen. 
Darum  wird  der  uralte  Landzusainmenhang  zweier  Welttheile  gelöst  und 
das  Land  bei  Suez  durchschnitten.  Darum  entsteht  ein  zweites  junges 
Russland  am  Amur,  um  bald  Japan  die  Hand  zur  allgemeinen  Verbrüde- 
rung zu  bieten,  wo  es  sich  zunächst  mit  Amerika  begegnen  wird ,  wel- 
ches dann  von  dieser  Seite  in  einem  nächsten  Weltenalter  den  Sturm 
und   Drang    nach  seinem    Westen   zu    uns    herüber   beginnen    wird. 

Doch  meine  Herren  ich  bemerke  wie  mich  Phantasie  über  die, 
vielleicht  erlaubten  Gränzen  führt.  Lächelnd  wird  wohl  Mancher  fragen, 
wie  ein  einfacher  Jahresbericht  der  Anlass  sein  konnte,  sich  bis  zu  Deu- 
tungen der  Zukunft  zu  versteigen?  Indess  meine  Herren  nehmen  Sie  es 
mit  Nachsicht  auf,  wenn  ein  Drang  mich  vielleicht  zu  weit  führte,  den 
Sie  an  sich  nicht  verdammen  werden,  den  Drang,  auch  beim  kleinsten 
Einzelnen,  sich  eines  grossen  Ganzen  und  organischen  Zusammenhanges 
instinctartig    bewusst   zu  werden." 

Hierauf  las  der  erste  Secretär  Herr  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterle 
folgenden  von  ihm  verfassten,  und  vom  Ausschusse  gut  geheissenen 
Rechenschaftsbericht    über    das    vergangene    Vereinsjahr    1858. 

Meine    Herren! 

„Ich  habe  die  Ehre,  Ihnen  heute  den  Rechenschaftsbericht  über  die 
Thätigkeit    unserer  geographischen  Gesellschaft    in    dem    vergangenen   zwei- 


F.  Foetterle.  1  i 

ten  Jahre  ihres  Bestehens,  sowie  über  ihre  inneren  Angelegenheiten  und 
ihre  Finanzen  vorzutragen.  Ich  kann  diess  mit  um  so  mehr  Befriedigung 
thun,  als  ich  Ihnen  meine  Herren  nur  Erfreuliches  zu  berichten  habe, 
aus  dem  sie  entnehmen  werden,  dass  die  Thätigkeit  der  Gesellschaft 
zwar  in  einer  langsamen,  aber  um  desto  sicherern  Zunahme  begriffen  ist; 
dass  sie  nicht  mehr  den  Schwankungen  unterliegt,  welche  so  häufig  bei 
neuen  Gesellschaften  oft  durch  unbedeutenden  äusseren,  oft  persönlichen 
Einfluss  während  einiger  Zeit  eintreten,  und  kürzer  oder  länger  andauern. 
Mit  voller  Beruhigung  können  wir  Unsere  Gesellschaft  als  consolidirt 
betrachten.  Wir  geniessen  noch  fortwährend  die  Begünstigung  der  freien 
Benützung  des  Lokales  zowohl  zu  Versammlungen  ,  wie  zur  Bib- 
liothek, und  verdanken  sie  dem  Wohlwollen  Sr.  Excellenz  des  Herrn 
Ministers  des  Innern,  Freiherrn  v.  Bach,  und  unserem  hochverehrten 
ersten  Präsidenten  und  gegenwärtigen  Vicepräsidenten  Herrn  Sectionsrathe 
W.  Haidinger.  Die  bedeutende  Zunahme  der  Mitglieder  gibt  uns  einen 
erfreulichen  Beweis  für  das  Wachsen  der  Theilnahme  an  den  Interessen 
der  Gesellschaft  auch  ausserhalb  dem  Kreise  ihrer  Thätigkeit,  sowie  die 
bedeutende  Vermehrung  der  Verbindung  mit  anderen  Gesellschaften  und 
Instituten  uns  ein  erfreulicher  Beweiss  ist,  dass  man  auch  unseren  Pub- 
licationen  einen  Werth  beilegt,  und  ihren  Inhalt  beachtet.  Sowohl  die 
Anzahl  von  Vorträgen  in  den  allgemeinen  Versammlungen,  wie  die  Anzahl 
der  Beiträge  zu  den  Abhandlungen  haben  sich  in  einer  Weise  gemehrt, 
dass  es  mir  möglich  wurde,  von  den  Mittheilungen  statt  2  Heften  wie 
im  vergangenen  Jahre,  3  Hefte  für  den  2.  Band  abzuschliessen.  Einen 
ebenso  erfreulichen  Fortschritt  zeigt  die  Seele  des  Bestandes  der  Gesell- 
schaft, die  finanzielle  Seite,  denn  mit  der  Vermehrung  der  Mitglieder  ist 
auch  eine  Vermehrung  der  Beiträge  eingetreten,  und  wir  haben  heute 
keine  Klage  über  allzu  viele  Versäumniss  der  Beitragsleistung  für  das 
vergangene   Jahr    zu    führen. 

Ich  übergehe  nun  zu  den  einzelnen  Geschäftsabtheilungen,  und  will 
mich    etwas    weitläufiger   bei   jedem    derselben    einlassen. 

Die  Gesammtanzahl  der  Mitglieder  der  Gesellschaft  sowohl  ausser- 
ordentliche wie  ordentliche  belief  sich  im  Laufe  des  vergangenen  Gesell- 
schaftsjahres, wie  aus  dem  betreffenden  Rechenschaftsberichte  und  aus 
dem  im  ersten  Band  der  Gesellschaftsschriften  enthaltenen  Mitglieder-Ver- 
zeichnisse ersichtlich  ist,  auf  321,  wovon  16  ausserordentliche  mit  einem 
Gesammtbeitrage  von  229  Gulden  C.  M.,  und  305  ordentliche;  von  diesen 
hatten  94  ausserhalb  Wien  in  Oesterreich,  und  5  ausserhalb  der  öster- 
reichischen Monarchie  in  den  andern  Staaten  Europas  ihren  Wohnsitz 
aufgeschlagen.  Seit  jener  Zeit  bis  zu  Ende  October  des  1.  J.  sind  neuer- 
dings der  Gesellschaft  65,  wovon  2  als  ausserordentliche  Mitglieder  bei- 
getreten. Freilich  hat  die  Gesellschaft  auch  den  Verlust  von  4  Mitglie- 
dern durch  den  Tod  zu  beklagen,  (der  Herren  Freiherrn  von  Reden, 
P.  G.  F i t z i n g e r,  Professor  E.  Zdobinsky,  und  E.  Port h),  während  9  andere 
Herren  aus  der  Reihe  der  Mitglieder  sich  ausscheiden  Hessen.  Es  ver- 
blieben demnach  am  Schlüsse  des  vergangenen  Monates  374  Mitglieder, 
wovon  18  ausserordentliche  mit  einem  Gesammtjahresbeitrage  von  264 
Gulden  (277.20  Gulden  Oesterreichische  Währung)  und  356  ordent- 
liche. Von  der  Gesammtzahl  sind  54  k.  k.  Offiziere.  Es  dürfte  hier  nicht 
ohne  Interesse  sein  zu  erfahren,  in  welchem  Verhältnisse  die  Betheiligung 
an   der    Gesellschaft   in    geographischer    Verbreitung   zunimmt,   was  aus  fol- 


\2  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

genden  Zahlen  ersichtlich  sein  mag.  Wie  es  in  der  Natur  der  Sache 
selbst  liegt,  hat  dieselbe  innerhalb  der  Residenz  am  stärksten  zugenom- 
men, denn  gegenwärtig  wohnen  von  den  374  Mitgliedern  253  in  Wien, 
7  wohnen  im  Ausland  in  den  Städten  Augsburg,  Coburg,  Constantinopel, 
Ellwangen,  Florenz,  Plönen  und  Warschau;  und  114  in  51  verschiede- 
nen Ortschaften  der  österreichischen  Monarchie,  u.  z.  in  Agram,  Baden, 
Bistritz  bei  Teschen,  Bochnia,  Czernowitz,  Dubnik  bei  Eperies,  Edlitz  bei 
Neunkirchen,  Ellbogen,  Eggendorf  im  Traunkreis,  Gratz,  Gresten ,  Heral- 
titz  bei  Trebitsch,  Hruschau  bei  M.  Ostrau,  Innsbruck,  Jaworzno,  Joa- 
chimsthal, Keszthely,  Krakau,  Kremsmünster,  Laybach,  Lemberg,  Linz, 
Mailand,  Mauer,  Oberalm,  Oberschützen,  Oedenburg,  Ofen,  Ollmütz,  Padua, 
Pest,  Pilsen,  Prag,  Prerau ,  Pressburg,  Przibram,  Sappada  bei  Auronzo 
Schemnitz,  Schmöllnitz,  Steyr,  Szemered,  Szigeth  Marmaros,  Temesvar, 
Triest,  Tschars  in  Tyrol,  Udine,  Warasdin,  Venedig,  Vinkovce,  Wr.  Neu- 
stadt, Witkowitz  und  Zara;  unter  diesen  Orten  ist  wieder  Triest  durch 
15,  Prag  durch  8,  Pest,  Pressburg  und  Ollmütz  durch  je  5  Mitglieder 
am    zahlreichsten    vertreten. 

Da  die  Bibliothek  eine  der  wichtigsten  Besitzungen  und  geistigen 
Mittel  einer  Gesellschaft  ist,  so  wurde  ihrer  Vermehrung  und  ihrer  zweck- 
mässigen Instandhaltung  besondere  Sorgfalt  gewidmet.  Die  Möglichkeit  der 
ersteren  wurde  durch  die  zahlreichen  Geschenke  hochverehrter  Gönner 
und  Freunde  erleichtert,  wozu  unsere  verehrten  Ehren-,  correspondirenden, 
wie  wirklichen  Mitglieder  beitrugen.  Die  Ordnung  der  Bibliothek,  wie  die 
Führung  des  allgemeinen  alphabetischen  Kataloges,  des  Zettlkataloges  und  des 
Realkataloges  verdanke  ich  vorzüglich  beinahe  einzig  dem  ungemein  grossen 
Eifer    und    Thätigkeit  unseres   Scriptors    Herrn    A.    Senonner. 

Es  freut  mich  ungemein,  Ihnen  meine  Herren  die  angenehme  Mittheilung 
machen  zu  können,  dass  der  Stand  der  Gesellschaftsbibliothek  sich  im 
Laufe  des  vergangenen  Jahres  mehr  als  verdoppelt  hat,  was  aus  dem 
nachfolgenden  Vergleiche  am   deutlichsten    ersichtlich    ist. 

Der   Stand    der    Bibliothek    betrug 

,,T    ,  .±  t...    ,         an  Karten,     bestehend 

an  Werken     mit  Banden     „,..  m-.u 

Planen  etc.   aus  Blattern 

zu  Ende  des  Vereinsjahres  1857  262  979  46  320. 

zu  Ende  des  Vereinsjahres  1858  775  2011  77  421. 

daher  beträgt  die  Vermehrung  513  1032  31  101. 

Aus  eigenen  Geldmitteln  konnte  leider  auch  dieses  Jahr  fast  gar 
nichts    beigetragen    werden. 

Gewiss  werden  Sie  meine  Herren  mir  alle  beistimmen,  wenn  ich 
hier  in  Ihrer  Aller  Namen  den  hochverehrten  Gebern  den  verbindlichsten 
Dank  der  Gesellschaft  ausdrücke,  denen  unsere  Bibliothek  so  viele  und 
werthvolle  Werke,  welche  Ihnen  grösstentheils  bereits  in  den  einzelnen 
Monatsversammlungen  vorgelegt  wurden,  verdankt;  und  sie  alle  hier  noch- 
mals nenne,  wenn  sie  Ihnen  auch  aus  den  bereits  erfolgten  Vorlagen 
bekannt  sein  werden;  es  sind  die  Herren:  Abich  H.  in  St.  Petersburg, 
Angelrodt  in  St.  Louis,  d'Aveeac  in  Paris,  Artaria  A.,  Se.  Excellenz  A.  Freih. 
von  Bach  in  Wien  ,  Baeyer  in  Berlin,  Bauer  E.  in  Triest,  Brachelli  H.,  Graf  A. 
Breonner  in  Wien,v.  Balbi  E.  in  Venedig,  v.  Costa  D.  E.  H.  in  Laybach,  Freih.  v. 
Cioernigin  Wien,R.Danmas,K.DanssyinParis,Fr.  v.  Demidoff  in  WTien,  Dietz  B.  in 
Karlsruhe,  Erdmann  in  Stockholm,  Ermann  Dr.  A.  in  Berlin,  Flügel  Dr.  F.  in 
Leipzig,   Forchhammer  Dr.  P.  in  Kiel,  Fritsch  K.,    Fitiinger  G.  in  Wien,  Graham 


F.  Foetterle.  13 

C.  in  London,  (irrewink  Dr.  in  Dorpat,  Haidinger  W.  in  Wien,  Helmersen  G.  in 
St.  Petersburg,  Se.  Excellenz  Freih.  v.  Hietzinger  K.,  Freih.  v.  Hingenan,  R.Heufler 
L.,  v.  Hönigsberg  Dr.  R.,  Heinzel  in  Wien,  Hölzel  in  Ollmütz,  v.  Jochmas  in 
London,  Kästner L.  in  Wien,  Kiepert  H.  in  Berlin,  Rornhuber  Dr.  G.  A.  in  Press- 
burg, Roristka  B.  in  Prag,  L.  Freiin  v.  Kotz  in  Prag,  ftocziczka  W.  in  Krakau. 
de  Lesseps  F.  in  Paris,  Löwenthal  J.  in  Wien,  Lorenz  Dr.  J.  in  Fiume,  Loosey  K. 
in  New- York,  Mayr  Dr.  B.  in  Pest,  Malte  Brnn  in  Paris,  Metger  Dr.  J.  in  Han- 
nover, Mühry  Dr.  A.  in  Göttingen,  Mnrchison  Sir  R.  J.  in  London,  Nardi  Dr. 
F.  v.  in  Rom.  Negrelli  F.  R.  v.,  Papen  K.  in  Frankfurt,  Palacky  Dr.  J.  in  Prag, 
Paleocapa  in  Turin,  Perthes  J.  in  Gotha,  Patloch  0.  inDubnik,  Pipitz  Dr.  J. 
in  Triest,  de  Rivero,  Ritter  K.  in  Berlin.  Salzbacher  Dr.  J.  in  Wien,  Schröckin- 
ger  Ritter  von,  Schwarz  Georg  in  Wien,  Varnhagen  in  Paris,  Wenzig  J.  in 
Prag,  Wurzbach  Dr.  C.  v.  in  Wien,  Zeithammer  A.  in  Agram,  Ziegler  J.  M.  in 
Winterthur.   — 

Eine  andere  ebenso  reiche  wie  werthvolle  Quelle  des  Zuflusses  für 
die  Bibliothek  bilden  die  zahlreichen  Druckschriften,  welche  der  Gesellschaft 
von  den  verschiedenen  Gesellschaften  und  Instituten  des  In-  und  Auslandes 
als  Gegensendungen  für  die  eigenen  Mittheilungen  zukommen;  aus  dem 
nachfolgenden  Verzeichnisse  dieser  Institute  und  Gesellschaften  wollen  Sie 
die  Ausdehnung  der  Verbindungen  entnehmen,  welche  zu  dem  Zwecke 
der  Bereicherung  unserer  Bibliothek,  so  wie  zur  Verbreitung  der  eigenen 
Druckschriften    eingeleitet  wurden." 

Verzeichniss 

der  verschiedenen  Institute,   Gesellschaften    u.  s.  w.,    mit  welchem  die  k.  k. 
geographische  Gesellschaft   in   Schriftentausch    getreten    ist. 
a.  Im   Inlande: 
Agram ,    k.  k.  Landwirthschafts-Gesellschaft. 

Brunn,   k.  k.  M.  schl.  Gesellschaft  für  Ackerbau,  Natur-  und  Landeskunde. 
„        Statistisch  historische  Section  der  „  „ 

„         Forstsection    der    k.    k.  „  „ 

„        Werner- Verein    zur   geologischen    Durchforschung   von   Mähren    und    Schlesien. 
Czernowitz,   k.  k.    Ober-Gymnasium. 

„  Verein   für    Landeskultur    und    Landeskunde. 

Gratz  ,    k.   k.    Landwirthschaftsgesellschaft. 

Heruiannstadt,    Siebenbürgischer   Verein   für    Naturwissenschaften. 
Innsbruck ,    Ferdinandeum. 

Riagenfurt ,    k.    k.    Landwirthschafts-Gesellschaft. 
Lavbach,   Historischer   Verein    für   Krain. 
Lemberg,    k.    k.    Ackerbau-Gesellschaft. 
Linz,    Museum    Francisco    Carolinum. 

„        k.    k.    Landwirthschafts-Gesellschaft. 
Mailand,    J.    r.    Instituto    Lombardo. 

„  Academia  physico-medico-statistica. 

Pesth,   Ungarische   Akademie   der   Wissenschaften. 

„         Redaction  des   Pesth'er   Lloyd. 
Prag,    k.   böhm.    Gesellschaft  der   Wissenschaften. 
„       Naturhistorischer    Verein   „Lotos". 
„       k.   k.    patriot.    ökonomische   Gesellschaft. 
Pressburg,    Städtische  Ober-Realschule. 
„  Verein   für   Naturkunde. 

„  Ungarischer   Forstverein. 

Venedig,   J.   r.   Instituto  Veneto. 

,,         Collegium  der  Mechitaristen  auf  S.  Lazaro. 
Verona,    Academia  dell'  agricoltura,  delle  scienze  di  commeracio- 
Wien,   k,   k.    Direction  für  administrative  Statistik. 


14  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

Wien      k.    k.   geologische  Reichsanstalt. 

„       k.   k.    zoologisch-botanische  Gesellschaft. 
,,       k.   k.    Landwirthschafts-Gesellschaft. 
„       k.  k.    n.  öst.  Gewerbe-Verein. 
„       Redaction  der  Austria. 

5,  „  der  österr.  botanischen  Monatschrift. 

Und  die  Handelskammern  zu:  Agram,  Bergamo,  Botzen,  Brescia,  Brunn,  Budweis,  Chia- 
venna,  Como,  Cremona,  Czernowitz.  Fiume,  Gratz,  Klausenburg,  Kronstadt,  Laybach. 
Leoben,  Linz,  Lodi,  Mailand,  Oedenburg,  Ollmütz,  Padua,  Pavia,  Pesth,  Pilsen,  Prag, 
Rovigo,   Salzburg,  Temesvar,  Treviso,  Triest,  Troppau,   Udine,  Verona,  Vicenza  und  Wien, 

b.    Im    Auslande. 
Albany,  New- York  State  Library. 
Amsterdam',  N.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Barmen ,  Rheinische  Missions-Gesellschaft. 
Berlin,  Gesellschaft  für  Erdkunde. 
Bologna,  Academia  delle  science. 
Boston,  American  Academy  of  arts  and  sciences. 
Breslau,  k.  Universität. 

„        schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur. 
Brüssel ,  k.  Akademie  der  Wissenschaften. 

,,         k.  Central-Commission  für  Statistik. 
Cambridge  American  Association  for  the  advancement  of  science. 

„  Haward  College. 

Darmstadt,  Gesellschaft  für  Erdkunde  und  verwandte  Wissenschaften. 
Frankfurt  a.  M.,   Geographischer  Verein. 

„  Ravenstein's  geographische  Anstalt. 

Görlitz,  Naturforschende  Gesellschaft. 
Gotha,  Justus  Perthes 's  geographische  Anstalt. 
Bannau ,  Wetterau'sche   Gesellschaft  für  die  gesammte  Naturkunde. 
Karlsruhe,  das  grossherzogliche  Ministerium. 
London,  Royal  Society. 

„        Asiatic  Society  of  Great  Britain  and  Irland. 
,,        Ethnological  Society. 
}}        Statistical  Society. 
„         Geographical  Society. 
„        Mission  Society. 
„        Britisch  Evangelical  Society. 
Moskau,  kais.   Naturforschende  Gesellschaft. 
München,  k.  Akademie  der  Wissenschaften. 
Neubrandenburg,  Verein  der  Freunde  der  Naturwissenschaften. 
New-Haweu,  the  Editor  of  the  American  Journal. 
New- York,  Geographical  Society. 

„  American  Ethnographical  Society. 

,,  Redaction  der  Mission  Intelligencer. 

Paris,   Soci6t6  de  la  Geographie. 

,,       Soci6te  pour  la  propagation  de  la  foi. 
St.  Louis  (Missouri),  Academy  of  sciences. 
St.  Petersburg,  k.  russ.  geographische  Gesellschaft. 
Philadelphia,  Franklin  Institute. 

,,  American  Philosophical  Society. 

,,  Geological  Society. 

Turin,  Redaction  des  Bolletino  dell'  Istmo  di  Suez. 
Washington,  Smithsonian  Institution. 
„  Patent-Oflice. 

,,  War  Departement. 

„  National  Observatory  and  Hydrographical  Office. 

„  U.  St.  Coast  Survey. 

Wiesbaden ,  Verein  für  Naturkunde. 

„Es  sind  demnach  119  verschiedene  Institute  und  Gesellschaften,  wovon 
47  in  28  verschiedenen  Orten  im  Auslande,  und  72  in  42  verschiedenen 
Orten  im  Inlande,  mit  welchen  unsere  Gesellschaft  in  Verbindung  steht, 
welchen  sie  ihre  Mittheilungen  zusendet,  und  von  welchen  sie  bereits  ihre 
Druckschriften  erhalten  hat,    oder   deren  Zusendung  in  naher  Aussicht  steht. 


F.  Foetterle.  15 

Von  den  ausländischen  Gesellschaften  und  Instituten  erlaube  ich  mir  nament- 
lich auf  die  zahlreiche  Vertretung  der  Nordamerikanischen  aufmerksam  zu 
machen;  die  Gesellschaft  verdankt  die  Herstellung  dieser  Verbindung  dem 
unermüdlichen  Eifer  und  der  regen  Theilnahme  unseres  correspondirenden 
Mitgliedes  des  k.  k.  österreichischen  General-Consuls  zu  New-York  Hrn. 
Karl  Loosey,  und  des  nordamerikanischen  General-Consuls  zu  Leipzig 
Hrn.  Dr.  Flügel,  denen  die  Gesellschaft  hiefür  zu  grösstem  Danke  ver- 
pflichtet  ist. 

Vergleicht  man  die  diessjährigen  mit  den  vorjährigen  Verbindungen 
zum  gegenseitigen  Schriftenaustausche  und  Verkehre,  so  zeigt  es  sich, 
dass  am  Schlüsse  dieses  Jahres  im  Inlande  mit  65,  und  im  Auslande  mit 
39  verschiedenen  Instituten  und  Gesellschaften  mehr  Verbindungen  einge- 
leitet waren,  als  am  Schlüsse  des  vergangenen  Jahres,  und  ich  bin  fort- 
während bemüht,  diese  sowohl  für  die  Bibliothek  nützlichen,  wie  die 
Gesellschaft    selbst    sehr   ehrenden    Verbindungen    fortwährend   auszudehnen. 

Auch  unser  kleines  Nubisches  Museum  hat  zu  Anfang  des  Jahres 
durch  Herrn  Hansal's  Geschenk  eine  nicht  unwesentliche  Vermehrung 
erhalten.  Diese  besteht  aus  folgenden  ethnographischen  Gegenständen: 
10  vergiftete  Pfeile,  29  eiserne  Pfeile,  4  grosse  Bogen,  u.  z.  2  von 
den  Bari,  und  2  von  den  Tschier,  8  eiserne  Lanzen  der  Bari,  (2  des 
Nemnemstammes),  1  ganz  aus  Eisen  verfertigte  Wurfpflanze,  1  Zauberstab 
eines  Regenmachers,  2  Eisenhacken,  welche  auf  die  Feinde  geschleudert 
werden,  1  Keule  von  schwarzem  Eisenholz,  1  Pfeifenrohr,  1  junger  Stamm 
des  schwimmenden  Ambackholzes,  2Rahad,  1  Negerflöte,  2  Pfeifen,  welche 
die  Bari  bei  ihrem  Gesänge  brauchen,  1  Streitaxt  mit  einer  Gabel  zum 
Eindrücken  der  Augen  des  Feindes,  1  Zierstab  der  Heliab,  1  Keule  der 
Schilluk  von  schwerem  gelben  Holze,  1  lederner  Riemen,  welcher  als 
Abzeichen  des  Haus-  und  Besitzstandes  getragen  wird,  1  Schild  der  östlich 
vom  Barilande  wohnenden  Bern  aus  dem  Rückentheile  einer  Giraffenhaut 
und   mehrere   Hausgeräthe,    Schmuck   und  Ziersachen. 

Einen  ebenso  erfreulichen  Fortgang  habe  ich  die  Ehre,  Ihnen  meine 
Herren,  über  die  eigenen  Druckschriften  der  Gesellschaft,  die  Mittheilun- 
gen, zu  berichten.  Im  Laufe  des  Jahres  wurden  zwei  Hefte  des  2.  Bandes 
vollendet  und  versendet,  ein  drittes  Heft  wurde  am  31.  October  als  Schlussheft 
des  2.  Bandes  abgeschlossen,  und  ist  zum  grössten  Theile  schon  gesetzt, 
so  dass  ich  in  kurzer  Zeit  die  Ehre  haben  werde,  es  Ihnen  vorlegen  zu 
können.  Ich  verdanke  vielen  unserer  hochverehrten  Herren  Mitglieder  werth- 
volle  Beiträge  wie  den  Herren  Dr.  A.  Alth,  F.  Simony,  J.  M.  Gug- 
genberger,  A.  Steinhauser,  Th.  Kotschy,  Dr.  J.  Schmidt,  A.  E. 
Zhis hinan,  Dr.  L.  F.  Kämtz  und  unseren  Novara-Reisenden,  dem  Hrn. 
Commodore  v.  Wüllerstorf  selbst  und  Dr.  K.  Scherzer  und  erlaube 
mir  hier  allen  diesen  Herren  meinen  besonderen  Dank  auszudrücken.  Wie 
in  dem  vorjährigen  ersten  Bande,  sehen  wir  auch  in  dem  zweiten  die 
Richtung  gleichsam  angedeutet,  welche  für  unsere  geographische  Gesell- 
schaft gleichsam  vorgezeichnet  ist,  denn  auch  hier  herrscht  unser  eigenes 
schönes  Kaiserreich  so  wie  der  Osten  vor,  da  unter  den  16  Abhandlun- 
gen 6  auf  die  österreichische  Monarchie,  6  auf  Asien,  1  auf  Afrika  sich 
beziehen,    und    3   mehr   allgemeinen    Inhaltes   sind. 

Wir  sind  aber  auch  denjenigen  Herren  zu  besonderem  Danke  ver- 
pflichtet, welche  durch  das  lebendige  Wort  in  den  allgemeinen  Versamm- 
lungen  so  viel   zu   unserer  Belehrung   und  geistigen   Unterhaltung  beitrugen. 


16  Jahresversammlung  am  9.  November  1858. 

Mit  wahrer  Befriedigung  werden  Sie  meine  Herren  sowohl  aus  der 
Abtheilung  der  Abhandlungen,  wie  der  Sitzungsberichte  entnehmen,  dass 
auch  in  dieser  und  gewiss  der  wichtigsten  Abtheilung  der  Wirksamkeit 
unserer  Gesellschaft  die  Leistungen  des  eben  vergangenen  nicht  hinter 
denen  des  Vorjahres  geblieben  sind,  und  ich  kann  nur  die  Herren  ein- 
laden, auch  in  dem  nun  zu  beginnenden  Jahre  eine  eben  grosse  Theil- 
nahme   an    der   Thatigkeit    der    Gesellschaft    entwickeln    zu    wollen. 

Ich  kann  nicht  umhin,  hier  meinem  hochverehrten  Freunde,  unserem 
allverehrten  Hrn.  Vice-Präsidenten  Sectionsrath  Haidinger,  sowie  den 
Herren  Ausschussmitgliedern  Schulrath  Dr.  M.  Becker  und  Bergrath  F.  v.  Hauer 
meinen  verbindlichsten  Dank  auszudrücken  für  die  Bereitwilligkeit,  mit  der 
sie  sich  während  meiner  längeren  Abwesenheit  der  Redaction  der  Mitthei- 
lungen,   und    den    Secretariatsgeschäften   unterzogen. 

Was  die  Vertheilung  der  Druckschriften  betrifft,  so  wurde  sie  in 
diesem    Jahre    folgender   Massen    vorgenommen: 

Von  dem  ersten  Jahrgange  wurde  ausser  den  bereits  in  dem  Rechen- 
schaftsberichte vom  vorigen  Jahre  ausgewiesenen  41 2  Exemplaren  noch  Yertheilt 

12    an    Mitglieder   des    kaiserlichen    Hauses    und   an  Ehrenmitglieder, 

48    an  neu    eingetretene    Mitglieder, 

78    an   Gesellschaften,   mit  welchen   Verbindungen    angeknüpft    wurden. 

550    Exemplare  des  1.  Bandes  wurden  demnach  bisher  vertheilt  und  es  bleiben 
450    Exemplare    als   Rest    der    ganzen  Auflage. 

Von    dem   zweiten  Bande    wurden    vertheilt: 
374  an   die   ausserordentlichen    und    ordentlichen    Mitglieder , 
31   an     die    Mitglieder    des     allerhöchsten    Kaiserhauses    und     an    mehrere 
Ehrenmitglieder, 
119  an   verschiedene    Gesellschaften    und    Institute;    daher 

524  Exemplare    im    Ganzen   und    es  bleiben 

476  Exemplare    als   Rest    der    ganzen    Auflage   übrig. 

Was  den  Stand  der  Kasse  der  Gesellschaft,  sowie  die  Einnahmen 
und  Ausgaben  im  Laufe  dieses  Jahres  betrifft,  so  habe  ich  die  Ehre, 
Ihnen  meine  Herren  im  Nachfolgenden  einen  Auszug  der  von  den  Herren 
Censoren  revidirten  Jahresrechnung,  welche  wir  den  freundlichen  Bemü- 
hungen des  Herrn  Rechnungsführers  E.  Hornig  und  des  Herrn  Kassiers 
A.    Artaria    verdanken,    im    Nachfolgenden    mitzutheilen: 

Einnahmen» 

Kassarest   vom    Jahre    1857 ,     .     .     .     1011  fl.  37  kr. 

Jahresbeiträge         1919    „     —    „ 

Zinsen    von    Obligationen 20    „    42    „ 

Summa  2951  „  19  „ 
Ausgaben. 

Druck    der   Mittheilungen     .          1546  fl.  46  kr. 

Kanzlei-Erfordernisse       . 87  „  32  „ 

Remuneration    des    Scriptor 200  „  —  „ 

„             des    Vereinsdieners       ........  100  „  —  „ 

Auslagen  für   Bibliothek 88  „  —  „ 

Postporto 199  „  40  „ 

Reise-Unterstützung 150  „  —  „ 


Summa  2371    „    58  „ 
Es    verbleibt   demnach  ein   Rest   von    579    fl.    21    kr.,  wovon    160  fl. 
CMze.    in    5%  Obligationen,     für   die   Einnahmen    von    1859:     rechnet   man 


F.  Foetterle.  17 

hiezu  die  Beiträge  von  18  ausserordentlichen  Mitgliedern  mit  264  fl. ,  die 
Zinsen  der  lebenslänglichen  Einzahlungen  von  3  Mitgliedern  mit  15  fl.  und 
die  Jahresbeiträge  von  353  ordentlichen  Mitgliedern,  mit  1765  Gulden, 
so  haben  wir  eine  Einnahme  für  das  Jahr  1859  von  2623  Gulden  CMze., 
ungerechnet  der  noch  sicher  zu  erwartenden  Einnahme  von  Beiträgen  neu 
eintretender  Mitglieder.  Es  erscheint  diese  Summe  im  Vergleiche  mit  der 
vorjährigen  Einnahme  von  2951  fl.  19  kr.  zwar  um  328  fl.  geringer, 
allein  wenn  man  bedenkt,  dass  am  Schlüsse  des  vergangenen  Jahres  ein 
Rest  von  1011  Gulden  von  einer  zweijährigen  Einnahme,  und  einer  blos 
einjährigen  Ausgabe ,  sehr  viel  zu  der  Höhe  jener  Einnahmssumme  beitrug, 
so  muss  die  im  künftigen  Jahre  zu  erwartende  Einnahme  als  ein  bedeu- 
tender Fortschritt  in  der  Vermehrung  der  disponiblen  Geldmittel  betrachtet 
werden.  —  Als  ein  bedeutungsvolles  und  erfreuliches  Zeichen  der  Theil- 
nahme,  an  den  Interessen  der  Gesellschaft  wollen  Sie  es  betrachten,  dass 
bloss  eine  sehr  geringe  Anzahl  von  Mitgliedern  bisher  ihrer  Verpflichtung 
der  Leistung  des  Jahresbeitrages  für  1858  nicht  nachgekommen  sind,  unter 
diesen  sind  jedoch  die  meisten  auswärts,  denen  es  nicht  an  Willen,  son- 
dern an  geeigneter  Gelegenheit  zur  Einsendung  mangelte,  und  bei  denen 
an    der   Leistung   nicht  zu    zweifeln    ist. 

Nachdem  ich  Ihnen,  Meine  Herren ,  einen  kurzen  Ueberblick  über  die 
innern  Angelegenheiten  unserer  Gesellschaft  entworfen  habe,  und  zum 
Schlüsse  gelangt  bin,  habe  ich  Ihnen  noch  im  Namen  des  Ausschusses 
den  Dank  desselben  auszudrücken  für  die  Unterstützung  und  Aufnahme, 
die  Sie  seinen  Anträgen  zu  Theil  werden  Hessen,  sowie  für  die  Theil- 
nahme,  die  Sie  den  Interessen  der  Gesellschaft  zollten ;  erlauben  Sie  mir, 
meine  Herren,  Ihnen  hier  noch  speciell  meinen  eigenen  Dank  auszudrü- 
cken für  die  besondere  Nachsicht  mit  der  Sie  stets  die  Güte  hatten, 
meine  Thätigkeit  für  die  Gesellschaft  zu  beurtheilen;  ich  habe  volle 
Ursache  dieselben  namentlich  für  das  vergangene  Jahr  in  Anspruch  zu 
nehmen,  wo  mich  mein  specieller  Beruf  für  längere  Zeit  den  Interessen 
der  Gesellschaft  entzog:  nehmen  Sie  schlüsslich  die  Versicherung,  dass 
ich  mit  gleicher  Vorliebe  fortfahren  werde ,  mir  die  Interessen  der 
Gesellschaft  wie  bisher  angelegen  sein  zu  lassen,  und  sie  ebenso  zu 
vertreten;  und  ich  kann  nur  mit  der  inständigsten  Bitte  an  Sie  Alle 
meine  Herren  schliessen,  mich  auch  fernerhin  in  diesen  meinen  Bestre- 
bungen   wie    bisher    unterstützen    zu    wollen." 

Da  nun  nach  Erstattung  des  wissenschaftlichen  sowie  des  Rechen- 
schaftsberichtes über  das  eben  abgelaufene  Vereinsjahr  die  Function  des 
Präsidenten  zu  Ende  geht,  so  dankte  Se.  Durchlaucht  Fürst  von  Salm 
nochmals  der  Gesellschaft  für  das  ihm  während  seiner  Function  als  Prä- 
sident bewiesene  Vertrauen  und  ersuchte  die  Versammlung  zur  Wahl  eines 
neuen    Präsidenten    schreiten    zu    wollen. 

Herr  k.  k.  Generalmajor  L.  Kintzl  ergriff  hierauf  das  Wort  und 
dankte  im  Namen  der  ganzen  Gesellschaft  dem  abtretenden  Herrn  Präsi- 
denten für  die  rastlose  und  erfolgreiche  Vertretung  der  Interessen  der 
Gesellschaft,  und  die  ganze  Versammlung  stimmte  mit  Freuden  diesem 
Ausdrucke    des    Dankes    bei. 

Da  nun  den  Statuten  der  Gesellschaft  gemäss  der  abtretende  Präsi- 
dent zu  derselben  Function  nicht  wieder  wählbar  ist,  so  stellte  der  Aus- 
schuss  der  Versammlung  den  Antrag,  dieselbe  möge  den  k.  k.  Sec- 
tionschef    Herrn    Dr.    Carl    Freiherrn     von     Czoernig     für    das     nächste 

.Minheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  I.  Heft.  *> 


jg  Versammlung  am  23.  November  1858. 

Vereinsjahr    zu    ihrem   Präsidenten    wählen,    welcher    Antrag     angenommen 
wurde. 

Hierauf  wurden  über  Antrag  des  Ausschusses  als  Ersatz  für  drei 
den  Statuten  gemäss  austretende  und  nicht  wieder  wählbare  Vicepräsi- 
denten  u.  z.,  die  Herren  k.  k. Regierungsrath  J.  Chine i,  k.  k.  Generalma- 
jor A.  v.  Fligely  und  Graf  C.  Lanckoronski  zu  neu  eintretenden 
Vicepräsidenten  gewählt  die  Herren:  Se.  Durchlaucht  Fürst  von  Salm- 
Reifferscheid,  Se.  Excellenz  K.  Freiherr  v.  Hunzinger  und  Herr 
k.  k.  Generalmajor  L.  Kintzl.  Zum  Kassier  wurde  Herr  A.  Artaria, 
zu  Rechnungs-Censoren  die  Herren  A.  Harmat  und  G.  A.  Schimmer 
wieder   gewählt. 

Da  auch  den  Statuten  gemäss  das  Loos  zum  Austritt  aus  dem 
Ausschusse  sieben  Ausschussmitglieder  traf,  und  zwei  andere  Ersatzwahlen 
stattzu6nden  hatten,  so  wurden  zu  neuen  Ausschussmitgliedern  gewählt  die 
Herren:  Generalmajor  A.  v.  Fligely,  k.  k.  Major  E.  Pechmann,  k.  k. 
Hauptmann  J.  Cyhulz,  Professor  Dr.  K.  Heller  und  Professor  Dr.  J. 
Zhishman;  und  die  Herren  V.  Freiherr  von  Andrian,  Dr.  L.  Fitzin- 
ge r,    K.   Fritsch    und    Dr.    M.    Hörn  es    wiedergewählt. 

Als  neu  eintretende  ordentliche  Mitglieder  wurden  gewählt  die  Her- 
ren L.  Kastner,  Vorstand  der  Registratur  der  k.  k.  pr.  Kreditanstalt, 
Dr.  J.  Lorenz,  k.  k.  Professor  am  Obergymnasium  zu  Fiume,  und  J. 
Skuppa,    Hauptmann   im    k.    k.    Militär-Ingenieur    Geographen-Korps. 

Hr.  Foetterle  zeigte  nun  mehrere  Geschenke  vor,  welche  der 
Gesellschaft  in  letzterer  Zeit  zugekommen  sind.  Se.  Hochwürden  Herr 
M.  Kirchner,  prov.  Provicar  der  katholischen  Mission  in  Central-Africa 
zu  Chartum ,  der  seit  kurzer  Zeit  sich  in  Wien  befindet ,  hatte  der 
Gesellschaft  einige  ethnographische  Gegenstände  für  ihr  kleines  Nubisches 
Museum  übergeben.  Ein  äusserst  werthvolles  Geschenk  an  Druckschriften, 
bestehend  aus  74  Bänden,  verdankt  die  Gesellschaft  Sr.  Excellenz  Herrn 
Freiherrn  v.  Hi et zi  nger,  es  befindet  sich  darunter  die  vollständige  Ausgabe 
von  K.  Ritter's  Erdkunde,  so  wie  mehrere  andere  Werke  von  Dr.  H.  Berg- 
haus, Gaspari  Hasel  und  Canabich,  v.  Lic  htenstern,  Somm  er  und 
sein    eigenes  Werk  „Statistik    der   österreichischen  Militärgrenze." 

Hr.  Dr.  L.  A.  Frank  1  überreichte  durch  den  Secretär  der  Gesell- 
schaft nebst  seiner  eigenen  Beschreibung  „nach  Jerusalem"  und  Inschrif- 
ten des  alten  jüdischen  Friedhofes  auch  sein  Gedicht  „an  die  hingeschie- 
dene Freundin  Ida  Pfeiffer"  in  zahlreichen  Exemplaren,  die  an  die 
Anwesenden   vertheilt    wurden. 

Das  ordentliche  Mitglied,  Herr  k.  k.  Professor  P.  Matkovich  in 
Warasdin,  sandte  die  Kopie  einer  topographischen  Karte  des  Gebietes 
von  St.  Michel  di  Lemmo  in  Istrien,  welche  er  während  seiner  diesjäh- 
rigen Studien  im  Museo  Correr  in  Venedig  fand  und  kopirte,  nebst  einer 
Beschreibung  (Siehe  dieses  Heft:  Abhandlungen  Nr.  III,   S.    32.) 


Versammlung  am  23.  \ovember  1858. 

Der  Herr  Präsident  k.  k.  Sectionschef  Freiherr  von  Czoernig  führte 
den  Vorsitz  und  eröffnete  die  Sitzung,  indem  er  der  Gesellschaft  den  Dank 
für  seine  Wahl   zu  ihrem  diessjährigen  Präsidenten  ausdrückte. 

Zu  neuen  ordentlichen  Mitgliedern  wurden  gewählt  die  Herren:  k.  k. 
Oberlieutenant  H.  v.  Acken,  Abt  und  Domherr  J.  Mislin,  Fabriksbesitzer 
H.    von   Rosthorn,  k.  k.  Oberlieutenant  J.  Schallerund  Dr.  G.  Stäche. 


Dr.  J.  Schmidt.  19 

Der  Astronom  der  Sternwarte  zu  Athen,  Herr  Dr.  Julius  Schmidt 
macht  einige  Mittheilungen  über  den  Fortgang  seiner  die  Metallbarometer 
betreffenden  Untersuchungen.  Indem  er  kurz  die  zu  Olmütz  im  Jahre  1854 
begonnenen  Versuche,  dann  seine  Beobachtungen  in  Italien,  endlich  seine  im 
Jahre  1857  unter  Mitwirkung  des  Herrn  Prälaten  v.  Unkrechtsberg  ausge- 
führten Vergleichungen  zwischen  Metall-  und  Quecksilber-Barometern  berührt, 
zeigt  er  die  Gestalt  der  Kurven ,  durch  welche  man  die  Variationen  der 
Aneroide-Stände  gegen  den  Stand  des  Quecksilbers  ausdrückt  und  die  gerin- 
gen Aenderungen  desselben,  welche  aus  theils  bekannten,  theils  unbekannten 
Ursachen  seit  1857  eingetreten  sind.  Die  Reisen  der  Herren  Bergrathes  F. 
r.  Hauer  und  Baron  F.  v.  Richthofen  in  Ungarn  (1858)  gaben  ihm  Veranlas- 
sung, aufs  neue  sich  mit  den  Metallbarometern  zu  beschäftigen,  indem  jene 
Herren  sich  solcher  Instrumente  zu  ihren  zahlreichen  hypsometrischen 
Bestimmungen  bedienten.  Um  diese  wichtige  Beobachtungsreihe  in  fast  unbe- 
kannten Länderräumen  sicher  berechnen  zu  können,  ward  für  beide  Metall- 
barometer die  ganze  Untersuchung  wieder  angefangen  und  durch  die  am  28. 
October  in  Begleitung  des  Herrn  Gustav  Ts eher mack  unternommene  Bestei- 
gung des  Gloggnitzer  Schneeberges  zum  Abschlüsse  gebracht.  Herr  Schmidt 
machte  schliesslich  darauf  aufmerksam,  dass  er  diessmal  zu  Argumenten  sei- 
ner Reductionstafeln  die  wahren  (von  Wärme  corrigirten)  Stände  des  Metall- 
barometers benutzt,  wodurch  jetzt  jede  Art  von  ermüdender  Interpellation 
wegfällt,  die  dann  auftritt,  wenn  mehrere  Stände  des  Quecksilbers  gemacht 
werden. 

Nach  dieser  Notitz  über  Metallbarometer  sprach  Herr  Dr.  Schmidt 
etwas  ausführlicher  über  den  grossen,  am  2ten  Juni  1858  von  Donati  in 
Florenz  entdeckten  Kometen. 

Nach  den  Rechnungen  der  Herren  Beult  es  in  Berlin,  Stampfer  und 
Löwy  in  Wien  bewegt  sich  der  Komet  in  einer  langgedehnten  Ellipse  in 
einer  Zeit  von  2100  bis  2500  Jahren,  welche  sich  bei  der  definitiven  Bahn- 
bestimmung viel  sicherer  wird  angeben  lassen. 

Die  merkwürdigen  Erscheinungen  an  dem  Kometen  schilderte  Hr.  Schmidt 
nach  seinen  eigenen  Beobachtungen,  ohne  indessen  mehr  als  die  wichtigsten 
Punkte  hervorzuheben  :  Sichtbarkeit  des  Kometen  in  der  Dämmerung  und  am 
Tage  ;  Zeit  des  grössten  Glanzes,  nicht  genau  mit  der  Umdrehung  überein- 
stimmend; Länge  des  Schweifes,  die  vom  7.  bis  11.  October  leicht  bis  zu 
40°  und  mehr  (gemessen  in  der  Krümmung  des  Schweifes)  erkannt  werden 
konnte.  Am  11.  October  Hess  sich  der  Schweif  bis  zum  Kopfe  des  Drachen 
verfolgen,  während  der  Kern  im  Aequator  stand.  Sodann  ward  der  Zurück- 
biegung des  Schweifes  gedacht ,  oder  seines  Zurückbleibens  hinter  der 
Richtung  des  Radius  Vector;  endlich  des  mächtigen  Phänomens  der  Licht- 
ausströmung des  Kernes,  welche  in  der  Gestalt  von  conzentrischen  Kugel- 
schalen am  Kerne  aufsteigend  sich  in  der  Gestalt  von  lichten  Kreisbogen 
oder  Heiligenscheinen  um  den  glänzenden  Nucleus  bildeten.  Diese  Ausströ- 
mung erreichte,  gemessen  am  Kerne  in  der  Richtung  zur  Sonne  hin, 
oft  2000  geographische  Meilen  im  Halbmesser  und  ,  unterstützt  durch 
zahlreiche  Mikrometermessungen  zwischen  dem  2.  und  18.  October  Hessen 
sich  Näherungswerthe,  wenn  auch  nur  ganz  im  Rohen,  für  die  Geschwin- 
digkeiten ermitteln,  mit  welchen  der  Kern  des  Kometen  die  Lichtmeteore 
gegen  die  Sonne  hin  ausströmte.  Diese  Geschwindigkeiten  sind  sehr 
gross,  grösser  als  die  unserer  Orkane,  und  selbst  grösser  als  die  des 
Schalles    und  des    Lichts, 

2* 


20  Versammlung  am  2?>  November  1858. 

Zuletzt  wurden  noch  die  Versuche  mit  der  von  Herrn  Sectionsrath 
Haidinger  für  Krj Stallbeobachtungen  mit  so  vielem  Erfoige  in  Vorschlag 
gebrachten  dichroskopischen  Lupe  erwähnt,  um  nämlich  die  Anwesenheit 
des  polarisirten  Lichtes  am  Kometen  durch  eine  längere  Beobachtungsreihe 
zwischen   dem   25.    September    und    dem    18.    October    herzustellen. 

Zum  Schluss  legte  Herr  Schmidt  photographische  Tafeln  über  den 
Kometen  vor,  die  der  ausgezeichnete  Photograph  Herr  Ludwig  Angerer 
nach  Handzeichnungen  des  Beobachters  in  sehr  gelungener  Weise  ausge- 
führt   hatte. 

Die  ganze  mit  vielen  Abbildungen  versehene  Abhandlung  über  den 
Kometen  wird  in  diesem  Winter  zu  Athen  durch  den  Druck  veröffent- 
licht  werden. 

Der  Herr  Vize-Präsident  Freiherr  v.  H  eifert  bespricht,  anknüpfend 
an  einen  am  17.  Februar  1857  über  denselben  Gegenstand  gehaltenen 
Vortrag  des  Herrn  Ministerial-Secretärs  Dr.  Anton  Beck,  den  Mangel 
eines  allgemeinen  topographischen  Lexikons  von  Oesrerreieh.  Im  Jahre 
1851  ist  die  erste  Abtheilung  eines  allgemeinen  Post-Lexikons  von  Oester- 
reich,  herausgegeben  vom  Postkursbureau  des  k.  k.  Handelsministeriums, 
erschienen,  Unterösterreich  enthaltend.  In  den  Jahren  1852 — 1858  erschien 
in  17  Heften  die  zweite  Abtheilung  dieses  Werkes,  nicht  mehr  ein  ein- 
zelnes Kronland  enthaltend,  sondern  eine  Kronländer-  Gruppe,  nämlich 
Böhmen  ,  Mähren  und  Schlesien.  Seitdem  ist  nichts  weiter  heraus- 
gekommen, was  um  so  mehr  zu  bedauern,  als  die  an's  Licht  getretenen 
Theile  in  der  That  auf  das  Vollständigste  und  Verlässlichste  alle  Anfor- 
derungen erfüllen,  die  an  ein  Unternehmen  dieser  Art  gestellt  werden 
können.  Zwei  Privatunternehmungen  ,  die  seitdem  an  die  Oeffentlichkeit 
kamen,  lassen  dieses  Bedauern  nur  in  erhöhtem  Grade  hervortreten.  Der 
einen,  einem  topographischen  Handwörterbuch  von  Galizien,  Krakau  und 
Bukowina,  Lemberg  1855,  lässt  sich  zum  Lobe  nachsagen,  dass  es  wohl 
Alles  leiste,  was  durch  die  Privatkräfte  eines  Einzelnen  geleistet  werden 
kann.  Allein  mit  dem  amtlich  zu  Gebote  stehenden  Materiale  verglichen, 
enthält  diese  so  sorgfältige  Arbeit  vielleicht  eben  so  viele  Lücken  als 
Daten;  mindestens  hat  eine,  noch  durchaus  nicht  auf  erschöpfende  Voll- 
ständigkeit Anspruch  machende  Vergleichung  gezeigt,  dass  den  11  ersten 
Nummern  dieses  Lexikons  12  Nummern  entgegengestellt  werden  können, 
die  entweder  ganz  fehlen  oder  wo  die  bei  der  Verschiedenheit  der  Les- 
arten eines  und  desselben  Ortsnamens  unerlässlichen  Vorweisungen  mangeln. 
Lässt  schon  eine  sich  auf  ein  einzelnes  Kronland  oder  eine  Kronländergruppe 
beschränkende  Privatarbeit  so  erhebliche  Lücken  wahrnehmen ,  so  muss  dies 
begreiflicherweise  noch  mehr  der  {''all  sein,  wenn  sich  die  Kräfte  eines  Ein- 
zelneu  an  ein  den  ganzen  Umfang  des  grossen  Kaiserreiches  umfassendes 
Unternehmen  wagen.  Dies  ist  bei  dem  1857  mit  der  ersten  Lieferung 
begonnenen  topographischen  Universal-Lexikon  des  österreichischen  Kaiser- 
staates von  J.  A.  Jarosch  der  Fall.  Der  seitdem  verstorbene  Verfasser, 
Jarosch,  hat  seinem  Werk  den  alten  Crusius  zu  Grunde  gelegt,  die  neue 
politische  und  gerichtliche  Eintheilung  oft  ganz  unrichtig  beigefügt,  wo  es 
ihm  nicht  zusammenging,  ganz  fallen  gelassen;  dabei  ist  dem  Verfasser  der 
Unfall  begegnet,  dass  er  auch  solche  Orte  anführt,  die  zu  Crusius  Zeiten 
allerdings  zu  Oesterreich  gehörten,  seitdem  aber  in  Folge  von  Grenzberich- 
tigungen  an  Nachbarstaaten  abgetreten  worden  sind;  der  Auslassungen  und 
Unrichtigkeiten    oder    mangelhaften  Angaben    ist   eine    Unzahl.    Diese   beiden 


Dr.  A.  Freih.  v.  Helfert.    F.  v.  Hauer.  21 

jüngsten  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  topographischen  Lexikographie 
Oesterreichs  müssen  daher,  wie  gesagt,  das  Bedauern  nun  erneuern  und 
steigern,  dass  das  vom  Kursbureau  des  k.  k.  Handelsministeriums  seit  Jah- 
ren angesammelte  vollständige  und  verlässliche  Materiale  leider  noch  immer 
der  so  wünschenswerten  Veröffentlichung  entgegenharrt.  Es  ist  von  mehre- 
ren Seiten  die  Vermuthung  ausgesprochen  worden,  dass  die  geographische 
Gesellschaft  selbst  die  Ausführung  eines  solchen  Werkes  in  die  Hand  neh- 
men werde.  Hierüber  wäre,  nach  Hrn.  Freiherrn v.  Helfert's  Meinung,  Fol- 
gendes zu  erwiedern :  Wenn  die  geographische  Gesellschaft  einmal  den  IM  an 
einer  allgemeinen  österreichischen  Topographie  in  Angriff  nehmen  wollte,  so 
dürfte  diess  in  keiner  andern  Weise  geschehen,  als  in  einer  solchen,  die 
der  Stellung  und  dem  Berufe  dieser  Gesellschaft  würdig  und  entsprechend 
wäre;  so  müsste  dieses  ein  wissenschaftliches  Nationalwerk  sein  ,  welches 
die  topographischen  Wissenswürdigkeiten  nach  allen  Richtungen  hin  umfasste, 
also  nicht  bloss  Nomenklatur,  Distanzen,  politische  und  gerichtliche  Zustän- 
digkeit u.  s.  w.,  sondern  auch  geographische  Lage,  Klima,  Bevölkerung,  aber 
ferner  Lokalgeschichte,  soziale  Verhältnisse,  Industrie,  Handel,  Wissenschaft 
u.  s.  w. ;  so  könnte  diess  nicht  in  der  wenn  auch  practischen,  so  doch  unmetho- 
dischen Gestalt  eines  Namensverzeichnisses,  sondern  nur  nach  Theilungsgrün- 
den  geschehen,  welche  der  natürliche  Zusammenhang  der  Dinge  an  die  Hand 
gibt.  Ein  solches  Werk  würde  aber  begreiflicherweise  jahrelanger  Vorbereitun- 
gen bedürfen,  es  würde,  wenn  es  auch  mit  allem  Eifer  betrieben  würde,  eine 
Reihe  von  Jahren  zu  seinem  Erscheinen  fordern.  So  lange  diess  nicht  geschieht, 
sollte  die  geographische  Gesellschaft,  nach  Herrn  Freiherrn  v.  Helfert's 
Ansicht,  wenigstens  solchen  topographischen  Unternehmungen,  welche  inner- 
halb enger  gezogener  Grenzen  Verdienstliches,  oder  wie  die  bisherigen  Publi- 
kationen des  Postkurs-Bureau  Ausgezeichnetes  leisten,  und  welche,  wenn  gleich 
zunächst  nur  der  Befriedigung  practischer  Bedürfnisse  gewidmet,  dennoch  auch 
der  wissenschaftlichen  Forschung  nicht  unergiebige  Ausbeute  versprechen,  ja 
ein  unentbehrliches  Nothbehelf  sind,  so  sollte  die  Gesellschaft  solchen  Unter- 
nehmungen jedenfalls  ihre  warme  Sympathie  und  ihr  reges  Interesse  zuwenden. 
Herr  Freiherr  v.  Hei  fert  behält  sich  vor,  einen  hierauf  bezüglichen  Antrag  bei 
dem  Ausschusse  der  Gesellschaft  einzubringen. 

Herr  Bergrath  Franz  von  Hauer  legte  die  bisher  erschienenen  8  grossen 
Quartbände  des  amerikanischen  Prachtwerkes:  Reports  of  Eccplorations  and 
Surveys  to  ascertain  the  rnost  practicable  and  economical  route  for  a  railroad 
from  the  Missisippi  river  to  the  Pacific  Ocean,  made  under  the  Directum  of 
the  Secretary  of  War  in  1853 — 1854,  zur  Ansicht  vor.  Den  ersten  Band,  der 
im  Jahre  1855  erschien,  hatte  die  k.  k.  geographische  Gesellschaft  schon  vor 
längerer  Zeit  durch  den  k.  k.  Herrn  Generalkonsul  C.  J.  Loosey  zum 
Geschenke  erhalten  und  er  war  in  der  Versammlung  am  11.  September  1856 
von  Herrn  Sectionsrath  Hai  ding  er  vorgelegt  worden,  die  ganze  Reihe  der 
übrigen,  die  in  den  Jahren  1855  bis  1857  erschienen  verdankt  die  k.  k.  geo- 
graphische Gesellschaft  Herrn  Jefferson  Davis,  Kriegssekretär  der  Vereinigten 
Staaten  ,  unter  dessen  unmittelbarer  Oberleitung  die  Untersuchungen,  deren 
Ergebnisse  in  dem  Werke  verzeichnet  sind,    ausgeführt  wurden. 

Diese  Untersuchungen  wurden  angeordnet  von  dem  Kongress  der  Verei- 
nigten Staaten,  der  in  seinen  Sitzungen  vom  3.  März  1853,  31.  Mai  1854  und 
5.  August  1854  erst  150,000  dann  40,000  und  dann  wieder  150,000,  also 
zusammen  340,000  Dollars  (728,565  fl.  Oe.  W.)  für  dieselben  bewilligte. 

Der  Druck  der  gesammten  Berichte  in  den  vorliegenden  Bänden  wurde 


22  Versammlung  am  23.  November  1858. 

vom  Senate  in  seiner  Sitzung  am  24.  Februar  1855  angeordnet,  und  zwar 
wurden  10,000  Abzüge  für  den  Gebrauch  des  Senates,  500  für  den  Kriegsse- 
cretär  und  je  50  Exemplare  für  jeden  der  bei  den  Untersuchungen  beschäftigten 
kommandirenden  Offiziere  bestimmt. 

Im  ganzen  wurden  im  Verlaufe  der  Jahre  1853,  1854  und  1855  fünf 
Hauptlinien,  manche  derselben  mit  verschiedenen  Varianten  zwischen  dem  Strom- 
gebiet des  Missisippi  und  dem  stillen  Ocean,  dann  zahlreiche  Linien  in  Califor- 
nien  und  Oregon  untersucht.  JedeLinie  war  einer  besonderenAbtheilung,  beste- 
hend aus  Offizieren  vom  Corps  der  topographischen  Ingenieure,  Naturforschern, 
Civil-Ingenieuren  und  Assistenten,  einen  Maler,  wissenschaftlichen  Sammlern 
u.  s.  w.  übergeben;  wo  erforderlich,  war  auch  eine  militärische  Escorte  bei- 
gegeben. 

Der  Umfang  der  geleisteten  Arbeiten  dürfte  das  folgende  summarische 
Inhaltsverzeichniss  der  bis  jetzt  erschienenen  achtBände  der  „Reports"  am  besten 
ersichtlich  machen. 

Bd.  I.  A.  Bericht  des  Kriegssecretärs  an  das  Repräsentanten-Haus  über  die  ver- 
schiedenen vorgenommenen  Untersuchungen  33  Seiten.  Eine  Uebersichts- 
Karte  und  2  Tafeln  mit  Profilen  der  untersuchten  Routen. 

B.  Prüfung   der    Berichte    über    die     Untersuchungen    der  Jahre    1853     und 

1854  für  Eisenbahnrouten  vom  Missisippi  zum  stillen  Ocean,  und  früherer 
Untersuchungen  die  auf  denselben  Gegenstand  Bezug  haben  von  Capt.  A.A. 
Humphreys  und  Lieutenant  G.  K.  Warren  74  Seiten. 

C.  Eisenbahn  Memoranda  von  Capitän  Geo.  B.  Mc.  Clellan  15  Seiten. 

D.  Bericht  über  die  Kosten  des  Transportes  von  Truppen  und  ihren  Erforder- 

nissen nach  Californien,  Oregon,  Neu-Mexiko  u.  s.  w.  von  General  Tho- 
mas S.  Jesup.  2  Seiten. 

E.  Bericht  über  die  Untersuchungen  für  eine  Route  nah  am  47.   und  49.  Grad 

nördlicher  Breite  von  St.  Paul  nach  Puget  Soned  von  J.  J.  Stevens, 
Gouverneur  des  Washington  Territoriums.  651  Seiten. 
Bd.  II.  A.  Bericht  von  Lieutenant  E.  G.  Beckwith  über  die  von  Capitän  J.  W. 
Gunnison  untersuchte  Linie  zwischen  dem  38.  und  39.  Parallelkreis  von 
der  Mündung  des  Kansas-Flusses  zum  Sevier-See.  (Capitän  Gunnison 
selbst  war  bei  seiner  Arbeit  zugleich  mit  dem  Topographen  und  Maler  Herrn 
Kern  und  dem  Botaniker  F.  Kreutzfeldt  von  den  Pah-Utah-Indianern 
ermordet  worden)  128  Seiten  mit  13  landschaftlichen  Darstellungen  in 
Farbendruck,  Tafeln  der  meteorologischen  Beobachtungen,  Höhenmes- 
sungen u.  s.  w. 

B.  Bericht  von  Lieutenant  E.[G.  Beckwith  über  die  Linie  am  4ten  Parallelkreis. 

96  Seiten.  Angeschlossen  der  1.)  Bericht  von  James  Schiel  über  die 
Geologie  der  Gegend  zwischen  dem  38  und  41ten  Grad.  17  Seiten  mit 
vielen  Holzschnitten  und  vier  Tafeln  mit  Abbildungen  von  Petreffacten  dann 
2)  Bericht  von  John  Torray  und  Asa  Gray  über  die  botanischen  Ergeb- 
nisse der  Expedition.    14  Seiten  mit  10  Tafeln. 

C.  Bericht  von  Fred.  W.  Lander  über  die  Recognoscirung  einer  Route  von 

Puget  Sound  über  den  South -Pass  zum  Missisippi.  (Derselbe  hatte  diese 
Untersuchung  im  Jahre  1854  auf  eigene  Kosten  ausgeführt,  und  das 
Repräsentanten-Haus  beschloss  seinen  Bericht  jenen  der  anderen  Expedi- 
tionen beizuschliessen.  45  Seiten. 

D.  Bericht  von  Capitän  John  Pope  über  die  Untersuchung  der  Route  nah  am 

32.  Grad  n.  B.  vom  Red  Riner  zum  Rio  Grande  156  Seiten  mit  Tabellen 
wie  oben  dazu. 


Fr.  v.  Hauer.  23 

1.  Botanischer  Bericht  von  John  Torrey  und  Asa  Gray,  20 Seiten 
mit  10  Tafeln. 

2.  Geologischer  Bericht  von  William  P.  Blake  SO  Seiten  mit  1 
geologischen  Karte  und  einer  Tafel  mit  Profilen. 

E.  Bericht  von  Lieutenant  John  G.  Parke  über  den  Theil  derselben  Route  zwi- 

schen Dona  Ana  am  Rio  Grande  und  Pirnas  Villages  am  Gila.  28  Seiten. 

F.  Auszüge  aus  den  Berichten  von  Lieutenant  Col.  W.  H.  Emory  über  in  den 

Jahren  1846  und  1847  gemachte  Untersuchungen  jenes  Theiles  derselben 
Route  der  zwischen  dem  Zusammenfluss  des  S.  Pedro  mit  dem  Gila  und 
dem  Zusammenfluss  des  Letzteren  mit  dem  Colorade  liegt.  (20  Seiten). 

Bd.  III.  A.  Auszüge  aus  dem  vorläufigen  Berichte  von  Lieutenant  A.  W.  Whipple 
über  die  Route  nah  am  35.  Parallelkreis.  36  Seiten. 

B.  Hauptbericht  von  Lieutenant  A.  W.  Whipple  über  die  bezeichnete  Route 
und  zwar: 

1)  Reisetagebuch    136    Seiten    mit  20  landschaftlichen  Ansichten,    theils 

Tafeln  in  Farbendruck,  theils  Holzschnitten. 

2)  Bericht   über   den  topographischen  Charakter  der  Gegend.     T7  Seiten, 

5  Tafeln,  viele  Tabellen. 

3)  Bericht   über  die  Indianer-Stämme  von  Lieutenant  Whipple,    Thomas 

Ewbank,  und  Professor  W.  M.  W.  Turner,  mit Vocabularien  der 
indischen  Sprachen,  einer  Geschichte  der  Apacher  und  anderer 
Stämme  und  42  Abbildungen.  (127  Seiten). 

4)  Bericht    über    die    Geologie  der  Route  und  zwar  a)  Bericht  über   die 

Sammlungen  von  Will.  P.  Blake,  und  b)  Resume  und  Feldnotizen 
von  Jules  Marcou.  Zusammen  175  Seiten  mitl  geologischen  Karte, 
einen  Durchschnitt  vom  stillen  Ocean  bis  zum  Missisippi.  2  Tafeln 
Abbildungen  von  Petreffacten  aus  der  Kohlenformation  und  der  Krei- 
deformation  und  vielen  Holzschnitten. 
Bd.  IV.  Fortsetzung  von  Lieutenant  A.  W.Whipple's  Hauptbericht. 

5)  Bericht  über  die  Botanik  der  Expedition  bestehend  aus 

a)  Allgemeine  Beschreibung  des  botanischen  Charakters  der  Gegend  von 
J.  M.  Bigelow.  8.,  216  Seiten. 

6)  Beschreibung  der  Waldbäume  von  demselben.  Seite  17 — 26  mit  einer 
grossen  Tafel,  einem  botanischen  Profil,  welches  die  Verbreitung 
der  Baumarten  entlang  der  Boute  ersichtlich  macht. 

c)  Beschreibung  der  Cactien  von  George  Engelmann  und  J.   M.  Bige- 

low. S.  27—58  mit  24  Tafeln  Abbildungen. 

d)  Beschreibung  der    allgemeinen    botanischen    Sammlungen   Yon  John 

Torrey.  S.  59—182  mit  25  Tafeln  Abbildungen. 

e)  Beschreibung  der  Moose  und  Leberkräuter  von  W.  S.  Sullivant.    S. 

183  —  193  mit  10  Tafeln. 

6)  Vorläufige    Notizen    über    die  zoologischen  Ergebnisse  der  Expedition 

von  Dr.  B.  B.  Kennerly.  17  Seiten. 

Endlich  Anhänge  und  zwar  astronomische  und  magnetische  Beobachtungen, 
Höhenmessungen,  meteorologische   Beobachtungen  u.  s.  w.  durchaus  Zahlenre- 
sultate. 288  Seiten. 
Bd.  V.  Bericht  des  Lieutenants  R.  S.  Williamson  über  dieRoutenin  Californien 

zur  Verbindung  mit  den  Routen  nah  am  35.  und  32.  Parallelkreis  und  zwar 

1)  Reisebericht.     43    Seiten    mit  24  Ansichten  theils  Holzschnitte,   theils 

Tafeln  im  Farbendruck. 

2)  Geologischer  Bericht   von    Will.  B.  Blake.   310  Seiten  mit   12  Tafeln 


24  Versammlung  am  23.  November  1858. 

landschaftlichen  Ansichten  in  Farbendruck,  8  Blättern  mit  Durch- 
schnitten, vier  geologischen  Karten,  vielen  Holzschnitten   u.    s.    w. 
Dazu  als  Anhänge 
«)  Notizen  über  fossileFische  von  Prof.  Louis  Agassiz.4  Seiten,  ITafel. 

b)  Beschreibung   fossiler    Muscheln    (Tertiäre    und  jüngere)    von   T.  A. 

Conrad.  13  Seiten,  8  Tafeln. 

c)  Catalog  der  rezenten  Muscheln  und  Beschreibung  der  neuen  Arten  von 

Augustus  A.  Gould.  7  Seiten,   1  Tafel. 

d)  Brief  von  Prof.  J.  W.  Bailey  über  die  Struktur  einer  fossilen  Pflanze 

vom  Posuncula-Biver.   1  Seite. 

e)  Beschreibung  der  Structur  des  fossilen  Holzes  aus  der  Colorado  Wüste 

von  Prof  Geo.  C.  Seh  äffe  r.  2  Seiten,  1  Tafel. 

f)  Chemische  Untersuchung  von  Bodenarten  u.  s.w.  von  J.  D.   Easter. 

4  Seiten. 

g)  Catalog  der  geologischen  Sammlung  und  Beschreibung  einzelner  Stücke. 

15  Seiten. 
k)  Beschreibung  der  von  \V.  P.  Blak  e  gesammelten  (rezenten)  Pflanzen 
von  John  Torrey.  12  Seiten,  10  Tafeln. 
3)  Botanischer  Bericht   von  E.Durand  und  T.  C.  Hilgard.  15  Seiten  mit 
17  Tafeln.   Dazu  Anhänge  wie  früher  14  Seiten. 
Bd.   VI.  Bericht  von  Lieutenant  Henry  L.  Ab  bot  über  die  unter  dem  Commando 
des  Lieutenant  B.  S.  Williamson  im  Jahre  1855  in  Oregon  und  Califor- 
nien  untersuchten  Bouten. 

1)  Allgemeiner  Bericht  134  Seiten  mit  12  Tafeln,    landschaftliche  Ansich- 

ten in  Farbendruck. 

2)  Geologischer  Bericht  und  zwar 

d)  Bericht  über  die  Geologie  der  Boute  von  J.  S.  Ne  w  berry  68  Seiten 

mit  1  Tafel  und  vielen  Holzschnitten. 
6)  Beschreibung  der  Tertiärfossilen  von  T.  A.  Conrad.  5  Seiten,  4Tafeln. 

c)  Analyse  von  Wasser  und  Mineralien  von  den  hot  Springs  im  Des  chutes- 

Thal  von  L.  M.  Dornbach.  5  Seiten. 

d)  Catalog  der  gesammelten  Mineralien  und  Fossilien.  7  Seiten. 

3)  Bericht  über  die  Botanik   der  Boute  von  J.  S.  Newberry.   102    Seiten 

mit  16  Tafeln,  darunter  die  10  ersten  Abbildungen  von  Bäumen  in 
Farbendruck.  An  der  Bestimmung  der  Pflanzen  hatten  die  Herren 
John  Torrey,  W.  S.  Sullivant,  und  Eduard  Tuckermann 
theilgenommen. 

4)  Zoologischer  Bericht  und  zwar  : 

a)  Bericht  über  die  gesammelten  Fische  von  Dr.  Charl.  Girard.  34  Seiten, 

11  Tafeln. 

b)  Mammalien  und  Vögel  von  J.  S.  Newberry.  75 Seiten,  5  Tafeln. 

c)  Landschneken  von  W.    G.  Binney.  4  Seiten.  Anhang.  Astronomische 

Beobachtungen  u.  s    w.  wie  oben  64  Seiten. 
Bd.  VII.  AJ  Bericht  von  Lieutenant  John  G.  Parke  über  Bouten  in  Californien 
zur  Verbindung  mit  den  Bouten  nah  am  35.  und  32.  Grad  und  über 
den  Theil  der  letzten  Boute  zwischen  dem  Bio  grande  und  Pirnas 
Villages  am  Gila. 

1)  Allgemeiner  Bericht.   42  Seiten  mit  8  Tafeln   landschaftlichen  Ansich- 

ten in  Farbendruck. 

2)  Geologischer  Bericht  von  Thomas  Antisell,  204  Seiten  mit  14  Tafeln 

mit  Durchschnitten.   10  Tafeln  Petrefacten,  2  geologischen  Karten. 


F.  v.  Hauer.  F.  Foetterle.  25 

3)  Botanischer  Bericht  von  John  Torrey.  28  Seiten  mit  8  Tafeln. 
Anhänge  wie  früher  116  Seiten  mit  11  Tafeln. 
B.  Schluss  der  offiziellen  Uebersicht  der  Berichte  und  zwar: 

1)  Auszug  der  jährlichen  Berichte   des  Kriegssecretärs    an  den  Congress 

vom  December  1855  und  1856. 

2)  Berichte   über   den  Fortgang   der   Untersuchungen  von   Capitän  A.  A. 

Humphreys  an  den  Kriegssecretär  von  denselben  Jahren. 

3)  Tafel   welche   die   vergleichsweise  Länge,    Kosten  u.    s.    w.    der  ver- 

schiedenen untersuchten  Routen  ersichtlich  macht. 
Bd.  VIII.  Generalbericht  über  die   Zoologie   der    verschiedenen    untersuchten 
Routen.   1.  Theil.  Mammalia  von  Spencer  F.  Baird.    757   Seiten 
mit  60  Tafeln. 
Mit  diesem  Bande  ist  die  Herausgabe  der  Berichte  noch  nicht  geschlossen, 
noch  steht  in  weiteren  Bänden  die  Beschreibung  der  anderen  Classen  des  Tier- 
reiches in  Aussicht. 

Der  ungeheuren  Masse  wissenschaftlichen  Materiales  gegenüber,  welches 
die  ganze  Publication  darbietet,  ist  jedes  weitere  Eingehen  auf  Details  an  diesem 
Orte  unthunlich  nur  die  auf  die  Frage  der  zu  erbauenden  Eisenbahn,  bezügliche 
Schlusstabelle  aus  dem  7.  Bande  möge  hier  noch  eine  Stelle  finden.  Sie  gibt  in 
gedrängtester  Form  Antwort  auf  die  Frage  um  derentwillen  zunächst  die  ganzen 
Untersuchungen  eingeleitet  worden  waren.  (Die  Tabelle  siehe  die  folgende  Seite.) 
Herr  k.  k.  Bergrath  Foetterle  zeigte  bei  100  verschiedene  Blätter 
landschaftlicher  Darstellungen  vor,  welche  er  zu  diesem  Zwecke  dem  Ver- 
fasser derselben,  dem  ausgezeichneten  Maler  Herrn  k.  k.  Rathe  und  Pro- 
fessor Thomas  Ender  verdankte.  Es  sind  Aquarell-Studien,  von  dem 
Letzteren  im  vergangenen  Sommer  in  der  erstaunlich  kurzen  Zeit  von 
31/,  Monaten  der  Natur  selbst  entnommen.  Sie  beziehen  sich  auf  die 
Thäler  der  Rienz  und  der  Boite  mit  den  Ansichten  des  Toblacher-,  Dürrn- 
und  Misurina-See's,  von  Peutelstein,  von  Cortina,  des  Anteiao,  des  Pelmo, 
von  Balle,  Pieve  die  Cadore  und  des  Lago  die  Sta.  Croce  bei  Belluno, 
ferner  auf  das  Drau-,  Lieser  und  Malta-Thal  mit  den  Ansichten  von 
Innichen,  des  Sextenthaies  und  von  Innerfeld,  von  Lienz,  von  Greifenburg, 
Spital,  Gmünd,  Malta,  und  des  Gössgrabens,  von  Millstadt  und  des  Mill- 
städter-See's,  von  Ostrawitz,  Geiersberg,  des  Wörther-See's  u.  s.  w.  Sie 
geben  eine  naturgetreue  Ansicht  aller  dieser  Gegenden  in  ihrem  Zusam- 
menhange. Es  sind  nicht  nur  meisterhaft  ausgeführte  Bilder  sondern  sie 
geben  den  Charakter  der  Gegend,  den  Einfluss  des  Gesteins  auf  die 
Beschaffenheit  des  Terrains,  die  Verschiedenheit  der  Formation  mit  einer 
so  wundervollen  Auffassung,  wie  diess  selbst  bei  den  grössten  Kunst- 
werken dieser  Art  sehr  schwer  wieder  zu  finden  ist.  Wir  sehen  in  die- 
sen Bildern  die  Grossartigkeit  unserer  eigenen  Alpen,  einerseits  das  wild 
romantische  Zerrissene  der  Kalk-  und  Dolomit-Alpen,  so  wie  das  Besänf- 
tigende, welches  Schiefergebilde  auf  die  ersteren  dort  ausüben,  wo  sie 
gemeinschaftlich  auftreten;  auf  der  anderen  Seite  zwar  noch  die  Gross- 
artigkeit, aber  schon  mit  dem  viel  sanfteren  Charakter  derjenigen  Gebirge, 
welche  aus  krysfallinischen  Gebirgen  bestehen,  wie  dies  bei  unseren  Cen- 
tralalpen  der  Fall.  Diese  Bilder  liefern  den  schönsten  Beweis,  wie  reich 
unsere   Alpen  an   grossen   schönen    Naturansichten   sind. 


26 


Versammlung  am  23.  November  1858 


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Freih.  v.  Czoernig.  27 

Eingegangene  Druckschriften : 

Oesterreichs   Neugestaltung   1848— i858.     Von   Freiherrn   v.    Czoernig.    Wien  1858. 
Ausweis   über    den    Handel   in    Oesterreich   u.   s.  w.   XIV.    XVII.     Wien    1856 — 1858.    — 

Tafeln  zur  Statistik  der  österr.  Monarchie.  N.  Folge.  1849—1851.  I  1—9  1852—1854. 

II   6.    1856—1858.  —  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Statistik.   VII.    1.    Wien. 

1858.     Von  der  k.  k.  Direction  für  administrative   Statistik. 
Vergleichende   geologische    Grundzüge     der    kaukasisch-armenischen    und    nordpersischen 

Gebirge.     Prodromus  der    Geologie    der    kaukasischen    Länder.     Von    H.    Abich. 

St.  Petersburg  1858.     Vom  Verfasser. 
Statistique  de  la  France.    Territoire,    Population,   agriculture,  Industrie  de  Paris  1837 — 

1856.    In  14  Bden.     Vom  kais.    franz.    statistischen   Bureau,    Paris. 
Beports    of  Explorations    and    surveys   to    ascertain   the   most  practicable    and   economical 

route  for    a  Bailroad    from    the    Mississippi    river   to    the    Pacific    Ocean   II — VIII. 

Washington.  1855 — 1857.    Vom  Secretär  des  Kriegsdepart.   Washington. 
Message  from     the   President   of  the    United  States  to   the  tuo   Houses     of  Congress    at 

the  commencement  of  the  Session  of  the  Congress.  1857/58.  I — III.  Washington  1858. 
Beport   of  the    Commerce  and  Navigation  1857.  Washington    1857.    —  Annual   Beport  of 

the  Board  of  Begents    1656.     Washington  1856.    —    Meteorological     andphysical 

Tables      prepared    for    the     Smithsonian    Institution.     By   Arn.    Guyot.    2.    edit. 

Washington    1858.     Von  dem   Smithsonian  Institution   in  Washington. 
Beport   of  the  Superintendent  of    the   Coast  Survey  showing  the  progress    of  the  Survey 

during  the  year  1856.  Washington  1857.    Von  Prof.  Dr.  Bache  in  Washington. 
Journal    of    the  American    Oriental   Society.     New-Haven   I — V.    1850 — 1856.     Von   der 

Gesellschaft. 
Transactions   of  the  Academy  of  science.     St.   Louis  I.   2.  1858.     Von  der  Akademie. 
Letter   of  the  Lieut.   G.  K.    Warren   to   the    H.    G.   W.    Jones    relative   to   his    explo- 
rations of  Nebraska  territory    1858.     Vom  Verfasser. 
The  seventh  Census  of  the  United  States  1850.    Dr.  Bow.     Superintendent  of  the  U.  S. 

Census.     Washington   1856.     Vom   Yale    College,    New  Haven. 
Fortsetzung   der   Zeitschriften   der  k.    k.   Landwirthschaftsgesellschaften  in  Wien,   Agram, 

Brunn,    Klagenfurt,   Gratz,    Linz,    der  Austri»,    der  Militär-Zeitung   und   des  Pest. 

Lloyd. 

Versammlung  am  7.  Deeember  1858. 
Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionschef  Freiherr  v.  Czoernig  führte 
den  Vorsitz  und  eröffnete  die  Sitzung  mit  der  Mittheilung  der  schweren  Ver- 
luste ,  welche  die  Gesellschaft  durch  den  in  letzter  Zeit  erfolgten  Tod  meh- 
rerer Mitglieder  trafen.  Er  erwähnte  zuerst  des  Todes  Sr.  Durchlaucht  des 
regierenden  Fürsten  Alois  Liechtenstein,  der  durch  Betheiligung  an  so 
vielen  gemeinnützigen  Unternehmungen  so  Vieles  zum  allgemeinen  Besten 
und  zur  Förderung  der  Wissenschaft  beitrug  und  dem  auch  die  k.  k. 
geographische  Gesellschaft,  wenn  er  derselben  auch  nicht  angehörte,  doch 
zu  besonderem  Danke  verpflichtet  ist,  indem  es  ihr  gestattet  sei,  das  in 
seinem  Palais  befindliche  Sitzungslokale  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt 
zu  benützen.  Ein  sehr  schwerer  Verlust  für  die  Gesellschaft  selbst  ist  der 
Tod  ihrer  beiden  Mitglieder  des  Freiherrn  Viktor  v.  Andrian-Werburg 
und  des  k.  k.  Regierungsrathes  Josef  C  hm  el.  Ersteren  ereilte  der  Tod  am 
23.  November  1.  J.  in  einem  Alter  von  45  Jahren.  Als  Ausschussmitglied 
verdankt  ihm  die  Gesellschaft  eine  ungemein  grosse  Theilnahme  an  der 
Förderung  ihrer  Interessen,  so  wie  er  stets  grosses  Interesse  an  vater- 
ländischen Unternehmungen  zeigte.  Chmel  starb  am  28.  November  1.  J. 
in  einem  Alter  von  60  Jahren.  An  ihm  verlor  nicht  nur  die  geographische 
Gesellschaft  einen  sehr  theilnehinenden  Vice-Präsidenten,  sondern  Oesterreich 
den  ausgezeichnetsten  Forscher  vaterländischer  Geschichte,  dem  diese 
Anerkennung  in  den  weitesten  wissenschaftlichen  Kreisen  Europa's  zu  Theil 
wurde.  Der  Herr  Präsident  theilte  mit,  dass,  um  dieser  Anerkennung  auch 
einen   bleibenden    Ausdruck   zu   verleihen,    innerhalb    der  Kaiserlichen   Aka- 


28  Versammlung  am  7.  December  1858. 

demie  und  der  Central-Commission  zur  Erhaltung  der  Baudenkmale  der 
Entschluss  gefasst  wurde,  Chmel  über  seinem  Grabe  ein  Denkmal  zu 
setzen.  Ueber  Herrn  Schulrathes  Dr.  Becker  Antrag  wurde  eine  Be» 
theiligung  an  diesem  Unternehmen  auch  innerhalb  der  k.  k.  geographi- 
schen   Gesellschaft    festgesetzt. 

Ueber  Antrag  des  Auschusses  wurden  den  Statuten  gemäss  die  Herren 
Arth.  Wilderich  Graf  v.  Wald  er dor  ff,  und  Professor  Vincenz  Prasch 
in  Brunn  zu  ordentlichen  Mitgliedern   der    Gesellschaft  gewählt. 

Herr  Secretär  Foetterle  legte  mehrere  Druckschriften  und  Karten- 
werke vor,  welche  der  Gesellschaft  im  Tausche  gegen  ihre  eigenen  Mit- 
theilungen   zugekommen    sind. 

Herr  Foetterle  legte  ferner  ein  für  Oesterreich  höchst  wichtiges 
Werk  vor,  dessen  Verfasser  der  Gesellschaft  angehört,  „das  mineralogische 
Lexicon  für  das  Kaiserthum  Oesterreich  von  V.  Ritter  v.  Zepharovic  h". 
Es  ist  dies  das  erste  Werk,  was  die  Vertheilung  des  so  reichen  Mine- 
ralvorkommens Oesterreichs  behandelt,  und  das  Verdienst  des  Verfassers 
ist  ein  um  so  grösseres,  als  nur  sehr  wenige,  einzelne  Kronländer  betref- 
fende Vorarbeiten  bestanden.  Hier  sehen  wir  zum  ersten  Male  Oesterreichs 
Mineralreichthum  in  einer  systematisch  geographischen  Zusammenstellung, 
es  sind  in  dem  Werke  3237  verschiedene  Fundorte  von  Mineralvorkom- 
men aufgeführt,  wovon  634  auf  Böhmen,  407  auf  Mähren,  302  auf  Un- 
garn, 306  auf  Tirol,  238  auf  Steiermark,  224  auf  Siebenbürgen  und 
951    auf  die    anderen  Kronländer    fallen. 

Dem  Director  des  k.  k.  militärisch-geographischen  Institutes,  Herrn 
k.  k.  Generalmajor  A.  v.  Fligely,  verdankt  die  k.  k.  geographische  Gesell- 
schaft die  Mittheilung  sehr  werthvoller  Daten  über  die  Organisation  und 
den  Fortschritt  der  militärisch-kartographischen  Arbeiten  in  Oesterreich.  Herr 
k.  k.  Rath  A.  Steinhauser  hatte  diese  Daten  zu  einer  für  die  „Mit- 
theilungen" der  Gesellschaft  bestimmten  Abhandlung  zusammengestellt,  welche 
von  dem  Secretär  vorgelesen  wurde.  (Siehe  dieses  Heft:  Abhandlungen 
Nr.    I.    Seite   1.) 

Am  Schlüsse  legte  Herr  Foetterle  abermals  eine  grössere  Reihe 
von  landschaftlichen  Ansichten  vor,  welche  ihm  von  dem  Verfasser  derselben, 
dem  ausgezeichneten  Maler,  Herrn  k.  k.  Rath  und  Professor  Thomas  Ender 
mitgetheilt  wurden.  Sie  beziehen  sich  auf  die  Gegenden  des  oberen  Save- 
thales  von  Ratschach  bis  Radmannsdorf,  des  Wocheinerthaies  von  der  Wochein 
bis  Veldes,  auf  die  Umgebung  von  Tarvis  und  Raibl,  auf  das  Isonzothal 
und  auf  die  Mündung  des  Val  di  Ferro  in  das  Tagliamentothal  und  in  die 
Ebene  von  Friaul  bei  Gemona.  Der  Einfluss  des  Kalkes  und  des  Dolomites 
auf  das  Eigenthümliche  seiner  Gebirgsbildung,  ihre  steilen  und  zackigen 
Formen,  so  wie  der  Einfluss  verschiedener  Gesteinsformationen  auf  die 
Terraingestaltung  sind  in  diesen  der  Natur  entnommenen  Darstellungen  auf 
eine  so  ausgezeichnete  Weise  gegeben,  wie  dies  äusserst  selten  wieder- 
zufinden ist,  und  man  fühlt  sich  bei  Betrachtung  dieser  Bilder  unwillkür- 
lich in  einen  der  an  Naturschönheiten  reichsten  Theil  unseres  Kaiserreiches 
versetzt. 

Eingegangene  Druckschriften : 

Oversigt  over  det  Kong.  Danske  Videnskabernes  Selskabs  Forhandlinger  og  dets  Medlemers 
Arbeider    i  Aaret  1857.     Von  der  k.   Akad.    d.    Wiss.  in   Kopenhagen. 

Zeitschrift  für  allgemeine  Erdkunde  N.  F.  V.  3.  Berlin  1858.  Von  der  Gesellschaft 
für   Erdkunde  in  Berlin. 


Freih.  v.  Czoernig.  29 

Verhandlungen  der  Forst-Section  für  Mähren  und  Schlesien.  H.  33.  44.  Brunn  1858. 
Von    der  Forst-Seetion  in  Brunn. 

Bulletino    dell'  lstmo    di   Suez  III.     21.   Torino   1858.     Von    der  Redaction. 

Atti  dell'  I.  R.  Istituto  veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti  Ser.  III.  Vot.  III.  disp.  9.  10 
Venezia   1858.     Vom    k.    k.   Institute. 

Parallelo  chromatische  Tafeln  zum  Studium  der  Geologie,  von  Dr.J.  R.  Lorenz.  Gotha  1858. 

Atlas  der  Alpenländer,  Schweiz,  Savoyen,  Piemont,  Südbayern,  Tirol  u.  s.  w.  Nach 
dem  neuesten  Materiale  bearbeitet  von  J.  G.  Mayr.  1.  Lieferung.  Titel  und 
Uebersichtsblatt.  Sect.  I.  IV.  Gotha  1858.  Von  J.  Perthes  geographischer 
Anstalt  in  Gotha. 

Archiducatus  Austriae  inferioris  geographica  et  noviter  emendata  accuratissima  descriptio. 
Jussu  et  sumptibus  inclytorum  Archiducatus  Austriae  inferioris  dominorum  Sta- 
tuum  provincialum  tabula  haec  geographica  noviter  emendata  in  lucem  data  est 
Anno  Sal.  dorn.  1697.  Jac.  Hoffmann  et  Jakobus  Hermundt  sculpe.  Vom  Freih. 
v.    Stifft. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  Siebenbürger-Vereins  für  Naturwissenschaften  in 
Hermannstadt.    II    5 — 8    de   1858.     Vom  Vereine. 

lieber  den  Zusammenhang  der  Gletscherschwankungen  mit  den  meteorologischen  Ver- 
hältnissen.    Von  Carl   v.    Sonklar.    k.   k.  Major.  Wien   1858.     Vom  Verfasser. 

Mittheilungen  über  wichtige  neue  Erforschungen  auf  dem  Gesammtgebiethe  der  Geographie. 
Von  Dr.  A.  Petermann.  Nr.  10  de  1858.  Gotha.  Von  J.  Perthes  geogra- 
phischer Anstalt  in  Gotha. 

Carta  stradale  e  postale  dell'  Italia  disegnata  secondo  le  carte  e  le  opere  piü  accre- 
ditate  dei  moderni  geografi  da  Carlo  Cerri  nella  proporzione  di  -rrhrs  del 
naturale;  l'anno    1852   con   aggiunte    dell'   anno    1857.    Vienna. 

Mappa  generalis  Regni  Hungariae  partiumque  adnexorum  Croatiae  Slavoniae  et  confinorum 
militarium  magni  item  Principatus  Transsylvaniae  etc.  Pesthini.  Anno  1806.  Joannes 
de  Lipszky.     Von    Herrn   August   Artaria. 

Fortsetzung  von   Zeitschriften. 


Versammlung  am  21.  December  1858. 

Der   Herr   Präsident    k.    k.    Sectionschef  Dr.    K.  Freiherr  von  Czoer- 
nig   führte    den    Vorsitz. 

Ueber  Antrag  des  Ausschusses  wurden  Herr  Fr.  0.  Freiherr  v. 
Zez schwitz,  Oherlieutenant  im  k.  k.  Milit.  Ingenieur  Geographen-Korps  zum 
ordentlichen  und  die  Herren  Ernst  Merk,  k.  k,  österreichischer  General- 
konsul in  Hamburg,  und  Dr.  Karl  Andreein  Leipzig  zu  correspondirenden 
Mitgliedern  gewählt.  Der  Herr  Secretär  Foetterl  e  theilte  hierauf  eine 
Zuschrift  Sr.  Excellenz  des  Herrn  k.  k.  Ministers  des  Innern  Freih.  v.  Bach  mit, 
in  welcher  Se.  Excellenz  über  eine  Mittheilung  Seiner  kaiserlichen  Hoheit  des 
durchlauchtigsten  Herrn  Erzherzog  Marine-Oberkommandanten,  Ferdinand 
Maximilian,  der  geographischen  Gesellschaft  eine  Liste  von  Gelehrten 
in  ßatavia,  welche  sich  um  die  „Novara"-  Expedition  besondere  Verdienste 
erworben  haben,  vorlegt  und  zur  Wahl  als  corrcspondirende  Mitglieder 
vorschlägt.  Ueber  Antrag  des  Ausschusses  werden  hierauf  die  Herren: 
Dr.  P.  Bleecker,  Präsident  der  naturforschenden  Gesellschaft  für  Nieder- 
ländisch-Indien  in  Batavia,  Dr.  J.  Munnich,  M.  E.  Netscher,  Direc- 
tionsmitglieder  der  Gesellschaft  für  Künste  und  Wissenschaften  in  Batavia, 
A.  W.  P.  Weitzel,  k.  Niederländischer  Kapitän  und  Directions-Secretär 
der  Gesellschaft  für  Künste  und  Wissenschaften  in  Batavia,  und  W.  F. 
Versteeg,  k.  Niederländischer  Kapitän  und  Ingenieur-Director  derselben 
Geseilschaft,   zu    correspondirenden    Mitgliedern    gewählt. 

Ausser  den  theils  als  Geschenk,  theils  im  Tausche  eingegangenen 
Druckschriften  legte  der  Herr  Secretär  Foetterle  zwei  ältere  grosse 
gezeichnete   Kartenwerke    vor,    welche    er    zu    diesem  Zwecke    durch  gütige 


30  Versammlung  am  21.  December  1858. 

Vermittlung  des  Mitgliedes  Herrn  k.  k.  Hauptmann  E.  Petz  mit  höherer 
Bewilligung  dem  k.  k.  Kriegsarchive  verdankt.  Beide  umfassen  Theile  der 
Republick  Venedig  zu  Ende  des  16ten  Jahrhunderts  und  sind  ausgeführt 
von  dem  Kartenzeichner  der  Republick  Christofore  Sorte  mit  einer  für 
die  damalige  Zeit  ungemein  grossen  Sorgfalt  und  Genauigkeit.  Das  eine 
dieser  Kartenwerke,  bestehend  aus  acht  auf  Leinwand  aufgespannten  Blät- 
tern umfasst  die  Provinz  Friaul;  sie  scheint  als  Hauptzweck  gehabt  zu 
haben  die  Darstellung  der  Gränze  der  Republick  gegen  Kärnthen  und 
Istrien,  da  auf  der  auf  der  Karte  befindlichen  Aufschrift  ausschliesslich 
diese  Grenze,  welche  überdiess  auf  der  Karte  mit  einer  starken  Goldlinie 
bezeichnet  ist,  und  die  damals  im  Gebrauche  gewesenen  Uebergangspässe 
hervorgehoben    sind.  Diese  Aufschrift  lautet  folgendermassen: 

„Io  Christoforo  Sorte,  Primo  Perito  ordinario  dil  chiamo  magistrato 
di  ben  inculti  dil  Sermo  Du.  D.  di  Venetia.  Di  Venetia  il  di  15.  Noven- 
brio  1590.  Ho  fatto  il  presente  Dissegno  dilla  Patria  dil  friuli  di  ordine  dilli  Illrai 
sign  Pro"  sopra  la  fabrica  dil  Palazo  di  S.  Marco  sopra  al  quäl  dissegno  si 
a  da  sapere  come  sono  separato  con  unna  Linea  di  oro  il  stado  della  Serma 
Siga  di  Venetia  dal  stado  Arciducale,  et  a  preso  di  cio  si  crederano  sopra 
a  esso  dissegno  signato  Nri  di  oro  i  quali  significano  li  Passi  senciali  che 
terminano  nel  stado  Veneto  per  liquali  si  puol  transitar  di  qua  e  dela  dellj 
stadi  sopra  nominati,  et  Prima  il  Passo  importantissimo  delli  Tre  Ponti  che  e 
a  N°  I.  il  quäl  sono  sopra  laPiave  f.  dove  si  entrano  in  essa  Lansiei  f.  dove  sono 
quatro  Transiti  in  esso  Ponte  di  grandissima  importanza,  il  Primo  viene  dal  lago 
di  missurina  Territorio  alemano,  etAuronzo,  Passo  di  molta  importanza  dove 
puol  caminar  essercitj  alemanj  .  et  da  detto  Ponte  si  puol  transitar  al  prencipio 
del  Taiamento  f.  nella  cargna  il  quäl  va  a  capitar  a  Tolmezo,  et  a  Venzon  dove 
puol  transitar  essercitj  di  molta  importanza.  et  da  detto  ponte  Passo  che  va  a 
Sapada  nella  cargna  Passo  ordinario  di  eavidi.  et  da  detto  Ponte  scorrendo  giu 
Per  la  Piave  alla  Pieve  di  Cadore  et  a  N.  IV  a  Perarolo  dove  entrano  la  Boit  f. 
nella  Piave,  et  e  Passo  di  molta  importanza  quäl  viene  da  Botistai  et  d'Ampezo, 
et  di  ipsloch:  et  a  N°.  V.  a  M.  -f~  transito  da  envali  du  somaja  N°.  VI.  a  Mte.  de 
Lanza  Passo  ordinario  che  va  da  Tolmezo  nell  Allemagna  Transito  da  cavali,  a  N°. 
VII.  Passo  prencipalissimo  de  Ponteba  che  va  a  Vilaco,  et  capita  a  Venzon,  a 
N°.  VIII.  Passo  de  chiaveredo  scorendo  per  la  strada  imperiale  a  tulmin,  a  N°.  II. 
va  nella  de  Nadison  f.  va  a  capitar  a  cividale  Passo  de  grandissima  importanza, 
et  a  N°.  X.  vi  sono  Passo  dove  turchi  in  Crestianita  quallj  vene  per  la  valle  de 
Vipao  et  paso  il  Lisonzo  f.  loco  che  sono  tra  Goricia,  et  Gradisca ,  et  questo 
sono  quanto  ho  trovato    et  alla  loro  bona  gratia  umilmeute  mihi  raccomando." 

Das  zweite  Kartenwerk,  um  4  Jahre  später  als  das  vorhergehende 
verfasst  und  in  derselben  Manier  ausgeführt,  umfasst  die  Provinzen  Padua 
und  Treviso,  die  Lagunen  und  die  Po-Mündungen  und  besteht  aus  10 
Blättern.  Es  ist  mit  demselben  Fleisse  ausgeführt,  wie  das  vorhergehende 
und  gibt  ein  genaues  Bild  der  damaligen  Beschaffenheit  der  Küste,  da 
der  Maassstab  auf  beiden  Kartenwerken  gleich,  beiläufig  1  Zoll  gleich  einer 
italienischen  Meile  ist.  Es  scheint  dieses  Kartenwerk  nur  ein  Theil  eines 
grossen  aus  fünf  wahrscheinlich  gleichen  Theilen  bestehenden  Werkes, 
die  ganze  „terra  ferma"  der  Republick  Venedig  darstellend,  zu  sein,  und  ihre 
Aufschrift  lautet:  „Jo  christofore  Sorte  ho  fatto  il  pressente  dissegno  il 
quäl  sono  uno  dillj  cinque  pezi  di  tutto  il  stado  di  Terra  ferma  dilla 
serma  Siga  de  Venetia  il  quäl  dissegno  sono  il  Padoano,  Trevisano,  lagune 
et    parte    de    Polesene,     il     quäl    si    puol     vedere    le    distantie    de    luoco    a 


M.  Guggenberger.  31 

luoco,    col  compaso    sopra  la  presente   scala,   et    fatto    fidelmente  quanto    ho 
saputo   levato  col  bossolo    di    Venetia   il    di   io  luglio    1594. 

Herr  k.  k.  Hauptmann  M.  Guggenberger  machte  folgende  Mitthei- 
lung: „Ueber  eine  praktisch  bequeme  geographische  Maass- 
einheit als  genauer  Theilwerth  der  geographischen  Meile, 
was    der    französische   Meter   nicht   ist." 

„Die  neueste  Zeit  strebt  mehr  als  je  nach  Einigung  in  Gewicht, 
Münze  und  Mass.  Für  erstere  Beide  sind  bereits  grosse  Schritte  gesche- 
hen;   für    das    Letztere   wären    dergleichen    nicht   minder  nöthig. 

Was  aber  fürs  Leben  nothwendig  erachtet  wird,  könnte  doch  in 
der  geographischen  Wissenschaft  mindestens  als  wünschenswerth,  und  somit 
ein  dahinzielender,  vermittelnder  Vorschlag  wohl  nicht  als  ganz  überflüs- 
sig erscheinen.  Die  Verkörperung  der  Idee  eines  absoluten  Grund- 
maasses  hat  seit  ßes  sei's  so  gründlichen  Nachweisungen  ihre  bestimmte 
Gränze  erhalten;  aber  ein  bequemes  Mittelmaass  mit  Decimaleintheilung 
bleibt    um  nichts    weniger    ein    allgemeines    Desiderium. 

Das  neufranzösische  Längenmaass  (Metre)  wurde  längere  Zeit  für 
eine  feststehende  Einheit  angesehen,  jedoch  für  alle  Länder  und  Völ- 
ker, die  den  Fuss  als  Mittelmaas  gebrauchen,  nicht  annehmbar  befunden, 
und  zwar  aus  guten  Gründen.  „Denn  1,  kann,"  wie  unser  berühmte 
Astronom  Bessel  sagt*)  „das  Meter  die  Anfangs  beabsichtigte  Bedeu- 
tung (eines  Naturmaasses  als  genauer  Theil  der  Erdausmessung)  in  kei- 
nem Falle  haben,  und  wirklich  nichts  anders  sein  als  ein,  zwar  nach 
einer  gewissen  Absicht  gewählter,  aber  dennoch  innerhalb  engerer  oder 
weiterer    Gränzen   willkührlicher   Theil    der    Toise   de   Peron." 

2.  Dringt  sich  von  selbst  die  so  fühlbar  unbequeme  Handhabung 
des  Meters  für  alle  Völker  und  Staaten  auf  ,  welche  Klafter-,  Schuh-,  Zoll-, 
Linien-  und  Punkt-Eintheilung  haben,  und  auch  jetzt  noch  immer  die  grosse 
Mehrzahl    (nach  v.  Littrow  gibt  es  sogar    über    100  Fussgattungen)  bilden. 

Der  Metre  (als  halbe  Klafter  oder  3  Schuh)  ist  nämlich  für  Strec- 
kenmaass  (Klafter)  offenbar  zu  klein,  für  Werkmaass  (Schuh)  zu  gross; 
sein  Zehntel  {DecimMre)  als  Schuh,  wie  der  Centimetre  als  Zoll ,  der 
Millimetre  als    Linie    ebenfalls    viel    zu    klein, 

Aber  auch  das  Klafter-  oder  Ruthenmaass  zeigt  bei  den  verschiede- 
nen Völkern  eine  zu  grosse,  von  G  bis  zu  20  Fuss  betragende  Längen- 
abweichung; nur  der  Fuss  oder  Schuh  ist,  ungeachtet  seines  so  überaus 
zahlreichen  Auftretens  doch  am  geringsten  auseinander,  in  Nord-  und 
Mitteleuropa    nämlich    zwischen    125    bis    140    Pariser   Linien. 

Im  Süden  kennt  man  zwar  auch  den  Fuss ,  rechnet  jedoch  mehr 
in    anderer   Weise. 

Eine  Fusseinheit  würde  demnach  wohl  am  füglichsten  entsprechen, 
sowohl    in    der    Zehnthel-Theilung  als   Vervielfältigung. 

Von  den  allgemeinen  Bedürfnissen  aber  auch  ganz  abgesehen,  möchte 
sich  schon  für  den  speciellen  Gebrauch  der  Geographie,  welche  ja  bereits 
ihr  eigenthümliches  Grossmaass,  die  geographische  Meile,  wirklich 
besitzt,  zum  Behufe  der  übrigen  kleineren  Ausmessungen  und  Darstellun- 
gen ein  gleichförmiges  The ilmaass  für  Unterricht  und  Ueber- 
sicht  gleich  fördernd  herausstellen,  das  als  genauer  Theilwerth  der 
geographischen  Meile  ja  auch  nicht  ohne  alle  wissenschaftliche  Berechti- 
gung   erschiene,    und    als    bequem    vermittelnd    für    alle    Höhen-,   Längen-, 


")  Astronomische   Nachrichten  Nr.  438. 


32  Versammlung  am  21.  December  1858. 

Flächen-  und  Körperangaben  dort  nicht  unwillkommen  erscheinen  dürfte, 
wo    die    geographische   Meile    als    Maasseinheit    zu    gross    ist. 

Von  diesem  Standpunkte  aus  erhielt  mein  Versuch  zur  Auffindung 
eines  solchen  geographischen  Fussmaasses  allerdings  einige  Ermunterung. 
Der    geographische    Fuss    als    wissenschaftliche    Maasseinheit. 

Unser  Bessel  hat  sich  veranlasst  gesehen*)  die  Aufgabe  der  Be- 
stimmung des  wahrscheinlichsten  Erdsphäroids  zu  lösen,  und 
dabei    die    zehn    verlässlichsten    Gradmessungen    zu    Grunde  gelegt: 

1.  die  peruanische,  —  2.  und  3.  die  beiden  ostindischen,  —  4.  die 
letzte  französische,  —  5.  die  englische,  —  6.  die  hannoversche,  —  7.  die 
schwedische,  —  dann  die  drei  neuesten,  8.  in-  Russland  vom  General  Ten- 
ner, welche  mit  der  von  Struve  einen  Meridianbogen  von  8  Grad  um- 
fasst.  —  9.  in  Dänemark  von  Schuhmacher,  die  1  %  Grad  und  10.  in 
Preussen  von  Major  Bayer  und  Bessel  selbst,  welche  ebenfalls  1  y2  Grad 
umspannt.  Die  Länge  eines  Erdquadranten,  welche  nach  der  anfänglichen  Absicht 
10  Millionen  Meter  sein  sollte,  ist  dieser  neuen  Bestimmung  zu  Folge' 
=  10,000565.278  Meter,  mit  einer  mittleren  Unsicherheit  von  508.7  Meter 
letztere  demnach  fast  so  gross  wie  ihre  Abweichung  von  der  runden 
Zahl.  „Man  sieht",  sagt  Bessel,  „wie  unsicher  das  Meter  als  fester  Theil- 
werth  selbst  jetzt  noch,  wo  die  Zahl  der  Gradmessungen  sich  beträcht- 
lich   vermehrt    hat.    sein    würde." 

Inzwischen  haben  die  Franzosen  **)  selbst  nachgewiesn,  dass  sich 
1808  ein  Rechnungsfehler  eingeschlichen,  der  auf  die  Grösse  des  Meters 
Einfluss  hat;  und  da  Bessel  bei  obiger  Berechnung  das  Metermaass  anwandte, 
so  sah  er  sich  auch  bemüssigt,  seine  Rechnung  durch  Berücksichtigung 
dieses  Fehlers  zu  verbessern.  Es  stellt  sich  also  die  Länge  des  Erd- 
quadranten =  10,000855.76  Meter  =  5,131170.81  Toisen,  mit  dem  mittle- 
ren   Fehler  T   498.23    Meter   heraus. 

Dieser  neuesten  und  sorgfältigsten  Bestimmung  gemäss  enthält  nun 
eine  geographische  Meile  3807.232  Toisen  =-  2284.3392  Pariser  Fuss. 
Könnte  man  nun  diese  Grösse  der  geographischen  Meile  in  eine  runde 
Anzahl  gleicher  Theile  zerlegen,  deren  Längenwerth  den  gebräuchlichsten 
Fussmaassen  nicht  zu  fern  läge,  so  wäre  die  mir  selbst  gestellte  Auf- 
gabe gelöst.  Und  in  der  That  entspricht  die  Zahl  25,000  dieser  Anforderung 
auf  das  Genaueste;  denn  glücklicher  Weise  ist  22843.392  Pariser  Fuss 
getheilt  durch  25000  genau  gleich  0.91373568  Pariser  Fuss  =  131.5779 
Pariser  Linien,  eine  Grösse  der  gesuchten  Fusslänge,  welche  sich  sehr 
bequem  und  fast  in  der  Mitte  der  gewöhnlichsten  Fussmaasse  einreihen  lässt. 

Pariser  Linien. 

Am  nächsten  steht  der  schwedische  Fuss    mit 131,615 

dann  der  Oldenburgische  mit 131,162 

Nach  abwärts  folgen 

Hannover  mit      129,484 

Baiern 129,38 

Lübeck  und  die  beiden  Meklenburge 129,00 

Lippe  Schaumburg 128.60 

Lippe  Detmold        • 128,34 

Bremen        • 128,27 

Hessen-Cassel 127,54 

Würtemberg        127,00 

Hamburg  wie  Holstein  und   Schleswig  mit 126,98 

'*)   Comptes  rendus  i841.  T.  XII.  p.    ü?6. 
**)   Astronomische   Nachrichten  Nr.    333. 


M.  Guggenberger.  33 

Pariser  Lininn 

Braunschweig ~~136M~ 

Frankfurt  a.  M 126,20 

Sachsen  (Königreich) 125,54 

Sachsen-Weimar 125,00 

nach  Aufwärts  dagegen : 

Baden  und  die  Schweiz  mit 132,90 

England  und 

Russland  mit 135,114 

Preussen  sowie  Anhalt,  auch 
Dänemark  und 

Norwegen  mit 139,13 

Oesterreich  mit 140,127 

endlich 

Frankreichs  alter  Fuss  mit 144,00 

und  der  dritte  Theil  des  Meters 147,7653 

Der   Meter   kann    aber    auch    (wie    es    der    Badische    und    Schweitzer 

Fuss    mit   0,3    Meter    bereits   in  Anwendung  zeigt)  dem  geographischen  Fuss 

bis    auf   1,4    Pariser   Linie  nahe    gebracht    werden,    wenn    man    3   Meter   in 

10    gleiche    Theile    zerlegt. 

Belgien,    die    Niederlande,    Hessen-Darmstadt,  Nassau    haben  den  Meter 

oder   Theile    desselben    als    Grundmaass,    während    die    wenig    angewendeten 

Fussmaasse    von    Mittel-Italien,     Spanien    und    Portugal    nur    etwas    grösser 

sind   als    der    österreichische    Fuss. 

Das    geographische    Maass    enthielte    nun 

I.  Die  geographische  Meile  =  25000  geographische  Fuss  =  10000 
geographische    Schritt  oder  geographische    Ellen  =  22843,392  Pariser  Fuss; 

II.  Den  geographischen  Schritt,  wie  die  geographische  Elle  =  2,5 
geographischen    Fuss  =  2,2843392   Pariser    Fuss. 

Für    die    Zehntheilung    würden    sich    folgende    Abstufungen    ergeben: 

1.  Die  geographische  Klafter  oder  kleine  Ruthe  =  10  geographische 
Fuss   =  9,1373568   Pariser   Fuss; 

2.  Der  geographische  Fuss  =  10  geographische  Zoll  =  0,91373568 
Pariser   Fuss  =  10,9648    Pariser    Zoll; 

3.  Der  geographische  Zoll  =  10  geographischen  Linien  =  1,09648 
Pariser    Zoll  =  13,15779    Pariser   Linien; 

4.  Die  geographische  Linie  =  10  geographische  Puncte  =  1,315779 
Pariser    Linien  ; 

5.  Der   geographische    Punct  =  0,1316  Pariser  Linien. 

So  wie  nachgewiesenermassen  der  Unterschied  des  geographischen 
Fuss  es  mit  den  gebräuchlichen  Fussmaassen  aller  Länder  nicht  bedeu- 
tend erscheint,  ist  es  glücklicherweise  auch  bei  dem  geographischen  zehn- 
theiligen Zoll,  der  Linie  und  dem  Puncte  der  Fall,  dass  sie  näm- 
lich von  der  gewohnten  Grösse  viel  weniger  abweichen,  als  es  der  Fall 
wäre,    wenn    der  alte    Fuss    in   10   Zoll    anstatt    in    zwölf  zerfiele. 

Für   Oesterreich    z.  B.    ergibt    sich    folgendes    Verhältniss: 

1  geographische  Meile  =  2500  geographische  Klafter  =  4000  weni- 
ger   87,54    österreichische  Klafter. 

1    geographische  oder    10    Schuh-Klafter  =*■  9,38   österreichische  Fuss. 

1  geographische  Schritt  =  2,5  geographische  Fuss  =  2,35  österr. 
Fuss,  d.  h.  der  geographische  Schritt  ist  nur  um  7,36  Pariser  Linien 
kleiner   als   der   österreichische  Schritt. 

3 


34  Versammlung  am  21.  Pezembei  1858. 

I  geographische  Elle  =  2,5  geographische  Fuss  =  2,35  österreichi- 
sche Fuss  erscheint  gegen  die  österreichische  Elle  =  2,465  österreichische 
Fuss    kleiner   um    16,47    Pariser    Linien. 

1  geographischer  Fuss  =  131,5779  Pariser  Linien  ist  ebenfalls 
nur  um  8,549  Pariser  Linien  kleiner  als  der  österreichische  Fuss;  dage- 
gen   entfallt 

1  geographischer  Zoll  =  13,15779  Pariser  Linien  im  Vergleich  des 
österreichischen    Zolles    grösser    um    1,48    Pariser  Linien;    und 

1  geographische  Linie  =  1,3158  Pariser  Linien  übertrifft  die 
österreichische  Linie  (0,973  p.  "')  um  0,3428  Pariser  Linien  =  4,11  Par. 
Puncte;     endlich    ist 

1  geographischer  Punct  =  0,13159  Pariser  Linie  ebenfalls  grösser 
als    der    österreichische    Punct    um    0,05    einer    Pariser    Linie. 

Zusammengefasst  ergibt  sich  beim  geographischen  Maass  gegen 
österreichisches 

Kleiner:  die    Meile    (um    2,2°)    der    Schritt   (2,2  |)    die    Elle    (4,8f) 

der   Fuss  (6,11) 
Grösser:  der   Zoll    (12,71)     die   Linie    (35,2 1)  der    Punct   (62,5 1). 

Die  Verkleinerungen  sind  also  wirklich  sehr  unbedeutend,  und  Ver- 
stössen gegen  die  gewohnte  Anschauung  fast  nicht,  wahrend  die  Ver- 
grösserung  der  kleinsten  Maasstheile  für  Constructionen  in  jedem  Maass- 
stabe wohl  kaum  unwillkommen  sein  wird  In  nahezu  gleichem  Verhält- 
nisse steht  das  geographische  Theilmaass  auch  zu  dem  preussischen  Län- 
genmasse, weil  der  preussische  Fuss  noch  um  keine  ganze  Pariser  Linie 
kleiner  ist  als  der  österreichische  Fuss.  Der  am  andern  Ende  obiger 
Vergleichsscala  verzeichnete  kleinste  Fuss  von  125  Pariser  Linien  (Sach- 
sen-Weimar) steht  vom  geographischen  Fuss  nur  um  1  Linie  weniger 
ab  als  der  preussische  Fuss,  so  dass  der  geographische  Fuss  wohl  als 
ein  in  der  Mitte  liegendes  Fussmaass  betrachtet  werden  kann,  und  in  wis- 
senschaftlicher Beziehung  als  genauer  Theilwerth  der  geographischen  Meile 
in  allen  Maassabstufungen  auch  für  jedes  Bedürfniss  der  Höhen-Flächen- 
und    Körperangaben    vermittelnd    einzutreten    vermag. 

Ob  und  wie  weit  auch  ausserhalb  des  wissenschaftlichen  Bereiches 
dieser  als  ganz  neutral  zu  betrachtende  Fuss  einem  dezimalen  Vereins- 
maasse  zu  Grunde  gelegt  werden  könnte,  darf  hier  füglich  dahingestellt, 
und  müsste  der  natürlichen  Einwirkung  der  Wissenschaft  auf  das  Leben 
überlassen    bleiben." 

Herr  Dr.  A.  v.  Ruthner  legte  eine  Reihe  von  Aquarellen  des  kai- 
serlichen Rathes  und  Professors  Herrn  Thomas  Ender  vor,  welche  derselbe 
zur  Besichtigung  auf  das  Freundlichste  der  k.  k.  geographischen  Gesell- 
schaft überliess.  Sie  stellen  Landschaften  aus  Salzburg  und  Tirol,  und 
zwar  hauptsächlich  aus  den  Centralalpen  und  insbesonders  aus  der  Tauern- 
kette,  endlich    in    zwei    Ansichten    den    Pasterzengletscher    in    Kärnthen    dar. 

Wenn  die  geographische  Gesellschaft  aus  Veranlassung  der  Vorlage 
der  Studien  desselben  Künstlers  aus  dem  Dolomitgebirge  Tirols,  aus  den 
venetianischen  Alpen,  aus  Krain  und  einem  Theile  von  Kärnthen  in  den 
letzten  zwei  Sitzungen  allgemein  anerkannt  habe,  dass  Herr  Ender's 
Aquarelle  nicht  nur  künstlerisch  schön,  sondern  dass  sie  auch  im  höch- 
sten Grade  naturgetreu  sind  und  dass  vornehmlich  der  Einfiuss  der  verschie- 
denen Gebirgsarten  auf  die  Charakteristik  der  einzelnen  Gegenden  mit  seltener 
Wahrheit  aufgefasst  ist,  so  muss  dieses  Verdienst  den  vorliegenden  landschaft- 


Dr.  A.  v.  Ruthner.  35 

liehen  Darstellungen  in  nicht  minderem  Maasse  zugesprochen  werden,  als 
in  diesem  tritt  noch  ein  neuer  Vorzug  Herrn  Ender's  hervor:  das  rechte 
Verständniss  der  Gletscher,  welche  selten  vollständig  mit  dem  Pinsel  auf- 
gefasst  in  den  Abbildungen  der  Pasterze,  des  Rauriser  Goldberges,  die 
beiden  höheren  Thalstufen  von  Kaprun,  nämlich  der  Wasserfall-Alpen  und 
des  Moserbodens,  dann  in  jenen  des  Venedigers  und  der  übrigen  Glet- 
scher der  Sulzbachthäler,  der  Fernau  im  hintersten  Theile  des  Sulzbach- 
thales  in  Tirol  u.  a.  m.  mit  einer  kaum  zu  übertreffenden  Naturwahrheit 
wiedergegeben    werden. 

Um  solche  Bilder  zu  malen,  ist  nicht  bloss  ein  grosses  künstleri- 
sches Talent,  sondern  auch  die  wärmste  Liebe  zur  Natur,  wie  sie  Herrn 
Professor  Ender  eigen  ist,  sowie  sein  grosser  Fleiss  und  seine  lang- 
jährige Uebung  erforderlich.  Als  Beweiss  wie  der  Verfasser  zum  Zwecke 
seiner  Studien  selbst  die  minder  gekannten  Gegenden  des  österreichischen 
Hochgebirges  besucht  habe,  führt  Herr  Dr.  A.  v.  Ruthner  an,  dass  von 
den  19  Thälern  des  Herzogthums  Salzburg,  welche  von  der  Grenze  Tirols 
bis  zur  steyrischen  Grenze  alle  unter  sich  parallel  von  dem  von  Westen  nach 
Osten  ziehenden  Hauptrücken  der  Tauernkette  gegen  die  in  derselben  Rich- 
tung fliessende  Salzach  und  Enns  von  Süden  nach  Norden  herabsteigen,  nur 
zwei,  nämlich  das  Taurachthal  und  das  Gasteinerthal,  ersteres  wegen  der 
durch  selbes  führenden  Poststrasse  über  den  Radstädtertauern ,  letzteres 
wegen  des  berühmten  Heilbades  stark,  nur  vier,  nämlich  das  Thal  von  Rau- 
ris  und  Fusch,  und  zwar  hauptsächlich  wegen  des  Tauernüberganges  nach 
Heiligenblut,  Fusch  wohl  auch  noch  wegen  des  Fuscherbades,  dann  das  Vel- 
ber-  und  Krimmler-Achenthal,  weil  durch  sie  Tauernwege  nach  Tirol  ziehen, 
öfter,  die  übrigen  13  dagegen  nur  höchst  selten  von  Fremden  besucht  wer- 
den. In  den  vorliegenden  Studien  finden  sich  aber  Aufnahmen  von  nicht 
weniger  als  acht  von  diesen  Seitenthälern  und  zwar  sei  eines,  das  von  Gastein, 
durch  eilf,  die  übrigen  der  Mehrzahl  nach  je  durch  drei  ja  vier  Darstellun- 
gen vertreten. 

Eingegangene  Druckschriften  : 

Oesterreich.    Botanische    Zeitschrift.     Nr.   7 — 12.     Wien    1858.      Von    der   Redaction 

Nouvelies  Annales    des    Voyages ,     de    la    Geographie,     de    l'histoire    et   de  l'Archeologie 

VI.    Serie.   IV.    annee    Nov.    1858.    Paris.  Von   der   Redaction 

Beiträge    zur    Statistik    der    freien    Stadt   Frankfurt,  herausgegeben    von    der  statistischen 

Abtheilung    des    Frankfurter -Vereins    für    Geographie   und    Statistik.     I.    1.    1858. 

Vom    Vereine. 
Jahresbericht  der  Oberrealschule  in  Ellbogen  für  das  Schuljahr    1850.     Von  der  Direc- 

tion   der    Oberrealschule. 
Abhandlungen    der  philosophisch-philologischen   Classe    der    k.   bayr.  Akademie   der  Wis- 
senschaften  VIII.    3.     München    1858.  Von    der  königl.    Academie. 
Mittheilungen    des    historischen    Vereins     für    Krain    im    Juli,     August.      Laibach    1858. 

Vom   Vereine. 
Esquisse   de   la   geographie  ,   de   l'ethnographie    et  de   l'histoire   naturelle    d'une  partie    de 
l'Afrique  australe   interieure     (du   cours     superieur   du   fleuve   orange    au    cours    du 
Zambeze.)    par   M.   E.    Cortambert.     Paris   1858.  Vom  Verfasser. 

Reisehandbuch  für  Besucher  des  Ötscher  aus  eigener  Beobachtung  und  bisher  unbenutzten 
Quellen  geschöpft  von  mehreren  Freunden  der  Landeskunde  und  herausgegeben  von 
M.    A.    Becker.      (Mit   einer  Karte     und    Rundsicht   vom    Gipfel.)       Wien    1859. 

Vom   Herausgeber. 


36 

Versammlung  am   I.  Jänner  1859. 

Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionschef  Dr.  K.  Freiherr  v.  Czoernig, 
führte  den  Vorsitz. 

Der  Herr  Secretär  Foetterle  machte  die  Mittheilung,  dass  die  Gesell- 
schüft abermals  zwei  ihrer  Mitglieder  durch  den  Tod  verloren  habe,  das  ordent- 
liche Mitglied  M.  v.  Bajzäth,  k.  k.  pensionirten  Oberst,  der  durch  besondere 
Theilnahme  an  allen  wissenschaftlichen  Bestrebungen  inOesterreich  und  nament- 
lich an  denen  der  Gesellschaft  von  derem  Beginne  an  sich  auszeichnete,  und 
das  correspondirende  Mitglied,  August  Papen,  k.  Hannover'scher  Major  ausser 
Dienst  in  Gosslar,  rühmlichst  bekannt  durch  seine  früheren  kartographischen 
Arbeiten,  sowie  durch  sein  letztes  grossartiges  Unternehmen  der  Herausgabe 
einer  Schichtenkarte  von  Central-Europa  in  12  Sektionen,  deren  artistische 
Ausführung  Hr.  A.  Ravenstein  in  Frankfurt  übernommen  hatte.  Hr.  A.  Papen 
hatte  diesem  riesigen  Unternehmen  sich  mit  aller  Aufopferung  seiner  Zeit  und 
seiner  materiellen  Mittel  hingegeben,  die  Herausgabe  hatte  bereits  begonnen 
und  die  Vorarbeiten  für  alle  12  Sektionen  waren  bereits  vollendet,  als  ihn  der 
Tod  jeder  weiteren  Mühe  enthob.  Dem  unternehmenden  Geiste  A.  Raven- 
stein's  ist  es  zu  danken,  dass  dieses  schöne  Werk  ununterbrochen  fort- 
gesetzt wird. 

Hr.  Foetterle  legte  eine  grössere  Reihe  werthvoller  Geschenke  an 
Druckschriften  vor,  welche  die  Gesellschaft  letzterer  Zeit  von  wohlwollenden 
Gönnern  erhalten  hatte.  Sr.  Durchlaucht  dem  Fürsten  Lothar  v.  Metternich 
als  Kanzler  des  Maria-Theresia-Ordens,  so  wie  Hrn.  J.  V.  Hirtenfeld  als 
Verfasser,  verdankt  die  Gesellschaft  das  prachtvolle  Werk  „der  Militär  Maria- 
Theresien-Orden  und  seine  Mitglieder"  ,  zu  dessen  Ausführung  die  erste 
Säcularfeier  im  Jahre  1857  die  Veranlassung  war,  und  dessen  thatenreicher 
Inhalt  jedes  wahren  Oesterreichers  Herz  mit  Freude  und  Stolz  erfüllt.  Herrn 
Abbe  J.  Mislin  verdankt  die  Gesellschaft  sein  aus  3  Bänden  bestehendes  Werk 
„Les  saints  lieux,"  Pilgerreise  nach  Jerusalem,  durch  Oesterreich,  Ungarn, 
Slavonien,  die  Donaufürstenthümer  u.  s.  w.  Die  tief  eingehenden  Schilderungen 
der  Zustände  der  verschiedenen  Länder,  durch  welche  den  Herrn  Verfasser  sein 
Weg  im  Jahre  1848,  als  er  die  Reise  unternahm,  führte,  machen  das  Werk 
zu  einem   höchst  schätzbaren. 

Aus  einem  Berichte  über  die  November-Sitzung  der  kaiserlich  Russischen 
geographischen  Gesellschaft  in  St.  Petersburg  theilte  Herr  Foetterle  mit,  dass 
der  der  Sibirischen  Expedition  beigegebene  Astronom,  Hr.  M.  A.  Schwartz, 
nachdem  er  die  ihm  gestellte  Aufgabe  glücklich  zu  Ende  geführt ,  nach 
St.  Petersburg  zurückgekehrt  sei.  Ebenso  sei  die  chronometrische  Expedition, 
welche  im  vergangenen  Frühjahre  von  der  geographischen  Gesellschaft  in  Ver- 
bindung mit  dem  Generalstabe  in  die  Gouvernements  Wologda  und  Wiatka  ent- 
sendet wurde,  um  die  geographische  Lage  der  vorzüglichsten  Puncte  für  die 
Anfertigung  der  Karte  des  Europäischen  Russland  zu  bestimmen,  zurückgekehrt, 
nachdem  die  Lage  von  75  Punkten  genau  bestimmt  wurde.  Auch  habe  sich  in 
der  Gesellschaft  ein  Spezial-Comite'  gebildet  für  Meteorologie,  Klimatologie  und 
für  physikalische  Geographie ;  welches  unter  der  Leitung  des  Professors  in 
Dorpat,  Hrn.  Dr.  Kämtz,  ein  eigenes  Journal  publiziren  wird,  zu  dessen 
Bestreitung  der  Kosten  die  Gesellschaft  einen  Beitrag  von  1000  Rubeln 
bestimmt  hat. 

Herr  k.  k.  Sectionsrath  Haidinger  legt  vor  „Lettres  sur  la  Turquie  par 
M.  P.  de  Tchihatchef"  ein  Heft  von  84  Seiten,  welches  ihm  der  hochverehrte 


W.  Haidinger.  37 

Verfasser,  unser  Ehrenmitglied,  zu  diesem  Zwecke  für  die  k.  k.  geographische 
Gesellschaft  eingesendet  hatte.  Es  trägt  die  lebendige  Form  von  Reiseberichten, 
an  Ort  und  Stelle,  während  seines  letzten,  „des  achten",  Ausfluges  in  die 
Türkei  und  nach  Kleinasien  geschrieben,  zwei  Briefe  von  Kerasun,  einer  von 
Gümüchhane,  zwei  von  Erzindjan,  acht  von  Konstantinopel,  einen  von  Syra, 
aber  mit  der  höheren  Beurtheilung  der  Verhältnisse  jenes  orientalischen  Reiches, 
zu  welcher  ihn  seine  langjährige  Bekanntschaft  mit  den  verschiedenen  Theilen 
desselben,  mit  Sprachen,  Sitten,  Geschichte  und  mit  allen  naturwissenschaft- 
lichen Beziehungen  befähigt.  Zehn  Jahre  sind  es,  seit  er  seine  Forschungs- 
reisen in  Kleinasien  begonnen.  Die  oben  erwähnten  fünfzehn  Briefe  waren 
ursprünglich  an  den  Herausgeber  der  in  Brüssel  herauskommenden  Zeitung  „Le 
Nord"  gerichtet,  und  sind  hier  gesammelt,  unverändert  wieder  abgedruckt. 
Herr  von  Tchihatchef  stellt  in  höchst  anziehender  Weise  die  Theorie  und 
Praxis  in  der  Lage  der  gegenwärtigen  Verhältnisse  der  Türkei  einander  gegen- 
über. Hier  findet  man  nebst  den  eigentlichen  Nachrichten  über  den  Fortschritt 
der  Reise  so  manche  ethnografische  und  politische  Merkwürdigkeiten,  hier  bei 
Gümüchhane  einen  Volksstamm,  nach  Tageszeiten  abwechselnd  christlich  und 
Mohammedanisch  ;  dort  wieder  in  dem  Dorfe  Koutou  bei  Amasia  Vorsorge  für 
Beschaffung  von  Cirkassischen  Individuen  für  den  Sklavenverkauf  in  die  Harems 
nach  Art  gewisser  Unternehmungen  in  den  sklavenhaltenden  südlichen  Ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika;  dann  wieder  die  Gesetze  des  Sultans,  der 
Uat-Humayum,  in  Konstantinopel  ausgesprochen,  und  doch  in  Erzerum  nicht 
befolgt,  ja  nicht  einmal  bekannt  gemacht,  und  so  vieles  Andere.  Herr  von 
Tchihat  chef,  in  seiner  eigenthümlich  unabhängigen  Stellung,  wohlwollend  über- 
all aufgenommen,  ist  doch  auch  sehr  vorbereitet,  die  wahren  Lagen  der  Gesell- 
schaft zu  erkennen,  und  wenn  er  über  viele  derselben  sein  wenig  günstiges 
Urtheil  auszusprechen  nicht  ansteht,  so  hebt  er  wieder  mit  Wohlgefallen  her- 
vor, wie  man  jetzt  noch,  was  durch  die  Verbreitung  der  Civilisation  und  Ver- 
feinerung der  Kultur  immer  mehr  eingeschränkt  wird,  Reste  uralter  hoch- 
poetischer Traditionen  in  jenen  Ländertheilen  antrifft.  Die  Zeit  schreitet  fort, 
aber  doch  dürfte  jene  Veränderung  nicht  so  bald  stattfinden,  und  Herr  von 
Tchihatchef  schliesst  den  letzten  Brief  mit  der  Betrachtung,  dass  ihn  selbst 
so  etwas  wohl  nie  verhindern  wird ,  die  Türkei  als  Mann  der  Wissenschaft 
wieder  zu  bereisen,  sie  als  Philosoph  manchmal  einer  Kritik  zu  unterwerfen  und 
dieselbe  als  Künstler  zu  lieben. 

Herr  Sectionsrath  H ai dinge r  freut  sich,  im  Schoosse  der  hochverehrten 
Gesellschaft  seinen  wärmsten  Dank  einem  unserer  wahrhaft  geographischen 
Fachgenossen  und  Gesellschafts-Mitgliede  darzubringen ,  Herrn  Professor  Dr. 
Franz  Locher  in  Ellwangen,  der  sich  unserer  Gesellschaft  schon  von  allem 
Anfange  an  eifrigst  anschloss,  und  der  ihm  nun  nicht  nur  ein  Exemplar  seiner 
zweiten,  gänzlich  umgearbeiteten  Auflage  des  Werkes  „Allgemeine  Erdkunde 
oder  neuestes  Handbuch  zur  Beförderung  und  Belebung  des  geographischen 
Sinnes  und  Wissens  für  Schule  und  Haus"  freundlichst  zum  Geschenke  gesandt, 
sondern  der  ihm  auch  die  Widmung  dieses  so  anerkannt  werthvollen  Werkes 
eingeschrieben  hatte.  Herr  Sectionsrath  Hai  ding  er  bemerkt,  wie  er  in  Bezie- 
hung auf  Geographie  wohl  nur  den  lebhaftesten  Wunsch  der  Förderung  der- 
selben einigen  Anspruch  auf  diese  Ehre  haben  könnte,  aber  dieses  Uebermass 
von  „Erkenntlichkeit"  wie  es  der  Verfasser  so  freundlich  ausdrückt,  entspringt 
wohl  aus  einem  in  sich  selbst  dankbaren  Gemüthe,  das  sich  so  reich  in  der  Ver- 
bindung darstellt,  mit  welcher  der  Verfasser  sein  Werk  beginnt,  die  Beziehung 
auf  den  Ewigen,  den  Schöpfer  des  All,  dem   wir  die  Erde  selbst  und  Alles  auf 


38  Versammlung  vom  4.  Jänner  1859. 

derselben  verdanken,  und  den  eigentlichen  wahren  Fortschritt  des  Menschen  auf 
Erden  durch  das  Christenthum,  treu  dem  gewählten  Motto:  „die  Erde  ist  das 
grosse  Wohn-  und  Erziehungshaus,  in  dem  der  Mensch  nach  göttlicher  Anwei- 
sung seiner  höheren  Bestimmung  mehr  und  mehr  entgegenreifen  sollte."  Für 
den  so  vielartigen  reichen  Inhalt,  der  bei  den  gegenwärtigen  fortwährenden 
Reisen  und  Studien,  sich  immer  wiederholenden  Erhebungen  neuester  Angaben, 
so  sehr  zahlreichen  Veränderungen  unterliegt,  ist  auch  mit  Sorgfalt  möglichst 
das  Neueste  aufgesammelt  worden. 

Aus  einem  Schreiben  unseres  hochverehrten  Ehrenmitgliedes  Sir  Roderick 
Murchison  an  Herrn  Haidinger  glaubte  Letzterer  mittheilen  zu  sollen,  dass 
Murchison  kürzlich  auf  das  Höchste  durch  ein  eigenhändiges  Schreiben 
Seiner  kaiserlichen  Hoheit  des  durchlauchtigsten  Herrn  Erzherzogs  Fer- 
dinand Maximilian  erfreut  worden  sei,  mit  dem  freundlichsten  Danke  für 
die  wohlwollende  Aufnahme,  welche  Herr  Dr.  Schaub,  Director  der  k.  k. 
Marine-Sternwarte  in  Triest,  bei  seinem  Aufenthalte  in  England  im  vorigen 
Frühjahre  zu  Theil  geworden  war. 

Ueber  die  erste  Englische  Gesandtschaft  nach  China  theilt  Murchison 
mit,  dass  er  beantragt  habe,  einen  wissenschaftlich  tüchtig  vorgebildeten  Arzt 
derselben  beizugeben.  „Ich  wünschte  um  ein  Vierteljahrhundert  jünger  zu  sein, 
um  in  dem  Gefolge  Sr.  Excel  lenz  als  „Haupt-Stein-Zerbrecher"  mich  selbst  der 
Gesandtschaft  anzuschliessen.  Peking  ist  ohne  allen  Zweifel  umgeben  von 
silurischen,  devonischen  und  flötzführenden  Steinkohlenformations-Schichten. 

Murchison  selbst  war  mit  dem  letzten  Druckbogen  der  zweiten  Auflage 
seiner  Siluria  beschäftigt. 

Herr  k.  k.  Hauptmann  M.  Guggenberger  gab  eine  Schilderung  des 
Leopoldsteiner  See's  nördlich  von  Eisenerz,  seiner  Lage  und  Ausdehnung.  Nach 
den  noch  jetzt  sehr  deutlich  bezeichneten  Grenzen  hatte  dieser  See  einst  gegen 
2300  Wr.  Klafter  in  der  Länge  und  an  der  breitesten  Stelle  fast  in  der  Mitte 
eine  Breite  von  etwa  300  Klafter.  Die  Veränderungen  der  Zeit,  die  Anhäufungen 
der  grossen  Schuttmassen  aus  dem  ihn  umgebenden  steilen  Kalk-  und  Dolomit- 
gehängen hatten  jedoch  eine  so  grosse  Veränderung  hervorgebracht,  dass  der 
See  jetzt  bereits  auf  1500  Klafter  in  eine  wagrechte  Thalsohle  verwandelt  ist 
und  nur  800  Klafter  noch  mit  Wasser  bedeckt  sind,  dessen  tiefste  Stelle  bei 
80  Klafter  beträgt.  Diese  Veränderung  konnte  nur  durch  den,  auf  der  rechten 
steileren  Seite  fliessenden  Schuttbach  bewirkt  werden  ;  die  von  demselben 
gebildete  Schuttbank,  die  unter  Wasser  sich  ausbreitet,  wird  nämlich  vom 
Wellenschlage  in  Form  kleiner  Dünen  wieder  am  Ufer  aufgehäuft  und  so  die  nur 
wenige  Zolle  über  dem  Wasserspiegel  erhobene  fast  wagrechte  Thalsohle 
erzeugt.  Der  Seeabfluss  mündet  nicht  weit  von  seinem  Ausfluss  in  den  Erzbach, 
unter  einem  beinahe  stumpfen  Winkel,  wodurch  am  linken  Ufer  des  Erzbaches 
sich  eine  kleine  Schotter-Terrasse  ansetzt,  die  im  Grossen  am  untern  Laufe  des 
Erzbaches  und  an  der  Enns,  dem  Vereinigungspunkte  beider  gegenüber,  als 
eine  der  hier  zu  beobachtenden  Diluvialterrassen  erscheint. 

Herr  Bergrath  F.  Foetterle  zeigte  eine  grosse  Karte  von  Kleinasien  und 
den  angrenzenden  Ländertheilen  aus  dem  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  vor, 
welche  sich  in  dem  hiesigen  Hofkriegs-Archive  befindet  und  von  dem  Herrn 
Vorstande  desselben  mit  höherer  Bewilligung  zu  dem  Zwecke  der  Vorlage  in 
dieser  Versammlung  gütigst  überlassen  wurde.  Diese  Karte,  1  Klafter  hoch  und 
1  Klafter  17  Zoll  breit,  auf  mit  Gummi  überzogenen  Taffet  gezeichnet,  gehört 
gewiss  zu  den  grössten  kartographischen  Leistungen  der  Türkei  im  vorigen 
Jahrhunderte.    Sie  umfasst   Kleinasien   und  Persien,  einen  Theil  von   Egypten 


I.  Foetterle.  39 

und  von  Arabien,  reicht  östlich  bis  an  den  Indus,  nördlich  bis  an  das  nördliche 
Ende  des  Azow'schen  Meeres  und  westlich  bis  an  die  Donaumündungen.  Die 
Schrift  auf  derselben  ist  nur  Türkisch  ;  sie  enthält  die  politische  Eintheilung 
Kleinasiens  und  ganz  Persiens,  die  Namen  der  Statthalterschaften  sind  überall 
roth  geschrieben;  überdies  enthält  sie  die  meisten  Orte,  so  wie  die  damals 
bestandenen  Karawanenwege.  Die  Gebirgszüge  sind  sehr  oberflächlich  nur 
angedeutet.  Die  Erläuterungen  zu  dieser  Karte  sind  in  einer  Schrift  an  der 
unteren  linken  Ecke  in  43  Zeilen  und  am  unteren  Rande  in  der  Mitte  in 
22  Zeilen  gegeben.  Diese  Schrift  ist  die  Aufzählung  der  verschiedenen  Statt- 
halterschaften mit  ihren  verschiedenen  Sandschaks  sowohl  der  ganzen  Asiatischen 
Türkei,  wie  von  Persien.  Der  Schluss  der  Worte  gibt  Aufschluss  sowohl  über 
die  Zeit  der  Entstehung  der  Karte,  so  wie  über  den  Verfasser  und  lautet  : 
Schrieb's  der  arme  Elhadsch-Abdulah,  berühmt  unter  den  Namen  Hafis-Sade, 
Schreiber  der  grossen  Geographie  im  Jahre  1141  (1728)  aus  der  Beschrei- 
bung des  armen  Ibrahim  eines  der  Muteferika  der  hohen  Pforte."  Ferner  „Die 
Karte  ist  geschrieben  im  Jahre  1139  (1726)  in  der  guten  Stadt  Konstantinopel, 
Gott  wolle  sie  bewahren  vor  Unglück  und  Gefahren."  Ibrahim  war  ein  Unga- 
rischer Renegat  und  führte  die  Druckerei  in  Konstantinopel  ein  ,  deren  erster 
Direktor  er  auch  war.  Diese  Quellen ,  welche  der  Verfasser  dieser  Karte 
benützte,  sind  fast  ausschliesslich  aus  dem  „Dschihanuma"  d.  i.  Weltschau  ent- 
lehnt. Die  Karte  wurde  nach  der  Mittheilung  des  k.  k.  Hofkriegsrathes  bei 
Gelegenheit  der  Uebergabe  derselben  an  das  k.  k.  Kriegsarchiv  von  dem  k.  k. 
Oesterreichischen  Residenten  vonTalmanin  Konstantinopel  im  Jahre  1729 
acquirirt  und  eingesendet.  J.  Freiherr  von  Hamm  er-Pu  rgsta  11  gibt  im 
8.  Bande  seiner  Geschichte  des  Osmanischen  Reiches  eine  ausführliche  Be- 
schreibung dieser  Karte,  welche  vielleicht  das  einzige  bestehende  Exemplar 
sein  dürfte  und  gewiss  um  so  interessanter  ist,  als  die  Türkei  sehr  wenige 
kartographische  und  geographische  Werke,  von  Mahomedanern  ausgeführt  und 
in  ihrer  Sprache  geschrieben  besitzt.  Denn  zu  dem  vorzüglichsten  gehören  nur: 
Dschihanuma,  d.  i.  Weltschau  von  Hadschi  Chalfa,  fortgesetzt  von  Behram  in 
Damaskus,  mit  40  Karten,  gedruckt  in  Konstantiuopel  im  Jahre  1732;  ferner 
Bahrije  d.  i.  See-Atlas  vom  Jahre  1520  mit  133  Karten  von  Piri  Reis,  und 
Tohfelul  kubar  fiesfaril-ebhar  d.  i.  Geschenke  an  die  Grossen,  die  Seekriege 
betreffend  mit  4  Karten  von  Hadschi  Chalfa  im  Jahre  1728,  endlich  ist  auch 
eine  Erdkarte  in  vier  Blättern  in  Holzstich  von  Hadschi  Achmet  aus  Tunis  im 
Jahre  1559  unter  Sultan  Suleiman  verfertigt.  Die  Originalplatten  befinden  sich 
in  der  Marciana  in  Venedig,  während  einen  Abdruck  derselben  Se.  Durchlaucht 
Fürst  Mette  mich  in  seiner  Bibliothek  besitzt. 

Herr  k.  k.  Bath  und  Professor  Thomas  Ender  hatte  abermals  die  Güte, 
einige  seiner  zahlreichen  und  ausgezeichneten  Aufnahmen  Oesterreichischer 
Alpengegenden  in  Aquarell  ausgeführt,  zur  Ansicht  zuzuschicken,  welche  am 
Schlüsse  vorgezeigt  wurden.  Dieselben  bezogen  sich  diesmal  auf  Gegenden  an 
der  Südtirol-Venetianisehen  Grenze  und  das  Etschthal,  und  gaben  ebenso  über- 
raschend getreu  und  herrlich  aufgefasst  den  Charakter  dieser  schönen  Gegen- 
den, wie  die  früheren  vorgelegten  Darstellungen  des  Herrn  k.  k.  Rathes 
Th.  Ender. 

Eingegangene  Druckschriften. 
Landwirtschaftliche  Zeitschrift  von  und  für  Ober-Oesterreich.    Linz  Nr.  1  de  1859.  Von 

der   k.  k.  Landwi  rthschafts  -  Gesellschaft  in  Linz. 
Pesther-Lloyd  Nr.    1—12   de    1859.  Von    der   Redaction. 

Allgemeine   Land-  und  forstwirthschaftliche  Zeitung.     Herausgegeben  von  der  k.  k.  Land- 

wirthschafts-Gesellschaft  in   Wien.     Jahrgang    1889.     Nr.   1 — 3. 

Von    der    Gesellschaft. 


40 

Jahreshefte  des  Württembergischen  Alterthums-Vereins  in  Stuttgart.  VIII.  Heft.  —  Schriften 
des  VI.  Heft  18Ö6.  —  VII.  Rechenschaftsbericht  des  1854/55.  —  Satzungen  des 
1843.  Vom   Vereine. 

Resume  historique  de  l'exploration  faite  dans  l'Afrique  centrale  de  1855  ä  1856  par 
le  Dr.  Ed.  Vogel.  Par  V.  A.  Malte  Brun.  Paris  1858.  —  Itineraire 
historique  et  archeologique  de  Philippeville  a  Constanlinc.  Par  V.  A.  Malte  Brun. 
Paris    1858.  Vom   Verfasser. 

Märkische   Forschungen.     Herausgegeben  von  dem  Verein  für  Geschichte  der  Mark  Bran- 
denburg.   III— V.    Berlin   1845/57.  Vom   Vereine. 
Bulletin    de    la    Societe    Imp.    des   Naturalistes    de   Moscon.     Annee    1858.    Nr.    3.     Von 

der   kais.    Gesellschaft. 

23ter   Jahresbericht    des    historischen   Kreis-Vereins    im   Regierungsbezirke    von    Schwaben 

und   Neuburg  für   das   Jahr    1857.     Augsburg    1858.  Vom    Vereine. 

Mittheilungen    aus    J.   Perthes   geogr.    Anst.   Von  Dr.  A.  Peter  mann.  Nr.  XI.  XII.   1858. 

Von  der  geographischen  Anstalt. 
Jahresbericht  des  Voigtländischen  Alterthumsforschenden  Vereins.  XIII  —  XXX.  Gera 
1833 — 1855.  —  Yolkssagen  aus  dem  Orlagau  nebst  Belehrungen  aus  dem  Sagen- 
reiche. Mitgetheilt  von  W.  Born  er.  Altenburg  1838.  —  Plendistria,  imagines, 
calearia  et  arma  veterum  lapidea  non  ita  pridem  in  pago  H'Orlae  ad  Sorbitzii 
Wirraeque  ripas  deteeta  descripsit  Dr.  G.  G.  Adler.  Gerae.  —  Variseia.  Mit- 
theilungen aus  dem  Archive  des  Voigtl.  Alterth.-V.  Herausgegeben  von  Fr.  Alberfi. 
3   Lief.    1834.    —    Bericht  über   die  Vers,  am  28.  Mai   1858. 

Vom  Voigtl  and.  Alterthums-Ve  reine    in    Hohenlauben. 
Bulletino    dell'   Istmo    di    Suez.     III.    Nr.    24.     Torino    1858.  Von    der    Redaction. 

Austria.     Wochenschrift   für    Volkswirtschaft    und  Statistik.    XI.   Jahrgang.    Heft  1.    1859. 

Von    der  Redac tion. 

Atti   dell'    Academia   fisio  —  medico  statistica    di   Milano.     Anno    Academ.    1857/58.  Vol. 

III.     Anno  XIII.    disp.    14.  Von    der   Academie. 

Memoire  dell'  J.  R.  Istituto  lomb.  di  scienze  leltere  ed  arti.    Vol.   VII.    fasc.  7.    Milano  1858. 

Atti  dell'J.  R.  Istituto  loinb.  etc.  Vol.  I.  Fasc.  11   Milano  1858.  Vom    k.  k.  Institute. 

35.  Jahresbericht  der  schlesischen  Gesellschaft  für   vaterländische  Cultur  vom  Jahre  1857. 

Breslau.  Von  der  Gesellschaft. 

Annales  de  la  propagation  de  la  foi.    Janvier  1859.    Nr.    182.   Paris.    Von    de  r  Bed  actio  n. 

Berichte   der   Rheinischen   Missionsgesellschaft.    Nr.    19 — 24.    Barmen    1858. 

Von    der  Gesellschaft. 
Nouvelles   annales    des   Voyages ,    de    la    geographie,     de    l'histoire    et  de    1' Archeologie. 
VI.   Ser.    IV.  ann.    Decemb.     Paris    1858.  Von  der  Redac  tion. 

Zeitschrift   für    allgemeine   Erdkunde.    N.  Folge.    V.  Band.    4.  Heft.    Berlin   1858. 

Von  der   geographischen    Gesellschaft    in  Berlin, 

2tes  Jahresheft  des  Vereines  des  Krainer-Landes-Museums.    Laibach  1858.    Vom  Vereine. 

Geographie   industrielle    et   commerciale  de    la  Belgique    indiquant  les   produetions    mine- 

rales,  agricoles  et  industrielles  de  chaque  localite    etc.  par    C.   N.    Bari  et.    1858. 

Vom  Verfasser. 
Jahrbuch    der    k.    k.    geologischen   Beichsanstalt.     Wien   IX.    3.    1858. 

Von    der   k.  k.  geologischen   Reichsanstalt. 
Wochenblatt  der  k.  k.    steierm.    Landwirthschafts-Gesellschaft.     Nr.   6    de    1858/59. 

Von  der   Landwirthschafts-Gesellschaft    Gratz. 
Gospodarski  List.  Zagrebu.     Nr.  1  de  1859.     Von  der    k.  k.   Landw.    Ges.  in  Agram. 
Bericht  des   Ap.   E.    Popp    und    Fr.    A.    Vost  über  die  nach  den  Donau-Fürstenthümern 
Wallachei  und  Moldau  und    nach  Bulgarien  etc.    unternommenen   Reise. 

Von    der    Handelskammer    Kronstadt. 
Jahrbuch  u.  Mittheilungen  derk.  k.  Central-Commission  z.  Erforschung  u.   Erhaltung  der  Bau- 
denkmale.    I — III.     Wien     1856 — 1858.     Von   der  k.  k.  Central-Commission. 
Aegypten.     Reisebilder  aus    dem  Oriente.  Von  L.  Libav.  4.  Lief.  Wien  1858. 

Von  Herrn  Aug.  Grafen  v.  Breuner. 
Suevia  universa  IX  tabulis  delineata,  in  quibus  omnium  non  solum  ad  circulum  pertinentium 
Episcopatuum,  ducatuum  etc.,  sed  etiam  omnium  eidem  inter  et  adjacentium  Statuum 
territoria,  urbes,  oppida,  monasteria  etc.  distinete  et  aecuratissime  reperiuntur,  juxta 
recentissimam  observationem  exhibita  a  Jaques  Michal,  Capitaine  et  Ingenieur, 
sculpta  a  Matheo  Struttero,  Chalcogr.  August. 
Atlas  Silesiae  id  est  ducatus  Silesiae  generaliter  quatuor  mappis  nee  non  specialiter 
XVI.  mappis  tot  prineipatus  representantihus  geographice  xhibitus  addita  praefatione. 
qua  de  historia  hujus  atlantis  agitur  auetoritate  publica  in  lucem  emissus  ab  Homan- 
nianis  Heredibus  Norimbergae  1750.    Vom  Herrn  k.  k.  General-Major  L.  Kintzl. 


41 

Versammlung  am  18.  Jänner  1859. 

Der  Herr  Präsident  k.  k.  Sectionschef  Dr.  K.  Frh.  v.  Czoernig  führteden 
Vorsitz.  —  Ueber  Antrag  des  Ausschusses  wurden  die  Herren  Job.  Ptaschnik, 
Professor  am  k.  k.  Theresianum  und  Wenz.  Babänek,  k.  k.  Prof.  in  Pisek  zu 
ordentlichen  Mitgliedern,  und  Hr.  Ed.  R.  Strasznitzky,  Secretär  der  geogra- 
phischen Gesellschaft  in  New- York  zum  correspondirenden  Mitgliede  gewählt. 

Der  Hr.  Secretär  F.  Foetterle  legte  hierauf  eine  grössere  Reihe  einge- 
gangener Druckschriften  zur  Ansicht  vor.  Als  Geschenke  verdankt  namentlich 
die  Gesellschaft  dem  Herrn  Präsidenten  Freiherrn  von  Czoernig  die  bisherigen 
Publicationen  der  k.  k.  Central-Commission  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der 
Baudenkmale,  bestehend  in  3  Bänden  Mittheilungen  und  3  Bänden  Jahrbüchern, 
welche  durch  den  reichen  Inhalt  des  werthvollsten  Materials  ein  glänzendes 
Zeugniss  von  der  Nützlichkeit  und  Zweckmässigkeit  des  Inslebenrufens  dieser 
kaiserl.  Institution  geben.  Der  Hr.  Präsident  machte  selbst  auf  die  in  dem 
3.  Bande  des  Jahrbuches  in  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  in  Anwendung 
gebrachte  Photolithographie  aufmerksam,  durch  welche  es  nun  möglich  ist,  selbst 
die  komplizirtesten  und  feinsten  Zeichnungen  auf  Stein  wiederzugeben,  und  von 
hier  aus  zu  vervielfältigen.  —  Ein  anderes  Geschenk  verdankt  die  Gesellschaft 
ihrem  Vize-Präsidenten  Herrn  General-Major  L.  Kintzl,  bestehend  aus 
20  Blättern  der  Homannschen  Karten  von  Schlesien  vom  J.  1736  und  aus  einer 
grossen  Karte  von  Schwaben  von  Jaques  Michal. 

Hr.  k.  k.  Major  K.  von  Sonklar  sandte  einige  Bemerkungen  und  Berich- 
tigungen der  von  den  Gebrüdern  Herren  A.  und  H.  Schlagintweit  in  ihren 
Werken  „Untersuchungen  über  die  physikalische  Geographie  und  Geologie  der 
Alpen"  und  „Neue  Untersuchungen"  etc.  veröffentlichten  Höhenbestimmungen. 
(Siehe  Abhandlungen  dieses  Heft  Nr.  VI.  S.  58.) 

Herr  k.  k.  Sectionsrath  Haidinger  berichtet  über  die  letzten  von  unseren 
Freundenaufderk.k.Fregatte„Novara"erhaltenenNeuigkeiten.  Schon  in  derSitzung 
der  k.  k.  geologischen  Beichsanstalt  am  11.  wurden  über  Briefe  von  Hrn.  Com- 
modore  von  Wüllerstorf  und  Dr.  Scherzer  berichtet,  so  wie  einer  gemein- 
schaftlichen Abhandlung  des  Letztern  mit  Herrn  Dr.  Schwarz  gedacht,  welche 
für  die  k.  k.  geographische  Gesellschaft  bestimmt,  hiermit  vorgelegt  wird. 
(Siehe  Abhandlungen  dieses  Heft  Nr.  II.  Seite  11.  Auch  von  Sr.  Excellenz  dem 
Herrn  General-Gouverneur  von  Australien  Sir  William  H.  Danison  war  ein 
Schreiben  eingelangt.  Später  kamen  Briefe  von  Herrn  Dr.  Hochstetter  und 
Frauenfeld.  Von  Allem  wurde  am  13.  von  Hrn.  Hai  ding  er  in  der  Sitzung 
der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  Bericht  erstattet.  Die  Beise  von 
Shanghai  bis  Sydney,  vorüber  an  den  Mariannen-,  Carolinen-  und  Salomons- 
Inseln,  war  durch  einen  heftigen  Drehwind,  Teifun,  noch  in  dem  chinesischen 
Meere,  und  Stürme,  so  wie  später  durch  Windstillen  so  beeinträchtigt,  dass  nur 
die  Carolinen  Ponynipat,  und  später  die  Insel  Sikeiana  dem  Stewart  Atoll  ange- 
hörig, östlich  von  den  Salomons-Inseln  (Br.  8°  22 l  S.  L.  Greenw.  162°  58°  0) 
auf  wenige  Stunden  besucht  werden  konnte.  Letztere  gab  eine  werthvolle  ethno- 
graphische Ausbeute,  wenn  auch  nur  von  180  bis  200  Menschen,  aber  schönen, 
herkulischen  Gestalten  bewohnt. 

Unsere  „Novara"  wurde  in  Sydney,  wo  sie  am  5.  November  ankam,  mit 
ausgesprochenstem  Wohlwollen  empfangen.  Schon  am  6.  erhielt  die  „Austra- 
lische deutsche  Zeitung"  folgenden  Gruss  (Ausschnitt  den  Haidinger  Herrn 
J.  Gentill i  verdankt,  und  welchen  er  hier  der  k.  k.  geographischen  Gesell- 
schaft als  Erinnerungsblatt  überreichte).  „An  die  Herren  der  Novara-Expedition  : 
„Mit  inniger  Freude  haben  wir  Ihre  glückliche  Ankunft  in  Port  Jackson  vernom- 


42  Versammlung  am  18.  Jänner  1859. 

„inen  und  heissen  Sie,  edle  Männer,  an  den  Gestaden  Australiens  herzlieh  will- 
kommen. Seien  Sie,  hochgeehrte  Herren,  von  der  wärmsten  Theilnahme  der 
„hiesigen  Deutschen  an  dem  grossartigen  Unternehmen  der  Novara-Expedition, 
„so  wie  von  unserer  bewundernden  Anerkennung  Ihrer  edlen,  segensreichen 
„Wirkung  überzeugt. 

„Der  mächtige  Donner  Ihrer  Kanonen  wird  in  manchem  deutschen  Herzen 
„die  schlummernde  Liebe  zum  Vaterlande  wecken,  wie  das  freundliche  Bild 
„Ihres  innig  vereinten  Männerbundes  den  Trieb  zu  einheitlichem  Zusammen- 
halten der  Deutschen  dieser  Stadt  neu  beleben  wird.  Mögen  Sie  sich  während 
„Ihres  Aufenthaltes  an  diesen  Ufern  des  besten  Wohlseins  zu  erfreuen  haben  !" 

Hochachtungsvoll    die  Redaktion  der  „Australischen  Deutschen  Zeitung." 

Es  war  schon  von  früher  her  in  Erwartung  der  Ankunft  der  Novara  eine 
Versammlung  der  Deutschen  in  Sydney  auf  den  8.  bestimmt  gewesen.  Sie  wurde 
aus  Veranlassung  der  Ankunft  rasch  auf  den  6.  November   zurückverlegt. 

In  einem  Schreiben,  von  Herrn  Dr.  Hochstetter  vom  3.  Nov.  in  See 
bis  11.  Nov.  in  Port  Jacson,  das  ich  am  lo.  Jänner  erhielt,  wird  freudig  und 
anschliessend  an  die  früheren  Berichte  hervorgehoben,  wie  sehr  die. deutsche 
wie  die  englische  Bevölkerung  in  Aufmerksamkeiten  und  Wohlwollen,  vom  Gou- 
verneur beginnend,  durch  alle  Klassen  wetteifert.  Herr  Dr.  Ho  chstetter  hatte 
auch  sogleich  nach  seiner  Ankunft  die  Steinkohlenwerke  von  Newcastle  am 
Hunter  river  besucht,  mit  welcher  Gegend  Sydney  durch  tägliche  Dampfschilf- 
Fahrten,  wie  Triest  mit  Venedig  verbunden  ist,  und  war  mit  drei  Kisten  Samm- 
lungsgegenständen,  Kohlenmustern,  fossilen  Pflanzenresten  ,  so  wie  silurischen 
Versteinerungen  aus  dem  Innern,  nach  Port  Jacson  zurückgekehrt,  theils  selbst 
gesammelt,  theils  von  den  frühern  Besitzern  aufs  Freundlichste  überlassen, 
namentlich  den  Herren  K  eene,  dem  Begierungs-Examiner  of  the  Coal  Fields 
of  Neu  South  Wales,  dem  Revd.  Mr.  Canon  Wilton  und  zwei  hochgebildeten 
jungen  Damen  Harriet  und  Helena  Scott,  Töchtern  des  Mr.  A.  W.  Scott, 
Parlaments-Mitgliedes  und  Besitzers  von  Ash-Irland  in  Hunter  Biver.  Diese  bei- 
den Damen  sind  in  Begriff  ein  grösseres  Werk  über  australische  Schmetterlinge 
herauszugeben,  die  sie  selbst  gesammelt  in  allen  Ständen  beobachtet,  und  in 
trefflichster  Weise  in  Mahlerei  und  Lithographie  dargestellt. 

Der  Aufenthalt  im  Hafen  von  Sydney,  wo  die  Novara  vom  Gouverneur 
freundlichst  in  der  Regierungsdocke  aufgenommen  wurde,  dürfte  wohl  länger 
dauern,  als  zuerst  beabsichtigt  war,  da  die  Fregatte  verschiedener  Ausbesserung 
bedarf.  Ein  wahres  Goldfieber  war  wieder  in  Australien  im  Anzüge,  nachdem  noch 
in  der  Nähe  von  Sydney  ein  anderer  Klumpen  von  90  Unzen  Goldgehalt  aufge- 
funden worden  war.  Kürzlich  erst  war  eine  völlige  Völkerwanderung,  von  gan- 
zen 10,000  Menschen  nach  dem  Fitzroy-River  (Port  Curtis,  Nord-Australien) 
durch  einen  wahren  Gold- Wahnsinn  geführt  worden,  von  wo  sie  gröstentheils 
halbverhungert,  in  ihren  Hoffnungen  getäuscht,   wieder  zurückkehrten. 

Herrn  E.  R.  Strasznitzky ,  Secretär  der  geographischen  Gesellschaft 
in  Neu-York,  sandte  an  Herrn  k.  k.  Sectionsrath  Haidinger  mehrere  einzelne 
Zeitungsblätter  mit  geographischen  Nachrichten. 

Die  deutsche  „Neu-Yorker  Staats-Zeitung"  vorn  17.  Dezember  1858 
enthält  einen  Bericht  über  eine  Erforschungs-Expedition  nach  dem  in  dein  Golf 
von  Californien  einmündenden  Bio  Colorado,   unter  Lieutenant  Ives. 

Von  höchstem  Interesse  ist  die  Aussicht  auf  die  neue  Expedition 
nach  dem  Nordpol,  nach  der  offenen  See,  in  der  sich  so  grosse  Erfolge 
für  den  Wallfischfang  voraussehen  lassen.  Herr  Dr.  Hayes,  ein  Begleiter 
Kane's   auf  seiner  früheren  Reise,    hat  sich  bereit  erklärt,  im  Jahre  1860,  mit 


VV.  Haidinger.  43 

einem  Schiffe  von  100  Tonnen  und  zwölf  Matrosen,  dieses  Unternehmen  begin- 
nen zu  wollen.  Mehrere  Gesellschaften  haben  schon  ihren  Beistand  zugesagt. 
Zwei  wichtige  Schreiben  vom  Hrn.  Prof.  Agassiz  an  Dr.  John  d.  L.  Leconte, 
und  von  Dr.  A.  D.  Bache,  Superintendent  of  the  Coast  Surwey  an  Dr.  Hayes 
selbst  sprachen  ihre  Ueberzeugung  von  der  Zweckmässigkeit  und  Nützlichkeit 
und  dem  hohen  Interesse  der  Frage  aus.  Agassiz  sagt:  Die  Wallfische,  als 
warmblutige  Thiere  bedürfen  zum  Athmen  der  Luft,  also  auch  des  offenen  Was- 
sers. Nie  finden  sie  sich  im  Winter  südlich  von  dem  grossen  Eisgürtel.  Daher 
muss  am  Pol  das  Meer  offen  sein,  wohin  sie  sich  zurückziehen.  „Dieses  Argu- 
ment ist  für  den  Physiologen  unwiderstehlich."  Folgendes  ist  der  Beiseplan  : 
Man  schifft  Baffius  Bay  hinauf,  und  längs  Grinnel  Land  so  seenördlich  als  mög- 
lich, um  dort  zu  überwintern,  vorher  aber  noch  nördlicher  auf  dem  Eise  Maga- 
zinen anzulegen.  Ein  Boot  auf  Schlitten  gestellt,  sollte  dann  in  einem  Monate, 
in  der  Breite  von  etwa  81°  die  offene  See  erreichen,  von  wo  bis  zum  Nordpol 
dann  noch  etwa  000  Meilen  übrig  sind.  Die  Anträge,  von  Herrn  Viele  gestellt, 
dass  die  Gesellschaft  sich  der  Unternehmung  nachdrücklichst  annehme  und  ein 
Comite  von  fünf  Mitgliedern  bilde,  die  sich  mit  Herrn  Dr.  Hayes  über  die 
Organisation  derselben  verständigen  und  von  Zeit  zu  Zeit  Nachricht  von  dem 
Slande  geben,  wurde  von  Herrn  Henry  G  rinn  eil  dem  Vicepräsidenten,  unserm 
hochverehrten  Ehrenmitgliede  unterstützt  und  angenommen.  Auch  Herrn  Dr. 
Hayes  wurde  ein  Dankvolum  dargebracht.  Der  schönste  Dank  ,  bemerkte  in 
einer  glänzenden  Bede  der  Präsident,  Dr.  Hawks,  ist  das  höcht  zahlreiche 
Publikum,  welches  sich  /.ur  Anhörung  des  Vortrags  versammelt  hatte  und  mit 
athemloser  Aufmerksamkeit  dem  Vortrage  gefolgt  war.  „Gott  hat  den  Menschen 
den  Enthusiasmus  verliehen,  dasjenige  Werk  zu  unternehmen,  welches  sie  durch- 
zuführen am  geschicktesten  sind."  Diess  sei  seine  Ansicht,  und  wenn  Dr.  Hayes 
diesen  Enthusiasmus  besitze  das  Werk  der  Nordpol-Erforschung  zu  bestätigen 
und  zu  vollenden,  so  wünsche  er  ihm  dazu  Gottes  besten  Segen. 

So  ferne  uns  auch  die  näheren  Beziehungen  der  Ausführung  dieser  Unter- 
nehmung liegen,  so  sehr  ist  aber  doch  auch  unsere  Gesellschaft,  sind  alle 
Geographen  in  der  Lösung  dieser  wichtigen  und  aufregenden  Unternehmung 
betheil  igt,  und  auch  wir  wünschen  dem  unternehmenden  und  erfahreneu  Mann 
auch  von  unserer  Seite  unsern  reichen  Beifall  und  hohe  Anerkennung  zu  geben, 
undden  Wunsch,  dass  wir  von  seinen  Erfolgendie  günstigsten  Nachrichten  erleben 
mögen!  Herr  k.  k.  Oberlieutenant  G.  v.  Boleslawsky  zeigte  eine  Sammlung 
ethnographischer  Gegenstände  aus  Aegypten  ,  Nubien  und  Seidan  vor,  welche 
er  auf  einer  zweijährigen  nach  Chartum  unternommenen  Beise  von  dem  letzt- 
genannten Orte  selbst  mitgebracht  hatte.  Darunter  befanden  sich  vorzüglich 
Waffen,  Musikinstrumente,  Bekleidungs-  und  Schmuckgegenstände,  Bauchrequi- 
siten, Hausgeräthe  u.  s.  w. 

Hr.Dr.G.A.  Kornhub  er  theilte  eine  topographische  Notiz  über  das  Moor 
„Schur"  bei  St.  Georgen  in  Ungarn  mit.  Aelteren  Nachrichten  zufolge  ist  dieses 
Sumpfterrain  der  Best  eines  ehemals  hier  bestandenen  weiter  ausgedehnten 
Sees  ;  welcher  schon  zu  Bömerzeiten  entwässert  wurde.  Die  Versumpfung  des 
Schur  ist  durch  das  ungewöhnlich  geringe  Gefälle  und  den  dadurch  verlang- 
samten Abfluss  des  Wassers  bedingt,  welches  von  den  nahen  Gebirgsbächen 
herabgeführt,  sich  daselbst  anhäuft.  Zu  dieser  fortwährenden  Stauung,  die  selbt 
in  sehr  trockenen  Sommer  stattfindet,  treten  durch  plötzliche  oder  länger  anhal- 
tende atmosphärische  Niederschläge  oder  durch  rasches  Schmelzen  des  Schnees 
veranlasst,  Ueberschwemmungen  hinzu,  wodurch  die  Moorbildung  unterhalten 
und  gefördert  wird.  Der  Abfluss  des  Moorwassers  bildet  den  Ursprung  des  sog. 
Schwarzwassers,   welches  gegen  Lanschütz   der  Donau    zutliesst.     Die   ausser- 


44  Versammlung  am  18.  .Jänner  1859. 

ordentlich  dunkle  Farbe,  welche  dasselbe  von  den  beigemengten  und  aufgelösten 
organischen  Stoffen  erhält,  hat  ihm  mit  Recht  den  Namen  verschafft  Der  gröste 
Theil  des  Schurs  trägt  einen  dichten  Waldbestand  ;  ausserdem  kommen  viele 
Pflanzen  aus  der  Familie  der  Halbgräser  vor,  welche  das  Material  zur  Torf- 
erzeugung  besonders  auf  den  den  Wald  umgebenden  Wiesengründen  darbieten. 
Nach  Hrn.  Dr.  Bauer's  Bestimmung  enthält  dieser  Torf  im  Mittel  aus  zwei 
Analysen  11  Percent  Wasser  und  16  Percent  Asche,  und  an  Heizkraft  entspre- 
chen 22  Zentner  desselben  einer  Klafter  30zölligen  Fichtenholzes.  In  der  Mitte 
einer  unter  dem  Namen  Rustenmoore  bekannten  Erhebung  des  Bodens  war  bei 
6  Fuss  Tiefe  der  Untergrund  noch  nicht  zu  erreichen,  aber  schon  bei  3'  trat 
eine  lebhafte  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  auf,  worauf  Wasser  empor- 
drang, in  welchem  noch  beständig  Blasen  der  erwähnten  Luftart  aufstiegen, 
Dieser  Hydrothiongehalt  des  Moorwassers  hatte  schon  in  früher  Zeit  Veranlas- 
sung zur  Gründung  des  St.  Georgner  Schwefelbades  gegeben,  welches  seither 
alljährlich  von  Beilbedürftigen  besucht  wird.  Die  Bedeutung  dieses  Wassers 
dürfte  noch  durch  die  Thatsache  gewinnen,  dass  Hr.  Dr.  Bauer  sowohl  in  dem 
aus  den  Badelokalitäten,  als  von  der  Rustenwiese  entnommenen  Wasser  und  in 
der  Asche  von  Torf  an  letzterem  Ort  eine  quantitativ  bestimmbare  Menge  Jod 
nachgewiesen  hat.  Im  Innern  des  Erlenwaldes  findet  sich  nur  torfige  Erde  mit 
einem  Aschengehalt  von  32  Percenten  und  von  geringem  Brennwerth. 

Hr.  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterle   begann    eine  Mittheilung   über  die 
von  ihm  im    vergangenen  Frühjahre  unternommene  Reise  nach  Konstantinopel, 
dem  nördlichen  Küstenreich   von  Kleinasien  und  einem  Theil  von   Griechenland. 
Eingegangene  Druckschriften  : 

Lettres  sur  la  Turquie  par  M.  P.  de  Tchiha  tchef.  Bruxelles  1859.  Vom  Verfasser. 
Die    welthistorische    Bedeutung    der    Meere  ,     insbesondere    des    Mittelmeercs ,     von    Carl 

Zathlef.     Dorpat    1858.  Vom    Verfasser. 

Botanische  Ergebnisse    einer   Reise  durch    das   östliche    Trans-Kaukasien    und    den    Ader- 

beidshan,    ausgeführt    in    den   Jahren    1855     und     1656    von    Nicolai   v.    Seidlitz. 

1.   Heft.     Dorpat    1857.  Vom    Verfasser. 

Les    saints    Lieux.   Pelerinage   a  Jerusalem   en  passant   par   PAutriche,  la  Hongrie,    la   Sla- 

vonie,    les    provinces  Danubiennes  etc.    Par  Msgr.    Mislin    Abbe  mitree    etc.  I — III. 

Paris    1858.  Vom    Verfasser. 

Jahresbericht    des    vaterländischen    .Museums    Carolino-Augusteum    der    Landeshauptstadt 

Salzburg  pro   1856 — 1857.  Von  der   Museal -Direction. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  ni'ed  österr.  Gewerbe- Vereins.  Jahrgang  1858. 
Heft   9,    10.     Wien.  Vom   Vereine. 

Archiv  za   Povestnicu   Jugoslavensku.     Zagrebu   I — IV.    1851 — 1857.  Vom  Vereine. 

Archiv  für  vaterländische  Geschichte  und  Topographie.  Herausgegeben  von  dem  histo- 
rischen Vereine  für  Kärnten.  I — IV.  Jahrgang  1849 — 1858.  Vom  Vereine. 
Der  Militär  Maria  Theresia  Orden  und  seine  Mitglieder.  Nach  authentischen  Quellen 
bearbeitet  von  Dr.  J.   Hirtenfeld.     Zur  ersten  Säcularfeier  1857.  Wien  1857.  2  Bde. 

Vom    Verfasser. 

CTATMCTH4ECKIfl  TAB.11111,1,1  POCCIIICKOII  IDIIIEPIII  3A   1856. 

u.  s.  w.    (Statistische    Tabellen   u.  s.  w.    aus   dem   Jahre   1856. 

Von   Se.   Excel.  A.  Lewschine  in  St.   Petersburg. 

Jahresbericht  der  Wetterauer  Gesellschaft  für  die  gesammte  Naturkunde  in  Hanau  über 
die   Gesellschaftsjahre  von  August   1851 — 1855.    1857/58.  Vom    Vereine. 

Landeskunde  des  Herzogthums  Meiningen  von  G.   Brückner.   2  Bände.   Meiningen  1851/53. 

Neue  Beiträge  zur  Geschichte  deutschen  Alterthums.  Herausgegeben  von  dem  Henebur- 
gischen  alterthumsforschenden  Vereine.     Meiningen  1.  Lief.   1858.     Vom   Vereine. 

Topografia  del  Polesine  di  Rovigo.  tratta  in  parte  da  publici  Calastici  dei  recenti  estimi, 
che  esistono  negli  Archivi  di  Rovigo,  Lendonara,  e  Badia  e  il  rimanente  rilevato 
per  commisione  degli  111.  ed  Ecc.  Signori  Proveditori  all'  Adige  e  deputati  alle 
Valli  Veronesi  da  Dom.  Marchetti,  publ.  Perito  all' estimo  della  citta  di  Rovigo  e 
di  detto  Ecc.  Magistrato  cella  direzione  del  Sign.  Alvise  Milanovich,  Ten.  Colo- 
nello  Ingegnere  direttore  l'anno    1786.  Von    0.   Freih.   v.   Hingenau. 


45 
Versammlung  am  1.  Februar  1859. 

Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionschef  K.  Freiherr  von  Czoernig, 
führte    den    Vorsitz. 

Den  Statuten  gemäss  wurde  als  ordentliches  Mitglied  gewählt:  Herr 
Gustav    von  Boleslawski,    k.    k.    pensionirter   Oberlieutenant. 

Unter  den  der  Gesellschaft  zugekommenen  Druckschriften  hebt  Herr 
Sekretär  insbesondere  hervor:  „Reisen  in  Central- Afrika"  von  Dr.  H.  Barth, 
welches  nun  vollendete,  aus  5  Bänden  bestehende  Werk,  die  Gesellschaft 
dem    Herrn   Verfasser    selbst    verdankt. 

Herr  k.  k.  Sectionsrath  Haidinger  gibt  Nachricht  über  eine  neue 
in's    Leben    tretende    wissenschaftliche    Zeitschrift: 

„Ein  hochverehrtes  Mitglied  unserer  Gesellschaft,  Herr  Maximilian 
von  Riedwald,  begründet  in  diesem  Augenblicke  ein  Unternehmen,  das 
uns  in  den  vielfachen  Beziehungen  der  Geographie  zu  Allem  was  die 
Wissenschaft  darbietet  auf  das  Anregendste  zu  berühren  geeignet  erscheint. 
Es  ist  diess  die  „Allgemeine  Zeitung  für  Wissenschaft,  Central-Organ 
zur  Verbreitung  der  neuen  Fortschritte  des  Wissens.  Herausgegeben  und 
redigirt  von  M.  v.  Riedwald,  Mitglied  mehrerer  gelehrten  Gesellschaften, 
unter  Mitwirkung  vieler  Gelehrten  und  Fachmänner. u  Die  erste  Nummer 
erscheint  im  April  1859,  wöchentlich  zwei  Druckbogen,  dazu  Monathefte 
von  fünf  Druckbogen,  Subscription  für  erstere  im  Jahre  4  fl.,  für  letz- 
tere 3  fl.  Ö.  W.  Der  Zweck  ist  eine  leitende  Uebersicht,  alles  in  der 
Wissenschaft  als  neu  Erscheinende  fortlaufend  einem  theilnehinenden  ge- 
bildeten Publikum  vorzulegen,  und  so  die  Orientirung  in  der  wissenschaft- 
lichen Bewegung  auf  unserer  Erde  zu  erleichtern  und  nicht  nur  den 
Forschern  in  Einem  Gebiete  die  ihm  etwas  mehr  entfernt  liegenden 
näher  zu  rücken,  sondern  namentlich  dem  Freunde  wissenschaftlicher 
Bildung  überhaupt  die  Ergebnisse  der  gegenwärtigen  und  sich  fortwährend 
steigernden  Erfolge  menschlicher  wissenschaftlicher  Thätigkeit  in  einem 
grossen,  anziehenden  Bilde  vor  Augen  zu  stellen.  Wohl  dürfen  wir  diess 
als  ein  schönes  Band  der  Vereinigung  vielartiger  Beziehungen  in  den  der 
neuesten  Zeit  angehörigen  wissenschaftlichen  Bewegungen  unserer  k.  k. 
Haupt-  und  Besidenzstadt,  unseres  grossen  Vaterlandes  Oesterreich  be- 
trachten. Oft  habe  ich,  nicht  nur  in  sehnlichsten  Wünschen  gefühlt,  sondern 
auch  in  Gesprächen  geäussert,  wie  erfolgreich  die  Benützung  schon  der 
uns  zunächstliegenden  nun  gebildeten  Bibliotheken  Averden  könnte.  Die 
Bibliothek  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt,  letztere  15.  November  1849 
gegründet,  mit  ihren  2554  Bücher-  und  353  Karten-Nummern  in  5472 
Bänden,  die  unserer  eigenen  k.  k.  geographischen  Gesellschaft,  am  1.  De- 
zember 1855  begonnen,  mit  7T5  Bücher-  und  77  Karten-Nummern  in 
2011  Bänden  und  421  Blättern,  dazu  die  in  ihrer  glanzvollen  Stellung 
sehr  viel  reichere  Bibliothek  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften, 
ebenfalls  nun  seit  30.  Mai  1846,  die  Bibliothek  der  k.  k.  Gesellschaft 
der  Aerzte,  der  k.  k.  zoologisch-botanischen  Gesellschaft,  des  n.  ö.  Ge- 
werbevereines, des  Alterthumsvereins ,  des  n.  ö.  Ingenieurvereins,  und  so 
vieler  anderer  Neubildungen  der  letzten  Periode ;  alle  diese  Bibliotheken 
nebst  den  berühmten  und  werthvollsten  Schätzen,  die  aus  ältester  Zeit 
bis  in  unsere  Tage  fortgeführt  werden,  sind  zu  ausgiebigster  Benützung 
wohlwollend  geöffnet,  aber  doch  lässt  ihre  Benützung  gar  vieles  zu  wün- 
schen übrig.  Was  unsern  österreichischen  Antheil  an  Literatur  überhaupt 
betrifft,  hatte  uns  der  hochverdiente  Director  der  Bibliothek  des  k.  k. 
Ministeriums    des    Innern,    Herr  Ritter  Constantin    Wurzbach    von  Tannen- 


46  Versammlung  am  I.  Februar  1859. 

berg,  die  wichtigste  Kenntniss,  früher  in  der  Wiener-Zeitung,  und  da- 
mals und  später  in  eigenen  der  gesammten  Literatur  gewidmeten  Werken 
vermittelt.  Herr  von  Riedwald's  Werk  würde  mehr  dem  Gedanken  des 
„Cosmos"  entsprechen,  welchen  mein  hochverehrter  Freund  und  Gönner 
Herr  Abbe  Moigno  in  Paris  nun  schon  seit  1.  Mai  1852,  also  seit  fast 
vollen  sieben  Jahren,  auf  eine  wahrhaft  bewundernswerthe  und  erhebende 
Weise  mit  gediegenster  Kenntniss,  und  wohlwollendster,  innigster  gei- 
stiger Weihe  durchgeführt  hat.  Ich  freue  mich  ihm  hier  für  ein  so 
schönes  Vorbild  heute  meine  Anerkennung  darzubringen ,  wo  uns  demnächst 
selbst  ein  gleichem  Geiste  entspriessendes,  aber  in  vielen  Beziehungen 
näher    liegendes    Blatt    erfreuen    soll. 

Gerne  erkläre  ich  mich  zur  Subscription  bereit,  und  lade  alle 
hochverehrten  Gönner  und  Freunde  und  Mitglieder  unserer  k.  k.  geo- 
graphischen Gesellschaft  zu  gleichen  Zwecken  ein  Nur  wenn  die  Theil- 
nahme  sich  auch  in  materieller  Hilfe  zeigt,  tritt  sie  ins  Leben  ein  und 
bringt  Erfolg  hervor.  Der  hochverehrte  Unternehmer,  von  dem  wir  bereits 
als  werthvolles  Geschenk  seine  „Allgemeine  politische  Geographie  u.  s  w." 
besitzen,  hat  sich  durch  vieljährige  Vorarbeiten  in  den  mannigfaltigen 
wissenschaftlichen  Fächern  orientirt,  und  es  sind  ihm  auch  die  grossen 
Schwierigkeiten  nicht  fremd,  welche  namentlich  sein  erstes  Auftreten  in 
dem  gegenwärtigen  Augenblicke  umgeben.  Aber  es  lässt  sich  ja  doch 
auch  auf  günstigere  Entwicklung  hoffen.  Erlauben  Sie  mir,  meine  hoch- 
verehrten Herren,  als  Aufmunterung  für  das  schöne  zeitgemässe  Unter- 
nehmen des  Herrn  M.  v.  Biedwald  ein  Wort  vom  7.  November  18o5 
zu  wiederholen,  das  auf  der  allerersten  Seite  unserer  eigenen  Verhandlungen 
steht:  „Nur  für  diejenigen  treten  niemals  die  „besseren  Zeiten"  ein, 
welche  nichts  thun,  als  auf  solche  zu  warten,  und  ihre  „Arbeiten  bis 
dahin  verschieben."  Möge  der  hochverehrte  Herausgeber  daher  getrost  allen 
Schwierigkeiten  entgegengehen,  möge  er  aber  auch  jene  Theilnahme  in  einem 
reichen  Maasse  finden,  welche  einer  k.  k.  Reichs-Haupt-  uud  Residenzstadt 
■wie  unser  Wien,  und  einem  grossen  Kaiserstaate  wie  unser  Vaterland  ent- 
spricht,   um  das  schöne  und  gross  gedachte  Unternehmen  würdig  zu  fördern." 

Herr  k.  k.  Schulrath  Dr.  M.  Becker,  zeigte  durch  Vorlage  der 
von  dem  k.  k.  Ministerium  für  Cultns  und  Unterricht  eingeführten  Lehr- 
bücher für  die  vaterländischen  Volksschulen ,  wie  in  denselben  der  Stotl* 
für  gemeinnützige  Kenntnisse  und  namentlich  der  erdkundliche  Unterrichts- 
stoff in  einer  auf  die  Fassungskraft  und  den  zunehmend  erweiterten  Ge- 
sichtskreis der  Schüler  berechneten  Weise  geordnet  sei,  so  dass  diese 
mit  Abschluss  der  Volksschule  alles  noth  wendige  über  die  Erde 
und  das  Vaterland  und  zugleich  eine  genügende  Vorbereitung  für  den 
wissenschaftlichen    Unterricht     in    dieser    Richtung    besitzen    können. 

Herr  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterle  gab  eine  Schilderung  der  von  ihm 
in  den  Monaten  April,  Mai  und  Juni  des  vorigen  Jahres  ausgeführten  Reise 
nach  den  Küsten  von  Kleinasien  gegen  das  schwarze  Meer,  welche  als 
Zweck  die  Kenntniss  der  geologischen  Beschaffenheit  der  Umgebung  von 
Ismid  in  Nicomedien,  der  Strecke  von  Eregli  bis  Amassera  und  von 
Unje    an    der  Schwarzen   Meeres-Küste   hatte. 

Eingegangene  Druckschriften. 

Untersuchungen  über  den  Druck  der  Luft.  Ein  Beitrag  zur    Climatologie  Oberösterreiclis  von 
P.  Reslhuber.  Linz  1858.  Vom  Verfasser. 

Austria.    Wochenschrift  für  Volkswirthschaft  und  Statistik.  Wien  i8o9.  Nr.  2—4. 

Von  de  r  R  ed  acti  o  n 


F.  Foetterle.  Dr.  Stäche.  47 

Gospodarski  List.  Agram  1859.  Nr.  2 — 4.  Vo  n  der  k.  k.  Ackerbau-Gesellschaft. 

Pester  Lloyd.  Pest  1859  Nr.  13— 24.  Von    der  Redac  tion. 

Landwirtschaftliche  Zeitschrift  von  und  für  Oberösterreich.  Linz  1859  Nr.  2. 

Von  der  k.  k.  L  a  n  d  w  i  r  t  b  s  c  h  a  f ts  -  G  e  s  e  1 1  s  c  h  a  f  t. 
Centralblatt  für  die  gesamnite  Landescultur.  Prag  1859  Nr.  1 — 4. 

Von  der  patr.  ök.  Gesellschaft. 
Mittheilungen  des  histor.  Vereins  für  Krain.  Laibach  1858,  Sept.  October.  Vom  Vereine. 
Jahresbericht  der  Elbogner  Ober-Realschule  I  —  IV  für  1853  —  1857. 

Von  der  Sehul-Direction. 

Jahreshefte  des  Würtembergischen   Alterthinns-Vereins  Stuttgardt  I  — VII.—  Schriften  des 

Württembergischen  Alterthums-Vereins.  Stuttgardt  I.  III.  1850,1854.  —  Satzungen  des 

Württembergischen  Alterthums-Vereins.  Stuttgardt  1843.  Vom    Vereine. 

Allgemeine  Land  und  forstwissenschaftliche  Zeitung.  Wien  1859  Nr.  4,  5. 

Von    der  k.  k.  Landwirth.  Gesellschaft. 
Rechenschaftsbericht  über    die  dritte  Versammlung  des  internationalen  Congresses  für  Sta- 
tistik, abgehalten  zu  Wien  am  31.  August  bis  5.  September  1857  u.  s.  w.  Wien  1858. 

Vom  F  r  e  i  h  e  r  r  n  v.  C  z  ö  r  n  i  g. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  siebenbürgischen   Vereins  für  Naturwissenschaften  zu 

Hermanstadt  1858  IX   Nr.  9.  Vom  Vereine. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  n.  öst.  Gewerbevereins.  Wien  Jahrgang  1858  Heft  11. 

Vom  Vereine. 
Jahresbericht  des  germanischen  National-Museums  zu  Nürnberg  I — IV.  1853  bis  1857.  — 
Organismus  des  germanischen  National-Museums  in  Nürnberg  1855.  —  Denkschriften 
des  germanischen  National-Museums  1858  1.1,  2.  —  Anzeiger  für  Kunde  der 
deutschen  Vorzeit.  Organ  des  germanischen  Museums.  N.  F.  Jahrgang  V.  1858. 
Nr.  1  —  12.  —  System  der  deutschen  Gesehichts-  und  Alterthumskunde  entworfen 
zum  Zwecke  der  Anordnung  der  Sammlungen  des  germanischen  Museums.  Von  Frh. 
H.  v.  u.  zu  Aufsess.  Nürnberg  1853.  — Das  germanische National-Museum  von  Johannes 
Falke.  Vom  Museum. 

Wochenblatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft.  GratzNr.  7.  Jahrg.  1858—1859. 

Von  der  Gesellschaft. 
Köngl.  Svenska    Fregatten  Eugenia  Resa  omkring  Jorden  under   befäl  af  C.    a.  Virgin.  Aren 
1851 — 1853.    Vetenskapiiga    Jakttagelser   Pa  H.  Maj.   Tkonung    Os  car  den  Färstes 
befallining  utgifna  af  k.  Svenska  vitenskabs  Akademien.  Heft  1 — 4. 

Von  der  k.  A  k.  d.  W  i  s  s.  S  t  o  k  h  o  1  m. 
Reisen  und  Entdeckungen   in   Nord-  und  Central-Africa   in   den   Jahren   1849  bis  1855  von 
Dr.  Heinrich  Barth.  Tagebuch  einer  im  Auftrag  der  britischen  Regierung    unternom- 
menen Reise.  Gotha  1857 — 1858  3.  Bde.  Vom  Verfasser. 

Versammlung  am  15.  Februar  1859. 
Der    Herr   Präsident,    k.    k.  Sectionschef  K.  Freiherr    von    Czoernig, 
führte   den  Vorsitz. 

Den  Statuten  gemäss  wurden  zu  ordentlichen  Mitgliedern  gewählt 
die  Herren:  Friedrich  Miller,  Ammanuensis  der  k.  k.  Universitäts- 
Bibliothek,  Nikolaus  Freiherr  von  Mustatza,  Gutsbesitzer  zu  Toporoutz 
in  der  Bukowina,  Edmund  Reitlinger  Philos.  Doctor  und  Joseph  Se.d- 
laczek,    k.    k.  Bezirksvorsteher    zu    Szilagyi  Cseh   in  Siebenbürgen. 

Herr  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterle  setzte  die  in  der  letzten  Ver- 
sammlung begonnene  Mittheilung  über  seine  im  vorigen  Jahre  ausge- 
führte   Reise    nach    Klein-Asien  fort. 

Herr  Dr.  G.  Stäche  gab  eine  Darstellung  der  geologisch-geogra- 
phischen   Beschaffenheit    der    Tschitscherei  in  Istrien. 

Er  machte  zunächst  darauf  aufmerksam,  dass  mit  der  geologischen 
Dreitheilung  des  Gebietes  zwischen  dem  oberen  Laufe  der  Save  und  dem 
adriatischen  Meere,  zugleich  eine  dreifache  Verschiedenheit  der  geogra- 
phisch-physikalischen, des  eultur- ökonomischen,  wie  zum  Theil  selbst  der 
ethnographischen  Verhältnisse  gegeben  sei.  Von  Nordost  nach  Südwest  folgt 
in  diesem  Gebiete,  wie  geologisch:  Kohlen,  Trias  Formation,  Kreidegebirge 
und  Tertiärland  oder  diesen  entsprechend:  Schiefergruppe,  Kalkgruppe  und 
Sandsteingruppe,     so  auch  Ackerland,    Waldland    und    Weinland    aufeinander. 


48  Versammlung  am  15.  Februar  1859. 

Zwischen  dem  Ackerlande  und  Waldlande  tritt  eine  mittlere  Zone  von  Wie- 
senland, deren  Untergrund  aus  dolomistischen  Schichten  theils  der  obe- 
ren Trias,  theils  der  untern  Kreide,  besteht.  Dieselbe  liegt  zu  beiden 
Seiten  und  innerhalb  der  Gebirgsbruchlinie,  welche  durch  das  Planiner-,  Zirk- 
nitzer-  und  Laaser-Thal  gegeben  ist.  Wie  diese  Zwischenzone  in  den  ma- 
nigfachsten  Beziehungen  den  Uebergang  von  dem  Hauptverbreitungsbezirk  des 
Ackerbaues  zu  dem  der  Waldcultur  bildet,  so  gibt  es  auch  eine  Zone,  welche 
einerseits  die  Grenze  bildet  und  andererseits  den  Uebergang  vermittelt  zwischen 
dem  Waldlande  mit  Kalkboden  der  Kreidezeit  und  zwischen  dem  Weinlande 
mit  Sandstein  und  Mergelboden  der  Tertiärzeit.  Dieses  Mittelglied  zwischen 
dem  W'aldlande,  welches  vorzugsweise  durch  das  Schneeberger  Waldgebirge 
und  seine  Fortsetzungen  repräsentirt  wird  und  dem  Weinlande  der  istrischen 
Küste,  ist  der  abgesonderte  zwischen  dem  Monte  Maggiore,  dem  Lissatz- 
berg  bei  Vlana,  dem  Verzellberg  bei  Cosina  und  der  Kirche  St.  Servolo 
ober  Dollina  bei  Triest  gelegene  Gebirgskörper,  dessen  grösster  Theil  die 
slovenokroatischen  Tschitscher  bewohnen.  Der  Vortragende  ging  nun  näher 
auf  die  geographische  und  cultur-ökonomische  Darstellung  dieses  Landstriches 
ein  und  wies,  von  der  geologischen  Basis  ausgehend  für  die  verschie- 
densten Verhältnisse  die  vermittelnde  Doppelstellung  dieses  eigenthümlichen 
Gebirgslandes  nach ,  welches  wenigstens  der  ganzen  Naturanlage  nach  zur 
Hälfte    Waldland,    zur    Hälfte    Obst-  und    Weinland    ist. 

Eingegangene  Druckschriften. 

Zeitschrift  des  Vereins  zur  Erforschung  der  rheinischen  Geschichte  und  Alterthümer  in 
Mainz.  I.  Mainz  1845  —  1851.  Abbildungen  von  Mainzer  Alterthümern  mit  Erklä- 
rungen, herausgegeben  von  dem  Vereine  zur  Erforschung  u.  s.  w.  II  1850  IV. 
VI.  1852  —  1855.  —  Conrad  Hen  I  i  f  oder  He  nek  i  s,  Buchdrucker  und  Buchhändler 
zu  Mainz,  der  Geschäftsgenosse  Feter  Schöffcr's.  Von  Johann  Wetter.  Mainz  ]85l. 

Vom   Vereine. 

Les  voyages  de  Arneric  Vespuce  au  Compte  de  l'Espagne  et  les  mesures  itiniraires  em- 
ployees  par  les  marins  espagnols  et  portugais  des  XVe  et  XVIe  siecles.  etc.  Par.  M. 
d'Avezac.    Paris   1858.  Vom   Verfasser. 

Journal  of  the  Franklin  Institute  of  the  State  of  Pensylvania  a  for  the  promotion  of  tbe 
mechanic  arts.  Vol.  36.  Nr.   1  —3  In  Philadelphia  1858.    Vom  Franklin  Institute. 

Bulletino  dell'  Istmo  di  Suez.  Torino  1859  IV.  Nr.  12.  VonderBedaction. 

Pester  Lloyd  1859  Nr.  25—34.  V  on  der  Bedacti  on. 

Landwirthschaftliche  Zeitschrift  von  und  für  Oberösterreich,  Linz  1859  Nr.  3. 

Von  derk.  k.  Landw.  Gesellschaft. 

Gospodarski  List.  Zagrebu.  1859  Nr.  5  —  6.  Von  derk.  k.  Acker  b.  Gesellschaf  t. 

Atti  dell'  Accadeniia  fisio  medico-statistica  di  Milano.  Vol.  III  Anno  XIII  disp.   4.   1858. 

Von  der  Akademie. 

Nouvelles  annales  des  voyages  de  la  geographie.  de  l'histoire  et  de  l'archeologie.  VI.  ser.  V. 
an.  1859  Janvier.  VonderBedaction. 

VII.  Jahresbericht  des  Marien-Vereines  zur  Beförderung  der  kathol.  Mission  inCentral-Africa. 
1857/58.  Wien  1858. 

Entstehung  und  Bedeutung  der  normanischen  Seefahrten  im  Mittelalter.  Von  Ed.  Scholz. 
(Im  Programme   des  k.  k.  kathol.  Gymnasiums  in  Hermannstadt  1858.) 

Von  derk.  kgeolog.    Beichs-Anstalt. 

Centralblatt  der  gesammten  Landescultur.  Prag  1859  Nr.  5 — 6. 

Von  der  k.  k.  p.  oek.  Ge  sei  Ischaft. 

Austria.  Wochenschrift  für  Volkswirtschaft  und  Statistik.  Wien  1859.  XI.  Jahrg.  Hft.  V— VI. 

Von  der  Bedaction. 

Zeitschrift  des  historischen  Vereins  für  Niedersachsen.  Jahrg.  1850 — 1850.  Hannover  1854 — 
1858.  11  Bde.  Vom  Vereine. 

Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.  Organ  des  germanischen  Museums.  Nürnberg. 
1859  VI.  Nr.  1.  Vom  ger man.  Museum. 

Statistischer  Bericht  der  Handels-  und  Gewerbekammer  in  Prag  an  das  hohe  k.  k.  Ministerium 
für  Handel  etc.  II.  Prag  1859.  Von  der  Handelskammer. 


V.  Streffleur.  49 

Mittheilungen  aus  J.  Perthe  s  geographischen  Anstalt  über  wichtige  neue  Erforschungen  auf 
dem   Gesainnitgebiete  der  Geographie  von  Dr.  A.  Peter  mann.  Gotha  1859  Nr.  1 — 2. 

Von  J.  Perthes  geogr.  Anstalt. 

Beitrüge  zur  vaterländischen  Geschichte.    Herausgegeben    von   der  historischen  Gesellschaft 

zu  Basel.  II.  —  VI.  1384/57.  Von  der  Gesellschaft. 

Nieuwe  Recks  van  Werken  van  deMaatschappij  der  nederl.  Letterkunde  te  Leiden.  IX.  X.  Deel. 

Leiden  1857.  —  Handelengen  der  aarlijksche  allgemeene  Vergadering   van  de   Maat- 

schappij    der    nederl.  Letterkunde  te  Leiden  gehonden  den  17.  Mai  1858. 

Von  der  niederl.   Gesellschaft. 
Mittheilungen  über  Gegenstände  der  Landwirthschaft  und  Industrie  Kärnthens.  Klagenfurt  1859. 

Von  d  e  r  k.  k.  La  n d  w.    Gesellschaft. 
Allgemeine  Land-  und  forstwissenschaftliche  Zeitung.  Wien  1859  IX.  Jahrg.  Nr.  6. 

Von  der  k.  k.    Landw.  Gesellschaft. 
Wochenblatt  der  k.k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft.  Graz.  VIII.  Jahrg.  1858  59Nr.  8. 

Von  der  k.  k.  Landw.  Gesellschaft. 

Militär-Zeitung  Wien  1859  Nr.  11  —  12.  Von  der  Reda  ction. 

18.  Bericht  über  das   Museum   Francisco   Carolinum    nebst    der   XIII.  Lief,  der  Beiträge    zur 

Landeskunde  von  Oesterreich  ob  der  Enns.  Linz  1858.  Vom  Museum. 

Versammlung  am  1.  März  1859. 

Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionschef  K.  Freiherr  von  Czoer- 
nig,    führte    den    Vorsitz. 

Den  Statuten  gemäss  wurde  als  ordentliches  Mitglied  gewählt :  Herr 
Alois    Rosmanit,  k.  k.    Statthaltern    Präsidial-Secretär. 

Herr  k.k.  Sectionsrath  V.  Streffleur  hielt  einen  Vortrag  über 
die  Configuration  des  Terrains  innerhalb  des  Weichbildes  von  Wien  mit 
Vorzeigung  eines  Niveauplaues  und  eines  Uebersichtsreliefs.  Bei  allen 
Städten  ist  der  Anwachs  stückweise  erfolgt.  Nicht  allgemeine  Pläne  mit 
der  Voraussicht  in  die  Zukunft,  sondern  nur  die  Bedürfnisse  des  Augen- 
bliks  waren  dabei  massgebend.  Bei  Wien  ist  aber  gegenwärtig  ein  anderes 
Verhältuiss  eingetreten.  Die  von  Sr.  k.k. Apostolischen  Majestät  in  Aussicht 
gestellte  Stadterweiterung  hat  die  Anregung  zu  mehrseitigen  gründlichen 
Studien  über  das  Gebiet  von  Wien  gegeben.  Der  k.  k.  Kataster  begann 
eine  neue  Horizontal-Aufnahme  und  führte  auch  das  Nivellement  vollständig 
durch.  Eine  eigene  Commissiou  macht  ausführliche  Erhebungen  über  das 
bis  jetzt  im  Gebrauche  stehende  Trinkwasser  und  über  die  Beschaffen- 
heit der  Unrathskanäle.  Aerzte  beschäftigen  sich  mit  der  Untersuchung 
der  Sanitätsverhältnisse.  Geologen  erforschen  die  geognostischen  Verhält- 
nisse. Die  Handelskammer  arbeitet  an  einen  Bericht  über  den  gegenwär- 
tigen Bestand  und  die  mögliche  Entwicklung  des  Handels  und  der  Industrie. 
Die  Wasserbau-Direction  untersucht  die  Stromverhältnisse  der  Donau,  um 
darnach  Entwürfe  für  Hafenbauten  etc.  auszuarbeiten.  Ueber  die  Anlage  eines 
Central  Eisenbahnnetzes  werden  umfassende  Studien  gemacht.  Der  Magistrat 
lässt  an  einer  Statistik  Wiens  arbeiten.  Historiker  sammeln  Materialien, 
geschichtlich-topographischer  Natur,  um  den  bisherigen  Anwachs  der  Stadt 
nachzuweisen.  Architekten  und  andere  Fachmänner  arbeiten  an  dem  Zukunfts- 
plane u.  s.  w.  Da  nun  das  Weichbild  von  Wien  auch  ein  Stück  der  Mutter  Erde 
bildet,  für  welche  sich  die  k.  k.  geographische  Gesellschaft  interessirt, 
machte  Herr  Sectionsrath  Streffleur  den  Vorschlag,  die  Resultate  aller 
oben  angedeuteten  Bestrebungen  nach  und  nach  auch  im  Schoosse  der 
geographischen    Gesellschaft  zur    Sprache    zu    bringen. 

Von  allen  dem  ist  das  Nivellement  des  Terrains  von  Wien  am 
ersten  zum  Abschlüsse  gelangt.  Bei  demselben  waren  die  ausgezeich- 
neten   Arbeitskräfte    des    k.    k.    Katasters     in    Thätigkeit.    Eine     neue    trigo- 

Mitthcilungen  der  k.  k.  geogr   Gesellschaft.  III.  Bd.  2.  Heft.  4 


50  Versammlung  am  I.  März  1859. 

nometrische  Vermessung  mit  der  Höhenbestimmung  der  wichtigsten  Puncte 
bildete  die  Grundlage.  Darauf  folgte  das  Nivellement  der  Hauptlinien 
radienförmig  vom  Stephansthurme  aus,  und  ringförmig  um  die  innere 
Stadt,  den  Vorstadtrand  am  Linienwalle  und  mitten  durch  die  Vorstädte. 
Erst  nach  der  Prüfung  und  Richtigstellung  des  Hauptnetzes  wurden  die 
Detail-Nivellements  in  den  einzelnen  Abschnitten  vorgenommen.  So  sind 
nun  mehr  als  10,000  Höhepuncte  innerhalb  der  Linienwälle  Wiens  mit 
der  grössten  Schärfe  gemessen.  Ein  Schichtenplan  und  ein  Uebersichts- 
Relief   sind   bereits    fertig.      Ein   Detail-Relief   ist    in    Arbeit. 

Herr  Sectionsrath  Streffleur  gab,  nach  Vorzeigung  dieser  Arbeiten, 
eine  Characteristik  des  Terrains  von  Wien,  welche  von  selbst  auf  die  Art 
der  allinäligen  Entwicklung  Wiens  hindeutet,  und  machte  ferner  auf  einige 
Eigenthümlichkeiten  der  Stadt  aufmerksam,  namentlich  in  Bezug  des  Auf- 
tretens von  Epidemien,  welche  im  Widerspruche  mit  dem  Vorkommen  in 
andern  Städten  stehen;  in  Wien  aber  einen  eigenthümlichen  Zusammenhang 
mit  der  Natur    des    Terrains    zeigen. 

Endlich  berührte  Hr.  Streffl  eur  die  Bevölkerungsverhältnisse  Wiens  und 
verglich  selbe  mit  jenen  des  Gesammtstaates.  Wien  hat  nur  i/3  Ein- 
heimische, 2/3  Fremde,  welche,  wie  im  Staate,  den  verschiedenen  Natio- 
nalitäten angehören.  Eben  so  wenig  als  sich  innerhalb  der  ewigen 
Naturgrenzen  Böhmens  politische  Grenzen  zwischen  den  Deutschen  und 
Czechen,  oder  in  den  Ebenen  Ungarns  zwischen  den  Magyaren  und 
Deutschen,  Ruthenen,  Rumänen  oder  Slaven  ziehen  lassen,  eben  so  wenig 
gibt  es  in  Wien  Nationalitäts-Sonderungen.  Wir  finden  da  deutsche, 
italienische,  czechische,  magyarische  Comödien,  Slavenbälle  u.  s.  w.  ohne 
irgend  eine  Störung  im  Zusammenleben.  Wien  gibt  also  bei  seinem 
Emporblühen  den  Beweis,  dass  auch  das  brüderliche  Zusammenwirken 
verschiedener  Nationalitäten  seinen  Segen  bringt.  «Jedenfalls  wird  dadurch 
den    Forderungen    der    Humanität    mehr    als   durch   Trennungen    entsprochen. 

Herr  Dr.  Jos.  Z  h  i  s  h  m  a  n  besprach  jene  geographischen  Puncte, 
welche  sich  hinsichtlich  des  Zuges  A  1  a  r  i  c  h  s  nach  Griechenland,  in  den 
Peloponnes  und  den  Epirus  ermitteln  lassen.  Da  hierbei  die  historische 
Entwicklung  dieser  Züge  berücksichtigt  werden  musste,  so  setzte  eine 
solche  zunächst  die  Kritik  der  darüber  vorhandenen  Quellen  und  wissen- 
schaftlicher Arbeiten  voraus.  Es  zeigte  sich  rücksichtlich  der  ersteren 
dass  sie  sich  durch  mehrere  bisher  unbeachtete  Angaben  der  bizantini- 
schen  Kirchenhistoriker  ergänzen  lassen,  während  die  in  den  letzteren, 
benützten  Quellenangaben  öfters  zu  einer  anderen  Interpretation  führen. 
Darauf  folgte  eine  Schilderung  der  geographischen  und  politischen  Ver- 
hältnisse jener  Gegenden,  welche  A  1  a  r  i  c  h  schon  im  J.  394  durchzogen 
hatte,  als  er  mit  einer  Abtheilung  römischer  Truppen  dem  Kaiser  Theo- 
d  o  s  i  u  s  bis  Aquileja,  wo  die  Schlacht  mit  E  u  g  e  n  i  u  s  vorfiel,  zur  Hilfe  ge- 
eilt war.  Eigene  Beobachtung  und  die  Mittheilungen  der  allenthalben  zer- 
streuten Gothen  hatten  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  die  genaueste  Kunde 
der  Strassen,  Uebergänge  an  den  julisch-karnischen  Alpen  und  der  übrigen 
örtlichen  Verhältnisse  jener  Gebiete  verschafft,  die  er  später  als  Führer 
der  Gothen  durchziehen  sollte.  Nach  der  Schlacht  bei  Aquileja  begab  sich 
Alarich,  wie  sich  aus  den,  freilich  sparsamen,  chronologischen  Andeutungen  er- 
gibt, unmittelbar  vor  Constantinopel,  wo  er  sich  schon  zu  Anfang  des  J.  395  be- 
fand. Seine  allgemeine  Erhebung  zum  Könige  der  Gothen,  welche  man 
in    diese    Zeit     setzt,      muss    bezweifelt    werden.     Die    Erzählung    über    die 


Dr.  Joseph  Zhishman.  5 1 

kurze  Belagerung  von  Constantinopel,  der  Anlass  zu  derselben,  das  Ver- 
hältniss  des  Ministers  Rufinus  zu  Stilichon,  die  Verhandlungen  des 
Rufinus  mit  Alarich  im  gothischen  Lager  sowie  die  Vorbereitungen,  welche 
man  in  Constantinopel  traf,  um  Alarich  den  Weg  nach  Griechenland 
und  in  den  Poloponnes  zu  öffnen,  führten  zu  dem  Schlüsse,  dass  Alarich, 
ohne  je  früher  auf  einen  solchen  Einfall  gedacht  zu  haben,  jetzt  nur 
den  lockenden  Anträgen  folgte,  aber  auch  gleich  Anfangs  entschlossen 
war,  die  immerhin  gefährliche  Unternehmung  in  möglich  kurzer  Zeit  zu  beenden. 

Sein  rascher  Zug  durch  Griechenland  in  den  Peloponnes,  welchen  Herr 
Dr.  Zhishman  zunächst  auf  die  geographischen  Bestimmungen  und  dann  auch 
hinsichtlich  der  mitunter  übertrieben  geschilderten  Verheerungen  auf  das 
richtige  Mass  zurückzuführen  suchte,  erlitt  einen  vorläufigen  Stillstand 
durch  die  vielgenannte  von  Stilichon  ausgeführte  Einschliessung  des  go- 
thischen Heeres  in  dem  waldigen  Hochlande  der  Pholoe.  Die  guten 
geographischen  Hilfsmittel,  welche  man  gegenwärtig  besitzt,  lassen  die 
Lage  AI ari  ch 's  weit  weniger  bedenklich  erscheinen  als  diess  gewöhnlich 
angenommen  wird.  Diese  wurde  aber  noch  mehr  erleichtert,  weil,  wie 
eine  genaue  Vergleichung  der  betreffenden  Quellenschriftsteller  zeigte, 
Stilichon  selber  sich  zu  einem  Vergleiche  mit  Alarich  anbot,  welchen  er 
für  seine  Pläne  in  Illyricum  gewinnen  wollte.  Dass  der  Rückzug  der 
Gothen  durch  den  Isthmus  erfolgt  sei,  ist  gegenwärtig  die  herrschende 
Meinung.  Hr.  Dr.  Zhi  shman  suchte  dagegen  die,  übrigens  schon  von  Gibbon 
angedeutete  Ansicht  bestimmter  zu  entwickeln,  nach  welcher  sich  die 
Gothen  von  Rhion  aus  über  den  korinthischen  Meerbusen  nach  Ätolien  und 
in    den    Epirus    zurückgezogen    hatten. 

Herr  Dionys  Stur  las  einen  Nachtrag  zu  den  Mittheilungen 
und  Untersuchungen  über  das  Erdbeben  zu  Sil  lein  am  15. 
Jänner  1858  von  Herrn  Joseph  Kl e mens,  technischen  Lehrer  an  der  k.  k. 
Unterrealschule  in    Sil  lein: 

Zu  den  vielen  interessanten  Mittheilungen  über  das  Erdbeben  von 
Silleiu,  unter  welchen  jedenfalls  die  wichtigere  von  Herrn  J.  Schmidt 
in  den  Druckschriften  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  enthalten 
ist,  freue  ich  mich,  einen  nicht  weniger  wichtigen  Nachtrag  vorlegen 
zu  können.  Die  Bemühungen,  in  der  Umgebung  des  Centrums  des  Erdbebens, 
sichtbare  Zeichen  und  Ueberreste  der  Erschütterungen  auf  der  Erdober- 
fläche zu  finden  und  nachzuweisen,  sind,  wenn  man  von  den  vielfachen 
Verwüstungen  an  den  Mauern  der  Gebäude  der  ganzen  Umgebung  ab- 
sieht,   soweit    die    Mittheilungen  vorliegen,    fruchtlos    gewesen. 

Die  Erdoberfläche  stellt  auch  in  der  That  in  dieser  Beziehung  ein 
zu  grobes  Mittel  dar,  welches  nur  in  sehr  geringem  Grade  fähig  ist, 
die  etwa  empfangenen  Eindrücke:  Risse,  Spalten,  geringere  Hebungen 
oder  Senkungen,  zu  erhalten  in  einer  Weise,  die  leicht  der  Beobachtung 
auffällt.  Ob  eine  Felsenspalte  im  Gebirge  um  einige  Linien  oder  Zolle 
breiter  oder  enger  geworden,  —  ob  an  dem  Felstrümmerhaufen  am 
Fusse  steiler  Gebirge  während  dem  Erdbeben  einige  Blöcke  hinzuge- 
fallen sind  oder  nicht,  lässt  sich  in  den  meisten  Fällen  nur  mit  Un- 
sicherheit  nachweisen. 

Unstreitig  ist,  unter  günstigen  Umständen  die,  alle  Terrainsformen 
umhüllende,  an  der  Oberfläche  hart  gefrorne  Schneedecke,  geeigneter 
nicht  nur  Eindrücke,  die  ein  Erdbeben  verursachen  kann,  abzuprägen,  son- 
dern    auch     sichtbar     zu     erhalten,     indem    die    etwa    entstandenen     Risse. 


52  Versammlung  am  1.   März  1859. 

Spalten,  der  älteren  gewöhnlich  schmutzigeren  Schneedecke,  frischer 
weisser  Schnee  ausfüllen,  und  durch  die  verschiedene  Fiirhung,  auflallend  ma- 
chen kann.  —  Diess  ist  in  der  That  auch  bei  Sillein  geschehen.  Die  in  der 
Schneedecke  entstandenen  Risse  und  Spalten  wurden  noch  bis  Mitte 
März  erhalten,  wo  sie  Herr  Klemens  beobachtete,  und  dessen  Güte  ich 
folgende    Mittheilung    hierüber    verdanke. 

„Den  24.  März  1858  ging  ich  mit  meiner  Gemahlin  an  das,  Bu- 
datin  gegenüber  sich  ausbreitende,  eine  Ebene  darstellende  Waag-Ufer. 
Der  schlechte  an  Nässe  aufgeweichte  Weg  nöthigte  uns  über  den  har- 
ten Schnee  der  Felder  auszuhöhlen  und  ein  bequemes  Fortkommen  zu 
suchen.  Doch  kaum  hatten  wir  das  Schneefeld  betreten,  so  bemerkte 
ich  auch  schon  in  der  eisigen  Decke  eine  lange  furtlaufende  Spalte, 
nach  einigen  Schritten  abermals  eine  zweite  mit  der  früheren  parallelle, 
und  diess  noch  eine  lange  Strecke  fort.  Diese  Spalten  konnten  nicht 
zufällig  sein,  auch  nicht  etwa  durch  ein  ungleiches  Abschmelzen  und 
Einsinken  der  Schneedecke  entstanden  sein,  den  sie  hatten  eine  unab- 
änderliche Richtung,  wichen  örtlichen  Hindernissen  nicht  aus,  setzten 
quer  über  Gräben  und  Einsenkungen  und  schnitten  die  Ackerränder  ohne 
auch  im  geringsten  von  ihrer  Regelmässigkeit  abzuweichen,  lieber  das 
ganze  an  diesem  Tage  begangene  Terrain  waren  die  Spalten  und  Risse 
allgemein  verbreitet,  nur  an  steileren  Abhängen  wurden  sie  nicht 
beobachtet." 

Am  nächsten  Tage  besuchte  ich  die  Gegend  von  Zävodja  im  Süden 
von  Sillein.  Am  Wege  staunte  ich  nicht  wenig  auf  der  Schneedecke 
dieselben  Spalten,  wie  im  Norden  von  Sillein,  gefunden  zu  haben. 
Ueberdiess  zeigt  sich  hier  deutlich,  dass  die  vielen  parallel!  fortlaufenden 
Spalten  durch  geringere  und  viel  kürzere  ebenfalls  parallele  Risse,  unter- 
einander verbunden  sind  und  diese  letzteren  senkrecht  auf  die  Richtung 
der  Spalten  stehen.  Von  Zävodja  schlug  ich  die  Richtung  gegen  Nord- 
west nach  Sträzow  ein,  und  nachdem  ich  dessen  Umgebung  begangen 
hatte,  ging  ich  eines  andern  Weges  nach  Hause  und  überall  begleitete 
mich  dieselbe  Erscheinung  unaufhörlich.  Diese  meine  Beobachtungen 
theilte  ich  Herrn  Director  B  e  n  e  s  und  meinem  Collegen  Herrn  Schütz 
mit.  Von  mir  angeführt  überzeugten  sie  sich  im  Felde  draussen,  von  der 
Richtigkeit    der    interessanten    Erscheinung." 

„Alle  die  Spalten  waren  nun  in  der  ältesten  Schichte  des 
Schnees  am  18.  und  19.  Jänner,  in  welchen  Tagen  noch  bedeutende 
Erschütterungen,  dem  Haupterdbeben  am  15.  Jänner  folgten,  enthalten.  In 
dem    später    gefallenen    Schnee    wurde    keine    Spur    davon    entdeckt." 

„Die  Spalten  hatten  eine  verschiedene  R reite,  von  einigen 
Linien  bis  zu  einigen  Zollen.  Ihre  Tiefe  konnte  an  manchen  Stellen  bis 
8  Zoll  verfolgt  werden,  je  nach  der  Mächtigkeit  des  vom  Thauwetter 
übrig    gebliebenen    Schnees." 

„Die  Länge  der  weit  fortlaufenden  Längsspalten  mass  15 — 130  Klaf- 
ter; die  Entfernung  einer  Längsspalte  von  der  nächst  folgenden, 
somit   die    Länge    der   kürzeren   Querrisse,  betrug   14 — 60  Klafter." 

„Die  Richtung  der  weit  fortlaufenden  Längsspalten,  die  als  Haupt- 
spalten bezeichnet  werden  müssen,  ist  beinahe  von  NO.  gegen  SW.,  die  der  Quer- 
spalten, die  sich  von  den  Längsspalten  gewissermassen  abhängig  zeigten,  verquert 
unter  rechtem  Winkel  die  erstere  Richtung  und  läuft  von  Nordwest  nach  Südost." 

..Die    Querrisse    zeigten    mehr  einen    gradlinigen  Fortlauf,    die   Längs- 


Dionys  Stur. 


53 


spalten  wichen  öfters  von  geraden  Linien  ab,  aber  trotzdem,  dass  sogar 
manche  derselben  convergirend  zusammenstossen,  war  ihre  nordost-süd- 
westliche   Richtung  dennoch    deutlich  ausgesprochen.* 

„Herrn  Director  ßenes  gelanges  zu  bestimmen,  dass  die  Schnee- 
spalten   oben    gegen    Süd  und  unten  gegen    Nord    unter    28°   geneigt  seien." 

„Die  Fortsetzung  der  Spalten  aus  der  Schneedecke  in  das  darunter 
liegende  Erdreich  Hess  sich  nirgends  mit  Sicherheit  verfolgen,  indem 
durch  das  Aufthauen  des  Schnees  der  Boden  ganz  aufgeweicht  und  an- 
geschwollen war,  und  auf  diese  Weise  die  ohnehin  kaum  einige  Linien 
breiten    Spalten    in  der   Erde     ganz    verwischt    und     verschwunden    waren." 

„Das  am  26.  und  27.  März  eingetretene  Thauwetter  machte  durch 
das    Verschwinden    des  Schnees   ein    Ende    diesen  Untersuchungen." 

„Nach  dem  Erdbeben  vom  15.  Jänner  waren  innerhalb  der  Stadt 
Sillein,  unter  den  Lauben  im  Waisenhause,  in  dem  harten  Trottoir  bedeu- 
tende Risse  entstanden.  Anfangs  dachte  man,  dass  diese  Risse  der  Berstung  und 
Abstossung  der  unterirdischen  Mauern  desselben  Hauses  zuzuschreiben  wären." 

„Nach  der  Entdeckung  der  Spalten  in  der  Schneedecke  der  Umge- 
bung von  Sillein  trieb  es  mich  unter  die  Lauben  zu  untersuchen  und  zu 
vergleichen.  In  der  That  haben  sich  die  Richtungen  der  Spalten  im 
Trottoir  und  jene  der  Längsspalten  in  der  Schneedecke  als  identisch 
erwiesen,  indem  jene  ebenso  wie  diese  von  Nordosten  nach  Südwesten 
gerichtet  waren.  Fernere  Vergleichungen  und  Nachforschungen  haben 
gezeigt,  dass  selbst  die  Mauerrisse  der  Gebäude  der  ganzen  Stadt  die- 
selbe Richtung  zeigen,  wie  diess  im  untenstehenden  Plane  durch  dickere 
Striche    ersichtlich    gemacht    ist." 


i.    Franciskaner  Kloster.  2.  Realschule.  3.  Pauluskirche.  4.  Waisen  Haus.  S.Quellen.  — Die 
dicken  Linien  Heuten  dieRiehtungen  derLä'ngsspalfpn  im  Gemiiiierder  beschädigten  Gebäude  an. 


J>4  Versammlung  am  1.  März  1859. 

„Somit  stellt  sich  heraus:  dass  ebenso  wie  die  Schneedecke  nur  in 
den  Spalten-  oder  Erschütterungslinien  in  ihrem  Zusammenhange  gestört 
ist,  auch  die  Gebäude  nur  in  diesen  Linien  einer  grösseren  Zerstörung 
preisgegeben  waren  und  dass  die  Mauerspalten  nur  als  die  Fortsetzung 
der   Schneesplatten    aufzufassen    seien." 

Weitere  Erklärung  hierüber  möge  folgende  von  mir  erlebte  Bege- 
benheit   ertheilen: 

Die  Realschule  (Siehe  den  Plan.)  in  Sillein  ist  ein  langer  von 
„West  nach  Ost  gestrecktes  Gebäude  gegenüber  dem  Franciscaner-Kloster : 
Am  19.  Jänner  war  ich  im  westlichen  Theile  des  Gebäudes  in  einem 
Eckzimmer  beschäftigt,  den  versammelten  Schülern  die  Erscheinungen  des 
Erdbebens  zu  erklären.  Plötzlich  kam,  nach  vorhergegangenem  unterir- 
dischen Getöse  ein  Stoss  von  unten  und  der  Hörsaal  sammt  uns  allen 
schwankte  einen  Augenblick.  Gleichzeitig  arbeitete  am  östlichen  Ende 
des  Gebäudes  Herr  Director  Benes  im  Zeichnensaale,  wohin  nebst  den 
gegenwärtigen  Schülern  auch  einige  Damen  geflüchtet  waren,  ohne  dass 
irgend  Jemand  von  den  Anwesenden  auch  nur  die  geringste  Erschütte- 
rung wahrgenommen  hätte.  In  demselben  Augenblicke  wurden  aber  in 
der,  14  Klafter  nordöstlich  an  der  Realschule  gelegenen  Franciscaner- 
Kirehe,  die  beim  Gottesdienst  versammelten  Andächtigen  durch  heftige 
Schwankungen  des  Bodens  aufgeschreckt.  Vom  Altare  stürzte  eine  Statue 
herab.     Alles    eilte    erschrocken    auf  die    Gasse." 

„Verbindet  man  jenes  Eckzimmer  der  Realschule,  wo  ich  die  Schwan- 
kungen fühlte,  mit  derselben  Stelle  in  der  Franciscaner-Kirche  durch  eine 
Linie,  so  zeigt  sich  eben  auch  jene  uordost-südwestliche  Richtung  der 
Schneespalteu  und    die    Thatsache    dass     in    dem     kaum    einige    Klafter 

östlich  von  dieser  Linie  entfernten  Zeichnensaale  keine  Spur  dieser 
Erschütterung  wahrgenommen  wurde,  spricht  deutlich  für  die,  in  nordost- 
südwestlichen Erschütterungslinien  dislocirten    Kundgebungen  des  Erdbebens." 

„Der  am  24.  Jänner  Nachmittags  erfolgte  heftige  Stoss  wurde  in 
den  meist  beschädigten  Gebäuden  verspürt,  in  den  angräuzenden  und 
inzwischen  befindlichen  Gebäuden  hat  man  hievon  gar  nichts  wahrge- 
nommen. Di  e  Ers  chütterungslini  en  scheinen  somit  stabil  zu  sein." 

„Dieses  letztere  wird  ferner  noch  dadurch  in  erhöhtem  Grade 
bestättigt,  dass  die  meisten  der  am  15.  Jänner  1858  beschädigten  Ge- 
bäude, ältere  von  früheren  Erdbeben  sich  datirende  Schäden  zeigen,  die 
mit  Holz,  Ziegeln  und  Mörtel  ausgefüllt  sind.  Im  Waisenhause  hatte 
ich  vielfache  Gelegenheit,  diese  Beobachtungen  anzustellen,  da  unter  meiner 
Leitung    dieses    sehr    beschädigte    Gebäude    mit  Ankern     gebunden     wurde." 

„Die  Erschütterungslinien  und  Richtungen  der  Schnee-  und  Mauer- 
Spalten  sind  aber  manchen  geologischen  Linien,  die  im  Gebiete  von 
Sillein  wahrzunehmen  sind,  parallell.  So  namentlich  kreuzen  sich  im 
Kessel  von  Sillein:  Das  Waagthal,  das  Varin-  und  Rajec-Thal  beinahe 
in  denselben  Richtungen,  welche  man  an  den  Schnee-  und  Mauer-Spalten 
beobachtet  hat.  Ebenso  scheint  die  Grenze  zwischen  den  eocenen  und 
Kreide-Karpathensandsteinen  und  den  älteren  Gebilden  der  Thuroczer-Al- 
pen,  derselben  nordost-südwestlichen  Linie  zu  folgen.  Somit  sind  die 
Erschütterungslinien  des  neuen  Erdbebens  in  Sillein  nichts  als  Wieder- 
hohlungen  älterer  Erdbeben  und  früherer  geologischer  Revolutionen  zu 
betrachten    und    sind    somit   von    höchster    Wichtigkeit." 

„Mögen   jene,    die    Gelegenheit     linden    werden,    von    Erdbeben    heim- 


Dionys  Stur.  Dr.  J.  Lorenz.  55 

gesuchte  Gegenden  zu  begehen  und  zu  untersuchen,  nicht  versäumen  die 
Schneedecke,  wenn  eine  solche  Zeuge  des  Erdbebens  war,  sorgfältiger  Beach- 
tung zu  würdigen  und  den  hier  angedeuteten  Weg  weiter  zu  verfolgen. " 

Ueber  die  Art  und  Dauer  der  Erderschütterungen  nebst  einigen 
andern  Notizen  über  ältere  Erdbeben  schreibt  Herr  Klemens  noch  folgendes: 

„Das  Beben  der  Erde  war  schaukelnd,  wobei  die  eine  Ecke  des 
Zimmers  in  die  Höhe  stieg,  die  zweite  sich  senkte,  mit  der  Schnellig- 
keit von  s/4  Secunden.  Nach  unterirdischem  Rollen,  welches  immer  voranging 
folgte  gewöhnlich  ein  horizontales  von  Norden  gegen  Süden  Hin  und  Her- 
rütteln ,  das  sich  1,2  —  mehrmals  wiederholte.  Oefters  bemerkte 
man  schwache  Vibrationen  der  Erde.  Die  Dauer  der  Erschütterungen 
kann    man    auf    %/2 — 10    Secunden    angeben." 

„Die  Wiederholungen  des  Erdbebens  dauerten  bis  Ende  Februars. 
Im  Verlaufe  des  ganzen  verflossenen  Jänners  1858  war  keine  Spur  von 
Erderschütterungen  wahrgenommen  worden.  Im  Herbste  am  13.  und 
24.  October,  dann  am  16.  November,  ferner  auch  noch  am  3.  und 
10.  December  wurde  abermals  ein  schwaches  Erdbeben  wahrnehmbar. 
Im    Ganzen    erfolgten    mehr    Erschütterungen    bei    Nacht." 

„Im  Jahre  1813  zur  Zeit  der  grossen  Ueberschwemmung  wurde  im 
Budatiner  Schloss,  Puchov  und  bis  nach  Trentschin  herab  ein  Erdbeben 
bemerkt.  Gleichzeitig  mit  dem  Erdbeben  in  Komorn  1783  war  auch  in 
Sillein  ein  leichter  Stoss  verspürt.  —  Secretär  des  Palatinus  Georg 
Grafen  v.  Thurzo,  Zävodsky,  bemerkt  in  seinem  Tagebuche:"  Im  Jahre 
1600  den  21.  September  8  Uhr  Abends,  und  am  22.  um  12  Uhr  bei 
Tag  war  ein  heftiges  Erdbeben  im  Rujecer-Thale  bis  Sillein.  Ferner  im 
Jahre  1613  den  16.  November  hat  ein  nicht  heftiges  Erdbeben  in 
Sillein    stattgefunden." 

„Nach  dein  Chronisten  Sigler  und  „Scriptores  rerum  Boh.  Tom.  111." 
wurden  im  Jahre  1443  den  5.  Juni  feste  auf  Felsen  gebaute  Schlösser 
Bajmoez  und  Lipce,  wie  auch  die  Privitzer  Kirche  im  angränzenden  Neu- 
traer  Comitate  durch  ein  Erdbeben  zum  Schutthaufen  verwandelt.  Diese 
historischen  Daten  sind  mir  durch  die  Güte  des  Herrn  Director  des  hie- 
sigen Waisenhauses,  Hochw.  Herrn  Dra  ho tusky  zugekommen.  Sillein  den 
17.  Jänner    1859." 

Herr  Professor  Dr.  J.  Lorenz  in  Fiume  sandte  folgende  Mittheilung: 
„Herr  k.  k.  Sectionsrath  V.  Streffleur  hatte  die  Güte,  meine 
in  den  Sitzungsberichten  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften 
(Bd.  XXVI.  Seite  91  u.  s.  w.)  erschienene  Abhandlung  „über  die  Ver- 
sumpfungen in  den  oberen  Flussthälern  der  Salzach,  Enns  und  Mur," 
einer  Besprechung  in  der  Versammlung  der  k.  k.  geographischen  Gesell- 
schaft am  6.  April  1858  (vergl.  Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen 
Gesellschaft  II.  Jahrgang,  Heft  2,  Seite  94)  zu  würdigen.  Die  Puncte 
dieser  Beurtheilung,  welche  von  meiner  Auffassung  abweichen,  sind: 
a)  dass  ich  meinte,  zur  Entsumpfung  des  Hauptthaies  in  Pinzgau  wären 
meilenweite  Austiefungen  in  hartem  Gesteine  des  Thalbodens  nöthig,  wäh- 
rend doch  der  Thalboden  aus  Alluvionen  bestehe  und  eine  Durchschnei- 
dung  der  Steinbarre  bei  Brück  genüge,  um  die  erforderliche  Abflussge- 
schwindigkeit herzustellen;  b)  dass  die  Entsumpfung  des  Oberpinzgau's 
nicht  mehr  in  Frage  stehe,  indem  ja  bereits  die  sprechendsten  Erfolge, 
ziffermässig    nachweisbar,    vorliegen."  — 


56  Versammlung  am  1.  März  1859. 

„Hingegen  habe  ich,  —  natürlich  nicht  aus  Rechthaberei,  sundern  der 
nicht  unwichtigen  Sache  wegen,  und  weil  ich  es  dem  sich  dafür  in- 
teressirenden  Publicum  schuldig  zu  sein  glaube,  folgendes  zu  bemerken: 
Die  unter  b  erwähnten  Entsumpfungs-Arbeiten  sammt  ihren  Erfolgen 
waren  mir  zur  Zeit  der  Verfassung  jener  meiner  Abhandlung  im  vollen 
Umfange  bekannt;  und  ich  hätte  es  nicht  gewagt,  eine  Arbeit  über  diesen 
Gegenstand  der  kaiserlichen  Academie  vorzulegen,  wenn  ich  mich  nicht 
durch  wiederholten  Augenschein  und  Verkehr  mit  ortskundigen  Sachver- 
ständigen vom  Sachverhalte  überzeugt  gehabt  hätte.  Ich  erwähnte  auch 
Seite  126  (38  des  Separat-Abdruckes)  jener  Regulirungs-Arbeiten  mit 
Inbegriff  der  Sprengungen  und  Austiefungen  bei  Brück  (Gries)  und  ihrer 
bisherigen  Erfolge,  die  ich  dort  nicht  näher  ausführte,  weil  ich  mich  kurz 
auf  den  im  Jahre  vorher  (1855)  erschienenen  Bericht  der  Salzburger 
Handelskammer  berufen  konnte,  worin  einer  der  dabei  betheiligten 
Herren  Ingenieure  denselben  Gegenstand  besprochen  hatte.  Ich  erwähnte 
überdiess  Seite  128  (40)  der  in  früheren  Jahrhunderten  schon  erziel- 
ten Entsumpfungs-Erfolge,  und  namentlich  dessen,  dass  nach  Beendigung 
der  1574  begonnenen  Regulirungs-Arbeiten  die  Salzach  mehrere  Meilen 
ober-  und  und  unterhalb  Mittersill  zwischen  schön  bebauten  Gründen 
dahinfloss,  —  was  man  gegenwärtig  noch  lange  nicht  sagen  kann.  Allein 
alle  diese  mir  bekannten  Erfolge  konnten  mir  nicht  als  Gründe  für  die 
Sicherheit  der  Entsumpfung  gelten,  nicht  nur  desshalb  weil  sie  schon 
öfter  dagewesen  sind  und  immer  wieder  vernichtet  wurden,  sondern 
hauptsächlich  darum,  weil  alle  diese  Bauten  nur  den  chronischen 
Versumpfungen,  nicht  aber  den  vehementen  Verschattungen  vor- 
beugen können,  denen  das  Pinzgauer-Hauptthal  im  allergrössten  Maasse 
ausgesetzt  ist.  Es  handelt  sich  hier  nicht  um  Zufälle,  welche  zu  den 
ganz  entfernten  Möglichkeiten  gehören  und  die  am  Ende  jedes  mensch- 
liche Werk  gefährden,  wenn  unberechenbare  Naturereignisse  den  Gang 
der  Dinge  plötzlich  umzukehren  scheinen;  sondern  es  handelt  sich  hier 
um  eine  unverrückbar  feststehende  Naturanlage  des  ganzen  Thalsistems, 
aus  welcher  die  Unvermeidlichkeit  gewaltiger  Katastrophen  —  wenngleich 
in  längeren  Zwischenräumen,  die  sich  leider  mit  der  Zeit  verkürzen  dürf- 
ten —  mit  Notwendigkeit  folgt.  Diess  habe  ich  in  der  in  Rede  stehen- 
den Abhandlung,  und  zwar  in  dem  beschreibenden  Theile  derselben,  mit 
welchem  sich  Herr  Ministerialrath  Streffleur  völlig  einverstanden  erklärt, 
auseinandergesetzt,  wesssalb  ich  hier  nicht  nöthig  habe,  ausführlicher 
darauf  zurückzukommen.  Unterscheidet  sich  nun  das  Pinzgauer-Haupt- 
thal vorzüglich  durch  die  stete  Gefahr  vehementer  Verschuttungen, 
welche  nebst  den  ohnediess  immer  fortwährenden  chronischen  Ver- 
sumpfungen drohen  (diese  Unterscheidung  ist  schon  auf  der  ersten 
Seite  der  Abhandlung,  dann  später  Seite  127  (39)  und  141  (53)  fest- 
gehalten), so  können  auch  die  nur  auf  chronische  Versumpfungen  be- 
rechneten Regulirungs-Arbeiten  nicht,  wie  anderwärts  genügen.  Auch 
hierüber  brauche  ich  bloss  auf  pag.  127  (39)  und  folgende  meiner 
Abhandlung    zu    verweisen. u 

„Um  nun  die  Schuttmassen  bei  solchen  habituellen  Pinzgauer  Kata- 
strophen, deren  letzte  grosse  1798  (vergl.  pag.  117  (29)  sich  ereignete, 
durch  das  Hauptthal  anstandslos  zu  führen,  müsste  dieses  selbst  annä- 
hernd die  Gestalt  jener  Nebenthäler  haben,  durch  welche  eben  solche 
Schuttmengen    unaufgehalten    ins    Hauptthal    herausstürzen;   nämlich    die    Ge- 


Dr.  J.  Lorenz.  57 

stalt  einer  steilen  geraden  engen  Rinne  mit  festen,  vom  Wasser  unan- 
greifbaren Wänden.  Nur  dann  müsste  mit  Naturnothwendigkeit  —  wenngleich 
unter  riesigen  Kämpfen  des  Wassers  mit  dem  Schutte  —  die  Masse 
des  letzteren  hindurchgerissen  werden.  Und  desshalb  sagte  ich,  Seite 
128  (40),  dass,  theoretisch  aufgefasst,  im  Hauptthale  durch  das  volubile 
Ausfüllungs-Materiale  hinab,  im  festen  Grundgesteine  ein  stark  geneigtes 
Bett  ausgetieft  werden  müsste,  dass  aber  dieses  practisch  unausführbar 
wäre,  ebenso  wie  die  Anlegung  von  Auffange-Becken  vor  den  Mündun- 
gen der  Nebenthäler;  dass  daher  die  Sicherung  des  Thaies  gegen  die 
Riesengewalten  der  vehementen  Verschuttungen  und  Ueberwässerungen 
nicht  ausführbar  sei,  wie  günstig  auch  die  Entsumpfungs-Arbeiten  gegen 
die  chronischen  Versumpfungen  wirken  mögen.  Es  wäre  nur  noch 
hinzuzufügen,  dass  das  Guggenber  ger 'sehe  Regulirungs-System,  welches 
theilweise  den  Mangel  fester  Ufer  durch  den  Detritus  des  Flusses  selbst 
zu  ersetzen  im  Stande  ist,  hier  in  dieser  Beziehung  nicht  anwendbar 
wäre,  weil  der  hier  zu  Gebothe  stehende  Detritus  fasst  ausschliessend 
Lettenschutt  ist.  Dieser  bildet  aber,  wenn  er  in  grossen  Wasser 
ankommt,  unbewegliche,  dum  Wasser  unangreifbare  Haufen;  in  kleineren 
Mengen  hingegen  bleibt  er  zu  leicht  suspendirt  und  fällt  nicht,  wie 
Gerolle  und  Trümmerschutt,  bei  Geschwindigkeitsverminderung  des  Wassers 
schnell  in  Massen  nieder,  worauf  es  eben  bei  Regulirung  der  Ufer 
durch  den  Fluss  selbst,  hauptsächlich  ankommt;  und  überhaupt  könnten 
Ufer  von  volubilem  Materiale  gegen  die  Gewalten,  welche  hier  bei  vehe- 
menten   Ueberschwemmungen    auftreten,    nicht    genügen. 

„Möge    der    thatsächliche     Beweis    für     die    Richtigkeit    des     Gesagten 
noch  recht  lange  ausbleiben!" 

Eingegangene  Druckschriften* 
Pester  Lloyd.  1859  Nr.  35  —  47  —  60.  Von  der  Redaction. 

Mittheilungen  an  die  Mitglieder  des  Vereins  für  Geschichte  und  Alterthuinskunde  in  Frank- 
furt a.  M.  1858.  —  Neujahrsblatt,  dargebracht  am  1.  Jänner  1859  (Dorf  und 
Schloss  Rödelheim.  Beiträge  zu  der  Geschichte  desselben  von  Dr.  jur.  L.  H.  Eul  er.) 

Vom  Vereine. 
Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  n.  ö.  Gewerbe-Vereines.    Wien  1858.  Hft.  12. 

V  o  in  Vereine. 
Zeitschrift  des  Vereines  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde  Cassel  I — VII  1835 — 1858. 
Uebersicht  der  bisher  in  Kurhessen  beobachteten  wildwachsenden  und  eingebürgerten 
Pflanzen.  VonDr.  L.Pfeiffer.  Cassel  1844. — Beiträge  zur  Geschichte  und  Statistik  des 
hessischen  Schulwesens  im  17.  Jahrhundert.  VonDr.  H.  Hep  pe.  Cassel  1850  (4.  Supp.Hft. 
der  Zeitschrift). — Periodische  Blätter  der  Geschichts-  und  Alterthums-Vereine  zu  Cassel, 
Darmstadt,  Frankfurt  a.  M.,  und  Wiesbaden.  Nr.  1—8  1857—  1859.  —  Historisch 
topographische  Beschreibung  der  wüsten  Ortschaften  im  Kurfürstenthum  Hessen  und 
in  der  grossherz.  hessischen  Provinz  Oberhessen. Von  Dr.G.  Landbau.  Cassel  3  Hft. 
1848/51  dann  1858  (7.  suppl.  Hft.  d.  Zeitschr.).  —  Geschichte  der  Stadt  Wolfhagen 
nach  urkundlichen  und  gedruckten  Quellen  bearbeitet  von  Karl  Lyn  k  er.  Cassel  1855. 
(6  Suppl.  Hft.  d.  Zeitschrift.)  Vom  Verein. 

Landwirtschaftliche  Zeitung  von  und  für  Oberösterreich  Linz.  1859.  Nr.  4. 

Von  der  k.  k.  Landw.  Gesellschaft 

Militär-Zeitung.  Wien  1859.  Nr.  13—14.  Vonder  Redaction. 

Gospodarski  List.  Zagrebu.  1859.  Nr.  7—8.  Vonder  k.  k.  Acker  b.  Gesellschaf  t. 

Atti    di    uffizio  ed  annunzi  della  Camera  di  Comercio  e  d'industria  in    Fiume.  Protocollo  dto. 

9.  Febrajo  1859.  Von  der  Handelskammer. 

Die  Ereignisse  in  Ostasien  und  die  Notwendigkeit  deutscher  Handelsverträge  mit  Siam,  China 

und  Japan.  Eine  Denkschrift   von   K.    Fr.  N  eu  m  an  n  1859.  —  Reisen   des  Johannes 

Schild  berge  r  aus  München  in  Europa  Asien  undAfrica  von  1794 — 1427.  Zum  ersten 

Mal  nach  der  gleichzeitigen  Heidelberger  Handschrift  herausgegeben  und  erläutert  von 

Karl   Fr.  Neumann.    Mit  Zusätzen    von   Fallmayer   und      Hammer-Purgstall. 

München  1859.  Vom  Verfasse  r. 


58 

Geographische  Untersuchungen  in  den  mittleren  Gouvernements  Russlamls,  zwischen  der 
Düna  und  Wolga  in  den  Jahren  1850 und  1853  ausgeführt  von  G.  v.  Helmers  en  und 
R.  Pacht.  Herausgesehen  von  G.  v.  He  1  mer  se  n.  St.  Petersburg  1858.  (21.  Band  der 
Beitr.   zur  Kenntniss  des  russ.  Reiches.)  Vom  Herausgeber. 

Wiener  Eisenbahnzeitung.  Führer  für  Reisende  auf  Eisenbahnen  und  Dampfschiffen  in 
Oesterreich  etc.  von  Leopold  Kastner.  Wien  Jänner  und  Februar  1859.  —  Oester- 
reichischer  Eisenbahn-Atlas.  Herausgegeben  von  Leop.  Kastner.  Wien. 

Vom  Herausgeber. 
Austria.  Wochenschrift  für  Volksrrirthschaft  und  Statistik.  Wien  1859.  Nr.  7—8. 

Von  der  Redaction. 
Centralblatt    der  gesammten    Landescultur.  Prag  1859    Nr.    7. 

Von  der  k.  k.  p.   oek.  Gesellschaft. 
Zeitschrift   für    allgemeine  Erdkunde.  Berlin  1859   Bd.    V.    Hft.  5,  6. 

Von  der  Ges.  f.  Erdk.  in  Berlin. 
Relazione  informativa  sui  progetti  intesi  a  derivare  dal  fiume  Ledra  acque  irrigue  e  potabili 
a  beneficio  d'un  vasto  territorio  inacquoso  nella  provincia  del  Friuli,  esposta  dall*  in- 
gegnere  G.  B  u  c  c  h  i  a.  Udinc  1858.  —  Annuario  delf  Associazione  agraria  friulana. 
Anno  I.  II.  Udine  1857,  1858.  — Bulletino  dell'  Associazione  agraria  friulana.  Udine 
1859Nr.l—  3.  Von  der  Gesel  lsch  aft. 

Beitrüge  zur  Statistik  der  inneren  Verwaltung  des  Grossherzogthums  Baden.  Herausgege- 
ben von  dem  Ministerium  des  Innern,  Carlsruhe  1858.  VII.  Hft,  (Geologische  Beschrei- 
bung der  Umgebungen  von  Badenweiler.).  —  IX.  Hft.  (Die  Gemeinden  des  Grossherzog- 
thums Baden,  deren  Vereinigungsverhältnisse,  Einnahmen  und  Ausgaben  I.  Seekreis 
und  Ohcrrheinkreis.)  Vom  g  r  o  ss  herz  ogl.  Ministerium. 

A  Magyar  Termeszettudomanyi  Tarsulat  Evkönyvei  Pesten  1841  — 1857. — Original-Abhand- 
lungen aus  dem  3.  Bande  der  Jahrbücher  des  ungar,  naturwiss.  Vereins  zu  Pest 
in  deutscher    Uebersetzung.    Pest    1858. 

Von  dem  ung.  na  für  wissen  seh.  Verein. 
Allgemeine  Land-  und   forstwissensehaftliche  Zeitung.  Wien   1859  Nr.  7. 

Von  der  k.  k.  Landw.  Gesellschaft. 
Wochenblatt  der  k.  k.   steierm.  Landwirthschafls-Gesellschaft.   Gratz  1859  Nr.  9. 

Von  der  Gesellschaft. 

Jahresbericht    des    historischen    Vereins     in    Mittelfranken.   24.    für    1855;  25.  für   1857; 

26.  für  1858.  Vom  histor.  Verein. 


Versammlung  am   22.   März   1859. 

Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionsrath  K.  Freiherr  von  Czoernig, 
führte    den    Vorsitz. 

Herr  Secretär  F.  Foetterle  zeigte  den  Verlust  an,  welchen  die 
Gesellschaft  durch  den  Tod  ihres  ausserordentlichen  Mitgliedes ,  Sr.  Exe. 
des  k.  k.  Feldzeugmeisters,  Vincenz  Freiherrn  von  August  in,  und  ihres 
ordentlichen  Mitgliedes,  des  k.  k.  Majors  im  Ingenieur-Geographen-Corps, 
Mathias  Seydl,  erlitten  hatte.  Als  einer  der  ältesten  und  kräftigsten  För- 
derer der  wissenschaftlichen  Bestrebungen  in  naturwissenschaftlicher  Rich- 
tung in  Wien,  hatte  erster  er  unserer  Gesellschaft  gleich  von  dem 
ersten  Beginne  an  die  grösste  Aufmerksamkeit  und  ein  besonderes  In- 
teresse geschenkt,  während  letzterer  schon  durch  seine  amtliche  Stellung 
und    Beschäftigimg    den    Interessen    der    Gesellschaft    näher    gerückt    war. 

Den  Statuten  entsprechend,  wurden  Se.  Durchlaucht  Johann  Adolf  Fürst 
zu  Schwarz  enb  er g,  und  Dr.  Johann  Caspar  Ritter  von  Seil ler,  Bür- 
germeister der  Reichshaupt-  und  Residenzstadt  Wien,  zu  ausserordentlichen, 
und  die  Herren:  Dr.  Angelo  Messedaglia,  o.  ö.  Professor  der  National- 
Oekonomie  und  Statistik  in  Padua,  Se.  Hochwürden  Stephan  Muzler, 
Director  des  k.  k.  Obergymnasiums  in  Warasdin,  und  Se.  Hochwürden 
Kaspar  Thurin,  Professor  am  k.  k.  Obergymnasium  in  Warasdin,  zu  or- 
dentlichen   Mitgliedern    gewählt. 

Herr    k.    k.    Schulrath,    Dr.    M.   Becker,    sprach    über    die    topogra- 


Dr.  M.  Becker.  Fr.  Foetterle.  59 

phischen  Verbältnisse  im  Umkreise  des  Oetscher,  deren  Darstellung  der 
Gegenstand  des  unter  der  Presse  befindlichen  zweiten  Bandes  der  bereits 
früher  besprochenen  Monographie  bildet.  Er  zeigte  durch  einige  Beispiele, 
wie  zur  Herstellung  einer  historischen  Topographie,  die  von  Alters  her 
unverändert  gebliebenen  Flur-  und  Häusernamen  wichtige  und  bisher  noch 
zu  wenig  beachtete  Fingerzeige  geben,  und  schilderte  zum  Schlüsse  die 
Ueberreste  der  Karthause  zu  Gaming  in  Niederösterreich,  mit  Andeutun- 
gen   über    deren    Gründung,    Schicksale    und    Aufhebung. 

Herr  k.  k.  Bergrath,  F.  Foetterle,  legte  die  sämmtlichen  Ma- 
nuscripte,  meist  in  englischer  Sprache  geschrieben,  vor,  welche  die 
Gesellschaft  der  Güte  ihres  Ehrenmitgliedes,  der  Frau  Gräfin  Pauline  von 
Nostitz,  aus  dem  Nachlasse  ihres  früheren  Gemahls,  Dr.  Johann  Wil- 
helm Helfer,  nebst  der  deutschen  Uebersetzung  derselben  vor;  letztere 
hatte  Herr  A.  F.  Graf  von  Marschall  freundlichst  besorgt.  Ausser  einer 
kurzen  Skizze  des  bewegten  Lebens  Dr.  Helfers  und  seiner  zahlreichen 
Beisen  in  Hinter-Indien,  theilte  Herr  Foetterle  in  der  Kürze  den  In 
halt  der  verschiedenen  Abhandlungen  mit,  von  denen  einige  bereits  in 
dem  „Journal  of  the  Asiat ic  Society  of  Bengal"  veröffentlicht,  andere  blos 
in  Manuscript  gedruckt,  andere  noch  ungedruckt  sind;  sie  gewähren  nicht 
nur  eine  genaue  Einsicht  in  die  verschiedenen  Beiserouten,  sondern  auch 
eine  fast  vollkommene  Uebersicht  der  durch  Dr.  Helfer  bei  diesen  Bei- 
sen erzielten  ausgezeichneten  Erfolge.  (Siehe  das  nächste  Heft  dieses 
Jahrganges    der    Mittheilungen). 

Herr  F.  Foetterle  legte  den  neuesten  über  das  Mittelmeer  und 
dessen  Gestadeländer  erschienenen  Atlas  vor.  Die  „Land-  und  Seekarte 
des  Mittelländischen  Meeres,  nebst  den  angräuzenden  Ländern,  nach  den 
neuesten  Quellen  bearbeitet  und  gezeichnet  von  Dr.  Henry  Lange." 
Das  Bedürfniss  einer  guten  übersichtlichen  und  doch  hinreichend  detail- 
lii-ten  Seekarte,  welche  auch  die  Küstenländer  in  entsprechenden  Detail 
darstellt,  für  die  sich  immer  mehrenden  Beisenden  hatte  die  literarisch- 
artistische Abtheilung  des  österreichischen  Lloyd  in  Triest  veranlasst,  für 
die  Ausführung  einer  solchen  Karte  Sorge  zu  tragen.  Hr.  Dr.  H.  Lange 
hat  sich  dieser  schwierigen  Arbeit  unterzogen ,  und  dieselbe  wahrhaft 
glänzend  gelöst.  Die  vorgelegte  Karte  aus  9  Blättern  bestehend,  ist  in 
dem  Masstabe  von  1  :  295,600  ausgeführt;  alle  bestehenden,  sowohl  See- 
wie  Landkarten  sind  bei  dieser  Ausführung  auf  das  zweckentsprechendste 
benützt.  Das  Blatt  Nr.  9  enthält  die  See-  und  Landkarte  des  schwarzen, 
Azow'schen  und  Marmora  Meeres,  nebst  den  Plänen  der  Häfen  von  Algier 
und  Tunis  nach  W.  S.  Smyth.  Die  Ausführung  in  der  F.  A.  Brock- 
haus' sehen  geographisch-artistischen  Anstalt  in  Leipzig  lässt  nichts  zu 
wünschen    übrig. 

Bei  dieser  Gelegenheit  lenkte  Herr  Foetterle  die  Aufmerksamkeit 
der  Gesellschaft  auf  das  nun  vollendete  Werk  Dr.  Böttger's:  „das 
Mittelmeer,"  das  in  bisher  vollendetster  Weise  uns  das  Mittelmeer  in 
seiner  geographischen,  historischen,  physikalischen,  hydrographischen,  me- 
teorologischen Beziehung  vorführt.  Es  muss  dieses  Werk,  was  sowohl  die 
Auffassung,  wie  die  Durchführung  betrifft,  als  das  Gelungenste  betrachtet 
werden,    was    wir    über    das    Mittelmeer    besitzen. 

Unter  den  eingesendeten  Druckschriften,  welche  vorgelegt  wurden, 
hob  Herr  Foetterle  einige  kleinere  Brochüren  hervor,  welche  Herr  A. 
Senoner    im    Institute     des     Herrn     Don    Nicola     Mazza     in    Verona     für 


60  Versammlung  am  22.  März  Ib59. 

die  Gesellschaft  erhielt.  Es  sind  meist  briefliche  Mittheilungen  der  ehe- 
maligen Zöglinge  des  Institutes,  welche  sich  gegenwärtig  als  Missionäre 
bei  der  katholischen  Mission  in  Chartum  befinden.  Herr  Dr.  Don  Nicola 
Mazza  hatte  vor  etwa  35  Jahren  dieses  Institut,  das  anfangs  blos  der 
Erziehung  von  armen  elternlosen  Kindern  gewidmet  war,  ins  Leben  ge- 
rufen, und  erhält  es  seit  jener  Zeit  mit  bedeutender  Ausdehnung  der 
Zwecke  fast  ganz  aus  eigenen  Mitteln.  Sein  ganzer  Besitz  von  4  bis 
'6  Häusern  und  der  Ertrag  von  Grundstücken  wird  hiezu  verwendet;  erst 
neuerer  Zeit  fliessen  ihm  hin  und  wieder  milde  Beiträge  und  Legate  zu. 
Eine  der  Hauptbestrebungen  Don  Mazza's  war  stets,  afrikanische  Sclaven- 
kinder  auskaufen  und  heranbilden  zu  lassen.  Unter  den  zahlreichen  Zöglingen 
des  Institutes  finden  sich  stets  talentvolle  Jünglinge,  welche  dann  mit 
Unterstützung  Mazza's  auf  einer  Universität  ihre  weitere  Bildung  er- 
halten, theils  im  Institute  selbst  zu  Missionären  für  die  Centralafrikanische 
Mission  in  Chartum  herangebildet  werden.  Alle  Kinder  erhalten  nicht 
blos  den  gewöhnlichen  Schulunterricht,  sondern  werden  auch  zu  verschie- 
denen Handarbeiten  angehalten,  namentlich  werden  die  Mädchen  in  Sticke- 
reien und  Bluinenanfertigen  unterrichtet,  und  ihre  Arbeiten  werden  stets 
sehr  gesucht.  Die  Negerkinder  werden  in  der  italienischen  Sprache  un- 
terrichtet, sie  lernen  lesen,  schreiben,  rechnen  und  verschiedene  Hand- 
werke, die  Mädchen,  14  an  der  Zahl,  müssen  überdies  alle  Hausarbeiten 
verrichten,  und  einige  lernen  auch  sticken.  Von  Negerknaben  befinden 
sich  gegenwärtig  9  in  diesem  ausgezeichneten  Institute,  dem  nicht  nur 
stets  der  beste  Erfolg  und  eine  bleibende  Dauer,  sondern  auch  eine 
grösere  Theilnahme  für  die  Erreichung  seiner  edlen  Zwecke  zu  wün- 
schen   ist. 

Schliesslich  theilte  Herr  Foetterle  mit,  dass  das  hochverehrte  Mit- 
glied, Herr  Dr.  Th.  Kotschy,  mit  Unterstützung  des  k.  k.  Oberstkäm- 
mereramtes eine  längere  wissenschaftliche  Beise  in  den  südlichen  Theil 
von  Klein-Asien  angetreten  habe,  von  der  er  erst  im  Herbste  zurück- 
kehren dürfte.  Herr  Dr.  Kotschy  gedenkt  sich  zuerst  einige  Zeit  auf 
Cypern  aufzuhalten,  und  dann  von  Tarsus  aus  in  östlicher  Bichtung  viel- 
leicht bis  an  dem  Wan-See  vorzudringen,  um  hier  seine  früheren  bo- 
tanischen Studien  fortzusetzen,  und  dann  über  Erzerum  und  Trebisond 
den    Bückweg    einzuschlagen. 

Eingegangene    Druckschriften  : 

Uebersicht  der  Waaren-Ein-  und  Ausfuhr  des  allgemeinen  österr.  Zollverbandes  im 
Verkehr   mit   dem   Auslande    etc.    Im    Sommer-Jahre    1858.    Wien    1859. 

Von    der   Direction    der    administr.    Statistik. 

Memoir  to  accompany  the  Map  of  the  Holy  Land  construeted  by  C.  W.  M.  Van  de 
Velde.    Gotha    1858.    Sammt    Atlas.  Von    J.    Perthes    geogr.    Anstalt. 

Mittheilungen  der  Gesellschaft  für  vaterländische  Alterthümer  in  Basel.  I — III.  1843/45. 
VI.  1855.  —  Kurzer  Bericht  über  die  für  das  Museum  in  Basel  erworbene  Schmid'sche 
Sammlung   von  Alterthümern    aus  Äugst  von  Prof.   Wilh.    V  i  s  e  h  e  r.  Basel    1858. 

Von    der    Gesellschaft. 

Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.  Organ  des  germanischen  Museums.  II — IV. 
Nürnberg    1855/57.  Vom    german.    Museum. 

Zeitschrift  für  populäre  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Astronomie  und  verwand- 
ten Wissenschaften.  Herausgegeben  von  Dr.  C.  A.  F.  Peters.  Bd.  I.  Hft.  I. 
Altona    1858.  Von    der    Bedaetinn. 

Verhandlungen  des  historischen  Vereines  für  Niederbayern.  Landshut  IV.  V.  1855  58. 
—     Statuten     des     historischen      Vereines.     Landshut     1858.  Vom    Vereine. 

Bulletin  de  la  Societe  de  Geographie  IV.  Serie.  T.  XVI.  Nr.  91 — 96.  August  bis 
December    1858.  Von    Sr.   Hochw.    Domherrn    Salzbacher. 


61 

Atti    dell'    I.   R.    'Istituto    lonibardo    di    scienze,    lettere    ed    arti.     Vol.    I.     f.    12.    Milano 
1859.    —    Memorie    dell'    I.    R.   Istituto    etc.    Vol.   VII.   f.    8.   Milano    1859. 

Vom   k.    k.   lomb.     Inst,    der   Wissenschaften. 
Proceedings    of  the  R.    Geographica!    Society    of  London.     Vol.    III.     N.    I.    1859. 

Von    der   k.    Gesellschaft. 

Austria.    Wochenblatt   für  Volkswirthschaft   und  Statistik.    Wien    1859.    N.    19—21. 

Von  der   Redaction. 
Bullettino     della    Associazione    agraria    friulana.   Udine.    1859.    N.   4. 

Von    der   landwirtschaftlichen  Gesellschaft. 
Allgemeine     Erdkunde,     oder     neuestes    Handbuch    zur    Beförderung    und   Belebung   des 
geographischen  Sinnes    und  Wissens    für  Schule    und  Haus.    Von  Dr.   Fr.  Locher. 
Regensburg   1859.  Vom   Verfasser. 

Atti  dell'  I.  R.  Istituto  veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti.  T.  IV.  S.  III.  Disp.  1.  2.  3. 
1858—1859.  —  Memorie  dell'  I.  R.  Istituto  veneto.  Vol.  VII.  P.  II.  Venezia 
1858.  Vom   k.   k.    Inst.    d.   Wissensch.    Venedig. 

Nouvelles  Annales  des  Voyages  de  Ia  Geographie  etc.  Fevrier  1859.    Von  der  Redaction. 
Abhandlungen   der  mathem.   physical.   Classe  der  k.   bayer.  Akademie  der  Wissenschaften. 
VIII.   2.    München    1858.    —   Ueber   Johannes   Müller    und   sein    Verhaltniss     zum 
jetzigen   Standpunct    der   Physiologie.     Festrede    von    Dr.   Th.    L.   W.    Bischoff. 
München    1858.  Von    der   k.    Akademie    der    Wissenschaften. 

Protocoll    der     dritten    ordentlichen    Sitzung    der  Kronstädter    Handels-    und   Gewerbekam- 
mer   im    Jahre    1859   am    8.   März.  Von    der   Handelskammer. 
Ueber     die    Mineralquellen     von    Bartfeld     im    Särosser    Comitat    Ungarns.     Von    C.    Ritter 
von   Hauer.    Wien    1859.  Vom   Verfasser. 
Philologische    und     historische    Abhandlungen     der   k.    Akademie     der    Wissenschaften     in 
Berlin.    Aus    dem   Jahre    1857.    Berlin    1858.                      Von    der    k.    Akademie. 
Rapporto    statistico    per    l'anno    1857   della    Camera    di   Commercio    e   d'industria  in  Lodi. 
1858.                                                                                      Von   der   H and el kämme r. 
Compte-rendu   annuel    adresse    a    S.    E.   M.    de    Brock    Ministre    de  Finances    par   le   Di- 
recteur  de  l'Observatoire  physique  central,   A.  T.  Kupffer.    Annee    1856.    St.   Pe- 
tersburg   1857.                                                                               Von   der   Direction. 
Annales  de  la  propagation    de    la   foi.    Paris.   Mars   1859.   N.   177.    Von    der    Redaction. 
Verhandlungen   des   historischen   Vereines   von    Oberpfalz     und   Regensburg.    N.    F.    I — X. 
1845 — 1858.                                                              Vom   Vereine   in   Regensburg. 
Zeitschrift    des    historischen    Vereines    für    das   würtemberg.    Franken.    1.    Hft.   Trailsheim 
1847.     4.    5.     6.    Hft.    Aalen    und   Oehringen    1850/52.    III.     1.    2.    3.    Aalen    und 
öehringen     1853/55.     IV.     Bd.     1.     2.     Stuttgart     1856/57.   —    Chronik     des     hi- 
storischen  Vereins.    Mergentheim    1852/53.    —    Chronik    der   vormaligen    Deutsch- 
ordens-Stadt  Mergentheim,     aus   urkundlichen  Quellen   herausgegeben  von  0.  F.  H. 
Schönhut h.    Mergentheim  1 857.  —  Wolfram  von   Neuenbürg,    Meister  Deutsch- 
ordens  in    deutschen   und   wälschen   Landen   u.    s.    w.    Von  0.  F.  H.    Schönhuth. 
Mergentheim    1859.                                 Vom   histor.    Verein   in    Mergentheim. 
La    scienza   —    l'Istmo     di    Suez.   —   II    Sommo   Pontifice    Pio     IX.    visitando     nel    1857 
i  suoi  dominii. — II  nuovo  porto  di  Roma.  —  Memorandum    di   E.    F.   Scarpellini. 
Roma  1858.  —  La  Stato  Pontificio  e  l'Istmo  di  Suez,   Parole    di  E.  F.   Scarpellini. 
Roma   1856.  Vom    Verfasser. 
Jahresbericht   des  historischen    Kreis-Vereins    im   Regierungs-Bezirke   von  Schwaben  und 
Neuburg    für    1837—1841  ;     1844—1856.    Augsburg    1838—1856. 

Vom  hist.  Vereine  in  Augsburg. 
Lettera  dei  RR.  sacerdoti  Missionari  nell'  Africa  centrale  dell'  Istituto  di  Don  Nie. 
Mazza,  diretta  ai  giovani  alunni  del  medesimo  Istituto.  Chartum  1858.  —  Re- 
lazione  del  viaggio  dei  Reverendi  Missionari  da  Chartum  a  S.  Croce.  Verona 
1858.  —  L'ultima  lettera  del  Missionario  Franc.  Oliboni  dell'  Istituto.  Mazza  di 
Verona.  Verona  1858.  —  Prospetto  dei  poveri  Istituti  di  Don  Nie.  Mazza  dato 
da  conoscere  dal  medesimo  colla  stampa  nel  niese  di  Novembre  1854.  Verona  1854. 

Von  Hrn.  S e n o n e r. 
Journal  of  the  Franklin  Institute  of  the  State  of  Pensylvania  etc.  Vol.  36.  N.  4—6  .Phi- 
ladelphia 1858.  Vom  Institute. 
Zeitschrift  für  Erdkunde.  Berlin  1859.  I.  1.  Von  der  Gesell  seh.  f.  Erdk.  Berlin. 
Pester-Lloyd  1859.  N.  61—66.  Von  der  Redaction. 
Corrispondenza  scientifica  in  Roma  N.  33.  36.  (Roma  e  il  Bosforo  di  Suez.  Nota  dell'  In- 
gegnero  Vinc.  M  a  n  z  i  n  i.)                                                           Von  der  Redaction. 

'6 


62 

Ueber  das  Eis  im  Sommer  zwischen    den  Basaltstücken    bei  Kameik    nächst  Leitmeritz  in 
Böhmen.  Von  Dr.  Ad.  PI  eis«  hl.    (Beitr.   zur  phys.  Geogr.  Böhmens.)    Prag  1838. 

Vom    Verfasser. 
Statistique  de  France  XII.  Ser.    Statistique   agricole.   I.   6.  Paris  18S8. 

Vom  kais.  franz.  Ministerium. 


Versammlung   am    5.  April   1859. 

Der  Herr  Präsident,  k.  k.  Sectionsrath  K.  Freiherr  von  Czoernig, 
führte    den   Vorsitz. 

Den  Statuten  gemäss  wurden  Se.  Excellenz,  Herr  Johann  Freiherr 
Kempen  von  Fichtenstamm,  k.  k.  Feldmarschalllieutenant,  Chef  der 
Obersten  Polizeibehörde  etc.,  und  Frau  Leopoldine  Kerr  in  London  zu  ausser- 
ordentlichen, Herr  Gustav  Lehne,  Oberlieutenant  der  k.  k.  Gendarmerie- 
General-Inspection,  und  Herr  Adolf  Simiginowicz,  Professor  am  k.  k. 
katholischen  Gymnasium  zu  Kronstadt,  zu  ordentlichen  Mitgliedern  und 
Herr  Dr.  Felix  Flügel,  Consul  der  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerica 
in    Leipzig    zum    correspondirenden    Mitgliede    gewählt. 

Herr  Secretär  Foetterle  theilte  den  Inhalt  der  an  Hrn.  k.  k. 
Sectionsrath  W.  Haidinger  eingelangten  Schreiben  von  unseren  Novara- 
Reisenden  mit,  welche  Nachrichten  über  das  Eintreffen  derselben  zu 
Auckland  in  Neu-Seeland  brachten  und  bereits  früher  in  der  lezten  Sit- 
zung der  naturwissenschaftlichen  Classe  der  kaiserlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  mitgetheilt  wurden.  Laut  den  letzten  eingelangten  Nach- 
richten, hatte  Herr  Dr.  F.  Hochs  teuer  in  Folge  der  zur  Besichtigung 
von  Kohlenvorkommen  in  der  Gegend  von  Auckland  unternommenen  Excursion, 
von  dem  Gouverneur  in  Auckland  die  Einladung  erhalten,  längere  Zeit 
auf  Neu-Seeland  zu  bleiben  und  eine  detaillirtere  geologische  Untersuchung 
durchzuführen;  mit  Genehmigung  und  im  Einverständnisse  des  Hrn.  Com- 
modore  von  Wüllerstorf,  hatte  Herr  Dr.  Hochstetter  diesen  Antrag 
angenommen  und  sich  von  der  k.  k.  Fregatte  Novara  getrennt,  um  sich 
etwa  6  Monate  in  Neu-Seeland  aufzuhalten,  und  dann  gegen  Ende  des 
Jahres  etwa  gleichzeitig  mit  der  k.  k.  Fregatte   in  Triest  zusammenzutreffen. 

Ueber  die  von  Herrn  Dr.  Hochstetter  in  Begleitung  von  Herrn 
Frauenfeld,  Selleny  und  Jellinek  unternommene  Excursion,  theilt 
vorläußg  die  in  Auckland  erscheinende  „New  Zeeländer"  Zeitung  einen 
Bericht  mit,  aus  den  hier  ein  Auszug  folgt,  dessen  Uebersetzung  wir 
dem    Herrn   A.    Fr.   Grafen   Marschall    verdanken: 

„Besichtigung  der  Districte  Drury  und  Hunua  und  Aus- 
flug an  den  Waikato.  Am  Dienstag,  28.  December  1858  wurde  mit 
der  Ausführung  der  Arbeiten  der  wissenschaftlichen  Commission  in  dieser 
Provinz  der  Anfang  gemacht.  An  der  Begehung  nahmen  Theil:  die  Herren 
Dr.  Hochstetter,  Frauenfeld,  Selleny  und  Jellinek,  von  der 
kais.  österreichischen  Expedition;  der  Provinzial-Landmesser  Mr.  C.  Heaphy, 
Rw.  A.  G.  Purchas  und  Mr.  Ninnis  als  Abgeordnete  der  Provinzial- 
Regierung  und  vom  k.  k.  Marine  Officiers-Corps,  der  Herr  Capitän  Baron 
Po  eck,  Commandant  der  Novara  und  der  Schiffs-Fähnrich,  Hr.  Kro- 
no wette r.  Ferner  schlössen  sich  an:  Mr.  Haast,  eben  in  dieser  Pro- 
vinz anwesend,  um  über  die  Hilfsquellen  und  Vortheile,  welche  Auckland 
deutschen  Einwanderern  zu  bieten  vermag,  Notizen  einzusammeln,  Mr. 
Drummond    Hag    (der    sich    als   „ Cicerone u    höchst   nützlich   machte)    und 


F.  Foetterle.  63 

—  wenn  es  den  Leser  ja  interessiren  sollte  —  wir  selbst,  die  wir 
diese  Zeilen  in  Hast  niederschrieben.  Mr.  Heaphy  hatte  die  Besucher 
mit  der  gewöhnlichen  Karte  der  Provinz,  und  mit  einer  andern,  die  geo- 
logischen Verhältnisse  zwischen  Auckland  und  Maungatawhiri  angebenden, 
versehen,  welche  letztere  er  eigens  zu  diesem  Zweck  entworfen  hatte. 
Das  Wetter  zeigte  sich  besonders  günstig;  die  Fahrt  durch  das  reiche 
vulkanische  Gebiet  zwischen  Auckland  und  Otahuhu,  in  solcher  Gesellschaft 
und  bei  wolkenlos  sonnigen  Himmel,  dessen  Hitze  einer  unserer  schönen 
Sommerwinde  wohlthätig  mässigte,  wird  lang  eine  freundliche  Erinnerung 
bleiben.  Wenn  sich  die  einheimischen  Theilnehmer  sich  an  den  lehrreichen 
Vorträgen  Dr.  Hochstetter's  über  vulkanische  Gebilde  erfreuten,  so 
mochten    sie    sich   wohl   auch    —    vielleicht    nicht    ohne    etwas   Selbstgefühl 

—  an  dem  Wohlgefallen  erfreuen,  welches  dieser  Gelehrte  und  seine 
Gefährten  über  die  Gegenstände  um  sie  und  vor  ihnen  äusserten  und 
den  hohen  Grad  der  Kultur  des  Landes,  die  Güte  der  Strassen,  das 
weite  Feld,  welches  in  jeder  Richtung  dem  fähigen  und  denkenden  Na- 
turforscher offen  steht  und  die  glänzenden  Aussichten  in  die  Zukunft  dieses 
Landes,   mit  Vergnügen  von  Allen  preisen  hören. 

Die  erste  eigentliche  Rast  fand  bei  Mount  Richmond  (bei  den  Ein- 
gebornen  „  Otahuhu, "  welcher  Name  auf  die  Ansiedlung  übertragen  wurde) 
statt.  Dort  fanden  die  Herren  Hochstetter,  Frauenfeld  und  Jellinek 
reichliche  Ausbeute  für  ihre  Sammlungen  und  Herr  Selleny  für  seine 
fertigen  und  treuen  Pinsel,  während  M.  Heaphy  diesen  gründlichen 
Forschern  sehr  viel  an  historischen  und  örtlichen  Auskünften  mitzutheilen 
hatte.  —  Wir  würden  viel  darum  geben,  das  Panorama  vom  Gipfel  aus 
an  einen  solchen  Tag,  wie  es  Herr  Selleny,  einer  der  fertigsten  und 
treuesten  Aufnehmer,  die  wir  je  gekannt,  wiedergegeben  hat.  (Nebenbei 
gesagt,  hat  Hr.  Selleny  während  der  Novara-Expedition  bereits  über 
1000  vortrefflich  ausgeführte  Zeichnungen  aufgenommen  —  jene  von  Java 
und  China  in  sehr  grossem  Masstab  und  bis  in  die  kleinsten  Einzeln- 
heiten —  auch  ist  seine  Behandlung  der  Farben  so  frisch  und  naturge- 
mäss,  dass  ihr  Anschauen  das  Auge  nicht  im  geringsten  ermüdet.)  Ein 
zweites  Panorama,  die  Krater  von  Thoumatou  und  Manganie,  die  Manukau- 
Spitzen  und  das  nördliche  Ufer  des  Hafens  von  Manukau  umfassend,  hat 
Herr  Selleny  vom  vulcanischen  Berg  „Te  Olmopuni."  ganz  nahe  an 
Mr.  R.  Robertsons  Besitzung  aufgenommen.  —  Bei  der  Aussicht  von 
Mount  Richmond  fiel  unseren  österreichischen  Gästen  die  Nähe  der  Ge- 
wässer von  Wachemata  und  Manukau  an  dem  Tragplatz  {„portage")  von 
Otahuhu  auf  und  alle  sprachen  sich  über  die  Verbindung  unserer  beiden 
Haupthäfen  der  Ost-  und  Westküste  mittels  eines  Kanals  für  Seeschiffe, 
als  über  etwas  sehr  Wünschenswerthes  aus.  Ihrer  Ansicht  nach,  fordert 
die  commercielle  Gegenwart  und  Zukunft  von  Auckland  eine  solche  Un- 
ternehmung, deren  Ausführung  nicht  auf  unübersteigbare  Hindernisse  stossen 
würde.  Auf  den  weitern  Weg  über  Otahuhu  hinaus,  bemerkten  unsere 
Gäste  die  stetige  Reihe  grasreicher  und  sorgfältig  eingefriedeter  Weide- 
plätze, das  wohlgenährte  Hörn-  und  Schaf- Vieh  und  die  behaglichen 
Wohnstätten  an  beiden  Seiten,  namentlich  Mr.  Overton's  Wohnhaus, 
welches  (mit  Recht)  als  ein  Muster  echt  englischer  Ordnungsliebe  her- 
vorgehoben wurde.  Nicht  minder  Ehre  machten  unserem  jungen  Staate  die 
neuesten  und  noch  fortdauernden  Verbesserungen  der  Strasse  nach  Papa- 
kura   und    die    zeitweisen    Stösse    auf   den    neu    angelegten    Strecken    wur- 

5* 


64  Versammlung  am  5  April  1859 

den  als  erträglich  in  Vergleich  zu  denen  auf  den  „Corduroy-Strassen"  in 
den  Hinterwäldern  der  Vereinigten  Staaten,  und  als  ein  Beleg,  dass  es 
der  Provinzial-Regierung  mit  dem  Aufschlüsse  des  Landes  Ernst  sei,  ge- 
lassen hingenommen.  —  Wie  viele  geologische,  entomologische,  bota- 
nische, taxidermische  Exemplare  längs  des  Wegs  von  den  Herren  Hoch- 
stetter,  Frauen feld  und  Jellinek  eingesteckt  wurden,  lässt  sich 
ebensowenig  berechnen,  als  wie  viele  kleine  Skizzen  von  Herrn  Selleny 
daguerrotypirt  wurden  und  wie  viele  statistische  Thatsachen  und  Ziffern 
sich  in  Herrn  Haast's  Gedächtniss  anhäuften;  so  viel  ist  gewiss,  dass 
nach  eiliger  Durchforschung  der  Papakura  Bucht  („reek"J  eine  grosse 
Kiste  von  Gegenständen  aller  Art  verpackt  und  nach  Auckland  abgesendet 
wurde,  bevor  die  deutschen  Naturforscher  Mr.  Young's  Haus  erreicht 
hatten,  und  dass  dabei  noch  genug  übrig  blieb,  um  zwei  andere  Kisten 
zu  füllen.  —  Nach  der  Ankunft  in  Mr.  W.  J.  Young's  „Drury  Hotel" 
(nunmehr  ein  grosses  zweistöckiges  Haus,  mit  vortrefflicher  Unterkunft) 
erschienen  die  essbaren  Erzeugnisse  des  Bezirks  von  Drury  vor  einer 
wissenschaftlichen  Ratbsversammlung  und  erhielten  die  günstigste  Anerken- 
nung. Zu  Drury  war  das  „Settiers  Exploration  Comitte'e"  in  voller  Zahl 
versammelt,  und  hier,  wie  längs  des  ganzen  Weges  ertheilten  die  Herren 
Cläre,  Middlunass,  Hay,  Runcoman,  ('nie,  Pollok,  S.  Hall  u.  A. 
eine  Menge  trefflicher  Auskünfte.  —  Vorerst  besah  man  das  Kohlenflötz 
auf  Mr.  Turnbull's  Grundstück,  dann  die  Kohlenschürfungen  der  Herren 
Pollok,  Campbell  und  Folwell's,  und  wir  glauben  aussprechen  zu 
dürfen,  dass  Dr.  Hochstetter  keinen  Grund  habe,  zu  bezweifeln,  dass 
diese  Kohlen  alle  einen  und  denselben  Character  tragen  und  vielleicht 
einem  einzigen,  weit  ausgebreiteten  Flötz  angehören.  Es  genüge  hier  die 
Thatkraft  zu  bezeichnen,  welche  die  Ansiedler  mit  dem  kleinsten  Geld- 
capital,  aber  mit  der  grössten  Beharrlichkeit  entwickeln;  ein  Beispiel 
davon  sind  die  von  den  Herren  Peter  Smith  und  W.  Cooper  eröffneten 
und  nunmehr  ausgebeuteten  Kalkstein-Brüche;  beide  hatten  kein  anderes 
Anfangscapital  als  Arbeitskraft  und  Thätigkeit,  das  Beste  in  einer  dicht- 
bewaldeten Gegend,  wie  die  von  Hunua  (zu  welcher  jetzt  eine  Strasse 
augelegt  wird,  und  welche  hoffentlich  bald  eine  der  ertragreichsten  der 
Provinz  werden  wird).  —  Im  Allgemeinen  hat  Dr.  Hochstetter  in  un- 
seren Kohlen-  und  Kalksgebieten  Meeres-Fossilien  von  viel  höherem  Alter 
gefunden,  als  man  es  bisher  für  die  geologischen  Gebilde  Neu-Seeland's 
angenommen  bat;  Kohle  und  Kalkstein  sind  reichlich  und  von  bester  Be- 
schaffenheit vorhanden;  die  bereits  aus  dem  Kalk  bekannten  organischen 
Reste  werden  ihm  selbst  und  spätem  Forschern  die  Mittel  bieten,  un- 
sere Kohlengebilde  mit  ähnlichen  der  alten  Welt  zu  vergleichen  oder  zu 
identificiren.  Bisher  hat  man  —  unseres  Wissens  —  in  der  Kohle  von 
Opaheke  (Drury)  und  Hunua  keine  Pflanzenreste  entdeckt.  —  Wir  er- 
wähnten bereits,  dass  der  Commandant  und  die  Officiere  der  Novara- 
Expedition  über  die,  unter  so  vielen  Schwierigkeiten  in  so  kurzer  Zeit 
in  Stadt  und  Land  bewirkten  Fortschritte  ihre  Ueberraschung  ausgespro- 
chen haben.  Wir  haben  gesehen,  dass  der  Künstler,  Herr  Selleny, 
reichliche  Beschäftigung  findet.  Wir  mögen  beisetzen,  dass  der  Botaniker, 
Herr  Jellinek,  die  Neu-Seeländer  Wälder  in  Reichthum  des  Laubes, 
Verschiedenheit  der  Färbung  und  allgemeinen  Eindruck  denen  der  Tro- 
penländer gleichstellt,  vor  denen  sie  die  leichtere  Zugänglichkeit  voraus 
haben.  Was    die    befiederten    Bewohner    der    Wälder    und    Farnkraut- 


F.  Foetterle.  65 

Striche  von  Auckland  betrifft,  erachtet  die  Expedition,  nach  ihrer  eigenen 
Erfahrung  an  Ort  und  Stelle,  dass  Neu-Seeland  dem  Ornithologen  ein 
weites  Feld  bietet;  ihnen,  wie  allen  andern  Beobachtern,  ist  die  Ab- 
wesenheit   aller    Vierfüsser    auf  einer    so    grossen   Insel    aufgefallen. 

Ausflug    nach    Mangatawhiri    und    an    den    Waikato. 
Dieselben    Personen,    welche    den    Ausflug    nach    den    Kalk-    und    den   Koh- 
lengebieten    von    Hunua    und    Drury    gemacht     hatten     (mit    Ausnahme    des 
Capitäns,    Baron    Pöck,    und    Herrn    Purchas,    welche    nach   Auckland    zu- 
rück   mussten),     brachen     in    2    Abtheilungen   (die    erste:   Herren    Selleny, 
Kr  onowette  r,    Haast    und    Drummond    Hay,   welchen  letzteren  Se.  Exe. 
der    Herr    Gouverneur    der   Expedition     für    die    Zeit    ihres    Verweilens    in 
Auckland    zugetheilt    hatte,    am    Dinstag    28.    December  Nachmittags    —    die 
zweite:    Herren   Dr.    Hochstetter,    Frauenfeld,     Jellinek,     Ninnis, 
Smallfield    und   Heaphy,    am    Freitag    31.   December    Morgens)    auf,    um 
Mangatawhiri    und    von    dort   den   Waikato   zu   besuchen.    Beide  Abtheilungen 
hatte    Mr.    Young    mit   Pferden    versehen,     welche    an    die    ersten     engen 
Pfade    der     ersten    Ansiedler    und    Beisegesellschaften    gewöhnt   waren,     und 
unsere    Gäste    zeigten    sich    überrascht,     dass    man    bei     so    kurzer   Voran- 
meldung   und     in    solcher    Entfernung     von    der    Hauptstadt     so    vorzügliche 
Pferde   habe    auftreiben    können.    Dieser    Umstand    stellte    die   Thatkraft    der 
vorgeschobenen     Ansiedler      längs     des    Verlaufs     der     grossen    Südstrasse 
in     ihrer    Meinung     noch     viel     höher.      Ueber      R  u  n  c  i  m  a  n's     Pachthof 
(dessen  vorgerückte    Cultur    dem   Eigenthümer    grosse    Ehre    macht),    folgte 
die    Reisegesellschaft    der    grossen    Südstrasse,     häufig    Halt    machend,    um 
ihre     Sammlungen     zu     vermehren     oder     um     die     ausgebreiteten    Aussich- 
ten    zu     bewundern,     die     sich     allmälig  vor   ihr    aufthaten,    je    weiter    sie 
gegen    den   Mittelpunct    des    Waldes    hinaufstiegen,    bis    endlich    ihre  Blicke 
die    ganze  Gegend   im  Süden    dos  Manukau   Hafens  und  dies    schöne  Gestade 
selbst,    mit    allen    seinen    zahlreichen    Meeresarmen    und    Buchten,     umfassen 
konnten.    Chiskolm's    Bush   gefiel    unsern    Gästen    besonders    und    gab    ihnen 
den   besten    Begriff   von    der  Wald-Vegetation  Neu-Seeland's;    Hr.    Selleny 
nahm    dort    zwei    schöne   Ansichten    auf.    Indess    gaben     ihnen    die    Arbeiten 
der   Strassenleute    und    solcher    Ansiedler,   wie  Mr.    Martin,   noch    bessere 
Gelegenheit,    die    geologischen    und    botanischen    Eigenthümlichkeiten    dieses 
Anfangs    der   fruchtbarsten    Striche   im   Süden   dieser  Provinz   wahrzunehmen 
und     zu     prüfen.     Weit    entfernt,     die    nächsten    Einwanderer     darüber     zu 
bedauern,    dass    ihnen    nicht   mehr    Grundstücke    in    der  nächsten   Umgebung 
von    Auckland    und    dessen    Vorstädten    zur    Wahl    vorliegen,     waren    unsere 
Gäste    vielmehr    einstimmig     der   Ansicht,     dass     der     nunmehr     durch    die 
grosse   Südstrasse    über  Drury    hinaus   aufgeschlossene  Landstrich    in    seiner 
Beschaffenheit  die  meisten  Ländereien   des  Bezirks   von  Auckland  übertreffen, 
und    dass,    wenn    mehr    solche    Gründe   zu   haben    wären,    sie  —  ungeachtet 
ihrer   Entfernung    von     der    Hauptstadt   —    den    Vorzug    verdienen    würden. 
Diese   Meinung    theilen    wir    selbst   und   jeder  verständige    Einwanderer,   der 
einige    Tage    auf  persönliche   Besichtigung    dieses    und    des    Waikato-Bezirks 
der    Provinz    verwenden    will,    wird    sich    dazu    bekennen.    Ein    Gleiches    gilt 
zum    grössten  Theil    von    den    Landstrichen    längs    der    grossen    Nordstrasse 
und    von    anderen   nördlichen    Ländereien,    welche,    nach    den    verschiedenen 
gesetzlich   bestimmten    Weisen,    für     die    Auswahl    offen    liegen     oder    doch 
nächstens    offen    liegen    werden.    Dies    liegt   indess    für  jetzt  ausserhalb   un- 
serer Aufgabe;     wir    behalten    uns    vor,     bei    nächster    Gelegenheit    unsere 


66  Versammlung  am  5.  April  1859. 

Bemerkungen  über  den  stetigen  und  richtig  geleitenden  Fortschritt  der 
Ansiedlung  und  der  Urbarmachung  in  diesen  fruchtbaren  Gegenden  mit- 
zutheilen  und  dabei  denen  Ehre  zu  geben,  welchen  Ehre  gebührt.  — 
Nicht  allein  fruchtbares  Erdreich  liegt  längs  der  Strassenlinie,  sondern 
auch  überall  vertheilt,  ergiebige  Vorräthe  von  basaltischem  und  anderem 
Gestein,  als  taugliches  und  leicht  zugängliches  Material  zum  Strassenbau ; 
von  dieser  Seite  waltet  keine  Besorgniss  ob.  Die  Aushauung,  der  Bau 
und  die  Ueberbrückung  der  Strasse  schreitet  jetzt  rasch  und  in  einer, 
die  Unternehmer  sehr  ehrenden  Weise  fort  und  unter  den  Strassenar- 
beitero  finden  sich  verständige  und  gefällige  Leute,  bereit,  alle  ihnen 
zugängliche  Auskunft  zu  geben  und  Besuchern  ein  gastliches  Obdach  zu 
bieten.  Der  Einschnitt  in  Rafor-back  Hill  bietet  eine  gute  Gelegenheit 
zur  Untersuchung  der  tiefern  Schichten  des  ansteigenden  Bodens,  den 
die  Strasse  durchzieht.  Wir  führen  nebenbei  an,  dass  bei  einem  Halt  an 
Mr.  D  a  w  s  o  n's  „Whare,"  an  der  Strasse,  "wo  die  Reisegesellschaft  eine 
Tasse  Thee  nahm,  ihnen  ein  Theil  eines  Süsswasser-Fisches  angeboten 
wurde,  der  an  Grösse  und  feinem  Geschmack  den  besten  Forellen  des 
Mutterlandes  gleichsteht.  Er  war  in  einem  der  schönen,  die  Umgegend 
durchfliessenden  Wässer  gefangen  worden  und  bei  fernerer  Aufschliessung 
des  Binnenlandes  dürfte  es  sich  herausteilen,  dass  unsere  fliessenden  Süs- 
wässer  nicht  so  arm  an  essbaren  Fischen  sind,  als  man  behaupten  wollte. 
—  Vom  gegenwärtigen  Grenzpuncte  der  breiten  Rodung  für  die  Südstrasse 
brachte  ein  von  den  Eingebornen  ausgetretener  Pfad  nach  Mangatawhiri 
auf  einen  Umweg,  der  durch  die  Auffindung  vieler  schöner  Farne  und 
merkwürdiger  Insekten  reichlich  aufgewogen  wurde,  und  beim  Austritt 
aus  dem  Dickicht  brachte  ein  rascher  Quermarsch  über  das  offene  Farn- 
land die  Gesellschaft  nach  Mangatawhiri,  gerade  oberhalb  der  schönen 
Getreidemühle  mit  Wasserkraft,  welche  Mr.  Chandler  eben  für  einge- 
borne  Eigenthümer  aufbaut.  Eine  zahlreiche  Schaar  Maories  (einige  mit 
ungewöhnlicher  Sorgfalt  in  ihrer  eingebornen  oder  doch  am  wenigsten 
europäisirter  Tracht  gekleidet)  sammelte  sich  vor  dem  ansehnlichsten  „Whare" 
des  Dorfes,  welches  Mr.  Drummond  Hag  zur  Aufnahme  der  Gesell- 
schaft in  Beschlag  genommen  hatte  und  hier  arbeitete  eben  Hr.  Selleny 
eifrig  an  seiner  dritten  Skizze,  deren  Naturtreue  ihm  mehr  Vorbilder 
zuführte,  als  er  mit  aller  seiner  künstlerischen  Stenographie  wiedergeben 
konnte.  —  Nach  einer  Rast,  die  ein  förmlicher  Sturm  aus  den  Bergen, 
die  tropische  Hitze  des  Tages  abkühlend,  um  2  Stunden  über  die  fest- 
gesetzte Zeit  verlängert  hatte,  bestieg  die  ganze  Gesellschaft  (mit  Aus- 
nahme der  Herren  Kronowetter  und  Haast,  welche  in  einem  Kanot 
vorangefahren  waren)  zwei  grosse  Boote,  jedes  mit  10  Eingebornen  be- 
mannt, welche  sie  geschickt  über  Mangatawhiri  Creek  hinabführten,  In 
der  ersten  i*/,  Meile  ist  der  Strom  so  eng,  dass  man  nicht  begreift, 
wie  so  grosse  Fahrzeuge  durch  seine  Windungen  gelangen  können,  da 
in  manchen  Fällen  kein  zollfreier  Raum  übrig  bleibt.  Am  Ufer  finden 
sich  Wasservögel  in  Menge,  deren  einen  ein  Eingeborner  sehr  geschickt 
mit  seinem  Ruder  aufspiesste.  Die  Gegend  wurde  hervortretender,  je 
näher  man  dem  Höhenzug  kam,  der  das  Gebiet  des  Waikato  abgränzt ; 
erst  nach  einer  jähen  Wendung  und  einigen  Ruderschlägen  gelangten  die 
Boote  in  diesen  schönen  Fluss,  wo  dann  die  Gesellschaft  erst  einen  Be- 
griff von  der  zu  erwartenden  prächtigen  Gegend  erhielt.  „Dies  ist  ja 
der   Rhein,    wieder    unser   schöner   Rhein   und    seine    Umgebung    mit    ihren 


F.  Foetterle.  67 

dichtbewaldeten  Höhenzügen;"  „dies  kömmt  einigen  der  schönsten  Stri- 
chen unseres  Rheingaues  gleich,"  riefen  die  Deutschen  unter  uns  aus, 
und  ausser  Herrn  Selleny  holten  auf  der  Strecke  bis  Tuakau  mehrere 
Andere  ihre  Zeichenbücher  hervor.  Tuakau  ist  ein  Landungsplatz  nahe 
an  einer  grossen  gleichnamigen  Ansiedlung  der  Eingebornen.  Das  ringsum 
weithin  gerodete  Land  hat  trefflichen  Boden  und  ist  gut  angebaut.  Hier 
fand  sich  unser  Vortrab,  der  stecken  geblieben  war,  da  keiner  von 
ihnen  die  Sprache  und  die  Geberden  der  Maories  verstand,  wieder  beim 
Hauptcorps  ein:  das  neueste  „Whare*  wurde  für  die  Nacht  und  den 
nächsten  Tag  in  Beschlag  genommen;  ein  Backofen  nach  Landesart  wurde 
der  deutschen  Gäste  wegen,  die  nie  dergleichen  gesehen,  aufgeführt 
und  diese  benutzten  die  letzte  Tageshelle,  um  die  eingesammelten  Gegen- 
stände in  Ordnung  zu  bringen  und  die  wunderbaren  Naturreize,  die  sie 
umgaben,  zu  gemessen.  Bald  nach  acht  Uhr  meldete  Hohepa,  einer 
von  Mr.  Heaphys  eingebornen  Dienern,  der  „Soyer"  der  Expedition, 
dass  das  Diner  („spuds"  und  Schweinefleisch)  fertig  und  auf  frisch  ab- 
gepflückten Farnkraut  und  mit  Shawls  bedeckt,  servirt  sei.  Die  Gesell- 
schaft —  um  die  Worte  der  Berichterstatter  über  anspruchsvollere  Ga- 
stereien zu  gebrauchen  —  Hess  dem  reichlichen,  wenn  auch  einfachen 
Mahle  das  Recht  wiederfahren,  welches  echter  Hunger,  durch  starke  und 
andauernde  Bewegung  im  Freien  geschärft,  nie  versagt.  Es  war  der  31. 
December  1858  und  die  Reise-Gesellschaft,  welche  (den  Maori  Diener 
ungerechnet,)  Engländer,  Schotten,  Irländer,  Deutsche  und  Slaven  unter 
ihren  Genossen  zählte,  bereitete  eine  Feier  des  Jahreswechsels  vor,  an- 
gemessen den  Ereignissen,  welche  so  verschiedenartige  Elemente  vereinigt 
hatte  und  geeignet,  eine  angenehme  Erinnerung  für  spätere  Zeiten  zu- 
rückzulassen. Charakteristiche  Studenten-  und  andere  Volks-Lieder,  engliche, 
schottische  und  irische  Gesangsweisen  und  Liebes-Lieder  in  der  Maori- 
Sprache,  vom  Diener  vorgetragen,  bildeten  ein  echt  cosmopolitisches  Vo- 
cal-Concert.  Die  Gesundheit  des  Kaisers  von  Oesterreich  und  der  Königin 
Victoria  wurden  mit  Begeisterung  ausgebracht  und  mit  Absingung  der  be- 
treffenden National-Hymnen  begleitet,  in  einer  Weise,  die,  Dank  der  mu- 
sikalischen Ausbildung  der  deutschen  Sänger,  jedem  Concertsaale  Europa's 
Ehre  gemacht  hätten.  Nachdem  3  bis  4  Stunden  in  solcher  Weise  höchst 
angenehm  vergangen  waren  und  man  das  Neujahr  in  aller  Form  bewill- 
kommt  hatte,  ging  man  neue  Kräfte  für  das  nächste  Tagwerk  zu  sam- 
meln. Dieses  fing  bereits  um  6  Uhr  Morgens  an.  Der  schöne  Strom, 
der  das  Dorf  durchschneidet,  bot  ein  anlockendes  Bad  und  an  seinem 
Ufer  fanden  Geologen,  Botaniker,  Künstler  und  Zoologen  reichlichen 
Stoff  zur  Thätigkeit.  Die  Eingebornen,  gelockt  durch  die  Aussicht  auf 
die  verheissenen  Jieka  pennies"  brachten  verschiedene  merkwürdige  Ge- 
genstände. —  Der  Rückweg  nach  Drury  ging  durch  Tuakou  und  die 
dazwischen  liegenden  Wälder  —  deren  Thäler  mehrere  schöne  Ströme  vortreff- 
lichen Wassers  durchlaufen ,  dann  über  einen  beträchtlichen  Theil  von 
Mr.  Wate  r's  ausgebreiteten  Weidegründen,  welche  sich  eben  jetzt  reich- 
lich mit  europäischen  Grase  und  rothem  Klee  bedecken.  Ein  Theil  der 
Gesellschaft  ging  voran  den  Pferden  entgegen,  welche  man  auf  einem 
andern  Weg  zurückgeschickt  hatte ;  die  Uebrigen  sollen  in  2  bis  3 
Stunden  nachfolgen.  Als  beide  den  Aushau  betraten,  den  Mr.  Waters 
vornehmen  lässt,  um  seinem  Viehe  den  Zugang  zu  den  Weidegründen  zu 
eröffnen,    sollten    sie,    bei    aller    Achtung,     die     dies    Unternehmen    verdient, 


68  Versammlung  am  5.  April  1859. 

aus  eigener  Erfahrung  lernen,  welche  Schwierigkeit  sich  in  diesem  dicht- 
bewaldeten Landstrichen  dein  einzelnen  Ansiedler  entgegenstellen,  welcher 
nicht  die  Mittel  hat,  seine  abwesenden  oder  ungefälligen  Nachbarn  zu 
zwingen,  zu  einem  Unternehmen  beizutragen,  das  an  und  für  sich  ihren 
eigenen  Besitztümern  zu  Guten  kommt,  und  welches  sie  selbst  ohne  Be- 
denken benutzen,  wo  und  wann  es  ihnen  beliebt.  Die  7  bis  acht  Meilen 
lange  Strasse  durch  das  Dickicht,  deren  zunächst  an  Drury  gelegener 
Theil  —  wenn  wir  nicht  irren  —  durch  Mr.  Joseph  New  man  aus- 
gehauen worden,  war  durch  den  versperrten  Zugang  von  Licht  und  Sonne 
für  die,  welche  solcher  Reisen  ungewohnt  sind,  höchst  beschwerlich,  und 
beide  Abtheilungen,  auch  nachdem  sie  ihre  Pferde  wieder  gefunden  hat- 
ten, brauchten  an  4  Stunden,  um  diese  Strecke  zurückzulegen.  Der  schöne 
Strom    am    Fusse    von    Mr.    Burt's    Pachthof   war  Allen    willkommen. 

Bei  der  Abendversammlung  in  Young's  Hotel,  sprachen  die  Mit- 
glieder der  wissenschaftlichen  Commission  und  die  übrigen  deutschen 
Gäste  den  Herren,  welche  im  Auftrag  Sr.  Exe.  des  Herrn  Gouverneurs 
Gore  Brown  und  des  Herrn  Vorstehers  der  Provinz,  sie  begleitet  hatten, 
das  ausnehmende  Vergnügen  aus,  welches  ihnen  bei  dem  Besuch  dieses 
schönen  Bezirks  der  Provinz  zu  Theil  geworden  war  und  ihre  Hoffnung, 
dieser  Besuch  für  Auckland  und  Neu-Seeland  in  mehr  als  einer  Rich- 
tung nicht  ganz  fruchtlos  bleiben,  und  jedenfalls  ganz  gewiss  beitragen 
werde,  die  deutsche  Einwanderung  dorthin  zu  lenken.  Sie  dankten  ihren 
Führern  für  die  ihnen  während  der  Reise  erzeigte  Aufmerksamkeit  und 
für  die  Weise,  in  der  sie  die  gastfreundlichen  Gesinnungen  der  Provinzial- 
Regierung  bethätigt  hatten;  warmer  Dank  ward  auch  Mr.  und  Mrs.  Young 
für  ihre  eifrigen  Bemühungen  in  ihrem  Hotel,  der  sich  bei  so  trefflicher 
Leitung  eines  fortdauernden  Gedeihens  zu  erfreuen  haben  dürfte,  den 
fremden  Gästen,  welche  dort  unter  dem  Schatten  ihrer  eigenen  Landes- 
farben aufgenommen  worden,  einen  behaglichen  Aufenthalt  zu  bereiten. 
Die  Herren  Drummond  Hag  und  Heaphy  erwiderten,  indem  sie  den  wissen- 
schaftlichen Gästen  für  den  unermüdeten  Eifer,  mit  der  sie  ihre  Aufgabe 
zum  Nutzen  der  Provinz  Auckland  durchgeführt  hatten,  und  für  die  werth- 
volle  Belehrung,  welche  die  Sprecher  selbst  und  alle  Ansiedler,  die  mit 
ihnen  in  Berührung  gekommen  waren,  von  ihnen  empfangen  hatten, 
ihren  Dank  aussprachen.  Herrn  H  a  a  s  t  wurde  gleichfalls  der  Dank  ge- 
bracht, für  das,  was  er  zur  Annehmlichkeit  des  Ausflugs  beigetragen 
hatte  und  für  seine  bereitwilligen  und  gewandten  Leistungen  als  Aus- 
leger, wo  immer  auf  einer  oder  der  anderen  Seite  das  Verständniss  über 
einen  einzelnen  Punct  Schwierigkeiten  hatte  oder  genaue  Auskunft  ver- 
langt wurde.  Die  Rückreise  nach  Auckland  ging  ungefähr  eben  so  vor 
sich,  wie  die  von  Auckland  nach  Drury.  Nach  ihrer  Ankunft  gingen 
die  Mitglieder  der  wissenschaftlichen  Commission  an  die  Aufbewahrung 
des    Gesammelten    und    an   die   Aufzeichnung    ihrer    Wahrnehmungen. 

Nunmehr  nehmen  wir  Abschied  von  diesem  Zweige  der  Expedition 
und  führen  nur  noch  an,  dass  die  Herren  Dr.  Scherzer  und  Dr. 
Schwarz  ihre  anthropo-metrischen  Messungen  an  Eingeborenen  fortgesetzt 
haben  und  dass  der  Herr  Commodore  v.  Wüllerstorf  und  der  Com- 
mandant  der  Novara  in  Begleitung  der  Herrn  Dr.  Scherz  er,  Dr. 
Schwarz  und  Fischereinen  Ausflug  in  die  Kauri-Wälder  des  Maaukau 
vorgenommen,     der     ihnen     sehr      wohl     gefiel.      Die     Novara     sollte    am 


Pr,  I.  Zhishman.  ßü 

gestrigen  Abend  (2.  Jänner  1859)  absegeln,  ward  aber  durch  das  Um- 
springen   des    Windes   nach    Nordost    zurückgehalten. 

Herr  Professor  Dr.  Fr.  Müller  gab  eine  Schilderung  seiner  im 
Auftrage  des  hohen  k.  k.  Ministeriums  für  Cultus  und  Unterricht  zu 
Ende  des  Jahres  1851  nach  Grodno  und  in  dem  Bialowescher  Wald  in 
Russland  unternommenen  Reise,  so  wie  der  in  dem  letztgenannten 
Walde    lebenden   Auerochsen.     (Siehe  Abhandlungen  dieses  Heftes    Nr.   XIII.) 

Herr  Doctor  J.  Zhishman  brachte  seinen  in  der  Versammlung  vom 
15.  März  begonnenen  Vortrag  über  die  Züge  Alarich's  zum  Abschlüsse.  Er 
ging  von  der  geographischen  Bestimmung  jener  Gebiete  aus,  welche 
Alarich  seit  dem  Jahre  396  in  Besitz  genommen  hatte  und  verfolgte 
nach  einer  eingehenden  Darstellung  der  Ursachen,  welche  Alarich  zum 
Aufbruche  nach  Italien  veranlassten,  die  Wege,  auf  welchen  er  mit  sei- 
nen Gothen  dahingelangte.  Die  Ansicht,  als  sei  Alarich  durch  Dalma- 
tien  bis  Aquileja  vorgedrungen,  wurde  als  unhaltbar  erklärt,  dagegen 
sprechen  entscheidende  Gründe  dafür,  dass  Alarich  sich  anfangs  auf  der 
via  Egnatia  bewegte,  bei  Heraclea  einbog,  und  durch  das  Thal  des 
Margus  über  Singidunum,  Sirmium  Sisia  und  Emona  nach  Italien  kam. 
Der  Verlauf  des  Vortrages  zeigte  übrigens,  dass  er  weder  im  Jahre  400 
noch  im  Jahre  408  als  Feind  in  Italien  erschien,  sondern  diess  nur  bei 
einem  zweiten  Einfalle  im  Jahre  402  der  Fall  war.  Sonach  war  der 
feindliche  Angriff,  den  er  am  Timarus  erfuhr  ein  unerwarteter  und  der 
schleunige  Rückzug  durch  das  Isonzothal  oder  über  Forum  Julium  in  das 
Drauthal  eine  nothwendige  Folge.  Hier  zog  A  1  a  r  i  c  h  Verstärkungen  an 
sich,  rückte  dann  durch  das  obere  Drauthal  in  Rhätien  ein  und  kam 
Ende  des  Jahres  402  durch  das  Etsohthal  nach  Italien.  Die  darauf  fol- 
genden Bewegungen  sind  leichter  nachzuweisen.  Alarich  kam  bis  zur 
Condinianischen  Brücke,  wo  der  dritte  Moilenzeiger  von  Ravenna  stand. 
Da  ihm  dort  der  Antrag  des  H  o  n  o  rius  zukam,  sich  entweder  in  Spa- 
nien oder  in  Gallien  Wohnsitze  zu  suchet),  entschied  er  sich  für  das 
letztere,  rückte  gegen  Bononia  und  schlug  bei  Placentia,  statt  den  Padus 
zu  übersetzen,  seine  Richtung  gegen  den  Tanarus  ein.  Bei  Polentia  kam 
es  am  29.  März  403  zur  Schlacht,  über  deren  Ausgang  die  Nachrichten 
so  verschieden  lauten.  Es  war  demnach  wichtig,  darauf  hinzuweisen, 
dass  sich  Alarich  in  jedem  Falle  noch  kräftig  genug  fühlte,  um  durch 
Ligurien  wieder  zurückzugehen,  wo  es  zu  neuen  Verhandlungen  kam. 
Sie  hatten  zur  Folge,  dass  sich  Alarich  über  den  Padus  zurückzog  und 
über  Cremona  gegen  Verona  kam.  Dass  es  dort  wieder  zu  einer 
Schlacht  kam,  liess  sich,  wenn  auch  Claudia  nus  der  einzige  Gewährs- 
mann ist,  aus  mehreren  seiner  Angaben  mit  einiger  Bestimmtheit  nach- 
weisen; eben  so  auch,  dass  Alarich  mit  seinem  durch  Gefechte  und 
Krankheiten  geschwächtem  Heere,  nachdem  er  anfangs  nach  Rhätien  zu 
entkommen  gesucht  hatte,  nur  durch  einen  der  ihm  schon  seit  dem 
ersten  Zuge  bekannten  Alpenpässe  in  das  Drauthal  zurückkehren  konnte, 
wo  er  stehenblieb. — Dr.  Zhishman  wies  dann  auf  das  Verhältniss  hin,  welches 
sich  seit  dem  Abzüge  Alarich's  aus  Italien  zwischen  diesem  und  dem  römi- 
schen Hofe  bis  zum  Jahre  408  immer  freundlicher  gestaltete.  Anfangs  han- 
delte es  sich  um  die  schon  längst  beabsichtigte  Eroberung  von  Illyrium,  an 
der  A  I  a  r  i  c  h  mitwirken  sollte.  Politische  Ereignisse  im  Innern,  der  Ein- 
fall der  Soeven  und  Alanen,  der  Tod  des  Kaisers  Arcadius  und  die 
Empörung   des  C  o  n  s  t  a  n  t  i  n  u  s    verzögerten   jedoch   die    Ausführung.     Da 


70  Versammlung  am  5.  April  1859. 

Alan* ch  darüber  unwillig  war,  so  machte  man  ihm  den  Antrag,  ob  er 
sich  mit  einem  aus  Pannonien  verstärkten  Heere  in  den  Arelat  zur  Be- 
kämpfung des  Co  nstantinus  begeben  wolle.  Alarich  nahm  ihn  an,  drang 
aber  vorsichtig  mit  einer  dreifachen  Masse  vor.  Der  erste  Theil  hielt 
aus  dem  Hauptlager  in  Emona  die  julischen  Alpenpässe  besetzt,  mit  dem 
zweiten  zog  er  nach  Noricum,  den  dritten  Hess  er  vorläufig  im  untern 
Drauthale  unter  der  Anführung  seines  Schwagers  A  t  h  o  u  1  f  zurück.  —  Für 
diesen  Zug  war  die  Stelle  bei  Zosimus  lib.  V.  c.  29  massgebend,  wess- 
halb  der  Vortragende  in  eine  nähere  Erörterung  derselben  einging.  Bevor 
A  I  a  r  i  c  h  Noricum  verliess.  um  auf  der  Strasse,  welche  von  Lauriacum 
nach  Aquileja  führte,  vorzurücken,  änderte  sich  jedoch  die  Sachlage, 
insbesondere  wurden  durch  die  Ermordung  Stilieh'on's  alle  früher  mit 
Alarich  verabredeten  Pläne  vereitelt.  Jetzt  forderte  er  wenigstens  den 
Ersatz  für  sein  so  langes  Zuwarten  und  die  Entschädigung  für  seinen 
gegenwärtigen  Zug  nach  Noricum:  rückte  aber  erst  dann,  als  ihm  beides 
verweigert  wurde,  und  mitten  unter  den  elenden  Kriegsrüstungen  des 
Honorius  auch  eine  Verfolgung  gegen  die  in  Italien  lebenden  Gothen 
begann,  zum  dritten  Male  (408)  über  Aquileja,  Concordia,  Altinum  und 
Cremona  in  das  mittlere  Italien  ein.  Da  die  folgenden  Bewegungen 
bei  der  grösseren  Genauigkeit  der  Quellen  keinen  Anlass  zu  einer 
neuen    Erörterung    biethen,    so    schloss   der  Vortrag. 

Eingegangene  Oruekschriften. 

Verhandlungen    und  Mittheilungen   des  niederöst.  Gewerbe  Vereines.    Wien    1859   Nr.  1 — 2. 

V  o  in  Vereine. 
Pester   Lloyd.    1859  Nr.  6?  — 74.  Von    der    Redaction. 

Zeitschrift   des  Vereines    für    hamburgische    Geschichte  n.F  I    1 — 4    Hamburg  i854 — 58. 

Vom   Vereine. 
P.  Herman    Bär,    vormals    des   Klosters  Eberbach  Priester   und  Busirer,    diplomatische  Ge- 
schichte der  Abtei  Eberbach  von  Rheingau.  Von  Dr.   K.  R  os  sc  1.  Wiesbaden  1851 — 58. 
Vom    Vereine   f.  nass.   Alterth.    und    Geschichte     in     Wiesbaden. 
Mitteilungen  von  J.   Perthes    geographische  Anstalt  über  wichtige     Erforschungen     auf 
dem  Gesammtgebiete  der   Geographie.  Von  Dr.    A.  Petermann.  Gotha  1858Nr.   12. 

Von  J.   Perthes    geogr.    Anstalt. 
Atti  dell'    I.    R.  Istituto    veneto    di   scienze,  lettere   ad    arti    Vol.    IV.     Ser.     III.   disp.    4. 
Venezia    1858 — 59.  Vom  k.   k.   Institut  der   Wissensch. 

Ausfria.    Wochenschrift   für    Volkswirtschaft  und   Statistik.    Wien    1859.   Nr.  12. 

Von  der  Redaction. 
Proceedings   of  the  R.   Geographica!   Society  of  ^London.  Vol.    III.   Nr.  2.  1859. 

Von   der   k.  Gesellschaft. 

Personalstand    und     Vorlesordnung   an     den    stand,    technischen     Lehranstalten     in    Gratz, 

vom    Studienjahre  1858 — 59.  Von    der  Direction. 

Bolletino   dell'   Istmo   di   Suez.    Torino  1859  Nr.  6.  Von    der   Redaction. 

Beitrag     zur    geographischen     Verbreitung    der   Tingideen.     Von    Dr.   G.   L.    Mayr.  Wien 

1858.  — Beitrag  zur   Ameisenfaunu    Busslands.  Von  Dr.  G.  L.  Mayr.  Stettin. 

Vom   Verfasser. 
Verzeichniss  der  Landkarten  im   Verlage    von    Artaria  et  C.  Wien  1859. 

Vom   Verleger. 

Die  oesterreichisehen  Höhlen.     Line   geographische  Skizze   von  Professor  Dr.  Ad.  Sc  h  mi  dl. 

Pest   1858.  Vom  Verfasser. 


71 

Versammlung  am  3.  Mai  1859. 

Der  Herr  Präsident  k.  k.  Sectionschef  K.  Freiherr  von  Czoernig 
führte    den    Vorsitz. 

Den  Statuten  entsprechend  wurde  Se.  Durchlaucht  K.  J.  Fürst  von 
Lobkowitz,  k.  k.  Statthalter  von  Nieder-Oesterreich,  zum  ausserordent- 
lichen   Mitgliede    gewählt. 

Der  Secretär  machte  die  Mittheilung  von  dem  Verluste  zweier  cor- 
respondirender  Mitglieder  durch  den  Tod ,  des  k.  württembergischen  Fi- 
nanzrathes  Dr.  Paul  von  Sick,  Ritter  des  kais.  österr.  Franz  Joseph- 
Ordens,  in  Stuttgart,  und  des  k.  bayerischen  Professors  Dr.  Otto  Sendt- 
ner  in  München;  ersterer  wohl  bekannt  durch  seine  statistischen  Arbeiten, 
namentlich  seit  der  Zeit  des  internationalen  statistischen  Congresses  in 
Wien,  letzterer  rühmlichst  bekannt  durch  seine  pflanzen -geographischen 
Werke,  und  als  einer  der  gründlichsten  Forscher  und  Gelehrten  auf  diesem 
Felde    allgemein    geachtet. 

Herr  Secretär  Foetterle  legte  eine  für  die  Mittheilungen  bestimmte 
Abhandlung  „Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn"  vom  Herrn  k.  k. 
Bergrathe  Franz  Ritter  von  Hauer  vor.  Letzterer  hatte  diese  Höhen- 
messungen bei  Gelegenheit  seiner  im  vorigen  Jahre  ausgeführten  geolo- 
gischen Uebersichtsaufnahme  des  nordöstlichen  Theiles  von  Ungarn  in  den 
verschiedensten  Richtungen  der  Comitate  Säros,  Zemplin,  Unghvär,  Beregh- 
Ugöcsa  und  Marmaros  vorgenommen;  und  sich  hiezu  theils  eines  Queck- 
silberbarometers, theils  eines  auf  der  Sternwarte  des  Herrn  Prälaten  E. 
Ritter  v.  Unkh  recht sberg  in  Olmütz  geprüften  B  o  ur  don'sehen  Metallbaro- 
meters bedient.  Mittelst  des  ersteren  wurde  insbesondere  die  Seehöhe  einer  An- 
zahl von  Fixpuncten  bestimmt,  auf  welche  dann  die  bei  kleineren  Aus- 
flügen gemachten  Beobachtungen  auf  dem  Bourdon'schen  Metallbarometer 
berechnet  wurden.  Als  Gegenbeobachtungen  wurden  die  Beobachtungen  der 
meteorologischen  Stationen  in  Ofen,  Kaschau,  Wallendorf  bei  Bistritz  in 
Siebenbürgen  und  Debreczin  benützt.  Auf  diese  Art  wurde  die  Bestimmung 
von  587  Höhenpuncten  in  einer  Gegend,  aus  der  bisher  eine  nur  äusserst 
geringe  Anzahl  von  Höhenbestimmungen  vorliegt.  (Siehe  diesen  Jahrgang 
2.    Heft    Abhandlungen   Seite    71.) 

Herr  Professor  Dr.  J.  R.  Lorenz  in  Fiume  sandte  eine  Mittheilung 
„über  die  Quellen  des  liburnischen  Karstes  und  der  vorliegenden  Inseln," 
welche  Herr  Secretär  Foetterle  vorlegte.  Wie  auf  dem  ganzen  Karst- 
gebirge so  sammeln  sich  auch  hier  die  atmosphärischen  Niederschläge 
nirgends  zu  anhaltenden  Bach-  oder  Fluss-Systemen,  sondern  versinken 
gleich  oder  nach  ganz  kurzem  Laufe  in  die  Spalten  und  Klüfte  des  Karst- 
kalkes. Man  findet  daher  auf  dem  Kalkplateau  gar  keine  Quellen,  und 
nur  die  Schneelöcher,  welche  theilweise  auch  im  Sommer  gefüllt  bleiben, 
biethen  einiges  Trinkwasser,  sowie  in  den  Gesenken  des  Plateaus  einige 
Quellen  zum  Vorschein  kommen,  welche  eine  constante  Temperatur  von 
6  bis  7  Grad  R.  besitzen.  Erst  dort  wo  in  den  tieferen  Theilen  am 
Rande  des  Plateaus  Sandstein  und  Schiefergebilde  auftreten,  treten  auch 
zahlreiche  Quellen  zu  Tage.  So  mit  dem  langen  Sandstein-Streifen  im 
Grunde  der  Thäler  Recina,  Draga,  Vinodol  und  am  unmittelbaren  Meeres- 
rande zwischen  Kantrida  bei  Fiume,  Buccari  und  Povilje  in  der  Militär- 
grenze. Alle  diese  Quellen  sind  Kalkquellen  von  grosser  Reinheit  und 
Frische,     und    haben    eine     constante    Temperatur    von   7    bis    8    Grad    R. 

MiitheiluD^en  der  k    k.  geographischen  Gesellschaft  HI.  Bd.  3.  Heft.  6 


72  Versammlung  am  3.  Mai  1859. 

Auf  den  Inseln  gibt  es  überall  nur  sehr  wenige  und  spärliche  Quellen, 
welche  ebenfalls  nur  an  der  Gränze  zwischen  Kalk  und  Sandstein  entstehen. 
(Siehe    diesen    Jahrgang    2.    Heft    Abhandlungen    Seite    103.) 

Herr  k.  k.  Sectionsrath  W.  Haidinger  legte  eine  eben  erhaltene 
gedruckte  Abhandlung  des  englischen  Capitäns  Spratt  vor,  „das  Delta 
des  Nil.  Eine  Untersuchung  über  die  Wirkung  der  vorwaltenden  Wellen- 
richtung auf  die  Sedimente  des  Nil."  Es  ist  diess  ein  wissenschaftliches 
Bild  der  Ablagerung  jener  gewaltigen  alljährlich  durch  den  Nilstrom  in 
das  mittelländische  Meer  geförderten  Massen  an  Sand  und  Schlamm,  und 
der  scharfen  Begränzung  derselben  in  ihrer  untermeerischen  Ausdehnung. 
Die  Aufnahmen  des  Herrn  Commandeurs  Mansell,  Lieutenants  Brooker 
und  Herrn  Fred.  Skead  gaben  die  Küsten-  und  Tiefenlinien.  Sorgfältig 
wurden  die  Boden-Proben  aufgenommen  und  untersucht,  und  230  an  der 
Zahl  in  dem  „Museum  of  Practical  Geology''  in  London  unter  der  Lei- 
tung von  Sir  B.  I.  Murchison  aufbewahrt.  Es  ist  leicht,  die  Nilfluthen- 
Absätze  von  eigentlichen  Meeres-Absätzen  zu  unterscheiden.  Erstere  sind 
immer  stark  kieselerdehaltig,  wie  diess  schon  Herr  Leonard  Homer  in 
den  Philosophical  Transactions  I.  18öö  nachgewiesen  hat.  Sie  enthalten 
nur  wenig  Kalkerde,  während,  was  vom  Meere  selbst  zugeführt  wird, 
stark  kalkhaltig  ist,  sowie  auch  die  Umgegend  von  Alexandrien.  Bis  zu  dieser 
Stadt,  ja  so  weit  nur  vom  Nil  entfernt  wie  Abukir,  kommt  auch  nicht 
die  Spur  eines  Nil-Absatzes.  Aber  diess  ist  das  characteristische  der 
Erscheinung:  die  Meeres-Strömung  treibt  allen  Absatz  des  Nil,  Sand  und 
Schlamm,  in  östlicher  Bichtung  fort,  vom  Rosette-Arm  wohl  eine  Strecke 
gerade  in  das  Meer  hinein,  dann  aber  östlich  bis  zum  Damiette-Arm  und 
von  dort  weiter  östlich  über  den  Golf  von  Pelusium,  Ghemil,  den  pro- 
jectirten  Kanalhafen  von  Said,  Mahemdie,  Ras  el  Ghels,  so  weit  die  Unter- 
suchung reichte,  und  nach  Capitän  Spratt's  Ansicht  bis  el  Ariseh  und 
an    die    Küste   von    Syrien. 

Der  Gürtel  des  Absatzes  von  kieselerdehältigem  Sand  und  Schlamm 
ist  etwa  12  englische  Meilen  breit.  Bei  13  Meilen  findet  man  auf  der 
Höhe  von  Bosette  in  31  Faden  Tiefe  keine  Spur  von  Nil-Absatz,  sondern 
reine  Meeresproducte,  Korallen,  Korallensand  oder  Muschelschalen-Bruch- 
stücke. So  wie  die  Meeres-Strömungen  wirken  nordwestliche  Stürme  auf 
die  Dünenbildung  und  Wanderung  auf  der  nördlichen  mehr  ausgesetzten 
Gegend  des  eigentlichen  Deltas.  Die  Dünen  sind  daselbst  viel  höher  als 
östlich  von  dem  Damiette-Arm.  Vieler  Sand  wird  von  diesem  aufgenommen 
und  sodann  abgesetzt  und  weiter  östlich  untermeerisch  verbreitet.  Oestlich  und 
in  der  Linie  der  Bohrungen  durch  die  internationale  Commission  kommt 
man  fast  überall  auf  Sandlager,  welche  wahre  Nil-Absätze  sind,  und  die 
durch  Graben  erreicht  eine  unerschöpfliche    Quelle    von    Sandquellen    liefern. 

WTas  einfaches  Ergebniss  unabhängiger  wissenschaftlicher  Forschung 
ist,  bezieht  nun  Capitän  Spratt  auf  das  vielbesprochene  Unternehmen 
der  Durchstechung  des  Isthmus  von  Suez  und  namentlich  die  Aussichten 
der  Anlage  des  beantragten  Hafens  von  Said,  welche  allerdings  wenig 
günstige  Erfolge  versprechen.  Fortwährend  wird  Sand  und  Schlamm  in 
dieser  Bichtung  zugeführt,  so  dass  die  schwierigsten  und  kostspieligsten 
Bagger-Arbeiten  nie  ruhen  würden,  vorausgesetzt  selbst,  dass  es  möglich 
wäre,  einen  einmal  durchgegrabenen  Kanal  offen  zu  erhalten.  Man  hat 
die  Schwierigkeiten  nur  mit  den  Erfordernissen  von  Malamocco  bei  Ve- 
nedig  verglichen,    aber    die    Vergleichung    ist  nicht  ausreichend,  man   müsste 


W.  Haidinuer.  H.  Wolf.  A.  Steinhauser.  7  3 

die  Absätze  des  Po  ins  Auge  fassen,  und  diese  geschehen  mehr  in  süd- 
licher Verbreitung.  Ravenna  ist  es  eher,  als  Malamocco,  das  man  mit 
dem  beantragten  Hafen  von  Said  im  Golf  von  Pelusium  vergleichen  müsste. 
Capitän  Spratt  ruft  die  Aufmerksamkeit  der  internationalen  Commission 
auf  alle  diese  Puncte :  „es  scheint  mir,  es  sind  diess  Lebensfragen  für 
das  Unternehmen,  und  nicht  hinlänglich  erörtert.  In  der  That  konnte  diess 
aber  auch  nicht  geschehen,  ohne  den  hier  erst  eingeschlagenen  Weg  der 
Untersuchung  der  Zustände  des  Mittelmeeres  und  des  Einflusses  der 
Meeresströmungen    auf   die  Absätze  aus  den  Nilfluthen  jenseits  seines  Delta." 

Es  ist  zu  hoffen,  dass  die  klare  Darlegung  der  Thatsachen,  wie  sie 
der  hocherfahrene  Verfasser  hier  gibt,  von  den  Personen  beherziget  werden 
wird,    welche    dieser    grossen    Frage    ihre    Theilnahme    schenken. 

Herr  H.  Wolf  legte  eine  Zusammenstellung  der  Strassen-,  Fluss- 
und  Eisenbahn-Nivellements  im  Honther  und  Neograder  Comitate  in  Un- 
garn   vor. 

Es  sind  12  einzelne  Nivellementszüge  mit  einer  Gesammtlänge  von 
75 y4  Meilen,  welche  auf  verschiedene  Vergleichungsebenen  bezogen  waren 
und  daher  nur  relative  Höhen  gaben,  die  unter  sich  im  keinem  Zusam- 
menhange   standen. 

Durch  zweckmässige  Auswahl  von  Puncten  aus  jedem  einzelnen  Ni- 
vellement gelang  es  dieselben  untereinander  zu  verbinden,  und  auf  die 
Seehöhe  des  Eisenbahn-Stationplatzes  Szobb  zu  beziehen.  Dieser  letztere 
wurde  von  der  des  Nordbahnhufes  abhängig  gemacht,  welche  bereits  bei 
einer  anderen  Gelegenheit  genau  bestimmt  wurde.  Hiedurch  ergab  sich 
die  Seehöhe  von  Szobb  mit  58.139  W.  Klafter,  von  welcher  sodann  die 
Seehöhen    aller    übrigen    Puncte    der    12    Nivellementszüge     abgeleitet    sind. 

Das  vorgelegte  Verzeichniss  weiset  deren  mehr  als  200  nach,  und 
es  gibt  eine  wesentliche  Bereicherung  des  hypsometrischen  Materials  zum 
Studium  der  orographischen  Verhältnisse  des  Honther  und  Neograder 
Comitates,  welches  innerhalb  der  letzten  4  Jahren,  von  den  in  A.  Sen- 
noner's  Verzeichnisse  im  Jahrbuche  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt 
1853  gegebenen  29  Nummern  mit  Zuzählung  der  von  dem  k.  k.  Kataster 
ausgeführten  und  den  in  den  Comitatskarten  und  in  der  neuen  Admiuistrations- 
Karte  Ungarns  angegebenen  trigonometrischen  Höhenbestimmungen,  und 
endlich  den  von  Herrn  Wolf  in  der  jüngsten  Zeit  ausgeführten  baro- 
metrischen Messungen  rasch  auf  nahezu  800  Nummern  gestiegen  ist.  (Siehe 
diesen   Jahrgang    2.    Heft    Abhandlungen    Seite    120.) 

Der  Hr.  k.  k.  Rath  A.  Steinhauser  brachte  die  ältesten  drei  Karten 
von  Bayern  (von  Apian,  Wein  er  und  Finkh)  und  eine  Auswahl  von 
Blättern  des  topographischen  Atlas  von  Bayern  zur  Ansicht,  als 
den  Anfang  der  Ausführung  einer  von  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  Feld- 
marschall-Lieutenant und  General- Artillerie -Director  R.  v.  Hauslab  her- 
rührenden Idee,  sämmtliche  grosse  topographische  Arbeiten  Europas  nach 
und  nach  den  Mitgliedern  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  zur  An- 
schauung zu  bringen  und  nebstbei  historische  Andeutungen  über  die  Be- 
gründung und  Fortbildung  der  betroffenen  topographischen  Arbeiten  zu 
geben.  Herr  A.  Artaria  erbot  sich  freundlichst  dazu  mit  allen  Mitteln 
seines  Bereiches  mitzuwirken.  Der  diessfalls  dem  Ausschuss  gemachte  An- 
trag   wurde    bereitwillig    genehmigt. 

Ausnahmsweise  wurde  bei  Bayern  auch  in  die  alte  Zeit  eingegangen, 
weil    dieses    Land    das    erste    in    Deutschland   war,    das    sich    einer    auf   ma- 

6* 


74  Versammlung  am  3.  Mai  1859. 

thematischen  Grundlagen  ruhenden  Karte  schon  vor  nahe  300  Jahren 
rühmen  konnte.  Apian's  Holzschnitt-Karte  von  22  Blattern  datirt  vom 
Jahre  1566.  Alle  späteren  (Weiner's  Copie  auf  Kupfer  vom  J.  1579, 
und  Finkh's  verkleinerte  und  auf  28  Quartblätter  ausgedehnte  Karte, 
welche  noch  Moreau  im  J.  1800  benützte)  beruhen  auf  ihr.  Hauptmann 
Aulitschek  verdanken  wir  die  ausführlichsten  Nachrichten  über  die  Be- 
gründung und  Fortschritte  der  bayerischen  Topographie.  Er  erzählt  uns, 
dass  Cassinis  Längengradmessung,  die  bis  Passau  reichte,  und  zu  welchem 
Behufe  er  eine  Basis  bei  München  mass,  einen  ersten  Anstoss  gab,  der 
jedoch  keine  thatsächlichen  Folgen  hatte.  Erst  um  die  Zeit  vor  und  nach 
dem  Luneviller  Frieden  vereinigten  sich  französische  und  bayerische  In- 
genieure unter  der  Direction  Abancourt's  (später  Bonn  es),  um  eine 
Militärkarte  des  bayerischen  Kreises  auszuarbeiten,  allein  wegen  zu  grosser 
Eile  wurde  nicht  genau  genug  gearbeitet,  und  als  später  im  J.  1807 
auch  die  Parcellvermessung  behufs  des  Steuerkatasters  eingeführt  wurde, 
war  es  nöthig,  die  von  Bonne  besorgte  zweite  Basismessung  ausge- 
nommen, die  Triangulirung  zu  wiederholen.  Das  von  Utzschneider, 
der  Triebfeder  und  Seele  der  Parzellvermessung,  gegründete  optische 
Institut  entwickelte  die  Talente  eines  Beichenbach,  Frauenhofe r  und 
Lieb  he  er  und  kam  dem  grossartigen  Unternehmen  hilfreichst  entgegen. 
Das  im  J.  1801  gegründete,  im  J.  1808  definitiv  unter  der  Leitung 
des  rühmlich  bekannten  Oberst  von  Riedl  (f  1809)  organisirte  topo- 
graphische Bureau  in  München  und  die  auch  im  Jahre  1808  ent- 
standene Steuer  -  Yermessungs  -  Co  mmissi  on  arbeiteten  bis  1816 
unabhängig  neben  einander,  endlich  wurde  bei  der  zweiten  Organisation 
des  ersteren  (im  Jahre  1816)  der  Operationsplan  ein  gemeinsamer,  und 
die  gegenseitige  Unterstützung  förderte  die  beiderseitigen  Zwecke.  Das 
topographische  Bureau  theilte  sich  in  eine  topographische  und  litte- 
rarische Abtheilung,  und  nahm  im  J.  1817  die  Lehmann'sche  Zeich- 
nungsart der  Unebenheiten  als  Norm  an.  Eine  nochmalige  Organisation 
im  Jahre  1822  minderte  die  Arbeitskräfte  durch  Hinüberziehung  eines 
Theiles    derselben   in    den    neuerrichteten    General-Quartiermeister-Stab. 

Der  aus  den  Vermessungsarbeiten  hervorgegangene  Atlas  hat  drei 
Hauptperioden  durchgegangen.  Eine  ältere  reicht  vom  J.  1812  (wo  die 
ersten  2  Blätter  erschienen ,  ein  paar  Vorläufer  ungerechnet)  bis  etwa 
1819  incl.,  wo  die  Resultate  der  Katasterarbeiten  noch  nicht  benützt 
wurden  und  die  Lehmann'sche  Zeichnung  noch  nicht  eingeführt  war, 
und  wo  die  Folgen  davon  selbstverständlich  noch  in  jenen  nach  1816 
und  1817  erschienenen  Blättern  zu  vermuthen  sind,  deren  Vollendung 
bereits  zu  weit  vorgerückt  war.  Die  spätere,  wo  mit  aller  Kraft  gear- 
beitet wurde,  umfasst  das  Jahrzehend  von  1820  bis  1829  incl.  und  eine 
dritte,  wo  das  langsame  Erscheinen  der  Blätter  offenbar  die  reducirten 
Kräfte    verkündet,    kann    man    vom    Jahre    1830    annehmen. 

Der  Maassstab  der  Karte,  ^  der  Natur  (d.  i.  1  Zoll  =  696*/3  Klft.), 
würde  noch  mehr  Detail  in  Angaben  der  Kultur  u.  a.  erlaubt  haben, 
auch  spricht  sich  bezüglich  der  Terrainzeichnung  eine  competente  Stimme 
in  dem  vom  k.  preussischen  General-Stabe  veröffentlichten  kritischen  Ver- 
zeichnisse der  besten  Karten  von  Mittel-Europa  nicht  ganz  günstig  aus. 
Noch  wurden  2  Uebersichtskarten  in  15  Blättern  vorgewiesen,  eine 
rein  topographische  und  eine  Terrainübersichtskarte,  die  einander  ergänzen, 
deren    Vereinigung    aber    doch  bequemer    sich    erproben    würde. 


7S 


Eingegangene  Druckschriften. 


Austria.    Wochenschrift   für-  Volkswirthschaft   und    Statistik.     Wien    1859.    Nr.    14. 

Von   der   Redaction. 
Nouvelles    annales    des    voyages  de    la    geographie    etc.  Paris    1859.  Mars. 

Von  der   Redaction. 

Rivista    periodica    dei    lavori    della    I.    R.  Accademia  di  scienze,  lettere  ed  arti  in  Padova. 

V.  VI.    Padova    1857,    1858.    —    Nuovi  Saggi  della  I.  R.  Accademia  etc.   Vol.  VII.  1. 

Padova    1857.  Von  der  k.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Padua. 

Jahresfeier    der    Eröffnung    des    Landes-Museums.    Laibach    1832.     —    Leitfaden    für   die 

d.  Landes-Museum  in  Laibach  Besuchenden.  Von  Fr.  I  Graf  v.  Hohenwarth.  Laibach 

1836.    —    Landes-Museum    im    Herzogthume    Krain    1836 — 1838      Laibach  1838.  — 

Jahresheft  des  Vereines  des  Krainer  Landes-Museums.  Laibach  1856.    Vom  Vereine. 

Museo    civico    di   Bassano.    Bassano    1857.  Von   H.    Senoner. 

Zeitschrift  für  allgemeine  Erdkunde.  VI. 2.  Berlin  1859.  Von  d.  Ges.  f.  Erdkunde  in  Rer  lin. 

Wiener   Eisenbahnzeitung.    Führer   für    Reisende    auf   Eisenbahnen    und    Dampfschiften  etc. 

Von    Leop.    Kastner.    Wien.     Januar    —   April,    November  und  Dezember    1858; 

März,  April  1859.  —  Telegraphen -Tarif  von  Wien  nach  allen  Stationen  Europas  etc. 

Von  Leop.  Kastner.  Wien.  Nr.  1.  April,  Nr.  3  November  1858.    Vom  Verfasser. 

Landwirthschaftliche    Zeitschrift   von   und   für   Oberösterreich.   Linz    1859,    Nr.   8. 

Von    der  k.  k.    Landw.-Gesel  lschaft    in    Linz. 
Centralblatt  für  die  gesammte  Landeskultur.  Prag.  Jahrg.  1857,  1858,  Nr.  14—16  de  1859. 

Von  d.  k.  k.  p.  ök.  Gesell  seh.  in  Prag. 
Mittheilungen  aus  J.  Perthes  geographischer  Anstalt  über  wichtige  neue  Erforschungen  auf 
dem  Gesammtgebiete  der  Geographie.  Von  Dr.  A.  Petermann.  Gotha  1859.  Nr.  3. 

Von  J.  Perthes  geograph.  Anstalt. 
Landschaftliche  Hand-Zeichnungen  (8  Slück)  verschiedener  Gegenden. 

Von  Freiin  von  Kotz  in  Prag. 
Catalogue  des  livres  de  l'imprimerie  armenienne  de  St.  Lazare.  Venise  1858. 

Von  H.  Senoner. 

Zeitschrift  für  vaterländische    Geschichte   und    Alterthumskunde.     Herausgegeben   von  dem 

Vereine  für  Geschichte  u.  Alterthumskunde  Westphalens.  N.  F.  IX.  Bd.  Münster  1858. 

Vom  Vereine  in  Paderborn. 

Ueber  das  Castell   Aliso.   Von  Dr.   W.   E.   Giefers.    —   Kurze  Geschichte  der  Hinenburg. 

Von   Dr.    \V.   E.  Giefers.    —    Beiträge  zur  Geschichte  und  Geographie  des  alten 

Germaniens.  Von  Dr.  W.   E.   Giefers.  Münster  1852.  Vom  Verfasser. 

Das  Land  Delbrück  und  seine  Bewohner.  Von  W.  Schmidt.  Münster  1857. 

Von  Herrn  Dr.  W.  E.  Giefers  in  Paderborn. 
Jahrbücher  und  Jahresberichte  des  Vereines  für  mecklenburgische  Geschichte  und  Alter- 
thumskunde. XI11 — XXIII.  Schwerin  1848—1858.  —  Register  über  die  1— XX  Jahrg. 
der  ebengenannten  Jahrbücher.  I — III.  Schwerin  1844 — 1856.  —  Statuten  benannten 
Vereines.  Schwerin  1852.  —  Instructionen  für  Aufhebungen  von  christlichen  Grab- 
denkmälern in  Mecklenburg.  Schwerin  1837.  —  Mecklenburgische  Urkunden.  Gesam- 
melt, bearbeitet  nnd  herausgegeben  von  G.  C.  F.  Lisch.  I — III.  Schwerin  1837 — 1841. 
—  Andeutungen  über  die  altgermanischen  und  slavischen  Grabalterthümer  Mecklen- 
burgs u.  s.  w.  Von  G.  C.  F.  Lisch.  Schwerin  1 837.  —  1.  Bericht  über  die  dem  grossh. 
mecklenb.  Antiquarium  zu  Schwerin  in  dem  Zeiträume  von  1834  bis  1844  gewordenen 
Vermehrungen.  Von  G.  C.  F.  Lisch.  Schwerin  1844.  Vom  Vereine  in  Schwerin. 
Bulletino  dell'  Istmo  di  Suez.  Torino  1859.  Nr.  7.  V  on  d  er  R  ed  action. 

Gospodarski  List.  Zagrebu  1859.  Nr.  15 — 17.     Von  der  k.  k.  Ackerb.-Ges.  in  Agram. 
Bulletin  de  la  Societe  imp.  des  Naturalistes  de  Moscou.  Nr.  4  de  1858. 

Von    der  k.    Na t.  -Gesellschaft. 

Bolletino   dell' Associazione  agraria  friulana.  Udine  1859.  Nr.  7.      Von  der  Gesellschaft. 

Allgemeine    Land-    und    Forstwirtschaftliche   Zeitung.    Herausgegeben  von  der  k.  k.  Land- 

wirthschafts-Gesellschaft  in  Wien.  1859.  Nr.  13.  Von  der  k.  k.  Landw.-Ges. 

Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt.  Wien.  IX.  1858.  Nr.  4. 

Von  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt. 
Verzeichniss  der  Erdbeben  und  vulkanischen  Eruptionen  und  der  dieselben  begleitenden  Er- 
scheinungen in  den  Jahren  1855  und  1856.  Von  Emil  Kluge.  Dresden  1858.  — 
Die  Reactionen  des  Erdinnern  gegen  die  Erdoberfläche  in  den  Jahren  1855  und  1856. 
Von  Emil  Kluge.  Gotha  1858.  —  Dr.  Clement's  Theorie  der  Erdbeben-Bewegung. 
Beleuchtet  von  Emil  Kluge.  Gotha  1858.  Vom  Verfasser. 

Verhandlungen  des  Vereines  für  Naturkunde  zu  Pressburg.  III.  1858.  Nr.  1,  2.  —  Populäre 
naturwissenschaftliche  Vorträge,   gehalten  im  Vereine  für  Naturkunde  von  Prof.  Albin 


76 

Fuchs.  1858.  —  Beitrag  zur  Kenntniss  der  klimatischen  Verhältnisse  Pressburgs.  Von 

Professor  Dr.  G.  A.  Korn  buber.  Pressburg  1858.  Vom  Vereine. 

Notizblatt  des  Vereines  für  Erdkunde  und  verwandte  Wissenschaften  u.  s.  w.  .Darmstadt  1859. 

Nr.  22 — 28.  Janaar,  März.  Vom  Vereine. 

Protokoll  der  4.  Sitzung  der  Kronstädter  Handels-   und  Gewerbekammer  am  17.  März  1859. 

Von  der  Handelskammer. 
Wochenblatt  der  k.  k.    steiermärkischen  Landwirthschafts- Gesellschaft.  Gratz  1859.  Nr.  13. 

Von  der  Gesellschaf t. 
Iicelmungs-Abschluss  der  galizischen  Sparkassa  mit  31.  Dezember  1858.  Lemberg  1858. 

Von  der  Sparkassa. 
Triester-Zeitung.  Nr.  223  de  1859.  (Mit  Nachrichten   von  Sr.  Maj.  Fregatte  „N'ovara") 

Von  der  Redaction. 
Zeitschrift  des  Ferdinandeums  für  Tirol  und  Vorarlberg.  III.  Folge.  8.   Heft.  Innsbruck  1859. 

Von  Ferdinandeum. 
P"L*.S,rf  LL'L.fl  etc.  (Pasmavel  oder  Polvhistore,  Sammlung  von  wissenschaftlichen  Abhand- 
lungen. )  Venedig  1858.  Vom  Mechi  taristen-Co!  legium  in  Venedig. 
Jahresbericht  der  Gesellschaft  für  nützliche  Forschungen  zu  Trier.   Von  1853 — 1857.  Trier 
1854 — 1858.  Von  der  Gesellschaft. 
Berichte  der  Rhein.  Missions-Gesellsehaft  Barmen.  Nr.  13 — 18  de  1858,  Nr.  1 — 6  de  1859. 

Von  der  Missions-Gesellschaft. 

Der  Geschichtsfreund.  Mittheilungen  des  historischen  Vereines  der  5  Orte  Lucern.  Uri,  Schwyz, 

Unterwaiden  und  Zug.   Lucern  XIII.  XIV.   1857,  1858.  Vom  bist.   Vereine. 

Atti  delP  Accademia  fisio-medico-statistica  di  Milano.  Anno  accad.  1858,59.  Vol.  IV.  An.  XIV. 

disp.    1.    1859.  Von  der  f.  in.  stat.  Akademie. 

Atti  dell'  1.  R.  Istituto  Veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti.  Venezia.  T.  IV  S.  III.  disp.  5.  1859. 

Vom  k.  k.  Institute. 
Militärzeitung.  Wien  1859.  Nr.  15 — 20.  Von  der  Redaction. 


Versammlung  am  17.  Mai  1859. 

Der  Herr  Präsident  k.  k.  Sectionschef  K.  Freiherr  von  Czoernig 
führte    den    Vorsitz. 

Herr  F.  Freiherr  von  Andrian  legte  mehrere  dem  englischen 
Parlamente  in  der  Parlamentssession  1857  und  1858  vorgelegte  Par- 
liamentary  papers  vor,  welche  wegen  ihres  interessanten  geographi- 
schen Inhaltes  von  dem  hohen  k.  k.  Handelsministerium  der  k.  k.  geo- 
graphischen Gesellschaft  mitgetheilt  wurden  und  zwar  weitere  Papiere 
über  die  Kaffernländer,  Papiere  bezüglich  der  letzten  Expedition  zur 
Untersuchung  des  nördlichen  Theiles  von  Australien  unter  A.  C.  Gre- 
gory; ferner  die  Papiere  in  Betreff  der  Trennung  des  Moreton  ßay- 
Districtes  von  Neu  Süd  Wales;  und  endlich  die  Correspondenz  über 
I.  M.  Schiff  „ Resolute*  und  die  Arktische  Expedition.  Während  die  erst- 
genannten uns  manches  Interessante  über  die  Katfernstämme  und  die  Un- 
terhandlungen mit  ihnen  lehren,  enthalten  die  weiteren  den  ämtlichen 
Bericht  Gregorys  über  die  Resultate  seiner  Expedition  im  nördlichen 
Australien  vom  Juli  1855  bis  April  1858  zur  Aufsuchung  von  Dr.  L  ei- 
ch ar  dt;  und  eine  interessante  Schilderung  des  Moreton  Bay-Districtes 
im  östlichen  Australien;  endlich  gibt  die  letzt  angeführte  Correspondenz 
eine  genaue  Schilderung  der  Auffindung  des  brittischen  Schiffes  „Resolute" 
in  der  Davis-Strasse  durch  den  nordamerikanischen  Wallfischfänger  „George 
Henry"  unter  Capitän  Buddington  nachdem  das  Schiff  unter  Capitän 
Kellett  im  Jahre  1850  zu  einer  arktischen  Expedition  bestimmt,  im 
Wellington  Kanal  unter  dem  76°  N.  Br.  und  94°  Länge  im  Jahre  1853 
im  Eise  festeingefroren  verlassen  werden  musste.  Der  Strömung  folgend, 
wurde  es  zwei  Jahre  später  mit  den  Eismassen  durch  die  Barrow-Strasse, 
die  Baffin's-Bay  bis  in  die  Davis-Strasse  geführt,  hier  im  September 
1855    vom    Capitän    Buddington    aufgefunden,    nach  Neu-London  gebracht, 


F.  Andrian.  F.  Foetterle.  A.  v.  Ruthner.  77 

und  von  den  Vereinigten  Staaten  Ihrer  brittischen  Majestät  feierlich  wieder 
zurückgestellt. 

Herr  k.  k.  Bergrath  F.  Foetterle  hielt  einen  Vortrag  über  die 
Terraingestaltung    des    nordwestlichen    ungarischen    Gebirgslandes. 

Herr  Dr.  A.  von  Ruthner  las  eine  Mittheilung  über  seinen  Ueber- 
gang  aus  dem  Oetzthale  in  das  Pitzthal,  über  den  Hochvernagt  und 
Sechsegertenferner.  (Siehe  diesen  Jahrgang  2.  Heft.  Abhandlungen  Seite 
130.    Nr.    XII.) 

Eingegangene  Druckschriften. 

Annales  de   ia  propagation  de  Ia  foi.  Paris  1859.  Mai.  Nr.  184.  Von  der  Redaction. 

Mittheilungen  der  Gesellschaft  für  vaterländische  Alterthümer    in  Basel.   IV — V.  VII.   Basel 
1852—57.  Von    der    Gesellschaft. 

Austria.    Wochenschrift  für    Volkswirtschaft  und   Statistik.   Wien    1859.   Nr.    17 — 18. 

Von    der   Redaction. 
The    Atlantis:    a    Register    of  literature    and    science    conducted    by   membres    of  the    ca- 
tholic  University  of  Ireland.  London  1859.  January.  Nr.  3.         Von  der  Redaction. 
Verhandlungen    und    Mittheilungen    des   n.    ö.    Gewerbe-Vereines.    Wien    1859.    Nr.   3. 

Vom  Vereine. 
Landwirtschaftliche    Zeitschrift   von    und    für    Oberösterreich,    Linz    1859    Nr.    9. 

Von    der  k.    k.    Landw.    Gesellschaft. 
Centralblatt   für    die    gesammte    Landescultur.   Prag   1859     Nr.    17 — 18. 

Von  der  k.  k.  p.  ök.  Gesellschaft. 
Allgemeine  Land-  und  Forstwirtschaftliche  Zeitung.  Wien  1859.  Nr.    14 — 15. 

Von  der  k.  k.  Landw.  Gesellschaft. 
Jahresheft    des     Württemberg.     Alterthums-Vereins.      Stuttgart     IX.     1859.    —    Schriften 
des    Württemberg.    Alterthums-Vereins.    Stuttgart    1859.    —    VIII.     Rechenschafts- 
Bericht    vom    1.    Jänner    1856   bis    31.    December    1858.  Vom  Vereine. 
Verhandlungen    der   k.    k.    zoolog.    bolan.    Gesellschaft.    Wien.    Jahrgang    1858. 

Von  der  Gesellschaft. 

Mittheilungen    aus   J.   Perthes    geographischer  Anstalt    über  wichtige    Erforschungen   auf 

dem   Gesammtgebiete   der   Geographie.   Von   Dr.   A.  Petermann.  Gotha    1859.  IV. 

Von   J.    Perthes    geograph.   Anstalt. 
Anzeiger   für    Kunde    der    deutschen    Vorzeit.    Organ    des    germanischen   Museums.    Nürn- 
berg   1859.    April    Nr.    4.  Vom    germ an.    Museum. 
Mittheilungen    des    historischen   Vereins    für   Krain.    Laibach.    Janner — Februar    1859. 

Vom   Vereine. 
Mittheilungen    über    Gegenstände   der    Landwirtschaft   und    Industrie   Kärnthens.    Klagen- 
furt  1859.    Nr.    4.  Von    der  k.    k.   Landw.    Gesellschaft. 
Nouvelles    annales   des   voyages   de    la    geographie    etc.   Paris    1859.    Avril. 

Von  der  Redaction. 
Statistique   de    la   France.    IL    Ser.    T.    III.    2.    IV.    1.    Strassbourg    1857. 

Vom    Kais,    franz.   Ministerium. 
Bolletino   dell1    Associazione    agraria  friulana.    Udine    1859.    Nr.   8. 

Von    der  Ackerb.    Gesellschaft. 
Wochenblatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft.    Gratz  1859.   Nr.    14. 

Von  der  Gesellschaft. 
Delta    of  the    Nile.    An    investigation    of  the    effect    of  the    prevaling   wave    influence    on 
the    Nile's    Deposits    by    Capitain    Spratt.    R.    N.    London  1859. 

Vom    k.    k.    Sectionsrath    Herrn    Wilh.    Haidinger. 
Gospodarski   List.   Zagrebu.    1859.    Nr.    18. 

Von    der   k.    k.    kroatisch,    slav.    Acker  bau- Gesellschaft. 
Neue    Mittheilungen    aus    dem   Gebiete    historischer    antiquarischer   Forschungen.     Heraus- 
gegeben   von    dem    thüring.-sächs.    Vereine    für    Erforschung    des    vaterländischen 
Alterthums-Vereins.    Halle    I — IX.    1.    1834/57.  Vom  Vereine. 

H3c/rfe^0BaHie  o  ToproBwii  Ha  yKpanHCKHxi,  npMapKa  cö.vpr'b,  1851 — 1857. 

Von    der   Kais.    G  eo  grap  h.- Gesellschaft. 
Statitiske   Tabeller  vedkommende  Under  vicsnings  vas  senets  Tilstand  i  Norge  ved  Udyangen 
af  Aaret   1837—1840.    Christiania  1840—1843. 

Von    der    kön.    Gesellschaft  der   Wissen  seh.    in   Drontheim. 
Militär-Zeitung.   Wien  1859.    Nr.   22.  Von   der    Redaction. 


78 


Versammlung  am  7.  Juni  1859. 


Der  Herr  Präsident  k.  k.  Sectionschef  K.  Freiherr  von  Czoernig 
führte    den    Vorsitz. 

Den  Statuten  entsprechend  wurden  die  Herren,  Se.  Hochwürden 
Johann  Gott  schür,  k.  k.  Schulrath  in  Grosswardein  und  August  Jilek, 
Doktor  der  Medizin,  Linienschiffsarzt  und  Leibarzt  Sr.  kais.  Hoheit  des 
Herrn  Erzherzogs  Ferdinand  Maximilian  in  Triest,  zu  ordentlichen 
Mitgliedern    gewählt. 

Unter  den  eingelangten  Druckschriften  lenkte  der  Secretär  Herr 
Foetterle  die  Aufmerksamkeit  der  Versammlung  auf  die  der  Gesellschaft 
zugekommenen  Publikationen  der  Mechitaristen-Congregation  auf  S.  Laz- 
zaro  bei  Venedig,  welche  fortwährend  bemüht  sind,  durch  Veröffentli- 
chung von  geographischen  Büchern  und  Karten  in  armenischer  Sprache 
zur  Verbreitung  dieses  Zweiges  unter  ihren  Landsleuten  in  Klein-Asien 
ungemein    viel    beizutragen. 

Herr  F.  Foetterle  machte  hierauf  eine  Mittheilung  über  die  hydro- 
graphischen Verhältnisse  des   wasserreichen  Kreises   unter  dem  Wiener  Walde. 

Herr  Dr.  A.  von  Ruthner  las  den  Schluss  seiner  Mittheilung  über 
seinen  Uebergang  aus  dem  üetzthal  in  das  Pitzthal  über  den  Hochver- 
nagt  und  Sechsegertenferner.  (Siehe  diesen  Jahrg.  2.  Heft.  Abhandlungen 
S.    130.    N.    XII.) 

Herr  Foetterle  las  folgende  ihm  von  dem  correspondirenden  Mit- 
gliede  Herrn  J.  M.  Ziegler  zugesendete  Mittheilung  über  den  Fortgang 
der  topographischen  Arbeiten  in  der  Schweiz  und  über  W.  M unzin ger's 
Aufenthalt    in    Abyssinien    vor: 

Indem  ich  die  Ehre  habe  Ihnen  über  den  Fortgang  der  topogra- 
phischen Arbeiten  in  der  Schweiz  zu  berichten,  kann  ich  mich  dieses 
Jahr  kurz  fassen,  dass  Herr  General  Dufour  energisch  die  topographi- 
schen Arbeiten  fortsetzen  lässt,  so  weit  diese  durch  eidgenössische  In- 
genieure durchzuführen  sind  (zu  1  :  50,000  Reduct.)  d.  h.  in  jenen 
Cantonen,  wo  die  Cantonal- Behörden  diess  nicht  selber  angeordnet  haben. 
Aber  auch  wo  cantonale  Vermessung  (1  :  25,000)  stattfindet,  wie  zur 
Zeit  noch  in  den  Cantonen  Bern  und  Luzern,  geht  dieselbe  stetig  vor- 
wärts und  es  wäre  diese  noch  mehr  vorgeschritten,  wenn  nicht  durch 
Eisenbahnbauten    unsere   Ingenieure   zu  sehr   in   Anspruch   genommen   wären. 

Der  Canton  Bern  ist  —  wie  mir  der  Director*)  des  dortigen  topo- 
graphischen Bureau  schreibt  —  so  weit  vorgeschritten,  dass  der  bernische 
Antheil  an  den  Blättern  VIII.  und  XII.  der  eidgenössischen  Karte  ganz 
vermessen  ist,  und  am  Blatte  XIII  7  Quadrat  Stadien  ebenfalls  aufgenommen 
sind.  Es  haben  sich  bei  diesen  Arbeiten,  durch  Triangulation  des  Herrn 
Denzler  wichtige  Rectißcationen  ergeben.  Z.  B.  der  topographisch  und 
geologisch  wichtige  Punkt  Wrimmis  (^südl.  Thurnersee)  liegt  statt,  wie  in 
der  Hypsometrie  der  Schweiz  1199  Metr.,  blos  644  Metr.  über  Meer. 
In  den  Resultaten  der  Eisenbahn-Niveaus  findet  man  auch  ein  wichtiges 
Correctiv  für  Hypsometrie.  Aus  dem  Netze  der  Schweiz.  Bahnen  zwischen 
dem  Jura  und  den  Alpen,  das  von  Genf  bis  an  den  Bodensee  und  bis 
nach    Chur   sich    erstreckt,    gelangt    man   übrigens  auf  manche  Bestätigungen 


*)  Herr  Ober-Ingenieur  I.  J.  Denzler. 


I.  M.  Ziegler.  79 

früherer  geodätischer  Bestimmungen.  Behufs  einer  in  Arbeit  liegenden 
hypsometrischen  Karte  der  Schweiz  habe  ich  viele  neue  und  ältere  Quoten 
zu  vergleichen  und  behalte  mir  vor,  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft 
Näheres  diessfalls  mitzutheilen.  Doch  um  barometrische  Angaben,  welche 
in  die  Hypsometrie  der  Schweiz  übergegangen,  mit  den  neuesten  geodä- 
tischen Bestimmungen  zu  vergleichen,  sei  erlaubt,  Folgendes  hinzuzufügen : 
Schupbach-Brücke  A:  670m;  Guyot  Barom.:  672m 
Röthenbach  A:    820„ ;    Studer       „       :    843„ 

man    darf  also    in    manchen    Fällen    auch    früheren    barometrischen   Angaben 
jetzt    noch    Glauben    schenken. 

In  meinem  vorjährigen  Berichte  erlaubte  ich  mir  Ihre  Aufmerksam- 
keit auf  den  Schweizer-Reisenden  in  den  Abyssinischen  Vorbergen  Wer- 
ner Munzinger's  Aufenthalt  bei  den  Bogos  zu  lenken.  Heute  bin  ich 
im  Stande,  Ihnen  einlässlicher  zu  relationiren.  Dieser  fleissige  junge  Ge- 
lehrte hat  im  abgewichenen  Jahre  zwei  Manuscripte  zu  Ende  gebracht 
und  an  seinen  Bruder,  den  Professor  Juris  Dr.  W.  Munzinger  in 
Bern  eingesendet,  durch  dessen  Freundlichkeit  mir  die  Uebersetzung  über- 
tragen worden.  Das  eine  Manuscript  heisst:  „Essay  de  Grammaire  de 
la  langue  Belen";  mit  Dictionären  von  über  2000  ächten  Belen  Wör- 
tern. Das  andere:  „Versuch  über  das  Recht  der  Bogos."  Der  Verfasser 
hat,  nach  vierjährigem  Aufenthalt  unter  diesem  Stamme  es  dahin  gebracht, 
die  weder  geschriebene  noch  ihrem  Wesen  nach  im  Bewusstsein  dieses 
Volkes  verstandene  Sprache  durch  die  Laute  eines  europäischen  Alpha- 
betes wieder  zu  geben  und  kam  dazu,  durch  Beobachten  und  Vergleichen 
die    eigentliche    Grammatik    der   Belen    zu    construiren. 

Die  Bogos  haben  es  mit  Aufnahme  von  Tigre-Wörtern,  wie  die 
Deutschen,  welche  französische,  oder  wie  die  Perser,  welche  arabische 
Wörter  aufgenommen;  doch  werden  die  so  eingebürgerten  nach  der  Belen- 
Grammatik  abgewandelt.  Auch  unterschied  unser  Reisender  ein  paar 
aus  dem  Portugiesischen  gebliebene  Silben,  wie  das  ng,  *das  h,  das  aq 
(aqua)  und  lange  (langue)  des  letzteren.  Nach  der  Aussprache  lassen  sich 
alle  Buchsstaben  auf  das  Deutsche  zurückführen;  voraus  alle  Vocale; 
dann    unterschied    er    aber    auch    die    Guttural-Laute    der   Bergbewohner   im 

Allgemeinen,   z.   B.    ch    oder   ?»•    der    Araber 
dh       „       * 
gh       „      £•   gi    wie   im    französischen. 

q       „      J>    °der    guttural    k. 

Es  ist  um  so  verdienstlicher,  dass  Herr  Munzinger  mit  Ausdauer 
diesen  Sprachstudien  obgelegen,  als  nur  wenige  Menschen,  circa  20000 
das  fielen  sprachen;  dessen  ungeachtet  ist  es  ein  wissenschaftliches  Ver- 
dienst, ein  neues  Idiom  mit  eigenthüm lieber  Alisbildungsfähigkeit  nachge- 
wiesen   zu    haben. 

Wahrscheinlich  auf  ähnliche  Weise,  wie  die  Grammatik  des  Belen, 
entstand  der  Versuch  des  Rechtes  der  Bogos.  Es  ist  auch  hier  ein 
sorgsames  Vergleichen  und  Nachstudiren  von  geschichtlich  Ueberliefertem, 
von  rechtlichen  Satzungen  und  Gewohnheiten  in  Einen  Zusammenhang  gebracht. 

Nach  einer  Einleitung  theilt  Munzinger  seine  Schrift  in  folgende 
Capitel: 


80  \ersammlung  am  7.  .luni  IHöt>. 

1.  Ursprung  des  Rechtes  und  Staates:  die  Familie;  Garantie  des  Rechtes; 
Regriff   der    Familie;    Gerichtsordnung:    Bürgschaften;    Reweis. 

2.  Die    engere    Familie:    Vater    und    Kinder. 

3.  Herr    und    Leibeigener    {Schmagilli    und    Tigre);    Kontrakte. 

4.  Verhältniss    zwischen    Mann    und    Frau,    Eherecht. 

5.  Eigenthum;    Erbrecht;    Verletzung    des    Eigenthums. 

6.  Verletzung    der    Person;    Rlutrecht. 

Nach  jedem  Capitel  folgen  erläuternde,  meist  historische  Bemerkungen 
als  „Erläuterungen."  Der  Verfasser  setzt  demnach  in  seiner  Behandlung 
das  Gesetz  voran  und  erklärt  es  durch  Hinweisung  auf  Gebräuche  und 
Geschichte,  statt,  aus  der  Sitte  des  Volkes    die  Gesetzes-Artikel  nachzuweisen. 

Zweifelsohne  ist  in  dem  Recht  der  Rogos  sehr  viel  Ueberkom- 
menes  aus  demjenigen  Abyssiniens.  Dennoch  ergibt  sich  aus  der  Stammes- 
Geschichte  und  aus  der  Genealogie,  dass  jenes  Recht  auf  originellem  Roden 
entstanden.  Schon  der  Name  weist  auf  nationalen  Ursprung  hin:  Fetech  (jus) 
mogarech  d.  h.  Gesetz  von  Mogarech:  der  Stelle,  wo  die  aus  den  südlichen 
Bergen    Eingewanderten    sich    zuerst    in    der  Nähe    von   Keren    niederliessen. 

Munzinger  sagt  über  seine  Arbeit  bescheidentlich:  „Der  Gegenstand 
ist  klein  und  gross:  klein,  wenn  man  auf  die  Bedeutungslosigkeit  des 
Volkes,  womit  er  sich  beschäftigt,  Rücksicht  nimmt,  gross,  wenn  man 
bedenkt,  dass  dieses  Recht  einst  ein  starkes  blühendes  Volk  regierte 
und  dass  die  darin  liegenden  Rechtsgrundsätze  zum  grössten  Theil  ganz 
Abyssinien  und  dessen  nördlichen  Grenzvölkern  gemeinschaftlich  sind.  Das 
abyssinische  Recht,  ganz  auf  der  gleichen  Rasis  liegend,  hat  sich  durch 
die  Königsgewalt  umgestaltet,  der  Familienzusammenhang  hat  sich  durch 
die  inneren  Revolutionen  gelockert  und  seine  richtende  und  gesetzge- 
bende Gewalt  an  den  König  abgegeben.  In  den  Ländern,  die  den  Islam 
angenommen,  wurden  die  alten  Rechtsbegriffe  durch  die  neue  Religion 
in  Gährung  gebracht.  Dennoch  lässt  sich  nicht  verkennen,  dass  die  Re- 
wohner  der  Nordgrenzen  Abyssiniens  rechtlich  sich  verstehen,  d.  h.  ihre 
alten  vom  Habesch  mitgebrachten  Rechts-Ideen  noch  immer  geistig  be- 
wahren. So  wird  das  Recht  der  Rogos,  das  bis  auf  die  neuesten  Zeiten 
am  Leben  geblieben  ist,  eine  Urkunde  des  alten  Rechtes  der  Völker 
Gees,    vor    dem    Eindringen    der    Amhara. 

Die  Bogos  nennen  sich  selber  Boas  qor:  „Boas  Söhne."  Ueber 
diesen  Stammvater  weiss  man  nichts  Näheres.  Die  verschiedenen  Zweige 
dieses  Volkes  führen  ihre  Descendenz  auf  den  Gehre  Terke  zurück. 
Ausser  dieser  Stammesverwandtschaft  sind  dieselben  durch  zahlreiche 
Wechselheirathen  noch  enger  verbunden.  Ihr  Recht  ist  daher  ein  patriar- 
chalisches, aristokratisches  und  seine  Garantie  ruht  im  Familienzusammen- 
hange.    Es    erhält    sich    nur    durch    die    Familien-Liebe. 

In  einer  Gegend,  wo  mehr  Hirten  als  Ackerbauer  wohnen  und  wo 
auf  ungeheure  Strecken  hin  brachliegendes  Land  sich  ausdehnt,  konnte  ein 
anderer  gesellschaftlicher  Zustand  sich  nicht  entwickeln.  Zumal  die  Leich- 
tigkeit der  Auswanderung  (manchmal  das  Werk  einer  Nacht)  keine  an- 
dere Anziehungskraft  zulässt  als  das  Familienband,  zugleich  aber  ist  die 
Leichtigkeit,  ungebührlicher  Rehandlung  zu  entfliehen,  eine  Garantie  der 
Rechtspflege,  welche  noch  dadurch  erhöht  wird,  dass  alle  Rogos  grosse 
Furcht   hegen    vor  fremder   Einmischung. 

Die  Revölkerung  theilt  sich  in  die  drei  folgenden  Gruppen,  welche, 
wie    die    zwei    ersteren   in    einzelne   Familien    zerfallen. 


I.  H.  Ziegler.  81 

Die  Tegor  Sogor  leben  in  1150  Häusern  und  besitzen  140  Heerden. 
„     SehdnaU  „        „8ö0        „  „         „  75        „ 

Der  auf  eine  Familie  beschränkte  Stamm  der  Beit  Gabru  wohnt  in 
einem  Mogarech  in  100  Häusern,  so  dass  die  Gesammt-Bevölkerung  zu 
8400  Seelen  mit  2100  erwachsenen  Männern  zu  schätzen  ist.  Die  Heerde 
ohne  Ziegen  und  Pflugstiere,  wird  zu  50  Kühen  angenommen  und  reprä- 
sentirt  nach  dortigem  Werth  ein  Gesammtvermögen  von  33,000  Thalern.*) 
Der    Besitz    an    Kostbarkeiten    und    Silber    kann    nicht    geschätzt    werden. 

In  obiger  Bevölkerungszahl  sind  jedoch  nicht  alle  freie  Leute.  Zu 
diesen  —  den  echten  Bogos  —  oder  Schmagilli  (Nachkommen  Gebre 
Terke's)  zählt  nur  ein  Drittheil,  während  die  anderen  zwei  Drittheile  die 
Unterthanen  (Tigre'}  sind.  Das  Verhältniss  von  diesen  zu  jenen  ist  nicht 
drückend,  die  Tigre  können  eigen  Vermögen  besitzen  und  sind  theils 
durch  das  Gesetz,  theils  durch  die  Leichtigkeit  der  Auswanderung  geschützt. 
Für  gültige  gerichtliche  Urtheile  sind  Zeugen  und  öffentliche  Verhandlungen 
(mohäber)  erforderlich.  Bürgschaft  —  in  dreifacher  Form  —  ist  häufig 
der  Fall,  so  wie  der  Eid,  der  in  vier  Stufen  bis  zum  Kirchenschwur, 
stattfindet.  Eigenthümlich  ist,  dass  der  letztere  umgangen  werden  kann, 
da  der  Angeklagte  das  Becht  hat,  sich  demselben  zu  entziehen,  wenn  er 
den  halben  Werth  der  in  Streit  liegenden  Sache  dem  Kläger  entrichtet, 
worauf   die    Anschuldigung    zu    Boden    fällt. 

Sehr  characteristisch  sind  die  Gebräuche,  welche  die  Bogos  bei  der 
Geburt,  beim  Eintritt  der  Mannbarkeit  und  bei  den  Todten  beobachten. 
Es  lebt  viel  Ideales  in  diesen  Leuten  und  wenn  die  nachfolgenden  Belege 
gerade  nicht  auf  hohen  Schwung  der  Phantasie  Anspruch  machen  können, 
so  zeigen  sie  doch  etwas  sinniges  und  gemüthliches  an: 
Beim    Tode    eines    Kindes    singen    sie: 

Korit   u   Serseru   Abeika   leqabberu. 
„Den    vom    Winde    und    Jugend    noch    nicht    matten 
Mag    dein    Feind    bestatten. u 
Für    einen   jungen    Mann: 

Lila   geletheka,    Abel   retheka? 
„Der   Adler   hat   dich    fortgenommen, 
Wo    hat    er    dich    zu    sehn    bekommen?" 
Für    ein    Mädchen : 

Schuken   tetewauel,    mai   la   Schemmal   tetraue. 
„Die    Gazelle    erfrischt    sich    an    dem    Morgenduft 
Und    trinkt    sich    satt    an   der   Bergesluft. u 
Diese    Bruchstücke    geben    die    gewöhnlichen    Gesänge    bei    Anlass    der 
angegebenen  Todesbestattungen,  sie  sind  im  Tigre-Dialekte  gedichtet,  welcher 
in    solcher    Stimmung    gern    gehört    wird.    Dabei    begnügen    sich    nicht   Alle; 
Munzinger    belauschte    eine  klagende  vater-  und  mutterlose   Waise,   welche 
im    Belen    folgendermassen    sich    äusserte: 

Je    thim  |  min    beki  \  na    esem  \  eclebulu  \  u    bak\jet   gesse, 

Mona\gid   deb\bu    min\hu    min\te   mud\ir    messe. 

„Wenn    eine    Waise    weint:    komm    schweige!    sagt    ihr    Niemand, 

und    lass    das    Weinen, 
Man    schliesst    die   Pforten    vor    ihr    zu,    und    es    nachtet    über    der 

Alleinen. u 


*)  Oesterreichische  Thaler. 


82  Versammlung  am  7.  Juni  1850. 

Bei  Menschen  von  solcher  Gemüthsart  werden  auch  Züge  im  ge- 
wöhnlichen Lehen  zu  finden  sein,  welche  derartiger  elegischer  Stimmung 
conform  sind.  Diese  finden  sich  in  dem  Verhältniss  des  Leibeigenen 
(Tigre)  zum  Herrn  (SchmagilU)  i  B.  der  Leibeigene,  ob  Mann  oder 
Frau,  hat  Freiheit  zu  leben  wo  er  will.  Der  Herr  wird  als  Vater  seines 
Sclaven  betrachtet;  er  hattet  für  sein  Blut  und  hat  das  Recht  der  Blut- 
rache;   er    ist    Schutzherr    und    Bürge    für    denselben. 

Das  Verhältniss  zwischen  SchmagilU  und  Tigre  (als  Gutfare  oder 
Woresa  d.  h.  Dienstmann)  ist  die  erbliche  Pflicht  rechtlichen  Schutzes 
von    der    einen    und    der    Bothmässigkeit    von    der    andern    Seite. 

Die  Bogos  scheinen  sich  auf  friedliche,  gegen  die  Einwohner  scho- 
nende Weise,  des  Landes  bemächtiget  zu  haben,  sie  erlaubten  sich  kei- 
nen Angriff  auf  das  Bodenreeht,  so  dass  die  Nachkommen  der  Urein- 
wohner   noch    immer    im    Besitze    des    meisten    Landes    sich    befinden. 

Hier  erwähne  ich,  was  Herr  Munzinger  über  die  neuesten  Ver- 
hältnisse   der   Sclaverei    erzählt: 

Der  Ferman  für  Abschaffung  des  Sclavenhandels  ist  in  Massua  zwei- 
mal verlassen  worden.  Dessen  ungeachtet  ist  die  Ausfuhr  der  Sclaven 
nach  Arabien  so  gross  wie  früher.  Aegyptische  Häfen  sind  den  Händlern 
verschlossen,  aber  Sclaven,  wenn  in  Kisten  verpackt,  nach  Munzinger 
als  Augenzeuge,  kümmert  als  Ausfuhr-Artikel  die  ägyptische  Polizei  wenig. 
Ein  Kreuzer-Schiff  im  südlichen  rothen  Meere  würde  binnen  Monathsfrist 
dem  ganzen  Sclavenhandel  das  Leben  abschneiden;  da  die  Muhamedaner 
eine  verunglückte  Speculation  ein  zweitesmal  nicht  gern  versuchen.  In 
Chartum  und  dem  Sudan  hat  man  die  Abschaffung  ebenfalls  verkündet 
und  theilweise  durchgeführt;  aber  in  rücksichtsloser  Manier,  die  dem  Be- 
freiten wenig  Nutzen  bringt.  In  Abyssinien  hat  sich  der  Negus  Teo- 
doros  der  Abschaffung  der  Leibeigenschaft  angenommen,  doch  haben 
ihn  die  starken  Kriege  mit  den  Galla's  verhindert,  seine  Edicte  conse- 
quent  durchzuführen.  Das  letzte  Jahr  (1857)  nahm  er  der  grossen  Ka- 
rawane von  Godscham  wohl  3000  Galla-Sclaven  ab,  welche  er  getauft 
in  ihr  Vaterland  zurücksendete.  Ferner,  hat  er  den  alten  Soldaten-Ge- 
brauch, die  Kriegsgefangenen  zu  kastriren,  streng  verpönt  und  es  ist  zu 
hoffen,  dass  diese  Unsitte  fürderhin  von  Abyssinien  verbannt  bleiben  wird. 
So  kann  man  immerhin  auf  Fortschritte  Hoffnungen  setzen;  überdiess  ist 
die  Abschaffung  der  Sclaverei  in  Abyssinien  und  den  nördlichen  Nach- 
barländern keine  schwierige  Sache,  da  der  besitzende  Theil  dabei  wenig 
materiellen    Verlust   haben    wird. 

Das  Eherecht  möchten  wir  bis  auf  einen  gewissen  Grad  ausgebildet 
nennen,  dasselbe  enthält  manche  Stufen  von  Unterscheidung,  schon  von 
der  Heirath  (Häday)  an:  So  ist  die  Ledigungssumme  (Zegad  d.  h.  Va- 
terpreis), welche  der  Bräutigam  an  den  Vater  der  Braut  zu  zahlen  hat 
ein  anderer  bei  Häday  mobel  „  Wittwen-Heirath"  als  bei  „Jungfrau-Hei- 
rath"  Häday  welet.  Diese  schliesst  sich  schon  während  der  Kinderjahre 
der  Verlobten.  Der  Mann  hat  die  Freiheit  zu  heirathen  und  sich  wieder 
zu  scheiden,  wann  und  so  viel  er  will.  Frauen  und  Jungfrauen  sind 
rechtsunfähig,  dazu  noch  die  schlechte  Nachrede  in  folgendem  Sprichwort: 
Ogheina  woqa  gen  „die  Frau  ist  eine  Hyäne."  Durch  dreimaliges  Ent- 
laufen aus  der  Hütte  des  Gatten  in  die  des  Vaters  kann  sich  die  Frau 
scheiden.  Zweimal  wird  sie  dem  Manne  zurückgebracht,  das  drittemal  ist 
sie    von    Rechtswegen    frei.     Die    Kinder    geschiedener    Eltern    gehen    von 


I.  M.  Ziegler.  83 

Rechtswegen    mit    dem   Vater,    ausser    dem    Säugling,    welchen    die   Mutter 
beanspruchen    kann. 

Die  Stellung  der  Frau  bei  den  Bogos  ist  ungünstiger  als  die  der 
Abyssinierin,  wo  die  Scheidung  erschwert  ist.  Das  nahe  Barca  ist  im 
Gegensatze  zum  Land  der  Bogos  ein  Frauenhimmel.  Dort  ist  der  Mann 
durch  die  Sitte  gezwungen,  seiner  Frau  häufige  Geschenke  zu  machen, 
und  von  solchem  Belange,  dass  er  darob  manchmal  in  Armuth  geräth. 
Dort  kann  sie  ihn  verlassen,  wann  sie  will  und  Niemand  kann  ihr  Hei- 
rathsgut    beanspruchen. 

Betreff  der  Eigenthums- Verhältnisse  bestehen  folgende  Uebungen: 
Eine  Person  kann  Eigenthümer  einer  Sache  werden:  Durch  Kauf,  durch 
Erbschaft,  durch  erste  Besitznahme,  durch  Erbeutung  im  Auslande.  Wer 
ein  Grundstück  verkauft  hat,  dem  bleibt  das  Recht,  bei  Lebzeiten  des 
Käufers  dasselbe  um  den  doppelten  Kaufpreis  zurückzuerlangen.  Wer 
eines  Andern  Feld  bebauen  will,  verspricht  diesem  einen  kleinen  Theil 
des  Ertrages  und  erlangt  dadurch  dessen  Segen,  ohne  welchen  Niemand 
wagt,  fremdes  Land  zu  bebauen.  —  Bei  den  Takue  und  Menza  zahlt 
der  Bebauer  dem  Grundeigentümer  einen  Drittheil  der  Erndte;  so  sehr 
ist  dort  der  Ackerbau  ergiebiger  als  bei  den  Bogos,  daher  auch  von 
diesen  die  Mehrzahl  Hirten  sind.  —  Der  Boden  gehört  zum  Erbtheil 
des    Erstgebornen. 

Gäbet  heisst  die  Verpflichtung,  ein  geborgtes  Capital  doppelt  zurück- 
zuerstatten;  also  mit  100  Percent  Zins.  Findet  sich  nach  Ablauf  von  12 
Monaten  der  Schuldner  ausser  Stande  zu  zahlen,  lässt  der  Gläubiger  den 
Zins    von    100    Percent    für  jedes    folgende    Jahr   auflaufen. 

Jeder  freie  Mann  hat  das  Recht,  bei  Lebzeiten  über  sein  Eigen- 
thum  zu  verfügen  durch  Geschenke.  Hat  derselbe  grossjährige  Söhne, 
dürfen  sie  ihn  verhindern,  die  weissen  Kühe  wegzuschenken.  Das  Recht 
des  Testamentes,  über  den  Tod  hinaus  Bestimmungen  zu  treffen,  kennt 
das  dortige  „ Gesetz"  nicht.  Das  Vermögen  geht  bei  Erbschaft  vom  Vater 
auf  die    Söhne    über,     mit   Bevorzugung    des    Bikr  d.    h.    des    erstge- 

bornen  Sohnes  der  erstverlobten  Frau.  —  Zum  erblichen  Vermögen  ge- 
hören: Land  und  Haus,  Geräthe,  eiserne  Werkzeuge,  Getreide  und  Geld, 
Viehstand,    Waffen,    Sclaven    und    die    Frau.    — 

Die  Nachkommen  eines  Vaters,  bis  auf  sieben  Grade,  bilden  die 
Blutsverwandtschaft.  Das  Blutrecht  bildet  und  unterscheidet  ganzes  und 
halbes    Blut. 

In  dieser  Unterscheidung  sind  die  Bogos  sehr  einlässlich  und  er- 
innern an  die  mittelalterlich-europäischen  Abstufungen  des  Blutpreises. 
Auch  hier  wieder  zeigt  sich  die  geringe  Achtung,  in  welcher  die  Frau 
steht;  denn  wer  die  eigene  Frau  oder  die  Verlobte  tödtet,  zahlt  nur 
den    halben    Blutpreis,    weil    „die    andere    Hälfte   ihn    angehe." 

Der  ganze  Blutpreis  eines  Schmagilli  ist  120  Kühe,  der  eines  Tigre 
93.  Dabei  finden  weitläufige  Specificationen  statt,  sowohl  Betreff  der  Thiere 
als    der   Empfänger. 

In  Verhältnissen,  wo  alle  Beweise  durch  Zeugen,  oft  durch  Eide 
und  Gottesurtheile  geleistet  werden  müssen,  kann  die  Justiz  nur  eine 
langsame  sein.  Es  entspricht  aber  ein  solcher  Rechtsgang  den  einfachen 
Sitten  und  den  einfachen  Verhältnissen  dortiger  Stämme.  Nicht  ohne 
Grund  nennt  Munzinger  seine  Schrift:  „eine  These  über  ein  Recht 
ohne    Richter   und    ohne    Regierung." 


84  Versammlung  am  7.  Juni  1859. 

Dass  die  Bogos  früher  zur  Abyssinisehen  Kirche  gehörten,  zeigen 
noch  genug  ärmliche  Ueberbleibsel  von  Kirchen  in  Keren  und  Mogarech. 
Die  Entfernung  von  Abyssinien  machte  nach  und  nach  alle  religiöse  Kennt- 
niss  erlöschen.  Zwar  nennen  sich  die  Bogos  noch  Christen  „Costan." 
Der  Beweis  davon  besteht  aber  nur  darin,  dass  sie,  gleich  den  Abys- 
siniern,  nie  von  Mohamedanern  geschlachtetes  Fleisch  berühren.  Hasen-, 
Elephanten-  und  Straussen-Fleisch  betrachten  sie  als  unerlaubt.  Sie  sehen 
in  diesem  Unterschiede  des  Genusses  die  Differenz  zwischen  Christen  und 
Moslemin.  Den  Sonntag  nennen  sie  den  „grossen  Sabath"  (Senbeth  abbei). 
Die  Sabathruhe  fallt  jedoch  auf  den  Samstag.  In  den  zwei  oben  be- 
nannten Kirchen  administriren  erbliche  Priester,  denen  das  Vaterunser 
aber  unbekannt  ist.  Eigenthümlich,  dass  im  Belen  die  Namen:  Gott, 
Jesus,  Dreieinigkeit  synonime  Wörter  sind.  Von  Unsterblichkeit  der  Seele 
ist  ihr  Begriff  kümmerlich  und  schon  dadurch  angedeutet,  dass  sie  nur 
Ein  Wort  haben  für  Seele  und  Athem,  nur  Eines  für:  Gott,  Himmel, 
Firmament. 

Die  moralische  Situation  jener  Völker  kennzeichnet  sich  noch  nach 
deren  Begriff  von  Tugend;  Achtung  erwirbt  sich:  Der  Unerschrockene, 
der  Bluträcher,  der  Räuber,  der  Herr  (Schmagilli),  der  seinen  Schütz- 
ling nie  im  Stiche  lässt,  der  Unversöhnliche,  der  Schweigsame,  der 
Hötliche,  der  Stolze,  der  Beiehe,  der  Freigebige,  der  Grossmüthige,  der 
Prunkliebende,  der  kluge  Bathgeber.  —  Dagegen  sind  die  Laster  der 
Civilisation  dort  unbekannt.  Obwohl  der  Bäuber  geachtet,  ist  der  Dieb 
selten.  Davon  hat  Munzinger  nie  gehört,  dass  Kinder  die  Eltern,  oder 
Eltern  die  eigenen  Kinder  getödtet  hätten.  Selbstmord  der  Männer  ist 
fast  unbekannt,  dagegen  führt  die  rechtlose  Stellung  der  Frau  nicht 
selten    zu    dieser    Verzweiflung. 

Ueber  Herrn  Munzinger's  Erlebnisse  in  der  jüngsten  Zeit  noch 
folgendes :  Er  schreibt  gewöhnlich  an  seinen  Bruder  Herrn  Dr.  U.  J. 
Walter  Munzinger,  Professor  an  der  Universität  Bern;  so  am  3.  No- 
vember 1858:  dass  er  von  Anfang  desselben  Jahres  bis  6.  Mai  auf  der 
Reise  gewesen  und  dabei  glücklich  um  einige  Tage  dem  Massacre  in 
Djedda  entronnen  sei.  Im  Juni  war  er,  wegen  Abwesenheit  seines  Freun- 
des, des  Missionärs  Herrn  Stella  in  politischen  Dingen  beschäftiget. 
Im  Juli  und  August  schrieb  er  seine  Arbeit  über  das  Belen  nach  letzter 
Correctur.  Im  September  fing  er  an  sein  Manuscript  über  das  Becht 
der  Bogos  ins  Reine  zu  bringen.  Im  October,  durch  Grippe  am  Arbeiten 
gestört,  genas  er  auf  der  Jagd;  darauf  ward  der  November  benützt,  die 
letzte  Hand  an  das  Manuscript  zu  legen,  worüber  oben  berichtet  ward. 
Durch  ökonomische  Verhältnisse  bedingt,  sieht  er  sich  auf  zwei 
Richtungen  für  sein  Wirken  angewiesen :  entweder  wird  ihm  von  Europa 
aus  der  Auftrag  zu  Theil  behufs  Vervollständigung  und  Fortsetzung  seiner 
Beobachtungen,  welche  er  bereits  über  das  ganze  Ländergebiet,  nördlich 
von  Abyssinien,  ausgedehnt  hat,  z.  B.  für  eine  erweiterte  Karte  jener 
Gegenden,  dann  für  die  Sprachen  und  Ethnographie  der  an's  Tigre  gren- 
zenden Völker;  zugleich  hat  Munzinger  die  Uebersetzung  des  abyssi- 
nisehen Bechtes  in  Arbeit  genommen;  als  Erläuterung  derselben,  damit 
Vergleichungen  über  dortige  Special -Bechte  gesammelt;  oder  er  muss 
sich,  in  Mangel  an  einer  Commission  aus  Europa,  fast  ausschliesslich  auf. 
Handelsunternehmungen  werfen,  aus  welchen  er  bis  dato  theilweise  seine 
Existenz    sicherte.     Leider    ist    durch    den    tragischen    Tod    des    englischen 


[.  M.  Ziegler  85 

Consul  in  Djedda,  Herrn  Page,  sein  Handelsplan,  den  er  mit  diesem 
Freunde  entworfen  hatte,  zu  nichte  gegangen;  aber  auch  die  Blicke  nach 
unserem  Welttheile  sind  vor  der  Hand  umdüstert.  Die  Hoffnung  ist  geringe, 
dass  ihm  gelinge,  die  Müsse  zu  finden  für  Fortsetzung  des  Angefangenen, 
welche    für    einen    wissenschaftlichen    Reisenden    erforderlich    ist. 

Die  jüngsten  Nachrichten  aus  Keren  d.  d.  1.  März  v.  J.  kamen 
am  12.  April  nach  Bern.  Nebst  Bestätigung  seines  Wohlbefindens  ist 
darin  folgende  Anmerkung  enthalten,  in  Betreff  der  Kritik  seiner  Karte; 
soweit  selbige  in  der  Petermann'schen  Zeitschrift  erschienen  ist:  „Die 
Vergleichung  zwischen  von  Heuglein  und  mir  hat  mich  befremdet.  Herr 
von  Heuglein  hat  den  ganzen  Strich  Landes  zwischen  Kassala  und 
Massua  nie  gesehen,  seine  Berichte  gründen  sich  auf  eine  ziemlich  flüch- 
tige Karte  Plowden's,  die  er  copirt  hat,  und  auf  einige  von  Herrn 
Stella  ihm  gegebene  Mittheilungen.  Was  den  Zusammenfluss  des  Anseba 
und  des  Barca  betrifft,  hat  er  es  von  mir  erfahren,  da  ich  ihm  voriges 
Jahr  in  Cairo  seine  Karte  corrigirt  habe.  Uebrigens  weiss  ich  nicht, 
warum  Herr  von  Heuglein  diesen  Landstrich  Hahab-Länder  nennt.  Was 
ich  sage,  habe  ich  mit  eigenen  Augen  gesehen,  was  Herr  von  Heuglein 
sagt,  hat  er  von  Andern  in  Massua  gehört.  Der  Zusammenfluss  von  Barca 
und  Anseba  ist  meine  Entdeckung.  Zwar  will  sich  Herr  Stella  davon 
heute    noch    nicht    überzeugen    lassen."    — 

Es  ist  jederzeit  vorgekommen,  dass  die  Beisenden  mit  einer  ge- 
wissen Sorglichkeit  darauf  geachtet  haben,  dass  ihnen  das  Verdienst  eigener 
Entdeckungen  bleibe.  Es  darf  daher  zu  meiner  Aufgabe  gehören,  die  von 
Munzinger    gemachten    Anmerkungen    wörtlich    wiederzugeben. 

Das  „Becht  der  Bogos"  ist  bereits  im  Drucke  begriffen  und  ich 
ersuche,  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  in  Wien  ein  Exemplar 
sofort    nach    Erscheinen    überreichen    zu    dürfen. 

Eingegangene   Druckschriften  : 

Landwirtschaftliche    Zeitschrift   von    und    für  Ober-Oesterreich.    Linz    1859.    Nr.    10—11. 

Von  der  k.  k.  Landwirth.  Gesellschaft. 
Gospodarski  List.  Zagrebu.  1859  Nr.  19-22.  Von  der  k.  k.  Ackerb.  Gesellschaft. 
Centralblatt   für    die    gesammte    Landeskunde.    Prag    1859.    Nr.    19 — 22. 

Von    der   k.    k.    pat.    ök.    Gesellschaft. 

Führer  für  Reisende   auf  Eisenbahnen  und  Dampfschiffen  in  Oesterreich  u    s.  w.,  bearbeitet 

und    herausgegeben    von    Leop.    Kastner.    Wien    1859.    Mai.        Vom    Verfasser. 

Journal  of  the  Franklin   Institute   of  the   State   of  Pensylvania  for  the  promotion  of  the 

mechanic  arts.  Philadelphia  1859.  Vol.  XXXVII.  Nr.  1—3.  Vom  Institute. 

Officielle   Berichte    über    die    letzten    Reisen    und    den  Tod   von  Adolph    Schi  agi  ntweit 

in    Turkistan.   Von    H.    und    Rob.    S  chl  a  gintweit.  Von    den    Verfassern. 

Allgemeine    Land-    und    Forstwirthschaftliche    Zeitung.    Wien    1859.    Nr.    16 — 17. 

Von    der    k.    k.    Landw.    Gesellschaft. 
Notizblatt   des   Vereines   für   Erdkunde    und   verwandte  Wissenschaften    zu  Darmstadt   und 
des    mittelrhein.    geologischen    Vereines.    Darmstadt    1859.    Nr.   27 — 31. 

Von    der    Gesellschaft. 
Bulletino   delf  Istmo   di  Suez.  Torino  1859  Nr.   8.  Von    der   Redaction. 

Austria.    Wochenschrift   für   Volkswirthschaft   und   Statistik.    Wien    1859.    Nr.    19—22. 

Von    der   Redaction. 
Zeitschrift  für   allgemeine  Erdkunde.    Berlin  1859   VI.   Bd.    3.    Hft. 

Von  der  Gesellsch.  f.  Erdkunde. 
Wochenschrift  der  k.  k.  steierm.  Landvvirthschafts- Gesellschaft.    Gratz   1859.    Nr.  15—16. 

Von    der    Gesellschaft. 

Madagascar   possession    francaise    depuis    1642    par    V.    A.    Barbie     du    Bocage    etc. 

Ouvrage  accompagne  dune  grande  carte  dressee  par  M.  V.   A.  Malte  Brun.   Paris. 

Vom  Verfasser. 


86 

Lehrbuch  der  Oceanographie  zum  Gebrauche  der  k.  k.  Marine-Akademie,  von  Dr.  Aug. 
Jilek.    Wien   1857.  Vom   Verfasser. 

Bollettino     dell'    Associazione    agraria   friulana.   Udine.    1859.    N.   9 — 10. 

Von    der   Ackerbau-Gesellschaft. 

Prospectus  of  Mss.  Schlagintweit's  Collection  of  Ethnographie  Seads  from  India 
and   Higli   Asia.    Leipzig    1859.    Joh.    Ambr.    Barth.  Vom    Verleger. 

Hauptbericht  der  Handels-  und  Gewerbekammer  für  das  Herzogthum  Salzburg  über  den 
Zustand  der  Landescultur,  der  Industrie  etc.  in  den  Jahren  1854  bis  incl.  1858. 
Salzburg    1858,  Von    der    Handelskammer. 

Programm  des  Kronstädter  Bergbau-  und  Hütten-Aetien-Vereins  für  die  Periode  1859 
—1862.  —  Gcschäfts-Berieht  des  Venvaüungsrathes  des  Kronstädter  Bergbau- 
und    Hütten-Actien    Vereines    für   das    Jahr   1858. 

Vom   Verwaltungsrathe   Herrn    Franz   Voss    in    Kronstadt. 

Atti  dell'  I.  R.  Istituto  veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti.  Venezia.  1859.  T.  IV.  S.  III. 
Disp.    6.  Vom   k.    k.    Institute. 

Notice  sur  la  Colonie  du  Senegal  et  sur  le  pays  qui  sont  en  relation  avec  eile.  Par 
M.  L.  Faidherbe.  Paris  1859.  —  Rapport  fait  le  3.  Decb.  1858  a  la  2. 
assemblee  generale  annuelle  de  la  societe  de  Geographie  sur  ses  travaux  et 
sur  les  progres  des  sciences  geographiques  pendant  l'annee  1858  par  F.  Alfred 
Maury.   Paris    1859.  Von   Herrn   A.    V.    Malte   Brun. 

Karte  des  Kantons  Tessin.  —  Karte  des  Rheinthaies,  von  der  österr.  Liechtenstein'schen 
Grenze  bis  zum  Bodensee  mit  dem  Nivellement  des  Bheines  von  der  St.  Gal- 
lisch-Bündtnerischen    Grenze    bis    zum   Bodensee    etc.   in    3  Blättern. 

Von    Herrn    Ziegler    in    Winterthur. 

Petri  Schenkii  Atlas  saxonicus.  1764.  —  Atlas  geographica  major  exhibens  tellu- 
rem  seu  globum  terraqueum  in  mappis  generalibus  et  specialibus  per  Joh. 
Bapt.    Homianum    ejusque    heredes    editis    etc.    Norimburge    1759. 

Von   Herrn   Heinrich   Wolf. 

Annales  dAfrique.  Paris  1857.  Nr.  1.  2.  1858.  Nr.  1.  2.  Von   Herrn    Castilli. 

Zemepis  vserbecny  vedecky  svovnävaci.  Sepsal  Dr.  Jan.  Palacky.  Cast  obzolastni  I.  Svet 
Nevzdelany:  Afrika.  Australie  etc.  V.  Praze.  1859.  —  Wissenschaftliche  Geo- 
graphie.   Von    Dr.    Joh.  Palacky.   Besonderer   Theil.    1.    2.    Prag    1858. 

Vom  Verfasser. 

Protocoll  der  sechsten  ordentlichen  Sitzung  der  Kronstädter  Handels-  und  Gewerbekam- 
mer   im    Jahre    1859    am    3.   Mai.  Von  der  Handelskammer. 

Memorie  dell'  Accadeniia  d'agricoltura,  commercio  ed  arti.  Verona  1858.  Vol.  XXXVI. 
XXXVII.  Von    der   Akademie. 

Archiv  für  historische  Geschichte  und  Alterthumskunde.  Herausgegeben  aus  den  Schriften 
des  historischen  Vereines  für  das  Grossherzogthum  Hessen.  Darmstadt  IX  1. 
1859.  Vom    Vereine. 

l^SLliU  u-  s.  W1.  Atlas  geographique  precede  d'une  introduction  a  Ja  Geographie 
mathematique,    physique    et    politique.    En    caracteres    armeniens.    Paris    10   Bl. 

Vom    Mechitaristen-Collegium    in   Venedig. 

Jahrbücher    des  Vereines    von  Alterthumsfreunden  im  Rheinlande.  Mai  1859.  14.   Jahrg.  1. 

Vom    Vereine. 

Oesterreichische    botanische    Zeitschrift.    Wien    1859.    Nr.    1 — 6.     Von   der   Redaction. 

Anzeiger   für   Kunde    der    deutschen    Vorzeit.    VI.    Jahrg.    Nürnberg.    1859.   Mai. 

Vom    germannisch.   Museum. 

Ueber  die  neuesten  Reisen  und  Entdeckungen  in  Inner-Afrika  von  I.  M.  Ziegler. 
Winterthur    1859.  Vom   Verfasser. 

Militär-Zeitung.    Wien    1859.   Nr.    23—24.  Von    der   Redaction. 


Versammlung  am   18.  Oktober  1859. 

Der  Präsident,  Se.  Excellenz  Herr  k.  k.  Sectionschef  Freiherr  von 
Czoernig  führte    den    Vorsitz. 

Ueber  Antrag  des  Ausschusses  genehmigte  die  Gesellschaft  den 
Vorgang  bei  der  Uebergabe  der  Medaille,  die  bei  der  Rückkehr  Ihrer 
k.  k.  Apostolischen  Majestät  Fregatte  „Novara"  an  die  Equipage  derselben  zur 
Erinnerung  der  durch  sie  eben  zu  Ende  geführten  ersten  Oester- 
reichischen    Erdumsegelung    im    Namen    und    von    Seite    der    k.    k. 


F.  Foetterle,  D.  Livingstone.  87 

geographischen  Gesellschaft  erfolgt  ist.  Zugleich  wurde  der  Inhalt  des 
Schreibens  mitgetheilt,  in  welchem  Se.  k.  Hoheit  der  durchlauchtigste 
Herr  Erzherzog  Ferdinand  Maximilian  für  diesen  Act  der  k.  k.  geogra- 
phischen Gesellschaft  seine  vollkommene  Erkenntlichkeit  ausgesprochen  haben. 
Der  Secretär  legte  die  von  dem  Comite  der  A.  von  Humboldt- 
Stiftung  für  Naturforschung  und  Reisen  durch  Herrn  Hofrath  W.  Hai- 
dinger an  die  Gesellschaft  eingesandte  Einladung  zum  Beitritte  zu  dieser 
Stiftung  vor  und  forderte  die  anwesenden  Herren  Mitglieder  zur  Sub- 
scription    von    Beiträgen    auf. 

Zu  ordentlichen  Mitgliedern  wurden  gewählt  die  Herren  Franz 
Loeffler,  Gutspächter  zu  Krzeszow  in  Gallizien;  Anton  Letocha,  k.  k. 
Kriegscommissär;  Anton  von  Etzel,  königl.  preuss.  Officier  a.  D.  in 
Berlin,  und  Alex.  Graham  Dunlop,  Attache  der  k.  Grossbritannischen 
Gesandtschaft   in    Wien. 

Ausser  einer  grossen  Anzahl  von  Druckschriften  und  Karten,  welche 
im  Laufe  des  Sommers  theils  als  Geschenke,  theils  im  Tausche  der 
Gesellschaft  zugekommen  sind,  legte  der  Secretär  Herr  k.  k.  Bergrath 
Foetterle  Wandkarten,  die  beiden  Hemisphären  darstellend  von  Dr.  C. 
Vogel  in  Leipzig  zur  Ansicht  vor.  Diese  Karten  sind  mit  mehreren 
Farbentönen  auf  dem  Wege  des  Wachstuchdruckes  auf  starker  Leinwand 
ausgeführt;  hierdurch  ist  auf  denselben  jede  Art  von  Einzeichnungen 
möglich,  welche  nach  Belieben  wieder  weggewischt  werden  kann,  wo- 
durch   sich    diese    Karten    namentlich    für  den  Unterricht  vortrefflich  eignen. 

Herr  Secretär  Foetterle  las  ein  an  Herrn  Hofrath  W.  Haidinger 
gerichtetes  von  Sr.  Excellenz  dem  k.  Grossbritannischen  ausserordentlichen 
Gesandten  in  Wien,  Lord  Augustus  Loftus  ihm  zugesandtes  Schreiben 
des  bekannten  südafrikanischen  Reisenden  D.  Livingstone  aus  Tette 
am  Zambesiflusse  vom  21.  Februar  d.  J.  vor,  das  einige  interessante  Einzeln- 
heiten sowohl  über  den  Zambesi,  wie  über  die  Nebenflüsse  desselben  enthält: 

„Gestatten  Sie  mir  den  herzlichsten  Dank  für  die  Ehre  darzubringen, 
welche  mir  durch  die  Wahl  zum  correspondirenden  Mitgliede  einer  so 
ausgezeichneten  Körperschaft,  wie  die  k.  k.  geographische  Gesellschaft 
in  Wien  geworden  ist,  und  ich  werde  immer  Ihr  Diplom  als  ein  werth- 
volles    Pfand    Ihres    Beifalls    für   meine    Arbeiten    betrachten. 

Die  beste  Art  zu  zeigen,  dass  ich  wirklich  dankbar  bin,  ist  viel- 
leicht, sogleich  unsere  Correspondenz  zu  beginnen,  indem  ich  Ihnen  sage, 
was  wir  in  diesem  Theile  von  Afrika  machen,  ohne  weiteres  Vorwort, 
als  dass  ich  sage,  dass,  obwohl  Herrn  Foetterle's  Schreiben  von  14. 
October  1857  datirt  ist,  ich  es  erst  im  September  1858  erhielt.  Wir 
besitzen    nur    wenige    Eisenbahnen    in    diesem    Welttheile. 

Wir  sind  nun  mit  dem  unteren  Laufe  des  Flusses  Zambesi  be- 
schäftigt. Dieser  Fluss  ist  nicht  so  gut  bekannt,  als  es  seine  Wichtig- 
keit verdient,  und  diess  beruht  zum  Theil  darauf,  dass  er  sich,  bevor  er 
das  Meer  erreicht,  in  eine  Anzahl  von  Armen  vertheilt,  deren  keiner 
besondere  Reize  dem  vorüberfahrenden  Seemann  zeigt,  zum  Theil  wohl 
auch  einer  Art  von  Armstuhl  —  Geographie,  welche  sich  damit  begnügt, 
Karten  zu  zeichnen,  ohne  sich  ausserhalb  des  Bereiches  guter  Mittags- 
mahle zu  begeben.  Eine  solche  in  London  herausgekommene  Karte  weist 
dem  Zambesi  einen  Lauf  an,  wie  vielleicht  in  den  Tagen  des  Ptolomäus, 
d.    h.    der    Hauptstrom    fliesst    hinab     nach    Quelimane    und    dann    wird    der 

Mitteilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  • 


88  Versammlung  am  18.  October  1859. 

Traum    des    unter    der  Erde    fortfliessenden    Niger   wieder    durch    den    unter 
der    Wüste    Kalahari    fliessenden    Zambesi    auf   den    Platz    gebracht. 

Wir  fanden  den  Ausfhiss  des  Zambesi  in  das  Meer  etwa  einen 
Breitengrad  südlicher  als  Quelimane  und  mit  mehreren,  wenn  auch  kleinen, 
noch  guten  Hafenplätzen  für  den  Handel.  Wir  folgten  zuerst  einem  süd- 
lichen Arm  des  Hauptstromes  von  Luabo  und  nachdem  wir  ihn  auf  70 
Meilen  Entfernung  untersucht,  fanden  wir,  dass  er  uns  nicht  gestatten 
würde,  in  den  Hauptstrom  einzutreten.  Sodann  versuchten  wir  den  Luabo 
selbst,  ohne  dass  es  uns  gelang,  obwohl  Ihrer  Majestät  Dampfer  „Lynx" 
seitdem  eine  vortreffliche  Durchfahrt  durch  die  Barre  entdeckte.  Wir  ver- 
folgten einen  der  Arme  an  der  Südseite  des  Hauptstromes  und  fanden 
keine  Schwierigkeit,  hier  in  das  Land  einzudringen.  Wir  segelten  seitdem 
beständig  auf  dem  Zambesi  in  einem  kleinen  Dampfer,  der  nur  2y2  Fuss 
Wasser  zieht.  Das  gegenwärtige  Jahr  war  aussergewöhnlich  durch  den 
niedrigen  Wasserstand  des  Flusses,  aber  selbst  bei  dem  kleinsten  konnten 
wir  mit  einiger  Aufmerksamkeit  bis  Tette  heraufdringen,  und  gegenwärtig 
steht  das  Wasser  um  12  Fuss  höher  als  damals.  Und  nicht  nur  das, 
sondern  auch  der  Shiri  (Sehire  der  Karten),  ein  blosser  Arm  dieses 
edlen  Stromes,  gewährt  eine  schöne  Wasserstrasse  für  Dampfschiffahrt 
für    wenigstens    hundert    Meilen    aufwärts    von    seiner    Vereinigung. 

Wir  verfolgten  ihn  im  verflossenen  Monate  und  wurden  nur  durch  einen 
Wasserfall  aufgehalten;  aber  die  Eingebornen  theilten  mit,  dass  fünf 
Tagereisen  jenseits  des  von  uns  erreichten  Punctes  der  Fluss  wieder 
glatt  ist  und  dass  die  Araber  in  Kähnen  vom  Nyanja-See  herabkommen. 
Unterhalb  des  Wasserfalles  ist  das  Land  gut  bevölkert  und  bear- 
beitet. Aber  wir  wurden  deutlich  für  sehr  verdächtig  gehalten,  denn  wir 
sahen  Haufen  von  Eingebornen  uns  von  den  Ufern  betrachten,  und  wir 
bemerkten  Wachen  gegen  uns  die  ganzen  Nächte  hindurch.  Wahrschein- 
lich hatten  sie  niemals  Besuche  erhalten,  ausser  von  Menschendieben  ihrer 
eigenen  Farbe,  Europäer  hatten  sie  gewiss  vorher  niemals  gesehen.  Es 
würde  nicht  gerathen  gewesen  sein,  das  Schiff  unter  ihren  Augen  zu 
verlassen  und  eine  Reise  zu  Land  zu  unternehmen,  aber  es  war  keine 
Schande  umzukehren,  und  wir  hoffen  im  Laufe  des  nächsten  Monats  wie- 
der aufwärts  zu  schiffen.  Wir  kauften  Lebensmittel  zu  wohlfeilen  Preisen, 
und  zweierlei  Gattungen  Baumwolle  von  sehr  guter  Beschaffenheit.  Sie 
haben  Zuckerrohr,  Bananen,  Mais,  Holcus,  Sorghum,  Manioe,  süsse  Kar- 
toffeln, Bohnen,  Erdnuss  uud  Kürbisse.  Sie  scheinen  den  Ackerbau  zu 
lieben.  Sie  waren  nicht  unartig  gegen  uns  und  fielen  unseren  zum  Holz- 
sammeln ausgesandten  Leuten  nicht  beschwerlich,  aber  sie  schienen  stets 
mit  ihren  Bogen  und  vergifteten  Pfeilen  bereit,  irgend  welche  Angriffe, 
die    auf   sie    gemacht    werden    könnten,    zurückzuweisen. 

Das  einzige,  was  ihren  Anblick  hässlich  machte,  war  der  Lippen- 
schmuck der  Frauen.  Er  besteht  aus  Ringen  oder  Schalen  von  Elfenbein 
oder  Blech,  welche  in  einen  Schlitz  in  die  obere  Lippe  eingeklemmt 
werden.  Die  Lippe  wird  durch  den  Ring  allmälig  horizontal  ausgezogen, 
so  dass  der  Rand  weit  über  die  Senkrechte  von  der  Nase  hinausreicht. 
Den  Kindern  wird  nur  ein  Metallring  auf,  nicht  in  die  Lippen  gehangen, 
diess  macht  nur  einen  kleinen  Eindruck  und  wird  nur  immer  tiefer  nach- 
gedrückt, bis  sich  ein  Loch  gebildet  hat,  welches  sich  sodann  allmälig 
durch  Absorption  vergrössert,  bis  endlich  die  oben  erwähnten  Ringe  Platz 
finden.    Ich    habe    gesucht,    die    genannten    Nachweisungen    zu    geben,    weil 


Dr.  Livingstone  89 

unsere  eigenen  Damen,  welche  eine  solche  beharrliche  Virtuosität  in  Bezug 
auf  ihre  Taille  zeigen,  vielleicht  auch  wünschen  könnten,  einen  Versuch 
mit  Lippenschmuck  zu  machen.  Uebrigens  schienen  die  Leute  ganz  ver- 
ständig und  ich  sah  nichts,  was  die  Herren  unterstützen  könnte,  welche 
zu  beweisen  wünschen,  dass  wir  alle  von  einer  Race  abstammen,  welche 
einst    Schwänze    besass! 

Ein  Theil  des  Shire-Thales  ist  sumpfig  und  zur  Zeit,  wo  wir  den- 
selben durchschifften,  weideten  viele  hundert  Elephanten  in  dem  hohen 
Grase.  Der  Shire  theilt  sich  mehrmals  in  Arme,  welche  ihm  später  wieder 
zufallen  und  so  Inseln  bilden.  Wir  jagten  öfters  Elephanten  mit  dem  Dampfer. 

Es  waren  edle  Thiere  und  die  Männchen  hatten  sehr  schönes  Elfen- 
bein. Um  diese  Zeit  kommen  sie  von  den  Bergen  herab,  um  die  Früchte 
der  wilden  Palmyra  zu  essen.  Wir  sahen  viele  Fallen  aufgestellt  für 
Hippopotamuse,  welche  in  dem  Flusse  ungemein  häufig  sind.  Auch  trafen 
wir  viele  Leute  mit  Aufsammlnng  der  Lotos- Wurzelknollen  beschäftigt. 
Sie  schmecken  den  Kastanien  sehr  ähnlich.  Diese  sind  wohl  gewiss  eben  so 
gute    wahre    Lotophagen    als    die    von    Herodot    erwähnten. 

Wir  bestiegen  den  hohen  Berg  Morambala  genannt,  und  fanden  ihn 
4000  Fuss  hoch.  Er  ist  auf  der  Höhe  gut  cultivirt  und  hat  mehrere 
schöne  kleine  Quellen  von  schwachem  Stahlwasser.  Das  Volk  ist  dort 
unabhängig  und  sehr  gastfrei.  Sie  haben  Citronen-  und  Orangen-Bäume 
beinahe  wild,  auch  Ananas.  Die  Vegetation  ist  verschieden  von  der  in 
der  Ebene  und  das  Klima  herrlich.  Am  Fusse  des  Berges  ist  eine  heisse 
Schwefelquelle  von  170  F.  (612  B.  76-5  C.)  Temperatur.  Dennoch 
sind  alle  diese  natürlichen  Vortheile  zu  einer  Gesundheits-Station  von  den 
Portugiesen  nicht  benützt  worden.  Die  Strömung  des  Shire  ist  zu  mächtig  für 
ihre  Kanoes,  und  da  die  Eingebornen  einen  schlechten  Credit  haben,  so  scheint 
es,   dass   sie   sich   von   der  Untersuchung  des  Shire   abschrecken   Hessen. 

Wir  sind  nun  in  der  ungesundesten  Jahreszeit,  aber  da  wir  an  der 
Grenze  des  gesunden  Hochlandes  uns  befinden,  so  haben  die  Leute  zwar 
Fieber,  aber  nur  wenige  sterben  daran.  Anders  ist  es  nahe  der  Meeres- 
küste. Dort  ist  es  gegenwärtig  tödtlich.  Wir  haben  Chinin  als  Präser- 
vativ versucht,  aber  ich  zweifle  ob  mit  Erfolg.  Das  einzige  Gute,  scheint 
nur  -darin  zu  bestehen,  dass,  wenn  Jemand  es  regelmässig  einnimmt  und 
ihn  sodann  wirklich  das  Fieber  befällt,  er  durch  eine  oder  zwei  Extra- 
dosen in  wenigen  Stunden  den  Cinchonismus  hervorbringen  kann.  Wir 
haben  es  regelmässig  genommen,  aber  keine  der  Wirkungen  gesehen, 
welche  unsere  homäopathischen  Freunde  uns  erwarten  Hessen.  Ich  glaube, 
wir    gewöhnen    uns    an    unsere    zwei    bis    drei  Gran   regelmässig  genommen. 

Es  liegt  hier  ein  Wasserfall  vor,  der  bei  niedrigem  Wasser  schwer 
zu  überwinden  ist.  Aber  wenn  das  Wasser  steigt,  verschwindet  die  Schwie- 
rigkeit mit  Ausnahme  der  Stärke  der  Strömung.  Wahrscheinlich  werden 
wir  von  jetzt  an  in  einem  halben  Jahre  hinaufschiften  können.  Indessen 
haben  wir  erfolgreich  bewiesen,  dass  Europäer  gute  Gesundheit  geniessen 
können,  wenn  sie  nur  einigermassen  Sorge  für  sich  tragen.  Anstatt  dass 
Europäer  in  einem  Tropenklima  nicht  zu  arbeiten  im  Stande  wären,  ist 
es  vielmehr  der  Mangel  an  Arbeit  und  aufregende  Speise  und  Trank, 
welche    sie   tödten." 

Aus  einem  Schreiben  des  Herrn  Dr.  R.  Avd-Lall  emant  von  Ma- 
naor  am  Rio  Negro,  vom  9.  Juli  1859,  an  den  Herrn  k.  k.  Hofrath 
W.    Haidinger    theilte    Herr    Foetterle    Folgendes    mit: 

7* 


90  Versammlung  am  18.  October  1859. 

„Es  ist  etwas  Ungeheures  um  diesen  „Amazonenstrom."  Ich  bin 
jetzt  250  geographische  Meilen  denselben  hinaufgefahren  und  doch  will 
dieses  dahinströmende  Süsswassermeer  nicht  abnehmen.  In  Obidor  brachte 
ich  aus  sehr  sicheren  Elementen  heraus,  dass  in  einer  Minute  2.133,333 
Cubicklafter  Wasser  dort  vorbeifliessen.  Fast  überall  sieht  man  zwischen 
den  beiden  Ufern,  rückwärts  und  vorwärts,  das  Wasser  den  Horizont 
bilden,  ja,  wenn  man  der  Mündung  des  Tapajos  gegenüber  vom  linken 
Amazonenufer  jenem  Strome  zufährt,  erblickt  man  drei  Süsswasser-Hori- 
zonte,  zwei  vom  Amazonenstrom  und  einen  vom  Tapajos.  Sogar  hier  am 
Rio  Negro  sieht  man  eine  solche  Strecke  den  Strom  hinauf,  dass  sein 
Wasser    an    einer    Stelle    den    Horizont    bildet. 

Welche  wundervollen  Reiseeindrücke  habe  ich  nicht  erlebt!  Von 
Parä  machte  ich  einen  Ausflug  nach  Cameto  am  Tocuntin  und  brachte 
dort  die  Pfingsttage  zu.  Nie  habe  ich  die  Tropennatur  so  in  ihrer  tiefen 
Poesie  erlebt,  wie  dort.  Maurita-Palmen  bilden  dort  ein  Meer  von  Pal- 
men mitten  im  Süsswassermeer.  Euterpen,  die  schöne  Oenocarpus  Disticha 
und  scharf  gestachelte  Astrocaryen  helfen  ihnen  dabei.  Unter  mächtigen 
Bartholletien  mitten  im  Gebüsch  dunkler  Cacaobäume,  schlanker  Gummi- 
bäume und  kräftiger  Platanen  leben  harmlose  Tapuär  (Indianerstamm)  ihr 
stilles  Dasein  in  Friede  und  Anspruchlosigkeit.  Der  Wald,  der  Fluss  er- 
nährt sie,  keine  Arbeit  kümmert  sie.  Und  eben  weil  Wald  und  Fluss 
sie  ernährt,  sind  sie  Kinder  beider  und  bringen  eben  so  viel  Zeit  im 
Wasser  wie  auf  dem  Lande  zu.  Alles  badet,  Männer,  Frauen  und  Kinder. 
Oft  sieht  man  das  anmuthigste  braune  Gewimmel  im  Wasser.  Echte  Sy- 
renen,  schwimmen  junge  Mädchen  längs  des  Ufers  dahin,  nach  sich 
schleppend  das  glänzende  schwarze  Haar  und  im  lachenden  Scherz  um 
einander  herumgaukelnd.  Diese  Naivetät  ist  ein  so  reiner  Naturlaut,  zumal 
von  Descendenten  von  Europäern  und  Indianerinnen.  Ich  werde  es  nie 
vergessen,  wie  ich  einmal  ein  liebes,  fröhliches  Kindergesicht  auf  dem 
Körper  eines  blühenden  ausgewachsenen  Mädchens  fragte:  Wie  alt  bist 
Du?  und  nach  einigem  Nachsinnen  die  Antwort  erhielt:  40  Jahre.  Ich 
erfuhr  wohl,  dass  das  grosse  Kind  zwar  15  Jahre  alt  wäre,  aber  noch 
nicht    zählen   könne. 

In  jenen  Winkel  am  Fluss  kommt  kein  Fremder;  dort  bleibt  dieser 
Naturlaut  noch  in  seiner  vollsten  Reinheit  nnd  die  Welt  befindet  sich 
in  den  anmuthigsten  Flegeljahren.  —  In  vieler  Hinsicht  finde  ich  diese 
Naturlaute  hier  in  Manaor  wieder,  aber  schon  in  kräftigerer  Weise. 
Cultur  und  tiefer  Indianismus  haben  sich  hier  die  Hand  zur  Freundschaft 
und  Einigkeit  gegeben  und  letzterer  macht  ersterer  glauben,  dass  er 
ganz  in  sie  aufgeht.  Und  doch  sieht  man  an  allen  Ecken  und  Enden, 
dass  die  Leute  statt  Christen  nur  getaufte  Menschen  sind  und  in  den 
cultivirten  Beinkleidern  und  Unterröcken  immer  noch  Indianer  bleiben. 
Eine  Menge  Bemerkungen  habe  ich  darüber  aufgezeichnet,  ja  ich  schreibe 
mich  ordentlich  blind.  Ich  gehe  von  hier  bis  zur  Fortification  Tabatingo 
in    Peru." 

In  einem  späteren  Brief  von  Pernambuco  11.  September  1859 
schreibt  Dr.  Lallemant:  „Immer  werden  mir  diese  Waldungen  von  Le- 
guminosen, Sterculiaceen,  Ampideen  und  Palmen  unvergesslich  bleiben,  diese 
Waldungen,  wenn  im  Abendsonnenstrahle  mächtige  Aravar  und  Aravamos 
sich  durch  die  reinen  Lüfte  zogen  und  Purpurfunken  zu  sprechen  schie- 
nen.   Und    doch    war    es    vor    Allem    ein    Moment,    was    mir    das    theuerste 


Dr.  R.  Av^-Lallemant.  91 

bleiben  wird.  Ich  fuhr  im  Kahn  einen  kleinen  Fluss  (bei  Cerpa)  hinauf; 
er  endete  in  einen  zauberhaft  schönen  Landsee.  Hier  deckten  die  Riesen- 
blätter von  10  bis  12  Exemplaren  der  Uaupe  apona  (Victoria  regia) 
die  unbewegte  Fluth  und  zwei  Blüthen  lagen  halb  verborgen  zwischen 
ihnen,  von  denen  mir  die  eine  —  noch  eine  Knospe  —  als  ich  sie 
pflückte,  eine  tief  poetische  Geschichte  ihres  Blumenlebens  in  der  Mond- 
scheinnacht  erzählt   hat. 

Gleich  nach  Sonnenuntergang  blühte  die  mächtige  Nymphacee  auf, 
war  um  10  Uhr  in  voller  Pracht  offen,  beinahe  einen  Fuss  im  Durch- 
messer; am  Morgen  war  sie,  nachdem  sie  mit  ihrem  Magnolienduft  die 
ganze  Nacht  mein  Zimmer  erfüllt  hatte  —  schon  welk.  Und  in  der  That 
ist  die  schneeweisse  Blüthe,  in  der  Anfangs  nur  die  16  innersten  Blätter 
geröthet  sind,  zu  zart  für  den  tropischen  Sonnenstrahl.  Auch  wird  sie 
seltsamer  Weise  von  einer  in  ihr  und,  wie  es  scheint,  fast  nur  in  ihr 
parasitirenden  Melolonthenart  heimgesucht.  In  einer  Blume  traf  ich  in 
den  mächtigen,  geharnischten  Fruchtkasten  13  Individuen  von  diesem  son- 
derbaren Maikäfer.  Uaupe  (Vogel)  apona  (Pfanne)  ist  ein  falscher  Name 
für  die  Pflanze,  abgesehen  davon,  dass  er  der  legitime  Urwaldsname  ist, 
denn  die  Blätter  sind  am  Rand  eigentümlich  aufgeschlagen  und  wenn  so 
eine  Pfanne  voll  Wasser  ist,  kann  sich  ein  Vogel  schon  darin  baden !" 
Dr.    Lallemant    ist   am    6.    October   in    Hamburg   angekommen. 

Herr  k.  k.  Hofrath  Haidinger  berichtete  über  die  neuesten  von 
Auckland  und  Nelson  auf  Neuseeland  von  Herrn  Dr.  Hochstetter  erhal- 
tenen Nachrichten.  Zu  umfassend  um  in  der  ganzen  Ausdehnung  mitgetheilt 
zu  werden,  wollte  er  doch  nicht  säumen  in  rascher  Uebersicht  die  Er- 
eignisse, welche  die  Nachrichten  bringen,  vorzuführen.  Unter  dem  28. 
Mai  hatte  unser  hochverehrte  Freund,  eben  von  seiner  grossen  Excursion 
im  Innern  der  Provinz  Auckland  auf  der  nördlichen  Insel  zurückgekehrt, 
einen  Zeitungs-Ausschnitt  geschickt,  erhalten  am  17.  September,  über 
welchen  Herr  Hofrath  Haidinger,  während  die  naturwissenschaftlichen 
Sitzungen  unterbrochen  waren,  unmittelbar  einen  Auszug  in  der  „Wiener- 
Zeitung"  gab.  Es  war  diess  der  übersichtliche  Reisebericht  einer  Expe- 
dition, bestehend  aus  den  Herren  Dr.  Hochstetter,  0.  F.  Haast,  Drum- 
mond  Hay,  Koch  und  Hamel  mit  zahlreichen  Begleitern.  Die  Route 
ging  über  Drury  nach  Whaingaroa  oder  jetzt  Raglan  nach  Autea  und 
Kawhia;  über  das  Pirongia-Gebirge  nach  dem  Waipa,  dann  zu  den  Quel- 
len des  Wanganui  und  zum  See  Taupo  und  dann  an  den  Waikato.  Hier 
Untersuchungen  der  merkwürdigen  trachytischen  und  vulkanischen  Umge- 
gend mit  ihren  berühmten  heissen  intermittirenden  Springquellen  und  Seen 
und  endlich  wieder  den  Waikato  hinab  und  schliesslich  zurück  nach  Auck- 
land. Eine  gestern  mit  dem  Poststempel  von  Auckland  am  20.  Juli,  Schlei- 
fensendung enthielt  das  Blatt  der  „  Auckland  Provinzial  Governement  Ga- 
zette" vom  8.  Juli  mit  einem  Berichte  des  Dr.  Hochstetter,  welchen 
er  in  einer  Versammlung  der  Mitglieder  des  Auckland  Mechanic's  Institute 
am  24  Juni  gehalten  hatte,  und  welcher  nebst  einer  wissenschaftlichen 
geologischen  Einleitung  die  Einreihung  sämmtlicher  Hauptbeobachtungen 
nach    geologischer    Natur    und    geographischer    Nachweisung    enthält. 

Er    ist    nebst    der    Einbegleitung    an    den   Superintendenten  der  Provinz 

Herrn   John    William son,    durch  den  letzteren  offiziell  zum  Druck  gelegt. 

Die    heutige    Post   brachte    ein    Schreiben  mit  dem  Postzeichen  Nelson 

vom    5.     August.     Nicht    ohne    tiefe    Rührung    lesen    wir    die    umfassenden 


92  Versammlung  am  18.  October  1859. 

Berichte,  welche  spätere  Zeitungs-Ausschnitte  enthalten.  Am  Schlüsse  der 
Berichterstattung  ergreift  Herr  Heaphy,  der  Sitzungspräsident,  das  Wort 
und  redet  unseren  hochverehrten  Freund  und  Arbeitsgenossen  früherer 
Zeit    in    folgender    Weise    an : 

„Dr.  Hochstetter!  Ihr  vortrefflicher  Vortrag  —  dessen  wissen- 
schaftlichen Theil  ich  übrigens  nicht  vollständig  zu  schätzen  im  Stande 
bin  —  hat  die  Theilnahme  an  Orten  und  Gegenständen  um  uns  bestätigt, 
welche  uns  gar  geläutig  sind,  aber  deren  längst  verflossene  Geschichte 
von  dem  Griffel  des  Geologen  gezeichnet  werden  musste.  Wo  immer  man 
Ihre  Beschreibungen  liest  —  und  ich  hoffe  Sie  werden  gestatten,  dass 
dies  durch  unser  Institut  geschehe  —  überall  werden  sie  den  tiefsten 
Eindruck  auf  die  Aufmerksamkeit  der  wissenschaftlichen  Welt  machen. 
Humboldt's  Beschreibungen  verliehen  Reiz  dem  Lande  und  den  Bergen 
von  Südamerika,  Ihr  Name,  mein  Herr,  wird  unvergänglich  vereinigt  sein 
mit  den  wunderbaren  vulkanischen  Systemen  von  Neu-Seeland.  Man  hat 
mit  Recht  gesagt:  „Nie  ruht  die  Geologie  als  Wissenschaft."  Was  man 
gestern  noch  nicht  sah,  das  ist  heute  ein  Zielpunct,  und  wird  morgen 
ein  Ausgangspunct  werden,  eine  authentische  Basis,  die  wahre  Grundlage 
für  Alle  sein,  welche  nun  ihre  Arbeiten  anschliessen,  für  Mineralogen 
und  Bergmänner,  welche  sie  benützen  werden.  Im  Namen  des  Institutes 
und  der  Zuhörerschaft  empfangen  Sie  unseren  wärmsten  Dank."  (Enthu- 
siastischer   und    lang    andauernder    Beifall.) 

Es  waren  aber  auch  eine  Anzahl  von  Laiidkolonisten  von  dem  Man- 
gron District,  von  Onchunga,  von  Otahuhu  gegenwärtig.  Unter  dieser  ent- 
spann sich  eine  Besprechung,  ein  provisorisches  Comite  wurde  rasch 
gebildet,  zu  dem  Zwecke,  Herrn  Dr.  Hochstetter  ein  Andenken  von 
den  Vielen  zu  überreichen,  und  statt  eines  öffentlichen  Gastmahles,  das 
doch  nur  auf  die  Männer  beschränkt  ist,  eine  jener  viel  angenehmeren 
Zusammenkünfte,  eine  Soiree,  bei  welcher  Frauen  und  Fräulein  eben  so 
gut  theilnehmen  als  Herren  der  Schöpfung.  Unser  Freund  Hochstetter 
hatte  übrigens  billig  der  wissenschaftlichen  Beihilfe  der  Herren  Heaphy 
und  Pure  ha  s  gedacht  und  den  hohen  Werth  ihrer  eigenen  früheren 
Arbeiten    anerkannt. 

Der  Bericht  über  jene  Abendgesellschaft  zur  Ueberreichung  des  An- 
denkens (TestimonialJ  ist  nun  der  Gegenstand  eines  zweiten  Zeitungs- 
Ausschnittes.  Ueber  70  Damen  und  Herren  waren  am  25.  Juli  versammelt. 
Zahlreiche  Abbildungen  aus  den  bereisten  Gegenden  und  andere  Gegen- 
stände waren  ausgestellt.  Hochstetter  wurde  unter  warmem  Beifall  von 
den  Herren  Hochw.  A.  G.  Purchas  und  Heaphy  eingeführt.  Auf  den 
Antrag  des  Herrn  W.  Buckland  nahm  John  Williams on,  Esq.  Super- 
intendent, den  Vorsitz  ein.  Nun  zuerst  Herrn  Williamson's  anregende 
Ansprache  voll  Anerkennung  für  die  „Novara"  und  für  unseren  Freund. 
Sodann  stand  Oberst  Mo uld  auf  und  las  die  von  Herrn  Leon  De  Laville 
kunstreich  ausgefertigte  Adresse,  in  welcher  Herrn  Dr.  Hochstetter, 
ebenfalls  hoch  anerkannt,  der  WTunsch  zu  erkennen  gegeben  wird,  er 
wolle  eine  ihm  überreichte  Börse  freundlich  aufnehmen  und  sich  ein  Stück 
Silberzeug  anschaffen,  zu  immerwährendem  Andenken  für  seine  Familie 
und  sein  Vaterland,  endlich,  dass  er  darauf  eine  Inschrift  graviren  lassen 
wolle  folgenden  Inhalts:  „Ueberreicht  an  Dr.  Hochstetter,  Geologen 
der  kaiserlich  königlichen  Oesterreichischen  wissenschaftlichen  Expedition 
in    der    Fregatte    „Novara*    von    den     Bewohnern     der    Provinz    Auckland, 


Dr.  Hochstetter.  93 

Neu-Seeland,  als  Anerkennung  der  ausgezeichneten  Dienste,  welche  ihnen 
durch  seine  Untersuchungen  in  den  mineralischen  und  landwirtschaftlichen 
Hilfsquellen    der    Provinz    geleistet    worden    sind." 

Die  Börse  selbst  ist  von  kastanienbraunem  Sammt,  von  Fräulein 
Mould,  der  Geberin,  geschmackvoll  in  Gold  gestickt.  Sie  enthielt  ISO 
Pfd.  St.  (nach  dem  Tagskurse  1800  fl.  Oe.  W.).  Nun  folgt  die  Dank- 
rede unseres  Freundes  Hochstetter,  voll  der  innigsten  Gefühle,  durch- 
drungen von  den  schönen  Erfolgen,  der  wohlwollenden  Aufnahme,  der 
Erinnerung  an  seine  Aufnahme  in  England  vor  dem  Beginn  der  Reise, 
und  wie  ihm  ein  Philosophical-Clubb  Erfolge  zugewünscht,  der  Erinnerung 
an  unsere  „Novara".  Sodann  in  englischer  Uebersetzung  die  Maori-An- 
sprache  des  Häuptlings  aus  dem  Ngatiwhatua-Stamme  Paora  Tuhabre, 
welcher  umgeben  von  mehreren  seiner  Landsleute  vortrat,  und  an  Dr. 
Hochstetter  seine  Rede  hielt.  Hochstetter  seinerseits  beantwortete 
dies«  Ansprache  gleicherweise  in  Maori,  und  zwar  in  so  genauer  Aus- 
sprache und  Deutlichkeit,  dass  sie  den  Eingebornen  vollkommen  verständ- 
lich war.  Sie  schloss  sich  ganz  den  Ideen  der  Eingebornen  aus  diesen 
so  sehr  bildungsfähigen  Stämmen  an  und  führte  ihnen  ihre  Traditionen 
und  ihre  verschiedenen  Häuptlinge  und  Gegenden,  welche  Hochstetter 
besucht,  das  Wohlwollen,  welches  er  in  der  Aufnahme  erfahren,  in  ein- 
dringlichster   characteristischer    Weise   vQr. 

Am  Schlüsse  seiner  Maori -Rede  schüttelten  die  Eingebornen  Dr. 
H  ochste tter's  Hand  und  dankten  ihm  für  diese  freundlichen  Abschiedsworte. 

Der  Abend  schloss  mit  Gespräch,  Musik  und  Betrachtung  von  Zeich- 
nungen und  Karten.  Um  10  Uhr  begann  der  Tanz  und  währte  noch 
einige  Stunden.  So,  sagt  das  Blatt,  vergnüglich  für  alle  Theile,  schloss 
die  letzte  öffentliche  Gelegenheit,  in  welcher  Dr.  Hochstetter  —  wahr- 
scheinlich für  mehrere  Jahre  nicht  mehr  mit  den  Bewohnern  von  Auck- 
land    in    Gesellschaft    sein    kann. 

Hochstetters  Schreiben  selbst  enthält  mehr  den  Eindruck  der 
nun  immer  näher  an  ihn  heranrückenden  Gerüchte  von  kriegerischen 
Ereignissen,  als  Wissenschaftliches.  Es  war  vom  23.  Juli  datirt,  vom 
3.  August  ein  Beiblatt  von  Nelson  auf  der  südlicheren  der  beiden  grös- 
seren Inseln  datirt.  Er  benützte  dazu  den  Dampfer  „Lord  Achlay."  Er 
besuchte  auf  dem  Wege  einen  Tag  New-Plymouth  am  Fuss  des  pracht- 
vollen Vulkankegels  Mount  Egmont  (Taranaki)  und  brachte  eine  von  Hr. 
Heaphy  ausgeführte  vortreffliche  Zeichnung  desselben,  auch  ein  getreues 
photographisches  Bild  mit.  „ Von  da  weg  hatte  ich,"  schreibt  Hochstetter, 
„eine  sehr  stürmische  Passage  durch  die  in  dieser  Beziehung  sehr  berüch- 
tigte Cooks  -  Strasse ,  bis  ich  in  Port  Nicholson  zwischen  hohen  Thon- 
schiefergebirgen  in  der  Stadt  Wellington  zum  zweiten  Mal  an's  Land 
kam.  Von  da  fuhren  wir  gestern  Abend  ab  und  kamen  heute  Früh  wohl- 
behalten   in    Nelson    an,   dem    Garten    Neu-Seelands. 

Ich  hatte  eine  dringende  Einladung  bekommen  für  Nelson  ehe  ich 
Neu-Seeland  verlasse,  um  die  Gold-,  Kupfer-  und  Kohlenfelder  der  Pro- 
vinz zu  sehen  und  ich  glaubte  dieser  Einladung,  die  mir  Gelegenheit 
gibt,  eine  geologisch  gänzlich  verschiedene  Gegend  zu  sehen,  Folge  leisten 
zu  müssen.  Schon  der  erste  Tag  lohnte  sich  durch  merkwürdige  wahr- 
scheinlich devonische  Petrefacten,  welche  ich  nahe  bei  der  Stadt  fand. 
Der    Platz   wird    in    den    nächsten   Tagen    eine    reiche    Fundgrube   für   mich 


94  Versammlung  am  18.  October  1859. 

werden.  Ausserdem  prachtvolle  Gabbros  und  Serpentine  u.  s.  w.  mit  Kupfer- 
erzgängen.   Doch    darüber    später    und    ausführlicher. 

Ich  wurde  hier  förmlich  mit  allen  Ehren  empfangen,  in  einem  beflaggten 
officiellen  Boote  an  Bord  des  Dampfers  abgeholt.  Ich  fand  Alle,  den  Super- 
intendenten und  die  ersten  Männer  von  Nelson  am  Ufer  versammelt,  im 
Hotel  bequemes  Logis  für  mich  bereit  und  wurde  alsbald  durch  die  Nach- 
richt überrascht,  dass  der  Dampfer  die  „Tasmanian  Maid"  im  Hafen  ganz 
zu  meiner  Disposition  sei  für  die  nächste  Woche,  um  alle  die  wichtigen 
Puncte  an  der  Küste  besuchen  zu  können.  So  ist  mir  Alles  leicht  ge- 
macht und  ich  hoffe  in  dem  Monat,  den  ich  in  der  Provinz  Nelson  zuzu- 
bringen gedenke,  Gelegenheit  zu  haben,  viel  zu  sehen  und  somit  mit 
der  nächsten  Post  Ihnen  auch  viel  zu  schreiben.  Ich  fahre  mit  dem  Sep- 
tember-Dampfer   (1.    oder    2.    September)    nach    Sydney." 

Herr    k.    k.    Hofrath    Haidinger    macht    folgende    Mittheilung: 

Durch  das  freundliche  Wohlwollen  des  Herrn  Dr.  Franz  Liharzik 
Verfassers  des  so  wichtigen  Werkes:  „Das  Gesetz  des  menschlichen 
Wachsthums  u.  s.  w.a,  das  wieder  in  so  enger  Beziehung  steht  mit 
dem  von  den  Herren  Dr.  Scherz  er  und  Dr.  Schwarz  während  unserer 
„Novara"  Fahrt  aufgestellten  Systeme  der  Körpermessungen  u.  s.  w.,  ist 
es  mir  vergönnt,  der  hochverehrten  Gesellschaft  aus  den  letzten  Lebens- 
tagen unseres  Humboldt  noch  eine  Mittheilung  über  seine  lebhafte  Theil- 
nahme  an  unserer  so  anregenden  Erdumsegelung  zu  machen,  und  wie  er 
stets  mit  grosser  Aufmerksamkeit  die  Expedition  der  „Novara"  verfolgte 
und  wie  er  gerne  sehr  viel  davon  gesprochen.  So  schreibt  von  Berlin 
am  14.  October  Herr  Johann  Seifert,  der  vielverdiente  Kammerdiener 
Humboldt's,  der  ihn  seit  33  Jahren  umgab.  Er  äussert  noch,  dass  er 
seinem  unvergesslichen  Herrn  bereits  im  Jahre  1858  versprach,  wenn 
die  „Novara"  glücklich  zurückgekommen  sei,  er  dem  Schiffe  das  Bild 
Alexander  v.  Humboldt's  in  seiner  Bibliothek  verehren  werde,  und  dass 
er,  „so  wie  er  mit  der  Bibliothek,  die  ihm  sein  hoher  Herr  schon  im 
Jahre  1858  den  25.  November  in  einer  gerichtlichen  Urkunde  geschenkt 
in  Ordnung  ist,  er  nicht  säumen  werde,  dasselbe  der  „Novara"  zu  über- 
senden." Mit  dankbarer  Bührung  spricht  er  von  dem  grossmüthigen  Ge- 
schenke, das  von  Sr.  k.  k.  Apostolischen  Majestät  ihm  für  ein  Exemplar 
dieses  Bildes  zu  Theil  ward,  welches  er  auf  Allerhöchste  Anordnung 
übersendet    hatte. 

Herr  k.  k.  Custos-Adjunct  G.  Frauen  fei  d,  den  der  Herr  Präsident 
mit  herzlichen  Worten  sowohl  über  seine  glücklich  erfolgte  Bückkehr,  so 
wie  über  die  mit  so  vielem  Erfolge  zurückgelegte  Fahrt  der  k.  k.  Fre- 
gatte „Novara,"  der  er  bei  ihrer  Erdumsegelung  als  Zoologe  angehörte, 
beglückwünschte,  und  wozu  die  ganze  Versammlung  durch  Erheben  von 
den  Sitzen  ihren  Beifall  zu  erkennen  gab,  theilte  einige  Notizen  zur  Kennt- 
niss  über  die  Insel  Neu-Amsterdam  im  Ostindischen  Meere  mit,  die  er 
theils  durch  eigene  Erfahrung  und  Anschauung  sammelte,  theils  aus  einer 
in  dem  „Caleutta  Journal  of  the  Asiatic  Society"  enthaltenen  Erzählung 
zweier  schiffbrüchiger  Matrosen,  die  14  Monate  auf  dieser  Insel  zu- 
brachten,   entlehnte. 

Herr  k.  k.  Hofrath  Haidinger  legte  folgendes  Schreiben,  datirt 
vom    18.    October    1859,    von    Herrn   Dr.    Carl    Scherzer   vor: 

„Im  Begriffe  nach  Triest  abzureisen,  wo  eine  grosse  und  lange 
Arbeit,    die    Herausgabe    des    mitgebrachten    literarischen   Materials,    dringend 


W.  Haidinger.  95 

meiner  harrt,  bin  ich  leider  nicht  in  der  Lage,  der  ersten  Sitzung  der 
k.  k.  geographischen  Gesellschaft  beiwohnen  und  den  hochverehrten  Mit- 
gliedern derselben  persönlich  (wie  ich  es  jetzt  schriftlich  thue)  meinen 
tiefgefühlten  Dank  für  das  ehrenvolle,  ungeschwächt  bewahrte  Interesse 
ausdrücken  zu  können,  welches  diese  hochangesehene  Körperschaft  meinen 
Bestrebungen  während  der  Reise  Sr.  Majestät  Fregatte  „Novara"  um  die 
Erde    schenkte. 

Ich  erlaube  mir  daher  Ihnen  angeschlossen  einige  Mittheilungen  über 
meine  Thätigkeit  im  letzten  „Novara"  -  Jahre  mit  der  höflichen  Bitte  zu 
übersenden,  dieselben  in  der  nächsten  Sitzung  der  k.  k.  geographischen 
Gesellschaft  in  meinem  Namen  gütigst  vorlegen  zu  wollen.  —  Unter  dem 
Schutze  einer  gnadenreichen  Vorsehung  von  einer  ebenso  gefahrvollen 
als  beschwerlichen  Reise  wieder  gesund  und  wohlerhalten  zurückgekehrt, 
und  durch  einen  Act  kaiserlicher  Huld  ausgezeichnet,  der  für  mich  einen 
doppelt  hohen  Werth  durch  die  wahrhaft  rührende  Theilnahme  erhält, 
welche  derselbe  in  dem  Herzen  meiner  Mitbürger  hervorrief,  will  ich  nun 
mit  allem  Aufwände  meiner  Kräfte  mich  beeifern,  die  gesammelten  Erfah- 
rungen zum  Frommen  meines  Vaterlandes  zu  benützen,  um  so  jener  hohen 
Auszeichnung  und  jener  edlen  Sympathien  nicht  ganz  unwürdig  zu  er- 
scheinen,   die    mich    eher   demüthig    als    stolz    machen." 

Herr  Secretär  Foetterle  las  hierauf  die  im  Vorhergehenden  erwähnten 
Mittheilungen  vor,  die  sich  auf  die  Fahrt  Sr.  Majestät  Fregatte  „Novara" 
von  Valparaiso  bis  Triest  und  auf  Herrn  Dr.  K.  Scherzer's  Ueberland- 
reise  von  Valparaiso  über  Lima,  Panama,  London,  Gibraltar  und  Triest 
beziehen. 

Schliesslich  legte  Herr  Secretär  Foetterle  zwei  Mittheilungen  des 
Herrn  Professor  L.  H.  Jeitteles  in  Kaschau  an  die  Gesellschaft  vor. 
Die  eine  enthält  Quellenmessungen  in  den  Sudeten  und  Karpathen,  die 
Herr  Professor  Jeitteles  im  Jahre  1858  ausführte,  die  andere  „das 
Erdbeben  am  15.  Jänner  1858  in  seinen  Beziehungen  zur  Atmosphäre" 
behandelt  die  meteorologischen  Erscheinungen  vor,  während  und  nach  dem 
Erdbeben  vom  15.  Jänner  1858  in  jenen  Gegenden,  welche  von  dem 
Erdbeben    betroffen   wurden. 

Herr  Foetterle  theilte  folgende  ihm  von  dem  Mitgliede  Hrn.  Dr. 
E.    H.    Costa   in    Laibach    zugesendete    Notiz    mit: 

„Aus  einem  mir  zugekommenen  Schreiben  des  früher  in  Adelsberg 
gewesenen,  jetzt  in  Neumarkt  bei  Salzburg  bediensteten  Civil-Ingenieurs 
P.  Eunike  entnehme  ich  Nachstehendes  über  die  bisher  noch  wenig  un- 
tersuchte Planinaer-Grotte:  „Diese  Grotte  hat  mich  nicht  so  sehr 
befriedigt,  wie  ich  es  gewunschen  hätte,  doch  ist  sie  immerhin  interes- 
sant genug,  und  als  eine  Bereicherung  der  Kenntniss  unseres  Grottensystems 
anzusehen.  Eine  genaue  Beschreibung  behalte  ich  mir  vor,  für  jetzt  nur 
Einiges  in  aller  Kürze.  Sie  liegt  10  Minuten  oberhalb  Laase  und  hat  die 
Richtung  NW.  —  Vom  Eingange  angefangen,  der  sehr  eng  ist,  kommt 
man  in  70°  Entfernung  mit  22°  Gefäll  zu  einem  ebenen  Raum,  in  den 
2  Gänge  einmünden,  die  sich  rückwärts  vereinigen,  und  deren  Ende  ein 
furchtbarer  Einsturz  ausmacht.  Der  tiefste  Punct  der  Grotte  liegt  2°  tiefer 
als    das     Flussbett.*)     Es     finden     sich     recht     hübsche   Tropfsteingebilde, 


*)  Des  Unzbaches. 


96  Versammlung  am  18.  üctober  1859. 

namentlich  das  täuschend  ähnliche  des  „ Bischofs. u  Die  ganze  Grotte  mit 
allen  Verzweigungen  hat  eine  Länge  von  160°.  Besonders  schön  ist  der 
Eingang  in  die  Grotte  gelegen  —  auf  einer  Anhöhe,  die  den  schönsten 
L'eberblick  über  das  ganze  Planina-Thal  gewährt;  man  sieht  Planina,  Klein- 
häusel,   Mühlthal    und    Schloss    Haasberg." 

Eine  andere  Notiz  des  Herrn  Dr.  E.  H.  Costa  ist  folgende: 
„In  den  letzten  Jahren  wurde  das  Bedürfniss  eines  genauen  Orts- 
lexicons  über  mehr  gefühlt,  und  es  wurden  auch  einige  meist  ganz  verun- 
glückte Versuche  gemacht,  diesem  Bedürfnisse  abzuhelfen.  (Vgl.  die  Vor- 
träge des  k.  k.  Ministeriais ecretärs  Dr.  Bek  in  der  Versammlung  vom 
17.  Februar  1857  und  des  Herrn  Vizepräsidenten,  Freiherrn  von  H ei- 
fert in  der  Versammlung  vom  23.  October  1858).  Den  neuesten  diess- 
fälligen  Versuch  bildet  das  bei  G.  H.  Fri  edl  ei  n  in  Leipzig  erscheinende, 
vom  Herausgeber  des  Leipziger  Messadressbuchs  und  des  deutschen  Handeis- 
Adressbuches  H.Rudolph  verfasste  „vollständige  geographisch-topograpisch- 
statistische  Ortslexikon  von  Deutschland,"  von  welchem  mir  die 
beiden  ersten  Hefte  vorliegen.  (Spalte  1 — 192  lex.  8°.)  Das  Lexikon 
soll  enthalten  „alle  Städte,  Flecken,  Pfarr-,  Kirch-  und  andere  Dörfer, 
Ort-  und  Bauerschaften,  Kirchspiele,  Schlösser,  Rittergüter,  Vorwerke, 
Weiler,  Hüttenwerke,  Mühlen,  Höfe,  merkwürdige  Ruinen,  Krüge,  Ein- 
schichten, Einöden  (u.  z.  in  alfabetischer  Reihenfolge)  der  gesammten 
deutschen  Bundesstaaten,  so  wie  der  unter  Oesterreichs  und  Preussens 
Botmässigkeit  stehenden  nicht  deutschen  Länder."  Die  ersten  beiden  Hefte 
reichen  bis  Banemin.  Jede  Spalte  enthält  mehr  als  60  Namen  ,  die 
beiden  vorliegenden  Hefte  somit  an  12,000  Ortschaften  etc.  Das  ganze 
Werk  aus  20  Lieferungen  bestehend  soll  im  Zeiträume  von  2  Jahren 
vollendet  sein  und  ISO, 000  Artikel  enthalten.  Jedem  Orte  ist  mit  wenigen 
Schlagworten  beigefügt  1.  Staat,  Provinz,  Kreis-Amt  oder  Gerichtsort, 
wozu  er  gehört;  2.  geograph.  Lage  und  Entfernung  vom  betreffenden 
Kreis-.  Amts-,  oder  Gerichtsorte  gerade  durchgemessen;  3.  Fluss  oder 
See,  an  welchem  der  Ort  rechts  oder  links  liegt;  4.  Einwohnerzahl,  Ge- 
werbthätigkeit,  industrielle  Etablissements;  o.  Postanstalten,  Eisenbahn-, 
Dampfschiff-  und  Telegraphenstationen.  Zum  Schlüsse  ist  für  Kauf-  und 
Gewerbsleute  ein  alphabetisches  Verzeichniss  von  Waaren,  Fabrikaten, 
Producten  u.  s.  w.  mit  Angabe  der  Orte,  an  welchen  dieselben  haupt- 
sächlich ihren  Markt  haben  oder  erzeugt  werden,  zugesagt.  Dass  von  ab- 
soluter Vollständigkeit  keine  Rede  sein  kann,  versteht  sich  von  selbst. 
Ich  habe  das  1.  Heft  in  Bezug  auf  Krain's  Orte  genau  geprüft  und 
namentlich  mit  dem  officiellen  Ortsverzeichniss  verglichen,  und  bin  zu 
folgenden  Resultaten  gekommen.  Unter  fünfzig  krain.  Ortschaften  des 
1.  Heftes  (A — Annamühle)  fehlen  sieben:  Afriach  (slov.  Javorje)  mit 
186  Einw.  25/8  Meilen  von  Lack,  Aichelten  mit  08  Einw.  im  Bezirke 
Kronau;  Alben  23/8  Meilen  von  Laibach;  Altenmarkt  mit  9o  Einw. 
im  Bezirke  Weixelburg;  St.  Ambrosi  mit  58  Einw.  bei  Krainburg; 
St.  Andrä  bei  Lack  und  Andrecji  bei  Laas  mit  18  Einw.  Gefehlt  ist  es 
ferners,  dass  eine  seit  1850  nicht  mehr  bestehende  Kr  eiseint  h  eilung 
angeführt  wird.  Dann  gehört  Aibel  zum  Bezirke  Gotschee  und  nicht 
Neustadl,  Altabor  zu  Neustadt  und  nicht  zu  Gotschee,  Andoll  zu  Gross- 
laschitz  und  nicht  zu  Laibach.  Ein  Dorf  mit  Namen  St.  Agatha  findet 
sich  im  officiellen  Ortsverzeichniss  nicht.  Althammer  ist  im  slovenischen 
stara  fuscina   (anstatt  stare  fuzine)   geschrieben.    Sehr    bedeutend    und 


F.  Foetterle  97 

zahlreich  sind  die  Abweichungen  in  der  Einwohnerzahl,  wobei  ich  jedoch 
bemerken  muss,  dass  auch  das  efficielle  Ortsverzeichniss  nicht  die  letzte 
Zählung  (sondern  die  von  1851)  zu  Grunde  gelegt  hat,  daher  auch  die 
Angaben  dieses  letztern  keinen  Anspruch  auf  unbedingten  Glauben  haben. 
In  nachfolgender  Uebersicht  dieser  Abweichungen  gibt  die  erste 
Zahl  die  des  Rudolph'schen  Ortslexikons,  die  zweite  die  des  officiellen 
Verzeichnisses    an: 

R.         Off.  R.  Off. 

Adleschitz 820  .    .  130  Altlak  .    .    .    1120  .    .  585 

Aich  .    .        760  ..  500  Altlinden  .    .     470      .  158 

Alben 1180  .    .  108  Altoberlaibach  455  .    .  350 

Altdirnbaeh 515  ..  168  Altosslic  .    .    .  630  .    .  530 

Altenlak 1035  .    .  539  Altsaag  .  -.    .   750  .    .  165 

Altenmarkt  bei  Pölland  .  1000  .    .  217  St.  Andrii  .    .   560  .    .    47 

Die  übrigen  Angaben  des  Lexikons  sind  genau.  Nimmt  man  an,  dass 
die  fehlenden  Ortschaften  durchgehends  unbedeutend  sind,  und  mit  Aus- 
nahme einer  (welche  aber  vielleicht  bei  Javorje  nachgetragen  wird)  weniger 
als  100  Einwohner  haben;  dann  dass  genaue  Angaben  in  Betreff  der 
Einwohnerzahl  auch  das  neueste  officielle  Ortsverzeichniss  nicht  biethet,  so 
kann  der  Schluss  gerechtfertigt  erscheinen,  dass  das  vorliegende  Ortsle- 
xikon (trotz  des  Mangels  absoluter,  für  Privatkräfte  aber  eigentlich  ganz 
unerreichbarer  Vollständigkeit)  immerhin  für  practische  Zwecke  brauch- 
bar gelten  kann,  durch  die  grosse  Anzahl  der  Artikel,  und  eine  ziem- 
liche   Verlässlichkeit    in    den    wesentlichsten    Puncten." 


IHngegangene  Druckschriften. 

Nouvelles  annales  des  voyages  de  la  geographie,  de  l'histoire  et  de  l'areheologie. 
Paris.    VI.    Ser.    V.    Ann.    1859,    Mai— August.  Von    der    Redaction. 

Pester-Lloyd   1859.    Nr.  137   bis   zu    Nr.   256.  Von  der  Redaction. 

Wochenblatt   der   k.    k.    steierm.    Landwirthschafts-Gesellschaft.    Gratz.    1859.  Nr.  16 — 26. 

Von    der    Gesellschaft. 

Mittheilungen    aus    dem    Gebiete    der    Statistik.    Wien    VII.    Hft.    2.    3.    1858. 

Von    der   k.    k.    Direction    der   administrativen   Statistik. 

Centralblatt   für   die   gesammte   Landescultur.   Prag    1859   Nr.   23 — 42. 

Von   der   k.    k.   patr.    ök.    Gesellschaft. 

Mittheilungen  über  Gegenstände  der  Landwirthschaft  und  Industrie  Kärnthens.  Klagen- 
furt  1859.   Nr.   5—8.  Von    der   k.    k.   Landw.    Gesellschaft. 

Gospodarski  List.  Zagrebu  1859.  Nr.  23—42.      Von  der  k.  k.  kroat.  slav.  Ackerb.-Ges. 

Austria.    Wochenschrift   für  Volkswirtschaft   und  Statistik.    Wien   1859.    Nr.    23—42. 

Von    der   Redaction. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  n.  ö.  Gewerbe -Vereines.  Wien.  Jahrg.  1859. 
Hft.   4—6.  Vom   Vereine. 

Aegypten.  Reisebilder  aus  dein  Orient.  Dem  Hochgebornen  Herrn  Grafen  Jos.  Breuner 
hochachtungsvoll  gewidmet,  nach  der  Natur  gezeichnet  und  herausgegeben  von 
L.   Libay.    Wien    1859.    V.    Lief.  Vom    Herrn    Grafen   Aug.    v.   Breuner. 

Approdi  in  Trieste  secondo  bandiere  durante  i  primi  semestri  degli  anni  solari  1859. 
1858.    c   1857.   —  Navigli   approdati   in  Trieste   nel    solare    1858. 

Von    der  Handelskammer. 

Bericht  II.  III.  über  die  allgemeine  ordentliche  Sitzung  der  Prager  Handels-  und  Ge- 
werbekammer  am   7.   März,    am   8.    April    1859.         Von    der   Handelskammer. 

44.  Jahresbericht  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Emden.  1858.  —  Hannover'sche 
Zeitung    1859.    Nr.    77,   79,    175,    177,   203,  261.  Von   Herrn   Dr.    Metger. 


98 

Landwirthschaftliche  Zeitschrift  von  und  für  Ober-Oesterreich.  Linz  1859.  Nr.  12—20. 

Von    der    k.    k.    La  nd  wir t lisch. -Gesel  I  schalt. 
Bolletino    dell'   Associazione   agraria    friulana.    Udine.    1859.    Nr.    11  — 15. 

Von  der  Ackerbau-Gesellschaft. 
Bildliche  Darstellung  des  Ganges  der  Witterung  vom  1.  Dez.  1857  bis  30.  Nov.  1858. 
im  Königreich  Hannover.  Nach  den  zu  Clausthal  und  Emden  angestellten  meteoro- 
logischen Beobachtungen.  Von  Dr.  M.  A.  J.  Prestel.  —  Wetter-Beobachtungen, 
aufgezeichnet  in  Emden  von  Dr.  M.  A.  J.  Prestel.  Beobachtungs- Jahr  vom 
1.    Dec.    1857   bis    30.    Nov.    1858.  Vom   Herrn    Verfasser. 

Die  Privilegien  der  k.  k.  landesf.  Stadt  Fürstenfeld  mit  einer  historisch-topograph. 
Skizze  derselben.  Gratz  1857.  —  Hartberg.  Histor.-topograph.  Skizze  der  Haupt- 
pfarre, Stadt  und  Umgebung.  Gratz  1859.  —  Ansichten  aus  der  Steiermark 
u.  s.  w.  IV.  Hft.  —  Die  künftigen  Grenzen  der  Sekauer-  und  Lavanter-Diöcese 
in  Steiermark  (im  kath.  Wahrheitsfreund.  Gratz  1859.  Nr.  14).  —  Die  steier- 
märkischen  Schützon-Freiwilligen-Bataillone  und  ihre  Leistungen  in  den  Jahren 
1848  und  1849.  Gratz  1857.  —  Schriften  des  historischen  Vereins  für  Inner- 
Oesterreich.  1.  Hft.  Gratz  1858.  —  Mittheilungen  des  histor.  Vereines  für  Steier- 
mark.   Gratz    1850—1858.    I— VIII.  Vom    histor.    Vereine. 

Mittheilungen    des   ungar.   Forst-Vereines.    N.    F.    I.    Hft.    1.    2.    Presshurg    1859. 

Vom   Vereine. 

Journal  of  the  American  Geographical  and  Statistical  Society.  New-York.  I.  1 — 6. 
Jan. -Juni    1859.  Von    der    Gesellschaft. 

Verhandlungen  der  gelehrten  Estnischen-Gesellschaft  zu  Dorpat  I.  1 — 4.  II.  1 — 4.  III. 
1.   2.    IV.    1.    2.    1840—1858.  Von    der   Gesellschaft. 

Importance  of  the  Study  of  legal  Medecine:  a  lecture  introductory  to  the  course  on 
medical  Jurisprudence  at  the  medical  College.  By  James  Wynne  M.  D.  New- 
York    1859.  Vom    Verfasser. 

Synopsis  filicum  Africae  Australis  or  an  enumeration  of  the  South  African  ferns  hi- 
therto  Known.  By  L.  Pappe  M.  D.  and  the  Hon.  Bawson  W.  Bawson  Esq. 
Cape  Town.  1858.  —  Synopsis  of  the  edible  Fishes  at  the  Cape  of  Good 
Hope.  By  L.  Pappe  M.  D.  Cape  Town  1853.  —  Flora  capensis  medicae  Prod- 
romus,  or  an  enumeration  of  South  Africa  plants  used  as  remedies  by  the  Colo- 
nists  of  the  Cape  of  Good  Hope.  By  L.  Pappe  M.  D.  2d  edit.  Cape  Town. 
1857.  Vom    Verfasser 

Achter  Jahresbericht  über  die  Wirksamkeit  des  Werner -Vereines  zur  geologischen 
Durchforschung    von    Mähren    und    Schlesien    im  Vereins-Jahre    1858.    Brunn  1859. 

Vom    Vereine. 

Militär-Zeitung.    Wien    1859.    Nr.    25.    56.    58—78.   80—83.  Von  der  Bedaction. 

Auszug  aus  dem  statistischen  Berichte  der  Handels-  und  Gewerbekammer  Ober- 
Oesterreichs   für    das   Jahr    1858.    Linz    1859.  Von    der    Handelskammer. 

Beiträge  zur  Statistik  der  inneren  Verwaltung  des  Grossherzogthums  Baden.  X.  Hft. 
Carlsruhe    1859.  Vom    grossherz.    Ministerium. 

Zeitschrift  für  populäre  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Astronomie  und  verwandter 
Wissenschaften.    Altona    1859.    I.    2.  Von    der   Bedaction. 

Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Beichsanstalt.  Wien  1859.  X.  1.  —  VIII.  Jahresbe- 
richt der  k.  k.  Ober-Bealschule  in  der  Vorstadt  Landstrasse  in  Wien  für  das 
Schuljahr  1858 — 1859.  —  Programm  des  k.  k.  Gymnasiums  zu  Znaim  am  Schlüsse 
des  Schuljahres  1859.  —  Programm  des  k.  k.  Ober-Gymnasiums  zu  Troppau 
für  das  Schuljahr  1859.  —  VIII.  Jahresbericht  für  die  st.  st.  Ober-fiealschule 
in  Gratz  für  das  Studienjahr  1859.  —  Programm  der  st.  st.  vollständigen 
Bealschule  zu  Gratz  und  der  commerciellen  Abtheilung  derselben  für  das  Stu- 
dienjahr 1859 — 1860.  —  Programm  des  k.  k.  Staats-Gymnasiums  in  Pest  für 
das  Schuljahr  1859.  —  IX.  Programm  des  k.  k.  Gymnasiums  in  Triest  zu 
Ende  des  Schuljahres  1859.  —  Jahresbericht  des  k.  k.  Ober-Gymnasiums  zu 
den  Schotten  in  Wien  am  Schlüsse  des  Schuljahres  1859.  —  Jahresbericht 
der  k.  k.  Ober-Bealschule  am  Schottenfeld  in  Wien,  für  das  Studienjahr  1858 
— 1859.  —  VI.  Jahresbericht  des  k.  k.  kathol.  Ober-Gymnasiums  zu  Schem- 
nitz  am  Schlüsse  des  Schuljahres  1859.  —  Personalstand  und  Vorlese-Ordnung 
an  der  ständ.-technischen  Lehranstalt  in  Gratz  am  Studienjahre  1860.  —  VIII. 
Jahresbericht    über    das    k     k      kathol.    Gymnasium    zu    Ofen.     1859.    —    Tudösit- 


99 

vany  a  Szegedi  Kegyes  Tanitorendi  Nagy-Gymnasiumrol.  1858 — 1859  iki  Tanevre. 
—  Uebersicht  von  der  Production  der  Bergwerke,  Hütten  nnd  Salinen  in  den 
preussischen    Staaten   im   Jahre    1854 — 1856.    1858. 

Von    der   k.   k.    geolog.    Reichs-Anstalt. 

Programm  des  k.  k.  Gymnasiums  in  Gratz,  veröffentlicht  am  Schlüsse  des  Studienjahres 
1859.  Von    der  Gymn.   Direction. 

Bulletin  de  la  Societe  Imp.  des  Naturalistes  de  Moscou  1859.  Nr.  1 — 2.  —  Ein  Ge- 
denkblatt  für   Alex,    von   Humboldt.    Von   H.   Trautschold.  Moscau    1859. 

Von    der   kais.    Gesellschaft. 

Programm    des    k.    k.    Gymnasiums   zu   Kremsmünster   für   das   Schuljahr   1859. 

Von    der  Gymn.    Direction. 

Fest-Programm  des  k.  k.  Evangel.  Gymnasiums  zu  Teschen  zur  Erinnerung  an  die 
150jährige  Jubelfeier  dieser  Lehranstalt,  veröffentlicht  von  der  Direction  im 
Jahre    1859.  Von  der    Gymn.   Direction. 

Der  Geschichtsfreund.  Mittheilungen  des  historischen  Vereins  der  fünf  Orte  Lucern, 
Uri    u.    s.    w.    XV.    Einsiedeln.    1859.  Vom   histor.    Vereine  in   Lucern. 

Berichte   der   Rheinischen    Missions-Gesellschaft.   Barmen.   Mai — Sept.    1858. 

Von   der   Gesellschaft. 

Vodnikow  Spomenik.  Vodnik  Album.  Herausgegeben  von  Dr.  E.  H.  v.  Costa.  Laibach 
1859.  Vom   Herausgeber. 

Programm    des    k.    k.    Gymnasiums    zu    Agram    am    Schlüsse   des   Schuljahres  1859. 

Von    der    Gymnasial-Direction. 

Atti  di  uffizio  ed  annunzi  della  Camera  di  Commercio  e  d'industria  in  Fiume.  Agosto, 
Settembre    1859.  Von    der   Handelskammer. 

Verhandlungen  des  historischen  Vereines  für  Niederbaiern  in  Landshut  VI.  1.  2.  1858 
— 1859.  Vom    Vereine. 

C6opHHKi>  cTaTHCTHHCKHxt  cß'feji'bHiH  o  Pocciti  III.,  1858.  (Recueil  des  renseignements 
statistiques  etc.)  —  B'bcTHHKi.  rnwnep.  Pyccuaro  reorpa*.  o6m,ecTBa,  1858.  Nr.  8 
— 12.  1859  Nr.  1—4.  (Bulletin).  —  H3cvfe,40BaHie  o  ToproBJii  Ha  yKpaHHCKHXT» 
apiwapKaxT,  H.  AucaKOüa,  1858.  (Recherches  sur  le  commerce  aux  faires  de 
l'Oucraine  par  M.  Aksakoff.)  —  Proces-verbal  de  l'assemble  generale  du 
1.    Avril   1854.  Von    der   k.    russ.    Geograph. -Gesel  lschaft. 

Viaggio  in  Inghilterra  e  nella  Scozia  passando  per  la  Germania,  il  Belgio  e  la  Francia 
etc.    Del    Dr.   Francesco    Lanza   Nr.    1.    2.    Trieste    1859.  Vom  Verfasser. 

Jahresbericht  der  Ober-Bealschule  in  Ellbogen  f.  d.  Schuljahr  1859.       Von  der  Direction. 

VI.  Programm  des  k.  k.  Staats-Ober-Gymnasiums  zu  Vinkovce  am  Schlüsse  des  Schul- 
jahres   1858—1859.  Von    der    Direction. 

Arkiv  za  Povjestnica  Iugoslavensku.  Knjiga.  V.  Zagrebu  1859.    Von  der  Gesellschaft. 

A  Paper  and  Resolutions  in  advocacy  of  the  establishment  of  a  uniform  System  of 
meteorological  observations,  throughout  the  whole  american  continent  etc.  By 
Major   R.    Lachlan.    Cincinnati    1859.  Vom   Verfasser. 

Astronomical  Observations  made  during  the  years  1847  and  1850  at  the  U.  S.  Naval 
Observatory,    Washington.    By   M.   F.   Maury.   Vol.    V,    Washington    1859. 

Vom   V  e  r  f a  s  s  e  r. 

Tudösitväny  a  Dunantuli  Ag.  Hitv.  Ev.  Egyhazkerület  Soproni  Nyilvdnos  fötanodajäröl  az 
1858—1859   diki   tanevben. 

Von    der   Direction    des   evang.    Gymn.    in    Oedenburg. 

Jahresbericht  über  das  k.  k.  Gymnasium  zu  Czernowitz  während  des  Schuljahres  1858 
— 1859.  Vom   Gymnasium. 

Memoires  de  la  Societe  royale  des  Antiquaires  du  Nord  1845—1849.  Copenhague 
1852.  —  Jahres-Versammlung  den  31.  Januar  1839—1852.  —  Leitfaden  zur 
nordischen  Alterthumskunde.  Kopenhagen  1837.  —  Saga  Jaatvardar  Konüngs  Hins 
Helga.  Kjobenhavn  1852.  —  En  Vandring  gjennem  Jägerspriis's  Haveog  Lund. 
Kjobenhavn  1858.  —  Cabinet  d'antiquites  americaines  a  Copenhague.  Rapport 
ethnographique  par  C.  C.  Rafn.  Copenhague  1858.  —  Antiquites  de  l'Orient. 
monuments  Runographiques  interpretes  par  C.  C.  Rafn.  Copenhague  1856.  — 
Apercu  de  l'ancienne  Geographie  des  regions  arctiques  de  l'Amerique.  Selon 
les  rapports  contennus  dans  les  Sagas  du  Nord  par  C.  C.  Rafn.  Copenhague 
1857.  —  Nordboernes  forbindelser  med  Osten  i  det  niende  og  Närmest  folgende 
Aarhundreder.   Af.   C.   C.   Rafn.   Kjobenhavn   1854.   —  Americas   arctiske  Lande» 


too 

Gamle    geographie    efter    de    Nordiske    Oldskrifter   ved  C.  C.  Rafn.    Kjobenhavn. 
1845.    —    Verkehr   der    Normannen    mit   dem    Osten.    Notiz   von    C.    C.    Rafn. 

Von    der   k.    Gesellsch.    f.    Alterthümer. 
Proceedings  of  the  American  Academy  of  arts  and  sciences.  Boston  1859.  IV.  F.  12 — 31. 

Von    der   Akademie, 
Smithsonian    Oontributions   to    Knowledge.    Vol.    X.    Washington    1858.    —    Annual    Report 
of   the    Board   Regents    of  the   Smithsonian    Institution,    showing  the  Operations 
for   the   year    1857.    Washington    1858.  Von    dem    Schmiths.    Institute. 

Defence    of  Dr.    Gould   by   the    scientific    Council    of  the    Dudley    Observatory.    3    edit. 
Albany    1858.    —   Reply    to    the    statement    of    the   Trustees    of  the   Dudley    Ob- 
servatory.   By    Benj.   Apthorp    Gould    Dr.    Albany    1859.  Vom    Verfasser. 
Reports    of   Explorations    and    Surveys    to    ascertain    the    most  practicable  and  economical 
Route    for    a    Railroad    from    the  Mississippi    River    etc.   Vol.  IX.  Washington  1858. 

Vom    Kriegs-Dep.    Washington. 
Verhandlungen    des    naturhistorischen    Vereines    der   preuss.    Rheinlande   und  Westphalens. 
XIV.    1—3.    XV.    1—4.    XVI.    1—2.    Bonn    1857—1859.  Vom   Vereine. 

Württembergische    naturwissenschaftliche    Jahreshefte    XV.    3.    Stuttgart   1859. 

Vom  Vereine. 
Oberbaierisches  Archiv  für  vaterländische  Geschichte.  Herausgegeben  von  dem  histori- 
schen Vereine  von  und  für  Ober-Baiern  XVIII,  1—3.  XIX,  1.  XX.  1.  XXI.  1. 
München  1857—1858.  —  Jahresbericht  des  historischen  Vereines.  18—20.  für 
1855 — 1857.  München  1856 — 1858.  —  Uebersichtstafel  zur  Begründung  einer  Ge- 
schichte der    christlichen    Kunst     in    Ober-ßaiern    u.    s.    w.    von    B.    v.    Rittberg. 

Vom    histor.    Vereine. 

Das    Astronomische    Diagramm,    ein  Instrument,    mittelst  dessen  der  Stand  und  Gang  einer 

Uhr,    des  Azimut!»  terrestrischer  Gegenstände  u.  s.  w.    Von  Dr.  M.  A.  F.  Prestel. 

Braunschweig    1859.  Vom    Verfasser. 

Verhandlungen    der    kaiserl.    Leopold-Carolin. -Akademie    der   Naturforscher    XXVI.     1.    2. 

Breslau    1857—1858.  Von    der   Akademie. 

Jahresbericht   der    k.   k.    böhm.    Ober-Bealschule    zu    Prag   für   das    Schuljahr    1859. 

Von   der   Direction. 
Proceedings    of   the    Royal    Geographical    Society    of   London    1859.    Vol.     III.    Nr.    3.    4. 

Von    der   Gesellschaft. 
Bulletin    de    la    Societe    de    Geographie.    Paris    IV.    Ser.    T.    XVII.  Nr.  97—102.  Januar- 
Juni   1859.  —  Question  scientifique  et  personelle  soulevee  au  sein   de    l'Institut   au 
sujet   des    dernieres    decouvertes    sur    la    geographie    et    l'histoire    de    l'Inde    avec 
les    explications    de    M.    Beinaud.    Paris    1859. 

Von  Sr.  Hochw.  Domherrn  Dr.  Salzbacher. 
Verhandlungen  der  Handels-  und  Gewerbekammer  in  Prag  von  ihrer  Begründung  am 
18.  Nov.  1850  bis  zum  Schlüsse  des  Jahres  1857.  Prag  1859.  —  Bericht  der 
Handels-  und  Gewerbekammer  in  Prag  über  den  Zustand  der  Gewerbe,  des  Han- 
dels und  der  Verkehrmittel  in  den  Jahren  1854—1858  Prag  1859.  —  Bericht 
über  den  Zustand  der  Baumwoll-,  Schafwoll-  und  Eisen-Industrie  in  den  Jahren 
1850,  1853  und  1858.  Prag  1859.  —  Bericht  über  die  allgemeine  ausseror- 
dentliche Sitzung  der  Prager  Handels-  und  Gewerbekammer  am  25.  Febr.,  28. 
Mai    und    25.    Juli    1859.  Von    der   Handelskammer. 

Das  Beich  des  Priesters  Johannes.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  geographischen 
Entdeckungen.  Von  P.  P.  Matkovich.  (Im  Progr.  des  Warasdiner  k.  k.  Gymn. 
1859.)  Vom   Verfasser. 

Mittheilungen  des  hist.-antiq.  Vereins  für  die  Stadt  Saarbrücken  und  St.  Johann.  Ueber 
die  römischen  Niederlassungen  und  die  Bömerstrassen  in  den  Saargegenden. 
I.  — III.    Abtheilung    1846—1859.  Vom    Vereine. 

The    Atlantis:    a    Begister    of  Literature    and   science.   Conducted  by   members  of  the  C;i- 
tholic   University    of  Ireland.    Nr.    4.    Juli    18.">9.  London.     Von    der   Redaction. 
Annales    de    la    propagation    de   la    foi.    Septembre    1859.  Nr.    186.    Lyon. 

Von    der   Redaction. 
Sulla    vita   e    le    opere   di   Alessandro   Humboldt.     Discorso    di    Caterina   Scarpellini. 
Roma    1859.  Von    der   Verfasserin. 

Bulletino    dell'   Istmo    di   Suez.    Torino    1859.    Nr.    9.    11—15.    17—19. 

Von  der   Redaction. 

Berichte    über    die   Verhandlungen    der    k.    sächs.     Gesellschaft    der    Wissenschaften    zu 

Leipzig.    Philosophisch-historische    Classe    1858.    Nr.    1.    2.   Mathem.-phys.    Gasse 

1858.    Nr.    1—3.  Von   der   Gesellschaft. 


101 

Verhandlungen  des  Vereines  für  Kunst  und  Alterthum  in  Ulm.  Bericht  1.  2.  4.  6.  7. 
9.  10.  11.  1843  —  1857.  —  Illustrationen:  Erzengel  Michael  von  M.  Schön- 
gauer;  Barth.  Zeitblom's  Altargemälde  auf  dem  Heerberge;  Marktbrunnen  in 
Ulm;    Aus    dem    Münster    zu    Ulm;    Holzschnitzwerke    aus   Dürsch's    Sammlung. 

Vom   Vereine. 

Verhandlungen  und  Mittheilungen  des  siebenb.  Vereins  für  Naturwissenschaften  in  Her- 
mannstadt.   18S8.   Nr.    7—12.    1859.   Nr.    1—6.  Vom    Vereine. 

Linnaea.  Ein  Journal  für  die  Botanik  in  ihrem  ganzen  Umfange.  Herausgegeben  von 
Dr.    F.    L.   v.    Schlechtendal.    Halle    XI— XXX.  1.  2.  1837-1859. 

Vom    Herausgeber. 

Eine    Lithographie    (im    Schlossgarten   zu    Vaal).  Von    Baronin    L.    von   Kotz. 

Address  at  the  Anniversary  Meeting  of  the  B.  Geographica!  Society.  23.  Mai  1859. 
Annual  Beport  of  tlie  Director  general  of  the  geological  Survey  of  the  united 
Kingdom,   the   Museum    of   practical    Geology   etc.    London    1858. 

Von    Sir   B.    J.    Murchison. 

Programm  der  öffentlichen  evang.  Schul-Anstalten  zu  Ober-Schützen  für  das  Schul- 
jahr   1858—1859.  Von    Herrn    Sectionsrath    Bitter    v.    Heufler. 

Nachruf   an    Dr     Franz    Leydolt    10.    Juni    1859.  Von    P.    P.    Urlinger. 

Ueber  die  Sitten  und  das  Becht  der  Bogos  von  Werner  Munzinger.  Mit  einer 
Karte  der  nördlichen  Grenzländer  Abyssiniens  und  einem  Vorworte  von  W.  Ziegler. 
Winterthur.    1859.  Von    Herrn    W.    Ziegler. 

Zeitschrift    der   deutschen    geologischen   Gesellschaft.    Berlin   I — XI.    1.   1849 — 1858. 

Von    der   Gesellschaft. 

Erdumsegelung  der  kön.  schwed.  Fregatte  Eugenie.  In  den  Jahren  1851 — 1853.  u.  s.  w. 
Uebersetzt  von  Anton  von  Etzel.  Berlin  1856.  —  Die  Ostsee  und  die  Küsten- 
länder   geschildert   von    Anton    von    Etzel.    Leipzig    1854.  Vom    Verfasser. 

Das  Sanitäts-Jahr  1858  in  der  Stadt  Pest.  Nach  meteorologischen,  sanitätischen  und 
statistischen    Beobachtungen,    zusammengestellt   von    Dr.    Karl    Torrn  ay. 

Vom   Verfasser. 

Sechs  Holzschnitte  zur  Characteristik  der  sechs  Erdtheile.  Illustrationen  zu  Dr.  C. 
Vogel's  Natur-  und  Landschaftsbildern,  so  wie  zu  allen  Lehrbüchern  der 
Geographie.   Leipzig   1859. 

Von    Hrn.    J.    C.    Heinrichs,    Buchhändler    in    Leipzig. 

Statistischer  Ausweis  der  Gratzer  Handels-  und  Gewerbekammer  für  das  Jahr  1857. 
Gratz    1858.  Von    der    Handelskammer. 

Bericht  der  Oberhess.  Gesellschaft  für  Natur  und  Heilkunde.  Giessen  VI.  VII.  1857. 
1859.  Von    der    Gesellschaft. 

Diagrams  showing  the  mean  Direction  of  Winds  from  each  Quarter  in  the  different 
Oceans.    —    Winds    and    Calms    in   the    Pacific    and    Athintic    Ocean. 

Vom    national.    Observatorium    Washington. 

Denkschriften  der  k.  bayer.  botanischen  Gesellschaft  zu  Begensburg  1847.  III.  Bd.  — 
Flora  oder  allgemeine  botanische  Zeitung.  Begensburg.  Jahrg.  1858.  Nr.  1 — 33  etc. 
1859.  Von    der   k.    botan.    Gesellschaft. 

Zeitschrift   für    allgemeine   Erdkunde.    Berlin.    1859.   VI.   4.-7. 

Von    der   Gesellsch.    f.   Erdkunde. 

Mittheilungen  von  J.  Perthes  geographischer  Anstalt  über  wichtige  neue  Erfahrungen 
auf  dem  Gesammtgebiete  der  Geographie  von  Dr.  A.  Petermann.  Gotha  1859. 
Hft.    5—9.  Von    Perthes    geogr.   Anstalt. 

Ueber  die  Fische  und  ihr  Leben  in  den  Waldbächen  des  Centralstockes  des  Böhmer- 
waldes.  Von   J.    N.    Woldfich.    Prag    1858.  Vom   Verfasser. 

Was  ich  erlebte!  Was  mir  auffiel!  Erinnerungen  vermischten  Inhaltes.  Von  Baronin 
Louise   Kotz.   Prag.    1859.    I.  Von    der  Verfasserin. 

Allgemeine    Land-    und    Forstwirthschaflliche    Zeitung.    Wien    1859.   Nr.    18 — 31. 

Vom   k.    k.    Landw.    Gesellsch. 

Memorie  dell'  I.  fi.  lstituto  Veneto  di  scienze,  lettere  cd  arti.  Venezia  1859.  VII.  3. 
VIII.    1.    —   Atti    deir   I.    B.    lstituto   venito   T.    IV.    Ser.    III.    disp.    7—9. 

Vom    k.    k.    Institute. 

Tabellen  zu  dem  Berichte  der  Handels-  und  Gewerbekammer  in  Kronstadt,  über  den 
Zustand  der  Gewerbe  in  den  Jahren  1853  bis  1856.  —  Protokoll  der  ordent- 
lichen Sitzungen  der  Kronstädter  Handels-  und  Gewerbekammer  im  Jahre  1859 
am   7.   Juni   und   6.    September,  Von  der   Handelskammer, 


102 

Mittheilungen   des   historischen   Vereines    für   Krain   von   März   bis    Juli   1859.   Laibach. 

Vom    Vereine. 

Einladung  zur  Besichtigung  des  neu  erfundenen  Verbindungs-Apparates  der  Papierfa- 
brications-Maschine   mit   der   Schnellpresse.    Von   A.   Au  er. 

Vom   Herrn   k.    k.   Hofrath    Hai  dinge  r. 

Monumenta  secularia.  Herausgegeben  von  der  kön.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften 
zur  Feier  ihres  100jährigen  Bestehens  am  28.  März  1859.  —  Almanach  der  k. 
bayer.  Academie  der  Wissenschaften  für  das  Jahr  1859.  I — III.  München  1839. 
—  Erinnerung  an  die  Mitglieder  der  math.-phys.  Classe  der  kön.  bayer.  Akademie 
der  Wissenschaften.  Eine  Bede,  vorgetragen  in  der  öffentlichen  Sitzung  zur  Feier 
des  akad.  Secularfestes  am  29.  März  1859  von  Dr.  Carl.  Fr.  Ph.  von  Martius. 
München  1859.  —  Bede  bei  der  100jährigen  Stiftungsfeier  der  kön.  Akademie 
der  Wissenschaften  am  28.  März  1859.  Gehalten  von  G.  L.  v.  Müller.  Mün- 
chen  1859.  Von    der   k.    bayer.    Akad.    der   Wissenschaften. 


ABHANDLUNGEN 

DER  KAISERLICH-KÖNIGLICHEN 

GEOGRAPHISCHEN  GESELLSCHAFT. 


I. 

Organisation  und  Fortschritt  der  militärisch  kartographischen 
Arbeiten  in  Oesterreich. 

Zusammengestellt  von  Herrn  k.  k.  Rath  A.  Steinhaus  er 
aus  den  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  übergebenen  Mittheilungen  des  Herrn 

August  von  Fligely 

k.  k.   Generalmajor,  Director  des  k.  k.  militär.  geographischen  Institutes  etc. 
Mitgetheilt  in  der  Versammlung:  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  7.  December  1858. 

Geschichtliche  Notizen. 

Die  ältesten  Versuche  geometrischer  Landesaufnahmen  in  den  öster- 
reichischen Erbstaaten  fallen  in  das  Ende  des  17ten  und  den  Anfang  des 
ISten  Jahrhunderts.  Vischer's  Karten  von  Oesterreich  ob  und  unter  der 
Enns  (1667,  1672)  und  Steiermark  (1678),  Müller's  Karten  von  Böhmen 
(1726)  und  Ungarn  (1718),  Visconti' s  Kriegs-Karte  von  Siebenbürgen 
(1699)  sind  die  bekanntesten  Resultate  der  kartographischen  Arbeiten  die- 
ser ältesten  Periode.  Die  durch  die  Kriegführungen  gewonnene  Einsicht 
der  Unentbehrlichkeit  genauer  Karten  nöthigte  diesem  Zweige  eine  ge- 
steigerte   Obsorge  zuzuwenden. 

In  dem  Zeiträume  vom  Jahre  1764  bis  1787  wurden  nach  und  nach 
alle  Länder,  aus  welchen  damals  die  österreichische  Monarchie  bestand, 
und  später  die  neu  acquirirten  Provinzen,  im  Masse  1  Zoll  =  400°  auf- 
genommen. Diese  sogenannte  Theresianische  und  Jos  ephi  ni sehe 
Aufnahme    befindet    sich   im  k.  k.  Kriegsarchive. 

Nur  wenige  gestochene  Karten  gingen  aus  den  damaligen  Materialien 
hervor,  jedoch  haben  einige  derselben,  z.  ß.  Anich's  Karten  von  Tirol 
(1774),  Liesganig's  Karte  von  Galizien  Lipszky's  Karte  von  Ungarn 
und  seinen  Nebenländern  (1806— 1808),  Zach's  Karte  von  Venedig  (1806) 
u.a.m.,  beinahe  bis  in  die  neueste  Zeit  sehr  gute  Dienste  geleistet. 
Auch  die  Karte  der  Niederlande,  aus  der  Vermessung  von  1771  — 1774 
gezogen,  galt   als    ein    vorzügliches    Product   ihrer    Zeit. 

Der  Mangel  einer  richtigen  und  zusammenhängenden  trigonometrischen 
Grundlage,  die  Unvollkounnenheit  der  älteren  Zeichnungsmethode,  zumeist 
aber  die  wesentlichen  Veränderungen  in  der  Cultur  des  Bodens  seit  einem 
halben  Jahrhunderte  machten  jedoch  eine  neue  berichtigte  Aufnahme  höchst 
wünschenswerth.  Sie  wurde  durch  Weiland  Se.  Majestät  Kaiser  Franz  I.  im 
Jahre  1806  angeordnet,  auf  Antrag  Sr.  k.  k.  Hoheit  des  Generalissimus 
Erzherzog  Karl  und  im  Wege  des  Hofkriegsrathes  dem  General-Quar- 
tiermeisterstabe der  Armee  aufgetragen.  Diese  neuen  Specialaufnahmen, 
welche  nach  einem  allgemeinen,  die  ganze  Monarchie  gemeinschaftlich 
umfassenden  Plane  unternommen  wurden,  fallen  daher  sämmtlich  in  das 
gegenwärtige    Jahrhundert. 

1 


2  August  von  Fligely. 

Die  älteren  Materialien,  von  vergleichsweise  sehr  verschiedenem  und 
im  allgemeinen  untergeordnetem  Werthe,  konnten  bei  der  neuen  Vermes- 
sung nur  in  so  ferne  benützt  werden,  als  sie  den  Triangnlatoren  und 
Mappeurs  die  Recognoscirung  der  bezüglichen  Gegenden  erleichterten;  die 
Aufnahme    selbst    aber    wurde    vollständig    neu    bewirkt. 

Ueber  die  Geschichte  der  Vermessungen  besteht  keine  ausführ- 
liche Darstellung  in  einem  eigenen  Werke;  ein  solches  müsste  erst  aus 
den  Archiven  des  bestandenen  Hofkriegsraths,  des  General-Quartiermeister- 
stabes und  einiger  Hofstellen  zusammengestellt  werden.  Einen  kurzen 
Abriss  über  die  älteren  Arbeiten  enthält  als  Einleitung  J.  Marx  Freiherr 
von  Lichtenstern's  1821  zu  Dresden  erschienene  Schrift:  „Vorschriften  zu 
dem  praktischen  Verfahren  bei  der  trig.  geom.  Aufnahme  eines  grossen 
Landes  etc."  — 

Triangulirung. 

Zur  Grundlegung  des  Dreiecknetzes  wurden  ausser  den  Ortsbestim- 
mungen aller,  theils  auf  Staats-  theils  auf  Privatkosten  in  der  Monarchie 
bestehenden  Sternwarten  von  Offizieren  des  militärisch  geographischen  Insti- 
tutes noch  in  nachstehenden  Orten  Breiten-  und  Azimulh-Beoba  chtu  n- 
gen  gemacht: 

d)  bei    St.    Anna    in    der    Nähe    von    Arad    in    Ungarn, 

b)  auf   dem    Löwenberg    bei    Lemberg    in    Galizien, 

c)  bei    Hermannstadt    in    Siebenbürgen, 

d)  auf  der    Anhöhe    Cworkowobrdo    bei    Esseg    in    Slavonien, 

e)  in    Spalato    in    Dalmatien, 

f)  bei    Fiume  im    Littorale, 

g)  bei   Kloster    Ivanich    in    Kroatien, 

h)  auf   dem  Berge    Dobrozow    n.    ö.    von   Nachod    in    Böhmen, 

i)  zu    Venedig, 

k)  bei    Innsbruck    und 

/)  auf   dem    Hummerberg    in   Vorarlberg. 

Mittelst  Pul  vers  ignalen  wurden  auf  dem  Parallelkreise  unter  dem 
48ten  Breitengrade  die  Längen  unterschiede  zwischen  München,  Wien 
und  Ofen  i),  und  auf  dem  mittleren  Parallelkreise  längs  eines  Bogens, 
welcher  sich  von  Bordeaux  in  Frankreich  nach  Ost  bis  Fiume  ausdehnt, 
die  Längenunterschiede  zwischen  Turin,  Mailand,  Padua  und  Fiume  be- 
stimmt 2~).  Aeltere  Längen-  und  Breitenbestimmungen  von  den  Astronomen 
Peter  Liesgan  ig,  Pasquich,  Canonicus  David,  Bürg  u.  a.  stehen  mit 
den    neueren    Arbeiten    nicht    in    Verbindung. 

Ferner  dienen  zur  Grundlage  der  österreichischen  Vermessungsarbei- 
ten   folgende    Basen: 

a)  die  Basis  bei  Wiener-Neustadt,  6410  Klafter  lang,  gemessen  im 
Jahre    1762  von    Peter    Liesganig; 

6)  die  Basis  auf  der  Haide  von  Gallarate,  nahe  am  Ticino  in  der 
Lombardie,  5272  Klafter  lang,  gemessen  im  Jahre  1788  von  den  Astro- 
nomen   der   Brera    zu    Mailand; 

c)  die  Basis  bei  Radautz  in  der  Bukowina,  5199  Klafter  lang,  ge- 
messen vom    Oberst    Hawliczek    im    Jahre    1818. 


1)  Man  sehe  die  im  Bande  VII  Seite  2ä7  der  monatlichen  Correspondenz  zur  Beförderung 
der  Erd-  und  Himmelskunde  des  Freiherrn  von  Zach  pubiicirte  Relation. 

2)  Man  sehe  die  Anhänge  zu  den  Ephemeriden  von  Mailand  vom  Jahre  1823  bis  1828  und 
„La  Mesure  a"  un  arc  du  Parallel  moyen  par  le$  Colonel  Brousseaud." 


Organisation  und  Fortschritt  der  milit.  kartogr.  Arbeiten  in  Oesterreich,  3 

Von  der  Triangulirungs-Direction  des  milititärisch  geographischen 
Instituts  wurden  dann    folgende    Basen    gemessen : 

d)  die  Basis  von  St.  Anna  bei  Arad,  4623  Klafter  lang,  im  Jahre 
1840    durch    Offiziere    des    Generalstabes    und    der   Armee; 

e)  die  Basis  von  Partyn  bei  Tarnow  in  Galizien  (zur  Verbindung 
mit  der  russischen  Triangulirung),  im  Jahre  1849  gemessen  von  Offizie- 
ren   der   Armee. 

f)  die  Basis  von  Hall  bei  Innsbruck.  2990  Klafter  lang,  im  Jahre 
1851  gemessen  von  Offizieren  des  Ingenieur-Geographen-Corps  (diente  zur 
Verbindung  der  österreichischen  Triangulirung  mit  jener  von  Bayern  und 
der    Schweiz; 

g)  die  Basis  bei  Wiener-Neustadt,  500 1  Klafter  lang,  im  Jahre  1857  von 
Offizieren  des  Ingenieur-Geographen-Corps  zur  Verificirung  der  alten  (sub  a) 
von    Peter    Liesganig    gemessenen    Basis    J)- 

lieber  das  Vorgehen  bei  den  Basismessungen,  bei  der  Bildung  des 
Dreiecks-Systems,  bei  der  Revision,  bei  der  Reduction  der  Puncte  auf 
Meridian  und  Perpendikel ,  beim  Auftragen  der  Puncte  auf  die  Messtische. 
bei  Berechnung  der  geographischen  Längen  und  Breiten,  bei  Gradirung  der 
Sectionen,  bei  Berechnung  der  Höhenunterschiede  und  bei  Bestimmung  des  Flä- 
cheninhalts der  Dreiecke ,  enthält  die  schon  einmal  angeführte  Schrift  des 
Freiherrn  von  Licht enstern  das  Nähere,  denn  sie  besteht  fast  ganz  aus 
der  Instruction,  welche  der  damalige  Major  und  nunmehrige  Feldzeug- 
meister, Freiherr  von  Augustin,  als  Norm  für  die  österreichischen  Trian- 
gulirungsarbeiten  ausarbeitete. 

Diese  Arbeiten,  im  Laufe  der  früheren  Jahre  durch  die  Kriegsereig- 
nisse oft  unterbrochen  und  wieder  aufgenommen,  wurden  vor  dem  Jahre 
1850  durch  Offiziere  aus  dem  Stande  des  General-Quartiermeisterstabes 
oder  anderer  Armeekörper  ausgeführt,  seit  1850  sind  sie  ausschliesslich 
den  Offizieren  des  in  jenem  Jahre  errichteten  Ingenieur-Geographen-Corps 
anvertraut. 

Als  leitende  Behörde  fungirte  anfänglich  der  Chef  des  General- 
stabes, später  als  die  Arbeiten  an  Ausdehnung  zunahmen,  wurde  eine  Trian- 
gulirungs-Direction eingesetzt,  welche  dem  Generalstabe  unterstand, 
seit  1839  aber  einen  integrirenden  Theil  des  militärisch  geographischen  Insti- 
tutes macht.  Zu  Triangulirungs-Directoren  wurden  Generäle  und  Stabsoffiziere 
verwendet. 

Für  die  Feldarbeiten  werden,  je  nach  dem  Erfordernisse  eine 
Anzahl  Triangulirungs-Abtheilungen  gebildet,  deren  jede  aus  einem  leiten- 
den Officier  (Triangulator ,  Instrunientführer  oder  Trigonometer  betitelt) 
und  einem  Gehilfen  (Adjuncten)  besteht.  Ausser  den  chargenmässigen 
Gebühren  erhält  der  Instrunientführer  eine  monatliche  Zulage  von  60  und 
der  Gehilfe  von  40  Gulden  Conv.  Münze.  Der  Bedarf  an  Materiale,  Handlangern, 
Fuhren    und    sonstigen    Leistungen    wird    besonders   verrechnet. 

Der  jährliche  Gesammtkosten-Aufwand  ist  ungleich,  weil  die  Anzahl 
der  Abtheilungen  wechselt.  Jede  einzelne  derselben  kostet  jährlich  mit 
Inbegriff  der  Zulagen  3000  bis  4000  Gulden.  Bis  zur  Vollendung  des  Netzes 
3ter   Ordnung   des   Katasters    entlallt  auf  1  österreichische  Quadrat-Meile  ein 


*)  Die  alte  Basis  vollständig  nachzumessen,  war  nicht  möglich  ,  weil  deren  Endpuncte 
nicht  mit  der  nöthigen  Schärfe  aufgefunden  wurden.  Die  sichere  Auffindung  einiger  identi- 
scher Triangulirungspunete  zunächst  der  Basis  gestattete  jedoch  den  angestrebten  Vergleich 
beider  Messungen 

1* 


4  August  von  Fligely. 

durchschnittlicher  Aufwand  von  170  Gulden  Conv.  Münze,  was  für  die  ganze 
Monarchie    eine    Summe    von    21/6    Millionen    Gulden    gibt. 

Die  Triangulirung  ist  so  weit  gediehen,  dass  nach  dem  bereits  geneh- 
migten Projecte  zu  deren  Vollendung  nur  noch  folgende  Operationen  nöthig  sind: 

a)  die  Messung  von  zwei  Basen,  eine  bei  Pettau  in  Steiermark,  die 
andere    bei    Königgrätz    in    Böhmen. 

6)  Astronomische  Breiten-  und  Azimuthmessungen  bei  Linz  und  Klagen- 
furt    im    Meridian    von    Prag. 

c)  Die  Fortsetzung  der  astronomischen  Messung  der  Bogen  des  mitt- 
leren Parallels  von  Fiuine  bis  Orsova  und  des  Parallelkreises  unter  dem 
48sten  Breitengrade    von    Ofen   bis  Czernowitz    in  der    Bukowina. 

d)  Die  Verbesserung  der  Dreiecksnetze  längs  den  oberwähnten  Parallelen 
und    längs   dem    Meridian   von   Prag. 

e)  Schlüsslich  sind  auch  noch  Längenbestimmungen  durch  elektrische 
Zeitsignale    in  Antrag. 

Es  bestehen  Verbindungen  der  österreichischen  Triangulation  ä) 
mit  Frankreich  '),  b)  mit  der  Schweitz  2),  c)  mit  der  Triangulation  des 
Königreichs  Neapel  und  (res  Grossherzogthums  Toscana  3),  d)  mit  der 
russischen  Triangulation    in    Polen  4),    e)  und  mit   jener   von    Bayern  5). 

In  den  Jahren  18öö  bis  1857  wurde  die  österreichische  Trianguli- 
rung durch  Ofiziere  des  Ingenieur-Geographen-Corps  unter  der  Direction 
des  militärisch  geographischen  Instituts  auch  über  das  Fürstenthum  Walachei 
und  die  Dobrudscha  bis  zum  schwarzen  Meere  ausgedehnt  und  östlich  von 
Bukarest  in  der  Nähe  von  Slobozia  eine  Basis  zur  Controlle  der  Besultate 
gemessen,  so  wie  auch  zur  Vervollständigung  dieser  Arbeit  astronomische 
Breiten-   und    Azimuth-Messungen    vorgenommen. 

Es    wurden    daselbst 

a)  ein  Polygonal-Dreiecksnetz,  von  zwei  Dreiecksseiten  der  Triangu- 
lirung der  Südostgränze  Siebenbürgens  ausgehend,  in  der  Richtung  über 
Buseo  und  Slobodzia  östlich  bis  Braila  an  die  Donau,  ferner  längs  dieser 
aufwärts,  bis  gegen  Silistria  sich  ausdehnend,  von  da  durch  die  Dobrudscha 
bis    Küstendsche    am    schwarzen  Meere    gemessen. 

b)  Anschliessend  an  eine  Dreieckseite  in  der  Nähe  der  Basis  wurde 
eine  Dreieckskette  längs  der  Donau  fortgeführt,  und  an  einer  Seite  der 
österreichischen  Triangulirung  bei  Orsova  (im  Bomanen-Banater  Gränz- 
Begimente)   angebunden; 

c)  wurde,  von  einer  Seite  der  Triangulirung  Siebenbürgens  beim 
Bothenthurm-Passe    ausgehend,   die    österreichische    Triangulirung    durch  eine 


*)  Operations  geodesiques  et  astronomiques  pour  la  mesure  d'  un  arc  du  parallele  moyen 
executees  en  Piemont  et  en  Savoie  par  une  commission  d'offieiers  de  I'  etat   major  General  et 
d'  astronome  piemontais  et  autriehiens.  Milano.  L'imprimerie  royale  1825.  Vol.  II,  pag.    343. 
Nouvelles  deseription  geometrique  de  la  Franee  par  Puissant.  Paris  1833. 

2)  Ergebnisse  der  trigonometrischen  Vermessungen  in  der  Schweiz,  von  Eschmann. 
Zürch  1840. 

3)  Trigonometrische  Vermessungen  im  Kirchenstaate  und  Toscana,  ausgeführt  von  dem 
Ingenieur  Joh.  Mori  eni  unter  der  Direction  des  milit.  geogr.  Instituts.  In  den  Annalen  der 
k.  k.  Sternwarte  in  Wien  1846. 

4)  Sur  la  jonction  des  Operations  geodesiques  russes  et  autrichiennes  executee  par 
Struve.  St.  Petersburg,  Bulletin  Phys.  math.  T.  X.  V.  8.  A.  9.  1853. 

Bericht  über  die  in  den  Jahren  1847  bis  1851  ausgeführte  Verbindung  der  österrei- 
chischen und  russischen  Landesvermessung  aus  dem  V.  Bande  der  Druckschriften  der  math. 
naturwissenschaftlichen  Klasse  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften.  Wien  1853. 

5)  Die  Ergebnisse  dieser  Verbindung  sind  noch  nicht  publicirt 


Organisation  und  Fortschritt  der  milit.  kartograph.  Arbeiten  in  Oesterreich.  5 

Dreiekskette  längs  desAltfluss  es  mit  der  Donaukette  bei  Nikopoli  verbun- 
den,   und 

d)  eine  gleiche  Verbindungskette  der  Triangulirung  Siebenbürgens  von 
Kronstadt  an  längs  der  Dumbovitza  über  Bukarest  zur  Donaukette  bei 
Giurgevo    gezogen. 

6')  Die  5505  Klafter  lange  Basis  wurde  zweimal  gemessen,  und  die 
astronomischen  Beobachtungen  zur  Bestimmung  der  Breite  und  des  Azimuths 
auf  Movila  David  mit  aller  Sorgfalt  vorgenommen.  Die  Breite  von  Movila 
David,  welcher  Punct  eine  halbe  Stunde  westlich  von  Slobozia  an  der 
Jalomitza   liegt,    ergab    sich    mit   44°  32"  201/3\ 

Im  Ganzen  wurden  in  der  Walachei  124  Puncte  erster  Ordnung  und 
250  Nebenpuncte  trigonometrisch  bestimmt.  Die  Höhenunterschiede 
aller  Puncte  erster  Ordnung  wurden  durch  gegenseitige  Zenith-Distanzmes- 
sung  sorgfältig  bestimmt,  und  überdiess  längs  einer  Linie  von  Dreiecks- 
seiten, von  der  ungarisch -siebenbürgischen  Grenze  angefangen,  durch  Sie- 
benbürgen bis  gegen  Kronstadt  und  dann  durch  die  Walachei  und  die 
Dobrudscha  bis  zum  schwarzen  Meere  gleichzeitig  gegenseitige  Zenith- 
Distanz-Messungen  und  Barometer-Beobachtungen,  so  wie  bei  Küstendsche 
und  Liema-Burun  Pegel-Beobachtungen  vorgenommen.  Bei  den  meisten  der 
Nebenpuncte    wurde    auch    die    Höhe    bestimmt. 

Ueberhaupt  werden  bei  den  österreichischen  Vermessungen  die  abso- 
luten Höhen  der  trigonometrischen  Puncte  zum  allergrössten  Theile  aus 
gegenseitig  gemessenen  Zenith-Distanzen  abgeleitet,  in  Wiener-Klaftern  und 
deren  Decimalen  ausgedrückt,  und  auf  den  Spiegel  des  adriatischen  Meeres 
'bezogen.  Die  Durchschnitts-Zahl  der  auf  eine  österreichische  Quadrat-Meile 
fallenden,  trigonometrisch  gemessenen  Höhen  ist  verhältnissmässig  ungleich, 
je  nachdem  eine  Provinz  bloss  militärisch,  d.  i.  im  Masse  von  1  Zoll  =400°, 
oder  katastermässig  im  Masse  von  1  Zoll  =  40°  aufgenommen  werden  soll. 
Im  ersten  Falle  werden  auf  einer  Militär-Section  (von  9600°  Breite  und 
6400°  Höhe  =  3.48  österreichische  Quadrat-Meilen)  im  letzteren  Falle  für 
jede  graphische  Triangulirungs-Section  (von  4000°  Breite  und 
Höhe  =  1  österreichische  Quadrat-Meile  durchschnittlich  2%  Puncte  trigono- 
metrisch bestimmt.  Das  weitere  Detailverfahren  ist  in  beiden  Fällen  graphisch. 

Nur  selten  werden  neben  der  trigonometrischen  Messung  auch  baro- 
metrische Bestimmungen  desselben  Punctes  durch  Militärs  gemacht.  Die 
k.  k.  geologische  Beichsaustalt  macht  jedoch  letztere  in  sehr  ausgedehntem 
Masse    und  veröfl'entlicht  die  Besultate    in   ihren   Jahrbüchern. 

Die  Berechnungen  der  trigonometrisch  bestimmten  Höhen  aller  Haupt- 
und  vieler  Nebenpuncte  sind  in  den  Protokollen  der  Militär-Triangulirung  und 
der  Katastral-Archive  enthalten.  Eine  vollständige  Veröffentlichung  derselben 
hat  noch  nicht  statt  gefunden.  Theilweise  wurden  die  Besultate  in  nachste- 
henden  Werken  publicirt: 

a)  L.  A.  Fallon's  Höhenmessungen  in  Oesterreich  aus  trigonometrischen 
Nivellirungen.  Wien   1851. 

b)  Zeitschrift  für  Physik  und  Mathematik  von  Baumgar  tu  er  und 
Ettingshausen,   1.  und  10.   Band.  Wien  1832. 

c)  Jahrbücher  der  k.   k.  geologischen  Beichsaustalt,  vom  Jahre  1850  an. 
Theilweise    Angaben    und    Verzeichnisse    der    durch    die    Triangulirung 

erhaltenen  Ortspositionen  finden  sich  in  verschiedenen  Werken  zerstreut, 
z.  B.  in  dem  18.  Bande  der  monatlichen  Korrespondenz  zur  Beförderung  der 
Erd-  und  Himmelskunde  von  Freiherrn  von  Zach  über  die  im  Jahre  1806 
ausgeführten  trigonometrischen  Messungen.    In  dem   Verzeichnisse   geographi- 


(5  \iiiiiist  von  Fligely. 

scher  Ortsbestimmungen  nach  den  neuesten  Quellen  von  C.  B.  von  Littrow 
Leipzig  1844,  sind  viele  geographische  Positionen  von  trigonometrischen 
Puncten  der  österreichischen  Monarchie  enthalten,  welche  aus  einem  vor- 
läufigen Calcul  resultirt  sind.  In  dem  Portolano  del  innre  adriatico,  pub- 
licirt  vom  militärisch  geographischen  Institute  in  Mailand  1830,  sind  die  geogra- 
phischen Positionen  jener  Puncte  angeführt,  welche  längs  der  Küste  des  adriati- 
schen  Meeres  bestimmt  worden  sind.  Auch  in  den  Werken  über  die  Messung 
der  Parallelkreisbogen  und  Triangulirungsverbindungen  findet  man  eben- 
falls viele  geographische  Ortsbestimmungen  von  trigonometrischen  Puncten, 
die  der  österreichischen  Monarchie  angehören.  Eine  vollständige  Veröffent- 
lichung der  Resultate  der  astronomisch-trigonometrischen  Arbeiten  kann  erst 
dann  erfolgen,  wenn  Zeit  und  Mittel  es  erlauben,  die  gemachten  Beobach- 
tungen einem    definitiven   Calcul  zu  unterziehen. 

Mappirung. 
Die  Def  ail-Aufnahme,  auf  Grund  der  neuen  Triangulirung,  begann  im 
Jahre  1806,  wurde  jedoch  vom  Jahre  1809   bis   1811,  von  1820  bis   1826, 
von  1830  bis  1836  und  vorn  Jahre  1848  bis   1850  unterbrochen.  Sie  dehnte 
sich  aus  auf 

„.    .    f  .  .  (  1801  bis    1805,  dann 

lirol    (ohne  Kataster)       von    j  jojg  jg^o 

Salzburg  „  von  1807  und  1808, 

Oesterreich  „  „    1807   bis  1819, 

Lombardie  und  Venedig  (mit  Kataster)  abgesehen  von  den  Vorarbeiten 

von  1814   bis  1827, 
Neapel  (während  der  Occupation,  ohne  Kataster) 

von  1822  bis  1826, 
Illyrien  (auf  Grund  des  Katast.),,  1825  „  1835, 
Steyermark     „  „      „    1826     „    1836, 

Bukowina        „  „      „    1828     „    1831  (unvollendet), 

Mähren  u.  Schlesien  „      „     1838    „    1842, 

Böhmen  „      „1842     „    1853, 

Dalmatien  „      „    1851     „    1853, 

1810    „    1812  \ 
Ungarn  (ohne  Kataster)      von  }  1819     „    1831  f.         ..      ,  .,. 

1837     „    1847    ("»vollendet), 

1850    „    1858) 
Siebenbürgen  „  von    1853    „    1857  (unvollendet), 

Wallachei  „  „  „    1857, 

Römischen  Staat  und  Toscana  „  )        ,  . 

(auf  Grundlage  des  Katasters)  j   1841  und  lb_u" 

Ungarn  wird  jetzt  allein  bis  zur  Vollendung,  welche  in  drei  Jahren  zu 
erwarten  ist,  fortgesetzt.  Der  jetzt  fertige  Theil  beträgt  ungefähr  zwei  Drit- 
tel. Die  Aufnahme  von  Siebenbürgen  und  der  Bukowina  erstrecket  sich  noch 
auf  einen  kleinen  Theil  dieser  Länder.  Nach  der  Vollendung  von  Ungarn, 
wird  die  Woywodina,  dann  Kroatien,  Slavonien  und  die  Militär-Gränze,  sodann 
Galizien  an  die  Reihe  kommen  und  mit  dem  Reste  von  der  Bukowina  und 
und  von  Siebenbürgen  geschlossen  werden.  Die  Aufnahme  der  ganzen 
Monarchie  kann  daher  mit  Wahrscheinlichkeit  (unter  Voraussetzung  der  gegen- 
wärtigen Verhältnisse)  im  Jahre  1875  angenommen  werden. 

Die  Mappirung  ist  auch  auf  fremde  Staaten  ausgedehnt  worden.  Auf 
den  Wunsch  der  Regierungen  von  Parma  und  von  Mo  de  na  wurden  diese 
Länder  vom  Jahre  1820    bis  1821    durch   die    k.  k.  Offiiziere  unter  Leitung 


Organisation  und  Fori  schritt  dermilit.  kartograph.  Arbeiten  in  Oesterreich.  7 

des  österreichischen  Generalstabes  im  Militärmasse  1  Zoll  =  400°  aufgenommen, 
und  es  befindet  sich  diese  Arbeit  im  hierortigen  Besitze.  Ein  gleiches  geschah 
mit  Toscana  und  dem  Kirchenstaat e  (1841  und  1842  im  Masse  1  Zoll  = 
1200°).  Zufolge  einer  Convention  wurde  das  Fürstenthum  Walachei  unter 
Leitung  des  Directors  des  militärisch  geographischen  Institutes  General-Major 
von  Fl igel y  in  den  Jahren  1856  und  1857  durch  österreichische  Offiziere 
im  halben  Militärmasse  (1  Zoll  —  800°)  aufgenommen.  Die  Uebereinkünfte 
mit  den  Regierungen  vorbenannter  Länder  beschränken  sich  wie  bei  Toscana 
und  Rom  nur  auf  die  Anordnungen  ihrer  unterstehenden  Organe  zur  willfäh- 
rigen Unterstützung  der  Aufnahmsarbeiten  während  ihrer  Dauer.  Ausserdem 
hat  die  Regierung  der  Wallachei  den  Betrag  von  25000  St.  Dukaten  zu  den 
Kosten  der  Aufnahme  beigetragen  und  erhält  dafür  die  Mittheilung  aller  tri- 
gonometrisch gewonnenen  Resultate  und  eine  Kopie  der  Aufnahme. 

Die  Mappirung  wird  von  Offizieren  des  Generalstabes,  des  Ingenieur- 
Geographen- Corps  und  Zugetheilten  von  allen  Truppen  und  Branchen  der 
Armee  ausgeführt.  Die  Leitung  derselben  hat  der  Director  des  militärisch 
geographischen  Instituts,  dem  eine  Anzahl  Mappirungs  -  Unter-Directio- 
nen  in  den  verschiedenen  Ländern  unterstehen,  jede  mit  einem  Stabsoffizier 
oder  Hauptmann  des  Generalstabes  oder  Ingenieur  -  Geographen  -  Corps  als 
Unter-Director  und  8  bis  9  Mappeurs.  Dem  Unter-Director  obliegt  die  Kon- 
trolle der  Detail-Arbeiten,  die  er  allmonatlich  in  seinem  Amtsbezirke  vor- 
zunehmen hat;  dem  Director  des  militärisch  geographischen  Instituts  hingegen 
die  Revision  der  Gesammtarbeiten,  die  er  jährlich  in  einigen  dieser  Bezirke 
vorzunehmen  hat. 

Die  Mappirungs-Unter-Directoren  beziehen  60  Gulden  Zulage  und  53 
Gulden  Pauschale,  die  Mappeure  40  Gulden  Zulage  und  42  Gulden  Pauschale 
monatlich.  Von  dem  Pauschale  sind  die  Auslagen  auf  Errichtung  der  Zeichen, 
auf  Vorspann  bei  Uebersiedlungen,  Botenlöhne  u.  s.   w.  zu  bestreiten. 

Gewöhnlich  werden  acht  Mappirungs-Abtheilungen  mit  72  bis  80  Offi- 
zieren aufgestellt,  und  diese  letztere  Zahl  dürfte  von  nun  an,  bis  zur  Been- 
digung der  Vermessung  der  Monarchie  alljährlich  verwendet  werden.  Nur  in 
den  letzten  Jahren  waren  wegen  der  bewirkten  Aufnahme  der  Wallachei  120 
bis   130  Offiziere  in  Thätigkeit. 

Eine  Mappirungs-Abtheilung  kostet  durchschnittlich  mit  Inbegriff  der  Zu- 
lagen für  die  sie  formirenden  Individuen  jährlich  9000  Gulden,  wornach  sich 
der  Kostenaufwand  in  einem  Jahre  ungefähr  auf  72000  Gulden  herausstellt. 
Die  Militär-Aufnahme  einer  Quadrat-Meile  auf  Grundlage  der  Kataster-Aufnahme 
(diese  selbst  nicht  eingerechnet)  lässt  sich  durchschnittlich  auf  120  Gulden 
C.  M.  veranschlagen,  die  ohne  Kataster  auf  250  Gulden  C.  M.  Da  beiläufig 
zwei  Drittel  des  Kaiserstaates  auf  die  erste  und  ein  Drittel  auf  die  letzte  Art 
theils  bereits  aufgenommen,  theils  noch  aufzunehmen  sind,  so  ergibt  sich  für 
eine  Quadrat-Meile  ungefähr  163  Guldon  C.  M.  im  Durchschnitt,  so  dass  die 
ganze  Monarchie  bis  zu  ihrer  Vollendung  auf  1.887,540  Gulden  C.  M.  zu 
stehen  käme,  ohne    die  Besoldungen  der   verwendeten  Offiziere    einzurechnen. 

Die  bei  der  Detail-Aufnahme  beschäftigten  Mappeurs  erhalten  alle  für 
den  technischen  Dienst  erforderlichen  Instrumente,  und  zwar  jeder  einengrossen 
Messtisch  und  einen  kleinen  Detaillirtisch  auf  ärarische  Kosten,  zudem  Averden 
jedem  Mappeur  drei  Militär-Handlanger  beigegeben,  wovon  jeder  eine  tägliche 
Zulage  von  7  Kreuzern  erhält.  In  den  Ländern,  wo  der  Kataster  besteht,  und  der 
Mappeur  demnach  das  nach  der  Katastral-Aufnahme  reducirte  Gerippe  sammt 
Culturen  vollständig  erhält,  wird  jeder  Offizier  nur  mit  einem  kleinen  Detail- 
lirtisch ausgerüstet  und  ihm  nur  ein  Militär-Handlanger  beigegeben. 


8  August  von  Fligely. 

Wenn  ohne  Kataster -Reduction  gearbeitet  wird,  der  Mappeur  also  nur 
von  drei  trigonometrisch  bestimmten  Punkten  ausgehend  alles  neu  aufneh  inen 
rnuss ,  sind  für  den  Anfänger  4,  für  geübte  Mappeurs  (5  Quadrat-Meilen 
jähr  liehe  Leistung  vorgeschrieben;  wo  bereits  die  Geripp-Reduction  aus 
dem  Kataster  vorhanden  ist  und  nur  diese  reambulirt  und  das  Terrain 
eingetragen  wird,  gelten  3  Sectionen  ä  4  Quadrat-Meilen,  also  12  Quadrat- 
Meilen  jährlich  für  eine  ausgiebige  Leistung.  Eine  Eintheilung  des  Terrains 
in  Klassen  mit  Bezug  auf  die  Schwierigkeit  der  Aufnahme  findet  strenge  ge- 
nommen nicht  statt,  doch  ist  es  selbstverständlich,  dass  bei  aulfallender  Leich- 
tigkeit mehr,  bei  offenbarer  Schwierigkeit  verhältnissmässig  weniger  gefordert 
wird,   worüber  die  Unter-Directionen  zu  urtheilen  haben. 

Die  Sommerfeldarbeit  dauert  in  der  Regel  vom  ersten  Mai  bis  Ende 
October,  in  südlichen  Gegenden  wird  wohl  auch  April  und  November  verwen- 
det, im  Hochgebirge  jene  Zeit,  wo  die  Witterungsverhältnisse  die  Arbeit 
überhaupt  zulassen.  In  den  Wintermonaten  haben  die  Mappeure  keinen 
Truppendienst  zu  leisten.  Sie  zeichnen  (in  den  Ländern,  wo  ohne  Kataster- 
Grundlage  gearbeitet  wird)  erstens  die  Brouillons  -  Viertel  aus,  welche  dann 
zu  einer  ganzen  Section  vereint  auf  Leinwand  aufgespannt  und  beschrieben 
werden,  dann  kopiren  sie  diese  Brouillons-Viertel  auf  das  grosse  Original- 
blatt, auf  welchem  sie  die  Triangulirung  der  Section  bewirkt  haben,  so  dass 
von  derlei  Sectionen  zwei  Exemplare  in's  Kriegsarchiv  gelangen.  Wo  mit  vor- 
ausgegangenem Kataster  jährlich  12  Quadrat-Meilen  von  jedem  Mappeur 
aufgenommen  werden,  wäre  die  doppelte  Auszeichnung  eine  zu  grosse  Auf- 
gabe. Es  besteht  daher  an  diesen  Sectionen  nur  eine  Original-Zeichnung, 
doch  werden  dieselben  im  Bedarfsfalle  im  militärisch  geographischen  Institute 
photographisch  kopirt.  Alle  Original-Aufnahms-Sectionen  werden,  sobald  sie 
das  militärisch  geographische  Institut  nicht  mehr  zur  Kartenreduction  bedarf, 
im  k.  k.  Kriegsarchiv  deponirt. 

Auch  die  bei  Gelegenheit  der  Landes-Aufnahme  von  den  Mappeurs  vor- 
geschriebenermassen  verfassten,  sowohl  topographischen  als  militärischen  Lan- 
desbeschreibungen seines  Arbeits-Rayons  werden  (ohne  Bestimmung  zur 
Publication)  mit  den  Original-Aufnahms-Sectionen  an  das  k.  k.  Kriegsarchiv 
zur  Sammlung  und  Aufbewahrung  abgeben. 

Die  Original-Aufnahme  im  Inlande  hat  in  der  Regel  den  Massstab  von  1 
Zoll =400°  oder  tttöt  der  natürlichen  Grösse,  nur  in  den  römischen  und 
toscanischen  Staaten  wurde  dieselbe  im  Masse  von  1  Zoll  =  1200°  oder 
rehrö  der  Natur,  in  der  Walachei  im  Masse  von  1  Zoll  =  800°  oder  S7*M 
der  natürlichen  Grösse  bewirkt.  Von  den  Umgebungen  grösserer  Städte  und 
von  Lager-  und  Manöver-Gegenden  bestehen  auch  Aufnahmen  im  Masse  von 
1  Zoll  =  200°  oder  tt|ot  der  Natur.  Nur  diese  werden  durch  Lithographie 
vervielfältigt  und  herausgegeben,  alle  übrigen  Sectionen  werden  vermöge  aller- 
höchster Anordnung  nicht  veröffentlicht;  jedoch  erhalten  mit  besonderer  Bewil- 
ligung des  hohen  Armee-Ober-Commando's  k.  k.  Anstalten  zu  gemeinnützigen 
und  Diensteszwecken,  dann  auch  Eisenbahngesellschaften  photographische 
Kopien  bestimmter  Zugstrecken,  behufs  der  vorzunehmenden  Studien,  gegen 
entsprechende  Vergütung. 

Die  förmliche  Aufnahme  und  Legung  äquidistanter  Höhen- 
curven  ist  als  viel  zu  zeitraubend  und  über  das  militärische  Bedürfniss  hin- 
ausreichend nicht  vorgeschrieben.  Nachdem  bei  Gelegenheit  der  geometri- 
schen Detail-Triangulirung  der  Section,  behufs  der  Bestimmung  des  Horizontal- 
netzes, gleichzeitig  auch  mittels  des  eigens  dazu  eingerichteten  Diopters  (der 
Kippregel)  mindestens  80  bis  100  Puncte  rücksichtlich  ihrer  verticalen  Höhen- 


Organisation  und  Fortschritt  der  milit.  kartograph.  Arbeiten  in  Oesterreich.  9 

läge  bestimmt  wurden,  liegt  es  dem  Mappeur  ob,  bei  Eintragung  des  Terrains 
die  Curven  gl  ei  c  her  Höhe  zwischen  jenen  Fixpuncten  mit  freiem  Auge 
zu  beurtheilen  und  einzutragen,  um  darnach  die  Bergstriche  senkrecht  auf 
diese  Curven,  und  in  der  dem  Neigungswinkel  der  Böschung  entsprechenden 
Starke  gleich  auf  dem  Felde  zu  schraffiren.  Der  grösseren  Sicherheit  wegen 
werden  auch  die  Böschungswinkel  häufig  gemessen  und  die  Ziffer  au  der 
betreffenden  Stelle  eingetragen.  Solcher  Messungen  sind  gleichfalls  80  bis 
100  in  einer  Section  vergeschrieben. 

Als  Zeichnungsscala  für  die  Schraffirung  gilt  das  Gesetz,  dass 
bei  50  °  Neigung  voll  schwarz,  bei  4o°  schwarz  zu  weiss  wie  9:1,  bei  40 
wie  8:1   u.  s.  f.  angenommen  wird. 

Eine  Behörde,  deren  Aufgabe  und  Pflicht  es  wäre,  alle,  von  den  ver- 
schiedensten Gesichtspunkten  aus  auf  die  specielle  Landeskunde  be- 
züglichen Materialien  zu  sammeln  und  zu  concentriren,  existirt  in  Oester- 
reich nicht.  Das  k.  k.  Kriegsarchiv  und  das  militärisch  geographische  Institut 
sind  in  dieser  Beziehung  nur  die  Vertreter  des  Militär-Gesichtspunktes.  Letzteres 
steht  bezüglich  des  Empfanges  oder  der  Mittheilung  von  Materialien  in  ver- 
schiedenartigen Beziehungen  zu  andern  Anstalten.  Es  erhält  von  Seite  des 
k.  k.  Marine-  Ob  erkomm  ando's  die  nothwendigen  Behelfe,  Sordirungen 
etc.  zur  Berichtigung  der  Seekarte  des  adriatischen  Meeres  und  des  Pontolano; 
von  der  Generaldirection  des  Grundsteuer  -  Katasters  empfängt  es  die 
Reductionen  der  Kataster-Aufnahme.  Die  Directionen  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt,  so  wie  des  statistischen  Bureaus  im  Handelsministe- 
rium und  die  Eisenbahnd  irectionen  stehen  behufs  der  Mittheilung  von 
Behelfen  in  gegenseitiger  Beziehung  zur  Direction  des  militärisch  geographi- 
schen Instituts. 

Im  Uebrigen  haben  nur  die  Landes-Baudirectionen  über  die  in 
ihrem  Bereiche  stattgehabten  Veränderungen  vierteljährige  Rapporte  einzusen- 
den, welche  aber  bloss  für  die  Evidenzhaltung  der  schon  bewirkten  Aufnahme 
(und  der  schon  bestehenden  Karten)  benützt  werden.  Zu  dieser  Evidenz- 
hai t  u  n  g  d  e  r  0  r  i  g  i  n  a  1  -  A  u  fn  a  h  m  e  besteht  im  militärisch  geographischen  In- 
stitute eine  eigene  Evidenzhaltungs-Abtheilung,  deren  Obliegenheit  es  ist,  alle  ihr 
pflichtgemäss  durch  die  verschiedenen  Landesbaudirectionen  vierteljährig  durch 
Oleaten  und  genaue  Beschreibung  bekannt  gegebenen  neu  gebauten  und  umge- 
legten Strassen,  Eisenbahnen,  Flussregulirungen  und  sonstig  vorkommenden 
grösseren  Veränderungen  in  die  betreffenden  Original- Aufnahms-Sectionen 
(dann  in  die  verschiedenen  Karten  einzutragen,  so  wie  auch  die  Nachtragung 
in  die  Kupferplatten,  oder  auf  den  Steinen  anzuordnen  und  zu  überwachen. 

Wiewohl  die  Leistungen  seit  den  letzten  drei  Decennien  für  militärische 
Zwecke  befriedigend  zu  erachten  sind,  so  müssen  doch  die  früheren  Aufnahmen 
nach  Vollendung  des  noch  unbearbeiteten  Theiles  der  Monarchie  einer  neuen 
Aufnahme  oder  mindestens  einer  Reamhulirung  um  so  mehr  unterzogen  wer- 
den ,  als  der  Kataster  seither  in  allen  jenen  Provinzen  bereits  durchgeführt  ist. 
Bereits  wurde  im  Jahre  1842  eine  Reambulirung  des  Erzherzogthums 
Oesterreich  ob  und  unter  der  Euns  angeordnet,  weil  sich  in  dem  langen  Zeit- 
räume seit  der  Aufnahme  (1810—12  und  1816—18)  bedeutende  Aenderungen 
in  den  Culturen,  Strassen  etc.  ergeben  hatten.  Aus  gleicher  Ursache  ist  eine 
Reamhulirung  von  Salzburg  und  Tirol  nöthig  geworden  und  wird  zeitgemäss  an 
die  Reihe  kommen. 

Rcdudion  and  Publication  der  Karten. 
Die   Original-Seetionen    der    Aufnahme    werden   behufs    des   Stiches    der 
Special-Karten  aus  dem  Aufnahmsmasse  in  das  Kartenmass  reducirt,  und  zwar 


10       A.  v.  Fligely.  Organisation  und  Fortschritt  der  milit.  kartogaph.  Arbeiten  in  Oesterreich. 

linear  auf  j,  so  dass  auf  1  Zoll  =2000°  (rr5Vinr)  entfallen.  Nur  die  Special-Karten 
der  italienischen  Lander  haben  das  Mass  von  i  Zoll  =  1200°  (Virfs-ö).  Sie  um- 
fassen auch  eine  grössere  Fläche,  indem  sie  25  Zoll  Breite  und  IG  Zoll  Höhe, 
also  400  Quadrat-Zoll  messen,  während  die  Blätter  der  übrigen  Special-Karten 
nur  14.4  Zoll  Breite  und  9.6  Zoll  Höhe,  somit  138.24  Quadrat-Zoll  messen. 
Die  Reductionen  geschehen  in  der  topographischen  Zeichnungskanzlei  des 
militärisch  geographischen  Instituts  unter  der  Leitung  eines  Stabsoffiziers  als 
Bureau -Chef  und  werden  von  der  Iustituts-Direction  überwacht.  Es  ist  ein- 
geführt, dass  jedes  Kronland  in  ein  Ganzes  zusammengestellt  wird.  —  Dasselbe 
gilt  von  den  General  -  Karten,  zu  welchen  die  Special-Karten  linear  auf  die 
Hälfte  reducirt  werden. 

Die  Gradnetze  der  Karten  werden  nach  der  von  Bonne  modifizirten 
Flamstead'schen  Projection  berechnet  und  verzeichnet ,  wobei  die  Erd- 
abplattung zu  yfö»  der  Halbmesser  des  Aequators  zu  3,36oo35  Wiener-Klafter 
angenommen  ist. 

Bezüglich  der  Höhenangaben  auf  den  Reductionen,  rücksichtlich  Karten- 
blättern muss  bemerkt  werden,  dass  bisher  auf  Karten  von  Ländern,  die  ohne 
Kataster  aufgenommen  wurden,  wie  z.  B.  das  nichtösterrcichische  Italien,  Tirol, 
Oesterreich,  Salzburg,  Ungarn,  selten  mehr  als  die  Höhen  der  trigonometrischen 
Hauptpunkte  bestimmt  sind,  daher  auch  nur  diese  in  den  Karten  angegeben 
wurden,  so  dass  man  davon  kaum  mehr  als  einen  auf  10  Quadrat-Meilen  rech- 
nen kann.  Allein  in  Ländern,  wo  der  Kataster  vorausging,  kommen  bis  3  H  ö- 
hencoten  auf  eine  Quadratmeile,  und  da  sie  sich  nicht,  wie  die  vorgenannten, 
ausschliesslich  auf  ausgezeichnete  Hervorragungen ,  sondern  mitunter  auch  auf 
Joche  und  Thalpunkte  beziehen ,  und  können  in  derlei  (mit  der  Contour  zuvor 
versehenen)  Karten  bei  sorgfältiger  Würdigung  der  Lage  und  Stärke  der 
BergschratTen  die  Curven  gleicher  Höhe  bei  Schichten  von  200  bis  300  Fuss 
Höhe  mit  Annäherung  an  die  Wahrheit  gezogen  werden,  für  geringere  Höhen 
schichten  wären  die  Anhaltspunkte  ungenügend. 

Die  Ausführung  der  Karten  auf  Kupfer  oder  Stein  geschieht  durch 
die  im  militärisch  geographischen  Institute  bestehenden  Kupferstecher-  und 
Lithographen-Abtheilungen.  Die  Leitung  und  Ueberwachung  dieser  Arbeit  be- 
sorgt der  bei  jeder  dieser  Abtheilungen  angestellte  Vorstand.  Die  Kontrolle 
wird  von  dem  eigens  dafür  angestellten  Revisor  und  endlich  vom  Director  des 
Institutes  versehen. 

Die  Kosten  dieser  Ausführung  werden  zum  grossen  Theile  durch  den 
Verkauf  der  Landkarten  hereingebracht.  Jede  Vorauslage  und  der  etwa  nö- 
thige  Mehraufwand  wird  vom  Militär-Aerar  getragen. 

Die  Veröffentlichung  der  Landkarten  geschieht  durch  Verkauf  im 
eigenen  Verschleissamte  und  im  Wege  des  Kunsthandels  durch  Hrn.  Artaria  et 
Compagnie,  erleidet  demnach  keine  Einschränkung.  Veröffentlicht  sind  die  Spe- 
cial- und  General-Karten  von  Oesterreich  ob  und  unter  der  Enns,  von  Salzburg, 
Tirol,  vom  Lombardisch-venezianischen  Königreiche,  von  Steiermark,  Kärnthen, 
Krain  und  dem  Küstenlande,  dann  von  Mähren  und  Schlesien.  Von  der  aus 
38  Blättern  bestehenden  Special-Karte  von  Böhmen  sind  bis  nun  29  Blätter 
erschienen,  der  Rest  von  10  Blättern  wird  längstens  binnen  2  Jahren  nachfolgen. 
Die  Aufnahme  von  Dalmatien  befindet  sich  eben  in  der  Reduction  und  Zu- 
sammenstellung. Ungarns  Comitatskarten  ohne  Terrain  sind  vollendet;  von 
der  Administrativ-  und  General-Karte  sind  8  Blätter  bereits  herausgegeben  und 
2  zur  Publication  bereit. 

Von  der  Evidenzhaltung  der  publicirten    Karten  gilt  dasselbe,    was  von 
der  Evidenzhaltung  der  Mappen  oben  bereits  erwähnt  wurde. 


IL 

Ueber  Körpermessungen, 

als  Behelf  zur  Diagnostik  der  Menschenracen. 
Von    Dr.    Karl    S  c  h  e  r  z  e  r   und   Dr.    Eduard  S  c  h  w  a  r  z. 

Entwurf  eines   Systems,    welches   die  Verfasser,   den  von  ihnen,    während  der 

Reise  der  k.   k.    österreichischen  Fregatte  Novara  um  die  Erde,    an  Individuen 

verschiedener  Racen  angestellten  Messungen  zu  Grunde  gelegt  haben. 

Erste     österreichische    Erdumsegelungs-Expedition    unter     den  Befehlen    des     Conimodore 
B.  v.  Wüllerstorf-Urbair,    in     See    am   Bord  Sr.  Majestät  Fregatte    Novara,  7. 

October  1858. 

Mitgetheilt  in  der  Versammlung  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  18.  Jänner  1859. 

Die  vage,  unausreichende  Eintheilung  des  Menschengeschlechtes  in 
bald  vier,  bald  fünf,  bald  sieben  und  bald  eilf  in  Bezug  auf  Form  und 
Structur  verschiedene  Racen,  zeigt  wohl  am  deutlichsten  wie  mangelhaft 
noch  unsere  Kenntniss  von  deren  abweichenden  Eigenthümlichkeiten  ist. 
So  theilen  L  e  i  b  n  i  t  z  und  Lacepede  das  Menschengeschlecht  in  : 
Europäer,  Lappländer,  Mongolen  und  Neger;  —  L  i  n  n  e:  in  weisse,  kupfer- 
farb'ne ,  schwarze  und  olivenfarbige;  Blumenbach  in:  Kaukasier, 
Aethiopier,  Mongolen,  Amerikaner  und  Malayen:  ■ —  B  u  f  f  o  n  in:  nördliche  (das 
sind  Lappländer),  tartarische,  südasiatische,  schwarze,  europäische  und 
amerikanische;  —  Hunter  in:  schwarze,  schwärzliche,  rothe,  kupferbraune 
schwarzbraune,  braune  und  weisse;  —  Prichard  in:  Iranische  (auch 
indo-atlantische  oder  kaukasische)  Völker,  turanische  (mongolische)  Völker, 
Amerikaner,  Hottentoten  und  Buschmänner,  Neger,  Papuas  (oder  wollhaarige 
Völkerstämme  Polynesiens),  und  Alfurus  (oder  Australische  Bace);  —  Picke- 
ring in:  Weisse,  Mongolen,  Malayen,  Indier,  Neger,  Aethiopier,  Abyssinier, 
Papuas,  Negritos,  Australier  und  Hottentoten.  *)  Gleichzeitig  mit  dem 
Erkennen  dieser  Mangelhaftigkeit  muss  in  jedem  Forscher  der  Wunsch 
rege  werden,  bei  anthropologischen  Untersuchungen  sich  über  ein  Mitte 
zu  verständigen,  wodurch  die  Beurtheilung  des  Menschen  als  Racen-Reprä- 
sentanten  weniger  wie  bisher  der  individuellen  Auffassung  oder  der  oft 
durch  die  verschiedenartigsten  Vorurtheile  getrübten  Anschauung  überlassen 
bleibt,  sondern    eine   bestimmtere    Basis    gewinnt. 

Anatomen,  Anthropologen  und  naturwissenschaftliche  Reisende  haben 
in   neuerer    Zeit    Messungen    der    verschiedenen    Dimensionen    des    menschli- 


*)  Diese  Eintheilung  nach  zumeist  unwesentlichen,  äussern  Unterschieden  wie  Farbe 
der  Haut,  Farbe  und  Form  der  Haare  u.  s.  w.  oder  nach  ihrem  muthmasslichen  geographischen 
Ursitze,  wie  Iranier  (von  Iran,  einem  südlich  und  südöstlich  vom  kaspischen  Meere  gelegenen 
Landstriche  den  Prichard  für  den  Ursitz  dieser  Völker  hält),  oder  Turanier  (von  Turan, 
der  Name  des  nördlich  und  nordöstlich  an  Iran  gränzenden  Landes,  in  dem  schon  seit  der  älte- 
sten Zeit  der  Geschichte  ein  Tlieil  jener  Menschenrace  wohnt)  u.  s.  w.  ist  ausserordentlich 
unbestimmt  und  unsicher,  weil  aus  einem  Schwarzen,  selbst  wenn  man  seine  Hautfarbe  und 
seinWollhaar  künstlich  änderte,  dennoch  kein  Europäer,  kein  Indianer,  kein  Malaye  u.  s.  w. 
werden  würde,  und  weil  ebenso  ein  auf  den  Inseln  des  Malayischen  Archipels,  oder  in  Aethi- 
opien  von  europäischen  Eltern  erzeugtes  Kind  doch  kein  Malaye  oder  Aethiopier  ist,  sondern 
der  Race  nach  Europäer  bleibt ,  wenn  schon  sich  dessen  Hautfarbe  durch  klimatische  lokale 
Verhältnisse  jener  der  Eingebornen  nähern  sollte.  (Vergl.  Humboldt's  Kosmos,  vol.  I.  pag- 
382-383). 


1 2  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

chen  Körpers  als  ein  Hauptmittel  erkannt,  *)  um  endlich  dahin  zu  gelan- 
gen, den  normalen  Kaukasier,  mit  dem  normalen  Malayen,  Mongolen,  Papua, 
Neuseeländer,  Indianer  u.  s.  w.  vergleichen  zu  können.  So  sehr  aber 
auch  die  auf  diesem  Gebiete  von  verschiedeneu  Gelehrten  vorliegenden 
Arbeiten  das  schöne  Verdienst  der  Anregung  in  Anspruch  nehmen,  so 
haben  doch  dieselben  ihre  Messungen  weder  hinreichend  auf  alle  Theile 
des  menschlichen  Körpers  ausgedehnt,  noch  an  Individuen  verschiedener 
Menschenracen  angestellt,  um  als  mehr  denn  fragmentarische  Untersuchun- 
gen angesehen  werden  zu  können,  und  nicht  vielfache  Verbesserungen 
zuzulassen,   ja    sogar    wünschenswerth   zu    machen. 

Solche  Messungen  nach  einem  festgestellten  Systeme,  in  einem  gross- 
artigeren Maasstabe,  wie  jemals  früher  vorzunehmen,  schien  uns  die  Erd- 
umsegelung der  österreichischen  Fregatte  Novara,  an  welcher  Theil  nehmen 
zu  dürfen,  wir  die  Ehre  gemessen,  eine  ganz  ungewöhnlich  günstige 
Gelegenheit  zu  bieten.  Wir  entwarfen  und  beriethen  daher  einen  Plan, 
nach  welchem  im  Laufe  unserer  Reise,  an  jedem  Punkte,  wo  die  kai- 
serliche Fregatte  lange  genug  verweilt,  eine  gewisse  Zahl  von  Messun- 
gen an  so  vielen  Individuen  beiderlei  Geschlechtes,  von  mittlerem  Alter 
und  Körperbau  als  nur  immer  thunlich,  vorgenommen  werden  sollten,  um 
untrüglichere  Anhaltspunkte  als  die  bisherigen  zur  genaueren  Unterschei- 
dung  und    Charakterisirung    der    verschiedenen    Menschentypen    zu    erlangen. 

Das  Interesse,  welches  die  blosse  Mittheilung  unserer  Absicht,  derlei 
Messungen  vornehmen  zu  wollen,  in  wissenschaftlichen  Kreisen  erregte, 
die  Aufmunterung,  welche  unserem  Streben  von  Seite  der  angesehensten 
Fachautoritäten  Deutschlands,  Frankreichs  und  Englands  zu  Theil  wurde, 
bestärkte  uns  nur  noch  mehr  in  der  Ausführung  unseres  Vorhabens,  und 
so  entstand  allmählig,  nach  mehrfachen  Abänderungen  und  Zusätzen  ein 
System,  dessen  Darlegung  sowohl,  wie  die  Rechtfertigung  von  Körpermes- 
sungen überhaupt  als  Rehelf  zur  Diagnostik  der  Menschenracen,  die  fol- 
genden   Rlätter   zum    Gegenstande    haben. 

Positive  Wissenschaft  und  Forschung  im  Allgemeinen  haben  die 
Gränze  zwischen  Mensch  und  Thier  gezogen,  —  sie  haben  für  die  Dif- 
ferential-Diagnostik der  Racen  manchen  schönen  Fund  gethan,  manchen 
frappanten  Schluss  gezogen:  aber  gereichen  diese  iusgesammt,  nicht  weit 
mehr  dem  menschlichen  Geiste  und  seinem  nimmer  müden  Streben  nach 
Erkenntuiss  zur  Ehre,  als  dass  sie  dem  gewöhnlichen  Reobachter  bestimm- 
tere   Anhaltspunkte    für    diagnostische    Zwecke    an    die    Hand    geben  würden? 

Es  unterliegt  z.  R.  keinem  Zweifel,  dass,  nachdem  die  Stellung  des 
grossen  Hinterhauptloches  das  Zusammentreffen  des  Kopfschwerpunktes  mit 
der  Körperachse  und  ihrer  Unterstützungsebene  (nebst  Mithilfe  der  Nacken- 
musculatur)  bedingt,  eine  Abweichung  der  Stellung  desselben,  durch  andere 
Umstände    compensirt    werden  muss,    wenn    der  Kopf  nicht  aus  seiner  Gleich- 


l)  Wenn  gleich  nicht  in  direktem  Bezug  auf  den  menschlichen  Körper,  sondern  auf  die 
Bedeutung  von  Messungen  naturwissenschaftlicher  Objecte  im  Allgemeinen  sagt  der  grösste 
Naturforscher  unserer  Zeit:  „Bei  allem  Beweglichen  und  Veränderlichen  im  Räume  sind 
„mittlere  Zahlenwerthe  der  letzte  Zweck,  ja  der  Ausdruck  physischer  Ge- 
„setze;  sie  zeigen  uns  das  Stetige  in  dem  Wechsel  und  in  der  Flucht  der  Erscheinungen ; 
„so  ist  z.  B.  der  Fortschritt  der  neueren  messenden  oder  wägenden  Physik  vorzugsweise 
„durch  Erlangung  und  Berichtigung  der  mittlem  Werthe  gewisser  Grössen  bezeichnet,  so 
„treten  wiederum,  wie  einst  in  der  italienischen  Schule,  doch  im  erweiterten  Sinne,  die  ein- 
zigen, in  unserer  Schrift  übrig  gebliebenen  und  weit  verbreiteten  hieroglyphischen  Zeichen 
„die  Zahlen,  als  Mächte  des  Kosmos  auf."'  — 


Ueber  Körpermessungen.  13 

gewichtslage  nach  vorne  oder  hinten  weichen  soll.  —  Während  der  erste 
Umstand  niemals  stattfindet,  hat  die  vergleichende  Anatomie  andererseits 
nachgewiesen,  dass  mit  dem  Absteigen  von  den  höheren  zu  den  niederen 
Wirbelthieren  das  grosse  Hinterhauptsloch  (welches  bei  der  sogenannten 
kaukasischen  Race  beinahe  die  Mitte  der  Schädelbasis  einnimmt),  von 
vorn  nach  hinten  rückt,  und  dass  das  auf  solche  Weise  gestörte  Gleich- 
gewicht, nur  durch  mächtigere  Nackenmusculatur  wieder  hergestellt  wird.  *) 
Nach  dieser  Erfahrung  erscheint  die  Folgerung  wohl  gerechtfertiget,  dass 
Völkerstämme  mit  übermächtiger  Nackenmuskulatur,  welche  nebenbei  mit 
dem  übrigen  Muskelbau  nicht  im  Einklänge  steht,  ein  mehr  nach  hinten 
gerücktes  Hinterhauptsloch  besitzen,  und  dadurch  eine  Analogie  mit  obiger 
Wahrnehmung  zeigen.  —  Demungeachtet  würden  wir  nicht  wagen,  dieses 
einzelne  Merkmal  als  sicher  leitende  Differential-Diagnostik  für  Racenun- 
terschiede    aufzustellen. 

Noch  erweckt  in  anderweitiger  Beziehung  die  Musculatur  die  Auf- 
merksamkeit des  Forschers.  Kein  Thier,  selbst  das  allergrösste  nicht, 
besitzt  verhältnissmässig  so  mächtige  Gefässmuskeln  als  der  Mensch,  weil 
sie  seinen  Stamm  auf  den  Extremitäten  balanciren  müssen,  und  seinen 
aufrechten  Gang  ermöglichen ;  —  ein  altbekanntes  populäres  Unterschei- 
dungszeichen, das  unser  hochverehrter  Lehrer  und  Freund,  Professor 
H  y  r  1 1  so  geistreich  auf  die  Anordnung  der  Musculatur  zurückführt,  und 
welches  eine  der  zahllosen  genialen  Bemerkungen  ist,  die  seine  Vorträge 
so    belehrend    und    genussreich    machen. 

Ferner  ist  es  dem  vergleichenden  Anatomen  gelungen ,  sowohl  am 
Skelete  wie  an  anderen  innern  Organen  charakterisirende  Unterscheidungs- 
zeichen der  verschiedenen  Racen  zu  finden;  er  hat  weiters  dargethan 
dass  die  vorherrschende  Entwickelung  der  Kauwerkzeuge ,  das  Verhältnis» 
des  Antlitzes  zum  Schädel,  die  Ausprägung  der  Jochbrücken,  die  Mäch- 
tigkeit ihrer  Bogensehwingung  u.  s.  w.  gleichfalls  maassgebende  Zeichen 
für  die  nähere  oder  entferntere  Stellung  des  Menschen  zum  Thiere  sind. 
Ja  ihm  dienen  innere  Organe  zur  Feststellung  der  Gränze  zwischen 
Familien,  Gattungen,  sogar  zwischen  Gruppen  und  Varietäten  von  Thieren, 
welche  letztere  äussere  Kennzeichen,  wie  Gestalt,  Farbe,  Bedeckung  u.  s.  w. 
völlig  neben  einander  stellen,  sogar  identificiren,  und  die  sich  dennoch 
schon  durch  ihre  Lebensweise  und  Bestimmung  wesentlich  von  einander 
unterscheiden  und  desshalb  von  der  Natur  in  ihrer  weisen  Anordnung  mit 
andern,  zweckentsprechenden  Organen  oder  Organsveränderungen  ausge- 
stattet wurden.  —  Ebenso  hat  die  Forschung  die  Stellung  der  Augen  nach 
vorne  in  der  Gesichtsebene,  deren  Abstände  von  einander,  ihr  Zurück- 
weichen nach  der  Seite,  ihre  Schlitzung,  die  Höhe  des  Nasenrückens, 
die  Länge  der  Extremitäten,  die  Vermehrung  der  Musculatur  an  denselben 
u.  s.  w.  als  berücksichtigungswerthe  äussere  anthropognostische  Zeichen 
erkannt.  — 

So  schätzenswerth  aber  auch  diese  und  viele  andere  beinahe  jede 
Region  des  menschlichen  Leibes  umfassenden  diagnostische  Beiträge  sind, 
welche    die    comparative   Anatomie    in    jüngster   Zeit    geliefert ,     so     fehlen 


')  Eine  nothwendige  Folgeerscheinung  hiervon  ist,  dass  solche  Menschen,  fast  immer 
mit  überwiegenden  Kauapparaten  versehen,  ihren  Kopf  mehr  nach  hinten  geworfen  tragen, 
und  indem  sie  einen  Theil  des  Gewichtes  desselben  auf  diese  Weise  hinter  die  Körperachse 
verlegen,  haben  sie  gleichzeitig  ihr  Gesicht,  dergestalt,  dass  der  untere  Stand  des  Unterkie- 
ferkörpers horizontal  getragen  wird. 


14  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

nichts  desto  weniger,  wie  schon  bemerkt,  noch  gänzlich  bestimmtere, 
untrüglichere  Unterscheidungsmale  für  das  Erkennen  der  Verschiedenheiten 
des   Menschengeschlechtes. 

Dort,  wo  der  Mensch  nur  mit  einer  und  derselben  Race  oder 
Racenvarietät  in  Berührung  kommt,  ist  ihm  der  Mensch  in  Rezug  auf 
seine  Körperbeschaffenheit  das  gewöhnlichste  Übject  der  Betrachtung,  und 
ohne  jemals  über  die  eine  oder  die  andere  Unterscheidung  nachgedacht 
zu  haben,  erkennt  er  in  ihm  gewissermaassen  instin ctmässig  seines  Gleichen. 
Diess  scheint  auch  Ursache  zu  sein,  warum  er  bis  jetzt  verabsäumt,  ja, 
wir  möchten  fast  sagen  ,  vernachlässigt  hat ,  für  einen  ihm  instinctiv  geläufigen 
Gegenstand,  wie  die  Diagnose  des  Menschen ,  absolute,  wissenschaftliche 
Formeln  zu  suchen  und  aufzustellen.  —  Der  reisende  Forscher  fühlt  dage- 
gen schon  weit  mehr  dieses  Bedürfniss,  indem  er  oft  Geschöpfen  gegen- 
über steht,  bei  denen  es  ihm  schwer  fällt  nach  allgemeinen  populären 
Symptomen,  wie:  aufrechter  Gang,  stolze  Haltung,  offener  Blick,  ausdrucks- 
volles Gesicht,  freier  Wille  u.  s.  w.  zu  unterscheiden,  mit  wem  er  es 
zu    thun    habe.  — 

Aber  selbst  wenn  wir  die  obenerwähnten  differential-diagnostischen 
Merkmale  als  täglich  sich  vermehrend  und  klarer  herausstellend  voraus- 
setzen, und  nur  die  Unterschiede  zwischen  Menschen  und  Menschen  auf- 
finden wollten,  so  würde  sich  ein  solcher  Ermittlungsversuch  bald  als  noch 
schwieriger  erweisen  und  durch  die  Fortschritte  der  Differential-Diagno- 
stik nur  wenig  Unterstützung  finden.  —  Man  glaube  ja  nicht  durch  die 
Untersuchung  von  einer  geringen  Anzahl  von  Individuen,  z.  B.  10,  20,  30. 
mit  Sicherheit  irgend  einen  Anhaltspunkt  feststellen  zu  können.  Nur  zu 
häufig  wird  sich  der  Fall  ereignen ,  dass  der  Beobachter  durch  den 
Anblick  allein  nicht  im  Stande  ist,  zu  bestimmen,  ob  und  wodurch  dieses 
oder  jenes  Individuum  sich  von  demjenigen  unterscheidet,  welches  er  zur 
Basis  seiner  Yergleichung  (d.  h.  zu  seinem  Normal-Typus)  genommen. 
Abgesehen  davon  z.  B.  dass  es  selbst  in  Europa  nicht  unschwer  wäre, 
aus  der  grossen  Masse  Einzelne  herauszufinden,  welche,  wenn  man  nicht 
unwesentliche  Merkmale,  wie  Farbe  der  Haut  9»  Gattung  der  Haare  u.  s.  w. 
s  c  r  u  p  u  1  ö  s  mit  in  Betracht  zieht,  genau  mit  der  einen  oder  andern 
Persönlichkeit,  ja  sogar  mit  einer  Mehrzahl  von  Individuen  nicht  europäi- 
scher Racen  Aehnlichkeit  haben,  begegnet  der  reisende  Forscher  zuweilen 
ganzen  Völkerstämmen,  welche  einen  bereits  bekannten  Eindruck  in  seinem 
Innern  wiederholen.  Die  Singalesen,  die  hinduischen  Peons,  die  indischen 
Sepoys  a),  sehen  genau  so  aus,  wie  die  meisten  unserer  Rumänen,  derart 
dass  sich  dem  Beschauer  diese  Aehnlichkeit  trotz  der  Trachtverschieden- 
heit    unwillkührlich     aufdrängt  3).    In     den   holländischen  Kolonien     auf  Java 


*)  Dieses  Merkmal ,  welches  älteren  Forschern  bei  ihrer  Eintheilung  des  Menschen- 
geschlechtes zur  Rasis  zu  dienen  pflegte,  nniss  schon  aus  dem  Grunde  als  unwesentlich 
betrachtet  werden,  weil  seine  Veränderung  nicht  einmal  eine  vorübergehende  Täuschung 
herbeizuführen  im  Stande  ist,  (ein  weissgeschminkter  Neger  und  ein  schwarzgefärbter  Euro- 
päer werden  gewiss  nicht  verwechselt  werden).  Uebrigens  kommt  die  natürliche  Hautfarbe, 
namentlich  bei  wilden  und  halbwilden  Völkern  dem  Beschauer  selten  zu  Gesicht,  indem  sich 
dieselben  unaufhörlich  öhlen,  färben,  schminken,  tättowiren  u.  s.  w.  und  man  doch  nicht  eine 
curcumafarbige,  oder  eine  blau  und  schwarz-tättowirte  Race  wird  annehmen  wollen? 

2)  Wir  heben  hauptsächlich  diese  beiden  Stämme  hervor,  weil  dieselben  aus  dem 
urwüchsigsten  Theil  des  Volkes  genommen,  meist  aus  schönen  gufgeformten  typischen 
Individuen  bestehen. 

3)  Eigentümliche  Trachten,  Schmuckgegenstände,  Waffen  u.  s.  w. ,  welche  uns  in 
den,  in  ethnographischen  Werken  so  stereotyp  immer  wieder  vom  Neuen  abgedruckten   bild- 


Ueuer  Körpermessungen.  ig 

haben  wir  unter  anderm  Gelegenheit  gehabt,  schöne  stämmige  Buggis, 
Makassaren,  Amboinesen,  Sumatraner,  Sundanesen  zu  sehen  und  zu  mes- 
sen, welche,  wenn  sie  uns  anstatt  in  holländischer  Uniform  in  ßatavia,  in 
österreichischem  Soldatenrock  auf  dem  Wiener  Exerzierplatz  begegnet  wären, 

wir    ohne    Weiters    für   Kroaten    oder    Gränzer   gehalten   haben    würden,    

gleichwie  gar  mancher  Chinese,  mit  seinen  schonen  feinen  Zügen  und 
seinem  elegischen  Gesichtsausdruck  in  den  Salons  unserer  Weltstädte 
anstandslos    für    einen    europäischen    Elegant    genommen    werden    dürfte.   •) 

Als  wir  in  den  Gefängnissen  von  Hongkong  die,  der  Zöpfe  beraub- 
ten Chinesen,  namentlich  vom  Stamme  der  Hakka  s,  mit  ihrem  gedrungenen 
kräftigen  Körperbau,  den  schön  geformten,  gebogenen,  (langen,  geraden) 
Nasen,  und  einer  fast  gar  nicht  specitisch  chinesischen  Augenstellung 
betrachteten,  mussten  wir  uns  selbst  das  Geständniss  machen,  "dass  diese 
Hakka's  dermaassen  gewissen  plebejischen  Figuren  aus  unsern  untern  Ständen 
gleichen,  dass  sie,  europäisch  gekleidet,  sich  mit  den  meisten  Menschen 
in  Berührung  setzen  könnten,  ohne  jemals  für  Chinesen  erkannt  zu  wer- 
den, auch  wenn  der  Beobachter  das  typische  Bild  eines  Chinesen  mit 
Haarzopf,  Opiumpfeife,  Pfauenfedern,  Palmenfächer,  Theekiste  und  Pagode, 
wie  es  unserer  Vorstellung  von  Jugend  auf  durch  die  erwähnten  stereo- 
typen   Abbildungen    to  tief  eingeprägt    wird,    vor   Augen    hätte. 

Noch  mehr  fühlten  wir  das  Trügerische  der  meisten  äusseren  Merk- 
male beim  Anblick  der  katholischen  und  protestantischen  Missionäre  in 
Hongkong  und  Shanghai,  welche  auch  hier,  wie  im  weiten  Westen  als 
die  edlen,  aufopfernden  Träger  und  Verbreiter  christlicher  Civilisation  und 
Wissenschaft  unter  dem  Volke  leben,  und  durch  Wort,  That  und  Beispiel 
wohlthätig  auf  dasselbe  wirken.  Von  der  Ueberzeugung  durchdrungen,  wie 
sehr  des  Menschen  Auge  an  Aeusserlichkeiten  haftet,  haben  sich  jene 
verehrungswürdigen  Männer  dazu  bequemt,  zur  sicherern  Erreichung  ihres 
frommen  Zweckes  gewisse  Sitten  und  Gebräuche  des  chinesischen  Volkes 
anzunehmen,  und  namentlich  das  Kopfhaar  in  der  allgemein  üblichen  Form, 
vorne    geschoren,    hinten    als    langen    Zopf  zu   tragen. 

Durch  diese  Zugeständnisse  im  Anzüge  und  in  der  Toilette  des 
Kopfes  kommt  nun  eine  dermaassen  vollständige  Täuschung  zu  Stande,  dass 
dieselbe    nicht   nur     die    Vorstellung     der    Chinesen     vollständig     beherrscht, 


liehen  Darstellungen  der  Racentypen,  so  eonsequent  vor  Augen  geführt  und  eingeprägt 
werden,  haben  uns  daran  gewöhnt,  dieses  oder  jenes  Individiuum  unverweilt  in  die  Abthei- 
lung einzureihen,  wohin  es  als  Racentypus  gehört,  sobald  dasselbe  mit  gewissen  Toiletten 
stücken,  Ornamenten,  Waffen,  Instrumenten  und  andern  Abzeichen  erscheint,  wie  z.  B. 
der  Eskimo  in  Seehundsfell,  einen  Fisch  in  der  Hand;  —  der  Indier  auf  einem  Elephanten 
reitend,  der  Araber  ein  Kameel  an  der  Hand  führend;  —  die  tropischen  Völker,  mit  der  ewi- 
gen Palme  im  Hintergründe,  oder  der  Malaye  mit  Kris  und  Betelbüchse;  —  der  gewisse 
Eingeborne  von  Nukahiwa  mit  Keule  und  Schildkröte  u.  s.  w.  Bildet  man  dagegen  z.  B.  einen 
Chinesen  ohne  Haarzopf,  Opiumpfeife,  Palmenfiicher,  Pfauenfedern,  lakirte  Sonnenschirme, 
oder  ohne  eine  Pagode  im  Hintergrund  ab,  so  wird  man  für  die  richtige  Beurtheilung  des 
dargestellten  Racentypus  ebenso  grosse  Schwierigkeiten  finden,  wie  unter  ähnlichen  Verhält- 
nissen in  der  Wirklichkeit.  Allerdings  besitzen  Fachmänner  andere  wissenschaftliche  Be- 
helfe zur  Erkennung  und  Unterscheidung  der  verschiedenen  Racentypen,  aber  diese  sind 
weder  für  alle  Fälle  ausreichend,  noch  allgemein  genug  verbreitete,  um  als  wissenschaftli- 
ches Gemeingut  gelten  zu  können.  — 

*)  Bei  den  weit  schöner  geformten  Tataren  ist  diese  Täuschung  noch  frappanter. 
Leider  haben  wir  von  denselben  keine  hinreichende  Anzahl  gesehen,  um  sie  zum  Gegen- 
stand einer  weitläufigeren  Erörterung  machen  zu  können.  Allein  beim  Anblick  der  fünf  oder 
sechs  Tataren  beiderlei  Geschlechtes  ,  welche  wir  zu  Gesichte  bekommen,  kostete  es  uns 
weit  mehr  Anstrengung  sie  von  mongolischer,  als  von  europäischer  Abstammung  zu  halten. 


16  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

sondern  sogar  eine  gleiche  Wirkling  auf  das  Auge  des  Europäers  übt. 
Wir  befanden  uns  im  Jesuiten-Collegium  zu  Sikkawei  bei  Shanghai  unter 
einer  Anzahl  katholischer  Missionäre  in  chinesischer  Tracht,  und  mochten 
uns  eben  so  gut  in  einen  Kreis  von  Gelehrten  des  Reiches  der  Mitte 
versetzt  glauben.  Der  hochverdiente  englische  Missionär  Rev.  Dr.  Medhurst 
sen.  reiste  im  Innern  China's  in  der  Tracht  der  Eingebornen  viele  Monate 
lang  zu  einer  Zeit,  wo  ihm  eine  Entdeckung  seiner  wirklichen  Nationa- 
lität den  grössten  Gefahren  ausgesetzt  haben  würde ,  ohne  gleichwohl 
trotz  der  Schlauheit  der  Chinesen  und  ihrem  Hange  zum  Verdachte  erkannt 
zu    werden. 

Noch  bei  Weitem  schwieriger  hält  es  Unterracen  zu  scheiden,  wenn 
auch  für  diese  gewisse  prägnante  Kennzeichen  bestehen  müssen.  So  z.  B. 
wird  der  auf  Java,  dem  Centralpunkte  der  Sundainseln  lebende  Anthro- 
polog  auf  den  ersten  Blick  die  meisten  der  auf  grösseren  und  klei- 
neren Inseln  dieses  herrlichen  Archipels  lebenden  Malayenstämme  zu  son- 
dern vermögen,  selbst  wo  äussere  Momente,  wie  Tracht,  Kopfputz,  Kriegs- 
werkzeuge, Arbeitsgeräthe  u.  s.  w.  keinerlei  Anhaltspunkt  geben.  —  Fragt 
man  aber,  welche  Merkmale  es  sind,  die  seinem  Auge  z.  B.  einen  Suma- 
tranen  oder  Javanesen  von  den  Eingebornen  von  Celebes,  Amboina  u.  s.  w. 
unterscheiden  lassen,  so  muss  man  mit  der  Auskunft  vorlieb  nehmen,  dass 
er  zwar,  ohne  jemals  sich  zu  trügen,  die  Diagnose  zu  stellen  im  Stande 
sei,  über  die  eigentlichen  Erkennungszeichen  jedoch ,  sich  selbst  nicht 
genau  Rechenschaft  zu  geben  vermöge.  Wir  haben  es  persönlich  und 
wiederholt  erlebt,  dass  selbst  Männer  der  Wissenschaft  von  hohem  Anse- 
hen   und    Ruf  uns    eine    ähnliche    Antwort  zu  geben,    sich  gezwungen  sahen. 

Sollte  aber  das  höchstorganisirte  Wesen  dieser  Schöpfung,  der  Mensch, 
plan-  und  systemlos  entstanden  sein  und  entstehen,  er,  der  die  Systeme 
nachgewiesen,  nach  welchen  die  Sterne  kreisen,  und  der  Weltkörper  seine 
Bahn  geht;  —  der  auch  für  die  geringste  Erscheinung  im  Haushalte  der 
Natur  Gesetze  aufgefunden  und  festgestellt,  und  selbst  jenem  Plane  nach- 
zuspüren sich  erkühnt  hat,  welcher  dieser  hochherrlichen  Schöpfung  zu 
Grunde    liegt?  — 

Sollte  gerade  für  den  Menschen  keine  bestimmte  Regel  existiren, 
nach  welcher  sicli  die  verschiedenen  Varietäten  seines  Geschlechtes  gestalten 
und  erkennen  lassen,  während  es  doch  seinem  rastlos  forschenden  Geiste 
gelungen  die  Pflanzenwelt  nach  einem  gewissen  Systeme  in  hunderte  von 
Familien,  tausende  von  Geschlechtern  und  hundertmal  tausende  von  Spezies 
einzutheilen,  und  jeder  einzelnen  ihren  bestimmten  Platz  darin  anzuwei- 
sen; während  er  auf  gleichem  Wege  dahin  gelangt,  die  fast  zahllosen 
Spezies  des  Thierreiches,  an  dessen  Spitze  er  sich  selbst  gleichsam  als 
hors  de  classe  stellte,  von  der  an  18  Fuss  hohen  Giraffe  bis  zum  mikro- 
skopischen Infusionsthierchen  einem  einigen,  gleichen  Gesetze  zu  unterwer- 
fen, nach  welchem  der  Fachkundige  aus  den  Millionen  Geschöpfen  der 
Thierwelt  jedes  einzelne  Individuum  nach  gewissen  Unterscheidungen  zu 
classifiziren    vermag? 

Das  kleinste,  unscheinbarste  Blümchen,  das  niemals  zuvor  eines  Men- 
schen Auge  gesehen,  versteht  der  wissenschaftliche  Blick  des  Botanikers  nach 
gewissen  systematischen  Kennzeichen  ohne  Schwierigkeit  neben  jene  Pflanze 
einzureihen,  zu  welcher  es  in  nächster  morphologischer  Verwandtschaft  steht, 
ihm  eben  so  gut  Platz  und  Namen  im  grossen  Systeme  nachzuweisen,  als 
ob  es  beim  Aufbau  desselben  zugegen  gewesen,  und  schon  damals  beide 
Prärogative    für    sich   in  Anspruch  genommen  hätte.  —  Lud,    wir  wiederholen 


Heber  Körpermessungen.  17 

es,  gerade  der  Mensch  sollte  von  diesen  ehernen,  ewigen  Naturgesetzen 
eine  Ausnahme  machen,  für  ihn  allein  sollte  keine  Regel  bestehen  und  auf- 
zufinden sein,  nach  welcher  sich  seine  verschiedenen  Typen  gestalten  und 
erkennen    lassen?   — 

Obschon  nun  Jedermann  im  Vorhinein  von  dem  Bestehen  eines  solchen 
Planes  überzeugt  sein  dürfte,  so  müsste  es  selbst  dann,  wenn  noch  irgend 
ein  Zweifel  darüber  walten  sollte,  jedenfalls  als  eine  würdige  Aufgabe  des 
Menschen  angesehen  werden,  das  gleiche  Maass  von  Studium  und  Forschung, 
der  Systematisirung  seines  eigenen  Geschlechtes  zuzuwenden,  das  er  tau- 
senden  von  Pflanzen  und  Thiergeschlechtern  so  lange  vorher  gewidmet  hat! 
Und  sehen  wir,  wie  zahlreiche,  ähnliche  wissenschaftliche  Strebungen,  welche 
gleichfalls  seitab  vom  Wege  der  Befriedigung  materieller  Interessen  liegen, 
wie  z.  B.  mikroskopische  Untersuchungen  der  kleinsten  Organismen  der 
thierischen  Schöpfung  im  Meere  und  Land  und  der  zartesten  Pflanzenkeime, 
sich  einer  so  ermunternden  Theilname  erfreuen,  so  wagen  wir  getrost  ein 
gleiches  Wohlwollen  des  Mannes  der  Wissenschaft  wie  des  gebildeten  Laien 
auch  für  unsere,  gewiss  nicht  weniger  wichtige  und  nützliche  Aufgabe  zu 
hoffen,  welche,  indem  sie  die  Kenntniss  des  Menschengeschlechtes  zu  för- 
dern sich  bemüht,  in  ihren  endlichen  Resultaten  so  mannigfaltige  und  frap- 
pante Schlüsse  in    Aussicht   stellt!    — 

Da  es  sich  beim  Menschengeschlechte  (dessen  generische  Charaktere  wir 
dermalen  nicht  in  das  Bereich  unserer  Betrachtung  ziehen),  bloss  um  die 
Diagnostica  der  Racen,  Unterracen  und  Raeen-Varietäten  handelt,  so  muss- 
ten  wir  gleich  von  vornherein  einen  mehr  ins  Detail  führenden  Weg  ein- 
sehlagen. Wir  haben  indess  nicht  vernachlässigt,  die  meisten  jener  Merk- 
male theils  als  Rubriken,  theils  als  Anmerkungen  in  unsern  Entwurf  mit  auf- 
zunehmen, welche  frühern  Forschern  das  alleinige  Material  für  die  Description 
des    Menschen    abgegeben    haben. 

Unsere,  für  die  Varietäten -Diagnostik  mehr  spezialisirende  Untersu- 
chungsweise führte  uns  auf  die,  in  andern  Zweigen  der  Naturwissenschaften 
bereits  ungemein  weit  verfolgte  Methode  der  Messungen.  Lehrt  uns  die 
Erfahrung,  welche  erstaunlichen  Resultate  Messungen  der  Körperlänge,  der 
Flügelspannung,  des  Umfanges  von  Kopf,  Brust  u.  s.  w.  so  wie  der  auf- 
fallendsten Dimensionen  einzelner  Organe  und  Gebilde  in  der  Ornithologie 
zur  Folge  hatten,  wo  das  Maass  und  Gewicht  eines  ausgewachsenen  Indi- 
viduums in  vielen  Fällen  als  ausschlaggebende  Diagnostica  sogar  für  die 
Bestimmung  der  Species  gelten.  Ebenso  finden  Masse  und  Gewicht,  auch 
in    der   Diagnose    der    übrigen    Thierwelt  Beachtung.  — 

Der  abweichenden  Einzelnheiten  in  unserm  Verfahren  so  wie  seiner 
umfassenderen  Ausdehnung  haben  wir  bereits  Erwähnung  gethan.  —  Die 
Hauptursache  wesshalb  einzelne  unserer  Messungen  von  frühern  ähnlichen 
Schematen  abweichen,  mag  in  dem  Umstände  gesucht  werden,  dass  Punkte 
mit  Linien  verbunden,  weit  leichter  durch  Zahlen  zu  bezeichnen,  festzu- 
stellen, und  der  Controlle  zu  unterwerfen  sind ,  als  gewisse  von  andern 
Forschern  gewählte  Flächen  und  Gegenden,  welche,  wie  Fussohle,  "Weiche, 
Backen,  Unterleib  u.  s.  w.,  theils  als  zu  vage  Angaben  erscheinen,  theils 
aber  durch  Weichtheile  gebildet,  vielfältigen  Veränderungen  in  Folge 
momentaner    Stellung    ausgesetzt    sind. 

Ja  die  jüngste  Erfahrung  hat  uns  gelehrt,  dass  sogar  Sitten  und 
Gebräuche    nicht    nur    an    Weichtheilen    (wie    Ohrläppchen,    Brüsten,  Genita- 

Mittheilungen  der  k,  k.  geographischen  Gesellschaft.  III.  Bd.   1.  Heft. 


\  8  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

lien  u.  s.  w.),  sondern  selbst  an  starren  Körpertheilen  willkührliche  Alte- 
rationen   gegen   den   Plan    der   Natur    hervorzubringen    vermögen.  *) 

Auf  diese  Weise  würden  z.  B.  diejenigen  Forscher,  welche  die 
Stellung  der  Zähne,  und  zwar  mit  Recht,  als  Differential -Diagnosticum 
annehmen,  den  urwüchsigen  Eingebornen  der  Nikobarischen  Inseln  gegen- 
über dieses  Merkmal  nicht  benützen  können,  indem  jener  Volksstamm  an 
seinen  Zahnen  sowohl,  wie  an  den  Zahnfortsätzen  der  Kiefer  in  Folge 
continuirlicher  Anwendung  scharfer  Kausubstanzeu  eine  pathologische  Ver- 
änderung und  consecutiv  eine  ganz  widernatürliche  Stellung  derselben  zu 
Stande  bringt,  so  dass  die  obere  und  untere  Zahnreihe,  wenn  geschlos- 
sen, in    einem    spitzigen    Winkel    aufeinander    greifen. 

Dagegen  wurde  bei  der  Bestimmung  der  Messpunkte,  dem  Knochen- 
systeme und  seiner  praktischen  Wichtigkeit  jene  Aufmerksamkeit  zuge- 
wendet, welche  dasselbe,  wie  Professor  Hyrtl  bemerkt,  „durch  seine 
bedingenden  Verhältnisse  zu  den  Weichtheilen"  gehörig  verdient;  u.  z.  sind 
die  meisten  Ausgangs-  und  Endpunkte  unserer  Messungen  natürliche  Pro- 
tuberanzen von  Skeletparthien,  die  von  den  Weichtheilen  nicht  maskirt 
werden. 

Wenngleich  einzelne  dieser  Messpunkte  bereits  von  andern  Forschern 
auf  diesem  Gebiete  die  verdiente  Berücksichtigung  erfuhren ,  und  sogar 
schon  Anlass  zu  verschiedenen  schönen  Detailarbeiten  gegeben  haben ,  2) 
so  erschienen  doch  die  vorhandenen  Messungsschemate  für  unsere  anthro- 
pologischen Zwecke  nicht  umfassend  genug,  3)  und  wir  haben  daher 
unsern  Arbeiten  ein  neues,  vielfach  erweitertes  Schema  zu  Grunde 
gelegt,  —  und  die  anzustellenden  Untersuchungen  und  Messungen  in  vier 
verschiedene  Abtheilungen    gebracht    u.    z. 

1.  In   allgemeine    Beobachtungen. 

2.  In    Messungen   für    den    Kopf  en   face   und    en   profil, 

3.  In    Messungen    am    Stamme. 

4.  In    Messungen    der    obern    und    untern    Extremitäten. 

Von  den  78,  an  jedem  einzelnen  Individuum  mittelst  Bandmaass,  Taster- 
zirkel und  mehreren  andern  höchst  einfachen  Instrumenten  vorgenommenen 
Messungen,  welche  sich  am  Schlüsse  dieser  Denkschrift  systematisch  ver- 
zeichnet  finden,  beziehen  sich  30  auf  den  Kopf,  19  auf  den  Stamm, 
21  auf  die  obern  und  untern  Extremitäten,  und  es  ist  bei  denselben 
auf   einige    Maasse    Rücksicht  genommen    worden,    welche  weniger    für    den 


1)  So  z.  B.  scheint  das  Antlitz  aller  Betel-kauenden  Völker,  durch  das  sehr  frühzeitig 
begonnene  und  das  ganze  Leben  hindurch  unaufhörlich  fortgesetzte  Kauen  der  Arecanuss, 
Betelblätter  mit  Kalk  und  Tabak,  nebst  der  dadurch  verursachten  Deformität  der  Zähne  und 
ihrer  nächsten  Umgebung,   gleichzeitig  auch  in  seiner  knöchernen  Grundlage  alterirt  zu  sein. 

2)  A.  Quelet  et,  sur  Vhoinme  et  le  developpement  de  ses  faculte's,  ou  Essai  de  phy- 
sique  sociale.  Paris  1835.  2  vol.  —  Geologische  Bilder  zur  Geschichte  der  Erde  und 
ihrer  Bewohner,  von  Dr.  H.  Burmeister.  Leipzig  1835.  Der  schwarze  Mensch  pag.  95 
u.  s.  w.  Das  umfassendste  Werk  über  Messungen,  wenngleich  in  anderer  Bichtung  hat  Dr. 
Zeising  in  neuester  Zeit  in  seiner  Proportionslehre  des  menschlichen  Körpers,  Leipzig  1854, 
geliefert. 

3)  Wir  führen  hier  beispielweise  einige  Messschemate  aus  den  neuesten  und  berühm- 
tetsen  Beisewerken  vor: 

„Narative  of  the  United  States  Exploring  Expedition  during  the  years  1838-1842. 
Vol.  V.  pag.  539.  Appendix:  Table  of  the  measurements  of  the  natives  of  several  groups 
of  Polynesia:  1.  Height;  2.  Farial  angle;  3.  front  line ;  4.  upper  line;  o.  lower  line; 
6.  length  of  arm;  7.  length  of  collar  hone;  8.  number  of  teeth;  9.  length  of  hand;  10 
length   of  foot;     11,   circumference    of  head;    12.    number  of  beais   of  pulse    in  a    minute," 


Leber  Körpermessungen.  19 

Anatomen  und  Physiologen,  als  für  den  Künstler  und  die  graphische  Dar- 
stellung Werth  besitzen,  indem  uns  die  Möglichkeit,  auf  Grund  unseres 
Schemas  gleichfalls  den  Schädel  und  Kopf,  sowie  den  ganzen  Körper 
graphisch  darstellen  zu  können,  als  ein  nicht  unwichtiger  Nebenvortheil 
desselben    erschien. 

I.  Allgemeines. 

Die  in  dieser  Abtheilung  zusammengefassten  Beobachtungen  beziehen 
sich  nebst  der  Angabe  des  Namens,  Geschlechtes,  Geburtslandes,  der 
Beschäftigung,  sowie  Art  und  Stärke  des  Bartes  des  gemessenen  Indivi- 
duums,  noch    auf   die    folgenden    Bubriken: 

1.  Alter,  2.  Farbe  der  Haare,  3.  Farbe  der  Augen,  4.  Pulsschläge 
in  der  Minute,  5.  Gewicht,  6.  Dynamometer,  Druckkraft  (force  manuelle) 
7.    Dynamometer,    Hebekraft    (force   renale)  8.    Complette  Höhe. 

Die  Bedeutung  der  meisten  dieser  allgemeinen  Beobachtungen  ist 
genug  einleuchtend,  um  in  diesem  Entwürfe  keiner  ausführlicheren 
Erläuterung  zu  bedürfen.  Nur  in  Bezug  auf  die  Anwendung  der  Wage 
und  des  Begnier'schen  Kraftmessers  zur  Bestimmung  der  Druck-  und 
Hebekraft  erlauben  wir  uns  noch  einige  Bemerkungen  beizufügen.  —  Die 
Ermittlung  des  Gewichtes  ist  nicht  nur  für  das  Knochensystem  und  die 
Gesammt-Musculatur  von  Wichtigkeit,  in  so  ferne  eine  Kenntniss  dessel- 
ben zugleich  die  proportionalen  Annäherungszahlen  für  diese  Systeme 
sowohl  als  auch  für  einige  andere  Organe  ergibt,  sondern  es  lässt  sich 
auch  als  interessantes  Nebenresultat,  (wie  schon  Qu etelet  lehrt),  auf  Grund 
des  bekannten  Gewichtes  und  der  Höhe  eines  Individuums  sowohl  dessen 
eigenes  Alter  als  auch  beziehungsweise  das  Durchschnittsalter  ganzer 
Bevölkerungen  bestimmen.  Dieser  Umstand  hat  für  uns  desswegen  einen 
gewissen  Werth,  weil  wir  dadurch  die,  auf  blosse  Schätzung  basirte 
Annahme  des  Alters  bei  jenen  Völkerschaften  zu  controlliren  vermögen, 
welche  in  ihrem  primitiven  Zustande  entweder  noch  gar  keinen  Begriff 
von  Zeit  besitzen,  oder  in  Folge  irriger  Vorstellung  zuweilen  Angaben 
der    widersinnigsten  Art   machen. 

Was  ferner  die  Anwendung  des  Dynanometers  betrifft,  so  wollen 
wir  hier  bloss  auf  die  Wichtigkeit'  hindeuten,  welche  die  Kenntniss  der 
Muskel-  und  Lendenkraft  *)  eines  Individuums  für  die  richtige  Beurtheilung 
der  Arbeitskraft    ganzer    Völkerstämme    besitzt. 


„Narrative  of  the  surveying  voyages  of  H.  M.  Ships  „Adventure  and  Beagle," 
between  the  years  1826  und  1836.  —  Appendix  to  volume  II.  pag.  142.  Bemarks  by 
Mr.  Wilson  Surgeon ,  On  the  structure  of  the  Fuegians.  Measurements;  1  Thorax;  2 
Abdomen;  3.  Pelvis;  4.  Thigh;  5.  Ca?/  of  the  leg;  6.  arm;  7.  fore  arm;  8.  length  of  the  head 
from  the  chin  tipwar ds;  9.  length  of  the  bodyfrom  the  Symphysis  pubis  to  the  top  of  the  sternum; 
10.  length  of  the  thigh;  1 1.  length  of  leg;  12.  length  of  arm,  13.  length  of  fore-arm  and  hand; 
14.  length  from  spina  to  sternum  extemally;  15.  same,  internally ;  16.  breadth  of  the  thorax; 
17.  breadth  of  hypochondrial  regions;  18.  breadth  of  pelvis  between  superior  and  spinous  pro- 
cesses."  — 

*)  Wir  können  uns  durchaus  nicht  mit  Dr.  Prichard  einverstanden  erklären,  denDy- 
namometer  durch  Gewichte  ersetzlich  zu  halten:  allerdings  würde  man  ein  gutes  Resultat  für 
den  Ausdruck  der  Hebekraft  eines  Individuums  erhalten,  wenn  es  das  grösste  seinen  Kräften 
entsprechende  Gewicht  auf  eine  gewisse  Höhe  emporheben  möchte;  allein,  obschon  ein  intel- 
ligenter Mensch  nach  gewissen  Erfahrungen  ungefähr  schätzen  kann,  ein  wie  schweres  Ge- 
wicht er  zu  heben  im  Stande  ist,  so  wie  er  beiläufig  ermisst,  wie  weit  er  springen  und  lau- 

b* 


20  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

Der  Dynanometer  als  Messungsapparat  der  Druckkraft  scheint  indess 
bei  Urvölkern  mehr  als  Maass  einer  negativen  Grösse  zu  dienen,  nämlich 
jenes  Resultates,  welches  bei  einer  gegebenen  Muskelmasse  durch  Mangel 
an  Hebung  und  Ausbildung,  die  Früchte  der  Zivilisation,  (vielleicht  auch 
an  Nerven-Erregbarkeit  und  Willenseinfluss),  unter  einer  gewissen  Norm 
bleibt.  Und  ziehen  wir  diejenigen  unserer  Messungen  in  Betracht,  welche 
die  theoretische  Ermittlung  »)  der  Kraftäusserungen  jeder  Muskelgruppen 
erlauben,  die  bei  Anwendung  des  Dynanometers  ins  Spiel  kommen,  sollte 
sich  da  nicht  —  wir  wagen  die  Frage  —  bei  Vergleichung  dieser  mit 
dem  praktisch  gewonnenen  Resultate  in  dem  Plus  zugleich  ein  Maass  erge- 
ben für  jene  geheimnissvollen  Motoren  der  Muskelkraft:  den  Nervenein- 
fluss    und    den    Willen?  — 

Von  diesen  allgemeinen  Betrachtungen  und  Bemerkungen,  erlauben 
wir    uns    zu    den    Messungen    selbst    überzugehen. 

II.    Kopf.    —    a)    en  profil. 

„Der  Kopf  Ist,  physisch  und  ideal  betrachtet,  der  erhabenste  Theil 
des  menschlichen  Leibes  und  als  ausschliesslicher  Sitz  des  denkenden  und 
empfindenden  Princips  sein  wichtigster  Abschnitt,"  sagt  einer  der  geist- 
reichsten Anatomen  unserer  Zeit:  und  in  diesem  Sinne  bestrebten  wir  uns 
möglichst  zahlreiche,  theils  bereits  als  wichtig  anerkannte,  theils  viel  ver- 
heissende  Messungen  an  demselben  vorzunehmen,  daraus  ein  zusammenhän- 
gendes Ganze  zu  bilden,  und  dieses,  gleichsam  ein  trigonometrisches  Netz 
über    den    ganzen    Kopf  zu    spannen. 

Vor  allem  erschien  es  uns  von  grosser  Bedeutung  das  vielwichtige 
Gesichtsprofil  genau  zu  fixiren  ,  um  mit  den  gewonnenen  Zahlen  eine 
getreue  Figur  darstellen  zu  können,  und  wir  hielten  in  dieser  Beziehung 
die  folgenden  vier  Punkte,  so  wie  ihre  Stellung  in  der  Profdslinie  für 
besonders  beachtenswerth:  1.  Den  Haarwuchsbeginn  an  der  Stirne,  2.  Die 
Nasenwurzel,    3.  Die    Nasenbasis,    4.  Den    Kinnstachel.  z) 

Diese  vier  Punkte  wurden  gewonnen,  indem  wir  vorher  die  absolu- 
ten Längen:  Vom  Haarwuchsbeginn  an  der  Stirne  bis  zur  Nasenwurzel, 
Vom  Haarwuchsbeginn  an  der  Stirne  bis  zur  Nasenbasis.  Vom  Haar- 
wuchsbeginn    an      der      Stirne      bis     zum      Kinnstachel     massen      3)      und 


fen  kann,  —  so  ist  dennoch  beim  angestellten  Experimente  ein  einmaliges  Irren  und  die  ver- 
gebliche Anwendung  der  Kräfte  auf  ein  zu  kleines  oder  zu  grosses  Gewicht,  genügend,  um 
das  Resultat  zu  klein  zu  gestalten;  —  bei  der  Anwendung  des  Dynamometers  hingegen, 
muss  jeder  Versuch,  sobald  der  Hebende  versteht,  warum  es  sich  handelt,  bestens  gelingen.  — 
Nun  versuche  man  erst  durch  Gewichte  die  Hebekraft  uneivilisirter  Völkerstämme  bestimmen 
zu  wollen,  von  welchen  man  nur  sehr  schwer  erfahren  kann,  ob  es  in  ihrem  Willen  und  Kraft 
liegt,  mehr  zu  heben,  und  bei  welchen  man  sehr  häufig  versuchen  müsste,  um  das  für  jedes 
Individuum  passende  Gewicht  herauszufinden,  das  wieder  zu  einer  Zeit  controllirt  werden 
soll,  wo  die  Kräfte  nicht  nur  durch  frühere  Experimente  angegriffen  sind.  —  Die  Erfahrung 
zeigte  uns,  dass  wir  mittelst  des  Dynamometers  das  beste  Resultat  bei  den  wildesten  Stäm- 
men auf  einmal  erzielten,  sobald  wir  ihnen  die  Manipulation  des  Kraftmessers  zeigten,  und 
sie  bei  der  Ausführung  derselben  animirten  ihr  Bestes  zu  thun. 

*)  Vergleiche  die  wundervollen  Arbeiten  von  Weber,  Dubois-Rey  mo  nd,  Ludwig 
u.  A    über  die  Hebekraft  vivifizirter  Muskeln  von  gemessenen  Volumen.  — 

2)  Die  detaillirte  Angabe  dieser  4  Punkte  findet  sich  in  den  Nr.  15,  16,  17,  des  bei- 
gefügten systematischen  Schemas.  —  Dass  alle  diese  Messungen  in  der  Medianlinie  zu  ge- 
schehen haben,  ist  wohl  selbstverständlich.  — 

3)  Wodurch  sich  ganz  natürlich  jede  Zwischendistanz  von  seihst  ergiebt.  wie  z.  B. 
Nasenbasis  bis  zur  Nasenwurzel  u.  s.  w. 


lieber  Körpermessungen. 


21 


sodann  einen  oder  zwei  beliebige  Punkte  des  Profils  ,  (Nasenspitze, 
hervorragende  Ober-  oder  Unterlippe,  oder  beide  zugleich  *)  mit  einer 
durch  den  Senkel  hergestellte  Senkrechten  in  Berührung  brachten.  Hierauf 
massen  wir  die  horizontale  Entfernung  der  erwähnten  vier  Profils-Punkte  vom 
Lothe,  welche  dadurch  vollkommen  genau  bestimmt  und  in  nachfolgender 
Weise    dargestellt    werden    können: 

Aus    dem   Punkte    a    der   Horizontalen    ac   (siehe    nebenstehende  Figur 
I.)  zieht  man  die  senkrechte  ab,  verzeichnet  sodann  aus  a  auf  die  Horizontale : 
fj%  ^  Die  bei    der  Messung   Nr.  9  (Abstand 

"e  des  Haarwuchsbeginnes  von  der  Senkrechten) 
und  die  bei  der  Messung  Nr.  10  (Abstand  der 
Nasenwurzel  von  der  Senkrechten)  gefundenen 
Distanzen:  aaund  aß,  —  zieht  dann  durch 
ß  eine  Parallele  zu  ab,  welche  man  mit  der 
Fig.    I.  durch  die  Messung  Nr.  15.  (Haarwuchsbeginn 

an  der  Stirne  bis  zur  Nasenwurzel)  erzielte 
Entfernung  von  u  aus  schneidet,  und  hat 
dadurch  den  Standpunkt  der  Nasenwurzel  in 
der  Profillslinie  bestimmt 

Die  Stellung  der  Nasenbasis  wird  erhal- 
f!  ten,  indem  man  den  Abstand  derselben  von 

der  Senkrechten,    in   der  Horizontalen  auf- 
trägt,  y,  und  die  aus  diesem  Punkte  gefällte 
Senkrechte    durch    die    Distanz    schneidet, 
welche  man  bei  der  Messung   Nr.    16  (Haarwuchsbeginn   bis    zur  Nasenbasis) 
gefunden  hat. 

Genau  auf  dieselbe  Weise  verfährt  man,  um  den  Punkt  für  den  Kinnstachel 
in  der  Profilslinie  zu  gewinnen 

Sind  diese  vier  Punkte  verzeichnet,  so 

ff.-.      —sf—  c        lassen     sich     durch    Verbindung    von    a,  x 

und  y  mit  z  zwei  Winkel  construiren.  Fig.  II, 
welche  wir  Profilswinkel  nennen  wollen,  (und 
zwar  xyx  den  vordem,  cczx  den  hintern) 
über  deren  Bedeutung  indess  jetzt  zu  spre- 
chen, wir  schon  aus  dem  Grunde  unterlas- 
sen, weil  diess  einerseits  aus  einem  uns  noch 
zu  gering  scheinenden  Material  vorzeitig 
Schlüsse  zu  ziehen,  und  andererseits  unsern 
spätem  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  vorgrei- 
fen hiesse. 

Die  Messungen  Nr.  13,  14  (Von  der 
Nasenwurzel  bis  zur  Nasenspitze,  —  von  der 
Nasenspitze  bis  zur  Nasenbasis)  ergeben 
zwei  Linien,  deren  längere  dem  Nasenrücken 
entspricht,  und  aus  welchen  man  mit  der  aus 


Fiff.  II. 


*)  Es  ist  übrigens  durchaus  nicht  nöthig,  irgend  welchen  Punkt  mit  der  Senkrech- 
ten in  Berührung  zubringen.  Die  Nützlichkeit  eines  solchen  Verfahrens  ergiebt  sich  jedoch 
mit  der  Zeichnung;  nur  müssen  die  gewählten  Punkte  in  der  Anmerkung  notirt  werden. 


22 


Dr.  K.Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 


a- « c  Messung  Nr.    10  (Haarwuchsbeginn  bis   zur 

Nasenbasis)  gefundenen,  ein  Dreieck  zu  con- 
struiren  vermag,  das  Nasendreieck,  dessen 
Platz  schon  dadurch  genau  bestimmt  ist,  dass 
die  Linie:  Nasenwurzel  bis  Nasenbasis  bereits 
in  der  Profilscurve  fixirt  sich  findet,  und  der 
Winkel,  welchen  13  und  14  ergeben,  an  das 
Loth  zu  stehen  kommt.  Dieser  Winkel(o  Fig.  III) 
fällt  ausserhalb  desLothes,  im  Falle  man  das- 
selbe, (wie  wir  gethan)  an  der  Nasenspitze 
angelegt  hat.  Der  Zeichner  findet  dadurch 
einen  Anhaltspunkt  für  die  Formirung  der 
Nasenspitze. 

Um  von  derProfilslinie  die  Profilsansicht 
des  ganzen  Kopfes  zu  erlangen,  wählten  wir 
die,  zwischen  den  Punkten  Nasenwurzel  und 
Kinnstachel  gezogene  gerade  Linie  —  von 
uns  Gesichtslinie  genannt,  —  zur  Basis,  und 
errichteten  auf  dieselbe  eine  Anzahl  von 
Dreiecken,  deren  sämmtliche  Winkel  in  der 
Kopfbegränzungslinie  liegen,  *)  und  daher 
eben  so  viele  Anhaltspunkte  für  diese  geben. 
Fig.  IV.  Durch  die  Messungen  :  vom  Kinnstachel 
bis  zur  Scheitelhöhe;  —  von  der  Nasenwur- 
zel bis  zur  Scheitelhöhe:  —  vom  Kinnstachel 
bis  zur  äussern  Hinterhauptsprotuberanz,  — 
von  der  Nasenwurzel  bis  zur  äussern  Hinter- 
hauptsprotuberanz, u.  s.  w.  (Messung  Nr. 
18 — 21),  als  Messungen,  von  den  Endpunk- 
ten der  Gesichtslinie  nach  einem  dritten 
Punkte,  haben  wir  je  drei  Linien  zur  Con- 
struirung  von  Dreiecken  erlangt,    welche  je 

zahlreicher  man  sie  in  den  Kopfdurchschnitt  legt,    um  so  mehr  zur  Bestimmung 
desselben  beitragen  werden. 

Die  gezeichnete  Figur  wird  zu  einem  Ganzen  geschlossen,  wenn 
man    nun    mit    Hilfe    der    Messungen : 

Nr.   18  Haarwuchsbeginn    bis    zur    Incisura  jugularis    sterni. 
„     40   Vom    7.     Halswirbel    bis     zu    demselben    Punkte    des    Profils 
„     56  Von   der    äussern  Hinterhauptsprotuberanz    bis    zum    7.  Halswir- 
bel, —  an    den    Kopf   die    Halssäule    zeichnet,    und   mit  dem  geraden  Durch- 
messer   der    obern    Brustapertur    abschliesst.  — 

Abgesehen  davon,  dass  viele  unserer  gemesseneu  Distanzen  bereits 
als  werth volle  Durchmesser  des  Kopfes  anerkannt  sind,  erlaubt  ferner  die 
Verzeichnung  derselben  in  der  angegebenen  Weise  zugleich  das  Verbinden 
zweier  Punkte  zu  einer  neuen,  nicht  gemessenen,  oder  am  lebenden  Men- 
schen nicht  zu  messenden  Linie,  deren  Werth  sich  aus  der  Zeichnung 
berechnen  Iasst,  —  So  z.B.  ergeben  die  durch  Messung  erhaltene  Linie: 
von    der    Nasenwurzel    bis    zur   Nasenbasis,     und    die    durch    Zeichnung    zu 


1)  Am  fünffach  verkleinerten  Schädel   mag   man    diese   Punkte  durch  gerade   Linien 
verbinden,   und  verliert  nicht  viel   von  der  wahren  Ivopfperipherie. 


Ueber  Korpermessungen.  23 

findende:  yon  der  Nasenbasis  bis  zum  äussern  Gehörsorgane,  gewisser- 
massen  eine  Modifikation  des  Camp  er'schen  Gesichtswinkels,  deren  Annahme 
in  Betracht  seiner  doch  nur  in  der  Vergleichung  liegenden  Bedeutung, 
vielleicht    nicht    ganz    unzulässig    sein    dürfte. 

b)   Kopf,    {en  face.) 

Die  grössere  Hälfte  des  Kopfes  en  face  bildet  das  Gesicht,  der 
Sitz  der  Sinne,  überragt  und  bewahrt  durch  die  Stirne,  beim  Menschen 
das  Symbol  des  Geistes,  das  Bollwerk,  an  welchem  die  durch  die  Sinne 
wahrgenommenen  Gefahren  abprallen,  die  stärkste  Waffe,  welche  ihm  die 
Natur  verliehen;  —  beim  Thiere  der  Sitz  wirklicher  Angriffs-  und  Ver- 
theidigungswerkzeuge. 

Wären  die  Sinne  bloss  die  theilnahmslosen  Vermittler  empfangener 
Eindrücke,  und  der,  durch  diese  bewirkten  Begungen,  —  blieben  sie  unbe- 
rührt von  dem  Beflex  des  Geistes,  so  würde  ihr  Sitz  mit  seiner  Staffage  — 
dem  Antlitz  —  einzig  und  allein  einer  animalischen  Entwicklung  fähig 
sein,  und  in  demselben  nur  solche  Verschiebungen  vorkommen,  welche 
die  animalischen  Verrichtungen  erheischen.  Es  würde  sich  sodann  im 
menschlichen  Gesichte  eine  gewisse  Stabilität  herstellen,  welche  fixe  Punkte 
gewinnen  Hesse.  Allein  diess  ist  durchaus  nicht  der  Fall  ').  Vielmehr 
besitzt  gerade  der  edelste  Sinn  des  Menschen,  die  nächste  Verwandte 
der  Psyche,  der  Beherrscher  des  Ausdrucks  im  Antlitz,  das  Auge,  die 
meiste  Labilität,  während  die  Mittel,  welche  seinen  Ausdruck  markiren,  das 
Licht    und    dessen    Modifikationen,  am    schwierigsten  mess-  und  wägbar  sind. 

So  vielsagend  und  inhaltsschwer  ein  Glänzen,  ein  Schimmern,  ein 
Strahlen  und  Blitzen  des  Auges  für  das  Individuum  auch  sein  mag,  so 
getreu  auch  gewisse  momentane  Stellungen  des  Auges  und  seiner  Neben- 
apparate die  Begungen  des  Geistes  abspiegeln  und  wiederholen  mögen, 
—  dennoch  bietet  dasselbe  für  allgemeine  Zwecke  der  Charakteristik 
nur    höchst    unwesentliche    Anhaltspunkte    dar. 

Wohl  verdient  hier  die  Wahrnehmung  eine  Stelle,  dass,  während 
der  edelste  Sinn  des  geistigen  Menschen,  der  allein  genügt  um  das  Antlitz 
zu  bezeichnen,  das  Auge,  den  kleinsten  Baum  in  demselben  einnimmt, 
andererseits  der  höchste  Sinn  des  animalischen  Organismus,  der  Geschmack- 
sinn mit  seinen  Nebenwerkzeugen,  den  ausgebreitetsten  Theil  darin  behaup- 
tet. —  Und  heben  wir  von  diesem  wunderbar  construirten  Apparat,  der 
das  Material  für  spätere  Functionen  vorbereitet ,  und  diese  gleichzeitig 
anregt,  einen  Theil  desselben,  den  Mund  hervor,  welcher  durch  seine  kleine 
Form,  wie  durch  die  grosse  Anzahl  von  Bewegungswerkzeugen,  die  theils 
unwillkührlich  gewissen  Seelenregungen  folgen,  theils  willkührlich  andere 
wiedergeben,  ein  sicheres  Unterscheidungszeichen  von  Thieren  ist  2),  so 
sehen  wir  wie  derselbe  dermaassen  den  vorherrschenden  Ausdruck  dem 
Gesichte    verleihen  kann,  dass    schon   die    Alten   zuweilen    in   bildlicher  Bede 


*)  Je  häufiger  und  verschiedenartiger  Sinneseindrücke  und  Regungen  geschehen, 
desto  mehr  steigert  sich  die  Labilität,  je  einförmiger  diese  sind,  desto  ruhiger  bleibt  das 
Antlitz.  Desshalb  ist  eine  grosse  Ruhe  in  den  Gesichtszügen  uncivilisirter  Völker  zu  erken- 
nen, welche  einfachere  Bedürfnisse  und  Neigungen  haben,  als  Culturvölker,  die  im  schwie- 
rigen Kampfe  mit  den  socialen  Verhältnissen  leben. 

2)  Idealisch  sollten  Breite  des  Mundes,  Breite  der  Nase  und  Abstand  der  innern 
Augenwinkel  die  gleiche  Zahl  ergeben 


24  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

anstatt  Antlitz  die  Bezeichnung  „Mund"  gebrauchten.  Wir  haben  indess 
den  Mund  mit  ebenso  als  Merkmal  für  unsere  Zwecke  benutzt,  wie  die 
unveränderlichen  Punkte  anderer  Sinnesorgane,  und  ihrer  Hilfsapparate, 
welche  mit  Hinzuziehung  der  Stirne    zusammen  den  Kopf  en  face  ausmachen. 

III.  u.   IV.   Rumpf  und  Extremitäten. 

Von  den  Messungen  am  Kopf  gingen  wir  zu  jenen  am  Rumpfe  über, 
und  zwar  wurde  von  uns  zuerst  die  Umfangslinie  des  Halses  in  der  Nähe 
des    Adamsapfel    gemessen.  l) 

Sodann  unternahmen  wir  am  Thorax  diejenigen  Messungen,  welche 
eine  Vorstellung  von  dessen  Dimensionen  erlauben,  und  reiheten  an  diese 
verschiedene  Messungen  am  Unterleib  und  am  Becken  an,  von  denen 
einige  gleichzeitig  mit  Bandmaass  und  Tasterzirkel  gemacht  wurden,  um 
dadurch  gewissermaassen  Bogen  und  Sehne  zu  gewinnen,  und  auf  diese 
Weise  Hervorragungen  und  Wölbungen  berechnen  zu  können.  An  den 
Extremitäten  maassen  wir  Umfang  und  Längendimensionen,  welche  zwar  in 
anthropognostischer  Beziehung  vor  der  Hand  nur  bezwecken  sollen,  auffal- 
lende Unterschiede  vor  Augen  zu  führen,  um  an  solchen  Parthien  zu 
Detailarbeiten  (ähnlich  wie  z.  B.  Burmeister's  interessante  Untersuchun- 
gen des  Negerfusses)  einzuladen;  —  die  jedoch  auch  in  andern  Richtungen 
den  Anforderungen  wissenschaftlicher    Forschung    genügen    dürften. 

Indem  es  einer  spätem  Zeit  vorbehalten  bleiben  inuss,  auf  jeden 
einzelnen  der  Messpunkte  speciell  zurückzukommen ,  betrachten  wir  mit 
diesen  flüchtigen  Umrissen  die  Darlegung  unseres  Entwurfes  von  Körper- 
messungen für  beendet,  deren  systematisch  geordnetes  Schema  wir  hier 
folgen    lassen: 

Systematisches  Schema  für  Körpermessungen. 

I.   Allgemeines. 

1.  Alter  des  gemessenen  Individuums. 

2.  Farbe  der  Haare. 

3.  Farbe  der  Augen. 

4.  Pulsschläge  in  der  Minute. 

5.  Gewicht. 

6.  Druckkraft  (force  manuelle))  mittelst  des  Regnier'schen 

7.  Hebekraft,    {force  renale)     )  Dynamometers 

8.  Complete  Höhe. 

II.  Kopf,    a)    en  profil. 

9.  Abstand  des  Haarwuchses  von  der  Senkrechten.  3) 
10.  Abstand  der  Nasenwurzel  von  der  Senkrechten. 


*)  Wir  können  uns  nicht  erwehren  hier  die  Bemerkung  einzusehalten,  dass  der  Hals 
der  indischen  Frauen  (auf  Ceylon,  in  Madras,  Singapore,  auf  Java,  in  Manila,  Hongkong  und 
Shanghai)  ungemein  zart  und  dünne  ist;  ein  um  so  auffallenderes  Factum,  als  dieselben 
durchaus  nicht  der  bekannten,  bedingenden  Ursache  der  Anschwellung  der  Verbindungssäule 
zwischen  Kopf  und  Brustkorb  bei  herannahender  Pubertätsperiode  entgegentreten,  vielmehr 
derselben  in  den  meisten  Fällen  schon  früher  zu  wirken  Anlass  gegeben  haben.  —  Oder  sollte 
vielleicht  gerade  dieser  Umstand  wieder  zum  Hinderniss  der  Entfaltung  werden?  Wir  konnten 
diess  an  anderen,  unter  denselben  Einflüssen  stehenden  Organen  nicht  wahrnehmen. 

2)  Die  Messungen  Nr.  9,  10,  11,  12  werden  mit  dem  Senkel-  und  dem  Mctrestab 
gemacht,  Nr.  13  und  14  dagegen  mit  Anwendung  des  Metrestabes  allein. 


Ueber  Körpermessungen.  9g 

11.  Abstand  der  Basis  der  Nasenscheidewand  von  der  Senkrechten.1) 
\t.  Abstand  des  Kinnstachels    von    der   Senkrechten. 

13.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zur  Nasenspitze. 

14.  Von  der  Nasenspitze  bis  zur  Basis  der  Nasenscheidewand. 

15.  Vom  Haarwuchsbeginn  bis  zur  Nasenwurzel. 

16.  Vom  Haarwuchsbeginn  bis  zur  Nasenscheidewand. 

17.  Vom  Haarvvuchsbeginn  bis  zum  Kinnstachel. 

18.  Vom  Haarwuchsbeginn  bis  zur  incisura  jugularis  sterni.  2) 

19.  Vom  Kinnstachel  bis  zur  Scheitelhöhe.  )  3-, 

20.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zur  Scheitelhöhe.  |   -' 

21.  Vom  Kinnstachel  bis  zum  Haarwirbel.  )  4. 

22.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum   Haarwirbel.)     * 

23.  Vom  Kinnstachel  bis  zur  äussern  Hinterhaupts-Protuberanz. 

24.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zur  äusseren  Hinterhaupts-Protuberanz. 

25.  Vom  Kinnstachel  bis  zum  äussern  Gehörgang. 

2b'.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum  äussern  Gehörgang. 

27.  Vom  Kinnstachel  bis  zum  Unterkiefer-Winkel. 

28.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum  Unterkiefer-Winkel. 

b)   en   face.  5) 

29.  Umfang  des  Kopfes.  «) 

30.  Von  Einem  äussern  Gehörgang  zum  Andern. 

31.  Distanz    der    Ansätze    der  Ohrmuscheln    am    höchsten    Punkte,    ungefähr 

im  Niveau  der  Augenbrauen. 

32.  Grösste  Distanz  der  Jochbeine  oder  der  Jochbrücken.7) 

33.  Distanz  der  äussern  Augenwinkel. 

34.  Distanz  der  innern  Augenwinkel. 

35.  Distanz  der  Ohrläppchen-Ansätze. 

36.  Breite  der  Nase. 

37.  Breite  des  Mundes. 

38.  Distanz  der  Unterkiefer- Winkel. 

39.  Dicke  des  Halses. 

III.  Stamm. 

40.  Vom  7ten  Halswirbel  zur  incisura  jugularis  sterni. 

41.  Vom  Tuberculum  majus  des  Einen  Oberarmes,  horizontal    über   den 

Brustkorb  zum  andern. 

42.  Von  einer  Mittellinie  der  regio  axillaris,  oberhalb  der  Brustwarzen, 

zur  andern. 

43.  Querer  Durchmesser  von  denselben  Punkten.  (S.  Prakt.  Schema.) 

1)  Das  ist  jener  Punkt,  wo  das  Integument,  das  den  freien  Stand  der  knorpeligen 
Nasen-Scheidewand  bekleidet,  den  Winkel  mit  der  Oberlippe  bildet;  entspricht  ungefähr 
der  vordem  Masenstachel 

2)  Deren  tiefster  Punkt  in  der  Medianlinie  bei  der  Messung  Nr.  56  (Hinter- 
haupts-Protuberanz bis  zum  7.  Halswirbel)  bleibe  der  Kopf  streng  in  derselben  Stellung  wie 
bei  Nr.  18,  es  ist  daher  gut;  diese  beiden  Messungen  unmittelbar  nacheinander  vorzunehmen. 

3)  Ungefähr  in  der  Senkrechten  mit  dem  äussern  Gehörgange. 

4)  Ungefähr  jener  Punkt,  wo  die  hinteren  obern  Winkel  der  Seitenwandbeine  mit 
der  Hinterhaupts-Schuppe  zusammentreffen. 

5)  Hieher  gehören  natürlicherweise  auch  die  Messungen  Nr.  15,  16,  17,  welche 
bereits  beim  Kopf  en  profil  vorgenommen  wurden. 

6)  Das  Bandmaass  wird  um  die  äussere  Hinterhaupts-Protuberanz  und  über  die  Augen- 
brauen-Bogen  gelegt. 

7)  Je  nachdem  die  einen  oder  die  andern  mehr  prominiren,  was  in  der  Rubrik: 
Anmerkung  zu  verzeichnen  ist. 


26  Dr.  K.  Scherzer,  Dr.  E.  Schwarz. 

44.  Vom    Brustbeine    zur    Wirbelsäule    im    nämlichen    Horizonte.    (Gerader 

Durchmesser). 

45.  Gesammt-Umfang  des  Thorax  an  derselben  Stelle. 

46.  Von  Einer  Brustwarze  zur  andern. 

47.  Um  die  Taille. 

48.  Von  Einer  gpina  ilei  ant.  sup.  zur  andern  (Bandmaass). 

49.  Von  Einer  gpina  ilei  ant.  sup.  zur  andern  (Tasterzirkel). 

50.  Von  Einem  T roch  ant  er  majus  zum  andern. 

51.  Vom  hervorragendsten  Punkt  der  Art iculatio  sternoclavicularisbis  zur  spina 

ilei  ant.  sup. 

52.  Von  demselben  Punkte  bis  zum  Nabel. 

53.  Vom  Nabel  bis  zum  obern  Band  der  Schambeinsfuge,  in  der  Medianlinie. 

54.  Von  der  Kreuzbeuge,    entlang  der  Darmbeinskämme,   des  Leistenkanales, 

bis  zur  Schambeinsfuge. 

55.  Von  Einem  Summum  humeri  über  den  Bücken  zum  andern. 

56.  Von  der  äusseren   Hinterhaupts-Protuberanz  bis  zum  siebenten  Halswirbel. 

57.  Vom  siebenten  Halswirbel  bis   zur  Steissbeinsjtitze. 

IV.  Extremitäten. 

58.  Vom  Summum  humeri  bis  zum  Condylus  e.vternus  des  Oberarmbeines. 

59.  Vom  Condylus  externa»  des  Oberarmbeines   bis   zum   Processus  stiloideus 

radii  über  die  Streckseite. 

60.  Vom  Processus  styloidcus  radii   über  den  Bücken  der  Hand  zur  Articulatio 

metacarpo-diyitalis  des  Mittelfingers. 

61.  Von  diesem  Gelenke  bis  zur  Spitze  des  Mittelfingers. 

62.  Breite  der  Hand») 

63.  Stärkste  Stelle  um  den  Biceps. 

64.  Stärkste  Stelle  des  Vorderarmes. 

65.  Schwächste  Stelle  desselben. 

üß.  Vom  Trochanter  majus  bis  zur  spina  ilei  ant.  sup. 

67.  Vom  Trochanter  majus  bis  zum  Condylus  externus  femoris. 

68.  Vom  Co?idylus  externus  femoris  bis  zum  malleolus  externus. 

69.  Vom  untern  Band   der  Sehambeinsfuge  bis  zum  Condylus  externus  femoris. 

70.  Vom  Condylus  internus  femoris  zum  Malleolus  internus. 

71.  Stärkste  Stelle  des  Oberschenkels. 

72.  Schwächste  Stelle  des  Oberschenkels. 

73.  Um  das  Kniegelenk. 

74.  Um  die  stärkste  Slelle  der  Wade. 

75.  Schwächste  Stelle  des  Unterschenkels  ober  den  Malleolen. 

76.  Länge  des  Fusses.2) 

77.  Umfang  des  Fusses  über  den  Bist. 

78.  Zehenansatz-Breite. 

In  den  vorhergegangenen  Blättern  glauben  wir  dargethan  zu  haben,  dass, 
gleichwie  der  Anatom  die  Notwendigkeit  einer  Abgränzung  der  verschie- 
denen Menschenracen  durch  wesentliche  Unterscheidungen  der  innern  Or- 
gane nachweist,  auch  der  Anthropolog  an  den  äusseren,  der  Messung  und 
Beschreibung  zugänglichen  Theilen  des  menschlichen  Körpers  Merkmale  zu 
tinden    im  Stande    ist,    deren   gründlichere  Erforschung    einen  gewissen  Nor- 

J)  Man  legt  das  Bandmaass  um  die  metacarpo-digital  Gelenke  des  kleinen  Fingers 
und  des  angezogenen  Daumens. 

*)  Von  der  Mitte  der  Ferse,  dem  Innern  Fussrande  entlang,  bis  zu  der  Spitze  der 
grossen  Zehe. 


lieber  Körpermessungen.  27 

mal-Typus ,  welcher  einer  grossen  Anzahl  von  Individuen  der  nämlichen 
Race  zukommt,    erkennen    lassen    dürfte. 

Von  dieser  Ueberzeugung  durchdrungen  und  geleitet,  haben  wir  durch 
die  vorliegenden  Messungen   die  folgenden  Zwecke  zu  erstreben  beabsichtigt: 

Erstens:  Eine  auf  Zahlen-  und  Maass-Verhältnisse  beruhende  Abgrän- 
zung  und  Classification  der  verschiedenen  Menschengruppen,  ohne  schon 
im  Voraus  so  und  so  viele  Racen  aufzustellen,  und  die  bestehenden  Men- 
schenstämme in  diese  einzuteilen;  —  wohl  aber  durch  Fixirung  des  jetzigen 
(wahrscheinlich  vom  Urtypus  schon  vielfach  veränderten)  Bildes  der  verschie- 
denen Menschentypen  und  durch  Vergleichung  desselben  eine  natürliche 
Eintheilung  zu  erzielen.  —  War  aber  jemals  ein  Zeitpunkt  dringend,  so 
ist  es  sicher  der  jetzige,  wo  durch  grossartige  Verkehrsmittel  der  man- 
nigfachsten Art  die  sogenannte  weisse  Race,  von  den  verschiedensten  Inte- 
ressen getrieben,  sich  nach  allen  Theilen  der  Erde  verbreitet,  und  als 
Ansiedler  unter  den  verschiedenen  Völkerstämmen  sich  festsetzend,  die  eige- 
nen Sitten,  Gebräuche  und  Gewohnheiten  beibehaltend,  durch  den  mäch- 
tigen Hebel  ihrer  Geisteskräfte  auf  die  gesammte  neue  Umgebung  jenen 
Einfluss  übt,  welcher  der  unzertrennliche  Begleiter  geistiger  Prävalenz  zu 
sein  scheint.  —  Wie  kräftig  wirksam  dieser  ist,  sehen  wir  z.  B.  bei  den 
Hausthieren,  welche  schon  durch  die  blossen  häuslichen  Verhältnisse  sich 
auch  körperlich  bedeutend  verändern,  und  an  denen  der  Mensch  überdiess 
Varietäten  hervorbringt,  welche  sich  von  der  Urgestalt  wesentlich  entfer- 
nen. —  Auch  beim  Menschen  wird  das  geistige  Moment  allein  gewisse 
Veränderungen  verursachen,  welche  gewaltige  aber  erst  der  Umstand,  dass 
nach  körperlicher  Vermischung  die  Prävalenz  der  weissen  Race,  in  Ver- 
gleich zu  fast  allen  andern  der  nächsten  Generation  den  Stempel  auf- 
prägt. —  Gelingt  es  uns  demgemäss  nicht  bald ,  das  Bild  der  jetzigen 
Racentypen  genau  festzuhalten,  und  werden  dieselben  den  erwähnten  Ver- 
änderungen unterworfen,  dann  dürften  selbst  die  wenigen  Anhaltspunkte, 
welche  vielleicht  gegenwärtig  noch  die  Brücke  bilden  können,  zur  Auffin- 
dung der  Racenverwandtschaft  im  Menschengeschlechte,  jene  Original- 
Schriftzüge  der  Natur,  noch  mehr  verwischt  und  bedeckt,  dem  Forscher 
völlig  unleserlich  und  unentzifferbar  werden.  —  Und  es  wird  uns  dann 
mit  dem  Menschengeschlechte  in  der  weiten  Welt  so  ergehen,  wie  mit 
einzelnen  Stämmen  in  Europa,  welche  durch  »Sprache  und  Gebräuche,  nicht 
aber  durch  organische  Bildung  mit  einem  fernen  Volksstamm  verwandt,  viel- 
mehr durch  die  Bande  des  Blutes  mit  einem  dritten  Stamme  zusammen- 
zuhängen scheinen,  dessen  culturhistorische  Quellen  das  Feld  für  die  Er- 
forschung   des    ursprünglichen   Zusammenhanges    unfruchtbar   lassen. 

Zweitens :  Der  comparativen  Anatomie  ein  reicheres  Material  für  ihre 
schönen,  werthvollen  Untersuchungen  und  Vergleiche  zu  bieten,  indem 
wir  die  verschiedensten  Menschenracen  in  das  Bereich  ihrer  Betrachtung 
bringen. 

Drittens:  Dem  Künstler  solche  Zahlen  und  Maasse  an  die  Hand  zu 
geben,  nach  welchen  derselbe  den  idealen  Menschen  eines  jeden  Racen- 
typus  darzustellen  vermag.  —  Man  glaube  nicht ,  dass  naturgetreue  Abbildun- 
gen, am  allerwenigsten  aber  Portraits  stets  eine  gute,  richtige  Vorstellung 
von  einer  Race  gestatten.  Individuen ,  deren  Aeusseres  jenem  Eindrucke 
gleichkommt,  welcher  sich  im  menschlichen  Geiste  allmählig  über  einen 
Volksstamm  bildet,  und  welcher  ohne  Einem  einzigen  Individuum  speziell 
zu   gleichen,    dennoch    allen    von   derselben  Race    ähnelt,    —    sind    ungemein 


28  Dr.  K.  Scherzer,.  Dr.  E.  Schwarz. 

selten  in  der  Wirklichkeit,  noch  viel  seltener  aber  von  darstellenden  Künst- 
lern des  Typus  herausgefunden  worden.  Man  muss  ebenso  aus  den  ver- 
schiedenen Eindrücken  einzelner  Theile  zahlreicher  Individuen  und  aus  dein 
Gesammt-Ein druck  vieler  Individuen  ein  Mittel  ziehen,  wie  diess  der  Me- 
teorolog  aus  den  verschiedenen  Temperaturen  des  Tages,  Monates  und  Jahres 
zu  gewinnen  sich  bemüht ,  um  eine  für  den  grössten  Zeitraum  passende 
Temperatur  zu  linden.  So  glauben  wir,  dass  der  Durchschnitt  von  z.  B. 
an  100  Individuen  genommenen  Messungen,  weit  mehr  eine,  für  die  Mei- 
sten passende  Zahl  ergeben  dürfte,  als  wenn  man  ein  Einziges  Individuum 
mit  der  grössten  Genauigkeit  und  gleichsam  portraitähnlich  darstellt.  Wir 
finden  auf  solche  Weise  ein  Ideal,  welches  sich  vielleicht  in  der  Wirk- 
lichkeit kein  einziges  Mal  wiederholt,  dem  dagegen  mit  geringen 
Veränderungen    die    Meisten    nahe    kommen. 

Viertens:  Dem  National -Oeconomen  Angaben  über  Körperstärke  und 
Muskelkraft  der  verschiedenen  Volksstämme  zu  verschallen,  welche  ihn  in 
die  Lage  bringen,  sich  ein  muthmaassliches  Urtheil  über  deren  Arbeitskraft 
bilden    zu    können.  — 

So  weit  es  die  Umstände  zuliessen,  haben  wir  ferner  versucht,  Notizen 
über  Geschichte,  Sitten,  Gebräuche,  sociale  und  geschlechtliche  Verhält- 
nisse der  Völkerstämme,  mit  denen  wir  in  Berührung  kamen,  aufzuzeichnen, 
Vocabularien  der  von  ihnen  gesprochenen  Idiome  zu  verfassen,  sowie  die 
wichtigsten  ihrer  Nahrungs-  und  Heilmittel,  Käue-  und  Färbestoffe  zu  sammeln. 
Während  wir  ausserdem  von  den  meisten  der  gemessenen  Individuen  eine 
Collection  ihres  Kopfhaares  anlegten,  trachteten  wir  gleichfalls  möglichst 
viele  Schädel  für  unsere  anthropologischen  Zwecke  zu  erwerben,  und  durch 
die  ehrende  Theilnahme  von  Männern  der  Wissenschaft  in  den  verschie- 
denen von  uns  besuchten  Ländern,  sehen  wir  unsere  craniologische  Samm- 
lung bereits  durch  mehr  als  hundert,  den  verschiedensten  Racentypen  angehö- 
renden   Schädel    bereichert.1) 

Noch  möge  uns  gestattet  sein,  eines  Einwandes  zu  gedenken,  den 
wir  zuweilen  gegen  die  practische  Bedeutung  unserer  Messungen  erhoben 
hören,  und  welcher  hauptsächlich  darin  besteht,  dass  eine  verhältnissmässig 
zu  geringe  Zahl  von  gemessenen  Individuen  der  einzelnen  Bacen  uns  nicht 
erlauben    werde,    ein    richtiges    Mittel    erlangen    zu    können. 

Dermalen,  wo  unser  Verfahren  kaum  zu  wirken  anfängt,  besteht  dieser 
Uebelstand  allerdings:  aber  in  dem  Maasse,  als  dasselbe  an  Interesse  und 
Verbreitung  gewinnt,  wird  auch  dieses  Missverhältniss  wieder  augenfällig 
und  endlich  völlig  beseitigt  werden.  Wir  befinden  uns  in  dieser  Hinsicht 
in  einer  ähnlichen  Lage  wie  Lieutn.  Maur\  zur  Zeit,  als  derselbe  den  Plan 
zu  seinen  grossen  Wind-  und  Strömungskarten  entwarf.  Auch  hier  könnte 
nur  durch  ein  wohlwollendes  Zusammenwirken  dem  Mangel  an  hinreichen- 
den Daten  zum  Vergleiche  abgeholfen  ,  auch  hier  vermögen  gewisse 
Lücken  erst  nach  Jahren  unermüdlichen  Fleisses  und  Sammeins  ausgefüllt 
werden. 

Wir  haben  indess  darauf  Bedacht  genommen,  diesem  Uebelstande  nach 
Thunlichkeit  zu  begegnen.    Die  zahlreichen,   werthvollen  Beziehungen ,   welche 


')  Für  den  Sehadel  sind  begreiflicher  Weise  andere  Messungen  anzustellen, 
als  jene,  welche  wir  am  lobenden  Kopfe  vorgenommen,  für  welchen  allein  unser  Verfah- 
ren berechnet  ist. 


lieber  Körpermessungen.  29 

wir  in  den  von  uns  berührten  Orten  mit  Männern  der  Wissenschaft  anknüpf- 
ten, bieten  uns  hierzu  die  schönsten  ausreichendsten  Mittel.  Ueberall,  wo 
wir  Messungen  vornahmen,  haben  wir  zugleich  Aerzte,  Naturforscher  und 
Freunde  der  Wissenschaft  für  unser  Messsystem  zu  interessiren  und  zu  veran- 
lassen gesucht,  in  der  Folge  auf  den  von  ihnen  bewohnten  Punkten  nach 
unserem  Schema  au  möglichst  vielen  Aboriginern  beiderlei  Geschlechtes 
Messungen   anzustellen   und    uns   die   Resultate    davon    einsenden    zu    wollen. 

Ueberzeugt,  wie  es  scheint,  von  der  wissenschaftlichen  Tragweite  und 
der  Uneigennützigkeit  eines  Unternehmens,  dem  selbst  jener  Egoismus  fremd, 
der  wissenschaftliche  Arbeiten  erregt,  welche  die  Untersuchungen  gewisser, 
dem  Menschen  nützlicher  oder  schädlicher  Pflanzen  und  Thiere  zum  Zwecke 
haben,  oder  durch  pathische  Erscheinungen  im  Egoismus  veranlasst  werden, 
haben  die  meisten  der  neuerworbenen,  geschätzten  Freunde  uns  die  wohl- 
wollendsten, theilnehmendsten  Zusicherungen  gegeben.  —  Und  so  wagen 
wir  schliesslich  die  Hoffnung  auszusprechen,  dass  in  dem  Augenblicke,  wo 
wir  dieses  Memoir,  seiner  Mängel  nicht  unbewusst,  der  Oeffentlichkeit  zu 
überreichen  die  Ehre  haben,  an  den  verschiedensten  Theilen  der  Erde,  in 
Brasilien,  am  Cap  der  guten  Hoffnung,  in  Ceylon,  in  Madras,  auf  Java, 
auf  den  Philippinen,  in  China  u.  s.  w.  gleichgesinnte  Forscher  bereits  thä- 
tig   sind,    unser  bescheidenes  Material    durch   neue  Beiträge  zu  bereichern.  — 

Diese  kräftige  Unterstützung  wird  am  sichersten  dazu  fuhren,  dem 
gerügten  Uebelstande  zu  begegnen,  und  das  Gedeihen  einer  wissenschaft- 
lichen Unternehmung  zu  fördern,  welche,  was  immer  auch  ihr  Endresultat 
sein  wird,  jedenfalls  als  der  Ausdruck  des  innigsten  Verlangens  betrachtet 
werden  möge,  zur  Erreichung  der  herrlichen  Zwecke,  welche  die  kaiser- 
liche Expedition  unler  der  Aegide  eines  illustren  Mäcen  nachstrebt  auch 
von    diesem    Standpunkte    aus    ein    Schärflein    beigetragen  zu    haben! 

Anhang*. 

Praktisches    Schema    für    die    Körpermessungen. 

Das  nachfolgende  Schema  entstand  aus  den  Erfahrungen,  welche  wir 
bei  der  mechanischen  Arbeit  des  Messens  machten,  und  unterscheidet  sich 
nur  insoferne  vom  systematischen  Schema  als  die  Reihenfolge  der  Rubri- 
ken hier  nicht  nach  der  gewöhnlichen  Ordnung  der  Körpertheile,  sondern 
zur  grösseren  Bequemlichkeit  und  Zeitersparniss  derart  eingerichtet  wurde, 
dass  alle  mit  einem  und  demselben  Instrumente  zu  bewerkstelligenden  Mes- 
sungen auf  Einmal  beendet  werden,  und  sodann  erst  zu  denen  mit  andern 
Instrumenten    übergegangen    wird. 

Es  bedarf  wohl  nicht  erst  besonders  darauf  aufmerksam  gemacht  zu 
werden,  dass  sämmtliche  Messungen  in  aufrechter  Stellung  (des  zu  Messenden) 
auszuführen  sind.  Ebenso  einleuchtend  dürfte  es  sein,  dass,  bei  allen  unpaa- 
rigen aber  symetrischen  Organen  streng  in  der  Medianlinie  gemessen,  und 
zwischen  andern  Punkten  das  Bandmaass  stets  stramm  angezogen  werden  muss, 
um  dadurch  gerade  Distanzlinien  und  nicht  Curven  zu  erhalten.  Die  Einheit 
der  Messungen  ist  der  französische  Metre,  als  jenes  Maass ,  welches  in 
Avissenschaftlichen  Arbeiten  die  meiste  Verbreitung  findet  und  verdient.  Die 
Einheit    des   Gewichtes:    das  Kilogramm. 

An    Instrumenten    sind    nöthig : 

1.)  Eine  W'age.  2.)  Regnier'sche  Dynamometer.  3.)  Steifes  Metre- 
maass  für  die    Körperhöhe.    4.)    Senkloth    an    seidener   Schnur    und    kleinerer 


30  !'r-  K.  Scheraer,  Dr.  E.  Schwarz. 

Metrestah  (1  Centimetre)  zur  Messung  der  Abstände  von  der  Senkrechten 
und    den    Nasenlinien.    5.)    Tasterzirkel.    6.)    Bandmaass. 

Auffallende    Dimensionen,    auch    wenn    sie    nicht    im    folgenden   Schema 

vorkommen,  sind  zu  messen  und  in  der  Rubrik  Anmerkung  besonders  zu 
verzeichnen. 

Um  aus  dem  praktischen  Schema,  die  im  systematischen  erwünschte 
Reihenfolge  der  Messungen  zu  erhalten,  benütze  man  die  in  der  Columne, 
rechts    des    nachfolgenden  Schema  angeführten  Nummern.  — 

a)  Allgemeines. 
Name,  Geschlecht,  Geburtsland,  Beschäftigung,  Art  und  Stellung  des  Bartes. 

1.  Alter  des  gemessenen  Individuums.  1 

2.  Farbe  der  Haare.  2 

3.  Farbe  der  Augen.  3 

4.  Anzahl  der  Pulsschläge  in  der  Minute.  4 

5.  Gewicht.  5 

6.  Druckkraft    (force  manuelle)  )  mittelst  des  Regni  er s'chen  6 

7.  Hebekraft    (force  renale)        j            Dynamometers  7 

8.  Complete  Höhe.  8 

b)    Messungen    mit    dem    Senkel    und    dem    Metrestah. 

9.  Abstand  des  Haarwuchses  an  der  Stirne  von  der  Senkrechten.  9 

10.  Abstand  der  Nasenwurzel  von  der  Senkrechten.  10 

11.  Abstand  des  vordem  Kinnstachels  von    der  Senkrechten.  11 

12.  Abstand  des  Kinnstachels  von  der  Senkrechten.  12 

13.  Distanz  von  der  Nasenwurzel  bis  zur  Nasenspitze.  13 

14.  Distanz  von  der  Nasenspitze  bis  zum  vordem  Nasenstachel.  14 

c)  Messungen    mit    dem    Taster  zi  rkel. 

15.  Distanz  von  Kinnstachel  bis  zum  Haarwuchsbeginn.  17 

16.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis   zur  Nasenwurzel.  15 

17.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zum  vorderen  Nasenstachel.  16 

18.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zur  Scheitelhöhe.  19 

19.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zum  Haarwirbel.  21 

20.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zur  äussern  Hinterhaupts-Protuberanz.  23 

21.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zum  äussern  Gehörgang.  2g 

22.  Distanz  vom  Kinnstachel  bis  zum  Unterkieferwinkel.  27 

23.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zur  Scheitelhöhe.  20 

24.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum  Haarwirbel.  22 

25.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zur  äusseren  Hinterhaups-Protutberanz.  24 

26.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum  äusseren  Gehörgang.  26 

27.  Von  der  Nasenwurzel  bis  zum  Unterkieferwinkel.  28 

28.  Vom  Haarwuchsbeginn  bis  zur  incisura  jugularis  sterni.  18 

29.  Von  der  äusseren  Hinterhaupts-Protuberanz  bis  zum  siebenten  Hals-  . 

wirbel  —  28   und   29  in   natürlicher  und   unveränderter  Kopfstel-  (  56 

lung  auszuführen.  ) 

30.  Von  einem  äussern  Gehörgang  zum  andern.  39 

31.  Zwischen  den  obern  Ansätzen  der  Ohrmuscheln.  31 

32.  Grösste  Distanz  zwischen  den  Jochbeinen  oder  den  Jochbrücken.  32 

33.  Distanz  der  äussern  Augenwinkel.  33 

34.  Distanz  der  innern  Augenwinkel.  34 

35.  Distanz  der  Ohrläppchen-Ansätze.  35 

36.  Breite  der  Nase,  36 


Ueber  Körpermessungen.  31 

37.  Breite  des  Mundes.  37 

38.  Distanz  der  Unterkieferwinkel.  38 

39.  Vom  siebenten  Halswirbel  bis  zur  incisura  jugularis  sterni.  40 

40.  Querdurchmesser    von    einer  Medianlinie   der  regio  axillaris,  oberhalb 

der  Brustwarzen  zur  andern.  43 

41.  Vom  Brustbein  bis  zur  Wirbelsäule.  44 

42.  Von  einer  spina  ilei  ant.  sup.  zur  andern.  49 

43.  Von  einem  Trochanter  majus  zum  andern.  50 

d)   Messungen    mit    dem    Bandmaasse. 

44.  Umfang  des    Kopfes   um    die    äussere    Hinterhaupts-Protuberanz.  29 

45.  Dicke  des  Halses.  39 

46.  Vom  Tuberculum  majus  des  einen  Oberarmes  horizontal  über  den  Brust- 

korb zum  andern.  41 

47.  Von  einer  Mittellinie  der  re#i0ß.r«7/tf?7s,  oberhalb  der  Brustwarzen  zur  andern.  42 

48.  Gesammt-Umfang  des  Thorax  an  derselben  Stelle.  45 

49.  Von  einer  Brustwarze  zur  andern.  46 

50.  Um  die  Taille.  47 

51.  Von  Einer  spina  ilei  ant.  sup.  zur  andern.  48 

52.  Vom  Trochanter  majus  zur  spina  ilei  ant.  sup.  (derselben  Seite)  66 

53.  Vom    hervorragendsten  Punkte  der  articulatio  sternoclavicidaris  bis  zur 

spina  ilei  ant.  sup.  51 

54.  Vom  hervoragendsten  Punkte  desselben  Gelenkes  zum  Nabel.  52 
55     Vom  Nabel  bis  zum  obern  Rand  der  Schambeinsfuge  in  der  Medianlinie.    53 

56.  Von  der    Kreuzbeuge    entlang    der   Darmbeinskämme  und  des    Leisten- 

kanals bis  zur  Schambeinsfuge.  54 

57.  Vom  siebenten  Halswirbel  bis  zur  Steissbcinsjtitze.  57 

58.  Von  einem  Summum  humeri  über  den  Rücken  zum  Andern.  55 

59.  Vom  Summum  humeri  bis  zum  Condylus  externus  des  Oberarmbeins.       58 

60.  Vom    Condylus  externus   des   Oberarmbeines    zum  processus  styloideus 

radii  über  die  Streckseite.  59 

61.  Vom  processus    styloideus  radii    über    den  Rücken    der   Hand  bis    zur 

articulatio  metacarpo-digitalis  des  Mittelfingers.  60 

62.  Von  der  articulatio  metacarpo-digitalis  des  Mittelfingers  bis  zur  Spitze 

desselben.  61 

63.  Breite  der  Hand.  62 

64.  Stärkste  Stelle  um  den  Biceps.  63 

65.  Stärkste  Stelle  des  Vorderarmes.  64 

66.  Schwächste  Stelle  desselben.  65 

67.  Vom  Trochanter  majus  zum  Condylus  externus  femoris.  67 

68.  Vom  Condylus  externus  femoris  zum  Malleolus  externus.  68 

69.  Vom  untern  Rand  der  Symphises  zum  Condylus  internus  femoris.  69 

70.  Vom  Condylus  internus  femoris  zum  Malleolus  internus.  70 

71.  Stärkste  Stelle  des  Oberschenkels.  71 

72.  Schwächste  Stelle  des  Oberschenkels.  72 

73.  Um  das  Kniegelenk.  73 

74.  Um  die  Stärke  der  Wade.  74 

75.  Schwächste  Stelle  ober  den  Malleolen.  75 

76.  Länge  des  Fusses.  76 

77.  Umfang  des  Fusses  über  den  Rist.  77 

78.  Zehenansatz-Breite.  78 


III. 

Topographische  Karte  des  Gebietes  St.  Michel  di  Lemmo  in  Istrien. 

Gezeichnet  von 
Fra  Mauro,  dem  berühmtesten  Cosmographen  des  XV.  Jahrhunderts. 

Von  P.  Matkovich, 

k.  k.  Professor. 

(Mit      einer     Karte     Tafel       I.) 

Mitjetheilt  in  der  Versammlung  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  9.  November  1858. 

Während  unseres  Aufenthaltes  in  Venedig  in  den  Ferienmonaten  dieses 
Jahres  behufs  der  geographisch -historischen  Studien  im  Central- Archive 
säumten  wir  nicht  in  den  freien  Stunden  auch  die  Marciana,  Museo  Correr 
und  die  Klosterbibliotheken  zu  besuchen,  um  die  Landkarten  des  Mittel- 
alters und  andere  Manuscripte,  die  als  gelehrte  Kunstwerke  daselbst  aufbe- 
wahrt werden ,  für  unsere  geographischen  Studien  auszubeuten.  Auf  der 
St.  Markus-Bibliothek  werden  über  zwanzig  Codices,  die  theils  Weltkarten 
(mappa  mondo)  theils  Hafenkarten  {Portulani)  aus  dem  XIV.  bis  zum  Ausgange 
des  XVII.  Jahrhunderts  enthalten,  aufbewahrt.  Viele  dergleichen  werden  auch 
im  Museo  Correr  aufbewahrt,  unter  denen  sich  ein  der  ältesten  Portulanen 
vom  Jahre  1318  vorfindet  {Petrus  Vesconte  de  Janua  fecit  istam  tabulam 
in  Venecia  anno  domini  MCCCXVIU).  Der  Vorstand  des  Museums  der  gelehrte 
Hr.  H.  V.  Lazari  gestattete  uns  von  demselben  Portulan  ein  Facsimile  zu 
nehmen,  um  es  mit  dem  gleichen  Portulan,  der  auf  der  kaiserlichen  Hofbibliothek 
in  Wien  aufbewahrt  wird,  zu  vergleichen  und  die  vorkommenden  geogra- 
phischen Namen  aus  den  gleichzeitigen  Urkunden  zu  commentiren.  Die 
dazwischen  eingetretenen  Umstände  nöthigten  uns  die  begonnene  Arbeit 
für  dieses  Jahr  aufzugeben,  um  dieselbe  vielleicht  im  nächsten  Jahre  zu 
vollenden. 

Auf  dem  Museo  Correr  fanden  wir  unter  anderen  kartographischen 
Kunstwerken  des  Mittelalters,  die  wir  hier  für  diesmal  übergehen,  die 
topographische  Karte  eines  Theiles  der  Halbinsel  Istrien ,  wovon  unsere 
Karte   eine   genaue    Copie    darstellt. 

Die  Karte  stellt  dar  einen  kleinen  Theil  von  der  Halbinsel  Istrien, 
namentlich  die  (hegend  an  der  Westküste  der  Halbinsel  „von  Parenzo  bis 
Orsero,  die  nördliche  Küste  des  Meerbusens  von  Lemmo,  und  landeinwärts 
die  Landschaft  bis  St.  Lorenzo".  Es  ist  die  topographische  Karte  des 
Gebietes ,  das  einst  zum  Kloster  St.  Michel  di  Lemmo  gehörte  und  nachher 
dem  Kloster  von  St.  Michel  di  Murano  bei  Venedig  einverleibt  war.  Der 
Verfasser  der  Karte  ist  der  berühmte  Camaldulenser- Mönch  Fra  Mauro 
v.  St.  Michel  di  Murano,  einer  der  gelehrtesten  Geographen  des  Mittel- 
alters, von  seinen  Zeitgenossen  Cosmographus  ine om  par  ab i  li  s  genannt. 
Die  Karte  ist  kein  Original,  sondern  eine  Copie,  stammend  aus  der  Mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts;  der  Abt  Maurus  Ortes  Hess  die  Karte  in  Kupfer 
stechen,  denn  das  Original  war  sehr  abgenützt  und  die  Schrift  stellenweise 
unlesbar,  wie  dies  die  auf  unserer  Karte  vorkommenden  Lücken  bezeugen. 
Das  Original  wird  noch  in  Mi  ttarel  li's  Cataloge  (vom  Jahre  1717)  Bibliotheca 
Codicum  manuscriptorum  monasterii  S.  Michaelis  Venetiarum  prope  Murianum 
p.  780  der  Handschriften,  die  auf  der  Bibliothek   des  Klosters  von  St.  Michel 


- 


|     TABVLAM   HANC-T0POGRAPH1C 
-     COM1XATVS   DIV1    MICHAELIS  LEMMI 

IS     HISTRH 

SB   (AMALDVLENSI  ABBAT1AED1VI  MATHIAE 

&S     PRoPE  MVRIANVMVENETlARATIIEfTI 

A  HAVRO  MOJiACHO  ET  COSMOGRAPHO 

IXLVSTRI 

MEDIO    RECVRR    SÜCVLO    XV 

KLABORATAM 

\l  \  LTER1VS  TEMPORIS'lJUVRlAVlTl.iRETVR 

AF.RE     IM  IUI      CVRAV11 

MAVRVS  ORTES  ARBAS 


Topographische  Karte  des  Gebietes  S.  Michel    di  Lemmo  in  Istrien  33 

di  Murano  vorkommen,  erwähnt;  Pag.  780  heisst  es:  „S.  Michaelis  di 
Lemmo  Abbatiae  Camaldulensis  in  Histria  Provinciae  Chartae  veteres  notitiae 
et  monumenta  cum  topographia  locorum  et  bonorum.  (In  Codice  1080). 
Es  gelang  uns  nicht  das  Original  in  Venedig  ausfindig  zu  machen,  es 
muss  bei  der  Aufhebung  des  Klosters  S.  Michel  di  Murano  im  Jahre  1810 
sammt  andern  geo-  und  kartographischen  Kunstwerken,  welche  das  Kloster 
besass ,  verschleppt  —  vielleicht  vom  gelehrten  Cardinal  Placido  Zurla 
mit    nach    Rom   genommen    oder  leider    verloren   gegangen    sein. 

Wir  haben  die  Karte  mit  der  Fra  Mauro'schen  Weltkarte,  die  zu 
Venedig  im  Doggenpahiste,  in  der  Sala  dello  scudo  e  delle  mappe aufbewahrt 
wird,  hinsichtlich  der  Schrift,  Sprache  und  Zeichnung  genau  verglichen, 
und  sie  vollkommen  übereinstimmend  gefunden  (daher  können  wir  nicht 
umhin  die  topographische  Karte  von  Istrien  für  eine  Fra  Mau- 
ro'sche  Arbeit  zu  erklären).  Auf  der  Karte  von  Istrien  sind  die 
Städte  Parenzo  und  Orsera  durch  grössere  Häuser  bezeichnet;  ferner  kommen 
Brunnen,  Mühlen,  Fischereien  und  Salinen  vor.  Die  Strassen  von  Parenzo 
und  Orsera  nach  S.  Michel  und  S.  Lorenzo  sind  genau  bezeichnet,  ebenso 
die  Grenze  zwischen  einzelnen  Gebieten  durch  einfache  Linien.  Es  kom- 
men Kirchen  mit  Grabstätten  (Santo  Andra  dele  Calexele,  S.  Michel),  Berge 
mit  Local nahmen  (monte  de  Mariana,  delo  coltermine  Saxo,  monte  Sabionero 
cum  eltermino  saxo,  monte  Calus  etc.),  ganze  Reihen  von  Bäumen,  welche 
hier  wie  auf  der  Weltkarte  die  Grenze  zwischen  Land  und  Meer  wie 
auch  die  Grenze  zwischen  einzelnen  Gebieten  zu  bezeichnen  scheinen;  es 
werden  überall  wie  auf  der  Weltkarte  geographische  Namen  und  Anmer- 
kungen im   venetianischen    Dialecte    beigefügt. 

Die  Landkarte  hat  einen  doppelten  Werth,  einmal  ist  sie  eine  der 
ältesten  Specialkarten  von  Istrien,  ferner  die  Arbeit  des  gelehrtesten  Geo- 
graphen des  Mittelalters  Fra  Mauro,  der  ausser  der  Weltkarte  noch 
andere  kartographische  Arbeiten  geliefert  haben  muss;  denn  er  sagt  in 
einer  Anmerkung  auf  seiner  Weltkarte  „Jo  ho  lassato  amplissimi  desegni  di 
tutte  queste  parte,  zoe  Armenia,  Mesopotamia.  Stria,  Cappadocia,  Cilicia, 
Pamphilia,  Licia,  Asia  propria  menor,  Bitinia,  Galacia  c  tutte  altre,  che  si  sono 
mezo  distinte  et  ordinale."  Von  allen  den  Arbeiten  ausser  der  Weltkarte 
ist  nichts  bekannt.  Wir  wollen  nun  die  Gelegenheit  benützen  mittelst  der 
Bekanntmachung  der  Karte  von  Istrien  die  Herausgabe  der  Fra  Mauro'schen 
Weltkarte    in   Anregung    zu    bringen. 

Einen  ganz  entstellten  Abriss  der  Fra  Mauro'schen  Karte  sammt 
einem  nur  zum  Theil  vollständigen  Commentar  hat  der  gelehrte  Cardinal 
P.  Zurla  zu  Venedig  im  Jahre  1806  herausgegeben  (Mappa  mondo  di 
Fra  Mauro  Camaldolese  descritto  ed  illustrato  a  D.  Placido  Zurla  monaco 
Camaldolese  Venezia  1806).  Sir  William  Fräser  hat  im  Jahre  1804  die 
Weltkarte  für  die  englische  Regierung  copirt  und  Viseomte  de  Santarem 
publicirte  sie  im  Jahre  18o0  in  der  Grösse  des  Originals  nach  der  eng- 
lischen Copie.  Einer  genauen  Copie  sammt  einem  kritischen  Commentare 
dieses  sehr  schätzbaren  geographischen  Denkmals  nach  dem  gegenwärtigen 
Standpunkte  der  Kunst  und  geographischer  Wissenschaft  entbehren  wir 
noch  immer;  es  ist  dies  eine  Aufgabe,  deren  Lösung  sich  unsere  k.  k. 
geographische    Gesellschaft   annehmen    möge. 

Fra  Mauro  der  gelehrteste  Geograph  seiner  Zeit  lebte  um  die 
Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  im  Kloster  San  Michel  die  Murano  bei  Venedig 
als    Camaldulenser-Mönch.     Die  Berichte    über    sein  Leben  sind  sehr  dürftig; 

Mitteilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft.   III.  Bd.  1.  Hel't.  C 


34  P.  Matkovich. 

in  den  Klosterbüchern  wird  dessen  nur  vorübergehend  in  den  Jahren 
1434  und  1449  erwähnt.  Er  widmete  sich  spät  dem  Klosterleben;  sein 
Geburtsjahr  wie  dessen  Lebensumstände  sind  gar  nicht  bekannt.  In  den 
Klosterbüchern  aus  den  Jahren  1457,  1458,  1459  findet  man  etwas  mehr, 
das  weniger  sein  Leben  betrifft,  als  vielmehr  die  Weltkarte.  Was  wir  von 
dessen  Lebensgeschichte  und  geographisch-kartographischen  Arbeiten  bei 
gleichzeitigen  und  späteren  Autoren  nur  haben  auffinden  können,  haben 
wir  gesammelt.  Wir  bekennen  es  offen,  dass  wir  von  Fra  Mauro  leider 
nichts  mehr  ausfindig  machen  konnten,  als  was  in  Werken  von  Mittarelli 
Collina,  M.  Foscarini,  Ramusio,  Vit.  T e r r a r o s  s a ,  Petrus  Delphi- 
nus,  Eus.  Renadot,  Tiraboschi  und  P.  Zurla  enthalten  ist.  Die  bei 
Mittarelli  (1.  c.  p.  756)  angeführten  Codices  sub  num.  607,  626  und  1112, 
wie  der  von  Gherardus  Maphaeus,  dem  damaligen  Abte  von  St.  Michel 
di  Murano,  sind  mit  unzähligen  andern  Manuscripten  bei  der  Aufhebung 
des  Klosters  entweder  verschleppt  oder  verloren  gegangen,  in  Venedig 
sind  sie  nicht  ausfindig  zu  machen.  Gegenwärtig  dient  die  Insel  S.  Michel 
zum  öffentlichen  Begräbnissplatze;  das  Kloster  existirt  nur  theilweise,  es 
ist  ganz  baufällig,  und  wird  seit  dem  Jahre  1829  von  den  Franziskanern  bewohnt. 

Fra  Mauro  war  ein  ausgezeichneter  Kartenzeichner,  wie  seine  Kloster- 
brüder treffliche  Codicesschreiber  und  Mahler,  sie  verstanden  die  Perga- 
mente  mit    Miniaturbildern    meisterhaft  zu   schmücken. 

Venedig  war  damals  der  Mittelpunkt  des  Welthandels,  bedeutender 
Reisenden  und  Schiffernachrichten.  Von  hier  aus  gingen  die  berühmten 
Reisenden  des  Mittelalters  Marco  Polo,  Nicolo  und  Antonio  Zeni, 
Marin  Sanudo  Torsello,  Nicolo  Conti  etc.,  welche  durch  ihre  Reise- 
Berichte  Vieles  beigetragen  haben  zur  Erweiterung  des  geographischen 
Ideenkreises.  Nach  dem  adriatischen  Cartago  flössen  geographische  Nach- 
richten aus    den    entfernten    Ländern   Ostens,    Südens    und    Nordens. 

Venedig  war  ferner  die  Schule  der  Bildhauerei  und  Mahlerei,  wo 
Holzschnitt  und  Kupferstich  neben  anderen  Wissenschaften  blüheten.  Die 
Venetianer  besassen  Land-  und  Hafenkarten  der  ihnen  durch  den  Handel 
bekannten  Länder  von  Ostindien,  Persien  und  Arabien,  von  den  Gestade- 
Ländern  des  schwarzen  und  des  Mittelmeeres.  Desshalb  zogen  Fremde 
aller  europäischen  Länder  nach  Venedig,  um  dort  Astronomie,  Mathematik, 
Physik    und    Nautik    zu    studieren. 

Die  Venetianer  standen  damals  als  gelehrte  Geo-  und  Kartographen 
im  grossen  Ansehen.  So  gab  König  Alfons  IV.  von  Portugal  durch  Stefan 
Trevisan  einem  ihrer  Landsleute  dem  Camaldulenser-Mönche  Fra  Mauro 
den  Auftrag  eine  Weltkarte  für  Portugal  zu  zeichnen.  Fra  Mauro  hat 
zwei  Mappa  mondo  gezeichnet;  eine  soll  schon  fertig  gewesen  sein  als 
er  für  die  andern  den  Auftrag  erhielt;  portugiesische  Handelsleute  haben 
wahrscheinlich  von  jener  Karte  Nachrichten  nach  Portugal  gebracht.  An  der 
Karte  hat  Frater  Maurus  in  seinen  zwei  letzten  Lebensjahren  (1457 — 1459) 
gearbeitet.  In  den  Jahrbüchern  des  Camaldulenser-Ordens  sind  Schreiber 
und  Zeichner,  die  an  der  Karte  zu  arbeiten  geholfen  haben,  genannt, 
ferner  sind  die  Arbeitsdauer  und  ihr  Lohn  genau  angegeben;  es  sind  Aus- 
lagen für  ifDinten)  Farben,  Lazur  und  Goldblättchen  verzeichnet,  dies 
alles  auf  Rechnung  des  Königs  von  Portugal.  In  dem  Jahrbuche,  das 
damals  von  dem  Abte  des  Klosters  Gherardi  Maphaeus,  dem  nachherigen 
(vom  Jahre  1448)  Patriarchen  von  Venedig,  im  vulgär  venetianischen  Dialekte 
geführt    wurde,    heisst    es:    „14S7  ,    8.  Fevrier:   Per  che   io  avi  contad  da 


Topographische  Karle  des  Gebietes  St.  Michel  di  Leramo  in  Istrien.  35 

Don  Benedetto  Miani  per  nome  del  Segnor  re  de  Portugal  in  summa 
ducati  28.  —  Adi  8.  Ferrer:  La  majestad  del  Segnor  re  de  Portugal 
die  dar  a  di  sopradicto,  per  che  io  ho  dado  a  Sier  Lio  Roso  cotadi  in 
horo  per  suo  nome  per  pagar  pentori  per  lavorar  il  suo  mappa  mundi 
et  per  altre  spexe  in  summa  ducati  11.  —  Adi  21.  Octobris:  che  io 
ho  dado  contadi  a  Frar  Mauro  per  pagar  un  scriptor  a  lavorado  over 
scripto,  zorni  17  a  raxon  de  soldi  12  a  zorno,  monta  lire  17  soldi  4 
rala  soldi  124  per  ducato.  Adi  7.  Octobris  1458,  contadi  a  don  Fran- 
cisco de  Cherso  per  pagar  un  scriptor,  et  quäl  scripse  al  dicto  mappa, 
mundi  zorni  4  a  soldi  14  al  zorno.  Adi  11.  Fevrier  1459;  A  don  Francesco 
de  Cherso  per  far  comprar  azuru  per  la  dicta  opera  etc.  1459,  17,  Marzo 
a  la  majestad  del  Segnor  re  de  Portugal  die  dar  a  sopradicto  per  chassa, 
che  io  ho  dado  a  don  Francesco  de  Cherso,  che  Fra  Mauro  mando  a 
dimandar  per  certe  opere,  lui  äice  aver  fatte  per  il  mappa  mondo  ducati 
due.  1459,  24.  Avril:  Don  Nicolo  nostro  mi  ha  dicto,  che  essendo  io 
a  capitolo  a  camalduli,  e  sta  salda  la  razon  a  messer  Stephano  Trevixan 
per  il  dicto  Segnor,  quando  per  il  dicto  Messer  Stephano  li  fo  mandado 
il  suo  mappa  mundi."-  Die  Karte  ward  auf  Verlangen  des  Königs  nach 
Portugal  geschafft  und  diente  den  Portugiesen  als  Wegweiser  auf  ihren  wei- 
teren Entdeckungsfahrten  um  Afrika  nach  Ostindien.  Dieselbe  soll  noch 
im  Jahre  1528  vorhanden  gewesen  sein  im  Benedictiner-Kloster  vonAlcobaza; 
Franz  da  Sousa  Tauvarez  habe  sie  nach  der  Mittheilung  von  A.  Galvani 
dort  gesehen.  Franz  Alvarez  erzählt,  dass  man  den  Seekapitänen,  welche 
mit  zwei  Karavellen  im  Jahre  1487  auf  Entdeckungen  ausgegangen,  eine 
Karte    gegeben    habe,    welche    von    einer    mappa    mondo    copirt    war. 

Die  andere  (zweite)  Karte  blieb  im  Kloster  San  Michel  di  Murano, 
sie  war  zur  allgemeinen  Betrachtung  ausgestellt.  Von  dieser  Karte  wird 
behauptet,  Fra  Mauro  habe  sie  zur  Ehre  der  Republik  unternommen, 
weil  er  in  einer  Anmerkung  sagt:  per  contemplacion  di  questa  illustrissima 
Signoria,  non  ha  in  se  qael  compimento  che  la  doveria  perche  certo  non 
e  possibile  al  inteleto  human  verificar  in  tutto  senza  qualche  superna  demon- 
stracion  questa  cosmographia  ove  mappa  mundi,  de  la  quäl  se  puo  aver 
qualche  notitia  pice  a  degustacion  che  a  suplimento  del  desiderio."  Uns 
aber  scheint  die  Behauptung  unwahrscheinlich  zu  sein,  denn  hätte  Fra 
Mauro  die  Karte  zur  Ehre  der  Republik  unternommen,  so  hätte  er  sich 
gewiss  des  Ausdruckes  serenissima  statt  illustrissima  bedient;  so  weit  uns 
bekannt  ist,  kommt  der  Ausdruck  illustrissima  Signoria  in  den  gleichzeitigen 
öffentlichen  auf  den  Staat  sich  beziehenden  Urkunden  nirgends  vor.  Ferner 
wäre  jenes  der  Fall,  so  hätte  man  die  Karte  im  Doggenpalaste  oder 
einem  andern  öffentlichen  Gebäude  zur  allgemeinen  Betrachtung  ausgelegt; 
die  Karte  hingegen  war  im  Kloster  S.  Michel  di  Murano  anfänglich  in 
der  Kirche  bis  zum  Jahre  1655,  dann  in  einem  Bibliothekzimmer  aufbe- 
wahrt, nach  der  Aufhebung  des  Klosters  S.  Michel  war  die  Karte  im 
Jahre  1811  nach  dem  Doggenpalast  gebracht,  wo  sie  in  Sala  delo  scudo 
im  vergoldeten  Rahmen  eingefasst  als  ein  geographisches  Meisterwerk  des 
XV.    Jahrhunderts    gezeigt   wird. 

Die  Karte  hat  bei  sechs  Fuss  Höhe,  hat  die  elyptische  Form  (von 
West  nach  Ost  länger  gestreckt,  als  von  Nord  nach  Süd),  und  ist  auf 
Pergament  gezeichnet.  Bei  Gebirgen,  Ländern,  Strömen,  Ortschaften  kommen 
theils  weitläufigere,  theils  kürzere  Anmerkungen  vor,  geschrieben  vorherrschend 
mit  hellrother  Dinte,  im  venetianischen  vulgär  Dialekte.    Die  Karte  ist  in  schönsten 

c» 


36  P.  Matkovich. 

und  feinsten  Farben  und  mit  niedlichen  Miniaturbildern  ausgestattet,  im 
vergoldeten  Rahmen  eingefasst,  in  dessen  Ecken  die  Weltsysteme  abge- 
bildet sind.  Die  Mappa  mondo  enthält  drei  Erdtheile  der  alten  Welt,  ferner 
eine  Menge  kleiner  und  grösserer  Inseln,  die  wegen  Mangels  an  Raum 
am  Rande  zusammengedrängt  sind.  „In  questo  oceano  so?io  motte  insulae 
te  quäl  non  ho  notado  per  non  haver  loco.i(  Die  Grenzen  sind  im  Osten 
Java  major,  im  Südosten  Cataj,  im  Nord  endet  sie  mit  Permia  (Samojeden); 
im  Nord- West  erstreckt  sie  sich  bis  Skandinavien  und  Island;  im  West:  an  die 
Westküste  von  Spanien;  im  Südwest  bis  Cap  Verde  und  Senegal;  die  Entdeckun- 
gen von  Alvise  da  Cadamosto  (1454 — 56)  sind  hier  genau  bezeichnet,  im  Süd 
bis  Afrika  und  den  Südcap.  Die  Mitte  der  Erdkarte  ist  bezeichnet  durch  eine 
metallene  Platte  —  gleich  einem  flachen  Knopfe  —  gestellt  zwischen 
Chaldea,  Assirien,  Mesopotamien,  in  Armenien  am  Ararat,  von  wo  nach  der 
Sündfluth  die  neue  Bevölkerung  ausging.  Das  Ost-Meer  (grosser  Ocean) 
ist  mit  dem  Atlantischen  verbunden;  die  Nilquellen  sind  wunderbar  gezeich- 
net, entspringend  aus  dem  Inneren  Afrikas.  Die  damals  bekannten  Länder 
dreier  Erdtheile,  welche  bei  andern  Cosmographen  zum  Theil  fehlen,  sind 
alle    aufgenommen. 

Die  Karte  stellt  die  geographischen  Kenntnisse  des  XV.  Jahrhun- 
derts dar;  der  Cosmograph  hat  die  Entdeckungen  der  berühmten  Reisen- 
den des  Mittelalters  trefflich  benützt;  er  bemerkt  in  einer  Note:  „per- 
tando  dico  nel  tempo  mio  ho  solicitado  verificar  cum  la  experientia,  investi- 
gando  per  molti  anni,  e  practicando  co?i  persone  degne  dl  fede,  te  quäl  hano 
veduto  ad  occhio  quelo,  che  qul  suso  fedelmente  demostri.  Er  beruft  sich  bei 
Norwegen  auf  Petrus  Quirinus;  für  den  Osten  benützte  er  Reisebe- 
richte von  Marco  Polo,  Sanudo  Torsello,  Conti  und  Barbaro,  für  den 
Norden  Nicolo  und  Antonio  Zeni  für  den  Süden  die  Entdeckungen  der 
Portugiesen,    zumal    die    von    Alvise  da    Cadamosto. 

Fra  Mauro  soll  nach  der  Angabe  von  Gherard.  Maphaeus  vordem 
20.  October  1459  mit  dem  Tode  abgegangen  sein,  denn  in  dem  Codei 
von  G.  Maphaeus  heisst  es:  „Memoria  faco,  chome  che  copie  di  mappa 
mondi  e  de  desegnl  e  scripture  de  /rar  Mauro  ho  depositade  al  moni- 
stier  de  misser  san  Zuane  de  la  Zudecha  in  man  del  prior  del  dicto 
Monastier,  zoe  don  Andrea  te  quäl  scripture  e  desegni  tutti  sono  posti 
in  una  chassa  over  bancho  e  serradi  con  un  luchetto,  la  chiave  del 
quäl  le  qui  apresso  de  mi.  Ho  auto  tuto  indrieto  questo  deposito  adi  25. 
Oktubrio  1464.  Es  ward  dem  berühmten  Kartographen  von  seinen  Zeitge- 
nossen eine  Denkmünze  geschlagen  wie  sie  auf  der  nächstfolgenden  Seite  darge- 
stelt  ist,  mit  der  Umschrift:  Frater  Maurus  S.  Michaelis  Moranensis  de 
Yenetiis,    ordinis    Camaldulensis    Cosmographus     incomparabilis. 

Zum  Schlüsse  fügen  wir  noch  einige  Worte  über  die  Veranlassung  der 
Anfertigung  der  Fra  Mauro'schen  Karte  von  Istrien  bei. 

An  die  Karte  knüpft  sich  ein  mehrmaliger  Streit,  der  ausgebrochen 
war  zwischen  dem  Bischöfe  von  Parenzo  und  dem  Abie  des  Klosters  von 
Si.  Michel  di  Lemmo.  Die  Prozessacten  sind  enthalten  im  VI.  und  VII.  Bande 
der  Camaldulenser  Annalen,  welche  meist  nach  den  Urkunden,  die  im  Archive 
von  S.  Michael  di  Murano  bei  Venedig  sich  vorfanden,  ausgearbeitet  sind. 

Das  Kloster  S.  Michel  di  Lemmo  am  Gestade  des  gleichnamigen 
Busens  auf  der  Westseite  der  Halbinsel  Istrien  gelegen,  ward  um  das  Jahr 
1003  durch  Romuald  gegründet  und  die  istrianische  Gräfin  Wilpurga 
beschenkte  es  im  Jahre  1040  mit  reichen  Gütern.  Die  Schenkung  der  Gräfin 


Topographische  Karte  des  Gebietes  St,  Michel  di  Lemmo  in  Istrien. 


37 


Wilpurga  an  das  Kloster  von  Lemmo  bestätigte  nachher  in  einer  andern 
Urkunde  ihre  Tochter,  die  Gräfin  Azcika.  Man  liest  noch  auf  der  topogra- 
phischen Karte  des  Gebietes  von  Lemmo:  „sepultura  per  madona  Vilpurga." 
Ferner  heisst  es  in  einer  Anmerkung  an  der  Grenze  von  Parenzo  und  S. 
Michel  di  Lemmo  :  area  rata  e  sepultura  per  madona  azcicha  contre  croxe ; 
dann  auf  einer  andern  Stelle  unweit  der  Strasse  die  von  der  Ortschaft 
Orsera  (an  der  Westküste  der  Halbinsel)  nach  St.  Lorenzo  (landeinwärts) 
führt,  steht  geschrieben:  „Monte  Passini,  da  qesto  monte  comenza  la  terra 
S.  Michel  che  fode  Madona  Azcika  come  se  contien  nel  istrumento  de  lodata 
zon  ....  (Lücke)  la  quäl  madona.  .  .  .  (zweite  Lücke)  monestier  ditto.  Diese 
Stelle  bezieht  sich,  da  unweit  des  Berges  die  Kirche  S.  Michel  steht,  wahr- 
scheinlich auf  die  Güter,  welche  die  Gräfin  Azcika  der  in  der  Gegend  erbau- 
ten Kirche  geschenkt  hatte. 

In  der  ersten  Hälfte  des  elften  Jahrhunderte«  brach  der  Streit  zwi- 
schen dem  Bischöfe  von  Parenzo  und  dem  Abte  von  S.  Michel  di  Lemmo 
aus  wegen  des  Zehentes,  den  der  Bischof  von  den  Leuten  des  Klosters  for- 
derte. Der  Abt  protestirte  und  berief  sich  an  die  noch  damals  lebende 
Gräfin  Azcika;  diese  aber  trug  den  Streit  vor  den  Kaiser  Heinrich  III. 
mit  dem  Bemerken,  sie  habe  den  Klosterbrüdern  die  Umgegend  von  Lemmo 
geschenkt,  damit  diese  leben  und  Arme  aufzunehmen  vermögen.  Der  Kaiser 
entschied  den  Streit  zu  Gunsten  des  Abten  und  der  Bischof  musste  auf 
den  Zehent  im  klösterlichen  Gebiete    verzichten.    Der  Bischof  schloss  darauf 


38  P.  Matkovich. 

den  Frieden  mit  der  Gräfin  und  sie  schenkte  ihm  die  Gegend  um  das  Sab- 
Ioner  (?)  Gebirge. 

Im  vierzehnten  Jahrhunderte  brach  abermals  der  Streit  zwischen  den 
Herren  beider  Gebiete,  dem  Bischof  von  Parenzo  und  den  Klosterbrüdern 
von  Lemmo  aus,  denn  jener  nahm  den  Camaldulenser  Mönchen,  denen  das 
klösterliche  Gebiet  gehört  hatte,  bedeutende  Besitzungen  weg  und  vergab 
sie  an  die  Tempelherren.  Paulus  Venerius  zur  selben  Zeit  Vorstand  des 
Klosters  von  S.  Michel  di  Murano,  auf  dessen  Zuthun  das  Kloster  von  S. 
Michel  di  Lemmo  dem  von  Murano  einverleibt  ward,  führte  Klage  bei  der 
Begierung  in  Venedig  als  die  Leute  des  Kastells  von  S.  Lorenzo  die  Abtre- 
tung der  Landgüter  verweigerten.  Der  Doge  Antonio  Venerio  schrieb  in 
der  Angelegenheit  an  den  Vorsteher  der  Gemeinde  von  S.  Lorenzo,  er  solle 
beide  Partheien  oder  deren  Stellvertreter  hören,  die  Schenkungsurkunde 
genau  untersuchen,  das  Land  besehen  und  darnach  das  Becht  sprechen.  Als 
Vertreter  und  Anwalt  des  Klosters  erschien  der  Mönch  Lazar,  es  mangelte 
ferner  nicht  an  den  Vertretern  der  Bepublik  und  der  Gemeinde  von  St. 
Lorenzo. 

Das  Urtheil  war  im  December  des  Jahres  1394  gefällt,  und  der  Pro- 
zess  endete  zu  Gunsten  des  Klosters,  alle  usurpirten  Besitzungen  trat  die 
Gemeinde  von  S.  Lorenzo  an  das  Kloster  von  Lemmo  ab;  sodann  ward  die 
Grenzregulirung  zwischen  den  Gebieten  von  Parenzo  und  S.  Lorenzo  Orsera 
und  S.  Michel  di  Lemmo  auf  Grund  der  Schenkungsurkunde  vom  Jahre 
1040  und  den  darin  bezeichneten  Landgütern,  Weiden  und  anderen  Besitzun- 
gen vorgenommen.    Die  Grenze  begann  mit  dem  Berge  Paxinus. 

Nachher  brach  der  Streit  noch  ein  paarmal  zwischen  dem  Bischöfe 
und  dem  Abte  wegen  der  Besitzungen  aus,  bis  im  Jahre  1456  von  dem 
Bathe  zu  Venedig  der  Prozess  zum  Vortheile  des  Klosters  entschieden,  und 
somit  dem  Streite  auf  immer  ein  Ende  gemacht  wurde.  Der  Doge  Foscari 
bestimmte  die  Grenze  zwischen  den  einzelnen  Gebieten  wie  unsere  Karte  sie 
darstellt.  Gleich  darauf  ist  die  Karte  von  Fra  Mauro  gezeichnet  worden, 
um  alle  Streitigkeiten  fernerhin  zu  vermeiden  und  die  Bechte  des  Klosters 
auf  den  Besitz  des  Gebietes  von  Lemmo  zu  wahren. 


IV. 

Über  den  Reichenauer-Berg  in  Mähren. 

Von 

J.  F.  Julius  Schmidt. 

In  dem  Abschnitte  „pseudo-vulkanische  Erscheinungen"  beschreibt  Land- 
grebe  in  seiner  Naturgeschichte  der  Vulkane,  Bd.  II.  p.  128 — 130  den 
Berg  bei  Beichenau  im  westlichen  Mähren ,  und  folgt  dabei  der  Schilde- 
rung des  Professors  Glocker,  welche  man  in  P o gg endo rf's  Annalen  B.  54. 
p.  157  ff.  findet.  Glocker's  Ansicht,  nach  welcher  die  Phänomene  dieses 
aus  Quadersandstein  bestehenden  Berges  an  ähnliche  bei  den  Schlamm- 
vulkanen   von    Modena   erinnern,    hatte  mich  schon   im  Jahre  1855  angeregt, 


Ueber  den  Reichenauer-Berg  in  Mähren.  39 

den  von  Olmütz  aus  so  leicht  erreichbaren  Berg  zu  besuchen;  doch  kam 
ich  nicht  eher  dazu,  als  am  22.  August  1858.  Auf  dieser  kurzen  Fahrt 
nahm  ich  Herrn  Tschermack  mit,  damit,  falls  sich  etwas  Remerkenswer- 
thes  am  Gesteine  des  Berges  finden  sollte,  dies  sicher  beschrieben  werden 
könnte.  Um  einigermassen  nützlich  die  Zeit  anzuwenden,  nahm  ich  den 
gewöhnlichen  Reisebarometer,  und  den  bei  anderer  Gelegenheit  schon  mehr- 
fach erwähnten  Metallbarometer  A'  mit,  um  einige  Höhenmessungen  aus- 
zuführen. Dieser  diente  als  Basis  die  früher  von  mir  bestimmte  Seehöhe 
der  Sternwarte  zu  Olmütz,  woselbst  ich  am  22.  August  sehr  genaue  eorres- 
pondirende  Beobachtungen  am  Normalbarometer  anstellen  Hess.  Die  Resultate 
setze  ich  zuerst  übersichtlich  her.  Obgleich  die  Entfernung  des  Reichenauer- 
Berges  von  Olmütz  nur  7  bis  8  Meilen  beträgt,  habe  ich  die  berechneten 
Höhenunterschiede  doch  nicht  unmittelbar  mit  der  Seehöhe  der  Sternwarte 
verbunden,  sondern  durch  mehrfache  Combinationen  lieber  an  den  Bahnhof 
von  Landskron  angeschlossen,  welcher  dem  Reichenauer-Berge  nördlich  sehr 
nahe  liegt.  Durch  oftmalige  Fahrten  auf  der  Rahnstrecke  zwischen  Olmütz 
und  Prag  war  ich  im  Stande,  die  Höhenunterschiede  der  einzelnen  Stationen 
recht  genau  zu  ermitteln,  wozu  seit  dem  Sommer  1856  ausser  dem  gewöhn- 
lichen Quecksilberbarometer  noch  3  Metallbarometer  gedient  haben.  Da 
indessen  noch  nicht  alle  Reobachtungen  reducirt  werden  konnten,  so  beschränke 
ich  mich  darauf,  für  diesmal  nur  die  Reobachtungen  von  1855,  Juni  25., 
Juli  3.,  August  4.,  August  14.  und  August  22.  zu  benützen,  an  welchen 
Tagen  stets  der  Normalbarometer  in  Olmütz  abgelesen  ward.  Für  August 
14.  habe  ich  meine  Reisebeobachtungen  auch  aus  Wien  und  Prag  verbunden, 
indem  ich  die  autographischen  Curven  benützte,  die  ich  Seitens  Wien  der 
Mittheilung  des  Herrn  Dr. Lukas  an  der  k.  k.  meteorologischen  Central-Anstalt, 
Seitens  Prag  der  Mittheilung  des  Herrn  Professors  Kofistka  und  des  Herrn 
Astronomen  Karlinsky  verdanke.  Ich  fand  sonach,  indem  ich  durch 
-j-  eine  Steigung  der  Rahn  bezeichne,  und  mich  für  die  Höhenangaben 
stets  der  Toise  bediene  (1  Wien.  Klft.  =  0,97312  Toise): 
Höhenunterschiede  der  Bahnhöfe 


Olmütz 

t 
—   Stephanau     =   -f     2,465  beob.  an  6 

Tagen 

.     9  Combinat. 

Stephanau 

—   Littau            =   +     8,493     „        „6 

» 

.    9 

3» 

Littau 

—    Müglitz         =    -f     9,088     „        „  6 

a 

.  10 

91 

Müglitz 

—    Lukawetz       =   +     4,073     „        „   6 

n 

.    9 

9 

Lukawetz 

—    Hohenstadt    =   -j-     7.986     „        „  6 

» 

.    9 

M 

Hohenstadt 

—   Budigsdorf    =   -f  28,601     „        „  3 

9t 

.    7 

9 

Budigsdorf 

—    Landskron     =   +     4,921      „        „3 

n 

.    7 

99 

Wird 

die  Seehöhe  des  Olmützer-Bahnhofes    = 

109,75  Toisen 

gesetzt, 

so    hat  man 

für   die    andern    Stationen: 
t 
Stephanau     =   112,21   =     673  Par. 
Littau            =   120,71   =     724    „ 
Müglitz          =   129,80  =     779     , 
Lukawetz      =  133,87   =     803     „ 
Hohenstadt    =   141,85   =     851     „ 
Budigsdorf   =   170,46  =   1023    „ 
Landskron    =   175,38  =   1052    „ 

Fuss. 

» 
» 

X 

9 

9 
» 

An  dem  Reichenauer-Rerge  wurden  die  Höhen  mit  beiden  Instrumenten 
meist  gleichzeitig  gemessen,  wobei  ich  in  Retreff  der  Sicherheit  der  Resultate 


40 


J.  F.  Julius  Schmidi 


des  Metallbarometers  auf  meine  frühern  Untersuchungen  verweise.    Die  Resul- 
tate  sind    die  folgenden: 

Dorf  Reichenau,   Quellbrunnen  h  =   175,05  1050    per.  Fues. 

„  „         Wirthshaus    b.  d.   Kirche  =  179,23 

Hügel  N.  0.  v.  d.  Kirche  =  205,55 

Fuss  der  westlichen  steilen  Bergwand  (a)  =  228,68 

Gipfel  des   Reichenauer-Berges  (b)  Fig.  1.  =  273,60 


Der  mittlere  Teich  II. 
Der  westliche  Teich  I. 
Wall  zwischen  Beiden  (g)  Fig.  2. 
Wall  von  II.  südlich  (i)  Fig.  2. 
Wall  von  II.  südwestlich  (k)  Fig.  2. 
Tunnel  westlich  von  b  (d)  Fig.  1. 
Steinbruch  im  N.  W.  (B)  Fig.  1. 
Reichenau,    nördlichstes  Haus 

Um  die  Localität  etwas  näher  zu 
flüchtige  Skizze  des  Berges  beifügen , 
von    Landskron   gezeichnet    habe : 


=  267,74 
=  266,08 
=  268,62 
=  268,79 
=  270,42 
=  250,33 
=  199,82 
=  174,90 
beschreiben, 
wie    ich    sie 


=  1050 

=  1076 

=  1233 

=  1372 

=  1642 

=  1606 

=  1596 

=  1612 

=  1613 

=  1622 

=  1502 

=  1199 

=  1094 
werde  ich 
auf    dem 


eine    nur 
Bahnhofe 


Fig.  1. 


I  f1 


Auf  dem  Bahnhofe  zu  Landskron  sieht  man  den  östlichen  und  nörd- 
lichen Abhang  des  langgestreckten,  von  mittelhoher  Waldung  zum  grossen 
Theile  bedeckten  Berges.  Man  bemerkt  sogleich  den  freistehenden  hohen 
Baum  A,  in  der  Nähe  der  Kuppe,  und,  an  der  Seite,  wo  das  Dorf 
Reichenau  beginnt,  den  Steinbruch  B.  Jeder  Fremde  kann,  wenn  er  gleich 
bei  B  hinaufsteigt,  und  auf  dem  Rücken  den  Pfad  im  Walde  verfolgt, 
leicht  ohne  Führer  zu  den  Teichen  in  der  Nähe  des  Gipfels  gelangen. 
Etwa  bei  d  zeigt  sich  eine  Lichtung,  und  es  führt  dort  bei  Holzhütten 
ein  Pfad  rechts ,  oder  südlich  an  der  steilen  Wand  abwärts  gegen  den 
südlichen  Theil  von  Reichenau,  wo  die  Kirche  steht.  Folgt  man  aber  von 
d  aus  der  ursprünglichen  Richtung,  indem  man  auf  den  leicht  erkennbaren 
Baum  A  zugeht,  so  trifft  man  bald  in  b  den  höchsten  Punkt  des  Pfades, 
der  wahrscheinlich  mit  dem  Gipfel  des  Berges  identisch  ist.  Von  b  an 
senkt  sich  der  Weg  abwärts,  und  nach  einigen  Minuten  gewahrt  man  rechts 
oder  südlich  durch  Lichtungen  in  dem  dichten  Gebüsche  die  grüne  Wiesen- 
fläche  des  ersten  und  grössten  oder  westlichen  Teiches  I,  von  wo  aus 
man    eben    so    leicht    auch   die    beiden    andern    findet. 

Die  zweite  Figur  soll  nur  ganz  beiläufig  die  Lage  der  drei  Wiesen- 
teiche veranschaulichen.  I  ist  der  westliche,  gegenwärtig  leicht  zugäng- 
lich, wenn  man  den  Pfad  g  h  trifft,  nicht  so  verwachsen  wie  zur  Zeit 
Glockers,  und  in  allen  Theil en  zu  betreten,  weil  das  Wasser  verschwun- 
den ist,  und  der  mit  Gras  und  vielen  Blumen  bewachsene  Moosboden 
hinlängliche  Tragkraft  besitzt.  Man  bemerkt,  dass  man  hier  Wiesenland 
hat    gewinnen    wollen,    und    findet    auch    einige    schmale   Gruben,    um    den 


Ueber  den  Reichenauer-Berg  in  Mähren.  41 


West. 


Pfad  im  Walde. 
Ost. 


steile  südliche  Wand. 
Abzug  der  Wasser  zu  reguliren.  Der  Umfang  beträgt  circa  106  Toisen, 
die  grosse  Axe  etwa  40,  die  kleine  dagegen  13  bis  15  Toisen.  Die 
Fläche  liegt  l3/4  Toisen  tiefer  als  die  mittlere  II,  und  diese  scheint  bis 
auf  ein  Geringes,  mit  III  dieselbe  Höhe  zu  haben.  Die  trennenden  Wälle 
g  und  m  sind  ganz  unbedeutend.  Den  Umfang  des  Waldsaumes  in  II 
fand  ich  zwischen  40  und  50  Toisen,  die  grosse  Axe  des  feuchten  Theiles 
gegen  12,  die  kleine  =  4  bis  5  Toisen;  ebenso  für  III  den  Umfang 
des  innern  Waldsaums  =  37  Toisen,  die  grosse  Axe  etwa  20,  die  kleine 
7  Toisen  lang.  Während  am  22.  August  die  westliche  Wiesenfläche  I 
trocken  war,  fanden  wir  in  II  und  III  den  mittleren  Theil  mit  Wasser 
bedeckt,  aus  welchem  fast  überall  die  Grashalme  aufragten.  Mit  Ausnahme 
der  Mitte  III,  wo  die  Tiefe  des  Wasserlochs  etwa  3  Fuss  betrug,  hatte 
das  Wasser  sonst  nur  2  bis  15  Zoll  Tiefe,  und  zeigte  nirgends  die 
Spur  von  Blasen,  oder  sonst  eine  ungewöhnliche  Erscheinung.  Die  hohen 
Temperaturen  des  Wassers  könnten  auffallend  erscheinen,  wenn  man  nicht 
in  Betracht  zöge,  dass  die  lange  Einwirkung  der  Sonne  in  regenlosen 
Tagen  wohl  im  Stande  sei,  diese  durch  den  Wald  ringsum  sehr  geschütz- 
ten Stellen,  bei  so  geringer  Wassertiefe,  in  beträchtlicher  Weise  zu 
erwärmen.  Ich  fand: 
Flächel.  WasserimMoosboden,  aufgegrab. Stelle  =  16,6°  Cels.  Luft  =20,<>5CeIs. 

Freisteh.  Wasser  in  einem  kl.  Graben  =19,1      „ 

Flächeil.  Wasser  am  südlichen  Rande,  zwischen     24,°6  und  19,°1   Cels. 

„       am  nördlichen  Rande,     „  26,  5     „    21,  6     „ 

Bodentemperatur  im  Wala^,  4  Zoll  tief  =  13,°4     „ 

Fläch. III.  Wasser  in  der  Mitte,  wo  es  3  Fuss  tief  =  19,«1      „ 

„      an  einer  flachen  Stelle  =24,  4     „ 

Diese  Temperaturen  in  1600  par.  Fuss  Meereshöhe  sind  vielleicht 
einigermassen  befremdend,  und  lassen  es  wünschenswerth  erscheinen,  dass 
sie  gelegentlich  zu  verschiedenen  Zeiten  wieder  untersucht  werden;  doch 
bin   ich  jetzt    der   Meinung,    dass    sie  nur  von  der  Sonnenwärme  herrühren. 

Stellt  man  sich  ungefähr  in  die  Mitte  jeder  dieser  drei  Wiesen, 
so  mahnt  der  Anblick  wohl  an  ähnliches  in  andern  Ländern,  und  wenn 
man  Kleines  mit  Grossem  vergleichen  dürfte,  an  einige,  mit  Moosboden 
ausgefüllte  Moore  der  Eifel,  sowie  an  den  flachen,  theilweise  mit  Cultur- 
land  und  Wald  bedeckten  Crater  des  Monte  Cigliano  bei  Pozzuoli;  aber 
man  darf  über  solche  beiläufige  Analogie  im  Ernste  nicht  hinausgehen. 
Wir  haben  es  hier  keineswegs  mit  Cratern  zu  thun,  sondern  mit  einer, 
auf  dem  Süden   des  Berges  von  0. — W.  ziehenden,    flach  gebauten  Furche, 


42  J-  F.Julius  Schmidt. 

in  deren  Grund  an  tiefen  Stellen  sich  diese  drei  Wasserlacken  gebildet 
haben.  Die  scheinbare  Craterform  wird  nur  zu  sehr  durch  die  Lage  der 
Waldung,  durch  die  Abdachung  der  Baumgipfel  begünstigt,  und  nicht  weniger 
durch  die  innere  runde  Begrenzung  des  Waldsaumes.  Viele  holsteinische  Seen 
in  der  Gegend  von  Eutin  und  Ploen  gewähren,  wenn  auch  in  grossem 
Maassstabe,  einen  ähnlichen  Anblick,  und  zeigen  keine  Erscheinungen,  welche 
an  sogenannte  pseutlo-vulkanische  Bildungen,  oder  gar  an  normale  Vulkane 
auch    nur    entfernt    erinnern. 

Was  aber  dem  Beichenauer-Berge  durch  Glocker  den  Namen  eines 
pseudo-vulkanischeu  Berges  verschafft  hat,  ist  das,  allen  dortigen  Bewohnern 
sehr  bekannte  Getöse,  und  diese  Erscheinung  verdient  ohne  Zweifel  alle 
Aufmerksamkeit,  und  eine  strenge  und  gründliche  Untersuchung.  Landgrebe 
erzählt  darüber  (nach  Glocker)  Folgendes:  „Das  Wasser  im  ersten  Bassin 
„(nach  meiner  Bezeichnung  Nr.  III)  befindet  sich  meist  in  einem  ruhigen  Zu- 
stande, allein  im  Sommer,  hesonders  bei  trockener  Witterung,  steigen  Luft- 
blasen aus  demselben  und  bedecken  seine  ganze  Oberfläche.  Ist  dieses 
„Letztere  der  Fall,  so  entsteht  oft  zugleich  im  Innern  des  Berges  ein  dum- 
„pfes,  aber  weithin  hörbares  Geräusch,  einem  fernen  Kanonendonner  ähnlich, 
„das  oft  meilenweit  gehört  wird.  Besonders  zeigt  sich  dasselbe  vor  einem 
„herannahenden  Gewitter,  und  diese  Erscheinung  gilt  bei  den  Bewohnern 
„der  Umgegend  als  eine  ausgemachte  Thatsache.  Unwillkührlich  wird  man 
„hier  an  ähnliche  Phänomene  bei  den  modena'scheu  Schlamm-Vulkane  erin- 
nert;    auch    dort   glaubt   man     —    wie    wir    gesehen    —    an    eine    grössere 

„Thätigheit  dieser  Salsen,   wenn  ein  Gewitter  bevorsteht Glocker 

„hält  es  für  bemerkenswerth,  und  vielleicht  für  das  bis  jetzt  einzige  Bei- 
spiel dass  die  Gebirgsart,  auf  welcher  die  Erscheinung  stattfindet,  Quar- 
„dersaudstein,  also  ein  neptunisches  Gebilde  ist;  allein  wir  haben  schon 
„früher  gesehen,  dass  auch  die  modena'schen  Gasvulkane  aus  einem  Sand- 
„steingebirge,    und    zwar  aus  Macigno  Sandstein    hervorbrechen." 

Während  unserer  Anwesenheit  in  Beichenau  fanden  wir  diese  Aus- 
sage vollkommen  bestätigt;  jeder  kannte  das  Getöse,  und  es  scheint  von 
alter  Zeit  her  bekannt  zu  sein.  Die  deutsche  Bevölkerung  hat  daher  den  Aus- 
druck „der  See  rumpelt",  und  nimmt  an,  dass  auf  dem  Berge  ein  grosser 
und  unergründlicher  See  vorhanden  sei,  wozu  indessen  viel  fehlt,  denn 
wie  wir  gesehen  haben,  gibt  es  nur  3  kleine,  theilweis  schwach  mit 
Wasser  bedeckte  Flächen,  und  was  die  Unergründlickeit  anbelangt,  so 
will  dies  hier,  wie  in  vielen  andern  Fällen,  einfach  nur  sagen,  dass 
man  entweder  niemals  gemessen  habe,  oder  dass  im  Falle  einer  Messung 
die  2  oder  3  Klafter  lange  Sonde  zu  kurz  war.  Auf  genaues  Befragen 
erhielten  wir  auch  die  Bestätigung  des  Umstandes,  dass  nicht  auf  meilen- 
weite das  Getöse  gehört  werden  könne,  sondern  dass  es  meistens  in 
grösserer  Entfernung  besser  vernommen  werde,  als  in  Beichenau  und  am 
Berge  selbst.  Dies  wäre  nicht  ohne  Beispiel,  wenn  man  sich  dessen 
erinnert,  dass  das  Getöse  des  Vesuvs  zuweilen  in  sehr  grossen  Entfer- 
nungen vernommen  ward,  während  man  es  in  Neapel  als  das  gewöhn- 
liche bezeichnete;  dass  man  (nach  v.  Humboldt)  dieBramidos  des  Cotopaxi 
in  40  bis  50  Meilen  Entfernung  wahrnahm,  ohne  dass  es  in  der  Nähe 
als  unmessbar,  als  unangebbar  mächtig  beschrieben  wurde.  Allein  es  lässt 
sich  wenig  daraus  schliessen,  und  es  fehlt  uns  ein  gemeinsames  Maass, 
um  Schallphänomene  an  verschiedenen  Orten  miteinander  vergleichen  zu 
können. 

Seit  dem  Jahre  1856  wollte  man  das  Getöse  des  Berges  (welches 
niemals  mit  einer  Erschütterung  verbunden  ist)  nicht  vernommen  haben;  aber 


Ueber  den  Reichenauer-Berg  in  Mähren.  43 

mehrfache  Aussagen  geben  an,  dass  es  stark  am  1.  oder  2.  August  1858 
gehört  wurde,  gerade  während  der  aussergewöhnüchen  Regenperiode,  welche 
damals  in  Sachsen  und  Böhmen  durch  Ueberschwemmungen  so  viel  Un- 
glück angerichtet  hat.  Als  wir  am  22.  August  den  Berg  besuchten,  war 
es  still.  Nachmittags  zog  von  S.  0.  ein  Gewitter  herauf,  und  wir  ver- 
nahmen den  fernen  Donner,  als  wir  oben  mit  den  Messungen  beschäftigt 
waren.  Ein  uns  begleitender  alter  Mann  unterschied  aber  den  Ton  des 
Donners  leicht  von  dem  Getöse  des  Berges,  welches  er  vor  Zeiten  oft 
gehört  hatte.  Bestimmte  Nachrichten,  namentlich  Zeitangaben  in  schrift- 
lichen Notizen  konnten  wir  nicht  auftreiben;  ich  erfuhr  nur,  dass  Niemand 
sich  an  ein  Erdbeben  in  dieser  Gegend  erinnert,  und  dass  das  beträcht- 
liche Erdbeben  in  Ungarn  (1858  Jan.  15.  Abends),  welches  seine  Schwin- 
gungen über  Olmütz  hinaus  bis  Mährisch-Tribau  ausdehnte,  in  Reichenau  an- 
geblich nicht  mehr  verspürt  wurde. 

Ueber  die  geognostische  Beschaffenheit  des  Reichenauer-Berges  ver- 
danke   ich    Herrn    Gustav    Ts  chermack  folgende  Aufschreibung: 

„Den  vom  Professor  Glocker  hierüber  gemachten  Mittheilungen  kann 
nur  noch  Weniges  hinzugefügt  werden ,  da  der  Bau  und  Bestand  des 
Gebirges    bei  geringer   Ausdehnung    ein   sehr    einfacher   ist. 

Das  Gestein  ist  ein  feinkörniger  Kalk-  und  eisenreicher  Plänersand- 
stein,  welcher  hie  und  da  kleine  Mergelparthien  einschliesst.  Die  grün- 
graue Farbe  desselben  geht  an  den,  der  Atmosphäre  ausgesetzten  Flächen 
in  Folge  eintretender  Oxydation  sehr  bald  in  eine  braune  oder  gelbliche 
über,  so  dass  der  Sandstein  an  der  Bergoberfläche  überall  mit  diesen 
Farben   auftritt. 

Die  im  Allgemeinen  NNW. — SSO.  streichenden  Schichten  stehen  mit 
steiler  gegen  Ost  gerichteter  Neigung  auf  den  Sandsteinen  und  Conglo- 
meraten,  die  von  Glocker  als  dem  Rothliegenden  zugehörig  erkannt, 
namentlich    am    nordwestlichen    Fusse    des   Berges    zu    Tage    treten. 

In  dem  Steinbruche,  der  an  dem  nördlichen  Ausläufer  des  Berges 
seit  nicht  langer  Zeit  eröffnet  ist,  konnte  das  Streichen  N.  20°  0  mit 
einer  Neigung  der  Schichte  von  70  —  80°  beobachtet  werden.  Die  Schich- 
tenköpfe stehen  sonach  an  dem  ganzen  Berge  gegen  West  hinaus,  daher 
der  Berg  bei  grösserer  Steilheit  und  einer  mehr  steinigen  Oberfläche  auf 
dieser  Seite  eine  dünnere  Bewaldung  zeigt  und  der  Kamm  von  West 
gesehen  sich   wie    eine   Mauer   hinzieht. 

In  der  Umgebung  der  Sümpfe  auf  dem  Bergrücken  tritt  stets  das- 
selbe Gestein  mit  demselben  Schichtenbaue  auf,  so  dass  es  mir  merk- 
würdig erscheint,  dass  unter  diesen  Umständen  auf  dem  Kamme  eine  Stag- 
nation der  Regenwasser  eintreten  konnte,  wenn  gleich  der  beckenförmige 
Bau  des  Rückens  an  der  Stelle  der  zwei  südlichen  und  am  nördlichen 
Sumpfe  hiefür  günstig  ist  (die  westliche  Vertiefung  wurde  in  neuerer  Zeit 
künstlich  zum  Theile  entwässert).  Man  wollte  nämlich  vermuthen,  dass  bei 
so  steiler  Schichtenlage  und  häufiger  Klüftung,  das  Wasser  wenigstens  den 
Schichtungsflächen    nach    leicht    durchsickern    könne. 

Vielleicht  steht  diese  Art  des  Schichtenbaues  und  das  Vorhandensein 
der  Sümpfe  mit  dem  bereits  von  Glocker  und  Schmidt  besprochenen 
Schallphänomene  in  einem  Zusammenhange,  worüber  freilich  nur  genauere 
Beobachtungen  während  des  Auftretens  jenes  Phänomens,  namentlich  über 
das    Verhalten    der    oben    stagnirenden    Wässer,    Aufschluss  geben    könnten. 


44  Dr.  Wilhelm  Barth. 

Ob  jener  Zusammenhang  besteht,  wird  sich  auch  nach  gänzlicher  Trocken- 
legung jener    Sümpfe   zeigen. 

An  dem  ganzen  Berge  ist  von  organischen  Resten  im  Sandsteine 
wenig  zu  sehen.  Bios  einige  Pflanzenspuren  konnte  ich  in  dem  erwähn- 
ten   Steinbruche    bemerken. 

Die  Flora  der  zwei  westlichen  Sümpfe  hat  nichts  charakteristisches. 
Sparsames  Schilfrohr,  xanec  caespitosa,  stricta,  vulgaris,  am  Rande  die 
gewöhnlichen  Arten  der  Eestuca  und  Poa.  Die  Blüthen  von  Ranuticulas 
Flammida,  bringen  einige  Abwechslung  hervor,  hie  und  da  umsäumt  ein 
Rasen    von   Nardus  stricta   die  Sümpfe. 

Das  grösstenteils  ausgetrocknete  westliche  Becken  hat  ganz  den  Cha- 
racter  einer  nassen  Wiese,  auf  der  bei  unserem  Besuche  zwischen  den 
Halmen  der  Seggen  der  weissen  Blüthen  der  Evphrasia  officinalis  durch- 
leuchtete. 


V. 

Versuch  einer  Erklärung  der  verhältnissmässig  höheren 

Temperatur  an  den  Polen  der  Erde  aus  dem  Verhältnisse 

zwischen  Sonne  und  Erde. 

Nach    Angaben    von    Jakob    Barth    bearbeitet 

von 

Dr.  Med.  Wilhelm  Barth. 

Mitgflheilt  in  der  Versammlung;  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  4.  Jänner  1859. 

Die  Ansicht,  dass  die  Pole  der  Erde  zugleich  auch  die  Kältepole 
seien,  d.  h.  dass  an  diesen  Punkten  der  Erde  die  niedrigste  Jahrestem- 
peratur herrsche,  war  bis  zum  Beginne  unseres  Jahrhunderts  die  allgemein 
geltende.  Die  Beobachtung,  dass  man,  je  weiter  man  von  dem  Aequator 
gegen  die  beiden  Pole  vordrang,  eine  um  so  niedere  Temperatur  fand 
und  der  Umstand,  dass  die  Pole  die  am  weitesten  vom  Aequator  ent- 
fernten Puncte  der  Erde  seien,  verliehen  dieser  Ansicht  bei  der  Unmög- 
lichkeit einer  Untersuchung  an  Ort  und  Stelle  einen  solchen  Grad  von 
Wahrscheinlichkeit ,  dass  man  ihre  Richtigkeit  bezweifeln  zu  dürfen  gar 
keine  Ursache  zu  haben  schien.  Aber  die  Schwierigkeiten,  welche  sich 
der  Auffindung  der  nordwestlichen  Durchfahrt  im  nördlichen  Eismeere 
entgegenstellten,  veranlassten  bald  sehr  verschiedene  Meinungen  über  die 
Möglichkeit  der  Lösung  dieses  Problems;  während  die  Einen  dieselbe 
geradezu  für  unmöglich  erklärten,  behaupteten  andere  und  zwar  gewich- 
tige Autoritäten  auf  das  Bestimmteste  das  Gegentheil.  Diese  Controver- 
sen  waren  die  natürliche  Veranlassung  zur  genaueren  Erwägung  der 
in  jenen  Gegenden  herrschenden  Verhältnisse;  auch  die  Ansicht  über 
die  Temperatur  an  den  Polen  der  Erde  unterzog  man  einer  genauen 
Prüfung,  welche  anfangs  Zweifel  gegen  die  Richtigkeit  derselben  ,  in 
der   Folge     aber  Hipothesen     und   Theorien     erzeugte ,     welche     eine     der 


Versuch  einer  Erklärung  der  veihältnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.        45 

vorigen  ganz  entgegengesetzte  Ansicht  über  die  Temperatur  dieser  Puncte 
begründen  sollten,  und  deren  thatsächliche  Bestätigung  man  in  einigen 
Beobachtungen    der   Nordpolarfahrer    gefunden    zu    haben   glaubte. 

Auf  Grundlage  theoretischer  Schlüsse  und  Combinationen  meinte  man 
nämlich  annehmen  zu  dürfen,  dass  jenseits  des  80°  n.  B.  eine  verhältniss- 
mässig  höhere  Temperatur  herrsche,  als  in  den  anliegenden  südlicher 
gelegenen  Zonen,  dass  somit  der  Nordpol  nicht  von  ewigem  Schnee  und 
undurchdringlichem  granitfesten  Stockeise  starre,  sondern  dass  jenseits  die- 
ser unwirthbaren  und  trostlosen  Breitegrade  ein  höheres  animalisches 
und  vegetabilisches  Leben  angetroffen  werde  und  daselbst  eine  offene  See 
ihre  eisfreien  Fluthen  treibe,  welche  den  Schiffen  jeden  Curs  ungehin- 
dert   zu    steuern    gestatte. 

Dieses  Paradoxon  stützte  man  auch  auf  eine  Beobachtung  des  Capitän 
Parry;  dieser  hatte  auf  seiner  so  ruhmreichen  Expedition  im  Jahre 
1819 — 20,  auf  welcher  er  durch  den  Lancastersund  und  die  Barrow- 
strasse  bis  zur  Banksstrasse  vordrang,  zwischen  den  Gebieten  von  North- 
Devon  und  North -Cornwallis  gegen  Norden  hin  einen  offenen  Meeresarm 
gesehen,  den  er  Wellingtoncanal  nannte.  Man  vermuthete  nun,  dieser 
offene  Meeresarm  führe  in  das  eisfreie  Polarbassin,  so  dass  man  auf  die- 
sem   Wege    den    Meridian    der   Barringsstrasse    leichter    erreichen    dürfte. 

Einen  weiteren  thatsächlichen  Beleg  für  die  Richtigkeit  ihrer  Ansicht 
sahen  die  Vertreter  eines  eisfreien  Pularbassin  in  der  Lage  des  magne- 
tischen Poles,  der  während  der  von  Capitän  John  Ross  in  den  Jahren 
1829  bis  1835  angeführten  Expedition  von  dessen  Neffen  James  Ross 
im  73°35'  n.  B.  ausgemittelt  worden  war,  indem  man  die  Vermuthung 
aussprach,  es  sei  nicht  wahrscheinlich,  dass  der  magnetische  Pol  und  der 
Pol  des  Frostes  bei  ihrer  wenn  auch  noch  nicht  bewiesenen  aber  doch 
mutmasslichen  verwandtschaftlichen  Beziehung  zu  einander  in  so  grosser 
Entfernung    von    einander   gelegen    sein   könnten. 

Obschon  nun  diese  Ansicht,  schon  wegen  des  scheinbaren  Wider- 
spruches mit  den  natürlichen  Verhältnissen  der  Dinge,  Anfangs  nur  wenige 
Anhänger  zählte,  so  gewann  sie  doch  bald  einen  ausgebreiteten  Kreis 
von  Verehrern,  indem  man  keine  Gelegenheit,  die  sich  darbot,  unbenutzt 
vorüber  gehen  Uess,  um  die  neue  Theorie  durch  scheinbar  unwiderleg- 
liche   Thatsachen   zu   befestigen. 

Besonders  verbreitet  wurde  aber  dieselbe  zur  Zeit,  als  die  engli- 
sche Regierung,  abgeschreckt  durch  die  ungünstigen  Erfolge  in  dem 
Bemühen  die  Nordwest-Passage  aufzufinden,  nach  der  Rückkehr  des  Capi- 
tän John  Ross,  welcher  nach  fast  vierjährigem  Aufenthalte  im  nördlichen 
Archipelagus  keine  glücklicheren  Resultate  als  seine  Vorfahrer  erlangt 
hatte,  sich  von  den  so  kostspieligen  Unternehmungen  im  Norden  gänzlich 
abzuwenden  und  für  die  am  nördlichen  Eismeere  gebrachten  Opfer  Ersatz 
in  der  südlichen  Polarsee  zu  suchen  schien.  Da  verbreitete  sich  das 
Gerücht,  als  wollten  die  Russen  und  Amerikaner  die  von  den  Engländern 
scheinbar  aufgegebenen  Entdeckungen  im  nördlichen  Eismeere  weiter  ver- 
folgen. Da  regte  sich  der  Nationalstolz;  man  war  gewohnt,  die  Aufsu- 
chung der  Nordwest-Passage  als  ein  Erbgut  der  englischen  Nation  und  die 
Lösung  dieses  Problems  als  mit  der  Ehre  der  englischen  Flotte  unzer- 
trennbarverbunden zu  betrachten.  Das  Bewusstsein  von  der  Grösse  derThat  und 
von  der  Wichtigkeit  der  Lösung  der  Frage  für  die  Wissenschaft  war  in 
die    weitesten    Kreise   gedrungen  und   man    war    daher    auf  allen  Seiten    auf 


46  Dr.  Wilhelm  Barth. 

das  eifrigste  bemüht,  um  so  schnell  als  möglich  eine  Expedition  auszu- 
rüsten und  vor  den  Amerikanern  an  Ort  und  Stelle  zu  sein.  Als  einen 
der  mächtigsten  Hebel  zur  Förderung  des  nationalen  Unternehmens  benützte 
man  die  wo  möglich  allgemeinste  Verbreitung  der  Idee  eines  eisfreien 
Polarbassin. 

Die  Folge  dieser  allseitigen  Bemühungen  war  die  Ausrüstung  einer 
Nordpolexpedition  im  Jahre  1845  unter  Sir  John  Franklin.  Das  geheim- 
nissvolle Schicksal  Franklins  und  seiner  tapferen  Gefährten  erregte  die 
lebhafteste  Theilnahme  und  so  tief  wir  auch  das  beklagenswerte  Loos 
dieser  Helden  betrauern  müssen,  so  müssen  wir  hinwieder  gestehen,  dass 
gerade  dieses  räthselhafte  Ende  der  Expedition  die  günstigsten  Folgen 
für  die  Wissenschaft  und  die  Schiffahrt  nach  sich  zog.  Gegen  Norden 
richteten  sich  die  Augen  und  die  Herzen  Aller;  es  wurde  Ehrensache,  die 
Verschollenen    aufzufinden    und    ihnen   Rettung    zu    bringen. 

Aber  auch  für  die  Vertheidiger  der  Ansicht  einer  eisfreien  Polarsee 
war  das  räthselhafte  Ende  dieser  Expedition  nicht  nur  kein  Gegenbeweis, 
sondern  sie  fanden  gerade  hierin  einen  Beweis  für  die  Richtigkeit  ihrer 
Ansicht;  sie  sagten  nämlich:  Franklin  habe  —  gemäss  seinen  Instructionen, 
welche  ihn  anwiesen,  durch  die  Barowstrasse  gegen  Westen  vorzudrin- 
gen, und  wenn  die  südlich  und  südwestlich  führenden  Meeresarme  unfahr- 
bar befunden  würden,  den  Wellingtoncanal  zu  versuchen,  Franklin  habe 
diesen  Weg  eingeschlagen,  habe  so  das  eisfreie  Polarmeer  erreicht,  daselbst 
eine  relativ  höhere  Temperatur,  ein  höheres  Thier-  und  Pflanzenleben, 
somit  alle  Mittel  zu  seiner  Erhaltung  angetroffen  —  nur  sei  ihm  die  Rück- 
kehr durch    die    Eiswüste   versperrt. 

Zu  solchen  fast  an  das  Märchenhafte  gränzenden  Vorstellungen  liess 
man    sich    hinreissen. 

Hervorgerufen  und  unterstützt  wurde  diese  Ansicht  durch  den  Wall- 
fischcapitän  Penny,  welcher  der  zweiten  Expedition  zur  Rettung  Franklin's 
im  Jahre  1851  unter  Capitän  Austir  beigegeben  war  mit  der  Weisung, 
im  Wellingtoncanal  zu  kundschaften  Er  kam  mit  der  überraschenden 
Nachricht  zurück,  dass  er  im  oberen  Wellingtoncanal  ein  milderes  Klima 
und  Spuren  eines  höheren  Thier-  und  Pflanzenlebens  und  einer  offenen 
See  zu  einer  Zeit  angetroffen  habe,  zu  welcher  die  Barowstrasse  für  die 
Schiffahrt  noch  in  tiefem  Winter  lag. 

So  war  Penny  der  erste,  welcher  die  Theorie  eines  eisfreien  Polar- 
meeres durch  die  That  zur  Wahrheit  zu  machen  schien.  Allein  die  Freude 
sollte  nicht  lange  dauern.  Schon  im  folgenden  Jahre  1852  gelang  es 
Capitän  Bei  eher  im  Wellingtoncanal  weiter  nach  Norden  vorzudringen, 
als  Penny  je  gekommen  war.  Er  hatte  jenseits  des  76°  n.  B.  die  Mün- 
dung des  Canals  und  die  offene  See  gefunden.  Aber  wie  gross  war 
seine  Enttäuschung!  Statt  der  milderen  Temperatur  heftige,  orkanähnliche 
Stürme;  statt  der  ruhigen  See  ein  von  furchtbaren  Eismassen  durchwog- 
tes  tosendes  Meer,  das  jedem  Schiffe  unabweislichen  Untergang  drohte ! 
Ueberdiess  war  der  Zugang  zur  Mündung  des  Canals  durch  undurchdring- 
liche   Eismassen    versperrt. 

Dieser  Bericht  des  Capitän  B  eich  er  war  nicht  sehr  erfreulich  für 
die  Anhänger  der  neuen  Theorie:  aber  ungeachtet  dieser  so  ungünstig 
lautenden  Nachrichten  liess  man  den  Muth  nicht  sinken,  ja  mit  den  stei- 
genden Hindernissen  steigerten  sich  sogar  die  Vorstellungen  zu  den  san- 
guinischesten   Träumereien    und    es    hätte    nicht    viel    gefehlt,    so    hätte  man 


Versuch  einer  Erklärung  der  verhältnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.       47 

das  Arcadien  der  Dichter  an  den  Nordpol  verlegt.  Das  Glück  war  ihnen 
auch  günstig;  sie  fanden  auch  einen  zweiten  Verfechter  an  Capitän  Ing- 
lefield,  welcher  ebenfalls  im  Jahre  1852  im  Smithsunde  bis  zu  78°  42" 
21"  vordrang  und  von  da  nordwärts,  so  weit  das  Auge  reichte,  eine 
eisfreie  See  erblickt  haben  will.  Dadurch  wurde  Belcher's  Bericht  neu- 
tralisirt.  Inglefield  sagt,  dass  nur  die  vorgerückte  Jahreszeit  und  der 
Mangel  an  Lebensmitteln  ihn  abgehalten  hätten,  der  so  lockenden  Einla- 
dung diese  See  weiter  zu  befahren  nachzukommen.  Aber  auch  diese 
Entdeckung  wurde  von  dem  letzten  der  nordischen  Helden  —  dem  ver- 
ewigten Dr.  Kane  —  in  das  Bereich  der  visionären  Entdeckungen  ver- 
wiesen, während  Kane  seinerseits  berichtet,  dass  durch  seine  Expedition 
das  eisfreie  Polarbassin  entdeckt  worden  sei.  So  wurde  diese  Frage  von 
den  Seefahrern  abwechselnd  behauptet  und  widerlegt,  und  man  konnte  es 
als  ein  gutes  Omen  bezeichnen,  dass  sie.  obwohl  widerlegt  —  schliesslich 
dennoch    wieder   behauptet    wurde. 

Dr.  Kane's  Entdeckung  ist  bis  jetzt  weder  bestätiget  noch  wider- 
legt worden ,  und  wir  haben  —  im  Hinblick  auf  die  vorausgegangenen 
Täuschungnn  auf  diesem  Gebiete  wohl  das  Recht,  den  Bericht  Kane's 
näher    zu    prüfen,    bevor    wir    uns    seinem    Spruche    unbedingt    unterwerfen. 

Kane  berichtet  nur,  dass  sein  Matrose  Mort  on,  begleitet  von  dem 
Esquimo  Hanns  Christia  n,  den  Humboldtgletscher  umging,  dass  er,  nach- 
dem er  sich  auch  von  dem  Esquimo  getrennt  hatte,  am  westlichen  Aus- 
laufe des  Gletschers  einen  offenen  Canal  fand  —  den  Kennedycanal  — 
dessen  Breite  er  auf  32  Meilen  schätzt.  Je  weiter  nordwärts  er  kam, 
um  so  eisfreier  wurde  das  Wasser,  an  dessen  Rande  Seehunde  und 
Seevögel  immer  zahlreicher  erschienen:  auch  grüne  Gräser  und  einzelne 
Arten  der  arctischen  Flora  fanden  sich  vor.  Morton  verfolgte  die 
Küsten  immer  weiter  nordwärts ,  die  Höhe  des  Washingtonlandes  zur 
Rechten,  den  Canal  zur  Linken.  Am  24.  Juni  1854  erreichte  er  den 
äussersten  Punct.  Er  erklimmt  jenseits  des  81°  n.  B.  das  Cap  Consti- 
tution bis  zu  einer  Höhe  von  480  Fuss ,  und  pflanzt  hier ,  Angesichts 
einer  nach  Norden  hin  unübersehbaren  in  offenen,  eisfreien  Fluthen  wo- 
genden See,  welche  gegen  Westen  hin  die  kühn  emporsteigenden  Höhen- 
bildungen des  Grinellandes  bis  über  den  82°  n.  B.  sichtbar  bespült,  in 
begeisterter  Stimmung  die  amerikanische  Flagge  auf.  Morton  führte  Kom- 
pass,    Sextanten    und    einen    künstlichen    Horizont    mit    sich. 

Kane  war  durch  Krankheit  gezwungen  zurückgeblieben,  und  er  ver- 
fasste  diesen  Bericht  auf  die  Erzählung  seines  Matrosen,  welcher  allein 
—  denn  selbst  von  dem  Esquimo  hatte  er  sich  getrennt  —  diese  Ent- 
deckung machte,  preisgegeben  allen  Eindrücken  der  erhabenen  und  gross- 
artigen Natur,  in  einer  durch  fabelhafte  Luftspiegelungen  und  andere  oft 
stundenlang  andauernde  Sinnestäuschungen  die  unbefangene  Beobachtung 
gefangen  nehmenden  Gegend,  nach  einer  die  Nerven  aufregenden  und 
höchst  anstrengenden  Reise ,  und  nach  vierwochentlicher  Trennung  von 
seinem  Herrn  und  Meister,  den  er  krank  und  unbefriediget  von  seinen 
bisherigen  Resultaten  zurückgelassen  hatte.  Eine  unter  solchen  ausseror- 
dentlichen Umständen  gemachte  Entdeckung  kann  bei  aller  Ehrfurcht  vor 
Kane,  bei  aller  Ehrenhaftigkeit  M  orton's  doch  von  der  Wissenschaft  nicht 
als  unbedingte  Wahrheit  angenommen  werden,  und  diess  um  so  weniger, 
je  wichtiger  und  folgenreicher  eben  diese  Entdeckung  für  die  Wissen- 
schaft  ist. 

Drei  Mal  innerhalb  eines  Jahrzehends  sollte  die  offene  See  im  Nor- 
den  gesehen   worden   sein!  Zwei    Mal    war   die   Entdeckung    gemacht   wor- 


48  Dr.  Wilhelm  Barth. 

den  von  erfahrenen  und  gebildeten  Seefahrern,  umgeben  von  ihren  Mann- 
schaften und  Offizieren  —  und  beide  Entdeckungen  wurden  in  der  Folge 
als  irrthümlich  zurückgewiesen.  Das  dritte  Mal  wurde  sie  gemacht  von 
einem  —  wenn  auch  ehrenhaften  —  doch  weniger  gebildeten  Manne, 
welcher    ohne    alle    Begleitung    war. 

Wenn  man  diesen  Verlauf  der  Geschichte  dieser  Entdeckung  berück- 
sichtiget, so  könnte  man  schliesslich  fragen:  ob  denn  nicht  Penny  sowohl 
als  auch  Inglefiel  d  Recht  hatten  mit  ihrer  Behauptung  und  ihre  Censoren 
Unrecht?  Penny  soll  die  offene  See  im  oberen  Wellingtoncanal  gesehen 
haben.  Ein  Jahr  darauf  findet  Belcher,  welcher  bis  zum  76°  vordrang, 
wohl  die  Mündung  des  Canals  und  eine  offene  See,  aber  von  Treibeis 
und  Eisbergen  durchbraust.  Im  Jahre  1852  soll  Inglefield  die  offene  See 
im  78°  im  Smithsunde  gesehen  haben.  Zwei  Jahre  später  ist  Kane  nicht 
im  Stande,  daselbst  eine  See  zu  entdecken;  sein  Matrose  musste  bis  zum 
81°  vordringen,  und  entdeckt  sie  daselbst.  Wir  sehen ,  dass  die  Ent- 
deckungen der  Vorfahrer  von  ihrem  Nachfolger  nur  in  höheren  Breiten 
bestätiget  wurden.  Ist  da  der  Gedanke  nicht  nahe  liegend,  dass  bei  der 
Aehnlichkeit  der  Polarwelt  mit  der  Natur  der  Hochgebirge  dort  solche 
Vorgänge  statt  finden,  wie  hier,  dass  so  wie  hier  die  Gletscher  wach- 
sen, auch  dort  die  Region  des  ewigen  Eises  immer  weiter  um  sich 
greife?  Freilich  wird  man  sagen  ist  der  Zeitraum  von  ein  oder  zwei 
Jahren  viel  zu  kurz  bemessen ,  um  solche  ausgedehnte  Veränderungen 
hervorzubringen;  aber  finden  wir  nicht  auf  der  südlichen  Seite  der  Polar- 
zone die  Thatsache  festgestellt,  dass  auf  Puncten,  welche  gegenwärtig  von 
allen  menschlichen  Ansiedlungen  verlassen  sind,  die  Ueberreste  von  mensch- 
lichen Wohnstätten  und  die  Spuren  einer  untergegangenen  Thier-  und 
Pflanzenwelt  vorhanden  sind,  und  ist  es  nicht  möglich,  dass  bei  dem  vor- 
handenen Wasserreichthume  die  Eisbildung  unter  günstigen  Umständen 
rasch  und  im  ausgedehntesten  Maasse  stattfinde?  dass  also  jenseits  des 
80°  n.  B.  wirklich  die  offene  See  einstens  gewesen,  welche  aber  durch 
den  stettigen  Eisbildungsprocess  immer  weiter  gegen  den  Nordpol 
zurückgedrängt    werde. 

Unter  den  Theoretikern,  welche  die  Ansicht  einer  eisfreien  Polarsee 
auf  das  lebhafteste  befürworteten,  ragen  Dr.  August  Petermann  in 
Europa  und    der  Astronom  und  Geograph  Maury   in  Amerika  besonders  hervor. 

Petermann  hatte  schon  vorder  Entdeckung  Inglefield 's  in  verschie- 
denen Blättern  Ansichten  und  Hypothesen  über  das  Thier-  und  Pflanzen- 
leben in  der  hohen  Polarzone  und  über  eine  offene  See  in  den  noch 
nicht  erreichten  hohen  Breitengraden  ausgesprochen.  Der  Bericht  Ingle- 
field's  bestärkte  ihn  in  seinen  Ansichten  auf  das  Lebhafteste.  Allein  Peter- 
mann war  nicht  im  Stande,  die  arctischen  Autoritäten  von  der  Richtigkeit 
seiner  Theorien  zu  überzeugen;  man  hielt  ihm  die  Gesammtheit  aller  bishe- 
rigen Entdeckungen  entgegen;  man  wies  daraufhin,  dass  Capitän  Phipps 
im  Jahre  1773  bis  zum  81»,  Capitän  Parryim  Jahre  1827  bis  zum  82° 40" 
23"  vorgedrungen  waren,  ohne  die  offene  See  zu  finden.  Petermanns  Ansich- 
ten wurden  von  Scoresby  und  Beechey  im  Jahre  1853  in  den  Times  so  ent- 
schieden widerlegt,  dass  sie  allen  Halt  verloren  zu  haben  schienen,  und  es 
den  Anschein  hatte,  als  wäre  diese  Frage  für  immer  abgethan.  Petermann 
selbst  zog  sich  zurück. 

Mit  ungleich  günstigerem  Erfolge  schien  Maury  in  Amerika  für  die 
Sache  aufzutreten.  Er  war  auf  Grund  theoretischer  Combinationen  zu  dem 
Schlüsse  gekommen,  dass  jenseits  des  80°  n.  B.  eine  eisfreie  See  und  ein 
höheres  Thier-  und  Pflanzenleben  herrsche,  und  wusste  seine  Theorie,  welche 


Versuch  einer  Erklärung  der  verhältnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.        49 

ein  neues  System  der  phisikalischen  Geographie  zu  gründen  geeignet  schien, 
auf  scheinbar  unwiderlegbare  Thathsachen  und  Grundsätze  zu  stützen ,  dass 
sie  den  Anforderungen  der  Wissenschaft  vollkommen  gerecht  wurde,  und  als 
Kan  e's  Bericht  bekannt  wurde,  nahm  er  keinen  Anstand,  diese  seine  mit  so 
grosser  Zuversichtlichkeit  gefasste  Voraussetzung  als  eine  vollendete  Thatsache 
hinzustellen.  Maury  sucht  die  Gründe  für  seine  Behauptung  in  den  Meeresströ- 
mungen und  erklärt  die  verhältnissmässig  höhere  Temperatur  am  Nordpol  für 
eine  Wirkung  des  submarin  in  das  Polarbassin  eintretenden  warmen  Golfstromes. 

Dr.  Brandes,  Mitglied  der  geographischen  Gesellschaft  zu  Berlin, 
hat  in  einem  im  zwanzigsten  Hefte  des  Jahrbuches  zum  Konversationsle- 
xikon abgedruckten  Aufsatze,  welchen  ich  zum  Entwurf  dieser  Skizze 
benützte,  die  Aussprüche  Maury's  einer  eingehenden  Kritik  unterzogen  und 
ist  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  J;dass  von  dem  Richterstuhle  der  Wis- 
senschaft die  ganze,  so  anziehend  ausgemalte  Maury'sche  Vorstellung  von 
dem  in  der  Tiefe  des  Meeresgrundes  zu  dem  Punkte  des  Nordpols  hin- 
aufgetriebenen Golfstrom,  von  der  Bedeutung  desselben  im  Haushalte  der 
Natur,  von  den  eigenthümlichen  Umständen,  welche  seine  warme  Tempe- 
ratur, durch  eine  Zone  furchtbaren  Frostes  hindurch  bis  zum  Nordpol 
hinauftreten  für  nicht  viel  mehr  als  ein  geistreiches,  lebensvolles  Traum- 
bild   erklärt   werden    müsse. K 

Dr.  Kane,  welchem  Maury  seine  Theorie  einer  submarinen  Einströ- 
mung des  Golfstromes  gerne  unterlegen  möchte,  gibt  eine  den  Verhält- 
nissen bei  weitem  natürlichere  Ursache  der  beobachteten  Meeresströmun- 
gen an.  Er  sagt  nämlich,  dass  dem  Polarmeere  die  Gewässer  dreier 
Continente  zugewandt  seien,  ein  Zufluss,  welcher  noch  vermehret  werde 
durch  die  in  den  hohen  Breiten  gesteigerte  Präcipitation.  Im  Gegensatze 
solcher  Zuflüsse  könne  in  dem  überfüllten  arctischen  Bassin  auch  ein 
Ausgang  nicht  fehlen,  durch  welchen  sein  Inhalt  unter  einer  von  den 
Gesetzen  der  Strömung  unabhängigen  Operation  gegen  den  Aequator  zu 
hinweggeräumt  werde.  Diess  führt  ihn  dann  sistematisch  weiter  zur  Auf- 
zählung   der    drei    Eismeerstrassen    des    Polarbassins. 

Es  scheint  somit  den  Theoretikern  nicht  besser  zu  ergehen ,  als 
den  praktischen  Seeleuten  —  auch  sie  fanden  mit  ihren  Ansichten  nicht 
unbedingten    Glauben. 

In  neuester  Zeit  hat  Dr.  Robert  Froriep  in  seiner  Schrift:  „das 
Klima  am  Nordpol"  die  Aufmerksamkeit  auf  den  Einfluss  der  Luftströmun- 
gen gelenkt,  der  sich  in  der  Gegend  des  Poles  in  hohem  Grade  gel- 
tend machen  müsste ,  wo  die  sämmtlichen  Aequatorialströmungen  der 
Theorie  nach  zusammentreffen.  Diese  müssten  nicht  nur  eine  Erhöhung 
der  Temperatur  bedingen,  sondern  auch  durch  ihre  Abkühlung  am  Pol 
mächtige  Niederschläge  bilden ,  woraus  sich  die  aus  dem  Polar-Meer 
beständig  hervorkommenden  Meeresströmungen  erklären  und  zwar  führen 
sie  diesem  Meere  meteorologisches,  d.  h.  salzfreies  Wasser  zu,  was  wie- 
derum mit  der  Beobachtung  übereinstimmt,  dass  der  Salzgehalt  des  Meeres 
gegen  die  Pole  zu  abnehme.  Vielleicht  Hesse  sich,  meint  der  Verfasser 
hiemit  auch  das  Phänomen  des  Nordlichts  in  Zusammenhang  bringen; 
denn  es  sei  wahrscheinlich,  dass  durch  das  Zusammentreffen  vieler  Aequa- 
torialströme  in  der  kalten  Polargegend  furchtbare  Gewitter  entständen, 
deren    Widerschein    eben   das    Nordlicht   sein    dürfte. 

So  lautet  die  Inhaltsanzeige  dieser  Schrift  im  VI.  Hefte  des  Jahr- 
ganges 1857  von  Petermann's  Mittheilungendes    geographischen  Institutes 

Mittheilungen    der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  1.  Heft.  '' 


50  Med.  Dr.  Wilhelm  Barth. 

zu  Gotha.  Ich  war  nicht  im  Stande,  diese  Schrift  selbst  zu  Gesichte  zu 
bekommen  und  die  ausführliche  Deduction  Froriep's  kennen  zu  lernen,  bin 
daher  auch  nicht  im  Stande  dieselbe  zu  prüfen;  nur  so  viel  sei  mir 
gestattet,  darüber  zu  bemerken,  dass  es  mir  gewagt  erscheine,  die  Luft- 
strömungen, deren  Einfluss  auf  die  Temperatur  einer  Gegend  wohl  ohne 
Zweifel  ist,  als  die  letzte  Ursache  dieser  Temperatur  hinzustellen,  indem 
ich  glaube,  dass  die  Luftströmungen  eher  durch  die  Temperatur,  als  diese 
durch  jene  hervorgebracht  werden  dürften,  so  dass  also  Ursache  und  Wir- 
kung im  umgekehrten  Verhältnisse  aufgefasst  seien ,  abgesehen  von  der 
Schwierigkeit  der  Erklärung,  wie  die  Luftströmungen,  die  am  Aequator  auf- 
steigen und  in  Folge  ihres  geringeren  Gewichtes  und  des  Bestrebens  sich 
auszudehnen  doch  immer  nur  in  einer  beträchtlichen  Höhe  der  Atmosphäre 
gegen  die  Pole  abfliesen  werden,  ihre  warme  Temperatur  durch  alle  Brei- 
tengrade   hinauf  bis  zum  Nordpol  erhalten? 

Soviel  über  die  Geschichte  dieser  gewiss  nicht  uninteressanten  und 
unwichtigen  Frage. 

Wir  wollen  nun  untersuchen  in  wie  weit  es  denn  überhaupt  gerecht- 
fertiget sei,  an  den  Polen  eine  verhältnissmässig  höhere  Temperatur  anzu- 
nehmen; wir  wollen  bei  dieser  Untersuchung  absehen  von  allen  Hypothesen 
und  Ueberlieferungen,  und  nur  dasjenige  Verhältniss  ins  Auge  fassen,  wel- 
ches die  wirkliche  Ursache  der  Erwärmung  unserer  Erde  ist ,  nämlich  das 
Verhältniss  derselben  zur  Sonne,  als  seiner  Licht-  und  Wärmequelle. 

Es  ist  bekannt,  dass  die  Centralwärme  der  Erde  aufgehört  hat,  Ein- 
fluss auszuüben  auf  die  Temperatur  der  Oberfläche  derselben,  und  dass  diese 
allein  abhängt  von  der  Wärme,  welche  sie  von  der  Sonne  erhält.  Allein 
es  wird  nicht  die  ganze  Erde  auf  einmal  von  der  Sonne  erleuchtet  und 
erwärmt,  sondern  nur  ein  Theil  derselben  und  zwar  jener,  welcher  der 
Sonne  zugekehrt  ist. 

Der  andere  Theil  der  Erde,  welcher  der  Sonne  nicht  zugekehrt  ist, 
wird  auch  von  den  Strahlen  der  Sonne  nicht  getroffen ,  somit  auch  nicht 
erwärmt,  und  es  wird  daher  seine  Temperatur  um  so  viel  niedriger  sein,  als  die 
Sonnenwärme  beträgt,  welche  die  der  Sonne  zugekehrte  Seite  der  Erde 
empfängt.  Dadurch  entstehen  zwei,  jeder  eine  Hälfte  des  Erdsphäroids  um- 
schliessende  Räume  von  ungleicher  Temperatur,  indem  der  zwischen  der 
Erde  und  Sonne  gelegene  Raum  eine  höhere ,  hingegen  der  die  von  der 
Sonne  abgewendete  Seite  der  Erde  umhüllende  Raum  eine  niedrigere  Tempe- 
ratur hat. 

Während  der  täglichen  Umdrehung  der  Erde  um  ihre  Axe  bewegen 
sich  alle  Theile  derselben  abwechselnd  in  diesen  beiden  Räumen  und  werden 
daher  vermöge  des  Bestrebens  der  Wärme,  in  den  Körpern  und  ihrer 
Umgebung  sich  in's  Gleichgewicht  zu  setzen,  während  sie  sich  in  dem 
zwischen  der  Erde  und  der  Sonne  gelegenen,  als  der  mit  höherer  Tem- 
peratur erfüllten  oder  dem  Tagraume  bewegen,  Wärme  aufnehmen,  hin- 
gegen in  dem,  die  von  der  Sonne  abgewendete  Seite  der  Erde  um- 
schliessenden  von  niedriger  Temperatur  erfüllten  oder  dem  Nacht-  oder 
Schattenraume,  Wärme  abgeben  oder  ausstrahlen.  Auf  diese  Weise  findet 
die  Ausgleichung  zwischen  der  Temperatur  eines  Punctes  bei  Tage  und 
der  bei  der  Nacht  statt  und  es  wird  somit  die  mittlere  Temperatur 
eines  Erdstriches  abhängig  sein  von  dem  Verhältnisse  zwischen  der  Wärme- 
aufnahme   und    der    Wärmeabgabe     oder    der    Ausstrahlung.      Alles     daher, 


Versuch  einer  Erklärung  der  verhältnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.         51 

was  die  Ausstrahlung  während  der  Nacht  vermehrt  oder  vermindert,  wird 
eben  so  wie  alles,  wodurch  die  während  des  Tages  der  Erde  zugesendete 
Wärme  mehr  oder  weniger  wirksam  gemacht  wird ,  eine  entsprechende 
Veränderung    in    der   mittleren    Temperatur  hervorbringen. 

Abgesehen  von  den  Modißcationen,  welche  durch  die  grössere  und 
geringere  Leitungsfälligkeit  eines  Körpers  hervorgebracht  werden  können, 
ist  die  Abgabe  der  Wärme  vorzüglich  abhängig:  1.  von  dem  Unter- 
schiede zwischen  der  Temperatur  des  erwärmten  Körpers  und  der  des 
Raumes,  in  dem  er  sich  befindet;  2.  von  der  Zeit,  durch  welche  er  in 
diesem  Räume  verweilt  und  3.  von  der  Grösse  des  Raumes,  in  welchem 
die   Ausstrahlung   statt   findet. 

Dieses  Verhältniss  gilt  auch  von  der  Wärmeaufnahme,  wenn  ein 
Körper  in  einem  Räume  von  gleichmässiger  Temperatur  sich  befindet. 
Aber  das  Verhältniss  ändert  sich  sogleich  ,  wenn  ein  Körper ,  so  wie 
unsere  Erde,  in  eine  Wärmeströmung  zu  liegen  kommt.  Hier  ist  die 
Richtung,  in  welcher  die  einzelnen  Theile  von  den  Wärmestrahlen  ge- 
troffen werden,  von  grossem  Einfluss,  und  je  mehr  abweichend  von  der 
Senkrechten,  je  schiefer  die  Theile  getroffen  werden,  um  so  geringer  ist 
—  bei    übrigens    gleicher  Dauer  der  Einwirkung  —  ihre    Erwärmung. 

Während  der  Umdrehung  der  Erde  um  die  Sonne,  d.  h.  während 
der  Dauer  eines  Jahres  haben  alle  Theile  der  Erde  gleich  lange  Zeit 
Tag    und   eben   so    lange    Zeit   Nacht. 

Obwohl  nun  während  dieser  Zeit  alle  Theile  der  Erde  gleich  lange 
Zeit  Tag  haben,  d.  h.  Wärme  aufnehmen,  so  ist  doch  ihre  Erwärmung 
nicht  gleich  gross,  indem  bei  der  sphäroidalen  Gestalt  der  Erde  die 
Strahlen  der  Sonne  nur  an  einer  Stelle,  nämlich  am  Aequator  senkrecht 
auffallen  können,  und  daher  nur  an  dieser  Stelle  am  wirksamsten  sein 
werden;  je  weiter  hingegen  ein  Ort  von  dieser  Stelle  gegen  die  Pole  zu 
entfernt  liegt,  desto  schiefer  wird  derselbe  von  den  Strahlen  der  Sonne  ge- 
troffen, desto  weniger  wirksam  und  desto  geringer  wird  die  Erwärmung 
desselben    sein. 

Aber  eben  so,  wie  alle  Theile  der  Erde  während  der  Dauer  eines 
Jahres  gleich  lange  Zeit  Tag  haben,  eben  so  haben  sie  während  dieses 
Zeitraumes  gleich  lange  Zeit  Nacht,  während  welcher  sie  die  bei  Tage 
aufgenommene  Wärme  theilweise  wieder  abgeben  oder  ausstrahlen.  Die 
Ausstrahlung  findet  statt  gegen  den  Planetenraum,  dessen  Temperatur  Fou- 
rier  auf —  SO0  berechnet  hat.  Hier  findet  die  Ausstrahlung  ihre  Grenzen. 
Im  Vergleiche  zu  dieser  niederen  Temperatur  wird  selbst  das  zu  Eis 
erstarrte  Wasser  noch  immer  eine  höhere  Temperatur  besitzen  und  Wär- 
mestrahlen abgeben.  Es  werden  daher  die  in  der  Nähe  der  Pole  gele- 
genen Orte  trotz  ihrer  geringeren  Erwärmung  ebenso  wie  die  südlich 
gelegenen  Breiten  so  lange  Wärme  abgeben,  bis  das  Gleichgewicht  in 
der  Temperatur    hergestellt    ist. 

Die  Beobachtung  Capitän  Parry's,  welcher  auf  Melville-Island  eine  Tem- 
peratur von —  48°  und  des  Capitän  Ross,  welcher  später  die  Temperatur 
von  — •  öl0,  die  niedrigste  natürliche,  bis  jetzt  beobachtete  Temperatur, 
beobachteten,    scheint    für    diesen    Vorgang   zu    sprechen. 

Da  wir  nun  in  der  südlichen  Zone  niemals  eine  so  niedrige  Tem- 
peratur beobachten ,  so  können  wir  annehmen ,  dass  die  Abgabe  der 
Wärme  während  einer  Umdrehung  der  Erde  um  die  Sonne  auf  allen 
Punkten    derselben    gleich    gross    sei    —    oder    wenn    ich    mich    eines    bild- 

d* 


52  Med.  Dr.  Wilhelm  Barth. 

liehen  Ausdrucks  bedienen  darf —  ein  Thermometer  würde,  wenn  dieser 
Vorgang  durch  dasselbe  messbar  wäre  ,  an  allen  Punkten  um  eine  gleiche 
Anzahl  Grade  sinken,  nur  würde  in  den  südlichen  Breiten  die  Scala  bei 
einem  höheren,  in  den  nördlichen  bei  einem  tieferen  Gradpuncte  ihren 
Ausgang    nehmen. 

Wenn  nun  während  der  Dauer  eines  Jahres  oder  eines  Umganges 
der  Erde  um  die  Sonne  die  Abgabe  der  Wärme  an  allen  Puncten  der 
Erde  als  gleich  gross  angenommen  werden  kann,  während  die  Aufnahme 
der  Wärme  um  so  geringer  ist,  je  entfernter  ein  Ort  vom  Aequator  liegt 
und  da  die  Pole  die  am  weitesten  vom  Aequator  gelegenen  Orte  sind, 
so  würde  daselbst  auch  die  niedrigste  mittlere  Temperatur  sein ,  wenn 
nicht  daselbst  eigentümliche  Verhältnisse  obwalten  würden ,  bei  de- 
ren Prüfung  sich  die  Gründe  einer  entgegengesetzten  Ansicht  heraus- 
stellen. 

In  der  Bahn,  welche  die  Erde  um  die  Sonne  beschreibt,  sind  be- 
kanntlich die  wichtigsten  Puncte  jene,  an  welcher  das  Aequinoctium  und 
das    Solstitium    eintritt. 

Wie  verhält  sich  nun  die  Erde  bezüglich  der  Wärmeaufnahme  und 
Abgabe    dieser   Zeit? 

Zur  Zeit  der  Aequinoctien  werden  nicht  bloss  am  Aequator,  sondern  auch 
an  allen  übrigen  Puncten  der  Erde  Tag  und  Nacht  gleich  lang  sein,  und  dieser 
Zeitpunct  ist  es,  an  dem  die  eigenthümlichen  Verhältnisse  an  den 
Polen  zur  Beurtheilung  der  vorliegenden  Frage  besonders  ersichtlich 
werden. 

Da  zu  dieser  Zeit  die  Verhältnisse  bezüglich  der  Aufnahme  so  wie 
der  Abgabe  von  Wärme  während  einer  Umdrehung  der  Erde  um  ihre 
Axe  d.  i.  während  eines  Tages  denselben  Verhältnissen  während  einer 
Umdrehung  der  Erde  um  die  Sonne,  d.  i.  während  eines  Jahres  in  so- 
fern annalog  sind ,  als  während  des  Zeitraumes  dieses  Tages  ebenso, 
wie  in  dem  Zeiträume  eines  Jahres  alle  Theile  der  Erde  gleich  lange 
Zeit  Tag  und  gleich  lange  Zeit  Nacht  haben,  d.  h.  gleich  lange  Zeit 
Wärme  aufnehmen  und  eben  so  lange  Wärme  abgeben,  so  wird  die  mitt- 
lere Tagestemperatur  zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleichen  der  mittleren 
Jahrestemperatur  der  verschiedenen  Zonen  entsprechen  und  es  dürfte  daher 
nicht  unstatthaft  sein,  die  Stellung  der  Erde  zur  Zeit  der  Aequinoctien 
als  Mittel  zur  annäherungsweisen  Bestimmung  der  mittleren  Temperatur 
an    den    Polen    zu    benützen. 

Zur  Zeit  der  Tag  und  Nachtgleichen  bewegen  sich  alle  Theile  der 
Erde  während  einer  Umdrehung  derselben  um  ihre  Axe  12  Stunden  in 
dem  Tagraum  und  eben  so  lange  in  dem  Nachtraum;  sie  nehmen  daher 
durch  12  Stunden  Wärme  auf  und  geben  während  den  andern  12  Stun- 
den von  der  aufgenommenen  Wärme  an  den  von  den  Sonnenraum  ent- 
blössten  Schattenraum  so  viel  ab,  als  nöthig  ist,  um  die  bestehende 
Temperatur    zu    erhalten. 

Während  nun  alle  Theile  der  Erde  12  Stunden  Nacht  haben  und 
Wärme  abgeben,  fallen  an  den  Polen  die  Sonnenstrahlen  während  des 
ganzen  Umschwunges  der  Erde,  also  während  der  vollen  24  Stunden  des 
Tages  ununterbrochen  in  die  oberhalb  den  Polen  befindliche  Atmosphäre, 
Figur  1.  und  indem  sie  hiedurch  um  so  mehr  in  einer  gleichmässi- 
gen  Temperatur  erhalten  werden  wird,  als  auch  der  oberhalb  befind- 
liche   Baum    ganz    von    Sonnenstrahlen    erfüllt    ist,     und    daher  kaum  eine 


Versuche  einer  Erklärung  der  verhiiltnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.       53 


Ausstrahlung  nach  oben  hin  statt- 
finden wird,  bildet  diese  Atmos- 
phäre, wie  aus  der  nebenstehenden 
Figur  ersichtlich  ist,  für  die  Pole 
und  deren  nächste  Umgebung  eine 
Decke,wodurch  die  Ausstrahlung  der 
bei  Tage  aufgenommenen  Wärme 
wärend  der  Nacht  wenn  auch  nicht 
ganz  aufgehoben,  so  doch  in  un- 
gleich geringerem  Masse  stattfinden 
wird ,  als  an  allen  von  den  Polen 
weiter  entfernten  Breitegraden,  und 
es  wird  daher  in  eben  demMaasse, 
als  die  Ausstrahlung  vermindert  ist, 
die  mittlere  Tagestemperatur  zur 
Zeit  der  Tag  und  Nachtgleiche  an 
den  Polen  beziehungsweise  hö- 
her   sein. 

Dieses      Verhältniss     be- 
schränkt   sich    aber   nicht     bloss 
auf    die    Pole  und  deren  nächste 
Umgebung  ,      sondern      erstreckt 
sich      noch      über      einige      anstossende 
Breitegrade     hinaus.     Denn   wir  finden  , 
dass    diejenigen    Sonnenstrahlen,  welche, 
wenn  sie    ungebrochen    durch     die     At- 


Fig.  1 


Stellung  der  Erde  zur  Zeit  der  Aequinoctien 
E  die  Erde.  A  die  Atmosphäre.  S  Son- 
nenstrahlen. N  Nachtraum,  a  der  von 
Sonnenstrahlen  erfüllte  Theil  der  Atmo- 
sphäre ober  den  Polen  a'  der  von  Son- 
nenstrahlen erfüllte  Planetenraum. 


Erde 
in  die 


mosphäre  gehen  würden  ,  die 
tangiren,  beiläufig  im  82°  d.  B. 
Atmosphäre    eintreten. 

Es  sei  Fig.  2.  E  die  Erde,  A  die 
Atmosphäre  ,  b  d  die  Polarachse  der 
Erde  =  1715.8  geographische  Meilen. 
Da  die  Atmosphäre  wegen  der  leichten 
Verschiebbarkeit  ihrer  Theilchen  dem  Ge- 
setze der  Centrifugalkraft  in  hohem 
Grade  folgen  und  so  wie  die  Erde  einen  elliptischen  Körper  bilden 
wird  ,  dessen  Höhe  zwischen  9  und  24  variiren  soll,  so  werden  wir  die 
niedrigste  Höhe  derselben  mit  9  Meilen  an    den    Polen    ansetzen. 

Es  ist  somit  ab  (Fig.  2)  =  9  Meilen;  die  Polarachse  des  Sphäroides  A. 
ist   gleich    der    Polarachse    der  Erde    bd  mehr    der    doppelten   Polhöhe    der 
Atmosphäre.     Ziehen    wir   nun  eine    Senkrechte    zur    a  e    auf   den    Punkt   b, 
so   wird   hb    eine    Tangente    zur    Ellipse    E    sein    und    demnach    diejenigen 
Sonnenstrahlen  repräsentiren,  welche  den  Nordpol  tangiren,   wenn  sie  unge- 
brochen   durch    die    Atmosphäre    gehen    würden.     Aber    die    Linie    hb    wird 
in    der   Ellipse  A    zugleich    eine    Halbordinate    zu    der    Polarachse    a  e    sein, 
deren    gegenseitige    Abscissen    ab    und    be    sind.    Nun    ist    das  Quadrat    der 
Halbordinaten    in    der    Ellipse    gleich    dem    Producte    aus    den   gegenseitigen 
Abscissen;    es    wird   somit 
hba  =  ab  .  be 
ab   =9;  be    =  bd     +     de  =   1715.8   -f-  9  =   1724.e 
hb-  =   1724.«  x  9   =   15523.2 


54 


Med.  Dr.  Wilhelm  Barth. 


Nun  sind   aber   hb   und    ab    die    Katheten   des    rechtwinkeligen  Drei- 
eckes   ahb,    folglich    ah2  =  ab2  -f  hb2 

ab2    =         81 
hb2  —   15523.. 


15604.2.  d.  i.  der  Werth  für  ah2 

Zieht     man     aus    beiden     Theilen     die    Quadratwurzel     aus,      so    ist 
y'ah*  =  /l,56,04.s  =   124,9 

ah   ist   also   gleich    124. 9    geographische  Meilen;    und    dies    in  Breitengrade, 
den    Grad    zu    15    Meilen   umgewandelt   gibt    8.3    Grade. 

Es  wird  somit  der  Punct  h  annäherungsweise  im  81  °7  d.  B.  liegen; 
nun  werden  aber  die  Sonnenstrahlen  bei  ihrem  Durchgange  durch  die 
Atmosphäre  gebrochen  und  gegen  die  Erde  gelenkt  und  werden  daher  die 
Atmosphäre  noch  unterhalb  des  angegebenen  Breitengrades  je  nach  der 
Dichtigkeit  derselben  mehr  weniger  erfüllen.  Es  wird  also  vom  81°  d.  B. 
nordwärts  eine  verminderte  Wärmeausstrahlung,  d.  i.  eine  relativ  höhere 
Temperatur   herrschen   zur    Zeit   der  Aequinoctien. 

Da  nun  in  allen  bekannten  Breitengraden  die  mittlere  Temperatur 
zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleichen  mit  den  mittleren  Jahrestempera- 
turen in  soweit  übereinstimmend  ist,  um  von  der  einen  auf  die  andere 
annäherungsweise  schliessen  zu  können,  so  wird  eine  auf  die  höhere 
Temperatur  zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleiche  gestützte  Annahme  einer 
beziehungsweise  höheren  Jahrestemperatur  an  den  Polen  nicht  ganz  unge- 
rechtfertigt   erscheinen. 

Der  Zeit  der  Aequinoctien  entgegengesetzt  ist  die  Zeit  der  Solstitien, 
und  wenn  es  möglich  ist,  die  beziehungsweise  höhere  Temperatur  an 
den  Polen  zur  Zeit  der  Aequinoctien  mit  einer  an  Gewissheit  grenzenden 
Wahrscheinlichkeit  auf  eine  einfache  W^eise  darzuthun,  so  ist  dies  zur 
Zeit  der  Solstitien  als  der  grössten  Abweichung  in  der  Stellung  der  Erde 
gegen  die  Sonne  zur  Zeit  der  Aequinoctien  wohl  nicht  eben  so  der  Fall; 
wir  müssen  uns  hier  begnügen,  die  Thatsachen  insoweit  festzustellen  als 
nothwendig  ist,  die  Möglichkeit  einer  relativ  höheren  Temperatur  auch  zu 
dieser   Zeit   ersichtlich    zu    machen. 

Zur  Zeit  des  Wintersolstitiums  tangieren  die  Sonnenstrahlen  die 
Erde  zwischen  dem  56°  und  67°  der  Breite  und  es  werden  die,  die 
Atmosphäre  nun  berührenden  Strahlen  etwa  90  Meilen  ober  den  Polen 
vorbei   gehen.     Fig.  3.    Es    sei   E  Fig.  3. 

die    Erde,    A  die  Atmosphäre,    ac  s_  de  S 

die  halbe  Polarachse  des  at- 
mosphärischen Sphäroids  ;  zieht 
man  zur  ac  aus  dem  Puncte  c 
unter  einem  Winkel  von  23°5  zur 
Periferie  die  Linie  cd,  so  wird, 
wenn  gc  die  halbe  Polarachse 
der  Erde  ist,  sowohl  der  Punct  f, 
als  auch  der  Punct  d  23°5  vom 
Pole  entfernt  sein,  d.  h.  zwischen 
dem    66°  und  67°   liegen    und  eine 


Versuch  einer  Erklärung  der  verhiiltnissmiissig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.         55 

auf  den  Punct  d  der  cd  gefällte  Senkrechte  SS  wird  diejenigen  Sonnen- 
strahlen vorstellen,  welche  zur  Zeit  der  Solstitien  die  Atmosphäre  tangiren. 
Es    soll    nun    der  Punct   e    beiläufig    90    Meilen  ober  dem  Pole  gelegen  sein. 

Da  es  sich  nicht  um  einen  mathematisch  genau  zu  bestimmenden 
Punct,  sondern  nur  um  eine  annäherungsweise  Berechnung  handelt,  so 
können  wir  bei  der  geringen  Entfernung  des  Punctes  d  vom  Puncto  a  und  bei 
der  geringen  Abplattung  der  Erde  absehen  hievon  und  cd  gleich  setzen   ac. 

Der  Bogen  ad  verhält  sich  nun  zum  Bogen  fg,  sowie  ac  zu  gc; 
oder  Bogen  ad  =  og"  fx  ac,  Bogen  fg  ist  gleich  35°5  X  15  =  352,5 
geogr.  Meilen  ac  =  866.9  und  bc  =  857. 9  geogr.  Meilen;  wobei  bc 
die  halbe  Polarachse  der  Erde  und  ac  die  halbe  Polarachse  der  Erde 
mehr  der  Polhöhe  der  Atmosphäre  repräsentirt.  Es  ist  somit  Bogen  a  d 
=  352-ä8^ä866'9   =    356.,    geogr.    Meilen. 

Es  sind  somit  in  dem  Dreiecke  a  c  d  alle  3  Seiten  bekannt.  Die  Linie 
db  senkrecht  zur  ac  wird  die  Höhe  des  Dreieckes  sein  =  h;  setzen  wir 
ac  =  a,  de  =  b,  ad  =  c  und  ab  —  x,  so  wird  gc  =  a  —  x. 

In  dem  A  adb  wird  ha  =  c2  —  x2 
und    in    dem  A  dbc      „     h2  =  b2  —  (a  —  x)3 


C2- 

-X2 

=3 

b2 

— 

Ca 

— 

x)8 

= 

b2 

— 

a2 

+ 

2ax — x» 

— 

+ 

+ 

C2 — b2  -f  a2  =  2ax 

x  =  c2  —  b8  4-  a2         , 

— ! oder 

2a 

x  =  356.,*  —  866.99   +  866-22 


1733,8 
Dieses    gibt   x  =   73.,  geogr.  Meilen. 

Hieraus    können    wir    nun    den    Punct    e    berechnen.     Zieht   man    die 
Linie    ea,     so    wird   eb    die    Subtangente    zur    Tangente   de    oder    ss    sein. 
eb   besteht   aus    ea    und    ab    =  x.     Nun  ist  nach   der  Formel 
PT   =    2ax    —   xx 
a  —  x, 
wobei    PT    die  Subtangente,    a    die    halbe    Achse    und   x    die   Abscisse   ist, 
In   dem   vorliegenden  Falle   ist   ab  die  Abscisse  =  73.,  geogr.  Meilen 
die    halbe    Achse   a    =    866. 9  geogr.  Meilen,  es    somit 

eb_1733.8  x  73t  —  73.2t  =152     geogr<  Meilen. 
866.9  —  73., 
Da   aber   eb  =  ea  -f-    ab,     und   ab   oder    x    =   ag    -f    gb  und  ag 
=  9    Meilen,    so    wird    eg  =  152.9  —  73.9    -f   9    =   88.8   geogr,  Meilen; 
das    ist    die    ungefähre    Lage    des    Punctes    e    oder    die    Höhe    des   Raumes 
zwischen    den  ungebrochenen   Sonnenstrahlen  und   der   Erde. 

Aber  diejenigen  Sonnenstrahlen,  welche  durch  die  Atmosphäre  hin- 
durch gehen,  werden  bei  ihrem  Uebergange  aus  dem  dünneren  in  das 
immer  dichter  werdende  und  sodann  aus  dem  dichteren  in  das  dünner  werdende 
Medium  diesem  Verhältniss  entsprechend  gegen  die  Pole  zu  gebrochen  und 
werden  somit  nach  der  jeweiligen  Dichtigkeit  der  Atmosphäre  den  Raum 
zwischen  den  ungebrochenen  Strahlen  und  der  Erde  mehr  weniger  gegen 
die  Pole   zu    erfüllen. 


üfi 


.Med.  Dr.  Wilhelm  Barth. 


Betrachten  wir  aber  den  Durchschnitt  des  Schattenraumes,  wie  er 
sich  zu  dieser  Zeit  an  den  Polen  darstellt  in  Figur  4,  dessen  Höhe  aus 
der  obigen  Berechnung  ersichtlich  gemacht  ist ,  so  sehen  wir ,  dass 
die  Höhe  des  ganz  von  Sonnenwärme  entblössten  Baumes  gegen  den  über 
32000  Meilen  tiefen  Schattenraum  der  weiter  von  den  Polen  entfernten 
Breitegrade  so  unverhältnissmässig  klein  ist,  dass  auch  zur  Zeit  der  Winter- 
solstitien  ein  beziehungsweise  ungünstigeres  Verhältnis  rücksichtlich  der 
Wärmeausstrahlung  unzweifelhaft  stattfindet,  was  noch  dadurch  unterstützt 
wird,  dass  die  Sonnenstrahlen  oberhalb  den  Polen  eine  mit  ihrem  Ende 
auf  der  Erde  ruhende  muldenförmige  Decke  bilden,  welche  eine  Aus- 
strahlung, wie  sie  zur  Nachtzeit  an  den  dem  Aequator  näher  liegenden 
Breiten  statt  findet  durch  einen  verhältnissmässig  sehr  kleinen  Durchschnitt 
nur   gegen    das  Innere    des    Schattenraumes    gestattet. 


SS 

r/3 

cr 

GG 

53 

A. 

n 

CD 

c 

= 

5 

crq 

uq 

CD 

— 

r- 

cd 

c 

CA 


cd     2      = 

c-  —     s 


5    g3 

3      2 


CD 


M 


©  «-+-      CD 

cd  2-    c= 

3  CD        "S 

3         N 

3-  CD 


- 

CD 

3 

! — 

o- 

C= 

CD 

as 

a 

ö 

* 

CS 

CD 

CD 

CD 

CD 

cc 

■^ 

© 

— 

CD 

2.   CO 


CD       ü      2 

3      3.        r«         3- 


3*    2      c"      ° 
'       =3       3" 


►3 


Versuch  einer  Erklärung  der  verhältnissmässig  höheren  Temperatur  an  den  Polen  etc.         J>7 

Weiters  dürfte  hiebei  in  Betracht  kommen,  dass  bei  der  fast  mehr 
als  sechs  Monate  ununterbrochen  andauernden  Erwärmung  der  Atmosphäre 
an  den  Polen  diese  bei  dem  vorhandenen  Wasserreichthum  mehr  mit 
Wasserdämpfen  geschwängert  und  daher  auch  mehr  Wärme  zu  binden 
und  in  den  Nachtraum  hinüberzuführen  befähiget  sein  wird,  als  an  jenen 
Orten,  wo  Tag  und  Nacht  in  kürzeren  Zwischenräumen  auf  einander  fol- 
gen und  somit  in  der  bei  Condensirung  dieser  Dämpfe  frei  werdenden 
Wärme  den  Ersatz  für  die  an  den  Nachtraum  abgegebene  Wärme  in  sich 
selber  um  so  längere  Zeit  finden  dürfte,  als  der  ihr  gleichsam  zur  Er- 
wärmung  zugewiesene    Raum    verhältnissmässig    klein  ist. 

Wir  finden  somit,  ausgehend  von  dem  Satze,  dass  die  mittlere  Ta- 
gestemperatur zur  Zeit  der  Tag-  und  Nachtgleichen  annäherungsweise  gleich 
sei  der  mittleren  Jahrestemperatur,  mit  einer  an  Gewissheit  grenzenden  Wahr- 
scheinlichkeit, dass  zur  Zeit  der  Aequinoctien  an  den  Polen  in  Folge  der  ver- 
minderten Wärmeausstrahlung  eine  verhältnissmässig  höhere  Temperatur 
herrsche,  als  in  den  angrenzenden  südlicher  gelegenen  Zonen;  wir  finden 
dasselbe  Verhältniss  auch,  aber  nur  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  zur  Zeit 
des  Wintersolstitiums  eines  Poles  und  können  somit  schliessen,  dass  es  nicht 
nur  wahrscheinlich,  sondern  auch  möglich  sei,  dass  an  den  Polen  eine  ver- 
hältnissmässig höhere  Temperatur  herrsche,  als  in  den  südlicher  gelegenen 
angrenzenden  Zonen,  und  nach  der  oben  angeführten  Berechnung  zur  Zeit 
der  Aequinoctien  würde  sich  diese  Erscheinung  bis  beiläufig  zum  82°  d.  B. 
erstrecken. 

Dieses  fände  auch  seine  Bestätigung  in  der  Lage  des  Kältepoles,  wel- 
chen Alexander  von  Humboldt  in  seinen  Isotherm-Curven  auf  der  asiatischen 
Seite  unter  dem  79°  auf  der  amerikanischen  Seite  unter  dem  78°  d.  B.  be- 
stimmt und  wir  könnten  somit  auch  annehmen,  dass  die  Entdeckung  Mortons, 
wenn  sie  gleich  unter  Umständen  gemacht  wurde,  die  bei  der  Annahme 
derselben  zur  grösten  Vorsicht  mahnen,  kein  leeres  Trugbild  der  Phan- 
tasie, vielleicht  gemacht  zum  Tröste  und  zur  Aufmunterung  seines  kranken 
und  unbefriedigten  Herrn,  sondern  dass  sie  eine  wirkliche  Thatsache  sei, 
während  die  angeblichen  Entdeckungen  Penny's  und  Inglefield's  nach  dem 
eben  auseinander  gesetzten  Verhältniss  mit  Bestimmtheit  als  unwillkürliche 
oder   absichtliche    Täuschungen    erklärt   werden  müssen. 

In  wie  fern  nun  diese  verhältnissmässig  höhere  Temperatur  an  den 
Polen  geeignet  sei,  jene  glücklichen  Verhältnisse  im  Thier-  und  Pflanzen- 
leben und  den  —  von  den  Schiffern  so  sehnlichst  gesuchten  —  eisfreien 
„Wasserhimmel"  hervorzubringen,  diess  zu  bestimmen,  halte  ich  gegenwär- 
tig für  noch  nicht  möglich.  Es  müssen  da  noch  viele  andere  Fragen  de- 
ren   Lösung  wir   noch    entgegen   sehen,  berücksichtiget   werden. 

Schliesslich  sei  es  mir  noch  gestattet,  aus  der  eben  entwickelten 
Theorie  eine  Ansicht  über  die  mögliche  Entstehung  des  Nordlichtes  ablei- 
ten  zu  dürfen. 

Die  Fähigkeit  der  Atmosphäre  unter  günstigen  Umständen  Wasser- 
dämpfe in  hohem  Grade  aufzunehmen  und  dieselben  sainmt  der  hieran  ge- 
bundenen Wärme  in  den  Nachtraum  hinüber  zu  führen,  dürfte  zur  nähe- 
ren Erklärung  des  Nordlichtes  einige  Beachtung  verdienen,  indem  es  mög- 
lich wäre,  dass  die  durch  anfängliche  Wärmeentziehung  eingeleitete  Con- 
densirung dieser  Dämpfe  so  rasch  und  allgemein  fortgesetzt  würde,  dass 
der  Abfluss  der  dadurch  frei  gewordenen  Wärme,  welcher  an  den  Polen 
nur  nach  innen  zu  statt  finden  könnte,  unter  Lichterscheinungen  erfolgen  würde. 


58  Karl  Sonklar  von  Innstätten. 


VI. 

Über  einige  Ilöhenmessungen  der  Gebrüder  A.  und  II.  Schlagintweit. 

Von 

Karl  Sonklar  von  Innstätten, 

k.   k.  Major. 
Mitgetheilt    in  der  Versammlung:  der   k.  k.  geographischen  Gesellschaft    am   18.   Jänner  1859. 

Im  zweiten  Hefte,  zweiten  Jahrgangs  der  Mittheilungen  der  k.  k.  geo- 
graphischen Gesellschaft,  deren  Mitglied  zu  sein  auch  ich  die  Ehre  habe, 
findet  sich,  gleich  auf  der  ersten  Seite  beginnend,  eine  Besprechung  der 
von  den  Gebrüdern  Schlagintweit  im  Jahre  1848  ausgeführten  barometri- 
schen Höhenbestimmung  des  Grossglockners,  welche  bekanntlich  die  Zahl 
von  12158  P.  F.  =  12494  W.  F.  lieferte.  Wäre  diese  Angabe  richtig, 
so  würde  dieser  allerdings  sehr  schöne  Alpengipfel  den  Ortles  um  nicht 
weniger  als  140  Fuss  Höhe  übertreffen,  und  demnach  der  höchste  Punct  der 
österreichischen  Monarchie  und  Deutschlands  sein.  Jene  Besprechung  rührt 
von  dem  Herrn  P.  Urlinger,  Benefiziat  zu  Gresten  her,  und  tadelt 
zuerst  mit  Grund  das  übermässige  Vertrauen,  welches  die  Gebrüder  Schlag- 
intweit in  ihre  barometrisch  gewonnenen  Höhenzahlen  ,  gegenüber  denjeni- 
gen setzen,  welche  auf  trigonometrischem  Wege  zu  Stande  gebracht  wur- 
den, und  weist  im  Verfolg  die  mögliche  Grösse  des  Fehlers,  und  daher 
die  Unzuverlässigkeit  des  erstgenannten  hypsometrischen  Verfahrens  über- 
haupt und  besonders  für  den  Fall  nach,  wenn  die  correspondirende  un- 
tere   Station   allzuweit    von    dem    zu    messenden    Höhenpuncte    entfernt    liegt. 

Hiedurch  angeregt  erlaube  ich  mir  die  Aufmerksamkeit  der  löblichen 
Gesellschaft  auf  einige  andere  Höhenbestimmungen  zu  lenken,  welche  von 
den  Gebrüdern  Schlagintweit  in  den  Werken:  „Untersuchungen  über  die 
physikalische  Geographie  und  Geologie  der  östlichen  Alpen"  und  „Neue 
Untersuchungen  über  die  physikalische  Geographie  und  Geologie  der  Alpen" 
veröffentlicht  wurden,  und  die  theils  dasselbe  Uebermass  von  Vertrauen 
in  ihre  mit  dem  Barometer  erzielten  Resultate,  gegenüber  den  trigono- 
metrischen Ergebnissen,  und  theils  die  Anwendung  eines  hypsometrischen 
Verfahrens  zeigen,  welches  wenig  geeignet  ist,  jenes  grosse  Selbstver- 
trauen zu  rechtfertigen.  Man  hört  zwar  von  manchen  Seiten,  und  beson- 
ders von  Denjenigen,  welche  unsere  Alpen  und  ihre  natürlichen  Verhält- 
nisse genauer  kennen,  über  die  nicht  immer  zulängliche  Begründung  der 
von  den  Gebrüdern  Schlagintweit  ausgesprochenen  Sätze  und  Ansichten 
klagen,  dennoch  aber  sind  bisher  diese  Klagen  nur  selten  offen  ausgespro- 
chen worden,  und  auser  Herrn  Urlinger  in  Gresten,  hat  es  meines  Wis- 
sens nur  noch  Otto  Sendtner  in  München  unternommen,  einzelne  Ergebnisse 
S  c  h  1  a  g  i  n  t  w  e  i  t'scher  Naturforschung    zu    kontestiren  *) .      Wenn   ich    nun 


*)  Siehe  Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Reiehsanstalt,  1850  Nr.  2  pag.  301  „Berichti- 
gungeiniger Angaben  Schlagintweit's  in  Betreff  der  Isogeothermen  der  Alpen;  von  Otto 
Sendtner."  Abgedruckt  aus  der  Zeitschrift  „Flora*  Nr.  7,  1850.  Dieser  Aufsatz  bezieht 
sichauf  die  von  den  Gebrüdern  Schi  agintweit.  aus  38  Quellenbeobachtungen  versuchte 
Construction  der  Isogeothermen  für  jeden  einzelnen  Temperaturgrad,  sowohl  für  die  Cen- 
tralalpen  vom  Ankogel  bis  Nauders,  als  auch  für  die  nördlichen  Kalkalpen  und  für  die 
südlichen  Abfälle."  Untersuchungen  etc.  S.  248. 


t'eber  einige  Höhenmessungen  der  Gebrüder  Schlagintweit.  59 

im  Folgenden  diese  und  jene  Höhenbestimmung  der  Gebrüder  Schlagint- 
weit einer  etwas  strengeren  Kritik  unterziehe,  so  will  ich  damit  meine  Ach- 
tung vor  den  Talenten  und  den  wissenschaftichen  Verdiensten  dieser  Herren 
nicht  verläugnen;  ich  möchte  damit  nur  der  Wahrheit  gerecht  werden,  und 
es  nebenher  beklagen,  dass  hie  und  da  Früchte  des  Denkens  und  mühevoller 
Arbeit  früher  vom  Baume  der  Erkenntniss  gepflückt  wurden,  als  sie  ihre 
volle  Reife  erlangten. 

Wie  es  nun  die  Gebrüder  Schlagintweit  mit  ihrer  Höhenbestimmung 
des  Grossglockners  gethan,  so  thaten  sie  es  auch  mit  der  des  Sinnlaun  in 
Tirol  und  des  Monte  Rosa  in  den  penninischen  Alpen.  Auch  hier  stellten  sie 
die  von  ihnen  barometrisch  gefundenen  Höhenzahlen  entweder  über  dieje- 
nigen, die  sich  aus  verlässlichen  trigonometrischen  Operationen  ergaben,  oder 
sie  vermengten  beide  Ergebnisse  miteinander,  und  zogen,  ohne  Rücksicht  auf 
den  ungleich  höheren  Verlässlichkeitsgrad  des  trigonometrischen  Verfahrens, 
das  arithmetische  Mittel  aus  beiden.  Ja  in  der  auf  Seite  196  der  „Untersu- 
chungen über  die  physikalische  Geographie  und  Geologie  der  östlichen  Alpen" 
wird,  in  einer  Zusammenstellung  der  wichtigsten  Erhebungen  der  Alpen,  bei 
dem  Grossglockner  des  Ergebnisses  der  trigonometrischen  Messung  nicht  ein- 
mal gedacht.  *)  Nun,  es  ist  freilich  nicht  Jedermanns  Sache  genau  zu  wissen, 
in  welcher  Art  die  grossen  geodätischen  Operationen,  wie  z.  B.  die  Triangu- 
lirung  eines  Landes,  ausgeführt  werden;  mit  welcher  extremen  Genauigkeit, 
Umständlichkeit  und  Gewissenhaftigkeit  dabei  zu  Werke  gegangen  wird,  und 
wie  verlässlich  ihre  Resultate  sind.  Werden  bei  solchen  Gelegenheiten  doch 
einzelne  Winkel,  namentlich  wenn  sie  dem  Hauptdreiecknetze  angehören, 
60 — 100  Mal,  und  selbst  noch  öfter,  beobachtet,  u.  z.  mit  Instrumenten,  die 
an  Güte  und  Schärfe  nichts  zu  wünschen  übrig  lassen.  Auch  hat  es  hier  die 
Höhenrechnung  nicht  mit  so  unsicheren  Elementen  zu  thun,  als  es  einige  der- 
jenigen sind,  deren  Anwendung  die  Barometerformel  erheischt.  Nur  bei  die- 
ser grossen  relativen  Sicherheit  von  umsichtig  ausgeführten  trigonometrischen 
Höhenmessungen  konnte  es  z.  B.  kommen,  dass  bei  der  vor  einigen  Jahren, 
gelegenheitlich  der  Triangulirung  von  Tirol  durch  das  k.  k.  Milit.  Ingenieur-Geo- 
graphenkorps, geschehenen  Höhenbestimmung  des  Ortlesgipfels,  der  Unter- 
schied zwischen  dem  Maximum  und  Minimum  der,  durch  Kollenation  aus 
zwölf  verschiedenen  Standpunkten  hervorgegangenen  Höhenwerthe,  nur  etwas 
über  3  W.  Fuss  beträgt.  Für  den  Grossglockner  ergab  sich  dieser  Unterschied, 
nach  den  Rechnungsergebnissen  aus  7  verschiedenen  Zenitdistanzen  mit 
6  W.  Fuss**)  —  Wer  nun  dies  Alles  kennt  und  erwogen  hat,  der  wird  dort, 
wo  eine  nach  ihrer  Quelle  verlässliche  trigonometrische  Höhenbestimmung 
vorhanden  ist,  eine  barometrische  nur  allenfalls  desshalb  anstellen,  um  an 
jener  den  Grad  ihrer  Verlässlichkeit  zu  erproben,  nie  aber    wird    er  sie  bei 


*)  An  einem  anderen  Orte  aber  (S.  167)  wird  das  trigonometrische  Resultat  ver- 
dächtigt und  die  Möglichkeit  ausgesprochen,  dass  die  Toisenzahl  der  vom  Professor 
Schi  egg  barometrisch  aufgefundenen  Höhe  des  Grossglockners,  auf  eine  nicht  näher  er- 
läuterte Weise,  für  Wiener  Klafter  genommen  und  als  Ergebniss  der  trigonometrischen 
Vermessung  ausgegeben  wurde ;  —  alles  dies  bloss  auf  die  Annäherung  (nicht  Gleich- 
heit)   beider   Zahlen  geschlossen;  ihr   Unterschied   beträgt  noch   immer   1,  42. 

**)  Einen  nicht  minderen  oder  vielmehr  noch  glänzenderen  Beweis  über  die  Schärfe 
der  trigonometrischen  Operationen  liefern  die  von  Weiden  in  dem  Werke  „der  Monte 
Rosa"  S.  25 — 26  mitgetheilten  Ergebnisse  der  durch  Carl  ini,  dann  durch  die  französischen 
und  österreichischen  Triangulatoren  ausgeführten  Höhenbestimmungen  des  Montblanc,  de- 
ren Mittel  nur  um  1,  3  Fuss  von  einander  abweichen.  Die  respektiven  Höhenzahlen  sind  näm- 
lich 2460,0,  2460,1  und  2461,3  Toisen. 


60  Karl   Sonklar    von   Innstätten. 

Mittelziehungen    mit    der    trigonometrischen    vermengen    oder    sie    gar    üher 
diese  stellen. 

Ein  solches  willkührliches  und  unkritisches  Vermengen  trigonometrisch 
und  barometrisch  gewonnener  Höhenzahlen  haben  die  Gebrüder  Schlag- 
intweit  bei  der  Höhenbestimmung  des  Monte  Rosa,  Seite  65 — 69  der 
„Neuen  Untersuchungen"  für  zulässig  erachtet.  Ihre  eigene  Höhenberech- 
nung bezieht  sich  auf  die  Ablesung  von  nur  zwei  Barometerstanden, 
welche  mit  den  korrespondirenden  Barometerständen  von  Bern,  Genf,  dem 
St.  Bernhard,  Aosta,  Mailand  und  Turin  verglichen  wurden,  und  zur  Auf- 
findung von  12  Höhenwerthen  führten,  von  denen  der  grösste  und  kleinste 
eine  Differenz  von  184  P.  Fuss  zeigen.  Dieser  grosse  Unterschied  kann 
niemand  Wunder  nehmen,  wenn  man  bedenkt,  dass  die  geradlinige  Ent- 
fernung des  Monte  Rosagipfels  von  Aosta  6*/lP  vom  gr.  St.  Bernhard 
81/,,  von  Turin  131/,,  von  Mailand  15%,  von  Genf  18*/«  und  von  Bern 
192/3  geographische  Meilen  beträgt.  Die  meisten  dieser  Stationen  sind  für 
einen  Vergleich  der  Barometerstände  viel  zu  weit  von  dem  Monte  Rosa 
entfernt  und  stehen  ausserdem,  da  sie  theils  auf  der  nördlichen,  theils 
auf  der  südlichen  Seite  der  centralen  Alpen-Kette  liegen,  unter  verschie- 
denen klimatischen  Bedingungen.  Die  Vervielfältigung  eines  unrichtigen 
Verfahrens  bringt  jedoch  offenbar  das  Ergebniss  der  Wahrheit  nicht  näher, 
und  so  war  es  auch  hier  unnütz,  die  Höhenrechnung  unter  dem  gewiss 
nur  schädlichen  Einftuss  so  vieler  weit  entfernter  Stationen  zu  stellen, 
da  doch  der  Vergleich  des  Barometers  mit  Aosta  und  dem  gr.  St.  Bern- 
hard einen  ohne  Zweifel  verlässlicheren  Höhenwerth  zum  Vorschein  ge- 
bracht   hätte. 

Nichts  destoweniger  stellen  die  Gebrüder  Schlagintweit  ihre  auf  diese 
Weise,  und  aus  nur  zwei  Ablesungen  des  Barometers  erhaltene  Höhen- 
zahl für  den  höchsten  Gipfel  des  Monte  Rosa,  denjenigen  ebenbürtig 
zur  Seite,  welche  sich  aus  trigonometrischen  Messungen  ergeben  haben. 
Ja  noch  mehr,  sie  betrachten  ihre  Zahl  als  das  wahre  Mittel  aus  den 
vorhandenen  trigonometrisch  erhaltenen  Werthen,  und  erklären  sie  dem- 
nach als  allein  richtiges  Ergebniss.  An  trigonometrischen  Höhenbestimmun- 
gen dieses  Berggipfels  sind  aber  nicht  weniger  als  13  vorhanden,  deren 
Resultate  aber  freilich  etwas  weit  von  einander  abweichen.  Sie  sind  je- 
doch unter  sich  offenbar  von  sehr  ungleichem  Werthe,  und  wurden  grös- 
tentheils  aus  Zenitdistanzen  berechnet,  welche  im  lombardischen  Tieflande 
also  aus  grosser  Entfernung  und  unter  starker  Lichtrefraktion  gemessen 
wurden.  Aus  diesem  Grunde  können  auch  diejenigen  absoluten  Höhen  des 
Monte  Rosa,  die  aus  den,  auf  den  Observatorien  zu  Mailand  und  Turin, 
zu  Novara,  Vigevano,  Madonna  di  Crea,  Mondovi  S.  Colombano  und  auf 
der  Superga  bei  Turin,  beobachteten  Zenitdistanzen  abgeleitet  worden 
sind,  weder  als  gleichwerthig  unter  sich  und  noch  weniger  als  gleich- 
wertig mit  jenen  betrachtet  werden,  welche  von  Weiden  und  Berchtold 
durch  Winkelmessungen  aus  grosser  Nähe  erhalten  wurden.  Der  damalige 
Oberst  im  k.  k.  Generalstabe  Freiherr  von  Weiden  machte  seine  Beob- 
achtungen auf  dem  Monte  Camera,  etwa  anderthalb  geographische  Meilen 
östlich  des  Monte  Rosa,  mit  der  Verlässlichkeit  eines  gewandten  Triangu- 
lators  und  gestützt  auf  die  Kenntniss  einiger,  durch  die  grosse  Triangu- 
lirung  der  Sesia  in  den  Jahren  1803 — 6  genau  bekannt  gewordener 
Puncte.  Canonikus  Berthold  von  Sitten  in  Wallis  aber  operirte  auf  der 
nördlichen    Seite  des   Gebirges. 


l'eber  einige  Höhenmcssungen  der  Gebrüder  Schlagintweit. 


61 


Wenn  wir  es  nun  versuchen,  die  wahrscheinliche  Höhe  der  höch- 
sten Spitze  des  Monte  Rosa  aus  den  vorhandenen  trigonometrischen  Er- 
gebnissen abzuleiten,  so  werden  wir  hiebei  die  von  Oriani  gefundenen 
drei  Höhenzahlen  aus  dem  Grunde  nicht  berücksichtigen,  weil  er  bei 
ihrer  Berechnung  den  Refraktionscoeffizienten  =  y4,  also  viel  zu  hoch 
annahm,  und  desshalb  auch  allzu  grosse  Zahlen  erhalten  musste.  Die  Ver- 
besserung seiner  Rechnung  aber  ist  unthunlich,  weil  die  von  ihm  beobach- 
teten Zenitabstände  unbekannt  sind.  Ich  glaube  nun  nicht  zu  fehlen,  wenn 
ich  bei  den  übrigen  10  trigonometrischen  Höhenbestimmungen  den  rela- 
tiven Werth  jeder  einzelnen,  dadurch  bestimme,  dass  ich  die  gefundenen 
Höhen  zur  relativen  Entfernung  der  Puncte,  auf  welchen  die  Zenitdistan- 
zen beobachtet  wurden,  von  dem  Monte  Rosa  —  in  verkehrter  Ord- 
nung proportional  setze.  Hiedurch  wird  bei  der  Mittelziehung  aus  der 
Summe  der  auf  diese  Weise  erhaltenen  Höhenwerthe,  das  einem  nähe- 
ren Standpuncte  entsprechende  Resultat  die  ihm  gebührende  höhere  Gel- 
tung erhalten.  Die  nachfolgende  Tabelle  zeigt  Detail  und  Ergebniss  dieser 
Rechnung. 


Nr. 

Beobachter 

Beoabchtungsstation 



Relative  Entfer- 
nungen d.  Beob- 
achtung-sstatio- 
nen  v.  Sit.  Rosa 

Diese  Entfer- 
nungen  um- 
gekehrt 

Gefundene 
absolute  Hö- 
hen des  Mt. 
Rosa (höch- 
ster Gipfel) 

Relative 
Werthe  die- 
ser Höhen- 
zahlen 

1 
2 

3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 
10 

Freih.  v.  Weiden 

Monte  Carnero 

1 

1,000 

2370t 

2370t 

Carliniu.  Plana*) 

Observatorium  zu  Mai- 
land 

9 

0,111 

2374t 

263t,8 

Neues  Observatorium 
zu  Turin 

8 

0,125 

2343t 

292% 

Kuppel  der  Superga 
bei  Turin 

8 

0,125 

2357t 

294t,6 

Thurm  zu  Mondovi 

13% 

0,074 

2319t 

*71t,6 

Oberst 
Corabocuf 

Mad.    di  Crea 

6 

0,166 

2378»,7 

306t.4 

Novara 

6 

0,166 

2376t,7 

396t,  i 

Vigevano 

8 
12 

0,125 

2383t,9S 

298% 

S.    Colombano 

0.083 

2383t,95 

187t,9 

Berchtold 

»             » 

1 

i 

1,000 

2377t,95 

2377t,95 

Sn  im 

ne    .    . 

2,957    | 

»         » 

7049%5 

Durch    Mittelziehung    ergibt   sich    somit   die    wahrscheinliche  Höhe  des 
höchsten    Monte-Rosa-Gipfels    mit 

2a69,5    Toisen  =   14217,«,    P.  Fuss 

Ich  habe  es    nicht  für  nöthig  erachtet,  die   von    Weiden  und  Carlini 
erhaltenen    Höhenzahlen,    nach    Delcros'    Vorschlag    um    -f-    8  M.    zu   korri- 


*)   Die  Gebrüder  Schlagintweit  setzen  das  Mittel  aus  den  Messungen  von  C  arl  ini 
und    Plana   mit  4619.6M.  =  2370,8t  an;    dasselbe  beträgt  jedoch  nur  4576,3M,  =  2348,8t 


62  Karl    Sonklar    von    Innstütten. 

giren,  da  es  bekannt  ist,  dass  bei  der  Verbindung  der  österreichischen 
Triangulirung  mit  der  französischen  durch  die  Schweiz,  dann  mit  der 
gleichfalls  von  österreichischen  Offizieren  im  Kirchenstaate  und  in  Toskana 
ausgeführten  sich  in  den  vom  adriatischen,  mittelländischen  und  atlantischen 
Meere  abgeleiteten  Höhenmassen  eine  so  kleine  Differenz  ergab,  dass  sie 
Bruchtheile    eines    Meters    nicht    überstieg.  *) 

Zum  Grossglockner  zurückkehrend  will  ich  nur  noch  erwähnen,  dass 
bei  der  Triangulirung  Tirols  in  den  Jahren  1851  — 1852  seine  absolute 
Höhe  mit  12011,3i  W.  Fuss  aufgefunden  worden  ist;  hält  man  dieser  Zahl 
das  Ergebniss  der  früheren  Triangulirung  mit  11991j06  W.  F.  entgegen 
so  ergibt  sich  ein  Unterschied  von  20,28  W.  F.  und  ein  Mittel  von 
12001,o  W.  F.  Die  von  den  Gebrüdern  Schlagintweit  barometrisch  ge- 
fundene Höhe  ist  sonach  um  nicht  weniger  als  493  W.  F.  zu  gross. 
Der  Grossglockner  ist  daher  nicht  nur  nicht  der  höchste,  sondern 
sogar  erst  der  dritte  Gipfelpunct  Oesterreichs  und  Deutschlands,  denn 
es    beträgt    die    Seehöhe 

1.  des  Ortles      j™*   d"   »T  ^^fSf  lää'  '{»litt.  12354,9  WF. 

Inachder  Triangulirung  v.  J.  1852  12358,  ,) 

2.  der    Königs-jnaeh    der    älteren  Triangulirung  12198,38] 

wand  oderdes  nach     der     Triangulirung     vom  Mitt.  12189,8  WF. 

M.  Zebrü  /Jahre    1852 1218i,17] 

3.  des  Grossglockners,    siehe    oben 12001« WF, 

Eine  andere  absonderliche  Höhenbestimmuug  ist  durch  die  Gebrüder 
Schlagintweit  an  dem  östlichen  Gipfel  der  Wild  spitze  im  Oetzthale 
im  September  1847  ausgeführt  worden.  Sie  bedienten  sich  hiezu  nicht 
einmal  eines  Barometers,  sondern  des  Hypsometers,  und  beobachteten  ver- 
mittelst desselben  den  Siedepunct  des  Wassers  nicht  auf  dem  erwähnten 
Gipfel  selbst,  sondern  an  einem  windstillen,  um  etliche  Hundert  Fuss  tie- 
fer liegenden  Orte,  wobei  sie  sofort  den  horizontalen  Abstand  und  die 
relative  Höhe  des  eigentlichen  Gipfels  über  ihrem  Standpuncte  mit  Hilfe 
des    Porrhometers    trigonometrisch    ausmittelten.**) 

Nun,  wer  immer  mit  physikalischen  Dingen  nur  etwas  inniger  ver- 
traut ist,  der  kennt  auch  gewiss  die  theoretische  Trefflichkeit  und  prak- 
tische Unverlässigkeit  des  Hypsometers.  Diess  ist  die  Ursache,  welche  die 
häufigere  Anwendung  dieses  sonst  leicht  handlichen,  compendiösen  und 
gut  transportablen  Instrumentes  bisher  verhindert  hat.  Man  weiss,  welche 
unüberwindlichen  Schwierigkeiten  die  correkte  und  zweifelfreie  Ausmitt- 
lung  des  Siedepunctes  für  den  normalen  Barometerstand  darbietet,  wel- 
chen beträchtlichen  und  jedem  Kalkül  sich  entziehenden  Kapazitätsverände- 
rungen das  Thermometergefäss  unterworfen  ist,  wie  leicht  sich  desshalb 
von  einem  Tag  zum  anderen  der  Siedepunct  bei  demselben  Luftdruck 
verschiebt,  und  wie  es  desshalb  unmöglich  ist,  eine  Kongruenz  des  fak- 
tischen Siedepunctes,  mit  demjenigen,  den  bei  einem  bestimmten  Barome- 
terstande die  Bechnung  ergibt  zu  erzielen.  Dass  dadurch  die  richtige 
Auffindung    des    Luftdruckes    aus   dem    beobachteten    Siedepuncte    des    Was- 


*)  Siehe  den  „Bericht  über  die  in  den  Jahren  1847 — 18ol  ausgeführte  Verbin- 
dung der  österreichischen  und  russischen  Landesvermessung-' von  Karl  von  Littrow,  im 
o.  Bande  der  Denkschriften,   math.  naturw.  Klasse,  der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften. 

**)  Siehe  „Untersuchungen  über  die  physikalische  Geographie  und  Geologie  der 
östlichen  Alpen"  S.  187. 


l'eber  einige  Höhenmessungen  der  Gebrüder  Schlagintweit.  63 

sers  höchst  problematisch  sein  muss,  versteht  sich  wohl  von  selbst.  Und 
dennoch  berufen  sich  die  Gebrüder  £chlagintweit,  um  ihre  Verwendung 
des  Hypsometers  zu  rechtfertigen,  auf  die  Autorität  des  englischen  Phy- 
sikers Chri  stie,*)  Hören  wir  jedoch  welches  Urtheil  dieser  über  das  Hyp- 
someter  fällt.  Chri  stie  unternahm  eigens  eine  Reise  in  die  Alpen,  u.  z. 
in  die  Umgebungen  des  Montblanc,  um  die  Anwendbarkeit  des  erwähnten 
Instrumentes  zu  erproben.  Vorher  aber  trug  er  Sorge,  die  Richtigkeit  des 
Siedepunctes  seines  Instrumentes  in  Genf  nach  einem  Normalbarometer  zu 
prüfen,  wodurch  er  die  Correction  gewann,  die  die  Angaben  des  Hypso- 
meters zu  jener  Zeit  erheischten.  Er  mass  nun  eine  Anzahl  Höhen,  und 
fand  manche  um  400 — 500  Fuss  höher  als  sie  andere  auf  anderem  Wege 
gefunden  hatten.  Bei  seiner  Heimkehr  untersuchte  er  abermals  den  Siede- 
punkt seines  Instrumentes,  und  war  nun  erstaunt,  als  sich  jetzt  die  Cor- 
rection ganz  anders  herausstellte  als  zu  Genf  vor  dem  Antritte  seiner 
Reise,  ohne  dass  er  sich  jedoch  eine  genaue  Rechenschaft  über  die  Ur- 
sache dieser  Veränderung  zu  geben  wusste.  Alle  diese  Umstände  nöthig- 
ten  Christi  e  endlich  zu  folgendem  Ausspruche  über  das  Hypsometer: 
„Since  however  perfect  it  may  be  theoretically,  when  stationary,  it  can 
never  be  of  practica!,  benefit,  unless  it  be  of  such  a  construction  as  to 
bear  the  concussions  and  shaking,  it  must  be  necessarily  exposed  to, 
when  conveyed  in  the  manner  in  which  it  can  alone  arrive  at  the 
point ,  where  its  agency  is  reqnired."  **)  Wie  kommt  es  nun,  dass  die 
Gebrüder  Schlagi  ntweit  die  Anwendung  des  Hypsometers  auf  diesen  Auf- 
satz von  Christie  stützen,  der  vollkommen  geeignet  ist,  von  dem  Gebrauche 
jenes    Instrumentes    abzuschrecken? 

Sei  dem  jedoch  wie  ihm  wolle;  die  Gebrüder  Schlagi  ntweit  massen 
mittelst  des  Hypsometers  die  Höhe  ihres  Standortes  auf  dem  Abhänge  des 
östlichen  Gipfels  der  Wildspitze  zu  11057,!  P.  F.  —  Wie  aber  waren 
sie  sofort  im  Stande  die  Ueberhöhung  des  Gipfels  um  432  Fuss  mit  Hilfe  des 
Porrhometers  trigonometrisch  auszumitteln.  Das  Porrhometer  ist  ein 
kleines,  in  seiner  Leistungsfähigkeit  sehr  beschränktes  Winkelmass-Instru- 
mentchen ,  das  nicht  einmal  genau  nivellirt  werden  kann,  und  das,  wenn 
es  viel  leistet,  etwa  noch  '/l0  Grade  angibt.  Wird  nun  auch  angenommen, 
dass  es  möglich  war,  den  Vertikahvinkel  zum  Gipfel  bis  auf  1  Minute 
genau  anzugeben,  wie  aber  fanden  die  Messenden  den  horizontalen  Abstand 
des  Gipfelpunctes,  ohne  dessen  Kenntniss  die  Höhenrechnung  trigonome- 
trisch   gar    nicht   geführt    werden    kann? 

Welchen  Zweck  hat  es  wohl  mit  Höhenbestimmungen,  die  auf  die 
eben    beschriebene    Weise    erlangt    werden? 

Ohne  Zweifel  war  es  dasselbe  oder  ein  an  Verlässlichkeit  ähnliches 
Verfahren,  durch  welches  die  Gebrüder  Schlagintweit  theils  auf  der  Vin- 
centpyramide theils  auf  den  Firnmeeren  des  Gorner-  und  des  Lysglet- 
schers,  einige  Winkel  massen,  und  sich  dadurch  berechtigt  glaubten,  die 
von  Weiden,  mit  der  Gediegenheit  und  Schärfe  der  trigonometrischen 
Methode,  für  die  verschiedenen  Gipfel  des  Monte  Rosa-Stockes  aufgefun- 
denen Höhenzahlen  zu  corrigiren.  So  lesen  wir  z.  B.  Seite  73  der 
„Neuen   Untersuchungen"    in    dem    mit     „4.     Signalkuppe"     überschriebenen 


*)  „Untersuchungen  etc."  S.  38ö. 

**)   J.  Christie:    vOn   the  use   of  the  barometric   thermometer  for   the   determination 
of  relative  heights"   in   den    Philosophical   Transactions,    1846,    II,   S.   132. 


64  Karl  Sonklar  von  Innstätten. 

Absätze:  „v.  Weiden  gibt  als  Resultat  seiner  trigonometrischen  Bestim- 
mungen 2336.J  T.  =  14016':  allein  er  hebt  zugleich  (S.  37)  den  ge- 
ringen Höhenunterschied  hervor,  welcher  zwischen  der  Zumsteinspitze  und 
der  Signalkuppe  besteht.  Er  fand  ihn  nur  1,75  Toisen.  Einige  Winkel, 
die  wir  bestimmten,  zeigten  uns,  dass  diese  Differenz  wohl  etwas  grösser 
angenommen  werden  müsste,  nämlich  zu  6,5  M.  oder  20  Fuss  etc."  Ange- 
sichts der  verhältnissmässigen  Schärfe  der  trigonometrischen  Höhenbestimmung 
wäre  es  wohl  am  Platze  gewesen,  die  Correction  der  Welden'schen  Höhen- 
zahl etwas  strenger  zu  motiviren,  wenn  sie  —  die  Correction  nämlich  — 
als  wirklich  statthaft  erachtet  werden  soll.  Im  übrigen  findet  sich  bei  der 
Besprechung  der  Höhen  der  9  Gipfel  des  Monte  Rosa  in  dem  genannten 
Werke  mehrfach  eine  Mittelziehung  aus  trigonometrischen  Ergebnissen  mit 
anderen,  die  theils  mit  dem  Barometer,  theils  auf  noch  weniger  verlässliche 
Weise  erzielt    wurden. 

Zum  Schlüsse  will  ich  nebenher  nur  noch  der  von  den  Gebrüdern 
Schlagint  weit  um  circa  1000'  zu  tief  gefundenen  Ausgangshöhe  des  Roth- 
moosgletschers im  Gurglerthale  *)  der  aus  einer  einzigen  Bestimmung  ab- 
geleiteten mittleren  Höhe  der  unteren  Schneegrenze  für  die  westtirolischen 
Centralalpen  per  8300 Fuss**), und  endlich  der  ganz  willkührlichen  Annahme  der 
Ausgangshöhe  des  Langtauferer-,  Petzthaler(?)-  und  Gepaatschgletschers  ***) 
Erwähnung  thun. 


*)  „Untersuchungen"  S.  188. 

**)  Ibidem.  S.  187  und  Tabelle  S.  498  und  Neue  Untersuchungen  S.  306.  —    Dies 
lehrt  nicht  bloss  die  wirkliche  Messung,  sondern  auch  der  Augenschein. 
***)  Neue  Untersuchungen  etc.  S.  504. 


VII. 

Die  geographische  Breite  von  Innsbruck. 

Von 
Eduard  Pechmann, 

Major  im  k.  k.  Militär-Ingenieur-Geographen-Corps. 
Mitgetheilt  in  der  Versammlung  der  k.  k.    geographischen  Gesellschaft  am   1.  Februar  1859. 

Bekanntlich  wird  bei  einer  geodätischen  Vermessung  zur  Orientirung 
des  trigonometrischen  Netzes  auch  die  geographische  Breite  und  das  Azimuth 
auf  einer  Station  astronomisch  bestimmt,  und  durch  Rechnung  mittelst 
sehr    genauer    Formeln    auf   die    anderen    Puncte  übertragen. 

Bei  einer  grossen  Ausdehnung  des  trigonometrischen  Netzes  werden 
diese  astronomischen  Beobachtungen  gewöhnlich  an  mehreren  Puncten  eini- 
ger Meridiane  und  Parallele  gemacht,  um  ihre  Uebereinstimmung  mit  den 
durch  die  Rechnung  auf  geodätischem  Wege  erhaltenen  Resultaten  zu 
prüfen. 

So  wie  nun  eine  Uebereinstimmung  dieser  auf  zweifachem  Wege 
erlangten  Resultate  in  den  allgemein  geduldeten  engen  Fehlergrenzen  auf 
die  Güte  und  Gelungenheit  beider,  nämlich  der  astronomischen  und  terres- 
trischen Operationen  schliessen  lässt;  ebenso  gut  muss  eine  Abweichung 
in  den  beiden  Resultaten  zur  Erkenntniss  führen,  dass  bei  einer  oder 
der  andern  dieser  Operationen  Fehler  oder  Störungen  zu  Grunde  liegen, 
welche  diese  Abweichung  verursachen,  und  man  wird  durch  die  Anwen- 
dung der  geeigneten  Prüfungsmittel  bald  zur  richtigen  Beurtheilung  kom- 
men,   worin    diese    Fehler    oder    Störungen    bestehen. 

Im  Allgemeinen  zeigte  sich  bei  den  bisher  bekannten  Vermessungen 
der  verschiedenen  Länder  in  den  meisten  Fällen  eine  erfreuliche  Ueber- 
einstimmung in  diesen  Resultaten;  jedoch  gibt  es  auch  Unterschiede,  unter 
denen    sogar    bedeutende    aufgezählt    werden    können. 

Wir  wollen  hier  einige  nennen.  So  ist  z.  B.  die  Breite  des  Obser- 
vatoriums von  Calton  Hill  in  Schottland  durch  astronomische  Beobachtungen 
bestimmt  55.°  57.'  23, "20,  hingegen  von  den  bestbestimmten  Puncten 
Grossbrittaniens  auf  geodätischem  Wege  abgeleitet  nur  55.°  57.'  17,"57, 
daher  erstere  um  5, "63  zu  gross.  In  Indien  ergaben  die  astronomischen 
Beobachtungen  zwischen  den  äussersten  Stationen  des  nördlichen  Bogen- 
theiles,  südlich  vom  Himalaya-Gebirge,  nämlich  zwischen  Kalianpur  und 
Kaliana  einen  Bogen  von  5.°  23.'  37,"058;  dagegen  die  Triangulirung 
o.o    23.'    42,"294,    daher  um  5,"236  mehr    als    die    erstere. 

So  besteht  der  Unterschied  zwischen  der  beobachteten  und  berech- 
neten Breite  zwischen  Born  und  Bologna  in  6, "84;  zwischen  Rom  und 
Florenz  in  14, "04;  zwischen  Venedig  und  Florenz  in  20, "22  Sekun- 
den   u.    s.    w. 

Natürlich  fehlt  es  dann  auch  in  der  Uebereinstimmung  der  Azimuthe 
und  zwar  immer  noch  bedeutender,  weil  die  vielen  zwischen  solchen  Ver- 
gleichsstationen gemessenen  Winkel  in  der  Summe  ihrer  wenn  noch  so 
geringen  Fehler  im  geodätischen  Resultate  weit  mehr  auf  das  Azimuth, 
als    auf   die    berechnete    Breite    einfliessen. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  II.  Heft.  e 


66  Eduard  Pechmann. 

Bei  der  grossen  Verlässlichkeit,  womit  die  meisten  der  neueren 
geodätischen  Vermessungen  ausgeführt  sind  und  ihre  Controllen  in  der 
Uebereinstimmung  zwischen  den  gemessenen  Basen  erhalten,  sind  die  Stö- 
rungen, welche  diese  Abweichungen  in  den  Resultaten  verursachen,  nur 
in  den  astronomischen  Beobachtungsstationen  vorhanden,  und  in  einer  von 
Gebirgsmassen,  oder  überhaupt  von  Unregelmässigkeiten  in  der  Gestalt 
und  Dichtigkeit  der  Erdoberfläche  verursachten  Lokal-Attraction,  oder  An- 
ziehung begründet,  die  eine  Abweichung  der  Lothlinie,  daher  unrichtige 
oder   von    der    Attraction    beeinflusste    Beobachtungsresultate    kundgeben. 

Die  erste  Constatirung  der  Anziehung  von  Gebirgsmassen  bei  astro- 
nomischen Beobachtungen  machte  Dr.  Maskelyne  im  Jahre  1774  bei 
dem  Berge  Schehallien  in  Schottland;  wenigstens  war  sie  bis  dahin  die 
einzige  mit  Erfolg  ausgeführte.  Er  beobachtete  mit  einem  Sector  die 
Zenithdistanzen  einer  bedeutenden  Anzahl  Sterne  am  Fusse  des  Berges, 
und  zwar  im  Süd  und  Nord  desselben,  und  fand  daraus  den  astronomi- 
schen Meridianbogen  zwischen  seiner  südlichen  und  nördlichen  Beobach- 
tungsstation mit  54,60  Sekunden.  Auf  geodätischem  Wege  wurden  für 
denselben  Bogen  nur  42,94  Sekunden  gefunden.  Es  betrug  also  die 
Summe  der  beiden  Attractionen  des  Berges  im  entgegengesetzten  Sinne 
11, "66,  daher  der  Einfluss  auf  die  Lothlinie  des  Sectors  5,83  Sekunden, 
wenn    die    Wirkung   beiderseits    eine    gleiche    war. 

Baron  Zach")  constatirt  die  Abweichung  der  astronomischen  und 
geodätischen  Beobachtungen  bei  Marseille  auf  folgende  Art:  Er  benützte 
die  trigonometrische  Messung  zur  Berechnung  des  Meridianbogens  zwi- 
schen Tour  de  l'Isle  de  Planier  und  Clocher  de  X.  D.  des  Anges  nord- 
östlich von  Marseille,  und  fand  den  durch  astronomische  Breitenbestim- 
mung auf  beiden  Puncten,  erhaltenen  Bogen  um  2  Sekunden  kleiner.  Cm 
nun  zu  beweisen,  dass  diess  vom  Einflüsse  des  nördlich  N.  D.  des  Anges 
gelegenen  Berges  Mimet  herrühre,  beobachtete  er  astronomisch  die  Breite 
an  3  Puncten,  nämlich  auf  dem  Observatorium  zu  Marseille,  dann  östlich 
von  Marseille  auf  den  Puncten  S.  Peyre  und  ä  la  Capelette,  übertrug 
die  auf  Tour  de  Planier  gemessene  Breite  durch  den  Breitenunterschied 
auf  diese  3  Puncto,  und  fand  überall  nahezu  dasselbe  Besultat.  das  er 
auf  astronomischem  Wege  erhalten  hatte,  schloss  also  daraus,  dass  kei- 
ner dieser  4  Puncte  einer  Anziehung  unterworfen  war.  Dann  übertrug 
er  die  astronomisch  bestimmte  Breite  von  N.  D.  des  Anges  auf  diese 
Puncte,  und  fand  durchgehends  nahe  2  Sekunden  Unterschied,  mithin  er 
diese  Abweichung  bloss  dem  Einflüsse  des  Berges  Mimet  nördlich  von 
N.    D.    des    Anges    zuschreiben    musste. 

Für  die  früher  angegebene  Abweichung  in  Indien  suchte  Herr 
J.  H.  Pratt  die  Anziehung  der  Gebirgsmasse  des  Himalaya  durch  ein 
eigenes  neues  Verfahren  zu  berechnen,**)  welches  näher  anzugeben,  hier 
viel  zu  weit  führen  würde;  jedoch  erhält  er  nach  seiner  Berechnung 
einen  bedeutend  grösseren  Unterschied,  als  den  zwischen  den  astronomi- 
schen und  trigonometrischen  Operationen  abgeleiteten.  Er  bespricht  daher 
auch  die  verschiedenen  Hypothesen,  mit  deren  Hilfe  man  sie  reduziren 
könnte,    nämlich    Höhen,    Dichtigkeit,    u.    s.    w.,  gelaugt  aber  zu  dem  Schlüsse 


*)    Siehe    dessen    Werk    „L'attraction    des    montagnes"   etc.    2    Bände.    Paris    1814. 
**)  Siehe     „U Institut   anne'e    23*  Nr.  117.  Sitzung    der  königl.    Akademie    der   Wis- 
senschaften  in  London    im    Deeember    1854. 


Die  geographisch«  Breite  von  Innsbruck.  07 

dass  er  dadurch  die  berechnete  Abweichung  durchaus  nicht  auf  das  Re- 
sultat zurückführen  könne,  welches  durch  den  Vergleich  der  astronomi- 
schen   und   geodätischen    Operationen    erzielt    wurde. 

Es  kann  dies  zugleich  als  Beweis  dienen,  wie  schwierig  derlei  Be- 
rechnungen bei  ausgedehnten  zusammengesetzten  Gebirgsmassen  mit  eini- 
ger Wahrscheinlichkeit  durchzuführen  sind,  und  der  hier  eingetretene  Fall, 
dass  die  berechnete  Attraction  grösser,  als  die  wirklich  erwiesene  ist, 
kommt  bei  ähnlichen  Berechnungen  fast  allgemein  vor,  so  dass  man  sich 
zur  Annahme  neigt,  die  Erdkruste  habe  in  Folge  der  Schwere  der  Ge- 
birgsmasse  auf  ihrer  Überfläche,  innerhalb  an  solchen  Stellen  Einbüge 
oder  Senkungen  in  das  heissflüssige  Innere,  welche  dadurch  die  Attrac- 
tion der  Masse  auf  ihrer  Oberfläche  vermindern,  und  kleiner  als  die  be- 
rechnete ergeben,  wo  diese  Einwirkung  bisher  wenigstens  nicht  berück- 
sichtiget  wurde. 

Unter  allen  bis  nun  bekannten  Attractions-Berechnungen  sind  die 
vom  Hügel  Arthurs-Seat  in  Schottland^)  für  die  nördlich,  südlich  und 
auf  dem  Gipfel  desselben  vorgenommenen  astronomischen  Beobachtungen 
die  gelungensten,  wozu  auch  der  weitere  Versuch  zur  Erklärung  der  all- 
gemein beobachteten  Abweichung  von  nahe  .f>  Sekunden,  wegen  Mangel 
an    Materie    nördlich,    und    ihrer  Anhäufung    im  Süden    von   Edinburg,    gehört. 

Immer  werden  sich  aber  derlei  Abweichungen  nur  bei  einzeln  ste- 
henden Bergen  mit  hinlänglicher  Genauigkeit  berechnen  lassen,  während 
diese  Berechnung  um  so  schwieriger  und  unsicherer  wird,  je  ausgebrei- 
teter und  verschiedenartiger  die  Gebirgsmassen  sind,  wobei  die  Höhe, 
Dichtigkeit  u.  s.  w.  dieser  zusammenhängenden  Massen  einen  so  grossen 
aber  ebenso  schwer  zu  ermittelnden  Einfluss  auf  das  zu  berechnende  Re- 
sultat   der    Anziehung    in    ihrer    Gesammtwirkung  nehmen. 

Das  bisher  Erwähnte  gleichsam  als  Einleitung  betrachtend,  überge- 
hen wir  nun  zu  dem  eigentlichen  Gegenstande  dieser  Besprechung,  näm- 
lich   zur   Bestimmung    der  geographischen    Breite    von    Innsbruck. 

Bei  der  neuen  trigonometrischen  Vermessung  Tirols  im  Jahre  18UI 
wurde  der  Punct  Lanserkopf,  südlich  von  Innsbruck  zur  astronomischen 
ßeobachtungsstation  gewählt,  und  die  daselbst  mit  aller  Sorgfalt  und 
Schärfe  mit  verschiedenen  Instrumenten  bestimmte  Breite  ergab  auf  die 
Kuppel  der  Jesuitenkirche  zu  Innsbruck  mittelst  des  berechneten  Breiten- 
nnterschiedes    übertragen    für    letztere   47.°    16.'    20, "85. 

Baron  Zach  macht  in  den  astronomischen  Nachrichten**)  die  brief- 
lich erhaltene  Mittheilung  des  Herrn  Generalen  Fallon  bekannt,  wornach 
die  Beobachtungen  des  Peter  Zellinger  mit  einem  Zenith-Sector,  für 
die  Breite  der  Jesuitenkuppel  47.°  IG.'  12, '60,  und  Fallon's  eigene 
Beobachtungen  vom  Jahre  1805  auf  die  Jesuitenkuppel  reducirt  47.°  16.' 
7,"77  ergeben;  so  dass  also  Fallon  im  Mittel  47.°  16.'  10,"20  für 
die  Breite  angenommen  hat.  Nach  der  älteren  trigonometrischen  Vermes- 
sung Tirols  wurde  die  Breite  der  Jesuitenkuppel  mit  47.°  16.'  11, "Ol 
von    Wien    abgeleitet. 

Bei  der  Vergleichung  der  österreichisch-bayerischen  Verbindungsresul- 
tate   an    der    Nordgrenze    Tirols,    zeigte    sich  in   der    einerseits    vom  Lanser- 


*)    Siehe  „Philosophieal    Transactions    of    (he    Society   of    London."   Für    das    Jahr 
1856,  2.    Theil,    Seite    140. 
**)    Band  5,    pag.    39. 


gg  Eduard  Pechmann. 

köpfe  und  anderseits  von  München  abgeleiteten  Breite  dei  gemeinschaft- 
lichen Verbindungspuncte  durchschnittlich  ein  Unterschied  von  14,"25  Se- 
kunden, um  welche  alle  österreichischen  Breiten  grösser  waren,  woraus 
folgt,  dass  die  früher  erwähnte  Breite  der  Jesuitenkuppe]  zu  Innsbruck 
nach  der  Ableitung  derselben  von  München  bloss  47.°  16.'  6, "60  betra- 
gen   würde. 

Berechnete  •  man  endlich  diese  Breite  durch  Hilfe  der  österreichisch- 
schweizerischen Verbindungsdreiecke  vom  Jahre  1852  in  Vorarlberg  mit 
der  für  Bern  im  Einklänge  mit  den  französischen  Dreiecken  angenomme- 
nen Breite*)  ,  so  erhielt  man  für  die  Jesuitenkuppe]  zu  Innsbruck 
47.°    16.'    8,"50. 

Die  auf  dem  Lanserkopfe  gemessene  Breite  war  also  offenbar  zu 
gross,  und  konnte  nur  dem  Einflüsse  der  näheren  südlichen  Gebirgsmas- 
sen  auf  die  Abweichung  der  Lothlinie  an  dieser  Beobachtungsstation  zu- 
geschrieben   werden. 

Auf  den  Antrag  des  Herrn  Obersten  Marieni  fand  sich  daher  die 
Direction  des  militärisch-geographischen  Institutes  bewogen,  eine  neue  Brei- 
tenbestimmung in  der  Ebene  von  Innsbruck  zur  Constatirung  dieser  That- 
sache  hohen  Ortes  zu  erwirken.,  mit  deren  Ausführung  ich  im  Sommer 
1857    beauftragt    wurde. 

Ich  wählte  zur  astronomischen  Beobachtungsstation  einen  Punct  öst- 
lich von  Innsbruck  und  dem  Dorfe  Pradl,  fast  mitten  in  der  ziemlich  si- 
metrisch  vom  Gebirgsrande  umgrenzten  Thalebene,  und  in  nahezu  gleicher 
Breite    mit    der    Jesuitenkuppel    in    Innsbruck. 

Im  Umkreise  von  ungefähr  6000  Wiener  Klafter  liegen  südlich  der 
Lanserkopf  mit  490,  der  Glungezer  mit  1411,  der  Patscherkofel  mit  1184 
und  der  Säuleberg  mit  1267  Klafter  Höhe  über  dem  Meere;  dann  nörd- 
lich der  Solstein  mit  1339,  das  Rumerjoch  mit  1190,  der  Zunderkopf 
mit  1031  und  der  Gleiersch  mit  1312  Klafter,  während  die  absolute 
Höhe  des  Punctes  bei  Pradl  303  Klafter  beträgt.  Im  Meridian  dieses 
Punctes  bei  Pradl  gerechnet,  ist  die  Entfernung  des  nächsten  Hochgebirgs- 
rückens südlich  ungefähr  3600,  und  nördlich  2000  Klafter,  und  die  Thal- 
ebene hat  in  dieser  Richtung  eine  Ausdehnung  von  ungefähr  1460  Klaf- 
ter, wovon  790  südlich  und  670  nördlich,  die  gewählte  Beobachtungssta- 
tion   vom    Gebirgsrande    trennen. 

Die  Beobachtungen  wurden  mit  denselben  Instrumenten  und  nach 
denselben  Methoden  gemacht,  wie  auf  dem  Lanserkopfe  im  Jahre  1851, 
auch  wurden  fast  alle  dieselben  Sterne  benützt,  und  die  beobachtete 
Breite  mit  dem  geodätischen  Breitenunterschiede  auf  die  Jesuitenkuppel 
von  Innsbruck  übertragen,  ergab  für  diese  47.°  16.'  10, "95  also  um 
9,90  Sekunden  weniger,  als  die  im  Jahre  1851  vom  Lanserkopfe  dahin 
reducirte,  und  es  war  dadurch  offenbar  der  Einfluss  der  Attraction  auf 
dem    Lanserkopfe    constatirt. 

Um  aber  noch  mit  weit  grösserer  Sicherheit  zu  erfahren,  welchen  Ein- 
fluss die  einmal  erkannte  Attraction  ausübe,  wenn  man  sich  von  der  fast 
mitten  im  Thale  gewählten  Station  Pradl  dem  Gebirge  zu  beiden  Seiten 
nähert,  so  wurde  im  Meridian  von  Pradl  nördlich  auf  530  und  südlich 
auf     625     Klafter     Entfernung     je    ein     Beobachtungsstand    errichtet.     Diese 


*)    Siehe     Eschraann     ..Ergebnisse    der    trigonometrischen    Vermessungen     in  der 

Schweiz,"    pag.    205. 


Die  geographische  Breite  von  Innsbruck.  <>9 

Stande  waren  mit  dein  trigonometrischen  Netze  verbunden,  und  es  wur- 
den auf  beiden  direkte  astronomische  Beobachtungen  für  die  Breite  der- 
selben   vorgenommen. 

Das  hiezu  benutzte  Instrument  war  ein  vorzüglicher  Multiplications- 
kreis  Beichenbach's  von  16  Zoll  Durchmesser,  mit  dem  auch  auf  der 
Station  Pradl  gemessen  wurde,  und  die  hier  in  Vergleich  gezogenen  Be- 
sultate  der  3  Stationen  basiren  nur  auf  den  mit  diesem  Instrumente 
und  nach  demselben  Systeme  gemachten  Beobachtungen  des  Polarsternes 
und   anderer    ebenso    weit    südlich    vom    Zenith    entfernter  Sterne,    und  zwar: 

Stand  Beobachtungen  Breite  Mittlere  Fehler 

N.  Nördlicher     .    .    .    ,  170    .    .    .    .  47.«  16.' 35,"99  .    .    .    .  ±  0,"16 

P.  Pradl 320    ...    .  47.°  16.'    9,"24  .....  +  0,"10 

S.  Südlicher 180    ....  47.°  15.'  36,"60  .-.-..  +  0,"03 

Daraus    folgen    die    astronomischen    Breitenunterschiede: 

N— P  =  26,"75;     P— S  =  32,"64;     N— S  =  59,"39. 

Die    berechneten    geodätischen   Breitenunterschiede    aber    geben: 
N— P  =  32, '55;     P—S  =  38,  "41;     N— S  =  70,"96. 

Werden  also  die  geodätischen  Breitenunterschiede  mit  den  astrono- 
mischen verglichen,  so  zeigen  sich  nachstehende  Abweichungen  der  Loth- 
linie  in  Bezug  auf  Pradl,  und  zwar:  auf  dem  nördlichen  Stande  5, "80 
nach  Nord  auf  530  Klafter;  auf  dem  südlichen  Stande  5,"77  nach  Süd 
auf  625  Klafter,  und  in  Summa  11, "57  nach  Nord  und  Süd  oder  zwi- 
schen dem  nördlichen  und  südlichen  Standpuncte  auf  1155  Klafter  Ent- 
fernung. 

Es  ist  dies  eine  überraschend  merkwürdige  Erscheinung  bei  so 
kurzen  Entfernungen,  welche  mehr  als  zur  Genüge  darthut,  wie  schwierig 
es  sei,  bei  solchen  Terrainverhältnissen  eine  sichere  astronomische  Brei- 
tenbestimmung   vorzunehmen. 

Nehmen  wir  hier  noch  das  Eine  im  Jahre  1851  mit  demselben  In- 
strumente auf  dem  Lanserkopfe  gewonnene  Resultat  in  Betrachtung  mit 
47.°  14.'  56,"90;  so  zeigen  die  geodätischen  und  astronomischen  Un- 
terschiede auf  dem  Lanserkopfe  in  Bezug  auf  Pradl  eine  Abweichung  der 
Lothlinie  von  9,58  Sekunden  nach  Süd  auf  1333  Klafter  Entfernung,  daher 
zwischen  dem  südlichen  Standpuncte  in  der  Thalebene  und  dem  Lanser- 
kopfe bloss  3,"81  auf  708  Klafter  Entfernung.  Da  aber  durch  diese 
Vorrückung  des  Standes  gegen  Süden  bis  auf  den  Lanserkopf,  der  ver- 
minderte Attractions-Eintluss  der  nördlichen  Gebirgsmassen  durch  das  um 
543  Klafter  in  dieser  Nordrichtung  zurückbleibende  Lanserkopf-Gebirge 
selbst,  nicht  nur  ausgeglichen,  sondern  übertroffen  werden  muss,  so  ist 
diese  geringere  Abweichung  zwischen  dem  südlichen  Stande  im  Thale  und 
dem    Lanserkopfe    leicht    erklärlich. 

Um  aber  auf  die  Attractionsresultate  im  Thale  zurückzukommen,  so 
kennen  wir  zwar  die  Abweichungen  der  Lothlinie  auf  dem  Nord-  und 
Südstande  in  Bezug  auf  Pradl,  aber  nicht  ihren  absoluten  Werth.  Nennen 
wir  diesen  nördlich  x  und  südlich  y,  so  wären  nach  den  Beobachtungen 
auf  der  Nordstation  mit  Zuzählung  des  geodätischen  Breitenunterschiedes 
die    Breite    von    Pradl    47.°    16.'    3,"44    -f    x  und  nach    den  Beobachtungen 

auf  der  Südstation  47.»  16.'  15,"10  —  y,  oder  im  Mittel  47.«  16.'  9,"23+  ^~ 

das     heisst:     die    Breite     von     Pradl      wäre      nur     dann    47.°     16.'    9,"23, 


70  Eduard  Pechmann. 

wenn  die  beiden  Attractionen  x  und  y  auf  den  Aussenstationen,  von  welchen 
die  Breite  auf  Pradl  übertragen  wurde,  wirklich  einander  gleich  sind,  und 
sich  dadurch  heben. 

Unsere  directe  Messung  ergab  zwar  genau  für  Pradl  als  Resultat 
47.°  16.'  9,' '24;  allein  wir  dürfen  desshalb  nicht  zurückschliessen,  dass  die 
beiden  Attractionen  x  und  y  einander  gleich  waren;  sondern  können  aus  den 
zu  beiden  Seiten  und  in  Bezug  Pradl's  constatirten  entgegengesetzten  Abwei- 
chungen nur  den  sicheren  Schluss  ziehen,  dass  die  Attraction  an  irgend 
einem  Puncte  zwischen  dem  nördlichen  und  südlichen  Stande  Null  werden 
müsse,  und  dass  dieser  Punct,  wenn  die  ermittelten  entgegengesetzten  Attrac- 
tionen in  Summa  11,57  Sekunden,  von  beiden  Ständen  gegen  Pradl  hin, 
nach  irgend  einem  aber  jedenfalls  zu  ihrer  Entfernung  im  Verhältnisse  ste- 
henden Local-Gesetze  abnehmen,  nicht  weit  von  Pradl   fallen  dürfte. 

Eine  Untertheilung  dieser  Strecke  mit  noch  einigen  Ständen,  auf  wel- 
chen gleichfalls  astronomische  Beobachtungen  gemacht  worden  wären,  hätte 
uns  hierüber  natürlich  weit  mehr  aufgeklärt,  und  den  Nullpunct  für  die  At- 
traction in  weit  engeren  Grenzen  zu  bestimmen  möglich  gemacht;  allein  hiezu 
mangelte  es  leider  an  Zeit,  da  die  Witterungsverhältnisse  dieses  Sommers 
äusserst  ungünstig  waren. 

Wir  haben  bereits  angedeutet,  dass  die  Attractionsberechnungen  bei 
ausgedehnten  zusammenhängenden  Gebirgsmassen  immer  nur  Resultate  liefern, 
deren  Uebereinstimmung  mit  den  aus  directen  Messungen  hervorgehenden, 
noch  bei  Weitem  nicht  in  den  erforderlichen  Grenzen  stattfindet,  und  so 
würde  uns  auch  in  diesem  Falle,  wo  es  zudem  äusserst  schwierig,  ja  fast 
unmöglich  ist,  die  Ausdehnung  der  anziehenden  Massen  im  Norden  und  Sü 
den  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  zu  bestimmen),  eine  Attractionsberechnung 
für  die  verschiedenen  Stände  im  Thale  keine  Bürgschaft  für  das  Bestehen 
oder  Nichtbestehen  irgend  eines  Attractions  Einflusses  bei  der  beobachteten 
Breite  von    Pradl  leisten. 

Vergleicht  man  aber  die  von  Pradl  abgeleitete  Breite  der  Jesuitenkuppel 
zu  Innsbruck  47.°  16.'  10,^95  mit  der  vom  Herrn  Generalen  Fallon  fest- 
gestellten 47.°  16.'  10, "20  und  mit  der  aus  der  älteren  trigonometrischen 
Vermessung  Tirols  hergeleiteten  mit  47."  16.'  11, "Ol;  so  stimmt  sie  mit 
diesen  Resultaten  sehr  nahe  zusammen.  —  Nimmt  man  hingegen  die  von 
München  und  von  Bern  abgeleiteten  Resultate  von  47.°  16.'  6, "60  und 
47.°  16.'  8,"50,  so  weicht  sie  von  ersterer  noch  um  4,"35  und  von  letz- 
terer um    2, "45    ab,    oder    sie    ist  um    so  viel  grösser. 

Ist  einmal  die  neue  trigonometrische  Vermessung  zwischen  der  neu 
gemessenen  Basis  von  Wiener  Neustadt  und  jener  bei  Innsbruck  definitiv  be- 
rechnet, und  andererseits  der  ebenfalls  demnächst  zu  erwartende  Vergleich  der 
zur  Basismessung  am  Ticino  verwendeten  Toise  mit  der  Wiener  Klafter  her- 
gestellt, wodurch  auch  die  definitive  Verbindung  der  neuen  Vermessung  Ti- 
rols mit  jener  des  loinbardisch-venetianischen  Königreiches  geordnet  werden 
kann ;  so  ergeben  sich  durch  die  Uebertragung  des  Breitenunterschiedes  von 
Wien  und  Padua  für  Innsbruck  wieder  zwei  Werthe,  welche  uns  dann  ver- 
eint mit  den  übrigen  beurtheilen  lassen,  ob  das  letzterhaltene  astronomische 
Resultat  noch  irgend  einem  Einflüsse  der  Attraction  unterworfen  war.  Natür- 
lich aber  ist  diese  Beurtheilung  immer  Mieder  von  den  mehr  oder  weniger 
fehlerfreien  Resultaten  bezüglich  der  Attraction  auf  den  Ausgangspuncten 
selbst  abhängig,  und  es  würde  sich  zur  Erzielung  einiger  Sicherheit  darum 
handeln,   diese  Ausgangspuncte  wieder  einer  näheren  Prüfung  zu  unterziehen. 


Die  geographische  Breite  von  Innsbruck-  71 

Uebrigens  dürfte  es  in  dieser  Hinsieht  von  grossem  Interesse  sein,  an 
irgend  einem  zweckentsprechend  gelegenen  Puncte  der  Monarchie  (etwa  in 
der  Ebene  Ungarns)  und  in  dessen  Meridiane  und  Parallele  so  viele  astrono- 
mische Beobachtungsstationen  zu  beiden  Seiten  dieser  Linien  zu  machen,  bis 
sich  bei  der  Näherung  an  das  Gebirge  irgend  ein  Attractions-Einfluss  äussert, 
um  durch  die  Uebertragung  aller  von  der  Attraction  noch  nicht  beeinflussten 
Breiten-  und  Azimuthresultate  desselben  Beobachters,  Instrumentes  und  der- 
selben benützten  Sterne,  auf  den  Mittelpunct  oder  die  Ilauptstation,  bei  dem 
Zusammentrerten  aller  Besultate  in  äusserst  engen  Grenzen,  gleichsam  einen 
Fundamentalpunct  für  alle  auf  geodätischem  Wege  abzuleitenden  Breiten  fest- 
zustellen, und  sich  desselben  bei  Vergleichen  mit  astronomischen  Beobach- 
tungen an  andern  Puncten   mit  Sicherheit  bedienen   zu  können. 


VIII. 

Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 

\  (Hl 

Franz  Ritter  von  Hauer , 

k    k.   Bergrath. 

Im  Auftrage  der  k.  k.  geologischen  Beichsaustalt  hatte  ich  im  Sommer 
des  verflossenen  Jahres  die  geologische  Uebersichtsaufnahme  im  nordöstlichen 
Ungarn  zu  leiten.  Meine  Beiseu,  bei  welchen  ich  mich  der  steten  Begleitung 
des  k.  k.  Bergratb.es  Herrn  Otto  Freiherrn  von  Hingenau  zu  erfreuen 
hatte,  führten  mich  von  Pest  über  Miskolcz  nach  Kaschau,  dann  in  den  ver- 
schiedensten Bichtungen  durch  die  Comitate  Saros,  Zemplin,  Unghvar,  Be- 
regh-Ugocsa,  und   Marmaros  und   von  Szigeth  über  Debreczin    wieder  zurück. 

Die  geringe  Anzahl  von  Höhenmessungen,  welche  aus  allen  von  uns 
durchstreiften  Gegenden  bisher  vorliegen,  machte  es  wünschenswerth,  mög- 
lichst viele  neue  Höhenbestimmungen  vorzunehmen.  Sehr  willkommen  war 
mir  daher  der  freundliche  Antrag  des  Prälaten  in  Olmütz  Herrn  E.  Bitter 
v.  Unkhrechtsberg  mir  das  von  ihm  selbst  auf  seiner  Sternwarte  so  wie  bei  einer 
Beise  auf  den  Schneeberg  in  Nieder-Oesterreich  mit  grosser  Umsicht  geprüfte 
Bourdon'sche  Metallbarometer  (A3)  für  die  Dauer  meiner  Beise  zu  leihen.*) 
Dieses  Instrument,  von  dessen  Empfindlichkeit  und  Genauigkeit  ich  nun 
selbst  vielfältig  mich  zu  überzeugen  Gelegenheit  fand,  zeigte  nach  den 
neuen  sorgfältigen  Untersuchungen,  die  Herr  Dr.  Julius  Schmidt  mit 
demselben  vornahm,  vor  und  nach  der  ungarischen  Beise  keine  wesent- 
liche Aenderung;  derselbe  entwarf  aber  für  dasselbe  nach  zahlreichen  verglei- 
chenden Ablesungen  im  Zimmer  sowohl  als  bei  einer  zweiten  Beise  auf 
den  Schneeberg,  die  er  im  October  1858  in  Gesellschaft  des  Herrn 
G.  Tschermak  ausführte,  die  dieser  Abhandlung  angeschlossene  neue 
Correctionstabelle,    nach   welcher    meine    Ablesungen     corrigirt     wurden,    um 


*)    Vergleiche    J.    F.    Julius    Schmidt,    Untersuchungen    über    die    Leistungen    der 
Bourdon*schen  Metallbaromeler,    Wien    u.    Olmütz    18a8.   p.    20. 


72  I |i,||Z  Ritter  ron  Hauer. 

sie  auf  wahre  Barometerstände  zu  reduziren.  Zur  Correctiou  wegen  der 
Wärme  wurde  die  schon  in  dem  oben  citirten  Werke  mitgetheilte  Ta- 
belle   benutzt,    die    ich    ebenfalls    am    Schlüsse    beigefügt    habe. 

Herr  Dr.  J.  Schmidt  hatte  sich  freundlichst  angeboten,  die  Be- 
rechnung meiner  sämmtlichen  Aufzeichnungen  vorzunehmen,  und  führte 
dieselbe  auch,  ungeachtet  seiner  inzwischen  erfolgten  Berufung  zum  l)i- 
rector  der  k.  Sternwarte  zu  Athen,  so  weit  durch,  dass  er  für  jede 
einzelne  meiner  Ablesungen  die  Differenz  gegen  einen  oder  den  andern 
Fixpunct  bestimmte  und  es  nur  mir  überliess,  die  wirkliche  Seehöhe  die- 
ser Fixpuncte  mit  Zuhilfenahme  aller  Anhaltspuncte,  die  sich  auffinden 
Hessen,    zu    bestimmen. 

Um  solche  Fixpuncte  zu  gewinnen,  hatte  ich  auch  ein  Kap e  11  er'sches 
Quecksilber-Barometer  mitgenommen,  und  gewiss  sind  alle  während  der 
Zeit,  als  dieses  Instrument  noch  im  guten  Stande  war,  vorgenommenen 
Messungen  weit  genauer.  Leider  wurde  es  am  6.  Juli  auf  der  furchtbar 
schlechten  Strasse  vor  Homonna  gebrochen,  und  die  späteren  Ablesungen 
mussten  meisst  direct  auf  solche  der  weit  entfernten  meteorologischen 
Stationen   berechnet    werden. 

Herr  Dr.  Schmidt  hatte  zur  Vergleichung  nur  die  Beobachtungen 
der  meteorologischen  Station  in  Kaschau  für  die  Monate  Juni,  Juli  und 
August,  die  ich  von  dem  Beobachter,  Herrn  Dr.  Widermann  selbst  er- 
halten hatte,  nach  Athen  mitgenommen ;  Später  erhielt  ich  durch  die  Güte 
des  Directors  der  k.  k.  meteorologischen  Central-Anstalt  Herr  K.  Kr  eil 
auch  die  Beobachtungen  der  Stationen  Ofen  (Beobachter  Herr  Dr.  Frenreiss) 
Wallendorf  bei  Bisztricz  in  Siebenbürgen  (Herr  Pfarrer  Klopp  s)  und 
Debrezin  (Herr  Tamässy),  nach  welchen  ich  einige  meiner  Ablesungen 
die  gegen  diese  Orte  günstiger  gelegen  sind,  als  Kaschau,  neu  berech- 
nete. Ich  bediente  mich  hierzu  der  so  bequemen  von  Herrn  Professor 
K.  Kofistka  veröffentlichten  Tafeln*),  wesshalb  auch  bei  den  von  Hin- 
ausgeführten Hechnungen  die  Differenzen  in  Wiener  Klafter  angegeben 
sind;    während   jene    des  Herrn  Dr.    Schmidt    nach  Toisen  berechnet  sind. 

Sämmtliche  meteorologische  Beobachtungen,  welche  zu  Vergleichungen 
benutzt  wurden,  sind  unter  Nr.  11  nach  den  Höhen-Tabellen  abgedruckt, 
und  eben  so  sind  auch  meine  Ablesungen  selbst,  dann  die  Höhen-Diffe- 
renzen, als  unmittelbares  Besultat  der  Bechnungen,  den  gefundenen  See- 
höhen   beigefügt. 

Die  Anordnung  habe  ich  so  getroffen,  dass  in  besonderen  Abschnitten 
meist  die  an  einer  bestimmten  Strasse,  oder  in  einem  Thal  gelegenen 
einzelnen  Puncte  der  Beihe  nach  aufgezählt  sind,  so  dass  ihre  Aufsuchung 
auf  den  vom  k.  k.  Generalquartiermeisterstabe  herausgegebenen  Comitats- 
Karten,  deren  Orthographie  ich  auch  durchaus  beibehalten  habe,  keiner 
Schwierigkeit    unterliegen    kann. 

Zur  Erläuterung  und  Begründung  der  Angaben  in  der  Tabelle  Nr.  I. 
füge    ich    noch    folgende    Bemerkungen    hinzu: 

In  der  Rubrik  Barometer  ist  stets  der  auf  die  Temperatur  von  0° 
reduzirte  Stand  des  Instrumentes  in  Millimetern  angegeben.  Ein  der  Ziffer 
vorgesetztes  B.  bezeichnet  eine  Ablesung  des  Quecksilber-Barometers;  alle 
übrigen  Zahlen  sind  Ablesungen  des  Metallbarometers.  Die  Temperatur  der  Luft 
ist  mit    Thermometern    mit  Beaumur'scher    Scala    bestimmt. 


")  Jahrbuch   der  k    k.     geologischen  Reichsnnstait  18öö.  S.    840. 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn.  73 

Zu  Nr.  1).  Für  die  Seehöhe  meines  Stationsplatzes  in  Pest 
liegen  drei  Messungen  mit  dein  Quecksilber-Barometer  vor,  welche  mit  den 
Beobachtungen  des  meteorologischen  Observatoriums  in  Ofen  verglichen 
die  mittlere  Differenz  von  -J-  1'9  Klafter  ergeben.  Die  Höhe  des  genannten 
Observatoriums  wird  in  den  Sitzungsberichten  der  kaiserlichen  Akademie 
Bd.  XXXIII.  Nr.  29  mit  54  Toisen  angegeben,  so  dass  die  Höhe  meines 
Stationsplatzes  55*9  Toisen  =  574  Wiener  Klafter  beträgt.  Gegen  die 
Ablesung  in  Pest  vom  2.  Morgens,  sind  dann  die  anderen  Ablesungen  von 
Nr.  1   berechnet. 

Zu  Nr.  2  und  3).  Seehöhe  von  Mezö-Kövezd.  Die  Messungei. 
mit  dem  Quecksilber-Barometer  wurden  sowohl  gegen  die  Beobachtungen 
der  meteorologischen  Station  in  Ofen,  als  gegen  jene  in  Kaschau  berech- 
net und  aus  den  vier  auf  diese  Weise  erhaltenen  Höhen  das  Mittel  ge- 
nommen, welches  die  Seehöhe  mit  6045  Toisen  oder  62-12  Wiener 
Klafter   ergibt. 

Für  die  Beobachtungen  am  3.  Juni  habe  ich  die  Differenzen  gegen 
Pest  und  Mezö-Kövezd  berechnet,  mit  Bücksieht  darauf,  dass  der  Baro- 
meterstand in  Ofen  an  diesem  Tage  von  6  Uhr  Morgens  bis  2  Uhr  Mit- 
tags um  044  und  von  2  Uhr  bis  10  Uhr  Abends  um  weitere  018  Pa- 
riser Linien  stieg.  Die  Berechnung,  die  Herr  Dr.  Schmidt  mit  Zu- 
grundelegung des  Barometerganges  zu  Kaschau  ausgeführt  hatte,  gab  we- 
niger gut    stimmende    Besultate. 

Zu  Nr.  4  und  5).  Seehöhe  von  Kaschau.  Zur  Ermittlung  der 
Höhe  des  Standbarometers  der  meteorologischen  Station  in  Kaschau  be- 
nutzte ich  die  in  den  Sitzungsberichten  der  kaiserlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  mitgetheilten  Monatsmittel  der  Beobachtungen  für  April  bis 
Dezember  1857  und  Jänner  und  Februar  1855.  Diese  gegen  die  Beobach- 
tungen an  der  meteorologischen  Central-Anstalt  in  Wien  und  gegen  jene 
in  Krakau  berechnet,  ergeben  die  Seehöhe  von  11102  Toisen  =  114*09 
Wiener  Klafter.  —  In  dem  Verzeichniss  der  meteorologischen  Stationen, 
welches  in  den  gedachten  Sitzungsberichten  Bd.  XXXIII  Nr.  29  mitgetheilt 
ist,  findet  sich  für  die  Station  in  Kaschau  die  Seehöhe  von  109  Toisen 
angegeben,  welche  aber  nach  freundlicher  Mittheilung  des  Herrn  Director 
Kr  eil  nur  einen  genäherten  Werth  ausdrückte,  dem  die  durch  die  Be- 
rechnung der    Monatsmittel    gefundene  Grösse    vorzuziehen  ist. 

In  meiner  Wohnung  in  Kaschau  wurden  nur  wenige  Beobachtungen 
mit  dem  Quecksilber-Barometer  angestellt,  da  das  Instrument  während  mei- 
nes Aufenthaltes  mit  dem  Standbarometer  der  meteorologischen  Station  ver- 
glichen werden  musste.  Die  Seehöhe  dieser  Wohnung,  die  als  Ausgangs- 
punct  für  mehrere  Beihen  von  Messungen  dient,  ergibt  sich  aber  doch 
wohl  mit  hinreichender  Sicherheit  zu  100  6  Toisen  oder  103 '4  Wiener  Klafter. 
Die  Seehöhe  der  in  der  Umgebung  von  Kaschau,  bei  den  Excursionen 
nach  Galsecs  und  Bank  berührten  Orte  konnte  auf  wiederholte  Messungen 
an  verschiedenen  Tagen  basirt  werden  und  wurde  noch  durch  Conibination 
aller  dieser  Messungen    unter  einander    corrigirt. 

Zu  Nr.  6).  Die  Seehöhe  von  Eperies  ergibt  sich  als  unmittel- 
bares Besultat  von  12  verschiedenen  Barometer-Ablesungen,  welche  auf 
das  Standbarometer  in  Kaschau  berechnet  wurden  mit  12498  Toisen  oder 
128-42    Wiener    Klaftern. 

Zu  Nr.  8).  Seehöhe  von  Hertnek.  Der  Anschluss  an  Eperies 
durch    die    Ablesung    am    15.    Juni    gibt    die   Seehöhe    mit    23318    Toisen; 


74 


Iran/.  Ritter  von  Hauer. 


die  Berechnung  der  Ablesung  vom  16.  Juni  auf  das  Stationsbarometer  in 
Kaschau  gibt  die  Seehöhe  220-12  Toisen.  Das  Mittel  aus  beiden  226  6 
Toisen  =  2329  Wiener  Klafter  nähert  sich  schon  gut  der  Wahrheit,  da 
sie  der  Berechnung  zu  Grunde  gelegt  für  die  Höhen  des  am  16.  Juni 
gemessenen  Csergö-  und  Mincsol-Berges  für  den  esteren  550  7  und  für 
den  letzteren  6087  Wiener  Klafter  ergeben,  während  die  trigonometrische 
Messung  auf  der  Comitatskarte  verzeichnet  für  ersteren  550*51,  für  Letz- 
teren 60455  Wiener  Klafter  ergab.  Diese  trigonometrischen  Messungen 
selbst  aber  Hessen  sich  mit  Vortheil  anwenden,  um  für  Hertnek  einen  noch 
mehr  genäherten  Mittehverth  zu  erhalten.  Die  Lesungen  am  16ten  geben 
für  Hertnek  Differenz  gegen  Csergö  -  -  3093  Toisen  =  317.84  W.  K. 
für  Hertnek  Differenz  gegen  Miucsol  —  365-7  Toisen  =  375.80  W.  K. 
Also  erstere  die  Seehöhe  für  Hertnek  23267  und  letztere  mit  228-75 
Wiener  Klafter.  Aus  diesen  beiden  Grössen  das  Mittel  ist  2307  Wiener 
Klafter,  und  das  Mittel  aus  diesem  und  dem  obigen  gibt  die  angenom- 
mene Seehöhe    für    Hertnek    =    231-8    Wiener    Klafter    oder    225*6  Toisen. 

Zu  Nr.  10).  Seehöhe  von  Csircs,  Bad  Lublau  und  Tarcza. 
Für  Csircs  liegt  nur  eine  Ablesung  vom  17.  Juni  vor,  welche  auf  das 
Standbarometer  in  Kaschau  berechnet  247.6  Toisen  =  254  Klafter  ergibt. 
Für  Bad  Lublau  haben  wir  zwei  Ablesungen  vom  17ten  und  18ten  Beide 
auf  Kaschau  berechnet  ergeben  als  mittlere  Seehöhe  281*8  Toisen 
=  289-6  Klafter  und  eben  so  die  beiden  Ablesungen  für  Tarcza  am  18ten 
und     19ten     für    diesen     Ort     203-1     Toisen    =   208"7   Klafter. 

Diese  Orte  lassen  sich  aber  überdiess  auch  durch  Ablesungen,  welche 
an  ein  und  demselben  Tage  an  je  zwreien  derselben  vorgenommen  wurden, 
in  Verbindung  bringen,  und  ebenso  Tarcza  mit  der  Ebene  von  Gross-Saros. 
welche  ihrerseits  wieder  durch  die  Ablesung  am  22ten  mit  Ejteries  ver- 
bunden ist.  Die  oben  angeführten  Werthe  als  erste  Näherungen  zu  Grunde 
gelegt,    erhält    man    auf   diese  Weise  die  folgenden    Seehöhen : 

Berechnet    nach 


Kaschau 

Bad  Lublau  1 

Tarcza 

Gr.-Saros 

Mittel 

Toisen 

W.  Klft. 

Csircs     . 

247-0 

2290 

— 

— 

238-3 

244-8 

Bad     Lublau 

2818 

1        — 

282-4 

— 

282- 1 

289-9 

Tarcza    . 

203  1 

202-4 

— 

1988 

201-4 

206-9 

Die  grosse  Differenz  dir  Höhe  von  Csircs  ist  der  schönen  Ueberein- 
stimmung  der  übrigen  Puncte  gegenüber  sehr  auffallend ;  sie  ist  übrigens 
von  geringerer  Bedeutung,  da  nur  1  Punct  auf  diesen  Ort  berechnet 
werden  musste. 

Zu  Nr.  11).  See  höhe  von  Also-Sebes.  Die  Ablesung  vom  15.  Juni 
auf  Eperies  berechnet  gibt  122-2  Toisen,  jene  vom  25ten  auf  das  Stand- 
barometer in  Kaschau  berechnet  122  5  das  Mittel  davon  ist  122-4  Toisen 
=  125-8    Wiener   Klafter. 

Zu  Nr.  24).  Seehöhe  von  Szigeth.  Um  dieselbe  nach  Möglichkeit 
genau  zu  ermitteln,  habe  ich  die  fünf  vorliegenden  Ablesungen,  von  denen  Herr 
Schmidt    nur    die    ersten  drei    auf  Kaschau    hatte     berechnen    können,    da 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn.  70 

er  die  meteorologischen  Aufzeichnungen  von  dort  nur  bis  Ende  August 
zur  Verfügung  hatte,  auf  Debrezin  und  Wallendorf  in  Siebenbürgen  be- 
rechnet,   und    aus    allen    so   erhaltenen    Differenzen    das    Mittel  gezogen. 

Die  Seehöhe  der  meteorologischen  Station  in  Debrezin  ist  in  dem 
Verzeichnisse  der  Stationen  für  1858*)  zu  65-2  Toisen,  jene  von  Wallen- 
dorf zu  188-6  Toisen  angegeben.  Die  Differenzen  gegen  den  einen  wie 
gegen  den  anderen  der  genannten  Orte  stimmen  unter  sich,  wie  meine  Ta- 
belle zeigt,  gut  überein.  Dagegen  erscheint  eine  grosse  Differenz  in  dem 
Gesammtergebnisse,  wenn  man  obige  Höhenangaben  zu  Grunde  legt.  Auf  De- 
brezin berechnet,  ergibt  sich  nämlich  für  Szigeth  die  Seehöhe  mit  1 1 32 
auf  Wallendorf  aber  mit  1257  Toisen;  die  letztere  stimmt  nähe  mit  der, 
welche  durch  die  Reduction  auf  Kaschau  gefunden  wird,  indem  diese  1240 
Toisen  beträgt. 

Zu  Nr.  28)  Höhe  von  Körösmezö.  Die  vier  Ablesungen  von  Hrn. 
Schmidt  auf  Kaschau  berechnet  geben  die  Seehöhe  im  Mittel  mit  301-2 
Toisen,  auf  Wallendorf  berechnet  sich  dieselbe  zu  304*6  Toisen,  das  Mittel 
aus  beiden    wurde    angenommen. 

Zu  Nr.  30).  Eine  Flossfahrt  auf  der  in  ihrem  oberen  Laufe  sehr 
wilden  und  reissenden  Theiss,  bot  mir  Gelegenheit,  ein  genaueres  barome- 
trisches Nivellement  derselben  mit  dem  Metallbarometer  vorzunehmen.  Das 
Instrument  wurde  frei  aufgehängt,  und  zeigte  während  der  ganzen  Fahrt 
von  Körösmezö  bis  etwas  unterhalb  der  Mündung  des  Vissöbaches  einen 
überaus  regelmässigen  Gang,  so  dass  man  von  Minute  zu  Minute  die  Aen- 
derungen  des  Zeigers  ganz  gut  beobachten  konnte.  An  letzterer  Stelle 
wurde  die  Fahrt  leider  durch  Schiffbruch  unterbrochen,  indem  wir  mit 
einer    Anzahl  anderer  Flösse  zusammenfuhren. 

Die  während  der  Fahrt  notirteu  Puncte  habe  ich  gegen  die  Ablesung 
desselben  Tages  in  Körösmezö  berechnet,  mit  Zugrundelegung  des  Baro- 
meterganges von  Wallendorf.  Die  so  erhaltenen  Höhen  sollten  immer  um 
2—5  Klafter  tiefer  sein,  als  die  durch  die  Ablesungen  am  18.  und  19.  August 
an  der  Strasse  erhaltenen  Höhen,  die  ich  gegen  das  Standbarometer  in 
Wallendorf  erhalten  habe;  doch  differiren  die  meisten  um  eine  etwas  grös- 
sere   Zahl. 

Zu  Nr.  32).  Seehöhe  von  Huszth.  Vier  Ablesungen  an  verschie- 
denen Tagen  liegen  von  diesem  Orte  vor.  Die  zwei  ersteren  berechnete 
Herr  Schmidt  auf  das  Stationsbarometer  in  Kaschau  und  fand  die  Diffe- 
renzen —  307  und  —  37*8  Toisen,  also  im  Mittel  —  34-2;  gegen 
Wallendorf  berechnet  fand  ich  die  Differenzen  —  121  1;  —  119-7;  — 
120-5    und    —    125-5    Klaftern,    oder    im    Mittel  121  7  Klaftern;    gegen 

Debrezin  die  Differenzen  -f  9-2;  —  14  0;  —  63  und  —  114  oder 
im  Mittel  —  5  8  Klafter.  Endlich  berechnete  Herr  Schmidt  auch  für 
die  Ablesung  am  3.  September  die  Differenz  gegen  Szigeth  mit  —  57-9 
Toisen.  Es  Mürde  sich  demnach  ergeben  die  Seehöhe  durch  die  Ver- 
gleichung    mit 


Toisen 

Klaftern 

Kaschau       (2)  = 

76-8 

789 

Wallendorf  (4)  = 

70-2 

72  1 

Debreczin    (4)  = 

59-5 

61-2 

Szigeth        (1)  = 

626 

64- 1 

*)    Sitzungsbericht    der    k.    Akademie  der  Wissenschaften.   Bd.   XXXIII.    Nr.    29. 


76 


Franz   Ritter  von  Hauer. 


und  unter  Berücksichtigung  der  Zahl  der  Vergleiehungen  im  Mittel  mit 
66-8    Toisen    oder    68-6    Klaftern. 

Für  die  Ablesungen  am  5.  September  wurden  die  Differenzen  gegen 
die  Ablesung  dieses  Abends  in  Debrezin  berechnet,  für  die  Seehöhe  aber 
die  der  meteorologischen  Station  in  Debreczin  mit  jener  meines  Beobach- 
tungsortes in  Debreczin  gleichgestellt.  Diese  Abend-Ablesung  auf  die  der 
meteorologischen  Station  in  Debreczin  berechnet  führt  zu  einem  unmögli- 
chem Resultat,  vielleicht  die  Folge  einer  zeitweiligen  Störung  meines  In- 
strumentes.   Die  Angaben    für  diesen  Tag    sind    daher  jedenfalls  sehr  unsicher. 

Im  Ganzen  sind  durch  meine  Ablesung  588  Puncte  bestimmt,  von 
denen    ich    mir    erlaube,    noch    einige    speziell    hervorzuheben. 

1.  Frühere  Messungen.  Trigonometrische  Messungen,  die  vorzüg- 
lich sichere  Anbaltspuncte  zur  Controlle  geben,  liegen  nur  für  sehr  we- 
nige der  von  mir  gemessenen  Puncte  vor.  Es  gehören  dahin  der  Csergö 
und  der  Mincsol-Berg  im  Saroser-Comitat,  für  welche  meine  Messung  mit 
der  trigonometrischen,  wie  schon  früher  bemerkt  beinahe  vollständig  über- 
einstimmt; ferner  der  Magura-Berg  bei  Bad  Bantfeld,  Nr.  211  meiner 
Tabelle,  für  welchen  ich  die  Höhe  von  461  Klaftern  fand,  während  die 
trigonometrische  Messung  471  Klafter  ergab.  Noch  grösser  ist  die  Diffe- 
renz für  den  Sarosvar-Berg  bei  Gross-Saros  Nr.  163,  für  welchen  ich 
nur  2889  Klafter  fand,  während  er  trigonometrisch  zu  303.5  Klft.  bestimmt  ist. 

Von  früheren  barometrischen  Messungen  stelle  ich  im  Folgenden  die 
von  Kreil,  Alth  u.  s.  w.  ausgeführten,  die  sich  in  Herrn  Senoner's  Ver- 
zeichniss*)  befinden,  mit  den  meinigen  in  Paralleln,  bei  den  meisten  ist  die 
Uebereinstimmung  ziemlich  befriedigend  zu  nennen,  und  wo  diess  nicht 
der  Fall  ist,  gibt  wohl  die  Verschiedenheit  des  Slandpunctes  eine  genü- 
gende Erklärung  der  Differenz,  so  namentlich  bei  Cnghvar  wo  Herrn 
Director  Kreil  in  dem  höher  gelegenen  Seminar-Garten,  ich  aber  in  dem 
nahe  an  dem  Unghflusse  gelegenen  Gasthause  die  Messung  vornahm.  Ein 
Gleiches  kann  bei  den  zwei  aufgeführten  von  Herrn  Alth  gemessenen 
Puncten  der  Fall  sein,  an  welchen  ich  übrigens  auch  meine  Ablesungen 
bei    sehr    ungünstigem    unbeständigem    Wetter    vornahm. 


Nr. 

Ort 

Frühere  Messung. 

.Heine  Messung 

von 

Seehülie  Klt'tr. 

Klftr. 

12 

Kerepes 

Kreil 

11 61 

98-3 

17 

Kis   Bagh 

detto 

55.5 

62  5 

51 

Miskolcz 

detto 

65  9 

62.8 

67 

Hernad  bei  Kaschau 

Wahlenberg 

943 

96.8 

92 

Eperies 

Kreil 

1346 

128-4 

306 

Nagy    Mihaly 

detto 

570 

52-2 

318 

Unghvar 

detto 

70-1 

51  0 

365 

Munkacs 

detto 

601 

54.4 

371 

Bereghszasz 

detto 

58-3 

48-0 

387 

Holubina 

detto 

111  4 

102.3 

396 

A.    Vereczke 

detto 

235  7 

2244 

399 

Galiz.  Grenze 

detto 

421-6 

4228 

532 

Borsabanya 

Alth 

389-8 

362  4 

543 

Sattel  am    Kornedij 

detto 

936  6 

902  9 

*)  Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Reiebsanstalf  IV    S.  534. 


Höhenmt'ssungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


77 


2.  Gipfel  und  Sattel  puncte  der  Wasserscheide  der  Kar- 
pathen.  Es  ist  wohl  von  einigem  Interesse,  dieselben  hier  abgesondert  in 
der    Ordnung   von    West   nach    Ost    zusammenzustellen. 

Die    Gipfelpuncte     sind     den     trigonometrischen    Messungen,     wie     sie 
auf  den    neuen    Comitatskarten    für    Ungarn    verzeichnet   sind,  entnommen. 
Nr.    meiner  n  Seehöhe 

Tabelle  Urt  Klftr. 

145  N.    W.    v.    Hethars 3028 

A  Mincsol 604-5 

134  Bei    Obrucsno .  3408 

A  Wisoki    Berest 4690 

A  Latskowa 523-0 

A  Wysowa 41024 

A  Jaworina    (bei  Begeto) 46015 

A  Dubci 3450 

A  Studeny 366-7 

236 1/8  Bei    Komarnik 247-2 

A  Paszik  B.  (Zempl.  Com.)  .  .  441-0 
A  Halicz    B.    (Galizien) 700  0 

341  Pass    bei    Uszok 4236 

A  Buszky-Put 6870 

399  Pass    bei    Verbias 422-8 

A  Javornik 4910 

A  Corna  Beppa  (Marmaros)  .  .  .  6730 
A  Popadie  detto  .  .  .915-0 
A  Welika  Keputa  detto  .  .  .  8480 
A  Bisztraberg  detto  .  .  9550 
A  Ploszka-Berg  detto  .  .  .  71 10 
A  Kukul  detto  .  .  .810-0 
A  Rusky  detto  .<  .  1082-0 
A  Czerna  Hora  detto  .  .  10580 
A  Stoy 868-0 

543  Kornedij    Pass 902-9 

537  Sattel    N.   v.    Stiol 811.4 

Der  tiefste    aller  Uebergangspuncte   würde    demnach    weitaus  jener  von 
Komarnik    sein. 

3.  Gefälle    der    Flüsse.     Auch    dieses    glaube    ich    für  einige  der 
wichtigeren    abgesondert    zusammenstellen    zu    sollen. 

Tarcza-Fluss.  W7.    Klafter. 

Von    Tarcza    bis    Eperies 785 

Von    Eperies   bis    Olczvar    (Kaschau    0.) 36-1 

Zusammen  1146 

S  z  i  k  c  s  o  -  F I  u  s  s. 

Von  Bartosfalu    bis    zur    Mündung    bei    Eperies 118-8 

Topla-Fluss. 

Von    Kruslyo    bis    Giralt 88"0 

Von    Giralt    bis    Bisztra    bei    Hanusfalva      18-9 

Zusammen  106  9 
On  d  a  va-Fl  uss. 

Von    Unter-Mirosso    bis  Tavarna 90-0 


78 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


Labor  ecz-FI  uss.  W.    Klafter 

Von    Habura    bis    Homonna 123*8 

Von    Homonna    bis    Nagy-Mihaly 188 

Zusammen  142  6 

Ungh-FIuss. 

Von    Volozanka    bis    Unghvar 69-1 

Lyutta. 

Von    der    Säge    südlich    bei    Lyutta   bis    zur    Mündung 

bei    Dubrinics      * 2027 

Theiss-Fluss. 

Von    Körösmezö    bis    Szigeth 17(5*9 

Von    Szigeth   bis    Huszth 61-2 

Von    Huszth    bis    Tisza-Ujlak 238 

Zusammen  261-9 

Nagyag-Fluss. 

Von    Ökörmezö    bis    Huszth 137*6 

Talabor. 

Von    Szinever    bis  zur    Mündung    bei   ßeneczö 131*0 

Taraczko. 

Von  Kiraly-mezö  bis  zur  Mündung  bei  Remete  ....  149*0 
Bor  sa. 

Von    Sztrimtura    bis    Felsö-Vissö 1400 

Vissö-Fluss. 

Von  Felsö-Visso  bis  zur  Mündung  i  d.  Theiss  ....  8o*2 
Iza-Fluss. 

Von    Szaesal    bis    zur    Mündung    unterhalb   Szigeth  .    .     .    .  13v4 


1.  Gemessene  Höhen. 

I  )    l'  in  geh  ii  n  g    v  o  n    Pes  t. 
Differenz  Nr.  1  gegen  Ofen,  die  Uebrigen  gegen  Pest. 


Ort 


5  £ 


Pesl,  Gasth.  z.  König,  v.  England  3.  Stck, 

detto 

detto 

detto 
Sachsenfeld  (Strasse) 

detto 
Teteny  Schloss  (i.  Stock)  

detto 
Brunnen  im  Nussgraben  N.  bei  Teteny  . 

Plateau  N.  von  Teteny 

Mühle  an  der  Strasse  n.  Puszta  Bata  .    . 
Puszla  Bata 

detto 


1.  Juni 

2.  Juni 
detto 

3.  Juni 
2.  Juni 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


440  A 

6h15  F. 
detto 

51  F. 

9h  F. 

7h30  A. 
iO1'  F. 
1210M. 
lihF. 
II1 15  F. 

3hA. 

3h22  A. 

5' 15  A. 


754-9 
755  7 
76224 
752  98 
764-57 
758-71 
763  37 
762.7  ' 
75734 
755-30 
76141 
757-20 


2-4 
2 


18.6 
12.0 
do. 

12-4+  13 
16  5—14  2 
i60-r  0-2 
15-4—10-8 
173—  1 11 

16-0-7-23-2 
19  0—  9-3 
17-2+  9  9 


756-37  16-5;+125[ 


Mittel 
55-9  574 

Mitte] 
491   50-4 

Mittel 
45  2'  46  5 
70-2  72  2 
78-4  80-6 
46-8|  48-i 

Mittel 
66  8  68 6 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Pngarn. 


79 


2)    Strasse    von    Pest    nach    Mezö-Kövesd. 
Differenz  gegen  Pest  und  gegen  Mezö-Kövesd. 


Ort 


33 


c   «  £ 

o  Oh  '— 


60:5  23 

c     i      . 

:_   :©  ä 

Q  g 


'S  H 


1  Pest  wie  oben     

8  Rakos      

9  Höhe  hinter  Rakos     .... 

10  Thal  bei  Czinkota 

U  Höhe   nach  demselben    .    .    . 

12  Thal  bei  Kerepes 

13  Höhe  zw.  Kerepes  und  Gödöllö 

14  «lödöllö  (Platz) 

13  Thal  bei  Besnyö 

16  Thal  hinter  Besnyö  (am  Bach) 

17  Kis  Bagh 

18  Höhe  vor  Aszöd 

19  Aszöd  Gasthaus 

r  detto 

20  Höhe  zw.  Aszöd  und  Kartal 

21  Kartal 

22  Hatvan 

23  Höhe  zw.  Hatvan  und  Hort 

24  Hort 

23  Höhe  hinter  Hort 

26  Thal 

27  Höhe  vor  Gyöngyös    .... 

28  Gyöngyös  (Gasthaus,  eb.  Erde 
„  detto 

29;Höhe  zw.  Gyöng    und   Haimai 

30 

31 

32 

33 

» 

34 
35 
36 
37 

38 


Thal  bei  Halmaj 

Thal  von  Pal  Püspöky     .    .    . 

Höhe  darnach 

Kapolna 

detto 
Höhe  zw.  Kapolna  u.  Kereesem 

Kerecsend  

Szikszö    

Szihalom  (Erlaufluss)      .    .    . 
Mezö-Kövesd 


3.  Juni 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


5h  F. 

6hF. 

6'7  F. 

6h15  F. 

6'35  F. 

6K55  F. 

7h17  F. 

7h48  F. 

8"  5  F. 

8"37  F. 

9h  F. 

9h13  F. 

9h45  F. 
detto 
lO'lO  F. 
10'20  F. 
tlh13  F. 
llh45  F. 
12h  M. 
12h25  A 
12b45  A 
12\50  A. 

lh15  A. 
detto 

2h15  A. 

2h45  A 

3h13  A. 

3b20  A. 

4h  A. 

detto 

4'45  A. 

4l'50A. 

5h15  A. 

5'35  A 

6h33  A. 


B. 


757-38 

75761 

75514 

75652 

74799 

75083 

73563 

749  11 

751-26 

754-61 

757-22 

75560 

758-47 

75175 

75323 

755-40 

759-40 

75641 

758-31 

751  92 

75943 

75593 

753-22 

748-97 

843-62 

757-40 

756-69 

75219 

755-80 

751  58 

751  9t 

755-70 

7574 

7572 

758-35 


12.4 
13-2 
13  2 
13-5 
13  8 
130 
13  0 
13-3 
13.5 
140 
14-5 
14-5 
142 
do. 
142 
170 
18-5 
18-5 
18-3 
18-7 
18-8 
18-8 
17-5 
do. 
19  3 
19  8 
197 
197 
18-8 
18.8 
20-5 
195 
185 
180 
16  2 


. 

—    11 

59-4 

61  0 

—  13 

-  27 

563 

57-8 

+  14-9 

f-12.0 

71  3 

732 

-f-   5-4 

r  4  1 

62-8 

64-5 

4-570 

h55-6 

112  9 

1160 

t-40-0 

+  38-8 

95-6 

983 

r  132-9 

^131-7 

187  0 

1921 

r51-2 

+  499 

107-4 

110-3 

r37-9 

r36-6 

94-4 

970 

4-179 

+  16-6 

750 

770 

4-  3  9 

4-  16 

60-8 

62-5 

T12-4 

+  112 

706    71-5 

—  1-6 

—  2-9 

560    57  5 

ull  9*) 

— 

656 

67-4 

r27-7 

+  26-6 

84-6 

86-9 

4  14  7 

i  13-4 

71-8 

73-8 

—  9-3 

—10-6 

48-5 

49-8 

4-  93 

4-  7-7 

664 

68-2 

—  16 

3  1 

35-8 

574 

33  1 

33-2 

91  3 

93-8 

-  78 

—  9-4 

48-8 

51-2 

13-4 

rll-8 

70-4 

723 

r301 

r28  6 

86  6 

890 

+  45-7*| 

— 

95-9    98-5 

4-907 

r89-3 

145-7 

149  7 

+   5-7 

4-  4-3 

630 

64-7 

^-10  5 

|     9  0 

677 

69-5 

^37  9 

,36-4 

94-3 

969 

t  160 

1-1 4-6 

730 

750 

r  19  3*) 

— 

72-8 

74-8 

r39  6 

4-38-4 

95-7 

98-7 

|  10  6 

4-15-6 

73  8 

758 

+  6-4 

4-  4  6 

624 

641 

+  7-8 

4-   6-5 

65-1 

669 

4-    11 

— 

570 

58.5 

3)    Strasse    von    Mezö-Kövesd    nach    Ka schau. 
Differenz    gegen  Mezö-Kövesd. 


,_ 

u 

49 

a 

s 

<x> 

•—  t. 

Ort 

SS 

99 

g 

O 

0)     CS 

:0   — . 

6  -~ 

H 

33 

o 

s- 
« 

33 

CO 

i* 

38 

Mezö-Kövesd  (Gasthaus  1 

.   Stock 

3.  Juni 

6'33  A. 

B  733  32 

162 

4-  6  6*) 
—5115  *) 

« 

detto 

4.  Juni 

5'i0  F. 

B.  754  44 

107 

r    9  8  *) 
-52-6  2) 

60.45j62T2 

» 

detto 

detto 

detto 

75968 

10-7 

— 

— 

— 

*)  Differenz  gegen  das  Standbarometer  in  Ofen. 
3)  Differenz  gegen  das  Standbarometer  in  Kaschau. 


80 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


Ort 


—       CA 

P 


■o  :r 


39 

40 
41 
42 
43 
44 
4;. 
46 
¥1 
48 
49 
50 

:;i 


Mezö-Nyarad 

Abrany  (Ort) 

Thal  von  Abrany 

Höhe  hinter  Abrany 

Thal  nach  demselben 

Höhe  vor  dem  Thal  von  Vatha     . 

Thal  von  Vatha 

Harsany 

Höhe  hinter  Harsäny    .... 

Thal  nach  derselben 

Höhe  vor  Csaba    

Csaba    

Miskolcz  (Gasth.  eb.  Erde)     .    . 

detto 

detto 
Sajo  Brücke  bei  Miskolcz   .    .    . 

Zsoleza      

Höhe  zwischen  Zsoleza  u.  Szikszo 

Szikszo 

Csobad  

Forro   (Gasth.  eb.  Erde)     .    .    . 

detto 

detto 

Novaj 

Hidas  Nemethi       


detto 


Kenyhecz 
Enviezke 


4.  Juni 
detto 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 

detto 
detto 


6'  10  F. 

625  F. 

6h30  F. 

6h40  F. 

6h45  F. 

6b48  F. 

TB    F. 

745  F. 

7''30  F. 

7h38  F. 

8L8    F. 

8'30  F. 

9'5    F. 

detto 

detto 
10h15  F. 
10i25  F. 
1 1  20  F. 
11L55  F. 

lh15  A 

2b10  A. 

detto 

detto 

47   A. 

5h15A. 

detto 

645  A. 

TA. 


76041 
758*91 

75961 
758-51 
759-71 

758  01 
75877 
758-19 
75316 
758-56 
746-97 
760-70 

759  19 
B.  753.67 
B.    detto 

76022 
76067 
75492 
759-53 
75791 
75603 
B.  751*76 
B.  detto 
75503 
753-92 

B.  74979 

75112 

74934 


13-2 
13.4 
13-5 
136 
13  7 
137 

13  9 
14-0 
14-4 

14  6 
14  8 
155 
164 
do. 
do. 
17-6 
17-8 
190 
193 
19  0 
184 

do. 
do. 
196 
175 

do. 

17  8 

17  0 


17 
39 
10 
59 

07 
84 
11 


+-29 -5 
-r  56 
r572 

-  3  5 
+-  31 

r  9-7  *) 
—52  1  2) 

-  1-7 

-  3  1 
^21-0 
+  0-2 
+  6  5 
-14-3 

f  151  *) 
—41-6  2) 
^14  5 
J-19-8 
+  26-8*j 
-25  0  a) 
+  29-3 
-390 


58-8 

644 

61-5 

66-4 

61-2 

68  9 

61  5 

65-7 

900 

661 

117-7 

570 

63-6 


604 
662 
63-2 
68-2 
62-9 
70-8 
63-2 
67-5 
92-5 
68-0 
120-9 
58-6 
654 


Mittel 


611 
58-8 
57  4 
81-5 
60  7 
67-0 
74-8 


62-8 
60-4 
590 
83-8 
624 
68-9 
76-9 


Mittel 
69-3  I    71  2 
75-0       77-1 
80-3  I    825 

Mittel 
83-4 


89-8 
99-5 


92-3 
102-2 


4)  Kaschau. 


r   =   ■ 

c 

_ 

-s        c 

o 

u 

o 

<s 

=  Cr* 

c   c 

r  E 

Ort 

iJD 

15 

=        g 

c 

aj  «3  _ 

—      SC 

—  ■*• 

c- 

,£ 

■Zz        P 

— 

—■    ~ 

- 

«3 

eo            S 

-  [H 

9  > 

rl  M 

J5  05  i3 

an 

X 

62 

Löderer  Gasth.  i.  1.  Stock  i.    Kaschau 

5.  Juni 

2h   A. 

B. 

747-48 

16-8 

—  9  7 

„ 

detto 

6.  Juni 

7' 30  F 

B. 

747-31 

14-6 

—  110 

„ 

detto 

do. 

do. 

A. 

7500 

do. 

55 

detto 

7.  Juni  7  45  F. 

A. 

74523 

140 

—  84 

„ 

detto 

9.  Juni  5'45  F. 

A. 

745-57 

15  3 

—10-5 

Mittel 

5) 

detto 

ll.Jun. 

i'37  A. 

A. 

749-46 

18-6 

—125 

1006 

1034 

*)    Differenz  gegen    das    Standbarometer    in    Ofen. 
2)   Differenz  gegen  das    Standbarometer  in   Kaschau. 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


81 


5.)    Umgebung     von     Käse  hau    mit     Excursionen     nach     Galsecs 

und   Rank. 

Differenz   wo    es    nicht    besonders    bemerkt    ist   gegen   Kasehau. 


Ort 


«2 


63 
64 
65 

66 
67 


68 
69 
70 
71 

72 

73 

74 
741 

75 
76 

77 

78 
79 
80 
81 

82 


Victoria-Berg.  Kasehau  S.  W.   .    ■    . 

Apäthi  Szilvas  (Opaczka) 

Rücken  zwischen  d.  HtM-nad  u.  Tarcza 

nördlich  bei  Szcpla'k  .    .         .    . 
Wehre  üb.  d.  Hernad    oberh.  Szepläk 
Hernad-Brücke  bei  Kasehau       .    .    . 

detto 

detto 
Höchster  Punct  d.  Strasse  N.  b.  Ujfalu 

detto 

detto 

detto 
Brücke  über  d.  Tarcza  bei  Olcsvar  . 

detto 

detto 

detto 
Hchst.Pct.  d.  Strasse  zw.OIcsva'ru.Böod 

detto 

detto 

detto 
Osva-Thal  bei  Böod 

detto 

detto 

detto 

Kirche  in  Böod 

Höhe  W.  v.  Also  Kemencze  .... 
Letzte  Höhe  vor  Bad  Rank  .... 
Bad  Rank  (Herlein) 

detto 
Fuss  der  Trachytfelsen  NNO.  v.  Rank 
TrachyttuffNNO.  v.  Rank  .... 
F.  Szinye  (a.  d.  Strasse  v  Gälsecs)  . 

detto 
Kelecseny 

detto 
Dargö-Bg.  (höchst.  Punct  d.  Strasse) 

detto 
Dargö  Ort 

detto 
Gälsecs  (Scbloss  des  Bar.  Fischer)  . 

detto 

detto 
Thal  bei  Tarnoka 


6.  Juni 

detto 

detto 
detto 

8.  Jim 

9.  Jim 
10.Jun 

7.  Jim 
S.  .lun 
9.  Jun 
lO.Jun 

7.  Jim 

8.  Jun 

9.  Jun 

10.  Jun 

7.  Jun 

8.  Jun 

9.  Jun 

10.  Jun 

7.  Jun 

8.  Jun 

9.  Jun 
lO.Jun 
8.  Jun 
7.  Jun 
7.  Jim 

7.  Jun 

8.  Jun 
7.  Jun 
7.  Jun 

9.  Jim 
lO.Jun 
9.  Jun 
lO.Jun 
9.  Jun 
lO.Jun 
9.  Jun 
lO.Jun 
9.  Jim 

detto 
lO.Jun 
9.  Jim 


6'   5  A. 
2'55  A. 

3'  37  A. 

4-30  A. 
10hF. 

6h22  F. 

0''20 

342 

9'50 

6'45 
10hF 

3'37 

9'20 

7' 12  F. 

9h35  F. 

4h  A. 

9hF. 

7h45  F. 

942  F. 

41 15  A 

8''37  F. 

Sh  8  F. 

8>'45  F. 

8h30  F. 

4h45  A 

545  A. 

5'30  A. 

7hF. 

7''22  A. 

7h45  A. 

8h30  F. 

8'23  F. 
10hF. 

8hF. 
10'30  F. 

7h40  F. 
11"  7  F. 

6b45  F. 
12h30M. 

3h35  A 

6h  F. 

5h  A. 


741-57 

748-28 


17-8 
191 


737-49  19-8 
747-60  19-2 


748-59 

74719 

747-49 

733-28 

734-89 

734-01 

734  09 

74786 

750-10 

74838 

748-70 

73326 

736  15 

734-27 

734-20 

743.8 

74631 

744-55 

74422 

744  66 

73347 

725  18 

728-23 

729-38 

708-56 

714-41 

741.3 

741-35 

734-20 

734.4 

719-59 

719-54 

719-59 

74121 

75293 

75219 

754-42 

74832 


163 
160 
200 
15-9 
15-8 
17-3 
194 
170 
15-4 
17  6 
19-8 
17  4 
150 
178 
194 
17-6 
14  6 
190 
198 
14-5 
16-5 
16  2 
160 
140 
14-5 
140 
191 
19-7 
20  0 
19-5 
196 
16-9 
20-2 
18-9 
21'5 
19-9 
170 
2 10 


t-20-4 

1220 

—  5-8 

94-8 

+  43-3 

143-9 

—  5.7 

94  2 

-942") 

—  7  1 

+  32-22) 

94-2 

j-58  5 

-28-1  *) 

+  55 -5 

r93-7^) 

158-9 

—10-2 

—99-8*) 

—  12.3 

^26.72) 

89-8 

1  58  9 

—33-4*) 

,55  2 

+  95.1  2) 

156-9 

+  9.0 

— 81 T*) 

+   6-7 

+  47.82) 

108-8 

—68.7*) 

120-8 

+  68-3 

165-9 

T  109-4 

2090 

t93.7 

190-8 

r  195-9 

295-5 

-161-1 

260-5 

T22-4 

t-60.92) 

123-4 

-56  5 

r9472) 

157-4 

t  132-4 

r  170-72) 

2333 

+  24-2 

-r60-42) 

123.7 

—339 

-354 

65-3 

—19.7 

83-5 

1253 
974 

146-9 
976 


96- 


163-3 


923 


161  2 


111-8 
1251 
170-5 
214.8 

196-1 

3037 
267-7 

126-9 

161-8 

239-8 

1272 


671 
85-9 


*)  Gegen  Bad  Rank. 
3)  Gegen  Galsecs. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  II.  Heft. 


82 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


6.)    Strasse    von    Kaschau    nach    Eperies. 
Differenz  gegen    Kasehau. 


Ort 

g 

n 

a 

3 

Ca 

0) 

4> 
© 

CS 

CO 

5 

1 

E- 

Seehöhe  in 
Toisen 

Seehöhe  in 
Klftr. 

83 

Höchster  Punct  der  Strasse  zwischen 

1  l.Juni 

2''40  A. 

73519 

20-2 

67  5 

1681 

172-8 

84 

Tarcza-Thal  bei  Vajköcz      .... 

detto 

3bA. 

749-59 

20-5 

—  2  3 

98-3 

100  8 

S'i 

detto 
detto 
detto 

3'14  A. 
3h45  A. 
4*' 10  A. 

748  66 

749  55 
74916 

20-6 
208 
210 

r   2  5 

—  1-9 

00 

1031 

987 

1006 

106  0 

8fi 

101-5 

87 

103-4 

SS 

detto 
detto 
detto 

4'30  A. 
5h  SA. 
5'23  A 

748-07 
747  07 
74357 

20  5 
190 
189 

+   50 
^10-2 

-r27-2 

1056 
110-8 
127-8 

1085 

S'I 

Sz   Peter 

113  9 

«III 

Höhe  an  der  Strasse  N.  von  Sz.  Peter 

131-4 

1)1 

Brücke  über  d.  Szikcso  vor  Eperies 

detto 

5h45  A. 

748-48 

185 

+  4-8 

1054 

108-3 

92 

Eperies  (Gasth.  z.  Krone,  1.  Stock) 

12.1  uni 

7''45  F. 

\i. 

74455 

18-2 

-r-14-i\ 

U        1 

c 

detto 

detto 

3h30  A. 

745  07 

222 

-15-3) 

6 

o 

detto 

13. Juni 

6bF. 

B. 

744  19 

135 

+  60 

C     T2 

2. 

detto 

14.Juni 

7hF. 

15. 

741-31 

15-4 

+  12  6/ 

tc  a 

C«      3 

detto 

detto 

7h  A. 

ti. 

74031 

171 

+  113 

So   &c 

&     — 

detto 

15. Juni 

7h30  F. 

B. 

740  89 

17-0 

+  ll-7\ 

—      3 

cj     2 

detto 

20.Juni 

8*30  F. 

73691 

15-8 

4-14-5/ 

detto 

21.Juni 

9h15  F. 

73771 

18-2 

+  16-2 

2  -° 

"c 

detto 

detto 

12*30  M. 

737  57 

19  9 

rl63\ 

u     c 

Ol      QJ 

c 

detto 

22  Juni 

6h  F. 

738-24 

140 

+  15-0 

co  m 

+• 

detto 

23Juni 

12''30M. 

i; 

73954 

180 

+  23-2  ' 

Mittel 

n 

detto 

24..1uni 

7hF. 

B 

73976 

15-6 

+  11-2/ 

124.98 

128  42 

93 

Kalvarienberg  SW.  von  Eperies  .    . 

li.Juni 

81'  5  A. 

741  35 

16-2 

+  40-3 

140-9 

144-8 

7.)    Umgegend    von   Eperies. 
Differenz  gegen  Eperies. 


Ort 


5* 


4)  C_ 


114 
95 
96 


Soovar  Ferdinandi  Sudhütte   .... 
detto  Schachtkranz  d.  Leop. -Schachtes 
Steinbruch  hinter  dem  Kalvarienberge 


97  Bad  Villetz 

98Borkut  (Kapel) 

99  Kleiner  Borkut 

100  Höhe  zwischen  Borkut  und  Badacs 

101  Dorf Badacs     

102  Szvinka-Fluss  bei  Berzenke     .    .    . 

103  Bad  Czemete  (Gasthaus)  .... 
104|  detto  Brunnenspiegel  .  . 
105iHöchster  Punct  der  Strasse  zwischen 

Czemete  und  Eperies 


12.Juni 
detto 

13. Juni 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 


7h  A. 

7' 10  A. 

8'30  F. 

9'55  F. 
10'  30  F. 
llbF. 
1  P30  F. 
12'30M. 

3'45  A. 

5"  5  A. 

7' 10  A. 

8>'50  A. 


74510 
743  10 
740-76 
74248 
746- 11 
744-39 
731  79 
740-70 
739-25 
732-17 
732-80 

728-17 


19-8 
19-8 
18-2 
20-3 
18-3 
20- 1 
18-9 
20-4 
17-9 
172 
15-8 

150 


—  0  2 
-rll-9 
t-33-3 
T241 
+  5-7 
-r  130 

r72-7 
+  27  3 

r26-3 
T59-0 
+  53-2 

+  73-8 


124-8 
136-9 
158-3 
148-1 
130-7 
1380 
197-7 
152-3 
151-3 
184-0 
178-2 

198-8 


126-3 
140-8 
162-6 
152-2 
134-3 
141-8 
203-2 
1565 
1555 
187-1 
183-2 

204-3 


Hüheniiiessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


83 


.)    Strasse    von    Eperies    nach    Hertnek. 
Differenz  gegen  Eperies. 


Ort 


5H 


-r  « 


106 

107 
108 
109 

HO 
111 
112 

!I3 
114 
115 

116 


Also  Sebes    

detto 

Isehl  N.  von  Sebes    

Szikcso  bei  Pinta  (Sebes  N.)    .    . 
Kapi  (Alluvial-Ebene) 

detto 
Töltsek  (Brücke  bei  der  Kirche)  . 

Demethe  (Brücke) 

Slov.  Raszlavitz 

Berczallya  (Janöcz) 

Bartosfalu 

Hertnek  Schloss  1.  Stock     .    .    . 

detto 
Schwefelquelle  NO.  von  Hertnek 


15.  Juni 
25.  Juni 

15. Juni 
detto 
detto 
25.  Juni 
15.  Juni 
detto 
detto 
detto 

15.  Juni 
detto 

16.  Juni 
15.  Juni 


8' 15  F. 

6h50  F. 

8' 30  F. 

8h50  F. 

10' 45  F. 

8*30  F. 

II !  1 5  F. 

U'35  F. 

12  15  M 

12  45  M 

5ll50  A. 

3' 45  A. 

430  F. 

440  A.i 

I 

743-26 
734  51 
742  38 
743-68 
743-09 
73181 
741  29 
73989 
737-79 
731  4!) 
723  20 
721-45 
722  82 
728-85 


18-2 

13  8 

16-6 

170- 

18-4  — 

17-2  + 

ls  0  - 

19  2 

195 

195 

160 

ISS 

14-3 

170 


2-8 

11-5' 

14 

15 

09 

5-6" 

7-7 

142 

238 

55-3 

96-3 

+  108-2 

+  1091' 

+   66-9 


Mittel 


+ 


))  122  4 
1126  4 
|l23  5 

125-9 


131  7 

139-2 
148-8 


125-8 
1299 
126  9 

129-4 

135-4 
143  1 
152  9 
179-3J184-3 
221  0  227  1 

225  6  231-8 
191-61 196  9 


9.)    Csergo -Mincsol-Gebi  rge 

Differenz  gegen  Hertnek. 


Ort 


P 

16.  Jun 

7''30  F. 

detto 

8*'30  F. 

detto 

9h  F. 

detto 

9'15F. 

detto 

9h45  F. 

detto 

10"  0  F. 

detto 

1 1'  0  F 

detto 

11*20  F. 

detto 

T50A. 

detto 

2M5  A. 

detto 

2b30A. 

detto 

3hA. 

detto 

3h35  A. 

detto 

4h  A. 

detto 

4"45  A. 

detto 

5h  0A. 

detto 

5h15  A. 

detto 

740  A. 

detto 

8h15  A. 

5c  '3 


S  £ 


117 
118 
119 
120 
121 
122 
123 
124 
125 
126 
127 
128 
129 
130 
131 
132 
133 
134 

135 


Prehiba  (SW.  v.  Hertnek)      ... 

Csergo-Spitze 

Sattel  zwischen  Csergo  u.  Szoliszko    . 
Szoliszko  Berg  (20  Fuss  unt.  d.  Spitze 
Sattel  zwischen  Szoliszko    u.    Javorina 
Javorina  Berg   (40  F.  unt.  d.  Spitze) 
Sattel  bei  der  Kapelle  (S.  v.  Livö)  .    . 

Quelle  w.  v.  diesem  Sattel 

Nächster  Sattel  westl.  davon    .... 

Nächste  Spitze  West 

Sattel  S.  von  Livö  Hutta 

Letzter  Sattel   SO.  v.  d.  Mincsol  .    .    . 

Mincsol  Westl.  Spitze 

Mincsol  Oestl.  Spitze 

Sattel  W.  v.  Livö  Hutta 

Höhe  nördlich  davon  

Letzte  Spitze  N.  am  Mincsol-Geb.  .    . 
Tiefst.  Punct  der  Wasserscheide  zw.  der 

Topla  und  Poprad  bei  Obrucsno 
Volya  Orosz 


682-79  14  7 
672-31  15  5 
673  17  15  0 
668-2S  I4S 
676  86  13-7 
672-45  13  0 
692  53  160 
687-55  14  -8 
680-9(1  150 
675-20146 
678  59  146 
673  78  14-5 
6641 9  140 
661 -SO  14  0 
678-92  13  8 
671-22  14  O 
671T7  14-3 


703-75 
717-55 


14-8 
140 


1 244 
-  309 
+  304' 
+  333 
+  281 
+  307 
r180 
+  216 
+  255 
+  289 
+  268 
+296 
+  352 
+  365 
+  260 
+  306 
+  307 


4  470 
3  534 
530 
561 
506 
539 
412 
441 
481 
515 
494 
9.9, 


+  1061 
+  22-3 


02 

578 
591 
485 
532 
532 


331-7 
247-9 


482-9 
549-6 
544-7 
577-4 
520-7 
554-2 
4235 
4541 
494-4 
5295 
5079 
5365 
5942 
607  6 
499-3 
546-8 
547-4 

340-8 
2547 


*)  Differenz  gegen  Kaschau. 
**)  Differenz  gegen  Sebes. 


84 


Kranz  Ritter  von  Hauer. 


10.)    Umgebung    von    Palocsa,   Hethars    und     Zeben    bis 

E  p  e  r  i  e  s. 

Differenz   am    I7ten  gegen    Csircs,    am    18ten    gegen   Bad   Lublau,  am  19ten  gegen  Tarcza 

am  22ten  gegen  Eperies, 


Ort 


5^ 


r. 


u      — 


136  Csircs  (Haus  des  Popen) 
137Lubotin  a.  Bach 

detto 

138  Palocsa  Gasthans 
detto 

139  Plavnicza 
detto 

140  Höh.  a.  d.  Strs.  zw.  Plavnicza  u.  Lublau 

141  Bad  Lublau 

detto 

142  Höhe  zw.  Bad  Lublau  und  Feketeküt 

143  Feketeküt  (Schönbrunn)  Mitted.  Ort. 

144  Thal  v.  Kijo  (an  der  Strasse)  .  . 
14ö]Wasscrsch.  zw.  Poprad  u.  Tarcza  . 
146  Hethars  (Siebenlinden) 

detto 
|47Kriväny 

detto 
148  Tarcza 

detto 

149JDarocz 

130 
151 
152 


153 

154 

155 
156 

157 
158 
159 
160 
161 
162 

163 


Vörös-alma 

Pechujfalu 

Zeben  Com. -Haus  (2l/2  T.  ii.d.Bod.) 

detto  am  Boden 

Orkutu  ......... 

detto 
St.  Mihälv 

detto 

Gergellaka  (Kirche) 

Ternye  

Adamfölde  (Schloss) 

Balpataka  

Bodonlaka  (Oberes  Ende  des  Ortes) 

P.  Tölcsemes 

Jakabfalu 

Ebene  von  Gross-Saros       .... 

detto 
Sarosvar-Bg.  Sptz.  d.mittl.  Thurmes 


17.  Juni 
detto 

18.  Juni 

17.  Juni 

18.  Juni 

17.  Juni 

18.  Juni 
17.  Juni 

17.  Juni 

18.  Juni 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

19.  Juni 

18.  Juni 

19.  Juni 

18.  Juni 

19.  Juni 
19.  Juni 
19. Juni 

detto 

detto 

22.  Juni 

19.  Juni 

22.  Juni 

19.  Juni 

22.  Juni 

22.  Juni 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

19.  Juni 

22.  Juni 

detto 


6''30  F. 
10' 30  F. 

1'45A. 
1 1'30  F. 
II1' F. 

5' 45  A. 

9'30  F. 

6'10  A. 

7h  A. 

6h15F. 

7L35  F. 

8'30  F. 

441  A. 

44  7  A. 

6"  A. 

4'50A. 

6"30  A. 

4\30  A. 

6hS0A. 

44  5  A. 

845  F. 

525  A. 

5'50  A. 

6'A. 

6''  6A. 

6h30  A. 

6"55  A. 

6h45  A. 

740  A. 

8hF, 
10h  5  F. 
10' 45  F. 

245  A. 

415  A. 

4h45  A. 

540  A. 

745  A. 

7'30  F. 

8' 25  A. 


716-46 
717-30 
720-79 
717-92 
720-72 
714-29 
717-44 
707-09 
708-70 
71193 
703  13 
705-63 
712-20 
710-72 
728-8* 
725-60 
726-46 
722-56 
726  60 
722-86 
72014 
728-30 
729-09 
731-39 
733-23 
732-09 
733-78 
733-40 
73617 
73170 
72671 
724-91 
722.66 
719-20 
722-74 
724-62 
736-31 
73828 
709-74 


140-3  * 

-  44 

—  43-3 

—  8-4 

—  43-3 
+  14-6 

—  26  7 
,     601 

+  52-8 
+  169-8° 
4-  54  4 
4-  410 
+  3-9 
-f  126 

-  90-9) 

-  16-Oj 

-  78-6( 

r  1-M 
_  79-4 
+  93-8 
+  294 
_  31-8 
_  354 
_  471) 
-f  25-5f 
_  51  0 
+  243 
_  576 
13-3 
33-9 
j-  59-2 
r  690 
-j- 180-6 
+  03  1 
r  75-8 
+  68-5 
198  —  71-6 
14-6-  15 
—  1  +  1562 


11  6 
19-4 
165 
19-4 
15-6 
200 
130 
200 
170 

9-9 
11  0 
11-2 
15-5 
15-4 
16-8 
208 
16-5 
200 
161 
19-5 
129 
199 
19  4 
190 

?  2) 
19-2 

194 

14-8 


238-3 

238-8 

238-8 

255-4 
261-5 


282-1  289-9 
336-5  345-8 


323  1 
2860 
294-7 


) 


r 


244  8 

2454 

2454 

262- 4o 
268-7 


3321 

293  6 
3028 


Mittel 
1910  L963 

Mittel 
20311208-7 

201-4,206  9 
230-8  2371 

169-6  174:; 
i  66  0|  170-7 

Mittel 
152  4  156-7 

Mittel 
14981539 

Mittel 


1410 
158  9 
184-2 
1940 
205-6 
228- 1 
200-8 
193-5 


1448 

163-3 
189-3 
199-4 
211-3 

2344 
206-4 
198-9 


Mittel 


1281 
281-2 


131  7 
2889 


*)  Differenz  gegen  Kaschau. 
8)  Luftthermometer  gebrochen. 


Höhcnmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn 


85 


11.)    Strasse     von     K  u  p  i     11  a  c  h     H  a  n  u  s  f'a  1  v  a    und    Umgebung    des 

letzteren    Ortes 

Differenz  gegen  Also  Sebes  (Nr.  106). 


164 
165 
166 
i67 
168 
169 
170 
171 
172 
173 


Ort 


Lada 25.  Jun 

Palvagas  Kapi  (S.  v.  d.  Strasse)     ...      detto 

Yagas-Lipnik detto 

Höhe  zw.  Vagas-Lipnik  und  Pod-Lipnikj  detto 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


Pod-Lipnik 

Kalksteinfelsen  S.  v.  Palvugas-Keczer 

Hanusfalva  (Sehloss) 

Bisztra 

Sauerqnelle  an  der  Topla  bei  Bisztra 
Mogyoröska    


91'  F. 

9'  15 

10'  15 

tO'25 

11"  F. 

12' 30 

2' 15 

4' 15 

4'25 

5''40 


— 


732 
725 

730 
726 
735 
70s 
738 
743 
744 
743 


17-5 
17-8 
185 
19-0 
200 
22  0 
21-5 
215 
21*5 
214 


c    = 
Ol    v 

&4         <*> 


+  2' 
+  36 
+  12' 
+  29 

—  17 
+  135 

—  36 
-  58 

-  63 

-  55 


125 

158' 

135 

152 

104 

257 

85' 

64 

58 

tili 


5J   jz 

s  = 

SO 


2128-7 
7J1631 
0|1837 
0  156-3 
7107-6 
8  2649 
7   880 

4  662 

5  601 

6  68-4 


12.)     Umgebung     von     G  i  r  a  1 1  ,     dann     Strasse     von 
S chavnyik    u n d     nach    B a  r t f e  1  d. 

Differenz  sresren  Girult. 


dort     nach 


Ort 


174  Giralt.  Wohn.  d.  Stuhlrieht.  e.Erd. 
detto 
detto 
detto 

175  Ebene  bei  Giralt 

176  Szobos    

177  Kerekret  (Sehloss) 

178  Radoma  (Wirthshaus)       .... 

179Sehavnyik  (Badhaus) 

180  Brücke  über   die  Topla  bei  Giralt' 

2-/2  Toisen  üb.  d.  Wasserspiegel 


181  Kardesony-mezö 

182  Kükemezö  .    .    . 

183Nyirjes 

184Laszcz6 

185  Margonya  (Sehloss)      .... 

186  Herhej 

187jKohany  (westl.  von  der  Strasse)  . 
188IPorubka     ....        

Nemetfalu 

Spiegel  der  Topla  in  Nemetfalu  . 

Kurima 

Dubine 


189 
190 
191 
192 

193|Polvak6ez 


194 
195 
196 


Hraböcz      

Komaröcz  (Spiegel  der  Topla) 
Bärtfaujfalu 


26.  Juni 
detto 

27.  Juni 
detto 

26.  Juni 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 
detto 
detto 

27.  Juni 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


7h20  F. 
detto 
9*10  F. 
detto 
9''  6  F. 

10'tO  F. 

1  lh  5  F. 

I2h  5M. 

12''45  A. 

6*15  A. 

6'45  A. 

730  A. 

11'  15  F- 

1T'30  F- 
12"  M. 

4'  25  A 

4'45  A. 

645  A. 

6'  25  A. 

6h30  A. 

6''40  A. 

6'53  A. 

7M5A. 

7h30  A. 

7'  50  A. 

8*'15A. 


744  57 
742-90 
744  38 
742-61 
747-34 
74583 
743  67 
743  88 
742-74 

74770 
74693 
744-70 
747-33 
746  36 
74494 
74269 
739  50 

742  49 

743  09 
743.39 
742-70 
742.10 
741-69 
74060 
739-42 
732  96 


5H 


12-6        — 
do.  -170* 
17-0       — 
do.  —16  0' 
150—  91 
16  2—  0  7 
15-8  i-r- 10-3 
16-9  -r  15  1 
17-8   r  15  0 

162'—i5.2 
160  12-4 
15  8  —  2-3 
17-6—177 


17-8 
180 
196 
200 
18-8 
18-6 
18-4 
18  2 
18-0 
16-0 
15-5 
150 
13-9 


-13-7 

-  8.5 

-  4-8 
-f  98 

-  3-3 

-  5-9 

-  70 

-  3  6 

-  0-2 
+  2-2 
+  7-4 
■f  13-4 
+  44-4 


-H 


■5W 


Mittel 


94-5 

971 

854 

87-7 

938 

964 

104-8 

107-7 

109-6 

1126 

109-5 

112-5 

79  3 

821 

92-2 

76  8 

808 

8fi-0 

89-7 

104-3 

91  2 

887 

875 

90-9 

94-3 

96-7 

1019 

107-9 

138-9 


815 

84-3 

94-7 

789 

83-0 

88-4 

92-2 

107-2 

937 

91-2 

89  9 

93-4 

899 

994 

104-7 

110-9 

142-7 


')  Differenz  gegen  Kaschau,  Standbarometer. 


86 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


13.)  Bartfeld  und  Umgebung  dieses  Ortes. 
Für  Bartfeld  die  Differenz  gegen  das  Standbarometer  in  Kaschau. 


Ort 

g 

s 

a 

Zeit 

S 

3) 

O 

= 

o 

E 
c 

9 
s:   "T 

z  % 

'r  >> 

—        tf. 

Differenz 

gegen  Bartfeld 

5  5 

~  '- 
VI 

8.2 

19?  Bad  Bartfeld      .... 

28.  Juni 

745  F. 

B.730-66 

13-5 

4S-? 

detto 

detto 

detto 

731-00 

do. 

— 

— 

detto 

detto 

4''  A. 

B.  73090 

17.1 

+  50-3 



detto 

detto 

detto 

730-40 

do. 

— 

— 

detto 

detto 

7b50  A. 

B.7330 

14  2 

+   42-0 

— 

detto 

detto 

detto 

73244 

do. 

— 



detto 

29.  Juni 

7"30  F. 

B.  733-84 

111 

f-  45  1 



detto 

detto 

detto 

733-68 

do. 

— 

— 

detto 

detto 

llh  F. 

B.  73412 

107 

+  45-2 



detto 

detto 

detto 

734-19 

du. 

— 

detto 

detto 

4h  A. 

B.  734-58 

125 

|  43-7 

— 

detto 

detto 

detto 

733-56 

do. 

— 

— 

detto 

30.  Juni 

6b15  F. 

B. 73391 

88 

-f  462 



detto 

detto 

detto 

732-88 

do. 

— 

detto 

detto 

715  A. 

B.  733-60 

12-8 

+  48-5 

detto 

detto 

detto 

732-40 

do. 

. — 

detto 

1.  Juli 

645  F. 

B. 733  92 

100 

+  47-1 

detto 

detto 

detto 

73308 

do. 

— 

detto 

3.  Juli 

7'25  F. 

B. 733-88 

14  2 

+  47-7 

detto 

detto 

detto 

732-81 

— 

— 

detto 

detto 

10*30  F. 

73371 

18-4 

+   48-6 

detto 

detto 

detto 

732-88 

do. 

— 

detto 

4.  Juli 

745  F. 

735-36 

143 

+  52-7 

Mittel 

detto 

5.  Juli 

6'30  F. 

733-69 

12-5 

-f  49-3 

158-3 

162-7 

198 

Stadt  Bartfeld   (Stuhlr.- 

Amt  1.  Stock     .    .    - 

28.  Juni 

4b45  A. 

73443 

179 

— 

—  28-0 

1303 

1339 

199 

29.  Juni 

4b45  A. 

738-  IS    130 

— 

—  21-8 

JJ 

detto 

5.  Juli 

8b15  F. 

73864    L5-3 

25a 

— 

136-5 

140-3 

200 

Ruine  Makovicz     .    .    . 

1.  Juli 

6'30  A. 

717-29    160 

125-4 

— 

2364 

242-9 

201 

540  A. 
7h30  A. 

734-71    12-7 
733  39    Uli 

— 

—     50 
+     21 

)! 

detto 

detto 

» 

detto 

2.  Juli 

5h  A. 

732  36    11-3 

+  400 

M 

ttel 

» 

detto 

5.  Juli 

8h40  F. 

733-91    13-4 

-f  48-1 

155-7 

1600 

202 

Höhe  zwischen  Hoszuret 

und  Andrejowa  .    .    . 

2.  Juli 

8h  5  F. 

724-74 

138 

+  77-8 

— 

1888 

1940 

203 

2.  Juli 

8b40  F. 

73404    130 

+   32-6 

— 

143-6 

1476 

204 

Meierhof  N.  v.  Andrejova 

detto 

9b30  F. 

72612    130 

-H  70-7 

— 

1817 

186-7 

205 

Höhe  W.  v.  Czigla     .    . 

detto 

1045  F. 

715-70    13-2 

i  129-8 

— 

140  8 

144-7 

206 

detto 

ilh30F. 

73170    12  8 

■f  44-1 

— 

1551 

159-4 

207 

detto 

1245  M. 

732  96    11-5 

+   376 

— 

1486 

152-7 

208 

Höhe    zwischen    Dubova 

und  Niklova  .... 

detto 

3b55  A. 

725  61     114 

f   75.8 

— 

1868 

1919 

209 

detto 

440  A. 

730-38    11-5 

+   520 

— 

1630 

1675 

210 

Räuberbrunnen  (NW.  v. 

Bad  Bartfeld  .... 

30.  Juni 

9bF. 

700- 15    10  8 

— 

T  189-5 

347  8 

3574 

211 

Magura  (Kamenahora)  . 

detto 

9'45  F. 

683  15    10  6 

— 

r290  3 

448-6 

461-0*) 

212 

Aranypataka      .... 

detto 

1240  M. 

72641     ITii 

— 

+  30.9 

1892 

194-4 

213 

Höhe    zw.    Aranypataka 

und  Bad  Bartfeld  .    . 

detto 

2h45  A. 

715'54 

13-2 

— 

+  86-8 

243-1 

251  9 

*)  Nach  trigonometrischer  Messung  471  08. 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


87 


Ort 


te   e 
Q   S, 


4)   fH 


2  Uä 


»2-< 


214  Brücke  zw.  Stadt  ßartf. 

und  Särpataka  .    .    . 

215  Sarpataka 

216Bokitö 

217Tarn6 

218  Kruslyo  (Marienthal)     . 
219Szverzsö 

220  Unter-Tvaroscza    .    .    . 

221  Sattel  zw.  U.  Tvaroscza 

und  Stebnik  .... 
222Stebnik      


1.  Juli 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 
detto 


8''  F. 
8'20  F, 
8>'35  F, 
8'45  F. 
9'40  F. 

10'15  F. 

11*  0F 

12''45M 
4'50  A 


739-31 
735-48 
734-78 
733-62 
732.29 
731-26 
723-91 

700-39 

72648 


12  9 

132 

13  4 
13  5 

142 
152 
165 

150 

180 


17-7 
37-0 
40-0 
45-7 
51-5 
57-0 
94-8 


+  233  6 
+    711 


128-7 
148-0 
1510 
156-7 
1625 
168-0 
205-8 

344.6 
182-1 


132-3 
1521 
155-2 
1610 
1670 
172  6 
211-5 

3541 
187-1 


14.)  Strasse  von  Zboro  nach  Szvidnik  und  Komarnik  an  der 
gali  zischen  G  ranze. 

Differenz  gegen  das  Kaschauer  Stand baroineter. 


Ort 


pq 


CG 


223 

224 
225 
226 
227 

228 
229 
230 
231 


232 
233 
234 
235 
236 
236VS 


Smilno 

detto 

Thal  bei  Jedlinka 

Unt.  Polyanka 

Hutka  (Brücke)    

Ob.  Miroso 

Unt.  Miroso 

Ob.  Orlich 

Unt.  Orlich 

Szvidnik  (Schloss) 

detto 

detto 
Thal  von  Kapisov    ...... 

Ladomir 

Hunköcz  

Polana-Krajna 

Unt.  Komarnik  (Posthaus)  .    .    . 
Sattel    zwischen    Komarnik    und 
Barwinek     


29.Juni 

5.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

6.  Juli 
5  Juli 
detto 
detto 
d  etto 
detto 

detto 


6h30  A 

9b10  F. 

9*25  F. 

9'40  F. 

9h55  F. 

1045  F. 

10''35  F. 

llh  0F. 

1T15  F. 

12h30  M. 

detto 
7h  F 

3b55  A. 
4h10  A. 
4h45  A. 
5h15  A. 
6h  8  A 

7h  5  A. 


72222 

722-38 
727-67 
728-36 
72635 
73025 
73575 
739-33 
740-78 
741  05 
B. 740  33 
742-06 
739  41 
73731 
733  85 
731-77 
72677 

715-76 


11-0 

14  6 

14-7 

148 

149 

150 

152 

154 

15-5 

160 

do. 

11-3 

14-8 

14-8 

146 

14  4 

120 

95 


+  58-0*) 
+  105-7 

+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 
+ 


76-7 
72  0 
81-2 
631 
328 
13-2 
70 

2-4 
28 
6-9 
166 
337 
441 
690 


Mi 
216-5 
187-7 
1830 
192-2 
1741 
1438 
124-2 
1180 


ttel 
222-5 
192-9 
188-1 
1971 
178-9 
147-8 
127-6 
121-4 


Mittel 


+  129-6 


113-6 
1179 
127-6 
144-7 
1551 
1800 

2406 


1167 
121-2 
131-3 

148.7 
159-4 
1850 

247-2 


*)  Differenz  gegen  Bad  Bartfeld. 


88 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


15.)   Strasse  von  Szvidnik  über  Sztropko  nach  Homouna. 
Differenz  gegen  Kaschau. 


Ort 

ez 

ts: 

3 
o 

© 

=5 

43 

O 

3 

.0) 

er 

s 

OB    = 

—  3 

-  = 

?,37 

6.  Juli 

S  Y.i  F. 

945  F. 

9'30  F. 
10' 40  F. 

detto 
12*05  A. 

rio  a. 

I'40  A. 
21'  0  A. 
2  23  A. 
3'   5  A. 

detto 
4  30  A. 
5'25  A. 

t;  :;  \. 

6' 15  A. 
6'25  A. 
6'45  A. 

?   :;  \. 

7b45  A- 

745-86 
747-21 
747-59 
746-59 

V,  744 -75 
748-68 
74S-?) 
7411-38 
751  1  5 
75113 
750-83 

B.  747-67 
752-05 
75205 
744.2 
753-0 
751-9 
751-7 
751-2 
750.4 

141 
148 

15-2 

170 

do. 

193 

19-4 

19-6 

200 

20-2 

21.6 

do. 

20-5 

19-5 

190 

18  8 

18-5 

180 

175 

170 

— 155 
—21-9 

—241 

—20-5 
—32-3 
—327 
—362 
—44  9 
—452 

—44-2 
—410 
—507 
—13.3 

—548 
—50-0 

95  5 

89-1 
86-9 

90-5 

78-7 
7S-3 
74-8 
661 
658 

66-8 
700 
60-3 
977 
56-2 
61  0 

98-1 

238 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 

detto 

91-6 

*>39 

89-3 

240 
240 
?,41 

Jetto 

930 

809 

242 

80-5 

*>43 

76-9 

?,44 

679 

245 
246 
24? 
248 
249 

detto 

676 

68-6 
719 
620 

250 
251 

Ruine  Csicsva-Alja 

Bett  der  Ondava  bei  Tavarua    .    .    . 

100-4 
57-8 
627 

?53 

—49  3  61-7 

634 

254 

255 

Zavadka      

—46-7 
—44-6 

64-3 
66-4 

65  1 
682 

16.)  Homo n na,  Szinna  und  Umgebung. 

Differenz  gegen  Kasehau. 


Ort 

_3 

'3 

o 

0) 

o 

J5 

s 

3 
5 

B 

3  3 

—     v> 

"3  r* 

S 

«3 

e 
o   C 

JE  ^> 

»   c 
c»  •- 

256 

Homonna  (Haus  d.  Graf  Vetter)     .    .    . 

7- Juli 

5'30  A. 

741-61 

220 

—  38-7 

detto 

8.  Juli 

710  F. 

747-91 

17-0 

—  45-3 

detto 

14.  Juli 

1T45F. 

748-3? 

14-7 

—  42-5 

Mittel 

detto 

17.  Juli 

12''50A. 

747-18 

19-5 

—  40-6 

69-4|  71-3 

257 

Hazsina 

8.  Juli 
17.  Juli 

3'  A. 

9h45  F. 

74871 
74676 

220 
171 

—  40-2 

—  40-4 

.Mittel 

detto 

707    72-7 

?58 

8.  Juli 
17.  Juli 

3l15A. 
9'25  F. 

74670 
744-38 

221 
16-8 

—  31-2 

—  29-2 

Mittel 

detto 

80-8,  830 

259 

8.  Juli 

3  15  A. 

747  19 

220 

—  32  1 

Mittel 

detto 

17.  Juli 

8'40  F. 

743-71 

16-2 

—  27-8 

811    83-3 

960 

8.  Juli 
17.  Juli 

V  1 5  A. 
8L25  F. 

743-59 
74073 

21-8 

160 

—  125 

—  12  9 

Mittel 

detto 

98-31010 

261 

9.  Juli 

5h  F. 

743-0? 

136 

—     66 

detto 

15.  Juli 

8'  F- 

73961 

130 

—    8-1 

Mittel 

detto 

17.  Juli 

?'F. 

739-64 

14-8 

—     89 

1031  105-9 

262  Hochofen  im  Josephsthal  S.  v.  Szinna   . 

9.  Juli 

7*40  F.  729-16 

160 

-j-  60  1 

171  1  175-8 

263  Eisensteingrube  unter  dem  Szinnastein 

detto 

8>45  F. 

70617 

216 

-1941 

'205- 1  210-8 

264 

Szinnastein  Felsplatte  2  Klft.  unt.  d.  Spitze 

detto 

1140  F. 

674-54 

180 

r  387-6 

498-6 
1 

512-4 

Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


89 


17.)    Gegend   nördlich     von  Szinna,    dann     Lab  orecz  -  Thal     von 

H a b u r a    bis    Homonna. 

Differenz  gegen  Kaschau. 


* 

Ort 

=■ 

"3 

3 

3 

© 

£ 

3 

N 

S 
O 

sc 
Q 

#c 

Xi      © 
<Z3 

= 
7|  3 

i  ^ 

OD    ^ 

265 

Pesolina 

9.  Juli 
10.  Juli 

710  A. 

1040  F. 

734-51 
72893 

173 

18  4 

H-  25-0 
t  43-7 

136  0 
154-7 

139-7 

266 

Sauerbrunnen  bei  Pesolina    . 

159  0 

267 

Höhe    zwischen  Pesolina    und 

detto 

1148  F. 

704-91 

18-6 

r  183-3 

2943 

302-4 

268 

Höhe    zwischen   Pesolina    und 

9.  Juli 

8'IOA. 

721-21 

16-5 

+  123  3 

2343 

240-8 

269 

10.  Juli 

8'45  F. 

725- 11 

17  2 

+  622 

»> 

detto 

detto 

7'4S  A. 

724  63 

15  8 

-f-  652 

Mittel 

n 

detto 

11.  Juli 

9'  15  F. 

725  03 

16  9 

+   654 

1751 

179-9 

270 

10.  Juli 

12'50  A. 

722  10 

195 

f  87-7 

198-7 

204-2 

271 

Sattel  zwischen  Osztroznyicza 

detto 

lb20  A. 

711  66 

199 

T  140.4 

251  4 

258-3 

272 

detto 

lh45A. 

718-35 

20-2 

+  99-9 

210-9 

216.7 

273 

Sattel  zwischen  Parihuzocz  u. 

detto 

155  A. 

71236 

20  1 

T  136-1 

247  1 

253-9 

274 

Mühle  WNW.  von  Hosztovicza 

11.  Juli 

9''50  F. 

728-50 

171 

4-  42-7 

1537 

1579 

273 

Unt.  Jablonka 

detto 

104S  F. 

73061 

17  4 

■f  33-2 

1442 

1482 

276 

Sattel    zw.  Jablonka   u.    Viläg 

detto 

10hS0  F. 

719-21 

172 

+   923 

203-3 

2089 

277 

Vilag  (Thal  bei  der  Kirche)  . 

detto 

U4S  F 

72820 

17-4 

+  41-8 

152-8 

1570 

278 

Virava  (Haus  des  Notars)  .    . 

detto 

12h  SM. 

724-60 

17-5 

+  57-7 

168-7 

1734 

279 

Höhe     zwischen     Virava     und 

detto 

3h35  A. 

71484 

170 

r  119-2 

1302 

133-8 

280 

Szterkocz    

detto 

3'50  A. 

719-37 

17-2 

+   92  9 

203-9 

209-5 

281 

detto 

41'  0A. 

721  07 

17-4 

4-  829 

1939 

1992 

282 

11.  Juli 

detto 

4''45  A. 
7hA. 

72629 
72119 

17-6 
162 

+  54  2 
+  835 

1652 

169  8 

283 

Mittel 

r> 

detto 

12.  Juli 

8' 15  F. 

720-61 

14-8 

l  74-3 

189-9|  195  1 

284 

Borro .    .    .    . 

11.  Juli 

12.  Juli 

645  A. 
930  F. 

724  69 
72461 

17'0 
14-9 

+   63-7 
+  52-2 

Mittel 

» 

detto 

1689 

1736 

288 

Kamiana,    Berg,    westlich  von 

Borro , 

12.  Juli 

7h30  F. 

69531 

136 

-224-9 

335-9 

345  2 

286 

11.  Juli 

5'30  A. 

726-49 

17-8 

+  53-7 

Mittel 

» 

detto 

12.  Juli 

101'  5  F. 

727  23 

151 

■f  375 

156-6 

160-9 

287 

Krasznibrod    ...... 

detto 

10'  48  F. 

730  71 

149 

+  201 

131  0 

134-6 

288 

detto 

lih  0F. 

732-99 

150 

-f     8-7 

119  7 

1230 

289 

Ob.  Csebinye       

detto 

11' 20  F. 

733  60 

14-9 

4-     5-5 

1165 

119-7 

290 

detto 

U'45  F. 

734-28 

14-8 

4-     21 

113  1 

116-2 

291 

Horbok  Hadväny     

detto 

12'30M. 

736-18 

170 

-     7-2 

1038 

1067 

292 

detto 

448  A. 

73582 

16-8 

—     51 

105  9 

108-8 

293 

detto 

4'40  A. 

737  14 

16-7 

—   125 

98-5 

101-2 

294 

Mündung     des     Baches     von 

detto 

4'50  A. 

738-23 

166 

—  17  7 

933 

95-9 

295 

detto 
detto 
detto 

540  A. 
5'30  A. 
5'45  A. 

739-43 
738-93 
74115 

16-5 
15-8 
157 

—  22-7 

—  21  8 

—  30-1 

88-3 
89-5 
80  9 

90-7 

296 

920 

297 

831 

298 

detto 

7''A. 

744-76 

15<5 

—  45-6 

65-4 

672 

90 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


18.)    Strasse    von    Homonna    nach    Unghvar, 
Differenz  gegen  Kaschau. 


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«SM 


299 

300 

301 
3U2 
303 
304 
305 
306 
30? 
308 
309 
310 
311 

312 
313 
314 
315 
316 
317 
318 


Barkö     

detto 

Altes  Schloss  bei  Barko 

Wirthshau*  S.  von  Barko 

Oermezö 

Volya  Laborcz    

Natafalva 

Topolyan .    . 

Nagy-Mihäly 

Ivis  Zalaeska 

Lueska  (Kirche) 

Zaradka      

P.  Bibniez 

Bad  Szobrancz   

detto 

Ort  Szobrancz 

Tiba . 

Orechova    

Karcava  

Feisö-Nemeti 

Höhe  zw.  F.  Nemeti  und  Unghvar    .    . 
Unghvar  (Gasth.  zur  Krone  1.  Stock)  . 


8.  Juli 

17.  Juli 

8  Juli 

detto 

17.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

18.  Juli 
detto 
detto 
detto 
delto 
detto 
detto 
detto 

19.  Juli 


7'45  F 
3  A. 
8'35  F. 
9' 20  F. 
3"15A. 
3'40  A. 
3''50  A. 
4'30  A. 
6U  OA 
7h  7A. 
71 35  A. 
7"45  A. 
8b45  A. 
7hF. 
10h45  F. 
3L15  A. 
3b30  A. 
3h50  A. 
4H5A. 
4fc30  A. 
4h37  A. 
?h50F 


750  77 
75015 
735-30 
74980 
75110 
751-27 
74976 
751-87 
75259 
752-51 

751  24 
53.45 

75322 
753-47 
75501 
758-34 
75708 
75762 
75769 
757-68 
75338 
75859 


17-3 
20  0 
181 
184 
20-2 
20-4 
20-5 
20-3 
19  2 
180 
17-8 
17? 
170 
160 
168 
183 
18-4 
182 
186 
18-5 
182 
17-3 


-58  I       Mittel 


53  2|  554 
16  9  127-9 
60  2 


-51  8 

-577 
-580 
-507 
-59-9 
-599 
-59-9 
-54-1 
-634 
-61-2 
-46-5 
-44-6 
-62-6 
-570 
-593 
-593 
-591 
-400 
-613 


53-3 
53  0 
60  3 
511 
51-1 
5M 
56-9 
47-6 
49-8 
64-5 
66-4 
48-4 
54-0 
51'7 
517 
519 
71  0 
49-7 


569 
131-4 
61  9 
54-8 
54  5 
620 

52  5 
52-5 
525 
58-5 
48  9 
51  2 
66-3 
682 
497 
555 

53  1 
531 
533 
730 
51  2 


19.)     Strasse     am     Ungh-Flusse     von     Unghvar     bis     zur     galizi- 

schen  Grenz  e. 

Differenz  gegen  Kaschau. 


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H 

o    e 
W  — 


319 
320 
321 
322 
323 
324 
325 

326 


327 


AI.  Donionya • 

F.  Domonva 

Xevicke 

0  Kemencze 

Voroco  (Wirthshaus  a.  d.  Strasse; 

Perecen    

Zarisko  (Häuser  a.  rechten  Ufer)  . 

detto 
Dubrinic 

detto 

detto 
Uj  Kemencze  (W.  von  Dubrinicz) 

detto 


19.  Juli 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

22.  Juli 

19.  Juli 

22.  Juli 

detto 

detto 

detto 


U30  A 
U40  A 
2h  8A. 
2'20  A. 
3f40  A. 
445  A. 
615  A. 
5fc45  A 
6hS0  A. 
9b15  F. 
5hA. 
12H5M 
3h45  A 


758-54180 
758  22  17-9 
757-69  17  2 
75627170 
754-75  180 
75361  190 
753  111171 
746  96121-4 


I 
64-01  470  48-3 
63  0  480  49-3 
60  8  50-21  51  6 
58-l|  59-7 
63-U  64-8 
67  7|  69-6 

Mittel 
73  7!  75-7 


75282 
748-58 
74555 
724-94 
724  26 


166 
184 
220 
2301 
213 


—  529 

—  47-9 

—  43  3 

—  40  4 

—  342 
391 
359 
269 
962 


Mittel 
79-4    81-6 
Mittel 
100-9|209  5  215-3 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


91 


Ort 


328 
329 
330 

99 

331 
332 
333 
334 
333 

336 
337 
338 

339 

340 
341 


Miree 

Kis-Berezna 

Nagy-Berezna     

detto 

Zabrugy  (Höhe)      

Brücke  üb.  d.  Ulicska-Bach    .... 

Solja 

Kostrina      

Brücke,    eine    Stunde    nordöstlich    \ 

Kostrina 

Sztavna    

Luch 

Voloszanka      

detto 
Uzsok  (Ehemaliges  Dreissigst  Haus) 

detto 

Uzsok  Mineralquelle 

Pass  nach  Galizien,  NO.  von  Uzsok    . 


19.  Juli 
detto 
detto 

20.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 
detto 
detto 

21.  Juli 

20.  Juli 
detto 

21.  Juli 
20.  Juli 

detto 


7''20  A. 
7h50  A. 
9'15  A. 
6h  F. 
8"45  F. 
8*'52  F. 
9'40  F. 
10' 31  F. 

ll''35  F. 
1250  A. 

2'55  A. 

735  F. 

335  A. 

4'  50  A. 

635  F 

6b30  A. 


75133 
75036 
748-50 
747-46 
745  61 
747-16 
74189 
73816 

734  16 
727  15 

72260 
71948 
719  19 
709  11 
709-46 
709  93 
688-87 


16  2 

157 
14-8 
12-7 
17-6 
17-7 
18  5 
20-5 

206 

208 
20'0 
162 
195 
18-3 
14(1 
18  3 
160 


-  32  6 

-  27-9 

-  18-6 

-  17  6 

-  105 

-  17  7 

6-S 
23  0 

55-8 

76-2 
108-6 
1156 
118-5 
1771 
174  7 
173-C 
3012 


78-4 
831 
92-4 
93-4 
100  5 
933 


80-6 
85-4 
94-9 
960 
103-3 
95-9 


117-3  120  6 
1340  137-7 

166-8  171-4 

1872  192-4 
119  6  122-9 

Mittel 
117  1)  120-3 

Mittel 
287  3,295  2 
2840-291-8 
412-2423  6 


20.)    Von    Uzsok    in   das   Lyutta-Thal    und  dieses    entlang 

abwärts. 

Differenz  gegen  Kascbau. 


Ort 


342  Tieha  (Thalboden  beim  Pfarrhaus)    .    . 

343  Pass  zwischen  Tieha  und  Lyutta    .    .    . 

344  Sagemühle  >^0   von  Lyutta 

345  Lyutta  (Haus  des  Waldbereiters)   .    .    . 
„   I  detto 

346  Brücke  in  der  südlichen  Thalecke  nörd- 

lich vom  Bohatec-Gebirge 

347Staniska 

348  Csornoholov  a  (Förster  Haus)      .    .    .    . 
„  |  detto 

349  Csornoholova  (Thalebene) 


5 

N 

Ol 

g 

C 

s- 

C5 

PQ 

21.  Juli 

9''25  F. 

712-37 

detto 

10'15  F. 

698-16 

detto 

12b30  A. 

710-68 

detto 

12hM 

714  60 

detto 

41'  5A. 

71405 

detto 

3'43  A. 

72117 

detto 

7h15A. 

73042 

detto 

9'A. 

73804 

22.  Juli 

6'30  F. 

73811 

detto 

7b15  F. 

740-20 

H 


18-5 
17-6 
19-8 
196 
220 

18  5 

160 
15  1 
145 
15-8 


156-9 
244  0 
165  7 
141  8 
143  1 

98-5 

47  9 

05 

10-5 


_2   c 


2679 
3550 
276  7 


~  •— 

2=5 

«:  — 


27532 
3639 
2843 


Mittel 
2535,2605 

2095  215-3 
158  9|l63-3 

Mittel 


116  5 


0  81111-8 


119-7 
114-9 


92 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


21.)    V  o  n    P  e  r  e  c  e  ii     i\  h  er    Turia-Remete     n  a  c  h     IVI  u  n  k  a  c  s. 

Differenz  gegen  Kasehau. 


Ort 


s-  -r 


Z    o 
Ö.2 


■o  z: 


350 
351 


352 
353 
354 
355 
356 

357 

358 
359 
36Ü 
361 
362 
363 


364 

365 


Ö  Szemere 

Turia  Remete 

detto 

detto 
Rakö  (Wirthsh.  3  Tois.  üb.  d.  Thalsohle 

Pasika  (Pfarrhaus) 

Pass  zwischen  Pasika   u.  Trosztyanicza 

Trosztyanicza      

Pusznyakfalva      

detto 
Einmündung  der  Strasse  i.  d.  Thal  \V. 

von  Szidorfalva 

Mühle  und  Pottaschen-Hütte      .... 

Strasse  bei  Liszarnya 

Thal  bei  Also-Viznicze 

Uj  Klenocz  

Friedrishsd'irf         ,    . 

Hochofen . 

detto 

detto 

detto 
Brücke  hei  Podherring 

detto 

Munkacs  (Gasth,  z.  Stern  1.  Stock)  .    . 
detto  (Strasse) 

detto 


22.  Juli 
detto 

23.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

24.  Juli 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
dett  > 
detto 

25.  Juli 

26.  Juli 
29.  Juli 
24.  Juli 
29.  Juli 
24.  Juli 

26.  Juli 

27.  Juli 


6h43 
9'30 
7'35 

4'' A. 
5  \ 
5h30 

?':;o 

8L40 

\)"M) 
5' 10 


8''  5  F. 
8''35  F. 
9"20  F. 

10h45  F. 
II' 10  F. 
11' 30  F. 
I22HA. 

9'40  F. 

6h15  F. 

6'F. 

41'  5  A. 

7'20  F. 

5'30  A. 

4h  5  A. 

7'40  A. 


747-55 
74595 
748- 11 
746  24 
744- 16 
742- 16 
710  69 
71590 
712-35 
711-64 

728-22 
731-41 
73806 
746-74 
748-63 
749-53 
751-55 
74925 
75038 

742  43 
750-73 

743  10 
750-88 
755-50 
75517 


19-6 
14-2 
16  0 
205 
20-3 
202 
15  2 
14-4 
13  9 
12-7 

205 
206 
208 
214 
220 
21  7 
21  S 
19-8 
150 
169 
220 
17-5 
22-5 

9 


-  370 

-  29-5 

—  32  6 

-  18-5 

—  7-6 

+  21 
j  170  7 
i  139  2 
+  1614 
!  1617 


740 


760 


Mittel 


+ 


680 
51  6 
171 

-  24-8 

-  344 

-  38-7 

-  48-7 

-  50  5 

-  50-5 

-  49  4 

-  47-4 

-  53  0 

-  48-8 
-57-3 
-58-8 


84-2 
103-4 
1131 
281-7 
250-2 


80-5 
1 06.3 
116  2 
289-5 
257- 1 


Mittel 
272-5 1280-0 

1790  183-9 
162-6  167  I 


1281 
86-2 
76  6 
72  3 


131  6 

88-6 
78-7 
743 


Mittel 
61-21  629 

Mittel 
6091  62-6 

Mittel 
53  Ol  54-5 


22).     Gegend     südlich     von     Munkacs     bis     B  e  r  e  g  h  s  z  a  s  x. 

Differenz  gegen  Kasehau. 


Ort 


B    - 
«    c 

—     05 

'■-  "Z 


■•o  z: 

CTj  — 


366 
367 
36S 
369 
370 
371 
372 
373 
374 


P.  Kerepecz  

Vörös  W.  H 

Gath 

Janosi 

Bereghszasz-Veg-Ardö 

Bereghsza'sz 

Muzsaly    (Haus    d.  H.  v.  Dercsenyi  1.  Stocl 

Alaunbruch  (Derekaszeg)     

Kigyös  


26.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

27.  Juli 
detto 
detto 


5'  A. 
5'15A. 
5'  30  A. 
6l  5A. 
6'30  A. 
7h30  A. 
5'45  F. 
9'20  F. 
12'40A. 


756-49 

B 

756-70 

« 

756-90 

C 

757-11 

a 

756-92 

75711 

E 

757-65 

5 

739-60 

Z 

757-36 

h 

—62-4 
—63-0 
—63-6 
—63-9 
—62-5 
—64-3 
—50-4 
+  24-7 
—61-2 


48-6 
48-0 
47-4 
471 
48-5 
46-7 
606 
135-7 
49-8 


49-9 
49-3 
48-7 
48-4 
49-8 
48-0 
62-3 
139-5 
51-2 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


93 


O 

3 

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c  c 

0J    •- 

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Ort 

CS 

Q 

O 

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u. 

j- 

i 

^2 
S  a 

pq 

— 

Q 

CG  "" 

375 

27.  Juli 

lh  5A. 

757-76 

■£  c 

—631 

47-9 

49-2 

376 

Bereg-Ujfalu     . 

detto 

lh45  A. 

75546 

—53-3 

57-7 

59-3 

377 

Sägemühle  NO. 

von  Bereg-Ujfalu       .    . 

detto 

4h  6A. 

757-20 

S  P 

—635 

475 

48-8 

378 

detto 
detto 

6hA. 
6b10A. 

755  16 
75615 

-    a> 

—567 
—61-4 

54-3 
496 

55-8 

370 

51  0 

23.)   Von  Munkacs   über  Szolyva   und  A.   Vereczke   an   die 

galizische    Grenze. 

Differenz  gegen  Kaschau. 


Ort 


2  o 


!§5 


380 
381 
382 
383 

384 
385 

386 

387 

388 

389 

390 

39 

392 

393 

394 

39 

396 

397 

398 

399 


St  Miklös  .    .     •   

Unt.  Hrabonicza 

Brücke  W.  v.  Pasika 

Kalksteinbruch  zwischen  Pasika  u. 

Bisztra 

N.    Bisztra 

Szolyva  (Forst-Haus)   .        ... 

detto 
Plateau  ob.  d.  Bad  Szolyva     .    . 

Holubina  (Kirche) 

Polena  (Posthaus) 

Uklina  (Wirthshaus) 

Voloszata  (detto) 

Sattel  genannt  Rosgylla  .... 
Felsö-Hrabonicza  (Meierhof)  .  . 
Pudpolocz- (Strassenkreuz)    .    . 

detto 
Wirthshaus    beim    Ausgange    des 

Jalovathales 

Vereinigung     des    Latorcza     und 

Slavka  Baches   

Also  Vereczke  

detto 
Zavadka  (Kirche)     

detto 
Hlubokpatak      

detto 
Pass  an  die  galizische  Gränze    . 


29.  Juli 
detto 
detto 

detto 
detto 
detto 

3.  Aug. 

29.  Juli 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

i  Aug. 

detto 

detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


7''50  F. 
81,  5  F. 
8'40  F. 


101'  0  F. 
1 130  F. 
1 2'  M. 

6'40  F. 

3''55  A. 

4h  5A. 

4h45  A. 

5h35A. 

6h15A. 

6l45A. 

7hA. 

7*30  A. 

9h30  F. 

10H5  F. 

10' 45  F. 
llh10  F. 

5'55  A. 
11 ''40  F. 

3'   6A. 
II1 40  F. 

3hA. 
12h50  M. 


742.17 
739.21 

738.92 

719.21 
727.51 
734.49 
742.74 
731.42 
732.20 
727.67 
719.68 
707.71 
700.82 
711.54 
716.45 
722.53 

719.27 

717.80 
715.20 
715.87 
712.08 
712  68 
710.87 
710.00 
682.85 


17.7 
17.8 
18.2 

19.0 
19.2 
19.0 
12.6 
19.4 
19.5 
16.8 
17.6 
16.4 
15.0 
14.9 
14.7 
13.0 

13.2 

13.2 
13.7 
14.2 
13.6 
14.2 
13.8 
14.2 
10.7 


—  49  3 

—  37.3 

-  36.2 

+  63.7 
|     16.5 

-  185 

—  19.4 

—  7.5 

—  11.2 
i  16.9 
|     54.0 

+  1246 
+  1661 
+  100-6 
f  71-4 
4    651 

+  83-6 

+  916 
+  107-1 
+  107-7 
+  1259 
+  1231 
+  133-2 
+  139-2 
^301-4 


61-7  63-4 
73-7  757 
748    76-9 

174  7  179  5 

127-5  130  9 

Mittel 


92  1 
103-5 

99-8 
127-9 
1650 
2356 
277-1 
2116 


94-6 
106-4 
1026 
131-4 
1696 
242-1 
284-7 
217-4 


Mittel 
179-2  1841 


194-6 


200-0 


2026208-2 

Mittel 
218-4J2244 

Mittel 
2355^420 

Mittel 
247-2  253-7 
41 1-41422-8 


94 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


24.)    Umgegend  von  Zsdenyova. 
Differenz  gegen  Kaschau. 


Ort 


PQ 


400 

401 
402 
403 
404 
405 
406 
407 
408 
409 

410 


Zsdenyova  (Forsthaus  1.  Stock)  .    .    30.  Juli 
detto  31.  Jnli 

Zbun 30.  Juli 

Riesige  Tanne  genannt  Königinn  .    .      detto 
«  — '    £  Sattel  S.  d.  Ostra-Hura  .    .      detto 

"    t}.  ö  Zweiter  Satte] detto 

%    Sc  7  Gipfel  W.  von  Zbun    .    .    .      detto 

=    S  J  Zweiter  Gipfel |   detto 

=  -.i    goCaviaHura |  detto 

■2  5  ö  Jägerhäuschen  (Cavna)      .  |  detto 

Grunze   der   Buchen  und  Tannen  am 

Gehänge  gegen  Zbun j   detto 

Klause  SW.  von  Zbun '   detto 


8hF. 

8k30  F. 
10' 15  F 
i  135  F. 

T30  A. 

2h30  A. 

2J30  A. 

3*  5  V. 

3' 17  A. 

3+0  A. 

+15  A. 
+35  A. 


711-59 
71058 
711-68 

685-82 
67401 


1^ 


_g  j- 


5  Z 

«3:  = 


682 
670 
663 
658 
665 


15  0 
115 
143 
132 
120 
12  0 
11  7 
115 
113 
110 


690-88 
70310 


-  95  4 
-r  86-7 
■+■  94-8 
+  251-4 
+  3222 
-r274-0 
-^3412 
+  386-4 
+416  6 
+  3741 


Mittel 
202  0|  226-1 
205  8  211-5 
362  4j  373  4 
433-2'  445  2 


3850 

4522 
407  4 
527-6 
485-1 


do.     +2200  331-0 
11-8  +146  3,  257-3 


3956 
464-7 
511-3 
542-2 
498.5 

340  1 
264  4 


25.)  Von  Also-Vereczke    in    das    Vitsa-Thal    und    dieses    abwärts 

nach  Szolyva. 
Differenz  eesjen  Kaschau. 


Ort 


I  I 


411 
412 
413 
414 

r> 

415 
416 
417 
418 
419 
420 
421 


Felsö  Vereczke 1.  Aug. 

Drahusöcz detto 

Höhe  Mencsel  zw.  Drahusöcz  und  Volocz  detto 

Volocz  (Meierhof) detto 

detto  2.  Aug. 

Almamezö detto 

Zanyka detto 

Mineralquelle  bei  Zanyka detto 

Osza  (Sagemühle)   .    '. detto 

Votsi detto 

Szaszoka       detto 

Harsfalva  (Mineralquelle) detto 


635  A. 

6h52  A. 

7'25  A. 

81'  A. 

615  F. 

7+5  F. 

8l35  F. 

9"  F. 
10h  F. 
1130  F. 
1245  Bi 
12+0  A. 


71531 
71271 

702-45 
712  58 
712-48 
716-67 
71947 
716  31 
723-85 
731  94 
73611 
739-41 


138 
13  6 
133 
130 

12  3 

13  2 
13  6 
13-8 
120 
135 
14-8 
150 


J- 107-8 
+  124-1 
f  184-8 
+  1240 
+  129  9 
+  105T 
+  89-2 
-t  107  4 
+  669 
+  24  0 

-r  4-4 

-  11-7 


218-8J224-8 
235  I  241  6 
205  8  3040 

Mittel 
237-91244-5 
216-1  2221 
20022057 
2184224-4 
177-9  1828 
135;!  138  7 
115  4  1186 
99  3  102-0 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


95 


26.)  Strasse  von  Szolyva  nach  Dolha  und  Huszth  i.  d.  Marmaros. 

Differenz  gegen  Kaschau. 


Ort 


■— 

<o 

a> 

s 

a> 

£ 

s 

o 

o 
£ 

i. 

CS 

o 

PQ 

p£j 

r-1 

Ol  •- 

V3  ^ 


422 
423 

424 
425 

426 
427 

428 


429 
430 
431 

432 

433 
434 
435 

436 
437 

438 
439 
440 


Strojna  (Kirche) 

Kalkbrueh  S.  von  Strojna  .    .    . 

Duszina 

Roszos     

Pass  0.  von  Roszos         

Kereczke     

P.  Csonok  (Diluv.  Plateau)    .    .    . 

detto 

detto 

Ebene  bei  Czonok  

Bereznik 

Zusammenfluss    d.   Risztra  und   d. 

ehowi  Zwor  SW.  von  Kereczke 

Eisenstein    Schürf   Rosusnuj   SW. 

Kereczke     

Kusnyicza "... 

Szuha  Rronka     

Dolha 

detto 
Borsova-Thal  bei  Zädnya  .... 
Höhe  zwischen  Dolha  und  Lipcse  Polyana 

Lipcse  Polyana 

Lipcze     

Iza 


Lu- 


3.  Aug 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

detto 

4   Aug 

3.  Aug 

3.  Aug 


4.  Aug. 

detto 

4.  Aug. 
detto 
detto 

5.  Aug. 
detto 

6.  Aug, 
detto 
detto 

9.  Aug. 


8hF. 

9''30  F. 
tl'3()  F 
12h  M. 
12'35  A. 

lh4S  A. 

3>'35  A 

6'35  A. 

6h45  F. 

6h40  F. 

4'45  A 

12h20  A. 


lb25 
5h15 
545 

7h  A. 
8h25 
12h45 
5'35 
5h45 
7l45 
7h20 


741-68 

7210 

7365 

732-30 

726-30 

736-89 

731-81 

73240 

73510 

734  10 

731  48 

73053 


711 
743 
746 
749 
752 
753 
733 
737 
744 
751 


12-8 
130 
150 
155 
160 
16  8 
172 
15-3 
123 
15  3 
172 

160 

152 
17-2 
16-3 
150 
170 
22  5 
17-8 
17-6 
170 
160 


+ 


162 

88-7 
11-8 
32-8 
63  2 
124 
38-7 
37  1 
32-8 
290 
40  1 

562 


94-8 
199  7 
122  8 
143-8 
174  2 
123-4 


97-4 
205-2 
126-2 

147-8 
1790 
126  8 


Mittel 


147-2 
1400 
151  1 

1672 


1813 

2923 

36 

107-4 

176 

934 

30-6 

80-4 

31  6 

79-4 

384 

726 

37-8 

148-8 

191 

1301 

152 

958 

31-0 

800 

151-3 
143-9 
1553 

171-8 

3004 

110  4 

960 

82-6 

81-6 

746 

152-9 

1337 

98-4 

82-2 


Strasse    von    Huszth    nach    ÖkörmezÖ. 


Ort 


d    aj 


M 


441 
442 
443 
444 
445 
446 
447 


Herincse 

Bisztra 

Anfang  des  Hotters  von  Vucskomezö  . 

Vucskomezö 

Ditkovecz 

Höhe  N.  von  Ditkovecz     

Okörmezö  (Wohnung  d.  Stuhl richters) 

detto 

detto 


9.  Aug. 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

10.  Aug. 
detto 

11.  Aug. 


8'45  F. 
12h  M. 
F50  A 
5"  A. 
6h35  A 
7' 15  A. 
845  F. 
8hA. 
5h30  F 


746-75 

73996 

735-28 

73094 

73003 

7130 

7240 

724-6 

727-57 


171 
220 
21  2 
181  j 
•3-0' 
12-2, 
12  0 
138 
9-2! 


-  85102-5 
4-  23-7  134  7 
+  46  6  1576 
4-  67  3  178-3 
-j-  708  181-8 
+  1635  274-5 

+  964 

|     82-7,      Mittel 
+   91-4201  11206-7 


105-3 

1384 
1620 
183-2 
186-8 
281-1 


9ß 


Franz  Ritter  von  Hauer, 


27.)    Von    Ökörmezö     in     das    Talaborthai,    dann    in    das 

Taraczkothal    und    dieses    abwärts. 

Differenz  gegen  Kaschau. 


Ort 

Q 

N 

s 
0 

es 

3 
es 

E 

c 

2  Z 

Vj 

448 
449 

Höhe  zwischen 

Prislop  und  Szinever  . 

11.  Aug. 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

12.  Aug. 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

13.  Aug. 

12.  Aug. 
detto 
detto 

13.  \ug. 

9h45  F. 
1045  F. 
llh  0  F. 
11' 15  F. 

lhÄ. 

2"20  A. 

3'50  A. 

4' 30  A. 

5'45  A. 

6''30  A. 

8h45  A. 

5' 45  F. 

9h25  F. 
II)1  IS  F. 
LI'  l)  F. 

694-30 
709-33 
713-52 
71511 
716-56 
71539 
704  40 
686-70 
710-94 
716-34 
721  01 
721-94 
72971 
73326 
734  43 

170 
17-6 
18-4 

iso 

21-11 
20-6 
18-3 
150 
14-6 
13  4 
11-6 
90 
164 
19-2 
22-8 

|  2913 
,1997 
f  175  6 
165-4 
157-9 
r  165-4 

302-3 
210-7 
286-6 
2764 
268-9 
276-4 

310-7 
216-5 

450 
451 

Kalocsa  Imsad 

294  5 

2840 

452 

Horb  Kalocsa 

276  3 

453 

284-0 

454 

Gebirgs-See 
Pass  am  Topas- 
Deutsch-Mokra 

231  61342-6 
r  340-1  451-1 
t  1911  2021 
■r  158-4  269  4 

3521 

455 
456 
457 

Berg 

4636 
207-7 
270  8 

458 

-f- 1313       Mittel 

459 

460 
461 
462 

Brücke  bei  Don 

detto 

-t-  136-1  244-7 
;    95  1  1061 
r   77-5  188-5 
;     69-3  180-3 

251-4 
109  0 
193-7 
185-3 

463 

Kälinfalu 

12'   0  M.  736-97  22-9 
12''50  A.  73814  22-6 

:     59-2j  170-2 

174-9 

464 

,-   5261636 

42-3       Mil 

+  43-3  153-8 

i-   76  7  187  7 

-1-100-2  201-2 

j-   43  9  154-9 

16-2  L27-2 

r     7-3  118  3 

—     2-2!l08-8 

65404-5 

1681 

465 

466 
467 
468 
469 

Also  Nerecznicze(Försterh.  a.  d.  Strasse) 
detto 

Königsthal  (Pinge) 

Sattel  zwischen  Königsthal  u.  Pudplesa 

3' 45  A.  1740- 16 
6h  5  F.  74013 

T  A.      732 '60 
7' 15  A.  727-84 
7'40  A.  1739-38 
71'  F.     1745  54 

21-0 
120 
15-2 
151 
14-8 
14-2 

tel 

1580 
1 92  9 
200  7 
159-2 
130  7 

470 
471 
472 

N.  Kirva  (Diluv.  Plateau) 

detto 
detto 
detto 

8' 20  F.  747  22  15-4 
8'30  F.  74920  15  5 
8' 50  F.  750  09  15* 

121-6 

111-8 

1(17-4 

28.)   S  z  i  ge  t  ii 

U  D  (1 

einig 

e    V  n 

!l    C 

t  e    de 

r    U  m 

geh  11  n  g. 

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Datum 

0 
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C 
C 
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H 

Differenz  gegen 

ö    sd 

ffl  — 

—  ~~ 

Cm    ._ 

2  Z 
X 

""  Z 

■■o  — 

~Z  ~~ 
-  ■  • 
«3  ^ 

473 

Sziffeth   (Gasthaus  am  15.  Aug. 
Platz  1.  Stock)  .    . 

84  5  F. 

746  66 

14-2 

r    16  3 

+  50-4 

—64-2 

» 

detto 

16.  Aug. 

645  F. 

746-27 

11.6 

f    13-3 

-f-50-7 

—63-2 

detto 

24.  Aug. 

6hF. 

743  11 

ii-:; 

90 

^45-3 

—66-0 

?) 

detto 

2.  Sept. 

640  F. 

73956 

9 

— 

-51  2 

—68-5 

Mitte] 

W 

detto 

3. Sept. 

8L50  F. 

744-29 

13-8 

— 

^49-2 

—654 

120-5 

123  8 

474 

Szlatina  (Ort)         .    . 

16.  Aug. 

745  F. 

745-96 

14-6 

— 

—  0-2*) 

— 

1203 

475 

detto  (Scbachtkranz, 

detto 

8'30  F.  744-20 

160 

— 

-f  6-4*) 

— 

126-9 

476 

Kobolopolvana  Hütt.A. 

17.  Aug. 

1045  F. 

728-49 

17-1 

+   87-6 

— 

+   5-2  196.1 

477 

detto       (Badhaus) 

detto 

2hA. 

725-20 

18-8 

+  102  2 

— 

+ 17-7  209.5 

478 

Rönaszek  (Amtshaus) 

2.  Sept. 

1045  F. 

726-94 

? 

—  4-3 

184-4 

*)  Differenz  gegen  Szigeth  in  Toisen. 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn.  97 

29.)    Strasse    von    Szigeth    nach    Körösmezö. 


Ort 

d 

'S 

0 

3 
•- 

CS 

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H 

Differenz  gegen 

0  e 

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l   Z 

<f>  0 

Ä  — 

0  J 

CS 

T5  .' 
'S  2 

H 

479 

Salzkammer 

17.  Au°\ 

6'30  F. 
6'45  F. 

744-77 
73977 

13-0 

-f-  12-4 

—  64  2 

1 
Mitfo' 

» 

detto 

2.  Sept. 

124-7 

128-2 

480 

Yeresmarth 

17.  Aug. 

655  F. 

741  81 

13-6 

h  25-6 

— 

136  6|  140-4 

4SI 

detto 

71'  1 0  F. 

740  47 

1  i-0 

4-  31-6 

142  6  146  5 
Mittel 

482 

Deutsch  Bocsko  (Theissbrücke) 

detto 

7' 25  F. 

740  39 

14-2 

+-  31-8 

—  49-2 

,, 

detto 

18.  Aug. 

8h30  F. 

737-24 

t :; :; 

t-  33-5 

—  498 

142  0 

1 45-9 

483 

detto 

11»  F. 

735  80 

23-2 



-  45  2 

144-6 

148  6 

484 

Trebusa 

detto 

133A. 

729-22 

19-3 

— 

—  13-0 

175-9 

180-8 

485 

detto 

6h  A. 

726-44 

15-2 

— 

4-     10 

189-6 

194-8 

486 

detto 

6bS0A. 

724-34 

14-4 

— 

12-4 

200-7 

2062 

487 

Raho   .    .    . 

detto 

S!    SA. 

723-34 

13-6 

-j-  92.7 

r    17-2 

Mittel 

M 

detto 

19.  Aug. 

5I,55  F. 

723-33 

10-9 

+  88-6 

\-    17-8 

2037 

2093 

488 

Vereinigung 

der  schwarzen  und 

detto 

6b35  F. 

72203 

11-6 

— 

34-5 

222- 1 

228-3 

489 

P.  Volesi     . 

detto 

7'30  F. 

717-14  12-5 

— 

-r   54-6  241-7 

248.4 

490 

detto 

81'  F. 

714-83  12  9 

— 

t   6522520 

259  0 

491 

Eingang  in  ( 

as  Radonlirthal 

detto 

8'50  F. 

7U7-45  14.5 

— 

J-109-9  29S5 

303-7 

492 

Bilin    .    .    . 

detto 

4' 30  A. 

717-20 

16-2 



-r-  45-3  232  7 
f  60-2  247  2 

2391 

493 

Borkut    .    . 

detto 

5^20  A. 

714-61 

15-3 

— 

254.0 

494 

detto  (Mineralquelle)  .    . 

detto 

5  45  A 

712-23 

150 

— 

1-   74-32609 

268. 1 

49  5 

Mündung  des 

Kebele-Baches    . 

detto 

6h30  A. 

709-27  14.0 

f  92-6278  7 

286-4 

496 

Szvidovecz 

detto 

7'IOA 

706-23  1  V3 

— 

r  109-3 

294  9 

303- 1 

497 

Körösmezö 

(Haus     des    Wald- 

meisters  1 

Stock)     .... 

detto 

91'  A. 

704-27 

13-3 

+  186-3 

4- 1210 

W 

detto 

20.  Aus. 

7h  F. 

7(12-57  10-8 

4-184-2 

r  119-2 

» 

detto 

detto 

l"2S  A 

701.18  14-0 

r  192-0 

r1192 

Mi 

tel 

w 

detto 

21.  Au</. 

6''40  F. 

698-67 

11.8 

r  198-2 

h  117-5 

302-9 

311-3 

30.)    Spiegel    der    Theiss    (Nr.  498  b  i  s  51 2    durch  Ablesung 
bei    der    Fahrt    im    F  1  0  s  s. 


Differenz  gegen 

l 

s- 

■*^ 

.Sä 

Ort 

3 

"S 

0 
g 

0 

0 

3  _ 
«3  ^ 

ST 

2  5 
g.S 

— 

SB 

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05     0 

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0  s 

ca 

-G 

W1^ 

:0    0 

«5.2 

H 

M£ 

£ 

498 

Körösmezö 

21.  Aug. 

7b50  F. 

69923 

132 

—     4-1 

298-9 

3072 

499 

detto 

8h40  F. 

700-81 

15  6 

—  16  1 

287-3 

2952 

500 

Mündung  d.  Thaies  Kossoucze 

detto 

9'45  F. 

701-87 

16-8 

—  22  5 

2790 

288-8 

501 

detto         detto     Kebele 

detto 

10''  F. 

703-88 

169 

—  350 

268-9  276  3 

502 

detto        detto    Vaszkul    . 

detto 

10b20  F. 

707-21 

16-8 

—  564 

248-1 

234-9 

Mittheilungen  der  k.  k-  geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  II.  Heft. 


98 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


Ort 


Differenz  gegen 


:©  O 


:-   I 


503 
504 
508 

:;<><; 

507 
508 
509 
510 
511 
512 
513 
514 
515 
516 


ßorkut    

.Mündung  des  Szitnibachcs    . 

Bilin 

Mündung  dos  Terentenbaches 

detto     der  weissen  Tlieiss 

Raho 

Vercho\ati      

Berlebas 

Trebusa      ....         ... 

Mündung  des  Vissö    .... 

Zwiscben  Szigeth  u.  S/.hitina 
detto  Taraczközu.Szaploncza 

bei  Tecsö 

Einmündung  il.  Nagv.i^flusscs 

12  Fuss  über  dem  Spiegel 
Tisza  Ijlak 


21.  Aug. 
detto 

detto 
detto 
detto 
detto 

detto 

detto 
detto 
detto 

16.  Aug. 

13.  Aug. 
3.  Sept. 

■t.Sept 
detto 


10*30  F. 

Ki  :;u  F. 
iri5  p. 

12"  M. 

12' 30  A. 
12''50A. 

2h15A. 

3'  A. 

4' 10  A. 

5'   5  A. 

7'35  F. 

9"  5  F. 

1L  5A. 

6'30  F. 
11 ''  F. 


708-28 
708-97 

710-20 
710-59 
712-30 
713-39 
714-89 
718-01 
721  -84 
724-07 
747-35 
751  08 
75110 

759-80 
765-21 


16-9 
170 
17-6 

170 
180 
17-4 
17-4 
15-8 
15-1 
14-4 
14-4 
16-3 
14-0 

7-0 
ISO 


—  63- 1 

-  68-0 

-  75  9 

-  78-6 

—  89  8 
970 

—  106-5 

—  122-6 

—  146-5 
-153-8 
+     6-5 ' 


241' 
236 
229 
226 
215 
208 
199 
183 
160 
153 
126 
99 
-  30-9 »)  90 


IM 


+ 


0-5*) 
22-7*) 


24S- 

243 

235 
232- 

5  22 1  • 
3  2 14' 

3  204' 

6  1 88 

4  1 64 
3  157 

8  130 

9  102 
92 


67-3 
441 


69! 
45-3 


31.)    Von    S  z  i  g  e  t  h   durch    das   Iza-Thal    nach   B  o  r  s  a  b  a  n  y  a 
nach    K  i  r  1  i  b  a  I»  a    und    z  u  rück    d  u  r  eh    da  s    Vissö-  T  h  a  1. 

Differenz  den  24.  gegen  Szisretb,  die  folgenden  Tage  "egen  Wallendorf. 


Ort 


•5  «3  L 

'=  =  2 


03   i, 
X     - 


^3  r 


518 
519 
520 
521 
522 
523 
524 
525 
526 


Brücke  über  d.  Ronisora  . 
Farkasrev      ...... 

Väncsfalva 

Nanfalva 

Barczanfalva      

Szurdok     

Bozavlia  (Spiegel  der  Iza) 
Mündung  des  Sajo  .  .  . 
Konyha  


24.  Aug. 
detto' 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 


6h15 

635 

7' 30 

7'55 

8' 25 

9h40 
10' 30  F. 
10h45  F. 
11' 15  F. 


742-03 
741-86 
740-86 
737-84 
738-34 
735-68 
73311 
732-21 
729-11 


1 1-8 

121 
13-2 
13-8 
14-4 
15-8 
16-7 
16-9 
17-4 


-f  4 
4 
-  8 
r-21 
^19 
+  31 
43 
^-47 
r63 


124.8 
125.2 
128-8 
9,141-6 
9,139-8 
3150-9 
5162-8; 
2I166-4J 
11181-9: 


128-3 
128-6 
1324 
145-5 

143  7 
1551 
167-3 

I7F0 
186-9 


:|:)  Differenz  gegen  Huszt  in  Toisen. 

')  Differenz  gegen  Szigcth  in  Wiener-Klafter, 


Ilühenmessunüen  im  nordiisllk'hen  Ungarn. 


99 


Ort 


Dragomer 

Szclistye      

Szacsal .    . 

Wasserscheide  zwichen  Sz;\cs:il 

und  Mojszin 

Mojszin 

detto 

Borsabänya . 

detto 
Sattel  westlich    vom  Megura- 

Berg 

Mündung       des       Nyegusza- 

Thales     ........ 

Strimtura 

Sägemühle    im    Thal    südlich 

von  Strimtura 

Sattel   nördlich  vom  Stiol  .    . 
Thal  il.  gold.  Biszhicz  bei  der 

Einmünd.  d.  Weges  v.Prislop 
Ausmündung      des      Szeszul- 

Thales 

detto 
Ausmündung    des    Boszavlia- 

Baches      

Ausmündung  des  Zibo-Baches 
detto 

Kirlibaba 

detto 
Kornidic-Pass   am  Wege    von 

der   gold.    Bisztricz   in    den 

Hintergrund  des  Cislathales 

Borsa 

Felsö  Visso 

Közep-Visso 

Alsö-Visso 

Brücke  vor  Leordina  .... 

Leordina      

Petrova     

Höhe    zwischen    Petrova    und 

F.  Bona 

Felsö  Bona      

Also  Bona 

Höhe  zwischen  Also  Bona  und 

Karacsonfalu 


24.  Aug. 
di  tto 
detto 

detto 
detto 

28.  Aug. 

23.  Aug. 

26.  Äug. 

detto 

di  il  i 
detto 

detto 
detto 

detto 

detto 

27.  Aug. 

26.  Aug. 

1 1  e  1 1  >  i 

27.  Aug. 

26.  Aliw. 

27.  Aus-. 


27.  Aug. 

28.  Aug. 

29.  Aug. 
detto 
detto 
detto 
detto 
detto 

detto 
detto 

detto 

detto 


1 2'  M. 
4*20  A. 
5*  OA. 

6*25  A. 
7''  A. 
5*30  A. 
8h40  F. 
6*30  F. 

7' 35  F. 

8*48  F. 
9h15F. 

9*40  r. 

12  M 

1*18  A. 

2*48  A. 
11*18  F. 

4*15  A. 
4*80  A. 
9*10  F. 

6  50  A. 

7  28  F. 


4*  SA. 
4*18  A. 
7'  V. 
7*33  F. 
7*30  F. 
9*10  F. 
9' 30  F. 
10*  F. 

1*A. 
3*  A. 
3*25  A. 

4*35  A. 


-1t 


724-81 

18-6 

721-14 

17-2 

717-22 

17-0 

703-52 

18-2 

712-78 

15-3 

704-16 

9 

696-83 

II  -i 

687-58 

!  0-3 

688-11 

12-4 

688-44 

14-7 

684-25 

15-8 

680-33 

[7-2 

621-31 

1 6-6 

64734 

160 

657-84 

15-3 

(552-8 ! 

? 

664-94 

14-5 

66681 

14-4 

662-65 

122 

667-28 

1 3-3 

664-71 

111 

606-85 

•> 

698-01 

•> 

713  27 

9 

715-10 

9 

716-53 

9 

720-41 

9 

72187 

r 

723  03 

c 

700-80 

•% 

729-76 

fcc 

730-88 

i 

0) 

72607 

f"1 

'-    a 

~     - 


-   a 

33     sj 

X.  ;- 


85  3*)  2038 
104-1*)  221-8 
128-7*)  242-8 


209-1 
227-9 

249-5 


i  209-8*)  324-3  333-3 
f-181-5*)       Mittel 
88-0      27181278-3 
Mittel 
352-7  362-4 


h  166-8 

-j- 170-4 

■|  348-9 

f  162-8 
j- 188-9 

,212-7 
617-6 

-j- 428-6 

r  341-0 

i- 347-8 

i  293-9 
283-1 

-288-3 
f  274-9 
+  274-7 


-t  709  1 

124-4 

r-   489 

392 

31-3 

HO 

3-8 

5-2 


+ 


t- 


r  1 32-  i 

—  300 

—  39-2 

—  140 


528- 1 

347-0 
372-4 


542-7 

3866 

382-7 


395-6  406-3 
789.6  8114 


605-7 


022- 4 


Mittel 
523.7538-2 

474-5 1 487-7 

Mittel 
466-6  479-5 

Mittel 
435-9  468-6 


878-6 
309-6 

2361 
226-7 

218-9 
199-4 
192-3 
183 

315-2 

158 

150-4 

174-4 


902  9 
318-2 

242  7 
233-0 
2251 

204-8 
197-6 

188-6 

323-9 
163  8 
154-6 

1 79.2 


*)  Differenz  gegen  Szigeth. 


100 


Franz  Ritter  von  Hauer, 


32.)  Strasse    von    S  z  i  g  e  t  h    über    H  u  s  z  t  h    nach  Delireczin. 


Ort 

Q 

s 

o 

s 

o 
c 

Ol 

Diflf.  g. 

;gen 

2  § 

75    = 

'S 
s: 

o 

g 

23 

—   ii 

M     SC 

«   .— 

s  o 
SC  Eh 

ei 

u    = 

—   i 

®  r 

555 

Brücke     über     die     Iza  bei    P. 

3.  Sept- 

10'15  F. 

745.34 

14.5 

4-6*) 

1159 

1191 

556 

detto 
detto 

10' 40  F. 
1145  F. 

745  90 
747.36 

15.5 
15-5 

-  6-7*) 
-13-6*) 

113-8 
106-9 

1169 

557 

109-8 

558 

detto 

11' 45  F- 

745.30 

15.0 

—  3-8*) 

1  1 67 

119  9 

550 

detto 
detto 
detto 

12"30A. 
l"30A. 

4"  A. 

746.99 
749.81 
752.5 1 

14.5 
14.3 
14.0 

-12-4*) 

—255  *) 

-37-3*) 

1081 
950 
83-2 

Uli 

560 

97  6 

561 

Benecsö  (Talabor  Mündung)     . 

85  5 

562 

detto 

4' 15  A. 

752  50 

140 

375*) 

830 

85-3 

563 

detto 

4  :;o  \ 

754.30 

139 

—45-2*) 

75'3 

77  4 

564 

detto 

51    6A. 

754.91 

13-7 

-47-8*) 

72  7 

74-7 

565 

Huszth  (Gasth.  des  Maszlv)  .    . 

7.  Aug. 

1 ' 50  A . 

745.71 

215 

— 

detto 

9.  Aug. 

6'30  F. 

75320 

150 

— . 

detto 

3.  Sept. 

035  A. 

757.3ü 

135 

— 

Mittel 

detto 

4.  Sept. 

6hF. 

759.71 

161 

— 

668 

68-6 

566 

Altes  Sebloss  Husztb      .... 

7.  Aug. 

7"  A. 

728. 1 1 

it;  ii 

r  78.5 

1453 

149-3 

567 

Velika  koprina  (Veresmarth) 

4  Sept. 

7'45  F. 

757.68 

95 

r  6-8 

73'6 

756 

568 

Nagy  Szöllös  .    .    ■            ... 

detto 

9" 15. F. 

762.70 

I2il 

-136 

532 

54-7 

560 

detto 
detto 

950  F. 
10'25  F. 

763.74 
765  27 

130 
14-0 

-19-2 
-240 

47  6 
42-8 

48-9 

570 

44-0 

571 

detto 

3'iOA. 

763.40 

195 

-15-6 

51  2 

526 

57*> 

detto 
detto 

detto 

3' 25  A. 

3  55  A. 
4' 40  A. 

763.29 
762.89 
763.70 

19  5 

18-8 
186 

—  169 

—  131 

—172 

49-9 
53-7 
496 

51-3 

573 

55-2 

574 

510 

575 

detto 

S1  10  A. 

763.42 

18-0 

—158 

510 

52'4 

576 

Feher  Gyarmath 

detto 

6"A. 

763,13 

17  2 

—14-6 

52  2 

53-7 

577 

Spiegel  des  Szamos  hei  Matolcs 

detto 

7"  A. 

763.45 

16  5 

-18-7 

481 

494 

H78 

detto 
5.  Sept. 

7h  5  A. 
5h45  F. 

762.76 
761.79 

165 
115 

—16-3 

—  5  3 

505 
599 

51-9 

579 

Kocsord  

61-6 

580 

detto 

7fc25  F. 

758.66 

13-2 

95 

74-7 

76-8 

581 

detto 
detto 

8fc4ü  F. 
945  F. 

758.24 
757.94 

14  6 
15-0 

-106 
4-11-6 

758 

76-8 

779 

582 

78  9 

:;s:: 

Bogath 

detto 
detto 
detto 
detto 

10''50  F. 
12*30  A. 

2b20  A. 

3' 25  A. 

756.39 
756.32 
755.20 
755.11 

17-2 
20-0 
18-2 
178 

+  124 
-rl3-6 
4  18  1 
4-185 

776 

78-8 
83-3 
83-7 

797 

584 

81-0 

Mihiilvdi 

85-6 

5S6 

860 

587 

detto 
detto 

6'  A. 

8'1  A. 

756.73 
758.33 

162 
15  9 

-rlO-6 

75-8 

77-9 

588 

*)  DitVerenz  gegen  Szigeth  in  Toisen 


Höhenmessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


ioi 


II.  Meteorologische   Beobachtungen    au   den    als    Yergleichspuncte 

benutzten   Stationen. 


Luftdruck    bei   0° 
Pariser-Linien 


tu1 


Temperatur 

Reaumur 
6"   !  21'   ;  101' 


Datum 


Juli 


Luftdruck    hei   0°    in 
Pariser-Linien 


Temperatur 
Reaumur 


6' 


10'' 


6h  i  2h  :  10h 


Ofe  n. 


335-52 

35  18 
33-92 
35-13 


33337 

333-34 

140 

15-8 

34-34 

33-69 

12'6 

18  5 

34  36 

34-54 

13-0 

200 

34  39 

3430 

150 

17-5 

K  a  s  c  h  a  u. 


30-99 

330-99 

330  49 

112 

13  5 

| 

30-36 

30- 14 

28-43 

10  1 

152 

28-49 

29-62 

30  26 

98 

15  4 

1 

3022 

30  15 

2i)-54 

1  1  0 

15  7 

30-28 

30.78 

3116 

13.2 

17  5 

30-63 

29-64 

28-70 

13.3 

18-2 

] 

28-87 

2923 

2959 

140 

168 

29-86 

29-34 

29  02 

17-3 

200 

2903 

28-90 

28  65 

169 

201 

29  18 

29  30 

29-61 

13  2 

17  5 

3017 

30'29 

30-66 

174 

22  2 

31-32 

31  Ol 

30-73 

171 

230 

30-98 

30-27 

29  81 

16-5 

22  6 

29  61 

29-50 

29  52 

161 

173 

29  00 

29-67 

29-74 

175 

21-4 

1 

29-87 

29-68 

29-23 

166 

211 

29-26 

28-67 

27-84 

263 

22-3 

2970 

30  15 

3012 

139 

17-3 

29-98 

28-70 

28  32 

12-9 

20  6 

27-84 

27-99 

28-57 

14-6 

165 

28-45 

28-22 

28  22 

130 

18-8 

28-44 

28-35 

2905 

14.5 

18-2 

2005 

29-63 

29  15 

13.2 

18-8 

20-00 

28  33 

27-86 

15-2 

19-8 

26-88 

26  42 

27  04 

14-2 

173 

27-84 

28-67 

2819 

13-0 

16-8 

28-28 

27-52 

27-74 

15  7 

20  b 

27-64 

2736 

28-63 

156 

21  7 

28-68 

28-88 

29-06 

10.5 

12  3 

28-88 

28-86 

28-80 

12.5 

14.6 

2894 

28-81 

2813 

144 

20  5 

28-16 

28-24 

28-70 

133 

18-3 

28-89 

28-80 

28  99 

13  8 

194 

2995 

29-58 

29-49 

138 

196 

2934 

28-24 

28  52 

15  5 

19  1 

28-78 

28-46 

28-  2 

134 

192 

1 

28-11 

25-61 

23-88 

139 

22  1 

| 

27  13 

2798 

28-29 

168 

20  7 

28-46 

28-08 

2761 

15-9 

226 

27-36 

2691 

27-25 

168 

22 '4 

27-38 

26-24 

2633 

16-4 

214 

26- 15 

25-93 

26-42 

138 

19-7 

130 
145 
15  5 
168 


iOl 
II 

[0-2 
27 

[53 

161 

2 

[8-2 
7-0 
5-2 
[68 
[7-2 
•4 
155 
[6  0 
.5 

5 
5-2 
7(i 
[3-7 
[2-8 
[36 
L4-" 
[4.7 
12 
L2-< 
66 
4-9 
1-5 
3-2 

3-9 
[3-8 
[4-8 

4-9 
15 

167 
16 

5-9 

7-4 

161 

1 

4  3 


13. 
14. 
13. 
16. 
17. 
18. 
19. 
20. 
21. 
22. 
23. 
24. 
25. 
26. 
27. 
28. 
29. 
39. 
31. 
Aug 

I. 

2. 

3' 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11 
12. 

13. 
14. 
15. 
16. 
17. 
18. 
19. 
20. 
21. 
22. 
23. 
24. 
23. 
26. 
27. 
28. 
29. 
30. 
31. 


26  92 
27-71 
2716 
2720 

27  05 
2897 
29  60 
2916 

28  76 
28-03 
28-48 
28-80 
2783 
27  71 
29-81 
27-58 
25  04 
2392 
25  28 

2614 

2587 
2710 
28-63 
29-80 
29-71 
281 8 
28-20 
2964 

29  39 
3034 
31-44 
3104 
30-85 
31-38 
31  07 
30-48 
29  53 
28-88 
27-08 
26-45 
27  89 
29-20 
29-87 
28-29 
2539 
2301 
25  57 
26-72 
27-84 
27  31 


27- i!» 
27-59 
27-61 
27-02 
27-45 
29-44 
29-37 
28-74 
28-23 
27-97 
28-63 
28-24 
26-80 

28  64 
29-26 
26- 13 
24-44 
24-81 
2573 

26-41 
26-89 
27-72 
28-72 
29-61 
28-54 
27-01 
28-33 
29-36 
29-32 
3039 
31-70 
30-69 
30-68 
31  00 
30-90 
2999 

29  23 
2820 
26-87 
26-36 
27-83 
29  21 
294i 
2735 
23-48 
23-66 
25-49 
26-66 
27-80 
26-84 


27-57 
27-43 
27-23 
20-94 
27-90 
29-83 
29  54 
28-65 
27-85 
27-75 
29-02 
2816 
26  69 
28-42 
26-34 
24-20 
2488 
2612 
26.52 

27-05 
27- 10 

29  23 
29-23 
29-80 
28-18 
2808 
2904 
29-66 
29-54 
30-71 
30-92 

30  51 
30-76 
30-92 
3081 
29-47 
29-19 
27-75 
26  33 
26-81 
28-34 

29  30 

30  10 
2621 
2304 
24-81 
23-95 
27-32 
27-73 
27-08 


8  18-0 
18-4 
19-4 
20.2 
19-1 
20-2 
17-4 
20-2 
13-3 
24-2 
23-7 
21-5 
22-0 
212 
22-4 
20-0 
18-0 
18-3 
19-4 


I 

7 
0 
2 
ll 
II 

6-4 

1i.11 

5 

ti 

0 

0 

:; 
0 
0 

6 

7 

6 

0 

6 

5 

7 

ti 

X 

X 

3 

4 

3 

0 

92 

9-5 


13  7 

14-8 
loa 
15*5 
14-9 
159 
16-4 
181 
18-8 
18-8 
18.6 
18-4 
171 
170 
17-2 
170 
151 
14-8 
15-7 


141 
14-9 

12  6 

13  6 

136 
0  14(5 
7  147 

0  149 

0,146 

7  14  8 

9  14  6 

9  17  6 

S  17-8 

0J17-0 

0  165 

117-5 

5160 

9  16-7 

5180 

160 

16-6 

161 

14-8 

t  14-7 

7J143 

15  6 

14-5 

122 

11-3 

10-8 

HS 


102 


Franz  Ritter  von  Hauer. 


Luftdruck    be 

0°    in 

Temperatur    J 

Luftdruek    be 

0°    in 

Temperatur 

Datum 

Pariser-Linien 

Reaumur 

Da  (um 

Pai 

iser-Linien 

Reaumur 

6" 

2L 

Kl'1      |    6'    |  2''  |  101'  | 

6"     i 

.> 

10"     |    01'      2"      KT 

Wa 

1  e  n  (1  o  r  f. 

J)  e  I>  r 

e  c  z  i  n. 

Aug. 

Aug. 

7. 

321-96 

321-41 

11-50 

L3-5 

167 

13  8  1 

7' 

331  54 

330  52 

329-97 

13-8 

19-8 

!  5  8 

9. 

23-35 

2336 

23-55 

L5-6 

191 

12-8 

9. 

31-32 

3197 

31-83 

15-6 

1 8-8 

1 6-8 

LS. 

25-57 

2513 

25-29 

12-9 

206 

12  9 

15. 

33-82 

3380 

33-75 

15-2 

24-6 

IS-2 

1(5. 

25-45 

24- TT 

24  65 

13  0 

21  0 

132; 

1 6- 

33-82 

3380 

33-43 

14-S 

23 -S 

18-4 

17. 

'24-00 

23-80 

23-77 

12-6 

21 '2 

1  40 

17. 

33  08 

32-88 

3'202 

15.6 

22-0 

18-0 

IS. 

23-46 

23-16 

2307 

13-8 

18-7 

88-4 

iS. 

3214 

3157 

31-5^- 

14-4 

22-4 

17-0 

19. 

2311 

22-54 

22-42 

130 

20-7 

12  7 

19. 

3141 

30-94 

30-33 

15-4 

20  0 

17-4 

20. 

2164 

20-81 

20-64 

11-9 

20  1 

1 33 

20. 

29-73 

29-91 

29  52 

14-6 

17-8 

10-S 

21. 

19-60 

19-26 

20-27 

141 

14.6 

12-71 

21. 

28-78 

28-33 

28-04 

14-2 

17-4 

160 

22 

21-36 

21-80 

22-92 

14-0 

18-6 

14-0 

22. 

29  91 

3052 

31-08 

150 

19  0 

16-4 

23. 

23-49 

23-38 

23-92 

12  6 

1 90 

1 2-8 

23. 

31-65 

31  87 

32- 14 

14.4 

19-0 

15-2 

24. 

24- 13 

23-51 

23-41 

11-5 

18  4 

127 

24. 

32-31 

3218 

3214 

13-6 

18-8 

16-0 

23. 

22-82 

2141 

2013 

13-1 

1 96 

12  S 

25. 

31-65 

30-74 

30-33 

14-8 

18-6 

15  2 

26. 

18-65 

17-41 

16-80 

130 

IS -2 

12-5 

'26 

28-21 

2699 

26-70 

120 

17-0 

15-4 

27. 

1616 

15-84 

17-21 

11-5 

173 

10-7 

27. 

26-20 

20  61 

27-48 

14-2 

16-8 

14-0 

28. 

18-61 

19-60 

20-39 

10-5 

14  2 

108 

28 

28-21 

28-65 

29-52 

12-4 

1 6-2 

10  0 

29. 

81-16 

21-76 

22-16 

9-4 

105 

07 

29. 

30  03 

3013 

30-33 

10-6 

15-4 

12-2 

30. 

22-51 

22-07 

22-07 

8-1 

160 

7-2 

30. 

3095 

30-04 

30-68 

13-4 

17-6 

12-6 

31. 

22-18 

21-55 

21-36 

7-7 

155 

8-8 

31. 

30-40 

30-14 

30-24 

40-2 

19-0 

12-4 

Sept. 

T 

2" 

91' 

71' 

21' 

9" 

Sept. 

1. 

2154 

21-77 

22-05 

8-6 

14  6 

92 

1. 

3003 

3013 

30-95 

10-6 

18-6 

12-8 

2. 

22  70 

23-08 

23-72 

93 

164 

9  3 

2. 

31-65 

32-03 

32-38 

'ILO 

17-8 

13-4 

3. 

24-57 

24-53 

24-89 

95 

14-4 

7-1 

3^ 

3305 

33-29 

33-46 

10-4 

19-0 

13-6 

4. 

25-30 

24-87 

24-75 

7-3 

14-S 

8-2 

4. 

33-46 

33-29 

33-27 

9-8 

18-4 

14-8 

5. 

24-62 

24-03 

23-76 

85 

1 6-8 

1 0-0 

5. 

32-7 

32-62 

32-31 

1 4-2 

17-6 

14-0 

III.   Corrections-Tafelo  für  das  ßourdoii  sehe  Metallbaronieter. 

1 .)    W  ärme-Correctio  n. 


Temp. 

Correctur    I 

Temp. 

Correctur 

Temp. 

Correctur 

Temp. 

Correctur 

Cels. 

Millimet. 

Cels. 

Millimet. 

Cels. 

Millimet. 

Cels. 

Millimet. 

—9° 

-6-20 

+-4° 

+  2-80 

+  170 

+  0-60 

1-30° 

Ol  3 

—8° 

+  5-85 

4-5° 

+  2-60 

+  18o 

+  0-48 

+  310 

— 0T4 

+  5-57 

f6° 

+2-40 

+  19o 

+  0-37 

r32o 

—015 

—6" 

+  5-27 

4-7° 

+  2-20 

l-20o 

-j  0-28 

330 

—016 

—5° 

|  4-97 

+  8° 

+  2-00 

+  2lo 

+  0-20 

-340 

—0-16 

—4° 

r4-71 

f  9° 

4-1-81 

+  220 

+  0-14 

r35o 

—0-17 

—3° 

-    ^4-45 

+  10" 

+  1-63 

r-23o 

+  0-08 

|-36o 

—0-17 

—2° 

+  4-20 

+  11° 

+  146 

+  240 

+  003 

r37o 

—018 

—1° 

+  3-95 

+  12° 

+  1-30 

+  25o 

—0-02 

r38o 

—0-18 

0° 

-j-3-70 

+  13° 

+  1-15 

+  26o 

—0-06 

i-39o 

—0-19 

+  1° 

r3-45 

+  140 

+  100 

+27o 

—009 

>-bQ» 

—019 

+2° 

+  3-22 

+  15" 

+  0-86 

+  28o 

—0-10 

|-4lo 

—0-20 

+  3° 

+  300 

+  16° 

+  0-73 

+  29o 

—0-11 

r41o 

—0-20 

Iloheniiiessungen  im  nordöstlichen  Ungarn. 


103 


2.)    Correctionstafel   für    den  Barometerstand.    Mit  dem 
Zeichen    der    Ablesung    hinzuzufügen. 


Barometerstand 

Correctur 

Barometerstand 

Correctur 

Barometerstand 

Correctur 

Pariser-Maass 

Par.-Lin. 

Pariser  Maass 

Par.-Lin. 

Pariser 

-Maass     | 

Par.-Lin. 

Zoll     ,    Linien 

Zoll         Linien 

Zoll 

Linien 

28 

0 

—2-03 

25 

11 

^1-61 

23 

10 

4  3-39 

27 

11 

-1-79 

10 

+  163 

9 

-t-3-44 

10 

—1-50 

9 

+ 1-65 

8 

4-348 

9 

—1-22 

8 

+  1-68 

7 

+  3-51 

8 

—  1-00 

7 

4-1-72 

6 

4-3  52 

7 

—0-80 

6 

+  1-76 

5 

4-3-53 

6 

—0-60 

5 

+  1-80 

4 

+  3  53 

5 

—0-38 

4 

hl  85 

3 

4-3  52 

4 

—0-14 

3 

~rl  91 

2 

+  349 

3 

+  0-10 

2 

+  1-96 

1 

+  3  47 

2 

+  0-26 

1 

4-2-02 

23 

0 

4-  3-42 

1 

j-0-43 

25 

0 

4-2-10 

22 

11 

+  335 

27 

0 

+  0-71 

24 

11 

4-2-17 

10 

4-3-25 

26 

11 

+  0-85 

10 

4-2-25 

9 

4-309 

10 

+  1-02 

9 

4-2-34 

8 

4-2-93 

9 

-r-113 

8 

4-243 

7 

4-2-70 

8 

+  1-24 

7 

4-2-52 

6 

4-2-36 

7 

+1-32 

6 

4-2-62 

5 

+  214 

6 

+  1-38 

5 

4-2-73 

4 

4-1-94 

5 

+  1-44 

4 

f-2-84 

3 

+  181 

4 

+  1-48 

3 

4-2-95 

2 

+  1-68 

3 

+  1-50 

2 

4-306 

1 

+  1-58 

2 

^1  53 

1 

t-3-16 

22 

0 

+  1-46 

1 

+  1-56 

24 

0 

4-3-26 

21 

11 

+  1-30 

26 

0 

+  l-58 

23 

11 

+  3-33 

| 

IX. 

Die  Quellen  des  liburnischen  Karstes  und  der  vorliegenden  Inseln. 

Von 

Dr.  Josef  Rom.  Lorenz, 

k.  k.  Professor  in  Fiume. 
Milgetheilt  in  der  Versammlung:  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  3.  Mai  1859. 

Von  den  hydrographischen  Verhältnissen  der  Karstgebirge  ist  im 
Allgemeinen  hinlänglich  bekannt,  dass  dort  die  atmosphärischen  Nieder- 
schläge sich  nirgends  zu  aushaltenden  Bach-  oder  Fluss-Systemen  sam- 
meln können,  sondern  theils  sogleich,  theils  nach  kurzem  oberirdischen 
Laufe  in  die  Spalten  und  Klüfte  des  Karstkalkes  versinken,  sich  unter- 
irdisch in  Höhlen  ansammeln,  deren  viele  untereinander  zusammenhängen; 
dass  sie  durch  das  Ueberfliessen  der  höher  gelegenen  Höhlenbecken  in 
tiefer  gelegene  abrinnen;  dass  sie  in  der  Regel  nur  dort  als  Quellen 
austreten,  wo  unter  den  Kalkschichten  der  undurchlassende  pelogene 
Sandstein    oder   schieferige    Thon    ausbeisst,  welcher    dem  Weitersinken  des 


104  Dr.  .!.  P.  Lorenz. 

Wassers  wehrt  und  es  zugleich  an  seiner  eigenen  Oberfläche  zu  Tage 
hinaus    leitet. 

Das  Riesenwerk  der  Wasserleitung  von  Nabresina  bei  Triest  ist  eine 
grossartige  practische  Anwendung  dieser  Verhältnisse  im  Triester-Karste. 
Die  gleichen  Verhältnisse  finden  auch  im  liburnischen  Karste  statt;  es 
treten  aber  dabei  einige  nicht  uninteressante  Details  auf,  welche  der  nä- 
heren   Betrachtung  werth    sind. 

Von  der  orographischen  Gliederung  des  liburnischen  Karstes  deute 
ich  hier  nur  ganz  kurz  Dasjenige  an,  was  zur  Anknüpfung  der  folgen- 
den   hydrographischen    Skizze    unerlässlich    ist. 

Der  vom  Snjsnik  an  nach  OSO.  streichende  Karstzug  bildet  zuoberst 
ein  etwas  gewölbtes  Plateau  in  durchschnittlicher  Höhe  von  2000  —  3000 
Fuss,  über  welches  sich  zahlreiche  ßergreihen  und  Berggruppen  bis  nahe 
an  4000  Fuss   erheben. 

Die  Senkungen  des  Terrains  sind  auch  hier  nirgends  aushaltende 
Längsthäler,  sondern  nur  Mulden  oder  Kessel,  lassen  daher  keine  ober- 
irdischen Bach-  oder  Flusssysteme  zu.  Vom  südlichen  Rande  dieses  Pla- 
teaus (von  welchem  meine  Begehungen  nach  abwärts  fortgesetzt  wurden, 
ohne  die  Mitte  und  den  nördlichen  Rand  des  Plateau  mit  einzubeziehen) 
steigt  das  Karstgehänge  in  drei  Stufen  zum  Meere  hinab.  Die  oberste 
und  steilste  Stufe  besteht,  so  wie  der  Rand  des  Plateaus,  aus  älterem 
Karstkalke  (wahrscheinlich  Trias);  die  beiden  unteren  Absätze  hingegen 
gehören  fast  ganz  dem  Nummulitenkalke  an,  welchem  in  der  Tiefe  von  einigen 
hundert  Fuss  ein  ziemlich  mächtiger  aushaltender  Schichtencomplex  von 
Nummulitensandstein   (Tassello)    eingelagert    ist. 

Dieser  tritt  daher  am  Grunde  der  tieferen  Spalten  und  Einrisse  des 
Kalkes  zu  Tage.  Am  Festlande  ist  diess  nur  in  der  6  Meilen  langen 
Thalspalte  der  Fall,  welche  nach  der  ganzen  Länge  unseres  Karstes  und 
mit  dessen  Streichen  parallel,  die  zweite  Gehänge-Stufe  von  der  dritten 
(untersten)  trennt,  und  durch  Querriegel  in  die  langen  Mulden  Becina, 
Draga,  Vinodol,  abgetheilt  wird.  Auf  den  Inseln  biethet  nur  Veglia  im 
Thale  von  Besca  und  bei  Dobrigno  ähnliche  Verhältnisse,  —  während 
sonst  überall  der  blosse  Nummuliteukalk  herrscht.  Diesem  sind  übrigens 
sowohl  auf  dem  Festlande  als  auf  den  Inseln  ausser  der  erwähnten 
mächtigeren  Sandsteinlage  noch  mehrere  zerstreute  Blätter  und  Schmitzen 
von  Sandstein  in  höheren  Horizonten  eingefügt.  Erst  die  drei  südlichsten 
Inseln  Unie,  Canidole  und  Sansego  bieten  andere  Verhältnisse  dar,  indem 
auf  Sansego  ganz,  auf  Unie  und  Canidole  zum  Theile,  Hippuritenkalk  die 
Grundlage  bildet,  worauf  dann  tertiärer  Sand  liegt.  Diluvium  ist  überall 
nur  sehr  vereinzeint  und  ganz  lokal  abgegrenzt  in  Mulden  eingelagert. 
—  Diess  ist  das  Skelett  des  Terrains,  dessen  Quellenverhältnisse  nun  zu 
schildern    sind. 

Auf  dem  Plateau  (wir  sprechen  immer  nur  von  der  südlichen 
Längs-Hälfte  desselben)  gibt  es  in  den  beiden  Flanken  gar  keine  Quellen 
und  Bäche;  Berg  und  Thal  schlucken  die  beträchtlichen  Niederschläge, 
zu  denen  die  mächtige  Schneedecke  eines  siebenmonatlichen  subalpinen 
Winters  einen  reichlichen  Beitrag  liefert,  ganz  und  gar  ein.  Im  Bittoraj 
(östliche  Flanke)  ist  auf  9000  Joch  kein  lebendes  Wässerlein  zu  finden; 
Schneelöcher,      welche     auch     im     Sommer     gefüllt     bleiben,      bieten     die 


Die  Uuellen  des  liburnischen  Karstes  und  der  vorliegenden  Inseln.  JOS 

einzigen  Vorräthe  von  Trinkwasser.  Die  Gesenke  im  Centrum  des  Pla- 
teau liefern  einige  wenige  Quellen,  mit  einer  Temperatur,  welche  der 
hohen  Lage  ihres  Sammelgebietes  entspricht  —  nämlich  nur  -j-  6°  bis 
7°  R.  konstant.*)  Solche  Homothermen  sind  jene  von  Mrzla  vodica 
(-}■  6°  R.)  nahe  an  der  Louisenstrasse,  —  dann  der  Ursprung  des 
Brelo-ßaches  (-j-  6'4°),  welcher  die  Diluvial -Ebene  von  Fuzine  und 
Lic  durchfliesst,  sich  unterwegs  im  Sommer  bis  auf  -j-  16°  R.  erwärmt 
und  bei  Lic  in  den  Felsenboden  versinkt;  endlich  die  Quelle  im  Revier 
Spicunak  (4  7°  R.)  nordwestlich  von  Fuzine.  Durch  oberflächliche  Lage 
der  Ausfluss-Region  erhalten  einige  andere  Quellen  dieser  Gegend  eine 
variable     Temperatur     zwischen  13"    R.    und    0°    R.   je    nach    den    Jah- 

reszeiten. —  Die  Trinkquelle  vor  dem  Försterhause  in  Fuzine  hatte  im 
September  -j~  8°  R.  Keine  der  in  konstanter  Bodentemperatur  liegenden 
Höhlenquellen  aber  überschreitet  in  ihrem  geschützten  natürlichen  Reser- 
voir   die    Temperatur    von    -|~    6*5°   R. 

Das  ganze  ausgedehnte  Karstgehänge  bis  zur  langen  Thalspalte  her- 
unter entsendet  gar  keine  beständige  Quelle;  Regenpfützen  und  Cisternen 
decken  sehr  kärglich  den  Wasserbedarf  der  Bewohner.  Nur  an  jenen 
wenigen  Stellen,  wo  irgend  eines  der  im  Kalk  zerstreuten  Sandstein- 
Blätter  zu  Tage  ausgeht,  fliessen  —  aber  dann  auch  unfehlbar  — 
spärliche  intermittirende  Quellen  hervor,  welche  offenbar  ihr  Sammelgebiet 
nur  in  der  unmittelbarsten  Nähe  haben,  und  sämmtlich  Heterothermen 
sind.  Einige  Wichtigkeit  hat  jene  von  Kamenjak  (im  Juni  -j~  9*o0  R.) 
an  der  Louisenstrasse,  weil  sie  in  ein  Reservoir  (mit  -f-  12°  R.)  ge- 
sammelt wird,  wodurch  allein  die  Tränkung  des  Zugviehes  auf  der  lan- 
gen beschwerlichen  Strecke  zwischen  Fiume  und  Poststation  Jelenje  mög- 
lich   wird. 

Mit  dem  langen  Sandstein-Streifen  im  Grunde  der  Thäler  Recina, 
Draga,  Vinodol  tritt  plötzlich  ein  äusserst  quellenreiches  Gebiet  auf.  Dort 
entspringt  zunächst  in  der  westlichsten  Ecke,  in  absoluter  Höhe  von  bei- 
läufig 900  Fuss,  als  Ueberwasser  eines  grossen  unterirdischen  Höhlen- 
beckens des  Fluss  Recina  mit  einer  konstanten  Temperatur  von  -J-  6-1  °  R. 
Diese  Ziffer  genügt  zu  dem  Schlüsse,  dass  das  Sammelgebiet  dieser 
Quelle  im  Plateau  oben  liege,  und  dass  sie  ungemein  rasch,  und  nirgends 
der  Erdoberfläche  nahe,  durch  ein  steiles  Spaltensystem  in  das  Höhlen- 
becken herabstürze;  denn  die  mittlere  Lufttemperatur  der  Ausfluss-Gegeml 
beträgt    mindestens    -(-    95°    R. 

Unter  der  Menge  der  nun  nach  Osten  sich  aneinander  reihenden 
Quellen  im  Sandsteingebiete  der  Thalspalte  muss  man  einen  Unterschied 
machen  zwischen  jenen,  welche  so  wie  die  Reeina-Quelle  ihr  Sammel- 
gebiet in  den  oberen  Kalkgehängen  haben  und  dem  Sandsteine  nur 
ihren  Austritt  verdanken  (Kalkquellen),  —  und  zwischen  jenen, 
welche  nur  den  Niederschlag  des  Sandsteingebietes  selbst  abführen  (S  a  n  d- 
steinqu eilen).  Die  ersteren  zeichnen  sich  durch  ihr  helles,  aber  Moose 
inkrustirendes  (kalkhaltiges)  Wasser  mit  stetem  Flusse  und  nur  wenig  ver- 
änderlicher Temperatur,    zwischen    -f  8°  R.    und  -|-    11°  R.,    aus.    Die  letz- 


*)  Alle  hier  vorkommenden  Temperatur-Messungen  sind  von  mir  selbst  mit  vergliche- 
nen und  korrigirten  Instrumenten  wiederholt  ausgeführt  worden,  anderwärts  finden  sich  bisher 
keine  Angaben  darüber. 


-)  06  Df  J«  K-  Lorenz. 

teren  führen  trübliches,  oft  von  Infusorien  bläulich  oder  gelblich  gefärb- 
tes Wasser  von  sehr  variabler  Temperatur,  -j-  U«  bis  -f-  16°  R.  je 
nach    den    Jahreszeiten. 

Zu  den  ersteren  gehören  die  Quellen,  welche  die  Ortschaften  Kri- 
sisce,  Grizanj  und  Bribir  im  Vinodol  mit  gesundem  Wasser  versorgen  und 
dadurch  den  Segen  dieses  köstlichen  Thaies  inmitten  der  dürren  Karst- 
wüste bedeutend  vergrössern.  Sandsteinquellen  in  grösserer  Zahl  und 
mit  beständigem  Flusse  kommen  nur  im  Recina-Thale  vor,  indem  nur 
dort  der  Sandstein  eine  bedeutendere  Fläche  in  mehreren  Abstufungen 
und  Hügelreihen  einnimmt;  in  beiden  anderen  Thälern  sind  dergleichen 
Quellen    spärlich    und    versiegen    oft    ganz. 

Die  unterste  Gehänge-Stufe  des  liburnischen  Karstes  entbehrt  gänz- 
lich der  Quellen,  bis  unmittelbar  zum  Meeres-Saume.  Gerade  hier  aber 
tritt,  durch  ein  seltsames  Zusammentreffen,  wieder  Sandstein  unter  dem 
Kalke  hervor,  und  obgleich  nur  in  schmalen  Ausbissen  und  fast  überall 
von  Kalkgetrümmer  maskirt,  genügt  diess  dennoch,  um  auf  eine  Länge 
von  über  sechs  Meilen  am  Meeresufer  hin  zahlreiche  Quellen  herauszu- 
leiten. Die  reichsten  derselben  —  ohne  Zweifel  nur  desshalb,  weil  ihnen 
der    Ausfluss    künstlich    erleichtert    wurde  sind    in    den    Städten    Fiume 

und  Buccari.  Es  sind  sämmtlich  Kalkquellen  von  grosseF  Reinheit  und 
überraschender  Frische;  man  staunt  mit  Recht,  in  den  schwülsten  August- 
tagen bei  28  --  30°  R.  Hitze,  in  einer  Gegend,  deren  mittlere  Jahres- 
temperatur mindestens  -j-  12-2°  R.  beträgt,  aus  jeder  der  zahlreichen 
mächtigen  Trinkquellen  Wasser  mit  circa  -\-  7'2°  R.  zu  erhalten.  Diess 
ist  die  durchschnittliche  constante  Temperatur  aller  der  vielen  Uferquellen 
zwischen  Kautrida  an  der  Grenze  gegen  Istrien  und  Povilje  in  der  Mili- 
tärgrenze. Es  erhellt  daraus  ohne  Weiteres,  dass  auch  diese  Gewässer 
ihr  Sammelgebieth  schon  auf  dem  Plateau  in  3000  —  4000  Fuss  abso- 
luter Höhe  haben,  da  sie  mit  einem  Unterschiede  von  nur  wenigen  Zehn- 
teln noch  die  gleiche  Temperatur  besitzen,  welche  ihnen  auf  dem  Plateau  eigen 
ist.  Dafür  spricht  auch  die  von  mir  oft  gemachte  Beobachtung,  dass  diese 
Quellen  nur  dann  anschwellen,  wenn  länger  dauernde  Regengüsse  sich 
über  dem  Karstplateau  entleeren,  während  die  längs  des  Ufers  hin- 
ziehenden Sommerregen,  wenn  sie  auch  noch  so  ausgiebig  sind,  gar  keinen 
Einfluss  auf  die  Anreicherung  der  Quellen  äussern.  Eine  solche  tritt  aber,  in 
Verbindung  mit  leichter  weisser  Trübung  des  Quellwassers  stets  erst  2 — 3 
Tage  nach  dem  Beginne  der  auf  dem  Plateau  herrschenden  heftigen  Nie- 
derschläge ein,  was  darauf  hindeutet,  dass  unsere  Quellen  ebenfalls  nur 
die  Ueberwässer  eines  Systems  von  unter  einander  gelegenen  Höhlen- 
beckeu  sind.  Es  folgen  in  Kürze  einige  Details  über  diese  in  ihrer  Art 
einzige  Kette  von  eiskalten  Uferquellen  an  den  glühenden  Gestaden  der 
Adria.  Beginnen  wir  von  Westen,  so  treten  zuerst  in  der  Gegend  von 
Kantrida.  zwischen  Fiume  und  Volosca,  und  so  fort  nach  Osten  bis  Fiume 
unzählige,  kleine  Strandquellen  auf,  welche  zwischen  den  Klippen  und  dem 
Roll  kiese,  bisweilen  schon  unter  der  Fluthgrenze,  hervorrieseln.  Sie  ver- 
siegen nie,  haben  alle  constante  Temperatur,  und  keine  überschreitet 
-f-  7'8°  R.  Ausser  diesen  wenig  beachteten  Wässerlein  entspringen  inner- 
halb der  genannten  Strecke  einige  hundert  Schritte  landeinwärts  mehrere 
wasserreiche  Bächlein,  welche  raschen  Gefälles  dein  Meere  zueilen  (bei 
der  chemischen  Fabrik;  „sotto  pioppi;"  bei  „Pignol;"  im  Thälchen  von 
Skurinje,    mündend    am    porto    del   Lazzaretto    in    Fiume);     ihre    Temperatur 


Die  Quellen  des  liburnisehen  Karstes  und  der  vorliegenden  Inseln.  107 

varirt  nur  zwischen  -f  7"50  R.  und  -f~  8-o°  R.,  da  sie  während  ihres 
schnellen  kurzen  Laufes  nur  sehr  unbedeutend  von  der  äussern  Tempe- 
ratur affizirt  werden.  Fiume  selbst  besitzt  nebst  vielen  nicht  allgemein 
bekannten  Quellen  in  Gärten  und  Kellern  auch  vier  öffentliche  ge'fasste ; 
die  westlichste  (in  Braida)  tritt  mit  +  7-5°  R.,  die  mittlere  (am  Corso) 
n,it  _|_  72°  R.,  die  beiden  östlichsten  (im  Gymnasium  und  am  porto  di 
caboiaggio)    mit    -f    7-1°    R.    aus.0) 

Etwa  400  Klafter  landeinwärts  von  Fiume  im  Recina-Thale,  und 
beiläufig  00  —  70  Fuss  über  dem  Meere  entspringt  ein  stetiger  Zufluss 
der  Recina,  welche  von  dort  an  „Fiumera"  heisst,  in  solcher  Mächtigkeit, 
dass  er  sogleich  eine  Mühle  treibt;  seine  Temperatur  varirt  zwischen 
-f   7-5°  R.  und  -f   8°  R. 

Im  Hafen  von  Martiuseica  kann  man  nach  Belieben  mit  der  Hand  kalte 
Quellen  hervorrufen,  indem  man  den  Kalkgrus  des  Strandes  ein  wenig  aufwühlt ; 
sie  zeigen  constant  -f-  7"2°  R.  Die  Stadt  Buccari  hat  drei  bedeutende  öffentliche 
Quellen,  von  -f-  7o°R.,  -J-  7,7ö°  R.  und  -j-  8°  R.  constant.  Die  ganze  grosse 
Bucht  von  Buccari  ist  an  ihrem  nordöstlichen  Ufer  bis  Buccarizza  reich  an  Quel- 
len yon  -|-  7'2°  R.  bis  -j-  7*5°  R.  Die  Gestade  des  Canale  di  Maltempo  liefern 
ebenfalls  einige  solche,  und  die  letzte  Quelle  mit  so  geringer  Temperatur  strömt 
vor  Povilje  unmittelbar  aus  einer  Felsenspalte  ins  Meer. 

Alle  Quellen,  welche  weiter  westlich  gegen  Istrien,  oder  weiter  östlich 
gegen  die  Militärgrenze  am  Meeres-Ufer  austreten,  haben  die  weit  höheren  und 
variablen  Temperaturen  von  -(-  9°  bis  -f-  13°  R.  je  nach  den  Jahreszeiten.  Unsere 
Reihe  von  kalten  Quellen  muss  also  von  den  Ueberwässern  eines  zusammen- 
hängenden Systems  von  Spalten  und  Becken  herrühren,  welches  sich  durch  seine 
tiefe,  vor  dem  Einflüsse  der  Lufttemperaturen  abgeschlossene  Lage  und  seinen 
steilen  Fall  vor  allen  andern  im  Karstgebirge  vorkommenden  auszeichnet  und 
seine  Gewässer  direct  vom  hohen  Plateau  empfängt,  ohne  dass  sie  mit  den 
auf  die   tieferen    Gehänge   fallenden   Niederschlägen    gemischt    werden. 

Diese  kalten  Süsswässer  sprudeln  übrigens  auch  noch  entfernt  vom 
Lande  am  Grunde  des  Golfes  von  Fiume  hervor  und  modifiziren  die  Tem- 
peratur und  den  Salzgehalt  des  Meerwassers,  -  wovon  an  einem  andern 
Orte    ausführlicher    gehandelt    werden    soll. 

Auf  den  Inseln  gibt  es  überall  nur  sehr  wenige  und  spärliche 
Quellen,  deren  jede  ihr  Sammelgebiet  in  der  nächsten  Nähe  des  Aus- 
flusses hat  und  ziemlich  grossen  Temperatur -Schwankungen  unterliegt. 
Nie  habe  ich  sie  aber  anderswo  gefunden,  als  an  der  Grenze  zwischen 
Kalk  und  den  ihm  eingeschalteten  Sandstein-Lagen  oder  Schmitzen  — 
ganz  so  wie  die  Quellen  der  liburnisehen  Karst  Gehänge  (z.  ß.  die 
erwähnte  bei  Pamenjak);  Sandstein  und  Quellen  verrathen  unfehlbar  eins 
das  andere.  Die  beiden  flachen  Seen  auf  Veglia  (Jesero  gagen  Norden 
und  Panighe  ziemlich  in  der  Mitte  der  Insel)  entstehen  aus  dem  sehr 
unstäten  Zusammenflüsse  solcher  Quellen  und  überdies  einiger  convergi- 
render  Regenbäche  auf  Sandsteiubodeu.  Beide  See  n  liegen  in  flachen 
rings  geschlossenen  Becken,  haben  keinen  Abfluss,  verlieren  ihr  Wasser 
nur  durch  Verdampfung,  erleiden  daher  bedeutende  Veränderungen  ihres 
Niveaus.     Diese    und    mehrere    andere    Quellen    auf    Veglia    (hei    Dobrigno 


*)  Diese  Zahlen  sind  aus  sehr  vielen  durch  drei  Jahre  fortgesetzten  Beobachtungen 
gewonnen,  bei  denen  sich  herausstellte,  dass  jede  Quelle  im  Verlaufe  eines  ganzen  Jahres 
höchstens   um     0-2°   R.  varirt. 


(08  Anton  Steinhäuser. 

dann    im    Thale    von    Besca)   zeigten   an   ihren    Ursprungs-Stellen   im    Monate 
October    zwischen    +  J  I °    und    -f-  12"    R. 

Auf  Cherso  sind  Quellen  noch  weit  seltener  als  auf  Veglia.  Im 
Hintergründe  von  Valle  Pischio  (Hafen  von  Cherso),  —  dann  in  Pistiak, 
westlich  von  der  nach  Osero  und  Lussin  führenden  grossen  Strasse  (strada 
regia),  —  und  an  der  Punta  Pernafa  habe  ich  die  Temperaturen  der 
Quellen    im    April  106«  R. ,    +    10'3°  R..     und     4-    10'2°    R.    gefunden. 

Ueber  den  kalten  Wana-See  (im  April  nur  -  7"  R. )  mit  unsichtbarem 
Zu-  und  Abflüsse  habe  ich  in  Perthes  geographischen  Mitteilungen, 
1859,  berichtet.  Auf  den  andern  Inseln  sind  die  Qiiellenverhältnisse  stets 
ganz  analog  den  schon  geschilderten;  Temperaturmessungen  habe  ich  ander- 
wärts nicht  angestellt.  Nur  Sansego  macht  auch  hierin  eine  Ausnahme; 
—  das  ganze  Sammelgebiet  besteht  aus  den  bekannten  bis  '200  Fuss 
mächtigen  Sandmassen,  durch  welche  die  Niederschläge  bis  zum  darunter 
liegenden  Hippuritenkalke  liltriren;  dieser  ist  aber  nicht  so  zerklüftet  wie 
der  Numulitenkalk  und  besitzt  wahrscheinlich  an  seiner  oberen,  dein  Sande 
zugekehrten  Fläche  mehrere  flache  Vertiefungen,  in  denen  das  Wasser 
stehen  bleibt.  So  wenigstens  fand  ich  es  bei  den  zwei  Quellen  der  Ort- 
schaft   Sansego,    welche    Anfangs    September  14°   R.    hatten. 


X. 

Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte   von  Bayern. 

V  o  n 

Anton  Steinhäuser, 

k.  k.  Rath, 

Mitgetheilt    in  der  Versammlung  der    k.   k.   geographischen   Gesellschaft    am   3.   Mai   1859. 

Als  im  verflossenen  Jahre  in  den  geographischen  Mittheilungen  von 
A.  Petermann  die  interessanten  Aufsätze  von  Emil  von  Sydow  über 
den  kartographischen  Standpunct  Europas  erschienen  waren,  sprach  unser 
verehrtes  Ehrenmitglied  Se.  Excelienz  der  Herr  Feldmarschall-Lieutenant 
und  General- Artillerie -Director  Ritter  von  Hauslab  die  Idee  aus,  die 
k.  k.  geographische  Gesellschaft  würde  zur  Verbreitung  geographischer 
Kenntnisse  wesentlich  beitragen,  wenn  nach  und  nach  die  besten  topo- 
graphischen Arbeiten  Europas  in  den  Versammlungen  zur  Anschauung  und 
Kenntnissnahme  gelangen  würden  und  nebstbei  über  ihre  Entstehung,  An- 
ordnung und  successive  Vervollkommnung  die  nöthigen  Notizen  beigefügt 
werden  könnten;  zugleich  bot  Se.  Excellenz  bereitwilligst  dazu  die  thä- 
tigste  Mitwirkung  an.  Herr  Artaria  erklärte  sieh  ebenfalls  gerne  bereit 
zur  Herbeischaffung  aller  in  seinem  Bereiche  gelegenen  Materialien  und 
überreichte  in  Gemeinschaft  mit  mir  dem  Ausschusse  einen  schriftlichen 
Vorschlag  über  die  Tendenz  und  Ausführung,  der  auch  anstandslos  geneh- 
migt  wurde. 

Allein  manche  Hindernisse,  zumeist  in  dem  nothgedrungenen  Ab- 
warten der  langsam  und  stückweise  zugehenden  Quellenwerke.  Erläute- 
rungen und  Notizen  gelegen,  verursachten,  dass  ich  erst  heute  mich  im 
Stande  sehe,  mit  der  ersten  derartigen  Vorlage  zu  beginnen  und  Ihnen 
über  die  1812  begonnene  und  noch  nicht  ganz  vollendete  topographische 
Karte    von    Bayern    in    112    Blättern    das    Notlüge    mitzutheilen. 


Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern,  1 09 

Es  wurde  diese  zuerst  gewählt,  weil  sie  zu  deu  österreichischen 
Arbeiten  in  vielen  Hinsichten  eine  Parallele  bildet  und  nahe  dieselben 
Perioden    stutenweiser    Ausbildung    ziemlich    gleichzeitig    durchgemacht   hat. 

Wenn  ich  dabei  ausnahmsweise  weiter  aushole,  als  zur  Erfüllung 
der  Aufgabe  unmittelbar  erforderlich  wäre,  und  für  diessmal  in  die  älteste 
Zeit  der  Kartographie  zurückgreife,  so  geschieht  es  aus  dem  Grunde, 
weil  von  allen  deutschen  Ländern  Bayern  das  erste  war,  welches  sich 
schon  vor  nahe  300  Jahren  einer  auf  mathematischen  Grundlagen  ent- 
worfenen Karte  erfreuen  konnte,  die  bis  zum  Anfange  dieses  Jahrhun- 
derts   allen    späteren    Karten    zur   Grundlage    diente. 

Eine  solche  Erscheinung  mag  nicht  wohl  übergangen  worden,  gestat- 
ten Sie  mir  daher,  zu  den  heute  nebstbei  zur  Schau  gebrachten  alten 
Karten    von   Bayern    einige    historische    Notizen    als    Commentar    anzufügen.*) 

Die  älteste,  auf  astronomischen  Beobachtungen  und  zeitgemässer  geo- 
metrischer Grundlage  beruhende  Karte  von  Ober-  und  Nieder-Bayern**) 
ist  die  von  Philipp  Apian,  Professor  der  Mathematik  und  Physik  zu 
Ingolstadt,  welcher  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  auf  Befehl  des 
Herzogs  Alb  recht  in  wenigen  Jahren  eine  Mappirung  des  Landes  unter- 
nahm, so  dass  schon  im  Jahre  1566  die  aus  deu  Originalaufnahmsblättern 
gezogene,  in  Holzschnitt  von  Amman  ausgeführte,  Karte  von  „Ober-  und 
Niedern-Bayern"    zu    München    erscheinen    konnte. 

Philipp  Apian  war  der  Sohn  des  seiner  Zeit  berühmten  Peter  Apian 
oder  Apianus  (eigentlich  Bienewitz),  welcher  I495  zu  Leistnik  in 
Meissen  geboren,  Professor  der  Mathematik  an  der  Universität  zu  Ingol- 
stadt wurde,  nachdem  er  den  Ruf  nach  Padua,  Ferrara,  Leipzig,  Tübin- 
gen und  Wien  ausgeschlagen  hatte.  Er  war  Lehrer  der  Mathematik  Kaiser 
Karl  V.,  dem  er  auch  sein  Astronomicum  Caesareum  widmete,  wofür  er 
mit  3000  Goldgulden  beschenkt  wurde.  Von  ihm  existirt  auch  eine  Welt- 
karte vom  Jahre  1520.***)  Folium  populi  1533.  Er  starb  im  Jahre  1552****). 
Eines  so  verdienten  Gelehrten  Sohn  war  Philipp  Apian,  geboren  zu 
Ingolstadt  am  14.  September  1531.  Er  war  schon  1551  zum  Lehrer 
an  der  Universität  seiner  Vaterstadt  ernannt,  trat  aber  sein  Amt  erst  im 
folgenden  Jahre  an,  nachdem  er  von  Reisen  zurückgekehrt  war.  Für  seine 
Karte  von  Bayern  erhielt  er  vom  Herzog  Alb  recht  2500  Dukaten  und 
eine  lebenslängliche  Zulage  von  jährlichen  150  Gulden.  Wegen  Uebertritt 
zum  Lutherthum  musste  er  Ingolstadt  verlassen  und  begab  sich  nach  Wien 
zum  Kaiser  Maximilian  II.,  der  ihm  100  Joachimsthaler  behändigte  und 
wo    er    drei    Monate    blieb.     Im    Jahre    1569    erhielt    er    die    Professur    der 


*)  Ausführliche,  aus  rlen  Quellen  des  Staatsarchives  und  der  Münchener  Hofbibliothek 
gezogene  Nachrichten  über  Entstehung  und  Beschaffenheit  der  älteren  Landkarten  von  Bayern 
bis  zum  Jahre  1810,  nebst  kritischen  Vergleichen  ihres  Inhalts,  findet  man  in  der  Einleitung 
zu  den  Geschichtsquellen  der  bayerischen  Topographie,  im  I.  Theile  des  literarischen  Hand- 
buches von  Freihern  von  A retin,  königl.  bayer.  Hofbibliothekar. 

**)  Der  bayerische  Historiker  Aventin  (Johann  Thurmaier  von  Abensburg)  lieferte 
zwar  43  Jahre  vor  Apian  (im  Jahre  1523)  eine  Karte  von  Bayern,  in  Holzschnitt  und  einem 
Blatte  (g-0o'ooo)'  da  s'e  a'jer  mehr  zu  historischen  Zwecken  gemacht  wurde  {Vindelicia)  und 
sehr  wenig  topographisches  Detail  enthält,  so  kann  sie  füglich  übergangen  werden. 

***)  Tipus  orbis  universalis juxta  Ptolomaei  cosmographi  traditionem  et  Americi  Yespucn 
aliorumque  lustrationes  a  Petro  Apiano  Leysnico  elucubratus.  An.  dorn.  MDXX. 

****)  Näheres  über  diesen  ausgezeichneten  Mann  und  seinen  Sohn  findet  man  in  1) 
A.M.  K  o  b  o  1 1  bayrisches  Gelehrtenlexikon,  Landshut  1795  2)  L  i  p  o  w  s  k  y  bayrisches  Künstler- 
lexikon München  1810  3)  Melch.  Adam  Vit.  Philos.  Germ.  u.  a.  Seine  und  seines  Sohnes 
sonstige  Werke  sind  verzeichnet  in  Graesse,  Tresor  des  livres  rares  et precieux.  Dresden  1858 
pag.   159   und    160. 


110 


Anion  Steinhäuser. 


der   Mathematik    in    Tübingen,    wo    er    am    14.    November    1 589   am   Schlag- 
flusse    starb. 

Die  Originalzeichnung,  ans  40  oblongen  Blättern  im  Maasse  von  5-^j- 
ausgefuhrf,  ist  auf  dem  topographischen  Bureau  in  München  noch  vorhanden 
und  schriftliche  Andeutungen  und  Spuren  auf  derselben  lassen  errathen,  dass  die 
Mappirung,  über  deren  Ausfuhrungsweise  und  Hilfsmittel  nichts  auf  die  Nach- 
welt gekommen  ist,  nach  einem  das  Ganze  umfassenden  Plane  eingeleitet 
wurde,  dass  astronomische  Meridian-  und  Orts-Bestimmungen,  selbst  Basen- 
messungen in  verschiedenen  Gegenden  des  Landes  vorgenommen  wurden 
und  weitere  geometrische  Ortsbestimmungen  darauf  gegründet  worden  sind. 
Es  scheint,  sagt  J.  N.  Anlitschek  in  seinen  „geschichtlichen  Nachrichten 
über  die  ältere  Topographie  und  die  neueren  Institute  für  Landesvermessung 
in  Bayern"*)  dass  Api an  von  den  Flüssen  ausgegangen  ist,  weil  im  Gerippe 
der  Gewässer  die  meiste  Bichtigkeit  zu  finden  ist.  Die  Handzeichnung  zeigt 
vielen  Kunstaufwand  in  der  Zeichnung  der  Berge  (nach  horizontaler  Ansicht), 
Wälder,  Ortschaften,  Schlösser  und  Klöster  etc.,  die  durch  irgend  ausgezeich- 
nete Merkmale  kenntlich  gemacht  sind.  Schlachtfelder,  römische  Ueberreste, 
Bäder,  Bergwerke,  Brücken,  kurz  alles,  was  wissenswerth  erschien,  ist 
berücksichtigt,  nur  das  nicht,  worauf  wir  heut  zu  Tage  besondern  Werth 
legen  —  Strassen  und  Grenzen.**)  Die  Beduction  im  Holzstiche  ist  auf 
verkleinert    und    fasst    22    Blätter    nebst    Frontispice    und   Uebersicht. 


14  4  0  0  0 


Die  Karte  ist  nach  Nord  orientirt,  die  Abweichung  der  Magnetnadel  ist  mit 
12°  östlich  angegeben  und  die  Längengrade  sind  um  3  Grade  zu  weit  gegen 
Ost  geschoben.***) 


A         la 

lb 

2a       Lat. 

2b       n 

Nürnberg 

Pfreimbt 

Schönsee         • 

Praefatio 

0         3 

4 

5 

6        D 

Grading 

Regcnsb  ii  iu 

Cham 

Dein 
Titel 
Regen  F. 

7 

8 

9 

10        E 

|        Ingolstadt 

Neustadt 

Straubing 

Granenau 

F        11 

12 

i3 

14 

\Gr     Augsburg 

Freysing                Egsrenfeldf-n 

Passau 

15 

16                      17 

18 

Landsberg 

Mönchen         !       Burshansen 

Hausruek 

19 

20           |           21 

22 

1-EtH.  Schwangan 

Tegernsee       /    Ä"Beiche;ihall 

Salzburg     L\ 

Sk< 

?lett  der  Api 

an'schen   Kai 

te. 

A  Deilication  und  Jalirzalil. 

7?  Apiani  praefatio. 

0  I > a s  bayerische  Wappen. 

DDer  deutsche  Titel. 

Z?Observationes  rerum  Bavarife 
insignium. 

F  Grad-Meilenmaass. 

G  Zeichenerklärung. 

//Privilegium. 

/  Maasstäbe. 

/^Anleitung   zur    Orientirnng. 

L Wappen   Apian's    und  Apo- 

logie  von  Hver.    Wolf. 


*)  Der  bezogene  Aufsatz,  eine  Hauptfundgrube  zum  Bilde  der  chronologischen  Ent- 
wicklung, ist  in  der  Zeitschrift  „Militärische  .Mittheilungen"  enthalten,  welche  die  damaligen 
Haüptfeute  J.  von  Xvlander  und  L.  Kretschmer  im  Jahre  1829  zu  München  herausgaben, 
und  findet  sich   im    II.    Band,    3.    Heft.  Seite  260—295. 

**)  Nur  die  eine  Grenze  zwischen  Ober-  und  Nieder-Bayern  ist  durch  Schraffirung 
kenntlich  gemacht. 

***)  Der  Auflage  von  lo66  (München)  folgten  die"  späteren  von  den  Jahren  1568  (Ingol- 
stadt), 1651  (München)  und  1802.  Letztere  ist  ein  Wiederabdruck  von  den  ausgebesserten 
Originalholzplatten. 


Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern.  111 

Die  Apian'sche  Karte  diente  als  Grundlage  für  alle  späteren  Ar- 
beiten, die  nur  wenig  bedeutende  Veränderungen  aufweisen.  Eine  getreue 
Copie  ist  die  Karte  von  Peter  Weiner*)  vom  Jahre  1579,  auf  Befehl 
desselben  Herzogs  veranstaltet,  deren  Vorzug  nur  darin  besteht,  dass  sie 
in  Kupfer  gestochen  ist.**)  Eine  Verkleinerung  auf  j^öVöü  zugleich  mit 
Erweiterung  im  Norden  unternahm  der  fürstlich  Freysing'sche  Rath  Gg. 
Phil.  Fink  h  im  Jahre  1635.  Die  Karte  (1663  vollendet  und  von  Fi  nkh  Sohn  1674 
revidirt)  besteht  aus  28  kleinen  (4°)  Kupferblättchen.  Diese  soll  noch 
der  französische  General  Moreau  bei  seinem  Feldzuge  in  Süddeutschland 
im  Jahre  1800  benützt  haben.***)  Ich  übergehe  noch  spätere  Arbeiten,****) 
um  mich  zu  den  Arbeiten  der  Neuzeit  zu  wenden,  deren  Wurzeln  jedoch 
noch  im  vorigen  Jahrhundert  aufgesucht  werden  müssen. 

Im  Jahre  1762  wurde  von  dem  berühmten  Geometer  Cassini  de 
Thury  auf  Veranlassung  der  Pariser  Akademie  eine  Längengradmessung 
veranstaltet,  welche  sich  über  Frankreich  hinaus  nach  Schwaben  und 
Bayern  erstrecken  sollte.  Die  Münchener  Akademie  schloss  sich  unter- 
stützend an.  Cassini  mass  eine  Basis  zwischen  München  und  Dachau 
(7269  T.  lang)  zur  Controlle  seiner  Dreieckskette,  die  bis  Passau  und 
Schärding  reichte.  Auf  Grundlage  dieser  Vermessung  beschloss  die  Mün- 
chener Akademie  das  Dreiecksnetz  über  das  ganze  Land  auszudehnen,  denn 
es  fehlte,  so  drückt  sich  Anlitschek  bei  dieser  Gelegenheit  aus,  — 
an  einem  zweiten  Apian!  Es  wurde  zwar  der  französische  Ingenieur 
S.  Michel  zur  Fortsetzung  der  Arbeit  berufen, -{•)  allein  seine  Leistungen 
waren  ungenügend.  Die  zwei  halb  gestochenen  Blätter  einer  in  yt^sö 
entworfenen  Karte  haben  keinen  andern  Werth,  als  dass  sie  auf  die  Art 
der  charte  de  chasses  durch  elegante  Zeichnung  und  Ausführung  das 
Auge    blenden. 

Ein  Anschluss  an  die  österreichischen  Arbeiten,  welche  seit 
dem  Jahre  1796  eine  Revision  der  Karten  Baierns  und  Militär-Aufnahmen 
in  Schwaben  und  am  Rhein  umfassten,  kam  ebenfalls  nicht  zu  Stande. 
Von    diesen    Arbeiten    ist    überhaupt    wenig    bekannt    geworden,    denn    wenn 


*)  Humi  llimus  W  ura  d  in  us  (Münz-  Wardein)  Pe  t  ru  s  Weinerus  nennt  er  sich 
in    der   Vorrede   auf  der   Karte. 

**)  Die  augenfälligsten  Aendcrungen  bestehen  darin,  dass  die  Apian'schen  Obser- 
vationes  (E)  die  Naturprodukte  unifassen,  auf  der  W ei  ner'schen  Karte  mit  anderem, 
mehr  statistischem  Inhalte  (Unirersitas,  monasteria,  fluvii,  metropolis  etc.)  vertauscht 
worden  sind,  und  dass  statt  dem  Wappen  von  Apian  und  den  Versen  von  Wolf  eine 
Allegorie    erscheint,    (Minerva    krönt    den    bayerischen    Löwen). 

Ein  dreifaches  deutsches  Meilenmaass  (Milliaria  communia,  majusciäa  und 
magna)    ist  beiden    Karten    gemeinschaftlieh. 

'**)  Kohl  er,  Landesvermessung  des  Königreiches  Württemberg.  Stuttgart  1858 
pag.    370. 

'**)  Die  Karte  von  Buna  zu  Freiburg  (ohne  Jahrzahl)  in  9  Blättern  erschie- 
nen, zeigt  bereits  Strassen  und  ist  an  geschichtlichen  Notizen  reicher  als  ihre  Vorgänger. 
Als  eine  Verkleinerung  derselben  auf  4  Bl.  ist  die  von  der  Berliner  Akademie  im  Jahre  1766 
herausgegebene  Karte  von  Bayern.  Die  astronomischen  Verbesserungen,  deren  sie  sich 
rühmt,    sollen    von    Cassini   herrühren. 

-j")  Es  ist  zu  beachten,  schreibt  Kohl  er,  dass  die  französischen  Ingenieurs  da- 
mals fast  im  Alleinbesitz  solcher  Instruinente  gewesen  sind,  womit  man  grosse  Dreiecke 
genau  bestimmen  konnte,  und  dass  sie  für  Aufnahme  und  Mappirung  bessere  Metho- 
den und  vorzügliche  praktische  Geschicklichkeit  besassen,  wozu  sie  ihr  Operiren  auf 
feindlichem   unbekannten   Boden   wohl    von    selbst   führte. 


1  1  2  Anton  Steinhauser. 

auch  einige  derselben  durch  den  Stich  vervielfältigt  wurden,  so  gelangten 
sie    doch    nicht    zur    Oefientlichkeit.  *) 

Als  die  Franzosen  im  Jahre  1800  Bayern  besetzt  hatten,  ordnete 
General  Moreau  die  Aufnahme  von  zwei  Militär-Karten  an,  eine  von 
Schwaben,  eine  von  Bayern,  beide  (wie  die  Cassini  sehe  von  Frankreich) 
im  Masse  von  -g^xö-g.  Die  Direction  der  bayerischen  Karte  wurde  dem 
Director  des  topographischen  Armee- Bureaus  und  commandirenden  Adju- 
tanten Abancourt  übertragen.  Mit  den  Ingenieur-Geographen  Bonne 
und  Henry  vereinigte  sich  bayerischer  Seits  der  damalige  Director  der 
Strassen-  und  Wasser-Bauten  (nachmalige  Oberst  im  Generalstab)  Adrian 
von  Biedel,  der  Schöpfer  der  neueren  bayerischen  Topographie,  wie  ihn 
Anlitschek  nennt,0*)  nebst  einer  Abtheilung  bayerischer  Geometer.  Es 
wurde  rasch  begonnen;  die  Sectionen  wurden  nach  der  F  i  nkh'schen 
Karte  ausgeschieden  und  an  die  Geometer  vertheilt,  die  provisorische 
Grundlinien  in  ihren  Rayons  messen  sollten.  Das  trigonometrische  Netz 
zur  allgemeinen  Verbindung  sollte  nachfolgen.  Zur  Benützung  sollten  nebst- 
bei  die  seit  dem  Churförst  Theodor  behufs  einer  Karte  gesammelten 
Materiallien  dienen.  Nach  dem  Tode  Abancourt's  übernahm  Oberst 
Bonne    die    Leitung. 

Bei  der  ersten  Zusammensetzung  einiger  Parthien  soll  sich  (wie  An- 
litschek gewissenhaft  anführt)  die  anfängliche  Uebereilung  der  Detail- 
messung- gezeigt  haben  und  die  Notwendigkeit  eines  gemessenen  Vor- 
sehreitens  und  geregelten  Ganges  der  geodätischen  Arbeiten  mit  einer 
Auswahl    der   Individuen. 

Nacli  dem  Lüneviller-Frieden  (9.  Februar  1801)  entstand  ein  eigenes 
topographisches  Bureau  in  München,  welches  anfänglich  von  einer 
Commission    von    höheren    Militär-    und    Civil-Beamten    geleitet    wurde.***) 

Gerne  wurde  das  Anerbieten  französischer  Beihilfe  zur  Fortsetzung 
der  Arbeiten  angenommen.  Die  Hauptarbeiten  vertheilten  sich  folgender- 
massen :  Oberst  Bonne  entwarf  die  Projection  und  die  Schemen  der  tri- 
gonometrischen Berechnung,  Henry  übernahm  die  astronomische  Beob- 
achtungen der  Polhöhe  von  München,  des  mittleren  Meridians  durch  den 
nördlichen  Frauenthurm,  und  des  Azimuths  von  Aufkirchen.  Es  wurde  eine 
neue  Grundlinie  zwischen  München  und  Erding  sorgfältig  gemessen,  216538 
Metres  (  =  9764  baierische  Ruthen)  lang  (die  auch  den  neuesten  Vermes- 
sungen zu  Grunde  liegt),  nachdem  sich  zeigte,  dass  die  Endpuncte  der 
Cassi  ni'schen  Basis  verschwunden  waren.  Auf  diese  Daten  wurde  die  Tri- 
angulirung  gegründet.  Die  trigonometrischen  Arbeiten  besorgten  französische 
und  bayerische  Ingenieure,  nach  dem  Austritte  der  Franzosen  Hofrath 
S  eiff  er,****)    die    Detailaufnahmen   bayerische  Feldmesser   allein. 

Oberst  Adrian  von  Riedel,  welcher  anfänglich  nur  die  letzteren 
Arbeiten  geleitet  hatte,  wurde  später  Director  des  topographischen  Bureaus. 
Es    erfolgte    die    Resolution    der    Landesregierung,    dass    die   Resultate  dieser 


*)  Eine  solche  Arbeit,  die  Gegend  zwischen  Regensburg  und  Landshut,  liegt 
zur    Ansicht   vor. 

**)  Riedel  hatte  sich  bereits  1796  durch  seinen  S  t  rassen- Atla  s  von  Bayern 
(6  Bände  in  gr.  4°  mit  Strassenkärtehen  im  Maasse  -poöVinr)  rühmlich  bekannt  gemacht. 
Später  (1806)  lieferte  er  seinen  Stromatlas  über  Bayerns  Flüsse  und  Seen  (;  8ö0i>) 
nebst  Profilen   und   Plänen    von    Brücken. 

***)    S.  Kohl  er,  Vermessungen    Württembergs    pag.   371. 

*s**)    Hofrath    Seiffer    war  früher   Astronom    zu  Göttingen. 


Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern.  113 

Mappirung  auf  Kupfer  gestochen  und  als  Topographischer  Atlas 
von  Bayern  zu  Jedermanns  Gebrauch  herausgegeben  werden  sollten. 
Man  hatte  bereits  die  Aufgabe  aus  einem  höheren  Gesichtspuncte  betrach- 
tet und  setzte  zum  Ziele  nicht  eine  blosse  militärische,  sondern  eine 
genaue  topographische  Karte,  die,  auf  die  besten  mathematischen  Grund- 
lagen gestützt,  für  alle  verschiedenen  Zweige  der  Staatsverwaltung  brauch- 
bar   sein   sollte. 

Die  Arbeiten  des  topographischen  Bureaus  wurden  durch  das  Zu- 
sammentreffen mehrerer  günstiger  Verhältnisse  wesentlich  unterstützt,  denn 
in  dieselbe  Zeit  fielen  die  Erfindungen  in  Vervollkommnung  der  mecha- 
nischen und  optischen  Instrumente  von  dem  genialen  Reiche  nbach, 
dessen  europäischen  Ruf  seine  Kreistheilungsmaschinen  allein  schon  begrün- 
deten, von  Frauenhof  er,  dem  Erfinder  des  Flintglases  und  Hersteller 
der  ersten  Riesenrefractoren,  und  von  Liebherr,  dem  bekannten  Mecha- 
niker, der  Uhren,  Distanzmesser  und  andere  mathematische  Instrumente 
ganz  vortrefflich  ausführte.  Aus  solchen  Kräften  gründete  der  geheime  Rath 
von  Utzschneider,  ein  Mann,  dem  Bayern  sehr  viel  zu  danken  hat, 
das  berühmte  optische  Institut  in  München,  das  bald  für  ganz  Eu- 
ropa   arbeitete. 

Auch  war  es  dieser  Mann,  der  die  Idee  einer  Parcellar- Ver- 
messung zum  Behuf  eines  Steuer kat asters,  kurz  nachdem  eine  solche 
im  Jahre  1807  in  Frankreich  begonnen  hatte,  für  Baiern  lebhaft  anregte, 
zum  reifen  Plane  brachte,  und  denselben  nach  der  von  der  Regierung 
ertheilten    Genehmigung    energisch    ausführte.*) 

Es  wurde  zu  diesem  Zwecke  eine  eigene  Commission  zur  Vorbe- 
rathung  eingesetzt,  welche  sich  dahin  vereinigte,  dass  die  Detailvermes- 
sung mit  geometrischer  Schärfe  und  in  einem  entsprechenden  Maasse 
(wozu  Tötö  später  ^y^  bei  sehr  zerstückelter  Parcellirung  und  für  Städte 
und  Märkte,  gewählt  wurde)  durchgeführt  werden  müsse,  weil  sonst 
keine  Grundlage  erzielt  würde,  welche  den  gemachten  Aufwand  recht- 
fertigen würde.  Den  wissenschaftlichen  Vermessungs-Plan  entwarf  der 
Astronom    und    Steuerrath    Soldner. 

Es  wurde  die  frühere  Triangulirung  von  Bonne  geprüft  und  es 
ergab  sich  leider,  dass  sie  nicht  genau  genug  war,  um  als  Basis  für 
die  Specialvermessung  zu  dienen.  Es  musste  also  eine  neue  Triangu- 
lirung auf  der  Münchener  Grundlinie  vorgenommen  werden  und  Soldner 
mass  nochmals  das  Azimuth  von  Aufkirchen  zur  genauen  Bestimmung 
der  Lage  des  Münchener  Meridians,  worüber  er  später  auf  Befehl  der 
Commission    im    Jahre    1813    eine    Broschüre    veröffentlichte.**) 

Ferner  wurden  zur  Verificirung  noch  zwei  Grundlinien  gemessen, 
und  zwar  im  Jahre  1807  die  eine  zwischen  Nürnberg  und  Brück, 
(4727  13  b.  R.)  mit  Reichenbach'schen  Apparaten  durch  den  Professor 
der  Mathematik  und  Steuerrath  Schiegg,  und  viel  später,  im  Jahre  1819, 
die  zweite  zwischen  Speier  und  Oggersheim  (6782 "35  b.  R.)  unter  der 
Leitung    des  Steuerrathes    und    Trigonometers    Lämmle. 

Im  Jahre  1808  wurde  einerseits  das  topographische  Bureau 
definitiv    organisirt     und     dem     Ministerium     des    Aeussern    zugetheilt, 


*)  Auch  S  ennefe]  der  kann  hier  noch  genannt  werden,  der  Erfinder  der  Lithogra- 
phie, die  seither  so  ungemeine  Fortschritte  gemacht  hat. 

**)  Kohler,    Vermessung    Württembergs    pag   372. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesellschaft.  III.   Bd.  II.  Heft.  " 


1  |  4  Anlon  Steinhauser. 

und  erhielt  2  Directoren,  1  Astronom,  5  Ingenieur-Geographen,  2  Con- 
servatoren,  5  Dessinateurs,  1  Actuar,  1  Inspector  der  Kupferstecher  (die 
übrigen  Individuen  und  die  Kupferstecher  wurden  nur  provisorisch  angestellt); 
andererseits  wurde  die  Steuer  -  Vermessungs  -  Commission  definitiv 
begründet,  ihr  ein  von  den  übrigen  Behörden  unabhängiger  Wirkungs- 
kreis gesichert  und  eine  Dotation  jährlicher  300000  fl.  zugewiesen.  Ihr 
Personale   bestand    aus    dem    geh.     Rath    von    Utz Schneider   als    Vorstand, 

1  Director,    5    Räthen,    1    Ober-Revisor,    1    Archivar,    1    Eleven-Professor, 

2  Dessinateurs,  1  Secretär,  1  Lithographie-Inspector.  Das  Vermessungs- 
Personale  bestand  aus  nahe  300  Köpfen.  Die  Trigonometer  waren  in  zwei 
Klassen  getheilt.  Die  eine  war  theilweise  definitiv  angestellt  und  erhielt 
Diäten,  die  übrigen  Arbeiten  waren  im  Accord  vertheilt,  und  man  hoffte 
durch  Aussicht  auf  Beförderung  und  auf  das  Definitivum  genaue,  und 
durch    die    Accordirung    schnelle    Arbeiten    zu    erzielen. 

Die  Arbeiten  der  Commission  wurden  durch  genane  Instructionen 
geregelt,  sowohl  für  die  Triangulirung,  so  wie  für  die  geodätischen  Ar- 
beiten, welche  letzteren  in  Druck  gelegt  wurden.*)  Die  Geschäfte  wurden 
geregelt   und    auf   Sommer    und    Winter    entsprechend    vertheilt. 

Es  bestanden  nun  zwei  Vermessungs -Institute  neben  einander  und 
unabhängig  von  einander,  überdiess,  nach  Anlitscheks  Andeutungen, 
nicht  im  besten  Einverständnisse,  wozu  theils  der  Vergleich  der  beider- 
seitigen Arbeiten,  theils  Missverständnisse  Anlässe  boten.  Dazu  kam  noch, 
dass  Oberst  von  Riedel  im  Jahre  1809  starb  und  Seiffer  seinen  Platz 
einnahm,  dass  der  Mathematiker  Schiegg  im  Jahre  1810  mit  Tod  abging, 
der  Leiter  des  Central-Bureaus  (und  der  Winter-Arbeiten)  und  Steuer- 
rath  Bertrand  im  Jahre  1813,  endlich  dass  der  geh.  Rath  Utzschneider 
im  Jahre  1814  aus  dem  Staatsdienste  trat.  So  verloren  beide  Anstalten 
ausgezeichnete  Kräfte,  obendrein  gaben  sie  noch  tüchtige  Arbeiter  ab  an 
jenes  Ingenieur-Bureau,  welches  bei  dem  Obercommando  der 
Reserve  -  Armee   zur    Vorbereitung    topographischer    und    statistischer    Ma- 


*)  Die  Instruction  für  die  Triangulirung  nennt  Anlitschek  ein  würdiges  Dokument 
der  Geodäsie  unserer  Zeit  und  gibt  über  ihren  Inhalt  folgende  Aufschlüsse: 

Die  Einleitung  rechtfertigt  nach  kritischer  Würdigung  der  trigonometrischen  Bech- 
nungsmethoden  die  Wahl  der  sphärischen  Methode.  Es  wird  sodann  der  analytische  Weg 
ausgemittelt,  um  das  Längenmass  der  Bögen  aus  den  Functionen  der  Winkel  abzuleiten  und 
die  sphärischen  Excesse  der  Dreieckswinkel  zu  berechnen.  Es  wird  der  Einfluss  der 
Erdabplattung  auf  die  sphärischen  Dreiecke  untersucht,  wobei  hervorgeht,  dass  für  die 
Ausdehnung  Bayerns  die  Annahme  eines  mittleren  Halbmesser  genüge.  Dann  folgen  : 
Anweisungen  zur  Berechnung  der  sphärischen  Abscissen  und  Ordinaten  nach  La  Place,  zur 
Eintheilung  und  Projection  der  Aufnahmsblätter,  endlich  ein  Schema  zur  Berechnung 
eines  sphärischen  Dreieckes  und  der  Coordinaten  und  eine  Tabelle  zur  Verwandlung 
der  sphärischen    Functionen    in    das   Längenmaass. 

Der  Meridian  von  München  ist  (vom  nördlichen  Frauenthurm  aus)  in  Abscissen 
von  800  b.  Buthen  getheilt,  durch  die  Theilungspuncte  gehen  Ordinaten,  welche  Schich- 
ton  von  Kugelausschnitten  begränzen.  Diese  Schichten  werden  durch  Parallelkreise  zu 
den  Abscissen  östlich  und  westlich  von  800  zu  800  Buthen  in  Trapeze  getheilt,  welche 
die  Aufnahmssectionen  bilden.  Der  Meridian  der  Karte,  die  Ordinaten  und  Abscissen 
stehen  daher  in  einem  analogen  Verhältnisse,  wie  Aequator,  Meridiane  und  Parallel- 
kreise   auf    einem    Globus.) 

Die  Ausbreitung  dieses  Netzes  auf  einer  Ebene,  die  desshalb  notwendigen  Mo- 
difikationen und  Vorsichten  beim  Auftragen  auf  die  Messtischblätter  sind  die  Aufgabe 
der   Projection    und    der  Gegenstand   des  7.    und  8.    Abschnittes. 


Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern.  HS 

terialien  behufs  der  Lanöesvertheidigung  und  zur  Zustandebringung  einer 
Militärkarte    von    Süddeutschland    gebildet    wurde*) 

Bevor  ich  die  Producte  der  get heilten  Kräfte  erwähne  (mit 
deren  Veröffentlichung  schon  im  Jahre  1806 ,  dann  seit  d.  d.  1812  begonnen 
wurde),  halte  ich  es  für  angezeigt,  jener  wichtigen  Veränderungen  zu 
gedenken,  welche  in  der  Leitung  der  topographischen  Arbeiten  in  Laufe 
der    Zeit    eintraten. 

Im  Jahre  1816  wurde  das  topographische  Bureau  mit  dem 
Ingenieur-Bureau  der  Reserve- Armee  vereinigt  und  dem  Kriegs- 
ministerium untergeordnet.  Vorstand  wurde  General-Lieutenant  Raglovich. 

„Die  neue  Pflanze,"  drückt  sich  Anlitschek  aus,  „war  dem  mili- 
tärischen Boden  fremd,"  doch  der  Vorstand  wusste  sie  zu  pflegen,  und 
gab  ihr  die  gehörige  Richtung.  Das  Institut  war  nun  eine  Mischung  von 
Officieren  und  Civilbeamten  und  theilte  sich  in  zwei  Haupt-Geschäfts- 
Abtheilungen : 

A.  Topographische    Abtheilung,     bestehend     aus    Ingenieur -Geographen, 

Dessinateurs  und  Officieren  unter  Raglovich's  unmittelbarer  Lei- 
tung.   Gegenstand :    Triangulirung,    Mappirung,    Zeichnung    und   Stich. 

B.  Litterarische    Abtheilung,     bestehend   aus    Officieren    der   Linie    unter 

Leitung  des  Majors  von  Bauer.  Gegenstand:  Sammlung  und  Be- 
arbeitung   aller    descriptiven    Materialien. 

Mit  den  Practicanten  und  Kupferstechern  bestand  das  Personale  aus 
SO  Köpfen,  wozu  noch  42  zugetheilte  Officiere  kamen,  von  welchen  10 
in    der    litterarischen   Abtheilung    verwendet  wurden. 

Die  Hauptaufgabe  der  topographischen  Abtheilung  war  die 
Fortsetzung  des  Atlas,  und  die  Hauptbeförderung  desselben  war  die 
von  nun  an  ausgesprochene  Benützung  des  Katastermateriales. 
Der  grosse  Schritt  der  Vereinigung  homogener  Arbeiten,  zur  aus- 
reichendsten gegenseitigen  Unterstützung  war  geschehen,  ein  gemein- 
schaftlicher jährlicher  Operationsplan  wurde  festgestellt,**)  die 
topographische  Aufnahme  erfolgte  in  vrhro  statt  rrrö-ö»  a's0  m  einem 
comensurablen  Verhältnisse  zur  Detailvermessung,  und  somit  beginnt  vom 
Jahre  1817  eine  neue  Epoche  für  den  Atlas.  Allein,  was  bereits  veröf- 
fentlicht war,  konnte  von  dieser  erspriesslichen  Neuerung  nichts  mehr 
gewinnen,  es  konnten  nur  jene  Blätter  einer  sorgfältigen  Revision  und 
gedeihlichen  Verbesserungen  unterzogen  werden,  welche  in  der  Zeichnung 
oder   im    Stiche    nicht    vollendet    waren. 

In  dasselbe  Jahr  fällt  auch  die  decretirte  Einführung  der  Leh- 
mann'schen  Schraffirmethode  zur  Darstellung  der  Unebenheiten,  zu  welchem 
Zwecke  eine  ganze  Abtheilung  von  Officieren  des  topographischen  Bureaus 
bei  der  Aufnahme  und  Reduction  verwendet  wurde.  Nur  erlaubte  man 
sich,  wegen  Steilheit  der  Alpengebirge  die  Scala ,  statt,  wie  Lehman- 
mit    45°,     erst    bei    60°    Neigung    mit    vollkommenem    Schwarz     enden   zu 


*)  Diese  Karte  aus  den  vorhandenen  Materialien  auf 
1816  vollendet  und  vom  Hauptmann  und  Ingenieur-Geographen  von  Coulon  in  20 
Sectionen  herausgegeben.  Anlitschek  gibt  ihr  kein  besonderes  Lob  und  tadelt  so- 
wohl die  unvermeidliche  Ungleichförmigkeit,  die  aus  der  Mangelhaftigkeit  der  verschie- 
denen Materialien,  als  aus  dem  forcirten  Stiche  entstand  und  die  Magerkeit  an  Orts- 
angaben. 

**)    Die    primäre    Triangulirung     geschah    durch     den   Kataster,    die    seeundäre    in 
Gemeinschaft. 

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|  IG  Anton  Steinhäuser. 

lassen.*)  Damit  war  nun  allen  schwankenden  Methoden,  allem  Künstler- 
eigensinn und  den  eingewurzelten  Gewohnheiten  (Anl  itsehek's  eigene 
Worte)    ein    Ende    gemacht, 

Zum  Wirkungskreise  der  litter  arisch  en  Abtheilung  gehörte  die 
Re  kognos  cirung  und  Beschreibung  des  Landes  in  militärischer  Bezie- 
ung  auf  Topographie,  Statistik,  Geognosie  und  Geschichte,  die  Bearbeitung 
eines  Bepertoriums  für  die  Atlasblätter  und  die  Sammlung  und  Wür- 
digung aller  Erscheinungen  in  der  Militär-Litteratur.  Für  die  Becognos- 
cirungen  wurde  eine  eigene  Instruction  entworfen,  eine  dazu  gehörige 
Terminologie  für  Terrain- Be  schreib  ung  lithographirt  und  unter 
die  Officiere  vertheilt.  Ein  Versuch  damit  in  einer  südlichen  Gebirgs- 
Gegend  gelang  so  sehr,  dass  Oberst  Anlitschek  sehr  bedauert,  dass 
die  Mittel  des  Instituts  es  nicht  erlaubten,  diese  lehrreiche  Schule  für 
Generalstabsofficiere  gehörig  auszubeuten  und  diese  Beschreibungen  über 
das  ganze  Land  auszudehnen.  Der  Austritt  des  Majors  von  Bauer  im 
Jahre    1818    wird    als    ein    herber    Verlust    bedauert. 

Mit  der  litterarischen  Abtheilung  war  auch  das  Conser  vato  rium 
vereinigt,  nämlich  die  Sammlung  der  vorzüglichsten  litterarischen  Werke 
und  Zeitschriften  im  Militärfache,  der  besten  Landkarten  (einschliesslich 
der  aus  der  vormaligen  Plankammer  übergegangenen),  Instrumente  und 
anderer  Gegenstände.  Auch  die  Sammlungen  des  Kriegsministeriums  waren 
damit   vereinigt    worden. 

Im  Jahre  1822  erfolgte  eine  neue  Organisation  des  General- 
stabes und  die  Creirung  eines  General-Quartiermeister-Stabes 
aus  dem  bisherigen  Generalstabe,  und  den  älteren  Officieren  des  topo- 
graphischen Bureaus.  Chef  blieb  der  General  der  Infanterie  Baglovich. 
Das  topographische  Bureau  wurde  dadurch  ein  Attribut  und  Depot  des 
General-Qnartiermeister-Stabes,  wozu  noch  das  ältere  Civil-Personale  und 
eine  Abtheilung  Ingenieur-Geographen  mit  besonderer  Uniform  kam.  Durch 
den  erweiterten  Geschäftskreis  des  General-Quartiermeister-Stabes  im  Jahre 
1826  für  den  organischen  Dienst  der  Armee  wurde  das  Officier-Corps 
des  General- Quartiermeister-Stabes  vermehrt,  dagegen  das  des  topogra- 
phischen Bureaus  vermindert.  Das  Personale  desselben  bestand  im  Jahre 
1829  noch  aus  40  Civil -Personen,  einschliesslich  der  Ingenieure  und 
Kupferstecher  (mit  allen  commandirten  Officieren  und  den  übrigen  Ange- 
stellten waren  es  70  bis  80  Personen)  und  der  jährliche  Aufwand  auf 
Triangulirungs-  und  Mappirungskosten,  Ankäufe  für  das  Conservatorium 
und    die    Zeichnungsmaterialien    wurde    mit    50000    fl.    präliminirt. 


*)  Ueber  das  „Warum"  der  Einführung  lässt  sich  Anlitschek  wörtlich  ver- 
nehmen,  wie  folgt: 

„Wenn  auch  die  Ausführung  der  Lehma  nn'schen  Zeichnungsmanier  hinter  dem 
Buchstaben  der  Theorie  zurückbleibt,  so  kann  man  sich  doch  auf  diesem  constructiven 
Wege  der  Wahrheit  in  dem  Grade  nähern,  als  der  Maasstab  die  Zergliederung  der  Berg- 
oherfläche  gestattet  und  die  Bezeichnung  der  Flächen-Neigung  in  grösseren  kenntlichen 
Vorhältnissen  entsteht.  In  jedem  F<*Ile  ist  damit  gewonnen,  dass  dieser  Gegenstand  auf 
bestimmte  Grundsätze  zurückgeführt,  Gleichförmigkeit  der  Arbeit  erzweckt  und  die 
dem   Maasstabe   angemessene   Forderung   befriedigt   werden   kann." 

Die  Einführung  war  jedoch  vor  der  Hand  nur  auf  das  topographische  Bureau 
beschränkt  und  noeh  im  Jahre  1829  schwebte  nach  Anlitschek's  Angabe  die  (mitt- 
lerweile gewiss  bejahend  erledigte)  Verhandlung  wegen  Einführung  dieser  Zeichnungs- 
art  in  allen    Militärschulen    Bayerns. 


(Seite  II?) 


Skelett  zum  topographischen  Atlas  von  Bayern     -  Stand  im  Jahre  1859. 


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Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern.  117 

Eine  nochmalige  Veränderung  in  der  Organisation  ist  mir  nicht 
bekannt  geworden,  und  aus  dem  Fortschreiten  der  Arbeiten  selbst  ergibt 
sich  kein  Anhaltspunct,  eine  solche  annehmen  zu  müssen.  Auch  über 
Evidenzhaltung  spricht  sich  weder  Anlitschek  noch  irgend  ein  an- 
derer Quellenschriftsteller  aus.  Eine  ausführliche  Schilderung  aller  Arbeiten 
des  topographischen  Bureaus,  welche  dasselbe  dem  niederländischen  General- 
stabe, für  die  Herausgabe  des  (kritischen)  Repertoire  de  Cartes,  durch 
den  Verein  niederländischer  Ingenieure  zugesendet  hat,  ist  bis  jetzt  noch 
nicht    durch    den    Druck    veröffentlicht    worden. 

Ich    wende    mich    nun    zu    dem    topographischen    Atlas    selbst. 

(Siehe    angeschlossene    Tabelle.) 

Er  umfasst,  Rheinbayern  eingeschlossen,  112  oblonge  Blätter  grössten 
Formats,  von  welchen  bis  nun  104  erschienen  sind,  und  ist  im  Maass- 
stabe von  vffföö  ausgeführt.  Zu  jedem  Blatte  gehört  ein  Repertoriurn, 
d.  i.  ein  Register-Heft  aller  auf  dem  Blatte  vorkommenden  topogra- 
phischen Details.  Als  Vorarbeiten  und  Vorboten  kann  man  den  Plan  von 
München  (1806  in  TgVs  {n  einem  Blatte)  und  die  nächste  Umgebung 
von    München    (ein    Blatt    in    ^rö)    ansehen. 

Eine  kritische  Durchsicht  der  Blätter  lässt  unschwer  die  älteste  Pe- 
riode herausfinden.  Sie  macht  sich  kenntlich  durch  die  ältere  Manier  der 
Bergzeichnung  nach  schiefer  Beleuchtung,  und  erinnert  an  die  mehrjäh- 
rigen französischen  Einflüsse,*)  ferner  durch  die  Unbestimmtheit  der  Cul- 
turgrenzen  und  manche  Wahrnehmungen  geringerer  Art.  Die  späteren 
Blätter  zeichnen  sich  durch  Vermeidung  dieser  Nachtheile  vortheilhaft  aus. 
Ein  Vergleich  der  Zeiten  des  Erscheinens  lässt  deutlich  die  Folgen 
der  Personal-Verminderung  wahrnehmen,  wodurch  wieder  zwei  Perioden 
entstehen.  Die  erste  Periode  kann  man  beiläufig  von  1812  bis  Ende  1819 
annehmen,  bis  wohin  die  schon  im  Stiche  vorgerückten  Blätter  auch  nach 
dem  Aufschwänge  des  Jahres  1817  noch  gereicht  haben  werden.  Die 
zweite  Periode  (mit  voller  Kraft)  kann  man  vom  Jahre  1820  bis  1829 
setzen,  und  die  letzte,  wo  die  Reduction  des  Jahres  1826  schon  wirk- 
sam   sich    zeigt,    von    1830    bis    zur    Gegenwart. 

In    die    erste    Periode    A    fallen    die    Blätter: 

77.  83. 

55.  62. 

48.  54.  62. 

70. 

ü.  47.  61. 

31.  36.  37.  43.  69.  76. 

41. 


Die    mit    fetten    Lettern     bezeichneten    Blätter     enthalten    sehr    wenig 
ausgeführten    Raum. 

Im    Jahre    1813    erschien    kein   Blatt. 


1812 

2  Blätter 

1814 

2       » 

1815 

3       , 

1816 

1       „ 

1817 

3       „ 

1818 

6       „ 

1819 

1       ■ 

18  Blätter 

*)  In  einigen  früheren  Abdrücken  erseheinen  die  Berge  mit  der  Nadel  gravirt 
in    anderen  mit   chemischer    Tinte     gezeichnet. 

Es  scheint  schreibt  0.  Anlitschek,  dass  man  gleich  Anfangs  die  Lehm a  nn'sche 
Manier  gewählt  haben  würde,  allein  die  ungleiche  Qualification  der  Geodäten  in  der 
Gebirgszeichnung  mag  das  vorzüglichste  Hinderniss  gewesen  sein,  auch  war  diese  Me- 
thode damals    noch  von  der    Kritik    stark  angefochten  und  wenig   im    Gebrauche. 


118 


Anton  Steinhauser. 

Der    zweiten    Periode    B  gehören    die   Blätter    an: 

30.  35.  42.  49.  50.  56.  1820  6  Blätter 

38.  1821  1  „ 

34.  39.  40.  45.  52.  84.  1822  6  , 

46.  53.  1823  2  „ 

71.  92.  1824  2  „ 

23.  64.  78.  82.  91.  98.  1825  6  „ 

22.  51.  86.  87.  94.  99.  lOO.  1826  7  „ 

3.  8.  59.  74.  75.  85.  1828  6  „ 

6.  15.  29.  1829  3  „ 


39  B 

lätter 

Im    Jahre    1827    erschien    kein    Blatt. 

Die    dritte    Periode    C   nmfasst    d 

ie  Blätter: 

67. 

90. 

1830 

2  B 

lätter 

60. 

1831 

1 

» 

68.  72.  79. 

80. 

1832 

4 

n 

21. 

1833 

1 

n 

2.  81. 

96. 

1834 

3 

n 

97. 

1835 

1 

n 

"S. 

89. 

1836 

2 

- 

66. 

73. 

1837 

2 

» 

88. 

95. 

1838 

2 

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65. 

93. 

1839 

2 

n 

20. 

1841 

1 

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1. 

1842 

1 

n 

32. 

58. 

1843 

2 

» 

4. 

33. 

1844 

2 

» 

5. 

28. 

1846 

2 

n 

26.  57.  lOi. 

1848 

3 

7) 

9.  16.  2k.  25.  102.  lOi.  112. 

1850 

7 

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111. 

1851 

1 

n 

12, 

18. 

1852 

2 

7) 

11. 

1853 

1 

r> 

HO. 

1854 

1 

n 

27. 

1855 

1 

n 

105. 

1856 

1 

T) 

19. 

1857 

1 

n 

17. 

1859 

1 

„  (event 

47  Blätter 

In  den  Jahren  1840,    1845,    1847,    1849  und  1858  erschien  kein  Blatt. 

Noch  fehlen  acht  Blätter  (10.  13.  14.  103.  106.  107.  108  und  109.) 
Nach  dem  bisherigen  Gange  der  Arbeit  dürfte  noch  eine  Anzahl  Jahre 
vergehen,  bis  der  Atlas  ganz  vollständig  vorliegen  wird.  Der  Preis  ist 
für  eine  Section  mit  15/12  Beichslhaler  bemessen,  und  beträgt  sonach  für 
die  erschienenen  104  Blätter  147*4  Reichsthaler  =  221  fl.  österreichischer 
Währung. 

Die  schätzenswerthen  Eigenschaften  der  Atlasblätter  sind  vor  allem 
in  dem  Beruhen  auf  einer  wohl  angelegten  und  durchgeführten  Vermes- 
sung   zu    suchen,     besonders     aus    der    Zeit,     wo     bereits    die    genaueren 


Die  älteste  und  neueste  topographische  Karte  von  Bayern.  1  i  9 

Katastral -Vermessungen  dein  Gerippe  zu  Grunde  gelegt  wurden,  die 
weniger  günstigen  Parthien  bestehen  nach  dem  Ausspruche  einer  unver- 
werflichen aber  strengen  Autorität,  nämlich  des  preussischen  Generalstabes*) 
in  der  Ungleichheit  an  Gehalt,  in  theilweise  nachlässiger  Arbeit  (wobei 
auf  eines  der  ältesten  Blätter  [Section  Regensburg]  namentlich  hinge- 
wiesen wird)  und  dem  im  allgemeinen  wenig  kräftigen  Terrain,  ohne 
dabei  der  älteren  noch  nicht  nach  Lehmann'«  Normen  gezeichneten 
Blätter    besonders    zu    erwähnen. 

Der  grosse  Maasstab  (fast  das  dreifache  der  österreichischen  General- 
Quartiermeister-Stabs-Specialkartenj  Hesse  auch  bezüglich  der  Cultursan- 
gaben  mehr  Detail  erwarten,  als  wirklich  gegeben  wird.  Wie  viel  mehr 
Detail  gewähren  z.  B.  die  drei  Blätter  der  Umgebungskarte  von  Wien,  die 
im  Maasse  von  1  Zoll  zu  600°  gezeichnet  sind,  also  wenig  grösser,  als  die 
baierischen    Blätter,    auf   welchen    1    Wiener- Zoll    =    0963/3°! 

Es  wurde  vom  topographischen  Bureau  auch  eine  Uebersichts- 
karle  von  Bayern  im  Masse  von  twVöö  m  1$  Blättern  in  doppelter 
Ausgabe    geliefert, 

1.  als    Terrainübersichtskarte,     mit    den    wichtigsten    Strassen    und 

Orten,    meist    ohne    Namen,     daher    ein    Heft    mit    Verzeichnissen    in 
gedruckten    Bogen    für  jedes    Blatt   beigegeben    wird,   und 

2.  als    rein    topographische    Karte    mit    allen    Orten,     den    Berggipfeln 

und    deren    Namen,    und    den    Waldstrecken. 

Jedes  Blatt  umfasst  9  Blätter  der  grossen  topographischen  Karte 
und   verhält   sich   im   linearen    Verhältnisse    zu    diesen    wie    3    zu    5. 

Beide  Karten  ergänzen  einander,  obwohl  die  Nöthigung  dazu  nichts 
zur  Bequemlichkeit  beiträgt.  Bezüglich  des  Terrains  tritt  das  Naturbild 
im  Hochgebirge  angemessen  hervor,  im  Mittelgebirge  und  in  den  flacheren 
Gegenden  scheint  das  Bestreben,  den  Charakter  zu  generalisiren,  die  Wahr- 
heit des  Urbildes  nicht  überall  zum  klaren  Durchbruche  kommen  zu 
lassen. 

Ein  solcher  Tadel  mag  jedoch  immerhin  mit  einiger  Zurückhaltung 
ausgesprochen  werden,  denn  jeder  sachverständige  topographische  Zeichner 
weiss  die  Schwierigkeiten  zu  ermessen,  mit  welchen  ein  Reducent,  zu- 
weilen fast  hoffnungslos  zu  kämpfen  hat.  wenn  eine,  in  winzige  Indivi- 
dualitäten sich  auflösende  Undulation  des  Bodens,  in  einem  Masse,  wo 
die  Details  verschwindend  klein  werden,  mit  wenigen  Strichen  verständ- 
lich charakterisirt  werden  soll.  Und  manchmal  dürfte  man  geneigt  sein, 
den  gestrengen  Tadlern  über  solche  weniger  gelungene  Leistungen  eines 
Zeichners  zuzurufen:  „Wrer  unter  euch  ohne  Sünde  ist,  werfe  den  ersten 
Stein    auf  ihn!" 


*)  Siehe  die  von  der  topographischen  Abtheilung  desselben  in  Berlin  im  Jahre 
i849  herausgegebene  „Beurtheilend  e  Uebersicht  derjenigen  durch  den  Druck 
vervielfältigten  Karten,  Situations-  uud  Festungspläne  von  Europa,  welche  für  deutsche 
Militärs    von    practischem   Interesse    sind."    pag.  104. 


120 


XL 

Strassen- ,  Fluss-  und  Eisenbahn  -  Nivellements  im  Honther- 
und  Neograder-Comitate  Ungarns. 

Von 

Heinrich  Wolf. 

(Mit  einer  Uebersichtskarte.  Taf.  II.) 

Bei  den  geologischen  Uebersichtsaufnahmen  im  nördlichen  und  nord- 
östlichen Ungarn,  im  verflossenen  Jahre  (1858),  in  Verwendung,  hatte 
ich    Gelegenheit,    mit    den    Comitatsbauämtern    zu    verkehren. 

Nebenbei  forschte  ich  nach  Strassen-  und  Fluss-Nivellements,  da 
mir  bekannt  war,  dass  hohen  Orts  eine  allmalige  Profilirung  aller  unter 
Staatsaufsicht  stehenden  Strassen  und  Flüsse  angeordnet  war.*)  Meine 
Bemühungen  waren  wirklich  nicht  ohne  Besultat  geblieben,  denn  im  Co- 
mitatsbauamte  zu  Ipoly  Sägh  fand  ich  Nivellements-Längenprofile  von  sechs 
Strassenzügen  nämlich  I.  von  Szob  nach  Ipoly  Sägh,  II.  von  lpoly  Sägh  nach 
Leventz,  III.  von  Ipoly  Sägh  gegen  Schemnitz,  IV.  von  Schemnitz  nach  Le- 
ventz ,  V.  von  Schemnitz  nach  Kozelnik  an  der  Grenze  des  Sohler-Comi- 
tates  und  endlich  VI.  von  Ipoly  Sägh  gegen  Betsägh  im  Neograder-Comitat, 
ferner  das  Nivellement  des  Eipelflusses,  X.  von  seiner  Mündung  in  die 
Donau  bei  Szob,  bis  an  die  Grenze  des  Neograder-Comitates  bei  Kovär, 
westlich   bei   Ballassa-Gyarmath. 

Sämmtliche  Nivellements  bezogen  sich  auf  den  Nullpunct  der  Donau, 
an    der   Mündung    des    Eipelflusses. 

Im  Comitatsbauamt  des  Neograder-Comitates  in  Balassa-Gyarmath  fand  ich 
das  Nivellement  VIII.  von  B.  Gyarmath  nach  Betsägh  und  weiter  bis 
zur  Eisenbahnstation  Veröcze,  bezogen  auf  die  Bahnnivellete  daselbst;  dann 
das  Strassen-Nivellernent  IX.  vom  Sattel  des  Krivän,  an  der  Grenze  des 
Sohler-Comitates,    NW.   von   Losoncz,    bis    nach    Videfalva,    nächst    Losoncz. 

Dieses  Nivellement  bezog  sich  auf  einen  Horizont,  welcher  50  Fuss 
über  dem  Krivänsattel  angenommen  war.  Ferner  war  noch  das  Nivellement 
des  Eipelflusses,  XI.  bei  Garöb,  NNO.  von  Losoncz  begonnen,  und  bis  an 
die  Grenze  des  Honther-Comitates  bei  Kovär  nächst  B.  Gyarmath,  aus- 
geführt. 

Für  dieses  Nivellement  war  eine  Vergleichungsebene  bei  Pincz,  NO. 
von    Losoncz    angenommen. 

Sämmtliche  11  Nivellements  waren  unter  sich  nicht  vergleichbar, 
denn  sie  gaben  nur  relative  Höhenunterschiede  gegen  die  eben  genannten 
angenommenen  Vergleichungsebenen,  die  aber  sonst  weiter  in  keiner  Ver- 
bindung   mit    einander    standen. 

Wäre  die  Seehöhe  des  Nullpunctes  der  Donau  an  der  Eipelmündung 
bekannt,  so  könnte  wenigstens  das  Fluss-  und  die  Strassen-Nivellements 
des    Honther-Comitates    auf   die    Seehöhe    gestellt    werden,    und  im  Anschluss 


*)  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Statistik,    o.  Jahrgang,  1.  Heft,  Seite  o. 


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Strassen-  Fluss-  u.  Eisenbahn-Nivellements  im  Hont  her-  u.  Neograder-Comitate  Ungarns.      121 


des  Nivellements  der  Eipel  im  Neograder-Comitate  folgen.  Es  blieben 
dann  nur  mehr  die  beiden  Strassennivellements  von  B.  Gyarmath  nach 
Veröcze  und  vom  Krivansattel  gegen  Losoncz  ausser  Verbindung.  Als 
Hilfsmittel  zur  Lösung  dieser  beiden  Fragen  konnten  die  Eisenbahnnivelle- 
ments  benützt  werden,  und  zwar  für  die  erstere  zur  Bestimmung  der 
Seehöhe  des  Donau-Nullpunctes  bei  Szob,  das  Nivellement  der  k.  k. 
österreichischen  Staatseisenbahn  zwischen  Wien  und  Pest,  und  für  die 
beiden  oben  erwähnten  Strassenstrecken,  konnten  die  Nivellettecoten  aus 
der  Projectsverfassung  der  ober-ungarischen  Eisenbahn  (Eipel-Sajothaler- 
Bahn)    der    Stationen   Losoncz    und    Balassa-Gyarmath  benützt    werden. 

Die  Nivellettecote  für  den  Bahnhof  in  Szob  ist  mit  58-897  Wie- 
ner-Klafter, aus  dem  Eisenbahnnivellement,  zwischen  dem  Wiener-Nord- 
bahnhof (84-°677)    und   dem    Pester-Bahnhof  (56-°437)   gegeben. 

Diese  Angaben  aber  nach  meiner  trigonometrischen  Bestimmung  der 
Seehöhe  des  Nordbahnhofes  von  Wien,*}  reduciren  sich  respective  um 
0-758  Wiener-Klafter,  wodurch  sie  aber  unmittelbar  von  der  Seehöhe 
der  Uhrzeiger-Achse  am  St.  Stephansthurme  in  Wien,  welcher  uns  als 
Normalpunct    für   alle    Höhenmessungen    in    Oesterreich    gilt,  abgeleitet  sind. 

Demzufolge  ist  die  Seehöhe  der  Schienen  des  Bahnhofes  in  Szob 
=  58*139  Wiener-Klafter.  Diese  Cote  ist  allen  folgenden  Bestimmungen 
zur  Basis  gegeben,  und  ich  werde  daher  jetzt  die  Bestimmung  der  See- 
höhe der  Puncte  in  den  oben  angebenen  Nivellementszügen  einzeln  be- 
sprechen. 

Die  Nivellements  der  Strassenzüge  im  Honther-Comitat  schliessen 
sich  aneinander  wie  die  Glieder  einer  Kette,  es  genügt  also,  die  Be- 
stimmung der  Seehöhe  eines  Punctes  aus  dieser  Kette,  und  man  wird 
alle    bestimmt    haben. 

Der  Nivellementszug  Nr. 
Localkenntniss  weiss  ich,  dass 
mit  dem  Niveau  der  Schienen 
kann  also  die  Niveaucote  des 
zuges    substituirt    werden. 

Es    ergeben    sich    also  für     die     Anfangs 
7    Strassenzüge    folgende    Seehöhen: 


I.  beginnt  in  Szob;  aus  meiner  eigenen 
der  Strassenzug:  Szob-Ipoly  Sägh,  in  Szob 
des  Bahnhofes  daselbst  zusammenfällt.  Es 
Bahnhofes    für    das    erste  Glied  des  Strassen- 


und    Endpuncte    der    ersten 


Strassenzug 
Nr. 


Anfangspunct 


Seehöhe 
W.Klftr 


Endpunct 


Seehöhe 
W.Kltfr. 


I. 

II. 
III. 
IV. 

V. 

VI. 

VII. 


Szob 

Ipoly  Sägh 

Danunstrasse  bei  Tompa 
Piaristenklost.  Schemnitz 
Schemnitz,  Piaristen 

Ipoly  Sägh 

Ipoly  Sägh 


58193 
67193 
67093 
245093 
245093 
67193 
67193 


Ipoly  Sägh 

Barsergrenze  b.  Levencz 
Piaristenklost.  Schemnitz 
Barsergr.  gegen  Levencz 
Kozelnik  a.  d.  Sohler-Gr. 

bei  Betsägh 

a.  d.  Neog.-Gr.  b.  Kovär 


67193 
117  593 
245093 
176-260 
181  593 
91-427 
77-760 


*)  Hypsometrische  Arbeiten  von  Heinrieh  Wolf  von  Juni  1856  bis  Mai  1857.  Jahrbuch 
der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt.  1857.  Heft  2.  Seite  234. 


122  Heinrich  Wolf. 

Für  die  Strassenzüge  VIII.  und  IX.  muss  das  Nivellement  der  pro- 
jectirten  Eipel-Sajothaler-Bahn  henützt  werden,  welches  in  Szob  in  dem- 
selben Niveau  des  Bahnhofes,  an  die  südöstliche  Eisenbahn  an- 
knüpft. 

Der  Anknüpfungspunct  ist  in  diesem  Projecte  mit  55*650  Wiener- 
Klafter  gegeben,  er  kann  aber  nach  dem  vorhergehenden  nicht  unter 
85-139  angenommen  werden;  es  sind  daher  alle  Niveaucoten  dieser  Pro- 
jeetverfassung,    um    die    Differenz    von    2*489    Wiener-Klafter    zu    erhüben. 

Man  erhält  also  für  die  Station  B.  Gyarmath  die  Seehöhe  von 
78-989  Wiener-Klafter,  welche  uns  als  Fundamentalpunct  für  die  Bestim- 
mung der  Seehöhe  des  Strassenzuges  Nr.  VIII.  von  B.  Gyarmath  nach 
Veröcze    dient. 

Dieser  Strassenzug  beginnt  bei  dem  Comitatshaus  in  B.  Gyarmath, 
dasselbe  liegt,  nach  der  Situation  des  projeetirten  Bahnhofes,  welcher 
weiter  von  dem  Eipelflusse  entfernt  ist,  um  ein  geringes,  nicht  um  mehr 
als  1°  tiefer  als  dieser,  man  begeht  daher  keinen  grossen  Fehler,  wenn 
man  das  Comitatshaus  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Bahnhof  annimmt,  d.  h. 
dass  es  eine  Seehöhe  von  78989  besitzt.  Der  Endpunct  dieser  Strasse 
ist  der  Stationsplatz  Veröcze,  er  ergiebt  sich  aus  dieser  Vergleichungs- 
ebene   mit   56-544*)   Wiener-Klafter. 

Für  den  Strassenzug  Nr.  IX.  von  der  Brücke  nächst  Videfalva  bei 
Losonez  bis  auf  den  Krivansattel,  konnte  der  Stationsplatz  Losoncz  ge- 
wählt werden,  dessen  Seehöhe  aus  der  Projectsverfassung  der  Eipelbahn 
und  nach  der  erfolgten  Correction  mit  98*698  Wiener  -  Klafter  sich 
ergiebt. 

Die  beiden  Puncte:  Brücke  in  Videfalva  und  Station  Losoncz  liegen 
ungefähr  1000  Klafter  von  einander  entfernt,  in  derselben  Thalsohle  und 
das  Gefäll  des  Krivanyerbacb.es  kann  in  dieser  Strecke  kaum  2  Klafter 
betragen,  und  diess  scheint  durch  die  höhere  Anlage  des  Losonczer-Bahn- 
hofes  aufgewogen,  man  kann  also  ebenfalls  keinen  grösseren  Fehler  als 
von  2  Klaftern  begehen,  wenn  man  die  Brücke  in  Videfalva  gleich  setzt 
dem  Bahnhof  in  Losoncz.  Demzufolge  besitzt  die  Brücke  in  Videfalva 
eine  Seehöhe  von  98*698  Wiener-Klafter  und  der  Endpunct  des  Nivelle- 
mentzuges   am    Krivansattel    die    Seehöhe  von    227899    Wiener-Klafter. 

Für  die  Stellung  des  Nivellements  des  Eipelflusses  auf  die  Seehöhe 
muss  ebenfalls  die  Eisenhahnstation  Szob  mit  der  Cote  58*°139  als  Aus- 
gangspunet  dienen.  Als  Anhaltspuncte  dient  die  Angabe :  dass  sich  alle 
Coten  der  Eipelnivellirung  im  Honther-Comitat  auf  den  mittleren  Wasser- 
stand der  Donau,  welcher  an  der  Mündung  des  Eipelflusses  bei  Szobb 
8  Fuss  über  den  kleinsten  Wasserstand,  welcher  als  Nullpunct  angenom- 
men ist,  beziehen,  und  dass  ferner  der  grösste  Wasserstand,  welcher  am 
13.  März  1838  beobachtet  wurde,  29'  6"  über  diesen  Nullpunct  sich 
befand. 

Zwischen  diesen  Angaben  und  der  Seehöhe  des  Stationsplatzes  Szobb 
scheint  kein  unmittelbarer  Zusammenhang  zu  bestehen,  aber  man  weiss, 
dass  jede  neue  Strassen-  oder  Eisenbahnanlage  längs  eines  Flusses,  stets 
über    seinen    höchsten   bekannten   Wasserstand    beantragt    werden  muss.    Ich 


*)  Dieses  Nivellement  von  B.  Gyarmath  nach  Veröcze,  wurde  ursprünglich  an  den  Sta- 
tionsplatz in  Veröcze  angebunden;  da  aber  die  Seehöhe  dieses  Stationsplatzes,  selbst  nicht 
bei  der  österreichischen  Staatseisenbahngesellsehaft  aufgefunden  werden  konnte,  so  musste  die 
Frage  unigekehrt  werden:  wie  tief  liegt  Veröcze  unter  B.  Gyarmath? 


Strassen-  Fluss-  u.  Eisenbahn-Nivellements  im  Honther-  u.  Neograder-Comitate  Ungarns.      123 


Wasser 


Eipel    bei    mittlerem 

Wiener-Klafter. 

Honther-Comitats-Bauamtes 


werde  mich  daher  begnügen,  da  mir  von  Seite  der  Direction  der  öster- 
reichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft  keine  näheren  Daten  gegeben  werden 
konnten,  den  Bahnhof  1°  über  den  höchsten  Wasserstand  zu  setzen,  also  den 
Nullpunct  der  Donau  an  der  Eipelmündung  mit  35'  6"  unter  dem  Bahn- 
hof  in    Szob    annehmen. 

Diess   gibt    also    für    die    Mündung    der 
stand   der    Donau    die    Seehöhe    von    53593 

Da  dieses  Nivellement  von  Seite  des  Honther-Comitats-Bauamtes  bis 
B.  Gyarmath  ausgeführt  wurde,  so  ist  die  Eipel  bei  B.  Gyarmath  in 
einer    Seehöhe    von    72 •857. 

Das  Nivellement  Nr.  XI.  der  Eipel  bezieht  sich  auf  eine  andere 
Yergleichungsebene  bei  Pincz,  dessen  Seehöhe  unbekannt  ist,  da  aber  in 
diesem  Nivellementszuge  ein  Punct  der  Eipel  bei  B.  Gyarmath  mit  einbe- 
zogen ist,  so  kann  er  ebenfalls  =  72-857  Wiener-Klafter  gesetzt  wer- 
den,   und    somit   wäre    auch    die    Seehöhe   dieses  Nivellements    bestimmt. 

Nivellements: 

I. 

Strassenzug  von  Szob  nach  Ipoly  Sägh  im  Honther-Comitate  (18.500  KIftr.  lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirlcu  Puncte 


Seehöhe 

in 
vY.-RINr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncti 


Seehöhe 

in 
W.-Rlflr. 


Szob 

Miihlbach  von  Szob 
Höhe  von  Ipoly  Damasd 
Leleder  Wirthshaus    . 

Letkes 

Tölgyes 

Puszta    Ganad     .    .    . 
Vamos   Mikola      .    .    . 


58193 
57-893 
61093 
58-093 
58-760 
59-427 
61-760 
62-760 


Börzsenyer   Bach  bei  Mikola 
Puszta    Haraszty      .... 
Strassenweiser    Nr.    2    bei 

Peröszeny    

Höchster    Punct  der  Strasse 

NO.  bei  Peröcseny  .    .    . 

Kemencze 

Ipoly  Sägh,  Comitatshaus    . 


60-700 
73093 

76760 

86-593 
76527 
67- 193 


IL 

Strassenzug  von  Ipoly  Sägh   gegen   Leventz  bis    an   die    Barser-Grenze 
(15.500    Klafter   lang). 


Nr, 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seeüöhc 

in 
W.-Rlftr. 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


Ipoly  Sägh 

Strassenhöhe  bei  Ipoly  Sägh 
gegen    Thür   

Strassenhöhe  beim  Karpfen- 
bach     

Zwischen  dem  Karpfenbach 
und    Gyerk      

Gyerk 


67-193 

71-593 

67-760 

71-593 
66-426 


6  Tompa 

6  Dammstrasse  über  d.  Schem- 

nitzerbach  bei  Tompa  . 
6  Höchster  Punct  der  Strasse 

nördlich  von  Szemered  . 
Tiefster  Punct   der  Strasse 

nördlich  von  Szemered  . 


68-426 
67093 
92-260 
83-427 


124 


Heinrich  Wolf. 


Nr 


Bezeichnung  der  nivellirlen  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Klftr, 


Nr 


Bezeichnung  der  uivellirten  Puncte 


See höhe 

in 
W.-  Rlftr. 


9 

10 
II 
12 
13 


Höchster  Puiict  der  Strasse 
NW.  von  Szemered    .    . 

Tiefster  Punct  der  Strasse 
NW.  von  Szemered 

Am  Demenderberg     .    . 

Demend 

Magyaräderberg     .    .    . 

Szantö  (Heilquelle)    .     . 


91093 

93  427 
111-593 
74-673 
90427 
84260 


14  Szäntöer-Berg    .         .    . 
15Bozierthal,  W.  v.  Bozi  . 
16|Csank 
17 


104-760 
90-427 
92-260 

Varsanyerberg 1 120427 

Varsany,  S.  0.  von   Leventz    97-260 
An   der   Barser  Gränze  zw. 

Leventz  und  Varsanv     .    117593 


III. 

Strassenzug    von     der    Dammstrasse    bei    Tompa    gegen    Schemnitz 

(22.500  Klafter  lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  uivellirten  Puncte 


Seehöbe 

in 
W.-Klftr 


Seehöhe 
Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte         in 

W.-Klftr. 


Dammstrasse  bei  Tompa 

Egegb     

Gyfigy  (Heilquelle)     . 

Tereny 

Teszer 

Sipeker    Bach     .    . 
Domanyik 


67093 
70-593 
73-593 
75-926 
81-260 
81-926 
99-926 


Nemethi 

9  Strassenhöhe   vor  Tepliczka 

lOTepliczka 

11  Prinzdorf 

12iSzt.  Antäl   . 

13  Stadt  Schemnitz  beim  Piari- 
sten Kloster 


114-760 
135-260 
128-593 
157-260 
199160 

245093 


IV. 

Strassenzug    von    Schemnitz    gegen    Leventz    bis    an    die    Barser    Grenze 

(17.000    Klafter    lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  uivellirten  Puncte 


Schemnitzer  Pflaster  bei  der 
Piaristenkirche  .... 

Windschacht 

Windschachter-Berg      .    . 
Steinbach-Puszta    .... 

Bagonya     

Almaser-Bach 


Seeböue 

in 
W.-Klfrr. 


245093 
287-760 
325-927 
210-760 
180-427 
175-593 


Nr.  Bezeichnung  der  uivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Klftr. 


Almaser  Weingarten      .    . 

Bäth 

Dioznoserthal  .... 

Höchster  Punct  v.  d.  Barser 

Grenze  bei  Puszta  Csuda 
An    der  Barser   Grenze  im 

Levenzter  Hotter  .    .    . 


183-927 
174-927 
160093 

192-927 

176260 


Strassen-  Fluss-  u.  Eisenbahn-Nivellements  im  Honther-  u.  Neograder-Comitate  Ungarns.     1 25 

V. 

Strasse    von    Schemnitz    NO.    gegen    Kozelnik   an    der    Sohler-Grenze 
(4500    Klafter   lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Punrte 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


Stadt   Schemnitz ,  Piaristen-I 

Kloster |245093 

Schemnitzer  Berg      .    .    .  |293  593 


Vi. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puiicte 


Dilln 

Kozelnikerbaeh  a.  d.  Sohler 
Comitats-Grenze    .    .    . 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


206-593 
181593 


VI. 

Strassenzug   von   Ipoly  Sägh  gegen  Rtesägh  (12.000    Klafter    lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Klftr. 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


Ipoly  Sägh,  Comitats-Haus  . 

Honth 

Zweigpunct  der  Strasse  ge- 
gen Gyarmath    .    . 

Palänk        

Palänker  Berg 

Tiefster  Punet  zwischen 
dem  Palänker  Berg  und 
dem  Oroszyer  Wein- 
garten          


67  193 
70-593 

70-427 

72-260 

106-593 


94093 


Höchster  Punct  in  den  Oro- 
szier  Weingärten    .    .    . 

Nagy  Oroszy 

Höchst.  Punct  gegen  Berinko 

Berinke      

Berinker  Brücke     .... 

Jaszteleker  Berg     .... 

Im  Jaszteleker  Hoter  bei  Pu- 
szta  Jasztelek  a.d.  Strasse 
v.  Retsägh  nach  Waitzen 


109093 
88-927 

108-927 
82-593 
76-927 

103-260 


91-427 


VII. 

Strassenzug    von    Ipoly  Sägh  nach  Balassa- Gyarmath    (15.000  Klafter    lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seeböhc 

in 
W.-Rlftr. 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


Ipoly  Sägh 

Honth  . 

Zweigpunct  gegen    R^tsägh 

Hidveg      

Nagyfalu 


CT 
70 
70 
70 
73 


193 
•593 
•427 
593 
093 


Ipoly  Balogh 

Höchster  Punct  hinter  Balogh 

(Trigonom.  Zeichen) 
An  der  Neograder-Comitats- 

Grenze  bei  Kovär 


71-760 
77927 
77760 


126 


Heinrich  Wolf. 


VIII. 

Strasse    von    Balassa-Gyarmath    «regen    Waitzen   und    Veröcze 
(20.000    Klafter    lang). 


Seehöhe 

Seehöhe 

Nr. 

Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 

in 
W.-Klftr. 

Nr. 

Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 

in 
W.-Klftr. 

1 

Comitatshaus     in     Balassa- 

12  Höchster  Punct  der  Strasse 

Gyarmath  ..... 

78989 

vor  Retsagh    .... 

118114 

2 

Brücke  über  d.  Wiese  am  Fuss 

13  Retsagh  vordem  Wirthshaus 

96-967 

des  Lözinczer  Berges  . 

97282 

14 

Höchster  Punct  der  Strasse 

3 

Beim  Schäferhaus  am  Lözin- 

in  den  Retsagher  Aeckern 

121836 

gegen  d.  Lokoser  Wirths- 

4 

Höehster  Punct  der  Strasse 

143-781 

am  Luzinczer  Berg. 

144656 

15 

Brücke  über  den  Graben  beim 

5 

Brücke  über  den  Graben  bei 

Lokoser  Wirthshaus  .    . 

102-892 

PusztaLözincz 

75-976 

16 

Höchster  Punct  der  Strasse 

6 

Kapelle  an  der  Strasse  gegen 

im  Szenderhelyerwald  . 

152<466 

Vädkert 

106-276 

17 

Brücke  über  den  Graben  von 

7 

In  Vadkert  der  tiefste  Punct 

94099 

Szenderhely    .... 

108-311 

8 

Beim    Wirthshaus    auf    der 

18 

Höchster  Punct  der  Strasse 

Puszta  Kormös 

102467 

in  Szenderhely     . 

80-197 

9 

Höchster  Punct  in  den  Te- 

19 

Tiefster  Pct.  d.  Strasse  b.  d. 

reskeer  Aeckern. 

134806 

Wirthsh.  d.  Puszta  Kalatin 

118-851 

10 

An  der  Brücke  über  d.  Wiese 

20 

Bei   der    Brücke    über    den 

unter  d.  Tereskeer  Wein- 

Graben  von  Yeröcze. 

59-897 

112-502 

21 

Höchster  Punct  d.  Strasse  in 

11 

An      der      Strassentheilung 

Veröcze  (Station  Veröcze) 

60664 

gegen  Nagy  Oroszy  . 

102474 

22 

Station  Veröcze .... 

56544 

IX. 

Nivellement    der    Strasse    von    Losoncz    bis    an    die   Sohler  Grenze  im  Sattel 
des    Krivan     (13.500    Klafter    lang). 


Seehöhe 

Seehöhe 

Nr. 

Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 

in 

W.-Klftr. 

Nr. 

Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 

in 
W.-Klftr. 

1 

Sattel     am    Krivan     an    der 

5 

Brückenobj.  ainWeg  n.Bzowa 

183009 

Sohler    Grenze    . 

227899 

6 

Brückenobj.  ober  der  Mühle 

2 

Brückenobject  bei  d.  Krüm- 

in der  Wiese  des  Kriva- 

mung  d.  Strasse  u.  Ueber- 

nyer-Thales    .... 

157-870 

setzg.  d.  Krivanyerbaclies 

7 

Brückenobj.  über  den  Bach 

NO.  v.  Diven  Oroszy 

211175 

aus  dem  Füresz-Thal 

151  177 

3 

Brückenobj. oberh.d.Wirthsh. 

200982 

8 

Beim  Felsen  an  d.  Grenze  d. 

4 

Brückenobj.  des  Krivanyer- 

Krivanyerwaldes  gegen  d. 

baches  0.  v.  Diven  Oroszy 

188-675 

Vämosfalvaer  Aecker 

144-804 

Strassen-  Fluss-  u.  Eisenbahn-Nivellements  im  Honther-  u.  Neograder-Comitate  Ungarns,     i  27 


Nr. 


Bezeichnung    der    iiivellirtcn     Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Klftr. 


9  Vämosfalva,    an  der    Überbrückimg    des    Krivanya-  Baches     .     .  133-120 

10  Beim  Querprofil  Nr.  35  unterhalb  Vämosfalva  .......  126-549 

11  „  „    39  zwischen   Vämosfalva   und   Lonyabänya     .  124630 
l'  41  198  925 

13  „                „46  bei   Lonyabänya 117995 

14  „                „    60  bei  Udornya 127632 

15  „                    67  bei  Podrecsany  . 132829 

16  „  „    75  unter  dem  Haller  Wirthshaus      ....  119234 

17  „                „83  Haller- Wirthshaus 134142 

18  „  .„    86  zwischen  dem  Haller- Wirthshaus  .     .     .  124532 

19  „                „    94  und  Videfalva  NNW 111745 

20  „                „99    Videfalva 107-412 

21  An    der    Uebersetzung    des    Krivanyerbaches    zwischen    Videfalva 
und  Losoncz      .........           98698 


X. 

Nivellement    der    Eipel    im    Honther    Comitate.     Von    der    Mündung    in    die 

Donau    bei    Szob    bis    an    die    Grenze    des    Neograder-Comitats 

(52.000    Klafter    lang). 


Seehöhe 

Seehohe 

Nr. 

Bezeichnung  der  nircllirten  Puncte 

in 
W.-Rlftr. 

Nr.  Bezeichnung  der  iilvellirten  Puncte 

in 
W.-Rlftr. 

1 

Eipel  and.  Mündg.  in  d.  Donau 

53593 

9 

Eipel  bei  Visk    .     .      .     , 

61  705 

2 

„    bei  Damäsd     . 

53677 

10 

n     Ipoly  Sagh    .     . 

64067 

3 

„     „     Szalka 

54-830 

11 

„        „     Honth 

64.760 

4 

„      „     Tolgyes     .      .     . 

56-483 

12 

„        „     Palank     . 

66020 

5 

„      „     Ipoly-Paszto   . 

57898 

13 

„       „     Ipoly  Balogh.     . 

68952 

6 

„     „     Vämos  Mikola 

58610 

14 

„        „     Nagy  Csalomya  . 

70-288 

7 

„      „     Ipoly-Szakalos 

59-620 

15 

„        „     Kovär.     .     .     . 

72026 

8 

v     »     Szete         .     .     . 

60-733 

XL 

Nivellement    der    Eipel    im    Neograder    Comitate    von    der    Grenze    des    Hon- 
ther-Comitates    bis    Garob    (40.500    Klafter    lang). 


Nr. 


Bezeichnung  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Klftr. 


Nr. 


Bezeicliniiiis;  der  nivellirten  Puncte 


Seehöhe 

in 
W.-Rlftr. 


Bei  Malomhely  (Mühl)  .     . 
In  Balassa-Gyarmath  W.  von 
B.  Gyarmath  .... 


72-236 

72857 


Am  obern  Endev.  Szelesteny 

Vor  Varbo      . 

Bei  Hugyak    ..... 


74302 
74-747 
75577 


128 


Heinrich  Wolf. 


Nr. 


Bezeichnung  der  nlvellirlcn  Puncte 


Seeliöhc 

in 
W.-Klftr. 


Nr. 


Seehöhe 
Bezeichnung  der  nivelllrlen  Puncte         In 

W.-Klflr. 


7 

8 

9 
10 
11 

12 
13 
14 
15 

16 


An  derCsarda  bei  der  Brücke 
zwischen     Hugyak       und 
Szelesteny-Kovaczi  . 
An  d.  Mühle  vor  Pethd  . 
„         „       zwischen      Po- 
styen u.   Pethd 
An  der  Puszta  Kürth 
An  d.  Mühle  von  Csalär 
„         „       zw.  Csalär  und 

Bussa  .      .     . 
„         „       in  Bussa    . 

„        „   Szakäll.      . 
„       vor  Törines    . 
„        „        „    Tarnocz   . 
_         _       in  Puszta  Dalvo 


76107 
76636 

77  386 


78 
79 

70 
80 
81 
83 
84 


569 
019 

902 
669 
502 
569 
297 
576 


An  d.  Mühle  vor  Kalonda  . 
„         „       bei  Banyit-Da- 

rocz     . 
„         „       bei  der  Brücke 

von  Bapp  . 
„         ..       bei  Terbeled . 

„        „    Puszta  Lazi 
„         „       in  Galta    . 
„        „       „  Ipoly-Nyitra 
„         „       „  Ipoly  -  Bolyk 
„         „       oberh.  Pincz  . 

Zweite  Mühle  oberh.  Pincz 

In  Vizosztö      ..... 

An  der  Brücke  beim  Stein- 
bruch von  Garöb  . 


85  971 

87547 

88-252 
89-844 
91036 
92036 
94137 
95  732 
99.436 
101886 
104469 

104-969 


XII. 

Aus  dem  Längenprofil  der  projectirten  oberungarischen  Eisenbahn  von 
der  Donau  bei  Szob  bis  Miskolcz  und  Kaschau.  Bahnlänge  von  Szob 
bis    an    die    Grenze    des    Gömörer    Comitates    bei    Söreg    =    70'060    Klafter 

oder    17.    Meilen    2060<>. 


Nr. 


Ort 


9 
10 
11 
12 
13 
14 
15 
16 
17 
18 


1  Mündung  in  die  Szob 

2iTölgyes    .... 

3  Szakallas 

4 

5 

6 

7 


Tesa    ..... 

Visk     . 

Pereszleny 

Ipoly  Sägh. 

Szurdok 

Honth  ,      .      .     .      . 

Palank       .      .      .      . 

Vecze  ..... 

Beczinkebach 

Dejtär       .... 

Lokosbach 

Biba     .      .     .      .     . 

P.  Szobok  .      . 

Bai.  Gyarmath     . 

Fekete  Visz.   Csarda 


Buhe  in 
W.-Klftr. 


Nr. 


58 
58 
62 
68 
6S 
7(1 
07 
67 
71 
68 
69 
69 
72 
72 
75 
76 


7 

76 


139 
139 
639 
•639 
•539 
•389 
•489 
•489 
•489 
•489 
•989 
•989 
•489 
•489 
•489 
989 
■989 
•489 


Ort 


Böhe  in 
W.-Klftr. 


19Trazs 

20  Hugyak 

21  Szeczeny 

22  Putri  Csard 

23  Lud an v 
24ISzakal       . 
25|P.  Bazos   . 
|26|Törincs     .      . 

27  P.  Xagy  Dalyo 

28  Vilke   ,     .     . 
29jLosoncz  Tuyar 
30|Tuvarbach  S.O.  beiLosoncz 

3l|Galta 

[32  Kovacsi     .... 

33IPerse 

34Szuhabach  NW.  von  Fülek 


Fülekerbach 
Fülek  .      . 


78-989 
80489 
78-489 
81-989 
87-489 
84-592 
85-489 
85.511 
86-689 
88-689 
98-689 
94689 
93-689 
94189 
97189 
97189 
98-189 
1 03-589 


Strassen-,  Fluss-  u.  Eisenbahn-Nivellements  im  Honther-  u.  Neograder-Coraitate  Ungarns.    129 


>r 


Ort 


Hübe  in 
W.-Rlftr. 


Nr, 


Ort 


Hübe  in 
W.-Rlftr. 


37 
38 
39 


40 
41 

42 
43 
44 
45 
46 


Scoma 

Söreg 

Wasserscheide  und  Grenze 
des  Neograder-  u.  Gömö- 
rer-Comitates  NO.  von 
Söreg  .     .     .     .     i,     . 

Bojtafalu  Puszta  .... 

Einmündung  der  Strasse  v. 
Rima-Szombath    . 

Dubocza   

Martonfalva 

Rima  Szecs 

Lenärtfalu 

Theilung  der  Bahn  nach 
Miskolcz  und  Rosenau    . 


97-589 
117-589 


117589 
107989 

96489 
95630 
92-989 
85989 
85-989 

82-389 


Sojna  Puszta 
Putnok 
Döbucsäny 
Käza    . 
Vädna .     . 
Czicza,  Csard 
Kasinez     . 
Szt.  Peter 
Babonybach 
Keresztür . 
Kelecseny 
Bahnhof  Miskolcz 


82-389 
77-989 
73  989 
73989 
70-989 
70989 
69989 
65-989 
67-989 
65-989 
65489 
61-489 


Zweigbahn     von     Lenärtfalu     nach    Kaschau. 


Nr. 


Ort 


Hübe  in 
W.-Rlftr, 


\r 


Ort 


Hübe  in 
W.-Rlftr. 


1 

2 

3 
4 
5 

6 
7 
8 
9 

10 
11 
12 


Verzweigung  bei  Lenarfalu 
am  Sajo     ..... 

Recske  

Kövecse    

Tornalya 

Ueberbrückung  des  Sajo  bei 
Lekenje 

Pelsöcz 

Vegtelke 

Berzete 

Jölesz . 

Hosszuret 

Wasserscheide  beim  Tunnel 

Ende  des  Tunnels    .     .     . 


81 
81 
86 
86 

99 
105 
118 
120 
120 
159 
159 
162 


•889 
739 
239 
239 

239 
239 
239 
239 
239 
239 
239 
739 


13 
14 
IS 
16 
17 
18 
19 
20 
21 
22 
23 
24 
25 


Bei  Görgö 

Zwischen  Görgö  u.  Melseke 

Melseke    . 

Tornabach 

Torna  . 

Bodolo 

Makräncz 

Komaroczbaeh 

Bei  Szeszta    . 

Varoshegyerbach 

Nagy  Ida  . 

Mokoerbach  . 

Bahnhof  Kaschau 


112-739 

97739 

97-739 

87-739 

87-739 

90.739 

98-739 

100-739 

114-739 

115-739 

115-739 

117-739 

102-739 


MittheiJungen  der  k.  k    geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  Z.  Heft. 


130 


XII. 

Uebcrgang  aus  dem  Ötzthale  in  das  Pitzthal  über  den 
Hochvernagt-  und  Sechsegertenferner. 

Von 

Dr.  Anton  v.  Ruthner. 

Als  ich  den  Entschluss  fasste,  im  Jahre  1858  die  Ersteigung  der 
Ortlesspitze  zu  wiederholen,  machte  ich  die  Ausführung  dieses  Planes  von 
der  Bedingung  abhängig,  dass  ich  einen  vollkommen  schönen  Tag  dazu 
antreffe.  Mit  halbgünstigem  Wetter  hätte  ich  im  besten  Falle  den  Erfolg 
der  ersten  Ersteigung  noch  einmal  erlangen,  das  heisst  den  Ortler  wieder 
ersteigen  können.  Allein  da  ich  jetzt  den  Berg  selbst  schon  kannte,  wäre 
damit  kein  Zweck  erreicht  gewesen,  und  zu  einem  so  zwecklosen  Unter- 
nehmen   hatte    ich    durchaus    keine    Lust. 

Einen  Tag,  wie  ich  ihn  für  den  Ortles  brauchte,  fand  ich  aber  im 
Jahre  1858  während  meines  Aufenthaltes  am  Fusse  des  Berges  nicht. 
Ich  war  am  6.  August  in  Mals,  am  7.  in  Trafo i  angelangt.  An  diesen 
beiden  und  auch  an  den  nächstfolgenden  Tagen  lösten  sich  Regen  und 
Sonnenschein  häufig  ab  bis  endlich  der  Regen  die  Oberhand  behielt  und 
die  Nebel,  welche  bisher  abwechselnd  um  die  Otzthalergruppe,  um  das 
Suldner-,  Vintschgauer-  und  das  Grenzgebirge  gegen  die  Schweiz,  zumeist 
aber  um  die  Ortlesgruppe  ihr  Spiel  getrieben  hatten,  desselben  müde 
sich    auf  allen    diesen    Bergen    in    schweren    Massen    niederliessen. 

Dennoch  wollte  ich  so  lange  zuwarten,  als  es  mir  nur  irgend  wie 
möglich  wäre.  So  hielt  ich  mich  eine  volle  Woche  in  Mals  und  Trafo i 
auf  und  es  bedurfte  wahrlich  des  Prachtbildes  von  Trafo i ,  des  Eingehens 
in  die  Einzelnschönheiten  der  Landschaften,  sowie  der  freundlichen  Theil- 
nahme,  welche  ich  nicht  bloss  von  meinen  achtbaren  Hauswirthen,  der 
Postmeisterin  in  Trafoi  und  dem  Postmeister  in  Mals,  sondern  auch  von 
manch  anderer  Seite  für  die  vergangenen  und  noch  vorhabenden  Ortles- 
leistungen erfuhr,  dass  mir  ein  achttägiger  Aufenthalt  in  diesem  Winkel 
der  Erde  bei  in  der  Hauptsache  schlechtem  Wetter  doch  so  angenehm 
verfloss. 

Als  sich  aber  am  12.  August  noch  keine  Aussicht  auf  besseres 
Wetter  zeigte,  meinte  ich  meine  Pflichten  gegenüber  der  Ortlesgruppe 
redlich  erfüllt  zu  haben ,  ja  ohne  Beeinträchtigung  meiner  übrigen  Pläne 
für  den  Herbst  1858  nicht  weiter  Zeit  auf  sie  verwenden  zu  dürfen. 
Ich  nahm  also  von  Trafoi  ernstlich  Abschied  und  fuhr  nach  Mals,  am  13. 
dagegen  wanderte  ich  aus  dem  Posthause  zu  Mals  nach  dem  Thale  Lang- 
läufers, um  von  ihm  aus  den  Uebergang  über  den  Langtauferer-  und 
Hintereisferner*)    nach    Fend**)    im   Ötzthale    zu    machen. 


*)  „Ferner"  ist  bekanntlich  der  in  Tirol  anstatt  des  Wortes  Gletscher  gebräuchliche 
Ausdruck. 

**)  Die  Schreibart  wechselt  zwischen  Fend  und  Vent.  Erstere  erscheint  in  den 
Generalstabs-Karfen,  letztere  im  Diöcesan-Schematisinus  für  Tirol, 


l'ebergang  aus  d.  üetzthale  in  d.  PiUthal  über  d.  Hochvernagt-  u.  Sechsegertenferner.      1 3  J 

Doch  war  die  Ortlesangelegenheit  damit  noch  nicht  so  vollständig 
erledigt,  wie  ich  wähnte.  Denn  in  Langläufers  schlugen  mir  die  Männer, 
welche  allein  den  von  mir  zu  nehmen  beabsichtigten  Weg  nach  Fend 
gemacht  und  auf  demselben  auch  wiederholt  Fremden  als  Führer  gedient 
hatten,  wegen  der  jetzt  höchst  gefährlichen  Beschaffenheit  des  Lang- 
taufererferners  rundweg  die  Begleitung  ab;  andere  Führer  waren  im  Thale 
nicht  zu  finden,  und  so  entschloss  ich  mich,  um  in  das  Otzthal  zu  ge- 
langen, vorerst  nach  Mals  zurückzukehren,  dann  am  nächsten  Tage  durch 
Vintschgau  abwärts  nach  Stäben  zu  fahren,  und  hier  den  Weg  nach  Fend 
durch    das    Schnalserthal    und    über    den    Niederjochferner    einzuschlagen. 

So  schritt  ich  am  14.  August  an  einem  der  reizendsten  Früh- 
morgen des  Jahres  1858,  bei  mir  selbst  allerlei  nicht  eben  schmeichel- 
hafte Betrachtungen  über  den  Muth  und  die  Thatkraft  der  Langtauferer 
Bergsöhne  anstellend,  durch  das  baumarme,  aber  mattenreiche  Langtaufers 
wieder  hinaus  auf  die  Malserhaide.  Auf  ihr  angelangt,  erblickte  ich  denn 
die  Ortlesspitze  in  einer  Beinheit,  wie  ich  sie  heuer  noch  niemals  ge- 
sehen, und  aller  Aerger  über  sie  war  vergessen  und  sogleich  der  Vor- 
satz gefasst,  Abends  in  Trafoi  und  nach  Mitternacht  auf  dem  Wege  zur 
Spitze  zu  sein. 

Es  war  ein  wahres  Glück,  dass  eine  Stunde  darauf  der  Ortles  sich 
wieder   ganz   in    Nebel    gehüllt    hatte    und    es    für's    Erste  blieb. 

So  schied  ich  am  IS.  unabänderlich  von  Mals,  Abends  sass  ich  in 
Unser  Frau  in  Schnals,  am  16.  um  2  Uhr  Mittags  aber  langte  ich  über  das 
Niederjoch  glücklich  im  Pfarrhause,  oder  nach  dem  Tiroler  Ausdrucke 
Widum    von  Fend    im    Otzthal e    an. 

Das  Otzthal  ist  das  grösste  aus  allen  sich  vom  Hauptkamme  der 
Centralalpen  in  Tirol  nach  Norden  herabziehenden  Thälern.  Seine  Länge 
vom  Uebergangspuncte  am  grossen  Otzthaler-,  am  Hochjoch-  und  Nieder- 
jochferner bis  zu  seiner  Mündung  in  das  Innthal  beträgt  in  der  Luft- 
linie 6  —  7  österreichische  Meilen  und  wird  gewöhnlich  mit  12  bis  16 
Stunden    angenommen. 

Geographisch  ist  es  dadurch  ausgezeichnet ,  dass  es  einem  bedeu- 
tenden Gebirgsstocke  der  rhätischen  Alpen,  in  welchem  sich  das  grösste 
Gletschersystem    Oesterreichs    befindet,    den    Namen    gibt. 

Doch  die  also  entstandene  Bezeichnung  der  Ötzthalergruppe  wird 
wieder  im    weitern    und   engem    Sinne    genommen. 

Im  ersteren  wird  ihre  Grenze  im  Westen  durch  den  Lauf  der 
Etsch  von  ihrem  Ursprünge  bis  zur  Einmündung  des  Suldnerbaches  in 
sie,  dann  über  der  Wasserscheide  auf  der  Malserhaide  durch  den  Lauf 
des  Stillebaches  und  jenen  des  Inns  von  seinem  Eintritte  in  Tirol  bis 
Landeck,  im  Norden  durch  den  Inn  von  Landeck  bis  Innsbruck,  im  Osten 
durch  die  Sil!  und  jenseits  des  Brenners  durch  den  Eisack  bis  Sterzing 
und  von  hier  an  durch  eine  über  den  Jaufen  und  durch  das  Passeyer- 
thal  gezogene  Linie  bis  Meran  gebildet,  südlich  endlich  durch  die  Etsch 
von    der     Mündung    der    Passer    bis    wieder    zu    jener    des    Suldnerbaches. 

Wird  dagegen  der  Begriff  dadurch  verengt,  dass  man  die  Stubayer- 
Fernergruppe  als  ein  abgesondertes  Gletschergebiet  betrachtet,  so  läuft 
bei  der  gleichen  südlichen  und  westlichen  Abgrenzung  die  östliche  Grenze 
des  Otzthalergebietes  von  Meran  dem  Laufe  der  Passer  entgegen  auf 
die    Höhe    des    Timbelsjoches    und    jenseits     desselben     längs     des    Timbels- 


132  Dr.  Anton  v.  Ruthner. 

baches  bis  zu  seiner  Einmündung  in  die  Ötzthalerache  bei  Zwiselstein 
und  von  hier  bis  zur  Mündung  dieser  Ache  in  den  Inn  und  dann  in 
Norden    dein    Laufe    des    luns    entgegen    bis   Landeck. 

Aber  auch  mit  dieser  Begrenzung  nimmt  das  Eisgebiet  des  Ötzthales 
einen  vorzüglichen  Rang  unter  den  europäischen  Gletscherstöcken  ein.  Als 
Beweis  davon  möge  dienen,  dass  nach  den  ausgezeichneten  Forschungen  des 
Herrn  k.  k.  Majors  von  Sonklar,  welchen  die  Originalaufnahmen  des  k.  k. 
General-Quartiermeisterstabes,  die  sogenannten  Originalsectionen  von  Tirol  zu 
Grunde  gelegt  wurden,  und  die  im  l.  Hefte  des  1.  Jahrg.  der  Mittheilungen 
der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  zu  Wien  in  der  Abhandlung  „das 
Otzthaler  Eisgebiet"  zusammengestellt  sind,  sich  in  der  Ützthalergruppe, 
vertheilt  auf  ihre  7  Hauptthäler:  das  Ötzthal,  Pitzthal,  Kaunerthal,  Thal 
Langtaufers,  das  Matscherthal,  das  Schnalserthal,  und  das  Thal  von  Passeyer 
und  eine  Anzahl  von  Nebenthälern,  229  Gletscher,  darunter  14  erster  Ordnung 
befinden,  dann  15  Bergspitzen,  worunter  5  gemessene  von  der  Höhe  zwischen 
11  und  12000  Wiener-Fuss,  65  bis  70  Berge,  darunter  25  gemessene 
mit  der  Höhe  zwischen  10  und  11000  Fuss  und  beiläufig  150,  darunter 
50  gemessene  von  einer  Höhe  von  9 — 10000  Fuss.  Nach  älterer  Annahme 
aber  sind  in  der  Ützthalergruppe  mindestens  6%  Quadrat-Meilen  mit  Eis 
bedeckt. 

Das  Ötzthal  im  eigentlichen  Sinne  blieb  viel  weniger  als  die  meisten 
anderen  Thäler  der  Centralalpen  eine  unbekannte  Welt,  vielmehr  ist  es  seit 
längerer  Zeit  in  die  Reisepläne  ausländischer,  besonders  englischer  und 
norddeutscher  Alpenwanderer  aufgenommen.  Sie  kommen  in  der  Regel  aus 
dem  Innthale  in  das  Ötzthal,  um  über  das  Timbelsjoch  nach  Meran  oder 
noch  häufiger  über  das  Hoch-  und  Niederjoch  nach  Schnals  und  Vintschgau 
zu  reisen.  Allein  nur  das  Ötzthal  und  die  Thäler  jenseits  der  eben 
genannten  Jochübergänge  erfreuen  sich  solcher  Berühmtheit,  die  prachtvollen 
Thäler  Kauns,  Pitz,  Langtaufers  und  Matsch  besucht  kein  oder  fast  kein 
Fremder. 

Ein  so  grossartiger  Stoff  wie  das  Ötzthal  lässt  sich  ohne  gewaltige 
Oberflächlichkeit  nicht  mit  wenig  Blättern  und  ohne  vorhergehende  genaue 
Studien  behandeln.  Ich  beabsichtige  daher  nur  eine  Characteristik  des 
Ötzthales  selbst  soweit  vorauszuschicken,  als  sie  zum  Verständnisse  des  Folgenden 
nöthig  ist,  und  dann  zur  eigentlichen  Aufgabe,  zur  Schilderung  einer 
Unternehmung  überzugehen,  welche  noch  niemals  früher  von  einem  Fremden 
gemacht   eine   Veröffentlichung    zu   verdienen   scheint. 

Seiner  Hauptbeschaffenheit  nach  besteht  das  Ötzthal  von  seiner  Aus- 
mündung  in  das  obere  Innthal  bis  nach  Zwiselstein  aus  fünf  Thalböden, 
welche  terassenförmig  über  einander  liegend  unter  sich  durch  Thalengen 
ansteigen.  Geben  in  den  ersten  Stunden  der  Wanderung  in  das  Thal 
hinein  bloss  die  wilden  Felstrümmer  auf  dem  Thalboden,  und  im  Bette 
der  Wildwässer,  die  den  Gletscherbächen  eigene  schmutzig  graue  Farbe 
der  Ache,  dann  ein  hie  und  und  da  hoch  oben  auf  den  Seitenbergen 
zum  Vorschein  kommender,  und  bald  wieder  verschwindender  Gletscher 
Zeugniss  davon,  dass  wir  uns  mitten  im  echten  Hochgebirge  befinden, 
so  erhält  diess  tiefer  Innen  im  Thale  in  dem  südwestlich  von  Zwiselstein 
aufsteigenden  Nöderkogel  mit  dem  Stockferner  einen  bleibenden  Ausdruck. 
Hinter  Sohlen  erreichen  wir  eine  Schlucht,  welche  die  grossartig  wildeste 
im  wilden  Ötzfhale  selten  auch  Auswärts  ihres  Gleichen  hat.  Nicht  Fels- 
stiicke,    mächtige   Felsen  selbst   im   Bette    der  Ache    hemmen    den    Lauf  des 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzthal  über  d.  Hochvernagt-  u.  Sochsogertenferner.      133 

Wildbaches  and  tosend  und  schäumend  verfolgt  er  um  und  über  sie  seine 
Bahn.  Auf  beiden  Ufern  reicht  ein  Nadelwald  bis  hinab  zum  Flussbette, 
im  Hintergrunde  thront  der  begletscherte  Nöderkogel  darüber.  Diess  hoch- 
interessante Bild  zu  beschauen,  bietet  die  Strasse  dort  einen  sehr  gün- 
stigen Standpunct  dar,  wo  sie  am  rechten  Bachufer  hoch  emporgestiegen, 
sich  um  eine  Felsenecke  biegt.  Allein  nicht  auf  Alle  soll  der  Eindruck 
der  gleiche  sein,  und  man  erzählte  mir,  dass  ein  Fremder,  als  er  auf 
dieser  Stelle  angelangt  in  die  Schlucht  hinabblickte  erklärt  hat,  um  keinen 
Schritt  weiter  in  das  Ötzthal  eindringen  zu  wollen,  das,  wenn  hier  schon 
so  wild,  tiefer  drinnen  ganz  entsetzlich  sein  müsse.  Unbegreiflich  ist  ein 
derlei  Eindruck  nicht,  besonders,  nachdem  man  sich  unter  der  Strasse  nichts 
anders  als  einen  Bergweg  zu  denken  hat,  der  sich  uneben  und  schmal 
und  nur  durch  ein  schwaches  Geländer  gegen  die  entsetzliche  Tiefe  geschützt 
ganz    schüchtern    unter    der    vorspringenden    Felsenecke    durchschleicht. 

Bei  Zwiselstein  ist  die  grosse  Spaltung  des  Thaies  in  das  Gurg- 
lerthal, und  in  das  Fenderthal.  Ersteres  läuft  ganz  südlich  zum  grossen 
Ötzthalerferner,  und  endet  auf  seiner  Höhe  auf  dein  Hauptrücken  der  Cen- 
tralalpen.  In  diesem  Thalaste  liegt  das  Pfarrdorf  Gurgl,  in  einer  Meereshöhe 
von  5504  P.  F.  nach  Schlagintweit.  Der  zweite  Ast  zieht  südwestlich. 
Um  in  ihm  nach  Fend  zu  kommen,  müssen  wir  von  Zwiselstein  zuerst 
über  eine  schwankende  Holzbrücke  auf  das  linke  Ufer  des  hier  schon 
zur  Ötzthalerache  vereinigten  Fender-  und  Gurglerwassers  gehen.  Der 
Weg,  nur  mehr  ein  Fusspfad,  der  namentlich  im  Anfange  bald  ausser 
Zwiselstein ,  hart  am  Bande  des  tobenden  Gletscherbaches  steil  auf  und 
ab  steigt,  bietet  wenigstens  Waldesschatten  und  läuft  nur  ausnahmsweise 
über   Wiesen   hin. 

Die  Berge  zu  beiden  Seiten  bauen  sich  wahrhaft  mauerartig  auf, 
und  vorzüglich  auf  jenen  am  rechten  Ufer,  welche  durchaus  dem  Gurgler- 
Fender  Scheiderücken  angehören ,  werden  die  Ferner  häufiger  und  zusam- 
menhängend. Schon  ragt  der  Fender  Thaleitsspitz  als  eine  schöne  Pyra- 
mide im  Hintergrunde  gerade  vor  uns  auf.  Jetzt  erblickeu  wir  höchst 
pittoresk  gelegen,  am  Fusse  eines  Hügels  einige  Bauernhäuser,  auf  der 
Spitze  desselben  aber  ein  Kirchlein,  und  hoch  darüber  wieder  den  fernen 
Thaleitsspitz.  Wir  haben  Heiligenkreuz  oder  Kurzlehen  erreicht,  beiläufig 
in    2    Stunden    von    Zwiselstein. 

Etwas  länger  als  von  Zwiselstein  bis  Heiligenkreuz  ist  der  Weg 
von  Heiligenkreuz  nach  Fend.  Aber  welcher  Weg  ist  diess!  Mag  die  hohe 
Brücke  zwischen  Heiligenkreuz  und  Winterstall  und  die  dunkle  Häuser- 
gruppe von  Winterstall  an  sich  mahlerisch  sein,  die  Landschaft  im  Ganzen 
wird  besonders  von  Winterstall  an  furchtbar.  Das  Ötzthal  hat  hier  seine  ärgste 
Wildheit  erreicht,  allein  nicht  eine  grossartige,  wie  sie  die  Enge  zwischen  Sölden 
und  Zwiselstein  zeigt,  sondern  eine  schauerliche.  Bald  findet  man  sich 
zwischen  steilen  Bergwänden  eingezwängt,  überall  sind  in  sie  kleine  Schluchten 
eingeschnitten,  in  denen  die  Beste  alter  Lawinen:  Schnee,  Holzstämme, 
Steinblöcke  in  arger  Verwirrung  über  einander  liegen.  Daneben  stürzt  ein 
Bach  lärmend  von  der  Höhe  in  die  zu  unserer  Linken  donnernde  bleigraue  Ache. 
Abenteuerlich  gestaltete  Felstrümmer  liegen  rings  am  Wege,  aber  noch 
grösser  ist  die  Zahl  der  Riesenblöcke  im  Flussbette  der  Ache,  und  sicher  für 
immer  ungelöst  wird  die  Frage  bleiben,  welche  von  ihnen  von  den  Bergwänden 
herabgerollt,   und   welche   bei   den  Ausbrüchen    des   berühmten   Hochvernagt- 


134  Dr.   Anton  v.   Ruthner. 

Ferners  durch  die  Gewalt  der  Fluthen  aus  dem  Hintergründe  des  Rofner- 
thales   bis  hieher  mitgerissen,  und   hier  abgelagert  worden  sind. 

In  solchen  Zeiten  ungewöhnlicher  Grösse  hat  die  Ache,  wo  nur  immer 
eine  Thalsohle  vorhanden  ist,  sie  vollständig  ausgefüllt,  und  so  befinden 
wir  uns,  so  oft  sich  der  Weg  auf  kleine  Flächen  am  Ufer  der  Ache 
hinabgesenkt  hat,  auf  Schotterboden  und  zwischen  Steinblöcken.  Den  Weg 
von  Fend  nach  Heiligenkreuz  characterisirt  ganz  gut  das  in  Fend  gangbare 
Sprichwort,  dass  auf  ihm  nur  3  Stellen  sind,  auf  denen  ein  Träger  im 
Frühjahr    geschützt    vor    Lawinensturz    stehen    bleiben     kann. 

Kurz  vor  Fend  steigt  und  fällt  der  Pfad  noch  ein  paar  mal  stärker 
und  auf  einem  Höhenpuncte  angelangt,  erblicken  wir  zuerst  Fend,  nach  der 
durchwanderten    Wildniss     ein    wahrer    Augentrost. 

Denn  trotz  seiner  hohen  Lage,  nach  Schlag  int  weit  ist  es  5791  P  F., 
nach  Trinker  und  Klinger  604o ,  nach  Walker  6048  W.  F.  hoch  gelegen, 
lacht  es  uns  recht  freundlich  entgegen.  Besonders  erfreuen  das  Auge 
die  schönen  saftgrünen  Wiesen,  auf  deren  einer  am  linken  Ufer  der 
Ache  voran  das  Kirchlein  mit  der  runden  in  eine  lange  Spitze  auslau- 
fenden Thurmkuppel  und  hinter  ihm  der  Widum  und  die  wenigen  höl- 
zernen  Häuser    lagern. 

Auch  das  rechte  Bachufer  begrenzt  eine  Matte,  die  sich  allmählich 
zu  einem  Hain  von  Zirbelnusskiefern  hinanzieht.  Die  Pyramide  des  Tha- 
leitsspitzes  beherrscht  weitaus  das  Bild  von  Fend.  Seine  breite  Masse 
erscheint  vom  spärlichen  mit  Moosen  gemischten  Graswuchse  bis  hoch 
hinauf  bräunlich  gefärbt.  Nur  lichte  Wasserrinnen  unterbrechen  hie  und  da 
die  eintönige  Grundfarbe,  bis  höher  oben  die  Felsen  vorherrschen  und 
aus  ihren  Einbuchtungen  zuoberst  das  Gletschereis  hervorleuchtet.  Links 
und  rechts  vom  Thaleitsspitz  machen  sich  die  Einschnitte  der  zwei  Thä- 
ler,  in  welche  das  Fenderthal  bei  Fend  gabelt,  und  zwar  links  jener 
des,  Anfangs  südlich  dann  südsüdwestlich  zum  Niederjoch  ansteigenden, 
Spiegier-  oder  Niederthaies,  rechts  dagegen  derjenige  des,  erst  westlich 
dann   südwestlich  zum    Hochjoch    streichenden,    Rofnerthales    bemerkbar. 

Aus  ihnen  blicken  nach  der  Höhe  des  Standpunctes,  den  man  ein- 
nimmt, verschiedene  Gletscherspitzen  hervor,  und  zwar  über  dem  Spieg- 
lerthale  der  Diemkogl,  Röthenspitz,  die  Firmisanschneide,  der  Schalfkogl, 
Mutmat  und  Similaun:  über  dem  Rofnerthale  vornehmlich  der  Platteykogl 
und    Guslar. 

Die  Höhe  dieser  Berge  ist  durchgehends  zwischen  10  und  11000 
ja  über  11000  W.  F.,  so  dass  nach  dem  Maasstabe  für  die  Fenderge- 
gend    eine    Bergspitze    unter    10000    F.    kaum    beachtet    wird. 

Wendet  man  sich  endlich  um,  und  blickt  das  Thal  hinauswärts,  so 
ragen  in  der  Ferne  über  der  Schlucht  der  Ache  einige  der  bedeutend- 
sten Ferner  aus  der  Stubayergruppe:  die  Schaufelspitze,  der  Daunkogl, 
wilde  Pfaff  etc.  auf  und  geben,  besonders,  wenn  man  die,  wenig  Minuten 
vor  Fend  auf  dem  Wege  von  Heiligenkreuz  romantisch  liegende,  Sage- 
mühle  als    Vordergrund  benützt,   ein   anderes,   doch   gleichfalls  schönes   Bild. 

Nach  meiner  Ankunft  in  Fend,  war  meine  erste  Aufgabe  mich  mit 
Nicodemus  Klotz,  dem  berühmtesten  Führer  des  Ötzthales  in  Verbindung 
zu  setzen.  Denn  die  Unternehmungen,  welche  ich  vorhatte,  die  Ersteigung 
des  höchsten  Berges  in  der  Ötzthalergruppe,  der  11911  W.  F.  hohen 
Wildspitze,  und  die  Gletscherfahrt  von  Höfen  über  den  Gepatschferner 
nach    dem    Kaunerthale,    waren    ohne    seine    Mitwirkung    fast  unausführbar. 


Uebergang  aus  d.  Oelzthale  in  d.  Pil/.thal  über  d.  Hochveinagt-  u.  Sechsegertenf'erner.      135 

Nicodemus  Klotz  ist  den  Bergfreunden  kein  neuer  Name,  und  wir 
wollen    den   Träger   desselben    nun    näher  kennen  lernen. 

Zu  dem  Ende  suchen  wir  ihn  in  seinen  Wohnung  auf,  wie  ich  es 
am  17.  August  gethan.  Nach  einer  starken  halben  Stunde  von  Fend 
immer  an  den  Abhängen  am  linken  Ufer  der  Hofnerache  fort  gelangt  man 
im  Rofnerthale  zu  den  zwei  Rofnerhöfen.  Noch  200  Fuss  höher  als  Fend 
und  nach  Schlagintweit  6155  W.  F.  hoch  gelegen,  sollen  sie  die 
höchste  Wohnung  Europas  sein,  sind  aber  sicher  eine  der  höshsten  be- 
ständig bewohnten  Orte  unseres  Erdtheiles.  Auch  ihr  Anblick  hat  nichts 
von  der  Wildheit  manch  anderer  Puncte  im  Otzthale.  Die  beiden  nicht 
unbeträchtlichen  Höfe,  nebeneinander  auf  dem  ßergesabhange  hart  an  der 
Schlucht  der  Ache  erbaut,  mit  ihrer  Kapelle,  die  ausgedehnte  ebene  Matte, 
die  sich  rückwärts  von  ihnen  das  Thal  hineinzieht,  das  Hochgebirge,  auf 
dem  rechten  Ufer  des  Baches  schroff  und  felsig,  diesseits  dagegen  sanf- 
ter und  mit  grünen  Abhängen  aufsteigend,  bis  es  sich  in  Felsen  und 
Gletschereis  gehüllt,  besonders  der  Abgang  jedes  Baumwuchses  tragen  mehr 
einen  ernsten  und  durch  die  Ruhe  der  Abgeschiedenheit  selbst  beruhi- 
genden   Character. 

Auch  in  diesem  Gehöfte  hat  Herzog  Friedrich  mit  der  leeren 
Tasche  nach  seiner  Flucht  aus  Konstanz  ein  Asyl  gefunden,  und  zum 
Danke  dafür  dem  Besitzer  die  Privilegien,  deren  sich  der  damals  beste- 
hende einzige  Rofnerhof  seit  den  Zeiten  Ludwig  des  Brandenburgers 
erfreute,    erneuert    und    erweitert. 

Ein  Wappenbrief  für  den  Besitzer  mit  einem  Gstrein,  Hammel,  im 
Wappen  soll  von  jener  Zeit  herstammen,  und  der  heutige  Besitzer  des 
liufnerhofes,  Gstrein,  ein  directer  Abkömmling,  und  damit  ein  Ahnen- 
reicher   im  Bauerngewande,  sein. 

Der  andere  Hof  ist  später  aus  dem  ersteren  abgetheilt  worden, 
und  der  Besitzer  desselben  ist  gegenwärtig  Nicodem  Klotz,  oder  wie 
ihn    gewöhnlich    Fremde    und    Einheimische    nennen,    „der   Nicodemus. u 

Nicodemus'  Vater  genoss  den  Ruf,  der  ausgezeichnetste  Bergstei- 
ger und  ein  vorzüglicher  Kenner  der  Eigenthümlichkeiten  der  Ferner  zu 
sein.  Wenn  irgendwo,  so  ist  im  Otzthale.  der  Bauer  angewiesen,  den 
Gletschern  eine  nähere  Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Gibt  ihm  ja  doch 
der  Hochvernagtferner  durch  die  von  der  Wissenschaft  noch  nicht  genug- 
sam aufgeklärte  Erscheinung  seines  in  ungleichen  Zeiträumen  erfolgenden 
raschen  Anwachsens  und  die  darauffolgenden  das  Ötzthal  weithin  verwü- 
stenden Ausbrüche  der  dadurch  lange  gestauten  Gletscherwässer  Veran- 
lassung genug,  öfter  als  es  anderwärts  geschieht,  über  die  Ferner  nach- 
zudenken. 

Auch  Nicodem,  als  der  echte  Sohn  seines  Vaters,  hatte  sich  bald 
den  Ruf  erworben,  die  Gletscher  zu  kennen  wie  Niemand  sonst  im  Thale. 
Er  leistete  insbesunders  in  der  letzten  Bewegungsperiode  des  Hochver- 
nagtferners  in  den  Jahren  1840 — 1848  die  besten  Dienste  als  Beobachter 
der  Fortschritte  des  Ferners.  Auch  als  Führer  überragte  sein  Name  bald 
alle  übrigen.  Dadurch  ist  Nicodem  im  Auslande  vielbekanut  geworden, 
und  wir  finden  seiner  in  manchen  Reisewerken,  besonders  bei  Steub, 
erwähnt. 

Alle  Reisenden  aber  haben  in  ihm  den  Bergsteiger  allererster  Art 
erkannt.  Und  ein  solcher  Erfolg  ist  bei  Nicodem  eben  nur  seinen 
Leistungen    zuzuschreiben,    da    er    nicht,    wie   manch    anderer    Gebirgler    die 


136  n<"-   Anton  v.  Ruthner. 

Fremden  durch  seine  Persönlichkeit  besticht.  Er  ist  neinlich,  ohne  schwäch- 
lich gebaut  zu  sein,  eher  klein  als  mittelgross  und  von  etwas  gebeugter 
Haltung.  Auch  ist  sein  Gesichtsausdruck  vielmehr  scheu  und  zurückhal- 
tend als  kühn,  obgleich  der  aufmerksame  Beurtheiler  aus  seinen  Zügen 
grosse  Energie  entnehmen  wird,  die  denn  Nie  ödem  auch  in  hohem  Maasse 
besitzt. 

Allein  unser  Held  aus  Rofen  ist  kein  Führer  der  gewöhlichen  Art, 
den    man   beliebig    zu   jedwedem    Unternehmen    aufdingen    kann. 

Als  Besitzer  eines  ausgedehnten  Anwesens  versäumt  er  an  manchen 
Tagen  mehr  an  der  Arbeit,  als  er  an  Führerlohn  verdient.  Auch  ist  ihm 
vielfach  durch  die  Fremden  selbst  das  Führen  in  mehr  als  30  Jahren 
verleidet  worden.  Er  schickt  daher,  handelt  es  sich  um  kleine  Parthien, 
den  Uebergang  über  das  Timbels-,  das  Hoch-  oder  Niederjoch,  einen 
seiner  zahlreichen  Brüder,  von  denen,  wenn  ich  nicht  irre,  noch  jetzt 
sieben  am  Leben  sind,  und  den  Fremden  ist  damit  stets  gedient;  denn 
alle  Brüder:  der  Leander,  der  Benedict,  der  Hannes  etc.  sind 
treffliche  Führer.  Dafür  bleiben  grosse  gefährliche  Unternehmungen  Nico- 
demus'  Reservatrecht.  Aber,  wenn  sie  auch  den  alten  Reiz  auf  Nico- 
dem  üben,  so  ist,  bis  er  sich  zur  Führung  bereit  erklärt,  noch  man- 
ches   Hinderniss    zu    besiegen. 

Vor  Allem  muss  er  seinen  Mann  kennen,  um  zu  bestimmen,  ob 
er  ihn  da-  oder  dorthin  führen  könne,  und  auf  wahrhaft  originelle  Weise 
wird  der  Reisende,  ohne  dass  er  es  ahnt,  vorerst  einer  Prüfung  unter- 
zogen. 

Nico  dem  findet  das  Wetter  zu  einem  grossen  Unternehmen  nicht 
günstig,  oder  er  ist  verhindert,  räth  aber  dafür  diesen  oder  jenen  Glet- 
scher   allenfalls    mit  Leander    zu    besuchen. 

Ohne  es  zu  ahnen,  unterwirft  sich  der  Fremde  der  Prüfung,  und 
erst  wenn  Nico  dem,  oder  in  seiner  Verhinderung  Leander  oder  Han- 
nes als  Prüfungs-Commissäre  sich  günstig  über  den  Erfolg  aussprechen, 
erfolgt  die  Zulassung  zu  einer  gefährlichen  Expedition.  Selbst  mit  den 
ihm  als  solche  bekannten  tüchtigen  Bergsteigern  unternimmt  Nico  dem 
nur  ungerne  einen  gewagten  Zug.  weil  ihm  die  Möglichkeit  eines  Unfalles 
stets  drohend  vor  Augen  steht,  seit  er  einen  Fremden  auf  einem  ver- 
hä.ltnissmässig    ungefährlichen    Wege    verunglücken    sah.*) 

Hat  endlich  die  Liebe  zu  den  Gletschern  über  alle  diese  Bedenken 
gesiegt,  und  ist  auch  das  Wetter  recht,  denn  auch  in  dieser  Richtung 
wird  sehr  wählig  vorgegangen,  dann  müssen  noch  die  Sorgen  von  Nico- 
demus'  braver  Bäuerin  beschwichtigt  werden,  welche  jedesmal  in  Angst 
ist,  ihr  Mann  könne  doch  noch  einmal  auf  den  Fernern  „unglücklich 
werden. u 

Nicodemus  kannte  mich  schon  vom  Jahre  1857  her,  weil  wir  über 
das  Ramoljoch  auf  dein  Gurgler-Fender  Scheiderücken  von  Fend  auf  den 
grossen    Ötzthalerfenier    und    nach    Gurgl    mit    einander    gegangen    waren. 

Ich  hoffte  ihn  daher  geneigt  zur  Erfüllung  meines  Wunsches  zu 
finden,  dass  wir  schon  am  nächsten  Morgen  eines  der  beiden  Unterneh- 
men   beginnen    sollten.    Allein    darin    irrte    ich    sehr. 


*)  Im  Jahre  1845  stürzte  Dr.  Brastenbinder  aus  Berlin  auf  dem  grossen  Ötz- 
thalerferner,  wohl  aus  Mangel  an  Vorsicht,  in  eine  Gletscherspalte  und  wurde  als  Leiche 
aus  derselben  gezogen 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzlhal  über  d.  Hnohvernagt-  und  Sechsegeitenfeinei.     137 

Nico  dem  erklärte  sich  bereit,  mit  mir  die  Wildspitze  zu  erstei- 
gen. Da  jedoch  der  Weg  auf  der  Südseite,  auf  welchem  sie  bisher  allein, 
und  zwar  im  Jahre  1857  erstiegen  worden  war*),  heuer  nicht  leicht 
zu  benutzen  sei,  weil  sich  die  Eiswände  ungünstiger  als  im  vorigen  Jahre 
gestaltet  hätten,  so  wolle  er  vorerst  die  Westseite  recognosciren,  um  zu 
sehen ,  ob  nicht  die  Besteigung  von  dieser  Seite  besser  versucht  werde, 
daher  könnten  wir  am  folgenden  Tage  noch  nicht  die  Besteigung  selbst 
unternehmen. 

Ueber  den  Gepatschferner  noch  in  diesem  Jahre  mit  mir  zu  gehen 
lehnte  er  dagegen  bestimmt  ab.  Denn  er  habe  bei  seiner  letzten  Wan- 
derung darüber  vor  12  Tagen  schon  viele  schmale  Eisbrücken  zwischen 
den  riesigen  Eisspalten  angetroffen,  über  welche  der  einzige  mögliche 
Weg  nur  mit  der  grössten  Gefahr  ihres  Einsturzes  hinweggeführt  habe. 
Seitdem  müsse  die  Sonne  und  der  warme  Regen  die  Mehrzahl  derselben 
vernichtet  haben,  und  so  würde  es  durchaus  verlorene  Mühe  sein,  die 
Expedition  zu  machen.  Ich  möge  in  einem  anderen  Jahre  früher  kommen 
und  er  gehe  gerne  mit  mir  über  den  Gepatsch,  heuer  aber  werde 
er   es  nicht   thun. 

Zur  Erklärung  möge  hier  bemerkt  werden,  dass  der  Gepatschferner 
bei  Weitem  der  ausgedehnteste  österreichische  Gletscher  ist.  Nach  Hr. 
von  Sonklar  hat  er  eine  Längenachse  von  35748  W.  F.,  während  der 
nächst  grosse  Tiroler  Gletscher,  der  Gurglerferner,  nur  31608  W.  F., 
der  längste  Gletscher  in  der  Tauernkette,  die  Pasterze,  schon  nur  28937  P.  F. 
lang  ist.  Der  Uebergang  vom  Rofnerthale  in  das  Kaunerthal,  dessen  Ge- 
biete der  Gepatsch  angehört,  war  zwar  in  früherer  Zeit  allgemein  im 
Gebrauch,  worauf  ich  noch  später  zu  sprechen  kommen  werde,  ist  jedoch 
seit  uralter  Zeit  derart  in  Vergessenheit  gerathen,  dass  von  den  Anwoh- 
nern nur  Nicodem  allein  den  Gletscher  zu  überschreiten  versteht,  wo- 
gegen ein  mir  bekannt  gewordener  Versuch,  von  der  Gepatschalpe  in 
Kauns    über   ihn   nach    Rofen    zu    gelangen,    misslungen    ist. 

Aber  bisher  hatte  noch  kein  Fremder  mit  Nicodem  den  Gepatsch 
überschritten,  bis  eben  am  5.  August  1858  Herr  Albert  W.  aus  Botzen 
auf  diesem  Wege  von  Nieodem  glücklich  von  Rofen  nach  dem  Kauner- 
thale   geführt  wurde. 

Ich  sah  bald,  dass  alles  Zureden  vergebens  sei,  insoweit  es  sich 
um  den  Gepatschferner  handelte,  und  da  ich  das  in  diesem  Jahre  so 
seltene  schöne  Wetter  jedenfalls  schon  am  nächsten  Morgen  benutzen 
wollte,  so  trat  ich  zu  Nicodem us'  ungeheuerstem  Erstaunen  mit  einem 
dritten  Plane  hervor,  von  dem  ich  selbst  noch  vor  14  Tagen  keine 
Ahnung   gehabt   hatte. 

Nicodem  hatte  nemlich  Herrn  Albert  W.  während  dessen  mehr- 
tägigen Aufenthaltes  in  Rofen  vor  der  Gepatschpartie  als  die  schönste 
Erinnerung  aus  seinem  Gletscherleben  erzählt,  dass  er  vor  29  Jahren 
beiläufig  20jährig  einmal  mit  seinem  Vater  über  den  Hochvernagtferner 
in  das  Pitzthal  gestiegen  sei ,  dass  dann  die  Bewohner  von  Planggeros, 
als  ihnen  sein  Vater  über  ihr  Befragen,  woher  sie  denn  kämen,  gesagt, 
dass    sie    über    den    Pitzthaler    Urkund    gekommen    wären,    ihm    diess    mit 


*)  Von  Nicodem,  Leander  und  Hanns  Klotz  geführt,  bestieg  ein  Kaufmann  aus 
Wien,  Herr  I.  A.  Sp.  die  Wildspitze,  welche  bis  dahin  trotz  aller  entgegengesetzten 
Angaben  seit  Menschengedenken  niemals  vollständig  erstiegen  worden  war. 


138  Dr.  Anton  v.  Ruthner. 

den  Worten:  „da  könnt  ihr  nicht  hergekommen  sein,  da  kann  ja  kein 
Mensch  durch,"  in  Abrede  gestellt,  und  als  er  die  Wahrheit  der  Angabe 
versichert  und  den  Weg  beschrieben  hatte,  zur  Antwort  bloss  die  Worte 
gegeben  haben;  „ja  da  seid  ihr  ja  wahre  Teufel  und  Jochleut."  Herr 
Albert  W.  hat  mir  diese  Nie  ödem  characterisirende  Geschichte  mit- 
getheilt,  als  wir  am  6.  und  7.  August  in  Trafoi  zu  gemeinschaftlicher 
Ortlesbesteigung  beisammen  waren,  und  weil  ich  von  ihm  auch  erfahren 
habe,  dass  Nico  dem  wenigstens  heuer  nicht  mehr  über  den  Gepatsch 
gehen  wolle,  habe  ich  schon  damals  bemerkt:  „Gut,  so  muss  Nie  ödem 
mit   mir    über    den    Hochvernagtferner   in    das    Pitzthal." 

Als  ich  nun  gegen  Nico  dem  mit  dem  Vorschlage  herausrückte, 
dass  wir,  wenn  durchaus  nicht  über  den  Gepatsch  zu  kommen  sei,  über 
den  Hochvernagt  in  das  Pitzthal  gehen  sollten,  so  war  der  also  Ge- 
drängte höchlich  überrascht,  meinte  dann,  nachdem  ich  ihm  meine  Kennt- 
niss  von  seiner  Jugenderinnerung  aufgeklärt  hatte,  Anfangs,  das  gehe 
nicht,  denn  das  wäre  noch  schlechter  als  über  den  Gepatsch  zu  steigen. 
Allein  jetzt  liess  ich  Nico  dem  keine  Hube  mehr,  entweder  Gepatsch 
oder  Pitzthal.  und  zuletzt  war  die  Pitzthalerparthie,  von  der  die  Unmög- 
lichkeit des  Gelingens  nicht  behauptet  werden  konnte,  wenigstens  nicht 
unbedingt  verworfen.  Aber  obgleich  bestimmt  wurde,  dass  wir  am  fol- 
genden Morgen  zu  einer  Gletscherfahrt  aufbrechen  sollten,  und  dass  ich 
hiezu  vollkommen  gerüstet  schon  diesen  Abend  nach  Rofen  kommen  werde. 
so  hatte  doch  Nico  dem  mit  seiner  Zähigkeit  so  sehr  immer  wieder  für 
morgen  die  Ersteigung  des  Pröchkogels  und  die  Besichtigung  des  West- 
abfalles der  Wildspitze  von  ihm  in  Vorschlag  gebracht,  dass  ich,  als  ich 
endlich  Rofen  verlies*  um  nach  Fend  zurückzugehen,  noch  nicht  sicher 
wusste,    wohin    eigentlich    am    18.    Früh    werde    gegangen    werden. 

In  Fend  hatte  ich  vor  Allem  Leander  Klotz  nach  der  mit  Ni Co- 
de m  getroffenen  Verabredung  als  zweiten  Führer  zu  gewinnen,  was,  nach- 
dem er  gehört,  dass  sein  Bruder  mitgehe,  unschwer  gelang.  Ich  kam  mit 
ihm  überein,  dass  er  mich  Abends  im  Pfarrhofe  abzuholen  habe,  und 
verbrachte  den  Rest  des  Tages  in  Gesellschaft  des  geistlichen  Hausherrn 
und  einiger  Fremden,  an  welch  letzteren  es  im  Monate  August  im  Pfarr- 
hofe   zu    Fend    niemals    fehlt. 

In  den  höchstgelegeuen  Gebirgsdörfern  in  Tirol  haben  nämlich  die 
Geistlichen  das  Recht  und  die  Güte,  Fremde  im  Pfarrhofe  zu  beher- 
bergen, und  ist  dadurch  schon  überhaupt  bei  der  bisweilen  nicht  primi- 
tiven sondern  hottentotischen  Beschaffenheit  der  Wirthshäuser  im  Hoch- 
gebirge dem  Reisenden  eine  Wohlthat  erwiesen,  so  ist  diess  in  Fend 
doppelt  der  Fall,  wo  dem  Fremden  nicht  bloss  alles  das,  was  nur  irgend 
in  einem  6000  Fuss  hoch  und  mindestens  12  Stunden  von  den  Heer- 
strassen gelegenen  Dorfe  vernünftigerweise  gefordert  werden  kann,  durch 
die  Güte  des  Herrn  Curaten  geboten  wird,  sondern  ihm  auch  freundlich 
und    mit   aufmerksamer    Sorgfalt    geboten   wird. 

Es  dämmerte  bereits,  als  ich  mit  Leander,  ich  heute  zum  dritten 
Male,  nach  Rofen  ging.  Nico  dem  war  bei  unserer  Ankunft  schon  zu 
Bett  gegangen,  ich  sprach  ihn  daher  nicht  mehr,  und  so  war  mir,  als 
ich  meiner  Seits  mein  Nachtlager  in  Nicodemus'  Scheuer  aufsuchte,  das 
Ziel  des  in  wenig  Stunden  zu  beginnenden  Zuges  noch  um  nichts  be- 
kannter   geworden. 


Üebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pilzthal  über  d.  Hochvernagt-  u.  Seohsegertenfemer.      139 

Am  18.  August  begab  ich  mich  sehr  früh  nach  Nicodems  Behau- 
sung. Ausser  wenigen  leichten  Nebeln,  welche  über  den  Spitzen  des 
Bergzuges  zwischen  Fend  und  Gurgl  schwebten,  spannte  sich  ein  durch- 
aus   reiner   Himmel    über    die  Landschaft. 

Nie  ödem  war  heute  wortkarger  als  je  und  rückte  bald  mit  der 
Besteigung  des  Pröchkogels  wieder  hervor.  Die  Unlust  zu  dem  Ueber- 
gange  in  das  Pitzthal  begründete  er  damit,  dass  der  Schnee  auf  den 
Fernern  nicht  fest  genug  sei,  uns  zu  tragen,  dass  wir  daher  bei  stetem 
tiefen  Einsinken  darein  mit  zu  grossen  Beschwerden  zu  kämpfen  haben 
würden.  Allein  ich  beharrte  auf  der  Pitzthalerparthie  und  meinte  nur. 
wir  sollten  vorerst  auf  den  Hochvernagtferner  gehen,  und  trage  der  Schnee 
nicht,    dann    sei   ich    bereit,     sogleich    zur   Pröchkoglersteigung    umzukehren. 

Eine  vollständige  Vereinigung  war  vorläufig  nicht  zu  erzwecken. 
Die  Worte  Nicodems  „der  Herr  ist  so  viel  eigensinnig"  erfuhren  die 
Erwiederung  „ganz  wie  der  Nicodemus"  und  thatsächlich  brachen  wir 
um  halb  5  Uhr  von  Bofen  auf,  ja  waren  wir  schon  eine  Stunde  lang 
auf  den  Bofnermähdern  (Bergwiesen)  und  dem  Platteyberg  auf  der  Süd- 
seite unterhalb  des  Platteykogels  aufwärts  gestiegen,  ohne  dass  Nicodem 
ein    Zeichen    gegeben    hätte,    dass  es  ihm  mit  der  Pitzthalerpartie  Ernst  sei. 

Aber  jetzt  waren  wir  an  einer  Ecke  angelangt,  wo  sich  bereits 
tief  unter  uns  zur  Linken  der  Hochvernagtferner  ausdehnte,  und  unsere 
Richtung  wurde  nun  eine  solche,  dass  es  sich  nur  mehr  um  das  Pitz- 
tlnil  handeln  konnte.  Der  Üebergang  in  das  Pitzthal  hatte  nämlich  über 
eine  Scharte  in  der  NO.  Ecke  des  Hochvernagtferners  zu  geschehen,  und 
gegen    diese    drangen   wir  jetzt   vor. 

Der  Hochvernagt  gibt,  wie  erwähnt,  der  Wissenschaft  in  seinem 
zeitweiligen    raschen    Anwachsen    noch    eine    interessante    Aufgabe    zu    lösen. 

Bis  jetzt  kennt  man  fünf  Perioden  derlei  ungewöhnlichen  Wachs- 
thums  des  Ferners,  wovon  nach  Dr.  Stotters  trefflicher  Schrift  „die 
Gletscher  des  Vernagtthales  in  Tirol  und  ihre  Geschichte"  die  erste  in 
die  Jahre  1599  —  1601,  die  zweite  auf  1677—  1678,  die  dritte  auf 
1770  —  1772,  die  vierte  von  18'>0  —  1822  und  die  letzte  auf  die  Zeit 
von    1840  —  1848    fällt. 

In  diesen  Jahren  legten  sich  die  Eismassen  des  Ferners  jedesmahl 
über  die  ganze  Breite  des  Bofnerthales  bis  an  die  gegenüber  aufsteigende 
Zwerchwand,  stauten  dadurch  die  im  Laufe  gehemmten  Abflüsse  der  rück- 
wärts im  Thale  gegen  das  Hochjoch  gelegenen  Ferner,  vorzüglich  des 
Hintereis-  und  Hochjochferners  zum  Rofnereissee,  dessen  gewaltsamer 
Durchbruch  endlich  das  Oetzthal  weithinaus  mit  seinen  wüthenden  Flu- 
then.    seinen    Eis-    und   Felsmassen    verwüstete. 

Die  schrecklichsten  Katastrofen  solcher  Seeausbrüche  sind  in  den 
Jahren  1600,  1677  und  1680,  dann  wiederholt  in  den  Vierziger-Jahren 
unseres    Jahrhunderts    vorgekommen. 

Wir  haben  es  jetzt  mit  dem  gerade  ganz  zahmen  Ferner  zu  thun.  Fassen 
wir  seine  Physiognomie  näher  in  das  Auge,  so  sehen  wir  zuerst  den 
23928  W.  F.  langen  Ferner  im  unteren  Theile  zwischen  den  felsigen 
Abhängen  des  Platteyberges  und  Platteykogels  einerseits,  und  des  Guslar- 
berges  andererseits  mit  nicht  starkem  Gefälle  in  südlicher  Bichtung  dem 
Rofenthale  zufliessen.  Dort  wo  er  eine  steilere  Steigung  annimmt,  ist  auch  die 
Vereinigung  seiner  2  Hauptäste  nahe.  Der  Gletscher  entsteht  nämlich  aus  2  Zu- 
flüssen, dem  eigentlichen  Hochvernagt-  und  dem  Rofenthalferner. 


140  Dr.  Anton  v.  Ruthner 

Letzterer  zieht  ziemlich  sleil  zwischen  dein  Guslar  und  der  vor- 
liegenden Schwarzen  Wand  von  den  ungleich  bedeutenderen  Spitzen, 
deren  ganze  Gruppe  Im  hintern  Graslen  genannt  wird,  auf  der  linken 
westlichen  Seite  zum  eigentlichen  Hochvernagtferner  herab.  Dieser  nimmt 
dagegen  den  Hintergrund  vor  uns  von  dem  hintern  Graslen  in  einem 
nordwärts  gezogenen  Halbkreise  bis  zum  Platteykogl  ein.  Sein  Firnmeer 
ist  von  verschiedener  Gestaltung,  und  zwar  fliesst  der  westlichere  Theil 
von  dem  Hintergraslen  ruhiger  zur  Tiefe,  während  der  östliche  unterhalb 
des  Platteykogels  besonders  zu  dem  tief  unten  mit  seinem  Fusse  wur- 
zelnden Felsenrevier  bei  den  schwarzen  Kegeln  mit  Gletscherabstürzen 
hinabeilt. 

Alle  Höhen  aus  dem  Bergcircus  um  ihn  gehören  jenem  Zuge  an, 
der  von  der  zwischen  Langtaufers,  Matsch  und  Schnals  gelegenen  11805 
W.  F.  hohen  Weisskugel  oder  hinteren  Wildeisspitze  bis  zu  der  11911 
W.  F.  hohen  Wildspitze  zwischen  Ötzthal  und  Pitzthal  reicht,  und  mit 
Recht  als  der  Hauptstock  des  Ötzthalereisgebietes  angesehen  wird,  weil 
von  ihm  die  grössten  Ferner  in  das  Pitz-,  Ötz-.  Kauner-,  Langtauferer-, 
Matscher-    und    Schnalserthal    hinabströmen. 

Von  den  Spitzen  aus  dem  höchsten  Rande  des  Hochvernagtferners 
ist  nur  der  Platteykogel  mit  Sicherheit  zu  bezeichnen,  in  der  Benennung 
aller    übrigen    herrscht    eine    grosse    Unsicherheit. 

So  hat  mir  Nico  dem  in  der  nördlichen  Umwallung  eine  Schwarze 
Wand  genau  bezeichnet.  Nach  den  Sectionen  der  k.  k.  Generalstabs- 
karte würde  jedoch  die  Schwarze  Wand  nicht  auf  dem  Grate  über  dem 
Hochvernagt-,  sondern  schon  jenseits  auf  dem  Gepatschferner  stehen.  Ein 
Fluchtkogl  erscheint  in  der  Anich'schen  Karte  in  der  Nähe  dieser  Schwarzen 
Wand,  ohne  dass  ihn  Nico  dem  kennt,  oder  eine  mir  bekannte  neuere 
Karte  diesen  Namen  enthält.  Selbst  den  Pröchkogl  finden  wir  in  manchen 
Karten  an  dem  östlichen  Rande  des  Hochvernagts,  allein  er  stand  nicht 
auf  der  für  uns  sichtbaren  Uinwallung.  welche  wir  für  die  höchste  halten 
mussten,  wobei  freilich  nicht  unbemerkt  bleiben  darf,  dass  sich  nur  aus 
einem  Alles  ringsum  beherrschenden  Standpuncte  beurtheilen  lässt,  durch 
welche  Linie  ein  Gebiet  zu  oberst  begränzt  ist,  weil  oft  Höhen  aus 
tieferen  Puncten  betrachtet  die  Gestaltung  eines  selbständigen  höchsten 
Kammes  annehmen,  die  sich  doch  in  der  That  nur  als  Abhänge  einer 
anderen    grösseren    Erhebung    classificiren    lassen. 

Nico  dem  wies  mir  drei  Einsattlungen  im  nördlichen  Kamme  über 
dem  Firnmeere  unseres  Gletschers,  über  welche  auf  die  beiden  jenseits 
des  Kammes  in  die  Thäler  Kauns  und  Pitz  sich  senkenden  Ferner  Ge- 
patsch und  Sechsegerten  *)  zu  kommen  möglich  ist,  und  zwar  über  die 
östliche  davon  auf  den  Pitzthaler  Sechsegertenferner,  über  die  beiden  west- 
lichen dagegen  auf  den  Kaunser  Gepatschferner,  und  aus  den  letzteren 
ist  wieder  die  westliche,  jene  an  der  Schwarzen  Wand,  von  Nico  dem 
bisher  stets  bei  seinen  Wanderungen  über  den  Gepatschferner  benutzt 
worden. 

Unser    Ziel    war    daher    die    östliche    Scharte. 

Um  uns  ihr  zu  nähern,  schritten  wir  zuerst  eine  geraume  Zeit 
lang  über  die  steilen  Grasabhänge,  Erdbrüche  und  Schuttfelder,  mit  welchen 
der  Platteykogl  auf  seiner   West-    und    Nordwestseite    auf  den  Hochvernagt- 


*)Egerten  ist  gleichbedeutend  mit  Tagewerk. 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  iü  d.  Pitzlhal  über  d.  Hochvemagt-  u.  Sechsegeiteiiferner.      141 

ferner  herabreicht,  schräge  aufwärts,  dann  hatten  wir  grösseres  Steinge- 
rölle  und  zuletzt  Felsenpartien  zu  überklettern.  Als  wir  schon  in  die 
Nähe  des  Firnmeeres  und  zwar  bereits  der  höchsten,  unmittelbar  zur 
Scharte  aufwärts  steigenden,  Mulde  desselben  gekommen  waren,  bot  die 
Ueberschreitung  eines  Firnfeldes,  das  vom  Platteykogl  bis  tief  hinab  in 
die  Felsschluchten  an  den  schwarzen  Kegeln  mit  sehr  steiler  Neigung 
hängt,  vorzüglich  wegen  des  festen  Gefüges  seiner  Oberfläche  einige 
Schwierigkeit  dar.  Als  jedoch  diese  Wand  überwunden  war,  und  wir  die 
oberste  Fläche  des  Firnmeeres  damit  gewonnen  hatten,  waren  zwar  stel- 
lenweise, besonders  an  den  tieferen  Stellen  des  Firnfeldes,  die  Klüfte 
zahlreich,  allein  die  Härte  des  Schnees  liess  uns  bequem  fortschreiten. 
Nico  dem  war  jetzt  schon  wieder  ganz  Führer  auf  einer  grossen  Ex- 
pedition geworden,  so  dass  er  meinen  Zuruf  „der  Schnee  trägt  nicht" 
lachend    mit   den    Worten    erwiderte    „der   tragt  ja   gut." 

Wir  kamen  unserer  Scharte  immer  näher.  Sie  scheint  an  der 
äussersten  nordöstlichen  Ecke  des  Firnmeeres  zu  sein,  obgleich,  wie 
erwähnt,  die  uns  zur  Rechten  noch  hundert  Klafter  das  Firnfeld  über- 
ragenden Spitzen  auf  dem  Kamme  möglicherweise  noch  nicht  die  höchste 
östliche  Begrenzung  desselben  darstellen ,  in  welchem  Falle  dann  die  Scharte 
nicht    vollständig   an    die    nordöstliche    Ecke  zu   setzen   ist. 

Erst  das  Hinaufsteigen  über  die  letzte  sehr  steile  und  aus  festem 
Firnschnee  bestehende  Erhebung  zur  Scharte  war  bedenklich,  doch  halfen 
einige  mit  der  Spitze  des  Bergstockes  an  den  gefährlichsten  Stellen  in 
das  Eis  eingestossene  Fusstapfen  darüber  hinweg,  und  um  8  Uhr  standen 
wir   glücklich    auf   der   Kammhöhe. 

Das  schöne  Wetter  hatte  sich  vollständig  erhalten.  Die  Sonne  schien 
warm  aus.  Doch  strich  hier  mitten  zwischen  den  Fernern  eine  so  kühle 
Luft,  dass  wir  uns  gerne  in  den  Schutz  der  Sonnenstrahlen  und  der 
nächsten  Felsen  stellten.  Unser  Erstes  war,  den  Weg  in  das  Pitzthal  in 
Augenschein  zu  nehmen.  Da  öffnete  sich  denn  folgendes  Bild:  Die  Scharte 
senkte  sich  allmählich  auf  eine  wellenförmige  Eisfläche,  welche  nach  Links 
und  vorne  zu  langsam  anstieg.  Darüber  ragte  zur  Linken,  von  der 
Scharte  weg  in  nördlichem  Laufe,  ein  Eisrücken  steil  auf.  Rechts  dagegen 
setzte  das  Eisfeld  fort,  bis  es  gegen  unsern  Standpunct  zu  von  den 
Vorsprüngen  des  Kammes,  worauf  wir  selbst  uns  befanden ,  begrenzt  wurde 
Gerade  vor  uns  aber  erhob  sich  mitten  aus  der  Eisfläche  unter  uns  ein 
breiter  Felsrücken.  Hart  an  ihm  liefen  beiderseits  offenbar  Schluchten  in 
die  Tiefe  des  Pitzthales,  das  in  seinem  Zuge  durch  die  mit  unserm 
Hochkamm  parallele  Kette  der  jenseits  des  Thalbodens  liegenden  Berge 
gezeichnet  war.  Diese  Berge  waren  grossentheils  mit  Gletschern  bedeckt 
und  bildeten  in  der  Richtung  gegen  Südwesten,  also  für  uns  gegen  Links 
unverkennbar  als  Thalschluss  eine  bis  zum  obersten,  gegen  die  nordöst- 
licheren Höhen  etwas  herabgedrückten,  Bergrande  mit  Gletschern  ausgefüllte 
Bucht,  welche  bis  dahin  sichtbar  war,  wo  sie  der  erwähnte  Eisrücken 
links  von  unserer  Scharte  und  darunter  das  Schneefeld  zu  unsern  Füssen 
abschloss. 

Ein  grosses  aber  wahrhaft  frostiges  Hochalpenbild  lag  so  vor  uns ! 
Nico  dem  nannte  den  Felsrücken  vor  uns  mitten  zwischen  den  Fernern 
den  Pitzthaler  Urkund.  In  der  Section  des  k.  k.  Generalquartiermeister- 
stabes erscheint  allerdings  eine  Urkundpitze  in  dieser  Gegend,  aber  sie 
würde    sich    näher    unserer    Scharte,    links    schon    in    der    Abdachung    des 


142  Dr.  Antun  v.  Kuthner. 

Gepatschferners     als     höhere    Stufe     und     oberste     Kuppe     des    Eisröckens 

befinden,  der  links  von  der  Seharte  weg  nach  Norden  zieht.  Der  in 
Rede  stehende  Felsnicken  dagegen  ist  in  derselben  Karte  Umrichkogl 
benannt. 

Nicodemus'  Angabe  hat  die  Loealgültigkeit  für  sich,  denn  im 
Pitzthale  wird  dieser  Rücken  in  seiner  ganzen  bedeutenden  nordöstlichen 
Breite  der  Urkund  genannt,  und  mag  der  Umrichkogl  die  Bezeichnung 
einer    einzelnen    Spitze    desselben    sein. 

Die  Berge  jenseits  des  Thalbodens  von  Pitz  sind  der  im  südwest- 
lichen Hintergrunde  des  Thaies  gelegene  Blickspitz  und  vordere  Öhl- 
grubenspitz.  Letzterer  ist  für  uns  der  äusserste  sichtbare  Berg  nach 
Links  zu,  weil  der  noch  südwestlichere  hintere  Öhlgrubenspitz  durch  den 
nahen  linken  Eisnicken  gedeckt  ist.  Am  vordem  Öhlgrubenspitz  links 
zeigt  der  Kamm  gegen  Kauns  die  grösste  Senkung,  und  über  sie  führt 
zwischen  den  beiden  Ohlgrubenspitzen  der  Öhlgrubenweg  aus  dem 
hintersten  Pitzthale  zur  Gepatschalpe  im  Kaunerthale,  nachdem  er  vorher 
lange  am  Rande  des  den  uns  bekannten  Thalschluss  einnehmenden  Sechse- 
gertenfemers    aufwärts    gestiegen   ist. 

Wie  die  Schlucht  links  hart  am  Urkund  durch  einen  Zufluss  des 
Sechsegertenferners,  der  diesem  Gletscher  aus  dem  Eisgebiete  um  uns, 
dem  Eisrücken  links  von  der  Scharte  und  den  Firnfeldern  in  der  Höhe 
zwischen  diesem  Rücken,  unserer  Scharte  und  den  höheren  Felsparthien 
des  Urkunds  zukömmt,  so  ist  jene  rechts  vom  Urkund  von  einem  Zu- 
flüsse und  dann  weiter  nach  rechts  vom  Hauptstrome  des  grossen  Tasch- 
achferners ausgefüllt  und  zu  ihm  senkt  sich  auch  die  Eisfläche  unter  der 
Scharte    auf   ihrer   rechten    Seite    hinab. 

Auffallend  war  die  ganz  verschiedene  Farbe  des  Urkunds  gegenüber 
jener  der  übrigen  Pitzthalerberge.  Während  sie  alle  rothbraun  sind,  ist 
er  vollständig  graugrün,  und  das  veranlasste  Nicodem  zu  der  Bemer- 
kung   „der    Urkund    müsse    ein    gar   Alter   sein." 

Doch  hat  sich  später  herausgestellt,  dass  alle  diese  Berge  aus  Glim- 
merschiefer bestehen,  an  dessen  verschiedener  Färbung  grössere  Eisenhäl- 
tigkeit  und  verschiedenes,  aber  dann  jüngeres,  Alter  des  Urkunds  die  Schuld  trägt. 

Unser  Blick  konnte  jedoch  über  die  hohe  Umgebung  weg  theil- 
weise  auch  in  die  Ferne  schweifen,  und  Kompass,  Landkarte  und  Fern- 
rohr Hessen  mich  in  den  verschiedenen  entfernten  Höhen  gegen  Nord- 
westen einen  Theil  der  Bergkette  auf  der  Westseite  des  Kaunerthales 
und  darüber  die  Bergreihe  zwischen  dem  Inn  und  dem  Thale  Paznaum 
im  Zuge  über  das  Spianjoch  zum  Gribetle  und  bis  zum  Jamthalerferner, 
wieder  überragt  von  westlicheren  Fernern  über  dem  vorarlbergischen 
Thale  Montafun  erkennen.  Gegen  Nordosten  lagen  einige  Höhen  zwischen 
Pitzthal  und  Ötzthal  vor  uns,  darunter  die  durch  ihre  ausgezeichnete 
Form  leicht  erkennbare  hohe  Geige,  ja  im  Norden  blickten  aus  weiter 
Ferne  und  aus  der  Kette  der  nördlichen  Kalkalpen  der  Muttekopf  und  die 
Heiterwand    bei    1ms     zu    uns    herüber. 

Die  grösste  Zahl  von  Hochspitzen  aber  führte  uns  der  Süden  vor. 
Hier  ragte  im  strengen  Süden  der  Similaun,  neben  ihm  der  Mutmat-  und 
Röthenspitz  aus  dem  Spieglerthale  auf,  dann  uns  näher  herwärts  über 
dem  Hochvernagt  die  Wildspitze,  der  Pröch-  und  Platteykogl,  endlich  gleich- 
falls in  nicht  grosser  Entfernung  südwestlich  eine  mächtige  Spitze  aus 
der    Ötzthaler    Eiswelt. 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzthal  ober  d.  Hochvernagt-  und  Sechsegeitenferner.      1 43 

Wir  hielten  sie  Anfangs  für  die  Weisskugel,  gingen  jedoch  nach 
genauerer  Orientirung  von  dieser  Meinung  dahin  ab,  dass  wir  es  mit  der 
Hochvemagtwand  am  Hintereisferner  zu  thun  hätten.  Allein  auch  am  fer- 
nen Horizont  fehlte  es  in  südlicher  Richtung  nicht  an  sichtbaren  Spitzen, 
indem  dort  die  Ferner  aus  Ulten  und  Martell  bis  zum  Monte  Cevedale 
in    ihrem    weiten   Schneemantel    rechts    vom    Similaun    erglänzten. 

Der  Platteykogl  diente  mir  dazu,  die  Höhe  unserer  Scharte  zu  be- 
stimmen, und  ich  glaube  dieselbe  um  ein  paar  Hundert  Fuss  niedriger 
als  die  mit  10240  P.  F.  gemessene  Spitze  des  Platteykogls,  daher  mit 
10000  —  10200  W.  F.  annehmen  zu  sollen.  Ungefähr  die  gleiche  Höhe 
hätte  nach  Nicodemus'  Behauptung  und  meiner  eigenen  Beurtheilung 
der  höchste  Uebergangspunct  auf  den  Gepatschferner  bei  der  schwarzen 
Wand. 

Nach  einer  Stunde,  die  mir  mit  der  Diagnose  der  einzelnen  Berg- 
spitzen schnell  verflossen  war.  machten  wir  uns  auf  den  Weg  abwärts 
nach    dem   Pitzthale. 

Nie  ödem  erklärte  nun,  wir  müssten  auf  der  linken  westlichen 
Seite  des  Urkunds  auf  den  Thalboden  zu  kommen  suchen,  denn  vor  29 
Jahren  hätten  er  und  sein  Vater  auf  der  rechten  Seite  des  Berges,  und 
zwar  weil  über  den  Taschachferner  wegen  dessen  Zerrissenheit  sich  kein 
Ausweg  dargebothen  hätte,  über  die  Wände  hinabkletternd  nur  mit  der 
grössten    Gefahr   das    Thal   erreicht. 

Wir  schritten  daher  von  der  Scharte  auf  das  Schneefeld  und  über 
dasselbe  dem  Urkund  zu.  Die  eisige  Erhebung  zur  Linken  zeigte  sich 
mit  jedem  Schritte  gegen  vorne  und  das  Pitzthal  zu  von  immer  staunens- 
wertherer  Wildheit.  Das  Eis  fällt  in  den  grossartigsten  Abstürzen  gegen 
unsern  Weg  von  Terrasse  zu  Terrasse  herab.  Diese  Eismassen  gehören 
unzweifelhaft  dem  Eiskolosse  Gepatsch  an;  ob  sie  aber  von  der  obersten 
Höhe  seines  östlichen  Grenzrückens  und  der  Urkundspitze  der  General- 
stabskarte unmittelbar  herabfliessen ,  oder  dazwischen  noch  grössere  Eis- 
mulden   liegen,     lässt    sich    aus    den    Karten    nicht   mit    Sicherheit    ersehen. 

Ich  hatte  wiederholt  den  Wunsch  ausgesprochen,  eine  Höhe  auf 
der  linken  Seite  von  unserem  Wege  zu  erreichen,  von  welcher  sich  der 
Gepatschferner  überblicken  lasse.  Jetzt  aber  zweifelte  ich  nicht  mehr 
daran,  dass  Nicodem  Recht  habe  und  man  dazu  in  das  Pitzthal  hinab-, 
und  auf  dem  Oehlgrubenwege  wieder  hinansteigen  müsse.  Denn,  war  von 
einer  Ueberschreitung  der  nahen  linkseitigen  Abstürze  selbstverständlich 
keine  Rede,  so  Hess  sich  auch,  jemehr  man  den  halbrunden  Schluss  des 
Pitzthales  mit  dem  Sechsegertenferner  überblickte,  kein  Weg  denken,  auf 
welchem  unmittelbar  von  unserem  Standpuncte  auf  dem  Firnfelde  an  dem 
obern  Felsgebiet  des  Urkunds  aus  auf  die  Schneide  zwischen  Pitz  und 
Kauns    zu    kommen    wäre. 

Wir  waren  inzwischen  hart  am  Urkund  angelaugt.  Schon  jetzt  zeigte 
es  sich,  dass  der  Ferner  auf  der  Westseite  an  den  Felsenmassen  des 
Berges  sich  sehr  steil  zur  Tiefe  senkt.  Ich  stimmte  zwar  dafür,  so  lange 
als  möglich  auf  dem  Eise  zu  bleiben,  denn  die  Klippen  des  Urkunds 
waren  durchgehends  senkrecht  und  verwittert  anzusehen.  Allein  Nicodem 
versicherte,  das  gehe  nicht  an,  wir  kämen  in  zu  wilde  Eisabstürze  und 
müssten   jedenfalls    einen    Weg    über    den    Urkund    suchen. 

So  betraten  wir  denn  die  Felsen  dieses  Berges.  Nicodem  löste 
sich    vom    Seile    los,     durch    welches    wir    über   die    Schneefelder    von    der 


144  Dr.  Anton  v.  Ruthnet. 

Scharte  wog  verbunden  waren,  und  schritt  voraus,  um  den  Weg  auszu- 
kundschaften.  Leander  und  ich  behielten  das  Seil  um  den  Leib,  Hessen 
jedoch  zwischen  uns  einen  Zwischenraum  an  demselben  von  mindestens  5  Klafter, 
damit  wir  uns  bei  einem  Sprunge  oder  einem  rascheren  Hinabsteigen  an  den 
steilsten    Stellen    der    Wände    nicht    wechselseitig   gefährdeten. 

Ich  schritt  voran,  Leander  hinterdrein.  Und  nun  ging  es  eine 
Stunde  lang  im  Felsenlabyrinth  des  Urkunds  zuerst  hoch  hinauf,  dann 
hinab  auf  den  Sechsegertenfernor  unter  Gefahren,  welche  erlebt,  nicht 
beschrieben    werden    wollen. 

Die  Steine  kollerten  und  sprangen  bei  jedem  Tritte  über  die  Fels- 
wände und  Klippen  unter  uns  und  über  die  Eislappen  zwischen  ihnen 
hinab.  Wir  selbst  hatten  nicht  selten  die  Aufgabe,  ihrer  Bahn  zu  folgen, 
nur  dass  wir  die  Art  ihres  Hinabkommens  nicht  zu  der  unsrigen  machen 
durften.  Es  erheischste  alle  Gewandtheit  und  Kraft  des  Körpers,  um  sich 
in  schmalen  Felsenritzen  über  den  Abgründen  zu  erhalten,  oder  auf  dem 
oft  bloss  handbreiten  Rande  mit  den  Zacken  der  Steigeisen  Fuss  zu  fas- 
sen, nachdem  wir  uns  nur  mittelst  des  trotz  seiner  Länge  von  6  Schuh 
bisweilen  zu  kurzen  Bergstockes  auf  ihn  durch  eine  Felsenklamm  hatten 
hinabgleiten  lassen.  Fast  noch  schwieriger  aber  wrar  es,  die  steilen  Eis- 
rinnen zwischen  den  Felsen  ohne  Ausgleiten  zu  überschreiten.  Nie  ödem 
ging  schweigend  voran,  von  Schritt  zu  Schritt  nach  einem  Auswege  aus 
dem  Wirrwarr  der  wilden  Klippen  spähend,  und  wenn  er  auch  ein  paar 
Mal  Abänderungen  an  der  von  ihm  genommenen  Richtung,  welche  ich  ihm 
vorgeschlagen,  nachdem  ich  von  einem  Vorsprunge  die  nächsten  Partien 
überschaut  hatte,  annahm,  in  der  Regel  traf  er  mit  dem  glücklichsten 
Bergtakte    die    beste    oft    einzige   mögliche    Stelle,    um    abwärts    zu    klettern. 

Manchmal  gab  nur  der  Lärm  der  in  die  Tiefe  stürzenden  Steine 
die  Richtung  an,  in  welcher  ich  dem  durch  eine  Felsenecke  mir  unsicht- 
bar gemachten  Führer  zu  folgen  hatte.  Leander  dagegen,  selbst  ein 
vortrefflicher  Bergsteiger,  war  Anfangs  so  aufmerksam,  wenn  er  sah,  dass 
ich  auf  einer  bedenklichen  Stelle  angelangt  sei,  das  Seil  besonders  in 
Acht  zu  nehmen,  bis  ich,  überzeugt  davon,  dass  hier  Jeder  für  sich 
selbst  am  besten  sorge,  und  das  Seil  zwar  eine  moralische  Unterstützung 
sei,  jedoch  bei  einem  Sturze  des  Einen  an  einer  gefährlichen  Stelle  den 
Andern  bloss  auch  gefährde,  ohne  bei  der  Länge,  in  der  es  zwischen 
uns  lose  hinabhängen  musste.  den  Ersten  vor  Zerschmettern  zu  schützen, 
ihn  auf  sich  selbst  bedacht  zu  sein  hiess  und  wir  nun  ganz  unbeirrt 
durch    einander    unsern    Weg    verfolgten. 

Als  wir  aber  endlich  die  letzte  Schneefläche  des  furchtbaren  Ur- 
kunds glücklich  hinabgestiegen,  und  seine  letzte  Wand  hinabgeklettert 
waren,  und  am  Rande  der  Seitenmoräne  des  Sechsegertenferners  Halt 
machten,  blickten  wir  uns  alle  drei  mit  einer  Miene  an,  welche  die 
grösste  Befriedigung  darüber  ausdrückte,  dass  dieser  Weg  ganz  ohne 
Unfall  zurückgelegt  worden  sei.  Am  frohesten  war  sicher  Nie  ödem,  der 
mir  lachend  die  Versicherung  gab,  wenn  er  in  seinein  Leben  noch  ein- 
mal über  den  Pitzthaler  Urkund  gehen  müsse,  so  würde  er  doch  wrieder 
wie  vor  29  Jahren  auf  der  rechten  Seite  hinabsteigen,  da  der  neue  Weg 
noch    viel    schlechter    als    der    alte    wäre. 

WTir  lagerten  an  einem  flachen  Moränenblocke,  hielten  uns  jedoch 
an  dieser  Stelle  nur  kurze  Zeit  auf,  weil  Nico  dem  meinte,  er  kenne 
einen   viel    schöneren    Platz   zu    längerer   Rast.  Nicodem  machte  mich  noch 


Uebergang  aus  d.  Üetzthale  in  d.  Pitzthal  über  d,  Hochveinagt-  und  Sechsegerlenferner.     14ü 

insbesonders  auf  ein  wahres  Chaos  wirre  über  einander  gehäufter  Eis- 
blöeke  in  geringer  Entfernung  von  uns  aufmerksam  und  meinte,  da  diess 
das  unterste  Ende  des  Absturzes  jenes  Seitengietsehers  an  der  West- 
seite des  Urkuud  sei,  über  welchen  ich  habe  auf  den  Sechsegertenferner 
herabsteigen  wollen,  so  wäre  es  doch  gut  gewesen,  dass  wir  lieber  die 
Felsen  des  Urkund  nicht  gescheut  hätten.  Dagegen  liess  sich  nichts  ein- 
wenden, denn,  weil  dieser  Zufluss  des  Sechsegertenferners  mit  dem 
Ferner  selbst  fast  unter  einem  rechten  Winkel  zusammentrifft,  so  sind 
die  Eismassen  hier  so  verworren  über  einander  gethiirmt,  dass  ein  Herab- 
kommen    über    sie    fast    eine    Unmöglichkeit    sein    dürfte. 

Wir  warfen  noch  einen  langen  Blick  auf  unsern,  freilich  hier  nur 
in  seinen  untersten  zahmeren  Klippen  sichtbaren,  Freund  Urkund  zurück 
und  machten  uns  an  unsere  nächste  Aufgabe,  auf  die  Fläche  des  Sech- 
segertenferners    emporzusteigen. 

Nach  einem  allerdings  nicht  beschwerdelosen  Ueberklettern  der  ge- 
waltigen östlichen  Seitenmoräne  des  Ferners  waren  wir  damit  zu  Stande 
gekommen,  und  da  der  Ferner  schneefrei  war,  daher  alle  Klüfte  olfen 
lagen,  wanderte  es  sich  gut  und  sicher  auf  ihm  thalabwärts,  ja  nach 
dem  Wege  über  den  Urkund  schien  es  mir  wahrhaftig,  als  ginge  ich 
auf  einem    Asphalttrottoir. 

Die  Gestalt  des  Sechsegertenferners,  eines  der  drei  primären  Glet- 
scher des  Pitzthales,  dessen  Länge  Major  von  So n klar  mit  13032  W.  F. 
angibt,  hat  nichts  Ausgezeichnetes.  Doch  nimmt  der  Ferner  von  dem 
Kamme  zwischen  den  zwei  Öhigrubenspitzen  herab,  unterhalb  dieser  bei- 
den Berge  den  halbrunden  Thalschluss  in  bedeutender  Breite  und  auch 
noch  eine  Strecke  nach  Aussen  hinab  die  ganze  Thalsohle  ein.  Zwei 
grosse  Mittelmoränen,  welche  wir  antrafen,  beweisen,  dass  bis  hier  herab 
noch    drei    Zuflüsse    des    Gletschers    ihre    Selbständigkeit   bewahrt    haben. 

Ohne  ihn  bis  an  sein  Ende  zu  verfolgen,  verliessen  wir  den  Fer- 
ner und  erstiegen  einen  an  seinem  rechten  östlichen  Bande  sich  erhe- 
benden Hügel.  Auf  der  Höhe  desselben  befand  sich  der  Punct,  welchen 
Nicodem  zum  Buheplatze  bestimmt  hatte,  und  die  Wahl  machte  seinem 
Geschmacke  alle  Ehre.  Der  üppige  Basen  bot  einen  angenehmen  Sitz, 
der  Anblick  von  hier  aber  kann  an  Grossartigkeit  nur  mit  wenigen  in 
den    Alpen    verglichen    werden. 

Die  Wände  der  Urkundspitze,  bis  hieher  die  rechtseitige  Begrän- 
zung  des  Sechsegertenferners,  haben  an  einer  Ecke  ihr  Ende  erreicht, 
und  zwischen  dieser  und  den  jenseits  in  der  gleichen  Richtung  nord- 
ostwärts  streichenden  Hohlwänden  mit  dem  Brunnko<xel  öffnet  sich  die 
Thalschlucht,  aus  welcher  sich  der  Taschachferner,  ein  breiter  glitzender 
Eisstrom,  in  das  Pitzthal  mit  einer  Krümmung  gegen  dessen  linke  Seite 
herauswälzt.  Die  Massen  füllen  noch  weit  hinaus  den  Thalgrund  aus,  und 
ungeheure  Eismauern  vermitteln  von  der  Stelle  an,  wo  der  Gletscher  aus 
dem  Seitenthale  austritt,  bis  dorthin,  wo  er  die  westliche  Thallehne 
erreicht  und  unter  seinen  Gewölben  den  starken  Bach  des  Sechsegerten- 
ferners aufnimmt,  die  Verbindung  der  Oberfläche  des  Gletschers  mit  der 
Thalsohle. 

Aber  ungleich  überraschender  noch  ist  der  Anblick  seines  oberen, 
in  jenem    Seitenthale    gelegenen    Theiles. 

Hier  fällt  er  in  grosser  Breite  und  mit  ungezähmter  Wildheit  seiner 
Gebilde    von    dem    hoch   in   den    Lüften    flimmernden    Gipfel    der    Wildspitze 

Mittheilungen  der  k.  k.  geogr.  Gesellschaft.  III.  Bd.  2.  Heft.  * 


140  Di'.  Anton  v.  Ruthner. 

und  des  Prochkogels  bis  in  die  Thaltiefe,  also  mehrere  tausend  Fu9s  tief 
in  einem  einzigen  ununterbrochenen  Abstürze  herab.  Mögen  sich  Glet- 
scherthäler  dazwischen  befinden,  vom  Thale  aus  sind  sie  nicht  sichtbar. 
Ich  habe  niemals  einen  imposanteren  Gletscher-Absturz  gesehen,  als  den 
Iliesenkatarakt  des  Taschachferners,  und  war  wirklich  in  Anschauung  des 
unvergleichlichen  Anblicks  versunken,  als  Nicodem  diess  bemerkte  und 
mir  die  Versicherung  gab.  so  etwas  hätte  ich  auf  dem  Gepatschferner 
nicht  gesehen.  Ich  bezweifle  die  Wahrheit  dieser  Worte  nicht,  denn 
wenn  auch  der  Gepatschferner  durch  seine  Grösse  imponiren  mnss,  so 
erreicht  er  nach  den  Gecoralstabssectionen  nirgends  eine  solche  Gross- 
artigkeit   der   Abstürze,    wie    der   Taschachferner. 

Uebrigens  gehört  letzterer  nicht  nur  zu  den  primären  Gletschern  des 
Ötzthales,  sondern  auch  seiner  Ausdehnung  nach  zu  den  grössten  Fernern 
desselben,    da    er    eine    Länge    von    20232    W.    F.    hat. 

Es  dauerte  noch  eine  geraume  Zeit,  bis  ich  an  den  Aufbruch  dachte. 
Wir  genossen  auf  dem  weichen  Rasen  hingestreckt  von  unserem  Mund- 
vorrathe,  und  freuten  uns  des  warmen  Sonnenscheins  und  der  lieblichen 
Alpenblumen,  welche  uns  jetzt,  wie  früher  Felstrümmer  und  Gletschereis, 
rings  umgaben.  Mich  aber  entzückte  stets  von  Neuem  der  Wunderbau 
von  Eis,  den  die  Natur  im  Taschachferner  in  Riesendimensionen  geschaf- 
fen   hat,    ohne    dabei   das    Gesetz    der    Schönheit    zu    verletzen. 

Aber  auch  von  dieser  Stelle  musste  zuletzt  geschieden  werden. 
Unser  Hügel  senkte  sich  gegen  Norden  sehr  steil  und  hie  und  da  in 
Felsdurchbrüchen  bis  auf  den  Thalboden  hinab,  und  so  wurde  manche 
Stelle  auf  den  Felsen  überschritten,  welche  uns  zu  anderer  Zeit  nicht 
ungefährlich  erschienen  wäre,  heute  jedoch  nach  de'm  Wege  über  den 
Irkund    höchstens    einige    Vorsicht    hervorrief. 

Den  Thalgrund  selbst  verliessen  wir  bald  wieder,  um  die  Oberfläche 
des  Taschachferners  zu  gewinnen,  auf  welche  wir  jedenfalls  mussten,  weil 
ein  Ueberschreiten  des  Gletscherbaches  des  Sechsegertenferners  die  beim 
Abgang  einer  Brücke  unerfüllbare  Redingung  war,  unter  welcher  wir  allein 
schon  jetzt  die  linke  Thallehne  hätten  erreichen  können.  Aber  die  viel- 
fach geborstenen  Eiswände,  längs  denen  wir  zwischen  Moränenblöcken 
oft  von  gewaltiger  Grösse  fortwanderten,  hatten  eine  solche  Höhe,  dass 
als  ich  sie  mit  40  Klafter  schätzte ,  beide  Führer  diese  Schätzung  als 
zu  niedrig  verwarfen.  So  hatten  wir  lange  zu  suchen,  bis  wir  eine  Stelle 
fanden,  an  welcher  wir  über  den  Schutt  und  bei  minderer  Steilheit  der 
Eismassen  die  Fläche  des  Gletschers  erklimmen  konnten.  Einmal  oben 
fanden  wir,  da  auch  dieser  Gletscher  schneefrei  war,  das  Gehen  darauf 
so  angenehm,  dass  wir  es  vorzogen,  auf  ihm  fortzuwandern,  obwohl  uns 
jetzt  der  Uebergang  vom  Eisfelde  auf  die  westliche  Thallehne  möglich 
gewesen   wäre. 

Wir  schritten  in  bedeutender  Entfernung  von  einander  vor  und 
bereits  winkte  die  grüne  Matte  am  Ende  des  Gletschers  nicht  weit  vor 
uns,    als    sich    uns    ein    unerwartetes    Hinderniss    entgegenstellte. 

Die  Gletscherzunge  war  schon  in  einiger  Entfernung  vor  ihrem 
Ende  gegen  dieses  zu  steil  geneigt  geworden  und  es  bedurfte  aller 
Hülfe  des  Rergstockes  und  eines  festen  Trittes,  um  ohne  auf  dem  Eise 
auszugleiten,    abwärts    zu    gelangen. 

Da  sah  ich  plötzlich  Nicodem,  welcher  voraus  war,  unterhalb 
meiner    stehen    bleiben,    dann    höchst    vorsichtig  mit   einer    Ausbiegung    nach 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzthal  über  d.  Hochveinagt-  und  Sechsegertenferner.     147 

rechts  weiter  hinabsteigen.  Ich  folgte  und  gewahrte  unten  eine  grosse 
Eisspalte,  die  sich  weithin  von  links  nach  rechts  quer  über  den  Glet- 
scher zog  und  der  nur  unvollkommen  auszuweichen  war,  weil  sogleich 
an  ihrem  Ende  rechts  der  Abfall  zu  steil  war,  um  weiter  rechts  hinab 
zu  können.  Ich  folgte  auf  dem  Wege,  den  Nie  ödem  eingeschlagen 
und  gelangte  glücklich  zu  demselben  jenseits  der  Kluft,  von  wo  aus  er 
seinen  Bergstock  zum  Schutze  für  mich  an  der  Stelle  eingesetzt  hatte,  an 
welcher  ich   mit  dem  letzten  Tritte     den    Rand    der    Kluft    erreichen    musste. 

Als  Leander  über  uns  sichtbar  wurde,  riefen  wir  ihm  zu,  sich 
wegen  der  Kluft  in  Acht  zu  nehmen,  und  er  that  es  zwar,  indem  er 
sich    gleichfalls    nach   rechts    wandte. 

Weil  er  aber  die  letzte  Strecke  über  der  Kluft  nicht  vorsichtig 
herabstieg,  sondern  am  Bergstocke  abfuhr,  kam  er  doch  um  ein  paar 
Fuss  zu  weit  links  und  in  den,  wenn  auch  nur  mehr  schmalen  Ausgang 
der  Spalte  und  dadurch  soweit  zum  Falle,  dass  er  sich  die  flache  Hand, 
ähnlich  wie  ich  mir  die  meinige  beim  Uebergange  über  das  Firnfeld 
unterhalb  des  Platteykogels,  an  den  Eiskrystallen  tüchtig  zerschnitt.  Allein 
das  war  kein  Gegenstand  weiterer  Beachtung.  Das  übrige  Stück  des 
Eisabhanges  zeigte  keine  Spalten  und  endete  auf  kleinerem  Gestein  und 
wir  fuhren  daher  lustig  am  Bergstocke  über  das  Eis  hinab  und  waren 
damit   mit   der    Gletscherwanderung    für    heute    vollständig    zu    Ende. 

Nach  einigem  Klettern  über  die  Stirnmoräne  des  Ferners  trafen 
wir  auf  ganz  guten  Weg,  denn  bis  zum  Ferner  gehen  hier  die  Kühe 
und    ein    sichereres    Zeichen    eines    guten    Weges  gibt  es  im  Gebirge  nicht. 

Die  Berge  über  Mittelberg  und  Planggeros,  aus  letzteren  besonders 
der  Puikogl  hoch  aufragend,  traten  uns  bpreits  immer  näher,  schon  lang- 
ten wir  bei  der  Stelle  an,  wo  eine  Brücke  über  den  Bach  und  zu  den 
an  dessen  linkem  Ufer  gelegenen  Hütten  führt,  und  sich  zugleich  der 
Weg  zuerst  durch  dünnen  Wald  zu  dem  Weiler  Mittelberg  senkt  und 
—  abermal  lag  ein  Prachtgemälde,  der  Mittelbergferner  vor  uns.  Nico- 
demus  hatte  Recht,  wieder  zu  mir  zu  sagen:  „Das  hätten  Sie  auf  dem 
Gepatsch    nicht   gesehen." 

Dort  wo  das  Pitzthal,  nachdem  es  lange  Zeit  von  Norden  nach  Sü- 
den gelaufen,  eine  südwestliche  Richtung  annimmt,  öffnet  sich  an  der 
südlichen  Ecke  zwischen  den  Pfeilern  Puikogl  und  Mittagskogl  ein  Seiten- 
thal,   mehr    wie    eine    breite    Ausbiegung    des    Hauptthaies. 

Auf  grünem  Anger  liegt  darin  der  aus  zwei  Heusern,  die  jedoch 
ein  einziges  Dach  unter  sich  verbindet,  und  ihren  Nebengebäuden  beste- 
hende   Weiler   Mittelberg. 

Einige  hundert  Schritte  davon  entfernt  endet  der  Mittelbergferner, 
der    würdige    Nebenbuhler    des    Taschachferners. 

.  Er  besteht  aus  drei  grossen  Stufen.  Ueber  die  oberste  ziehen  ihm 
die  Eismassen  von  rechts  und  links  in  starker  Neigung,  doch  rioch  als 
glatte  Strome  zu.  An  der  mittleren  angelangt,  stürzen  sich  die  vereinten 
Gle'tscherströme  in  breiter  Cascade  hochaufschäun^nd  in  den  abenteuer- 
lichsten Formen  auf  die  dritte  herab,  auf  welcher  sie  sich  dann  als  ver- 
einter Eiskörper  in  der  Richtung  vornehmlich  gegen  die  östliche  Thal- 
lehne ausdehnen,  bis  sie  allmählich  in  muschelförmiger  Neigung  und  mit 
stattlicher    Terminalhöhle    auf   dem    Mittelberger    Grasboden    enden. 


148  Pr.  Anton  v.  Ruthner. 

Die  grünen  Abhänge  einerseits  auf  dem  Wege  zum  Söldnerjöchl 
andererseits  des  Mittagskogels  bilden  den  Rahmen  des  Bildes,  in  dessen 
Hintergrunde  zwei  mächtige  Kuppen  des  Felsgebirges  zwischen  dem  Mittel- 
berger-  und  Rettenbach-Thale  mit  kahlen  Wänden  und  Eisrändern  daran 
aufragen. 

Wenn  Herr  Major  von  Sonklar  in  seiner  erwähnten  Abhandlung 
die  Tiefe  des  Absturzes  mit  1000  Fuss  annimmt,  und  bemerkt,  dass  mit 
dessen  Wildheit  und  grauenvoller  Grossartigkeit  sich  kaum  eine  andere 
Erscheinnug  in  der  ganzen  Eiswelt  unserer  Alpen  vergleichen  lässt,  und 
die  Eisnadeln  der  Pasterze  am  hohen  Sattel  gegen  diesen  Eiskatarakt  nur 
ein  zahmes  Schauspiel  der  Natur  nennt,  so  scheint  mir  dem  Taschach- 
ferner nicht  sein  volles  Recht  geworden  zu  sein.  Denn  bei  weit 
grösserer  Höhe  und  Breite  ist  der  Absturz  dieses  prachtvollen  Ferners 
noch  überraschender  und  wilder,  als  jener  des  Mittelbergferners.  Was 
dagegen  Herr  von  Sonklar  über  die  Pasterze  im  Zusammenhalte  mit 
dem  Mittelbergferner  erinnert,  ist  so  buchstäblich  wahr,  als  nichts  desto 
weniger  der  Pasterzengletscher  sich  noch  immer  ebenbürtig  neben  dem 
Mittelbergferner  behaupten  wird.  Die  Pasterze,  der  Taschachferner  und 
Mittelbergferner  vertreten  so  ziemlich,  jeder  der  drei  Gletscher  in  seiner 
Art,  das  Vollkommenste,  was  die  Alpen  an  Gletscherherrlichkeit  aufweisen, 
und  soll  ihr  Character  mit  einem  Worte  bezeichnet  werden,  so  möchte 
ich  als  das  hervorragende  Element  der  Pasterze  die  Schönheit,  als  jenes 
des  Mittelbergferners  die  Erhabenheit  und  als  das  des  Taschachferners 
die  grossartige  Wildheit  nennen,  ohne  dass  einem  aus  ihnen  die  vor- 
herrschenden Eigenschaften  der  beiden  andern  Gletscher  gänzlich  fehlen 
würden. 

Auch  der  Mittelbergferner  entströmt  dem  mehrerwähnten  Gletscherkerne 
zwischen  der  VVeisskugel  und  der  Wildspitze  und  zählt,  da  er  von  der 
Wildspitze  bis  in  das  Thal  von  Mittelberg  eine  Längenachse  von  24744  W.  F. 
hat,  zu  den  längsten  Gletschern  des  ützthales,  sowie  er  der  dritte  und 
bedeutendste   primäre    Pitzthalerferner   ist. 

Nicht  minder  ist  die  Tiefe  von  o500  W.  F.,  in  welcher  er  endet, 
eine  seltene  in  unsern  Alpen,  obgleich  keine  unerreichte,  indem  z.  B. 
der  Trafoi-  oder  untere  Ortlesferner,  dann  das  Waxeggerkees  im  Zemm- 
grunde,  letzteres  nur  in  geringer  Entfernung  von  der  Waxeggerhütte, 
in    gleich   grosser    oder  noch   grösserer    Tiefe    ihr   Ende    erreichen. 

Wir  waren  in  Mittelberg  10  Stunden  nach  unserem  Aufbruche  von 
Rofen  angelangt,  und  zwei  Stunden  davon  waren  auf  den  Ruheplätzen,  auf 
dem  Kamme  über  dem  Hochvernagtferner  und  auf  dem  Hügel  zwischen  dem 
Sechsegerten-    und    Taschachferner,    zugebracht   worden. 

Die  Sonne  brannte  jetzt  in  den  Mittagsstunden  tüchtig,  und  es 
wäre    uns    desshalb    erwünscht    gewesen,    Milch    zu    erhalten. 

Allein  unser  Pochen  und  Schreien  vor  dem  Mittelberger  Doppelhause 
blieb  erfolglos.  Nico  dem  machte  sich  also  auf,  um  Jemanden  auf  den  nahen 
Wiesen  zu  finden,  und  es  dauerte  nicht  lange,  so  kam  er  wirklich  mit 
einer   Pitzthalerin,    oder    nach    seiner    Redeweise    Pitzenthalerin    zurück. 

Das  Mädchen  war  von  auffallend  hübschen  Gesichtszügen,  aber  klein 
und  so  zart  gebaut,  dass  ich  glaubte,  sie  sei  etwa  16  oder  17  Jahre 
alt,     wogegen    Nicodem    versicherte,     sie    werde    auch    nicht    noch    einmal 


Uebergang  aus  d.  Uetzthale  in  <1.  Pitzthal  über  d.  Hochvernagt-  und  Sechsegertcnferner.     149 

20  Jahre  alt  werden.  Nun  bekamen  wir  Milch  im  Ueberflusse.  Wir 
hatten  die  „Jochleute"  schon  vollständig  abgestreift,  und  lagen  in  rein  mensch- 
licher Stimmung,  behaglich  unsere  Cigarren  rauchend,  vor  dem  Hause  im 
Schatten    eines    Nebengebäudes    und    im    weichen    Grase. 

Die  Nähe  des  Gletschers  liess  ihn  an  dieser  Stelle  mit  Müsse  in 
allen  Einzelnheiten  betrachten,  und  bald  drängte  sich  dem  Freunde  des 
Gletscherwassers  die  Betrachtung  auf,  dass  es  hier  so  recht  eigentlich 
von  erster  Hand  getrunken  ganz  vorzüglich  sein  müsse.  Ich  eilte  also 
zum  nahen  Bache,  um  mich  an  dem  köstlichen  Nass  zu  erquicken,  und 
hatte  eine  wirklich  kindische  Freude  daran,  als,  während  ich  eben  mit 
dem  Becher  Wasser  schöpfte,  ein  grosses  Stück  Eis  mir  so  nahe  ge- 
schwommen kam,  dass  ich  es  auffischen  und  das  e/götzliche  Spielwerk 
den    Brüdern    Klotz    bringen    konnte. 

Nach  etwa  einer  Stunde  Bleibens  machten  wir  uns  auf  den  Weg 
nach  Planggeros,  das  auf  dem  ebenen  Thalboden  in  der  Entfernung  von 
kaum    einer    Stunde    vor    uns    lag. 

Das  Pitzthal,  11  Stunden  lang  und  somit  eines  der  grössten  Seiten- 
thäler  Tirols ,  wird  im  Ganzen  als  an  Naturschöuheiten  dem  Ötzthale 
zurückstehend  bezeichnet.  Ich  kenne  das  übrige  Pitzthal  nicht.  Hier  am 
Schlüsse  des  Hauptstammes  hat  es  jedoch,  ohne  gerade  unschön  zu  sein, 
wirklich  keinen  besonders  mahlerischen  Beiz.  Der  Thalboden  ist  allerdings 
breit,  woher  auch  der  Name  Planggeros,  planum  grossum,  abgeleitet 
wird,  und  mit  Wiesen  und  nur  stellenweise  mit  Sand  vom  Bache  bedeckt. 
Allein  eben  der  Abgang  jeder  Unebenheit  in  der  Thalsohle  macht,  im 
Gegensatze  mit  den  fast  wie  riesige  Mauern  und  gleichfalls  ohne  aus- 
gezeichnete Formen  aufsteigenden  Bergen,  worunter  im  Osten  die  hohe 
Geige  und  der  Puikogl,  im  Westen  der  Hochkogl  und  Grubkogl  die  be- 
deutendsten   sind,    keinen    schönen    Eindruck. 

In  Planggeros,  einem  nach  Trinker  5264  W.  F.  hoch  gelegenen 
Dorfe,  aus  wenig  Häusern,  dem  Widum  und  der  Kirche  bestehend,  empfing 
mich  der  Herr  Curat  mit  der  liebenswürdigsten  Zuvorkommenheit,  und 
im  Gespräche  mit  ihm  verfloss  mir  der  Nachmittag  auf  die  angenehmste 
Weise. 

Ich  erfuhr  von  ihm,  dass  jährlich  doch  ein  oder  ein  paar  Mal 
Fremde  durch  das  Thal  kommen ,  gewöhnlich  um  über  den  Öhlgruben- 
weg  nach  der  Gepatschalpe  oder  über  das  Jöchl  nach  Sölden  zu  gehen. 
Ueber  meinen  Weg  aber  theilte  er  mir  mit,  dass  einer  alten  Erzählung 
nach  nur  einmal  vor  40  oder  mehr  Jahren  zwei  Pitzthaler  von  Mittel- 
berg aus  noch  Fend  gestiegen  sind,  und  zwar  ohne  dabei  Bofen  berührt 
zu  haben,  so  dass  zu  vermuthen  steht,  dass  sie  den  Weg  an  der  Ost- 
seite des  Urkunds  am  oder  über  den  Taschachferner  genommen,  dann 
den  höchsten  Kamm  zwischen  der  Wildspitze  und  dem  Pröchkogel  über- 
schritten   haben    und  über    den  Mitterkarferner  nach  Fend  hinabgelangt  sind. 

Gern  hätte  ich  ein  paar  Tage  im  Pitzthale  zugebracht,  allein  die 
nächste  Aufgabe  ,  die  Ersteigung  der  Wildspitze  ,  rief  mich  nach  Fend 
zurück.  Ich  brach  daher  am  19.  August  Früh  wieder  von  Planggeros  auf. 
Der  treffliche  Curat  des  Ortes  begleitete  mich  bis  an  eine  Stelle  vor 
Mittelberg,  wo  man  den  Urkund  und  die  Öhlgrubenspitzen  sieht  und  liess 
sich   hier   zur  Mittheilung  für  jene  Pitzthaler,  welche    sich    darum  interessiren 


1Ö0  Dr.  Anton  v.  Ruthner. 

sollten,      die    beiläufige    Richtung    zeigen,     die    wir    verfolgt    hatten.      Nach 
herzlichem    Abschiede   vom    Gastfreunde    ging   es    dann   dein  Suldnerjöchl    zu. 

In  Mittelberg  nahm  Niko dem  von  unserer  Pitzenthalerin  die  Seile  und 
Steigeisen,  welche  er  gestern  zurückgelassen,  wieder  in  Empfang,  allein 
heute  konnten  wir  uns  hier  nicht  länger  aufhalten,  denn  wie  gestern  am 
Ende,  standen  wir  heute  erst  am  Anfange  unseres  Tagewerkes.  Wir 
mussten  zuerst  den  Mittelbergferner  quer  überschreiten,  weil  der  Weg 
von  dem  linken,  oder  nach  wissenchaftlicher  Sprache,  in  welcher  das  Ufer 
eines  Gletschers  wie  jenes  eines  Flusses  nach  dem  Laufe  bezeichnet 
wird,    vom    rechten    Rande    des   Ferners    aufsteigt. 

Unschwer  kamen  wir  auf  die  Höhe  des  Ferners,  und  auf  ihm  fort, 
trotz  seiner  nicht  geringen  Steigung  in  der  ganzen  Linie,  in  welcher  wir 
ihn  überschritten.  Dagegen  machte  es  viele  Schwierigkeit  auf  den 
felsigen  Wiesengrund  an  seinem  rechten  Ufer  zu  gelangen,  da  er  gegen 
die  Randfelsen  zu  in  eine  Menge  untereinander  durch  oft  20  Klafter  tiefe 
Schluchten    getrennter    Eisrücken    zerrissen    ist. 

Es  musste  auf  den  durch  Steine  und  Schutt  am  leichtesten  gang- 
baren Stellen  einige  derlei  unfreundliche  Wellenberge  und  Thäler  hinauf- 
und  hinabgeklettert  werden,  bis  wir  nach  Ueberwindung  des  letzten  davon 
wieder  festes    Gestein    unter    unsern    Füssen    fühlten. 

Die  nächste  Aufgabe  kostete  mehr  Mühe  und  Selnveiss  als  ich  ge- 
dacht hatte.  Trotz  seines  gemüthlichen  Namens  Jöchle  erreicht  dieser 
Uebergangspunet  zwischen  dem  Pitz-  und  Ötzthale  nach  Trink  er's  Höhen- 
messungen   die    ganz    ansehnliche    Höhe    von    9453    W.    F. 

Das  Aufwärtssteigen  über  die  mit  kurzem  Grase  bewachsene  erste 
Erhebung  war  wegen  ihrer  grossen  Steilheit  besonders  heute  bei  hell 
ausscheinender  Sonne  höchst  mühsam,  und  es  daher  nicht  zu  wundern, 
dass  die  Hände ,  bei  der  Nähe ,  in  der  sie  dem  scharf  ansteigenden 
Boden  beständig  kamen,  zum  besseren  Hinaufkommen  fleissig  mitbenutzt  wurden. 

Nicht  minder  beschwerlich  gestaltete  sich  der  Weg  über  die  Schutt- 
halden in  den  höheren  Theilen,  wenn  man  bei  jedem  Schritte  nach  auf- 
wärts mit  den  losen  Steintrümmern  wieder  etwas  zurücki'ütscht.  Nach 
diesen  Partien  wird  der  Gang  in  der  obersten  Strecke  über  die  zahllosen 
Steinplatten  und  grossen  Felsstücke,  womit  der  Kamm  des  Rückens  gegen 
die  Geschrabkögel  zu  regellos  gepflastert  erscheint  fast  zur  willkommenen 
Aufgabe. 

Endlich  ist  die  Jochhöhe  an  einem  Felsen  gewonnen,  auf  welchem 
als  Kennzeichen  einige  Steine  zu  einem  Signale  aufgeschichtet  sind.  Doch 
ist  damit  noch  nicht  der  höchste  Uebergangspunet  am  Jöchle  erreicht, 
allein  es  erscheint  angedeutet,  hier  etwas  Umschau  zu  halten,  denn  einen 
Schritt    weiter,    und    die    bisherige   Fernsicht   hat    sich    uns    entzogen. 

Blicken  wir  also  noch  einmal  und  zwar  jetzt  von  Nordosten  gegen 
Südwesten  auf  das  grosse  Hochplateau ,  die  Geburtsstätte  der  riesigen 
Gletscherdecke  zwischen  Pitz  -  und  Ützthal.  Die  Wildspitze  ragt  mit 
feinem  Hörne  in  Mitte  der  Eismassen  alles  rings  beherrschend,  in  die 
Lüfte.  Der  Prochkogel,  der  Mittagskogel,  Brunnkogel  und  die  Hohlwände 
entsteigen  ihnen  rechts  und  links  von  der  Wildspitze.  Darüber  zurück 
aber  sehen  wir  in  der  Richtung  über  dem  Hochvernagtferner  jene  mäch- 
tige   Höhe    wieder ,     welche     wir   von    gestern    her    als    die    Hochvernagt- 


Uebergang  aus  d,  ÜeUthale  in  d.  Pitzthal  überd.  Hochvernagt-  und  Sechsegertenferner.     181 

wand  kennen ,  und  weiter  nach  rechts  die  Berge  des  Pitzthales  bei 
Planggeros  und  im  Gebiete  des  Taschachferners .  dann  die  östliche  Be- 
grenzung des  Kaunerthales  und  auch  ein  Gebirgssee  fehlt  nicht ,  da  ein 
Stück    des    Riffelsees    zu    uns    heraufleuchtet. 

Aber  auf  der  Wildspitze,  die  wir  von  halber  Höhe  noch  nebelfrei 
erblickt ,  hat  sich  nun  bereits  eine  Nebelkappe  gebildet  und  im  Verein 
mit  der  drückenden  Hitze  lässt  dies  einen  baldigen  Witterungswechsel 
besorgen. 

Halten  wir  uns  daher  nicht  zu  lange  hier  auf  und  eilen  wir  der 
zweiten  höheren  Scharte  zu.  Von  der  ersten  Scharte  weg  wandern  wir 
etwa  10  Minuten  lang  über  den  Pollesferner  und  beschreiten  damit  die 
Grundlinie  eines  Dreieckes,  dessen  Schenkel  und  Spitze  durch  die  Ver- 
längerung und  das  Zusammentreffen  der  Felsen  gebildet  werden,  in  denen 
die    beiden    Scharten    eingeschnitten    sind. 

So  wird  man  nur  mit  der  höchstgelegenen  südwestlichen  Ecke  des 
Pollesferners  bekannt ,  und  lernt  den  Hauptkörper  des  Ferners  nicht 
kennen,  welcher  8640  W.  F.  lang ,  so  tief  in  das  bei  Hüben  in  das 
eigentliche  Ützthal  mündende  Pollesthal  hinabsteigt,  dass  Herr  Major  von 
Sonklar  meint,  mit  einiger  Erweiterung  des  Begriffes  primärer  Gletscher 
könnte    man    ihn    ohne    weiters    unter    die    primären    Ferner   rechnen. 

Wir  hatten  uns  auf  der  Höhe  bald  abgekühlt  und  Hessen  uns  auf 
der  zweiten  Scharte,  dem  eigentlichen  Jöchle,  das  zwischen  dem  Polles- 
uud    Kettenbachferner   gelegen    ist,    nieder. 

Hier  bot  sich  uns  die  weiteste  Fernsicht  auf  unserem  ganzen 
Ausflüge    dar. 

Ausser  den  Bergen,  zwischen  denen  das  Pollesthal  eingeschnitten 
ist,  und  unter  welchen  die  hohe  Geige  mit  ihrem  herzförmigen  Ferner 
unter  der  Spitze  und  mittelst  des  Fernrohres  ganz  gut  zu  erkennenden 
trigonometrischen  Signale  den  ersten  Platz  einnimmt,  erheben  sich  in  der 
Nähe  die  Gletscherspitzen  über  der  Firnmulde  des  in  bedeutender,  fast  senk- 
rechter Tiefe  unter  dem  Jöchle  ostwärts  Messenden  Rettenbachferners, 
vornehmlich    die    Schwarze    Schneide    zu    ansehnlicher    Höhe. 

Ausserdem  liegen  in  langer  Pieihe  die  sämmtlichen  Höhen  auf  der 
Ostseite  des  eigentlichen  Ötzthales  vor  uns,  Da  bauen  sich  die  Gebirge 
des  Grieser-  und  Stuiben-,  des  Melach-  und  Sulzthales  und  sofort  bis 
zu  den  Spitzen  des  Winacherthales  neben  einander  auf.  Die  hervor- 
ragendste Stelle  behauptet  der  prächtige  Lisenzerferner-Kogel  und  nächst 
ihm  der  Bockkogel  und  die  schneelose  Pyramide  des  Schrankogels.  Aus 
weiter  Ferne  dämmern  in  ihren  lichten  Umrissen  die  Kalkmassen  der 
hohen    Mundi    und    des    Karwendelgebirges. 

Ich  bedauerte  sehr,  dass  über  dem  Kerne  der  Stubayergruppe,  den 
Gletschern  zwischen  dem  obersten  Suizthale,  dem  Stubayer  Mutteberg  und 
dem  Winacherthale  dichte  Nebel  lagerten.  Diese  Nebel  sahen  sogar  der- 
art wie  wirklicher  Regen  aus  ,  dass  ich  bei  der  geringen  Entfernung 
des  Winacherthales  von  uns  früher,  als  ich  es  sonst  gethan  hätte,  zum 
Aufbruche    mahnte. 

Wir  mussten  jetzt  zuerst  auf  den  tiefen  Rettenbachferner  hinab- 
klettern. Unmittelbar  Yon  der  Scharte  weg  isi  der  Abfall  des  Rückens 
ein   ausserordentlich    steiler ;     doch    schützt    seine    Steinart ,     ein    sehr   fein 


i  52  Ar-  Anton  v.  Ruthner. 

geplatteter  Schiefer,  vor  einem  Abstürze  in  die  Tiefe  ,  weil  sich  unter 
den  Füssen  des  Abwärtssteigenden  oder  mit  dem  Bergstocke  Abrutschenden 
stets    eine    ganze    Schuttmasse    zusammenballt. 

Ueber  den  Rettenbaehferner  hat  Herr  von  Sonklar  dieselbe  Be- 
merkung gemacht ,  wie  beim  Pollesferner ,  der  zu  Folge  auch  er  bei 
seinem  weiten  Vordringen  in  das  Rettenbachthal  ein  primärer  Ferner, 
das  Wort  im  weiteren  Sinne  genommen,  genannt  werden  könnte.  Nur 
steht  dem  entgegen,  dass  das  Rettenbachthal  weit  weniger  als  das  Polles- 
thal ,  als  eigentliches  Thal  ,  sondern  vielmehr  nur  als  eine  hochgelegene 
Thalmulde  betrachtet  werden  kann.  Dafür  übertrifft  der  Rettenbachgletscher 
den    Pollesferner  an    Länge,    indem    er    11,880    VV.  F.  lang  ist. 

Von  dem  Puncte,  auf  welchen  wir  ihn  unterhalb  des  Joches  endlieh 
erreichten,  fliesst  er  noch  weit  hinaus  durch  das  Thal  in  der  Richtung 
gegen  Sölden  und  füllt  in  diesem  Laufe  die  ganze  Thalsohle  aus.  Wir 
gingen  dort,  wo  es  thunlich  war,  auf  ihm  abwärts  ;  allein  gerade  auf  ihn 
war  sich  weniger  zu  verlassen,  als  auf  die  Pitzthalerferner,  weil  er  im  Ganzen 
einen  stärkeren  Neigungswinkel  hat,  und  sich  stellenweise  sogar  plötzlich 
so  steil  senkt,  das  ein  weiteres  Hinabsteigen  gar  nicht  möglich  ist.  Dann 
wandten  wir  uns  jedesmal  der  linkseitigen  Moräne  und  Seitenwand  zu, 
kehrten  aber  sobald  es  thunlich  des  minder  beschwerlichen  Gehens  wegen 
auf   das  Eis    zurück. 

Dort  wo  der  Gletscher  endet,  ist  das  Rettenbachthal  schon  ziemlich 
wirthlich,  und  bald  darauf  kommt  man  auch  zu  den  ersten  Asten  oder 
Heuhütten. 

Heute  trafen  wir  alles  voll  Menschen ,  die  eben  mit  der  Heuernte 
beschäftigt  waren.  Ich  aber  trennte  mich  hier  von  Nie  ödem  und 
Leander  nach  getroffener  Verabredung,  dass  sie  mich  in  Heiligenkreuz 
erwarten    sollten. 

Sie  hatten  nämlich  vorgeschlagen ,  anstatt  aus  dem  Rettenbachthale 
nach  Sölden  hinab-,  und  dann  auf  dem  Hauptthalwege  nach  Zwiselstein 
und  Heiligenkreuz  wieder  hinanzusteigen,  auf  der  Höhe  fort  von  Retten- 
bach    über    Galslach     unmittelbar    nach    Heiligenkreuz    zu    gehen. 

Nach  den  Leistungen  in  den  bellen  letzten  Tagen  wollte  ich  nun 
von  ihnen  gar  nicht  fordern,  dass  sie  heute  noch  überflüssige  anderthalb 
Stunden  Weges  machen  sollten;  allein  ich  für  meinen  Theil  war  darauf 
angewiesen,  nur  mehr  den,  wenigstens  relativ,  besten,  wenn  auch  weitern 
Weg  aufzusuchen.  Denn  meine  Beschuhung  war  schon  gestern  haupt- 
sächlich durch  die  schneefreien  Pitzthalerferner  in  einen  schauerlichen 
Zustand  gekommen,  in  Planggeros  zwar  zur  Noth  für  heute  ausgebessert 
worden,  jedoch  in  Folge  der  neuerlichen  Berührung  mit  den  Eiskrystallen 
des  Mittelberg-  und  Rettenbachferners  und  mit  dem  Schutte  des  Jöchle 
in  eine  so  heftige  Recidive  verfallen,  dass  die  Schäden  der  Sohlen  bereits 
das    Oberleder    ringsum    in    das    Mitleiden    gezogen    hatten. 

Ich  liess  also  den  Führern  die  Tasche  und  schritt  blos  mit  Berg- 
stock und  Plaid  ausgerüstet  Sölden  zu.  Das  Winacherthal  von  seinen 
Fernern,  vielleicht  vom  Hohenferner  oder  Wozer  am  Schneeberg,  an  lag 
zwar  im  Nebel  doch  in  seinen  Umrissen  bis  zur  nahen  Mündung  jenseits 
des  Thalbodens  von  Sölden  gegenüber,  schon  öffnete  sich  ein  Hineinblick 
in  die  Gurgler  Thalschlucht  und  auf  die  Berge  über  ihr  südlich  vom  Timbels- 
joch,  den  Paukerkogl  und  das  Plattenjoch  ,  und  auch  der  alte  Freund 
Nöderkogel    zeigte    sich   wieder. 


Uebergang  aus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzthal  über  d.  Hochvernagt-  und  Sechsegertenfemer.     153 

Jetzt  ragte  über  der  steilen  Waldschlucht ,  durch  welche  der  Ret- 
tenbach  zur  Tiefe  schäumt,  sogar  bereits  der  Kirchthurm  von  Sölden  vor 
mir  auf,  aber  auch  der  Regen  hatte  schon  den  Weg  über  das  Ötzthal 
gefunden,  und  es  fielen  schwere  Tropfen,  als  ich  gegen  1  Uhr  in  das 
Wirthshaus    zu    Sölden    eintrat. 

Wir  waren  von  Planggeros  um  halb  5  Uhr  aufgebrochen ,  mögen 
eine  starke  Stunde  auf  dem  Jöchle  verweilt  haben ,  und  hatten  daher  7 
bis    8    Stunden   zum    Uebergange    von  Planggeros  aus  benöthigt. 

Als  ich  mit  meinem  bescheidenen  Mahle  zu  Ende  war ,  regnete  es 
noch  immer;  da  es  aber  auch  nicht  das  Ansehen  hatte ,  als  würde  es 
bald  besser  werden,  so  machte  ich  mich  etwas  nach  halb  2  Uhr  wieder 
auf  den  Weg  und  langte  um  4*/4  Uhr  im  Widum  in  Heiligenkreuz  an. 
Leander  und  Nie  ödem  waren  kurz  vor  mir  eingetroffen  und  Hessen 
es  sich  schon  sehr  gütlich  geschehen.  Ich  aber  war  durch  das  rasche 
Gehen  bei  Benützung  des  Plaids  zwar  nicht  vom  Regen  ,  aber  vom 
Schweiss  so  durchnässt,  dass  ich  mich  bald  in  dem  kühlen  Zimmer  nicht  recht 
behaglich    fühlte    und   weiter    zu    gehen   beschloss. 

Als  ich  meine  Führer  fragte,  ob  sie  fortzugehen  bereit  seien,  be- 
jahten sie  es,  und  baten  mich  b\os,  sie  noch  austrinken  zu  lassen.  Allein 
es  lag  eine  unendliche  Resignation  in  ihrer  Bereitwilligkeit.  Ich  fühlte, 
dass  es  hart  sei,  sie  aus  ihrem  Wohlbehagen  zu  stören  und  Hess  ihnen, 
da  ich  ihrer  durchaus  nicht  bedurfte ,  vollkommen  freie  Hand  zu  bleiben, 
wenn  sie  mir  nur  bis  Abends  die  Tasche  in  das  Fender  Pfarrhaus 
brächten. 

So  ging  ich  in  noch  immer  strömendem  Regen  weiter  und  kam  um 
7  Uhr  Abends  in  Fend  an,  das  Brüderpaar  Klotz  dagegen  mindestens 
um    zwei   Stunden    später. 

In  diesen  Stunden  des  Verweilens  in  Heiligenkreuz  geschah  es, 
dass  Nico  dem  voll  des  Hochgefühles  der  grossartig  vollführten  kühneu 
That  jedoch  auch  mit  frischer  Erinnerung  an  ihre  Gefahren,  folgende 
Notiz  in  das  dortige  Fremdenbuch  schrieb:  „Nie ödem  Klotz  und  Le- 
ander Klotz,  Fremdenführer  über  den  Gepatschferner  und  über  den 
Pitzthaler  Urkund.  Aber  diese  wollen  nicht  mehr  Fremdenführer  sein  über 
diese  Oerter  und  man  kann  ihnen  dieses  glauben.  Bestätiget  Nico  dem 
Klotz,    Leander   Klotz." 

Nie  ödem  versicherte  mich  später  wiederholt  nie  mehr  über  den 
Urkund  steigen  zu  wollen;  allein  es  machte  ihm  doch  Freude,  immer 
wieder    davon    zu    erzählen. 

Auch  mir  ist  die  angenehmste  Erinnerung  an  diesen  Gletscheraus- 
flug geblieben.  Dennoch  schied  ich  zuletzt  nur  halb  befriedigt  aus  dem 
Ötzthale. 

Denn  am  20.  und  21.  August  war  in  Fend  so  schlechtes  Wetter, 
dass  von  der  Ersteigung  der  Wildspitze,  ja  selbst  nur  von  einer  Recognosci- 
rung  derselben  keine  Rede  sein  konnte.  Am  21.  fiel  sogar  der  Neuschnee  herab  bis 
etwa  eine  halbe  Stunde  über  dem  Dorfe.  Ich  ging  noch  einmal  zu  Nicodem 
nach  Rofen,  sah  ihn  dann  am  22.  noch  in  Fend,  aber  auf  einen  Ferner  sind 
wir  nicht  weiter  mitsammen  gekommen,  und  dies  that  mir  Leid,  weil  es  mir 
jedesmal  ein  wahres  Vergnügen  macht,  einen  Gletscher  mit  Nicodem  zu 
besuchen,  welchen  als  den  kühnsten  und  erfahrensten  Bergsteiger,  der  mir 
jemals  vorgekommen  ist,  zu  bezeichnen,  ich  keinen  Anstand  trage. 


t  S4  Dr.  Anton  v.  Ruthner. 

Am  22.  Nachmittags  verliess  ich  endlich  das  Pfarrhaus  zu  Fend,  nach- 
dem ich  beim  Abschiede  von  dem  gastlichen  Hausherrn  und  der  unermüd- 
lichen Pflegerin  der  Fremden,  der  Hauserin  Lise,  meine  Wiederkehr  ver- 
sprochen  hatte.      Ob   und   wann  sich  dies  Versprechen    wird    erfüllen  lassen? 

Zum  Schlüsse  sei  noch  einer  in  mancher  Rücksicht  interessanten  That- 
sache  Erwähnung  gethan. 

Auf  der  Anich'schen  Karte  findet  sich  ein  Weg  von  Rofen  nach  der 
Gepatschalpe  mit  zwei  Abzweigungen  nach  dem  Pitzthale  gezeichnet  und  dabei 
die  Benennung  Öhlgruben  Thalweg  und  Sechsten  Weg.  Wegen,  der  mangel- 
haften Terrainzeichnung  und  da  insbesonders  die  Begrenzung  des  Hochver- 
nagtferners  ganz  unkenntlich  ist,  lässt  sich  die  Richtung  nicht  genau  ent- 
nehmen ,  in  welcher  diese  Wege  gelaufen  sind  ,  es  erheben  sich  vielmehr 
bezüglich  aller  drei  Wege,  die  gewichtigsten  Fragen.  So  fragt  es  sich,  wo  der 
W'eg  von  Kauns  nach  Rofen  den  Kamm  über  demHochvernagt  überschritten  haben 
kann  und  wo  insbesondere  jene  Stück  dieses  Weges  durchgegangen  sein  mag,  bei 
welchem  das  Wort  Sechsten  Weg  steht?  Und  was  die  Abzweigungen  nach 
dem  Pitzthale  betrifft,  so  kann  die  westlichere  doch  nicht  den  heutigen  Öhl- 
grubenweg  bezeichnen,  da  dieser  letztere  aus  dem  Taschach  fast  ganz  west- 
lich geht,  ohne  den  Gepatschferner  zu  berühren,  während  jene  Abzweigung, 
nachdem  sie  von  der  Gepatschalpe  weg  erst  lange  Zeit  in  südöstlicher  Rich- 
tung auf  dem  Gepatsch  fortläuft,  auf  der  Pitzthaler  Seite  über  den  Sechs- 
egerten  Ferner  in  nordöstlicher  Richtung  führen  müsste  ,  bis  sie  am  Ende 
dieses  Ferners  mit  dem  heutigen  Wege  zusammentreffen  würde.  In  welcher 
Partie  des  Sechsegertenferners  wäre  aber  eine  solche  weite  Ausbiegung  vom 
Pitzthal  aus  in  südwestlicher  Richtung  über  ihn  gangbar,  und  wo  käme  man 
dann  auf  den  Grat  über  dem  Gepatschferner?  Wo  hat  vollends  die  östliche 
Abzweigung  von  Anich's  Kauner-Rofnerwege  ihren  Lauf  gehabt?  Ging  dieser 
Weg  wirklich  westlich  am  Urkund,  doch  etwas  weiter  von  seinen  Wänden 
weg  und  bestand  damals  noch  nicht  wie  jetzt  der  grossartige  Absturz  des 
Eisrückens  ,  den  wir  auf  der  Seharte  über  dem  Hochvernagt  links  von  ihr 
nach  Norden  ziehend,  kennen  gelernt  haben? 

Nach  Anich's  sonstiger  Richtigkeit  scheint  jedoch  trotz  aller  dieser 
Zweifel  Eines  klar  aus  der  erwähnten  Zeichnung  hervorzugehen  :  dass 
über  die  Ferner  Wege  von  Kauns  unmittelbar  nach  Rofen  und  von 
Rofen    unmittelbar    nach    dem    Pitzthale    geführt    haben. 

Bei  dieser  Thatsache,  hält  man  sie  damit  zusammen,  dass,  wie 
schon  besprochen  wurde,  heute  Nicodem  allein  das  Geheimniss  besitzt, 
über  den  Gepatschferner  zu  gehen  und  auch  er  den  Weg  in  das  Pitzthal 
allein,  und  zwar  bis  jetzt  erst  zweimal  gemacht  hat,  taucht  aber  wieder 
die  interessante  Frage  auf,  woher  kömmt  es,  dass  diese  früher  all- 
gemeinen Wege  jetzt  ganz  in  Vergessenheit  gerathen  sind?  Dr.  Stotter 
hält  dafür,  dass  die  Veränderungen  der  Gletscher  daran  Schuld  tragen. 
Diese  Ursache  mag  mitwirken;  die  Gestaltung  der  Eisflächen  wechselt 
jedoch  von  Jahr  zu  Jahr.  Wird  ein  bisheriger  Weg  über  einen  Ferner 
nicht  gangbar,  so  kann  der  Ferner  in  anderer  Richtung  zugleich  über- 
schreitbar werden ,  ja  im  folgenden  Jahre  kann  der  alte  Weg  wieder 
zu  benützen  sein.  Und  doch  blieben  die  fraglichen  Wege  unbenutzt. 
Es  dürften  daher  noch  andere  Ursachen  vorhanden  sein.  Mag  man 
auch  nicht  annehmen ,  dass  unsere  Vorfahren  mehr  Muth  als  unser 
Epigonengeschlecht  hatten,  so  scheint  doch  eine  wesentliche  Veranlas- 
sung    des     gänzlichen     Verlassens     so     mancher    und     auch    unserer    Glet- 


Uebergangaus  d.  Oetzthale  in  d.  Pitzthal  über  den  Hochvernagt-  und  Sechsegeitenferner     155 

schersteige  in  der  Verbesserung  der  übrigen  Thalwege  zu  liegen,  in  Folge 
deren  die  Bewohner  lieber  auf  gutem  Wege  und  gefahrlos  ein  erkleck- 
liches Stück  Weges  weiter  gehen,  als  auf  dem  kurzen  WTege  sich  Ge- 
fahren auszusetzen ,  wogegen  die  alte  Zeit  bei  durchgehends  schlechten 
Wegen  den,  wenn  auch  um  etwas  gefährlicheren ,  doch  kürzesten  Weg 
gewählt    hat. 

Sollte  aber  ausser  dieser  mehr  culturhistorischen  Frage  die  rein 
geographische  über  die  Richtung  der  alten  Gletscherwege  von  Rofen  nach 
dem  Kauner-  und  Pitzthale ,  dann  von  der  Gepatschalpe  nach  dem  Pitz- 
thaler  Taschach  mit  einiger  Hoffnung  auf  Erfolg  in  Angriff  genommen 
werden  wollen,  so  wäre  nach  meiner  Ansicht  vor  Allem  in  den  Archiven 
vorzüglich  jener  Bezirke  in  Vintschgau,  zu  denen  Fend  früher  gehörte, 
nach  alten  Grenzbeschreibungen  und  ähnlichen  Documenten  zu  forschen, 
um  auf  Grundlage  positiver  Daten  das  festgstellt  zu  erhalten,  was  durch  die 
scharfsinnigsten  Combinationen  kaum  je  verlässlich  wird  sichergestellt 
werden    können. 


XIII. 

Mittheilungen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  den  Bialowescher- 
VVald  und  über  die  Auerochsen. 

Von 

Dr.  Franz  Müller, 

Professor  der  Zootomie,  Zoophysiologie  und  des  Exterieurs  am  k.  k.  Thierarznei- 

Institute  in  Wien. 

Milgetheilt  nach   einem   amtlichen    Berichte   in    der   Versammlung:   der    k.    k.    geographischen    Geiellschaft 

am  5.  April  1859. 

Im  October  1851  wurde  mir  von  dein  hohen  k.  k.  Ministerium 
für  Cultus  und  Unterricht  der  schmeichelhafte  Auftrag  zu  Theil,  eine 
Reise  nach  dem  Bialowescher-Walde  im  Pruschanschen  Kreise  des  Grod- 
noer  Governements  zu  unternehmen,  um  an  Ort  und  Stelle  die  Präpa- 
rirung  eines  durch  die  Gnade  Sr.  Majestät  des  Kaisers  von  Russland 
dem  hiesigen  k.  k.  Thierarznei-Institute  zur  Verfügung  gestellten  Auer- 
ochsen   vorzunehmen,    und    die    Transportirung    desselben    einzuleiten. 

Ich  trat  meine  Reise  am  15.  November  1851  an,  nahm  den  Weg 
von  hier  über  Krakau  an  die  russisch -polnische  Grenze  nach  Maczky, 
und  fuhr  von  dort  mittelst  Eisenbahn  bis  Warschau.  Das  Land  von  der 
österreichischen  Grenze  angefangen  bis  Warschau  ist  meist  ganz  eben, 
nur  geringe  Anhöhen  durchschneidet  die  Eisenbahn,  und  an  manchen 
Stellen  findet  man  ausgedehnte  Waldungen  mit  Sümpfen  und  Moorgrund 
abwechselnd. 

Da  ich  sowohl  auf  der  Hin-  als  Rückreise  mehrere  Tage  in  War- 
schau verweilen  musste,  hauptsächlich  des  Passes  wegen,  der  gegen  einen 
russischen  umgetauscht  werden  muss ,  so  hatte  ich  in  der  Zwischenzeit 
Müsse  genug,  die  Warschauer  Spitäler  und  Sammlungen  kennen  zu  ler- 
nen, die  mir  auch  auf  die  zuvorkommendste  Weise  zugängig  gemacht 
wurden. 


i  56  Dr.  Franz  Müller. 

Von  Spitälern  sah  ich:  Das  Spital  zum  Kindlein  Jesu,  das  grösste 
von  allen  mit  etwa  500  Betten,  das  Syphilis-Spital  mit  400  Betten,  das 
Spital  von  St.  Rochus  mit  beiläufig  60  Betten,  und  das  israelitische  mit 
360    Betten. 

Vor  Allem  erlaube  ich  mir  die  Bemerkung,  dass  die  Warschauer 
Spitäler  nicht  jene  Bewunderung  bei  mir  erregten,  von  der  manche  Aerzte 
ergriffen  sind.  Es  besticht  bei  einigen  die  äussere  Erscheinung  viel  zu 
sehr,  während  das  Wesen  eines  Spitals:  Wäsche,  Kost,  Reinlichkeit, 
Wartung  etc.  gegen  die  hiesigen  und  deutschen  Krankenanstalten  zurück- 
steht. Die  Gebäude  sind  meist  sehr  schön  und  neu  aufgeführt,  die  Fuss- 
böden  durchaus  mit  Wachs  eingelassen ,  und  durch  alle  Säle  Teppiche 
ausgebreitet;  allein  die  Bettwäsche  ist  mittelmässig,  Matrazen  sah  ich 
in  keinem  der  Spitäler,  die  Kost  ist,  sowie  überhaupt  in  ganz  Polen, 
trotz  der  üblichen  Dampfkochapparate  unserer  Spitalskost  nicht  gleichkommend. 

Mit  dem  Spitale  zum  Kindlein  Jesu  ist  noch  ein  kleines  Gebär-, 
Findel-  und  Irrenhaus  verbunden;  ich  sah  die  chirurgische  Abtheilung 
des  Herrn  Dr.  le  Brun,  der  mir  mit  seltener  Zuvorkommenheit  die 
nöthigen  Aufklärungen  gab,  und  mich  in  die  andern  Abtheilungen  beglei- 
tete. In  dem  ganzen  Krankenhause  sind  5  Primarien  angestellt,  deren  je- 
der 80  bis  100  Betten  unter  sich  hat,  und  zwar  sind  2  Primariate  für 
interne  Kranke,  2  für  externe,  1  für  das  Gebär-  und  Findelhaus  bestellt, 
das    Irrenhaus    ist    getheilt. 

Im  Spital  herrschte  bei  meiner  Anwesenheit  keine  besondere  Krank- 
heitsform, doch  sah  ich  verhältnissmässig  wenig  Tuberculöse,  desto  mehr 
Hydropische  und  an  Intermittenz  Leidende,  wie  überhaupt  in  ganz  Russ- 
land letztere  Krankheitsformen  vorherrschen,  so  weit  sich  meine  Reise 
erstreckte.  Auf  den  chirurgischen  Abtheilungen  herrschten  die  chronischen 
Fussgeschwüre  vor,  die  jedoch  nicht  sehr  rein  gehalten  waren,  und  ohne 
besondere  Methode  behandelt  wurden.  Die  Krankensäle  sind  gross,  mit 
40  und  mehr  Betten,  letztere  stehen  enge  beisammen,  in  der  Mitte  sind 
2  Reihen  eingestellt,  die  Bettstätten  sind,  wie  in  allen  übrigen  War- 
schauer und  Lithauer  Spitälern,  die  ich  besuchte,  durchaus  von  Eisen, 
die  Wäsche  mittelmässig,  ohne  Matrazen  mit  einer  Baumwolldecke  und 
einem    Kopfpolster    von    Haaren. 

Die  Aufnahmskanzlei  ist  ebenerdig,  Juden  und  syphilitische  Kranke 
sind  ausgeschlossen,  den  Wärterdienst  besorgen  die  grauen  Schwestern. 
Extrazimmer  sah  ich  in  diesem  Spitale  wenige,  weil  überhaupt  von  den 
vermöglicheren    Polen    das    Spital    nicht    so    gesucht    wird,    wie    bei    uns. 

Das  syphilitische  Spital  zu  St.  Lazarus  liegt  am  Ende  der  Krakauer- 
Vorstadt  gegen  die  Weichsel  zu  auf  einer  Anhöhe,  ist  einen  Stock  hoch 
und  umgeben  von  einem  bedeutend  grossen,  freien  Platze,  der  von  einer 
ziemlich  hohen  Mauer  umfasst  wird,  und  besteht  aus  mehreren  Gebäuden, 
wovon  das  grösste  für  kranke  Weiber,  das  kleinere  für  Männer,  ein 
eigenes  Gebäude  zur  Wohnung  für  den  Primarius  Dr.  Porowski  und 
iüi'    die    Kanzleien    etc.    bestimmt   ist. 

Alle  Spitalsgebäude  sind  neu,  und  wahrhaft  luxuriös,  wie  überhaupt 
alle  neuen  öffentlichen  Gebäude  in  Warschau,  mit  ungemeiner  Raumver- 
schwendung aufgeführt.  Gänge,  Stiegen  und  Zimmerböden  sind  gewichst, 
und  mit  Teppichen  belegt,  die  Säle  sind  schön,  hoch  und  freundlich, 
die  Küche  ist  prachtvoll  eingerichtet,  mit  Aufzugsmaschinen  für  die  Spei- 
sen  in   die   oberen    Zimmer,     allein    auch    hier   sind    die    Betten    ohne    Ma- 


Mitteilungen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  d.  Bialowescber-Wald  u.  über  d.  Auerochsen.   \  5~ 

trazen.  und  namentlich  fand  ich  alle  Zimmer  zu  kalt,  was  ich  für  eine 
Behandlung  syphilitischer  Kranker  nach  meiner  Erfahrung  nicht  passend 
iinde.  Das  Spital  war  ganz  helegt,  die  Kranken  meist  mit  primären  Formen 
der  Syphilis  behaftet,  doch  traf  ich  auch  viele  secundäre  und  tertiäre 
Formen  mit  solchen  Zerstörungen  der  Knochen,  wie  ich  sie  ähnlich  nur 
von    Prag   her    kenne.     Die    Behandlung  ist    durchaus    mit    Mercur   und  Jod. 

In  beiden  Spitälern  sah  ich  ziemlich  zahlreiche  Fälle  von  plica 
■polonica,   und    zu    dieser    Krankheit    anderweitig    gezählte    Complicationen. 

Das  Spital  von  St.  Rochus,  dessen  Vorstand  Dr.  Malez  ist, 
liegt  gleichfalls  in  der  Krakauer-Vorstadt,  hat  aber  nur  60  Betten.  Es 
werden  bloss  interne  Kranke,  Männer  und  Weiber  aufgenommen,  den 
Wartdienst    versehen    auch    hier    die   grauen    Schwestern. 

Das  israelitische  Spital  mit  360  Betten  liegt  am  nördlichen 
Ende  der  Stadt  in  der  Nähe  der  Festung,  es  ist  ein  weitläufiges  Ge- 
bäude mit  eigener  Verwaltung,  und  einigen  Nebengebäuden,  in  welchen 
die  Geisteskranken  untergebracht  sind.  Letztere  sind  am  besten  unter  allen 
übrigen   Kranken    dieses    Krankenhauses   versorgt. 

Das  ganze  Spital  zerfällt  in  2  Abtheilungen,  in  die  medizinische 
und  chirurgische,  mit  eigenen  Vorständen  (Dr.  Löwenthal  und  Dr.  Groh). 
Die  chirurgische  Abtheilung  war  mit  syphilitischen,  scrofulösen,  mit  Ge- 
schwüren aller  Art  behafteten  Kranken  überfüllt,  doch  war  die  Reinlich- 
keit auf  eine  Art  vernachlässigt,  dass  man  manchen  Kranken  nur  ungern 
untersuchen  konnte. 

Ausser  den  Spitälern  sah  ich  in  Warschau  die  Bibliothek,  reich  an 
polnischen    Werken    aus    allen    Zweigen    der    Wissenschaft,    ferners : 

Das  Naturalien -Cabinet,  dessen  Vorstand  Herr  Director  Ja- 
rocki,  ehemaliger  Professor  der  Naturgeschichte  an  der  Warschauer 
Universität ,  auch  in  der  litterarischen  Welt  namentlich  als  slavischer, 
naturhistorischer  Schriftsteller  einige  Bedeutung  hat.  —  Er  besitzt  eine 
ungemeine  Sprachkenntniss  von  den  meisten  europäischen  Zungen,  und 
lernte  sehr  viele  Länder  Europa's,  und  namentlich  ganz  Oesterreich  auf 
zahlreichen    Fussreisen   kennen. 

Ich  sah  daselbst  von  Säugethieren :  3  ausgestopfte  Auer  (2  Kühe 
und  1  Stier),  eine  sehr  bedeutende  Vögel-  und  namentlich  eine  ungemein 
reichhaltige  Conchilien-Sammlung,  sowohl  Schnecken  als  Muscheln,  sehr 
hübsche  Korallenbildungen  und  eine  vollständige  Collection  aller  Meer- 
schwämme von  den  verschiedensten  Formen.  Ausserdem  findet  sich  eine 
in  vielen  Sälen  aufgestellte  Mineralien-Sammlung,  in  welcher  die  Minera- 
lien nach  den  verschiedenen  Ländern  ihres  Vorkommens  gereiht  sind. 
Von  österreichischen  Provinzen  sah  ich  dort  Galizien  und  Ungarn  voll- 
ständig vertreten,  in  geognostischer  Beziehung  ist  jedoch  die  Sammlung 
arm,  und  nur  Polen  sammt  Volhynien  und  Podolien  hinlänglich  reprä- 
sentirt.  Am  interessantesten  sind  die  Klumpen  jener  Mineralien  des  Urals 
und  Caucasus,  die  als  Geschenke  aus  St.  Petersburg  hieher  kamen.  Ich 
sah  hier  ein  sehr  grosses  Stück  gediegen  Goldes,  ein  Stück  Platin  von 
der    Grösse    einer    Kastanie    u.    s.    av. 

Ausserdem  findet  sich  in  den  ehemaligen  Universitätsgebäuden  eine 
Modellen-Sammlung    aus    Gyps,    die    ziemlich    reichhaltig    ist. 

Von  wissenschaftlichen  Anstalten  trifft  man  in  Warschau  ein  Gym- 
nasium von  6  Classen,  eine  Schola  reale  und  ein  pharmaceutisches  In- 
stitut,   eine    Kadettenschule    und    eine    Thierarznei-Schule. 


158  Dr.  Franz  Müller. 

Letztere  soll  früher  nach  der  Aussage  des  Professors  Eichler, 
eines  in  Dresden  gebildeten  Thierarztes,  ziemlieh  bedeutend  gewesen  und 
darin  jährlich  bei  2000  Pferde  behandelt  worden  sein,  allein  seit  etwa 
sechs  Jahren  ist  sie  auf .  eine  Stunde  Entfernung  von  der  Stadt  verlegt, 
in  einem  älteren  Gebäude  untergebracht,  wohin  jährlich  kaum  über  400 
Pferde    vom    Lande    gebracht    werden. 

Es  sind  am  Thierarznei-Institute  drei  Professoren  angestellt,  von 
welchen  Ostrowski  Anatomie  lehrt.  Der  Cursus  dauert  3  Jahre.  Die 
jetzige  Organisation  des  Veterinärwesens  in  Russland  besteht  seit  etwa 
7  Jahren.  Die  ganze  Auseinandersetzung  enthält  die  Zeitschrift  für  die 
gesammte  Thierheilkunde  von  Dieterichs,  Nebel  und  Vix,  1847, 
Band   XIV.,    Seite    308. 

Im  übrigen  Russland  sind  nur  wenig  Thierärzte  zu  finden,  die  sich 
namentlich  mit  Operationen  befassen  möchten,  daher  ziehen  auch  zur  Ver- 
richtung der  Castration  bei  Pferden  österreichische  Unterthanen,  meist 
aus  Mähren  und  dem  nördlichen  Ungarn,  gruppenweise  herum.  Ich  traf 
deren  mehrere  in  Grodno,  die  von  dort  noch  weiter  zogen.  Sie  pflegen 
das  zu  castrirende  Pferd  um  einen  bestimmten  Preis  anzunehmen,  und 
müssen  es  castrirt  und  ganz  gesund  zurückstellen,  haften  daher  mit  ihrem 
Vermögen    für  jeden  Unfall,    was  ihnen  dann  auch  gut  bezahlt  werden  muss. 

Der  Rindviehschlag  ist  im  Königreiche  Polen  klein  und  schwach, 
nur  Gutsbesitzer  haben  schöneres  und  häufig  Schweizervieh;  auch  scheint 
trotz  der  dünnen  Bevölkerung  der  Fleischbedarf  durch  die  Landeszucht, 
wenigstens  in  Warschau  nicht  gedeckt  werden  zu  können,  denn  ich  sah 
dort  die  grauen  volhynischen  und  podolischen  Rinder  ebenso  wie  in  Wien, 
und  auch  dort  wird  die  Rinderpest  mit  diesen  Thieren  aus  jenen  Ge- 
genden eingeschleppt,  und  herrscht  jetzt  noch  in  manchen  Gegenden  seit 
dem   Jahre    1844. 

Merkwürdig  ist  der  Umstand ,  dass  man  unter  den  Auerochsen  im 
Walde  zu  Bialowesch  nie  ein  seuchenartiges  Erkranken,  weder  an  der 
Rinderpest  noch  an  irgend  einer  andern  Krankheit,  beobachtete,  trotzdem 
die  Kühe  der  Schützen  frei  in  den  Wald  getrieben  werden,  und  vor 
einigen    Jahren    massenhaft   an    der    Rinderpest   zu    Grunde    gingen. 

In  wie  weit  die  veterinär-polizeilichen  Massregeln  in  jenen  Gegen- 
den gehandhabt  werden,  konnte  ich  nicht  ermitteln,  nur  so  viel  wurde 
mir  mitgetheilt,  dass  bei  jeder  bedeutenden  Vieherkrankung  auch  an  die 
Regierung  die  Anzeige  erstattet  werden  muss,  und  dass  das  General- 
Governement  des  Königreiches  Polen  vier  Thierärzte  an  der  Gränze 
von  Volhynien  und  Lithauen  anstellen  will,  welche  jedes  aus  diesen 
Ländern  eingetriebene  Rind  bezugs  der  Gesundheit,  und  namentlich  der 
Rinderpest   wegen,    zu    untersuchen'  hätten. 

Von  Warschau  setzte  ich  meine  Reise  nach  Augustowo  in  einer 
Strecke  von  34  Meilen  ganz  ebenen  Landes  fort,  das  zuweilen  mit  4 
bis  5  Meilen  im  Durehmesser  haltenden  Wäldern  bedeckt  ist,  von  grös- 
seren Flüssen,  Narew  und  Bug,  und  kleineren  durchströmt,  bei  der  ge- 
nannten Stadt  jedoch  von  weit  ausgebreiteten  Sümpfen  und  Seen  mit 
dazwischen  liegenden  Wäldern  fast  ganz  eingenommen  wird.  Ich  sah  dort  einen 
sehr  gut  angelegten  Canal,  der  sich  bis  in  den  Niemen  erstreckt,  und  hauptsäch- 
lich zur  Verschiffung  von  Schiffbauholz  in  die  Ostsee  dient. 

Von  dort  setzte  ich  meine  Reise  auf  einem  Seitenwege  fast  ganz 
durch    Wald    nach    Lipsko    und    weiter    nach    Grodno    fort. 


Mittheilungen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  d.  Bialowescher-Wald  u.  über  d.  Auerochsen.    1 59 

Grodno  ist  am  Niemen  auf  einer  Anhöhe  gelegen,  ist  die  Haupt- 
stadt des  gleichnamigen  Governements  mit  etwa  25000  Einwohner,  von 
denen  hei  zwei  Drittheile  .luden  sind;  es  ist  der  Sitz  des  Governeurs, 
der  Staatsdomänen-Verwaltung,  des  Adels-Marschallamtes,  eines  Gerichts- 
hofes, General-Commandos.  und  von  Bildungsanstalten  findet  sich  daselbst 
ein  Gymnasium  von  7  Klassen,  wobei  Fachlehrer  mit  Gehalten  von  300 
—  400  Silberrubeln  angestellt  sind,  unter  denen  sich  ein  eigener  Lehrer 
für  die  deutsche,  und  einer  für  die  französische  Sprache  befinden.  Grie- 
chisch wird  nicht  gelehrt,  auch  das  Latein  jetzt  wenig  mehr  betrieben, 
die    Unterrichtssprache   ist    die    russische. 

Die  Anzahl  der  Studirenden  mag  400  betragen,  es  sind  meist  Söhne 
des  Adels  und  der  Beamten  und  tragen  eine  bestimmte  Kleidung  (schwarz- 
graue Böcke  mit  rothen  Aufschlägen,  Mütze  und  Mäntel).  —  Ausserdem 
findet  sich  in  Grodno  ein  neu  erbautes  und  sehr  schön  eingerichtetes 
Civilspital  mit  62  Betten,  und  ein  weitläufiges  Militär-Hospital,  bei  welchem 
5  Aerzte  meist  deutscher  Abkunft  aus  Livland  angestellt  sind.  Im  Civil- 
spital ist  der  Boden  gewichst,  mit  Teppichen  belegt,  die  Zimmer  gemalt, 
die    Wäsche    rein,    die    Bettstellen    von    Eisen,    mit    Matrazen    u.    s.    w. 

Alles  ist  ausnehmend  rein  und  sauber  gehalten.  Das  Spital  dient 
bloss  zur  Aufnahme  von  Kranken  christlicher  Confessionen,  die  Juden 
haben    eigene    Krankenanstalten. 

Da  bei  meiner  Ankunft  ein  Befehl  zur  Tödtung  eines  Auer- 
ochsen noch  nicht  eingelangt  war,  so  habe  ich  darüber  an  Ein  hohes 
k.  k.  Ministerium  meinen  Bericht  von  dorther  eingesendet,  und  um  die 
weiteren  Verhaltungsregeln  gehethen.  Etwa  8  Tage  nach  meiner  Ankunft 
traf  zwar  der  allerhöchste  Befehl  ein,  allein  da  das  Grodnoer  Governe- 
ment  unter  dem  hohen  General -Governement  von  Wilna  steht,  und  Se. 
Excellenz  der  Herr  General  -Governeur  von  Bibikoff  eigens  bestimmte, 
es  möchte  ihm,  wenn  der  Abgesendete  von  Wien  ankäme,  darüber  Be- 
richt erstattet  worden,  so  verzog  sieh  mein  Aufenthalt  in  Grodno  über 
3  Wochen,  während  welcher  Zeit  ich  mir  hauptsächlich  Notizen  über 
das  Land,  den  Wald,  wo  die  Auerochsen  leben ,  über  die  Viehzucht  in 
der    Umgebung,    über   Krankheiten    der  Menschen  etc.  zu  sammeln  trachtete. 

Ich  wurde  sowohl  von  dem  Herrn  Governeur  General  Baron  von 
Uoven,  als  dem  Herrn  Präsidenten  der  Domänen- Verwaltung  in  Lithauen 
Sr.  Excellenz  von  Koshewnikow,  dem  Obersten  der  Schützen  Herrn  D a n i  1  o f f 
auf  die  zuvorkommendste  Weise  aufgenommen,  und  so  weit  es  möglich 
war,    auf  das    Beste   unterstützt,    wofür   ich    meinen    Dank    ausspreche. 

Ich  sah  im  Vorhause  des  Herrn  Governeurs  einen  ausgestopften 
Auerochsen,  der  die  Länge  von  235  Centimeter,  und  die  höchste  Höhe 
von  177  Centimeter  hatte,  besuchte  von  Grodno  aus  den  Grafen  Valicki 
in  der  Nähe  von  Icziora,  auf  seinem  Gute  Villanowa,  sah  dort  ungarische 
Zackelschafe  —  eines  mit  4  Hörnern  —  eine  ausgezeichnete  Zucht  von 
Schweizerkühen,  endlich  einen  lebenden  männlichen  Auer  sammt  einem 
Bastarde  von  demselben  mit  einer  Schweizerkuh,  worüber  ich  mir, 
da  ich  später  noch  mehrere  Auer  zu  Gesichte  bekam,  das  Wesentlichste 
anzugeben   erlaube: 

Die  Auerochsen  leben  im  Walde  von  Bialowesch  wild  und  frei, 
ihre  Zahl  beträgt  nach  der  letzten  Zählung  vor  3  Jahren  über  1200, 
gegenwärtig  dürften  wohl  bei  1400  vorhanden  sein.  Ihre  Höhe  ist  die 
eines    sehr   grossen,    erwachsenen  Ochsen,  ihre  Farbe  in  der  Jugend  silber- 


ll'»0  Dr   Franz  Müller. 

grau,  ganz  gleichförmig,  ohne  irgend  ein  Abzeichen,  später  mit  4  bis  G 
Jahren  werden  sie  mehr  schwärzlich  —  ihre  Hautfarbe  ist  dann  die 
schönste,  die  Haare  lang,  glänzend,  später  fangen  sie  an,  am  Kopf  und 
Hals  schmutzig-fuchsig,  kaffeebraun  zu  werden,  und  nach  und  nach  nimmt 
das   ganze   Thier   diese   gleichmässige    Färbung    an. 

Das  mag  wohl  der  Grund  sein,  dass  selbst  in  Bialowesch  von  Ei- 
nigen geglaubt  wird,  es  gebe  im  Walde  zwei  Species  der  Auer,  eine 
kleinere  schwärzliche,  und  eine  braune  grössere,  was  aber  mit  Sicherheit 
als    ein    Irrthum    zu    erklären    ist. 

Die  Winterhaare,  welche  diese  Thiere  im  October  bekommen,  sind 
so  dicht,  wie  ein  Filz,  am  ganzen  Vordertheil  bis  über  die  Schulter  viel 
länger  als  am  Hintertheile:  ebenso  besitzen  diese  Thiere  eine  5  bis  6 
Zoll  lange  Mähne,  und  statt  des  Triels  des  gewöhnlichen  Rindes,  der 
ihnen  ganz  fehlt,  eine  Reihe  Langhaare,  in  der  Mittellinie  bis  zur  Brust, 
die   am    Kinn   als    ein    Büschel,    Bart,    angehäuft   sind. 

Der  Vordertheil  des  Thieres  ist  ungemein  stark  entwickelt,  der 
Kopf  sehr  breit  und  kurz,  der  Hals  kurz,  ungemein  dick  und  mit  der 
Schulter  zusammenfliessend,  der  Widerrist  sehr  hoch  in  Folge  der  über 
1  Fuss  hohen  Stachelfortsätze  der  ersten  Rückenwirbel,  scharf  vorsprin- 
gend, während  das  Becken  schmal  und  enge,  und  das  Kreuz  viel  nie- 
driger erscheint.  Da  nebstdem  die  Augen  ganz  seitlich  gestellt  sind, 
so  bekommen  diese  Thiere  ein  wildes,  löwenähnliches  Aussehen,  beson- 
ders   in   ihren   jüngeren    Jahren. 

Die  weiblichen  Thiere  unterscheiden  sich  von  den  männlichen  durch 
ihre  kleinere  Gestalt,  etwas  längeren  Hörner  und  ihren  schlankeren  Hals, 
sonst    kommen    sie  jedoch    vollkommen    mit   den    männlichen    überein. 

Die  Thiere  leben,  wie  schon  bemerkt,  ganz  wild,  ohne  Unterstände 
für  den  Winter,  sie  sind  furchtsam,  fliehen,  namentlich  so  lange  sie  jung 
sind,  die  Menschen  in  weiter  Ferne  auf  das  geringste  Geräusch;  nur 
alte  Männchen  bleiben  bei  Annäherung  von  Menschen  stehen,  vertreten 
auch  wohl  den  Weg,  so  dass  man  sie  umgehen  muss,  doch  greifen  sie 
ungereitzt   Niemanden    an. 

Sie  nähren  sich  von  den  Gräsern  des  Waldes,  im  Winter  auch 
von  Baumzweigen,  Moos,  obwohl  ihnen  auch  Heu  für  den  Winter  vor- 
bereitet wird,  das  man  bei  tieferem  Schnee  auswirft.  Häufig  werden  je- 
doch auch  im  Winter  bei  eintretendem  Mangel  des  Nachts  benachbarte 
Bauerhöfe  besucht,  und  die  nicht  sehr  festen  hölzernen  Scheuern  von 
den    alten    Auern    eingerannt,    um    Nahrung    zu    bekommen. 

In  der  Jugend  können  sie  auf  leichte  Weise  gefangen  und  gezähmt 
werden.  Man  umstellt  mit  einigen  Hundert  Treibern  eine  Heerde  Kühe 
mit  ihren  Kälbern,  lässt  nach  und  nach  die  Kühe  und  älteren  Stiere  aus 
dem  Kreise,  weil  sie  sehr  scheu  sind,  während  die  jüngeren  Stücke 
bald    ermüden    und    gefangen    werden    können. 

So  sah  ich  beim  Forstofficier  Ernst  von  Nolde  in  Lipiny  vier 
eingefangene  Stücke,  von  welchen  zwei  etwa  ein  halbes,  die  beiden 
anderen    ein   Jahr    alt    sein    mochten. 

In  der  Gefangenschaft  nährt  man  die  Thiere  mit  Heu  und  Hafer, 
Kälbern  gibt  man  auch  Kuhmilch,  und  rechnet,  dass  ganz  junge  Auer- 
kälber   die    Milch    von    zwei    Hauskühen    täglich   brauchen. 

Wenn  sie  eingefangen  sind,  und  stets  einen  besonderen  Wärter  haben, 
der  sie  füttert,  so  werden  sie  bald  zahm,   derart,   dass  sie  an  andere  Orte  trans- 


Mittheilungen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  d.  Bialowescher-Wald  u.  über  d.  Auerochsen.  161 

portirt  werden  können.  So  wurden  vor  mehreren  Jahren  zwei  lebende  Stücke 
(Stier  und  Kalb),  je  etwa  ein  Jahr  alt,  nach  London  geschickt;  zu  verschiedenen 
Zeiten  gingen  lebende  Stücke  nach  Set.  Petersburg  für  das  30  Werste 
davon  entfernte  kaiserliche  Sommerpalais  Zarskoje-Selo,  und  gerade  im 
jetzigen  Februar  soll  von  den  gefangenen  Stücken  wieder  Eines  mittelst 
Schlitten    dorthin    befördert    werden. 

Vor  etwa  4  Jahren  wurden  durch  allerhöchste  Gnade  einigen  be- 
nachbarten Gutsbesitzern  lebende  Auerochsen  im  jungen  Zustande  verab- 
folgt, um  vielleicht  durch  Paarung  mit  dem  gewöhnlichen  Rinde  eine  neue 
Race  zu  erzielen,  die  grösser,  stärker,  und  auf  diese  Art  brauchbarer 
wäre,  denn  das  in  jenen  Gegenden  heimische  Rind  ist  gleich  wie  das 
Pferd    klein    und    schwach. 

Früher  hatte  man  die  Meinung,  dass  sich  die  Auer  mit  dem  ge- 
ineinen Rind  nicht  paaren,  was  auch  noch  Eichwald  in  seiner  Beschrei- 
bung von  Lithauen  im  Jahre  1830  aussprach.  Graf  Leopold  Valicki, 
Besitzer  von  Jeziora,  war  der  erste,  der  die  Paarung  eines  Auers  mit 
seinen  vorzüglichen  Schweizerkühen  einleitete,  und  dadurch  Kälber  bekam, 
von  denen  leider!  Alle  in  Folge  einer  Seuche  bis  auf  Ein  Stück  ein- 
gingen,   das    ich    denn    auch    zu    sehen    bekam. 

Dieser  männliche  Bastard  im  Alter  von  2J/2  Jahren  ist  in  vie- 
ler Beziehung  bemerkenswerth.  Derselbe  ist  etwas  über  15  Faust  hoch, 
das  Yordertheil  nur  wenig  höher  als  das  Hintertheil,  so  dass  das  Thier 
in  seinem  Baue  ebenmässiger  erscheint.  Sein  Bart  ist  kleiner,  die  Hör- 
ner mehr  gerade  gebogen,  sehr  spitzig  endend,  das  Kreuz  viel  höher 
und  stärker,  fast  gerade  verlaufend,  der  Schweif  sehr  stark;  das  Yorder- 
theil ist  im  Ganzen  zarter,  feiner  und  ähnelt  mehr  der  Mutter,  während 
die  Farbe  vom  Vater  stammt.  Es  ist  dieses  Thier  übrigens  nicht  wild, 
hängt  an  einer  Kette,  und  lässt  sich  betasten,  doch  ist  es  sehr  muthig, 
kraftvoll,  und  wühlte,  von  der  Kette  gelöst  und  frei  im  Hofraume  be- 
lassen, hier  mit  den  Hörnern  den  Boden  auf,  warf  die  Erde  in  die 
Höhe:  was  überhaupt  auch  eine  Lieblingsbeschäftigung  der  alten  Auer 
zu    sein    scheint. 

Auch  in  Zarskoje-Selo  sollen  sich  nicht  nur  diese  Thiere  unter- 
einder  in  der  Gefangenschaft  fortgepflanzt,  sondern  auch  Bastarde  erzeugt 
haben.  Die  Trächtigkeit  der  Auer-  sowohl,  als  auch  jener  Schweizer- 
Kühe,  die  mit  einem  Auerochsen  gepaart  wurden,  dauerte  in  allen  Fällen, 
die  man  genau  beobachtet  hatte,  ebenso  wie  beim  einheimischen  Rinde, 
neun  Monate.  Mit  dem  Bastarde  zu  Jeziora  sind  seiner  Jugend  wegen  noch 
keine  weiteren  Kreuzungsversuche  angestellt  worden;  der  Herr  Graf  äusserte 
jedoch,  jedenfalls  die  betreffenden  Versuche  anstellen  und  die  Resultate 
bekannt    geben    zu    wollen. 

^ach  den  Beobachtungen,  die  ich  zu  machen  die  Gelegenheit  hatte, 
lässt  sich  der  Auer  wohl  nie  so  zähmen,  wenn  er  auch  als  Kalb  ein- 
gefangen wird ,  dass  er  zum  Zuge  oder  zu  einem  anderen  Gebrauche 
verwendet  werden  könnte,  und  auch  der  Bastard  des  Grafen  Valicki 
ist  so  muthig,  und  hat  eine  solche  Stärke,  dass  an  eine  Verwendung 
nicht  zu  denken  ist.  Jedenfalls  dürften  die  Versuche  der  fortgesetzten  Paarung 
sehr  interessante  Ergebnisse  liefern. 

Auch  Herr  von  Zavacki  in  der  Nähe  von  Bialystok,  hält  zwei  ganz  ge- 
zähmte Auer  verschiedenen  Geschlechtes,  die  jedoch  noch  zu  jung  sind,  um 
zur  Zucht  verwendet  zu  werden. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geogr    Gesellschaft.  III.   Bd.  2.  Heft.  * 


162 


Dr.  Franz  Müller. 


Nach  von  Wilna  eingelangter  Bewilligung  zur  Tödtung  zweier  älterer 
Auerstiere,  von  welchen  der  Eine  für  Wien,  der  zweite  für  Stuttgart  bestimmt 
ist,  verfügte  ich  mich  am  19.  December  über  Byalistolc  in  den  Bialowescher-Wald. 

Die  Entfernung  von  Grodno  bis  Lipiny  am  Saume  des  Waldes,  wohin  ich 
angewiesen  war,  beträgt  etwa  20  Meilen, 


*   }  :* 


Plan  des  Waldes  von  Bialowesrha  im  Pniscbanschen  Kreise  des  Grodnoer  Governeiuents. 


(1)  Gnilez.    (2)  Narewka.     (3)  Gustchewo.   (4)  Massewo.    (5)  Kol.  Tscholo.    (0)  Zichawola. 
(7)  Browsk.  (8)  Borzi.  (9)  Nowosadi.  (10)  Dubini.  (11)  Lipiny.  (12)  Iiainoiska.  (13)  Stotschok. 
(14)  Pristawka.  (15)  Podolani.  (10)  Oreschkow.  (17)  Stolpowisz.  (18)  Roschkowka.  (19)  Königs- 
brücke. (20)  Kiwatschin.  (21)  Bialowesch. 


Mitteilungen  über  eine  Reise  nach  Grodoo  in  d.  Bialowescher-Wald  u.  über  d.  Auerochsen.    163 

Der  Bialowescher-Wald,  von  dem  ich,  als  einzigem  Orte  in  Europa, 
wo  diese  Thiere  noch  vorkommen,  nebenstehende  Zeichnung  beifüge,  liegt 
im  Pruschan'sehen  Kreise  des  Grodno'schen  Governements  auf  einer  Ebene. 
Er  besteht  grösstentheils  aus  Kiefern,  wenigen  Fichten,  zuweilen  mit  Eichen 
und  Birken  untermischt.  Erstere  haben  eine  bewunderungswürdige  Höhe 
und  Schlankheit,  und  sind  diejenige  Holzgattung,  die  im  Walde  ausge- 
hauen, von  dort  im  Frühjahre  auf  dem  Niemet)  als  Schiffsbauholz,  nament- 
lich für  Mastbäume  bis  nach  England  versendet  und  theuer  bezahlt  wird. 
Es  grenzt  dieser  Wald  an  den  Wolkowyskischen,  Belskischen  und  Brests'- 
schen  Kreis,  hat  die  Grösse  von  112079  Dissitin,  von  welchen  106568 
Dissitin  Wald,  und  das  übrige  mitten  im  Walde  Feld  ist.  Eine  Dissitin 
hat  etwa  2400  Quadrat-Faden,  ein  Faden  7  Fuss,  und  davon  einer  12 
englische  Zoll.  Nach  anderen  Angaben  hat  er  1050  Quadrat- Werste,  von 
welchen    7    eine   Kurrent-    und    49    eine  Quadrat-Meile    ausmachen. 

In  früheren  Zeiten  war  die  eigentliche  Pusszta  (Wald)  viel  grösser; 
sie  hiess  Pole  sie,  und  bildete  eine  unermessliche  Waldkette,  welche 
sich  von  den  Pinskischen  Sümpfen  durch  das  Minskische,  Grodno'sche 
und  Wilnaer  Governement  bis  zum  rechten  Ufer  der  Düna  und  dem 
See    Peipus    ausdehnte. 

Woher  der  Name  Bialowesch  stamme,  ist  nicht  ausgemacht;  vielleicht 
stand  hier  einmal  ein  weisser  Thurm,  worauf  der  Name  deutet.  Denn 
in  den  früheren  Zeiten  unter  den  polnischen  Königen  war  es  gebräuchlich, 
zur  Erinnerung  an  ausserordentliche  Begebenheiten,  Jagden  etc.  Denkmale 
zu  errichten;  so  findet  sich  mitten  in  Bialowesch  ein  Denkmal  von  König 
August  III.  vom  Jahre  1752,  eine  steinerne,  ziemlieh  hohe  Pyramide  zur 
Erinnerung  an  eine  grosse  Jagd,  darauf  an  zwei  Seiten  deutsche, 
an     den    anderen    zwei    polnische    Aufschriften    angebracht    sind. 

Theils  durch  Aushauen  der  Wälder,  theils  durch  Schenkungen  wurde 
die  Pusszta  verkleinert;  so  wurden  unter  der  letzten  polnischen  Begierung 
dem  Grafen  Tieschkie  witsch  25000  Dissitin,  und  von  der  Kaiserin 
Katharina    II.    dem  Grafen  Bomanzow  20000   Dissitin  Waldes  geschenkt. 

In  früheren  Zeiten  bei  grösserem  Holzreichthum  gab  es  daselbst 
Eisenhütten,  Glassfabriken,  Pottaschesiedereien,  Sägemühlen,  und  die  Bienen- 
zucht wurde  stark  betrieben ;  an  vielen  Stellen  waren  Theersiedereien 
und  Kohlenbrennereien.  Im  Jahre  1530  wurden  die  ersten  Förster  und 
Schützen  angestellt,  deren  Hauptaugenmerk  die  Hegung  des  Wildes  war. 
Im  Jahre  1710  geriethen  alle  Fabriken  in  Verfall,  nur  die  Bienenzucht 
wurde  noch  stark  betrieben,  1767  verboth  Graf  Tiessen hausen  die 
freie  Holzung,  und  theilte  den  Wald  ein;  unter  der  Kaiserin  Katharina  II. 
kam  er  an  Bussland,  und  es  wurden  grosse  Stücke  desselben  abgetrennt. 
Kaiser  Alexander  I.  verboth  1803  zur  Schonung  des  Wildes  die  grossen 
Jagden.  Unter  dem  jetztregierenden  Kaiser,  Sr.  Majestät  Nicolai  I. 
Pawlo  witsch,  wurde  der  ganze  Wald  vermessen,  taxirt  und  in  fünf 
Forsteien  getheilt.  Die  jährlichen  Einkünfte  können  jetzt  bei  121000  B. 
Silber   betragen. 

Die  fünf  Forsteien  sind:  Die  Bialowesclfsche,  Browskysche,  Hoy- 
nowskysche,  Stolpowyskische  und  Korolew-Mostowskysche.  Jede  derselben 
zerfällt  in  zwei  Unterforsteien,  und  in  jeder  finden  sich  eine  Anzahl 
Schützen,    im    Ganzen    79    Familien. 

Das  Verhältniss  Letzterer  ist  etwa  derartig,  wie  es  bei  uns  in  der 
Militärgrenze  zu  treffen.    Jede    Familie    muss    wenigstens    3    männliche    Glie- 

1* 


164  Dr.  Franz  Müller. 

der  haben,  von  welchen  der  Eine  der  eigentliche  Schütze,  der  zweite 
Gehilfe  und  der  dritte  Reserve-Schütze  ist.  Der  ganze  Wald  ist  in  79 
Obhody  getheilt,  über  deren  jede  ein  Schütze  unabhängig  von  dem  andern 
die  Aufsicht  führt;  die  Grenzen  der  einzelnen  Obhody  sind  durch  aus- 
gehauene Bäume  rechtwinklich  bezeichnet.  Jeder  Förster  hat  eine  bestimmte 
Anzahl  Schützen  zugetheilt,  und  von  ersteren  ist  wieder  jeder  einzelne 
dem  Anderem  gleichgestellt,  über  alle  ist  ein  Forstrevident  gestellt,  und 
sämmtliche    unterstehen    dem    Obersten    Daniloff   in    Grodno. 

Die  Schützen  haben  keine  Besoldung,  sondern  jede  Familie  hat  40 
Dissitin  Land  von  der  Krone  zur  Bebauung;  ein  Krons-  und  Nebenge- 
bäude, jeder  dienende  Schütze  hat  ausserdem  von  der  Krone  Flinte, 
Munition    und    die    Löhnung    eines    gemeinen    Soldaten. 

So  ist  die  Eintheilung  in  allen  Kronforsteien  des  gesammten  rus- 
sischen Reiches,  und  man  sagte  mir,  dass  bei  96000  Schützen  auf 
diese  Weise  im  Reiche  zerstreut  seien,  die  gelegentlich  auch  im 
Felde  verwendet  werden,  die  Förster  sind  ihre  Offiziere.  Die  Uni- 
form ist  schwarzgrau,  grüne  Aufschläge,  silberne  Epauletts  und  weisse 
Knöpfe    mit    dem    russischen    Adler. 

Der  Schütze  hat  keine  Abgaben,  stellt  keine  Rekruten,  seine  Kinder 
bleiben  in  der  Forstwache.  Sie  sind  rings  um  den  Saum  des  Waldes 
angesiedelt,  nur  in  der  Mitte  ist  für  sie  auch  ein  Quadrat  zu  Feld  aus- 
gehauen, und  ihre  vorzüglichste  Aufmerksamkeit  haben  sie  auf  das  Holz, 
weniger  auf  das  Wild,  zu  richten,  sie  allein  haben  das  Recht,  im 
Walde    zu    sehiessen. 

Ausser  diesen  Schlitzen  sind  rings  um  den  Wald  noch  103  Fami- 
lien zum  Heumachen  für  die  Auer  angesiedelt,  welche.  Osotschniki  heissen. 
Es    sind    hiefür    etwa    500    Dissitin    Wiesen    bestimmt. 

Von  Wild  findet  man  im  Walde  hauptsächlich  die  Auerochsen,  dann 
auch  Elenthiere  in  den  Sümpfen,  Rehe,  Füchse,  Wölfe  und  einige  Bären. 
Hirsche  sind  im  ganzen  Governement  keine  vorfindig,  sie  sind  seit  etwa 
60  Jahren  ausgestorben.  Die  Auerochsen  sind  seit  den  ältesten  Zeiten  Bewohner 
dieses  Waldes,  sie  finden  sich  gegen  das  Minskische  Governement  hin 
auch  in  den  ehemals  Tieschkiewitsch 'sehen  Wäldern,  die  jetzt  gleich- 
falls Staatseigenthum  sind.  Die  Zahl  der  Auer  wurde  in  Folge  der  gros- 
sen Jagden  allmählig  sehr  gering,  so  dass  man  im  Jahre  1822  nur  mehr 
350  zählte,  später  jedoch  vermehrten  sie  sich  nach  und  nach,  und  zwar 
waren  ihrer  im  Jahre  1830  700  Stücke,  jetzt  wird  die  Gesammtzahl  auf 
etwa  1400  angegeben,  denn  bei  der  letzten  Zählung  im  Jahre  1846 
wurden  1018  alte,  77  junge,  dann  3  vor  Alter  gefallene,  5  von  Wölfen 
und    5    von    Bären    zerrissene    aufgeführt. 

Schon  unter  den  polnischen  Königen  waren  sehr  strenge  Strafen 
auf  das  Tödten  eines  Auers  gesetzt,  auch  durfte  Niemand  in  der  Nähe 
des  Waldes  ein  rothes  Kleid  tragen,  weil  dadurch  die  Männchen  in  eine 
Art  Wuth  versetzt  werden;  selbst  vor  etwa  30  Jahren  wurde  das  Tödten 
eines  Auers  noch  schwer  geahndet;  jetzt,  wo  ihre  Zahl  so  bedeutend 
ist,  und  man  selbst  daran  denkt,  die  ganz  alten  Auermännchen  abzuschiessen, 
weil  sie  die  jüngeren  nicht  zum  Sprunge  lassen,  sind  auch  die  Strafen  geringer, 
und  dieselbe  ist  auf  150  S.  R.  gesetzt.  Die  Auer  leben  im  Walde  heerdenweise 
zerstreut,  zu  30  —  40  Stück  und  haben  ihre  bestimmten  Standorte,  von  denen 
sie  sich  nur  selten  entfernen.  Daher  ist  auch  das  Zählen  derselben  leicht  möglich. 


.Mittheilungen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  d.  Bialoweschei-W.iM  u.  über  d.  Auerochsen.    165 

Zu  einer  vorher  bestimmten  Stunde  zählt  jeder  Schütze  in  seinem 
Reviere  die  Spuren  im  frischgefallenen  Schnee,  die  dann  addirt  werden. 
Jeder  Schütze  kennt  genau  die  Spur  des  alten  von  der  eines  jungen, 
und  kann  ebenso  die  eines  weiblichen  vom  männlichen  Thier  unterscheiden, 
auf  diese    Weise    erhält    man    ein    ziemlich    genaues    Resultat. 

Nur  alte  Männchen  trennen  sich  ausser  der  Brunstzeit  von  der 
Heerde  und  leben  gesondert,  selten  auch  junge;  die  Brunst  tritt  im 
August  ein,  und  dauert  2  —  3  Wochen.  Die  Kühe  tragen  bis  März  oder 
April,  also  durch  9  Monate.  Während  der  Brunstzeit  finden  oft  heftige 
Kämpfe  Statt,  wobei  häufig  ein  schwächeres  Männchen  unterliegt.  Die 
Anzahl  der  von  einer  Mutter  auf  einmal  geworfenen  Jungen  ist  1,  selten 
2,    welche    bis    nach    der    nächsten    Brunst,    also    4  —  5    Monate    saugen. 

Die  Auer  fressen,  wie  schon  erwähnt,  die  gewöhnlichen  Gräser  des 
Waldes,  aber  auch  Moos,  sollen  besonders  scharfe  Gewächse  (Banunkeln, 
Anemonen),  junge  Blätter  von  Linden,  Pappeln,  Ulmen  etc.,  minder  jene 
von  Birken  und  Fichten  lieben.  Meist  trinken  sie  Pfützen  wasser  und 
schwimmen  sehr  gut.  Im  heissen  Sommer  lieben  sie  das  Wälzen  im 
Sande,    wozu    sie    eigene    Sandhügel    ausgewühlt    haben. 

Das  dichteste  und  schönste  Haar  besitzen  die  Auer  im  November; 
im  Februar  geschieht  wieder  der  Haarwechsel ,  im  Sommer  erscheinen 
sie  im  Allgemeinen  lichter.  in  der  Jugend  und  im  Alter  grau. 
Das  Auerkalb  läuft  gleich  nach  der  Geburt,  die  im  März  oder  April  erfolgt, 
der  Wachsthum  geht  bis  zum  8.  Jahre ,  und  es  erreichen  diese  Thiere 
ein  Alter  von  40  Jahren.  Die  Auerkühe  sollen  nur  jedes  dritte  Jahr 
ein  Junges  haben,  wesswegen  sich  diese  Thiere  auch  so  langsam  ver- 
mehren. Ihr  Gang  ist  langsam,  doch  können  sie  auch  sehr  schnell  laufen, 
wobei  sie  den  Kopf  senken,  und  den  Schweif  in  die  Höhe  gebogen 
tragen,  allein  sie  ermüden  alsbald  und  werden  auf  diese  Weise  beson- 
ders als  Kälber  leicht  gefangen.  Ganz  jung  cingefangene  Auerkälber  neh- 
men sehr  gerne  die  Euter  der  Hauskühe  an,  und  können  so  aufgezogen 
werden.  Schon  in  früheren  Jahren  reisten  besonders  aus  Bussland  Männer 
der  Wissenschaft  nach  Bialowesch,  um  diese  Thiere  genauer  kennen  zu 
lernen.  Die  erste  genaue  Beschreibung  besonders  in  osteologischer  Be- 
ziehung   lieferte    Professor    Bojanns    aus    Wilna. 

Er  gibt  die  Zahl  der  Bippen  auf  14  an  (1  mehr  als  heim  gewöhn- 
lichen Bind)  und  behauptet  (irriger  Weise),  dass  im  Gegensatze  zu  den 
Männchen  die  Weibchen  bloss  13  Bippenpaare  haben;  wahrscheinlich  mochte 
ihn  ein  dergleichen  Exemplar  verführt  haben.  —  Eichwald.  Mitglied  der 
Akademie  der  Wissenschaften  in  St.  Petersburg,  Staatsrath  etc.,  früher 
Professor  in  Wilna,  berichtet  in  seiner  ausgezeichneten  „Naturhistorischen 
Skizze  von  Lithauen,  Volhynien  und  Podolien  in  geognostischer,  minera- 
logischer, botanischer  und  zoologischer  Hinsicht  —  Wilna  1830"  jenen 
Irrthum.  Später  hielt  sich  ein  Professor  aus  Kiew  längere  Zeit  in  Bia- 
lowesch auf,  ebenso  Director  Ja rocki  aus  Warschau,  und  im  Jahre  1847 
brachte  das  Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  St.  Petersburg 
—  Middendorf  —  längere  Zeit  daselbst  zu,  die  Auerochsen  zu  studiren. 

Ich  fand  in  der  III.  Forstei  beim  Forstofficier,  Herrn  Ernst  von 
Nolde,  sowie  beim  Herrn  Forstrevidenten  Adolf  Eichwald,  die  zuvor- 
kommendste und  gastfreundlichste  Aufnahme,  namentlich  war  es  von  Nolde, 
der  sich  sowohl  um  das  schnelle  Zustandekommen  der  Jagd  die  grösste 
Mühe    gab,    als    auch  zur  Tödtung  des   für  Wien  bestimmten  grösseren  Auers 


166  Dr.  Fr.  Müller.  Mittheilangen  über  eine  Reise  nach  Grodno  in  (LBialowescherwaldu.  über  d.  Auerochsen. 

das  Meiste  beitrug,  da  letzterer  erst  Dach  mehr  als  12  beigebrachten 
Kugeln  stürzte,  nachdem  er  zuvor  durch  übel  angebrachte  Schüsse  in 
Wuth  versetzt,  einen  Schützen  niederrannte,  und  einen  bei  der  Jagd  an- 
wesenden Professor  des  Gymnasiums  aus  Grodno  (Sengbusch)  mit  den 
Hörnern  einige  Ellen  hoch  in  die  Luft  schleuderte.  Doch  war  der  Fall 
zur  Erde  so  glücklich,  dass  derselbe  mit  einigen  Contusionen  und  Haut- 
abschürfungen   davon    kam. 

Am  23.  December  wurde  der  für  Württemberg  bestimmte,  und  am 
25.  der  für  Wien  geschossen.  Ich  war  bei  beiden  Jagden  anwesend, 
ohne  jedoch  selbst  auf  die  Thiere  anzulegen.  Die  Länge  des  Erster- 
legten betrug  7  Fuss  2  Zoll  oder  257  Cent.,  die  höchste  Höhe  in  der 
Gegend  des  Widerristes  4  Fuss  8  Zoll  oder  167  Cent.,  die  höchste 
Höhe    in    der    Mitte    der    Croupe    4    Fuss. 

Der  für  Wien  Erlegte  hatte  die  Länge  von  8  Fuss,  die  Höhe 
von  4  Fuss  11  Zoll  in  der  Gegend  des  Widerristes,  und  die  höchste 
Höhe    in    der    Mitte    der    Croupe    von    4    Fuss    8    Zoll. 

In  Bezug  des  Gewichtes  konnte  der  für  Wien  bestimmte  grössere 
Auer  auf  14  —  15  Zentner  geschätzt  werden.  L'nter  König  Stanislaus 
August  von  Polen  soll  im  Jahre  1754  am  27.  September  ein  Auerochs 
mit  dem  Gewicht  vor  45  Pud  (1  Pud  =  40  Pfund)  und  von  König 
Sigismund    früher    einer    mit    19    Centner   erlegt    worden    sein. 

Ich  führte  schon  an,  dass  das  Haupt-Erträgniss  des  Waldes  im 
Holzverkaufe  bestehe,  Aeste  jedoch  und  vom  Winde  umgeworfene  Baum- 
stämme in  mächtiger  Dicke,  und  zuweilen  klafterhoch  übereinander  gela- 
gert, andere  durch  Auer  entwurzelt,  verfaulen,  besonders  gegen  die  Mitte 
des  doch  ebenen  Waldes,  noch  heut  zu  Tage,  und  bilden  Tortlaser  für 
künftige    Zeiten. 

Da  die  grusse  Eisenbahn  von  Warschau  nach  Set  Petersburg  in 
der  Nähe  verlaufen  wird,  und  schon  im  jetzigen  Frühjahr  der  Bau  über 
Bialystok,  Grodno,  Wilna  etc.  auf  Allerhöchsten  Befehl  beginnen  soll,  so 
dürfte  dieser  herrliche  Wald  auch  jene  Wichtigkeit  erlangen,  die  er  seines 
ausgezeichneten  Bauholzes  wegen  verdient.  Es  ist  derselbe  ein  grosses 
Kapital,  dessen  Zinsen  sich  jährlich  steigern  werden,  sobald  Bahnen  sich 
in  seine  Mitte  abzweigen,  und  das  Holz  herausbefördern,  das  jetzt  trotz 
des  ebenen  Bodens  wegen  der  Fuhren  zu  theuer  zu  stehen  kommt,  selbst 
wenn    es    im    Innern    des    Waldes    umsonst    zu    haben    ist. 

Nachdem  ich  die  erlegten  Auer  abgehäutet,  abgefleischt,  und  Häute 
und  Knochen  gehörig  eingesalzen  verpackt  hatte,  trat  ich  meine  Rückreise 
über  Bialystok  nach  Warschau  an,  von  wo  ich  am  11.  Jänner  1852  nach 
58tägiger    Abwesenheit    glücklich    in    Wien    ankam. 

Ich  erlaube  mir  am  Schlüsse  noch  einmal  allen  jenen  Herren,  mit 
denen  ich  in  Grodno  und  Lipiny  in  Berührung  kam,  meinen  verbindlich- 
sten Dank  für  jene  liebevolle,  gastfreie  und  zuvorkommende  Aufnahme 
auszudrücken,  die  mir  zu  Theil  wurde,  namentlich  dem  Herrn  Präsidenten 
der  Domänen- Verwaltung  Sr.  Excellenz  von  Koshewnikow  und  dem 
Obersten  Daniloff  in  Grodno,  dann  dem  Forstrevidenten  Eichwald  und 
dem  Forstoffizier  Ernst  von  Nolde  in  Lipiny;  ferners  bringe  ich  dem 
k.  k.  österreichischen  G  eneral  -  Consulate  in  Warschau  für  die 
bereitwillige  Unterstützung  während  meines  Aufenthaltes  daselbst  meinen 
schuldigsten    Dank    dar. 


XIT. 

Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's  gedruckte  und  ungedruckte  Schriften 
über  die  Tenasserini  Provinzen,  den  Mergui  Archipel  und  die 

Andamanen- Inseln. 

(Mitgetheilt  in  der  Versammlung  der  k.  k.  geogiaph.  Gesellsch.ft  am  22.  März  185#.) 

Vorwort. 

In  der  Versammlung  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  vom  3.  Februar 
1857  theilte  Herr  Dr.  K.  Scherz  er  mit,  dass  ihm  während  seiner  letzten 
Anwesenheit  in  Berlin,  wo  er  sich  Behufs  Einholung  von  Instructionen 
und  allgemeiner  Orientirung  für  die  eben  anzutretende  Erdumsegelungs- 
Expedition  durch  die  k.  k.  Fregatte  „Novara"  vor  Kurzem  aufhielt,  Pro- 
fessor K.  Ritter  bemerkte,  dass  der  Nachlass  des  auf  den  Andamanen- 
Inseln  ermordeten  Dr.  W.  Helfer  aus  Prag,  welcher  längere  Zeit  für 
das  naturhistorische  Museum  in  Calcutta  thätig  war,  zahlreiches  interessantes 
Material  über  die  Nicobarischen  Inseln,  deren  Besuch  von  der  „Novara" 
beabsichtigt  wurde,  enthalten  solle.  In  Folge  dessen  wendete  sich  Herr 
k.  k.  Schulrath  Dr.  M.  Becker  sogleich  an  die  Witwe  Dr.  Helfer's, 
gegenwärtige  Frau  Gräfin  Pauline  Nostitz  mit  der  Bitte  um  einige  nähere 
Angaben  über  diesen  Gegenstand:  letztere  hatte  nicht  nur  die  Güte  in 
einer  sehr  freundlichen  Antwort  mitzutheilen,  dass  über  Dr.  Helfer's  letzte 
und  interessanteste  Reise  nur  sein  Tagebuch  existire,  und  sie  bereit  sei, 
Hrn.  Dr.  Scherzer  alle  darauf  bezüglichen  Papiere  übermitteln  zu  lassen, 
und  selbst  manche  Fragen  zu  beantworten,  sondern  es  konnte  Herr  Dr. 
Scherz  er  noch  vor  seiner  Abreise  mit  der  „Novara"  in  der  Versamm- 
lung am  3.  März  1857  die  erfreuliche  Nachricht  mittheilen,  dass  die 
Frau  Gräfin  P.  Nostitz  in  einem  an  ihn  gerichteten  Schreiben  sich  freund- 
lichst bereit  erklärt  habe,  die  hinterlassenen  wissenschaftlichen  Beobach- 
tungen Dr.  Helfer's  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  zur  Verfü- 
gung zu  stellen,  und  dass  sie  eben  im  Begriffe  sei,  diese  Papiere  von 
ihrem    in    Ungarn    befindlichen    Gute    nach    Wien   zu    senden. 

Nur  mit.  dem  grössten  Danke  konnte  die  k.  k.  geographische  Ge- 
sellschaft ein  solches  wohlwollende  Anerbiethen  annehmen,  durch  das  es 
ihr  möglich  werden  sollte,  über  die  vielfältigen  und  ausgedehnten  Reisen 
eines  österreichischen  Naturforschers  in  Asien  detaillirtere  Kenntniss  zu 
erlangen,  als  diess  aus  den  äusserst  wenigen,  meist  unzusammenhängenden 
Daten,  welche  in  verschiedenen  europäischen  Druckschriften  über  Dr.  W. 
Helfer's  Reisen  und  deren  Ergebnisse  in  die  Oeffentlichkeit  gelangten, 
möglich    ist. 

Bald  darauf  erhielt  auch  Herr  Hofrath  Hai  ding  er,  damals  Präsident 
der  Gesellschaft,  der  sich  nun  selbst  mit  der  Frau  Gräfin  in  Verbindung 
setzte,  die  in  Aussicht  gestellten  Schriften,  theils  schon  gedruckte  Be- 
richte, theils  noch  ungedruckte  Tagebücher,  zum  kleinsten  Theile  in 
deutscher,  meist  in  englischer  Sprache  geschrieben;  und  durchaus  nur 
auf  Dr.  Helfer's  Aufenthalt  und  wissenschaftliche  Thätigkeit  in  Hinter- 
Indien   bezüglich.    Herr  A.    F.    Graf  von    Marschall    hatte    die  Gefälligkeit, 

Mittheilungen  der  k.   k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft.  ^U 


168  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

sogleich  die  Uebersetzung  dieser  Materialien  ins  Deutsche  zu  übernehmen 
und  auszuführen.  Nachdem  mir  alle  diese  von  der  Frau  Gräfin  Nostitz 
übersendeten  und  von  Herrn  Grafen  Marschall  bereits  übersetzten  Schriften 
zum  weiteren  Gebrauche  für  die  k.  k.  geographische  Gesellschaft  über- 
geben wurden,  hatte  ich  dieselben  in  der  Versammlung  am  22.  März 
1.  J.  vorgelegt,  und  eine  kurze  Uebersicht  des  Inhaltes  gegeben.  Bei 
dem  grossen  Interesse,  das  dieselben  hervorriefen,  und  bei  dem  Umstände, 
dass  nur  ein  kleiner  Theil  in  ostindischen  Journalen  veröffentlicht,  eilt 
anderer  nur  als  Manuscript  gedruckt,  und  ein  Theil,  namentlich  die  Ta- 
gebücher, gar  nicht  gedruckt  ist,  wurde  beschlossen,  diese  sämmtlichen 
Schriften  in  den  Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  zu 
veröffentlichen,  und  hiedurch  nicht  nur  einen  ziemlich  vollständigen  Ueber- 
blick  der  Thätigkeit  Dr.  Helfer's  in  jenen  Ländern  zu  geben,  sondern 
auch  Manches  selbst  jetzt  noch  für  jene  Gegenden  Neue  und  Interes- 
sante   der    Oeffentlichkeit    zu    übergeben. 

Bevor  ich  jedoch  diese  Mittheilungen  näher  berühre,  erheischt  es 
nicht  nur  die  Pflicht,  sondern  auch  das  allgemeine  Interesse  an  dem 
thatenreichen  Leben  Helfer's,  als  eines  unserer  eifrigsten  gelehrten  Lands- 
leute im  fernen  Osten,  seiner  selbst  und  seiner  ausgeführten  Reisen  wenig- 
stens   im    Allgemeinen    zu    gedenken. 

Johann  Wilhelm  Helfer  war  in  Prag  unter  Verhältnissen  geboren, 
welche  eine  freundliche  Aussicht  auf  dessen  Leben  gestatteten;  er  studirte 
in  seiner  Vaterstadt  die  Medizin,  und  wie  diess  so  oft  geschieht,  hatte 
sich  bei  ihm  während  dieser  Studienzeit  die  Vorliebe  für  Naturwissen- 
schaften im  hohen  Grade  ausgebildet.  Seine  Neigung  zum  Reisen  veran- 
lasste ihn  nach  zurückgelegten  Studien  eine  Reise  nach  dem  Süden 
Europa's,  nach  Italien  zu  unternehmen,  auf  dieser  Reise  lernte  er  Pauline 
Baronin  Des  Granges  von  Berlin  kennen,  welche  er  auch  zwei  Jahre 
später  heirathete.  Diese  Heirath  war  jedoch  nicht  im  Stande,  seinen  Hang 
zu  Reisen  zu  unterdrücken;  im  Gegentheil  wurde  derselbe  bald  so  heftig, 
dass  er  ihm  nicht  widerstehen  konnte,  nnd  sich  entschloss,  auf  längere 
Zeit  entfernte  Länder  zu  besuchen,  wobei  namentlich  Asien  sein  Zielpunct 
war.  Nicht  nur  ohne  Widerstreben ,  sondern  mit  der  grössten  Freude 
entschloss  sich  seine  junge  Gattin  ihm  überall  hinzufolgen.  Als  erstes  Reise- 
ziel wurde  Smyrna  gewählt.  Durch  naturwissenschaftliche  Kenntniss  trefflich 
vorbereitet,  mit  einer  reichen  Sprachkenntniss  ausgestattet,  und  mit  einem 
ungemein  grossen  Sprachentalente  begabt,  war  Dr.  Helfer  für  ausser- 
europäische  Reisen  wie  geschaffen.  Er  wollte  nicht  nur  reisen,  sondern 
er  wollte  Länder  und  Völker  kennen  lernen,  und  die  Thätigkeit  der  Natur 
in  den  verschiedenen  Zonen  belauschen.  In  Smyrna  gedachte  Helfer  sich 
gleichsam  für  seine  weitern  Reisen  vorzubereiten.  Desshalb  liess  er  sich 
hier  als  practischer  Arzt  nieder.  Doch  die  Bekanntschaft  mit  zwei  afgha- 
nischen Prinzen  bewog  ihn  sehr  bald,  Smyrna  zu  verlassen  und  in  Be- 
gleitung seiner  Gemahlin  mit  einer  Karawane  nach  Bagdad  zu  ziehen. 
Auf  dem  Wege  dahin  hatte  er  jedoch  grosses  Unglück.  Die  Karawane 
wurde  überfallen  und  Dr.  Helfer  aller  seiner  Habe  beraubt,  so  dass  er 
mit  seiner  Gattin  ganz  mittellos  in  Bagdad  ankam.  Es  war  diess  im 
Jahre  1835,  um  welche  Zeit  sich  die  englische  Euphrat-Expedition  unter 
Colonel  Chesney  in  Port  William  unterhalb  Bir  am  Euphrat  befand, 
und  mit  der  Zusammensetzung  ihrer  beiden  Dampfschiffe  „Tigris"  und 
„Euphrat"    beschäftiget    war.    Durch    Vermittlung    des    englischen  Consuls    in 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasseiim  Provinzen  etc.  jßg 

Bagdad  gelang  es  £>r.  Helfer,  als  Arzt  und  Naturforscher  zur  Theil- 
nahme  an  dieser  Expedition  beigezogen  zu  werden.  Während  der  ganzen 
Zeit,  als  sich  unser  Reisender  bei  der  Expedition  befand,  war  er  unge- 
mein thätig  in  der  Aufsammlung  naturhistorischer  Notizen  und  Sammlungen, 
wie  diess  einige  in  jener  Zeit  von  ihm  nach  Europa  gelangten  Briefe, 
so  wie  die  zahlreichen  Daten,  welche  K.  Ritter  in  seiner  Erdkunde 
über  West-Asien  (X.  und  XI.  Band)  von  ihm  benützten  konnte,  beweisen. 
So  lange  man  mit  der  Ausrüstung  der  beiden  Dampfboote  in  Port  William 
beschäftiget  war,  machte  er  in  Begleitung  von  Colonel  Chesney  und 
Ainsworth,  dem  Naturforscher  der  Expedition,  weite  Excursionen  nach 
den  nördlichen  Syrien  und  in  die  oberen  Euphratländer,  welche  von  den 
günstigsten  Erfolgen  gekrönt  waren ;  eben  so  thätig  war  er  dann  wäh- 
rend der  Thalfahrt,  welche  erst  in  der  Mitte  des  Monats  Mai  1836  in 
Gang  gebracht  werden  konnte,  und  welche  mit  dem  Untergänge  des 
„Tigris"  am  21.  Mai  1836  gleichsam  begann.  Schon  am  19.  Juni  1836 
kam  der  „Euphrat"  in  Busra  an,  und  kurze  Zeit  darauf  warf  er  vor  Buschir 
an  der  Ostküste  des  Persischen  Meerbusens  die  Anker.  Dr.  Helfer  ver- 
liess  mit  seiner  Gattin  sogleich  das  Schiff,  um  nach  ganz  kurzem  Aufent- 
halte in  Buschir  quer  durch  Persien  so  rasch  wie  möglich  gegen  Indien 
vorzudringen;  denn  schon  am  24.  August  desselben  Jahres  finden  wir 
ihn  an  den  Hoogly-Mündungen,  wo  er  zwei  flüchtige  Excursionen,  die 
eine  bei  Kedgeree,  die  andere  bei  Diamond  Harbour  machte.  In  Calcutta 
angelangt,  verweilte  er  daselbst  nur  einige  Tage,  und  begab  sich  dann 
in  das  nahe  Cossipoor,  wo  er  sich  die  Monate  September  und  October 
aufhielt,  und  hierauf  wieder  nach  Calcutta  zurückkehrte.  Durch  einige 
lehrreiche  und  anziehende  Vorträge  in  der  „Asiatic  Society  of  Bengal" 
machte  sich  Helfer  auf  eine  äusserst  vortheilhafte  Weise  bemerkbar, 
indem  er  zeigte,  wie  wenig  noch  in  dem  naturhistorischen  Fache  in  Indien 
geschehen,  und  wie  reichhaltig  doch  das  Feld  sei.  Dem  damaligen  Gou- 
verneur Lord  Auckland  vorgestellt,  gab  dieser  ihm  bald  Gelegenheit, 
Proben  seiner  Fähigkeiten  abzulegen,  deren  Folge  war,  dass  Helfer  eine 
Anstellung  als  Naturforscher  bei  der  ostindischen  Compagnie  unter  sehr 
vortheilhaften    Bedingungen    erhielt. 

Seine  erste  Aufgabe,  die  ihm  die  Regierung  gab,  war  die  Durch- 
forschung der  Tenasserim-Provinzen;  an  deren  Lösung  er  sich  ohne  Auf- 
enthalt machte,  denn  schon  am  21.  Jänner  1837  schiffte  er  sich  mit 
seiner  Gattin,  die  ihn  stets,  auch  auf  den  folgenden  Reisen,  begleitete, 
nach  Hinter-Indien  ein.  Dr.  H.  M.  Schmidt-Goeb  el  führt  in  dem  Vor- 
berichte seiner  „Faanula  Coleopterorum  Birmaniae"  etc.  dem  ich  meh- 
rere der  hier  angeführten  Daten  über  Dr.  Helfer  entlehne,  an,  dass  er 
am  9.  Februar  1837  in  Mergui  ankam  und  dort  bis  zum  3.  März  blieb; 
am  4.  März  schon  seine  erste  Reise  in  die  nördlich  und  nordöstlich 
gelegenen  Landstriche  antrat.  Es  scheint  hier  ein  Irrthum  obzuwalten; 
wahrscheinlicher  ist,  dass  Helfer  sich  von  Calcutta  unmittelbar  nach  Maul- 
main einschiffte,  wie  I.  G.  Sommer  in  seinem  Taschenbuch  zur  Ver- 
breitung geographischer  Kenntnisse  für  1839  Seite  CXLVIII.  angibt,  und 
von  hier  seine  erste  Reise  am  4.  März  1837  in  der  Provinz  Amherst 
nach  dem  nördlich  und  nordöstlich  gelegenen  Landstriche  antrat.  Er 
fuhr  den  Salween-Fluss  hinauf,  bis  zum  21.  März  1837,  wo  ihn  die 
unüberwindliche  Strömung  umzukehren  nöthigte,  und  er  den  Yengbaing- 
Fluss,    der   in    den    ersteren  mündet,  aufwärts  fuhr;  auf  dem  er  am  5.  April 

m* 


170  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

das  Kalkgebirge  „die  Büffelberge u  und  am  7.  April'  das  höhere  Elephant- 
tail-Gebirge  durchschnitt.  Am  11.  April  schiffte  er  sich,  nachdem  er  den 
Yengbaing  verlassen  hatte,  auf  dem  kleinen  Dachiny-Flusse  (Dagyaing?)  ein, 
und  kam  am  19.  April  1837  wieder  in  Maulmain  (wohl  richtiger  als  Mergui 
nach  Dr.  H.  M.  Schmidt-Goebel)  an.  Vom  November  1837  bis  Mai  1838 
führte  er  eine  grössere  beschwerliche  mit  vielen  Strapazen  und  Entbeh- 
rungen verbundene  Landreise  von  Maulmain  über  Ye  und  Tavoy  nach 
Mergui  aus.  Er  fuhr  im  November  von  Maulmain  den  Attaran-Fluss  auf- 
wärts, zog  dann  mit  Pferden  und  Elephanten  in  den  Junglen  und  Wäl- 
dern des  Flachlandes  zu  Lande  weiter,  bis  er  am  29.  am  Gebirge  an- 
langte, welches  er  bis  zum  7.  December  1837  durchwanderte.  Am  8.  kam 
er  bei  den  drei  Pagoden  an,  welche  die  Gränze  zwischen  der  brittisch- 
birmesischen  Provinz  Tenasserim  und  Siam  bezeichnen.  Am  10.  trat  ei- 
serne Rückreise  an,  verfolgte  bis  zum  13.  den  alten  Weg,  und  wollte 
dann  nach  Ye,  allein  er  verfehlte  die  Richtung,  und  irrte  in  den  unbe- 
wohnten Urwäldern  herum,  bis  er  endlich  am  20.  December  zwei  Tage- 
reisen   nördlich    von    Ye,     aus    der   Einöde   herauskam,     und    am    22.    Dec. 

1837  Ye  selbst  erreichte.  Von  hier  brach  er  am  2.  Jänner  1838  auf, 
und  nahm  seinen  Weg  anfänglich  durch  Niederungen,  dann  durch  das 
Bergland,  so  wie  später  durch  die  Lagunen  des  Hinzu-Flusses,  und  längs 
des  Meeresufers  gegen  Tavoy,  das  er  am  18.  Jänner  1838  erreichte, 
und  von  hier  vom  1.  bis  9.  Februar  einen  in  östlicher  Richtung  nach 
Metamio,  so  wie  nach  den  dort  befindlichen  Zinngruben  unternahm.  Am 
17.  Februar  1838  verliess  Helfer  wieder  Tavoy,  und  reiste  bis  zum 
19.  durch  die  kultivirtesten  Gegenden  dieser  Provinz  nach  Towugbiaun, 
wo  er  sich  bis  zum  23.  aufhielt.  Am  24.  verliess  er  wieder  letztge- 
nannten Ort  und  gelangte  theils  zu  Land,  theils  in  Booten  nach  Palou, 
am  1.  März  1838,  wo  er  bis  zum  6.  März  verweilte;  von  hier  gelangte 
er  in  östlicher  Richtung  an  den  Tenasserim-Fluss  und  fuhr  diesen  strom- 
abwärts nach  Mergui.  Von  hier  fuhr  er  nochmals  den  Tenasserim  auf- 
wärts, neun  Tagreisen  von  Mergui,  und  auf  einer  dritten  Tour  längs 
dem  Tenasserim  gelangte  er  bis  zu  dem  hohen  Tafellande,  welches  den 
oberen  Theil  des  Istmus  von  Kraw  von  der  Bucht  von  Siam  scheidet, 
so  wie  bis  in  die  kohlenführenden  Gegenden,  und  kehrte  sodann  nach 
Mergui  zurück,  wo  er  etwa  zu  Anfang  Mai  1838  eintraf.  Diese  ganze 
Reise  von  Maulmain  nach  Mergui  war  vielleicht  die  wichtigste,  die  Helfer 
in  Hinter-Indien  ausführte;  denn  ein  grosser  Theil  der  von  ihm  durch- 
reisten   Gegenden    war   vor    ihm    noch    von    keinem    Europäer   betreten. 

Dr.  Helfer  Hess  sich  nun  in  Mergui  förmlich  nieder,  und  setzte 
hier  seine  Thätigkeit  ungeschwächt  fort.  Er  erstattete  an  die  ostindische 
Regierung  mehrere  Berichte  über  die  Resultate  seiner  Reisen,  sämmtlich 
in  englischer  Sprache  geschrieben.  Der  erste  Bericht  „Amherst  Toivn 
in  the  Tenasserim  provinces"  wurde  von  ihm  noch  in  Maulmain  am 
15.  September  1837  geschlossen,  und  wahrscheinlich  von  dort  auch  nach 
Calcutta  abgeschickt.  Der  zweite  Bericht,  über  seine  Reise  von  Maulmain 
nach  Mergui:  „The  provinces  of  Ye,  Tavoy  and  Mergue  on  the  Tenas- 
serim coast;  visited  and  examined  by  order  of  governement  with  the 
vieiv   to    develop  their   natural   resources,"    wurde    von     ihm    am    23.    Juli 

1838  in  Mergui  abgeschlossen.  Später  verfasste  er  noch  einen  dritten 
und  vierten  Bericht:  „Third  Report  on  Tenasserim  —  the  surrounding 
nations,    —    Inhabitants,    natives    and    Foreigners    —    Char acter,    Morals 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  171 

Religion,"  und  „Fourth  Report  on  the  Tenasserim  Provinces  considered 
as  a  resort  for  Europeans."  Die  beiden  ersten  Berichte  wurden  von 
der  ostindischen  Regierung  nur  in  der  gewöhnlichen  offiziellen  Weise  in 
Folio-Format  veröffentlicht*)  während  die  beiden  letzteren  sich  auch  in 
dem  „Journal  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal"  unter  denselben  Titeln 
befinden.**)  Ebenfalls  in  Folge  seiner  Reisen  erstattete  Dr.  Helfer  noch 
folgende  Berichte  an  die  Ostindische  Compagnie:  „Report  of  the  Cool 
discovered  in  the  Tenasserim  Provinces,  —  Papers  relative  to  the  New 
Goal  Field  of  Tenasserim"  und  „Note  on  the  Animal  productions  of  the 
Tenasserim  Provinces/'  welche  alle  drei  ebenfalls  in  der  oben  erwähnten 
Zeitschrift    veröffentlicht    wurden.***) 

Nach  den  Angaben  Dr.  H.  M.  Schmidt-Göbel  in  dem  bereits 
erwähnten  Vorberichte  seiner  „Faunula  Coleopterorum  Birmaniae"  soll 
Dr.  Helfer  von  Mergui  im  Monat  October  1838  eine  Reise  nach  Cal- 
cutta  unternommen  haben,  von  der  er  im  Monate  November  desselben 
Jahres  zurückgekehrt  sei.  Während  dieses  Aufenthaltes  in  Calcutta  scheint 
Dr.  Helfer  den  Auftrag  erhalten  zu  haben,  den  Mergui  Archipel  an  der 
Westküste  von  Tenasserim  zu  untersuchen.  Er  machte  sich  auch  sogleich 
ans  Werk,  denn  schon  am  28.  Nov.  1838  sehen  wir  ihn  zu  diesem  Zwecke 
Mergui  verlassen,  und  seine  Aufgabe  in  der  Zeit  vom  28.  Nov.  1838  bis 
21.  April  1839  vollständig  lösen.  Er  führte  innerhalb  dieser  Zeit  von  Mergui 
aus,  wohin  er  immer  wieder  zurückkehrte,  um  sich  mit  Lebensmitteln  zu  ver- 
sehen, sechs  verschiedene  Fahrten  nach  den  verschiedenen  Inseln  des  Archi- 
pels aus,  welche  er  beinahe  alle  besucht,  und  die  meisten  der  grösseren 
wenigstens  untersucht  hatte.  Die  äusserst  interessanten  Resultate  dieser 
Fahrten,  auf  welchen  er  ebenfalls  von  seiner  muthigen  und  wahrhaft  auf- 
opfernden Gattin  begleitet  wurde,  sind  in  einem  Tagebuche  niedergelegt, 
welches  gleichsam  als  Bericht  für  die  Ostindische  Compagnie  geschrieben  zu 
sein  scheint,  das  jedoch  bisher  nirgends  veröffentlicht  wurde,  und  dessen  Mit- 
theilung die  k.  k.  geographische  Gesellschaft  der  Frau  Gräfin  Nostitz  verdankt. 

Kurze  Zeit  nach  Beendigung  der  Untersuchungen  des  Mergui  Archi- 
pels hatte  Dr.  Helfer  im  selben  Jahre  noch  vor  Beginn  des  Monsoons 
einen  Ausflug  nach  dem  neu  entdeckten  Kohlenfelde  am  Tenasserim  aus- 
geführt. Mit  diesem  Ausflüge  scheinen  seine  Reisen  für  das  Jahr  1839 
abgeschlossen  gewesen  zu  sein,  da  sich  nirgends  irgend  welche  Andeu- 
tungen vorfinden.  Erst  zu  Anfang  des  Monates  Jänner  1840  finden  wir 
den  rastlosen  Reisenden  wieder  auf  einer  Seefahrt,  welche  für  ihn  leider 
zugleich  die  letzte  Lebensfahrt  werden,  und  von  der  er  in  die  Arme 
seiner  Gattin,  welche  diessmal  in  Mergui  zurückgeblieben  war,  nicht 
wieder  zurückkehren  sollte.  Er  verliess  am  13.  Jänner  1840  in  Reglei- 
tung seines  jungen  Schwagers  Otto  Freiherrn  Des  Granges  auf  dem 
Schooner  „Catarina"  Mergui,  um  sich  auf  die  Andamanen-Inseln  zu  begeben, 
und  diese  Inselgruppe,  deren  Rewohner  durch  ihre  Wildheit  berüchtigt 
waren,  zu  untersuchen;  er  hatte  dieselben  auch  glücklich  erreicht,  und 
einige  der  Inseln  auch  besucht  ohne  auf  Einwohner  zu  stossen.  Erst 
am  29.  Jänner  hatten  sich  auf  einer  der  nördlichen  Inseln  Wilde  gezeigt; 
einer    derselben    wagte    sich    auch    vor,    und    wurde    von    Helfer    noch   mit 


*)  Calcutta:  G.  H.  Huttmann,  Bengal  Military   Orphan   Press.   1839. 
**)  Volume  VIII.  pag.  973.   und  Vol.  IX.  pag.  155. 
***)  Volume  VII.  pag.  701.   —  Vol.  VIII.  pag.  385  und  Vol.  VII.  pag.  855. 


172  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Cocosnüssen  beschenkt;  als  jedoch  eine  Schüssel,  welche  ihnen  zum 
Wasserholen  übergeben  wurde,  in  ihren  Händen  zerbrach,  zogen  sie  sich 
zurück,  und  waren  zur  Annäherung  nicht  mehr  zu  bewegen:  und  als 
am  30.  Jänner  Helfer  abermals  ans  Land  stieg,  in  der  Absicht,  doch 
noch  einen  Versuch  sich  ihnen  zu  nähern,  zu  machen,  wurde  er  mit 
seinen  Begleitern  plötzlich  von  ihnen  überfallen;  Dr.  Helfer  und  seine 
Leute  suchten  nun  in  aller  Eile  schwimmend  das  Schilf  zu  erreichen, 
was  auch  allen  gelang,  bis  auf  Dr.  Helfer  selbst,  der  im  Schwimmen 
von  einem  der  vergifteten  Pfeile,  die  ihnen  die  Wilden  nachgesendet 
hatten,  am  Kopfe  der  Art  verwundet  wurde,  dass  er  sogleich  untersank, 
um  nie  wieder  aufgefunden  zu  werden.  Auf  eine  so  elende  Weise  musste 
ein  Mann  zu  Grunde  gehen,  der  nur  dem  natürlichen  Drange  nach  Er- 
weiterung seines  Gesichtskreises  und  seiner  Kenntnisse  folgend,  den  heimat- 
lichen Herd  verliess,  um  einen  Theil  der  Erde  zu  durchwandern,  allen 
Strapazen  und  Gefahren  Trotz  zu  biethen,  und  nur  das  eine  Ziel  der 
Förderung  der  wissenschaftlichen  Kenntnisse  der  Erde  im  Auge  zu  be- 
halten. Das  Tagebuch  über  diese  letzte  so  unheilvolle  Reise,  von  seiner 
Hand  in  deutscher  Sprache  geschrieben,  bewahrt  noch  die  Frau  Grätin 
Nostitz,  und  sie  hatte  ebenfalls  die  Güte,  dasselbe  der  Gesellschaft  zur 
Benützung  zu  überlassen,  zugleich  aber  auch  durch  die  Darstellung  der 
Ereignisse    am    30.    Jänner    1840    zu    ergänzen. 

Der  Aufenthalt  Dr.  Helfer's  in  Mergui  selbst  muss  demselben  nach 
den  Mittheilungen  seiner  Gemahlin  viele  Annehmlichkeiten  gebothen  haben. 
Ausser  seinen  wissenschaftlichen  Arbeiten  beschäftigte  er  sich  mit  der 
Anlage  eines  Gartens  und  von  Plantagen  von  Areccapalmen,  von  Cocos-, 
Muskatnuss-  und  Kaffeebäumen,  welche  vortrefflich  gediehen.  Leider  gingen 
diese  Plantagen,  welche  nach  seinem  Tode  durch  eine  Donation  an  die 
Witwe  von  4000  engl.  Acres  vermehrt  wurden,  trotz  aller  Anstrengungen 
zu  Grunde.  Die  Frau  Gräfin  P.  Nostitz  hatte  die  besondere  Gefälligkeit, 
über  Dr.  Helfer's  Plantagen  und  ihre  weiteren  Schicksale  einige  Auf- 
schreibungen zu  machen,  die  ich  hier  zur  Ergänzung  der  vorhergehenden 
Darstellung    wörtlich    folgen    lasse : 

„Angezogen  von  der  Mannigfaltigkeit  und  Ueppigkeit  der  herrlichsten 
Tropenvegetation,  wurde  es  bald  eine  Lieblingsbeschäftigung  Dr.  Helfer's, 
in  Mergui  einen  Garten  anzulegen,  indem  er  nicht  nur  alle  dort  schon 
einheimischen  Gewächse  kultivirte,  sondern  auch  die  aus  analogen  Kli- 
maten,  aber  in  Mergui  noch  nicht  vorkommenden,  dort  hin  verpflanzte. 
Unter  diese  gehörte  vorzugsweise  der  Kaffee-  und  der  Muskatuussbaum, 
bei  welchem  letztern  er  mit  Glück  den  Versuch  machte,  einen  Theil  der 
männlichen  Bäume  durch  das  Oculiren  mit  weiblichen,  fruchttragend  zu 
machen,  welches  bis  dahin,  wenigstens  dort,  noch  nicht  bekannt  war, 
und  wodurch  den  Muskatnussplantagen  ein  Drittheil  der  Bäume,  die  dort 
im  Alter  von  5  bis  6  Jahren  als  unbrauchbar  abgehauen  werden  mussten, 
gerettet  wurde.  Als  mit  der  Ausdehnung  dieser  Anlagen  die  Unkosten 
derselhen  sich  im  Verhältniss  steigerten,  mussten  sie  entweder  nutzbringend 
oder  damit  inne  gehalten  werden.  Dr.  Helfer  beschloss  das  Erstere.  Er 
begann  im  Jahre  1838  in  der  Nähe  seiner  Wohnung,  die  auf  einem 
Hügel  unweit  der  Stadt  Mergui  lag,  dessen  sanfte  Abhänge  sich  bis  zum 
Meere  erstreckten,  und  dort  von  undurchdringlichen  Mangrovegebüschen 
begrenzt  wurden,  eine  nutzbringende  Plantage  von  Cocos-,  Areccapalmen 
und    Caffeebäumen    anzulegen.    Der    in    der  Nähe    gelegene    herrenlose  Wald 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  173 

wurde    zu  Anfang  der    trockenen   Jahreszeit,   Mitte  September,    niedergefällt. 
Burmesische    woodcutters   (Holzarbeiter),    die    fast    ausschliesslich    sich    mit 
dieser   Arbeit    beschäftigen,    unternehmen    solche    in    Accord    und    fällen    mit 
ihren    Thas,   einem   langen,   breiten   Messer,   das   nach  vorn   zu   breiter   wird, 
nicht    unähnlich    einem    gekrümmten    Rasirmesser,    die    stärksten    Stämme    in 
unglaublicher    Geschwindigkeit.     Die     niedergefällten    Bäume,     grösstentheils 
der  Gattung   der  Zimmt    und    anderen    Gewürzarten    angehörend,    verbreiten, 
indem    sie    zu    trocknen    beginnen,    einen    so    starken    und    balsamischen   Ge- 
ruch,   so    dass    die    ganze  Atmosphäre    eine  Stunde  im  Umkreis  davon  erfüllt 
ist.    Zu  Ende  der    trockenen  Jahreszeit,    Anfangs  April,    wird  der  so  nieder- 
gefällte   und    durch    die     Gluth    der    Sonnenstrahlen    getrocknete    Wald    in 
Brand    gesteckt.     Eine    solche    Feuersbrunst    ist    zumal    in    der    Nacht    ein 
grossartiges  Schauspiel,    das  man  aber  nur    in    weiter  Entfernung  betrachten 
kann,    da  die  Glut  jede  Annäherung  unmöglich  macht.    Anfangs  Mai,  mit  dem 
Eintritt  des  Monsoons  werden  die  jungen  Bäume   in  die  fusshohe  Asche   des 
niedergebrannten  Waldes  zwischen   halbverkohlten  Baumstämmen   eingepflanzt. 
Die    so    von   Dr.  Helfer  angelegte  Plantage  wuchs  schnell  zu  grosser 
Ausdehnung   an.    Schon    im  Jahre  1839    waren    über    50,000    Areccapalmen, 
6000    Cocos-,    eine    Menge    Kaffee-    und  Muskatnussbäume  gepflanzt.    Jedoch 
drohte     der    jungen  '  Pflanzung    ein    schneller     Untergang     durch      den     am 
30.   Januar    1840    erfolgten    gewaltsamen  Tod  Dr.  Helfer's,    da  mit  seinem 
Ableben    der   hohe  Gehalt,    den    er    bezog   und    der   grösstentheils    zur    Cul- 
tivirung  der  Pflanzung   verwendet    wurde,    authörte.    Zu   bedeutende  Summen 
waren    schon    in    das  Unternehmen    verwendet    worden,    als    dass    es    für    die 
Witwe   Dr.    Helfer's    und    ihren    Bruder,    Otto    Des    G  rang  es,    welcher 
eigens    nach    Indien    gekommen    war,    die    Pflanzung    zu    leiten,    nicht    höchst 
wünschenswerth    gewesen    wäre,    dieselbe    fortzusetzen.     Mad.    Helfer    ging 
im    Sommer    1840    nach    Calcutta    und    schloss    dort    mit    einem    der     ersten 
Banquierhäuser     einen    Compagnievertrag    zum    Weiterbetrieb    der    Pflanzung 
ab.    Sie    wurde    aus    Rücksicht    der   Verdienste    Dr.    Helfer's    um    die  Fort- 
schritte   der    Agricultur    in    den    Tenasserim-Provinzen   von  Seiten  der  ostin- 
dischen   Compagnie    mit    einer    Donation    von    4000    englischen    Acres    theils 
in    der    Nähe    der    Stadt  Mergui,    theils    auf   der    nahen    Königsinsel,    die    zu 
Zuckerplantagen   noch    mehr    geeignet    ist,    belehnt.    Diese    Belehnung    bot, 
da    sie    auf   30    Jahre    steuerfrei    gegeben    war,    so    ausserordentliche    Vor- 
theile,    dass    jenes    Haus    von    da    an    bedeutende    Summen    vorschoss,    die 
Plantage    zu    erweitern.    Im    Jahre    1842    jedoch     fallirte     dasselbe     durch 
missglückte    Indigospeculationen,    wie    es    in    diesem    Handelszweige    nur    zu 
häufig  geschieht.    Mad.   Helfer,   in    der  Zwischenzeit   nach    Europa    zurück- 
gekehrt,    war    bemüht,     das    fehlgeschlagene    Unternehmen    zu    Stande    zu 
bringen.    Ein    von   ihr   gemachter    Versuch,    der   sich    zwei  Jahre   hinauszog, 
missglückte   jedoch    ebenfalls,    und    es    konnte   während    dieser    Zeit   keine 
Verfügung    getroffen  werden,    wodurch    die  Pflanzung   mit  der  Zeit  in  einem 
solchen    Grade    verwildern    musste,     dass    ihre    Reinigung    kostspieliger    als 
ihre    erste    Anlegung   gewesen    wäre.    Denn    solcher  Art   ist    die    Vegetation 
dort,    dass    die    Schwierigkeit,     die    Urwälder    jener    Gegenden    zu    durch- 
wandern,   gering    erscheint   zu    der,    einmal    cultivirte    und  dann  wieder  ver- 
lassene   Orte    zu    durchdringen.    Bedeutende   Capitalien,    viel    und    mühevolle 
Arbeit,    die    in   das  Unternehmen    verwendet  worden  waren,    und  die  sichere 
Aussicht    auf  reichen    Gewinn,    die    eine    derartige    Plantage    geben    musste, 
gingen    damit   verloren. u 


174  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Die  von  der  Frau  Gräfin  P.  Nostitz  der  k.  k.  geographischen 
Gesellschaft  zur  Benützung  überlassenen,  und  von  dieser  zur  Veröffentlichung 
bestimmten    Aufsätze    Dr.    J.    W.    Helfe r'a    sind    folgende: 

1.  Erster    Bericht:    Leber    Amherst    Town    in    der    Tenasserim-Provinz. 

2.  Zweiter  Bericht:  Die  Provinzen  Ye,  Tavoy  und  Mergui  an  der 
Tenasserim-Küste. 

3.  Dritter  Bericht  über  Tenasserim  —  die  angrenzenden  Völkerschaften 
die  eingebornen  und  fremden  Bewohner  und  deren  Character,  sitt- 
licher   Zustand    und    Beligion. 

4.  Vierter  Bericht  über  die  Tenasserim-Provinzen  mit  Bücksicht  auf 
die    Aussichten,    welche    sie    europäischen    Einwanderern    darbiethen. 

5.  Tagebuch    der    Beisen    zur    Untersuchung    des    Mergui    Archipels. 

6.  Tagebuch  der  Beise  nach  den  Andamanen- Inseln  am  Bord  des 
Schooner    „Catarine." 

Die  ersten  fünf  Aufsätze  sind  im  Originale  in  englischer  Sprache 
geschrieben,  und  wie  bereits  erwähnt,  von  Herrn  Grafen  A.  F.  von 
Marschall  freundlichst  übersetzt;  nur  das  unter  6.  angeführte  Tagebuch 
ist    auch    im    Originale    deutsch    geschrieben. 

Wie  bereits  erwähnt,  sind  die  zwei  ersten  Berichte  in  der  Form 
der  Parlamentsacte  separat,  der  dritte  und  vierte  in  dem  „Journal  of  the 
Asiutic  Society  of  Bengal"    und    Nr.    o    und    6    noch    gar     nicht    gedruckt. 

F.  Foetterle. 


1.  Erster  Bericht.  Amherst  Town  in  den  Tenasserim-Provinzen. 

I.  Physischer  und  geologischer  Bau  des  Landes. 

Allgemeines  Ansehen.  Ebene.  Das  allgemeine  Ansehen  der  britischen 
Provinz  Amherst  ist  das  einer  von  zahlreichen  Flüssen  und  kleinen  Buchten 
(„creeks")  durchschnittenen  alluvialen  Ebene,  welche  von  Norden  gegen 
Osten  zu  von  einem  Halbkreis  von  Urgebirgen  umschlossen,  im  Westen 
durch  den  Salween-Fluss  vom  Burmesischen  Gebiete  getrennt  und  theilweise 
vom  Meer  umgränzt  wird.  —  Diese  grosse  Fläche  wird  indess  durch  ein 
zweifaches    Höhensystem    unterbrochen. 

Blauer  Bergkalk.  Das  eine  dieser  Systeme  besteht  aus  blauem,  sich 
plötzlich  über  die  Ebene  erhebendem  Bergkalk,  an  vielen  Stellen  als  schmale 
zerstückelte  Kelte,  an  anderen  als  vereinzelte  niedere  Hügel  und  Berge 
von    geringem    Umfang. 

Sandstein.  Das  zweite  System  besteht  aus  Sandstein-Hügeln  von  200 
bis  800  Fuss  Höhe  mit  dem  Hauptstreichen  von  NNW.  nach  SSO.  Die 
nächste  Umgebung  dieser  Hügelketten  steigt  etwas  an  und  bildet  enge  Thäler 
und    Schluchten. 

Gestalt.  Höhe.  Diese  Hügel  erscheinen  durchgängig  eher  vereinzelt  als 
zusammenhängend  und  in  häufiger  regelmässiger  Wechsellagerung  mit  dem 
blauen  Sandstein;  in  den  Zwischenräumen  liegen  weite  Strecken  aufge- 
schwemmten Landes.  Ihre  grösste  Höhe  erreichen  sie  gegen  NO.  zu  in 
den  Büffel-Bergen  („Buffaloe  mountaim"),  etwa  70  (Engl.)  Meilen  von 
Maulmain;     der    höchste    Punct    einer    Kette    erreicht    1543    (Engl.)    Fuss. 

Dürre  der  Sandstein  -  Berge.  Ein  grosser  Theil  dieses  Sandstein- 
Gebietes  zeichnet  sich  durch  die  Dürre  und  Unfruchtbarkeit  seiner  Um- 
gebung   aus;    die    dürftige    Vegetation    dieser    Striche    beschränkt     sich    auf 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  175 

einige    verkümmerte    Bäume    eigener   Art    und   auf  eine   zwerghafte    Species 
von   Bambusrohr. 

Thonschiefer.  Fast  überall  ist  der  Sandstein  dem  Thonschiefer  auf- 
gelagert und  mehr  oder  weniger  mit  Eisenerzen  durchdrungen,  hie  und  da 
auch  von  Quarzgängen  durchsetzt,  die  mitunter  einen  Theil  der  Fel- 
sen  bilden. 

Kalkgebirge.  Die  geognostische  Beschaffenheit  verändert  sich  in  der 
Nähe,  der   grossen    Grenzgebirgskette. 

Crebirgsarten.  Diese  Gebirge  bestehen  fast  ausschliesslich  aus  Urge- 
steinen, unter  denen  1)  Glimmerschiefer,  am  häufigsten  vorkommt;  —  2)  Gneiss, 
seltener  und  nur  in  höheren  Horizonten;  —  3)  Granit,  den  ich  nur  an 
einer  Stelle  des  ganzen  von  mir  durchreisten  Gebietes  in  einer  sehr  grob- 
körnigen,   feldspathreichen    Varietät    antraf. 

Höhe.  Die  grösste  Höhe  dieses  Urgebirgs  beträgt  etwa  5300  Fuss; 
es  bildet  eine  fast  ununterbrochene,  eintönig  wellenförmige  Beihe  mit  wenigen 
Einschnitten  und  einigen  vorragenden  stumpf  kegelförmigen  Spitzen  und 
Kämmen,  welche  vulkanischen  Kratern  gleichen,  in  der  That  aber  mit 
solchen    gar    nichts    gemein    haben. 

Verbindung  mit  der  grossen  Himalaya-Rette.  Dieses  Gebirge  kann  mit 
Becht  als  eine  Fortsetzung  des  grossen  Himalaya-Systems  angesehen  werden, 
welches  sich  am  östlichen  Ende  der  Provinz  Bhootan  in  2  Aeste  trennt, 
deren  einer  nach  NO.  gegen  die  Chinesische  Provinz  Yunn  streicht,  der 
andere    nach    SO.    die    Schau-Länder    durchzieht   und    theilt. 

Zweitheilung.  Unter  101°  0.  L.  und  17°  N.  B.  wendet  sich  letzterer 
Zweig  plötzlich  gerade  nach  Süden,  trennt  Siam  von  den  britischen  Te- 
nasserim-Provinzen,  schneidet  unter  10°  N.  B.  die  Halbinsel  Malacca  in 
zwei  fast  gleiche  Theile  und  verliert  sich  nahe  am  Aequator  auf  der  Insel 
Singapore. 

Ebenen,  vom  Meere  bedeckt.  Es  kann  kaum  bezweifelt  werden,  dass 
zu  einer  nicht  sehr  weit  entfernten  Zeit  die  fruchtbaren  Ebenen  der  Pro- 
vinz Amherst  vom  Meere  bedeckt  waren,  welches  wahrscheinlich  erst  in 
Folge  der  allerletzten  Erdumwälzungen  zurückwich.  Beweise  dafür  bieten 
die  zackigen  zertrümmerten  Kalkfelsen  mit  ihren  mannigfachen  Höhlen  (welche 
gegenwärtig  dem  Buddha-Dienst  gewidmet  sind),  die  Beste  von  Geschieben 
am  Fusse  dieser  Berge,  vorzüglich  aber  die  Menge  salziger  Stoffe,  mit 
denen    noch   jetzt    der    Boden    geschwängert    ist. 

Gegenwärtige  Veränderungen.  Die  aufgeschwemmten  Ebenen  erfahren 
fortwährende  Veränderungen,  vorzüglich  durch  Bildung  neuer  Nullahs 
(natürlicher  Kanäle).  —  Das  Wasser,  welches  diese  Ebenen  während  des 
Monsoon's  überdeckt,  sammelt  sich  in  Landseen,  sobald  sich  die  Flüsse 
wieder  in  ihre  gewöhnlichen  Bette  zurückziehen.  Von  da  aus  bricht  es 
oft  durch  den  weichen  Boden  und  öffnet  sich  neue  Wege  nach  den  Flüssen 
zu.  Diese  Veränderung  kommt  alle  Jahre  vor  und  zerstört  eine  Menge 
guten  Boden,  um  so  mehr,  als  die  Menschen  zur  Begelung  und  Erleich- 
terung  des    natürlichen    Wasserabflusses    so    gut    als    gar    nichts    thun. 

Folge  der  jährlichen  leberschwemmung.  Fruchtbarkeit  des  Bodens.  Indess 
bleibt  eine  Menge  ausgetretenen  Wassers  in  den  Landseen  zurück;  theils 
verdunstet  es  allmählig  während  der  trockenen  Jahreszeit,  theils  gibt  es 
an  vielen  Stellen  Anlass  zur  Bildung  von  Morästen,  mithin  auch  von  Ma- 
laria, welche  grosse  Strecken  dieser  Ebenen  unbewohnbar  und  verderblich 
macht,     so     dass    sie    nur    einer    Menge    wilder    Thiere    einen    unnahbaren 


176  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Zufluchtsort  bieten.  Tausende  von  Tagewerken  („acres")  könnten  mit 
sehr  geringer  Mühe  entwässert  und  in  den  fruchtbarsten  Boden  verwan- 
delt werden.  Diess  dürfte  indess  nicht  geschehen,  so  lang  (wie  es  gegen- 
wärtig der  Fall  ist)  die  Bevölkerung  so  gering  ist,  dass  der  beste  Theil 
des  Landes  unbenutzt  bleibt.  Der  Boden  selbst  ist  fast  überall  von  der 
besten  Beschaffenheit  und  für  den  Anbau  aller  tropischen  Pflanzen  geeignet. 
Aasnahmen.    Die    wenigen    verhültnissmässig  unfruchtbaren  Stellen  sind : 

a)  Niederungen,    die    dein    schädlichen    Einfluss    des    Meerwassers    ausge- 
setzt  sind. 

b)  Die    Moore    in    den    grossen    Ebenen    zwischen    den    Flüssen    Salween, 
Gyne    und    Attaran. 

c)  Das    dürre    Gehänge  der  Sandstein-Hügel   und  die  dazwischen  liegenden 
Tbäler. 

d)  Die    Kalkfelsen    (obwohl     die     zwischen    ihnen     liegenden     Thäler    und 
Risse    äusserst    fruchtbar    sind.) 

e)  Ein    Theil     des    Urgebirgs     an    der    nördlichen    und    östlichen    Grenze. 
Reisland.     Das    Reisland     („Paddy    lanch")    nimmt    einen    grossen   — 

vielleicht  den  dritten  —  Theil  des  ganzen  Landes  ein,  und  bietet  um 
so  mehr  die  Mittel  zur  Ernährung  einer  zahlreichen  Bevölkerung,  als  in 
Folge  des  regelmässigen  Eintretens  und  der  stets  gleichen  Dauer  der  jähr- 
lichen   Ueberschwemmungen    Missernten    fast    unbekannt    sind. 

Höher  liegende  Ebenen.  Die  höher  gelegenen  Ebenen  haben  den  besten 
Boden.  An  manchen  Stellen  hat  sich  die  Dammerde  durch  beständige 
Zersetzung  von  Pflanzenstoflen  bis  zur  Dicke  von  mehr  als  3  Fuss  auf- 
gehäuft. Ebenso  fruchtbar  sind  die  Thäler  im  Norden ,  besonders  ein 
grosses  Thal  zwischen  dem  nördlichen  Zuge  des  Urgebirges,  und  ein 
anderes  seeundäres  im  Süden,  über  80  (Engl.)  Meilen  lang,  2  — lo  Meilen 
breit,  welches  bis  jetzt  ganz  und  gar  unbewohnt  und  mit  Wald  bedeckt 
ist.  Diess  letztere  Thal  hat  überdiess  den  Vortheil,  dass  zahlreiche  Risse, 
vom  Hochgebirge  herabkommend,  in  dasselbe  münden  und  —  wo  es  nöthig 
wäre  —  zur    Bewässerung    benützt    werden    könnten. 

Werth  der  Provinz.  Dieses  schöne  Land  könnte  mehrere  Millionen 
Menschen  ernähren  (die  ganze  Bevölkerung  der  Provinz  Amherst  beträgt 
etwa  45.000  Seelen);  es  könnte  die  meisten  werthvollen  Erzeugnisse  des 
Ostens  hervorbringen  und  ein  höchst  gewinnbringender  Theil  der  britischen 
Besitzungen  werden,  abgesehen  von  seinen  natürlichen  Erzeugnissen,  seiner 
trefflichen  Lage  und  der  grossen  Handelsvortheile,  welche  in  Zukunft  die 
Burmesischen  Gebiete  überhaupt  als  vorgeschobene  Posten  der  grossen 
chinesischen    Terra   incognita    zu    erwarten    haben. 

Flüsse.  Die  Provinz  Amherst  ist  von  vielen  schiffbaren  Flüssen  und 
Kanälen  („creeks")  durchschnitten,  unter  denen  der  Salween,  der  Gyne 
und    der    Attaran    mit    ihren    Nebenflüssen    die    wichtigsten    sind. 

Salween.  Der  Salween  steht  in  Hinsicht  auf  die  Länge  seines  Laufes 
oben  an.  Er  fliesst  gerade  von  Norden  her  aus  Gegenden,  die  man  kaum 
dem  Namen  nach  kennt,  aus  einer  Quelle,  die  noch  nie  ein  Europäer 
besucht  hat,  und  tritt  bei  seinem  Zusammenfluss  mit  dem  Thou-khan  in 
das  britische  Gebiet  ein.  Hier  drängt  er  sich  durch  eine  Anhäufung  von 
Bergen,  welche  die  ausgedehnten  Thäler  im  Norden ,  und  überhaupt  das 
subalpine    Gebiet    der    Shans  von  den  Ebenen  des  britischen  Gebietes  trennen. 

Stromschnellen.  Das  Bett  des  Salween  zieht  sich  hier  so  zusammen, 
dass  es  an  manchen    Stellen    nicht    breiter    als    30    Yards    ist.    Zehn    (Engl.) 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tennaserira-Provinzen  etc.  177 

Meilen  unterhalb  der  Mündung  des  Thou-khan  in  den  Salween  liegen 
die  grossen  Wasserfalle  oder  Stromschnellen,  welche  die  Schiffahrt  fast 
ganz  unterbrechen.  Zehn  Meilen  tiefer  liegt  eine  zweite  unbedeutende 
Stromschnelle ,  über  welche  Boote  in  der  trockenen  Jahreszeit  gelangen 
können.  Ein  drittes  Hemmniss  liegt  zwischen  dem  Festland  und  der  Insel 
Kauloon,  wo  nur  der  östliche  Kanal  bei  niederem  Wasser  gangbar  ist, 
da  an  der  Nordspitze  der  Insel  eine  Barre  quer  über  den  westlichen  geht. 
Schiffahrt.  Von  da  an  abwärts  ist  der  ganze  Lauf  des  Flusses  fahr- 
bar. Die  Burmesischen  Canoes  fahren  meist  nur  bis  zur  Mündung  des 
Flusses  Yeng-baing  aufwärts,  da  höher  aufwärts  die  Strömung  5 — 7  Knoten 
beträgt  und  die  Wasserwirbel  für  gefährlich  gelten.  (NB.  Ich  versuchte 
17  Meilen  über  die  Mündung  des  Yeng-baing  hinauf  zu  fahren,  dort 
aber  wurde  die  Führung  der  Boote  wegen  des  reissenden  Stromes  unmög- 
lich). —  Dr.  Bichardson  berichtet,  der  Fluss  sei  ober  den  Stromschnel- 
len   bis    zur    Stadt    Monay    schiffbar. 

Wirkoog  der  periodischen  leberschweminung  im  Gebirgspass.  In  diesem 
Gebirgpass  wechselt  die  Tiefe  des  Flusses  zwischen  4  und  8  Faden, 
und  sogar  darüber.  Während  der  Begenzeit  muss  der  Andrang  des  Wassers 
durch  diesen  Pass  ungeheuer  sein.  An  manchen  Stellen  steigt  der  Fluss 
über  40  Fuss  hoch,  verwüstet  die  ganze  Ufergegend  und  bezeichnet  seinen 
Stand  durch  grosse  Absätze  von  Geschieben  und  losem  Sand,  welche  auf 
weite    Strecken    zwischen    den    Felsen    abgelagert    sind. 

Gegenden,  welche  der  Salween  durchströmt.  Sechs  (Engl.)  Meilen  unter- 
halb der  Einmündung  des  Yeng-baing  in  den  Salween  tritt  letzterer  in 
eine  offenere  Gegend,  welche  unterhalb  der  Insel  Kauloon  zur  eigentlichen 
Ebene  wird.  Indess  nähern  sich  an  beiden  Ufern  die  bezeichneten  Berg- 
kalk-Felsen zu  verschiedenen  Malen  dem  Flussbette,  und  an  einer  Stelle 
so  sehr,  dass  der  Fluss  bei  Zoog-ka-beng  (25  Meilen  ober  Maulmain) 
sich  durch  einen  dieser  Höhenzüge  mit  Gewalt  Bahn  brechen  muss.  Unter- 
halb Kow-loon-kioun  mag  die  gewöhnliche  Breite  des  Flusses  im  Durch- 
schnitte eine  halbe  (Engl.)  Meile  betragen  und  sie  nimmt  noch  etwas  zu, 
nachdem  der  Fluss  den  Höhenzug  von  Zoog-ka-beng    durchbrochen    hat. 

Tiefe.  Bis  35  (Engl.)  Meilen  ober  Maulmain  bleibt  die  Tiefe  des 
Hauptstromes  noch  immer  zwischen  2  bis  3  Faden;  nur  an  2  Stellen 
bemerkte  ich  unter  dem  Wasserspiegel  eine  quer  über  den  Stromlauf 
streichende  Felsenreihe,  welche  grösseren  Schiffen  ein  Hinderniss  entgegen 
zu    setzen    scheint. 

Gyne -Fluss.  Der  Gyne  ist  der  bedeutendste  Fluss  nach  dem  Sal- 
ween; er  entsteht  aus  der  Vereinigung  des  Thlaing-boay    und  des  Dagyaing. 

Der  Thlaing-boay.  Der  Thlaing-boay  entspringt  in  einer  Bergkette 
von  Sandstein  und  Thonschiefer,  zwischen  dem  Gebirgszuge  von  Pakah 
und  den  Elephantenschweif  („Elephant  Tail")  -  Bergen ,  durch  den  Zusam- 
menfluss  dreier  kleiner  Bäche  („creeks"),  welche  während  ihres  Ver- 
laufs von  WNW.  nach  OSO.  zahlreiche  Zuflüsse  erhalten.  Während  der 
schönen  Jahreszeit  liegt  die  Mehrzahl  dieser  kleinen  Bäche  ganz  trocken. 
Der  Thlaing-boay  tritt  nach  kurzem  Lauf  in  die  Ebene  ein,  zwischen 
dem  Salween  und  dem  Gyne,  und  nimmt  einen  langsamen  und  gewun- 
denen Lauf  an.  Bis  zum  Karäer-Dorfe  Panyeing,  10  (engl.)  Meilen  ober 
dem  Dorfe  Thlaing-boay  (wo  er  im  April  12  Fuss  breit  und  2  —  4  Fuss 
tief   war)    ist    er    für    Burmesische    Boote    schiffbar. 


178  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Der  Dagyaing.  Beträchtlicher  ist  der  Fluss  Dagyaing,  welcher  aus 
zahlreichen,  von  den  grossen  Siamesischen  Gränzgebirgen  herabkommenden 
Bächen  entsteht.  Diese  vereinigen  sich  in  3  abgesonderte  Bäche,  deren 
einer,  von  NW.  her  ein  fruchtbares  Thal  durchströmt;  der  andere  (be- 
trächlichste)  von  NO.  herkömmt  und  ein  dritter,  genau  von  Osten  her- 
kommend,   in    die    2    anderen    bereits    vereinigten,    einmündet. 

Schiffbarkeit  für  Canoes.  Der  vereinigte  Dagyaing  ist  auf  eine  weite 
Strecke  hin,  ein  ungestümer  Strom,  dessen  Lauf  beständig  von  losen 
Felsstücken  aufgehalten  wird,  und  der  desshalb  auch  nicht  schiffbar  ist. 
Die  höchste  Stelle,  zu  der  kleine  Burmesische  Canoes  von  weniger  als 
iy2  Fuss  Wassergang  gelangen  können,  ist  das  Dorf  Konoh;  aber  selbst 
diese  kleinen  Fahrzeuge  müssen  oftmahl  über  die  quer  über  den  Strom 
streichenden  Barren  gehoben  werden.  —  Die  Schiffbarkeit  für  gewöhnliche 
Burmesische  Boote  beginnt  bei  dem  Dorfe  Painn-kioum-yua,  wo  der  Fluss 
40 — 50  Fuss  Breite  auf  5  —  12  Fuss  Tiefe  erreicht.  Nach  einem  20 
(engl.)  Meilen  langen,  sehr  gewundenen  Lauf,  vereinigt  er  sich  mit  dem 
Thlaing-boay,    behält    aber    noch    den  Namen  Dagyang  bis  zum  Dorfe  Gyne. 

Vereinigung  mit  dem  Thlaing-boay.  Bei  seiner  Vereinigung  mit  dem 
Thlaing-boay  ist  der  Dagyang  bereits  ein  ansehnlicher,  */4  (engl.)  Meile 
breiter  Strom  mit  schnellem  Lauf,  da  viele  Bäche  aus  dem  östlichen 
Gränzgebirge  sich  in  ihn  ergiessen.  —  Bei  dem  Dorfe  Gyne  erhält  er 
einen  bedeutenden  Zuwachs  durch  die  Einmündung  des  grossen  Hondrow- 
Flusses.  Hier  erhält  er  auch  den  Namen  Gyne  und  eine  Breite  zwischen 
i/4    und    y2    Meile. 

Schiffbarkeit  durch  eine  Sandbank  unterbrochen.  Der  Gyne  würde  ver- 
muthlich  bis  hinauf  zur  Vereinigung  des  Dagyaing  mit  dem  Thlaing-boay 
für  ziemlich  grosse  Schiffe  fahrbar  sein,  wenn  nicht  2  Meilen  unterhalb 
des  Dorfes  Gyne  eine  bedeutende  Sandbank  quer  über  sein  Bett  zöge. 
Selbst  Burmesische  Boote  können  bei  niederem  Wasserstand  über  diese 
Stelle  nicht  hinaus,  sondern  müssen  die  Fluth  abwarten.  Kurz  ober  Maul- 
main   vereinigt   sich    der    Gyne    mit   dem    Salween. 

Der  Attaran.  Schiffbarkeit  desselben.  Der  dritte  bedeutende  Fluss  ist 
der  von  SSO.  kommende  Attaran.  Er  ist  weniger  breit  als  die  anderen, 
aber  der  tiefste  von  allen  und  dürfte  auf  eine  beträchtliche  Strecke  für 
schwerbeladene  Fahrzeuge  schiffbar  sein.  Jch  hatte  keine  Gelegenheit,  den 
Attaran  weit  stromaufwärts  zu  untersuchen;  M.  Crawfurd  kam  auf  einem 
Dampfboote    bis    zur    Höhe    der   Stadt   Attaran. 

Maalmain-Flnss.  Der  Maulmain  vereinigt  sich  bei  der  gleichnamigen 
Stadt  mit  dem  Gyne  und  dem  Salween,  mit  denen  er  zusammen  den 
majestätischen  Martaban-  oder  Maulmain-Strom  bildet,  der  sich  durch  zwei, 
die    Insel    Bilukioun    umgebende    Mündungen,    in    das    Meer    ergiesst. 

Masse  des  Wassers.  Die  Anzahl  von  Nebenflüssen,  welche  vorzüglich 
von  dem  grossen  Grenzgebirge  in  N.  NO.  und  0.  Richtung  herabfliessen, 
erklärt  die  Anhäufung  einer  so  erstaunlichen  Wassermasse,  wie  der  Mar- 
taban- oder  Maulmain-Fluss  ist,  zwischen  Martaban  und  Maulmain.  Dieser 
Strom  gleicht  dem  schönen  Wasserspiegel  eines  über  6  Meilen  langen 
Landsees;  W.  Crawfurd  nennt  diesen  Anblick  mit  Recht  einen  der  auf- 
fallendsten,   den    eine    Tropenlandschaft    darbieten    könne. 

Nebenflüsse.  Der  Teng-baing.  Unter  den  Strömen  zweiter  Ordnung 
nehmen  der  Yeng-baing,  der  Thon-kan  und  der  Houndrow  den  ersten 
Rang    ein.     Bei    niederem    Wasserstand     ist    der    Yeng-baing    nur    ein    Bach, 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserira-Provinzen  etc.  179 

dessen  Mündung  nicht  über  20  Fuss  breit  ist.  Indess  ist  an  ihm  zu 
bemerken,  dass  er  innerhalb  der  vom  Salween  und  vom  Gyne  einge- 
schlossenen Halbinsel  der  einzige  von  Osten  nach  Westen  fliessende  Was- 
serlauf ist.  Er  ist  ferner  als  der  einzige  Zugang  in  das  Innere  bemer- 
kenswerth.  Nur  seine  Ufer  sind  bewohnt  und  zwar  von  Karäern;  der 
ganze  übrige  nördliche  Theil  der  Gegend,  vom  Yeng-baing  bis  zum  Thou- 
Khan,  ist  ein,  von  Thälern  durchschnittenes,  gänzlich  unbewohntes  Bergland. 

Der  Thou-Hlinii.  Der  Thou-Khan  ist  ein  ungestümer,  in  OSO.  Richtung 
dem  Salween  zufliessender  Bergstrom,  der  die  Nordgrenze  der  britischen 
Besitzungen    bildet. 

Kanal  zur  Förderung  von  Fichtenbäumen.  Dieser  Strom  dürfte  seinerzeit 
eine  gewisse  Bedeutung  erlangen,  indem  er  bei  Hochwasser  zur  Förderung 
von  Thekaholz  und  vorzüglich  von  Fichtenbäumen  in  den  Salween  und  von 
da  weiter  nach  Süden  benützt  werden  könnte.  NB.  Nach  den  Aussagen 
Dr.  Richardson's  und  Capt.  M'Leod's  sind  die  Landstriche  im  N. 
des  Thou-Khan  reich  an  Fichtenbäumen.  Dies  werthvolle  Nutzholz  für 
Schiffsmasten  findet  sich  nur  auf  jener  Hochfläche,  welche  sich  gegen 
die  unbekannten  Gegenden  zwischen  dem  britischen  Gebiet  und  dem 
chinesischen    Yunan   zu    allmälig   erhebt. 

Der  Honndrow.  Ein  anderer  ziemlich  bedeutender  Fluss  ist  der  Houn- 
drow,  von  OSO.  aus  den  Siamesischen  Bergen  kommend  und  sich  in  den 
Gyne  ergiessend.  Bei  seiner  Einmündung  in  letztern  ist  der  Houndrow 
330    Fuss    breit   und    1 — 3    Faden    tief. 

Dessen  Wichtigkeit.  Der  Houndrow  ist  insofern  von  Bedeutung,  als 
er,  gegen  Siam  zu,  auf  eine  grosse  Strecke  eine  bequeme  Wasserstrasse 
darbietet  auf  der  das  Theka  und  anderes  werthvolles  Bauholz,  welches 
in  den  höheren  Gegenden  längs  seiner  Ufer  in  Menge  vorkommt,  nach 
der  Hauptstadt  verschifft  werden  könnte.  Alle  diese  Flüsse,  ohne  Ausnahme, 
vereinigen  sich  (wie  oben  gesagt)  ober  Maulmain  zu  einer  einzigen 
Wassermasse. 

Jährliche  Deberschwemmungen.  Während  der  Regen,  welche  im  Juli, 
August  und  September  diese  Flüsse  (in  ihrer  Gesammtheit  ein  Flächen- 
raum von  vielen  100  [engl.]  Quadratmeilen)  schwellen,  ist  deren  ganzes 
Gebiet  mit  Wasser  bedeckt  und  diese  Ueberschwemmung  ist  die  Haupt- 
ursache der  Fruchtbarkeit  im  Allgemeinen  und  insbesondere  des  hohen 
Ertrags   der    Reisfelder    („paddy   fields"). 

Regelnlässigkeit  der  leberschwemmungen.  Bemerkenswerth  ist  die  Re- 
gelmässigkeit, mit  der  die  Wässer  fallen  und  steigen;  auch  steigt  das 
Wasser  wenn  es  einmal  im  Fallen  ist,  während  derselben  Jahreszeit  nie- 
mals wieder  zur  früheren  Höhe.  Diese  Umstände  scheinen  mir  zu  beweisen, 
dass  der  Hauptfluss  (der  Salween)  mit  seinem  Wasserstand  ganz  von  den 
periodischen  Regen  abhängt  und  nicht  vom  Schneeschmelzen;  was  wieder 
zu  dem  Schlüsse  führt,  dass  der  noch  unbekannte  Ursprung  des  Salween 
nicht  in  einem  höhern  Theil  der  grossen  Kette  (die  man  für  eine  Fort- 
setzung   des    Himmalaya-Gebirgs    annimmt)    zu    suchen    sei. 

Leichtigkeit  der  Wasserverbindungen.  Eine  solche  Menge  schiffbarer 
Flüsse  bietet  Verbindungsmittel  dar,  wie  sie  nur  wenig  andere  Länder 
besitzen  dürften.  In  der  That  sind  hier  Boote  das  einzige  Förderungs- 
mittel, und  mit  Ausnahme  einiger  wandernder  Karäerstämme,  welche  die 
Berggegenden  bewohnen,  sind  alle  Dörfer  und  Weiler  an  einem  Fluss 
oder    Bach    gebaut.    Das    ganze  mit  Reis    bebaute  Land    (y3  des  gesammten 


180  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Flächenraumes)  ist  von  natürlichen  Kanälen  („nullahs")  durchschnitten, 
welche  sich  9  — 10  Meilen  weit  in's  Land  hineinziehen.  Viele  davon  liegen 
bei  niederem  Wasserstande  trocken,  werden  aber  bei  steigender  Fluth  schiff- 
bar, so  dass  sie  die  Beförderung  zu  Land  fast  ganz  entbehrlich  machen. 
Kanäle,  welche  diese  Gegend  bis  Bassien  hin  mit  Pegue  verbinden.  Ausser- 
dem durchschneidet  ein  Netz  von  Kanälen  die  Gegend  westlich  von 
Sahveen.  Zwölf  bis  dreizehn  Meilen  ober  Martaban  ist  der  Kadashoang- 
Kanal,  welcher  während  des  Monsoon  durch  den  Sittang-Fluss  nach  Rangoon 
führt,  und  von  da  durch  einen  geraden  Abstand  von  mehr  als  200  (engl.) 
Meilen  —  durch  mehrere  Canäle  bis  nach  Bassien.  Alles  dieses  scheint 
Mr.  Crawfurd's  Ansicht,  dass  die  Binnenschiffahrt  von  Pegu  von  der 
Natur  mehr  begünstigt  sei,  als  die  irgend  eines  andern  Landes  Asiens, 
vollkommen    zu    bestätigen. 

II.  Erzeugnisse  des  Mineralreiches. 

Kalksstein.  Einen  der  auffallendsten  Züge  dieses  Landes  bildet  der 
Kühlenkalk,  welcher  in  allem  Wesentlichen  mit  dem  „Bergkalk"  Eng- 
lands, Nord -Frankreichs  und  Belgien's  genau  übereinstimmt.  An  vielen 
Stellen  erhebt  sich  dieser  Kalkstein  mit  Einenmmahl  beträchtlich  über  die 
Ebene,  und  erreicht  in  der  Bergreihe  Zoag-ka-beng  eine  Höhe  von  2136 
Fuss.  Die  Neigung  der  Schichten  ist  vorzüglich  aus  den  Gebirgsspalten 
wahrnehmbar  und  kann  überall  mit  dem  geologischen  Ausdrucke  „mauer- 
artig"   bezeichnet    werden. 

Entstehung.  Es  scheint  gewiss,  dass  dies  ganze  Gebilde  durch  eine 
grosse  Umwälzung  mit  Einemmahle  emporgehoben  worden  sei.  Die  ver- 
streuten und  zackigen  Zerklüftungen  mit  senkrechten  (mauerförmigen)  — 
mit  unter  500 — 800  Fuss  hohen  Abstürzen,  die  Höhlen,  die  abgelösten 
Felsstücke  am  Fusse  der  Berge,  kurz  Alles  beweiset  die  verwüstende 
Gewalt  einer  grossen  Umwälzung  und  dass  —  vielleicht  in  einer  nicht 
allzu    fernen    Vorzeit    —    der    Ocean    den    Fuss    dieses    Gebirges    bespühlte. 

Vorzüglicher  Kalk.  Diese  Kalkzüge  geben  einen  vorzüglichen  Kalk  (den 
man  gegenwärtig  zu  Maulmain  benützt)  und  es  wäre  die  Frage ,  ob  es 
nicht  vorteilhafter  wäre,  diesen  Kalk  nach  Calcutta  und  anderen  Theilen 
Ostindiens  zu  führen,  anstatt  ihn  dorthin  —  wie  bisher  von  Sylhet  zu 
beziehen. 

Marmor.  Der  Kalkstein  ist  meist  blaulichgrau,  von  feinkörnigem  Bruch, 
an  den  Kanten  durchscheinend;  an  vielen  Orten  ist  er  aber  auch  weiss, 
gelb  oder  roth,  in  hellerer  und  dunklerer  Schattirung  und  gibt  hie  und 
da   guten    Marmor. 

Ansfnhr  von  Marmor.  Da  gegenwärtig  in  Ostindien  der  Marmor  hoch- 
geschätzt wird,  schwer  und  mit  vielen  Kosten  zu  erlangen  ist,  könnte 
dieser  Marmor  dorthin  mit  Gewinn  ausgeführt  werden.  Die  Auslage  würde 
—  mit  Ausnahme  der  Steinsägen  —  unbedeutend  sein.  Zu  Singapore 
könnte  man  Chinesen  finden,  welche  an  die  Arbeit  in  Steinbrüchen  ge- 
wöhnt sind,  und  an  den  besten  Stellen  würde  die  Entfernung  vom  schiff- 
baren   Salween-Flusse    nicht    über    1—2    (engl.)    Meilen    betragen. 

Erzführnng  des  Kalkssteins.  Alle  jene  Gebirgszüge  verdienen  einzeln 
auf  ihre  vermuthliche  Erzführung  untersucht  zu  werden.  Eben  diese  For- 
mation ist  wegen  der  Menge  Bleierzen,  welche  sie  in  den  centralen  und 
nördlichen  Gegenden  England's  —  vorzüglich  aber  bei  Bleiberg  in  Kärn- 
then   —    enthält,    „erzführender   Kalk"    benannt    worden. 


gedruckte   und   ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.        181 

Eisen.  Das  Eisen  ist  das  am  häufigsten  vorkommende  Mineral  und  über 
die  ganze  Provinz  verstreut.  Mit  Ausnahme  der  aufgeschwemmten  Ebenen 
zwischen  den  Flüssen  Salween,  Gyne  und  Attaran,  der  in  der  Ebene 
vereinzelten  gehobenen  Massen  von  Kalksstein  und  der  grossen  Urgebirgs- 
kette  aus  Gneis,  Granit,  Glimmerschiefer  und  Porphyr,  mag  es  wohl 
kaum  einen  Landstrich  geben,  in  welchem  nicht  Eisen  unter  irgend  einer 
Gestalt   vorkäme. 

Die  Art  und  Weise  indess,  in  welchem  das  Eisen  vorkömmt,  ist  je  nach 
den  Oertlichkeiten  sehr  verschieden,  man  findet  es  in  Lagern,  in  Gängen 
(als  Eisenkies),  als  Gemengtheile  anstehender  Gesteine  und  eingesprengt 
(als    Eisenglanz). 

I.  Vorkommen  am  Salween.  Eines  der  interessantesten  unter  den  ver- 
einzelt vorkommenden  Lagern  von  Eisenstein  findet  sich  an  den  linken 
Ufern  des  Salween -Flusses,  vier  (Engl.)  Meilen  ober  der  Einmündunng 
des  Yengbaing-Flusses.  An  dieser  Stelle  drängt  sich  der  Fluss  zwischen 
600  —  1200  Fuss  hohen  Bergen  durch  ein  tiefes  und  enges  Bett.  Das 
umgebende  Gestein  ist  blauer  Kalkstein  in  Glimmerschiefer  übergehend ; 
der  Kalkstein  nimmt  nämlich  eine  schiefrige  Textur  und  eine  sehr  dunkle 
Farbe  an,  so  dass  es  an  manchen  Stellen  schwer  ist,  zu  entscheiden,  ob 
man  Kalkstein  oder  Thonschiefer  vor  sich  habe,  da  beide  innig  mit  ein- 
ander gemengt  sind  und  die  Gegenwart  des  Kalkes  nur  an  dem  Aufbrau- 
sen   des    Gesteins    mit   Salpetersäure    erkannt    werden    kann. 

Gesteine  in  der  Nähe.  Etwa  1  (Engl.)  Meile  ober  der  Mündung  des  Yeng- 
baing  bringen  Blöcke  von  Kieselgestein  etwas  Abwechslung  in  diese  ein- 
förmigen Gebilde.  Noch  eine  Meile  weiter  oben  werden  diese  Blöcke 
grösser  und  zahlreicher  und  schmale  Klüfte  von  porphirartigem  Feldspath 
durchschwärmen  den  Kalkschiefer.  Hier  erscheint  zuerst  das  Eisen  als 
eingesprengter  Eisenkies  und  als  Oker,  welcher  die  von  den  Anhöhen 
herabkommenden    kleinen    Bäche    färbt. 

Eisenerz-Lager.  Dies  oben  erwähnte  vereinzelte  Lager  von  Eisenerz 
ist  etwa  50  Yards  breit  und  ragt  15  Yards  weit  in  das  Flussbett  hinein. 
Sein  Anhalten  in  die  Teufe  konnte  natürlich  nicht  ermittelt,  noch  auch 
—  bei  dessen  unregelmässiger  Gestalt  —  eine  Schichtung  oder  ein  Ver- 
flachen wahrgenommen  werden;  von  allen  Seiten  ist  es  in  eben  beschrie- 
benen   Kalkschiefer    eingeschlossen. 

Mineralogische  Beschaffenheit.  Das  Erz  selbst  (Brauneisenstein)  ent- 
hält in  100  Theilen:  Eisenoxyd:  75  Th.,  Kieselerde:  10  Th.,  Wasser  u. 
s.    w.  15  Th.  Das  Ausbringen  an  gutem  Stabeisen  dürften  an  5%oo  betragen. 

H.  Eisenerze  in  den  Sandstein-Gebilden  zwischen  dem  Salween  und  dem 
Gyne.  Wenn  man  gegen  NO.,  etwa  30  (Engl.)  Meilen  den  Lauf  des  Yeng- 
baing,  von  seiner  Mündung  in  den  Salween  stromaufwärts  verfolgt, 
kommt  man  über  eine  Gruppe  von  40  bis  200  Fuss  hohen  Hügeln  von 
Sandstein;  welches  Gestein  überhaupt  in  der  ganzen  Provinz  sehr  häufig 
und  überall  eisenschüssig  ist.  Das  Eisen  erscheint  darin  als:  1)  Bother 
Eisenschaum  („Iran  froth");  2)  Bother  Ocker;  3)  Bother  Thoneisen- 
stein;   4)  Dichter  Botheisenstein;  5)  Fasriger  Botheisenstein.  („Hämatite.") 

Dieselbe  Formation  herrscht  in  der  Umgebung  von  Maulmain  vor, 
sich  bis  Amherst,  und  von  dort  bis  Ye  erstreckend,  bis  der  Sandstein 
an  den  Granit  stösst,  in  welchem  das  Vorkommen  von  Eisenerzen  auf- 
hört. Die  oben  aufgezählten  Eisenerze  kommen  auch  in  dieser  Formation 
vor,    nirgends    aber   in    abbauwürdiger   Menge. 


182  Dr.  Johann  Wilhelm   Helfer's 

Ich  habe  die  südlichen  Gegenden  nicht  besucht,  wohl  aber  von 
einer  Stelle,  Eine  Tagreise  südlich  von  Amherst,  eine  Stufe  schönes 
Sumpferz  mit  muschligem  Bruch  erhalten,  welches  dort  reichlich  vorkömmt 
und  für  die  Zukunft  Beachtung  verdienen  dürfte.  Hierher  gehört  auch  das 
eisenschüssige  Sandstein  -  Conglomerat.  Es  schliesst  mitunter  vereinzelte 
Massen  von  Wiesenerz  mit  muschligem  Bruch  ein,  welches  ohne  Zweifel 
an    verschiedenen    Stellen    in    ausgedehnten    Lagern   vorkömmt. 

III.  Eisenerze  am  Gyne.  Die  besten  Lagerstätten  von  Eisenerzen  fin- 
den sich  in  den  höheren  Gegenden  längs  der  Flüsse  Gyne  und  Dagy- 
aing;  und  zwar:  a)  Ganz  nahe  am  Dorfe  Painkhium,  300  Yards  unweit 
von  Dagyaing,  wo  ein  ausgedehntes  Lager  von  Braun-Eisenstein  vorkömmt, 
—  b)  am  rechten  Ufer  des  Gyne,  gegenüber  dem  Talainen-Dorfe  Dolan, 
in  einer  Beihe  Hügel,  welche  sich  in  der  Bichtung  von  SO.  nach  NW. 
etwa  100  Fuss  über  die  ausgedehnten,  mit  Beis  bebauten  Ebenen  er- 
heben und  überall  reich  an  Eisen  sind.  Der  beste  Fundort  ist  ein  kleiner, 
kaum  20  Fuss  über  die  Ebene  ansteigender  Hügel ,  in  welchem  stumpf- 
kantige Bollstücke  von  vortrefflichem ,  bläulich  schwarzen  Magneteisenstein 
in  gelben  Thon  eingelagert  vorkommen.  —  c)  am  rechten  Ufer  des  Gyne 
nächst  dem  gleichnamigen  Dorfe,  4  (Engl.)  Meilen  westlich  landeinwärts 
dasselbe    Vorkommen    wie   bei  b),  nur   weniger    reich. 

In  den  Schluchten  findet  man  häufig  herabgeschwemmten  körnigen 
Magneteisenstein  von  der  Grösse  eines  Taubeneies  bis  zur  Consistenz 
des   feinsten    Sandes. 

IV.  Eisenerze  anf  der  Insel  Bilnkioon.  In  anderer  Gestalt  zeigt  sich 
das  Eisen  auf  der  Insel  Bilukioun,  gegenüber  Maulmain,  in  einem  rothen 
eisenschüssigen  Thon,  der  in  Gestalt  eines  Hügels  auf  Grauwacke  lagert. 
Das  dortige  Eisenerz  ist  Eisenglanz  (Fer  oligiste)  in  Kristallen,  deren 
Grundgestalt  ein  Bhomboeder  oder  eine  doppelte  3seitige  Pyramide  ist; 
es  kömmt  eingesprengt  und  —  wie  es  scheint  —  sparsam  vor.  —  Der 
Vollständigkeit  wegen  muss  ich  noch  des  Eisenkieses  erwähnen,  der  längs  des 
Salween  —  mitunter  in  bedeutenden  Gängen  —  in  Glimmerschiefer  und 
anderem    Urgestein   vorkömmt. 

NB.  Dieser  Kies  steht  bei  den  Burmesen  in  hohem  Werth,  ungeach- 
tet er  an  und  für  sich  ganz  nutzlos  ist;  sie  behaupten  nämlich  —  wahr- 
scheinlich wegen  seiner  metallisch  gelben  Farbe  —  dass  er  in  Gold  ver- 
wandelt werden  könne.  —  Die  Karäer  finden  häufig  in  Bächen  Stücke 
dieses  Kieses,  und  bewahren  sie  sehr  sorgfältig  als  Talismann  gegen 
Krankheiten. 

Reste  alter  Eisenbane  ond  Schmelzstätten.  Wie  wohl  gegenwärtig  die 
Burmesen  nirgends  nach  Eisen  graben,  findet  man  an  vielen  Stellen 
Ueberreste,  nicht  nur  von  angeschlagenen  Schächten,  sondern  auch  — 
meist  in  geringer  Entfernung  —  von  Schmelzöfen.  Alle  diese  Stellen  sind 
jetzt    mit    hohem    Walde    bedeckt    und    unbevölkert. 

Alte  Schmelzstätten.  Eine  der  ansehnlichsten  Schmelzstätten  muss  die 
am  Gyne,  gegenüber  dem  Dorfe  Dolan,  gewesen  sein,  wo  man  noch 
die  Buinen  einer  beträchtlichen  Stadt,  mit  zahlreichen  Pagoden,  auffinden 
kann.  An  einer  Stelle  sind  mehr  als  104)  Tonnen  glasiger  Schmelzrück- 
stände   zu    einem    kleinen    Hügel   aufgehäuft. 

Eine  zweite  beträchtliche  Schmelzstätte  lässt  sich  nicht  weit  von  dem 
jetzigen  Dorfe  Coe-byne  nachweisen,  und  eine  dritte  4  (engl.)  Meilen  landein- 
wärts, ausser  mehreren  andern   in   den    höheren  Gegenden  längs  des  Dagyaing. 


Gedruckte  und   ungedruckte  Schriften   über  die    Tenasserim- Provinzen  etc.          183 

Schmelzverfahren  der  Burmesen.  Die  Ausschmelzung  mag  indess  in 
sehr  roher  Weise  geschehen  sein,  da  die  glasigen  Sehlacken,  die  ich  un- 
tersuchte, manchmal  noch  IS  bis  20  pCt.  an  Eisen  enthalten.  Mitunter 
war  die  Schmelzung  der  Erze  so  unvollkommen  vor  sich  gegangen,  dass 
sich  in  der  Mitte  des  Steins  Körner  von  metallischem  Eisen  finden. 
Die  Eingebornen  scheinen  das  Schmelzen  in  Töpfen  vorgenommen  und  Ge- 
bläseöfen gar  nicht  gekannt  zu  haben ,  wenigstens  sprechen  zahlreiche 
verstreute    Bruchstücke    von    Töpfen    zu    Gunsten    dieser   Vermuthung. 

Für  jetzt  scheinen  die  Vortheile  einer  Wiederaufnahme  dieser  Baue 
auf   Eisensteine    noch    zweifelhaft. 

Mögliche  Vortheile  und  Nachtheile  der  Wiederaufnahme  dieser  Eisenwerke. 
Die  besten  Lagerstätten  finden  sich  nahe  an  schiffbaren  Flüssen,  höchstens  4 
(engl.)  Meilen  davon  entfernt.  Ein  Lager  liegt  unmittelbar  am  Salween -Flusse, 
ein  anderes  kaum  1000  Yards  vom  Dagyaing;  das  beim  Dorfe  Dolan  ganz  nahe 
an  einem  schiffbaren,  mit  dem  Gyne-Fluss  verbundenen  Kanal.  („Creek.") 

Ungeachtet  dieser  Vortheile  würden  die  Eisenwerke  im  Verbau  blei- 
ben, so  lange  man  nicht  in  derselben  Gegend  Steinkohlen  auffindet.  Aller- 
dings liesse  sich  Holz  in  beliebiger  Menge  aus  allen  Pnnkten  der  Provinz 
beziehen  und  Holzkohle  könnte  hier,  eben  so  gut  wie  in  Bussland,  Nor- 
wegen, Schweden  und  einem  grossen  Theile  Deutschland^,  zum  Eisen- 
schmelzen benutzt  werden,  indess  walten  hier  noch  einige  andere  für  jetzt 
unübersteigliche    Hindernisse    ob;    diese    sind: 

a)  der  allgemein  hohe  Arbeitslohn  in  einem  so  dünn  bevölkerten  Gebiete; 

b)  die  Gleichmütigkeit  der  Bevölkerung  für  Gelegenheit,  Geld  zu  verdienen; 

c)  der    übertriebene    Preis    der   unbedeutendsten    Maschinenteile; 

d)  vor  Allem:  der  übermässige  Frachtpreis  nach  allen  Theilen  In- 
dien's    (nach    Calcutta    durchschnittlich    25 — 30    Rupien). 

Würde  Kohle  an  einer  geeigneten  Stelle  aufgefunden,  so  wäre  ge- 
wiss   die    Darstellung   von    Gusseisen    („pig   iron")    anzuempfehlen. 

Antimon.  Dies  Metall  ist  über  die  ganze  Provinz  verbreitet,  vorzüg- 
lich aber  den  Sandstein -Gebilden  eigen  und  in  grösster  Menge  in  den 
Hügeln,  welche  von  N.  nach  S.,  zwischen  dem  grossen  Maulmain-Flusse 
und    dem   Attaran   streichen. 

Es  kommt  oft  ganz  rein,  meist  aber  in  Quarz  eingeschlossen  — 
in  mächtigen  Gängen  vor;  bisher  sind  indess  nur  die  zu  Tag  ausgehen- 
den   Lagerstätten    beachtet   worden. 

Mineralogische  Beschaffenheit.  Das  Erz  ist  Schwefel -Antimon,  weich, 
leicht  zerbrechlich,  auf  der  Hand  bleigrau  abfärbend,  derb,  strahlig,  oder  in  Säu- 
len, sehr   selten    nadeiförmig    krystallisirend,    stark    nach   Schwefel    riechend. 

Antimon  ist  bisher  in  geringem  Werth  gestanden  und  man  hielt  die 
von  anderen  Theilen  Europa's  besonders  von  Frankreich  her,  eingeführte 
Menge  dieses  Metalles  für  genügend  zur  Deckung  des  Bedarfs  in  Gross- 
Britannien:  indess  ist  es  seit  einiger  Zeit  zu  Singapore,  wohin  man  es 
aus  Borneo  bringt,  stark  in  Begehr  und  wird  dort  gern  aufgekauft.  Sollte  An- 
timon sich  im  Werth  behaupten ,  so  wäre  das  in  Amherst  gewonnene  von 
bester  Qualität  und  könnte  von  Schiffen,  die  nach  Europa  segeln,  sehr 
vortheilhaft  als  Ballast  eingenommen  werden;  die  Kosten  der  Ausbringung 
würden    verhältnissmässig  sehr    gering    sein. 

Blei.  Dieses  Metall  habe  ich  nicht  anstehend  gefunden;  mehrere 
Stufen  indess,  die  man  mir  davon  —  ohne  Angabe  des  Fundortes  — 
brachte,    beweisen    sein    Vorkommen    in    diesem    Lande. 

Mittheilungen  der  k    k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  " 


184  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfers 

Yorurtheile  der  Eingebornen  gegen  Erkundigungen  über  nutzbare  Minera- 
lien.  Die  Eingebornen  sind  sehr  misstrauisch  und  geben  sehr  selten  die 
Stellen  an,  von  denen  sie  wissen,  dass  doit  Erz~'  vorkommen.  Sie  haben 
nämlich  die  Grundsätze,  nach  denen  ihre  früheren  Beherrscher  vorgingen, 
noch  nicht  vergessen.  Diese  pflegten,  wenn  irgendwo  werthvolle  Mineral- 
stoffe entdeckt  wurden,  die  Bewohner  der  Umgebung  zu  deren  Gewinnung 
zu  zwingen ,  von  welcher  die  Begierung  den  ganzen  Nutzen  allein  zog. 
Aus  diesem  Grunde  bin  ich  fast  bei  allen  meinen  Nachforschungen  irre- 
geführt worden.  Wahrscheinlich  kommt  das  Blei  im  Bergkalke  vor.  Die 
Stufen,  die  ich  mir  davon  verschaffte,  waren  gewünlicher  hexaedrischer  ßlei- 
glanz.  Man  sagte  mir,  er  komme  auch  in  der  südlichen  Provinz  von 
Tavoy    vor. 

Zinn.  Dieses  werthvolle  Metall ,  welches  im  Urgebirge  des  ganzen 
Indischen  Archipels  so  reichlich  vorkommt,  geht  in  der  Halbinsel  Malacca 
nicht  weiter  als  die  Granitgebilde  reichen,  nämlich  genau  bis  unter  Am- 
tierst,   welche    Gegenden    ich   zu   besuchen    keine    Gelegenheit    hatte. 

Merkwürdiges  Torkommen.  Im  nördlichen  Theil  der  Provinz  fand  ich 
Zinnerz  nur  Einmal  an  einer  sehr  merkwürdigen  Stelle  NO.  von  Maul- 
main, etwa  110  (Engl.)  Meilen  von  der  Hauptstadt.  Ein  Landsee,  von 
den  Karäern  Lambret  genannt,  welcher  aussieht,  als  läge  er  in  einem 
ungeheuren  Krater  (obwohl  rings  herum  nicht  die  geringste  Spur  vulka- 
nischen Ursprungs  zu  finden  ist),  liegt  am  Fusse  des  Siamesischen  Grenz- 
gebirges. Die  umgebenden  Berge  bestehen  theils  aus  Gneiss  und  Glimmer, 
theils  aus  Grauwacke  oder  altem  Sandstein.  Am  westlichen  Ufer  des 
Sees  liegen  verstreute  Quarz-Felsen,  alle  mehr  oder  minder  abgerundet 
oder  geglättet,  als  hätte  das  Wasser  durch  lange  Zeit  auf  sie  gewirkt 
und  ohne  Zweifel  von  weiter  Entfernung  her  in  dieses  Thal  geschleppt. 
Alle  diese  riesigen  Geschiebe  sind  voll  kleiner,  nicht  über  !/4  Zoll  mes- 
sender Stücke  von  Zinnstein.  Das  ist  die  einzige  Stelle,  an  der  ich 
Zinn  fand,  und  zwar  in  so  geringer  Menge,  dass  seine  Gewinnung  wohl 
nie    Vortheil    bringen    dürfte. 

Kupfer.  So  weit  ich  das  britische  Gebiet  durchsuchte,  habe  ich  kein 
Kupfer  gefunden  ,  wohl  aber  hat  man  mir  von  dem  Burmesischen 
Gebiete,  und  zwar  von  dessen  der  britischen  Insel  Kank-a-feen  gegenüber 
liegenden  Theile  etwas  Kupfererz  gebracht.  Dieser  Landstrich  soll  nach 
der  Aussage  aller  Burmesen  der  reichste  an  allen  mineralischen  Erzeug- 
nissen, jedoch  von  der  Burmesischen  Begierung  ganz  und  gar  vernachlässigt  sein. 

Die  Stufe,  welche  ich  erhielt  und  prüfte,  war  eine  Verbindung  von 
Kupfer,  Schwefel,  Arsenik  und  Eisen;  vermuthlich  sogenanntes  Weiss- 
Kupfererz,  von  gelblichweisser  Farbe,  hart,  spröde,  mit  grünen  metallisch 
glänzenden    Flecken. 

Silber.  Fundort.  Ein  Landstrich,  beiderseits  vom  Salween  und  vom 
Thou-khan  eingeschlossen,  wird  von  einer  Bergreihe  eingenommen,  die 
man  allgemein  unter  dem  Namen  des  Pakah- Zuges  kennt.  Dieser  Zug 
beginnt  etwas  ober  der  Insel  Coulon  und  seine  Hauptreihe,  genau  von 
N.  nach  S.  streichend,  endet  unter  dem  Thou-khan-Flusse  und  sendet 
nach  W.  Seitenäste  in  das  Burmesische  Gebiet,  welche  sich  gegen  0. 
zwischen  diesem  und  der  grossen  Siamesischen  Gränzkette,  in  eine  Ebene 
—    oder    vielmehr   in    ein    Tatelland    —   verlaufen. 

Beschreibung  der  Gegend.  Diese  Gebirgsgruppe  besteht  hauptsächlich 
aus    Kalkstein,    Glimmerschiefer    oder    den  bereits  beschriebenen  Uebergangs- 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  f8o 

Gebirgen.  Sie  ist  eine  Anhäufung  zerrissener  Gipfel,  mit  dem  Anschein 
nach  regellos  dazwischen  liegenden  Rissen  und  engen  Thälern.  Die  höchste 
Kette  erhebt  sich  bis  zu  2500  Fuss.  —  Die  ganze  Gegend  ist  höchst 
wild  und  durchaus  dicht  bewaldet.  Wiewohl  sie  30  (Engl.)  Meilen  in  der 
Länge  und  8  —  10  Meilen  in  der  Breite  misst,  ist  sie  gänzlich  unbewohnt. 
Die  nächsten  Wohnplätze  sind  3  Karäer- Dörfer  gegen  S.  zu,  welche  8 
bis  10  Meilen  aus  einander,  längs  des  gewundenen  Laufes  des  Yeng- 
baing    liegen. 

Zufällige  Entdeckung  durch  einen  Raräer.  Zufällig  zeigte  ein  Karäer, 
ganz  gegen  die  gewöhnliche  Trägheit  und  Gleichgiltigkeit  seiner  Stammes- 
genossen, Theilnahme  für  meine  Nachforschungen,  und  da  er  mich  alle 
Steine  ringsherum  beobachten  sah,  theilte  er  mir  mit,  dass  ihm  die  Lage 
einer  Goldgrube  bekannt  sei  und  erbot  sich,  mich  dorthin  zu  führen. 
Nachdem  wir  mühsam  den  ausgetrockneten  Rinnsalen  von  Bergströmen 
und  den  Käminen  der  ausgedehnten  Bergkessel  nachgegangen  waren,  kam 
ich  nach  einem  Marsche  von  1  '/a  Tagen  an  eine  Stelle,  an  welcher  die 
schroffen  Umrisse  der  Kalkfelsen  noch  deutlicher  hervortraten.  Ich  hatte 
nun  den  Hauptzug  überschritten  und  befand  mich  auf  dem  nördlichen  Ab- 
hänge. Senkrechte  Wände  erhoben  sich  nach  allen  Richtungen ,  enge  Spal- 
ten lagen  zwischen  den  Felsen,  weite  Höhlen  am  Grunde  wechselten  mit 
mächtigen  Klüften  und  verstreute  Bruchstücke  lagen  auf  dem  abgestumpften 
Gipfel    oder    am    Fusse    der   Felsen. 

Aufgelassene  Grube.  Längs  eines  dieser  mauerförmigen  Abschnitte  befand 
sich  ein  aufgelassener  Bergbau  der  allerrohesten  Art;  man  hatte  nämlich  die 
den  Felsen  durchziehenden  Quarzklüfte  herausgehämmert,  ohne  das  Neben- 
gestein wegzuräumen.  Der  Gang  verflächte  unter  35°;  er  war,  so  weit 
es  von  Tag  aus  anging,  ausgehauen,  und  sein  unterer  Theil  mit  taubem 
Gestein  ausgefüllt  worden.  Ich  räumte  diese  Ausfüllung  weg,  so  gut  es 
anging,  und  fand,  dass  man  den  Gang  nicht  unterhalb  seines  Ausbeissens 
verfolgt  habe.  Es  gelang  mir,  aus  dem  Quarze  selbst  etwas  von  dem  Erz 
abzustufen,  was  zwar  nicht  Gold,  aber  eine  Verbindung  von  Silber,  An- 
timon   und    Kupfer    war. 

Eine  spätere  Nachforschung  zeigte,  dass  man  das  Erz  an  Ort  und 
Stelle  ausgebracht  habe;  ich  fand  nämlich  unter  den  tauben  Bergen  zwei 
Stücke  halbgeschmolzenen  Metalls.  Ich  hatte  nicht  die  Mittel  zur  Hand, 
der  Lagerstätte  weiter  nachzugehen;  das  Vorhandensein  des  Erzes  war 
indess    deutlich    festgestellt. 

Von  wem  abgebaut.  Dieser  Bergbau  scheint  schon  vor  langer  Zeit 
aufgelassen  worden  zu  sein,  da  die  ganze  Umgebung  unbewohnt  ist  und 
die  wilden  Karäer,  deren  einzige  Bewohner,  von  der  Existenz  desselben 
gar  nichts  wissen.  Der  Mann,  der  mich  an  die  Stelle  brachte,  hatte  davon 
Kenntniss  durch  seinen  Vater,  welcher  aus  einer  der  nördlichen  Shan- 
Gegenden  gebürtig  war,  wo  eine  Sage  vom  Reichthum  dieses  Berges 
(Baindrawn  genannt)  umlief;  er  selbst  hatte  sie  —  wie  er  mir  sagte  — 
nur    Einmal    früher    besucht. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dass  in  der  Vorzeit  die  Siamesen  diesen  Land- 
strich inne  hatten ,  und  dass  den  ihnen  in  der  Herrschaft  nachfolgenden 
Burmesen  das  Vorkommen  von  Silber  ganz  unbekannt  geblieben  sei,  oder 
dass    es    ihnen    an    Mitteln    und    Gelegenheit   zu    dessen    Gewinnung    fehlte. 

Wiederaufnahme.  Die  Wiederaufnahme  dieses  Baues  wäre  nur  mit 
grossen    Schwierigkeiten    und  bedeutenden  Auslagen  möglich,  indem:    a)  alle 

n  • 


186  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Vorräthe  aus  einer  Entfernung  von  30  (Engl.)  Meilen  herbeigeschafft  werden 
müssten;  b)  die  Karäer  nicht  zur  Arbeit  zu  bewegen  wären,  zu  der  man 
indess  Sträflinge  verwenden  könnte;  c)  die  Führung  einer  Strasse  dorthin 
über  die  Berge  schwer  und  kostspielig  wäre;  d)  der  Landtransport  sehr 
langwierig  ist,  und  der  einzige  schiffbare  Fluss,  der  Salween,  (wenig- 
stens der  Theil  unter  den  Stromschnellen)  ist  30  —  40  (Engl.)  Meilen 
entfernt.  (NB.  Der  Theil  ober  den  Stromschnellen  ist  nur  etwa  12  Meil.  entfernt.) 

Für  jetzt  wäre  ein  entscheidender  Ausspruch  noch  übereilt;  jeden- 
falls schien  es  rathsam,  sich  über  den  Werth  der  Lagerstätte  Gewissheit 
zu  verschaffen  und  danach  die  Kapitalsauslage  und  deren  Ertrag  zu 
beurtheilen. 

Steinkohle.  Steinkohle  ist  zwar  bisher  noch  nicht  aufgefunden  worden, 
indess  lässt  sich  nach  den  geologischen  Thatsachen  als  fast  gewiss  annehmen, 
dass  ausgebreitete  Flötze  —  selbst  in  der  Nähe  von  Maulmain  —  vor- 
handen   sein    dürften. 

Die  Gesteine  der  kohlenführenden  Gruppe:  obenauf  Sandstein-Con- 
glomerat,  dann  Thon  mit  Eisenstein  und  Kalkstein  (fast  immer  mit  dazwischen 
eingelagerten  Kohlenflötzen),  endlich  zu  unterst  Bergkalk,  sind  die  unfehl- 
baren geologischen  Kennzeichen  des  Vorhandenseins  von  Kohlenmulden ,  und 
man  muss  sich  vielmehr  wundern,  dass  man  bisher  noch  keine  solche 
aufgefunden    hat. 

unterirdisches  Holz.  Eine  der  interessantesten  Erscheinungen  dieses 
Landes  ist  das  an  zwei  Stellen,  am  untern  Laufe  des  Dagyaing  und  an 
den  Ufern  des  Gyne,  20  (Engl.)  Meilen  von  Maulmain,  aufgefundene  unter- 
irdische   Holz. 

Vorkommen.  Da  ich  mehr  Gelegenheit  hatte,  das  erste  dieser  beiden 
Vorkommen  zu  untersuchen,  so  will  ich  auch  meine  Bemerkungen  auf 
dieses    beschränken. 

Beschreibung.  Ringsherum  herrscht  Alluvium;  eine  15  —  20  Fuss 
mächtige  Lage  von  weichem,  bläulichen  Thon  überlagert  das  Holz.  Beim 
ersten  Anblick  vermeinte  ich  ein  Kohlenflötz  entdeckt  zu  haben.  Als  ich 
bei  tiefstem  Wasserstand  über  den  Fluss  fuhr,  sah  ich  eine  söhlige  Schicht 
in  das  Wasser  hineinragen  und  fand  bei  näherer  Untersuchung,  dass  es 
eine  3  Fuss  mächtige  Masse  von  Holz  sei,  die  ich  auf  eine  Strecke  von 
%  (Engl.)  Meilen  längs  des  Flusses  verfolgen  konnte.  Das  Holz  ist  ein- 
förmig dunkelbraun;  es  bildet  nicht  eine  zusammenhängende  Masse,  die 
einzelnen  Stücke  und  Theile  waren  vielmehr  leicht  trennbar  und  an  einigen 
sogar  die  Rinde  zu  unterscheiden.  Die  einzelnen  Stücke  lagen  so  dicht 
auf  und  an  einander,  dass  es  schien ,  als  hätte  eine  ungewöhnliche  Gewalt 
mit  Einemmal  einen  ganzen  Wald  zusammengequetscht  und  eine  schwere 
Last  die  Bäume  zerdrückt.  Die  Stücke  lagen  auf  einander,  meist  wagrecht 
doch  nicht  ohne  Ausnahme.  Zu  bemerken  ist,  dass  ich  keine  Wurzeln 
fand,   jedoch    Zweige    aller   Art   zusammen    mit    Stämmen. 

Das  Holz  war  mit  Feuchtigkeit  durchdrungen;  Weichthiere  und 
Krustenthiere  hatten  es  durchbohrt  und  weilten  noch  darin;  es  war  aber 
noch  gut  erhalten,  brannte  leicht,  wenn  es  an  der  Sonne  getrocknet  war, 
gab  aber  keine  nachhaltige  Wärme.  —  Ich  bemerkte  daran  keine  kieselige 
Ueberkleidung,  es  war  auch  nicht  verkohlt,  wie  die  halbfossilen  Stämme 
vom  Genfer  See  u.  s.  w.,  es  sah  genau  aus  wie  Holz,  welches  lang 
im  Wasser  gelegen  und  keine  andere  Veränderung  erlitten  hatte,  als  dass 
es    brüchig  und    nach    der  Trocknung   viel    weniger    dicht   geworden    ist. 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die    Tenasserim-Provinzen  etc.  IST 

Zeit  der  Ablagerung.  Die  Mächtigkeit  des  diese  Masse  von  Pflanzen- 
stoffen überlagernden  Thones  und  deren  offenbar  allmälig  und  ruhig  vor  sich 
gegangenen  Anhäufung  beweisen,  dass  Jahrhunderte  verflossen  sein  müssen, 
seitdem  diese  Erscheinung  begonnen  hat.  Die  gegenwärtig  obertags  stehen- 
den   Waldungen    bekräftigen    diese    Voraussetzung. 

Termuthung.  Es  scheint,  dass  die  Ursachen,  welche  Kohlenflötze  her- 
vorbrachten auch  hier  —  vielleicht  in  viel  neuerer  Zeit  —  thätig  waren 
und  dass  andere  Umstände  die  Fossilisation  der  Bäume  hinderten.  Was 
diese  unterirdischen  Wälder  noch  jetzt  in  demselben  Zustand  erhält,  lässt 
sich  nur  vermuthen;  möglicherweise  mag  die  Gegenwart  von  Eisenoxyd 
viel  dazu  beitragen.  Ich  berufe  mich  dabei  auf  das  allen  Mineralogen 
bekannte  Vorkommen  von  Sumpferz  in  Torfmooren  und  kann  beifügen, 
dass  rothes  Eisenoxyd  in  der  Nähe  des  eben  beschriebenen  Holzlagers 
sehr   gemein   ist. 

Jedenfalls  ist  diese  Anhäufung  von  Holz  sehr  verschieden  von  dem 
Holze,  das  hie  und  da  in  Torfmooren  mit  veränderten  Moosen  vorkömmt 
und  diesem  Umstände  seine  Erhaltung  verdankt.  An  dem  beschriebenen 
Orte  ist  Torf  —  wie  fast  überall  in  den  Tropenländern  —  unbekannt 
und  ich  vermuthe ,  dass  eine  viel  mächtigere  chemische  Einwirkung  auf 
diese  vorweltlichen  Wälder  eingewirkt  haben  müsse,  da  unter  den  Wende- 
kreisen die  Zerstörung  des  Holzes  viel  schneller  vor  sich  geht,  als 
unter    unserem    kalten    und    feuchten   Klima. 

Praktische  Anwendung.  Ich  erwähne  diese  merkwürdige  Erscheinung 
in  diesem  Berichte  vorzüglich  darum,  weil  es  vielleicht  wohlfeiler  käme, 
diesen  grossen  Holzvorrath  auszugraben  als  lebendiges  Holz  zu  fällen. 
Nur  fragt  es  sich,  ob  die  Heizkraft  des  erstem  der  des  letztern  gleich- 
kömmt. 

III.  Feldbau. 

Jetziger  Zustand.  Der  Feldbau,  wie  er  gegenwärtig  besteht,  ist  sehr 
unvollkommen  und  gerade  nur  hinreichend,  um  den  beschränkten  Bedürf- 
nissen   der    Bevölkerung    zu    genügen. 

Reis.  Reis,  das  Haupt-Nahrungsmittel  der  Bevölkerung  ist  auch  der 
einzige    wichtige    Gegenstand    des    Landbaues. 

Verschiedene  Arten  des  Reises.  Alle  Sorten  des  Reises  (Heyne  zählt 
21  Abarten  auf,  welche  nur  allein  in  Mysore  gebaut  werden)  lassen 
sich  wohl  mit  Sicherheit  auf  Eine  Ürart  zurückführen,  aus  welcher,  je 
nach  der  Gegend,  dem  Boden,  dem  Klima  und  der  Jahreszeit,  allmälig 
viele  Abarten  hervorgingen.  Dieses  Land  bietet  einen  Beweis,  dass  selbst 
Oryza  sutiva  und  Or.  mutica  nicht  der  Art  nach  verschieden  sind.  Die 
Karäer,  welche  an  den  Bergabhängen  Reis  bauen,  vermengen  von  Zeit 
zu  Zeit  ihre  Saat  mit  Reis,  welchen  sie  sich  von  den  Burmesen  ver- 
schaffen, die  ihn  ausschliesslich  auf  überschwemmten  Ebenen  bauen.  Beide 
Formen  scheinen,  jede  an  ihrer  ursprüglichen  Oertlichkeit  gesehen,  voll- 
kommen verschieden  zu  sein.  Der  Burmesische  Reis  aus  den  Ebenen 
stellt  eine  vorzügliche  Abart  von  Oryza  sativa  dar  und  der  Karäische 
Bergreis  die  Art  Oryza  mutica.  Nach  2  Jahren  aber  verwandelt  sich 
erstere  Art  gänzlich  in  letztere,  indem  sie  jedes  Jahr  an  Höhe  abnimmt 
und  ihre  Halme  schlanker  werden.  Eine  fernere  Beobachtung,  der  zufolge 
Reis  aus  Sumpfboden  an  Stellen,  wo  er  nur  zufällig  Feuchtigkeit  erhält, 
absterben     soll,     scheint    —    wenigstens     für     dieses    Land    —    durch    die 


188  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

oben  erwähnte  Thatsache  widerlegt.  Es  scheint,  dass  der  heftige  Mon- 
soon,  welcher  ü  Monate  lang  mit  geringer  Unterbrechung  Ströme  von 
Hegen  herabgiesst,  eine  regelmässige  und  stetige  Ueberschwemniung  ersetzt. 

Art  des  Reisbaues.  Auf  den  Bau  wird  nur  wenig  Sorgfalt  verwendet 
und  an  manchen  Stellen  der  Boden  weder  gepflügt  noch  geeggt.  Die 
erste  Vorarbeit  während  der  trockenen  Jahreszeit  ist  das  Wegbrennen 
der  vorjährigen  trockenen  Stoppeln.  Sobald  der  Monsoon  sich  regelmässig 
festgesetzt,  den  Boden  gehörig  durchgenässt  und  mit  Wasser  bedeckt 
hat,  werden  Büffel  in  das  Feld  getrieben  und  eine  ganze  lleerde,  so  viel 
deren  nur  der  Landbauer  besitzt,  wiederholt  über  das  Grundstück  gejagt, 
um  den  Boden  zu  treten  und  vorzubereiten,  worauf  der  Beis  ohne  be- 
sondere Handgriffe  mit  breitem  Wurf  ausgesäet  wird.  —  Ist  diess  ge- 
schehen, so  überlässt  man  alles  Uebrige  seinem  natürlichen  Gange.  Mit 
Ausnahme  der  Insel  Bilukioun  weiss  man  nirgends  etwas  vom  Umsetzen, 
Ausscheiden  der  überflüssigen  Schösse,  Ausjäten  des  Unkrauts  oder  künst- 
licher   Bewässerung. 

Ernte.  Die  Aussaat  fällt  meist  in  den  halben  Juni,  die  Ernte  zwischen 
November    und    Januar. 

Sumpfreis -(Paddy)- Boden.  Die  Burmesen  bauen  ihren  Beis  durch 
eine  Beihe  von  Jahren  ununterbrochen  auf  demselben  Boden  —  in  den 
meisten  Gegenden  ohne  Dünger  —  und  doch  nimmt  die  Fruchtbarkeit 
des  Bodens  nicht  ab.  Die  Alluvien,  welche  von  den  jährlichen  Ueber- 
schwemmungen  abgesetzt  werden,  wirken  hier  auf  ähnliche  Weise,  wie 
die    des    Nils    in    den    Ebenen    Unter-Egyptens. 

Verfahren  der  Karäer.  Die  wandernden  Karäer  haben  indess  viel 
mehr  Mühe  beim  Beisbau.  Sie  wechseln  ihre  Felder  wenigstens  jedes 
dritte  Jahr,  sehr  häufig  auch  alljährlich.  Die  Ursache  dieses  Verfahrens 
liegt  indess  in  einer  Eigenthümlichkeit  dieses  Stammes,  in  einem  religiösen 
Vorurtheil.  nicht  in  einer  Abnahme  der  natürlichen  Fruchtbarkeit  des  Bo- 
dens. Jede  Familie  arbeitet  unabhängig  von  den  übrigen  Mitgliedern  ihrer 
Gemeinde  oder  ihres  Unterstammes;  sie  begeben  sich  auch  selbstständig 
an  eine  andere  Stelle  eines  gewissen  Umkreises,  ohne  desshalb  ihre 
Nachbarn  zu  befragen.  Wenn  sie  sich  au  einer  neuen  Stelle  —  oft  in 
viel  schlechterer  Lage,  als  die,  welche  sie  eben  verlassen  —  festsetzen, 
beginnen  sie  von  Neuem  die  schwere  Arbeit  des  theilweisen  Fällens  der 
Urwälder  und  des  Abbrennens  der  absterbenden  Bäume.  —  Ohne  weitere 
Vorbereitung  säen  sie  den  Reis  mitten  unter  die  Baumstümpfe;  mit  ihm 
zugleich  schiesst  zahlreiches  Unkraut  auf;  ohne  dass  man  indess  weiter 
darnach    sieht,    erhält    man    eine    reichliche    Ernte. 

Eigenschaften.  Der  beste  Beis  wird  auf  der  Insel  Bilukioun  und  in 
der  Ebene  von  Martaban  gezogen;  er  gilt  für  die  allerbeste  Sorte  und 
wird    von   Manchem    dem    besten    Bengalischen    Beis    vorgezogen. 

Ausfuhr.  Dieser  Beis  ist  neuerlich  der  Gegenstand  einer  beschränkten, 
jedoch  im  Zunehmen  begriffenen  Ausfuhr  geworden,  und  dürfte  mit  der 
Zeit  die  Ausfuhr  aus  anderen  Theilen  Ostindiens  überflüssig  machen.  — 
Man  führt  ihn  von  seinem  Erzeugungsort  nach  den  südlichen  Theilen  der 
Halbinsel    Malacca    und    nach    der    Insel    Mauritius. 

Baumwoll- Sorten.  Alle  Baumwolle,  welche  die  Eingebornen  bauen, 
gehört  der  einjährigen  Art  Gossypium  hcrbaceion  an.  Dieses  Gewächs  wird 
seit    undenklichen    Zeiten     gebaut,     wurde    aber     wahrscheinlich    zuerst    von 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  1 89 

Ostindien,  seiner  ursprünglichen  Heimat  —  aus  welcher  es  auch  nach 
Syrien    und    Egypten    gelangte    —    hier    eingeführt. 

Kärglicher  Anbau.  Der  Anbau  ist  im  Ganzen  kärglich.  Die  Burmesen 
sind  im  Allgemeinen  so  wenig  bekleidet,  sie  verschaffen  sich  ihre  besseren 
Gewänder  aus  Ava  und  China  und  sind  gegenwärtig  mit  englischen  Fabri- 
katen überhäuft;  so  dass  der  Anbau  eher  im  Abnehmen  ist,  da  die  ganze 
rohe  Baumwolle  im  Lande  verbraucht  wird  und  kaum  ein  kleiner  Theil 
nach    China    geht,    wie    die    in    den    Provinzen    von    Ava    gebaute. 

Unvollkommener  Anbau.  Der  Anbau  ist  ebenfalls  sehr  unvollkommen, 
obwohl  man  mehr  Sorgfalt  —  besonders  im  Ausjäten  des  Unkrautes  — 
auf  die  jungen  Baumwollpflanzen  verwendet,  als  auf  irgend  eine  andere 
Nutzpflanze. 

Oertlichkeit.  Alle  Baumwollpflanzungen,  welche  ich  sah,  lagern  an 
den  ansteigenden  Ufern  von  Flüssen  oder  Bächen,  welche  während  des 
Monsoons    unter    Wasser    stehen. 

Zeit  der  Aussaat.  Einsammlung.  Die  Aussaat  geschieht  reihenweise  im 
November  und  December;  die  Pflanzen  tragen  im  Februar  und  März 
ihre  Frucht.  So  wie  diese  gereift  ist,  werden  sie  —  meist  von  Wei- 
bern, welche  Frühmorgens  in  Booten  zu  den  Pflanzungen  fahren  —  in 
kleine  gefirnisste  Körbe  eingesammelt,  wobei  man  es  für  vorteilhaft  hält, 
sie    abzupflücken,    so    lang    sie    noch    ganz     vom    Morgenthau    getränkt    sind. 

Die  Aussonderung  der  Samenkörner  geschieht  auf  ebenso  unvollkom- 
mene Weise  durch  blosse  Handarbeit.  Die,  welche  ihren  Ueberschuss  an 
die  Kaufleute  zu  Maulmain  absetzen,  ersparen  sich  sogar  diese  Mühe  und 
verkaufen  ihre  Baumwolle  mitsammt  den  Samen,  wodurch  die  Waare  be- 
deutend herabgesetzt  wird.  Die  Baumwolle  ist  von  geringer  Qualität,  sehr 
kurzfädig    und    wird    kaum   je    im    Handel    begehrt    werden. 

Tabak.  Der  Tabak  steht  bei  allen  Classen  der  Bevölkerung  und  beiden 
Geschlechtern  —  selbst  2-  bis  3jährige  Kinder  nicht  ausgenommen  — 
stark    im    Gebrauch. 

Gebrauch  des  Tabaks  bei  den  Burmesen.  Die  Burmesen  rauchen  ent- 
weder die  Tabaksblätter  als  Zigarren  mit  Moskovadezucker  (jaghiri) 
oder  Melasse  oder  anderen  unwesentlichen  Beimengungen  in  ein  grünes 
Blatt  gewickelt  oder  in  den  Stengel  einer  Art  von  Arundo  oder  Phragmites 
gestopft,    oder    sie    kauen    sie    abwechselnd    mit    denen    des    Betels. 

Bei  den  Baräern.  Die  Karäer  dagegen  erlauben  sich  nur  selten  den 
feineren  Genuss  einer  Zigarre,  sondern  rauchen  aus  kleinen  hölzernen 
Pfeifen,  ähnlich  denen,  welche  bei  den  niederen  Classen  Ungarn's  in  Ge- 
brauch  stehen. 

Zubereitung  des  Tabaks.  Zu  diesem  Zwecke  zerschneiden  sie  die 
grünen  Tabakblätter  in  kleine  Stücke  und  trocknen  sie  dann  in  der  Sonne. 
Dies  Verfahren  hat  den  Uebelstand,  dass  der  Umlauf  des  Saftes  in  den 
Blättern  mit  Einemmal  gehemmt  wird,  wodurch  eine  Gährung  entsteht, 
die  dem  Tabak  eine  eckelhafte  Schärfe  mittheilt,  wodurch  er  aber  gerade 
dem    Geschmack e    der    Karäer    um    so   mehr    entspricht. 

Einführung  der  Tabaks-Pflanze.  Die  Einführung  dieser  allgemein  ver- 
breiteten Pflanze,  welche  in  diesen  Provinzen  ein  Gegenstand  nicht  etwa 
des  Luxus,  sondern  der  absoluten  Notwendigkeit  ist,  möchte  schwer  nach- 
zuweisen sein.  Wahrscheinlich  ist  sie  von  Westen  hergebracht  worden, 
wenn  auch  mehrere  Schriftsteller  die  Vermuthung  aussprechen,  sie  sei 
von    Malacca    aus    durch    die    Portugiesen    eingeführt    worden. 


I!)l»  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Art  des  Tabaks.  Der  hier  gebaute  Tabak  ist  eine  mindere  Abart 
von  Nicotiana  rustica  und  vermuthJich  schlechter  als  irgend  eine  in 
Ostindien  gezogene,  wo  überhaupt  —  mit  wenigen  Ausnahmen  —  der 
Tabak  im  Ganzen  ziemlich  schlecht  ist.  Die  Burmesen  geben  sich  nie 
Mühe,  eine  bessere  Sorte  zu  erlangen,  vermuthlich  weil  sie  gar  nicht 
wissen,    dass    es    eine    solche    gibt. 

Weise  des  Anbaues.  Sie  betreiben  den  Anbau  des  Tabaks  mit  mehr 
Sorgfalt  als  den  irgend  einer  andern  Nutzpflanze,  suchen  dazu  sorgfältig 
die  besten  Stellen  aus  und  reinigen  sie  sorgfaltig  von  Unkraut.  Sie  geben 
reich  angeschwemmtem,  der  vollen  Sonne  ausgesetztem  Boden  hierbei 
den  Vorzug.  Die  Aussaat  geschieht  im  Treibbeete  und  der  Tabak  ist  das 
einzige  Gewächs,  das  die  Burmesen  versetzen  und  bei  dem  sie  den 
Vortheil  des  Abstutzens  anwenden.  Die  Pflanzen  zur  Samenzucht  werden 
abgesondert  an  den  besten  Stellen  —  meist  an  erhöhteren  —  angebaut. 
In  manchen  Gegenden  baut  man  den  Tabak  innerhalb  der  Gehege  nächst 
den  Häusern,  welche  früher  zu  Ständen  für  Büffel  verwendet  worden. 
Die  Blätter  werden  von  März  bis  Mai  gesammelt;  die  Anfangs  April 
vollständig  ausgewachsenen  gelten  für  die  besten;  indess  sucht  man  selbst 
während  der  Regenzeit  die  Blätter  einzusammeln,  bevor  die  austretenden 
Gewässer  die  ganze  Pflanzung  wegschwemmen.  Derselbe  Grund  wird  nie 
zwei  Jahre  nach  einander  mit  Tabak  bepflanzt  —  Tabak  ist  kein  Gegen- 
stand der  Ausfuhr;  jede  Familie  bringt  ihren  eigenen  Bedarf  selbst  auf; 
in    der    Hauptstadt    ist    der    Kleinhandel    mit    Zigarren    nicht    unbedeutend. 

Betelnass  (Areca).  Der  grösste  Theil  dieses  für  die  Burmesen  noth- 
wendigen  Artikels  wird  vom  Süden  her  eingeführt;  das  Uebrige  wird  auf 
den  niederen  Inseln  ober  Maulmain  gebaut,  deren  mehrere  von  Arecca- 
Palmen  ganz  bedeckt  sind.  Die  Burmesen  behaupten,  diese  Palme  wachse 
nicht  in  den  oberen  Gegenden  und  in  der  That  sah  ich  sie  nirgends  in 
jenen  Theilen  der  Provinz,  in  denen  die  Wirkung  von  Ebbe  und  Fluth 
nicht  mehr  merkbar  ist.  —  Der  Baum  gibt  jahrlich  nur  eine  massige 
Menge  Nüsse,    indess    gilt    eine    Areca- Pflanzung     für    ein    gutes    Besitzthum. 

Der  Verbrauch  von  Betelnüssen  ist  sein-  bedeutend;  man  hat  den- 
selben auf  täglich  zwei  Nüsse  auf  jede  Person  (Kinder  ausgenommen) 
berechnet. 

Betelblatt.  (Piper  Betel).  Die  Betelnuss  wird  immer  nur  zugleich  mit  dem 
Betelblatte  (das  von  einer  ganz  andern  schlanken  Bankenpflanze  herrührt) 
verbraucht.  —  Die  Burmesen  bauen  diese  Pflanze  in  der  ganzen  Pro- 
vinz Amherst,  jede  Familie  meist  auf  einem  dazu  bestimmten  —  wo 
möglich    feuchten    —    kleinen    Flecke    zunächst    an    ihrem   Hause. 

Art  und  Weise  des  Anbaues.  Die  Pflanze  wächst  reichlich  ohne  jene 
Schwierigkeiten,  die  sich  in  Ostindien  (Bengalen  und  obere  Landstriche), 
wo  man  sie  durch  eine  Lehmwand  vor  Wind  und  Sonne  schützt,  ihrem 
Anbau  entgegenstellen.  Die  durch  jährlich  8  Monate  vorherrschende  starke 
Feuchtigkeit  scheint  dem  Bau  des  Betelpfeffers  in  der  Provinz  Amherst 
besonders  günstig  zu  sein.  —  Stäbe  —  mitunter  mit  Querstäben  ver- 
sehen —  werden  vor  der  jungen  Pflanze  in  den  Boden  gesteckt,  längs 
welcher  sie  bald  hinaufklettert  und  im  Ganzen  gleicht  eine  Betelpflanzung 
sehr    einem    Europäischen    Hopfengarten. 

Anbau  bei  den  Karäern.  Die  Karäer  nehmen  sich  nicht  die  Mühe, 
zum  Anbau  des  Betels  eine  eigene  Stelle  herzurichten;  sie  bauen  die 
Pflanze    nahe    an    einen    der    nur    zu    häufig;    um    ihre  Dörfer    vorkommenden 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  1 9  | 

absterbenden  oder  verkümmerten  Bäume  und  lassen  sie  daran  hinaufklet- 
tern. Sie  behaupten,  sie  ranke  nicht  gern  an  lebenden  Bäumen  hinauf 
und  sterbe  ab,  wenn  eine  andere  parasitische  oder  epiphytische  Schling- 
pflanze sich  an  demselben  Baume  betinde.  —  Da  die  Pflanze  in  den 
dürren  Gegenden  der  Nordprovinzen  des  Burmesischen  Beiches  nicht  gut 
fortkömmt,  könnte  —  was  bisher  nur  in  geringem  Masstabe  geschieht  — 
der  Ueberschuss  mit  Vortheil  nach  Ava  ausgeführt  werden.  Ein  Betel- 
garten kann  bei  nur  einigermassen  sorgfältiger  Pflege   10 — 20  Jahre  dauern. 

Zocker.  Das  Zuckerrohr  —  wahrscheinlich  aus  Bengalen  eingeführt 
—  ist  hier  allgemein  bekannt.  Die  Gewinnung  des  Zuckers  wird  indess 
nicht  betrieben;  auch  versottener  Zuckersaft  („Jaghiri"J  wird  zwar  in 
vielen  Gegenden  unvollkommen  bereitet,  in  anderen  als  ein  Luxusartikel 
eingeführt,  ist  aber  den  Jungie-Karäern  unbekannt.  -  Die  meisten  Bur- 
mesischen Familien  besitzen  kleine  Zuckerrohr-Pflanzungen  rings  um  ihre 
Häuser    und    verzehren    das    reife    Bohr    in    rohem    Zustande. 

Indigo.  Indigo  scheint  in  den  nördlichen  Gegenden  von  Burmah, 
nicht  aber  in  den  Provinzen  von  Tenasserim  einheimisch  zu  sein.  Die 
Einwohner  kennen  zwar  die  Pflanze  und  ihren  Farbstoff,  begreifen  aber 
nicht  deren  Werth  und  pflanzen  davon  gerade  nur  soviel,  als  für  ihren 
eigenen  Bedarf  erfordert  wird.  —  Die  Indigopflanze  scheint  in  BetrefY 
des  Bodens  nicht  wählerisch  zu  sein.  Das  Wenige,  was  ich  davon  ge- 
sehen, wuchs  eben  so  schön  auf  tiefem  Sumpfboden  als  auf  den  Bergen, 
welche  die  Karäer  bewohnen.  —  Bei  Gelegenheit  des  Indigo-Farbstoffes 
will  ich  nebenbei  erwähnen,  dass  die  Karäer  eine  Staude  (Nibe  genannt) 
anbauen,    mit    deren    Wurzel    sie    —    so    wie    mit   Bixa    orellana  roth 

und  mit  Jack  gelb  färben.  Alle  ihre  Farben  sind  aber  nicht  dauerhaft, 
theils  wegen  ihrer  Beschaffenheit,  theils  weil  sie  den  Gebrauch  von  Beitz- 
initteln    nicht    kennen. 

Ava-Hanf.  Diese  Pflanze  ist  von  den  höheren  trockenen  Gegenden 
von  Ava  eingeführt  worden  und  gedeiht  ziemlich.  Man  benützt  sie  indess 
nicht  auf  ihre  werthvolle  Faser  —  die  vielleicht  der  des  Neuseeländi- 
schen Flachses  (Phormium  lencuvj  gleichsteht,  als  vielmehr  zur  Ausro- 
dung der  Dickichte  (JunglesJ.  Sie  hat  nämlich  —  gleich  dem  gemeinen 
Hanf  —  die  Eigenschaft,  kein  anderes  Gewächs  neben  sich  aufkommen 
zu  lassen  und  es  ist  merkwürdig  zu  sehen,  wie  neben  ihr  alle  niedri- 
geren Pflanzen  —  selbst  zur  Zeit  des  Monsoon,  wo  sie  in  voller  Ent- 
wicklung   stehen    —    wegsterben. 

Sesam-Oel.  Dies  ist  das  einzige  Pflanzenöl,  welches  die  Burmesen 
zum  Brennen  benutzen;  Kokosöl  halten  sie  für  zu  theuer,  Senföl  ist 
unbekannt;  Bicinus-Oel  wird  nicht  gebraucht,  obwohl  die  Pflanze  in  Menge 
wild  wächst,  und  Waldöl  („wooduiluJ  meist  nur  in  der  Arzenei  ver- 
wendet. Dagegen  wird  zu  Maulmain  Steinöl  oder  Naphtha  in  grosser  Menge 
verbraucht,  vorzüglich  bei  den  Talainen,  welche  von  Bangoon  oder  an- 
deren Gegenden  Pegu's  einwanderten,  wo  dies  Oel  allgemein  als  Brenn- 
stoff benutzt  wird.  Der  Preis  dieses  üels,  selbst  wenn  es  über's  Meer 
nach  Maulmain  gebracht  wird,  ist  so  nieder,  dass  es  wohlfeiler  als  Sesam- 
Oel  zu  stehen  kömmt.  Sein  Geruch  ist  stark  und  unangenehm,  ausserdem 
gibt  es  eine  Menge  starken  Bauch;  dennoch  scheinen  es  die  Burmesen 
dem  Sesam-Oel  vorzuziehen.  —  Hiernach  lässt  sich  denken,  dass  der 
Anbau  des  Sesams  sehr  beschränkt  ist  und  wohl  so  lange  bleiben  wird, 
als    Steinöl    wohlfeil    zu    haben    ist. 


192  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Früchte  und  essbare  Pflantcn.  a.)  Ananas.  Es  ist  sehr  schwer  fest- 
zustellen, ob  die  Ananas,  welche  in  Menge  und  Fülle  fast  wild  auf  der 
ganzen  Halbinsel  wächst,  doli  einheimisch  oder  aus  Amerika  eingeführt 
worden  ist.  —  Wenn  wir  Letzteres  annehmen,  wie  lässt  sich  erklären, 
dass  diese  und  viele  andere  amerikanische  Arten,  welche  während  des 
vergleichungs  weise  kurzen  Zeitraumes  von  300  Jahren  in  die  östliche 
Erdhälfte  eingeführt  worden  sind,  Hunderte  und  Tausende  von  Meilen  in 
das  Innere  gewandert  sind  und  nunmehr  auf  weiten,  kaum  je  bevölkert 
gewesenen  Landstrichen,  freiwillig  wachsen?  Wahrscheinlicher  würde  diese 
Annahme,  wenn  wir  auch  in  Amerika  Beispiele  einer  solchen  Verbreitung 
von  Nutzpflanzen  fänden.  Wo  aber  kömmt  auf  den  Bergen  Brasiliens  der 
Kaffeestrauch  wildwachsend  vor?  wo  Zimmet,  Gewürznelken-  und  Muskat- 
Bäume  auf  den  Antillen?  wo  selbst  wilde  Kokospalmen  im  innern  Amerika? 
Dennoch  wächst  die  Guava  wild  in  den  grossen  Waldstriyjien  am  Fusse 
des  Himalaya-Gebirgs  und  der  Roucou  (Bixa  orellana)  an  den  Grenzen 
von  Siam  und  China.  —  Die  Asiaten  sind  ausserdem  so  träge,  gleich- 
giltig  oder  misstrauisch,  dass  sie  sich  gewiss  keine  grosse  Mühe  gege- 
ben hätten ,  ihren  unerschöpflichen  Schatz  an  Pflanzen  mit  Einer  oder 
der  andern  Art  ihnen  unbekannter  Nutzpflanzen  zu  bereichern.  Jn  mehreren 
Gegenden  Indien's  hatte  die  Bevölkerung  Vieles  gegen  den  Anbau  der 
Kartoffeln  einzuwenden.  Der  Anbau  von  Vanille  und  Cacao  im  Indischen 
Archipel  scheiterte  bisher  gänzlich  an  der  Gleichgiltigkeit  der  Einwohner. 
—  Ich  möchte  unbedenklich  mich  dahin  aussprechen,  dass  einige  nutzbare 
Pflanzen  gleich  ursprünglich  beiden  Erdhälften  gemeinsam  waren,  sprächen 
nicht  andere  Gründe  gegen  diese  Annahme.  In  der  Sprache  der  Ein- 
gebornen  führen  einige  dieser  Gewächse  keine  eigentümlichen  Namen; 
so  z.  B.  die  Ananas,  deren  amerikanischer  Name  in  „Naunah  Thi"  („Thi" 
bedeutet    Obst    überhaupt)    umgeformt    wurde. 

Verbreitung  der  Ananas.  Bromelia  Annaaas  ist  ohne  Zweifel  die  ge- 
meinste Frucht  in  diesem  Lande.  In  den  Monaten  Juni  und  Juli  kostet 
eine  Kahnladung  davon  nicht  über  eine  Rupie.  Sie  wächst  besonders  reich- 
lich im  Tieflande,  aber  auch  in  Menge  auf  den  Bergen,  welche  die  Karäer 
bewohnen.  Ihr  massiger  Genuss  scheint  nicht  —  wie  man  sonst  annahm 
und    noch   jetzt    in   ganz   Ostindien    allgemein  glaubt  auf   die   Gesundheit 

der  Europäer  schädlich  zu  wirken.  Ich  glaube  den  hiesigen  Eingebornen 
ist  die  Benutzung  der  Blätter,  welche  —  nach  Einweichung  im  Wasser  — 
eine  sehr  gute,  zu  verschiedenartigen  Zwecken  dienende  Faser  geben, 
unbekannt    geblieben. 

b)  Pisang.  Die  Musa  Paradisiaca  kömmt  in  dieser  Provinz  in  ihrer 
höchsten  Vollkommenheit  vor;  man  zieht  davon  über  20  Abarten,  deren 
mehrere  diesem  Lande  eigenthümlich  sind  und  deren  Mehrzahl  alle  in  Ben- 
galen gezogenen  Sorten  übertrifft.  Diese  Pflanze  kömmt  ohne  die  geringste 
Pflege  überall  gut  fort  und  gilt  mit  Recht  dafür,  auf  dem  verhältniss- 
mässig  geringsten  Bodenräume  den  grössten  Ertrag  zu  liefern.  Man  trifft 
kein  burmesisches  oder  karäisches  Haus  ohne  eine  Pisang-Anpflanzung.  — 
Da  die  Karäer  wenigstens  von  3  zu  3  Jahren  ihre  Wohnplätze  verlassen, 
um  anderswohin  zu  ziehen,  müssen  sie  natürlich  ihre  Pisang- Gärten  zu- 
rücklassen. Nachdem  sie  in  der  Regel  nicht  weit  wegziehen ,  besuchen 
sie  zeitweise  ihre  früheren  Gärten  und  gemessen  so  die  Ernte  von  zwei 
Anpflanzungen  zugleich;  bei  einer  zweiten  Auswanderung  geben  sie  die- 
selben   —    der  grossen  Entfernung  wegen  —  ganz  preis.   Dickicht   (Jungles) 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  193 

schiesst  schnell  auf  und  .überdeckt  die  früheren  Wohnstätten;  eine  Menge 
Fruchtbänme  —  vorzüglich  die  zärtlichen  Pisangs  —  gehen  ein,  von  einer 
kräftigeren  Vegetation  verschlungen.  Ich  fand  indess  oft  in  den  tiefsten 
Wäldern  solche  Bäume,  deren  symmetrische  Aufstellung  verrieth,  dass  sie 
einstens  angepflanzt  worden  seien.  Sich  selbst  überlassen  entartet  die  Frucht 
schnell  und  wird  bald  nur  für  Affen  geniessbar,  welche  die  Zweige  ab- 
brechen, bevor  sie  gereift  ist.  Ich  glaube  nicht,  dass  der  Pisang  in  die- 
ser Provinz  wild  vorkomme,  wenigstens  habe  ich  ihn  dort  nie  in  diesem 
Zustande  gesehen,  obwohl  ich  Gelegenheit  hatte,  2  neue  von  M.  Para- 
disiaca    verschiedene    Arten    daselbst    zu    entdecken. 

c)  Jack  -  Kaum.  Die  Frucht  dieses  Baumes  ist  sehr  beliebt;  sie  kömmt 
wild  und  angebaut  vor.  Fast  jede  Familie  besitzt  eine  Anzahl  Jackbäume, 
besonders  pflanzen  sie  die  Priester  („Pungyees")  in  Menge  um  ihre 
Häuser  und  Pagoden.  Sie  beginnen  im  sechsten  Jahre  Frucht  zu  tragen  und 
sind  am  fruchtbarsten  im  zehnten  Jahr.  Der  besondere,  dem  bengalischen 
Jack  eigenthümliche  Geruch  ist  dem  hiesigen  nicht  eigen,  der  überhaupt 
für    den    besten    in    ganz    Ostindien    (Ceylon    ausgenommen)    gilt. 

Die  Anzahl  der  über  die  ganze  Provinz  verbreiteten  Jackbäume 
muss  sehr  gross  sein  und  nimmt  beständig  zu.  Sollten  sie  ein  brauch- 
bares Caontchouc  liefern,  so  könnte  man  dieses  von  allen  Seiten  her 
in    Menge   erhalten. 

d)  Mangobaum.  Die  Mangobäume  sind  hier  von  geringer  Güte  und 
könnten  eher  für  schöne  Wald-  als  Fruchtbäuine  gelten.  Sie  wachsen 
riesenhaft  an  Höhe  und  Umfang  und  kommen  im  ganzen  Lande  wild  vor. 
Die  Eiugebornen  essen  gerne  die  wilde  Frucht,  welche  meist  sehr  sauer 
ist    und    stark    nach    Terpentin    riecht. 

e)  Andere  Früchte.  Ausser  Pomeranzen  von  geringer  Sorte  haben  die 
Burmesen  keine  angebauten  Früchte,  wohl  aber  eine  Menge  wilder,  dar- 
unter einige  sehr  wohlschmeckende.  Da  viele  Arten  diesem  Land  eigen- 
tümlich sind,  und  noch  Niemand  deren  Veredlung  versucht  hat,  dürfte 
mit  der  Zeit  der  Obstbau  durch  sie  mancherlei  Bereicherung  erhalten. 
—  Da  mir  für  jetzt  viele  derselben  ihrer  botanischen  Gattung  und  Art 
nach  noch  unbekannt  sind,  halte  ich  es  für  nutzlos,  eine  Anzahl  burmesischer 
Namen  —  die  ohnehin  sich  nach  den  Laudestheileu  ändern,  hier  auf- 
zuführen. Ich  habe  bemerkt,  dass  die  Burmesen  sehr  häufig  Wald- 
früchte  den  augebauten  vorziehen,  ihr  Geschmack  hierin  ist  in  der  That 
so  eigentümlich,  dass  sie  Vieles,  was  Europäern  geschmacklos  oder  wi- 
derlich   scheint,    als    Leckerbissen    betrachten. 

Die  Burmesen  sind  sehr  gute  ausübende  Botaniker  —  10 — 12jäh- 
rige  Knaben  kennen  die  Namen  und  Eigenschaften  fast  jeden  Baumes, 
Strauches  und  sogar  Krautes.  Ihr  beständiges  Leben  im  Dickicht  —  wo 
sie  eigentlich  zu  Hause  sind  —  verschafft  ihnen  bald  die  Kenntniss  der 
sie  umgebenden  —  grösstenteils  in  die  Augen  fallenden  —  Naturpro- 
ducte.  Ihre  Hauptnahrung  ist  Reis  mit  Zugaben  („curries")  gewürzt. 
Hierzu  wählen  sie  aber  nicht  die  in  Ostindien  gewöhnlichen  Bestand- 
teile, sondern  suchen  sich  in  dem  nächsten  Dickicht  schnell  die  Blätter, 
Knospen,  Blüthen,  Beeren  und  Wurzeln  aus,  aus  denen  sie  ihre  Leibge- 
richte bereiten.  Sie  könnten  sehr  richtig  als  „blätterfressendes  Volk"  be- 
zeichnet werden.  Sie  zählten  mir  60  verschiedene  Arten  Blätter  her,  die 
bei  ihnen  als  gutes  Essen  gelten.  Mehrmals  sind  ostindische  Sträflinge 
in    die    Wälder    entkommen,    aber    später    freiwillig    in    ihre    Haft    zurückge- 


1  94  Dr.  .lohann  Wilhelm  Helfer's 

gekehrt,  um  dem  Hungertode  zu  entgehen.  Ein  solcher  Fall  wäre  bei  den 
Burmesen  —  und  noch  weniger  bei  Karäern  —  nie  eingetreten,  da  beide 
es  verstehen,  wahrend  längerer  Zeit  von  den  natürlichen  Erzeugnissen 
des    Waldes    zu    leben. 

Zur  Vervollständigung  des  Verzeichnisses  essbarer  Pflanzen,  schliesse 
ich  mit  einer  Aufzählung  der  übrigen  Arten,  welche  sowohl  hier  als  in 
anderen  Tropenländern    im  Gebrauche    stehen,    diese    sind: 

Capsicum  annuum,  Hibiscus  esculentus,  Solanum  melongena,  Cotwolvulus 
Batatas,  Dioscorea  (Yams),  verschiedene  Arten  von  Momordica,  Cucurbita 
und  Cucumis,  Curcuma  longa,  Amomum  Zingiber  (Ingwer),  nebst  einigen  Arten 
von  Hülsenfrüchten  z.  B.  Dolichos  Bengalensis,  Cicer  arietinum,  Pisum  sati- 
vum,  Arachis   hypogaea,  Phaseolus  und  schliesslich  einige  Arten  von  Arum. 

Verbesserungen  des  Landbaues  mit  Bezug  auf  Colonisation. 

Kein  Theil  der  britischen  Besitzungen  in  Ostindien  ist  in  Bezug 
auf  die  Ansiedlung  europäischer  Colonisten  beachtenswerther  als  die  Pro- 
vinzen von  Tenasserim,  welche  die  Vortheile  der  übrigen  Besitzungen 
in    Ostindien    gewähren,    ohne    deren    Uebelstände    zu    theilen. 

Nachtheile  der  Colonisation  in  Ostindien.  1)  Der  grösste  Theil  des 
fruchtbaren  Bodens  ist  dort  bereits  besetzt,  vorzüglich  in  der  Nähe  schiff- 
barer Flüsse  oder  an  Stellen,  deren  Erzeugnisse  leicht  weiter  befördert 
werden    können. 

2)  Grund  und  Boden  ist  dort  meist  das  Eigenthum  grosser  Be- 
sitzer, welche  ihn  in  Pacht  geben.  Der  Europäer,  welcher  ihn  pachten 
will ,  muss  natürlich  den  einheimischen  Pächter  überbieten,  mithin  einen 
viel  stärkeren  Pachtzins  und  höhere  Auslagen  tragen.  Der  Pachtzins  an 
sich  ist  an  gutgelegenen  fruchtbaren  Stellen  (z.  B.  Patna,  Monghur  etc), 
bedeutend    hoch  gestellt. 

3)  Der  Europäer  wird  meist  als  Eindringling  betrachtet  und  muss  nur 
zu  oft  von  Seiten  der  Eingebornen  Neckereien   und  Schwierigkeiten  erfahren. 

4)  Die  Gesetze  und  ämtliche  Aufzeichnungen  ( „records" )•  sind  in 
Hindos  tan  verwickelt  und  häufig  wird  es  dem  Europäer  schwer  werden, 
auch  nur  den  Umfang  des  von  ihm  gekauften  oder  gepachteten  Grund- 
stückes mit  Sicherheit  festzustellen,  und  wenn  er  endlich  davon  Besitz 
ergriffen  hat,  so  werden  die  Nachbarn  nur  zu  oft  sich  Eingriffe  in  sein 
Gebiet  erlauben.  Es  genügt  hierbei,  an  den  beständigen  kleinen  Krieg, 
den  die  Indigopflauzer  führen  müssen,  und  an  die  Gehässigkeit  zwischen 
ihnen    und    den    Eingebornen    zu    erinnern. 

5)  Die  Ostindier  sind  voll  Vorurtheile  und  ihr  albernes  Kastensystem 
wird  so  lang  als  gehässiges  Hinderniss  dastehen,  als  die  fremden  An- 
siedler (wie  es  wohl  immer  der  Fall  bleiben  wird)  von  den  Eingebornen 
abhängen  werden. 

6)  Der  Boden,  so  fruchtbar  er  auch  in  manchen  Gegenden  sein 
mag,  ist  doch  nicht  unerschöpflich.  Ostindien  ist  seit  Tausenden  von 
Jahren  —  und  zwar  regelmässig  —  angebaut,  so  dass,  um  einer  gewissen 
Menge  Erzeugnisse  sicher  zu  sein,  eine  regelmässige  Abwechselung  des 
Feldbaues  eingeführt  worden  ist.  Ein  Europäer,  der  sich  auf  einen  spe- 
ciellen  Zweig  wirft,  z.  B.  auf  Zuckerrohr,  kann  damit  Einen  und  den- 
selben Grund  nur  jedes  dritte  Jahr  bebauen  und  muss  die  übrige  Zeit  hin- 
durch —  wenn  er  aus  seinem  Eigenthum  überhaupt  einen  Gewinn  ziehen 
will    —    sich    in    anderweitige    Unternehmungen    einlassen. 


gedruckte   und   angedruckte  Schriften  über  die  Ten&sserim-Provinzen  etc.  1 90 

7)  Die  Productionsfühigkeit  Ostindiens  ist  beschränkt;  viele  Erzeug- 
nisse der  äquatorialen  Erdstriche  kommen  in  Bengalen  nicht  fort  und 
der  südliche  Theil  der  vorderindischen  Halbinsel  ist  —  wie  die  Erfahrung 
gelehrt  hat  —  dem  Gedeihen  einiger  der  werthvollsten  Nutzpflanzen  des 
östlichen    indischen    Archipels    nicht    günstig. 

8)  Im  grössten  Theil  Ostindiens  ist  das  Klima  den  Europäern  schäd- 
lich, und  wenn  es  auch  oft  genug  vorkömmt,  dass  Europäer  die  Ein- 
wirkung der  Sonnenhitze  gut  vertragen,  so  sind  doch  die  Beispiele  trau- 
riger und  frühe  Todesfälle,  welche  von  dieser  Einwirkung  herrühren, 
nur    allzu    zahlreich    und    bekannt. 

Diess  sind  nun  die  Einwendungen  gegen  die  Colonisation  in  Ostindien. 
Betrachtet  man  nun  die  Provinzen  von  Tenasserim  aus  demselben  Gesichts- 
puncte,    so    kömmt    man    auf   folgende    Ergebnisse: 

1)  Der  Boden  ist  in  diesen  Provinzen  zum  grossen  Theil  noch 
herrenlos.  Ihre  ganze  Oberfläche  auf  33,000  (engl.)  Quadratmeilen 
geschätzt  —  hat  nicht  mehr  als  100,000  Einwohner;  so  dass  3  Ein- 
wohner  auf  die  (engl.)  Quadratmeile  kommen:  ein  Verhältniss,  wie  man 
es  selbst  im  rauhesten  Norden  nur  selten  findet.  Dieser  so  schlecht  be- 
völkerte Boden  ist  so  fruchtbar,  dass  er  CO — 200fache  Ernten  gibt; 
3000  (engl.)  Quadratmeilen  fruchtbaren  ebenen  Landes  in  der  Provinz 
Amherst  werden  regelmässig  durch  Ueberschwemmungen  befruchtet  und 
sind  daher  unerschöpflich.  Ausserdem  sind  die  Wasserverbindungen  dieses 
Landes  bequemer  als  die  irgend  eines  andern,  mit  Ausnahme  der  angren- 
zenden   Provinz    Pegu. 

NB.  Eine  so  dürftige  Bevölkerung  lässt  sich  nur  aus  der  Geschichte 
der  burmesischen  Länder  erklären.  Die  beständig  befolgte  Verwüstungs- 
Politik  zweier  gleich  mächtiger  Nachbarstaaten,  unaufhörliche  Kriege,  die 
zum  System  gewordene  Sitte,  ganze  Bevölkerungen  in  die  Knechtschaft 
zu  führen,  die  drückende  Begierung  und  endlich  die  darausfolgenden  frei- 
willigen Auswanderungen  trugen  vereint  zur  Entvölkerung  bei.  Als  Bei- 
spiel freiwilliger  Auswanderung  sei  hier  die  Uebersiedlung  von  30,000 
Talainen    aus    Tenasserim    nach    Siam    angeführt. 

2)  Der  grösste  Theil  des  Landes  (nach  dem  bestehenden  burme- 
sischen Recht,  eigentlich  das  Ganze)  ist  Eigenthum  der  Regierung,  von 
der  die  Verfügung  darüber,  die  Anweisungen  von  Antheilen  und  die  Be- 
willigung von  Ländereien  allein  abhängt.  Europäern,  welche  sich  hier 
ansiedeln    wollten,    stände    daher    die    Wahl    frei. 

3)  Die  Europäer  würden  als  Wohlthäter,  nicht  als  Eindringlinge  auf- 
genommen werden,  da  sie  nützliche  Gewerbe  und  mechanische  Fertigkeiten 
mitbringen    würden,    deren    die   Eingebornen    sehr   bedürfen. 

4)  Verständige  Anordnungen  und  Gesetze  würden  die  Vertheilung  der 
Ländereien  durch  gänzliche  Vermeidung  verwickelter  Grenzlinien  sehr 
erleichtern. 

5)  Die  Burmesen  sind  ein  von  den  Ostindiern  körperlich  und  geistig 
ganz  verschiedener  Stamm.  Ihre  Religion  billigt  Duldsamkeit;  ihr  Glaube 
lehrt  sie  nicht,  dass  sie  ein  vor  der  ganzen  übrigen  Schöpfung  auser- 
wähltes Volk  seien.  Dieser  versöhnliche  Glaube  erzeugt  keine  Abneigung 
gegen  Fremde.  Von  dem  Augenblick  an,  als  die  Briten  dieses  Land  be-' 
traten,  mit  Mässigung,  Klugheit  und  Gerechtigkeit  verfuhren,  und  ihre 
Herrschaft  neue  bisher  ungekannte  Wohlthaten  über  die  Bevölkerung  ver- 
breitete,   benahmen    sie    sich   gegen    ihre  neue  Herren  wie  dankbare  Kinder, 


196  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

und  wohl  mag  innerhalb  der  weiten  britischen  Besitzungen  im  Osten  wohl 
kaum  ein  Volk  gefunden  werden,  was  seinem  Gebieter  anhänglicher  wäre 
und  auf  welches  diese  sicherer  vertrauen  könnten,  als  die  Burmesen. 
Ein  Europäer  müsste  sich  daher  in  der  Mitte  einer  Bevölkerung,  welche 
in  jeder  Beziehung  über  ihre  nächsten  westlichen  Nachbarn  steht,  wohl  be- 
finden und  wenn  einmal  sich  beide  Racen  im  Laufe  der  Zeit  inniger  ver- 
mengt haben  werden,  dürfte  sich  dieses  Verhältniss  noch  freundlicher  gestalten. 

6)  Die  grosse  Fruchtbarkeit  des  durch  Jahrhunderte  unangebaut  ge- 
bliebenen Bodens  würde  jede  systematisch-regelmässige  Abwechselung  des 
Feldbaues  für  lange  Zeit  entbehrlich  machen  und  Zucker,  Baumwolle,  Indigo 
und  sogar  Tabak  könnten  durch  eine  Reihe  von  Jahren  ununterbrochen 
auf  demselben  Boden  gezogen  werden.  Sollte  ja  ein  Wechsel  nöthig 
werden,  so  Messe  sich  eben  so  guter  Boden  in  der  Nähe  erwerben. 
Andererseits  fiele  der  Anbau  ausdauernder  Gewächse  sehr  leicht.  Zimmt, 
Kaffee  und  dergleichen  könnten  an  verschiedenen  Stellen  versuchsweise 
gebaut  und  hiernach  der  hierzu  am  besten  passende  Boden  in  grossem 
Masstabe  zu  Pflanzungen  verwendet  werden,  während  in  Ostindien  der 
einmal  angekaufte  oder  gepachtete  Grund  beibehalten  werden  muss,  er 
mag    für    die    beabsichtigte    Kultur    taugen    oder    nicht. 

7)  Obwohl  die  nördlichsten  Theile  von  Britisch  -Tenasserim  (die 
Provinz  Amherst)  natürlich  für  die  Erzeugnisse  der  Aequatorial-Gegenden 
nicht  geeignet  ist,  so  mögen  doch  die  südlichen  Striche  dem  Anbau 
einiger  der  werthvollsten  Gewürzpflanzen  günstig  sein.  Es  ist  Thatsache, 
dass,  so  weit  Mangosteens  und  Durians  wachsen,  auch  Gewürznelken  und 
Muskatnüsse  gut  fortkommen:  da  nun  Mangosteens  bei  Mergui  reichlich 
wachsen  und  Durians  bis  Tavoy  hinaufreichen,  lässt  sich  erwarten,  dass 
der  Muskatnussbaum  —  der  werthvollste  aller  Gewürzbäume  —  in  den 
südlichen    Gegenden     von    Tenasserim    mit    Nutzen    gebaut    werden    könnte. 

8)  Endlich  passt  das  Klima  vollkommen  für  Europäer;  ungeachtet 
der  grossen  Feuchtigkeit  gibt  es  keine  schädlichen  Ausdünstungen,  wie  in 
Arracan,  die  Malaria  ist  kaum  bekannt  und  die  Feuchtigkeit  trägt  zur 
Abkühlung  der  Luft  bei.  Selbst  während  der  heissesten  Monate  kann 
man  sich  der  Sonne  ohne  Gefahr  aussetzen  und  an  die  lästigen  Vor- 
kehrungen, die  man  in  Ostindien  gegen  die  Sonnenhitze  treffen  muss, 
denkt  man  hier  gar  nicht.  —  Es  mag  als  Beweis  für  die  Güte  des 
Klimas  angeführt  werden,  dass  der  Gesundheitszustand  des  hier  in  Besat- 
zung liegenden  62.  Regiments  königl.  Infanterie  besser  ist,  ais  der  irgend 
einer    in    Ostindien    garnisonirenden    europäischen    Truppe. 

Nach  Aufzählung  der  grossen  Vortheile,  welche  diese  Provinzen 
europäischen  Colonisten  darbieten,  wäre  es  unbillig,  das  Eine  ihnen  eigen- 
thümlich  grosse  Hinderniss  zu  verschweigen.  Dieses  ist  die  geringe  Be- 
völkerung und  der  daraus  folgende  übertriebene  Arbeitslohn  und  selbst 
wenn  man  sich  zu  diesem  herbeiliesse,  die  Gleichmütigkeit  oder  vielmehr 
der  unabhängige  Sinn  der  Eingebornen,  welche  ihre  beschränkten  Be- 
dürfnisse leicht  befriedigen  können  und  desshalb  nicht  auf  Geldverdienst 
ausgehen. 

Würde  die  Colonisation  dieser  Landstriche  in  eben  so  grossem  Mass- 
stabe betrieben,  als  die  von  Grossbritannien  nach  Canada  oder  Australien, 
so  müssten  die  Schwierigkeiten  viel  leichter  schwinden;  da  indess  an- 
fänglich nur  eine  beschränkte  Anzahl  zur  Ansiedlung  sich  herbeilassen 
dürfte,    müssen    andere    Mittel    zur    Herbeischaffung    der    nöthig en  Handarbeit 


geri  uckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  197 

aufgefunden  werden.  Dies^  dürfte  auf  zweierlei  Weise  zu  bewirken  sein: 
a)  indem  man  den  Strom  der  chinesischen  Auswanderung  von  dem  indischen 
Archipel  —  wohin  er  gegenwärtig  sich  richtet,  nach  diesen  Provinzen 
ablenkte,  b)  Ostindische  (bengalische)  Coolies  anzuwerben,  wie  man  es 
neuerlich    auf   der    Insel    Mauritius    versucht    hat. 

Jedenfalls  wären  die  chinesischen  Einwanderer  vorzuziehen;  sie  sind 
ein  arbeitsamer,  fleissiger  Menschenschlag,  geschickte  Ackerbauer  und  mit 
den  Gewerben  des  gesitteten  Lebens  bekannt.  Die  bengalischen  Auswan- 
derer dagegen  sind  halbverhungerte  Schwächlinge ;  welche  das  Land  nur 
entsittlichen  und  bei  den  Burmesen  sich  verächtlich  machen  würden.  Der 
einzige  Vortheil  der  Bengalesen  wäre,  dass  man  sie  leichter,  wohlfeiler 
und  für  geringeren  Lohn  erhalten  könnte.  Es  scheint  indess,  dass  der 
höhere  Lohn,  den  die  Chinesen  für  sieh  verlangen  würden,  durch  die 
vermehrte  Leistung  dieses  arbeitsamen  Volkes  aufgewogen  werden  dürfte. 
Eine  gewisse  Beihilfe  würden  die  ersten  Ansiedler  darin  finden, 
dass  sie  die  Sträflinge,  welche  die  Begierung  in  diese  Provinzen  absendet, 
in  Miethe  nähmen.  Die  Zahl  dieser  Sträflinge  ist  indess  beschränkt,  die 
Mehrzahl  für  öffentliche  Arbeiten  vorbehalten,  und  da  sie  die  Feldarbeit 
stets  in  Eisen  verrichten  müssten,  bliebe  die  von  ihnen  zu  erwartende 
Beihilfe    immer    nur    ungenügend. 

Ich  werde  nun  meine  Bemerkungen  übpr  den  Boden  und  die  ver- 
schiedenen Oertlichkeiten  mit  Bezug  auf  die  empfehlenswertesten  und 
verheissendsten    Zweige    der    Bodenkultur,    in    Kürze    mittheilen. 

Reis.  Die  natürliche  Fruchtbarkeit  dieses  Landes,  welche  schon  jetzt  dem 
Anbaue  des  Beises  so  günstig  ist,  macht  es  geeignet,  dereinst  eine  Korn- 
kammer für  einen  grossen  Theil  von  Hindostan  zu  werden.  —  Selbst 
bei  der  unvollkommenen,  oben  beschriebenen  Weise  des  Anbaues  gibt 
eine  und  dieselbe  Stelle  nach  einander  erstaunlich  reiche  Ernten,  so  dass 
(wiewohl  kaum  yi0  des  für  Beis  geeigneten  Bodens  in  wirklichem  Anbau 
steht)  der  Ueberschuss  so  gross  ist,  dass  1  Maund  Beis  zu  Maulmain  nur 
6  Annas  kostet.  —  Mit  einer  regelmässigen  Bewirtschaftung  würde  sich 
der  Ertrag  noch  viel  höher  steigern  lassen,  und  bei  Einführung  einer 
systematischen  Bewässerung,  könnten  die  Ernten  in  ununterbrochener  Beihe 
auf  einander  folgen. 

Die  Bewässerung  müsste  entweder  so  eingerichtet  werden,  wie  sie 
in  einigen  Gegenden  Ostindiens  besteht,  wo  die  Beisfelder  in  Parzellen 
zertheilt  sind,  deren  jede  mit  Dämmen,  zur  Zurückhaltung  des  Wassers 
umgeben  ist,  und  da  in  diesem  Lande  das  Wasser  so  nahe  zur  Hand 
liegt,  wäre  nichts  erforderlich,  als  für  die  Erhaltung  der  Dämme  zu  sorgen, 
wobei,  wie  sich  von  selbst  versteht,  jede  Düngung  von  selbst  wegfiele. 
—  Noch  leichter  käme  es  vielleicht,  die  Felder  so  tief  auszugraben,  dass 
sie  während  der  trokenen  Jahreszeit  regelmässig  2  mal  des  Tages 
von  der  ansteigendan  Fluth  überschwemmt  würden.  Dies  wäre  nicht  schwer 
zu  bewirken,  da  die  Reisfelder,  während  der  trockenen  Zeit  nur  3 — 6 
Fuss  über  dem  Spiegel  der  Flüsse  liegen  und,  da  das  ganze  Land  eine 
ununterbrochene,  überall  gleich  hohe  Ebene  ist,  könnte  die  Abgrabung 
gleichmässig  so  weit  durchgeführt  werden,  als  der  Einfluss  der  Ebbe  und  Fluth 
reicht;  am  Gyne-FIuss  z.  B.  130  engl.  Meilen  vom  Meeresufer  landeinwärts. 
Diese  Benutzung  des  Wassers,  die  einzige  Bedingung  zu  einer 
ununterbrochenen  Beihenfolge  von  Ernten,  könnte  hier  dieselbe  Erschei- 
nung  bewirken,    die   man    in    den    begünstigtesten    Gegenden    Java's    wahr- 


198  Dr.  Johann   Wilh.  Heller' s 

nimmt,  nämlich  das  gleichzeitige  Vorkommen  aller  Phasen  des  Anbaues 
auf  einem  und  demselben  Felde  so  zwar,  dass  innerhalb  2%  Jahre  sechs- 
mal geerntet  werden  kann.  — -  Diese  Felder  würden  wegen  der  Ueber- 
schwemmungen  während  des  hohen  Monsoons  unzugänglich  sein,  indess 
würden  die  nächsten  Ernten .  wegen  der  angeschwemmten  fruchtbaren 
Bestandtheile,  um  so  reicher  ausfallen.  Obige  Vorschläge  könnten  für  eine 
Gegend,  wo  so  viel  herrenloser  Boden  vorhanden  ist,  unwichtig  erschei- 
nen. Es  muss  jedoch  bedacht  werden,  dass  das  Roden  und  Vorbereiten 
des  Bodens  viele  Auslagen  erfordert,  welche  durch  die,  das  gewöhnliche 
Mass    übersteigenden    Ernten    gedeckt    werden    müssen. 

Zuckerrohr.  Zuckerrohr  wird  immer  für  eines  der  werthvollsten  Er- 
zeugnisse der  Tropenländer  gelten.  Es  verlangt  einen  freien,  reichen  Bo- 
den, hoch  genug,  um  vor  allen  Ueberschwemm.;ngen  sicher  zu  sein,  aber 
nicht  so  hoch,  dass  es  an  der  nöthigen  Feuchtigkeit  Mangel  litte.  Die 
Oertlichkeit  muss  so  gewählt  werden,  dass  die  ärgsten  Feinde  des  Zucker- 
rohres: die  Termiten  (weisse  Ameisen)  sich  nicht  darin  vermehren  kön- 
nen. Der  Boden  muss  mithin  sorgfältig  abgerodet  und  alle  Ueberbleibsel 
des  ausgehauenen  Waldes  (stehende  Stämme,  Molzstüeke  und  dgl.)  ent- 
fernt   oder   verbrannt    werden. 

Das  Zuckerrohr  ist  nicht  so  sehr,  als  Baumwolle  und  Tabak,  an 
die  chemische  Beschaffenheit  des  Bodens  gebunden,  nur  käme  es  bei 
einem  Gehalte  an  Kalkerde  von  10 — 15  Percent  am  besten  fort.  Boden 
der  eben  beschriebenen  Art  ist  in  der  Provinz  Amherst  reichlich  vorhan- 
den. Da  das  Zuckerrohr  vom  ersten  Beginn  seines  Anbaues  bis  zu  seiner 
Reife  einen  Zeitraum  von  mehr  als  15  Monaten  bedarf,  so  sind  alle,  selbst 
auch  nur  während  eines  Theils  der  Monsoon-Zeit  überschwemmten  Län- 
dereien zu  dessen  Anbau  untauglich :  die  an  Dammerde  zunächst  reicheren 
schicken  sich  dazu  am  besten.  In  der  Nähe  der  Hauptstadt  sind  die  Thä- 
ler  zwischen  den  Sandsteinzügen  von  Amherst  bis  Maulmain  unbezweifelt 
die  besten  Oertlichkeiten  für  Zuckerbau,  in  weiterer  Entfernung  würde  zu- 
nächst das  obenerwähnte  Thal  längs  der  Siamesischen  Grenzgebirge,  dazu 
am    besten    taugen. 

Tabak.  Der  Ruf,  den  manche  Gegenden  in  Betreff  des  in  ihnen 
gebauten  Tabaks,  vor  anderen  gemessen,  rührt  von  der  Beschaffenheit  des 
Bodens  her.  —  So  lange  man  sich  bei  der  Beurtheilung  des  Bodens  auf 
sein  äusseres  Ansehen  beschränkte,  gab  man  dem  lichtroth-  und  kastanien- 
braunen den  Vorzug.  Seitdem  man  auch  die  Chemie  bei  ähnlichen  Beur- 
theilungen  zu  Rathe  zieht,  weiss  man,  dass  die  Gegenwart  von  Eisen- 
oxyden die  Hauptbedingung  eines  guten  Tabakbodens  ist;  dabei  muss 
aber  auch  der  Roden  fruchtbar  und  schwer  sein.  Beide  Eigenschaften 
finden  sich  in  dem  anbaufähigen  Boden  der  Provinz  Amherst  in  hohem 
Grade  vereinigt.  Die  Eisenerze,  welche  über  die  ganze  Provinz  verbreitet 
sind,  haben  den  Eisenoxyd -Gehalt  des  Bodens  auf  8 — 35  Hunderttheile 
gesteigert. 

Alle  diese  Umstände  würden  die  Einführung  des  Tabakbaues  in  der 
Provinz  Amherst  um  so  mehr  empfehlen,  als  bisher  alle  Versuche  ähn- 
licher Art,  die  man  in  Ostindien  angestellt,  mehr  oder  weniger  misslungen 
sind.  Da  der  Tabak  in  kurzer  Zeit  emporwächst,  möchte  ich  empfehlen, 
einige  der  besten  Reisgründe  gleich  nach  der  Ueberschwemmung  mit 
Tabakschössen  zu  bepflanzen,  die  man  einen  Monat  früher  in  nahe  gele- 
genen   Treibbeeten    gezogen    hätte. 


gedruckte   uüd  uugdruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Proviiizen  etc.  199 

Indigo.  Es  ist  zweifelhaft,  ob  Indigo,  welcher  an  den  Reichthümern 
Hindostan's  einen  so  grossen  Antheil  hat,  für  die  hier  in  Frage  stehenden 
Provinzen    so    bald    zu    einer   Bedeutung   gelangen  werde. 

Das  grösste  Hinderniss,  welches  hier  dem  Indigobau  entgegenstünde, 
wäre  der  Mangel  an  praktischer  Erfahrung  von  Seiten  der  Pflanzer.  Die 
hiesigen  Verhaltnisse  sind  in  mancher  Hinsicht  von  denen  Ostindien's 
so  verschieden,  dass  selbst  die  Gegenwart  eines  erfahrenen  Verwalters 
(„Factor")  aus  Ostindien  nicht  viel  helfen  würde.  Die  Erfahrung  hat  be- 
wiesen, dass  auf  Java  die  ersten  Versuche  des  Indigobaues  nach  Ostin- 
discher Weise  gänzlich  fehlschlugen  und  dass  man  nur  durch  wiederholte 
Versuche    endlich    zu    günstigeren    Erfolgen   gelangt    ist. 

Inder  Amherst-Provinz  gedeiht  die  Indigopflanze  reichlich;  indess  wird  der 
auf  dem  trockneren  Boden  bei  Ava  gezogene  Indigo  für  besser  gehalten. 
Jedenfalls  ist  es  schwer  zu  entscheiden,  ob  diese  Ueberlegenheit  in  der 
Pflanze  selbst  oder  in  der  geschickteren  Bereitung  des  Färbestoffes  ihren 
Grund  habe. 

Baumwolle.  Beim  Anbau  der  Baumwolle  hängt  Alles  von  der  Art  ab, 
auf  welche  die  Wahl  des  Pflanzers  fällt.  Wenn  auch  —  wie  allgemein  bekannt  - 
jede  Art  einen  kalkreichen  Boden  liebt,  so  kann  doch  in  verschiedenen 
Gegenden,  je  nach  Klima,  Feuchtigkeit,  Lage  und  Höhe,  der  Baumwollen- 
bau  höchst    vortheilhaft    werden  oder   durchaus   misslingen. 

Die  Burmesen  bauen  —  wie  oben  gesagt  —  keine  andere  Art  als 
Gossypium  herbaceum,  in  einigen  Gegenden  der  Provinz  hat  Hr.  Kommissär 
Blundell  auch  die  Pernambuco  Sorte  versucht,  von  welcher  sich  aber 
bisher  wenig  erwarten  lässt.  —  Die  passendste  Art  dürfte  Gossypium 
hirsutum  sein,  und  vielleicht  jene  Art,  welche  man  zu  Luzon  mit  Vor- 
theil    zieht. 

Kaffee.  Von  allen  Nutzpflanzen  scheint  der  Kaffeestrauch  am  vorzüg- 
lichsten zum  Anbau  in  der  Provinz  Amherst  geeignet,  er  passt  am  besten 
für  ein  fruchtbares  dünn  bevölkertes  Tropenland  und  gibt  mit  wenig 
Arbeit  und  in  kürzerer  Zeit  reichlichere  Ernten  als  andere  Gegenstände 
des  Anbaues. 

Der  Kaffeestrauch  kömmt  in  jedem  Boden  fort,  in  den  seine  Wur- 
zeln ohne  Schwierigkeit  einzudringen  vermögen ,  besonders  liebt  er  hüge- 
lige ,  früher  mit  Dickicht  überwachsene  Gegenden.  Für  den  Anfang  wäre 
es  genügend,  in  dem  Dickicht  kleine  Flecken  nahe  an  einander  zum  Pflan- 
zen der  Bäume  auszuroden;  es  erscheint  sogar  räthlich,  das  übrige 
Dickicht  und  die  hochstämmigen  Bäume  stehen  zu  lassen,  um  die  jungen 
Kaffeesträucher  vor  der  Sonnenhitze  zu  schützen,  welche  sie  zu  einer  ver- 
frühten   Reife    bringt. 

Ein  fernerer  Vortheil  des  Kaffeebaues  ist,  dass  er  mit  einem  mas- 
sigen Capital  unternommen  werden  kann,  da  der  Verlag  reichlich  und 
bald    hereingebracht    wird. 

Gewürznelken.  Es  lässt  sich  schwer  über  die  Vortheile  des  Anbaues 
von  Gewürznelken  sprechen,  da  ein  solcher  bisher  noch  nie  versucht  wor- 
den ist.  —  Ein  Baum  der  Gattung  Caryophilia,  oder  einer  nahe  ver- 
wandten aus  der  Familie  der  Hcspcrideae ,  wächst  reichlich  in  den  Wäl- 
dern. Vielleicht  dürfte  es  vortheilhaft  sein,  dessen  Anbau  in  verschiedenen 
Theilen  der  Provinz  zu  versuchen  und,  da  der  Baum  schnell  emporwächst, 
würde   man    bald    über    den    mögliohpn    Erfolg   in's    Reine    kommen. 

Mittheilungen  der  k.  k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft.  0 


200  Dr.  Johann  Wilh.  Helfer's 

Zimmet.  Der  echte  Zimmetbaum  (Laurus  Cinnamomum)  ist  bisher 
in  diesem  Lande  noch  nicht  gefunden  worden,  wohl  aber  fünf  andere 
Arten  von  geringerer  Güte  unter  denen  auch  Lamms  Cassia  zu  sein  scheint. 
Ebenso  wenig  hat  man  den  Anbau  des  Zimmetbaumes  versucht.  Für  jetzt 
scheint  sich  kein  Privatmann  auf  diesen  Zweig  der  tropischen  Kultur  in 
Amherst  einlassen  zu  wollen,  da  andere  Zweige  eine  schnellere  Vergütung 
der  Auslagen  und  Mühen  verheissen.  Wenn  übrigens  die  grossen,  gegen- 
wärtig auf  Ceylon  angelegten  Pflanzungen  einmahl  zur  vollen  Entwicklung 
gelangt  sein  werden,  dürfte  Zimmet  stark  im  Preise  fallen,  indem  der 
Verbrauch  dieses  Gewürzes  in  Europa  nicht  wesentlich  zunehmen  zu  sol- 
len scheint;  anderwärts  angelegte  Zimmetpflanzungen  dürften  mithin  gegen 
solche    Mitbewerbung    schwerlich    im   Vortheil    stehen. 

Muskatnnss.  Diese  werthvollste  aller  Gewürzpflanzen  scheint  rings 
um  den  Aequator,  in  viel  engere  Grenzen  eingeschränkt  zu  sein,  als  an- 
dere ursprüngliche  Erzeugnisse  des  indischen  Archipels,  sie  geht  nicht 
über  10 — 12°  N.  Br.  hinauf.  —  Von  Hrn.  Commissär  Blundell's  Versu- 
chen, den  Muskatbaum  in  Maulmain  einzuführen,  lässt  sich  nicht  viel  er- 
warten;   die  Bäume  gehen  dort  nicht  ein,   aber    sie   kommen  nur  dürftig  fort. 

Bei  dem  grossen  Werthe  dieser  Gewürzpflanze  wäre  es  doch  räth- 
lich,  an  verschiedenen  Stellen  diese  Versuche  zu  wiederholen,  mehr  noch 
in  den  Provinzen  Tavoy  und  Mergui,  als  in  Amherst  --  bevor  man  sich 
über  die  Unmöglichkeit  ihres  Anbaues  entscheidend  ausspräche.  Der  blühende 
Zustand  der  Muskatpflanzungen  auf  der  Insel  Penang  sollte  die  anderen 
Provinven    an    dieser   Küste   mächtig    aneifern. 

Thee.  Es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  diese  höchst  wichtige  Pflanze  in 
diesen  Provinzen  je  ein  Gegenstand  des  Anbaues  werden  wird.  Thee  ist 
eine  subalpine  Pflanze  innerhalb  der  Wendekreise  und  steigt  erst  unter 
dem  30.  Grad  N.  B.  in  die  Ebene  herab.  Ihr  natürlicher  Standort  oder 
der  eigentliche  Umkreis  ihres  wilden  Vorkommens  scheint  der  gebirgige 
Landstrich  zu  sein,  welcher  das  südliche  China  von  den  burmesischen 
und    siamesischen    Gebieten    scheidet. 

Die  Auffindung  der  Theepflanze  in  Assam  entspricht  der  von  Cap. 
M.  Leod  angebenen  Oertlichkeit ,  welcher  die  Theestaude,  als  ziemlich 
gemeine  Pflanze,  5  Grade  weiter  östlich,  ungefähr  in  gleicher  Breite, 
antraf. 

NB.  Barrow  fand  die  mittlere  Temperatur  der  Theegegenden  — 
hauptsächlich  zu  Theekiang  in  China  —  gleich  56°  F.  bei  Sonnenaufgang 
und  62°  F.  zur  Mittagszeit.  —  Die  Provinz  Amherst,  meist  aus  angeschwemm- 
ten Ebenen  und  sekundären  Hügeln  bestehend ,  ist  offenbar  zu  niedrig 
und  zu  warm  für  den  Anbau  der  Theepflanze.  Der  höchste  Theil  der 
grossen  Kette  zwischen  Siam  und  den  britischen  Besitzungen  könnte  hierzu 
geeignet  sein.  Da  indess  dieser  Landstrich  gänzlich  unbewohnt  ist,  dürfte 
für  jetzt  jedes  Bestreben,  daselbst  einen  Versuchsanbau  zu  begründen, 
höchst  schwierig  werden,  wobei  übrigens  noch  andere  Einwürfe  zur 
Sprache  kommen  müssten.  —  Die  Zubereitung  des  Thees  erfordert  grosse 
Geschicklichkeit  und  viel  Handarbeit;  der  Anbau  kann  mithin  nur  in  dicht- 
bevölkerten Gegenden  und  bei  sehr  wohlfeilen  Arbeitslöhnen  mit  Vortheil 
versucht  werden.  Ich  möchte  glauben,  dass  Assam  und  der  gesammte  ent- 
sprechende subalpine  Zug  des  Himalaya  für  den  Theebau  viel  geeigneter  sind. 
Pfeffer.  Pfeffer  würde  hier  reichlich  und  ohne  viele  Mühe  fortkommen. 
Die    Eingebornen    bauen    ihn    manchmal    wie    die    Betelpflanze,    und    häufig 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  201 

zugleich  mit  dieser;  die  Anzahl  der  Pfeffergärten  ist  indess  unbedeutend. 
So  lang  Malacca  —  und  noch  mehr  Sumatra  und  Borneo  —  wie  bisher 
dieses  Gewürz  in  so  unbegrenzter  Menge  und  so  wohlfeil  liefern,  lässt 
sich    hier    an    keine    günstige    Mitbewerbung    denken. 

Ingwer.  Das  Land  scheint  vorzüglich  geeignet  zur  Einführung  des 
Ingwers,  der  meist  für  den  inneren  Verbrauch  gezogen  wird,  aber  mit 
so  reichem  Ertrag  und  so  wohlfeil ,  dass  die  Menge  dieses  Artikels  zu 
Maulmain    allgemein   bekannt   werden    sollte. 

Die  Art  des  Anbaues  ist  dieselbe,  wie  die  der  Kartoffeln  in  Europa, 
nur  dass  anstatt  des  Pfluges    hauptsächlich   Handarbeit  in  Anwendung  kömmt. 

Cardamomen.  Diese  Pflanze  wächst  wild  in  den  Wäldern  und  die 
Karäer  brauchen  ihre  Samen  und  das  Kraut  selbst  in  ihrer  Küche.  Die- 
selbe merkwürdige  Thatsache,  die  man  an  der  Küste  Malabar  beobachtet 
hat:  Das  Aufwachsen  von  Cardamomen  an  Stellen,  wo  deren  niemals  vor- 
kommen, nachdem  die  die  Oberfläche  bedeckenden  Wälder  niedergebrannt 
worden,  ist  auch  den  Karäern  wohlbekannt,  und  ich  selbst  habe  diese 
Pflanze  nie  anders  getroffen,  als  eben  aus  der  Asche  frisch  niederge- 
brannter Waldstrecken  emporsprossend.  Unbezweifelt  finden  die  von  den 
Winden  verstreuten  Samen  in  dieser  Asche  einen  ihnen  zusagenden  Bo- 
den. —  Der  Anbau  der  Cardamomen  könnte  in  den  bergigen  Gegenden 
der    Provinz    mit    Vortheil    betrieben    werden. 

Castor-Oel  (Ricinus).  Die  Ricinus-Pflanze  wächst  in  Menge  wild  an 
den  Ufern  der  grossen  Flüsse  in  den  höheren  Gegenden  der  Provinz, 
ohne  dass  man  ihre  Eigenschaft,  Oel  zu  liefern,  zu  kennen  scheint.  Die 
Pflanze  ist  ferner  dafür  bekannt,  dass  sie,  wo  sie  einmal  Wurzel  gefasst 
hat,  durchaus  kein  Unkraut  aufkommen  lässt,  daher  ich  ihre  Aussaat  überall 
anrathen  würde  wo  Tigergras  wächst  und  zwar:  a)  um  dieses  auszu- 
roden; b)  als  wohlfeiles  und  reichliches  Ersatzmittel  für  Sesam-Oel;  c)  um 
die  Einwohner  durch  dessen  Menge  zur  Zucht  der  Erria- Seidenraupe, 
welche  sich  ausschliesslich  von  Blättern  des  Ricinus  nährt,  zu  bewegen, 
so    wie    diese    Zucht   bereits    in    Assam    und    Dinajpore    besteht. 

Paut  (Corchorus  capsularis  WJ.  Diese  Pflanze  findet  sich  in  grösster 
Menge  auf  fast  allen  gerodeten  Stellen;  in  Ostindien  wird  sie  mit  einiger 
Sorgfalt  gebaut,  weil  man  sie  zu  Stricken  und  Gunny-Taschen  verwendet. 
Hier  könnte  man  die  Pflanze  so  viel  verbreiten  als  man  wollte,  und  viel- 
leicht wäre  es  selbst  der  Mühe  werth,  sie  im  wilden  Zustand  einzu- 
sammeln. —  Das  beste  Ersatzmittel  für  Flachs  und  Hanf  bliebe  indess 
immer  die  Faser  der  Ananas,  welche  —  wie  oben  erwähnt  —  vortrefflich 
gedeiht  und  sich  verbreitet.  Eine  Ananas -Pflanzung  kostet  sehr  wenig 
und  kann  so  bald  sie  einmal  Wurzel  gefasst  hat,  ohne  Gefahr  ihres 
Zugrundegehens    ganz    der   Natur    überlassen    werden. 

IV.   Wildwachsende  Erzeugnisse  des  Pflanzenreiches. 

Waldol.  Das  Waldöl  kann  in  grosser  Menge  gewonnen  werden.  Der 
Baum,  von  dem  es  herrührt,  ist  einer  der  prächtigsten  Waldbäume,  der 
manchmal  eine  Höhe  von  120 — 160  Fuss  und  einen  Umfang  von  8 — 12 
Fuss  erreicht.  Der  Stamm  steigt,  ohne  sich  in  Aeste  zu  theilen,  bis  zur 
Höhe  von  50  —  90  Fuss  senkrecht  empor;  seine  Krone  ist  der  der  ita- 
lienischen Pinien  sehr  ähnlich.  Das  Oel  wird  in  folgender  Weise  daraus 
gewonnen:  Man  macht  mit  einer  Axt  —  oder  meist  mit  einem  bur- 
mesischen   Messer   —   ein    Loch    in    den    Stamm,    mitunter    1    Fuss    breit, 


202  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

6  Zoll  hoch  und  6  Zoll  tief  und  zündet  dann  an  der  Stelle  dieser  Wunde 
ein  Feuer  an.  Dieses  bewirkt,  dass  das  in  den  Poren  des  Holzes  ver- 
theilte  Oel  sich  nach  dem  verwundeten  Theile  zieht,  dort  in  Menge  aus- 
fliesst  und  in  irdenen  Töpfen  gesammelt  wird.  Man  kann  auf  diese  Weise 
eine  sehr  grosse  Menge  davon  erhalten.  —  Die  Karäer  behaupten,  dass 
man  gleich  nach  dem  Monsoon  von  einem  grossen  Baum  5—  6  Gallons 
gewinnen  könne;  ich  habe  indess  nie  selbst  gesehen,  dass  man  auf  ein- 
mal eine  so  grosse  Menge  erhalten  habe.  —  Begreiflicherweise  muss  der 
Baum  bei  diesem  Verfahren  leiden;  indess  versichern  die  Eingebornen, 
dass  er  nur  selten  davon  absterbe.  Jedenfalls  hat  ein  so  behandelter  Baum 
ein  sehr  kränkliches  Ansehen  und  stirbt  ab,  wenn  dasselbe  Verfahren  in 
kurzen    Zwischenräumen    zwei    bis    dreimal    wiederholt    wird. 

In  den  südlichen  Provinzen  sind  diese  Bäume  viel  gemeiner  und 
bilden  grosse  Wälder,  bedeutende  Menge  Oel  könnte  leicht  gewonnen 
werden.  Den  Karäern  dient  es  zum  häuslichen  Gebrauche  und  zum  Brennen; 
die  Burmesen,  wenigstens  in  der  Provinz  Amherst  —  benützen  es  viel 
weniger.  Bei  allen  Eingebornen  gelten  Einreibungen  mit  diesem  Oele  als 
ein    treffliches    Heilmittel    bei   Rheumatismen. 

Kautschuk.  Viele  Pflanzen  liefern  diesen  werthvollen  Stoff;  der  beste 
kömmt  von  2  Arten  Schlinggewächsen,  vorzüglich  von  der  Kiejaun-Pflanze. 
Die  Feigenbäume  liefern  ihn  in  geringerer  Güte;  der  schlechteste  ist 
der   vom    Pipul-Baum. 

Ficus  elastica  (der  eigentliche  Kautschuk-Baum  Ostindien Y)  kömmt 
in  dem  nördlichen  Hochlande  vor;  man  hat  aber  mit  ihm  noch  keine 
Versuche  angestellt.  Der  Saft  einiger  anderer  Pflanzen  gerinnt  gleich 
beim  Ausfliessen  zu  elastischem  Gummi.  Diese  Arten  müssen  höchst  sorg- 
fältig behandelt  werden  —  wozu  sich  indess  die  Einwohner  schwer  be- 
reden   lassen    —    damit   der   Kautschuk    nicht   verunreinigt   werde. 

Der  ostindische  Kautschuk  ist  so  gut  als  der  amerikanische,  und 
steht  nur  wegen  seiner  unvollkommenen  Bereitungsweise  niederer  im  Preis 
als  dieser.  —  Der  Kautschuk  der  Kiejaun-Pflanze  lässt  sich  leicht  durch 
Essigsäure  fällen  und  vom  Anfang  an  in  jede  beliebige  Gestalt  bringen. 
Die  amerikanische  Weise,  den  Kautschuk  in  irdenen  Modeln  an  der  Sonne 
zu  trocknen,  gelingt  hier  nicht  während  der  nassen  Jahreszeit  von  Mai 
bis    December. 

Campher.  Weder  Laurus  Camphora  noch  Dryobalanops  Camphora 
kommen  in  der  Provinz  Amherst  wild  vor,  doch  gewinnen  die  Eingebornen 
aus  einer  überall  sehr  gemeinen  singenesistischen  Pflanze  aus  der  Unter- 
abtheilung Verbenaceae  oder  Eupatorieae,  durch  Destillation  einen  Stoff, 
der  alle  Eigenschaften  des  Camphers  besitzt.  Während  der  trockenen 
Jahreszeit  gewinnt  man  davon  eine  ziemliche  Menge  und  würde  bei  einer 
bessern  Weise  der  Destillation  wohl  noch  mehr,  und  mittels  einer  Läu- 
terung ein  besseres  Product  gewinnen.  —  Aehnlich  den  europäischen 
Arten  von  Mentha  und  Lavandula  geben  auch  mehrere  Lippenblüten 
dieses  Landes  Campher,  doch  in  zu  geringem  Verhältniss,  als  dass  man 
daraus    Nutzen    ziehen   könnte. 

GammigQtt.  Zwei  Bäume  dieser  Provinz  geben  Gummigutt,  wenn 
man  Einschnitte  in  ihre  Rinde  macht.  Der  ausfliessende  Saft  gleicht  dicker 
gelblich  gefärbter  Milch,  der  Luft  ausgesetzt,  wird  er  glänzend  gelb, 
verdickt  sich  und  wird  endlich  fest.  Beide  Bäume  sind  verschieden  von 
Stalagmites   cambogioides   und    auch    ihre  Ausflüsse  haben  andere  chemische 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-ProYinzen  etc.  203 

Eigenschaften.  Das  Gummigutt  aus  der  Provinz  Amherst  ist  im  Wasser 
sehr  wenig  löslich  und  gibt  also  auch  damit  nicht  dieselbe  gelbe  Emulsion 
wie  die  gewöhnliche  Sorte.  Es  wird  nie  als  Farbe  dienen,  dürfte  aber 
einen  schönen  Firniss  geben.  Gleich  dem  gewöhnlichen  ist  es  ein  kräf- 
tiges   drastisches    Arzneimittel. 

Gemeiner  Firniss.  Die  Eingebornen  gewinnen  aus  einem  Strauch  (den 
ich  noch  nicht  in  der  Bliithe  gesehen  habe),  einen  Firniss,  mit  welchem 
sie  ihre  Körbe  und  andere  Geräthe  überziehen,  um  sie  für  das  Wasser 
undurchdringlich  zu  machen.  Dieser  Firniss  gleicht  sehr  dem  Chinesischen, 
den  man  aus  der  Angia  Chinensis  bereitet;  er  muss  jedoch  von  einer 
andern  Pflanze  herrühren,  da  man  ihn  durch  Einschnitte  in  die  Rinde 
gewinnt.  Im  unreinen  Zustand  ist  er  braun  mit  einem  Stich  in  das  Oli- 
vengrüne, riecht  nach  Terpentin,  schmeckt  zusammenziehend,  löset  sich 
langsam  in  Alkohol,  ist  in  Kalilauge  löslich  und  scheidet,  bei  einem  ge- 
wissen   Wärmegrad,    Krystalle    von    Benzoesäure    aus. 

Gummi  Dainar.  Damara  alba  ist  in  den  nördlichen  Bezirken  selten; 
in  Tavoy  und  Mergui  soll  sie  —  wie  man  mir  berichtete  —  sehr  ge- 
mein   sein. 

Copal.  Ein  grosser  Baum,  einem  Elaeocarpus  ähnlich,  aber  vom 
ostindischen  Elaeocarpus  copalifer  verschieden,  bringt  eine  Art  gelbes, 
durchsichtiges,  im  Bruche  glasglänzendes  Copal  hervor,  welches  indess 
nicht  gesammelt  wird  und  dessen  Gebrauch  unbekannt  zu  sein  scheint. 
Stocklack.  Der  Stocklack  gehört  zwar  nicht  dem  Pflanzenreich  an, 
indess  scheint  mir  hier  der  passendste  Ort,  seiner  zu  erwähnen.  Er 
findet  sich  in  den  bergigen  Gegenden  der  grossen  nördlichen  Kette  und 
ist  das  eigentliche  Erzeugniss  der  Lack-Schildlaus  (Coccus  Laccae),  deren 
Weibchen  zur  Fortpflanzung  ihrer  Art,  verschiedene  Arten  von  Ficus  auf- 
suchen. Die  wilden  Karäer  sind  mit  diesem  Umstände  wohlbekannt  und 
kennen  das  Erzeugniss,  ohne  jedoch  dessen  Werth  zu  begreifen.  Sie 
sagten  mir,  zur  Zeit  des  hohen  Monsoons,  wenn  der  Lack  zuerst  an  den 
Zweigen  der  Bäume  erscheint,  seien  viele  Bäume  gänzlich  damit  überdeckt, 
in  weniger  als  14  Tagen  hätte  aber  der  Regen  selbst  die  geringste 
Spur  davon  weggeschwemmt.  —  Es  würde  schwer  fallen,  den  unabhän- 
gigen und  furchtsamen  Karäer  zur  Einsammlung  des  Lackes  zu  bewegen; 
besser  wäre  es,  zur  Zeit  der  höchsten  Entwicklung  desselben,  Bewohner 
der   niederen   Gegenden   in    das    Gebirge   zu    schicken. 

Teak-Blätter.  Bevor  ich  diese  Abtheilung  schliesse,  muss  ich  noch 
der  Teak-Blätter  erwähnen,  von  denen  man  sich  als  Färbstoff  viel  ver- 
sprochen hat.  Dr.  Burt's  Entdeckung  bewog  mich,  mit  diesen  Blättern 
Versuche  anzustellen;  ich  bedaure  indess,  sagen  zu  müssen,  dass  ich  — 
ungeachtet  ich  Dr.  Burt's  Methode  genau  befolgte,  weder  von  getrock- 
neten noch  von  frischen  Blättern,  weder  durch  Aufguss  noch  durch  1 — 3 
stündiges  Sieden,  eine  gelbe  Färbung  erhalten  konnte,  sondern  immer 
nur  eine  dunkel  viollete  („purple")  mit  Uebergängen  in  Braun.  —  Ich 
versuchte  als  Beitzmittel  Alaun,  essigsaures  Eisen,  essigsaures  Kupfer, 
salzsaures  Zinn,  konnte  aber  nie  des  von  Dr.  Burton  verkündeten  Er- 
folgs  theilhaft    werden. 

Wälder.  Bekanntlich  nimmt  die  Anzahl  der  Holzgewächse  zu,  je 
näher  man  dem  Aequator  kömmt;  in  der  Provinz  Amherst  verhält  sich 
deren  Zahl  zu  der  der  krautartigen,  wie  3  zu  1.  Nicht  überall  aber 
erlangen    —    unter    gleichen    Umständen    —    Bäume    jene    Vollkommenheit, 


204  Dr.  Juhiinn  Wilhelm  llelfer's 

Dauerhaftigkeit,  Höhe  und  Dicke,  wie  in  jener  Provinz,  die  recht  eigent- 
lich ein  Waldland  ist.  Wo  immer  sich  die  Vegetation  in  ungestörter 
Kraft  zu  entwickeln  vermag,  ist  der  Boden  mit  Bäumen  besetzt,  welche 
in  ununterbrochenen  Massen  alle  Stellen  einnehmen,  denen  der  Fleiss  oder 
die  Verwüstung  des  Menschen  nicht  ihr  Gepräge  aufgedrückt  haben.  Man 
findet  hier  weder  Savannen  —  wie  in  Amerika  —  noch  Sandflächen,  ja 
kaum  einen  kahlen  Felsen;  selbst  die  Striche  im  Bereiche  der  Ebbe  und 
Flutb  sind  dicht  überschattet  von  Mangroves  und  anderen  Baumarten,  welche 
in    brakischem    Wasser   gedeihen. 

Die  Zahl  der  bisher  aufgezählten  Holzgewächse  ist  160,  jedoch  ist 
sie  bei  Weitem  noch  nicht  vollständig.  Es  lässt  sich  mit  Sicherheit  an- 
nehmen, dass  in  der  Provinz  Amherst  an  Bäumen  200,  an  baumartigen 
Sträuchern  300 ,  an  Sträuchern  350  und  an  holzigen  Schlingpflanzen 
etwa  150  verschiedene  Arten  vorkommen;  so  dass  jährige  Pflanzen-, 
Schmarotzer-  und  Zwiebelgewächse  nur  in  verhältnissmässig  geringer  Zahl 
in  die  Flora  eingehen.  Von  Letzteren  mögen  ein  Drittheil  parasitische 
Kriech-  und  Klettergewächse,  ein  zweites  Drittel  Orchideenartige,  zwiebel- 
tragende und  andere  Epiphyten  sein  und  das  letzte  Drittel  sich  unter  die 
übrigen    Familien    der    Phanerogamen    vertheilen. 

Die  Zahl  der  Bauholz-Bäume  ist  nicht  unbeträchtlich  und  wenigstens 
10 — 20  Arten  davon  scheinen  für  den  Schiffbau  geeignet,  wiewohl  die 
Europäer  zu  diesem  Zweck  bisher  nur  das  werthvolle  Teak-Holz  benützt 
haben.  Der  Thingan,  der  Finmah,  der  Zakayan,  der  Lephion,  der  Ajadan, 
der  Thoduin-thee ,  der  Theezee-ghi  scheinen  unter  allen  Bäumen  dem 
Teak-Baum    in    Werth    am    nächsten    zu    stehen. 

Teak- Wälder.  Diese  Wälder  erscheinen  nicht  zusammenhängend  in 
allen  Theilen  des  Landes  und  nur  selten  mit  anderen  Baumarten  gemengt; 
meist  nehmen  sie  den  Boden,  auf  welchem  sie  vorkommen,  fast  ausschliess- 
lich ein.  Es  fällt  schwer,  die  Beschaffenheit  des  Bodens,  auf  welchem 
Teak-Bäume  gedeihen,  festzustellen;  viel  leichter  ist  die  verneinende  Be- 
antwortung dieser  Frage:  Der  Teak-Baum  kömmt  nicht  fort:  a)  auf  Nie- 
derungen, welche  den  regelmässigen  Ebben  und  Fluthen  ausgesetzt  sind; 
b)  auf  fruchtbarem  aufgeschwemmtem  Land,  ohne  thonigen  oder  grusi- 
gen Untergrund;  c)  da  wo  —  auch  bei  sonst  günstigen  Verhältnissen  — 
bereits  andere  Baumarten  vorherrschen;  d)  auf  kahlen  Kalkhügeln;  e)  auf 
unfruchtbarem  Sandstein-Boden;  f)  auf  schwarzem  Thonschiefer;  g)  auf 
Bergen  von  beträchtlicher  Höhe.  Die  gewöhnlichsten  Oertlichkeiten  sind 
massig  hohe,  abhängige  Ebenen,  sehr  oft  nahe  an  Flüssen.  Die  Teak- 
Wälder  der  Provinz  Amherst  liegen  nahe  an  den  Flüssen  Salween,  Thou- 
Khan  und  Attaran.  Ich  hatte  nur  Gelegenheit,  jene  am  Salween  zu  unter- 
suchen. Dort  gehen  mehr  Bäume  durch  schlechte  Behandlung  zu  Grunde, 
als  deren  nützlich  verwendet  werden  und  zwar:  a)  Weil  die  Leute, 
welche  sich  mit  dem  sogenannten  „Tödten"  der  Bäume  beschäftigen,  viele 
davon  zerstören,  die  sie  nachträglich  für  unbrauchbar  befinden.  —  b)  Wegen 
der  Schaaren  von  Insecten,  welche  sich  in  den  getödteten  Bäumen,  die 
man  dem  Eingehen  überlässt,  erzeugen.  Man  behauptet  zwar,  dass  Teak 
von  Insecten  nicht  angegriffen  werden,  dennoch  gehen  Arten  von  Bostri- 
chus,  Passalus  und  anderer  Käfergattungen  über  jene  verfallenen  Bäume, 
und  von  diesen  auf  andere  gesunde,  die  zur  Benutzung  noch  nicht  alt 
genug  sind.  —  c)  Die  durchgängige  Nächlässigkeit  der  Eingeborenen  in 
Bezug    auf  muthwilliges    Niederbrennen    von    Wäldern,    erstreckt    sich    auch 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tennasserim-Provinzen  etc.  205 

auf  die  Teak-Waldungen.  Ich  sah  weite  Strecken  davon  gänzlich  zerstört, 
nur  weil  es  irgend  einem  wilden  Karäer  beliebt  hatte,  seine  Wohnstätte 
in  der  Nähe  aufzuschlagen  und  desshalb  das  Dickicht  durch  ein  allgemeines 
Niederbrennen    zu    lichten. 

Da  nun  Teak  ein  so  werthvoller  Artikel  überhaupt  ist  und  —  wie 
man  bestimmt  behaupten  darf  —  der  einzige,  dem  Maulmain  sein  von  Tag 
zu  Tag  wachsendes  Gedeihen  schuldet,  sollte  die  Regierung  vor  Allem 
für  die  Erhaltung  der  Teak-Wälder  Sorge  tragen,  und  nicht  nur  für 
diese,  sondern  auch  für  deren  Vermehrung.  Allerdings  muss  —  selbst  bei 
guter  Bewirtschaftung  —  die  Anzahl  der  Bäume  mit  jedem  Jahr  ab- 
nehmen und  das  Bauholz  an  leicht  zugänglichen  Stellen  bald  selten  wer- 
den. Man  weiss  aus  Erfahrung,  dass  auf  Plätzen,  wo  Bauholz  gefällt 
worden,  die  durch  natürliche  Aussaat  entstandenen  jungen  Bäume  nur 
spärlich  aufwachsen.  Desshalb  wären  Teak -Pflanzungen  höchst  wichtig, 
nicht  nur  wo  dieser  Baum  schon  früher  stand,  sondern  auch  an  anderen, 
durch  ehemische  Beschaffenheit  des  Bodens  und  andere  Umstände  dazu 
passenden  Oertlichkeiten.  Die  Regierung  besitzt  so  ausgedehnte  Ländereien 
in  diesen  Provinzen,  dass  die  Wahl  zum  Behuf  solcher  Pflanzungen  nicht 
schwierig  fiele  und  in  der  That  könnten  diese  Ländereien  nicht  besser 
benutzt  werden,  als  zur  Erhaltung  jener  Quelle  des  Reichthums,  welche 
bisher    so    auffallende    Beweise    ihrer    Ergiebigkeit   geliefert   hat. 

Ich  möchte  indess  ein,  von  der  bei  den  Holländern  auf  Java  üblichen 
Weise  des  Anbaus,  etwas  verschiedenes  Verfahren  vorschlagen.  Es  ist 
eine  alte  Erfahrung,  dass  Waldbäume  nicht  gut  gedeihen,  wenn  man  sie 
nach  Art  der  Obsbäüme  oder  anderer  zarterer  Gewächse  behandelt.  Man 
sollte  das  Verfahren  der  Natur  nachahmen  und  weder  Treibbeete  noch 
Versetzungen  in  Anwendung  bringen.  Nach  Lichtung  des  Dickichts  an  den 
gewählten  Stellen  und  nachdem  der  Boden  genug  gelockert  ist,  um  die 
Samen  aufzunehmen  und  sie  mit  etwas  Erde  zu  bedecken,  möchte  ich 
rathen,  die  Aussaat  ohne  weitere  Sorgfalt  vorzunehmen.  Natürlich  müsste 
die  Pflanzung  eingezäumt  werden,  um  alle  Störung  durch  wilde  Thiere 
jeder  Art  abzuhalten.  Nach  Verlauf  von  zwei  bis  drei  Jahren  müssten 
die  zu  gedrängt  stehenden  Pflänzchen  ausgerauft  und  die  parasitischen 
Pflanzen  der  Dickichte  und  andere  Hindernisse  sorgfältig  beseitigt  werden. 
—  Diese  leichte  Arbeit  sollte  über  weite  Strecken  dieses  Landes  all- 
jährlich wiederholt  werden.  Für  die  ersten  Versuche  müsste  man  —  wie 
sich  von  selbst  versteht  —  Stellen  an  Flüssen  und  natürlichen  Kanälen 
(„nullahs")  wählen,  von  welchen  aus  die  Weiterbeförderung  von  Bauholz 
leicht    zu    bewerkstelligen    wäre. 

Auf  diese  Weise  Hesse  sich  der  Fortbestand  von  Teak-Wäldern  für 
immerwährende  Zeiten  sichern,  der  Werth  der  Provinzen  würde  mit  jedem 
Jahre  steigen  und  mit  der  Zeit  für  die  Regierung  eine  sehr  wichtige 
Quelle    des    Einkommens   werden. 

Diese  übersichtliche  Darstellung  ihrer  natürlichen  Reichthümer  be- 
weiset genügend,  dass  die  Provinz  Amherst  eine  Fülle  von  Elementen 
des  Wohlstandes  und  des  Gedeihens  besitzt,  und  gewiss  sind  deren  noch 
eine  Menge  unbekannt,  die  erst  vom  Laufe  der  Zeit  und  von  fortgesetzter 
Untersuchung   ihre    Aufschliessung    zu    erwarten    haben. 

Maulmain,   den   15.   September   1837. 


206  Dr  Johann  Wilhelm  Helfer's 


2.  Zweiter  Bericht.  Die  Provinzen  Ye,  Tavoy  und  Mergui  an  der  Tenas- 
serim-Küste  —  auf  Befehl  der  Regierung,  mit  besonderer  Rücksicht  auf 
die  Entwicklung   ihrer  natürlichen   Hilfsquellen  bereiset  und  untersucht. 

Vorgänge   vom   14.    November    bis    15.   Mai    1838.    Landreise 
von  Maulmain  nach  Mergui. 

1)  Fahrt  in  Booten  den  Attaran-Fluss  stromaufwärts  und  Untersuchung 
der  heissen  Quellen  am  Attaran.  Weiterreise  nach  dem  oberen  Theil  des 
Zamie   Khiaung. 

2)  Landreise  vom  Zamie  Khiaung  zu  den  oberen  und  unteren  Teak- 
Waldungen  und  längs  der  grossen  östlichen  Bergkette  bis  zum  Mickeli  Khiaung. 

3)  Ausflug  zum  Engpass  der  3  Pagoden  und  zum  benachbarten 
Siamesischen    Tafel-Hochlande. 

4)  Vom  Mickeli  Khiaung  nach  Lamain  (wobei  der  Weg  verfehlt 
wurde  und  die  Reisegesellschaft  7  Tage  lang  in  der  Wildniss  unherirren 
musste)    und    von    da    nach   Ye. 

8)  Ausflug  in  die  höchsten  Theile  der  östlichen  Gebirgskette,  „Zae- 
tow?iu    genannt    und    von    dort    zurück. 

6)  Reise  nach  den  Malue-Bergen   und   von  dort  nach  der  Hinzai-Bucht. 

7)  Reise    längs    der   Küste    nach    Zadie    Vua. 

8)  Besteigung    der    Zadie-Berge. 

9)  Reise    von    Nabulee-Yua    nach    Tavoy. 

10)  Ausflüge    in    der    Umgebung    von    Tavoy. 

11)  Reise  nach  Osten  über  die  hohe  Bergreihe  nach  Metamio  — 
Begehung  der  Zinn- Gebiete,  Besteigung  des  Kamaung-thueg  ßain  Khiaung 
und  eines  Theiles  des  oberen  Tenasserim  bis  zu  den  heissen  Quellen; 
von    dort   zurück    nach    Tavoy. 

12)  Reise  von  Tavoy  nach  dein  Towngbiaun-Thale  und  dem  Kiauk-Berge. 

13)  Begehung  des  Towngbiaun-Thales  nach  abwärts  und  Landreise 
nach    Pai    und    Palouk. 

14)  Fahrt  auf  dem  Palouk  -  Flusse  stromabwärts  und  längs  der 
Meeresküste    nach    Palou. 

15)  Landreise  von  Palou  ostwärts  bis  an  den  Tenasserim-Fluss  beim 
Tarouk    Khiaung. 

16)  Fahrt    den    Tenasserim-Fluss    abwärts    bis    Mergui. 

17)  Zweite  Bergfahrt  auf  dem  Tenasserim,  neun  Tagreisen  ober  Mergui 
und    Rückkehr    dorthin. 

18)  Dritte  Aufsteigung  zum  Dorfe  Tenasserim  und  Besteigung  des 
kleinen  Tenasserim  bis  zum  hohen  TatVllande,  welches  die  Bucht  von 
Kraw  von  der  von  Siam  scheidet;  zu  dem  kohlenführenden  Gegenden 
und    dann    zurück. 

NB.  Die  Routen  Nr.  1,  14,  17  und  theil  weise  13  und  18  wurden 
auf  Booten,  Nr.  16  und  zum  Theil  Nr.  18  auf  Flössen  zurückgelegt- 
alle  übrigen  auf  dem  Landwege.  Der  Landweg  ging  grösstenteils  über 
weite  weglose  Gebiete,  theilweise  den  Pfaden  der  wilden  Elephauten 
folgend,    theilweise    durch    Aushauung    der    Dickichte    neu    geöffnet. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  207 

Die  Routen  Nr.  2,  4,  6,  10,  12,  13,  14,  16,  17,  18  sind  theil- 
weise,  die  Routen  Nr.  5,  8,  11,  15  in  ihrer  ganzen  Erstreckung  nie 
vorher   von    irgend    einem    Europäer   betreten    worden. 

Da  die  bereisten  Landstriche  zum  grössten  Theil  unbewohnt  sind, 
mussten  Mundvorräthe,  mitunter  auf  14  Tage  —  in  Einem  Fall  auf  einen 
Monath    —    mittels   Trägern    („Coolies"J   mitgenommen    werden. 

I*  Allgemeine  Bemerkungen. 

Unterschied  zwischen  dem  Gebiete  des  eigentlichen  Ost-Indiens  und  der 
östlicher  gelegenen  —  gewöhnlich  „Indo- China"  öder  „Ausser- Indien''  ge- 
nannten Länder.  Die  alte  Unterscheidung  Ost-Indiens  in  das  Gangetische 
und  Trans-Gangetische  ist  nicht  geradezu  verwerflich,  zur  genauem  Un- 
terscheidung des  eigentlichen  Hindostan  von  den  östlicher  gelegenen  Län- 
dern, sollten  diese  (wenn  man  sie  einmal  als  „Indien"  bezeichnen  will) 
den  Namen  „Indien  jenseits  des  Burhampooter"  führen,  da  unmittelbar  an 
der  Ostseite  dieses  Flusses  (mit  Ausschluss  seines  oberen  Laufes)  eine 
grosse  Veränderung  im  Aussehen  der  Gegend,  in  den  freiwilligen  Erzeug- 
nissen des  Pflanzenreiches  und  in  der  Race,  wie  in  den  Sitten  und  Ge- 
bräuchen der  Eingebornen  hervortritt.  Man  darf  billig  annehmen,  dass  mit 
dem  Auftreten  hügeliger  und  bergiger  Landstriche  an  der  Stelle  von 
Ebenen  überall  bedeutende  Veränderungen  sichtbar  werden;  hier  aber 
sind  sie  besonders  auffallend  und  nahezu  ohne  irgend  eine  verbindende 
Uebergangsform. 

Hindostan  behält  längs  seiner  grössten  Ausdehnung  von  2000  (engl.) 
Meilen  von  Bambay  bis  Dacca  nahezu  denselben  Character  bei;  die  Ge- 
genden jenseits  des  Burhampouter  überraschen  plötzlich  den  Reisenden, 
als    beträte    er    eine    neue    Welt. 

Dieser  Character  bleibt  sich  -  -  so  weit  er  bis  nun  bekannt  ist  — 
durch  die  Gebiete  von  Assam,  Munneepoor,  Ost-Silhet,  Arracan,  den  Te- 
nasserim- Provinzen,  Pegu ,  Burundi ,  Siam  und  den  viel  weniger  durch- 
forschten Ländern  gegen  die  chinesischen  Meere  überall  gleich.  Weiterhin 
gegen  die  Halbinsel  von  Malacca  nähern  sich  die  Züge  und  die  Erzeug- 
nisse des  Landes  denen  des  indischen  Archipels  und  zwischen  beiden 
durch  die  Bucht  von  Bengalen  geschiedenen  Halbinseln  herrscht  nur  geringe 
Aehnlichkeit,  ausser  auf  Ceylon,  Tinevelly  und  Travancore,  welche  sich 
der  grossen  Gruppe  der  Molukken  mehr  zu  nähern  scheinen,  als  irgend 
ein    anderer    Theil    der    hindostanischen    Halbinsel. 

Verschiedenheit  in  den  Tenasserim  Provinzen.  In  der  gemässigten 
Zone  treten  innerhalb  eines  Raumes  von  7  Breitengraden  grosse  Verän- 
derungen im  Klima  und  in  den  Producten  ein;  in  den  Tropenzonen  ver- 
schwinden diese  Unterschiede  vor  der  oberflächlichen  Wahrnehmung  — 
nur  der  genaue  Beobachter  bemerkt  ihre  Abstufungen.  In  den  gemässigten 
Zonen  beruhen  diese  Abwechselungen  hauptsächlich  auf  den  Breitengraden, 
der  östlicheren  oder  westlicheren  Lage,  der  Meereshöhe  u.  s.  w.,  in  tropi- 
schen Landstrichen  sind  diese  Factoren  von  geringerer  Wichtigkeit  und 
die  eigentliche  Ursache  der  Veränderung  liegt  grösstentheils  in  der  Menge 
des    Regens    und    in    der    Vertheilung    der    Feuchtigkeit. 

Verschiedenheit  des  Regens  in  den  nördlichen  und  südlichen  Theilen. 
Die  merkwürdige  Verschiedenheit  der  Naturerzeugnisse  in  den  nördlichen 
und  südlichen  Theilen  von  Tenasserim  hat  ihren  Grund  in  klimatischen, 
von    der  jährlichen  Vertheilung    des    Regens    abhängigen    Verhältnissen. 


208  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfert 

In  der  Provinz  Amherst,  in  Pegu  und  Arracan  ist  der  Monsoon 
eine  wahre  Siindfluth;  durch  5 — 6  Monathe  fällt  dort  mit  geringer  Un- 
terbrechung eine  solche  Menge  Regen  herab,  wie  kaum  an  irgend  einer 
andern  Stelle  der  Erdoberfläche.  Gegen  Ende  November  aber  hellt  sich  der 
Himmel  auf  und  während  der  nächsten  5  Monathe  regnet  es  kaum  je 
mehr;  im  April  wird  die  Hitze  erstickend.  In  der  Provinz  Mergui  dagegen 
nimmt  das  Klima  einen  mehr  äquatorialen  Character  an,  während  des 
grössten  Theiles  des  Jahres  regnet  es  dort  wenigstens  in  14  Tagen  ein- 
mal; es  herrscht  zwar  dort  noch  der  Monsoon,  aber  durch  kürzere  Zeit 
und    milder,    mit    längeren    Zwischenräumen    von    schönem    Wetter. 

Oberflüchen  -  Gestaltung  der  Provinz  Amherst.  In  der  Oberflächen-Ge- 
staltung ist  diese  Provinz  von  den  übrigen  weit  verschieden;  hingegen  haben 
die    Provinzen    Ye,    Tavoy    und    Mergui    ziemlich    eine    ganz    gleiche. 

Die  Provinz  Amherst  ist  ein  abgetrennter  Theil  der  grossen  ange- 
schwemmten   Ebene     von    Pegu,    welcher  mit    Ausnahme    von    Bengalen 

—  keine    andere    des    bis    nun    bekannten    Asiens    gleichkömmt. 

Die  übrigen  Theile  von  Tenasserim.  Ye,  Tavoy  und  Mergui  (und  — 
wie  es  scheint  —  die  ganze  Halbinsel  von  MalaccaJ  sind  Bergland,  durch- 
schnitten von  Thälern,  zwischen  welchen  langgestreckte,  einförmige  Berg- 
reihen in  paralleler  Richtung  streichen  und  gegen  den  Mittelpunkt  des 
Gebirgs  ein  hohes  Tafelland  eiuschliessen,  da  aber,  wo  sie  nicht  bis 
zum  Meeresstrand  reichen,  sich  gegen  das  Meer  zu  in  Tiefebenen  oder 
Sümpfe,    welche    die    Fluth    überschwemmt,    verflachen. 

Allgemeines  Ansehen.  Das  Land  bietet  im  Allgemeinen  den  Anblick 
eines  dichten,  ununterbrochenen  Waldes;  je  weiter  man  darin  nach  Süden 
geht,  um  so  zahlreicher  werden  die  von  Baum  zu  Baum  geschlungenen 
Kletterpflanzen,  die  kriechenden  Gewächse  und  die  undurchdringlichen 
Rattan-Palmen. 

Indurchdringlichkeit  des  Landes,  nach  Süden  bin  zunehmend.  Im  eigent- 
lichen Ava  sollen  dem  Eindringen  in  die  Wälder  keine  ernstlichen  Schwie- 
rigkeiten entgegenstehen.  Unter  dem  17°  N.  B.  machen  das  dichte  Un- 
terholz, die  niedrigen  Kriechgewächse  und  die  scharfschneidigen  Binsen, 
die  Sache  schon  schwieriger;  unter  dem  15°  bieten  die  labyrinthischen 
Netze  riesiger  Klettergewächse  neue  Hemmnisse  dar,  unter  dem  10°  kommen 
noch  —  besonders  in  tiefen  Gegenden  —  Massen  von  dornigen  Rattan-Palmen 
und    Cisalpinien    dazu    und    machen    das    Eindringen    fast    zur    Unmöglichkeit. 

—  In  den  tieferen  Strichen  von  Tenasserim  und  im  Süden  von  Mergui 
lässt  sich  das  Land  nur  in  Booten  auf  den  zahlreichen  Flussverbindungen 
(„Nullahs")    und    natürlichen    Kanälen    bereisen. 

Gelichtete  Strecken  und  Anbau.  Gelichtete  Strecken  kommen  sehr 
wenige  vor  und  nur  in  unmittelbarer  Nähe  der  Dörfer;  in  einer  Aus- 
dehnung von  mehreren  Meilen  finden  sie  sich  nur  nächst  den  Hauptorten 
Ye,  Tavoy,  Pallou  und  Mergui.  —  Am  besten  wird  das  Land  um  Tavoy 
und  südlich  von  dieser  Stadt  bis  zur  Tavoy- Spitze  bebaut,  das  frucht- 
barste   bebaute    Land    liegt    im    Taunbiauk-Thale. 

Binnenland.  Das  innere  Gebiet  liegt  ganz  öde,  mit  Ausnahme  einiger 
wandernder  Weiler  der  Karäer  und  der  neu  ffegTündeten  Gemeinde  christ- 
licher  Karäer  zu  Metamis;  dieses  ist  das  nächste  Dorf  an  der  Grenze 
des  siamesischen  Gebietes.  Vor  vier  Jahren  bewohnte  auch  nicht  Ein 
Mensch    die    östliche    oder    linke    Seite    des    Tenasserim;    jetzt    findet    man 


gedruckte  und   ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.        209 

dort    einige    wenige    vereinzelte    Häuser    und     ihre    Zahl   ist    in    schneller 
Zunahme    begriffen. 

Inbewohnte  Strecken.  Das  Innere  des  Landes  südlich  von  Mergui 
und  über  das  Dorf  Tenasserim  hinaus  —  so  weit  es  zum  britischen 
Gebiet  gehört  —  ist  gänzlich  unbewohnt.  Alles  Land ,  zu  welchem 
menschliche  Mühe  und  Beharrlichkeit  den  Zugang  eröffnet  haben,  fällt  — 
wenn  es  auch  nur  durch  kurze  Zeit  verlassen  oder  vernachlässigt  wird 
—  wieder  der  ungezügelten  Macht  natürlicher  Agentien  anheim.  Kaum 
lassen  sich  gegenwärtig  die  Spuren  grosser  Städte,  deren  ßlüthezeit  vor 
Alompra's  Eroberung  (1755)  fällt  mitten  in  der  Wildniss  auflinden.  — 
Ein  Jahrhundert  lang  müssen  vermehrte  Bevölkerung,  Anbau  und  Gesittung 
unablässig  auf  diess  Land  eingewirkt  haben,  bevor  es  seine  Grundzüge 
verändert  haben  wird  und  bevor  alle  seine  Eigenthümlichkeiten  und  Merk- 
würdigkeiten   bekannt   sein    werden. 

II.  Natürliche  Eintheilung  des  Landes. 

1.  Mangrove- Gürtel.  Nahezu  die  ganze  Küste,  wo  immer  das  feste 
Land  durch  Anhäufung  wächst  und  nicht  ein  steiles  Vorgebirg  in  das  Meer 
ragt,  ist  mit  einem  Gürtel  von  Mangroves,  wie  mit  einem  starken  Walle 
gegen  die  Angriffe    des    Meeres,    umgeben. 

Mangroves  schützen  die  Rüste  gegen  das  Vorrücken  des  Meeres.  Felsen 
werden  durch  die  Gewalt  der  Stürme  auseinandergerissen  und  in  mäch- 
tigen Trümmern  über  weite  Strecken  des  Gestades  verstreut;  der  ge- 
waltige, Jahrtausende  lange  Stoss  der  Wogen  untergräbt.  Hügel  und  Berge 
längs  der  Küste  und  schleift  den  Granitfels  zu  einem  grossem  Geschiebe 
ab.  Der  Mangrove-Hain,  in  seiner  nachgiebigen  Schwäche  ein  wirksamer 
Beschützer  des  weichen  Schlammes,  in  dem  er  wurzelt,  bleibt  unberührt; 
er  gibt  keinen  Fussbreit  seines  Gebietes  auf;  ja  er  greift  mit  seinen 
vorrückenden  Wurzeln  nach  jedem  Gegenstand,  hält  ihn  fest  und  breitet 
das    Landgebiet    allmälig    aber    sicher    immer    weiter    aus. 

Ihre  eigentlichen  Ocrtlichkeiten.  Die  Mangroves  in  ihrer  höchsten 
Vollkommenheit  sind  den  äquatorialen  Landstrichen  eigentümlich;  sie  ver- 
lieren ihre  Lebenskraft  jenseits  des  20.  Breitengrades.  Die  Zahl  der  zu 
diesen  Familien  gehörigen  Sträuche  und  Bäume  nimmt  gegen  den  Aequator 
hin    zu. 

Ihre  Eigenthümlichkeiten.  Die  Mangrove-Striche  sind  undurchdringlich; 
sie  sind  eine  Masse  weichen  angeschwemmten  Bodens,  geschützt  durch 
ein  Netz  aus  den  höchst  wunderlich  gestalteten  Wurzeln  der  darauf  wach- 
senden Mangroves.  Diesen  Boden  durchschneiden  zahllose  kleine  Kanäle, 
in  die  das  Meerwasser  bei  steigender  Fluth  einströmt  und  die  es  bei 
fallender    wieder    verlässt.    Bei    hoher  Fluth  steht   das  Ganze  unter  Wasser. 

Mangroves  im  Hinzai-  Becken.  Weit  ausgedehnte  Mangrove  -  Wälder 
finden  sich  im  Hinzai-Becken,  wo  sie  einen  10  bis  15  (engl.)  Meilen  breiten 
Halbkreis,  nur  mit  einer  kleinen  Oeffnung  für  den  breiten  Fluss  einneh- 
men. —  An  den  Flüssen  Palou  und  Palouk  sah  ich  sie  sehr  entwickelt, 
am  ausgebreitetsten  aber  an  der  Mündung  des  Tenasserim -Flusses,  und 
Mangrove-Gründe  mögen  wohl  den  Hauptbestandteil  der  zahlreichen  in- 
neren   Inseln    im   Süden    von  Mergui    bilden. 

Vergleich  mit  den  Mangroves  von  Bengalen.  Auch  in  Unter -Bengalen 
kommen  Mangrove-Gründe    vor,    nur   ist   dort  die    Zahl    der  Arten   viel    ge- 


210  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

ringer.    Man    könnte    in    der    That    diese    Gegenden    als  die  „Sunderbunds" 
von  Tenasserim   bezeichnen. 

Bedingaugen  des  Gedeihens.  Der  Mangrove-Baum  gedeiht  nicht  in 
reinem  Salzwasser,  sondern  braucht  brackisches  Wasser;  am  ausgebil- 
detsten findet  man  daher  stets  die  Mangrove-Wälder  an  den  Mündungen 
grosser   Flüsse. 

An  den  Mündungen  grosser  Flüsse.  Die  Sunderbunds  unterhalb  Cal- 
cutta  sind  aus  einem  Gemenge  des  Meerwassers  der  Bucht  von  Bengalen 
mit  der  ungeheuren  Wassermasse  an  den  Mündungen  des  Ganges  und 
Megna  entstanden.  Ebenso  hat  in  den  Tenasserim-Provinzen  die  grosse 
Zahl  der  ins  Meer  mündenden  Flüsse  die  Entstehung  und  Ausbildung 
grosser  Mangrove-Gürtel,  namentlich  an  der  Ausmündung  des  Tenasserim- 
Flusses,  sowie  die  Unzahl  niederer  Mangrove-Inseln  südlich  von  Mergui 
veranlasst  und  am  Hinzai,  wo  sich  17  kleinere  Flüsse  vereinigen,  ist 
diese  Vereinigung  die  Ursache  der  Entstehung  eines  ausgedehnten  Mangrove- 
Gebiets.  An  der  Küste  Coromandel,  an  der  verhältnissmässig  wenige  Flüsse 
ausmünden,  sind  Mangrove-Gürtel  viel  seltener  und  sandige  Gestade  — 
(in    Tenasserim    eine    Seltenheit)    treten    an    deren    Stelle. 

Nutzen  —  Holz.  Das  ausgebreitete  Mangrove-Gebiet  ist  bisher  noch 
ganz  unbenutzt  geblieben;  nur  in  der  nächsten  Umgebung  von  Mergui 
wird  Brennholz,  welches  man  für  das  Beste  zu  diesem  Zwecke  hält, 
daraus    gewonnen. 

Asche.  Die  Asche  der  Mangrove- Bäume  enthält  wenig  Kali,  dafür 
aber    Natron. 

Rinde.  Die  Binde  ist  stark  geibstollhältig,  wird  aber  bisher  nur 
von  den  Eingebornen  zum  Theeren  („to  tar")  ihrer  Fischnetze  benutzt; 
sie    könnte    die    Eichenrinde    mit    Vortheil    ersetzen. 

Vorbereitung  des  Bodens  zum  Anbau  der  Nipah.  Ein  grosser  Theil 
des  Mangrove-Gebiels  könnte  sehr  gewiunreich  zum  Anbau  der  Nipah- 
Palme   benutzt    werden;    diess    ist    jedoch    bisher    kaum   jemals    geschehen. 

2.  Angeschwemmte  Ebenen.  Fast  nur  in  der  Provinz  Amherst.  Das  Ge- 
biet der  drei  Flüsse:  des  Salween,  des  Gyne  und  des  Attaran,  welche 
sich  vor  Maulmain  zu  einem  einzigen  grossartigen  Strom  vereinigen, 
ist  eine  stetige  Masse  angeschwemmten  Bodens,  fast  überall  von  gros- 
ser    Fruchtbarkeit      und     demnach     vorzugsweise     zum     Anbau     des     Beises 

—  des    wichtigsten    und    unentbehrlichsten    Gewächses     der     Tropenländer 

—  geeignet. 

In  anderen  (regenden  seltener.  Die  übrigen  Theile  der  Tenasserim- 
Provinzen  sind  bergig  und  enthalten  mithin  weniger  Flachland,  das  Behufs 
des    Beisbaues    regelmässig    unter    Wasser   gesetzt   werden    könnte. 

Bisher  noch  nicht  vollständig  benutzt.  Indess  könnte  —  besonders 
nahe  an  der  Küste  und  längs  der  Flussufer  noch  genug  Flachland  zum 
Beisbau  gerodet  werden,  um  den  Bedürfnissen  des  Zehnfachen  der  jetzigen 
Bevölkerung   zu    genügen. 

Angeschwemmte  Ebenen  der  Provinz  Tavoy.  Die  grösste,  gegenwärtig 
zum  Anbau  des  Beises  benutzte  Alluvial -Ebene  liegt  um  Tavoy  herum, 
und  südlich  von  dieser  Stadt  bis  Pim-bioo  ghee,  ungefähr  in  gleicher 
Breite  mit  der  Tavoy -Landspitze.  Diese  Gegend  ist  die  am  wenigsten 
angebaute,  die  bestbevölkerte  und  die  gedeihendste  der  gesammten  Provinzen. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  211 

In  der  Provinz  Te.  Ausgebreitete  Alluvial -Ebenen  liegen  zwischen 
Amherst  und  Ye;  sehr  reiche  Flächen  um  Lainain  und  an  den  Ufern  des 
Flusses   Ye. 

Bei  Palou  Südlich  von  Jingnary  findet  man  die  nächsten  weiten 
Ebenen  bei  dem  Dorfe  Palou,  dessen  Einwohner  einen  grossen  Theil 
davon    gerodet   haben    und    alljährlich    bebauen. 

An  den  ifern  des  Tenasserim.  An  beiden  Ufern  des  Tenasserim,  15 
(engl.)  Meilen  stromaufwärts  von  Mergui,  sind  nicht  minder  reiche  Alluvial- 
Ebenen  vorhanden  und  man  sagt  mir,  dass  sie  sich  weit  nach  Süden 
hin    erstrecken;    indess    ist   nur    ein   geringer   Theil    davon    gerodet. 

Die  Provinz  Mergui  hat  bisher  so  wenig  Reis  hervorgebracht,  dass 
selbst  für  die  geringe  Einwohnerzahl  von  30,000  Seelen,  ein  Theil  des 
Bedarfs    alljährlich    aus    Maulmain    eingeführt    werden   musste. 

Jener  Theil  des  angeschwemmten  Landes,  welcher  hoch  genug  liegt, 
um  den  Abfluss  des  Wassers  zu  gestatten,  ist  noch  mehr  vernachlässigt 
als  die  Niederungen;  nichts  ist  daran  gerodet  als  einige  kleine  Gartenflecke. 
Hier  Hessen  sich  am  besten  jährige  Gewächse,  wie  Tabak,  Indigo,  Zucker, 
Sesam    und    dergleichen    bauen. 

3.  Sandige  Flächen.  Sandebene  im  \orden  von  Tavoy.  Sandebenen  kom- 
men in  den  Provinzen  ziemlich  selten  vor;  ich  selbst  kenne  deren 
nur  Eine,  im  Norden  von  Tavoy  unweit  des  Dorfes  No-bos-lay.  Der  Boden 
besteht  aus  losem  Sand  mit  einer  starken  Beimengung  von  thonigem  Erd- 
reich    und    ist    desshalb    nicht    geradezu    unfruchtbar. 

Beschaffenheit.  Diese  Ebene  ist  wahrscheinlich  ein  in  verhältnissmässig 
neuer  Zeit  durch  das  Zurücktreten  der  See  trocken  gelegter  Meeresboden. 
Die  Vegetation  darauf  ist  karg,  theilweise  ausgerodet  und  die  Fläche 
war  —  wie  ich  vermuthe  —  einst  angebaut;  sie  wäre  als  Schafweide 
verwendbar. 

Bei  Mergui.  Der  Boden  der  Insel  Mergui,  gegenüber  der  Insel  Mad- 
ramecan,  ist  ein  Geinenge  von  weissem  Sand  und  grossem  Geschieben, 
in    welchem    auch    Zinnerz   vorkömmt. 

4.  Dazwischenliegender  anbaufähiger  Boden.  Beschaffenheit.  Vom  Meer 
gegen  das  Innere  erhebt  sich  der  Boden,  die  Einwirkung  der  Fluthen 
nimmt  demnach  ab  und  hört  ganz  da  auf,  wo  zuerst  niedere  Hügel  das 
Land  durchschneiden.  Aus  den  Thälern  der  parallel  ansteigenden  Hügel  kom- 
men   zahlreiche  kleine  Bäche  herab. 

Sehr  frachtbar  wegen  Anhäufung  von  Dammerde.  Für  perennirende 
Tropengewächse  geeignet.  Dieses  Mittelland  ist  durch  Jahrhunderte  dauernde 
Anhäufung  von  Dammerde  reichlich  befruchtet  und  hiermit  zum  Anbau 
der  verschiedensten  Tropengewächse  geeignet,  vorzüglich  perennirender, 
welche  die  jährlich  wiederkehrenden  Ueberfluthungen  nicht  vertragen,  aber 
doch  auch  ohne  eine  gewisse  Menge  auf  das  ganze  Jahr  vertheilte  Feuch- 
tigkeit  nicht   gedeihen   würden. 

Teak-Wälder.  Im  oberen  Theile  der  Provinz,  zwischen  Ye  und  Amherst 
umfasst  diess  Gebiet  ausschliesslich  alle  Teak-Wälder  im  Süden  von  Moul- 
main ;  hier  wächst  Werkholz  in  Menge  und  von  vorzüglichster  Beschaffenheit. 

Vergleichung  der  Waldgürtel  am  Fusse  des  Himalaya  mit  den  entspre- 
chenden Gebieten  in  Tenasserim.  Im  oberen  Hindostan  ist  der  sogenannte 
„Waldgürtel"  vorzüglich  am  Fusse  des  Himalaya,  als  der  ungesundeste 
Theil  des  Landes,  als  die  Geburtsstätte  der  pestartigen  Malaria  und  der 
Jungle-Fieber   berüchtigt   und    gefürchtet.    In    den    Tenasserim-Provinzen    ist 


212  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

der  entsprechende  Waldstrich  unschädlich,  oder  wenigstens  ebenso  gesund 
als  die  übrigen  Theile  des  Landes.  Die  eingebornen  Holzschläger,  und 
auch  die  an  die  Wälder  gewöhnten  Europäer  vertragen  das  Klima  gut, 
selbst    während    der    ärgsten    Zeit    des    Monsoon. 

5.  Thäler  des  Binnenlandes.  Das  Land  und  der  Boden  sind  dort 
ebenso  beschaffen,  wie  bei  der  vorigen  Abtheilung,  nur  liegt  diese  längs 
dem  Meere    und   jene  tiefer   im    Innern    des    Landes. 

Das  Tenasserim-Thal  und  andere  Thäler.  Zahlreiche  weite  Thäler 
durchschneiden  das  Binnenland;  jeder  Strom  bildet  sich  sein  eigenes, 
grösseres  oder  kleineres  Thal.  Das  grösste  ist  das  Thal  des  Tenasserim, 
in  einer  Erstrecknng  von  mehr  als  200  (engl.)  Meilen,  welches  mehrere 
1000  Aecker  des  allerbesten  Bodens  umfasst,  aber  bisher  noch  ganz  un- 
bewohnt ist.  Die  bedeutendsten  Thäler  nach  diesem  sind  die  des  Attaran, 
des   Tavoy,   des   Palou,   dos  Bain  Khiaung   und   des   Kamaung-thueg   Khiaung. 

6.  Becken  und  Gehänge  des  Binnenlandes.  Die  niedrigste  oder  erste 
Beihe  der  Anhöhen  —  mitunter  auch  die  zweite  —  besteht  überall  aus 
vereinzelten  Hügeln,  welche  die  tiefer  gelegenen  Landstriche  umgeben 
und  so  eine  Art  Becken  bilden,  dessen  Mitte  und  flachere  Gehänge 
meist    vorzüglich    fruchtbar    sind. 

Von  den  Karäern  zum  Anbau  vorgezogen.  Diesen  Landstrich  haben 
sich  die  Karäer  zu  ihrem  Landbau  ausersehen.  Hier  wächst  der  gesammte, 
in  diesen  Provinzen  gebaute  Bergreis;  ausserdem  noch  Baumwolle,  Tabak, 
Hanf  und  andere  Pflanzen,  welche  die  geringen  Bedürfnisse  dieses  arbeit- 
samen   Volksstammes    befriedigen. 

Binnenbecken  von  Taunbiauu.  Das  beste  Beispiel  dieser  Art  Ober- 
flächen-Bildung und  in  der  That,  die  fruchtbarste  Gegend  des  ganzen 
Landes  und  der  bestbebaute  Fleck  der  südlichen  Provinzen,  ist  das  Becken 
von  Taunbiaun,  welches  hauptsächlich  Areca- Nüsse,  Betel -Stauden  und 
Durian-Früchte  hervorbringt.  Dies  Gebiet  ist  in  ungefähr  80  Parzellen 
getheilt,  deren  jede  von  Einer  Familie  bewirtschaftet  wird,  und  die  ent- 
fernteren Gehänge  sind  von  Karäern  besetzt.  Die  Ansicht  dieses  grossen 
Binnenbeckens  von  den  umgebenden  Bergen  herab  ist  angenehm  und 
lieblich,  so  sehr  es  ein  bebautes  Land  in  Tropengegenden  überhaupt 
sein    kann. 

7.  Gras-  oder  Weideboden.  In  den  nördlichen  Gegenden  zwischen  Am- 
herst  und  Tavoy.  Ein  Strich  Landes  zwischen  Ye  und  Tavoy  und  ein 
anderer  weit  ausgedehnter,  zwischen  Ye  und  Lamain  und  NO.wärts  des 
letzteren  Dorfes,  besteht  aus  einer  Anzahl  auf  einanderfolgender  Hügel, 
meist  von  altem  rothen,  stark  eisenschüssigen  Sandstein.  Hier  hört  der 
kräftige  Baumwuchs  auf;  die  kleineren  kriechenden  und  kletternden  Ge- 
wächse nehmen  an  Zahl  ab.  An  ihre  Stelle  tritt  überall,  wo  immer  Wälder 
gerodet  oder  ausgebrannt  wurden,  als  Decke  der  Oberfläche  ein  dicker 
Basen  von  zartem  Gras.  —  In  der  südlichen  Provinz  Mergui  kömmt 
nichts  Aehnliches  vor;  die  durch  das  ganze  Jahr  gleichförmiger  ver- 
teilte Feuchtigkeit  ist  dem  Gedeihen  von  Gefässpflanzen  günstiger.  In  der 
Provinz  Ye,  besonders  gegen  das  Innere,  zunächst  dem  Bezirke  von 
Lamain,  wird  das  zarte  Gras  12  bis  15  Fuss  hoch;  jeder  Bestellung 
auf  Heu  für  das  Militär-Kommissariat  zu  Madras  könnte  von  dorther  zu 
billigen  Preisen  entsprochen  werden.  Mittels  hydraulischer  Pressen  könnte 
es    Behufs    leichterer    Verschiffung     in     Ballen    zusammengepresst    werden. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  213 

8.  I'nfruchtbare  Hügel.  Ihre  Beschaffenheit  und  Erzeugnisse.  Ein  Theil 
der  oben  beschriebenen  Landstriche  entbehrt  der  Decke  von  Dammerde 
und  anderen  fruchtbaren  Zersetzungs-Produckten,  und  seine  Oberfläche  ist 
nur  mit  Bruchstücken  kieseliger  Gesteine  bedeckt.  Dieser  Boden  bringt  nur 
zwerghaftes  Bambusrohr  und  im  Wachsthum  gehemmte  Bäume  in  vergleichs- 
weise geringer  Anzahl  hervor.  Vereinzelte  Flecke  dieser  Art,  mehrere  (engl.) 
Meilen  lang,  aber  von  geringer  Breite,  kommen  zwischen  Ye  und  Tavoy 
und  zwischen  Pim-bio-ghee  Pai  und  Palou  —  stets  in  der  Nähe  des 
Meeres  vor.    Im  Innern  des  Landes  findet    sich  nichts    Aehnliches. 

Insel  fflergui.  Gegen  Süden  zu  werden  die  Hügel  dieser  Art  frucht- 
barer, weil  dort  die  Feuchtigkeit  sich  gleichförmiger  über  das  ganze 
Jahr  vertheilt.  Ein  Theil  der  Insel  Mergui,  zunächst  an  der  Stadt,  besteht 
aus  einer  Reihe  solcher  Hügel,  welche  übrigens  das  ganze  Jahr  hindurch 
mit   kurzem    Basen,    (meist    binsenartige    Pflanzen)    bedeckt    sind. 

Eisenführende  Hügel  bei  Tavoy.  Die  eisenführenden  Hügel  bei  Tavoy  ge- 
hören gleichfalls  hierher.  Sie  sind  sehr  trocken,  dürr,  und  meist  mit  dor- 
nigem Gestrüppe    bewachsen. 

9.  Bambusrohr  -  Boden.  Viele  kleinere  Hügel  bestehen  nicht  aus 
Sandstein,  sondern  aus  Thonschiefer,  auf  dem  sich  durch  Jahrhunderte 
Dammerde  angehäuft  hat.  Sie  waren  früher  mit  Wald  bedeckt,  der  nun- 
mehr so    ziemlich  allgemein    dem  Andringen    des  Bambusrohres  gewichen  ist. 

Veränderungen  der  Örtlichkeiten  nach  Süden  zu.  Solche  Ländereien  breiten 
sich  weithin  aus  zwischen  Yee  und  Tavoy,  wo  ich  2  Tage  lang  durch  unun- 
terbrochenen Bambuswald  reiste.  Sie  nehmen  am  Attaran  einen  Raum 
zwischen  der  zweiten  und  dritten  Höhenreihe  ein;  gegen  Süden  nimmt 
diese  Art  Bambusboden  ab,  der  Bambus  zieht  sich  dort  mehr  nach  dem 
Inneren  und  in  höhere  Horizonte  zurück.  In  der  Hochebene,  in  der  die 
Kohlenflötze    aufsetzen,  breiten    sich    Bambuswälder    über    weite    Flächen  aus. 

10.  Hohes  Flachland.  Dergleichen  kömmt  in  der  Provinz  Amherst,  welche 
eine,  gegen  N.  und  0.  von  einer  langen  Bergkette  begrenzte  Tiefebene  ist, 
gar  nicht  vor;  eben  so  wrenig  in  der  Provinz  Ye,  welche  eine  Anhäufung 
von  Bergen  und  Thälern  ist  und  wo  nur  gegen  das  Meeresufer  Ebenen 
von    geringer    Höhe    vorhanden  sind. 

Anfang  in  der  Provinz  Tavoy.  Das  hohe  Flachland  beginnt  in  der  Pro- 
vinz Tavoy  bei  Kalley  Aung  und  wird  zum  Theil  vom  Tenasserim-Flusse 
durchströmt.  Die  allgemeine  Annahme  eines  hohen  Bergrückens  als  Ost- 
grenze der  britischen  Besitzungen,  wie  sie  auf  allen  bekannten  Karten 
gezeichnet  ist,  beruht  auf  einem  Irrthum.  Die  höchste  Bergreihe  in  den 
südl.  Provinzen  liegt  30  bis  40  (engl.)  Meilen  von  der  Küste  ab,  wenn 
man  dann  gegen  Osten  abwärts  steigt,  gelangt  man  durch  einen  hügeligen 
Landstrich  zu  einem  Hochland,  welches  etwas  über  die  vermeintliche 
britische  Grenze  hinaus  wagt  oder  in  ein  anderes,  gegen  0.  ansteigend, 
Hügelland  ausgeht.  Vereinzelte  Berggruppen  erheben  sich  aus  diesen  Hoch- 
ebene und  sind  an  vielen  Stellen  von  Thälern  und  Gründen  durchschnit- 
ten; in  ihrer  Gesammtheit  aber  stellt  die  Provinz  Tenasserim  ein  hoch- 
gelegenes Flachland  dar.  In  diesem  kommen  Kohlenflötze  vor,  deren  viele 
bisher    noch    unbekannte    dort   in    der    Folge    entdeckt   werden    dürften. 

II.  Bergland.  Ausser  der  Provinz  Amherst  mögen  alle  übrigen  für  ein 
Gebirgsland    gelten. 

Bergrücken.  Drei  von  NNW.  nach  SSO.  parallel  streichende  Bergrücken 
geben    dem    Lande    seine    eigenthümliche   Physiognomie. 


214  Dr.  Johann  Wilhelm  Uelfer's 

Deren  Höhe.  Ihre  Höhe  wechselt  in  der  innersten  von  3000  bis  4500 
(engl.)  Fuss;  die  nächste  am  Meeresufer  erhebt  sich  kaum  irgendwo  über 
500  Fuss.  Am  südlichen  Ende  nimmt  die  Höhe  der  Berge  ab.  Diese  Haupt- 
rücken bedingen  und  bezeichnen  die  oben  angeführten  Abtheilungen  des  Landes. 

Höchste  vereinzelte  Berge.  Unter  den  vereinzelten  Bergen  sind  der 
Zadee  und  der  Nor-bos-lay-town ,  zwischen  Tavoy  und  Ye,  die  hervor- 
ragendsten; der  Dzay-town,  30  (engl.)  Meilen  östlich  von  Ye,  ist  unter 
allen    der    berühmteste,    geheiligteste  und    geheimnissvolleste. 

Am  höchsten  ist  der  Bergrücken  der  dem  Palouk-Flusse  paralell  zwischen 
Tavoy  und  Mergui  streicht,  nirgends  aber  —  so  weit  ich  mir  darüber 
Gewissheit  verschaffen  konnte  —  erhebt  er  sich  über  5000  Fuss.  Die 
„Elephantenschweif-Berge,"  an  der  NO.  Grenze  der  Provinz  Amherst  er- 
reichen eine  weit  beträchtlichere  Höhe.  Der  höchste  Gebirgsstock  liegt  jen- 
seits   dem    britischen    Gebiet,    in    der    Breite    der    „drei    Pagoden." 

Erhabene  Landschaft.  Einen  der  schönsten  Anblicke  deren  ich  mich  je 
erfreute ,  genoss  ich  bei  meinem  Besuche  jenes  berühmten  Engpasses.  Es 
ist  diess  eine  Hochebene,  aus  der  wieder  sich  eine  Anzahl  Bergrücken 
erlieben.  Ich  bestieg  einen  einzelnen  Kalkfelsen,  nördlich  von  den  3  Stein- 
haufen, welche  die  ehemalige  Lage  der  „drei  Pagoden"  bezeichnen.  Die 
Aussicht  von  dieser  Stelle  bot  zwar  weder  schneebedeckte  Gipfel,  noch 
Gletscher  dar,  war  aber  in  vieler  Hinsicht  grossartiger  als  die  der 
Schweiz,  der  Apenninen  oder  der  Alpen  des  Jura.  Der  Anblick  war  un- 
begränzt;  in  aufeinander  folgenden  Linien  erhob  sich,  in  stets  gleicher 
Bichtung,  ein  Bergrücken  hinter  dem  andern;  auf  dem  Siamesischen  Ge- 
biete zählte  ich  8  verschiedene  Bergketten,  entweder  in  ununterbrochenen 
Beihen  oder  in  gebrochenen  wunderlich  gestalteten  Anhäufungen  von  Kalk- 
spitzen und  Kegeln;  ein  Amphitheater  von  60  (engl.)  Meilen  in  der 
Breite.  Den  Gesichtskreis  begränzten  die  schwachen  Umrisse  einer  etwa 
11,000  (engl.)  Fuss  hohen  Kette,  jenseits  welcher  ich  mir  das  Thal  des 
grossen    geheimnissvollen    Menam-FIusses    dachte. 

111.  Flüsse  und  ihre  geographische  Vertheilung. 

Eintheilnng  in  Flnssgebiete.  Innerhalb  des  von  mir  bereisten  Landstriches 
sind    vier    Flussgebiete: 

1)  das  der  gegen  die  grosse  Ebene  der  Provinz  Amherst  gerich- 
teten   Flüsse, 

2)  das  der  Flüsse,  welche  sich,  ohne  vorhergegangene  Vereinigung 
unmittelbar  in  die  Bucht  von  Bengalen  ergiessen  (nähmlich  getrennte 
Flussgebiete), 

3)  das    Gebiet   der   Flüsse,    welche    die    Hiuza-Bucht    bilden, 

4)  das  der  Flüsse,  welche  jenseits  des  grossen  Bergrückens  inner- 
halb   der   britischen    Gebiete    entspringen. 

1.  Elussgebiet.  Der  Ataran.  lauf  des  Ataran.  Der  Attaran  ist  der  einzige 
bedeutende  Fluss,  welcher  in  der  Bichtung  von  SO.  nach  NW.  verlaufend 
sich  vor  Moulmaiu  in  das,  durch  den  Zusammenfluss  des  Salween,  des 
Gyne   und    des   Attaran    gebildete    grosse    Süsswasser-Becken    ergiesst. 

Er  nimmt  die  Benennung  „Zamie-Khianng"  an.  Der  Attaran  ist  ein  tiefer, 
aber  schmaler  Fluss,  40  (engl.)  Meilen  ober  Moulmain  für  grössere  Fahr- 
zeuge schiffbar.  Weiter  stromaufwärts  gabelt  er  sich  in  2  Aeste,  deren 
grösserer    „Zamie-Khiaung"    genannt    wird,    und    noch    40    (engl.)    Meilen 


gedruckte  und  ungednirktc  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  215 

stromaufwärts   schiffbar  bleibt;    doch    wird    die    Bergfahrt    durch    die    starke 
Strömung    erschwert. 

Selten  über  Nat-Khiaung  hinaus  befahren.  Ausser  von  den  Holzschlägern 
in  den  Teak-Wäldern  wird  dieser  Arm  selten  von  irgend  jemand  ober- 
halb Nat-Khiaung  befahren;  das  beste  Teak-Holz  wird  auf  dem  oberen 
Attaran  und  dessen  Nebenflüssen  oberhalb  Nat-Khiaung  herabgeflösst.  Der 
Fluss  theilt  sich  weiter  hinauf  in  mehrere  Arme,  die  ich  einen  nach 
dem  andern  untersuchte,  ohne  jedoch  den  Lauf  jedes  einzelnen  besonders 
zu  verfolgen.  Fünf  Flüsse,  jeder  30  bis  40  Yards  breit,  aber  seicht  und 
leicht  zu  durchschreiten,  kommen  von  den  Bergen  herab  und  bilden  ver- 
eint   den    Zamie- Khiaung. 

Verschiedene  Benennung.  Jeder  dieser  o  Flüsse  hat  seinen  besonderen 
Nahmen,  diese  sind  jedoch  wandelbar  und  werden  im  gewöhnlichen  Le- 
ben oft  unter  einander  verwechselt;  meist  werden  sie  als  „oberer,  unterer, 
höherer,  lter,  2ter  und  letzter  Zamie -Khiaung  bezeichnet.  Der  „Mikeli- 
Khiaung"  benannte  Arm  ist  an  60  Yards  breit  und  sehr  reissend;  er 
gilt  für  den  Ursprung  des  Attaran,  fliesst  durch  den  Engpass  der  drei 
Pagoden    und    ist   bis    zum   Fusse    dieses    Passes   für    Canoes    fahrbar. 

Seine  Quelle.  Man  hat  den  Lauf  des  Attaran  bisher  immer  zu  kurz 
angegeben.  Die  meisten  Karten  bezeichnen  seine  Quelle  zunächst  den  „drei 
Pagoden"  innerhalb  des  britischen  Gebietes;  sie  muss  indess  wenigstens 
20  —  30  (engl.)  Meilen  weiter  nach  Osten  in  Siam  und  in  geringer  Ent- 
fernung vom  geographischen  Flussgebiete  des  Menam  liegen.  Als  ich  den 
höchsten  Berg  in  der  Nähe  der  „drei  Pagoden"  bestieg,  sah  ich  deutlich 
das  Thal  eines  der  Nebenflüsse  des  Attaran,  bis  in  einer  Entfernung  von 
einigen    20    (engl.)   Meilen. 

Ausdehnung  des  britischen  Gebietes,  nach  den  Flussgebieten  beurthcilt. 
Nimmt  man  den  Ursprung  der,  in  die  Bucht  von  Bengalen  ausmündenden 
Flüsse  als  Grenzscheide  zwischen  dem  britischen  und  siamesischen  Gebiet 
an,  so  muss  sich  —  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  —  ersteres  um  30 
bis  40  engl.  Meilen  weiter  nach  Osten  erstrecken.  Dies  ist  indess  eine 
Frage,  welche  wohl  erst  nach  Verlauf  mehrerer  Menschenalter  zur  Sprache 
kommen  dürfte.  Gegenwärtig  ist  dieses  sub-alpine  Gebiet  gänzlich  unbe- 
wohnt, und  wird  von  Niemanden  beansprucht,  so  dass  noch,  für  eine 
lange  Zeit  hinaus,  die  Grenzen  nach  Osten  und  Westen  ziemlich  unbestimmt 
bleiben    dürften. 

2.  Flussgebiet,  a)  der  Yee-Flnss.  Das  eben  erwähnte  sub-alpine  Land  ost- 
wärts von  den  „drei  Pagoden"  und  einige  60  (engl.)  Meilen  südwärts  rei- 
chend   ist    augenscheinlich    die  höchste    Gebirgsgruppe. 

Die  Quellen  der  bedeutendsten  Flüsse  in  einem  gemeinsamen  Gebirgs- 
stocke.  Von  diesen  Voralpen  strömen  4  bedeutende,  sich  in  die  Bucht 
von  Bengalen  ergiessende  Flüsse  herab;  zwei  davon  zum  zweitem  Gebiete 
(vom  Attaran  war  bereits  die  Bede),  der  vierte  dem  Binnenlande  von  Te- 
nasserim    zugehörig. 

Die  Quelle  des  Ye- Flusses  liegt  nicht  weit  von  der  des  Attaran, 
und  gleichfalls  jenseits  der  angenommenen  britischen  Grenze.  Er  nimmt 
seine  meisten  Zuflüsse  nord-  u.  ostwärts  von  Ye  auf,  wenige  nur  von  Süden  her; 
sein  Lauf  ist    vergleichsweise  kurz  und    er    ist    nur    bei    hoher  Fluth  schiffbar. 

b)  Der  Tavoy-Fluss.  Der  Tavoy-Fluss  fliesst  eine  Zeitlang,  in  seinem 
eigenen  engen  Thale,  von  NNO.  nach  SSW.  von  den  beiderseitigen  Berg- 
gehängen    Zuflüsse    aufnehmend. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  P 


216  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Verlauf.  Der  obere  Theil  seines  Laufs  hat  viele  Hindernisse;  bis 
auf  30  (engl.)  Meilen  oberhalb  der  Einwirkung  von  Ebbe  und  Fluth  ist 
er  für  grosse  Boote  schiffbar.  Bei  Tavoy  ist  er  300 — 400  Yards  breit 
und  trägt  Schiffe  von  200  Tonnen.  Unterhalb  Tavoy  breitet  er  sieh 
schnell  aus  und  ist  an  seiner  Mündung  bei  der  Landspitze  von  Tavoy 
mehrere    (engl.)    Meilen    breit. 

c)  Flüsse  im  Süden.  Zahlreich  sind  die  Flüsse  im  Süden  von  Tavoy, 
wenige  davon  aber  sind  bedeutend  und  keiner  kömmt  von  einer  weitern 
Entfernung  als  50  (engl.)  Meilen.  Folgende  münden  in  den  untern  Lauf  des 
Tavoy-Flusses  ein. 

^ambaloo.  Dieser  verfolgt  einen  sehr  gewundenen  Lauf  durch 
die  angeschwemmte  Ebene  bei  Tavoy  und  vermehrt  alljährlich  die  Frucht- 
barkeit der  Reisfelder  durch  die  Absätze,  welche  er  nach  seinem  Aus- 
treten   und    darauf   folgenden    Fallen    zurücklässt. 

Taunbiauk.  Dieser  entspringt  in  den  Kiauk-town- Gebirgsstocke  und 
durchströmt  das  fruchtbare  Thal  von  Taunbiauk.  Er  entsteht  aus  der  Ver- 
einigung zahlreicher  Gebirgsbäche,  als  des  Pioo-Khiaung,  Pai-kay-Khiaung, 
Wun-Khioun,    Ja-nee,    Man-than-Khiaung,    Kjauk-taung,    Wa    und    anderer. 

Bedeutung  des  Taanbiank.  An  seiner  Mündung  ist  der  Taunbiauk 
etwa  eine  halbe  (engl.)  Meile  breit  und  bei  steigender  Fluth  durch  das 
ganze  gleichnamige  Thal  schiffbar.  Die  Einwohner  dieses  Gebietes  ge- 
messen dadurch  den  wichtigen  Vortheil,  alle  ihre  Erzeugnisse  in  den 
Tavoy-Fluss,    und    von  diesem  auf  den  Markt  von  Tavoy  bringen  zu  können. 

Andere  Flüsse.  Zwischen  dem  Tavoy  und  dem  Taunbiauk  durch- 
schneiden noch  mehrere  andere  Flüsse  von  100,  200  und  300  Yards 
Breite,  die  angeschwemmte  Ebene,  alle  mit  ausgedehnten  Schlammbänken, 
welche  ihnen  bei  seichtem  Wasserstande  ein  sehr  widriges  Ansehen  geben. 
Ueber  alle  führen  hölzerne  Brücken,  meistens  in  schlechtem  Zustande. 
Diess  macht  das  Reisen  zu  Land  mit  Lastthieren  höchst  schwierig  und 
gefährlich,    da    man    diese    nicht    über    verfallene    Brücken    führen    kann. 

Seltenheit  der  Reisen  zu  Land.  Für  jetzt  sind  indess  Brücken  nicht 
sehr  nöthig,  da  nur  Wenige  auf  grössere  Entfernungen  zu  Land  sondern 
stets  in  Booten  längs  der  Meeresküste  reisen.  —  Uebrigens  liegen  alle 
Dörfer  an  Flüssen  und  die  Bewohner  zweier,  in  gerader  Linie  kaum  2 
(engl.)  Meilen  von  einander  liegend,  unterhalten  ihren  wechselseitigen 
Verkehr  durch  Boote  und  machen  lieber  so  einen  Umweg  von  20  (engl.) 
Meilen,  als  dass  sie  den  viel  kürzeren  Fussweg  benützten.  Auf  gleiche 
Weise  geschieht  die  Weiterschaffung  aller  Erzeugnisse.  Im  Ganzen  sind 
9  Flüsse  zwischen  dem  Tavoy  und  dem  Taunbiauk;  die  beträchlichsten 
darunter    sind    der    Tha-pin-Khiaung    und    der    Pjow-Khiaung. 

Flüsse  südlich  Toni  Taanbiank.  Zwischen  dem  Taunbiauk  und  dem 
Palou-Khiaung  sind  weniger  Flüsse,  sie  sind  aber  bedeutender  und 
meist  35  (engl.)  Meilen  landeinwärts  für  Kähne  fahrbar.  Diese  Flüsse 
sind:  der  Thanjeen-Khiaung,  der  Pai-Khiaung,  der  Wado-Khiaung,  der 
Pa-louk-Khiaung,  der  Pjee-kja-Khiaung  und  der  Palou-Khiaung.  Die  3  letz- 
teren sind  die  bedeutendsten.  Die  Zahl  und  Grösse  der  Flüsse  zwischen  Palou 
und  Mergui  kenne  ich  nicht,  da  ich  diese  Gegend  nicht  bereisete,  son- 
dern mich  landeinwärts  wendete,  um  den  grossen  Tenasserim  aufzusuchen. 
Indess  hat  man  mir  berichtet,  dass  nördlich  von  Mergui  einige  ziemlich 
bedeutende    Ströme    vorhanden    sind, 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserira-Provinzen  etc.  217 

3.  Flassgebiet.   Die  Flüsse  des    Hinzai-  Beckens.    Das    Becken    >on    Hinzai. 

Ein  merkwürdiges  Gebiet  liegt  zwischen  Ye  und  Tavoy.  Das  Land  dacht 
sich  von  allen  Seiten  gegen  einen  Mittelpunct  ab  ,  in  Gestalt  des  halben 
Umkreises  eines  grossen  Kegels  in  dessen  tiefern  Theil  ein  Becken  von 
süssem  Wasser  enthalten  ist,  dass  durch  einen  engen  Ausgang  in  das 
Meer    abfliesst. 

Sicherer  Hafen.  Diess  ist  die  Hinzai-Bucht  („cove"),  einer  der  sichersten 
und  schönsten  Häfen  der  ganzen  Küste,  vorausgesetzt,  dass  (worüber  ich 
keine  Gewissheit  zu  erlangen  vermochte)  keine  Barre  seinen  Eingang 
versperrt.  Er  ist  an  15  (engl.)  Meilen  lang  und  6 — 8  Meilen  breit  und 
von  allen  Seiten  —  bis  auf  einen,  eine  balbe  (engl.)  Meile  weiten  Ein- 
gang —  mit  festem  Land  umgeben.  Die  umliegende  Gegend  ist  gänzlich 
unbewohnt;  nur  wenige  Leute  kommen  zeitweise  von  Tavoy  hieher,  um 
Schildkröten  -  Eier  aufzusuchen  und  verweilen  an  den  sandigen,  mit  Ca- 
suarina-Bäumen  bewachsenen  Gestaden,  wo  sich  die  Schildkröten  besonders 
gern   aufhalten. 

Bisher  anbekannt.  Diese  Bucht  ist  bisher  den  Europäern  unbekannt 
geblieben;  die  Küste  wurde  nur  von  der  Seeseite  aufgenommen  und  der 
Eingang  wurde  wahrscheinlich  für  die  Mündung  eines  der  vielen  Flüsse 
angesehen,    da    hohe    Hügel    die    Ansicht   der   innern   Bucht    verhindern. 

Flüsse,  welche  dieses  Becken  bilden  helfen.  Sämmtliche,  von  den 
westlichsten  Gebirgszügen  herabkommende  Wasserläufe  zwischen  Ye  und 
Tavoy,  fliessen  in  diesem  Becken  zusammen.  Die  einzigen  Ansnahmen  sind 
der  Hangan- Bach,  der  sich  mit  dem  Ye-Flusse  vereinigt,  und  der  Zadi- 
Fluss,  der  sich  unmittelbar  in  das  Meer  ergiesst.  Im  ganzen  fliessen  18 
grössere  und  kleinere  Bäche  in  das  Hinzai-Becken  zusammen;  diese  sind: 
Podin-khiaung,  Muin-daing-hia-khiaung,  Da-inkhiaung,  Ma-gna-khiaung,  Ka- 
nyai,  Nat-khi-dzjn-khiaung,  (welche  alle,  vor  ihren  Einlauf  in  das  Becken 
sich  zum  Majan-khiaung  vereinigen),  der  Paun-dain-khiaung,  der  Mai-khiaung 
Tzee-goun-khiaung,  Nan-ta-zoak-kiaung,  Pa-dain-khiaung,  Tzheen-tzuch-khi- 
aung,  Kha-lo  (welche  alle  von  Norden  oder  von  Osten  herkommen),  endlich 
Myn-tha-khiaung,Tzeen-phan,  Tsham-zaun-khiaung,  Aim-dia-zua-khiaung  und 
Kbe-phe-rouk-khiaung,  welche  vom  West  oder  SW.  kommen.  Der  Kopherouk- 
khiaung    ist    unter    Allen    der    beträchlichste. 

4.  Flassgebiet.  —  Flüsse,  welche  sich  mit  dem  Tenasserim  vereinigen 
—  Der  Tenasserim -Fluss.  Dieser  Fluss  ist  der  bedeutendstete  in  den 
Süd-Provinzen;  sein  Lauf  ist  zugleich  der  längste  aller  Flüsse  in  den 
britischen  Besitzungen  längst  der  Küste.  Ungeachtet  seiner  Wichtigkeit  ist 
er  aber  weniger  bekannt,  als  irgend  ein  anderer  und  die  schiffbare 
Strecke    seines    Laufes    ist    noch    von    keinem    Europäer   besucht    worden. 

Beginnender  Anban  an  dessen  nnterm  Theile.  Diese  scheinbare  Ver- 
nachlässigung rührt  daher,  dass  der  Tenasserim  durch  fasst  300  (engl.) 
Meilen,  ein  vormals  ganz  unbetretenes,  bergiges  Binnenland  durchströmt. 
Seit  der  britischen  Besetzung  haben  Karäer,  Siamesen  und  Burmesen  die 
Bebaung  des  unteren,  ausnehmend  fruchtbaren  Theiles  begonnen.  Ausser 
der  Stelle,  wo  die  alte  Stadt  Tenasserim  stand  und  der  neuen  Ansiedlung 
Metamio,  liegt  eigentlich  kein  einziges  Dorf  längs  des  ganzen  Laufes  des 
Tenasserim  - —  Mergui  selbst  liegt  an  dem  Ausfluss  eines  seiner  Arme. 
Ich  hatte  Gelegenheit,  den  höheren  Lauf  des  Tenasserim,  bis  150  (engl.) 
Meilen  vom  Meere  stromaufwärts  zu  untersuchen  und  auch  100  (engl.) 
Meilen   längs    des   kleinen  Tenasserim    stromaufwärts  zu   gelangen ;   letzterer 


218  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer'a 

ist    ein    grosser    Strom,    der    sich    an    der    Stelle,    wo    das    alte    Tenasserim 
lag,    mit   Ersterem    vereinigt. 

Flüsse,  welche  den  Tenasserim  bilden.  Der  Tenasserim  selbst  entsteht 
aus  der  Vereinigung  des  Bain-Khiaung  und  des  Kamaun-Beagh-Khiaung 
bei  Metamio,  einer,  vor  vier  Jahren  von  den  amerikanischen  Baptisten 
Missionaren  gegründeten  Ansiedlung  von  christlichen  Karäern,  da  wo  einst 
eine  alte  ummauerte  Siamesische  Stadt  —  der  Sage  nach,  die  Haupt- 
stadt   eines    selbsständigen    Staates    —    sich    erhob. 

a)  Bain-khiaung.  Irsprung  desselben.  Die  Quelle  des  Bain-khiaung  liegt  unter 
13°  31'  N.  Breite,  innerhalb  einer  der  hohen  Bergzüge,  welche  das 
Land  von  NNW.  nach  SSO.  durchstreichen.  Er  nimmt  16  Bergstöme  auf 
(beständig  von  S.  nach  NNW.  fliessend),  bevor  er  bei  Metamio  (14° 
11'  N.  Breite)  sich  mit  einem  andern  Strom,  dem  fast  gerade  von  Nor- 
den kommenden  Kamaung-thueg-Khiaung,  zum  obern  Tenasserim  vereinigt. 
Oberhalb  Metamio  ist  der  Bain-Khiaung  bei  niederem  Wasserstand  an 
55    Yards    breit. 

Nebenbäche    des    Bain-Khiaung.    In    den    Bain-Khiaung    ergiessen    sich 

folgende    Bäche     (die    vorgesezten  Zahlen    bedeuten    die    Ordnung,    in    der 

sie,    vom    Ursprung   an    gerechnet,  aufeinanderfolgen) : 

Linkes    Ufer.  Rechtes    Ufer. 

1)  Laka-phioo-Khiaung.  3)   Khiauk-town-Khiaung. 

2)  Ye-poo  „  5)  Tha-pl-pho  „ 
4)  Tha-pioo  „  7)  Jance  „ 
6)    Mounai-too        „  11)    Haing-Kamait      „ 

8)  Zheen-zuay      „  12)    Ye-poo-tha  „ 

9)  Khiauk-po         „  14)    Ja-nee  „ 
10)    Pya 

13)    Taung-to  „ 

15)  Gna-zuoy  „ 

16)  Tida  „ 

b)  Der  Eauiaung-Thueg-khiaung.  Vermeintlicher  Ursprung.  Dieser  Strom 
ist  noch  nie  bis  zu  seinem  Ursprünge  verfolgt  worden;  diesen  vermuthet 
man  gegen  Korden,  nicht  ferne  von  dem  hohen  Gebirgsstock,  aus  dem, 
unter  dem  Parallelkreise  von  Ye,  die  Ströme  Attaran,  Ye  und  Tavoy  ent- 
springen. Eingeborne  (Karäer)  versichern,  sein  Lauf  sei  dem  des  Tavoy 
parallel  und  beide  Ströme  seien  nur  durch  eine  massig  hohe  Bergreihe 
von  einander  geschieden.  Ich  gelangte,  von  Metamio  aus,  20  (Engl.)  M. 
stromaufwärts,  und  fand  ihn  bei  niedern  Wasserstand  unbedeutend,  seicht, 
kaum   für    Boote  fahrbar,  zur  Zeit    des    Monsoon    aber    sehr    ausgebreitet. 

Gegend  des  Zusammentreffens  beider  Flüsse.  Die  Gegend,  in  welcher 
sich  beide  Flüsse  zum  obern  Tenasserim  vereinigen,  ist  bergig;  der  Fluss 
ist  dort  zwischen  steilen  Ufern  und  Hügeln  von  massiger  Höhe  einge- 
schlossen; sein  Bett  ist  eine  Reihenfolge  von  Klippen  und  Stromschnellen. 
Auch  in  der  trockenen  Jahreszeit  ist  er  dort  wasserreich;  für  jetzt  aber 
doch  nur  mit  vieler  Schwierigkeit  schiffbar.  Man  weiss  von  Karäern,  die 
ihn  seiner  ganzen  Länge  nach  auf  Flössen  zu  Thal  befahren  haben  und 
nach    einer  20tägigen    Beise,    zu    Mergui    eingetroffen    sind. 

Nebenflüsse.  Man  weiss  nichts  von  den  Zuflüssen,  die  der  Tenasserim 
in  seinem  Lauf  aufnimmt;  wahrscheinlich  aber  sind  sie  von  geringem 
Belang,  denn  60  (engl.)  Meil.  tiefer  (13°  12'  NBr.),  wohin  ich  von  Mer- 
gui   aus    vordrang,    bemerkte   ich    kaum    eine    Zunahme    der    Wassermenge. 


gedruckte  and  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  210 

In  den  35  ersten  (engl.)  Meilen  v.  Metamio  abwärts,  geht  der  Lauf  na- 
hezu beständig  nach  0.  dann  unmittelbar  nach  S.  bis  zur  Vereinigung 
mit  dem  kleinen  Tenasserim  (12°  5'  NBr.  von  wo  aus  er,  41  (engl.) 
Meilen  weit,  bis  zu  seiner  Ausmündung  in  das  Meer,  nach  NW.  fliesst 
Der  kleine  Tenasserim.  Ursprung.  Dieser  Strom  kömmt  gerade  von 
SO.  Bei  dem  Dorfe  Tenasserim  ist  er  118  Yards  breit;  ich  habe  seinen 
Lauf  durch  ungefähr  116  (engl.)  Meilen  nahezu  bis  an  seinen  Ursprung 
verfolgt.  —  Die  von  Mr.  Hutchinson  (Madras  Artillerie)  in  grossem 
Maasstabe  aufgenommene  Karte  gibt  einen  genauen  Abriss  dieses  Stromes. 
Diese  Karte  habe  ich  meinen  Bericht  über  Steinkohlen  beigeschlossen; 
eine    Beschreibung    derselben    wäre    mithin    überflüssig. 

Aufnahme  der  Ausmündungen.  Bald  werden  die  Ausmündungen  des  Tenas- 
serim-Flusses  in  Folge  der  gegenwärtig  vor  sich  gehenden  Aufnahms-Arbeiten 
des  Capt.  Lloyd  (General-Vermesser  der  Ostindischen  Kompagnie)  voll- 
ständig bekannt  werden,  mithin  werden  weitere  Bemerkungen  darüber  hier 
überflüssig. 

Künftige  Wichtigkeit  Im  Lauf  der  Zeit  wird  der  Tenasserim,  unter  allen 
Strömen  der  Provinzen,  die  grösste  Bedeutung  erlangen,  und  zwar  aus 
folgenden    Gründen : 

a)  Kinn -Erze.  Sein  oberer  Lauf  —  besonders  um  Metamio  —  ist 
reich  an  Zinn-Erzen,  welche  ein  Gegenstand  der  Ausfuhr  werden  müssen, 
da  deren  Transport  auf  der  längeren  Wasserstrasse  bis  Mergui  sich  wohl- 
feiler heraus  stellen  wird,  als  der  zu  Lande,  über  hohes  Gebirge  und 
durch    schwierige    Engpässe ,    nach  Tavoy. 

b)  Gold.  Die  unteren  Nebenflüsse  führen  Gold.  Wenn  der  Gewinn 
der  Goldwäscherei  auch  zweifelhaft  erscheint,  so  werden  sich  doch  manche 
schon  allein   durch  die  Gegenwart  des  Goldes  in  diese  Gegenden  ziehen  lassen. 

c.)  Japan -Holz.  Innerhalb  des  britischen  Gebietes  ist  der  Tenasserim 
der  einzige  Fluss,  an  dessen  Ufern  Wälder  von  Japan-Holz  vorkommen.  Dieses 
werthvolle  Farbholz  wächst  ursprünglich  nur  auf  einem  beschränkten  Land- 
striche, zwischen  13°  30'  und  14°  4'  NBr.  Der  Grund  dieser  örtlichen 
Beschränkung  fällt  nicht  einleuchtend  da  die  Beschaffenheit  des  Landstriches 
von  Metamio  bis  zum  Ye-Khiaung  —  wo  er  ebener  wird,  —  sich  ziemlich 
gleich  bleibt.  Nebst  dem  einsam  wandernden,  mit  diesen  unbewohnten  Ufern 
wohl  bekannten  Karäer,  gelangen  nur  die  Holzschläger  so  weit  stromauf- 
wärts und  auch  diese  nur  vom  Juni  bis  zum  September,  wenn  sie  das 
Holz  auf  Flössen  herabbringen.  Ein  besseres  Verfahren  beim  Fällen  des 
Japan-Holzes  und  bei  dessen  Anbau  an  Stellen,  wo  es  früher  vorkam  und 
nunmehr  nahezu  vertilgt  ist,  würde  dem  Tenasserim  eine  viel  grössere  Wich- 
tigkeit  verleihen. 

d)  Vorzügliches  Werkholz.  Das  höchste  und  beste  Werkholz  wächst 
längs  der  ganzen  Ufer  des  Tenasserim.  Wenn  einst  der  Werth  dieses  Hol- 
zes richtig  erkannt  ist,  wird  man  naturgemäss  die  Stellen  aufsuchen,  von 
denen  aus  die  Weiterbeförderung  am  leichtesten  geschehen  kann  und  der 
lange  Lauf  des  Tenasserim  wird,  gleich  von  vorne  herein  unerschöpfliche 
Bezugsquellen  bieten. 

e)  Fruchtbarkeit  der  Vier.  Die  Fruchtbarkeit  der  beiderseitigen  Ufer 
des  kleinen  Tenasserim,  zwischen  dem  Yee-poo-Khiaung  und  der  alten  Stadt 
Tenasserim  gibt  diesem  Landstriche  eine  Bedeutung  für  Jene,  welche  sich 
auf  Unternehmungen  im  Fache  des  Landbaues  einlassen  wollen;  bei  den 
Burmesen    und    Karäern    selbst    gilt    er    —    mit    Ausnahme  des    Taunbiaun- 


220  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Thaies  für  den  fruchtbarsten  Boden  der  ganzen  Provinz.  Dennoch  wurde  er 
ganz  aufgegeben.  Vor  der  britischen  Besitznahme  wagte  Niemand  sich  dort 
ansässig  zu  machen,  aus  Furcht  nicht  nur  den  Lohn  seiner  Arbeit  zu  ver- 
lieren, sondern  auch  von  den  Siamesen  aufgefangen  und  in  die  Knechtschaft 
verkauft  zu  werden. 

Neuerlich  —  besonders  seit  4  bis  6  Jahren  —  werden  nach  und  nach 
weite  Strecken  gerodet,  nicht  nur  von  den  Karäern,  die  hier  als  Vortrab 
menschlicher  Unternehmungen  auftreten,  oder  von  den  eingebornen  Burmesen 
sondern  auch  von  den  Siamesischen  Einwanderern,  welche  sich  sämmtlich 
in  diesem  Landstriche  niederlassen,  und  von  einigen  unternehmenden  Chinesen, 
welche  so  weit  vorgedrungen  sind  und  den  Feldbau  noch  vorteilhafter  finden 
als  den  gewinnreichen  Handel,  denn  sie  bisher  fast  als  Monopol  an  der  See- 
küste betrieben. 

f.)  Einfluss  der  Steinkohle.  Endlich  kann  die  an  den  Ufern  eines 
Nebenflusses  des  Tenasserim  erschürfte  Steinkohle  nicht  ohne  Wirkung  auf 
den  tiefern  Lauf  des  Flusses  zwischen  Tenasserim  und  Mergui  bleiben ; 
fast  undurchdringliche  Wälder  werden  zu  Stätten  menschlichen  Fleisses 
werden.  Die  Anzahl  der  Menschen,  welche  die  Weiterförderung  der  Kohle 
beschäftigen  wird,  die  Menge  der  für  sie  erforderlichen  Lebensmittel ,  und 
vielleicht  die  Eröffnung  einer  bedeutenden  Handelsverbindung  mit  Siam,  werden 
diese  Veränderung  bewerkstelligen.  Es  scheint  demnach  als  sollte  der  Tenas- 
serim —  bisher  der  vernachlässigteste  und  unbekannteste  der  grossen 
Flüsse,  —  im  Lauf  der  Zeit  zum  bestgekannten,  bestgebauten  und  ergie- 
bigsten   Theil    der   südlichen  Provinzen    werden. 

Flassgebiet  südlich  von  Mergui.  Noch  ist  ein  anderes  Flussgebiet  zu  er- 
wähnen, nämlich  das  der  Ströme,  welche  zwischen  Mergui  und  dem  St.  Ma- 
thias-Flusse, der  äussersten  Südgränze  der  Provinzen,  in  das  Meer  aus- 
münden, über  die  ich  indess  keine  weitere  Auskunft  geben  kann,  da  ich 
diesen  Theil   des    Landes    noch  nicht  bereiset  habe. 

IV.  Geologische   Bemerkungen. 

Geologische  Theorien.  Die  Mehrzahl  der  jetzigen  Geologen  erkennt 
folgende    Thatsachen    in    der    Geschichte    der    Erde    an: 

a)  Dass  lange  Zeiträume  relativer  Buhe  mit  Perioden  aussergewöhnlich 
heftiger  Umwälzungen,  in  deren  Laufe  sich  zahlreiche  Bergketten  bildeten, 
abgewechselt    haben; 

b)  dass  alle,  durch  eine  und  dieselbe  dieser  Umwälzungen  gebildete 
Ketten  —  selbst  in  weit  von  einander  entfernten  Gegenden  —  eine  gleiche 
Bichtung    haben,    und    wechselseitig    parallel    streichen ; 

c)  dass  die  plötzliche  Emporhebung  grosser  Gebirgsmassen,  das 
Wasser  in  gewaltige  Bewegung  setzen  musten,  durch  welche  ein  Theil 
des    Festlandes    zerrissen    wurde    und    Inselgruppen    (Archipele)    entstanden. 

Streichen  der  Gebirgszüge.  Der  Landstrich  von  17  Grad  bis  11  Grad 
N.  Br. ;  welchen  ich  bereiste,  zeigt  die  merkwürdige  Erscheinung,  dass 
nahezu  alle  seine  grösseren  Bergzüge  übereinstimmend  von  N.  10  W. 
nach  S  50  0.  streichen,  d.  h.  in  der  allgemeinen  Längsrichtung  der 
Halbinsel,  wie  sie  auf  den  gewöhnlichen  Karten  angegeben  ist.  —  Diese 
Gebirge  bilden  langgestreckte,  oft  unterbrochene  Züge,  von  verschiedener 
Höhe,  mitunter  in  doppelter,  dreifacher  —  auch  vierfacher  Beihe  mit 
dazwischen    liegenden    Thälern    und    Hochflächen. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserira-Provinzen  etc.  221 

Deren  geologische  Bildung.  Die  meisten  —  vielleicht  alle  —  dieser 
Bergzüge  gehören  einer  und  derselben  geologischen  Periode  an.  Sie  be- 
stehen aus  Ur-  oder  Uebergangs-Gesteinen,  vorzüglich  Gneiss,  Glimmer- 
schiefer und  Amphibolschiefer,  bis  etwa  zum  1 4.  Grad  N.  Br. ;  dann 
nehmen  sie  eine  gegliederte  und  schiefrige  Structur  an  oder  gleichen 
mächtigen  geschichteten  Ablagerungen,  der  Uebergangs-Grauwacke  ent- 
weder in  mächtigen  Lagen  der  ältesten  petrefactensickernden  Gruppe  oder 
allmälig    in    schiefriges    Gestein    übergehend. 

Archipel  von  Mergui.  Von  dem  geologischen  Bau  der  Meeresküste 
und  der  Inseln  weiss  ich  gar  nichts,  da  ich  zu  meinem  Bedauern  — 
Beide  nicht  bereisen  konnte.  —  Der  Archipel  von  Mergui,  mit  seinen 
ungefähr  2000  Inseln  bietet  einen  der  schönsten  Anblicke,  die  man  sich 
nur  denken  kann  und  wird  —  wie  ich  denke  —  nur  von  dem  Archipel 
von  Korea  an  Mannigfaltigkeit  übertroffen.  Nahezu  alle  Inseln  sind  unbe- 
wohnt und  alle  —  mit  Ausnahme  einiger  vereinzelter  Felsen  mit  hoch- 
stämmigen Bäumen  bewachsen.  Eine  Untersuchung  dieses  ganz  unbekannten 
Labyrinths  wäre  anziehend  und  es  wäre  wichtig  zu  bestimmen,  ob  diese 
Inseln  während  einer  der  grossen  Umwälzungen  aus  der  Meerestiefe  em- 
porgehoben worden  oder  ob  sie  die  verstreuten  Ueberbleibsel  eines  vor- 
maligen   Festlandes   sind. 

Vulkanische  Thätigkeit.  Dass  vulkanische  Kräfte  diesen  Landstrich  in 
neuerer  Zeit  mehr  als  einmal  erschüttert  haben  mögen,  beweiset  die  Nähe 
jenes  mächtigen  vulkanischen  Gürtels  der  Molukken-  und  Sunda-Inseln, 
welcher  irgendwo  im  N.  der  Philippinen  (vielleicht  in  der  Breite  der 
Aleuten)  beginnt,  über  Gilolo,  Boolo,  Ceram  und  Banda  herabläuft,  einen 
Zweig  nach  Neu-Guinea  absendet  und  über  Flores  sich  mit  dem  Haupt- 
stock bei  Sumbava  vereinigt,  endlich  von  dort  durch  Java  und  Sumatra 
bis  zur  Bucht  von  Bengalen  zieht  und  sich  augenscheinlich  in  Barren 
Island  verliert,  wo  ein  beständig  brennender  Vulkan  —  gleichsam  ein 
drohender  Vorposten  —  in  der  Breite  von  Mergui,  und  kaum  5  Grad 
westlich    von    dieser    Stadt    liegt.    Vielleicht    zieht    sich    auch    dieser    Gürtel 

—  wie  der  sei.  M.  Foley  gezeigt  hat  —  nach  Arracan  und  von  dort 
bis  nach  Assam  hinauf.  Es  lässt  sich  nicht  denken,  dass  dieser  unge- 
heure vulkanische  Gürtel  ohne  unmittelbare  Einwirkung  auf  die  Tenasserim- 
Provinzen  bleiben  konnte.  In  diesen  habe  ich  nirgends  neue  pluto- 
nische  Gebilde  wahrgenommen,  noch  hab'  ich  dort  von  Erdbeben  und 
deren  Verwüstungen  gehört;  wodurch  indess  noch  kein  Gegenbeweis  be- 
gründet ist.  Erst  der  kleinste  Theil  des  Landes  ist  geologisch  untersucht, 
der  grösste  Theil  unbewohnt,  die  Bewohner  haben  keine  schriftlichen 
Aufzeichnungen  bewahrt;  ja  selbst  mündliche  Ueberlieferungen  reichen 
selten   über   drei    Menschenalter   hinaus. 

Heisse  Quellen.  Die  stetige  vulkanische  Wirkung  scheint  sich  indess 
mittelbar  in  dem  Bestehen  zahlreicher  heisser  Quellen  in  dem  ganzen 
Lande  zu  bethätigen.  Ich  kenne  18  Stellen,  an  welchen  Thermen  vor- 
kommen. Die  bedeutendsten  sind  die  am  Attaran,  jene  bei  Pay,  bei  Me- 
tamio    an    dem    obern,     und    am    Ye-pu-Khiaung    am    untern    Tenasserim. 

—  Auch  über  das  übrige  Land  sind  solche  Quellen  vertheilt.  Oft,  wenn 
ich  auf  meinen  Landreisen  kleine  Bäche  durchwatete,  weil  keine  bessere 
Strasse  vorhanden  war,  riefen  die  barfussgehenden  Eingebornen  plötzlich 
aus;  das  Wasser  wäre  heiss.  An  solchen  Stellen  drangen  kleine  heisse 
Quellen    aus    dem    Gestein    und    machten    das   kalte    Wasser   des  Baches    auf 


222  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

einige  Entfernung  hin  lau,  bis  es  wieder  seine  gewöhnliche  Temperatur 
annahm. 

Heisse  Quellen  am  Attaran.  Intersuchung  der  heissen  Quellen  am  Attaran. 
Es  sind  10  heisse  Quellen  oder  eigentlich  Teiche  vorhanden,  von  denen  ich 
nur  die  nächsten  untersuchen  konnte,  da  die  andern  nur  durch  tiefes 
Wasser  von  130°  F.  zugänglich  waren.  Eine  dieser  Quellen  war  ein 
halbrunder  Teich  von  nahe  50  Fuss  im  Umfange,  an  einer  Stelle  35  Fuss 
tief;  indess  konnte  ich  die  Tiefe  nur  rings  um  die  Ränder  abmessen.  Das 
Wasser  war  ganz  ruhig,  ausser  an  ein  paar  Stellen,  wo  es  leicht  auf- 
wallte; Stücke  von  kieselerdigen  Krusten,  mit  Conferven  und  Tremellen 
gemengt,  schwammen  auf  der  Oberfläche.  Die  Temperatur  des  Wassers 
war  146°  F.  und  die  der  Luft  97,/2°  F.;  dennoch  waren  die  Ufer  mit 
reicher  Vegetation  bedeckt  und  eine  Art  Fiats  stand  jedes  Jahr  mit 
seinen  Wurzeln  im  Wasser.  Dass  aber  Fische  im  Wasser  gefunden  wurden, 
scheint  ins  Gebiet    der    Fabeln    zu    gehören. 

Entwicklung  von  Kohlensäure-Gas.  Der  Boden  rings  um  die  Quellen 
ist  stark  eisenhaltig  und  das,  über  den  okerigen  Schlamm  fliessende 
Wasser  hat  einen  deutlich  zusammenziehenden  Geschmack.  Die  Temperatur 
des  schlammigen  Grundes  war,  */4  (engl.)  Meile  von  den  Quellen  entfernt, 
10°  höher  als  die  des  übrigen  Bodens  und  nahe  an  den  Quellen  so 
heiss,  dass  die  barfüssigen  Coolies  sie  kaum  ertragen  konnten.  Die  Menge 
Kohlensäure,  welche  die  Quellen  entwickeln,  scheint  (ungeachtet  der  über- 
mässigen Hitze)  den  Pflanzen  besonders  reiche  Nahrung  zuzuführen,  daher 
denn  auch,  je  mehr  man  sich  den  Quellen  nähert,  die  Vegetation  bis 
zur  Undurchdringlichkeit  mächtig  wird.  Die  heissen  Quellen  am  Attaran 
sind  die  einzigen,  die  mir  in  einer  ganz  ebenen  Fläche  vorgekommen 
sind;  alle  anderen  die  ich  im  Innern  des  Landes  besuchte,  lagen  an  den 
Abhängen  der  Binnenland-Becken,  in  bergigeren  Gegenden  oder  an  den 
Ufern    von    Bergströmen    und    Bächen. 

Chemische  Zusammensetzung.  Diese  war  bei  allen,  von  mir  untersuchten 
Quellen  gleichförmig;  alle  sind  schwach  eisenhaltige  Schwefelquellen, 
ähnlich  denen  von  Brighton.  Die  am  Attaran  nähern  sich  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung,  am  meisten  den  berühmten  Quellen  von  Teplitz.  Am  meisten 
unterscheiden  sie  sich  noch  durch  die  Anwesenheit  oder  den  Mangel 
schwefelsaurer    Kalk-    und    Bittererde-Salze. 

Theorie  dieser  heissen  Quellen.  Möge  man  die  Wirkung  der  centralen 
Erdwärme,  oder  chemische  Vorgänge  oder  Electricität  als  Ursache  vul- 
kanischer Wärmeentwicklung  annehmen,  jedenfalls  ist  ihre  Existenz  durch 
das  Vorhandensein  warmer  Quellen  erwiesen  und  die  Erfahrung  hat  den 
innigen  Zusammenhang  dieser  Quellen  mit  vulkanischen  Ausbrüchen  und 
Erdbeben  (z.  B.  den  des  Sprudels  von  Karlsbad  mit  den  Ausbrüchen  des 
Vesuv)  über  allen  Zweifel  erhoben.  Wir  sind  mithin  berechtigt,  einen 
innigen  Zusammenhang  der  heissen  Quellen  dieses  Landes  mit  dem  grossen 
vulkanischen  Gebiete  des  indischen  Archipels  anzunehmen  und  in  ihnen 
entfernte  Luftlöcher  zu  sehen,  durch  welche  die  beständig  erzeugten  und 
veränderten  gasartigen  und  festen  Substanzen  entweichen.  Erdbeben  sind 
in  diesen  Gegenden  unbekannt  oder  doch  höchst  selten.  Dieser  Umstand 
beweiset  indess  nichts  gegen  das  Vorhandensein  oder  die  Nähe  vulkanischer 
Thätigkeit,  welche  sich  nur  dann  als  Ausbruch  oder  Erdbeben  äussert, 
wenn  der  Hitze  oder  den  hochgespannten  Gasen  der  Austritt  verwehrt  ist. 
Wie    viele    noch    unbekannte    Luftlöcher   für   Austritt   von    Gasen     mögen   in 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  223 

diesen  Ländern  vorhanden  sein  und  wie  viel  mehrere  noch  in  dem  um- 
gebenden   Meere? 

Inniger  Zusammenhang   heisser   Quellen    mit    vulkanischer    Thätigkeit.   Die 

Fortschritte  der  Geologie  haben  das  reichliche  Vorhandensein  von  Mineral- 
quellen in  vulkanischen  Gegenden  so  ziemlich  zur  Gewissheit  erhoben 
und  die  Thermen  scheinen  ursprünglich  Dampfsäulen  zu  sein,  welche 
sich,  bevor  sie  zu  Tage  gelangen,  heim  Durchstreichen  anderer  mit  kaltem 
Wasser  gefüllten  Schichten,  in  tropfbare  Form  verdichteten.  Solche  Dampf- 
säulen können  indess  nur  da  aufsteigen,  wo  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe 
unterirdische  Wärme  thätig  ist,  mithin  nur  im  Gebiete  vulkanischer  Thätig- 
keit. Die  nördlichsten  Thermen  liegen  bei  Amherst  unter  16°  N.  B.  was 
mir  zu  beweisen  scheint,  dass  die  in  den  benachbarten  Molukken  be- 
kanntlich stets  thätigen  vulkanischen  Kräfte  sich  über  einen  grossen 
Theil    der    Tenasserim-Provinzen    unterirdisch    verbreiten. 

Beuützung  der  Thermen.  In  einem  gesitteten  und  dichter  bevölker- 
ten Lande  würden  diese  Quellen  Wichtigkeit  erlangen  und  zahlreichen 
Leidenden  Hilfe  bringen.  Hier  werden  Jahrhunderte  vergehen,  bevor  sie 
irgendwie  benützt  werden,  um  so  mehr  als  sie  meist  tief  im  Innern,  an 
verborgenen  Stellen  in  dichten  Wäldern,  welche  selten  ein  menschlicher 
Fuss    betritt,    gelegen    sind. 

medizinische  Wirkung.  Diese  Quellen  würden  ein  kräftiges  Mittel  gegen 
die  vielen  Hautleiden  abgeben,  welche  unter  den  Eingebornen,  besonders  den 
Karäern,  gemein  und  eine  wahrscheinliche  Folge  der  Unreinlichkeit  sind, 
da  sie  beständig  dieselbe  Kleidung  tragen,  bis  sie  in  Stücke  zerfällt,  ohne 
sie  je  zu  wechseln  oder  zu  waschen.  Auch  für  Leberleiden  —  die  indess 
viel  seltener  vorkommen,  als  im  eigentlichen  Hindostan  —  wären  diese 
Quellen    besonders    heilsam. 

Die  bedeutendsten  bei  Amherst.  Vor  allen  andern  dürften  die 
W^armquellen  nächst  Maulmain  am  Attaran,  die  Aufmerksamkeit  auf  sich 
ziehen  und  fänden  leicht  eine  vorteilhafte  Verwendung,  wenn  Amherst 
zum  Erholungsort  für  Jene  werden  sollte,  die  ihre  Gesundheit  in  Ost- 
Indien  eingebüsst  haben.  Sie  wären  nur  4 — 5  Stunden  in  gerader  Linie 
von  der  Stadt  entfernt  und  eine  Strasse  dorthin  liesse  sich  leicht  an- 
legen, so  dass  die  Leidenden  die  ßadecur  an  Ort  und  Stelle  gebrauchen 
könnten. 

Deren  innerliche  Wirkung.  Es  wäre  der  Mühe  werth,  ihre  innerliche 
Wirkung  in  grösserer  Menge  zu  versuchen  und  es  wäre  vielleicht  keine 
übel  berechnete  Unternehmung,  das  Wasser  in  Flaschen  zu  ziehen  und 
es  so  nach  Calcutta  oder  Madras  zu  führen,  von  wo  es  leicht  zum  Nutzen 
der  zahlreichen   Leberkranken    über    das    ganze   Land   verbreiten    liesse. 

Zunahme  des  Festlandes  im  grossen  Maasstabe.  Es  wäre  überflüssig,  hier 
die  gewaltigen  Ablagerungen  an  den  Deltas  der  Flüsse  überhaupt  zu  er- 
wähnen; man  weiss  was  fliessende  Wasser,  welche  Tag  für  Tag  ganze 
Joche  Erde  mit  sich  führen,  in  der  Bildung  von  angeschwemmten  Boden 
vermögen.  In  diesem  Theil  der  Erde  geht  dieser  Process  in  grossartigstem 
Maasstabe  vor  sich.  Die  wachsenden  Anschwemmungen  an  den  Deltas  des 
Ganges,  des  Burhampooter,  des  Irrawaddy  und  des  Maulmain  sind  fort- 
währende Beweise  dafür.  —  Auch  kleinere  Flüsse  bilden  sich  ihre  Deltas 
ebenso  gut  als  Ströme,  welche  das  Material  dazu  Tausende  von  Meilen 
weit   herführen,    und    zwar    solche    kleine    Flüsse,    welche    überall,    ausser 


224  Dr.  Johann  Wilhelm-  Helfer's 

in  tropischen  Gegenden,  kaum  in  Jahrhunderten  eine  wahrnehmbare  Verän- 
derung   ihrer   Mündungen    zeigen    würden. 

Marine  Wälder,  beim  Zuwachse  des  Festlands  thätig.  Der  Grund 
dieser  Vorgänge  liegt  in  den  marinen  Wäldern,  einer  in  gemässigten 
Klimaten  unbekannten  und  bisher  von  den  Geologen  noch  nicht  hinreichend 
beachteten  und  gewürdigten  Erscheinung.  (Siehe  „Natürliche  Eintheilung 
des  Landes  des  Mangrove-Gürtel").  Eine  eigentümliche  natürliche  Familie 
von  Bäumen  und  Sträuchen  (wie  wohl,  ihrer  Fructification  nach,  unter 
verschiedene  botanische  Familien  vertheilt)  hält  die  Meeresgestade  zunächst 
an   den    Fluss-Delta's    besetzt. 

unterschied    dieser   Sträuche    und    Bäume    von    anderen    Gewächsen.     Sie 

unterscheiden  sich  darin  von  allen  übrigen  Pflanzen,  dass  sie:  a)  nur  in 
brackischem  Wasser  (so  weit  vom  Meerestand,  dass  das  Salzwasser  noch 
ihren  untern  Theil  zu  erreichen  vermag)  wachsen;  b)  nicht  gedeihen, 
wenn  sie  nicht  täglich  vom  Wasser  überfluthet  werden  —  c)  durchgängig 
dicke,  saftige  oder  lederartige  Blätter  haben  —  d)  immer  grün  bleiben 
—  e)  zu  Asche  verbrannt  anstatt  der  Pottasche,  Soda  geben  —  f)  in 
ihrer  Rinde  eine  stark  zusammenziehende  Substanz  enthalten  —  g)  ihre 
Wurzel  anders  gestaltet  sind,  als  die  der  übrigen  Pflanzen,  oberhalb  des 
Bodens  sich  ausbreiten  und  theilweise  nicht  nach  Abwärts,  sondern 
nach  Aufwärts  fort  wachsen  —  h)  in  Stücke  zerfallen,  wenn  man  sie, 
wie    andere    Pflanzen,    für    das    Herbar    trocknen    will. 

NB.  Diese  Gewächse  sind  zunächst  dem  Aequator  am  artenreichsten; 
sie  umgeben  gleich  einem  Walle  einen  grossen  Theil  der  Küste  von 
Sumatra  und  sind  an  der  Küste  von  Tenasserim  noch  immer  zahlreich, 
ich  selbst  habe  bis  nun  17  Arten  gesammelt.  Bei  Maulmain  nimmt  die 
Zahl  der  Arten  ab,  nicht  aber  die  der  Individuen;  die  Sunderbunds  bei 
Calcutta    sind    viel    ärmer    an    Arten. 

Wie  halten  sie  die  Absätze  fest?  Diese  eigentümlichen  Gewächse 
(einige  davon  10  Zoll  im  Durchmesser  haltend  und  mit  Wurzeln,  die 
sich  auf  40  bis  50  Schritte  weit  vom  Stamme  weg  erstrecken,  sind  die 
natürlichen  und  eigentlich  besten  Stützen  des  Festlandes  an  niederen 
Stellen  und  der  hauptsächlichste  Anlass  zur  Anhäufung  von  neuen  Land- 
strichen längs  dem  Meere,  indem  sie  zu  Dickichten,  für  Menschen  meist 
undurchdringlich  zusammenwachsen.  Jede  Art  breitet  ihre  Wurzeln  unter 
eigenen  Winkeln  oder  krummen  Linien  aus,  so  dass  einige  Fuss  hoch 
über  den  niedrigsten  Wasserstand  ein  wahres  Labyrinth  von  Löchern  und 
Durchgängen  entsteht.  Dieses  Netzwerk  hält  den  Lauf  des  Stromwassers 
auf  und  dieses  setzt  den  mitgeführten  Schlamm  in  dessen  Zwischenräumen 
ab.  Dieser  täglich  wiederkehrende  Vorgang  hat  einen  sehr  reichlichen 
Absatz  zur  Folge,  welcher  dag  Festland  vergrössert  und  so  schnell  ist 
die  Wirkung  der  Mangroves,  dass  die  daraus  entstandenen  Veränderungen 
bereits    im   Lauf  eines    einzigen    Menschenalters    sichtbar   werden. 

Wirkungen  in  nicht  tropischen  Klimaten.  In  anderen  aussertropischen 
Gegenden  werden  die  Absätze  der  Flüsse  in  das  Meer  geführt  und  bilden 
in  engen  Binnenmeeren  (wie  das  Deutsche  oder  Baltische)  ailmälig  aus- 
gebreitete Schlammbänke  oder  Untiefen,  auch  wohl  Morastland  und  füllen 
zuletzt  die  Mündungen  der  Flüsse  vollständig  aus.  In  tropischen  Gegenden 
hindern  die  marinen  Wälder  die  Weiterführung  der  meisten  festen 
Theilchen    und  geben  zugleich  die  beste  Befestigung    der  neuen  Absätze  ab. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  225 

Landvergrösserung  durch  deren  Eingehen.  Diese  Bäume  bilden  nicht 
nur  Moräste  und  Sümpfe,  sondern  auch  fester  und  fruchtbarer  Boden 
verdankt  ihnen  seine  Entstehung.  Alljährlich  führt  die  Gewalt  des  Mon- 
soon  von  den  höheren  Gegenden  eine  Menge  vegetabiler  und  mineralischer 
Trümmer  herab,  welche  sich  theilweise  auf  die  ersten  Schlammabsätze  ab- 
lagern. Je  mehr  lose  Dammerde  den  Schlamm  bedeckt,  um  so  mehr 
verliert  er  von  seiner  salzigen  Beschaffenheit.  Gewächse  des  trocknen 
Landes  gedeihen  allmälig  darauf,  tragen  selbst  das  Ihrige  zur  Vermehrung 
der  Dammerde  bei  und  die  Gestadebäume  sterben  in  gleichem  Masse  aus. 
Sie  haben  ihre  Bestimmung  erfüllt  und  ihre  gefallenen  Stämme,  ihre 
verwesten  Wurzeln  liefern  den  besten  Beitrag  zu  dem  Zweck,  —  für 
welchen    sie    —    wie    es    scheint    —    ausschliesslich    geschaffen   worden. 

Geologischer  Ban.  Cr-  und  Uebergangs-Gesteine.  Die  höheren  Berge  von 
Tenasserim  gehören  meist  der  Ur-  oder  Uebergangs- Epoche  an;  sie 
bestehen  aus  Grauwacken-Gesteinen,  älteren  versteinerungslosen  geschich- 
teten oder  (seltener)  ungeschichteten  Gesteinen  Die  kohlenführenden  Ge- 
bilde sind  auf  den  Landstrich  beschränkt,  in  dem  die  Ketten  von  Berg- 
kalk vereinzelt  vorkommen;  Kohlenspuren  sind  auch  in  den  südlichsten 
Theilen    aufgefunden  worden. 

Granit.  Ungeschichteter  Granit  ist  vergleichungsweise  nicht  gemein. 
Zwischen  Ye  und  Tavoy  steht  ein  ausgedehntes  Gebiet  von  Syenit  an 
und  im  Granit-Bezirk  des  Beckens  von  Hinzai  treten  bedeutende  Massen 
von  Schörl  auf.  Man  findet  dort  schöne  Exemplare  von  Turmalin, 
denen  des  St.  Gotthard  ähnlich.  —  Das  im  eigentlichen  Ava  so  ge- 
wöhnliche Shillerspath  (DialageJ- Gestein  ist  weiter  südlich  nicht  wahr- 
genommen worden.  Grosse  Massen  von  Grünstein  kommen  an  den  Grenzen 
der  Provinzen  Amherst  und  Ye  vor;  namentlich  viel  porphyrartiger  Grün- 
stein im  Bezirke  des  Zhen-taun.  —  Nirgends  hab'  ich  plutonische  Ge- 
bilde   wahrgenommen. 

Untere  geschichtete  Gesteine.  Dieselben  Gesteine,  welche  im  centralen 
Ost-Indien  einen  so  beträchtlichen  Baum  einnehmen  und  aus  denen  die 
Himalaya-Kette  hauptsächlich  besteht,  sind  auch  hier  die  verbreitetsten. 
Sie  scheinen  die  eigentliche  verbindende  Formation  zu  sein  („they  seem 
to  be  the  chief  basis  of  passage").  Auch  in  Ceylon  —  so  weit  man 
es  kennt  —  scheinen  sie  vorzuherrschen.  Gneiss  ist  in  den  höchsten 
Horizonten  das  gewöhnlichste  Gestein.  —  Die  Na-bos-lee  Kette  gegen 
Kallee-oung  besteht  aus  Protogyn,  mit  abwechselnder  Stellvertretung  des 
Glimmers  durch  Speckstein.  Glimmerschiefer  ist  nahezu  ebenso  häufig  als 
Gneiss;  aus  ihm  besteht  in  der  Hauptsache  eine  grosse  Kette  nach  den 
„drei  Pagoden"  zu  und  die  Kette  der  Maine-Berge.  —  Die  östlichen 
Züge  gegen  Thum-lo,  zwischen  dem  Kamaung-thueg-Khiaung  und  die  den 
Baing-Khiaung  einschliessenden  Nebenzüge  bestehen  ausschliesslich  aus  Am- 
phibol-Schiefer.  —  Talkschiefer  steht  überall  an,  aber  nur  in  vereinzelten 
Flecken.  Ur-  und  Grauwacken-Thonschiefer  kommt  gewöhnlich  in  allen 
Thälern  und  an  allen  Gehängen  der  Provinz  vor;  Chloritschtefer  ist  mehr 
auf  die    nördlichen    Landstriche   beschränkt. 

Quarzgestein.  Quarzfels  ist  den  eben  beschriebenen  Gesteinen,  beson- 
ders dem  Glimmerschiefer  und  dem  Gneiss  eingelagert.  Vereinzelt,  als 
dürrer  Boden  in  einer  Ausdehnung  von  mehreren  (engl.)  Meilen,  steht 
er   zwischen   Tavoy   und   Metamio. 


226  Dr*  Johann  Wilhelm  Helfer's 

NB.  Man  behauptet,  dass  dort  vormals  Gold  gefunden  worden  sei 
und  es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  dieser  Quarz  wirklich  Gold  ent- 
halte; ich  fand  keines  darin,  wohl  aber  eingewachsene  Krystalle  von 
Eisen    (Eisenglanz?). 

Auf  dem  Gipfel  des  Zadee-taung.  Auf  dem  Gipfel  des  Zadee-taung, 
zwischen  Ye  und  Tavoy  kommen  grosse  Massen  von  Quarz  vor.  Diess 
ist  der  einzige  mir  hier  bekannte  Berg  mit  kahlem  Gipfel;  die  Wälder, 
die  ihn  einst  deckten,  wurden  vom  Blitze  getroffen  und  sind  abgebrannt. 
Vom  Meer  aus  sind  die  weissen  Quarzmassen  bis  auf  30  (engl.)  Meil.  sichtbar. 

Grauwacke.  Von  Na-thia-mi-Khiaung  bis  zum  Ye-poo-Khiaung  bestehen 
die  steilen  Ufer  des  Tenasserim  durchgangig  aus  Grauwacken-Schiefer  und 
Uebergangs-Kalk;    weiter    stromabwärts    treten    neuere    Gebilde    auf. 

Schwierigkeiten  der  geologischen  Durchforschung  des  Landes.  Eine  Reihe 
von  Jahren  wäre  zur  geologischen  Durchforschung  des  Landes  erforderlich. 
Die  Schwierigkeiten  eines  solchen  Unternehmens  kann  weder  ein  Europäer 
noch  selbst  ein  Ost-Indier  begreifen,  die  beide  an  Gegenden  gewohnt 
sind,  in  denen  Bäume  gar  nicht  oder  nur  als  willkommene  Zierde  vor- 
kommen. Weder  in  den  Nilgherries  noch  im  Himalaya  stösst  der  Beob- 
achter auf  bedeutende  Schwierigkeiten,  hier  aber,  wo  ein  kahler  Fels 
eine  Seltenheit  ist,  lassen  sich  geologische  Thatsachen  nur  längs  der 
steilen  Ufer  von  Flüssen,  oder  in  den  Schluchten  der  Bergströme  — 
besonders    nach    dem    Monsoon    —    aufsammeln. 

V.  Erze  und  andere  Produkte  des  mineralreiches. 

Grosser  Reichthum  an  Mineralien.  In  einem  hauptsächlich  aus  Ur- 
Uebergangs-  und  secundäreu  Gesteinen  bestehenden  Lande,  lässt  sich  ein 
häutiges  Vorkommen  von  Erzen  erwarten.  Die  bisher  erlangte  Kenntniss 
der  hiesigen  mineralischen  Keichthümer  bestätigt  die  Vermuthung,  dass 
von    einer    gründlichen    Durchforschung    noch    viel     mehr    zu    erwarten    sei. 

Eisen.  Eisen  findet  sich  in  einer  oder  der  andern  Gestalt,  nahezu 
überall  innerhalb  der  Provinzen.  In  den  südlichen  Landstrichen  sind  jedoch 
die  Eisenerze  von  besserer  Beschaffenheit  und  ihre  Lagerstätten  sind  viel 
vortheilhafter  gelegen  als  die,  in  meinem  ersten  Bericht  aus  der  Provinz 
Amherst    erwähnten. 

Gebiet  des  Eisens.  Das  Hauptgebiet  des  Eisens  liegt  in  dem  ter- 
tiären Hügellande  zwischen  Ye  und  Tavoy,  unfern  der  Meeresküste.  Die 
Erze  erscheinen  in  allen  Gestalten,  vom  rothen  Oker  bis  zum  festen 
Magnet-Eisenerze.  Zwischen  Maulmain  und  Tavoy  habe  ich  17  Fundorte 
aufgezeichnet.  Der  beste  in  Bezug  auf  Menge,  Güte  und  Lage  ist  der 
von  Tavoy,  eine  Stunde  weit  von  dieser  Stadt,  an  der  Strasse  von  Na- 
bos-leegua. 

Verkommen  der  Erze.  Diese  Erze  kommen  unter  verschiedenen  Ge- 
stalten vor:  als  gemeines  oktoedrisches  Magnet  -  Eisenerz  von  dichter 
Textur  in  körnigem  Concretionen,  krystallisirt,  metallisch  glänzend,  stark 
polar-magnetisch. 

Dieses  Magnet-Erz  kommt  auf  einem  Lager  von  unbekannter  Ausdeh- 
nung vor,  ein  über  der  Oberfläche  hervorragender  Block  ist  sechs  Fuss 
hoch  und  hat  an  seiner  Basis  einen  Durchmesser  von  15  Fuss.  —  Diese 
Lagerstätte  war  den  Burmesen  schon  früher  bekannt,  ist  aber  meines 
Wissens  —  nie  ausgebeutet  worden;  ihre  magnetischen  Eigenschaften 
waren    ein   Gegenstand   geheimnissvoller    Neugierde.    Es    ist    bekannt,     dass 


Gedruckte  und  ungedruckte  Schriften   über  die    Tenasserim-Provinzen  etc.        227 

dieses  Erz  das  beste  Stabeisen  gibt  und  dass  sein  Ausbringen  (85—87 
p.  C.  auf  69/ioo  Peroxyd  und  ay100  Protoxyd  das  grösste  aller  bekannten 
Eisenerze    ist. 

Grosses  Lager  von  rhomboedrischem  Eiseneri.  Nicht  weit  vom  erstem 
steht  ein  augenscheinlich  sehr  bedeutendes  Eisenerzlager  an,  welches  ich  auf 
eine  bedeutende  Strecke  obertags  verfolgt  hatte,  in  der  That  scheint  ein 
40  Fuss  tiefer,  400  Fuss  breiter  und  2000  Fuss  langer  Hügel  ganz 
aus  diesem  Erze  zu  bestehen.  Glattgerollte  Bruchstücke  2  bis  20  Pfund 
schwer,  sind  auf  der  Oberfläche  verstreut.  Das  Erz  ist  dichtes  rhom- 
boedrisches    Eisenerz    (Eisenglanz). 

Andere  Erze.  Die  niedere  Bergkette,  längs  der  Meeresküste  bis 
zur  Tavoy-Spitze  streichend,  führt  überall  Eisen,  meist  als  prismatisches 
Eisenerz,  sowohl  in  faseriger  als  in  okeriger  Gestalt.  Brauner  Thon- 
Eisenstein  und  Sumpferz  sind  die  gewöhnlichsten  Eisenerze  aller  Land- 
striche von  Ye  bis  Mergui.  Bother  Oker  findet  sich  an  verschiedenen 
Stellen  längs  der  Ufer  des  Tenasserim.  Südlich  der  Insel  Madramee  kom- 
men Gänge  von  Eisenerz  mit  Kupfer,  Blei  und  Arsenik  vor.  Prismatischer 
Eisenkies  begleitet  die  obere  Schichte  der  Kohle  im  S.  von  Mergui. 
Ein  bedeutender  Gang  von  zelligem  Eisenkies  steht  bei  Metamio  an.  Er 
wurde  zur  Zeit  der  Siamesen  für  Gold  gehalten  und  seine  Verwandlung 
in    Gold    wurde    zu    wiederholten    Malen    versucht. 

Das  Eisen  von  Tavoy  ist  das  beste.  Von  allen  Eisenlagern  ist  das 
von  Tavoy  das  wichtigste.  Der  eisenführende  Hügel  liegt  24  (engl.)  Meilen 
vom  Fluss  ab.  Zwischen  ihm  und  dem  Flusse  liegen  Beisfelder,  nur  we- 
nige Fuss  über  den  höchsten  Wasserstand.  An  dieser  Stelle  ist  der  Fluss 
Schiffen  von  2000  Tonnen  Gehalt  zugänglich.  Ein  Kanal  zur  Förderung 
der  Erze  liesse  sich,  mit  geringen  Kosten  vom  Ufer  bis  an  den  Hügel 
führen.  Hart  am  Flusse  müssten  Schmelzwerke  angelegt  und  entweder 
mit  Holz  von  dem  obern  Laufe  des  Flusses  her  (wo  es  in  grösster  Menge 
vorhanden    ist)    oder   mit   Kohle    aus    Mergui   betrieben   werden. 

Keines  der  bis  nun  bekannten  Eisensteinvorkommen  in  Ost-Indien  ver- 
einiget in  so  ausgezeichnetem  Masse  alle  Vortheile,  die  sich  von  einem 
solchen  Unternehmen  erwarten  Hessen.  Was  eben  über  das  Eisensteinlager 
von  Tavoy  gesagt  wurde,  macht  jede  weitere  Besprechung  der  übrigen 
Vorkommen  —  die  mit  diesem  niemal  in  Bewerbung  treten  könnten, 
überflüssig. 

Zinn.  Nach  dem  Eisen  ist  Zinn  das  wichtigste  Metall  und  in  den 
südlichen  Provinzen  sogar  allgemeiner  verbreitet  als  dieses,  jedoch  überall 
in  viel  geringeren  Mengen  und  nur  an  wenigen  Stellen  reichlich  genug, 
um  mit  Gewinn  ausgebeutet  zu  werden.  In  den  nördlichen  Provinzen  ist 
Zinn  sehr  selten.  In  der  Provinz  Amherst  fand  ich  es  nur  an  einer 
Stelle    verstreut. 

Geographische  Verbreitung.  Der  Verbreitungs-Bezirk  des  Zinnes  be- 
ginnt im  S.  von  Ye,  von  Kallee-oung  an;  sein  Mittelpunct  scheint  mit 
Tavoy  in  gleicher  Breite  zu  liegen.  Von  da  zieht  sich  das  Zinngebiet 
nach  S.  vermutlich  über  die  ganze  Halbinsel  und  von  dort  in  den  in- 
dischen Archipel,  wo  in  Banka  und  dessen  Umgebungen  die  reichsten 
der  bis  nun  bekannten  Zinngruben  liegen.  Gesammelt  wurde  Zinn,  und 
es  wird  zum  Theil  jetzt  noch  zu  Mergui,  Junk-Ceylon  und  in  vielen 
Theilen    des    eigentlichen   Malacca. 


228  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

a.  Zinn  von  Metamio.  Lage.  Zinn  kömmt  hier  längs  des  Flusses 
einer  Urgebirgs- Kette  von  2000 — 4000  Fuss  Höhe  vor,  theils  in  den 
aus  den  Trümmern  der  Hauptkette  entstandenen  Hügeln,  theils  in  den 
tausendjährigen  alluvialen  Ablagerungen  der  dazwischen  liegenden  Thäler, 
theils  endlich  in  den  kleinen  Flüssen  und  Bächen  dieser  Thäler,  in  die 
es   jedes    Jahr    während    der    Monsoons    herabgeschwemmt    wird. 

Ursprüngliche  Lagerstätte.  Unbezweifelt  kömmt  das  Zinnerz  aus  — 
bisher  noch  unentdeckten  —  Lagerstätten  des  Haupt-Gebirgszuges.  Dass 
diese  Lagerstätten  noch  unbekannt  sind  ist  nicht  zu  verwundern,  indem 
der  grösste  Theil  dieses  Gebirges  noch  nie  besucht  worden,  die  Erz- 
lager nicht  offen  zu  Tage  liegen  und  —  wenn  diess  der  Fall  wäre  — 
von  dichter  Vegetation  bedeckt  sind;  so  dass  ihre  Entdeckung  lediglich 
vom  Zufall  abhängt.  —  Ich  fand  mehrmal  obertags  oder  nahe  an  der 
Oberfläche,  unter  älterem  Trümmergestein  eine  geringe  Anzahl  Quarzblöcke 
mit  eingewachsenen  Krystallen  von  Zinnerz,  doch  war  dessen  Menge 
stets    nur    sehr    gering. 

Gestalt  und  geologische  Verhältnisse  der  Fundorte.  Der  bei  weitem  grösste 
Theil  des  Zinnes  ist  innig  verbunden  mit  den  sandigen  und  erdigen  Theilen, 
aus  denen  die  oben  erwähnten  Hügel  bestehen;  indess  scheint  es  darin 
sehr  ungleich  vertheilt.  Die  zinnführende  Schichte  liegt  zu  Tag,  ohne  von 
jüngeren  Gebilden  bedeckt  zu  sein;  ein  Beweis,  dass  deren  Bildung  auf 
Kosten  des  Muttergesteines  noch  immer  fortdauert.  Wie  weit  diese  Schichte 
in  die  Teufe  anhält,  ist  nicht  bekannt,  nach  ihrer  allgemeinen  Bildung  zu 
urtheilen,    muss    sie    von    bedeutender   Mächtigkeit    sein. 

Mächtigkeit  der  zinnführenden  Schichte.  Einige  alte,  noch  von  der  bur- 
mesischen Zeit  herrührenden  Schächte  bringen  40  Fuss  Teufe  ein.  Das 
Zinn  kömmt  in  sehr  kleinen  Körnern  vor,  von  kaum  sichtbaren  Theilchen 
bis  zu  8  Gran  Gewicht;  nur  sehr  selten  trifft  man  auf  grössere  Stücke. 
Ich  habe  indess  erfahren,  dass  man  mitunter  Krystalle  von  der  Grösse 
eines    Taubeneies    gefunden   habe. 

Umfang  und  äussere  Gestaltung  des  Zinngebietes  von  Metamio.  Dieser 
Landstrich,  dessen  Mittelpunct  in  gleicher  Breite  mit  Metamio  liegt,  ist 
an  60  (engl.)  Meilen  lang,  und  wechselt  in  der  Breite  zwischen  8  und 
12  (engl.)  Meilen;  das  Hügelland,  innerhalb  dessen  er  liegt,  ist  mitunter 
um  500  Fuss  über  die  es  durchschneidenden  Thäler  erhöht.  Der  Ge- 
sammtanblick ist  der  eines  welligen,  schiefen,  nach  Osten  verflächenden 
Gehänges.  Die  zinnführenden  Bäche  fallen  der  Mehrzahl  nach,  dem  Fluss- 
gebiete des  oberen  Tenasserim  zu.  Es  muss  bemerkt  werden,  dass  un- 
ter gleicher  Breite  die  ganze  Westküste  der  Bai  von  Bengalen  ver- 
gleichsweise arm  an  Zinn  ist;  woraus  sich  schliesen  Hesse,  dass  die 
ursprünglichen  Lagerstätten  dieses  Metalles  an  der  Ostküste  aufzusuchen  seien. 

Proben  mit  der  zinnhaltigen  Erde  zur  Ausmittlung  ihrer  Ergiebigkeit.  Bei 
den  Proben,  welche  mit  der  zinnhaltigen  Erde  verschiedener  Fundorte  (je- 
doch nur  obertags  oder  nahe  am  Ausgehen  gesammelt)  vorgenommen 
wurden,  ergab  sich  der  Gehalt  an  Zinn-Oxyd  mit  1  bis  7  von  Hundert 
Ein  Gehalt  von  3  von  Hundert  gilt  als  ziemlich  gut,  von  6  und  darüber 
als  sehr  gut,  wobei  die  verhältnissmässig  geringe  Mühe  und  Wohlfeil- 
heit   des    Ausbringens    mit    in    Anschlag   kommen. 

b.  Zinn  von  Palou  und  Woinboo.  Abnahme  des  Zinnes  gegen  die  Rüste 
zu.  Nach  Süden  zu  wächst  die  Menge  und  die  allgemeine  Verbreitung  des 
Zinnes,   je    mehr   man    sich  der  Küste    nähert.    Innerhalb  der   britischen  Ge- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  229 

biete  aber  nimmt,  unter  denselben  Verhältnissen  der  Erzgehalt  ab.  Der  Um- 
fang der  beiden  Zinngebiete  ist  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  worden. 
Zu  Womboo  (im  N.  von  Mergui)  ist  unter  den  oben  beschriebenen  Um- 
ständen,   ein    ansehnlicher  Gang   von  Zinnerz   aufgefunden    worden. 

c.  Zinn  von  Mergui.  Geringer  Erzgehalt  auf  der  Insel  Mergui.  Auch  auf 
der  Insel,  auf  welcher  die  Stadt  Mergui  steht,  kommt  Zinn  vor  und  wurde 
dort  vormals  gewonnen,  diese  Gewinnung  galt  von  jeher  als  Privat-Eigen- 
thum,  oder  Amts-Einkommen  des  Stadt-Gouverneurs  (Mikotin);  der  Erzgehalt 
erreicht  indess  daselbst  —  soweit  ich  in  Erfahrung  bringen  konnte,  höch- 
stens y2  vom  Hundert.  Dass  Zinnerz  von  Mergui  kömmt  in  einem  weissen 
Quarzsand  mit  grossen  Geschieben  gemengt  vor,  und  sein  Fundort  liegt  tiefer 
als  der  Spiegel  des  umgebenden  Meeres.  —  Die  Hügel  der  Umgebung 
erreichen  sämmtlich  kaum  die  Höhe  von  80  Fuss  und  es  fragt  sich  noch 
immer,  wie    und    woher    das    Zinnerz  an  diese    Stelle    gelangt    ist. 

d.  Zinn  am  Kohlen -Flusse.  Gehalt  noch  ungewiss.  Die  Berge  im  S. 
von  Mergui,  von  welchen  dieser  Fluss  seinen  Ursprung  nimmt  und  dann 
das  Kohlengebiet  durchströmmt,  sind  gleichfalls  zinnführend  und  so  weit 
meine  Beobachtungen  reichen  —  in  ziemlich  hohem  Grade.  In  einer  Ent- 
fernung von  4  (engl.)  Meilen  vom  Ursprünge  gibt  der  Sand  2  bis  4 
von  Hundert  an  Zinnerz.  Wenn  einmal  die  Kohlenlager  in  Angriff  genommen 
werden,    dürfte    wohl    auch    das    dortige    Zinn    zur    Benutzung    kommen. 

e.  Zinn  aus  den  Inseln.  Vorkommen  auf  den  Inseln  noch  nicht  mit  Gewiss- 
heit bekannt.  Schliesslich  sei  erwähnt,  dass  auf  den  Inseln  das  Zinn  wohl 
nicht  selten  vorkommen  dürfte.  Ich  kam  auf  keine  dieser  Inseln  und 
muss  mich  darauf  beschränken,  das  Gehörte  mitzutheilen,  mit  dem  Zu- 
sätze: dass  sehr  möglicher  Weise  dieses  Zinn  von  einigen  der  gros- 
sen Gebirgsrücken  auf  King's  Island,  Domel  u.  s.  w.  herkommen,  wohl 
aber  auch  auf  den  flachen  Inseln  zu  finden  sein  dürfte.  Auf  der  Insel 
Mergui  gibt  es  keine  Berge  und  das  Zinnerz  von  Junk-Ceylon  ist  — 
wie    bekannt   —    aus    einen    vollkommen    ebenen    Boden    gewonnen    worden. 

Verschiedenes  äusseres  Ansehen  des  zinnführenden  Bodens.  Ich  bemerkte, 
dass  der  zinnführende  Boden  eine  ziegelrothe  Färbung  habe,  um  so  reicher 
sei,  je  mehr  zersetzter  Glimmer  in  seinen  Gemengtheilen  vorwaltet,  und 
um  so  ärmer,  je  mehr  Thon  oder  Feldspath  er  enthält;  im  Allgemeinen 
gibt  es  jedoch  keine  Bodenart,  welche  nicht  Zinnerz  enthielte.  Am  ärmsten 
ist  die  schwarze  Dammerde;  die  Bergreis-Felder  der  Karäer  bei  Metamio 
geben    mitunter    ein    halb    bis    eins    von    Hundert    an    Zinnerz. 

Zinnwerthe  zur  Zeit  der  Burmesen.  Zur  Zeit  der  burmesischen  Ober- 
herrschaft wurden  bedeutende  Mengen  von  Zinn  durch  gezwungene  Ar- 
beiter ausgewaschen,  wozu  die  Bewohner  von  Tavoy  und  hauptsächlich 
die  dieser  Provinz  angehörigen  Karäer  verwendet  wurden.  Die  Zinn- 
gewinnung auf  Bechnung  des  burmesischen  Kaisers  wurde  mehrere 
Jahrhunderte  lang  fortbetrieben  und  gewiss  wurden  dazu  —  wenn  man 
die  meilenweit  auf  der  Oberfläche  sichtbaren  Spuren  früherer  Aufgra- 
bungen des  Bodens  in  Betracht  zieht  —  viele  Tausende  von  Menschen  ver- 
wendet. 

Verfahren  der  Burmesen  bei  Gewinnung  des  Zinnes.  Das  Verfahren  der 
Burmesen  ist  sehr  roh.  Sie  ziehen  entweder  Kanäle  —  vielmehr  kleine 
Abzugsgräben  —  durch  die  Oberfläche  des  Bodens  oder  sie  werfen  eine 
10  bis  12  Fuss  hohe  senkrechte  Wand  auf  mit  einem  Abzugsgraben  längs 
ihrer    Basis ,    oder    endlich    graben    sie    Schächte,    in    eine    von    6    zu    40 


230  Dr.  Johann   Wilh.  Helfers 

Fuss  steigende  Tiefe.  Während  des  Monsoon  schwemmt  das  Wasser  eine 
Menge  Erde  aus  den  Seiten  heraus;  die  leichteren  Theile  werden  mit- 
gerissen; das  specifisch  schwerere  Zinnerz  bleibt  auf  der  Sohle  der 
Gräben  oder  der  Schachte  zurück.  —  Nach  dem  Monsoon  wird  der  Bo- 
densatz gesammelt  und  in  kleinen  flachen  hölzernen  Gefässen,  welche  der 
Arbeiter  mit  den  Händen  umdreht,  ausgewaschen.  Der  so  gewonnene  Schlich 
von    Zinnerz    ist    ziemlich    frei    von    tauben    Theilchen. 

Gegenwärtig  übliches  Verfahren.  Die  eben  beschriebenen  Methoden  sind 
gegenwärtig  fast  ganz  aufgegeben,  da  man  nicht  mehr  die  nöthige  Men- 
schenmenge zur  gemeinsamen  Arbeit  aufzubringen  vermag.  Einige  Karäer 
an  den  Ufern  der  zinnführenden  Bäche  und  einige  wenige  Bewohner  von 
Tavoy  beschäftigen  sich  noch  mit  Zinngewinnung;  sie  begnügen  sich  aber 
den  Sand  der  Flussbiegungen  („creeksuJ,  welcher  ärmer  ist  als  der 
Boden  der  höher  gelegenen  Strecken,  auszuwaschen  und  verstehen  sich 
nicht  auf  die  Behandlung  des  Letztern  während  der  trockenen  Jahreszeit. 
Ich  stiess  in  den  Bergen  von  Tavoy  auf  eine  Schaar  solcher  Wäscher, 
deren  ganzes  Geräth  aus  einer  Schildkrötenschale  bestand.  Einer  von 
ihnen  begab  sich  in  die  tiefste  Stelle  des  Baches,  stampfte  den  Schlamm 
mit  seinen  Füssen  und  füllte,  nachdem  die  Strömung  das  trübe  Wasser 
weggeführt  hatte,  seine  Schale  mit  dem  feinen  Sand  aus  dem  Grunde 
des  Tümpels  und  schied  durch  beständiges  Drehen  und  Zugiessen  von 
Wasser  die  sandigen  und  erdigen  Theilchen  von  dem  als  Bodensatz  zu- 
rückbleibenden Zinnerze.  In  etwa  5  Minuten  erhielt  er  auf  diese  Weise 
20  bis  60  Gran  Erz  mit  einem  Metallgehalt  von  etwa  50  von  Hundert. 
Die  Leute  berechnen  —  selbst  bei  diesem  mangelhaften  Verfahren  — 
den  täglichen  Verdienst  eines  Wäschers  auf  den  ziemlich  hohen  Betrag 
einer  halben  Rupie.  Diese  Leute  haben  jedoch  so  wenig  Anlockungen, 
sich  Geld  zu  verdienen,  dass  nur  Wenige  sich  auf  diese  Weise  beschäf- 
tigen und  diese  sind  —  wie  man  mir  sagte  —  ältere  Männer,  welche 
vor  etwa  15  Jahren  noch  als  Werkmeister  der  kaiserlich  burmesischen 
Zinnwäschen  dienten  und  denen  dieser  Erwerbszweig  zur  Gewohnheit 
geworden    ist. 

Beschaffenheit  des  Zinns.  Die  Zinnwerke  dieses  Landes  sind,  nach 
Europäischer  Bezeichnung,  Seifenwerke  oder  was  man  in  Cornwall  „Steam- 
woorks"    nennt. 

Seifenzinn.  Bekanntlich  gehört  das  Seifenzinn  zu  den  besten  Sorten 
dieses  Metalles;  daher  auch  das  Zinn  aus  den  Banka-Inseln  und  —  von 
europäischer  Fundorten  —  das  von  Cornwall  und  St.  Just,  am  beliebte- 
sten   sind. 

Verglichen    mit     den    auf   Lagerstätten    vorkommenden    Zinnerzen.     Man 

weiss  das  alles,  auf  Lagerstätten  gewonnene  Zinn  mit  Arsenik,  Wissmuth, 
oder  Kupfer  verunreinigt  ist  und  nur  durch  meist  mühsame  Arbeiten: 
mechanische  Zerkleinerung,  Rösten,  Schmelzen  mit  Zuschlägen  u.  s.  w. 
rein  dargestellt  werden  kann.  Das  Seifenzinn  dagegen  ist  meist  frei  von 
allen  fremdartigen  Mineralstoffen  und  seine  ganze  Behandlung  beschränkt 
sich    auf   eine    einfache    Reducktion  des    Zinn-Oxydes. 

Der  beste  Fandort  in  Tenasserim.  Von  allen  mir  bekannten  Oert- 
lichkeiten  wäre  Metamio  die  geeigneteste  zur  Gewinnung  des  Zinnes  in 
grossem  Masstabe.  Das  dortige  Erz  ist  reich  genug;  um  mit  guten  me- 
chanischen  Hilfsmitteln    bearbeitet,    einen    guten    Gewinn    zu    liefern. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  23  l 

Indess  hätte  diese  Oertlichkeit  einen  wesentlichen  Nachtheil,  näm- 
lich: den  langwierigen  Transport  zu  Lande,  nach  dem  40  (engl.)  Meilen 
entfernten  Tavoy,  für  welchen  bis  nun  eine  einzige  holperige  schmale 
und    abschüssige    Strasse    über  das  Gebirge   besteht. 

leberwindang  dieser  Schwierigkeit.  Der  Bau  einer  Strasse  würde 
grosse  Auslagen  erfordern,  vielleicht  wären  Elephanten  zum  Transport 
vortheilhafter  zu  benutzen.  Metamio  könnte  die  Bergleute  mit  Beis  und 
anderen  Lebensbedürfnissen  versehen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass 
eine  Dampfmaschine  für  die  ganze  Anlage  sehr  nützlich  wäre,  indess  ist  auch 
Wasser  genug  vorhanden,  da  von  der  nahen  Bergkette  das  ganze  Jahr 
hindurch  fliessende  kleine  Wasserläufe  herabkommsn,  welche  sich  leicht 
dem  Bedarf  des  Werkes  gemäss,  verbinden,  und  leiten  Hessen.  Holz 
ist  hier,  wie  überall,  in  grüsster  Menge  vorhanden.  Vom  Seehafen  Tavoy 
aus  wäre  die  Verfrachtung  nach  jeder  Bichtung  hin  leicht;  Singapore  und 
Calcutta    waren    für  jetzt,    die    besten    Absatzorte. 

Gold.  Gold  ist  ziemlich  allgemein  über  das  Land  verbreitet,  doch 
—  meines  Wissens  —  nirgends  in  genügender  Menge,  um  die  Thätig- 
keit  oder  Habsucht  der  Eingebornen  rege  zu  machen,  bei  denen  die 
Goldgier  viel  weniger  vorherrscht,  als  man  überhaupt  bei  einem  halb- 
gesitteten Volke,  welches  sich  stets  lieber  durch  augenblickliche  Anstren- 
gung, als  durch  beharrlich  fortgesetzten  Fleiss  zu  bereichern  strebt,  vor- 
aussetzen   möchte. 

Gold  im  Sande  der  Flüsse.  Das  hiesige  Gold  kömmt  nirgends  auf  Gän- 
gen oder  im  Muttergesteine  vor,  sondern  im  Sande  der  kleineren  Flüsse 
und  seine  ursprüngliche  Lagerstätte  ist  im  Allgemeinen  nach  unbekannt. 
Es  bleibt  für  jetzt  noch  unentschieden,  ob  es  vom  Hochgebirge  herab- 
kommt, oder  —  wie  der  grösste  Theil  des  Goldes  in  Mexiko  —  aus 
dem    angeschwemmten   Boden    herausgewaschen    wird. 

Fundorte.  In  der  Provinz  Amherst  kömmt  kein  Gold  vor.  Die  nörd- 
lichste Stelle,  an  der  ich  Spuren  dieses  Metalles  auffand,  sind  die  Neben- 
flüsse des  Lamaing.  In  den  Waldgebieten  von  Kalle-oung  mag  Gold 
reichlich  vorhanden  sein,  besonders  auf  Siamesischem  Gebiete,  östlich  von 
Kalle-oung.  — 

Arbeiten  der  Siamesen  bei  Kalle-oung.  In  diesem  Jahre  (1838)  schick- 
ten sich  die  Siamesen  zum  Goldgraben  in  grösserem  Maasstab  an  und 
Beisvorräthe  für  mehrere  Monathe  wurden  aufgesammelt  —  ob  diess  aber 
wirklich  des  Goldgrabens  wegen  geschah,  oder  dieses  nur  als  Vorwand 
diente  um  einen  vorgeschobenen  Posten  zur  Beobachtung  der  Vorgänge 
auf  britischem  Gebiet,  während,  des  erwarteten  Einfalles  der  Burmesen 
auszustellen,    kann    ich    natürlich    nicht    entscheiden. 

In  der  Provinz  Tavoy  konnte  ich  kein  Gold  auffinden.  Das  eigent- 
liche Goldgebiet  scheint  ostwärts  vom  Tennasserim-Flusse,  mit  dessen  Ur- 
sprung vermuthlich  ausserhalb  des  britischen  Gebietes  zu  liegen.  Nahezu 
alle,  von  dorther  kommenden  kleineren  Flüsse  sind  goldführend,  freilich  im- 
mer   nur    in  geringem    Grade. 

Tenasserim  gegenwärtig  der  einzige  Gewinnangsort.  Die  einzige  ge- 
genwärtig bestehende  Goldvväscherei  liegt  auf  der  Stelle  der  alten  Stadt 
Tenasserim.  Die  Eingebornen  graben,  während  des  Monsoons  Gruben  in 
den  Boden  aus  und  säubern  die  Erde  an  Ort  und  Stelle.  Dies  Gold 
wird  mithin  aus  angeschwemmtem  Boden  und  nicht  aus  dem  Sande  des 
Flusses    gewonnen.     Die    Eingebornen    halten    diess    Gold    nicht    für    gedie- 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft.  4 


232  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

genes,  sondern  für  Ueberbleibsel  der  Zierrathen  der  reichen  Bewoh- 
ner der  Stadt  vor  Alompra's  Einfall;  in  der  That  sollen  sie  mitun- 
ter was  diese  Meinung  zu  bestätigen  scheint  —  kleine  Platten  von  Gold, 
in  der  Gestalt,  wie  sie  zur  Vergoldung  der  Pagoden  üblich  sind,  ge- 
funden haben.  Ueber  den  jährlichen  Ertrag  etwas  zu  erfahren,  ist  fast 
unmöglich:  Alles  geht  verstohlen  und  geheimnissvoll  vor  sich.  Man  sagte 
mir  indess,  während  jeder  Jahreszeit  könne  ein  Mann  1  bis  2  Annas  Gold 
gewinnen,  welches   die    Chinesen    zu    Tenasserim    begierig    aufkaufen. 

»erth  des  Goldes  für  die  Regierung;.  Der  Staat  hat  in  der  -Regel 
geringen  Vortheil  von  den  bestehenden  Goldwerken,  da  die  leichte  Ge- 
winnung und  die  geringe  Masse  den  Schleichhandel  mit  diesem  Metalle 
ganz  besonders  begünstigen.  Es  ist  neuerlich  in  Amerika  vorgekommen, 
dass  Goldwerke  dem  Staate  kaum  3  Percent  trugen;  noch  weniger 
würden  sie  hier  eintragen,  wo  die  Aufsicht  nahezu  unmöglich  fällt  und 
die  Chinesen  in  heimlichen  und  gesetzwidrigen  Verhandlungen  aller  Art 
wohlerfahren    sind. 

Für  Private.  Erfahrung  hat  ebenso  gelehrt,  dass  Goldwerke  für  Pri- 
vate, welche  ihre  Capitalien  darauf  anlegen,  verlustbringend  seien;  man 
hat  mit  Recht  hervorgehoben,  dass,  wiewohl  diese  gewagte  Lotterie  wenig 
Gewinnste  und  viele  Nieten  darbietet,  der  durchschnittliche  Preis  jedes 
ihrer  Loose  dem  Vermögen  eines  reichen  Mannes  gleichkomme.  Stillten 
Oertlichkeiten  aufgefunden  werden,  welche  schnellen  Gewinn  verheissen, 
so  würde  sich  ohne  Zweifel  —  sobald  sie  einmal  bekannt  würden  —  die 
Thätigkeit  der  Unternehmer  weit  eher  auf  das  Gold,  als  auf  das  werth- 
vollere  Zinn  und  Eisen  richten,  indem  menschliche  Habgier  selten  der 
ruhigen  Vernunft  Gehör  gibt.  Indess  sollte  eine  einsichtige  Regierung, 
deren  Bestreben  dahin  geht,  den  Reichthum  des  Landes  zu  vermehren, 
solche    Unternehmungen    nicht    besonders    eimuthigen. 

Edelsteine.  Rubine  und  Türkisse.  Ich  habe  deren  bisher  noch  nicht 
gefunden,  wohl  aber  vernommen,  dass  dergleichen  in  den  Tenasserim- 
Provinzen,  im  Gebiete  ostwärts  vom  gleichnamigen  Flusse  zu  vorkommen 
dürften,  vorzüglich  Türkisse  und  Rubine,  welche  von  Zeit  zu  Zeit  in 
das  Dorf  Tenasserim  durch  Karäer  gebracht  werden,  die  die  Fundorte 
kennen,    aber    vor    Jedermann    ängstlich    verhehlten. 

Schlechte  Granaten.  Die  Steine,  welche  mir  zu  Gesichte  kamen, 
waren  von  sehr  geringer  Güte;  meist  Granaten,  welche  man  —  in  Er- 
manglung kostbarer  Juwele,  in  die  Grundfesten  der  Pagoden  zu  ver- 
graben  pflegt. 

Edelsteine  Groben  auf  siamesischem  Gebiete.  Der  eigentliche  Fundort 
jener  Edelsteine  soll  indess  auf  siamesischem  Gebiete  in  tiefem  Dickicht, 
fern  von  jeder  menschlichen  Wohnung  liegen.  Siamesen  kommen  zeit- 
weise von  Bankouk  dorthin  und  betreiben  durch  mehrere  Wochen  das 
Waschen  der  Edelsteine  aus  dem  Lehme.  Die  Umgebung  wird  jedoch 
von  Räubern  unsicher  gemacht,  welche  die  Arbeiter  belauern  und  sie, 
wenn  ihre  Mühe  erfolgreich  war,  ausplündern  und  ermorden.  Diese  Stelle 
liegt    14    Tagreisen    weit    nordostwärts    von   Tenasserim. 

Porzellanerde  nicht  selten.  Porzellanerde  von  verschiedener  Güte 
findet  sich  an  mehreren  Stellen  der  Provinzen,  doch  meist  durch  Eisen- 
Oxyd  roth  gefärbt.  Am  Tenasserim-FIusse,  4  Tagreisen  ober  der  Stadt 
steht  ein  bedeutendes  Lager  solcher  Erde  an.  Diese  enthält  zum  Theil 
Krystalle    von    Quarz    und    Glimmer;     was    die    Vermuthung    zu    bestätigen 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserira-Provinzen  etc.  233 

scheint,  dass  sie  aus  Feldspath  und  anderen,  nahe  verwandten  Mineralien 
entstanden  sei.  Tiefer  unten  zeigt  sich  ein  anderes  Lager,  welches  dem 
Porzellanstein  (vCÄna  stone")  oder  kornischem  Steine  („Cornich  Sto?ieuJ 
(einem  zersetzten  und  veränderten  Granite)  nahe  verwandt  zu  sein  scheint 
und  mit  sehr  vielem,  vollständig  in  Porzellanerde  umgewandelten  Feld- 
spathe   gemengt   ist. 

Kalkstein.  Halkhöhle.  Die  eigentümlichen  Züge  von  blauem  Kalkstein, 
welche  der  Provinz  Amherst  so  augenfällig  zur  Zierde  gereichen  und  nicht 
minder  kühn  in  den,  dem  Bezirk  von  Ye  angrenzenden  grossen  Ebenen 
emporsteigen,  nehmen  allmälig  nach  Süden  zu  ab,  ohne  indess  gänzlich 
zu  verschwinden;  am  Tenasserim  selbst,  acht  Tagreisen  von  der  alten  Stadt, 
befindet  sich  eine  berühmte  Höhle  darin.  Als  Baustein  wird  dieser  Kalk- 
stein —  ausser  für  Pagoden  —  wenig  venvendet,  da  alle  andern  Gebäude 
nur   aus  Holz  aufgeführt  sind. 

Ralk  aus  Muscheln  gebrannt,  von  den  Eingcbornen  verwendet.  Der 
nöthige  Mauerkalk  und  der,  den  die  Eingebornen  als  „  Chunam"  zu  ihrem 
Betel  („Sawn")  essen,  werden  meist  aus  den,  an  der  Seeküste  und 
den  Flussufern  gefundenen  Muschelschalen  gebrannt.  Nächst  Mergui  findet 
sich  ein  beträchtliches  Lager  zusammengebackener  Gehäuse  von  Schall- 
thieren,    aus    dem    man    ziemlich    guten    Kalk    brennt. 

Salpeter.  Auswurf  der  Fledermäuse  in  Dohlen.  Die  eben  erwähnte 
grosse  Kalkhöhle  am  Tenasserim  (eine  der  merkwürdigsten  Naturerschei- 
nungen in  diesen  Provinzen)  dient  Tausenden  —  ja  vielleicht  Hundert- 
tausenden —  von  Fledermäusen  zur  Wohnung.  Ihre  Excremente  bedecken 
den  Boden  an  vielen  Stellen  1  bis  2  Fuss  hoch  und  bilden  durch  ihre  Ver- 
wesung salpetersaures  Kali.  Wenn  man  nach  bewährten  und  wohlbekannten 
Grundsätzen  vorginge,  fiele  es  nicht  schwer,  mittelst  künstlicher  Gemenge, 
die  man  der  Einwirkung  der  Luft  aussetzte  (iSitrieres  artificielles)  eine 
grosse    Menge    Salpeter    zu    gewinnen; 

Schwefel  wahrscheinlich  auf  den  vulkanischen  Inseln  vorkommend. 
Dieser  Mineralstoff  dürfte  sich  in  Menge  auf  Barren  Island,  ganz  nahe 
an  den  Andamanen  und  auf  andern  vulkanischen  Inseln  gegen  Süden  finden; 
indess  vermag  ich  nicht  die  Oertlichkeiten  anzugeben,  da  ich  diese  Inseln 
nicht  besucht  habe.  Sollte  sich  in  späterer  Zeit  die  Gewinnung  von 
Schwefelsäure  als  vorteilhaft  erweisen,  so  könnte  der  in  grosser  Menge 
vorkommende    Eisenkies    eine    nützliche    Verwendung    finden. 

Steinkohlen.  In  gegenwärtiger  Jahreszeit  ist  die  Aufsuchung  von  Stein- 
kohlen mit  Erfolg  gekrönt  worden.  Die  Seltenheit  brauchbarer  Kohlen  in 
Ost-Indien  und  die  mit  jedem  Jahre  steigende  Wichtigkeit  derselben, 
machten  es  höchst  wünschenswerth,  dergleichen  in  diesem  Land  aufzufinden, 
welches  einen  vergleichungsweise  schmalen  Strich  bietet,  wo  der  Land- 
transport nirgends  auf  weite  Entfernungen  nöthig  ist  und  eine  ausge- 
dehnte Küstenentwicklung  den  Schiffen  den  Zugang  erleichtert.  In  den  nörd- 
lichen und  mittleren  Theilen  der  Tenasserim-Provinzen  Hessen  die  geolo- 
gischen   Verhältnisse   nur     wenig     für    Auffindung     von    Kohle    hoffen. 

In  den  südlichen  Landstrichen.  Gegen  Süden  jedoch  treten  die  die 
Kohle  begleitenden  Gebilde  der  kohlenführenden  Gruppe  deutlich  hervor 
und  im  unteren  Gebiete  der  Provinz  Mergui,  wurden  Kohlen  an  verschie- 
denen Stellen  in  offenbar  von  einander  getrennten  Schichtenreihen  oder 
Becken    aufgefunden.    Die    zwei    äussersten    Stellen,    an    denen    Kohle    er- 

q* 


234  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

schürft  wurde,  liegen  3  Grade  weit  von  einander;  die  Kohlengebilde 
müssen    mithin    einen    beträchtlichen    Flächenraum    einnehmen. 

Erste  Fände  ohne  wirklichen  Nützen.  Keiner  der  zuerst  gemachten 
Funde  versprach  indess  unmittelbaren  Nutzen,  sei  es  wegen  der  schlechten 
Beschaffenheit  der  specifisch  schweren  stark  kiesigen  Kohle,  sei  es  wegen 
der  gänzlichen  Unbedeutendheit  der  Flötze.  Wenn  man  auch  hoffen  durfte, 
dass  die  Flötze  in  grösserer  Teufe  mächtiger  würden,  so  blieben  Ver- 
suchsbaue   immer  noch  kostspielig  und  ungewiss. 

Wichtigkeit  des  neuesten  Fnndes.  Das  zuletzt  aufgefundene  Vorkom- 
men entsprach  endlich  allen  Anforderungen  auf  Güte,  Menge  und  leichte 
Zugängigkeit;  nur  die  Entfernung  von  der  Seeküste  macht  einige  Schwie- 
rigkeiten, da  der  neue  Fund  21  (engl.)  Meilen  weit  vom  nächsten,  das 
aganze  Jahr  hindurch  schiffbaren  Flusse  liegt  und  von  diesem  bis  zur 
Küste  noch  68  (engl.)  Meilen  zurückzulegen  sind.  Im  Vergleich  mit  jedem 
andern    Vorkommen    in    Ost-Indien    wird    jedenfalls    dieser    neueste    Fundort 

—  wenn  er  bestimmt  ist,  die  gesammten  indischen  Meere  mit  Kohle  zu 
versehen  —  für    die  Gegenwart    den  Vorzug   vor  jedem    andern    verdienen. 

Aufzahlung  der  Fandorte.  Die  bisher  bekannten  Fundorte  sind : 
1)  Am  grossen  Tenasserim,  9  Tagreisen  vom  gleichnamigen  Dorfe, 
nahe  am  Flusse  Nan-Thari-Khiaung,  ein  und  eine  halbe  (engl.)  Meile 
landeinwärts.  Zerreibliche,  braune  kiesige  Kohle;  3  Flötze  an  verschie- 
denen Stellen,  das  grösste  16  Zoll  mächtig;  Liegend-Gestein :  tertiärer 
Sandstein;  Dachgestein:  dichtes  Sandstein-Conglomerat,  mit  grossen  Bruch- 
stücken  von    Kieseln.   —  Aufgefunden    am    17.   März    1838. 

2.  Am  grossen  Tenasserim,  8  Tagreisen  stromaufwärts  vom  gleich- 
namigen Dorfe  längs  den  Flussufern.  Lignit;  dreiviertel  Zoll  mächtige 
Flötze;  Liegend-  und  Dachgestein-Sandstein,  unzwreifelbar  demselben  System, 
als    der    von    Nr.    1    angehörig.    —    Aufgefunden    am    19.    März    1838. 

3.  Am  Tenasserim  oberhalb  des  Tarouk-Khiaung  2  Tagreisen;  Schie- 
ferthon  mit  Erdharz  durchdrungen:  grosse  Massen  in  das  Flussbett  hinein- 
ragend, offenbar  von  Nr.  1  und  2  verschieden.  —  Aufgefunden  am 
14.    April    1838. 

4.  An  einem  Zweige  des  kleinen  Tenasserim,  5  Tagreisen  von  der 
Stadt  Tenasserim  nach  SO.  zu:  Schiefer -Kohle  specif.  Gewicht  1.  26. 
Ein  5  Fuss  mächtiges,  240  Fuss  langes  mit  20°  verflächendes  Flötz, 
in  einem  an  den  Ufern  des  Flusses  sichtbaren  Durchschnitt  aufwärts 
steigend;    oben    grauer    unten    schwarzer  Thonschiefer;    die   niedrigste   Lage 

—  dem  allgemeinen  Ansehen  der  Gegend  nach  zu  urtheilen  —  dem  blauen 
Kalkstein    aufgelagert. 

5.  Hart  an  Nr.  4  und  eine  Fortsetzung  desselben;  ein  unermess- 
liches  Feld  von  schiefriger,  muschlig  brechender  Pechkohle  oder  eng- 
lischer Canalkuhle;  sehr  reich  an  Erdharz,  ohne  irgend  eine  Beimengung 
von   Eisenkies. 

Fünfzehn  zusammenhängende  Vorkommen,  an  denen  Kohlen  zu  beiden 
Seiten  des  Flusses  —  der  sich  offenbar  seinen  Weg  dort  durchgebrochen; 
mit  25°  verflächend,  an  den  meisten  Stellen  6  Fuss  und  darüber  mächtig 
einer  Schicht  von  Thonschiefer  aufgelagert.  —  Aufgefunden  am  24.  April  1838. 

Seitdem  haben  mir  Eingeborne  hinterbracht,  dass  unfern  von  Nr.  4 
und  5  zwei  neue  Kohlenfunde  bemerkt  worden  seien.  Wahrscheinlich 
nimmt    das   Kohlenfeld    eine  Oberfläche    von    mehreren  (engl.)  Quadratmeilen 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  23  ü 

ein    und    es    dürften    noch    andere,    für    den   Transport    noch    vortheilhaftere 
Vorkommen    aufgefunden    werden. 

Nr.  4  und  5  verdienen  in  Betreff  der  Güte,  Menge  und  Zugäng- 
lichkeit bei  Weitem  den  Vorzug  vor  allen  übrigen  Fundorten;  ich  werde 
mich  daher  über  1,  2  und  3,  welche  wohl  nie  zur  Ausbeutung  kommen 
werden  und  nur  wissenschaftliches  Interesse  bieten,  nicht  in  Einzelnheiten 
einlassen. 

Beschreibung  des  grossen  Kohlcnfeldes.  Das  letztgenannte  grosse  Koh- 
lenfeld ist  von  den  übrigen  mehr  als  200  (engl.)  Meilen  entfernt  und 
scheint  einem  ganz  verschiedenen  System  anzugehören.  Es  liegt  in  einem 
hohen  Flachlande  von  mehreren  Bergreihen  durchzogen,  aus  welchen  der 
das  Kohlenfeld  durchströmende  Fluss  entspringt  und  deren  Kämme  als 
die  Ostgränze  der  britischen  Besitzungen  gegen  Siam  zu  gelten  können. 
In  meinem  vorläufigen  Berichte  an  die  Regierung  unmittelbar  nach  der 
Entdeckung,  irrte  ich  mich  in  der  Abschätzung  der  Enfernung.  Diese 
wurde  nachmals  durch  Oberst  Macleo d  und  Mr.  Fell  J.  N.,  deren 
Karte  für  richtiger  gelten  kann  als  jede  andere,  genau  angegeben.  Die 
Breite  ist  11°  52'  37",  die  Länge  ist  nicht  mit  Gewissheit  bestimmt; 
die  Entfernung  von  Mergui  beträgt,  den  Windungen  des  Flusses  nach, 
121  (engl.)  Meilen;  die  gerade  Entfernung  von  Tenasserim  29*/a  (engl.) 
Meilen  —  vom  Kohlenfeld  bis  zum  nächsten  Punct  des  Flusses,  er 
ist  durch  das  ganze  Jahr  schiffbar,  22  (engl.)  Meilen  und  dem  Flusse 
entlang  von  Tenasserim  nach  Mergui  41  (engl.)  Meilen  (nach  Cap.  Lloyd's 
Messungen). 

Rohlenwerke  überhaupt.  Mit  Hecht  hat  man  die  Steinkohle  den 
grössten  Segen  England'*  und  deren  Verbindung  mit  Eisen  die  Grund- 
lage der  gegenwärtigen  Blüthe  des  Handels  Grossbritanniens  genannt. 
Ebenso  wohlthätig  ist  heut  zu  Tag  ihre  Wirkung  in  Schweden,  Deutsch- 
land und  Belgien.  Die  gegenwärtige  Stockung  des  Handels  und  des  Ge- 
werbfleisses  beruht  eben  so  sehr  auf  dem  Mangel  an  Holz  und  dem 
Fehlen  der  Steinkohle,  als  auf  etwaigen  Missgriffen  der  Staatsgewalt.  Der 
Mangel  an  Steinkohle  in  Indien  hat  den  Unternehmungsgeist  der  Euro- 
päer gehemmt  und  das  Gedeihen  des  Handels  aufgehalten;  ja  man  musste 
befürchten,  dass  der  hohe  Preis  der  Kohle  der  beginnenden  und  wach- 
senden Verbindung  mittels  Dampfkraft  höchst  schädlich  sein  würde.  Glück- 
licherweise   dürften    diese    Hindernisse    nunmehr    als    besiegt    gelten. 

Kohlengruben  in  Ost-Indien.  Die  bekanntlich  unerschöpflichen  Schätze 
fossilen  Brennstoffes,  welche  Grossbritannien  in  seinem  Schosse  birgt, 
haben  den  Mangel  daran  in  Ost-Indien  bisher  weniger  fühlbar  werden 
lassen,  ja  der  eigentliche  Wunsch  geht  gegenwärtig  vielmehr  dahin,  passende 
Ausfuhrplätze  für  Kohlen  in  grosser  Menge  und  anerkannter  Vorzüglichkeit 
ausfindig    zu    machen. 

Zu  Burdwan.  Die  Kohlengruben  von  Burdwan  sind  bisher  die  einzigen 
gewesen,  welche  in  der  That  Ost-Indien  theilweise  von  England  unab- 
hängig gestellt  und  die  binnenländische  Dampfschiffahrt  auf  dem  Ganges 
erleichtert  haben;  sie  sind  aber  von  geringer  Güte  und  so  sehr  mit 
thoniger  Erde  gemengt,  dass  sie  18.4  bis  77  Percent  an  Asche  zurücklassen. 

Für  einige  Zwecke  ist  dieser  hohe  Aschengehalt  vielleicht  von  ge- 
ringer Bedeutung,  vorausgesetzt,  dass  die  Wohlfeilheit  der  Kohle  den 
Verlust  an  Kohlenstoff  aufwiegt.  Soll  aber  die  Kohle  zur  Dampfschiffahrt 
dienen,    so    wird    der    Raum,    den    dieser    Brennstoff   einnimmt  —  besonders 


236  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfcr's 

bei    langen    Fahrten     und    dazwischen    fallenden    andauernden    Aufenthalten, 
zur    eigentlichen    Lebensfrage. 

Rohle  von  Cherra.  Die  Kohle  von  Cherra  in  Silhet,  ist  —  soviel 
aus  dem  letzten  Berichte  des  Steinkohlen-Comite's  bekannt  wurde  —  von 
guter  Beschaffenheit;  ihrer  Lage  nach  dürfte  sie  jedoch  für  den  Markt 
von  Calcutta  werthlos  bleiben,  indem  sie  dort  —  und  vielleicht  in  jedem 
andern  Theil  Indiens  —  gewiss  nicht  wohlfeiler  für  die  Fahrt  auf  dem 
rothen  Meere  sein  würde,  als  englische  Kohlen;  dass  es  M.  Loch  ge- 
lungen ist,  1000  Maunds  zu  verhältnissmässig  niederen  Preisen  nach  Dina- 
gepore  zu  stellen,  beweiset  noch  nicht,  dass  er  zu  demselben  Preise 
100,000  Maunds  abzuliefern  vermöchte.  Die  hohen  Berge,  über  welche 
die  Kohle  an  einen  schiffbaren  Fluss  gelangt,  die  Notwendigkeit,  Pässe 
zu  durchschreiten,  in  welchen  —  dem  Berichte  gemäss  kaum  Ochsen 
und  Maulthiere  mit  Belastung  fortkommen,  und  diese  eigens  dazu  aufge- 
stellten Menschen  aufgeladen  werden  muss;  Alles  diess  erleichtert  nicht 
den    Transport    grösserer    Mengen. 

Kohle  von  Palamow.  Gleiche  Schwierigkeiten  bieten  für  jetzt  die 
Kohlengruben  von  Palamow;  auch  hier  muss  die  Kohle  eine  lange  Strecke 
hindurch  über  schwieriges  Terrain  befördert  werden.  Mit  der  Zeit  mögen 
sie  für  die  Umgebung  nützlich  und  werthvoll  werden,  schwerlich  jedoch  wird 
Ost-Indien  überhaupt  aus  ihnen  besondere  Vortheile  ziehen.  Ebenso  ist 
die  grosse  Entfernung  vom  Meer  ein  wichtiger  Einwurf  gegen  die  Kohle 
von  Assam,  selbst  wenn  die  bisher  bekannten  Fundorte  günstiger  gelegen 
wären,    als    sie    es    in    der    That    sind. 

Andere  Fundorte.  Alle  übrigen  bisher  bekannten  Fundorte  von  Kohlen 
in  Indien  haben  keinen  wirklichen  Werth  in  Bezug  auf  das  Haupter- 
forderniss :  allgemeine  unbeschränkte  Ergiebigkeit.  Bei  einigen  liegt  es 
an  den  örtlichen  Verhältnissen,  bei  anderen  an  dem  geringen  Ertrag,  bei 
der  Mehrzahl  an  der  Beschaffenheit.  Diese  können  nie  gewonnen  („wor~ 
kud")  werden  und  gleichen  dem  verkiesten  Lignite  von  Assam  Nr.  30*). 
Alle  Abarten  von  zerreiblicher  Braunkohle  Nr.  36,  37,  38,  der  erdhar- 
zige Schieferthon  Nr.  52  u.  s.  w.  sammt  der  Mehrzahl  der  übrigen 
Lignite  und  Braunkohlen  können  höchstens  in  theoretischer  Hinsicht  unter 
den    Begriff    „fossile    Kohle"    zusammengefasst    werden. 

Torzüge  des  Rohlengebiets  von  flergui,  vor  allen  übrigen  Ost-Indiens. 
Unter  diesen  Umständen  ist  der  Beweis  leicht  zu  führen,  dass  die 
Kohlenlager  von  Mergui  Vortheile  besitzen,  die  keinem  der  übrigen  eigen 
sind.  Die  Beschaffenheit  der  Kohle  reiht  sie  unter  die  besten,  die  man  bisher 
kennt.  Nach  Dr.  Jameson's  Eintheilung  gehört  sie  zu  der  „Schwarzkohle," 
Unterart  Canalkohle;  derb,  harziger  Glanz,  Bruch  muschelig  oder  eben, 
Bruchstücke  trapezoidal,  spröd,  speeif.  Gewicht  1.24  bis  l.2s.  I'1  der 
Mitte  des  Lagers  geht  sie  in  die  Unterart  „Pechkohle"  über  und  wird 
harziger,  als  es  die  Canalkohle  gemeiniglich  ist.  Sie  brennt  leicht,  mit 
röthlicher  Flamme,  entwickelt  Gas  in  Menge,  ist  vollkommen  schwefel- 
und  kiesfrei.  Sie  kömmt  zunächst  nach  der  Kilkenny-Kohle  und  steht 
den    besten    englischen    Sorten    gleich. 

Menge.  Obwohl  der  Umfang  bisher  nur  unvollständig  bekannt,  ist 
doch    so    viel    gewiss,    dass    der   Kohlenvorrath    über    ein    Jahrhundert    lang 


*)    Diese  und  die  folgenden  Nummern  beziehen  sich  vermuthlich  auf  Prob  estücke, 
die    dem    Berichte    beigelegt    waren. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  237 

benützt  werden  könnte,  ohne  dessen  Erschöpfung  fürchten  zu  müssen. 
Die  Mächtigkeit  des  obern  Flötzes  wechselt  zwischen  5  und  6*/3  Fuss; 
5f/8  Fuss  als  Mittelwerth  angenommen,  gäbe  8.437  Cub.  Fuss  auf  jeden 
Acre.  Da  man  weiss,  dass  bisher  das  Flötz  4  (engl.)  Meilen  weit 
dem  Streichen  nach  verfolgt  worden  ist,  lässt  sich  die  Leistungsfähigkeit 
des  oberen  Flötzes  ungefähr  abschätzen.  Die  neuesten  Berichte  der  Ein- 
gebornen  beweisen  aber,  dass  es  sich  noch  viel  weiter  erstreckt.  Ueber 
die  mögliche  Ergiebigkeit  der  tieferen  Flötze,  lässt  sich  selbstverständlich 
nicht  urtheilen;  das  bisher  Bekannte  genügt  und  wenn  das  oberste  Flötz 
schon  so  mächtig  ist,  kann  man  wohl  aus  der  Analogie  annehmen,  dass 
die    tieferen    es    noch    weit   mehr    sind. 

Zogänglichkeit.  Das  Flötz  liegt  nahe  an  der  Oberfläche,  das  Dach- 
gestein ist  —  so  viel  man  weiss  —  nirgends  über  25  Fuss  (an  man- 
chen Stellen  nur  7—12  Fuss)  mächtig;  der  Verflächungswinkel  ist  20°. 
Das  Dachgestein  besteht  aus:  Schlechter  Schieferkohle  6  Zoll.  Grauen 
Schiefer  6  Zoll,  Trümmern  von  Schiefer  mit  grobem  Geröll  2  Fuss,  das 
Uebrige    ist    Schotter    und    aufgeschwemmtes    Land. 

Hiernach  fielen  die  künstlichen  mechanischen  Hilfsmittel  zur  Hebung 
der  Wässer  aus  grösserer  Teufe  weg  und  von  bösen  Weltern  (Kohlen- 
Wasserstoff-Gas)  wäre  nichts  zu  befürchten.  Für  jetzt  wäre  es  am  besten, 
den  Flötzen  von  ihrem  Ausbeissen  an  nachzugehen.  Hierzu  wäre  die  Ab- 
leitung des  kleinen  Flusses,  an  dessen  Ufern  der  Durchschnitt  des  Flötzes 
zu  Tag  gekommen  ist,  die  beste  Vorbereitung.  An  mehreren  Stellen  läuft 
er  gerad  über  das  Flötz  und  nach  Entfernung  des  Wassers  bliebe  keine 
Tagdecke  mehr  abzuräumen.  Später  werden  natürlich  alle,  bei  Eröifnung  eines 
Kohlenschachtes  gewöhnlichen  Arbeiten  erforderlich  werden;  die  örtlichen 
Verhältnisse  lassen  indess  eine  grosse  Ersparniss  an  Anlags-Capital  hoffen. 
Transport.  Der  das  Kohlengebiet  durchströmende  Fluss  entspringt 
in  den  benachbarten  Bergen  und  ist  in  dem  Kohlengebiete  selbst  nur 
15  bis  25  Yards  breit,  dabei  auch  einen  Theil  des  Jahrs  hindurch  nahezu 
wasserlos,  während  5  Monaten  aber  —  nach  den  Berichten  der  Einge- 
bornen  —  für  Flösse  schiffbar.  Die  Eingebornen  gehen  alljährlich  von 
Mergui  und  Siam  in  die  nahegelegenen  Berge  oberhalb  des  Kohlengebiets, 
um  dort  ein  wohlriechendes  Holz,  Kalamay  genannt,  zu  fällen,  welches 
zu  Ava  und  Bambouk  in  den  Handel  kömmt,  und  sind  desshalb  mit  der 
Schiffahrt  vertraut.  Ich  selbst  fuhr  im  April  vor  Beginn  des  Monsoon, 
auf  einem  Flosse  stromaufwärts  und  gelangte  bis  zu  einer  Entfernung  von 
3    Wegstunden    oder    9    (engl.)    Meilen    vom    Kohlengebiete. 

Von  der  Ebene  aus  tritt  der  Fluss  in  ein  Hügelland,  zuerst  nach 
SW.  dann  nach  WNW.  bis  zur  Vereinigung  mit  einem  andern,  von  S. 
kommenden  Flusse.  Von  dieser  Stelle  an  ist  der  Fluss  das  ganze  Jahr 
hindurch  für  Boote  fahrbar;  die  Wirkung  von  Ebbe  und  Fluth  zeigt  sich 
deutlich;  bei  niederem  Wasserstande  ist  der  Fluss  60  bis  80  Yards  breit 
und  fliesst,  durch  eine  Strecke  von  40  (engl.)  Meilen  in  der  Haupt- 
richtung nach  NNO.  gegen  Tenasserim  zu.  Hier  ergicsst  er  sich  in 
den  grossen  Tenasserim,  der  für  Schiffe  von  200  Tonnen  fahrbar  ist; 
so  dass  die  gesammte  schiffbare  Länge  bis  ins  Meer  hinein  41  (engl.) 
Meilen    beträgt. 

Die  Förderung  einer  beschränkten  Menge  auf  der  Wasserstrasse 
von  dem  Kohlengebiet  an  das  Meer  ist  nicht  schwierig,  indem  man  für 
den   Anfang   Flösse,    wozu    die    nahen  Bambus-Wälder    das    reichlichste   Ma- 


238  Dr.  Johann  Wilh.  Belfert 

terial  liefern,  in  Anwendung  bringt.  Die  Kohle  muss  mithin  sogleich  beim 
Beginn  des  steigenden  Wassers  zur  Verfrachtung  bereit  liegen.  Sollte 
Bambus  nicht  genügen,  so  könnten  flache  Boote  aus  Brettern,  von  grös- 
serem Fassungsvermögen  als  die  Flösse  gebraucht  werden.  Bei  den  hohen 
Arbeitslöhnen  wäre  es  indess  unmöglich,  die  Kohle  wohlfeiler  als  1  y2 
Annas  den  Maund  nach  Mergui  zu  stellen,  da  die  Führung  der  Flösse 
eine  grosse  Anzahl  Leute  erfordert.  Sollte  aber  —  wie  zu  vermuthen  — 
der  Kohlenbedarf  für  ganz  Ost-Indien  von  Tenasserim  aus  gedeckt  werden, 
so  wären  alle  diese  Auskunftsmittel  ungenügend;  weder  Bambus  noch  Holz 
ist  in  genügender  Menge  vorhanden  um  alljährlich  50.000  und  mehr  Ton- 
nen stromabwärts  zu  fördern.  Die  Rückkehr  der  zu  Thal  gelangten  Flösse 
kann  gar  nicht  in  Betracht  kommen,  wegen  der  grossen  Kosten  und  der 
Schwierigkeiten  der  letzten  50  (engl.)  Meilen;  am  dienlichsten  und  zu- 
letzt am  wohlfeilsten  würden  sich  Eisen-  oder  Holz-Bahnen,  quer  hin  an 
die  nächste  Stelle,  von  der  an  der  Fluss  das  ganze  Jahr  hindurch  schiff- 
bar ist,  (Entfernung  21  [engl.]  Meilen)  herausstellen.  Holz  fände  man 
hinlänglich  wenige  Schritte  von  der  vorgeschlagenen  Strasse  und  die 
Eisenwerke  von  Tavoy  könnten  Schienen  in  jeder  beliebigen  Menge  liefern. 
Die  Kosten  dieser  Eisen-  oder  Holz -Bahn  dürften  nicht  bedeutend  sein, 
für  den  Anfang  genügte  auch  der  roheste  Bau  und  das  ausgelegte  Kapital  — 
so  gross  es  auch  sein  möchte  —  dürfte  lohnende  und  sichere  Zinsen 
tragen.  Bis  zur  Vollendung  der  Bahn  würde  —  wenigstens  für  grosse 
Mengen  —  die  Landfracht  in  Lastwagen  wohlfeiler  kommen,  als  die  auf 
dem  Wasser.  —  Auf  diese  Weise  könnte  jede  Menge  von  Kohle  für  den 
geringsten  Preis  nach  Mergui  gestellt  werden.  Die  Gegend,  welche  jene 
Strasse  durchschneiden  soll,  ist  noch  nicht  aufgenommen  worden;  man 
weiss    nur,    dass    sie    Flachland    und    niederes    Hügelland    ist. 

Oertliehkeit  von  Mergui.  Mergui,  mit  Rücksicht  auf  seine  Bestimmung 
als  Haupt-Niederlage  für  Kohle,  verdient  vorzüglich  in  Bezug,  auf  seine 
Verhältnisse  zum  Binnenlande  geprüft  zu  werden.  Die  Einführung  einer 
umfassenden  Dampfboot-Verbindung  vorausgesetzt,  ist  Mergui  günstiger  gele- 
gen als  irgend  ein  Punct  in  Bengalen;  das  ganze  übrige  Ost-Indien  kann 
hier  gar  nicht  in  Frage  kommen,  da  bisher  von  dort  keine  beachtens- 
werthe  Kohle  bezogen  werden  konnte.  Wird  Point  de  Galle  zum  Mittelpunct 
ausersehen,  so  kann  Mergui  die  dortige  Niederlage  in  sehr  kurzer  Zeit 
mit  jeder  beliebiger  Menge  versehen.  In  der  guten  Jahreszeit  dauert  die 
Fahrt  von  Mergui  her  nur  8 — 10  Tage,  die  zwischen  Ceylon  und  der 
Westküste  Ost-Indien's  fahrenden  Dampfer  können  auf  ihrer  Fahrt  nach 
Bombay,  von  Point  de  Galle  aus  mit  Kohle  versehen  werden;  ebenso 
kann  Madras,  ungefähr  in  gleicher  Entfernung  mit  Ceylon,  seine  Kohle 
gerade  von  Mergui  her  beziehen.  Für  den  Bedarf  Bombay's  und  des 
untern  Theiles  des  rothen  Meeres  (Mocca  und  Jedda)  käme  die  Kohle 
von  Tenasserim  und  Mergui  wohlfeiler  als  die  aus  England;  ebenso 
für  den  persischen  Meerbusen,  wenn  die  Dampfschiffahrt  sich  bis  dortbin 
erstrecken  sollte.  Erfahrung  allein  kann  die  Frage  lösen,  ob  es  wohl- 
feiler kommen  würde,  Kohle  von  Mergui  nach  Suez  zu  fördern,  als 
sie  von  Cairo  aus  dorthin  zu  bringen.  Ich  möchte  indess  vermuthen 
dass,'  wenn  die  neu  entdeckten  Kohlengruben  bei  Beyruth  in  Syrien  fort- 
während eine  grosse  Ausbeute  geben,  und  der  Vicekönig  von  Aegypten 
(damals  Mehemed  Ali)  seine  Hand  dazu  bietet,  die  Kohle  aus  Syrien 
wohlfeiler    käme    als    die    von    Mergui. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserira  Provinzen  etc.  231) 

Sollte  das  zweite  Dampfschifffahrt-Project  nach  England,  über  Mauritius 
und  dem  Cap  zur  Reife  gelangen,  so  könnte  die  Kohle  von  Mergui  mit 
Vortheil  bis  zum  Cap  verwendet  werden  Wenigstens  wäre  dies  besser, 
als  der  neuerlichst  in  England  aufgetauchte  Vorschlag,  Mauritius  und 
dessen  Nachbarschaft  von  Neu-Süd-Wales  aus  mit  Kohle  zu  versehen. 
Die  Ostküste  der  Bay  von  Bengalen  wird  selbstverständlich  nur  Kohle 
von  Mergui  verbrauchen,  die  dort  an  Ort  und  Stelle  zu  haben  ist, 
ebenso  die  Meerenge  von  Malacca,  und  sowie  Point  de  Galle  der  west- 
liche Mittelpunct  zwischen  Europa,  Süd-Afrika  und  Hindostan  ist,  so 
ist  Singapone  der  östliche  zwischen  Bengalen,  China  und  Neu-Holland 
(durch  die  Torres-Strasse).  Aus  der  Nähe  der  beiden  Centren:  Point 
de  Galle  und  Singapore,  wird  ersichtlich,  wie  wunderbar  günstig  Mergui 
gelegen  ist,  um  einen  unentbehrlichen  Artikel  nach  allen  Seiten  hin  zu 
vertheilen. 

Fernere  Beweise  für  die  Wichtigkeit  des  Rohlengebiets  von  Mergui. 
Ferner   muss    bemerkt   werden: 

a)  dass  vielleicht  ein  erneuerter  Verkehr  mit  den  niederländischen 
Besitzungen  in  Gang  kommen  könnte,  indem  die  Dampfer  von  Batavia  die 
Kohlen    von   Mergui  wohlfeiler  beziehen  würden,  als    von  jedem  andern  Orte. 

b)  Dass  vor  einiger  Zeit  in  Calcutta  das  Projekt  aufgetaucht  ist, 
die  „Clippers",  welche  den  Handel  mit  minder  raumausfüllenden  Artikeln 
mit  China  betreiben,  durch  kleine  Dampfer  zu  ersetzen,  was  manche  Vor- 
theile  —  namentlich  für  den  Handel  mit  Opium  --  verheissen  dürfte.  Der 
Haupteinwand  gegen  diesen  Vorschlag  war  bisher  der  Mangel  an  Kohle; 
diesem    liese    sich    aber  von    Mergui    oder    Singapore    aus    abhelfen. 

c)  dass,  nebst  dem  Verbrauch  auf  Dampfern,  mit  der  Zeit  Kohle 
nach  Madras  und  anderen  Theilen  des  Carnatic,  als  Ersatzmittel  für  das 
dort  mangelnde  Holz  verfrachtet    werden  könnte. 

d)  dass  die  Entdeckung  der  Kohle  in  Mergui  nicht  ohne  Einfluss 
auf  die  Kohlenpreise  zu  Calcutta  bleiben  werde  und  dass  erstere  wenn 
auch  immer  theurer,  als  die  von  Burdwan ,  nichts  desto  weniger  nach 
Calcutta  zu  jenen  Verwendungen,  für  welche  nur  englische  Kohle  taug- 
lich ist  —  besonders  bei  etwaigem  Begehr  nach  Kohlengas  —  gebracht 
werden  könnte.  Auch  könnte  sie  für  die  grossen  Flammöfen  der  Regie- 
rungs-Kanonengiesserei,  wo  eine  starke  Flamme  erforderlich  ist,  sehr  vor- 
teilhaft benützt  werden.  —  Der  günstige  Einfluss  der  Auffindung  guter 
Kohle  in  den  Tenasserim- Provinzen  ist  mithin  augenfällig,  eine  zweite 
mögliche  Folge  von  nicht  geringerer  Wichtigkeit,  welche  aus  des  Auf- 
findung des  Kohlengebiets  an  der  Gränze  von  Siam  hervorgehen  dürf- 
ten,   soll    im    nächsten    Abschnitt  erörtert  werden. 

VI.  Land*  erbindung  mit  China. 

Erläuterong  der   Vortheile    einer    kürzern  Strasse    nach    China.    —    Vor 

etwa  30  Jahren  wurde  die  Frage  aufgestellt:  in  wie  fern  es  ausführbar 
und  vortheilhaft  sein  würde,  eine  Verbindung  quer  über  die  Halbinsel 
und  zwar  auf  der  Landenge  von  Kraw,  zwischen  der  Bucht  von  Ben- 
galen, und  dem  Golfe  von  Siam  zu  eröffnen.  Die  aus  der  Verkürzung 
der  Verbindungen  in  irgend  einem  Theil  der  Welt  für  den  Verkehr  ent- 
springenden Vortheile  bedürfen    keiner    weiteren    Beweisführung. 

Der  britische  Handel  von  Ost -Indien  nach  Canton  ist  wichtig  ge- 
nug   erachtet    worden,    um    den    Wunsch    nach    möglichst    schneller    Ver- 


240  Dr.  Johann  Wilhelm  Ilelfer's 

bindung  rege  zu  machen.  Der  Gegenstand  ist  in  der  That  höchst  bedeu- 
tend; nicht  nur  wegen  der  Zunahme  des  Verkehrs  überhaupt,  sondern 
noch  wegen  der  gelegentlichen  Schwankungen  in  den  Beziehungen  zu 
China.  Schnelle  Verbindung  zwischen  dem  Hauptsitze  des  Ostindischen 
Reiches  und  jenem  Absatzplatze  des  Handels  muss  jederzeit  von  hoher  Be- 
deutung sein.  Ist  es  nun  wünschenswerth,  diese  Verbindung  nur  durch 
Briefe  zu  erhalten?  oder  ist  die  Sache  wichtig  genug,  um  auch  für  Waa- 
ren  den  Weg  nach  China  abzukürzen?  Im  ersten  Falle  genügt  eine  Land- 
verbindung mittels  ~(Dhack)a  (?)  und  dazu  würde  man  ohne  Weiteres 
den  kürzeren  Weg  aussuchen;  im  zweiten  Falle  würde  es  nöthig  werden, 
die  schiffbaren  Flüsse  an  beiden  Seiten  der  malayischen  Halbinsel  —  sei 
es  durch  Eisenbahnen  oder  durch  Kanäle  —  in  wechselseitige  Verbin- 
dung   zu    bringen. 

Landenge  von  Kraw.  Forest  war  —  so  viel  mir  bewusst  —  der  Erste, 
welcher  auf  die  Landenge  von  Kraw  aufmerksam  machte;  Hamilton  theilte 
diese  Ansicht  und  Col.  Burney  empfahl  diesen  Plan  eifrigst;  Jeder  von 
ihnen  fusste  auf  den  Berichten  der  Eingebornen,  nach  welchen  2  Flüsse 
in  paraleller  Richtung  verlaufen  sollten:  der  St.  Mathäus-Fluss  oder  Pack- 
Chan,  der  sich  in  die  Bucht  von  Bengalen  ergiesst,  und  der  Tom-fong, 
der,  nahe  an  den  Larchins-Inseln,  in  die  Bucht  von  Siam  einmündet,  so 
zwar  dass  bei  hohem  Monsoon  ihre  Gewässer  sich  nahezu  vereinigen  und 
dass  die  Breite  des  zwischen  beiden  liegenden,  kaum  bergig  zu  nennen- 
den Landstriches  nirgends  mehr  als  6  Gehstunden  beträgt.  —  Wenn  ich 
auch  keine  Gelegenheit  hatte,  den  St.  Mathäus-Fluss  oder  irgend  einen 
Theil  des  siamesischen  Gebietes  zu  untersuchen,  wage  ich  dennoch  einen 
Vorschlag,    der    mir    vortheilhafter  scheint. 

Vorschläge  eines  Landweges  quer  über  die  Halbinsel  von  flergui  aas. 
Ich  fuhr  stromaufwärts  auf  dem  Tenasserim  von  Mergui  bis  zur  alten 
Stadt  Tenasserim,  verlies  dort  den  Hauptstrom,  um  einen  andern  Fluss 
zu  befahren,  der  mich  zuletzt  auf  die  Entdeckung  des  Kohlengebiets  brachte, 
von  dem  —  wie  ich  hoffe  —  eine  gänzliche  Umwandlung  dieser  unbe- 
wohnten und  nie  von  einem  Europäer  besuchten  Gegend  ausgehen  wird. 
Die  Beschreibung  des  Flusses  und  des  Landes  habe  ich,  soweit  beide  im 
britischen  Gebiete  liegen,  bereits  mitgetheilt.  Da  ich  nicht  die  Erlaub- 
niss  zum  Eintritt  in  das  siamesische  Gebit  hatte,  behalf  ich  mich  mit 
Berichten  der  Eingebornen,  nach  welcher  das  jenseitige  Meer  nur  35 
bis    45    (engl.)    Meilen    entfernt    sein    sollte. 

Beschaffenheit  des  Landstriches  and  wahrscheinliche  Entfernung.  Die 
Beschaffenheit  des  Landes  kenne  ich  nicht;  iudess  fand  ich  nahe  an  der 
Gränze  eine  Anzahl  Shans,  welche  einen  siamesischen  Oberpriester  nach 
Banhouk  zurückbegleiteten.  Dieser  Priester  gab  den  Besuch  seiner  Ver- 
wandten, die  seit  zwei  Jahren  auf  britischem  Gebiete  ansässig  seien,  als 
Zweck  seiner  Reise  an,  der  eigentliche  Zweck  war  aber  vermuthlich, 
seiner  Regierung  über  die  neuen  siamesischen  Dürfer  auf  diesem  Ge- 
biete zu  berichten.  —  Ich  kam  um  7  Uhr  Früh  mit  ihnen  zusammen 
und  seine  Gefährten  sagten,  sie  hofften  bis  Abends  ihre  Boote  an  der 
siamesischen  Seite  zu  erreichen.  Diess  fand  am  26.  April  statt,  mithin 
gerade  vor  dem  Monsoon,  wo  der  Wasserstand  am  niedrigsten  ist.  — 
Würde  nun  das  erwähnte  Kohlengebiet  zu  einer  so  ausgedehnten  Benüt- 
zung gelangen,  wie  es  möglicherweise  zu  erwarten  ist,  und  eine  Eisen-  oder 
Holzbahn    vom    schiffbaren    Theile    des    Tenasserim,    bis    dorthin     angelegt 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  241 

werden,  so  wäre  die  Verbindung,  bis  nahe  zu  der  höchsten  Stelle  zwischen 
den  beiden  Meeren  und  bis  zu  30  bis  40  (engl.)  Meilen  Entfernung  vom 
Golf  von  Siam,  in  Ausführung  gebracht.  Diese  Verbindung  würde,  in  gleicher 
Breite  innerhalb  etwa  15  (engt.)  Meilen  auf  einen  schiffbaren  Fluss  tref- 
fen und  so  könnte  der  Weg  quer  über  die  inalaische  Halbinsel,  Behufs 
der    Verbindung    mit    China,    leicht    und    schnell    eröffnet    werden. 

Einsprache  von  Seite  der  Siainesen.  Allerdings  würde  die  Siamesische 
Regierung  dagegen  Einwendungen  machen,  die  indess  —  gegenwärtig  leich- 
ter als  zu  irgend  einem  andern  Zeitpuncte  —  beseitigt  werden  könnten. 
Die  Siamesen  könnten  vorerst  dahin  gebracht  werden,  den  freien  Durch- 
gang von  Briefen  mittelst  eines  in  einem  der  Dörfer  an  der  Meeresküste 
einzurichtenden  Postamtes  zu  gestatten,  und  ihren  Unterthanen  zu  erlauben, 
auf  dem  Landwege  Kohlen  nach  der  entgegengesetzten  Meeresküste  zu  ver- 
frachten, wenn  solche  für  die  zwischen  Canton  und  der  Ostküste  der 
Halbinsel  fahrenden  Dampfschiffe  erforderlich  würden.  Von  diesen  Anfangen 
aus,  liesse  sich  unter  Umständen  Alles  erreichen,  was  noch  ferner  zu  wün- 
schen   übrig    bliebe. 

Folgen  der  Ansbentnng  des  Kohlengebietes.  —  Die  Einrichtung  mensch- 
licher Wohnungen  würde  —  da  mehrere  Tausende  von  Arbeitern  zur  Be- 
nützung des  Kohlengebietes  erforderlich  wären  —  in  kurzer  Zeit  diese  Oert- 
lichkeit  zu  einer  allgemein  bekannten  und  bedeutenden  machen.  Für  den 
Anfang  würde  die  Entferung  von  jeder  andern  menschlichen  Ansiedlung 
die  Lebensmittel  vertheuern;  eben  dieser  Umstand  aber  würde  zu  den  An- 
bau der  Umgebung,  und  hiermit  zur  allmähligen  Veinehrung  der  Bevöl- 
kerung   führen.  *) 

Die  unternehmenden  Siamesen  Hessen  sich  leicht  bewegen,  die  neue 
Ansiedlung  zu  besuchen  und  diese  könnte  mit  geringer  Mühe  zum  Markt- 
platz für  beide  Völker  (Burmesen  und  Siamesen)  gestaltet  werden.  — ■  Die 
Siamesen  würden  Stocklack,  Japan-Holz,  Sandelholz,  Aloe,  Gummigutt, 
Wachs,  Honig,  Elfenbein,  Häute,  Jasmin-Oel,  ßenzoe,  Firniss  und  Kassia- 
Knospen,  („Cassia-Buds")  zu  Markte  bringen  und  diese  Waaren  bereit- 
willig gegen  Feuergewehre  Schiesspulver,  Rauchtaback,  Opium,  Stoffe  („piece- 
goods"Jt  Messerschmied -Arbeiten  und  dergleichen  austauschen.  —  Wenn 
Schiffe  nach  Mergui  kommen,  um  Kohlen  einzunehmen,  werden  sie  mehr 
Vortheil  dabei  finden,  dergleichen  Artickel  mitzubringen,  als  leer  anzukom- 
men, und  demzufolge  werden  die  Preise  Europäischer  und  Ostindischer 
Waaren  zu  Mergui  und  an  der  Küste  viel  wohlfeiler  werden,  als  sie  es 
unter  den  gegenwärtigen  Umständen  sind  und  in  der  That  sein  können. 
Es  ist  gerade  im  jetzigen  Augenblicke,  eine  merkwürdige  Erinne- 
rung dass  im  Jahr  1688,  da  eben  die  erste  Grundlage  zur  Entstehung  der 
britischen  Herrschaft  in  Ost-Indien  gelegt  wurde,  der  ehrenwerthe  Hof  der 
Direktoren  seine  Beamten  zu  Madras  beauftragte,  sich  zu  bemühen,  vom 
König  von  Siam  den  Besitz  der  Stadt  Tenasserim  zu  erlangen  und  die- 
selben   zu   befestigen. 


*)  In  geringer  Entfernung  vom  Kohlengebiete  lag  einst  eine  grosse  siamesische 
Stadt,  welche,  wie  es  scheint,  zur  Zeit  von  Alompras  Verwüstungszuges  gegen  die 
Hauptstadt  von  Siam  (1758)  von  den  Einwohnern  verlassen  wurde.  Gegenwärtig 
sind  jedoch  alle  Spuren  menschlicher  Wohnstätten  dort  verwischt  und  die  Stelle 
ist  nur  noch  durch  einige  alte  Obstbäume  und  eine  grosse  Wiese  mitten  im 
Wald   erkennbar. 


242  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfer's 

VII.  Pflanzenreich. 

A.  Gewächse,  welche  in  den  südlichen  Provinzen  angebaut  werden. 

Reis.  Bemerkungen  über  den  Anbau  des  Reises.  Die  Bemerkungen,  welche 
ich  in  meinem  ersten  Bericht  über  die  Provinz  Amherst  in  Bezug  auf 
Landbau  überhaupt  und  Reisbau  insbesondere  ausgesprochen  habe,  finden 
auch  in  den  südlichen  Provinzen  ihre  Anwendung.  Der  Landbau  wird, 
in  jeder  Hinsicht,  eben  so  lässig  in  Ye,  Tavoy,  Mergui  und  Tenasse- 
rim  betrieben,  als  in  jener  Provinz,  auch  hier  wird  Allem  sein  natür- 
licher Verlauf  gelassen  und  gerade  nur  das  Nothigste  gethan,  um  der  Na- 
tur Gelegenheit  zu  geben ,  ihre  Freigebigkeit  zu  bethätigen.  Die  Burme- 
sen sind  schlechte  Landbauer,  alle  ihre  Nachbarn:  Hindoos,  Siamesen,  Ma- 
layen    und    Chinesen,    übertreffen    sie    hierin. 

Ertrag  an  Reis,  viel  geringer  als  in  den  nördlichen  Provinzen:  Das  Er- 
trägniss  an  Reis  ist  in  den  südlichen  Provinzen  ein  viel  geringeres  und 
zwar  aus  folgenden  Gründen:  1)  das  Land  an  sich  ist  weniger  dazu  geeig- 
net, 2)  die  Einwohner  bauen  werthvollere  Gewächse,  die  im  Norden  nicht 
fortkommen,  und  für  welche  sie  ohne  Schwierigkeit  ihren  Bedarf  an  Reis 
eintauschen. 

Den  südlichen  Landstrichen  fehlen  die  weiten  Strecken  reichen  an- 
geschwemmten Bodens  und  desshalb  werden  sie  nie  der  Provinz  Amherst 
an  Fruchtbarkeit  gleichkommen;  doch  findet  sich  für  die  gegenwärtige 
Bevölkerung    —    auch     wenn    sie    bis    zum     dreifachen    heranwachsen    sollte, 

—  genug  guter  Reisboden,  besonders  an  dem  Delta  des  (Tenasserim) 
Flusses,  am  Hinzai,  am  Tavoy  und  anderen  Nebenflüssen.  Der  Pye-Khia, 
Palouk,  Palou  und  Tenasserim -Fluss  haben  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
eine  grosse  Menge  angeschwemmten  Erdreichs  abgesetzt;  dessen  Oberfläche 
grösstenteils    wüst    liegt    oder  bewaldet    ist. 

Tavoy  genügt  seinem  eigenen  Verbrauche;  Mergui  führt  Reis  von 
Maulmain  ein.  Der  Bau  des  Reises  wird  indess  nie  so  einträglich  werden 
als  der  anderer  tropischer  Nutzgewächse;  wäre  Reis  nicht  ein  unentbehr- 
liches Nahrungsmittel  der  Einwohner,  so  würde  man  sich  in  Mergui  gar 
nicht    mit    dessen    Anbau  befassen.  Die  Ceylonesen  und  Inselbewohner,  welche 

—  da  sie  zu  tief  in  der  Gesittung  stehen,  um  Feldbau  zu  betreiben  — 
gar  keinen  Reis  bauen,  erhalten  ihn  zu  Mergui,  durch  Vermittlung  der 
Chinesen,    im    Tausch    gegen    ihre    eigenen  Produkte. 

Die  eigentlichen  Reisländer  sind  Pegu  und  die  Provinz  Amherst.  Pegu,  die 
Provinz  Amherst  und  ein  Theil  von  Tavoy  bringen  so  viel  Reis  hervor, 
dass  ihre  ursprüngliche  Bestimmung  zu  sein  scheint,  zu  Zeiten  des 
Mangels  die  Kornkammern  Ost-Indiens  abzugeben.  In  Amherst  und  auch  in 
Tavoy,  weis  man  nichts  von  Missernte  und  ein  Reisspekulant,  der  in  Folge 
eines  Uebereinkommens  den  Riots  (Landbauern)  eine  Summe  Geldes  vor- 
geschossen hat,  kann    stets  versichert  sein,  die  bedungene  Menge  zu  erhalten. 

Nachfrage  mit)  jedem  Jahre  im  Steigen.  Die  niederen  Preise  der  ver- 
gangenen Jahre  haben  den  Reisbau  sehr  herabgebracht,  im  laufenden  Jahre 
war  aber  der  Begehr  so  stark,  dass  Alles  aufgekauft  wurde,  und  Tavoy 
welches  bisher  gar  keine  Ausfuhr  hatte,  wurde  in  Anspruch  genommen, 
um  die  übrigen  Bestellungen  zu  decken.  —  Gegenwärtig  liegt  der  grösste 
Nachtheil  in  der  Zeit ,  die  darauf  geht,  ehe  10,000  Körbe  („baskets") 
zusammengebracht  werden  können;  indem  zu  Tavoy  keine  Niederlage  be- 
steht, ein  eben  so  grosser  Uebelstand  ist  die  langsame  Enthülsung  des 
Reises,    welche    hauptsächlich  mittels    Handmühlen  durch  weibliche  Arbeit  ge- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  243 

schieht.  Reismühlen  nach  amerikanischer  Bauart,  wie  sie  in  Louisiana  und 
Neu-Orleans  üblich  sind,  würden  von  grossem  Vortheile  sein.  —  Auch  ver- 
steht man  es  nicht,  den  Reis  für  längere  Zeit  aufzubewahren,  die  in 
Chittagong  übliche  Methode  kömmt  dabei  gar  nicht  in  Anwendung.  Isle 
de  France  ist  gegenwärtig  die  bedeutendste  Oertlichkeit,  die  von  Maul- 
main   aus    mit   Reis    versehen    wird. 

Der  Boden  von  Penang  und  Singapore  ist  so  beschaffen,  dass  deren 
Ertrag  an  Reis  sich  niemals  wird  mit  der  Tenasserim-Provinzen  messen  kön- 
nen. Tavoy  versieht  Junk-ceilon  und  die  benachbarten  Staaten  durch 
einen  Tauschhandel  von  Reis  gegen  Zinn,  welches  von  Tavoy  auf  chine- 
sischen Rooten  („Junks")  nach  Kalcutta  gebracht  wird.  Die  kleinen  Staa- 
ten Kedak,  Perak,  Patani,  Ligor  und  Sangora  erzeugten  vormals  Reis 
zur  Ausfuhr;  seitdem  sie  aber  unter  fremde  Herrschaft  gekommen,  sind 
sie  stark  in  Verfall  gerathen,  und  beziehen  ihren  Reis  von  Penang,  das 
sich  wieder  von  Maulmain  her  versieht,  ein  neuer  Grund  zur  Ermunte- 
rung   des    Reisbaues    in    Tenasserim.    Verständige    Chinesen    behaupten,  dass 

—  falls  eine  unmittelbare  Verbindung  mit  China  bestünde  —  der  Reis 
von  Tenasserim,  wenn  er  in  grosser  Menge  zu  haben  wäre,  in  Miss- 
jahren (welche  keineswegs  selten  sind)  mit  Vortheil  nach  China  ausge- 
führt   werden    könnte. 

Dasselbe  gilt  für  Ostindien  und  vielleicht  war  es  nicht  unmöglich,  der  Re- 
gierung Reisgründe  vorzubehalten  und  diese  mit  der  Redingung  zu  verpachten, 
dass  die  Pächter  in  Missjahren  gehalten  wären,  der  Regierung  in  kurzer  Frist  die 
verlangte  Menge  zu  liefern,  wogegen  es  ihnen  in  gesegneten  Jahren  frei- 
stünde, über  die  Ernte  ganz  oder  theilweise  nach  Gutdünken  zu  verfü- 
gen. Um  die  Riots  (Landbauer)  aufzumuntern,  diese  Regierungs-Grundstücke 
in  Anbau  zu  nehmen,  könnte  man  den  Pächtern  besondere  Vorzüge  oder 
einen  Nachlass  der  Grundsteuer  gewähren.  Auf  diese  Weise  stünde  der 
Regierung  jederzeit  eine  unermessliche  Menge  von  Rergreis  (Paddy)  zur 
Verfügung.    Da    jede    Verbesserung    nur    dann    ins    Leben    tritt,   wenn    man 

—  anstatt  ihre  Vortheile  theoretisch  zu  beweisen  —  dieselben  thatsäch- 
lich  zeigt,  müssen  diese  Pächter  der  Regierungs- Ländereien  verhalten 
werden,  das  indische  und  chinesische  Umsetzungssistem  anzunehmen;  denn 
wenn  ein  regelmässiges  System  des  Anbaues  durchgeführt  würde,  könnte 
der  Ertrag  an  Reis  um  Vieles  über  die  jetzige  Ertragsfähigkeit  des  Lan i 
des   gesteigert   werden. 

Baumwolle.  Anbau  derselben  sehr  vernachlässigt.  Der  Anbau  der  Raum- 
wolle wird  in  den  südlichen  Provinzen  sehr  vernachlässigt  und  zum  Ver- 
kaufe wird  davon  gar  nichts  gewonnen,  die  Karäer  bauen  sie  grössten- 
theils  nur  zum  Hausbedarfe.  Zu  Metamio  machten  die  amerikanischen  Mis- 
sionäre ihre  Gemeinde  auf  den  Bau  der  Baumwolle  aufmerksam  und  die 
Einwohner  von  Tavoy  nehmen  ihnen  diese  in  Kauf  oder  Tausch  ab, 
wonach  Jeder,  seinen  Bündel  auf  dem  Rücken  durch  die  Rerpässe  40 
bis    50    engl.  Meilen    weit    nach   Hause    zurückkehrt. 

Geringe  Güte  der  Baumwolle.  Die  so  gewonnene  Abart  der  Baumwolle 
steht  indess  der  amerikanischen  und  afrikanischen  an  Güte  sehr  nach,  wie- 
wohl man  in  ganz  Ava  keine  bessere  Sorte  kennt,  und  die  schlechte 
Baumwolle  von  Ava  sogar  auf  dem  Landwege  Hunderte  von  Meilen  weit 
auf  Maulthieren  und  Kleppern  in  die  chinesische  Provinz  Yuan  gebracht  wird. 

Einführung  der  Pernambucco  -  Baumwolle  misslungen.  Welch  ein  Feld 
würde    sich    da    dem    aufthun,    der  es   unternähme    eine   bessere   Sorte    ein- 


244  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfen? 

zuführen.  Die  grosse  Mühe  welche  sich  Hr.  Bl  und  eil,  der  Kommissär, 
mit  Vertheilung  von  Pernambucco  Setzlingen  in  der  ganzen  Provinz  ge- 
geben, blieb  leider  erfolglos,  weil  das  Klima  für  diese  Abart  zu  feucht 
war,  und  wenn  auch  in  Mergui  der  Regen  gleichmässiger  über  das  ganze 
Jahr  vertheilt  ist,  geben  auch  dort  diese  Setzlinge  keinen  Ertrag.  Mir 
scheint,     dass   jährige    Gewächse    mehr    Beachtung   verdienen. 

Manilla  und  egyptische  Baumwolle  empfehlenswert!!.  Jn  meinem  ersten 
Berichte  sprach  ich  die  Ansicht  aus,  es  sollte  Manilla-Baumwolle,  als  dem 
Klima  am  Besten  angepasst,  versucht  werden  und  ich  füge  nunmehr  bei, 
dass  in  den  südlichen  Provinzen  während  der  trockenen  Jahreszeit  ägyptische 
Baumwolle  eben  so  gut  fortkommen  dürfte,  vorausgesetzt,  dass  man  dazu 
nicht  allzu  fetten  Boden  wählte.  Seit  der  Einführung  englischer  gedruk- 
ter  Zeuge  („Chintzes")  soll  die  häusliche  Verfertigung  der  Cheepudsos 
(einheimischen  Wollstoffe)  sehr  abgenommen  haben.  Mergui  deckt  seinen 
ganzen    Bedarf   daran    aus    Rangoon. 

Zuckerrohr.  Bau  des  Zuckerrohrs  gleichfalls  vernachlässigt.  Dieser 
wichtige  Artikel  ist  —  wie  bereits  erwähnt  —  gänzlich  vernachlässigt; 
in  den  gesammten  Provinzen  wird  davon  nur  eine  geringe  Menge  zum 
Hausbedarf  in  Gärten  gezogen.  Drei  Abarten  des  Zuckerrohres  sind  hier 
gewöhnlich;  alle  drei  zwar  nicht  von  den  besten,  doch  ziemlich  gut. 
Das  Rohr  gedeiht  überall  reichlichst  und  steht  auf  den  Märkten  in  sehr 
niederem  Preise.  Als  ich  das  Innere  des  Landes  bereiste,  pflegten  die 
Dorfbewohner  überall,  so  wie  ich  ihre  Haine  betrat,  den  Trägern  („Coo- 
liesu)    und    Lastthieren    Zuckerrohr    in    Menge    zu    reichen. 

Anbau  des  Zuckerrohrs  von  den  Siamesen  begonnen.  Die  neuerlich 
eingewanderten  Siamesen  scheinen  das  Zuckerrohr  mehr  zu  beachten,  als 
die  Eingebornen  und  am  kleinen  Tenasserim  sind  viele  Acres  Land 
ausschliesslich  damit  bepflanzt.  Einige  Exemplare  des  Ta'iti-Zuckerrohrs, 
womit  mich  die  Acker-  und  Gartenbau-Gesellschaft  zu  Calcutta  beschenkt 
hat,    gedeihen    auffallend   gut. 

Anlockungen  für  Europäer.  Man  hat  die  Bemerkung  gemacht,  dass 
die  Chinesen  das  einzige  Volk  seien,  welches  sich  auf  den  Anbau  des 
Zuckerrohres  gründlich  verstehe;  so  lange  aber  ihre  Anzahl  in  den 
Provinzen  nicht  zunimmt,  wird  dieser  Anbau  vernachlässigt  bleiben,  es 
sei  denn,  dass  Europäer  sich  damit  befassen  wollten.  Jeder,  der  mit  dem 
Verfahren  bekannt  ist,  würde  hier  viele  Erleichterungen  finden,  die  man 
anderwärts  vermisst.  An  der  Meerenge  von  Malacca  ist  der  Anbau  des 
Zuckers  in  voller  Blüthe.  In  der  Provinz  Wellesley  sind  2000  Chinesen 
ausschliesslich  damit  beschäftigt  und  ziehen  reichlichen  Gewinn  daraus.  Der 
überschwengliche  Ertrag  des  reichen  Bodens  in  den  Provinzen,  da  wo  die 
Wälder  eben  gerodet  wurden,  dürfte  die  grösste  Anlockung  für  den  Bau 
des  Zuckerrohrs  sein.  —  Dieselben  Bemerkungen,  welche  ich  in  meinem 
ersten  Berichte,  in  Bezug  auf  Tabak,  Indigo,  Kaffee,  Ananas  und  Bananen 
ausgesprochen  habe,  sind  auch  auf  die  südlichen  Provinzen  anwendbar. 
Betreffend  die  Betel-Pflanzungen,  erhielt  ich  —  in  Bezug  auf  die  Pro- 
vinz   Mergui    —    durch    Hrn.    Corbin    folgende    Nachweisungen: 

Betel-Pflanzungen.  Statistische  Angaben  über  die  Betel -Pflanzungen  in 
der  Provinz  Mergui.  Die  grössten  Pflanzungen  dieser  Art  bestehen  zu 
Cutwain  und  Beik  town  (zwei  Dörfer  in  gleicher  Entfernung  von  Mergui); 
kleinere  finden  sich  in  allen  Theilen  der  Stadt  und  in  jedem  Dorfe.  Die 
Betel-Pflanze   bedarf  in    der   Jugend    viel    Sorge    und    Aufmerksamkeit    und 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  245 

muss  in  sehr  reichem  Boden  gesetzt  werden,  welcher  noch  mit  Dünger 
von  Büffeln  und  verfaulten  Hülsen  des  Berg-Reises  (»Paddy«)  verbessert 
wird;  auch  muss  sie  vor  den  Sonnenstrahlen  vollkommen  geschützt  sein. 
Die  Zeit  des  Anbaues  ist  im  März,  April  und  Mai;  bei  gutem  Gedeihen 
kann  das  Einsammeln  der  Blätter  5  bis  6  Monathe  später  beginnen  und 
15  Monathe  lang  fortgesetzt  werden;  später  geht  die  Pflanze  ein  oder 
die  Blätter  werden  so  klein,  dass  sie  nicht  mehr  der  Mühe  werth  sind. 
Von  jeder  Pflanze  werden  allmonatlich  an  50  Blätter  eingesammelt;  die 
gesammten  vorhandenen  42,000  Pflanzen  geben  mithin  allmonatlich  an 
2,100,000  Blätter.  Diese  werden  zu  je  50  Stück  in  Packete  zusammen- 
gebunden, deren  je  4  um  1  Anna  verkauft  werden.  Der  tägliche  Ver- 
brauch ist  im  Durchschnitte  14  Blätter  auf  den  Kopf.  Die  Abgabe  auf 
Betel  wird  jährlich  eingehoben;  je  hundert  Pflanzen  zahlen  2  Rupien; 
doch  lässt  man  —  zur  Aufmunterung  des  Anbaues  —  die  grösseren 
Pflanzer  nur  für  600  Stück  zahlen;  den  Ueberschuss  mag  er  nach  Gut- 
dünken bauen,  ohne  desshalb  mehr  als  jährlich  12  Rupien  dafür  ent- 
richten zu  müssen.  Im  laufenden  Jahre  betrug  die  eingehobene  Steuer 
840    Rupien. 

Gambir  in  den  Provinzen  wild  wachsend.  Nauclea  Gambir  {Calechu, 
Terra  Japonica)  kommt  in  den  südlichen  Provinzen  vorzüglich  an  den 
Ufern  des  untern  Tenasserim,  zu  Tenasserim  selbst,  und  weiter  abwärts 
vor.  Ob  die  Pflanze  einheimisch  ist  oder  zu  einer  Zeit,  als  diese  Ge- 
genden besser  bevölkert  waren,  eingeführt  wurde,  weiss  ich  nicht.  Sie 
wird  6  Fuss  hoch,  findet  sich  unweit  der  Flussufer  und  scheint  — 
obwohl  vollständig  wild  —  sehr  gut  zu  gedeihen.  Die  Eingebornen  — 
wenigstens  die  Karäer  —  kennen  ihre  Eigenschaften  und  kauen  ihre 
Blätter   zugleich   mit    denen    des    Betel. 

Terra  Catechu  von  einer  andern  Pflanze  stammend.  Die  Terra  Catechu 
der  Märkte  stammt  nicht  von  der  Gambir-Pflanze;  sie  wird  hauptsächlich 
von  Rangoon  eingeführt  und  kömmt  aus  Ava;  sie  rührt  von  der  Acacia 
Catechu  her,  welche  —  wie  in  Hindostan  —  auch  im  obern  Ava  sehr 
gemein  ist.  Nur  wenige  Bäume  dieser  Art  wachsen  in  der  Stadt  Mergui. 
—  Diese  zusammenziehende  Substanz  ist  neuerlich  in  Europa  als  ein  Er- 
satzmittel   für   Eichenlohe    und    Sumach    sehr   angepriesen    worden. 

Areca-Nüsse  ein  sehr  werthvoller  Artikel.  Areca-Nüsse  zählen  unter 
die  wenigen,  einigermassen  wichtigen  Erzeugnisse  der  südlichen  Provinzen. 
Die  Areca-Palme  ist  in  Hindostan  unbezweifelt  ein  Fremdling  und  ebenso 
in  Maulmain,  wo  sie  nur  kümmerlich  fortkömmt.  Nur  im  reichen  ange- 
schwemmten Boden  der  Inseln  im  Salween  wächst  sie,  bringt  aber  auch 
dort  nur  wenige  Früchte.  In  der  Breite  von  Tavoy  (14°  N.)  scheint 
ihre  Heimath  in  der  östlichen  Halbkugel  zu  beginnen;  im  Thale  von  Taun- 
biaun  kömmt  sie  zuerst  in  grösseren  Pflanzungen  vor.  Gegen  Süden  zu 
erstarkt  die  Palme  sichtlich  und  findet  sich  bereits  zu  Mergui  in  voller 
Kraft.  Sie  trägt  dort  bereits  eben  so  reichlich,  als  an  der  Strasse  von 
Malacca;  d.  h.  ein  guttragender  Baum  gibt  jährlich  im  Durchschnitte  3 — 6 
Büschel  zu  je  90 — 160  Nüsse;  das  dortige  Klima  muss  ihr  demnach 
angemessen  sein.  Bei  jeder  Hütte  ist  ein  Areca- Garten  oder  stehen  we- 
nigstens einige  Bäume;  sogar  die  Karäer  in  den  südlichen  Provinzen 
pflanzen  sie.  Die  Setzlinge  schienen  in  Betreff  des  Bodens  nicht  beson- 
ders wählerisch  zu  sein.  Sie  scheinen  mir  fette  Pflanzenerde  an  den 
Gehängen    der   Hügel    und    eine    feuchte   Lage    zu    verlangen.    Die    Einge- 


246  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer' s 

bornen  fehlen  darin,  dass  sie  sie  zu  sehr  zusammendrängen  und  so  ihren 
Wachsthum  hemmen.  Auf  der  Insel  Madremecan,  gegenüber  der  Insel  Mer- 
gui,  entstanden  vor  Kurzen  einige  schöne  Anpflanzungen,  in  der  ganzen 
Provinz  ist  aber  keine  ausgedehnt  genug,  um  die  ausschliessliche  Benen- 
nung einer  Areca-Pflanzung  zu  verdienen.  Die  folgenden  Notizen  verdanke 
ich  Hrn.  Cor  bin  zu    Mergui. 

Notiz  über  die  Areca-Pflanzongen  in  der  Provinz  Mergni.  Die  Zahl  der 
jährlich  gewonnenen  Areca-Nüsse  war,  4,200,000  die  der  fruchttragenden 
Bäume  14,000,  die  der  nicht  tragenden  (im  Alter  von  1—6  Jahren) 
150,000.  Jeder  tragende  Baum  zahlt  eine  jährliche  Steuer,  von  8  Pies, 
oder  2/3  Annas  und  gibt  im  Durchschnitte  300  Nüsse,  welche  im  Sep- 
tember und  Oktober  gesammelt  und  auf  den  Markt  im  Kleinhandel 
um  1  Anna  für  12  Stück  verkauft  werden.  Der  Baum  fängt  in  der  Regel 
im  siebenten  Jahre  zu  tragen  an,  im  ersten  Jahre  kann  der  neugepflanzte  Setz- 
ling, bei  gutem  Boden,  3  Fuss  hoch  Averdeu,  in  den  folgenden  Jahren 
aber  wächst  er  nicht  in  gleichem  Verhältnisse:  höchstens  jährlich  um 
lVa — 2  Fuss.  Die  Areca-Palme  bleibt  etwa  20  bis  25  Jahre,  fruchttragend, 
nach  dieser  Zeit  wird  sie  gehauen  und  ihr  Holz  zum  Bau  der  Häuser 
der  Eingebornen  zu  Grundhölzern,  Dachbalken  u.  dgl.  verwendet.  Die  ge- 
sammelte Frucht  wird,  wenn  man  sie  in  der  Schale  lässt,  erst  nach  2 
bis  3  Monaten  brauchbar,  man  enthülset  sie  daher,  und  lässt  sie  3  Tag 
lang  einweichen,  und  dann  trocknen,  wonach  sie  roth  wird,  und  in  die- 
sem Zustande  übers  Jahr  lang  aufgehoben  werden  kann.  Geschieht  dies 
nicht,  so  wird  die  Nuss  weis,  und  ist  bei  den  Eingebornen  nicht  beliebt, 
hält  sich  auch  nicht  so  lange.  Der  Preis  für  die  rothen  Nüsse  ist  meistens 
noch  einmal  so  hoch,  als  der  der  weissen.  Im  Ganzen  kann  man  anneh- 
men, dass  jede  Person  der  eingebornen  Bevölkerung  täglich  eine  solche 
Nuss  verbraucht.  Ausfuhr  findet  nicht  statt,  da  die  Gewinnung  den  ein- 
heimischen Verbrauch  nicht  deckt;  der  Ueberschuss  wird  während  der 
Monate  Februar,  März  und  April  von  Penang  und  den  Nicobaren  her  ein- 
geführt. In  gegenwärtiger  Jahreszeit  betrug  die  Einfuhr  2,905,000  Stück 
welche  das  10,000  zu  18  Rupien  abgesetzt  wurden.  Weder  Ausfuhr  noch 
Einfuhr    ist    mit    einer   Steuer   belegt. 

Kokosnüsse.  Der  Anbau  der  Kokospalme  ist  auf  bedauerliche  Weise 
vernachlässigt  worden ,  obschon  sie  —  besonders  nahe  an  der  Küste  — 
vortrefflich  gedeiht.  —  Die  vorhandenen  Palmen  genügen  selbst  nicht  dem 
beschränkten  Bedarfe  der  Einwohner,  so  dass  alljährlich  mehrere  Schiffs- 
ladungen   von    Kokosnüssen    aus    den    Nicobaren  eingeführt   werden. 

Vorurtheile  der  Eingebornen.  Die  Eingebornen  haben  einen  grossen 
Widerwillen  gegen  den  Anbau  der  Kokospalme.  Sie  wenden  dagegen  ein, 
dass  sie  dabei  12  Jahre  lang  auf  den  Erfolg  ihrer  Mühe  warten  müssten; 
der  wahre  Grund  ist  aber  ein  anderer.  Zur  Zeit  der  Burmesen  waren 
alle  Kokosnüsse  ein  Eigenthum  des  Hauptes  der  Stadt  oder  des  Dorfes 
und  jeder  Baum,  von  wem  immer  gepflanzt,  galt  als  der  Regierung  ge- 
hörig. Da  nun  die  Burmesen  noch  immer  nicht  den  Gedanken  aufgegeben 
haben,  die  Engländer  würden  die  Provinzen  entweder  aus  freiem  Antriebe 
zurückstellen  oder  sehr  möglicherweise  daraus  vertrieben  werden,  gilt 
ihnen  der  Anbau  der  Kokospalme  als  ein  grosses  Wagniss,  indem  sie 
bei  Wiederkehr  der  burmesischen  Herrschaft  ihr  Eigenthumsrecht  darauf 
sicher   verlieren    würden. 


gedruckte  und  ungediuckte  Schriften  übei  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  247 

Diese  Palme  verdient  besondere  Beachtung.  Die  Cocospalme  ist  von 
so  allgemeinem  Nutzen,  dass  ihr  Anbau,  wo  er  immer  bewerkstelligt  wer- 
den kann,  besondere  Beachtung  und  Aufmunterung  verdient.  Seine  Frucht 
ist  nicht  nur  ein  allgemeines  Nahrungsmittel  —  selbst  für  den  niedrigsten 
Arbeitsmann    —    sondern    auch     ein     werthvoller    Gegenstand     der    Ausfuhr. 

Verminderung  der  Einfuhr  ans  den  Nicobaren.  Die  Eingebornen  be- 
haupten, die  Cocospalmen  auf  den  Nicobaren  trügen  wegen  ihres  hohen 
Alters  mit  jedem  Jahre  weniger  und  nur  wenig  junge  Bäume  kämen  dort 
auf;  in  der  That  gehen  die  dortigen  Einwohner  so  schlecht  mit  ihnen 
um,    dass    in    kurzer  Zeit    die    Zufuhr    von    dort   nicht  mehr    genügen    wird. 

Cocosöl  für  den  englischen  Bedarf.  Da  nun  diese  Provinzen  ihren 
ganzen  Bedarf  von  den  Nicobaren  beziehen,  müssten  die  Cocosnüsse  bald 
im  Preise  steigen  und  es  erschiene  demnach  sehr  rathsam,  sie  dort  selbst 
im  Grossen  zu  ziehen;  um  so  mehr,  als  seit  einigen  Jahren  das  Cocosöl 
nach  England  geht,  wo  es  für  den  Bedarf  der  Kerzenverfertigung  einen 
vortrefflichen    Absatz    findet. 

Später  Ertrag  ein  Dinderniss.  Wegen  der  grossen  Auslagen,  welche 
gemacht  werden  müssen,  bevor  man  zu  einem  Ertrage  kommt,  lässt  sich 
nicht  erwarten,  dass  die  dermaligen  Grundbesitzer  sich  auf  ausgedehnte 
Pflanzungen  einlassen  werden.  Die  Palme  wird  im  achten  Jahre  tragfähig, 
und  im  zwölften  Jahre  gibt  ein  gut  tragender  Baum  jährlich  80 — 100 
Stück  Nüsse.  Die  vielen  Feinde,  welche  die  Cocospalme  in  anderen  Ge- 
genden hat,  sind  hier  unbekannt  oder  ohne  Bedeutung.  Zu  ihnen  zählt 
eine  Art  Calandra,  welche  sich  in  die  Schösse  der  jungen  Pflanzen  ein- 
frisst    und    diese    tödtet. 

Anzahl  der  Cocospalmen  in  der  Provinz  Mergui.  (Nach  Hrn.  Corbin). 
In  der  Provinz  Mergui  sind  2540  tragende  Cocospalmen,  welche  (das 
Stück  zu  50  Nüssen  gerechnet)  jährlich  12,700  Nüsse  geben;  diese 
werden  von  den  Einwohnern  unreif  verzehrt.  Die  Zahl  der  jungen  Bäume 
mag  an  2000  sein;  diese  werden  mit  9  bis  10  Jahren  fruchttragend  und 
bleiben  so  bis  in  ihr  fünfzigstes  oder  sechzigstes  Jahr.  Der  Marktpreis 
der  unreifen  Nüsse  ist  3  Rupien  das  Hundert;  die  Regierung  erhebt 
eine  jährliche  Abgabe  von  8  Annas  für  jeden  fruchttragenden  Baum.  Die 
Cocospalmen  in  der  Stadt  Mergui  selbst  und  die  bei  dem  an  2ya  (engl.) 
Meilen  gegen  NO.  entfernten  Dorfe  Cutwain  gelten  für  die  fruchtbarsten. 
Die  Nüsse  für  den  Verbrauch  der  Küche  und  zu  anderen  Zwecken 
werden  meist  von  Penang  und  von  den  Nicobaren  zu  derselben  Jahres- 
zeit, wie  die  Areca-Nüsse  eingeführt;  im  Jahre  1838  betrug  die  Einfuhr 
16,000    Stück,    das    Hundert    zu    3  bis  8    Rupien. 

Nipah  (Nipa  fruücans),  eine  der  nützlichsten  Palmen.  Diese  sehr 
nützliche  Palme  findet  sich  nur  in  den  südlichen  Gegenden  der  Pro- 
vinzen in  grösserer  Menge.  In  Maulmain  kommt  sie  nur  einzeln  und 
verstreut  vor.  Im  Gebiete  von  Ye  wird  sie  häufiger;  eigentlich  heimisch 
scheint  sie  indess  erst  vom  Palou-Fluss  an  zu  werden;  und  in  Mergui 
erreicht    sie    ihre    volle    Entwicklung. 

Ihr  Verbreitung»-  Gebiet.  Die  Nipah  ist  in  der  That  im  indischen 
Archipel  zu  Hause,  von  wo  aus  sie,  gleich  manchen  anderen  Pflanzen, 
bis  zur  Breite  von  Mergui  aufsteigt,  ohne  jedoch  jene  von  Maulmain  zu 
erreichen.  Die  Nipah  wächst  ausschliesslich  in  den  brackischen  Gewässern 
des  Mangrove-Gebiets;  sie  hat  keinen  Stamm;  bei  der  Fluth  steht  der 
untere   Theii    ihrer    Zweige    unter    Wasser.     Sie    wächst    theils    wild,    theils 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft,  T 


248  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

wird  sie  angebaut  und  die  Bewohner  von  Mergui  halten  ihren  Anbau  für 
sehr    lohnend. 

Schneller  Wachs.  Ihr  Wachsthum  geht  schnell  vor  sich,  so  dass  sie 
mit  dem  vierten  Jahre  ausgewachsen  ist;  sie  bedarf  keiner  anderen  Pflege 
als  das  alljährliche  Ausschneiden  des  sie  umgebenden  Salzwasser-Dickichtes. 
Da  indess  jeder  Anbau  hier  nur  in  sehr  kleinem  Maasstabe  betrieben 
wird,  bleibt  natürlich  auch  für  den  der  Nipah  noch  Vieles  zu  thun 
übrig.  Die  zahlreichen  Buchten  und  Arme  des  Tenasserim  und  die 
dazwischen  liegenden  Nullahs  (natürliche  Kanäle)  an  sumpfigen  Stellen 
wären    zu    ihrer    vorteilhaften    Verbreitung    geeignet. 

Gebrauch  der  Blätter.  Der  Gebrauch  der  Nipah  ist  ein  zweifacher. 
1)  Die  Blätter  sind  in  den  Provinzen  das  einzige  Material  zur  Deckung 
der  Hausdächer  und  da  sie  —  wegen  der  Verwüstungen  holzfressender 
Insekten,  vorzüglich  der  Gattungen  Bostrichus  und  Rhinozimus  —  höchs- 
tens 3  Jahre  aushalten,  muss  natürlich  deren  Verbrauch  sehr  stark  sein. 
Fast  alle  Blätter  werden  von  Mergui  aus  in  die  nördlichen  Provinzen 
gebracht.  —  Im  laufenden  Jahre  hatten  die  Nipah -Pflanzen  sehr  guten 
Gewinn,  die  zahlreichen  Bauten  zur  Unterbringung  der  zwei  eben  in 
Maulmain  angekommenen  Regimenter  vermehrte  den  Begehr  beinahe  ins 
Unbeschränkte.  Die  Blätter  der  Nipah  fangen  viel  schwerer  Feuer,  als 
die  irgend  einer  andern  Palmenart;  sie  werden  desshalb  diesen,  besonders 
denen  der  Cocospalme,  und  noch  mehr  denen  der  Grasarten,  vorgezogen. 
So  viel  mir  bewusst,  wird  beim  Abschneiden  der  Blätter  kein  besonderes 
Verfahren  eingehalten.  Ich  bemerkte,  dass  man  vor  dem  *  Eintritte  des 
Monsoon,  die  Palmen  fast  aller  ihrer  Blätter  —  mit  Ausnahme  einiger 
noch  nicht  ganz  ausgewachsenen,  beraubte.  Es  ist  festgestellt,  dass  1 
Acre  an  7600  Blätter  geben  kann,  welche  in  diesem  Jahr,  bevor  sie 
zu    Matten    verarbeitet    worden,    mit    10    bis  12    Hupien    verkauft   wurden. 

Palmwcin  und  Zocker.  Die  Eingebornen  benützen  hauptsächlich  die 
Blätter  der  Nipah;  das  werthvollste  Produkt  dieser  Palme  ist  aber  der 
Palmwein  (ToddyJ,  welcher  sich  in  Syrup  und  —  wie  neuerliche  Ver- 
suche erwiesen  haben  —  mit  Leichtigkeit  in  Zucker  verwandeln  lässt,  der 
den  ostindischen  Palmzucker  (JagheryJ  an  Güte  übertrifft;  nur  muss  für 
die  Neutralisirung  der  salzigen  Theile,  die  dieser  Zucker  in  rohem  Zu- 
stand enthält,  gesorgt  werden.  Da  nämlich  die  Nipah  in  brackischem 
Wasser  wächst,  sind  alle  ihre  Theile  mit  einer  Lösung  von  kohlensaurem 
Natron   getränkt. 

Bereitung  des  Zockers.  Die  Eingebornen  binden  den  gesottenen  Toddy 
in  ein  Tuch  fest  zusammen  und  hängen  dieses  in  ihren  Häusern  über 
ein  Gefäss  auf;  der  Syrup  tropft  ab  und  lässt  den  krystallisirten  Zucker 
zurück.  Die  Menge  des  gewonnenen  Palmensafts  ist  sehr  gross ;  man 
rechnet  auf  800  Palmen  jährlich  350  Zentner  Saft  oder  170  Zentner 
Syrup;  so  dass  —  den  Gewinn  aus  den  Blättern  mit  in  Rechnung  ge- 
zogen — ■  die  Zucht  der  Nipah  im  Grossen  sehr  gewinnreich  ausfallen 
dürfte.  Ein  weiter  jetzt  wüst  liegender  Landstrich  könnte  in  dieser  Weise 
nutzbar   gemacht   werden. 

Andere  Palmen.  Die  übrigen  Palmenarten  dieses  Landes  sind  von 
geringem    Nutzen    für    das    gemeine    Leben. 

Rattan-Palme.  Die  Rattan-Palme,  obwohl  dem  Reisenden  im  Innern 
lästig  genug,  kömmt  nicht  so  zahlreich  vor,  dass  sie  mit  den  äquatorialen 
Landstrichen    in  Bewerbung  treten  könnte.    Eine  ungemein  starke  Art  Rattan 


sedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die    Tenasserim-Provinzen  etc.        249 

wird  sehr  geschätzt  und  wird  benützt,  um  zur  Nachtzeit  die  Elephanten 
daran  fest  zu  binden;  die  Karäer  bringen  gelegentlich  diese  Art  in  die 
Hafenstädte. 

Pandanus  odoratissimus ;  dessen  Gebrauch  bei  den  Eingebornen.  Der 
Pandanus  odoratissimus  ist  bei  den  Eingebornen  als  cosmeticum  sehr 
beliebt;  den  Blüthenstaub  benützen  die  Weiber  als  schweisstillendes  Mittel; 
die  Blume  ist  sehr  wohlriechend,  aber  von  so  starkem  Gerüche,  dass 
wenig  Europäer  ihn  vertragen  können;  bei  zarteren  Frauen  bewirkt  er 
sogar  Krämpfe  und  Ohnmächten.  In  der  Blüthezeit,  d.  i.  beim  Anfang 
des  Monsoons,  wird  auf  dem  Markte  zu  Mergui  das  Stück  für  1  bis  2 
Pies    verkauft. 

Dorians  (Durio  zibethinus) .  Die  Frucht  von  den  Eingebornen  sehr 
geschätzt.  Der  Durian  ist  für  die  Burmesen  der  wichtigste  unter  den 
Bäumen  mit  essbaren  Früchten.  Er  wird  allgemein  so  hoch  geschätzt, 
dass  man  erzählt,  der  König  von  Ava  habe,  als  er  diese  Provinzen  auf- 
geben musste,  nichts  so  sehr  bedauert,  als  das  Ende  seiner  Herrschaft 
über  die  Durian-Wälder.  Dieser  Baum  reicht  nördlich  nicht  bis  Maulmain 
hinauf;  nur  einige  wenige  Individuen  stehen  als  Seltenheit  auf  der  Insel  Beloo. 

Verbreitung  des  Durian.  Sein  Verbreitungsbezirk  beginnt  bei  Tavoy; 
grosse  Pflanzungen  davon  sind  bei  Mount  Burney  und  sehr  schöne  Exem- 
plare im  Thale  von  Taunbiaun.  Weiter  unten  am  Tenasserim  fängt  der 
Baum  an  beinahe  wild  zu  wachsen  und  unter  14°  N.  B.  bildet  er  grosse 
Wälder. 

Beschreibung  des  Baumes  und  seiner  Frucht.  Er  ist  dort  ein  schlanker 
und  mehrere  Fuss  hoher  Baum,  dessen  Holz  von  den  Chinesen  mitunter 
zu  trefflichen  Schiffsbalken  und  Masten  benutzt  werden  soll.  Die  Frucht 
ist  in  Geschmack  von  jeder  andern  verschieden  und  Anfangs  des  starken 
Geruchs  wegen  mit  wenigen  Ausnahmen  allen  Europäern  widrig.  Indess 
finden  sie  allmälig  Geschmack  daran  und  Jeder,  der  längere  Zeit  in 
diesem  Lande  gelebt  hat,  geniesst  sie  gern  zur  Zeit  der  Reife.  Bei  den 
Eingebornen  ist  sie  so  beliebt,  dass  selbst  die  Niedrigsten  unter  ihnen 
sich  zur  Zeit  der  Reife  einige  Schwelgereien  in  Durians  gestatten.  Der 
Baum  ist  zweihäusig  und  jeder  nimmt  einen  grossen  Umfang  ein,  und 
da  der  Baum  wild  wächst,  dürfte  dessen  Anbau  —  wenigstens  bei  Mergui 
—  weniger  Vortheil  bringen,  als  irgend  eine  andere  Benutzung  des  Bo- 
dens. Zu  Tavoy  ist  die  Frucht  mehr  werth,  indem  deren  Hauptmarkt 
Rangoon  um  2  Grade  näher  liegt.  Die  Zahl  der  Boote,  welche  zu  Tavoy 
für  Bangoon  Durians  laden,  muss  bedeutend  und  der  Gewinn  daraus  nicht 
gering  sein.  Die  Frucht  hält  sich  nicht  über  6  bis  8  Tage  und  wird  in 
Tüchern,  die  mit  Thon  überzogen  sind,  nach  Rangoon  gebracht.  Das 
Hundert  wird  zu  Mergui  —  wenn  der  Markt  gut  versehen  ist  —  mit 
2  bis  3  Rupien  bezahlt;  zu  Rangoon  kostet  zeitweise  ein  Stück  eine 
Rupie.  Der  König  von  Ava  schickt  alljährlich  ein  Schiff  nach  Tavoy,  um 
Durians  zu  holen.  So  wie  diese  in  Rangoon  angekommen  sind,  werden 
sie  durch  stationsweise  aufgestellte  Reiter  oder  in  Kriegsbooten  mit  40 
und  mehr  Köpfen  Bemannung  nach  Ava  gefördert.  Der  Ueberschuss  wird 
gesalzen  und  eingepöckelt  und  so  —  besonders  aus  dem  Thale  von  Taun- 
biaun  ausgeführt. 

Gebrauch  der  Hülsen.  Die  Chinesen  benützen  die  dicke  Fruchthülse 
zum  Bleiehen  der  Seide,  wozu  sie  vortrefflich  taugt.  Sie  gibt  eine  seifen- 
artige   Substanz,    welche    die    klebrige   Decke   der  Seidenfaser  zugleich    zer- 

r* 


250  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

stört  und  wegnimmt.  —  Die  Honiggefässe  der  Blumen  enthalten  viel 
Zuckerstoff;  der  Honig  aus  den  Durian-Wäldern  gilt  für  den  duftigsten. 
Ehen  desshalb  sind  die  Blumen  und  die  Fruchtknospen  vielen  Nachstel- 
lungen ausgesetzt,  besonders  von  Vögeln  aus  der  Familie  der  Honigsauger 
und  von  einem  kleinen  grünen  Papagei  (Psittacus  prehensilisj,  der  für 
ihren  ärgsten  Feind  gilt.  Schwärme  von  vielen  Tausenden  finden  sich 
zur    Blüthezeit    (Ende    Februars)    in    den    Durian-Pflanzungen    ein. 

Mango steens  (Garcinia  Mangostana)  nicht  einheimisch.  Dieser  Baum 
ist  ein  äquatoriales  Gewächs,  welches  aus  dem  indischen  Archipel  einge- 
führt wurde  und  nordwärts  nicht  über  Mergui  hinausreicht.  Seine  Frucht 
ist  gewiss  die  köstlichste  der  Obstländer  und  es  ist  nur  zu  bedauern, 
dass  sie  gar  nicht  zur  Ausfuhr  geeignet  ist.  So  lange  die  Zahl  der 
Bäume  beschränkt  bleibt,  ist  ihr  Anbau  sehr  gewinnbringend.  Ein  aus- 
gewachsener Baum  gibt  1000  Früchte,  das  Hundert  gering  gerechnet  zu 
3  Bupien.  —  Die  Fruchtschale  gibt  eine  sehr  kräftige  und  sehr  werth- 
volle,    bisher    ganz    unbeachtet    gebliebene    Gärberlohe. 

Der  Jack-Baum  (Artocarpus  inteyrifolia),  eines  der  nützlichsten  Er- 
zengnisse der  östlichen  Provinzen.  Bereits  in  meinem  ersten  Berichte  erwähnte 
ich,  dass  dieser  Baum  in  der  Provinz  Amherst  reichlich  gedeiht;  seine 
höchste  Vollkommenheit  erreicht  er  indess  erst  in  den  südlichen  Gegenden. 
Es  ist  dieser  Baum  gewiss  einer  der  werthvollsten,  wenn  auch  seine 
Dienste  nicht  hinreichend  geschätzt  werden;  keiner  seiner  Theile  ist 
nutzlos.  Die  Frucht  ist  eine  gewöhnliche  Speise  der  Einwohner,  das  Holz 
gibt  eine  Menge  gelben  Farbstoffes  (der  allgemein  durch  Auskochen  der 
Sägspänne  gewonnen  wird),  ausserdem  ist  es  vortrefflich  zu  Hausgeräthen 
und  wird  mitunter  dem  Mahagony  gleichgestellt;  die  Blätter  geben  ein 
gesundes  Futter  für  das  Vieh  und  für  eine  Art  einheimischer  Seiden- 
raupen; die  Binde  schwitzt  eine  Art  Caoutchouc  aus  und  (was  das  Wich- 
tigste scheint,  bisher  aber  in  den  Provinzen  ganz  vernachlässigt,  ja  un- 
bekannt   war)    die    Fruchtkerne   geben    eine    grosse    Menge    üel. 

Gewürze.  Die  Provinz  Hergui  zum  Anbau  von  Gewürzpflanzen  geeignet. 
Gewürzpflanzen  werden  in  Maulmain  vielleicht  nie  gedeihen,  ganz  anders 
verhält  es  sich  aber  mit  Mergui.  Die  Verschiedenheit  der  beiderseitigen 
Klimate  tritt  nirgends  so  scharf  hervor,  als  in  Bezug  auf  Gewürzpflanzen. 
Diese  gedeihen  erwiesenermassen  in  Mergui;  die  Muskatbäume,  die  gegen- 
wärtig auf  der  Insel  Madramecan  vorkommen,  sind  eben  so  in  Flor,  wie 
die    zu    Pulo    Penang. 

Grosse  Anlockungen  für  den  Anbau  von  Gewürzpflanzen.  Die  neuer- 
lichen Versuche  zu  Penang  haben  erwiesen,  dass  der  Anbau  von  Gewürz- 
pflanzen für  die  östlichen  Tropenländer  der  einträglichste  Kulturzweig  ist. 
Der  von  den  Holländern  in  ihren  Besitzungen  so  streng  gehandhabte 
Alleinhandel  hat  theilweise  aufgehört;  West-Indien,  Brasilien,  die  West- 
küste von  Afrika  und  Isle  de  France  haben  ihren  Antheil  an  diesen 
kostbaren  Erzeugnissen  an  sich  genommen  und  neuerlichst  sind  sie  zu 
Penang  und  in  der  Provinz  Wellington  mit  augenscheinlichem  Erfolg  an- 
gebaut worden.  —  Die  Begierung  hat  freigebig  den  ersten  Anstoss  zur 
Einführung  der  Gewürzpflanzen  auf  diesem  neuerworbenen  Gebiet  ertheilt 
und  wenn  die  Sache  auch  voreilig  aufgegeben  worden,  so  hat  doch  diess 
Beispiel  und  dieser  Antrieb  in  den  letzten  Jahren  mehreren  Pflanzern 
zum  ausgezeichnetsten  Erfolge  —  trotz  der  herabsetzenden  und  entmu- 
thigenden    allgemeinen    Meinung  —  verholfen.    Man   kann    wohl    sagen,    dass 


gedrückte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-i'rovinzen  etc.  251 

eine  Regierungs-Baumschule  zu  Penang  —  so  wenig  Gewicht  man  damals 
auf  eine  solche  legte  —  der  erste  Schritt  zur  Anlegung  einer  Landbau- 
Kolonie  auf  den  Inseln  war,  ohne  welche  diese  Besitzung  zu  Grunde 
gehen  musste,  indem  der  ursprüngliche  Beweggrund  ihrer  Besetzung:  die 
Errichtung  eines  Stapelplatzes  für  die  Meerenge  von  Malacca,  durch  die 
überwiegende  Nebenbuhlerschaft  von  Singapore  vereitelt  worden.  —  Mergui 
liegt  nahezu  in  gleicher  geographischer  Länge  mit  Penang  und  nur  um 
7  Grade  nördlicher;  sein  Klima  nähert  sich  viel  mehr  dem  äquatorialen  und 
als  das  der  Landstriche,  welche  dem  Wendekreise  des  Krebses  näher  liegen. 
Die  Heftigkeit  des  Monsoon  ist  dort  bereits  gebrochen;  er  dauert 
kürzere  Zeit  und  Regen  fällt  fast  in  jedem  Monate  des  Jahres.  —  Die 
wenigen  bisher  vorhandenen  Gewürzbäume  (etwa  454))  haben  noch  keinen 
wirklichen  Gewinn  gewährt;  die  Burmesen  selbst  wissen  gar  nichts  von 
dem  Gewinn,  den  sie  daraus  ziehen  könnten  und  nicht  von  ihnen,  sondern 
allein    von    der  Regierung   sind   die   ersten  Versuche  dieser  Art  zu  erwarten. 

B.    Wildwachsende   Produkte   des   Pflanzenreiches. 

Diesen  Gegenstand  muss  ich  kürzer  behandeln,  als  ich  es  selbst  wünsche, 
denn,  so  viel  Materialien  ich  auch  zu  sammeln  Gelegenheit  hatte,  fehlte  es 
mir  bisher  an  Zeit  und  Müsse,  es  gehörig  zu  prüfen.  Ich  unterlasse  demnach 
die  Aufzählung  einer  Menge  veränderlicher  burmesischer  Namen  zahlreicher 
Pflanzen,  bis  es  mir  einst  möglich  sein  wird,  ihre  botanischen  Benennungen 
festzustellen  und  die  erfahrungsmässige  Wirklichkeit,  der  ihnen  von  den  bloss 
empirisch    vorgehenden  Eingebornen  zugeschriebenen  Kräfte  zu  erproben. 

1.  Arzneipflanzen.  Die  Eingebornen  wissen  wenig  von  Arzneikunde  und 
diess  Wenige  beruht  mehr  auf  Aberglauben  als  auf  Erfahrung.  Bei  der 
arzneilichen  Anwendung  von  Kräutern  gehen  sie  ohne  System  vor;  jeder 
Praktiker  hat  seine  eigenen  Geheimmittel;  jedes  alte  Weib  macht  sieh 
selbst  zum  Doctor  und  Jedermann  handelt  nach  eigener  Ansicht.  Viele 
Pflanzen  werden  —  nach  ihrer  Meinung  —  nur  durch  den  Beistand  oder 
mit  Erlaubniss  der  Geister  (Ndts)  des  Waldes,  indem  sie  wachsen,  heil- 
kräftig   und    überhaupt    halten    sie  Talismans    für    die  wirksamsten  Heilmittel. 

Pharmacologia  Burmanica.  Von  Leuten,  die  nach  solchen  Gründen 
handeln,  lässt  sich  keine  Belehrung  über  die  Kräfte  und  arzneilichen 
Eigenschaften  der  Pflanzen  ihres  Landes  erwarten.  Ihre  Materia  medica 
aus  dem  Pflanzenreiche  lässt  sich  ungefähr  unter  folgendes  Schema  bringen: 
1)  Pflanzen,  welche  jederzeit  Arzneikräfte  besitzen;  2)  Solche,  welche 
sie  nur  bedingungsweise  besitzen;  3)  Arzneilich  unwirksame  Pflanzen.  — 
Die  erste  Abtheilung  lässt  sich  wieder  folgendermassen  zergliedern: 
a)  Pflanzen,  die  in  geringen  Gaben  das  menschliche  Leben  zerstören 
(Giftpflanzen);  b)  Pflanzen,  welche  auf  den  menschlichen  Organismus 
heftig  einwirken;  c)  Gelind  wirkende  Pflanzen.  Unter  „bedingungsweise 
wirksamen"  Pflanzen  verstehe  ich  jene,  welche  —  nach  der  Meinung  der 
Burmesen  —  nur  durch  die  Macht  geistiger  Wesen  heilkräftig  werden. 
Begreiflicherweise  sind  diese  Pflanzen  an  und  für  sich  von  gar  keiner  oder 
nur  sehr  geringer  Wirkung.  Der  unentwickelte  Mensch  fühlt  sich  mehr 
von  dem  Uebernatürlichen  als  von  dem  ihm  Naheliegenden  angezogen  und 
desshalb    greift    man    in  Krankheitsfällen    zuerst   nach  solchen  Zaubermitteln. 

Burmesische  Aerzte.  Wenn  Einbildungskraft,  Glaube  und  Zufall  nicht 
helfen,  werden  gelind  wirkende  Pflanzen  angewendet;  meist  aber  ist  die 
Krankheit    dann    bereits    schon    so    vorgeschritten,    dass    sie    wenig    helfen, 


252  Dr.  Johann   Wilh.  Ilelfer's 

wenn  sie  die  Erfahrung  auch  als  wirklich  heilsam  gezeigt  hat.  Wenn 
nun  der  Kranke  am  Rand  des  Grabes  steht,  greift  der  burmesische  Arzt 
zu  heftig  wirkenden  Mitteln.  Brechmittel,  starke  Drastica,  Emenagoga, 
betäubende  Stoffe,  welche  in  diesen  an  Giftpflanzen  so  reichen  Lande  in 
Menge  vorkommen  und  in  der  medicinischen  Praxis  der  Burmesen  nur  zu 
oft  verderblich  werden.  Ich  weiss  einen  Fall,  in  welchem  ein  Burmese, 
der  für  einen  sehr  geschickten  Arzt  galt,  vor  meinen  Augen  eine  Emulsion 
von  frischer  Nux  vomica  bereitete  (welche  —  wie  ich  nachträglich  mich 
selbst  überzeugte  —  an  2  Drachmen  dieser  Substanz  enthielt)  und  sie 
einem  Manne,  der  in  Folge  des  Opiumrauchens  an  Säufer-Wahnsinn  litt, 
auf  Einmal  eingab;  nach  12  Minuten  war  der  Kranke  verschieden.  — 
Die  Burmesen  wissen  sich  von  den  Wirkungen  der  Arzeneien  keine  Re- 
chenschaft zu  geben.  So  weit  ich  sie  verstehen  konnte,  ist  ihre  medi- 
cinische  Theorie  eine  Art  Hurnoral-Pathalogie,  nach  der  jede  Krankheit 
vom  Blute  kömmt  und  jede  Arznei  auf  das  Blut  wirkt.  Nach  ihnen  ist 
das  Blut  grün,  gelb  oder  blau,  steinig,  schimmelig,  scharf,  zu  jung  oder 
zu  alt.  Ich  habe  eine  Menge  ihrer  Arzeueimittel  aus  verschiedenen  Ge- 
genden der  Provinzen  gesammelt  und  hoffe,  sie  einer  genauen  Prüfung 
unterziehen    zu    können. 

2.  Farbstoffe.  Diese  sind  zahlreich,  wenige  davon  untersucht,  noch  weni- 
gere (mit  Ausnahme  der  in  anderen   Gegenden  Ost-Indiens  bekannten)  benutzt. 

A)  Gelbe  Farbstoffe.  1.  Arten  von  Carcuma.  Ausser  Curcuma  longa 
und  Cure,  rotunda  wachsen  noch  mehrere  Arten  dieser  Gattung  wild  in 
den  Dickichten  und  zwar  auf  niedrigen  sumpfigen  Steilen  oder  an  schat- 
tigen Orten.  Die  Pflanze  wird  häufig  gebraucht,  theils  als  Heilmittel,  theils 
zum  Färben  von  Stoffen,  vorzüglich  derer,  in  welche  sich  die  Priester 
(Poonghy)    kleiden. 

2.  Neuer  Farbstoff.  Im  Innern,  und  zwar  gegen  Osten  zu,  fand  ich 
in  der  Breite  von  Tavoy,  in  den  Bambus  -  Wäldern  eine  nahe  mit  Cur- 
cuma verwandte  Pflanze.  Sie  erhebt  sich  etwa  4  Fuss  über  den  Boden, 
ist  scharlachroth,  von  brennend  bitterem  Geschmack,  ähnlich  dem  des 
Ingwers    und    färbt    den    Speichel    pomeranzengelb. 

Chemische  Intersuchung.  Bei  näherer  Untersuchung  fand  ich  darin 
einen  dem  Curcumin  ähnlichen  Farbstoff  und  ausserdem  eine  ziemliche 
Menge  in  siedendem  Wasser  unlöslichen,  in  Alkohol  und  Aether  leicht 
löslichen  ätherischen  Oeles.  Die  concentrirte  Lösung  ist  dunkelbraun, 
die  verdünnte  pomeranzengelb.  Die  Niederschläge  daraus  sind :  mit  Zinn- 
lösung roth  oder  pomeranzengelb;  mit  Bleilösung  kastanienbraun;  mit  Eisen- 
salzen braune  Färbung.  Der  filtrirte  Absud  der  Pflanze  mit  Alaun  gab 
mit  gepulverter  Kreide  theils  eine  Verbindung  des  Farbstoffes  mit  Thon- 
erde,  theils  ein  Gemeng  desselben  mit  unzersetztem  Alaun.  Die  Pflanze 
(deren  botanischen  Namen,  nebst  näheren  Einzelnheiten  ich  bald  angeben 
zu  können  hoffe),  kömmt  während  der  trockenen  Jahreszeit  in  Menge 
vor  und  ihr,  die  Curcuma  anscheinend  übertreffender  Farbstoff  könnte 
ein    Gegenstand    der    Ausfuhr    werden. 

3.  Jack-Holz.  Gelber  Farbstoff  aus  dem  Jack-Holze-  Die  Säge-Späne  des 
Jack -Baumes  (Artocarpus  integrifolia)  geben  mit  Alaun  abgesotten  ei- 
nen gelben  Farbstoff,  der  entweder  für  sich  allein  zum  Färben  der  Stoffe 
in  die  sich  die  Poonghies  kleiden  und  der  Wollstoffe  (pudsos),  oder  mit 
wildem  Indig  versetzt,  zum  Griinfärben  verwendet  wird,  aber  eine  weder 
schöne    noch    haltbare    Farbe    gibt. 


gedruckte  und  ungedrucktc  Schriften  über  die  Tenasseriin-Provinzen  etc.  253 

4.  Anotto,  (Bixa  Orellana).  —  Der  Anotto-Baum  in  den  Provinzen  weit 
verbreitet.  Obwohl  der  Anotto  aus  Amerika  stammt  und  meines  Wissens 
von  den  Einwohnern  nicht  viel  benutzt  wird,  ist  er  doch  über  die  Pro- 
vinzen weithin  verbreitet.  Er  gedeiht  trefflich  in  jedem  Boden,  und  ist 
beinahe  ganz  werthlos.  Da  der  Baum  beständig  reife  Früchte  trägt,  könnte 
man  zu  Mergui  das  ganze  Jahr  hindurch  diesen  Farbstoff  zu  sehr  gerin- 
gem Preise  erhalten.  Der  Anotto,  welcher  in  West-Indien,  vorzüglich  auf  den 
französischen  Besitzungen,  ein  bedeutender  Ausfuhr -Artickel  ist,  verdient 
einige    Beachtung. 

Ausser  den  drei  eben  genannten  kenne  ich  noch  7  andere  Gewächse, 
welche  gelbe  Farbstoffe  liefern,  habe  sie  aber  noch  nicht  gehörig  un- 
tersucht. — 

B.)  Bothe  Farbstoffe.  1.  Sapan-flolz.  Verkehr  mit  demselben.  Dieses  Holz 
ist  eines  der  bedeutendsten  Erzeugnisse  der  Mergui -Provinzen  und  für 
diese  (allerdings  in  kleinerem  Maasstab)  eben  so  wichtig,  als  es  das  Teak- 
Holz  für  Maulmain  ist.  Das  Sapan-Holz  kommt  nur  in  einem  sehr  kleinen 
Theile  der  Tenasserim -Provinzen  vor.  Der  westlichen  Seite  der  Halbinsel 
scheint  es  fremd  zu  sein,  an  der  östlichen  oder  siamesischen  ist  es  sehr 
häufig  und  innerhalb  des  britischen  Gebietes  findet  es  sich  an  der  äus- 
sersten  Ost-Gränze  am  Tennasserim  hinauf,  an  einer  Stelle,  die  sich  wäh- 
rend des  Monsoon,  bei  hohem  Wasser,  in  Booten  innerhalb  22 —  30  Tage 
erreichen  lässt.  Der  beschränkte  Baum  seines  Vorkommens,  die  Beihe  von 
Jahren,  während  derer  es  alljährlich  gefällt  worden  und  der  gänzliche 
Mangel  an  jeder  Beaufsichtigung  dabei,  lassen  seine  baldige  Ausrodung 
auf  britischem    Gebiete   nur    allzuernstlich    befürchten. 

Diese  werthvolle  Holzart,  obwohl  in  wildem  Zustande  auf  einen  en- 
gen Raum  beschränkt,  gedeiht  in  den  verschiedenen  Oertlichkeiten,  in  die 
sie  verpflanzt  wurde.  Sogar  die  sorglosen  Burmesen  haben  sie  —  sei  es 
wegen  des  hohen  Gewinnes,  sei  es  aus  blosser  Neugierde,  bei  Tenas- 
serim und  auf  der  Insel  Mergui  angepflanzt;  die  Bäume,  die  ich  an  bei- 
den Orten  sah ,  waren  vollkommen  gesund  und  im  schnellen  Wachsthum 
begriffen.  —  Eine  Pflanzung  auf  Mergui  zur  Ersparung  der  Verfrachtung 
könnte  mit  der  Zeit  noch  mehr  Gewinn  bringen,  als  selbst  die  Gewürz- 
gärten zu  Penang,  da  im  vorigen  Jahr  der  Zentner  Sapan-Holz  zu  Mergui 
mit  6  Bupien  bezahlt  wurde.  Die  Eingebornen  fahren  vor  dem  Eintritt 
des  Monsoon  in  Booten  nach  den  Sapanwäldern;  das  Misslingen  des  vorigen 
Jahres    hat   im    gegenwärtigen    die    Zahl    der   Holzschläger   vermindert. 

Sie  fällen  das  gehörig  ausgewachsene  Holz  (natürlich  ohne  allen  Un- 
terschied) an  den  bestgelegenen  Stellen  und  seitdem  es  seltener  gewor- 
den ist,  graben  sie  auch  die  Wurzeln  aus  und  zerstören  auch  so  den 
Baum  selbst,  ein  Verfahren,  welches  streng  zu  untersagen  wäre.  Im  Monath 
August  beginnen  sie  das  Herabfördern  in  Flössen  wobei  Antheile  von 
Farbstoffen  verloren  gehen,  noch  mehr  davon  geht  zu  Mergui  selbst  ver- 
loren, wo  sie  sorgloser  Weise  wochenlang  im  Flusse  liegen.  Der  Handel 
liegt  ganz  in  den  Händen  der  Chinesen,  deren  einige  zu  Mergui  damit 
reich  geworden  sind ,  die  Verfrachtung  nach  Calcutta  geschieht  auf  chi- 
nesischen Junken. 

Ausser  Caesalpinia  Sappa?i  gibt  es  noch  2  Arten  derselben  Gattung, 
deren  Holz  Farbestoffe  enthält;  ihre  Eigenschaften  sind  indess  nicht  genau 
bekannt.    Einer    davon    ist    der    sogenannte    Bhinoceros-Strauch,    ein    an   den 


254  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfer's 

Flussufern  in  dem  südlichen  Gebiet  des  Tenasserim  gemeiner,  stachlicher 
Strauch.   — 

Inifang  des  Verkehres  in  der  Provinz  Mergui.  (Nach  M.  Corbin's  An- 
gaben.) Die  Fällungszeit  des  Sapan-Holzes  beginnt  gleich  nach  dem  Ein- 
tritt des  regnerischen  Monsoons,  sobald  das  Wasser  in  den  Nullahs  hoch 
genug  steht,  um  in  Booten  zu  den  Wäldern  gelangen  zu  können.  Die 
Arbeiter  nehmen  Mundvorrath  und  anderen  Bedarf  für  mehr  als  zwei  Mo- 
nate mit,  viele  nehmen,  wenn  sie  mit  ihrem  Holze  zurückgekehrt  sind, 
noch    eine    zweite    Beise    vor. 

Statistische  Angaben  über  den  Verkehr  mit  Sapan-Holz.  Im  Jahre  1837 
machten  36  Boote,  Mergui  im  Juni  verlassend  und  im  August  zurück- 
kehrend, die  erste  Beise  in  die  Wälder  mit,  ihre  gesammte  Bemannung 
betrug  720  Köpfe.  Diese  fällten  und  brachten  nach  Mergui  363. SSO  Viss, 
welches  an  Chinesen  und  andere  dortige  Kaufleute  für  den  vertragsmäs- 
sigen    Preis    von    6.«    Bupien    für    100    Viss    abgeliefert    wurde. 

Die  2.  Beisegesellschaft  verliess  Mergui  in  den  letzten  Tagen  des 
August  und  den  ersten  Tagen  Septembers  und  kam  im  November  zurück, 
sie  zählte  12  Boote,  mit  240  Mann  und  brachte  99.200  Viss  im  ver- 
tragsmässigen    Preise    von    6.12  Bupien    für    100    Viss,  zurück. 

Hiernach  ergibt  sich  für  1837. 

1.  Beise.  36  Boote.  720  M.  Ausb.  363.550  Viss  Werth  v.  100  Viss:6.«  Bupien; 

Gesammtwerth:  23.176      „ 

2.  Beise.  12       „      240  „        „        99.200     „     Werth  v.  100     „      6.«,, 

Gesammtwerth :     6.696      „ 
Summa:  48      „       960  „       „      462.750     ,  „  29.872      „ 

1.  Beise.  Steuer  (zu   15  von    100)  3.476  Bupien. 

&•  r>  n  »        n        »  »  1.005  „ 

Summa  4.481        „ 

Das  Sapan-Holz  wird  von  den  Wäldern  auf  kleinen  Bambus-Flössen, 
in  durchschnittlichen  Ladungen  von  1.200  Viss  unter  der  Führung  von  2 
oft  auch  3  Arbeitern  herabgeflösst.  Gleich  nach  der  Ankunft  jenseits  des 
Bankshall,  werden  die  Flösse  abgeladen,  das  Holz  wird  unter  Aufsicht 
des  Ein-  und  Ausfuhr-Amtes  abgewogen,  und  die  Gebühr  von  15  Perct. 
mit  einem  Abschlag  von  5  Percent  wegen  der  in  dem  Holz  enthal- 
tenen Unreinigkeit  und  Feuchtigkeit  erhoben.  Die  Zahlung  geschah 
früher  in  Waare,  oder  in  Geld,  in  den  letzten  Jahren  hat  sie  die  Be- 
gierung  aber  in  klingender  Münze  empfangen.  Am  18.  Juli  1838  sind  28 
Boote  mit  594  Mann  zur  Holzfällung  abgegangen ;  der  vertragsmässige 
Preis    ist    6.6  Bupien    für    100    Viss. 

2.  Sandelholz.  Diese  Holzart  kommt  in  2  Arten,  die,  wie  ich  ver- 
muthe,  beide  vom  ceylonischen  Pterocarpus  santalinus  verschieden  sind, 
in  den  südlichen  Gegenden  der  Provinz  vor.  Sie  soll  in  grosser  Menge 
auf  den  Inseln  südlich  von  Mergui  vorkommen  und  dort  von  den  Chi- 
nesen   zum   Verkaufe    nach    China    heimlich    gefällt   worden. 

3.  Nee  Bay  Atze.  Derselbe  wildwachsend  Dieser  dauerhafte  Farbstoff  ist 
einer  der  beliebtesten  bei  den  Eingebornen.  Ich  weis  nicht,  ob  die  Pflanze 
die  Ihn  liefert,  auch  in  Ost-Indien  bekannt  ist,  es  ist  ein  15  bis  20  Fuss 
hoher  Baum  aus  der  Familie  der  Amonaceae.  In  Maulmain  wird  der  Baum 
gebaut,  weiter  nach  Süden  wächst  er  wild  und  ist  zwischen  Ye,  und 
Tavoy    ziemlich    gemein,   Mit  Muschelkalkmörtel  versetzt  gibt    das    Holz    eine 


gedruckte  und  ungedruekte  Schriften  über  die  Tenasserim-I'rovinzen  etc.  2ö5 

schöne    hellrothe    Farbe;    so    viel    mir    bekannt,    ist  es    niemals    ausgeführt 
worden.  — 

4.  Drachenblut.  Verschiedene  Arten  von  Drachenblut.  Die  Benennung 
„Drachenblut"  ist  auf  vielerlei  Substanzen  ausgedehnt  worden  und  ihre 
unrichtige  Anwendung  hat  mancherlei  lrrthümer  veranlasst.  Der  Drachen- 
baum von  Oatava  (Dracaena  Draco)  ist  vom  Sandelbaum  (Pterocarpus 
Santalinus)  nicht  minder  verschieden,  als  dieser  vom  Calamus  Rotang  der 
Meerenge  von  Malacca.  Das  Drachenblut  dieser  Provinzen  kömmt  weder 
von  dem  Drachenbaum  der  canarischen  Inseln,  noch  endlich  von  einer 
Palme,  wie  das  von  Penang  sondern  von  einem  starken  Kriechgewächse, 
welches  diese  harzige  Substanz  in  grosser  Menge  ausschwitzt.  Beim  ersten 
Einschnitt  gleicht  dieses  Harz  sehr  menschlichem  Blute,  dass  auf  dem  Bo- 
den verschüttet  ist;  später  gerinnt  es.  Versuche  haben  bewiesen,  dass  es 
dem  Drachenblute  von  Penang  in  allen  Eigenschaften  gleichkommt,  es  gibt 
in  Weingeist  oder  Terpentin -Oehl  aufgelöst,  gleich  diesem  Firnisse  zur 
Färbung   des    Marmors  und  dgl. 

5.  Tinctoria.  Eine  neue  Art  Krapp.  Dieses  ist  eine  starke  Kriechpflanze 
der  Dickichte  aus  der  Familie  der  Rubiaceae,  eine  neue  Art  Krapp,  und 
wahrscheinlich  für  die  Zukunft  sehr  werthvoll ,  indem  sie  einen  dauerhaften 
Farbstoff  gibt.  Ich  weiss  nicht,  ob  sie  bereits  bekannt  ist,  die  Eingebor- 
nen  kennen  ihren  Nutzen  nicht.  Der  Farbstoff  kömmt  von  der  Wurzel. 
Sie  scheint,  nebst  ihrer  Dauerhaftigkeit  —  gleich  dem  orientalischen  Krappe 
—  vorzüglich  zum  Färben  von  Baumwolle  geeignet.  Man  weiss  noch  nicht 
ob  sie  —  gleich  dem  eigentlichen  Krapp  —  zwei  gesonderte  Farbstoffe: 
Alizarin   und  Purpurin,  enthält. 

ö.  Orseille,  Mocella  tinctoria.  Orseille  noch  nicht  aufgefunden.  Ich  war 
noch  nicht  in  der  Lage,  den  Wünschen  der  Asiatischen  Gesellschaft  von  Ben- 
galen in  Betreff  dieses  sehr  werthvollen,  gegenwärtig  in  England  so  ge- 
suchten Farbstoffes,  entsprechen  zu  können.  Im  Lauf  dieses  Jahres  habe 
ich  ausschliesslich  das  Binnenland  durchforscht,  ohne  auch  nur  Eine  der 
Tausenden    von    Inseln    des    Mergui-Archipels  zu    besuchen. 

Die  Flechten  des  Binnenlands  (Variolaria  orcina,  Var.  dealbat  a  u. 
A.J  welche  an  den  Felsen  der  Auvergne  und  Pyrenäen  gesammelt  werden 
geben  nie  einen  guten  Farbstoff  und  selbst  diese  und  ähnliche  dürften 
in  diesen  Landstrichen,  in  welchen  alle  Felsen  mit  einer  zusammenhän- 
genden Decke  grüner  Pflanzen  überzogen  sind,  kaum  vorkommen.  Ich  er- 
warte indess  —  falls  die  Umstände  mir  einen  Besuch  des  Mergui-Ar- 
chipels gestatten,  auf  einigen  der  Inseln  die  Rocella  in  eben  solcher 
Menge,  als  auf  den  canarischen  Inseln  zu  finden.  Das  meiste  hoffe  ich 
hierin  von  jenen,  welche  zu  dem  grossen  vulkanischen  Gürtel,  nach  den 
Andamanen  zu  gehören,  diese  Inseln  sind  meist  viel  weniger  mit  Pflan- 
zen bedeckt  und  auf  ihren  basaltischem  Felsen  haben  Flechten  hinrei- 
chend   Baum    zu    ihrer    Entwicklung. 

7.  Stocklack.  Derselbe  im  Süden  vernachlässigt.  Dieses  werthvolle  Erzeug- 
niss  habe  ich  bereits  in  meinem  ersten  Bericht  erwähnt,  und  füge  nur 
bei,  dass  es  auch  im  Innern  vorkommt,  aber  ganz  unbeachtet  bleibt.  Die 
Karäer  wissen  davon,  aber  jene,  welche  in  den  südlichen  Landstrichen 
dieser  Provinzen  wohnen,  lassen  sich  nur  sehr  schwer  dazu  bereden,  es 
selbst    auf   die    Märkte    zu    bringen. 

8.  Palma  Christi  (RicinusJ  Ricinus,  die  Grundlage  eines  Farbstoffes.  Vom 
Ricinus    kannte   man   bisher   nur   das    Oehl,  nicht   aber   den   schönen  rothen 


256  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Farbstoff,  den  die  Pflanze  enthält.  Ich  verdanke  diese  Entdeckung  der 
Mittheilung  eines  Karäers  aus  den  Ingles  in  der  Nähe  von  Metarnio.  Er 
verschaffte  mir  den  Saamen  und  nahm  dazu  die  sauer  schmeckenden  fie- 
derspaltigen  Blätter  eines  kleinen  Baumes,  den  die  Burmesen  Lugheaur 
nennen,  und  zerstiess  Beides  10  Minuten  lang  in  einem  hölzernen  Trog 
bis  sich  ein  schön  duukelk;trminrother  Farbstuff  daraus  abschied.  Dieser 
soll  dauerhaft  sein,  und  die  Karäer  färben  ihre  Gewänder  damit.  Der  Baum 
ist  auf  schlechtem  dürren  Boden  gemein  und  ein  Lieblingsfutter  der  Ziegen 
und  des  Rothwildes,  die  Europäer,  die  ihn  kennen,  essen  die  jungen 
Blätter  als  Salat;  ihr  Geschmack  gleicht  ganz  dem  des  Sauerampfers  (Ru- 
mex  acetoscllaj.  Der  Ricinus  kann  selbstverständlich  überall  gezogen  wer- 
den, sollte  also  dieser  Stuff  sich  als  wirklich  werthvoll  zeigen,  so  würde 
das    Material    dazu    in    Menge    zu    haben    sein. 

Andere  Farbstoffe.  Ausserdem  kenne  ich  noch  6  —  7  andere  Baumarten 
deren  Rinde  oder  Sägespäne  einen  rothen  Farbstoff  geben,  sie  sind  aber 
noch    nicht    gehörig    untersucht    worden. 

C)  Blaue  Farbestoffe  —  Indigo  und  dessen  Surrogate.  Ebenso  wie  in 
der  Provinz  Amherst,  wird  auch  hier  der  Anbau  des  Indigos  gänzlich 
verwahrlost.  Im  Innern  brauchen  die  Karäer  dafür  Surrogate,  meist  ein 
Rankengewächs,  einem  Sinngrünn  (Vinca)  ähnlich.  Im  Thale  von  Taunbi- 
aunk  wird  der  Farbstoff  von  Indigufera  tinetoria  nach  chinesischer  oder 
siamesischer  Weise,  d.  h.  im  flüssigen  Zustande  bereitet.  Die  Burmesen  ver- 
derben ihren  Indigo,  indem  sie  ihn,  um  ihn  in  eine  halbkrystallinische 
Masse    zu    verwandeln,    übermässig    mit    Kalk    versetzen. 

3.  Schwaner  Firnlss.  Her  schwarze  Firnissbaum  in  der  Breite  von  Tavoy 
wildwachsend.  Der  Baum,  welcher  den  schwarzen  Firniss  liefert  (lzee  tzee 
der  Burmessen)  dessen  ich  in  meinem  ersten  Bericht  als  eines  wichtigen  Erzeug- 
nisses des  Pflanzenreiches  erwähnte,  ist  in  der  Breite  von  Tavoy  einheimisch. 
Die  Wälder  von  Mount  Burney  bestehen  zum  Theil  aus  diesem  Baum,  wel- 
cher zur  Blüthezeit,  im  Februar,  am  meisten  einem  Birn-  oder  Pflaumen- 
baume gleicht.  Der  Firniss  wird  vorzüglich  an  der  siamesischen  Grenze  auf 
den  hohen  Bergzügen,  wo  beide  Abarten  des  Baumes  vorkommen,  gesam- 
melt. Die  Burmesen  scheuen  diese  Beschäftigung  wegen  der  blasenziehenden 
Eigenschaft  des  Firnisses.  Wenn  man  beim  Einsammeln  unvorsichtig  vor- 
geht, entstehen  leicht  Anschwellungen  des  Körpers.  Der  Baum  lässt  sich 
leicht  versetzen  oder  aus  Samen  ziehen  und  wird  ohne  Zweifel  mit  der 
Zeit    ein    Gegenstand    des    Anbaues    werden. 

Eigenschaften  des  Firnisses.  Der  Firniss  trocknet  nicht  bei  trockenem 
Wetter,  wohl  aber  sehr  schnell  während  des  Monsoon.  Die  Burmesen 
brauchen  ihn  zu  ihren  wasserdichten  Kästchen  aus  Bambusrohr;  auch  als 
dauerhafter  Ueberzug  für  eiserne  Dampfmaschinen  und  Geschütze  wäre 
er    zu    brauchen. 

4.  Haldol  eur  Verfertigung  von  Fackeln  vergeudet.  Die  Dammer- 
Fackeln  werden  in  den  Provinzen  aus  Waldöl,  Sägespännen  und  Palm- 
blättern verfertigt  und  übertreffen  die  europäischen  Pechfackeln.  Sie  sind 
äusserst  wohlfeil  und  in  den  Dickichten  zwischen  Tavoy  und  Ye  beschäf- 
tigen sich  arme  Leute  mit  deren  Verfertigung.  Dieses  Gewerbe  gilt  für 
höchst  ungesund,  da  Schwindsucht  und  andere  Lungenleiden  daraus  ent- 
stehen;   auch    wird    es   nur   von   den    ärmsten    Leuten    betrieben. 

Chemische  Eigenschaften  des  sogenannten  Waldöles.  Es  ist  Schade, 
dass   das    sogenannte  Waldöl    (welches    eigentlich    ein  Firniss   ist)   auf  diese 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften   über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  2J>7 

Weise  vergeudet  werde.  Es  gibt  durch  Destillation  ein  vorzügliches  Pro- 
dukt; wird  dabei  durchsichtiger  als  Copal  oder  Mastix-Harz,  geschmack- 
und  geruchlos,  glänzend,  spröde,  leicht  schmelzbar;  es  brennt  mit  einem 
weihrauchähnlichen  Geruch;  sein  specifisches  Gewicht  ist  l.097  —  l.123. 
In  Aether,  Terpentin  und  substantiösen  Oelen  ist  es  vollständig  auflöslich, 
in  Alkohol  nur  theilweise  und  scheint  aus  2  verschiedenen  Substanzen 
zu  bestehen.  Kalilauge  lässt  es  ungelöst  und  gibt  damit  eine  harzige 
Seife.  Das  Waldöl-Harz  dürfte  an  Güte  dem  Copal  gleichkommen  und  als 
Handelsartikel    besonders    empfohlen    werden. 

5.  Weihrauch.  Neue  Art  Weihrauch.  Der  Thingan  (Hopea  odorata) 
ist  einer  der  vorzüglichsten  Nutzbäume  der  Provinzen  und  wird  von  den 
Burmesen  —  vorzüglich  für  Wasserbauten  —  noch  über  den  Teak-Baum 
gestellt.  Nebst  seinem  vortrefflichen  Holze  gibt  er  eine  Art  Weihrauch, 
welcher  in  kleinen  weisslichen  Stücken  aus  der  verletzten  Rinde  hervor- 
dringt. Dieses  Harz  ist  spröde,  in  vollkommen  trockenem  Zustande  mit 
einem  weissen  Pulver  überzogen,  im  Bruche  halb  durchsichtig,  frisch  von 
stechend-gewürzigem  Geschmack,  auf  brennenden  Kohlen  mit  sehr  ange- 
nehmen Gerüche  verdampfend ;  es  könnte  die  Stelle  des  echten  Weihrauchs 
(Olibanum)    vertreten. 

6.  Oele.  Aufzählung  der  Oelgewächse.  In  den  Provinzen  findet  sich 
eine  grosse  Menge  ölgebender  Gewächse,  deren  indess  nur  eine  geringe 
Zahl  genauer  untersucht  worden  ist.  Das  verbreitetste  Oel  ist  Sesam-Oel, 
welches  alle  Klassen  der  Einwohner  in  ihren  Küchen  verwenden.  Die  Pflanze 
kömmt  sehr  gut  fort,  wird  aber  nur  zum  Hausgebrauch  gezogen.  Kokosöl 
wird    hauptsächlich    von  Europäern    und    nur    in    geringer  Menge  verbraucht. 

Die  Chinesen  zu  Mergui  ziehen  ein  schönes  farbloses  Oel,  welches 
sie  zu  unbekannten  Zwecken  nach  China  ausführen,  aus  den  grossen  Nüssen, 
welche  ein  dem  Nerium  ähnlicher  Baum  in  Menge  trägt.  Dieser  Baum 
wächst  in  brackischem  Wasser,  gerade  oberhalb  des  Gebietes  der  Man- 
groves.  Diess  Oel  hat  gleiche,  nur  noch  kräftigere  arzneiliche  Wirkung 
mit  dem  des  Ricinus.  Letzterer  ist  in  den  südlichen  Provinzen  nicht 
eigentlich  eingebürgert;  nur  in  der  Nähe  menschlicher  Wohnungen  kömmt 
er  hie  und  da  vereinzelt  vor.  Die  Früchte  des  Jack  und  des  Durian 
geben    reichlich    Oel. 

Cayeput-Baum  in  Tenasserim  aufgefunden.  Die  ersten  Cayeput-Bäume 
(Melaleuca  Leucadendrum)  finden  sich  auf  der  Insel  Mergui.  Ihr  Vor- 
kommen in  dieser  Breite  (da  man  diesen  Bauin  streng  auf  die  Inseln 
des  indischen  Archipels  beschränkt  glaubte),  ist  ein  deutlicher  Beweis 
der  nahen  Verwandtschaft  der  Naturerzeugnisse  von  Mergui  mit  denen 
der  äquatorialen  Ostländer.  Er  gedeiht  dort  sehr  gut;  das  grösste  Exemplar, 
welches    mir   vorkam,    hatte    einen    Durchmesser    von    12    Zollen. 

C.    Holzarten. 

.  A)    Bambus.    Bambusrohr    zählt    zu    den    Beichthümern     der    Provinzen. 

Dieses  Rohr  bedeckt  viele  Tausend  Acres  Landes  in  den  Provinzen.  Es 
wächst  nur  wild,  indem  die  Burmesen  auch  in  diesem  Falle  die  ihnen 
nöthigen  Naturerzeugnisse,  womit  sie  ohne  ihr  Zuthun  so  reichlich  über- 
schüttet werden,  nicht  erst  mühsam  anbauen;  höchstens  nehmen  sie  sich 
die  Mühe,  mit  der  stachligen  Abart  dieses  Bohres  einige  Abtheilungen 
ihrer  Gärten  einzuzäumen.  Da  alle  Blockhäuser  {„stokades")  innerhalb  der 
Provinzen    aufgelassen    werden,    hat    auch    die  Benutzung    des    Bambus    zu 


258  Dr.  Johann  Wilhelm  Ilellei's 

Befestigungen  —  wie  sie  in  mehreren  Theilen  Hindostans  so  gewöhnlich 
sind,    hier    gänzlich    aufgehört. 

Anzahl  der  Abarten.  Die  Burmesen  zählen  viele  Abarten  des  Bambus 
und  sind  mit  den  Eigenthümlichkeiten  einer  jeden;  der  Starke  des  Holzes, 
seiner  Biegsamkeit  und  Dauerhaftigkeit  u.  s.  w.  genau  bekannt;  was  nicht 
zu  verwundern,  da  alle  ihre  Geräthe  und  Werkzeuge,  ja  selbst  ihre 
Häuser  daraus  verfertigt  sind.  Ganz  gewiss  ist  es,  dass  das  Bambusrohr  in 
diesen  Provinzen  mehrere  (ich  vermuthe  8)  botanisch  verschiedene  Arten 
in  sich  begreift,  deren  strenge  Bestimmung  indess  schwer  fällt,  da  der 
Bambus  nur  einmal  in  15  bis  20  Jahren  zur  ßlüthe  kömmt  und  dann 
eingeht.  Ganze  Wälder  davon  sterben  schon  im  zweiten  Jahr  mit  einem- 
mahl    ah    und    machen    einem    neuen    Anfluge    Platz. 

Beste  Oertlichkeiten.  Der  beste  Bambus  (mitunter  8  Zoll  im  Durch- 
messer) kömmt  im  Innern  vor,  auf  den  Gehängen  (meistens  den  östlichen) 
der  Höhenzüge,  namentlich  in  der  Breite  zwischen  Ye  und  Tavoy.  Die  Sorte 
in  den  Mergui-Provinzen  ist  im  Vergleich  minder  gut,  doch  grösstenteils  dem 
Bambus    der    gegenüberliegenden    ost-indischen    Halbinsel    noch    vorzuziehen. 

Ausfuhr  nicht  zu  erwarten.  Für  jetzt  lässt  sich  nicht  erwarten,  dass 
der  Bambus  ein  Gegenstand  der  Ausfuhr  werde;  es  sei  denn,  dass  die 
Schifte,  welche  um  Kohlen  zu  laden  kommen,  keinen  underen  wertvol- 
leren Artikel  vorfänden  und  desshalb  ihren  noch  übrigen  leeren  Baum 
mit  dem  Bambus  der  Flösse,  auf  welchen  die  Kohle  stromabwärts  gelangte, 
ausfüllen    wollten. 

B)  Teak-Wälder.  Ansdehuons  des  Teak-tiebietes.  Die  Teak-Wälder  der 
Tenasserim-Provinzen  gehen  nicht  unter  den  16.  Breitengrad  herab,  mit 
anderen  Worten:  sie  kommen  nur  im  Gebiete  des  Attaran  und  seiner 
Nebenflüsse  vor.  Jenseits  der  Bergreihe,  welche  dieses  Gebiet  von  jenem 
des  Ye  scheidet,  ist  kein  einziger  Teak-ßaum  mehr  zu  finden ;  noch  we- 
niger in  den  Provinzen  Tavoy  und  Mergui.  In  der  Provinz  Amherst  selbst, 
der  einzigen,  welche  Teak-Holz  hervorbringt,  lassen  sich  wieder  3  geson- 
derte Bezirke  in  dieser  Hinsicht  unterscheiden:  1)  der  am  Flusse  Thung- 
gun;    2)    der    am    Flusse    Salween;    3)    der    am    Attaran. 

Teak->Välder  am  Attaran.  Die  Wälder  der  2  ersten  Bezirke  habe 
ich  bereits  in  meinem  ersten  Bericht  abgehandelt;  nunmehr  bleiben  nur 
die  des  3.  zu  besprechen.  Diese  sind  die  ausgedehntesten  im  ganzen 
britischen  Gebiet  und  das  Holz  daraus  gilt  für  vorzüglicher  als  das  aus 
den  2  ersten  Bezirken.  Alle  drei  Bezirke  werden  auf  gleiche  Weise 
vertheilt.  Die  Begieruug  verpachtet  die  Wälder  an  einzelne  Private  und 
erhebt    1    Bupie    von   jedem    nach    Maulmain    gebrachten    Stamme. 

Mangelhafte  Anordnungen.  Diese  unbeschränkte  Freiheit  für  Jeder- 
mann, sich  was  immer  für  einen  noch  unbesetzten  Wald  unter  so  gün- 
stigen Bedingungen  anzueignen,  trug  nicht  wenig  zum  Gedeihen  der  Stadt 
Maulmain  bei;  andererseits  lässt  sich  nicht  läugnen,  dass  ein  solches 
Verfahren  in  kurzer  Zeit  zur  Ausrodung  aller  benutzbaren  Teak-Wälder 
führen  muss,  wo  dann  wieder  Maulmain  dieser  werthvollen  Hilfsquelle 
beraubt  und  Calcutta  von  Neuem  mit  seinem  Bedarfe  an  Teak-Holz  von 
fremder  Einfuhr  abhängig  würde.  Von  Einzelnen,  deren  ganzes  Trachten 
dahin  geht,  in  möglich  kürzester  Zeit  ein  unabhängiges  Vermögen  zu 
erwerben,  lässt  sich  keine  Schonung  der  Wälder  erwarten  und  Erfahrung 
hat  gelehrt,  dass  die  Zahl  der  zerstörten  Bäume,  die  der  wirklich  be- 
nutzten   weit    übersteigt. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  259 

Notwendigkeit  eines  neuen  Systems.  Eine  specielle  Aufnahme  der 
Teak-Wälder,  deutlich  gezogene  Grenzlinien,  ein  besseres  Regulativ  und 
die  Anstellung  eines  geachteten  europäischen  Beamten  zu  dessen  tatsäch- 
licher Aufrechthaltung,  endlich  neue  Bepflanzung  aller  Stellen,  auf  welchen 
vormals  (jetzt  fast  gänzlich  ausgerodet)  Teak-Holz  stand,  sind  unum- 
gängliche Massregeln  zur  Sicherung  des  Bedarfes  für  künftige  Zeiten. 
Herr  Blundell,  Kommissär  der  Provinzen,  hat  über  die  Annahme  solcher 
oder  ähnlicher  Maassregeln  einen  speciellen  Antrag  an  die  Regierungs- 
Behörde    gestellt,    daher  ich  mich  jedes  Eingehens  in  Einzelnheiten   enthalte. 

C)  Nutzholz  überhaupt.  Die  Tenasserim-Provinzen  ein  einziger  ununter- 
brochener Wald.  Vom  Meeresrand  bis  zu  den  6000  Fuss  über  den  Meeres- 
spiegel emporragenden  Spitzen  der  höchsten  Bergreihe  sind  die  Tenas- 
serim-Provinzen ein  ungeheurer,  fast  ununterbrochener  Wald;  jede  unbebaute 
Bodenfläche  ist  ohne  Unterschied,  ohne  Ausnahme  mit  Nussholz  bewachsen. 
Nirgends  ist  etwas  den  Savannen  Amerika's,  den  Weidegründen  Neu- 
Hollands  ähnliches,  nirgends  auch  sind  morastige  Ebenen,  Sandflächen 
oder  kahler  Steinboden;  nur  einige  wenige  kleine  Bruchstücke  hat  die 
Hand  des  Menschen,  mit  Hilfe  des  Feuers  zu  seinen  eigenen  Zwecken 
dem    Urwald    entrissen. 

Berechnung  der  Zahl  der  Bäume.  Die  ganze  Oberfläche  beträgt  30,000 
(engl.)  Quadrat-Meilen:  abgerechnet  */i5  auf  bebaute's  Land,  Vis  auf  Flüsse 
und  3/,5  auf  ausgebrannte  Flächen  mit  örtlich  beschränkter  Pflanzendecke, 
bleiben  noch  22,000  (engl.)  Quadrat-Meilen  Wald.  Angenommen,  die  Bäume 
(jeder  mindestens  7  Zoll  im  Durchmesser)  stünden  in  einem  Walde  durch- 
schnittlich 30  Fuss  von  einander,  so  komineu  auf  jeden  Baum  900  Quadrat- 
Fuss  oder  100  Quadrat- Yards.  4840  Yards  =  1  Acre.  600  Acres  =  1  Quadrat- 
Meile  =  2,904,000  Quadr.- Yards  gibt  für  jede  Quadrat-Meile  29,040  Bäume 
und  —  mit  22,000  multiplicirt  —  für  die  gesammten  Provinzen  638,880,000 
Stämme    Nutzholz. 

Geldwerth  —  grosses  unbenutztes  Kapital.  Jeder  Baum  ist  im  Durch- 
schnitt an  Ort  und  Stelle  2  Annas  werth;  diess  gibt  ein  für  jetzt  un- 
benutztes Kapital  von  79,860,000  Rupien  an  Nutzholz  allein,  welches  nur 
durch    thätiges    Eingreifen    nutzbar    gemacht    werden    kann. 

Wenn  auch  die  Hälfte  dieser  Wälder  vermöge  ihrer  Lage  erst 
nach  Jahrhunderten  zu  irgend  einer  Benutzung  gelangen  werden,  so  ist 
doch  die  andere  Hälfte  so  gelegen,  dass  sie  schon  jetzt  mit  Vortheil  aus- 
gebeutet werden  kann.  Das  ganze  Land  ist  im  Durchschnitt  nicht  über 
50  (engl.)  Meilen  breit,  seine  überall  zugängliche  Meeresküste  streckt 
sich  über  6  Grade,  oder  414  (engl.)  Meilen  aus,  in  allen  Richtungen 
durchschneiden  es  zahlreiche  Flüsse;  die  Wirkung  der  Fluth  ist  an  man- 
chen Stellen  bis  120  (engl.)  Meilen  landeinwärts  merkbar,  das  Nutzholz 
auf  den  Inseln  ist  hart  am  Meeresgestade,  und  bei  allen  diesen  Vortheilen 
wird  das  Nutzholz  bis  auf  den  heutigen  Tag  gänzlich  vernachlässigt.  Ich 
habe  nunmehr  ein  Yerzeichniss  von  377  verschiedenen  Baumarten  gesam- 
melt, deren  jede  einen  Durchmesser  von  mindestens  7  Z.  erreicht,  und 
deren   einige    zu   jedem    erdenklichen    Zwecke    brauchbar    sind. 

Eintheilung  der  gesammten  Nutzbäume.  Die  Nutzbäume  überhaupt  kön- 
nen   unter    folgende   Abtheilungen    gebracht    werden: 

1)  Kostbare  Bäume,  d.  h.  solche,  deren  Holz  nach  dem  Gewichte  verkauft 
wird,  wie  Sandelholz,  Campherholz,  feinkörniges  Ebenholz,  Eisenholz,  (wel- 
ches die  Chinesen  als  Nägel   gebrauchen),  Sapan-Holz  und  andere  Farbhölzer, 


260  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

2)  Hölzer  für  Gegenstände  der  Zierde,  z.  B.  Chessman-Holz,  das  sich  vor- 
züglich   gut    drechseln  lässt,  einheimisches  Mahagony  für  Zimmergeräth  u.  A. 

3)  Hölzer  zum  Schiffbau,  hierher  gehören,  —  nebst  dem  Teack-Baum, 
der  Anam-,  Anjin-,  Kananthi-  Pynmah-  und  noch  20  andere  Bäume;  deren 
einige  von  den  Eingebomen  dem  Teak  vorgezogen  werden,  wenigstens 
für  die  Theile  der  Schiffe  unter  der  Wasserlinie.  Dies  ist  der  Fall 
beim  Holze  des  Thingan  (Hopea  odorata).  4)  Hölzer  für  den  Bau  mili- 
tärischer Magazine  und  Geräthe,  deren  es  eine  grosse  Auswahl  gibt.  Die 
schweren  Holzarten,  welche  nicht  im  Wasser  schwimmen,  sind  im  Ver- 
hältnisse zu  den  leichteren,  sehr  zahlreich.  5)  Hölzer  zum  Schiffsgebälke, 
6)  Hölzer  die  sich  besonders  zu  Schiffsplanken  eignen,  7)  solche,  welche 
gute    Kohle    geben,  8)    Brennhölzer. 

Besonderer  Wachs  und  Stärke  der  Waldbäame.  Die  meisten  Baumarten 
steigen  gerad  in  die  Höhe,  und  breiten  ihre  Aeste  über  die  niedrigen 
Gewächse  des  Waldes  aus.  Bei  Vielen  steigt  der  gerade  Stamm  zu  40 
bis  100  Fuss  Höhe,  ehe  er  auch  nur  einen  einzigen  Ast  aussendet; 
meistens  ist  die  Krone  klein  im  Verhältnisse  zur  Grösse  des  Baumes.  Auch 
das  Verhältniss  des  Umfangs  zur  Höhe  ist  ein  anderes  als  das,  welches 
man  an  den  Waldbäumen  Europas  zu  sehen  gewöhnt  ist,  die  Höhe  ist 
verhältnissmässig  viel  beträchtlicher  als  der  Umfang,  was  als  ein  Vorzug 
gelten  kann,  da  in  den  meisten  Fällen  die  Länge  des  Baums  mehr  werth 
hat,  als    seine   Dicke. 

Eine  andere  Eigenthümlichkeit  ist  die  grosse  Festigkeit  und  Elasti- 
zität der  meisten  dieser  Holzarten  und  auch  diese  steht  in  Verbindung 
mit  der  Höhe  der  Bäume.  Ohne  diese  Eigenschaften  vermöchten  die  Bäu- 
me nicht  der  Gewalt  der  Stürme  zu  widerstehen  und  würden  in  Menge 
zertrümmert  werden.  Diess  kommt  indess,  im  Verhältniss  zu  den  Windbrü- 
chen in  den  europäischen  Wäldern  —  vorzüglich  in  Tannen-  und  Fichten- 
wäldern  —   hier  nur  selten    vor. 

Eine  Sammlung  von  185  Mustern  von  Nutzbäumen,  die  ich  allein  in- 
nerhalb der  Provinz  Mergui  zusammengebracht  habe,  soll  nächstens  in  Cal- 
cutta    anlangen. 

\  III     Erzeugnisse  des  Thierreichs. 

I.  Elephant.  Diese  Thiere  sind  hier  zahlreicher,  als  in  irgend  einer  Ge- 
gend Ost-Indiens,  Ceylon  selbst  nicht  ausgenommen.  Sie  sind  ungestörte  Be- 
sitzer der  unbewohnten  Wildnisse,  in  den  östlichen  Landstrichen  und  haben 
für  ihre  Wanderlust  von  den  chinesischen  Meeren  an,  durch  Chochinchina, 
Tonquin  und  Siam,  bis  in  die  Tenasserim  -  Provinzen  ,  freien  Spielraum.  Die 
Abwesenheit  von  Bevölkerung  und  der  Ueberfluss  an  ihnen  angenehmen  Ge- 
wächsen zieht   diese    zahlreichen  Schaaren  an,   und  hält  sie    fest. 

Gewohnheiten  der  asiatischen  Elephanten.  Der  asiatische  Elephant  scheut 
die  Nähe  der  Menschen  mehr  als  irgend  ein  anderes  Thier.  Man  weiss 
hier  nichts  von  den  Verwüstungen  an  bebautem  Lande,  welche  die  Ele- 
phanten in  Afrika  anrichten.  Der  afrikanische  Elephant  muss  von  dem  asia- 
tischen ganz  verschieden  sein,  doch  auch  für  letzteren  sind  Zuckerrohr 
und  Bananenbäume  wahre  Leckerbissen.  In  diesen  Provinzen  weiss  man, 
dass  sich  die  Elephanten  augenblicklich  zurückziehen,  so  wie  sich  ein 
Dorf,  ja  selbst  nur  die  gebrechliche  Hütte  des  Karäers  —  im  Wald  er- 
hebt. In  den  Ebenen  der  Prozinz  Amherst  sind  Elephanten  seltener,  zahl- 
reicher   werden    sie    gegen    die    Ostgränze    und    in    der   Nähe    der   hohen 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die   Tenasserim-Provinzen  etc.  261 

Gebirgszüge.  Während  des  Monsoon  kommen  sie  häufig  südlich  von  Maul- 
main, am  oberen  Attaran  vor.  Heerden  von  30  bis  40  Stück  kommen  durch 
durch  die  Pässe  bei  den  „drei  Pagoden.«  Oestlich  von  Ye,  vorzüglich  ge- 
gen den  Zhaytown,  sind  sie  zahlreich.  In  der  vergleichungsweise  dichtbe- 
völkerten Umgegend  von  Tavoy  sieht  man  deren  fast  nie,  die  von  Palou, 
besuchen  sie  zeitweise  während  des  Monsoon.  Sie  sind  selten  am  obern 
Tenasserim  und  werden  bei  Mergui  kaum  je  gesehen;  sehr  zahlreich  sind  sie 
dagegen  südlich  von  Mergui  und  östlich  von  Tenasserim.  Als  ich  den  un- 
bekannten Landstrich  an  den  Ufern  des  kleinen  Tenasserim,  wo  neuer- 
lich das  Kohlengebiet  aufgefunden  wurde,  besuchte,  waren  sie  dort  so  ge- 
mein, dass  an  den  Ufern  jenes  Flusses  kaum  ein  100  Yards  langer  Raum 
zu    finden  war,    auf  dem    ihre   Fährten    nicht    eingedrückt   gewesen    wären. 

Nahrung  der  Elephanten.  Die  Nahrung  der  Elephanten  wechselt  vom 
zarten  Grase  bis  zu  einigen  harten  Holzarten  in  den  Wäldern;  ihre  Haupt- 
nahrung aber  sind  die  Blätter  des  Bambus  und  mehrere  Arten  holziger 
Kriechgewächse.  Sie  lieben  besonders  alle  Gewächse  mit  jenem  Milchsaft 
der  sich  zu  Kautschuk  ausbildet  und  alle  Bäume  der  Gattung  Ficus  und  ver- 
wandter Gattungen;  daher  auch  ihre  Vorliebe  für  die  Zweige  des  Pipul- 
Baumes.  — 

Aufenthalt  der  Elephanten.  Die  Elephanten  —  gleich  den  Nasshörnern, 
Büffeln  und  Schweinen  —  suchen  gerne  Wasser  und  Schlamm  auf;  desshalb 
ist  der  Moonson  auch  ihre  beste  Zeit.  Sie  kommen  dann  in  die  Ebenen 
herab  und  näher  als  sonst  an  die  Wohnungen  der  Menschen.  Nach  dem 
Moonson  ziehen  sie  sich  allmählig  in  die  grossen  Gebirgsgegenden,  welche 
die  Burmesen  das  Central-Gebiet  nennen,  zurück.  Hier  wandern  sie  unge- 
stört herum,  den  der  Elephant  ist  den  grössten  Theil  seines  Lebens  hin- 
durch auf  den  Beinen  und  man  behauptet,  dass  ein  gesundes  Thier  dieser 
Art  sich  niemals  niederlege,  ausser  um  sich  im  Wasser  zu  erfrischen, 
und    nie  —  im  eigentlichen    Sinne    des    Wortes    —  schlafe. 

Die  Burmesen  ziehen  wenig  Nutzen  von  den  Elephanten.  Die  Burmesen 
ziehen  von  den  Elephanten  gar  keinen  Nutzen.  Das  Abrichten,  Führen, 
Fangen,  Zähmen  und  Schiessen  ist  thatsächlich  ganz  und  gar  in  den  Hän- 
den der  Siamesen,  welche  für  sehr  geschickt  darin  gehalten  werden.  So 
zahlreich  die  wilden  Elephanten  in  den  Tenasserim-Provinzen  sind,  so  ist 
doch  die  Zahl  der  gezähmten  dort  sehr  beschränkt,  gegenwärtig  werden 
sie  nur  von  den  Pächtern  der  Teak- Wälder  zur  Schleppung  des  Holzes 
gehalten,  und  selbst  diese  wenigen  sind  nahezu  Alle  aus  den  Shan-Staaten 
nördlich  von  den  britischen  Besitzungen,  nach  Maulmain  gebracht  worden. 
In  den  südlichen  Gegenden  der  Provinzen  sind  gezähmte  Elephanten  un- 
bekannt oder    eine    grosse   Seltenheit. 

Preis.  Ein  erwachsener,  männlicher  Elephant  bester  Sorte  wird  zu 
Maulmain  mit  350  bis  380  Rupien  bezahlt.  Der  früher  geringere  Preis 
ist  neuerlich  durch  den  vermehrten  Verkehr  mit  Nutzholz  in  die  Höhe 
gegangen.  — 

Handel  mit  Elfenbein.  Der  Handel  mit  Elfenbein  ist  gleichfalls  in  den 
Händen  der  Shans  oder  Siamesen,  hauptsächlich  derer  aus  nicht  briti- 
schen Gebieten.  Sie  kommen  sogar  von  Zimmay  her  bis  nach  Tavoy,  nach- 
dem sie  Monathe  lang  die  Wildniss  durchstreift  haben,  um  Elephanten 
zu  schiessen.  Wenige  unter  ihnen  verkaufen  jedoch  ihr  Elfenbein  inner- 
halb der  Tenasserim-Provinzen;  die  meisten  gehen  damit  in  ihr  Heimats- 
land zurück,    wohl    wissend,    dass    sie    nur   Eindringlinge    sind,   welche   den 


262  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfer'« 

Provinzen  einen  Theil  ihres  Beichthumes  und  Einkommens  entziehen. 
Dieser  Gegenstand  verdiente  einige  Beachtung,  besonders  gegenwärtig,  wo 
der  Andrang  siamesischer  Einwanderer  nach  den  Südgegenden  der  Pro- 
vinzen mit  jedem  Jahre  zunimmt  und  diese  selbst  anfangen,  dem  Handel 
mit  Elfenbein  mehr  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Diese  Einwanderer  haben 
bereits  den  Schutz  der  Behörden  gegen  jene  Eindringlinge  angerufen, 
welche  nicht  nur  die  Elephanten  wegschiessen.  sondern  auch  die  kleinen 
Anpflanzungen    ihrer    Landsleute    ausplündern. 

Sitten  der  Elephantcnjäger.  Diese  Elephantenjäger  sind  ein  gegen 
allen  Wechsel  des  Klimas  und  der  Lebensweise  abgehärteter  Menschen- 
schlag. Sie  leben  Monate  lang  von  den  Früchten  der  Dickichte  und  von 
getrocknetem  Elephanten-  und  Wildschwein-Fleische;  bewaffnet  sind  sie  mit 
gewöhnlichen  englischen  Musketen,  sie  bereiten  sich  ihr  Schiesspulver  selbst 
und  schiessen  mit  Kugeln  aus  einer  Legierung  von  Blei  und  Zinn,  mit- 
unter mit  etwas  Kupfer  versetzt.  Diese  Leute  wissen  im  Land  den  besten 
Bescheid,  sie  kennnen  genau  jeden  nach  Siam  führenden  Gebirgspass.  Ihr 
Elfenbein  vergraben  sie  an  bestimmten  bezeichneten  Plätzen;  bei  ihrer 
Bückkehr  nach  Siam  graben  sie  es  aus  und  bringen  es  bis  zum  nächsten 
Fluss  an  der  Ostseite  der  Halbinsel,  indem  sie  den  letzten  Theil  ihrer 
einsamen  Fahrt  zu  Wasser  zurücklegen.  Bankouck  ist  der  Hauptmarkt  für 
die  Ausbeute  ihrer  Jagden.  Nebst  den  Stosszähnen  schneiden  sie  auch  den 
Schweif  des  Elephanten  ab,  welcher  bei  den  Siamesen  höheren  Banges 
für  einen  wohlanständigen  Schmuck  gilt.  Der  ganze  übrige  Körper  des 
Biesenthieres  (mitunter  die  Hufe  ausgenommen),  bleibt  liegen,  und  verwe- 
set unbenutzt, 

Gründe,  ans  welchen  die  Elephanten  von  Tenasserim  in  geringem  Werthe 
stehen.  Die  Elephanten  dieser  Länder  sind  schöne  und  grosse  Thiere  doch 
glaubt  man,  dass  sie  denen  Ost-Indiens  an  Stärke  weit  nachstehen.  Der 
Grund  davon  liegt  weniger  in  der  Bace,  als  in  der  Weise  ihrer  Pflege 
und  Fütterung.  Man  nimmt  an,  dass  jeder  Elephant  sein  genügendes  Fut- 
ter in  den  Dickichten  selbst  aufsuchen  könne  und  füttert  diese  Thiere 
sehr  spärlich  mit  Beiskuchen.  Da  die  Elephanten  in  den  Teak- Wäldern 
manchmal  den  ganzen  Tag  hart  arbeiten,  und  ihnen  noch  dabei  zugemu- 
thet  wird  während  der  Nacht  nach  Futter  zu  suchen,  haben  sie  wenig 
Zeit  zum  Ausruhen  übrig  und  können  —  wie  sich  von  selbst  versteht  — 
diese  Mühsale   nicht    durch    lange  Zeit  aushalten. 

Die  ostindische  Armee  könnte  von  dieser  Röste  ans  mit  Elephanten 
versehen  werden.  Die  Begierung  könnte  von  hier  aus  alle  zum  Heeres- 
dienst in  Ost-Indien  erforderlichen  Elephanten  für  billige  Preise  beziehen. 
Es  wäre  vielleicht  vortheilhaft,  diese  Thiere  nicht  nur  zu  fangen  und 
zu  zähmen,  sondern  auch  ein  eigenes  Gestüte  davon  einzurichten.  Es  ist 
noch  nicht  hinlänglich  erwiesen,  dass  die  Elephanten  in  leichter  Gefan- 
genschaft sich  nicht  fortpflanzen;  wenigstens  sind  noch  keine  geeigneten 
Versuche  darüber  angestellt  worden.  Ich  will  zugeben,  dass  die  Fort- 
pflanzung in  einem  Stall  oder  in  einem  engen  eingeschlossenen  Baume 
nicht  stattfinde;  anders  dürfte  es  sich  verhalten,  wenn  sie  während  der 
Brunstzeit  in  einem  ausgedehnten  umschlossenen  Dickichte  gehalten  wür- 
den;   wenigstens    wäre    der    Versuch    der    Mühe    werth. 

Vorschlag  znr  Anlegung  eines  Elephanten-Gestütes.  In  jedem  andern 
Theil  Ost-Indiens  (Ceylon  ausgenommen)  wäre  dergleichen  schwierig  oder 
unausführbar;    die    Vegetation    und    die    Menge    der   ihnen    zusagenden    Nah- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  203 

rung  ist  überall  geringer  als  hier,  nirgends  sieht  auch  der  Regierung 
eine  ausgedehntere  Bodenfläche  zu  Gebot;  eine  weite  Strecke  angemes- 
senen Grundes  könnte  hier  leicht  ausgesucht  und  eben  so  leicht  noth- 
dürftig  eingefriedet  werden,  da  Menge  und  Werth  des  Holzes  gar 
nicht  in  Betracht  kommt.  Für  jetzt  würde,  wie  es  sich  von  selbst 
versteht,  das  Einfangen  und  Zähmen  wilder  Elephanten  wohlfeiler  kom- 
men und  der  ganze  Vorschlag  bezweckt  nur  die  Deckung  des  künftigen 
Bedarfes.  Je  mehr  Boden  sich  die  vorschreitende  Gesittung  aneignet,  um 
so  weiter  müssen  dessen  Urbewohner  zurückweichen  und  gerade  der  Ele- 
phant  verlangt  den  weitesten  Raum  für  seine  Lebensweise  und  seine 
beispiellos    ausgedehnten    Wanderungen. 

2.  Nashorn.  Drei  Arten  des  Nashornes.  Die  ein-  und  zweihörnige 
Art  dieser  Gattung  kommen  beide  in  den  Provinzen  vor.  Noch  ist  zwei- 
felhaft ob  nicht  auch  eine  dritte  Art  (Rhinoceros  Asiaticus  Sumatrentis  der 
Naturforscher)  und  der  sumatranische  Tapir  in  den  südlichen  Landstrichen 
vorkommen.  —  Die  Art  mit  einem  Hörn  ist  in  vielen  Gegenden  sehr 
gemein;  vielleicht  ebenso  die  zweihörnige  Art;  nur  ist  letztere  scheuer, 
verbirgt  sich  in  die  tiefen  Wälder  und  kann  nur  manchmal  überfallen 
und    erlegt    werden. 

Karäer  die  eigentlichen  Nashorn  -  Jäger.  Nur  selten  kommen  diese 
Thiere  den  Dörfern  nahe,  man  findet  sie  aber  ganz  nahe  an  den  ein- 
samen Behausungen  der  waldwohnenden  Karäer.  Bei  diesen  ist  die  Jagd 
auf  Nashörner  zur  wahren  Leidenschaft  geworden  und  sie  betreiben  sie 
sehr  geschickt.  Sie  kennen,  wie  sie  sagen,  die  Stellen,  an  welchen 
das  Thier  am  besten  zu  treffen  ist  und  behaupten,  kein  Burmese  besitze 
das  Geheimniss,  dem  Nashorn  eine  Kugel  in  den  Leib  zu  jagen.  — 
Thatsache  ist,  dass  die  Burmesen  schlechte  Schützen  und  Feiglinge  sind; 
viele  von  ihnen  wagen  sich  nicht  ajn  das  Nashorn  heran,  aus  Furcht 
seiner  ungestümen  Angriffe,  wenn  es  verwundet  ist.  Die  Shans,  unbe- 
stritten die  besten  und  abgehärtetsten  Jäger,  haben  nur  an  der  Jagd  auf 
Elephanten  Lust  und  so  wird  das  Nashorn  zur  ausschliesslichen  Beute  der 
Karäer. 

Das  Nashorn  liebt  Mineralwässer.  Es  ist  merkwürdig,  dass  das  Nas- 
horn gern  Mineralwässer  säuft.  Schwefel-,  Wasserstoff-,  Warmquellen  sind 
in  den  Provinzen  sehr  häufig  und  wo  ich  deren  in  den  tiefen  Wäldern 
fand,  bemerkte  ich  stets  in  dem  umgebenden  Schlamme  die  Fährten  von 
Nashörnern.  Die  Karäer  benutzen  diesen  Umstand  und  bauen  auf  den 
Bäumen  ober  den  Wasser  kleine  Schiesshütten,  in  denen  sie  die  Ankunft 
der    Thiere    ablauern    und    sie    gefahrlos    erlegen. 

Zahl  der  jährlich  erlegten  Nashörner.  Nach  sehr  oberflächlicher  Schät- 
zung werden  alljährlich  60  bis  100  einhörnige  und  20  bis  40  zweihörnige 
Nashörner  (durchgängig  Männchen)  erlegt.  Das  Nashorn  ist,  wenn  der 
Jäger  an  dasselbe  gelangt,  meist  in  einer  wilden  dunklen  Höhle  verborgen, 
so  dass  dessen  Geschlecht  selten  zu  erkennen  ist.  Findet  der  Jäger, 
dass  das  von  ihm  erlegte  Thier  ein  Weibchen  ist,  so  schneidet  er  einen 
kleinen  Streifen  Fleisch  aus  dessen  Keulen,  um  seinen  augenblicklichen 
Hunger  zu  stillen,  zieht  die  Klauen  aus,  welche  als  Talisman  gelten, 
und    lässt    das    Uebrige    liegen. 

Handel  mit  den  Hörnern.  Der  Handel  mit  den  Hörnern  ist  ausschliesslich 
in  den  Händen  der  Chinesen  und  geht  nur  nach  China,  wo  man  ihnen 
grosse    Arzneikräfte     zuschreibt.    Man    macht    daraus    Trinkgefässe,    welchen 

Mittheilungen  der  k.  k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft  * 


264  Hr.  .Johann  Willi.  Helfer'8 

man  die  Kraft.  Gifte  zu  entdecken  zuschreibt,  oder  feilt  das  Hörn  zu 
Pulver,    welches    man    in    wichtigen    Fallen    innerlich    einnimmt. 

Aberglaube  und  Betrug  mit  den  Hörnern.  Wie  bei  Allem,  so  haben 
auch  bei  diesen  Hörnern  die  Chinesen  Geheimnisse,  die  ihnen  allein  be- 
kannt sind.  Wo  sich  das  vermuthlich  unschätzbare  Arcanum  unwirksam 
zeigt  (was  nur  zu  oft  geschehen  muss),  behaupten  sie  gewisse  Zeichen 
höherer  innerer  Kraft  zu  kennen,  deren  Vorhandensein  den  Preis  bedeu- 
tend erhöht  und  eben  desshalh  ist  es  schwer,  den  angeblichen  Werth 
der  Waare  von  dem  wirklichen  zu  unterscheiden.  —  Die  meisten  Nas- 
hörner werden  in  den  südlichen  Gegenden  der  Provinzen  erlegt.  Im  alter» 
Dorfe  Tenasserim  ist.  ein  einziger  alter  Chinese  ansässig,  hauptsächlich  um 
alle  Hörner,  deren  er  habhaft  werden  kann,  aus  erster  Hand  aufzukaufen. 
Die  armen  unwissenden  Karäer  sind  dabei  immer  die  Betrogenen;  sie 
kennen  den  Werth  ihrer  Waare  nicht  und  vertauschen  sie  gegen  Klei- 
nigkeiten; sie  haben  kleine  Hörner,  das  Stück  zu  3  Rupien  weggegeben, 
wofür  in  China  30  bis  50  Rupien  gezahlt  werden.  Der  Handel  könnte  einen 
grössern  Umfang  gewinnen,  wenn  einmal  die  Hunderte  von  Inseln  des 
Mergui  Archipels,  deren  viele  noch  nie  von  einem  menschlichen  Wesen 
betreten  worden  und  in  denen  es,  wie  man  sagt,  von  Nashörnern  wim- 
melt,   genauer    untersuch!    sein    werden. 

Häute  nicht  benützt.  Sehr  Schade  ist  es,  dass  man  die  Häute  der 
erlegten  Nashörner  ganz  unbenutzt  zu  Grunde  gehen  lässt,  da  sie  doch  das 
festeste    und    stärkste    Leder    liefern    würden. 

Nashorn  als  Hausthicr.  Es  ist  allgemein  anerkannt,  dass  das  erwach- 
sene Nashorn  eines  der  wildesten  Thiere  ist;  man  weiss  aber  auch,  dass 
junge  Thiere  dieser  Gattung  rollständig  zu  Hausthieren  geworden  sind. 
Man  hat  sogar  vorgeschlagen,  sie  als  Lastthiere,  gleich  den  Büffeln,  zu 
verwenden     und    sie     für    die    Arbeiten    des    Feldbaues     zu    zähmen. 

3)  Tbierfelle  überhaupt.  Handel  mit  Thierfellen  ganz  Yernaehlässigt. 
Der  Handel  mit  Thierfellen,  so  gewöhnlich  in  Ländern,  welche  eben  aus 
dem  Zustand  der  Rohheil  hervortreten,  wo  Menschen  nur  einen  geringen 
Raum  eingenommen  haben  und  Thiere  ungestört  über  das  ganze  Land 
walten,  ist  an  diesen  Küsten  ganz  unbekannt,  ungeachtet  dort  die  ver- 
schiedenartigsten Häute,  Felle  und  selbst  Pelzwerke  vorkommen,  die  man 
alle  nutzlos  verderben  lässt.  Die  erlegten  Elephanten  lässt  man  verwesen, 
ohne  ihnen  die  Haut  abzuziehen.  Bekanntlich  lassen  die  wilden  Stämme 
Alrika's  dergleichen  selten  geschehen;  bei  den  Ashantees  ist  die  Rüstung 
der  Krieger  zum  Theil  aus  Elephantenhaut  verfertigt  und  der  Schweif 
dieses    Thieres    ist    dort    ein    Emblem    der    Königswürde. 

Die  Haut  des  Nashorns  ist  noch  mehr  werth,  indem  sie  getrocknet 
so  stark  und  elastisch  wird,  dass  keine  Flintenkugel  durchdringt.  Man 
vermuthet,  dass  einige  der  unschätzbaren  Schilde  der  Helden  des  Alter- 
thums  mit  der  Haut  des  Nashorns  oder  des  Flusspferdes  überzogen  waren. 
Hier  werden  jedes  Jahr  Hunderte  dieser  Thiere  erlegt,  ohne  dass  je 
irgend    Jemand    daran    gedacht   hätte,    ihnen    die    Haut    abzuziehen. 

Büffelhäute.  Ebenso  sorglos  verfährt  man  mit  den  Häuten  der  Büffel, 
dem  einzigen  Hausthiere  der  Burmesen,  besonders  in  Gegenden,  wo  Reis 
stark  gebaut  wird.  Die  Burmesen  brauchen  die  Büffel  nur  zur  Bearbeitung 
der  Reisfelder  und  zum  Austreten  des  Reises;  sie  essen  nie  deren  Fleisch 
benützen  nie  deren  deren  Milch  und  verkaufen  nie  deren  Haut.  Gegen 
Ende    des    Jahres     1836    kam     unglücklicherweise     eine     gewaltige    Seuche 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriftt-n  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  26H 

über  die  Büffel  der  Provinz  und  soll  deren  20,000,  etwa  y3  des  ge- 
sammten  Bestandes,  weggerafft  haben.  Von  dieser  ganzen  Menge  kam 
nicht  eine  einzige  Haut  in  den  Handel,  selbst  die  Hörner  liess  man 
umhergestreut  liegen,  ungeachtet  sie  in  Ost -Indien  kein  unbedeutender 
Handelsartikel  sind.  So  sehr  sind  alle  natürlichen  Beichthümer  dieser  Pro- 
vinzen unbekannt  und  unbenutzt,  dass  erst  seit  2  Jahren  einige  mogu- 
lische Kaufleute  in  Maulmain  angefangen  haben,  gegen  sehr  geringen 
Preis    Büffelhörner    aufzukaufen. 

Häute  ton  Rothwild.  Ein  Handel  mit  Wildhäuten  besteht  gar  nicht; 
in  Siam  dagegen  wird  er  mit  den  Amerikanern  und  Chinesen  sehr  leb- 
haft betrieben.  Rothwild  ist  zahlreich  und  in  verschiedenen  Arten  vor- 
handen, wird  aber  von  den  Eingebornen,  welche  lieber  Wildschwein 
essen,    selten    erlegt,    sondern  den  zahlreichen  Tigern  zur  Beute  überlassen. 

Tigerhäute.  Die  Felle  des  Tfeger,  Panther.  Leoparden  und  des  Cheater 
werden  gleichfalls  nicht  benützt  und  ihr  Werth  ist  gänzlich  unbekannt. 
Ich  hatte  Gelegenheit,  gute  Tiegerfelle,  für  8  Annas  das  Stück  zu  kaufen. 
In  Maulmain,  wo  die  Begierung  einen  Preis  für  jeden  erlegten  Tiger 
zahlt,  bringen  die  Eingebornen  irgend  einen  Theil  des  Thieres  mit  und 
werfen  ohne  Weiteres  das  Thier  selbst  in  den  Fluss  oder  lassen  es  im 
Dickichte   liegen. 

Eichhörnchen-Felle.  Das  grosse  schwarze  Eichhörnchen  kömmt  in  den 
Wäldern  in  Menge  vor  und  man  behauptet,  dass  dessen  Pelz  bei  den 
Chinesen  beliebt  sein  wird;  man  kann  sich  aber  wohl  denken,  dass  man 
von    dessen    Nutzen    noch    viel    weniger    etwas    weiss. 

Vögelbälge.  Hier  ist  der  Ort  eines  kleinen  Handels  mit  den  Bälgen 
eines  Vogels  aus  der  Gattung  Eisvogel  (Halcyon)  zu  erwähnen.  Ein  Theil 
der  Federn  dieses  Vogels  ist  vom  schönsten  himmelblau  und  sein  Balg 
wird  in  China  für  die  Prachtgewänder  der  Mandarine  begierig  gekauft. 
Die  Eingebornen  am  obern  Attaran  beschäftigen  sich  vorzüglich  mit  dieser 
Jagd.  Sie  machen  einen  dieser  Vögel  zahm  und  setzen  ihn  auf  eine  Falle, 
in  der  ein  Fisch  als  Köder  liegt.  Der  wilde  Vogel  schiesst  ungestüm 
in  die  Falle,  um  den  Fisch  zu  ergreifen,  bevor  sein  vermeintlicher  Gegner 
dessen  habhaft  wird.  Die  Bälge  werden  in  der  Sonne  getrocknet,  und 
in  Bündeln  zu  10  Stück  verkauft;  der  Preis  jedes  Stückes  soll  4  Annas 
betragen. 

Erzeugnisse  des  Meeres.  Mit  den  Erzeugnissen  des  Meeres  bin  ich 
nur  sehr  wenig  bekannt,  da  mir  die  Gelegenheit  fehlte,  die  Küste  oder 
irgend  eine  der  Inseln  genauer  zu  durchforschen.  Die  Erzeugnisse  der 
Inseln  haben  jedenfalls  Werth;  folgende  davon  sind  für  die  Regierung 
Quellen  des  Einkommens:  Fischereien  überhaupt,  Gnapee  (ein  Teig,  der 
aus  kleinen  Garneelen  bereitet  wird  und  in  der  Küche  der  Eingebornen 
ein  stehender  und  unentbehrlicher  Artikel  ist),  Schildkröten-Schalen,  Vogel- 
nester und  Seeschnecken.  Perlen,  Korallen  und  Ambra  in  Stücken  kommen 
auch    vor,    doch    ist    hierüber    noch    sehr    wenig    bekannt. 

Es  muss  bemerkt  werden,  dass  die  Erzeugnisse  der  südlichsten 
Gegenden  der  Provinzen,  hauptsächlich  die  des  Mergui  Archipels,  fast  gänzlich 
in    den  Händen    der    Chinesen   und    einiger    weniger    Malayen    sind. 

Die  geringe,  mitunter  ganz  unterbrochene,  Verbindung  dieser  Inseln 
mit  dem  Festlande,  gibt  die  armen  wandernden  Fischer,  welche  auf 
ihnen    wohnen,    Jedem    Preis,    der    sie    zu     seinem    Vortheile    hintergehen 


260  Dr.  Johann  Wilhelm  Holfer's 

will,    und    sowohl  deren  eigene  Führer  als  die  chinesischen   Händler  können 
diess    ungestört    und    straflos    thun. 

Grosse  Missbrnoche.  Man  sagt,  dass  diese  in  der  Regel  jene  armen 
Leute  mit  Opium  und  Arrak  berauschen  und  dann  mit  aller  Müsse  der 
werthvollen  Meereserzeugnisse,  welche  sie  mühsam  aufgesammelt  haben, 
berauben.  —  Alle  Bestrebungen,  jene  Fischer  zu  bewegen,  nach  Mergui 
zu  kommen,  die  Früchte  ihrer  Mühen  dorthin  zu  bringen,  diese  dort  in 
ihrer  Gegenwart  öffentlich  versteigern  zu  lassen,  so  dass  ihnen  der  Ertrag, 
nach  Abzug  der  Steuern,  unverkürzt  eingehändigt  werde,  sind  bisher 
fruchtlos  geblieben.  Gleich  den  Karäern  des  Innern,  fürchten  sie  die 
Städte  zu  betreten,  obschon  sie  nunmehr  bereits  wissen  sollten,  das3 
ihre  persönliche  Sicherheit  dort  ungefährdet  bleibt  und  dass  dort  nur 
gerecht  mit  ihnen  verfahren  würde.  Die  traurigen  Erfahrungen  aus  der 
Zeit  der  bedrückenden  und  willkürliehen  Herrschaft  der  Burmesen  leben 
noch  in  ihrem  Gedächtnisse  fort  und  diese  armen  Stämme  wissen  von 
der  neuen  Herrschaft  nur,  dass  sie  weniger  Steuern  zu  zahlen  haben 
und  selbst  diess  erklären  die,  welche  unter  ihnen  für  die  Klügeren 
gelten,    als    eine    Falle,    um    sie    darein    zu    verstricken. 

Wachs  —  Honig.  Die  mannigfachen  Arten  Bienen,  welche  in  den 
Provinzen  Wachs  und  Honig  bereiten,  sind  insgesammt  von  den  europäischen 
der   Art    nach    verschieden. 

Verschiedene  Arten  von  Bienen.  Eine  sehr  grosse  Art  baut  ihr  Nest 
oder  ihre  Waben  an  der  Unterseite  der  Aeste  des  Teak-Baumes  in  Gestalt 
eines  verlängerten  Sackes  oder  Beutels.  Mehrere  Familien  oder  Schwärme 
bewohnen  einen  und  denselben  Baum:  ein  einziger  grosser  Baum  am 
Tenasserim    trug    43    abgesonderte    Nester. 

Verschiedene  Arten  von  Honig.  Der  Baum-  oder  Jungle-  Honig  ist 
durchsichtig  gelblich  und  von  der  Consistenz  des  Syrups;  dieser  ist  eine 
Lieblingsspeise  der  Karäer.  die  sich  sehr  gut  darauf  verstehen,  zur 
Nachtzeit  die  Bienen  durch  Rauch  zu  vertreiben.  Eine  zweite  Art  Bienen 
baut  ihre  Nester  nur  auf  Kalkfelsen  und  sucht  dazu  eine  senkrecht 
stehende  Wand  aus.  Ein  vereinzelter  Kalkfels  am  Tenasserim  ist  von 
zahlreichen  Schwärmen  besetzt  und  man  hält  es  für  sehr  gefährlich, 
sich  demselben  zur  Tagszeit  zu  nähern.  Ein  anderer  Fels,  südlich  vom 
Dorfe  Tenasserim,  wird  als  Eigenthmn  der  Regierung  betrachtet  und  der 
Honig  und  das  Wachs  daselbst  werden  in  Pacht  gegeben.  Der  Honig 
dieser  Art  ist  röthlichbraun,  flüssiger,  süsser  und  aromatischer  als  der 
der  ersten  Art.  Der  vorzüglich  gute  harte  Ava-Honig  —  eigentlich  von 
der  chinesischen  Grenze  von  Yunan  kommend  —  ist  in  diesem  Land 
unbekannt. 

Firniss  von  Bienen  bereitet.  Eine  dritte  Art  Bienen  bildet  ihr  Nest 
anstatt  aus  Wachs  aus  einer  Art  Gummiharz,  welches  in  den  letzten 
Jahren  unter  der  Benennung  „Daumer8  von  Sumatra  nach  Europa  gebracht 
worden  ist  und  für  ein  Erzeugniss  des  Pflanzenreiches  galt.  Der  Firniss, 
welchen  diese  Substanz  liefert,  dient  zum  Ueberziehen  von  Gemälden; 
sie    selbst    steht    hoch    im    Werth    und    gilt    für    vorzüglicher   als  der  Copal. 

Pech,  ein  Erzeugniss  von  Bienen.  Das  Pech,  welches  zu  Maulmain  ge- 
wöhnlich zu  gröberen  Zwecken  verwendet  wird,  ist  ebenfalls  thierischen 
Ursprungs  und  zwar  ein  theilweiser  Bestandteil  des  Nestes  einer  Bienen- 
art, welche  hohle  Bäume  in  der  Nähe  von  Teak-WTäldern  bewohnt.  Dieses 
Pech    wird    vom    obern   Attaran    hergebracht.    Bei    der    Untersuchung    fand 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  267 

ich,  dass  es  gehörig  behandelt,  eine,  dem  Venetianer-  oder  Bordeaux- 
Terpentin  ähnliche  Substanz  liefert.  Eine  zweite,  von  der  qpten  ver- 
schiedene Art  Pech,  welche  zuweilen  auf  dem  Markte  von  Maulmain  vor- 
kömmt, ist  das  Harz  einer  Fichte,  welche  im  Shan-Staate  Labong,  auf 
dem  hohen  Flachlande  zwischen  der  Provinz  Amherst  und  dem  burmesi- 
schen   Gebiete,    einheimisch    ist. 

Vögelnester  in  der  Provinz  fflergni.  Die  Inseln,  (richtiger  Felsen)  mit 
Vogelnestern,  welche  zu  dieser  Provinz  gehören,  sind  meistens  im  Wege 
der  Versteigerung  für  eine  bestimmte  Anzahl  Jahre  in  Pacht  gegeben 
worden.  In  den  letzten  3  Jahren  hat  sie  ein  alter  Malaie  für  die  jähr- 
liche Summe  von  2000  Rupien  in  Pacht  genommen.  Die  Nester  werden 
vom  Jänner  bis  April  eingesammelt;  im  Durchschnitte  alljährlich  50  bis  60 
Viss.  Von  diesen  Nestern  gibt  es  3  Sorten:  die  Beste  das  Viss  zu  100 
bis  120  Rupien;  die  mittlere  zu  70  bis  90  Rupien;  die  geringste  zu 
50  bis  60  Rupien.  Sie  kommen  kaum  je  in  Mergui  auf  den  Markt;  der 
Pächter  bringt  sie  grösstentheils  nach  Penang,  wo  sie  viel  bessern  Ab- 
satz finden. 

Seeschnecken  —  Biche-de-Mar.  1837.  Statistische  Angaben  von  Herrn 
Corbin  herrührend.  Von  dieser  Waare  werden  3  Sorten  auf  den  Markt  gebracht, 
die  lange  schwarze,  die  runde  schwarze  und  die  weisse;  die  erste  gilt 
bei  Weitem  für  die  beste  und  steht  hoch  im  Preise.  Im  Jahre  1837 
wurden    verkauft. 

Lange  schwarze:  362  Viss.  100  Viss  zu  150  Rup.;.  in  Summe  543  Rup. 
Runde  „       2770       „  „       „       „       35        „        „  „      969       „ 

Weisse  3600       „  „        „       „       15        .,  „      540       „ 

Zusammen:     5732   Viss,  2052    Rup., 

Lange    schwarze:    10%  Abgabe.  54-  7   Rupien. 
Runde  „  „  „     96' 14       „ 

Wreisse  ,,  „  „     54'  0       „ 


Zusammen  205*   5  Rupien. 

Die  Seeschnecken  werden  auf  den  Inseln  des  Mergui-Archipels,  wäh- 
rend des  NO.  Monsoon,  gesammelt  und  hergerichtet.  Am  meisten  beschäf- 
tigen sich  damit  die  Salonesen,  (Bewohner  jener  Inseln),  aber  auch  Chi- 
nesen    und    Malaien    befassen    sich    damit    und    bringen    sie    zum    Verkaufe. 

Schildkröten-Schalen.  Während  des  NO.  Monsoon  1837  brachten  die 
obenerwähnten  Leute  33  Viss  dieser  Schalen,  im  Durchschnitts-Preise  von 
20  Rupien  das  Viss,  zum  Verkauf.  Vom  Gesammtpreise  mit  660  Rupien 
betrug    die    10  %    Abgabe    66    Rupien. 

Fischereien.  Die  Abgabe  von  Fischzäunen  {„fish  stackes"J  wird  allmonat- 
lich eingesammelt;  jeder  solche  Zaun  ist,  im  Verhältnisse  zu  seinem  Um- 
fange, mit  einer  bestimmten  Summe  belegt.  Im  Jahre  1837  kamen  im 
Ganzen    2097    Rupien    an    Fischereigebühren    ein. 

Gnapee.  Die  Krebsart,  aus  welcher  man  das  Gnapee  bereitet,  wird 
in  eigens  dazu  verfertigten  grossen  Körben  aus  gespaltenem  Bambus  ge- 
fangen, welche  man  innerhalb  der  Aus-  und  Einströmung  der  verschie- 
denen Flüsse  befestigt.  Diese  Körbe  werden  bei  jedem  Fluthenwechsel 
ausgenommen.  Jeder,  der  dies  Gewerbe  betreibt,  hat  an  die  Regierung 
für  die  Dauer  der  Jahreszeit  eine  bestimmte  Abgabe,  je  nach  der  Zahl 
der  von    ihm    gebrauchten    Körbe    zu    entrichten.    Im   Jahre    1837   brachten 


268  Dr.  Johann  Wilhelm  Hellers 

diese    Abgaben    der   Regierungs-Kassa    2339,    im    Jahre    1838    etwas    weni- 
ger,   nähmlich    2242    Rupien    ein. 

Der  *  tägliche    Verbrauch    von    Fischen    in    der    Stadt    Mergui  lässt  sich 
auf   etwa    1    Viss    für   je    12    Personen    anschlagen. 

Mergui,   den    23.    Juli    1838. 


3.  Dritter  Bericht  über  Tenasserim,  die  angränzenden  Völkerschaften,  die 
eingebornen  und  fremden  Bewohner  und  deren  Character,  sittlichen  Zu- 
stand und  Religion. 

Lage  der  Tenasserim  -  Provinzen.  Die  Tenasserim -Provinzen  sind,  mit 
Ausnahme  der  malayischen  Gebiete  der  Provinzen  Wellesley,  Malacca  und 
Singapore,  die  einzigen  vereinzelt  liegenden  britisch -ostindischen  Besit- 
zungen. Sie  sind  umgeben  von  der  Bai  von  Bengalen,  (welche  bis  nun 
die  einzige  Verbindungsstrasse  abgibt)  und  von  fremden  Staaten.  Gegen 
NW.  trennt  sie  der  Salween-Flus  vom  Königreiche  Pegu ,  gegen  N.  der 
Thoungee-Fluss  von  dem  Shan-Staaten  Zimmay,  Laboung  und  Yainhaing; 
gegen  0.  die,  durch  die  malayische  Halbinsel  in  nord-südlicher  Richtung  strei- 
chende Bergkette  vom  Königreiche  Siam;  gegen  S.  der  Packohan-Fluss  von  den 
siamesisch-malayischen  Staaten;  gegen  W.  endlich  liegt  die  Bai  von  Ben- 
galen   mit    den    nicobarischen    und    andamanischen    Inseln. 

Angränzende  Völkerschaften.  Die  Völkerschaften ,  welche  die  Tenasse- 
rim-Provinzen  umgeben,  sind  demnach:  die  einander  entgegenstrebenden 
Burmesen  und  Siamesen  unter  ziemlich  begründeten  feststehenden  und  ge- 
ordneten Regierungen,  die  zinspflichtigen  und  abhängigen  Siamo-Malayen, 
die  burmesischen  Shans,  die  halbwilden  Nicobaren  und  die  menschenfres- 
senden   Rewohner    der    Andamanen. 

Einverleibung  der  burmesischen  Gebiete  in  Britisch-lndien.  Die  Einver- 
leibung der  Tenasserim -Provinzen  in  die  ostindischen  Besitzungen  des 
britischen  Reiches  geschah  in  Folge  des  burmesischen  Krieges  (1824 — 25). 
Um  die  anmassende  und  unwissende  Regierung  des  burmesischen  Reiches 
zu  schwächen,  wurde  ihr  Assam,  Arracan  und  die  Tenasserim -Provinzen 
entrissen. 

Ausdehnung  von  Tenasserim.  Die  Tenasserim-Provinzen  bestehen  aus 
einem  Theile  von  Martaban  (jetzt  Provinz  Amherst,  früher  zu  Pegu  ge- 
hörig)   und    den    Rezirken    Ye,   Tavoy,    Mergui    und    Tenasserim. 

Gründe  zur  Besetzung  von  Tenasserim.  Für  die  Beibehaltung  dieser  Pro- 
vinzen scheint  kein  anderer  Grund  vorhanden  gewesen  zu  sein,  als  dass 
deren  Besitz  die  Beherrschung  der  Bai  von  Bengalen  erleichtert,  ausserdem 
scheinen  sie    damals    nichts  Anlockendes  geboten  zu  haben. 

Gegenwärtiges  Yerhältniss  zu  Burmah.  Die  übelangebrachte  Grossmuth 
der  Briten  Hess  ihre  burmesischen  Feinde  im  Besitze  des  einträglichsten 
und  wichtigsten  Theile  ihres  Reichs.  Diese  Grossmuth  wurde  als  Schwäche 
oder  Unfähigkeit,  das  Eroberte  zu  behaupten,  missdeutet.  Diese  Meinung 
hat  sich  seit  der  Usurpation  des  gegenwärtigen  Herrschers  bestärkt,  und 
durch  die  friedliche  Politik  der  britischen  Regierung  in  diesen  Gegen- 
den scheinbar  bestätigt,  den  jetzigen  Gewalthaber  zu  seinem  anmassen- 
den    Verfahren  bewogen. 


gedruckte  und   ungedruckte   Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  269 

Frühere  Meinung  Ton  der  Macht  der  Burmesen.  So  lange  noch  früher 
den  Europäern  alle  Verbindung  mit  Burmah  abgeschnitten  war,  oder  die 
britischen  Gesandschaften  nach  Ava  —  da  sie  immer  auf  demselben  Wege 
nähmlich  den  Irawaddy  hinaufschiffen,  in  die  Hauptstadt  gelangten  —  nur 
unvollständige  Angaben  liefern  könnten,  machte  man  sich  sehr  übertriebene 
Vorstellungen  von  der  Macht,  der  Volksmenge,  den  Hilfsquellen  und  den 
Fähigkeiten   jenes    Reiches. 

Gegenwärtige  richtigere  Ansicht.  Seitdem  hat  unsere  Kenntniss  desselben 
bedeutend  zugenommen.  Der  Krieg  schloss  die  unteren  Landstriche  der 
Forschung  auf,  und  seit  dem  Abschlüsse  des  Vertrags  von  Yandaboo,  ha- 
ben mehrere  begabte  Briten  das  Keich  in  verschiedenen  Richtungen  durch- 
zogen. Das  Ergebniss  ihrer  persönlichen  Erfahrungen  war,  dass  Burmah 
in  politischer  Wichtigkeit  unter  die  ostindischen  Mächte  zweiten  Ranges 
gehöre.  Es  fand  sich,  dass  die,  früher  auf  17  Millionen  geschätzte  Bevöl- 
kerung, höchtens  3  bis  4  Millionen  betragen  könne  und  über  einen  weiten 
Flächenraum  verstreut  sei  ;  dass  ein  Theil  davon  dem  Herrscher  zins- 
pflichtig sei,  dass  ein  stehendes  disciplinirtcs  Heer  nicht  existire,  und  der 
Herrscher  wenn  er  kriegerisch  gestimmt  sei  höchstens  70 — 80,000  Mann 
zeitweise  Landmiliz  aufbringen  könne,  dass  die  Munition,  die  Bekleidung 
Verpflegung  u.  s.  w.  dieser  Miliz  (zum  grössten  Theile  Bauern,  die  man  ge- 
waltsam von  ihrer  Heimath  zum  Kampfe  mit  dem  Feinde  wegtreibt)  nach 
wenigen  Monathen  gegenüber  einem  disoiplinirten  Heere  unter  europäischen 
Befehlshabern  in  einen  traurigen  Zustand  gerathen  müssten ;  dass  end- 
lich die  wenigsten  dieser  Miliz  auch  nur  die  Handhabung  ihrer  Waffen 
kennen  und  auf  keinen  Fall  sich  in  offener  Feldschlacht  mit  einer  bri- 
tisch-indischen   Heeresmacht    zu    messen    vermöchten. 

Meinung  über  die  Bevölkerung.  So  wie  über  das  Leistungsvermögen  der 
Regierungsgewalt,  hatten  sich  auch  über  den  Charakter  der  Bevölkerung 
irrige  Ansichten  verbreitet.  Bei  näherer  Einsicht  fand  man,  anstatt  „wilder 
Krieger  ein  Volk  harmloser,  von  iNatui  sanfter,  aber  von  tirannischer  Will- 
kührherrschaft    gedrückter    Landbauer. 

Gründe  ihrer  Rriegszüge.  Das  Streben  nach  schnellem  Gewinn  und  die 
(jedem  Volke  eigene)  übermässige  Lust  nach  Abenteuern  brachte  sie  dahin 
unter  der  Führung  ehrgeiziger  Machthaber  zeilweise  in  die  benachbarten 
Staatsgebiete  einzufallen,  und  machte  sie  vorzüglich  während  des  vori- 
gen Jahrhunderts  unter  Alompra,  dein  Gründer  des  jetzigen  Herrscher- 
stammes ,  zu  einem  erobernden  Volke,  ohne  dass  ihnen  indess.  die  unstete 
Wildheit  der  Tartaren  oder  der  Blutdurst  der  Araber,  oder  der  persön- 
liche Muth  beider  je  eigen  gewesen  wäre.  Die  Masse  der  auf  solchen 
Raubzügen  begriffenen  kehrte,  nach  einigen  mit  Verwüsten  und  Plündern 
zugebrachten  Monathen  zur  Feldarbeit  nach  Haus  zurück,  und  eine  klei- 
nere Anzahl  trieb,  selbst  im  eigenen  Lande  das  Räuberhandwerk  fort,  oft 
ohne  von  der  Regierung  ,  welche  sich  vielleicht  dadurch  einen  Stamm 
tüchtiger  Krieger  für  künftige  Unternehmungen  erhalten  wollte,  darin 
besonders    gestört    zu    werden. 

l'ebertriebener  militärischer  Ruf.  Der  Schrecken  den  sie  den  ungeord- 
neten, kleinen  Völkerschaften  einjagten,  ihr  den  Sianiesen  gegenüber 
entschiedenes  Uebergewicht,  ihre  Erfolge  selbst  gegen  ein  chinesisches 
Heer,  unterhielten  in  den  Burmesen  den  Glauben  an  ihre  eigene 
Unüberwindlichkeit;  die  Prahlereien  ihrer  blindschmeichelnden  Hof- 
sehranzeu,    die    Unwissenheit     den    wahren    Zustand     über   des    Landes    (den 


270  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfer's 

Europäern  eine  terra  incognitii),  Alles  dies  trug  bei,  hohe  Begriffe  über 
die  Macht  der  Burmesen,  und  demnach  eingebildete  Befürchtungen  für  die 
Sicherheit  Britisch-Indiens,  in  Gang  zu  bringen,  bis  deren  eigene  vollstän- 
dige Niederlage  im  letzten  Kriege  und  die  darauf  erfolgte  erste  Zerstück- 
lung   ihres    Beiches    die    Täuschung    zunichte    machte. 

Andere  Nachbarvölker.  — -  Shans.  Die  nördlichen  Nachbarn,  die  zins- 
pflichtigen  Shan-Staaten  Zimmay,  Laboung  und  Yaihaing,  sind  gleichfalls  von 
Ackerbauern  bevölkert;  die  bergige,  subalpine  Gegend,  die  sie  bewohnen, 
veranlasst  sie,  zum  Theil  auch  als  Hirtenstämme  zu  leben.  Sie  scheinen 
in  schwache  Stämme  getheüt  zu  sein,  und  geben  ihren  Hass  gegen  die 
Burmesen  offen  zu  erkennen,  sind  aber  zu  unbedeutend,  um  je  sich  unab- 
hängig machen  zu  können;  bisher  haben  sie  sich  gegen  die  Briten  freund- 
lich gezeigt  und  sich  eifrig  darum  beworben,  sich  unter  deren  Schutz  be- 
geben   zu    dürfen. 

Siamesen.  Das  Königreich  Siam,  die  Tenasserim-Provinzen  gegen  0. 
begränzend,  beruht  auf  den,  in  jenen  Ländern  allgemein  anerkannten  und 
angenommenen  Grundsätzen.  Die  Begierung  ist  eine  unumschränkte ,  oft 
sehr  strenge  Alleinherrschaft;  indess  scheint  die  siamesische  Begierung 
vor  der  burmesischen  einen  Schritt  in  der  Gesittung  voraus  zu  haben, 
denn  ihr  Herrscher  beschützt  den  Feldbau  und  ermuthigt  den  Handel;  die 
Einwohner  sind  sichtlich  betriebsamer  und  das  Land  desshalb  auch  reicher. 
Von  der  Fruchtbarkeit  des  grossen  Thaies  und  der  Ebenen  im  Delta  des 
Meran-Flusses  wird  viel  erzählt.  Die  Menge  der  in  Siam  ansässigen  Chi- 
nesen hat  unbezweifelt  zum  allgemeinen  und  bessern  Anbau  viel  beigetra- 
gen. Der  noch  bis  heute  herrschende  Gebrauch,  die  ganze  Bevölkerung 
eroberter  Landstriche  in  entfernte  Gegenden  zu  treiben  und  sie  dort 
zwangsweise  zum  Feldbau  zu  verwenden,  scheint,  so  verderblich  sie 
an  sich  den  unbevölkerten  Landstrichen  sein  mag,  doch  darauf  hinzu- 
deuten, dass  die  Begierung  landwirtschaftliche  Arbeitskraft  gebührend  zu 
würdigen  weiss.  Wenn  auch  sichere  Angaben  über  das  Gesammteinkommen 
noch  fehlen ,  so  lässt  sich  doch  nur  allein  aus  den  zu  Bankouk 
erhobenen  Gebühren;  dasselbe  auf  wenigstens  das  Doppelte  des  Einkom- 
mens   des    burmesischen    Beiches    abschätzen. 

Bisher  hat  sich  der  Hof  zu  Bankouk  gegen  die  britisch-indische  Be- 
gierung freundschaftlich  und  von  bestem  Willen  erwiesen;  theils  aus  Be- 
sorgniss  für  die  eigene  Sicherheit,  theils  wegen  der  erblichen  Feindschaft 
gegen  die  Burmesen,  als  deren  natürliche  Feinde  ihnen  Grossbritanien  gilt. 
Die  Burmesen  und  Siamesen  sind  lange  Zeit  Nebenbuhler,  und  daher  nie- 
mals Freunde,  gewesen;  die  Schwächung  der  Ersteren  trug  zur  Kräfti- 
gung der  Letzteren  bei.  Vor  dem  britisch-burmesischen  Kriege  vermochte 
keine  der  beiden  einheimischen  Mächte,  ungeachtet  sie  fast  ununterbrochen 
in  wechselseitigem  kleinen  Kriege  standen,  die  andere  zu  unterjochen,  da 
sie    einander    an    Kriegsmacht    und    Tapferkeit    gleich    waren. 

In  letzter  Zeit  beschränkte  sich  ihre  Kriegführung  auf  zeitweise  Ein- 
fälle auf  wechselseitige,  beiden  Theilen  gleich  schädliche  Verheerungen. 
In  Folge  dessen  verwandelten  sich  die  beiderseitigen  Grenzgebiete  in  eine 
Wüstenei,  und  daher  kömmt  es,  dass  die  Grenzstriche  der  Tenasserim 
Provinzen  gegen  Siam,  in  einer  Breite  von  8  bis  30  (engl.)  Meilen  gänz- 
lich    verödete,   unbewohnte,    ununterbrochene    Waldstrecken   sind. 

Aus  Dr.  Bichardson's  neuesten  Berichten  geht  hervor,  dass  die 
hohe    Meinung,     welche    der    Hof    von    Bankouk   von    britischer    Macht    aus- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schritten  über  die  Tenasseiim-Provinzen  etc.  27  l 

schliesslich  nach  Massgabe  des  Erfolges  britischer  Waffen  im  letzten  Kriege 
gefasst  hatte,  in  den  letzten  zwei  Jahren  sich  etwas  vermindert  habe.  Mit 
dem  wiederkehrenden  Glauben  an  ihre  eigene  Stärke  und  der  verminder- 
ten Furcht  vor  ihrem  neuen  Nachbarn,  dürften  auch  die  freundschaftli- 
chen Gesinnungen  und  der  Wunsch  nach  wechselseitigem  Frieden  einige 
Veränderung    erleiden. 

Siaino-Malayen.  Die  Siamesen  sind  in  der  malayischen  Halbinsel  als 
Eroberer  aufgetreten.  Die  kleinen  Staaten  im  Süden  der  Tenasserim-Pro- 
vinzen  (deren  Grenze  der  Packchan-Fluss,  unter  9°  57'  ausmündend,  be- 
zeichnet) stehen  unter  siamesischer  Oberherrschaft.  Ihre  Bewohner  sind  ge- 
mischter Abkunft;  zunächst  den  Tenasserim-Provinzen  sind  es  Siamesen  oder 
vormals  gefangene  Burmesen,  auch  wohl  Leute  von  der  östlichen  Grenze 
von  Siam,  nebst  solchen,  die  aus  anderen  Landstrichen  gewaltsam  herbeigeführt 
wurden.  In  den  unteren  Gegenden  der  Halbinsel  sind  die  Einwohner  siamisch- 
malayischer,  und  näher  der  Südspitze,  rein  malayischer  Abkunft.  Die  siamesi- 
sche Regierung  scheint  in  diesen  Gegenden  eine  viel  strengere  Herr- 
schaft auszuüben,  als  innerhalb  des  eigentlichen  Siam,  und  desswegen  auch 
dort    verhasster    zu    sein. 

Malayen.  Die  Tenasserim-Provinzen  haben  nur  mit  einer  geringen 
Anzahl  Malayen,  welche  die  Höhlen  mit  essbaren  Vogelnestern  im  Mergui- 
Archipel   von  der  Regierung    gepachtet  haben,    einigen  Verkehr. 

Nicobaresen  Die  Bewohner  der  Nicobaren,  offenbar  von  Individuen 
der  umwohnenden  Völkerschaften,  welche  auf  diese  Inseln  verschlagen  oder 
durch  irgend  einen  Zufall  zerstreut  wurden,  abstammend,  sind  in  politi- 
scher Hinsicht  ganz  bedeutungslos.  Die  Burmesen  in  den  Tenasserim-Pro- 
vinzen treiben  einen  Tauschhandel  mit  diesen  Inselbewohnern.  Die  Nico- 
baresen tauschen,  gegen  Schiffsladungen  von  Cocosnüssen ,  Tuch,  Rauch- 
tabak, Eisen-  und  Töpferwaaren  von  den  Burmesen  ein.  Sie  können  für 
jetzt  als  unabhängig  gelten,  da  von  der  Herrschaft  oder  der  Ansiedlung  der 
Dänen,  welche  zu  wiederholten  Malen  die  Besitznahme  einiger  dieser  Inseln 
angestrebt    haben,    gegenwärtig    keine    Spur    mehr    vorhanden   ist. 

Andamaoesen.  Am  Schluss  dieser  Aufzählung  müssen  noch  die  Anda- 
manesen  erwähnt  werden,  welche  vielleicht  auf  der  tiefsten  Stufe  der  Ge- 
sittung stehen,  auf  welche  das  Menschengeschlecht  herabzusinken  vermag. 
Sie  sind  von  einer  Negerrace  mit  krausem  Wollhaar,  klein  von  Wuchs,  der  Ge- 
sittung fast  ganz  unzugänglich,  selbst  wenn  sie  als  Kinder  eingefangen 
werden.  Sie  wohnen  auf  Bäumen,  unter  auf  Pfählen  gestützten  Baumrinden, 
oder  in  Bergklüften  und  nähren  sich  von  rohen  Naturprodukten,  vorzüg- 
lich von  Schalthieren,  die  sie  am  Meeresgestade  einsammeln.  Sie  sollen 
Menschenfresser  sein.  Keiner  Nation  ist  es  noch  gelungen,  eine  freund- 
schaftliche Verbindung  mit  ihnen  einzugehen,  da  sie  jeden  Fremden  als 
einen  Feind  betrachten,  den  sie,  wo  sie  es  können  umbringen.  Dafür  wer- 
den sie  auch,  so  oft  sie  zufällig  mit  Fremden  zusammenkommen,  von  die- 
sen ohne  Umstände  niedergemacht.  Das  Innere  dieser  grossen  und  inte- 
ressanten Inseln  ist  noch  unerforscht.  Das  Gestade  wird  von  den  burme- 
sischen Bewohnern  von  Tenasserim  und  von  Malayen  besucht,  welche 
dort  Seeschneken  und  essbare  Vogelnester  einsammeln.  Diese  zeitweiligen 
Besucher  kommen  mit  den  wilden  Eingebornen  wenig  in  Berührung  und 
leben  während  der  Sammelzeit  auf  ihren  Booten  oder  bauen  zu  ihrer  Ver- 
teidigung eine  Art  Verschanzungen.  Ungeachtet  der  günstigen  Lage  die- 
ser  Inseln    in    der    Bai    von    Bengalen,  ungeachtet    des    schönen    Hafens    von 


272  Ur>  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Port  Cornwallis,  haben  die  Engländer  den  mehrmals  begonnenen  Versuch 
ein  Depot  für  Handels-  und  militärische  Zwecke  dort  zu  begründen,  gänz- 
lich   aufgegeben. 

Holländer.  Mit  Ausnahme  der  Spanier,  welche  die  philippinischen 
Inseln  inne  haben,  sind  die  Holländer  nebst  den  Britten  die  einzige 
europäische  Macht,  welche  Besitzungen  in  den  Ländern  Hinter-Asiens 
inne  hat.  Indess  ist  nicht  nur  ihre  Nachbarschaft,  sondern  sogar  ihre 
Existenz  den  Bewohnern  von  Tenasserim  unbekannt;  mit  ihren  Häfen 
besteht  weder  Verbindung  noch  Verkehr  und  ich  glaube,  dass  seit  der 
britischen  Besitznahme  kein  einziges  holländisches  Schiff  sich  dieser  Küste 
genähert    hat. 

Franzosen.  Einige  alte  Einwohner  erinnern  sich  der  Franzosen.  Wäh- 
rend des  letzten  Krieges  lagen  deren  Flotten  eine  Zeit  lang  in  der 
Bucht  von  King's  Island,  um  die  nach  China  handelnden  Ostindienfahrer 
aufzufangen  und  die  Burmesen  zeigten  mir  sowohl  ihren  Sammelplatz, 
als  den  Bach,  aus  dem  sich  ihre  Schiffe  mit  Wasser  versahen.  Die 
Franzosen  wagten  sich  indess  nie  in  das  Innere  und  die  Eingebornen, 
welche  damals  kaum  wussten,  dass  es  Engländer  gebe,  konnten  natürlich 
von    den    Beziehungen    zwischen    beiden    Mächten    keine    Ahnung    haben. 

Verkehr  mit  den  Chinesen.  Obwohl  eine  Menge  Chinesen  sich  in 
den  Tenasserim-Provinzen  als  Handelsleute  ansässig  gemacht  haben,  besteht 
doch,  weder  zu  Land  noch  zu  Wasser  ein  unmittelbarer  Verkehr  mit 
China.  Eine  Karavane  aus  der  chinesischen  Provinz  Yunan  näherte  sich 
im  vorigen  Jahre  auf  15  bis  20  Tagereisen  der  Stadt  Maulmain,  und 
beabsichtigte  diese  Stadt  selbst  zu  Handelszwecken  zu  besuchen;  indess 
hinderten  Eifersucht  und  Besorgniss  überhaupt,  so  wie  die  bereits  offenbar 
feindseligen  Absichten  des  burmesischen  Usurpators,  diese  unternehmenden 
Männer  an  Erfüllung  ihres  Vorhabens.  Sie  sollen  dadurch  bedeutende 
Verluste  erlitten  haben  und  vermuthlich  werden  sie  nicht  einen  zweiten 
derartigen  Versuch  wagen,  bis  nicht  die  Verhältnisse  der  kleinen  Staaten 
im  Norden,  deren  Gebiet  die  Chinesen  durchziehen  müssen,  sicherer  und 
fester    begründet    sein    werden. 

Völkerschaften  nnd  Stämme,  welche  die  Tenasserim-Provinzen  bewohnen. 
Beständige  Veränderungen  in  lndo-fhina.  Die  Jahrhunderte  alte  Stetigkeit 
der  Verhältnisse  im  eigentlichen  China  und  in  Japan  steht  im  auffallenden 
Gegensatze  zu  den  beständigen  und  durchgreifenden  Veränderungen  in  den 
angrenzenden  Indo  -  chinesischen  Ländern,  nämlich:  Cochin-  China,  Tonkin, 
Cambogia,  Anjam  oder  Loas,  Siani  und  Burmah.  Ein  Volksstamm  vertilgt 
den  andern  und  wird  wieder  von  nachfolgenden  Eroberern  überwältigt 
und  vertrieben.  Die  eben  genannten  Reiche  sind,  so  wie  sie  jetzt  be- 
stehen, auf  den  Trümmern  besiegter  Völker,  deren  Geschichte  nicht  selten 
ganz    verloren    gegangen    ist,    aufgebaut. 

Alompra's  Reich.  Diess  war  auch  das  Schicksal  der  Gebiete  des 
burmesischen  Reiches  und  das  gegenwärtige  Herrscherhaus  desselben  ist 
erst  neueren  Ursprungs.  Unter  günstigen  Umständen  stürzte  Alompra  nach 
vielen  Kämpfen,  Blutvergiessen  und  Verheerungen  das  Reich  Pegu  und 
gründete  ein  neues  zu  Amarapoora,  von  wo  aus  seine  siegreichen  Heere 
sich    über    weite    Länderstrecken    ausbreiteten. 

Geschichte  von  Tenasserim.  Die  Geschichte  der  Tenasserim-Provinzen 
ist  in  Dunkel  gehüllt.  Wer  deren  erste  Bewohner  waren,  ist  kaum  zu 
vermuthen,     da    man    nicht    einmal    weiss,    von    wem    dieselben    vor    vier 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenassenm-Provinzen  etc.  273 

Jahrhunderten  bewohnt  waren.  Nach  den  Karäern  zu  urtheilen,  welche 
deren  Inneres  bewohnen  und  alle  nach  einander  folgenden  Umwälzungen 
und  Eroberungen  überdauert  haben  und  aus  Gründen  der  Analogie  lässt 
sich  annehmen,  dass  diese  ersten  Einwohner  mongolischen  Stämmen  an- 
gehört haben,  ßurmah,  Siam  und  Cambogia  scheinen  ihre  ursprüngliche 
Bevölkerung  vom  Norden  her  empfangen  zu  haben  und  es  ist  sehr  unwahr- 
scheinlich, dass  die  Bewohner  von  Tenasserim  sich  je  mit  der  malayischen 
Bace    vermischt    hätten. 

Die  verhältnissmässig  späte  Ankunft  dieser  Bace  von  Menamcaboo 
nach  Sumatra  und  auf  der  malayischen  Halbinsel,  was  sie  in  den  Bezirken 
von  Jabor,  Malacca  und  Queda  Colonien  bildete,  gilt  nunmehr  fast  allge- 
mein für  eine  nahezu  unzweifelbare  Thatsache  und  wenn  diess  der  Fall 
ist,  blieb  ihnen  keine  Zeit  mehr  übrig,  sich  nach  Norden  hin  zu  zer- 
streuen. —  Seit  200  Jahren  her  scheinen  die  Einwohner  von  Tali-Abkunft 
einigermassen  den  Siamesen  verwandt  gewesen  zu  sein;  Martaban  wird 
in  den  Berichten  der  Portugiesen  als  ein  sehr  wichtiger  Handelsplatz 
genannt  und  die  Stadt  Tenasserim  war  eine  bedeutende  Festung.  Die 
Provinzen  blieben  unter  siamesischer  Herrschaft  bis  in  den  späteren  Jahren 
des  18.  Jahrhunderts,  der  Eroberer  Alompra  sie  in  Besitz  nahm  und 
ungeachtet  der  wiederholten  Streitigkeiten  mit  den  Siamesen  und  deren 
Einfälle,  blieben  sie  ein  Theil  des  burmesischen  Beichs  bis  zu  ihrer 
Einverleibung    in    die   britisch-ostindischen    Besitzungen    (1826). 

Wechsel  der  Bevölkerung.  Mit  den  neuen  Eroberern  kamen  neue  An- 
siedler. Nach  Alompra's  Eroberung  scheinen  sich  die  Siamesen  sämmtlich 
weggezogen    zu    haben    und    durch    Burmesen    ersetzt    worden    zu    sein. 

Gewaltsame  Bevölkerungsweise.  In  vielen  Fällen  geschah  die  Einfüh- 
rung neuer  Bewohner  zwangsweise,  wie  noch  jetzt  die  burmesischen  Be- 
wohner des  Dorfes  Tenasserim  beweisen.  Nach  der  Eroberung  und  Zer- 
störung dieser  einst  wichtigen  Stadt,  beabsichtigten  die  Statthalter  sie 
wieder  aufzubauen,  indess  waren  die  dorthin  verpflanzten  Burmesen, 
mehr  als  irgend  anderswo,  den  fortgesetzten  Einfällen  der  Siamesen 
preisgegeben,  welche  alle  ihre  burmesischen  Gefangenen  in  die  Knecht- 
schaft zu  schleppen  pflegten.  Aus  diesem  Grund  kehrten  die  Einwohner 
zu  wiederholten  Malen  an  die  Seeküste  zurück  und  so  wurde  Mergui 
zum  Hauptorte  der  Provinz.  Um  indess  die  Bewohner  zu  zwingen  in 
Tenasserim  zu  bleiben,  wurde  eine  Anzahl  vormaliger  Ausreisser  mit  einem 
gemalten  Binge  um  die  Augen  und  einer  Inschrift  auf  der  Brust  bezeichnet 
und  man  findet  noch  jetzt  zu  Mergui  und  Tenasserim  viele  alte  Leute 
mit    solchen    unvertilgbaren    Zeichen. 

Gegenwärtige  Bewohner  von  Tenasserim.  Die  gegenwärtigen  Bewohner 
der  Tenasserim -Provinzen,  nicht  über  100,000,  sind  Burmesen,  Talier, 
Siamesen,    Karäer,    Seelongs    und    Fremdlinge. 

1.  Burmesen.  Die  Burmesen,  einst  Eroberer  und  Herren  des  Landes, 
sind  gegenwärtig  die  zahlreichsten.  Ihr  Hauptsitz  war  Martaban ;  nach 
dieser  Stadt  war  Mergui  die  zweite,  Ye  die  dritte  Absiedlung.  Maulmain 
ist  neueren  Ursprungs  und  erst  seit  der  britischen  Besitznahme  empor- 
gekommen. 

Lage  ihrer  Dörfer.  Alle  Dörfer,  Weiler  und  selbst  vereinzelte  Pflan- 
zungen der  Burmesen  liegen  an  der  Seeküste  oder  an  den  Ufern  schiff- 
barer Flüsse  oder  Buchten;  sie  siedelten  sich  nie  tief  im  Innern  an,  selbst 
nicht    als    sie    zuerst    in    dieses    Land    kamen.   —  Furcht    vor    den    Einfällen 


274  Dr.  Johann  Wilhelm  llelfer's 

der  Siamesen,  natürliche  Vorliebe  für  die  Nähe  des  Wassers  und  die 
Leichtigkeit  des  Personen-  und  Güterverkehrs  in  einem  Land  ohne  oder 
mit  schwer  gangbar  zu  haltenden  Strassen,  mögen  die  Ursachen  dieser 
Erscheinung    sein. 

2.  Talicr,  deren  Herkunft.  Die  Talier  sind  die  Bewohner  des  König- 
reiches Pegu,  vormals  die  Herren  von  Burmah,  jetzt  unterjocht  und  die 
Knechte  der  Burmesen,  von  welchen  sie  seitdem  immer  hart  und  grausam 
behandelt  wurden.  Der  grösste  Theil  des  ursprünglichen  Gebietes  dieses 
Volkes  ist  ebener,  fruchtbarer  Reisboden  und  die  Anlagen  der  Talier 
scheinen  ihnen  den  Berufe  von  Landwirthen  und  insbesondere  von  Reis- 
bauern,   zugewiesen    zu    haben. 

Deren  Wohnstellen.  Die  Talier  verbreiteten  sich  von  den  mächtigen 
Alluvial-Absätzen  des  Irawaddy-Flusses,  welche  jetzt  von  dessen  zahlreichen 
Verzweigungen  durchschnitten  werden  und  von  den  Ufern  der  Flüsse 
Pegu  und  Sittary,  bis  zum  Salween-Flusse.  Es  scheint,  dass  die  Bedrückung, 
welche  die  wenig  überwachten  Statthalter  gegen  sie  ausübten,  sie  genö- 
thigt    habe    sich    auszubreiten    und    sich    zurückzuziehen. 

Die  Provinz  Martaban,  jetzt  unter  der  Benennung  „  Provinz  Am- 
herst ^  theil  weise  unter  britischer  Herrschaft,  war  gleichfalls  von  Taliern 
bewohnt,  welche  sich  von  dort,  von  den  Ufern  des  Salween  aus  ostwärts 
über  die  Ebenen,  welche  die  Flüsse  Attaran  und  Guin  durchströmen, 
ausgebreitet  zu  haben  scheinen.  Der  Gebirgszug  im  Osten  (gegenwärtig 
die  Grenze  zwischen  Teiiasserim  und  Siam)  schied  sie  von  den  reichen 
Gebieten  des  Menam  und  scheint  ihrer  weitern  Ausbreitung  von  Westen 
nach    Osten    Schranken    gesetzt    zu    haben. 

Gründe  ihrer  Wanderungen  nach  Osten.  Die  Bedrückungen  der  Bur- 
mesen in  jenen  vom  Sitz  der  Regierung  entfernten  Gegenden  mögen 
wohl  unerträglich  hart  geworden  sein,  da  auf  einmal  40,000  lMenschen 
von  der  Provinz  Amherst  nach  Siam  hinüberzogen,  um  das  Joch  der 
Burmesen  gegen  einen  mildern  Despotismus  zu  vertauschen.  Amherst 
Provinz    war    fast    unbewohnt,    als    es    britisches    Gebiet    wurde. 

Gesinnungen  der  Talier  gegen  die  Britten  bei  deren  ersten  Ankunft. 
Beim  Beginn  des  letzten  burmesischen  Krieges  brachte  die  Ankunft  eng- 
lischer Soldaten  in  Pegu  einen  ungewöhnlichen  Eindruck  unter  den  Pegua- 
nern  hervor;  die  Mehrzahl  der  Letztern  hatten  früher  niemals  Europäer, 
welche  man  ihnen  als  Menschenfresser  schilderte,  gesehen.  Nachdem  sich 
die  erste  Aufregung  gelegt  hatte  und  die  Peguaner  Gelegenheit  gehabt 
hatten  wahrzunehmen,  dass  die  fremden  Eroberer  nicht  nur  Menschen 
waren,  wie  andere,  sondern  viel  mehr  Milde  zeigten,  als  sie  mit  der 
Eigenschaft  von  Soldaten  sich  vereinbar  dachten,  fingen  sie  an  dem  bri- 
tischen Heere  Beistand  zu  leisten,  ihr  Hass  gegen  ihre  langjährigen  Un- 
terdrücker brach  neuerdings  aus  und  sie  sehnten  sich  aufrichtig  nach 
dem    gänzlichen    Umsturz    des    burmesischen    Despotismus. 

Der  Geschichtsschreiber  wird  mit  Bedauern  aufzeichnen,  dass  durch 
den  Frieden  von  Yandaboo  das  eroberte  Pegu  dem  Hofe  von  Ava  zurück- 
gegeben wurde.  Hierdurch  wurden  jene  treuen  Bundesgenossen  wieder 
unbedacht,  und  man  möchte  sagen,  unbamherzig,  wieder  in  die  Hände 
ihrer  unversöhnlichen  Bedrücker  gegeben;  was  sie  nicht  im  Ge- 
ringsten erwarteten,  da  sie  nicht  begriffen,  wie  ein  Eroberer  das,  was 
er  einmal  unbestreitbar  inne  hatte,  freiwillig  aufgeben  konnte.  Viele 
suchten,     wie    natürlich,     eine     Zuflucht     in     den    Provinzen     von     Tenas- 


gedruckte  und   ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Piovinzen  elc  275 

serim;  Viele,  besonders  in  den  entfernteren  Gegenden,  konnten  im  ersten 
Augenblick  ihre  Angehörigen  und  ihre  Habe  nicht  fortschaffen  und  wurden 
später  von  den  burmesischen  Behörden  daran  gehindert.  Die  Abtretung 
des  Königreichs  Pegu  ist  das  Einzige,  was  dieser  unglückliche  Volks- 
stamm   den    Engländern    vorwerfen    kann. 

Maulmain  von  Taliern  bevölkert.  Die  neue  Ansiedlung  Maulmain 
gegenüber  von  Martaban,  nunmehr  die  Hauptstadt  der  Tenasserim-Pro- 
vinzen,  wurde  in  der  ersten  Zeit  fast  ganz  von  Taliern  bevölkert  und 
heut  zu  Tage  berechnet  man  dort  das  Verhältniss  der  Burmesen  zu  den 
Taliern    wie    1    zu    20. 

Verwischung  ihrer  onterscheidenden  Züge.  Gegenwärtig  unterscheiden 
sich  die  Talier  von  den  Burmesen  nicht  merkbar  durch  ihre  Züge;  die 
beständige  Vermischung  beider  Stämme  durch  eine  lange  Beihe  von  Ge- 
nerationen,   mag    wohl    die  Unterschiede    aufgehoben    oder    verwischt  haben. 

Bestehen  der  Tali-Sprache.  Ihre  Sprache  beweiset  indess,  dass  sie 
ein  selbstständiges  Volk  sind;  sie  haben  diese  bis  auf  den  heutigen  Tag 
bewahrt  und  sie  soll  kaum  irgend  eine  Aehnlichkeit  mit  der  Burmesischen 
haben.  Die  Tali-Sprache  nimmt  schnell  ab  und  wird  wahrscheinlich  ver- 
löschen, wenn  die  Talier  (welche  kaum  eine  Aussicht  haben,  ein  unab- 
hängiges Volk    zu    werden)    noch    ferner    unter    fremder  Herrschaft    bleiben. 

Burmesische  Sprache  allgemein  angenommen.  Im  britischen  Tenasserim 
ist  das  Burmesische  als  Sprache  des  Hofes,  der  öffentlichen  Verhandlungen 
und  des  allgemeinen  Verkehrs  angenommen;  was  nur  billig  ist,  da  es 
von  der  Mehrzahl  der  Bewohner  gesprochen  wird  und  worüber  sich  die 
Talier  nicht  beschweren  können,  da  zwei  Drittheile  derselben  nebst  ihrer 
Muttersprache  auch  Burmesisch  sprechen.  Die  Haupt-  und  fast  einzige 
Beschäftigung  der  Talier  ist  Feldbau  und  nahezu  ausschliesslich  Beisbau, 
sie  ziehen  sich  kaum  je  in  die  Berge  und  finden  das  meiste  Behagen 
an  dem  amphibischen  Leben  des  Beispflanzers  während  6  Monaten  des  Jahres. 

3.  Entfernung  der  Siamesen  aus  Tenasserim.  Nahezu  alle  Siamesen 
zogen  sich  nach  Alompra's  Eroberung  aus  diesen  Provinzen  zurück, 
mit  Ausnahme  zweier  Dörfer  im  S.  von  Mergui :  Boukpeen  und  Lennya, 
in  denen  nie  ein  Burmese  gewohnt  hat,  da  dieser  Theil  des  Landes 
immer  ein  streitiger  Bezirk  geblieben  ist.  Seit  der  Eroberung,  und 
vermuthlich  noch  früher,  haben  sich  Burmesen  und  Siamesen  nur  als 
Feinde  begegnet;  das  System  des  abwechselnden  kleinen  Krieges,  mit 
Menschenraub,  Plünderung  und  Verheerung  in  seinem  Gefolge,  blieb  unun- 
terbrochen thätig  längs  der  Grenzbezirke,  welche  dadurch  bald  in  eine 
Wüste  (wie  sie  es  noch  jetzt  sind)  verwandelt  wurden.  Die  Siamesen 
scheinen  das  grösste  Geschick  zu  diesen  Plünderungszügen  besessen  zu 
haben,  sie  waren  zugleich  die  zahlreicheren  und  kühneren,  denn  die 
burmesischen  Absiedlungen  in  diesen  Provinzen  konnten  nur  als  zum  Theil 
zwangsweise  begründete  und  durch  Furcht  zusammengehaltene  Colonien  gelten. 

Sicherheit  seit  der  britischen  Besetzung.  Als  beim  Beginn  der  britischen 
Herrschaft  Sicherheit  der  Person  und  des  Eigenthums  sich  begründete, 
wurde  der  siamesischen  Begierung  zu  verstehen  gegeben,  dass  solche 
Baubzüge,  wie  sie  unter  burmesischer  Herrschaft  gang  und  gäbe  waren, 
als  Friedensbruch  angesehen  würden.  Die  siamesische  Begierung  setzte 
etwa  1000  Menschen  aus  der  Provinz  Mergui  in  Freiheit,  welche  über- 
geben wurden  und  in  ihre  Heimath  zurückkehrten.  Den  Siamesen  wurde 
natürlich    erlaubt,    als    Freunde    in    die    eroberten    Provinzen    zu    kommen. 


276  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Anfangs  zeigten  sie  sich  furchtsam;  sohald  sie  aber  den  Unterschied 
zwischen  burmesischer  und  englischer  Herrschaft  wahrnahmen,  gewannen 
sie  Vertrauen.  So  wie  einst  burmesische  Unterthanen  nach  Siam  flohen, 
um  unter  milderem  Joch  Schutz  zu  suchen,  so  suchen  nunmehr  die  Sia- 
mesen    eine    Zuflucht    in    Tenasserim. 

Nene  AnsiedlnngeD  der  Siamesen.  Die  ganz  aus  neuen  Einwanderern 
bestehende  siamesische  Bevölkerung  ist  in  schneller  Zunahme  und  diese 
Flüchtlinge  haben  in  verschiedenen  Theilen  der  Provinz  Ansiedlungen 
gegründet,  hauptsächlich  in  der  Provinz  Mergui,  wo  sie  sich  längs  der 
Ufer  des  grossen  und  kleinen  Tenasserim-Flusses  ausbreiten.  Dieser  Aus- 
wanderung stellt,  wie  man  sagt,  die  siamesische  Regierung  grosse  Hin- 
dernisse entgegen;  man  versichert,  dass  Enthauptung  das  unabwendbare  Loos 
der    aufgegriffenen    Auswanderer    sei. 

Sie  haben  grosse  Schwierigkeiten  (nebst  der  steten  Gefahr  ergriffen 
zu  werden)  in  den  unwegsamen  Wildnissen  zu  überstehen,  bevor  sie 
die  nächste  britische  Station  in  Tenasserim  erreichen;  ganze  Familien 
kommen  nicht  selten  von  ihrem  Weg  ab  und  irren  Monate  lang  in  den 
Wäldern  herum,  ihr  Leben  nothdürftig  mit  wilden  Früchten,  Blättern  und 
Rinden  fristend,  bis  sie  in  die  Nähe  der  Meeresküste  gelangen.  Es  lässt 
sich  denken,  dass  ohne  diese  Hemmnisse  die  siamesische  Einwanderung 
viel    bedeutender    wäre,    als    sie   bisher    ist. 

Charakter  der  Siamesen.  Die  Siamesen  sind  ein  fleissiger,  abgehärteter 
Stamm  und  unternehmender  als  die  Burmesen,  dabei  lenksam,  ruhig,  ge- 
horsam und  ordnungsliebend,  ihre  zahlreiche  Einwanderung  wäre  für  die 
Wildnisse  von  Tenasserim  sehr  wünschenswerth.  —  Sie  sind  die  Ein- 
zigen, welche  den  Bau  des  Zuckerrohres  zum  Behuf  der  Zuckerberei- 
tung eingeführt  haben,  wie  begreiflich  bisher  noch  in  so  geringer  Aus- 
dehnung, dass  dieser  Zweig  noch  keine  grosse  Bedeutung  erlangt  hat. 
Viele  von  ihnen  sind  eigentliche  Jäger,  Monate  lang  in  den  wildesten 
Wäldern  lebend,  um  dort  Elephanten,  des  Elfenbeins  wegen,  zu  schiessen; 
sie  beschäftigen  sich  überhaupt  mit  dem  Fange,  der  Zähmung  und  der 
Wartung  von  Elephanten,  welche  in  ihrem  eigenen  Lande  die  wichtigsten 
Hausthiere  sind,  während  in  den  Tenasserim-Provinzen  unter  burmesischer 
Herrschaft  diese  Thiere  im  zahmen  Zustande  kaum  je  bekannt  waren. 
Die  meist  sehr  groben  Züge  der  Mehrzahl  der  Siamesen  in  Tenasserim 
nähern  sich  mehr  dem  malayischen  als  dem  chinesischen  Typus;  ihre 
Weiber  sind  sehr  hässlich,  beide  Geschlechter  aber  gut  gebaut  und  höher 
gewachsen  als  die  Burmesen.  Die  Jäger  insbesondere  sind  sehr  flink, 
lebhaft,  geschickt  und  muthig;  dagegen  sind  die  friedlichen  Landbebauer 
der  beiden  Dörfer  Boakpeen  und  Lennya,  welche  vor  der  britischen  Be- 
setzung bestanden,  eher  von  trägen  Naturell.  Wir  dürfen  die  Siamesen 
nicht  nach  ihrem  Auftreten  in  Tenasserim  beurtheilen,  denn  sie  waren 
bis  dahin  die  ärmste  Klasse  eines  gedrückten  und  geknechteten  Volkes, 
welche  die  Noth  allein  antrieb,  eine  friedliche  Freistätte  aufzusuchen. 
Die  wohlhabenderen  und  günstiger  gestellten  Siamesen  im  grossen  Delta 
oder  Thale  des  Meram  und  jene  gegen  den  Golf  von  Cambogia  sollen 
geistig  weit  vorgeschritten  sein  und  die  grosse  Anzahl  der  unter  ihnen 
lebenden  Chinesen  mag  ihnen  wohl  verfeinetere  Sitten  und  bessere  Weisen 
des    Feldbaues    mitgetheilt   haben. 

4.  Die  Karäer  —  ihr  Ursprung.  Die  Karäer  sind  die  ältesten  Be- 
wohner der  Provinzen  und  haben  darin  den  Stoss  der   aufeinander  folgenden 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  277 

Umwälzungen  überdauert.  Ihr  Ursprung  lässt  sich  nicht  nachweisen.  Einige 
vennuthen  in  ihnen  die  Ureinwohner  des  Landes;  Andere  behaupten,  sie 
seien  die  Trümmer  eines  grossen,  in  Knechtschaft  und  Abhängigkeit  ver- 
fallenen Volkes,  welches  sein  Vaterland  verlassen  und  sich  später  weit 
über  Indo-China  verbreitet  hat,  da  man  sie  vom  11.  bis  23.  Grad  N.  B. 
findet.  Die  amerikanischen  Missionäre,  welche  sich  viel  mit  diesem  Volke 
beschäftigen  meinen,  die  Karäer  seien  ursprünglich  aus  Thibet  gekommen; 
sie  stützen  diese  Meinung  indess,  wie  es  scheint,  nur  auf  die  Gleich- 
heit  der   Nahmen    und    einiger    Gebräuche. 

Deren  Stelluns.  Wo  immer  die  Karäer  im  Lande  vorkommen,  ist  ihre 
Stellung  eine  untergeordnete,  mit  Ausnahme  der  sogenannten  „rothen  Ka- 
räer" im  N.  von  Maulmain,  welche  dem  Einflüsse  der  Burmesen  wider- 
standen haben;  diese  sind  Bergbewohner  und  leben  von  Beute  und  Plün- 
derung. —  Die  Karäer  der  Tenasserim-Provinzen  bewohnen  in  abgeschlos- 
senen Kolonien  jene  Landstriche  des  Binnenlandes,  welche  von  den  übri- 
gen Einwohnern  nicht  besetzt  sind,  dort  wählen  sie  sich  ihre  Wohnstät- 
ten an  den  Ufern  den  der  Flüsse  oder  in  entlegenen  Thälern.  Ihre  Ge- 
meinden sind  meist  nicht  über  3  bis  12  Häuser  oder  Familien  stark.  Da 
sie  sich  nur  unter  einander  verheirathen,  sind  sie  Alle  wechselseitig  nahe 
verwandt.  Einsame  Hütten  von  Karäern  finden  sich  oft  an  Stellen,  um 
welche  Meilen  weit  kein  anderes  menschliches  Wesen  zu  finden  ist.  Sie 
leben  ausschliesslich  von  den  Erträgnissen  des  Bodens;  sie  bauen  nähm- 
lich  Bergreis  und  einige  andere  unentbehrliche  Gegenstände,  meist  nur, 
was  sie  zum  eigenen  Gebrauch  bedürfen.  Sehr  selten  hat  ein  Karäer 
Ueberschuss  weit  öfter  nicht  einmahl  das,  was  er  zur  Erhaltung  bedarf. 
—  Auswanderung  scheint  mit  den  Verrichtungen  eines  Landbauers  nahezu 
unverträglich  und  ist  jedenfalls  eine  seltsame  Anomalie  in  einem  höchst 
fruchtbaren  Lande,  dennoch  erhalten  sich  die  Karäer  ganz  allein  vom  Er- 
trag   ihres    Anbaues    und    haben    keine    bleibend    festen    Wohnstätten. 

Weisen  des  Anbaoes.  Sobald  eine  Karäer-Familie  einen  Platz  zur  Be- 
bauung ausgesucht  hat,  baut  sie  Bambus-Hütten,  mit  Palmblättern  gedeckt, 
dann  wird  ein  Theil  des  Waldes  gelichtet,  gerade  nur  soviel  um  eine 
Bodenfläche  mit  dem  nöthigen  Beis  für  die  Zahl  der  angesiedelten  Per- 
sonen auf  die  Dauer  eines  Jahres  zu  bebauen.  Der  Beis  („ptiddy"J  wird 
ohne  weitere  Urbarmachung  oder  sonstige  Vorbereitung  auf  den  unvoll- 
ständig ausgebrannten  Waldboden  gesäet  und  das  fernere  Notlüge  (Indigo, 
Baumwolle,  Sesam,  Gemüse  u.  s.  w.)  auf  denselben  Fleck  untereinander 
ausgesäet  oder  gepflanzt.  Im  nächsten  Jahre  wird  ein  anderer  Fleck  in 
der  Nähe  gelichtet  und  nach  einigen  Jahren  (oder  wenn  sich  ein  Todtenfall 
in  der  Familie  vor  Ablauf  dieser  Zeit  ereignet)  entfernt  sich  die  Fa- 
milie weiter  weg  und  geht  von  Neuem  an  die  höchst  mühsame  Arbeit, 
ungeheure  Waldbäume  zu  fällen.  Nur  zeitweise  besuchen  sie  noch  ihre 
alte  Ansiedelung,  deren  Ertrag  noch  mehrere  Jahre  überdauert.  So  wan- 
dern die  Karäer  ihr  ganzes  Leben  hindurch  und  haben  nirgends  eine 
bleibende  Wohnstätte.  Verschiedene  Gründe  dieser  ungewöhnlichen  Sitte 
werden  angegeben.  Die  Karäer  selbst  sagen,  eine  und  dieselbe  Stelle 
könne  durch  mehrere  Jahre  hintereinander  keinen  Beis  hervorbringen; 
diese  Behauptung  widerlegt  sich  durch  das  Beispiel  anderer,  ähnlich  gele- 
gener Landstriche,  in  denen  neuer  Grund  und  Boden  nicht  so  reichlich 
vorhanden  sind,  wie  hier.  Andere  behaupten  mit  gleicher  Unwahrschein- 
lichkeit,    der    Grund    liege    in    der    Mühe    das    bebaute    Land    von    Unkraut 


278  Dr.  Mann  Wilhelm  Helfer's 

frei  zu  halten  und  neuerdings  einen  Wald  zu  fallen.  Vermufhlich  liegt 
die  wahre  Ursache  in  der  Wanderlust  der  Karäer  und  in  altherkömm- 
licher Sitte,  wozu  wohl  noch  ihr  grasser  Aherglaube  und  ihre  Furcht 
vor  Ndts  (bösen  Geistern),  welche  nach  ihrer  Meinung,  über  gewisse 
Gegenden  ihre  Herrschaft  ausüben,  kommen  mag.  —  Was  immer  die 
Ursache  einer  solchen  ungewöhnlichen  Sitte  sein  mag,  so  ist  gewiss, 
dass  die  Production  dadurch  vermindert  werden  muss,  indem  sie  allen 
Anbau  perrenirender  Gewachse  aussehliesst,  und  keine  allmählige  Verbes- 
serung aufkommen  lässt;  daher  sind  wohl  auch  die  Karäer  stets  auf  einer 
niedern    Stufe    der    Gesittung    stehen    geblieben. 

los  der  Karner  unter  der  burmesischen  Herrschaft.  Unter  der  burmesi- 
schen Herrschaft  waren  die  Karäer  unterdrückt  und  konnten,  so  oft  es  der 
Regierung  gefiel,  unentgeldlich  zu  öffentlichen  Arbeiten  verwendet  werden. 
Da  die  Beziehungen  zu  ihrem  Gebieter  sie  Misshandlungen  aller  Art, 
ohne  Hoffnung  auf  Abhilfe,  preisgab,  scheint  dieser  Zustand  zunächst  ihr 
Zurückziehen  in  selten  betretene,  mitunter  unzugängliche  Theile  des  Lan- 
des wo  sie  ausserhalb  des  unmittelbaren  Bereichs  ihrer  Dränger  zu  blei- 
ben hofften,  veranlasst  zu  haben.  —  Obwohl  sie,  seit  der  britischen  Er- 
oberung den  Burmesen  gleichgestellt  sind  und  nunmehr  sich  früher  unbe- 
kannter Rechte  und  unparteiischer  Gerechtigkeit  erfreuen ,  sind  sie  noch 
so  furchtsam,  dass  sie  sich  kaum  bereden  lassen,  die  Städte  an  der  Mee- 
resküste zu  besuchen.  —  Sie  haben  eine  eigene  Sprache,  welche  neuer- 
lich durch  die  Bemühungen  der  Missionäre  aus  ihrem  Dunkel  hervorgezo- 
gen worden  ist.  Wiewohl  sie  mit  ihren  Stammgenossen  in  Siam  und  Bur- 
undi in  keiner  Verbindung  stehen,  und  mitunter  durch  ihr  ganzes  Leben 
auf  ihren  engen  selbstgewählten  Kreis  beschränkt  bleiben,  sollen  doch  — 
wie  man  behauptet  —  die  burmesischen  Karäer  an  der  Grenze  von  China 
in  einer  Entfernung  von  13  Breitegraden,  eine  Mundart  derselben  Sprache, 
welche    bei    den    Karäern    der    Provinz    Mergui    gebräuchlich    ist,    sprechen. 

5.  Die  Seelongs,  —  ihr  Irsprung.  Dieses  Volk  ist  wieder  ein,  von 
allen  übrigen  eben  aufgezählten  verschiedenes.  Sie  stehen  am  tiefsten  in 
der  Gesittung,  sind  aber  darum  nicht  minder  interessant.  —  Die  Seelongs 
sind  die  Bewohner  der  Inseln  des  Mergui-Archipels  und  ein  Stamm  wan- 
dernder Fischer,  zeitweise  Hütten  aus  Rohr,  Bambus  und  Palmblättern 
während  der  rauhen  Jahreszeit  des  Moonson  bauend,  und  die  übrige  Zeit 
des  Jahres  in  Booten  oder  am  Meeresgestade  unter  schattigen  Bäumen 
verlebend. 

Sie  nähren  sich  von  den  freiwilligen  Erzeugnissen  der  Natur,  vor- 
züglich von  denen  des  Meeres:  Fischen,  Schildkröten  und  Schalthieren. 
—  Sie  bebauen  nie  den  Boden.  Ihr  Ursprung  ist  unbekannt  und  es 
wird  wohl  kaum  je  festgestellt  werden  können,  ob  sie  (wie  sie  selbst 
behaupten)  die  Trümmer  eines  zahlreichen  und  selbstständigen,  allmälig 
aussterbenden  Volksstammes  oder  die  im  Lauf  der  Zeit  angewachsenen 
Nachkommen    Schilfbrüchiger    aus    verschiedenen    Bacen    seien. 

Ihre  Anzahl.  Gegenwärtig  sind  die  Seelongs  nur  ein  kleiner  Stamm, 
den  man  nicht  über  1000  Seelen  stark  schätzt;  sie  nehmen  mit  jedem 
Jahr  an  Zahl  ab  und  dürften  bald  ganz  erloschen  sein.  Sie  haben  eine 
eigene  Sprache,  die  man  indess  zu  wenig  kennt,  um  entscheiden  zu 
können,  ob  sie  ein  blosses  Gemenge  der  bei  den  übrigen  Einwohnern 
gebräuchlichen    Sprachen    oder    eine    ihnen    eigenthümliche    sei. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenassciim-Provinzen  etc.  279 

Ihre  Gesittung.  Man  kann  sich  wohl  denken,  dass  dieser  Stamm 
auf  der  tiefsten  Stufe  der  Gesittung  stehe,  fast  noch  unter  den  Indianern 
Nord-Amerika's;  indess  lässt  sich  die  Bezeichnung  „Wilde"  mit  der  man 
gegen  Völker,  welche  sie  nicht  verdienen,  so  freigebig  ist,  eben  nicht 
auf  sie    anwenden. 

Ihre  Gemeinden.  Sie  bilden  in  Familien  untergetheüte  Gemeinden, 
nach  streng  festgestellten  und  stets  genau  befolgten  Gebräuchen  geleitet; 
fügen  sich  freiwillig  den  Gesetzen  der  Regierung,  unter  welcher  sie  stehen; 
führen  einen  beschränkten  Tauschhandel,  und  haben  richtige  Begriffe  von 
Recht  und  Unrecht;  Verbrechen  kommen  selten  vor  und  werden  streng- 
bestraft;  sie  leben  friedlich  und  einig  unter  einander;  nähren  sich  von 
wilden  Naturproducten;  kennen  ganz  und  gar  nichts  über  ihre  Felsen  und 
Inseln  hinaus;  entbehren  jeder  bestimmten  Religionsform  und  haben,  wie 
sie  selbst  sagen,  nie  darüber  nachgedacht,  ob  es  ein  künftiges  Leben 
gebe    oder   nicht. 

Ihre  früheren  Beziehungen  zu  Burmah.  Zur  Zeit  der  burmesischen 
Herrschaft  waren  die  Seelongs  der  unabhängigste  und  am  wenigsten 
gedrückte  Volksstamm  der  Provinz.  Die  Burmesen  —  von  jeher  schlechte 
Seeleute  —  vermochten  kaum  den  Besitz  der  zu  ihrem  Gebiete  gehörigen 
Inseln  zu  behaupten  und  konnten  sich  nie  mit  den  gewandten  malayischen 
Piraten  zur  See  messen.  Wenn  aber  auch  die  Seelongs  von  den  Be- 
drückungen der  Burmesen  nicht  besonders  zu  leiden  hatten,  so  wurden 
sie  dafür  eine  Beute  der  Freubeuter,  deren  Schwärme  noch  vor  Kurzem 
jene    Meere    unsicher    machten. 

Ihre  Abgeschlossenheit.  Es  ist  selbst  jetzt  noch  schwer,  diesen  Stamm 
in  den  Inseln,  welche  er  besucht,  aufzufinden.  Sie  verbergen  sich  beim 
Anblick  jedes  Segels  und  in  der  That  nicht  ohne  Grund,  da  im  Mergui- 
Archipel  täglich  noch  Unordnungen  vorfallen  und  man  sich  nur  wundern 
kann,  dass  diess  nicht  in  noch  grösserem  Maasstabe  geschehe,  indem  bei 
der  gänzlichen  Nutzlosigkeit  dieser  Gegenden,  bisher  auch  nicht  ein 
Schatten    britischer    Autorität    dort    bleibend    gehandhabt    worden    ist. 

Die  Bevölkerung  in  ihrer  Gesamnitheit.  Keiner  der  bisher  angeführten 
einheimischen  Volksstämme  ist  besonders  zahlreich;  ihre  Gesammtstärke  mag 
nicht  über  100,000  Köpfe,  auf  einen  Flächenraum  von  30,000  (engl,) 
Quadratmeilen  vertheilt,  betragen;  ein  Beweis,  wie  sehr  diess  unglückliche 
Land  durch  beständige  Kämpfe  gelitten  hat.  Sobald  ein  Volksstamm  sich 
festgesetzt  und  zu  gedeihen  angefangen  hatte,  wurde  der  Neid  und  die 
Habgier  eines  mächtigen  Nachbars  rege,  der  mit  einem  einzigen  Einfalle 
Alles  verheerte,  die  Bevölkerung  ausrottete,  verjagte  oder  wegschleppte 
und  die  Nachkommen  der  Angreifer  wurden  in  der  Folga  wieder  von 
späteren  Eroberern  auf  gleiche  Weise  behandelt.  Die  Talier,  die  Siamesen 
und  Burmesen  erfuhren  der  Reihe  nach  solche  Unglücksfälle  und  es  blieb 
als  Bevölkerung  ein  Gemenge  von  Trümmern  verschiedener  Racen  und 
Stämme  übrig.  Die  Karäer  und  Seelongs,  welche,  so  viel  man  weiss, 
immer  untergeordnet  blieben,  hatten  noch  weniger  Gelegenheit  anzu- 
wachsen und  zu  gedeihen.  Da  sie  kein  eigenes  Land  hatten,  das  ihnen 
eine  Zuflucht  geboten  hätte,  traf  der  harte  Druck  der  Eroberer  sie  zuerst;  sie 
trugen  alle  Lasten  des  feindlichen  Einfalles,  ohne  je  zeitweiliger  Ruhe  und 
Gedeihens  theilhäft  zu  werden,  wie  sie  den  unterjochten  Eingebornen  wenigs- 
tens in    dem  Zwischenräume    von   einem  Einfalle  zum  andern  gegönnt  wurde. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  I 


980  Dr.  Mann  Wilhelm  Helfer's 

6.  Fremde.  —  Chinesen.  Die  wichtigsten  und  nützlichsten  Fremden 
sind  die  Chinesen,  die  durch  halberzwungene  Auswanderung  über  den 
ganzen  indischen  Archipel  und  dessen  Umgebungen  verstreut  wurden.  — 
Die  erste  Einwanderung  richtete  sich  nach  Cochin-China  und  Cambogia, 
den  nächsten  Nachbarländern  des  eigentlichen  China  und  die  jetzigen 
Einwohner  dieser  Gegenden  sollen  zur  Hälfte  chinesischer  Abkunft  sein. 
Sie  sind  in  Siam  zu  grosser  Bedeutung  gelangt,  200,000  derselben  sollen 
nur  allein  zu  Bankouk  und  dessen  Umgebung  wohnen.  Ebenso  bilden  die 
Chinesen  einen  Theil  der  Bevölkerung  der  Philippinischen  Inseln.  Die 
Niederländer  gehen  zwar  zeitweise  sehr  hart  mit  ihnen  um,  gewahren 
ihnen  aber  im  Ganzen  Schutz  auf  ihren  Besitzungen  und  Colonien  und 
deren  Anzahl  ist  auf  Java  und  den  Mohikken  in  beständiger  Zunahme. 
Auch  auf  Borneo,  Celebes,  Timor  und  Sumatra  sind  Chinesen  ansässig, 
ebenso  in  den  britischen  Besitzungen  an  der  Strasse  von  Malacca  und  in 
Burmah,    nördlich    von    Ava. 

Ihre  Ansiedelungen  in  Tenasserim.  Die  Provinzen  von  Tenasserim 
boten  ihrer  Unbedeutendheit  wegen  während  der  burmesischen  Herrschaft 
den  Chinesen  nur  wenig  Anziehendes.  Die  damaligen  Behörden  scheinen 
ihre  Ansiedlung  begünstigt  zu  haben  und  die  Wenigen,  welche  sich  an- 
sässig machten,  gelangten  allmälig  zum  Alleinbetrieb  der  wenigen  ergiebigen 
Erwerbszweige  dieses  Landes  und  damit  zu  Reichthum  und  Ansehen.  Ihr 
Zuwachs  ist  nicht  augenfällig,  aber  sie  dürften  sich  wohl  vermehren, 
so    wie    diese    Provinzen    an    Bedeutung    steigen. 

Ihre  Beschäftigungen.  Die  Chinesen  erscheinen  in  der  Fremde  überall 
zuerst  als  Kaufleute,  wenn  sie  Kapitalien  besitzen  oder  als  Handwerker, 
wenn  diess  nicht  der  Fall  ist.  In  Tenasserim  sind  die  Kaufleute,  Schiffs- 
rlieder  oder  Schiffbauer,  Branntweinbrenner,  Zimmerleute,  Grobschmide, 
Bäcker  oder  Gärtner.  Man  sollte  die  Einwanderung  der  Chinesen  im  Grossen 
begünstigen;  es  wäre  ein  wahres  Glück  für  Tenasserim,  wenn  sie  sich 
dort  auf  den  Feldbau  verlegen  würden.  Den  Meisten  sind  die  günstigen 
Aussichten,  welche  diese  Provinzen  bieten,  unbekannt  und  den  bereits 
dort  angesiedelten  Chinesen  muss  es  daran  liegen,  die  Mitbewerbung 
zahlreicher  Einwanderer  ihres  Stammes  hintanzuhalten.  Alle  hier  ansässigen 
Chinesen  beschränken  sich  auf  die  grösseren  Seestädte;  alle  sind  mit 
burmesischen  Frauen  verehlicht  und  ihre  männlichen  Kinder  nehmen  die 
Gebräuche.  Sitten  und  Kleidung  ihrer  Väter  an.  Man  erkennt  sie  indess 
leicht  an  ihren  Gesichtszügen,  welche  wenigstens  dem  Europäer,  gefälliger 
sind,    als    die    ihrer   A eitern. 

Ostiudier.  1)  Chinlias.  Die  Chinlias  oder  Eingebornen  der  Küste 
Coromandel  wandern  ungefähr  aus  demselben  Grunde  aus  wie  die  Chinesen; 
wie  sie  vorgeben  wegen  Cebervölkerung  ihres  Geburtslandes,  in  der  That 
aber  wohl  eher  um  in  der  Fremde  schneller  zu  einer  Summe  Geldes  zu  kommen 
und  damit,  wie  die  Chinesen,  in  ihre  Heimath  zurückzukehren.  Die  Meisten 
beider  Stämme  aber  haben  entweder  keine  Zeit  genug  zusammenzubringen 
oder  meinen,  sie  hätten  noch  nicht  genug  zusammengebracht  und  sterben 
vor  Ausführung  ihres  Vorhabens.  Ihre  Nachkommenschaft  mit  eingebornen 
Frauen  macht  sich  im  Lande  bleibend  sesshaft.  Eine  grosse  Menge  dieser 
Chinlias  bewohnt  Penang  und  die  übrigen  anglo-malayischen  Besitzungen. 
Die  meisten  folgten  der  Ausbreitung  der  britischen  Macht  in  Tenasserim, 
einige    gingen    ihr   voran. 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  281 

Ihre  Anzahl.  Sie  sind  nicht  zahlreich  und  nur  da  zu  finden,  wo 
Europäer  wohnen,  deren  Gewohnheiten  ihnen  geläufiger  sind  als  die  der 
Eingebornen    durch    deren    Bedienung    sie    ihren    Unterhalt    erwerben. 

2)  Bengalesen.  Dasselbe  gilt  von  den  Bengalesen,  die  aber  den 
Bewohnern  der  ostindischen  Halbinsel  immer  an  Unternehmungsgeist  und 
Fähigkeiten    nachstehen. 

3)  Sträflinge.  Eine  eigene  Classe  Fremder,  gegenwärtig  etwas  über 
1700,    bilden    die    von    Hindostan    hierher    gebrachten    Sträflinge. 

Ihre  Lage  in  Tenasserini.  Diese  Sträflinge  werden  stets  äusserst  milde 
behandelt  und  Viele  von  guter  Aufführung  befinden  sich  hier  besser,  als 
es  je  in  ihrem  Vaterlande  der  Fall  gewesen  wäre.  Nach  dem  bestehenden 
System  werden  ihnen,  wenn  sie  sich  gut  aufführen,  nach  einigen 
Jahren  die  Eisen  abgenommen  und  sie  können  dann  als  Arbeiter  oder 
Hausdiener  in  Miethe  gegeben  werden;  da  sie  dann  Gelegenheit  haben 
mit  den  Einwohnern  zusammenzukommen,  können  sie  auch  mit  eingebornen 
Frauen  Verbindungen  eingehen.  Viele  von  ihnen  machen  sich  nach  Ablauf 
ihrer  Strafzeit  im  Lande  ansässig  (bisher  haben  nur  noch  Wenige  ihre 
Zeit  ausgehalten)  und  werden  sammt  ihren  Nachkommen  ein  Theil  der 
Bevölkerung. 

System  der  Transportation.  Diess  System  hat  vielen  Tadel  erfahren 
und  gewiss  kann  die  Einführung  so  vieler  Uebelthäter  auf  die  Sittlichkeit 
der  Eingebornen  nur  ungünstig  einwirken,  indess  ist  diess  weniger  der 
Fall,    als    man    gewöhnlich    voraussetzt. 

Interschied  zwischen  indischen  und  europäischen  Sträflingen.  Der  indische 
Sträfling  ist  von  dem  europäischen  wesentlich  verschieden  und  fast  immer 
besser  als  dieser.  Die  scheusslichen  Verbrechen  der  Thugs  (die  grosse 
Mehrzahl  der  Sträflinge  in  Tenasserim  gehört  zu  diesen)  entstehen  aus 
religiösen  Beweggründen  und  wo  diese  fehlen,  ist  die  Mehrzahl  der 
Thugs  von  Kindheit  an  zum  gewerbsmässigen  Morde  erzogen  worden.  Als 
Sträflinge  beweiset  ihre  Aufführung,  dass  sie  weniger  entartet  sind,  als 
man  es  vermuthen  sollte.  Die  Transportirung  der  Verbrecher  aus  Hin- 
dostan in  dieses  und  in  andere  Gebiete,  anstatt  ihrer  lebenslänglichen 
Einsperrung  in  eckelhafte  Kerker  ist  eine  Handlung  der  Staatsklugheit, 
zu  deren  Ausführung  wie  natürlich  die  entferntesten  und  am  wenigsten 
bevölkerten  Gebiete  ausersehen  werden.  Wenn  auch  die  Begierung  nie 
beabsichtigte,  aus  Tenasserim  eine  Straf- Colonie  nach  Art  von  Neu-Süd- 
Wales  zu  machen,  so  werden  doch  im  Laufe  der  Zeit,  aus  einem  Theil 
der   transportirten    Hindus    Colonisten    werden. 

Armenier  und  Parsees.  Wo  an  einem  Handelsplatz  im  Osten  Aussicht 
auf  Gewinn  ist,  findet  man  gewiss  Armenier,  Mogulen  und  Parsees,  als 
Häupter  grosser  Handelshäuser,  ähnlich  den  europäischen  Juden  im  Mittel- 
alter. Wie  diese,  sind  sie  ein  verstreutes  Volk,  ebenso  emsig,  beharrlich 
und  scharfsinnig  und  ebenso  von  eingebornen  Herrschern  unterdrückt  und 
dennoch  reich.  Bisher  haben  sie  sich  nur  zu  Maulmain  festgesetzt,  da 
dieses    der    einzige    Handelsplatz    in    Tenasserim    ist. 

Portugiesen.  Die  Nachkommen  der  Portugiesen  längs  der  Meeres- 
küsten an  beiden  Seiten  der  hindostanischen  Halbinsel  zerstreut,  finden 
sich  auch  in  Tenasserim.  Kein  Volk  Hess  so  viele  Ueberbleibsel  seiner 
vergangenen  Herrlichkeit  im  Osten  zurück.  Aber  die  Nachkommen  der 
Gefährten  Vasco  de  Gama's  sind  arg  entartet;  es  ist  ihnen  nichts  von 
ihren    berühmten    Vorfahren    geblieben    als    die    Aussenseite   ihrer   Beligion, 

t* 


?,S2  Dr.  Mann  Wilhelm  Helfer's 

die  zu  einer  Anhäufung  von  Aberglauben  und  bedeutungslos  gewordener 
Ceremonien  herabgesunken  ist  und  selbst  ihre  Sprache  ist  durch  Ein- 
mischung  zahlreicher  indischer  Mundarten  barbarisch  geworden.  An  einigen 
ist  noch  der  europäische  Geschichtstypus  zu  erkennen,  ihr  Zustand  und 
ihre  Gesittung  aber  stellen  kaum  über  der  der  Eingebornen  und  oft  noch 
unter  dieser.  Sie  haben  alle  mit  eingebornen  Frauen  sich  verbunden  und 
sind  durch  keinerlei  Band  mit  ihrem  Mutterlande,  von  dem  keiner  von 
ihnen  etwas  weiss,  verknüpft.  Ihr  christliches  Glaubensbekenntniss  und 
ihr    festes    Beharren    an    dasselbe,    erhält    sie    als    selbstständige    Classe. 

Amerikanische  Missionäre.  Eine  gewisse  Anzahl  amerikanischer  Bap- 
tisten-Missionäre hält  sieh  in  den  Provinzen  auf,  indess  haben  sie  geringe 
Fortschritte  in  der  Bekehrung  der  Einwohner  gemacht.  Die  Burmesen 
vermögen  den  Unterschied  zwischen  Engländern  und  Amerikanern  nicht 
wohl  aufzufassen;  letztere  erscheinen  ihnen  als  eine  eigentümliche  Bace 
wandernder  weisser  Leute,  deren  eigentliches  Vorhaben  und  Ziel  der 
Mehrzahl  bis  nun  unbekannt  oder  undeutlich  geblieben  ist.  während  für 
die  wenigen  besser  Unterriebteten  sie  ein  schwer  lösliches  Bäthsel 
geblieben  sind.  Sie  werden  mit  der  allgemeinen  Benennung  „fremde 
Lehrer"    bezeichnet 

Engländer  —  fast  alle  in  amtlichen  Stellungen.  Ausser  den  Civil- 
Beamten  der  Regierung,  dem  Officier-Corps  und  der  Mannschaft  der  beiden 
gegenwärtig  hier  stellenden  Regimenter,  weilen  nur  wenige  Engländer 
hier  und  diese  nahezu  alle  zu  Maulmain,  wo  sie  vorzüglich  mit  Schiffbau 
und  anderen  mit  den  Teak-Wäldern  aus  der  Amherst-Provinz  in  Verbindung 
stehenden  Betriebszweigen  beschäftigt  sind.  Bis  in  die  neueste  Zeit  hat  nicht 
ein  angesehener  Engländer  daran  gedacht,  sich  in  diesem  Lande  festzu- 
setzen und  dessen  vielfache  Hilfsquellen  wirklich  nutzbar  zu  machen.  Bisher 
haben  im  ganzen  Land  alle  Engländer  mit  den  Eingebornen  in  gutem 
Einvernehmen  gelebt.  Die  Burmesen  zeigen  sich  aus  Rücksicht  für  ihre  neue 
Regierung  gegen  jede  Person  von  europäischer  Gesichtsfarbe  höflich, 
freundlich  und  gutwillig  und  kein  Europäer  hat  gegründeten  Anlass,  sich 
über  sie  zu  beklagen.  Die  ehrerbietige  Scheu  vor  der  Ueberlegenheit 
der  Europäer  und  dem  staatlichen  Uebergewichte  Gross-Britanniens,  welche 
sich  über  alle  Völker  des  Ostens  verbreitet,  hat  vermuthlich  an  der 
Hochachtung,  die  die  Eingebornen  den  Europäern  erzeigen,  eben  so  grossen 
Antheil,  als  die  Wertschätzung  der  Sicherheit  und  der  milden  Behand- 
lung, deren  sich  eine  so  grosse  Menschenzahl  unter  britischer  Herr- 
schaft  erfreut. 

Geuiüthsart  der  Eingebornen  besser  als  die  der  Ostindien  Die  Ge- 
müthsart  der  Eingebornen  der  Tenasserim-Provinzen  verdient  im  Ganzen 
genommen  nur  Lob.  Alle,  welche  Gelegenheit  hatten  sie  mit  den  Einge- 
bornen des  eigentlichen  Ostindiens  zu  vergleichen,  geben  ihnen  den  Vorzug 
vor  Letzteren.  Ein  Hauptzug  der  Burmesen,  der  selbst  dem  oberflächlichen 
Beobachter  auffällt,  ist  ihr  mannhaftes  und  selbstständiges  Wesen,  im  Ge- 
gensatze zu  der  allgemeinen  Unterwürfigkeit,  Kriecherei  und  Verweichlichung 
der  Ostindier.  —  Selbstständigkeit  und  Mannhaftigkeit  bei  einem  Volke, 
das  seit  undenklichen  Zeiten  unter  einer  der  despotischesten  Regierungen 
Asiens  gelebt  hat,  ist  eine  scheinbare  Anomalie,  die  indess  in  der  eigen- 
tümlichen Beschaffenheit  des  indo-chinesischen  Despotismus  ihre  Erklärung 
findet.  Es  gilt  bei  allen  diesen  Völkern  als  unbestreitbarer  Grundsatz:  dass 
Alles  und  Jedes  Eigenthum  des  Königs  sei,  der  zugleich  Herr  über  Leben  und 


gedruckte  und  ungedruckte  Schrillen  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  283 

Land  ist.  Diese  indo-chinesische  Staats-  und  Volks-Maxime  wirkt  in  ver- 
schiedener Weise  auf  die  Rechte  des  Einzelnen  ein,  welche  zwar 
immer  unbekannt  oder  unverstanden  blieben,  aber  in  Wirklichkeit  nicht 
allenthalben  auf  gleiche  Weise  beeinträchtigt  wurden.  —  Ich  beschränke 
meine  Bemerkungen  auf  Tenasserim  und  werde  zu  beweisen  suchen,  dass 
Selbstständigkeit  auch  da  vorhanden  sein  kann,  wo  Jedermann  vom  Augen- 
blick seiner  Geburt  an,  unausweichlich  das  Eigenthum  seines  Beherrschers 
wird.  —  Die  Indo-Chinesen  sind  in  der  Theorie  Leibeigene  des  Königs, 
nicht  aber  in  Wirklichkeit.  Die  Regierung  konnte  nicht  die  Gesammtheit 
der  Bevölkerung  zu  ihren  Zwecken  benutzen.  Die  Aufforderung  an  einen 
Theil  der  Bevölkerung  zur  Aufgebung  ihrer  persönlichen  Freiheit,  sei  es 
zur  Kriegführung  oder  zu  irgend  einem  öffentlichen  Werke,  konnte  immer 
nur  eine  zeitweilige  Maassregel  bleiben  und  sowie  der  Zweck  der  Re- 
gierung erfüllt  war  ging  die  Mehrzahl,  von  ihrer  zeitweiligen  Knechtschaft 
erlöset,  wieder  in  ihre  Heimat  zurück.  Die  Rechtsverletzung  lag  vielmehr 
in  den  ungerechten,  gewaltthätigen  und  willkürlichen  Eingriffen  in  das 
Eigenthum  der  Unterthanen.  Tenasserim  war  ein  vorgeschobener  Posten 
des  burmesischen  Reiches.  Zur  Besorgung  der  Staatsgeschäfte  wurden 
Statthalter  dorthin  gesendet  und  oft  durch  Andere  ersetzt,  bevor  sie  sich 
mit  den  Hilfsquellen  der  Provinz  bekannt  gemacht  halten.  Es  fiel  den 
Bewohnern  mithin  leicht,  ihre  Vorgesetzten  über  ihre  Leistungsfähigkeit 
zu  täuschen  oder  ihre  Beiträge  zum  Staatseinkommen  zu  verweigern.  — 
Die  Thoogies  (Dorf-Vorsteher)  wurden  ineist  aus  der  Mitte  ihres  eigenen 
Stammes  gewählt  und  halfen,  von  den  Dorfbewohnern  bestochen,  diesen 
bei  Hintergehung  ihrer  Vorgesetzten.  Die  Tenasserim-Provinzen  waren  ein 
eroberter,  zu  Grund  gerichteter,  von  burmesischen  Ansiedlern  schwach 
bevölkerter  Landstrich,  aus  dem  die  Begierung  nie  ein  bedeutendes 
Einkommen  zog.  In  der  Voraussetzung,  dass  die  Bevölkerung  nicht  viel 
zu  leisten  fähig  sei,  waren  die  Anforderungen  aus  Ava  gemässigter  und 
wenn  die  Auflagen  der  Statthalter  und  der  Druck  der  Regierung  uner- 
träglich wurden,  flüchtete  sich  ein  Theil  der  Bevölkerung  in  die  Wild- 
nisse. Es  soll  für  die  Leute  etwas  Gewöhnliches  gewesen  sein,  sich  mit 
ihrer  Habe  in  die  Dickichte  zu  verbergen  und  dort  günstigere  Zeiten 
abzuwarten;  so  zwar,  dass  noch  jetzt,  nach  14jährigen  Frieden  und  bei 
stets  wachsendem  Vertrauen  in  die  gegenwärtige  Begierung,  die  Karäer 
aus  Furcht  für  ihre  persönliche  Sicherheit  sich  nicht  bewegen  lassen, 
in   eine    Stadt    zu    kommen. 

Als  (1838)  in  diesen  Provinzen  das  Gerücht  ging,  dass  Tharawaddie 
mit  Heeresmacht  anrücke,  um  das  Land  wieder  zu  erobern,  legten  die  Bewohner 
von  Tairy  und  Ye  Beisvorräthe  in  den  Dickichten  an,  um,  bei  Annäherung 
des  Feindes  sogleich  fluchtbereit  zu  sein.  Zwei  andere  Gründe  ihrer  Selbst- 
ständigkeit sind  die  Abwesenheit  des  Kasten-Sistems  und  dass  sie,  wie 
später  gezeigt  werden  soll,  vom  Einflüsse  der  Priesterschaft  grösstentheils 
frei  geblieben  sind.  Eben  daher  rührt  auch  ihr  mannhaftes  Wesen.  Die 
Mehrzahl  unter  ihnen  hat  in  den  Dickichten  Drangsale  erlebt,  denen  sie 
nur  durch  Geschicklichkeit  und  Muth  entgehen  konnten  und  sie  haben 
noch  jetzt  genug  Anlass ,  dieses  mannhafte  Wesen  auf  ihren  oft  langwie- 
rigen Wanderungen  durch  die  unbetretenen  Wildnissen  ihres  eigenen  Lan- 
des, zu  bethätigen.  Aus  diesem  Zustande  des  Landes  unter  burmesischer 
Herrschaft  ist  ein  anderer,  minder  hervortretender,  aber  auch  minder  löb- 
licher,   Charakterzug    dieses    Volkes    entstanden:    Schlauheit,    Scharfsinn    und 


284  Dr.  Johann  Wilhelm  HeuVs 

Falschheit.  Wo  Personen  jeden  Ranges  vom  niedrigsten  Lastträger  (Coolie) 
bis  zum  ersten  Minister,  mit  Despoten  zu  thun  haben,  von  deren  YViilkühr 
sie  gänzlich  abhängen ,  und  wo  sie  jede  Art  Täuschung  anwenden  müs- 
sen, um  den  mannigfachen,  sie  bedrohenden  Bedrückungen  zu  entgehen, 
mussten  Schlauheit  und  Scharfsinn  für  Haupttugenden  gelten.  Die  täglichen 
Vorkommnisse  des  Marktplatzes  beweisen  indess,  dass  sie  im  Handelsver- 
kehr ziemlich  ehrlich  sind,  ehrlicher  als  ihre  ostindischen  Nachbarn  und 
weit  mehr  als  die  pfiffigen,  treulosen  Chinesen.  —  Alle  öffentlich  vor  Ge- 
richt eingegangenen  Verpflichtungen  werden  eingehalten;  die  Eingebornen 
haben  eine  solche  Scheu  vor  jedem  Gerichtsverfahren,  dass  sie  kaum  je 
einen  gerichtlich  eingegangenen  Vertrag  brechen  dürften.  —  Als  nach  der 
britischen  Besitznahme  Alles  auf  stetigen  und  unabweichbaren  Fuss  ge- 
setzt wurde,  wurde  ihre  Schlauheit  und  ihr  Scharfsinn  ihnen  weniger 
nützlich  und  sollen  sich  täglich  mehr  verlieren.  Eine  böse  Gewohnheit 
können  sie  aber,  seit  der  Zeit  der  burmesischen  Herrschaft  nicht  los  wer- 
den, diess  ist  Unwahrheit  im  Reden.  Wenn  einem  Burmesen  eine,  wenn 
auch  noch  so  gleichgültige  Frage  gestellt  wird,  gibt  er  selten  eine  bestimmte 
Antwort,  sondern  zögert  damit  lange  und  antwortet  dann  in  zweideuti- 
gen Ausdrücken  und,  gelingt  ihm  dies  nicht,  so  gibt  er  geradezu  seine 
Unwissenheit  vor,  wenn  er  auch  mit  dem  Gegenstand  der  Frage  wohl 
bekannt  sein  mag.  Bei  Unterthanen  ist  dieser  Mangel  an  Treue  und  Glau- 
ben eine  üble  Eigenschaft,  und  es  liesse  sich  daraus  von  selbst  folgern 
dass  man  sich  auf  eine  Anhänglichkeit  an  die  Regierung  nicht  verlassen 
könne  und  diese  gegen  Verätherei  beständig  wachsam  sein  müsse.  Diess 
ist  indess  nicht  mit  Grund  zu  befürchten;  in  jeder  andern  Hinsicht  mö- 
gen die  Burmesen  so  unzuverlässig,  als  möglich  sein,  aber  die  Wohltha- 
ten,  die  ihnen  durch  eine  gerechte  Verwaltung  zu  Theil  geworden  sind, 
werden  so  allgemein  gewürdigt,  dass  sie  nur  fürchten,  die  gegenwärtige 
Sachlage  könne  nicht  immerwährend  fortdauern.  Nur  einige  wenige,  vor- 
mals mächtige  Personen,  könnten  bei  einem  Wechsel  gewinnen,  sie  wür- 
den aber  unter  der  Masse  der  Bevölkerung  keinen  Anhang  finden.  Die 
Regierung  hätte  mithin,  für  jetzt,  nichts  von  einer  Empörung  zu  befürchten. 
Religiöse  Verbindung  der  Burmesen  in  Tenasserim  mit  dem  König  von 
A?a.  —  Allgemein  verbreitet  ist  eine  tiefe,  auf  religiöse  Begriffe  begrün- 
dete Ehrfurcht  für  den  jetzigen  König  von  Ava.  Den  nächsten  Rang  nach 
Gaudama,  dem  ersten  der  Wesen,  nimmt  die  königliche  Familie  von  Ava 
ein.  —  Wenn  auch  die  Burmesen  in  den  Tenasserim -Provinzen  wissen, 
dass  sie  nunmehr  von  dem  Herrscher  Ava's  und  dem  Einflüsse  irgend 
eines  seiner  Minister  oder  Statthalter  ganz  unabhängig  sind ,  so  betrach- 
ten sie  dennoch  den  Kaiser  von  Burinah  als  ihr  religiöses  Oberhaupt, 
erkennen  aber  dabei  willig  die  weltliche  Oberherrschaft  der  Engländer 
an.  Die  Aufgeklärteren  und  Reicheren  der  Einwohner  nehmen  lebhaften 
Antheil  an  den  Angelegenheiten  des  Landes  ihrer  Vorfahren,  der  Sturz 
des  Königs  und  seiner  Minister,  Thar rawaddie's  Usurpation,  die  darauf 
folgende  Vertreibung  des  Kronprinzen  wurden  begierig  verfolgt  und  die 
jetzigen  grausamen  Vorgänge  halten  sie  in  scheuer  Erwartung.  —  Die 
Burmesen  halten  die  Gebräuche  ihrer  Vorfahren  hoch  in  Ehren,  mehr  als 
die  von  ihren  Vorgesetzten  erlassenen  Gesetze.  Der  Grund  liegt  in  der 
noch  vor  Kurzem  willkürlichen,  nur  selten  zu  ihrem  Wohlsein  führenden 
und  oft  ihren  Interessen  entgegenstehenden  Gesetzgebung.  An  Tirannei  ge- 
wöhnt,   bezweifelten    die    Burmesen    niemals    das    Recht   ihrer    Vorgesetzten, 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  285 

ihnen  was  immer  für  Gesetze  aufzuerlgen,  aber  sie  wiedersetzten  sich 
ihnen,  wo  sie  die  Macht  dazu  hatten  und  umgingen  sie  bei  jeder  vor- 
kommenden Gelegenheit.  Die  Vaterlandsliebe  der  Burmesen  beruht  mehr 
auf   natürlichen,    als    auf  sittlichen    Gründen. 

Sie  werden  durch  das  Aussehen  des  Landes,  die  Lebensweise,  die 
Gleichartigkeit  der  Beschäftigungen  an  ihr  Vaterland  gefesselt,  dieses  er- 
streckt sich  für  sie  so  weit,  als  ihre  Sprache  gesprochen,  das  Aussehen 
des  Landes  dasselbe,  oder  doch  ein  ähnliches  ist.  Von  den  Ufern  des 
Tenasserim  bis  zu  den  Bergen  oberhalb  Ava,  an  der  chinesischen  Grenze 
fühlt  sich  ein  Burmese  heimisch  und  wäre  es  selbst  in  Cochin-China, 
könnte  er  sich  dort  verständlich  machen.  Diese  materiellen  Bande  fesseln 
ihn  stärker  an  einen  Landstrich,  als  seine  Jugenderinnerungen,  seine  El- 
tern, Gattin  und  Kinder.  Ein  Burmese  vertauscht  daher  auch  leicht  seinen 
Aufenthalt  zu  Mergui  gegen  ein  besseres  Auskommen  zu  Maulmain  oder 
Bangoon ;  nie  aber  wird  er  in  das  eigentliche  Hindostan  übersiedeln  und 
nur    wenige    trifft    man    zu    Penang. 

Geineinsinn.  Der,  von  einer  Vereinigung  vuu  Gemeinden  ausgehende 
Gemeinsinn  hat  für  den  Burmesen  nur  geringen  Werth.  Er  gibt  den  briti- 
schen Gebieten  den  Vorzug,  weil  er  sich  dort  sicherer  fühlt,  würde  ihm 
eine  gleiche  Sicherheit  in  Pegu  oder  Ava  geboten,  so  würde  er  sich  kaum 
dort    ansiedeln,    wie    in  den  Tenasserim-Provinzen. 

Ruhm,  Vermögen  und  Macht  gelten  bei  den  Eingebornen  dieser  Län- 
der nur  als  Mittel  zum  materiellen  Wohlsein.  Sie  als  Mittel  zur  Errei- 
chung höherer  Zwecke  zu  betrachten ,  würde  ein  Burmese  lächerlich  fin- 
den. Den  Burmesen  stand,  unter  ihrer  eigenen  Begierung  ein  weiteres  Feld 
offen,  als  unter  britischer  Herrschaft.  Der  Wunsch  Ehren  zu  erlangen, 
scheint  gegenwärtig  in  Stillstand  gerathen  zu  sein,  sie  nehmen  die  gei- 
stige Ueberlegenheit  der  Europäer  wahr  und  merken,  dass  diesen  die  ge- 
sammte,  ihnen  entrissene  Macht  zugefallen  ist  und  wissen  wohl,  dass  ihnen, 
zur  Entwicklung  ihrer  Fähigkeiten,  keine  andere  Laufbahn  übrig  bleibt, 
als  die  eingeborener  Beamten.  —  Wunsch  nach  Reichthum  ist  jedem  Men- 
schen angeboren,  nur  ist  er  bei  den  Burmesen  durch  die  Unwissenheit 
der  Weise,  wie  sie  Glücksgüter  verwenden  könnten,  in  Schranken  gehal- 
ten: denn  die  Zeit  ist  für  sie  vorüber,  da  Ruhm  und  Macht  für  Reich- 
thum feil  war.  Vormahl  machte  sich  ein  Burmese  berühmt,  indem  er  sei- 
nen Reichthum  auf  die  Erbauung  von  Pagoden  und  auf  die  Ausstattung 
von  Khiaungo  (Klöstern)  verwendete;  damals  wetteiferten  sie  darin  mit 
dem  Herrscher  und  seinen  Ministern,  die  auf  diese  Zwecke  ungeheure 
Summen  verwendeten.  Die  britische  Regierung  hat  mit  der  Ausschmückung 
buddhistischer  Symbole  oder  mit  der  Unterhaltung  der  zahlreichen  Mönche 
dieses  Bekenntnisses  nichts  zu  schaffen  und  die  Eingebornen  werden  nach 
und  nach  müde,  einem  Ruhme  nachzujagen,  der  bei  ihren  Vorgesetzten 
keine    Würdigung    findet. 

Geiz-.  Geiz  oder  übermässige  Habgier  ohne  anderen  Zweck,  scheint, 
so  weit  meine  Reobachtungen  reichen ,  den  Eingebornen  nicht  eigen 
zu  sein.  Häufig  scharren  die  Burmesen  Geld  unter  Pagoden  an  verbor- 
genen Stellen  ein,  nicht  selten  auch  in  den  Bamboo-Gerüsten  ihrer  Häu- 
ser; diess  scheint  aber  weniger  aus  Geiz  zu  geschehen;  als  aus  einem 
Gefühle  von  Unsicherheit,  oder  weil  sie  es  nicht  verstehen,  ihre  Baar- 
schaft  besser  zu  benutzen.  Alle  asiatischen  Völker  unter  despotischer  Herr- 
schaft   und    in    stetter    Furcht  für    ihr   Eigenthum    verbergen    gleichermasseu 


286  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfert 

ihre  werthvolle  Habe.  Man  begreift  noch  nicht  die  Dauer  der  britischen 
Oberherrschaft  und  ist  noch  nicht  sicher  genug,  dass  sie  sich  gegen 
mögliche  Angriffe  von  Burmah  und  Siam  her,  werde  behaupten  können, 
daher  auch  den  Eingebonnen  es  nicht  zu  verargen  ist,  wenn  sie  ihrem 
Misstrauen    gemäss    handeln. 

Eigentumsrechte.  Diese  Rechte  werden  richtig  aufgefasst  und  meist 
heilig  gehalten,  nur  in  grösseren  Seestädten  —  (wie  in  allen  grösseren 
Anhäufungen  von  Menschen  überhaupt),  kommen  Verstösse  dagegen  viel 
öfter  vor.  Indess  kommen  im  Land  überhaupt  nur  sehr  wenige  Dieb- 
stähle vor.  Europäisches  Eigenthum  den  Eingebornen  anvertraut,  wird  nur 
sehr  selten  veruntreut,  und  in  Geldgeschäften  gelten  sie  für  vertrauens- 
würdiger   und    ehrlicher,    als    die    ihnen    gleichstehenden    Klassen   in  Europa. 

Räubereien.  Räubereien  auf  Landstrassen  oder  zu  Wasser  sind  so 
viel  ich  erfahren  —  fast  unbekannt  seit  der  britischen  Besitznahme.  Jene 
im  vorigen  Jahre  auf  dem  Salween-Fluss  verübten  fallen  nicht  den  Bewoh- 
nern von  Tenasserim-Provinzen  zur  Last,  sondern  wurden  von  feindlich 
gesinnten    Anwohnern    auf   der    burmesischen    Seite   angestiftet. 

Mord.  Dasselbe  gilt  vom  Morde.  Ueberlegter  Mord  liegt  nicht  im 
Charakter  der  Burmesen  und  selbst  Mord  aus  leidenschaftlichem  Antriebe 
fällt  selten  vor,  denn  die  Burmesen  sind  —  im  auffallenden  Gegensatze 
zu    ihren  Nachbarn    den    Malayen    —    eher    ruhig,    als    erregbar. 

Leidenschaften,  —  Rachsncht.  Selbst  ein  oberflächlicher  Beobachter 
wird  bemerken,  dass  die  Burmesen  nicht  leidenschaftlich  sind;  in  wie  fern 
ihnen  Rachsucht  eigen  ist,  weiss  ich  nicht,  indess  hatte  ich  nie  Gelegen- 
heit andauernden  Groll  oder  Hass  an  ihnen  wahrzunehmen.  Sie  haben  keine 
erblichen  Zwiste,  ein  Vorzug  den  —  nebst  manchen  andern  —  die  Budd- 
histen vor  den  Muhamedanern  voraus  haben,  da  die  benachbarten  Ma- 
layen wegen  ihrer  Unversöhnlichkeit  eben  so  berüchtigt  sind,  als  ihre 
Glaubensbrüder   in    Arabien. 

Höflichkeit.  Die  allgemein  in  Europa  verbreitete  Meinung  über  die 
Burmesen,  als  seien  sie  alle  blutdürstige  Barbaren,  ist  unrichtig.  Schon 
bei  oberflächlicher  Bekanntschaft  fällt  ihre  Sanftmuth  und  Ruhe  auf.  Ihr 
Benehmen  ist  den  strengen  Vorschriften  der  Schicklichkeit  gemäss.  Höf- 
lichkeit —  in  den  untern  Klassen  in  Europa  zu  wenig  beobachtet  und 
von  den  Chinesen  übertrieben,  —  ist  für  alle  Eingebornen  von  lndo-China 
charakteristisch.  Die  Chinesen  sind  mehr  förmlich,  als  höflich,  ja  sie  sind 
selbst  mitunter  grob.  Die  Burmesen  sind  von  Natur  höflich,  nicht  nur 
gegen  Fremde,  auch  unter  einander.  Bootsmannschaften,  auf  Befehl  der 
Regierung  zusammengebracht  und  wechselseitig  fremd,  leben  Monate  lang 
auf  einem  kleinen  Raum  zusammengehäuft,  in  ungestörtem  Einvernehmen. 
Gemeine  Coolies  reden  einander  mit  „Herr"  an  und  die  Seltenheit  von 
Zank  und  Rauferei  selbst  in  den  untersten  Klassen  beweiset,  dass  sie 
jederzeit  einander  die  Achtung  zu  bezeugen  wissen,  die  man  seinem  Mit- 
menschen   schuldig   ist. 

Dienstfertigkeit  und  gute  Kameradschaft.  An  diesen  beiden  Eigen- 
schaften wird  genau  festgehalten.  Die  Bewohner  jedes  Dorfes  bilden  unter 
sich  eine,  durch  Freundschaft  und  wechselseitige  Bedürfnisse  verbundene 
Gemeinde  und  ein  Fremder,  der  sich  nicht  in  ihre  Lebensweise  fügt, 
wird    unter   ihnen    nicht   geduldet. 

Mildthätigkeit.  Mildthätigkeit  wird  in  einem  Land,  in  dem  keine 
wirkliche  Noth  besteht,    wenig  ausgeübt.  Krüppel  und  Altersschwache  werden 


gedruckte  und  ungedruckte  Schritten  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  287 

von  ihren  Angehörigen  im«!  sog»«'  ven  Fremden  unterhalten.  Mildthätigkeit 
kann  bei  den  Burmesen  nicht  als  Tugend  gelten,  da  ihre  Ausübung  kein 
Opfer  auferlegt,  indem  die  Erhaltung  einer  Person  allmonatlich  nur  eine 
Kleinigkeit    kostet. 

Gastfreundschaft.      Gastfreundschaft     gilt     in     allen     aussereuropäischen 
Landern    für    eine    Pflicht,    nicht    für    eine    Tugend,    denn    da,    wo    die    Be- 
quemlichkeit   des    Lebens    noch    nicht    bis    zur    Errichtung    von    Gasthäusern 
gediehen    ist,     würde     ohne    Gastfreundschaft    in     entlegenen    Landstrichen 
jeder    menschliche    Verkehr    abgebrochen    sein.    Gastfreundschaft    im    Allge- 
meinen   ist    ein    Gebot,    entweder     der    Menschenliebe    oder    der    Beligion. 
In   letzterem  Falle,    wie    sie  vorzüglich    in  muhammedanischen  Ländern  geübt 
wird,    gränzt    sie    sich    nach  Secten,    Parteien  und  Nationen  ab.    Gastfreund- 
schaft   aus    Menschenliebe    ist    ein    Ausfluss    der   gemeinsamen    Gesellschafts- 
rechte;   diese    wird    von    den    buddhistischen    Völkern    ausgeübt.     Ueberall 
gibt    es    Buheplätze    (zayats)    für    Beisende,     welche    ohne    Weiters    von 
dem    Gebäude    Besitz    nehmen    und    wenn    sie    arm    sind,    auf  ihr    Ansuchen 
mitunter    auch    aus    eigenem    Antrieb    von    den    Einwohnern    mit    Nahrung 
versehen  werden.  Es  ist  ein  eigenthümlicher  Gebrauch  buddhistischer  Länder, 
in    kurzen    Abständen    Hängedächer    zu    errichten    und    unter    diesen  Chatties 
(irdene  Gefässe)  mit  Wasser  gefüllt  für  die  ermüdeten  Beisenden  hinzustellen. 
Massigkeit.    Massigkeit    ist    eine    der  hervorragenden  Eigenschaften    der 
Burmesen;    ihre    Kost   ist    massig,    einfach    und    gesund.    Sie    besteht   meist 
aus    Pflanzenstoffen ,    vorzüglich    Beis,     alles    Andere     ist     nur    Nebensache. 
Wie    alle  Tropenbewohner    lieben    die  Burmesen  Gewürze,    welche    in  diesen 
Himmelsstrichen    zur    Verdauung   nöthig    zu    sein    scheinen.    Die    Mehrzahl, 
welche    Buddhisten    sind,    geniessen    keine    geistigen    Getränke    und    ein  Be- 
trunkener   gilt    ihnen    für    ein    entwürdigtes    Wesen.     Eine    Ausnahme    hierin 
machen    die    Karäer,     die    sich    bei    feierlichen    Anlässen    der   Unmässigkeit 
hingeben.  Opium  rauchen  übt  seinen  verderblichen  Einfluss,  wo  immer  dieser 
Stoff   Eingang    gefunden    hat,     glücklicherweise    ist    diess    Laster    so    kost- 
spielig,   dass    nur   Beiche    sich    ihm    ergeben   können.    In     der    allgemeinen 
Meinung    gilt    es    für    entwürdigend    und    die    Benennung    „Opiumraucher" 
bezeichnet    einen    schlechten,     der     niederträchtigsten    Handlungen    fähigen 
Menschen.    —    Alle    Völker,    denen    ihr    Klima     gestattet,    sich    nicht    mit 
Kleidung    zu    belasten    und    die    Luft    in    ihren    Wohnungen    frei    umziehen 
zu    lassen,    die    mit    ihren    Beschäftigungen    auf   das   Freie    und    auf  Wälder, 
so    wie    auf    ungehemmte    Uebung    der    Glieder   angewiesen    sind,    erfreuen 
sich    der   Begleiter    der    vollen    Gesundheit    (wo    nicht    örtliche    Umstände 
schädlich    einwirken);     der    Gelenkigkeit,     Gewandtheit    und    Ausdauer.    Die 
Burmesen    in    Tenasserim    sind    ausnehmend    gesund,    stark     und    muskulös, 
ohne   schwerleibig   zu    sein.    Die    Burmesen    sind    im    aufgeregtem    Zustande 
grosser    Anstrengungen    fähig,    aber    ihre    Kraftäusserung    hält    nicht    lang 
an.    Mangel    an    Ausdauer   ist    ihnen    eigenthümlich;    vermuthlich    weil    We- 
nige   unter    ihnen    sich    mit    regelmässigen,     ununterbrochenen    einförmigen 
Arbeiten   beschäftigen.    Ihre    Lebensweise    nöthigt    sie    nicht    zu    mühsamen 
lang    fortgesetzten  Anstrengungen.    In    einem    gut   bebauten  Lande    verdienen 
sie    ihren    Unterhalt    mit    geringer    Mühe    und    da    sie    kaum    je    wirklichen 
Mangel    oder    selbst    nur    Armuth    kennen    lernen,    sind    sie   gegen    reich- 
liches   Einkommen   gleichgiltig. 

Geduld.     Geduld     ist     das    Ergebniss     der    Lebensweise,     welche    die 
Menschen  meist   in  Gegenden  führen    müssen,    welche  mit  natürlichen  Gaben 


288  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfert 

nur  karg  bedacht  sind.  Wenn  auch  unter  den  Burmesen  nur  Wenige 
von  Nahrungssorgen  und  von  den  Wechselfällen  eines  regelmässigen  Erwerbs 
unberührt  bleiben,  so  erfahren  sie  doch  nur  selten  Täuschungen  und  da 
die  Geduld  und  Beharrlichkeit  nur  aus  wiederholt  erfahrenen  Täuschungen 
sich  entwickeln  können,  so  können  ihnen  auch  diese  Tugenden  nicht 
eigen    sein. 

Liebe  der  Aeltern  zn  den  Kindern.  Eine  der  Haupttugenden  der  Bur- 
mesen ist  die  Liebe  zu  ihren  Kindern,  so  lange  diese  noch  jung  und 
hilflos  sind.  Diese  ist  ihnen  mit  allen,  im  Naturzustande  lebenden  Völkern 
gemeinsam,  da  das  Band  zwischen  Kindern  und  Eltern  das  erste  und  stärkste 
ist.  Burmesische  Aeltern  geberden  sich  wie  irrsinnig,  wenn  einem  ihrer 
Kinder  etwas  zugestossen  ist,  und  der  Tod  eines  Kindes  wird  oft  als  ein 
unersetzliches  Unglück  betrachtet.  Viele  Kinder  können  in  einem  höchst 
fruchtbaren,  dünn  bevölkerten  Lande,  in  welchem  Leben  und  Eigenthum 
gesichert  sind,  den  Aeltern  nie  zur  Last  werden.  Ein  kinderloses  Alter 
gilt  für  die  allerschwerste  Strafe  des  Himmels.  Unter  solchen  Umständen 
muss  Kindesmord  etwas  ganz  Unbekanntes  sein.  Es  scheint  indess  nicht, 
dass    hier    die    Liebe    der    Kinder    denen    der    Aeltern    gleichkömmt. 

Liebe  der  Kinder  zu  den  Aeltern.  Die  leichte  Erlangung  einer  selbst- 
ständigeu  Existenz  und  die  fast  schrankenlose  Freiheit,  in  der  die  Kinder 
von  ihren  frühesten  Jahren  an  aufwachsen,  lockern  sehr  die  Bande  der  kind- 
lichen Liebe;  indess  vernimmt  man  wenige  Beispiele  von  eigentlichem  Un- 
dank. Man  weiss  zahlreiche  Fälle,  dass  ein  Sohn  freiwillig  die  Schuld 
seines  Vaters  übernommen  und  7  bis  10  Jahre  lang  der  Knecht  des  Gläu- 
bigers geblieben  ist,  um  seinen  Vater  von  Gefangenschaft  und  Schmach 
zu  befreien. 

Eheliche  Verhältnisse.  Bei  den  Burmesen  ist  die  eheliche  Verbindung 
gänzlich  eine  Handlung  des  gemeinen  Lebens  und  dauert  so  lang,  als  es 
beide  Theile  für  dienlich  erachten.  Scheidungen  fallen  täglich  vor,  ohne 
dass  die  öffentliche  Meinung  darüber  einen  Tadel  ausspräche.  Bei  solchen 
Verbindungen  lässt  sich  ein  sittliches  Verhältniss  nicht  voraussetzen,  wech- 
selseitige Treue  wird  nicht  geradezu  gefordert  und  Ehebruch  ist  um  so 
häufiger,  als  daran  keine  öffentliche  Schmach  haftet.  Manche  Frau  lebt, 
mit  Einwilligung  ihres  Gatten  in  unerlaubter  Verbindung,  und  kann  nach 
der  Scheidung,  ohne  Nachtheil  für  sich  und  ohne  dass  ihr  neuer  Gatte 
sich  viel  um  ihre  frühere  Aufführung  kümmere,  wieder  heirathen.  Die 
Verführung  unverheiratheter  Mädchen  kommt  nur  selten  vor,  ja  sie  ist 
fast  unmöglich,  da  die  Aeltern  ihre  mannbaren  Töchter  so  bald  als  möglich 
ausheirathen.  Die  Untreue  der  hiesigen  Frauen  sticht  von  der  strengen 
Eifersucht,  mit  welcher  sie  in  muhannnedanischen  und  Hindoo-Ländern 
bewacht  werden,  stark  ab.  Man  lindet  dieselbe  Erscheinung  auch  in  Siam, 
Cambogia  und  Cochinchina,  wo  überall  der  Buddhismus  herrscht;  so  dass 
man  fast  einen  religiösen  Grund  dafür  voraussetzen  möchte,  um  so  mehr 
die  Karäer,  welche  keine  bestimmte  Form  der  Gottesverehrung  haben, 
hierin    viel    strenger    sind,    als    ihre    budhistischen    Landsleute. 

Vielweiberei.  Vielweiberei  ist  in  buddhistischen  Ländern  erlaubt  und 
die  Zahl  der  Weiber  steht  (wie  in  allen  Gegenden,  wo  diese  Sitte 
herrscht)  im  Verhältniss  mit  den  Mitteln  zu  ihrem  Unterhalte.  Die  Meisten 
sind  indess  mit  je  einer  Gattin  zufrieden  und  die  Nachtheile  der  Vielwei- 
berei beschränken  sich  von  selbst  durch  die  vergleichungsweise  geringe 
Anzahl  der  Reichen.  Ehen  werden  leicht  geschlossen,  die  Hindernisse,  welche 


gedruckte   und   ungedruckte   Schriften   über  die    Tenasserira-Provinzen  etc.       289 

in  überbevölkerteu  Gegenden  ihnen  entgegenstehen,  sind  hier,  wo  Jeder- 
mann eine  Gattin  und  Kinder  mit  geringer  Mühe  erhalten  kann,  nicht 
vorhanden.  Vielweiberei  und  eheliche  Untreue  lockern  und  theilen  die 
Liebe  der  Aeltern  zu  ihren  Kindern,  indess  ist  gewiss,  dass  die  Burme- 
sen ihre  Kinder  zärtlich  lieben  und  es  ist  eine  seltsame  Anomalie,  die 
man  indess  täglich  zu  Maulmain  wahrnehmen  kann,  dass  irgend  ein 
Burmese  eine  besondere  Vorliebe  für  ein  blondes  Kind  seiner  Frau  hat, 
wenn  er  auch  recht  wohl  weis,  dass  es  unrechtmässig  erzeugt  ist.  Diess 
ist  indess  nur  bei  den  untern  Klassen  der  Fall.  Wir  haben  noch  keine 
Erfahrung  darüber,  wie  Kinder  englischer  Väter  und  burmesischer  Mütter 
gerathen,  wenn  sie  ausgewachsen  sind,  da  beide  Völker  erst  seit  14  Jah- 
ren in  Berührung  sind;  nehmen  wir  aber  solche  Kinder,  wie  sie  jetzt 
sind,  zum  Anhaltspunkte,  so  dürften  wir  wohl  erwarten,  dass  sie  vor  der 
Nachkommenschaft  englischer  Väter  und  ostindischer  Mütter  den  Vorzug 
behaupten    werden. 

Religiöse  Anstalten  für  die  Erziehung  der  Kinder.  Vielweiberei  und  ehe- 
liche Untreue  wirken  im  Allgemeinen  auf  die  Erziehung  der  Kinder  nach- 
theilig ein,  in  so  ferne  sie  die  Sorgfalt  und  Liebe  der  Aeltern  für  jene 
vermindern.  Für  diesen  Fall  haben  die  religiösen  Einrichtungen  des  Lan- 
des gesorgt.  Die  Kinder  werden  frühzeitig  in  die  Klöster  gebracht,  wie 
deren  fast  in  jedem  Dorfe  durch  die  freiwilligen  Gaben  der  Einwohner 
bestehen.  Hier  bringen  die  Kinder  einige  Jahre  ihrer  Knabenzeit  zu,  und 
werden  von  den  Mönchen  erhalten,  und  im  Lesen,  Schreiben  und  reli- 
giösen Gebräuchen  unterrichtet.  Diese  Erziehung  wird  fast  allen  Burme- 
sen zu  Theil ,  aber  geht  selten  darüber  hinaus ;  daher  die  allgemeine 
Verbreitung  elementarer  Kenntnisse,  die  durchgängige  Unwissenheit  in  den 
höheren  Wissenszweigen  und  die  grosse  Einförmigkeit  in  der  geistigen 
Bildung    der    Burmesen. 

Kenntnisse  der  Priester.  Die  Pomgys  (Priester)  gelten  für  die  Gelehr- 
ten des  Volkes;  ihre  Kenntnisse  bestehen  in  der  Auslegung  theologischer 
und  metaphisischer  Lehren,  sind  mithin  mistischer  Art  und  bei  der  gros- 
sen Menge  der  Ungebildeten  um  so  höher  in  Ansehen,  je  unverständ- 
licher   sie    sind. 

Religion.  Die  bezeichnenden  Eigenthümlichkeiten  jedes  Volkes  hängen 
mit  seiner  Religion  auf  das  Genaueste  zusammen;  Religion  erhebt  oder  ent- 
würdigt den  Menschen.  Bei  Betrachtung  der  religiösen  Zustände  der  Be- 
wohner dieses  Landes,  müssen  wir  die  Seelongs,  Karäer  und  Burmesen 
von  einander  trennen,  da  jeder  dieser  Stämme  ein  besonderes  Glaubens- 
bekenntniss,    und    mithin    verschiedene    Begriffe    von    der  Gottheit   hat. 

Religiöser  (Haube  der  Seelongs.  In  dieser  Hinsicht  stehen  die  See- 
longs auf  der  tiefsten  Stufe  der  Gesittung,  doch  selbst  dem  rohesten 
Geiste  drängt  sich  der  Begriff  der  Gottheit  auf.  —  Dieses  Volk  hat  kein 
religiöses  Glaubensbekenntniss,  keinen  festgestellten  Gottesdienst,  d.  h. 
keine  äusseren  Kundgebungen  ihrer  Anerkennung  eines  höhern  Wesens; 
sie  haben  aber  dennoch  einen  dunklen  Begriff  oder  eine  Ahnung  von 
dem  Vorhandensein  anderer  übermenschlicher  und  unsichtbarer  Wesen, 
von  deren  Einwirkung  auf  menschliche  Geschicke  u.  s.  w.  —  Für  sie 
ist  selbst  der  Begriff  von  Vielgötterei  und  Götzendienst  zu  unbestimmt 
und  soviel  ich  durch  längere  Nachforschungen  ermitteln  konnte,  glauben 
sie,  dass  das  Meer,  das  Festland,  die  Luft,  die  Bäume  und  die  Steine 
von    theils    guten,    theils    bösen    Geistern    (Ndts)    bewohnt    werden,    welche 


290  Dr.  Johann  Wilhelm   Helfer's 

die  Bewegungen  dieser  Dinge  lenken,  die  Pflanzen  zum  Wachsen  bringen 
u.  dgl.  Sie  geben  an,  sie  wüssten  nicht  wie  weit  diese  Geister  auf 
Menschen  einwirkten.  Von  einem  Leben  nach  dem  Tode  wissen  sie  gar 
nichts  und  ihre  beständige  Antwort  auf  darauf  bezügliche  Fragen  ist: 
„Daran  denken  wir  nicht."  Auf  diese  beschränkten  Menschen  scheint 
mithin  die  Wahrnehmung  der  sie  umgebenden  Dinge  Eindruck  gemacht 
zu  haben  und  ihr  geringes  Denkvermögen  führt  sie  unmittelbar  zur  Aner- 
kennung eines  höhern  unsichtbaren  WTesens.  Mithin  fällt  das  erste  Er- 
wachen des  Nachdenkens  mit  dem  Begriff  einer  Gottheit  (so  unvollkom- 
men dieser  auch  sein  möge)  in  Eins  zusammen  und  der  Geisterglaube 
scheint  die  erste  und  niederste  Stufe  des  religiösen  Glaubens  überhaupt 
zu  sein.  Die  Seelongs  bestätigen  nicht  die  Annahme,  als  beginne  die 
Entwicklung  des  religiösen  Glaubens  mit  dem  Götzendienste  als  dessen 
tiefste  Stufe,  ihr  Begriff  von  der  Gottheit  ist  so  mangelhaft,  dass  sie 
ihn  nicht  einmal  bildlich  darzustellen  vermögen.  Da  nun  der  Begriff  der 
Gottheit  in  seinem  ersten  Entstehen  ganz  unbestimmt  und  unabgegrenzt 
ist,  muss  Götzendienst  für  eine  Annäherung  zu  einer  positiven  Religions- 
form    angesehen    werden. 

Religiöser  Glaube  der  Raräer.  Die  Karäer,  welche  den  Seelongs  an 
Bildung  etwas  voran  sind,  glauben  ebenfalls,  dass  gewisse  Höhlen,  Bäume 
oder  Thiere  die  Wohnorte  mächtiger  Geister  seien,  denen  sie  indess 
noch  keine  bestimmte  Gestalt  beilegen.  Die  Burmesen  dagegen,  bereits 
im  Besitz  eines  religiösen  Systems,  verkörpern  diese  Begriffe,  machen 
sich  Bilder  und  erweisen  diesen  mehr  als  menschliche  Ehren,  als  den 
Darstellungen  ihrer  systematisch  geordneten  Begriffe.  Die  Seelongs  haben, 
da  sie  offenbar  keine  deutlichen  Begriffe  von  der  unmittelbaren  Einwir- 
kung höherer,  unsichtbarer  Mächte  auf  das  Menschengeschlecht  gefasst 
haben,  weder  Opfer  zur  Erlangung  ihres  Wohlwollens,  noch  sonst  irgend 
eine  äussere  Form  der  Verehrung  eingeführt.  Die  Karäer,  bei  denen  der 
Begriff  dieser  Einwirkung  deutlicher  geworden  ist,  opfern  ihren  Ndts  Ge- 
flügel, Bauchtabak,  Beis  und  Geldstücke,  welche  sie  an  besimmten  Stellen 
in  Dickicht,  mitunter  auch  unter  kleinen  Hängdächern  neben  ihren  Häusern 
niederlegen.  Die  Burmesen  halten  sich  streng  au  ein  vorgeschriebenes 
Ceremoniell  und  feiern  einen  äusserlichen  Gottesdienst  in  Tempeln,  Pa- 
goden u.  s.  w.  Wenn  es  wahr  ist,  dass  Sittlichkeit  ohne  positive  Beligion 
bestehen  und  ohne  den  Begriff  eines  Zustandes  künftiger  Belohnung  und 
Strafe  nicht  aufrecht  gehalten  werden  kann,  so  können  die  Bewohner 
dieses  Theils  der  Erde  nicht  für  sittlich  gelten,  indem  die  Seelongs  und 
Karäer  keine  festgestellte  Beligion  haben  und  das  Glaubensbekenntniss  der 
Burmesen  die  Fortdauer  eines  thätigen  Zustandes  nach  dem  Tode  geradezu 
zurückweiset. 

Buddhismus.  Die  Hauptzüge  des  Buddhismus  sind:  Vorausbestimmung, 
Seelenwanderung  und  endliche  Vernichtung  oder  Absorption.  Die  sittlichen 
Grundregeln  sind:  1)  Böses  jeder  Art  zu  meiden;  2)  Gutes  zu  voll- 
bringen; 3)  das  Herz  zu  reinigen.  Letzteres  geschieht  durch  die  „acht 
guten  Wege"  (Neggen  theet  ba),  nämlich:  a)  Vorsicht;  b)  Sicherheit; 
c)  Richtig  geleitete  Verständniss;  d)  Rechte  Handlungen;  e)  Rechte 
Worte;  f)  Bechte  Meinungen;  g)  Rechte  Absichten;  h)  Rechte  Weise 
das  Leben  zu  ertragen.  Je  nach  ihren  guten  oder  bösen  Thaten  gehen 
alle  Menschen  nach  dem  Tod  in  bestimmte  Gestalten  über:  sie  werden 
zu    geistigen    Wesen    niederer    Ordnung    (Ndts),     bleiben    Menschen    oder 


gedruckte  und  ungpdruckte  Schriften  übe.  die   Tenasserira-Provinzen  etc.  291 

werden  Thiere.  Die  höchste  Vollkommenheit,  welche  irgend  ein  Wesen, 
nachdem  es  durch  vielfache  Stufen  der  Existenz  als  Ndt  gegangen,  zu 
erreichen  vermag,  ist  Vernichtung  (Neibban)  oder,  wie  dieses  Wort 
auch  übersetzt  wird,  ein  Zustand  vollkommener  Ruhe.  Diess  ist  der 
wesentliche  Inhalt  des  Buddhismus,  einer  Religion,  die  über  einen  grossen 
Theil  Asiens  verbreitet  ist  und  eben  so  viele  Bekenner  zählt,  als  der 
Muhammedanismus  oder  das  Christenthum.  Die  Meisten  begnügen  sich  mit 
Vollbringung  der  äusseren  Gebräuche,  ohne  sich  an  das  Verständniss  des 
theologischen  Theiles  zu  wagen  und  selbst  unter  den  Priestern  sind  nur 
Wenige  im  Stande,  die  Sätze  ihrer  Religion  darzulegen,  da  nur  Wenige 
die  Pali-Sprache,  in  der  ihr  Religions-System  abgefasst  ist,  schreiben 
und  lesen  können.  Sie  begnügen  sich  mit  Hersagung  gewisser  Gebete, 
Anrufungen  u.  dgl.  und  die  Priester,  wie  die  grosse  Mehrzahl  der 
Uebrigen  finden  es  bequemer,  äussere  Ceremonien  zu  verrichten.  Die 
Buddhisten  versuchen  keinerlei  Bekehrungen  (wenigstens  nicht  in  diesem 
Lande)  und  zeigen  sich  gegen  alle  Bekenntnisse  gleich  duldsam;  sie  be- 
haupten nicht,  dass  ihr  Bekenntniss  das  beste  oder  allein  wahre,  wohl 
aber,  dass  es  für  ihr  Land,  ihren  Staat  und  ihre  Individualität  das  pas- 
sendste   sei    und    halten    sich    streng    an    ihren    Glauben. 

Bekehrungen  zum  Christenthume  in  Tenasserim.  Wenige  Burmesen 
werden  Christen  aus  Ueberzeugung  von  den  Vorzügen  und  den  Segnungen 
unserer  Religion  und  nur  wenige  Einzelne  bekehren  sich,  weltlichen  Ge- 
winnes halber  äusserlich  zum  Christenthume.  Die  Bestrebungen  der  Mis- 
sionäre sind  bisher  auffallend  erfolglos  geblieben,  nicht  wegen  des  Fana- 
tismus oder  der  Hartnäckigkeit  der  Burmesen,  sondern  vielmehr  wegen 
ihrer  Gleichmütigkeit  gegen  Glaubenssätze.  Sie  geben  die  Schönheit  der 
christlichen  Sittenlehre  zu,  behaupten  aber,  ihre  eigene  sei  nicht  minder 
gut  und  in  Bezug  auf  Glaubenssätze  seien  die  der  Christen  ebenso 
unbegreiflich  als  die  des  Buddhismus  und  sie  könnten  überhaupt  bei 
Vergleichung  Beider,  keinen  bedeutenden  Unterschied  wahrnehmen;  es 
würde  unrecht  von  ihnen  sein,  ihre  Begriffe  und  Gebräuche,  ihre  Fami- 
lien und  Alles  was  ihnen  heilig  und  theuer  sei  aufzugeben,  um  den 
Rafhschlägen  von  Fremdlingen  zu  folgen.  Karäer  hingegen,  bei  denen 
keine  feste  Form  der  Gottesverehrung  besteht,  bekehren  sich  zum  Christen- 
thum und  Einige  der  Baptisten-Missionäre  aus  Amerika,  die  sich  unter 
ihnen  niedergelassen,  haben  viel  Gutes  bewirkt.  Noch  unendlich  mehr 
könnte  geschehen,  wenn  alle  Missionäre  gleichmässig  geeignet  wären, 
die  Herzen  dieser  einfachen  Naturkinder  durch  sanfte  Ueberredung  zu- 
gänglich zu  machen,  anstatt  sie  durch  Vorhaltung  der  Verdammniss  mit 
allen    ihren    Schrecken,    mit   Misstrauen    zu    füllen. 

Zusammenfassung  der  bisherigen  Darstellung.  Obige  Darstellung  der 
wesentlichen  Religionsverhältnisse  des  sittlichen  Zustandes  und  der  charak- 
teristischen Eingenthümlichkeiten  der  Bewohner  dieser  Provinzen,  führt 
zu    folgenden    Schlüssen : 

1)  Dass  die  Bewohner  der  Tenasserim-Provinzen  die  guten  Eigen- 
schaften   ungebildeter    Völker    besitzen. 

2)  Dass  man  von  ihnen  nicht  die  höheren  sittlichen  Vorzüge  und 
Tugenden  vorgeschrittener  Völker  erwarten  dürfe,  dass  aber  auch  glück- 
licherweise die  Laster  dieser  Völker,  wenn  nicht  unbekannt,  doch  ziemlich 
selten   bei   ihnen    sind. 


292  Dr.  Johann  Wilhelm  Ilelfer's 

3)  Dass  ihre  Laster  grösstenteils  von  lang  andauernder  schlechter 
Herrschaft    höchst   hedrückender    und   willkürlicher    Regierungen    sind. 

4)  Dass  ihre  sittlichen  Ansichten  über  gewisse  Verhältnisse,  namentlich 
über  den  Werth  weiblicher  Reinheit  eigenthümlich  und  von  denen  der 
Europäer    verschieden    sind. 

5)  Dass  die  Gesammtheit  der  Rurmesen  bis  zu  einem  gewissen 
Grad  gebildet  ist,  dass  aber  ihre  Erziehung  nicht  über  eine  bestimmte 
Grenze  hinausgeht  und  im  jetzigen  Zustande  der  Dinge  auch  keine  höhere 
Rildung    zu    erwarten   ist. 

6)  Dass  ihre  Religion  ihren  Fortschritten  nicht  hinderlich  ist,  da 
sie  ihnen  keinerlei  Vorurtheile  gegen  andere  Rekenntnisse  einflösst  und 
dass  die  Abwesenheit  jedes  in  Ost-Indien  so  hinderlichen  Kasten-Systems 
auf  ihre    Bildungsfähigkeit    sehr   vorteilhaft    einwirkt. 

7)  Dass  mithin  die  Burmesen  grosser  Fortschritte  in  der  Gesittung 
fähig    sind. 

Verbreitung  europäischer  Bildung.  Bisher  hat  die  britische  Regierung 
nur  sehr  wenig  oder  gar  nichts  für  die  Erziehung  des  Volkes  gethan. 
Es  bestehen  3  Schulen,  mehr  aber  für  die  in  der  Provinz  gebornen 
Engländer  und  für  die  Portugiesen,  als  für  die  Rurmesen.  Letztere,  weit 
entfernt  der  Erlernung  europäischer  Künste  und  Wissenschaften  abgeneigt 
zu  sein,  haben  eine  Vorliebe  für  Alles  was  Europäisch  ist,  weil  sie 
durchgängig  überzeugt  sind,  dass  die  Europäer  ihnen  in  jeder  Hinsicht 
überlegen  sind.  —  Verbreitung  von  Mitteln  und  Anlockungen  zur  Er- 
lernung der  englischen  Sprache  wäre  der  erste  Schritt  zur  geistigen 
Bildung  der  Burmesen ;  denn  mit  der  Sprache  wird  auch  englische  Den- 
kungsweise  eingeflösst.  Die  Einrichtung  gutgeordneter  Schulen  nach  diesen 
Grundsätzen  wäre  eine  grosse  Wohlthat,  besonders,  wenn  deren  ausge- 
zeichnetere Schüler  von  der  Regierung  durch  Ertheilung  untergeordneter 
Anstellungen  belohnt  würden.  Ein  zweiter  grosser  Vortheil  wäre,  dieses 
Volk  seinen  fremden  Beherrschern  anhänglicher  und  mit  englischen  Sitten 
und  Gebräuchen,  von  denen  sie  gegenwärtig  noch  gar  nichts  wissen, 
bekannt  zu  machen.  Die  gegenwärtige  Regierungsform  ist  ihnen  noch 
zu  neu  und  ungewohnt;  ihrer  Beziehungen  zu  den  Briten  sind  noch  zu 
wenige  und  zu  ferne,  als  dass  schon  jetzt  Zuneigung  entstanden  oder 
Anhänglichkeit  sich  ausgebildet  hätte.  Wenn  auch  die  britische  Herrschaft 
über  ganz  Ost-Indien  festgestellt  ist  und  von  den  Eingebornen  allen  vor- 
angegangenen als  entschieden  besser,  vorgezogen  wird,  so  werden  doch 
die  herrschenden  und  verwaltenden  Engländer  als  Individuen  wohl  in 
vielen  Fällen  hochgeschätzt,  sind  aber  nicht  immer  den  Eingebornen  ange- 
nehm und  sehr  selten  von  ihnen  geliebt,  weil  sie  ihnen  in  den  meisten 
Fällen    als    seltsame    Räthsel    erscheinen. 

Werth  der  Tenasserim-Provinzen  als  Theil  von  Ost-Indien.  Im  ersten 
Jahr  der  Resetzung  dieser  Provinzen  wurde  die  Frage  aufgeworfen:  ob 
es  nicht  vorteilhafter  sein  würde,  sie  den  Burmesen  zurückzugeben  und 
als  man  davon  aus  Staatsgründen  abging,  wurden  sie  als  eine  nothwendige 
Last  angesehen,  da  das  jährliche  Einkommen  aus  denselben  die  darauf 
verwendeten  Kosten  nicht  deckte.  Ihr  Besitz  ist  indess  werthvoll,  sowohl 
aus  Staatsgründen,  als  weil  in  ihnen  die  Elemente  grosser  Beichthümer 
liegen,  welche  nur  der  Entwicklung  bedürfen,  um  eine  hervorragende 
Stelle   zu   behaupten. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften   über  die  Tenasseiim-Provinzen  etc.  293 

1)  Beherrschen  diese  Provinzen  einen  grossen  Theil  der  Ostküste 
des  Golfs  von  Bengalen,  der  seit  der  Besetzung  von  Tenasserim  ein 
Britisches,  jeder  anderen  Macht  verschlossenes  Meer  geworden  ist  und 
die    übrigen    britisch- ostindischen    Besitzungen    sicher    stellt. 

2)  Sie  gewähren  eine  vorteilhafte  Stellung  gegen  Buruiah  selbst, 
was  bei  den  gegenwärtigen  Beziehungen  zu  diesem  Staate  besonders 
augenscheinlich  sich  darstellt.  Maulmain  ist  nämlich  der  Hauptpunct,  von 
welchem  aus  eine  Ueberziehung  und  Eroberung  leicht  eingeleitet  werden 
kann,  ohne,  wie  im  letzten  Kriege,  sich  unmittelbar  tief  in  Feindesland 
hineinwagen    zu    müssen. 

3)  Der  natürliche  Reichthum  von  Tenasserim  besteht  aus  einer 
Anzahl,  in  der  ersten  Zeit  nach  der  Besetzung  noch  unbekannter,  und 
in  Ostindien  mehr  oder  weniger  begehrter  werthvoller  Produckte ,  als : 
Zinn,  Eisen,  Steinkohle,  Teak-  und  anderes  gutes  Bauholz,  nebst  einer 
Menge    anderer    von   geringerer    Bedeutung. 

4)  Diese  Provinzen  öffnen  europäischem  Unternehmungsgeiste  das 
bestmöglichste  Feld,  da  sie  für  den  Anbau  tropischer  Gewächse  aller 
Art    geeignet   sind    und  sich  desshalb  Europäer   gern  dorthin  ziehen  dürften. 


4.  Vierter  Bericht   über   die  Tenasserim -Provinzen,  mit  Rücksicht  auf 
die    Aussichten,   welche   sie   europäischen   Einwanderern  darbieten. 

England  hat  die  volle  Entwicklung  seines  Fortschrittes  und  seiner 
Gesittung,  deren  es  seiner  Lage,  den  übrigen  Ländern  Europas  gegenüber 
seinem  Klima  und  seinem  Boden  nach  jemals  wird  erreichen  können, 
bereits    nahe    zu    erlangt. 

Schottland  und  Irrland  sind  hierin  noch  grosser  Fortschritte  fähig;  indess 
stehen  im  ersteren  Lande  klimatische,  in  letztern  moralische  Ursachen  der 
Entwicklung  entgegen. 

England,  auf  sich  selbst  beschränkt,  würde  eher  zurück,  als  vorschrei- 
ten müssen.  Die  Macht  Englands  das  Anwachsen  seines  Reichthums  und 
seines  Gedeihens,  beruht  auf  seinem  Welthandel  und  auf  seinen  trans- 
atlantischen   Colonien. 

Unter  allen  Ländern  wusste  England  jederzeit  den  Werth  von  Colo- 
nien am  Besten  zu  würdigen.  Alle  seine  Colonien  schreiten  rasch  vor  und 
fortwährend  werden  deren  neue  angelegt.  Endlich  ist  auch  Ost-Indien  der 
englischen  Nation  in  ihrer  Gesammtheit  erschlossen  worden,  dessen  uner- 
messliches  Gebiet  ein  so  weites  Feld  darbietet,  dass  sich  für  jetzt  die 
Folgen  davon  noch  gar  nicht  berechnen  lassen.  Hoffnung  und  schneller  Gewinn 
zieht  stets  Abentheurer  an,  und  noch  leben  die  Fabeln  von  Indiens  un- 
ermesslichen  Schätzen  in  der  Phantasie  der  Menge  fort.  So  wie  die,  nach 
Amerika  strömenden  Spanier,  sich  zum  Landbau  wendeten,  als  sie  sich  in 
ihren  Hoffnungen  auf  ein  Eldorado  getäuscht  sahen,  so  werden  auch  die 
ostindischen  Abenteurer,  sobald  sie  das  Irrige  ihrer  phantastischen  Hoffnun- 
gen eingesehen  haben,  fleissige  Colonisten  werden,  indem  ihnen  die  Aus- 
sichten gewiss  nicht  auf  plötzlichen  Reichthum,  wohl  aber  auf  allmähligen 
wachsenden    Wohlstand,    offen  stehen. 

Man  hat  häufig  behauptet,  Europäer  wären  zu  Colonisten  in  Tropen- 
ländern nicht  geeignet.  Wäre  diess  wirklich  der  Fall,  so  wären  die  Colo- 
nien   in    West -Indien   nicht    zur  Blüthe   gelangt,  ja    sie    wären   selbst   nie 


294  Dr.  Johann   Wilh.  Helfers 

entstanden.  Als  Taglöhner  können  sie,  wenigstens  deren  Mehrzahl ,  freilich 
das  tropische  Klima  nicht  vertragen,  wohl  aber  Grundeigenthum  erwerben, 
dessen  Verwaltung  beaufsichtigen  und  den  Anbau  durch  Andere  betreiben 
lassen. 

Tropische  Colonien  sind  von  denen  in  gemässigten  Klimaten  sehr  ver- 
schieden, beide  haben  eigenthümliche  Vortheile  und  Uebelstände.  Tropische 
Colonien  können  nur  durch  Wohlhabende,  oder  mittels  eines  massigen 
Grund-Kapitals  begründet  werden.  Sie  verwenden  entweder  die  Eingebor- 
nen  des  Landes,  in  dem  sie  sich  ansiedeln  oder  führen  Arbeitskräfte  von 
Ausen    ein. 

Da  europäische  Unternehmer  nach  Indien  strömen  werden,  ist  es 
nöthig  sie  auf  den  Weg  dahin  zu  leiten  und  der  eigentliche  Zweck  die- 
ser Denkschrift  ist:  die  mehrfachen  und  grossen  Vorzüge  hervorzuheben, 
welche  die  Tenasserim-Provinzen  besonders  fähig  machen,  eine  hoffnungs- 
reiche europäisch-tropische  Colonie  zu  werden.  In  jeder  Colonie  finden 
die  Ankömmlinge  das  Land  entweder  wüst  oder  sei  es  zeitweilig  oder 
durch    eine    bleibende  Bevölkerung,    bereits    besetzt. 

Zeitwilige  Inhaber  benützten  den  Boden  nicht  bleibend;  sie  sind  ent- 
weder Jäger,  oder  sie  benützen  die  Weidegründe  oder  kommen  zeitweise 
an  bestimmte  Stellen,  um  Naturprodukte  zum  eigenen  Gebrauche  oder 
zum    Tauschhandel,    einzusammeln. 

Für  eine  feste  Bevölkerung  ist  Grund  und  Boden  die  Quelle  ihres 
Lebensunterhaltes. 

In  den  Tenasserim-Provinzen  finden  sich  beide  Verhältnisse  neben 
einander.  Der  grösste  Theis  der  Bodenfläche  liegt  unbebaut,  nur  zum  Theil 
auf  Teak-  oder  Sapan-Holz  oder  auch  auf  Waldöl  benutzt,  andere  Stel- 
len werden  nur  wegen  ihres  Reichthums  an  Fischen  aufgesucht,  noch  an- 
dere wegen  der  essbaren  Vogelnester,  nur  der  kleinste  Theil  wird  blei- 
bend   bewohnt    und    angebaut. 

I.  Der  erste  Vortheil,  den  die  Tenasserim-Provinzen  bieten,  ist  ein 
Ueberschuss  an  Grund  und  Boden  aller  Art.  In  den  meisten  ähn- 
lichen uncivilisirten  Ländern  entstehen  bald  Reibungen  zwischen  den  Ein- 
gebornen  und  den  Ankömmlingen,  diess  kann  aber  nur  da  der  Fall  sein, 
wo,  wie  in  Amerika,  die  Eingebornen  vom  Ertrage  ihrer  Jagd  leben.  In 
Tenasserim  beschäftigt  sich  aber  die  Bevölkerung  nicht  ausschliesslich 
mit  Jagd,  mit  Ausnahme  einiger  wenigen  Siamesen,  welche  den  Elephanten 
wegen  ihrer  Zähne,  und  den  Nashörnern  wegen  ihrer  Hörner  nachstellen. 
Die  Ankömmlinge  könnten  mithin  nur  mit  der  landbauenden  bleibenden 
Bevölkerung    in    Zusammenstoss    gerathen. 

Vier  Fünftheile  der  eingebornen  Landbauer  beschränken  sich  aus- 
schliesslich auf  Reis,  als  ihr  hauptsächlichstes  Nahrungsmittel.  Ein  neuer 
Ankömmling  würde  sich  kaum  damit  beschäftigen,  sondern  vielmehr  seinen 
Bedarf  an  Reis  von  den  Eingebornen  beziehen  und  sich  anderen  wert- 
volleren   Artikeln    zuwenden. 

Diese  bereits  bestehende  Bevölkerung  von  Landbauern  ist  insofern 
Einwanderern  vorteilhaft,  als  sie  diese  mit  Nahrungsmitteln  versorgt, 
indess    zugleich    die    Eingebornen    einen    bessern    Absatz    finden. 

Ein  anderes  Hinderniss  in  bereits  besetzten  Ländern  ist  der  Neid 
und  die  Feindseligkeit  der  Einheimischen  gegen  die  fremden  Einwanderer, 
diese  Gefühle  mögen  nun  in  dem  Trieb  der  Selbsterhaltung,  in  National- 
hass    oder   in    religiösen   Vorurtheilen   ihren    Grund   haben. 


gedruckte  und  angedrückte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  29S 

Die  Chinesen,  welche  sieh  in  diesen  Provinzen  ansiedelten,  wurden 
bald  von  den  Burmesen  gut  aufgenommen  und  aufgemuntert,  obwohl  sie 
sie  auf  jede  Weise  übervortheilten.  Sie  haben  ebensowenig  Abneigung 
vor  europäischen  Ansiedlern,  als  vor  Chinesen,  ihre  Religion  ist  vorzugs- 
weise duldsam  und  anstatt  den  Europäern  ungeneigt  zu  sein,  betrachten 
sie  sie  vielmehr  als  eine  höher  stehende  Abtheilung  des  Menschenge- 
schlechtes. 

II.  Das  erste  Ziel  einer  Colonie  ist,  die  Erhaltung  einer  vermehr- 
ten Menschenzahl  zu  sichern ;  erst  bei  wachsendem  Anbau  wird  ein  Ueber- 
schuss  produziert  und  der  nächste  Schritt  wird  sein,  einen  Austausch 
dieses    Ueberschusses    gegen    andere    Güter    einzuleiten. 

Die  Lage  der  Tenasserim-Provinzen  ist  dem  Handel  äusserst  gün- 
stig; ihre  Seeküste  ist  an  600  (engl.)  Meilen  lang,  aus  dem  Innern  der- 
selben fliessen  zahlreiche  schiffbare  Flüsse  dem  Meere  zu,  und  bieten  so 
die    grösste   Erleichterung    der    Verbindungen   dar. 

III.  Ein  weiterer  Vorzug,  und  zwar  der  wichtigste  für  europäische 
Ansiedler,  welchen  diese  Provinzen  vor  dem  eigentlichen  Indien  voraus  ha- 
ben, ist  das  sehr  gesunde  Klima,  welches  so  hervortretend  ist,  dass 
Personen,  welche  Gelegenheit  hatten,  die  verschiedenen  Klimate  Amerikas 
kennen  zu  lernen,  es  als  das  gesundeste  aller  Tropenländer  für  Europäer 
erklärten.  —  Die  feldärztlichen  Sterbe-Register  der  britischen  Truppen, 
welche  zu  Maulmain  in  Besatzung  sind,  beweisen,  dass  die  Sterblichkeit 
kaum  grösser,  mitunter  sogar  geringer  ist,  als  sie  unter  gleichen  Um- 
ständen in  Europa  sein  würde.  Ein  genügender  Grund  für  diese  Eigentüm- 
lichkeit ist  um  so  schwerer  anzugeben,  als  sehr  nahe  gelegene  Land- 
striche unter  die  ungesundesten  Theile  Indiens  gerechnet  werden,  insbe- 
sondere Arracan,  welches  in  seiner  allgemeinen  Gestaltung,  wie  in  seinen 
Produkten,  sehr  an  Tenasserim  erinnern  soll.  Als  Grund  lässt  sich  nur  an- 
geben, dass  dieses  Land  entweder  einen  Theil  einer  schmalen  Halbinsel 
bildet  oder  an  eine  solche  unmittelbar  angränzt,  und  dass  von  beiden 
Seiten  her,  weit  ausgebreitete  Meere  eine  beständige,  wenn  auch  nicht  immer 
fühlbare  Luftströmung  hervorbringen,  welche  die  Ausdünstungen  in  Zer- 
setzung begriffener  Pflanzenstoffe  und  andere  luftverderbende  Elemente 
zerstört  oder  hinwegführt.  Leberübel  kommen  hier  seltener  vor  als  in 
Arracan  und  die  dortigen  Fieber  sind,  so  wie  Lungenkrankheiten,  in  Te- 
nasserim kaum  bekannt.  Es  lässt  sich  sogar  behaupten,  dass  Europäer, 
deren  Massigkeit,  besonders  in  starken  Getränken,  zur  Gewohnheit  gewor- 
den ist,  sich  dort  besser  befinden,  als  die  Eingebornen  selbst,  insbesondere 
deren  Kinder,  welche  von  den  periodisch  wiederkehrenden  Blattern  in 
grosser  Anzahl  hinweggerafft  werden,  um  so  mehr  als  alle  bisherigen 
Bemühungen  zur  Einführung  der  Impfung,  bis  auf  wenige  vereinzelte 
Fälle  fruchtlos  geblieben  ist.  Die  Erhaltung  der  Gesundheit  erfordert  hier 
nicht  so  viele  besondere  Vorsichtsmassregeln  wie  in  Ostindien.  Ueble 
Wirkungen  der  Sonnenhitze  kommen  hier,  wie  man  es  auf  Jagden  leicht 
selbst  erfahren  kann,  sehr  selten  vor,  und  dieser  Umstand  ist  für  Pflan- 
zer, die  meist  in  freier  Luft  zu  thun  haben,  von  grosser  Bedeutung.  Die 
fast  das  ganze  Jahr  hindurch,  kühlen  Nächte  tragen  viel  dazu  bei,  den 
durch  die  Tageshitze  und  die  beständige  Ausdünstung  geschwächten  Kör- 
per  wieder    neu    zu    kräftigen. 

Die  Gefährlichkeit  wilder  Thiere ,  giftiger  Schlangen  und  anderer 
Reptilien    wird    in    Europa    meist    sehr,    und    mitunter   bis    zum    Fabelhaften 


Mittheilungen  der  k.  k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft. 


II 


•J<M  Hr.  Johann  Wilh.  Helfer's 

übertrieben :  in  Tenasserim  ist  nur  sehr  wenig  davon  zu  befürchten.  Ti- 
ger sind  dort  zahlreich,  aber  bei  Weitem  nicht  so  furchtbar  wie  in  Ben- 
galen, da  sie  sich  wahrscheinlich  mehr  vor  den  Menschen  fürchten,  als 
diese  vor  ihnen.  Bei  den  Eingebornen,  die  täglich,  oft  ganz  allein,  in 
unbetretenes  Diekickt  eindringen,  hört  man  sehr  selten  von  dergleichen 
Unglücksfallen.  Kein  anderer  Vierfüsser  ist  zu  fürchten  und  ein  Pflanzer 
kann  sein  ganzes  Leben  hindurch  im  Lande  wohnen,  ohne  je  einen  wil- 
den Elephanten  oder  ein  Nashorn  zu  Gesichte  zu  bekommen.  Gefährliche 
Schlangen  trifft  man  sehr  selten  und  ich  darf  behaupten,  dass  sie  hier 
weniger    Unheil    anrichten,    als    im    südlichen    Europa. 

IV.  Die  Fruchtbarkeit  eines  Landes  ist  doppelter  Art:  wesent- 
lich und  zufällig.  Erstere  hängt  von  der  Beschaffenheit  des  Bodens  ab, 
letztere    von    der,    auf   der    Oberfläche    abgelagerten    fruchtbaren    Dammerde. 

Um  die  Fruchtbarkeit  von  Tennasserim  bestimmter  zu  bezeichnen, 
müssen  wir  auf  die  geologische  Beschaffenheit  dieser  Provinz  zurückgehen. 
Im  Innern  besteht  ein  grosser  Theil  der  Oberfläche  aus  Urgestein, 
hauptsächlich  Granit;  ein  grosser  Theil  der,  einander  paralell  von  Nord 
nach  Süd  die  Hulbinsel  durchstreichenden  Berge  ist  Granit  oder  Gneiss. 
Die  Bergketten  sind  yon  nicht  sehr  tiefen  Thäleru  durchschnitten.  Die 
Berge  selbst  sind  nur  selten  sehr  abschüssig,  meist  gegen  den  Gipfel  zu 
abgerundet  und  nicht  zerrissen.  Fast  überall  ist.  wenigstens  bis  zur  Tiefe 
von  einigen  Zollen ,  die  Oberfläche  zersetzt  und  ganz  mit  hochstämmigen 
Gewächsen  bedeckt,  ein  kahler  Fels  ist  auf  dem  Festland  eine  wahre  Sel- 
tenheit. In  feuchten  Tropenländern  gehl  die  Zersetzung  des  Feldspathes 
sehr  schnell  vor  sich  und  ist  dort,  im  Widerspruche  mit  den  theoretischen 
Ansichten  berühmter  Chemiker,  eine  der  Hauptursachen  der  Fruchtbarkeit 
vermuthlich,  weil  das  in  die  Zusammensetzung  des  Feldspates  eingehende 
ätzende  Kali  oder  Natron  durch  die  ungeheure  Menge  verwesender  Pflan- 
zenstoft'e  mit  Humussäure  gesättigt  wird.  Aus  diesem  Grunde  ist  das  frucht- 
barste Erdreich  dieser  Gegenden  auch  in  den  Thälern  zwischen  den  Gra- 
nitketten zu  finden,  in  welche  das  zersetzte  Gestein,  zugleich  mit  verwe- 
senden Pflanzentheilen  unaufhörlich  von  den  Gebirgsgehängen  herabge- 
schwemmt wird.  Gerade  dieser  Theil  des  Binnenlandes  ist  noch  unbewohnt 
oder  nur  stellenweise  von  den  Karäern  bebaut.  Ein  ziemlicher  Theil  der 
Oberfläche  der  Provinzen,  mehr  im  Norden  und  in  der  Mitte  als  im  Sü- 
den, gehört  den  schiefrigen  oder  kalkigen  Uebergangs- Gebilden  an.  Ein 
grosser  Strich  im  Süden  von  Maulmain  und  von  Ye  ist  Uebergangs-Thon- 
schiefer;  dies  ist  auch  der  unfruchtbarste,  was  sogleich  durch  seine  ver- 
kümmerte Vegetation  bemerkbar  wird ,  indem  Bambus  an  die  Stelle  hoch- 
stämmiger Waldbäume  tritt.  Die  Hauptursache  dieser  Erscheinung  mag 
in  der  langsamen  Zersetzung  des  Schiefers,  seiner  Fähigkeit,  WTasser  und 
Feuchtigkeit  einzusaugen,  und  im  Mangel  sandiger  Theilchen  zu  suchen 
sein.  — 

In  der  Provinz  Amherst  erscheint  der  Bergkalk  in  Gestalt  auffallen- 
der vereinzelter  Felsen  und  ziemlich  ausgedehnter  Bergzüge.  Die  Ebenen 
längs  dem  Flusse  dieser  schroffen  Berge  sind  ausnehmend  fruchtbar.  Die 
Berge  selbst,  manchmal  senkrecht  ansteigend,  von  allen  Seiten  zerklüftet, 
ohne    ebene    Flächen,    sind    durchaus    zum    Anbau    ungeeignet. 

Secundäre  Gebilde,  darunter  Sandstein  (Grits  bigarre)  und  Conglome- 
rate  (Puddingstones)  bedecken  die  Oberfläche;  am  ausgebreitetsten  findet 
man    sie    in    den    südl.    Theilen    der    Provinz   Amherst   und    in    der   Provinz 


gedruckte   und   angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  297 

Ye.  Diese  Landstriche  sind  dürre,  und  nicht  besonders  fruchtbar,  da  die 
porösen  Conglomerate  das  Wasser  begierig  aufsaugen,  die  thonigen  Theile 
dagegen  eine  harte,  dem  Wasser  undurchdringliche  Kruste  bilden.  Obige 
Gebilde  kommen  häufig  vor,  nehmen  aber  nie  grösser  zusammenhängende 
Flächen    ein. 

Ein  Theil  der  Ebene  dieser  Provinzen  ist  tertiären  Ursprungs,  wie 
die  höheren  Gebiete  der  Provinzen  Amherst  und  Ye,  die  Ebenen  von 
Tavoy  und  Kalle-oung,  jene  zwischen  Tavoy  und  Palou,  das  Thal  von 
Taun-biaunk  und  das  Hochland  von  Metamio,  die  Ebene  am  Tenasserim-Flusse, 
oberhalb  der  alten  Stadt,  wo  sich  eine  Ablagerung  von  Thonmergel  weit 
ausbreitet.  Alle  diese  Oertlichkeiten  sind  fruchtbar,  kaum  irgend  eine  da- 
von   ist    ausschliesslich    sandig    und    keine,  so    weit    mir    bekannt,   gypshältig. 

Zu  den  nachdiluvialen  Gebieten  gehören  die  Deltas  der  Flüsse, 
welche,  soweit  sie  ausser  dem  Bereiche  des  salzigen  Wassers  liegen, 
höchst  fruchtbar,  im  entgegengesetzten  Fall  aber  ganz  unfruchtbar  sind. 
Zur  ersten  Abtheilung  gehört  das  Tiefland  an  den  Zusammenflüssen  des 
Salween,  des  Gain  und  des  Attaran,  das  kleine  Delta  des  Ye-Flusses  und 
anderer  kleinerer  Flüsse  zwischen  Tavoy  und  Mergui;  zur  zweiten 
alle  Mangrove-Gebiete,  die  für  den  Anbau  ganz  untauglich  sind.  Die  grösste 
Quelle  der  Fruchtbarkeit  des  Landes,  unabhängig  von  den  befruchtenden 
Elementen  des  Bodens,  ist  die  Masse  von  Humus  oder  verwesten  Pflan- 
zenstoffen,  welche  sich  durch  eine  Reihe  von  Jahrhunderten  angehäuft  hat, 
das  ganze  Land  ist  nur  ein  zusammenhängender  grösstenteils  nie  von  der 
Axt  berührten  Wald  und  darauf  beruht  die  Ertragsfähigkeit  des  nie  be- 
rührten Bodens.  Man  kann  mit  Sicherheit  feststellen,  dass  von  der  30000 
(engl.)  Quadratmeilen  grossen  Oberfläche  der  Provinzen  der  grössere  Theil 
fruchtbar  ist,  oder  dazu  gemacht  werden  kann,  und  das  nur  die  höheren 
Berge  und  die  Mangrove-Bezirke  zum  Anbau  untauglich  sind,  so  dass  die 
unfruchtbaren  den  Anbau  nicht  lohnenden  Striche  kaum  */t  der  Gesammt- 
fläche  betragen.  Noch  ist  zu  wenig  Grund  gerodet,  als  dass  man  bestimmt 
aussagen  könnte,  welcher  Theil  der  Provinz  am  fruchtbarsten  sei.  Die  nörd- 
lichen Gegenden  sind,  wegen  der  grossen  Ebenen,  vorzüglich  zum  Reis- 
bau geeignet,  die  südlichen,  dem  äquatorialen  Klima  näher  kommenden, 
würden  für  den  Anbau  perennirender  Gewächse  den  Vorzug  verdienen. 
Die  Klagen  über  natürliche  Unfruchtbarkeit  und  Ungeeignetheit  zum  Anbau 
welche  indem  malayischen  Archipel  obwalten  sollten,  und  welche  Marsden 
über  einen  Theil  von  Sumatra  ausspricht,  sind  auf  Tenasserim  nicht  an- 
wendbar. 

V.  Ein  weiterer  grösserer  Vovtheil  für  eine  beginnende  Colonie  ist 
die  grosse  Auswahl  unter  freien  Ländereien.  Die  Regierung  hat 
die  Bedingungen,  unter  denen  Ländereien  an  Private  verliehen  werden, 
noch  nicht  bekannt  gemacht,  vermuthlich  weil  noch  Niemand  ein  darauf 
bezügliches  Ansuchen  gestellt  hat.  Die  gegenwärtig  an  der  Merrenge  von 
Mallacca  dafür  bestehenden  Anwendungen  dürften  auch  hier,  vielleicht  mit 
einigen  Abänderungen  eingeführt  werden.  Es  wäre  hierbei  zu  bemerken, 
dass  vermuthlich  der  Landbau  hier  eine  ganz  andere  Gestalt  annehmen 
dürfte  als  in  Ost-Indien,  insofern  man  sehr  wenig  jährige  und  zum 
grössten  Theil  perennirende  Gewächse  (Gewürze,  Kaffee,  Betelnüsse  und 
dergleichen)  anbauen  würde,  so  dass  die  mit  Ländereien  betheilten,  bei 
kurzem  Verleihungs-  Terminen  im  Nachtheile  stünden.  Da  wo  so  viel 
Boden     wüste  liegt    und    die    Regierung    selbst   wünschen   muss,     davon    so 

u  * 


298  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfers 

viel  als  möglich  besetzt  zu  sehen,  dürften  vermuthlich  für  die  erste  Zeit 
die  Preise  geringfügig  sein.  Nach  dem  jetzigen,  dem  alten  burmesischen 
entlehnten  Systeme,  ist  jeder  Fleck  Landes,  besetzt  oder  unbesetzt,  ein  Eigen- 
thum  der  Regierung;  die  Eingebornen  sind  nur  Pächter  und  bezahlen  von 
den  darauf  gewonnenen  Producten  dem  Namen  nach  25  Percent  des  Werthes. 

VI.  Ein  fernerer  Vortheil  ist  die  grosse  Verschiedenheit  der 
Producte,  die  in  Ten  asser  im  erzielt  werden  können.  Nicht 
tropische  Pflanzen  allein  gedeihen  dort,  sondern  auch  ausschliesslich  zwi- 
schentropische verheissen  Gedeihen  in  den  südlichen  Theilen  von  Tenas- 
serim  und  darunter  solche,  welche  höchst  werthvoll  und  bekanntlich  nur 
auf  einen  vergleichungsweise  kleinen  Verbreitungsbezirk  eingeschlossen 
sind,   wie    Gewürznelken    und    Muskatnüsse. 

VII.  Die  Verbindung  des  Landbaues  mit  Handelsunterneh- 
mungen spricht  gleichfalls  für  die  Auswahl  dieses  Theiles  Indiens  zur 
Colonisation,  insofern  der  Pflanzer  nebst  seinem  Hauptzwecke,  dem  Landbaue 
auch  den  Verkauf  werthvoller  freiwilliger  Naturproducte  seiner  Umgebung 
betreiben    kann. 

Da  die  Mehrzahl  werthvoller  Producte  nur  von  Pflanzen  herrührt, 
welche  erst  nach  einem  Wachsthume  von  mehreren  Jahren  zur  Reife 
gelangen,  ist  diese  Zwischenzeit  für  den  Gewinn  des  Pflanzers  verloren, 
es  sei  denn,  dass  er  sie  benutze  um  Naturproducte,  welche,  ungeachtet 
ihres  inneren  Werthes,  bis  jetzt  unbenutzt  blieben,  zum  Gebrauch  geeignet 
zu  machen.  Dergleichen  sind:  Stocklaek,  Gummigutt,  Cautschuk,  verschie- 
dene Gummiharze,  Waldöl,  schwarzer  Firniss,  Aloe-  und  Sandel-Holz, 
verschiedene    wilde    färbe-    und    gerbstoffhältige    Pflanzen    u.    dgl.    mehr. 

VIII.  Der  letzte  Vortheil,  den  diese  Provinzen  als  Colonie  darbieten, 
ist  die  Leichtigkeit,  gute  Arbeiter  zu  erhalten.  Zwar  ist  das 
Land  schwach  bevölkert  und  die  Rurmesen  werden  wegen  ihrer  Selbst- 
ständigkeit und  ihrer  Lnkenntniss  nie  im  Grossen  als  Arbeiter  verwendet 
werden  können:  es  käme  aber  nur  darauf  an,  den  Strom  der  chinesischen 
Einwanderung  von  Singapore  weg  hierher  zu  lenken;  und  wenn  die 
Chinesen  einmal  wüssten,  dass  sie  hier  lohnende  Arbeit  fänden,  würden 
sie  sich  aus  eigenem  Antriebe  schaarenweise  herbei  drängen.  In  diesem 
Augenblicke,  wo  die  Wirkungen  der  Neger-Emancipation  eben  den  grössten 
Theil  der  tropischen  Colonien  in  Verlegenheit  gebracht,  ja  manche  mit  dem 
Untergange  bedroht  haben,  ist  dieser  Gegenstand  eine  wahre  Lebensfrage. 
Die    Vortheile    einer    europäischen    Colonie    in    Tenasserim    wären    folgende: 

1)  Wäre  diess  das  beste  Mittel,  diese  Länder  in  möglich  kürzester 
Zeit  einträglich  zu  machen.  Ris  nun  haben  sie  nur  Geld  gekostet  und 
obwohl  ein  allmäliger  Fortschritt  zum  Ressern  unverkennbar  ist,  wird  es  doch 
noch  lange  dauern,  bis  die  einheimische  Revölkerung  zahlreich  genug  wird, 
um  die  Provinzen  zu  einer  Quelle  des  Einkommes  für  die  Regierung  zu 
machen.  Man  darf  auch  nicht  übersehen,  dass,  wenn  unter  Umständen 
eine  geordnete  Regierung  sich  in  Pegu  festsetzte,  die  Mehrzahl  der  Re- 
völkerung der  Nord-Provinzen  von  Tenasserim  in  ihre  alte  Heimath,  wo 
sie    dann    Schutz    fände,    auswandern    würde. 

2)  Europäer  würden  die  mannigfachen  Hilfsquellen  des  Landes  bald 
nutzbar   zu    machen    wissen. 

3)  Wäre  die  Colonie  durch  wechselseitigen  Vortheil  an  das  Mutter- 
land geknüpft,  so  würde  England  bald  die  Vortheile  eines  neuen  Handels 
mit    einem    neuen    Lande    ernten. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  aber  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  299 

4)  Bei  weiterem  Anwachsen  gäbe  eine  europäische  Colonie  einen 
sichern    Haltpunct    gegen    Millionen    von    Eingebornen. 

Die  verschiedenen  Handelsartikel,  welche  in  diesen  Provinzen  vor- 
kommen oder  dort  gezogen  werden  können,  habe  ich  in  meinen  früheren 
Berichten  abgehandelt;  ich  beschränke  mich  daher  hier  auf  einige,  welche 
für    europäische   Ansiedler    besonders    wichtig    werden    dürften. 

Gewürze.  Der  Bau  der  Gewürze  ist  vom  eigentlichen  Ost-Indien 
ausgeschlossen;  alle  Versuche,  Bäume  aus  dem  malayischen  Archipel  dorthin 
zu  verpflanzen,  haben  die  Erwartung  getäuscht.  Wenn  die  Früchte  auch 
reif  werden,  so  bleiben  sie  doch  stets  unvollkommen.  Die  edleren  Ge- 
würze scheinen  auf  einen  engen  Kreis  der  Aequatorial-Zone,  nicht  weit 
von  ihrem  Ausgangspuncte  (den  molukkischen  Inseln)  beschränkt  zu  sein.  Erst 
kürzlich  haben  die  (unter  ungünstigen  Aussichten  begonnenen)  Gewürz- 
pflanzungen in  Penang  die  kühnsten  Erwartungen  übertroffen.  Sie  sind 
bereits  die  wahre  Quelle  des  Gedeihens  dieser  kleinen  Colonie  und 
werden  es  in  Zukunft  noch  mehr  werden.  Penang  hat  in  Klima  und 
Producten  eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  südlichen  Theilen  der  Te- 
nasserim-Provinzen, so  dass  man  vernünftiger  Weise  annehmen  kann,  dass 
alle  dort  gedeihenden  werthvollen  Producte  auch  in  der  Provinz  Mergui 
fortkommen  werden.  Alle  bisherigen  Versuche  sind  gelungen.  Junge  Mus- 
katbäume gedeihen  sehr  gut  in  Mergui;  sie  sind  aber  noch  nicht  genug 
aufgewachsen,  dass  man  aus  Erfahrung  wissen  könnte,  ob  sie  auch  eben 
so  viel  Ertrag  geben  werden  Inter  den  Eingebornen  gilt  der  Erfah- 
rungssatz (dem  ich  gern  Glauben  beimessen  will)  dass  da,  wo  Mangosteens 
gedeihen,    auch    Muskatbäume    fortkommen    und    Früchte    tragen    können. 

Mangosteens  sind  gleichfalls  streng  an  gewisse  Oertlichkeiten  ge- 
bunden. Sie  kommen  nicht  gut  in  Ost-Indien  fort  und  in  Ceylon  und 
im  südlichen  Vorderindien  bringen  sie  nur  mittelmässige  Früchte.  Auch 
in  den  nördlichen  Landstrichen  von  Tenasserim  gedeihen  sie  nicht  besser; 
Mergui  ist  die  nördlichste  Grenze  ihres  vollkommenen  Gedeihens  und  so 
mag  es  sich  auch  mit  dem  Muskatbaume  verhalten.  Sollte  dieser  Baum 
in  Tenasserim  reichlichen  Ertrag  geben,  so  wäre  seine  Einführung  und 
Vermehrung  vom  höcksteu  \  ortheile,  da  keine  bisher  bekannte  tropische 
Culturptlanze    so    reichlichen    Gewinn    abwirft    als    der    Muskatbaum. 

Wahrscheinlich  wird  der  hohe  Preis  der  Muskatnüsse  durch  die 
Vermehrung  der  Pflanzungen  herabgedrückt  werden;  indess  würde  deren 
Anbau  selbst  bei  der  Hälfte  des  jetzigen  Preises  noch  immer  starken 
Gewinn    abwerfen. 

Das  Gedeihen  des  Gewürznelken -Baumes  in  Tenasserim  ist  noch 
zweifelhaft;  er  wächst  dort  nur  langsam  und  ist  sehr  zärtlich.  Einer  dieser 
Bäume  in  der  Provinz  Mergui  hat  im  laufenden  Jahre  zum  ersten  Male 
geblüht. 

Caffeebao  ist  ein  Zweig  der  tropischen  Landwirtschaft,  für  den  alle 
Theile  der  Tenasserim  -  Provinzen  besonders  geeignet  sind.  Man  weiss 
aus  Erfahrung,  dass  der  Ertrag  des  Kaffeestrauchs  dort  reichlich  und 
von  vorzüglicher  Beschaffenheit  ist.  Der  Caffee,  den  Major  Mac  Tar- 
puhar  zu  Tavoy  gezogen  hat,  hält  den  Vergleich  mit  der  zweitbesten 
Sorte  von  Java  aus.  Die  jungen  Bäume  fangen  im  dritten  Jahre  an,  Früchte 
zu  bringen  und  stehen  nach  5  Jahren  in  vollem  Ertrag.  Am  besten 
gedeiht  der  Caffee  auf  gerodetem  noch  unberührtem  Boden  und  auf  abge- 
brannten Wäldern    in  Thälern    auf   den    Berggehängen.    Es    ist  kaum  nöthig, 


300  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

den    Anbau    eines,    auf    den    europaischen    Märkten    so    wichtigen    Artikels, 
besonders    anzuempfehlen. 

Der  Anbau  der  Are  ca-Pal  nie,  die  in  den  südlichen  Landstrichen 
von  Tenasserim  ihre  ganze  Vollkommenheit  erreicht,  ist  gleichfalls  für 
europäische  Pflanzer  wichtig.  Sie  bringt  sicheren  und  nicht  unbedeutenden 
Ertrag;  nur  trägt  sie  erst  im  siebenten  Jahre  die  ersten  Früchte.  Erst 
seit  der  britischen  Besetzung  haben  die  Eingebornen  Areca-Pflanzen  in  gros- 
sem Maasstabe  angelegt.  Der  Ertrag  der  Provinzen  deckt  nicht  den  einhei- 
mischen Verbrauch,  der  durch  Einfuhr  aus  Sumatra  und  Penang  befriedigt 
werden  muss.  Sollte  die  neuerlich  eröffnete  Ausfuhr  von  Areca-Nüssen 
nach  Europa  zum  Ersatz  von  Eichenlohe  und  Sumach  als  Gärbestoffe, 
fortdauern,    so    würden    dadurch    die    Areca-Pflanzungen    um     so    wichtiger. 

Cocosnüsse.  In  allen  tropischen  Gegenden  mit  ausgedehnten  Meeres- 
küsten ist  der  Anbau  der  Cocospalme  vorzüglich  lohnend,  wenn  nämlich 
deren  Früchte  eines  der  gewöhnlichen  Nahrungsmittel  der  Eingebornen 
sind.  Für  die  europäischen  Ansiedler  wird  diese  Palme  durch  die  Aus- 
fuhr des  daraus  gewonnenen  Oeles  nach  Europa  wichtig.  Die  unmittelbar 
am  Meeresufer  gelegenen  Landstriche  sind  für  den  Anbau  der  Coeos- 
palmen  am  günstigsten,  da  diese  bei  massiger  Einwirkung  des  Salzwassers 
am  besten  gedeihen  und  solche  Striche  keiner  andern  Benützung  fähig 
sind.  Die  Ränder  der  Mangrove-Dickichte  könnten  auf  diese  Weise  nutzbar 
gemacht   werden. 

Der  Anbau  der  Nipah-Paline,  obwohl  noch  nie  von  Europäern  ver- 
sucht, scheint  besonderer  Beachtung  werth.  Die  Blätter  dieser  Palme 
werden  zur  Dachdeckung  für  gewöhnliche  Häuser  benützt  und  das  Tau- 
send hierzu  bereiteter  Blätter  kostet  gewöhnlich  2  bis  3  Rupien.  Noch 
mehr  Aufmerksamkeit  verdient  die  Darstellung  von  Zucker  aus  dem  wein- 
artigem Safte  („Toddy")  der  Nipah,  da  derselbe,  wie  Versuche  gezeigt 
haben,  verhältnissmässig  noch  reicher  an  Zucker  ist,  als  selbst  der  Saft 
des  Zuckerrohrs.  Die  grösste  Schwierigkeit  dabei  ist  die  Neigung  des 
Palmweines,  schnell  in  Gährung  überzugehen.  Die  Nipah  wächst  nur  am 
Meeresufer,  da  wo  Ebbe  und  Fluth  hinreichen;  so  dass  Boote  sich  bis 
auf  geringe  Entfernung  den  Pflanzungen  nähern  könnten.  Am  Bord  eines 
dieser  Boote  müsste  ein  kupferner  Kessel  sein,  um  den  frisch  gesam- 
melten Saft  einzusieden,  bevor  er  in  weinige  Gährung  übergeht.  In  dieser 
Weise  könnte  eine  grosse  Menge  Zucker  gewonnen  und,  selbst  bei  nie- 
deren   Preisen,    mit    grossem   Vortheil    abgesetzt   werden. 

Diess  wären  nun  die  vorzüglichsten  perennirenden  Pflanzen,  aus 
deren    Anbau    europäische    Ansiedler    Nutzen    ziehen    könnten. 

Der  Anbau  jähriger  Gewächse  ist  weniger  gewinnreich,  der  Ertrag 
ist  aber  schneller  und  die  Meisten  dürften  wohl  damit  beginnen,  mit 
Ausnahme  der  Capitalisten,  welche  ohne  Schaden  zuwarten  können. 
Jährige  Pflanzungen  verlangen  mehr  Vorauslagen  als  perennirende.  Wir 
haben  gesehen,  dass  fast  das  ganze  Land  nur  ein  ununterbrochener 
Wald  ist.  Nicht  nur  müssten  für  jährige  Pflanzungen  die  Wälder  gelichtet 
werden,  sondern  auch  der  Boden  müsste  durch  Ausgraben  der  Baum- 
stumpfe und  Wurzeln  zum  Anbau  sorgfältig  vorbereitet  werden.  Nur  die 
zum  Anbau  des  Reises  bestimmten  Grundstücke  sind  hier  auf  diese  Weise 
gründlich  vorbereitet,  aber  wegen  ihrer  tiefen  Lage  für  den  Anbau 
anderer  jähriger    Pflanzen    kaum    tauglich. 


gedruckte  und  ungedruckle  Schriften  über  die  Tcnasseiim-Provinzen  etc.  301 

Die  Erfahrung  muss  lehren,  ob  der  ausschliessliche  Anbau  jähriger 
Gewächse  für  europäische  Ansiedler  lohnend  werden  könne;  schwerlich 
dürfte  Tenasserim  in  den  ersten  Zeiten  seiner  Colonisation  sich  hierin 
mit  Hindostan  messen  können.  Sollten  aber  dennoch  jährige  Pflanzen  im 
Grossen  gebaut  werden,  so  müsste  unter  ihnen  die  Baum  w  oll  enstaud  e 
die  erste  Stelle  einnehmen.  Man  müsste  in  Betracht  ziehen,  wie  viel 
daran  gelegen  sei,  die  Baumwollen-Prodiiction  der  britischen  Colonien  zu 
vermehren    und  das  Mutterland    von    fremder  Zufuhr  unabhängig    zu  machen. 

Die  Besitzungen  in  Ost-Indien  sind  ganz  besonders  zum  Anbau  der 
Baumwolle  geeignet.  Ost-Indien  ist  das  eigentliche  Vatterland  der  Baum- 
wollenstaude, die  aber  dort  entartet  und  unverständig  behandelt  wird. 
Die  in  Tenasserim  einheimische  oder  durt  gewöhnlich  gebaute  Pflanze  ist 
noch  schlechter  als  die  Ostindische;  ihre  Wolle  ist  kurzfädig,  rauh  und 
hängt  fest  an  dem  Samen.  Der  meiste  Anbau  geschieht  zugleich  mit 
Bergreis,  auf  frisch  ausgebranntem  Boden.  Vier  Fünftheile  der  gesammten 
Baumwolle  werden  auf  diese  Weise  gewonnen  und  fast  ganz  für  den 
innern  Bedarf  verwendet.  Seit  der  britischen  Besetzung  wurde  Samen 
von  anderen  Sorten  eingeführt,  leider  aber  der  der  Pernambuco-Sorte 
ausgewählt  und  durchgängig  vertheilt.  Der  Versuch  schlug  fehl,  wie  es 
nicht  anders  zu  erwarten  war,  wenn  eine  fast  subalpine  Art  auf  sub- 
äquatoriale Ebenen  übertragen  wird,  und  dieses  Misslingen  brachte  die 
Eingebornen    auf   die    Meinung,    ihre    eigene    Sorte    sei    die    bessere. 

Neuerlich  ist  sie  auch  aus  Aegypten  von  der  Meer-Insel  („Sea- 
lsland") und  den  Seychelles-Inselu  eingeführt  worden,  aber  nahezu  alle 
Samen  aus  diesen  Gegenden  kamen  nicht  zum  Keimen.  Europäische,  im 
Baumwollenbau  bewanderte  Ansiedler  würden  hier  ein  weites  Feld  für 
ihre  Thätigkeit  linden  und  es  scheint,  als  wären  die  Ebenen  zwischen 
Ye  und  Tavoy  und  zwischen  Tavoy  und  Palauk  besonders  geeignet  zur 
Einführung  der  Sea-Island-Baumwolle,  da  diese  die  Meeres-Atmosphäre 
und  einen  leicht  salzhaltigen  Buden  liebt.  Für  die  georgische  Hochland- 
Sorte  dürften  die  Zwischenthäler  und  Gehänge  gute  Oertlichkeiten  darbiethen. 
Man  hat  indess  noch  gar  keine  Erfahrungen  über  das  Gedeihen  der  ein- 
geführten besseren  Sorten  und  kann  daher  über  den  möglichen  Erfolg 
des    Baumwollen-Anbaues    durchaus    nichts    Gewisses    aussagen. 

Von  dem  Anbau  des  Zuckerrohres,  des  Tabaks  und  des  Indigo 
habe  ich  in  meinem  früheren  Berichte  gesprochen.  Alle  diese  Pflanzen 
kommen  in  den  Tenasserim-Provinzen  gut  fort,  ohne  dass  sich  jedoch 
ein  Urtheil  über  den  möglichen  Erfolg  ihres  ausgedehnten  und  rationellen 
Anbaues  aussprechen  Hesse,  da  sie  gegenwärtig  nur  im  Kleinen  zum 
Hausgebrauch  gebaut  werden  und  Niemand  daran  denkt,  entartete  Sorten 
durch    bessere    zu    ersetzen. 

In  Hindostan  ist  ein  grosser  Theil  der  Bodenfläche  bereits  in  wirklich 
bebaute  Felder  verwandelt,  auf  denen  man  Indigo,  Tabak  und  Zuckerrohr 
zieht;  unter  solchen  Umständen  ist  er  räthlich,  den  Anbau  jähriger  und 
perennirender    Gewächse    mit   einander    zu    verbinden. 

Ich  gebe  in  Folgendem  den  Abriss  einer  Pflanzung  in  grossem 
Maasstabe,  welche  nach  meiner  Ansicht  allen  in  Tenasserim  möglichen 
Gewinn  abwerfen  und  für  die  bestehenden  Umstände  die  beste  Weise 
angeben  würde,  Urwald  in  anbaufähigen  Boden  zu  verwandeln.  Was  ich 
hier    sagen    werde,    ist    nur    für    den    südlichen    Theil   von    Tenasserim,    be- 


302  Dr.  Johann  Wilhelm  Ilelfer's 

sonders  für  die  Provinz  Mergui,  anwendbar.  Die  erste  Sorge  ist  die 
Auswahl  einer,  durch  Boden  und  Lage  tauglichen  Oertlichkeit.  Der  beste 
Boden  für  den  hier  zu  besprechenden  Zweck  hat  eine,  wenigstens  2 
bis  3  Zoll  starke  Schicht  von  Dammerde  und  unter  dieser  eine  rothe, 
thonige,    massig   mit    Sand    gemischte    Erde. 

Sehr  vortheilhaft  sind  Stellen,  wo  die  Oberfläche  aus  zersetztem 
Granitgesteinen  besteht,  indem  der  verwitterte  Feldspath  die  Fruchtbarkeit 
des  Bodens  sehr  vermehrt.  Noch  besser  ist  ein  reichlicher  als  gewöhnlich 
mit  Kalk  gemengter  Boden,  wie  er  in  der  Nähe  vereinzelter  Gruppen 
von  Kalkstein  vorkommt;  in  der  Nähe  derselben  bemerkt  man  einen  auf- 
fallenden Beichthum  der  Vegetation.  Man  muss  sich  die  Gewissheit  ver- 
schallen ,  dass  zwischen  der  Dammerde  und  dem  festen  Gesteine  eine 
2    bis    3    Fuss    mächtige  Schicht    von    lockerem   Untergrunde    vorhanden    sei. 

Wellige,  sanft  abgedachte  Hügel  sind,  besonders  in  deren  den 
Thalsohle  nächsten  Theilen  die  vortheilhaftesten  Stellen.  Oertlichkeiten 
ohne  natürlichen  Wasserabzug  müssen  vermieden  werden;  das  Wasser 
sammelt  sich  dort  während  des  Monsoon,  überschwemmt  die  Pflanzungen 
und  reisst  sie,  mitsammt  der  Dammerde  weg.  Da,  wo  gleich  beim  Beginn 
eine  unbegrenzte  Auswahl  herrenloser  Ländereien  zur  Auswahl  offen  steht, 
wäre  das  Aufwerfen  von  Terrassen  und  das  Ziehen  von  Gräben  und 
Abflüssen  für  die  ersten  Ansiedler  allzu  kostspielig.  Besonders  sollte  man 
Sorge  tragen,  die  Pflanzung  in  der  Nähe  der  Meeresküste  oder  eines 
schiffbaren  Flusses,  wenigstens  an  einem  mit  dem  Meere  oder  einem 
Fluss  in  Verbindung  stehenden  Wasserlaufe,  anzulegen,  da  es  in  diesem 
Lande  keine  Strassen  gibt  und  die  leichte  Förderung  der  Erzeugnisse 
höchst    wichtig    ist. 

Hochbewaldete  Stellen  verdienen  den  Vorzug.  Je  ausgewachsener  die 
Urwälder  sind,  um  so  mehr  Dammerde  hat  sich  auf  ihrem  Boden  ange- 
häuft und  um  so  weniger  Unterholz  haben  sie;  mit  der  Menge  des 
Unterholzes  wird  der  Boden  schlechter  und  die  weissen  Ameisen  (Ter- 
miten), die  gefährlichsten  Feinde  einer  Pflanzung  in  Tropenländern,  ver- 
mehren  sich. 

Nach  der  Wahl  einer  geeigneten  Stelle  kömmt  das  Aushauen  des 
Waldes  an  die  Beihe.  Diess  kann  nur  in  der  trockenen  Jahreszeit  (von 
November  bis  April)  geschehen;  während  des  Monsoon  gefällte  Bäume 
brennen  nicht  gut,  ohne  dass  man  sich  diese  Eigenthümlichkeit  genügend 
erklären    könne. 

Die  Hauptsache  ist,  die  Bäume  so  zu  fällen,  dass  sie  in  Haufen 
zu  Boden  sinken,  so  dass  sie  angezündet  leichter  wegbrennen;  denn  die 
grösste  Mühe  liegt  nicht  im  Fällen,  sondern  im  Niederbrennen  eines 
Waldes.  Einen  Monat  vor  dem  Beginn  des  Monsoon,  wird  die  ganze 
ausgehauene  Fläche  au  Einem  und  demselben  Tage  niedergebrannt;  hierauf 
wird  der  noch  immer  beträchtliche  Bückstand  von  Aesten  und  kleineren 
Bäumen  abermals  verhauen,  wieder  aufgehäuft  und  zu  wiederholten  Malen 
verbrannt,  bis  nur  die  blossen  grossen  Stämme,  welche  nie  vom  Feuer 
verzehrt   werden,    übrig   bleiben. 

In  späteren  Zeiten,  wenn  man  den  Werth  des  Holzes  besser  zu 
würdigen  gelernt  hat,  wird  man  vermuthlich  den  gerad  gewachsenen,  30 
bis  40  Fuss  langen  Theil  dieser  Stämme,  welche  zum  Theil  treffliches 
Zimmer-  und  Schiffsbau-Holz  abgeben ,  an  schicklich  gelegene  Stellen 
bringen,     um     sie     von     dort    durch    Elephanten    an    das    Ufer    schleppen    zu 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  303 

lassen.  Für  jetzt  wird  Bauholz  nicht  begehrt  und  die  grossen  Stämme 
taulen  in  den  Pflanzungen  selbst  ab.  Der  Anblick  einer  so  gerodeten  und 
vorbereiteten  Pflanzung  ist  einem  an  reingehaltene  Felder  gewöhnten  Euro- 
päer anstössig;  die  noch  stehenden  oder  umherliegenden  grossen  Stämme 
hemmen  die  Wirkung  des  Pflugs,  so  wie  aber  die  Sachen  jetzt  stehen, 
ist  nur  die  vortheilhafteste  Weise  des  Anbaues  zu  berücksichtigen  und 
diese  fordert  nicht  die  Anwendung  des  Pflugs,  denn  es  soll  Feldbau 
nicht    Gartenbau    betrieben    werden. 

Das  Nächste  ist,  den  gerodeten  Boden  die  höchste  Ertragskraft  zu 
geben,  deren  ein  jungfräulicher  Boden  fähig  ist.  Die  Erfahrung  hat  noch 
nicht  gelehrt,  ob  es  rathsam  sei  den  Anbau  mit  Bergreis  zu  beginnen; 
nicht  nur  um  mit  dem  Erträgniss,  wenigstens  grossentheils  die  Rodungs- 
kosten zu  decken,  sondern  auch  um  das  Unkraut,  welches,  ungeachtet 
beständigen  Jätens,  nach  wenigen  Monaten  emporschiesst,  in  Schranken 
zu  halten.  Die  Eingebornen  behaupten,  dass  der  Reis  dem  Boden  weniger 
Nahrungstofte  entzieht,  als  es  das  Unkraut  thun  würde.  Will  man  keinen 
Reis  bauen,  so  säet  man  Sesam  mit  breitem  Wurf  auf  die  Asche,  setzt 
Reihen  von  jungeu  Chilli- Pflanzen  und  in  den  Zwischenräumen  zer- 
schnittene Yams-Wurzeln  nach  Art  der  Kartoffeln.  Diese  jährlichen 
Erzeugnisse  decken  den  Hausbedarf  des  tropischen  Pflanzers  und  der 
Ueberschuss  daran  wird  (wenn  die  Umgebung  bewohnt  ist)  von  den 
Eingebornen  gekauft;  auch  lassen  sich  die  Arbeiter  meist  herbei,  einen 
Theil  ihrer  Löhne,  anstatt  in  Geld,  in  Naturproducten  anzunehmen.  Die 
nächste  Arbeit  ist  die  Anpflauzung  von  Bananen-  („Plantainu)  Schöss- 
lingen,  deren  Zweck  es  ist,  den  jungen  perennirenden  Gewächsen  mit 
ihren  breiten  Blättern  den  Schatten  zu  gewähren,  ohne  den  sie  während 
der  trockenen  Jahreszeit  zu  Grunde  gehen  würden.  Bananen  wachsen 
sehr  schnell  auf,  ohne  den  Boden  stark  auszusaugen  und  gewähren  ausser- 
dem noch  manchen  Nutzen.  Sie  geben,  wie  bekannt,  eine  erstaunliche 
Menge  von  gesunder  Nahrung.  Man  sehneidet  sie  ab,  sobald  die  jungen 
perennirenden  Pflanzen  4y3  Fuss  hoch  aufgewachsen  sind  und  keines  weiteren 
Schutzes  gegen  die  trockene  Jahreszeit  bedürfen  und  die  Bananen  geben 
beim  Verbrennen  eine  grosse  Menge  Pottasche.  Gleichzeitig  mit  dem  Boden 
des  Waldes  und  der  Vorbereitung  des  Bodens  wird  an  einer  schicklichen 
Stelle  eine  Baumschule  für  Ar eca- Palmen  angelegt.  Die  besten  Areca- 
Nüsse  zur  Aussaat  erhält  man  vom  December  bis  März  und  gegenwärtig 
werden  deren  in  den  südlichen  Provinzen  so  viele  gebaut,  dass  deren 
Samen  immer  zu  haben  ist.  Zum  Anbau  gelten  die  grössten  und  apfel- 
förmigen  für  die  besten.  Sie  werden  zu  500  bis  1000  Stücken,  lagen- 
weise zwischen  Blättern  oder  Heu  in  Körben  fest  aneinander  gepackt, 
so  an  einem  kühlen  Orte  verwahrt  und  täglich  wenigstens  einmal  mit  Wasser 
besprengt.  Die  äussere,  aus  Fasern  und  einer  breiigen  Masse  bestehende 
Hülse  der  Areca-Nuss  beginnt  bald  zu  gähren  und  zu  verwesen;  die 
glänzende  Orangefarbe  der  Nuss  verdunkelt  sich  und  diese  bleibt,  nach- 
dem die  Oberhaut  weggefault  ist,  in  einem  dichten  Faserngewebe  gehüllt, 
zurück.  Die  Gährung,  von  starker  Wärme-Entwicklung  begleitet,  gilt  für 
eine  Bedingung  des  Fortkommens,  welches  nach  etwa  einem  Monate 
sichtbar  wird.  Zwei  Monate,  oder  etwas  später  darnach,  hat  die  Nuss 
einen,  etwa  1  Zoll  langen  Keim  ausgetrieben.  Nun  ist  es  an  der  Zeit, 
die  Nüsse  aus  dem  Korbe  zu  nehmen  und  sie  in  spannenlangen  Zwischen- 
räumen   und    nur    halb    mit    Erde    bedeckt,     in     der    Baumschule    anzubauen. 


304  Dr.  Johann  Wilhelm   Helfer's 

Gegen  Ende  Juni  oder  Anfangs  Juli  werden  sie  auf  ihre  bleibende  Stelle 
in  der  Pflanzung  versetzt.  Sie  sind  in  der  Baumschule  meist  1  Fuss 
hoch  geworden  und  haben  zwei  bis  drei  Blätter  getrieben.  Sie  müssen 
reihenweise  in  Abständen  von  wenigstens  7  Ellen  gepflanzt  werden;  dieser 
Abstand  beträgt  ungefähr  das  Doppelte  des  Durchmessers,  den  der  Wipfel 
dieser  schlanken  Palme  erreicht  und  ist  zur  Unterhaltung  eines  genügenden 
Luftzuges  Döthig.  Die  Umsetzung  muss  zu  einer  Zeit  geschehen,  zu  welcher 
das  Wetter  mehrtägigen  Begen  verheisst.  Wenn  eine  zeitweise  Unter- 
brechung des  Monsoon,  meist  von  kräftiger  Sonnenhitze  begleitet,  eintritt, 
sterben  die  versetzten  Palmen  oder  leiden  wenigstens  beträchtlich.  Die 
Areca-Palme  verdient,  unter  allen  perennirenden  Nutzpflanzen  zuerst  berück- 
sichtigt zu  werden  und  wird  sicher  viele  Vortheile  bringen.  Der  Gewinn 
dabei  wird  nicht  sehr  stark  sein  (etwa  jährlich  4  Percent  Beingewinn 
von  jedem  Baume)  aber  der  Pflanzer  hat  den  Yortheil,  den  Grund  be- 
nutzen zu  können,  ohne  viele  Bücksicht  auf  die  Palmen,  die  ihre  meiste 
Nahrung  aus  der  Luft  zieht,  nehmen  zu  müssen.  Mit  der  Zeit  hebt  diese 
Palme  ihre  Wurzeln  über  den  Grund  empor;  diese  sind  mit  warzenför- 
migen Erhöhungen  bedeckt,  durch  welche  sie  Nachts  ihre  Nahrung  auf- 
saugen und  die  verbrauchten  Stoffe  aussondern.  Die  Areca-Palme  trägt 
vor  den»  siebeuten  Jahre  keine  Frucht  und  bleibt  25  bis  30  Jahre  ertragsfähig. 
Nach  der  ersten  Pflanzung  ist  nur  noch  nöthig,  den  Buden  alljährlich 
ein  bis  zweimal  aufzulockern,  ohne  weitere  Düngung  oder  Wässerung,  wenn 
die  jungen  Pflanzen    im    ersten    und  zweiten  Jahre  gehörigen  Schatten  haben. 

Hierauf  ist  die  Pflanzung  des  t'affeestrauchs  vorzunehmen.  Diese 
ist  noch  nicht  zahlreich  genug  eingeführt,  um  eine  nennenswerthe  Menge 
von  Samenpflanzungen  zu  liefern.  Keimfähiger  Samen  könnte  von  Calcutta 
her,  aus  dem  in  Mucca  gezogenen  Cafl'ee  herbeigeschafft  werden.  Auch 
von  Penang  könnte  mau  junge  Pflanzen  zu  billigen  Preisen  beziehen  und 
bei    der    kurzen    Ueberfahrt    würden    sie    sicher    gesund    ankommen. 

Der  Caffeesame  muss  in  einer  Baumschule  ausgesäet  und  die  Bäum- 
chen in  einer  Höhe  von  wenigstens  einem  Fuss  versetzt  werden.  Dabei 
ist  nur  zu  beachten,  dass  die  W'urzeln  senkrecht  in  den  gelockerten 
Boden  gebracht  werden,  da  die  geringste  Krümmung  der  Pfahlwurzel 
den  Baum  kränklich  macht.  Die  Caffeesträuche  müssen  zwischen  zwei 
Reihen  von  Areca-Palinen  gepflanzt  werden,  indem  ihre  Aeste  sich  seit- 
wärts weit  ausbreiten  und  Baum  zur  Entwicklung  bedürfen.  Zwischen 
1000  Areca-Palinen  können  ohne  Nachtheil  für  den  Boden,  500  Caffee- 
sträuche gepflanzt  werden,  da  ietztere  ihre  Hauptnahrung  durch  ihre  tief- 
gehenden Wurzeln  -ius  dem  Boden  ziehen.  Im  ersten  Jahre  findet  der 
Caffee  unter  den  Bananen,  später  unter  den  Areca-Palinen  Schutz  gegen 
die  Sonnenhitze.  Nach  Anpflanzung  der  Areca-Palme  und  des  Caffeestrauchs, 
kommen  zunächst  die  Gewürzbäume  zu  beachten;  da  indess  das  Fort- 
kommen der  Gewürznelken  noch  in  Frage  steht,  werde  ich  meine  Be- 
merkungen auf  den  Muskatbaum  beschränken.  In  Abständen  von  20 
Schritten  gräbt  man  Löcher  von  wenigstens  4  Fuss  Tiefe  und  1  */a  Fuss 
Durchmesser  und  füllt  sie  mit  der  besten  Erde  die  man  sich  verschaffen 
kann  (lieber  mit  Daininerde,  als  mit  einem  Gemenge  von  Erde  und 
wenigstens  ein  Jahr  lang  abgelegenen  Kuh-  oder  Büffel-Dünger).  Am 
Besten  dient  hierzu  ein  Gemenge  von  verfaulten  Hülsen  des  Bergreises 
(„Paddy")  und  von  Erde,  das  man  sich  jederzeit  in  der  Nähe  burme- 
sischer   Dörfer    oder    Städte    verschaffen    kann. 


gedruckte   und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  305 

Die  Hauptnahrung  nimmt  der  Muskatbaum  durch  seine  senkrechte 
tief  herabgehende  Pfahlwurzel  auf.  Um  dieser  das  Wachsen  nach  Abwärts 
zu  erleichtern  und  ihr  die  bestmöglichste  Nahrung  zuzuführen,  werden 
die  eben  beschriebenen  Gruben  vorgerichtet.  Im  Vergleich  mit  dem  grossen 
Werthe  und  den  reichen  Ertrage  einer  Muskatbaum-Pflanzung  erscheinen 
alle  darauf  verwendeten  Bemühungen  und  Auslagen  unbedeutend.  Muskat- 
nüsse kann  man  von  Penang  beziehen;  in  den  Tenasserim-Provinzen  sind 
sie  kaum,  und  jedenfalls  nur  zu  übertriebenen  Preisen,  zu  erlangen.  So- 
bald die  Gruben  hergerichtet  sind,  werden  die  Pflanzen  aus  der  Baum- 
schule dahin  versetzt,  aber  nur  selche,  die  wenigstens  einen  Fuss  Höhe 
erreicht  haben.  Jeder  einzelne  Baum  wird  mit  einer  Umzäunung  von 
Stäben  und  Seitenschirmen  aus  Blättern  der  Nipahpalme  eingefasst.  Die  Umzäu- 
nung wird  oben  nur  locker  mit  Blättern  bedeckt,  damit  der  Thau  ein- 
dringen könne  und,  während  der  trockenen  Jahreszeit  wird  ein  durchlö- 
chertes irdenes  Gefäss  über  den  jungen  Baum  gehängt,  aus  welchem  be- 
ständig Wesser  auf  die  junge  Pflanze  träufelt.  Alle  diess  Verrichtungen 
sollen,    wo    möglich   im    ersten    Jahre    geschehen,    um    Zeit   zu    ersparen. 

Wenn  nicht  zugleich  Bergreis  angebaut  ist,  muss  während  des  er- 
sten Jahres  das  im  gelockerten  und  fruchtbaren  Boden  leicht  aufkeimende 
Unkraut  unablässig  ausgejätet  werden.  Gewisse  Pflanzen  aus  den  Familien 
der  Tiliacetie  (am  gemeinsten  Triumfett(i),  Malvaceae,  Convolvolaceae, 
Gräser  u.  s.  w.  sind  frischgerodeten  Stellen  eigenthümlich  und  man  kann 
sicher  sein,  sie  selbst  in  der  Mitte  eines  Urwaldes,  wo  gleichartige  In- 
dividuell auf  mehrere  Meilen  im  Umkreise  nicht  vorkommen,  auf  entholzten 
Flächenräumen  zu  finden.  Die  meisten  Wurzeln  niedergebrannter  Bäume 
treiben  wieder  frische  Schösse  und  müssen  zwei-  bis  dreimal  zerstört 
werden,    bevor    die    Wurzeln    absterben. 

Im  zweiten  Jahr  können  jährige  Gewächse  (vorzüglich  Sesam,  Baum- 
wolle und  Indigo)  in  den  Zwischenräumen  der  Bäume  gezogen  werden, 
es  wäre  aber  schädlich,  dem  Boden  noch  mehr  Nalirungsstoffe  zu  entzie- 
hen, indem  man  auch  im  dritten  Jahre  solche  Gewächse  pflanzt.  Hieraus  er- 
hellt, dass  eine  so  angelegte  Pflanzung  vor  dem  siebenten  Jahre  keinen  Ertrag 
gibt,  dass  aber,  von  diesem  Zeitpuncte  an  (wenn  sie  in  etwas  grösse- 
rem Masstabe  angelegt  ist)  der  Gewinn  davon  so  schnell  zunimmt,  dass 
dadurch  der  Pflanzer  nach  10  Jahren  ein  behagliches  und  selbstständiges 
Auskommen  erlangt.  Im  ersten  und  zweiten  Jahre  wird  der  Pflanzer  aus  dem 
Ertrag  der  jährigen  Gewächse  kaum  mehr  als  seinen  Lebensbedarf  ge- 
winnen; vom  ersten  bis  siebenten  Jahre  wird  der  Caffee  allein  ihm  die  Kosten 
lohnen,  nach,  dem  siebenten  Jahre  werden  die  Areca-Palmen  tragfähig  und  nach 
dem    achten   Jahre   beginnt   die    Ernte    der   Muskatnüsse. 

Eine  Pflanzung  von  50.000  Areca-Palmen,  25.000  Cafleesträuchen 
und    7500  Mauskatbäumen    würde    mithin    folgenden    Ertrag    abwerfen: 

Jährige    Pflanzen. 
1.  und  2.  Jahr  .......         Unbedeutend. 

3.  Jahr  CafTeh  (mit  durchschnittlichen  Reingewinn  von 

2  Annas  von  jedem  Baum)  .  .         .  3.125. 

4,  5  und  6.  Jahr  3.125. 

7,  8.  und  9.  Jahr.  Areca-Nüsse  zu  4  Annas  von  jedem 

Baum 12.500. 

Caffeh 3125. 

Summa     .         .  21.875. 


306  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

10  und  die  nächstfolgenden  7  Jahre:    Muskatnüsse  zu 

10  Rupien  von  jedem  Baume       .          .          .  32.500. 

Areca-Nüsse  12.500. 


Summa     .  .  45.000. 


Anstatt  der  ursprünglich  als  gepflanzt  angenommenen  7.500  Muskat- 
baume wurden  hier  davon  nur  3.125  in  Rechnung  gebracht,  weil  wahr- 
scheinlich die  Hälfte  davon  männliche  Individuen  sein  dürften,  welche  als 
nutzloss  gefällt  werden  müssen,  da  ein  männliches  Individuum  zur  Befruch- 
tung von  20  weiblichen  vollständig  genügt.  Leider  kennt  man  noch  kein 
Merkmahl,  nach  dem  sich  vor  der  Blüthe  die  beiden  Geschlechter  des 
Muskatbaumes  von  einander  unterscheiden  Hessen.  Man  muss  desshalb  um 
3.250  junge  Bäume  mehr  pflanzen,  welche  nach  8  Jahren  sich  zur  Hälfte 
als  männlich  und  zur  andern  Hälfte  als  weiblich  herausstellen  werden, 
und  in  dieser  Weise  fährt  man  fort,  bis  zuletzt  nur  weibliche  Bäume, 
mit  der  zur  Befruchtung  nöthigen  Anzahl  männlicher,  übrig  bleiben.  —  Im 
zweiten  Theile  obiger  Berechnung  hat  man  auch  die  Caffeebäume  nicht 
in  Ansatz  gebracht.  Wenn  nämlich  die  Muskatbäume  aufwachsen,  ist  es 
nöthig,  ihnen  durch  Fällung  ersterer  Raum  zu  verschaffen,  was  um  so 
eher  geschehen  kann,  als  der  Ertrag  des  Caffees  gegen  den  des  Mus- 
katbaumes unbedeutend  ist.  Dasselbe  gilt  von  der  Areca- Palme,  deren 
Fruchtbarkeit  nach  25  Jahren  allmälig  abnimmt,  auch  sie  müssen  ausge- 
merzt und  nur  Muskatbäume  übrig  gelassen  werden,  deren  Ertrag  sich  von 
Jahr  zu  Jahr  steigert.  Man  behauptet,  dass  diese  Bäume  bis  in  ihr  80. 
Jahr  fortwachsen  und  sehr  gross  werden,  es  fragt  sich  aber  immer  noch, 
ob  sie  in  Tenasserim  dieselbe  Entwicklungsstufe  erreichen  werden,  wie 
in    ihrem    eigentlichem    Vaterlande. 

Der  Ertrag  von  Muskat-Pflanzungen  nimmt  mit  jedem  Jahre  zu  und 
übersteigt  in  späteren  Jahren  bei  Weitem  das  Verhältniss  von  10  Rupien 
für  jeden  Baum;  in  Penaug  tragen  manche,  noch  nicht  ganz  ausgewach- 
sene Bäume  jährlich  30  bis  40  Dollars.  Sie  bringen  fast  das  ganze  Jahr 
hindurch    Früchte. 

Es  dürfte  rathsam  sein,  die  schlanken  Stämme  der  abgestorbenen 
Areca-Palmen  zum  Aufziehen  der  rankenden  Pfefferpflanze  zu  benützen, 
indess  ist  kaum  zu  erwarten,  dass  ein  Pflanzer,  wenn  er  reichen  Gewinn 
aus  seiner  Muskat-Pflanzung  zieht  sich  viel  mit  dem  Baue  des  Pfeffers, 
dessen  Ertrag  sich  doch  nur  auf  3  bis  4  Jahre  beschränkt,  bemühen 
werde.    — 

Die  eben  auseinandergesetzte  Weise  des  Anbaues  scheint  die  beste 
für  die  südlichen  Landstriche  von  Tenasserim ,  indem  sie  die  sicherste 
und  reichlichste  Verwerthung  des  Anlags-Capitales,  mehr  als  es  je  bei 
den  westindischen  Zuckerpflanzungen  der  Fall  gewesen  ist,  verbürgt.  Die 
Zucht  von  Gewürzbäumen  ist  ein  neuer,  erst  im  Laufe  des  19.  Jahrhun- 
dertes  entstandener  Zweig  des  tropischen  Feld-  oder  eigentlich  Garten- 
baues, dessen  Monopol  sich  früher  die  holländische  Regierung  allein  zu- 
geeignet hatte.  Bis  nun  ist  Penang  die  einzige  britische  Colonie,  welche 
diesen  Betriebszweig  eingeführt  hat  und  das  allgemeine  Erstaunen  erregte 
durch  den  unermesslichen  Gewinn,  den  die  Eigenthümer  daraus  ziehen.  In- 
dess muss  bemerkt  wrerden,  dass  nur  Unternehmer,  die  einiges  Capital 
besitzen,  solche  Pflanzungen  anlegen  können,  da  sie  wenigstens  7  Jahre 
auf    den     ersten    Ertrag     ihrer   Auslagen     warten    müssen.     Früher    wurden 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  ber  die  Tenasserira  Provinzen  etc.  307 

keine  Gewächse  in  diese  Provinzen  eingeführt  und  keine  dort  gebaut,  als 
freiwillig  wachsende,  höchstens  mit  Ausnahme  einiger  Obstbäume,  und  ei- 
niger   der    gemeinsten    Gegenstände    des   tropischen    Landbaues. 

Von  amerikanischen  Gewächsen  sind  Tabak,  Annanas,  Guavas,  und 
Annota,  (Biva  orellana)  allgemein  verbreitet.  Aus  den  malayischen  Län- 
dern wurde  der  Durian-Baum  (der  köstlichste  Leckerbissen  der  Burmesen) 
später  auch  der  Mangosteen-ßaum  eingeführt.  Wie  wohl  die  Areca-Palmc 
in  den  Provinzen  überall  gezogen  wird,  so  geschieht  diess  doch  nirgends 
in  grossem  Maasstabe,  und  am  besten  scheint  sie  im  Klima  über  15  Gr. 
N.  Br.  zu  gedeihen.  Seit  der  britischen  Besetzung  haben  die  Burmesen 
in  der  Provinz  Mergui  Areca-Ptlanzungen  in  grossem  Maasstabe  (bis  zu 
10.000    Bäumen    angelegt    und    legen  jedes    Jahr  neue    an. 

Der  Mangosteen-Baum  ist  von  späterer  Einführung  und  wird  von 
den  Burmesen  in  der  Provinz  Mergui  sehr  sorgfältig  gepflegt ;  bisher  ist 
von    20    solcher    Bäume    kaum    einer    fruchttragend. 

Die  Burmesen  würden  gewiss  Gewürznelken  und  Muskatnüsse  an- 
bauen,   wenn   sie    sich    deren    verschaffen    könnten. 

Die  Begierung  würde  ihnen  eine  grosse  Wohlthat  erweisen ,  wenn 
sie  in  den  südlichen  Bezirken  eine  Baumschule  von  Pflanzen  aus  den 
malayischen  und  anderen  Ländern  anlegen  und  deren  Erzeugnisse  unent- 
geltlich vertheilen  wollte.  Eine  kleine  Anstalt  für  angewandte  Botanik  dürfte 
grossen    Nutzen    stiften. 

In  dieser  Anstalt  müssten  auch  viele  wildwachsende,  im  Dickichte 
verkommene  Baumarten  allmählig  durch  Kultur  verbessert  in  andere  Ge- 
genden ausgeführt  oder  versuchsweise  verpflanzt  werden.  Hierher  gehören 
die  verschiedenen  Kautschuk-Bäume,  der  wilde  Gummigutt-Baum,  die  San- 
delholz-Bäume, der  Sassafras,  der  schwarze  Firnissbaum,  der  Cajeput-Baum 
etc.  Viele  malayische  Gewächse  könnten,  nach  ihrer  Einführung  nach  Te- 
nasserim,  als  einer  Zwischenstation,  nach  Bengalen  und  Ober-Indien  ver- 
pflanzt werden,  da  eine  allmählige  Acclimatisirung  bei  Einführung  von  Pflan- 
zen aus  verschiedenen  Breiten  bekanntlich  sehr  vortheilhaft  wirkt.  In  der 
Errichtung  von  Gewürz-Baumschulen  ist  die  niederländische  Begierung  auf 
Java  bereits  der  britischen  vorangegangen.  Das  Begierungsmonopol  ist  auf 
Java  aufgegeben  und  der  Anbau  von  Gewürzbäumen  durch  Private  aufge- 
muntert worden,  indem  die  Behörden  versprachen,  jedermann  die  ge- 
wünschten Pflanzen  unentgeldlich  zu  liefern  und  auch  Rathschläge  und 
Anweisungen  über  das  Verfahren  bei  solchen  Pflanzungen  zu  ertheilen.  Es 
leuchtet  ein,  dass  die  Begierung  durch  dieses  Verfahren  viel  gewinnen 
musste  und  es  ergab  sich  zugleich,  dass  die  Eingebornen  der  Einführung 
neuer  Kulturzweige  nicht  abgeneigt  seien.  Areca-Pflanzungen  sind  in  den 
südlichen  Gegenden  von  Tenasserim  erst  neuerlich  entstanden.  Vor  10 
Jahren  zählte  man  dort  im  Ganzen  nur  60.000  Stücke  dieser  Palme.  Im 
Jahre  1837  standen  dort  40.000  fruchttragende  und  80.000  neu  gepflanz- 
ter  Stämme.  Bis  zum  Jahre  1839  kamen  deren  noch  30.000  dazu.  Die 
herkömmliche  Staatsabgabe  von  allen  Producten  beträgt  15  vom  Hundert. 
Angenommen  es  würden  anstatt  der  150.000  Areca-Palmen,  die  gleiche  An- 
zahl Muskatbäume  mit  einem  Ertrag  von  10  bis  30  Bupien  für  jeden  an- 
gepflanzt; so  würde  die  Abgabe  davon  (den  mittleren  Ertrag  jedes  Baumes  mit 
15  Bupien   angenommen)    der  Begierung  jährlich  150.000  Rupien  einbringen. 

In    meinen   früheren    Berichten   hab    ich    die    Notwendigkeit    erwähnt, 
Teakholz  -  Wälder    anzupflanzen,   indem  sonst   der   Vorrath  dieses   Holzes   in 


308  Dr.  .Johann  Wilhelm  Helfer's 

Tenasserim  bald  erschöpt  sein  würde.  Dieses  Holz  ist  einer  der  grössten 
Schätze  dieses  Landes,  es  ist  das  einzige  dort  gebräuchliche  Bauholz,  mit 
Ausnahme  des  Thingan  ^von  Hopea  odorntuj ,  aus  welchem  jährlich  die 
Chinesen  einige  wenige  Juiiken  und  die  Burmesen  einige  kleine  Fahrzeuge 
zu    Tavoy    und    Mergui   bauen. 

Die  im  laufenden  Jahre  in  den  südlichen  Strichen  der  Tenasserim- 
Provinzen  und  in  den  anliegenden  Inseln  vorgenommenen  Untersuchungen 
haben  gezeigt,  dass  dieser  Landstrich,  fast  ohne  Unterbrechung  mit  den- 
selben Waldbäumen  bedeckt  ist,  welche  auch  in  den  nördlichen  Provin- 
zen vorkommen.  Die  zum  Schiffbau  nutzbaren  Bäume  gehören  grössten- 
teils der  Familie  der  Dipterocnreae  an,  die  nirgends  so  stark  vertreten 
ist,  wie  in  Tenasserim;  die  Arten  der  Gattungen  Hopea,  Vatica  und  Shorea 
sind  die  Werthvollsten,  die  eigentlichen  Dipterocareae  erreichen  eine  un- 
geheure Grösse,  ihr  Holz  ist  aber  von  geringem  Werthe.  —  Alle  diese 
Bäume  sind  im  vollständig  ausgewachsenen  Zustande  70 — 120  Fuss  hoch, 
ihr  Stamm  steigt  40  bis  60  Fuss  hoch  gerade  auf  und  ihr  Umfang  er- 
reicht   unter    dem    Anfang    der   Aeste    10    bis    30    Fuss. 

Da  Teak-Holz  bisher  in  beliebiger  Menge  zu  haben  war  und  gegen 
jede  andere  Art  von  Bauholz  Vorurtheile  herrschen,  hat  noch  Niemand 
es  versucht,  die  unermesslichen  Wälder   dieser  Provinzen  nutzbar  zu  machen. 

So  sehr  wird  alles  Bauholz  vernachlässigt,  dass  in  ganz  Tenasserim 
noch  keine  Sagemühle  in  Gang  ist  und,  merkwürdig  genug,  die  Bretter 
zum  Bau  der  Häuser  von  Penang  her  bezogen  werden.  Zur  erfolgreichen 
Betreibung  des  Holzgeschäfts  gehört  ein  beträchtliches  Anlags-Capital,  sei 
es,  dass  man  den  Holzhandel  ausschliesslich  oder  in  Verbindung  mit 
Schiffbau  betreiben  wolle.  Der  Schiffbau  ist  in  Maulmain  begonnen  wor- 
den und  nimmt  an  Umfang  zu;  er  ist  das  einzige  Unternehmen  in  Te- 
nasserim, an  dem  sich  Europäer  betheiligen,  doch  liegt  er  noch  in  der 
Kindheit    und    könnte    eine    viel    grössere    Ausdehnung   gewinnen. 

Mit  Ausnahme  des  Teak  ist  kein  anderes  Bauholz  ein  Gegenstand 
des  Handels.  Bei  dem  täglich  anwachsenden  Begehr  nach  Bauholz  in 
Europa,  Bengalen,  Madras,  Mauritius  dem  Kap  der  guten  Hoffnung  u.  s.  w. 
können  indess  die  hiesigen  Wälder  nicht  lang  mehr  unbenutzt  bleiben. 
Die  Förderung  des  gefällten  Holzes  wird  durch  die  zahlreichen  Flüsse 
und  Bäche,  deren  Ufer  mit  Waldbäumen  dicht  bewachsen  sind,  wesentlich 
erleichtert  werden.  Nicht  nur  das  feste  Land,  auch  zahlreiche  Inseln  des 
Mergui-Archipels  sind  bis  an  das  Meeresgestade  hin  dicht  bewaldet;  in 
vielen  Fällen  würde  es  genügen,  die  Bäume  so  zu  hauen,  dass  sie 
gleich  in  das  Meer  fallen  oder  sie  nur  einige  Schritte  weit  an  den 
Rand    des    Wassers    zu    schleppen. 

Die  Einführung  von  Sägmühlen  mit  Wasserkraft  würde  mit  Schwie- 
rigkeiten zu  kämpfen  haben;  indem  das  plötzliche  Steigen  des  Wassers 
während  des  Monsoons  auch  den  stärksten  Dämmen  gefährlich  wird  und 
die  Errichtung  von  Sägmühlen  in  grösserer  Entfernung  von  einem  See- 
hafen   wenig    einträglich    sein    dürfte. 

Dampf-Sägmühlen  an  den  Mündungen  der  grösseren  Flüsse  scheinen 
den  meisten  Vortheil  zu  verheissen.  Die  gefällten  Bäume  könnten,  in 
Flösse  zusammengebunden,  leicht  nach  dem  Meere  zu  herabgeschwemmt 
und,    von    allen    Flüssen    her,    in    eine    und    dieselbe    Mühle    gelangen. 

Zinn.  In  den  vorhergegangenen  Berichten  fand  ich  Anlass,die  Zinngrube 
östlich  von  Tavoy  und  des  bei  Mergui  aufgefundenen  Zinnes   zu  erwähnen.  Die 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  309 

diessjährige  Untersuchung  der  Landstriche  im  Süden  von  Mergui  hat 
nachgewiesen,  dass,  von  allen  Gebieten  der  Tenasserim-Provinzen,  jenes 
im  Norden  des  Packchan-Flusses  den  grössten  Reichthum  an  Zinnerzen 
enthält.  Der  Gebirgszug,  in  welchem  diese  Erze  vorkommen  ist  eine, 
nur  durch  den  Packchan-Fluss  getrennte  Fortsetzung  des  siamesischen 
Zinngebietes  von  Rinowng.  Wie  überall  in  Tenasserim,  kommt  auch  hier 
das  Zinn  in  Trümmern  von  Urgesteinen  vor,  nur  in  viel  grösseren  Kör- 
nern oder  Crystallen  (mitunter  von  der  Grösse  eines  Taubeneies)  und 
die  zinnführende  Schicht  ist  8  bis  10  Fuss  (bei  Tavoy  nur  7  Fuss) 
mächtig.  Man  findet  auch  krystallisirtes  Zinnerz,  in  Granit  eingewachsen, 
auf  der  Insel  Domel  und  ebenso  in  den  höheren  Theilen  des  ßoukpeen- 
Baches  an  dessen  Ufern.  Ueberhaupt  kommt  Zinn  in  den  südlichen  Ge- 
bieten von  Tenasserim  sehr  allgemein  vor  und  vermuthlich  sind  dessen 
reicheste  Lagerstätten  bisher  noch  unbekannt.  Capitalisten,  welche  sich 
in  Bergbau-Unternehmungen  auf  Zinn  einzulassen  gödenken,  können  hierzu 
keinen  bessern  Ort  finden,  als  den  südlichsten  Theil  der  Provinz  Mergui, 
wo  dieses  Metall  am  häufigsten  vorkommt  und  die  Förderung  zu  Land 
ganz  umgangen  werden  könnte,  wenn  Colonisten  sich  längs  eines  der 
kleineren  Nebenflüsse  des  Packchan  ansiedelten.  Da  indess  diese  Gegend 
gänzlich  unbewohnt  ist.  müssten  Bedürfnisse  aller  Art  von  fern  her  be- 
zogen   und    Arbeiter    von    anderen    Landstrichen    herbeigeführt    werden. 

Würde  in  der  Nähe  des  Packchan  unter  englischem  Schutz  ein 
Dorf  angelegt,  so  würden  sieh  ohne  Zweifel  eine  Zahl  siamesischer 
Flüchtlinge  in  dessen  Nachbarschaft  ansässig  machen:  sie  haben  selbst 
den  Wunsch  dazu  ausgesprochen,  für  den  Fall,  als  sie  auf  Schutz  rechnen 
dürften.  Bei  dem  Werthe  in  welchem  Zinn  steht,  dürfte  dieses  Product 
vor  vielen  anderen  das  Augenmerk  der  Europäer  auf  sich  ziehen,  so 
wie  es  bekannt  würde,  dass  dieses  Metall  hier  häufig  genug  vorkommt, 
um    die    darauf  verwendeten   Mühen    und    Kosten    reichlich    zu    lohnen. 

Eisen.  Eisen  kommt  überall  in  Tenasserim  reichlich  vor.  Die  ver- 
schiedenen Eisenerze  und  die  Oertlichkeiten  ihres  Vorkommens  auf  dem 
festen  Lande  habe  ich  in  meinen  früheren  Berichten  beschrieben  und 
füge  hier  nur  bei,  dass  auch  auf  den  Inseln  des  Mergui-Archipels  Eisen- 
erze vorkommen.  Im  Laufe  dieses  Jahres  fand  ich  dort  vier  grosse  Ab- 
lagerungen von  Eisenerzen.  Die  erste  bei  Maoin,  etwa  3  Wegstunden 
von  Mergui  und  deren  vermuthliche  Fortsetzung  nächst  Pereghiun;  die  zweite 
unweit  der  Mündung  des  Lennya-Flusses  auf  einer  Insel,  die  die  Burmesen 
„Kala-Khiung"  nennen;  die  dritte  und  unter  allen  die  reicheste  auf  2 
unbenannten  Inseln  im  W.  von  Sir  John  Malcolm's  Insel;  die  vierte 
endlich  auf  White  Pigeons  Island,  nördlich  von  der  Ausmündung  des 
Packchan.  Geschmolzen  geben  diese  Erze  40  bis  60  Perzente  Roheisen. 
Die  Erze  von  Tavoy  behaupten  aber  jedenfalls,  sowohl  in  Menge  (74 
bis  80  Prozente)  als  in  Güte  des  daraus  gewonnenen  Eisens  vor  allen 
anderen  den  Vorzug  und  wären  den  etwaigen  Unternehmern  von  Eisen- 
werken am  Meisten  zu  empfehlen.  Man  darf  hoffen,  dass  ein  so  werth- 
voller  Artikel  als  Eisen  ist,  noch  dazu  unter  Umständen,  wo  Brennstoffe 
kaum  in  Betracht  kommen,  von  europäischem  Capital  und  Unternehmungs- 
geiste   nicht    unbeachtet   bleiben    werde. 

Kupfer.  Dieses  Metall  ist  im  laufenden  Jahre  an  zwei  Stellen  aufge- 
funden worden,  1.  im  NO.  Theil  der  grossen  Lampi-  oder  Sullivans-Insel 
auf  Quarzgängen    im    Uebergangs-Thonschiefer;  2.   auf  der  Insel  Callagkiauk 


310  Dr.  Mann  Wilhelm  Helfer's 

nahe  bei  der  Insel  Mergui,  in  Gneis  an  beiden  Stellen  nur  in  geringer 
Menge.  Eine  bergmännische  Untersuchung  dieser  Vorkommen  wurde  nicht 
eingeleitet,  indem  die  blosse  Angabe  ihres  Daseins  denen  welche  sich  mit 
der   Gewinnung  dieses  werthvollen  Metalles  befassen    wollen,  genügen  dürfte. 

Steinkohle.  Vor  der  Erfindung  der  Dampfmaschine  und  vor  ihrer  An- 
wendung als  Ersatzmittel  für  Menschenarbeit,  bei  Werken,  die  man  früher 
nicht  ahnte,  oder  für  unausführbar  hielt,  hatte  die  Steinkohle  vor  dem 
dem  Brennholze  nur  die  Wohlfeilheit  voraus  und  war  eigentlich  nur  für 
holzarme  Gegenden  von  Werth,  in  reichbeholzten  blieb  sie  nutzlos.  Eben 
diess  würde  in  Tenasserim  der  Fall  .sein.  Bei  dem  allgemeinen  Ueber- 
schuss  des  schönsten  Holzes  (zu  Mergui  kosten  100  Bündel  Holz,  jedes 
von  9'  6  bis  10"  im  Umfange  9.  Rup),  bei  der  äusserst  sparsamen  Bevölkerung 
und  deren  primitiven  Zustande  bei  fast  gänzlich  fehlendem  Kunstfleisse  und 
Handel,  brächte  für  jetzt  die  Auffindung  von  Steinkohlen  dem  Lande  kei- 
nen Nutzen.  Da  indess  für  die  Dampfkraft  Steinkohlen  unentbehrlich  sind, 
so  erlangt  die  Auffindung  derselben  für  Tenasserim,  mittelbar  für  ganz 
Ost-Indien  eine  hohe  Wichtigkeit.  Für  Dampfer,  welche  längs  der  Küste 
von  Maulmain  nach  Rangoon,  Tavoy  und  Mergui  fahren  wäre  Steinkohle 
von  geringem  Nutzen.  Ein  Dampfer  könnte  nicht  länger  als  4  Tage  mit 
Holz  allein  fahren,  ein  Ausflug  auf  8  Tage  von  Maulmain  nach  Calcutta 
wäre  ohne  Steinkohle  unausführbar,  und  alle  die  Millionen  Baumstämme, 
welche  in  Tenasserim  wachsen,  könnten  zur  Ausführung  einer  Dampfboot- 
Verbindung  zwischen  den  verschiedenen  Theilen  Ost -Indiens  auch  nicht 
das    Geringste    beitragen. 

Die  Durchführung  des  umfassenden  („comprehensive")  Dampfboots- 
Systemes  zwischen  den  verschiedenen  Gebieten  Ost -Indiens  und  Europa's 
wird  in  kurzer  Zeit  der  Kohle  Ostindiens  eine  grosse  Wichtigkeit  ver- 
leihen, und  von  allen  dort  bekannten  Kohlenlagern,  dürfte  wohl  das  von 
Mergui  an  die  Reihe  kommen.  Die  Voitheile  dieses  Lagers  an  Güte,  Menge 
und  Oertlichkeit  hab  ich  in  meinen  früheren  Berichten  herausgehoben,  es 
ist  nur  noch  zu  erwähnen,  dass  seitdem  ein  neues  Lager,  fast  hart  an 
den  Ufern  des  grossen  Tenasserim-FIusses  (bis  zu  welchem  die  Kohle 
nur  1000  Yards  weit  auf  festem  Lande  zu  fördern  wäre)  entdeckt  wurde, 
was  zugleich  diesen  Brennstoff  nahmhaft  wohlfeiler  machen,  und  dessen 
Gewinnung  in  grösserer  Menge  veranlassen  würde.  So  wie  die  Kohle  von 
Mergui  allgemein  in  Gebrauch  kömmt,  muss  sie  auf  die  übrigen  Kohlen- 
lager Ost-Indiens  einen  bedeutenden  Einfluss  ausüben.  Die  Benützung  der 
Kohle  von  Burdwan  wird  sich  auf  die  Dampfschifffahrt  des  Ganges  und 
des  Burhambooter  beschränken,  mithin  werden  die  Preise  der  Kohle  zum 
Verbrauche  der  Stromschiffahrt  steigen,  um  den  Entgang  durch  das  Auf- 
hören der  Ausfuhr  zu  ersetzen.  Die  Kohlenbaue  von  Palamow  und  Cherra- 
Poongi  werden  entweder  ganz  aufgelassen  werden  oder,  wenn  sie  durch 
Wohlfeilheit  mit  denen  von  Burdwan  wetteifern  können,  werden  Letztere 
noch  mehr  gedrückt  werden,  indem  die  erstgenannten  Kohlen  besserer 
Art  sind  und  der  Begehr  von  Kohle  für  Flussdampfer  in  Hindostan  bisher 
so  beschränkt  ist,  dass  ein  einziger  Kohlenbau  den  ganzen  Bedarf  zu 
decken    vermag. 

Die  Einfuhr  von  Kohle  aus  Europa  dürfte  wohl  mit  der  Zeit  ganz 
aufhören,  da  es  seltsam  zugehen  müsste  und  es  nur  durch  sehr  schlechte 
Wirthschaft  dahin  kommen  könnte,  wenn  nicht  vortheilhaft  gelegene,  das 
beste   Material    liefernde    Kohlenfelder   in    den  Händen    eines    und    desselben 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  Aber  die    Tenasserim-Provinzen  etc.  31t 

Volkes  und  um  viele  1000  Meilen  dem  Verbrauchsbezirk  näher  liegend, 
Ost-Indien  in  dieser  Hinsicht  von  Europa  ganz  unabhängig  machen  sollte. 
Die  ersten  Auslagen  bei  Eröffnung  der  Kohlenwerke  von  Mergui  dürften 
bedeutend  sein  und  Anfangs  die  Preise  hoch  stellen;  man  müsste  Bur- 
mesen oder  Eingewanderte  (am  besten  Chinesen)  dazu  verwenden,  und 
Beide  würden  hohe  Lohne  fordern.  Die  Burmesen  von  selbstständigem 
Character  und  in  der  Lage  sich  alle  Lebensbedürfnisse  leicht  zu  ver- 
schaffen, könnten  nur  durch  hohe  Löhne  zur  Arbeit  bewogen  werden; 
und  wenn  man  Chinesen  zur  Einwanderung  in  eine  ihnen  neue  Gegend 
bewegen  will,  so  kann  diess  nur  geschehen,  intern  man  ihnen  wenigstens 
für    den  Anfang  höhere  Löhne    anbietet,    als  sie  anderswo  erlangen  könnten. 

Die  Kosten  für  Anschaffung  und  Aufstellung  von  Maschinen  würden 
hier  mehr  betragen  als  in  jedem  andern  Tbeile  Ost-Indiens;  leer  ankom- 
mende Schiffe  würden  nur  für  höhere  Frachtlöhne  Kohlen  einnehmen,  indem 
sie    nur   für    die    Bückladung    auf   Gewinn    rechnen    können. 

Alle  diese  Schwierigkeiten  werden  sich  während  der  ersten  Jahre 
entgegenstellen,  nach  und  nach  wird  aber  die  Kohle  wohlfeiler  werden.  Die 
Kohle  könnte  mit  Nutzen  zur  Zugutebringung  der  Eisenerze,  deren  nächste 
Lagerstätten  nur  wenige  Stunden  von  Mergui  entfernt  sind,  verwendet  werden. 
Mergui  wird  ohne  Zweifel  ein  bedeutender  Ort  werden;  Ansiedler  und  Capita- 
listen  sollten  vorzugsweise  in  der  Nähe  dieser  Stadt  erzogen  werden, 
indem:  1)  die  Kohlenfelder  in  diesem  Theile  des  Landes  liegen;  2)  eben 
dieser  Landstrich  zum  Anbau  perennirender  Gewächse  vorzugsweise  und 
zu  dem  von  Gewürzbäumen  ausschliesslich  aller  anderen  geeignet  ist; 
3)  dessen  Lage  am  schmalesten  Theile  der  malayischen  Halbinsel  ihn 
vorzugsweise  für  den  Landhandel  mit  Bankouk  und  den  Bewohnern  der 
Küste  des  Golfs  von  Siam  geeignet  macht.  Nebst  den  reichen  Kohlen- 
und  Eisenlagern  findet  man  bier  Antimon,  Silber  und  Gold,  welche  Me- 
talle iudess  für  Capitalsanlagen  von  geringerer  Bedeutung  sind.  Die  in 
der  Nähe  von  Maulmain  liegenden  Antimon-Lagerstätten  dürften  vielleicht 
ausgebeutet  werden,  wenn  diese  Stadt  im  blühenden  Zustande  verharrt. 
Die  Silbergrube  im  Norden  von  Maulmain  liegt  zu  tief  im  Gebirge  und 
ihr  Werth  ist  noch  zu  zweifelhaft,  als  dass  sie  Privat-Lnternehmern 
empfohlen  werden  könnte  und  die  Menge  des  in  den  Flüssen  vorkommen- 
den   Goldes    ist    zu    gering,    als    dass    sie    Beachtung    verdiente. 

Die  Fischereien  sind  nicht  unbedeutend,  wie  es  sich  bei  einem 
Lande  mit  mehr  als  600  (engl.)  Meilen  Seeküste  wohl  erwarten  lässt; 
am  beträchtlichsten  sind  sie  zwischen  den  Inseln  des  Mergui-Archipels, 
wo  die  junge  Brut  zwischen  den  inneren  Eilanden  sichere  Zuflucht  findet. 
Im  Februar  und  März  ist  das  Meer  meilenweit  mit  einer  grünen  schlei- 
migen Substanz  bedeckt,  in  der  Fischlaiche  millionenweise  eingehüllt 
liegen;  Fische  verschiedenster  Art  kommen  hier  vor  und  Mergui  ist  als 
Fundort  der  wohlschmeckendsten  unter  ihnen  berühmt.  Die  Fischereien 
sind  an  Eingeborne  verpachtet;  Malayen  und  Chinesen  betheiligen  sich 
gleichfalls  an  diesem  Erwerbszweige,  der  übrigens  in  sehr  kleinem  Maass- 
stabe   betrieben    wird. 

Während  gewisser  Zeiten  des  Jahres  ziehen  sich  die  Fischer  auf 
einige  Stellen  der  unbewohnten  Inseln  im  Süden  von  Mergui  zurück. 
Dort  breiten  sie  die  gefangenen  Fische  auf  Gerüsten  von  Mangrove- 
Bäumen  aus  und  lassen  sie  in  der  Sonne  trocknen,  wobei  sie  sie  täglich 
zweimal    mit    den  Füssen    treten;    Salz   wird  bei  der  Zubereitung  der  Fische 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  ^ 


312  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

nie  gebraucht.  Einige  Arten  werden  geräuchert  zu  Markte  gebracht.  Die 
Netze  sind  klein  und  mangelhaft,  genügen  aber  für  die  Bedürfnisse  des 
Fischfangs.  In  der  Nähe  von  Städten  und  Dörfern  werden  Fische  in  um- 
zäumten Räumen  gefangen.  Man  gewinnt  auch  Fischthran  in  geringer 
Menge.  Es  wäre  zu  erwarten,  dass  eine  von  Europäern  betriebene  Fischerei 
etwa  in  dem  Maasstabe  von  Neufundland,  viel  einträglicher  sein  würde, 
da  zubereitete  Fische  bei  den  Eingebornen  als  Bestandtheil  ihrer  Mahl- 
zeiten allgemein  beliebt  sind,  mithin  hier  und  in  Ost-Indien  überall  Absatz 
finden  würden.  Wall  fische  sind  im  Mergui-Archipel  nicht  ungewöhnlich. 
Im  Süden  von  Mergui  sind  Perlbänke,  deren  zwei:  die  eine  an  der 
Ostseite  der  Sulliwan-Insel,  die  andere  an  derselben  Seite  der  Collie-  (?) 
Insel,  quer  über  gegen  das  Festland  zur  Zeit  der  siamesischen  Besetzung 
ausgebeutet  wurden  und,  wie  man  sagt,  der  Regierung  namhaften  Ge- 
winn brachten.  Der  Kommissär,  Mr.  Maingy,  versuchte  einmal  die  Per- 
lentischerei  wieder  in  Gang  zu  bringen,  der  Versuch  musste  aber  wegen 
Mangels  an  Tauchern,  welche  an  grosse  Tiefen  gewohnt  sind,  aufgegeben 
werden,  da  die  besten  Perlmuscheln  in  der  Tiefe  von  10  bis  12  Faden 
vorkommen.  Diese  Einnahmsquelle  ruht  gegenwärtig  gänzlich;  die  Ein- 
gebornen verstehen  nicht  damit  umzugehen.  Hie  und  da  finden  die  See- 
longs  mittelgute  Perlen  zur  Ebbezeit  an  den  obenerwähnten  Localitäten 
und  vertauschen  sie  an  die  Chinesen,  mit  welchen  sie  in  Handel  stehen. 
Wie  weit  eine  Capitals-Anlage  auf  Perlenfischerei  vortheilhaft  wäre,  lässt 
sich  für  jetzt  nicht  bestimmen,  da  man  weder  die  Ausdehnung  der  Perl- 
bänke kennt,  noch  die  Menge,  welche  man  von  den  in  grösserer  Tiefe 
wohnenden    Muscheln    erhalten    könnte. 

Die  Höhlen  mit  es s baren  Vogelnestern  werfen  in  den  südlichen 
Theilen  der  Tenasserim-Provinzen  einen  keineswegs  unbedeutenden  Gewinn 
ab.  Sie  sind  gegenwärtig  an  Chinesen  und  Malayen  verpachtet  und  die 
im  Mergui-Archipel  haben  ganz  die  Malayen  in  Pacht,  welche  in  der 
trockenen  Jahreszeit  von  Penang  kommen,  um  die  Höhlen  zu  bewachen 
und  um  die  Gerüste  aufzubauen  und  auszubessern,  mittels  derer  sie 
diese  Nester  aus  den  höchsten  gefährlichsten  und  unzugänglichsten  Stellen 
der  Höhlenwände  herabholen.  Dieser  Erwerbszweig  passt  nicht  für  Euro- 
päer und  dürfte  wohl  für  immer  den  Malayen  und  Chinesen  vorbehalten 
bleiben.  Unordnungen  werden  dabei  vorfallen,  so  lang  die  Orte,  welche 
die  Schwalben  besuchen  nicht  genau  festgestellt  sind  und  diess  ist  um 
so  schwieriger,  als  diese  Vögel  ihre  Brutplätze  wechseln,  so  dass  viele 
Höhlen  (z.  B.  die  der  Elephanten-Felsen  NO.  von  Domel)  jetzt  fast  ganz 
verlassen    sind. 

Andere  Meeres-Producte,  welche  in  den  Handel  kommen,  als :  Schild- 
kröten-Schalen, Perlmutter-Muscheln,  Seeschnecken  und  Ambra  finden  sich 
zwar  auf  und  bei  den  Inseln  des  Mergui-Archipels,  werden  aber  ganz 
vernachlässigt  oder  höchstens  von  den  Seelongs  bei  ihren  Wanderungen 
nebenbei    aufgelesen. 

Handel.  Für  europäische  Handelsunternehmungen  bieten  die  Tenasserim- 
Provinzen  wenig  Gelegenheit  dar.  In  einem  so  neuen  Lande  tritt  ein 
regelmässiger  Handelsverkehr  erst  nach  langer  Zeit  ins  Leben  und  Te- 
nasserim     selbst    würde    dabei    passiv    bleiben    ( „reciprocity    is   wanted"). 

Die  Burmesen  sind  zu  lang  von  Ost-Indien  und  noch  vielmehr  von 
Europa  getrennt  geblieben,  als  dass  sie  von  den  Gütern  Beider  und  von 
deren    Gebrauch    eine   Kenntniss    erlangt    haben    sollten.     Was    sie    zum   be- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  313 

haglichen  Leben  bedürfen  ohne  es  selbst  hervorzubringen,  finden  sie  bei 
sich  zu  Hause  oder  in  ihrer  nächsten  Umgebung;  was  nicht  Tenasserim 
selbst  an  Luxusartikeln,  Ueberflüssigkeiten  und  Nothwendigkeiten  liefert, 
findet  sich  gewiss  in  Ava  und  Pegu.  Nur  wenige  europäische  oder  ost- 
indische Producte  sind  bisher  nach  Burraah  gekommen;  geringere  Sorten 
von  Baumwoll-Stoffen  in  Stücken,  etwas  breites  Tuch,  Eisen,  Opium  und 
Tabak.  Die  Mehrzahl  der  Eingebornen  kleiden  sich  noch  immer  in  selbstgewebte 
Zeugen  und  begnügen  sich  mit  Tabak  von  geringerer  Sorte;  nur  einige 
Wenige,  vorzüglich  Reichere,  gönnen  sich  den  Genuss  des  Opiumrauchens. 
Die  ganze  übrige  Einfuhr  ist  auf  den  Bedarf  einiger  weniger  Fremder 
berechnet  deren  Begehr  leicht  befriedigt  ist.  Im  Allgemeinen  haben  die 
Burmesen  wenig  Anlockung,  sich  mit  fremden  Waaren  bekannt  zu  machen; 
ihre  Gewohnheiten,  Gebräuche  und  Bedürfnisse  sind  von  denen  der  Euro- 
päer allzusehr  verschieden  und  sie  setzen  noch  keine  Ehre  darein,  sich 
neue  Luxusartikel  anzuschaffen;  auch  haben  sie  keinen  Anlass,  ihren  Ueber- 
schuss  gegen  neue  Waaren  auszutauschen.  Nichts  destoweniger  kann  Burmah 
überhaupt  und  Tenasserim  als  ein  Theil  davon,  für  den  Handel  wichtig 
werden,  da  das  Land  viele  Artikel  von  innerem  Werthe  besitzt,  welche  auf 
europäischen  Märkten  gesucht  werden  und  welche  als  freiwillige  Natur- 
producte  nur  die  Mühe  des  Einsammelns  verlangen,  jetzt  aber  noch  ganz 
unbenutzt  sind  und  es  so  lange  bleiben  werden,  bis  nicht  wechselseitige 
Handelsverbindungen  eingeleitet  werden.  Selbst  angenommen,  die  Einge- 
bornen Hessen  sich  herbei  diese  Artikel  für  billigen  Entgelt  einzusammeln, 
so  würden  doch  die  Schiffe,  welche  sie  als  Ladung  einnehmen  wollten, 
nichts  dafür  zu  bringen  haben  und  der  aus  solchen  Unternehmungen 
erwartete  Gewinn  bliebe  jedenfalls  zweifelhaft.  Bei  solchen  Verhältnissen 
ist  Handel  nur  mit  Asiaten  möglich,  welche  viel  leichter  die  Eingebornen 
mit  den  wenigen  auswärtigen  Artikeln,  deren  sie  bedürfen,  versehen  können. 
Sollten  sich  civilisirte  Menschen,  deren  Bedürfnisse  zahlreicher  und  durch 
die  Macht  der  Gewohnheit  unentbehrlich  geworden  sind,  in  diesen  Pro- 
vinzen festsetzen,  so  würde  dort  schnell  ein  Handel  aufkommen  und  die 
natürlichen  wie  die  künstlich  gezogenen  Erzeugnisse  des  Landes  würden 
in  Kurzem  zur  Ausfuhr  gelangen.  Die  Lage  der  Tenasserim-Provinzen  ist 
so,  dass  sie  leicht  zu  einem  Stapelplatz  und  zu  einem  Verbindungsgliede 
zwischen  Europa,  Indien  und  der  chinesischen  Welt  gemacht  werden 
könnten.  Eine  Ueberland-Verbindung  zwischen  China  und  Britisch-Indien 
ist  lange  Zeit  für  sehr  wünschenswerth  erachtet  worden;  sie  könnte  ent- 
weder über  Assam  oder  Tenasserim  eingeleitet  werden.  Assam  liegt  dem 
chinesischen  Gebiete  zwar  näher,  die  zu  durchreisenden  Landstriche 
scheinen  aber  so  viele  Schwierigkeiten  darzubieten,  dass  man  diesen  Weg 
für  jetzt  nicht  weiter  berücksichtigt.  Maulmain  ist  viel  entfernter  vom 
eigentlichen  China  aber,  so  viel  man  weiss,  Hesse  sich  ohne  besondere 
natürliche  Hindernisse  überwinden  zu  müssen,  eine  Handelsstrasse  wenigstens 
nach  Chinesisch- Yunan,  der  südlichsten  Provinz  herstellen.  Die  Chinesen 
selbst  scheinen  eine  solche  zu  wünschen  und  die  Thatsache,  dass  eine 
chinesische  Caravane  wirklich  auf  dem  Wege  nach  Maulmain  war,  bestätigt 
diese  Vermuthung.  Die  Schwierigkeiten  liegen  nur  in  Staatsverhältnissen, 
nämlich  in  der  Eifersucht  der  Begierungen  von  Burmah  und  Siam  und 
in  den  Befürchtungen  der  Shan-Staaten  im  Norden  der  Provinz  Amherst. 
Sobald  sich  die  Beziehungen  zu  Burmah  befestigt  haben  werden,  dürfte 
ohne    Zweifel    ein    Ueberland-Handel    zwischen    China    und    Britisch-Indien 


314  Dr.  Johann   Willi.  Helfer's 

ins  Leben  treten.  Chinesische  Caravanen  kommen  alljährlich  nach  ßurmah 
und  nähern  sicli  dabei  den  nördlichen  Gegenden  von  Tenasserim.  Am 
meisten  würden  europäische  und  indische  Artikel  von  geringem  Umfang, 
wie  Opium,  Zeuge  in  Stücken,  Baumwoll-Garn  und  edle  Metalle  in  Barren 
(„bullion")  begehrt  werden  und  könnten  auf  geraderem  Weg  als  bisher 
in  das  Innere  von  China  gelangen:  denn  alle  auf  britischen  Schilfen 
eingeführten  Güter  müssen  von  den  Seehäfen  in  die  entfernten  ßinnen- 
Provinzen  dieses  Reichs  gebracht  werden;  und  wenn  auch,  auf  den  ersten 
Anblick,  der  Weg  von  Maulniain  nach  China  sehr  lang  erscheint,  so  ist 
er  doch  für  die  westlichen  Provinzen  Yunan,  Mungfan,  Kahang  und  Aindoa 
ein  kürzerer  als  über  Canton  und  Viele,  welche  gegenwärtig  gar  nicht 
zu  solchen  Waaren  gelangen  können,  würden  auf  diesem  Wege  damit 
versehen  werden.  Wenn  die  Chinesen  bisher  aus  ßurniah  fast  nichts  bei 
sich  einführten  als  rohe  Baumwolle  geringer  Sorte,  ein  stark  ins  Gewicht 
fallender  Artikel,  würden  sie  um  so  geneigter  sein,  sich  mit  Verfrachtung  der 
oben  erwähnten  W'aaren  zu  befassen.  Die  Bussen  gehen  hierin  bei  ihrem 
Handel  mit  China  mit  ihrem  Beispiele  voran;  ihre  Verbindung  ist  unter 
allen  bekannten  commerciellcn  Ueberland-Strassen  die  längste:  von  Astra- 
chan über  den  grössern  Theil  von  Sibenen,  nach  Kiachta  und  von  da 
durch  die  Duary-Mongolischen  Steppen,  zur  grossen  Mauer,  dem  Eingange 
des    eigentlichen    China. 

Die  Entfernung  zwischen  Maulmain  und  dem  südlichen  China  ist 
gering  in  Vergleich  mit  der  der  russisch-chinesischen  Handelsstiasse.  Die 
Lage  der  südlichen  Landstriche  von  Tenasserim  ist  dem  Handelsverkehr 
mit  Bankouk  günstig.  Die  britische  Verbindung  mit  Slam  ist  bisher  sehr 
vernachlässigt  worden,  was  um  so  mehr  zu  wundern  ist,  als  dieses  Land 
kostbare  Handelsartikel  in  Menge  besitzt  und  dessen  Beherrscher  den 
Handel  zu  begünstigen  scheint.  Der  britisch-siamesische  Vertrag  schliesst 
die  Unterthanen  von  Britisch-Indien  vom  Ueberland-Handel  nicht  aus;  bisher 
bestand  aber  noch  keine  Anlockung  für  derartige  Unternehmungen.  Mergui 
wäre  der  Ort  zur  Führung  eines  Handels  quer  über  die  Landenge, 
welche  hier  nicht  über  80  (engl.)  Meilen  beträgt,  wovon  sich,  so  viel 
bisher  bekannt  ist,  wenigstens  30  diesseits  mittels  Wasserfahrt  zurück- 
legen Hessen.  Das  Land  bietet  keine  grossen  Schwierigkeiten  dar  und 
vormals  bestand  eine  Strasse  von  Tenasserim  quer  über  das  Land,  auf 
welcher  Alompra  sein  Heer  zur  Belagerung  von  Bankouk  führte.  Die 
etwaige  Wiedereröffnung  einer  solchen  Heerstrasse  würde  die  im  vorigen 
Jahre  entdeckten  Kohlenlager  in  Thätigkeit  bringen.  Diese  Lager  liegen 
längs  dieser  Strasse,  unfern  der  siamesischen  Grenze  und  sind  bisher 
unbenutzt  geblieben,  weil  die  Förderung  von  den  in  letzter  Zeit  aufge- 
fundenen   Lagerstätten    bei    Weitem    leichter    ist. 

Sollten  die  Tenasserim-Provinzen  zum  Gedeihen  gelangen,  so  dürfte 
wohl  eine,  den  Golf  von  Siam  mit  der  Bucht  von  Bengalen  verbindende 
Eisenhahn  entstehen.  Der  frühere  Vorschlag  eines  Canals  quer  über  die 
Landenge  von  Kraw,  scheint  ziemlich  chimärisch  zu  sein.  Ich  hatte  Ge- 
legenheit in  diesem  Jahr  jenen  Landstrich  zu  untersuchen,  als  ich  den 
Packhan  so  weit  hinauf  fuhr,  als  er  für  Fahrzeuge  von  einiger  Trag- 
kraft zugänglich  ist  und  die  Eingebornen  berichteten  mich,  dass  eine  Berg- 
reihe der  Länge  nach  durch  die  Halbinsel  ziehe  und  ein  zweiter  schiff- 
barer Strom  (der  TeUm-foimg)  jenseits  in  einer  Entfernung  von  sechs 
Gehstunden    lieee. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  315 

Welchen  Weg  man  immer  quer  über  die  Halbinsel  wählen  möge, 
wäre  doch  immer  in  einem  reichlich  mit  Bauholz,  Eisen  und  Kohle  ver- 
sehenem Lande  eine  Eisenbahn  weit  vorteilhafter,  als  jeder  Kanal.  Für 
den  Augenblick  bleibt  ein  solches  Unternehmen  nur  theoretisch,  ausführ- 
bar würde  es  erst,  wenn  eine  Anzahl  Europäer  sich  in  Tenasserim  an- 
gesiedelt haben,  die  Verbindungen  mit  Siam  und  dessen  reichen  Hilfs- 
quellen besser  gewürdigt  und  die  Handelsbeziehungen  mit  China  in  kräf- 
tigerem und  erweiterten  Maase  wieder  eröffnet  sein  werden.  In  letzterem 
Falle  würde  eine  schnellere  Verbindung  zwischen  China,  Ost-Indien  und 
Europa,  so  wie  auch  quer  über  die  Halbinsel  durch  Tenasserim,  von  den 
vorteilhaftesten    Wirkungen    begleitet  sein. 

Zusammenfassung.  Aus  dem  bisher  Gesagten  lassen  sich  folgende 
Schlüsse    ziehen: 

1)  Vermöge  der  grossen  Strecken  von  unbesetztem  gutem  Boden, 
der  verschiedenen  tropischen  Erzeugnisse,  welche  sich  dort  ziehen  lassen, 
des  gesunden  Klimas  und  der  ausgedehnten  Meeresküste  so  wie  der  vielen 
schiffbaren  Ströme,  welche  den  Verkehr  erleichtern,  ist  Tenasserim  für 
eine    europäische    Colonie   ganz    vorzüglich    geeignet. 

2)  Die  Eingeborenen  würden  nicht,  wie  es  in  Hindostan  in  man- 
cher   Bücksicht    der    Fall    ist,    den    europäischen    Ansiedlern    hinderlich   sein. 

3)  Tenasserim  sollte  desshalb,  vorzugsweise  vor  jedem  andern  Theile 
des  britischen  Ost-Indiens,  von  Europäern,  welche  sich  dos  Landbaues  wegen 
dort    ansiedeln    wollen,    ausgewählt    werden. 

4)  Diese  Provinzen  bieten  ausserdem  die  beste  Gelegenheit  zur  ge- 
winnreichen Anlegung  von  Capitalien ;  die  Bauholz- Wälder,  die  Zinn- 
Eisen-  und  Kohlenlager,  und  noch  viele  andere  freiwillige  Naturproducte 
bieten    unerschöpfliche    Vorräthe   werthvoller    Artikel. 

5)  Handelsunternehmungen  können  für  jetzt,  bei  der  kaum  vorhan- 
denen   Nachfrage    um    fremde    Artikel,    unmöglich    lohnend    sein. 

6)  Die  Lage  der  Provinzen  bezeichnet  sie  als  künftige  Verbiudungs- 
strasse  nach  Norden  mit  China,  nach  Süden  zwischen  Siam  und  dem 
britischen    Ost-Indien. 


5.  Tagebuch  über  die  Untersuchungen  des  Mergui-Archipels. 

1.  Reise.  28.  November  1H38.  Ich  wurde  beauftragt,  die  gegenwärtige 
Jahreszeit  vorzugsweise  auf  die  Untersuchung  des  Mergui- Archipels  zu 
verwenden.  Dieser  Archipel  ist,  abgesehen  von  seiner  politischen  Verthei- 
lung  eine  ausgedehnte  Gruppe  von  Inseln,  die  sich  von  der  Breite  der 
Tavoy-Spitze,  auf  der  Küste  von  Tenasserim  bis  zur  Acheen- Spitze  an 
der  Nordküste  von  Sumatra  erstreckt.  Er  uinfasst  mithin  die  zahlreichen 
Inseln  längs  der  Küste  von  Tenasserim,  welche  unter  dem  9,  10  und  11°  NB. 
am  meisten  angehäuft  sind,  und  gegen  Penang  zu,  allmählig  an  Zahl  ab- 
nehmen. Die  Audaman- Inseln  sind  gleichsam  die  äussersten  westlichen  Vor- 
posten dieser  Inselschaar  und  die  Nikobaren  ihr  Verbindungsglied  mit 
Sumatra.  Der  Zwischenraum  ist  mehr  oder  weniger  mit  Inseln  übersäet, 
die  offenbar  demselben  Systeme  angehören;  auch  deutet  die,  allen  gemein- 
same Bichtung  der  Berge  (fast  genau  von  N.  nach  S.)  auf  ihre  unter- 
meerische  Verbindung.  Der  Mergui-Archipel  ist  eine  Forlsetzung  des  nörd- 
lichen   Festlands    der    Malacca-Halbinsel    und    kann    als   der    Hauptstamm   an- 


316  Dr.  Johann  Wilhelm  ffetfer's 

gesehen  werden,  der  seine  Zweige  weit  nach  Westen  hin  aussendet, 
wahrend  er  sich  nach  Osten  gegen  den  Golf  von  Siam  mit  einem  Mahl 
abschneidet.  —  Hierin  ist  er  im  Kleinen  das  Abbild  der  Cordilleras  in 
Amerika,  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  Pampas  und  Llanos  in  Amerika 
trokenes  Land  sind,  während  die  Ebenen  des  Mergui -Archipels  auf  dem 
Grunde  des  Oceans  liegen.  Aehnlich  dem  Festland  von  Tenasserim,  wel- 
ches aus  engen  Thal  er  n  zwischen  aufeinderfolgenden  Bergreihen  besteht, 
sind  die  Inseln  die  Spitzen  der  Bergketten,  zwischen  welchen  untermee- 
rische  Thäler  laufen.  Die  gemeinsame  Benennung  „Mergui- Archipel"  be- 
zieht sich  auf  die  Inseln  längs  der  Küste  von  Tenasserim,  die  sich  etwa 
170  (engl.)  Meilen  westwärts  in  die  See  hinein  ziehen.  Sie  ist  indess 
ganz  willkührlich  und  die  eigentliche  Gränze  nach  S.  ist  noch  gar  nicht 
fest  bestimmt.  Die  St.  Mathias-Gruppe  gilt  noch  als  britisches  Gebiet,  ob- 
wohl sie  jenseits  der  Mündung  des  Packchan  liegt,  der  auf  dem  Fest- 
land  die    Südgränze   bezeichnet. 

Die  Burmesen  behaupten,  dass  alle  Inseln,  bis  Penang  hin,  einst 
zum  Gebiete  von  Tenasserim  gehört  haben,  da  das  burmesische  Beich 
aber  nie  eine  Seemacht  war  und  die  Inseln  weit  vom  Sitze  der  Begie- 
rung  liegen  und  zum  grössten  Theil  unbenutzbar  sind,  mochten  wohl  die 
Siamesen  sich  einige  davon  zugeeignet  haben,  während  andere  davon  un- 
benutzt geblieben  sind.  Meine  erste  Absicht  war,  Kings  Island,  Mergui 
gegenüber,  eine  der  grössten  Inseln  des  Archipels  und,  wegen  ihrer  vor- 
trefflichen Bucht,  auch  eine  der  wichtigsten,  zu  untersuchen  und  zu  um- 
schiffen. 

Am  28.  November  1838  reiste  ich  mit  zwei  ganz  roh  gebauten 
burmesischen  Booten  von  Mergui  ab.  Den  Booten  waren  zwei  Canoes, 
jedes  zweirudrig  beigegeben,  um  damit  bei  stillem  Wetter  solche  Klippen 
und  Felseninseln  zu  besuchen,  denen  sich  die  plumpen  Boote  nicht  füg- 
lich nähern  konnten.  So  hatten  wir  kaum  zwei  Stunden  lang  mit  der  zu- 
rückgehenden Fluth  gerudert,  als  ein  Windstoss  uns  zwang,  hinter  einer 
Mangrove-Insel  westlich  von  der  Mandrameraninsel  Schutz  zu  suchen.  Die 
Küste  von  Mergui  bis  Lenga  ist  niedrig  und  ein  unentwirrbares  Labyrinth 
von  Mangrove-Inseln.  Sie  ist  das  Delta  des  Tenasserim,  des  Lenga  und 
anderer  kleinerer  Flüsse,  die,  so  unbedeutend  sie  an  und  für  sich  sind, 
einen  ausgedehnten  Landstrich  mit  Schlam  bedeckt  haben,  in  dem  sich 
die  Mangrove-Bäume,  welche  brandisches  Wasser  lieben,  mit  unbesiegbarer 
Zähigkeit    einwurzeln. 

Diese  Gruppe  von  allmählig  und  stetig,  wenn  auch  unmerklich  sich 
vermehrenden  Inseln  wird  durch  eine  äussere  Beihe  von  Inseln  geschützt 
welche  dazu  beitragen,  die  hinter  ihnen  liegenden  Gewässer  in  einen 
nie  bewegten  See  umzugestalten,  in  welchem  der  Schlamm  ungestört  zu 
Boden  fällt.  Der  Bodensatz  besteht  wahrscheinlich  nicht  allein  aus  den 
erdigen  Theilen,  welche  vom  Festlande  herbeigeführt  werden,  sondern  auch 
aus  leichteren  Stoffen,  welche  die  Fluthen  von  der  hohen  See  in  diese 
Binnenkanäle  mit  sich  schleppen.  In  einigen  Jahrhunderten  werden  meh- 
rere Mangrove-Inseln  mit  dem  Festlande  verbunden  sein  und  im  Verlauf 
einiger  Jahrtausende  dürfte,  wenn  nicht  inzwischen  gewaltsame  Umwälzun- 
gen das  Land  verändern,  dieser  Zuwachs  viele  Quadratmeilen  betragen. 
Eine  eigene  Art  Krabbe  ist  bei  dem  Entstehen  der  Mangrove-Inseln 
vorzugsweise  thätig,  indem  sie  zur  Aufsuchung  ihrer  Nahrung,  Erdhaufen 
von    mehreren    Fuss    Höhe    aufwirft.    In    der    Mitte    dieser    Haufen   lässt   sie 


gedruckte  und  ungedrucktc  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  317 

ein  1  bis  2  Zoll  weites,  senkrechtes  Loch  offen.  Bei  steigender  Fluth 
dringt  das  Wasser  gewaltsam  in  diese  künstlichen  Wirbel  und  führt  eine 
Unzahl  kleiner  Seethiere  mit,  welche  dem  Erbauer  dieser  Falle  zur  leichten 
Beute  werden.  Ist  ein  Loch  durch  Schlamm  nutzlos  geworden,  so  wird 
ein  anderes  aufgeworfen,  und  dies  geschieht  auf  jeder  Mangrove-Insel 
wohl  hundertmal  in  einem  Tag,  wodurch  die  allmählige  Erhöhung  des 
Bodens  nicht  wenig  gefördert  wird.  Die  Natur  wirkt  hier  langsam,  aber 
mit  sicherem  Erfolge.  Diese  Mangroveinseln  sind  fast  undurchdringlich,  so  nahe 
stehen  die  Bäume  an  einander  und  ihre  Wurzeln  verflechten  sich  in  den 
wunderlichsten  Gestalten  zu  einem  dichten  Netzwerk.  Die  grösseren  Arten 
verdrängen  zeitweise  die  kleineren  und  säen  zahlreiche  Nachkommen  rings 
um  sich  aus.  Dieser  Umstand  erklärt  das  ausschliessliche  Vorkommen  einer 
Art    und    das    Verschwinden  aller   andern  an  bestimmten    Oertlichkeiten. 

Die  alten  Bäume  unterliegen  den  Angriffen  von  Schalthieren,  welche 
zuletzt    ihr    Inneres    in    Besitz  nehmen    und    mit  kalkigen  Bohren  überziehen. 

Wenige  Thiere  leben  auf  diesen  öden  und  stillen  Inseln.  Strand- 
läufer und  Brachvögel  laufen  zur  Ebbezeit  auf  dem  Boden  herum,  Beiher 
sitzen  bedächtig  am  Gestade,  die  steigende  Fluth  erwarten  und  zahlreiche 
Arten    schönbefiederter  Eisvögel    durchfliegen    lautkreischend   diese    Einöden. 

Mit  diesen  Vögeln  theilt  eine  eigene  Art  Affen  (Oreophitecus)  die 
Herrschaft  über  die  Mangrove-Inseln.  Beim  Eintritt  der  Ebbe  steigen  sie 
schaarenweise  an  das  Ufer  herab,  und  wühlen  im  Schlamme  nach  ihrer 
Lieblingsnahrung  den  Schalthieren.  Sie  öffnen  sie  sehr  geschickt,  in  dem 
sie  sie  an  Felsen  oder  Baumstämmen  zerdrücken.  Für  jetzt  haben  die 
Mangrove-Inseln  keinen  andern  Nutzen,  als  dass  sie  Holz  und  Pflähle  zum 
Baue  der  Häuser  liefern.  Einige  Arten  von  geradem  Wüchse  werden  von 
den  Nanues  als  Stützen  für  die  Pflanzungen  von  Betel -Pfeffer  gesucht. 
Mitunter   benützt    man    die  Binde   zum    Gerben    der   Fischnetze. 

Ich  fand,  bei  näherer  Prüfung,  das  die  Binde  der  Mangrove-Bäume 
besonders  zunächst  der  Wurzel,  an  zusammenziehendem  Stoffe  reicher  sei, 
als  die  beste  Eichenlohe.  Man  könnte  diesen  Gerbstoff  aus  einem  con- 
centrirten  Absud  der  Binde  mit  Kalk  niederschlagen,  und  auf  diese  Weise 
zur  Ausfuhr  geeigneter  machen.  Wenn  dieser  Vorschlag  jemahls  aufgenom- 
men würde,  so  könnte  eine  regelmässige  Schälung  der  Bäume  eingeleitet 
werden.  Die  absterbenden  Bäume  würden  fast  unmittelbar  durch  neue 
Triebe  ersetzt  werden.  Die  Zahl  der,  die  inneren  Inseln  zwischen  Mer- 
gui  und  Lenga  bedeckenden  Bäume  ist  so  gross,  dass  sie  nicht  einmahl 
annähernd    abgeschätzt   werden    kann. 

29.  November.  Diesen  Morgen  fanden  wir  uns  am  Bande  eines  dichten 
Mangrove- Waldes    gegen    heftigen    Wind    und    hohes   Meer    ansteuernd. 

Wir  versuchten  an  einer  erhöhten  Stelle,  auf  welcher  eine  Hütte 
mit  Areca- Pflanzungen  umgeben  stand,  unsere  Landung  zu  bewirken,  es 
gelang  uns  aber  nicht.  Bald  darauf  landeteten  wir  an  der  westlichen 
Seite  einer  kleinen  Insel  mit  sandigem,  von  hohen  Bäumen  bedeckten 
Gestade.  Hier  gönnte  ich  meiner  Mannschaft  einige  Zeit  zum  Ausruhen 
und    zur    Bereitung    ihres    Frühstükes. 

Diese  Insel  ist  durch  einen  ya  (engl.)  Meile  breiten  Kanal  von  der 
Königs-Insel  (Kings-Island)  getrennt,  der  nach  S.  zu  (wie  ich  mich  später 
selbst   überzeugte,)  in    den   Kanal    von    Pereghiun    führt. 

Der  Wind  legte  sich  allmählig,  und  gestattete  uns,  nach  dem  Früh- 
stück  unsern    Weg    fortzusetzen.    Wir    fuhren    über    den    Kanal    und    längs 


318  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfer's 

der  Ostküste  einer  Insel,  die  auf  Ross's  Karte  als  „Plantaian-Island"  ange- 
geben ist,  die  man  aber  nunmehr  als  einen  Theil  von  Kings -Island, 
welcher  mit  dem  Haupttheil  der  Insel  durch  einen  Gürtel  von  Mangroves 
zusammenhängt,   erkannt    hat. 

Die  Küste  ist  zunächst  der  Nordspitze  steil  und  abschüssig,  so  viel 
ich  ausnehmen  konnte,  (denn  die  bewegten  Wellen  gestatteten  dem  kleinen 
Canoe  nicht  zu  landen,)  besteht  sie  aus  Granit.  In  einem  Winkel  sahen 
wir  eine  kleine  Pflanzung  von  Cocos-  und  Areca-Palmen  mit  einigen  Ba- 
nanenbäumen. 

Um  zwei  Uhr  kamen  wir  an  den  Eingang  der  Bai  von  King's-Island, 
welche  an  deren  Nordseite  liegt,  mit  der  Eisen-Insel  (Iron  Island)  gegen 
NW.  Die  Vorderseite  der  Bay  ist  durch  eine  am  Grunde  eines  niederen 
kleinen  Felses  (Lyo-Klippe)  aufgehäufte  Barre  gesperrt,  welche  beiderseits 
den  Eingang  frei  lässt.  Die  Bay  von  Kings  Island  ist  eine  der  besten 
Rheden  an  der  Ostseite  der  Bai  von  Bengalen,  wenn  nicht  geradezu  die 
beste.  Ihre  grösste  Breite  beträgt  4,  und  ihre  grösste  Länge  etwas  über 
6  (engl.)  Meilen.  Sie  umschliesst  mehrere  kleine  Kanäle  (Inlets)  und  in 
ihrem  Grund  liegen  mehrere  kleine  Inseln  zerstreut.  An  ihrer  Südseite 
verliert  sich  die  Bai  in  eine  verzweigte  Lagune  mit  zahlreichen  Mangrove- 
Inseln.  Die  Berge  sind  gegen  das  Meer  zu,  stark  abschüssig,  daher  auch 
die  Küste  besonders  am  Eingang  schroff  ansteigt.  Aus  dem  eben  Gesag- 
ten lässt  sich  entnehmen,  dass  diese  Bai  zahlreichen  Flotten  einen  sichern 
Ankerplatz  bieten  könnte.  Sie  ist  von  allen  Seiten  ausser  gegen  Norden 
geschlossen,  die  Nordseite  selbst  ist  durch  die  Eisen-  und  Tavoy-Inseln 
(die  eigentlich  nur  eine  Fortsetzung  von  Kings-Island  sind)  beschützt,  und 
die  Lyo-Klippe  könnte,  im  Nothfall  zu  einer  starken  befestigten  Batterie 
umgestaltet  werden,  die  den  Eingang  nach  beiden  Seiten  hin,  geradezu 
unmöglich    machen    würde. 

Wir  erreichten  gegen  Abend  das  Ende  der  Bay  und  landeten  auf 
einer  schmalen  sandigen  Küste.  Die  Mannschaft  fürchtete  in  den  Jugles 
nach  Holz  zur  Feuerung  zu  suchen,  da  auf  King's  Island  die  Tiger  sehr 
häufig  und  sehr  gefährlich  sein  sollen.  Der  Umstand,  dass  sich  die  Bur- 
mesen auf  allen  Inseln  so  sehr  vor  den  Tigern  fürchten ,  während  sie 
auf  dem  Festlande  sich  wenig  um  sie  kümmern,  Hesse  sich  daraus  er- 
klären, dass  diese  Rauhthiere  auf  den  Inseln  nicht  so  reichliche  Beute 
finden,  als  auf  dem  Festlande,  und  daher  in  der  That  dort  gefährlicher  sind 
als  hier.  Kaum  war  die  Sonne  untergegangen,  so  drang  die  Mannschaft  in 
mich,  sie  wieder  in  die  Boote  steigen  zu  lassen,  welche  sie,  zur  grössern 
Sicherheit,  etwa  200  Ellen  von  der  Küste  in  die  See  zogen,  die  Anker 
auswarfen,    und    so    die  Nacht   zubrachten. 

30.  November.  Früh  morgens  setzten  wir  unsere  Reise  fort.  Ich 
wünschte  vor  Allem  mich  zu  vergewissern,  ob  Kings  Island  und  Capitain 
Ross's  Plantain  Island  wirklich  verbunden  seien,  wie  mir  Einige,  welche 
mit    den   Oertlichkeiten    bekannt    sind,    beim    Beginne    der  Reise  versicherten. 

Wir  kamen  nun  in  das  Labyrinth  der  Mangrove-Inseln.  Ich  mass 
die  Tiefe  und  fand  sie  durchschnittlich  2—3  Faden  bei  niederem  Wasser- 
stande. Der  Hauptkanal  war  Anfangs  an  100  Ellen  breit,  verengerte  sich 
aber  nach  zwei  oder  drei  Wendungen  und  theilte  sich  in  mehrere  Zweige. 
Das  Aussehen  der  niederen  Mangrove-Insel  war  so  verworren  (inform), 
dass    meine    Wegweiser    öfters    den   Weg  verloren.    In    solchen    Fällen  ver- 


gedruckte   und   ungedmefite   Schriften   über  die    Tenasserim-Provinzen  etc.        319 

engten    sich    die    Kanäle   bald    so    sehr,    dass  die    von  einer  Seite  zur  andern 
überhängenden    Zweige    den    Lauf   der    Boote    hemmten. 

Wir  ruderten  etwa  2  Stunden  durch  enge  Kanäle  und,  als  wir  end- 
lich in  einen  breitern  kamen ,  welcher  der  Hauptkanal  zu  sein  schien, 
meldete  man  mir,  dass  wir  uns  einem  Dorfe  naheten,  und  ich  Hess  dort 
halten.  Es  kostete  einige  Mühe,  den  Landungsplatz  aufzufinden,  da  nichts 
zu  sehen  war,  als  Mangrove-Bäume,  endlich  kam  man  in  eine  enge  Bucht 
(Creck)  und  wir  landeten.  Ich  gieng  etwa  30  Ellen  landeinwärts,  und 
gelangte  in  eine  Areca-Pllanzung.  Bald  darauf  bewillkommte  mich  ein  ehr- 
würdiger alter  Burmese  und  führte  mich  zu  einem  Jagat,  welches  vor- 
züglich für  Poonghys  (Priester)  erbaut  war,  die  häufig  hieher  kommen, 
um  mit  der  Familie  zu  beten  und  Segnungen  auf  ihr  Werk  herabzuflehen. 
In  einer  Ecke  des  Gebäudes  standen  auf  einer  Art  Altar  mehrere  ver- 
goldete Gaudama- Götzenbilder,  und  vor  ihnen  Opfergaben  von  frischen 
Blumen,    grösstenteils    eine    Art    Amaranthus. 

Als  ich  bald  darauf  gieng,  mir  die  Umgebung  zu  besehen,  beglei- 
tete mich  der  alte  Burmese.  In  der  Nähe  standen  drei  Häuser,  jedes  mit 
einer  Pflanzung  umgeben.  Von  einem  abgeholzten  Hügel  aus,  auf  dem 
man  eben  Paddy  eingeerntet  hatte,  konnte  ich  das  ganze  Thal  übersehen. 
Die  Lagunen  waren  unsichtbar,  da  ihr  ganzer  Grund  von  Mangroves  über- 
wachsen war.  So  weit  der  Blick  reichte,  konnte  ich  keine  Scheidung 
zwischen    Kings    Island    und    Plantain-lsland    wahrnehmen. 

Ich  wunderte  mich,  so  viele  abgeholzte  Jungles  zu  sehen,  da  zu- 
folge der  vorläufigen  Nachrichten,  die  ich  in  Mergui  eingesammelt  hatte, 
Kings'  Island  kaum  bevölkert  sein  sollte.  Beide  Gehänge  des  Thaies  waren 
mit  Areca-Pflauzungen  bedeckt,  alle  noch  ohne  Früchte  und  erst  seit  Be- 
ginn   der    britischen    Besitznahme  angelegt. 

Diese  Pflanzungen  gedeihen,  obwohl  der  Boden  ein  nicht  besonders 
fruchtbarer    eisenschüssiger  Thon  ist. 

Die  umgebenden  Felsen  sind  ein  Conglomerat  von  Pudding-Stein.  Da 
der  obere  Theil  der  Gehänge  für  unergiebig  gilt,  beschränkt  sich  der 
Anbau  auf  einen  schmalen  Streif  über  dem  Gebiete  der  Mangroves.  Der 
freundliche  Burmese  war  sehr  begierig,  mir  seine  Pflanzungen  zu  zeigen. 
Er  erzählte  mir,  er  habe  seineu  Grund  gelichtet  und  augebaut,  um  ihn 
wieder  zu  verkaufen  und  dann  einen  andern  Grund  von  Neuem  zu  lichten. 
Er  besas  im  Ganzen  an  1000  Stück  Areca-Palmen,  nebst  mehreren  Du- 
rian-  und  Mangustan- Bäumen.  Er  zeigte  mir  als  eine  grosse  Seltenheit, 
einen  einzigen  mit  einem  geräumigen  Zaun  eingeschlossenen  Muskatnuss- 
Baum,  dessen  Besitz  er  als  einen  grossen  Fortschritt  der  Gesittung  be- 
trachtete. 

Ich  fand  überhaupt  die  Burmesen  den  Verbesserungen  des  Land- 
baues nicht  abgeneigt,  und  glaube  dass  sie  nur  der  Aufmunterung  be- 
dürfen   um    darin    Fortschritte    zu    machen. 

Keiner  der  einigen  hundert  Muskatnuss- Bäume  die  man  in  die 
südlichen  Gegenden  eingeführt,  hat  noch  Früchte  getragen,  aber  die 
Leute  haben  von  ihren  Freunden,  die  Penang  besuchten,  gehört,  dass  ihr 
Anbau  sehr  lohnend  sei,  und  sie  sind  sehr  begierig,  junge  Pflanzen  zu 
erhalten.  Die  Chinesen,  welche  alljährlich  einige  einführen,  verlangen  da- 
für übermässige  Preise.  Würde  die  Regierung  junge  Pflanzen  unentgeld- 
lich  vertheilen,  so  würde  sich  ihr  Anbau  im  südlichen  Theile  von  Tenas- 
serim    bald    weit    verbreiten. 


320  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Es  gefiel  mir  sehr,  die  Familie  des  würdigen  alten  Burmesen  zum 
Abendgebet  versammelt  zu  sehen.  Er  hatte  15  Enkel  und  5  Kinder  um 
sich.  Sie  sangen  bis  spät  in  die  Nacht  und  benahmen  sich  mit  dem 
grössten  Anstände. 

1.  December  1838.  Man  sagte  mir,  dass  ein  zweites  Dorf  am  Ende  der 
Lagunen  liege.  Ich  wollte  zu  Land  dorthin,  hörte  aber,  dass  diess  unaus- 
führbar sei,  indem  die  Gegend  zu  sehr  von  Nullahs,  die  mit  den  Lagunen 
in    Verbindung   stehen,    durchschnitten    sei. 

Ich  machte  daher  die  Reise  zu  Wasser,  durch  allmählig  sich  ver- 
engende Kanäle  von  durchschnittlich  1  x/z  Faden  Tiefe.  Als,  nach  mehreren 
plötzlichen  Wendungen,  die  Boote  nicht  weiter  fortkonnten,  bestieg  ich 
das  Canoe,  und  landete  bald  darauf  bei  einem  Zayal,  was  als  Magazin 
für  Götzenbilder  von  verschiedener  Grösse  und  Gestalt  dient.  Eines  dar- 
unter aus  Alabaster,  war  ziemlich  gut  gearbeitet.  Das  Zayal  lag  am  Rand 
des  Mangrove- Gürtels  und  hinter  ihm  lagen  einige  ziemlich  ansehnliche 
Areca-Pflanzungen.  Diese  Palmen  gedeihen  reichlich  „nur  zu  gut"  sagen 
die  Anwohner,  denn  sie  dauern  nicht  über  15  bis  20  Jahre,  da  im  All- 
gemeinen  ihre    Tragfähigkeit  auf  30    Jahre    gerechnet    wird. 

Die  Areca-Palme  hat  mancherlei  Feinde,  —  der  schlimmste  dar- 
unter ist  ein  Rüsselkäfer,  aus  der  Gattung  Calandra,  welcher  in  die 
weichen  Theile  nahe  am  Wipfel  ein  Loch  bohrt  und  seine  Eier  darein 
legt.  Aus  der  Wunde  fliesst  ein  gummiartiger  Schleim  aus,  die  nächste 
Umgebung  der  Wunde  beginnt  zu  faulen,  und  endlich  fällt  der  Wipfel 
seiner  Stütze  beraubt,  ganz  ab.  Da  Palmen  unfehlbar  absterben,  sobald 
ihr  Wipfel  zerstört  ist,  ist  dann  auch  der  ganze  Baum  verloren.  Die  Ein- 
gebornen  versichern,  dass  dieser  Käfer  nur  bestimmte  Oertliehkeiten  ver- 
wüste, und  dass  es  schwer  sei,  ihu  aufzufinden  oder  seine  Verwüstungen 
zu    entdecken,    bevor    die    Hilfe    zu    spät   kömmt. 

In  den  südlichen  Theilen  der  Halbinsel  wird  die  Cocospalme  von 
einer  audern  Art  Calandra  angegriffen.  Zu  Singapore  kann  kaum  eine  ein- 
zige dieser  Palmen  gross  gezogen  werden.  In  Tenasserim  soll  dieser 
schädliche    Käfer    unbekannt    sein. 

Die  unfruchtbare  Abart  von  Bombax  Eriodendron  wird  in  den  Pflan- 
zungen der  Burmesen  zu  verschiedenen  Zwecken  sehr  häufig  gezogen. 
Dieser  Baum  erreicht  innerhalb  zweier  Jahre  eine  Höhe  von  30  Fuss 
und  dient  dann  zur  Ueberschattung  der  jungen  Anpflanzungen,  wozu  er 
jedoch  nicht  besonders  geeignet  scheint,  tla  die,  vom  Stamme  rechtwinklig 
abstehenden  Zweige  nur  sparsam  mit  abfälligen  Blättern  bekleidet  sind. 
Das  Innere  des  Baums  ist  von  schwammiger  Beschaffenheit  und  wird,  so 
lang  der  Baum  jung  ist,  in  gesottenem  Zustande  gegessen.  Der  Bombax 
liefert  einen  gummiartigen  Stoff,  welchem  die  Malayen  Arzneikräfte  zu- 
schreiben. —  Vermuthlich  ist  jener  Bombax  von  dem,  auf  dieser  Küste 
bekannten,    der   Art   nach   verschieden. 

Der  Grund,  wesshalb  Bombax-Bäume  in  keiner  Anpflanzung  fehlen, 
mag  darin  liegen,  dass  man  von  ihnen  eine  seidenartige  Baumwolle  erhält, 
welche  die  Burmesen  zum  Ausstopfen  ihrer  Kissen  und  Lagerstätten  be- 
nutzen. —  Die  damit  gefüllten  Matratzen  sind  in  der  That  die  kühlsten 
und  die  geeignetsten  für  ein  tropisches  Klima,  indem  sie  selbst  nach 
langem  Gebrauche  flach  und  eben  bleiben;  nur  niuss  darauf  gesehen  wer- 
den, dass  sie  von  den  öhligen  Samenkörnern  sorgfältig  gereinigt  seien, 
indem    sonst  die  Ratten,    welche  diesem  sehr  begierig  nachgehen,    in  kurzer 


gedruckte   und  ungedruckte  Schriften   über  die  Tenasserim-Provinzen  ete.  321 

Zeit  das  Bettzeug  durchnagen  würden.  Die  Bombax-Wolle  ist  zu  verschie- 
denen Malen  aus  Amerika  und  Indien  nach  England  versendet  worden, 
um  dort  versuchsweise  auf  Tuch  verarbreitet  zu  werden;  es  hat  sich  aber 
gezeigt,    dass    ihr    Gewebe    zu    diesem    Zweck    zu    locker    ist. 

Auf  King's  Island  wohnen  gegenwärtig  13  burmesische  und  3 
caräische  Familien.  Der  grössere  Theil  der  Anpflanzungen  gehört  einigen 
der  reicheren  Burmesen  zu  Mergui,  welche  sie  nicht  selbst  bebauen, 
sondern  jene  ihrer  Schuldner,  welche  zur  Abtragung  ihrer  Schuld  in 
ihre  Dienste  getreten   sind,    zu   diesem  Zwecke  nach  King's  Island  schicken. 

An  derselben  Stelle,  welche  jetzt  die  Pflanzungen  einnehmen,  soll 
vormals  auf  King's  Island  eine  Stadt  gestanden  und  die  Insel  einst  stark 
bevölkert  gewesen  sein;  ebenso  wie  andere  Inseln  dieses  Archipels.  Unter 
diesen  soll  Kietheraing  eine  grosse  Menge  Reis  hervorgebracht  haben. 
Jetzt  sind  sie  alle  unbewohnt.  Da  wir  nur  wenig  über  die  Geschichte 
dieses  Landes  wissen  und  die  Einwohner  der  Provinzen  keine  geschrie- 
benen Urkunden,  sondern  nur  schwankende  Ueberlieferungen  besitzen, 
müssen  der  Zeitpunct  und  die  Abstammung  dieser  altern  Einwohner  für 
jetzt  noch  unbekannt  bleiben.  Diese  geschichtliche  Lücke  dürfte  ausgefüllt 
werden,  sobald  die  Archive  von  Birma  und  Java  einmal  der  Forschung 
oflen  stehen.  Noch  findet  man  Trümmer  von  Pagoden  auf  King's  Island 
und  auf  anderen  Inseln  und  unweit  des  Zagat,  in  dem  ich  wohnte,  fand 
ich  Massen  von  Schlacken.  Wenn  ich  auch  dort  keine  Eisenlager  auf- 
fand, so  beweisen  doch  die  häufigen  eisenschüssigen  Puddingsteine,  dass 
deren   in    der    Nähe    vorhanden    sein    müssen. 

Die  Thatsache,  dass  dort  Eisen  ausgeschmolzen  worden,  könnte  be- 
weisen, dass  die  damaligen  Einwohner  in  Gesittung  und  Kunslfleiss  den 
jetzigen  voran  waren,  da  von  den  zahlreichen  Eisenlagern,  die  über  die 
Provinz  verbreitet  sind,  kein  einziges  benützt  wird  und  das  Ausschmelzen 
der  Erze  ganz  unbekannt  zu  sein  scheint.  Ich  ging  durch  die  Anpflan- 
zungen und  fand  sie  sehr  vernachlässiget;  das  Beste  dabei  muss  die 
gütige  Natur  thun.  Die  Areca-Palmen  waren  mit  Unkraut  umgeben,  das 
während  des  diessjährigeu  Monsoon  hoch  aufgeschossen  war.  Die  Leute 
waren  eben  von  einem  6  monatlichen  Aufenthalt  zu  Mergui  zurückgekehrt 
um  die  Ernte  der  reifenden  Arcca-Nüsse  zu  beaufsichtigen.  Diese  hingen, 
theilweise  noch  grün,  theilweise  mit  dem  Orangegelb  der  Reife  überzogen, 
zu  30  bis  60  in  Büscheln  herab.  Sie  beschäftigen  sich  damit,  das  Un- 
kraut mit  ihren  Daks  (Messern),  fast  das  einzige  Ackergeräth  der  Bur- 
mesen, abzuschneiden;  Keiner  dachte  daran  das  Unkraut  zu  entwurzeln 
oder  den  Boden  aufzuhacken.  Das  verfallene  Ansehen  der  gebrechlichen 
Häuser  bewies,  dass  deren  Bewohner  sie  nur  auf  kurze  Zeit  benützen 
und  dass  sie  das,  was  nicht  ihr  Eigenthum  ist,  der  Mühe  einer  In- 
standhaltung nicht  werth  achteten.  Die  gelichteten  Gründe  auf  King's 
Island  scheinen  für  den  Bau  des  Zuckerrohres  geeignet  und  wenn  je 
irgend  Jemand  zu  einer  solchen  Unternehmung  Lust  trüge,  würde  es 
ihm  nicht  schwer,  sie  den  Burmesen  wohlfeil  abzukaufen.  Man  könnte 
sogleich  mit  dem  Pflügen  beginnen,  da  die  Baumstrümpfe  alle  verrottet 
sind  und  nur  Gras  und  niederes  Gesträuch  die  fruchtbaren  Flächen  im 
Thale  bedecken.  Wasser  ist  genug  vorhanden;  ein  durch  das  ganze  Jahr 
durch  Quellen  gespeiseter  Bergstrom  durchschneidet  King's  Island  und 
mündet  in  den  Lagunen  der  Bay.  Dieser  Strom  hat  ein  enges  Felsenbeet 
und    wenn  je    Mühleu   in    der   Nähe    von    Mergui    errichtet    werden    sollten, 


322  Ur.  Johann  Wilhelm  Helf'er's 

so  wäre  hier  der  beste  Ort  dazu,  denn  es  Hessen  sich  leicht  Dämme 
aufführen  und  ein  Kanal  zur  Ableitung  des  überschüssigen  Wassers  aus- 
stechen. Man  behauptet,  dass  zur  höchsten  Monsoon-Zeit  das  Wasser 
dieses  Bergstromes  so  heftig  herabstürzt,  dass  man  sein  Brausen  bei 
stillem  Wetter  bis  Mergui  (in  einer  Entfernung  von  etwa  10  engl.  Meilen) 
vernimmt. 

Die  Wasseransammlung  mag  allerdings  in  jener  Jahreszeit  bedeutend 
sein,  da  King's  Island  durchgängig  eine  Gebirgsgegend  ist  und  der  Strom, 
bevor  er  an  die  Lagunen  gelangt,  sich  durch  ein  enges  Thal,  einem 
Bergriss  ähnlich,  durchdrängen  muss.  Sein  Ursprung  liegt  im  SW.  Theil 
der  Insel,  von  wo  er  auf  den  Abhang  des  höchsten  Berges,  Kappa  taung, 
herabfliesst. 

Zahlreiche  verlassene  Bananen-Pflanzungen  auf  den  Bergabhängen, 
zwischen  den  verrotteten  Stämmen  verhauener  Wälder,  deuten  auf  einen 
frühern  bessern  Anbau.  Sich  selbst  überlassen,  entartet  der  Bananenbaum 
von  Jahr  zu  Jahr  mehr,  bis  er  zuletzt  winzig  kleine,  bittere  oder  ge- 
schmacklose Früchte  voll  Samenkörner  hervorbringt,  die  nur  Vögeln  und 
Affen    zur    Nahrung   dienen. 

Diese  Bananenbäume  dulden  keine  andern  Pflanzen  neben  sich  als 
eine  Art  Alpinia,  welche  in  tiefen  Gegenden  immer  mit  diesem  Baume 
vorkommt.  Da  die  Bananenbäume  eine  grosse  Menge  Pottasche  geben, 
so  wäre  es  vielleicht  nicht  unvortheilhaft,  die  damit  bepflanzten  Stellen 
niederzubrennen  und  die  Asche  auf  rohe  Pottasche  zu  verarbeiten.  Der 
Boden,  auf  welchem  sie  wachsen  ist  sehr  fruchtbar  und  liesse  sich  zum 
Anbau    einjähriger  Pflanzen,    vor  Allem  des  Tabakes,  vorlheilhaft    verwenden. 

Ich  machte  einen  Ausflug  um  den  Fuss  der  Berge  und  fand  dort 
Granit  und  vielen  verwitterten  Feldspath  und  Glimmer,  welcher  das  Aus- 
sehen von  grossblättrigem  Talk  hat:  hie  und  da  wechsellagert  der  Granit 
mit  Gneiss.  Zahlreiche  Bache,  in  dieser  Jahreszeit  alle  mit  Wasser  ver- 
sehen, kommen  von  den  Berge  herab  und  vereinigen  sich  mit  dem  oben 
erwähnten  grossen  Bergstrome.  Ich  sammelte  eine  ziemliche  Menge  mir 
neuer    Pflanzen    und    darunter    drei    Arten    \on  Palmen   in  der  Fruchtbildung. 

2.  December.  Ich  beabsichtigte  einen  Ausflug  in  das  Innere  der  Insel 
und,  wo  möglich,  die  Besteigung  eines  der  höheren  Berge,  um  eine 
Uebersicht    der    Gegend    zu    erlangen. 

Keiner  der  Burmesen  in  den  9  umher  zerstreuten  Häusern  wollte 
von  den  Innern  der  Insel  etwas  wissen;  sie  suchten  aber  einen  Karäer 
auf  und  brachten  mir  nach  etwa  2  Stunden  einen  Mann,  der  mit  allen 
Pfaden  und  Steigen  wohl  bekannt  war.  Dieser  war  ein  ärmlich  aussehender 
Mensch,  den  selbst  die  armen  Burmesen,  welche  ihre  Schulden  abdienten, 
als  ein  unter  ihnen  siebendes  Wesen  betrachteten.  Diess  ist  die  gewöhn- 
liche Ansicht  aller  Burmesen,  die  die  Karäer  als  einen  unter  ihnen  stehen- 
den Stamm  behandeln,  auch  haben  diese  wohl  nie  in  diesem  schönen 
Lande  gute  Tage  gesehen.  Sie  wurden  von  den  Burmesen,  und  vor  die- 
sen von  den  Siamesen,  in  beständiger  Knechtschaft  gehalten,  und  die 
britischen  Gesetze,  welche  allen,  ihnen  gehorchenden  Stämmen  ein  gleiches 
Maas  von  Beeilten  und  Freiheit  zugetheilt  haben,  kommen  zu  spät  für 
die  armen  Caräer.  Diese  werden  wohl  nach  und  nach  aussterben,  gemäs 
dem  ewigen  Gesetze  der  Schöpfung,  nach  dem  das  Schwächere  dem 
Stärkern  weichen  muss.  Sie  sind  ein  schwacher  Stamm,  dem  die  Natur 
das    Zeichen    des    Verfalles    aufgedrückt    hat.    ein    gealtertes    Volk,    welches 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  323 

die  allen  Völkern  vorgezeichneten  Phasen  durchlaufen  hat,  und  nun  wahr- 
scheinlich noch  vor  unseren  Augen,  von  der  Erde  verschwinden  wird, 
wie    bereits    Hunderte    von    Völkern    vor   ihnen    verschwunden    sind. 

Mein  Caräer  war  mit  allen  Theilen  der  Insel  wohlbekannt,  nur 
konnte    er    sich    mir,    leider,    kaum    verständlich    machen. 

Mit  ihm  und  einigen  Coolies,  welche  den  Weg  aushauen  sollten, 
betrat  ich  den  Wald.  Schade,  dass  auf  den  Inseln  keine  Elephanten  vor- 
kommen, welche  auf  dem  Festlande  vortreffliche  Strasscnbauer  abgeben.  Wir 
nuissten  uns  sehr  mühsam  durch  das  Unterholz  und  kriechende  Gesträuche 
durcharbeiten. 

Grobkörniger,  glimmerreicher  Granit  bildet  die  felsige  Unterlage, 
in  den  oberen  Theilen  war  diese  kaum  mit  Erde  bedeckt  und  die  präch- 
tigsten Waldbäume  wurzelten  im  blossen  Felsgrund.  In  etwa  3  Stunden 
erreichten  wir  den  Gipfel,  nach  einem  sehr  steilen  Aufsteigen.  Dieser  ist 
eine  Art  eingesattelte  Fläche  und  es  wurde  mir  sehr  schwer,  zu  einer  Aus- 
sicht zu  gelangen.  Ich  Hess  daher  einige  grosse  Bäume  fällen;  diese 
drückten  durch  ihren  Sturz  einige  kleinere  nieder  und  so  gelangte  ich 
endlich  zu  einem  nach  SO.  gerichteten  Guckloche.  Wegen  der  anstren- 
genden Arbeit  beim  Fällen  des  harten  Holzes  und  der  vorgerückten  Ta- 
geszeit musste  ich  mich  damit  begnügen,  Ich  sah  dort  nichts  von  King's 
Island  als  die  lange  schmale  Landenge,  welche  vormals  den  Namen  „Plan- 
tain  Island"  führte,  darüber  hinaus,  die  innern  Mangrove-Inseln  und  im 
Hintergrunde  das  Hauptland  mit  seinen  einförmig  von  N.  nach  S.  laufenden 
Bergreihen,  einen  Theil  des  tiefen  Thaies,  durch  welches  der  grösste 
Bach  der  Insel,  „Ghein  Kiaung"  genannt,  fliesst.  Ich  mass  später  den 
Berg  mittels  Bestimmung  des  Siedepunctes  und  fand  seine  Höhe  =  1950 
bis  1980  Fuss.  Wir  mussten  denselben  Weg  zurückgehen,  den  wir  beim 
Aufsteigen  genommen  hatten  und  kamen  mit  Sonnenuntergang  zu  unserem 
Zayat  zurück.  Sehr  lästig  wird,  unmittelbar  nach  dem  Monsoon,  eine  Art 
Milbe,  welche  .ledcn,  der  die  Wälder  betritt,  sogleich  bedeckt.  Diese 
Thiere  sind  so  winzig  klein,  dass  man  sie  nur  mit  einiger  Aufmerksam- 
keit wahrzunehmen  vermag.  Im  vorigen  Jahre,  da  ich  noch  nichts  von 
ihnen  wusste,  empfand  ich,  gleich  nach  Beginn  meiner  Ausflüge  auf  dem 
Attaran,  ein  unbehagliches  Jucken  über  den  ganzen  Leib,  welches  mir 
kaum  einige  nächtliche  Buhe  gönnte.  Da  ich  dessen  Ursache  nicht  kannte, 
ertrug  ich  es,  bis  mein  burmesischer  Diener  mich  auf  die  Gegenwart 
dieser  Milben  aufmerksam  machte.  Ich  bemerkte  darauf  auf  meiner  Haut 
eine  Menge  winziger  brauner  Puncte,  welche  nichts  waren  als  jene  Milben, 
die  sich  daran  fest  geheftet  hatten.  Weder  Wasser  noch  Seife  brachten 
sie  weg;  ich  musste  mir  ihrer  mehrere  Hunderte  einzeln  ausziehen  lassen. 
Alle  Stellen,  an  die  sie  sich  festgemacht  hatten,  wurden  später  wund 
und  rilerteu  gelinde;  die  Male  waren  noch  8  Monathe  später  sichtbar. 
Wenn  man  diese  Milben  noch  an  demselben  Tage  wegnimmt,  sind  sie 
unschädlich.  Eine  genaue  Untersuchung  beim  Baden  und  unverzügliches 
Wechseln  t\^i-  Kleider  ist  Jedem  anzuempfehlen,  der  in  dieser  Jahreszeit 
die    dichten    WTälder    betritt. 

3.  December.  Heute  Morgens  wartete  ich  die  Fluth  ab,  um  meine 
Untersuchungen  fortzusetzen.  Der  alte  Burmese,  dem  die  meisten  Pflan- 
zungen angehören,  stattete  mir  einen  Besuch  ab  und  ersuchte  mich,  ihm 
irgend  einen  Zauber  zu  bereiten  oder  zu  schreiben,  vielleicht  um  das 
Gedeihen     seiner     Unternehmungen    zu    sichern.     Er    meinte,     ich     sei    der 


324  Dr.  Johann  Wilhelm  hYlfer's 

erste  Europäer,  der  das  Thal,  von  dem  der  Hauptbach  herabfliesst,  hinauf- 
gestiegen sei,  in  welchem  die  vorzüglichsten  Geister  wohnen  (er  meinte 
vermuthlich  die  Seelen  der  Bewohner  jener  alten  Stadt,  die  einst  dort 
gestanden);  ich  müsste  mich  also  vor  diesen  Geistern  nicht  fürchten  oder 
irgend  eine  Gewalt  über  sie  besitzen.  Er  erging  sich  in  buddistisch- 
theologische  Erklärungen,  von  denen  ich,  wegen  meiner  geringen  Ver- 
trautheit mit  der  Sprache  und  mit  der  buddistischen  Seelenwanderungs- 
Lehre,  nicht  ein  Wort  verstand.  Die  amerikanischen  Baptisten-Missionäre 
in  diesem  Lande,  deren  Einige  mit  den  Glaubenslehren  der  Burmesen 
wohl  bekannt  sind,  könnten  über  diesen,  dem  Philosophen  wie  dem  Ge- 
schichtsforscher gleich  wichtigen  Gegenstand  genauere  Aufklärung  geben. 
Der  alte  Burmese  konnte  kaum  glauben,  dass  es  nicht  in  meiner  Macht 
stehe,  sein  Begehren  zu  erfüllen,  da  ich  mir  unter  diesen  Leuten  den 
Buf  eines  Zauberers  und  Goldmachers  erworben  hatte;  vermuthlich  weil 
sie  mich  mit  allerlei  Thieren,  Pflanzen  und  Steinen  beschäftigt  sahen. 
Da  man  mich  in  den  Eisenschlacken,  die  in  der  Umgegend  des  Zayat 
zerstreut  lagen,  herumgraben  sah,  bildeten  sich  die  Leute  ein,  dass  ich 
nach  verborgenen  Schätzen  suchte;  und  ich  hin  überzeugt,  dass  nach 
meiner  Abreise  die  Einwohner  des  Dorfes  diese  ganze  Stelle  umwühlen 
werden.  Wenn  ich  den  alten  Burmesen  recht  verstanden  habe,  so  sagte 
er  mir,  dass  eine  besondere  Strauchart  (Cerbera  fruticosa  Ru.vb :)  der 
Wächter  seiner  Vorfahren  sei.  Dieser  schöne  Strauch  mit  angenehm  rosen- 
farbenen  Blüthen,  ähnlich  denen  von  Vhicarosea,  findet  sich  beständig  in 
der  Nähe  der  Pagoden  oder  Khiaungs;  er  ist  von  Pegu  her  eingeführt 
worden  und  scheint  sich  nicht  freiwillig  fortzupflanzen.  Ich  vermuthe, 
dass  der  Boucou-Strauch  (Bixa  OrellmiaJ  der  in  Menge  von  Amerika 
her  eingeführt  worden  ist,  gleichfalls  eine  religiöse  Bedeutung  habe;  er 
wird  theils  in  Gärten  gezogen,  theils  wächst  er  freiwillig  in  der  Umge- 
bung von  Maulmain  und  Tavoy-  Ich  weiss  nicht,  ob  ihn  die  Burmesen 
viel  zum  Färben  brauchen;  die  Kinder  beschmieren  sich  zum  Scherz  mit 
dessen  Farbstoff  und  die  Poonghys  (Priester)  thun  dasselbe  bei  gewissen 
Feierlichkeiten,    da    bei    ihnen    Gelb    eine    geheiligte    Farbe    ist. 

Als  die  Springfluth  bis  zum  Zayat  gestiegen  war,  machten  wir  unsere 
Boote,  die  bisher  im  Schlamme  gesteckt  hatten,  wieder  flott  und  fuhren 
durch  die  Mangrove- Kanäle,  bis  wir  wieder  in  die  Bay  von  King's  Island 
gelangten.  Ich  liess  ganz  nahe  am  Ufer  an  der  W.  Seite  der  Bay  fort- 
rudern. Das  Ufer  ist  steil ;  wir  kamen  in  mehrere  kleine  Buchten  und 
Einlasse,  deren  Mehrzahl  bei  der  Ebbe  trocken  liegt;  zu  Bauten  oder 
Pflanzungen  ist  kaum  irgend  eine  passende  Stelle  vorhanden.  Von  den 
engen  und  kleinen  Thälern  (Hessen  Bäche  herab,  deren  Wasser  zur  Zeit 
des  hohen  Monsoons  mit  grosser  Heftigkeit  herabschiessen  muss.  Abge- 
rundete Bruchstücke  und  Blöcke  von  granitischen  Gesteinen  umgeben, 
gleich  Mauern  den  Fuss  der  Berge.  Wir  kamen  von  einem  Einlass  zum 
andern,  bis  wir  zu  einer  vorspringenden  Sandbank  kamen,  welche  bei 
der  Fluth  unter  Wasser  steht.  Ein  kleiner  Bach  kam  von  den  Bergen 
herab;  er  schien  auf  dem  höchsten  westlichen  Gebirgstock  von  King's 
Island,  den  man  bei  klarem  Wetter  6  bis  8  Meilen  (Lougues)  weit 
sehen    kann,    zu    entspringen. 

An  dieser  Stelle,  »French  waterbuj  creek"  genannt,  hielt  in  den 
letzten  Kriegen  die  französische  Flotte,  um  die  nach  China  segelnden 
Indienfahrer  aufzubringen,  während  die    britische  Seemacht  an  der  Westseite 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  325 

des  Golfes  von  Bengalen  lag.  Die  älteren  Burmesen  wissen  eine  Menge 
Geschichten  von  diesen  französischen  Schiffen  zu  erzählen.  Einer  der 
Coolies  meines  Gefolges  sagte,  er  hahe  selbst  diese  Schiffe  gesehen;  es 
waren  die  ersten  europäischen  Kriegsschiffe,  die  sich  in  der  Nähe  von 
Mergui  hatten  blicken  lassen;  nie  habe  man  dort  früher  so  grosse  Schiffe 
gesehen.  Die  Bevölkerung  von  Mergui  lief  zusammen,  um  sie  und  die 
weissen  Fremdlinge  zu  betrachten.  Die  Franzosen  brauchten  Mundvorrath 
und  dieser  wurde  ihnen  nach  King's  Island  gebracht.  Sie  kamen  nie  nach 
Mergui  und  gingen  auch  nicht  landeinwärts  längs  der  Küste.  An  der 
Stelle  wo  ich  landete,  sollen  sie  eine  Art  Pallisade  oder  Batterie  errichtet 
haben,  vielleicht  einen  blossen  Aufbewahrungsort  (Depot),  von  dem  übrigens 
keine  Spur  übrig  geblieben  ist,  als  eine  kleine  Erhöhung  an  der  linken 
Seite  der  Bucht,  über  die  ich  ungewiss  bin,  ob  sie  das  Ueberbleibsel 
eines  künstlichen  Walles  oder  eine  Anhäufung  von  Trümmergestein  aus 
den  Bergen  ist.  Nunmehr  ist  sie  mit  niederem  Holze  dicht  überwachsen. 
Kettentaue  sollen  hier  bei  niederem  Wasser  und  ruhigem  Wetter  auf 
dem  Grunde  der  Bay  zu  sehen  sein  (ich  selbst  habe  keine  gesehen) 
und  eine  gangbare  Sage  erzählt  von  grossen  Schätzen,  die  dort  ver- 
graben sein  sollen.  Die  Burmesen,  wie  viele  andere  Völker  Asien's,  bei 
denen  das  Verbergen  des  Eigenthums  eine  gewöhnliche  Sitte  geworden 
ist,  sind  auf  das  Aufsuchen  verborgener  Schätze  erpicht  und  glauben 
blindlings    alle    darauf  bezüglichen    Wundergeschichten. 

Meine  Leute,  wie  es  gewiss  viele  Hundert  andere  vor  ihnen  gethan 
durchwühlten  die  ganze  Stelle  und  würden  es  bis  in  die  Nacht  hinein 
so  fortgetrieben  haben ,  hätte  sie  nicht  der  nahe  durchdringende  Schrei 
eines  Tigers  an  das  Ufer  zurückgejagt.  Die  Westseite  von  King -Island 
soll  wegen  der  Tiger  sehr  gefährlich  sein,  und  mehrere  Durian- Gärten 
sollen    im   besten    Zustand    wegen    dieser    Thiere    aufgegeben    worden    sein. 

4.  December.  Wir  verliessen  die  Bay  von  King"s  Island  und  begannen 
die    Umschiffung  der  Insel. 

Die  allgemeine  Bichtung  der  Küste  geht  nach  NW.  oder  WNW.  Wir 
fuhren  durch  den  Kanal,  der  King's  Island  von  Iron  Island  scheidet; 
letztere  ist  gänzlich  unbewohnt.  Iron  Island  ist  4y3  (engl.)  Meilen  lang 
und  etwa  1  Meile  breit  und  ist  eigentlich  der  eingesattelte  Gipfel  eines 
einzigen,  nach  allen  Seiten  steil  abfallenden  Berges;  ich  habe  sie  nicht 
besucht.  Warum  ihr  Capitain  Boss  den  Nahmen  „Iron -Island"  (Eisen-Insel) 
gegeben  hat,  ist  unbekannt.  An  der  Nord -Küste  von  King's  Island  sind 
mehrere  seichte  Buchten  mit  sehr  wenig  Wasser,  einige  der  Einlasse  schei- 
nen culturfähig,  und  ungeachtet  der  ausdrücklichen  Behauptung  der  Ein- 
gebornen,  dass  der  westliche  Theil  der  Insel  unbewohnt  sei,  sah  ich 
eine  einzelne  Hütte  aus  dem  Walde  hervorragen  und  einige  junge  Areca- 
und    Cocospalmen  am    Gestade    hervorwachsen. 

Schönes  Zimmerholz  findet  sich  an  vielen  Stellen  der  Nordküste  und 
die   grössten    Bäume    wachsen    mitunter    auf  unbedeckten    Felsboden. 

Wenn  auch  im  Allgemeinen  die  Bäume  auf  diesen  Inseln  nicht  die 
Grösse  erreichen,  zu  welcher  sie  im  Innern  des  nördlichen  Theiles  von 
Tennasserim  anwachsen,  glaube  ich  doch,  dass,  wenn  einmahl  Holz  aus 
Tenasserim  ausgeführt  werden  wird,  diess  vorzugsweise  von  den  Inseln 
her,  wegen  des  leichtern  Transportes,  geschehen  werde.  Auf  den  Abhän- 
gen gegen  die  Küste  können  die  Bäume  so  gefällt  werden,  dass  sie  fast 
unmittelbar   in    das    Wasser    fallen    müssen,    Yon    wo    sie    eingeschifft    oder, 


32o'  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfers 

zu     Flössen     verbunden,     bei     ruhigem     Wetter     weiter    befördert    werden 
können.   — 

Die  Mannigfaltigkeit  des  Zimmerholzes  ist  gross,  einige  der  gemein- 
sten und  zum  Schiffbau  geeignetsten  Sorten  gehören  den  Familien  Dip- 
terocarpia  und  Cladocarpia  (?)  an.  Die  Atopea  odorata,  welche  die  Ein- 
gebornen  und  Chinesen  mit  besonderer  Vorliebe  zum  Bau  ihrer  Schiffe 
und  Boote  verwenden,  ist  indess  auf  den  Inseln  selten.  —  Ich  bemerkte 
heute  die  Berria  Ammonnilla,  von  welcher  in  Ceylon  das  berühmte  Trin- 
comalee-HoIz  herkömmt. 

Wir  landeten  um  drei  Uhr  in  einer  kleinen  seichten  Bucht,  nahe 
an  der  nördlichsten  und  westlichsten  Spitze  der  Insel.  In  geringer  Ent- 
fernung sah  ich  zwei  vereinzelte  Felsen,  die  ich  zu  besuchen  wünschte, 
um  Muscheln  zu  sammeln,  da  eben  die  tiefste  Ebbe  war,  ich  ging  mit 
zwei  burmesischen  Jungen  in  einem  der  kleinen  Canots  dahin.  Das  Meer 
war  vollkommen  ruhig,  kaum  waren  wir  aber  um  ein  kleines  Vorgebirg 
hervorgekommen,  als  wir  in  eine  Strömung  geriethen,  die  uns  mit  Gewalt 
in  die  hohe  See  trieb.  Die  Wogen  wurden  von  einem  Augenblick  zum 
andern  höher,  sie  drangen  in  das  Canot  ein,  und  nur  unaufhörliches  Aus- 
schöpfen rettete  uns  vor  dem  Untersinken  Mit  grösster  Anstrengung  er- 
reichten meine  zwei  Buderer  das  nächste  Land:  eine  kleine  Insel  von 
etwa  y2  (engl.)  Meile  im  Umfang.  Die  Strömung  trieb  uns  ganz  nahe 
dahin,  wir  vermochten  aber  nicht  zu  landen  und  wurden  wieder  in  die 
See  zu  einer  ähnlichen  Insel  (der  letzten  der  Gruppe;  getrieben,  wo  wir 
ganz  erschöpft,  das  Canoe  halb  mit  Wasser  gefüllt,  unsere  Landung  be- 
wirkten. Es  ist  die  Fluth,  welche  mit  solchem  Ungestüm  durch  diesen 
Kanal,  so  wie  durch  den  nördlichen  zwischen  Iron-  und  Tavoy-Island 
einströmmt,  von  der  ich  damals  noch  nichts  wusste,  welche  mir  aber 
nicht  unbekannt  geblieben  wäre,  wenn  ich  damahls  Cap.  Boss's  Karte  be- 
sessen   hätte. 

Ich  musste  durch  und  durch  nass,  auf  der  felsigen  Insel  die  Wen- 
dung der  Fluth  abwarten,  die  glüchlicherweise  nach  etwa  einer  Stunde 
eintrat,  aber  nicht  weniger  ungestüm  war,  als  die  erste.  Ich  lies  mich 
an  die  erste  beste  Stelle  von  Kings-Island  treiben,  lies  das  Canut  fest 
binden,  und  machte  mich  auf  den  Weg  zu  unserem  Lagerplatze,  bevor 
es  ganz  dunkel  wurde.  Wir  besassen  beide  nur  ein  Messer  (Dak)  und 
konnten  so  nur  mühsam  durch  das  weitverzweigte  Thespesia-Gebüsch  und 
die  stachligen  Asalpiniae  dringen.  Die  Leute  riefen  laut  und  die  Uebri- 
gen,  auf  der  entgegengesetzten  Seite  hörten  es  und  kamen  uns  mit  Mes- 
sern und  Fackeln  zu  Hilfe.  Glücklicher  Weise  war  es  nur  eine  schmale 
Landzunge  über  die  wir  mussten,  um  unsere  Boote  zu  erreichen.  —  Die 
beiden  Burmesen  meinten  indess,  und  vielleicht  nicht  mit  Unrecht,  dass 
wir  mit  genauer  Noth  davon  gekommen  wären.  Schiffe  und  Boote  wür- 
den, bei  conträrem  Wind,  vielleicht  schwierig  durch  diese  Kanäle  kom- 
men, wenn  gerade  die  Springfluth  auf  ihrem  Höhenpuncte  ist,  und  die 
französischen  Schiffe  ,  welche  in  der  Bai  von  King's  Island  vor  Anker 
lagen,  müssen  die  Strömungen  und  Klippen  dieses  Durchgangs  genau  ge- 
kannt  haben. 

5.  December.  Heute  kam  ich  um  die  westlichste  Spitze  von  King's 
Island,  über  welche  hinaus  die  Küste  fast  genau  nach  Süden  läuft.  Diese 
Küste  ist  bergig,  man  sieht  verschiedene  kleine  Buchten  und  einige  kleine 
Thäler   oder   Winkel,    im    Ganzen    ist    aber   ihr     Ansehen     schroffer,    als    die 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  327 

der  andern  Küsten  von  King's  Island.  Während  des  Moonsons  mag  hier 
die  Brandung  heftig  sein,  hie  und  da  fallen  die  Klippen  beinahe  senk- 
recht, und  mehrere  neuentstandene  Risse  zeugen  von  der  unablässigen 
Wirksamkeit    der   Meereswogen. 

Ich  landete  zu  verschiedenen  Malen,  wo  immer  die  Brandung  geo- 
logische Beobachtungen  gestattete.  Nachdem  die  Mannschaft  bis  etwa  3 
Uhr  Nachmittags  gerudert  hatte,  sahen  wir  uns  um  einen  mit  Wasser 
versehenen  Landungsplatz  um.  Wasser  scheint  indess  an  der  Westküste 
sparsamer  vorzukommen,  als  an  den  übrigen;  vermuthlich  wegen  des 
steilen  Abfalles  der  Berge.  Nachdem  wir  in  mehreren  kleinen  Buchten 
vergeblich  nach  Wasser  gesucht  hatten,  landeten  wir  endlich  auf  einer 
kleinen  Landenge  und  lagerten  uns  an  dem  Gestade  unter  einem  grossen 
Baume.  Die  Leute  mussten  sich  zum  Kochen  des  noch  in  den  Booten 
vorhandenen  Reises  mit  einem  spärlichen  Ausmaass  von  Wasser  begnügen. 
Ich  bemerkte,  dass  sie  einen  eigenthümlichen  Yortheil  zur  Ersparung  des 
Wassers  anwendeten;  sie  sammelten  mehrere  saftige  Gefässpflanzen,  vor- 
züglich eine  dem  Manyanthus  ähnliche  Art,  deren  Stengel  eine  dicke 
breiartige  Substanz  einschliesst  und  kochten  sie  mit  Reis,  zu  dem  sie,  um 
ihn  schmackhafter  zu  machen,  die  zarten  Blätter  einer  Art  Bcrgera  (B. 
Koenigi?)  fügten.  Diese  Blätter,  deren  sich  die  Burmesen  zur  Herrich- 
tung ihrer  Speisen  bedienen,  haben  einen  angenehm  gewürzhaften,  etwas 
stechenden    Geschmack. 

Auf  derselben  Stolle  wuchs  auch  Coculus  Indiens,  dessen  giftige 
Eigenschaften  den  Burmesen  wohl  bekannt  sind.  Sie  sagen,  dass,  wenn 
die  getrockneten,  zerstosseuen  und  mit  Knoblauch  gemengten  Samenkörner 
dieser  Pflanze  auf  glühende  Kohlen  geworfen  werden  und  der  davon  auf- 
steigende Dampf  über  einen  Menschen  hinwegstreicht,  dieser  in  eine  tod- 
ähnliche Betäubung  verfällt.  Wahrscheinlich  ist  diess  das  Geheimmittel  der 
chinesischen  Räuber,  mittels  dessen  sie  in  die  Häuser  eindringen  und 
alles  Werthvolle  mit  sich  nehmen,  ohne  dass  die  Hausbewohner  je  er- 
wachen oder  einen  Lärm  hören.  Aehnliches  ereignete  sich  vor  Kurzem 
zu  Mergui,  wo  Jemand  um  den  Leib  angebunden  und  nachdem  seine 
Habe  ausgeplündert  worden,  wieder  losgebunden  wurde,  ohne  dass  weder 
er  selbst  noch  irgend  Jemand  seiner  Familie,  die  mit  ihm  in  demselben 
Zimmer    schliefen,    das    Geringste    davon    wahrgenommen    hätten. 

Meine  Leute  sammelten  Kokeiskörner,  entweder  zum  Fischfang  oder 
zu    einem    andern    mir    nicht    bekannten    Gebrauche. 

Die  sehr  lästigen  Sandfliegen  trieben  uns  bald  in  unsere  Boote 
zurück.  Dieses  Ungeziefer  kommt  nur  nahe  am  Meeresgestade  oder  an 
Ufern  von  Flüssen  vor,  so  weit  die  Fluth  in  ihnen  hinaufsteigt;  es  scheint 
im  Schlamme  des  Meeresgestades  sich  zu  vermehren;  am  ärgsten  ist  es 
auf  niederen  Mangrove-Stellen.  Unter  Tags  liegen  die  Sandfliegen  im  Laub- 
werke versteckt;  eine  Stunde  vor  Sonnenuntergang  beginnen  sie  hervor- 
zukommen und  nach  Sonnenuntergang  sind  sie  bereits  unerträglich  und 
bei  ihrer  Menge  ist  jeder  Widerstand  vergeblich.  Ihre  Stiche  sind  schmerz- 
haft, aber  der  Schmerz  hört  auf,  sobald  das  Thier  beseitigt  ist,  was  bei 
den  Mosquitos  nicht  der  Fall  ist.  Die  leicht  bekleideten  Eingebornen 
leiden  am  meisten  von  ihnen  und  fürchten  sie  mehr  als  die  Mosquitos, 
gegen  deren  Bisse  sie  abgehärtet  zu  sein  scheinen;  ihr  einziges  Abwehr- 
mittel   ist    dichter   Rauch,    welcher    diese    Thiere    fern    hält. 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft.  W 


328  Di    Johann  Wilhelm  Relfer's 

Ein  starker  Landwind  verjagt  sie  gleichfalls,  wogegen,  aus  demselben 
Grunde,  ein  starker  Seewind  sie  weit  landeinwärts  treibt,  wo  sie  sonst 
nicht   hinkommen. 

Während  meiner  Ausflüge  am  Seeufer  und  zwischen  den  Inseln 
vermochte  ich  nie  lang  nach  Sonnenuntergang  am  Gestade  zu  verweilen; 
das  beste  Mittel  ist,  vom  Gestade  abzustossen  und  die  Nacht  in  einiger  Ent- 
fernung   unter    Anker    zuzubringen. 

6.  December.  Wir  lichteten  früh  die  Anker  und  landeten  im  Süden 
der  Maingy-Inselgruppe  in  einer  kleinen  Bucht  mit  gutem  Wasser  und 
einer  Fülle  von  Fischen,  so  dass  in  10  Minuten  alle  meine  Leute  die 
Fangnetze  in  Bereitschaft  hatten.  Hier  geschah  ein  Unfall,  von  dem  ich 
früher  nie  etwas  Aehnliches  gehört  hatte.  Der  Mann,  welcher  das  Netz 
auswarf  und  dabei  knietief  im  Wasser  stand,  wurde  plötzlich  so  heftig 
in  den  Schenkel  gebissen,  dass  er  zusammenfiel  und  von  den  Uebrigen 
an  das  Land  getragen  werden  musste.  Ich  konnte  das  Thier,  von  dem 
der  Biss  ausgegangen  war,  nicht  zu  Gesichte  bekommen;  alle  Burmesen 
aber  versicherten  mich,  es  sei  eine  Art  Schildkröte,  welche  häufig  Men- 
schen im  Wasser  angreift  und  stark  beisst.  Ich  ging  landeinwärts,  in  der  Ab- 
sicht, einen  der  hohen  Spitzberge  der  Insel  zu  besteigen,  musste  aber  nach 
vierstündigem  Bemühen  mein  Vorhaben  aufgeben,  indem  der  Berg  von  dieser 
Seite  kaum  besteigbar  ist  und  die  dazwischen  liegenden,  mit  grossen 
dornigen  Rattan's  besetzten  Hohlwege  den  Zutritt  bis  zur  Unmöglichkeit 
erschweren.  Die  Dornen  der  Rattan-Palme  bedecken  den  Boden  und  dringen 
.tief  in  die  unbeschützten  Füsse  der  Eingebornen;  so  dass  es  in  der 
That  grausam  wäre,  sie  zum  Durchgang  über  solche  Stellen  zwingen  zu 
wollen.  Nichts  desto  weniger  kehrte  ich  mit  reicher  Pflanzenausbeute  zurück. 

Die  Mannschaft  bat  mich,  zu  einem  kleinen,  felsigen  etwa  2  (engl.) 
Meilen  entfernten  Eilande  hinüberfahren  zu  dürfen,  welches  frei  von  Sand- 
fliegen und  ein  schönes  sandiges  Gestade  ist.  Dieses  Eiland  war  ein 
Fels  von  etwa  f/4  (engl.)  Meile  im  Umfang,  jedoch  mit  Bäumen  be- 
wachsen, wie  in  diesen  Gegenden  jeder  Fleck,  der  die  Fluthlinie  über- 
ragt. Auf  dem  sandigen  Gestade  dieses  Felsens  sahen  wir  Ueberreste  eines 
neuerlichen  Besuches  der  Seelongs,  jenes  merkwürdigen  Stammes  wandern- 
der Fischer,  von  denen  ich  später  ausführlicher  berichten  werde.  Ein 
kleines  Netz,  eine  Stange,  ein  alter  Fischerspiess,  häufige  Ueberbleibsel 
von  geräucherten  Fischen  und  einige  wildwachsende  Wurzeln  zeugten 
von  ihrer  Anwesenheit,  so  wie  auch  ihre  Schlafstellen  aus  einer  Lage 
von  Blättern  eines  Farrenkrautes  aus  der  Gattung  Osmunda.  Ein  etwas 
phantasiereicher  Reisender,  der  durch  Zufall  auf  diesen  Fels  gerathen 
wäre,  hätte  vielleicht  diese  vielen  grossen  Fischköpfe  für  Menschenschädel 
angesehen  und  sich  eingebildet,  er  hätte,  gleich  Robinson  Crusoe,  die 
Ueberreste    einer    menschenfressenden    Horde    vor    sich. 

Ich  nahm  mir  die  Mühe,  die  Arten  der  auf  dem  Felsen  wachsenden 
Pflanzen  zu  zählen  und  fand  deren  nahezu  fünfzig.  Welcher  Unterschied 
von  den  Bileng-  oder  Cocos-Inseln,  auf  welchen  sich  Mr.  Ross  festge- 
setzt hatte  und  deren  neuerlichst  veröffentlichte  Flora  nicht  mehr  als, 
wie  ich  glaube,  17  Arten  zählt.  Der  gemeinste  Baum,  auf  diesem  Fels 
ist  eine  Art  Sterculia,  welcher  eben  in  der  Blüthe  stand.  Ausserdem 
fand  sich  noch  dort  ein  anderer  Baum,  welcher  eben  seine  Blätter  abge- 
worfen  hatte:    diesen    begrüssten    meine   Burmesen    freudig,    schälten    grosse 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tcnasseiim-Provinzen  etc.  329 

Stücke    seiner    Rinde    ab    und    lassen    sie    statt    Betel,    mit    Clniuam    (Kalk) 
und    Rauchtabak. 

7.  Dccember.  Wir  erreichten  heute  Morgens  die  südlichste  Spitze 
von  King's  Island  und  fuhren  in  den  sogenannten  äusseren  Canal  von 
Perrygioun  ein.  Boote,  welche  nach  SW.  steuern,  kommen  hier  durch; 
Junks  aber  und  grössere  europäische  Fahrzeuge,  welche  von  S.  herkommen 
steuern  nach  der  N.  Seite  von  King's  Island,  bevor  sie  sich  nach  dem 
Hafen    von    Mergui    wenden. 

Die  südlichste  Spitze  von  King's  Island  (genau  unter  13°  13'  N.  Br.) 
ist  ein  felsiges  Vorgebirg.  Man  findet  dort  Porphyre  mit  Grünsteinen 
wechsellagernd  und  von  Gängen  schwarzen  Kalksteines  durchsetzt:  auch 
Weisstein  kommt  dort  vor  als  kleiner,  wahrscheinlich  selbstständiger  Gang. 
Es  war  unmöglich,  weit  in  das  Innere  einzudringen,  da  auf  dem  Felsen 
kaum    Raum    genug    war,    um    einen    Fuss    darauf    festzusetzen. 

Zunächst  kamen  wir  nach  Perrygioun,  eine  kleine  Insel,  nicht  ganz 
auf  dem  halben  Wege  von  der  Südspitze  von  King's  Island  nach  Mergui. 
Diese  Insel  ist  bebaut  und  hat  ein  Dorf.  Die  Hauptbeschäftigung  der 
Einwohner  ist  Fischfang ;  auch  wohnen  dort  einige  Malayen ,  welche 
während  der  trockenen  Jahreszeit  auf  den  Fang  von  Seeschnecken  aus- 
gehen. 

Nicht  weit  von  der  südlichsten  Spitze  von  King's  Island  liegt  der 
Kappa  Toun,  welcher  der  höchste  der  dortigen  Berge  sein  soll.  An 
seinem  Fuss,  Kappa  Agua  genannt,  liegen  einige  wenige  Häuser  und 
gut  gedeihende  Areca-Pflanzungen.  Ich  begab  mich  dorthin,  um  die  Be- 
steigung des  Berges  zu  versuchen;  als  ich  aber  dazu  nach  einem  Führer 
mich  umsah,  erklärte  Jedermann,  von  dieser  Seite  her  sei  der  Berg 
unzugänglich.  Ich  wusste,  dass  diese  Behauptung  ein  leerer  Vorwand  sei, 
und  begann  die  Besteigung  in  Begleitung  meiner  eigenen  Mannschaft.  Ich 
kam  nun  in  einen  Wald  und  musste  dem  Laufe  eines  Bergstromes  nach- 
gehen, der  mich  nach  vielen  Wendungen,  in  entgegengesetzter  Richtung 
auf  einen  andern,  vom  Kappa  Toun  durch  einen  an  800  Fuss  tiefen  Ab- 
grund getrennten  Berg  führte.  Ich  mass  diesen  Berg  und  fand  seine  Höhe 
1740  bis  1770  Fuss.  Wie  weit  ich  noch  von  der  höchsten  Spitze  des 
Kappa  Toun  entfernt  war,  kann  ich  nicht  bestimmen,  da  der  dichte  und 
hohe  Wald  jede  Aussicht  versperrte.  Auch  einer  meiner  Leute,  der  einen 
hohen    Baum    erkletterte,    konnte    die    Gegend   nicht    übersehen. 

In  später  Abendstunde  kam  ich  nach  Perrygioun  zurück  und  über- 
nachtete   dort. 

8.  December.  Die  Umgebung  von  Perrygioun  ist  reich  an  Eisenstein.  Ein 
mittelguter  Eisenstein  kömmt  auf  einem  kleinen  Felsen  im  Canal,  gegen- 
über dem  Dorfe  vor  und  Lager  von  demselben  sind  vermuthlich  auch 
auf  der   Insel    selbst   vorhanden. 

Wir  verliessen  Perrygioun  und  geriethen  bald  wieder  in  ein  Ge- 
wirre von  Mangrove-Inseln,  welche  nicht  alle  niedrig  liegen,  da  sich  bei 
einigen  der  Schlamm  um  einen  Kern  von  festem  Gestein  anhäuft.  Ich 
landete  auf  zwei  dieser  Inseln,  welche  Mazampa  heissen.  Sie  sind  zu 
Mergui  wegen  ihrer  grossen,  bereits  fruchtbringenden  Areca-Pflanzungen, 
dem  Eigenthum  einer  dortigen  unternehmenden  alten  Burmesin,  wohl  be- 
kannt. Das  Wichtigste  für  mich  war  die  Auffindung  eines  ausgedehnten 
Eisensteinlagers  auf  einer  andern,  von  Mazampa  durch  einen  an  150  Yards 
breiten    Canal    getrennten    Insel.     Die    ganze    Insel    scheint    aus    Eisenstein 


330  Dr.  Johann  Wilhelm  llelfcr's 

zusammengesetzt  zu  sein,  der  an  mehreren  Stellen  in  grossen  Blöcken 
zu  Tag  ansteht  und  unter  die  reichsten  Eisenerze  dieser  Provinzen 
gehört.  Nur  den  Erzen  von  Tavoy  und  denen  am  Gyne-Fluss  in  der 
Provinz  Amherst  dürfte  er  im  Werth  nachstehen.  Uebrigens  liegt  er  von 
Mergui  nur  2  Stunden  weit  entfernt.  Sobald  eine  Kohlen-Niederlage  in 
Mergui  errichtet  sein  wird,  könnten  die  Eisensteine  dorthin  auf  Booten 
oder  Flössen  in  den  dortigen  Hafen  gebracht  und  daselbst  Schmelzwerke 
errichtet  werden.  Auch  für  den  Fall,  dass  man  dann  Holzfeuerung  der 
mit  Kohlen  vorzöge,  fände  man  auf  den  niedern  Mangrove-Inseln  der  Um- 
gebung immer  noch  reichlichen  Vorrath  an  Brennstoff.  Eben  diese  nahen 
Vorräthe  von  Feuermaterial  machen  mich  glauben,  dass  Mergui  ein  noch 
geeigneterer  Ort  für  Eisenwerke  ist,  als  Tavoy,  so  vorzüglich  auch  dort 
die    Eisensteine    und    die    örtlichen    Verhältnisse    sein    mögen. 

Ich  kam  gegen  Abend  zu  Mergui  an  und  vollendete  hiermit  die 
erste    Forschungsreise    für    die    gegenwärtige   Jahreszeit. 

Sl.  Reise.  11.  Deccniber  1838.  Ich  verliess  heute  Mergui  um  die  Un- 
tersuchung des  Mergui-Archipels,  insbesondere  der  Inseln  SW.  von  Mergui, 
fortzusetzen.  Nicht  alle  davon  sind  auf  Capitän  Ross's  Karte  angegeben. 
Die  neuerlichen  Arbeiten  des  Capitän  Lloyd  werden  uns  nächstens  mit 
deren    ersten    Aufnahme    bekaunt    machen. 

Ich  fuhr  durch  den  sogenannten  südlichen  Perrygioun-Canal  und 
landete  an  einer  kleinen  Insel  der  Ma-aing  Gruppen,  wie  sie  die  Bur- 
mesen   nennen. 

Alle  diese  Inseln  sind  mit  Gürteln  von  Mangrove-Bäumen  umgeben, 
welche  sich,  wie  die  der  Perrygioun-Inseln,  um  feste  Felsenkerne  an- 
häufen.   Auf  allen    kommen    Spuren    von    Eisenerzen    vor. 

Hier  findet  man  die  ältesten  und  besten  Areca-Pflanzungen;  sie  sollen 
zur  Zeit  der  burmesischen  Herrschaft  aus  dem  Grunde  hier  angelegt 
worden  sein,  um  sie  durch  die  umgebenden  Mangrove-Gürtel  den  Blicken 
der    Behörden    zu    entziehen. 

Keuper-Sandstein  erscheint  hier  in  wunderlichen  Gestalten  und  mit 
gestörter  Schichtung.  Die  Schichten  stehen  mitunter  senkrecht,  mitunter 
sind  sie  wellenförmig  oder  mannigfach  verbogen.  Sie  wechsellagern  mit 
Lagen  eines  feuchten  Thones,  der  sie,  gleich  einem  Mörtel,  fest  mit  ein- 
ander   verbindet. 

12.  December.  Ich  brach  in  der  Nacht  auf  und  kam  bei  mehreren 
kleineren  Inseln  im  Süden  von  Perrygioun  vorüber,  bei  der  beträchtlichen 
Insel  Meiguy  toung  an,  von  welcher  die  Stadt  Mergui  ihren  Namen 
haben  soll.  Dieser  Name  ist  aber  nur  unter  Europäern  gebräuchlich;  die 
Eingebornen  kennen  sie  nur  unter  dem  Namen  Beih.  Capitän  Ross  hat 
Meiguy  toung  nicht  aufgenommen,  sondern  nur  die  höchsten  Spitzen  dieser 
Insel  angegeben ;  sie  hat  einen  beträchtlichen  Umfang  und  besteht,  wie 
die  meisten  Inseln,  aus  einem  Haupt-Gebirgszug  mit  dem  Hauptstreichen 
von  N.  nach  S.  ohne  Ebenen  und  mit  nur  unbedeutenden  Thälern.  Uebrigens 
ist    sie    gänzlich    unbewohnt. 

Ich  landete  in  einer  kleinen  sandigen  Bucht,  in  der  ein  kleiner 
Bach  ins  Meer  fällt  und  machte  einen  Ausflug  in  das  Innere.  Wenige 
Schritte  vom  Ufer  sprang  ein  grosses  zweihörniges  Nashorn  auf,  das  im 
Schlamme  des  Baches  sich  gelagert  hatte.  Sand  und  andere  Absätze, 
wie  sie  die  steigende  Fluth  landeinwärts  führt,  hatten  die  Mündung  des 
Baches    verstopft,    so    dass    sich    hinter    diesem    Damme    eine    mit    Humus 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  331 

und  zersetzten  organischen  Substanzen  gefüllte  Pfütze  gebildet  hatte.  Solche 
Stellen  sind  der  Lieblings-Aufenthalt  des  Nashorns,  welches  gleich  dem 
Elephanten  und  dem  Büffel,  gern  im  Schlamme  liegt,  vermutblich  wegen 
der  unaufhörlichen  Angriffe  der  Milben,  Mosquitos,  Bremsen  und  anderer 
Insekten    auf  seiner   ganz    oder    beinahe    haarlose    Haut. 

Nashörner  finden  sich  auf  allen  grösseren  Inseln  dieser  Gegend, 
selbst  auf  solchen,  die  mehr  als  30  (engl.)  Meilen  vom  Festland  ent- 
fernt sind.  Wie  sie  dorthin  gekommen  sind,  ist  schwer  zu  entscheiden; 
durchschwömmen  können  sie  eine  so  grosse  Strecke  schwerlich  haben.  Ihr 
Vorhandensein  wäre  ein  trieftiger  Beweis  für  die  geologische  Ansicht, 
nach  welcher  diese  Inseln  erst  nach  der  Erschaffung  dieser  gewaltigen 
Thiere    vom    Festlande    losgerissen  worden    seien. 

Es  ist  bemerkenswerth,  dass  auf  keiner  dieser  Inseln  Elephanten 
vorkommen,  so  gewöhnlich  sie  auch  auf  dem  gegenüber  liegenden  Fest- 
lande   sind. 

Die  Eingebornen  wissen  nur  von  einem  Elephanten  auf  der  Insel 
Kitherin  und  dieser  soll  bereits  zweihundert  Jahre  früher  dort  gelebt 
haben,  zur  Zeit  als  Kitherin  noch  bewohnt  war.  Wenn  die  Thatsache 
überhaupt  wahr  ist,  so  mag  dieses  Thier  damals  im  zahmen  Zustand  her- 
über gebracht  worden  sein  und  die  vielen  Behauptungen,  dass  die  Ele- 
phanten mehrere  Jahrhunderte  alt  werden  können,  würden  dadurch  bestätigt. 
Die  zoologische  Frage  über  das  wirkliche  Vorhandensein  einer  selbst- 
ständigen asiatischen  Art  des  zweihörnigen  Nashorns  sollte  nunmehr  billig 
als  entschieden  gelten;  denn  ein  solches  ist  die  gemeinste  Art  in  Te- 
nasserim  und  von  der  afrikanischen  Art  hinreichend  verschieden,  um  als 
eigene  Art  aufgestellt  zu  werden.  Jeder,  der  dort  ansässig  ist,  kann  sich 
leicht  für  8  bis  10  Rupien  solche  doppelte,  noch  an  der  Haut  haftende 
Hörner  verschaffen;  und  sie  wären  noch  wohlfeiler,  wenn  sie  nicht  von 
Mergui  nach  China,  wo  sie  als  geschätztes  Arzeneimittel  gelten,  ausgeführt 
würden. 

13.  December.  Ich  fuhr  Nachts  ab  und  landete  des  Morgens  auf 
der  kleinen  Insel  Kara-town.  Das  ganze  Gestade  dieser  Insel  ist  mit 
Blöcken  von  thunigen  oder  conglomeratartigen  Eisensteinen,  von  20  bis  40  % 
Eisenhalt,  übersäet;  am  häufigsten  an  der  Ostseite,  wo  mitunter  20  Fuss 
hohe  Blöcke  vorkommen.  Nordseits  ist  eine  Sandbank ,  deren  Grund  von 
Eisentheilen    fast    schwarz    ist. 

Die  Insel  selbst  hat  nur  einen  Umfang  von  etwa  l/2  (engl.)  Meile, 
sie   ist    etwas    erhaben   und    gleich    allen    andern    dicht    beholzt. 

Auf  Kara-town,  wie  auf  allen  andern  ähnlichen  Inseln,  wächst  häufig 
am  Gestade  ein  etwa  zwanzig  Fuss  hoher  Baum  mit  ausgebreiteten  Aesten 
aus  der  Gattung  Diospyrus.  Das  Kernholz  dieses  Baums  gibt  eine  gute 
Sorte  Ebenholz,  die  bisher  noch  nicht  benützt  worden  ist.  Ob  es  dem 
Ebenholz  von  Mauritius  oder  Ceylon  nachsteht,  müssen  noch  Versuche 
entscheiden.  In  diesem  Lande  gibt  es  verschiedene  Arten  von  Ebenholz; 
eine  davon  kömmt  von  einem  hohen  geraden  Baume,  ähnlich  der  Rox- 
burghia  tormentosa,  aber  doch  davon  verschieden.  Die  Früchte  einiger 
Arten  der  Gattung  Hoxburghia  sind  mit  einer  flaumigen  Rinde  überzogen, 
welche  nach  der  Reife  ein  gelbes  aber  gummiartig  und  fade  schmecken- 
des   Fleisch    einschliesst,   das    die    Eingebornen   gemessen. 

Viel  nutzbarer  scheint  die  Rinde  der  Frucht  des  Berry- Baumes  zu 
sein,    wegen    der    Menge    des    in    ihr    vorhandenen,    vielleicht    zum    Gerben 


332  Dr.  Johann  Wilhelm  Belfert 

brauchbaren  Stoffes.  Man  könnte  jedes  «Jahr  Millionen  solcher  Früchte  ein- 
sammeln. Die  Affen  verzehren  sie,  und  werfen  die  äussere  Rinde  weg. 
Massen  davon  liegen  hie  und  da  am  Gestade;  das  damit  in  Berührung 
kommende  Seewasser  färbt  sich  damit  tief  schwarz.  Von  Kara-town  fuhren 
wir  zur  Insel  Kala-town  hinüber.  Der  südliche  Theil  dieser  Insel  liegt 
in  einer  Entfernung  von  etwa  3  (engl.)  Meilen  fast  genau  im  Osten  von 
Kara-town. 

Kala-town  ist  etwa  15  (engl.)  Meilen  lang,  bergig  (die  höchste  Spitze 
etwa  800  Fuss).  Seine  Bildung  gleicht  der  von  Meiguy-town,  mit  dem  es 
vermuthlich,  einige  Faden  tief  unter  dem  Meeresspiegel  zusammenhängt. 
Ich  besuchte  das  Innere  und  fand  dort  die  alten  einförmigen  Waldungen, 
entschädigte   mich   jedoch    durch    eine    reiche    botanische    Ernte. 

Auf  Kala-town  leben  Wildschweine,  Rothwild  und  Elenn  in  Menge, 
ist  aber  wegen  der  Tiger  gefürchtet.  Die  Eingebornen  riechen  den  Tiger 
in  weiter  Entfernung  und  vermögen  auf  diese  Weise  seinen  Aufenthalt  an- 
zugeben. Ein  Europäer,  der  eine  Zeitlang  diese  Wildniss  durchwandelt 
hat,  erlangt  dieselbe  Fähigkeit.  Der  Geruch  ist  ähnlich  dem,  welcher  in 
allen    Menagerien    vorherrscht,    nur    in    geringerer  Stärke. 

Erwähnung  verdient  ein  Baum,  der  in  Menge  auf  Kala-town  wächst, 
aber  auf  den  nördlicheren  Inseln  ziemlich  selten  ist.  Es  ist  eine  Art  von 
Terminalia,  ein  grosser  Baum  mit  ausgebreiteten  Aesten  und  in  dieser 
Jahreszeit  mit  einer  Menge  weisser,  sehr  unangenehm  riechender  Blüthen 
bedeckt.  Dieser  Baum  trägt  eine  Menge  verschieden  gestalteter  Gallaus- 
wiichse,  meist  nicht  grösser,  als  eine  ausgewachsene  Weinbeere,  welche 
auf  den  grossen  Blättern  sitzen,  und  alle  solche  Auswüchse  —  durch  den 
Stich  eines  Insektes  entstehen,  das  seine  Eier  in  das  Parenchyra  der 
Blätter  absetzt.  Diese  Gallen  sind  in  ihren  Eigenschaften  denen  der  Eichen 
gleich;  über  ihre  Identität  mit  denen  des  südlichen  Indiens,  welche  dort 
von  den  Zeugmahlern  zu  einer  guten  gelben  Farbe  benützt  werden,  kann 
ich   nicht    entscheiden. 

14.  December.  Ich  setzte  heute  meine  Fahrt  nach  Osten  zu  fort  und 
gerieth  bald  in  ein  weites  Gewirre  von  Mangroves.  Die  starken  Strö- 
mungen nach  Westen  durch  den  Kanal  an  der  Südseite  von  Kala-town, 
welche  bei  ungünstiger  Fluth  die  Fahrt  nahezu  unmöglich  machen,  nöthig- 
ten  mich  zu  landen.  Nach  meiner  Ansicht  bilden  die  Inseln  des  Mergui- 
Archipels  fünf  getrennte  bergige  Ketten,  welche  einander  parallel  von 
NNW.    nach    SSO.    streichen. 

Die  erste,  innere  oder  östlichste  Reihe  ist  das  Gebiet  der 
Mangrove-Inseln,  meist  niedere  Hügel,  selten  über  200  Fuss  hoch,  um  welche 
sich  die  Anschwemmungen  vorzugsweise  anhäufen,  dazwischen  enge  gewun- 
dene  Kanäle,    theihveise  bereits    mit    Absätzen  ausgefüllt.    — 

Zweite  Reihe.  Eine  Fortsetzung  der  Bergreihen  des  Festlandes, 
an  der  Tavoy-  Spitze  endigend  und  nach  Süden  in  Tavoy  Island,  Iron 
Island,  King*s  Island,  Meiguy-town,  Kala-town  und  Kitheraing  fortsetzend.  Die 
südliche  Abtheilung  wird  weiter  unten  erwähnt  werden. 

Dritte  Reihe.  Doun- Archipel,  die  unbenannten  Inseln  im  Norden 
von  Domel,  Domel  selbst,  Sir  John  Malkolm's  Island,  Sir  Edward  Owen's 
Island.    Der  höchste    Punkt    der    Hauptmasse    ist  Port   Domel. 

Vierte  Reihe.  Oabosa,  Tenasserim,  Blundell-,  Lloyd's-,  Lord  Wil- 
liam Bentinck's  Islands.  Hauptmasse:  Lord    William   Bentincks  Island. 


gedruckte,  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  3;'.;] 

Fünfte  Reihe:  Die  äussersten,  als  einzelne  Spitzen  über  das  Was- 
ser ragenden  Inseln,  alle  von  gleicher  Formation  und  untermeerisch  mit 
einander  verbunden:  H.  J.  Prinsep-,  Sargent's-,  Sir  John  Hayes's  Islands 
und  die  grossen  westlichen  Torres-Inseln.  Die  Spitze  der  Central -Masse 
ist    sehr    wahrscheinlich    Sir    John    Hayes's    Island. 

Diese  Reihen  sind  vielfach  durchbrochen  und  bilden  so  die  zahl- 
reichen   Inseln    des    Mergui-Archipels. 

In  die  zwischen  den  einzelnen  Inseln  liegenden  Kanäle  dringt  die 
Vollmond-  und  Neumond -Fluth  mit  Ungestüm  ein,  so  dass  die  zur  un- 
günstigen Zeit  eintreffenden  Schiffe  nur  mit  grossem  Zeitverlust  ihre  Durch- 
fahrt bewirken  können.  Es  kommt  dabei  vor  Allem  auf  die  genaue  Kennt- 
niss  der  Richtung  an,  welche  die  Fluth  bei  ihrem  Steigen  nimmt.  So 
einfach  diess  erscheint,  ist  doch  eine  gewisse  Erfahrung  dazu  nöthig, 
denn  in  den  beiden  Enden  eines  und  desselben  Kanales  tliesst  das  Was- 
ser in  verschiedenen  Richtungen  und  bleibt  mithin  in  dessen  Mitte  ganz 
ruhig.  Noch  schwieriger  wird  die  Sache  in  Querkanälen  mit  abgesonder- 
ter Verbindung,    namentlich    zwischen    Mangrove-Inseln. 

Die  Mangrove-Gegenden  sind  der  Aufenthalt  der  Austern,  die  an 
den  mit  Schlamm  bedeckten  Inseln  festsitzen.  Zur  Ebbezeit  kann  man 
sie  in  jeder  beliebigen  Menge  sammeln.  Die  dortige  Art  (Ostreum  pa- 
rasiticum)  hat  eine  grosse,  längliche,  handbreite  Schale;  die  Eingebor- 
nen  suchen  sie  als  einen  Leckerbissen,  für  den  Geschmack  der  Europäer 
ist  sie  aber  zu  gross.  Aus  den  Schalen  brennen  die  Eingebornen  Kalk, 
den  sie  mit  ihrem  Retel  mischen.  Die  eigentliche  essbare  Auster  fand  ich 
(im  Gegensatz  zu  den  Angaben  Mehrerer,  die  über  Indien  geschrieben), 
niemals  auf  Mangroves,  sondern  stets  ausschliesslich  an  Felsen  klebend. 
Nachdem  sich  der  Strom  der  Fluth  gelegt  hatte,  fuhren  wir  durch 
den  Mangrove- Kanal  und  landeten  gegen  Abend  an  der  NO.  Spitze  der 
grossen    Insel    Kitheraing. 

Kitheraing,  obwohl  jetzt  ohne  alle  bleibende  Bewohner,  soll  in  frü- 
herer Zeit  mit  Dörfern  bedeckt  und  zum  grossem  Theil  angebaut  gewe- 
sen sein.  Der  dortige  Reis  war  von  vorzüglicher  Güte  und  wurde  in  die 
benachbarten  Länder  ausgeführt.  Ob  diess  .auf  Wahrheit  beruht,  wann 
diess  der  Fall  war,  und  woher  die  gänzliche  Entvölkerung  der  Insel 
rührt,  lässt  sich  für  jetzt  nicht  in 's  Reine  bringen.  Zahlreiche  Reste  von 
Pagoden  in  verschiedenen  Theilen  der  Insel  beweisen,  dass  sie  einst 
wirklich  bewohnt  war.  Kitheraing  scheint  in  der  That  vor  allen  andern 
Inseln  zum  Baue  des  Reises  geeignet,  sie  ist  die  einzige  unter  den  Hun- 
derten des  Mergui-Archipels,  welche  beträchtliche  Ebenen  darbietet  und 
der  Boden  scheint  sehr  fruchtbar.  Nach  meiner  Ansicht  könnte  sie  die 
Reis-Kornkammer  für  die  Provinz  Mergui  werden,  wie  es  schon  gegen- 
wärtig Beeloo-Khiaung   für   die    Provinz  Amherst  ist. 

Die  Umgebung  von  Kitheraing  ist  berühmt  wegen  ihres  Reichthums 
an  Fischen,  welche  zur  Laichzeit  millionenweise  in  die  inneren  Kanäle 
ziehen. 

Einige  Leute  kommen  beim  Beginn  der  trockenen  Jahreszeit  auf 
Fischfang  hieher.  Dieser  Fang  wird  aber  in  so  kleinem  Maasstabe  und  in 
so  unvollkommener  Weise  betrieben,  dass  er  kaum  eine  Erwähnung  ver- 
dient. Dieser  Erwerbszweig,  so  unbedeutend  er  sein  mag,  ist  doch  erst 
neuerlich  entstanden.  Früher  wagte  sich  Niemand  einige  Meilen  südlich 
über   Mergui   hinaus,   aus    Furcht    vor    den    malayischen    Seeräubern,   welche 


334  Ur.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

wie    man    sagte,    die   Gewässer   von    Kitheraing    zum    Sammelplatz   wahrend 
ihrer    Rauhzüge    gewählt    hatten. 

15.  December.  Nach  flüchtiger  Untersuchung  eines  Theiles  von  Kithe- 
raing setzte  ich  meinen  Weg  nach  SO.  fort,  kam  aber  wegen  des  Win- 
des und  der  Fluth  nicht  besonders  weit.  Die  burmesischen  Boote  fahren 
sehr  schnell  mit  dem  Winde,  kippen  aber  gegen  Wind  und  Fluth  leicht 
um,  sie  stehen  in  jeder  Hinsicht  den  malayischen  Prows  von  gleicher 
Grösse  weit  nach.  Auch  sind  die  Burmesen  bei  weitem  weniger  geschickte 
Schiller  als  die  Malayen,  und  diess  mag  theil weise  der  Grund  sein,  um 
dessen  willen  sie,  da  sie  unfähig  waren,  sich  gegen  die  malayischen  See- 
räuber zu  halten,  in  früherer  Zeit  die  Herrschaft  über  den  Mergui -Ar- 
chipel   aufgaben. 

Die  Matten  aus  Pandanus,  welche  die  Volker  des  südöstlichen  Asiens 
und  die  Chinesen  als  Segel  gebrauchen,  sind  wohlfeiler  als  Segeltuch, 
und  im  Ganzen  nicht  so  schwer  zu  handhaben  und  so  abnutzbar,  als  man 
es  beim  ersten  Anblik  glauben  sollte.  Jedenfalls  scheinen  sie  den  Vor- 
zug zu  verdienen  vor  dem  durchsichtigen  lockern  Segeltuch,  das  bei  den 
Ostindiern  in  Gebrauch  ist,  ihr  grösster  Fehler  ist  ihre  übermässige 
Schwere.    — 

Wir  landeten  bei  Ouk-phö,  dem  südlichsten  Vorgebirge  einer  oder 
mehrerer  Inseln,  welche  allerseits  mit  Mangroves  umgürtet  sind.  Im  Sü- 
den des  Vorgebirges  liegt  die  Bucht  und  die  Einfahrt  des  Flusses  Lenya, 
welche  Capt.  Lloyd,  wegen  mehrerer  Wallfische,  die  er  dort  bemerkte 
Whale-Bay  zu  nennen  beabsichtigte.  Ich  habe  diese  Thiere  während  meiner 
Bereisungen  der  Jnseln  niemals  gesehen,  mit  Ausnahme  eines  einzigen  im 
S.  des  Elephanten -Felses,  bei  Domel.  Was  Capt.  Lloyd  den  „grossen 
Wallfisch  (Balaena  Misticetus)  nennt,  mag  wohl  eher  der  Pottfisch  (Phi- 
seter  macrocephahis)  sein;  erstem*  wagt  sich  wohl  selten  in  so  seichte 
Gewächser  wie  die  der  Whale  Bay,  die  im  Durchschnitt  nicht  tiefer  als 
10  Faden  sein  dürften,  ausser  er  würde  durch  einen  Feind  dorthin  ge- 
trieben, und  in  diesem  Falle  würde  er  wahrscheinlich  auf  den  Strand 
geratben. 

Das  grosse  Gebiet  der  Mangrove-Inseln,  welches  50  (engl.)  Meilen 
lang  und  lo  (engl.)  Meilen  breit,  von  Mergui  bis  Lenya  reicht,  endet 
bei  Ouk-phö.  Weiter  nach  Süden  wird  das  Meer  offener,  die  Räume  zwi- 
schen den  Inseln  weiter,  diese  selbst  steiler,  das  Hauptland  hoher,  so  dass 
die  Mangrove-Bäume  die  Bedingungen  ihres  Gedeihens  nicht  mehr  finden. 
Tiefer  unten  bei  der  s.  g.  Roye-Gruppe,  beginnt  ein  neues,  aber  kleine- 
res   Mangrove-Gebiet,    von    welchem    später   die    Rede    sein    wird. 

16.  December.  Ich  fuhr  von  Ouk-phö  nach  Water-Island,  einer  klei- 
nen felsigen  Insel  an  der  Mündung  des  Lenya,  welche  diese  in  zwei 
Zweige  theilt.  Ihren  Nahmen  hat  diese  Insel  von  einigen  guten  Quellen, 
die  zur  Ebbezeit  aus  dem  Felsen  rinnen,  bei  der  Fluth  aber  über- 
schwemmt   und    salzig    sind. 

Bald  nach  Besetzung  dieses  Gebietes  durch  die  brittischen  Truppen 
fand  auf  dieser  Insel,  wo  sich  die  Siamesen  verschanzt  hatten,  ein  klei- 
nes Gefecht  statt.  Sie  wurden  mit  geringer  Mühe  zurückgetrieben,  und 
ihre  Verschanzung  zerstört.  Seit  dem  zogen  alle  Einwohner  von  dieser 
Stelle  weg,  an  welcher  man  noch  die  Ueberreste  eines  grossen  Gartens 
und  einer  Pflanzung  des  Befehlshabers  dieses  Postens  zeigt.  —  Ich  blieb 
heute    hier,    um    meinen    Vorrath    von    Löschpapier   für    meine    botanischen 


gedruckte  und   ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserini  Provinzen  etc.  33ö 

Sammlungen  zu  trocknen.  Auf  einer  Reise  durch  die  Dickichte  (Jungles) 
einer  so  feuchten  Gegend  lässt  sich,  selbst  mitten  im  tropischen  Winter, 
das  Trocknen  von  Pflanzen  nur  durch  künstliche  Wärme  bewerkstelligen. 
Ich  fand,  dass  diess  am  besten  geschehe,  wenn  man  ein  Gestell  errichtet, 
auf  welchem  man  das  Papier  ausbreitet,  trocknet  und  erwärmt,  dann  die 
Pflanzen  in  das  warme  Papier  legt  und  einpresst.  Diess  Verfahren  muss 
wenigstens  jeden  dritten  Tag  wiederholt  und  dabei,  wie  gewöhnlich,  das 
Papier  täglich  gewechselt  werden.  Die  Pflanzen  der  am  schwersten  zu 
behandelnden  Familien  (Bombaceae,  Physophoreae,  parasitische  Orchideae, 
u.    dgl.)    lassen    sich    auf   diese    Weise    erhalten. 

17.  December  1838.  Ich  ging  heute  bei  Tagesanbruch  den  Lenya- 
Fluss    aufwärts. 

Dieser  Fluss  hat  einige  Eigentümlichkeiten,  die  man  an  anderen 
Flüssen  dieser  Küste  nicht  wahrnimmt;  nämlich  Aufstauungen,  welche  bei 
Hochwasser  gefährlich  sein  sollen.  Sie  haben  ihren  Grund  in  einigen 
scharfen  Windungen  des  Flusses,  da  wo  sich  sein  Bette  zwischen  zwei 
Bergreihen  verengert.  Da  wahrscheinlich  an  denselben  Stellen  Erhöhungen 
quer  über  das  Flussbette  gehen,  so  wird  dort  der  Wasserlauf  gestört 
und  es  entstehen  Gegenströmungen,  Aufstauungen  und  Wirbel.  Die  Gefahr 
ist  vermuthlich  übertrieben  worden  und  mag  wohl  nur  für  Canoes  und 
kleine  Boote,  und  selbst  für  diese  nur  bei  vollem  Monsoon  und  Spring- 
fluthen  in  Wirklichkeit  vorhanden  sein.  Bei  niederem  Wasser  können 
Fahrzeuge  zu  jeder  Zeit  des  Jahres  furchtlos  auf-  und  abfahren.  Ich 
verweilte  bei  dieser  Einwendung  gegen  die  Befahrung  des  Lenya,  weil 
dieser  Fluss  vielleicht  mit  der  Zeit  eine  gewisse  Wichtigkeit  erlangen  könnte. 

Ueber  die  felsige  Stromenge  hinaus  sind  die  Ufer  an  beiden  Seiten 
mit  Nipah-Palmen  (Nipa  frutescens)  bedeckt,  besonders  am  Rande  des 
Flusses,  wo  sie  im  weichen  Schlamme  wurzeln  und  an  Stellen,  welche 
bei  halber  Fluth  unter  Wasser  stehen.  Es  ist  noch  nicht  genügend  fest- 
gestellt, ob  die  Nipah  in  den  südlichen  Theilen  von  Tenasserini  einhei- 
misch oder  ob  sie  aus  den  malayischen  Ländern  dorthin  gebracht  worden  ist. 

Ersteres  ist  wahrscheinlicher,  da  diese  Palme  an  Flüssen  verbreitet 
ist,  deren  Ufer  wohl  kaum  je  ein  menschlicher  Fuss  betreten  hat.  Doch 
würde,  da  wir  so  ganz  und  gar  nichts  von  der  älteren  Geschichte  dieser 
Länder  wissen,  jeder  bestimmte  Ausspruch  hierüber  voreilig  sein.  Ueber 
den  Werth  der  Nipah  im  Allgemeinen  habe  ich  mich  in  meinen  früheren 
Berichten  geäussert.  Ihre  Blätter  werden  durchgängig  in  der  ganzen  Pro- 
vinz zur  Deckung  der  Dächer  von  Gebäuden  aller  Art  benutzt.  Die  hierzu 
verwendeten  Blätter  werden  alle  von  den  Ufern  des  Lenya  bezogen.  Ihr 
Werth  ist,  seit  dem  so  schnellen  Anwachsen  der  Stadt  Maulmain,  be- 
trächtlich gestiegen  und  Kähne  der  Eingeborneu  fahren  beständig  zwischen 
Mersrui  und  Maulmain  hin  und  her,  um  die  zubereiteten  und  zusammen- 
gehefteten   Blätter    (Artaps)    nach    letzterem  Orte    zu   bringen. 

Wenn  der  Verbrauch  so  stark  bleibt,  wie  er  in  letzterer  Zeit  ge- 
worden ist,  so  dürfte  vielleicht  die  Menge  der  wildwachsenden  Nipah- 
Palmen  nicht  mehr  zu  dessen  Deckung  hinreichen.  Man  fängt  an,  in  der 
Nähe  von  Mergui  Pflanzungen  in  den  Mangrove-Gürteln  anzulegen  und 
diese  weiten  wüsten  Strecken  können  in  der  That  nicht  besser  benützt 
werden. 

An  den  Ufern  des  Lennya  fiuden  sich  auch  bedeutende  Wälder  des 
Waldöl-Baumes     welche     bis     nun     noch     unberührt     blieben     und,     sobald 


336  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

man    einmal    den    Werth    dieses    Artikels    besser    begriffen    haben    wird,    ihn 
in    fast    unerschöpflicher    Menge    liefern    könnten. 

Wir  erreichten  im  Laufe  des  Abends  das  Dorf  Lennya,  33  (engl.) 
Meilen  ober  der  Mündung  des  Flusses,  der  bei  dem  Dorfe  nach  NW.  fliesst. 

18.  December  1838.  Heute  untersuchte  ich  die  Umgebung  des  Dorfes 
Lennya.  Die  gesammte  Bevölkerung  besteht  aus  flüchtigen  Siamesen,  welche 
sich  auf  britischem  Gebiete  ansiedelten.  Sie  sind  Alle  arm,  wie  es  scheint, 
lässig  und  um  ihren  eigenen  Vortheil  wenig  bekümmert.  Sie  bebauen 
den  Boden,  jedoch  auf  sehr  unvollkommene  Weise;  Andere  streifen  in 
der  Gegend  herum,  um  Elephanten  (die  hier  zahlreich  sein  sollen)  des 
Elfenbeins  wegen  zu  schiessen.  Die  Dorfbewohner  beschäftigen  sich  wäh- 
rend eines  Theils  des  Jahres  mit  dem  Einsammeln  und  Zubereiten  von 
Battans  für  den  Markt  von  Mergui,  wo  gegenwärtig  das  Tausend  mit 
1    Bupie    bezahlt    wird. 

Das  Vorkommen  von  Battans  hat  wahrscheinlich  diese  Leute  bewogen, 
sich  hier  anzusiedeln,  denn  der  Boden  ist  für  Beisbau  wenig  geeignet. 
Da  nunmehr  in  der  Nähe  des  Dorfes  die  Battans  fast  erschöpft  sind, 
beabsichtigen    sie    eine    Strecke    weit    stromaufwärts    überzusiedeln. 

Sie  waren  zur  Zeit  meines  Besuches  eben  daran,  ihre  Ernte  einzu- 
bringen. Sie  haben  viel  von  den  Verwüstungen  der  Wildschweine  zu 
leiden,  welche  die  Wälder  in  Menge  bewohne».  Diese  Thiere  und  eine 
kleine  Art  Kernbeisser,  welche  sich  zu  Tausenden  schaarenweise  auf  den 
reifenden  Beis  niederlässt,  werden  durch  das  Klappern  von  zusammen- 
gebundenen Bambusstäben  und  zeitweisen  Flintenschüssen  weggescheucht. 
Affen  und  Papageien  haben  auch  ihren  Theil  an  diesen  Plünderungen; 
von    den    Elephanten    weiss    man    nicht,    dass    sie    in    die  Felder    einbrächen. 

Es  ist  wohl  zu  erwarten,  dass  die  wilden  Thiere  der  Wälder  sich 
auf  diesem  abgelegenen  und  vereinzelten  Fleck  bebauten  Bodens  sammeln, 
da  alles  ringsherum  Wildniss  ist,  ohne  eine  Spur,  dass  je  Menschen  sich 
dort  aufgehalten  haben.  Der  nächste  vereinzelte  Wohnort:  Boukpan,  ist 
in    gerader    Linie    mindestens    20    (engl.)    Meilen    von    Lennya  entfernt. 

19.  December  1838.  Der  Hauptzweck  meines  Ausfluges  stromaufwärts 
war,  mich  von  der  Richtigkeit  des  Gerüchtes  zu  überzeugen,  dass  man, 
etwa  IS  (engl.)  Meilen  oberhalb  des  Dorfes,  auf  einer  Sandbank  im 
Flusse  einige  lose  Stücke  Kohle  gefunden  habe.  Nachdem  das  im  vorigen 
Jahre  entdeckte  Ausbeissen  von  Kohle,  wegen  der  langen  Förderung 
Überland,  Schwierigkeiten  dargebothen  hatte,  war  die  Bestätigung  der 
Existenz  einer  anderen  Kohlenablagerung  von  Wichtigkeit.  Frühmorgens 
ging  ich  von  Lennya  aus  stromaufwärts.  Ober  dem  Dorf  verrengtrt  sich  der 
Fluss  bedeutend  und  mehrere  quer  durch  sein  Bett  setzende  Höhenzüge 
machen    ihn    für    grössere    Boote    unschiffbar. 

Nach  der  Gebirgsart  zu  urtheilen,  möchte  es  wahrscheinlich  sein, 
dass  dieser  Theil  des  Flusses  eines  der  Kohlenbecken  durchschneidet, 
deren  noch  mehrere  unbekannt  sind,  aber  gewiss  im  Laufe  der  Zeit 
noch    aufgefunden    werden. 

Die  Gebirgsart  gehört  zur  Trias  oder  Terrain  permien,  Red  Sand- 
stone   Group    zum    Theil. 

Näheres  über  die  Beschaffenheit  der  Umgebung  mit  Gewissheit  aus- 
zumitteln  ist  unmöglich,  indem  dichte  Wälder  selbst  die  kleinste  Ueber- 
sicht  der  Oberfläche  versperren.  Die  Gegend  scheint  jedoch  eine  Ebene 
mit    vereinzelten    niederen  Hügeln    zu    sein,    an    deren  Seiten  zwei,    einander 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  337 

parallele  Züge  zusammenhängender  Anhöhen  das  Land  von  Nord  nach 
Süd  durchschneiden.  Die  höchsten  Spitzen  dieser  Züge  scheinen  indess 
die    Hochwälder    nicht    bedeutend    zu    überragen. 

Ein  grosser  Theil  des  Landes  zunächst  dem  Flusse  liegt  kaum 
10  Fuss  über  den  höchsten  Wasserstand  und  die  Anschwemmungen  scheinen 
vergleichungsweise    neuen    Ursprungs    zu    sein. 

Die  stattlichen  Wälder  des  Oberlandes  fehlen  hier.  Diplerviarpi- 
ßäume  erheben  auch  hier  ihre  majestätischen  Wipfel  über  die  übrige 
Vegetation.  Rattan-Palmen  wachsen  in  Menge  in  diesem  Gebiet;  nur  sind 
sie  an  den  eigentlichen  Ufern  des  Flusses  durch  beständiges  Abschneiden 
fast    erschöpft. 

Zwölf  (engl.)  Meilen  ober  dem  Dorfe  liegen  grosse  Baumstämme 
quer  über  den  Fluss  und  hindern  die  Schiffahrt;  Sandbänke  häufen  sich 
um  sie  an  und  zur  Monsoon-Zeit  schwemmte  sich  das  Hochwasser  ein 
neues    Bett   aus. 

Fünfzehn  (engl.)  Meilen  ober  dem  Dorf  kam  ich  zu  der  Stelle, 
wo  man  Kohlen  gefunden  haben  wollte.  Die  Fluthen  gehen  über  diese 
Stelle  hinaus  und  bewirken  ein  etwa  5  Fuss  hohes  Steigen  des  Wassers; 
der  Fluss  selbst  schwindet  zu  einem  unbedeutenden  Wasserlauf  voll  Sand- 
bänke   und    ist    mitunter    nicht    über    15    Yards    breit. 

20.  December  1838.  Das  erwähnte  Stück  Kohle  hatte  ein  Siamese 
auf  einer  Sandbank  aus  Geschieben  und  Trümmern  von  Urgesteinen, 
deren  Anstehen  nicht  ausgemittelt  werden  konnte,  aufgefunden.  Am  Vor- 
sprung eines  niederen  Hügels  fand  sich  eine  Auswaschung,  welche  mir 
es  möglich  machte,  das  umgebende  Gestein  zu  untersuchen  und  über 
das  Vorkommen  der  Kohle  an  dieser  Stelle  Gewissheit  zu  erlangen.  Diese 
meine    Ueberzeugung    beruht    auf   folgenden    Gründen: 

1)  Die  stromaufwärts  von  Dorfe  Lennya  sichtbaren  Gebilde  gehören 
der  Reihe  jener  an,  auf  welchen  gewöhnlich  kohlenführende  Schichten  lagern. 

2)  In  dem  oben  erwähnten  natürlichen  Durchschnitte  zeigte  sich 
der,  den  kohlenführenden  Schichten  eigenthümliche  Schieferthon ,  d.  h. 
verhärtetes  Erdharz,  Thon  von  dünnschiefriger  Textur  enthaltend.  Die 
Farbe  dieses  Thones  ist  schwärzlich  grau  oder  röthlich  (roth  nur  in 
den  obersten  Lagen).  Am  Kerzenlichte  brennt  dieser  Thon  mit  Ausstossung 
von    sehr    wahrnehmbaren    Rauche. 

3)  In  diesen  erdharzigen  Thon  sind  Massen  thonigen  Sphärosiderits 
eingebacken;  an  anderen  Stellen  enthält  er  Thoneisenstein  und  zwischen 
den    Lagen    Eisenkiese. 

4)  Der  Schieferthon  wechsellagert  mit  dem  „Brandschiefer"  der 
deutschen  Geologen  (Schiste  inflamable).  Dieser  Brandschiefer  erscheint 
in  dünnen  Lagen  von  schiefriger  Textur,  pechschwarzer,  bräunlicher  oder 
röthlicher  Farbe;  er  brennt  mit  blauer  Flamme  und  Ausstossung  schwef- 
liger   Dämpfe. 

5)  In  dem  oben  beschriebenen  Schiefer  fand  ich  ein  Exemplar  von 
Calamites  und  ein  anderes  ziemlich  deutliches  von  Lycopodites  oder 
Lepidodendron. 

6)  An  einer  Stelle  des  Hügels  ist  der  Schieferthon  von  rothem 
Conglomerat  überlagert;  an  anderen  besteht  die  Tagdecke  aus  losem 
Trümmergestein,    Thon-    und    Dammerde. 

21.  bis  25.  December  1838.  Ich  ging  nunmehr  nach  Lennya  zurück, 
von    dort    zur   Mündung    des    Flusses    und    ohne     mich    länger    aufzuhalten, 


338  Dr.  Johann  Wilh.  Helfer's 

als  es  nöthig  war,  um  Materialien  zu  einer  geognostischen  Karte  der 
Gegend  zu  sammeln,  machte  ich  die  Rückreise  nach  Mergui  auf  einem 
andern  Weg,  durch  die  inuern  Mangrove-Canäle.  Zu  Mergui,  wo  ich  meine 
Vorräthe  für  die  nächste  Reise  zu  vervollständigen  gedachte,  kam  ich 
am    24.    Decemher    an. 

III.  Reise.  Diese  dritte  Reise  bezweckte  die  Untersuchung  eines 
Theiles  der  Inseln  im  S.  und  im  W.  von  King's  Island.  Die  Menge 
dieser  Inseln  und  Felsen  ist  jedoch  so  gross,  dass  es  unmöglich  wurde, 
bei  jeder  einzeln  anzulegen,  geschweige  denn,  sie  zu  umschiffen  oder 
flüchtig  zu  untersuchen.  Man  musste  hiernach  entweder  die  bedeutendsten 
darunter  auswählen  oder  sich  dem  Zufall  und  den  Winden  überlassend, 
da  landen,  wo  es  die  Rrandung  eben  gestattete  oder  wo  man  die  Nacht 
über    sicher    vor    Anker    liegen    konnte. 

1.  Janaar  1S39.  Heute  fuhr  ich  mit  dem  Mundvorrathe,  den  mein 
Root  zu  fassen  vermochte  (für  25  Mann  auf  einen  Monat)  von  Mergui 
ab  und  steuerte  gegen  NW.  Wir  landeten  auf  der  Insel  Kalaghiun,  welche 
ein  etwa  1  (engl.)  Meile  breiter  Canal  von  King's  Island  scheidet.  Es 
ist  eine  der  wenigen  Inseln  in  der  Nähe  der  Stadt,  auf  welchen  die 
Einwohner  von  Mergui  ihre  spärlichen  Pflanzungen  angelegt  haben.  Meh- 
rere nicht  unbeträchtliche  Pflanzungen  sind  hier  in  gutem  Gedeihen,  nur, 
wie  alle  solche  Anlagen  der  Rurmesen,  aufs  Aeusserste  vernachlässigt. 
Flechten,  Jungermannien,  parasitische  Orchideen  und  riesenhafte  Naphenien 
dürfen  ungehindert  an  den  Areca- Palmen  hinaufklettern  und  von  ihren 
Lebenssäften  zehren;  die  Wipfel  der  Cokospalmen  sind  den  Räubereien 
der  Eichhörnchen,  ihre  Wurzeln  den  wühlenden  Ratten  und  Krabben, 
ihre  Stämme  den  nagenden  Larven  von  Calandra  und  Rockkäfern  schutzlos 
preisgegeben;  kaum  das  schädlichste  Unkraut  wird  ausgerottet  und  von 
Lockern  des  Rodens  rings  um  die  Räume  ist  gar  nicht  die  Rede.  So 
lang  nicht  die  Rurmesen  durch  verständigere  Ansiedler  mit  einer  besseren 
Weise  des  Anbaues  bekannt  gemacht  werden,  verharren  sie  gewiss  eigen- 
sinnig   bei    ihrer    alten    Sorglosigkeit. 

Kalaghiun  ist  berühmt  wegen  seiner  Mangosteen- Räume,  die  die 
besten  in  der  Provinz  sein  sollen;  hier  ist  auch  fast  ganz  genau  die 
Nordgrenze  des  Rezirks,  innerhalb  welcher  diese  köstliche  Frucht  zu  voll- 
kommener Reife  gelangt.  Nach  den  Räumen,  welche  ich  gesehen,  zu  ur- 
theilen,  muss  sie  ziemlich  neuerlich  eingeführt  worden  sein;  in  Anbetracht 
ihres  langsamen  Wachsthums  kann  man  den  ältesten  Räumen  dieser  Art 
kein    höheres    Alter   als    40    höchstens    50    Jahre    zuschreiben. 

Diese  Räume  sollen  zuerst,  von  Siam  aus,  nach  der  Eroberung 
jener  Länder  von  den,  von  der  Relagerung  von  Rankouk  zurückkehrenden 
Rurmesen  eingeführt  worden  sein;  wahrscheinlicher  aber  ist  es,  dass 
Malayen  sie  von  dem  südlichen  Theile  der  Halbinsel  her  ins  Land  gebracht 
haben.  Von  Kalaghiun  und  Kings  Island  sollen  dann  die  Mangosteen- 
Räume  nach  der  Stadt  Tenasserim  gelangt  sein.  So  wie  Caffee,  Goyaven 
und  andere  Samen  durch  Vögel  und  Vierfüssler  verbreitet  worden  sind, 
so  stellen  auch  kleinere  Säugethiere,  vorzüglich  Waschbären  (Racoons), 
Eichhörnchen  und  verschiedene  mit  Flughaut  versehene  Gattungen  (Pte- 
rodus,  Phillostoma)  der  leckeren  Frucht  des  Mangosteen-Raumes  eifrig 
nach  und  mögen  ihren  Theil  zu  der  Verbreitung  jener  Räume,  welche 
gegenwärtig  in  den  Wäldern  von  Tenasserim  wild  wachsen,  beigetragen 
haben.     Mittels     dieser     wilden     Stämme     versehen     die     Eingebornen     ihre 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  339 

Gärten  mit  Mangosteen-Bäumen,  diese  können  wegen  des  geringen  Um- 
fanges  ihrer  Wurzeln  in  einem  höheren  Alter  versetzt  werden,  als  es  bei 
den    meisten    andern    Bäumen    der   Tropenländer    der   Fall    ist. 

Die  wilden  Mangosteen-Wälder  stehen  dem  Namen  nach  unter  der 
Obsorge  der  Regierung,  welche  jedem  auf  sein  Ansuchen  eine  gewisse  An- 
zahl   Bäume   bewilligt. 

Nahe  am  Meeresufer  entdekte  ich  auf  Kalagioun  die  ersten  Spuren 
von  Kupfer  in  den  vormals  burmesischen  Provinzen.  Eine  grüne  Substanz, 
welche  sich  als  Malachit  (kohlensaures  Kupfer)  erwies,  die  man  in  einer 
Felsenkluft  am  Meeresstrand  gefunden  hatte,  erregte  meine  Aufmerksam- 
keit. Bei  weiterem  Nachsuchen  fand  ich  einen  schmalen  Quarzgang  mit 
eingesprengtem  Eisen-  und  Kupferkies,  theils  Gneiss,  theils  Glimmer- 
schiefer durchsetzend. 

Das  Vorhandensein  dieses  so  werthvollen  Metalles  ist  ein  neuer  Be- 
weis für  den  Mineralreichthum  der  Provinz  Tenasserim.  Wenn  auch  ein 
Bergbau  auf  die  Lagerstätte  von  Kalaghioun  durchaus  noch  keine  sichere 
Aussicht  auf  Erfolg  bieten  sollte,  so  wird  dieselbe  doch  in  Zukunft  zu 
genauerer  Nachforschung  anregen,  sobald  einmal  die  Hilfsmittel  dieser 
Gegenden  durch  europäische  Thätigkeit  aus  ihrem  langen  Schlummer 
geweckt    sein    werden. 

2.  Januar  1839.  Vor  meiner  Abreise  von  Mergui  berichtete  mir  ein 
Burmese,  es  finde  sich  an  der  Bucht  von  King's  Island  ein  eigenthüm- 
liches  Mineral,  welches  Niemand  kenne.  Ich  bewog  diesen  Mann  mich  zu 
begleiten,    um   mir   den   Fundort   zu    zeigen. 

Wir  fuhren  heute  in  King's  Island  Bucht  ein  und  mussten  fast  bis 
an  ihr  Ende,  um  zu  dem  Fundorte  des  räthselhaften  Minerals,  welches 
sich  als  Graphit  erwies,  zu  gelangen.  Seine  äusseren  Kennzeichen  sind: 
Farbe  bräunlich  schwarz,  irisirend  mit  vorwaltend  bläulichem  Schimmer; 
mild  anzufühlen,  in  dünnen  Haufen  von  Blättchen  wie  Glimmerschiefer. 
Dieser  Graphit  bricht  in  durchschnittlich  1  Zoll  mächtigen  Schnüren 
und  zwar,  wie  es  scheint,  in  ziemlicher  Menge.  Blöcke  von  Sandstein, 
von  solchen  Schnüren  durchzogen,  lagen  lose  am  Meeresstrand  und  ihr 
metallartiger  Glanz  mochte  wohl  die  Augen  der  unwissenden  Eingebornen 
auf  sich  gezogen  haben.  Mit  Anwendung  von  Salpetersäure  und  Königs- 
wasser (welche  das  Eisen  mit  Zurücklassung  des  Kohlenstoffes  auflösen) 
gab  dieser  Graphit,  gleich  dem  von  Kroon,  90  Procent  Kohlenstoff  und 
8  bis  10  Procent  Eisen.  Ich  erfuhr  später,  dass  dieser  Fundort  den 
Burmesen  schon  längst  bekannt  war,  dass  man,  natürlich  vergebliche, 
Schmelzversuche  wiederholt  angestellt  habe  und  dass  sowohl  die  Goldmacher 
als  die  Aerzte  unter  den  Burmesen  auf  diesen  Graphit  grossen  Werth  legen. 

Jedenfalls  wird  diese  Entdeckung  für  die  vormals  burmesischen 
Provinzen  wohl  wenig  Nutzen  haben,  da  von  Ceylon  alljährlich  grosse 
Mengen    sehr    guten    Graphites    ausgeführt   werden. 

Nach  dieser  Untersuchung  und  nachdem  ich  in  der  französischen 
Creek  frisches  Wasser  eingenommen  hatte,  verliess  ich  wieder  King's 
Island's  Bucht,  fuhr  ausserhalb  und  nachtete  in  einer  kleinen  geschützten 
Bucht,  deren  schlammiger  Grund  buchstäblich  mit  Bänken  kleiner  Fische 
bedeckt  war.  Eine  kleine  Art  Hai  (Squalus  Canicula)  hatte  diese  Fische 
auf  den  Schlamm  getrieben,  wo  sie  eine  Beute  der  Seemöven  und  des 
weit   verbreiteten    Falco    Pondicherianus   wurden. 


340  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

3.  Januar.  ¥Jn  Theil  dieses  Tages  ging  verloren;  das  zweite 
oder  Küchen-Boot  war  des  Morgens  auf  eine  Klippe  aufgerannt  und 
leck  geworden ;  wir  mussten  es  mithin  in  das  Seichtwasser  steuern,  um 
dort  die  tiefste  Ebbe  abzuwarten  und  dann,  wo  möglich,  den  Schaden 
auszubessern.  Dieser  beschrankte  sich  glücklicherweise  auf  das  Auseinan- 
dergehen zweier  zusammengekitteter  Planken;  nachdem  der  alte  Kitt  weg- 
genommen und  neuer  aufgetragen  worden,  war  das  Boot  wasserdichter 
als  vor  dem  Leck.  Wir  steuerten  weiter  auf  die  NW.  Spitze  von  King's 
Island  zu  und  kamen  nach  Maingy's  Island  (welches  die  Burmesen  Faro 
nennen).  Kaum  waren  wir  dort  angekommen,  so  erhob  sich  ein  in  dieser 
Jahreszeit  ungewöhnlicher  Windstoss  und  die  Mannschaft  musste  einen 
Theil  der  Nacht  hindurch  rudern,  um  einen  sichern  Ankerplatz  zu  erreichen. 

4.  Janaar.  Die  Boote  fuhren  in  einer  der  seichten  Buchten  auf 
und  blieben  bis  zum  Ansteigen  der  Fluth  im  Schlamme  stecken.  Dieses 
geschieht  sehr  häufig  in  dem  Mangrove-Gebiete,  d.  h.  in  einem  etwa 
15  (engl.)  Meilen  breiten  Raum  zwischen  der  ersten,  zweiten  (mitunter 
auch  3.)  Inselreihe,  welcher,  mit  geringen  Ausnahmen,  nur  Booten  und 
kleinen  Junks  zugänglich  ist.  Der  Schlamm  ist  weich,  bläulichgrau  oder 
braun;  man  sinkt  darin  knietief,  mitunter  noch  tiefer,  ein  und  an  man- 
chen Stellen  ist  er  so  zähe,  dass  man  nicht  durchwaten  kann.  Gewisse 
Arten    von  Fischen,    Krustern   und  Weichthieren  finden  sich  in  Menge  darin. 

Ich  wurde  in  einem  kleinen  Canoe  sitzend,  an  das  Ufer  gezogen, 
dessen  Gesteine  ich  untersuchen  wollte.  Die  Maingy-Iusel,  welche  (wie 
ich  vermuthe)  durch  einen  engen  Canal  in  2  Theile  getheilt  ist,  ist 
vergleichungsweise  unfruchtbarer  als  andere  von  gleicher  Grösse;  ihr 
Boden  ist  meist  felsig  und  steil  ansteigend.  Fischer  von  Mergui  kommen 
dorthin  zur  Bereitung  des  Gnapee,  jener  unentbehrlichen  Würze  der  bur- 
mesischen Kochkunst.  Ich  fand  in  einer  elenden  Hütte  eine  Gesellschaft 
von  10  Leuten,  welche  zu  diesem  Zwecke  hierher  gekommen  waren. 
Der  Gestank  war  dort  so  arg  für  europäische  Geruchsnerven,  dass  ich 
dieser  verpesteten  Atmosphäre  so  bald  zu  entgehen  suchte,  als  nur  die 
steigende    Fluth    unsere    Boote    aus    dem    Schlamme    gehoben   hatte. 

Dieses  Gnapee  wird  auf  folgende  Weise  bereitet.  Eine  kleine  Art 
Garneelen  lebt  millionenweise  in  der  oben  erwähnten  ausgebreiteten  Schlamm- 
bank. Ein  enggewebtes  Netz,  von  einem  Rahmen  umgeben,  wird  über  den 
Schlamm  gezogen,  dann  emporgehoben  und  der  Schlamm  weggewaschen. 
so  dass  die  weissen  Garneelen  zurückbleiben.  Es  werden  Tausende  auf  Einen  Zug 
gefangen.  Indess  soll  der  Reichthum  der  Ausbeute  vom  Wetter  und  von 
andern  Umständen  sehr  abhängig  sein;  dies  trifft  nicht  nur  für  einzelne  Tage 
sondern  es  gibt  auch  sehr  ergiebige  Jahre  und  wieder  andere,  in  denen 
die  Garneelen  wie  verschwunden  sind.  Man  schreibt  diesen  Wechsel  zum 
grössten  Theil  dem  Zustande  der  Atmosphäre,  der  Richtung  der  Winde, 
der  Dauer  des  Monsoons  und  den  Orkanen  in  dem  offenen  Meerbusen 
von  Bengalen  zu.  Daher  rührt  auch  der  veränderliche  Preis  dieses  Ar- 
tikels,   der    mitunter   innerhalb    weniger  Monate    um    das    Doppelte   steigt. 

Die  gesammelten  Garneelen  werden  in  Haufen  gebracht,  und  dann 
auf  gewöhnlichen  burmesischen  Matten  ausgebreitet,  an  der  Sonne  getrock- 
net. Ein  Theil  der  getrockneten  Garneelen  wird  zerstampft,  ein  anderer 
ganz  gelassen.  Hierauf  wird  die  Masse  in  Töpfen  in  die  Erde  vergraben 
und  der  Gährung  oder  Fäulniss  bis  zu  einem  gewissen,  den  Europäern 
unbekannten  Grad,   überlassen.    Alsdann  wird,   so   viel    ich  weiss,  das  Gnapee 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  fibei  die  Tenasseiiui-Proviiuen  etc.  341 

ohne  weitere  Zubereitung  in  den  Handel  gebracht.  Aus  der  Provinz  Mer- 
gui  wird  jedes  Jahr  eine  ziemliche  Menge,  in  Krüge  oder  Bambusrohr 
gepackt,  ausgeführt,  es  geht  durch  ganz  Burmah,  in  das  nördliche  Ava, 
und  selbst  in  das  chinesische  .hinan.  Die  Eingebornen  gebrauchen  es  zur 
Würze  ihres  Reises  und  ihrer  Curries.  Einige  Europäer  scheinen  sich  an 
den  starken  Geschmack  und  an  den  keineswegs  lieblichen  Geruch  dieser 
eigenthümlichen    Leckerei    leicht   zu    gewöhnen. 

Wir  umschifften  den  westlichsten  Theil  der  Insel.  Das  verwitterte, 
meist  steil  ansteigende,  felsige  Ufer  bietet  kaum  irgendwo  einen  Landungs- 
platz. Alles  Gestein  gehört  hier  der  Ur-  oder  Uebergangsperiode  an.  Die 
Nacht  überraschte  uns  an  der  Westseite  der  Insel.  —  Am  Gestade  lagen 
Granitblöcke  so  zahlreich  umhergestreut,  dass  man  kaum  darauf  gehen 
konnte. 

5.  Januar.  Früh  Morgens  steuerten  wir,  von  der  westlichsten  Spitze 
von  Mergui  Island  aus,  nach  SW.  und  landeten  in  einer  Entfernung  von 
etwa  5  (engl.)  Meilen  auf  einer  andern  Insel  Toban  genannt.  Sie  ist  an 
3  (engl.)  Meilen  lang  und  kaum  1  */2  (engl.)  Meilen  breit.  Gegen  Osten 
liegen  so  weit  der  Blick  reicht,  eine  Menge  kleiner  Inseln  und  Klippen 
ich  zählte  deren  17,  ungerechnet  Maingy's  Island  und  King's  Island,  wel- 
ches letztere  sich  von  dieser  Stelle  aus  wie  ein  Theil  des  Festlands 
ausnahm.    Die    Aussicht    auf  die    südliche    Bucht    war    mir   versperrt. 

Die  vorvvaltendste  Gebirgsart  auf  Toban  ist  Protogyn,  auf  chloriti- 
schen  Glimmerschiefer  lagernd,  der  Quarz  und  der  Feldspath  dieses  Pro- 
togyns  sind  durchaus  weis,  der  Talk  erscheint  darin  in  kleinen  silber- 
weissen  Blättchen.  An  andern  Stellen  wird  der  Protogyn  durch  Granit 
vertreten ,  in  welchem  Amphibol  (Hornblende)  die  Stelle  des  Glimmers 
einnimmt.  Hie  und  da  ist  dieser  Granit  stark  zersetzt,  Blöcke  von  kristali- 
sirtem    Feldspath  und  von    Quarz  liegen    ringsherum    auf   dem    Boden. 

Ueber    diesen    Gesteinen    lagern,    wie    in    den    meisten    dieser    Inseln, 

eisenschüssige    Conglomerate. 

An  botanischer  Ausbeute  fand  ich  einen  schönen  riesigen  Waldbaum 
der  Gattung  Ganiteus  verwandt,  voll  reinweisser  Blüthen  mit  zierlich  ge- 
franzten    Blumenblättern. 

Von  hier  aus  fuhr  ich  zur  grossen  Doun-Gruppe  über,  welche,  wie 
die  Burmesen  behaupten,  aus  97  Klippen  und  kleinen  Inseln  besteht.  Alle 
diese  schaaren  sich  um  zwei  grössere  Inseln  von  höchst  unregelmässigen, 
zackigen  Umrissen,  mit  einem  Gewirre  von  kleinen  Buchten,  zwischen  denen 
enge,  mitunter  kaum  20  bis  30  Yards  breite,  aber  meist  tiefe  Kanäle  durch- 
laufen. Ihrer  geologischen  Beschaffenheit  nach  gehören,  so  weit  ich  sie 
beurtheilen  konnte,  die  meisten  der  Inseln,  an  denen  wir  heute  vorbei- 
fuhren, der  Keuper  und  der  Grauwacken-Formation  an.  Diese  Inseln  mö- 
gen wohl  ursprünglich  die  höchsten  Bergspitzen  eines  zusammenhängenden 
Landstrichs  gewesen  sein,  welche  durch  eine  gewaltsame  Catastrophe  zer- 
rissen und  theilweise  in  das  Meer  versenkt  wurde.  Im  Allgemeinen  kann 
behauptet  werden,  dass  der  Mergui- Archipel  und  die  gegenüberliegende 
Küste  mehr  den  Charakter  eines  versenkten  Festlandes  als  eines  gehobe- 
nen  Meeresbodens    an    sich    tragen. 

Alle  diese  Inseln  sind  durchaus  unbewohnt  und  werden  nur  zeit- 
weise von  den  Seelongs  besucht.  Von  diesem  eigenthümlichen  Fischer- 
stamm   werde   ich  später  berichten, 


342  Dr.  Mann  Wilhelm  llelfer's 

Enge  Durchgänge  führen  in  geräumige  Buchten,  welche  eher  Land- 
seen gleichen.  Wir  fuhren  in  eine  solche  geschlossene  Bucht  und  ge- 
langten durch  eine  enge  Durchfahrt  in  eine  zweite  etwa  2  (engl.)  Meilen 
weite,  von  allen  Seiten  geschlossene  Bucht,  an  deren  Nordseite  eine  aus- 
gedehnte Sandbank  lag.  Schaaren  von  Wildschweinen  und  Affen,  welche  sich 
am  Strande  versammelt  hatten,  um  Schalthiere  zu  fressen,  flohen  bei 
unserer  Ankunft,  die  in  dieser  einsamen  Gegend  für  sie  ein  wohl  noch 
nie  dagewesenes  Ereigniss  sein  mochte.  —  Die  Bucht  war  wieder  so 
seicht,  dass  unsere  Boote  bei  der  Ebbe  im  Schlamme  stecken  blieben. 
Ein  Tiger  nahte  sich  bis  auf  20  Yards  unserem  Boote,  die  Burmesen 
zündeten   eine    Fackel    an,    um    ihn    in    gebührender    Entfernung    zu    halten. 

6.  Janaar.  Wir  durchfuhren  den  ganzen  Tag  die  Kanäle  der  Doun- 
Gruppe,  kamen  bald  in  landseeartige  Wasseransammlungen,  bald  in  enge 
Durchfahrten  in  denen  sich  uns,  nach  plötzlichen  Wendungen,  unerwar- 
tete Aussichten  darboten.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  alle  diese 
Inseln  und  alle  über  die  Fluthhühe  hinausragenden  Felsen  uhne  Aus- 
nahme dicht  bewaldet  sind;  nur  erreichen  dort  die  Bäume  nicht  dieselbe 
ausserordentliche  Grösse  wie  auf  dem  Festland.  Das  Bauholz  von  Tenas- 
serim    ist    vielleicht    das    schönste    auf   der    ganzen  Erde. 

Wir  fuhren  nach  dem  südlichen  Theil  der  Doun- Gruppe,  wo  die 
zweite  grosse   Insel,    Nyamain  genannt,  beginnt. 

Nyamain  ist  durch  einen,  kaum  4  (engl.)  Meilen  breiten  Kanal  in 
zwei  Theile  zerschnitten.  Anstatt  der  Trias  und  Grauwacken-Gebilde  fin- 
det man  hier  nur  phorphyrische  Gesteine.  Indem  ich  geognostische  Stu- 
fen sammelte,  fand  ich  in  dem  Gesteine  Pistazit,  Strahlstein  und  gemei- 
nen rothen  Granat  eingeschlossen.  Es  wäre  vielleicht  der  Mühe  werth, 
den  Sand  und  das  Geröll  des  grössten  Baches  dieser  Insel  auf  Edelsteine 
zu  durchsuchen.  Porphyrische  Gesteine  lassen  in  dieser  Hinsicht  Einiges 
hoffen  und  es  sollen  dergleichen  (die  Burmesen  sagen,  es  seien  Bubine 
gewesen)  in  altern  Zeiten  im  Doun-Archipel  gefunden  worden  sein,  ohne 
dass  ich  jedoch  über  die  Art  der  Steine  und  ihre  Fundorte  etwas  Ge- 
naueres   zu    erfahren  vermochte. 

7.  Janaar.  Ich  segelte  mit  Tagesanbruch  und  bei  gutem  Wind  etwa 
10  (engl.)  Meilen  weiter  nach  Süden  und  hielt  Frühstücksrast  auf  einer 
kleinen  vereinzelten  Insel,  welche  den  Nahmen  Wa-Khiun  führt.  Dieselbe 
unbestimmte  Benennung,  welche  eigentlich  „Insel  an  einer  Flussmündung"  jede 
Flussmündung  heisst  bei  den  Burmesen:  Wa)  bedeutet,  führen  meines 
Wissens,  wenigstens  10  Inseln  des  Mergui-Archipels.  Jene  Insel  liegt  in 
der  That  am  Eingang  einer  zweiten  Inselgruppe,  welche  die  Burmesen 
die  Padeing-Gruppe  nennen.  Das  Meer  ist  in  der  Umgebung  von  Wa 
Khiun  merklich  tiefer  und  hier  kamen  mir  auch  zum  erstenmal  Zoophyten 
zu    Gesicht. 

Diese  Thiere  leben  ausschliesslich  im  blauen  Wasser  („blue  ioateru); 
man  wird  ihnen  schwerlich  im  Bereiche  des  Mangrove-Gebietes,  mit  seinen 
Schlammbänken  und  seichten  Gewässern  begegnen.  Sie  suchen  Felsgrund 
auf  um  sich  daran  festzusetzen  und  ziehen  geschützte  Buchten  vor,  wo 
sie  mehrere  Faden  tief  unter  dem  Spiegel  des  durchsichtigen  Wassers 
den    Meeresgrund    mit    ihren    Gehäusen    überziehen. 

Ich  sammelte  eine  grosse  Anzahl  Madreporen.  Dem  Meeresspiegel 
am  nächsten  kommen  Maeandrinae,  vorzüglich  Astreae,  und  auch  Caryo- 
phylliae   vor,    welche    zu    ihrem    Wachsen    und    Gedeihen    Licht    bedürfen. 


gedruckte  und  ungedrucktc  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  343 

Retepora  cellulosa,  welche  man  selten  gut  erhalten  findet,  war  hier  sehr 
zahlreich;  ebenso  Millepora  violacea,  welche  aussieht,  als  wäre  sie  mit 
Sammt    überzogen. 

Diessmal  konnte  ich  indess  die  gesammelten  Gegenstände  nicht  mit 
mir  nehmen.  So  wie  diese  Thiere  aus  dem  Wasser  genommen  Averden, 
hören  sie  auf  zu  leben  und  ihre  Zersetzung  verbreitet  einen  unerträg- 
lichen Geruch.  Sogar  die  Burmesen,  deren  Geruchsnerven  sonst  ziemlich 
abgehärtet  sind,  erklärten,  sie  müssten  daran  krank  werden.  In  der  That 
zeigten  sich  nach  2  Tagen  an  den  Füssen  einiger  der  Mannschaft  bös- 
artige Carbunkel,  welche  sie  den  Ausdünstungen  der  faulenden  Pflanzen- 
thiere  zuschrieben.  So  ungern  ich  es  that,  musste  ich  meine  Ausbeute 
wieder    dem    Meere    zurückgeben. 

Wir  steuerten  weiter  nach  Süden  fort.  Die  Brise,  welche  sich  am 
Morgen  erhoben  hatte,  erhob  sich  nach  und  nach  zu  einem  starken  NW. 
Wind ,  dem  unsere  offenen  Boote  nicht  gewachsen  waren.  Nach  einer 
Stunde  gerieth  das  Meer  in's  Schäumen  und  vier  Mann  hatten  beständig 
genug  daran  zu  thun,  das  Wasser  aus  den  Booten  zu  schöpfen.  Glück- 
licherweise lag  eine  Inselgruppe  nahe,  auf  die  wir  lossteuerten  und  gerade 
noch  zu  rechter  Zeit  erreichten.  Drei  Inseln  schliessen  mit  vier  anderen 
eine  ziemlich  geschützte  Bucht  ein,  in  der  wir  ankerten.  Die  Gruppe 
heisst  Batau.  Die  südlichste  dieser  Inseln  hatte  ein  schönes  sandiges  Ge- 
stade, beschattet  von  schönen  Bäumen,  einer  breitblättrigen  Art  der  Gat- 
tung Lygium,  die  eben  in  voller  Blüthe  standen.  Dieser  Baum  mag  mit 
Becht  der  Stolz  der  Wälder  genannt  werden:  sein  Holz  ist  zäh  und 
leicht  und  könnte  vielleicht  zum  Schiffbau  benützt  werden.  Die  grössten 
dieser  Bäume  haben  einen  Durchmesser  von  3%  Fuss  und  von  der 
Wurzel    bis    zum    Anfang    der    Aeste    eine    Höhe    von    mehr   als    30    Fuss. 

An  unserem  Landungsplatze  fanden  wir  die  gewöhnlichen  Ueberreste 
eines  Seelongs-Lagers :  eine  Anzahl  in  den  Boden  gesteckter  Stöcke,  auf 
welche  sie  ihre  zeitweiligen  Hütten  bauen,  gerade  nur  hoch  genug,  um 
nicht  von  den  hohen  Fluthen  während  des  Monsoons  weggeschwemmt 
zu  werden.  Meine  Mannschaft  zerstreute  sich,  ohne  Furcht  vor  den  Tigern, 
über  die  Insel;  denn  man  behauptet,  dass  da,  wo  die  wehrlosen  Seelongs 
ihr  Lager  aufschlagen,  diese  Baubthiere  nicht  vorhanden  sind.  Um  so 
zahlreicher  waren  die  Wildschweine,  welche  in  den  Wäldern  weite  Flächen 
umwühlen,  um  nach  Wurzeln  von  Yams  (Dioscorea)  und  anderen  Pflanzen 
zu    suchen,    von    denen    sie    sich    auf    diesen   Inseln    hauptsächlich    nähren. 

8.  Januar.  Der  Sturm  nahm  während  der  Nacht  zu  und  am  Mor- 
gen ging  die  See  zu  hoch,  als  dass  eine  Fortsetzung  der  Beise  möglich 
gewesen  wäre.  Ich  machte  einen  Ausflug  in  das  Innere  der  Insel,  bestieg 
deren    höchste  Spitze    und    mass    sie;    ihre  Höhe  beträgt  650  Fuss. 

Die  Insel  ist  nichts  weiter  als  eine  felsige  Erhöhung,  überall  steil 
abfallend,  ohne  von  Thälern  durchschnitten  zu  sein;  hie  und  da  finden 
sich  Abhänge,  die  aber  eigentlich  blosse  Wasserrisse  sind.  Ein  oder 
mehrere  kleine  Bäche  finden  sich  auf  den  meisten  Inseln,  welche  mehr 
als  vorragende  Felsspitzen  sind;  auch  findet  man  Wasser,  wenn  man  1 
bis    2    Fuss    tief  in    den    Boden    gräbt. 

Die  Burmesen  sind  durch  Erfahrung  mit  einigen  geognostischen  und 
hydraulischen  Thatsachen  bekannt  geworden.  Wenn  sie  nach  Wasser  suchen, 
beachten  sie  die  Schichtung  des  Gesteins  (wo  diese  sichtbar  ist)  und 
wo   sie   in    einem  Thal  bemerken,    dass  zwei   in    entgegengesetzter   Bichtung 

Mittheilungen  der  k.  k,  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  ^ 


344  ^r.  Johann  Wilholm  Helfers 

fallende  Schichten  einander  nahe  kommen  oder  berühren,  graben  sie  dort 
meist  mit  Erfolg  nach  Wasser.  In  dieser  Breite  beginnt  das  häufige  Auf- 
treten des  schönen  Calophyllum  Inophyllum  hin.  Je  weiter  man  nach 
Süden  vorrückt,  um  so  häufiger  findet  sich  dieser  ausgebreitete,  aber 
nicht   hochstämmige    Baum    auf  sandigem    Meeresstrande. 

Die  anziehende  und  streng  tropische  Familie  der  Guttif'erae  ist  in 
Tenasserim  zahlreich  vertreten;  auch  wohl  durch  mehrere  Arten,  welche 
dieser  Gegend  eigentümlich  zu  sein  scheinen,  möglicherweise  aber  auch 
auf  der  siamesischen  Seite,  deren  Flora  uns  übrigens  noch  fast  unbekannt 
ist,  vorkommen  dürften.  Diese  Familie  findet  das  ihr  passendste  Clima 
in  den  niederen,  feuchtwarmen  Wäldern  von  Tenasserim;  daher  sie  auch 
an  der  Küste  von  Coromandel  und  an  der  Westküste  von  Afrika  kaum 
vertreten  ist.  Einige  Arten  sind  wegen  ihrer  Nutzbarkeit  zu  beachten. 
Das  in  Handel  gebrachte  Gummigutt  kömmt  ausschliesslich  von  Siam 
über  Singapore.  So  nahe  wir  auch  an  Siam  liegen,  so  kennen  wir  doch 
noch  jetzt  nicht  die  Pflanze,  welche  diese  Substanz  liefert.  Ich  untersuchte 
genauer  die  Gummigutt-Bäume  der  Provinz  Tenasserim,  fand  aber,  dass 
sie  von  allen  Arten,  welche  in  Dr.  Wight's  neuerlich  veröffentlichtem 
werthvollen  Werke  beschrieben  sind,  wesentlich  verschieden  sind.  Das 
Gummigutt  von  Tenasserim  stellt  nicht  nur  dem  siamesischen,  sondern 
auch  dem  von  Ceylon  (aus  Nebradendron  Cambogioides)  nach;  es  ist 
in  Wasser  weniger  löslich,  enthält  auch  mehr  flüchtiges  Oel  und  um 
3    Percent    mehr    Holzfaser. 

Von  Guttiferen  fand  ich  bisher  in  Tenasserim  4  Arten  Gamma, 
1    Art    G\j  notreit  es,    2    Arten    Mesna    und    4    Arten    CoUopliyllwn. 

Den  Burmesen  ist  die  Arzeneikraft  des  Gummiguttes  von  Tenasserim 
bekannt  und  für  sie  dürften  die  Morison'schen  Pillen  längst  aufgehört 
haben,    ein  Arcanum    zu   sein. 

9.  Januar.  Der  Sturm  legte  sich  erst  um  Mitternacht;  die  See  be- 
ruhigte sich  mit  der  Schnelligkeit,  wie  man  sie  nur  in  Tropenländern 
kennt;  so  dass  ich  es  wagen  durfte  um  10  [Ihr  Früh  den  Landungsplatz 
von  Na-lan  zu  verlassen,  nachdem  ich  zuvor  die  Aussenseite  der  Insel 
geognostisch    untersucht    hatte. 

Die  Njamain-Inselgruppe  zeigt  nichts  als  Granit,  von  dem  ich  auf 
Na-lan  keine  Spur  fand,  wohl  aber  Sandsteine  an  den  flachen  Stellen, 
secundäre  Schiefer  auf  den  Spitzen  und  Conglomerat  mit  Eisenoker  am 
Meeresstrand. 

Ich  finde  mich  in  meiner  Ansicht:  d^ss  diese  Inseln  durch  eine 
gewaltige  Erschütterung,  nicht  aber  durch  Wasserströmungen  oder  durch 
Ebbe  und  Fluth  auseinander  gerissen  worden  seien,  immer  mehr  bestärkt. 
Nachmittags  gestattete  mir  das  ruhige  Wetter  den  Besuch  einiger  ver- 
einzelter Felsen,  welche,  wie  eine  Kette  Schildwachen,  einer  hinter  dem 
andern  in  gleicher  Bichtung  standen.  Ich  kann  sie  nur  als  die  hervor- 
ragenden Spitzen  einer  in  das  Meer  versenkten  Bergreihe  ansehen;  auch 
konnte  man  in  der  That  zur  Ebbezeit  durch  das  klare  Wasser  ihre 
untermeerische   Verbindung    wahrnehmen. 

Diese  Felsen  und  kleinen  Inseln  müssen,  wenn  sie  nicht  (wie  die 
heute  beobachteten)  aus  Sandstein  und  Wacke  bestehen,  unter  dem  be- 
ständigen Andrang  der  Stürme  und  Wogen  rasch  an  Umfang  abnehmen. 
Wir  kamen  Abends  in  eine  Bucht  an  der  Ostseite  eines  (vermutlichen) 
Theiles    der   grossen   Lord    William    Bartincks-Insel. 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die    Tenasserim-Provinzen  etc.  34J> 

10.  Janaar.  Meine  Mannschaft  hielt  die  Bucht,  in  die  wir  gestern 
liefen,  nicht  für  sicher;  auch  blies  das  Wetter  noch  immer  stürmisch. 
Sie  riethen  mir  daher,  den  ersten  etwas  ruhigeren  Zeitpunkt  zu  benützen, 
um  die  Domel-Insel  zu  erreichen,  wo  sie  in  einer  kleinen  Bucht  mehr 
Schutz  hofften.  Da  ich  an  keinen  Ort  gebunden  war  und  jede  dieser 
Inseln  nach  eigener  Wahl  besuchen  konnte,  billigte  ich  ihren  Vorschlag 
und  in  etwa  2  Stunden  erreichten  wir  eine  Bucht  an  der  Westküste 
von  Domel  ungefähr  in  der  Mitte  der  Insel.  Hier  fand  ich  zum  ersten 
Male  auf  diesen  Inseln  Spuren  von  Zinn.  Nahe  an  unserem  Lagerplatz 
ergoss  sich  ein  kleiner  Bach  in  das  Meer.  Seine  Bänder  schienen  schwarz 
zu  sein  und  bei  näherer  Betrachtung  fand  sich,  dass  dieser  schwarze 
Sand  aus  lauter  kleinen  Theilchen  von  Zinnstein  bestand,  welche  das  Wasser 
von  irgend  einer  unbekannten  Stelle  herabgeschwemmt  hatte.  Die  Menge 
des  Sandes  war  nicht  gross,  doch  noch  immer  bedeutend  genug,  um  die 
Auffindung  von  derbem  oder  eingesprengtem  Zinnstein  im  Granite  hoffen 
zu  lassen.  Ich  beschloss  daher  eine  genaue  Untersuchung  der  Umgebung, 
indem  ich  den  Bach  aufwärts  gehend,  in  das  Innere  eindringen  wollte. 
Der  Boden  des  Waldes  war  jedoch  so  dick  mit  Unterholz  (Jungle)  und 
Battan-Palmen  überwachsen,  dass  der  ganze  Tag  darauf  ging,  um  einen 
2  (engl.)  Meilen  langen  Weg  längs  des  Baches  (der  ans  einem  Hohl- 
weg   herausfliesst)    auszubauen. 

11.  Jannar.  Ich  drang  heute  weiter  gegen  das  Innere  vor,  jeden 
zu  Tag  anstehenden  Stein  prüfend.  Eine  Menge  Granitblöcke  lagen  umher, 
aber  ohne  eine  Spur  von  Zinnerz;  der  Zinnsand  fand  sich  noch  in 
Spalten  und  unter  den  Steinen  des  Baches,  aber  immer  sparsamer,  je 
höher  ich  hinaufkam.  Nachdem  ich  etwa  6  (engl.)  Meilen  aufwärts  zurück- 
gelegt hatte,  verschwand  der  Bach,  ebenso  wie  der  Zinnsand.  Wir  kehrten 
nun  zurück;  meine  Leute  fast  alle  durch  die  Stacheln  der  Battan-Palme 
verletzt.  Die  zahlreichen  Arten  von  Battan-Palmen  setzen,  wie  bereits 
erwähnt,  dem  Eindringen  in  die  Wälder  das  grösste  Hinderniss  entgegen. 
Ich  habe  bis  nun  11  Arten  dieser  Palme  gesammelt;  da  ich  sie  indess 
nicht  zu  jeder  Jahreszeit  beobachtet  habe,  kann  ich  nicht  auf  mich 
nehmen,  einige  der  nützlichsten  Arten  dieser  Gattung  (welche  ebenso 
wie  das  Bambusrohr  im  Haushalte  der  Eingebornen  eine  so  grosse  Stelle 
einnimmt)    mit    systematischen    Namen    zu    belegen. 

12.  Januar.  Ich  setzte  meine  Nachsuchungen  in  entgegengesetzter 
Bichtung  fort,  beschaute  die  Granitfelsen  am  Meeresufer  und  war  glück- 
licher als  auf  meinem  Ausflug  in  das  Innere;  wenigstens  fand  ich  an 
zwei  Stellen  einzelne  Crystalle  von  Zinnstein  aus  dem  Granite  hervor- 
stehend, deren  grösster  an  J/a  Zoll  breit,  röthlichbraun  und  halbdurchsichtig 
war.  Es  ist  diess  das  erste  Mal,  dass  in  der  Provinz  Tenasserim  Zinn- 
erze anstehend  gefunden  wurden;  alles  bisher  dort  gefundene  war  Seifen- 
zinn.   Meine  Bemühungen,  mehr    davon  aufzufinden,    blieben    indess    erfolglos. 

13.  Januar.  Die  Stelle,  welche  ich  zuletzt  untersucht  hatte,  lag 
an  der  SW.  Spitze  von  Domel.  Hier  ist  eine  Landzunge  von  etwa  zwei 
(engl.)  Meilen  Breite  durch  eine  ungefähr  */,  (engL)  Meile  breite  Land- 
enge mit  dem  SW.  Ende  der  Insel  verbunden.  Ich  umfuhr  die  Land- 
zunge und  gelangte  in  eine  an  3  (engl.)  Meilen  lange  Bucht,  an  deren 
hinterster  Stelle  ich  landete.  Die  Landenge  ist  eine  Niederung,  welche 
erst  in  neuerer  Zeit  durch  Ablagerungen  entstanden  ist;  weisser  Mergel 
ist   dort   auf  Eisenstein-Breccie    gelagert   und    an    beiden    Seiten    der  Bucht 


346  Dr.  Johann  Wilh.  Helfer's 

zeigt  sich  Urgestein.  Der  Sand  am  Meeresstrande  war  durch  beigemengte 
metallische  Theile  schwärzlich  gefärbt;  ich  liess  ihn  daher  sammeln  und 
auswaschen  und  meine  Leute  brachten  davon,  im  Laufe  des  Tages,  über 
200  Pfund  zusammen.  Bei  der  Analyse,  die  ich  später  während  des  Mon- 
soon  damit  vornahm,  zeigten  sich  die  schwarzen  Theilchen  als  blosses 
Eisenoxydul,    das    vom    Magnet    leicht    angezogen    wurde. 

Ich  selbst  ging  wieder  auf  Zinnstein  aus,  über  die  Landenge,  welche 
sich  kaum  über  das  Mangrove-Gebiet  erhebt,  dann  nordwärts  längs  dem 
Meeresufer.  Ungeheure  Granitfelsen  senkten  sich  bis  an  das  sandige  Ge- 
stade herab.  Ich  fand  heute  ziemlich  viel  Mineralien,  jedoch  nichts  von 
Bedeutung,  unter  Anderem  einen  Gang  von  Leberkies  in  Granit,  den  die 
Burmesen   wegen    seiner   gelben   Farbe    für    Gold   hielten. 

14.  Januar.  Ich  setzte  meine  Untersuchungen  gegen  Osten  zu  fort, 
umschiffte  in  einem  kleinen  Boote  die  südlichste  Spite  von  Domel,  an 
welcher  eine  kleine  Insel  liegt.  Näher  gegen  Osten,  nach  dem  nächsten 
Vorgebirge  zu,  liegt  ein  Thal  und  nur  sehr  wenige  Felsen  zeigen  sich 
am  Meeresufer.  Eine  regelmässige  geognostische  Aufnahme  der  Insel  muss, 
wenn  man  nicht  etwa  auf  einen  günstigen  Zufall  rechnen  will,  erfolglos 
bleiben,  so  lang  (wie  es  gegenwärtig  der  Fall  ist)  jeder  Zoll  der  Ober- 
fläche mit  dichtem  Wald  oder  niederen  Gewächsen  bedeckt  ist.  Zinngänge, 
nach    denen   ich    eigentlich    suchte,    konnte    ich    keine    auffinden. 

Domel  ist  eine  der  ansehnlichsten  Inseln  des  Mergui-Archipels.  Der 
Name  ist  portugiesischen  Ursprungs.  Capt.  Foster  gilt  zwar  allgemein 
als  der  Entdecker  des  Mergui-Archipels ;  indess  ist  ausgemacht,  dass 
Domel  den  portugiesischen  Kauffahrern  bekannt  war,  welche  mit  Malacca 
Handel  trieben.  Die  Insel  hat  ihren  Namen  vom  Honig  (Mel),  durch  den 
sie  einen  gewissen  Ruf  erlangte,  wiewohl  kein  Beweis  vorliegt,  dass 
dieser  dort  häugfiger  vorkomme,  als  auf  anderen  Inseln  dieses  Archipels. 
Die  grösste  Länge  der  Insel  ist  22  (engl.)  Meilen;  ihre  Breite 
geht  nirgends  über  7  (engl.)  Meilen.  Domel  ist  durchaus  bergig,  im  Ge- 
gensatz zum  Festlande,  wo  Bergzüge  gleichförmig  und  stetig  mehrere 
Meilen  weit  fortlaufen;  das  Streichen  der  Höhen  auf  Domel  geht  von 
ONO.  nach  WSW.  Einige  der  kegelförmigen  Spitzen  erreichen  eine  Höhe 
von  nahe  2000  Fuss.  Die  Insel  scheint  von  jeher  unbewohnt  gewesen 
zu  sein;  wenigstens  findet  man  auf  ihr  keine  Spur  menschlichen  Fleisses. 
Dennoch  wäre  ihr  Anbau  lohnend;  mehrere  Thäler  sind  fruchtbar  und 
an  der  Ostseite  des  südlichen  Endes  liegt  eine  mehrere  Meilen  weite  Ebene. 
Die  Durchforschung  von  Domel  würde  viel  Zeit  und  Müsse  erfordern; 
am  hinderlichsten  dabei  wären  die  oben  erwähnten  Dickichte  von  Rattan- 
Palmen  und  die  Unzahl  der  verschiedenartigen  Schlingpflanzen.  Mein  oben 
erzählter  Versuch,  in  das  Innere  einzudringen,  ist  der  beste  Beweis  für 
die  Richtigkeit  dieser  Behauptung.  Wie  bei  allen  Inseln,  so  sind  auch 
hier  die  Strecken  längs  der  Küste  am  schwierigsten  gangbar;  weiter 
aufwärts    sind    die    Hindernisse    geringer,    als    man    es    vermuthen    sollte. 

Zahlreiche  Bäche  kleinerer  Art  kommen  von  beiden  Gehängen  der 
Berge  herab.  Die  Westseite  hat  tieferes  Wasser  als  die  Ostseite,  an  der 
das  Gestade  mit  Bhizophora-Wäldern  dicht  besetzt  ist.  Domel  ist  sehr 
reich  an  Wild;  Nashörner  kommen  in  Menge  vor  und  Tiger  noch  häufiger. 
Letztere  fürchtet  man  sehr,  obgleich  sie  an  der  Ostküste  der  Bucht  bei 
Weitem  nicht  so  blutgierig  sind  als  in  Bengalen  und  in  Malabar.  Die 
natürlichen   Erzeugnisse    der   Insel    bleiben    ganz    und    gar    unbenutzt;    sogar 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  347 

die    Seelongs    landen    selten    auf    ihr,     du    in    den    Südgegenden    der   Biche 
de   mar,    dem    sie    vorzugsweise    nachgehen,    reichlicher   vorkömmt. 

15.  Januar.  Heute  von  Dome!  gegen  den  Süden  zu  abgereiset.  Süd- 
lich von  Domel  vor  mehreren  kleinen  Felseneilanden  vorbei,  welche  alle 
an  Gestalt  grossen  Termitenbauten  gleichen.  Bei  grossen  Springfluthen  er- 
giesst  sich  das  Wasser  mit  grosser  Gewalt,  mit  einer  Geschwindigkeit  von 
8  Knoten,  durch  den  Kanal  zwischen  Domel  und  Sir  Frederick  Malcolm's 
Insel.  Da  wir  im  Lauf  des  Vormittags  den  Strom  nicht  zu  überwältigen 
vermochten,  mussten  wir  hinter  einer  kleinen  Insel  im  Süden  der  Bushby- 
Insel,  Schutz  suchen.  Die  Stürme  zur  Zeit  der  Moonsons  müssen  hier  sehr 
heftig  sein,  und  die  Wellen  ungewöhnlich  hoch  gehen,  wie  man  aus  den 
Spuren  sieht,  die  sie  an  der  Vegetation  zurückgelassen  haben.  Obwohl  jede 
Spalte  dem  Pflanzenleben  Nahrung  gewährt,  so  sind  doch  alle  Bäume  von 
zwerghaftem  und  verkümmerten  Ansehen.  An  einigen  Stellen  sehen  sie  aus, 
als  wären  sie  künstlich  zugeschnitten  worden ,  wie  die  zu  Versailles  zur 
Zeit  Ludwigs  XIV.  Mitunter  haben  sie  die  Gestalt  von  Buchsbäumen  mit 
gestutztem  Wipfel;  an  andern  Stellen  sehen  sie  aus  als  hätte  sie  der 
Fall  einer  Woge  seitwärts  gedrückt.  Die  eigenthümlichen  Elephanten-Fel- 
sen,  östlich  von  Domel  (von  welchen  später  die  Rede  sein  soll)  ragen 
gleich   majestätischen    Pyramiden    aus    dem    Wasser  hervor. 

Wir  landeteten  auf  der  kleinen  Insel,  wo  wir  eine  vereinzelte  Co- 
cospalme  sahen,  die  einzige  auf  allen  diesen  Tausenden  von  Inseln,  aus  welchen 
die  Regierung  bloss  durch  Bepflanzung  ihrer  Ufer  mit  Cocospalmen  ein 
bedeutendes  Einkommen  ziehen  könnte.  Ueberall  hatten  die  Seelongs  Spu- 
ren ihrer  Anwesenheit  zurückgelassen.  —  Wo  immer  diese  Leute  weilten, 
findet  mau  zweierlei  in  Menge :  höchst  lästige  Schwärme  der  gemeinen 
Stubenfliege,  die  sogleich  die  Boote  anfüllen,  und  die  Gehäuse  eines  schö- 
nen und  grossen  einschaligen  Weichthieres,  welches  offenbar  ihnen  haupt- 
sächlich zur  Nahrung  dient.  Dieses  Mollusk  ist  eine  Onchidinia  und  ist 
ihnen  nicht  nur  als  Speise  wichtig,  sondern  auch  als  Tauschartikel,  da 
es,  gleich  dem  Biche  de  Mar  nach  China  zur  Befriedigung  der  seltsamen 
Gelüste  dieses  ausnehmend  feinschmeckerisehen  Volkes  ausgeführt  wird. 
Diese  Art,  in  ihren  grössten  Exemplaren  5  Zoll  hoch  und  an  der  Basis 
eben  so  breit,  ist  am  Meeresgestade.  unter  dem  Felsen,  sehr  zahlreich. 
Zur  Ebbezeit  zieht  es  sich  nicht  in  die  See,  sondern  bleibt  zwischen  den 
Klippen;  an  günstigen  Stellen  kann  man  in  kurzer  Zeit  mehrere  Boote 
damit  anfüllen.  Ich  kostete  das  gesottene  Thier,  fand  es  aber  schwer  ver- 
daulich. Bei  den  zur  Ausfuhr  bestimmten  schneiden  die  Seelongs  den  brei- 
ten Theil  (den  Fussmuskel)  ab,  räuchern  ihn  wie  die  Holothurien  über 
Feuer  und  trocknen  ihn  an  der  Sonne.  Wir  fuhren  bei  ziemlich  schlech- 
tem Wetter  um  die  West-  und  Südkiiste  der  Sir  Fred.  Malcolm's  Insel, 
welche  ganz  aus  einem  grossen  Granitblock  mit  nur  wenigen  Stellen  zum 
Anlegen  besteht,  dann  zwischen  ihr  und  Sir  Edward  Owen's  Insel  durch 
und  übernachteten  in  einer  schönen  Bucht  am  östlichen  Ufer  der 
letztern. 

16.  Januar.  Die  Bucht  in  Sir  Edw.  Owens  Insel  gilt  für  eine  der 
besten  Stellen  im  Mergui-Archipel  für  den  Fang  von  Biche  de  Mar  oder 
Seeschnecken  (vSea-slugsu).  Ich  sah  diesen  Morgen  Hunderte  derselben 
im  seichten  Wasser,  in  Gesellschaft  von  Seeeigeln,  Seesternen,  Emerinus. 
Euryale  u.  dgl.  Sie  bewegen  sich  langsam,  scheuen  nicht  die  Gegen- 
wart  der   Menschen    und   ziehen    sich,    wenn   man  sie  berührt,  so  heftig  zu- 


^48  Ur.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

sammen,  dass  an  beiden  Seiten  die  Eingeweide  hervortreten.  Es  sind  eckel- 
hafte  Thiere,  die  bei  ihrer  Berührung  eine  erstarrende  Empfindung  her- 
vorbringen, an  dem  Finger  kleben  bleiben  und  wenn  man  sie  wegwirft, 
eine  fadige,  dem  Vogelleim  ähnliche  Materie  zurücklassen.  Einige  Arten 
wird  man  nur  mit  Mühe  los,  indem  sie  mit  ihren  mikroscopisch  kleinen 
hornigen  und  eingebogenen  Stacheln  in  die  Haut  eindringen.  Man  sagt, 
dass  ihr  Werth  nach  ihrer  grössern  oder  geringern  Klebrigkeit  bestimmt 
werde.  Man  unterscheidet  über  30  Abänderungen;  ich  selbst  konnte  deren 
nur  drei  unterscheiden :  die  grosse  weissliche,  die  am  höchsten  im  Preise 
steht,  eine  graue  mit  rothen  Flecken  und  eine  schwarze,  die  am  wenig- 
sten geschätzt  wird.  Zwei  andere  grössere  Holothurien  werden  nicht  ge- 
fangen, da  sie  in  China  keinen  Absatz  finden.  Millionen  solcher  Tbiere 
müssen  in  den  seichten  felsigen  Buchten  der  äussern  Inseln  des  Mergui- 
Archipels  leben,-  den  innern  Inseln  fehlen  sie  ganz.  Vermuthlich  vermeh- 
ren sie  sich  sehr  schnell,  da  selbst  die  gehässigsten  Seethiere  ein  Fut- 
ter verschmähen,  welches  den  verkehrten  Gelüsten  eines  überfeinerten  Vol- 
kes als  Gaumenkitzel  gilt.  Noch  ist  unentschieden,  ob  die  aphrodistisehen 
Kräfte,  welche  die  Burmesen,  und  überhaupt  alle  östlichen  Völker  diesen 
Thieren    zuschreiben,    wirklich    oder    nur    in    der    Einbildung    bestehen. 

Die  geringe  Bevölkerung  der  Seelongs  sammelt  davon  nur  soviel, 
als  sie  zum  Eintausch  ihrer  wenigen  Lebensbedürfnisse,  worunter  geistige 
Getränke  die  erste  Stelle  einnehmen,  gerade  bedarf.  Die  Chinesen  folgen 
ihnen  in  ihren  Booten  und  kaufen  ihnen  jeden  Tag  ihre  Ausbeute  ab, 
bis  sie  ihre  kleinen  Fahrzeuge  ganz  damit  gefüllt  haben;  worauf  sie  nach 
Mergui  zurückkehren.  Sobald  sie  eine  Schiffsladung  beisammen  haben, 
bringen  sie  diese  nach  Penang,  von  wo  sie  nach  Singapore  (gegenwär- 
tig der  grosse  Stapelplatz  dieses,  auf  den  chinesischen  Märkten  wichtigen 
Artikels)  verschifft  werden.  Die  einzige  nöthige  Zubereitung  beschränkt 
sich    auf   Bäuchern    und    Trocknen    an    der    Sonne. 

Ueber  die  Südspitze  von  Sir  Edward  Owen  s  Island  hinaus  leidet 
der  Mergui-Archipel  eine  fast  selten  vorkommende  Unterbrechung;  zwi- 
schen obiger  Insel  und  der  ansehnlichen  Insel  Lampee  liegt  kein  einziges 
der  sonst  so  zahlreichen  Felsen-Inselehen.  Lampee  gehört  sichtlich  einer 
andern  Bergreihe  an,  wie  schon  die  ganz  verschiedene  geognostische  Be- 
schaffenheit  anzeigt. 

Ein  gegen  Osten  gelegenes,  der  Nordspitze  von  Lampee  fast  parale- 
les  Eiland,  mit  Becht  „High  Island"  (hohes  Eiland)  genannt,  gibt  für 
einen  Umkreis  von  vielen  Meilen  einen  sehr  augenscheinlichen  Bichtungs- 
punct  ab.  Lampee  liegt  in  gerader  Bichtung  12  (engl.)  Meilen  von  Sir 
Edward    Owens  Island    entfernt,    wir    kamen    dort    spät    Abends    an. 

17.  Januar.  Die  geognostische  Bildung  von  Lampee-  oder  Sulliwans- 
Island  ist  von  der  aller  andern  Inseln  ganz  verschieden.  Auf  allen,  die 
ich  bisher  besuchte,  sind  die  Steine  geschichtet  und  alle  scheinen  mir 
dem  Uebergangs-Thonschiefer  anzugehören.  Bezeichnend  ist  ihre  Veränder- 
lichkeit und  ihr  häufiger,  meist  plötzlicher  Uebergang  in  schwarzen  Kie- 
selschiefer (Ampelit).  Indess  will  ich  nicht  bestimmt  Iäugnen,  dass  einige 
dieser  Gesteine  dem  Ur-Thonschiefer  angehören  könnten.  Grünstein-Schie- 
fer (Diabase  schistoide)  kömmt  an  verschiedenen  Stellen  vor,  nirgends  aber 
Granit  und  echter  Syenit.  Die  verschiedenen  Lager  folgen  einander  in  kur- 
zen Zwischenräumen    und    scheinen   untereinander    zu  wechsellagern. 


gedruckte   und  un^edruckte  Schriften   über  die    Tenasseriin-Provinzcn  etc.         349 

Ueberall  sind  diese  Schiefer  mit  Gängen  von  weissem  Quarz  durch- 
schnitten, welche  gegen  das  schwarze  Hauptgestein  auffallend  abstechen, 
ihre  Mächtigkeit  wechselt  von  1  Zoll  bis  2  Fuss.  In  einem  solchen  Quarz- 
gange tänd  ich  Kupferkies,  es  ist  dies  die  zweite  Stelle  in  Tenasserim,  an 
welcher  dieses  wichtige  Erz  entdeckt  wurde.  Ich  beschloss,  Lampee  zu  um- 
schiffen und  wir  lichteten  heute  Morgens  die  Anker,  um  so  mehr,  als 
wir  an  unserem  Landungsplatze  an  der  Nordspitze  nirgends  Trinkwasser 
fanden. 

Lampee  hat  eine  sehr  unregelmässige  Gestalt,  und  besteht  eigent- 
lich aus  3  zusammenhängenden  Inseln :  die  erste,  1)  (engl.)  Meilen  lang, 
von  NO.  nach  SW.  streichend ;  die  zweite  8  (engl.)  Meilen  lang,  von  NW. 
nach  SO.  laufend,  die  dritte  mit  der  zweiten  durch  eine  Landenge  von 
ya  (engl.)  Meilen  verbunden,  streicht  10  (engl.)  Meilen  lang,  genau  von 
N.  nach  S.  und  ist  an  ihrer  breitesten  Stelle  nicht  über  5  (engl.)  Meilen 
breit.  Ihre  Küsten  sind  voll  Buchten  und  Einschnitte,  besonders  die  süd- 
westliche, wo  im  seichten  Wasser  zahllose  Biche  de  Mar  leben,  daher  dort 
auch  der  mittlere  Stamm  der  Seelongs  seinen  vorzüglichsten  Sammel- 
platz   hat. 

Lampee  ist  weniger  für  den  Anbau  geeignet  als  Dome!  oder  King's 
Island,  indess  lässt  sich  darüber  kaum  von  vornhinein  ein  giltiges  Ur- 
theil  aussprechen,  da  uns  alle  Erfahrung  über  den  Wachsthum  der  ge- 
meinsten tropischen  Nutzpflanzen  fehlt;  wahrscheinlich  ist  noch  nie  auf 
der  ganzen  grossen  Insel  ein  einziger  Fruchtbaum,  eine  Coeospahne  oder 
ein  Pisangbaum  gepflanzt  worden.  Ich  übernachtete  im  einer  kleinen  Bucht 
an  der  NW.  Küste  und  sah  dort  ein  bemanntes  Boot,  das  erste  seit  mei- 
ner Abfahrt  von  Mergui.  Da  meine  Burmesen  fürchteten,  es  könnten  Malay- 
ische  Seeräuber  sein,  ging  ich  bewaffnet,  und  mit  einigen  Begleitern  zu 
diesen  Leuten  hin,  um  sie  auszufragen.  Es  waren  Malayen  im  Dienste 
Dalter  Juan's,  des  Malayeu-Häuptlings,  welcher  sich  seit  der  britischen  Be- 
sitznahme in  der  Provinz  niedergelassen  hat.  Diese  Leute  sollten  die  ess- 
baren Vogelnester,  welche  er  von  der  Begierurg  gepachtet  hatte,  über- 
wachen. 

18.  Januar.  Ich  umschulte  langsam  die  Insel  bis  zu  ihrem  westlichen 
Ende,  dann  durch  den  engen  Kanal  zwischen  ihr  und  der  nahen  Blunt's 
Insel.  Das  NW.  Gestade  ist  Wind  und  Wellen  ausgesetzt,  das  SO.  ist 
geschützt.  Sandige  Gestade  erstreckten  sich  längs  den  weniger  erhöhten, 
mit  Casuarina-Bäumen  geschmückten  Ufern.  —  Wir  legten  in  einer  tiefen 
Bucht  an,  an  der  Mündung  eines  Baches ,  der  vom  breitesten  Theil  der 
Insel    herkommt. 

Das  seichte  Wasser  und  eine  ununterbrochene  Reihe  von  Felsen  sind 
der  beste  Schutz  des  mittleren  Theils  der  Insel  gegen  die  Annäherung 
grösserer  Schilfe.  Gegen  W.  liegt  eine  Gruppe,  aus  einer  grössern  und 
6  kleinern  Inseln,  auf  der  ich  zu  übernachten  beschloss.  Spät  Abends  sah 
ich  Bauch  aus  einer  der  kleinen  Buchten  aufsteigen,  meine  Mannschaft 
meinte,  es  müssen  Seelongs  dort  lagern  und  da  ich  wünschte,  mit  die- 
sem seltsamen  Wanderstamine  in  Berührung  zu  komen,  befahl  ich  sogleich, 
hinüber    zu    fahren    und    kam    dort    nach   einer  Stunde    an. 

19.  Januar.  Ich  brachte  diesen  Tag  unter  den  Seelongs  zu.  —  Meine 
Ankunft  bei  Nacht  verbreitete  einen  gewaltigen  Schrecken  unter  dieser 
wehrlosen  Gemeinde,  da  sie  nicht  wussten  ob  ich  als  Freund  oder  als 
Feind    käme    und    sie    einen  Anfall    der  Malayen  von  Süden  her  vermutheten. 


,'{5l)  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Die  Weiber  und  Kinder  waren  in  das  Innere  geflohen  und  ihre  beste 
Hube:  Reis  und  Meerschnecken  hatten  sie  in  das  Dickicht  vergraben.  Als 
sie  entdeckten,  dass  ein  weisser  Mann  (der  erste  den  sie  je  gesehen) 
zu  ihnen  gekommen  sei,  verwandelte  sich  ihre  Furcht  in  Freude  und  die 
ganze  Gemeinde  kam  am  Murgen  Dach  meiner  Landung  zu  mir,  um  mich 
zu  begrüssen.  Es  waren  ihrer  etwa  70  Köpfe,  Weiber  und  Kinder  mit 
gerechnet,  die  auf  dem  sandigen  Gestade  ihr  Lager  aufgeschlagen  hatten. 
Jede  Familie  hatte  ein  kleines  erhöhtes  Schutzdach,  mit  Palmenblättern 
gedeckt,  aufgerichtet,  wo  alle  Mitglieder  Nachts  beisammen  hockten;  eine 
schmutzige  Versammlung  von  ärmlichem  Aussehen;  die  Weiber  eigentüm- 
liche Matten  aus  Seegras  (welche  in  Mergui  und  Maulmain  sehr  gesucht 
sind)  flechtend,  die  Kinder  (offenbar  aus  Furcht  vor  dem  Fremdling)  mit 
Hähnen,  Katzen  und  Hunden  einen  kreischenden  Chor  anstimmend.  Alles 
trug  das  Gepräge  der  äussersten  Verwirrung  und  selbst  die  Thiere  schienen 
zu  ahnen,  dass  meine  Ankunft  unter  ihnen  ein  aussergewöhnliches  Ereigniss 
sei.  Einige  dieser  Schutzdächer  sahen  wie  Fleischbänke  aus;  ihre  Haupt- 
nahrung, grosse  Stücke  von  Schildkrötenfleisch,  lagen  überall  zum  Trocknen 
an  der  Sonne  und  verpesteten  die  Luft;  Schalthiere  wurden  aus  ihren 
Gehäusen  genommen  und  wilde  Wurzeln  einer  Art  Dioscorea,  sammt  den 
übelriechenden  Schösslingen  der  Cycas  circinalis,  wurden  zum  Kochen 
vorbereitet. 

Auf  dem  Gestade  lagen  20  bis  30  gutgebaute  Boote,  leicht  wie 
Nusschalen.  —  Ihr  Boden  war  aus  einem  ganzen  Stamme,  die  Seiten  aus 
schlanken  Palmstämmen,  welche  stark  mit  einander  verbunden  und  mit 
Palmenhanf   kalfatert    waren. 

Diese  nicht  über  30  Fuss  langen  Boote  sind  die  eigentliche  Hei- 
mat des  Seelong,  ein  Ichthyophage  im  vollsten  Sinne  des  Wortes,  für  den 
die  Erde  so  wenig  Reiz  hat,  dass  er  in  ihren  Schoos  auch  nicht  ein 
Körnchen  Reis  niederlegt,  vertraut  er  sein  Leben  und  seine  geringe  Habe 
diesen  schwachen  Fahrzeugen  an ,  auf  ihnen  von  einer  Insel  zur  andern 
wandernd.  Aber  auch  die  Fischerei  liegt  bei  den  Seelongs  noch  in  der 
Kindheit,  sie  haben  nicht  einmahl  Netze,  sondern  nur  Dreizacke,  mit  denen 
sie  Haie  und  andere  Fische,  so  wie  auch  Schildkröten  spieseu.  Ausser- 
dem haben  und  kennen  sie  keine  andern  Werkzeuge,  als  das  (Dak) 
(burmesisches    Messer)    und    ihre    eigenen    Hände. 

Die  Seelongs  sind  wohlgebaut  und  sehen  gesund  aus;  ihre  Haut- 
farbe ist  dunkler  als  die  der  Burmesen.  Einige  unter  ihnen  nähern  sich 
dem  malayischen  Typus,  andere  dem  aethiophischen.  Ihre  mitunter  krau- 
sen Haare  scheinen  auf  eine  Verwandschaft  mit  Negerstämmen  hinzudeu- 
ten; möglicherweise  konnten  sie  mit  den  so  nahe  liegenden  Andamanesen 
in    Verbindung    getreten  sein. 

Ich  unterhielt  mich  durch  Vermittlung  ihres  Anführers,  der  Burme- 
sisch verstand,  den  ganzen  Tag  lang  mit  ihnen.  Ausser  diesem  und  zwei 
Andern  verstand  keiner  diese  Sprache,  ausser  ihrer  eigenen  Sprache  spra- 
chen   einige    Siamesisch,    andere    Malayisch. 

Ihr  Benehmen  zeichnete  sich  durch  Höflichkeit  und  Anstand  aus, 
sie  erzählten  mir,  dass  ihre  Kinder  meist  zwischen  dem  2.  und  6. 
Jahre  an  Krankheiten  sterben,  und  dass  die,  welche  diese  Epoche  über- 
leben, als  gesichert  betrachtet  werden.  Nach  der  Beschreibung  der 
Krankheit,    scheinen   diese  Kinder    am    Durchfall    zu  sterben,    vermuthlich   in 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  351 

Folge  der  unverdaulichen  Nahrung,  die  sie  schon  in  so  zartem  Alter  ge- 
messen. 

Die  Seelongs  kennen  gar  keine  Arzneien,  eine  seltene  Ausnahme 
unter  rohen  Völkern,  welche  allgemein  die  grösste  Menge  einfacher  Arznei- 
stoffe besitzen,  nebst  einer  Unzahl  von  Zaubermitteln  und  andern  wirkungs- 
losen Substanzen,  denen  sie  grosse  Heilkräfte  zuschreiben.  Sie  vertauschen 
ihre  werthvollsten  Produckte:  Peilen,  Ambra,  Alöeholz  u.  dgl.  für  Arzneien 
und  Zaubermittel  an  die  Chinesen.  Das  grösste  Geschenk,  dass  ich  ihnen 
nebst  geistigen  Getränken  machen  konnte,  waren  Arzneien.  Als  sie  mich 
Kaffee  trinken  sahen  und  hörten,  das  ich  dieses  schwarze  Getränk  täglich 
zu  mir  nehme,  bildeten  sie  sich  ein,  es  sei  die  vorzüglichste  Arznei  des 
„weissen  Mannes"  und  Hessen  nicht  ab,  bis  ich  ihnen  einen  guten  Theil 
davon    gegeben    hatte. 

Sie  sind  starken  Getränken  in  einem  entsetzlichen  Mass  ergeben 
und  kennen  keinen  grösseren  Genuss  als  Berauschung.  Die  Chinesen  und 
Malayen,  die  mit  ihnen  verkehren,  versehen  sie  vor  Allem  mit  Toddy  und 
nehmen  ihnen  während  der  darauffolgenden  Betäubung  alle  ihre  werth- 
volle  Habe  weg.  Da  sie  jedoch  Alles,  was  sie  brauchen,  so  leicht  wieder 
erwerben,  nehmen  sie  sich,  sobald  sie  zur  Besinnung  zurückgekehrt  sind, 
diesen    Verlust   scheinbar    sehr    wenig    zu    Herzen. 

Sie  sind  sorglos  und  träge,  nur  junge  Leute  arbeiten,  das  heisst 
sammeln  alles  ein,  was  ihnen  unter  die  Hände  kömmt;  umgeben  von  den 
reichsten  Naturschätzen,  verharren  sie  in  tiefer  Armuth.  Eine  Wiederge- 
burt dieser  Bace  wird  vermuthlich  niemals  zu  Stande  kommen,  indess 
wäre  bei  den  Seelongs  für  einen  wahrhaft  menschenfreundlichen  Missionär 
ein  schöner  Wirkungskreis  offen.  Verharren  sie  noch  lang  in  ihrem  jetzi- 
gen Zustande,  so  wird  ihr  Nähme  bald  aus  der  Beihe  der  Völker  ver- 
schwinden. Ihre  Begriffe  von  der  Gottheit  sind  sehr  unvollkommen,  sie 
glauben  an  höhere  Mächte,  ohne  damit  einen  deutlichen  Begriff  zu  ver- 
binden. Die  Unsterblichkeit  der  Seele  liegt  weit  über  ihrem  Fassungsver- 
mögen, Als  ich  sie  fragte  was  sie  meinten,  dass  nach  dem  Tode  aus  ihnen 
würde,  antworteten  sie,  sie  hätten  nie  darüber  nachgedacht,  und  fügten 
gleichfalls  als  Entschuldigung  hinzu,  „wir  sind  arme  Leute,  die  nichts  wis- 
sen." —  Sie  sind  voll  abergläubischer  Befürchtungen;  sobald  Jemand  un- 
ter ihnen  stirbt,  wird  der  Leichnam  in  das  Dickicht  getragen,  die  ganze 
Versammlung  verlässt  augenblicklich  ihre  Lagerstätte,  und  kehrt  erst  nach 
Jahren  dorthin  zurück ,  wo  dann  die  gebleichten  Gebeine  gesammelt  und  be- 
erdigt  werden. 

Ich  begleitete  eine  Gesellschaft  junger  Leute  auf  den  Fischfang;  sie 
handhabten  sehr  gewandt  den  Speer,  welcher  an  einem  20  Fuss  langen 
Bambusrohr  befestigt  ist  und  fingen  in  einer  Stunde  drei  grosse  Schild- 
kröten, zwei  Haie,  und  einige  andere  Fische.  Dann  gingen  sie  zwischen 
Felsen  Orchidia   sammeln,   welche    auf  dieser   Insel    in    Menge   vorkommen. 

20.  Janaar.  Ich  musste  nach  Mergui  zurück,  da  mein  Vorrath  beinahe 
erschöpft  war,  und  meine  Hoffnung  ihn  bei  den  Seelongs  zu  ergänzen, 
fehlgeschlagen  war.  Sie  hatten  nicht  einmahl  Beis  oder  trockene  Fische, 
und   lebten    nur   vom  Ertrage   ihres  Fischfangs. 

Ich  fuhr  an  der  Küste  von  Lampee  bis  zur  Südspitze,  durch  den 
Kanal,  welcher  sie  von  Observation -Island  scheidet,  und  dann  auf  der  ent- 
gegengesetzten Küste,  wieder  nordwärts.  Die  geologische  Beschaffenheit  wie 
die    Vegetation    bleiben    sich    überall    gleich;    die  Gewässer  seicht,  der  Bo- 


352  Dr.  Johann  Wilhelm  Hrlfer's 

den  wenig  zum  Anbau  geeignet,  ausser  etwa  am  Meeresstrand  für  Cocos- 
palmen.  Viele  Millionen  dieser  höchst  nützlichen  Palme  würden  auf  den  In- 
seln des  Mergui- Archipels  einen  ihnen  zusagenden  Boden  finden.  Ich  über- 
nachtete   an    der  Ostseite. 

21.  Januar.  Die  Entfernung  des  obern  Theils  von  Sulliwans- Island 
(Lampee)  von  dem  gegenüber  liegenden  Festlande  beträgt  10  (engl.)  Meil. 
Lampee  ist  nicht  gleich  andern  Inseln  mit  kleineren  Eilanden  oder  Felsen 
umgeben,  sondern  der  ganze  10  Meilen  lange  Raum  zwischen  ihr  und  dem 
Festland  ist  in  jeder  Richtung  offene  See,  mit  Ausnahme  der  Gregories-In- 
seln  (10°  40'  NB.)  welche  zwischen  ihrem  südlichen  Theil  und  dem  Fest- 
lande liegen. 

Diese  Gregories  sind  5  kleine  Inseln,  umgeben  von  Riffen  mit  aus- 
gedehnten sandigen  Gestaden.  Ich  fuhr  vor  ihnen  vorbei,  ohne  Gelegen- 
heit zum  Landen  zu  finden.  Sie  haben  kein  frisches  Wasser,  dessen  meine 
Mannschaft  sehr  bedurfte.  Wir  fuhren  dennoch  den  ganzen  Tag  hindurch 
nordostwärts,  bis  wir  in  der  Abenddämmerung  vor  eine  grosse  Insel  ka- 
men, welche  die  Burmesen  Coyee-ghi-oo  nennen,  wo  wir  zur  grossen 
Freude  meiner  Mannschaft  Wasser  fanden.  Die  armen  Leute  hatten  den 
ganzen  Tag  fasten  müssen,  da  sie  kein  Wasser  hatten,  um  ihre  Lebens- 
mittel zu    kochen. 

22.  Januar.  Wir  fuhren  weiter  nach  Norden  fort,  um  Boukpeen,  ein 
siamesisches  Dorf  auf  dem  Festlande  zu  erreichen,  wo  ich  Lebensmittel 
zu  erhalten  hoffte.  Ich  machte  die  Bemerkung,  dass  die-  Burmesen  die 
ganze  Gruppe  der  Inseln  in  dieser  Umgebung  (deren  Anzahl  wieder  be- 
deutend sein  muss)  unter  der  Benennung  „Coye"  begreifen,  es  mögen  ihrer 
an  50  sein.  Das  Festland  tritt  hier  nach  Osten  zurück  und  eine  geräumige 
Bucht    öffnet  sich. 

Die  Ufer  des  Festlands  sind  mit  Mangroves  bewachsen  und  Hessen 
zahlreiche  und  weite  Oeffnungen  wahrnehmen;  vielleicht  mögen  sich  hier 
verschiedene    Flüsse    in    das    Meer    ergiessen. 

Unter  10°  45'  NB.  zeigt  sich  auf  dem  Festland  ein  hoher  von  allen 
übrigen  Zügen  gesonderter  Gebirgsstock,  dessen  Höhe  wenigstens  3000  Fuss 
erreicht.  Nie  scheint  ein  menschlicher  Fuss  diesen  Theil  des  Landes  be- 
treten zu  haben,  wenn  nicht  etwa  einige  siamesische  Elephantenjäger  dort 
eingedrungen    sind. 

Wir  landeten  zur  Frühstückszeit  auf  einer  kleinen  felsigen  Insel,  wo 
ich  Gelegenheit  fand ,  eine  gute  Sammlung  von  Conchylien  zusammenzu- 
bringen. — 

Die  inneren  Inseln  sind,  im  Allgemeinen  für  dergleichen  Sammlun- 
gen nicht  günstig  gelegen,  der  Conchyolog,  der  in  europäischen  Cabinet- 
ten  die  prächtigen  Exemplare  aus  Ostindien  gesehen,  würde  sich  mit  sei- 
nen Erwartungen  im  Mergui-Archipel  sehr  täuschen.  Die  schönsten  Arten 
kommen  im  Meere  an  vereinzelten  Inseln  vor,  und  ohne  Taucher  und  Schlepp- 
netze bleibt  es  unmöglich,  mit  diesen  naturhistorischen  Schätzen  bekannt 
zu  werden.  Die  gewöhnlichsten  Arten  an  den  Gestaden  der  innern  Inseln 
sind    folgende: 

Zweischaler:  a)  an  den  Felsen:  die  bekannten  Gattungen  Mitylus, 
Pinna,  Ostrea,  b)  im  Sand  und  Schlamm:  Aspergillum,  Mya,  Solen, 
Mactra.  c)  auf  dem  Ufer  zur  Ebbezeit:  Chamo. ,  Glossus,  Cardita,  Area 
u.  s.  w.  Einschaler:  Orchidium,  Siphonaria,  Patella,  Fissur  ella,  Ha- 
liotis,    Nerita,    Natica    u.    s.    w.    Die    meisten    unter    ihnen    sind    nicht    fest 


gedruckte  und  ungedruckle  Schriften  über  die  Tcnasserim-Piovinzen  etc.  y5;} 

angeheftet  und  scheinen  sich  genau  an  den  Wasserstand  zu  halten,  indem 
sie  bei  der  Fluth  an  den  Felsen  hinaufsteigen  und  zur  Ebbezeit  mit 
dem  Wasser  wieder  zurückgehen.  Nur  wenige  Arten  bleiben  auf  den 
trocken  gelegten  Felsen  zurück;  sie  vertragen  nicht  die  Sonnenhitze, 
welche  die  Felsen  in  kurzer  Zeit  austrocknet.  Viele  suchen  ihre  Zuflucht 
in  Spalten,  andere  werden  leicht  in  den  kleinen  Wasseransammlungen  in 
den    vertieften    Stellen    der   Felsen    gefangen. 

Die  Zahl  der  schlammbewohnenden  Arten  muss  bedeutend  sein;  die 
im  Sande  vergrabenen  sind  weniger  zahlreich,  als  man  erwarten  sollte. 
Die  Burmesen  verzehren  eine  grosse  Menge  der  verschiedensten  Arten, 
weniger  die  Malayen  und  Siamesen;  die  Seelongs  beschränken  sich  auf 
einige  wenige  Arten,  die  ihrem  Geschmacke  besonders  zusagen,  die  aber 
auch    einen    Haupttheil    ihrer    Nahrung    abgeben. 

Abends    kam    ich    an    der    Einfahrt    des    Boukpeen-Flusses    an. 

23.  Januar.  Die  Einfahrt  des  Boukpeen-Flusses  ist  voll  Sandbänke, 
welche  bei  niederer  Ebbe  über  den  Wasserspiegel  hervorragen,  und 
über  welche,  wie  es  scheint,  grössere  Fahrzeuge  nicht  hinüber  könnten. 
Der  Fluss  selbst  ist  sehr  unbedeutend;  die  Gegend  nimmt  sich  von  Weitem 
sehr  einladend  aus.  Der  Boukpeen-Berg  (eigentlich  eine  getrennt  sich 
erhebende  Berggruppe)  ist  im  Sü.  der  Einfahrt  sichtbar;  er  ist  ungefähr 
3000  Fuss  hoch  und  ist  noch  nie  bestiegen  worden.  Nach  der  Beschrei- 
bung und  den  Musterstückeu  die  ich  gesehen,  besteht  er  aus  Granit,  in 
welchem    grosse    Platten    von    Talk    die    Stelle    des    Glimmers    vertreten. 

An  der  Einfahrt  des  Boukpeen-Flusses  steht  eine  Fischerhütte  und 
kleine  Fischstaketen  sind  auf  der  saudigen  Barre  vor  der  Einfahrt  auf- 
gerichtet. Man  fängt  hier  Fische  in  grosser  Menge,  so  dass  die  Fischer 
nicht  wissen,  was  sie  damit  thun  sollen  und  einen  grossen  Theil  wieder 
in  das  Wasser  werfen.  Fleissige  Besucher  der  Fischstaketen  sind  auch 
verschiedene  Thiere,  als  wüssten  sie,  dass  sie  dort  mit  leichter  Mühe 
ihre  Mahlzeit  finden.  Dergleichen  sind:  der  Alligator,  die  Fischotter  (Lutra), 
die  Beiher,  die  Falken  und  ausserdem  hunderte  von  Seemöven,  welche 
reihenweise  auf  den  Staketen  sitzen  und  mit  ihrem  glänzend  weissem 
Gefieder    den    noch  weit  entfernten  Seefahrern  die  Lage  des  Ufers  anzeigen. 

Haiflossen  werden  vorzugsweise  für  den  chinesischen  Markt  gesam- 
melt; einige  Fische  werden  mit  den  Füssen  gestampft  und  fast  ohne 
Anwendung  von  Salz  getrocknet;  die  Schwimmblasen  werden  durchgehends 
als   unnütz    weggeworfen. 

Wir  fuhren  im  Laufe  des  Tages  tlussaufwärts.  Das  Dorf  Boukpeen 
liegt  nicht  am  Hauptflusse,  dessen  Ursprung  bisher  noch  unbekannt  ist, 
sondern  an  einem  Seitenarme.  Der  Weg  in  das  Innere  ist  allmählich  an- 
steigend   und    führt    grösstenteils    durch    Mangroves. 

Ich  habe  oben  angeführt,  dass  jede  Art  des  Mangrove-Baumes  ihre 
genau  bestimmten  Standorte  hat;  einige  davon  wachsen  nur  in  salzigem 
Wasser,  andere  in  brakischem,  noch  andere  nur  in  kaltem  süssen  Wasser. 
VHeritieria  geht  unter  allen  Arten  am  Weitesten  in  das  Binnenland 
hinein  und  kömmt  am  Bande  des  Mangrove-Gürtels  vor;  die  Orte  wo 
dieser  Baum  wächst,  gelten  bereits  als  geeignet  für  den  Anbau  des  Beises. 
Der  Boden  um  Boukpeen  soll  von  der  allerbesten  Art  für  Beisbau  im 
Tieflande  sein  und  der  dortige  Reis  steht  im  Rufe,  der  schönste  in  den 
Süd-Provinzen    zu    sein.    Als    ich    den    Boden    untersuchte,    fand    ich,    dass 


354  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer' s 

fast    der    ganze    zum    Anbau    ausgesuchte     Grund     gerodeter    L Heritieria- 
Wald    war. 

Bei  dem  Dorfe  wurde  der  Fluss  so  eng,  dass  mein  Boot  kaum 
wenden    konnte   und    zur    Ebbezeit    hatte    es    kaum    einen    Fuss    Wasser. 

Diese  Ansiedlung  ist  erst  neueren  Ursprunges  und  besteht  ganz 
aus  Siamesen,  welche  sich  unter  britischen  Schutz  geflüchtet  haben.  Die 
Wahl  ihres  neuen  Wohnsitzes  ist  gut  überdacht;  nicht  nur  ist  der  Boden 
dort  sehr  fruchtbar,  auch  die  Umgebung  ist  reich  an  Zinn.  Hier  wohnen 
etwa  40  Familien,  die  eine  Fläche  von  nahe  einer  englischen  Quadratmeile 
für  den  Feldbau  gelichtet  haben.  Diese  Bevölkerung  scheint  zu  gedeihen; 
das  Aeussere  der  Männer  war  einnehmender  als  das  der  Bewohner  von 
Lennya,  mit  denen  sie  nur  wenig  zusammenkommen  und  die  sie  für  ein 
unter  ihnen  stehendes  Geschlecht  ansehen.  Die  Bewohner  von  Boukpeen 
kamen  aus  der  Halbinsel  und  da  sie  eine  gemischte  Bace  von  Malayen 
und  Siamesen  sind,  ist  ihren  Nachkommen  jenes  die  Malayen  so  auffal- 
lend bezeichnende  Selbstgefühl  eigen.  Die  sehr  ausgiebige  Ernte  wurde 
während    meines    Besuches    eingebracht. 

24.  Janaar.  Ich  untersuchte  heute  die  zinnführende  Gegend  bei 
Boukpeen.  Der  oben  erwähnte  Bach,  welcher  zu  diesem  Dorfe  führt, 
entspringt  eine  Tagreise  weit  davon,  in  einem  hohen  Bergzuge.  Dieser 
Bach  liegt  über  der  Fluthhöhe  und  ist  nur  10  bis  12  Yards  breit;  seine 
Wassermenge  wechselt  nach  den  Jahreszeiten.  Während  des  Monsoons 
ist  er  ein  reissender  Strom,  im  März  dagegen  fast  ausgetrocknet.  In 
seinem  oberen  Laufe  führt  er  Zinn,  theils  aus  dem  höher  gelegenen  Ge- 
birge, theils  als  Seifenzinn  aus  den  diluvialen  Absätzen  der  Umgebung. 
Die  Stelle,  wo  die  Siamesen  Zinn  waschen,  liegt  nur  eine  Stunde  Weges 
vom  Dorfe  ab.  Ihr  Verfahren  dabei  ist  sehr  einfach  und  genau  dasselbe, 
welches  die  Burmesen  und  Siamesen  auf  der  Halbinsel  befolgen;  sie 
waschen  den  zinnführenden  Sand  in  hölzernen  Mulden,  wie  ich  es  in 
meinem  vorhergehenden  Berichte  beschrieben  habe.  So  mangelhaft  diess 
Verfahren  auch  ist,  kann  doch,  nach  ihrer  eigenen  Aussage,  ein  fleis- 
siger  Arbeiter  täglich  12AS  bis  1BS  4AS  dabei  verdienen;  diese  Leute 
scheinen  indess  so  wenig  Arbeitslust  zu  besitzen,  dass  sie  diesen  Reich- 
thum  unbenutzt  vor  ihren  Thüren  liegen  lassen.  Das  Wenige,  was  sie 
davon  gewinnen,  wird  durch  Weiber  ausgewaschen  und  an  chinesische 
Händler  verkauft,  welche  in  ihren  kleinen  Junken  längs  der  ganzen  West- 
küste der  malayischen  Halbinsel  herumfahren,  jeden  Hafen  von  Cap  Ro- 
maina bis  Tavoy  besuchen  und  ihre  Waaren  gegen  Goldstaub,  Perlen, 
Zinn  und  Biche  de  mar  austauschen.  Diese  Leute  haben  eine  grosse 
Aehnlichkeit  mit  unseren  europäischen  Hausirern.  Ich  durchging  die  Gegend 
und  fand  das  Zinnerz  weit  verbreitet,  so  dass  die  Auswaschung  in  grossem 
Maasstabe  sehr  lohnend  sein  dürfte.  Das  Seifengebirge  hält  im  Durch- 
schnitte 6  Percent  an  Zinnerz.  Die  Körner,  oder  vielmehr  Crystalle,  dieses 
Erzes  sind  grösser  als  alle,  die  ich  bisher  gesehen,  da  das  Erz  von 
Tavoy  nur  als  kleiukörniger,  schwarzer  Sand  vorkommt.  Dieses  Letztere 
gibt  durchschnittlich  öS  Percent  metallisches  Zinn,  während  das  Erz  von 
Boukpeen  60  bis  68  Percent  liefert.  Beide  Erze  würden  bei  sorgfältigerer 
und  rationeller  Schmelzung  sicher  noch  um  8  bis  10  Percent  mehr 
liefern.  Die  Gegend  ist  eben  mit  einigen  wenigen  Hügeln,  zwischen  denen 
das  Seifenzinn  abgelagert  ist;  schwer  zu  entscheiden  ist,  wie  es  dorthin 
gekommen  und  durch  welche  Kraft  das  Urgestein,  in  welchem  es  ursprünglich 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  355 

eingeschlossen  war,  zu  Staub  zermalmt  worden.  Das  verbreitetste  Vor- 
kommen des  Zinnes,  welches  man  auf  unserer  Erde  kennt,  fällt  zwischen 
den  Aequator  und  den  14.  Grad  NB.  und  alles  deutet  darauf  hin,  dass 
dieses  Zinnerz  zum  grössten  Theil  durch  heftige  Umwälzungen  aus  dem 
Orte    seines    ursprünglichen    Fundorts    an    seinen    jetzigen   gelangt   sei. 

Der  südliche  Theil  von  Tenasserim  ist  das  eigentliche  Vaterland 
der  Lagerstromia  regia,  eines  vortrefflichen  Bauholzes.  Man  findet  diesen 
Baum  zwar  auch  in  Ostindien,  aber  bei  Calcutta  wird  er  nur  strauchartig 
und  hat  ganz  das  Ansehen  eines  Fremdlings;  in  der  Provinz  Amherst 
wächst  er  baumartig,  breitet  aber  seine  Zweige  schon  in  einer  Höhe 
von  8  bis  10  Fuss  über  der  Erde  aus.  Man  findet  ihn  dort  an  den 
Ufern  des  Attaran,  des  Guin,  des  Salween  und  im  März  und  April,  wenn 
sich  seine  grossen  lillafarbigen  Blumenbüschel  öffnen,  bildet  er  eine  der 
schönsten  Zierden  der  Wälder;  indess  erreicht  er  seine  höchste  Voll- 
kommenheit erst  im  Süden,  wo  sein  Stamm  20  bis  25  Fuss  hoch  auf- 
wächst, bevor  er  sich  in  Zweige  vertheilt  und  einen  Umfang  von  3  bis 
5  Fuss  erreicht,  er  kömmt  zwischen  10.  und  11°  Grad  NB.  vor  und 
ist  der  gemeinste  Baum  auf  den  Ebenen,  die  5  bis  7  Fuss  über  den 
Standort  der  L'Heritieria  liegen  und  zur  Zeit  des  höchsten  Monsoons 
unter    Wasser   stehen. 

Der  allgemeine  Gebrauch  dieses  Baumes  ist  bekannt;  sein  Holz  ist 
eines  der  besten  zum  Schiffbau  und  besonders  werden  seine  ausgebreiteten 
gekrümmten    Aeste   von    den    Eingebomen    und    Chinesen    gerne    verwendet. 

25.  Januar.  Ich  verliess  heute  Boukpeen  und  setzte  meine  Reise 
nach  Norden  zu  fort.  Wir  mussten  das  Steigen  der  Fluth  abwarten  da  die 
Boote   an   unserm   Ankerplatz    tief  im    Schlamme   stacken. 

Die  siamesische  Bevölkerung  scheint  für  die  britische  Regierung  sehr 
günstig  gestimmt  und  die  Dorfbewohner  sprachen  den  eifrigen  Wunsch 
aus,  dass  ihren  Verwandten  gestattet  werden  möge,  sich  dereinst  unter 
den  Schutz  der  ostindischen  Gesellschaft  zu  begeben.  Mehrere  Familien 
wandern  jedes  Jahr  ein,  aber  nur  in  beschränkter  Zahl  und  zwar  aus 
folgenden    Gründen; 

1)  Weil  in  Siam,  wie  in  Burmah  und  in  China  kein  weibliches 
Wesen   ausser   Land   gelassen    wird. 

2)  Die  Vaterlandsliebe  der  Asiaten,  vermöge  welcher  sie  nur  die 
äusserste  Tyrannei  zur  Auswanderung  bewegen  kann.  Diess  ist  indess 
weniger  der  Fall  bei  buddhistischen  Völkern  als  bei  Muhammedanern, 
bei  denen  die  Verehrung  und  Erhaltung  der  Grabstätten  ihrer  Vorfahren 
eine  der  ersten  Pflichten  der  Nachkommen  ist.  Für  die  Burmesen  und 
Siamesen  liegt  aber  das  grösste  Hinderniss  der  Auswanderung  in  ihrem 
Zweifel  an  der  Dauer  der  britischen  Herrschaft  und  in  ihrer  Unkennt- 
niss    der   anglo-indischen   Macht. 

Wir  fuhren  flussabwärts  und  während  eines  Theils  des  Tages 
nordwärts,    längs    der   Küste    des    Festlandes. 

26.  Januar.  Wir  fuhren  längs  der  Küste  Sedeing  (einer  von 
Mr.  Maingy  gegründeten  malayischen  Ansiedlung)  vorüber,  ohne  anzu- 
halten (worüber  ich  später  zu  sprechen  Gelegenheit  haben  werde)  kamen 
wegen  starken  Nordwinds  nur  wenig  vorwärts  und  mussten,  etwas  ober 
Sedeing,  auf  einer  kleinen  Insel  landen,  welche  Wet-Khiur  oder  Pig's 
Island  heisst.  Sedeing  bildet  eine  Art  Vorgebirg,  von  ausgedehntem  Seicht- 
wasser   umgeben,    so    dass    Schiffe    sich    nicht    dem    Orte    nähern    können 


350  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer'? 

und  in  dieser  Hinsicht  ist  die  Absiedlung  unglücklich  gewählt.  Etwa  10 
(engl.)  Meilen  nördlicher  öffnet  sich  eine  Bucht  gegen  Osten,  deren 
Hintergrund  dicht  mit  Mangroves  besetzt  ist  und  mehrere  Ausgänge  lassen 
es  in  Zweifel,  oh  dieser  Landstrich  zum  Festlande  gehört  oder  eine 
vorgeschobene    Insel    ist. 

27.  Januar.  Die  Fortdauer  des  starken  Windes  zwang  uns  nahe  an 
die  Küste  zu  halten,  und  ihrer  unregelmässigen  Gestaltung  zu  folgen.  — 
Man  kommt  vor  drei  Vorgebirgen  vorbei,  ehe  man  in  die  innere  Lennya- 
Bucht  gelangt.  Beim  Zurücktreten  der  Fluth  kommen  in  den  Buchten 
Wildschweine  in  Menge  an  das  Gestade,  um  die  zurückgebliebenen  Schal- 
thiere  zu  verzehren.  Keines  der  zahlreichen  wilden  Thiere  dieses  Landes 
wird  häuöger  gesehen,  als  das  Wildschwein.  Es  ist  unter  allen  Thieren 
im  wilden  Zustand,  das  in  der  alten  Welt  am  meisten  verbreitete,  und 
weiss  sich,  als  echtes  Omnivorum,  in  jede  Art  Nahrung  zu  schicken.  In 
Tenasserim  findet  man  es  auf  den  höchsten  Bergen,  wie  am  Meeres- 
strand, im  tiefen  Binnenlande  wie  auf  dem  kleinsten  Eilande,  wo  sonst  kein 
Vierfüsser  zu  sehen  ist.  Es  frisst  die  Früchte  des  Waldes,  die  Binde 
der  Bäume,  Knollengewächse,  wilden  Honig,  weisse  Ameisen,  Schalthiere 
und  Schildkröteneier.  Sein  Naturell  ändert  sich  indess;  es  ist  nicht  mehr 
das  wilde  und  ungestüme  Thier  wie  der  Eber  des  nördlichen  Europa's  und 
viel  weniger  gefährlich  als  sein  ostindischer  Gattungsverwandter.  —  Hier 
kömmt    es  meist  zwischen  dem  10.    und   15.°  NB.    vor. 

28.  Janaar.  Wir  kamen  gestern  Nachts  an  der  Oakpho-Insel  an,  und 
setzten  unsere  Fahrt  nach  Norden  fort,  legten  aber  nur  eine  kurze  Strecke 
zurück,  da  meine  Burmesen  ermüdet,  und  einige  davon  krank  waren.  Ich 
selbst    erfuhr    ein    Abeutheuer,    was    mich    für    zwei    Tage    krank    machte. 

Unter  den  zahlreichen  Arten  eigentlicher  Ameisen  (Formieae),  deren 
anziehende  Eigenthümlichkeiten  jahrelange  Beobachtungen  erfordern  würden, 
ist  eine  rothe,  4  —  5  Linien  lange,  welche  ihr  Nest  auf  Bäumen  baut. 
Sie  wählen  dazu  grosse  und  weite  Aushöhlungen,  und  man  findet  oft  an 
einem  Baume  10  und  mehr  solche  Nester,  durch  ein,  dem  Netze  der 
Spinnen  ähnliches  Gewebe  zusammengehalten,  ähnlich  den  Nestern  gewis- 
ser Baupen  (Geometrae).  —  Diese  Ameisen  leben  vorzugsweise  nahe  am 
Meeresufer  und  gehen  bis  zum  Horizont  des  salzigen  Wassers  herab,  sie 
scheinen  aber  auch  tief  im  Innern,  in  Gebirgsgegenden  vorzukommen.  Am 
häufigsten  sind  sie  im  Mangrove-Gebiet.  Es  sind  kühne,  streitbare  Thiere 
und  greifen  ohne  Bücksicht  auf  Gefahr  Alles  an,  was  sich  ihnen  in  den 
Weg  stellt.  So  wie  sie  sich  mit  ihren  kräftigen  Kiefern  in  einen  Gegen- 
stand, und  wäre  es  Eisen,  verbissen  haben,  lassen  sie  ihn  nicht  mehr 
los,  wenn  auch  ihr  Kopf  vom  übrigen  Körper  getrennt  wird.  Wer  längs 
der  Meeresufer  reiset,  kann  kaum  vermeiden,  mit  ihnen  in  Berührung  zu 
kommen ,  sie  beissen  sehr  heftig  aber  der  Schmerz  hält  meistens  nur 
wenige  Augenblicke  an  und  man  wird  bald  gegen  diese  Belästigung  gleich- 
giltig.  Als  ich  jedoch  heute  in  einen  Mangrove-Wald  eindrang,  gerieth 
ich  plötzlich  in  eine  solche  Colonie,  wohl  einige  100  Ameisen -Nester 
mochten  nach  allen  Seiten  hin  von  den  Bäumen  herabhängen.  Anstatt  um- 
zukehren, gieng  ich  einige  Schritte  vor  und  fand  an  jedem  Baume  und 
Strauche  eine  immer  grössere  Menge  dieser  Nester.  Mein  Eindringen  hatte 
bereits  alles  in  Bewegung  gebracht;  der  Boden  wimmelte  von  Ameisen 
und  ihre  anrückenden  Colonnen  machten  ein  deutliches  Geräusch  auf  den 
dürren    Blättern;    Tausende    bedeckten    die    Zweige    und    andere    Tausende 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasseiim-Provinzen  etc.  357 

kamen  aus  ihren  Nestern  heraus.  Nicht  nur,  dass  sie  schaarenweise  an 
meinen  Beinen  heraufkrochen,  auch  von  den  Bäumen  fielen  sie  auf  mich 
herab.  Ich  zog  mich  so  schnell  als  möglich  zurück,  aber  es  war  zu 
spät.  Ich  war  buchstäblich  mit  Ameisen  bedeckt,  und  hatte  Tausende  von 
Bissen  zugleich  zu  erdulden.  Ich  erinnere  mich  nicht,  je  einen  so  hef- 
tigen Schmerz  erlitten  zu  haben,  als  damals.  Ich  lief  an  das  Ufer  und 
warf  mich  in  das  Wasser,  aber  selbst  im  Salzwasser  Hessen  die,  welche 
sich  in  mich  verbissen  hatten,  nicht  los.  Zuletzt  rissen  mir  meine  Leute 
die  Kleider  vom  Leibe  und  zogen  mir  die  Köpfe  der  Ameisen  Stück  für 
Stück    aus. 

Die  Folge  dieses  Zufalls  war  ein  Fieber  und  selbst  ein  vorüber- 
gehendes Deliriren.  Meine  Leute  rieben  mich  am  ganzen  Leibe  mit  Co- 
cosnuss-Oel    ein    und   nach    wenigen    Stunden    wurde   mir   besser. 

29.  Januar.  Meine  Leute  fuhren  nach  meinem  gestrigen  Unfall 
nicht  weiter,  da  sie  meine  Besserung  abwarten  wollten.  So  heftig  der 
Schmerz  im  ersten  Augenblick  gewesen,  so  schnell  ging  er  auch  vor- 
über. Würden  diese  Ameisen  so  heftig  beissen  oder  stechen,  als  einige 
Arten  (von  denen  ein  einziger  Biss  eine  bedeutende  Geschwulst  hervorbringt) 
dieses  Landes  thun,  so  würde  die  Unzahl,  die  mich  gestern  angriff,  mich 
getödtet  haben.  Ich  fühlte  mich  heute  schon  merklich  besser,  nur  zitterte 
mir  die  Hand  beim  Schreiben,  mein  ganzes  Nervensystem  war  aufgeregt, 
ich  schwitzte  stark  und  ein  starker  saurer  Geruch  (ohne  Zweifel  von 
Ameisensäure)  verbreitete  sich  rings  um  mich.  Wir  setzten  unsere  Fahrt 
nach  Mergui  fürt,  durch  dieselben  Mangrove-Cauäle,  durch  die  ich  bereits 
von    Lennya    her    gekommen    war    und    landeten    am    I.    Februar    zu  Mergui. 

IV.  Reise.  7.  Februar  1839.  Seit  meinem  ersten  Eintreffen  in  Mergui  und 
sobald  unter  den  Eingeburnen  bekannt  wurde,  dass  ich  in  das  Land  ge- 
kommen sei,  um  mich  nach  Steinen,  Pflanzen  und  Thieren  aller  Art  um- 
zusehen, erhielt  ich  zu  verschiedenen  Malen  Besuche  von  Malayen,  Shans 
und  Burmesen,  welche  mir  alle  von  einer  Insel  des  Archipels  erzählten, 
auf  welcher  Gold  in  grosser  Menge  vorkommen  solle.  Dazu  erzählten  sie 
wundersame  Geschichten  von  Geistern  (Ndts) ,  welche  diesen  Schatz 
bewachen,  von  Stürmen,  die  sich  erheben,  sobald  sich  Jemand  erkühnt, 
das  Gold  wegzunehmen  u.  s.  w.  Es  war  für  diessmal  meine  Absicht, 
diese  Insel  zu  besuchen,  zugleich  auch  an  anderen,  die  ich  noch  nicht 
gesehen  hatte,  zu  landen.  Wo  aber  jene  Goldinsel  liege,  wusste  Niemand 
in  Mergui  und  ich  musste  mich  vorerst  nach  Boukpeen  begeben,  wo  ein 
Mann  wohnte,  der  den  Weg  dahin  kannte.  Ich  beschloss  daher,  meinen 
Beiseplan  so  einzurichten,  dass  ich  die  Ostküste  von  Domel,  Sir  Frederick 
Malkolm's  Insel  und  andere  grössere  Inseln  besuchen  konnte.  Zu  diesem 
Zwecke  verliess  ich  heute  Mergui,  kam  aber  der  ungünstigen  Fluth  wegen 
nicht    weiter    als    bis    zur    Südspitze    von    Madiamacan. 

Madiamacan,  gegenüber  von  Mergui,  ist  eine  der  bestbebauten  Stellen 
in  der  ganzen  Provinz.  Erst  seit  der  britischen  Besitznahme  wurden  dort 
Areca-Pflanzungen  angelegt;  diese  wuchsen  schnell  an,  so  dass  der  grösste 
Theil  des  dazu  geeigneten  Bodens  bereits  in  Besitz  genommen  ist.  Am 
südlichen  Ende  ist  ein  Dorf,  wo  Gnapee  bereitet  wird,  welches  mithin, 
wie  alle  Anlagen  dieser  Art,  wegen  der  verpesteten  Atmosphäre,  die  es 
umgibt,  jedem  Europäer  fast  unnahbar  ist.  Mittags  fuhr  ich  durch  den 
Canal  von  Perryghioun.  Dieser  südliche  Canal  wird  wahrscheinlich  nie  für 
grössere    Schifte    zugänglich    werden;    quer    über    von    Mazampa    liegt    eine 


358  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer'a 

grosse  Untiefe,  welche  zur  Ebbezeit  über  dem  Wasser  hervorragt  und 
fast  bis  zum  nördlichen  Theile  von  Madiamacan  reicht.  Wenn  ja  dort  ein 
genügend  tiefer  Durchgang  für  grössere  Schiffe  vorhanden  ist,  so  ist  er 
gewiss  sehr  eng  und  gewunden.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  alle  Schiffe, 
welche  von  Süden  her  nach  dem  Hafen  von  Mergui  bestimmt  sind,  in 
der   Notwendigkeit    sein    werden,    King's    Island    zu    umfahren. 

8.  Febrnar.  Ich  brachte  den  Morgen  bei  dem  Napui-Dorfe  von  Perryg- 
hioun  zu,  um  die,  im  December  vorigen  Jahres  gegen  Mazampa  zu  ent- 
deckten Eisensteine  weiter  zu  verfolgen,  und  fand,  dass  hier  wirklich  ein 
ununterbrochenes   Lager   sei    (Siehe    S.    329). 

Die  Dorfbewohner  waren  höchst  bestürzt  über  die  Blattern,  welche 
unter  ihnen  ausgebrochen  waren.  Diese  ist  unter  allen  Krankheiten  in  Te- 
nasserim  die  am  meisten  gefürchtete  und  sie  rafft  in  der  That  alljährlich 
eine  Menge  Kinder  weg.  Die  Impfung  ist  zu  verschiedenen  Malen  hier 
eingeführt  worden  und  hat  jedesmahl  fehlgeschlagen,  so  dass  die  Eingebornen 
alles  Vertrauen  zu  diesem  werthvollen  Schutzmittel  des  Menschenlebens 
verloren  haben.  Was  der  Grund  dieses  wiederholten  Fehlschiagens  sein 
könne,  vermag  ich  nicht  zu  ermitteln,  vielleicht  irgend  eine  unbekannte 
endemische  Ursache,  umsomehr  als  die  Vaccination  unter  den  südlichen 
malayischen  Völkerschaften  und  nördlich  von  Perryghioun  (in  Bengalen)  ge- 
lungen ist.  Von  Pereghiun  setzte  ich  meinen  Weg  nach  W.  fort,  kam  vor 
mehreren  kleinen  unbenannten  Inseln  vorbei,  landete  an  einer  grössern, 
nahe  an  der  Südspitze  von  King's  Island  um  die  Gesteine  zu  untersu- 
chen und  fuhr  dann  hinüber  nach  Kings  Island,  an  die  Basis  von  Kappa- 
toun,  wo  ich  früher  noch  nie  gewesen  war.  Ich  fand  dort  dasselbe  Ur- 
gestein,   das    ich    bei  meiner    letzten   Anwesenheit    bemerkt   hatte. 

9.  Februar.  Ich  fuhr  gegen  den  südlichen  Theil  von  Kings  Island, 
und  landete  um  9  Uhr  Früh  an  einer  andern  vereinzelten  Insel  von  den 
Burmesen  Yingam-Khiun  genannt,  im  Osten  des  Doun-Archipels.  Alle  Bur- 
mesen, welche  das  Meer  befahren,  besuchen  diese  Insel  wegen  ihrer 
zahlreichen  und  guten  Rattans,  mit  welchen  sie  ihre  Boote  vor  Antritt  der 
Reise  herrichten.  Sie  brauchen  sie  auch  allgemein  statt  der  Taue,  um 
den  Mast  festzuhalten  und  sie  entsprechen  diesem  Zwecke  vollkommen,  so 
lang  sie  frisch  sind.  Das  Gestein  dieser  Inseln  ist  Schiefer  mit  aufgela- 
gertem Sand,  und  eisenhaltigem  Gestein  („iron  findingstone")  Der  höchste 
Punct  dürfte  nicht  über  250  Fuss  hinaufragen.  Die  Insel  ist  vollständig 
mit  Wald  überwachsen;  mit  Ausnahme  der  Nordspitze,  wo  eine  ausge- 
dehnte   Bank    mit    zerstreuten    Felstrümmern    sich    befindet. 

Von  Yingam-Khiun  fuhr  ich  südwärts  gegen  die  nördlichste  Spitze 
der  Domel- Inseln,  die  wir  jedoch  nicht  erreichten,  da  wir  genöthigt 
waren,  bei  einem  felsigen  Granit-Eiland  im  Norden  anzulegen.  Die  See 
ging  sehr  hoch  und  kaum  war  die  Sonne  untergegangen,  als  ein  Sturm 
mit  jener  in  dem  Golf  von  Bengalen  so  wohlbekannten  Schnelligkeit 
losbrach  und  die  phosphorescirenden  Wogen  aufschwellte.  Unsere  kleinen 
gebrechlichen  Boote  waren  zwischen  den  Klippen  gefährdet,  die  hölzernen 
Anker  wollten  nicht  halten  und  wir  wurden  gegen  den  Strand  getrieben. 
Die  Mannschaft  ruderte  zwei  Stunden  lang  mit  grosser  Ausdauer,  um 
sich  vom  Strande  fern  zu  halten.  Glücklicherweise  halten  diese  Wind- 
stösse  nicht  lange  an:  nach  einer  halben  Stunde  legte  sich  der  Sturm, 
indess  war  das  zweite  Boot  an  eine  Klippe  getrieben  worden  und  hatte 
dort    sein    Steuerruder    verloren. 


gedruckte  und  imgedruekte  Schriften  über  die  Tcnasseiim-Provinzeii  etc.  359 

10.  Februar.  Die  nothwendigste  Verrichtung  am  heutigen  Morgen 
war  die  Herstellung  eines  neuen  Steuerruders.  Zu  diesem  Zwecke  wurden 
Abtheilungen  in  den  nahen  Wald  gesendet,  um  eine  Baumart  („a  certain 
Kind  of  Tincr!")  aufzusuchen,  welche  an  ihrem  unteren  Theile  in  der 
Gestalt  von  Brettern  wächst.  Ein  solcher  Baum  wurde  glücklich  aufge- 
funden, ein  natürliches  Brett  davon  abgehauen  und  durch  einige  Bear- 
beitung mit  dem  burmesischen  Messer  in  ein  Steuerruder  umgestaltet. 
Nach  dieser  Arbeit,  die  einen  Theil  des  Tages  wegnahm,  fuhren  wir 
längs  der  Westseite  von  Domel  gegen  Süden.  Die  Insel  Domel  ist  20 
(engl.)  Meilen  lang;  südlich  von  ihr  liegen  drei  Inseln,  durch  enge, 
kaum  einige  100  Yards  breite  Canäle  getrennt  und  offenbar  zu  Domel 
gehörig,  da  ihr  Gestein  (Granit)  genau  dasselbe  ist,  wie  das  von  Domel. 
Wir    übernachteten    in    einer    der    östlichen    Buchten    der    erstem    Insel. 

11.  Februar.  Wir  fuhren  längs  der  Ostseite  der  drei  Inseln  gegen 
den  nördlichen  Theil  von  Domel  und  drangen  in  die  engen  Canäle  ein, 
da  ich  mich  überzeugen  wollte,  ob  diese  Inseln  wirklich  von  einander 
gesondert  seien.  Zwischen  Domel  und  der  nördlichsten  der  3  Inseln, 
ist  der  Canal  an  einer  Stelle  nicht  über  70  Yards  breit;  etwas  breiter 
ist  er  zwischen  dieser  und  der  zweiten  Insel.  Zwischen  der  zweiten  und 
der  dritten  ist  der  Canal  etwa  3/4  (engl.)  Meilen  breit;  gegen  Osten 
sind  7  felsige  Eilande  zerstreut,  welche  gerade  vor  der  Einfahrt  liegen. 
Die  Fluth  strömt  durch  diese  Canäle  mit  Gewalt  ein.  Alles  ist  Granit 
mit  Hornblende  und  von  Grünstein-Gängen  durchsetzt.  Ich  untersuchte 
die  Gesteine  ganz  genau,  in  der  Hoffnung  Zinnerz  zu  finden,  aber  umsonst; 
auch  war  es  eine  andere  Abart  des  Granites  als  die  gewöhnliche  zinn- 
haltige. So  weit  meine  Beobachtungen  reichen,  vertritt  bei  dem  zinnfüh- 
renden   Granit    die    Hornblende    nicht    die   Stelle    des    Glimmers. 

Einen  meiner  Leute  traf  heute  ein  Unfall.  Während  wir  Rast  hielten, 
entdeckte  einer  der  Burmesen  ein  Bienennest  auf  einem  Baumaste.  Alle 
Eingebornen  sind  grosse  Liebhaber  von  Honig,  den  sie  sehr  häufig  in 
den  Wäldern  finden  (drei  Arten  der  Gattungen  Apis  bereiten  ihn);  sie 
haben  mithin  reichliche  Gelegenheit,  ihr  Gelüste  darnach  zu  befriedigen. 
Der  Mann  bestieg  furchtlos  den  Baum,  da  er  wusste,  dass  das  Nest  einer 
kleinen  unbestachelten  Art  gehöre,  welche  den  besten  Honig  bereitet. 
Kaum  war  er  den  Baum  zur  Hälfte  hinaufgeklettert,  so  stürzte  er  mit 
einem  lauten  Schrei  herab.  Seine  Gefährten  eilten  ihm  zu  Hilfe,  aber 
liefen  zurück,  laut  rufend,  man  müsse  sich  in  die  Boote  flüchten.  Man 
nahm  einen  Feuerbrand,  wickelte  ihn  in  dürres  Gras,  so  dass  er  einen 
starken  Rauch  gab  und  wagte  es,  so  ausgerüstet,  dem  laut  stöhnenden 
Gefährten  wieder  zu  Hilfe  zu  kommen.  Dieser  war  beim  Hinaufklettern 
unwillkürlich  an  ein  Wespennest  gerathen.  Diese  Wespen  fressen  den 
Honig  und  die  Bienen  selbst  auf  und  finden  sich  daher  oft  in  der  Nähe 
ihrer  Nester  ein.  Diese  Art  gilt  für  die  gefährlichste  unter  allen  Wespen 
dieses  Landes  und  ist  mehr  gefürchtet  als  die  Schlangen  oder  irgend 
ein  arideres  giftiges  Thier.  Der  arme  Mann  hatte  nur  zwei  oder  drei 
Stiche  auf  dem  Rücken  erhalten,  an  denen  er  jedoch  wenigstens  8  Tage 
zu  leiden  hatte;  er  fieberte  und  empfand  Lust  zum  Erbrechen.  Seine 
Gefährten    legten    ihm    Chunam    mit    Sesamöl    auf   die    Wunden. 

Das  Beispiel  eines  Mannes  in  meinem  Dienste  beweiset,  dass  die 
Eingebornen  die  Gefahr  nicht  übertrieben  schildern.  Diesen  Mann  brauchte 
ich,    um    Thiere    für    meine  Sammlung    zu  schiessen.    Er  erblickte  ein    Wes- 

Mittheilungen  .1er  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Hand  3.  lieft.  y 


360  Dr.  Johann  Wilh.  Helfer's 

pennest  und  feuerte  aus  Muthwillen  hinein.  Die  so  gestörten  Wespen 
erreichten  ihn,  bevor  er  sich  in  Sicherheit  gebracht  hatte;  eine  stach 
ihn  in  die  Lippe,  zwei  in  den  Hals.  Sein  Kopf  schwoll  übermässig  auf 
und    am    dritten    Tage    starb    er   im    Krankenhaus    an    Erstickung. 

Wir  blieben  heute  in  einer  Bucht  zwischen  der  NO.  Spitze  von 
Domel    und    dem    ersten    (unbenannten)    Eiland. 

12.  Februar.  Wir  fuhren  südwärts  längs  der  Ostküste  von  Domel. 
Diese  Insel  ist  hier  durch  einen  etwa  4  (engl.)  Meilen  breiten  Canal 
von  der  östlich  liegenden  Insel  Kitheraing  getrennt;  dieser  Canal  ist  aber 
zur  Ebbezeit  nichts  als  eine  Schlammbank,  welche  sich,  vorzüglich  gegen 
Norden,  auf  eine  Länge  von  ungefähr  10  (engl.)  Meilen  und  in  einer 
Breite  von  mehreren  Meilen  erstreckt.  Zur  Ebbezeit  bleibt  ein  etwa 
1  (engl.)  Meile  breiter  Canal  den  Schiffen  zum  Durchgang  offen.  Es 
scheint  ein  verwickelter  Durchgang  zu  sein,  aber  die  chinesischen  Junks, 
welche    von    Penang    kommen,    benützen    ihn. 

Die  Ostküste  von  Domel  ist  meist  mit  Mangroves  überwachsen  und 
desshalh  ist  es  schwer,  sich  ihr  zu  nähern.  Ich  landete  dort  nicht,  son- 
dern   setzte    meine    Fahrt    bis    zum    ersten    Elephanten-Felsen    fort. 

Massen  von  reinem  crystallinischen  Kalk  steigen  bis  auf  die  Höhe 
von  mehreren  100  Fuss  steil  über  die  Wasserfläche  empor.  Ihre  Er- 
scheinung ist  um  so  unerwarteter,  als  ringsherum  keine  Spur  von  Kalk- 
stein zu  sehen  ist.  Es  sind  in  Gängen  anstehende  Massen  voll  Klippen 
und  Spitzen,  ohne  eine  Spur  von  Zersetzung,  aber  doch  nicht  pflanzenleer. 
Die  dort  wachsenden  Pflanzen  sind  theilweise  von  denen  der  benachbarten 
Inseln  verschieden;  ein  Beweis  des  grossen  Einflusses  der  geognostischen 
Bildung  auf  die  Vegetation.  Caclus  erscheint  hinter  dem  Gebüsche;  das 
Ganze  hat  ein  mehr  afrikanisches  Ansehen.  Die  Basis  dieser  merkwürdigen 
Felsen  ist  vom  Wasser  ausgewaschen,  so  dass  es  bei  der  Ebbe  das  An- 
sehen hat,  als  ständen  sie  auf  bedenklich  unterhöhlten  Fussgestellen.  Sie 
haben,  wie  alle  Kalkfelsen,  eine  Menge  Tropfsteinhöhlen,  welche  gleich 
riesenhaften    Schornsteinen,    gegen    den    Gipfel    zu    Tag    ausgehen. 

Ich  landete  am  zweiten  dieser  Felsen  und  versuchte  ihn  zu  ersteigen; 
die  Felsstiicke  waren  aber  so  scharf,  dass  sie  mir  die  Schuhe  zer- 
schnitten. Indess  erreichte  ich  eine  150  Fuss  hohe  Erhöhung  und  fand 
jenseits  derselben  ein  mit  Wasser  gefülltes,  kraterähnliches  Becken,  welches 
durch  einen  unterirdischen  Gang  mit  dem  Meer  in  Verbindung  stand 
und    voll    Fische    war,    welche    Forellen    ähnlich    sahen. 

Der  Ueberlieferung  nach  bezog  vor  einigen  100  Jahren  die  siamesische 
Begierung  bedeutenden  Ertrag  aus  diesen  Felsen.  Ihre  Höhlen  waren  damals 
voll  essbarer  Vogelnester.  Seitdem  ist  die  Schwalbe  nach  und  nach  ver- 
schwunden und  gegenwärtig  sind  die  nördlichen  Felsen  gänzlich  verlassen  und 
die  südlichen  liefern  nur  noch  eine  unbedeutende  Menge  dieser  Nester. 
Die  Schwalben  verlassen  diese  Gegend,  um  sich  anderwärts  anzusiedeln, 
nicht  weil  sie  zu  sehr  von  Menschen  gestört  werden,  sondern  weil  sie 
dort    nicht    mehr    die    passenden    Nahrungsmittel    und    Baumaterialien    finden. 

An  den  nördlichen  Felsen  war  kein  Ankerplatz  zu  finden ;  wir  fuhren 
desshalb  weiter  nach  den  südlichen,  wo  eine  kleine  sichere  Bucht  vor- 
handen sein  soll.  Die  Nordseite  der  südlichen  Felsen  steigt  mehrere 
100  Fuss  hoch  fast  senkrecht  an,  und  ihr  Ansehen,  wie  ihre  Vegetation, 
ist  von  Allem    verschieden,  was  ich  bisher  in  diesem  Archipel  gesehen  habe. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim  Provinzen  etc.  3(J1 

13.  Februar.  Am  Morgen  langte  ich  in  der  kleinen  Bucht  der  süd- 
lichen Elephanten-Felsen  an.  Mehrere  Kalkmassen  (zusammen  7  bis  8) 
steigen  steil  aus  dem  Meere  empor  und  gleichen  aus  der  Ferne  einer 
mit  gothischen  Gebäuden  bedeckten  Insel.  Diese  Felsen  haben  wenig 
Vegetation,    ausser    in    den    Spalten     und    das    Gehen    darauf    ist    unmöglich. 

Auf  dem  Eilande,  an  dem  wir  landeten,  fanden  wir  in  einer  Hütte 
10  Malayen  zur  Bewachung  einer  Höhle  mit  Vogelnestern.  Die  Höhle  ist 
nur '  zur  Ebbezeit  zugänglich  und  zur  Fluthzeit  durch  das  Wasser  ge- 
schlossen; indess  können  die  Schwalben  durch  kaminartige  Gänge,  welche 
einige  100  Fuss  über  den  Meeresspiegel  liegen,  hinein  und  hinaus 
gelangen.  Die  Sehwerkzeuge  dieser  Vögel  müssen  eigenthümlich  gebaut 
sein,  denn  die  Höhlen  sind  stockfinster  und  die  Nester  sind  vorzugsweise 
in  den  dunkelsten  Schlupfwinkeln  angelegt.  Die  Malayen  waren  beschäftigt, 
Leitern  zum  Sammeln  der  Nester  zu  verfertigen,  da  die  erste  Einsamm- 
lung in  8  Tagen  vor  sich  gehen  sollte.  Eine  natürliche  Erleichterung 
dieser  Arbeit  gewährt  ihnen  eine,  auf  dieser  Insel  wachsende  Art  von 
Bambus  mit  starken  dornigen  Anhängen,  welche  sie  abschneiden  und  zu 
Leitern  mit  Sprossen  verarbeiten.  Die  Malayen,  welche  die  Höhle  bewachten, 
kamen  von  Penang,  sie  hatten  die  Nester  auf  eine  Jahreszeit  für  800 
Bupien  von  Dalti  .Tuen  gekauft,  demselben,  der  sie  von  der  Begierung 
in  Pacht  genommen  hatte.  Die  Nester  sind  von  geringer  Güte,  die  weisse 
Sorte  kommt  hier  nicht  vor;  was  die  Behauptung  bestätigen  würde,  dass 
die  Fähigkeit  der  Schwalben  zum  Bau  von  Nestern  erster  Qualität  an 
einer  und  derselben  Stelle  sich  nur  auf  einige  Jahre  beschränkt  und 
dass  sie  diese  Stellen  verlassen,  sobald  das  nahe  Meer  ihnen  nicht  mehr 
die    hierzu    nöthigen    Materialien    liefert. 

Die  Malayen  bereiteten,  was  man  ein  Garum  nennt  und  im  östlichen 
Archipel  zu  den  Leckerbissen  gehört.  Sie  gruben  eine  Menge  Muscheln 
(Tellina),  welche  hier  in  Menge  leben,  aus  dem  Boden  und  bereiteten 
sie  auf  eine  mir  unbekannte  Weise  zu,  wobei  sie  mich  versicherten, 
dass  diese  Art  das  beste  Boccasar  liefere,  welches  sie  in  Penang  ver- 
kaufen. Sie  hatten  bereits  mehrere  grosse  Krüge  mit  dieser  Leckerei  an- 
gefüllt. Die  Burmesen  scheinen  dieses  Nahrungsmittel  nicht  (wenigstens  nicht 
in  Tenasserim)  zu  kennen,  welches  die  Holländer  zu  Batavia  als  Sauce 
u.  dgl.  so  hoch  schätzen,  da  es  den  Buf  hat,  die  Esslust  auf  das  kräf- 
tigste   zu    erregen    und    die    Verdauung    ganz   vorzüglich    zu    erleichtern. 

Von  den  Elephanten-Felsen  segelten  wir  NOwärts  nach  einer  grossen 
an  12  (engl  )  Meilen  entfernten  Insel  und  erreichten  sie  bei  Sonnen- 
untergang. 

14.  Februar.  Diese  Insel  ist  noch  unbenannt;  einige  Burmesen  nennen  sie 
Aleruang-Khina;  Andere  geben  derselben  den  Namen  einer  eben  so  grossen 
südlicher  gelegenen  Insel,  welche  auf  Cap.  Boss's  Karte  „Sir  C.  Mal- 
colm^ Island  heisst.  Da  diese  Insel  nicht  ohne  Wichtigkeit  ist,  werde  ich 
hier    ihre    Lage    bestimmter    angeben. 

Im  Süden,  gegenüber  von  Pelliles  an  dem  südlichsten  Theil  von 
Kitheraing.  Im  NNW.  etwa  12  (engl.)  Meilen  von  Sedeing;  NO.  von 
der  Einfahrt  des  Boukpeen-Flusses  an  17  (engl.)  Meilen;  im  NNO.  von 
Sir  C.  Malcolm's  Island  etwa  6  (engl.)  Meilen;  im  SO.  der  Elephanten- 
Felsen  etwa  12  (engl.)  Meilen.  Die  Mitte  der  Insel  liegt  genau  im  Osten 
der   äussersten    Spitze    von    Domel. 

y* 


362  Dr.  .Johann  Wilhelm  Helfer's 

Hier  enden  mit  Einemmal  die  granitischen  Gebilde.  Zahlreiche 
Abänderungen  geschichteter  Gesteine  wechsellagern  wieder  auf  einer  Un- 
terlage von  Glimmerschiefer.  Die  eigentliche  Wichtigkeit  der  Insel  beruht 
auf  ihrem  Reichthum  an  Eisen.  Ein  kleines  Eiland  an  ihrer  Südspitze 
ist  über  und  über  mit  guten  Eisenerzen  bedeckt.  Indem  ich  diese  Spuren 
an  der  gegenüberliegenden  Seile  verfolgte,  fand  ich,  dass  sich  die  Erze 
längs  des  Ufers  über  etwa  1  (engl.)  Meile  erstreckten.  Es  ist  theils 
dichter,  theils  faseriger  Roth-Eisenstein,  mitunter  auch  Thon-Eisenstein. 
Was  ich  anderswo  gesagt  habe,  gilt  auch  für  diese  Oertlichkeit.  Alles 
aufgefundene  Eisen  hat  das  Ansehen  eines  pseudo-vulkanischen  Productes; 
an  einigen  Stellen  gleicht  es  äusserlich  einer  Lava.  Man  kann  sich  den 
besten  Begriff  von  diesen  Erz-Lagerstätten  machen,  wenn  man  annimmt, 
ein  Strom  geschmolzenes  Eisen  habe  sich  über  andere  Gebilde  ergossen 
und  Bruchstücke  davon,  einige  geschmolzen,  andere  unverändert,  in  seinem 
gewaltigen  Laufe  mit  sich  gerissen.  In  der  Eisenstein -Breccie  dieser 
Gegend  linden  sich  mitunter  viele  zentnerschwere  Blöcke  von  reinem 
Eisenoxyd  und  andere  mit  häufig  eingemengten  fremdartigen  Substanzen. 
Die  Provinzen  von  Tenasserim  könnten  für  sich  allein  mit  Leichtigkeit 
den  ganzen  Bedarf  an  Eisen  decken,  den  schon  Ostindien    so  sehr  bedurfte. 

Nach  vollendeter  Untersuchung  setzte  ich  meinen  Weg  nach  der 
Einfahrt  des  Boukpeen-Fhisses  fort  und  landete  spät  Abends  mit  günstigem 
Winde    nicht    weit    davon. 

15.  Febrnnr.  Ich  musste  bei  dem  Boukpeen-Flusse  anlegen,  weil  in 
dem  nahen  Dorfe  der  Mann  wohnen  sollte,  der  am  Besten  mit  der  Oert- 
lichkeit der  Gold-Insel  bekannt  sei.  Ich  schickte  flussaufwärts  nach  ihm 
und  erwartete  ihn  an  der  Einfahrt.  Inzwischen  ging  ich  dem  Meere 
entlang,  um  die  Gesteine  zu  untersuchen.  Die  Sandbänke,  welche  Bouk- 
peen  umgeben,  sind  zur  Ebbezeit  solchen  Ausflügen  nicht  günstig.  An 
vielen  Stellen  der  Küste  sind  die  Felsen,  wo  sie  aus  der,  in  dieser 
Gegend  so  gemeinen  Breccie  oder  Eisen-Conglomerat  bestehen,  durchge- 
hends  von  zahlreichen  Bohrmuscheln  (Pholas)  durchlöchert.  Die  Arbeit 
dieser  Schal thiere  geht  stetig  vor  sich  und  an  manchen  Stellen  sind 
davon  die  Gesteine  so  zellig  geworden,  dass  sie  in  Stücke  zerbröckeln. 
Die  Behauptung  berühmter  Naturforscher :  dass  diese  Muscheln  vor  der 
Verhärtung  der  Steine  in  diese  gelangen,  könnte  ich  nach  dem,  was  ich 
an    der    Küste    von    Tenasserim    selbst    gesehen    habe,    leicht    abläugnen. 

Der  Führer  nach  der  Goldinsel  kam  im  Laufe  des  Abends  an  und 
gleich    darauf   gingen    wir    unter    Segel. 

16.  Febraar.  Die  Goldinsel  sollte  weit  nach  Westen,  fast  parallel 
zu  Boukpeen,  liegen.  Ohne  zu  wissen,  wohin  ich  zu  gehen  im  Begriffe 
war,  üherliess  ich  mich  der  Führung  meiner  Mannschaft,  welche  sich 
von  dieser  Fahrt  goldene  Berge  versprach.  Da  wir  nun  nach  Westen 
fuhren,  kamen  wir  nur  langsam  vorwärts,  indem  der  Wind  in  dieser 
Jahreszeit  meist  von  NW.  kommt.  Meine  Mannschaft  ruderte  sehr  ange- 
strengt und  wir  kamen  gegen  Abend  bei  Sir  Charles  Malcolm's-Insel  an, 
welche   15  (engl.)  Meilen   lang  und  nirgends   über  2  (engl.)  Meilen  breit  ist. 

Da  ich  gerade  zur  Ebbezeit  ankam,  hatte  ich  Gelegenheit,  eine 
Menge  interessanter  Seethiere  zu  sammeln,  Im  sie  nicht  wieder  weg- 
werfen zu  müssen,  wie  das  letzte  Mal,  verfertigte  ich  mir  aus  Bambus 
ein    kleines    Floss,    auf   das    ich    die    Zoophyten    befestigte    und    das    ich     in 


gedruckte   und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserun-Provinzen  etc.  303 

solcher  Entfernung,    dass    der  üble  Geruch  meiner  Mannschaft  nicht  schaden 
konnte,    durch    das    Boot    fortschleppen    liess. 

Madreporen  waren  auf  dieser  Insel  ziemlich  selten,  um  so  mehr 
fand  ich  aber  schöne  Formen  von  Sertularia,  Gellularia,  Plumatella, 
Flustra    und    dergleichen. 

17.  Februar.  Ich  fuhr  längs  der  Westküste  von  Sir  Ch.  Malcolm's- 
Insel,  welche  weniger  felsig  ist  als  die  östliche  und  einige  vortreffliche 
Stellen  für  den  Anbau  zu  besitzen  scheint.  Eisenerze  erscheinen  auch 
hier,  aber  von  minder  guter  Beschaffenheit  als  das  der  unbenannten  Insel 
im    Norden. 

Gegen  Mittag  fuhren  wir  zu  einer  kleinen  Insel,  welche  eigentlich 
nur  ein  mit  Sand  und  Trümmern  von  Schalthieren  bedecktes  Felsenriff 
ist.  Dieses  Biff  liegt  jetzt  15  Fuss  über  dem  Meeresspiegel  und  ist 
zum  Theile  mit  Pflanzen  überwachsen.  Kaum  waren  meine  Leute  gelandet, 
so  zerstreuten  sie  sich  sehr  schnell  über  das  ganze  Eiland,  Alle  ent- 
weder mit  spitzen  Stöcken  von  hartem  Holz  oder  mit  den  Ladstöcken 
meiner  Flinten  bewaffnet  Sie  waren  alle  nach  Schildkröteneiern  gegangen 
und  nicht  ohne  Erfolg;  nachdem  sie  eine  Stunde  lang  gegraben,  kamen 
sie  mit  etwa  2000  dieser  Eier  zurück,  welche  von  den  Zurückgebliebenen 
mit  lautem  Beifallsruf  empfangen  wurden.  Schildkröten -Eier  gelten  mit 
Becht    als    eine    der    küstlichsten    Erquickungen    für    ermüdete    Seeleute. 

Bei  ihrer  Jagd  merken  sie  aufmerksam  auf  die  Spur,  welche  die 
schwerfallige  Schildkröte  zurüeklüsst,  wenn  sie  sich  zurück  in  das  Meer 
schleppt.  Dieser  Spur  folgen  sie  auf  der  Saudbank  und  bohren  dann  mit 
ihren  spitzigen  Stöcken  in  den  Saud.  Sie  richten  sich  nach  der  Festig- 
keit des  Sandes  oder  nach  der  Feuchtigkeit  aus  durchbohrten  Eiern,  die 
sich  an  den  Stock  hängt,  graben  dann  mit  den  Händen  weiter  und  finden 
meist    in   jedem    Loche    90    bis    130    Eier. 

Die  Eier  waren  rund  oder  vielmehr  plattgedrückt  wie  eine  Orange, 
etwa  1%  Zoll  im  Durchmesser  und  ihr  Geschmack  übertraf  den  jener 
Eier,  welche  ich  früher  einmal  am  Salween-Flusse  versucht  hatte,  wo 
die  Sandbänke,  welche  die  Schildkröten  besuchen,  von  der  Begierung 
regelmässig    verpachtet    werden. 

Ich  frug  nach,  von  welcher  Art  diese  Eier  kämen  und  ich  erfuhr, 
dass  es  die  Eier  der  Chelonia  bricaia  seien,  der  werthvollesten  von 
Allen,  weil  sie  das  berühmte  Schildkrot  liefert,  welches  zu  so  hohem 
Preise  zu  Singapore,  dem  Hauptmarkt  für  diesen  Artikel  in  den  ostindischen 
Meeren,    verkauft    wird. 

Diess  brachte  mich  auf  den  Gedanken:  ob  es  nicht  thunlich  wäre, 
die  Legezeit  dieser  Thiere  zu  erspähen,  ihre  Brutplätze  aufzumerken  und 
sie  mit  einem  kleinen  Gehege  zu  umgeben,  um  ihre  Rückkehr  in  das 
Meer  zu  verhindern;  dann  aber  sie  zu  fangen  und  sie  in  Teichen  am 
Meeresstrande  so  lange  zu  halten,  bis  ihre  Schale  den  gehörigen  Um- 
fang erreicht  hat.  Die  Felsenrifl'e  waren  mit  Zoophyten  bedeckt;  ich 
konnte  mir  nicht  das  Vergnügen  vers.igen,  sie  am  nächsten  Morgen  zu 
beobachten  und  blieb  desshalb  die  Nacht  über  bei  diesem  Eiland  vor  Anker. 
Bald  nach  eingebrochener  Nacht  geriethen  alle  Bäume  der  Insel  in 
Bewegung  und  viele  Tausende,  ich  könnte  wohl  sagen  mehrere  Hundert- 
tausende, fliegender  Fische  zogen  in  ununterbrochenen  Schaaren  dem 
nahen    Festlande    iw. 


3Üi  Dr.  Johann  Wilhelm   Helfer's 

18.  Februar.  Die  Grundlage  des  Felsens,  auf  welchem  jene  wunder- 
bare Welt  von  Pflanzen-,  Weich-  und  Krustenthieren  sass,  war  Eisenstein- 
Conglomerat.  Unter  den  vielen  Tausenden  von  Inseln  ist  auch  nicht  ein 
Riff  von  Madreporen  aufgebaut  worden.  In  der  That  besteht  keine  Insel, 
welche  ganz  von  diesen  Thieren  aufgebaut  worden  wäre;  sie  vermögen 
nur  auf  einer  Grundlage  von  fester  Substanz  ihren  Bau  aufzuführen,  bis 
er  zum  Horizont  der  Ebbe  aufsteigt.  Wie  sonderbar  waren  die  durch- 
löcherten Porites,  die  becherförmigen  Curiopliyllia ,  die  Anthophyllitae, 
die  schöngefärbte  Millepora  violacea;  wie  seltsam  die  Agaricia,  welche 
wie  ausgegossener  Schleim  aussah  u.  s.  w.  Auf  sehr  wenigen  Inseln 
mag  eine  so  reiche  Vereinigung  der  verschiedensten  Formen  vorkommen, 
wie  auf  dieser.  Ich  blieb  bis  gegen  Mittag,  dann  segelten  wir  ab  und 
erreichten,  mit  sehr  geringem  Wasservorrath,    das  südliche  Ende  von  Domel. 

Meine  Leute  fürchteten  sich  sehr  der  Tiger  wegen  dem  grossen 
Bache  nach  durch  ein  Thal  aufwärts  zu  gehen;  sie  zündeten  Fackeln  an 
und  machten  einen  gewaltigen  Lärm  mit  getrockneten  Bambusröhren,  kamen 
aber    unversehrt    zu    den    Booten    zurück. 

19.  Februar.  Von  Domel  fuhren  wir  diesen  Morgen  nach  Bushby's 
Insel  hinüber.  Diese  Insel,  3  (engl.)  Meilen  lang  und  ebenso  breit,  ist 
eigentlich  ein  gewaltiger  Fels,  dessen  Seiten  an  seinen  vier  Ecken  gegen 
das  Meer  steil  abfallen.  Das  Innere  ist  schwer  zugänglich,  voll  Abhänge, 
Spalten  und  Klüften  und  überall  mit  hohem  Wald  bewachsen.  Mit  Mühe 
kam  ich  an  der  Nordseite  eine  (engl.)  Meile  weit,  als  ein  steiler  Vor- 
sprung meinem  Ausfluge  ein  Ziel  setzte.  Wir  fuhren  nach  dem  Früh- 
stücke weiter  durch  den  Canal  zwischen  Domel  und  den  nächsten  drei 
Inseln,    deren    Namen    mir    unbekannt    sind. 

Am  Gestade  einer  dieser  Inseln  fand  ich  einen  verlassenen  Hund 
und  sandte  ein  Cauoe  ab,  um  das  arme  Thier  abzuholen;  er  flüchtete 
sich  aber  in  das  Dickicht.  Man  sagte  mir,  es  sei  ein  Seelong-Hund  ge- 
wesen, den  man  zufällig  oder  absichtlich  dort  zurückgelassen  habe  und 
dass  in  solchen  Fällen  der  Hund  immer  in  den  Wäldern  auf  Jagd  aus- 
geht und  nie  verhungert.  Diese  Hunde  sollen,  selbst  nach  monatlangem 
Leben  in  der  Wildniss,  so  bald  ihr  Herr  wieder  auf  der  Insel  landet, 
wieder  eben  so  sich  an  dessen  Familie  halten,  als  wäre  er  immer  im 
zahmen    Zustande    in    ihrer    Mitte    geblieben. 

Die  Seelong-Hunde  sind  genau  von  derselben  Race,  wie  die  gewöhn- 
lichen Hunde  in  Burmah,  Ostindien,  Syrien  und  Arabien.  Bisher  ist  noch 
nicht  festgestellt,  ob  sie  von  Hodgson's  Canis  primaevus,  von  Sykes's 
Canis  Dukhunensis  oder  endlich  von  Hardwicke's  Ü.  Sumatrensis  ab- 
stammen. Ihr  Ahnherr  könnte  ebenso  gut  der  Schakal  sein,  dem  sie  eigentlich 
am  ähnlichsten  sind  und  zu  dem  sie  sich,  wie  man  in  Aleppo  und  in  der 
spanischen    Wüste    beobachtet    hat,     in    Menge    gesellen. 

Ich  übernachtete  an  der  Nordspitze  der  3  Inseln,  nahe  am  südlichen 
Ende   von    Domel. 

20.  Februar.  Ich  brach  Nachts  mit  günstigem  Winde  auf  und 
kam  Morgens  an  die  SW.  Küste  von  Lord  W.  Bentinck's- Insel.  Diese 
Küste  ist  stark  verwittert;  auf  ihrem  südlichen  Ende  liegt  der  merk- 
würdige durchbohrte  Fels  und  etwas  darüber  hinaus  Felsen  von  massivem 
Quaderstein.  Gegen  NW.  liegen  3  vereinzelte  Inseln,  auf  deren  äusser- 
sten,  an  der  Westseite,  eine  vielbekannte  Höhle  mit  essbaren  Nes- 
tern  liegt.    Auf  der    inneren    oder    östlichen    Insei   ßndet    sich    eine  Quelle, 


gedruckte  und  ungedruckte  Schritten  über  die  Tenasseriin-Piovinzen  eic.  3tio 

die  einzige,  wie  man  sagt,  in  der  ganzen  Umgebung.  Hier  frühstückten  wir 
und  trafen  auch  dort  10  Malayen,  die  Eigenthümer  der  Nesterhöhle,  mit 
denen  ich  später  diese  Höhle  besichtigte.  Auf  dieser  Insel,  die  am  Aussen- 
rand  des  Archipels  liegt,  war  die  Brandung  bereits  heftig  und  drohte 
mein  Canoe  zu  ersäufen.  Wir  kamen  zu  Wasser  in  die  Höhle.  Das  Meer- 
wasser dringt  mehrere  100  Yards  weit  in  die  verborgensten  Felsspalten 
ein  und  bei  jeder  neuen  Woge  erschallt  ein  donnerartiges  Getöse  aus 
den  dunklen  Winkeln.  Die  Höhle  selbst  ist  stockfinster  und  nur  durch 
die  EingangsöfTnung  und  durch  den  Widerschein  des  blauen  Wassers 
hinter    dieser    theilweise    beleuchtet. 

Dort  hatten  die  Malayen  ein  grosses  Gerüste  aus  Bambus  errichtet, 
auf  dem  sie  mit  offenbarer  Lebensgefahr  bis  zu  den  höchsten  Stellen 
klettern,  um  die  Nester,  welche  an  die  gefährlichsten  Winkel  des  Felsens 
befestigt  sind,  zu  sammeln.  Dem  verworrenen  Lärm  nach,  der  von  der 
Decke  der  Höhle  herab,  sich  vernehmen  Hess,  müssen  viele  Tausende 
von  Schwalben  und  noch  mehr  Tausende  von  Fledermäusen  in  der  Höhle 
sich  aufhalten.  Die  Fledermäuse  sollen  mit  den  Schwalben  in  guter  Freund- 
schaft leben  und  werden  desshalb  auch  nicht  gestört.  Nachdem  ich  meine 
Neugierde  befriedigt  hatte,  fuhren  wir  bis  zum  Ende  der  letzten  Insel; 
hier  aber  wurde  die  Brandung  so  stark,  dass  wir  an  der  Ostseite  einen 
Zufluchtsort  suchen  und  dort  übernachten  mussten,  um  so  mehr  als  ein 
heftiges    Gewitter    auf   der    nahe    gelegenen    Insel    Domel    wüthete. 

21.  Februar,  Wir  fuhren  den  ganzen  Tag  nordwärts  längs  der 
Westküste  von  L.  W.  Bentinck's-Insel,  um  mit  dem  nächsten  Landwind 
nach    Fletcher's-Insel    zu    gelangen. 

L.  W.  Bentinck's-Insel  ist  eine  der  malerischesten  von  allen,  die 
ich  im  Archipel  gesehen,  dürfte  sich  aber  wohl  als  eine  der  unfrucht- 
barsten erweisen.  Sie  ist  nichts  als  Fels  und  die  sonst  so  reiche  Vege- 
tation ist  hier  mehr  zurückgeblieben,  als  gewöhnlich.  Ihre  hoheu  zerris- 
senen Zinnen,  ihre  schroffen  Wände,  ihre  scharfen  Auszackungen,  ihre 
merkwürdigen  Höhlen  sind  äusserst  anziehend.  Diese  Insel  gehört,  meiner 
Ansicht  nach,  ganz  der  Jura-  und  Lias-Reihe  an;  ihre  Kalkgesteine 
gleichen  dem  Portland  Kalk,  dem  lith.  Steine,  u.  s.  w.  Diese  Kalke  wechsel- 
lagern mit  den  Sandsteinen  und  Schiefern  des  Lias ;  hie  und  da  verschwinden 
sie  gänzlich.  Auch  alter  rother  Sandstein  von  röthlich  brauner  Farbe,  mit 
Bruchstücken    von    Grauwacke    und    Glimmerblättchen,    wurde    dort    gefunden. 

22.  Februar.  Die  nächste  Insel,  welche  wir  der  Karte  des  Capt.  Ross 
zufolge  zu  besuchen  hatten,  war  Fletcher's  Insel.  Diese  liegt  20  (engl.) 
Meilen  von  L.  W.  Bentinck's  Insel  und  volle  70  (engl.)  Meilen  nach 
Westen  vom  Festland  entfernt,  so  dass  es  ziemlich  bedenklich  erscheinen 
mochte,  uns  in  unseren  olTeuen  Booten  so  weit  hinauszuwagen.  Das  Wet- 
ter war  indess  seit  dem  letzten  Windstoss  spiegelhell  geworden  und  so 
machten  wir  uns  daran,  die  Goldinsel  aufzusuchen  von  welcher  ich  bis- 
her nichts  wusste  und  die  noch  über  der  nächsten  Insel  hinaus  liegen 
sollte.  Bei  günstigem  Winde  kamen  wir  dort  nach  Sstiindiger  Fahrt  an. 
Wir  fuhren  zwischen  Fletchers  und  Sir  John  Hayes  Inseln  durch  und 
blieben  an  der  NW.  Seite  der  ersteren  in  einer  kleinen  Bucht,  wo  die 
Brandung  weniger  heftig  war,  als  an  der  Nord-  und  Ostseite.^  So  weit 
man  seheu  konnte,  waren  diese  Inseln  bergig,  aus  massivem  Granit  be- 
stehend,   dicht    mit  Waldbäutnen    besetzt  und    die    Vegetation  auf  ihnen  sehr 


yiiü  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

kräftig.  Fletcher's  Insel  ist  an  2  (engl.)  Meilen  lang  und  1  Meile  breit; 
Sir  John  Hayes's  Insel  ist  etwa  uin  das  Fünffache  grösser.  Am  Meeres- 
grund, in  5  bis  6  Faden  Tiefe  sali  ich  hier  zum  ersten  Mal  die  schöne 
schwarze  Koralle  (Gorgonia  Antipathes) .  Sie  kömmt  nur  bei  den  aus- 
setzten Inseln  des  Archipels  vor,  und  niemals  über  dem  Horizont  der  Ebbe. 
Die  Seelongs  lassen  sich  manchmal  bereden,  nach  dieser  Koralle  zu  tau- 
chen und  trennen  sie  vom  Meeresboden  mit  ihren  Messein,  Daks ,  los. 
In  durchsichtigem  Wasser  sieht  sie  aus  wie  eine  Masse  Haare  unter  ei- 
nem stark  vergrössernden  Mikroskop.  Die  grösstcn  Stücke,  welche  man 
davon  erhalten  hat,  sind  6  —  9  Fuss  lang,  ihr  Werth  ist  den  Seelongs 
unbekannt.  Ich  erlangte  einst  davon  eine  Gruppe  von  etwa  SO  Stück,  von 
4  —  9'  Länge  und  1/4"  Breite,  für  6  Rupien.  In  Mergui  wird  sie  mitunter 
zu  verschiedenen  Schmucksachen  verarbeitet.  Um  daraus  Armbänder  und 
Fussringe  zu  machen,  reibt  man  zu  wiederholten  Malen  diese  Koralle 
stark  mit  Flanell  ab,  und  tröpfelt  Coeosnus- Oehl  darauf,  wodurch  sie 
biegsam    wird. 

Unter  den  vielen  Thierptlanzen,  welche  ich  hier  zu  beobachten  Gele- 
genheit hatte,  fand  ich  nie  die  echte  rothe  Koralle  (Isis  nobilis).  Sie 
scheint  hier  nicht  vorzukommen,  denn  überall,  wo  sie  wächst,  finden  sich  stets 
kleine  Bruchstücke  davon  am  Gestade,  besonders  zahlreich  an  der  afrikani- 
schen Seite  des  Mittelmeeres.  Zwischen  den  äuseren  Inseln  findet  man 
auch  zur  Ebbezeit  ein  grosses  Schalthier,  welches  Perlmutter  der  fein- 
sten   Sorte    liefert. 

23.  Februar.  Endlich  kam  uns  die  verheissene  Goldinsel  in  Sicht, 
es  war  die  grosse  westliche  Torres-Insel,  die  äusserste  des  ganzen  Ar- 
chipels, 80  (engl.)  Meilen  westlich  vom  Festlande  unter  11°  48'  und  11° 
49'  nördl.  Breite.  Wir  kamen  mit  gutem  Wind  früh  am  Morgen  dort  an, 
glücklicherweise  war  die  See  ganz  ruhig,  sonst  wäre  unsere  Landung 
sehr   schwierig    gewesen. 

Diese  Insel  besteht  aus  zwei  anderen  ziemlich  grossen  und  durch 
einen  Kanal  von  vielleicht  800  Yards  Breite  von  einander  getrennten 
Inseln.  An  der  Nordseite  der  östlichen  Insel  liegen  gleich  Schildwachen 
zwei  andere  kleine  Inseln.  Die  Torres-Insel  ist  ein  gewaltiger,  allerseits 
aus  tiefem  Wasser  aufsteigender  Granitblock.  Das  Meerwasser  ist  in  ho- 
hem Grade  durchsichtig;  sechs  Fuss  lange  Schildkröten  (Chelonia  Mi- 
dasj  schwimmen  dort  in  grosser  Menge  umher.  —  Die  östliche  Insel  ist 
die  grössere  und  an  ihrer  Nordwestseite  fand  ich  zu  meiner  Ueberra- 
schung  eine  schöne,  kleine  und  sichere  Bucht.  Diese  Bucht  besitzt  den 
besten  Ankergrund,  weichen  weissen  Sand,  welcher  allniählig  gegen  das 
Ufer  seichter  wird,  und  in  welchem  Schiffe  in  7  Faden  Wasser,  200  Yards 
vom  Land  ankern  können,  sie  ist  von  allen  Seiten  geschützt  und  nur  ein 
Theil  der  nördl.  Einfahrt  steht  offen.  Natürlich  machte  ich  mich  bald 
nach  unserer  Ankunft  auf  den  Weg  zu  dem  vermeintlichen  Goldvorkom- 
men, weiches  im  Grund  eines  von  den  Gebirgen  herabfliessenden  Baches 
liegen    sollte. 

Die  Erzählung  von  diesem  Golde  stellte  sich  als  eine  Fabel  heraus, 
anstatt    des   Goldes    fand    ich    nichts    als    flimmernden    Glimmer. 

24.  Februar.  Mit  dem  gestrigen  Ergebniss  nicht  befriedigt,  versuchte 
ich  heute  dem  Bache  nachgehend,  in  das  Innere  einzudringen.  Mein  Ge- 
währsmann sagte  mir,  dass  nahe  am  Gipfel  ein  Becken  liege,  aus  dem 
dieser    Bach    entspringe.    Indess    verlor    sich    der    Bach    selbst     bald    unter 


gedruckte  und  angedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  elc.  367 

mit  schönen  Farnkräutern  und  Aradeen  bewachsenen  Felsen  und ,  anstatt 
eines  seeartigen  Beckens,  fand  ich  auf  dem  Gipfel  einen  steinigen  Kamm 
von  dem  nach  allen  Richtungen  Nebenzüge  sich  abdachten.  —  Die  ganze 
Insel  war  mit  Waldbäumen  bedeckt,  ihre  Vegetation  jener  anderer  Inseln 
ähnlich. 

Diese  Insel,  obwohl  unbewohnt,  muss  häutig  von  Menschen  besucht 
werden.  Wir  sahen  nicht  weniger  als  fünf  Stellen  mit  Aschenhaufen  und 
Bruchstücken  von  Körben,  Brettern  und  Speeren,  und  ausserdem  eine 
Strasse  gegen  den  Wald  zu,  wo  man  Rattans  u.  dgl.  schneidet;  auch 
waren  einige  grosse  Bäume  gefällt,  aus  denen  man  den  Honig  mit  eini- 
ger   Mühe    ausgenommen    hatte. 

Ich  erfuhr  auf  meine  Erkundigung,  wer  wohl  an  diesem  abgelege- 
nen Orte  landen  könne,  dass  unabhängige  Malaycu  aus  dem  Süden  der 
Halbinsel  und  aus  Sumatra  alljährlich  die  Andaraanen  besuchen,  um  dort 
Meerschnecken  (Sea-slugs)  zu  sammeln.  Sie  fahren  in  ihren  gebrechlichen 
Booten  von  Insel  zu  Insel,  bis  sie  die  grosse  westliche  Torres  erreichen, 
wo  sie  ihre  Boote  ausbessern  und  frisches  Wasser  einnehmen,  um  dann 
nach  den  Andamauen  (auf  Burmesisch  Katli-Khiun  genannt)  überfahren,  was 
bei  günstigem  Wind  mitunter  in  48  Stunden  geschehen  kann.  Diese  Ma- 
laien sind  ruchlose  waghalsige  Seeräuber,  welche  jedes  burmesische  Boot, 
das  ihnen  in  die  Hände  fallt,  ausplündern,  und  um  einer  geringen  Beute 
willen  Jeden  au  Bord  befindlichen  umbringen.  Aus  diesem  Grunde  bere- 
dete man  mich,  auch  mich  wohl  zu  bewaffnen,  bevor  ich  die  entferntem 
Inseln    besuchte. 

Zufolge  der  Erzählungen  der  Eingeborneu  lebt  auf  den  Nikobaren, 
den  Andamauen  und  einigen  der  äussern  Inseln  des  Mergui-Archipels,  der 
Lo-Woon  („Affen- Mensch-*)  der  wohl  nichts  Anderes  sein  kann,  als  der 
von  Dr.  Abel  zuerst  beschriebene,  nachher  aber  nie  wieder  gesehene, 
riesenhafte  Ürang-Outang  von  Sumatra.  Im  vorigen  Jahre  (1838)  waren 
zwei  Schedel  dieses  Affen,  der  eine  von  Borneo,  der  andere  von  Suma- 
tra,   nach    Calcutta    gebracht    worden. 

Die  Beschreibung,  welche  mir  meine  Leute  von  diesem  Thier  mach- 
ten, stimmt  ziemlich  mit  Dr.  Abels  Bericht  überein,  nur  schildern  sie 
das  Thier  viel  grösser,  als  es  in  Wirklichkeit  ist  (6  bis  8  Fuss  hoch). 
Als  ich  heute  längs  dem  saudigen  Gestade  der  Insel  ging,  sah  ich  Fährten, 
denen  eines  starken  Mannes  ähnlich,  welche  die  Leute  sogleich  für  die 
eines  Lo-woou  erklärten  und,  zum  Beweise  ihrer  Behauptung  angaben,  das 
Thier  schlage  beim  Gehen  eine  Zehe  zurück.  In  der  That  konnte  ich 
keine  Spur  des  Daumens  an  den  Fährten  entdecken,  diese  waren  indess 
einige  Tage  alt  und  etwas  verwischt,  so  dass  ich  die  Richtigkeit  dieser 
Behauptung    nicht    zu    gewährleisten    vermag. 

25.  Februar.  Nachdem  ich  die  Torres-Iusel  besucht  hatte,  zwar  ohne 
Gold  zu  finden,  aber  froh,  sie  gesehen  zu  haben,  dachte  ich  um  so  viel 
mehr  daran,  weiter  zurückzugehen,  als  mein  Steuermann  in  mich  drang, 
zu  eilen,  und  das  gute  Wetter  zu  benützen,  da  wir,  falls  stürmisches 
Wetter  einträte,  möglicherweise  acht  Tage,  und  auch  länger  abgesperrt 
bleiben    könnten,    ohne    uns   mit    unseren    Booten    hinauswagen    zu   dürfen. 

Die  Entdeckung  der  oben  erwähnten  gutgeschützten  Bucht  auf  der 
grossen  westlichen  Torres  verdient  allgemeine  Bekanntmachung.  Wenn  auch 
diese  Insel  nicht  unmittelbar  auf  dem  Wege  der  zwischen  Calcutta  und 
Singapore    fahrenden    Schiffe    liegt,    mögen    diese     doch    öfters    in    den    Fall 


368  i*r.  Johann  Wilhelm  Helfers 

kommen,  hart  an  ihr  vurbeizusegeln,  und  mithin  muss  ihnen  daran  gele- 
gen sein,  zu  wissen,  dass  sie  dort  bei  nahendem  Sturme  einen  sichern 
Zufluchtsort    finden    können. 

Wir  fuhren  mit  günstigem  Winde  zurück  nach  Fletcher's  Insel,  wo 
wir    spät    Abends    ankamen    und    übernachteten. 

26.  Februar.  Ich  wünschte  mir  Sir  John  Haye's  Insel  etwas  näher 
anzusehen  und  fuhr  desshalb  längs  ihrer  Ostküste  bis  an  ihre  äusserste 
Nordspitze.  Eine  kleine  Bucht  an  dieser  Küste  hat  ein  gewisses  histori- 
sches Interesse:  dort  hatten  zur  Zeit  der  burmesischen  Herrschaft  die 
malayischen  Seeräuber  ihren  Sammelplatz  und  ihren  Markt  für  die  von 
ihnen  gefangen  genommenen  Burmesen  und  Siamesen.  Diese  Unglücklichen, 
welche  längs  der  Küste  der  Halbinsel  geraubt  worden  waren,  wurden  auf 
einem  grossen  Baumstamm,  an  welchem  man  noch  jetzt  die  Einschnitte 
sieht,  die  die  Plätze  für  jeden  Einzelnen  bezeichneten,  reihenweise  sit- 
zend, zur  Schau  ausgestellt.  Seeräuberei  hat  in  diesen  menschenleeren 
Gegenden  ganz  aufgehört  und  die  Malayen  haben  sich  in  weniger  be- 
kannte   Theile    der    indischen    Meere    zurückgezogen. 

Von  Sir  J.  Haye's- Insel  fuhren  wir  zu  der  volle  15  (engl.)  Meil. 
gegen  NO.  entfernten  Observation-Insel  hinüber.  Wir  kamen  im  Laufe 
des  Abends  dort  an,  nicht  ohne  grosse  Schwierigkeit  wegen  einer  Gegen- 
strömung in  dem  Canal  zwischen  Observation  und  Courts-Insel,  doch  fan- 
den   wir    in    einer   Bucht    an    der    Ostseite    eine    Zuflucht   für    die    Nacht. 

27.  Febroar.  Observation-,  Courts-  und  Cridolle's-Inseln,  sammt  den 
übrigen  nördlichen  sind  eine  Fortsetzung  von  L.  W.  Bentinck's  Insel, 
und  ihre  Gesteine  gehören  derselben  geologischen  Beihe  an.  Sie  sind  alle 
verwitterte  Felsen  mit  zahlreichen  Zacken,  steilen  Abhängen  und  engen 
Thälern.  Ihre  Westseite  ist  im  Allgemeinen  der  ganzen  Gewalt  der  Bran- 
dung ausgesetzt,  um  ihre  Ostseite  herum  ist  die  See  ruhig  L.  Bentincks 
Insel  hier,  und  der  Doun-Archipel  im  Norden  sind  die  grossen,  dem  An- 
dränge des  Meeres  vom  Westen  her  entgegenstehenden  Schranken.  Meine 
Leute  hatten  mir  wieder  etwas  Besonderes  an  einem  der  äusseren  Fel- 
sen von  Observation-Insel  zu  zeigen,  welcher  bei  den  Eingebornen  als 
Talisman  gilt.  Ich  fuhr  in  einem  kleinem  Canoe  dahin,  und  fand  dort  he- 
xaedrischen  Eisenkiess,  dem  seine  speisgelbe  Farbe  das  Ansehen  von 
Gold  gab,  es  waren  würflige,  auf  der  Oberfläche  einzeln  zerstreute  Kri- 
stalle. Diese  zweite  Goldaufsuchung  hätte  beinahe  ein  übles  Ende  genom- 
men. Die  heftige  Brandung  verursachte  ein  schnelles  Anschwellen  des  Mee- 
res; eine  Woge  erreichte  plötzlich  unser  Canoe,  und  füllte  es  mit  Was- 
ser. Wir  waren  an  30  Yards  vom  Ufer  entfernt;  ich  schwamm  dorthin, 
die  Brandung  erfasste  mich  und  warf  mich  heftig  gegen  die  mit  Ostrea, 
Pecten  und  Griphaea  besetzte  Klippen.  Zerschlagen  und  zerschnitten  von 
den  messerscharfen  Kanten  des  Gesteines  und  den  spitzen  Stacheln  der 
Muscheln  gelang  es  mir  dennoch  den  Fels  zu  erklimmen,  bevor  ein  zwei- 
ter Stoss  der  Brandung  mich  erreichen  konnte.  Niemand  verunglückte, 
meine  burmesische  Mannschaft  klammerte  sich  an  das  Canoe  und  Andere 
kamen  ihr  bald  zu  Hilfe.  Man  brachte  mich  in  mein  Boot,  aus  dem  ich 
3   Tage    nicht    heraus    konnte. 

Es  wurde  nöthig,  die  Stachel  von  Ostrea  und  Pecten,  deren  ich 
etwa  50  an  verschiedenen  Theilen  meines  Leibes  stecken  hatte,  heraus- 
zuziehen. Es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  diese  Stacheln  nicht  wie 
andere  fremde    Körper,    wenn    sie    in   die    Haut   eindringen    eine   Entzündung 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasseriin-l'rovinzen  etc.  369 

hervorbringen;    es    blieben    deren   mehrere    in    mir  zurück,  über  welche  sich 
die  Haut   schloss,    ohne    dass    sie   mich    im    Mindesten  belästigt    hätten. 
28.    Februar.    Ich  blieb   in    der    nördl.  Bucht  von   Lloyds-Insel. 

1.  März  1839.  Wir  kamen  heute  zum  südlichen  Theil  des  Doun-Ar- 
chipels    und    fuhren    quer    über    nach    Yingan. 

2.  Man.    Ankunft    zu    Mergui    durch    den   Kanal    von    Peryghioun. 

V.  Reise.  Vom  7.  bis  16.  März  1839.  Mr.  Hutchinson  von  der  Ma- 
dras-Artillerie war  von  Hrn.  Commissär  Blundell  mit  einigen  Coolies  nach 
Lennya  gesendet  worden,  um  dort  einen  Versuchsschacht  auf  Kohle  abzu- 
teufen. Da  dieser  Offizier  nicht  auf  geognostische  Kenntnisse  Anspruch 
machte,  glaubte  ich  etwas  für  das  allgemeine  Beste  zu  thun,  wenn  ich  das 
Kohlenvorkommen    am    Lennya-Flusse    noch    einmahl    besuchte. 

Ich  verliess  Mergui  am  7.  März,  durchreisete  dieselbe  Gegend, 
welche  ich  bereits  auf  meiner  zweiten  Reise  beschrieben  habe,  und  kam 
am  12.  März  bei  den  Kohlenfeldern  an.  —  Mr.  Hutchinson  hatte 
vor  meiner  Ankunft  zwei  Schächte  abgeteuft,  jeder  30  Fuss  tief.  Der 
erste  lag  an  einer  kleinen  Zwischenstelle  („an  intervenient  smal  place), 
über  welche  der  Fluss  gegenwärtig  zwischen  zwei  Hügeln  läuft.  Der 
Raum  zwischen  den  beiden  Hügeln  ist  sekundäres  Gestein,  und  später 
mit  tertiären  und  diluvialen  Absätzen  ausgefüllt.  Bis  zur  Tiefe  von  40 
Fuss  wurden  nur  mergelige  und  thunige  Absätze  aufgefunden  und  weg- 
geräumt. Mr.  Hutchinson  ging  dann  mit  einem  zweiten  Schachte  durch 
den  Kohlenschiefer  nieder,  womit  er  Kohlen -Sandstein  anfuhr,  der  so 
hart  war,  dass  er  mit  Pulver  gesprengt  werden  musste  (einige  Bruch- 
stücke davon  glichen  dem  (Penaat  Geit).  Dieser  Saudstein  war  von  Schnü- 
ren eines  bituminösen  und  eisenschüssigen  Thonschiefers ,  einige  wenige 
Decimeter  mächtig,  durchschwärmt.  An  einer  Stelle  war  Kohle,  in  einer 
Schnur  dieses  Thonschiefers  von  nur  «/,  Zoll  Mächtigkeit  eingehüllt,  ge- 
funden worden.  Der  Schacht  konnte  indess  nicht  fortbetrieben  werden, 
da  er  nur  wenige  Yards  vom  Flussufer  lag,  und  das  Wasser  als  man 
den  Spiegel  des  Flusses  erreichte,  in  den  Schacht  drang  und  mit  den 
unvollkommenen  Werkzeugen,  die  zur  Verfügung  standen,  sich  nicht  wohl 
abhalten    Hess. 

Ich  machte  Mr.  Hutchinson  den  Vorschlag  einen  dritten  weiter 
vom  Ufer  entfernten  Schacht  abzuteufen,  und  zwar  durch  dasselbe  Gestein, 
hierauf  verliess  ich  diese  Stelle  und  kam  am  16.  März  1839  wieder  in 
Mergui  an. 

VI.  Reise.  Ich  beabsichtigte  die  südliche  Gränze  der  Tenassseriin-Pro- 
vinzen  zu  bereisen,  vorzüglich,  um  den  vielbesprochenen  Packchan -Fluss, 
von  welchem  man  ungeachtet  seiner  künftigen  politischen  und  commerziel- 
len  Wichtigkeit  —  so  wenig  Bestimmtes  wusste,  zu  untersuchen.  Zu  die- 
sem Zwecke  verliess  ich  Mergui  am  20.  März  1839  mit  2  gewöhnlichen  bur- 
mesischen Booten,  und  fuhr  den  Tenasserim-Fluss  1 1  (engl.)  Meilen  strom- 
aufwärts bis  zur  Pagode  von  Zhai-Gna-Town.  Hier  liegt  die  Mitte  der  3 
grossen  Ausmündungen  dieses  Flusses  in  die  inneren  Mangrove-Labyrinthe, 
welche  gerade  nach  Süden  führen  und  diess  ist  auch  der  kürzeste  Weg 
für  Ruderboote. 

21.  März  1839.  Wir  fuhren  durch  die  Mangrove-Labyrinthe  in  eine  geräu- 
mige Bucht  ein,  die  ich  bei  einer  früheren  Gelegenheit  beschifft  hatte, 
und  die  wegen  der  dort  zusammenkommenden  Fische  einen  gewissen  Ruf 
hat.    Diese    wären    ein    werthvoller    Nahrungszweig    und    ein    gewinnreicher 


370  Dr   Johann  Wilhelm   Helf'er's 

Handelsartikel ,     wenn    nur    eine    Bevölkerung    vorhanden    wäre,    die    davon 
Nutzen    ziehen    könnte. 

Ich  übernachtete  am  Rande  eines  zweiten  Mangrove-Labyrinths,  wel- 
ches im  W.  von  Kitheraing,  im  0.  vom  Festland,  im  S.  vom  Lennya- 
Fluss,    und    im    N     von    der    eben    beschriebenen    Bucht    begränzt    ist. 

22.  März.  Ich  fuhr  durch  die  zweiten  Mangrove-Kanäle,  nahm  an  der 
Einfahrt  des  Lennya-Flusses  Wasser  ein  und  übernachtete  an  dem  ersten 
Vorgebirge  gegen  Süden,  welches  Capt.  Lloyd   Whale-Bay    nennt. 

23.  März.  Ich  erreichte  Sedeing  und  blieb  dort.  Sedeing  ist  eine  von 
Mr.  Maingy  gegründete  Ansiedlung  von  Malayen.  Der  umfassende  Geist 
des  Gründers  hatte  den  Gedanken  aufgegritfen ,  die  unbewohnten  Inseln 
des  Archipels  mit  Malayen  zu  bevölkern.  Zu  diesem  Zwecke  fiel  seine  Wahl 
auf  einen  Häuptling,  Haiti  Jueu  genannt,  einen  unerchrockenen  alten 
Freibeuter  (baccanier),  der  mit  den  Hülfsquellen  der  Mergui-Inseln  wohl 
bekannt  war  und  etwa  100  Mann  unter  seinem  Befehl  hatte.  Dieser  kleine 
Clan  wurde  nach  Sedeing  übersiedelt,  wo  er  seitdem  geblieben,  aber  mehr 
im  Abnehmen  als  im  Zunehmen  ist.  Der  alle  Häuptling  indess  (derselbe, 
der  von  der  Regierung  die  Höhlen  mit  Vogelnestern  gepachtet  hat)  scheint 
sich  wohl  zu  belinden;  seine  Mannschaft  aber  hat  ihn  verlassen.  Einige 
sind  zu  ihrem  alten  Lieblingsgeschäft,  der  Seeräuberei,  zurückgekehrt.  An- 
dere siedelten  sich  auf  eigene  Rechnung  in  Mergui  an,  noch  Andere  sol- 
len sich  auf  den  Audamau-Iuselu  festgesetzt  haben.  Wenn  je  diese  Inseln 
auf  Kosleu  der  Regierung  bevölkert  werden  sollten ,  so  wäre  hiezu  die 
Einführung  der  Malayen  zu  empfehlen,  nicht  zur  Nutzbarmachung  des  Bo- 
dens, dazu  sind  sie  viel  zu  schlechte  Pflanzer,  und  treiben  nur  Landbau 
wenn  mau  sie  dazu  zwingt,  sondern  als  Fischer,  Seeleute,  Bootbauer,  über- 
haupt für  Beschäftigungen  auf  dem  Wasser,  welches  ihr  eigentliches  Ele- 
ment ist,  und  wozu  sie  die  geeignetste  Race  sind.  Man  behauptet,  Sed- 
eing sei  für  eine  Ansiedlung  schlecht  gewählt  und  ich  theiie  diese  An- 
sicht, es  ist  von  allen  Seilen  mit  Untiefen  umgeben,  so  dass  mau  zur 
Ebbezeit  kaum  dorthin  gelangen  kann,  der  Boden  ist  schlecht,  und  selbst 
die    Cocospalme    soll    dort    nur    langsam    wachsen. 

Vielleicht  ist  alles  diess  nur  ein  Vorwand  zur  Entschuldigung  der 
Dickichte,  die  um  jedes  Haus  aufschiessen  und  der  gänzliche  Mangel  an 
Anbau.  Das  Dorf  besteht  aus  etwa  30  elenden  Hütten  an  beiden  Seiten 
eines    Hügels. 

24.  März.  Ich  kam  vor  der  Einfahrt  des  Boukpeen -Flusses  vorbei 
und  ankerte  die  Nacht  über  au  einer  kleinen  felsigen  Insel,  südlich  von 
Boukpeen.  Das  Wetter  war  ruhig,  die  Mannschaft  ruderte  den  ganzen 
Tag   über.    Das    Gestein    ist    Keuper. 

25.  März.  Ich  besuchte  diesen  Morgen  5  der  felsigen  Inseln,  welche 
so  reichlich,  und  scheinbar  ohne  Ordnung  in  der  Koyay- Gruppe,  einer 
höchst  interressauten,  aber  auch  sehr  verwickelten  Ansammlung  von  Inseln 
zerstreut  sind.  Die  Gruppe  reicht  von  10°  41'  bis  10°  NB.,  ihre  Bildung 
ist  sehr  verschiedenartig  und  ihre  namentliche  Aufzählung  in  diesem  Be- 
richte wäre  langweilig,  da  ihrer  zusammen  mehr  als  100  sind.  Ich  be- 
schloss,  einige  Tage  inmitten  dieser  Gruppe  zuzubringen.  Heute  beschränkte 
ich  mich  auf  die  kleineren  Gruppen  und  sammelte  vorzüglich  Schalthiere. 
Zwischen  den  Felsen  unter  dem  Wasserspiegel  sieht  man  in  den  Spalten 
die  colossale  Iridacna  Gygas,  deren  guterhaltene  Schale  in  Europa  eine 
grosse    Seltenheit     is!      und     welche,    obwohl     nicht     gewöhnlich,    in    diesen 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasscrim-Provinzen  etc.  371 

Meeren  eine  bedeutende  Grösse  erreicht.  Man  hat  davon  Exemplare  von 
3  bis  4  Fuss  Länge  aufgefunden;  diese  bleiben  meist  in  einer  Tiefe 
von  8  bis  10  Faden  und  nur  kleinere  kommen  reichlich  vor,  selbst  über 
dem  Horizont  der  Ebbe.  Man  isst  sie  nicht  und  brennt  auch  keinen  Kalk 
aus  ihnen ,  wie  in  Coromandel ;  die  Einwohner  sind  zu  wenig  zahlreich, 
als  dass  sie  sich  um  die  reichen  natürlichen  Hilfsquellen  des  Landes 
kümmern    sollten. 

26.  März.  Heute  landeten  wir  an  der  oberen  grossen  Koyay-Insel. 
Ich  kenne  ihre  Länge  nicht,  da  mir  keine  Zeit  übrig  blieb,  sie  zu  um- 
schiften; es  scheint  nicht,  dass  sie  mehr  als  10  (engl.)  Meilen  betrage. 
Die  Insel  ist  nicht  sehr  hoch;  eine  Bergkette  zieht  mitten  durch  sie. 
Ich  wünschte  diese  zu  übersteigen  und  nachdem  ich  etwa  10  (engl.) 
Meilen  vorgedrungen  und  über  einen  nicht  200  Fuss  hohen  Hügel  ge- 
kommen war,  gerieth  ich  in  ein  Mangrove-Dickicht  und  dann  in  einen  tiefen 
Einschnitt  („Creek"),  über  welchen  ich  nicht  kommen  konnte;  wess- 
halb  ich  wieder  zurückkehrte.  Der  Rand  des  Mangrove-Dickichts  war  mit 
Palmen  der  Gattung  Phoenix  (ich  habe  ihre  Fructification  nicht  ge- 
sehen) dicht  besetzt.  Diese  Palme  liefert  den  Eingebornen  ihr  gewöhnliches 
Seilwerk,  welches  von  derselben  Substanz  zu  sein  scheint  als  das  Coir 
aus  den  Fasern  der  Cocospalme,  nur  dass  die  Fasern  viel  länger  sind. 
Die  Seelongs  brauchen  diese  Palme  zu  vielerlei  Zwecken:  sie  füllen  mit 
ihren  schlanken  Stämmen  den  obern  Theil  des  Rumpfes  ihrer  Boote  aus, 
welche  dadurch  ungemein  leicht  und  elastisch  werden  und  brauchen  die 
Fasern  zum  Kalfatern,  wozu  sie  von  den  Chinesen  allen  andern  Fasern 
vorgezogen  wird.  Vor  dem  Gebrauche  wird  sie  in  Wasser  getaucht  und 
dann  auf  einem  Steine  geschlagen,  bis  nichts  mehr  zurückbleibt  als  die 
Stränge    der    Fasern. 

27.  März.  Innerhalb  der  Insel  liegt  unter  10°  SO'  eine  grosse  hohe 
Bergreihe,  welche  sich  von  der  See  so  einladend  ausnahm,  dass  ich  nicht 
dem  Wunsche  widerstehen  konnte,  sie  zu  erreichen  und  wo  möglich  zu 
ersteigen.  Es  war  bei  der  Zeit  und  den  Mitteln,  die  mir  zu  Gebote 
standen,  ein  chimärisches  Unternehmen  und  ich  verlor  2  Tage  mit  dem 
Versuche.  Die  erste  Schwierigkeit  ist,  dass  man  keinen  Fuss  auf  das 
Festland  setzen  kann,  denn,  so  wie  man  sich  diesem  nähert,  geräth  man 
in  eine  unabsehbare  Menge  von  Mangrove-Inseln.  Es  wird  viel  kosten 
bis  alle  diese  Labyrinthe  aufgenommen  sein  werden.  Das  Uebelste  ist, 
dass  dieser  Theil  des  Landes  den  Burmesen,  wie  den  Siamesen  ganz 
unbekannt  ist  und  dass  ich  keine  Auskunft  erlangen  konnte.  Nachdem  ich 
mit  den  Booten  4  Stunden  lang  durch  die  Mangrove-Canäle  gefahren 
war,  glaubte  ich  das  Festland  erreicht  zu  haben  und  blieb  die  Nacht 
über  am  Fusse  eines  kleinen  Hügels.  Mehrere  Dutzende  des  merkwürdigen 
hinterasiatischen  Hylobates  (eines  langarmigen  Affen  mit  weissen  zottigem 
Haar  und  schwarzem  Gesicht)  waren  auf  den  Bäumen  versammelt;  ein 
seltener  Umstand,  da  diese  Thiere  meist  einsam  in  den  dicken  Wäldern 
des  Festlandes  (auf  den  äusseren  Inseln  habe  ich  nie  einen  gehört) 
leben.  Sie  heulten  erbärmlich  auf  die  fremden  Eindringlinge  herab,  als 
bejammerten  sie  tief  den  Verlust  ihres  Vorrechtes,  in  ihren  nie  besuchten 
Wildnissen    allein    und    ungestört    weilen    zu    dürfen. 

28.  März.  Ich  drang  nach  dem  Frühstücke  in  den  Wald  ein,  musste 
mich  mühsam  durch  Rattans,  kriechendes  Gesträuch  und  Schlingpflanzen 
durcharbeiten    und    fand     nach     3stündis;er   Arbeit,    dass    wir    uns    nicht    auf 


372  Dr.  Johann  Wilhelm  llelfer's 

dem  Festlande  befanden,  denn  wir  kamen  an  einen  tiefen  Nullah  (Canal) 
von  nahe  100  Yards  Breite,  der  uns  vermuthlich  von  einer  andern  Insel 
trennte.  Wir  gingen  zurück  und  nachdem  wir  uns  mit  Mühe  in  diesen 
sonderbundartigen  Canal  zurechtgefunden  hatten,  erreichten  wir  unseren 
Ankerplatz  auf  Koyay.  Nicht  die  Untersuchungen  eines  vereinzelten  Natur- 
forschers, sondern  die  Bevölkerung,  welche  in  späterer  Zeit  über  diese 
Gegenden  sich  verbreiten  wird,  kann  deren  Eigenthümlichkeiten  zur  allge- 
meinen Kenntniss  bringen.  Ich  kann  hier  gelegentlich  anführen,  dass  die 
Elephanten  nur  selten  auf  die  Inseln  hinüber  kommen,  aber  dass  man 
sogleich  ihre  Fährten  wahrnimmt,  so  wie  man  das  feste  Land  betritt. 
Hätte  ich  dieses  selten  trügende  Merkmal  besser  beachtet,  so  hätte  ich 
mir  sogleich  sagen  müssen,  wir  seien  noch  nicht  auf  das  Festland  ge- 
kommen. 

29.  März.  Von  der  oberen  Koyay-Insel  fuhren  wir  heute  weiter  zu 
der  südlichen.  Hier  ist  ein  Canal  von  etwas  mehr  als  2  (engl.)  Meilen 
Breite  zwischen  der  südlichen  und  der  nördlichen  Insel,  in  welchen  die 
Fluth  mit  Gewalt  eindringt.  Die  südliche  Insel  scheint  an  der  Westseite, 
etwa  6  (engl.)  Meilen  lang  zu  sein.  Gegen  Süden  ist  sie  vom  Festlande 
(es  scheint  wenigstens  das  Festland  zu  sein)  durch  einen,  an  seiner 
engsten  Stelle  1  (engl.)  Meile  breiten  Canal  getrennt.  Ich  fuhr  mit  dem 
Canoe  längs  der  westlichen  Seite  bis  zur  Südspitze  der  Insel  und  kam  Abends 
zu  meinem  Standorte  auf  einem  kleinen  Fels  an  der  Westseite  zurück. 
Dieser  Fels  besteht  aus  Coglomerat  und  hat  nicht  mehr  als  40  Fuss  im 
Umfange,  dennoch  wachsen  18  Arten  Pflanzen  darauf:  alle  perenirend  und 
der   Mehrzahl    nach    Bäume    und    Klettergewächse. 

30.  März.  Von  hier  fuhren  wir  fast  ohne  Unterbrechung  bis  zum 
Packchan  herab.  Man  findet  gutes  Eisenerz,  theils  auf  dem  Festland,  theils 
auf  den  nahen  kleinen  Inseln.  Es  ist  fast  überall  einem  thonschieferartigen 
Gesteine  angelagert.  Ich  fühlte  mich  heute  zu  unwohl,  um  einen  Ausflug 
zu    machen    und    blieb    ruhig    auf  meinem    einsamen    Felsen. 

31.  März.  Ich  fuhr  heute  etwa  8  (engl.)  Meilen  weit  nach  Süden 
zu  einem  Vorgebirge,  das  mit  Blöcken  von  thonigem  Eisenstein-Conglomerat 
besäet  war.  Ich  war  noch  immer  zu  unwohl,  um  die  Gegend  zu  unter- 
suchen. Diese  Stelle  ist  mir  als  bemerkenswerth  bezeichnet  worden,  indem 
dort  vor  achtzig  Jahren  eine  Stadt  lag  und  siamesische  Beamte  zur 
Beaufsichtigung  der  Perlenfischerei,  welche  sich  von  dem  Canal  (jetzt 
Forest's-Strasse),  über  die  Gregories-Inseln  bis  zur  Ostküste  von  Sullivan's- 
Insel    erstreckte,    dort   ihren    Sitz    hatten. 

1.  April  1839.  Ich  hatte  mich  genügend  erholt  um  einen  Ausflug 
zu  wagen.  Ich  fand  keine  Spur  von  der  gestern  erwähnten  siamesischen 
Stadt.  Gegen  Norden  ist  das  ganze  Gestade  flach,  sandig  und  mit  Dickicht 
bedeckt.  An  der  Westspitze  liegt,  etwa  100  Yards  vom  Meeresufer,  ein 
Teich  von  süssem  Wasser,  hinter  einem  querlaufenden  Bücken  von  Eisenstein- 
Conglomerat,  der  das  angesammelte  Wasser  hindert,  sich  in  das  Meer 
zu  ergiessen.  Diese  Stelle  heisst  Poaleygan  (Perlen-Teich)  und  es  sollen 
alle  gesammelten  Perlenmuscheln  hierher  gebracht  worden  sein,  worauf 
man  sie  zählte,  in  Loose  vertheilte  und  unter  der  Aufsicht  der  könig- 
lichen Beamten  am  Ufer  verfaulen  Hess.  Die  Loose  wurden  dann  verkauft, 
ohne  dass  man  wusste,  wie  viele  Perlen  jedes  enthielt;  es  war  eine  Art 
Lotterie,  bei  der  die  Glücksfälle  nicht  auf  der  Seite  der  Käufer  lagen, 
da     die     Perlen     von     einer     gewissen    Grösse     als     königliches     Eigenthum 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenassenm-Piovinzen  etc.  373 

betrachtet  wurden,  wesshalb  auch  die  Aufsichtsbeamten  angestellt  waren. 
Warum  die  Perlenmuscheln  in  den  Teich  gebracht  wurden,  kann  ich  mir 
nicht  denken,  da  sie  im  Süsswasser  nicht  am  Leben  bleiben.  Das  Wasser 
im  Teiche  sammelt  sich  nur  während  des  Monsoon  an  und  wird  von 
keiner  eigenen  Quelle  gespeiset.  In  der  gegenwärtigen  Jahreszeit  war  es 
zu  einem  grossen  Tümpel  von  kaum  15  Yards  Durchmesser  zusammen- 
geschwunden, der  übrige  Theil  des  Beckens  war  ausgetrocknet  oder  mo- 
rastig. Viele  wilde  Thiere  des  Waldes  scheinen  sich  dort  zur  Tränke  zu 
versammeln;  ich  fand  Fährten  von  Rothwild,  Elenthieren,  Wildschweinen, 
wilden    Kühen,    Elephanten   und    Tigern;    die    meisten    noch    ganz    frisch. 

Das  Meeresufer  des  Festlandes  dürfte  kaum  reich  an  Schalthieren 
sein;  es  ist  zur  Ebbezeit  eine  trockene  ausgedehnte  Sandbank,  welche 
nach  Norden  und  Westen  sich  etwa  1  Meile  in  das  Meer  erstreckt.  Die 
Perlenmuscheln  finden  sich,  wie  bekannt,  nur  auf  Felsgrund,  in  einer 
Tiefe  von  1  bis  12  Faden.  Die  eigentlichen  Perlenfischereien  waren  in 
diesem  Canal  an  den  Gregories-Inseln.  Man  zeigte  mir  einige  Stellen  bei 
ruhigem  Wetter;  in  einer  kleinen  Bucht  sah  ich  Perlen-Austern  so  dicht 
aneinandergehäuft,  dass  sie  den  Grund  beinahe  bedeckten.  Die  Seelongs 
kennen  den  Werth  der  Perlen  und  sammeln  sie  überall,  wo  sie  sie 
erreichen  können,  ohne  viel  tauchen  zu  müssen.  Sie  essen  das  Thier 
sehr  gern  und  in  Menge  und  die  Schalen  der  echten  Margaritifera  no- 
bilis  liegen  haufenweise  am  Gestade  der  Lampee- Inseln.  Sie  verkaufen 
die  Perlen  an  die  Chinesen;  zu  Mergui  sah  ich  einen  von  ihnen,  der 
für  400  Rupien  Perlen  mit  sich  führte.  Einige  davon  waren  so  schön 
von  Wasser,  als  irgend  welche  von  El  Bahneen,  welche  ich  im  Persischen 
Golf    gesehen   hatte. 

2.  April.  Wir  fuhren  6  (engl.)  Meilen  südwärts,  wohin  mich  Blöcke 
von  vortrefflichen  Eisenerzen  zogen,  welche  verstreut  oder  dünn  angehäuft 
am  Meeresgestade  des  Festlandes  lagen.  Wir  fuhren  in  eine  kleine  Bucht 
und    ankerten    dort. 

Vor  meiner  Rückkehr  von  einem  zweistündigen  Ausflug  war  die  See 
schon  so  weit  zurückgetreten,  dass  unsere  Boote  im  Schlamm  stacken  und 
wir  nicht  hoffen  durften,  sie  im  Laufe  des  Tages  wieder  los  machen  zu 
können.  Um  die  Zeit  möglichst  zu  nützen,  versuchte  ich,  in  das  Innere 
einzudringen  und  es  gelang  mir  besser,  als  das  letzte  Mal.  Nachdem  wir 
durch  einen,  etwa  100  Yards  breiten,  Mangrove-Gürtel  gegangen  waren, 
kam  ich  auf  ansteigenden,  dicht  bewaldeten  Boden,  reichlich  mit  frucht- 
barer, anbaufähiger  Dammerde  bedeckt.  Ich  überschritt  eine  kleine  Hügel- 
reihe und  gelangte  jenseits  wieder  in  eine  mit  ehrwürdigen,  nie  berührten 
Wäldern  bedeckte  Ebene.  Ein  kleiner  Bach  kam  von  der  Bergkette,  welche 
an  10  (eng!.)  Meilen  weiter  gegen  das  Innere  zu  einer  Höhe  von  2000 
Fuss  steil  ansteigt.  Zahlreiche  Heerden  von  Elephanten  müssen  diese  ein- 
sammen  Gegenden  durchwandern,  sie  haben  sich  breite  Strassen  nach  allen 
Richtungen  gebahnt.  Es  lag  nicht  in  meiner  Absicht,  die  Berge  zu  bestei- 
gen, daher  ich  auch  gegen  Abend  an  das  Meeresufer  zurückkehrte. 

3.  April.  Ich  fuhr  nahe  am  Ufer  gegen  Süden  und  landete  gegen- 
über den  Turret-Felsen  auf  einem  schönen,  sandigen,  mit  einigen  maje- 
stätischen Casuarina-Bäumen  geschmückten  Gestade.  Das  eigentliche  Meeres- 
ufer war  hier  ohne  Wälder,  welche,  wie  man  mir  sagte,  die  Malayen 
absichtlich  niedergebrannt  hatten.  Es  ist  jetzt  eine  Sandebene,  hinter  der 
wieder    ein    Mangrove-Gürtel    sich   einige    Stunden  weit    einwärts    erstreckt, 


374  Dr.  Johann  Wilhelm  Reffer's 

bevor  der  Boden  ansteigt.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  das  Land 
mehrere  (engl.)  Meilen  gegen  Osten  zu  eben  ist.  Diese  sandige  Ebene 
wäre  für  Cocospflanzungen  sehr  geeignet.  Es  ist  voll  grosser  Elenn- 
thiere,  welche  gegen  Abend  furchtlos  ganz  nahe  an  die  Boote  kamen.  Hier 
fand  ich  eine  malayische  Hütte  und  zwölf  Malayen,  welche  die  Nesterhöh- 
len des  Turret-Felsens  bewachten,  in  denen,  wie  man  mir  sagte,  die  beste 
Sorte    Nester    im    ganzen    Archipel  vorkommt. 

4.  April.  Ich  musste  abermals  wegen  Unwohlsein  den  ganzen  Tag 
an  Ort  und  Stelle  bleiben. 

5.  April.  Südlich  von  dem  malerischen  Turret-Felsen  liegen  2  Grup- 
pen kleiner  Inseln,  von  ausgebreiteten  Rissen  umgeben.  Sie  sind  durch 
eine  weite  Untiefe,  die  nur  zur  Fluthzeit  fahrbar  ist,  nahe  mit  dem  Fest- 
lande verbunden.  Diese  Untiefe  ist  zur  Fluthzeit  mit  Fischen  gefüllt,  nur 
ist  keine  Seele  da,  die  davon  Nutzen  ziehen  könnte.  Diese  Inseln  sind 
gleichfalls    reich  an    ergiebigen    Eisenerzen    von    guter  Beschaffenheit. 

Diese  südlichen  Eisenablagerungen  reichen  fast  ununterbrochen  längs 
der  Küste,  von  10°  10'  bis  10"  30'  n.  Br.  in  einer  Länge  von  20  (engl.) 
Meilen,  und  reichen,  so  viel  ich  weiss.  12  (engl,)  Meilen  weit  nach  We- 
sten, denn  das  Riff  von  Pine-tree-Insel,  ist  grösstentheils  mit  massiven 
Blöcken  dieses  Erzes  bedeckt.  Diese  ungeheure  Menge  von  Eisenerzen, 
unmittelbar    am    Meeresrand,  ist  der  Beachtung  der  Regierung  würdig. 

6.  April.  Ich  ging  theils  zu  Fu.ss,  theils  im  Canoe  die  Küste  entlang 
und  Hess  die  Boote  folgen.  Etwas  gegen  Süden  von  den  Riff-Inseln  mün- 
det ein  Fluss  aus,  der  Kazeinlu-Khiaung,  wo  bald  nach  der  britischen  Be- 
sitznahme ein  Dorf  behufs  der  Aufsammlung  des  Seifenzinns  in  seinem 
Bette  gegründet  wurde.  Wegen  irgend  eines  Vorurtheils  verliessen  die 
Bewohner  plötzlich  diesen  Ort  und  siedelten  sich  nachmals  zu  Boukpeen 
an,  einem  Ort,  den  ich  bereits  beschrieben  habe.  Alle  von  den  Bergen 
herabfliessenden  Bäche  dieser  Gegend  führen  Zinn  mit  sich.  Dieser  Um- 
stand und  die  Nähe  der  reichen  siamesischen  Zinngruben  von  Bending 
und  Ta-Kopak,  bestimmten  mich  in  den  letzvergangenen  Tagen  nur  lang- 
sam vorzugehen,  um  dies  Metall  wo  möglich  auch  auf  britischem  Gebiet 
aufzufinden.  Ich  muss  hier  eine  einzige  Bemerkung  mittheilen,  welche  ich 
auf   die    Lage    aller    Absätze    von    Seifenzinn    anwendbar    gefunden    habe. 

Der  Hauptzug  der  Gebirge  von  Tavoy  bis  Packchan,  in  einer  Entfer- 
nung von  15  (engl.)  Meilen  streichend,  (nicht  jener  Zug,  welcher  die 
östlichen  und  westlichen  Flussgebiete  der  Halbinsel  von  einander  scheidet) 
ist  in  diesem  Lande  der  Sitz  der  Erzlagerstätten.  Alle  Bergsisteme  haben 
ein  steiles  und  ein  zweites  sanftes  Gehäng,  diess  trifft  auch  hier  ein.  Das 
steil  abfallende,  westliche  oder  See  Gehänge  führt  Zinn,  aber  nur  in  ge- 
ringen Mengen,  die  östliche,,  oder  Inland-Seite  enthält  Berge  von  Trüm- 
mern, in  denen  die  Zinnerze  vergraben  sind.  So  fand  ich  es  an  der  östli- 
chen Seite  der  Tavoy-Berge  gegen  Metamio  zu.  Dasselbe  soll  zu  Folge 
mündlicher  Ueberlieferungen  in  dem  Bergzug  am  Packchan  der  Fall  ge- 
wesen sein,  wo  vor  200  Jahren  (auf  gegenwärtig  britischem  Gebiete)  die 
reichsten  Zinngniben  in  Betrieb  standen,  später  aber  während  der  bestän- 
digen Fehden,  die  diess  unglückliche  Land  verheerten,  so  vollständig  zu 
Grunde  giengen,  dass  selbst  ihre  Lage  unbekannt,  oder  doch  zweifelhaft 
geworden  ist. 

Um  dieses  so  viel  versprechende  Gebiet  gehörig  zu  untersuchen, 
wäre    es  nöthig,    in    das    Innere    des    Landes     vorzudringen,    bis    zum    östli- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  375 

chen  Gehänge  dieses  Gebirgszuges;  ein  sehr  schwieriges  Unternehmen  in 
diesen  ganz  unbekannten  Gegenden,  wo  man  keinen  Mundvorrath  erhalten 
kann  und  wo  sogar  vorerst  die  Pässe,  welche  über  die  Berge  dahin  füh- 
ren, entdeckt  werden  müssten.  So  viel  Erfolg  eine  solche  Expedition  auch 
versprechen  mag,  so  wäre  es  doch  für  dieses  Jahr  zu  spät,  eine  solche 
zu   versuchen. 

7.  April.  Ich  ging  wieder  den  ganzen  Tag  über  längs  der  Küste 
fort  und  übernachtete  auf  einer  kleinen  Insel,  deren  malayischer  Name 
(die  burmesischen  Ortsbenennungen  haben  ganz  aufgehört)  Pulo  Mipali 
ist.  Auch  dort  fand  ich  gute  Eisenerze.  Hunderttausende  von  Tauben 
einer  bestimmten  Art,  welche  den  südlichen  Inseln  eigen  ist  und  nie  in 
der  Breite  von  Mergui  gesehen  wird,  nisteten  auf  dieser  Insel;  die  Bäume 
waren  buchstäblich  bedeckt  mit  ihren  Nestern,  in  welchen  Eier,  aber 
keine  Jungen  waren;  ein  Beweis,  dass  sie  Alle  auf  einmal  hier  ankom- 
men und  auch  ihre  Brutzeit  zugleich  beginnt.  Meine  Leute  sammelten 
ganze  Haufen  dieser  Eier  ein  und  die  ganze  Nacht  hindurch  schwärmten 
Wolken    von   aufgescheuchten    Tauben    um    ihre    gestörten    Wohnplätze. 

8.  April.  Während  der  Nacht  setzten  wir  ohne  Aufenthalt  unsere 
Fahrt  gegen  Süden  fort  und  kamen  Abends  bis  Pulo-Jeun-Kos  an,  nicht 
weit    von    der    Einfahrt    in    den    Packchan-Fluss. 

9.  April.  Pulo-Jeun-Kos  ist  eine  der  nördlichsten  Inseln  einer  gra- 
nitischen Gruppe  von  etwa  20  Inseln,  welche  quer  über  die  weite  Mün- 
dung des  Packchan -Flusses  in  einer  Schlammbank  liegen,  in  welcher 
zur  Ebbezeit  kaum  einige  enge  Canäle  zur  Durchfahrt  offen  bleiben. 
Meine  Mannschaft  nannte  die  Insel  „Thimbo  Khiun,"  weil  zur  Zeit  der 
ersten  Besichtigung  der  Tenasserim-Provinzen  nach  ihrer  Besitznahme  das 
Dampfboot  „Diana"  dort  geankert  hatte.  Einige  nennen  sie  auch  „Ca- 
Jooping-Khiun,"  weil  einige  Siamesen  und  Malayen  (gegen  die  Gewohnheit 
dieser  Völker)  auf  ihrer  Südspitze  eine  Anzahl  von  Cashu-Nüssen  (Ana- 
cardium  occidentale)  angepflanzt  hatten,  welche  nunmehr  zu  grossen, 
fruchttragenden  Bäumen  aufgewachsen  sind.  Ich  weiss  von  dieser  Insel 
weiter  nichts,  als  dass  sie  einen  Bach  mit  vortrefflichem  Wasser  besitzt, 
welcher  in  anmuthigen  Cascaden  über  einen  Hügel  herabfällt.  Beim  Beginn 
der  Fluth  verliessen  wir  die  Inseln,  um  den  Packchan-Fluss,  über  den 
bisher  die  widersprechendsten  Nachrichten  im  Umlaufe  waren,  stromaufwärts 
zu   beschiffen. 

Da  dieser  Fluss  die  englischen  Besitzungen  gegen  Süden  abgrenzt, 
liegt  die  südlichste  Grenze  der  Tenasserim-Provinzen  auf  dem  Festland 
unter  9°  58'  N.  Breite.  In  Betreff  der  Inseln  (die  Gruppe  von  St.  Mat- 
thew's  gehört  nach  allgemeiner  Uebereinstimmung  zu  Tenasserim)  muss 
die  Grenze  einige  20  (engl.)  Meilen  nach  Süden  zu  gesucht  werden; 
was  übrigens  wohl  niemals  ein  Streitpunct  werden  dürfte,  da  weder  eine 
Macht  noch  eine  Völkerschaft  irgend  eine  dieser  Inseln  in  Besitz  genom- 
men   hat. 

Die  Mündung  des  Flusses  ist  sehr  breit;  querüber  von  einem  Punkte 
des  Festlandes  zum  andern  mag  sie  wohl  an  8  (engl.)  Meilen  betragen. 
Das  eigentliche  Bette  des  Packchan,  da  wo  er  anfängt,  zwischen  zwei 
Bergreihen  eingeschlossen  zu  werden,  ist  etwa  2  (engl.)  Meilen  breit 
und  zieht  sich  durch  10  (engl.)  Meilen  in  SW.  Bichtuug  fort.  Auf  diese 
Art  schliesst  der  Fluss  die  südlichste  britische  Grenze  mit  einer  schmalen 
Halbinsel.    Sein    unterer  Lauf  möchte    eher    für    einen    Meeresarm,    als    für 

Mittheilungen  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  Z 


376  Dr.  Johann   Wilh.  HehVs 

einen  Fluss  gelten.  Wir  übernachteten  auf  einem  kleinen  Fels  im  Flusse, 
an  seiner  westlichen  oder  rechten  Seite,  einige  (engl.)  Meilen  von 
seiner   Mündung. 

10.  April.  Wir  fuhren  etwa  7  (engl.)  Meilen  stromaufwärts  und 
landeten  an  einer  jener  Inselgruppen,  welche  den  Fluss  zu  versperren 
scheinen,  aber  nach  links  zu  seiner  Wassermenge  einen  weiten  Spiel- 
raum lassen.  Auf  der  Insel  fanden  wir  gutes  Wasser  und  Spuren  von 
Menschen  (gefälltes  Bauholz,  Bruchstücke  von  Werkzeugen  und  Gerathen, 
frische  Feuerstellen  u.  dgl.),  welche  darauf  hindeuten,  dass  hier  oft  Leute 
landen;  doch  sahen  wir  den  ganzen  Tag  über  keine  Seele,  noch  auch 
ein  Canoe  oder  irgend  etwas,  was  die  Gegenwart  von  Menschen  anzeigen 
könnte.  Wir  ruderten  weiter,  nachdem  wir  Wasser  eingenommen  hatten, 
und  sahen  rechts  und  links  Oeffnungen;  offenbar  Nebenflüsse,  die  sich 
in  den  Packchan  ergiessen.  Hinter  diesen  Inseln  läuft  der  Fluss  in  einer 
geraden  Linie  von  etwa  10  (engl.)  Meilen  genau  von  Norden  her.  Die 
Berge  treten  an  beiden  Ufern  zurück  und  die  Aussicht  thut  sich  auf. 
Die  Gegend  durch  welche  der  Fluss  läuft,  ist  erst  neuerlich  dem  Meer 
abgewonnen;  vor  kurzer  Zeit  musste  sie  ein  breites  Becken  gewesen 
sein.  Nunmehr  ist  alles  mit  Mangroves  ausgefüllt,  die  noch  immer  bei 
Springfluthen  ganz  unter  Wasser  stehen.  Zahlreiche  kleine  Buchten  („creeks"J 
beweisen,  dass  die  Mangroves  weithin  verzweigt  sind.  Da  wir  keine  Lan- 
dung   bewirken    konnten,    mussten    wir    am    Mangrove-Ufer    ankern. 

11.  April.  Am  Ende  der  geraden  Flussstrecke  von  Norden  nach 
Süden  erheben  sich  die  Ufer,  treten  jedoch,  obgleich  noch  mit  Rhizophoreae 
bewachsen,    bald   zurück. 

Das  Gebiet  der  Nipah-Palmen  beginnt  und  nie  sah  ich  die  Nipahs 
in  solcher  Menge  und  so  vollkommen"  entwickelt,  wie  an  beiden  Seiten 
des  Packchan.  Man  benützt  sie  hier  nicht;  nur  am  Rande  des  Flusses 
waren  einige  mit  dem  Messer  (Dak)  abgeschnitten  worden.  Hätte  ich 
nicht  gewusst,  dass  eine  sogenannte  Stadt  (wenigstens  eine  menschliche 
Ansiedlung)  weiter  flussaufwärts  zu  finden  ist,  ich  hätte  während  der 
ganzen  Fahrt  kein  Zeichen  menschlicher  Bewohner  wahrgenommen.  Die 
Gegend  bleibt  offen  und  eben-  an  der  rechten  Seite  zeigen  sich  kleine 
vereinzelte  Hügel;  dann  ein  anderer  Berg  an  einer  Stelle,  wo  ein  nicht 
unbedeutender  Fluss  sich  in  den  Packchan  ergiesst.  Dieser  Berg  ist  der 
letzte;  weiter  stromaufwärts  ist  an  beiden  Seiten,  so  weit  der  Blick 
reicht,  das  Land  eben.  Der  Fluss  macht  einige  immer  kürzer  werdende 
Biegungen,  er  verengt  sich  bis  auf  etwa  150  Yards;  sein  durchsichtig 
grünes  Wasser  ist  nur  mehr  schwach  brackisch;  die  Ufer  steigen  allmälig  an, 
die  Mangroves,  später  die  Nipahs,  verschwinden  und  ihre  Stelle  nehmen 
Calumi  und  eine  zierliche,  cocosähnliche  Palme  ein.  Wie  am  Lennya- 
Flusse  werden  colossale  Waldöl-Bäume  („Woocl-oü-trees")  häutig.  Beide 
Flüsse  gleichen  sich  in  ihrem  Ansehen.  An  der  Stelle,  wo  ich  eine 
Nacht  und  einen  Tag  lang  verweilte,    waren  die  Ufer  bereits  15  Fuss  hoch. 

13.  April.  Heute  sah  ich  die  ersten  Menschen.  Vor  meinem  Aufbruche 
am  Morgen  kamen  zwei  Boote  mit  Siamesen  und  fuhren  weiter,  ohne  sich 
viel  mit  uns  einzulassen.  Wir  erfuhren,  dass  die  Stadt  Packchan  nur 
einige  wenige  (engl.)  Meilen  höher  hinauf  liege  und  fuhren  dorthin.  Die 
Gegend  blieb  flach  an  beiden  Ufern  und  erhob  sich  allmählig  bis  auf 
30  Fuss;  der  Fluss  verengte  sich,  blieb  aber  noch  immer  sehr  tief 
(3    bis    6    Faden);    die    Strömung   war   gering.    Als    ich    noch    eine    Stunde 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  377 

weit  von  der  Stadt  entfernt  war,  bemerkte  ich,  dass  der  Wald  an  beiden 
Ufern,  an  manchen  Stellen  1000  Yards  weit  landeinwärts,  neuerlich  aus- 
gehauen worden  war.  Wir  sahen  keine  alten  Anpflanzungen.  Bei  meiner 
Ankunft  zu  Packchan  befahl  ich  auf  der  rechten  oder  britischen  Seite 
zu  landen,  um  allem  Zusammenstoss  mit  den  Siamesen  vorzubauen  und 
lagerte  unter  meinem  Zelte.  Mir  gegenüber  lag  eine  grosse  Junke  von 
ungefähr  250  Tonnen  und  S  bis  6  andere  Küstenfahrer.  Mehrere  Hun- 
derte von  Menschen  versammelten  sich  auf  dem  Seeufer  und  gafften  uns 
schweigend  an.  Ich  hörte  in  verschiedenen  Richtungen  das  Tam-tam  an- 
schlagen. Bald  darauf  kam  ein  Chinese  mit  2  halberwachsenen  Jungen 
und  sagte  in  ziemlich  unverschämtem  Tone:  er  sei  abgesendet,  um  nach- 
zufragen, was  ich  sei,  was  ich  wünsche,  und  ich  solle  sogleich  vor  dem 
Statthalter  erscheinen.  Ich  antwortete  ihm:  ich  würde  kommen,  wenn  er 
mich  höfllich  einlüde,  wiewohl  er  mir  nichts  zu  sagen  habe,  da  ich  bri- 
tischer Beamter  sei  und  auf  britischem  Boden  stehe  und  meine  ferneren 
Wünsche    würde    ich   ihm    durch    einen   meiner  Leute    wissen    lassen. 

Ich  beauftragte  darauf  Saduc,  meinen  siamesischen  Dolmetsch  und 
Obermann  ( Jieadman" )  im  Dienste  der  Regierung,  zu  dem  siamesischen 
Statthalter  zu  gehen  und  ihm  meinen  Gruss  („Salaam"J  auszurichten; 
ich  sei  hierher  gekommen  um  das  britische  Land  anzusehen,  ich  bedürfe 
Mundvorrath  und  würde  ihm  verbunden  sein,  wenn  er  mir  solchen  verschaffte. 

Saduc,  mein  Dolmetsch,  kam  nach  etwa  2  Stunden  zurück  und 
meldete  mir:  meine  Ankunft  habe  grosses  Aufsehen  gemacht;  der  Statt- 
halter begreife  nicht,  was  ich  in  einer  so  wilden  Gegend  zu  thun  habe; 
er  habe  zuerst  geläugnet,  dann  bezweifelt,  dass  die  entgegengesetzte 
Seite  britisches  Gebiet  sei;  er  sei  indess  sehr  höflich  gewesen  und  habe 
versprochen,  ich  solle  alles  erhalten,  was  ich  wünsche;  schliesslich  habe 
er  seinen  Wunsch  ausgesprochen,  mich  zu  sehen,  wesshalb  er  mich  auch 
geziemend    einzuladen    beabsichtige. 

Bald  nachher  kam  ein  Siamese,  der  Kara-woon  (_der  nächste  im  Rang 
nach  dem  Statthalter)  mit  einigem  Gefolge  und  lud  mich  ein,  zu  dem 
Myo-woon,  der  in  einem  Zayat  am  Ufer  in  voller  Galla  versammelt  war, 
herüber  zu  kommen.  Ich  willigte  ein,  fuhr  über,  setzte  mich  auf  2  Sammet- 
kissen  nieder  und  führte  mit  diesem  grossen  Herrn  ein  möglichst  inhalts- 
leeres Gespräch,  wobei  ich  sorgfältig  vermied,  irgend  eine  politische 
Frage  zu  berühren.  Er  Hess  sich  angelegen  sein,  die  freundlichen  und 
wohlwollenden  Gesinnungen,  die  zwischen  Siam  und  Grossbritannien  be- 
stehen, in  Worte  zu  fassen;  versicherte,  nicht  nur  der  König,  sondern 
er  selbst  persönlich,  hege  diese  Gesinnung.  Er  sagte  mir  ferner:  er 
habe  Colonel  Bumey  gekannt;  er  selbst  sei  nur  auf  ausdrücklichen 
Wunsch  seines  königlichen  Herrn  in  diese  wilde  („jungly")  Gegend 
gekommen,  um  die  Leute  in  Ordnung  zu  bringen;  er  wünsche,  die  Ge- 
gend blühend  zu  machen  und  beabsichtige  Zuckerrohr  in  grossem  Maass- 
stabe   anzupflanzen    u.    s.    w. 

Früher  standen  hier  nur  wenige  Hütten;  es  war  immer  nur  ein 
sehr  unbedeutender  Weiler  und  ist  erst  kürzlich  zu  einem  Centralpunkt 
gemacht  worden,  von  welchem  aus  die  Heere  des  Königs  gegen  die  empör- 
ten Malayen  von  Queda  abgesendet  wurden.  Erst  vor  vierzehn  Tagen 
waren  60  Elephanten  und  eine  Abtheilung  Truppen  von  dort  nach  dem 
Süden  befördert  worden.  Der  Ausgang  der  malayschen  Empörung  wurde 
damals   mit  grosser    Begierde    und    seine    Dämpfung    mit    schlecht  verhehlter 

z* 


378  Dr-  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Bangigkeit,  erwartet.  Aus  diesem  Grunde  waren  auch  höhere  Behörden 
eigens  von  Bangkouk  abgesendet  worden,  um  die  Geschäfte  in  diesem 
Bezirke  zu  leiten.  Viele  Siamesen,  die  man  mit  Zwang  nach  der  Halb- 
insel gebracht  hatte,  um  gegen  die  erbitterten  Malayen  zu  fechten,  hat- 
ten ihre  Fahnen  verlassen  und  eine  starke  Anzahl  von  ihnen  sollte  in  den 
nahen  Dickichten  verborgen  sein.  Der  Statthalter  selbst  ist  ein  Chinese. 
Der  König  von  Siam  hat  eine  besondere  Vorliebe  für  dieses  Volk  und 
mehrere  der  wichtigsten  Stellen  werden  von  Chinesen  bekleidet.  Der 
Statthalter  versteht  nicht  Siamesisch;  unsere  Unterredung  wurde  daher  mit 
grossen  Umschweifen  geführt,  da  ich  Burmesisch  sprach,  das  in's  Siame- 
sische,   und   dieses    wieder    in  s    Chinesische    verdolmescht    wurde. 

Der  Statthalter  wünschte,  sich  in  dem  ganzen  asiatischen  Pomp  zu 
zeigen,  den  er  nur  in  diesem  entlegenen  Ort  aufzutreiben  vermochte. 
Er  selbst  war  in  Seide  und  Gold  gekleidet,  mit  der  rothen  chinesichen 
Jakobinermütze  auf  dem  Haupte,  seinen  nationalen  Zopf  in  einem  echt 
spanischen  genetzen  Marillo-Beutel  nach  einer  Seite  hängend ;  er  bot  mir 
Thee,  Betel  und  Tabak  in  silbernen  Geschirren  während  der  Zusam- 
menkunft an.  Das  Zayat  war  bei  dieser  Gelegenheit  mit  Speeren,  Schil- 
dern, Säbeln,  und  Musketen  ausgeziert;  unter  Letzteren  war  eine  ganz 
neue  schöne  Doppelflinte  von  Londoner  Arbeit,  welche  er  mir  mit  gros- 
ser Befriedigung  zeigte.  Wie  diese  hieher  gelangt  sei,  konnte  ich  nicht 
recht    verstehen. 

Gleich  nach  der  Zusammenkunft  wurde  ein  Bote  eigens  nach  Bangkouk 
gesendet,  um  den  König  von  meiner  ausserordentlichen  Ankunft  zu  Pack- 
chan, meinen  Namen,  meine  Beschäftigung,  Absicht  u.  s.  w.  zu  benach- 
richtigen. Während  meiner  Anwesenheit  daselbst  wurde  den  Leuten  erlaubt, 
den    weissen   Fremdling    anzusehen. 

Unter  ihnen  waren  mehrere  Burmesen,  welche  als  Kinder  gefangen 
worden  waren  und  die  Gelegenheit  zu  benutzen  gedachten,  um  mich  zu 
bitten,  sie  aus  der  siamesischen  Knechtschaft  zu  befreien.  Ich  sammelte 
so  viel  als  möglich  Nachrichten  über  die  Gegend  zwischen  Packchan 
und    dem    westlichen    Meer    oder    dem   Golf  von  Siam. 

Das    wesentliche  von    dem,    was    ich   erfuhr,  ist    folgendes : 

1.  Von  hier  bis  Cin-foun  ist  die  Entfernung  für  einen  Boten  eine 
Tagreise,  und  von  Cin-foun  bis  an  das  Meer  ebenfalls  eine  Tagreise. 
Andere  Leute  machen  diesen  Weg  in  3  Tagen  und  bei  schwerer  Bela- 
dung   in    31/2    Tagen. 

2.  Die  verschiedenen  Stadtbezirke  (»toivns  hips")  sind  nunmehr 
vereinigt    und    das    Land    unter   den    Befehlen    des  Myo-woon   von    Packchan. 

3.  Die  Strecke  von  hier  bis  Cin-foun  ist  unbewohnt;  von  dort  bis  an 
das    Meer  liegen    Städte    und    Dörfer. 

4.  Eine  niedere  Bergkette  zieht  sich  von  Nord  nach  Süd  zwischen 
den  beiden  Flussgebieten;  sie  ist  aber  unterbrochen,  und  zwischen  Pack- 
chan und  Cin-foun  geht  die  Strasse  über  die  Berge  durch  einen  Pass 
oder   Biss    („chasm"). 

5.  Das    übrige   Land    ist    eben,    aber    etwas    wellig. 

6.  Die  Flüsse  Packchan  und  Cin-foun  fliessen  nicht  zusammen;  ihre 
beiderseitigen  Quellen  sind  nicht  weit  von  einander  entfernt  (ein  Mann 
als  Dolmetscher  gab  8000  Luu  an,  ein  anderer  drei  Stunden.)  Beide 
Flüsse  sind  an  ihrem  Ursprung  unbeträchlich;  der  Cin-foun  ist  von  der 
gleichnamigen    Stadt   an    (etwa    18    engl.    Meilen    von    Packchan)    für  Boote 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  379 

schiffbar  und  ergiesst  sieh  als  bedeutender  Fluss  in  den  Golf  von  Siam. 
An  seiner  Mündung  ist  ein  bestündig  von  Junks  besuchter  Hafen;  die 
Verbindung  von  Packchan  und  Bangkouk  geschieht  durch  Schiffe,  welche 
in    diesem    Hafen    anlegen. 

8.  Eine  alte  Strasse  von  Packchan  durch  den  Gebirgspass  und  nach 
Cin-foun  ist  neuerlich  in  Stand  gesetzt  worden  (ob  auch  noch  tiefer  ab- 
wärts, konnte  ich  nicht  erfahren).  Diese  Strasse  soll  36  Fuss  breit  sein, 
und  auf  ihr  wurden  Truppen,  Kriegsvorräthe  und  Elephanten  vom  Meere  aus 
nach  Packchan    befördert. 

9.  Von  hier  nach  Bangkouk  geht  keine  unmittelbare  Landverbindung, 
aber  der  Herstellung  einer  solchen  steht  kein  natürliches  Hinderniss  entgegen. 

10.  Die  bald  nach  der  britischen  Besetzung  zu  Mergui  gefangenen 
Burmesen  wurden  auf  dieser  Strasse  nach  Bangkouk  geführt,  um  dort 
zur  Schau  gestellt  zu  werden.  Dieser  Nachricht  kann  ich  beifügen,  dass 
unmittelbar  ober  'der  Stadt  Packchan  der  Fluss  sich  in  zwei  Aeste  theilt. 
Einer  davon  behält  den  Namen  „Packchan"  bei,  und  ist  jener,  der  nach  Osten 
läuft  und  in  nahe  Berührung  mit  dem  Cin-foun  kommt  und  nahe  über  diese 
Stadt  hinaus  nur  15  Yards  breit  ist.  Der  andere  Ast  heist  der  Kara-Fluss  und 
ist  der  Hauptstrom,  der  von  Norden  kömmt  und  dessen  Ursprung  nicht 
weit    von    dem    des    Lennya    liegen    soll.     Es  ist  ein  reissender  Strom. 

Die  Schifffahrt  beginnt  bei  der  Stadt  Packchan;  während  des  Mon- 
soon   erreicht  die  Flntli   eine   Höhe    von     10    Fuss. 

13.  April.  Nachdem  mir  der  Statthalter  die  versprochenen  und  gewünsch- 
ten Vorräthe  (ein  Dutzend  Stück  Geflügel  und  etwas  Beis)  geschickt  hatte, 
fuhr  ich  wieder  stromabwärts.  Ich  wäre  sehr  gern  den  Kara-Fluss  auf- 
wärts gefahren;  diess  hätte  aber  die  Eifersucht  der  Siamesen  allzu  sehr 
aufgeregt  und  ohne  Zweifel  hätte  ich  Hindernisse  gefunden,  welche  hin- 
wegzuräumen   ich  weder    die  Mittel    noch  die  Absicht  hatte. 

14.  April.  Während  der  Nacht  weckte  mich  mein  Dolmetscher  mit 
der  Meldung  auf:  mehrere  siamesische  Boote  hätten  sich  während  der 
Nacht  verstohlen  genähert  und  die  Leute  wollten  mich  niederstechen, 
der  siamesische  Statthalter  wünsche  Gewissheit  darüber  zu  erhalten,  dass  das 
rechte  Ufer  des  Packchan  Britisches  Gebiet  sei;  man  habe  ihnen  immer  gesagt, 
die  britische  Gräuze  liege  nordwärts  vom  Kazeingslo-Flusse;  sie  hätten 
das  grösste  Begehren,  hinüber  zu  kommen  und  sich  unter  britischen  Schutz 
zu  stellen;  eine  grosse  Menge  Flüchtlinge,  Leute  die  man  gewaltsam 
aus  entfernten  Landstrichen  herbeigetrieben  habe,  um  gegen  die  Malayen 
zu  kämpfen,  sei  in  den  Dickichten  der  Umgebung  versteckt;  das  Joch 
des    neuen    Statthalters    sei    unerträglich    und  dergleichen    mehr. 

Nebst  allem  berichteten  sie:  die  britische  Seite  sei  sehr  reich  an 
Zinn.  Einige  unter  ihnen ,  seien  mit  den  besten  Fundorten  bekannt;  ein 
Fluss,  Mallivan-Khiaung  genannt,  führe  zu  Zinngruben,  welche  die  von 
Tokopah    noch    übertreffen. 

Meine  übrige  Beise  bot  weiter  nichts  Bemerkenswertlies  dar.  Ich  nahm 
denselben  Weg  wieder  zurück  nach  Mergui,    wo  ich  am  21.   April  1839    ankam. 

VII.  Reise.  Mein  letzter  Ausflug  vor  dem  Monsoon  ging  nach  dem 
neu  entdekten  Fundort  von  Kohle  am  Tenasserim-Fluss,  über  welchen  ich 
einen    abgesonderten    Bericht    eingesendet   habe. 


380  ur«  Johann  Wilhelm  Ilelt'er's 

6.  Tagebuch  der  Heise  nach  den  Andamanen- Inseln  am  Bord  des 

Schooner  „Catarine." 

1)  13.  Janaar  1840.  Sonntag.  Ein  neuer  Abschnitt  beginnt,  ich  habe  das 
Bootreisen  aufgegeben,  und  segle  in  einem  Schiffe,  welches,  so  Gott  nur  will, 
mich  überall  hinbringen  kann.  Mit  vielem  Bastln  brachten  wir  alle  Sachen 
glücklich  an  Bord.  So  Gott  mir  seineu  Segen  gibt,  so  wird  es  doch  gehen 
und  es  muss  gehen.  Selbstbezwingen  ist  edel,  durch  Kampf  mit  sich  selbst 
wird  der  Mensch  nur  vollkommen.  Nach  dieser  Selbstpredigt,  nach  mehr- 
fachen gut  gefassten  Entschlüssen,  und  nachdem  ich  mich  selbst  im  Innern 
und  auf  dem  Papiere  heruntergehunzt,  wird  mir  wohler,  d.  h.  ich  fühle 
mich    befriedigter. 

Ich  habe  meinen  Willen  erreicht,  ich  bin  abgereist,  obgleich  kaum 
1  Meile  vom  Wharf,  wir  liegen  vor  Anker,  es  ist  9  Uhr  Abends  und  die 
Leute  sind  gegangen,  etwas  zu  holen,  was  sie  noch  vergessen.  Von  gros- 
sen  Thaten    kann    ich    noch   nichts    erzählen. 

2)  14.  Januar.  Montag.  1.  Am  Morgen  stehe  ich  auf  und  gehe  hinaus,  mich 
zu  waschen.  In  der  Nacht  hörte  ich  bereits  einen  Lärm  und  Prügeln.  Da 
hörte  ich's,  was  ich  halb  bereits  gehört,  dass  zwei  Boote  in  der  Nacht 
verloren  gegangen  sind.  Günstiger  Wind,  können  jedoch  nicht  davon  pro- 
fitiren,  Canoe    wird    zurückgeschickt,    ein    Boot    zu    kaufen. 

2.  Benutzte     die    Zeit,    unser    Schiff    etwas    in    Ordnung    zu    bringen 
Alle    Büchsen    werden    noch    einmal     vorgenommen,    alle    Vorräthe    in     mein 
Kabinet   gesetzt,    denn    Zwiebeln    etc.    sind    sehr    angreiferische    Waare. 

3.  Canoe  kommt  um  9  Uhr  und  bringt  einen  zweiten  Seelenträn- 
ker,  das  wird  gefährlich  sein  zu  landen.  Je  nun!  Wir  lichten  den  Anker 
und  gehen  bis  ungefähr  11  Uhr,  dann  erstirbt  der  Wind  und  die  Fluth 
ist    gegen   uns.    Wir    bleiben    8    Meilen    von    Mergui    liegen. 

4.  Um  4  Uhr  NM.  erhebt  sich  wieder  ein  Wind.  Anfangs  gehen  wir 
sehr  langsam,  dann  wird  der  Wind  stärker,  die  Sonne  geht  unter,  es  ist 
eben  Mondschein  und  wir  gehen  zwischen  Kings-Island  und  Iron-lsland  durch 
bei    heftigem    Wind.   Ich    lege  mich  ruhig  zum   Schlafen    nieder. 

5.  Ich  kann  nicht  schlafen,  das  Schiff  bewegt  sich  so  heftig,  dass 
ich  bald  herausgeworfen  werde.  Endlich  kommt  eine  so  heftige  Senkung, 
dass  alles  in  der  Stube  krachend  zusammenfällt.  Ich  stehe  auf,  und  sehe 
dass  wir  unter  Sturmsegeln  daherziehen.  Wir  haben  die  engste  Passage 
zwischen  beiden  Inseln  hinter  uns.  Es  ist  Mondschein,  aber  alles  in  dich- 
ten Nebel  eingehüllt.  Eine  eigenthümliche  Erscheinung  findet  statt.  Es  ist 
ganz  still,  da  kömmt  plötzlich  ein  Windstoss,  der  mit  Sturmesschritt  daher 
eilt,  dreimal  lag  das  Schiff  ganz  auf  der  Seite;  Gott  sei  Dank,  dass 
ich    bei    meinen    Bootfahrten    nie    so    überrascht   wurde. 

6.  Wir  gehen  so  fort  bis  ungefähr  um  Mitternacht,  da  werfen  wir 
Anker  im  Schutz  von  einer  Insel.  So  viel  höre  und  sehe  ich  aus  meinem 
Bette,    halb   träumend,    halb    wachend. 

3)  15.  Januar.  Dienstag.  Cabosa  1.  Die  ganze  Nacht  raste  der  Sturm 
in  Intervallen.  Des  Morgens,  als  ich  aufstand,  sah  ich  noch,  wie  er  daher- 
zog  in  kurzen    Paffs ;  die   See    war   verhältnissmässig   ruhig. 

2.  Der  Wind  lässt  allmählig  nach  gegen  8  Uhr.  Die  Insel,  an  de- 
ren   Westseite    wir   liegen,    ist    die   kleine    Caristen.     Das    Schiff    wird    bis 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  381 

an    100    Schritte    vom    Ufer   auf  die    Westseite    gezogen.   Die   Leute   gehen 
im    Canoe    an's    Land    um    Ballast    zu    holen. 

3.  Lange  Arbeit  mit  den  Canoes,  und  sie  übereilen  sich  nicht  da- 
bei. Sie  amusiren  sich,  das  trockene  Gras  auf  dem  Felsen  in  Feuer 
zu  setzen,  ich  amusire  mich  dem  Fortschritte  des  Brandes  zuzusehen,  es 
wird    aber    nicht  viel. 

4.  Die  Insel  ist  ein  Syenit-Felsen,  so  weit  als  möglich  mit  Vegetation 
überwachsen,  natürlich  können  die  Bäume  nicht  sehr  gross  werden.  Es 
scheint    bloss    ein    Bergrücken    zu    sein.    Wasser    gibt    es   keines. 

5.  Um  12  Uhr  gehen  wir  weiter,  und  steuern  gerade  auf  Cabosa 
los,  etwa  20  Meilen  entfernt  im  Westen.  Es  blies  ein  moderirter  gün- 
stiger Wind.  Ich  fühlte  mich  sehr  müde,  schlafe  zum  Theil,  lese  zum 
Theil.  Wir  nahen  uns  allmählig.  Ich  nehme  die  Umrisse  an  der  West- 
seite   auf. 

6.  Eine  halbe  Stunde  vor  Sonnen-Untergang  sind  wir  angekommen. 
Gleich  Fletchers-Insel  und  Gross-Torres  ein  Granitfels,  nur  sind  die  Felsen  noch 
grösser,  die  Wogen  scheinen  noch  mehr  darauf  anzuschlagen.  Die  Bäume 
sind  wie  schon  früher  bemerkt,  ganz  auf  die  Seite  gebogen  und  zwerg- 
artig auf  den  dem    Sturme    ausgesetzten    Orten. 

7.  Wollen  ankern,  finden  bei  40  Faden  keinen  Grund.  Segeln  der 
Südseite  entlang,  kleine  Bay,  eine  Sandbank,  gehen  dorthin,  finden  endlich 
bei  30  Faden  Grund.  Werfen  Anker.  Ich  nehme  eine  Zeichnung  auf. 
Cabosa  hat  mehrere  Berge  und  kleine  Schluchten  oder  Thäler,  ist  aber 
doch  nichts  als  ein  isolirter  aus  dem  Meere  hervorragender  Felsen.  Es 
ist  sehr  kalt,  ich  ziehe  mich  zurück  ins  Kabinet,  die  Leute  sind  bei 
Mondschein    nach    Wasser    suchen   gegangen. 

4)  16.  Janaar.  Mittwoch.  In  der  Nacht  gab  es  einen  tüchtigen  Sturm, 
unser  Schiffchen  bewegte  sich  gewaltig  in  der  Bay.  Am  Morgen  sah  ich 
erst  recht,  wie  felsig  Cabosa  sei.  Unsere  Leute  schafften  Holz,  Wasser 
und   Ballast   und   ich    fuhr   ans    Land,    um    zu    sehen   was    es    da   gebe. 

Kleine  Bay  mit  aufgeschwemmtem  Sande.  Kleiner  rieselnder  Bach  mit 
schwarzem  Sande,  den  ich  sammelte.  Vegetation  dieselbe  wie  auf  anderen 
Inseln.  Ging  entlang  der  Granitblöcke.  Merkwürdige  Entdeckung.  Granit 
welcher  rothen  Sandstein  einschliesst,  ja  sogar  worin  Schnecken  existiren. 
Im  granitischen  Teig  eingeschlossener  Granit  ist  daher  wohl  eine  der 
jüngsten  Formationen  auf  unserem  Erdboden.  Jemand  könnte  die  abnorma- 
len Felsensteine  hier  sehr  studieren.  Alles  Spuren  des  Geflossenseins. 
Grünsteinstücke  häufig  eingeschlossen.  —  An  andern  Theilen  flössen  zwei 
verschiedene  Massen.  Granit  und  Syenit  mit  Massen  von  Hornblende,  der 
eine  fast  weiss,  der  letztere  fast  schwarz,  verschiedene  Figuren  bildend. 
Auch  Eurit  und  Albit  zieht  sich  in  Venen  durch  den  Granit.  Auch  fein- 
körniger   Granit   in    Rollstücken   ist    in    neuen    Granit    eingeschlossen. 

Ich  ging  zurück  an  Bord  zur  Frühstückszeit.  Die  Leute  wurden  je- 
doch nicht  fertig  vor  Mittag.  Dann  begaben  wir  uns  auf  unsere  Reise. 
Der  Wind  hatte  sehr  nachgelassen.  Wir  kommen  nur  langsam  vorwärts, 
fahren    bei    einem   kleinen   Felsen    um    Sonnenuntergang    vorbei. 

Es  ist  eigentlich  eine  abenteuerliche  Fahrt  ohne  alle  Instrumente 
uns  aufs  offene  Meer  zu  wagen,  eine  kleine  Insel  aufzufinden.  Je  nun 
Gott  weiss,  ob's  uns  glücken  wird.  Wir  wollen  hoffen.  Auf  5  oder  auch 
auf  6    Wochen    sind    wir    verproviantirt. 


382  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Otto  ist  auch  sehr  krank,  ein  zweites  Ass  bricht  auf  seinem  Fusse 
auf,    er    kann    kaum    gehen. 

5)  17.  Januar.  Donnerstag.  Da  sind  wir  auf  der  offenen  blauen  See,  kein 
Land  zu  sehen,  die  Wellen  gehen  hoch,  die  ganze  Nacht  bewegte  sich  das 
Schiffchen    auf  eine    bedeutende   Weise,  ich    konnte    sehr    wenig    schlafen. 

Heute  befand  ich  mich  den  ganzen  Tag  über  ziemlich  unwohl,  er- 
stens hatte  ich  eine  Art  von  Seekrankheit,  d.  h.  Appetitslosigkeit,  Abge- 
schlagenheit, zweitens  bekam  ich  wieder  Durchfall.  Ich  weiss  nicht,  soll 
ich  ihn  als  salutare  Nachkrise  meiner  letzten  Krankheit  betrachten,  oder 
als  ein  neues  Leiden. '  Je  nun,  wie  Gott  will,  wenn  ich  krank  würde, 
müsste  es  mir  schlimm  gehen,  so  weit  entfernt  von  jeder  ärztlichen  Hilfe. 
Heute  hatte  ich  übrigens  Anfalle  einer  höchst  selten  eintretenden  Geistes- 
krankheit, Indifl'erentismus  für's  Leben,  ich  mache  mir  gar  nichts  daraus 
zu  sterben,  ich  denke,  ich  werde  doch  nichts  Tüchtiges  leisten,  und  dann  lebte 
ich   ja    umsonst. 

Arbeitsfaulheit  ist  immer  ein  charackteristisches  Merkmal  am  Bord 
eines  Schiffes,  ich  that  den  ganzen  Tag  nichts  als  Lesen  im  Präger  Pa- 
norama   des    Universums  oder  in    Menzels  Geschichte    der  deutschen  Literatur. 

Wir  hatten  sehr  günstigen  Wind  und  machten  wohl  seit  gestern 
Abend  120  Meilen.  Murgen  Abends,  wenn  es  so  fortgeht,  hoffe  ich,  dass 
wir    Land  sehen. 

6)  18.  Januar.  Freitag.  Vor  Barren-Island.  Mit  unbeschreiblichem  Glück  ha- 
ben wir  auf  die  Insel  getroffen.  Um  2  Uhr  sahen  wir  Land;  vor  Sonnenun- 
tergang waren  wir  da.  Der  Krater  übertraf  meine  Erwartung  bei  weitem. 
Es  ist  der  schönste  Vulcan,  den  ich  bisher  gesehen.  Wir  können  keinen 
Ankerplatz  finden  und  kreutzen  umher,  diess  macht  eine  solche  Bewegung,  ., 
dass  ich  nicht  schreiben  kann.  Uebrigens  bin  ich  heute  wieder  schlecht. 
Ich  habe  wirklich  Abweichen  als  Recedive  bekommen,  Gott  gebe,  dass 
es    glücklich    vorübergeht;    ich    bin   sehr    ärgerlich. 

7)  19.  Januar.  Samstag.  Adaman  Archipel.  Die  Nacht  tobte  und  wüthete  es 
sehr.  Unser  kleines  Schiff  konnte  kaum  stehen;  ich  konnte  gar  nicht  schlafen, 
so  hin  und  hergeworfen  wurden  wir.  Wir  schleppten  unsere  Anker  50  Faden 
tief,  die  Leute  konnten  ihn  nicht  herausziehen,  unsere  „Catherine"  schöpfte 
immer  mehr  Wasser.  Die  Leute  mussten  8mal  pumpen.  Dazu  kam  noch, 
dass  es  gegen  Morgen  heftig  regnete.  Ich  musste  mich ,  als  es  licht 
wurde  entscheiden.  Hier  kreuzen  konnte  ich  nicht,  der  Sturm  war  im 
Steigen,  mit  bangem  Herzen  sagte  ich  Adieu  und  befahl  dem  Capitän, 
gerade  zu  auf  die  Andamanen  los  zu  gehen.  Ich  ärgerte  mich  so  sehr, 
dass  ich  den  Vulcan  nicht  hatte  examiniren  können,  dass  ich  den  ganzen 
Tag  im  Bette  lag,  freilich  kam  dazu,  dass  ich  noch  nicht  hergestellt  war  und  mich 
schonte.  —  Die  Wellen  gingen  nie  so  hoch  wie  heute,  wahre  Berge 
thürmten  sich  heute.  Um  10  Uhr  sahen  wir  Land.  Um  3  Uhr  waren 
wir  daran ;  einzelne  flache  Inseln.  Wir  suchten  Schutz  hinter  einer.  Das 
erste  was  uns  auffiel,  war  ein  schwarzer  Negro-Andamanese  ganz  nackt,  bald 
darauf  ein  zweiter  und  mehrere  andere,  die  sich  um  uns  sehr  wenig  zu  kümmern 
schienen  und  Schalthiere  am  Ufer  glaube  ich,  suchten.  Sie  kamen  mir 
nicht  kleiner  vor  als  andere  Leute,  sie  gingen  sehr  aufrecht  und  waren 
ohne  Waffen  augenscheinlich.  Ich  verfolgte  sie  bis  sie  hinter  den  Bü- 
schen am  Seeufer  mir  entschwanden.  —  Die  Inseln,  vor  denen  wir  lagen 
waren  flach,  diluvial;  doch  Geschütte  schien  ihren  obersten  Thei!  auszuma- 
chen.   Auf  einer   Seite   sah   ich  Königsberger  Sandstein,    der   Höhlen  bildete, 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die    Tenasserini-Proviiuen  etc.         383 

darin  wohnen  vielleicht  diese  Waklinensehen.  Ich  ärgerte  mich,  dass  es 
Klugheit  verbot,  ans  Land  zu  steigen,  wie  gerne  hätte  ich  einen  solchen 
Kerl  als    Specimen. 

Wir  haben  alle  Gewehre  geladen  und  sind  zu  Allem  vorbereit,  es 
wird  aber  zu  nichts  kommen.  Wie  ruhig  es  in  unserm  Wohnort  ist, 
beweist  meine  Schrift,  wir  wackeln  verteufelt,  doch  werde  ich  heute 
Nacht    hoffentlich    zur    Ruhe    kommen. 

8)  20.  Januar.  Sonntag.  Audainau.  Eine  schlechte  Nacht  wieder  gehabt, 
der  Sturm  tobte,  es  regnet  fortwährend,  die  Wellen  schlugen  herein, 
die   arme  „Catharine,"  Wasser    wurde    in    einem   fort    gepumpt. 

Gott  sei  Dank,  heute  befinde  ich  mich  wohl ,  sonst  ging's  mir  in 
diesem  Hundewetter  noch  schlechter.  Es  saust  und  braust  und  regnet. 
Wolke    auf   Wolke    entladet    sich,    ein    vollkommener    Monsoon. 

Bis  Mittag  blieben  wir  liegen.  Kein  Andamaneser  zu  sehen.  Rauch 
stieg   aber    auf   an  verschiedenen  Stellen    des    Waldes. 

Um  1  Uhr  lichteten  wir  die  Anker.  Schwere  Passage  heraus.  Ein- 
mal scheiterten  wir  bald,  nur  2  Faden  Wasser  und  das  Wasser  sehr 
hoch,    ein    Schlag    und    unsere    arme    „Catharine"    gewiss    beim    Teufel. 

Lavirten  auf  eine  kleine  Insel  los,  hatten  nahe  an  einen  Felsenriff 
zu    gehen.     Hinter    der    Insel  kein    Schutz,    wie    wir    erwartet. 

Gingen  wieder  weiter  und  fanden  eine  schöne  Bucht,  wo's  Gott 
sei  Dank  nicht  tobt,  100  Schritte  vom  Ufer.  —  Alles  Sandsteinwände 
wie    in    der    sächsischen    Schweiz. 

Streit  mit  Otto,  der  ans  Land  wollte.  Ich  behauptete  es  sei  nicht 
klug,  auf  sich  schiessen  zu  lassen,  ohne  sich  wehren  zu  können. 
Die  Wilden  haben  alle  Vortheile  vor  uns,  wir  keine;  denn  bevor  ich 
entdeckte,  von  wo  der  Kerl  einen  Pfeil  auf  mich  jagt,  ist  er  längst  im 
Gebüsch  verschwunden.  Im  offenen  Felde  lasse  ich  mir 's  gefallen,  gegen 
sie  zu  fechten,  aber  ich  bin  nicht  hieher  gekommen  um  mich  rücklings 
erschiessen    zu    lassen. 

9)  21.  Januar.  Montag.  Andaman  Archipel  Die  Sonne  schien  uns  wieder 
freundlich,  der  Wind  blies  noch  stark.  Ich  vollführte  den  Vorsatz  nach  der  kleinen 
Insel  zurück  zu  fahren,  wo  ich  gestern  vergeblich  einen  Landungsplatz  gesucht. 
Ich  Hess  die  Anker  heben,  und  in  einer  Stunde  waren  wir  wieder  etwa  100  Klaf- 
ter vor  der  Insel  auf  der  Südwestseite  vor  Anker.  Ich  Hess  mein  nasses 
Papier  zum  trocknen  ans  Land  bringen  und  bestieg  es  bald  nachher  selbst. 
Die  Insel  war  flach,  nur  nahe  an  unserer  Seite  stiegen  etwa  100  Fuss 
hohe  Felsen  aus  Quadersandstein  bestehend,  auf.  —  Ich  ging  am  Ufer  ent- 
lang in  der  Richtung  dieser  Felsen.  Die  Fluth  war  aufs  höchste,  ich  musste 
den  Weg  durch  den  Jungle  arbeiten  lassen.  Ueppige  Vegetation,  einzelne 
mächtige  Bäume.  Ein  eigenthümlicher,  nie  früher  gesehener  mächtiger,  unsern 
stärksten  Eichen  ähnlicher  Baum,  aus  der  Familie  der  Gutliferen,  ein  Calo- 
phylluml  das  charakteristische,  die  Andamaneser  sollen  die  Früchte  vorzugs- 
weise essen.  Der  Baum  war  jetzt  gerade  in  Frucht,  für  mich  ungeniessbar, 
ein  weisser  cautschukartiger    Stoff   schwitzt  heraus. 

Die  Niederung  wäre  prächtig  für  Cocosnusspflauzungen.  Burmesen  und 
Malayen  landen  auf  dieser  Insel.  In  der  Nähe  gibts  werthvolle  Schwalben- 
nesterhöhlen. Spuren  von  Paddy  Hülsen,  Cocossclnlen  und  alte  Blattdächer. 
Auch  einen  Brunnen  haben  die  Leute  gegraben.  Unsere  Matrosen  schöpften 
den  ganzen  Tag  Wasser. 


384  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

Eine  Masse  von  Schneckenschalen  am  Ufer,  die  eine  Unmasse  von 
Fliegen  stets  im  Gefolge  haben.  Diese  Fliegen  folgten  uns  überall  und  wur- 
den höchst  lästig.  Ein  jeder  der  Leute  brachte  hunderte  mit  in's  Schiff, 
unsere    „Catherine"   ist  jetzt  voll  davon. 

Wir  arbeiteten  uns  mit  Mühe  durch  die  Jungles.  Ueberall  Spuren  von 
Ureinwohnern,  ich  glaube,  sie  sind  entweder  noch  auf  der  Insel  oder  haben  sie 
vor  wenigen  Tilgen  verlassen.  Wir  fanden  ihre  frischen  Lagerplätze,  frische 
Aschen,  mehrere  Instrumente,  einen  Hacken,  um  die  Aeste  herunter  zu  bie- 
gen, und  ein  ungeschicktes  Fragment  von  einem  Topf,  sie  haben  also  Töpfer- 
waaren.  Später  fanden  meine  Leute  einen  Bogen,  der  höchst  ungeschickt 
gearbeitet  war.  Auch  Steine  waren  als  Landungssignale  wahrscheinlich  am 
Ufer  aufgehängt.  An  einer  andern  Stelle  fanden  wir  Stücke  von  Holz,  die 
Rinde   abgeschält,    wovon    sie    ihre    Bindfaden    arbeiten. 

Auch  Schiffe  oder  Boote  und  zwar  europäisch  gebaute,  müssen  hier 
gestrandet  haben  oder  hierher  verschlagen  worden  sein,  wir  fanden  meh- 
rere   gut    gearbeitete    Leisten. 

Wir  arbeiteten  uns  durch  die  Jungles,  bis  wir  an  den  Felsenvor- 
sprung kamen,  dort  wartete  ich,  bis  das  Wasser  fiel,  dann  ging  ich  weiter. 
Ausgewaschene    Stücke    platt   wie    Tische. 

Massen  von  Madreporen  bilden  einen  Steinkranz  um  die  Insel.  Kam 
an  eine  Höhle,  wo  Schwalben  nisten.  Ich  fand  etwa  20  Nester  von  der 
besten  Qualität.  Leute  sehr  begierig  darnach.  Sie  verkaufen  sie  ein  Stück 
zu    1    Rp. 

Venen  von  Eisensandstein  durchziehen  den  Quadersandstein.  Die  Höhle 
mehr    kalkartig.    Venen    von    Gyps  ? 

Wir  kletterten  entlang  des  Felsenvorsprunges,  bis  wir  nicht  weiter 
konnten.  Sammelte  etwa  6  neue  Pflanzenarten  in  Blüthe.  Ein  Gras  oder  ein 
Farren    characteristisch,    die    die    Vertical- Wände    bedecken. 

Pflanzen  gemein  mit  Tenasserim.  Galedwpa  indica,  Octandra  Man- 
grove,  Thespesia  acutifolia,  Cedrelae,  Lettsomia  lanuginosa,  Convolvulus 
littoralis,  Menyanthes  tenusserimica,  Pandanus  comunis,  Rubiflos  aculei- 
frondosa,    Terminalia   dubia,    Bruguiera   albiflora,    L  Heritiera   magniflora. 

Kehrten  zurück,  sehr  heiss,  ging  an  Bord  des  Schiffes  und  liess 
mirs  wohl  sein.  Um  4  Uhr  kehrten  alle  Leute  zurück,  beredete  den 
Capitän  heute  noch  weiter  zu  gehen.  Lichteten  den  Anker  und  segelten 
nach  Nordwest.  Es  wurde  dunkel,  die  See  ging  hoch.  Man  kann  nervös 
werden,  wenn  man  ins  Blinde  in  der  Nacht  steuert.  Heute  geschah  uns 
jedoch  noch  kein  Unglück.  Vor  einer  Inselgruppe,  ich  glaube  es  ist  nicht 
Festland,  ankerten  wir  in  einer  Tiefe  von  9  Faden.  Feuer  der  Andama- 
nesen   am    Ufer. 

10)  22.  Januar.  Dienstag.  Andaman-Meerenge.  Heute  unternahm  ichs 
durch  die  enge  Meerenge  zu  fahren ,  die  die  grosse  Andamanen  -  Insel 
durchschneidet. 

Früh  zeitlich  wurden  die  Anker  gelichtet  und  als  ich  früh  aufstand, 
fand  ich,  dass  wir  bereits  nach  Westen  segeln.  Wir  fanden  uns  bald 
eingeschlossen,  nur  die  Oeffnung  im  Osten  blieb  sichtbar.  Die  Hügel 
ringsherum  waren  alle  niedrig,  einzelne  plattenförmig,  zerschnitten,  mit 
Bäumen    bewachsen,    die    unmittelbar    am  Ufer    dicht    mit  Mangroves  besetzt. 

Wir  warfen,  nachdem  wir  ungefähr  6  Meilen  gegangen,  wieder 
Anker  und  der  Capitän  bestieg  das  Boot,  sehen  zu  gehen,  ob  die  Pas- 
sage  für    sein    Schiff    gangbar    sei.    Während    der   Nacht    beschäftigte    ich 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  385 

mich    mit    Zeichnen.    Um    2   Uhr    ungefähr    kam    er   zurück    und    meinte,    er 
wolle    es    wagen. 

Der  Canal  verengte  sich  bald  bis  auf  »/4  (engl.)  Meile  im  Durch- 
schnitt. Die  Gegend  bewahrte  denselben  Character.  Viele  Bäume  waren 
entlaubt,  meist  Malvaceen.  Die  Vegetation  war  bei  Weitem  nicht  so  kräftig 
wie  in  Tenasserim,  obgleich  alles  dicht  bekleidet,  so  sah  ich  doch  wenig 
starke  Bäume,  keine,  die  für  Schiffbau  zu  taugen  schienen. 

Ich  glaube  das  Land,  was  ich  gesehen,  ist  nicht  fruchtbar.  Alles  ist 
blosser  Sandsteinfelsen.  Die  Wurzeln  können  nicht  eindringen.  Grosse 
Aehnlichkeit  mit  der  sächsischen  Schweiz,  auch  die  häufigen  Echos.  Alles 
ist  Königsstein  in  Miniatur,  vielleicht  auch  ein  zweiter  Burdelroad.  Die 
Thäler,  die  zwischen  den  Platten  liegen,  sind  meist  so  niedrig,  dass  sie 
mit   Mangroves    häufig   tief  wie    ausgefüllt   sind. 

Der  Canal,  durch  welchen  wir  fuhren,  ist  nichts  als  eine  tiefe 
Spalte  im  Gebirge.  In  den  meisten  Stellen  tief  genug  für  die  grössten 
Schiffe.  Die  Fahrt  selbst  war  höchst  pittoresk;  es  wird  wenige  solche 
Meerengen    geben;    alles    hat    den    Character    eines    Flusses. 

Die  Strömung  war  auf  einem  Ort  so  stark,  dass  sie  8  bis  10  Knoten 
ging.  Nach  einer  scharfen  Wendung  kamen  wir  in  Wirbel  und  Strudel, 
der  Capitän  bekam  Aengsten  und  Hess  schnell  den  Anker  fallen.  Das 
Schiff  wirbelte  mit  Macht  herum,  bevor  es  zur  Ruhe  kam.  Die  Strömung 
riss  mit  einer  Heftigkeit  an  uns  vorüber,  als  wären  wir  in  einer  Mühle. 
Wir  lagen  höchst  unsicher.  Kaum  war  die  Strömung  gemindert,  so  hoben 
wir  wieder  den  Anker  und  fuhren  weiter.  Die  Gegend  wurde  flacher, 
die  Mangroves  ausgebreiteter.  Felsen  kamen  zum  Vorschein.  Endlich  bil- 
deten sich  isolirte  Inseln,  die  immer  häufiger  wurden.  Zuletzt  sahen  wir 
den  Ausgang  in  die  See  und  eine  weite  Bay  eröffnete  sich.  Der  Eingang 
in    diese    war    jedoch    sehr    schmal,    kaum    50    Schritte    breit. 

Kaum  waren  wir  in  dieser  Bay,  so  sahen  wir  4  Boote  auf  uns 
lossteuern.  Der  Capitän  stieg  in  ein  Boot  ihnen  entgegen,  er  hielt  sie 
für  Andaman-Neger  und  wollte  sie  attakiren.  Am  Bord  des  Schiffes  be- 
reitete sich  alles  zur  Action;  der  Capitän  schoss  eine  Muskete  auf  400 
Schritte  Entfernung,  die  Boote  näherten  sich  nichts  desto  weniger  und 
es  ergab  sich,  dass  es  Malayen  waren,  die  von  Penang  gekommen  waren 
und    Vogelnester    suchten. 

Wir  ankerten  nicht   weit    vom  Ufer    au  der  äussersten  Spitze  der  Bay. 

Bald  darauf  sahen  wir  Andamanesen  einen  nach  dem  andern  am 
Vorgebirge  zwischen  den  Steinen  hervorsehen,  alle  mit  Bogen,  Pfeil  und 
Speer  bewaffnet.  Einige  kamen  darauf  näher,  uns  zu  begaffen  und  einer 
fing  an  endlich  aus  vollem  Halse  auf  uns  zu  schreien.  Seine  Stimme  war 
wohllautend.  Wir  horchten,  einige  glaubten  er  spreche  malayisch,  einige 
burmesisch,  ich  glaube,  er  wolle  sich  mit  uns  verständigen.  Drei 
Leute  gingen  in  einem  Canoe  gegen  das  Ufer,  kamen  aber  bald  zurück 
und  rapportirten:  sie  hätten  die  Männer  nicht  verstanden,  es  seien  drei 
gewesen,  die  niedergekauert  auf  der  Erde  gesessen  wären,  der  eine  hatte 
das  Gesicht  ganz  weiss  bemahlt.  Ich  glaube  die  Leute  fürchteten  sich 
zu  sehr,  sich  ihnen  zu  nähern,  ich  will  morgen  selbst  gehen.  Aus  Furcht 
haben  sie  auch  jetzt  Abends  die  Anker  gelichtet  um  weiter  in  die  Bay 
zu  stechen,  um  vor  einem  Ueberfall  gesichert  zu  sein.  Jetzt  können  sie, 
obgleich    keine    200    Schritte     vom    ersten     Orte    entfernt,    keinen    Grund 


386  Dr.  Johann  Wilhelm  HehVs 

finden,    ein    Beweis,    wie    alles    gestaltet    ist    und    dass    die    Fahrstrassen    in 
tiefen    Spalten    liege. 

Wenn    sie    nur    auf   keinen    Stein    in    dunkler    Nacht    fahren. 

11)  23.  Januar.  Mittwoch.  Andamau-Westseite.  Heute  hatten  wir  einen 
schleichenden  Tag,  der  Capitän  konnte  gestern  Abends  der  Strömung  nicht 
widerstehen,  weil  er  keinen  Wind  hatte  und  musste  Anker  auf  der  ent- 
gegengesetzten Seite  der  Bay  werfen.  Am  Morgen  wollte  er  wieder  unter 
Segel  gehen,  konnte  jedoch  nicht  herauskommen.  Er  arbeitete  seine  Matrosen 
ein    paar    Stunden    ab    und    warf   dann    wieder    Anker. 

Ich  frühstückte  und  fuhr  dann  an's  nächste  Land,  eine  kleine  von 
Mangroven  umgebene  Insel.  Kandelia  longi fructu,  welche  in  Tenasserim 
zu  40  Fuss  hohen  Bäumen  wächst,  ist  hier  auf  den  Sandsteinfelsen  ver- 
krüppelt   kaum    15    Fuss    hoch. 

Wir  landeten,  fanden  keine  Leute.  Ein  von  Battan  geflochtener  alter 
Korb,  fand  nichts  in  Blüthe,  sammelte  ungefähr  6  neue  Holzarten.  Vor 
allem  Tenasserim-Produkte.  Aurantia  speciosa,  Kandelia  longi  fructu,  Mal- 
vacaeen;  Littorella  trifulia,  Diadelphia:  Wendia  trif'olia.  Jasminum  rupestre. 
Kehrte  zurück;  es  war  sehr  heiss.  Gingen  unterwegs  von  Neuem.  Kamen 
aus  der  Bay  heraus  auf  die  Westseite.  In  der  Durchfahrt  von  gestern, 
wo    alle    die    Eingebornen  standen,  sahen    wir    heute    auch    nicht    Einen. 

Draussen  erstarb  uns  der  Wind  und  der  wenige,  der  da  war,  blies 
uns  gerade  in  die  Zähne.  Land,  kaum  200  Fuss  hoch,  gerade  fast  nach 
Norden  heraufgehend,  keine  Mangroves,  viel  Paudanus-Gestripp,  viel  Meny- 
anthes  durch  lichtgelbgrünes  Laub,  und  ein  eigentümlicher  Baum,  der  italie- 
nischen Pinus  höchst  ähnlich  mit  glattem  Stamm  und  einer  feinen  durch- 
sichtigen Krone,  steht  gruppenweise  beisammen,  keine  Winde  brechen  her- 
auf. Ueberhaupt    Abwesenheit    der    Creeper,    auch    eine    Characteristik. 

Kreuzten  den  ganzen  Tag  herum,  kamen  einmal  nah  an  einen  Stein. 
Sahen  keine  Eingebornen,  wohl  aber  2  oder  3  Hütten  im  Schatten  dieser 
Pseudopinien,  4  Malayische    Boote,    die    Biche   de  Mar    suchten. 

Bisher  ist  der  Wind  noch  nicht  gekommen,  obgleich  er  sich  mehr 
nach  Osten  gedreht  hat.  Vielleicht  wird  der  morgige  Tag  interessanter. 
Auf  jeden    Fall    muss   ich    morgen    wieder   ans    Land. 

12)  24.  Januar.  Donnerstag.  Em  jammervoller  Tag,  über  den  ich  gleich 
schliessen  werde.  Wir  hatten  den  ganzen  Tag  den  conträrsten  schlechtesten 
Wind,  und  dabei  hohe  See  und  viel  Bewegung,  konnten  uns  wegen  Mas- 
sen von  Klippen  kaum  dem  Ufer  nähern.  Seit  wir  gestern  aus  der  Bai  sind, 
haben    wir    kaum    20    Meilen    nach    N.    gethan.    Pazienza. 

13)  25.  Januar.  Freitag.  Ich  kann  den  heutigen  Tag  eben  so  ge- 
schwinde abfertigen,  wie  den  gestrigen.  Wir  kreuzen  und  lavieren  und  haben 
nicht  20    Meilen    gemacht. 

Wir  sind  Interview-Island  gegenüber,  eine  schmale  lang  gezogene  nied- 
rige Insel,  hat  Cocosnüsse,  voll  von  Wilden,  die  die  wildesten  der  Andaina- 
nen  sein  sollten.  Der  Canal,  der  jenseits  liegt,  nur  für  kleine  Boote  schiff- 
bar.    Gott    gebe,  dass    wir    doch    weiter    kommen. 

14)  26.  Januar.  Sanistag.  Wieder  das  alte  Lamento.  Wir  sind  gebannt  auf 
das  Meer  und  auch  morgen  ist  keine  vernünftige  Aussicht  vorhanden  zu 
unserem  Loskommen  und  derselbe  Wind,  derselbe  Schneckensang.  Am  Mor- 
gen  waren  wir  etwa  12  Meilen  vom  Lande  und  brauchten  bis  2  Uhr 
Nachmittag,  bevor  wir  in  eine  schräge  Diagonale  nordöstlich  gegen  das 
Land    kamen. 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die   Tenasserim-Provinzen  etc.  387 

Wir  befanden  uns  oberhalb  Interview-Island,  wo  eine  zweite  kleine  Insel. 
Zwischen  Interview-Insel  und  dem  Festlande,  muss  eine  gute  Bay  sein,  falls 
sie  nicht  zu  seicht  ist.  Bei  unserer  heutigen  Insel  war  alles  mit  Felsen 
garnirt,  so  dass  Schiffe  zur  Nachtzeit  allda  sehr  leiden  könnten.  Die  Insel  ist 
flach  und  soll  voll  von  Wilden  sein,  die  sehr  wild  sein  sollen.  An  ein  Lan- 
den war  nicht  zu  denken.  Wir  mussten  sogar  Anker  werfen ,  weil  der 
Capitain  fürchtete,  die  Ebbe  werde  uns  zu  weit  in  die  See  hinein  tra- 
gen. Erst  eine  halbe  Stunde  vor  Sonnenuntergang  haben  wir  wieder  die 
Segel    aufgestellt.  Ich    werde    bald    gelinde    verzweifeln. 

15)  27.  Janaar.  Sonntag.  Ich  krähe  das  alte  Lied.  Den  gauzen  Tag  an  Bord 
zugebracht,  ohne  viel  Weg  gemacht  zu  haben.  Der  Capitain  fuhr  gestern  Abends 
weit  nach  Westen  hinaus  und  heute  früh  am  Morgen  war  alles  Land 
ausser  Gesicht.  Der  Wind  war  und  blieb  conträr  und  wenig  dazu.  Wir 
schlichen  wie  die  Schnecken  1  %  M.  pr.  hora.  Um  4  Uhr  waren  wir  dem  Lande 
so  nahe,  dass  ich  unterscheiden  konnte,  wir  seien  etwa  IS  Meilen  im 
Norden  von  der  gestrigen  Insel.  Diess  war  also  das  Tagewerk.  Das  Land 
war  hier  hoch  zu  sehen,  eine  Bergkette  ehva  200  Fuss.  Der  höchste  Punct 
der  Andamanen.  Alle  Ketten  laufen  direckt  von  N.  nach  S.  Ein  Trost  ist 
jedoch  dabei,  dass  sich  gegen  Sonnenuntergang  der  Wind  so  geändert 
hat,  dass  wir  gerade  nach  Nord  segeln  können;  das  erste  Mal,  seit  wir 
auf  der  Westseite  sind.  Dauert  es  bis  morgen  Früh,  so  sind  wir  aus  der 
Noth    heraus    und    haben    die   Nordseite    umschifft. 

Ich  langweilte  mich  heute  sehr,  las  in  Verzweiflung  eine  Novelle 
Tick's:  der  persische  Kaiser,  und  nebenbei  Hofman's  geognostische  Ber- 
liner-Vorlesungen, die    mir    sehr   zusagten. 

28.  Janaar.  Montag.  Noch  immer  so  wie  gestern.  Noch  ist  die  nördliche 
Spitze  nicht  umsegelt.  Gestern  Nacht  hätten  wir  bald  auf  einen  Felsen  mitten 
im  Meere  aufgestossen,  zwanzig  Schritt  weiter,  und  unsere  kleine  „Cathe- 
rine" wäre  zerschellt,  jetzt  will  der  Capitain  gar  nicht  gerne  zur  Nacht- 
zeit gehen.  Wir  machten  übrigens  gestern  mit  dem  Nordwinde  etwas  Weg, 
nur  wurden  wir  so  weit  nach  Westen  getrieben,  dass  es  heute  den  gan- 
zen   Tag    bedurfte    bevor    wir    wieder    in    die    Nähe    des    Landes    kamen. 

Dieselben  langgestreckten  ebenen  Inseln,  mit  Cocosnüssen  einige  neue 
Baumformen,  die  um  so  sonderbarer  aussehen,  weil  ich  nicht  weiss,  was  sie  sind. 

Wir  haben  Anker  geworfen,  weil  wir  nur  nach  West  gehen  konn- 
ten, was  wir  nur  sehr  wenig  wollen.  Die  Inseln  im  Norden  sind  vor 
unseren  Augen.  Endlich  werden  wir  doch  zu  Ende  mit  unseren  Geduld- 
proben   kommen. 

17)  29.  Januar.  Dieostag.  Endlich  habe  ich  wieder  etwas  zu  schreiben. 
Zusammenkunft   mit   den   Andamensen. 

Am  Morgen,  als  ich  aufwachte,  fand  ich  dass  wir  vor  derselben  In- 
sel seien,  wo  wir  gestern  Abend  waren.  Wir  hatten  gar  keinen  Wind, 
die  Nacht,  und  machten  folglich  keinen  Weg.  Als  ich  diess  so  sah,  sagte 
ich  dem  Capitain  innerhalb  der  Insel  nach  Osten  zusteuern,  mein  Pilot 
sagte  mir,  dass  jenseits  nach  Norden  ein  zweiter  Ausweg  sei,  er  sei  früher 
hier   gewesen    und    hätte    Biche   de   Mar   gesucht. 

Wir  fuhren  ein  und  fanden  uns  in  einer  ausgebreiteten  Bay,  die 
man  mit  Profit  den  Madrasern  verkaufen  könnte.  Wir  lavirten  erst  nach  Ost, 
dann  nach  Nord.  Im  Norden  schloss  eine  zweite  Insel  die  Bay.  In  Nordost 
war  ein  Ausgang  nach  vorne  in  Nordwest.  Der  letztere  scheint  jedoch 
für    Schiffe    nicht   practicabel,   die    Brandung   erstreckt    sich    querüber.  Wäh- 


388  Dr.  Johann  Wilhelm  Helfer's 

rend  wir  so  fuhren,  sahen  wir  3  Canoes  mit  Wilden  von  0.  auf  die  In- 
sel nach  N.  übersetzen.  Wir  landeten  600  Schritte  vom  Lande.  Die  Wil- 
den waren  augenscheinlich  bestürzt  darüber,  sie  zogen  2  Canoes  mit  ver- 
einten Kräften  über  den  Sand  in  die  Jungel ;  das  dritte  verschwand  an 
der  Nordwest-Oeffnung.  Kaum  hatten  wir  Anker  geworfen .  so  begannen 
die  Wilden  auf  uns  zu  rufen,  wir  antworteten  und  5 —  7  schlichen  sich, 
von    Felsen    zu    Felsen  laufend,    bis    dem    Schiffe    gegenüber. 

Unsere  Boote  wurden  niedergelassen,  ich  bestieg  eines  und  wir  fuh- 
ren   gegen's    Land. 

Ich  fragte  meinen  burmesischen  Piloten,  was  denn  den  WTilden  das 
angenehmste  wäre  als  Geschenk  ihnen  zu  offeriren;  er  sagte  Cocosnüsse. 
Ich  Hess    3    ins    Boot    schaffen. 

Ein  einziger  Wilder  hatte  Courage,  unserem  Boote  zu  folgen,  wir 
riefen  ihm.  Er  sprach  lebhaft  in  seiner  Sprache,  natürlich  wir  verstanden 
ihn  nicht.  Er  war  ohne  Waffen,  die  andern  hatten  Bogen  und  Pfeile  und 
blieben  hinter  dem  Felsen  versteckt.  Er  winkte  uns  zu  landen,  wir  trau- 
ten ihn  nicht.  Wir  fuhren  zu  einem  Felsenvorsprung,  er  watete  im  Was- 
ser gegen  uns.  Ich  zeigte  ihm  die  Cocosnüsse,  er  kam  näher,  so  nahe  bis 
auf  15  Schritte.  Wir  warfen  die  Cocosnüsse  ins  Wasser,  er  las  sie  auf. 
Es  war  ein  junger  Mann,  etwa  25  Jahre  alt,  wohl  gebaut,  mittlerer  Statur,  ganz 
nackt.  Geschlechtstheile  prominent  wohl  gebildet,  nur  der  Bauch  etwas 
aufgetrieben,  fast  kohlschwarze  Farbe  ein  wenig  ins  Braune,  sein  woll- 
liges  Kopfhaar  war  auf  den  Seiten  etwas  abgeschoren,  er  trug  bloss  eine  Art 
Kamm  von  Wolle.  Uebrigens  war  er  weder  tättowirt  noch  bemalt.  Er  sprach 
sehr  eifrig,  grinste  mit  seinen  weissen  Zähnen  und  lachte  herzlich.  Ich  lachte 
mit  ihm,  was  ihn  in  noch  grösseres  Gelächter  versetzte.  Wir  gaben  ihm  zu  ver- 
stehen, dass  wir  Wasser  brauchten;  er  zeigte  auf  eine  Stelle,  wo's  zu 
finden  sei,  das  zweite  Boot  schickte  ich  ab  ans  Schiff  und  es  kam  mit 
einem  grossen  irdenen  Pegu-W  assertopf  zurück.  Wir  warfen  ihn  ins  Was- 
ser, er  fasste  ihn,  ein  zweiter  kam  ihm  zu  Hülfe  und  wir  sahen,  dass  er 
Wasser    schöpfen   ging. 

Ich  fuhr  zurück  an's  Schiff  zu  frühstücken.  Ich  verbot  zu  schiessen, 
um  den    Wilden   Vertrauen    einzuflössen. 

Mein  Malay-Capitän  stiess  ab  vom  Schiffe  und  trug  den  Wilden  eine 
Schüssel  Reis  an.  Der  junge  Wilde  kam  vertrauungsvoll,  leerte  die  Schüs- 
sel und  brachte  sie  mit  frischem  Wasser  gefüllt  zurück  zum  steinigen 
Vorgebirge.     Einer    meiner    Malayen    und    er      kamen    in    nahe    Berührung. 

Unglücklicher  Weise  brach  der  Topf  mit  Wasser  gefüllt,  als  die 
Wilden  ihn  zurückbrachten.  Von  der  Zeit  wollte  sich  keiner  nähern,  sie  blie- 
ben hinter  den  Felsen  und  steckten  bloss  die  Köpfe  heraus.  Ich  wollte 
am  WTasserplatz    landen,    meine  Leute    hatten    keine    Courage. 

Wir  kehrten  an  Bord  zurück.  Ich  machte  ihnen  Vorwürfe,  dass  sie 
keine  Männer  seien,  diess  schien  einen  Eindruck  zu  machen.  Die  Was- 
serfässer wurden  in's  Boot  gebracht  und  die  Leute  wagten  zu  landen. 
Ich    folgte   bewaffnet. 

Die  Wilden,  20  an  der  Zahl,  zogen  sich  gegen  eine  sandige  Spitze 
etwa  1200  Schritte  entfernt  zurück.  Kein  einziger  blieb  am  Wasserplatz 
zurück.  Sie  zogen  ihre  Canoe  wieder  aus  der  Jungel  hervor  und  ver- 
schwanden hinter    der    Spitze. 

Der  Landungsplatz  war  an  beiden  Seiten  von  Sandsteinfelsen  einge- 
schlossen.   Das  Ufer  war   voll    von  ausgewaschenen    Sandsteinhöhlen,    in  wel- 


gedruckte  und  ungedruckte  Schriften  über  die  Tenasserim-Provinzen  etc.  389 

chen  Fische  und  Krabben  schwammen.  Conchilien  waren  sehr  häufig,  das  war 
dieselbe  Formation  wie  früher  bemerkt.  Die  Pinienartigen  Bäume  sind  der 
Eichenähnliche  Andaman-Baum  aus  der  Familie  Guttiferae.  Pandanus  zäunte 
überall    das  Ufer    ein. 

Ich  fand  wenig  Neues.  Hoyena  senkte  sich  von  den  Bäumen;  von 
alten  Pflanzen:  Bromelia  teiiasserimica  Thespesia,  glauca,  vitifolia,  Cesal- 
pinia  Verhicka,  Sambucaria  Bentinkia,  Menyanthes 

Es  war  fürchterlich  heiss,  mir  brannte  der  Kopf,  nach  einer  Stunde 
kehrte  ich  an  Bord  zurück.  Die  Leute  schöpften  Wasser  bis  eine  Stunde 
vor    Sonnenuntergang. 

Die  Wilden  kamen  am  Vorgebirge  von  Zeit  zu  Zeit  zum  Vorschein. 
Ich  wollte  noch  einen  Versuch  machen,  mich  mit  ihnen  in  Communikation 
zu  setzen.  Ich  fuhr  im  Canoe  hin,  und  landete  und  ging  an  eine  Stelle, 
wo  erst  vor  einer  Stunde  Rauch  aufstieg.  Es  war  ein  Lager,  aber  verlassen. 
Das  Feuer  glimmte  noch.  Die  Schalen  von  drei  Cocosnüsse,  die  ich  ihnen 
diesen    Morgen    gegeben,    waren    da. 

Es  stank  sehr.  Auf  Faden  waren  Schädel  und  Knochen  von  Schild- 
kröten aufgereiht.  Auch  Kinderpfeile  fanden  wir  und  Bogen.  Die  Sehnen 
waren  gut  gedreht.  Ich  sah  mich  überall  um  und,  da  ich  Niemanden  ent- 
deckte,   wandelte    ich    entlang    des    sandigen    Ufers. 

Ich  ging  in  den  Wald,  Niederung  für  Cocos.  Hohe  Bäume  der  Guttifera  an- 
damania.  Eine  Höhe  von  etwa  100  Fuss  lag  vor  mir.  Ich  bestieg  sie. 
Massen  von  jungen  Bäumen  neuer  Art,  Dillenia  terminaloides,  schon  frü- 
her bemerkt.  Masse  von  Fragmenten  von  corredirtem  Sandstein  bis  auf 
die    Spitze,    der    Boden    ausgetrocknet,    doch  voll    von  Vegetation. 

Unser  auf  der  Wache  aufgestellter  Bursche  fing  an  auf  einmal 
Kaffi-i,  Kaffri!  wieder  zu  rufen,  er  hatte  sie  aus  ihrem  Verstecke  vor- 
kommen   gesehen,    es    nahte    sich    aber    keiner. 

Es  war  nahe  Nacht,  ich  kehrte  zurück.  Der  Capitata  ging  noch 
einmahl  mit  einem  Topf  voll  Reis,  die  Leute  zu  versöhnen,  vergebens, 
sie    liefen    wieder    davon. 

Wir  blieben  ruhig  die  Nacht  vor  Anker  liegen.  Diess  sind  also  die 
furchtbaren  Wilden.  Sie  sind  furchtsame  Kinder  der  Natur,  froh  wenn 
ihnen  nichts  geschieht.  Mit  den  Leuten  wäre  mit  einiger  Geduld  leicht 
Freundschaft   zu    schliessen. 

Otto  war  den  ganzen  Tag  auf  den  Hund,  er  konnte  sich  nicht  rüh- 
ren, er  hat  16  Carbunkeln  bloss  auf  seinem  Werthesten.  Der  arme  Junge 
dauert   mich,  es    wird   hoffentlich   bald    vorüber    sein. 

18)  30.    Janaar.    Mittwoch. 

Hier  schliesst  das  Tagebuch  Dr.  Helfer's  über  diese  seine  letzte 
Reise;  über  die  Ereignisse  des  nächstfolgenden  Tages,  sowie  über  die 
Art  und  Weise  von  Dr.  Helfer's  Tode  geben  die  nachfolgenden  Zeilen, 
welche  wir  seiner,  damals  in  Mergui  zurückgebliebenen  Gattin,  der  gegen- 
wärtigen   Frau    Gräfin    P.    von   Nostitz    verdanken,    Aufschluss : 

„Am  Mittwoch,  den  30  Januar  1840,  beschloss  Dr.  Helfer  Alles  zu 
versuchen,  mit  den  Wilden,  die  ihm  gleich  den  Seelongs  des  Mergui 
Archipels  völlig  harmlos  und  furchtsam  erschienen,  selbst  zusammenzukom- 
men und  ihr  Zutrauen  durch  Geschenke  zu  verdienen.  Er  fuhr  zu  diesem 
Zwecke  mit  dem  Schiffsboote  in  Begleitung  des  Capitäns  und  8  Matrosen 
nach  jener  sandigen  Bank  der  Insel,  wo  den  vorhergehenden  Tag  die 
Wilden    sichtbar    gewesen    waren.     Es    Hessen    sich    einige    derselben,    voll- 


390  Lndw   Nein.  Jeitteles. 

kommen  nackend  und  anbewaffnet  in  geringer  Entfernung  sehen,  zogen 
sich  jedoch  bei  Annäherung  des  Bootes  in  das  nahe  Gebüsch  zurück. 
Dr.  Helfer  liess  Reis  und  Cocosnüsse  aus  dem  Boote  bringen  und  den 
Wilden  zeigen.  Diese  blieben  jedoch  nicht  nur  in  ihrer  Entfernung,  son- 
dern zogen  sich  noch  weiter  zurück.  Dr.  Helfer,  beseelt  von  dem 
Wunsche,  seine  botanischen  Studien  durch  nähere  Untersuchung  des  Ortes 
zu  bereichern  und  mit  den  Wilden  zusammenzutreffen,  betrat  das  Gebüsch 
in  verschiedenen  Richtungen,  sich  ganz  dem  Interesse  hingebend,  welches 
die  neuen  Gegenstände  ihm  boten.  Plötzlich  stürzte,  hinter  einem  Stein- 
haufen versteckt,  eine  Sehaar  Wilder,  mit  Spiessen,  Bogen  und  Pfeilen 
bewaffnet  hervor  und  stürmte  mit  wildem  Geschrei  auf  Dr.  Helfer  los. 
Dieser  zog  sich  eiligst  zurück  und  gewann  bald  das  offene  sandige  Ufer, 
wo  die  Mannschaft  des  Bootes  sich  augenblicklich  versammelte.  Da  aber 
ein  Widerstand  gegen  die  Ueberzahl  der  Wilden  nicht  rätblich  schien, 
so  eilte  Dr.  Helfer  mit  seinen  Leuten  das  Boot  zu  besteigen,  welches 
zum  Unglück  in  dem  seichten  Wasser  auf  dem  Boden  fest  sass  und  bei 
der  hastigen  Bemühung,  es  flott  zu  machen  und  zu  besteigen,  umstürzte. 
Jetzt  suchten  alle  Bettung,  das  in  ziemlicher  Entfernung  vor  Anker  lie- 
gende Schiff  wadend  oder  schwimmend  zu  erreichen,  von  den  Wilden 
verfolgt,  die  eine  Menge  vergifteter  Pfeile  nach  ihnen  abschössen.  Allen 
gelang  es,  sich  zu  retten,  nur  Dr.  Helfer,  obwohl  er  als  tüchtiger 
Schwimmer  einen  grossen  Vorsprung  hatte,  wurde,  da  er  die  Aufmerk- 
samkeit der  Wilden  durch  seinen  weissen  Anzug  besonders  auf  sich  zog 
durch  die  nachgeschickten  Pfeile  am  Kopfe  verwundet.  Seine  Begleiter 
sahen  ihn  hierauf  sinken.  Alle  Bemühungen,  die  während  3  Tagen  von 
der  Schiffsmannschaft  gemacht  wurden,  ihn  aufzufinden,  waren  fruchtlos. 
Sein    Leichnam   konnte    nicht    gefunden    werden." 


XV. 

Quellentemperatur-MessimgeD  in  den  Sudeten  und  Carpathen. 

Von 

Ludw.  Hein.  Jeitteles. 

k.   k.    Gymnasial-Lehrer   in   Kaschau. 
(Mitgetheilt   in    der    Versammlung-   der    k.    k.    geographischen   Gesellschaft    am    18.    Oktoher   1859.) 

Die  Quellentemperaturmessungen,  welche  ich  hier  mittheile,  wurden 
theils  in  den  nächsten  und  feneren  Umgebungen  der  Stadt  Troppau  wäh- 
rend eines  Zeitraum.?  von  fast  8  Monaten  (Mitte  April  bis  Ende  Novem- 
ber 1858),  theils  in  den  westlichen  Karpartben  (in  den  Monaten  März  und 
April  desselben  Jahres)  während  einer,  zur  Untersuchung  des  Erdbebens 
vom  15.  Jänner  1858  unternommenen  Bereisung  dieser  Gegenden  ange- 
stellt. Leider  war  es  mir  einestheils  nicht  möglich,  Höhenmessungen 
damit  zu  verbinden,  anderntheils  wurde  durch  meine  Uebersetzung  von 
Troppau  nach  Kaschau  in  Ungarn  die  Ausführung  meines  Vorhabens,  die 
Messung  der  Quellen  in  der  nächsten  Nähe  von  Troppau  wenigstens 
durch  ein  volles  Jahr  durchzusetzen,  vereitelt.  Lieferten  nun,  durch  Un- 
gunst der  Verhältnisse,  meine  Beoabachtungen  auch  nicht  die  Besultate, 
welche  ich  gerne  erreicht  hätte,  so  dürften  sie  bei  dem  Umstände,  dass 
sie  mit  den  besten  Instrumenten  auf  das  Sorgfältigste  ausgeführt  wurden,  da 
Quellentemperaturmessungen    aus    den    genannten    Gegenden     überhaupt    nur 


tluellenfemperatiir-Messungen   in  den  Sudeten  und   Karpathen. 


391 


in  geringer  Menge  vorliegen,  doch  nicht  ganz  werthlos  sein  und  wenig- 
stens einen  Anhaltspunkt  zur  Vergleichung  für  spätere  Messungen  gewähren. 
Die  verwendeten  Instrumente  waren  folgende:  A.  ein  in  Fünftel-Grade 
getheiltes  Reaumur-Thermometer  von  Kap  el  ler  in  Wien,  von  —  15  bis 
-J-  SO0  R.  reichend:  ß.  ein  Centesimal-Thermometer  in  Zehntel-Grade  getheilt, 
von  Dr.  F.  A.  Greiner  und  Comp,  in  Berlin,  bis  100°  C.  gehend;  C.  ein 
in  Fünftel-Grade  getheiltes,  etwas  weniger  zuverlässiges  Instrument  nach 
Reaumur  mit  Papierscala,  bis  -f-  40°  R.  reichend.  A  und  B  hatten  Glas- 
scalen  und  waren  von  Herrn  Dr.  Lukas  in  Wien  auf  das  Genaueste  mit 
dem  Normal-Thermometer  der  Centralanstalt  für  Meteorologie  und  Erdmag- 
netismns  verglichen  worden,  so  dass  ihre  Angaben  als  vollkommen  identisch 
mit  jenen  des  Wiener  Normal-Instrumentes  betrachtet  werden  können. 
Bei  jeder  Messung  wurden  mehrere  (8  — 12)  Ablesungen  vorgenommen 
und  dabei  überhaupt  mit  grösster  Genauigkeit  vorgegangen.  Der  Einfluss 
der  Sonnenstrahlen  auf  das  Instrument  wurde  immer,  der  auf  das  Wasser 
der    Quellen   nach    Möglichkeit    vermieden. 

I.    Messungen   in    der  nächsten    Mhe    von   Troppau. 

1.    Quelle    auf  der    Promenade    am    Kiosk    (Schlossbrünnel.) 

Sie  liegt  gegen  Osten,  nur  wenige  Fuss  tiefer,  als  das  Pflaster  des 
„Niederringes,"  (Nieder-Ring)  welcher  Platz  in  der  Nähe  des  Gymnasial- 
Gebäudes  nach  der  Barometer-Messung  von  Kofis tka  (Jahrbuch  der  k.  k. 
geologischen  Reichsanstalt,  1856,  2.  Heft,  Seite  294)  134-7  Wien.  Klaft. 
über  dem  Meere  hoch  liegt.  Die  Quelle  ist  nur  am  Vormittag  ein  oder 
1  y2  Stunde  lang  der  Besonnung  ausgesetzt.  Den  ganzen  übrigen  Tag  kommt 
kein    Sonnenstrahl    hin. 

Das  Wasser  derselben  enthält  nach  der  Untersuchung  des  Herrn 
Adolph  Hanke,  Professors  der  Chemie  an  der  k.  k.  Ober-Realschule  in 
Troppau,  in  1  Wiener  Mass  3-0  Gran  kohlensauren  Kalk  und  34  Gran 
schwefelsauren  Kalk.  Die  Bestimmung  geschah  auf  maassanalytischem  Wege 
nach    der    Methode    des    Professors    Clark. 


15. 

April 

1858, 

6  Uh 

•  30  Min 

.  Abends    .     .     . 

13. 

Mai 

« 

12 

r> 

— 

» 

Mittags    .     .     . 

27. 

» 

» 

6 

r> 

30 

n 

Abends    . 

1. 

Juni 

r> 

7 

n 

— 

r> 

Abends    . 

11. 

7) 

n 

4 

7) 

— 

V 

Nachmittags 

12. 

» 

n 

8 

» 

— 

n 

Morgens 

14. 

r> 

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7 

r> 

30 

r> 

Morgens 

18. 

r> 

r> 

7 

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— 

n 

Abends    .     . 

22. 

n 

» 

7 

n 

— 

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Abends    .     .     . 

27. 

7) 

r> 

6 

n 

45 

r> 

Morgens 

6. 

Juli 

r> 

7 

V 

30 

V 

Morgens 

13. 

n 

r> 

7 

V 

30 

n 

Morgens 

16. 

n 

r> 

10 

n 

15 

n 

Vormittags    . 

19. 

V 

J? 

6 

V 

30 

V 

Abends    . 

22. 

V 

V 

4 

V 

30 

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Nachmittags 

30. 

77 

v 

7 

V 

— 

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Abends  (Regnt.) 

31. 

■>■> 

JJ 

7 

>7 

— 

v 

Abends  (Regnt.) 

4. 

August  „ 

7 

„ 

30 

» 

Morgens    (Trüb, 

gestern  Regentag.) 


Luftwärme 

Temper.  d.  Wassers 

+     9 

oR. 

+   6 

°R. 

4-  145 

?? 

4-  6-25 

>) 

4-  12 

V 

+   6-35 

v 

-f-  14 

V 

4-  6-55 

;; 

4-  21-8 

JJ 

+  6-85 

V 

+  18-5 

» 

4-  6-8 

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4-  1725 

)} 

+  6.9 

V 

+  18-2 

V 

-j-  6-95 

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-|-  14 

V 

4-  705 

» 

4-  12 

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+  M 

V 

+  is 

V 

•4-   7-35 

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4-  14 

7) 

-f  7-5 

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4-  18 

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4-  7-6 

7) 

+  18-5 

V 

-f  7-7 

V 

4-  18-5 

V 

-f  7-75 

?} 

+  7-8 

;; 

4-  7-85 

T) 

4-   7.9 

Mittheilungen  der  k.k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Band  3.  Heft 


392 


Ludw.  Hein.  Jeitteles. 


9.  August  18S8,  8  Uhr  —  Min.  Morgens  (Trüb, 

gestern  liegen.) 

14.  Aug.  1858,     9  Uhr  —  Min.  Morgens  (heiter.) 

7  „  —  „  Abends    (heiter.) 
6    „  —  „  Abends 

8  „  —  „  Morgens  (heiter.) 
10    „  30  „  Morgens  (heiter.) 

8    „  ■ —  „  Morgens  (heiter.) 

8    „  —  „   Morgens    (trüb.) 

8    „  45  „  Morgens     .     .     . 

1  „  15  „  Morgens  (heiter.) 

8  „  —  „  Morgens    . 
4   „  —  „  Nachmittags    . 

9  „  30  „  Vormittags 
4   „  30  „  Nachmittags    . 
4   „  —  „  Nachmittags    , 

2  ,,  15  ,,  Nachmittags   (seit 


18 
20.   „ 

26.  „ 
29.  „ 
17.  Sept. 

27.  „ 

2.  Octob. 
12.      „ 
19.      „ 

9. 
13. 
21. 
23. 
27. 


Novb. 


-f  10     °R 
+  10-5 
+  12 
+     5-5 

—  45 

—  15 

—  9 

—  10 

+    5-75 


Temper.  d.  Wassers. 


+  7-9 

+  7-95 

+  8-0 

+  8-05 

+  8-1 

+  8-1 

-f  8-3 

+  8-3 

+  8-35 

+  8-35 

+  8-2 

+  8-0 

+  7-95 

+  7-75 

■f  7-7 


+  7-7 


mehreren  Tagen  mildes  Wetter) 

2)    Gyps-Brunnen. 

Beide  hart  neben  einander  am  linken  Oppa-Ufer  liegend,  entspringen 
am  Süd-Abhange  der  hinter  dem  „Park"  befindlichen  Diluvial-,  Sand-  und 
Gerüll-Schichten.  Ihren  Namen  verdanken  sie  nicht  dem  grösseren  Gehalte 
an  Kalks ulphat,  sondern  dem  Umstände,  dass  sich  in  der  Nähe  Lager 
von  Gyps  befinden.  Nach  der  Analyse  von  Hanke  sind  sie  sogar  ärmer 
an  Gyps  und  an  Salzen  überhaupt  als  andere  Quellen  in  und  bei  Troppau. 
Die  der  Brücke  über  die  Oppa  nächste  Quelle,  welche  mit  einem  stei- 
nernen Becken  versehen  ist  (Quelle  a)  enthält  in  1  Wiener  Maass  33  Gran 
CaO,  C02  und  15  Gran  CaO,  S03 ;  die  zweite  (Quelle  b),  von  der 
ersten  nur  wenige  Schritte  entfernt,  neben  der  fast  ausgetrockneten 
„Amalienquelle"  (welche  letztere  nicht  gemessen  wurde)  2-3  Gr.  kohlen- 
sauren   Kalk    und    2*0    Gr.    schwefelsauren    Kalk. 

Beide   liegen    nur  einige  Fuss   höher   als  das  Pflaster  des  Niederringes. 


Luftwärme 

Quelle  a) 

Quelle  b) 

13.  Apr.  1858,    5  Uhi 

— 

Min 

Abds. 

+      6        °R. 

+ 

68  «R. 

+ 

705°R 

27.  Mai      ,,         7    „ 

30 

v 

j? 

4-  12      „ 

+ 

6-8    „ 

+ 

U    » 

30.    „        „        7    „ 

15 

V 

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+  io     „ 

+ 

6-9    „ 

+ 

71    „ 

9.  Juni     „         7    „ 

— 

7J 

;; 

+  18-5    „ 

+ 

6  95  „ 

+ 

7-2    „ 

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— 

JJ 

V 

+  17-0    „ 

+ 

6  95„ 

+ 

715  „ 

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30 

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V 

+  16  5    „ 

+ 

70    „ 

+ 

7-2    „ 

2K                              7 

30 

» 

V 

+  13  0    „ 

+ 

695  „ 

+ 

7-2    „ 

2.  Juli      „         7   „ 

30 

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7) 

+  1^-7    „ 

+ 

7-0    „ 

+ 

7-25  „ 

13.    „        „         7    „ 

— 

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7-0    „ 

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725  „ 

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+  160    „ 

+ 

71    „ 

+ 

735  „ 

31-    ))        )>        7   „ 

45 

V 

V 

— 

+ 

715  „ 

+ 

7-4    „ 

9.  Aug.     „         7    „ 

— 

V 

Abds. 

(gestern  ununterb 

roch 

enF 

egen) 

— 

+ 

7'2    „ 

+ 

7'4    „ 

25.    „       „8   „ 

— 

V 

Mor- 

gens  (heiter)   . 

• 

. 

•     . 

— 

+ 

73    „ 

+ 

7'4    „ 

Quellenfemperatur-Messungen   in  den  Sudeten  und  Karpathen, 


393 


Quelle  a) 


Quelle  b) 




-f    7-45  °R. 

+ 

7-5   °R 

1  besonnt 

4-  15-5 

°R. 

j  -f  7-7  °R. 
\ nicht    bes. 

+ 

75    „ 

— 

)  -f  7-7  °R. 
j  nicht    bes. 

+ 

75    „ 

+  13-5 

°R. 

j  +  7-75°R. 

+ 

7-8    „ 

+  10-5 

°R. 

+     7  8   °R. 

+ 

7-55  „ 

—    4 

°R. 

+     7.85°R. 

+ 

7  3   ;, 

—    8-5 

°R. 

-f    775°R. 

+ 

7-3    „ 

18.  Sept.  1858,  8  Uhr  —  Min.  Mor- 

gens (sehr  schönes    Wetter)    . 
30.  Sept.  1858,  12  Uhr  —  Min.  Mit- 
tags (heiter)     ...... 

3.  Octb.  1858,  —  Uhr—  Min.Abds. 
(trüb) 

12.  Octb.  1858,  8  Uhr  —  Min.  Mor- 

gens (sonniger  Tag)  .... 

19.  Octb.  1858,  5  Uhr  -  Min.  Abds. 

(heiter) 

9.  Novb.  1858,  3  Uhr  —  Min.  Nach- 
mittags     

23.  Novb.  1858,  3  Uhr  15  Min.  Nach- 
mittags     

Die  Messungen  sowohl  der  Kiosk-Quelle  als  der  beiden  „Gypsbrün- 
neln"   wurden    mit    dem    Instrument    A    (Kapeller)    vorgenommen. 

Die  Gypsbrünneln  waren  die  ganze  Zeit  hindurch  unverhältnissmässig  was- 
serreicher als   die    Kiosk-Quelle. 

Das  Temperatur-Maximum  für  die  Kiosk-Quelle  trat,  wie  sich  aus  den 
mitgetheilten  Daten  ergibt,  in  dem  ersten  Drittel  des  Octobers  ein  (-f-  8*35°  R.) 
Die  Differenz  zwischen  diesem  Maximum  und  dem  beobachteten  Minimum 
(-{-  6°  R.  am  15.  April)  beträgt  also  2-35.  Die  wahre  Differenz  (zwischen 
dem  wirklichen  Maximum  und  Minimum)  kann  aber  gewiss  um  wenigstens 
1    Grad   Reaumur    höher    angenommen    werden. 

Das  Maximum  der  Temperatur  der  Gypsbrunnen  fällt  in  das  letzte 
Drittel  des  Octobers  oder  gar  in  den  Anfang  Novembers  (bei  a.  7-85 
am  9.  November,  bei  b.  7*55  am  19.  October)  Die  Differenz  zwischen 
dem  Maximum  und  dem  beobachteten  Minimum  (bei  a.  6*8  am  13.  April, 
bei  b.  7.05  am  selben  Tag)  beträgt  also  rücksichtlich  der  Quelle  a.  T05°R., 
bezüglich  b.  0*5.  Diese  Daten  dürften  von  der  Wahrheit  nicht  bedeu- 
tend abweichen. 

Wenn  man  den  Gang  der  Temperatur  bei  diesen  zwei  Quellen  be- 
trachtet, so    erscheint  es  sehr   merkwürdig,    dass  die    Quelle    b.,  welche  am 

13.  April  um  0*25°  R.  wärmer  war  als  a.  und  bis  Mitte  August  die 
letztere  um  0*2  —  03°  R.  übertraf,  am  18.  September  nur  mehr  eine 
Differenz  von  -f-  0*05  °  R.,  am  30.  desselben  Monats  hingegen  einen  nega- 
tiven Unterschied  von  — 0.2°  R.  auswies,  der  am  12.  October  auf — 025 
stieg    und    am   9.    November  sogar    —  0*55°  R.   betrug. 

Die  zwei  Quellen  haben  ihre  Rollen  von  Ende  September  an  förm- 
lich ausgetauscht.  Auch  trat  das  Maximum  bei  a.  später  ein,  als  bei  b. 
Remerkt  muss  noch  werden,  dass  der  Wasserreichtum  von  a.  von  Mitte  Sep- 
tember an  merklich  abgenommen  hatte,  während  er  bei  b.  stets  ziem- 
lich  gleich    blieb. 

Wollte  man  aus  den  mitgetheilten  Daten  die  mittlere  Quellen-Tem- 
peratur des  Jahres  ableiten,  so  würde  sie,  weil  die  Reobachtungen  über 
die  kältesten  Monate  (December  bis  incl.  März)  gänzlich  fehlen,  offenbar 
zu  hoch  ausfallen.  Da  aber  die  mittlere  Luft-Temperatur  von  Troppau 
ungefähr  6-5°  R.  beträgt,  so  ergiebt  sich  aus  den  angeführten  Reobach- 
tungen  mit    genügender   Sicherheit,    dass    die    beiden    Gypsbrünneln    zu   den 

A* 


394  Ludw.  Hein.  Jeitteles. 

von  Hall  mann  sogenannten  meteorologisch-geologischen  gehören,  d.  h.  sol- 
chen, deren  Mittel  erweisslich  durch  die  Erdwärme  erhöht  ist,  während 
die    Kiosk-Quelle  eine    rein    meteorologische    ist. 

11.    Messungen   in   den   weiteren   Inigebungen    von   Troppan   und  in   den    östli- 
chen   Sudeten    überhaupt. 

1)  Quelle  am  Ahhang  des  Diluvialhügels*)  bei  Ottendorf  unweit 
Troppan    am    rechten    Ufer   des    Hosnitz-Baches. 

Die    Quelle    entspringt   unter    2  Weiden    und    liegt   gegen    Norden. 

5.  Mai    1858 -f  725°  R.  A)    zwischen 

19.  Juni      „       -f  8-7     n     „  6  und  8  Uhr 

10.  Juli       „      +  93     „     „\      Abends. 

Die  Bestrahlung  der  Quelle  durch  die  Sonne  in  den  Nachmittags- 
stunden hat  ihre  Temperatur  zur  Zeit  der  Messung  gewiss  um  ein  bedeu- 
tendes   erhöht    erscheinen    lassen. 

2)  Quelle    auf  dem  Fussweg  nach  Stihrowitz   bei    Troppau. 

16.  Juni    1858,    6    Uhr  Abends    bei  -f  18°  R.  Luftwärme,   .   .   . +  66°R.  A 

3)  Quellen  in  Johannesbrunn    bei   Möltsch.  a)  Sauerbrunnen. 

27.  Juni  1858,  6  Uhr  30  Min.  Abends  bei  etwa  18°  R.  Luftwärme-f-  625° R.  A 
Die  (Quelle  ist  einen  grossen  Theil   des  Tages  der  Insolation  ausgesetzt. 
Zur  Zeit  der     Messung  fand   keine    Einwirkung   der   Sonne    mehr  statt. 
Das    Wasser   setzt   Eisenocher   ab. 

b)    Süsse    Quelle  im    Walde    beim    „Antonssteg." 

27.  Juni,  3  Uhr  Nachmittags  bei  -f  20»  R.  Luftwärme -f  6-55°  R.  A 

Die    Quelle    kann    nie    von    der   Sonne    beschienen  werden. 
4.)  Quellen    bei  Jaegerndorf.**)    a)    Sauerbrunnen. 

a)  Quelle     bei    Bartelsdorf,    gegen  Norden  gelegen. 

23.  Mai  1858,  10  Uhr  Vormittags  bei  -f  16°  R.  Luftwärme-f  67°  R.  A 
21.  September,    6    Uhr  Abends   bei   etwa    -f    9°   R.  Luftwärme  -f  8  5°  R.  A 

b)     Quelle    bei    der    „Weidenmühle"  (schwacher    Eisensäuerling.) 

24.  Mai    1858,    12    Uhr  Mittags  bei    145  R.    Luftwärme    .   .    .    +  5  55°R.  A 

Den    ganzen  Tag    war  kein  Sonnenschein. 

21.  September,  Abends  6  Uhr  30  Min -f  95°  R.  A 

22.  September,    6    Uhr    30    Min.    Früh   bei    -f  5°  R.  Luftwärme  +  9-45°R.A 

5)  Seifersdorf,  südlich   von  Jaegerndorf. 

Säuerling   bei   der   Kirche   in    Stein    gefasst,   mit    Holzdach. 
22.   September,  Abends  4  Uhr  30  Min.  bei  etwa  12°  R   Luftwärme,  -j-  8-3°  R.  A 

6)  Wiese,    gleich    neben    Seifersdorf. 
Pumpbrunnen     im    Hause    Nro.  23,    ebenfalls  ein    Säuerling. 

22.    September  1858,  5  Uhr  Abends  -f  9-0°  R.  A 

7)  Quelle  an  der  Strasse  von  der  Eisenbahn-Station  Schönbrunn  nach 
Witkowitz  (bei  Ostrau.)  Die  Quelle  entspringt  in  einem  Wäldchen,  liegt 
vollkommen   schattig    und    befindet   sich   in    einem    hohlen  Baumstamm.***) 

17.  Juli  1858,  12  Uhr  30  Min.  Mittags  bei  -f  205°  R.  Luftwärme  -f-  8  1°  R.A 


*)    Kamena  hora,    nach    der    trigonometrischen   Bestimmung    des    k.    k.   Katasters 
973   Wien.    Fuss   hoch    über   dem   Meere. 

**)    Seehöhe   nach   Kalutza   986   Wien.   Fuss. 

***)    Der    höchste    Punct     der    Strasse    von    Schönbrunn   nach    Ostrau    liegt    nach 
Prof.   Kofistka's   Messung   12172   Wien.   Klafter   hoch. 


Quellentemperatur-Messungen  in  den  Sudeten  und  Karpathen.  395 

lf.    Messungen    in   den    Karpathen ;    vorgenommen    in    den    Monaten    März    and 

April   1858. 

1)  Jablunkau.*)  (Tesehner  Kreis.)  Sogenannte  „Hungerquelle"  (ist  aber 
keine  periodische  Quelle  wie  die  „Hungerbrunnen"  in  den  Alpen),  links 
von  der  polnischen  Strasse  im  Walde.  15.  März,  Nachmittags.  (Luft- 
wärme   0°) +  7'2°  C.  =  5-76°  R.  B. 

2)  Sil  lein5**')    und   Umgebung. 

a)  Quelle  am  Frambor  (Frauenberg),  gegen  NO. gelegen;  am  17.  März 
Nachmittags    bei     -f-    16°   R.    Luftwärme 68°  R.  C. 

b)  Quellen  („Studniczki"  in  der  Vorstadt,  ebenfalls  gegen  NO.  gelegen. 
17.  März   Nachmittags  bei    -f-   1-4°  R.  Luftwärme   a)  links  vom  Fischbehälter 

der    PP.    Franciskaner +  6  7°  R.  C. 

ß)   rechts    davon +5-8°  R.   C. 

c)  Zeisig-Quelle  („Cizovy  jarek")  auf  dem  Wege  nach  Visnyove  in 
einem  Walde,  am  rechten  Ufer  des  Erlen  umsäumten  Baches  21.  März 
Vormittags,    bei  -f    325°  R.  Luftwärme +6-3°  R.  C. 

d)  Ehemalige  warme  Bade-Quelle  bei  dem  Schlosse  Teplic  ska***) 
unweit  Sillein  18.  März,    Nachmittags    bei    -f  2°  R.     Luftwärme     -f   5°  R.  C. 

3)  Alsö-kubin  in  der  Arva.  Quelle  unweit  der  evangelischen  Kirche 
an  einem  auf  die  Felder  führenden  Wege.  25.  März,  Vormittags  bei  -f-  3*75°  R. 
Luftwärme  -f    25°   C.  =  2-0°  R.  B. 

Alsö-Kubin  liegt  nach  Kreil's-Messung  1390  Wien.  Fuss  über 
dem    Meer. 

4)  Nagy-Selmecz  bei  Rosenberg  in  der  Liptau.  27.  März,  Nach- 
mittags,   bei  0°   R.  Luftwärme. 

a)  Süsse  Quelle  vor  dem  Schlosse  des  Herrn  von  Rakovsky  6-8° C.  = 
5-44°  R.  B. 

b)  Sauerbrunnen   oberhalb    des  Schlosses. 

a)  der   westliche     12  4°  C.  =  9  92°  R.  B 

ß)  der  mittlere     12-8°  C.  =  10240R.B. 

,)  der  östliche     Hf  C.  =  9-12°  R.  B. 

a)  und  7)  sind  in  hohle  Baumstämme  gefasst.  ß),  ganz  ungefasst,  scheint 
am   reichsten    an    aufsprudelnder    Kohlensäure    zu    sein. 

(Die  Seehöhe  von  Rosenberg  beträgt  nach  Kr  eil  1471    Wiener  Fuss.) 


*)    Seehöhe   nach   Prof.    Kofistka's   Messung    19071    Wien.   Klafter. 

**)  Seehöhe  des  Marktplatzes  nach  I.  F.  Julius  Schmidt  1742  Toisen;  nach 
M.   Sadebeck    17833    Toisen. 

***)  Schon  der  Name  zeigt  an,  dass  sich  hier  ehemals  warme  Wässer  befunden 
haben  müssen.  Man  gibt  aber  auch  genau  die  Quelle  an,  welche  einst  eine  Therme 
gewesen  ist.  Herr  von  Buday,  pensionirter  Hofrichter  bei  Herrn  Baron  Sina,  erzählte 
mir  ferner,  dass  er  im  Schloss  ein  aus  dem  ersten  Viertel  des  17.  Jahrhunderts 
stammendes  Inventar  aufgefunden  habe,  in  welchem  eines  Badehauses  mit  Nebengebäuden 
Erwähnung  geschieht.  Da  nun  die  Gegend  von  Sillein,  Teplicska  und  Bajecz  in  den 
Jahren  Ü00,  1607,  1613  und  1615  sehr  viel  von  Erdbeben  zu  leiden  hatte,  so  wird 
man  schwerlich  irren,  wenn  man  die  Umwandlung  der  ehemaligen  warmen  Quellen  in 
kalte   auf  Rechnung    einer   dieser   ErdersehOtterungen    bringt. 


396 


Ludw.  Hein.  Jeitteles. 


5)  Badeort  Lucsky  bei  Rosenberg.  Liegt  nach  Kr  eil  1892  Wien. 
Fuss    hoch. 

28.  März,     Mittags    bei    0°  R     Luftwärme 

a)  Quelle    im    Badhause     24-5°  C.  =  19-6°  R.  B. 

An  einer  einzigen   Stelle    in  der    tiefsten   Tiefe    des   Beckens  *)    betrug 

die    Wanne       266°  C  =  21-28°  R.B. 

b)  Ungefasste  Quelle  oberhalb  des  Badehauses.  Fliesst  stark  und  setzt  viel 
rothen    Schlamm    und    Tuff  ab 261»  C.  =  20'88°R.  B. 

c)  Warme  Quelle  Pud-Fiiesko,  rechts  von  der  vorigen,  säuerlich,  viel 
rothen    Schlamm     absetzend 208°  C.  =  16-64°  R.  B. 

d)  Süsse    Quelle,    gleich    daneben 11'3°  C.  =    908°  R.  B. 

e)  Süss- Wasserquelle,  weiter  unten,  in  Holzröhren  geleitet,  reich- 
lich fliessend 8  1°  C.  =    6-48°  R.  B. 

f)  Warme  Quelle    unterhalb    des    Gasthauses  .   .  24-2° C.  =  19-36°  R.  B. 

6)  Quelle  hinter  Altgebirge,  links  an  der  Strasse  nach  Neusohl 
aus  Sandstein  entspringend.  29.  März.  Nachmittags  bei  -j-  1*75°  R.  Luft- 
wärme     -f  3-25°  R.  C. 

(Höhe  von  Altgebirge  nach  Kr  eil  1505  Wien.  Fuss  fl.  Stock  des 
Posthauses.]) 

7)  Neusohl  (Seehöhe  des  Stadt-Niveaus  nach  Beudant  1218  Wien. 
Fuss.),  des  Gasthauses  zum  schwarzen  Adler  nach  Kreil   1141    Wien.  Fuss.) 

Sauerbrunnen  vor  der  Stadt.  30.  März,  3  Uhr  Nachmittags  Luft- 
wärme      +13-6°  C.  =  10-88°  R. 

a)  Trinkquelle  im  ßadehuuse,  von  der  Sonne  theilweise  beschie- 
nen   13-4°  C.  =  10-72°R.B. 

b)  Quelle  Medokis  (Süsssauer)  auf  der  Wiese  -f  16  5°  C.  =  13  2°  R.  B. 

c)  Zweite  Quelle  auf  der  Wiese,  gleich  daneben -f  18-4°C.=  14-72°R.ß. 

d)  Jenseits    der    Stavnicka-Höhe. 

ol.    Starke     Quelle ,     reich    an     freier    Kohlensäure,    in    einem    hohlen 

Baumstamme,    nicht    besonnt -f   18*420.  =14-72°  R.B. 

ß.   Zweite  Quelle,  gleich    daneben -f  18'4°C.  =14-72°  R.B. 

8)  Kremnitz.**)     1.    April     Nachmittags,    4-  14°  C.  Luftwärme. 

a)  Quelle    gegenüber    dem    Schachte  Nr.  4    .  '.   .7'1°  C.  =  568°  R.  B. 

b)  Quelle    bei    der    Silberhütte 9  °  C.  =  7  2  °  R.  B. 

9)  Warme  Quellen  in  Stuben***)  in  der  Thurocz.  2.  April,  Mittags, 
-f  6°  R.  Luft-Temperatur. 

a)  Rothes    Bad 378°  C.  =  3024°  R.  B. 

b)  Weisses  Bad 378°  C.  =  30-24°  R.  B. 

c)  Grünes    Bad - 405°  C.  =  321  °  R.  B. 


*)  Herr  Dr.  Med.  Sefranka,  k.  k.  Bezirksarzt  in  Rosenberg,  hatte  im  Verlauf 
des  Jahres  1857  zu  wiederholten  Malen  (zuletzt  noch  kurz  vor  Weihnachten)  die 
Temperatur  des. Wassers  im  Badehause  in  Lucsky  gemessen  und  immer  26°  R.  gefun- 
den. Am  19  Jänner  1858,  also  zwei  Tage  nach  dem  Erdbeben,  hatte  das  Wasser 
nur  22°  R.,  am  24.  Februar  war  die  Temperatur  desselben  wieder  26°  R.  Bei 
wiederholten  Messungen  im  Mai  und  Juni  1858  fand  Herr  Dr.  S.  neuerlich  25 — 255°  R. 
Dr.  S.  bediente  sich  hierbei  immer  desselben  Thermometers.  Das  Nähere  hierüber 
siehe  in  meiner  Arbeit  über  das  Erdbeben  vom  15.  Jänner  1858  in  den  Sitzungsbe- 
sichten   der   kaiserl.   Academie    der   Wissenschaften    in   Wien    1859. 

**)    Nach    Kreil's   Messung    1623    Wien.    Fuss    über    dem   Meere. 
***)    Nach   Zeuschner   hat    der   erste    Stock    des   Badehauses    1556   Wien.    Fuss 
Seehöhe. 


Quellentemperatur-Messungen  in  den  karpathen  und  Sudeten.  397 

d)  Erste   Trinkquelle 44-2°  C.  =  35-28°  R.  B. 

e)  Zweite    Trinkquelle      44-6°  C.  =  35-44°  R.  B. 

10)  Bad  Rajecz,*)    südlich    von    Sillein    4.    April,   Nachmittags. 

a)  Spiegel  Nr.   1     : 32*8°  C.  ==  26-24°  R.  B. 

b)  Spiegel  Nr.  2 33-0°  C.  =  26*  4°  R.  B. 

c)  Spiegel  Nr.  3 324°  C.  =  25-92°  R.  B. 

11.  Teplitz**)  bei  Trentschin  5.  und  6.  April,  Abendsund  Morgens. 

a)  Wanne  Quellen. 

«.  Bad  Nr.  2 336°  C.  =  26.88°  R.  B. 

ß.  Bad  Nr.  3 37-  °  C.  =  29    6°  R.  B. 

v.  Bad  Nr.  4 352°  C.  =  2816°  R.  B. 

o\  Trinkquelle      •    .  386°  C.  =  30-88°  R.  B. 

b)  Süsse    Quelle   in    der    Grotte     5"7°  C.  =    4-56°  R.  B. 


XVI. 

Das  Erdbeben  am  15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudeten 
in  seinen  Beziehungen  zur  Atmosphäre. 


■er 

Von 


Ludw.  Hein.  Jeitteles, 

k.   k.    Gymnasial-Lehrer    in    Kaschau. 
Mitgetheilt  in  der  Versammlung    der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  am  18.  October  1859. 

lieber  das  Erdbeben  am  15.  Jänner  1859  in  den  Karpathen-  und 
Sudetengegenden  haben  bereits  die  Herren  Astronom  J.  F.  Julius  Schmidt 
(früher  in  Olmütz,  gegenwärtig  in  Athen),  Prof.  Dr.  G.  A.  Kornhuber  in  Press- 
burg und  Prof.  Dr.  M.  Sadebeck  in  Breslau  sehr  werthvolle  Arbeiten 
geliefert.  Keiner  der  drei  genannten  Forscher  hat  aber  den  Zusammen- 
hang dieses  so  merkwürdigen  Naturereignisses  mit  atmosphärischen  Vor- 
gängen eingehend  in  Betrachtung  gezogen,  und  auch  meine  eben  erschie- 
nene Arbeit  über  dieses  Erdbeben  (in  den  Sitzungsberichten  der  Kaiserl. 
Akademie  der  Wissenschaften,  math.  naturw.  Klasse,  1859)  lässt  uns  den 
Antheil  unseres  Luftkreises  unberücksichtigt,  weil  zur  Zeit,  als  ich  mein 
Manuskript  der  Kais.  Akademie  überreichte  (Oktober  1858),  die  meteoro- 
logischen Uebersichten  für  die  vergangenen  zwei  Jahre  von  der  Central- 
anstalt  in  Wien  noch  nicht  vollständig  zusammengestellt  waren.  Durch  die 
besondere  Gefälligkeit  des  Hrn.  Directors  der  meteorol.  Centralanstalt,  Dr. 
Kreil  und  des  Hrn.  Adjunkten  Dr.  Fritsch  bin  ich  aber  mittlerweile  nicht 
bloss  zu  einer  Uebersicht  des  Ganges  der  Witterung  in  den  Herbst-  und 
Wintermonaten  1587/58,  sondern  auch  in  den  Besitz  vieler  einschlägigen 
wichtigen  Spezialbeobaehtungen  gelangt,  welche  mir  bei  Erörterung  des  in 
Rede  stehenden  Capitels  treffliche  Dienst  leisteten.  Ich  spreche  den  ge- 
nannten Männern  hiefür  meinen  verbindlichsten  Dank  aus.  Zahlreiche  Mit- 
theilungen über  die  Witterungserscheinungen  vor,  während  und  nach 
dem    Erdbeben   habe   ich    schriftlich    und  mündlich    von    meinen    vielen    Be- 


*)   Die   warmen  Quellen    liefen   naeh   J.   F.    Julius   Schmidt   206-9  Toisen  hoch. 
**)    Seehöhe   nach   Kreil    697    Wien.    Fuss. 


398 


l.udu.  Hein.  Jeitteles 


richterstattern  in  Ungarn,  Mähren  und  Schlesien  gesammelt,  andere  den 
mitunter  sehr  detaillirteu  und  werthvollen  offiziellen  Berichten  entnommen, 
und  so  habe  ich  denn  ein  ansehnliches  Materiale  zur  Besprechung  dieses 
Gegenstandes  erhalten.  Die  Worte  Alexanders  von  Humboldt  (Cosmos, 
IV.  Band,  p.  222):  „Da  in  der  Natur  unter  wieder  eintretenden  ähnlichen 
Bedingungen  sich  alles  wiederholt,  so  muss  man  durch  Nicht-Verschwei- 
gen  auch  des  unvollständig  Beobachteten  die  Aufmerksamkeit  künftiger 
Beobachter  auf  specielle  Phänomene  leiten"  bestimmen  mich  vorzüglich 
zur    Mittheilung    des    Nachfolgenden. 

G.  H.  Volger  hat  in  seinem  grossartigen  Werke:  „Untersuchungen 
über  das  Phänomen  der  Erdbeben  in  der  Schweiz"  (3  Theile,  Gotha  1858) 
dessen  hohen  Werth  selbst  die  Gegner  der  darin  ausgesprochenen  theo- 
retischen Ansichten  anerkennen  müssen,  zuerst  in  umfassender  Weise  die 
Beziehungen  der  Atmosphäre  zu  den  Erdbeben  erörtert  und  gezeigt, 
wie  wichtig  es  sei,  die  Witterung  des  vorausgegangenen  Jahres  genau 
zu   verfolgen. 

Ich  beginne  daher  ebenfalls  mit  einer  Schilderung  der  meteorologi- 
schen Verhältnisse  in  den  Sommer-  und  Herbst-Monaten  18S7.  Ich  ent- 
nehme die  Daten  grösstentheils  den  meteorologischen  Berichten  der  Cen- 
tral-Anstalt.  Ausser  den  Stationen :  Schemnitz,  Tyrnau  und  Oderberg,  dann 
Neusohl  und  Neutra  (von  welch  letzteren  Orten  leider  nur  aus  einzelnen 
Monaten  Beobachtungen  vorliegen)  gebe  ich  zur  Vergleichung  auch  die 
Daten    von    Ofen    und    Wien. 

Die  Seehöhe  von  Schemnitz  beträgt  1912  Wien.  Fuss,  jene  von 
Tyrnau  291  W.  F.,  die  von  Neusohl  1141,  von  Oderberg  600,  von 
Ofen  (Observatorium)  724,  endlich  von  Wien  (Centralanstalt)  614  Wien.  F. 
Alle    Angaben    beziehen    sich    auf  Grade    nach   Beaumur    und    Pariser-Linien. 

Ich    beginne   mit    dem    Monat    März    1857. 


Vlonaf     flu  iv.    1357. 


Schemnitz 

Tvrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere    Temperatur 

-  0-06 

+  1-Ö0 

-rl-02 

^3-30 

-2-76 

Mittlerer  Luftdruck 

313-71 

33M3 

33001 

32351 

329-80 

Maximum       j  ^riiak 

3 

319-09 

3-6 

338-09 

36 

336-28 

33 
339-64 

35 
33632 

Minimum       j  ^druck 

10 

30881 

9-3 
326-38 

96 
324-85 

10-3 
337-91 

93 
32402 

Niederschlags-Menge 

17-69 

1714 

15-05 

7-67 

15  09 

Herrschende   Windrichtung 

NW. 

N.   NO. 

N. 

— 

SO.  WSW. 

In  Od  erber  g  am    25.    von    5  bis  9h  Sturm  aus  S. 


Das  Erdbeben  am  15.  Jänner  1858  in  den  karpathen  und  Sudeten  etc. 


399 


Monat  April  1S5?. 


ViimiIiI 

Scheinnitz 

Tyrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

+  8  93 

+  6-87 

-f-  8-86 

+  7-18 

-j- 10-20 

-r-8-09 

Mittlerer  Luftdruck 

321  14 

312-50 

32917 

328-48 

330  7 

327-94 

»r     •              i  Tag 
Maximum      j  Lufcdruck 

20-9 
326-49 

20-3 
317-23 

20-3 
33513 

20-9 
333-56 

— 

20-3 
333T4 

um-  ■              I  Tag 
Minimum       \  ,    ?,  ,       . 
(  Luftdruck 

243 
31632 

246 

307-93 

24-6 
325  54 

253 
32612 

— 

137 
322-73 

Niederschlagsmenge 

— 

14-90 

1972 

2334 

15  67 

21-90 

Herrschende  Windrichtnng 

N. 

SW. 

NW. 

SW.  NW. 

— 

N.  W. 

Tyrnau.   Der  Wasserstand    der   Flüsse    war    hoch;    am    21.   Gewitter, 
Oderberg.    Am    7.    Gewitter;    am    19.    starker    Ostwind. 
Sehemnitz.    Am    13.    Gewitter. 


Monat  Mai  1§53. 


Sehemnitz 

Tjrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere   Temperatur 

+  9-48 

+  1142 

+  1056 

+  13-33 

+  11-40 

Mittlerer    Luftdruck 

313-94 

33114 

32973 

33292 

329  32 

Maximum       j  ^ftdruck 

16-3 
31635 

163 
324-29 

16-6 
332-65 

159 
33549 

15-5 
33250 

Minimum       j  Luftdruck 

31  3 

31059 

269 
32705 

27-6 
325-57 

319 

328-80 

26 
32463 

Niederschlag 

372 

7.63 

17  76 

2-86 

1776 

Herrsch.  Windrichtung 

SW. 

N.  SW. 

NW.   W. 

w.  SO. 

NW.  NNW. 

Oderberg.  Am  4.  um  51'  24'  Ab.  Sturm,  am  24.  um  10h  42' 
Morg-.  Sturm  aus  O.,  am  27.  nach  21'  Mittags  dessgleichen.  Am  22,  23., 
und   27.  Gewitter. 

Tyrnau.  Grosse  Trockenheit,  der  Wasserstand  der  Waag  und  March 
ist  unter  0.  Waldbäche  sind  schon  wieder  vertrocknet.  (Dr.  Med.  Krzisch, 
k.  k.  Comitats-Phisikus    in   Tyrnau.) 


400 


Ludw.  Hein.  Jeitteles. 
lltinal  Juni   1*57. 


Scheinnitz 

Tjrnaii 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere   Temperatur 

+  1199 

+  14  07 

+  12  13 

-r  620 

r  14-54 

Mittlerer   Luftdruck 

314-59 

331-87 

330-20 

333-36 

33027 

Maximum       j  l^&ruck 

253 
31772 

253 
335-35 

25-3 
334-80 

25-3 
336-63 

25-5 
33380 

Minimum       j  ^ftdruck 

13 

31076 

1-3 

32804 

309 
327  17 

1-3 

328-95 

30-7 
32658 

Niederschlag 

9-44 

7-81 

26-46 

606 

1192 

Herrsch.  Windrichtung 

SW    NW 

NO. 

NW.  W. 

NO. 

N.  NNW. 

Od  erb  erg.  Sturm  am  1.  und  am  2.  des  Monats.  Dauernd  rauhe 
NW.    Winde.   Am    23.,    27.    und    30.    Gewitter. 

S Chemnitz.    Gewitter    am    10.    und    21. 

Tyrnau.  Fortdauernde  Dürre,  der  Wasserstand  sehr  tief,  das  Heu- 
erträgniss  schlecht;  die  Hutweiden,  „auf  denen  das  Vieh  vor  Hunger  brüllte," 
sind  zu  braungelben  Platzen  verbrannt.  Am  21.  und  23.  Gewitter.  (Dr. 
Kr  zisch  in    Tyrnau.) 


JVIonat  Juli    1553. 


j  Scheinnitz 

Tvmau 

Oderberg 

Ofeu 

Wien 

Mittlere    Temperatur 

,-   14-29 

+  18  11 

-f  14-80 

-f  18  50 

r  17-12 

Mittlerer  Luftdruck 

31484 

331-89 

33016 

33364 

33039 

■vt      ■               )  Tag 
Maximum         ,    ?.,       , 
|  Luttdruck 

143 
31772 

14-3 
335-61 

13-9 
33273 

143 
336-85 

145 
334T4 

Minimum       {  T    ?,  ,       ■ 
(  Luftdruck 

76 
31204 

1-9 

328-02 

1-6 
327-66 

7-6 
32978 

10 

326  80 

Niederschlag 

11-68 

1-86 

43-98 

1178 

10-85 

Herrsch.  Windrichtung 

— 

NW. 

NW.  SW. 

NW. 

NW.  WNW. 

S  Chemnitz.    Am    1.,    7.,    10.,    15.,  28.    Gewitter. 

Tyrnau.  Am  21.  Gewitter.  Die  Vegetation  ist  in  Folge  der  enormen 
Hitze  und  des  Mangels  jedes  Niederschlages  in  hohem  Grade  kümmerlich: 
Sommercerealien,  Hülsenfrüchte  sind  in  allen  Gegenden  des  Comitats  als 
missrathen  zu  erklären.  Mais  musste  bereits  als  Grünfutter  benützt  wer- 
den   (Dr.  Kr  zisch.) 

Oderberg,    km    1.,    7.,    11.,    13.,   15.,  21.,  27.,    29.     Gewitter. 


Das  Erdbeben  am   15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudeten  elc. 
Monat    August  185?. 


401 


Neusuhl 

Schein  nilz 

Tjrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

+  14-61 

f  14-42 

+  17  75 

+  1410 

+  18-23 

+  16  74 

Mittlerer  Luftdruck 

32302 

314-53 

33149 

330  02 

33310 

32984 

Maximum      j  Juftdruck 

4-3 

325-88 

243 
31719 

27  3 
33403 

243 

334-80 

25-3»  276 
335-86 

24-4 
33300 

Minimum       <  T    5,       . 
(  Lufdruck 

173 
31903 

273 

31081 

16-9 
327-31 

176 
325-35 

17-6 

329-44 

16-8 
325-28 

Niederschlag 

1-56 

1362 

17-41 

3912 

2-86 

16-68 

Herrsch.  Windrichtung 

N. 

SW. 

S. 

N. 

NW. 

NW. 

S  Chemnitz.    Gewitter    am    13.,    14.,    16. 

Tyrnau.  Der  Stand  der  Vegetation  war  noch  immer  in  hohem  Grade 
kümmerlich.  Selbst  in  dem  Gebirge  war  keine  Spätsommerflora,  mit  Aus- 
nahme einiger  gemeinen  Unbelliferen  keine  blühenden  Pflanzen;  alles  war 
vertrocknet. 

Der  Stand  der  Gewässer  noch  immer  tief  unter  Null,  kleine  Flüsse 
versiegt.    Ueberall    Mahlnoth.    Am    8.    Gewitter.    (Dr.    Kr  zisch    in    Neutra.) 


Monat  September   1§53. 


Schemnitz 

Tyrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

+  10  31 

+  13  51 

+  10.90 

+  14-07 

+  12-86 

Mittlerer  Luftdruck 

315-58 

332-8 

33090 

334  60 

330-82 

Maximum       <  ,    £  ,       . 
(  Luftdruck 

163 

3186 

163 
33760 

16-3 
33447 

— 

24-5 
334  73 

Minimum       <  T  df. ,      . 
(  Luftdruck 

19-3 
31244 

26 
33108 

116 
327-58 

— 

117 
327-31 

Niederschlag 

097 

— 

2715 

— 

25-60 

Herrsch.  Windrichtung 

SW. 

N.  S. 

— 

SO. 

Schemnitz.    Gewitter    am    14.    und    23. 

Tyrnau.    Der     Wasserstand    war     auch    in    diesem    Monate    überall 
unter   Null. 

Oderberg.     Am   2.,    5.,    6.,    14.,    18,    19.    Gewitter. 


402 


Luilw.  Hein.  Jeitteles. 


Jtlonat    Ortober   185?. 


Scbemnltz 

Tjrnan 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

.Mittlere-Temperatur 

+    8-10 

+  11  27 

-f    9-43 

-f-  1190 

+  10-78 

Mittlerer  Luftdruck 

31510 

33213 

331-37 

334  29 

330-27 

Maximum       {^druck 

15-3 
31803 

14-9 
33544 

14-6 
333  98 

15-3 
33758 

14-5 
333-63 

\t-   •                i  Tag 
Minimum       <  T    5  ,       , 
{  Luftdruck 

103 
31067 

99 
325  99 

9-9 
324-48 

99 
32804 

9-6 
32513 

Niederschlag 

48-31 

3491 

4105 

1451 

35  36 

Herrsch   Windrichtung 

SW. 

SO. 

NW. 

SO. 

SO. 

Schemnitz.     Gewitter    am    8.,    9.    und    30. 

Tyrnau.  Die  Vegetation  wurde  durch  ausgiebigen  Regen  neu 
belebt  .  .  .  Alle  Hutweiden  waren  grün  .  .  .  Viele  Gewächse  begannen  neu 
zu  blühen.  Der  Wasserstand  der  Flüsse  war  gehoben  und  die  Wassernoth 
überall    vorüber.  (Dr.  Kr  zisch.) 


Honat  November  1§5?. 


Schemnitz 

Tjrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

+  0-93 

+  2.38 

i-  084 

+  3-20 

-f  2-02 

Mittlerer  Luftdruck 

316-30 

334-47 

332-85 

336-07 

332-47 

Maximum    <   r    ?,  ,       , 
(  Luftdruck 

20-3 
320-51 

20-4 
339-75 

19-9 
337  37 

206 
34189 

19-9 
33717 

M-   •              \  Tag 

Minimum     <  ,    ?.  ,       , 
(  Luttdruck 

27-6 
30950 

27-9 
32512 

276 
325-75 

27-6 
327-89 

276 
323-62 

Niederschlag 

— 

1100 

2480 

1100 

29-76 

Herrsch.  Windrichtung 

SW. 

N' 

SW. 

SO.  N. 

NW.  0. 

Tyrnau.  Die  Vegetation  war  noch  immer  rege,  Hutweiden  und 
Wintersaaten  üppig  grün.  Der  Stand  der  Gewässer  ist  fortdauernd  niedrig. 
(Dr.    Krzisch.) 


Das  Erdbeben  am  15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudeten  ete. 


403 


Monat  December  185?. 


Scheuinilz 

Tvrnau 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

+  0-73 

+  0-74 

+  8-84 

+  1  40 

+  1  27 

Mittlerer   Luftdruck 

31810 

336-89 

334-42 

338-52 

334-88 

Maximum    {Luftdruck 

9-3 
321-53 

93 
340-91 

9-3 
338-45 

96 

34208 

9-4 
338  77 

Minimum     {  Jjtdruck 

26-6 
313-42 

563 
332  11 

26.3 
329.28 

26-9 
333-21 

273 
330-54 

Niederschlag 

14-58 

370 

1972 

000 

501 

Herrsch.  Windrichtung 

NW. 

NO. 

SW.  NW. 

SO.N. 

SO.  NW. 

Tyrnau.  Der  Stand  der  Gewässer  niedrig,  die  Flüsse  eisfrei,  das 
Land  und  Gebirge  ohne  Schneedecke,  der  Stand  der  Wintersaaten  aus- 
gezeichnet.   (Dr.    Krzisch.)*) 


Aus  dieser  Zusammenstellung  ergibt  sich,  dass  der  Sommer  und 
Herbst  1857  auch  in  den  Waag-Gegenden  so  warm  und  trocken  war 
wie    fast   in    ganz    Mitteleuropa. 

Was  die  Witterung  der  Monate  December  und  Janner  1857  im 
Honther-Comitat  betrifft,  so  enthält  der  offizielle  Bericht  über  das  Erd- 
beben vom  15.  Jänner  1858  Folgendes:  Bereits  seit  Anfangs  December 
herrschte  (2  bis  3  nasskalte  Tage  im  Anfang  ausgenommen),  eine  ruhige 
Kälte  mit  sonnigen  Tagen  und  Nachtfrösten,  Der  Luftdruck  stieg  von 
Tag  zu  Tag  bis  zum  8.  Jänner,  nahm  dann  fortwährend  bis  21.  ab, 
von  wo  angefangen  er  wieder  bis  Ende  des  Monats  im  Steigen  begriffen 
war.  Erst  am  12.  oder  13.  fiel  etwas  Schnee  im  obern  Theil  des  Co- 
mitats.  Luftströmungen  waren  sehr  gering;  die  Kälte  nahm  dann  bis  17. 
fortwährend  ab  und  an  diesem  Tage  trat  Schnee-  und  Regen-Wetter 
ein,  welches  bis  zum  21.  dauerte  und  einer  stufenweise  zunehmenden 
Kälte    alsdann    wich. 

Herr  Schütz,  Lehrer  an  der  Unterrealschule  in  Sillein,  berichtete: 
„Lange  Zeit  vor  dem  Erdbeben  und  unmittelbar  vor  demselben  war  all- 
gemeiner Mangel  an  Wasser;  der  Wasserstand  der  Waag  so  niedrig, 
wie    sich    die    Menschen    an     einen    ähnlichen    nicht    zu    erinnern    wissen." 


*)  Ueber  den  Barometerstand  im  Monat  December  im  Allgemeinen  sagt  Herr 
Assistent  Burkhardt  in  dem  meteorologischen  Bericht  der  Centralanstalt:  „Der  dauernd 
hohe  Luftdruck  eulminirte  am  9.  (primär),  18.,  23.  und  30.  zu  einem  Maximum,  wel- 
ches erstere  an  allen  Stationen  der  österr.  Monarchie  das  Monats-  und  Jahres-Maxi- 
mum  zugleich  war.  Die  Minimia  am  1.,  15.,  22.  und  27.  waren  gering  und  differirten 
vom   Maximum   nur   4   bis   8   Linien." 


404 


Ludw.  Hein.  Jeitteles. 


Dieser  Wassermangel  machte  sich  in  den  westlichen  Theilen  Ober- 
Ungarns  überhaupt  auch  noch  im  Monat  Jänner  1858  geltend.  Von  Neü- 
sohl  berichtete  über  diesen  Monat  Gymnasialprofessor  Zenger:  „Grosse 
Trockenheit,  viele  Quellbrunnen  blieben  aus,  die  Gran  bis  auf  den  Grund 
gefroren."  Ueber  Tyrnau  theilte  Comitatsphysikus  Dr.  Kr  zisch  bezüglich 
des  Jänners  mit:  „Der  Stand  der  Gewässer  blieb  niedrig  und  beeist; 
die    Wintersaaten    lagen    ohne    alle    Schneedecke." 

Ueber  den  Gang  des  Luftdruckes  im  Monat  Jänner  1858  überhaupt 
sagt  Herr  Burkhardt  in  dem  meteorologischen  Bericht  der  Wiener  Cen- 
tral-Anstalt  für  diesen  Monat:  „Der  anhaltend  hohe  Luftdruck  des  De- 
cember  war  auch  im  Jänner  noch  dauernd,  nur  am  21.  trat  ein  seit 
November  nicht  erreichtes  Minimum  ein,  welchem  am  25.  das  Maximum 
und    zwar    das    absolute    des    Monats    folgte." 

Ich  setze  auch  noch  die  Witterungstabelle  für  den  Monat  Jänner 
1858    hierher. 


Schein  nilz 

Tjriiau 

Neutra 

Oderberg 

Ofen 

Wien 

Mittlere  Temperatur 

—  472 

-3-36 

—  3  30 

—  413 

—  2-99 

-  2  55 

Mittlerer  Luftdruck 

31709 

33604 

335-25 

33409 

337-73 

33402 

Maximum      j  ^ftdruck 

263 

51989 

263 
33939 

7-3 

339-12 

259 
337-84 

6-9 
341-75 

259 

337-57 

Minimum       {  ,    ,,,       , 
(  Luftdruck 

216 

208-73 

213 

325  47 

21-6 
325-95 

21  3 
323-52 

216 

328-43 

21-5 

32462 

Niederschlag 

827 

1-40 

— 

8-54 

6-10 

201 

Herrschende  Windricht. 

NW. 

NO.  N. 

— 

NW.  SW. 

NW. 

NW.  0. 

Ich    will    nun    alle    mir    bekannt   gewordenen    Beobachtungen    über    die 

Witterung  unmittelbar  vor,  während   und  nach  dem  Erdbeben  am  15.  Jänner 

anführen. 

1.  Ingarn. 

1)  Sil  lein  und  Umgegend.  Nach  dem  officiellen  Bericht:  15.  Jänner, 
bei  Tage  sehr  gelinde  Kälte  (1°  R.),  beginnender  Schneefall  mit 
senkrecht  fallenden  Flocken.  Zur  Zeit  des  ersten  Stosses  bis  spät  in  die 
Nacht  vollkommene  Windstille.  Am  16.  Jänner  starker  Schneefall,  am 
17.  starkes  Thauwetter,  am  18.  starker  Schneefall.  Die  späteren  Tage 
starke  Kälte.  Am  2.  Februar  —  19°  R.  „In  NeustadI  (an  der  Kiszucza) 
am  15.  Jänner  zwei  Stunden  vor  der  Erschütterung  12°  R.  Kälte,  völ- 
lige Windstille,  das  Firmament  rein.  Sonst  überall  ziemliche  Kälte, 
nur   in  der  Pucho'er  Gegend  soll  das  Thermometer  über  0  gestanden  sein." 

Barometerstand  in  Sillein  nach  Hrn.  Realschullehrer  Joh.  Schütz: 
Am    16.   Jänner,    12y2  h  Morgens     27"    6™   (Wien.    Maas    wahrscheinlich); 

10  h  Abends  27] 
Am  17.  Jänner,  8  h  Morgens  27" 
Am  18.  Jänner,  12  h  Mittags  27' 
Am    19.,    20.,  21.  27' 


Das  Erdbeben  am  15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudeten  etc.  405 

Hr.  Apothecker  Ign.  Tom  bor  in  Sil  lein  berichtete  mir  über  die 
Witterung  der  Erdbebentage  wie  folgt:  15.  Jänn.,  6h  Ab.,  erster  Schnee- 
fall bei  gelindem  Luftzug,  dauerte  1/2  Stunde.  Höhe  des  (in  dieser  Zeit) 
gefallenen  Schnees  ==  3  Zoll.  Zwischen  7  und  8h  totale  Finsterniss. 
Barometer  unmittelbar  nach  dem  ersten  Hauptstoss  1  Linie  ober  „Verän- 
derlich.* Temperatur  —  1°  R.  Um  12h  Mitternacht  hatte  die  Luft  —6°  R. 
Um  3  Uhr  war  der  Himmel  sternenvoll.  Am  17.  Jänner  Schneegestöber.  Vom 
18.  an  stieg  die  Kälte;  am  25.  Februar  war  das  Thermometer  25°  unter  Null. 

2)  Szt.  Marton  im  Thuroczer-Comitate.  Stand  des  Barometers  vor 
der  Erschütterung  28°  2"  Wien.  Mass,  gleich  nach  derselben  27°  ll™. 
Temperatur  der  Luft  vor  dem  Erdbeben  — 01°  R.  ,  gleich  nach  dem- 
selben 0*2°  R.  Windstill;  der  Himmel  war  bewölkt.  Unmittelbar  nach 
der  Bewegung  fiel  der  erste  liegenbleibende  Schnee.  Der  Herbst  war 
sehr    trocken    gewesen.  (K.    k.    Bezirksarzt    Dr.    Haas.) 

2.  a)  Töt-Pröna  im  Thuroczer-Comitate.  „Vor  dem  15.  Jänner  war 
bei  uns  stets  enorm  kalt,  heiteres  und  dürres  Wetter,  bei  der  Nacht 
vom  15.  auf  den  16.  ist  ein  reichlicher  Schnee  gefallen."  (Senior  und 
evangel.  Pfarrer   Belob  orsky.) 

3)  Schloss  Arva  im  Comitate  gleichen  Namens.  „Eine  seit  9  Tagen 
anhaltende,  zu  dieser  Zeit  seltene,  durch  kurzen  SW.  einmal  unterbrochene 
Windstille.  Mangel  des  Brunnwassers,  hie  und  da  völlige  Aus- 
trocknung desselben.  Seit  7.  Jänner,  an  welchem  Tage  der  höchste 
monatliche  Barometerstand  mit  28°  11-3'"  gezeichnet  wurde,  war 
derselbe  in  stetem  Sinken  begriffen  bis  zum  17.  incl.  Zur  Zeit 
des  Erdbebens  war  der  Stand  28'  5-9",  das  Thermometer  zeigte  — 2°R. 
Vollkommene  Windstille.  Nach  dem  Erdbeben  vom  15.  auf  den  16. 
schneite  es  stark,  so  dass  am  16.  Morgens  schon  eine  3  dicke  Schnee- 
schichte den  Erdboden  bedeckte.  Am  16.  erhob  sich  gleich  Morgens 
ein  Südwest,  welcher  mit  wechselnder  Kraft  anhielt  und  am  20.  zum 
Sturm  sich  steigerte.  Vom  4. — 10.  Jänner  Thermometer  Morgens  unter 
10°  R.,  vom  11.— 23.  zwischen  0  und  — 10°  R.  (Med.  Dr.  Weszelovszky.) 

4)  Jaszenova  bei  Also-Kubin  in  der  Arva.  „In  der  Stunde  des 
Erdbebens  gänzliche  Windstille.  Der  Barometer  fiel  um  2  Linien.  Am 
folgenden    Tage   trat   Schneegestöber    ein."    (Senior    Zoch.) 

4.  a)  Rosenberg  in  der  Liptau.  Die  Luft  war  im  Moment  der 
Erschütterung  und  auch  nachher  vollkommen  ruhig.  Temperatur  der  Luft 
Mittags  -f6°  R.  im  Schatten.  Barometerstand  (immer  um  8  Uhr  Morgens) 
am  14.  Jänner  28"  9",  am  15.  Jänner  28°  8",  am  16.  Jänner  28°  6™, 
am  17.  Jänner  28°  5".  Jn  der  Nacht  vom  15.  —  16.  der  erste  und  zu- 
gleich   sehr    ausgiebige    Schnee.  (Med.    Dr.    Sefranka.) 

5)  Bries  im  Sohler  Comitate.  „Temperatur  sehr  niedrig,  sowie  im 
ganzen  vorhergegangenen  Sommer  auch  im  Winter.  Dürre.  Kein  Schnee, 
Der    Himmel    meistens    wolkenlos."    (Med.    Dr.    Zechentner.) 

6)  Neusohl.  „Die  Witterung  war  am  Abend  des  15.  Jänner  mil- 
der nach  mehrtägigem  starken  Frost  und  der  Wind  von  N.  nach  S. 
umgesprungen.    (Gymnasialprofessor    Z  eng  er.) 

8)  Altsohl.  „Wegen  allgemeiner  Trockenheit  enthielten  unsere  Bäche 
Brunnen  und  Quellen  nur  wenig  Wasser.  Der  Barometerstand  am  15.  Jän- 
ner war    28°    l","  (K.    k.    Bezirksarzt    Dr.    Joh.    Szrnka.) 


406  Ludw.  Hein.  Jeitteles. 

9)  Kremnitz.  „Der  Barometerstand  blieb  unverändert. u  —  (K.  k. 
Miinzwardein  Waltschisko.)  Nach  Med.  Dr.  Steiner  war  sowohl  vor,  als 
auch    nach    dem    Erdbeben    „vollkommene    Windstille.* 

'10)  Aranyos-Maröth.  Abnahme  des  Wasserreichthums  der  Quel- 
len und  Brunnen.  Am  15.  Jänner,  wie  an  den  vorhergegangenen  Tagen 
war  allgemeine  Windstille,  an  den  darauf  folgenden  NW.  Wind.  „Die 
Witterung  trüb  und  zum  Schneien  sich  vorbereitend,  nachdem  bis  dahin 
noch  gar  kein  Schnee  die  Felder  geschützt  hatte."  (K.  k.  Bezirksarzt 
Dr.  Ebner.) 

11)  Sehern  nitz.  (Windschacht.)  „Ins  Freie  tretend,  fand  ich  die 
Luft  ruhig,  den  Himmel  umwölkt,  daher  die  Nacht  sehr  dunkel."  (Julius 
de    Ad  da,    k.    k.    Schmiedeschafter.) 

12)  Neutra.  Nach  der  Mittheilung  des  Prof.  Dr.  Kornhub  er 
(Das  Erdbeben  vom  15.  Janner  1858,  besonders  rücksichtlich  seiner  Ver- 
breitung in  Ungarn,  p.  11.)  war  der  Barometerstand  am  15.  Jänner  um  2h 
Mittags    33409    Par.    Lin.    und    um    10h  Abends    333™-  80. 

13)  Gran.  Barometerstand  (auf  0  reducirt)  am  15.  Jänner,  2h  p.  M, 
33620.  Par.  Lin.  um  10  Uhr  Abends.  335-90.  Himmel  Nachmittags  ganz 
rein,  Abends  ganz  bewölkt.  Windrichtung  Nachmittags  und  Abends  W.  *) 
(K.  k.  Comitatsarzt    Schwarzl.) 

II.  Oalizieu. 

Neu-Sandec.  „Ausser  dem  sehr  niedrigen  Barometerstande  und  hef- 
tigem Winde  war  bei  uns  am  15.  nichts  wahrzunehmen.  —  In  Skrzydlna 
war  das  Erdbeben  von  einem  heftigen  Sturmwinde  begleitet.* 
(Peter    Zdiarski,   Lehrer   an   der   Realschule.) 

Badeort  Krynica.  „Nach  Aufschreibung  des  Bademeisters  war  vom 
14.  auf  den  15.  Jänner  ein  grosser  Sturm  mit  Schneegestöber  bis 
Mittags  den  15.  Nachmittags  legte  sich  derselbe  und  es  war  kalt.  Diese 
Kälte  hielt  mehrere  Tage  an,  dann  wurde  es  wieder  trübe."  (K.  k.  Bade- 
inspektor Murdzienski.) 

Der  officielle  Bericht  aus  Galizien  sagt:  Der  Himmel  war  zur  Zeit 
des  Erdbebens  umwölkt,  das  Wetter  mehr  weniger  stürmisch,  nur 
im  Wadowieer-Kreise  soll  es  grösstentheils  windstill  gewesen  sein.  Beson- 
ders   heftig    soll    der    Sturmwind    in    Skrzydlna    gewesen    sein. 

III.  Mähren. 

Mistek.  „Die  Richtung  des  Windes  während  dem  Erdbeben  war 
von  SO.,  vorher  aber  von  NW.,  den  Tag  darauf  von  W — ,  sehr  stark, 
ja  stürmisch  und  dazwischen  oftmaliger  schwacher  Regen.  Das  Thermo- 
meter stand  auf  0.  Das  Barometer  eine  Linie  unter  „Sturm  und  Regen."" 
(Apothecker  Adolf  Schwab.) 

Olm  ütz.  Gang  des  Barometers  am  15.  Jänner  an  der  Sternwarte 
des  Herrn  Prälaten  Ritters  von  Unkhreehtsberg  nach  Herrn  Astro- 
nomen Schmidt.  Die  Stände  sind  aus  einer  Curve  interpolirt,  auf  Null 
reducirt,    und    gelten    für    die    Seehöhe  =   117    Toisen. 


*)  Ueber  die  Witterung  am  Abend  des  15.  in  Ungarn  überhaupt  sagt  Dr. 
Kornhuber  (1.  citato,  p.  10):  „Der  Himmel  war  mehrweniger  bewölkt  uud  Wind- 
stille. Noch  in  der  Nacht  vom  15.  auf  den  16.  trat  allenthalben  ein  starker  Schnee- 
fall   ein.« 


77 

11 

77 

O77 

ittags 

12 

77 

O77 

77 

1 

77 

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77 

2 

77 

O77 

77 

3 

77 

O77 

77 

4 

77 

O77 

77 

5 

77 

0  „ 

7 

77 

0 

77  ===    77 

6-83 

8 

77 

0 

77  ~    77 

6-12 

8 

77 

23 

77  ~    77 

6-68  (Erdb.) 

9 

77 

0 

i)  ==s    }) 

6-61 

10 

77 

0 

77  —    77 

6-49 

11 

77 

0 

77  =    77 

ß-35 

12 

77 

0 

77  ==    77 

6-23 

Das  Eid  beben  am  15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudeten  etc.  407 

Mittlere    Zeit    von    Ol  mutz. 
Morgens  10  Uhr  0  M.  =  27"  7-71 "'  Abends  6  Uhr  0  M.  —  27"  6-88'" 

■  77  7-67 
=  „  7-57 
77  725 
77  7-05 
77  ^-04 
77     ™S 

„     7  02      Nachts  12 
Es    fand    also    in    14  Stunden    ein    ziemlich    regelmässiges    Sinken    von 
anderthalb    Linien    statt. 

Kojetein  und  Pawlowitz  in  der  Hanna,  bei  Olmiitz.  Luft  ganz 
still,  dann  heftiger  Wind.  (Schmidt,  Untersuchungen  über  das  Erdbe- 
ben   am    15.   Jänner    1858,    pag.   57). 

Lobnig  (nördlich  von  Olmiitz,  an  der  Strasse  nach  Freudenthal). 
„Oftmaliges    Toben   des    Windes"*)  (Pfarrer  Menzl.) 

Praemonstratenser-Stift  Neu  r  ei  seh,  südlich  von  Iglau.  „Ein  äusserst 
niedriger  Barometerstand  wurde  in  den  Tagen  des  Erdbebens  herum  hier 
bemerkt."    (Mittheilimg    des    hochw.    Abtes    Dr.    Friedrich   Franz.) 

IT.    Böhmen. 
Nach    Schmidt     (I.    c,    pag.    59)    vvüthete    am   Abend    des      15.    Jän- 
ner   südlich    vom    Riesengebirge    ein    starker    Sturm. 

V.    Oesterrcichiscu-Schlesien. 

Bielitz.  Das  Barometer,  das  bis  zum  14.  auf  28"  10'"  gestiegen 
war,  sank  am  15.  auf  28''  2'".  Im  Augenblick  des  Erdstosses  soll  es  auf 
27"  6'"  gesunken  sein.  Am  16.  Jänner  stand  es  auf  27"  8'"  (Offic. 
Bericht.) 

„Vor  dem  Erdbeben  war  der  Himmel  mit  einem  leichten  Wolken- 
schleier umzogen,  man  bemerkte  nur  einen  leisen  Windzug,  der  aber 
alsdann  nach  und  nach  zu  einer  bedeutender  Stärke  sich  erhob" 
(Senior    Schimko.) 

Mosty  (Bezirk  Jablunkau.)  „Der  Wind  'blies  von  Süd  nach  Nord 
vor  und    nach  der   Erschütterung."    (Lehrer    Kucharczik.) 

Bukowetz  (Bezirk  Jablunkau.)  „In  der  achten  Abendstunde  kamen 
mehrere  Windschichten  sehr  gewürbelt,  jedoch  so  stark,  dass  zu  befürch- 
ten war,  dass  die  Häuser  einstürzen  werden;  dann  aber  in  einer  halben 
Stunde  darauf  ....  die  Erschütterung.  ...  Die  Windmärsche  waren 
in  der  Gegend  von  Jablunkau  auch  zu  merken,  die  fast  alle  fünf  Minu- 
ten   gewechselt    haben."     (Lehrer    Schwander.) 

T eschen.  Das  Barometer  sank  unmittelbar  vor  dem  Erdbeben  bedeu- 
tend und  fiel  nach  demselben  noch  fortan.  Der  Wind  wehte  aus  SW7., 
stärker    nach    dem    Beben.     (Offlcieller    Bericht.) 

Kar w in.  Der  Erderschütterung  ging  ein  sehr  starker  Lnftzug  vor- 
aus   (Adjunct    Schreck.) 

Schwarzwasser.  Der  Wind  wehte  von  SW.  und  „schlug  im 
Augenblick  der  Erschütterung  in  Sturm  um,  welcher  jedoch  wenige  Minu- 
ten   nachher    wieder    aufhörte."    (Officieller    Bericht.) 

*)    Kömerstadt.    Luft   still,    später   grosser   Sturm    (Schmidt,    pag.    88). 

Mittheilungen  der  k.  k.   geographischen  Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Heft.  D 


40<S  Liidw.  Hein.  Jeitteles. 

Oderberg.  Das  Barometer  war  gegen  eine  Stunde  früher  um  0.8'" 
gesunken;    er  betrug  3327'"  Par.    Mass.    SW.    Wind.  (Ingenieur    Kutilek.) 

Fried ek.     Es     wehte    ein     starker    SW.    Wind.    Officieller    Bericht.) 

Königsberg.  Grosse  Windstille.  Gleich  nach  dem  Erd- 
beben   fing    ein    heftiger   S.    Wind    zu   wehen     an.     (Offie.    Bericht.) 

Odrau.  Nach  der  Erschütterung  erhob  sich  ein  starker  Wind 
(Officieller  Bericht.) 

Alt-Lubitz.  „Die  Windrichtung  war  von  Süden,  vorher  wie  nach- 
her."   (Lehrer   Niesner.) 

Wigstadl.  An  jenem  Abend  war  grosser  Sturm,  der  Wind  kam 
von    NO.    (Officieller   Bericht.) 

Wagstadt.  Wind  von  SW.,  unbedeutend.  Firmament  heiter.  (Officieller 
Bericht.) 

Troppau.  Einige  Minuten  nach  dem  Erdbeben  wurde  der  Baro- 
meterstand in  einem  Hause  auf  dem  Niederring,  um  0'7'"  tiefer  gefunden, 
als  zwei    Stunden  vorher. 

Stand    um    6    Uhr    30    Min.    . .    27"    1-6" 

„     8      „     30       , 28"    09'" 

Unmittelbar  nach  (vielleicht  auch  schon  vor)  der  Erschütterung  wehte 
ein  Scirvoco-artiger  SW.  Wind,  der  aber  noch  nach  mehreren  Stunden 
fühlbar    war. 

Badun  bei  Troppau.  „Während  der  Erschütterung  war  nur  ein 
schwacher    Wind    bemerkbar."  (Verwalter   Bannez.) 

Stetten.  „Vor  und  wahrend  der  Erschütterung  vollkommene  Wind- 
stille."   (Officieller   Bericht.) 

Kyowitz.  „Stark  wehender  SW.  Wind  zur  Zeit  der  Erschütterung." 
(Graf  Falkhain). 

Stablowitz.  südlich  von  Troppau.  „Ein  starker  Windstoss,  der  gegen 
2  Minuten    anhielt."    (Officieller    Bericht). 

Schlackau.  „Vor  dieser  Erderschütterung  stand  mein  Barome- 
ter stets  ungemein  hoch  und  zeigte  immer  auf  „sehr  trocken;" 
über  jene  Nacht  fiel  dasselbe  bis  auf  „veränderlich"  und  steht 
so  bis  heute  noch  am  21.  Jänner So  lange  die  Erdstösse  dau- 
erten, einige  Minuten  zuvor  und  einige  Minuten  darnach  war  eine  gänz- 
liche Windstille  eingetreten,  worauf  ab e  r  dann  der  Sturmwind  mit 
solcher  Wuth  hervorbrach,  dass  ich  für  die  Gebäude  Schaden 
besorgte."   (Oekonomiebesitzer    J.    C.    Hein.) 

Lodnitz,  westnordwestlich  von  Troppau,  an  der  Strasse  nach  Jaegern- 
dorf.    J5Ein   besorgnisserregender  starker    Wind."    (Officieller    Bericht.) 

Leitersdorf.    „Heftiger  Wind,  auch  noch  am  16."  (Officieller  Bericht.) 

Eckersdorf.  „Dass  Brausen  des  Sturmwindes  verminderte  sehr  den 
allgemeinen  Eindruck  des  Erdbebens  zu  Lande."  (Cooperator  Seh  nee  weiss.) 

Glomnitz.  „Der  Wind  sturmartig,  scheinbar  von  W.  nach  0.  (Of- 
ficieller Bericht.)" 

Spachendorf.    „Bei    dieser   Erschütterung    wehte    SW.    Wind." 

Im  ganzen  Troppauer  Bezirk  war  nach  dem  officiel.  Bericht  des 
Herrn  k.  k.  Bezirkshauptmannes  Scherzer  „ein  sehr  namhaftes  Fal- 
len   des    Barometers    bemerkbar. 

Jägerndorf.  Eine  halbe  Stunde  nach  der  Erschütterung  war 
keine    Veränderung    im    früheren    Quecksilberstand    des    Baro- 


Das  Erdbeben   am  15.  Jänner  1858  in  den  Karpathen  und  Sudelen  etc.  409 

meters    zu    entdecken.     (Guido   von    Schwarzer,    k.    k.    technischer  Leh- 
rer   an    der    Realschule.) 

Freudenthal.  „Stürmischer  Wind  von  WSW.  woher  auch  der  Erd- 
stoss    kam.    Firmament    bewölkt."   (Offie.    Bericht.) 

Am  20.  und  21.  Jänner.  Südwest -Stürme.  (Mittheilung  des  Herrn 
Forstmeisters    Johann    Pfeifer. 

Der  Wirth  am  Köhlerberg  bei  Freudenthal  erzählte  mir  bei  mei- 
nem Besuch  dieses  vulkanischen  Berges  am  23.  September  1858,  dass  am  16. 
(15.  ?)  Jänner  von  3  Uhr  Nachmittags  an  ein  kalter,  heftiger  Wind 
von  West  bis  zum  andern  Tag  geweht  habe.  Derselbe  verdrehte  das 
Kreuz    der    Wallfahrtskirche. 

Raase.  „Der  Wind  wehte  am  15.  und  16.  Jännnr  ziemlich  heftig 
von  W.  her."  (Pfarrer  Langer.)  —  „ßin  Sturmwind  erfolgte,  welcher 
die  ganze  folgende  Nacht  ausserordentlich  tobte.  (Arzt  Mestenhaus  er.) 
„Der  Wind  kam  vorher  mit  fürchterlichem  Getöse  in  der  Richtung  von 
W.  her,   nachher    wurde    es    wieder   ruhiger."   (Lehrer  Beege.) 

Ben ni seh.    „Firmament    trübe   und    ziemlich    starker    Westwind. 

Kl  ein- Mohr  au.  „Bei  uns  hat  am  obigen  Tag  ein  heftiger  Sturm- 
wind   von    Mittag    bis    Mitternacht    getobt."    (Lehrer    Job.    Mayer.) 

Karlsbrunn.  „Es  walteten  heftige  Stürme  in  jenen  Tagen,  zumal 
auch    Freitag    den    15.    Jänner."    (Verwalter    Riedel.) 

Ober- Thomasdorf.  „Unser  Kirchenwächter  bemerkte  Rlitze  am 
Himmel,  die  mit  südlichen  Windstössen  begleitet  waren."  (Lehrer  Metzner.) 

Freiwaldau.  „Heftiger  Wind  von  NW.  („Firmament  sehr  trübe. ") 
(Offic.   Bericht.) 

Böhmischdorf  bei  Freiwaldau.  „Es  ist  klarer,  heiterer  Himmel  ge- 
wesen."   (Lehrer    Schroth.) 

Nitzenhau  bei  Freiwaldau.  Vor  dem  Beben  über  Tage  „ein  Nord- 
ostwind, bald  stark,  bald  schwach,  mitunter  fiel  auch  etwas  Schnee." 
(Förster    Rotter.) 

Ober-Lindewiese  bei  Freiwaldau.  „Gegen  i/2  9  Uhr  besonders 
an  den  Fenstern  gegen  W.  3  oder  4  schnell  auf  einanderfolgende  Wind- 
stösse.  Dies  war  mir  um  so  auffallender,  als  bei  uns  der  ganze  Tag 
heiter,  still  und  ziemlich  angenehm  war,  wobei  ein  kaum  fühlbares 
Wehen  von  S.  stattfand,  und  nachher  dieselbe  Ruhe  wieder  eintrat.  — 
(Lehrer  Scholz.) 

Zuckmantel.  »Von  einer  Erschütterung  nichts  wahrgenommen. 
Doch  erhob  sich  in  dieser  Nacht  ein  starker  Sturm  und  der  kurz  vor- 
her wahrgenommene  hohe  Barometerstand  war  die  Nacht  über 
bedeutend  gesunken."  (Offic.  ßer.)  Auch  Dr.  Jur.  Rochowanzki 
schrieb    mir    von    einem    Sturm    in    jener  Nacht. 

Reihwiesen.  „Der  Wind  stürmte  vorher  und  nachher  sehr  fürch- 
terlich mit  Schneegestöber  durcheinander,  meist  von  W.  her."  (Lehrer 
Franke.) 

Wildschütz.  (Rezirk  Jauernig.)  „Der  Erdstoss  war  mit  einem  hef- 
tigen Windstoss,  der  unmittelbar  darauf  folgte,  fast  wie  vereint  verbun- 
den. u  Aber  schon  früher  war  das  Wetter  sehr  stürmisch,  der  Himmel  um- 
wölkt   gewesen.  (Pfarrer    Kunert.) 

B* 


410  Ludw.  Heia.  Jeitteles. 

VI.  Preossisch-Schlesien. 

Pless.  Am  16.  Jänner  war  das  Barometer  im  Sinken  begriffen;  nas- 
ses Schneetreiben.  Die  Erschütterung  war  von  heftigem  Windsge- 
braus e    begleitet.    („Schießische    Zeitung   Nr.    29.") 

Rybnik.  Temperatur  der  Luft  zur  Zeit  des  Erdbebens  -[-0-5°  R., 
Barometerstand  333-1  Linien;  am  IG.  früh  um  9  Uhr  6  Min.  -f  1-8°  R. 
und    3316"'.    *)  (Schles.    Zeitg.  Nr.    31.) 

Gleiwitz.  Thermometer  0°,  Barometer  27°  2"",  die  Richtung  des 
Windes  süd- westl  ich,  der  Himmel  trübe. u  (Gyninasial-Oberlehrer  Rott.) 
Ein  anderer  Berichterstatter  bei  Sadebeck  (das  Erdbeben  vom  15.  Ja- 
nuar 1858,  p.  16.)  sagt,  dass  es  während  der  Erschütterung  bei  bedeck- 
tem   Himmel    vollkommen  windstill    war. 

Das  Barometer    seit    gestern    (15.)  gefallen.  (Nr.  29.)  **) 

Ratibor.  Vor  und  nach  dem  Erdbeben  völlige  Windstille.  Den 
Eintritt  der  Schwankungen  begleitete  ein  Geräusch,  welches  ein  heftiger 
Windstoss    zu    sein    schien.  (Schles.  Ztg.  Nr.  29.) 

Land  eck.  „Seit  1  Uhr  Mittags  wehte  am  15  Jänner  ein  scharfer 
SW-Wind,  der  gegen  Abend  an  Heftigkeit  zunahm,  und  in  einzelnen,  schnell 
aufeinander  folgenden  Stössen  orkanartig  wurde.  Der  Himmel  war  den  gan- 
zen Tag  mit  dichtem  Gewölk  bedeckt,  und  Abends  61/2  Uhr  trat  ein 
heftiges    Schneegestöber    ein."   (Badearzt  Dr.  Med.  Langner.) 

Wasserheilanstalt  Centnerbrunn.  ***)  Denselben  Abend  war  eine 
überaus    grosse   Kälte."  (Med.   Dr.    Roser.) 

Schweidnitz.  „Ich  selbst  babe  in  Schweidnitz  am  Abend  des 
15.  Jänners  einen  ungemein  heftigen  Sturm  wahrgenommen  .  .  . 
Der  Sturm  kam,  so  viel  ich  mich  erinnern  kann,  aus  SWT.  (?)  .  .  . 
Den  Barometerstand  beobachtete  ich  Früh  und  Mittag  den  12.  Jänner  und 
fand  denselben  fast  niedriger  denn  je,  indem  er  26  Zoll  und  1  */4  Linie 
zeigte    .    .    .    ."  (Königl.    Sanitätsrath    Dr.    Rosemann.) 

Hirschberg.  „Am  15.  Jänner  hatten  wir  einen  gewaltigen  Sturm  .  .  . 
dieser  hielt  bis  kurz  vor  dem  Erdbeben  an;  es  trat  eine  unheimliche 
Stille  ein  und  so  blieb  das  die  ganze  Nacht  hindurch.  Am  andern  Tage 
war    es    wieder    sehr    windig."    (Med.    Dr.  Führböter.) 

Warmbrunn.  „In  der  Zeit  vom  14  — 16  Jänner  hatten  wir  in  unse- 
rer Gegend  heftigen  Sturm  mit  Schneegestöber  aus  W.  und  NW.,  auch 
in  der  Nacht  vom  15.  auf  den  16.,  wo  der  Sturm  eine  orkanähliche  Hef- 
tigkeit annahm.  Das  Barometer  stand  sehr  tief,  bei  uns  in  einer  Meeres- 
höhe    von    1080'    etwa    28"    »/,'". "     (Badearzt   Dr.    Luchs.) 

Falkenberg.  Das  Barometer  stand  den  Abend  27"  10'" -5  bei 
Westwind.  Himmel  trübe.  Schnee  und  Wind.  .  .  Das  Barometer  war  seit 
dein  4.  (wo  es  den  ungewöhnlichen  hohen  Stand  vom  28"  6'" -5  erreichte, 
der  seit  5  Jahren  hier  nur  einmal  beobachtet  worden)  in  beständigem 
langsamen    Fallen    bis    zum    14.,  wo    es  28"    l'"-00    stand;    vom    15.    Mor- 


*)    Der   Wind   wehte    am    IS.    Abends    sehr    langsam    von    NW.    her,    der   Himmel 
war    vollständig    umwölkt. 

**)    Correspondenz    der    Schles.    Zeitg.    vom    16.    Jänner. 
***)    Im   Eulengehirge    (Grafschaft   Glatz). 


Das  Erdbeben  am    15.  Jänner  1858    in   den   Karpathen   und  Sudeten  etc.  411 

gens  fiel  es  bis  zum  Abend  sehr  stark  (bis  27''  10'"  *5)  und  diess  schnelle 
Fallen  blieb  bis  zum  16.  Abends  (27"  6"' -75)  (Prof.  Dr.  M.  Sadebeek; 
das  Erdbeben  vom  15.  Janner  1858,  mit  besonderer  Berücksichtigung-  sei- 
ner Ausbreitung    in   Preussisch-Schlesien,   pag.    15.) 

Giersdorf  bei  Ziegenhals.  „Weder  an  dem  Stande  des  Baro- 
meters noch  in  dem  Witterungszustande  ward  bei  dem  Ereignisse  eine 
Abnormität   wahrgenommen. u    (Sadebeek,  pag.  15.) 

Leipitz  bei  Nimptsch.  „Der  Himmel  war  stark  bedeckt  und  der 
Wind,    massig    stark,    kam    aus    W."    (Sadebeek,    pag.    18.) 

Oppeln.  Barometerstand  sehr  niedrig.  Windrichtung  SW\,  die  Atmos- 
phäre   ruhig.    (Sadebeek,    pag.    20.) 

Räuden.  Arges  Regenwetter  und  Schneegestöber,  begleitet  von  einem 
heftigen    Winde    aus    SSO.    (Sadebeek,   pag.  2'i.) 

Vergleicht    man   alle    diese    Beobachtungen,     so   ergibt    sich    folgendes: 

1.  In  Ungarn  herrschte  zur  Zeit  des  Erdstosses  vollkommene  Wind- 
stille. #)  Die  Luft-Temperatur  war  milde.  Nach  dem  Hauptstoss  stellte  sich 
allenthalben    starker    Schneefall    ein. 

2.  In  Schlesien  war  das  Wetter  ebenfalls  milde  und  an  vielen  Orten 
schneite  es.  Fast  überall  war  unmittelbar  vor,  während  oder  am  häufigsten 
nach  dem  Erdheben  ein  West-  oder  Südwestwind  wahrnehmbar,  der  aber  in 
vielen  Gegenden  der  Sudeten  und  der  west-galizischen  Karpathen  schon 
früher   verspürt    wurde  und    sich    an    den    folgenden    Tagen    noch    verstärkte. 

3.  Fast  an  allen  Orten  des  Erschütterungsgebietes  bemerkte  man 
ein  bedeutendes  Fallen  des  Barometers,  der  ohnediess  schon  seit  mehreren 
Tagen  im  Sinken  begriffen  gewesen.  Das  Fallen  dauerte  am  folgenden 
Tage    fort. 

Dass  sowohl  das  Fallen  des  Barometers  als  das  Auftreten  des  Win- 
des oder  Sturmes  nicht  Folge  des  Erdbebens  sei,  wie  man  auf  den  ersten 
Blick  vielleicht  anzunehmen  geneigt  wäre  ,  ergibt  sich  aus  einer  Verglei- 
chung  dieser  Witterungsverhältnisse  mit  den  meteorol.  Beobachtungen  im 
ganzen  österr.  Kaiserstaat  und  aus  der  Betrachtung  des  Ganges  der  Wit- 
terung   während    des    ganzen    Monats. 

Was  den  Barometerstand  und  die  Windrichtung  am  15.  und  dem 
vorausgegangenen  wie  nachfolgenden  Tage  betrifft,  so  stelle  ich  hier  die- 
selben von  mehreren  Orten  in  und  ausser  dem  Erschütterungsgebiet 
zusammen;  man  wird  daraus  ersehen,  dass  das  Sinken  des  Quecksilbers 
im  Barometer  überall  ein  ziemlich  gleichmässiges  war,  und  dass  in  Wien, 
Oderberg    und    Krakau     die    Windrichtung    ebenfalls    nahezu     übereinstimmte. 


*)  Nur  Gran  hatte  Westwind  und  Neusohl  Süd.  (Tags  darauf  war  an  vielen 
Orten  ein  Westwind,  hie  und  da  als  Nord-,  häufiger  als  Süd-West,  fühlbar,  in  Neu- 
sohl  SO.) 


412 


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Das   Erdbeben  am   15.   Jänner   1858  in   den  Karpathen  und   Sudeten  etc.  4|  3 

Noch  deutlicher  erhellt  diess  aus  den  von  Herrn  Burkhard  t,  Assistenten  an  der 
Wiener-Centralanstalt,  entworfenen  meteorol.  Corven,  welche  zugleich  dieselbe 
Erscheinung  zu  derselben  Zeit  an  von  einander  sehr  entfernten  Orten  bes- 
ser als  alle  Zahlen  nachweisen.*) 

Rücksichtlich  der  Winde  in  den  Tagen  des  Erdbebens  werden  fol- 
gende Auszüge  aus  der  Witterungs-  Uebersicht  für  den  Jänner  1858  zur 
weiteren    Orientirung    dienen. 

15.  Jänner.     Prag.    Sturm    aus    Westen.      Od  erb  erg.    SW.   Wind.    Kra- 

kau.    SW.    Wind. 

16.  Jänner.    Admont,    Sturm  aus  West,     und    Nordwest. 

Bludenz    in    Vorarlberg.    Starker  NW.    Wind. 

Wiener-Neustadt.  Um    9    Uhr    Sturm    aus    W. 

Wien.  Wind    aus    W.    und   NW. 

Oderberg.    SW-Wind,    Abends   NO. 

Krakau.    SW-Wind,    Abends    Sturm    aus    N. 

Kesmark.  Um  2  U.  Mit.  W-Wind.,  Ab.   stürmisch  aus  NW. 

17.  Jänner.    Bludenz.    Starker   NW- Wind. 

Admont.    Wind    aus    W.  und  NW.  bis  12 h    30'    Mittags. 
Klagenfurt.    Heftiger    SW.    und    W-Wind    in   der  Nacht. 
St.    Paul    in    Kärnten.    Nachts    heftiger    Sturm    aus  NW. 
Salzburg.    Schneestürme. 

18.  Jänner.    Lemberg.   Stürmisch    aus   W. 

19.  Jänner.   Admont.    Sturm    aus    NW. 

Linz.  Stürmisch  aus  W. 

Wien.    Vom    19.    auf  den    20.  Sturm    aus  W. 

Oe  den  bürg.    Nachmittags    grosser    Sturm. 

Pressburg    Starker    Wind. 

Prag.  Sturm  aus    W. 

Czaslau.  Stürmisch    aus    W. 

Nikolsburg.  Stürmisch    aus    W. 

Lemberg.  Stürmisch    aus    W. 

20.  Jänner.    Linz.  Stürmisch    aus    W. 

Prag.    Heftiger    Sturm    aus    W. 
Czaslau.    Stürmisch    aus    W. 
Nikolsburg.  Stürmisch    aus    W. 
Komorn.  Sturm    vom    20.    auf   den    21. 
Rzeszow.  Sturm    aus    SW. 

21.  Jänner.  Bludenz.  Starker    N-Wind. 

Admont.    Sturm    aus   NW. 
Gastein.  Nachts    Schneesturm. 
Linz.    Stürmisch    aus    W. 
Nikolsburg.  Stürmisch    aus    W. 
Czaslau.    Stürmisch    aus    W. 
Senftenberg  in    Böhmen.    Sturm    aus    W. 
Krakau.  Stürmisch  aus    W. 
Das    Erdbeben     flel    also    in    den    Anfang    einer    Sturmperiode,    wenn 
auch    der    Hauptstoss    in    Ungarn    selbst  bei  Windstille    eintrat.    Diese  Stürme 


*)  Sitzungsberichte  der  kaiserlichen  Academie  der  Wissenschaften,  mathematisch- 
naturwissenschaftliche  Classe,  33.  Band,  2o.  lieft  l'8S8.  Tabelle:  Gang  der  Wärme  und 
des    Luftdruckes    im    Jänner    1858. 


414  flr-   Kal'l   Scherzer. 

standen    unzweifelhaft    mit    dorn    Sinken    des    Barometers    in    Zusammenhang. 
Als    Resultate    aller    dieser    Betrachtungen    stellen    sich    nun    heraus: 

1.  Das  Erdbeben  trat  nach  einem  sehr  heissen  und  trockenen  Som- 
mer   und    Herbst    ein. 

2.  Es  tiel    in    den    Anfang    einer    Periode    westlicher    Stürme. 

3.  Es  fand  in  einer  Periode  des  Ueberganges  aus  einem  sehr  hohen 
zu    einem    ziemlich    niedrigen    Barometerstand    statt. 

Dass  die  in  den  zwei  letzten  Punkten  ausgedrückten  meteorologischen 
Processe  häufig  in  einem  (letzten)  Causa]  -  Zusammenhang  mit  Erdheben 
stehen,  hat  Volger  und  in  Beziehung  auf  den  Barometerstand  auch  schon 
Peter  Merian  nachgewiesen.  Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  pflegen 
in  trockenen  und  heissen  Jahren  Erdbeben  eben  so  häutig  zu  sein,  wie  in 
sehr  kalten  und  nassen.  Das  Vis  per  Erdbeben  fand  in  einem  solchen 
Nassjahr  statt,  ebenso  war  das  bei  den  grossen  Erdbeben  in  Spanien  und 
in  Siebenbürgen  und  der  Walachei  im  Jahre  1829  der  Fall.  Ein  Bei- 
spiel eines  heissen  Erdbeben-Jahres  gibt  uns  unter  andern  der  trockene 
Sommer  1846,  in  welchem  Toskana,  die  Bheingegenden  etc.  von  heftigen 
Erdbeben    heimgesucht    wurden. 


Das  zweite  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  „Novarä." 


Bericht  an  Herrn  k.  k.  Hofrath    W.  Hai  ding  er. 

Von  Dr.  Karl  Scherzer. 

Valparaiso   den   29.   April    1859.*) 


„Gleichwie  zu  Ende  des  ersten,  so  erlaube  ich  mir  auch  jetzt  am 
Schlüsse  des  zweiten  Jahres  der  Weltfahrt  der  „Novara"  Rechenschaft 
abzulegen,  auf  welche  Weise  ich  die  Vortheile  meiner  Lage  benützt 
habe,  um  mich  der  für  mich  so  ehrenvollen  Theilnahme  an  diesem  gross- 
artigen   vaterländischen    Unternehmen    nicht    ganz    unwürdig    zu    zeigen. 

Der  Beginn  des  zweiten  Novara-Jahres  traf  die  kaiserliehe  Expedition 
unter  Segel,  auf  der  Fahrt  von  Singapore  nach  Batavia,  wo  dieselbe  am 
5.  Mai  18o8  anlangte.  Im  Laufe  der  letzten  12  Monate  wurden  die 
folgenden  Puncte  berührt:  Batavia,  Manila,  Honkong,  Shanghae,  Poujnipet 
(im  Carolinen-Archipel),  Sikayana  (Stewarts-Gruppe),  Sydney  (Australien), 
Auckland    (Neuseeland),    Papeete    (Tahiti),    Valparaiso. 

Die  lang  genährte  Hoffnung  des  hochverehrten  Chefs  der  Expedition, 
die  Insel  Guaham  (im  Mariannen-Archipel)  und  einige  Inseln  der  Salo- 
monsgruppe  besuchen  zu  können,  scheiterte  leider  an  der  Ungunst  der 
Witterungsverhaltnis.se,  so  wie  an  der  Kürze  der  Zeit,  welche  uns  nur 
mehr    auf  Grund    der    officiellen  Instructionen    für    die    noch    zu    berührenden 


*)  Dieser  Bericht  wurde  vom  Hin.  k.  k.  Hofrath  W.  Haidinger  in  der  Sitzung 
der  k.  k.  mathematisch -naturwissenschaftliehen  Classe  der  kaiserlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  vom  7.  Juli  1859  vorgelegt  und  ist  in  deren  Sitzungsberichten  37.  Bd. 
Nr.  17.  1839  Seite  5  veröffentlicht;  derselbe  wurde  von  dort  hierher  entnommen,  um 
eine  zusammenhängende  Uebersicht  der  ganzen  Reise  der  k.  k.  Fregatte  „Novara"  in 
diesen  Schriften  zu  besitzen,  nachdem  der  dritte  und  letzte  Bericht  des  Hrn.  Dr.  Karl 
Scherzer  gleich  dum  ersten  (II.  Jahrgang  1858.  S.  305)  der  k.  k.  geographischen 
Gesellschaft    vom   Hrn.    Hofrath   \V.    Haidinger    gütigst    vorgelegt    wurde.     D.  Redaction. 


Das  zweite  Jahr  der    Erdumsegelung   S.  M.  Fregatte  Novaia.  4lo 

Hafenplätze  in  Australien,  Oceanien  und  Süd-Amerika  übrig  blieb.  Am 
längsten  verweilten  wir  in  Batavia  (24  Tage)  und  in  Sydney  (32  Tage). 
Im  Ganzen  brachten  wir  im  verflossenen  Jahre  203  Tage  unter  Segel 
und    162    Tage    am    Lande    zu. 

Die  glänzende  Aufnahme,  die  uns  in  den  meisten  der  besuchten 
Orte  von  allen  Ständen  der  Gesellschaft  zu  Theil  wurde,  die  erhebenden 
Sympathien,  welche  die  Zwecke  der  kaiserlichen  Expedition  allenthalben, 
namentlich  unter  den  Männern  der  Wissenschaft  erweckten,  hatten  auf 
meine  Arbeiten  und  Sammlungen  den  glücklichsten  Eintluss.  Unter  dem 
Schutze  einer  europäischen  Grossmacht,  im  Interesse  wissenschaftlicher 
Forschungen  die  Erde  umschiffend,  bedurfte  es  nicht  erst,  wie  beim  ein- 
samen Reisenden,  eines  längeren  Aufenthaltes  an  einem  Orte,  oder  der 
Gunst  des  Zufalls,  um  mit  den  einflussreichsten  und  hervorragendsten 
Persönlichkeiten  bekannt  und  vertraut  zu  werden;  fast  überall  beeilte  man 
sich,  unsere  Absichten  kennen  zu  lernen,  unseren  Wünschen  zuvor  zu 
kommen.  Wenige  Wochen  reichten  oft  hin,  uns  in  den  Besitz  eines 
schätzeuswerthen  Materiales  zu  setzen,  einen  vorteilhaften  Verkehr  zwi- 
schen den  wissenschaftlichen  Instituten  in  den  entferntesten  Theilen  der 
Erde  und  jenen  der  Heimath  anzubahnen  und  mit  gleiehgesinnten  For- 
schern Verbindungen  zu  knüpfen,  welche  für  die  Wissenschaft  eben  so 
vorteilhaft,  als  sie  dem  Herzen  wohlthuend  sind.  Die  Kürze  des  Aufent- 
haltes in  den  einzelnen  Hafenplätzen,  wodurch  sich  eine  Erdumsegelung 
so  entschieden  im  Nachtheil  befindet,  gegen  andere  wissenschaftliche,  nach 
einem  einzigen  Breunpuncte  der  Untersuchung  gerichtete  Expe- 
ditionen, wurde  durch  die  erwähnte  Gunst  der  Umstände  minder  fühlbar 
gemacht,  und  hinderte  nicht  die  Erreichung  so  manches  nachgestrebten 
Zweckes. 

Der  warmen  Theilnahme  und  Unterstützung  von  Gelehrten  und 
Freunden  der  Wissenschaft  in  den  meisten  von  uns  besuchten  Nieder- 
lassungen, muss  ich  es  hauptsächlich  Dank  wissen,  wenn  es  mir  auch 
in  dem  eben  verflossenen  zweiten  Novara-Jahre  gelungen,  auf  dem  Ge- 
biete der  Länder-  und  Völkerkunde  einige  neue  Erfahrungen  zu  sammeln 
und  die  vaterländischen  Museen  mit  manchen  werthvollen  ethnographischen 
und  anthropologischen  Gegenständen  zu  bereichern.  Aber  nicht  minder 
verpflichtet  fühle  ich  mich  gegen  den  wissenschaftsfördernden  Chef  der 
kaiserlichen  Expedition,  Commodore  von  Wü  Ilerstorf-Urbair  für  die 
wohlwollende  Weise,  in  welcher  derselbe  durch  die  Macht  und  den  Ein- 
tluss   seiner    Stellung    meine    Strebungen    so    kräftig    fördern    half. 

Die  folgenden  Blätter  enthalten  eine  Aufzählung  der  sämmtlichen, 
im  Laufe  des  zweiten  Novara-Jahres  über  die  besuchten  Ländertheile  und 
deren  Bewohner  von  mir  verfassten  Aufsätze,  so  wie  eine  Liste  aller 
gleichzeitig  erworbenen  Gegenstände  und  endlich  ein  Verzeichniss  derje- 
nigen Gelehrten  und  Freunde  der  Wissenschaft,  welche  sich  mir  im  Interesse 
der    Novara-Expedition    besonders    hilfreich   und    nützlich   erwiesen    haben. 

I.  Batavia  (Aufenthalt  vom  6.  bis  29.  Mai  1858). 
A.  Aufsätze. 

i.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Sprachen  und  Völkerstämme  Java's.  —  2.  Die 
handelspolitischen  Verhältnisse  Batavia's.  —  3.  Heilwissensehaftliehe  Notizen,  gesammelt 
während    meiner   Reise    um    die   Erde.    V.   Batavia. 


416  Dr.  Karl   Scherzer. 

B.  Für  die  Zwecke  der  Expedition  erworbene  Gegenstände: 

1.  Vocabularium  der  malayischen  Sprache  (nach  Gallatin's  System).  —  2.  Vo- 
cabularium der  suiidaiselieii  Sprache.  —  3.  Vocabularium  der  javanesischen  Volks- 
sprache higoko).  —  4.  Vocabularium  der  javanesischen  Hof-  oder  ceremoniellen  Sprache 
[Kromo).  —  5.  Vocabularium  der  javanesischen  Sprache  mit  chinesischen,  lateinischen 
und  apanesischen  Buchstaben.  —  6.  Sprachproben  der  Bugis,  Macassaren  und  Bat- 
taker.  —  7.  Javanesische  Gedichte  in  der  Kawisprache,  auf  Palmblatter  geschrieben. 
Gefunden  am  Berge  Merbäbu.  9600  Fuss  über  dem  Meere  in  der  Provinz  Kadü  im 
Centrum  Java's.  —  8.  Lithographien  verschiedener  japanesischer  Gegenstände,  vor  meh- 
reren Jahren  von  der  Gesellschaft  der  Künste  und  Wissenschaften  in  Batavia  zur 
Veröffentlichung  beabsichtigt,  aber  nicht  herausgegeben.  —  9.  Botanik  im  Japanesischen 
mit  Holzschnitten.  —  10.  Tjidschrift  der  Vereeniging  tot  Bevordering  der  geneeskun- 
dige  Wetenschappen  in  Nederlandsch  Indie  1851 — 1857,  1. — 5.  Jahrgang.  —  11.  Om- 
schrijving  van  het  Sumnier-Zieken-Bapport  der  Civiel  Geneeskundige  Dienst  of  Java, 
Madura  en  de  Buittenbezittingen  voer  het  Jaar  1856,  opgemaakt  door  G.  Wassink 
etc.  —  12.  De  Oorlog  op  Java  van  1825 — 30  door  A.  W.  P.  Weitzel,  Breda,  1858. 
2  vol.  — •  13.  Complete  Sammlung  sämmtlicher  von  Dr.  P.  Bitter  von  Bleeker  von 
1844 — 1858  veröffentlichten  wissenschaftlichen  Abhandlungen  und  Werke.  9  Bände.  — 
14.  Herinneringen  uft  den  Levensloop  van  en  indisch  Ambtenaar  van  1815  tot  1851. 
Medgedeeld  in  Brieven  door  E.  Francis.  Batavia  1856.  2.  vol.  —  15.  Boegineesch 
Heldendicht  op  Daeng  Kalabo.  warin  onder  andere  de  dood  van  den  Ambtenaar  Baron 
Collot  d'Escury  en  de  Zegepraal  der  Hollandsche  Wapenen  bezongen  worden.  Vor 
het  eerste  uitgegeven  en  verhaald  door  D.  B.  F.  Math  es.  Makassar  1858  (das  erste 
in  Makassar  auf  Celebes  auf  der  Buchdruckerpresse  gedruckte  Buch).  —  16.  Statistisch- 
politische Bemerkungen  über  Java,  von  einem  Begierungs-Beamten.  —  17.  Handelspo- 
litische Notizen  und  statistische  Angaben  über  den  Handelsverkehr  der  Inseln  Java 
und  Madura,  im  Jahre  1856.  —  Statistick  van  den  Handel  en  de  Scheepvaart  op 
Java  en  Madura,  sedert  1825.  Uit  ofticieele  bronen  bijenverzameld  door  G.  F.  de 
Bruijn-Kops.  Batavia  1857.  2  vol.  —  19.  Bericht  des  General- Gouverneurs  von 
Holländisch-Indien  an  die  zweite  Kammer  im  Haag  über  den  Zustand  der  Colonien, 
1855.    —    20.    Publicationen    der    Gesellschaft    öffentlicher    Nützlichkeit    in    Batavia,    1857. 

—  21.  Verschiedene  Schriften  naturwissenschaftlichen  und  national-ökonomischen  In- 
haltes von  J.  Münich.  —  22.  Glasperlengürtel  der  Bewohner  der  Engano-Inseln, 
westlich  von  Sumatra  (5°  südlicher  Breite,  120°  östlicher  Länge).  —  23.  Lendengürtel 
aus  Pflanzenfasern,  von  eben  daselbst.  —  24.  Tjimat  oder  Talisman  von  Hadji- Wachia. 
einem  der  Anführer  des  Aufstandes  in  den  Lampongs,  an  der  Südspitze  von  Sumatra, 
im  Jahre  1856.  —  25.  Erzählungen  von  Hadj  i- Wach  ia,  im  Arabischen,  12°,  in  den 
Lampongs  erobert.  —  26.  Gesticktes  Taschentuch  aus  den  Lampongs,  1856.  —  27. 
Nothpatronen    aus    Stein    aus    den    Lampongs.    —    28.    Pulverhörner    aus    den    Lampongs. 

—  29.  Ani-Ani,  eine  Art  Sichel  zum  Heismähen,  von  Java.  —  30  Tschang-teng.  Werk- 
zeug zum  Bemalen  der  Sarongs  (einheimischen  Böcke  und  Tücher).  —  31.  Sarongs 
(bemalte    und    unbemalte   Stücke).    —    32.    Tschang-long,    Pfeifen    für    Üpium-Baucher. 

—  33.  Zwei  Hüte  der  Eingebornen  Sumatra's.  —  34.  Modelle  von  Ackerbaugeräthen 
aus  Sumatra  (Pflug,  Wasserrad,  Egge,  Häckselmaschine).  —  35.  Kris  eines  Häuptlings 
aus  Borneo.  —  36.  Kris  in  vergoldeter  Metallscheide  aus  Sumana'p  auf  der  Insel  Ma- 
dura, vom  alten  Sultan  Pakou-Nata-Ningrat.  Die  Klinge  ist  vom  Sultan  selbst 
verfertigt.  —  37.  Kris  aus  den  Lampongs  auf  Sumatra.  Familien-Waffe  des  Fürsten 
M  angk  o  u -Negära,  eines  der  Häupter  des  Aufstandes  vom  Jahre  1856.  —  38.  Kris 
eines  Häuptlings  aus  Borneo.  —  39.  Brief  in  der  Sprache  der  Battaker  auf  Bambus- 
Bohr  geschrieben.  —  40.  Sammlung  von  29  Stück  seltener  Münzen  aus  dem  indischen 
Archipel.  —  41.  Fünf  Toillettestücke  aus  Holz  geschnitzt  und  reich  verziert,  welche 
die  javanesen  einer  Neuvermählten  zum  Geschenk  zu  machen  pflegen.  —  42.  Figur 
aus  Elfenbein  geschnitzt,  von  der  Insel  Madura.  —  43  Körbe  von  verschiedenen  For- 
men aus  der  Preanger  Begentschaft  und  von  der  Insel  Madura.  —  44.  Schaufel 
(Gayöng)  aus  Palembang.  —  45.  Kopfputz  aus  Menschenzähnen,  von  den  Dayakern 
auf  Borneo  getragen.  —  46.  Halsgeschmeide  von  Wolfszähnen,  aus  dem  District 
Sambos  auf  Borneo.  —  47.  Kopfputz  aus  Vogel-Federn  und  Botanggürtel  eines  Daya- 
kers.  —  48.  Tableau  sämmtlicher  Waffen.  Utensilien  und  landwirtschaftlicher  Geräthe 
der   Sundaneser    auf  Java.    —    49.    Panavar-Djambe,    blutstillendes    Heilmittel    aus  Borneo. 

—  50.  Sieben  Modelle  von  Häusern,  Arbeitszeugen,  Musik-Instrumenten  und  Geräth- 
schaften    der    Javanesen.    —    51.    Tableau    der    Waffen    der    Sundanesen     und    Javanesen. 

—  52.  Geräth  zum  Garnaufwinden,  von  Borneo.  —  53.  Lendengürtel  aus  Baumrinde 
der   Poggi-Insulaner,    westlich    von    Sumatra.    —    54.    Tätowir-Instrumente    der    Poggi-In- 


Das   zweite   Jahr   der   Erdumsegelung  S.   51.   Fregatte  Nnvara.  417 

sulaner.  —  55.  Tabakspfeife  der  Poggi-Insulaner  —  56.  Blätter  aus  Baumrinde  mit 
Cbiffern  (muthmasslieh  Spielkarten)  aus  Toinari  (Celebes).  --  57.  Bast,  aus  dem  die 
Eingebornen  von  Tomari  (Celebes)  ihre  Kleidungsstücke  verfertigen.  —  58.  Schädel 
eines  Chinesen,  welcher  während  des  Aufstandes  der  Chinesen  auf  Borneo  im  Jahre 
1819  getödtet  wurde.  --  59.  Üayakerschädel  aus  Borneo  nebst  geflochtenem  Korb, 
worin    die    Eingebornen  Borneo's    den  Feinden    abgehauene  Schädel  zu  verwahren  pflegen. 

—  60.  Dayakerschädel  als  Trophäe  aus  Kampong  Limbang  auf  Borneo.  —  61.  Vier- 
undfünfzig Crania  der  verschiedenen  Racen  des  malayischen  Archipels,  so  wie  von 
Chinesen,  südamerikanischen  Indianern  und  Aethiopiern.*)  —  62.  Menschenschädel,  im 
Magen  eines  Haifisches  in  der  Rhede  von  Batavia  gefunden  (muthmasslieh  der  kauka- 
sischen Race  angehörend).  —  63.  Zwei  Orang-l'tang-Sehädel  aus  Borneo.  —  64. 
Sammlung    der    wichtigsten    Naturproducte    Javas.**) 

C.  Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Batavia  in  der  Verfolgung  seiner  wissen- 
schaftlichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

Dr.  P.  Ritter  von  Bleeker,  Präsident  der  Gesellschaft  für  Künste  und  Wissen- 
schaften in  Niederländisch-Indicn  u.  s.  w.  --  Dr.  G.  Wassink,  Chef  des  Medicinal- 
Wesens  in  Niederländisch-Indien  u.  s.  w.  —  E.  Netscher,  Directionsmitglied  der 
Gesellschaft  für  Künste  und  Wissenschaften  u.  s.  w.  --  Oberst  W.  C.  von  Schier- 
brand, Chef  des  Genie-Corps  u.  s.  w.  —  Dr.  F.  Junghuhn,  Inspector  der  China- 
pflanzungen auf  Java.  —  J.  Münich,  Directionsmitglied  und  Bibliothekar  der  Gesell- 
schaft   der  Künste   und  Wissenschaften.  —  A.  Fräser,    königl.  grossbritannischer  Consul. 

—  Dr.  J.  K.  van  der  Broek.  —  W.  J.  E.  Teyssmann,  Director  des  botanischen 
Gartens    in    Buitenzorg. 

II.   Manila  (Aufenthalt  vom   15.  bis  24.  Juni). 

Ä.  Aufsätze. 

1.  Ueber  die  Eingebornen  der  Philippinen  und  ihre  Idiome.  —  2.  Vocabularium 
der  Tagalischen  Sprache,  wie  dieselbe  dermalen  auf  Luzon  und  den  anderen  Inseln 
des  Philippinen-Archipels  gesprochen  wird.  (Nach  Gallatin's  System.)  —  3.  Han- 
delspolitische Notizen  über  Manila.  —  4.  Ueber  den  Manilahanf  (Abdca)****)  und  dessen 
Wichtigkeit    für   maritime    Zwecke. 

B.  Erworbene  Gegenstände. 

1.  Diccionario  geografico  e  stadistico-historico  de  las  islas  filipinas  por  G.  M. 
Buceta  y  f.  Felipe  Bravo.  Madrid  1850.  2  vol.  —  2.  Vocaculario  de  la  lengua 
Ygorrota  segun  se  ha  podido  sacar  de  las,  que  continuamente  bajan  en  este  pueblo 
de  Cavayan,  anno  de  1817  (Manuscript).  —  3.  Vocabulario  de  los  Ylongotes  de  Ja 
Provincia*  de  Nueva  Exija  en  el  Norte  de  Luzon  1858  (Manuscript).  —  4.  Diccionario 
Ybanäg-Espanol.    Manila    1854.    —    5.    Vocabulario    de    la    lengua    Tagala.    Manila    1835. 

—  6.  Vocabulario  de  la  lengua  Ylogana.  Manila  1849.  —  7.  Diccionario  Bisaya-Es- 
panol.  Manila  1851.  —  8.  Arte  nuevo  de  la  lengua  Ybanäg.  Manila  1854.  —  9.  Arte 
de  la  lengua  Bicol.  Sampaloc  1795.  —  10.  Arte  de  la  lengua  Tagala  y  Manual  Ta- 
galog.  Manila  1850.  —  11.  Arte  de  la  lengua  Bisaya-Hiliguayna  de  la  isla  de  Panay. 
Manila  1818.  —  12.  Arte  de  la  lengua  Pampanya."  Manila  1729.  —  13.  C'ompendio 
y  Methodo  de  la  suma  de  las  reglas  del  arte  del  idioma  Ylocano,  Sampalac  1792,  — 
14.  Diccionario  Espaiiol  y  Mariano,  con  una  breva  esplicacion  del  Modo  como  se 
deben  pronunciar  las  palabras  etc.  (Manuscript).  —  15.  Las  islas  Marianas  en  el  Ar- 
chipelago  de  San  Lazaro  etc.  (Manuscr.)  —  16.  Guia  de  forasteros  en  las  filippinas, 
paro  el  ano  1858.  Manila.  —  17.  Balanza  mercantil  de  la  venia  de  Aduanas.  1854 
bis    1855.    Manila. 


*)    Diese    sowie    die    spater    aufgezählten    Crania    wurden    in    Gemeinschaft    mit   Herrn    Dr.    E, 
Schwarz    erworben. 

**)  Die  meisten  dieser  für  die  Zwecke  der  kaiserlicheu  Expedition  erworbene  Bücher  und 
ethnographischen  Gegenstände  wurden,  insol'erne  sie  vorläufig  der  Gefertigte  nicht  weiter  zu  seinen 
Studien  und  Arbeiten  bedurfte,  in  fünf  Kisten  wohl  verpackt  am  28.  Mai  1838  Herrn  Consul  A. 
Fräser  (Firma  Maclaine  Watson  et.  Comp.)  in  Batavia  zur  Weiterbeförderung  an  die  kaiserl. 
Academie  der  Wissenschaften  in  Wien  übergeben. 
***)    Musa   textilis  der  Botaniker. 


418  Ür.  Karl  Schmer. 

o.  Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Manila  in  der  Verfolgung  seiner  wissen- 
schaftlichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

M.  Giraudier,  Redacteiir  des  Boletin  ofieial.  -  II.  W..  Wood,  Geolog.  — - 
.1.  S.  Steffan,  Bremer  Consul.  —  P.  Fray  Joaquin  Konseca,  Dominicaner.  — 
Üoctor   Fu  Nerton. 

111.   Hongkong  (Aufenthalt  vom   ö.  bis    17.   Juli) 

A.  Aufsätze. 

1.  Ein  Beitrug'  zur  Ethnographie  China's.  —  2.  Vocabularium  des  Hakka-Dialektes, 
wie  derselbe  in  der  Provinz  Kong-si  und  in  verschiedenen  Kreisen  der  Provinz  Kong- 
tung  gesprochen  wird.  —  3.  Heil  wissenschaftliehe  Notizen,  gesammelt  während  einer 
Reise  um  die  Erde.  VI.  Hongkong.  —  4.  Ueber  verschiedene  chinesische  Nutz-  und 
Nahrungs-Ptlanzen,    mit    Rücksicht   auf   deren    Verpflanzung    nach    Oesterreich. 

B.  Erworbene  Gegenstände. 

1.  Chinese  and  English  Dictionary,  containing  all  the  words  in  the  Chinese 
Imperial  Dictionarj.  Arranged  according  to  the  radicals  by  W.  H.  Medhurst,  Missio- 
nary.  Parapattan  1842.  —  2.  Vocabulary  of  the  Canton  Dialect,.  by  R.  Morrison, 
D.  D.  Part  I.  English  and  Chinese.  Macao.  China  1828.  -  -  3.  A  Grammar  of  the 
Chinese    Colloquial    Language,    commonly    called    the    Mandarin    Dialect.    Shanghae     1857. 

—  4.  The  beginners  first  book,  or  Vocabulary  of  the  Canton  Dialect.  By  the  Rd. 
J.  T.  Devan.  Revised,  corrected,  enlarged  and  toned  by  the  Rd.  W.  Lobscheid. 
Hongkong  1858.  —  5.  Systenia  Phoneticum  scripturae  sinicae.  Auetore  J.  M.  Gallery, 
missionario  apostolico  in  Sinis.  Macao  1841.  2.  vol.  —  6.  Dictionary  of  the  Favorlang 
dialect  of  the  formosan  language  by  Gilbertus  Happart,  written  in  1650.  Brinted  ai 
Parapattan  1840.  —  7.  Translation  of  a  eomparative  vocabulary  of  the  Chinese,  Corean 
and  Japanese  languages,  to  which  is  added  the  thousand  character  classic  in  Chinese 
and  Corean.  etc.  by  Phi  lo-Sineusis  *).  --  8.  San-Kokf  Tsou-Ran-To-Sets,  ou  Apercu 
general  des  3  Royaumes.  Traduit  de  1'orginal  Japonais-chinois  par  W.  J.  Klaproth. 
Paris  1832.  —  9.  The  Chinese  and  their  Rebellion,  viewed  in  connection  with  their 
national  philosophy,  ethics,  legislation  and  administration.  With  an  Essai  on  civilisation 
by   Thom.    Taylor   Meadows,    Chinese    Interpreter    in    H.  M.  Civil   Service.  London  1856. 

—  10.  China,  its  state  and  prospect,  with  especial  reference  to  the  spread  of  the 
gospel,  containing  allusions  to  the  antiquity,  extent,  population,  civilisation,  litterature 
and  religion  of  the  Chinese.  By  W.  H.  Medhurst.  London  1838.  —  11.  Chinese 
Miscellany,  designed  to  illustrate  the  Government  Philosophy,  Religion,  arts  manufac- 
tures,  trade,  manners,  customs,  history  and  statistics  of  China.  Shanghai  1849.  —  12. 
Books  of  the  Thae-Ping-Wang  dynasty  and  trip  of  the  Heimes  to  Nanking,  also  visit 
of  Dr.  Cb.  Taylor  to  Chin-Koang.  Shanghae  1853.  —  13.  The  Chinese.  A  General 
description  of  the  Empire  of  China  and  its  inhabitants,  by  John  Francis  Esq.  F.  R.  S. 
Lond.  1836.  2  vols.  —  14.  La  China,  par  J.  F.  Davis,  ancien  President  de  la  com- 
pagnie  des  Indes  en  China,  traduit  de  Tanglais  par  A.  Pichard;  revu  et  augmente 
d'un    appendice    par    Bazin    aine,    de    la    Societe    asiatique    ä    Paris.    Paris    1837.    2    vol. 

—  15.  A  Journey  Through  the  Chinese  Empire.  By  W.  Huc.  2  vols.  N.  York  1855. 
—  16.  Bladen  over  Japan,  verzameld  door  J.  H.  Levyssohn,  etc.  s'  Gravenhage 
1852.  —  17.  Treaty  of  Whangia,  the  act  of  August  11*.  1848.  and  decres  and  noti- 
tications  issued  for  the  guidance  of  consular  courts  of  the  U.  S.  of  America  in  China. 
Canton  1856.  —  18.  Desultory  notes  on  the  Government  and  People  of  China  and  on 
te  Chinese  language,  by  T.  T.  Meadows.  London  1847.  —  19.  An  aecount  of  the 
eultivation  and  manufacture  of  tea  in  China,  by  Sam.  Ball,  late  Inspector  of  teas  to 
the  H.  United  East  India  Company  1848.  —  20.  The  Canton  Chinese,  or  the  Ameri- 
can sojurn  in  the  Celestial  Empire  by  0.  Teffany.  Boston  1849.  —  21.  India,  China 
and  Japan,  by  Bayard  Taylor.  N.  York  1855.  —  22.  Geographisches  Werk  in  chine- 
sischer Sprache.  —  23.  Anatomisches  Werk  in  chinesischer  Sprache.  —  24.  Esops 
fables,  written  in  Chinese  by  the  learned  Mun-Mooy-Seen-Shang,  and  compiled 
in  their  present  form  with  a  free  and  literal  translation  by  bis  pupil  Sloth.  Canton 
1840.  —  25.  Numismatisches  Werk  in  chinesischer  Sprache.  —  26.  Chinese  Bepository. 
Canton     1838.    —    27.    Asiatic    Journal    and    Monthly    Miscellany.     1844.    —    28.     Canton 


*)    Unter    diesem    Pseiidonaineu   schrieb    bekanntlich    der    Missionär    Gütztaff. 


Das  zweite  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.   Fregatte  Novara,  419 

Miscellany.  1831.  —  29.  A  deseription  of  islands  in  the  western  Pacific  Ocean,  North 
and  South  of  the  Equator  together  with  their  productions,  manners  and  costums  of 
the  natives,  etc.  'London  1852.  —  30.  Ein  Widder  von  Bronze,  aus  einer  Pagode  in 
Canton.  —  31.  Tabaksdose  aus  Jade-Stein,  während  der  jüngsten  Belagerung  von 
Canton  im  December  1857  von  einem  englischen  Soldaten  erobert.  —  32.  Lotosblume 
aus  Holz  geschnitzt,  aus  Canton.  —  33.  Silbermünzen  aus  Cochinchina.  —  34.  Sechs 
Crania    von    Eingebornen   aus    verschiedenen    Provinzen    China's.*) 

C.  Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Hongkong  in  der  Verfolgung  seiner  wis- 
senschaftlichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

B.  W.  Lob  scheid,  Missionär  und  Schul-Inspector.  —  Ph.  Winnes,  Missionär 
der  Baseler  Missions-Gesellschaft.  —  A.  G.  Wiener,  k.  k.  österr.  Consul.  —  Gustav 
0 verbeck,    k.    preuss.    Vice-Consul, 


IV.  Shanghae  (Aufenthalt    vom    27.    Juli    bis    14.    August.) 

A.  Aufsätze. 

1.  Ueber  den  Handel  mit  China.  —  2.  Heilwissenschaftliehe  Notizen,  gesammelt 
während  einer  Heise  um  die  Erde.  VII.  Shanghae.  -  -  3.  Vocabulariurn  des  Shanghae- 
Dialectes.  —  4.  The  first  Austrian  Expedition  of  Circumnavigation  and  its  scientific 
aspeets  —  Vortrag,  gehalten  in  einer  ausserordentlichen  Versammlung  der  literarisch- 
wissenschaftlichen  Gesellschaft  von  Shanghae,  auf  Aufforderung  des  Präsideuten  und 
mehrerer    Mitglieder    derselben. 

B.  Erworbene  Gegenstände, 

I.  Tonic  Dictionary  of  the  Chinese  language  by  S  Wells  Williams.  Canton 
1856.  —  2.  Discoveries  in  Chinese,  or  the  Symbolism  of  the  primitive  characters  of 
the  Chinese  System  of  writing,  etc.  by  Stephens  Pearl  Andrews.  N.  York  1854.  — 
3.  Ancient  China,  the  Shoo-King  or  the  historical  classic,  being  the  most  ancient 
authentic  record  of  the  annals  of  the  Chinese  Empire.  Translaleu  by  W,  H.  Med- 
hurst.  Shanghai  1846.  -  4.  Chinese  Miscellany.  By  Dr.  W.  H.  Medhurst.  Shanghai 
1849,  Nr.  1 — 4.  —  5.  Journal  of  the  Shanghae  Literary  and  scientific  society.  June 
1858.  —  6.  A  residence  amöng  the  Chinese,  inland,  on  the  coast  and  at  sea.  By  H. 
Fortune.  London  1857.  —  7.  Physiology  and  Anatoiny,  translated  into  Chinese,  by 
Dr.  B.  Hob  so  n.  Canton  1856.  —  8.  Shanghae  Almanack  and  Miscellany  for  1854 
bis  1858.  —  9.  New  tea  table;  schowing  the  cost  of  tea  with  all  charges;  as  bought 
by  the  pieul,  compiled  by  P.  Loureiro.  Shanghai  1857.  —  10.  Statistische  Tabelle 
über  den  Thee-  und  Seidenhandel  China's,  in  den  Jahren  1854 — 1858.  —  11.  Imperial 
Edict  confering  honour  on  General  Changkwn-liang  and  his  ancestors.  —  12.  Ein 
Plakat  der  Bebellen  (Thae-Ping-Wang).   —   13.    Eine  Nummer    der  Peking-Staats-Zeitung. 

—  14.    Das    neue   Testament   in    chinesischer    Sprache,    übersetzt    von    Dr.    E.    W.    Syle. 

—  15.  Das  neue  Testament  in  chinesischer  Sprache,  übersetzt  von  Bd.  E.  C.  Bridg- 
man.  —  16.  Eleventh  Annual  Beport  on  the  Hospital  at  Shanghae  1857.  —  17.  Frü- 
here chinesische  Banknoten.  —  18.  Zwei  Crania  von  Eingebornen  aus  Canton.  — 
19.  Sämereien  verschiedener  Nutzpflanzen  Chinas.  Darunter  Sorghum sacharatum  und  zwei  neue 
Salat-Arten.  —  20.  Mehrere  chinesische  Heilmittel,  darunter  Gynseng.  —  21.  Proben  von 
sogenanntem  grünen  Indigo  {Bhamus  sp.),  Li-lu-shoo  der  Chinesen,  vert  chinois  der  Fran- 
zosen, green  clye  der  Engländer.  —  22.  Proben  von  chinesischer  Baumwolle  (Gossypium 
herbaceum.)   —  23.  Wachsinsect-Strauch   (Fraxinus  sp.)   nebst  dem  Insect  (Coco  ckinensis.) 

—  24.  Gewebe  der  Eingebornen  der  Insel  Formosa.  —  25.  Kopf  einer  lebensgrossen 
Statue    aus    der   berühmten    neunstöekigen    Pagode  (Hwa-tah)  in  Canton. 


**)  Diese  sämmtlichen  Bücher  und  ethnographischen  Gegenstände  wurden,  insoferne  sie  der 
Gefertigte  vorläufig  nicht  mehr  zu  seinen  Arbeiten  benöthigte.  theils  in  einer  besondern  Kiste, 
theils  der  botanischen  Sendung  des  Herrn  Dr.  Schwarz  (Kiste  Nr.  38)  beigepackt,  am  16.  Juli 
1858  Herrn  Consul  A.  G.  Wiener  (Firma  Lindsay  et.  Comp.)  in  Hongkong  zur  Weiterbeför- 
derung   an    die   kaiserl.   Academie    der   Wissenschaften    übergeben. 


420  Di-  Kail  Scherzer. 

C.  Personell,    welche  sich  dem  Gefertigten   in  Shanghae    in   der  Verfolgung  seiner 
wissenschaftlichen  Zwecke   besonders  hilfreich  and  nützlich  erwiesen  haben. 

B.  Dr.  E.  C.  Bridgman.  —  B.  E.  W.  Syle.  —  Dr.  Benjamin  Hobson.  — 
M.  Dr.  B.  W.  Bfuirhead.  —  C.  de  Montigni,  k.  franz.  General-Consul.  —  I.  A.  T.  Mea* 
dows,  Regierungs-Dolmetscher.  —  W.  Well  Williams.  — D.  B.  Robertson,  königl. 
grossbr.   Consul.  — -    James  Hogg,    Consul    für    die    Hansestädte. 

V.  Pouynipet.  (Carolinen-Archipel.   Aufenthalt  18.  September.) 

A.  Aufsätze. 

1.  Die  Insel  Pouynipet  im  Archipel  der  Karolinen,  und  ihre  Bewohner.  —  2.  Vo- 
cabularium  der  Sprache    der   Einwohner   von    Pouynipet.  *) 

B.  Erworbene  Gegenstände. 

Fischangeln  aus  Muscheln,  Tätowir-Instrumente,  Farbestoffe,  Lendengürtel  aus  Pal- 
menblättern, Armbänder  u.  s.   w. 

VI.  Sikayana  (Stewarts-Gruppe.  Aufenthalt  17.  October.) 

A.  Aufsätze. 

1.  Ein  Tag  auf  der  Koralleninsel  Sykaiana.  —  2.  Vocabularium  der  Sprache  der 
Eingebornen  von  Sikajana. 

B.  Erworbene  Gegenstände. 

Acht  Stücke  verschiedener  ethnographischer  Gegenstände,  bestehend  in  Fischangeln  aus 
Muscheln  und  Holz,  Schamgürtel,  Instrumente  zum  Canoe-Aushöhlen ,  Fächer,  Armbän- 
der  u.  s.  w.   der   Bewohner  v.  Sikayana. 

VII.  Sydney  (Australien.  Aufenthalt  vom  6.  December  bis  7.  December.) 

A,  Aufsätze. 

1.  Untersuchung  über  den  Einfluss  der  Deportations-Systeme  auf  die  Entwick- 
lung der  Colonie  New-Soutb-Wales  in  Australien.  —  2.  Zur  Geschichte  der  deutschen 
Auswanderung  nach  Australien.  —  3.  Handelspolitische  und  nationalökonomische  Noti- 
zen über  die  britische  Colonie  New-South- Wales.  —  4.  Weitere  Mittheilungen  über  das 
chinesische  Zuckerrohr  {Sorghum  saccharatum)  mit  Bezug  auf  dessen  Cultur  in  Aus- 
tralien und  Neuseeland.  —  5.  Ethnographisches  aus  Australien.  — ■  6.  Vocabularium 
des  Hlawarra-Dialektes.  gesprochen  von  den  Urbewohnern  im  südöstlichen  Theile  Aus- 
traliens. —  7.  Ueber  Körpermessungen  als  Behelf  zur  Diagnostik  der  Menschenracen, 
Entwurf  eines  Systems,  welches  den,  während  der  Beise  der  kaiserl.  österr.  Fregatte 
„Novara"  um  die  Erde  an  Individuen  verschiedener  Racen  angestellten  Messungen  zu 
Grunde  gelegt  wurde.  —  8.  On  Measurements  as  diagnostic  means  for  distinguishing 
the  human  races.  A  systematic  plan ,  established  and  investigated  for  the  purpose  of 
taking  measurements  on  individuals  of  different  races  during  the  voyaye  of  H.  1.  R.  M's 
fregate  Novara  round  the  world.  Diese  beiden  letzten  Aufsätze  (sowohl  das  Original 
wie  die  englische  UebersetzungJ  wurden  vom  Gefertigten  gemeinsam  mit  Herrn  Dr. 
E.Schwarz    ausgearbeitet. 

B.  Erworbene  Gegenstände. 

1.  An  Australian  Grammar,  Comprehendig  the  principles  and  nutural  rules  of 
the  language  as  spoken  by  the  Aborigines  in  the  vicinity  of  Hunter  river ,  Lake 
Macquarie  etc.,  by  L.  E.  Threlkeld.  Sydney  1834.  — 2.  An  Australian  spelling-book 
etc.,  by  L.  E.  Threlkeld.  Sydney  1836.  —  3.  A  vocabulary  of  the  dialects  of 
South-Western  Australia,  by  Capitain  George  Grey,  Governor  of  N.  S.  Wales.  1841. 
—  4.    A    key   to    the    strueture     of  the    aboriginal    language     spoken     by    the    aborigines 


*)  Diese  sämmtlichen  Bücher,  sowie  die  ethnographischen  und  sonstigen  Gegenstände  wurden, 
insoferne  sie  der  Gefertigte  vorläufig  nicht  weiter  zu  seinen  Studien  und  Arbeiten  benötbigte,  am 
15.  August  1858  wohl  verpackt  Herrn  Consul  James  Hogg  (Firma  Lindsay  et.  Comp.)  in  Shanghai 
zur    'Weiterbeförderung    an   die  kaiserl.  Academie  der  Wissenschaften  übergeben. 


Das  zweite  Jahr  der  Erdumsegelung  Sr,   M,   Fregatte  Novara.  421 

in  the  vicinity  of  Hunter  river,  Lake  Macquarie  etc.:  together  with  Comparisons  of 
Polynesian  and  other  dialeets;  by  L.  E.  Threlkeld.  Sydney  1850.  —  5.  Vocabulary 
of  dialeets  of  aboriginal  tribes  of  Tasmania,  by  J.  Meligan  F.  L.  S.  —  6.  Vocabu- 
larium der  Sprache  der  Eingebornen  der  Yap-Insel  (Carolinien-Archipel.)  —  7.  Voca- 
bularium  der  Sprache  der  Eingebornen  der  Pelew-Inseln.  —  8.  Vocabularium  der  Sprache 
der  Eingebornen  der  Eddystone-Inseln  (Neu-Georgien.)  —  9.  Vocabularium  der  Sprache 
der    Eingebornen  der  neuen  Hebriden  (Vocati-Insel,  Steward's    Insel  und  Howe's    Gruppe.) 

—  10.  Vocabularium  der  Sprache  der  Eingebornen  der  Loyalitäts-Inseln  (Lifü  und 
Nea.)  —  11.  Official  Report  and  Gazetteer  of  Central  Polynesia,  by  Charles  St.  Julian 
His  Hawaiian  Majesty's  Commissioner  and  political  and  commercial  Agent,  to  the 
independent  States  and  triebes  of  Polynesia  and  Consul  General  for  New-South-Wales 
and  Tosmania.  Sydney  1857.  —  12.  Narrative  of  an  expedition  under  the  direction  of 
the  late  Assistant  Surveyor  E.  B.  Kennedy  Esq.  for  the  exploration  of  the  country 
lying  between  Rockingham  Bay  and  Cape  York,  By  \V.  Caron  one  of  the  Survivors 
of  this  Epedition.  Sydney  1849.  —  13.  Berichte  über  die  bisherigen  Expeditionen 
zur  Durchforschung  des  Landes  (Exploring-Expeditions)  von  W.  Stuart  und  A.  C. 
Gregory  so  wie  über  die  zur  Aufsuchung  der  Dr.  Leichhardt  ausgesandte  Expe- 
dition. September  1858.  —  14.  Catalogue  of  the  natural  and  industrial  produets  of 
N.  S.  Wales,  exibited  in  the  Australian  Museum,  by  the  Paris  Exhibition  Comissioners. 
Sydney  1854.  —  15.  Statistics  of  N.  S.  Wales  from  1847—1853.  —  16.  Statistics 
of  N.  S.  Wales  from  1848—1857.  --  17.  Census  of  the  Colony  of  New-South-Wales 
taken    on    the  1.    of  March    1856    under   the   act   of  Council  —  19.  Vict.    Nr.    5.    Sydney 

1857.  —  18.    First   and    Second  anual  Report   from   the   Register    General.    Sydney    1858. 

—  19.  Report  of  the  Postmaster  General  on  the  Postoffice.  Sydney  1857.  —  20.  Laws 
and    regulations  relative    to  the  waste    lands    in  the    Colony    of   New-South-Wales.   Sydney 

1858.  —  21.  Erplanatory  observations  on  the  Immigration  Remittance  Regulations 
compiled  by  the  agent  for  Immigration  for  general  information.  Sydney  1858.  — 
22.  Second  Report  to  the  Hble.  the  Secretary  for  funds  and  public  works  on  the  internal 
Communications  of  N  S.  Wales.  Sydney  1858.  —  23.  Memorandum  of  His  Exe.  the 
Governor  General,  respecting  a  System  of  secondary  punishment.  Sydney  Mai  1857.  — 
24.  Report  from  the  select  Committee  of  the  Legislative  Council,  appointed  on  the  26th 
of  May  1858,  to  inquire  into  the  present  system  of  German  Immigration  into  this 
Colony.  Sydney  1858.  —  25.  Regulations  for  the  management  of  the  Gold  fields. 
Sydney  1858.  —  26.  Australian  Almanack  1857 — 58.  —  27.  Sydney  Magazine  of  Science 
and  Art.  Vol.  I.  1858.  —  28.  Freedom  and  independence  for  the  golden  lands  of 
Australia.  London  1852.  By  Rd.  J.  D.  Lang.  -^  29.  The  Statistical  Register  of  Vic- 
toria,   from    the    foundation    of  the    Colony.    By.    W.    H.    Archec,    Melbourne    1854.    — 

30.  Zwei    Crania    der    Eingebornen    von    Brisbane     river    (Moreton-Bai,    Australien.)     — 

31.  Zwei  Crania  der  Eingebornen  der  Catham-Inseln  (Neuseeland.)  32.  Sechsundacht- 
zig Stücke  diverse  ethnographische  Gegenstände,  von  denen  40  Stück  Geschenke  des 
australischen  Museums  in  Sydney  sind,  während  46  Stücke  für  die  kaiserliche  Expe- 
dition  angekauft    wurden1.) 

c.  Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Sydney  in  der  Verfolgung  seiner  wissen- 
schaftlichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

Seine  Excellenz  Sir  William  Denison,  Gouverneur  von  New-South-Wales.  — 
Dr.  George  Bennett,  Directionsmitglied  des  australischen  Museums.  —  Rd.  L.  G. 
Threlkeld.  —  Edward  S.  Hill.  —  Charles  Moore,  Director  des  botanischen  Gar- 
tens.   —   Wilhelm    Kirchner,    k.    preuss.  Consul. 

VIII.  Auckland  (Neuseeland.  Aufent.  v.  23.  Dec.  1858  bis  8.  Jan.  1859.) 

a.  Aufsätze. 

1.  Ueber  den  socialen  Fortschritt  bei  den  Antipoden.  —  2.  Das  Volk  der  Maori's. 
Ein  Beitrag  zur  Etnographie  von  Neuseeland.  —  3.  Vocabularium  der  Sprache  der  Urbe- 
wohner   Neuseelands. 


*)  Diese  sämmtlichen  Bücher  und  ethnographischen  Gegenstände  wurden,  insoferne  der  Ge- 
fertigte dieselben  vorläufig  nicht  weiter  zu  seinen  Arbeiten  benöthigte,  am  6.  December  1858  dem 
Herrn  Consul  Kirchner  (Firma  Wilhelm  Kirchner  et.  Comp.)  in  Sydney  zur  Weiterbeförderung  an 
das  k.  k.  Marine-Commando  in  Triest  übergeben. 


422  Di    Karl  Scherzt  r. 


B.  Erworbene  Gegenstände. 

1.  Papers  relative  lo  tlie  aft*airs  of  New-Zealand.  Presented  to  botli  Houses  of 
Parlament,  by  command  of  Her  Majesty.  April  10.  1854.  London.  —  2.  Statistics  of 
New-Zealand.  for  18.S3— 57,  compiled  from  offieial  doeuments.  Aukland  1858  —  3.  Sta- 
tistics of  New-Zealand,  for  1857,  Auckland  1858.  —4.  The  New-Zealand  Constitution  Act, 
together  with  correspondences  between  the  Secretary  of  State  for  the  Colonies  and 
the  Governor  in  Chief  of  New-Zealand,    in    explorations   thereof.  Wellington,    N.  Z.    1853. 

—  5.  Auckland  Waste-Land-Act,  1858.  An  act  to  regulate  the  sale,  letting,  disposal  and 
occupation  of  waste  lands  of  the  Crown  within  the  province  of  Auckland.  —  6.  The  laws 
of  England,  compiled  and  transTated  into  the  Maori  language,  by  diretion  of  His  Exe. 
Col.  Th.  Gore  Browne,  Governor  of  New-Zealand  1858.  —  7.  The  Southern  distriets 
of  New-Zealand  A  Journal  with  passing  notices  of  the  customs  of  the  Ahorigines.  By 
Edward  Shorthland  London  1851.  —8  The  New-Zealand  settlers  guide.  A  sketch 
of  the  present  state  of  the  6  Provinccs  with  a  digest  of  the  Constitution  and  land  regu- 
lations  and  2.  maps.  By  T.  B.  Cooper,  Capt.  58.  Beg.  London  1857.  —  9.  New- 
Zealand  Emigrants.    Bradshaw,   or  Guide  to  the  Britain  of  the    South    New-Zealand.    1858. 

—  10.  A  dictionary  of  the  New-Zealand  language,  and  a  concise  grammar,  to  which 
is    added   a  selection    of  colloquial    sentences.    By    W.    Williams  D.  C.  L.London   1852. 

—  11.  Proverbial  and  populär  savings  of  the  Ancestors  of  the  New-Zealand  race.  By 
Sir  George  Grey,  K.  C.  B.  etc.  Capetown  1857.  —  12.  The  first  step  to  Maori  Con- 
versation,  being  a  collection  of  some  of  the  most  useful  nouns,  adjectives  and  verbs, 
with  a  series  of  useful  phrases  and  elementar}'  sentences  ete.  By  H.  Tacy  Kemp, 
Native  Secretary.  Wellington  1848.  —  13.  Maori  Superstitions.  A  lecture  by  J.  White. 
Auckland  1856.  -  -  14.  Ko  Nga  Mahinga  a  nga  Tapuna  Maori  He  Mea  Kohikohi  mai 
(Mythology  and  traditions  of  the  New-Zealanders),  by  Sir  George  Grey,  late  Gover- 
nor in  Chief  of  the  New-Zealand  islands.  London  1854.  —  15.  A  leaf  from  the  Natu- 
ral history  of  New-Zealand  or  ar  a  vocubulary  of  its  different  productions  etc.  with 
fheir  native  Names.  By  Bichard  Taylor.  Wellington  1848.  —  16.  He  Pukapuka  Wha- 
kaako  ki  te  reopukeha    (Lehrbüchlein    zur  Erlernung    der   Maori-Sprache.)    Auckland   1847. 

—  17.  Auszug  aus  der  Kirchengeschichte  in  der  Maori-Sprache.  Auckland  1849.  — 
18.    Katechismus    der    anglikanischen    Hochkirche    in    der   Maori-Sprache.    Auckland    1849. 

—  19.  Das  neue  Testament  in  der  Maori-Sprache.  Auckland  1852.  —  20.  Geograph}' 
for  the  use  ofchildren  in  New-Zealand.  Auckland  1850.  Englisch  und  Maori.)  —  21.  Bobin- 
son  Crusoe,  in  the  New-Zealand  language.  Wellington.  1832.  —  22.  The  renowned 
Chief  Kaviti  and  other  New  Zealand   warriors.  By    Charles    0.    B.    Davis.  Auckland   1855. 

—  23.  Gesänge  in  der  Sprache  der  Eingebornen  von  Neuseeland.  —  24.  18th  General 
Beport  of  the  Emigration-Commissioners,  1858.  Presented  to  both  Houses  of  Parlament 
by  Command  of  Her  Maj.  London  1858.  —  25.  Sechs  Crania  von  Eingebornen  von 
Neuseeland  (aus  den  Höhlen  in  der  Umgegend  von  Auckland)  *).  —  26.  Verschiedene 
ethnographische    Gegenstände  von    Neuseeland    und    den    Fidschi-Inseln. 

O.  Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Auckland  in  der  Verfolgung  seiner  wissen- 
schaftlichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

Seine  Excellenz  Colonel  Thomas  Gore  Browne.  K.  B.  Governor  in  Chief  of 
New-Zealand.  —  Archdeacon  G.  A.  Kissling.  —  Bd.  G.  A.  Purchas,  clergyman  at 
Onehunga.  —Thomas   H.    Smith.    Native    Department    Office.   —   Dr.    Knight,    *F.  L.  S. 

—  Bd.  H.  H.  Turton,  Governor  and  Cbaplain  at  Three  kings  Native  College.  —  Char- 
les Heaphy,  Provincial  Surveyor.  —  Bd.  J.  C.  Patters  on,  St.  Johns  College.  — Dr. 
C.  F.  Fischer,    homöopatischer    Arzt. 

IX.  Papeete  (Aufenthalt  vom  10.  bis  28.  Februar.) 

1.  Tahiti  unter  französischem  Protectorate.  (Notizen  über  den  dermaligen  poli- 
tischen   und  socialen    Zustand    dieser   Insel.) 


*)  Diese  sämmtlichen  Bücher  uud  ethnographischen  Gegenstände  wurden,  insoferne  sie  der  Ge- 
fertigte vorläufig  nicht  weiter  zu  seinen  Arbeiten  benöthigt,  in  einer  Kiste  wohl  verpackt,  am  7.  Jan. 
1859  an  Herrn  J.  J.  Montefiore  (Firma  Brown  and  Campbell)  in  Auckland  zur  Weiterbeförderung 
an  die  kaiserliehe  Academie  der  Wissenschaften  in  Wien  übergeben  und  sollten  Anfangs  Februar  mit 
dem  Schifte  „Horwood".  Capt.  Forsyth,  nach  London  abgehen. 


Das  zweite  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  Novara.  423 

2.  \  /  von  Tahiti. 

3.  /  Vocabularium  \  der  Paomotu-Inseln. 

4.  I  ,      0         ,  /  der  Samoa-Inseln.                                           „ 
t,  >  der  spräche               <  ,  ,,,                 T       . 

5.  /  r  \  der  Marquesas-lnseln 

6.  \  dei'  Eingebornen  i     von  Neu-Caledonien. 

7.  )  \     der  Isle  of  Pine  (Neu-Caledonien). 

8.  Das  Gesetzbuch  der  Tonga-Insulaner.  Ein  Beitrag  zur  Entwicklungsgeschichte 
der   Völker  Polynesiens. 

1.  Lois  revisees  dans  l'assemblee  des  legislateurs  au  mois  de  Mars  de  l'annee 
1848,  pour  la  conduite  de  tous,  sous  le  gouvernement  du  Protectorat  dans  le  terres 
de  la  Societe.  Papecte  1848.  —  2.  Annuaire  de  Tahiti  pour  l'annee  1858.  —  3.  Annu- 
aire  de  Tahiti  pour  l'annee  1859.  —  4.  Etudes  sur  quelques  vegetaux  de  Tahiti.  Par 
M.  Cuzent  Gilbert,  pharmacien  de  'a  Marine  etc.  Tahiti  1857.  (Herrn  Dr.  Schwarz 
übergeben.)  —  5.  Bibel  und  Hymnen.  Büchlein  in  tahitischer  Sprache.  —  6.  Tahitian 
and  Englisch  dictionary  with  introductory  remarks  on  the  Polynesian  language  and  a 
short  grammnr  of  the  Tahitian  dialect.  Tahiti,  Printed  at  the  London  Missionary  Society 
Press.  1851.  —  7.  Beport  of  the  London  Missionary  Society  1857.  —  8.  Notes  sur 
differentes  questions  communiquees  par  M.  Adam  Kulczycki,  directeur  des  affaires 
indigenes  ä  Tahiti.  9.  Answers  to  questions,  by  Bd.  William  Howe  of  the  London 
Missionary  Society.  —  10.  Te  Akatak  :i  Beo  Barotonga,  or  fiarotoga  and  Englisch  Gram- 
mar,    by  the  Bd.  Baron    Buzakott,    of  the    London    Missionary    Society.    Barotonga  1854. 

—  11.  Essai  de  grammaire  de  la  langue  des  isles  Marquises,  par  un  pretre  de  la 
societe  de  Picpus,  Missionaire  aux  isles  Marquises.  Valparaiso  1857.  —  12.  Petit  dicti- 
onnaire  Francais-Marquesien,  par  le  Dr.  Deplanche.  Nukahiwa  1838.  —  13.  Croquis 
des  principales  iles  de  l'archipel  des  Marquises,  par  D.  E.  Grand.  —  14.  Ein  Cra- 
nium    von     der     Insel    Tahiti.     —     15.    Zwei    Crania     von    Nukahiwa    (Marquesas-lnseln.) 

—  16.  Ein  Cranium  von  der  Insel  Bligh  (Paomotu-Gruppe.)  —  17.  Zwei  Crania  aus 
Port  de  France  (Neu-Caledonien.)  —  18.  Verschiedene  etnographische  Gegenstände  von 
den  Eingebornen  von  Tahiti  und  den  Fidschi-Inseln.  —  19.  Ein  Flacon  mit  einer  kry- 
stallinischen  Substanz,  von  einem  auf  Tahiti  ansässigen  deutschen  Chemiker  Namens 
Nöllenberger  aus  der  Kawa-Wurzel  (Piper Methysticitm)  extrahirt  und  von  demselben 
„Kawin"  genannt,  deren  dynamische  Eigenschaften  noch  zu  untersuchen  sind.  (Herrn  D  r. 
E.    Schwarz    übergeben.) 

Personen,  welche  sich  dem  Gefertigten  in  Papecte  in  der  Verfolgung  seiner  wissenschaft- 
lichen Zwecke  besonders  hilfreich  und  nützlich  erwiesen  haben. 

Adam  Kulczycki,  Director  der  Angelegenheiten  der  Eingebornen.  —  Bd.  Wil- 
liam Howe,  von  der  Londoner  Missionsgesellschaft.  — Dr.  Nadeaud,  Arzt  und  Bota- 
niker.   —    Dr.    Emile    Grand.    —    Dr.    E.    Deplanche. 

X.  Valparaiso  (Aufenthalt  vom  17.  bis  29.  April  incl.) 

Da  der  Aufenthalt  der  k.  k.  Fregatte  „Novara"  in  Valparaiso  in  das 
dritte  Novara-Jahr  hinüberreicht,  und  die,  während  desselben  von  mir 
gesammelten  Materialien  noch  nicht  geordnet  und  bearbeitet  werden  konn- 
ten, so  muss  ich  alle  ausführlicheren  Mittheilungen  über  Valparaiso  und 
Santiago  de  Chile  auf  den  Schlussbericht  verschieben.  Noch  erlaube  ich 
mir  zu  bemerken,  dass  mein  werther  Reisecollege  Herr  Dr.  Schwarz 
und  ich  im  Laufe  des  zweiten  Novara-Jahres  in  den  von  der  kaiserlichen 
Expedition  besuchten  Orten  an  90  Urbewohnern  verschiedener  Racen  zu- 
sammen gegen  7000  einzelne  Körpermessungen  nach  unserem  bereits  er- 
wähnten   Systeme    vorgenommen    haben. 

Und  so  schliesse  ich  diesen  zweiten  Jahresbericht  mit  dem  beruhi- 
genden Gefühle  auch  in  der  eben  abgelaufenen  Zeitperiode  aufrichtig  be- 
müht gewesen  zu  sein,  um  gleichfalls  von  meinem  Standpunkte  die  ed- 
len Intentionen  dieses  herrlichen  Unternehmens  verwirklichen  zu  helfen 
und  in  der  beseligenden  Hoffnung,  dass  mir  Gott  die  Gnade  verleihen 
möge,  meine  schwachen  aber  redlichen  Kräfte  der  Novara-Expedition  bis 
ans    Ende    ungestört    widmen    zu    können. 

Mittheilungen  der  k.  k.   geographischen   Gesellschaft  III.  Bd.  3.  Hell..  ^ 


424 


Dr.  Karl  Scherzer. 


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Das  drille  und  letzte  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  Novara.  425 

xvm. 

Das  3.  und  letzte  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  „Novara." 

Vom   30.   April   bis   26.   August   1859. 

Von  Dr.  Karl  Scherzer. 

Mitgetheilt  in  der  Versammlung  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft    am   18.  October  1859. 

Mein  letzter  Jahresbericht  endete  mit  unserer  Ankunft  in  Valparaiso, 
im  April  d.  J. ;  die  Nachrichten,  welche  wir  daselbst  über  die  bedrohli- 
chen politischen  Zustände  in  Europa  vorfanden,  veranlassten,  wie  bekannt, 
den  Befehlshaber  der  kaiserl.  Expedition  alle  weitern  Pläne  aufzugeben, 
und  direkt  die  Heimreise  anzutreten.  Am  11.  Mai  segelte  die  „Novara" 
bereits  von  Valparaiso  nach  Gibraltar,  wo  sie  nach  einer  ungewöhnlich 
raschen  Fahrt  von  82  Segeltagen  am  1.  August  d.  J.  in  den  Frühstun- 
den  vor  Anker  ging.  Da  es  mir  im  Interesse  der  Expedition  erwünscht 
schien,  die  Rückreise  nach  Europa  über  den  Isthmus  von  Panama  anzu- 
treten, um  auf  diese  Weise  noch  einen  grossen  Theil  der  Westküste  Süd- 
amerikas durch  persönliche  Anschauung  kennen  zu  lernen,  und  an  den 
berührten  Punkten  wissenschaftliche  Verbindungen  anzuknüpfen,  so  erbat 
ich  mir  vom  Commodore  v.  W üllersdorf  hierzu  mit  dem  Beifügen  die 
Erlaubniss,  dass  ich  meine  Reise  derart  einrichten  würde,  -um,  so  weit 
es  möglich,  gleichzeitig  mit  der  Fregatte  in  Gibraltar  einzutreffen,  und 
daher  bloss  während  der  einförmigen,  für  ethnografische  und  statistische 
Forschungen  völlig  unfruchtbaren  Ueberfahrt  nach  Europa  von  der  Expe- 
dition   getrennt    zu    sein. 

Ich  verliess  am  15.  Mai  Valparaiso  und  besuchte  nacheinander  die 
Hafenplätze  Coquimbo,  Caldera  in  Chili,  Cobija  in  der  Republick  Bolivien, 
dann  Iquique,  Arica,  Port  d'Islay,  Chala,  Piseo,  die  Guano  -  Inseln ,  und 
Callav  in  Peru,  von  welch  letzterem  Hufen  aus  ich  mittelst  Eisenbahn 
nach  dem  nur  6  engl.  Meilen  davon  entfernten  Lima  fuhr,  und  daselbst 
19    Tage,    nämlich    bis   zum    Abgang    des    nächsten    Dampfers    verweilte. 

Ich  wurde  in  der  einstigen  Hauptstadt  der  spanischen  Vice-Könige 
vom  Hamburger  Konsul,  Hrn.  W.  Brauns,  (Chef  des  engl.  Hauses  Huth,  Grü- 
ning  et  Comp.)  sowie  vom  nordanierikanischen  Ministerresidenten  Herrn 
J.  B.  Clay  auf  das  Zuvorkommendste  und  herzlichste  empfangen  und  hatte 
das  Vergnügen,  eine  Anzahl  werthvoller  Beziehungen  daselbst  anzuknüpfen, 
Während  meines  Aufenthaltes  besuchte  ich  die  noch  so  wenig  bekannten 
Buinenstätten  von  Casanarguilla,  und  Pachacamäe,  über  welche  ich,  sowie 
über  die  daselbst  versuchten  Ausgrabungen  in  einer  besondern  Abhand- 
lung   berichten    werde. 

Am  12.  Juni  setzte  ich  meine  Reise  mit  dem  Postdampfer  nach 
Huanchaw ,  Lambajeque ,  Payta ,  Toboga  und  Panama  fort  ,  wo  ich  am 
21.  Juni  eintraf,  und  bereits  am  darauffolgenden  Tage  auf  einem  vortreff- 
lichen Schienenwege  den  nur  47 i/i  engl.  Meilen  breiten  Isthmus  pasirte, 
um  mich  in  Aspinwall  (auch  Colon)  auf  dem  regelmässig  verkehrenden  kön. 
engl.    Postdampfer    nach    St.    Thomas    einzuschiffen. 

Auf  dieser  namentlich  auch  für  den  deutschen  Handel  so  wichtigen 
dänischen  Insel,  wo  ich  mich  bereits  im  Winter  1856  auf  der  Rückkehr 
aus  Centralamerika  mehrere  Tage  aufgehalten  hatte,  warte  ich  den  Ab- 
gang  der   „Royal  Mait"  ab,  welche  mich  mit    meinem  schweren    Herzenskargo 

C* 


426  Dr  Karl  Scherzer. 

von  Befürchtungen,  Hoffnungen  und  Sehnsucht  nach  Europa  bringen  sollte. 
Die  Reihe  traf  gerade  das  prachtvoll  eingerichtete,  bequeme  Dampfschiff 
„Magdalena*  (Capt.  Abott),  das  am  1.  Juli  Abends  mit  163  Passagieren 
nach  Southampton  abfuhr.  In  der  Regel  wird  diese,  3622  Seemeilen  be- 
tragende Entfernung  in  13  bis  15  Tagen  zurückgelegt.  Wir  brauchten  dazu 
19  Tage,  und  mussten  noch  überdiess  in  Falmouth  einlaufen,  um  Kohlen 
einzunehmen,  da  unser  Vorrath,  bei  überraschend  grossem  Verbrauch  von 
70  Tonnen  pr.  Tag  nicht  mehr  genügte,  um  den  Zielpunkt  unserer 
Fahrt  zu  erreichen,  obschon  wir  beim  Auslaufen  aus  St.  Thomas  über 
1200  Tonnen  am  Bord  hatten.  Der  Pilot,  welcher  in  der  Nähe  von  Fal- 
mouth an  Bord  kam,  war  der  erste  Bote,  der  mir  die  Kunde  vom  Frie- 
den von  Villafranca  brachte,  meine  Reisekollegen  auf  der  ,,Novara"  erhielten 
diese  Nachricht  erst  bei  ihrer  Ankunft  in  Gibraltar,  am  82.  Tage  nach 
ihrer    Abfahrt    von    Valparaiso.   — 

Am  19.  Juni  endlich  kam  ich  in  Southampton  und  am  Abend  des- 
selben Tages  in  London  an.  wo  ich  die  Zeit  bis  zum  Abgang  des  näch- 
sten Dampfers  nach  Gibraltar  eifrig  dazu  benützte ,  um  ältere  Bekannt- 
schaften zu  erneuern,  neue  zu  knüpfen,  sowie  die  Zwecke  der  Novara- 
Expedition   im    Allgemeinen    nach    Möglichkeit    zu    fördern. 

Am  27.  Juli  verliess  ich  wieder  London  und  Southampton,  und  er- 
reichte am  1.  August  in  den  Frühstunden  Gibraltar,  wo  ich  durch  eine 
wahrlich  ans  Wunderbare  grenzende  Fügung  fast  im  nämlichen  Momente 
als  die  „Novara*  eintraf,  von  welcher  ich  82  Tage  lang  ohne  alle  Nach- 
richten   war. 

In  Gibraltar  lagen  wir  weitere  Befehle  erwartend  sechs  Tage  lang 
vor  Anker.  Endlich  am  7.  August  kam  das  sehnsuchtsvoll  erwartete  Te- 
legramm, und  nun  gings  wieder  unter  Segel,  aber  diessmal  in  der  frohen 
Zuversicht  in  Messiua  einen  Dampfer  zu  treffen .  welcher  uns  bis  nach 
Triest    remorquiren    sollte. 

Am  18.  August  nahm  uns  der  Dampfer  „Lucia,"  (derselbe,  der  uns 
im  April  1857  bei  der  Abreise  bis  ausserhalb  der  Strasse  von  Messina 
das  Geleite  gab),  ins  Schlepptau  und  brachte  uns  binnen  wenigen  Tagen 
nach  Gravosa,  wo  uns  die  Allen  unvergessliche  Auszeichnung  zu  Theil 
wurde,  von  Sr.  kais.  Hoheit  dem  Herrn  Erzherzog  Ferdinand  Maxi- 
milian auf  das  huldvollste  und  theilnehmendste  empfangen  zu  werden. 
Es  war  tief  ergreifend,  das  lebhafteste  ungeschwächte  Interesse  wahrzu- 
nehmen, welches  Sr.  kais.  Hoheit  trotz  den  Stürmen  der  Zeit  diesem  wis- 
senschaftlichen Unternehmen  zuwendete,  mit  welcher  Liebe  der  kaiserliche 
Prinz    an    dem    Gelingen    der    Expedition    hing. 

Am  2o.  August  kamen  wir  in  Pola  an,  wo  uns  bereits  eine  ganze 
Escadre  österreichischer  Kriegsschiffe  erwartete,  mit  tausend  Hurrahs  der 
Matrosen  von  den  Wänden  aus  empfing  und  am  darauffolgenden  Morgen 
uns    das    Ehrengeleite    bis    nach    Triest  gab. 

Am  26.  August  bald  nach  Mittag  ankerten  wir  in  der  Bucht  von 
Mugia,  nachdem  die  „Novara"  früher  noch  die  Auszeichnung  genoss,  vom 
Castell  des  Schlosses  Sr.  kais.  Höh.  des  Herrn  Erzherzogs  Marine-Ober- 
kommandanten begrüsst  zu  werden.  Auch  ein  Lloyd -Dampfer  mit  den 
höchsten  Autoritäten  der  Stadt  Triest  und  einigen  befreundeten  Seelen 
am  Bord  war  uns  entgegen  gefahren,  und  kaum  hatte  die  „Novara"  Anker 
geworfen,  als  sie  auch  bereits  von  zahllosen,  mit  Honoratioren,  Freunden, 
Verwandten    und   Neugierigen    gefüllten    Booten    umschwärmt    wurde,    welche 


Das  dritte  und  letzte  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  Novara.  427 

alle    in    der    Begrüssung    der    beneideten   Weltfahrer    die  Ersten  sein  wollten. 

Die  Novara-Expedition  war  nun  zu  Ende.  Sie  währte  2  Jahre  3  M. 
und  26  Tage.  Von  dieser  Zeit  wurden  298  Tage  auf  dem  Lande  und 
552  Tage  unter  Segel  zugebracht.  Im  Ganzen  ankerte  die  kais.  Fregatte 
in  25  verschiedenen  Hafenplätzen  und  legte  im  Laufe  der  Weltfahrt 
51.686   Seemeilen    zurück. 

Ob  die  erste  Expedition  eines  österreichischen  Kriegsschiffes  um  die 
Erde  den  gehegten  Erwartungen  entsprochen,  ob  sie  ihre  Aufgabe  erkannt, 
davon  mögen  die  mitgebrachten  naturhistorischen  Sammlungen  sowie  die 
Arbeiten  des  Befehlshabers  und  der  Mitglieder  der  wissenschaftlichen 
Commission  Zeugniss  geben,  welche  durch  die  Munificenz  der  kaiserlichen 
Begierung  in  möglichst  kurzer  Zeit  der  Oeffentlichkeit  übergeben  werden 
sollen.  Mir  aber  sei  noch  gestattet,  in  diesem  Schlussbericht  über  den 
genussreichsten  und  glücklichsten  Abschnitt  meines  Lebens  der  hochver- 
ehrten Versammlung  jene  Worte  ins  Gedächtniss  zu  rufen,  mit  welchen 
ich  meinen  letzten  Vortrag  in  der  k.  k.  geographischen  Gesellschaft  im 
April  1857,  am  Abend  vor  meiner  Abreise  nach  Triest  über  die  wissen- 
schaftlichen Aussichten  der  Novara-Expedition  zu  schliessen  mir  erlaubte: 

„Wer,  befangen  durch  die  Begeisterung,  mit  der  er  selbst  au  einem 
speziellen  Studium  hängt,  das  Gelingen  des  ganzen  Unternehmens  von  der 
grössern  oder  geringern  Befriedigung  seines  persönlichen  Wünsche  ab- 
hängig machte,  wer,  ohne  Berücksichtigung  der  eigenthümlichen  Verhält- 
nisse, unter  denen  die  Expedition  unternommen,  eine  ihrer  Hauptaufgaben 
darin  zu  finden  wähnt ,  dass  sie  sich  Untersuchungen  und  Forschungen 
hingibt,  welche  nur  durch  längeren  Aufenthalt  an  einem  Orte  von  wah- 
rem Erfolge  für  die  Wissenschaft  gekrönt  sein  können,  dem  werden 
vielleicht  die  einstigen  Besultate  der  wissenschaftlichen  Commission,  welche 
die  „Novara"  auf  ihrer  Weltreise  begleiten  zu  dürfen  das  Glück  geniesst, 
nur    wenig    beachtenswerth    erscheinen. u 

^,Wer  hingegen  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  kaiserlichen 
Expedition  darin  erblickt,  durch  eine  grossartige  Uebungsfahrt  für  unsre 
junge  raschaufblüheude  Kriegsmarine  tüchtige  Kräfte  heranzubilden,  dabei 
allgemeine  wissenschaftliche  Studien  zu  machen  und  Sammlungen,  nament- 
lich von  solchen  naturhistorischen  Gegenständen  zu  versuchen,  deren  Er- 
werbung aus  Bücksichten  der  Kostspieligkeit  oder  des  schwierigen  Trans- 
portes dem  einzeln  stehenden  Naturforscher  fast  unmöglich  ist,  ferner 
Correspondenzen  und  Tauschverkehr  mit  den  wissenschaftlichen  Instituten 
in  den  verschiedenen  berühmten  Seestädten  einzuleiten,  vorteilhafte  Han- 
delsverträge mit  fremden  Völkern  vorzubereiten  und  Handelsunternehmun- 
gen anzubahnen,  dem  dürften  die  einstmaligen  Besultate  der  Novara-Expe- 
dition   vielleicht    einige   Befriedigung    gewähren!" 

Schliesslich  erlaube  ich  mir  noch  wie  in  meinen  frühern  Jahresbe- 
richten ein  Verzeichniss  der  sämmtlichen,  im  Laufe  des  3.  Jahresabschnit- 
tes der  Novara-Expedition  über  die  besuchten  Länder  und  ihre  Bewohner 
verfassten  Aufsätze  sowie  eine  Namensliste  derjenigen  Gelehrten  und 
Freunde  der  Wissenschaft  beizufügen,  welche  sich  mir  in  meiner  Eigen- 
schaft als  Mitglied  der  Novara-Expedition  besonders  hilfreich  und  nützlich 
erwiesen    haben. 

1.  Valparaiso  (Aufenthalt  vom  17.  April  bis  15.  Mai.) 

Ä.  Aufsätze.  1.  Mittheilungen  über  den  Volksstamm  der  Araucanos,  nebst  Sprach, 
proben.    —  2.   die    handelspolitischen   Verhältnisse    der   Republick    Chili. 


428  Dr.  Karl  Schmer. 

B.  Personen,  welche  sich  mir  besonders  nützlich  erwiesen.  Herr  j.  f.  Flem- 
mich,  österr.  General-Consul.  —  Herr  Dr.  Th.  Aquino  Itiorl.  —  Herr  Carl  Eggert, 
Präsident  des  deutschen  Clubbs.  —  Herr  W.  William  Lloyd,  Haupt-Ingenieur  der  chili- 
sehen  Staats-Eisenbahn    —    Herr    Carl    F.    Dodt,    Sekretär  beim    österr.    General-Consul. 

—  Contre-Admiral  B.  L.  Baynes,  Befehlshaber  der  britischen  Seemacht  im  pacifi- 
sehen  Ocean.  Der  besondern  Giile  und  Zuvorkommenheit  des  Herrn  F  lern  mich,  und 
des  Herrn  Dr.  Ried  verdanke  ich  ausserdem  eine  grosse  Anzahl  werthvoller  Druckschriften 
und     mehrere    Skelefschädcl     chilenischer     uud    bolivianischer    Indianer. 

II*  Caldera  (Hauptausfuhrort  chilenischer  Kupfer-    und  Silbererze.) 
Personen,   welche  sich  daselbst  dem  Gefertigten  besonders  dienstfertig  erwiesen. 

AV.    .1.    .Murray,      britischer     Consul.  \V      .1     Thomas,     Geschäftsleiter     der 

Copiapo  Schmelzwerke  (copiapo  metting   works.) 

111.  Cobija   (einziger  Seehafen   Boliviens   an  der   Westküste.) 
Personen,  welche  sich  daselbst  dem  Gefertigten  besonders  dienstfertig  erwiesen. 

W.   Jonassen,    Kaufmann    und    Kupfer-Minenbesitzer. 

■V.    Cerica  (Peru.) 

Personen,  welche  sich  daselbst  dem  Gefertigten  besonders  dienstfertig  erwiesen. 
W.  Colman,  Kaufmann  und  Consul  für  Chili.  —  Dr.  Middendorf,  Arzt.  —  W.  George 
Taylor,    Agent   der   Dampfschifffahrts-Gesellschaft. 

V.   Port  d'Isley 

W.  Wilthew,   kön.    britisch.    Consul. 

VI.  Guano  oder  Cliineha-Iuseln. 

Dr.    Franke,    Arzt.    —    W.    Schröder,    Kaufmann. 

VII.  Callao. 

W.  Georgs    Petrie,    Man.    of  the   Pacific    Straui    Narigat   Company. 

VIII.  Lima. 

A.  Aufsätze.  1.  Bericht  über  meinen  Aufenthalt  in  Lima.  —  2.  Die  Colonie  einge- 
wanderter Tyroler  am  Pozuzuflusse.  —  3.  Notizen  über  die  Coeapflanzen  (Erytlie.otylon 
Goca.)  —  4.  Notizen  über  die  Guanolager  und  ihre  inuthmassliche  Dauer.  —  5.  Mittheilungen 
über  die  gegenwärtige    Ausbeute    der  Chinarinde  in  Peru,  Bolivia    und  Ecuador. 

Personen,  welche  sich  daselbst  dem  Gefertigten  besonders  dienstfertig  erwiesen. 
John  Bandolph  Clay,  ausserordentlicher  Gesandte  und  Bevollmächtigter  Minister  der 
vereinigten  Staaten  von  Nord-Arnierika  in  Peru.  —  AVilhelm  Brauns,  Hamburger  Con- 
sul (Chef  des  Hauses  Huth,  Grüning  und  Comp.) —  Carl  Eggert;  von  der  Firma  W. 
Gibbs    et  Comp.   — Julius    Pflücker,   Kaufmann.    — Dr.    A.  Smith,     praktischer    Arzt. 

—  Padre  Francisco  de  Paula  G.  Vigil,  Bibliothekar  der  National-Bibliotlnk.  —  Simon 
Iregoyen,  Direktor  des  National-Maseums.  --  Dr.  Cajetano  Herred  iä,  Bector  der 
Universität.  —  Johann  Georg  Braun,  Professor  der  Physik  an  der  Escuola  Normal  Cen- 
trale. —  Mariano  Felipe  Paz  Soldan,  Architekt.  Dr  Jose  Domingo  Espinar,  Arzt.  — 
Theodor  Müller,    Kaufmann. 

Auch  von  Lima  bringe  ich  eine  grosse  Anzahl  werthvoller  statistischer  Daten,  Bü- 
cher und  einige  Skeletschädel  mit,  welche  ich  grösstenteils  der  grossen  Zuvorkommen- 
heit und  Dienstfertigkeit    der    genannten    Herrn  verdanke. 

IX.  San    Jose   de    Lamhajeqtie  (Peru.) 

Francisco  Xav.   Odiaga,  Deputirter  der  Stadt  Chata  in  Departement  von  Cajamarca. 

—  Anton   Wegner. 

X.   Payta. 

\V.  Alexander  Blacker,   britischer  Consul ,  Chef  des  Hauses    Higginson  et.  Comp. 

XI.  Taboga.    Insel. 
W.     Jemiessen,      Ingenieur    der     Pacific    Ocean     Stramnavigation-Company. 


Das  dritte  und  letzte  Jahr  der  Erdumsegelung  S.  M.  Fregatte  Novara. 


429 


Consul 


Vll.    Panama. 

W.  Charles  J.  Bidwel  I,  kön.  britisch.  Consul.  —  Theodor  de  Sabla,  nordamerik. 
Consul.  — -  John  Power,  Herausgeber  des  Panama  Star  and  Herald  —  Dr.  Jos.  Kratoch- 
wi II,  prakt.   Arzt  und  Pharmaeeut.  —  Dr.  Lebret on. 

XIII.   Aspinwall  (Colon.) 
A.  J.    Center,    Superintendent   der   Panama-Eisenbahn.     —    W.    Cowan,    britisch. 

XIV.  St    Thomas. 

August  Schlager,  Chef  des  Hauses  Grüner  et  Comp.  —  W.  H.  Paulsen,  Kauf- 
mann. —  A.  H.  Riise  Apotheker  und  Naturforscher.  —  W.  Canteron,  Superintendent 
der  Royal    Mail    S.  Paket  Company. 

XV.  Motitliamptoii. 

Mess.   Dunlop,   Schoales,  Comp. 

Ich  habe  absichtlich  ein  ziemlich  ausführliches  Verzeichniss  der  Per- 
sönlichkeiten gegeben,  welche  mir  während  meiner  Ueberlandreise  nach 
Europa  in  den  verschiedenen  berührten  Punkten  von  Nutzen  waren,  weil 
es  einerseits  von  der  allgemeinen  warmen  Theilnabme  an  der  ersten  Ex- 
pedition eines  Kriegsschiffes  einer  deutschen  Grossmacht  Zeugniss  gibt, 
andererseits  späteren  Reisenden  nach  den  erwähnten  Gegenden  dienen 
kann,  welche  von  den  genannten  Freunden  der  Wissenschaft  gewiss  die 
freundlichste  Aufnahme  erwarten  dürfen.  Meine  Ueberlandreise  betrug  im 
Ganzen  von  Valparaiso  bis  Gibraltar  8832  Seemeilen,  und  wurde  die  frei- 
willigen Aufenthalte  abgerechnet,  in  29  Tagen  zurückgelegt,  die  Fahrt  der 
„Novara"   betrug   10.660  Seemeilen,    die    in    82    Tagen   zurückgelegt   wurde. 


Novara-Kalender. 

Vom  30.  April  bis  26.  August  1859. 


Von 

I)  a  t  u  in. 

Station. 

Segel- 
tage 

Anker- 
tage 

Directe 
Distanz 

Mittagspkt. 

bis   zu 

Mittagspkt. 

gesegelt. 

30.  April  b.  11.  Mai 

Aufenthalt  in  Valparaiso 

— 

11 

— 

— 

11.  Mai    „      1.  Aug. 

Von  Valparaiso  n.  Gibraltar 

82 

— 

8000 

10-660 

7.  Aug.  „     20.     „ 

„     Gibraltar     „  Ragusa 

13 

3 

1410 

i368 

23.      „     „     25.     „ 

„    Ragusa        „  Pola 

2 

1 

240 

234 

25.      „     „     26.     „ 

„     Pola             „  Tri  est 

1 

-=- 

60 

44 

Zusammen    Tage  .... 

98 

21 

9710 

12-306 

Durchschnittlich  zurückgelegte  Distanz  12557   Seemeilen    per   Segeltage. 


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G  Ostereichische  Geographische 

Gesellschaft 
047 
Bd. 3  Mitteilungen.