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MITTHEILUNGEN
KAISERLICH-KÖNIGLICHEN
GEOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT.
III. JAHRGANG 1859.
REDIGIRT
FRANZ FOETTERLE,
K- K. BKRGRATI1 ERSTEM SECRETAR »ER K. K. GEOGRAPHISCHEN GESEI.LSVHAKT
WIEN, 1859.
DRUCK VON M. AÜER.
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INHALT
des dritten Bandes.
Seite
Statuten der k. k. geographischen Gesellschaft V
Geschäftsordnung der k. k. geographischen Gesellschaft VII
Verzeichniss der Mitglieder der k. k. geographischen Gesellschaft X
Berichte über die Versammlungen der k. k. geographischen Gesellschaft.
Jahresversammlung am 9. November 1858.
Fürst von Salm H. Jahresbericht 1
Foetterle F. Rechenschaftsbericht 10
Verzeichniss der verschiedenen fnstitute, Gesellschaften etc.j mit welchen die k. k.
geographische Gesellschaft in Schriftentausch getreten ist (3
Kintzl L. Antrag des Danke6 an den Präsidenten 17
Wahl von Functionären 17
Wahl von neuen Mitgliedern . ^ . *\^ 18
Foetterle F. Vorlage erhaltener Geschenke von Hrn\pToyikar M. Kirchner
in Chartum und von Hrn. Freiherrn von Hiet^inger 18
Fr-ankl Dr. L. A. Vorlage mehrerer seiner Werke und des Gedichtes „an die
hingeschiedene Freundin I<ia Pfeiffer" . . . .\ 18
Matkovich P. Einsendung der topographischen Karte des Gebietes St. Michel
di Lemmo in lstrien 18
Versammlung am 23. November 1858.
Czoernig K. Freih. v. Eröffnung der Versammlung 18
Wahl von neuen Mitgliedern 18
Schmidt Dr. J. Ueber die Metallbarometer 19
Schmidt Dr. J. Ueber den grossen Do na tischen Kometen 19
H eifert A. Freih. v. Ueber den Mangel eines allgemeinen topographischen Le-
xikons von Oesterreich 20
Hauer F. v. Vorlage des Werkes: Reports of Exploration^ and Surveys to ascer-
tain the most practicable and economical rötete for a reilroad from
the Missisippi river lo the Pacißc Ocean, made linder the Direction
of the Secretary of War in 1853 — 1854 21
Foetterle F. Vorlage von 100 Aquarell-Ansichten aus dem Thal der Rienz und
Boite und dem Drauthale von Hrn. k. k. Rath und Professor Th. Ender. 25
Eingegangene Druckschriften 27
Versammlung am 7. Dezember 1858.
Czoernig K. zeigt den Verlust mehrerer Mitglieder durch den Tod an . . 27
Wahl neuer Mitglieder 28
Foetterle F. Vorlage des Werkes: „das mineralogische Lexikon für das Kaiser-
thum Oesterreich von V. Ritter von Zepharovich" 28
Foetterle F. Vorlage von A. St ein hau s er's Zusammenstellung über: Organi-
sation und Fortschritt der militärisch- kartographischen Arbeiten in
Oesterreich 28
Foetterle F. Vorlage einer Reihe landschaftlicher Ansichten des obern Save-
Thales vom Hrn. k. k. Rath und Prof. Th. Ender 28
Eingegangene Druckschriften 28
Versammlung am 21. Dezember 1858.
Wahl neuer Mitglieder 29
Foetterle F. Vorlage zweier gezeichneter Kartenwerke der Republik Venedig von
Christoforo Sorte 29
I
II
Seite
Guggenberger M. „lieber eine practische bequeme geographische Maasseinheit
als genauer Theilwerth der geographischen Meile 31
Ruthner Dr. A. v. Vorlage von Aquarell-Landschaften aus Salzburg und Tyrol
von Hrn. k. k. Rath und Prof. Tu. Ender 34
Eingegangene Druckschriften 35
Versammlung am 4. Jänner 1859.
Foetterle F. Mittheilung über den Tod zweier Mitglieder 36
Foetterle F. Vorlage der Werke: „der milit. Maria Theresien-Orden" von J. Hir-
tenfeld und „les saints lieuxu von Mislin 36
Foetterle F. Bericht über die November-Sitzung der kais. russisch. -geogr. Gesellschaft 36
Ha i din ger W. Vorlage von : „Lettre*, sur la Turquie par M. P. de Tchihatchef" 36
H ai d in ger W. Vorlage von Prof. Dr. F. Locher's „Allgemeiner Erdkunde" . 37
Haidinger V\\ Mittheilungen aus einem Schreiben von S. R. Murchison. . 38
Guggenberger M. Schilderung des Leopoldsteiner See's 38
Foetterle F. Vorlage einer grossen Karte von Kleinasien 38
Foetterle F. Vorlage von landschaftlichen Aquarell-Darstellungen aus den süd-
lichen Alpengegenden von Hrn. k. k. Rath und Prof. Th. Ender 39
Eingegangene Druckschriften 39
Versammlung am 18. Jänner 1859.
Wahl neuer Mitglieder 41
Foetterle F. Vorlage eingegangener Druckschriften 41
Foetterle F. Vorlage von K. v. Sonklar*s Mittheilung: „Ueber einige Höhen-
messungen der Gebrüder A. und H. S chlagi n t weit" 41
Haidinger W. Mittheilung von Nachrichten von der „Novara" 41
Haidinger W. Vorlage mehrerer von Hrn. E. R. Straznicky erhaltener
Zeitungsblätter 42
Boleslawsky G. v. Vorlage ethnograph scher Gegenstände aus Egypten, Nubien
und Sudan 43
Kornhuber Dr. G. A. Ueber das Moor „Schur" 43
Foetterle F. Mittheilung über seine Reise nach dem Orient 44
Eingegangene Druckschriften 44
Versammlung am 1. Februar 1859.
Wahl eines neuen Mitgliedes 45
Foetterle F.Vorlage des Werkes: „Reisen in Central-Afrika" v. Dr. H. Barth 45
Haidinger W. Nachricht über M. v. Riedwald's Allgm. Zeitg f. Wissenschaft 45
Becker Dr. M. Vorlage der von dem k. k. Ministerium für Cultus und Unter-
richt eingeführten Lehrbücher für Volksschulen . . . : 46
Foetterle F. Mittheilung über seine Reise nach dem Orient 46
Eingegangene Druckschritten 46
Versammlung am 15. "Februar 1S59.
Wahl neuer Mitglieder 47
Foetterle F. Mittheilung über seine Reise nach dem Orient 47
Stäche Dr. G. Darstellung der geologisch-geographischen Beschaffenheit der Tschit- 47
scherei in Istrien 47
Eingegangene Druckschriften 48
Versammlung am 1. März 1859.
Wahl eines neuen Mitgliedes 49
Streffleur V. Ueber die Configuration des Terrains innerhalb des Weichbildes
von Wien 49
Zhishman Dr. Jos. Ueber den Zug Alarich's nach Griechenland, dem Pelopones
und Epirus 50
Stur D. Nachtrag zu den Mittheilungen und Untersuchungen über das Erdbeben
zu Sillein am 15. Jänner 1858 von Hrn. Joseph Kiemen s ... 51
Lorenz Dr. J. Ueber die Versumpfungen in den oberen Flussthälern der Salzach,
Enns und Mur 55
Eingegangene Druckschriften 57
Versammlung am 22. März 1859.
Foetterle F. Mittheilung über den Tod zweier Mitglieder 58
Wahl neuer Mitglieder 58
III
Seite
Becker Dr. M. Ueber die topographischen Verhältnisse im Umkreis des Oetscher 59
Foetterle F. Vorlage sämmtlicher Manuscripte Dr. W. Helfer's über Hinter-Indien 59
Foetterle F. Vorlage der „Land- und Seekarte des mittelländischen Meeres nebst
den angrenzenden Ländern von Dr. Henry Lange" 59
Foetterle F. Vorlage des Werkes Dr. Bö'ttgers: „Das Mittelmeer." 59
Foetterle F. Mittheilung über Don Mazza's Institut in Verona 59
Foetterle F. Mittheilung über die wissenschaftliche Reise des Herrn Dr. Th.
Kotschy nach dem Taurus und Kurdistan 60
Eingegangene Druckschriften 60
Versammlung am 5. April 1859.
Wahl neuer Mitglieder 62
Haidinger W. Mitteilung von Nachrichten von den Novara-Reisenden ... 62
Müller Dr. Fr. Mittheilungen über eine Reise nach Grodno 69
Zhishman Dr. J. Alarichs Zug nach Italien 69
Eingegangene Druckschriften 70
Versammlung am 3. Mai J859.
Wahl eines neuen Mitgliedes 71
Foetterle F. Mittheilung des Verlustes durch den Tod der korrespondirenden
Mitglieder P. von Sick, und 0. Sendtner 72
Foetterle F. Vorlage der Abhandlung „Höhenmessungen im nordöstlichen Un-
garn" von Fr. Ritter v. Hauer 72
Foetterle F. Vorlage der Mittheilung „über die Quellen des liburnischen Kar-
stes und der vorliegenden Inseln" von Dr. J. R. Lorenz . . . . 72
Haidinger W. Vorlage der Abhandlung: „Das Delta des Nil von Cap. Spratt 72
Wolf H. Die Strassen- Fluss- und Eisenbahnnivellements im Honther und Neo-
grader-Comitate in Ungarn 73
Steinhauser A. Vorlage von Kartenwerken über Bayern 73
Versammlung am 17. Mai 1859.
Andrian Frh. v. Vorlage mehrerer Berichte an das engl. Parlament 76
Foetterle F. Ueber die Teraingestaltung des nordwestlichen ungarischen Gebirgs-
landes 77
Ruthner Dr. A. v. Uebergang aus dem Oetzthal in das Pitzthal 7 7
Eingegangene Druckschriften 77
Versammlung am 7. Juni 1859.
Wahl neuer Mitglieder 78
Foetterle F. Die Publication der h. Mechitaristen-Congregation auf S. Lazaro 78
Foetterle F. Die hydrographischen Verhältnisse des Kreises: Unter dem Wiener-
Wald 78
Ruthner Dr. A. v. Uebergang -von dem Oetzthal in das Pitzthal 78
Foetterle F. Bericht des Herrn J. M. Ziegler über den Vorgang der topo-
graphischen Arbeiten in der Schweiz, über 'Munzingers Reisen in
Afrika / 79
Versammlung am 18. Ocktober 1859.
Genehmigung der erfolgten Uebergabe einer Medaille an die Equipage der k. k.
Fregatte „Novara" 86
Foetterle F. Einladung zur Subscription von Beiträgen für die A. v. Hum-
boldt-Stiftung 87
Wahl neuer Mitglieder 87
Foetterle F. Vorlage der Karten der beiden Hemisphären von Dr. C. Vogel
in Leipzig 87
Haidinger W. Schreiben von Dr. D. Livingstone aus Tette am Zambesi-FIusse 87
Haidinger W. Schreiben des Hrn. Dr. R. Ave- Lalle mant 89
Haidi nger W. Bericht über die neuesten von Hrn. Dr. F. Hochstetter von
Auckland und Nelson erhaltenen Nachrichten 91
Haidinger W. Ueber Dr. F. Liharzik's Werk „das Gesetz des menschlichen
Wachsthums 94
Frauenfeld G. Notizen zur Kenntniss über die Insel Neu-Amsterdam .... 94
Haidinger W. Das dritte und letzte Jahr der Erdumseglung der k. k. Fregatte
„Novara" von Dr. K. Scherz er 94
1*
IV
Seite
Foetterle F. Vorlage zweier Mittheilungen des Hrn. Prof. L. H. Jeitteles
in Kaschau 95
Foetterle F. Notiz über die Planina-Grotte von Dr. E. H. Costa 97
Eingegangene Druckschriften 97
Abhandlungen.
I, Fligely A. v. Organisation und Fortschritt der militär- kartographischen
Arbeiten in Oesterreich 1
II. Scherzer Dr. K. und Schwarz Dr. E. Lieber Körpermessungen . . 11
III. Matkovich P. Topographische Karte des Gebietes St. Michel di Lemmo
in Istrien .... 32
IV. Schmidt J. F. Ueber den Reichenauer-Berg in Mähren 38
V. Barth Dr. W. Versuch einer Erklärung der verhältrrissmä<sig höhern Tem-
peratur an den Polen der Erde aus dem Verhältniss zwischen Sonne
und Erde 44
VI. Sonklar K. v. Ueber einige Höhenmessungen der Gebrüder A. und H.
S c h 1 a g i n t w e i t 58
VII. Pechmann E. Die geographische Breite von Insbruck 65
VIII. Hauer F. Ritter v. „Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn* ... 71
IX. Lorenz Dr. J. R. Die Quellen des liburnischen Karstes und der vor-
liegenden Inseln 103
X. Steinhauser A. Die älteste und neueste topographische Karte von Baiern 108
XL Wolf H. Strassen-, Fluss-, und Eisenbahn-Nivellements im Honther- und
Neograder-Comitate Ungarns 120
XII. Ruthner Dr. A. v. Uebergang aus dem Oetzthal in das Pitzthal über
den Hocbvernagt- und Sechsegertenferner 130
XIII. Dr. F. Müller. Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in den Bialo-
wescher-Wald und über die Auerochsen 155
XIV. Dr. J. W. Helfer's gedruckte und ungedruckte Schriften über die Te-
nasserim-Provinzen, den Mergui-Archipel und die Andamanen-Inseln 167
XV. Jeitteles L. H. Quellentemperatur-Messungen in den Sudeten und Kar-
pathen 390
XVI. Jeitteles L. H. Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen
und Sudeten in seinen Beziehungen zur Atmosphäre 397
XVII. Scherzer Dr. K. Das zweite Jahr der Erdumseglung Sr. Maj. Fregatte
„Novara" 414
XVIII. Scherzer Dr. K. Das dritte und letzte Jahr der Frdumeglung Sr Maj.
Fregatte „Novara" 425
STATUTEN
DER KAISERLICH KÖNIGLICHEM
GEOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT.
I. Zweck und Mittel.
1. Der Zweck der Gesellschaft ist, die Interessen der geographischen Wissen-
schaft in ihren verschiedenen Richtungen zu fördern.
2. Die Mittel zur Erreichung dieses Zweckes sind periodische Versammlungen,
Herausgabe von Druckschriften und Karten, Unterstützung, Zuerkennung von Preisen,
anzulegende Sammlungen von Büchern, Karten und andern zweckdienlichen Gegenständen.
3. Die Gesellschaft schöpft die Mittel zur Bestreitung ihrer Auslagen und Ver-
mehrung ihres Besitzes aus Beiträgen, welche sie erhält an Geld und andern Gegenständen.
II. Bildung und Erneuerung.
4. Die Gesellschaft besteht aus: a) ordentlichen Mitgliedern, b) ausserordentlichen
Mitgliedern, e) correspondirenden Mitgliedern und d) Ehrenmitgliedern a. im Inlande
ß im Auslande.
5. Ordentliche Mitglieder sind diejenigen, welche einen Jahresbeitrag von 5 Gul-
den C. M., oder für Lebenszeit die 12* 2fache Ausgleichungssumme per 62 fi. 30 kr. zahlen.
Ausserordentliche Mitglieder sind diejenigen, welche einen jährlichen Beitrag von
mindestens 10 fl. C. M. leisten.
6 Zur Aufnahme als ordentliches oder ausserordentliches Mitglied wird der Name
von einem Mitgliede dem Ausschusse vorgeschlagen, von diesem der nächsten Gesammt-
versammlung empfohlen und durch absolute Majorität angenommen.
7. Dieses Verfahren ist für jene Personen, welche, sich vorbehaltlich der Aller-
höchsten Genehmigung und ihrer eigenen Annahme der Statuten als eventuelle Mitglie-
der der Gesellschaft erklären, nicht mehr erforderlich.
8. Zu correspondirenden Mitgliedern werden jene Personen gewählt, welche,
ohne einen Beitrag zu leisten, die Interessen der geographischen Gesellschaft durch
ihre persönliche Thäthigkeit fördern.
9. Zu Ehrenmitgliedern a. im Inlande oder ß. im Auslande, sollen solche Per-
sonen gewählt werden, welchen die Gesellschaft für ihre ausgezeichneten Verdienste
um die Förderung der geographischen Wissenschaft eine besondere Anerkennung dar-
zubringen wünscht.
10. Sowohl die Correspundenten, wie die Ehrenmitglieder werden vom Aus-
schusse der Gesammtversammlung vorgeschlagen und mit absoluter Stimmenmehrheit
gewählt. Die Aufnahme eines Ausländers als Mitglied der Gesellschaft hat nicht ohne
Genehmigung des Ministeriums des Innern zu geschehen.
III. Rechte und Pflichten.
11. Alle Mitglieder sind verpflichtet, die Zwecke der Gesellschaft innerhalb der
durch die Statuten gezogenen Grenzen nach Kräften zu fördern; die ordentlichen und
ausserordentlichen Mitglieder überdiess auch die jährlich zu entrichenden Beiträge regel-
mässig zu zahlen. — Die VerahsJiumung der Einzahlung des Jahresbeitrages nach
Jahresfrist wird als Austrittserklärung betrachtet.
12. In den Gesammtversammlungen hat jedes anwesende Mitglied Eine Stimme.
Es hat das Recht, Anträge zu stellen, welche an den Ausschuss zu richten und schrift-
lich dem Secretär zu übergeben sind.
Die Mitglieder werden durch Druckschriften, welche sie unentgeltlich in Empfang
nehmen können, in der Kenntniss der Vorgänge erhalten. Sie benützen die Samm-
lungen nach den in der Geschäftsordnung bestimmten Normen.
IV. Geschäftsführung- und Leitung.
13. Die Geschäftsführung geschieht theils: a) in den Gesammtversammlungen
durch die versammelten Mitglieder, b) durch die von denselben gewählten Functionäre.
14. Die den Gesammtversammlung-en zur Entscheidung vorbehaltenen Geschäfte
sind: a) Wahl aller Mitglieder, b) Wahl der Functionäre, c) Annahme der Geschäfts-
VI
Ordnung, d) die Genehmigung des jährlich zu legenden Rechnungsberichtes, e) Aende-
rung der Statuten, wobei übrigens die Allerhöchste Genehmigung vorbehalten ist.
l.j. In der Regel findet jeden Monat eine Gesammtversammlung statt. Der Tag
derselben wird in der Wiener Zeitung bekannt gemacht.
16. Ausserordentliche Versammlungen können nur durch den Ausschuss bestimmt
werden, und müssen dann ebenfalls in der Wiener Zeitung bekannt gemacht werden.
17. Alle übrigen Geschäfte besorgt ein Ausschuss durch die Functionäre. Diese
bilden einen Körper, der in seiner vollständigen Zusammensetzung aus 34 Vertrauens-
männern besteht, a) Ein Präsident mit einjähriger Functionsdauer. b) Sechs Vice-Prä-
sidenten mit zweijähriger Functionsdauer und jährlicher Erneuerung der Hälfte. Nach
dem ersten Jahre bestimmt das Loos die Austretenden, c) Zwei Secretäre. d) Ein
Rechnungsführer, e) Ein Cassier, und zwar alle vier mit einer in der Geschäftsord-
nung zu bestimmenden Functionsdauer. f) Zwei Prüfungscommissäre der Jahresrechnungen
mit einmaliger Function der Prüfung, g) Einundzwanzig Ausschussmänner mit dreijäh-
riger Functionsdauer und jährlicher Erneuerung eines Drittheils. Nach dem ersten und
zweiten Jahre bestimmt das Loos die Austretenden.
18. Der Präsident und die sechs Vice-Präsidenten sind nach dem Austreten
nicht sogleich wieder zu derselben Function wählbar.
19. Der Präsident leitet die Verhandlungen in den Gesammt- und Ausschuss-
Sitzungen, welche letztere er beruft. Er gibt am Schlüsse seines Functionsjahres einen
Jahresbericht.
20. Die Vice-Präsidenten unterstützen den Präsidenten in der Geschäftsleitung
und vertreten denselben nach einem einmonatlichen Turnus.
21. Die Secretäre führen die Protokolle in den Sitzungen, besorgen die Corre-
spondenz und überwachen die Sammlungen. Einer der Secrectäre legt den im Aus-
schuss berathenen, jährlich zu legenden Rechenschaftsbericht in der Gesammtsitzung vor.
22. Der Rechnungsführer und der Cassier besorgen die Geldangelegenheiten der
Gesellschaft.
23. Sämmtliche Functionäre werden von dem Präsidenten oder von dem ihn
vertretenden Vice-Präsidenten zu Ausschuss-Sitzungen berufen, in welchen die Anwe-
senden Stimme haben.
V. Vertretung und Schlichtung von Streitigkeiten.
24. In diesen Ausschuss-Sitzungen werden sämmtliche Geschäfte der Gesellschaft
erledigt, welche nicht der Gesammt- Versammlung vorbehalten sind; die vor die letztere
kommmenden Fragen und Anträge näher erwogen und die zu fassenden Entschlüsse
vorbereitet.
25. Sowohl für die Gesammt- wie Ausschuss-Sitzungen leitet ein Secretär die Vor-
bereitungen.
26. Jede Abstimmung, sowohl in den Gesammt- wie Ausschuss-Sitzungen geschieht
nach absoluter Majorität der Stimmen.
27. Ueber jede Gesammt- und Ausschuss-Sitzung wird ein Protokoll geführt,
welches von dem jedesmaligen Vorsitzenden, dem Sekretär und einem anwesenden
Ausschussmanne gefertigt wird.
28. Die Gesellschaft wird durch den Präsidenten oder im Falle seiner Verhin-
derung durch den ihn vertretenden Vice-Präsidenten gemeinschaftlich mit einem Sekre-
tär nach aussen und den Behörden gegenüber vertreten.
29. Der Natur der Gesellschaft nach sind eigentliche Streitigkeiten nicht denkbar
— Die etwa eintretenden Verschiedenheiten der Ansichten, die sich auf die Erreichung
der gesellschaftlichen Zwecke beziehen, werden in den Ausschuss-Sitzungen vorgetragen
und in Anträge formulirt, in einer Gesainmt-Sitzung zur Entscheidung vorgelegt.
VI. Auflösung der Ciesellschaft.
30. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft, welche vorläufig zur Kenntniss der
politischen Landesstelle zu bringen ist, entscheidet die Gesammt-Sitzung über die Moda-
litäten der Auflösung, insbesondere aber über die bezüglich des Gesellschaftsvermö-
gens zu treffenden Verfügungen.
VII
GESC HAFTS-ORDNUNG
DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN
GEOGRAPHISCHEN -GESELLSCHAFT.
Der Zweck der Gesellschaft ist die Förderung der geographischen Wissenschaft
in ihren verschiedenen Richtungen und zwar durch periodische Versammlungen, Heraus-
gabe von Druckschriften und Karten, Unterstützungen, Zuerkennung von Preisen, an-
zulegende Sammlungen von Büchern. Karten und andern zweckdienlichen Gegenständen.
Die Geschäftsordnung hat daher nähere Erörterungen für alle diese Zweige, so wie
für die Geschäftsführung im Allgemeinen zu enthalten.
Die Geschäftsordnung geschieht: a) durch die Functionäre:
I. Der Präsident.
§. 1. Der Präsident führt bei allen Sitzungen den Vorsitz, eröffnet dieselben,
leitet die Verhandlungen, und schliesst sie.
§. 2. Er unterfertigt die Diplome und alle wichtigeren Akten, in welchen die
Gesellschaft als Ganzes nach Aussen und den Behörden gegenüber repräsentirt ist.
§. 3. Er beruft die Ausschuss-Sitzungen.
§. 4. Er nimmt die von dem Rechnungsführer und Kassier von drei zu drei
Monaten verfassten Rechnungsabschlüsse zur Kenntniss.
§. 5.. Er weiset specielle wissenschaftliche oder administrative Gegenstände in
vorkommenden Fällen eigenen Referenten aus der Zahl der Ausschuss- oder der übrigen
Mitglieder zu.
§. 6. Er gibt am Schlüsse seines Functionsjahres einen Jahresbericht.
§. 7. Im Verhinderungsfalle wird er durch den in der Tour stehenden Vice-
präsidenten vertreten,
11. Vice-Präsidenten.
§. 8. Die sechs Vicepräsidenten vertreten den Präsidenten in allen seinen Func-
tionen und zwar von Monat zu Monat abwechselnd in alphabetischer Reihenfolge.
111. Secretäre.
§. 9. Den beiden Secretären fallen alle die Geseilschaft betreffenden admini-
strativen Geschäfte zu, in welche sie sich theilen.
§. 10. Alle an die Gesellschaft gerichteten Zusendungen gehen an den ersten
Secretär; derselbe beantwortet alle Briefe, Anfragen und Akten im Einverständnisse
mit dem Präsidenten und legt sie nöthigenfalls berichterstattend in der Ausschuss-
sitzung vor.
§. 11. Er trägt die in den Ausschusssitzungen formulirten Anträge in den Ge-
sammtsitzungen zur Entscheidung vor.
§. 12. Er legt ferner alle eingegangenen Tausch- oder Geschenkgegenstände
in den Gesammtversammlungen, so wie die an die Gesellschaft eingesendeten wissen-
schaftlichen Aufsätze dem Ausschusse vor.
§. 13. Er führt über die für die Gesammtversammtung angemeldeten Vorträge
eine eigene Aufschreibung.
§. 14. Er unterfertigt mit dem Präsidenten alle Diplome und alle Akten, sowie
allein die minderwichtigen kurrenten, administrativen Gegenstände der Correspondenz.
§. 15. Er verfasst den am Schlüsse des Jahres zu legenden Rechenschaftsbe-
richt und legt ihn der Ausschusssitzung und der allgemeinen Versammlung vor. Dieser
Rechenschaftsbericht enthällt zugleich den Rechnungsabschluss des Jahres, sowie Vor-
anschläge.
§. 16. Er leitet im Einverständnisse mit dem Präsidenten den Druck der Ge-
sellschaftsschriften.
§. 17. Er führt über die Mitglieder ein genaues Verzeichniss.
§. 18. Er führt die Kanzlei direction.
§. 19. Er unterfertigt alle an den Kassier zur Auszahlung gerichteten Anweisungen.
§. 20. Die Function des ersten Secretärs dauert vier Jahre.
VIII
§. 21. Der zweite Secretär führt bei allen Sitzungen das Protokoll und un-
terstützt den ersten Secretär in allen seinen Geschäften.
§. 22. Er besorgt ferner die Ordnung und Aufsicht der Bibliothek und der
Sammlungen, worüber er genaue Kataloge führt.
§. 23. Er führt ferner über alle an die Gesellschaft eingegangenen Gegenstände
eine chronologische Vormerkung und eine eigene Inventarsrechnung.
§. 24. Die Function des zum ersten Mal gewählten zweiten Secretärs dauert
zwei Jahre, später ebenfalls 4 Jahre.
IV. Rechnungsführer.
§. 25. Der Rechnungsführer nimmt alle an den Verein gelangenden Gelder in
Empfang und übergibt sie dem Kassier zur Aufbewahrung, worüber ein eigenes Vor-
merkungsbuch zwischen Beiden geführt wird.
§. 26. Er übernimmt alle zur Zahlung einlangenden Contos und weiset den Be-
trag zur Auszahlung an den Kassier mittelst eigener vorgedruckten Anweisungen, die
vom Secretär mitgefertigt sind.
§. 27. Er führt über sämmtliche Einnahmen und Ausgaben eine eigene Geld-
rechnung und übergibt dem Präsidenten von drei zu drei Monaten einen vom Kas-
sier mitgefertigten Kechnungsabschluss.
§. 28. Er unterfertigt mit dem Kassier die Jahreskarten.
§. 29. Er bereitet alljährlich einen vollständigen Jahresabschluss vor und über-
gibt denselben dem ersten Secretär.
§. 30. Die Function des Rechnungsführers dauert drei Jahre.
V. Kassier.
§. 31. Der Kassier nimmt die ihm vom Rechnungsführer übergebenen Gesell-
schaftsgelder in Empfang und führt hierüber eine geuaue Aufschreibung.
§. 32. Er zahlt alle an ihn gerichteten vom Rechnungsführer und Sekretär un-
terfertigten Anweisungen aus, und verzeichnet dieselben.
§. 33. Sobald die Baarschaft Einhundert Gulden übersteigt, legt er sie frucht-
bringend an. „ •
§.- 34. Er unterzeichnet alle vom Rechnungsführer verfassten dreimonatlichen ,
und Jahresrechnungen, so wie die Jahreskarten.
VI. Prüfungs-Commissäre.
§. 35. Die Function des Kassiers dauert zwei Jahre.
§. 36. Die Prüfungs-Commissäre revidiren die vom Rechnungsführer zu legende
Jahresrechnung und die vom zweiten Secretär zu führende Inventarialrechnung am
Jahresschlüsse.
VII. Ausschussmitglieder.
§. 37. Die Ausschuss -Mitglieder haben in den Aussohuss- Sitzungen entschei-
dende Stimme.
§. 38. Sie übernehmen in vorkommenden Fällen Referate zur Erledigung,
b) durch die
Gesammt- Versammlungen.
§. 39. Den Vorsitz bei diesen fü'irt der Präsident ; ist dieser nicht anwesend, so
übernimmt der Monats-Vicepräsident, als dessen Stellvertreter den Vorsitz. Sollte der-
selbe nicht anwesend sein, oder den Vorsitz ablehnen, so folgt der nächstgereihte
Monats-Vicepräsident u. s. f.
§. 40. Sollte auch keiner der. Vicepräsidenten anwesend sein, oder den Vorsitz
ablehnen, so leitet ein im Alphabet zunächst folgendes Ausschussmitglied die Verhand-
lungen.
§. 41. Gegenstände der Gesammtsitzungen sind: die wissenschaftlichen Vorträge, die
die Gesellschaft betreffenden Mittheilungen, und die der Gesammt-Versammlung durch
die Statuten vorbehaltenen Geschäfte.
§. 42. Die Vorträge werden von den Mitgliedern der Gesellschaft gehalten.
§. 43. In besonderen Fällen ladet der Präsident oder der erste Secretär, im
Einverständnisse mit demselben, zur Abhaltung eines Vortrages auch solche Personen
ein, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft sind.
§. 44. Wer einen Vortrag zu halten beabsichtigt, wird ersucht, davon dem er-
sten Secretär schriftlich oder mündlich, wo möglich zwei Tage vor der Versammlung,
die Mittheilung zu machen.
IX
§. 45. Zrir Beschlussfähigkeit der Gesammtversammlung ist die Anwesenheit von
mindestens einundzwanzig Mitgliedern erforderlich.
Jahres- Versammlung.
§. 46. Die erste Gesanimtversamuilung im Monat November eines jeden Jahres
wird zugleich als Jahresversammlung betsaehtet, in welcher der Jahresbericht und der
Rechenschaftsbericht vorgelegt wird.
§. 47. In derselben werden die erforderlichen Wahlen der Functionäre vor-
genommen.
Ausschuss-Sitzungen.
§. 48. Zu den Ausschuss-Sitzungen werden die Functionäre besonders eingeladen.
§. 49. In denselben führt der Präsident oder der ihn vertretende Monatspräsi-
dent den Vorsitz. Die Sitzung beginnt mit der Vorlesung des Protokolls der vorher-
gegangenen Ausschuss-Sitzung.
§. 50. Gegenstände der Ausschuss-Sitzungen sin>l: die Berichte des ersten Se-
cretärs über die gefassten Beschlüsse, die wichtigsten die Gesellschaft betreffenden Ein-
laufe, und die eingegangenen Anträge.
§. 51. Zur Beschlussfähigkeit ist die Anwesenheit von mindestens sieben Func-
tionären erforderlich.
§. 52. Alle anwesenden Functionäre sind stimmfähig, bei gleicher Stimmenzahl
entscheidet der Präsident.
§. 53. Auf Verlangen eines Mitgliedes ist über den Schluss der Debatten ab-
zustimmen. Sobald der Schluss der Debatte ausgesprochen ist, hat nur noch der An-
tragsteller oder Berichterstatter das Recht zum Worte.
§. 54. Bei der Fragestellung ist ein Antrag auf Aussetzung des Beschlusses auf
eine spätere Zeit vor allen materiellen Verbesserungsvorschlägen zur Abstimmung zu
bringen. Von zwei selbstständigen Anträgen ist derjeige zuerst zur Abstimmung zu
bringen, durch dessen Annahme der andere Antrag von selbst hinwegfällt. Ausser die-
sem Falle hat der weitergehende Antrag den Vorrang vor dem andern. Im Uebrigen
gehen Verbesser'ings-Vorschläge den Hauptanträgen vor.
Herausgabe von Druckschriften.
§. 55. Die Gesellschaft veröffentlicht Druckschriften, deren Ausdehnung von den
vorhandenen Geldmitteln abhängt.
§. 56. Diese sollen enthalten: a) die Sitzungsberichte über die Gesammtsitzun=
gen der Gesellschaft, b) Abhandlungen sowohl von Mitgliedern, wie von Nichtmitglie-
dern über geographische Gegenstände.
§. 57. Die Abhandlungen werden »on den Sitzungsberichten dadurch getrennt
gehalten, dass sie eine abgesonderte Paginirung erhalten.
§. 58. Jeder Verfasser erhält von seiner gelieferten Abhandlung fünfzig Se-
paratabdrücke gratis.
§. 56. Die Redaction führt der erste Secretär in Einvernehmen mit dem Prä-
sidenten.
Bibliothek.
§. 60. Alle an die Gesellschaft einlangenden Druckschriften und Karten wer-
den in einer Bibliothek aufbewahrt, deren Aufsicht der zweite Secretär führt.
§. 61. Ueber dieselben wird ein gehöriger Katalog und ein chronologisches Vor-
merkbuch der einlangenden Gegenstände geführt.
§. 62 Jedes Mitglied ist berechtigt, aus der Bibliothek die Druckschriften zu
benützen.
§. 63. Gegen jede Entlehnung aus dem Vereinslokale wird eine Empfangsbe-
stätigung ausgestellt.
§. Auch andere an die Gesellschaft eingehende Gegenstände werden in der
Bibliothek aufbewahrt und hierüber wird vom zweiten Secretär ein eigenes Inventa-
rium geführt.
Hilfspersonale.
§. 65. Zur weiteren Besorgung der Geschäfte wird den Secretären ein Scriptor
zur Aushilfe und ein Diener gegen eine monatliche Entschädigung beigegeben.
K. K. GEOGRAPHISCHE GESELLSCHAFT.
Funktionäre.
Präsident:
Czocrnig Karl, Freiherr v. Czernhausen, Se. Excellenz, U. J. Dr., Commandeur, k. k. w. geh.
Kalh, Seetionschef im k. k. Handelsministerium, C. M. K. A.
Vicc-l*rä.sitleuten :
Baidinger Wilhelm, Ritter, Phil. Dr., k. k. Seetionsrath, Director der k. k. geologischen
Reichsanstalt, M. K. A.
Belfert Alexander, Freiherr von, U. J. Dr., Unterstaatssecretär im k. !.. Ministerium für Cultus
und Unterricht,
flieizinger Karl, Freiherr von, Se. Excellenz, k. k. wirklicher geheimer Rath, k. k. Reichsrath.
Kinlzl Leopold, k. k Generalmajor.
Saliii-Rcilieischeidt-kiaiitlieiin Hugo, Se. Durchlaucht Fürst von, Ritter des goldenen Vliesses,
Grosskreuz, k. k. Reichsrath etc.
Steinhäuser Anton, k. k Rath.
Secretär :
filcchunngsführer :
trassier;
FoetUrle Franz, k. k. Bergrath.
Hornig Emil, k. k. Professor.
Artaria August, Kunsthändler.
Censoren :
flarinat Anton, Revident im statistischen Bureau des k. k. Handelsministeriums.
Schimmer Gustav Adolf. Revident im statistischen Bureau des k. k. Handelsministeriums.
Ausschuss- Mitglieder:
lierker Moriz A., Phil Dr., k. k. Schulrath.
Bergmann Joseph, Ritter, Custos im k. k. Münz- und Antiken-Cabinet, M. K. A.
Cjbnlz Ignaz, k. k. Artillerie Hauptmann.
Ficker Adolf, U. J. et Phil. Dr., Ministerial-Secretär im k. k. Handelsministerium.
Kitzinger Leop., Med. et Phil.Dr, Custos-Adjunkt am k. k. zoologischen Hof-Cabinete. M. K.A.
Fligely August von, Commandeur, k. k. Generalmajor, Director des k. k. Militär, geographischen
Institutes.
Fritscfa Karl, Adjunkt a. d. k. k. Cential-Anstalt für Meteorologie u. Erdmagnetismus, CM. K.A
Bauer Franz, Ritter von, k. k. Bergrath, C. M. K. A.
Beller Karl, k. k. Professor am k. k. Theresianum.
Beufler zu Rasen und Perdonegg Ludwig, Ritter von. k. k. w. Kämmerer, k. k. Seetionsrath.
flingenau Otto Freiherr von, k. k. wirkl. Kämmerer, Bergrath, Professor.
Börnes Moriz, Ritter, Phil. Dr., Custos und Vorstand des k. k. Hof-Mineralien-Cabinetes. -
Kotschy Dr. Theodor, Custos-Adjunkt am k. k. botanischen Hof-Cabinete.
Rreil Karl, Ritter, Phil. Dr., Director der k. k. Central -Anstalt für Meteorologie und Erd-
magnetismus, M. K. A.
Muszvnski Karl, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Pechmann Eduard, Ritter, Oberstlieutenant im k. k. Mifit. Ingenieur-Geographen-Corps.
Reissek Siegfried, Med. Dr., Custos-Adjunkt am k. k. botanischen Hof-Cahinete. C. M. K. A.
Buthner Anton v. , U. J. Dr., Hof- und Gerichts-Advokat.
Simon; Friedrich, k. k. Professor.
Zhishinan Josef. Phil. Dr., Professor am k. k. Theresianum.
XI
Ehren - Mitglieder.
Des Inlandes:
S e. k. k H o h e i t d e r D u r c h 1 a u c h t i g s t e P r i n z und Herr
Erzherzog Ferdinand Maximilian.
Se. k. k. Hoheit der Durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Karl Ludwig.
S e. k. k. H o h e i t d e r D u r c h I a u c h t i g s t e P r i n z undHerr
Erzherzog A I b r e c li t.
S e. k. k. H o h e i t d e r D u r c h I a u e h t i g s t e Prinz und Herr
Erzherzog Karl Ferdinand.
S e. k. k. H o h e i t d e r I) u r c . h I a u c h t i g s t e Prinz und Herr
Erzherzog IS te phan.
S e. k. k. H o h e i t d e r D u r e h I a u c h t i g s t e P r i n z undHerr
Erzherzog Joseph. «
S e. k. k. Hoheit der Durchlauchtigste Prinz und Herr
Erzherzog Ludwig Joseph.
Bone Dr. Ami, M. K. A. , Wi e n.
Hauslab, Se. Excellenz Franz Ritter v.. k k. \v. Geh. Kath, k. k. Feldmarschall-Lieutenant. Wien.
Nostitz Gräfin Pauline vi, geborne Freiin Des-Granges. Schön dorf bei Neu-Arad, Ungarn.
Des Auslandes:
S e. M a j. der Kaiser von Brasilien
Dom Pedro II
S e. M a j. der König von S c h w e d e n und Norwegen
Karl XIV.
S e. kaiserliche Hoheit der G r o s s f ü r s t
Constautiu von R u s s 1 a n d.
Bache Alexander D., Superintendant des Coast Survey der Vereinigten Staaten von Nordamerika,
Washington.
Baer Dr. Karl Ernst von, kaiserlich russischer Staatsrat!) und Akademiker, St. Petersb urg.
Barth Dr. Heinrich, Ritter des Bath-Ordens, Hamburg.
Baeyer, königl. preussischer Generalmajor und Ahtheilungschef im grossen Generalstab, Berlin.
Beaiiinoiit Leonce Lllc de, Ritter, kaiserlich französischer Senator, beständiger Secretär der kai-
serlichen Akademie der Wissenschaften, Paris.
Brisbane Sir Thomas Macdougall, Hart,, königl. grossbritannischer General-Lieutenant, Präsident
der königl. Gesellschaft von Edinburg. Edinburg.
Candolle Alphons de, Professor, Genf.
Demidoff Anatol Fürst von, kaiserlich russischer Kammerherr , Staatsrat!), SanDonato bei
Florenz.
Daumas Melchior, kaiserl. französischer Divisions-General, Director der Abtheilung für Algier
im Kriegsministerium, Paris.
Dove Heinrich Wilhelm, königl. preussischer Professor, Mitglied der königl. Akademie der
Wissenschaften, Berlin.
IMipperrcy Louis Isidore, kaiserl. französischer Admiral, Paris.
Dupin Karl Baron, kaiserl. französischer Senator, Mitglied des Instituts von Frankreich, Paris.
Ehrenberg Dr. Christian Gottfried, Ritter, Professor, Mitglied der königl. Academie der Wissen-
schaften, Berlin.
Ermann Dr. Adolph, königl. preussischer Professor, Berlin.
Fitz Roy Robert, königl. grossbritannischer Rear-Admiral, Mitglied der königl. Gesellschaft,
London.
Fremont John Christ., Oberst der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Washington.
Fries Dr. Elias, Ritter, königl. schwedischer Professor, Upsala.
Grey Sir George, Gouverneur des Kapiandes in der Kapsta dt.
Griiiell Henry, Vice-Präsident der geographischen Gesellschaft in New-York.
Hansteen Christian, Commandern*, königl. schwed. Professor, Christian)*).
Hermann Dr. Friedrich Benedikt Wilhelm von, königl. bayer. Staatsrat!), Director des statist.
Bureau und Vorstand d. k. General-Bergwerks- und Salinen-Administration, München.
Hooker Sir William Jackson, Ritter, Director des königl. botanischen Gartens, Mitglied der k.
Gesellschaft in London, Kew.
Jomard Edme Francois, Präsident der geographischen Gesellschaft in Paris, Mitglied des kais.
Institutes von Frankreich, Paris.
XII
Keyserling Alexander Andreje» itsch Graf von, kaiseri. russischer Kammerherr, Reval
Kupfl'or Adolph Theodor, kaiseri. russischer Staatsrath, Akademiker, St. Petersburg.
Lainuiit Dr. Johann Ritter, Conservator der königl. Sternwarte, München.
Lesscps Ferdinand von, Paris.
Luca Se. Excellenz Anton Xaver de, apostolischer Nuntius. Erzbischof von Tarsus, Grosskreuz
der königl. bayer. Krone,. Mitglied der b. Congregation de Propaganda fide etc., Wien.
Liitke Fr. v., kaiseri. russischer Admiral, St. Petersburg.
Lyell Sir Charles. Hitler, Mitglied der königl. Gesellschaft, London.
IMarlius Dr. Karl Philipp Friedrich von. königl. bayer. Hofrath, Commandern-, Ritter, München.
JUiddendurfT Adolph Theodor von, kaiseri. russischer Staatsrath, beständiger Secretär der kais.
Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg.
Horeau de Jonnes Alexander, Mitglied des Institutes von Frankreich, Paris.
Murchison Sir Roderick Impey, Grosskreuz, Mitglied der königl. Gesellschaft und Präsident
der königl. geographischen Gesellschaft, London.
Quctelet Dr. Adolph Lambert Jacob. Director der königl. Sternwarte, Präsident der Central-
Commission für Statistik, Brüssel.
Ranlinsuii Heinrich Creswicke, königl. gross britannischer Oberst, Commandeur, Mitglied der
königl. Gesellschaft, London.
Rose Dr. Gustav, Professor der Mineralogie. Berlin.
Rü|t|)el Dr. Eduard, Frankfurt a. M.
Sabine Eduard, königl. grossbritannischer General-Major, Mitglied der königl. Gesellschaft,
London.
Sinjth William Henry, königl. grossbritannischer Rear-Admiral, Ritter, Mitglied der königl. Ge-
sellschaft, Lo mloii.
8 1 r ii v e Friedrich Georg Wilhelm v., kaiseri. russischer Staatsrath, Director der kaiseri. Stern-
warte, Pulkowa.
Sykes William Henry, königl. grossbritannischer Oberst, Mitglied der königl. Gesellschaft,
I. ii II il on.
Tchlhatcheff Peter von, kaiserlich russischer Kamnierherr, St. Petersburg.
Vlcunite de Yerncuil Philipp Eduard le Poulletier, Mitglied des kaiseri. Institutes von Frankreich,
Vice-Präsident der geologischen Gesellschaft von Frankreich, Paris.
Wheweli Reverend William D. D , Marter of Trinity College, Mitglied der königl. Gesellschaft
in London, Cambridge.
Wied Seine Durchlaucht Maximilian Prinz von, Wied.
Zarco del Valle y Huet, Seine Excellenz Don Antonio Remon, Grosskreuz, königl. spanischer
General-Lieutenant, Präsident der königl. Akademie der Wissenschaften, Madrid.
Correspoudirende Mitglieder.
Des Inlandes:
Kremiuer Alfred von, k. k. Vice-Consul und Consulats-Leiter in Cairo.
Loossey Karl, k. k. General-Consul in New -York.
Schwarz Dr. Wil., k. k. Sectionsrath u. Kanzlei-Directur des k. k. General-Consulats in Paris.
Magyar Ladislaus Amerigo, in Bihe in Afrika.
Des Auslandes:
Ablcb Hermann, kaiseri. russischer Staatsrath, Akademiker, St. Petersburg.
Anderson Ch. J., Stockholm.
Andrec Karl, Phil. Dr. Leipzig.
Angelrodt E. J.. k. k. Vice Consul in St. Louis, Missouri. U. S. A.
d'Avezac, Secretär der geographischen Gesellschaft, Paris.
Bergbaus Dr. Heinrich, königl. preussischer Professor, Berlin.
Bickerstcth Dr., Inspector siimmtlicher Spitäler, Kapstadt.
Bleck Dr. W. H. J, Kapstadt.
Blceker Dr. P., Präsident der naturforschenden Gesellschaft für Niederland. Indien, Batavia.
Buist Dr. F. Georg, Mitglied der königl. Gesellschaft in London, Secretär der geographischen
Gesellschaft, Bomb a y.
Carrasco Don Eduardo, Cosmografo major del Peru, Professor, Director der nautischen Schule,
Lima.
Castelnau Graf Francis de, kaiseri. französischer General-Consul, Kapstadt.
Dana James D., Professor, New-Haven, Connecticut.
Darwin Charles Esq., Mitglied der königl. Gesellschaft in London, Down bei Bromley, Kent
Daussy Peter, Commandeur, Mitglied des kaiserliehen Instituts von Frankreich, Paris.
Kniory W. E., Major der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Washington.
XIII
Engel Dr. Christian Lorenz Ernst, Vorstand des statistischen Bureau's, Berlin.
Kwald Ludwig, grossherzogl. hessischer Ober-Steuerrath, Vorstand des Vereines für Erdkunde
und verwandte Wissenschaften, Darmstadt.
Ferrcira Lagos Dr. Manne], kaiserl. brasilianischer Prnfessor, Rio de Janeiro.
Flügel Felix Philipp Dr., Konsul der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Leipzig.
Forchbammer Dr. Peter, Professor, Kiel.
Galton Francis Esq., Mitglied der geographischen Gesellschaft, London.
Gibbon M. Mac Jupes, Intendant des botanischen Gartens in der Kapstadt.
Gicwinck Dr. Constantin, kaiserl. russischer Professor, Dorpat.
Grisebach Dr. August, königl. hannoverscher Professor, Göttingen.
Hamilton William John Esq., Mitglied der königl. Gesellschaft, Präsident der geologischen
Gesellschaft, London.
Uampe Ernst, Apotheker, B I anke nbu r g.
Ueer Dr. Oswald, Professor, Zürich
lleliuerseii Gregor v., kaiserl. russischer General-Major, Akademiker, St. Petersburg.
Henry Joseph, Secretär des Smithsonian Institution, Washington.
Heuglin Theodor, Ritter von, Stuttgart.
Holding Mr. J. C., Kapstadt.
Hooker Joseph Dalton, Mitglied der königl. Gesellschaft in London, Director-Assistent der
königl. Gärten, Kew.
Jochuius A., königl. preussischer General-Lieutenant, London.
Jobnston Alexander Keith Esq., Mitglied der königl. Gesellschaft, Edinburg.
.luiigliiiliii Dr. Franz, Batavia.
Juritz Dr. C. F., Kapstadt.
hänilz Dr. Ludwig Friedlich, kaiserl. russischer Professor, Dorpat.
Karsten Dr. Hermann, königl. preussischer Professor, Berlin.
Kiepert Dr. Heinrich, Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften. Berlin.
Kolblug Dr., Missionär zu Gnadenthal im Kapland.
Koppen Peter v., kaiserl. russischer Staatsrath, Akademiker, St. Petersburg,
hülzing Dr. Traugott Friedrich, königl. preussischer Professor, Nordhausen.
Lacblan Mr. Mac, zu Stelienbosch im Kapland.
Laing Dr. T., Inspector sämmtlicher Spitäler in der Kapstadt.
Lamansky Eugen v., Secretär der kaiserl. russischen geograph. Gesellschaft, St. Petersburg.
Layard Mr. L., Secretär des Südafrikanischen Museums, Kapstadt.
Lcgoyt August, Chef des Bureau für allgemeine Statistik im kaiserl. Ministerium des Innern,
Paris.
Llvingstone Dr. David, k. grossbritann. Consul in Afrika.
Maclear M., Uirector der Sternwarte, Kapstadt.
Malte-Brun V. A, Redactions-Secretär der geographischen Gesellschaft, Paris.
Maury Alfred, General-Secretär der geographischen Gesellschaft, Paris.
Maury Mathew Fontaine, Director der Sfernwarte der Vereinigten Staaten von Nordamerika,
Washington.
Merk Ernst, Command. des k. k. österr. Leopold-Ord., k. k. General-Consul, Hamburg.
Mettcnius G., königl, sächsischer Professor, Leipzig.
Müller Karl, königl. sächsischer Professor, Halle a. d. S.
Muh ich J., Batavia.
Netscher M. E., Directionsmitglied der Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft, Batavia.
\i uinaiin Karl Friedrich, königl. bayerischer Professor, München.
Pappe Dr. L., Kapstadt.
Peieruianu Dr. August, Geograph der Perthes'schen geographischen Anstalt, Gotha.
Peters Dr. Wilhelm, königl. preussischer Professor, Berlin.
Poeppig Eduard, königl. sächsischer Professor, Leipzig.
lia» son Mr., Kolonial-Sccretär, Kapstadt.
Roser Dr., Missionär zu Gnade nthal im Kapland.
Sartorius v. Walterhansen Dr. Wolfgang Freih., königl. hannoverscher Professor, Göttingen.
Schlagintweit Dr. Hermann, Berlin.
Schlaginlweit Dr. Robert, Berlin.
Scbomburgk Sir Richard Henry, königl. grossbritannischer General-Consul, Siain.
Schür b de Capaneina Dr. Wilhelm, kaiserl. brasilianischer Professor, Rio de Janeiro.
Shaw Dr. Norton, Secretär der königl. geographischen Gesellschaft, London.
Seemann Dr. Berthold, Redacteur der Bonplandia, London.
Spruner Karl von, Oberstlieutenant im kön. bayer. General-Quartiermeisterstabe, München.
Slraznickj Eduard R., Bibliothekar der geographischen Gesellschaft, New- York.
Sturz Johann Jacob, Berlin.
XIV
Sydow Ernst von, königl. preussiseher Hauptmann a. D., Gotha.
Vcrsteeg \V. F., k. niederländisch. Kapitän etc., Bat a via.
Vogel Dr. Eduard,, Reisender in Central-Afrika.
Wagner Dr. Moriz, M ü n c li e n.
Wappaeus Dr. Johann Eduard, königl. hannoverscher Professor, Göttingen.
Weddell Hugo A., Garten-Director im Musee imperial d'histolre naturelle, Paris.
ft'citzel A. W. P., k. niederländ. Capitän etc , Batavia.
Wjlej Mr., Kapstadt.
Ziegler W. M., Palmgarten bei Winterthur in der Schweiz.
Anssordentliche nnd ordentliche Mitglieder.
(Die ausserordentlichen Mitglieder sind mit A. r?I. bezeichnet.)
Abel Joseph, k. k. Schichtenmeister. C i I I i.
Alpenburg August Ritter von, Realitätsbesitzer. Innsbruck.
Alt Alois, Dr. U. J., Landes-Advokat. Krakau.
Acken Hermann von. Hauptmann im k. k. Ingenieur-Geographen-Corps,
Anaker Emil Edler von, Hauptmann im k. k. Gen. -Quartiermeisterstabe.
Andiian-Werburg Ferdinand Freiherr von, Geolog an der k. k. geologischen Reichs-
Anstalt.
1856
1857
1858
1857
1856
1859
n
1857
1856
1857
1856
1857
1857
1856
Ankersbofen Theophil, Freiherr von, Landstrasse 497.
int
toine Franz, k. k. Hofgärtner, k. k. Hofburg.
Areiistein Joseph, Se. Hochw., Phil. Dr., Ritter, k. k. Professor. Stadt, Heili-
genkreuzerhof.
10 Arneth Joseph C, Ritter, k.k. Regierungsrath, Director der k. k. Münz- und
Antiken-Cabinete. Stadt, alter Fleischmarkt 697.
Aitaria August, Kunsthändler, Stadt, Kohlmarkt 1151.
Artaria Claudius, Kunsthändler. Stadt, Kohlmarkt 1151.
Auer Alois, Ritter, Philos. Dr., k. k. Hofrath, Director der k. k. Hof- und
Staatsdruckerei. Neubau, Mariahilfer Hauptstrasse 306.
Auerhahn, Erzieher bei Herrn Grafen Kinsky, Stadt, Freiung 62.
Babanek Wenzel, Professor am k. k. Obergymnasium. Pisek.
Bach Dr. Alexander Freiherr von, Se. Excellenz, Grosskreuz, k. k. wirklicher
geheimer Rath, k. k. Botschafter in Rom. A. M. (10 fl.)
Balbi Eduard von, k. k. Professor. Venedig.
18561 Bauer Alexander, Dr. Ch. Stadt, Kärthnerstrasse 1049.
1857j Bauer Edmund. Gemeinderath , Director des stabilimento teenico, Consul von
Hayti und Buenos-Ayres, Tri est.
20 Bauiugartner Andreas Freiherr von, Se. Excellenz, Philos. Dr., Grosskreuz, k. k.
wirkl. geheimer Rath, Präsident der K. A. W. A. JJI. (15 fl.) Stadt, Seiler-
stätte 803.
Bayer Anton, k. k. Hauptmann und Director der k. k. Militär-Schwimmschule
Jägerzeile 49.
Becsey de la Volta Stephan Freiherr von, Ritter des k. k. Maria Theresien-
Ordens, k. k. Oberst-Lieutenant, Stadt 1578.
Beer Joseph G. Landstrasse 138.
Beck Friedrich, Buchhändler. Stadt 603.
Becker Moriz A., Phil. Dr., k. k. Schulralh. Landstrasse, Razumowskyg. 93.
Bell Samuel, Sectionsrath im k. k. Ministerium des Innern. Landstrasse, Wagg. 662,
Bergmann Joseph, Ritter, Custos im k. k. Münz- und Antiken-Cabinete. M. K. A.
Landstrasse, unteres Belvedore 642.
Bilhaber Herrmann. Ch. Dr. Josephin. Florianigasse 52.
Blaba P. Franz, Consistorialrath und Bezirksdeehant. Heraltitz. Mähren.
30 Blumfeld Franz Seraphin Edler von, Comthur. Ministerialrat!! im k. k. Han-
delsministerium. Stadt 136.
Böhm Joseph Georg, Phil. Dr., Director der k. k. Sternwarte. Prag.
1859 Buleslawsky Gustav von, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geograph-Corps.
1836 Bunitz Herrmann, Phil. Dr. k. k. Cniversitäts-Professor. M. K. A. alte Wieden
Hauptstrasse 348.
Boscban Friedrich, Med. Dr. Stadt, alt. Fleischmarkt 702.
Buscban Friedrich, k. k. priv. Grosshändler, Stadt, Pressgasse 457.
Brachelli Hugo, Beamter im Statist. Bureau des k. k. Handelsministeriums
Spittelberg 134.
Braumüller Wilhelm, Buchhändler. A. M. (10 fl.) Stadt, Graben 567.
XV
Breiiner-Enkevoirth Aug. Graf, k. k. Oberst-Erbland-Kämmerer. A. HI. (12 fl.)
Landstrasse 6-
Hrozowskj Wenz., Vice-Director d. Gremial-Handelsschule. Stadt, Tuchlfluben 557.
40 Brück Karl Freiherr von, Se. Exe., Grosskreuz, k. k. w. geheimer Rath, k. k. Finanz-
minister, A. HI. (10 fl.) Stadt Himmelpfortgasse.
1837 Briijiiiaiin Wilhelm, k. k. Ober-Berg-Commissär. Kaschau.
1858 ßniniier Joseph, Director des k. k. Ober-Gymnasiums zu Vinkovce.
Bruuiier von ftattenwyl Karl, k. k. Telegraphen-Director.
Bublcli Sigismund, Erzieher, Mariahilf 42.
1857 Biicker Dr. B. F., Informator in P Ionen bei Takum in Kurland.
1858 Bühler Ernst, Ingenieur der k. k. a. priv. Kaiser Ferdinand's Nordbahn, Prerau.
1856| Blink Franz, Ccntral-Direetor der freiherrl. Rothschild'schen Eisenwerke. Witt-
kowitz, Mähren.
„ Burg Adam, Ritter von, k. k. Regierungsrath, Professor, M. K. A. Wieden 348.
„ Bürger Johann, Währing 133.
1857 50 Busan Hermann von, Hofrath des k k. Obersten Gerichtshofes. Stadt, höh.
Markt 512.
1856 Butterweck Karl. Alservorstadt 127.
1857 Civelli Joseph, Besitzer der geographischen Anstalt in Mailand.
1856 Conrad Michael, Sectionsrath im k. k. Finanzministerium. Landstr. Rennweg 636.
1857 Costa Ethbin Heinr. v., U. J. et Phil Dr., Secretar des histor. Vereins von Krain,
Laibach.
1856 Cjbulz Ignaz, k. k. Artillerie-Hauptmann.
Czedik von Bründlsberg Alois, k. k. Professor. Wieden, Favoritcnstrassc 314.
Czerniu, Graf von Chudenitz Eugen, Se. Excelleuz, k. k. wirkl. geheimer Rath.
A« HI. (25 fl.) Josephstadt, Glacis 213.
Czoernig Karl Freih.v. Czernhausen, Se.Exc, U. J. Dr., k. k. w. geh. Rath, Sectionschef
im k.k. Handelsm. C. M. K. A. A. HI. (10 fl.) Stadt, alter Fleischmarkt 690.
Üauscher Anton U. J. Dr., Press bürg.
1857 60 Decker Karl, k. k. Kunstmeister. S Chemnitz.
Denk Anton, Stadt 571.
Dolezal Anton, Revident im statistischen Bureau des k. k. Handelsministeriums.
Drassenberger Joseph k. k. Rechnungsrath. Landstrasse, Heumarktglacis 498.
Dreer Franz von, Doctor der Medizin. Tri est.
1859 Dunlop Alexander Graham, Attache der k. grossbritannischen Gesandtschaft.
1857 Ebersberg Julius, k. k. Hauptmann, Professor an der k. k. Artillerie-Akademie.
Weisskirchen.
1856 Egger Franz, ü. J. Dr., k. k. Hof- und Gerichts-Advokat. Stadt, Wollzeile 776.
1857 Egger Alois, Professor am k. k. akademischen Ober-Gymnasium. Landstrasse 87.
Eugelbardt Ignaz, Sectionsrath im k. k Handelsministerium.
70 Erik von der Burg Karl, k. k. Schulrath. Josephstadt 216.
1856 Einust von Gerdovchak Erperich, Gutsbesitzer. Josephstadt 319.
Lttingshausen Constantin. Ritter von, Med. Dr., Professor an der k. k. medic.
chirurg. Josephs-Akademie, Alservorstadt 222.
1858j Ettncr Moritz, Hauptmann im k k. General-Quartiermeister-Stabe. Ofen.
1857 Fabisch Joseph, k. k. Oberst, Direct. der k. k. Artil. -Akademie. Weisskirchen.
1856 Farkas von Vukotinovic, Gutsbesitzer. Agram.
Felder Cajetan, U.J. Dr., k. k. Hof- und Gerichts-Advokat. Stadt, Kohlmarkt 1149/50.
FtMizI Eduard, Med. Dr., k. k. Universitäts-Professor, Director des k. k. bota-
nischen Gartens. M. K. A., Landstrasse, Rennweg 638.
Ticker Adolph, U. J. et Phil. Dr., Ministerial-Secretär im k. k. Handelsminis-
terium. Landstrasse. Hauptstrasse 370.
Figdor Gustav, k. k. priv. Grosshändler. Jägerzeile 579.
1858 80 Filippi Eduard, Ritter, Oberst-Lieutenant in der k. k. Marine-Artillerie, Sections-
chef beim k. k. Marine-Commando. Tri est.
1857 de Fiori Franz, Prof. an der nautischen Akademie. -Tri est.
1856 Fitzinger Leopold, Med. et Phil Dr.. Custos-Adjunkt am k. k. Hof-Naturalien-
Cabinete. M. K. A.
Fligelj August von, Commandern-, k. k. General-Major, Director des k. k. militär-
geographischen Institutes. A. HI. (20 fl.)
Foetterle Franz, k. k. Bergrath. Landstrasse, Razumowskygasse 93.
Frankl Joseph Adam Paul, Med. Dr., Stadt, Weihburggasse 939.
XVI
Eintr.
Jahr
1856
1857
1856
1858
1857
1856
1857
1856
1858
1856
1857
1856
1859
1856
1857
1856
1858
1856
1857
1856
1857
1856
Frauenfeld Georg, Custos-Adjunkt am k. k. Hof-Naturalien-Cabinete.
Friesach Karl von, Med. Dr. Stadt 484.
Fritsch Joseph, k. k. Zollbeamter. Zinnwald.
Fritsrh Karl. Adjunkt an der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und Erdmagnet-
ismus C. M. K. A. Wieden, Favoritenstrasse 303.
90 Gabler Wilhelm, Phil. Dr, Ilossau 199.
Gabrielv Joseph von, Rechnungsrath im k. k. Handelsministerium.
Ganabl Johann, Major im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Galsclier Albert, Se. Hoehw., Capitular des Stiftes Schotten und k. k. Professor.
Ghcipiier von Mely-Nadasd Paul Sigmund, Hofrath des k. k. Obersten Gerichtshofes,
Laimgnibe 184.
Gigl Alexander, Bibliotheks-Offiziul im k. k. Ministerium des Innern.
Gintl Wilhelm, Phil. Dr., k. k. Telegraphen-Director. C. M. K. A. Leopoldstadt 623.
Glasl Karl, Professor an der k. k. Ober-Realschule am Schottenfeld.
Ginelin Otto, Phil. Dr.
Göhlert T. V., Ministerial-Concipist im k. k. Ministerium des Innern.
100 Gorizutti Franz Freiherr v., k. k. Feldmarschall-Lieutenant, Truppen -Üivisions-
Commandant. Venedig.
Götsch Georg, Wundarzt. Tschars bei Naturns, Vintschgau in Tyrol-
Guttschar Job , Se. Hochw.. bisch. Consistorialrath, k. k. Schulrath. Grosswardein.
Griimii Johaun, Director der k. k. Montan-Lehranstalt. Pfibram.
Grün Dionys, k. k. Professor. Landstrasse 487.
Grünne Ferdinand Graf, Rittmeister im k. k. Adjutanten-Corps.
Grüner Karl, Major im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Guggeuberger Ignaz Martin, k. k. Hauptmann. Wieden 376.
Giiggentbal Victor von, k. k. Major, Vorstand der k. k. Kriegs-Bibliothek.
Giitinaimstlial Ludwig, Ritter von, Vice-Präsident der k. k. Central-See-Behörde
T r i e s t.
110 Uaecker C. Friedrich, Beamter der k. k. priv. Credit-Anstalt. Landstrasse, Wag-
gasse 663.
Haidinger Fugen, k. k. priv. Fabriksbesitzer. Ellbogen.
Ilaidiiiger Rudolph, k. k. priv. Fabriksbesitzer. Ell böge n.
Haiduiger Wilhelm, Ritter, k. k. Hofrath, Director der k. k. geologischen Reichs-
anstalt. M. K. A. Landstrasse, Ungeigasse 363.
flank eil berg Theodor, Ritter von. Stadt, ßürgerspital.
Harniat Anton, Revident im statist. Bureau des k.k. Handelsministeriums. Landstr. 337.
flarlinger Anton, Lithograph. Mariahilf 71.
flarlinger August, Lithograph. Mariahilf 71.
Hartnigg Paul, Bergwerks-ßeamter der Venetianischen Bergbau-Gesellschaft. Sap-
pada hei Auronzo.
Haueis Emil , Lehramts-Candidat. Stadt 168.
120 flauer Franz Ritter von, k. k. Bergrath. C. M. K. A. Landstrasse, Lagergasse 774.
Hauer Joseph Ritter von, Se. Excellenz, k. k wirkl. geheimer Rath. A. M«
(10 fl.J Landstrasse, Hauptstrasse 279.
HaiiT Julius Ritter von, k.k. Maschinen-Inspectors-Adjunkt. Schemnitz.
flauer Karl Ritter von, k. k. Hauptmann und Vorstand des chemischen Labarato-
riums der k. k. geologischen Reichsanstalt, Landstrasse, Ungergasse 575.
Hauke, Director der Handels-Akademie.
Heine Gustav, Redacteur des Fremdenblattes, Stadt, Wollzeile 774.
Heinrich Alois, Secretar des niederösterreichischen Gewerbe-Vereines.
Heisler Ferdinand von, U. J. Dr., Senats-Präsident des k. k. Obersten Gerichtshofes.
Stadt, Singerstrasse 896.
Helfert Alexander Freiherr von, U. J. Dr., Unter-Staatssecretär im k. k. Ministerium
für Cultus und Unterricht, Stadt, Wollzeile 769.
Heller Karl, Professor am k. k. Theresianum.
130 Hcngelinüller Mich., Hofrath des k. k. Obersten Gerichtshof. Stadt, neuen Markt 1053,
Hess Heinrich Freiherr von, Se. Excellenz, Grosskreuz, k. k. wirkl. geheimer Rath:
Feldmarschall, Stadt 1073.
Hessler Ferdinand, Phil. Dr., k. k- Professor. C. M. K. A. Neue Wieden 775.
Heuller zuRaseu und Perdonegg Ludwig Ritter von, k.k. wirkl. Kämmerer, Sections-
rath im k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht. Landstrasse 747.
1857| flieber Carlmann, Phil. Dr., Director des k. k. Ober-Gymnasiums. Gratz.
Eintr.
Jahr.
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ausser-
XVII
Olerschel Joachim, Ritter, Ingenieur. Laimgrube 177.
flletzliiger Karl Freih. v., Se. Excellenz, k. k. wirkl. geh. Rath, Reichsrath.Stadt 548.
Hillgenau Otto Freiherr von k. k. wirkl. Kammerer, k. k. Rergrath, Professor. Stadt,
Seilerstätte 804.
Ulrteiifeld J. N., Redacteur der Militär-Zeitung. Rossau 127.
Borbeder Johann Karl, Ministerial-Secretär im k. k. Finanz-Ministerium.
140 flocbsteüer Ferdinand, Phil. Dr., Geolog der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Hochstetter Karl. Fabriksbesitzer. Hruschau, Mähren.
Huck Karl, Ritter von, Phil. Dr., Se. Excellenz, k. k. wirkl. geheimer Rath, Sections-
chef im k. k. Finanzministerium. Stadt, unt. Bäckerstrasse 746.
Hofer Joseph, Professor ander k.k. Realschule in der Leopoldstadt. Leopoldst. 185.
Hofler Joseph, Beamter beider Dampfschifffahrts-Gesellschaft. Alservorstadt 15.
Hoffinger Johann Baptist von, U. J. Dr., k. k. Hof-Concipist. Stadt 785.
II u ll'in an ii Leopold von, k. k. Hof- und Ministerial-Secretär. Stadt 753.
Bögelsberger Karl, Professor an der k.k. Ober-Realschule auf der Landstrasse,
Landstrasse Gemeindegasse 74.
Hiilenia Edmund, Gutsbesitzer. Egendorf, Ober-Oesterreich.
Uölzel Eduard, Buch- und Kunsthändler. 0 Imütz.
150 Hopfuer Johann, Erzieher bei Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürsten von Lich-
tenstein. Stadt 44.
Börnes Moriz, Phil. Dr., Ritter, Director des k. k. Hof-Mineralien-Cabinets.
Bornig Emil, Professor an der k. k. Ober-Reaschule auf der Landstrasse. Stadt
Wallfischgasse 1020.
Borustcin Karl, Phil. Dr., Adjunct an der k. k. Universitäts-Sternwarte. C. M. K. A.
Bovanji Franz, Se. Hochw., Domherr v. Grosswardein. Stadt, Bürgerspital.
Brubv Franz, k. k. Catastral-Archivar, Alservorstadt 210.
Brubv Karl, k. k. Gensdarmerie-Ober-Lieutenant in Oedenburg.
Brubv Moriz, Hauptmann im k. k. Infanten e-Reg. Erzherzog Karl.
Bügel Karl Freiherr von, Se. Excellenz, Grosskreuz, k. k. wirkl. geh. Rath,
ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister. A, M. (01 fl.)
Jan Georg, Director des städt. Museums. Mailand.
160 Jüek August, k. k. Linienschiffs-Arzt, Leibarzt Se. k. Hoheit des Herrn Erzherzog
Ferdinand Maximilian. T r i e s t.
Jlllv Gustav, Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Ol mutz.
Jokelv Johann, Geolog an der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Kaiser Johann Nepomuk, Ritter, k. k. Universitäts-Professor. Landstrasse 304.
Kastner Leopold, Vorstand der Registratur der k. k. priv. Credit- Anstalt.
Keler Sigmund von, Hauptmann im k. k. General-Quartiermeister Stabe.
Kempen Johann, Freiherr von Fichtenstamm, Se. Excellenz, Grosskreuz, k. k. wirkl.
geheimer Rath, k. k. Feldzeugmeister in Pension A. WI.
Kerner Anton, Med. Dr., Professor am k. k. Josephs-Polyteehnikum. Ofen.
Kerr Frau Leopoldine, Mitglied mehr, gelehrten Gesellschaften A. IM.
Keszthcly, die Direction des k. k. Ober-Gymnasiums zu.
170 Kintzl Leopold, k. k. General-Major, Alservorstadt, Glacis 200.
Riraly Jos. Paul, Director des evangelischen Ober-Gymnasiums. Oedenburg.
Kluger von Teschenberg Adolph, Hauptmann im k. k. General-Quartirmcister-Stabe.
Kluii Vincenz, Dr., Phil., Professor an der Handels-Akademie. Stadt Strauchgasse.
Kocziczka Wenzel, Hauptmann im k. k. Lin. Inf. Reg. Erzh. Wilhelm Nr. 12.
Kögler Wilhelm, k. k. Professor. Prag.
Koristka Karl, k. k. Professor am st. Polytechnicum. Prag.
Kornhuber Gustav Andreas, Med. et Phil., Dr. Professor an der Ober-Realschule
Pressburg
Kotschy Oscar, Pfarrer. Bist ritz, Schlesien.
Kutscby Dr. Theodor, Custos-Adjunkt am k.k. botanischen Hoi-Cabinet. Josephstadt,
Roferanogasse 78.
180 Kralnsky Alois Ritter von, Hauptmann im k. k. Lin. Inf. Reg. Erzh. Stephan Nr. 58.
Krasicki Kasimir Graf A. UI. (10 fl.) Lemberg.
Kreil Karl, Phil. Dr., Director der k. k. Central-Anstaltfür Meteorologi und Erdmag-
netismus. M K. A. Wieden, Favoritenstrasse 303.
Krichubrr Ludwig Ritter von. Alte Wieden, Schmölerlgasse.
Rronenfels Johann Ritter von, Ober-Lieutenant im k. k. Lin. Inf. Reff. Grossherzog
von Baden Nr. 50., Prof. der Geographie am k. k. Kadetten-Institute Fi um e.
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Krumb aar Joseph, Minislerial-Concipist im k. k. Ministerium für Cultus u. Unterricht.
Kubinyi August von, k. k. Rath, Director des ungarischen National-Museums. Pest,
kubinyi Franz von, Gutsbesitzer. Pest.
K ii k ii I a Wilhelm, Professor an der k. k. Ober-Realschule. Laybach.
Kiinesch Adalbert, Se. Hoehw.; Professor an der k.k. Nautischen Akademie. Trio st.
190 kiinzc'k August, k. k. Universitäts-Professor. C. M. K. A. Erdberg. 108.
kupfeisrhmidt Adolph, k. k. Salinen-Cassa-Offizial. Bochni a.
kurz Eduard, k. k. Professor in Gratz.
Lanckoronsky-Brzezlc Kasimir Graf, k. k. wirkl. Kämmerer. A. HI. (-5 fl.) Stadt
Schenkenstrasse 51.
Langner Julius, Hauptmann im k. k. 46. Lin. Inf. Reg.
Lanza Franz, Med. Dr., Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Spalato.
Lehne Gustav, k. k. Gensdarmerie-Rittmeister.
Lens Louis Guislain de, Secretär'der Galizischen Karl-Ludwigs-Bahn. Stadt 903.
Lerch Johann, Med. et Phil. Dr., Leopoldstadt 675.
Lctoclia Anton, k. k. Kriegscommissär.
200 Lewynski Heinrich, Se. Hochw., Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Lemberg.
Liebenberg Emil Ritter von, Major im k. k. Lin. Inf. Regimente Nr. 11.
Liebener Leonhard, k. k. Ober-Baudirector. Innsbruck.
Lindeiiberg Louis, Fabriksbesitzer.
Lipoid Marcus Vineenz, k. k. Bergrath. Landstrasse, Waggasse 665.
Littrnw Heinrich Ritter von, k. k. Fregatten-Capitain, Director der k.k. Handels- und
Nautischen Akademie. Tri est.
Lobkowllz Karl Johann, Fürst von, Herzog von Raudnitz, Commandeur, k. k. wirkl.
geheimer Rath, Statthalter von Niederösterreich etc. A. HI. (12 fl.)
Locher Franz, Phil. Dr., Professor. Ell wangen, Würteinberg.
Loefllcr Franz, Gutspächter. Krzeszow bei Sucha, Galizien.
Lorenz Josef Roman, Phil. Dr., Professor am k. k. Obergymnasiuni. Fiume.
210 Löwenthal J., Redacteur der österreichischen Zeitung.
Luby Caspar E., Bauverwalter. A. HI. (10 fl.) Jak vir bei Neu-Szöny.
Lukas Franz, Phil. Dr., Assistent an der k. k. Central-Anstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus. Wieden 303.
Malaguzzi de Valery Alexander Graf. Venedig.
Marck Franz, Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Vinkovce, Militärgrenze.
Marenbolz K. Th. Ferdinand Freiherr von, k. k. Hauptmann in Pension. Linz.
Marien! Jacob, k. k. Generalmajor in Pension.
Marschall auf Burgholzhausen August Friedrich Graf, Erbmarschall in Thüringen,
k. k. w. Kämmerer, Archivar der k. k. geolog. Reichsanstalt. Stadt, Wollzeile 789.
Matkovich Peter, Se. Hochw., Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Warasdin.
Matzenauer Josef, Piaristen-Ordens-Priester.
220 Mayer Karl, Erzieher bei Herrn Grafen Hardegg. Freiung.
Mayr Gustav, Med. Dr., k. k. Professor. Pest.
Menhardt Johann, Beamter im stat. Bureau des k. k. Handelsministeriums. Wieden 487.
Messedaglia Angelo, U. J. Dr., o. ö. Professor der National-Oekonomie und Statistik.
Padu a.
Meszäros Gustav von, Major im k. k. General-Quartiermeister-Stabe. Alservorstadt.
Schlösselgasse 318.
Migerka U. J. Dr. Venedig.
Miller August von und zu Aichholz. A. HI. (20 fl.) Stadt, Krugerstr.
Miller Franz von und zu Aichholz. Hruschau, Mähren.
Miller Friedrich, Amanuensis der k. k. Universitäts-Bibliothek.
Miller Vineenz von und zu Aichholz. Stadt, Krugerstr.
230 Mislin Jacob, Monsignor, inful. Abt von St. Maria de Gog, geh. Kämmerer Sr. Heil.
des Pabstes Pius IX., Domherr des Domeapitel. zu Grosswardein. Stadt, Kruger-
strasse 1010.
Molin Raphael. Med. Dr., Professor an der k. k. Universität. Padua.
Morelli Hadrian, k. k. Corvetten-Capitän. Triest.
Much Mathäus, k. k. Finanz-Procuraturs-Concipist. Temesvar.
Mündel Joseph, Sectionsrath im k. k. Finanz-Ministerium. Alservorstadt 319.
Mustatza Nicolaus Freih. v., Gutsbesitzer zu Toporouz, Bukowina.
Muszynski Karl, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Muth Alexander v., k. k. Landesgerichts-Secretär. Stadt, alt. Fleischmarkt 696.
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Muzler Stephan, Se. Hocliw. Director des k. k. Obergymnasium. Warasdin.
Nardi Franz, Dr., So. Hochw., Auditor der Sacra Routa. Koni.
240 Nciudhj Joseph von, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Neuinann Franz, Jurist, Stadt, Annag. 995.
Ncumaiin Julius, Hauptmann im k. k. General-Quartiermeister-Stahe.
Obrntiuller Ignaz, Professor an der städtischen Ober-Realschule. Pressburg.
Palacky Johann, Docent an der k. k. Universität. Prag.
Pasetti Florian Ritter von, Ministerialrat!] im k. k. Handelsministerium.
Patera Adolph, k. k. Reichs-Chemiker. Joachims thal, Böhmen.
Pattloch Otto, Opalgruben-Inspeetor. Dubnik, Ungarn.
Pechmami Eduard, Ritter, Oherstlieut. im k. k. Milit.-Ingenieur-Geographen-Corps.
Peters Karl, Med. Dr., Professor an der k. k. Universität. Pest.
250 Petz Eduard. Major im k. k. Kriegs-Archiv.
Pick Hermann, Med. Dr., Professor am k. k. akad. Ober-Gymnasium. Stadt 594.
Pierre Victor, Phil. Dr., Professor an der k. k. Universität. Prag.
Pipitz Dr. F. E., Redactcur der Triester-Zeitung. Triest.
Pitt oni Joseph Claudius, Ritter von Dannenfeldt. k. k. Truchsess. Gratz
Pirona Julius, Med. Dr., Professor am k. k. Lyceal-Gymnasium. Udine.
Pleischl Adolph Martin, Ritter, k. k. Regierungsrath. Alservorstadt 109.
Pohl Joseph, Chem. Dr., Professor am k. k. polytechnischen Institute. Wicden 462.
Pokorny Alois, Med. Dr., Professor am k. k. akad. Ober-Gymnasium. Stadt 74.
Poszvek Gustav, Professor am evangelischen Ober-Gymnasium. Oedenburg.
260 Potyka Theodor, Ingenieur-Assistent der k. k. priv. Feidinands-Nordbahn.
Prasch Vincenz, Professor am k. k. Obergymnasium. Brunn.
Pratobevera-Wiesborn Adolph Freiherr von, Hofrath des k. k. Obersten Gerichts- und
Cassationshofes.
Proschko Fr. Isidor, U. J. Dr., k k. Ober-Polizei-Commissär. Linz.
Ptaschnik Johann, Professor am k. k. Obergymnasium am Thcresianum.
Radoneiz Eduard, k. k. Linienschift's-Lieutenant. Triest.
Raffclsbergcr Franz, Eigenthümer der k. k. a pr. typo-geographischen Kunstanstalt.
Alservorstadt, Quergasse 349.
Rakovszkv Stephan von, Gutsbesitzer. Pressburg.
Ratzesberg Ludwig Ritter von, Wartenburg bei Vöklabruck. 0. Ö.
Rcirhenbacb Karl Freih. v., Phil. Dr. C. M. K. A. Schloss Reis en b c r g nächst Wien.
270 Reissek Siegfried, Med. Dr., Custos-Adjunkt im k. k. botanischen Hof-Museum.
C. M. K. A. Landstrasse 408.
Rcitlinger, Philos. Dr., Privatdocent. Stadt, Bischofgasse.
Repitsi'h Johann, k. k. Professor am Gymn. Lügos.
Reslhubcr Augustin, Se. Hochw., C. M. K. A. Dir. d. Sternwarte. Kremsmünster.
Reuss August Emil, Ritter, Professor an der k. k. Universität. M. K. A. Prag.
Richtkufen Ferdinand Freih. v., Phil. Dr., Geolog an der k. k. geolog. Reichsanstalt.
Robert Justin, k. k. priv. Fabriksbesitzer. Oberalm bei Hallein, Salzburg.
Rochleder Friedrich, Med. Dr., Professor an der k. k. Universität. M. K. A. Prag.
Robiati Mathias Ambrosius Dr., Professor. Mailand.
Rolle Friedrich, Phil. Dr., Assistent am k. k. Hof-Mineralien-Cabinete.
280 Röslcr Maximilian, Professor an der k. k. Ober-Realschule auf der Landstrasse.
Rosinanit Alois, Präsidial-Secretär d. k. k. n. öst. Statthalt. Stadt, Spitalplatz 1100.
Rossiwal Joseph. Revident im statistischen Bureau des k. k. Handelsministeriums.
Rosthorn Hugo Edler von, Mitinteressent einer Metallwaarenfabrik. Leopoldstadt,
grosse Fuhrmannsgasse 716.
Rucber Ignaz Edler v., Oberstlieutenant im k.k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Russeger Joseph Ritter von, k. k. Ministerialrath, Vorstand der k. k. Berg-, Forst-
und Güter-Direction C. M. K. A. Schemnitz.
Ruthncr Anton von, J. U. Dr., k. k. Hof- und Gerichts-Advokat, Stadt 597.
Saffran Emanuel Freiherr von, Oberst im k. k. Adjutanten-Corps.
Saliii-Reiffersrheidt-Kraiithcim Hugo, Se. Durchlaucht Fürst von, Ritter des goldenen
Vlieses, k. k. Reichsrath. Landstrasse, Razumowskygasse 74.
Salzbacher Joseph, Se. Hochw., Theologiae Dr., Domherr und Capitular-Prälat zu
St. Stephan.
1857 290 Sapieha Leo, Se. Durchlaucht Fürst von, Stadt 903.
Sauer Franz, Lehrer der Unter-Realschule zu St. Thecla auf der Wieden.
1856| Schabus Jakob, Professor an der k. k. Ober-Realschule am Schottenfeld.
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Jahr.
1858 Schiffer Julius Ritter von, Ingenieur der k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn
„ Schaller Josef, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur- Geographen-Corps.
1856 Scballhaminei' Michael, Reichsritter, im k. k. Post-Controlor. Oedenburg.
1858 Sc hau b Franz, Phil, Dr., Director der k. k. Marine-Sternwarte. Triest.
„ Srhauensteiu Anton, k. k. Finanz-Ministerial-Concipist.
1856 Scheda Joseph, Major im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
1858 Scbefrzik Anton, Ingenieur der k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn.
1856 300 Scherzer Karl, Ritter von, Phil. Dr.
„ Schimmer Gustav Adolph, Revident im Statist. Rureau des k. k. Handelsministeriums
1857 Schindler Gustav, Ritter, Oberst im k. k. Genie-Corps und General-Archivs-[)inctn;\
Stadt 468.
1856 Schleicher Wilhelm. Gresten, Nied. Oesterreich.
„ Schmerling Anton Ritter von, Se. Excellenz, k. k. geh. Rath, Präsident d.'s k k
obersten Gerichtshofes.
„ Schmldl, Erzieher bei Herrn Grafen Wilczek. Stadt.
„ Schmidt Adolf, Phil. Dr., Professor an der Handelsakademie. Pest.
1857 Schmidt Julius, Phil. Dr., Director der königl. Sternwarte. Athen.
„ Schmidt Wilhelm. Phil. Dr. Augsburg.
1856 Schmitt Augustin, k. k. Professor. Gumpendorf Nr. 394.
„ 310 Schober Johann, Director der Realschule. Leopoldstadt.
1858 Scholz Anton, Med. Dr. Prag.
1856 Schom Adolf, k. k. Oberlieutenant, Professor am k. k. Cadctten-Institute Ha inburjj
„ Schott Heinrich, k. k. Hofgarten- und Menagerie-Direktor. C. M. K. A. Seh ö n b run n.
1858 ScbröcUnger Julius, Ritter v. Neudenberg, k. k. Ministerial-Secretär. Wieden 378.
Schnitter Dr. Anton, Professor am k. k. politechnischenlnstitute.M.K. A. Wieden 51.
Schubert W., Direktor der evangelischen Lehranstalt. Oberschützen, Ungarn.
Schwarlz Gustav, Edler von Mohrenstern. A. Jfl. (15 fl.) Jägerzeile Nr. 47.
1858j Schwarz Karl, Ingenieur-Assistent der k. k. priv. Kaiser-Ferdinands-Nordbahn.
„ Schwarz Franz, Med. Dr., Chefarzt im k. k. Hospital. Ko nsta ntin o p el.
1856' 320 Schwarz Georg, Commandeur. Stadt, Graben 1122.
Schwarzcnberg Johann Adolf Fürst zu, Herzog zu Krummau, Ritter des Ord. des gold.
Vliesses, Grosskreuz, k. k. w. geh. Rath, Präsident der Landwirthschaftsgese Ilsehaft
(A. I»I.) (15 fl.)
Schwenda Julius, k. k. Professor a. d. k. k. Oberrealschule a. d. Landstrasse.
Schweiz W. August, Se. Hoehw., k. k. Professor. Josefstadt im h. Piaristen-Colleg.
1856 Sedlarzek Ernst, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
1859 Sedlaczek Josef, k. k. Rezirksvorsteher zu Szilagyi Cseh, Siebenbürgen.
1857 Seidel J. W., Buchhändler, Stadt, Graben.
Seldl Johann Gabriel Ritter, k. k. Schätzmeister und Custos am k. k. Münz- und
Antiken-Cabinete. M. K. A. Alservorstadt 149.
Seiller Johann Caspar, Freih. von, Comthur, Bürgermeister der Reichshaupt- und
Residenzstadt Wien. A. IM. (10 fl.)
Sellgmaim Franz. Med. Dr., k. k. Professor. Stadt 153.
1857 330 Seligmann F. A., Med. Dr., k. k. Fregatten-Arzt. Triest.
Senft Eduard, U. J. Dr., k k. Gerichts-Adjunkt. Ausp itz, Mähren
Sevbel Emil, k. k. priv. Fabriksbesitzer. Wieden.
Simon; Friedrich, k. k, Universitäts-Professor. Landstrasse. Waggasse 508.
Slmigliiowicz Franz, k. k. Professor. Czernowitz.
1859 Slmlginowicz Adolf, Professor am k. k. kathol. Gymnasium. Kronstadt
1858 Skuppa J. k. k. Hauptmann.
Sommaruga Franz Freiherr von, Sectionsrath im k. k. Finanz-Ministerium, Hoher
Markt 511.
Soiiderlelthner Georg, Concepts-Adjunkt bei der k. k. Obersten Polizei-Behörde.
Sonklar von Innstätten Karl, Major im k. k. Lin. Inf. Regiment Nr. 16. Wiener-
Neustadt.
340 Spaur Anton Ritter von, Stadt 152.
1858j Stäche Guido, Phil., Dr., Geolog der k. k. geologischen Reiehsanstalt.
1857) Stein Lorenz, k. k. Universitäts-Professor. Leopoldstadt 656.
1856i Steinhäuser Anton, k. k. Rath. Stadt 1072.
„ I Stifft Freiherr von, Stadt 833.
„ I Streffleur Valentin, k. k. Generalkriegs-Commissär. Landstrasse 747.
M i Stur Dionys, Geolog an der k. k. geolog. Reichsanstalt.
Eiotr.
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XXI
Suess Eduard, k. k. Universitäts-Professor, erster Custos-Adjunct am k. k. Hof-
Mineralien-Cabinete.
Teirlrb Valentin, Phil. Dr., Director der Ober-Realschule auf der Wieden.
Temple Rudolf, Hauptmann im k. k. Linien Inf. Regimente Prinz Friedrich Wilhelm
von Preussen Nr. 20. Pest.
350 Tburin Caspar, Se. Hochw. Professor am k. k. Obergymnasium Warasdin.
Tkalar Emerieh Ignaz von, Phil. Dr. Secretär der Handels-Kammer. Agram.
Tkalec Jacob Franz, Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Agram.
Toinascbek Karl, Professor am k. k. Obergymnasium am Theresianum.
Trotter Victor, U. J. Dr. Hof- und Gerichts-Advocat.
Tschudl Johann Jacob v., Med. Dr. CM. K. A. Jacob erhof bei Edlitz. Nied. Oest.
Turcsänjl Adolf, k. k. Professor. Oedenburg.
Turrziuanowirz Paul, k. k. Schichtmeisters-Adjunkt. Wieliczka.
Iranisch Anton, Phil. Dr.. Secretär der Handels- Kammer. Laibach.
I rllngcr Paul. Se. Hochw. Beneficiat. Gresten, Nied. Oestereich.
360 Vacanl de Font Olivo Camill Freiherr von, Commandeur, k. k. Feldmarschall-Lieu-
tenant. Mailand.
Yanlcek Franz, k. k. Professor am Ober-Gymnasium. Vinkovce. Militärgränze.
Veigl Joseph, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Wagner Ferdinand, Director der Realschule in der Jägerzeile.
Walbel Georg, Med. Dr., im k. k. allgem. Krankenhause.
Walderdorf Arthur, Wilderich, Graf von.
Walland Ignaz, General-Agent für Eisen-Industrie. Stadt 300.
Warhanek Wilhelm, Professor an der k. k. Ober-Realschule. Landstrasse 109.
Warna Heinrich, Med. Dr., k. k. Marine-Oberarzt. Triest.
Weiss Adolph, Phil. Dr., Landstrasse 140.
Weiss Edmund, Assistent der k. k. Sternwarte. Landstrasse 440.
370 Werner Joseph, Freih. v., Se. Exe, k. k. w. geh. Rath, k. k. Gesandter in Dresden.
Wllczek Johann Graf von, k. k. wirkl. Kämmerer. Stadt 26.
Wilrzek Heinrich Graf von, k. k. wirklicher Kämmerer. Szemered, Ungarn.
Wilkens C. F., Handelsmann.
Wlssiagg Johann, k. k. Landesgerichtsrath. Pressburg.
Wittinarin Alois Ritter von, k. k. Gubernialrath, Director des österr. Lloyd. Triest.
Woblniann Bruno, Phil. Dr., Erzieher bei Herrn Grafen Hoyos. Alservorstadt 200.
Woldfich D., Johann Nep., Prof. am k. k. Gymnasium. Eperies.
Wolf Heinrich, Geolog an der k. k. geologischen Reichsanstalt.
380 Wüllerstorfu. Urbair Bernh. Freih. v., Commod. k. k. Linienschiffs-Capitän. Trie st.
Würtenberger Franz, k. k. Oberfactor. Steyer.
Zaufall Franz, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Zegladowlcz Titus, Ritter, Se. Hochw., k. k. Professor. Bochnia.
Zeltbaimner Anton, Professor am k. k. Ober-Gymnasium. Pest.
Zepharowlch Victor, Ritter von, Phil., Dr., k. k. Universitäts-Professor. Krakau.
Zerenner Karl, Phil., Dr., Coburg.
Zezschwitz Friedrich Oskar, Freiherr von, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur-
Geographen-Corps.
Zlegl Joseph, Lehrer an der Unter-Realschule in der Leopoldstadt.
Zeuschner Ludwig, Warschau-
390 Zhlsbiiia.ii Anton Eduard, Professor an der k- k. Handels- und Nautischen Akademie
Triest.
Zblshiuan Joseph, Phil., Dr., Prof- am k. k. Theresianum. Wieden Hechteng. 4054-
Zwach Martin, Ministerialsecretär im k- k. Handelsministerium.
Die Gesellschaft verlor durch den Tod folgende
JEhren-Mitglieder :
Se. k. k. Hoheit den Durchlauchtigsten Prinzen und Herrn, Erzherzog Jobann.
Dieterlcl Dr. Thomas, k. preuss. geh. Ober-Regierungsrath, Dir. des statist. Bureau. Berlin.
Humboldt Alexander Freiherr von, Se. Exe, Berlin.
Ritter Carl, k. preuss. Professor, Präsident der Gesellschaft für Erdkunde. Berlin.
XXII
Correspondirende Mitglieder :
Papen August, k. hannoverscher Major a. D., Frankfurt a. M.
Scblaglntwell Adolf. Berlin.
Sendiaer Otto, Dr., k. bayer. Professor. München.
Sfcfe Paul von, Phil. Dr.,"k. würtemb, Finanzrath. Stuttgart.
Ausserordentliche und ordentliche Mitglieder :
Aiidrlan-Wcrbiirg Victor Freiherr von, k. k. wirkl. Kämmerer A. IH.
Augustln Vincenz Freiherr von, Grosskreuz, k. k. w. geh. Rath. k. k. Feldzeugineister. A. .11.
Bajzath Michael, k. k. pens. Oberst.
t hini'l Joseph, Se. Hochw., Chorherr zu St. Florian, k. k. Regierungsrath. M. K. A.
C» ra i I ich Joseph, Phil. Dr., k. k. a. o. Professor, Custos-Adjunct etc.
Krzlwani'k Franzi k. k. Oberlieutenant.
Lejdult Franz, Med. Dr., Professor am k. k. polytechnischen Institute. M. K. A.
Metternich-Wiiineburg Clemens Wenzel Lothar, Fürst von, Se. Durchlaucht.
Hledwald Max von.
Sejdl Mathias, k. k. Major.
BERICHTE ÜBER DIE VERSAMMLUNGEN
DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN
GEOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT.
Jahresversammlung am 9. November 1858.
Der Herr Präsident Sr. Durchlaucht Fürst und Altgraf Hugo v. Salm
Reiff er scheid - Krau thei in eröffnete die Versammlung mit folgender
Ansprache :
Verehrte Herren! Indem die Periode ihr Ende erreicht hat, für
welche Ihr wohlwollendes Vertrauen mich zum Präsidenten unserer Gesell-
schaft berief, liegt mir Ihnen gegenüber noch eine Pflicht zu erfüllen ob.
Ich habe Ihnen einen übersichtlichen Bericht über die Leistungen,
oder was hier gleichbedeutend ist, die Fortschritte der geographischen
Wissenschaft während des abgelaufenen Jahres zu erstatten.
Zufrieden, wenn man mich nur als bescheidenen Freund der Wis-
senschaften gelten lassen will, dessen Beruf es zuvor erheischt, sich ihrer
Resultate, wie er eben kann, als Werkzeug in mancher Richtung zu bedie-
nen, ihm aber nicht vergönnt, sie auch wissenschaftlich, dass ist um ihrer
selbst willen, und mit dem Aufgebot aller Kräfte zu betreiben, wurde es
mir zunächst zum Bedürfniss, mich für den vorliegenden Zweck nach
einem Muster umzusehen, an ein Beispiel mich anzulehnen, welches ich
denn auch in dem Voranschritt meines verehrten Vorgängers, des würdi-
gen Ritters W. Haidinger, dessen Gedanke der Gründer unserer Gesell-
schaft wurde, gefunden habe. Hat er die Aufgabe eines Jahresberichtes
als eine der schwierigsten bezeichnet, die ihm noch vorgelegen, was sollte ich
empfinden und sagen? — Gar mancherlei höchst triftiges, gälte es Rechtferti-
gung dem Ablehnen einer Aufgabe zu suchen. Dass davon keine Rede sein
kann, liegt in dem mir durch Ihre Wahl bewiesenen Vertrauen, dem mir
nur, so weit die schwachen Kräfte eben reichen, zu entsprechen erübrigt.
Erlauben Sie mir nach diesen einleitenden WTorten, nunmehr zur Sache
zu schreiten.
Wie billig wendet sich zuerst die erste Betrachtung jenen unserer
Mitglieder zu, deren Laufbahn, während des nun zu Ende gehenden
Jahres, durch ihren tief zu bedauernden Tod abgeschnitten wurde; deren
für sie persönlich abgeschlossenes Wirken, uns, den Ueberlebenden, im
Sinne gesellschaftlicher Genossenschaft, fortzusetzen und zu ergänzen obliegt.
Zuerst lassen Sie mich unseres ordentlichen Mitgliedes Dr. Friedrich
Wilhelm Freiherrn von Reden gedenken, den im rüstigsten Mannesalter
der Tod so schnell überwältigte, dass die Meisten von uns durch dessen
Kunde überrascht wurden, noch ehe sie von Krankheit, geschweige von
Gefahr, etwas geahnt.
Sie kennen alle meine Herren die unermüdliche Bienen-Emsigkeit,
mit der von Reden ein Material des ungeheuersten Details gesammelt
und ordnend gestiftet, ja in manchem Theil schon geniessbar verarbeitet
hatte. Als echter Mann der lebendigen Wissenschaft, hielt er nicht
die Welt um der Statistik willen geschaffen, sondern suchte in dieser
einen allgemeinen Schlüssel zur Beurtheilung der Weltverhältnisse.
Mittheilungen der k. k, geographischen Gesellschaft III. Bd. 1. Heft. 1
2 Jahresversammlung am 9. November 1858.
In trüber Betrachtung, wie viel er gesäet, und wie verhältnissmässig
wenig ihm ein zu früher Tod an Erndte einzuheimsen vergönnte, ist
wohl ein seufzender Wunsch erlaubt, dass seine Saat den würdigen Pfle-
ger finden und nicht verloren gehen möge ! —
Der zweite ist unser ordentliches Mitglied, Herr Emil Porth, der
an Jahren fast noch Jüngling, aus innerem Drang sich wissenschaftlichen
Anstrebungen ergab. In v. rhältnissmässig behaglichen Verhältnissen, gaben
ihm diese, sowie die Natur seines Bergbesitzes, hiezu Mittel und Anregung.
Sich unserm verehrten Secretär Herrn Bergrath Foetterle auf
dessen Excursion nach Klein- Asien anschliessend, nahm er dort den
tödtlichen Keim in sich auf, der ihm nicht einmal mehr die Wiederkehr
in den Schoss der Seinigen gestattete. Schwer erkrankt, raffte ihn in
Triest ein rasch entwickeltes Nervenfieber hinweg, eben da er, rückkeh-
rend, kaum die Schwelle der Heimath wieder betreten.
Drittens nenne ich Ihnen Herrn Anton von Reguly, correspondi-
rendes Mitglied unserer Gesellschaft.
Mit der Leidenschaft des Lernens verband er die Begabung uner-
müdlichen Fleisses, die es ihm möglich machte, gründliche Sprachstudien
bei fremdesten Stämmen des hohen Noidens zu machen, und zugleich
noch andere nahe liegende wissenschaftliche Interessen zu pflegen. Mehr-
fach von Seiten der ungarischen Akademie, so wie vom Eifer heimischer
Freunde unterstützt, fand er auch mannigfache Förderung in Russland,
das ihm auch die Anerkennung zollte, nachdem er eine mühevolle Karte
des nördlichen Uralgebiethes in 16 Quartblättern beendigt. „Reguly sei
durch dieses Werk zum Entdecker einer ausgedehnten terra
incognita in der Geographie und Ethnographie Russlands
geworden."
Die Verarbeitung alles des gesammelten reichen Materials, als reif
für die Oeffentlichkeit, war ihm nicht mehr vollständig vergönnt. Dem
Vernehmen nach ist die ungarische Akademie im Besitze seiner nachge-
lassenen Aufzeichnungen. Ein ausführliches Verzeichnis* seiner Arbeiten
enthält seine Biographie, wie selbe der Pester Lloyd vom 29. August
dieses Jahres ab, brachte.
Nun lassen Sie mich des Falles erwähnen, der uns vor nur wenig
Wochen unserer Ida Pfeiffer beraubte. Unser im doppelten Sinne, dem
ihrer Abstammung als Oesterreicherin . und dem ihrer Verbindung mit
unserer Gesellschaft, als deren Ehrenmitglied.
Wahrlich eine wunderbare Frau , mit dem dunklen Instinct eines
Dranges in die Ferne, welche jedoch ohne deren kriegerische Wuth, fast
an die Führer der uralten Völkerwanderung gemahnt.
Mit einem Muth und einer Ausdauer , ja lassen Sie es mich ein
Gottvertrauen in die selbstbewust gewordene Bestimmung nennen, begabt,
wie sie in solchem Grade auch dem stärksten Manne zur Ehre gereich-
ten, hat sie Gegenden durchwandert, wohin auch nicht viele Europäer
gedrungen, hat sie Beschwerden und Gefahren überstanden, die manchen
Stärkeren gesättigt und entmuthigt hätten, ihr aber, waren sie nur erst
vorüber, nur ein Reitz zu Entwürfen neuer Unternehmungen wurden.
Vom Haus aus ohne Diplom oder sonstigen Zunftbrief, wusste sie
mit dem angebornen Takt weiblicher Auffassung so manches Interessante
zu erkennen und zu sammeln, dass ihre Reisen immerhin auch der stren-
geren Wissenschaft nicht ohne einigen Gewinn blieben; denn dieser
Fürst von Salm. 3
kömmt es ja nicht immer auf den plötzlichen Gewinn ganzer Länder-
strecken an; auch der einzelne, noch so gering scheinende Baustein ist
ihr ein wahrer, echter und dauernder Gewinn.
Und so sei ehrende Erinnerung ihrem Namen geweiht, so wie dem
tragischen Schicksal, dem sie endlich erlag, als sie schon leidend, inmitten
schauerlicher Mordscenen, kaum das Leben vor der madegassischen Wild-
katze Ranaivalo Manjoka zu bergen vermochte, und mit dem Todeskeim,
den diese Schrecken entzündet, heimkehrend dahin siechte, dieselben in
letzten glühenden Fieberphantasien noch einmal durchlebend.
Noch habe ich Ihnen unseres Ehrenmitgliedes des Herrn Dr. Ignatz
Knoblecher Erwähnung zu thun, Apostolischen Provicars der katholischen
Mission für Central-Afrika in Chartum.
Einer ausführlicheren Biographie steht der Raum nicht zu Gebot,
auch sind deren Umstände bereits von der OelTentlichkeit vielfach gewür-
digt, sowie auch seine Missionsberichte in derselben Erwähnung und Ver-
breitung fanden. Ein echter Glaubensbote, blieben ihm auch die Anfor-
derungen der Wissenschaft nicht fremd. Manche daraus hervorgegangenen
Sammlungen hatte auch unsere Gesellschaft Gelegenheit, Ihrer Kenntniss-
nahme vorzuführen. Er ist ein Opfer seines warmen Eifers geworden.
Tiefleidend musste er Erholung seiner Kräfte in Europa suchen, gelegent-
lich einer Reise, deren Hauptzweck jedoch die Interessen seiner Mission
betraf. Ein unerforschlicher Rathschluss Hess ihn nicht mehr zu seinem
WTerke zurückkehren. Zu Neapel ereilte ihn der Tod, ihm nur den Trost
des Vertrauens lassend, dass was er so innig betrieben und gewirkt, zur
Fortführung tüchtigen Freundeshänden, die er zum Theil hiefür herange-
bildet, verblieb.
Weiter entriss uns der Tod zwei ordentliche Mitglieder, den Piari-
sten-Ordens-Priester P. Gottfried Fitzinger und den Professor W. Zdo-
binsky, ersteren im besten Mannes-, diesen im eben vollendeten Jüng-
lingsalter. Beide eifrige Theilnehmer unserer Bestrebungen, ersterer auch
durch Beiträge ein Mehrer unserer Bibliothek.
Von Ausländern verloren wir das Ehrenmitglied Herrn Robert Brown,
einen der verdienstvollsten Botaniker neuerer Zeit. Lange Freund und
Genosse Sir Joseph Banks, testamentarischer Nutzniesser seiner kostba-
ren Sammlungen, bis sie an das brittische Museum gelangten, starb er
von jedem, der ihn kannte, auch den Fachgenossen verehrt, sowohl um
seines tiefen Wissens, als seines einfach harmlosen Characters voll Liebens-
würdigkeit willen.
Das correspondirende Mitglied Mariano Eduardo de Rivero Usta-
riz, Generalkonsul von Peru für Belgien zu Brüssel. Durch Studien in
Europa gebildet, Director der Bergbaue und des Museums von Peru, war
er auch Reisebegleiter der Herren Boussingault und Ro ul in in Columbia
gewesen. Die geographische Gesellschaft hat ihm eine Bereicherung
ihrer ßüchersammlung durch mehrere seiner eigenen Publicationen zu
verdanken.
Indem ich hiermit die, leider nicht kleine Liste derer schliesse, deren
Tod die Gesellschaft als ihre Mitglieder in doppelter Weise zu beklagen
hat, habe ich noch mit wenigem eines Mannes zu gedenken, der, obwohl
nicht in unserer unmittelbaren Genossenschaft, so doch wesentlich der
von uns gepflegten Wissenschaft, und zwar mit grosser Bedeutung, in
einer ihrer practischsten Richtungen angehört. Nenne ich den Namen
1*
4 Jahresversammlung am 9. November 1858.
Alois Negrelli Ritter von Moldelbe, so nenne ich für die Zeitgenos-
sen einen der wesentlichsten Träger und thätigsten Mitwirkenden, seit
Beginn jener denkwürdigen Werke, mit denen Oesterreich begann die
ersten Stränge von Eisenbahnen zu legen, die schon jetzt, ein bedeutend
verzweigtes Netz, seine Länder so vielfach durchziehen.
Wie aber innere Verbindungen nur dann eine nicht untergeordnete
Weltbedeutung gewinnen, wenn sie nicht bloss an den eigenen Grenzen
abbrechen, sondern überall an die allgemeinen, von der Natur selbst gege-
benen oder geforderten grossen Weltverbindungen anzuknüpfen suchen, so
finden wir mit Stolz unsern Negrelli auch unter den ersten Theilueh-
mern an den Studien und Vorarbeiten zum Durchstich der Landenge von Suez.
Wie bei Gibraltar die mittelländische Binnensee, den sie umrahmen-
den Völkern den Weg in das Weltmeer eröffnete, durch das sie fortan
der Compass Flavio Giajas von Amalfi um die Welt und wieder zur
Heimath zurückführte, so soll dem gegenüber nun ein zweites Thor eröff-
net werden als kürzester Wasserweg in den Orient, den die Schiffe bis-
her nur um das ungeheure Afrika herum zu fahren hatten.
Ein bedeutsames Zeichen der Zeit , dass sie dieses gerade jetzt
erstrebt, worauf ich noch zurückkommen werde. Hier genüge die Andeu-
tung wieder Name Negrelli, sowohl bei der Gründung von Eisenbahnen,
als einer künstlichen Weltwasserstrasse, fortan den Gedenktafeln der
Geschichte angehört, denn auch er weilt nicht mehr unter den Leben-
den, auch ihn traf es, die Verwirklichung heissesten Strebens nicht
erleben zu sollen.
Suez, dem er ein neues Leben eröffnen gewollt, gab ihm den Tod.
Schwere Anstrengungen in dem gefährlichen Clima zerrütteten seine
Gesundheit, welche die heimathliche Luft, die Pflege der Seinen , ihm
nicht mehr herzustellen, sondern ihm nur die Ruhe in vaterländischer
Erde zu geben vermochten, die leicht auf seiner Asche liege.
Von dem ehrenden Gedanken der Todten, die ihr Wirken hieniden
vollendet, gehe ich nun zum Wirken der Lebenden über. Hier darf ich
mich berichtend kürzer fassen, denn ihre Thätigkeit , vor unseren Augen
sich entwickelnd, bringt sich selber zu Kenntniss und Erinnerung.
Mit der innern Heimath beginnend habe ich Ihnen vorerst die
Ergebnisse des k. k. militärisch-geographischen Institutes vorzuführen,
wie ich deren Bekanntgebung der gütigen Mittheilung seines Directors
des Herrn Generalmajors August von Fligely verdanke.
Das k. k. Militär, geographische Institut hat im Verlaufe dieses Jahres
von der Spezialkarte von Böhmen im Maasse von 1 : 144,000, — die Blattei-
Nr. 2, 8, 14, 27 und 36 herausgegeben, es bleiben somit von den 38 dieses
Werk bildenden Blättern noch 9 zu publiciren, welche im nächsten Jahre
fertig werden.
Auch von der Generalkarte dieses Landes in 4 Blättern und im
Maasse von 1 : 288,000 sind bereits 3 im Gerippstich vollendet.
Die Spezialkarte von Dalmatien in 21 Blättern im Maasse von 1 : 144,000
ist im Stiche so weit vorgeschritten, dass das Gerippe vollendet, fünf
Blätter beschrieben und zwei Blätter sich bereits im Terrainstich befinden.
Die Aufnahme von Ungarn hat durch die allerhöchst bewilligte Ver-
mehrung der Arbeitskräfte solche Fortschritte gemacht, dass die gänzliche
Vollendung in 2 Jahren zu erwarten steht. — Die Spezialkarte dieses
Landes im Maase von 1 : 144,000 wurde daher in der Zeichnung auch
Fürst von Salm. *J
begonnen. Von der schon im vorigen Jahre erwähnten General- und
Administrativkarte von Ungarn im Maasse von 1 : 288,000 und 17 Blättern,
sind bereits 8 Blätter erschienen. — Die vielen Schwierigkeiten in
der Orthographie der Ortsnamen fanden ihre Erledigung durch einen
hohen Befehl, welcher auf die strengste Benützung der durch die
politischen Behörden herausgegebenen Ortsverzeichnisse hinwies. — Auch
auf die vielen, wie in keiner andern Provinz der Monarchie in solchem
Maasse zu erwartenden Veränderungen im Strassennetze, Eisenbahnbau etc. etc.
wurde dadurch Bedacht genommen, dass der Terrain vom Geripp getrennt
auf einen eigenen Stein ausgeführt wurde und färbig gedruckt wird. Von
ganz besonderem Interesse dürfte aber der orographische Theil dieser
Karte sein, da bis nun keine der bekannten Karten auch nur annähernd
einen richtigen Begriff von der Terraingestaltung dieses Landes gab , —
noch geben konnte.
Geodätische Arbeiten fanden in der westlichen Militär-Grenze u. z.
im Liccaner-, Otocaner-, Oguliner- und Sluiner-Grenzregimente statt. —
Sie bezweckten die Vervollständigung des I. Netzes und die Legung eines
Netzes II. und III. Ordnung zum Gebrauche der Katastral-Vermessung.
In Ober-Oesterreich wurde das Netz I. Ordnung zur Verbindung der
Basen bei Wiener-Neustadt und Innsbruck vollständig beendet, — und in
Ungarn das Hauptnetz, ausgehend von der Basis bei Wiener-Neustadt bis
Ofen gemessen, und in verschiedenen Theilen Punkte für die Militär-Auf-
nahme bestimmt.
Die in den Jahren 1856 und 1857 bewirkte Aufnahme des Fürsten-
tums Wallachei nach der gleichzeitig bewirkten Triangulirung in 112
Militär-Sections-Blätter zusammengestellt, rein gezeichnet und photographisch
copirt.
Hieran reihet sich die vom Hrn. k. k. Schulrath Dr. M. Becker herausge-
gebene Wandkarte des Kaiserthums Oesterreich.
Was sowohl dem täglichen wie dem Schulgebrauch erspriesslich sein
kann, bringt sie in reicher Fülle zu übersichtlich klarer Anschauung; in
ihrer Durchführung gleichmässig den Geographen, wie den Freund und
gewiegten Kenner der Schule beurkundend.
Von diesen häuslichen Arbeiten biethet sich der Uebergang zu eigent-
lichen Reisen durch heimische Kräfte.
Schon bei Gelegenheit des zu früh verblichenen Porth wurde erwähnt,
dass er den k. k. Bergrath F. Foetterl e auf einer Reise nach Klein-Asien
begleitet, welche dieser, als Mitglied der k. k. geologischen Reichsanstalt
zu Zwecken geologischer, sowie sich daran knüpfender bergmännischer
Forschungen unternahm , mit dem nächsten Zwecke der Constatirung von
Kohlenlagern und ihre Ausbeutung für Schiffahrtszwecke.
Herr Dr. Karl Kr eil, Director der k. k. Central-Anstalt für Meteo-
rologie und Erdmagnetismus, unternahm in Begleitung des Directors der
k. k. Marine-Sternwarte in Triest Hrn. Dr. Schaub eine Seereise auf
einem k. k. Kriegsschiffe in das schwarze Meer, um magnetische Beob-
achtungen auf diesem selbst, wie auch an den verschiedensten Küstenpunkten
anzustellen. Derselbe ist erst kürzlich auf der Donau zurückgekehrt.
Hieran reihen sich Reisen mehrerer Mitglieder der k. k. geologischen
Reichsanstalt im Laufe des Sommers nach Ober-Ungarn zu speciellen Zwecken
dieser Anstalt, von der auch die ausführlicheren Berichte erstattet werden.
Ebenso machte auch Hr. k. k. Bergrath M. V. Lipoid einen Ausflug nach
6 Jahresversammlung am 9. November 1858.
Cattaro, worüber der Bericht gleichfalls der geologischen Reichsanstalt zusteht,
sowie über die weitern sonstigen geologischen Aufnahmsreisen dieses Sommers.
Dahin gehört auch die auf Anregung des Herrn Dr. A. Schmidl
durch Seine kaiserliche Hoheit den durchlauchtigsten Herrn ErzherzogAlbr echt
in das Werk gesetzte Untersuchung des Biharer-Comitates, an welcher sich
die Herren Professoren Dr. Schmidl, Dr. Peters, Dr. Kern er und
J. Wastler betheiligten, die von Dr. Julius Schmidt auf eigene Kosten
unternommene Bereisung des Erdbebenkreises um Sillein in Ungarn, worüber
das 1. Heft 1858 unserer Mittheilungen eine Abhandlung enthält, und
woran sich eine Reise des Professors Jeitteles in Troppau anschliesst,
welche derselbe mit Unterstützung der kaiserlichen Academie der Wissen-
schaften zu gleichem Zwecke unternahm, und von der ein Bericht erst
vor ganz kurzem der letzteren zugekommen ist.
Der Professor am Ober -Gymnasium in Fiume Herr Dr. J. Lorenz,
uns bereits durch Untersuchungen über die Salzburger Torfmoore bekannt,
hat vergangenen Sommer, mit Unterstützung des k. k. Unterrichts-Mini-
steriums, eingehende Untersuchungen im Quarnero, in phisikalisch-geogra-
phischen, zoologischen, botanischen und geologischen Beziehungen ausge-
führt, hiebei mit anerkennenswerthester Liberalität durch den österr. Lloyd
gefördert, der ihm zur Befahrung ein eigenes Dampfboot zur Verfügung
stellte.
Die Anwesenheit des durch seine „Studien über Albanien" bekannten
k. k. Consuls in Syra, Hr. v. Hahn, gab der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften Veranlassung ihn zu geographischen Arbeiten zwischen Bel-
grad und Saloniki zu unterstützen, namentlich in den Thälern der Morawa
und des Wardar, und das deren beide Gebiethe trennende Gebirge, wovon
nicht nur eine belangreiche Erweiterung geographischer Kenntniss , sondern
auch die Lösung mancher Frage über Führung einer Eisenbahn nach Salo-
niki zu erwarten ist.
Auf eigene Kosten unternahm Hr. Professor Dr. Franz Unger eine
Reise nach Unter- und Ober-Aegypten, und gelangte auf dem Nil bis
Assuan. Auf der Rückreise besuchte er die Syrische Küste sowie Cypern
und Rhodus.
Der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften hat er bereits einen Vortrag
über das Alter der ägyptischen fossilen Hölzer, als ersten Reise-Erfolg vorgelegt.
Ihn begleitete theilweise Hr. Eckhold durch Beiträge des k. k.
Unterrichts-Ministeriums und mehrerer Gönner unterstüzt, denen auch unsere
Gesellschaft sich anschloss, so wie durch freie Fahrt auf der Südbahn und nach
Alexandrien gefördert. InCairo mit Herrn Unger zusammentreffend, begleitete er
ihn bis Assuan und stromabwärts zurück bis Edfu, wo sie sich trennten. Herr
Eckhold befindet sich noch in Cairo, von wo er Vegetations- Studien
ägyptischer Baumarten und eine Abhandlung über dortige Wald- und Wüsten-
cultur einsandte, die von Tafeln voll gelungener Charakteristik, von verschie-
denen Baum- und Waldparthien begleitet ist.
Einer der tüchtigsten Zoologen Oesterreichs Herr Dr. Schmarda ist
erst vor Kurzem von einer mehrjährigen Reise um die Erde zurückgekehrt.
Im Jahre 18o2 begleitete er Herrn Dr. F. Ritter v. Fried au nach Ceylon,
ging von da über Mauritius und die Capstadt nach Sidney und nach Neusee-
land, an die Westküste von Südamerika nach Chili und Peru, machte meh-
rere Ausflüge in die Andischen Condilleren, und kehrte über Panama zurück.
Die Mittel zu diesen Reisen hatte Herr Ritter v. Fried au ermöglicht, auf dessen
Fürst von Salm. 7
Schloss in Steiermark sich auch nunmehr die gemachten grossen zoolo-
gischen Sammlungen Schmarda's, voll des werthvollsten Materials, nament-
lich die niederen Thierklassen betreffend, befinden, von dessen Bearbeitung um so
mehr wissenschaftlicher Gewinn zu erwarten steht, als sich Hr. Schmarda
hiezu noch längere Zeit im Jardin des plantes in Paris, sehr eingehen-
den Vorbereitungsstudien unterzog.
Noch auf Reisen befinden sich von unsern Mitgliedern Dr. v. Tschudi
und Dr. Friesach seit längerer Zeit in Südamerika, dann Hr. August
Müller von und zu Aichholz in Syrien.
Mit dem allgemeinen umfassenden das Einzelne abschliessend, kann
ich Ihnen meine Herren über die Fahrt der k. k. Corvette Carolina
Folgendes mittheilen:
Als die Weltumseglungs-Expedition der k. k. Fregatte „Novara" beschlos-
sen wurde, erhielt die k. k. Corvette „Carolina" die Bestimmung anfäng-
lich die erstgenannte Fregatte zu begleiten, und sodann ihre Fahrt allein
nach den südamerikanischen Küsten zu maritimen Zwecken auszudehnen.
Aus Anlass dieser projektirten Excursion der Corvette „Carolina" fand sich
Seine kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand
Maximilian allergnädigst veranlasst, die Benützung der projektirten Reise
der „Carolina" zu handelspolitischen Zwecken in Anregung zu bringen,
worauf mit Allergnädigster Zustimmung Seiner kaiserlichen Hoheit die
Entsendung des Handels-Agenten Herrn Ferd. Fabel auf der Corvette
„Carolina" behufs Anbahnung kommerzieller Verbindungen zwischen Oester-
reich und den südamerikanischen Staaten beschlossen wurde.
Am 30. April 1857 verliess die Corvette „Carolina" den Hafen von
Triest.
Am 8. August 1857 Ankunft in Bahia.
Aufenthalt daselbst bis 31. August 1857.
In Bahia hat der Handels-Agent Hrn. Fabel die erste Aufstellung der
ihm mitgegebenen Mustersammlung österreichischer Waaren und Fabrikate
veranstaltet.
Bis zum 31. August war die Corvette „Carolina" 79 Tage in See
gewesen, und 49 Tage in verschiedenen Häfen vor Anker gelegen.
Am 8. September 1857 Ankunft der „Carolina" in Rio de Janeiro.
In der brasilischen Hauptstadt veranstaltete Fabel abermals eine
Ausstellung österreichischer Waarenmuster, und trennte sich von der „Caro-
lina", um Behufs Realisirung seiner kommerziellen Zwecke seinen Aufent-
halt in Rio de Janeiro zu verlängern.
Der Tag des Abganges der „Carolina" von Rio de Janeiro ist unbekannt.
Am 17. November 1857 erfolgte die Abreise der „Carolina" von
Montevideo.
Am 13. April 1858 traf die Corvette Carolina in Gibraltar wieder
im Mittelmeere ein.
Nenne ich noch die Expedition um die Welt der k. k. Fregatte
„Novara", so berühre ich einen Gegenstand, der uns nur mit erhebenden
Empfindungen erfüllen kann. Mit tiefster Theilnahme, von Zeit zu Zeit
durch die bereits eingegangenen Berichte angefrischt, folgen ihr unsere
Gedanken, die jetzt wahrscheinlich schon das stille Meer in seinem süd-
lichen Theil durchfurcht, unter Führung eines ebenso tüchtigen Seemanns
als Gelehrten, des Commodors v. Wüllerstorf, schon im zweiten Sta-
8 Jahresversammlung am 9. November lö58.
dium ihrer Aufgabe begriffen ist, in jener Hälfte ihrer Fahrt, die schon
die Aussicht gibt, bald die Segel heimwärts zu stellen, da dem Plane nach
die Rückkehr um das Cap Hörn erfolgen soll. Gott geleite das gute Schiff
und die guten Männer die es trägt!
In ganz kurzer Uebersicht entnehme ich noch Petermanns Mit-
theilungen einige Notizen über geographische Reisen und Arbeiten, die
auf den Antheil des Jahres 1858 fallen.
Für Europa finden wir die Angabe der Arbeiten , welche im Laufe
der nächsten Zeit durch das topographische Bureau des königlich preus-
sischen Generalstabs zur Ausführung kommen sollen:
1. Vollständige Aufnahme der Hohenzoller'schen Fürstenthümer, für eine
Karte im Massstab von 1 : 50.000.
2. Beendigung der Bemessung der Altmark, um im Jahre 1859 die Pro-
vinz Preussen mit allen Kräften anfassen zu können.
3. Vollendung und Revision der Aufnahme der Umgegend von Berlin,
um sie wie 1 : 50,000 in Kupfer zu graviren.
4. Umfassende Versuche in Anwendung der Photographie zu Zwecken des
topographischen Bureaus.
Beiträge zur Bestimmung der Seehöhe von Dresden.
In Russland sind seit vergangenem Jahre 51 Generalstabs -Offiziere
in eben so viele Gouvernements abgeschickt worden, um deren statistische
Beschreibungen zu revidiren und nach einem neuen Programm zusammenzu-
stellen. Diese sollen dann mit Karten in russischer Sprache in die Oeffent-
lichkeit kommen.
Arbeiten des kaiserlich russischen Generalstabs und topographischen
Kriegsdepots:
1. Trigonometrische Netze in den Gouvernements Kostroma von Woronesch,
und längst der Wolga von Sanatow bis Simbirsk. Im Sanatow'schen
Gouvernement zur Anknüpfung an die Triangulation der Gouv. Woronesch,
Tambow und Pensa.
2. Zwei chronometrische und astronomische Expeditionen in die Gouv.
Wologda und Wiätka, wo an 100 Punkte bestimmt werden sollen.
3. Topographische Aufnahme der Gouv. Poltawa, Gorkoff und Esthland
im Maassstab 1 : 42000 (1 Werst = 1 engl. Zoll).
4. In Sibirien, dem Kaukasus u. s. w. Fortsetzung der topographischen
Arbeiten. Von den Graveuren werden heuer noch Smolensk und
Kaluga, vielleicht auch Witegsk vollendet. Im Maassstab von 1 : 126,000
(3 Werst = 1 engl. Zoll).
In Asien sind neueste Nachrichten über Roths Reisen, aber auch die
seines Todes, der am 26. Juni erfolgte.
Ferner Cühdorfs Schilderung der Wichtigkeit des russischen Besitzes
am Amur und einer Reise von dessen Mündung nach Moskau.
Für Afrika sind mehrere Reisen theils beabsichtigt, wie Maccarthys
theils im Zuge, wie August Rösche rs von Hamburg, in Chaillus im äqua-
torialen Theil, dann Burtons Reise von der Ostküste gegen den innerafri-
kanischen See. Gemeldet wird Neimanns Tod in Cairo am 15. März. In
Aussicht wird die Herausgabe der Reisen von Ladislaus Magyar gestellt,
dessen seltsam genug Livingstone gar nicht erwähnt.
In Amerika reist Herr L. Pückler in den Andesregionen.
In Australien hat die Regierung der Niederlande eine Expedition nach
Fürst von Salm. 9
Neu-Guinea abgeschickt, zum doppelten Zweck eine Niederlassung zu gründen,
als auch zur Anstellung wissenschaftlicher Untersuchungen.
Als Neuestes gelangte an unsern Altmeister Alexander vonHumbo ld t durch
den Consul in Bombay die telegraphische Nachricht, dass auf Befehl des
John Lawrenec und unter dem Commando Lord William Hay's von Simla
eine Expedition abgefertigt wird, um Adolph Schlagintweit aufzusuchen.
Noch ist also ein günstiger Erfolg vielleicht zu hoffen !
Niemand mehr als ich selbst meine Herren fühlt und bedauert mehr
die unerquickliche Trockenheit dieses summarischen Details, aber die Zeit
ist mir zugemessen und ich habe Ihre Geduld vielleicht schon über Gebühr
in Anspruch genommen. Wo ich irrte oder etwas übersah oder sonst eine
Ergänzung nöthig würde, soll sie noch vor der Drucklegung verbessernd
eintreten.
Gestatten Sie mir zum Schlüsse eilend, noch einige wenige abrundende
Worte :
Mit Recht nannte Linne die Botanik die Scientia amabilis , mit
gleichem Rechte, ja in noch höherem Sinne wäre der Geographie diese
Bezeichnung zu vindiziren. Ist jene das blühende Mädchen, so strahlt
diese, eine Königin, in voller Pracht matronalen Reizes, in strengerer
Reife und dennoch in vollendeter Liebenswürdigkeit. Mit noch manchen
andern führt sie auch die Wissenschaft der Botanik in ihrem Gefolge
und neben ihr geht, auf ihre Schulter gestützt, Staatskunst, in einer
Hand die Feder , das Schwert in der andern , den Adlerblick in die
Ferne gerichtet.
Was ich Ihnen so eben von geographischen Leistungen aufgezählt,
reiht sich von selbst nach drei Kategorien. Es ist die Arbeit sinnender
Wissenschaft, die bei nächtlicher Lampe die Kunde von Wegen und
Stegen der Welt verarbeitet, die Gesetze erforscht, nach denen sich deren
Wesen und Art dargestellt und diess Alles in Umrissen dem Auge über-
sichtlich fasslich, festzuhalten sucht. Bald zeigen sich Lücken in einer
oder der andern Art, diese zu ergänzen, eröffnet der wandernde Handel
ein Folium für Geographie, worin er einzeln zu Buche bringt , woraus
ihm wieder die Wissenschaft ein organisches Ganze zum Gesammtgewinn
heranbildet. Ja sie begeistert kühne Herzen, um ihretwillen allein weite
Meere unter neuen Sternbildern nach unbekannten Küsten zu durchfor-
schen, durch pfadlose Wüsten zu dringen, bis auch diese , dem schon
Bekannten sich anschliessend, dieses fortzusetzen und zu ergänzen. Dieses
möchte ich practische Geographie nennen , die von der Wissenschaft
geführt, ihr Reich durch entdeckende Thaten erweitert.
Nun tritt eine Praxis noch höherer Potenz hinzu, und wie alle
Exponentialgrössen, nur in seltenen Fällen nach der rationalen Einfachheit
elementarer Rechnungsweise aufzufassen und zu berechnen. Es ist dieses
erobernde Geographie , wie sie einst vorzugsweise Spanien und England
nach Westen und Osten getrieben , damit die Wissenschaft für ewig
bereicherten, aber in ihren practischen Resultaten, sie eben auch nur krie-
gerisch zu behaupten vermögen.
So wurde in neuesten Tagen wieder das märchenhafte Indien unse-
rem Tagesinteresse schaudervoll näher gerückt, so nährt das ferne China
die Spalten der Zeitungen mit willkommener Speise, so hat Russland an
den Ufern des, bisher eben nur dem Namen nach bekannten, Amur,
im Stillen die Gründe einer Besitzergreifung gelegt, die uns nun schon
10 Jahresversammlung am 9. November 1858.
als vollendete Thatsache entgegentritt, ehe noch ihr Beginn so recht zur
gesprächsweisen Kenntniss der Welt gediehen war.
Diess meine Herren, sind Ereignisse von weit grösserer als der
nächst sichtbaren Tragweite. Wir stehen eben wieder an einem der grossen
Wendepunkte der Weltgeschichte.
Seit mit dem unergründlich geheimnissvollen Ereigniss, von dem der
Welt die Rechnung einer neuen Zeit darum zu Theil wurde, weil erst
von da an eine geistige Einheit, Stammesgeschichten zur Weltgeschichte
zusammenzubinden und fügen begann, können wir ein Hin- und Zurückwogen
derselben, in grossartigem Verhältniss fast regelmässige Strömungen von
Osten nach Westen und wieder von Westen nach Osten verfolgen.
Von Osten drang das Christenthum nach Westen, und bald nach
ihm der Strom bisher unbekannter Stämme in der Völkerwanderung,
bestimmt dessen Träger in staatlichem Boden zu werden. Kaum in Europa
gefestigt, trieb ein dunkler Instinct die Völker in den Kreuzzügen wieder
nach Osten, das Grab des Erlösers aus den Fäusten der letzten Nach-
zügler der Völkerwanderung, Seldschuckischer Fürsten, zu retten.
Ohne dauernden Erfolg an Ermattung verendet, hatten sie doch den
Kriegseifer Türkischer und später Mongolischer Horden geweckt, die wieder
in gewaltigen Strömen nach Westen zuflutheten. Die stolze Byzanz war
gefallen, flüchtend drängte die antike Bildung, ein geistiger Strom nach
Westen. Nach Westen drang durch Columbus wachgerufen das Streben
der Conquistadoren nach einem geträumten Eldorado. Nach Westen brach-
ten Holland und England die Keime heimischer Staatseinrichtungen, bis sie
ihnen in errungener Selbstständigkeit über den Kopf wuchsen.
Nach mancherlei Zwischenfallen, welche auszuführen die Zeit mir
nicht erlaubt, die aber alle nur das Gemälde vollenden, von dem mir
nur eine Andeutung der äussersten Umrisse vergönnt bleibt, stehen wir
nun wieder an dem Punkte des nach Osten rückfluthenden Weltstromes.
Diess ist die Bedeutung der jetzigen Tage, darum wird, wenn nicht
England, so doch Europa, wie in Indien , so in China endlich siegen.
Darum wird der uralte Landzusainmenhang zweier Welttheile gelöst und
das Land bei Suez durchschnitten. Darum entsteht ein zweites junges
Russland am Amur, um bald Japan die Hand zur allgemeinen Verbrüde-
rung zu bieten, wo es sich zunächst mit Amerika begegnen wird , wel-
ches dann von dieser Seite in einem nächsten Weltenalter den Sturm
und Drang nach seinem Westen zu uns herüber beginnen wird.
Doch meine Herren ich bemerke wie mich Phantasie über die,
vielleicht erlaubten Gränzen führt. Lächelnd wird wohl Mancher fragen,
wie ein einfacher Jahresbericht der Anlass sein konnte, sich bis zu Deu-
tungen der Zukunft zu versteigen? Indess meine Herren nehmen Sie es
mit Nachsicht auf, wenn ein Drang mich vielleicht zu weit führte, den
Sie an sich nicht verdammen werden, den Drang, auch beim kleinsten
Einzelnen, sich eines grossen Ganzen und organischen Zusammenhanges
instinctartig bewusst zu werden."
Hierauf las der erste Secretär Herr k. k. Bergrath F. Foetterle
folgenden von ihm verfassten, und vom Ausschusse gut geheissenen
Rechenschaftsbericht über das vergangene Vereinsjahr 1858.
Meine Herren!
„Ich habe die Ehre, Ihnen heute den Rechenschaftsbericht über die
Thätigkeit unserer geographischen Gesellschaft in dem vergangenen zwei-
F. Foetterle. 1 i
ten Jahre ihres Bestehens, sowie über ihre inneren Angelegenheiten und
ihre Finanzen vorzutragen. Ich kann diess mit um so mehr Befriedigung
thun, als ich Ihnen meine Herren nur Erfreuliches zu berichten habe,
aus dem sie entnehmen werden, dass die Thätigkeit der Gesellschaft
zwar in einer langsamen, aber um desto sicherern Zunahme begriffen ist;
dass sie nicht mehr den Schwankungen unterliegt, welche so häufig bei
neuen Gesellschaften oft durch unbedeutenden äusseren, oft persönlichen
Einfluss während einiger Zeit eintreten, und kürzer oder länger andauern.
Mit voller Beruhigung können wir Unsere Gesellschaft als consolidirt
betrachten. Wir geniessen noch fortwährend die Begünstigung der freien
Benützung des Lokales zowohl zu Versammlungen , wie zur Bib-
liothek, und verdanken sie dem Wohlwollen Sr. Excellenz des Herrn
Ministers des Innern, Freiherrn v. Bach, und unserem hochverehrten
ersten Präsidenten und gegenwärtigen Vicepräsidenten Herrn Sectionsrathe
W. Haidinger. Die bedeutende Zunahme der Mitglieder gibt uns einen
erfreulichen Beweis für das Wachsen der Theilnahme an den Interessen
der Gesellschaft auch ausserhalb dem Kreise ihrer Thätigkeit, sowie die
bedeutende Vermehrung der Verbindung mit anderen Gesellschaften und
Instituten uns ein erfreulicher Beweiss ist, dass man auch unseren Pub-
licationen einen Werth beilegt, und ihren Inhalt beachtet. Sowohl die
Anzahl von Vorträgen in den allgemeinen Versammlungen, wie die Anzahl
der Beiträge zu den Abhandlungen haben sich in einer Weise gemehrt,
dass es mir möglich wurde, von den Mittheilungen statt 2 Heften wie
im vergangenen Jahre, 3 Hefte für den 2. Band abzuschliessen. Einen
ebenso erfreulichen Fortschritt zeigt die Seele des Bestandes der Gesell-
schaft, die finanzielle Seite, denn mit der Vermehrung der Mitglieder ist
auch eine Vermehrung der Beiträge eingetreten, und wir haben heute
keine Klage über allzu viele Versäumniss der Beitragsleistung für das
vergangene Jahr zu führen.
Ich übergehe nun zu den einzelnen Geschäftsabtheilungen, und will
mich etwas weitläufiger bei jedem derselben einlassen.
Die Gesammtanzahl der Mitglieder der Gesellschaft sowohl ausser-
ordentliche wie ordentliche belief sich im Laufe des vergangenen Gesell-
schaftsjahres, wie aus dem betreffenden Rechenschaftsberichte und aus
dem im ersten Band der Gesellschaftsschriften enthaltenen Mitglieder-Ver-
zeichnisse ersichtlich ist, auf 321, wovon 16 ausserordentliche mit einem
Gesammtbeitrage von 229 Gulden C. M., und 305 ordentliche; von diesen
hatten 94 ausserhalb Wien in Oesterreich, und 5 ausserhalb der öster-
reichischen Monarchie in den andern Staaten Europas ihren Wohnsitz
aufgeschlagen. Seit jener Zeit bis zu Ende October des 1. J. sind neuer-
dings der Gesellschaft 65, wovon 2 als ausserordentliche Mitglieder bei-
getreten. Freilich hat die Gesellschaft auch den Verlust von 4 Mitglie-
dern durch den Tod zu beklagen, (der Herren Freiherrn von Reden,
P. G. F i t z i n g e r, Professor E. Zdobinsky, und E. Port h), während 9 andere
Herren aus der Reihe der Mitglieder sich ausscheiden Hessen. Es ver-
blieben demnach am Schlüsse des vergangenen Monates 374 Mitglieder,
wovon 18 ausserordentliche mit einem Gesammtjahresbeitrage von 264
Gulden (277.20 Gulden Oesterreichische Währung) und 356 ordent-
liche. Von der Gesammtzahl sind 54 k. k. Offiziere. Es dürfte hier nicht
ohne Interesse sein zu erfahren, in welchem Verhältnisse die Betheiligung
an der Gesellschaft in geographischer Verbreitung zunimmt, was aus fol-
\2 Jahresversammlung am 9. November 1858.
genden Zahlen ersichtlich sein mag. Wie es in der Natur der Sache
selbst liegt, hat dieselbe innerhalb der Residenz am stärksten zugenom-
men, denn gegenwärtig wohnen von den 374 Mitgliedern 253 in Wien,
7 wohnen im Ausland in den Städten Augsburg, Coburg, Constantinopel,
Ellwangen, Florenz, Plönen und Warschau; und 114 in 51 verschiede-
nen Ortschaften der österreichischen Monarchie, u. z. in Agram, Baden,
Bistritz bei Teschen, Bochnia, Czernowitz, Dubnik bei Eperies, Edlitz bei
Neunkirchen, Ellbogen, Eggendorf im Traunkreis, Gratz, Gresten , Heral-
titz bei Trebitsch, Hruschau bei M. Ostrau, Innsbruck, Jaworzno, Joa-
chimsthal, Keszthely, Krakau, Kremsmünster, Laybach, Lemberg, Linz,
Mailand, Mauer, Oberalm, Oberschützen, Oedenburg, Ofen, Ollmütz, Padua,
Pest, Pilsen, Prag, Prerau , Pressburg, Przibram, Sappada bei Auronzo
Schemnitz, Schmöllnitz, Steyr, Szemered, Szigeth Marmaros, Temesvar,
Triest, Tschars in Tyrol, Udine, Warasdin, Venedig, Vinkovce, Wr. Neu-
stadt, Witkowitz und Zara; unter diesen Orten ist wieder Triest durch
15, Prag durch 8, Pest, Pressburg und Ollmütz durch je 5 Mitglieder
am zahlreichsten vertreten.
Da die Bibliothek eine der wichtigsten Besitzungen und geistigen
Mittel einer Gesellschaft ist, so wurde ihrer Vermehrung und ihrer zweck-
mässigen Instandhaltung besondere Sorgfalt gewidmet. Die Möglichkeit der
ersteren wurde durch die zahlreichen Geschenke hochverehrter Gönner
und Freunde erleichtert, wozu unsere verehrten Ehren-, correspondirenden,
wie wirklichen Mitglieder beitrugen. Die Ordnung der Bibliothek, wie die
Führung des allgemeinen alphabetischen Kataloges, des Zettlkataloges und des
Realkataloges verdanke ich vorzüglich beinahe einzig dem ungemein grossen
Eifer und Thätigkeit unseres Scriptors Herrn A. Senonner.
Es freut mich ungemein, Ihnen meine Herren die angenehme Mittheilung
machen zu können, dass der Stand der Gesellschaftsbibliothek sich im
Laufe des vergangenen Jahres mehr als verdoppelt hat, was aus dem
nachfolgenden Vergleiche am deutlichsten ersichtlich ist.
Der Stand der Bibliothek betrug
,,T , .± t... , an Karten, bestehend
an Werken mit Banden „,.. m-.u
Planen etc. aus Blattern
zu Ende des Vereinsjahres 1857 262 979 46 320.
zu Ende des Vereinsjahres 1858 775 2011 77 421.
daher beträgt die Vermehrung 513 1032 31 101.
Aus eigenen Geldmitteln konnte leider auch dieses Jahr fast gar
nichts beigetragen werden.
Gewiss werden Sie meine Herren mir alle beistimmen, wenn ich
hier in Ihrer Aller Namen den hochverehrten Gebern den verbindlichsten
Dank der Gesellschaft ausdrücke, denen unsere Bibliothek so viele und
werthvolle Werke, welche Ihnen grösstentheils bereits in den einzelnen
Monatsversammlungen vorgelegt wurden, verdankt; und sie alle hier noch-
mals nenne, wenn sie Ihnen auch aus den bereits erfolgten Vorlagen
bekannt sein werden; es sind die Herren: Abich H. in St. Petersburg,
Angelrodt in St. Louis, d'Aveeac in Paris, Artaria A., Se. Excellenz A. Freih.
von Bach in Wien , Baeyer in Berlin, Bauer E. in Triest, Brachelli H., Graf A.
Breonner in Wien,v. Balbi E. in Venedig, v. Costa D. E. H. in Laybach, Freih. v.
Cioernigin Wien,R.Danmas,K.DanssyinParis,Fr. v. Demidoff in WTien, Dietz B. in
Karlsruhe, Erdmann in Stockholm, Ermann Dr. A. in Berlin, Flügel Dr. F. in
Leipzig, Forchhammer Dr. P. in Kiel, Fritsch K., Fitiinger G. in Wien, Graham
F. Foetterle. 13
C. in London, (irrewink Dr. in Dorpat, Haidinger W. in Wien, Helmersen G. in
St. Petersburg, Se. Excellenz Freih. v. Hietzinger K., Freih. v. Hingenan, R.Heufler
L., v. Hönigsberg Dr. R., Heinzel in Wien, Hölzel in Ollmütz, v. Jochmas in
London, Kästner L. in Wien, Kiepert H. in Berlin, Rornhuber Dr. G. A. in Press-
burg, Roristka B. in Prag, L. Freiin v. Kotz in Prag, ftocziczka W. in Krakau.
de Lesseps F. in Paris, Löwenthal J. in Wien, Lorenz Dr. J. in Fiume, Loosey K.
in New- York, Mayr Dr. B. in Pest, Malte Brnn in Paris, Metger Dr. J. in Han-
nover, Mühry Dr. A. in Göttingen, Mnrchison Sir R. J. in London, Nardi Dr.
F. v. in Rom. Negrelli F. R. v., Papen K. in Frankfurt, Palacky Dr. J. in Prag,
Paleocapa in Turin, Perthes J. in Gotha, Patloch 0. inDubnik, Pipitz Dr. J.
in Triest, de Rivero, Ritter K. in Berlin. Salzbacher Dr. J. in Wien, Schröckin-
ger Ritter von, Schwarz Georg in Wien, Varnhagen in Paris, Wenzig J. in
Prag, Wurzbach Dr. C. v. in Wien, Zeithammer A. in Agram, Ziegler J. M. in
Winterthur. —
Eine andere ebenso reiche wie werthvolle Quelle des Zuflusses für
die Bibliothek bilden die zahlreichen Druckschriften, welche der Gesellschaft
von den verschiedenen Gesellschaften und Instituten des In- und Auslandes
als Gegensendungen für die eigenen Mittheilungen zukommen; aus dem
nachfolgenden Verzeichnisse dieser Institute und Gesellschaften wollen Sie
die Ausdehnung der Verbindungen entnehmen, welche zu dem Zwecke
der Bereicherung unserer Bibliothek, so wie zur Verbreitung der eigenen
Druckschriften eingeleitet wurden."
Verzeichniss
der verschiedenen Institute, Gesellschaften u. s. w., mit welchem die k. k.
geographische Gesellschaft in Schriftentausch getreten ist.
a. Im Inlande:
Agram , k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft.
Brunn, k. k. M. schl. Gesellschaft für Ackerbau, Natur- und Landeskunde.
„ Statistisch historische Section der „ „
„ Forstsection der k. k. „ „
„ Werner- Verein zur geologischen Durchforschung von Mähren und Schlesien.
Czernowitz, k. k. Ober-Gymnasium.
„ Verein für Landeskultur und Landeskunde.
Gratz , k. k. Landwirthschaftsgesellschaft.
Heruiannstadt, Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften.
Innsbruck , Ferdinandeum.
Riagenfurt , k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft.
Lavbach, Historischer Verein für Krain.
Lemberg, k. k. Ackerbau-Gesellschaft.
Linz, Museum Francisco Carolinum.
„ k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft.
Mailand, J. r. Instituto Lombardo.
„ Academia physico-medico-statistica.
Pesth, Ungarische Akademie der Wissenschaften.
„ Redaction des Pesth'er Lloyd.
Prag, k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften.
„ Naturhistorischer Verein „Lotos".
„ k. k. patriot. ökonomische Gesellschaft.
Pressburg, Städtische Ober-Realschule.
„ Verein für Naturkunde.
„ Ungarischer Forstverein.
Venedig, J. r. Instituto Veneto.
,, Collegium der Mechitaristen auf S. Lazaro.
Verona, Academia dell' agricoltura, delle scienze di commeracio-
Wien, k, k. Direction für administrative Statistik.
14 Jahresversammlung am 9. November 1858.
Wien k. k. geologische Reichsanstalt.
„ k. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.
,, k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft.
„ k. k. n. öst. Gewerbe-Verein.
„ Redaction der Austria.
5, „ der österr. botanischen Monatschrift.
Und die Handelskammern zu: Agram, Bergamo, Botzen, Brescia, Brunn, Budweis, Chia-
venna, Como, Cremona, Czernowitz. Fiume, Gratz, Klausenburg, Kronstadt, Laybach.
Leoben, Linz, Lodi, Mailand, Oedenburg, Ollmütz, Padua, Pavia, Pesth, Pilsen, Prag,
Rovigo, Salzburg, Temesvar, Treviso, Triest, Troppau, Udine, Verona, Vicenza und Wien,
b. Im Auslande.
Albany, New- York State Library.
Amsterdam', N. Akademie der Wissenschaften.
Barmen , Rheinische Missions-Gesellschaft.
Berlin, Gesellschaft für Erdkunde.
Bologna, Academia delle science.
Boston, American Academy of arts and sciences.
Breslau, k. Universität.
„ schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur.
Brüssel , k. Akademie der Wissenschaften.
,, k. Central-Commission für Statistik.
Cambridge American Association for the advancement of science.
„ Haward College.
Darmstadt, Gesellschaft für Erdkunde und verwandte Wissenschaften.
Frankfurt a. M., Geographischer Verein.
„ Ravenstein's geographische Anstalt.
Görlitz, Naturforschende Gesellschaft.
Gotha, Justus Perthes 's geographische Anstalt.
Bannau , Wetterau'sche Gesellschaft für die gesammte Naturkunde.
Karlsruhe, das grossherzogliche Ministerium.
London, Royal Society.
„ Asiatic Society of Great Britain and Irland.
,, Ethnological Society.
}} Statistical Society.
„ Geographical Society.
„ Mission Society.
„ Britisch Evangelical Society.
Moskau, kais. Naturforschende Gesellschaft.
München, k. Akademie der Wissenschaften.
Neubrandenburg, Verein der Freunde der Naturwissenschaften.
New-Haweu, the Editor of the American Journal.
New- York, Geographical Society.
„ American Ethnographical Society.
,, Redaction der Mission Intelligencer.
Paris, Soci6t6 de la Geographie.
,, Soci6te pour la propagation de la foi.
St. Louis (Missouri), Academy of sciences.
St. Petersburg, k. russ. geographische Gesellschaft.
Philadelphia, Franklin Institute.
,, American Philosophical Society.
,, Geological Society.
Turin, Redaction des Bolletino dell' Istmo di Suez.
Washington, Smithsonian Institution.
„ Patent-Oflice.
,, War Departement.
„ National Observatory and Hydrographical Office.
„ U. St. Coast Survey.
Wiesbaden , Verein für Naturkunde.
„Es sind demnach 119 verschiedene Institute und Gesellschaften, wovon
47 in 28 verschiedenen Orten im Auslande, und 72 in 42 verschiedenen
Orten im Inlande, mit welchen unsere Gesellschaft in Verbindung steht,
welchen sie ihre Mittheilungen zusendet, und von welchen sie bereits ihre
Druckschriften erhalten hat, oder deren Zusendung in naher Aussicht steht.
F. Foetterle. 15
Von den ausländischen Gesellschaften und Instituten erlaube ich mir nament-
lich auf die zahlreiche Vertretung der Nordamerikanischen aufmerksam zu
machen; die Gesellschaft verdankt die Herstellung dieser Verbindung dem
unermüdlichen Eifer und der regen Theilnahme unseres correspondirenden
Mitgliedes des k. k. österreichischen General-Consuls zu New-York Hrn.
Karl Loosey, und des nordamerikanischen General-Consuls zu Leipzig
Hrn. Dr. Flügel, denen die Gesellschaft hiefür zu grösstem Danke ver-
pflichtet ist.
Vergleicht man die diessjährigen mit den vorjährigen Verbindungen
zum gegenseitigen Schriftenaustausche und Verkehre, so zeigt es sich,
dass am Schlüsse dieses Jahres im Inlande mit 65, und im Auslande mit
39 verschiedenen Instituten und Gesellschaften mehr Verbindungen einge-
leitet waren, als am Schlüsse des vergangenen Jahres, und ich bin fort-
während bemüht, diese sowohl für die Bibliothek nützlichen, wie die
Gesellschaft selbst sehr ehrenden Verbindungen fortwährend auszudehnen.
Auch unser kleines Nubisches Museum hat zu Anfang des Jahres
durch Herrn Hansal's Geschenk eine nicht unwesentliche Vermehrung
erhalten. Diese besteht aus folgenden ethnographischen Gegenständen:
10 vergiftete Pfeile, 29 eiserne Pfeile, 4 grosse Bogen, u. z. 2 von
den Bari, und 2 von den Tschier, 8 eiserne Lanzen der Bari, (2 des
Nemnemstammes), 1 ganz aus Eisen verfertigte Wurfpflanze, 1 Zauberstab
eines Regenmachers, 2 Eisenhacken, welche auf die Feinde geschleudert
werden, 1 Keule von schwarzem Eisenholz, 1 Pfeifenrohr, 1 junger Stamm
des schwimmenden Ambackholzes, 2Rahad, 1 Negerflöte, 2 Pfeifen, welche
die Bari bei ihrem Gesänge brauchen, 1 Streitaxt mit einer Gabel zum
Eindrücken der Augen des Feindes, 1 Zierstab der Heliab, 1 Keule der
Schilluk von schwerem gelben Holze, 1 lederner Riemen, welcher als
Abzeichen des Haus- und Besitzstandes getragen wird, 1 Schild der östlich
vom Barilande wohnenden Bern aus dem Rückentheile einer Giraffenhaut
und mehrere Hausgeräthe, Schmuck und Ziersachen.
Einen ebenso erfreulichen Fortgang habe ich die Ehre, Ihnen meine
Herren, über die eigenen Druckschriften der Gesellschaft, die Mittheilun-
gen, zu berichten. Im Laufe des Jahres wurden zwei Hefte des 2. Bandes
vollendet und versendet, ein drittes Heft wurde am 31. October als Schlussheft
des 2. Bandes abgeschlossen, und ist zum grössten Theile schon gesetzt,
so dass ich in kurzer Zeit die Ehre haben werde, es Ihnen vorlegen zu
können. Ich verdanke vielen unserer hochverehrten Herren Mitglieder werth-
volle Beiträge wie den Herren Dr. A. Alth, F. Simony, J. M. Gug-
genberger, A. Steinhauser, Th. Kotschy, Dr. J. Schmidt, A. E.
Zhis hinan, Dr. L. F. Kämtz und unseren Novara-Reisenden, dem Hrn.
Commodore v. Wüllerstorf selbst und Dr. K. Scherzer und erlaube
mir hier allen diesen Herren meinen besonderen Dank auszudrücken. Wie
in dem vorjährigen ersten Bande, sehen wir auch in dem zweiten die
Richtung gleichsam angedeutet, welche für unsere geographische Gesell-
schaft gleichsam vorgezeichnet ist, denn auch hier herrscht unser eigenes
schönes Kaiserreich so wie der Osten vor, da unter den 16 Abhandlun-
gen 6 auf die österreichische Monarchie, 6 auf Asien, 1 auf Afrika sich
beziehen, und 3 mehr allgemeinen Inhaltes sind.
Wir sind aber auch denjenigen Herren zu besonderem Danke ver-
pflichtet, welche durch das lebendige Wort in den allgemeinen Versamm-
lungen so viel zu unserer Belehrung und geistigen Unterhaltung beitrugen.
16 Jahresversammlung am 9. November 1858.
Mit wahrer Befriedigung werden Sie meine Herren sowohl aus der
Abtheilung der Abhandlungen, wie der Sitzungsberichte entnehmen, dass
auch in dieser und gewiss der wichtigsten Abtheilung der Wirksamkeit
unserer Gesellschaft die Leistungen des eben vergangenen nicht hinter
denen des Vorjahres geblieben sind, und ich kann nur die Herren ein-
laden, auch in dem nun zu beginnenden Jahre eine eben grosse Theil-
nahme an der Thatigkeit der Gesellschaft entwickeln zu wollen.
Ich kann nicht umhin, hier meinem hochverehrten Freunde, unserem
allverehrten Hrn. Vice-Präsidenten Sectionsrath Haidinger, sowie den
Herren Ausschussmitgliedern Schulrath Dr. M. Becker und Bergrath F. v. Hauer
meinen verbindlichsten Dank auszudrücken für die Bereitwilligkeit, mit der
sie sich während meiner längeren Abwesenheit der Redaction der Mitthei-
lungen, und den Secretariatsgeschäften unterzogen.
Was die Vertheilung der Druckschriften betrifft, so wurde sie in
diesem Jahre folgender Massen vorgenommen:
Von dem ersten Jahrgange wurde ausser den bereits in dem Rechen-
schaftsberichte vom vorigen Jahre ausgewiesenen 41 2 Exemplaren noch Yertheilt
12 an Mitglieder des kaiserlichen Hauses und an Ehrenmitglieder,
48 an neu eingetretene Mitglieder,
78 an Gesellschaften, mit welchen Verbindungen angeknüpft wurden.
550 Exemplare des 1. Bandes wurden demnach bisher vertheilt und es bleiben
450 Exemplare als Rest der ganzen Auflage.
Von dem zweiten Bande wurden vertheilt:
374 an die ausserordentlichen und ordentlichen Mitglieder ,
31 an die Mitglieder des allerhöchsten Kaiserhauses und an mehrere
Ehrenmitglieder,
119 an verschiedene Gesellschaften und Institute; daher
524 Exemplare im Ganzen und es bleiben
476 Exemplare als Rest der ganzen Auflage übrig.
Was den Stand der Kasse der Gesellschaft, sowie die Einnahmen
und Ausgaben im Laufe dieses Jahres betrifft, so habe ich die Ehre,
Ihnen meine Herren im Nachfolgenden einen Auszug der von den Herren
Censoren revidirten Jahresrechnung, welche wir den freundlichen Bemü-
hungen des Herrn Rechnungsführers E. Hornig und des Herrn Kassiers
A. Artaria verdanken, im Nachfolgenden mitzutheilen:
Einnahmen»
Kassarest vom Jahre 1857 , . . . 1011 fl. 37 kr.
Jahresbeiträge 1919 „ — „
Zinsen von Obligationen 20 „ 42 „
Summa 2951 „ 19 „
Ausgaben.
Druck der Mittheilungen . 1546 fl. 46 kr.
Kanzlei-Erfordernisse . 87 „ 32 „
Remuneration des Scriptor 200 „ — „
„ des Vereinsdieners ........ 100 „ — „
Auslagen für Bibliothek 88 „ — „
Postporto 199 „ 40 „
Reise-Unterstützung 150 „ — „
Summa 2371 „ 58 „
Es verbleibt demnach ein Rest von 579 fl. 21 kr., wovon 160 fl.
CMze. in 5% Obligationen, für die Einnahmen von 1859: rechnet man
F. Foetterle. 17
hiezu die Beiträge von 18 ausserordentlichen Mitgliedern mit 264 fl. , die
Zinsen der lebenslänglichen Einzahlungen von 3 Mitgliedern mit 15 fl. und
die Jahresbeiträge von 353 ordentlichen Mitgliedern, mit 1765 Gulden,
so haben wir eine Einnahme für das Jahr 1859 von 2623 Gulden CMze.,
ungerechnet der noch sicher zu erwartenden Einnahme von Beiträgen neu
eintretender Mitglieder. Es erscheint diese Summe im Vergleiche mit der
vorjährigen Einnahme von 2951 fl. 19 kr. zwar um 328 fl. geringer,
allein wenn man bedenkt, dass am Schlüsse des vergangenen Jahres ein
Rest von 1011 Gulden von einer zweijährigen Einnahme, und einer blos
einjährigen Ausgabe , sehr viel zu der Höhe jener Einnahmssumme beitrug,
so muss die im künftigen Jahre zu erwartende Einnahme als ein bedeu-
tender Fortschritt in der Vermehrung der disponiblen Geldmittel betrachtet
werden. — Als ein bedeutungsvolles und erfreuliches Zeichen der Theil-
nahme, an den Interessen der Gesellschaft wollen Sie es betrachten, dass
bloss eine sehr geringe Anzahl von Mitgliedern bisher ihrer Verpflichtung
der Leistung des Jahresbeitrages für 1858 nicht nachgekommen sind, unter
diesen sind jedoch die meisten auswärts, denen es nicht an Willen, son-
dern an geeigneter Gelegenheit zur Einsendung mangelte, und bei denen
an der Leistung nicht zu zweifeln ist.
Nachdem ich Ihnen, Meine Herren , einen kurzen Ueberblick über die
innern Angelegenheiten unserer Gesellschaft entworfen habe, und zum
Schlüsse gelangt bin, habe ich Ihnen noch im Namen des Ausschusses
den Dank desselben auszudrücken für die Unterstützung und Aufnahme,
die Sie seinen Anträgen zu Theil werden Hessen, sowie für die Theil-
nahme, die Sie den Interessen der Gesellschaft zollten ; erlauben Sie mir,
meine Herren, Ihnen hier noch speciell meinen eigenen Dank auszudrü-
cken für die besondere Nachsicht mit der Sie stets die Güte hatten,
meine Thätigkeit für die Gesellschaft zu beurtheilen; ich habe volle
Ursache dieselben namentlich für das vergangene Jahr in Anspruch zu
nehmen, wo mich mein specieller Beruf für längere Zeit den Interessen
der Gesellschaft entzog: nehmen Sie schlüsslich die Versicherung, dass
ich mit gleicher Vorliebe fortfahren werde , mir die Interessen der
Gesellschaft wie bisher angelegen sein zu lassen, und sie ebenso zu
vertreten; und ich kann nur mit der inständigsten Bitte an Sie Alle
meine Herren schliessen, mich auch fernerhin in diesen meinen Bestre-
bungen wie bisher unterstützen zu wollen."
Da nun nach Erstattung des wissenschaftlichen sowie des Rechen-
schaftsberichtes über das eben abgelaufene Vereinsjahr die Function des
Präsidenten zu Ende geht, so dankte Se. Durchlaucht Fürst von Salm
nochmals der Gesellschaft für das ihm während seiner Function als Prä-
sident bewiesene Vertrauen und ersuchte die Versammlung zur Wahl eines
neuen Präsidenten schreiten zu wollen.
Herr k. k. Generalmajor L. Kintzl ergriff hierauf das Wort und
dankte im Namen der ganzen Gesellschaft dem abtretenden Herrn Präsi-
denten für die rastlose und erfolgreiche Vertretung der Interessen der
Gesellschaft, und die ganze Versammlung stimmte mit Freuden diesem
Ausdrucke des Dankes bei.
Da nun den Statuten der Gesellschaft gemäss der abtretende Präsi-
dent zu derselben Function nicht wieder wählbar ist, so stellte der Aus-
schuss der Versammlung den Antrag, dieselbe möge den k. k. Sec-
tionschef Herrn Dr. Carl Freiherrn von Czoernig für das nächste
.Minheilungen der k. k. geogr. Gesellschaft. III. Bd. I. Heft. *>
jg Versammlung am 23. November 1858.
Vereinsjahr zu ihrem Präsidenten wählen, welcher Antrag angenommen
wurde.
Hierauf wurden über Antrag des Ausschusses als Ersatz für drei
den Statuten gemäss austretende und nicht wieder wählbare Vicepräsi-
denten u. z., die Herren k. k. Regierungsrath J. Chine i, k. k. Generalma-
jor A. v. Fligely und Graf C. Lanckoronski zu neu eintretenden
Vicepräsidenten gewählt die Herren: Se. Durchlaucht Fürst von Salm-
Reifferscheid, Se. Excellenz K. Freiherr v. Hunzinger und Herr
k. k. Generalmajor L. Kintzl. Zum Kassier wurde Herr A. Artaria,
zu Rechnungs-Censoren die Herren A. Harmat und G. A. Schimmer
wieder gewählt.
Da auch den Statuten gemäss das Loos zum Austritt aus dem
Ausschusse sieben Ausschussmitglieder traf, und zwei andere Ersatzwahlen
stattzu6nden hatten, so wurden zu neuen Ausschussmitgliedern gewählt die
Herren: Generalmajor A. v. Fligely, k. k. Major E. Pechmann, k. k.
Hauptmann J. Cyhulz, Professor Dr. K. Heller und Professor Dr. J.
Zhishman; und die Herren V. Freiherr von Andrian, Dr. L. Fitzin-
ge r, K. Fritsch und Dr. M. Hörn es wiedergewählt.
Als neu eintretende ordentliche Mitglieder wurden gewählt die Her-
ren L. Kastner, Vorstand der Registratur der k. k. pr. Kreditanstalt,
Dr. J. Lorenz, k. k. Professor am Obergymnasium zu Fiume, und J.
Skuppa, Hauptmann im k. k. Militär-Ingenieur Geographen-Korps.
Hr. Foetterle zeigte nun mehrere Geschenke vor, welche der
Gesellschaft in letzterer Zeit zugekommen sind. Se. Hochwürden Herr
M. Kirchner, prov. Provicar der katholischen Mission in Central-Africa
zu Chartum , der seit kurzer Zeit sich in Wien befindet , hatte der
Gesellschaft einige ethnographische Gegenstände für ihr kleines Nubisches
Museum übergeben. Ein äusserst werthvolles Geschenk an Druckschriften,
bestehend aus 74 Bänden, verdankt die Gesellschaft Sr. Excellenz Herrn
Freiherrn v. Hi et zi nger, es befindet sich darunter die vollständige Ausgabe
von K. Ritter's Erdkunde, so wie mehrere andere Werke von Dr. H. Berg-
haus, Gaspari Hasel und Canabich, v. Lic htenstern, Somm er und
sein eigenes Werk „Statistik der österreichischen Militärgrenze."
Hr. Dr. L. A. Frank 1 überreichte durch den Secretär der Gesell-
schaft nebst seiner eigenen Beschreibung „nach Jerusalem" und Inschrif-
ten des alten jüdischen Friedhofes auch sein Gedicht „an die hingeschie-
dene Freundin Ida Pfeiffer" in zahlreichen Exemplaren, die an die
Anwesenden vertheilt wurden.
Das ordentliche Mitglied, Herr k. k. Professor P. Matkovich in
Warasdin, sandte die Kopie einer topographischen Karte des Gebietes
von St. Michel di Lemmo in Istrien, welche er während seiner diesjäh-
rigen Studien im Museo Correr in Venedig fand und kopirte, nebst einer
Beschreibung (Siehe dieses Heft: Abhandlungen Nr. III, S. 32.)
Versammlung am 23. \ovember 1858.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef Freiherr von Czoernig führte
den Vorsitz und eröffnete die Sitzung, indem er der Gesellschaft den Dank
für seine Wahl zu ihrem diessjährigen Präsidenten ausdrückte.
Zu neuen ordentlichen Mitgliedern wurden gewählt die Herren: k. k.
Oberlieutenant H. v. Acken, Abt und Domherr J. Mislin, Fabriksbesitzer
H. von Rosthorn, k. k. Oberlieutenant J. Schallerund Dr. G. Stäche.
Dr. J. Schmidt. 19
Der Astronom der Sternwarte zu Athen, Herr Dr. Julius Schmidt
macht einige Mittheilungen über den Fortgang seiner die Metallbarometer
betreffenden Untersuchungen. Indem er kurz die zu Olmütz im Jahre 1854
begonnenen Versuche, dann seine Beobachtungen in Italien, endlich seine im
Jahre 1857 unter Mitwirkung des Herrn Prälaten v. Unkrechtsberg ausge-
führten Vergleichungen zwischen Metall- und Quecksilber-Barometern berührt,
zeigt er die Gestalt der Kurven , durch welche man die Variationen der
Aneroide-Stände gegen den Stand des Quecksilbers ausdrückt und die gerin-
gen Aenderungen desselben, welche aus theils bekannten, theils unbekannten
Ursachen seit 1857 eingetreten sind. Die Reisen der Herren Bergrathes F.
r. Hauer und Baron F. v. Richthofen in Ungarn (1858) gaben ihm Veranlas-
sung, aufs neue sich mit den Metallbarometern zu beschäftigen, indem jene
Herren sich solcher Instrumente zu ihren zahlreichen hypsometrischen
Bestimmungen bedienten. Um diese wichtige Beobachtungsreihe in fast unbe-
kannten Länderräumen sicher berechnen zu können, ward für beide Metall-
barometer die ganze Untersuchung wieder angefangen und durch die am 28.
October in Begleitung des Herrn Gustav Ts eher mack unternommene Bestei-
gung des Gloggnitzer Schneeberges zum Abschlüsse gebracht. Herr Schmidt
machte schliesslich darauf aufmerksam, dass er diessmal zu Argumenten sei-
ner Reductionstafeln die wahren (von Wärme corrigirten) Stände des Metall-
barometers benutzt, wodurch jetzt jede Art von ermüdender Interpellation
wegfällt, die dann auftritt, wenn mehrere Stände des Quecksilbers gemacht
werden.
Nach dieser Notitz über Metallbarometer sprach Herr Dr. Schmidt
etwas ausführlicher über den grossen, am 2ten Juni 1858 von Donati in
Florenz entdeckten Kometen.
Nach den Rechnungen der Herren Beult es in Berlin, Stampfer und
Löwy in Wien bewegt sich der Komet in einer langgedehnten Ellipse in
einer Zeit von 2100 bis 2500 Jahren, welche sich bei der definitiven Bahn-
bestimmung viel sicherer wird angeben lassen.
Die merkwürdigen Erscheinungen an dem Kometen schilderte Hr. Schmidt
nach seinen eigenen Beobachtungen, ohne indessen mehr als die wichtigsten
Punkte hervorzuheben : Sichtbarkeit des Kometen in der Dämmerung und am
Tage ; Zeit des grössten Glanzes, nicht genau mit der Umdrehung überein-
stimmend; Länge des Schweifes, die vom 7. bis 11. October leicht bis zu
40° und mehr (gemessen in der Krümmung des Schweifes) erkannt werden
konnte. Am 11. October Hess sich der Schweif bis zum Kopfe des Drachen
verfolgen, während der Kern im Aequator stand. Sodann ward der Zurück-
biegung des Schweifes gedacht , oder seines Zurückbleibens hinter der
Richtung des Radius Vector; endlich des mächtigen Phänomens der Licht-
ausströmung des Kernes, welche in der Gestalt von conzentrischen Kugel-
schalen am Kerne aufsteigend sich in der Gestalt von lichten Kreisbogen
oder Heiligenscheinen um den glänzenden Nucleus bildeten. Diese Ausströ-
mung erreichte, gemessen am Kerne in der Richtung zur Sonne hin,
oft 2000 geographische Meilen im Halbmesser und , unterstützt durch
zahlreiche Mikrometermessungen zwischen dem 2. und 18. October Hessen
sich Näherungswerthe, wenn auch nur ganz im Rohen, für die Geschwin-
digkeiten ermitteln, mit welchen der Kern des Kometen die Lichtmeteore
gegen die Sonne hin ausströmte. Diese Geschwindigkeiten sind sehr
gross, grösser als die unserer Orkane, und selbst grösser als die des
Schalles und des Lichts,
2*
20 Versammlung am 2?> November 1858.
Zuletzt wurden noch die Versuche mit der von Herrn Sectionsrath
Haidinger für Krj Stallbeobachtungen mit so vielem Erfoige in Vorschlag
gebrachten dichroskopischen Lupe erwähnt, um nämlich die Anwesenheit
des polarisirten Lichtes am Kometen durch eine längere Beobachtungsreihe
zwischen dem 25. September und dem 18. October herzustellen.
Zum Schluss legte Herr Schmidt photographische Tafeln über den
Kometen vor, die der ausgezeichnete Photograph Herr Ludwig Angerer
nach Handzeichnungen des Beobachters in sehr gelungener Weise ausge-
führt hatte.
Die ganze mit vielen Abbildungen versehene Abhandlung über den
Kometen wird in diesem Winter zu Athen durch den Druck veröffent-
licht werden.
Der Herr Vize-Präsident Freiherr v. H eifert bespricht, anknüpfend
an einen am 17. Februar 1857 über denselben Gegenstand gehaltenen
Vortrag des Herrn Ministerial-Secretärs Dr. Anton Beck, den Mangel
eines allgemeinen topographischen Lexikons von Oesrerreieh. Im Jahre
1851 ist die erste Abtheilung eines allgemeinen Post-Lexikons von Oester-
reich, herausgegeben vom Postkursbureau des k. k. Handelsministeriums,
erschienen, Unterösterreich enthaltend. In den Jahren 1852 — 1858 erschien
in 17 Heften die zweite Abtheilung dieses Werkes, nicht mehr ein ein-
zelnes Kronland enthaltend, sondern eine Kronländer- Gruppe, nämlich
Böhmen , Mähren und Schlesien. Seitdem ist nichts weiter heraus-
gekommen, was um so mehr zu bedauern, als die an's Licht getretenen
Theile in der That auf das Vollständigste und Verlässlichste alle Anfor-
derungen erfüllen, die an ein Unternehmen dieser Art gestellt werden
können. Zwei Privatunternehmungen , die seitdem an die Oeffentlichkeit
kamen, lassen dieses Bedauern nur in erhöhtem Grade hervortreten. Der
einen, einem topographischen Handwörterbuch von Galizien, Krakau und
Bukowina, Lemberg 1855, lässt sich zum Lobe nachsagen, dass es wohl
Alles leiste, was durch die Privatkräfte eines Einzelnen geleistet werden
kann. Allein mit dem amtlich zu Gebote stehenden Materiale verglichen,
enthält diese so sorgfältige Arbeit vielleicht eben so viele Lücken als
Daten; mindestens hat eine, noch durchaus nicht auf erschöpfende Voll-
ständigkeit Anspruch machende Vergleichung gezeigt, dass den 11 ersten
Nummern dieses Lexikons 12 Nummern entgegengestellt werden können,
die entweder ganz fehlen oder wo die bei der Verschiedenheit der Les-
arten eines und desselben Ortsnamens unerlässlichen Vorweisungen mangeln.
Lässt schon eine sich auf ein einzelnes Kronland oder eine Kronländergruppe
beschränkende Privatarbeit so erhebliche Lücken wahrnehmen , so muss dies
begreiflicherweise noch mehr der {''all sein, wenn sich die Kräfte eines Ein-
zelneu an ein den ganzen Umfang des grossen Kaiserreiches umfassendes
Unternehmen wagen. Dies ist bei dem 1857 mit der ersten Lieferung
begonnenen topographischen Universal-Lexikon des österreichischen Kaiser-
staates von J. A. Jarosch der Fall. Der seitdem verstorbene Verfasser,
Jarosch, hat seinem Werk den alten Crusius zu Grunde gelegt, die neue
politische und gerichtliche Eintheilung oft ganz unrichtig beigefügt, wo es
ihm nicht zusammenging, ganz fallen gelassen; dabei ist dem Verfasser der
Unfall begegnet, dass er auch solche Orte anführt, die zu Crusius Zeiten
allerdings zu Oesterreich gehörten, seitdem aber in Folge von Grenzberich-
tigungen an Nachbarstaaten abgetreten worden sind; der Auslassungen und
Unrichtigkeiten oder mangelhaften Angaben ist eine Unzahl. Diese beiden
Dr. A. Freih. v. Helfert. F. v. Hauer. 21
jüngsten Erscheinungen auf dem Gebiete der topographischen Lexikographie
Oesterreichs müssen daher, wie gesagt, das Bedauern nun erneuern und
steigern, dass das vom Kursbureau des k. k. Handelsministeriums seit Jah-
ren angesammelte vollständige und verlässliche Materiale leider noch immer
der so wünschenswerten Veröffentlichung entgegenharrt. Es ist von mehre-
ren Seiten die Vermuthung ausgesprochen worden, dass die geographische
Gesellschaft selbst die Ausführung eines solchen Werkes in die Hand neh-
men werde. Hierüber wäre, nach Hrn. Freiherrn v. Helfert's Meinung, Fol-
gendes zu erwiedern : Wenn die geographische Gesellschaft einmal den IM an
einer allgemeinen österreichischen Topographie in Angriff nehmen wollte, so
dürfte diess in keiner andern Weise geschehen, als in einer solchen, die
der Stellung und dem Berufe dieser Gesellschaft würdig und entsprechend
wäre; so müsste dieses ein wissenschaftliches Nationalwerk sein , welches
die topographischen Wissenswürdigkeiten nach allen Richtungen hin umfasste,
also nicht bloss Nomenklatur, Distanzen, politische und gerichtliche Zustän-
digkeit u. s. w., sondern auch geographische Lage, Klima, Bevölkerung, aber
ferner Lokalgeschichte, soziale Verhältnisse, Industrie, Handel, Wissenschaft
u. s. w. ; so könnte diess nicht in der wenn auch practischen, so doch unmetho-
dischen Gestalt eines Namensverzeichnisses, sondern nur nach Theilungsgrün-
den geschehen, welche der natürliche Zusammenhang der Dinge an die Hand
gibt. Ein solches Werk würde aber begreiflicherweise jahrelanger Vorbereitun-
gen bedürfen, es würde, wenn es auch mit allem Eifer betrieben würde, eine
Reihe von Jahren zu seinem Erscheinen fordern. So lange diess nicht geschieht,
sollte die geographische Gesellschaft, nach Herrn Freiherrn v. Helfert's
Ansicht, wenigstens solchen topographischen Unternehmungen, welche inner-
halb enger gezogener Grenzen Verdienstliches, oder wie die bisherigen Publi-
kationen des Postkurs-Bureau Ausgezeichnetes leisten, und welche, wenn gleich
zunächst nur der Befriedigung practischer Bedürfnisse gewidmet, dennoch auch
der wissenschaftlichen Forschung nicht unergiebige Ausbeute versprechen, ja
ein unentbehrliches Nothbehelf sind, so sollte die Gesellschaft solchen Unter-
nehmungen jedenfalls ihre warme Sympathie und ihr reges Interesse zuwenden.
Herr Freiherr v. Hei fert behält sich vor, einen hierauf bezüglichen Antrag bei
dem Ausschusse der Gesellschaft einzubringen.
Herr Bergrath Franz von Hauer legte die bisher erschienenen 8 grossen
Quartbände des amerikanischen Prachtwerkes: Reports of Eccplorations and
Surveys to ascertain the rnost practicable and economical route for a railroad
from the Missisippi river to the Pacific Ocean, made under the Directum of
the Secretary of War in 1853 — 1854, zur Ansicht vor. Den ersten Band, der
im Jahre 1855 erschien, hatte die k. k. geographische Gesellschaft schon vor
längerer Zeit durch den k. k. Herrn Generalkonsul C. J. Loosey zum
Geschenke erhalten und er war in der Versammlung am 11. September 1856
von Herrn Sectionsrath Hai ding er vorgelegt worden, die ganze Reihe der
übrigen, die in den Jahren 1855 bis 1857 erschienen verdankt die k. k. geo-
graphische Gesellschaft Herrn Jefferson Davis, Kriegssekretär der Vereinigten
Staaten , unter dessen unmittelbarer Oberleitung die Untersuchungen, deren
Ergebnisse in dem Werke verzeichnet sind, ausgeführt wurden.
Diese Untersuchungen wurden angeordnet von dem Kongress der Verei-
nigten Staaten, der in seinen Sitzungen vom 3. März 1853, 31. Mai 1854 und
5. August 1854 erst 150,000 dann 40,000 und dann wieder 150,000, also
zusammen 340,000 Dollars (728,565 fl. Oe. W.) für dieselben bewilligte.
Der Druck der gesammten Berichte in den vorliegenden Bänden wurde
22 Versammlung am 23. November 1858.
vom Senate in seiner Sitzung am 24. Februar 1855 angeordnet, und zwar
wurden 10,000 Abzüge für den Gebrauch des Senates, 500 für den Kriegsse-
cretär und je 50 Exemplare für jeden der bei den Untersuchungen beschäftigten
kommandirenden Offiziere bestimmt.
Im ganzen wurden im Verlaufe der Jahre 1853, 1854 und 1855 fünf
Hauptlinien, manche derselben mit verschiedenen Varianten zwischen dem Strom-
gebiet des Missisippi und dem stillen Ocean, dann zahlreiche Linien in Califor-
nien und Oregon untersucht. JedeLinie war einer besonderenAbtheilung, beste-
hend aus Offizieren vom Corps der topographischen Ingenieure, Naturforschern,
Civil-Ingenieuren und Assistenten, einen Maler, wissenschaftlichen Sammlern
u. s. w. übergeben; wo erforderlich, war auch eine militärische Escorte bei-
gegeben.
Der Umfang der geleisteten Arbeiten dürfte das folgende summarische
Inhaltsverzeichniss der bis jetzt erschienenen achtBände der „Reports" am besten
ersichtlich machen.
Bd. I. A. Bericht des Kriegssecretärs an das Repräsentanten-Haus über die ver-
schiedenen vorgenommenen Untersuchungen 33 Seiten. Eine Uebersichts-
Karte und 2 Tafeln mit Profilen der untersuchten Routen.
B. Prüfung der Berichte über die Untersuchungen der Jahre 1853 und
1854 für Eisenbahnrouten vom Missisippi zum stillen Ocean, und früherer
Untersuchungen die auf denselben Gegenstand Bezug haben von Capt. A.A.
Humphreys und Lieutenant G. K. Warren 74 Seiten.
C. Eisenbahn Memoranda von Capitän Geo. B. Mc. Clellan 15 Seiten.
D. Bericht über die Kosten des Transportes von Truppen und ihren Erforder-
nissen nach Californien, Oregon, Neu-Mexiko u. s. w. von General Tho-
mas S. Jesup. 2 Seiten.
E. Bericht über die Untersuchungen für eine Route nah am 47. und 49. Grad
nördlicher Breite von St. Paul nach Puget Soned von J. J. Stevens,
Gouverneur des Washington Territoriums. 651 Seiten.
Bd. II. A. Bericht von Lieutenant E. G. Beckwith über die von Capitän J. W.
Gunnison untersuchte Linie zwischen dem 38. und 39. Parallelkreis von
der Mündung des Kansas-Flusses zum Sevier-See. (Capitän Gunnison
selbst war bei seiner Arbeit zugleich mit dem Topographen und Maler Herrn
Kern und dem Botaniker F. Kreutzfeldt von den Pah-Utah-Indianern
ermordet worden) 128 Seiten mit 13 landschaftlichen Darstellungen in
Farbendruck, Tafeln der meteorologischen Beobachtungen, Höhenmes-
sungen u. s. w.
B. Bericht von Lieutenant E.[G. Beckwith über die Linie am 4ten Parallelkreis.
96 Seiten. Angeschlossen der 1.) Bericht von James Schiel über die
Geologie der Gegend zwischen dem 38 und 41ten Grad. 17 Seiten mit
vielen Holzschnitten und vier Tafeln mit Abbildungen von Petreffacten dann
2) Bericht von John Torray und Asa Gray über die botanischen Ergeb-
nisse der Expedition. 14 Seiten mit 10 Tafeln.
C. Bericht von Fred. W. Lander über die Recognoscirung einer Route von
Puget Sound über den South -Pass zum Missisippi. (Derselbe hatte diese
Untersuchung im Jahre 1854 auf eigene Kosten ausgeführt, und das
Repräsentanten-Haus beschloss seinen Bericht jenen der anderen Expedi-
tionen beizuschliessen. 45 Seiten.
D. Bericht von Capitän John Pope über die Untersuchung der Route nah am
32. Grad n. B. vom Red Riner zum Rio Grande 156 Seiten mit Tabellen
wie oben dazu.
Fr. v. Hauer. 23
1. Botanischer Bericht von John Torrey und Asa Gray, 20 Seiten
mit 10 Tafeln.
2. Geologischer Bericht von William P. Blake SO Seiten mit 1
geologischen Karte und einer Tafel mit Profilen.
E. Bericht von Lieutenant John G. Parke über den Theil derselben Route zwi-
schen Dona Ana am Rio Grande und Pirnas Villages am Gila. 28 Seiten.
F. Auszüge aus den Berichten von Lieutenant Col. W. H. Emory über in den
Jahren 1846 und 1847 gemachte Untersuchungen jenes Theiles derselben
Route der zwischen dem Zusammenfluss des S. Pedro mit dem Gila und
dem Zusammenfluss des Letzteren mit dem Colorade liegt. (20 Seiten).
Bd. III. A. Auszüge aus dem vorläufigen Berichte von Lieutenant A. W. Whipple
über die Route nah am 35. Parallelkreis. 36 Seiten.
B. Hauptbericht von Lieutenant A. W. Whipple über die bezeichnete Route
und zwar:
1) Reisetagebuch 136 Seiten mit 20 landschaftlichen Ansichten, theils
Tafeln in Farbendruck, theils Holzschnitten.
2) Bericht über den topographischen Charakter der Gegend. T7 Seiten,
5 Tafeln, viele Tabellen.
3) Bericht über die Indianer-Stämme von Lieutenant Whipple, Thomas
Ewbank, und Professor W. M. W. Turner, mit Vocabularien der
indischen Sprachen, einer Geschichte der Apacher und anderer
Stämme und 42 Abbildungen. (127 Seiten).
4) Bericht über die Geologie der Route und zwar a) Bericht über die
Sammlungen von Will. P. Blake, und b) Resume und Feldnotizen
von Jules Marcou. Zusammen 175 Seiten mitl geologischen Karte,
einen Durchschnitt vom stillen Ocean bis zum Missisippi. 2 Tafeln
Abbildungen von Petreffacten aus der Kohlenformation und der Krei-
deformation und vielen Holzschnitten.
Bd. IV. Fortsetzung von Lieutenant A. W.Whipple's Hauptbericht.
5) Bericht über die Botanik der Expedition bestehend aus
a) Allgemeine Beschreibung des botanischen Charakters der Gegend von
J. M. Bigelow. 8., 216 Seiten.
6) Beschreibung der Waldbäume von demselben. Seite 17 — 26 mit einer
grossen Tafel, einem botanischen Profil, welches die Verbreitung
der Baumarten entlang der Boute ersichtlich macht.
c) Beschreibung der Cactien von George Engelmann und J. M. Bige-
low. S. 27—58 mit 24 Tafeln Abbildungen.
d) Beschreibung der allgemeinen botanischen Sammlungen Yon John
Torrey. S. 59—182 mit 25 Tafeln Abbildungen.
e) Beschreibung der Moose und Leberkräuter von W. S. Sullivant. S.
183 — 193 mit 10 Tafeln.
6) Vorläufige Notizen über die zoologischen Ergebnisse der Expedition
von Dr. B. B. Kennerly. 17 Seiten.
Endlich Anhänge und zwar astronomische und magnetische Beobachtungen,
Höhenmessungen, meteorologische Beobachtungen u. s. w. durchaus Zahlenre-
sultate. 288 Seiten.
Bd. V. Bericht des Lieutenants R. S. Williamson über dieRoutenin Californien
zur Verbindung mit den Routen nah am 35. und 32. Parallelkreis und zwar
1) Reisebericht. 43 Seiten mit 24 Ansichten theils Holzschnitte, theils
Tafeln im Farbendruck.
2) Geologischer Bericht von Will. B. Blake. 310 Seiten mit 12 Tafeln
24 Versammlung am 23. November 1858.
landschaftlichen Ansichten in Farbendruck, 8 Blättern mit Durch-
schnitten, vier geologischen Karten, vielen Holzschnitten u. s. w.
Dazu als Anhänge
«) Notizen über fossileFische von Prof. Louis Agassiz.4 Seiten, ITafel.
b) Beschreibung fossiler Muscheln (Tertiäre und jüngere) von T. A.
Conrad. 13 Seiten, 8 Tafeln.
c) Catalog der rezenten Muscheln und Beschreibung der neuen Arten von
Augustus A. Gould. 7 Seiten, 1 Tafel.
d) Brief von Prof. J. W. Bailey über die Struktur einer fossilen Pflanze
vom Posuncula-Biver. 1 Seite.
e) Beschreibung der Structur des fossilen Holzes aus der Colorado Wüste
von Prof Geo. C. Seh äffe r. 2 Seiten, 1 Tafel.
f) Chemische Untersuchung von Bodenarten u. s.w. von J. D. Easter.
4 Seiten.
g) Catalog der geologischen Sammlung und Beschreibung einzelner Stücke.
15 Seiten.
k) Beschreibung der von \V. P. Blak e gesammelten (rezenten) Pflanzen
von John Torrey. 12 Seiten, 10 Tafeln.
3) Botanischer Bericht von E.Durand und T. C. Hilgard. 15 Seiten mit
17 Tafeln. Dazu Anhänge wie früher 14 Seiten.
Bd. VI. Bericht von Lieutenant Henry L. Ab bot über die unter dem Commando
des Lieutenant B. S. Williamson im Jahre 1855 in Oregon und Califor-
nien untersuchten Bouten.
1) Allgemeiner Bericht 134 Seiten mit 12 Tafeln, landschaftliche Ansich-
ten in Farbendruck.
2) Geologischer Bericht und zwar
d) Bericht über die Geologie der Boute von J. S. Ne w berry 68 Seiten
mit 1 Tafel und vielen Holzschnitten.
6) Beschreibung der Tertiärfossilen von T. A. Conrad. 5 Seiten, 4Tafeln.
c) Analyse von Wasser und Mineralien von den hot Springs im Des chutes-
Thal von L. M. Dornbach. 5 Seiten.
d) Catalog der gesammelten Mineralien und Fossilien. 7 Seiten.
3) Bericht über die Botanik der Boute von J. S. Newberry. 102 Seiten
mit 16 Tafeln, darunter die 10 ersten Abbildungen von Bäumen in
Farbendruck. An der Bestimmung der Pflanzen hatten die Herren
John Torrey, W. S. Sullivant, und Eduard Tuckermann
theilgenommen.
4) Zoologischer Bericht und zwar :
a) Bericht über die gesammelten Fische von Dr. Charl. Girard. 34 Seiten,
11 Tafeln.
b) Mammalien und Vögel von J. S. Newberry. 75 Seiten, 5 Tafeln.
c) Landschneken von W. G. Binney. 4 Seiten. Anhang. Astronomische
Beobachtungen u. s w. wie oben 64 Seiten.
Bd. VII. AJ Bericht von Lieutenant John G. Parke über Bouten in Californien
zur Verbindung mit den Bouten nah am 35. und 32. Grad und über
den Theil der letzten Boute zwischen dem Bio grande und Pirnas
Villages am Gila.
1) Allgemeiner Bericht. 42 Seiten mit 8 Tafeln landschaftlichen Ansich-
ten in Farbendruck.
2) Geologischer Bericht von Thomas Antisell, 204 Seiten mit 14 Tafeln
mit Durchschnitten. 10 Tafeln Petrefacten, 2 geologischen Karten.
F. v. Hauer. F. Foetterle. 25
3) Botanischer Bericht von John Torrey. 28 Seiten mit 8 Tafeln.
Anhänge wie früher 116 Seiten mit 11 Tafeln.
B. Schluss der offiziellen Uebersicht der Berichte und zwar:
1) Auszug der jährlichen Berichte des Kriegssecretärs an den Congress
vom December 1855 und 1856.
2) Berichte über den Fortgang der Untersuchungen von Capitän A. A.
Humphreys an den Kriegssecretär von denselben Jahren.
3) Tafel welche die vergleichsweise Länge, Kosten u. s. w. der ver-
schiedenen untersuchten Routen ersichtlich macht.
Bd. VIII. Generalbericht über die Zoologie der verschiedenen untersuchten
Routen. 1. Theil. Mammalia von Spencer F. Baird. 757 Seiten
mit 60 Tafeln.
Mit diesem Bande ist die Herausgabe der Berichte noch nicht geschlossen,
noch steht in weiteren Bänden die Beschreibung der anderen Classen des Tier-
reiches in Aussicht.
Der ungeheuren Masse wissenschaftlichen Materiales gegenüber, welches
die ganze Publication darbietet, ist jedes weitere Eingehen auf Details an diesem
Orte unthunlich nur die auf die Frage der zu erbauenden Eisenbahn, bezügliche
Schlusstabelle aus dem 7. Bande möge hier noch eine Stelle finden. Sie gibt in
gedrängtester Form Antwort auf die Frage um derentwillen zunächst die ganzen
Untersuchungen eingeleitet worden waren. (Die Tabelle siehe die folgende Seite.)
Herr k. k. Bergrath Foetterle zeigte bei 100 verschiedene Blätter
landschaftlicher Darstellungen vor, welche er zu diesem Zwecke dem Ver-
fasser derselben, dem ausgezeichneten Maler Herrn k. k. Rathe und Pro-
fessor Thomas Ender verdankte. Es sind Aquarell-Studien, von dem
Letzteren im vergangenen Sommer in der erstaunlich kurzen Zeit von
31/, Monaten der Natur selbst entnommen. Sie beziehen sich auf die
Thäler der Rienz und der Boite mit den Ansichten des Toblacher-, Dürrn-
und Misurina-See's, von Peutelstein, von Cortina, des Anteiao, des Pelmo,
von Balle, Pieve die Cadore und des Lago die Sta. Croce bei Belluno,
ferner auf das Drau-, Lieser und Malta-Thal mit den Ansichten von
Innichen, des Sextenthaies und von Innerfeld, von Lienz, von Greifenburg,
Spital, Gmünd, Malta, und des Gössgrabens, von Millstadt und des Mill-
städter-See's, von Ostrawitz, Geiersberg, des Wörther-See's u. s. w. Sie
geben eine naturgetreue Ansicht aller dieser Gegenden in ihrem Zusam-
menhange. Es sind nicht nur meisterhaft ausgeführte Bilder sondern sie
geben den Charakter der Gegend, den Einfluss des Gesteins auf die
Beschaffenheit des Terrains, die Verschiedenheit der Formation mit einer
so wundervollen Auffassung, wie diess selbst bei den grössten Kunst-
werken dieser Art sehr schwer wieder zu finden ist. Wir sehen in die-
sen Bildern die Grossartigkeit unserer eigenen Alpen, einerseits das wild
romantische Zerrissene der Kalk- und Dolomit-Alpen, so wie das Besänf-
tigende, welches Schiefergebilde auf die ersteren dort ausüben, wo sie
gemeinschaftlich auftreten; auf der anderen Seite zwar noch die Gross-
artigkeit, aber schon mit dem viel sanfteren Charakter derjenigen Gebirge,
welche aus krysfallinischen Gebirgen bestehen, wie dies bei unseren Cen-
tralalpen der Fall. Diese Bilder liefern den schönsten Beweis, wie reich
unsere Alpen an grossen schönen Naturansichten sind.
26
Versammlung am 23. November 1858
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Freih. v. Czoernig. 27
Eingegangene Druckschriften :
Oesterreichs Neugestaltung 1848— i858. Von Freiherrn v. Czoernig. Wien 1858.
Ausweis über den Handel in Oesterreich u. s. w. XIV. XVII. Wien 1856 — 1858. —
Tafeln zur Statistik der österr. Monarchie. N. Folge. 1849—1851. I 1—9 1852—1854.
II 6. 1856—1858. — Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. VII. 1. Wien.
1858. Von der k. k. Direction für administrative Statistik.
Vergleichende geologische Grundzüge der kaukasisch-armenischen und nordpersischen
Gebirge. Prodromus der Geologie der kaukasischen Länder. Von H. Abich.
St. Petersburg 1858. Vom Verfasser.
Statistique de la France. Territoire, Population, agriculture, Industrie de Paris 1837 —
1856. In 14 Bden. Vom kais. franz. statistischen Bureau, Paris.
Beports of Explorations and surveys to ascertain the most practicable and economical
route for a Bailroad from the Mississippi river to the Pacific Ocean II — VIII.
Washington. 1855 — 1857. Vom Secretär des Kriegsdepart. Washington.
Message from the President of the United States to the tuo Houses of Congress at
the commencement of the Session of the Congress. 1857/58. I — III. Washington 1858.
Beport of the Commerce and Navigation 1857. Washington 1857. — Annual Beport of
the Board of Begents 1656. Washington 1856. — Meteorological andphysical
Tables prepared for the Smithsonian Institution. By Arn. Guyot. 2. edit.
Washington 1858. Von dem Smithsonian Institution in Washington.
Beport of the Superintendent of the Coast Survey showing the progress of the Survey
during the year 1856. Washington 1857. Von Prof. Dr. Bache in Washington.
Journal of the American Oriental Society. New-Haven I — V. 1850 — 1856. Von der
Gesellschaft.
Transactions of the Academy of science. St. Louis I. 2. 1858. Von der Akademie.
Letter of the Lieut. G. K. Warren to the H. G. W. Jones relative to his explo-
rations of Nebraska territory 1858. Vom Verfasser.
The seventh Census of the United States 1850. Dr. Bow. Superintendent of the U. S.
Census. Washington 1856. Vom Yale College, New Haven.
Fortsetzung der Zeitschriften der k. k. Landwirthschaftsgesellschaften in Wien, Agram,
Brunn, Klagenfurt, Gratz, Linz, der Austri», der Militär-Zeitung und des Pest.
Lloyd.
Versammlung am 7. Deeember 1858.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionschef Freiherr v. Czoernig führte
den Vorsitz und eröffnete die Sitzung mit der Mittheilung der schweren Ver-
luste , welche die Gesellschaft durch den in letzter Zeit erfolgten Tod meh-
rerer Mitglieder trafen. Er erwähnte zuerst des Todes Sr. Durchlaucht des
regierenden Fürsten Alois Liechtenstein, der durch Betheiligung an so
vielen gemeinnützigen Unternehmungen so Vieles zum allgemeinen Besten
und zur Förderung der Wissenschaft beitrug und dem auch die k. k.
geographische Gesellschaft, wenn er derselben auch nicht angehörte, doch
zu besonderem Danke verpflichtet ist, indem es ihr gestattet sei, das in
seinem Palais befindliche Sitzungslokale der k. k. geologischen Reichsanstalt
zu benützen. Ein sehr schwerer Verlust für die Gesellschaft selbst ist der
Tod ihrer beiden Mitglieder des Freiherrn Viktor v. Andrian-Werburg
und des k. k. Regierungsrathes Josef C hm el. Ersteren ereilte der Tod am
23. November 1. J. in einem Alter von 45 Jahren. Als Ausschussmitglied
verdankt ihm die Gesellschaft eine ungemein grosse Theilnahme an der
Förderung ihrer Interessen, so wie er stets grosses Interesse an vater-
ländischen Unternehmungen zeigte. Chmel starb am 28. November 1. J.
in einem Alter von 60 Jahren. An ihm verlor nicht nur die geographische
Gesellschaft einen sehr theilnehinenden Vice-Präsidenten, sondern Oesterreich
den ausgezeichnetsten Forscher vaterländischer Geschichte, dem diese
Anerkennung in den weitesten wissenschaftlichen Kreisen Europa's zu Theil
wurde. Der Herr Präsident theilte mit, dass, um dieser Anerkennung auch
einen bleibenden Ausdruck zu verleihen, innerhalb der Kaiserlichen Aka-
28 Versammlung am 7. December 1858.
demie und der Central-Commission zur Erhaltung der Baudenkmale der
Entschluss gefasst wurde, Chmel über seinem Grabe ein Denkmal zu
setzen. Ueber Herrn Schulrathes Dr. Becker Antrag wurde eine Be»
theiligung an diesem Unternehmen auch innerhalb der k. k. geographi-
schen Gesellschaft festgesetzt.
Ueber Antrag des Auschusses wurden den Statuten gemäss die Herren
Arth. Wilderich Graf v. Wald er dor ff, und Professor Vincenz Prasch
in Brunn zu ordentlichen Mitgliedern der Gesellschaft gewählt.
Herr Secretär Foetterle legte mehrere Druckschriften und Karten-
werke vor, welche der Gesellschaft im Tausche gegen ihre eigenen Mit-
theilungen zugekommen sind.
Herr Foetterle legte ferner ein für Oesterreich höchst wichtiges
Werk vor, dessen Verfasser der Gesellschaft angehört, „das mineralogische
Lexicon für das Kaiserthum Oesterreich von V. Ritter v. Zepharovic h".
Es ist dies das erste Werk, was die Vertheilung des so reichen Mine-
ralvorkommens Oesterreichs behandelt, und das Verdienst des Verfassers
ist ein um so grösseres, als nur sehr wenige, einzelne Kronländer betref-
fende Vorarbeiten bestanden. Hier sehen wir zum ersten Male Oesterreichs
Mineralreichthum in einer systematisch geographischen Zusammenstellung,
es sind in dem Werke 3237 verschiedene Fundorte von Mineralvorkom-
men aufgeführt, wovon 634 auf Böhmen, 407 auf Mähren, 302 auf Un-
garn, 306 auf Tirol, 238 auf Steiermark, 224 auf Siebenbürgen und
951 auf die anderen Kronländer fallen.
Dem Director des k. k. militärisch-geographischen Institutes, Herrn
k. k. Generalmajor A. v. Fligely, verdankt die k. k. geographische Gesell-
schaft die Mittheilung sehr werthvoller Daten über die Organisation und
den Fortschritt der militärisch-kartographischen Arbeiten in Oesterreich. Herr
k. k. Rath A. Steinhauser hatte diese Daten zu einer für die „Mit-
theilungen" der Gesellschaft bestimmten Abhandlung zusammengestellt, welche
von dem Secretär vorgelesen wurde. (Siehe dieses Heft: Abhandlungen
Nr. I. Seite 1.)
Am Schlüsse legte Herr Foetterle abermals eine grössere Reihe
von landschaftlichen Ansichten vor, welche ihm von dem Verfasser derselben,
dem ausgezeichneten Maler, Herrn k. k. Rath und Professor Thomas Ender
mitgetheilt wurden. Sie beziehen sich auf die Gegenden des oberen Save-
thales von Ratschach bis Radmannsdorf, des Wocheinerthaies von der Wochein
bis Veldes, auf die Umgebung von Tarvis und Raibl, auf das Isonzothal
und auf die Mündung des Val di Ferro in das Tagliamentothal und in die
Ebene von Friaul bei Gemona. Der Einfluss des Kalkes und des Dolomites
auf das Eigenthümliche seiner Gebirgsbildung, ihre steilen und zackigen
Formen, so wie der Einfluss verschiedener Gesteinsformationen auf die
Terraingestaltung sind in diesen der Natur entnommenen Darstellungen auf
eine so ausgezeichnete Weise gegeben, wie dies äusserst selten wieder-
zufinden ist, und man fühlt sich bei Betrachtung dieser Bilder unwillkür-
lich in einen der an Naturschönheiten reichsten Theil unseres Kaiserreiches
versetzt.
Eingegangene Druckschriften :
Oversigt over det Kong. Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger og dets Medlemers
Arbeider i Aaret 1857. Von der k. Akad. d. Wiss. in Kopenhagen.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde N. F. V. 3. Berlin 1858. Von der Gesellschaft
für Erdkunde in Berlin.
Freih. v. Czoernig. 29
Verhandlungen der Forst-Section für Mähren und Schlesien. H. 33. 44. Brunn 1858.
Von der Forst-Seetion in Brunn.
Bulletino dell' lstmo di Suez III. 21. Torino 1858. Von der Redaction.
Atti dell' I. R. Istituto veneto di scienze, lettere ed arti Ser. III. Vot. III. disp. 9. 10
Venezia 1858. Vom k. k. Institute.
Parallelo chromatische Tafeln zum Studium der Geologie, von Dr.J. R. Lorenz. Gotha 1858.
Atlas der Alpenländer, Schweiz, Savoyen, Piemont, Südbayern, Tirol u. s. w. Nach
dem neuesten Materiale bearbeitet von J. G. Mayr. 1. Lieferung. Titel und
Uebersichtsblatt. Sect. I. IV. Gotha 1858. Von J. Perthes geographischer
Anstalt in Gotha.
Archiducatus Austriae inferioris geographica et noviter emendata accuratissima descriptio.
Jussu et sumptibus inclytorum Archiducatus Austriae inferioris dominorum Sta-
tuum provincialum tabula haec geographica noviter emendata in lucem data est
Anno Sal. dorn. 1697. Jac. Hoffmann et Jakobus Hermundt sculpe. Vom Freih.
v. Stifft.
Verhandlungen und Mittheilungen des Siebenbürger-Vereins für Naturwissenschaften in
Hermannstadt. II 5 — 8 de 1858. Vom Vereine.
lieber den Zusammenhang der Gletscherschwankungen mit den meteorologischen Ver-
hältnissen. Von Carl v. Sonklar. k. k. Major. Wien 1858. Vom Verfasser.
Mittheilungen über wichtige neue Erforschungen auf dem Gesammtgebiethe der Geographie.
Von Dr. A. Petermann. Nr. 10 de 1858. Gotha. Von J. Perthes geogra-
phischer Anstalt in Gotha.
Carta stradale e postale dell' Italia disegnata secondo le carte e le opere piü accre-
ditate dei moderni geografi da Carlo Cerri nella proporzione di -rrhrs del
naturale; l'anno 1852 con aggiunte dell' anno 1857. Vienna.
Mappa generalis Regni Hungariae partiumque adnexorum Croatiae Slavoniae et confinorum
militarium magni item Principatus Transsylvaniae etc. Pesthini. Anno 1806. Joannes
de Lipszky. Von Herrn August Artaria.
Fortsetzung von Zeitschriften.
Versammlung am 21. December 1858.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef Dr. K. Freiherr von Czoer-
nig führte den Vorsitz.
Ueber Antrag des Ausschusses wurden Herr Fr. 0. Freiherr v.
Zez schwitz, Oherlieutenant im k. k. Milit. Ingenieur Geographen-Korps zum
ordentlichen und die Herren Ernst Merk, k. k, österreichischer General-
konsul in Hamburg, und Dr. Karl Andreein Leipzig zu correspondirenden
Mitgliedern gewählt. Der Herr Secretär Foetterl e theilte hierauf eine
Zuschrift Sr. Excellenz des Herrn k. k. Ministers des Innern Freih. v. Bach mit,
in welcher Se. Excellenz über eine Mittheilung Seiner kaiserlichen Hoheit des
durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Marine-Oberkommandanten, Ferdinand
Maximilian, der geographischen Gesellschaft eine Liste von Gelehrten
in ßatavia, welche sich um die „Novara"- Expedition besondere Verdienste
erworben haben, vorlegt und zur Wahl als corrcspondirende Mitglieder
vorschlägt. Ueber Antrag des Ausschusses werden hierauf die Herren:
Dr. P. Bleecker, Präsident der naturforschenden Gesellschaft für Nieder-
ländisch-Indien in Batavia, Dr. J. Munnich, M. E. Netscher, Direc-
tionsmitglieder der Gesellschaft für Künste und Wissenschaften in Batavia,
A. W. P. Weitzel, k. Niederländischer Kapitän und Directions-Secretär
der Gesellschaft für Künste und Wissenschaften in Batavia, und W. F.
Versteeg, k. Niederländischer Kapitän und Ingenieur-Director derselben
Geseilschaft, zu correspondirenden Mitgliedern gewählt.
Ausser den theils als Geschenk, theils im Tausche eingegangenen
Druckschriften legte der Herr Secretär Foetterle zwei ältere grosse
gezeichnete Kartenwerke vor, welche er zu diesem Zwecke durch gütige
30 Versammlung am 21. December 1858.
Vermittlung des Mitgliedes Herrn k. k. Hauptmann E. Petz mit höherer
Bewilligung dem k. k. Kriegsarchive verdankt. Beide umfassen Theile der
Republick Venedig zu Ende des 16ten Jahrhunderts und sind ausgeführt
von dem Kartenzeichner der Republick Christofore Sorte mit einer für
die damalige Zeit ungemein grossen Sorgfalt und Genauigkeit. Das eine
dieser Kartenwerke, bestehend aus acht auf Leinwand aufgespannten Blät-
tern umfasst die Provinz Friaul; sie scheint als Hauptzweck gehabt zu
haben die Darstellung der Gränze der Republick gegen Kärnthen und
Istrien, da auf der auf der Karte befindlichen Aufschrift ausschliesslich
diese Grenze, welche überdiess auf der Karte mit einer starken Goldlinie
bezeichnet ist, und die damals im Gebrauche gewesenen Uebergangspässe
hervorgehoben sind. Diese Aufschrift lautet folgendermassen:
„Io Christoforo Sorte, Primo Perito ordinario dil chiamo magistrato
di ben inculti dil Sermo Du. D. di Venetia. Di Venetia il di 15. Noven-
brio 1590. Ho fatto il presente Dissegno dilla Patria dil friuli di ordine dilli Illrai
sign Pro" sopra la fabrica dil Palazo di S. Marco sopra al quäl dissegno si
a da sapere come sono separato con unna Linea di oro il stado della Serma
Siga di Venetia dal stado Arciducale, et a preso di cio si crederano sopra
a esso dissegno signato Nri di oro i quali significano li Passi senciali che
terminano nel stado Veneto per liquali si puol transitar di qua e dela dellj
stadi sopra nominati, et Prima il Passo importantissimo delli Tre Ponti che e
a N° I. il quäl sono sopra laPiave f. dove si entrano in essa Lansiei f. dove sono
quatro Transiti in esso Ponte di grandissima importanza, il Primo viene dal lago
di missurina Territorio alemano, etAuronzo, Passo di molta importanza dove
puol caminar essercitj alemanj . et da detto Ponte si puol transitar al prencipio
del Taiamento f. nella cargna il quäl va a capitar a Tolmezo, et a Venzon dove
puol transitar essercitj di molta importanza. et da detto ponte Passo che va a
Sapada nella cargna Passo ordinario di eavidi. et da detto Ponte scorrendo giu
Per la Piave alla Pieve di Cadore et a N. IV a Perarolo dove entrano la Boit f.
nella Piave, et e Passo di molta importanza quäl viene da Botistai et d'Ampezo,
et di ipsloch: et a N°. V. a M. -f~ transito da envali du somaja N°. VI. a Mte. de
Lanza Passo ordinario che va da Tolmezo nell Allemagna Transito da cavali, a N°.
VII. Passo prencipalissimo de Ponteba che va a Vilaco, et capita a Venzon, a
N°. VIII. Passo de chiaveredo scorendo per la strada imperiale a tulmin, a N°. II.
va nella de Nadison f. va a capitar a cividale Passo de grandissima importanza,
et a N°. X. vi sono Passo dove turchi in Crestianita quallj vene per la valle de
Vipao et paso il Lisonzo f. loco che sono tra Goricia, et Gradisca , et questo
sono quanto ho trovato et alla loro bona gratia umilmeute mihi raccomando."
Das zweite Kartenwerk, um 4 Jahre später als das vorhergehende
verfasst und in derselben Manier ausgeführt, umfasst die Provinzen Padua
und Treviso, die Lagunen und die Po-Mündungen und besteht aus 10
Blättern. Es ist mit demselben Fleisse ausgeführt, wie das vorhergehende
und gibt ein genaues Bild der damaligen Beschaffenheit der Küste, da
der Maassstab auf beiden Kartenwerken gleich, beiläufig 1 Zoll gleich einer
italienischen Meile ist. Es scheint dieses Kartenwerk nur ein Theil eines
grossen aus fünf wahrscheinlich gleichen Theilen bestehenden Werkes,
die ganze „terra ferma" der Republick Venedig darstellend, zu sein, und ihre
Aufschrift lautet: „Jo christofore Sorte ho fatto il pressente dissegno il
quäl sono uno dillj cinque pezi di tutto il stado di Terra ferma dilla
serma Siga de Venetia il quäl dissegno sono il Padoano, Trevisano, lagune
et parte de Polesene, il quäl si puol vedere le distantie de luoco a
M. Guggenberger. 31
luoco, col compaso sopra la presente scala, et fatto fidelmente quanto ho
saputo levato col bossolo di Venetia il di io luglio 1594.
Herr k. k. Hauptmann M. Guggenberger machte folgende Mitthei-
lung: „Ueber eine praktisch bequeme geographische Maass-
einheit als genauer Theilwerth der geographischen Meile,
was der französische Meter nicht ist."
„Die neueste Zeit strebt mehr als je nach Einigung in Gewicht,
Münze und Mass. Für erstere Beide sind bereits grosse Schritte gesche-
hen; für das Letztere wären dergleichen nicht minder nöthig.
Was aber fürs Leben nothwendig erachtet wird, könnte doch in
der geographischen Wissenschaft mindestens als wünschenswerth, und somit
ein dahinzielender, vermittelnder Vorschlag wohl nicht als ganz überflüs-
sig erscheinen. Die Verkörperung der Idee eines absoluten Grund-
maasses hat seit ßes sei's so gründlichen Nachweisungen ihre bestimmte
Gränze erhalten; aber ein bequemes Mittelmaass mit Decimaleintheilung
bleibt um nichts weniger ein allgemeines Desiderium.
Das neufranzösische Längenmaass (Metre) wurde längere Zeit für
eine feststehende Einheit angesehen, jedoch für alle Länder und Völ-
ker, die den Fuss als Mittelmaas gebrauchen, nicht annehmbar befunden,
und zwar aus guten Gründen. „Denn 1, kann," wie unser berühmte
Astronom Bessel sagt*) „das Meter die Anfangs beabsichtigte Bedeu-
tung (eines Naturmaasses als genauer Theil der Erdausmessung) in kei-
nem Falle haben, und wirklich nichts anders sein als ein, zwar nach
einer gewissen Absicht gewählter, aber dennoch innerhalb engerer oder
weiterer Gränzen willkührlicher Theil der Toise de Peron."
2. Dringt sich von selbst die so fühlbar unbequeme Handhabung
des Meters für alle Völker und Staaten auf , welche Klafter-, Schuh-, Zoll-,
Linien- und Punkt-Eintheilung haben, und auch jetzt noch immer die grosse
Mehrzahl (nach v. Littrow gibt es sogar über 100 Fussgattungen) bilden.
Der Metre (als halbe Klafter oder 3 Schuh) ist nämlich für Strec-
kenmaass (Klafter) offenbar zu klein, für Werkmaass (Schuh) zu gross;
sein Zehntel {DecimMre) als Schuh, wie der Centimetre als Zoll , der
Millimetre als Linie ebenfalls viel zu klein,
Aber auch das Klafter- oder Ruthenmaass zeigt bei den verschiede-
nen Völkern eine zu grosse, von G bis zu 20 Fuss betragende Längen-
abweichung; nur der Fuss oder Schuh ist, ungeachtet seines so überaus
zahlreichen Auftretens doch am geringsten auseinander, in Nord- und
Mitteleuropa nämlich zwischen 125 bis 140 Pariser Linien.
Im Süden kennt man zwar auch den Fuss , rechnet jedoch mehr
in anderer Weise.
Eine Fusseinheit würde demnach wohl am füglichsten entsprechen,
sowohl in der Zehnthel-Theilung als Vervielfältigung.
Von den allgemeinen Bedürfnissen aber auch ganz abgesehen, möchte
sich schon für den speciellen Gebrauch der Geographie, welche ja bereits
ihr eigenthümliches Grossmaass, die geographische Meile, wirklich
besitzt, zum Behufe der übrigen kleineren Ausmessungen und Darstellun-
gen ein gleichförmiges The ilmaass für Unterricht und Ueber-
sicht gleich fördernd herausstellen, das als genauer Theilwerth der
geographischen Meile ja auch nicht ohne alle wissenschaftliche Berechti-
gung erschiene, und als bequem vermittelnd für alle Höhen-, Längen-,
") Astronomische Nachrichten Nr. 438.
32 Versammlung am 21. December 1858.
Flächen- und Körperangaben dort nicht unwillkommen erscheinen dürfte,
wo die geographische Meile als Maasseinheit zu gross ist.
Von diesem Standpunkte aus erhielt mein Versuch zur Auffindung
eines solchen geographischen Fussmaasses allerdings einige Ermunterung.
Der geographische Fuss als wissenschaftliche Maasseinheit.
Unser Bessel hat sich veranlasst gesehen*) die Aufgabe der Be-
stimmung des wahrscheinlichsten Erdsphäroids zu lösen, und
dabei die zehn verlässlichsten Gradmessungen zu Grunde gelegt:
1. die peruanische, — 2. und 3. die beiden ostindischen, — 4. die
letzte französische, — 5. die englische, — 6. die hannoversche, — 7. die
schwedische, — dann die drei neuesten, 8. in- Russland vom General Ten-
ner, welche mit der von Struve einen Meridianbogen von 8 Grad um-
fasst. — 9. in Dänemark von Schuhmacher, die 1 % Grad und 10. in
Preussen von Major Bayer und Bessel selbst, welche ebenfalls 1 y2 Grad
umspannt. Die Länge eines Erdquadranten, welche nach der anfänglichen Absicht
10 Millionen Meter sein sollte, ist dieser neuen Bestimmung zu Folge'
= 10,000565.278 Meter, mit einer mittleren Unsicherheit von 508.7 Meter
letztere demnach fast so gross wie ihre Abweichung von der runden
Zahl. „Man sieht", sagt Bessel, „wie unsicher das Meter als fester Theil-
werth selbst jetzt noch, wo die Zahl der Gradmessungen sich beträcht-
lich vermehrt hat. sein würde."
Inzwischen haben die Franzosen **) selbst nachgewiesn, dass sich
1808 ein Rechnungsfehler eingeschlichen, der auf die Grösse des Meters
Einfluss hat; und da Bessel bei obiger Berechnung das Metermaass anwandte,
so sah er sich auch bemüssigt, seine Rechnung durch Berücksichtigung
dieses Fehlers zu verbessern. Es stellt sich also die Länge des Erd-
quadranten = 10,000855.76 Meter = 5,131170.81 Toisen, mit dem mittle-
ren Fehler T 498.23 Meter heraus.
Dieser neuesten und sorgfältigsten Bestimmung gemäss enthält nun
eine geographische Meile 3807.232 Toisen =- 2284.3392 Pariser Fuss.
Könnte man nun diese Grösse der geographischen Meile in eine runde
Anzahl gleicher Theile zerlegen, deren Längenwerth den gebräuchlichsten
Fussmaassen nicht zu fern läge, so wäre die mir selbst gestellte Auf-
gabe gelöst. Und in der That entspricht die Zahl 25,000 dieser Anforderung
auf das Genaueste; denn glücklicher Weise ist 22843.392 Pariser Fuss
getheilt durch 25000 genau gleich 0.91373568 Pariser Fuss = 131.5779
Pariser Linien, eine Grösse der gesuchten Fusslänge, welche sich sehr
bequem und fast in der Mitte der gewöhnlichsten Fussmaasse einreihen lässt.
Pariser Linien.
Am nächsten steht der schwedische Fuss mit 131,615
dann der Oldenburgische mit 131,162
Nach abwärts folgen
Hannover mit 129,484
Baiern 129,38
Lübeck und die beiden Meklenburge 129,00
Lippe Schaumburg 128.60
Lippe Detmold • 128,34
Bremen • 128,27
Hessen-Cassel 127,54
Würtemberg 127,00
Hamburg wie Holstein und Schleswig mit 126,98
'*) Comptes rendus i841. T. XII. p. ü?6.
**) Astronomische Nachrichten Nr. 333.
M. Guggenberger. 33
Pariser Lininn
Braunschweig ~~136M~
Frankfurt a. M 126,20
Sachsen (Königreich) 125,54
Sachsen-Weimar 125,00
nach Aufwärts dagegen :
Baden und die Schweiz mit 132,90
England und
Russland mit 135,114
Preussen sowie Anhalt, auch
Dänemark und
Norwegen mit 139,13
Oesterreich mit 140,127
endlich
Frankreichs alter Fuss mit 144,00
und der dritte Theil des Meters 147,7653
Der Meter kann aber auch (wie es der Badische und Schweitzer
Fuss mit 0,3 Meter bereits in Anwendung zeigt) dem geographischen Fuss
bis auf 1,4 Pariser Linie nahe gebracht werden, wenn man 3 Meter in
10 gleiche Theile zerlegt.
Belgien, die Niederlande, Hessen-Darmstadt, Nassau haben den Meter
oder Theile desselben als Grundmaass, während die wenig angewendeten
Fussmaasse von Mittel-Italien, Spanien und Portugal nur etwas grösser
sind als der österreichische Fuss.
Das geographische Maass enthielte nun
I. Die geographische Meile = 25000 geographische Fuss = 10000
geographische Schritt oder geographische Ellen = 22843,392 Pariser Fuss;
II. Den geographischen Schritt, wie die geographische Elle = 2,5
geographischen Fuss = 2,2843392 Pariser Fuss.
Für die Zehntheilung würden sich folgende Abstufungen ergeben:
1. Die geographische Klafter oder kleine Ruthe = 10 geographische
Fuss = 9,1373568 Pariser Fuss;
2. Der geographische Fuss = 10 geographische Zoll = 0,91373568
Pariser Fuss = 10,9648 Pariser Zoll;
3. Der geographische Zoll = 10 geographischen Linien = 1,09648
Pariser Zoll = 13,15779 Pariser Linien;
4. Die geographische Linie = 10 geographische Puncte = 1,315779
Pariser Linien ;
5. Der geographische Punct = 0,1316 Pariser Linien.
So wie nachgewiesenermassen der Unterschied des geographischen
Fuss es mit den gebräuchlichen Fussmaassen aller Länder nicht bedeu-
tend erscheint, ist es glücklicherweise auch bei dem geographischen zehn-
theiligen Zoll, der Linie und dem Puncte der Fall, dass sie näm-
lich von der gewohnten Grösse viel weniger abweichen, als es der Fall
wäre, wenn der alte Fuss in 10 Zoll anstatt in zwölf zerfiele.
Für Oesterreich z. B. ergibt sich folgendes Verhältniss:
1 geographische Meile = 2500 geographische Klafter = 4000 weni-
ger 87,54 österreichische Klafter.
1 geographische oder 10 Schuh-Klafter =*■ 9,38 österreichische Fuss.
1 geographische Schritt = 2,5 geographische Fuss = 2,35 österr.
Fuss, d. h. der geographische Schritt ist nur um 7,36 Pariser Linien
kleiner als der österreichische Schritt.
3
34 Versammlung am 21. Pezembei 1858.
I geographische Elle = 2,5 geographische Fuss = 2,35 österreichi-
sche Fuss erscheint gegen die österreichische Elle = 2,465 österreichische
Fuss kleiner um 16,47 Pariser Linien.
1 geographischer Fuss = 131,5779 Pariser Linien ist ebenfalls
nur um 8,549 Pariser Linien kleiner als der österreichische Fuss; dage-
gen entfallt
1 geographischer Zoll = 13,15779 Pariser Linien im Vergleich des
österreichischen Zolles grösser um 1,48 Pariser Linien; und
1 geographische Linie = 1,3158 Pariser Linien übertrifft die
österreichische Linie (0,973 p. "') um 0,3428 Pariser Linien = 4,11 Par.
Puncte; endlich ist
1 geographischer Punct = 0,13159 Pariser Linie ebenfalls grösser
als der österreichische Punct um 0,05 einer Pariser Linie.
Zusammengefasst ergibt sich beim geographischen Maass gegen
österreichisches
Kleiner: die Meile (um 2,2°) der Schritt (2,2 |) die Elle (4,8f)
der Fuss (6,11)
Grösser: der Zoll (12,71) die Linie (35,2 1) der Punct (62,5 1).
Die Verkleinerungen sind also wirklich sehr unbedeutend, und Ver-
stössen gegen die gewohnte Anschauung fast nicht, wahrend die Ver-
grösserung der kleinsten Maasstheile für Constructionen in jedem Maass-
stabe wohl kaum unwillkommen sein wird In nahezu gleichem Verhält-
nisse steht das geographische Theilmaass auch zu dem preussischen Län-
genmasse, weil der preussische Fuss noch um keine ganze Pariser Linie
kleiner ist als der österreichische Fuss. Der am andern Ende obiger
Vergleichsscala verzeichnete kleinste Fuss von 125 Pariser Linien (Sach-
sen-Weimar) steht vom geographischen Fuss nur um 1 Linie weniger
ab als der preussische Fuss, so dass der geographische Fuss wohl als
ein in der Mitte liegendes Fussmaass betrachtet werden kann, und in wis-
senschaftlicher Beziehung als genauer Theilwerth der geographischen Meile
in allen Maassabstufungen auch für jedes Bedürfniss der Höhen-Flächen-
und Körperangaben vermittelnd einzutreten vermag.
Ob und wie weit auch ausserhalb des wissenschaftlichen Bereiches
dieser als ganz neutral zu betrachtende Fuss einem dezimalen Vereins-
maasse zu Grunde gelegt werden könnte, darf hier füglich dahingestellt,
und müsste der natürlichen Einwirkung der Wissenschaft auf das Leben
überlassen bleiben."
Herr Dr. A. v. Ruthner legte eine Reihe von Aquarellen des kai-
serlichen Rathes und Professors Herrn Thomas Ender vor, welche derselbe
zur Besichtigung auf das Freundlichste der k. k. geographischen Gesell-
schaft überliess. Sie stellen Landschaften aus Salzburg und Tirol, und
zwar hauptsächlich aus den Centralalpen und insbesonders aus der Tauern-
kette, endlich in zwei Ansichten den Pasterzengletscher in Kärnthen dar.
Wenn die geographische Gesellschaft aus Veranlassung der Vorlage
der Studien desselben Künstlers aus dem Dolomitgebirge Tirols, aus den
venetianischen Alpen, aus Krain und einem Theile von Kärnthen in den
letzten zwei Sitzungen allgemein anerkannt habe, dass Herr Ender's
Aquarelle nicht nur künstlerisch schön, sondern dass sie auch im höch-
sten Grade naturgetreu sind und dass vornehmlich der Einfiuss der verschie-
denen Gebirgsarten auf die Charakteristik der einzelnen Gegenden mit seltener
Wahrheit aufgefasst ist, so muss dieses Verdienst den vorliegenden landschaft-
Dr. A. v. Ruthner. 35
liehen Darstellungen in nicht minderem Maasse zugesprochen werden, als
in diesem tritt noch ein neuer Vorzug Herrn Ender's hervor: das rechte
Verständniss der Gletscher, welche selten vollständig mit dem Pinsel auf-
gefasst in den Abbildungen der Pasterze, des Rauriser Goldberges, die
beiden höheren Thalstufen von Kaprun, nämlich der Wasserfall-Alpen und
des Moserbodens, dann in jenen des Venedigers und der übrigen Glet-
scher der Sulzbachthäler, der Fernau im hintersten Theile des Sulzbach-
thales in Tirol u. a. m. mit einer kaum zu übertreffenden Naturwahrheit
wiedergegeben werden.
Um solche Bilder zu malen, ist nicht bloss ein grosses künstleri-
sches Talent, sondern auch die wärmste Liebe zur Natur, wie sie Herrn
Professor Ender eigen ist, sowie sein grosser Fleiss und seine lang-
jährige Uebung erforderlich. Als Beweiss wie der Verfasser zum Zwecke
seiner Studien selbst die minder gekannten Gegenden des österreichischen
Hochgebirges besucht habe, führt Herr Dr. A. v. Ruthner an, dass von
den 19 Thälern des Herzogthums Salzburg, welche von der Grenze Tirols
bis zur steyrischen Grenze alle unter sich parallel von dem von Westen nach
Osten ziehenden Hauptrücken der Tauernkette gegen die in derselben Rich-
tung fliessende Salzach und Enns von Süden nach Norden herabsteigen, nur
zwei, nämlich das Taurachthal und das Gasteinerthal, ersteres wegen der
durch selbes führenden Poststrasse über den Radstädtertauern , letzteres
wegen des berühmten Heilbades stark, nur vier, nämlich das Thal von Rau-
ris und Fusch, und zwar hauptsächlich wegen des Tauernüberganges nach
Heiligenblut, Fusch wohl auch noch wegen des Fuscherbades, dann das Vel-
ber- und Krimmler-Achenthal, weil durch sie Tauernwege nach Tirol ziehen,
öfter, die übrigen 13 dagegen nur höchst selten von Fremden besucht wer-
den. In den vorliegenden Studien finden sich aber Aufnahmen von nicht
weniger als acht von diesen Seitenthälern und zwar sei eines, das von Gastein,
durch eilf, die übrigen der Mehrzahl nach je durch drei ja vier Darstellun-
gen vertreten.
Eingegangene Druckschriften :
Oesterreich. Botanische Zeitschrift. Nr. 7 — 12. Wien 1858. Von der Redaction
Nouvelies Annales des Voyages , de la Geographie, de l'histoire et de l'Archeologie
VI. Serie. IV. annee Nov. 1858. Paris. Von der Redaction
Beiträge zur Statistik der freien Stadt Frankfurt, herausgegeben von der statistischen
Abtheilung des Frankfurter -Vereins für Geographie und Statistik. I. 1. 1858.
Vom Vereine.
Jahresbericht der Oberrealschule in Ellbogen für das Schuljahr 1850. Von der Direc-
tion der Oberrealschule.
Abhandlungen der philosophisch-philologischen Classe der k. bayr. Akademie der Wis-
senschaften VIII. 3. München 1858. Von der königl. Academie.
Mittheilungen des historischen Vereins für Krain im Juli, August. Laibach 1858.
Vom Vereine.
Esquisse de la geographie , de l'ethnographie et de l'histoire naturelle d'une partie de
l'Afrique australe interieure (du cours superieur du fleuve orange au cours du
Zambeze.) par M. E. Cortambert. Paris 1858. Vom Verfasser.
Reisehandbuch für Besucher des Ötscher aus eigener Beobachtung und bisher unbenutzten
Quellen geschöpft von mehreren Freunden der Landeskunde und herausgegeben von
M. A. Becker. (Mit einer Karte und Rundsicht vom Gipfel.) Wien 1859.
Vom Herausgeber.
36
Versammlung am I. Jänner 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionschef Dr. K. Freiherr v. Czoernig,
führte den Vorsitz.
Der Herr Secretär Foetterle machte die Mittheilung, dass die Gesell-
schüft abermals zwei ihrer Mitglieder durch den Tod verloren habe, das ordent-
liche Mitglied M. v. Bajzäth, k. k. pensionirten Oberst, der durch besondere
Theilnahme an allen wissenschaftlichen Bestrebungen inOesterreich und nament-
lich an denen der Gesellschaft von derem Beginne an sich auszeichnete, und
das correspondirende Mitglied, August Papen, k. Hannover'scher Major ausser
Dienst in Gosslar, rühmlichst bekannt durch seine früheren kartographischen
Arbeiten, sowie durch sein letztes grossartiges Unternehmen der Herausgabe
einer Schichtenkarte von Central-Europa in 12 Sektionen, deren artistische
Ausführung Hr. A. Ravenstein in Frankfurt übernommen hatte. Hr. A. Papen
hatte diesem riesigen Unternehmen sich mit aller Aufopferung seiner Zeit und
seiner materiellen Mittel hingegeben, die Herausgabe hatte bereits begonnen
und die Vorarbeiten für alle 12 Sektionen waren bereits vollendet, als ihn der
Tod jeder weiteren Mühe enthob. Dem unternehmenden Geiste A. Raven-
stein's ist es zu danken, dass dieses schöne Werk ununterbrochen fort-
gesetzt wird.
Hr. Foetterle legte eine grössere Reihe werthvoller Geschenke an
Druckschriften vor, welche die Gesellschaft letzterer Zeit von wohlwollenden
Gönnern erhalten hatte. Sr. Durchlaucht dem Fürsten Lothar v. Metternich
als Kanzler des Maria-Theresia-Ordens, so wie Hrn. J. V. Hirtenfeld als
Verfasser, verdankt die Gesellschaft das prachtvolle Werk „der Militär Maria-
Theresien-Orden und seine Mitglieder" , zu dessen Ausführung die erste
Säcularfeier im Jahre 1857 die Veranlassung war, und dessen thatenreicher
Inhalt jedes wahren Oesterreichers Herz mit Freude und Stolz erfüllt. Herrn
Abbe J. Mislin verdankt die Gesellschaft sein aus 3 Bänden bestehendes Werk
„Les saints lieux," Pilgerreise nach Jerusalem, durch Oesterreich, Ungarn,
Slavonien, die Donaufürstenthümer u. s. w. Die tief eingehenden Schilderungen
der Zustände der verschiedenen Länder, durch welche den Herrn Verfasser sein
Weg im Jahre 1848, als er die Reise unternahm, führte, machen das Werk
zu einem höchst schätzbaren.
Aus einem Berichte über die November-Sitzung der kaiserlich Russischen
geographischen Gesellschaft in St. Petersburg theilte Herr Foetterle mit, dass
der der Sibirischen Expedition beigegebene Astronom, Hr. M. A. Schwartz,
nachdem er die ihm gestellte Aufgabe glücklich zu Ende geführt , nach
St. Petersburg zurückgekehrt sei. Ebenso sei die chronometrische Expedition,
welche im vergangenen Frühjahre von der geographischen Gesellschaft in Ver-
bindung mit dem Generalstabe in die Gouvernements Wologda und Wiatka ent-
sendet wurde, um die geographische Lage der vorzüglichsten Puncte für die
Anfertigung der Karte des Europäischen Russland zu bestimmen, zurückgekehrt,
nachdem die Lage von 75 Punkten genau bestimmt wurde. Auch habe sich in
der Gesellschaft ein Spezial-Comite' gebildet für Meteorologie, Klimatologie und
für physikalische Geographie ; welches unter der Leitung des Professors in
Dorpat, Hrn. Dr. Kämtz, ein eigenes Journal publiziren wird, zu dessen
Bestreitung der Kosten die Gesellschaft einen Beitrag von 1000 Rubeln
bestimmt hat.
Herr k. k. Sectionsrath Haidinger legt vor „Lettres sur la Turquie par
M. P. de Tchihatchef" ein Heft von 84 Seiten, welches ihm der hochverehrte
W. Haidinger. 37
Verfasser, unser Ehrenmitglied, zu diesem Zwecke für die k. k. geographische
Gesellschaft eingesendet hatte. Es trägt die lebendige Form von Reiseberichten,
an Ort und Stelle, während seines letzten, „des achten", Ausfluges in die
Türkei und nach Kleinasien geschrieben, zwei Briefe von Kerasun, einer von
Gümüchhane, zwei von Erzindjan, acht von Konstantinopel, einen von Syra,
aber mit der höheren Beurtheilung der Verhältnisse jenes orientalischen Reiches,
zu welcher ihn seine langjährige Bekanntschaft mit den verschiedenen Theilen
desselben, mit Sprachen, Sitten, Geschichte und mit allen naturwissenschaft-
lichen Beziehungen befähigt. Zehn Jahre sind es, seit er seine Forschungs-
reisen in Kleinasien begonnen. Die oben erwähnten fünfzehn Briefe waren
ursprünglich an den Herausgeber der in Brüssel herauskommenden Zeitung „Le
Nord" gerichtet, und sind hier gesammelt, unverändert wieder abgedruckt.
Herr von Tchihatchef stellt in höchst anziehender Weise die Theorie und
Praxis in der Lage der gegenwärtigen Verhältnisse der Türkei einander gegen-
über. Hier findet man nebst den eigentlichen Nachrichten über den Fortschritt
der Reise so manche ethnografische und politische Merkwürdigkeiten, hier bei
Gümüchhane einen Volksstamm, nach Tageszeiten abwechselnd christlich und
Mohammedanisch ; dort wieder in dem Dorfe Koutou bei Amasia Vorsorge für
Beschaffung von Cirkassischen Individuen für den Sklavenverkauf in die Harems
nach Art gewisser Unternehmungen in den sklavenhaltenden südlichen Ver-
einigten Staaten von Nordamerika; dann wieder die Gesetze des Sultans, der
Uat-Humayum, in Konstantinopel ausgesprochen, und doch in Erzerum nicht
befolgt, ja nicht einmal bekannt gemacht, und so vieles Andere. Herr von
Tchihat chef, in seiner eigenthümlich unabhängigen Stellung, wohlwollend über-
all aufgenommen, ist doch auch sehr vorbereitet, die wahren Lagen der Gesell-
schaft zu erkennen, und wenn er über viele derselben sein wenig günstiges
Urtheil auszusprechen nicht ansteht, so hebt er wieder mit Wohlgefallen her-
vor, wie man jetzt noch, was durch die Verbreitung der Civilisation und Ver-
feinerung der Kultur immer mehr eingeschränkt wird, Reste uralter hoch-
poetischer Traditionen in jenen Ländertheilen antrifft. Die Zeit schreitet fort,
aber doch dürfte jene Veränderung nicht so bald stattfinden, und Herr von
Tchihatchef schliesst den letzten Brief mit der Betrachtung, dass ihn selbst
so etwas wohl nie verhindern wird , die Türkei als Mann der Wissenschaft
wieder zu bereisen, sie als Philosoph manchmal einer Kritik zu unterwerfen und
dieselbe als Künstler zu lieben.
Herr Sectionsrath H ai dinge r freut sich, im Schoosse der hochverehrten
Gesellschaft seinen wärmsten Dank einem unserer wahrhaft geographischen
Fachgenossen und Gesellschafts-Mitgliede darzubringen , Herrn Professor Dr.
Franz Locher in Ellwangen, der sich unserer Gesellschaft schon von allem
Anfange an eifrigst anschloss, und der ihm nun nicht nur ein Exemplar seiner
zweiten, gänzlich umgearbeiteten Auflage des Werkes „Allgemeine Erdkunde
oder neuestes Handbuch zur Beförderung und Belebung des geographischen
Sinnes und Wissens für Schule und Haus" freundlichst zum Geschenke gesandt,
sondern der ihm auch die Widmung dieses so anerkannt werthvollen Werkes
eingeschrieben hatte. Herr Sectionsrath Hai ding er bemerkt, wie er in Bezie-
hung auf Geographie wohl nur den lebhaftesten Wunsch der Förderung der-
selben einigen Anspruch auf diese Ehre haben könnte, aber dieses Uebermass
von „Erkenntlichkeit" wie es der Verfasser so freundlich ausdrückt, entspringt
wohl aus einem in sich selbst dankbaren Gemüthe, das sich so reich in der Ver-
bindung darstellt, mit welcher der Verfasser sein Werk beginnt, die Beziehung
auf den Ewigen, den Schöpfer des All, dem wir die Erde selbst und Alles auf
38 Versammlung vom 4. Jänner 1859.
derselben verdanken, und den eigentlichen wahren Fortschritt des Menschen auf
Erden durch das Christenthum, treu dem gewählten Motto: „die Erde ist das
grosse Wohn- und Erziehungshaus, in dem der Mensch nach göttlicher Anwei-
sung seiner höheren Bestimmung mehr und mehr entgegenreifen sollte." Für
den so vielartigen reichen Inhalt, der bei den gegenwärtigen fortwährenden
Reisen und Studien, sich immer wiederholenden Erhebungen neuester Angaben,
so sehr zahlreichen Veränderungen unterliegt, ist auch mit Sorgfalt möglichst
das Neueste aufgesammelt worden.
Aus einem Schreiben unseres hochverehrten Ehrenmitgliedes Sir Roderick
Murchison an Herrn Haidinger glaubte Letzterer mittheilen zu sollen, dass
Murchison kürzlich auf das Höchste durch ein eigenhändiges Schreiben
Seiner kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Fer-
dinand Maximilian erfreut worden sei, mit dem freundlichsten Danke für
die wohlwollende Aufnahme, welche Herr Dr. Schaub, Director der k. k.
Marine-Sternwarte in Triest, bei seinem Aufenthalte in England im vorigen
Frühjahre zu Theil geworden war.
Ueber die erste Englische Gesandtschaft nach China theilt Murchison
mit, dass er beantragt habe, einen wissenschaftlich tüchtig vorgebildeten Arzt
derselben beizugeben. „Ich wünschte um ein Vierteljahrhundert jünger zu sein,
um in dem Gefolge Sr. Excel lenz als „Haupt-Stein-Zerbrecher" mich selbst der
Gesandtschaft anzuschliessen. Peking ist ohne allen Zweifel umgeben von
silurischen, devonischen und flötzführenden Steinkohlenformations-Schichten.
Murchison selbst war mit dem letzten Druckbogen der zweiten Auflage
seiner Siluria beschäftigt.
Herr k. k. Hauptmann M. Guggenberger gab eine Schilderung des
Leopoldsteiner See's nördlich von Eisenerz, seiner Lage und Ausdehnung. Nach
den noch jetzt sehr deutlich bezeichneten Grenzen hatte dieser See einst gegen
2300 Wr. Klafter in der Länge und an der breitesten Stelle fast in der Mitte
eine Breite von etwa 300 Klafter. Die Veränderungen der Zeit, die Anhäufungen
der grossen Schuttmassen aus dem ihn umgebenden steilen Kalk- und Dolomit-
gehängen hatten jedoch eine so grosse Veränderung hervorgebracht, dass der
See jetzt bereits auf 1500 Klafter in eine wagrechte Thalsohle verwandelt ist
und nur 800 Klafter noch mit Wasser bedeckt sind, dessen tiefste Stelle bei
80 Klafter beträgt. Diese Veränderung konnte nur durch den, auf der rechten
steileren Seite fliessenden Schuttbach bewirkt werden ; die von demselben
gebildete Schuttbank, die unter Wasser sich ausbreitet, wird nämlich vom
Wellenschlage in Form kleiner Dünen wieder am Ufer aufgehäuft und so die nur
wenige Zolle über dem Wasserspiegel erhobene fast wagrechte Thalsohle
erzeugt. Der Seeabfluss mündet nicht weit von seinem Ausfluss in den Erzbach,
unter einem beinahe stumpfen Winkel, wodurch am linken Ufer des Erzbaches
sich eine kleine Schotter-Terrasse ansetzt, die im Grossen am untern Laufe des
Erzbaches und an der Enns, dem Vereinigungspunkte beider gegenüber, als
eine der hier zu beobachtenden Diluvialterrassen erscheint.
Herr Bergrath F. Foetterle zeigte eine grosse Karte von Kleinasien und
den angrenzenden Ländertheilen aus dem Anfange des vorigen Jahrhunderts vor,
welche sich in dem hiesigen Hofkriegs-Archive befindet und von dem Herrn
Vorstande desselben mit höherer Bewilligung zu dem Zwecke der Vorlage in
dieser Versammlung gütigst überlassen wurde. Diese Karte, 1 Klafter hoch und
1 Klafter 17 Zoll breit, auf mit Gummi überzogenen Taffet gezeichnet, gehört
gewiss zu den grössten kartographischen Leistungen der Türkei im vorigen
Jahrhunderte. Sie umfasst Kleinasien und Persien, einen Theil von Egypten
I. Foetterle. 39
und von Arabien, reicht östlich bis an den Indus, nördlich bis an das nördliche
Ende des Azow'schen Meeres und westlich bis an die Donaumündungen. Die
Schrift auf derselben ist nur Türkisch ; sie enthält die politische Eintheilung
Kleinasiens und ganz Persiens, die Namen der Statthalterschaften sind überall
roth geschrieben; überdies enthält sie die meisten Orte, so wie die damals
bestandenen Karawanenwege. Die Gebirgszüge sind sehr oberflächlich nur
angedeutet. Die Erläuterungen zu dieser Karte sind in einer Schrift an der
unteren linken Ecke in 43 Zeilen und am unteren Rande in der Mitte in
22 Zeilen gegeben. Diese Schrift ist die Aufzählung der verschiedenen Statt-
halterschaften mit ihren verschiedenen Sandschaks sowohl der ganzen Asiatischen
Türkei, wie von Persien. Der Schluss der Worte gibt Aufschluss sowohl über
die Zeit der Entstehung der Karte, so wie über den Verfasser und lautet :
Schrieb's der arme Elhadsch-Abdulah, berühmt unter den Namen Hafis-Sade,
Schreiber der grossen Geographie im Jahre 1141 (1728) aus der Beschrei-
bung des armen Ibrahim eines der Muteferika der hohen Pforte." Ferner „Die
Karte ist geschrieben im Jahre 1139 (1726) in der guten Stadt Konstantinopel,
Gott wolle sie bewahren vor Unglück und Gefahren." Ibrahim war ein Unga-
rischer Renegat und führte die Druckerei in Konstantinopel ein , deren erster
Direktor er auch war. Diese Quellen , welche der Verfasser dieser Karte
benützte, sind fast ausschliesslich aus dem „Dschihanuma" d. i. Weltschau ent-
lehnt. Die Karte wurde nach der Mittheilung des k. k. Hofkriegsrathes bei
Gelegenheit der Uebergabe derselben an das k. k. Kriegsarchiv von dem k. k.
Oesterreichischen Residenten vonTalmanin Konstantinopel im Jahre 1729
acquirirt und eingesendet. J. Freiherr von Hamm er-Pu rgsta 11 gibt im
8. Bande seiner Geschichte des Osmanischen Reiches eine ausführliche Be-
schreibung dieser Karte, welche vielleicht das einzige bestehende Exemplar
sein dürfte und gewiss um so interessanter ist, als die Türkei sehr wenige
kartographische und geographische Werke, von Mahomedanern ausgeführt und
in ihrer Sprache geschrieben besitzt. Denn zu dem vorzüglichsten gehören nur:
Dschihanuma, d. i. Weltschau von Hadschi Chalfa, fortgesetzt von Behram in
Damaskus, mit 40 Karten, gedruckt in Konstantiuopel im Jahre 1732; ferner
Bahrije d. i. See-Atlas vom Jahre 1520 mit 133 Karten von Piri Reis, und
Tohfelul kubar fiesfaril-ebhar d. i. Geschenke an die Grossen, die Seekriege
betreffend mit 4 Karten von Hadschi Chalfa im Jahre 1728, endlich ist auch
eine Erdkarte in vier Blättern in Holzstich von Hadschi Achmet aus Tunis im
Jahre 1559 unter Sultan Suleiman verfertigt. Die Originalplatten befinden sich
in der Marciana in Venedig, während einen Abdruck derselben Se. Durchlaucht
Fürst Mette mich in seiner Bibliothek besitzt.
Herr k. k. Bath und Professor Thomas Ender hatte abermals die Güte,
einige seiner zahlreichen und ausgezeichneten Aufnahmen Oesterreichischer
Alpengegenden in Aquarell ausgeführt, zur Ansicht zuzuschicken, welche am
Schlüsse vorgezeigt wurden. Dieselben bezogen sich diesmal auf Gegenden an
der Südtirol-Venetianisehen Grenze und das Etschthal, und gaben ebenso über-
raschend getreu und herrlich aufgefasst den Charakter dieser schönen Gegen-
den, wie die früheren vorgelegten Darstellungen des Herrn k. k. Rathes
Th. Ender.
Eingegangene Druckschriften.
Landwirtschaftliche Zeitschrift von und für Ober-Oesterreich. Linz Nr. 1 de 1859. Von
der k. k. Landwi rthschafts - Gesellschaft in Linz.
Pesther-Lloyd Nr. 1—12 de 1859. Von der Redaction.
Allgemeine Land- und forstwirthschaftliche Zeitung. Herausgegeben von der k. k. Land-
wirthschafts-Gesellschaft in Wien. Jahrgang 1889. Nr. 1 — 3.
Von der Gesellschaft.
40
Jahreshefte des Württembergischen Alterthums-Vereins in Stuttgart. VIII. Heft. — Schriften
des VI. Heft 18Ö6. — VII. Rechenschaftsbericht des 1854/55. — Satzungen des
1843. Vom Vereine.
Resume historique de l'exploration faite dans l'Afrique centrale de 1855 ä 1856 par
le Dr. Ed. Vogel. Par V. A. Malte Brun. Paris 1858. — Itineraire
historique et archeologique de Philippeville a Constanlinc. Par V. A. Malte Brun.
Paris 1858. Vom Verfasser.
Märkische Forschungen. Herausgegeben von dem Verein für Geschichte der Mark Bran-
denburg. III— V. Berlin 1845/57. Vom Vereine.
Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscon. Annee 1858. Nr. 3. Von
der kais. Gesellschaft.
23ter Jahresbericht des historischen Kreis-Vereins im Regierungsbezirke von Schwaben
und Neuburg für das Jahr 1857. Augsburg 1858. Vom Vereine.
Mittheilungen aus J. Perthes geogr. Anst. Von Dr. A. Peter mann. Nr. XI. XII. 1858.
Von der geographischen Anstalt.
Jahresbericht des Voigtländischen Alterthumsforschenden Vereins. XIII — XXX. Gera
1833 — 1855. — Yolkssagen aus dem Orlagau nebst Belehrungen aus dem Sagen-
reiche. Mitgetheilt von W. Born er. Altenburg 1838. — Plendistria, imagines,
calearia et arma veterum lapidea non ita pridem in pago H'Orlae ad Sorbitzii
Wirraeque ripas deteeta descripsit Dr. G. G. Adler. Gerae. — Variseia. Mit-
theilungen aus dem Archive des Voigtl. Alterth.-V. Herausgegeben von Fr. Alberfi.
3 Lief. 1834. — Bericht über die Vers, am 28. Mai 1858.
Vom Voigtl and. Alterthums-Ve reine in Hohenlauben.
Bulletino dell' Istmo di Suez. III. Nr. 24. Torino 1858. Von der Redaction.
Austria. Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. XI. Jahrgang. Heft 1. 1859.
Von der Redac tion.
Atti dell' Academia fisio — medico statistica di Milano. Anno Academ. 1857/58. Vol.
III. Anno XIII. disp. 14. Von der Academie.
Memoire dell' J. R. Istituto lomb. di scienze leltere ed arti. Vol. VII. fasc. 7. Milano 1858.
Atti dell'J. R. Istituto loinb. etc. Vol. I. Fasc. 11 Milano 1858. Vom k. k. Institute.
35. Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur vom Jahre 1857.
Breslau. Von der Gesellschaft.
Annales de la propagation de la foi. Janvier 1859. Nr. 182. Paris. Von de r Bed actio n.
Berichte der Rheinischen Missionsgesellschaft. Nr. 19 — 24. Barmen 1858.
Von der Gesellschaft.
Nouvelles annales des Voyages , de la geographie, de l'histoire et de 1' Archeologie.
VI. Ser. IV. ann. Decemb. Paris 1858. Von der Redac tion.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. N. Folge. V. Band. 4. Heft. Berlin 1858.
Von der geographischen Gesellschaft in Berlin,
2tes Jahresheft des Vereines des Krainer-Landes-Museums. Laibach 1858. Vom Vereine.
Geographie industrielle et commerciale de la Belgique indiquant les produetions mine-
rales, agricoles et industrielles de chaque localite etc. par C. N. Bari et. 1858.
Vom Verfasser.
Jahrbuch der k. k. geologischen Beichsanstalt. Wien IX. 3. 1858.
Von der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Wochenblatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. Nr. 6 de 1858/59.
Von der Landwirthschafts-Gesellschaft Gratz.
Gospodarski List. Zagrebu. Nr. 1 de 1859. Von der k. k. Landw. Ges. in Agram.
Bericht des Ap. E. Popp und Fr. A. Vost über die nach den Donau-Fürstenthümern
Wallachei und Moldau und nach Bulgarien etc. unternommenen Reise.
Von der Handelskammer Kronstadt.
Jahrbuch u. Mittheilungen derk. k. Central-Commission z. Erforschung u. Erhaltung der Bau-
denkmale. I — III. Wien 1856 — 1858. Von der k. k. Central-Commission.
Aegypten. Reisebilder aus dem Oriente. Von L. Libav. 4. Lief. Wien 1858.
Von Herrn Aug. Grafen v. Breuner.
Suevia universa IX tabulis delineata, in quibus omnium non solum ad circulum pertinentium
Episcopatuum, ducatuum etc., sed etiam omnium eidem inter et adjacentium Statuum
territoria, urbes, oppida, monasteria etc. distinete et aecuratissime reperiuntur, juxta
recentissimam observationem exhibita a Jaques Michal, Capitaine et Ingenieur,
sculpta a Matheo Struttero, Chalcogr. August.
Atlas Silesiae id est ducatus Silesiae generaliter quatuor mappis nee non specialiter
XVI. mappis tot prineipatus representantihus geographice xhibitus addita praefatione.
qua de historia hujus atlantis agitur auetoritate publica in lucem emissus ab Homan-
nianis Heredibus Norimbergae 1750. Vom Herrn k. k. General-Major L. Kintzl.
41
Versammlung am 18. Jänner 1859.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef Dr. K. Frh. v. Czoernig führteden
Vorsitz. — Ueber Antrag des Ausschusses wurden die Herren Job. Ptaschnik,
Professor am k. k. Theresianum und Wenz. Babänek, k. k. Prof. in Pisek zu
ordentlichen Mitgliedern, und Hr. Ed. R. Strasznitzky, Secretär der geogra-
phischen Gesellschaft in New- York zum correspondirenden Mitgliede gewählt.
Der Hr. Secretär F. Foetterle legte hierauf eine grössere Reihe einge-
gangener Druckschriften zur Ansicht vor. Als Geschenke verdankt namentlich
die Gesellschaft dem Herrn Präsidenten Freiherrn von Czoernig die bisherigen
Publicationen der k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der
Baudenkmale, bestehend in 3 Bänden Mittheilungen und 3 Bänden Jahrbüchern,
welche durch den reichen Inhalt des werthvollsten Materials ein glänzendes
Zeugniss von der Nützlichkeit und Zweckmässigkeit des Inslebenrufens dieser
kaiserl. Institution geben. Der Hr. Präsident machte selbst auf die in dem
3. Bande des Jahrbuches in der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Anwendung
gebrachte Photolithographie aufmerksam, durch welche es nun möglich ist, selbst
die komplizirtesten und feinsten Zeichnungen auf Stein wiederzugeben, und von
hier aus zu vervielfältigen. — Ein anderes Geschenk verdankt die Gesellschaft
ihrem Vize-Präsidenten Herrn General-Major L. Kintzl, bestehend aus
20 Blättern der Homannschen Karten von Schlesien vom J. 1736 und aus einer
grossen Karte von Schwaben von Jaques Michal.
Hr. k. k. Major K. von Sonklar sandte einige Bemerkungen und Berich-
tigungen der von den Gebrüdern Herren A. und H. Schlagintweit in ihren
Werken „Untersuchungen über die physikalische Geographie und Geologie der
Alpen" und „Neue Untersuchungen" etc. veröffentlichten Höhenbestimmungen.
(Siehe Abhandlungen dieses Heft Nr. VI. S. 58.)
Herr k. k. Sectionsrath Haidinger berichtet über die letzten von unseren
Freundenaufderk.k.Fregatte„Novara"erhaltenenNeuigkeiten. Schon in derSitzung
der k. k. geologischen Beichsanstalt am 11. wurden über Briefe von Hrn. Com-
modore von Wüllerstorf und Dr. Scherzer berichtet, so wie einer gemein-
schaftlichen Abhandlung des Letztern mit Herrn Dr. Schwarz gedacht, welche
für die k. k. geographische Gesellschaft bestimmt, hiermit vorgelegt wird.
(Siehe Abhandlungen dieses Heft Nr. II. Seite 11. Auch von Sr. Excellenz dem
Herrn General-Gouverneur von Australien Sir William H. Danison war ein
Schreiben eingelangt. Später kamen Briefe von Herrn Dr. Hochstetter und
Frauenfeld. Von Allem wurde am 13. von Hrn. Hai ding er in der Sitzung
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Bericht erstattet. Die Beise von
Shanghai bis Sydney, vorüber an den Mariannen-, Carolinen- und Salomons-
Inseln, war durch einen heftigen Drehwind, Teifun, noch in dem chinesischen
Meere, und Stürme, so wie später durch Windstillen so beeinträchtigt, dass nur
die Carolinen Ponynipat, und später die Insel Sikeiana dem Stewart Atoll ange-
hörig, östlich von den Salomons-Inseln (Br. 8° 22 l S. L. Greenw. 162° 58° 0)
auf wenige Stunden besucht werden konnte. Letztere gab eine werthvolle ethno-
graphische Ausbeute, wenn auch nur von 180 bis 200 Menschen, aber schönen,
herkulischen Gestalten bewohnt.
Unsere „Novara" wurde in Sydney, wo sie am 5. November ankam, mit
ausgesprochenstem Wohlwollen empfangen. Schon am 6. erhielt die „Austra-
lische deutsche Zeitung" folgenden Gruss (Ausschnitt den Haidinger Herrn
J. Gentill i verdankt, und welchen er hier der k. k. geographischen Gesell-
schaft als Erinnerungsblatt überreichte). „An die Herren der Novara-Expedition :
„Mit inniger Freude haben wir Ihre glückliche Ankunft in Port Jackson vernom-
42 Versammlung am 18. Jänner 1859.
„inen und heissen Sie, edle Männer, an den Gestaden Australiens herzlieh will-
kommen. Seien Sie, hochgeehrte Herren, von der wärmsten Theilnahme der
„hiesigen Deutschen an dem grossartigen Unternehmen der Novara-Expedition,
„so wie von unserer bewundernden Anerkennung Ihrer edlen, segensreichen
„Wirkung überzeugt.
„Der mächtige Donner Ihrer Kanonen wird in manchem deutschen Herzen
„die schlummernde Liebe zum Vaterlande wecken, wie das freundliche Bild
„Ihres innig vereinten Männerbundes den Trieb zu einheitlichem Zusammen-
halten der Deutschen dieser Stadt neu beleben wird. Mögen Sie sich während
„Ihres Aufenthaltes an diesen Ufern des besten Wohlseins zu erfreuen haben !"
Hochachtungsvoll die Redaktion der „Australischen Deutschen Zeitung."
Es war schon von früher her in Erwartung der Ankunft der Novara eine
Versammlung der Deutschen in Sydney auf den 8. bestimmt gewesen. Sie wurde
aus Veranlassung der Ankunft rasch auf den 6. November zurückverlegt.
In einem Schreiben, von Herrn Dr. Hochstetter vom 3. Nov. in See
bis 11. Nov. in Port Jacson, das ich am lo. Jänner erhielt, wird freudig und
anschliessend an die früheren Berichte hervorgehoben, wie sehr die. deutsche
wie die englische Bevölkerung in Aufmerksamkeiten und Wohlwollen, vom Gou-
verneur beginnend, durch alle Klassen wetteifert. Herr Dr. Ho chstetter hatte
auch sogleich nach seiner Ankunft die Steinkohlenwerke von Newcastle am
Hunter river besucht, mit welcher Gegend Sydney durch tägliche Dampfschilf-
Fahrten, wie Triest mit Venedig verbunden ist, und war mit drei Kisten Samm-
lungsgegenständen, Kohlenmustern, fossilen Pflanzenresten , so wie silurischen
Versteinerungen aus dem Innern, nach Port Jacson zurückgekehrt, theils selbst
gesammelt, theils von den frühern Besitzern aufs Freundlichste überlassen,
namentlich den Herren K eene, dem Begierungs-Examiner of the Coal Fields
of Neu South Wales, dem Revd. Mr. Canon Wilton und zwei hochgebildeten
jungen Damen Harriet und Helena Scott, Töchtern des Mr. A. W. Scott,
Parlaments-Mitgliedes und Besitzers von Ash-Irland in Hunter Biver. Diese bei-
den Damen sind in Begriff ein grösseres Werk über australische Schmetterlinge
herauszugeben, die sie selbst gesammelt in allen Ständen beobachtet, und in
trefflichster Weise in Mahlerei und Lithographie dargestellt.
Der Aufenthalt im Hafen von Sydney, wo die Novara vom Gouverneur
freundlichst in der Regierungsdocke aufgenommen wurde, dürfte wohl länger
dauern, als zuerst beabsichtigt war, da die Fregatte verschiedener Ausbesserung
bedarf. Ein wahres Goldfieber war wieder in Australien im Anzüge, nachdem noch
in der Nähe von Sydney ein anderer Klumpen von 90 Unzen Goldgehalt aufge-
funden worden war. Kürzlich erst war eine völlige Völkerwanderung, von gan-
zen 10,000 Menschen nach dem Fitzroy-River (Port Curtis, Nord-Australien)
durch einen wahren Gold- Wahnsinn geführt worden, von wo sie gröstentheils
halbverhungert, in ihren Hoffnungen getäuscht, wieder zurückkehrten.
Herrn E. R. Strasznitzky , Secretär der geographischen Gesellschaft
in Neu-York, sandte an Herrn k. k. Sectionsrath Haidinger mehrere einzelne
Zeitungsblätter mit geographischen Nachrichten.
Die deutsche „Neu-Yorker Staats-Zeitung" vorn 17. Dezember 1858
enthält einen Bericht über eine Erforschungs-Expedition nach dem in dein Golf
von Californien einmündenden Bio Colorado, unter Lieutenant Ives.
Von höchstem Interesse ist die Aussicht auf die neue Expedition
nach dem Nordpol, nach der offenen See, in der sich so grosse Erfolge
für den Wallfischfang voraussehen lassen. Herr Dr. Hayes, ein Begleiter
Kane's auf seiner früheren Reise, hat sich bereit erklärt, im Jahre 1860, mit
VV. Haidinger. 43
einem Schiffe von 100 Tonnen und zwölf Matrosen, dieses Unternehmen begin-
nen zu wollen. Mehrere Gesellschaften haben schon ihren Beistand zugesagt.
Zwei wichtige Schreiben vom Hrn. Prof. Agassiz an Dr. John d. L. Leconte,
und von Dr. A. D. Bache, Superintendent of the Coast Surwey an Dr. Hayes
selbst sprachen ihre Ueberzeugung von der Zweckmässigkeit und Nützlichkeit
und dem hohen Interesse der Frage aus. Agassiz sagt: Die Wallfische, als
warmblutige Thiere bedürfen zum Athmen der Luft, also auch des offenen Was-
sers. Nie finden sie sich im Winter südlich von dem grossen Eisgürtel. Daher
muss am Pol das Meer offen sein, wohin sie sich zurückziehen. „Dieses Argu-
ment ist für den Physiologen unwiderstehlich." Folgendes ist der Beiseplan :
Man schifft Baffius Bay hinauf, und längs Grinnel Land so seenördlich als mög-
lich, um dort zu überwintern, vorher aber noch nördlicher auf dem Eise Maga-
zinen anzulegen. Ein Boot auf Schlitten gestellt, sollte dann in einem Monate,
in der Breite von etwa 81° die offene See erreichen, von wo bis zum Nordpol
dann noch etwa 000 Meilen übrig sind. Die Anträge, von Herrn Viele gestellt,
dass die Gesellschaft sich der Unternehmung nachdrücklichst annehme und ein
Comite von fünf Mitgliedern bilde, die sich mit Herrn Dr. Hayes über die
Organisation derselben verständigen und von Zeit zu Zeit Nachricht von dem
Slande geben, wurde von Herrn Henry G rinn eil dem Vicepräsidenten, unserm
hochverehrten Ehrenmitgliede unterstützt und angenommen. Auch Herrn Dr.
Hayes wurde ein Dankvolum dargebracht. Der schönste Dank , bemerkte in
einer glänzenden Bede der Präsident, Dr. Hawks, ist das höcht zahlreiche
Publikum, welches sich /.ur Anhörung des Vortrags versammelt hatte und mit
athemloser Aufmerksamkeit dem Vortrage gefolgt war. „Gott hat den Menschen
den Enthusiasmus verliehen, dasjenige Werk zu unternehmen, welches sie durch-
zuführen am geschicktesten sind." Diess sei seine Ansicht, und wenn Dr. Hayes
diesen Enthusiasmus besitze das Werk der Nordpol-Erforschung zu bestätigen
und zu vollenden, so wünsche er ihm dazu Gottes besten Segen.
So ferne uns auch die näheren Beziehungen der Ausführung dieser Unter-
nehmung liegen, so sehr ist aber doch auch unsere Gesellschaft, sind alle
Geographen in der Lösung dieser wichtigen und aufregenden Unternehmung
betheil igt, und auch wir wünschen dem unternehmenden und erfahreneu Mann
auch von unserer Seite unsern reichen Beifall und hohe Anerkennung zu geben,
undden Wunsch, dass wir von seinen Erfolgendie günstigsten Nachrichten erleben
mögen! Herr k. k. Oberlieutenant G. v. Boleslawsky zeigte eine Sammlung
ethnographischer Gegenstände aus Aegypten , Nubien und Seidan vor, welche
er auf einer zweijährigen nach Chartum unternommenen Beise von dem letzt-
genannten Orte selbst mitgebracht hatte. Darunter befanden sich vorzüglich
Waffen, Musikinstrumente, Bekleidungs- und Schmuckgegenstände, Bauchrequi-
siten, Hausgeräthe u. s. w.
Hr.Dr.G.A. Kornhub er theilte eine topographische Notiz über das Moor
„Schur" bei St. Georgen in Ungarn mit. Aelteren Nachrichten zufolge ist dieses
Sumpfterrain der Best eines ehemals hier bestandenen weiter ausgedehnten
Sees ; welcher schon zu Bömerzeiten entwässert wurde. Die Versumpfung des
Schur ist durch das ungewöhnlich geringe Gefälle und den dadurch verlang-
samten Abfluss des Wassers bedingt, welches von den nahen Gebirgsbächen
herabgeführt, sich daselbst anhäuft. Zu dieser fortwährenden Stauung, die selbt
in sehr trockenen Sommer stattfindet, treten durch plötzliche oder länger anhal-
tende atmosphärische Niederschläge oder durch rasches Schmelzen des Schnees
veranlasst, Ueberschwemmungen hinzu, wodurch die Moorbildung unterhalten
und gefördert wird. Der Abfluss des Moorwassers bildet den Ursprung des sog.
Schwarzwassers, welches gegen Lanschütz der Donau zutliesst. Die ausser-
44 Versammlung am 18. .Jänner 1859.
ordentlich dunkle Farbe, welche dasselbe von den beigemengten und aufgelösten
organischen Stoffen erhält, hat ihm mit Recht den Namen verschafft Der gröste
Theil des Schurs trägt einen dichten Waldbestand ; ausserdem kommen viele
Pflanzen aus der Familie der Halbgräser vor, welche das Material zur Torf-
erzeugung besonders auf den den Wald umgebenden Wiesengründen darbieten.
Nach Hrn. Dr. Bauer's Bestimmung enthält dieser Torf im Mittel aus zwei
Analysen 11 Percent Wasser und 16 Percent Asche, und an Heizkraft entspre-
chen 22 Zentner desselben einer Klafter 30zölligen Fichtenholzes. In der Mitte
einer unter dem Namen Rustenmoore bekannten Erhebung des Bodens war bei
6 Fuss Tiefe der Untergrund noch nicht zu erreichen, aber schon bei 3' trat
eine lebhafte Entwickelung von Schwefelwasserstoff auf, worauf Wasser empor-
drang, in welchem noch beständig Blasen der erwähnten Luftart aufstiegen,
Dieser Hydrothiongehalt des Moorwassers hatte schon in früher Zeit Veranlas-
sung zur Gründung des St. Georgner Schwefelbades gegeben, welches seither
alljährlich von Beilbedürftigen besucht wird. Die Bedeutung dieses Wassers
dürfte noch durch die Thatsache gewinnen, dass Hr. Dr. Bauer sowohl in dem
aus den Badelokalitäten, als von der Rustenwiese entnommenen Wasser und in
der Asche von Torf an letzterem Ort eine quantitativ bestimmbare Menge Jod
nachgewiesen hat. Im Innern des Erlenwaldes findet sich nur torfige Erde mit
einem Aschengehalt von 32 Percenten und von geringem Brennwerth.
Hr. k. k. Bergrath F. Foetterle begann eine Mittheilung über die
von ihm im vergangenen Frühjahre unternommene Reise nach Konstantinopel,
dem nördlichen Küstenreich von Kleinasien und einem Theil von Griechenland.
Eingegangene Druckschriften :
Lettres sur la Turquie par M. P. de Tchiha tchef. Bruxelles 1859. Vom Verfasser.
Die welthistorische Bedeutung der Meere , insbesondere des Mittelmeercs , von Carl
Zathlef. Dorpat 1858. Vom Verfasser.
Botanische Ergebnisse einer Reise durch das östliche Trans-Kaukasien und den Ader-
beidshan, ausgeführt in den Jahren 1855 und 1656 von Nicolai v. Seidlitz.
1. Heft. Dorpat 1857. Vom Verfasser.
Les saints Lieux. Pelerinage a Jerusalem en passant par PAutriche, la Hongrie, la Sla-
vonie, les provinces Danubiennes etc. Par Msgr. Mislin Abbe mitree etc. I — III.
Paris 1858. Vom Verfasser.
Jahresbericht des vaterländischen .Museums Carolino-Augusteum der Landeshauptstadt
Salzburg pro 1856 — 1857. Von der Museal -Direction.
Verhandlungen und Mittheilungen des ni'ed österr. Gewerbe- Vereins. Jahrgang 1858.
Heft 9, 10. Wien. Vom Vereine.
Archiv za Povestnicu Jugoslavensku. Zagrebu I — IV. 1851 — 1857. Vom Vereine.
Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie. Herausgegeben von dem histo-
rischen Vereine für Kärnten. I — IV. Jahrgang 1849 — 1858. Vom Vereine.
Der Militär Maria Theresia Orden und seine Mitglieder. Nach authentischen Quellen
bearbeitet von Dr. J. Hirtenfeld. Zur ersten Säcularfeier 1857. Wien 1857. 2 Bde.
Vom Verfasser.
CTATMCTH4ECKIfl TAB.11111,1,1 POCCIIICKOII IDIIIEPIII 3A 1856.
u. s. w. (Statistische Tabellen u. s. w. aus dem Jahre 1856.
Von Se. Excel. A. Lewschine in St. Petersburg.
Jahresbericht der Wetterauer Gesellschaft für die gesammte Naturkunde in Hanau über
die Gesellschaftsjahre von August 1851 — 1855. 1857/58. Vom Vereine.
Landeskunde des Herzogthums Meiningen von G. Brückner. 2 Bände. Meiningen 1851/53.
Neue Beiträge zur Geschichte deutschen Alterthums. Herausgegeben von dem Henebur-
gischen alterthumsforschenden Vereine. Meiningen 1. Lief. 1858. Vom Vereine.
Topografia del Polesine di Rovigo. tratta in parte da publici Calastici dei recenti estimi,
che esistono negli Archivi di Rovigo, Lendonara, e Badia e il rimanente rilevato
per commisione degli 111. ed Ecc. Signori Proveditori all' Adige e deputati alle
Valli Veronesi da Dom. Marchetti, publ. Perito all' estimo della citta di Rovigo e
di detto Ecc. Magistrato cella direzione del Sign. Alvise Milanovich, Ten. Colo-
nello Ingegnere direttore l'anno 1786. Von 0. Freih. v. Hingenau.
45
Versammlung am 1. Februar 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoernig,
führte den Vorsitz.
Den Statuten gemäss wurde als ordentliches Mitglied gewählt: Herr
Gustav von Boleslawski, k. k. pensionirter Oberlieutenant.
Unter den der Gesellschaft zugekommenen Druckschriften hebt Herr
Sekretär insbesondere hervor: „Reisen in Central- Afrika" von Dr. H. Barth,
welches nun vollendete, aus 5 Bänden bestehende Werk, die Gesellschaft
dem Herrn Verfasser selbst verdankt.
Herr k. k. Sectionsrath Haidinger gibt Nachricht über eine neue
in's Leben tretende wissenschaftliche Zeitschrift:
„Ein hochverehrtes Mitglied unserer Gesellschaft, Herr Maximilian
von Riedwald, begründet in diesem Augenblicke ein Unternehmen, das
uns in den vielfachen Beziehungen der Geographie zu Allem was die
Wissenschaft darbietet auf das Anregendste zu berühren geeignet erscheint.
Es ist diess die „Allgemeine Zeitung für Wissenschaft, Central-Organ
zur Verbreitung der neuen Fortschritte des Wissens. Herausgegeben und
redigirt von M. v. Riedwald, Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften,
unter Mitwirkung vieler Gelehrten und Fachmänner. u Die erste Nummer
erscheint im April 1859, wöchentlich zwei Druckbogen, dazu Monathefte
von fünf Druckbogen, Subscription für erstere im Jahre 4 fl., für letz-
tere 3 fl. Ö. W. Der Zweck ist eine leitende Uebersicht, alles in der
Wissenschaft als neu Erscheinende fortlaufend einem theilnehinenden ge-
bildeten Publikum vorzulegen, und so die Orientirung in der wissenschaft-
lichen Bewegung auf unserer Erde zu erleichtern und nicht nur den
Forschern in Einem Gebiete die ihm etwas mehr entfernt liegenden
näher zu rücken, sondern namentlich dem Freunde wissenschaftlicher
Bildung überhaupt die Ergebnisse der gegenwärtigen und sich fortwährend
steigernden Erfolge menschlicher wissenschaftlicher Thätigkeit in einem
grossen, anziehenden Bilde vor Augen zu stellen. Wohl dürfen wir diess
als ein schönes Band der Vereinigung vielartiger Beziehungen in den der
neuesten Zeit angehörigen wissenschaftlichen Bewegungen unserer k. k.
Haupt- und Besidenzstadt, unseres grossen Vaterlandes Oesterreich be-
trachten. Oft habe ich, nicht nur in sehnlichsten Wünschen gefühlt, sondern
auch in Gesprächen geäussert, wie erfolgreich die Benützung schon der
uns zunächstliegenden nun gebildeten Bibliotheken Averden könnte. Die
Bibliothek der k. k. geologischen Reichsanstalt, letztere 15. November 1849
gegründet, mit ihren 2554 Bücher- und 353 Karten-Nummern in 5472
Bänden, die unserer eigenen k. k. geographischen Gesellschaft, am 1. De-
zember 1855 begonnen, mit 7T5 Bücher- und 77 Karten-Nummern in
2011 Bänden und 421 Blättern, dazu die in ihrer glanzvollen Stellung
sehr viel reichere Bibliothek der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften,
ebenfalls nun seit 30. Mai 1846, die Bibliothek der k. k. Gesellschaft
der Aerzte, der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft, des n. ö. Ge-
werbevereines, des Alterthumsvereins , des n. ö. Ingenieurvereins, und so
vieler anderer Neubildungen der letzten Periode ; alle diese Bibliotheken
nebst den berühmten und werthvollsten Schätzen, die aus ältester Zeit
bis in unsere Tage fortgeführt werden, sind zu ausgiebigster Benützung
wohlwollend geöffnet, aber doch lässt ihre Benützung gar vieles zu wün-
schen übrig. Was unsern österreichischen Antheil an Literatur überhaupt
betrifft, hatte uns der hochverdiente Director der Bibliothek des k. k.
Ministeriums des Innern, Herr Ritter Constantin Wurzbach von Tannen-
46 Versammlung am I. Februar 1859.
berg, die wichtigste Kenntniss, früher in der Wiener-Zeitung, und da-
mals und später in eigenen der gesammten Literatur gewidmeten Werken
vermittelt. Herr von Riedwald's Werk würde mehr dem Gedanken des
„Cosmos" entsprechen, welchen mein hochverehrter Freund und Gönner
Herr Abbe Moigno in Paris nun schon seit 1. Mai 1852, also seit fast
vollen sieben Jahren, auf eine wahrhaft bewundernswerthe und erhebende
Weise mit gediegenster Kenntniss, und wohlwollendster, innigster gei-
stiger Weihe durchgeführt hat. Ich freue mich ihm hier für ein so
schönes Vorbild heute meine Anerkennung darzubringen , wo uns demnächst
selbst ein gleichem Geiste entspriessendes, aber in vielen Beziehungen
näher liegendes Blatt erfreuen soll.
Gerne erkläre ich mich zur Subscription bereit, und lade alle
hochverehrten Gönner und Freunde und Mitglieder unserer k. k. geo-
graphischen Gesellschaft zu gleichen Zwecken ein Nur wenn die Theil-
nahme sich auch in materieller Hilfe zeigt, tritt sie ins Leben ein und
bringt Erfolg hervor. Der hochverehrte Unternehmer, von dem wir bereits
als werthvolles Geschenk seine „Allgemeine politische Geographie u. s w."
besitzen, hat sich durch vieljährige Vorarbeiten in den mannigfaltigen
wissenschaftlichen Fächern orientirt, und es sind ihm auch die grossen
Schwierigkeiten nicht fremd, welche namentlich sein erstes Auftreten in
dem gegenwärtigen Augenblicke umgeben. Aber es lässt sich ja doch
auch auf günstigere Entwicklung hoffen. Erlauben Sie mir, meine hoch-
verehrten Herren, als Aufmunterung für das schöne zeitgemässe Unter-
nehmen des Herrn M. v. Biedwald ein Wort vom 7. November 18o5
zu wiederholen, das auf der allerersten Seite unserer eigenen Verhandlungen
steht: „Nur für diejenigen treten niemals die „besseren Zeiten" ein,
welche nichts thun, als auf solche zu warten, und ihre „Arbeiten bis
dahin verschieben." Möge der hochverehrte Herausgeber daher getrost allen
Schwierigkeiten entgegengehen, möge er aber auch jene Theilnahme in einem
reichen Maasse finden, welche einer k. k. Reichs-Haupt- uud Residenzstadt
■wie unser Wien, und einem grossen Kaiserstaate wie unser Vaterland ent-
spricht, um das schöne und gross gedachte Unternehmen würdig zu fördern."
Herr k. k. Schulrath Dr. M. Becker, zeigte durch Vorlage der
von dem k. k. Ministerium für Cultns und Unterricht eingeführten Lehr-
bücher für die vaterländischen Volksschulen , wie in denselben der Stotl*
für gemeinnützige Kenntnisse und namentlich der erdkundliche Unterrichts-
stoff in einer auf die Fassungskraft und den zunehmend erweiterten Ge-
sichtskreis der Schüler berechneten Weise geordnet sei, so dass diese
mit Abschluss der Volksschule alles noth wendige über die Erde
und das Vaterland und zugleich eine genügende Vorbereitung für den
wissenschaftlichen Unterricht in dieser Richtung besitzen können.
Herr k. k. Bergrath F. Foetterle gab eine Schilderung der von ihm
in den Monaten April, Mai und Juni des vorigen Jahres ausgeführten Reise
nach den Küsten von Kleinasien gegen das schwarze Meer, welche als
Zweck die Kenntniss der geologischen Beschaffenheit der Umgebung von
Ismid in Nicomedien, der Strecke von Eregli bis Amassera und von
Unje an der Schwarzen Meeres-Küste hatte.
Eingegangene Druckschriften.
Untersuchungen über den Druck der Luft. Ein Beitrag zur Climatologie Oberösterreiclis von
P. Reslhuber. Linz 1858. Vom Verfasser.
Austria. Wochenschrift für Volkswirthschaft und Statistik. Wien i8o9. Nr. 2—4.
Von de r R ed acti o n
F. Foetterle. Dr. Stäche. 47
Gospodarski List. Agram 1859. Nr. 2 — 4. Vo n der k. k. Ackerbau-Gesellschaft.
Pester Lloyd. Pest 1859 Nr. 13— 24. Von der Redac tion.
Landwirtschaftliche Zeitschrift von und für Oberösterreich. Linz 1859 Nr. 2.
Von der k. k. L a n d w i r t b s c h a f ts - G e s e 1 1 s c h a f t.
Centralblatt für die gesamnite Landescultur. Prag 1859 Nr. 1 — 4.
Von der patr. ök. Gesellschaft.
Mittheilungen des histor. Vereins für Krain. Laibach 1858, Sept. October. Vom Vereine.
Jahresbericht der Elbogner Ober-Realschule I — IV für 1853 — 1857.
Von der Sehul-Direction.
Jahreshefte des Würtembergischen Alterthinns-Vereins Stuttgardt I — VII.— Schriften des
Württembergischen Alterthums-Vereins. Stuttgardt I. III. 1850,1854. — Satzungen des
Württembergischen Alterthums-Vereins. Stuttgardt 1843. Vom Vereine.
Allgemeine Land und forstwissenschaftliche Zeitung. Wien 1859 Nr. 4, 5.
Von der k. k. Landwirth. Gesellschaft.
Rechenschaftsbericht über die dritte Versammlung des internationalen Congresses für Sta-
tistik, abgehalten zu Wien am 31. August bis 5. September 1857 u. s. w. Wien 1858.
Vom F r e i h e r r n v. C z ö r n i g.
Verhandlungen und Mittheilungen des siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu
Hermanstadt 1858 IX Nr. 9. Vom Vereine.
Verhandlungen und Mittheilungen des n. öst. Gewerbevereins. Wien Jahrgang 1858 Heft 11.
Vom Vereine.
Jahresbericht des germanischen National-Museums zu Nürnberg I — IV. 1853 bis 1857. —
Organismus des germanischen National-Museums in Nürnberg 1855. — Denkschriften
des germanischen National-Museums 1858 1.1, 2. — Anzeiger für Kunde der
deutschen Vorzeit. Organ des germanischen Museums. N. F. Jahrgang V. 1858.
Nr. 1 — 12. — System der deutschen Gesehichts- und Alterthumskunde entworfen
zum Zwecke der Anordnung der Sammlungen des germanischen Museums. Von Frh.
H. v. u. zu Aufsess. Nürnberg 1853. — Das germanische National-Museum von Johannes
Falke. Vom Museum.
Wochenblatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. GratzNr. 7. Jahrg. 1858—1859.
Von der Gesellschaft.
Köngl. Svenska Fregatten Eugenia Resa omkring Jorden under befäl af C. a. Virgin. Aren
1851 — 1853. Vetenskapiiga Jakttagelser Pa H. Maj. Tkonung Os car den Färstes
befallining utgifna af k. Svenska vitenskabs Akademien. Heft 1 — 4.
Von der k. A k. d. W i s s. S t o k h o 1 m.
Reisen und Entdeckungen in Nord- und Central-Africa in den Jahren 1849 bis 1855 von
Dr. Heinrich Barth. Tagebuch einer im Auftrag der britischen Regierung unternom-
menen Reise. Gotha 1857 — 1858 3. Bde. Vom Verfasser.
Versammlung am 15. Februar 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoernig,
führte den Vorsitz.
Den Statuten gemäss wurden zu ordentlichen Mitgliedern gewählt
die Herren: Friedrich Miller, Ammanuensis der k. k. Universitäts-
Bibliothek, Nikolaus Freiherr von Mustatza, Gutsbesitzer zu Toporoutz
in der Bukowina, Edmund Reitlinger Philos. Doctor und Joseph Se.d-
laczek, k. k. Bezirksvorsteher zu Szilagyi Cseh in Siebenbürgen.
Herr k. k. Bergrath F. Foetterle setzte die in der letzten Ver-
sammlung begonnene Mittheilung über seine im vorigen Jahre ausge-
führte Reise nach Klein-Asien fort.
Herr Dr. G. Stäche gab eine Darstellung der geologisch-geogra-
phischen Beschaffenheit der Tschitscherei in Istrien.
Er machte zunächst darauf aufmerksam, dass mit der geologischen
Dreitheilung des Gebietes zwischen dem oberen Laufe der Save und dem
adriatischen Meere, zugleich eine dreifache Verschiedenheit der geogra-
phisch-physikalischen, des eultur- ökonomischen, wie zum Theil selbst der
ethnographischen Verhältnisse gegeben sei. Von Nordost nach Südwest folgt
in diesem Gebiete, wie geologisch: Kohlen, Trias Formation, Kreidegebirge
und Tertiärland oder diesen entsprechend: Schiefergruppe, Kalkgruppe und
Sandsteingruppe, so auch Ackerland, Waldland und Weinland aufeinander.
48 Versammlung am 15. Februar 1859.
Zwischen dem Ackerlande und Waldlande tritt eine mittlere Zone von Wie-
senland, deren Untergrund aus dolomistischen Schichten theils der obe-
ren Trias, theils der untern Kreide, besteht. Dieselbe liegt zu beiden
Seiten und innerhalb der Gebirgsbruchlinie, welche durch das Planiner-, Zirk-
nitzer- und Laaser-Thal gegeben ist. Wie diese Zwischenzone in den ma-
nigfachsten Beziehungen den Uebergang von dem Hauptverbreitungsbezirk des
Ackerbaues zu dem der Waldcultur bildet, so gibt es auch eine Zone, welche
einerseits die Grenze bildet und andererseits den Uebergang vermittelt zwischen
dem Waldlande mit Kalkboden der Kreidezeit und zwischen dem Weinlande
mit Sandstein und Mergelboden der Tertiärzeit. Dieses Mittelglied zwischen
dem W'aldlande, welches vorzugsweise durch das Schneeberger Waldgebirge
und seine Fortsetzungen repräsentirt wird und dem Weinlande der istrischen
Küste, ist der abgesonderte zwischen dem Monte Maggiore, dem Lissatz-
berg bei Vlana, dem Verzellberg bei Cosina und der Kirche St. Servolo
ober Dollina bei Triest gelegene Gebirgskörper, dessen grösster Theil die
slovenokroatischen Tschitscher bewohnen. Der Vortragende ging nun näher
auf die geographische und cultur-ökonomische Darstellung dieses Landstriches
ein und wies, von der geologischen Basis ausgehend für die verschie-
densten Verhältnisse die vermittelnde Doppelstellung dieses eigenthümlichen
Gebirgslandes nach , welches wenigstens der ganzen Naturanlage nach zur
Hälfte Waldland, zur Hälfte Obst- und Weinland ist.
Eingegangene Druckschriften.
Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer in
Mainz. I. Mainz 1845 — 1851. Abbildungen von Mainzer Alterthümern mit Erklä-
rungen, herausgegeben von dem Vereine zur Erforschung u. s. w. II 1850 IV.
VI. 1852 — 1855. — Conrad Hen I i f oder He nek i s, Buchdrucker und Buchhändler
zu Mainz, der Geschäftsgenosse Feter Schöffcr's. Von Johann Wetter. Mainz ]85l.
Vom Vereine.
Les voyages de Arneric Vespuce au Compte de l'Espagne et les mesures itiniraires em-
ployees par les marins espagnols et portugais des XVe et XVIe siecles. etc. Par. M.
d'Avezac. Paris 1858. Vom Verfasser.
Journal of the Franklin Institute of the State of Pensylvania a for the promotion of tbe
mechanic arts. Vol. 36. Nr. 1 —3 In Philadelphia 1858. Vom Franklin Institute.
Bulletino dell' Istmo di Suez. Torino 1859 IV. Nr. 12. VonderBedaction.
Pester Lloyd 1859 Nr. 25—34. V on der Bedacti on.
Landwirthschaftliche Zeitschrift von und für Oberösterreich, Linz 1859 Nr. 3.
Von derk. k. Landw. Gesellschaft.
Gospodarski List. Zagrebu. 1859 Nr. 5 — 6. Von derk. k. Acker b. Gesellschaf t.
Atti dell' Accadeniia fisio medico-statistica di Milano. Vol. III Anno XIII disp. 4. 1858.
Von der Akademie.
Nouvelles annales des voyages de la geographie. de l'histoire et de l'archeologie. VI. ser. V.
an. 1859 Janvier. VonderBedaction.
VII. Jahresbericht des Marien-Vereines zur Beförderung der kathol. Mission inCentral-Africa.
1857/58. Wien 1858.
Entstehung und Bedeutung der normanischen Seefahrten im Mittelalter. Von Ed. Scholz.
(Im Programme des k. k. kathol. Gymnasiums in Hermannstadt 1858.)
Von derk. kgeolog. Beichs-Anstalt.
Centralblatt der gesammten Landescultur. Prag 1859 Nr. 5 — 6.
Von der k. k. p. oek. Ge sei Ischaft.
Austria. Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. Wien 1859. XI. Jahrg. Hft. V— VI.
Von der Bedaction.
Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1850 — 1850. Hannover 1854 —
1858. 11 Bde. Vom Vereine.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Organ des germanischen Museums. Nürnberg.
1859 VI. Nr. 1. Vom ger man. Museum.
Statistischer Bericht der Handels- und Gewerbekammer in Prag an das hohe k. k. Ministerium
für Handel etc. II. Prag 1859. Von der Handelskammer.
V. Streffleur. 49
Mittheilungen aus J. Perthe s geographischen Anstalt über wichtige neue Erforschungen auf
dem Gesainnitgebiete der Geographie von Dr. A. Peter mann. Gotha 1859 Nr. 1 — 2.
Von J. Perthes geogr. Anstalt.
Beitrüge zur vaterländischen Geschichte. Herausgegeben von der historischen Gesellschaft
zu Basel. II. — VI. 1384/57. Von der Gesellschaft.
Nieuwe Recks van Werken van deMaatschappij der nederl. Letterkunde te Leiden. IX. X. Deel.
Leiden 1857. — Handelengen der aarlijksche allgemeene Vergadering van de Maat-
schappij der nederl. Letterkunde te Leiden gehonden den 17. Mai 1858.
Von der niederl. Gesellschaft.
Mittheilungen über Gegenstände der Landwirthschaft und Industrie Kärnthens. Klagenfurt 1859.
Von d e r k. k. La n d w. Gesellschaft.
Allgemeine Land- und forstwissenschaftliche Zeitung. Wien 1859 IX. Jahrg. Nr. 6.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Wochenblatt der k.k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. Graz. VIII. Jahrg. 1858 59Nr. 8.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Militär-Zeitung Wien 1859 Nr. 11 — 12. Von der Reda ction.
18. Bericht über das Museum Francisco Carolinum nebst der XIII. Lief, der Beiträge zur
Landeskunde von Oesterreich ob der Enns. Linz 1858. Vom Museum.
Versammlung am 1. März 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoer-
nig, führte den Vorsitz.
Den Statuten gemäss wurde als ordentliches Mitglied gewählt : Herr
Alois Rosmanit, k. k. Statthaltern Präsidial-Secretär.
Herr k.k. Sectionsrath V. Streffleur hielt einen Vortrag über
die Configuration des Terrains innerhalb des Weichbildes von Wien mit
Vorzeigung eines Niveauplaues und eines Uebersichtsreliefs. Bei allen
Städten ist der Anwachs stückweise erfolgt. Nicht allgemeine Pläne mit
der Voraussicht in die Zukunft, sondern nur die Bedürfnisse des Augen-
bliks waren dabei massgebend. Bei Wien ist aber gegenwärtig ein anderes
Verhältuiss eingetreten. Die von Sr. k.k. Apostolischen Majestät in Aussicht
gestellte Stadterweiterung hat die Anregung zu mehrseitigen gründlichen
Studien über das Gebiet von Wien gegeben. Der k. k. Kataster begann
eine neue Horizontal-Aufnahme und führte auch das Nivellement vollständig
durch. Eine eigene Commissiou macht ausführliche Erhebungen über das
bis jetzt im Gebrauche stehende Trinkwasser und über die Beschaffen-
heit der Unrathskanäle. Aerzte beschäftigen sich mit der Untersuchung
der Sanitätsverhältnisse. Geologen erforschen die geognostischen Verhält-
nisse. Die Handelskammer arbeitet an einen Bericht über den gegenwär-
tigen Bestand und die mögliche Entwicklung des Handels und der Industrie.
Die Wasserbau-Direction untersucht die Stromverhältnisse der Donau, um
darnach Entwürfe für Hafenbauten etc. auszuarbeiten. Ueber die Anlage eines
Central Eisenbahnnetzes werden umfassende Studien gemacht. Der Magistrat
lässt an einer Statistik Wiens arbeiten. Historiker sammeln Materialien,
geschichtlich-topographischer Natur, um den bisherigen Anwachs der Stadt
nachzuweisen. Architekten und andere Fachmänner arbeiten an dem Zukunfts-
plane u. s. w. Da nun das Weichbild von Wien auch ein Stück der Mutter Erde
bildet, für welche sich die k. k. geographische Gesellschaft interessirt,
machte Herr Sectionsrath Streffleur den Vorschlag, die Resultate aller
oben angedeuteten Bestrebungen nach und nach auch im Schoosse der
geographischen Gesellschaft zur Sprache zu bringen.
Von allen dem ist das Nivellement des Terrains von Wien am
ersten zum Abschlüsse gelangt. Bei demselben waren die ausgezeich-
neten Arbeitskräfte des k. k. Katasters in Thätigkeit. Eine neue trigo-
Mitthcilungen der k. k. geogr Gesellschaft. III. Bd. 2. Heft. 4
50 Versammlung am I. März 1859.
nometrische Vermessung mit der Höhenbestimmung der wichtigsten Puncte
bildete die Grundlage. Darauf folgte das Nivellement der Hauptlinien
radienförmig vom Stephansthurme aus, und ringförmig um die innere
Stadt, den Vorstadtrand am Linienwalle und mitten durch die Vorstädte.
Erst nach der Prüfung und Richtigstellung des Hauptnetzes wurden die
Detail-Nivellements in den einzelnen Abschnitten vorgenommen. So sind
nun mehr als 10,000 Höhepuncte innerhalb der Linienwälle Wiens mit
der grössten Schärfe gemessen. Ein Schichtenplan und ein Uebersichts-
Relief sind bereits fertig. Ein Detail-Relief ist in Arbeit.
Herr Sectionsrath Streffleur gab, nach Vorzeigung dieser Arbeiten,
eine Characteristik des Terrains von Wien, welche von selbst auf die Art
der allinäligen Entwicklung Wiens hindeutet, und machte ferner auf einige
Eigenthümlichkeiten der Stadt aufmerksam, namentlich in Bezug des Auf-
tretens von Epidemien, welche im Widerspruche mit dem Vorkommen in
andern Städten stehen; in Wien aber einen eigenthümlichen Zusammenhang
mit der Natur des Terrains zeigen.
Endlich berührte Hr. Streffl eur die Bevölkerungsverhältnisse Wiens und
verglich selbe mit jenen des Gesammtstaates. Wien hat nur i/3 Ein-
heimische, 2/3 Fremde, welche, wie im Staate, den verschiedenen Natio-
nalitäten angehören. Eben so wenig als sich innerhalb der ewigen
Naturgrenzen Böhmens politische Grenzen zwischen den Deutschen und
Czechen, oder in den Ebenen Ungarns zwischen den Magyaren und
Deutschen, Ruthenen, Rumänen oder Slaven ziehen lassen, eben so wenig
gibt es in Wien Nationalitäts-Sonderungen. Wir finden da deutsche,
italienische, czechische, magyarische Comödien, Slavenbälle u. s. w. ohne
irgend eine Störung im Zusammenleben. Wien gibt also bei seinem
Emporblühen den Beweis, dass auch das brüderliche Zusammenwirken
verschiedener Nationalitäten seinen Segen bringt. «Jedenfalls wird dadurch
den Forderungen der Humanität mehr als durch Trennungen entsprochen.
Herr Dr. Jos. Z h i s h m a n besprach jene geographischen Puncte,
welche sich hinsichtlich des Zuges A 1 a r i c h s nach Griechenland, in den
Peloponnes und den Epirus ermitteln lassen. Da hierbei die historische
Entwicklung dieser Züge berücksichtigt werden musste, so setzte eine
solche zunächst die Kritik der darüber vorhandenen Quellen und wissen-
schaftlicher Arbeiten voraus. Es zeigte sich rücksichtlich der ersteren
dass sie sich durch mehrere bisher unbeachtete Angaben der bizantini-
schen Kirchenhistoriker ergänzen lassen, während die in den letzteren,
benützten Quellenangaben öfters zu einer anderen Interpretation führen.
Darauf folgte eine Schilderung der geographischen und politischen Ver-
hältnisse jener Gegenden, welche A 1 a r i c h schon im J. 394 durchzogen
hatte, als er mit einer Abtheilung römischer Truppen dem Kaiser Theo-
d o s i u s bis Aquileja, wo die Schlacht mit E u g e n i u s vorfiel, zur Hilfe ge-
eilt war. Eigene Beobachtung und die Mittheilungen der allenthalben zer-
streuten Gothen hatten ihm bei dieser Gelegenheit die genaueste Kunde
der Strassen, Uebergänge an den julisch-karnischen Alpen und der übrigen
örtlichen Verhältnisse jener Gebiete verschafft, die er später als Führer
der Gothen durchziehen sollte. Nach der Schlacht bei Aquileja begab sich
Alarich, wie sich aus den, freilich sparsamen, chronologischen Andeutungen er-
gibt, unmittelbar vor Constantinopel, wo er sich schon zu Anfang des J. 395 be-
fand. Seine allgemeine Erhebung zum Könige der Gothen, welche man
in diese Zeit setzt, muss bezweifelt werden. Die Erzählung über die
Dr. Joseph Zhishman. 5 1
kurze Belagerung von Constantinopel, der Anlass zu derselben, das Ver-
hältniss des Ministers Rufinus zu Stilichon, die Verhandlungen des
Rufinus mit Alarich im gothischen Lager sowie die Vorbereitungen, welche
man in Constantinopel traf, um Alarich den Weg nach Griechenland
und in den Poloponnes zu öffnen, führten zu dem Schlüsse, dass Alarich,
ohne je früher auf einen solchen Einfall gedacht zu haben, jetzt nur
den lockenden Anträgen folgte, aber auch gleich Anfangs entschlossen
war, die immerhin gefährliche Unternehmung in möglich kurzer Zeit zu beenden.
Sein rascher Zug durch Griechenland in den Peloponnes, welchen Herr
Dr. Zhishman zunächst auf die geographischen Bestimmungen und dann auch
hinsichtlich der mitunter übertrieben geschilderten Verheerungen auf das
richtige Mass zurückzuführen suchte, erlitt einen vorläufigen Stillstand
durch die vielgenannte von Stilichon ausgeführte Einschliessung des go-
thischen Heeres in dem waldigen Hochlande der Pholoe. Die guten
geographischen Hilfsmittel, welche man gegenwärtig besitzt, lassen die
Lage AI ari ch 's weit weniger bedenklich erscheinen als diess gewöhnlich
angenommen wird. Diese wurde aber noch mehr erleichtert, weil, wie
eine genaue Vergleichung der betreffenden Quellenschriftsteller zeigte,
Stilichon selber sich zu einem Vergleiche mit Alarich anbot, welchen er
für seine Pläne in Illyricum gewinnen wollte. Dass der Rückzug der
Gothen durch den Isthmus erfolgt sei, ist gegenwärtig die herrschende
Meinung. Hr. Dr. Zhi shman suchte dagegen die, übrigens schon von Gibbon
angedeutete Ansicht bestimmter zu entwickeln, nach welcher sich die
Gothen von Rhion aus über den korinthischen Meerbusen nach Ätolien und
in den Epirus zurückgezogen hatten.
Herr Dionys Stur las einen Nachtrag zu den Mittheilungen
und Untersuchungen über das Erdbeben zu Sil lein am 15.
Jänner 1858 von Herrn Joseph Kl e mens, technischen Lehrer an der k. k.
Unterrealschule in Sil lein:
Zu den vielen interessanten Mittheilungen über das Erdbeben von
Silleiu, unter welchen jedenfalls die wichtigere von Herrn J. Schmidt
in den Druckschriften der k. k. geographischen Gesellschaft enthalten
ist, freue ich mich, einen nicht weniger wichtigen Nachtrag vorlegen
zu können. Die Bemühungen, in der Umgebung des Centrums des Erdbebens,
sichtbare Zeichen und Ueberreste der Erschütterungen auf der Erdober-
fläche zu finden und nachzuweisen, sind, wenn man von den vielfachen
Verwüstungen an den Mauern der Gebäude der ganzen Umgebung ab-
sieht, soweit die Mittheilungen vorliegen, fruchtlos gewesen.
Die Erdoberfläche stellt auch in der That in dieser Beziehung ein
zu grobes Mittel dar, welches nur in sehr geringem Grade fähig ist,
die etwa empfangenen Eindrücke: Risse, Spalten, geringere Hebungen
oder Senkungen, zu erhalten in einer Weise, die leicht der Beobachtung
auffällt. Ob eine Felsenspalte im Gebirge um einige Linien oder Zolle
breiter oder enger geworden, — ob an dem Felstrümmerhaufen am
Fusse steiler Gebirge während dem Erdbeben einige Blöcke hinzuge-
fallen sind oder nicht, lässt sich in den meisten Fällen nur mit Un-
sicherheit nachweisen.
Unstreitig ist, unter günstigen Umständen die, alle Terrainsformen
umhüllende, an der Oberfläche hart gefrorne Schneedecke, geeigneter
nicht nur Eindrücke, die ein Erdbeben verursachen kann, abzuprägen, son-
dern auch sichtbar zu erhalten, indem die etwa entstandenen Risse.
52 Versammlung am 1. März 1859.
Spalten, der älteren gewöhnlich schmutzigeren Schneedecke, frischer
weisser Schnee ausfüllen, und durch die verschiedene Fiirhung, auflallend ma-
chen kann. — Diess ist in der That auch bei Sillein geschehen. Die in der
Schneedecke entstandenen Risse und Spalten wurden noch bis Mitte
März erhalten, wo sie Herr Klemens beobachtete, und dessen Güte ich
folgende Mittheilung hierüber verdanke.
„Den 24. März 1858 ging ich mit meiner Gemahlin an das, Bu-
datin gegenüber sich ausbreitende, eine Ebene darstellende Waag-Ufer.
Der schlechte an Nässe aufgeweichte Weg nöthigte uns über den har-
ten Schnee der Felder auszuhöhlen und ein bequemes Fortkommen zu
suchen. Doch kaum hatten wir das Schneefeld betreten, so bemerkte
ich auch schon in der eisigen Decke eine lange furtlaufende Spalte,
nach einigen Schritten abermals eine zweite mit der früheren parallelle,
und diess noch eine lange Strecke fort. Diese Spalten konnten nicht
zufällig sein, auch nicht etwa durch ein ungleiches Abschmelzen und
Einsinken der Schneedecke entstanden sein, den sie hatten eine unab-
änderliche Richtung, wichen örtlichen Hindernissen nicht aus, setzten
quer über Gräben und Einsenkungen und schnitten die Ackerränder ohne
auch im geringsten von ihrer Regelmässigkeit abzuweichen, lieber das
ganze an diesem Tage begangene Terrain waren die Spalten und Risse
allgemein verbreitet, nur an steileren Abhängen wurden sie nicht
beobachtet."
Am nächsten Tage besuchte ich die Gegend von Zävodja im Süden
von Sillein. Am Wege staunte ich nicht wenig auf der Schneedecke
dieselben Spalten, wie im Norden von Sillein, gefunden zu haben.
Ueberdiess zeigt sich hier deutlich, dass die vielen parallel! fortlaufenden
Spalten durch geringere und viel kürzere ebenfalls parallele Risse, unter-
einander verbunden sind und diese letzteren senkrecht auf die Richtung
der Spalten stehen. Von Zävodja schlug ich die Richtung gegen Nord-
west nach Sträzow ein, und nachdem ich dessen Umgebung begangen
hatte, ging ich eines andern Weges nach Hause und überall begleitete
mich dieselbe Erscheinung unaufhörlich. Diese meine Beobachtungen
theilte ich Herrn Director B e n e s und meinem Collegen Herrn Schütz
mit. Von mir angeführt überzeugten sie sich im Felde draussen, von der
Richtigkeit der interessanten Erscheinung."
„Alle die Spalten waren nun in der ältesten Schichte des
Schnees am 18. und 19. Jänner, in welchen Tagen noch bedeutende
Erschütterungen, dem Haupterdbeben am 15. Jänner folgten, enthalten. In
dem später gefallenen Schnee wurde keine Spur davon entdeckt."
„Die Spalten hatten eine verschiedene R reite, von einigen
Linien bis zu einigen Zollen. Ihre Tiefe konnte an manchen Stellen bis
8 Zoll verfolgt werden, je nach der Mächtigkeit des vom Thauwetter
übrig gebliebenen Schnees."
„Die Länge der weit fortlaufenden Längsspalten mass 15 — 130 Klaf-
ter; die Entfernung einer Längsspalte von der nächst folgenden,
somit die Länge der kürzeren Querrisse, betrug 14 — 60 Klafter."
„Die Richtung der weit fortlaufenden Längsspalten, die als Haupt-
spalten bezeichnet werden müssen, ist beinahe von NO. gegen SW., die der Quer-
spalten, die sich von den Längsspalten gewissermassen abhängig zeigten, verquert
unter rechtem Winkel die erstere Richtung und läuft von Nordwest nach Südost."
..Die Querrisse zeigten mehr einen gradlinigen Fortlauf, die Längs-
Dionys Stur.
53
spalten wichen öfters von geraden Linien ab, aber trotzdem, dass sogar
manche derselben convergirend zusammenstossen, war ihre nordost-süd-
westliche Richtung dennoch deutlich ausgesprochen.*
„Herrn Director ßenes gelanges zu bestimmen, dass die Schnee-
spalten oben gegen Süd und unten gegen Nord unter 28° geneigt seien."
„Die Fortsetzung der Spalten aus der Schneedecke in das darunter
liegende Erdreich Hess sich nirgends mit Sicherheit verfolgen, indem
durch das Aufthauen des Schnees der Boden ganz aufgeweicht und an-
geschwollen war, und auf diese Weise die ohnehin kaum einige Linien
breiten Spalten in der Erde ganz verwischt und verschwunden waren."
„Das am 26. und 27. März eingetretene Thauwetter machte durch
das Verschwinden des Schnees ein Ende diesen Untersuchungen."
„Nach dem Erdbeben vom 15. Jänner waren innerhalb der Stadt
Sillein, unter den Lauben im Waisenhause, in dem harten Trottoir bedeu-
tende Risse entstanden. Anfangs dachte man, dass diese Risse der Berstung und
Abstossung der unterirdischen Mauern desselben Hauses zuzuschreiben wären."
„Nach der Entdeckung der Spalten in der Schneedecke der Umge-
bung von Sillein trieb es mich unter die Lauben zu untersuchen und zu
vergleichen. In der That haben sich die Richtungen der Spalten im
Trottoir und jene der Längsspalten in der Schneedecke als identisch
erwiesen, indem jene ebenso wie diese von Nordosten nach Südwesten
gerichtet waren. Fernere Vergleichungen und Nachforschungen haben
gezeigt, dass selbst die Mauerrisse der Gebäude der ganzen Stadt die-
selbe Richtung zeigen, wie diess im untenstehenden Plane durch dickere
Striche ersichtlich gemacht ist."
i. Franciskaner Kloster. 2. Realschule. 3. Pauluskirche. 4. Waisen Haus. S.Quellen. — Die
dicken Linien Heuten dieRiehtungen derLä'ngsspalfpn im Gemiiiierder beschädigten Gebäude an.
J>4 Versammlung am 1. März 1859.
„Somit stellt sich heraus: dass ebenso wie die Schneedecke nur in
den Spalten- oder Erschütterungslinien in ihrem Zusammenhange gestört
ist, auch die Gebäude nur in diesen Linien einer grösseren Zerstörung
preisgegeben waren und dass die Mauerspalten nur als die Fortsetzung
der Schneesplatten aufzufassen seien."
Weitere Erklärung hierüber möge folgende von mir erlebte Bege-
benheit ertheilen:
Die Realschule (Siehe den Plan.) in Sillein ist ein langer von
„West nach Ost gestrecktes Gebäude gegenüber dem Franciscaner-Kloster :
Am 19. Jänner war ich im westlichen Theile des Gebäudes in einem
Eckzimmer beschäftigt, den versammelten Schülern die Erscheinungen des
Erdbebens zu erklären. Plötzlich kam, nach vorhergegangenem unterir-
dischen Getöse ein Stoss von unten und der Hörsaal sammt uns allen
schwankte einen Augenblick. Gleichzeitig arbeitete am östlichen Ende
des Gebäudes Herr Director Benes im Zeichnensaale, wohin nebst den
gegenwärtigen Schülern auch einige Damen geflüchtet waren, ohne dass
irgend Jemand von den Anwesenden auch nur die geringste Erschütte-
rung wahrgenommen hätte. In demselben Augenblicke wurden aber in
der, 14 Klafter nordöstlich an der Realschule gelegenen Franciscaner-
Kirehe, die beim Gottesdienst versammelten Andächtigen durch heftige
Schwankungen des Bodens aufgeschreckt. Vom Altare stürzte eine Statue
herab. Alles eilte erschrocken auf die Gasse."
„Verbindet man jenes Eckzimmer der Realschule, wo ich die Schwan-
kungen fühlte, mit derselben Stelle in der Franciscaner-Kirche durch eine
Linie, so zeigt sich eben auch jene uordost-südwestliche Richtung der
Schneespalteu und die Thatsache dass in dem kaum einige Klafter
östlich von dieser Linie entfernten Zeichnensaale keine Spur dieser
Erschütterung wahrgenommen wurde, spricht deutlich für die, in nordost-
südwestlichen Erschütterungslinien dislocirten Kundgebungen des Erdbebens."
„Der am 24. Jänner Nachmittags erfolgte heftige Stoss wurde in
den meist beschädigten Gebäuden verspürt, in den angräuzenden und
inzwischen befindlichen Gebäuden hat man hievon gar nichts wahrge-
nommen. Di e Ers chütterungslini en scheinen somit stabil zu sein."
„Dieses letztere wird ferner noch dadurch in erhöhtem Grade
bestättigt, dass die meisten der am 15. Jänner 1858 beschädigten Ge-
bäude, ältere von früheren Erdbeben sich datirende Schäden zeigen, die
mit Holz, Ziegeln und Mörtel ausgefüllt sind. Im Waisenhause hatte
ich vielfache Gelegenheit, diese Beobachtungen anzustellen, da unter meiner
Leitung dieses sehr beschädigte Gebäude mit Ankern gebunden wurde."
„Die Erschütterungslinien und Richtungen der Schnee- und Mauer-
Spalten sind aber manchen geologischen Linien, die im Gebiete von
Sillein wahrzunehmen sind, parallell. So namentlich kreuzen sich im
Kessel von Sillein: Das Waagthal, das Varin- und Rajec-Thal beinahe
in denselben Richtungen, welche man an den Schnee- und Mauer-Spalten
beobachtet hat. Ebenso scheint die Grenze zwischen den eocenen und
Kreide-Karpathensandsteinen und den älteren Gebilden der Thuroczer-Al-
pen, derselben nordost-südwestlichen Linie zu folgen. Somit sind die
Erschütterungslinien des neuen Erdbebens in Sillein nichts als Wieder-
hohlungen älterer Erdbeben und früherer geologischer Revolutionen zu
betrachten und sind somit von höchster Wichtigkeit."
„Mögen jene, die Gelegenheit linden werden, von Erdbeben heim-
Dionys Stur. Dr. J. Lorenz. 55
gesuchte Gegenden zu begehen und zu untersuchen, nicht versäumen die
Schneedecke, wenn eine solche Zeuge des Erdbebens war, sorgfältiger Beach-
tung zu würdigen und den hier angedeuteten Weg weiter zu verfolgen. "
Ueber die Art und Dauer der Erderschütterungen nebst einigen
andern Notizen über ältere Erdbeben schreibt Herr Klemens noch folgendes:
„Das Beben der Erde war schaukelnd, wobei die eine Ecke des
Zimmers in die Höhe stieg, die zweite sich senkte, mit der Schnellig-
keit von s/4 Secunden. Nach unterirdischem Rollen, welches immer voranging
folgte gewöhnlich ein horizontales von Norden gegen Süden Hin und Her-
rütteln , das sich 1,2 — mehrmals wiederholte. Oefters bemerkte
man schwache Vibrationen der Erde. Die Dauer der Erschütterungen
kann man auf %/2 — 10 Secunden angeben."
„Die Wiederholungen des Erdbebens dauerten bis Ende Februars.
Im Verlaufe des ganzen verflossenen Jänners 1858 war keine Spur von
Erderschütterungen wahrgenommen worden. Im Herbste am 13. und
24. October, dann am 16. November, ferner auch noch am 3. und
10. December wurde abermals ein schwaches Erdbeben wahrnehmbar.
Im Ganzen erfolgten mehr Erschütterungen bei Nacht."
„Im Jahre 1813 zur Zeit der grossen Ueberschwemmung wurde im
Budatiner Schloss, Puchov und bis nach Trentschin herab ein Erdbeben
bemerkt. Gleichzeitig mit dem Erdbeben in Komorn 1783 war auch in
Sillein ein leichter Stoss verspürt. — Secretär des Palatinus Georg
Grafen v. Thurzo, Zävodsky, bemerkt in seinem Tagebuche:" Im Jahre
1600 den 21. September 8 Uhr Abends, und am 22. um 12 Uhr bei
Tag war ein heftiges Erdbeben im Rujecer-Thale bis Sillein. Ferner im
Jahre 1613 den 16. November hat ein nicht heftiges Erdbeben in
Sillein stattgefunden."
„Nach dein Chronisten Sigler und „Scriptores rerum Boh. Tom. 111."
wurden im Jahre 1443 den 5. Juni feste auf Felsen gebaute Schlösser
Bajmoez und Lipce, wie auch die Privitzer Kirche im angränzenden Neu-
traer Comitate durch ein Erdbeben zum Schutthaufen verwandelt. Diese
historischen Daten sind mir durch die Güte des Herrn Director des hie-
sigen Waisenhauses, Hochw. Herrn Dra ho tusky zugekommen. Sillein den
17. Jänner 1859."
Herr Professor Dr. J. Lorenz in Fiume sandte folgende Mittheilung:
„Herr k. k. Sectionsrath V. Streffleur hatte die Güte, meine
in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
(Bd. XXVI. Seite 91 u. s. w.) erschienene Abhandlung „über die Ver-
sumpfungen in den oberen Flussthälern der Salzach, Enns und Mur,"
einer Besprechung in der Versammlung der k. k. geographischen Gesell-
schaft am 6. April 1858 (vergl. Mittheilungen der k. k. geographischen
Gesellschaft II. Jahrgang, Heft 2, Seite 94) zu würdigen. Die Puncte
dieser Beurtheilung, welche von meiner Auffassung abweichen, sind:
a) dass ich meinte, zur Entsumpfung des Hauptthaies in Pinzgau wären
meilenweite Austiefungen in hartem Gesteine des Thalbodens nöthig, wäh-
rend doch der Thalboden aus Alluvionen bestehe und eine Durchschnei-
dung der Steinbarre bei Brück genüge, um die erforderliche Abflussge-
schwindigkeit herzustellen; b) dass die Entsumpfung des Oberpinzgau's
nicht mehr in Frage stehe, indem ja bereits die sprechendsten Erfolge,
ziffermässig nachweisbar, vorliegen." —
56 Versammlung am 1. März 1859.
„Hingegen habe ich, — natürlich nicht aus Rechthaberei, sundern der
nicht unwichtigen Sache wegen, und weil ich es dem sich dafür in-
teressirenden Publicum schuldig zu sein glaube, folgendes zu bemerken:
Die unter b erwähnten Entsumpfungs-Arbeiten sammt ihren Erfolgen
waren mir zur Zeit der Verfassung jener meiner Abhandlung im vollen
Umfange bekannt; und ich hätte es nicht gewagt, eine Arbeit über diesen
Gegenstand der kaiserlichen Academie vorzulegen, wenn ich mich nicht
durch wiederholten Augenschein und Verkehr mit ortskundigen Sachver-
ständigen vom Sachverhalte überzeugt gehabt hätte. Ich erwähnte auch
Seite 126 (38 des Separat-Abdruckes) jener Regulirungs-Arbeiten mit
Inbegriff der Sprengungen und Austiefungen bei Brück (Gries) und ihrer
bisherigen Erfolge, die ich dort nicht näher ausführte, weil ich mich kurz
auf den im Jahre vorher (1855) erschienenen Bericht der Salzburger
Handelskammer berufen konnte, worin einer der dabei betheiligten
Herren Ingenieure denselben Gegenstand besprochen hatte. Ich erwähnte
überdiess Seite 128 (40) der in früheren Jahrhunderten schon erziel-
ten Entsumpfungs-Erfolge, und namentlich dessen, dass nach Beendigung
der 1574 begonnenen Regulirungs-Arbeiten die Salzach mehrere Meilen
ober- und und unterhalb Mittersill zwischen schön bebauten Gründen
dahinfloss, — was man gegenwärtig noch lange nicht sagen kann. Allein
alle diese mir bekannten Erfolge konnten mir nicht als Gründe für die
Sicherheit der Entsumpfung gelten, nicht nur desshalb weil sie schon
öfter dagewesen sind und immer wieder vernichtet wurden, sondern
hauptsächlich darum, weil alle diese Bauten nur den chronischen
Versumpfungen, nicht aber den vehementen Verschattungen vor-
beugen können, denen das Pinzgauer-Hauptthal im allergrössten Maasse
ausgesetzt ist. Es handelt sich hier nicht um Zufälle, welche zu den
ganz entfernten Möglichkeiten gehören und die am Ende jedes mensch-
liche Werk gefährden, wenn unberechenbare Naturereignisse den Gang
der Dinge plötzlich umzukehren scheinen; sondern es handelt sich hier
um eine unverrückbar feststehende Naturanlage des ganzen Thalsistems,
aus welcher die Unvermeidlichkeit gewaltiger Katastrophen — wenngleich
in längeren Zwischenräumen, die sich leider mit der Zeit verkürzen dürf-
ten — mit Notwendigkeit folgt. Diess habe ich in der in Rede stehen-
den Abhandlung, und zwar in dem beschreibenden Theile derselben, mit
welchem sich Herr Ministerialrath Streffleur völlig einverstanden erklärt,
auseinandergesetzt, wesssalb ich hier nicht nöthig habe, ausführlicher
darauf zurückzukommen. Unterscheidet sich nun das Pinzgauer-Haupt-
thal vorzüglich durch die stete Gefahr vehementer Verschuttungen,
welche nebst den ohnediess immer fortwährenden chronischen Ver-
sumpfungen drohen (diese Unterscheidung ist schon auf der ersten
Seite der Abhandlung, dann später Seite 127 (39) und 141 (53) fest-
gehalten), so können auch die nur auf chronische Versumpfungen be-
rechneten Regulirungs-Arbeiten nicht, wie anderwärts genügen. Auch
hierüber brauche ich bloss auf pag. 127 (39) und folgende meiner
Abhandlung zu verweisen. u
„Um nun die Schuttmassen bei solchen habituellen Pinzgauer Kata-
strophen, deren letzte grosse 1798 (vergl. pag. 117 (29) sich ereignete,
durch das Hauptthal anstandslos zu führen, müsste dieses selbst annä-
hernd die Gestalt jener Nebenthäler haben, durch welche eben solche
Schuttmengen unaufgehalten ins Hauptthal herausstürzen; nämlich die Ge-
Dr. J. Lorenz. 57
stalt einer steilen geraden engen Rinne mit festen, vom Wasser unan-
greifbaren Wänden. Nur dann müsste mit Naturnothwendigkeit — wenngleich
unter riesigen Kämpfen des Wassers mit dem Schutte — die Masse
des letzteren hindurchgerissen werden. Und desshalb sagte ich, Seite
128 (40), dass, theoretisch aufgefasst, im Hauptthale durch das volubile
Ausfüllungs-Materiale hinab, im festen Grundgesteine ein stark geneigtes
Bett ausgetieft werden müsste, dass aber dieses practisch unausführbar
wäre, ebenso wie die Anlegung von Auffange-Becken vor den Mündun-
gen der Nebenthäler; dass daher die Sicherung des Thaies gegen die
Riesengewalten der vehementen Verschuttungen und Ueberwässerungen
nicht ausführbar sei, wie günstig auch die Entsumpfungs-Arbeiten gegen
die chronischen Versumpfungen wirken mögen. Es wäre nur noch
hinzuzufügen, dass das Guggenber ger 'sehe Regulirungs-System, welches
theilweise den Mangel fester Ufer durch den Detritus des Flusses selbst
zu ersetzen im Stande ist, hier in dieser Beziehung nicht anwendbar
wäre, weil der hier zu Gebothe stehende Detritus fasst ausschliessend
Lettenschutt ist. Dieser bildet aber, wenn er in grossen Wasser
ankommt, unbewegliche, dum Wasser unangreifbare Haufen; in kleineren
Mengen hingegen bleibt er zu leicht suspendirt und fällt nicht, wie
Gerolle und Trümmerschutt, bei Geschwindigkeitsverminderung des Wassers
schnell in Massen nieder, worauf es eben bei Regulirung der Ufer
durch den Fluss selbst, hauptsächlich ankommt; und überhaupt könnten
Ufer von volubilem Materiale gegen die Gewalten, welche hier bei vehe-
menten Ueberschwemmungen auftreten, nicht genügen.
„Möge der thatsächliche Beweis für die Richtigkeit des Gesagten
noch recht lange ausbleiben!"
Eingegangene Druckschriften*
Pester Lloyd. 1859 Nr. 35 — 47 — 60. Von der Redaction.
Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Alterthuinskunde in Frank-
furt a. M. 1858. — Neujahrsblatt, dargebracht am 1. Jänner 1859 (Dorf und
Schloss Rödelheim. Beiträge zu der Geschichte desselben von Dr. jur. L. H. Eul er.)
Vom Vereine.
Verhandlungen und Mittheilungen des n. ö. Gewerbe-Vereines. Wien 1858. Hft. 12.
V o in Vereine.
Zeitschrift des Vereines für hessische Geschichte und Landeskunde Cassel I — VII 1835 — 1858.
Uebersicht der bisher in Kurhessen beobachteten wildwachsenden und eingebürgerten
Pflanzen. VonDr. L.Pfeiffer. Cassel 1844. — Beiträge zur Geschichte und Statistik des
hessischen Schulwesens im 17. Jahrhundert. VonDr. H. Hep pe. Cassel 1850 (4. Supp.Hft.
der Zeitschrift). — Periodische Blätter der Geschichts- und Alterthums-Vereine zu Cassel,
Darmstadt, Frankfurt a. M., und Wiesbaden. Nr. 1—8 1857— 1859. — Historisch
topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstenthum Hessen und
in der grossherz. hessischen Provinz Oberhessen. Von Dr.G. Landbau. Cassel 3 Hft.
1848/51 dann 1858 (7. suppl. Hft. d. Zeitschr.). — Geschichte der Stadt Wolfhagen
nach urkundlichen und gedruckten Quellen bearbeitet von Karl Lyn k er. Cassel 1855.
(6 Suppl. Hft. d. Zeitschrift.) Vom Verein.
Landwirtschaftliche Zeitung von und für Oberösterreich Linz. 1859. Nr. 4.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft
Militär-Zeitung. Wien 1859. Nr. 13—14. Vonder Redaction.
Gospodarski List. Zagrebu. 1859. Nr. 7—8. Vonder k. k. Acker b. Gesellschaf t.
Atti di uffizio ed annunzi della Camera di Comercio e d'industria in Fiume. Protocollo dto.
9. Febrajo 1859. Von der Handelskammer.
Die Ereignisse in Ostasien und die Notwendigkeit deutscher Handelsverträge mit Siam, China
und Japan. Eine Denkschrift von K. Fr. N eu m an n 1859. — Reisen des Johannes
Schild berge r aus München in Europa Asien undAfrica von 1794 — 1427. Zum ersten
Mal nach der gleichzeitigen Heidelberger Handschrift herausgegeben und erläutert von
Karl Fr. Neumann. Mit Zusätzen von Fallmayer und Hammer-Purgstall.
München 1859. Vom Verfasse r.
58
Geographische Untersuchungen in den mittleren Gouvernements Russlamls, zwischen der
Düna und Wolga in den Jahren 1850 und 1853 ausgeführt von G. v. Helmers en und
R. Pacht. Herausgesehen von G. v. He 1 mer se n. St. Petersburg 1858. (21. Band der
Beitr. zur Kenntniss des russ. Reiches.) Vom Herausgeber.
Wiener Eisenbahnzeitung. Führer für Reisende auf Eisenbahnen und Dampfschiffen in
Oesterreich etc. von Leopold Kastner. Wien Jänner und Februar 1859. — Oester-
reichischer Eisenbahn-Atlas. Herausgegeben von Leop. Kastner. Wien.
Vom Herausgeber.
Austria. Wochenschrift für Volksrrirthschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 7—8.
Von der Redaction.
Centralblatt der gesammten Landescultur. Prag 1859 Nr. 7.
Von der k. k. p. oek. Gesellschaft.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Berlin 1859 Bd. V. Hft. 5, 6.
Von der Ges. f. Erdk. in Berlin.
Relazione informativa sui progetti intesi a derivare dal fiume Ledra acque irrigue e potabili
a beneficio d'un vasto territorio inacquoso nella provincia del Friuli, esposta dall* in-
gegnere G. B u c c h i a. Udinc 1858. — Annuario delf Associazione agraria friulana.
Anno I. II. Udine 1857, 1858. — Bulletino dell' Associazione agraria friulana. Udine
1859Nr.l— 3. Von der Gesel lsch aft.
Beitrüge zur Statistik der inneren Verwaltung des Grossherzogthums Baden. Herausgege-
ben von dem Ministerium des Innern, Carlsruhe 1858. VII. Hft, (Geologische Beschrei-
bung der Umgebungen von Badenweiler.). — IX. Hft. (Die Gemeinden des Grossherzog-
thums Baden, deren Vereinigungsverhältnisse, Einnahmen und Ausgaben I. Seekreis
und Ohcrrheinkreis.) Vom g r o ss herz ogl. Ministerium.
A Magyar Termeszettudomanyi Tarsulat Evkönyvei Pesten 1841 — 1857. — Original-Abhand-
lungen aus dem 3. Bande der Jahrbücher des ungar, naturwiss. Vereins zu Pest
in deutscher Uebersetzung. Pest 1858.
Von dem ung. na für wissen seh. Verein.
Allgemeine Land- und forstwissensehaftliche Zeitung. Wien 1859 Nr. 7.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Wochenblatt der k. k. steierm. Landwirthschafls-Gesellschaft. Gratz 1859 Nr. 9.
Von der Gesellschaft.
Jahresbericht des historischen Vereins in Mittelfranken. 24. für 1855; 25. für 1857;
26. für 1858. Vom histor. Verein.
Versammlung am 22. März 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionsrath K. Freiherr von Czoernig,
führte den Vorsitz.
Herr Secretär F. Foetterle zeigte den Verlust an, welchen die
Gesellschaft durch den Tod ihres ausserordentlichen Mitgliedes , Sr. Exe.
des k. k. Feldzeugmeisters, Vincenz Freiherrn von August in, und ihres
ordentlichen Mitgliedes, des k. k. Majors im Ingenieur-Geographen-Corps,
Mathias Seydl, erlitten hatte. Als einer der ältesten und kräftigsten För-
derer der wissenschaftlichen Bestrebungen in naturwissenschaftlicher Rich-
tung in Wien, hatte erster er unserer Gesellschaft gleich von dem
ersten Beginne an die grösste Aufmerksamkeit und ein besonderes In-
teresse geschenkt, während letzterer schon durch seine amtliche Stellung
und Beschäftigimg den Interessen der Gesellschaft näher gerückt war.
Den Statuten entsprechend, wurden Se. Durchlaucht Johann Adolf Fürst
zu Schwarz enb er g, und Dr. Johann Caspar Ritter von Seil ler, Bür-
germeister der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, zu ausserordentlichen,
und die Herren: Dr. Angelo Messedaglia, o. ö. Professor der National-
Oekonomie und Statistik in Padua, Se. Hochwürden Stephan Muzler,
Director des k. k. Obergymnasiums in Warasdin, und Se. Hochwürden
Kaspar Thurin, Professor am k. k. Obergymnasium in Warasdin, zu or-
dentlichen Mitgliedern gewählt.
Herr k. k. Schulrath, Dr. M. Becker, sprach über die topogra-
Dr. M. Becker. Fr. Foetterle. 59
phischen Verbältnisse im Umkreise des Oetscher, deren Darstellung der
Gegenstand des unter der Presse befindlichen zweiten Bandes der bereits
früher besprochenen Monographie bildet. Er zeigte durch einige Beispiele,
wie zur Herstellung einer historischen Topographie, die von Alters her
unverändert gebliebenen Flur- und Häusernamen wichtige und bisher noch
zu wenig beachtete Fingerzeige geben, und schilderte zum Schlüsse die
Ueberreste der Karthause zu Gaming in Niederösterreich, mit Andeutun-
gen über deren Gründung, Schicksale und Aufhebung.
Herr k. k. Bergrath, F. Foetterle, legte die sämmtlichen Ma-
nuscripte, meist in englischer Sprache geschrieben, vor, welche die
Gesellschaft der Güte ihres Ehrenmitgliedes, der Frau Gräfin Pauline von
Nostitz, aus dem Nachlasse ihres früheren Gemahls, Dr. Johann Wil-
helm Helfer, nebst der deutschen Uebersetzung derselben vor; letztere
hatte Herr A. F. Graf von Marschall freundlichst besorgt. Ausser einer
kurzen Skizze des bewegten Lebens Dr. Helfers und seiner zahlreichen
Beisen in Hinter-Indien, theilte Herr Foetterle in der Kürze den In
halt der verschiedenen Abhandlungen mit, von denen einige bereits in
dem „Journal of the Asiat ic Society of Bengal" veröffentlicht, andere blos
in Manuscript gedruckt, andere noch ungedruckt sind; sie gewähren nicht
nur eine genaue Einsicht in die verschiedenen Beiserouten, sondern auch
eine fast vollkommene Uebersicht der durch Dr. Helfer bei diesen Bei-
sen erzielten ausgezeichneten Erfolge. (Siehe das nächste Heft dieses
Jahrganges der Mittheilungen).
Herr F. Foetterle legte den neuesten über das Mittelmeer und
dessen Gestadeländer erschienenen Atlas vor. Die „Land- und Seekarte
des Mittelländischen Meeres, nebst den angräuzenden Ländern, nach den
neuesten Quellen bearbeitet und gezeichnet von Dr. Henry Lange."
Das Bedürfniss einer guten übersichtlichen und doch hinreichend detail-
lii-ten Seekarte, welche auch die Küstenländer in entsprechenden Detail
darstellt, für die sich immer mehrenden Beisenden hatte die literarisch-
artistische Abtheilung des österreichischen Lloyd in Triest veranlasst, für
die Ausführung einer solchen Karte Sorge zu tragen. Hr. Dr. H. Lange
hat sich dieser schwierigen Arbeit unterzogen , und dieselbe wahrhaft
glänzend gelöst. Die vorgelegte Karte aus 9 Blättern bestehend, ist in
dem Masstabe von 1 : 295,600 ausgeführt; alle bestehenden, sowohl See-
wie Landkarten sind bei dieser Ausführung auf das zweckentsprechendste
benützt. Das Blatt Nr. 9 enthält die See- und Landkarte des schwarzen,
Azow'schen und Marmora Meeres, nebst den Plänen der Häfen von Algier
und Tunis nach W. S. Smyth. Die Ausführung in der F. A. Brock-
haus' sehen geographisch-artistischen Anstalt in Leipzig lässt nichts zu
wünschen übrig.
Bei dieser Gelegenheit lenkte Herr Foetterle die Aufmerksamkeit
der Gesellschaft auf das nun vollendete Werk Dr. Böttger's: „das
Mittelmeer," das in bisher vollendetster Weise uns das Mittelmeer in
seiner geographischen, historischen, physikalischen, hydrographischen, me-
teorologischen Beziehung vorführt. Es muss dieses Werk, was sowohl die
Auffassung, wie die Durchführung betrifft, als das Gelungenste betrachtet
werden, was wir über das Mittelmeer besitzen.
Unter den eingesendeten Druckschriften, welche vorgelegt wurden,
hob Herr Foetterle einige kleinere Brochüren hervor, welche Herr A.
Senoner im Institute des Herrn Don Nicola Mazza in Verona für
60 Versammlung am 22. März Ib59.
die Gesellschaft erhielt. Es sind meist briefliche Mittheilungen der ehe-
maligen Zöglinge des Institutes, welche sich gegenwärtig als Missionäre
bei der katholischen Mission in Chartum befinden. Herr Dr. Don Nicola
Mazza hatte vor etwa 35 Jahren dieses Institut, das anfangs blos der
Erziehung von armen elternlosen Kindern gewidmet war, ins Leben ge-
rufen, und erhält es seit jener Zeit mit bedeutender Ausdehnung der
Zwecke fast ganz aus eigenen Mitteln. Sein ganzer Besitz von 4 bis
'6 Häusern und der Ertrag von Grundstücken wird hiezu verwendet; erst
neuerer Zeit fliessen ihm hin und wieder milde Beiträge und Legate zu.
Eine der Hauptbestrebungen Don Mazza's war stets, afrikanische Sclaven-
kinder auskaufen und heranbilden zu lassen. Unter den zahlreichen Zöglingen
des Institutes finden sich stets talentvolle Jünglinge, welche dann mit
Unterstützung Mazza's auf einer Universität ihre weitere Bildung er-
halten, theils im Institute selbst zu Missionären für die Centralafrikanische
Mission in Chartum herangebildet werden. Alle Kinder erhalten nicht
blos den gewöhnlichen Schulunterricht, sondern werden auch zu verschie-
denen Handarbeiten angehalten, namentlich werden die Mädchen in Sticke-
reien und Bluinenanfertigen unterrichtet, und ihre Arbeiten werden stets
sehr gesucht. Die Negerkinder werden in der italienischen Sprache un-
terrichtet, sie lernen lesen, schreiben, rechnen und verschiedene Hand-
werke, die Mädchen, 14 an der Zahl, müssen überdies alle Hausarbeiten
verrichten, und einige lernen auch sticken. Von Negerknaben befinden
sich gegenwärtig 9 in diesem ausgezeichneten Institute, dem nicht nur
stets der beste Erfolg und eine bleibende Dauer, sondern auch eine
grösere Theilnahme für die Erreichung seiner edlen Zwecke zu wün-
schen ist.
Schliesslich theilte Herr Foetterle mit, dass das hochverehrte Mit-
glied, Herr Dr. Th. Kotschy, mit Unterstützung des k. k. Oberstkäm-
mereramtes eine längere wissenschaftliche Beise in den südlichen Theil
von Klein-Asien angetreten habe, von der er erst im Herbste zurück-
kehren dürfte. Herr Dr. Kotschy gedenkt sich zuerst einige Zeit auf
Cypern aufzuhalten, und dann von Tarsus aus in östlicher Bichtung viel-
leicht bis an dem Wan-See vorzudringen, um hier seine früheren bo-
tanischen Studien fortzusetzen, und dann über Erzerum und Trebisond
den Bückweg einzuschlagen.
Eingegangene Druckschriften :
Uebersicht der Waaren-Ein- und Ausfuhr des allgemeinen österr. Zollverbandes im
Verkehr mit dem Auslande etc. Im Sommer-Jahre 1858. Wien 1859.
Von der Direction der administr. Statistik.
Memoir to accompany the Map of the Holy Land construeted by C. W. M. Van de
Velde. Gotha 1858. Sammt Atlas. Von J. Perthes geogr. Anstalt.
Mittheilungen der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Basel. I — III. 1843/45.
VI. 1855. — Kurzer Bericht über die für das Museum in Basel erworbene Schmid'sche
Sammlung von Alterthümern aus Äugst von Prof. Wilh. V i s e h e r. Basel 1858.
Von der Gesellschaft.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Organ des germanischen Museums. II — IV.
Nürnberg 1855/57. Vom german. Museum.
Zeitschrift für populäre Mittheilungen aus dem Gebiete der Astronomie und verwand-
ten Wissenschaften. Herausgegeben von Dr. C. A. F. Peters. Bd. I. Hft. I.
Altona 1858. Von der Bedaetinn.
Verhandlungen des historischen Vereines für Niederbayern. Landshut IV. V. 1855 58.
— Statuten des historischen Vereines. Landshut 1858. Vom Vereine.
Bulletin de la Societe de Geographie IV. Serie. T. XVI. Nr. 91 — 96. August bis
December 1858. Von Sr. Hochw. Domherrn Salzbacher.
61
Atti dell' I. R. 'Istituto lonibardo di scienze, lettere ed arti. Vol. I. f. 12. Milano
1859. — Memorie dell' I. R. Istituto etc. Vol. VII. f. 8. Milano 1859.
Vom k. k. lomb. Inst, der Wissenschaften.
Proceedings of the R. Geographica! Society of London. Vol. III. N. I. 1859.
Von der k. Gesellschaft.
Austria. Wochenblatt für Volkswirthschaft und Statistik. Wien 1859. N. 19—21.
Von der Redaction.
Bullettino della Associazione agraria friulana. Udine. 1859. N. 4.
Von der landwirtschaftlichen Gesellschaft.
Allgemeine Erdkunde, oder neuestes Handbuch zur Beförderung und Belebung des
geographischen Sinnes und Wissens für Schule und Haus. Von Dr. Fr. Locher.
Regensburg 1859. Vom Verfasser.
Atti dell' I. R. Istituto veneto di scienze, lettere ed arti. T. IV. S. III. Disp. 1. 2. 3.
1858—1859. — Memorie dell' I. R. Istituto veneto. Vol. VII. P. II. Venezia
1858. Vom k. k. Inst. d. Wissensch. Venedig.
Nouvelles Annales des Voyages de Ia Geographie etc. Fevrier 1859. Von der Redaction.
Abhandlungen der mathem. physical. Classe der k. bayer. Akademie der Wissenschaften.
VIII. 2. München 1858. — Ueber Johannes Müller und sein Verhaltniss zum
jetzigen Standpunct der Physiologie. Festrede von Dr. Th. L. W. Bischoff.
München 1858. Von der k. Akademie der Wissenschaften.
Protocoll der dritten ordentlichen Sitzung der Kronstädter Handels- und Gewerbekam-
mer im Jahre 1859 am 8. März. Von der Handelskammer.
Ueber die Mineralquellen von Bartfeld im Särosser Comitat Ungarns. Von C. Ritter
von Hauer. Wien 1859. Vom Verfasser.
Philologische und historische Abhandlungen der k. Akademie der Wissenschaften in
Berlin. Aus dem Jahre 1857. Berlin 1858. Von der k. Akademie.
Rapporto statistico per l'anno 1857 della Camera di Commercio e d'industria in Lodi.
1858. Von der H and el kämme r.
Compte-rendu annuel adresse a S. E. M. de Brock Ministre de Finances par le Di-
recteur de l'Observatoire physique central, A. T. Kupffer. Annee 1856. St. Pe-
tersburg 1857. Von der Direction.
Annales de la propagation de la foi. Paris. Mars 1859. N. 177. Von der Redaction.
Verhandlungen des historischen Vereines von Oberpfalz und Regensburg. N. F. I — X.
1845 — 1858. Vom Vereine in Regensburg.
Zeitschrift des historischen Vereines für das würtemberg. Franken. 1. Hft. Trailsheim
1847. 4. 5. 6. Hft. Aalen und Oehringen 1850/52. III. 1. 2. 3. Aalen und
öehringen 1853/55. IV. Bd. 1. 2. Stuttgart 1856/57. — Chronik des hi-
storischen Vereins. Mergentheim 1852/53. — Chronik der vormaligen Deutsch-
ordens-Stadt Mergentheim, aus urkundlichen Quellen herausgegeben von 0. F. H.
Schönhut h. Mergentheim 1 857. — Wolfram von Neuenbürg, Meister Deutsch-
ordens in deutschen und wälschen Landen u. s. w. Von 0. F. H. Schönhuth.
Mergentheim 1859. Vom histor. Verein in Mergentheim.
La scienza — l'Istmo di Suez. — II Sommo Pontifice Pio IX. visitando nel 1857
i suoi dominii. — II nuovo porto di Roma. — Memorandum di E. F. Scarpellini.
Roma 1858. — La Stato Pontificio e l'Istmo di Suez, Parole di E. F. Scarpellini.
Roma 1856. Vom Verfasser.
Jahresbericht des historischen Kreis-Vereins im Regierungs-Bezirke von Schwaben und
Neuburg für 1837—1841 ; 1844—1856. Augsburg 1838—1856.
Vom hist. Vereine in Augsburg.
Lettera dei RR. sacerdoti Missionari nell' Africa centrale dell' Istituto di Don Nie.
Mazza, diretta ai giovani alunni del medesimo Istituto. Chartum 1858. — Re-
lazione del viaggio dei Reverendi Missionari da Chartum a S. Croce. Verona
1858. — L'ultima lettera del Missionario Franc. Oliboni dell' Istituto. Mazza di
Verona. Verona 1858. — Prospetto dei poveri Istituti di Don Nie. Mazza dato
da conoscere dal medesimo colla stampa nel niese di Novembre 1854. Verona 1854.
Von Hrn. S e n o n e r.
Journal of the Franklin Institute of the State of Pensylvania etc. Vol. 36. N. 4—6 .Phi-
ladelphia 1858. Vom Institute.
Zeitschrift für Erdkunde. Berlin 1859. I. 1. Von der Gesell seh. f. Erdk. Berlin.
Pester-Lloyd 1859. N. 61—66. Von der Redaction.
Corrispondenza scientifica in Roma N. 33. 36. (Roma e il Bosforo di Suez. Nota dell' In-
gegnero Vinc. M a n z i n i.) Von der Redaction.
'6
62
Ueber das Eis im Sommer zwischen den Basaltstücken bei Kameik nächst Leitmeritz in
Böhmen. Von Dr. Ad. PI eis« hl. (Beitr. zur phys. Geogr. Böhmens.) Prag 1838.
Vom Verfasser.
Statistique de France XII. Ser. Statistique agricole. I. 6. Paris 18S8.
Vom kais. franz. Ministerium.
Versammlung am 5. April 1859.
Der Herr Präsident, k. k. Sectionsrath K. Freiherr von Czoernig,
führte den Vorsitz.
Den Statuten gemäss wurden Se. Excellenz, Herr Johann Freiherr
Kempen von Fichtenstamm, k. k. Feldmarschalllieutenant, Chef der
Obersten Polizeibehörde etc., und Frau Leopoldine Kerr in London zu ausser-
ordentlichen, Herr Gustav Lehne, Oberlieutenant der k. k. Gendarmerie-
General-Inspection, und Herr Adolf Simiginowicz, Professor am k. k.
katholischen Gymnasium zu Kronstadt, zu ordentlichen Mitgliedern und
Herr Dr. Felix Flügel, Consul der Vereinigten Staaten von Nordamerica
in Leipzig zum correspondirenden Mitgliede gewählt.
Herr Secretär Foetterle theilte den Inhalt der an Hrn. k. k.
Sectionsrath W. Haidinger eingelangten Schreiben von unseren Novara-
Reisenden mit, welche Nachrichten über das Eintreffen derselben zu
Auckland in Neu-Seeland brachten und bereits früher in der lezten Sit-
zung der naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften mitgetheilt wurden. Laut den letzten eingelangten Nach-
richten, hatte Herr Dr. F. Hochs teuer in Folge der zur Besichtigung
von Kohlenvorkommen in der Gegend von Auckland unternommenen Excursion,
von dem Gouverneur in Auckland die Einladung erhalten, längere Zeit
auf Neu-Seeland zu bleiben und eine detaillirtere geologische Untersuchung
durchzuführen; mit Genehmigung und im Einverständnisse des Hrn. Com-
modore von Wüllerstorf, hatte Herr Dr. Hochstetter diesen Antrag
angenommen und sich von der k. k. Fregatte Novara getrennt, um sich
etwa 6 Monate in Neu-Seeland aufzuhalten, und dann gegen Ende des
Jahres etwa gleichzeitig mit der k. k. Fregatte in Triest zusammenzutreffen.
Ueber die von Herrn Dr. Hochstetter in Begleitung von Herrn
Frauenfeld, Selleny und Jellinek unternommene Excursion, theilt
vorläußg die in Auckland erscheinende „New Zeeländer" Zeitung einen
Bericht mit, aus den hier ein Auszug folgt, dessen Uebersetzung wir
dem Herrn A. Fr. Grafen Marschall verdanken:
„Besichtigung der Districte Drury und Hunua und Aus-
flug an den Waikato. Am Dienstag, 28. December 1858 wurde mit
der Ausführung der Arbeiten der wissenschaftlichen Commission in dieser
Provinz der Anfang gemacht. An der Begehung nahmen Theil: die Herren
Dr. Hochstetter, Frauenfeld, Selleny und Jellinek, von der
kais. österreichischen Expedition; der Provinzial-Landmesser Mr. C. Heaphy,
Rw. A. G. Purchas und Mr. Ninnis als Abgeordnete der Provinzial-
Regierung und vom k. k. Marine Officiers-Corps, der Herr Capitän Baron
Po eck, Commandant der Novara und der Schiffs-Fähnrich, Hr. Kro-
no wette r. Ferner schlössen sich an: Mr. Haast, eben in dieser Pro-
vinz anwesend, um über die Hilfsquellen und Vortheile, welche Auckland
deutschen Einwanderern zu bieten vermag, Notizen einzusammeln, Mr.
Drummond Hag (der sich als „ Cicerone u höchst nützlich machte) und
F. Foetterle. 63
— wenn es den Leser ja interessiren sollte — wir selbst, die wir
diese Zeilen in Hast niederschrieben. Mr. Heaphy hatte die Besucher
mit der gewöhnlichen Karte der Provinz, und mit einer andern, die geo-
logischen Verhältnisse zwischen Auckland und Maungatawhiri angebenden,
versehen, welche letztere er eigens zu diesem Zweck entworfen hatte.
Das Wetter zeigte sich besonders günstig; die Fahrt durch das reiche
vulkanische Gebiet zwischen Auckland und Otahuhu, in solcher Gesellschaft
und bei wolkenlos sonnigen Himmel, dessen Hitze einer unserer schönen
Sommerwinde wohlthätig mässigte, wird lang eine freundliche Erinnerung
bleiben. Wenn sich die einheimischen Theilnehmer sich an den lehrreichen
Vorträgen Dr. Hochstetter's über vulkanische Gebilde erfreuten, so
mochten sie sich wohl auch — vielleicht nicht ohne etwas Selbstgefühl
— an dem Wohlgefallen erfreuen, welches dieser Gelehrte und seine
Gefährten über die Gegenstände um sie und vor ihnen äusserten und
den hohen Grad der Kultur des Landes, die Güte der Strassen, das
weite Feld, welches in jeder Richtung dem fähigen und denkenden Na-
turforscher offen steht und die glänzenden Aussichten in die Zukunft dieses
Landes, mit Vergnügen von Allen preisen hören.
Die erste eigentliche Rast fand bei Mount Richmond (bei den Ein-
gebornen „ Otahuhu, " welcher Name auf die Ansiedlung übertragen wurde)
statt. Dort fanden die Herren Hochstetter, Frauenfeld und Jellinek
reichliche Ausbeute für ihre Sammlungen und Herr Selleny für seine
fertigen und treuen Pinsel, während M. Heaphy diesen gründlichen
Forschern sehr viel an historischen und örtlichen Auskünften mitzutheilen
hatte. — Wir würden viel darum geben, das Panorama vom Gipfel aus
an einen solchen Tag, wie es Herr Selleny, einer der fertigsten und
treuesten Aufnehmer, die wir je gekannt, wiedergegeben hat. (Nebenbei
gesagt, hat Hr. Selleny während der Novara-Expedition bereits über
1000 vortrefflich ausgeführte Zeichnungen aufgenommen — jene von Java
und China in sehr grossem Masstab und bis in die kleinsten Einzeln-
heiten — auch ist seine Behandlung der Farben so frisch und naturge-
mäss, dass ihr Anschauen das Auge nicht im geringsten ermüdet.) Ein
zweites Panorama, die Krater von Thoumatou und Manganie, die Manukau-
Spitzen und das nördliche Ufer des Hafens von Manukau umfassend, hat
Herr Selleny vom vulcanischen Berg „Te Olmopuni." ganz nahe an
Mr. R. Robertsons Besitzung aufgenommen. — Bei der Aussicht von
Mount Richmond fiel unseren österreichischen Gästen die Nähe der Ge-
wässer von Wachemata und Manukau an dem Tragplatz {„portage") von
Otahuhu auf und alle sprachen sich über die Verbindung unserer beiden
Haupthäfen der Ost- und Westküste mittels eines Kanals für Seeschiffe,
als über etwas sehr Wünschenswerthes aus. Ihrer Ansicht nach, fordert
die commercielle Gegenwart und Zukunft von Auckland eine solche Un-
ternehmung, deren Ausführung nicht auf unübersteigbare Hindernisse stossen
würde. Auf den weitern Weg über Otahuhu hinaus, bemerkten unsere
Gäste die stetige Reihe grasreicher und sorgfältig eingefriedeter Weide-
plätze, das wohlgenährte Hörn- und Schaf- Vieh und die behaglichen
Wohnstätten an beiden Seiten, namentlich Mr. Overton's Wohnhaus,
welches (mit Recht) als ein Muster echt englischer Ordnungsliebe her-
vorgehoben wurde. Nicht minder Ehre machten unserem jungen Staate die
neuesten und noch fortdauernden Verbesserungen der Strasse nach Papa-
kura und die zeitweisen Stösse auf den neu angelegten Strecken wur-
5*
64 Versammlung am 5 April 1859
den als erträglich in Vergleich zu denen auf den „Corduroy-Strassen" in
den Hinterwäldern der Vereinigten Staaten, und als ein Beleg, dass es
der Provinzial-Regierung mit dem Aufschlüsse des Landes Ernst sei, ge-
lassen hingenommen. — Wie viele geologische, entomologische, bota-
nische, taxidermische Exemplare längs des Wegs von den Herren Hoch-
stetter, Frauen feld und Jellinek eingesteckt wurden, lässt sich
ebensowenig berechnen, als wie viele kleine Skizzen von Herrn Selleny
daguerrotypirt wurden und wie viele statistische Thatsachen und Ziffern
sich in Herrn Haast's Gedächtniss anhäuften; so viel ist gewiss, dass
nach eiliger Durchforschung der Papakura Bucht („reek"J eine grosse
Kiste von Gegenständen aller Art verpackt und nach Auckland abgesendet
wurde, bevor die deutschen Naturforscher Mr. Young's Haus erreicht
hatten, und dass dabei noch genug übrig blieb, um zwei andere Kisten
zu füllen. — Nach der Ankunft in Mr. W. J. Young's „Drury Hotel"
(nunmehr ein grosses zweistöckiges Haus, mit vortrefflicher Unterkunft)
erschienen die essbaren Erzeugnisse des Bezirks von Drury vor einer
wissenschaftlichen Ratbsversammlung und erhielten die günstigste Anerken-
nung. Zu Drury war das „Settiers Exploration Comitte'e" in voller Zahl
versammelt, und hier, wie längs des ganzen Weges ertheilten die Herren
Cläre, Middlunass, Hay, Runcoman, ('nie, Pollok, S. Hall u. A.
eine Menge trefflicher Auskünfte. — Vorerst besah man das Kohlenflötz
auf Mr. Turnbull's Grundstück, dann die Kohlenschürfungen der Herren
Pollok, Campbell und Folwell's, und wir glauben aussprechen zu
dürfen, dass Dr. Hochstetter keinen Grund habe, zu bezweifeln, dass
diese Kohlen alle einen und denselben Character tragen und vielleicht
einem einzigen, weit ausgebreiteten Flötz angehören. Es genüge hier die
Thatkraft zu bezeichnen, welche die Ansiedler mit dem kleinsten Geld-
capital, aber mit der grössten Beharrlichkeit entwickeln; ein Beispiel
davon sind die von den Herren Peter Smith und W. Cooper eröffneten
und nunmehr ausgebeuteten Kalkstein-Brüche; beide hatten kein anderes
Anfangscapital als Arbeitskraft und Thätigkeit, das Beste in einer dicht-
bewaldeten Gegend, wie die von Hunua (zu welcher jetzt eine Strasse
augelegt wird, und welche hoffentlich bald eine der ertragreichsten der
Provinz werden wird). — Im Allgemeinen hat Dr. Hochstetter in un-
seren Kohlen- und Kalksgebieten Meeres-Fossilien von viel höherem Alter
gefunden, als man es bisher für die geologischen Gebilde Neu-Seeland's
angenommen bat; Kohle und Kalkstein sind reichlich und von bester Be-
schaffenheit vorhanden; die bereits aus dem Kalk bekannten organischen
Reste werden ihm selbst und spätem Forschern die Mittel bieten, un-
sere Kohlengebilde mit ähnlichen der alten Welt zu vergleichen oder zu
identificiren. Bisher hat man — unseres Wissens — in der Kohle von
Opaheke (Drury) und Hunua keine Pflanzenreste entdeckt. — Wir er-
wähnten bereits, dass der Commandant und die Officiere der Novara-
Expedition über die, unter so vielen Schwierigkeiten in so kurzer Zeit
in Stadt und Land bewirkten Fortschritte ihre Ueberraschung ausgespro-
chen haben. Wir haben gesehen, dass der Künstler, Herr Selleny,
reichliche Beschäftigung findet. Wir mögen beisetzen, dass der Botaniker,
Herr Jellinek, die Neu-Seeländer Wälder in Reichthum des Laubes,
Verschiedenheit der Färbung und allgemeinen Eindruck denen der Tro-
penländer gleichstellt, vor denen sie die leichtere Zugänglichkeit voraus
haben. Was die befiederten Bewohner der Wälder und Farnkraut-
F. Foetterle. 65
Striche von Auckland betrifft, erachtet die Expedition, nach ihrer eigenen
Erfahrung an Ort und Stelle, dass Neu-Seeland dem Ornithologen ein
weites Feld bietet; ihnen, wie allen andern Beobachtern, ist die Ab-
wesenheit aller Vierfüsser auf einer so grossen Insel aufgefallen.
Ausflug nach Mangatawhiri und an den Waikato.
Dieselben Personen, welche den Ausflug nach den Kalk- und den Koh-
lengebieten von Hunua und Drury gemacht hatten (mit Ausnahme des
Capitäns, Baron Pöck, und Herrn Purchas, welche nach Auckland zu-
rück mussten), brachen in 2 Abtheilungen (die erste: Herren Selleny,
Kr onowette r, Haast und Drummond Hay, welchen letzteren Se. Exe.
der Herr Gouverneur der Expedition für die Zeit ihres Verweilens in
Auckland zugetheilt hatte, am Dinstag 28. December Nachmittags — die
zweite: Herren Dr. Hochstetter, Frauenfeld, Jellinek, Ninnis,
Smallfield und Heaphy, am Freitag 31. December Morgens) auf, um
Mangatawhiri und von dort den Waikato zu besuchen. Beide Abtheilungen
hatte Mr. Young mit Pferden versehen, welche an die ersten engen
Pfade der ersten Ansiedler und Beisegesellschaften gewöhnt waren, und
unsere Gäste zeigten sich überrascht, dass man bei so kurzer Voran-
meldung und in solcher Entfernung von der Hauptstadt so vorzügliche
Pferde habe auftreiben können. Dieser Umstand stellte die Thatkraft der
vorgeschobenen Ansiedler längs des Verlaufs der grossen Südstrasse
in ihrer Meinung noch viel höher. Ueber R u n c i m a n's Pachthof
(dessen vorgerückte Cultur dem Eigenthümer grosse Ehre macht), folgte
die Reisegesellschaft der grossen Südstrasse, häufig Halt machend, um
ihre Sammlungen zu vermehren oder um die ausgebreiteten Aussich-
ten zu bewundern, die sich allmälig vor ihr aufthaten, je weiter sie
gegen den Mittelpunct des Waldes hinaufstiegen, bis endlich ihre Blicke
die ganze Gegend im Süden dos Manukau Hafens und dies schöne Gestade
selbst, mit allen seinen zahlreichen Meeresarmen und Buchten, umfassen
konnten. Chiskolm's Bush gefiel unsern Gästen besonders und gab ihnen
den besten Begriff von der Wald-Vegetation Neu-Seeland's; Hr. Selleny
nahm dort zwei schöne Ansichten auf. Indess gaben ihnen die Arbeiten
der Strassenleute und solcher Ansiedler, wie Mr. Martin, noch bessere
Gelegenheit, die geologischen und botanischen Eigenthümlichkeiten dieses
Anfangs der fruchtbarsten Striche im Süden dieser Provinz wahrzunehmen
und zu prüfen. Weit entfernt, die nächsten Einwanderer darüber zu
bedauern, dass ihnen nicht mehr Grundstücke in der nächsten Umgebung
von Auckland und dessen Vorstädten zur Wahl vorliegen, waren unsere
Gäste vielmehr einstimmig der Ansicht, dass der nunmehr durch die
grosse Südstrasse über Drury hinaus aufgeschlossene Landstrich in seiner
Beschaffenheit die meisten Ländereien des Bezirks von Auckland übertreffen,
und dass, wenn mehr solche Gründe zu haben wären, sie — ungeachtet
ihrer Entfernung von der Hauptstadt — den Vorzug verdienen würden.
Diese Meinung theilen wir selbst und jeder verständige Einwanderer, der
einige Tage auf persönliche Besichtigung dieses und des Waikato-Bezirks
der Provinz verwenden will, wird sich dazu bekennen. Ein Gleiches gilt
zum grössten Theil von den Landstrichen längs der grossen Nordstrasse
und von anderen nördlichen Ländereien, welche, nach den verschiedenen
gesetzlich bestimmten Weisen, für die Auswahl offen liegen oder doch
nächstens offen liegen werden. Dies liegt indess für jetzt ausserhalb un-
serer Aufgabe; wir behalten uns vor, bei nächster Gelegenheit unsere
66 Versammlung am 5. April 1859.
Bemerkungen über den stetigen und richtig geleitenden Fortschritt der
Ansiedlung und der Urbarmachung in diesen fruchtbaren Gegenden mit-
zutheilen und dabei denen Ehre zu geben, welchen Ehre gebührt. —
Nicht allein fruchtbares Erdreich liegt längs der Strassenlinie, sondern
auch überall vertheilt, ergiebige Vorräthe von basaltischem und anderem
Gestein, als taugliches und leicht zugängliches Material zum Strassenbau ;
von dieser Seite waltet keine Besorgniss ob. Die Aushauung, der Bau
und die Ueberbrückung der Strasse schreitet jetzt rasch und in einer,
die Unternehmer sehr ehrenden Weise fort und unter den Strassenar-
beitero finden sich verständige und gefällige Leute, bereit, alle ihnen
zugängliche Auskunft zu geben und Besuchern ein gastliches Obdach zu
bieten. Der Einschnitt in Rafor-back Hill bietet eine gute Gelegenheit
zur Untersuchung der tiefern Schichten des ansteigenden Bodens, den
die Strasse durchzieht. Wir führen nebenbei an, dass bei einem Halt an
Mr. D a w s o n's „Whare," an der Strasse, "wo die Reisegesellschaft eine
Tasse Thee nahm, ihnen ein Theil eines Süsswasser-Fisches angeboten
wurde, der an Grösse und feinem Geschmack den besten Forellen des
Mutterlandes gleichsteht. Er war in einem der schönen, die Umgegend
durchfliessenden Wässer gefangen worden und bei fernerer Aufschliessung
des Binnenlandes dürfte es sich herausteilen, dass unsere fliessenden Süs-
wässer nicht so arm an essbaren Fischen sind, als man behaupten wollte.
— Vom gegenwärtigen Grenzpuncte der breiten Rodung für die Südstrasse
brachte ein von den Eingebornen ausgetretener Pfad nach Mangatawhiri
auf einen Umweg, der durch die Auffindung vieler schöner Farne und
merkwürdiger Insekten reichlich aufgewogen wurde, und beim Austritt
aus dem Dickicht brachte ein rascher Quermarsch über das offene Farn-
land die Gesellschaft nach Mangatawhiri, gerade oberhalb der schönen
Getreidemühle mit Wasserkraft, welche Mr. Chandler eben für einge-
borne Eigenthümer aufbaut. Eine zahlreiche Schaar Maories (einige mit
ungewöhnlicher Sorgfalt in ihrer eingebornen oder doch am wenigsten
europäisirter Tracht gekleidet) sammelte sich vor dem ansehnlichsten „Whare"
des Dorfes, welches Mr. Drummond Hag zur Aufnahme der Gesell-
schaft in Beschlag genommen hatte und hier arbeitete eben Hr. Selleny
eifrig an seiner dritten Skizze, deren Naturtreue ihm mehr Vorbilder
zuführte, als er mit aller seiner künstlerischen Stenographie wiedergeben
konnte. — Nach einer Rast, die ein förmlicher Sturm aus den Bergen,
die tropische Hitze des Tages abkühlend, um 2 Stunden über die fest-
gesetzte Zeit verlängert hatte, bestieg die ganze Gesellschaft (mit Aus-
nahme der Herren Kronowetter und Haast, welche in einem Kanot
vorangefahren waren) zwei grosse Boote, jedes mit 10 Eingebornen be-
mannt, welche sie geschickt über Mangatawhiri Creek hinabführten, In
der ersten i*/, Meile ist der Strom so eng, dass man nicht begreift,
wie so grosse Fahrzeuge durch seine Windungen gelangen können, da
in manchen Fällen kein zollfreier Raum übrig bleibt. Am Ufer finden
sich Wasservögel in Menge, deren einen ein Eingeborner sehr geschickt
mit seinem Ruder aufspiesste. Die Gegend wurde hervortretender, je
näher man dem Höhenzug kam, der das Gebiet des Waikato abgränzt ;
erst nach einer jähen Wendung und einigen Ruderschlägen gelangten die
Boote in diesen schönen Fluss, wo dann die Gesellschaft erst einen Be-
griff von der zu erwartenden prächtigen Gegend erhielt. „Dies ist ja
der Rhein, wieder unser schöner Rhein und seine Umgebung mit ihren
F. Foetterle. 67
dichtbewaldeten Höhenzügen;" „dies kömmt einigen der schönsten Stri-
chen unseres Rheingaues gleich," riefen die Deutschen unter uns aus,
und ausser Herrn Selleny holten auf der Strecke bis Tuakau mehrere
Andere ihre Zeichenbücher hervor. Tuakau ist ein Landungsplatz nahe
an einer grossen gleichnamigen Ansiedlung der Eingebornen. Das ringsum
weithin gerodete Land hat trefflichen Boden und ist gut angebaut. Hier
fand sich unser Vortrab, der stecken geblieben war, da keiner von
ihnen die Sprache und die Geberden der Maories verstand, wieder beim
Hauptcorps ein: das neueste „Whare* wurde für die Nacht und den
nächsten Tag in Beschlag genommen; ein Backofen nach Landesart wurde
der deutschen Gäste wegen, die nie dergleichen gesehen, aufgeführt
und diese benutzten die letzte Tageshelle, um die eingesammelten Gegen-
stände in Ordnung zu bringen und die wunderbaren Naturreize, die sie
umgaben, zu gemessen. Bald nach acht Uhr meldete Hohepa, einer
von Mr. Heaphys eingebornen Dienern, der „Soyer" der Expedition,
dass das Diner („spuds" und Schweinefleisch) fertig und auf frisch ab-
gepflückten Farnkraut und mit Shawls bedeckt, servirt sei. Die Gesell-
schaft — um die Worte der Berichterstatter über anspruchsvollere Ga-
stereien zu gebrauchen — Hess dem reichlichen, wenn auch einfachen
Mahle das Recht wiederfahren, welches echter Hunger, durch starke und
andauernde Bewegung im Freien geschärft, nie versagt. Es war der 31.
December 1858 und die Reise-Gesellschaft, welche (den Maori Diener
ungerechnet,) Engländer, Schotten, Irländer, Deutsche und Slaven unter
ihren Genossen zählte, bereitete eine Feier des Jahreswechsels vor, an-
gemessen den Ereignissen, welche so verschiedenartige Elemente vereinigt
hatte und geeignet, eine angenehme Erinnerung für spätere Zeiten zu-
rückzulassen. Charakteristiche Studenten- und andere Volks-Lieder, engliche,
schottische und irische Gesangsweisen und Liebes-Lieder in der Maori-
Sprache, vom Diener vorgetragen, bildeten ein echt cosmopolitisches Vo-
cal-Concert. Die Gesundheit des Kaisers von Oesterreich und der Königin
Victoria wurden mit Begeisterung ausgebracht und mit Absingung der be-
treffenden National-Hymnen begleitet, in einer Weise, die, Dank der mu-
sikalischen Ausbildung der deutschen Sänger, jedem Concertsaale Europa's
Ehre gemacht hätten. Nachdem 3 bis 4 Stunden in solcher Weise höchst
angenehm vergangen waren und man das Neujahr in aller Form bewill-
kommt hatte, ging man neue Kräfte für das nächste Tagwerk zu sam-
meln. Dieses fing bereits um 6 Uhr Morgens an. Der schöne Strom,
der das Dorf durchschneidet, bot ein anlockendes Bad und an seinem
Ufer fanden Geologen, Botaniker, Künstler und Zoologen reichlichen
Stoff zur Thätigkeit. Die Eingebornen, gelockt durch die Aussicht auf
die verheissenen Jieka pennies" brachten verschiedene merkwürdige Ge-
genstände. — Der Rückweg nach Drury ging durch Tuakou und die
dazwischen liegenden Wälder — deren Thäler mehrere schöne Ströme vortreff-
lichen Wassers durchlaufen , dann über einen beträchtlichen Theil von
Mr. Wate r's ausgebreiteten Weidegründen, welche sich eben jetzt reich-
lich mit europäischen Grase und rothem Klee bedecken. Ein Theil der
Gesellschaft ging voran den Pferden entgegen, welche man auf einem
andern Weg zurückgeschickt hatte ; die Uebrigen sollen in 2 bis 3
Stunden nachfolgen. Als beide den Aushau betraten, den Mr. Waters
vornehmen lässt, um seinem Viehe den Zugang zu den Weidegründen zu
eröffnen, sollten sie, bei aller Achtung, die dies Unternehmen verdient,
68 Versammlung am 5. April 1859.
aus eigener Erfahrung lernen, welche Schwierigkeit sich in diesem dicht-
bewaldeten Landstrichen dein einzelnen Ansiedler entgegenstellen, welcher
nicht die Mittel hat, seine abwesenden oder ungefälligen Nachbarn zu
zwingen, zu einem Unternehmen beizutragen, das an und für sich ihren
eigenen Besitztümern zu Guten kommt, und welches sie selbst ohne Be-
denken benutzen, wo und wann es ihnen beliebt. Die 7 bis acht Meilen
lange Strasse durch das Dickicht, deren zunächst an Drury gelegener
Theil — wenn wir nicht irren — durch Mr. Joseph New man aus-
gehauen worden, war durch den versperrten Zugang von Licht und Sonne
für die, welche solcher Reisen ungewohnt sind, höchst beschwerlich, und
beide Abtheilungen, auch nachdem sie ihre Pferde wieder gefunden hat-
ten, brauchten an 4 Stunden, um diese Strecke zurückzulegen. Der schöne
Strom am Fusse von Mr. Burt's Pachthof war Allen willkommen.
Bei der Abendversammlung in Young's Hotel, sprachen die Mit-
glieder der wissenschaftlichen Commission und die übrigen deutschen
Gäste den Herren, welche im Auftrag Sr. Exe. des Herrn Gouverneurs
Gore Brown und des Herrn Vorstehers der Provinz, sie begleitet hatten,
das ausnehmende Vergnügen aus, welches ihnen bei dem Besuch dieses
schönen Bezirks der Provinz zu Theil geworden war und ihre Hoffnung,
dieser Besuch für Auckland und Neu-Seeland in mehr als einer Rich-
tung nicht ganz fruchtlos bleiben, und jedenfalls ganz gewiss beitragen
werde, die deutsche Einwanderung dorthin zu lenken. Sie dankten ihren
Führern für die ihnen während der Reise erzeigte Aufmerksamkeit und
für die Weise, in der sie die gastfreundlichen Gesinnungen der Provinzial-
Regierung bethätigt hatten; warmer Dank ward auch Mr. und Mrs. Young
für ihre eifrigen Bemühungen in ihrem Hotel, der sich bei so trefflicher
Leitung eines fortdauernden Gedeihens zu erfreuen haben dürfte, den
fremden Gästen, welche dort unter dem Schatten ihrer eigenen Landes-
farben aufgenommen worden, einen behaglichen Aufenthalt zu bereiten.
Die Herren Drummond Hag und Heaphy erwiderten, indem sie den wissen-
schaftlichen Gästen für den unermüdeten Eifer, mit der sie ihre Aufgabe
zum Nutzen der Provinz Auckland durchgeführt hatten, und für die werth-
volle Belehrung, welche die Sprecher selbst und alle Ansiedler, die mit
ihnen in Berührung gekommen waren, von ihnen empfangen hatten,
ihren Dank aussprachen. Herrn H a a s t wurde gleichfalls der Dank ge-
bracht, für das, was er zur Annehmlichkeit des Ausflugs beigetragen
hatte und für seine bereitwilligen und gewandten Leistungen als Aus-
leger, wo immer auf einer oder der anderen Seite das Verständniss über
einen einzelnen Punct Schwierigkeiten hatte oder genaue Auskunft ver-
langt wurde. Die Rückreise nach Auckland ging ungefähr eben so vor
sich, wie die von Auckland nach Drury. Nach ihrer Ankunft gingen
die Mitglieder der wissenschaftlichen Commission an die Aufbewahrung
des Gesammelten und an die Aufzeichnung ihrer Wahrnehmungen.
Nunmehr nehmen wir Abschied von diesem Zweige der Expedition
und führen nur noch an, dass die Herren Dr. Scherzer und Dr.
Schwarz ihre anthropo-metrischen Messungen an Eingeborenen fortgesetzt
haben und dass der Herr Commodore v. Wüllerstorf und der Com-
mandant der Novara in Begleitung der Herrn Dr. Scherz er, Dr.
Schwarz und Fischereinen Ausflug in die Kauri-Wälder des Maaukau
vorgenommen, der ihnen sehr wohl gefiel. Die Novara sollte am
Pr, I. Zhishman. ßü
gestrigen Abend (2. Jänner 1859) absegeln, ward aber durch das Um-
springen des Windes nach Nordost zurückgehalten.
Herr Professor Dr. Fr. Müller gab eine Schilderung seiner im
Auftrage des hohen k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht zu
Ende des Jahres 1851 nach Grodno und in dem Bialowescher Wald in
Russland unternommenen Reise, so wie der in dem letztgenannten
Walde lebenden Auerochsen. (Siehe Abhandlungen dieses Heftes Nr. XIII.)
Herr Doctor J. Zhishman brachte seinen in der Versammlung vom
15. März begonnenen Vortrag über die Züge Alarich's zum Abschlüsse. Er
ging von der geographischen Bestimmung jener Gebiete aus, welche
Alarich seit dem Jahre 396 in Besitz genommen hatte und verfolgte
nach einer eingehenden Darstellung der Ursachen, welche Alarich zum
Aufbruche nach Italien veranlassten, die Wege, auf welchen er mit sei-
nen Gothen dahingelangte. Die Ansicht, als sei Alarich durch Dalma-
tien bis Aquileja vorgedrungen, wurde als unhaltbar erklärt, dagegen
sprechen entscheidende Gründe dafür, dass Alarich sich anfangs auf der
via Egnatia bewegte, bei Heraclea einbog, und durch das Thal des
Margus über Singidunum, Sirmium Sisia und Emona nach Italien kam.
Der Verlauf des Vortrages zeigte übrigens, dass er weder im Jahre 400
noch im Jahre 408 als Feind in Italien erschien, sondern diess nur bei
einem zweiten Einfalle im Jahre 402 der Fall war. Sonach war der
feindliche Angriff, den er am Timarus erfuhr ein unerwarteter und der
schleunige Rückzug durch das Isonzothal oder über Forum Julium in das
Drauthal eine nothwendige Folge. Hier zog A 1 a r i c h Verstärkungen an
sich, rückte dann durch das obere Drauthal in Rhätien ein und kam
Ende des Jahres 402 durch das Etsohthal nach Italien. Die darauf fol-
genden Bewegungen sind leichter nachzuweisen. Alarich kam bis zur
Condinianischen Brücke, wo der dritte Moilenzeiger von Ravenna stand.
Da ihm dort der Antrag des H o n o rius zukam, sich entweder in Spa-
nien oder in Gallien Wohnsitze zu suchet), entschied er sich für das
letztere, rückte gegen Bononia und schlug bei Placentia, statt den Padus
zu übersetzen, seine Richtung gegen den Tanarus ein. Bei Polentia kam
es am 29. März 403 zur Schlacht, über deren Ausgang die Nachrichten
so verschieden lauten. Es war demnach wichtig, darauf hinzuweisen,
dass sich Alarich in jedem Falle noch kräftig genug fühlte, um durch
Ligurien wieder zurückzugehen, wo es zu neuen Verhandlungen kam.
Sie hatten zur Folge, dass sich Alarich über den Padus zurückzog und
über Cremona gegen Verona kam. Dass es dort wieder zu einer
Schlacht kam, liess sich, wenn auch Claudia nus der einzige Gewährs-
mann ist, aus mehreren seiner Angaben mit einiger Bestimmtheit nach-
weisen; eben so auch, dass Alarich mit seinem durch Gefechte und
Krankheiten geschwächtem Heere, nachdem er anfangs nach Rhätien zu
entkommen gesucht hatte, nur durch einen der ihm schon seit dem
ersten Zuge bekannten Alpenpässe in das Drauthal zurückkehren konnte,
wo er stehenblieb. — Dr. Zhishman wies dann auf das Verhältniss hin, welches
sich seit dem Abzüge Alarich's aus Italien zwischen diesem und dem römi-
schen Hofe bis zum Jahre 408 immer freundlicher gestaltete. Anfangs han-
delte es sich um die schon längst beabsichtigte Eroberung von Illyrium, an
der A I a r i c h mitwirken sollte. Politische Ereignisse im Innern, der Ein-
fall der Soeven und Alanen, der Tod des Kaisers Arcadius und die
Empörung des C o n s t a n t i n u s verzögerten jedoch die Ausführung. Da
70 Versammlung am 5. April 1859.
Alan* ch darüber unwillig war, so machte man ihm den Antrag, ob er
sich mit einem aus Pannonien verstärkten Heere in den Arelat zur Be-
kämpfung des Co nstantinus begeben wolle. Alarich nahm ihn an, drang
aber vorsichtig mit einer dreifachen Masse vor. Der erste Theil hielt
aus dem Hauptlager in Emona die julischen Alpenpässe besetzt, mit dem
zweiten zog er nach Noricum, den dritten Hess er vorläufig im untern
Drauthale unter der Anführung seines Schwagers A t h o u 1 f zurück. — Für
diesen Zug war die Stelle bei Zosimus lib. V. c. 29 massgebend, wess-
halb der Vortragende in eine nähere Erörterung derselben einging. Bevor
A I a r i c h Noricum verliess. um auf der Strasse, welche von Lauriacum
nach Aquileja führte, vorzurücken, änderte sich jedoch die Sachlage,
insbesondere wurden durch die Ermordung Stilieh'on's alle früher mit
Alarich verabredeten Pläne vereitelt. Jetzt forderte er wenigstens den
Ersatz für sein so langes Zuwarten und die Entschädigung für seinen
gegenwärtigen Zug nach Noricum: rückte aber erst dann, als ihm beides
verweigert wurde, und mitten unter den elenden Kriegsrüstungen des
Honorius auch eine Verfolgung gegen die in Italien lebenden Gothen
begann, zum dritten Male (408) über Aquileja, Concordia, Altinum und
Cremona in das mittlere Italien ein. Da die folgenden Bewegungen
bei der grösseren Genauigkeit der Quellen keinen Anlass zu einer
neuen Erörterung biethen, so schloss der Vortrag.
Eingegangene Oruekschriften.
Verhandlungen und Mittheilungen des niederöst. Gewerbe Vereines. Wien 1859 Nr. 1 — 2.
V o in Vereine.
Pester Lloyd. 1859 Nr. 6? — 74. Von der Redaction.
Zeitschrift des Vereines für hamburgische Geschichte n.F I 1 — 4 Hamburg i854 — 58.
Vom Vereine.
P. Herman Bär, vormals des Klosters Eberbach Priester und Busirer, diplomatische Ge-
schichte der Abtei Eberbach von Rheingau. Von Dr. K. R os sc 1. Wiesbaden 1851 — 58.
Vom Vereine f. nass. Alterth. und Geschichte in Wiesbaden.
Mitteilungen von J. Perthes geographische Anstalt über wichtige Erforschungen auf
dem Gesammtgebiete der Geographie. Von Dr. A. Petermann. Gotha 1858Nr. 12.
Von J. Perthes geogr. Anstalt.
Atti dell' I. R. Istituto veneto di scienze, lettere ad arti Vol. IV. Ser. III. disp. 4.
Venezia 1858 — 59. Vom k. k. Institut der Wissensch.
Ausfria. Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 12.
Von der Redaction.
Proceedings of the R. Geographica! Society of ^London. Vol. III. Nr. 2. 1859.
Von der k. Gesellschaft.
Personalstand und Vorlesordnung an den stand, technischen Lehranstalten in Gratz,
vom Studienjahre 1858 — 59. Von der Direction.
Bolletino dell' Istmo di Suez. Torino 1859 Nr. 6. Von der Redaction.
Beitrag zur geographischen Verbreitung der Tingideen. Von Dr. G. L. Mayr. Wien
1858. — Beitrag zur Ameisenfaunu Busslands. Von Dr. G. L. Mayr. Stettin.
Vom Verfasser.
Verzeichniss der Landkarten im Verlage von Artaria et C. Wien 1859.
Vom Verleger.
Die oesterreichisehen Höhlen. Line geographische Skizze von Professor Dr. Ad. Sc h mi dl.
Pest 1858. Vom Verfasser.
71
Versammlung am 3. Mai 1859.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoernig
führte den Vorsitz.
Den Statuten entsprechend wurde Se. Durchlaucht K. J. Fürst von
Lobkowitz, k. k. Statthalter von Nieder-Oesterreich, zum ausserordent-
lichen Mitgliede gewählt.
Der Secretär machte die Mittheilung von dem Verluste zweier cor-
respondirender Mitglieder durch den Tod , des k. württembergischen Fi-
nanzrathes Dr. Paul von Sick, Ritter des kais. österr. Franz Joseph-
Ordens, in Stuttgart, und des k. bayerischen Professors Dr. Otto Sendt-
ner in München; ersterer wohl bekannt durch seine statistischen Arbeiten,
namentlich seit der Zeit des internationalen statistischen Congresses in
Wien, letzterer rühmlichst bekannt durch seine pflanzen -geographischen
Werke, und als einer der gründlichsten Forscher und Gelehrten auf diesem
Felde allgemein geachtet.
Herr Secretär Foetterle legte eine für die Mittheilungen bestimmte
Abhandlung „Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn" vom Herrn k. k.
Bergrathe Franz Ritter von Hauer vor. Letzterer hatte diese Höhen-
messungen bei Gelegenheit seiner im vorigen Jahre ausgeführten geolo-
gischen Uebersichtsaufnahme des nordöstlichen Theiles von Ungarn in den
verschiedensten Richtungen der Comitate Säros, Zemplin, Unghvär, Beregh-
Ugöcsa und Marmaros vorgenommen; und sich hiezu theils eines Queck-
silberbarometers, theils eines auf der Sternwarte des Herrn Prälaten E.
Ritter v. Unkh recht sberg in Olmütz geprüften B o ur don'sehen Metallbaro-
meters bedient. Mittelst des ersteren wurde insbesondere die Seehöhe einer An-
zahl von Fixpuncten bestimmt, auf welche dann die bei kleineren Aus-
flügen gemachten Beobachtungen auf dem Bourdon'schen Metallbarometer
berechnet wurden. Als Gegenbeobachtungen wurden die Beobachtungen der
meteorologischen Stationen in Ofen, Kaschau, Wallendorf bei Bistritz in
Siebenbürgen und Debreczin benützt. Auf diese Art wurde die Bestimmung
von 587 Höhenpuncten in einer Gegend, aus der bisher eine nur äusserst
geringe Anzahl von Höhenbestimmungen vorliegt. (Siehe diesen Jahrgang
2. Heft Abhandlungen Seite 71.)
Herr Professor Dr. J. R. Lorenz in Fiume sandte eine Mittheilung
„über die Quellen des liburnischen Karstes und der vorliegenden Inseln,"
welche Herr Secretär Foetterle vorlegte. Wie auf dem ganzen Karst-
gebirge so sammeln sich auch hier die atmosphärischen Niederschläge
nirgends zu anhaltenden Bach- oder Fluss-Systemen, sondern versinken
gleich oder nach ganz kurzem Laufe in die Spalten und Klüfte des Karst-
kalkes. Man findet daher auf dem Kalkplateau gar keine Quellen, und
nur die Schneelöcher, welche theilweise auch im Sommer gefüllt bleiben,
biethen einiges Trinkwasser, sowie in den Gesenken des Plateaus einige
Quellen zum Vorschein kommen, welche eine constante Temperatur von
6 bis 7 Grad R. besitzen. Erst dort wo in den tieferen Theilen am
Rande des Plateaus Sandstein und Schiefergebilde auftreten, treten auch
zahlreiche Quellen zu Tage. So mit dem langen Sandstein-Streifen im
Grunde der Thäler Recina, Draga, Vinodol und am unmittelbaren Meeres-
rande zwischen Kantrida bei Fiume, Buccari und Povilje in der Militär-
grenze. Alle diese Quellen sind Kalkquellen von grosser Reinheit und
Frische, und haben eine constante Temperatur von 7 bis 8 Grad R.
MiitheiluD^en der k k. geographischen Gesellschaft HI. Bd. 3. Heft. 6
72 Versammlung am 3. Mai 1859.
Auf den Inseln gibt es überall nur sehr wenige und spärliche Quellen,
welche ebenfalls nur an der Gränze zwischen Kalk und Sandstein entstehen.
(Siehe diesen Jahrgang 2. Heft Abhandlungen Seite 103.)
Herr k. k. Sectionsrath W. Haidinger legte eine eben erhaltene
gedruckte Abhandlung des englischen Capitäns Spratt vor, „das Delta
des Nil. Eine Untersuchung über die Wirkung der vorwaltenden Wellen-
richtung auf die Sedimente des Nil." Es ist diess ein wissenschaftliches
Bild der Ablagerung jener gewaltigen alljährlich durch den Nilstrom in
das mittelländische Meer geförderten Massen an Sand und Schlamm, und
der scharfen Begränzung derselben in ihrer untermeerischen Ausdehnung.
Die Aufnahmen des Herrn Commandeurs Mansell, Lieutenants Brooker
und Herrn Fred. Skead gaben die Küsten- und Tiefenlinien. Sorgfältig
wurden die Boden-Proben aufgenommen und untersucht, und 230 an der
Zahl in dem „Museum of Practical Geology'' in London unter der Lei-
tung von Sir B. I. Murchison aufbewahrt. Es ist leicht, die Nilfluthen-
Absätze von eigentlichen Meeres-Absätzen zu unterscheiden. Erstere sind
immer stark kieselerdehaltig, wie diess schon Herr Leonard Homer in
den Philosophical Transactions I. 18öö nachgewiesen hat. Sie enthalten
nur wenig Kalkerde, während, was vom Meere selbst zugeführt wird,
stark kalkhaltig ist, sowie auch die Umgegend von Alexandrien. Bis zu dieser
Stadt, ja so weit nur vom Nil entfernt wie Abukir, kommt auch nicht
die Spur eines Nil-Absatzes. Aber diess ist das characteristische der
Erscheinung: die Meeres-Strömung treibt allen Absatz des Nil, Sand und
Schlamm, in östlicher Bichtung fort, vom Rosette-Arm wohl eine Strecke
gerade in das Meer hinein, dann aber östlich bis zum Damiette-Arm und
von dort weiter östlich über den Golf von Pelusium, Ghemil, den pro-
jectirten Kanalhafen von Said, Mahemdie, Ras el Ghels, so weit die Unter-
suchung reichte, und nach Capitän Spratt's Ansicht bis el Ariseh und
an die Küste von Syrien.
Der Gürtel des Absatzes von kieselerdehältigem Sand und Schlamm
ist etwa 12 englische Meilen breit. Bei 13 Meilen findet man auf der
Höhe von Bosette in 31 Faden Tiefe keine Spur von Nil-Absatz, sondern
reine Meeresproducte, Korallen, Korallensand oder Muschelschalen-Bruch-
stücke. So wie die Meeres-Strömungen wirken nordwestliche Stürme auf
die Dünenbildung und Wanderung auf der nördlichen mehr ausgesetzten
Gegend des eigentlichen Deltas. Die Dünen sind daselbst viel höher als
östlich von dem Damiette-Arm. Vieler Sand wird von diesem aufgenommen
und sodann abgesetzt und weiter östlich untermeerisch verbreitet. Oestlich und
in der Linie der Bohrungen durch die internationale Commission kommt
man fast überall auf Sandlager, welche wahre Nil-Absätze sind, und die
durch Graben erreicht eine unerschöpfliche Quelle von Sandquellen liefern.
WTas einfaches Ergebniss unabhängiger wissenschaftlicher Forschung
ist, bezieht nun Capitän Spratt auf das vielbesprochene Unternehmen
der Durchstechung des Isthmus von Suez und namentlich die Aussichten
der Anlage des beantragten Hafens von Said, welche allerdings wenig
günstige Erfolge versprechen. Fortwährend wird Sand und Schlamm in
dieser Bichtung zugeführt, so dass die schwierigsten und kostspieligsten
Bagger-Arbeiten nie ruhen würden, vorausgesetzt selbst, dass es möglich
wäre, einen einmal durchgegrabenen Kanal offen zu erhalten. Man hat
die Schwierigkeiten nur mit den Erfordernissen von Malamocco bei Ve-
nedig verglichen, aber die Vergleichung ist nicht ausreichend, man müsste
W. Haidinuer. H. Wolf. A. Steinhauser. 7 3
die Absätze des Po ins Auge fassen, und diese geschehen mehr in süd-
licher Verbreitung. Ravenna ist es eher, als Malamocco, das man mit
dem beantragten Hafen von Said im Golf von Pelusium vergleichen müsste.
Capitän Spratt ruft die Aufmerksamkeit der internationalen Commission
auf alle diese Puncte : „es scheint mir, es sind diess Lebensfragen für
das Unternehmen, und nicht hinlänglich erörtert. In der That konnte diess
aber auch nicht geschehen, ohne den hier erst eingeschlagenen Weg der
Untersuchung der Zustände des Mittelmeeres und des Einflusses der
Meeresströmungen auf die Absätze aus den Nilfluthen jenseits seines Delta."
Es ist zu hoffen, dass die klare Darlegung der Thatsachen, wie sie
der hocherfahrene Verfasser hier gibt, von den Personen beherziget werden
wird, welche dieser grossen Frage ihre Theilnahme schenken.
Herr H. Wolf legte eine Zusammenstellung der Strassen-, Fluss-
und Eisenbahn-Nivellements im Honther und Neograder Comitate in Un-
garn vor.
Es sind 12 einzelne Nivellementszüge mit einer Gesammtlänge von
75 y4 Meilen, welche auf verschiedene Vergleichungsebenen bezogen waren
und daher nur relative Höhen gaben, die unter sich im keinem Zusam-
menhange standen.
Durch zweckmässige Auswahl von Puncten aus jedem einzelnen Ni-
vellement gelang es dieselben untereinander zu verbinden, und auf die
Seehöhe des Eisenbahn-Stationplatzes Szobb zu beziehen. Dieser letztere
wurde von der des Nordbahnhufes abhängig gemacht, welche bereits bei
einer anderen Gelegenheit genau bestimmt wurde. Hiedurch ergab sich
die Seehöhe von Szobb mit 58.139 W. Klafter, von welcher sodann die
Seehöhen aller übrigen Puncte der 12 Nivellementszüge abgeleitet sind.
Das vorgelegte Verzeichniss weiset deren mehr als 200 nach, und
es gibt eine wesentliche Bereicherung des hypsometrischen Materials zum
Studium der orographischen Verhältnisse des Honther und Neograder
Comitates, welches innerhalb der letzten 4 Jahren, von den in A. Sen-
noner's Verzeichnisse im Jahrbuche der k. k. geologischen Reichsanstalt
1853 gegebenen 29 Nummern mit Zuzählung der von dem k. k. Kataster
ausgeführten und den in den Comitatskarten und in der neuen Admiuistrations-
Karte Ungarns angegebenen trigonometrischen Höhenbestimmungen, und
endlich den von Herrn Wolf in der jüngsten Zeit ausgeführten baro-
metrischen Messungen rasch auf nahezu 800 Nummern gestiegen ist. (Siehe
diesen Jahrgang 2. Heft Abhandlungen Seite 120.)
Der Hr. k. k. Rath A. Steinhauser brachte die ältesten drei Karten
von Bayern (von Apian, Wein er und Finkh) und eine Auswahl von
Blättern des topographischen Atlas von Bayern zur Ansicht, als
den Anfang der Ausführung einer von Sr. Excellenz dem Herrn Feld-
marschall-Lieutenant und General- Artillerie -Director R. v. Hauslab her-
rührenden Idee, sämmtliche grosse topographische Arbeiten Europas nach
und nach den Mitgliedern der k. k. geographischen Gesellschaft zur An-
schauung zu bringen und nebstbei historische Andeutungen über die Be-
gründung und Fortbildung der betroffenen topographischen Arbeiten zu
geben. Herr A. Artaria erbot sich freundlichst dazu mit allen Mitteln
seines Bereiches mitzuwirken. Der diessfalls dem Ausschuss gemachte An-
trag wurde bereitwillig genehmigt.
Ausnahmsweise wurde bei Bayern auch in die alte Zeit eingegangen,
weil dieses Land das erste in Deutschland war, das sich einer auf ma-
6*
74 Versammlung am 3. Mai 1859.
thematischen Grundlagen ruhenden Karte schon vor nahe 300 Jahren
rühmen konnte. Apian's Holzschnitt-Karte von 22 Blattern datirt vom
Jahre 1566. Alle späteren (Weiner's Copie auf Kupfer vom J. 1579,
und Finkh's verkleinerte und auf 28 Quartblätter ausgedehnte Karte,
welche noch Moreau im J. 1800 benützte) beruhen auf ihr. Hauptmann
Aulitschek verdanken wir die ausführlichsten Nachrichten über die Be-
gründung und Fortschritte der bayerischen Topographie. Er erzählt uns,
dass Cassinis Längengradmessung, die bis Passau reichte, und zu welchem
Behufe er eine Basis bei München mass, einen ersten Anstoss gab, der
jedoch keine thatsächlichen Folgen hatte. Erst um die Zeit vor und nach
dem Luneviller Frieden vereinigten sich französische und bayerische In-
genieure unter der Direction Abancourt's (später Bonn es), um eine
Militärkarte des bayerischen Kreises auszuarbeiten, allein wegen zu grosser
Eile wurde nicht genau genug gearbeitet, und als später im J. 1807
auch die Parcellvermessung behufs des Steuerkatasters eingeführt wurde,
war es nöthig, die von Bonne besorgte zweite Basismessung ausge-
nommen, die Triangulirung zu wiederholen. Das von Utzschneider,
der Triebfeder und Seele der Parzellvermessung, gegründete optische
Institut entwickelte die Talente eines Beichenbach, Frauenhofe r und
Lieb he er und kam dem grossartigen Unternehmen hilfreichst entgegen.
Das im J. 1801 gegründete, im J. 1808 definitiv unter der Leitung
des rühmlich bekannten Oberst von Riedl (f 1809) organisirte topo-
graphische Bureau in München und die auch im Jahre 1808 ent-
standene Steuer - Yermessungs - Co mmissi on arbeiteten bis 1816
unabhängig neben einander, endlich wurde bei der zweiten Organisation
des ersteren (im Jahre 1816) der Operationsplan ein gemeinsamer, und
die gegenseitige Unterstützung förderte die beiderseitigen Zwecke. Das
topographische Bureau theilte sich in eine topographische und litte-
rarische Abtheilung, und nahm im J. 1817 die Lehmann'sche Zeich-
nungsart der Unebenheiten als Norm an. Eine nochmalige Organisation
im Jahre 1822 minderte die Arbeitskräfte durch Hinüberziehung eines
Theiles derselben in den neuerrichteten General-Quartiermeister-Stab.
Der aus den Vermessungsarbeiten hervorgegangene Atlas hat drei
Hauptperioden durchgegangen. Eine ältere reicht vom J. 1812 (wo die
ersten 2 Blätter erschienen , ein paar Vorläufer ungerechnet) bis etwa
1819 incl., wo die Resultate der Katasterarbeiten noch nicht benützt
wurden und die Lehmann'sche Zeichnung noch nicht eingeführt war,
und wo die Folgen davon selbstverständlich noch in jenen nach 1816
und 1817 erschienenen Blättern zu vermuthen sind, deren Vollendung
bereits zu weit vorgerückt war. Die spätere, wo mit aller Kraft gear-
beitet wurde, umfasst das Jahrzehend von 1820 bis 1829 incl. und eine
dritte, wo das langsame Erscheinen der Blätter offenbar die reducirten
Kräfte verkündet, kann man vom Jahre 1830 annehmen.
Der Maassstab der Karte, ^ der Natur (d. i. 1 Zoll = 696*/3 Klft.),
würde noch mehr Detail in Angaben der Kultur u. a. erlaubt haben,
auch spricht sich bezüglich der Terrainzeichnung eine competente Stimme
in dem vom k. preussischen General-Stabe veröffentlichten kritischen Ver-
zeichnisse der besten Karten von Mittel-Europa nicht ganz günstig aus.
Noch wurden 2 Uebersichtskarten in 15 Blättern vorgewiesen, eine
rein topographische und eine Terrainübersichtskarte, die einander ergänzen,
deren Vereinigung aber doch bequemer sich erproben würde.
7S
Eingegangene Druckschriften.
Austria. Wochenschrift für- Volkswirthschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 14.
Von der Redaction.
Nouvelles annales des voyages de la geographie etc. Paris 1859. Mars.
Von der Redaction.
Rivista periodica dei lavori della I. R. Accademia di scienze, lettere ed arti in Padova.
V. VI. Padova 1857, 1858. — Nuovi Saggi della I. R. Accademia etc. Vol. VII. 1.
Padova 1857. Von der k. k. Akad. d. Wissensch. in Padua.
Jahresfeier der Eröffnung des Landes-Museums. Laibach 1832. — Leitfaden für die
d. Landes-Museum in Laibach Besuchenden. Von Fr. I Graf v. Hohenwarth. Laibach
1836. — Landes-Museum im Herzogthume Krain 1836 — 1838 Laibach 1838. —
Jahresheft des Vereines des Krainer Landes-Museums. Laibach 1856. Vom Vereine.
Museo civico di Bassano. Bassano 1857. Von H. Senoner.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. VI. 2. Berlin 1859. Von d. Ges. f. Erdkunde in Rer lin.
Wiener Eisenbahnzeitung. Führer für Reisende auf Eisenbahnen und Dampfschiften etc.
Von Leop. Kastner. Wien. Januar — April, November und Dezember 1858;
März, April 1859. — Telegraphen -Tarif von Wien nach allen Stationen Europas etc.
Von Leop. Kastner. Wien. Nr. 1. April, Nr. 3 November 1858. Vom Verfasser.
Landwirthschaftliche Zeitschrift von und für Oberösterreich. Linz 1859, Nr. 8.
Von der k. k. Landw.-Gesel lschaft in Linz.
Centralblatt für die gesammte Landeskultur. Prag. Jahrg. 1857, 1858, Nr. 14—16 de 1859.
Von d. k. k. p. ök. Gesell seh. in Prag.
Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt über wichtige neue Erforschungen auf
dem Gesammtgebiete der Geographie. Von Dr. A. Petermann. Gotha 1859. Nr. 3.
Von J. Perthes geograph. Anstalt.
Landschaftliche Hand-Zeichnungen (8 Slück) verschiedener Gegenden.
Von Freiin von Kotz in Prag.
Catalogue des livres de l'imprimerie armenienne de St. Lazare. Venise 1858.
Von H. Senoner.
Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde. Herausgegeben von dem
Vereine für Geschichte u. Alterthumskunde Westphalens. N. F. IX. Bd. Münster 1858.
Vom Vereine in Paderborn.
Ueber das Castell Aliso. Von Dr. W. E. Giefers. — Kurze Geschichte der Hinenburg.
Von Dr. \V. E. Giefers. — Beiträge zur Geschichte und Geographie des alten
Germaniens. Von Dr. W. E. Giefers. Münster 1852. Vom Verfasser.
Das Land Delbrück und seine Bewohner. Von W. Schmidt. Münster 1857.
Von Herrn Dr. W. E. Giefers in Paderborn.
Jahrbücher und Jahresberichte des Vereines für mecklenburgische Geschichte und Alter-
thumskunde. XI11 — XXIII. Schwerin 1848—1858. — Register über die 1— XX Jahrg.
der ebengenannten Jahrbücher. I — III. Schwerin 1844 — 1856. — Statuten benannten
Vereines. Schwerin 1852. — Instructionen für Aufhebungen von christlichen Grab-
denkmälern in Mecklenburg. Schwerin 1837. — Mecklenburgische Urkunden. Gesam-
melt, bearbeitet nnd herausgegeben von G. C. F. Lisch. I — III. Schwerin 1837 — 1841.
— Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Mecklen-
burgs u. s. w. Von G. C. F. Lisch. Schwerin 1 837. — 1. Bericht über die dem grossh.
mecklenb. Antiquarium zu Schwerin in dem Zeiträume von 1834 bis 1844 gewordenen
Vermehrungen. Von G. C. F. Lisch. Schwerin 1844. Vom Vereine in Schwerin.
Bulletino dell' Istmo di Suez. Torino 1859. Nr. 7. V on d er R ed action.
Gospodarski List. Zagrebu 1859. Nr. 15 — 17. Von der k. k. Ackerb.-Ges. in Agram.
Bulletin de la Societe imp. des Naturalistes de Moscou. Nr. 4 de 1858.
Von der k. Na t. -Gesellschaft.
Bolletino dell' Associazione agraria friulana. Udine 1859. Nr. 7. Von der Gesellschaft.
Allgemeine Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung. Herausgegeben von der k. k. Land-
wirthschafts-Gesellschaft in Wien. 1859. Nr. 13. Von der k. k. Landw.-Ges.
Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien. IX. 1858. Nr. 4.
Von der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Verzeichniss der Erdbeben und vulkanischen Eruptionen und der dieselben begleitenden Er-
scheinungen in den Jahren 1855 und 1856. Von Emil Kluge. Dresden 1858. —
Die Reactionen des Erdinnern gegen die Erdoberfläche in den Jahren 1855 und 1856.
Von Emil Kluge. Gotha 1858. — Dr. Clement's Theorie der Erdbeben-Bewegung.
Beleuchtet von Emil Kluge. Gotha 1858. Vom Verfasser.
Verhandlungen des Vereines für Naturkunde zu Pressburg. III. 1858. Nr. 1, 2. — Populäre
naturwissenschaftliche Vorträge, gehalten im Vereine für Naturkunde von Prof. Albin
76
Fuchs. 1858. — Beitrag zur Kenntniss der klimatischen Verhältnisse Pressburgs. Von
Professor Dr. G. A. Korn buber. Pressburg 1858. Vom Vereine.
Notizblatt des Vereines für Erdkunde und verwandte Wissenschaften u. s. w. .Darmstadt 1859.
Nr. 22 — 28. Janaar, März. Vom Vereine.
Protokoll der 4. Sitzung der Kronstädter Handels- und Gewerbekammer am 17. März 1859.
Von der Handelskammer.
Wochenblatt der k. k. steiermärkischen Landwirthschafts- Gesellschaft. Gratz 1859. Nr. 13.
Von der Gesellschaf t.
Iicelmungs-Abschluss der galizischen Sparkassa mit 31. Dezember 1858. Lemberg 1858.
Von der Sparkassa.
Triester-Zeitung. Nr. 223 de 1859. (Mit Nachrichten von Sr. Maj. Fregatte „N'ovara")
Von der Redaction.
Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. III. Folge. 8. Heft. Innsbruck 1859.
Von Ferdinandeum.
P"L*.S,rf LL'L.fl etc. (Pasmavel oder Polvhistore, Sammlung von wissenschaftlichen Abhand-
lungen. ) Venedig 1858. Vom Mechi taristen-Co! legium in Venedig.
Jahresbericht der Gesellschaft für nützliche Forschungen zu Trier. Von 1853 — 1857. Trier
1854 — 1858. Von der Gesellschaft.
Berichte der Rhein. Missions-Gesellsehaft Barmen. Nr. 13 — 18 de 1858, Nr. 1 — 6 de 1859.
Von der Missions-Gesellschaft.
Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des historischen Vereines der 5 Orte Lucern. Uri, Schwyz,
Unterwaiden und Zug. Lucern XIII. XIV. 1857, 1858. Vom bist. Vereine.
Atti delP Accademia fisio-medico-statistica di Milano. Anno accad. 1858,59. Vol. IV. An. XIV.
disp. 1. 1859. Von der f. in. stat. Akademie.
Atti dell' 1. R. Istituto Veneto di scienze, lettere ed arti. Venezia. T. IV S. III. disp. 5. 1859.
Vom k. k. Institute.
Militärzeitung. Wien 1859. Nr. 15 — 20. Von der Redaction.
Versammlung am 17. Mai 1859.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoernig
führte den Vorsitz.
Herr F. Freiherr von Andrian legte mehrere dem englischen
Parlamente in der Parlamentssession 1857 und 1858 vorgelegte Par-
liamentary papers vor, welche wegen ihres interessanten geographi-
schen Inhaltes von dem hohen k. k. Handelsministerium der k. k. geo-
graphischen Gesellschaft mitgetheilt wurden und zwar weitere Papiere
über die Kaffernländer, Papiere bezüglich der letzten Expedition zur
Untersuchung des nördlichen Theiles von Australien unter A. C. Gre-
gory; ferner die Papiere in Betreff der Trennung des Moreton ßay-
Districtes von Neu Süd Wales; und endlich die Correspondenz über
I. M. Schiff „ Resolute* und die Arktische Expedition. Während die erst-
genannten uns manches Interessante über die Katfernstämme und die Un-
terhandlungen mit ihnen lehren, enthalten die weiteren den ämtlichen
Bericht Gregorys über die Resultate seiner Expedition im nördlichen
Australien vom Juli 1855 bis April 1858 zur Aufsuchung von Dr. L ei-
ch ar dt; und eine interessante Schilderung des Moreton Bay-Districtes
im östlichen Australien; endlich gibt die letzt angeführte Correspondenz
eine genaue Schilderung der Auffindung des brittischen Schiffes „Resolute"
in der Davis-Strasse durch den nordamerikanischen Wallfischfänger „George
Henry" unter Capitän Buddington nachdem das Schiff unter Capitän
Kellett im Jahre 1850 zu einer arktischen Expedition bestimmt, im
Wellington Kanal unter dem 76° N. Br. und 94° Länge im Jahre 1853
im Eise festeingefroren verlassen werden musste. Der Strömung folgend,
wurde es zwei Jahre später mit den Eismassen durch die Barrow-Strasse,
die Baffin's-Bay bis in die Davis-Strasse geführt, hier im September
1855 vom Capitän Buddington aufgefunden, nach Neu-London gebracht,
F. Andrian. F. Foetterle. A. v. Ruthner. 77
und von den Vereinigten Staaten Ihrer brittischen Majestät feierlich wieder
zurückgestellt.
Herr k. k. Bergrath F. Foetterle hielt einen Vortrag über die
Terraingestaltung des nordwestlichen ungarischen Gebirgslandes.
Herr Dr. A. von Ruthner las eine Mittheilung über seinen Ueber-
gang aus dem Oetzthale in das Pitzthal, über den Hochvernagt und
Sechsegertenferner. (Siehe diesen Jahrgang 2. Heft. Abhandlungen Seite
130. Nr. XII.)
Eingegangene Druckschriften.
Annales de ia propagation de Ia foi. Paris 1859. Mai. Nr. 184. Von der Redaction.
Mittheilungen der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Basel. IV — V. VII. Basel
1852—57. Von der Gesellschaft.
Austria. Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 17 — 18.
Von der Redaction.
The Atlantis: a Register of literature and science conducted by membres of the ca-
tholic University of Ireland. London 1859. January. Nr. 3. Von der Redaction.
Verhandlungen und Mittheilungen des n. ö. Gewerbe-Vereines. Wien 1859. Nr. 3.
Vom Vereine.
Landwirtschaftliche Zeitschrift von und für Oberösterreich, Linz 1859 Nr. 9.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Centralblatt für die gesammte Landescultur. Prag 1859 Nr. 17 — 18.
Von der k. k. p. ök. Gesellschaft.
Allgemeine Land- und Forstwirtschaftliche Zeitung. Wien 1859. Nr. 14 — 15.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Jahresheft des Württemberg. Alterthums-Vereins. Stuttgart IX. 1859. — Schriften
des Württemberg. Alterthums-Vereins. Stuttgart 1859. — VIII. Rechenschafts-
Bericht vom 1. Jänner 1856 bis 31. December 1858. Vom Vereine.
Verhandlungen der k. k. zoolog. bolan. Gesellschaft. Wien. Jahrgang 1858.
Von der Gesellschaft.
Mittheilungen aus J. Perthes geographischer Anstalt über wichtige Erforschungen auf
dem Gesammtgebiete der Geographie. Von Dr. A. Petermann. Gotha 1859. IV.
Von J. Perthes geograph. Anstalt.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Organ des germanischen Museums. Nürn-
berg 1859. April Nr. 4. Vom germ an. Museum.
Mittheilungen des historischen Vereins für Krain. Laibach. Janner — Februar 1859.
Vom Vereine.
Mittheilungen über Gegenstände der Landwirtschaft und Industrie Kärnthens. Klagen-
furt 1859. Nr. 4. Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Nouvelles annales des voyages de la geographie etc. Paris 1859. Avril.
Von der Redaction.
Statistique de la France. IL Ser. T. III. 2. IV. 1. Strassbourg 1857.
Vom Kais, franz. Ministerium.
Bolletino dell1 Associazione agraria friulana. Udine 1859. Nr. 8.
Von der Ackerb. Gesellschaft.
Wochenblatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. Gratz 1859. Nr. 14.
Von der Gesellschaft.
Delta of the Nile. An investigation of the effect of the prevaling wave influence on
the Nile's Deposits by Capitain Spratt. R. N. London 1859.
Vom k. k. Sectionsrath Herrn Wilh. Haidinger.
Gospodarski List. Zagrebu. 1859. Nr. 18.
Von der k. k. kroatisch, slav. Acker bau- Gesellschaft.
Neue Mittheilungen aus dem Gebiete historischer antiquarischer Forschungen. Heraus-
gegeben von dem thüring.-sächs. Vereine für Erforschung des vaterländischen
Alterthums-Vereins. Halle I — IX. 1. 1834/57. Vom Vereine.
H3c/rfe^0BaHie o ToproBwii Ha yKpanHCKHxi, npMapKa cö.vpr'b, 1851 — 1857.
Von der Kais. G eo grap h.- Gesellschaft.
Statitiske Tabeller vedkommende Under vicsnings vas senets Tilstand i Norge ved Udyangen
af Aaret 1837—1840. Christiania 1840—1843.
Von der kön. Gesellschaft der Wissen seh. in Drontheim.
Militär-Zeitung. Wien 1859. Nr. 22. Von der Redaction.
78
Versammlung am 7. Juni 1859.
Der Herr Präsident k. k. Sectionschef K. Freiherr von Czoernig
führte den Vorsitz.
Den Statuten entsprechend wurden die Herren, Se. Hochwürden
Johann Gott schür, k. k. Schulrath in Grosswardein und August Jilek,
Doktor der Medizin, Linienschiffsarzt und Leibarzt Sr. kais. Hoheit des
Herrn Erzherzogs Ferdinand Maximilian in Triest, zu ordentlichen
Mitgliedern gewählt.
Unter den eingelangten Druckschriften lenkte der Secretär Herr
Foetterle die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die der Gesellschaft
zugekommenen Publikationen der Mechitaristen-Congregation auf S. Laz-
zaro bei Venedig, welche fortwährend bemüht sind, durch Veröffentli-
chung von geographischen Büchern und Karten in armenischer Sprache
zur Verbreitung dieses Zweiges unter ihren Landsleuten in Klein-Asien
ungemein viel beizutragen.
Herr F. Foetterle machte hierauf eine Mittheilung über die hydro-
graphischen Verhältnisse des wasserreichen Kreises unter dem Wiener Walde.
Herr Dr. A. von Ruthner las den Schluss seiner Mittheilung über
seinen Uebergang aus dem üetzthal in das Pitzthal über den Hochver-
nagt und Sechsegertenferner. (Siehe diesen Jahrg. 2. Heft. Abhandlungen
S. 130. N. XII.)
Herr Foetterle las folgende ihm von dem correspondirenden Mit-
gliede Herrn J. M. Ziegler zugesendete Mittheilung über den Fortgang
der topographischen Arbeiten in der Schweiz und über W. M unzin ger's
Aufenthalt in Abyssinien vor:
Indem ich die Ehre habe Ihnen über den Fortgang der topogra-
phischen Arbeiten in der Schweiz zu berichten, kann ich mich dieses
Jahr kurz fassen, dass Herr General Dufour energisch die topographi-
schen Arbeiten fortsetzen lässt, so weit diese durch eidgenössische In-
genieure durchzuführen sind (zu 1 : 50,000 Reduct.) d. h. in jenen
Cantonen, wo die Cantonal- Behörden diess nicht selber angeordnet haben.
Aber auch wo cantonale Vermessung (1 : 25,000) stattfindet, wie zur
Zeit noch in den Cantonen Bern und Luzern, geht dieselbe stetig vor-
wärts und es wäre diese noch mehr vorgeschritten, wenn nicht durch
Eisenbahnbauten unsere Ingenieure zu sehr in Anspruch genommen wären.
Der Canton Bern ist — wie mir der Director*) des dortigen topo-
graphischen Bureau schreibt — so weit vorgeschritten, dass der bernische
Antheil an den Blättern VIII. und XII. der eidgenössischen Karte ganz
vermessen ist, und am Blatte XIII 7 Quadrat Stadien ebenfalls aufgenommen
sind. Es haben sich bei diesen Arbeiten, durch Triangulation des Herrn
Denzler wichtige Rectißcationen ergeben. Z. B. der topographisch und
geologisch wichtige Punkt Wrimmis (^südl. Thurnersee) liegt statt, wie in
der Hypsometrie der Schweiz 1199 Metr., blos 644 Metr. über Meer.
In den Resultaten der Eisenbahn-Niveaus findet man auch ein wichtiges
Correctiv für Hypsometrie. Aus dem Netze der Schweiz. Bahnen zwischen
dem Jura und den Alpen, das von Genf bis an den Bodensee und bis
nach Chur sich erstreckt, gelangt man übrigens auf manche Bestätigungen
*) Herr Ober-Ingenieur I. J. Denzler.
I. M. Ziegler. 79
früherer geodätischer Bestimmungen. Behufs einer in Arbeit liegenden
hypsometrischen Karte der Schweiz habe ich viele neue und ältere Quoten
zu vergleichen und behalte mir vor, der k. k. geographischen Gesellschaft
Näheres diessfalls mitzutheilen. Doch um barometrische Angaben, welche
in die Hypsometrie der Schweiz übergegangen, mit den neuesten geodä-
tischen Bestimmungen zu vergleichen, sei erlaubt, Folgendes hinzuzufügen :
Schupbach-Brücke A: 670m; Guyot Barom.: 672m
Röthenbach A: 820„ ; Studer „ : 843„
man darf also in manchen Fällen auch früheren barometrischen Angaben
jetzt noch Glauben schenken.
In meinem vorjährigen Berichte erlaubte ich mir Ihre Aufmerksam-
keit auf den Schweizer-Reisenden in den Abyssinischen Vorbergen Wer-
ner Munzinger's Aufenthalt bei den Bogos zu lenken. Heute bin ich
im Stande, Ihnen einlässlicher zu relationiren. Dieser fleissige junge Ge-
lehrte hat im abgewichenen Jahre zwei Manuscripte zu Ende gebracht
und an seinen Bruder, den Professor Juris Dr. W. Munzinger in
Bern eingesendet, durch dessen Freundlichkeit mir die Uebersetzung über-
tragen worden. Das eine Manuscript heisst: „Essay de Grammaire de
la langue Belen"; mit Dictionären von über 2000 ächten Belen Wör-
tern. Das andere: „Versuch über das Recht der Bogos." Der Verfasser
hat, nach vierjährigem Aufenthalt unter diesem Stamme es dahin gebracht,
die weder geschriebene noch ihrem Wesen nach im Bewusstsein dieses
Volkes verstandene Sprache durch die Laute eines europäischen Alpha-
betes wieder zu geben und kam dazu, durch Beobachten und Vergleichen
die eigentliche Grammatik der Belen zu construiren.
Die Bogos haben es mit Aufnahme von Tigre-Wörtern, wie die
Deutschen, welche französische, oder wie die Perser, welche arabische
Wörter aufgenommen; doch werden die so eingebürgerten nach der Belen-
Grammatik abgewandelt. Auch unterschied unser Reisender ein paar
aus dem Portugiesischen gebliebene Silben, wie das ng, *das h, das aq
(aqua) und lange (langue) des letzteren. Nach der Aussprache lassen sich
alle Buchsstaben auf das Deutsche zurückführen; voraus alle Vocale;
dann unterschied er aber auch die Guttural-Laute der Bergbewohner im
Allgemeinen, z. B. ch oder ?»• der Araber
dh „ *
gh „ £• gi wie im französischen.
q „ J> °der guttural k.
Es ist um so verdienstlicher, dass Herr Munzinger mit Ausdauer
diesen Sprachstudien obgelegen, als nur wenige Menschen, circa 20000
das fielen sprachen; dessen ungeachtet ist es ein wissenschaftliches Ver-
dienst, ein neues Idiom mit eigenthüm lieber Alisbildungsfähigkeit nachge-
wiesen zu haben.
Wahrscheinlich auf ähnliche Weise, wie die Grammatik des Belen,
entstand der Versuch des Rechtes der Bogos. Es ist auch hier ein
sorgsames Vergleichen und Nachstudiren von geschichtlich Ueberliefertem,
von rechtlichen Satzungen und Gewohnheiten in Einen Zusammenhang gebracht.
Nach einer Einleitung theilt Munzinger seine Schrift in folgende
Capitel:
80 \ersammlung am 7. .luni IHöt>.
1. Ursprung des Rechtes und Staates: die Familie; Garantie des Rechtes;
Regriff der Familie; Gerichtsordnung: Bürgschaften; Reweis.
2. Die engere Familie: Vater und Kinder.
3. Herr und Leibeigener {Schmagilli und Tigre); Kontrakte.
4. Verhältniss zwischen Mann und Frau, Eherecht.
5. Eigenthum; Erbrecht; Verletzung des Eigenthums.
6. Verletzung der Person; Rlutrecht.
Nach jedem Capitel folgen erläuternde, meist historische Bemerkungen
als „Erläuterungen." Der Verfasser setzt demnach in seiner Behandlung
das Gesetz voran und erklärt es durch Hinweisung auf Gebräuche und
Geschichte, statt, aus der Sitte des Volkes die Gesetzes-Artikel nachzuweisen.
Zweifelsohne ist in dem Recht der Rogos sehr viel Ueberkom-
menes aus demjenigen Abyssiniens. Dennoch ergibt sich aus der Stammes-
Geschichte und aus der Genealogie, dass jenes Recht auf originellem Roden
entstanden. Schon der Name weist auf nationalen Ursprung hin: Fetech (jus)
mogarech d. h. Gesetz von Mogarech: der Stelle, wo die aus den südlichen
Bergen Eingewanderten sich zuerst in der Nähe von Keren niederliessen.
Munzinger sagt über seine Arbeit bescheidentlich: „Der Gegenstand
ist klein und gross: klein, wenn man auf die Bedeutungslosigkeit des
Volkes, womit er sich beschäftigt, Rücksicht nimmt, gross, wenn man
bedenkt, dass dieses Recht einst ein starkes blühendes Volk regierte
und dass die darin liegenden Rechtsgrundsätze zum grössten Theil ganz
Abyssinien und dessen nördlichen Grenzvölkern gemeinschaftlich sind. Das
abyssinische Recht, ganz auf der gleichen Rasis liegend, hat sich durch
die Königsgewalt umgestaltet, der Familienzusammenhang hat sich durch
die inneren Revolutionen gelockert und seine richtende und gesetzge-
bende Gewalt an den König abgegeben. In den Ländern, die den Islam
angenommen, wurden die alten Rechtsbegriffe durch die neue Religion
in Gährung gebracht. Dennoch lässt sich nicht verkennen, dass die Re-
wohner der Nordgrenzen Abyssiniens rechtlich sich verstehen, d. h. ihre
alten vom Habesch mitgebrachten Rechts-Ideen noch immer geistig be-
wahren. So wird das Recht der Rogos, das bis auf die neuesten Zeiten
am Leben geblieben ist, eine Urkunde des alten Rechtes der Völker
Gees, vor dem Eindringen der Amhara.
Die Bogos nennen sich selber Boas qor: „Boas Söhne." Ueber
diesen Stammvater weiss man nichts Näheres. Die verschiedenen Zweige
dieses Volkes führen ihre Descendenz auf den Gehre Terke zurück.
Ausser dieser Stammesverwandtschaft sind dieselben durch zahlreiche
Wechselheirathen noch enger verbunden. Ihr Recht ist daher ein patriar-
chalisches, aristokratisches und seine Garantie ruht im Familienzusammen-
hange. Es erhält sich nur durch die Familien-Liebe.
In einer Gegend, wo mehr Hirten als Ackerbauer wohnen und wo
auf ungeheure Strecken hin brachliegendes Land sich ausdehnt, konnte ein
anderer gesellschaftlicher Zustand sich nicht entwickeln. Zumal die Leich-
tigkeit der Auswanderung (manchmal das Werk einer Nacht) keine an-
dere Anziehungskraft zulässt als das Familienband, zugleich aber ist die
Leichtigkeit, ungebührlicher Rehandlung zu entfliehen, eine Garantie der
Rechtspflege, welche noch dadurch erhöht wird, dass alle Rogos grosse
Furcht hegen vor fremder Einmischung.
Die Revölkerung theilt sich in die drei folgenden Gruppen, welche,
wie die zwei ersteren in einzelne Familien zerfallen.
I. H. Ziegler. 81
Die Tegor Sogor leben in 1150 Häusern und besitzen 140 Heerden.
„ SehdnaU „ „8ö0 „ „ „ 75 „
Der auf eine Familie beschränkte Stamm der Beit Gabru wohnt in
einem Mogarech in 100 Häusern, so dass die Gesammt-Bevölkerung zu
8400 Seelen mit 2100 erwachsenen Männern zu schätzen ist. Die Heerde
ohne Ziegen und Pflugstiere, wird zu 50 Kühen angenommen und reprä-
sentirt nach dortigem Werth ein Gesammtvermögen von 33,000 Thalern.*)
Der Besitz an Kostbarkeiten und Silber kann nicht geschätzt werden.
In obiger Bevölkerungszahl sind jedoch nicht alle freie Leute. Zu
diesen — den echten Bogos — oder Schmagilli (Nachkommen Gebre
Terke's) zählt nur ein Drittheil, während die anderen zwei Drittheile die
Unterthanen (Tigre'} sind. Das Verhältniss von diesen zu jenen ist nicht
drückend, die Tigre können eigen Vermögen besitzen und sind theils
durch das Gesetz, theils durch die Leichtigkeit der Auswanderung geschützt.
Für gültige gerichtliche Urtheile sind Zeugen und öffentliche Verhandlungen
(mohäber) erforderlich. Bürgschaft — in dreifacher Form — ist häufig
der Fall, so wie der Eid, der in vier Stufen bis zum Kirchenschwur,
stattfindet. Eigenthümlich ist, dass der letztere umgangen werden kann,
da der Angeklagte das Becht hat, sich demselben zu entziehen, wenn er
den halben Werth der in Streit liegenden Sache dem Kläger entrichtet,
worauf die Anschuldigung zu Boden fällt.
Sehr characteristisch sind die Gebräuche, welche die Bogos bei der
Geburt, beim Eintritt der Mannbarkeit und bei den Todten beobachten.
Es lebt viel Ideales in diesen Leuten und wenn die nachfolgenden Belege
gerade nicht auf hohen Schwung der Phantasie Anspruch machen können,
so zeigen sie doch etwas sinniges und gemüthliches an:
Beim Tode eines Kindes singen sie:
Korit u Serseru Abeika leqabberu.
„Den vom Winde und Jugend noch nicht matten
Mag dein Feind bestatten. u
Für einen jungen Mann:
Lila geletheka, Abel retheka?
„Der Adler hat dich fortgenommen,
Wo hat er dich zu sehn bekommen?"
Für ein Mädchen :
Schuken tetewauel, mai la Schemmal tetraue.
„Die Gazelle erfrischt sich an dem Morgenduft
Und trinkt sich satt an der Bergesluft. u
Diese Bruchstücke geben die gewöhnlichen Gesänge bei Anlass der
angegebenen Todesbestattungen, sie sind im Tigre-Dialekte gedichtet, welcher
in solcher Stimmung gern gehört wird. Dabei begnügen sich nicht Alle;
Munzinger belauschte eine klagende vater- und mutterlose Waise, welche
im Belen folgendermassen sich äusserte:
Je thim | min beki \ na esem \ eclebulu \ u bak\jet gesse,
Mona\gid deb\bu min\hu min\te mud\ir messe.
„Wenn eine Waise weint: komm schweige! sagt ihr Niemand,
und lass das Weinen,
Man schliesst die Pforten vor ihr zu, und es nachtet über der
Alleinen. u
*) Oesterreichische Thaler.
82 Versammlung am 7. Juni 1850.
Bei Menschen von solcher Gemüthsart werden auch Züge im ge-
wöhnlichen Lehen zu finden sein, welche derartiger elegischer Stimmung
conform sind. Diese finden sich in dem Verhältniss des Leibeigenen
(Tigre) zum Herrn (SchmagilU) i B. der Leibeigene, ob Mann oder
Frau, hat Freiheit zu leben wo er will. Der Herr wird als Vater seines
Sclaven betrachtet; er hattet für sein Blut und hat das Recht der Blut-
rache; er ist Schutzherr und Bürge für denselben.
Das Verhältniss zwischen SchmagilU und Tigre (als Gutfare oder
Woresa d. h. Dienstmann) ist die erbliche Pflicht rechtlichen Schutzes
von der einen und der Bothmässigkeit von der andern Seite.
Die Bogos scheinen sich auf friedliche, gegen die Einwohner scho-
nende Weise, des Landes bemächtiget zu haben, sie erlaubten sich kei-
nen Angriff auf das Bodenreeht, so dass die Nachkommen der Urein-
wohner noch immer im Besitze des meisten Landes sich befinden.
Hier erwähne ich, was Herr Munzinger über die neuesten Ver-
hältnisse der Sclaverei erzählt:
Der Ferman für Abschaffung des Sclavenhandels ist in Massua zwei-
mal verlassen worden. Dessen ungeachtet ist die Ausfuhr der Sclaven
nach Arabien so gross wie früher. Aegyptische Häfen sind den Händlern
verschlossen, aber Sclaven, wenn in Kisten verpackt, nach Munzinger
als Augenzeuge, kümmert als Ausfuhr-Artikel die ägyptische Polizei wenig.
Ein Kreuzer-Schiff im südlichen rothen Meere würde binnen Monathsfrist
dem ganzen Sclavenhandel das Leben abschneiden; da die Muhamedaner
eine verunglückte Speculation ein zweitesmal nicht gern versuchen. In
Chartum und dem Sudan hat man die Abschaffung ebenfalls verkündet
und theilweise durchgeführt; aber in rücksichtsloser Manier, die dem Be-
freiten wenig Nutzen bringt. In Abyssinien hat sich der Negus Teo-
doros der Abschaffung der Leibeigenschaft angenommen, doch haben
ihn die starken Kriege mit den Galla's verhindert, seine Edicte conse-
quent durchzuführen. Das letzte Jahr (1857) nahm er der grossen Ka-
rawane von Godscham wohl 3000 Galla-Sclaven ab, welche er getauft
in ihr Vaterland zurücksendete. Ferner, hat er den alten Soldaten-Ge-
brauch, die Kriegsgefangenen zu kastriren, streng verpönt und es ist zu
hoffen, dass diese Unsitte fürderhin von Abyssinien verbannt bleiben wird.
So kann man immerhin auf Fortschritte Hoffnungen setzen; überdiess ist
die Abschaffung der Sclaverei in Abyssinien und den nördlichen Nach-
barländern keine schwierige Sache, da der besitzende Theil dabei wenig
materiellen Verlust haben wird.
Das Eherecht möchten wir bis auf einen gewissen Grad ausgebildet
nennen, dasselbe enthält manche Stufen von Unterscheidung, schon von
der Heirath (Häday) an: So ist die Ledigungssumme (Zegad d. h. Va-
terpreis), welche der Bräutigam an den Vater der Braut zu zahlen hat
ein anderer bei Häday mobel „ Wittwen-Heirath" als bei „Jungfrau-Hei-
rath" Häday welet. Diese schliesst sich schon während der Kinderjahre
der Verlobten. Der Mann hat die Freiheit zu heirathen und sich wieder
zu scheiden, wann und so viel er will. Frauen und Jungfrauen sind
rechtsunfähig, dazu noch die schlechte Nachrede in folgendem Sprichwort:
Ogheina woqa gen „die Frau ist eine Hyäne." Durch dreimaliges Ent-
laufen aus der Hütte des Gatten in die des Vaters kann sich die Frau
scheiden. Zweimal wird sie dem Manne zurückgebracht, das drittemal ist
sie von Rechtswegen frei. Die Kinder geschiedener Eltern gehen von
I. M. Ziegler. 83
Rechtswegen mit dem Vater, ausser dem Säugling, welchen die Mutter
beanspruchen kann.
Die Stellung der Frau bei den Bogos ist ungünstiger als die der
Abyssinierin, wo die Scheidung erschwert ist. Das nahe Barca ist im
Gegensatze zum Land der Bogos ein Frauenhimmel. Dort ist der Mann
durch die Sitte gezwungen, seiner Frau häufige Geschenke zu machen,
und von solchem Belange, dass er darob manchmal in Armuth geräth.
Dort kann sie ihn verlassen, wann sie will und Niemand kann ihr Hei-
rathsgut beanspruchen.
Betreff der Eigenthums- Verhältnisse bestehen folgende Uebungen:
Eine Person kann Eigenthümer einer Sache werden: Durch Kauf, durch
Erbschaft, durch erste Besitznahme, durch Erbeutung im Auslande. Wer
ein Grundstück verkauft hat, dem bleibt das Recht, bei Lebzeiten des
Käufers dasselbe um den doppelten Kaufpreis zurückzuerlangen. Wer
eines Andern Feld bebauen will, verspricht diesem einen kleinen Theil
des Ertrages und erlangt dadurch dessen Segen, ohne welchen Niemand
wagt, fremdes Land zu bebauen. — Bei den Takue und Menza zahlt
der Bebauer dem Grundeigentümer einen Drittheil der Erndte; so sehr
ist dort der Ackerbau ergiebiger als bei den Bogos, daher auch von
diesen die Mehrzahl Hirten sind. — Der Boden gehört zum Erbtheil
des Erstgebornen.
Gäbet heisst die Verpflichtung, ein geborgtes Capital doppelt zurück-
zuerstatten; also mit 100 Percent Zins. Findet sich nach Ablauf von 12
Monaten der Schuldner ausser Stande zu zahlen, lässt der Gläubiger den
Zins von 100 Percent für jedes folgende Jahr auflaufen.
Jeder freie Mann hat das Recht, bei Lebzeiten über sein Eigen-
thum zu verfügen durch Geschenke. Hat derselbe grossjährige Söhne,
dürfen sie ihn verhindern, die weissen Kühe wegzuschenken. Das Recht
des Testamentes, über den Tod hinaus Bestimmungen zu treffen, kennt
das dortige „ Gesetz" nicht. Das Vermögen geht bei Erbschaft vom Vater
auf die Söhne über, mit Bevorzugung des Bikr d. h. des erstge-
bornen Sohnes der erstverlobten Frau. — Zum erblichen Vermögen ge-
hören: Land und Haus, Geräthe, eiserne Werkzeuge, Getreide und Geld,
Viehstand, Waffen, Sclaven und die Frau. —
Die Nachkommen eines Vaters, bis auf sieben Grade, bilden die
Blutsverwandtschaft. Das Blutrecht bildet und unterscheidet ganzes und
halbes Blut.
In dieser Unterscheidung sind die Bogos sehr einlässlich und er-
innern an die mittelalterlich-europäischen Abstufungen des Blutpreises.
Auch hier wieder zeigt sich die geringe Achtung, in welcher die Frau
steht; denn wer die eigene Frau oder die Verlobte tödtet, zahlt nur
den halben Blutpreis, weil „die andere Hälfte ihn angehe."
Der ganze Blutpreis eines Schmagilli ist 120 Kühe, der eines Tigre
93. Dabei finden weitläufige Specificationen statt, sowohl Betreff der Thiere
als der Empfänger.
In Verhältnissen, wo alle Beweise durch Zeugen, oft durch Eide
und Gottesurtheile geleistet werden müssen, kann die Justiz nur eine
langsame sein. Es entspricht aber ein solcher Rechtsgang den einfachen
Sitten und den einfachen Verhältnissen dortiger Stämme. Nicht ohne
Grund nennt Munzinger seine Schrift: „eine These über ein Recht
ohne Richter und ohne Regierung."
84 Versammlung am 7. Juni 1859.
Dass die Bogos früher zur Abyssinisehen Kirche gehörten, zeigen
noch genug ärmliche Ueberbleibsel von Kirchen in Keren und Mogarech.
Die Entfernung von Abyssinien machte nach und nach alle religiöse Kennt-
niss erlöschen. Zwar nennen sich die Bogos noch Christen „Costan."
Der Beweis davon besteht aber nur darin, dass sie, gleich den Abys-
siniern, nie von Mohamedanern geschlachtetes Fleisch berühren. Hasen-,
Elephanten- und Straussen-Fleisch betrachten sie als unerlaubt. Sie sehen
in diesem Unterschiede des Genusses die Differenz zwischen Christen und
Moslemin. Den Sonntag nennen sie den „grossen Sabath" (Senbeth abbei).
Die Sabathruhe fallt jedoch auf den Samstag. In den zwei oben be-
nannten Kirchen administriren erbliche Priester, denen das Vaterunser
aber unbekannt ist. Eigenthümlich, dass im Belen die Namen: Gott,
Jesus, Dreieinigkeit synonime Wörter sind. Von Unsterblichkeit der Seele
ist ihr Begriff kümmerlich und schon dadurch angedeutet, dass sie nur
Ein Wort haben für Seele und Athem, nur Eines für: Gott, Himmel,
Firmament.
Die moralische Situation jener Völker kennzeichnet sich noch nach
deren Begriff von Tugend; Achtung erwirbt sich: Der Unerschrockene,
der Bluträcher, der Räuber, der Herr (Schmagilli), der seinen Schütz-
ling nie im Stiche lässt, der Unversöhnliche, der Schweigsame, der
Hötliche, der Stolze, der Beiehe, der Freigebige, der Grossmüthige, der
Prunkliebende, der kluge Bathgeber. — Dagegen sind die Laster der
Civilisation dort unbekannt. Obwohl der Bäuber geachtet, ist der Dieb
selten. Davon hat Munzinger nie gehört, dass Kinder die Eltern, oder
Eltern die eigenen Kinder getödtet hätten. Selbstmord der Männer ist
fast unbekannt, dagegen führt die rechtlose Stellung der Frau nicht
selten zu dieser Verzweiflung.
Ueber Herrn Munzinger's Erlebnisse in der jüngsten Zeit noch
folgendes : Er schreibt gewöhnlich an seinen Bruder Herrn Dr. U. J.
Walter Munzinger, Professor an der Universität Bern; so am 3. No-
vember 1858: dass er von Anfang desselben Jahres bis 6. Mai auf der
Reise gewesen und dabei glücklich um einige Tage dem Massacre in
Djedda entronnen sei. Im Juni war er, wegen Abwesenheit seines Freun-
des, des Missionärs Herrn Stella in politischen Dingen beschäftiget.
Im Juli und August schrieb er seine Arbeit über das Belen nach letzter
Correctur. Im September fing er an sein Manuscript über das Becht
der Bogos ins Reine zu bringen. Im October, durch Grippe am Arbeiten
gestört, genas er auf der Jagd; darauf ward der November benützt, die
letzte Hand an das Manuscript zu legen, worüber oben berichtet ward.
Durch ökonomische Verhältnisse bedingt, sieht er sich auf zwei
Richtungen für sein Wirken angewiesen : entweder wird ihm von Europa
aus der Auftrag zu Theil behufs Vervollständigung und Fortsetzung seiner
Beobachtungen, welche er bereits über das ganze Ländergebiet, nördlich
von Abyssinien, ausgedehnt hat, z. B. für eine erweiterte Karte jener
Gegenden, dann für die Sprachen und Ethnographie der an's Tigre gren-
zenden Völker; zugleich hat Munzinger die Uebersetzung des abyssi-
nisehen Bechtes in Arbeit genommen; als Erläuterung derselben, damit
Vergleichungen über dortige Special -Bechte gesammelt; oder er muss
sich, in Mangel an einer Commission aus Europa, fast ausschliesslich auf.
Handelsunternehmungen werfen, aus welchen er bis dato theilweise seine
Existenz sicherte. Leider ist durch den tragischen Tod des englischen
[. M. Ziegler 85
Consul in Djedda, Herrn Page, sein Handelsplan, den er mit diesem
Freunde entworfen hatte, zu nichte gegangen; aber auch die Blicke nach
unserem Welttheile sind vor der Hand umdüstert. Die Hoffnung ist geringe,
dass ihm gelinge, die Müsse zu finden für Fortsetzung des Angefangenen,
welche für einen wissenschaftlichen Reisenden erforderlich ist.
Die jüngsten Nachrichten aus Keren d. d. 1. März v. J. kamen
am 12. April nach Bern. Nebst Bestätigung seines Wohlbefindens ist
darin folgende Anmerkung enthalten, in Betreff der Kritik seiner Karte;
soweit selbige in der Petermann'schen Zeitschrift erschienen ist: „Die
Vergleichung zwischen von Heuglein und mir hat mich befremdet. Herr
von Heuglein hat den ganzen Strich Landes zwischen Kassala und
Massua nie gesehen, seine Berichte gründen sich auf eine ziemlich flüch-
tige Karte Plowden's, die er copirt hat, und auf einige von Herrn
Stella ihm gegebene Mittheilungen. Was den Zusammenfluss des Anseba
und des Barca betrifft, hat er es von mir erfahren, da ich ihm voriges
Jahr in Cairo seine Karte corrigirt habe. Uebrigens weiss ich nicht,
warum Herr von Heuglein diesen Landstrich Hahab-Länder nennt. Was
ich sage, habe ich mit eigenen Augen gesehen, was Herr von Heuglein
sagt, hat er von Andern in Massua gehört. Der Zusammenfluss von Barca
und Anseba ist meine Entdeckung. Zwar will sich Herr Stella davon
heute noch nicht überzeugen lassen." —
Es ist jederzeit vorgekommen, dass die Beisenden mit einer ge-
wissen Sorglichkeit darauf geachtet haben, dass ihnen das Verdienst eigener
Entdeckungen bleibe. Es darf daher zu meiner Aufgabe gehören, die von
Munzinger gemachten Anmerkungen wörtlich wiederzugeben.
Das „Becht der Bogos" ist bereits im Drucke begriffen und ich
ersuche, der k. k. geographischen Gesellschaft in Wien ein Exemplar
sofort nach Erscheinen überreichen zu dürfen.
Eingegangene Druckschriften :
Landwirtschaftliche Zeitschrift von und für Ober-Oesterreich. Linz 1859. Nr. 10—11.
Von der k. k. Landwirth. Gesellschaft.
Gospodarski List. Zagrebu. 1859 Nr. 19-22. Von der k. k. Ackerb. Gesellschaft.
Centralblatt für die gesammte Landeskunde. Prag 1859. Nr. 19 — 22.
Von der k. k. pat. ök. Gesellschaft.
Führer für Reisende auf Eisenbahnen und Dampfschiffen in Oesterreich u s. w., bearbeitet
und herausgegeben von Leop. Kastner. Wien 1859. Mai. Vom Verfasser.
Journal of the Franklin Institute of the State of Pensylvania for the promotion of the
mechanic arts. Philadelphia 1859. Vol. XXXVII. Nr. 1—3. Vom Institute.
Officielle Berichte über die letzten Reisen und den Tod von Adolph Schi agi ntweit
in Turkistan. Von H. und Rob. S chl a gintweit. Von den Verfassern.
Allgemeine Land- und Forstwirthschaftliche Zeitung. Wien 1859. Nr. 16 — 17.
Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Notizblatt des Vereines für Erdkunde und verwandte Wissenschaften zu Darmstadt und
des mittelrhein. geologischen Vereines. Darmstadt 1859. Nr. 27 — 31.
Von der Gesellschaft.
Bulletino delf Istmo di Suez. Torino 1859 Nr. 8. Von der Redaction.
Austria. Wochenschrift für Volkswirthschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 19—22.
Von der Redaction.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Berlin 1859 VI. Bd. 3. Hft.
Von der Gesellsch. f. Erdkunde.
Wochenschrift der k. k. steierm. Landvvirthschafts- Gesellschaft. Gratz 1859. Nr. 15—16.
Von der Gesellschaft.
Madagascar possession francaise depuis 1642 par V. A. Barbie du Bocage etc.
Ouvrage accompagne dune grande carte dressee par M. V. A. Malte Brun. Paris.
Vom Verfasser.
86
Lehrbuch der Oceanographie zum Gebrauche der k. k. Marine-Akademie, von Dr. Aug.
Jilek. Wien 1857. Vom Verfasser.
Bollettino dell' Associazione agraria friulana. Udine. 1859. N. 9 — 10.
Von der Ackerbau-Gesellschaft.
Prospectus of Mss. Schlagintweit's Collection of Ethnographie Seads from India
and Higli Asia. Leipzig 1859. Joh. Ambr. Barth. Vom Verleger.
Hauptbericht der Handels- und Gewerbekammer für das Herzogthum Salzburg über den
Zustand der Landescultur, der Industrie etc. in den Jahren 1854 bis incl. 1858.
Salzburg 1858, Von der Handelskammer.
Programm des Kronstädter Bergbau- und Hütten-Aetien-Vereins für die Periode 1859
—1862. — Gcschäfts-Berieht des Venvaüungsrathes des Kronstädter Bergbau-
und Hütten-Actien Vereines für das Jahr 1858.
Vom Verwaltungsrathe Herrn Franz Voss in Kronstadt.
Atti dell' I. R. Istituto veneto di scienze, lettere ed arti. Venezia. 1859. T. IV. S. III.
Disp. 6. Vom k. k. Institute.
Notice sur la Colonie du Senegal et sur le pays qui sont en relation avec eile. Par
M. L. Faidherbe. Paris 1859. — Rapport fait le 3. Decb. 1858 a la 2.
assemblee generale annuelle de la societe de Geographie sur ses travaux et
sur les progres des sciences geographiques pendant l'annee 1858 par F. Alfred
Maury. Paris 1859. Von Herrn A. V. Malte Brun.
Karte des Kantons Tessin. — Karte des Rheinthaies, von der österr. Liechtenstein'schen
Grenze bis zum Bodensee mit dem Nivellement des Bheines von der St. Gal-
lisch-Bündtnerischen Grenze bis zum Bodensee etc. in 3 Blättern.
Von Herrn Ziegler in Winterthur.
Petri Schenkii Atlas saxonicus. 1764. — Atlas geographica major exhibens tellu-
rem seu globum terraqueum in mappis generalibus et specialibus per Joh.
Bapt. Homianum ejusque heredes editis etc. Norimburge 1759.
Von Herrn Heinrich Wolf.
Annales dAfrique. Paris 1857. Nr. 1. 2. 1858. Nr. 1. 2. Von Herrn Castilli.
Zemepis vserbecny vedecky svovnävaci. Sepsal Dr. Jan. Palacky. Cast obzolastni I. Svet
Nevzdelany: Afrika. Australie etc. V. Praze. 1859. — Wissenschaftliche Geo-
graphie. Von Dr. Joh. Palacky. Besonderer Theil. 1. 2. Prag 1858.
Vom Verfasser.
Protocoll der sechsten ordentlichen Sitzung der Kronstädter Handels- und Gewerbekam-
mer im Jahre 1859 am 3. Mai. Von der Handelskammer.
Memorie dell' Accadeniia d'agricoltura, commercio ed arti. Verona 1858. Vol. XXXVI.
XXXVII. Von der Akademie.
Archiv für historische Geschichte und Alterthumskunde. Herausgegeben aus den Schriften
des historischen Vereines für das Grossherzogthum Hessen. Darmstadt IX 1.
1859. Vom Vereine.
l^SLliU u- s. W1. Atlas geographique precede d'une introduction a Ja Geographie
mathematique, physique et politique. En caracteres armeniens. Paris 10 Bl.
Vom Mechitaristen-Collegium in Venedig.
Jahrbücher des Vereines von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Mai 1859. 14. Jahrg. 1.
Vom Vereine.
Oesterreichische botanische Zeitschrift. Wien 1859. Nr. 1 — 6. Von der Redaction.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. VI. Jahrg. Nürnberg. 1859. Mai.
Vom germannisch. Museum.
Ueber die neuesten Reisen und Entdeckungen in Inner-Afrika von I. M. Ziegler.
Winterthur 1859. Vom Verfasser.
Militär-Zeitung. Wien 1859. Nr. 23—24. Von der Redaction.
Versammlung am 18. Oktober 1859.
Der Präsident, Se. Excellenz Herr k. k. Sectionschef Freiherr von
Czoernig führte den Vorsitz.
Ueber Antrag des Ausschusses genehmigte die Gesellschaft den
Vorgang bei der Uebergabe der Medaille, die bei der Rückkehr Ihrer
k. k. Apostolischen Majestät Fregatte „Novara" an die Equipage derselben zur
Erinnerung der durch sie eben zu Ende geführten ersten Oester-
reichischen Erdumsegelung im Namen und von Seite der k. k.
F. Foetterle, D. Livingstone. 87
geographischen Gesellschaft erfolgt ist. Zugleich wurde der Inhalt des
Schreibens mitgetheilt, in welchem Se. k. Hoheit der durchlauchtigste
Herr Erzherzog Ferdinand Maximilian für diesen Act der k. k. geogra-
phischen Gesellschaft seine vollkommene Erkenntlichkeit ausgesprochen haben.
Der Secretär legte die von dem Comite der A. von Humboldt-
Stiftung für Naturforschung und Reisen durch Herrn Hofrath W. Hai-
dinger an die Gesellschaft eingesandte Einladung zum Beitritte zu dieser
Stiftung vor und forderte die anwesenden Herren Mitglieder zur Sub-
scription von Beiträgen auf.
Zu ordentlichen Mitgliedern wurden gewählt die Herren Franz
Loeffler, Gutspächter zu Krzeszow in Gallizien; Anton Letocha, k. k.
Kriegscommissär; Anton von Etzel, königl. preuss. Officier a. D. in
Berlin, und Alex. Graham Dunlop, Attache der k. Grossbritannischen
Gesandtschaft in Wien.
Ausser einer grossen Anzahl von Druckschriften und Karten, welche
im Laufe des Sommers theils als Geschenke, theils im Tausche der
Gesellschaft zugekommen sind, legte der Secretär Herr k. k. Bergrath
Foetterle Wandkarten, die beiden Hemisphären darstellend von Dr. C.
Vogel in Leipzig zur Ansicht vor. Diese Karten sind mit mehreren
Farbentönen auf dem Wege des Wachstuchdruckes auf starker Leinwand
ausgeführt; hierdurch ist auf denselben jede Art von Einzeichnungen
möglich, welche nach Belieben wieder weggewischt werden kann, wo-
durch sich diese Karten namentlich für den Unterricht vortrefflich eignen.
Herr Secretär Foetterle las ein an Herrn Hofrath W. Haidinger
gerichtetes von Sr. Excellenz dem k. Grossbritannischen ausserordentlichen
Gesandten in Wien, Lord Augustus Loftus ihm zugesandtes Schreiben
des bekannten südafrikanischen Reisenden D. Livingstone aus Tette
am Zambesiflusse vom 21. Februar d. J. vor, das einige interessante Einzeln-
heiten sowohl über den Zambesi, wie über die Nebenflüsse desselben enthält:
„Gestatten Sie mir den herzlichsten Dank für die Ehre darzubringen,
welche mir durch die Wahl zum correspondirenden Mitgliede einer so
ausgezeichneten Körperschaft, wie die k. k. geographische Gesellschaft
in Wien geworden ist, und ich werde immer Ihr Diplom als ein werth-
volles Pfand Ihres Beifalls für meine Arbeiten betrachten.
Die beste Art zu zeigen, dass ich wirklich dankbar bin, ist viel-
leicht, sogleich unsere Correspondenz zu beginnen, indem ich Ihnen sage,
was wir in diesem Theile von Afrika machen, ohne weiteres Vorwort,
als dass ich sage, dass, obwohl Herrn Foetterle's Schreiben von 14.
October 1857 datirt ist, ich es erst im September 1858 erhielt. Wir
besitzen nur wenige Eisenbahnen in diesem Welttheile.
Wir sind nun mit dem unteren Laufe des Flusses Zambesi be-
schäftigt. Dieser Fluss ist nicht so gut bekannt, als es seine Wichtig-
keit verdient, und diess beruht zum Theil darauf, dass er sich, bevor er
das Meer erreicht, in eine Anzahl von Armen vertheilt, deren keiner
besondere Reize dem vorüberfahrenden Seemann zeigt, zum Theil wohl
auch einer Art von Armstuhl — Geographie, welche sich damit begnügt,
Karten zu zeichnen, ohne sich ausserhalb des Bereiches guter Mittags-
mahle zu begeben. Eine solche in London herausgekommene Karte weist
dem Zambesi einen Lauf an, wie vielleicht in den Tagen des Ptolomäus,
d. h. der Hauptstrom fliesst hinab nach Quelimane und dann wird der
Mitteilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. •
88 Versammlung am 18. October 1859.
Traum des unter der Erde fortfliessenden Niger wieder durch den unter
der Wüste Kalahari fliessenden Zambesi auf den Platz gebracht.
Wir fanden den Ausfhiss des Zambesi in das Meer etwa einen
Breitengrad südlicher als Quelimane und mit mehreren, wenn auch kleinen,
noch guten Hafenplätzen für den Handel. Wir folgten zuerst einem süd-
lichen Arm des Hauptstromes von Luabo und nachdem wir ihn auf 70
Meilen Entfernung untersucht, fanden wir, dass er uns nicht gestatten
würde, in den Hauptstrom einzutreten. Sodann versuchten wir den Luabo
selbst, ohne dass es uns gelang, obwohl Ihrer Majestät Dampfer „Lynx"
seitdem eine vortreffliche Durchfahrt durch die Barre entdeckte. Wir ver-
folgten einen der Arme an der Südseite des Hauptstromes und fanden
keine Schwierigkeit, hier in das Land einzudringen. Wir segelten seitdem
beständig auf dem Zambesi in einem kleinen Dampfer, der nur 2y2 Fuss
Wasser zieht. Das gegenwärtige Jahr war aussergewöhnlich durch den
niedrigen Wasserstand des Flusses, aber selbst bei dem kleinsten konnten
wir mit einiger Aufmerksamkeit bis Tette heraufdringen, und gegenwärtig
steht das Wasser um 12 Fuss höher als damals. Und nicht nur das,
sondern auch der Shiri (Sehire der Karten), ein blosser Arm dieses
edlen Stromes, gewährt eine schöne Wasserstrasse für Dampfschiffahrt
für wenigstens hundert Meilen aufwärts von seiner Vereinigung.
Wir verfolgten ihn im verflossenen Monate und wurden nur durch einen
Wasserfall aufgehalten; aber die Eingebornen theilten mit, dass fünf
Tagereisen jenseits des von uns erreichten Punctes der Fluss wieder
glatt ist und dass die Araber in Kähnen vom Nyanja-See herabkommen.
Unterhalb des Wasserfalles ist das Land gut bevölkert und bear-
beitet. Aber wir wurden deutlich für sehr verdächtig gehalten, denn wir
sahen Haufen von Eingebornen uns von den Ufern betrachten, und wir
bemerkten Wachen gegen uns die ganzen Nächte hindurch. Wahrschein-
lich hatten sie niemals Besuche erhalten, ausser von Menschendieben ihrer
eigenen Farbe, Europäer hatten sie gewiss vorher niemals gesehen. Es
würde nicht gerathen gewesen sein, das Schiff unter ihren Augen zu
verlassen und eine Reise zu Land zu unternehmen, aber es war keine
Schande umzukehren, und wir hoffen im Laufe des nächsten Monats wie-
der aufwärts zu schiffen. Wir kauften Lebensmittel zu wohlfeilen Preisen,
und zweierlei Gattungen Baumwolle von sehr guter Beschaffenheit. Sie
haben Zuckerrohr, Bananen, Mais, Holcus, Sorghum, Manioe, süsse Kar-
toffeln, Bohnen, Erdnuss uud Kürbisse. Sie scheinen den Ackerbau zu
lieben. Sie waren nicht unartig gegen uns und fielen unseren zum Holz-
sammeln ausgesandten Leuten nicht beschwerlich, aber sie schienen stets
mit ihren Bogen und vergifteten Pfeilen bereit, irgend welche Angriffe,
die auf sie gemacht werden könnten, zurückzuweisen.
Das einzige, was ihren Anblick hässlich machte, war der Lippen-
schmuck der Frauen. Er besteht aus Ringen oder Schalen von Elfenbein
oder Blech, welche in einen Schlitz in die obere Lippe eingeklemmt
werden. Die Lippe wird durch den Ring allmälig horizontal ausgezogen,
so dass der Rand weit über die Senkrechte von der Nase hinausreicht.
Den Kindern wird nur ein Metallring auf, nicht in die Lippen gehangen,
diess macht nur einen kleinen Eindruck und wird nur immer tiefer nach-
gedrückt, bis sich ein Loch gebildet hat, welches sich sodann allmälig
durch Absorption vergrössert, bis endlich die oben erwähnten Ringe Platz
finden. Ich habe gesucht, die genannten Nachweisungen zu geben, weil
Dr. Livingstone 89
unsere eigenen Damen, welche eine solche beharrliche Virtuosität in Bezug
auf ihre Taille zeigen, vielleicht auch wünschen könnten, einen Versuch
mit Lippenschmuck zu machen. Uebrigens schienen die Leute ganz ver-
ständig und ich sah nichts, was die Herren unterstützen könnte, welche
zu beweisen wünschen, dass wir alle von einer Race abstammen, welche
einst Schwänze besass!
Ein Theil des Shire-Thales ist sumpfig und zur Zeit, wo wir den-
selben durchschifften, weideten viele hundert Elephanten in dem hohen
Grase. Der Shire theilt sich mehrmals in Arme, welche ihm später wieder
zufallen und so Inseln bilden. Wir jagten öfters Elephanten mit dem Dampfer.
Es waren edle Thiere und die Männchen hatten sehr schönes Elfen-
bein. Um diese Zeit kommen sie von den Bergen herab, um die Früchte
der wilden Palmyra zu essen. Wir sahen viele Fallen aufgestellt für
Hippopotamuse, welche in dem Flusse ungemein häufig sind. Auch trafen
wir viele Leute mit Aufsammlnng der Lotos- Wurzelknollen beschäftigt.
Sie schmecken den Kastanien sehr ähnlich. Diese sind wohl gewiss eben so
gute wahre Lotophagen als die von Herodot erwähnten.
Wir bestiegen den hohen Berg Morambala genannt, und fanden ihn
4000 Fuss hoch. Er ist auf der Höhe gut cultivirt und hat mehrere
schöne kleine Quellen von schwachem Stahlwasser. Das Volk ist dort
unabhängig und sehr gastfrei. Sie haben Citronen- und Orangen-Bäume
beinahe wild, auch Ananas. Die Vegetation ist verschieden von der in
der Ebene und das Klima herrlich. Am Fusse des Berges ist eine heisse
Schwefelquelle von 170 F. (612 B. 76-5 C.) Temperatur. Dennoch
sind alle diese natürlichen Vortheile zu einer Gesundheits-Station von den
Portugiesen nicht benützt worden. Die Strömung des Shire ist zu mächtig für
ihre Kanoes, und da die Eingebornen einen schlechten Credit haben, so scheint
es, dass sie sich von der Untersuchung des Shire abschrecken Hessen.
Wir sind nun in der ungesundesten Jahreszeit, aber da wir an der
Grenze des gesunden Hochlandes uns befinden, so haben die Leute zwar
Fieber, aber nur wenige sterben daran. Anders ist es nahe der Meeres-
küste. Dort ist es gegenwärtig tödtlich. Wir haben Chinin als Präser-
vativ versucht, aber ich zweifle ob mit Erfolg. Das einzige Gute, scheint
nur -darin zu bestehen, dass, wenn Jemand es regelmässig einnimmt und
ihn sodann wirklich das Fieber befällt, er durch eine oder zwei Extra-
dosen in wenigen Stunden den Cinchonismus hervorbringen kann. Wir
haben es regelmässig genommen, aber keine der Wirkungen gesehen,
welche unsere homäopathischen Freunde uns erwarten Hessen. Ich glaube,
wir gewöhnen uns an unsere zwei bis drei Gran regelmässig genommen.
Es liegt hier ein Wasserfall vor, der bei niedrigem Wasser schwer
zu überwinden ist. Aber wenn das Wasser steigt, verschwindet die Schwie-
rigkeit mit Ausnahme der Stärke der Strömung. Wahrscheinlich werden
wir von jetzt an in einem halben Jahre hinaufschiften können. Indessen
haben wir erfolgreich bewiesen, dass Europäer gute Gesundheit geniessen
können, wenn sie nur einigermassen Sorge für sich tragen. Anstatt dass
Europäer in einem Tropenklima nicht zu arbeiten im Stande wären, ist
es vielmehr der Mangel an Arbeit und aufregende Speise und Trank,
welche sie tödten."
Aus einem Schreiben des Herrn Dr. R. Avd-Lall emant von Ma-
naor am Rio Negro, vom 9. Juli 1859, an den Herrn k. k. Hofrath
W. Haidinger theilte Herr Foetterle Folgendes mit:
7*
90 Versammlung am 18. October 1859.
„Es ist etwas Ungeheures um diesen „Amazonenstrom." Ich bin
jetzt 250 geographische Meilen denselben hinaufgefahren und doch will
dieses dahinströmende Süsswassermeer nicht abnehmen. In Obidor brachte
ich aus sehr sicheren Elementen heraus, dass in einer Minute 2.133,333
Cubicklafter Wasser dort vorbeifliessen. Fast überall sieht man zwischen
den beiden Ufern, rückwärts und vorwärts, das Wasser den Horizont
bilden, ja, wenn man der Mündung des Tapajos gegenüber vom linken
Amazonenufer jenem Strome zufährt, erblickt man drei Süsswasser-Hori-
zonte, zwei vom Amazonenstrom und einen vom Tapajos. Sogar hier am
Rio Negro sieht man eine solche Strecke den Strom hinauf, dass sein
Wasser an einer Stelle den Horizont bildet.
Welche wundervollen Reiseeindrücke habe ich nicht erlebt! Von
Parä machte ich einen Ausflug nach Cameto am Tocuntin und brachte
dort die Pfingsttage zu. Nie habe ich die Tropennatur so in ihrer tiefen
Poesie erlebt, wie dort. Maurita-Palmen bilden dort ein Meer von Pal-
men mitten im Süsswassermeer. Euterpen, die schöne Oenocarpus Disticha
und scharf gestachelte Astrocaryen helfen ihnen dabei. Unter mächtigen
Bartholletien mitten im Gebüsch dunkler Cacaobäume, schlanker Gummi-
bäume und kräftiger Platanen leben harmlose Tapuär (Indianerstamm) ihr
stilles Dasein in Friede und Anspruchlosigkeit. Der Wald, der Fluss er-
nährt sie, keine Arbeit kümmert sie. Und eben weil Wald und Fluss
sie ernährt, sind sie Kinder beider und bringen eben so viel Zeit im
Wasser wie auf dem Lande zu. Alles badet, Männer, Frauen und Kinder.
Oft sieht man das anmuthigste braune Gewimmel im Wasser. Echte Sy-
renen, schwimmen junge Mädchen längs des Ufers dahin, nach sich
schleppend das glänzende schwarze Haar und im lachenden Scherz um
einander herumgaukelnd. Diese Naivetät ist ein so reiner Naturlaut, zumal
von Descendenten von Europäern und Indianerinnen. Ich werde es nie
vergessen, wie ich einmal ein liebes, fröhliches Kindergesicht auf dem
Körper eines blühenden ausgewachsenen Mädchens fragte: Wie alt bist
Du? und nach einigem Nachsinnen die Antwort erhielt: 40 Jahre. Ich
erfuhr wohl, dass das grosse Kind zwar 15 Jahre alt wäre, aber noch
nicht zählen könne.
In jenen Winkel am Fluss kommt kein Fremder; dort bleibt dieser
Naturlaut noch in seiner vollsten Reinheit nnd die Welt befindet sich
in den anmuthigsten Flegeljahren. — In vieler Hinsicht finde ich diese
Naturlaute hier in Manaor wieder, aber schon in kräftigerer Weise.
Cultur und tiefer Indianismus haben sich hier die Hand zur Freundschaft
und Einigkeit gegeben und letzterer macht ersterer glauben, dass er
ganz in sie aufgeht. Und doch sieht man an allen Ecken und Enden,
dass die Leute statt Christen nur getaufte Menschen sind und in den
cultivirten Beinkleidern und Unterröcken immer noch Indianer bleiben.
Eine Menge Bemerkungen habe ich darüber aufgezeichnet, ja ich schreibe
mich ordentlich blind. Ich gehe von hier bis zur Fortification Tabatingo
in Peru."
In einem späteren Brief von Pernambuco 11. September 1859
schreibt Dr. Lallemant: „Immer werden mir diese Waldungen von Le-
guminosen, Sterculiaceen, Ampideen und Palmen unvergesslich bleiben, diese
Waldungen, wenn im Abendsonnenstrahle mächtige Aravar und Aravamos
sich durch die reinen Lüfte zogen und Purpurfunken zu sprechen schie-
nen. Und doch war es vor Allem ein Moment, was mir das theuerste
Dr. R. Av^-Lallemant. 91
bleiben wird. Ich fuhr im Kahn einen kleinen Fluss (bei Cerpa) hinauf;
er endete in einen zauberhaft schönen Landsee. Hier deckten die Riesen-
blätter von 10 bis 12 Exemplaren der Uaupe apona (Victoria regia)
die unbewegte Fluth und zwei Blüthen lagen halb verborgen zwischen
ihnen, von denen mir die eine — noch eine Knospe — als ich sie
pflückte, eine tief poetische Geschichte ihres Blumenlebens in der Mond-
scheinnacht erzählt hat.
Gleich nach Sonnenuntergang blühte die mächtige Nymphacee auf,
war um 10 Uhr in voller Pracht offen, beinahe einen Fuss im Durch-
messer; am Morgen war sie, nachdem sie mit ihrem Magnolienduft die
ganze Nacht mein Zimmer erfüllt hatte — schon welk. Und in der That
ist die schneeweisse Blüthe, in der Anfangs nur die 16 innersten Blätter
geröthet sind, zu zart für den tropischen Sonnenstrahl. Auch wird sie
seltsamer Weise von einer in ihr und, wie es scheint, fast nur in ihr
parasitirenden Melolonthenart heimgesucht. In einer Blume traf ich in
den mächtigen, geharnischten Fruchtkasten 13 Individuen von diesem son-
derbaren Maikäfer. Uaupe (Vogel) apona (Pfanne) ist ein falscher Name
für die Pflanze, abgesehen davon, dass er der legitime Urwaldsname ist,
denn die Blätter sind am Rand eigentümlich aufgeschlagen und wenn so
eine Pfanne voll Wasser ist, kann sich ein Vogel schon darin baden !"
Dr. Lallemant ist am 6. October in Hamburg angekommen.
Herr k. k. Hofrath Haidinger berichtete über die neuesten von
Auckland und Nelson auf Neuseeland von Herrn Dr. Hochstetter erhal-
tenen Nachrichten. Zu umfassend um in der ganzen Ausdehnung mitgetheilt
zu werden, wollte er doch nicht säumen in rascher Uebersicht die Er-
eignisse, welche die Nachrichten bringen, vorzuführen. Unter dem 28.
Mai hatte unser hochverehrte Freund, eben von seiner grossen Excursion
im Innern der Provinz Auckland auf der nördlichen Insel zurückgekehrt,
einen Zeitungs-Ausschnitt geschickt, erhalten am 17. September, über
welchen Herr Hofrath Haidinger, während die naturwissenschaftlichen
Sitzungen unterbrochen waren, unmittelbar einen Auszug in der „Wiener-
Zeitung" gab. Es war diess der übersichtliche Reisebericht einer Expe-
dition, bestehend aus den Herren Dr. Hochstetter, 0. F. Haast, Drum-
mond Hay, Koch und Hamel mit zahlreichen Begleitern. Die Route
ging über Drury nach Whaingaroa oder jetzt Raglan nach Autea und
Kawhia; über das Pirongia-Gebirge nach dem Waipa, dann zu den Quel-
len des Wanganui und zum See Taupo und dann an den Waikato. Hier
Untersuchungen der merkwürdigen trachytischen und vulkanischen Umge-
gend mit ihren berühmten heissen intermittirenden Springquellen und Seen
und endlich wieder den Waikato hinab und schliesslich zurück nach Auck-
land. Eine gestern mit dem Poststempel von Auckland am 20. Juli, Schlei-
fensendung enthielt das Blatt der „ Auckland Provinzial Governement Ga-
zette" vom 8. Juli mit einem Berichte des Dr. Hochstetter, welchen
er in einer Versammlung der Mitglieder des Auckland Mechanic's Institute
am 24 Juni gehalten hatte, und welcher nebst einer wissenschaftlichen
geologischen Einleitung die Einreihung sämmtlicher Hauptbeobachtungen
nach geologischer Natur und geographischer Nachweisung enthält.
Er ist nebst der Einbegleitung an den Superintendenten der Provinz
Herrn John William son, durch den letzteren offiziell zum Druck gelegt.
Die heutige Post brachte ein Schreiben mit dem Postzeichen Nelson
vom 5. August. Nicht ohne tiefe Rührung lesen wir die umfassenden
92 Versammlung am 18. October 1859.
Berichte, welche spätere Zeitungs-Ausschnitte enthalten. Am Schlüsse der
Berichterstattung ergreift Herr Heaphy, der Sitzungspräsident, das Wort
und redet unseren hochverehrten Freund und Arbeitsgenossen früherer
Zeit in folgender Weise an :
„Dr. Hochstetter! Ihr vortrefflicher Vortrag — dessen wissen-
schaftlichen Theil ich übrigens nicht vollständig zu schätzen im Stande
bin — hat die Theilnahme an Orten und Gegenständen um uns bestätigt,
welche uns gar geläutig sind, aber deren längst verflossene Geschichte
von dem Griffel des Geologen gezeichnet werden musste. Wo immer man
Ihre Beschreibungen liest — und ich hoffe Sie werden gestatten, dass
dies durch unser Institut geschehe — überall werden sie den tiefsten
Eindruck auf die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt machen.
Humboldt's Beschreibungen verliehen Reiz dem Lande und den Bergen
von Südamerika, Ihr Name, mein Herr, wird unvergänglich vereinigt sein
mit den wunderbaren vulkanischen Systemen von Neu-Seeland. Man hat
mit Recht gesagt: „Nie ruht die Geologie als Wissenschaft." Was man
gestern noch nicht sah, das ist heute ein Zielpunct, und wird morgen
ein Ausgangspunct werden, eine authentische Basis, die wahre Grundlage
für Alle sein, welche nun ihre Arbeiten anschliessen, für Mineralogen
und Bergmänner, welche sie benützen werden. Im Namen des Institutes
und der Zuhörerschaft empfangen Sie unseren wärmsten Dank." (Enthu-
siastischer und lang andauernder Beifall.)
Es waren aber auch eine Anzahl von Laiidkolonisten von dem Man-
gron District, von Onchunga, von Otahuhu gegenwärtig. Unter dieser ent-
spann sich eine Besprechung, ein provisorisches Comite wurde rasch
gebildet, zu dem Zwecke, Herrn Dr. Hochstetter ein Andenken von
den Vielen zu überreichen, und statt eines öffentlichen Gastmahles, das
doch nur auf die Männer beschränkt ist, eine jener viel angenehmeren
Zusammenkünfte, eine Soiree, bei welcher Frauen und Fräulein eben so
gut theilnehmen als Herren der Schöpfung. Unser Freund Hochstetter
hatte übrigens billig der wissenschaftlichen Beihilfe der Herren Heaphy
und Pure ha s gedacht und den hohen Werth ihrer eigenen früheren
Arbeiten anerkannt.
Der Bericht über jene Abendgesellschaft zur Ueberreichung des An-
denkens (TestimonialJ ist nun der Gegenstand eines zweiten Zeitungs-
Ausschnittes. Ueber 70 Damen und Herren waren am 25. Juli versammelt.
Zahlreiche Abbildungen aus den bereisten Gegenden und andere Gegen-
stände waren ausgestellt. Hochstetter wurde unter warmem Beifall von
den Herren Hochw. A. G. Purchas und Heaphy eingeführt. Auf den
Antrag des Herrn W. Buckland nahm John Williams on, Esq. Super-
intendent, den Vorsitz ein. Nun zuerst Herrn Williamson's anregende
Ansprache voll Anerkennung für die „Novara" und für unseren Freund.
Sodann stand Oberst Mo uld auf und las die von Herrn Leon De Laville
kunstreich ausgefertigte Adresse, in welcher Herrn Dr. Hochstetter,
ebenfalls hoch anerkannt, der WTunsch zu erkennen gegeben wird, er
wolle eine ihm überreichte Börse freundlich aufnehmen und sich ein Stück
Silberzeug anschaffen, zu immerwährendem Andenken für seine Familie
und sein Vaterland, endlich, dass er darauf eine Inschrift graviren lassen
wolle folgenden Inhalts: „Ueberreicht an Dr. Hochstetter, Geologen
der kaiserlich königlichen Oesterreichischen wissenschaftlichen Expedition
in der Fregatte „Novara* von den Bewohnern der Provinz Auckland,
Dr. Hochstetter. 93
Neu-Seeland, als Anerkennung der ausgezeichneten Dienste, welche ihnen
durch seine Untersuchungen in den mineralischen und landwirtschaftlichen
Hilfsquellen der Provinz geleistet worden sind."
Die Börse selbst ist von kastanienbraunem Sammt, von Fräulein
Mould, der Geberin, geschmackvoll in Gold gestickt. Sie enthielt ISO
Pfd. St. (nach dem Tagskurse 1800 fl. Oe. W.). Nun folgt die Dank-
rede unseres Freundes Hochstetter, voll der innigsten Gefühle, durch-
drungen von den schönen Erfolgen, der wohlwollenden Aufnahme, der
Erinnerung an seine Aufnahme in England vor dem Beginn der Reise,
und wie ihm ein Philosophical-Clubb Erfolge zugewünscht, der Erinnerung
an unsere „Novara". Sodann in englischer Uebersetzung die Maori-An-
sprache des Häuptlings aus dem Ngatiwhatua-Stamme Paora Tuhabre,
welcher umgeben von mehreren seiner Landsleute vortrat, und an Dr.
Hochstetter seine Rede hielt. Hochstetter seinerseits beantwortete
dies« Ansprache gleicherweise in Maori, und zwar in so genauer Aus-
sprache und Deutlichkeit, dass sie den Eingebornen vollkommen verständ-
lich war. Sie schloss sich ganz den Ideen der Eingebornen aus diesen
so sehr bildungsfähigen Stämmen an und führte ihnen ihre Traditionen
und ihre verschiedenen Häuptlinge und Gegenden, welche Hochstetter
besucht, das Wohlwollen, welches er in der Aufnahme erfahren, in ein-
dringlichster characteristischer Weise vQr.
Am Schlüsse seiner Maori -Rede schüttelten die Eingebornen Dr.
H ochste tter's Hand und dankten ihm für diese freundlichen Abschiedsworte.
Der Abend schloss mit Gespräch, Musik und Betrachtung von Zeich-
nungen und Karten. Um 10 Uhr begann der Tanz und währte noch
einige Stunden. So, sagt das Blatt, vergnüglich für alle Theile, schloss
die letzte öffentliche Gelegenheit, in welcher Dr. Hochstetter — wahr-
scheinlich für mehrere Jahre nicht mehr mit den Bewohnern von Auck-
land in Gesellschaft sein kann.
Hochstetters Schreiben selbst enthält mehr den Eindruck der
nun immer näher an ihn heranrückenden Gerüchte von kriegerischen
Ereignissen, als Wissenschaftliches. Es war vom 23. Juli datirt, vom
3. August ein Beiblatt von Nelson auf der südlicheren der beiden grös-
seren Inseln datirt. Er benützte dazu den Dampfer „Lord Achlay." Er
besuchte auf dem Wege einen Tag New-Plymouth am Fuss des pracht-
vollen Vulkankegels Mount Egmont (Taranaki) und brachte eine von Hr.
Heaphy ausgeführte vortreffliche Zeichnung desselben, auch ein getreues
photographisches Bild mit. „ Von da weg hatte ich," schreibt Hochstetter,
„eine sehr stürmische Passage durch die in dieser Beziehung sehr berüch-
tigte Cooks - Strasse , bis ich in Port Nicholson zwischen hohen Thon-
schiefergebirgen in der Stadt Wellington zum zweiten Mal an's Land
kam. Von da fuhren wir gestern Abend ab und kamen heute Früh wohl-
behalten in Nelson an, dem Garten Neu-Seelands.
Ich hatte eine dringende Einladung bekommen für Nelson ehe ich
Neu-Seeland verlasse, um die Gold-, Kupfer- und Kohlenfelder der Pro-
vinz zu sehen und ich glaubte dieser Einladung, die mir Gelegenheit
gibt, eine geologisch gänzlich verschiedene Gegend zu sehen, Folge leisten
zu müssen. Schon der erste Tag lohnte sich durch merkwürdige wahr-
scheinlich devonische Petrefacten, welche ich nahe bei der Stadt fand.
Der Platz wird in den nächsten Tagen eine reiche Fundgrube für mich
94 Versammlung am 18. October 1859.
werden. Ausserdem prachtvolle Gabbros und Serpentine u. s. w. mit Kupfer-
erzgängen. Doch darüber später und ausführlicher.
Ich wurde hier förmlich mit allen Ehren empfangen, in einem beflaggten
officiellen Boote an Bord des Dampfers abgeholt. Ich fand Alle, den Super-
intendenten und die ersten Männer von Nelson am Ufer versammelt, im
Hotel bequemes Logis für mich bereit und wurde alsbald durch die Nach-
richt überrascht, dass der Dampfer die „Tasmanian Maid" im Hafen ganz
zu meiner Disposition sei für die nächste Woche, um alle die wichtigen
Puncte an der Küste besuchen zu können. So ist mir Alles leicht ge-
macht und ich hoffe in dem Monat, den ich in der Provinz Nelson zuzu-
bringen gedenke, Gelegenheit zu haben, viel zu sehen und somit mit
der nächsten Post Ihnen auch viel zu schreiben. Ich fahre mit dem Sep-
tember-Dampfer (1. oder 2. September) nach Sydney."
Herr k. k. Hofrath Haidinger macht folgende Mittheilung:
Durch das freundliche Wohlwollen des Herrn Dr. Franz Liharzik
Verfassers des so wichtigen Werkes: „Das Gesetz des menschlichen
Wachsthums u. s. w.a, das wieder in so enger Beziehung steht mit
dem von den Herren Dr. Scherz er und Dr. Schwarz während unserer
„Novara" Fahrt aufgestellten Systeme der Körpermessungen u. s. w., ist
es mir vergönnt, der hochverehrten Gesellschaft aus den letzten Lebens-
tagen unseres Humboldt noch eine Mittheilung über seine lebhafte Theil-
nahme an unserer so anregenden Erdumsegelung zu machen, und wie er
stets mit grosser Aufmerksamkeit die Expedition der „Novara" verfolgte
und wie er gerne sehr viel davon gesprochen. So schreibt von Berlin
am 14. October Herr Johann Seifert, der vielverdiente Kammerdiener
Humboldt's, der ihn seit 33 Jahren umgab. Er äussert noch, dass er
seinem unvergesslichen Herrn bereits im Jahre 1858 versprach, wenn
die „Novara" glücklich zurückgekommen sei, er dem Schiffe das Bild
Alexander v. Humboldt's in seiner Bibliothek verehren werde, und dass
er, „so wie er mit der Bibliothek, die ihm sein hoher Herr schon im
Jahre 1858 den 25. November in einer gerichtlichen Urkunde geschenkt
in Ordnung ist, er nicht säumen werde, dasselbe der „Novara" zu über-
senden." Mit dankbarer Bührung spricht er von dem grossmüthigen Ge-
schenke, das von Sr. k. k. Apostolischen Majestät ihm für ein Exemplar
dieses Bildes zu Theil ward, welches er auf Allerhöchste Anordnung
übersendet hatte.
Herr k. k. Custos-Adjunct G. Frauen fei d, den der Herr Präsident
mit herzlichen Worten sowohl über seine glücklich erfolgte Bückkehr, so
wie über die mit so vielem Erfolge zurückgelegte Fahrt der k. k. Fre-
gatte „Novara," der er bei ihrer Erdumsegelung als Zoologe angehörte,
beglückwünschte, und wozu die ganze Versammlung durch Erheben von
den Sitzen ihren Beifall zu erkennen gab, theilte einige Notizen zur Kennt-
niss über die Insel Neu-Amsterdam im Ostindischen Meere mit, die er
theils durch eigene Erfahrung und Anschauung sammelte, theils aus einer
in dem „Caleutta Journal of the Asiatic Society" enthaltenen Erzählung
zweier schiffbrüchiger Matrosen, die 14 Monate auf dieser Insel zu-
brachten, entlehnte.
Herr k. k. Hofrath Haidinger legte folgendes Schreiben, datirt
vom 18. October 1859, von Herrn Dr. Carl Scherzer vor:
„Im Begriffe nach Triest abzureisen, wo eine grosse und lange
Arbeit, die Herausgabe des mitgebrachten literarischen Materials, dringend
W. Haidinger. 95
meiner harrt, bin ich leider nicht in der Lage, der ersten Sitzung der
k. k. geographischen Gesellschaft beiwohnen und den hochverehrten Mit-
gliedern derselben persönlich (wie ich es jetzt schriftlich thue) meinen
tiefgefühlten Dank für das ehrenvolle, ungeschwächt bewahrte Interesse
ausdrücken zu können, welches diese hochangesehene Körperschaft meinen
Bestrebungen während der Reise Sr. Majestät Fregatte „Novara" um die
Erde schenkte.
Ich erlaube mir daher Ihnen angeschlossen einige Mittheilungen über
meine Thätigkeit im letzten „Novara" - Jahre mit der höflichen Bitte zu
übersenden, dieselben in der nächsten Sitzung der k. k. geographischen
Gesellschaft in meinem Namen gütigst vorlegen zu wollen. — Unter dem
Schutze einer gnadenreichen Vorsehung von einer ebenso gefahrvollen
als beschwerlichen Reise wieder gesund und wohlerhalten zurückgekehrt,
und durch einen Act kaiserlicher Huld ausgezeichnet, der für mich einen
doppelt hohen Werth durch die wahrhaft rührende Theilnahme erhält,
welche derselbe in dem Herzen meiner Mitbürger hervorrief, will ich nun
mit allem Aufwände meiner Kräfte mich beeifern, die gesammelten Erfah-
rungen zum Frommen meines Vaterlandes zu benützen, um so jener hohen
Auszeichnung und jener edlen Sympathien nicht ganz unwürdig zu er-
scheinen, die mich eher demüthig als stolz machen."
Herr Secretär Foetterle las hierauf die im Vorhergehenden erwähnten
Mittheilungen vor, die sich auf die Fahrt Sr. Majestät Fregatte „Novara"
von Valparaiso bis Triest und auf Herrn Dr. K. Scherzer's Ueberland-
reise von Valparaiso über Lima, Panama, London, Gibraltar und Triest
beziehen.
Schliesslich legte Herr Secretär Foetterle zwei Mittheilungen des
Herrn Professor L. H. Jeitteles in Kaschau an die Gesellschaft vor.
Die eine enthält Quellenmessungen in den Sudeten und Karpathen, die
Herr Professor Jeitteles im Jahre 1858 ausführte, die andere „das
Erdbeben am 15. Jänner 1858 in seinen Beziehungen zur Atmosphäre"
behandelt die meteorologischen Erscheinungen vor, während und nach dem
Erdbeben vom 15. Jänner 1858 in jenen Gegenden, welche von dem
Erdbeben betroffen wurden.
Herr Foetterle theilte folgende ihm von dem Mitgliede Hrn. Dr.
E. H. Costa in Laibach zugesendete Notiz mit:
„Aus einem mir zugekommenen Schreiben des früher in Adelsberg
gewesenen, jetzt in Neumarkt bei Salzburg bediensteten Civil-Ingenieurs
P. Eunike entnehme ich Nachstehendes über die bisher noch wenig un-
tersuchte Planinaer-Grotte: „Diese Grotte hat mich nicht so sehr
befriedigt, wie ich es gewunschen hätte, doch ist sie immerhin interes-
sant genug, und als eine Bereicherung der Kenntniss unseres Grottensystems
anzusehen. Eine genaue Beschreibung behalte ich mir vor, für jetzt nur
Einiges in aller Kürze. Sie liegt 10 Minuten oberhalb Laase und hat die
Richtung NW. — Vom Eingange angefangen, der sehr eng ist, kommt
man in 70° Entfernung mit 22° Gefäll zu einem ebenen Raum, in den
2 Gänge einmünden, die sich rückwärts vereinigen, und deren Ende ein
furchtbarer Einsturz ausmacht. Der tiefste Punct der Grotte liegt 2° tiefer
als das Flussbett.*) Es finden sich recht hübsche Tropfsteingebilde,
*) Des Unzbaches.
96 Versammlung am 18. üctober 1859.
namentlich das täuschend ähnliche des „ Bischofs. u Die ganze Grotte mit
allen Verzweigungen hat eine Länge von 160°. Besonders schön ist der
Eingang in die Grotte gelegen — auf einer Anhöhe, die den schönsten
L'eberblick über das ganze Planina-Thal gewährt; man sieht Planina, Klein-
häusel, Mühlthal und Schloss Haasberg."
Eine andere Notiz des Herrn Dr. E. H. Costa ist folgende:
„In den letzten Jahren wurde das Bedürfniss eines genauen Orts-
lexicons über mehr gefühlt, und es wurden auch einige meist ganz verun-
glückte Versuche gemacht, diesem Bedürfnisse abzuhelfen. (Vgl. die Vor-
träge des k. k. Ministeriais ecretärs Dr. Bek in der Versammlung vom
17. Februar 1857 und des Herrn Vizepräsidenten, Freiherrn von H ei-
fert in der Versammlung vom 23. October 1858). Den neuesten diess-
fälligen Versuch bildet das bei G. H. Fri edl ei n in Leipzig erscheinende,
vom Herausgeber des Leipziger Messadressbuchs und des deutschen Handeis-
Adressbuches H.Rudolph verfasste „vollständige geographisch-topograpisch-
statistische Ortslexikon von Deutschland," von welchem mir die
beiden ersten Hefte vorliegen. (Spalte 1 — 192 lex. 8°.) Das Lexikon
soll enthalten „alle Städte, Flecken, Pfarr-, Kirch- und andere Dörfer,
Ort- und Bauerschaften, Kirchspiele, Schlösser, Rittergüter, Vorwerke,
Weiler, Hüttenwerke, Mühlen, Höfe, merkwürdige Ruinen, Krüge, Ein-
schichten, Einöden (u. z. in alfabetischer Reihenfolge) der gesammten
deutschen Bundesstaaten, so wie der unter Oesterreichs und Preussens
Botmässigkeit stehenden nicht deutschen Länder." Die ersten beiden Hefte
reichen bis Banemin. Jede Spalte enthält mehr als 60 Namen , die
beiden vorliegenden Hefte somit an 12,000 Ortschaften etc. Das ganze
Werk aus 20 Lieferungen bestehend soll im Zeiträume von 2 Jahren
vollendet sein und ISO, 000 Artikel enthalten. Jedem Orte ist mit wenigen
Schlagworten beigefügt 1. Staat, Provinz, Kreis-Amt oder Gerichtsort,
wozu er gehört; 2. geograph. Lage und Entfernung vom betreffenden
Kreis-. Amts-, oder Gerichtsorte gerade durchgemessen; 3. Fluss oder
See, an welchem der Ort rechts oder links liegt; 4. Einwohnerzahl, Ge-
werbthätigkeit, industrielle Etablissements; o. Postanstalten, Eisenbahn-,
Dampfschiff- und Telegraphenstationen. Zum Schlüsse ist für Kauf- und
Gewerbsleute ein alphabetisches Verzeichniss von Waaren, Fabrikaten,
Producten u. s. w. mit Angabe der Orte, an welchen dieselben haupt-
sächlich ihren Markt haben oder erzeugt werden, zugesagt. Dass von ab-
soluter Vollständigkeit keine Rede sein kann, versteht sich von selbst.
Ich habe das 1. Heft in Bezug auf Krain's Orte genau geprüft und
namentlich mit dem officiellen Ortsverzeichniss verglichen, und bin zu
folgenden Resultaten gekommen. Unter fünfzig krain. Ortschaften des
1. Heftes (A — Annamühle) fehlen sieben: Afriach (slov. Javorje) mit
186 Einw. 25/8 Meilen von Lack, Aichelten mit 08 Einw. im Bezirke
Kronau; Alben 23/8 Meilen von Laibach; Altenmarkt mit 9o Einw.
im Bezirke Weixelburg; St. Ambrosi mit 58 Einw. bei Krainburg;
St. Andrä bei Lack und Andrecji bei Laas mit 18 Einw. Gefehlt ist es
ferners, dass eine seit 1850 nicht mehr bestehende Kr eiseint h eilung
angeführt wird. Dann gehört Aibel zum Bezirke Gotschee und nicht
Neustadl, Altabor zu Neustadt und nicht zu Gotschee, Andoll zu Gross-
laschitz und nicht zu Laibach. Ein Dorf mit Namen St. Agatha findet
sich im officiellen Ortsverzeichniss nicht. Althammer ist im slovenischen
stara fuscina (anstatt stare fuzine) geschrieben. Sehr bedeutend und
F. Foetterle 97
zahlreich sind die Abweichungen in der Einwohnerzahl, wobei ich jedoch
bemerken muss, dass auch das efficielle Ortsverzeichniss nicht die letzte
Zählung (sondern die von 1851) zu Grunde gelegt hat, daher auch die
Angaben dieses letztern keinen Anspruch auf unbedingten Glauben haben.
In nachfolgender Uebersicht dieser Abweichungen gibt die erste
Zahl die des Rudolph'schen Ortslexikons, die zweite die des officiellen
Verzeichnisses an:
R. Off. R. Off.
Adleschitz 820 . . 130 Altlak . . . 1120 . . 585
Aich . . 760 .. 500 Altlinden . . 470 . 158
Alben 1180 . . 108 Altoberlaibach 455 . . 350
Altdirnbaeh 515 .. 168 Altosslic . . . 630 . . 530
Altenlak 1035 . . 539 Altsaag . -. . 750 . . 165
Altenmarkt bei Pölland . 1000 . . 217 St. Andrii . . 560 . . 47
Die übrigen Angaben des Lexikons sind genau. Nimmt man an, dass
die fehlenden Ortschaften durchgehends unbedeutend sind, und mit Aus-
nahme einer (welche aber vielleicht bei Javorje nachgetragen wird) weniger
als 100 Einwohner haben; dann dass genaue Angaben in Betreff der
Einwohnerzahl auch das neueste officielle Ortsverzeichniss nicht biethet, so
kann der Schluss gerechtfertigt erscheinen, dass das vorliegende Ortsle-
xikon (trotz des Mangels absoluter, für Privatkräfte aber eigentlich ganz
unerreichbarer Vollständigkeit) immerhin für practische Zwecke brauch-
bar gelten kann, durch die grosse Anzahl der Artikel, und eine ziem-
liche Verlässlichkeit in den wesentlichsten Puncten."
IHngegangene Druckschriften.
Nouvelles annales des voyages de la geographie, de l'histoire et de l'areheologie.
Paris. VI. Ser. V. Ann. 1859, Mai— August. Von der Redaction.
Pester-Lloyd 1859. Nr. 137 bis zu Nr. 256. Von der Redaction.
Wochenblatt der k. k. steierm. Landwirthschafts-Gesellschaft. Gratz. 1859. Nr. 16 — 26.
Von der Gesellschaft.
Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. Wien VII. Hft. 2. 3. 1858.
Von der k. k. Direction der administrativen Statistik.
Centralblatt für die gesammte Landescultur. Prag 1859 Nr. 23 — 42.
Von der k. k. patr. ök. Gesellschaft.
Mittheilungen über Gegenstände der Landwirthschaft und Industrie Kärnthens. Klagen-
furt 1859. Nr. 5—8. Von der k. k. Landw. Gesellschaft.
Gospodarski List. Zagrebu 1859. Nr. 23—42. Von der k. k. kroat. slav. Ackerb.-Ges.
Austria. Wochenschrift für Volkswirtschaft und Statistik. Wien 1859. Nr. 23—42.
Von der Redaction.
Verhandlungen und Mittheilungen des n. ö. Gewerbe -Vereines. Wien. Jahrg. 1859.
Hft. 4—6. Vom Vereine.
Aegypten. Reisebilder aus dein Orient. Dem Hochgebornen Herrn Grafen Jos. Breuner
hochachtungsvoll gewidmet, nach der Natur gezeichnet und herausgegeben von
L. Libay. Wien 1859. V. Lief. Vom Herrn Grafen Aug. v. Breuner.
Approdi in Trieste secondo bandiere durante i primi semestri degli anni solari 1859.
1858. c 1857. — Navigli approdati in Trieste nel solare 1858.
Von der Handelskammer.
Bericht II. III. über die allgemeine ordentliche Sitzung der Prager Handels- und Ge-
werbekammer am 7. März, am 8. April 1859. Von der Handelskammer.
44. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft in Emden. 1858. — Hannover'sche
Zeitung 1859. Nr. 77, 79, 175, 177, 203, 261. Von Herrn Dr. Metger.
98
Landwirthschaftliche Zeitschrift von und für Ober-Oesterreich. Linz 1859. Nr. 12—20.
Von der k. k. La nd wir t lisch. -Gesel I schalt.
Bolletino dell' Associazione agraria friulana. Udine. 1859. Nr. 11 — 15.
Von der Ackerbau-Gesellschaft.
Bildliche Darstellung des Ganges der Witterung vom 1. Dez. 1857 bis 30. Nov. 1858.
im Königreich Hannover. Nach den zu Clausthal und Emden angestellten meteoro-
logischen Beobachtungen. Von Dr. M. A. J. Prestel. — Wetter-Beobachtungen,
aufgezeichnet in Emden von Dr. M. A. J. Prestel. Beobachtungs- Jahr vom
1. Dec. 1857 bis 30. Nov. 1858. Vom Herrn Verfasser.
Die Privilegien der k. k. landesf. Stadt Fürstenfeld mit einer historisch-topograph.
Skizze derselben. Gratz 1857. — Hartberg. Histor.-topograph. Skizze der Haupt-
pfarre, Stadt und Umgebung. Gratz 1859. — Ansichten aus der Steiermark
u. s. w. IV. Hft. — Die künftigen Grenzen der Sekauer- und Lavanter-Diöcese
in Steiermark (im kath. Wahrheitsfreund. Gratz 1859. Nr. 14). — Die steier-
märkischen Schützon-Freiwilligen-Bataillone und ihre Leistungen in den Jahren
1848 und 1849. Gratz 1857. — Schriften des historischen Vereins für Inner-
Oesterreich. 1. Hft. Gratz 1858. — Mittheilungen des histor. Vereines für Steier-
mark. Gratz 1850—1858. I— VIII. Vom histor. Vereine.
Mittheilungen des ungar. Forst-Vereines. N. F. I. Hft. 1. 2. Presshurg 1859.
Vom Vereine.
Journal of the American Geographical and Statistical Society. New-York. I. 1 — 6.
Jan. -Juni 1859. Von der Gesellschaft.
Verhandlungen der gelehrten Estnischen-Gesellschaft zu Dorpat I. 1 — 4. II. 1 — 4. III.
1. 2. IV. 1. 2. 1840—1858. Von der Gesellschaft.
Importance of the Study of legal Medecine: a lecture introductory to the course on
medical Jurisprudence at the medical College. By James Wynne M. D. New-
York 1859. Vom Verfasser.
Synopsis filicum Africae Australis or an enumeration of the South African ferns hi-
therto Known. By L. Pappe M. D. and the Hon. Bawson W. Bawson Esq.
Cape Town. 1858. — Synopsis of the edible Fishes at the Cape of Good
Hope. By L. Pappe M. D. Cape Town 1853. — Flora capensis medicae Prod-
romus, or an enumeration of South Africa plants used as remedies by the Colo-
nists of the Cape of Good Hope. By L. Pappe M. D. 2d edit. Cape Town.
1857. Vom Verfasser
Achter Jahresbericht über die Wirksamkeit des Werner -Vereines zur geologischen
Durchforschung von Mähren und Schlesien im Vereins-Jahre 1858. Brunn 1859.
Vom Vereine.
Militär-Zeitung. Wien 1859. Nr. 25. 56. 58—78. 80—83. Von der Bedaction.
Auszug aus dem statistischen Berichte der Handels- und Gewerbekammer Ober-
Oesterreichs für das Jahr 1858. Linz 1859. Von der Handelskammer.
Beiträge zur Statistik der inneren Verwaltung des Grossherzogthums Baden. X. Hft.
Carlsruhe 1859. Vom grossherz. Ministerium.
Zeitschrift für populäre Mittheilungen aus dem Gebiete der Astronomie und verwandter
Wissenschaften. Altona 1859. I. 2. Von der Bedaction.
Jahrbuch der k. k. geologischen Beichsanstalt. Wien 1859. X. 1. — VIII. Jahresbe-
richt der k. k. Ober-Bealschule in der Vorstadt Landstrasse in Wien für das
Schuljahr 1858 — 1859. — Programm des k. k. Gymnasiums zu Znaim am Schlüsse
des Schuljahres 1859. — Programm des k. k. Ober-Gymnasiums zu Troppau
für das Schuljahr 1859. — VIII. Jahresbericht für die st. st. Ober-fiealschule
in Gratz für das Studienjahr 1859. — Programm der st. st. vollständigen
Bealschule zu Gratz und der commerciellen Abtheilung derselben für das Stu-
dienjahr 1859 — 1860. — Programm des k. k. Staats-Gymnasiums in Pest für
das Schuljahr 1859. — IX. Programm des k. k. Gymnasiums in Triest zu
Ende des Schuljahres 1859. — Jahresbericht des k. k. Ober-Gymnasiums zu
den Schotten in Wien am Schlüsse des Schuljahres 1859. — Jahresbericht
der k. k. Ober-Bealschule am Schottenfeld in Wien, für das Studienjahr 1858
— 1859. — VI. Jahresbericht des k. k. kathol. Ober-Gymnasiums zu Schem-
nitz am Schlüsse des Schuljahres 1859. — Personalstand und Vorlese-Ordnung
an der ständ.-technischen Lehranstalt in Gratz am Studienjahre 1860. — VIII.
Jahresbericht über das k k kathol. Gymnasium zu Ofen. 1859. — Tudösit-
99
vany a Szegedi Kegyes Tanitorendi Nagy-Gymnasiumrol. 1858 — 1859 iki Tanevre.
— Uebersicht von der Production der Bergwerke, Hütten nnd Salinen in den
preussischen Staaten im Jahre 1854 — 1856. 1858.
Von der k. k. geolog. Reichs-Anstalt.
Programm des k. k. Gymnasiums in Gratz, veröffentlicht am Schlüsse des Studienjahres
1859. Von der Gymn. Direction.
Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou 1859. Nr. 1 — 2. — Ein Ge-
denkblatt für Alex, von Humboldt. Von H. Trautschold. Moscau 1859.
Von der kais. Gesellschaft.
Programm des k. k. Gymnasiums zu Kremsmünster für das Schuljahr 1859.
Von der Gymn. Direction.
Fest-Programm des k. k. Evangel. Gymnasiums zu Teschen zur Erinnerung an die
150jährige Jubelfeier dieser Lehranstalt, veröffentlicht von der Direction im
Jahre 1859. Von der Gymn. Direction.
Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des historischen Vereins der fünf Orte Lucern,
Uri u. s. w. XV. Einsiedeln. 1859. Vom histor. Vereine in Lucern.
Berichte der Rheinischen Missions-Gesellschaft. Barmen. Mai — Sept. 1858.
Von der Gesellschaft.
Vodnikow Spomenik. Vodnik Album. Herausgegeben von Dr. E. H. v. Costa. Laibach
1859. Vom Herausgeber.
Programm des k. k. Gymnasiums zu Agram am Schlüsse des Schuljahres 1859.
Von der Gymnasial-Direction.
Atti di uffizio ed annunzi della Camera di Commercio e d'industria in Fiume. Agosto,
Settembre 1859. Von der Handelskammer.
Verhandlungen des historischen Vereines für Niederbaiern in Landshut VI. 1. 2. 1858
— 1859. Vom Vereine.
C6opHHKi> cTaTHCTHHCKHxt cß'feji'bHiH o Pocciti III., 1858. (Recueil des renseignements
statistiques etc.) — B'bcTHHKi. rnwnep. Pyccuaro reorpa*. o6m,ecTBa, 1858. Nr. 8
— 12. 1859 Nr. 1—4. (Bulletin). — H3cvfe,40BaHie o ToproBJii Ha yKpaHHCKHXT»
apiwapKaxT, H. AucaKOüa, 1858. (Recherches sur le commerce aux faires de
l'Oucraine par M. Aksakoff.) — Proces-verbal de l'assemble generale du
1. Avril 1854. Von der k. russ. Geograph. -Gesel lschaft.
Viaggio in Inghilterra e nella Scozia passando per la Germania, il Belgio e la Francia
etc. Del Dr. Francesco Lanza Nr. 1. 2. Trieste 1859. Vom Verfasser.
Jahresbericht der Ober-Bealschule in Ellbogen f. d. Schuljahr 1859. Von der Direction.
VI. Programm des k. k. Staats-Ober-Gymnasiums zu Vinkovce am Schlüsse des Schul-
jahres 1858—1859. Von der Direction.
Arkiv za Povjestnica Iugoslavensku. Knjiga. V. Zagrebu 1859. Von der Gesellschaft.
A Paper and Resolutions in advocacy of the establishment of a uniform System of
meteorological observations, throughout the whole american continent etc. By
Major R. Lachlan. Cincinnati 1859. Vom Verfasser.
Astronomical Observations made during the years 1847 and 1850 at the U. S. Naval
Observatory, Washington. By M. F. Maury. Vol. V, Washington 1859.
Vom V e r f a s s e r.
Tudösitväny a Dunantuli Ag. Hitv. Ev. Egyhazkerület Soproni Nyilvdnos fötanodajäröl az
1858—1859 diki tanevben.
Von der Direction des evang. Gymn. in Oedenburg.
Jahresbericht über das k. k. Gymnasium zu Czernowitz während des Schuljahres 1858
— 1859. Vom Gymnasium.
Memoires de la Societe royale des Antiquaires du Nord 1845—1849. Copenhague
1852. — Jahres-Versammlung den 31. Januar 1839—1852. — Leitfaden zur
nordischen Alterthumskunde. Kopenhagen 1837. — Saga Jaatvardar Konüngs Hins
Helga. Kjobenhavn 1852. — En Vandring gjennem Jägerspriis's Haveog Lund.
Kjobenhavn 1858. — Cabinet d'antiquites americaines a Copenhague. Rapport
ethnographique par C. C. Rafn. Copenhague 1858. — Antiquites de l'Orient.
monuments Runographiques interpretes par C. C. Rafn. Copenhague 1856. —
Apercu de l'ancienne Geographie des regions arctiques de l'Amerique. Selon
les rapports contennus dans les Sagas du Nord par C. C. Rafn. Copenhague
1857. — Nordboernes forbindelser med Osten i det niende og Närmest folgende
Aarhundreder. Af. C. C. Rafn. Kjobenhavn 1854. — Americas arctiske Lande»
too
Gamle geographie efter de Nordiske Oldskrifter ved C. C. Rafn. Kjobenhavn.
1845. — Verkehr der Normannen mit dem Osten. Notiz von C. C. Rafn.
Von der k. Gesellsch. f. Alterthümer.
Proceedings of the American Academy of arts and sciences. Boston 1859. IV. F. 12 — 31.
Von der Akademie,
Smithsonian Oontributions to Knowledge. Vol. X. Washington 1858. — Annual Report
of the Board Regents of the Smithsonian Institution, showing the Operations
for the year 1857. Washington 1858. Von dem Schmiths. Institute.
Defence of Dr. Gould by the scientific Council of the Dudley Observatory. 3 edit.
Albany 1858. — Reply to the statement of the Trustees of the Dudley Ob-
servatory. By Benj. Apthorp Gould Dr. Albany 1859. Vom Verfasser.
Reports of Explorations and Surveys to ascertain the most practicable and economical
Route for a Railroad from the Mississippi River etc. Vol. IX. Washington 1858.
Vom Kriegs-Dep. Washington.
Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preuss. Rheinlande und Westphalens.
XIV. 1—3. XV. 1—4. XVI. 1—2. Bonn 1857—1859. Vom Vereine.
Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte XV. 3. Stuttgart 1859.
Vom Vereine.
Oberbaierisches Archiv für vaterländische Geschichte. Herausgegeben von dem histori-
schen Vereine von und für Ober-Baiern XVIII, 1—3. XIX, 1. XX. 1. XXI. 1.
München 1857—1858. — Jahresbericht des historischen Vereines. 18—20. für
1855 — 1857. München 1856 — 1858. — Uebersichtstafel zur Begründung einer Ge-
schichte der christlichen Kunst in Ober-ßaiern u. s. w. von B. v. Rittberg.
Vom histor. Vereine.
Das Astronomische Diagramm, ein Instrument, mittelst dessen der Stand und Gang einer
Uhr, des Azimut!» terrestrischer Gegenstände u. s. w. Von Dr. M. A. F. Prestel.
Braunschweig 1859. Vom Verfasser.
Verhandlungen der kaiserl. Leopold-Carolin. -Akademie der Naturforscher XXVI. 1. 2.
Breslau 1857—1858. Von der Akademie.
Jahresbericht der k. k. böhm. Ober-Bealschule zu Prag für das Schuljahr 1859.
Von der Direction.
Proceedings of the Royal Geographical Society of London 1859. Vol. III. Nr. 3. 4.
Von der Gesellschaft.
Bulletin de la Societe de Geographie. Paris IV. Ser. T. XVII. Nr. 97—102. Januar-
Juni 1859. — Question scientifique et personelle soulevee au sein de l'Institut au
sujet des dernieres decouvertes sur la geographie et l'histoire de l'Inde avec
les explications de M. Beinaud. Paris 1859.
Von Sr. Hochw. Domherrn Dr. Salzbacher.
Verhandlungen der Handels- und Gewerbekammer in Prag von ihrer Begründung am
18. Nov. 1850 bis zum Schlüsse des Jahres 1857. Prag 1859. — Bericht der
Handels- und Gewerbekammer in Prag über den Zustand der Gewerbe, des Han-
dels und der Verkehrmittel in den Jahren 1854—1858 Prag 1859. — Bericht
über den Zustand der Baumwoll-, Schafwoll- und Eisen-Industrie in den Jahren
1850, 1853 und 1858. Prag 1859. — Bericht über die allgemeine ausseror-
dentliche Sitzung der Prager Handels- und Gewerbekammer am 25. Febr., 28.
Mai und 25. Juli 1859. Von der Handelskammer.
Das Beich des Priesters Johannes. Ein Beitrag zur Geschichte der geographischen
Entdeckungen. Von P. P. Matkovich. (Im Progr. des Warasdiner k. k. Gymn.
1859.) Vom Verfasser.
Mittheilungen des hist.-antiq. Vereins für die Stadt Saarbrücken und St. Johann. Ueber
die römischen Niederlassungen und die Bömerstrassen in den Saargegenden.
I. — III. Abtheilung 1846—1859. Vom Vereine.
The Atlantis: a Begister of Literature and science. Conducted by members of the C;i-
tholic University of Ireland. Nr. 4. Juli 18.">9. London. Von der Redaction.
Annales de la propagation de la foi. Septembre 1859. Nr. 186. Lyon.
Von der Redaction.
Sulla vita e le opere di Alessandro Humboldt. Discorso di Caterina Scarpellini.
Roma 1859. Von der Verfasserin.
Bulletino dell' Istmo di Suez. Torino 1859. Nr. 9. 11—15. 17—19.
Von der Redaction.
Berichte über die Verhandlungen der k. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften zu
Leipzig. Philosophisch-historische Classe 1858. Nr. 1. 2. Mathem.-phys. Gasse
1858. Nr. 1—3. Von der Gesellschaft.
101
Verhandlungen des Vereines für Kunst und Alterthum in Ulm. Bericht 1. 2. 4. 6. 7.
9. 10. 11. 1843 — 1857. — Illustrationen: Erzengel Michael von M. Schön-
gauer; Barth. Zeitblom's Altargemälde auf dem Heerberge; Marktbrunnen in
Ulm; Aus dem Münster zu Ulm; Holzschnitzwerke aus Dürsch's Sammlung.
Vom Vereine.
Verhandlungen und Mittheilungen des siebenb. Vereins für Naturwissenschaften in Her-
mannstadt. 18S8. Nr. 7—12. 1859. Nr. 1—6. Vom Vereine.
Linnaea. Ein Journal für die Botanik in ihrem ganzen Umfange. Herausgegeben von
Dr. F. L. v. Schlechtendal. Halle XI— XXX. 1. 2. 1837-1859.
Vom Herausgeber.
Eine Lithographie (im Schlossgarten zu Vaal). Von Baronin L. von Kotz.
Address at the Anniversary Meeting of the B. Geographica! Society. 23. Mai 1859.
Annual Beport of tlie Director general of the geological Survey of the united
Kingdom, the Museum of practical Geology etc. London 1858.
Von Sir B. J. Murchison.
Programm der öffentlichen evang. Schul-Anstalten zu Ober-Schützen für das Schul-
jahr 1858—1859. Von Herrn Sectionsrath Bitter v. Heufler.
Nachruf an Dr Franz Leydolt 10. Juni 1859. Von P. P. Urlinger.
Ueber die Sitten und das Becht der Bogos von Werner Munzinger. Mit einer
Karte der nördlichen Grenzländer Abyssiniens und einem Vorworte von W. Ziegler.
Winterthur. 1859. Von Herrn W. Ziegler.
Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Berlin I — XI. 1. 1849 — 1858.
Von der Gesellschaft.
Erdumsegelung der kön. schwed. Fregatte Eugenie. In den Jahren 1851 — 1853. u. s. w.
Uebersetzt von Anton von Etzel. Berlin 1856. — Die Ostsee und die Küsten-
länder geschildert von Anton von Etzel. Leipzig 1854. Vom Verfasser.
Das Sanitäts-Jahr 1858 in der Stadt Pest. Nach meteorologischen, sanitätischen und
statistischen Beobachtungen, zusammengestellt von Dr. Karl Torrn ay.
Vom Verfasser.
Sechs Holzschnitte zur Characteristik der sechs Erdtheile. Illustrationen zu Dr. C.
Vogel's Natur- und Landschaftsbildern, so wie zu allen Lehrbüchern der
Geographie. Leipzig 1859.
Von Hrn. J. C. Heinrichs, Buchhändler in Leipzig.
Statistischer Ausweis der Gratzer Handels- und Gewerbekammer für das Jahr 1857.
Gratz 1858. Von der Handelskammer.
Bericht der Oberhess. Gesellschaft für Natur und Heilkunde. Giessen VI. VII. 1857.
1859. Von der Gesellschaft.
Diagrams showing the mean Direction of Winds from each Quarter in the different
Oceans. — Winds and Calms in the Pacific and Athintic Ocean.
Vom national. Observatorium Washington.
Denkschriften der k. bayer. botanischen Gesellschaft zu Begensburg 1847. III. Bd. —
Flora oder allgemeine botanische Zeitung. Begensburg. Jahrg. 1858. Nr. 1 — 33 etc.
1859. Von der k. botan. Gesellschaft.
Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Berlin. 1859. VI. 4.-7.
Von der Gesellsch. f. Erdkunde.
Mittheilungen von J. Perthes geographischer Anstalt über wichtige neue Erfahrungen
auf dem Gesammtgebiete der Geographie von Dr. A. Petermann. Gotha 1859.
Hft. 5—9. Von Perthes geogr. Anstalt.
Ueber die Fische und ihr Leben in den Waldbächen des Centralstockes des Böhmer-
waldes. Von J. N. Woldfich. Prag 1858. Vom Verfasser.
Was ich erlebte! Was mir auffiel! Erinnerungen vermischten Inhaltes. Von Baronin
Louise Kotz. Prag. 1859. I. Von der Verfasserin.
Allgemeine Land- und Forstwirthschaflliche Zeitung. Wien 1859. Nr. 18 — 31.
Vom k. k. Landw. Gesellsch.
Memorie dell' I. fi. lstituto Veneto di scienze, lettere cd arti. Venezia 1859. VII. 3.
VIII. 1. — Atti deir I. B. lstituto venito T. IV. Ser. III. disp. 7—9.
Vom k. k. Institute.
Tabellen zu dem Berichte der Handels- und Gewerbekammer in Kronstadt, über den
Zustand der Gewerbe in den Jahren 1853 bis 1856. — Protokoll der ordent-
lichen Sitzungen der Kronstädter Handels- und Gewerbekammer im Jahre 1859
am 7. Juni und 6. September, Von der Handelskammer,
102
Mittheilungen des historischen Vereines für Krain von März bis Juli 1859. Laibach.
Vom Vereine.
Einladung zur Besichtigung des neu erfundenen Verbindungs-Apparates der Papierfa-
brications-Maschine mit der Schnellpresse. Von A. Au er.
Vom Herrn k. k. Hofrath Hai dinge r.
Monumenta secularia. Herausgegeben von der kön. bayer. Akademie der Wissenschaften
zur Feier ihres 100jährigen Bestehens am 28. März 1859. — Almanach der k.
bayer. Academie der Wissenschaften für das Jahr 1859. I — III. München 1839.
— Erinnerung an die Mitglieder der math.-phys. Classe der kön. bayer. Akademie
der Wissenschaften. Eine Bede, vorgetragen in der öffentlichen Sitzung zur Feier
des akad. Secularfestes am 29. März 1859 von Dr. Carl. Fr. Ph. von Martius.
München 1859. — Bede bei der 100jährigen Stiftungsfeier der kön. Akademie
der Wissenschaften am 28. März 1859. Gehalten von G. L. v. Müller. Mün-
chen 1859. Von der k. bayer. Akad. der Wissenschaften.
ABHANDLUNGEN
DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN
GEOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT.
I.
Organisation und Fortschritt der militärisch kartographischen
Arbeiten in Oesterreich.
Zusammengestellt von Herrn k. k. Rath A. Steinhaus er
aus den der k. k. geographischen Gesellschaft übergebenen Mittheilungen des Herrn
August von Fligely
k. k. Generalmajor, Director des k. k. militär. geographischen Institutes etc.
Mitgetheilt in der Versammlung: der k. k. geographischen Gesellschaft am 7. December 1858.
Geschichtliche Notizen.
Die ältesten Versuche geometrischer Landesaufnahmen in den öster-
reichischen Erbstaaten fallen in das Ende des 17ten und den Anfang des
ISten Jahrhunderts. Vischer's Karten von Oesterreich ob und unter der
Enns (1667, 1672) und Steiermark (1678), Müller's Karten von Böhmen
(1726) und Ungarn (1718), Visconti' s Kriegs-Karte von Siebenbürgen
(1699) sind die bekanntesten Resultate der kartographischen Arbeiten die-
ser ältesten Periode. Die durch die Kriegführungen gewonnene Einsicht
der Unentbehrlichkeit genauer Karten nöthigte diesem Zweige eine ge-
steigerte Obsorge zuzuwenden.
In dem Zeiträume vom Jahre 1764 bis 1787 wurden nach und nach
alle Länder, aus welchen damals die österreichische Monarchie bestand,
und später die neu acquirirten Provinzen, im Masse 1 Zoll = 400° auf-
genommen. Diese sogenannte Theresianische und Jos ephi ni sehe
Aufnahme befindet sich im k. k. Kriegsarchive.
Nur wenige gestochene Karten gingen aus den damaligen Materialien
hervor, jedoch haben einige derselben, z. ß. Anich's Karten von Tirol
(1774), Liesganig's Karte von Galizien Lipszky's Karte von Ungarn
und seinen Nebenländern (1806— 1808), Zach's Karte von Venedig (1806)
u.a.m., beinahe bis in die neueste Zeit sehr gute Dienste geleistet.
Auch die Karte der Niederlande, aus der Vermessung von 1771 — 1774
gezogen, galt als ein vorzügliches Product ihrer Zeit.
Der Mangel einer richtigen und zusammenhängenden trigonometrischen
Grundlage, die Unvollkounnenheit der älteren Zeichnungsmethode, zumeist
aber die wesentlichen Veränderungen in der Cultur des Bodens seit einem
halben Jahrhunderte machten jedoch eine neue berichtigte Aufnahme höchst
wünschenswerth. Sie wurde durch Weiland Se. Majestät Kaiser Franz I. im
Jahre 1806 angeordnet, auf Antrag Sr. k. k. Hoheit des Generalissimus
Erzherzog Karl und im Wege des Hofkriegsrathes dem General-Quar-
tiermeisterstabe der Armee aufgetragen. Diese neuen Specialaufnahmen,
welche nach einem allgemeinen, die ganze Monarchie gemeinschaftlich
umfassenden Plane unternommen wurden, fallen daher sämmtlich in das
gegenwärtige Jahrhundert.
1
2 August von Fligely.
Die älteren Materialien, von vergleichsweise sehr verschiedenem und
im allgemeinen untergeordnetem Werthe, konnten bei der neuen Vermes-
sung nur in so ferne benützt werden, als sie den Triangnlatoren und
Mappeurs die Recognoscirung der bezüglichen Gegenden erleichterten; die
Aufnahme selbst aber wurde vollständig neu bewirkt.
Ueber die Geschichte der Vermessungen besteht keine ausführ-
liche Darstellung in einem eigenen Werke; ein solches müsste erst aus
den Archiven des bestandenen Hofkriegsraths, des General-Quartiermeister-
stabes und einiger Hofstellen zusammengestellt werden. Einen kurzen
Abriss über die älteren Arbeiten enthält als Einleitung J. Marx Freiherr
von Lichtenstern's 1821 zu Dresden erschienene Schrift: „Vorschriften zu
dem praktischen Verfahren bei der trig. geom. Aufnahme eines grossen
Landes etc." —
Triangulirung.
Zur Grundlegung des Dreiecknetzes wurden ausser den Ortsbestim-
mungen aller, theils auf Staats- theils auf Privatkosten in der Monarchie
bestehenden Sternwarten von Offizieren des militärisch geographischen Insti-
tutes noch in nachstehenden Orten Breiten- und Azimulh-Beoba chtu n-
gen gemacht:
d) bei St. Anna in der Nähe von Arad in Ungarn,
b) auf dem Löwenberg bei Lemberg in Galizien,
c) bei Hermannstadt in Siebenbürgen,
d) auf der Anhöhe Cworkowobrdo bei Esseg in Slavonien,
e) in Spalato in Dalmatien,
f) bei Fiume im Littorale,
g) bei Kloster Ivanich in Kroatien,
h) auf dem Berge Dobrozow n. ö. von Nachod in Böhmen,
i) zu Venedig,
k) bei Innsbruck und
/) auf dem Hummerberg in Vorarlberg.
Mittelst Pul vers ignalen wurden auf dem Parallelkreise unter dem
48ten Breitengrade die Längen unterschiede zwischen München, Wien
und Ofen i), und auf dem mittleren Parallelkreise längs eines Bogens,
welcher sich von Bordeaux in Frankreich nach Ost bis Fiume ausdehnt,
die Längenunterschiede zwischen Turin, Mailand, Padua und Fiume be-
stimmt 2~). Aeltere Längen- und Breitenbestimmungen von den Astronomen
Peter Liesgan ig, Pasquich, Canonicus David, Bürg u. a. stehen mit
den neueren Arbeiten nicht in Verbindung.
Ferner dienen zur Grundlage der österreichischen Vermessungsarbei-
ten folgende Basen:
a) die Basis bei Wiener-Neustadt, 6410 Klafter lang, gemessen im
Jahre 1762 von Peter Liesganig;
6) die Basis auf der Haide von Gallarate, nahe am Ticino in der
Lombardie, 5272 Klafter lang, gemessen im Jahre 1788 von den Astro-
nomen der Brera zu Mailand;
c) die Basis bei Radautz in der Bukowina, 5199 Klafter lang, ge-
messen vom Oberst Hawliczek im Jahre 1818.
1) Man sehe die im Bande VII Seite 2ä7 der monatlichen Correspondenz zur Beförderung
der Erd- und Himmelskunde des Freiherrn von Zach pubiicirte Relation.
2) Man sehe die Anhänge zu den Ephemeriden von Mailand vom Jahre 1823 bis 1828 und
„La Mesure a" un arc du Parallel moyen par le$ Colonel Brousseaud."
Organisation und Fortschritt der milit. kartogr. Arbeiten in Oesterreich, 3
Von der Triangulirungs-Direction des milititärisch geographischen
Instituts wurden dann folgende Basen gemessen :
d) die Basis von St. Anna bei Arad, 4623 Klafter lang, im Jahre
1840 durch Offiziere des Generalstabes und der Armee;
e) die Basis von Partyn bei Tarnow in Galizien (zur Verbindung
mit der russischen Triangulirung), im Jahre 1849 gemessen von Offizie-
ren der Armee.
f) die Basis von Hall bei Innsbruck. 2990 Klafter lang, im Jahre
1851 gemessen von Offizieren des Ingenieur-Geographen-Corps (diente zur
Verbindung der österreichischen Triangulirung mit jener von Bayern und
der Schweiz;
g) die Basis bei Wiener-Neustadt, 500 1 Klafter lang, im Jahre 1857 von
Offizieren des Ingenieur-Geographen-Corps zur Verificirung der alten (sub a)
von Peter Liesganig gemessenen Basis J)-
lieber das Vorgehen bei den Basismessungen, bei der Bildung des
Dreiecks-Systems, bei der Revision, bei der Reduction der Puncte auf
Meridian und Perpendikel , beim Auftragen der Puncte auf die Messtische.
bei Berechnung der geographischen Längen und Breiten, bei Gradirung der
Sectionen, bei Berechnung der Höhenunterschiede und bei Bestimmung des Flä-
cheninhalts der Dreiecke , enthält die schon einmal angeführte Schrift des
Freiherrn von Licht enstern das Nähere, denn sie besteht fast ganz aus
der Instruction, welche der damalige Major und nunmehrige Feldzeug-
meister, Freiherr von Augustin, als Norm für die österreichischen Trian-
gulirungsarbeiten ausarbeitete.
Diese Arbeiten, im Laufe der früheren Jahre durch die Kriegsereig-
nisse oft unterbrochen und wieder aufgenommen, wurden vor dem Jahre
1850 durch Offiziere aus dem Stande des General-Quartiermeisterstabes
oder anderer Armeekörper ausgeführt, seit 1850 sind sie ausschliesslich
den Offizieren des in jenem Jahre errichteten Ingenieur-Geographen-Corps
anvertraut.
Als leitende Behörde fungirte anfänglich der Chef des General-
stabes, später als die Arbeiten an Ausdehnung zunahmen, wurde eine Trian-
gulirungs-Direction eingesetzt, welche dem Generalstabe unterstand,
seit 1839 aber einen integrirenden Theil des militärisch geographischen Insti-
tutes macht. Zu Triangulirungs-Directoren wurden Generäle und Stabsoffiziere
verwendet.
Für die Feldarbeiten werden, je nach dem Erfordernisse eine
Anzahl Triangulirungs-Abtheilungen gebildet, deren jede aus einem leiten-
den Officier (Triangulator , Instrunientführer oder Trigonometer betitelt)
und einem Gehilfen (Adjuncten) besteht. Ausser den chargenmässigen
Gebühren erhält der Instrunientführer eine monatliche Zulage von 60 und
der Gehilfe von 40 Gulden Conv. Münze. Der Bedarf an Materiale, Handlangern,
Fuhren und sonstigen Leistungen wird besonders verrechnet.
Der jährliche Gesammtkosten-Aufwand ist ungleich, weil die Anzahl
der Abtheilungen wechselt. Jede einzelne derselben kostet jährlich mit
Inbegriff der Zulagen 3000 bis 4000 Gulden. Bis zur Vollendung des Netzes
3ter Ordnung des Katasters entlallt auf 1 österreichische Quadrat-Meile ein
*) Die alte Basis vollständig nachzumessen, war nicht möglich , weil deren Endpuncte
nicht mit der nöthigen Schärfe aufgefunden wurden. Die sichere Auffindung einiger identi-
scher Triangulirungspunete zunächst der Basis gestattete jedoch den angestrebten Vergleich
beider Messungen
1*
4 August von Fligely.
durchschnittlicher Aufwand von 170 Gulden Conv. Münze, was für die ganze
Monarchie eine Summe von 21/6 Millionen Gulden gibt.
Die Triangulirung ist so weit gediehen, dass nach dem bereits geneh-
migten Projecte zu deren Vollendung nur noch folgende Operationen nöthig sind:
a) die Messung von zwei Basen, eine bei Pettau in Steiermark, die
andere bei Königgrätz in Böhmen.
6) Astronomische Breiten- und Azimuthmessungen bei Linz und Klagen-
furt im Meridian von Prag.
c) Die Fortsetzung der astronomischen Messung der Bogen des mitt-
leren Parallels von Fiuine bis Orsova und des Parallelkreises unter dem
48sten Breitengrade von Ofen bis Czernowitz in der Bukowina.
d) Die Verbesserung der Dreiecksnetze längs den oberwähnten Parallelen
und längs dem Meridian von Prag.
e) Schlüsslich sind auch noch Längenbestimmungen durch elektrische
Zeitsignale in Antrag.
Es bestehen Verbindungen der österreichischen Triangulation ä)
mit Frankreich '), b) mit der Schweitz 2), c) mit der Triangulation des
Königreichs Neapel und (res Grossherzogthums Toscana 3), d) mit der
russischen Triangulation in Polen 4), e) und mit jener von Bayern 5).
In den Jahren 18öö bis 1857 wurde die österreichische Trianguli-
rung durch Ofiziere des Ingenieur-Geographen-Corps unter der Direction
des militärisch geographischen Instituts auch über das Fürstenthum Walachei
und die Dobrudscha bis zum schwarzen Meere ausgedehnt und östlich von
Bukarest in der Nähe von Slobozia eine Basis zur Controlle der Besultate
gemessen, so wie auch zur Vervollständigung dieser Arbeit astronomische
Breiten- und Azimuth-Messungen vorgenommen.
Es wurden daselbst
a) ein Polygonal-Dreiecksnetz, von zwei Dreiecksseiten der Triangu-
lirung der Südostgränze Siebenbürgens ausgehend, in der Richtung über
Buseo und Slobodzia östlich bis Braila an die Donau, ferner längs dieser
aufwärts, bis gegen Silistria sich ausdehnend, von da durch die Dobrudscha
bis Küstendsche am schwarzen Meere gemessen.
b) Anschliessend an eine Dreieckseite in der Nähe der Basis wurde
eine Dreieckskette längs der Donau fortgeführt, und an einer Seite der
österreichischen Triangulirung bei Orsova (im Bomanen-Banater Gränz-
Begimente) angebunden;
c) wurde, von einer Seite der Triangulirung Siebenbürgens beim
Bothenthurm-Passe ausgehend, die österreichische Triangulirung durch eine
*) Operations geodesiques et astronomiques pour la mesure d' un arc du parallele moyen
executees en Piemont et en Savoie par une commission d'offieiers de I' etat major General et
d' astronome piemontais et autriehiens. Milano. L'imprimerie royale 1825. Vol. II, pag. 343.
Nouvelles deseription geometrique de la Franee par Puissant. Paris 1833.
2) Ergebnisse der trigonometrischen Vermessungen in der Schweiz, von Eschmann.
Zürch 1840.
3) Trigonometrische Vermessungen im Kirchenstaate und Toscana, ausgeführt von dem
Ingenieur Joh. Mori eni unter der Direction des milit. geogr. Instituts. In den Annalen der
k. k. Sternwarte in Wien 1846.
4) Sur la jonction des Operations geodesiques russes et autrichiennes executee par
Struve. St. Petersburg, Bulletin Phys. math. T. X. V. 8. A. 9. 1853.
Bericht über die in den Jahren 1847 bis 1851 ausgeführte Verbindung der österrei-
chischen und russischen Landesvermessung aus dem V. Bande der Druckschriften der math.
naturwissenschaftlichen Klasse der kais. Akademie der Wissenschaften. Wien 1853.
5) Die Ergebnisse dieser Verbindung sind noch nicht publicirt
Organisation und Fortschritt der milit. kartograph. Arbeiten in Oesterreich. 5
Dreiekskette längs desAltfluss es mit der Donaukette bei Nikopoli verbun-
den, und
d) eine gleiche Verbindungskette der Triangulirung Siebenbürgens von
Kronstadt an längs der Dumbovitza über Bukarest zur Donaukette bei
Giurgevo gezogen.
6') Die 5505 Klafter lange Basis wurde zweimal gemessen, und die
astronomischen Beobachtungen zur Bestimmung der Breite und des Azimuths
auf Movila David mit aller Sorgfalt vorgenommen. Die Breite von Movila
David, welcher Punct eine halbe Stunde westlich von Slobozia an der
Jalomitza liegt, ergab sich mit 44° 32" 201/3\
Im Ganzen wurden in der Walachei 124 Puncte erster Ordnung und
250 Nebenpuncte trigonometrisch bestimmt. Die Höhenunterschiede
aller Puncte erster Ordnung wurden durch gegenseitige Zenith-Distanzmes-
sung sorgfältig bestimmt, und überdiess längs einer Linie von Dreiecks-
seiten, von der ungarisch -siebenbürgischen Grenze angefangen, durch Sie-
benbürgen bis gegen Kronstadt und dann durch die Walachei und die
Dobrudscha bis zum schwarzen Meere gleichzeitig gegenseitige Zenith-
Distanz-Messungen und Barometer-Beobachtungen, so wie bei Küstendsche
und Liema-Burun Pegel-Beobachtungen vorgenommen. Bei den meisten der
Nebenpuncte wurde auch die Höhe bestimmt.
Ueberhaupt werden bei den österreichischen Vermessungen die abso-
luten Höhen der trigonometrischen Puncte zum allergrössten Theile aus
gegenseitig gemessenen Zenith-Distanzen abgeleitet, in Wiener-Klaftern und
deren Decimalen ausgedrückt, und auf den Spiegel des adriatischen Meeres
'bezogen. Die Durchschnitts-Zahl der auf eine österreichische Quadrat-Meile
fallenden, trigonometrisch gemessenen Höhen ist verhältnissmässig ungleich,
je nachdem eine Provinz bloss militärisch, d. i. im Masse von 1 Zoll =400°,
oder katastermässig im Masse von 1 Zoll = 40° aufgenommen werden soll.
Im ersten Falle werden auf einer Militär-Section (von 9600° Breite und
6400° Höhe = 3.48 österreichische Quadrat-Meilen) im letzteren Falle für
jede graphische Triangulirungs-Section (von 4000° Breite und
Höhe = 1 österreichische Quadrat-Meile durchschnittlich 2% Puncte trigono-
metrisch bestimmt. Das weitere Detailverfahren ist in beiden Fällen graphisch.
Nur selten werden neben der trigonometrischen Messung auch baro-
metrische Bestimmungen desselben Punctes durch Militärs gemacht. Die
k. k. geologische Beichsaustalt macht jedoch letztere in sehr ausgedehntem
Masse und veröfl'entlicht die Besultate in ihren Jahrbüchern.
Die Berechnungen der trigonometrisch bestimmten Höhen aller Haupt-
und vieler Nebenpuncte sind in den Protokollen der Militär-Triangulirung und
der Katastral-Archive enthalten. Eine vollständige Veröffentlichung derselben
hat noch nicht statt gefunden. Theilweise wurden die Besultate in nachste-
henden Werken publicirt:
a) L. A. Fallon's Höhenmessungen in Oesterreich aus trigonometrischen
Nivellirungen. Wien 1851.
b) Zeitschrift für Physik und Mathematik von Baumgar tu er und
Ettingshausen, 1. und 10. Band. Wien 1832.
c) Jahrbücher der k. k. geologischen Beichsaustalt, vom Jahre 1850 an.
Theilweise Angaben und Verzeichnisse der durch die Triangulirung
erhaltenen Ortspositionen finden sich in verschiedenen Werken zerstreut,
z. B. in dem 18. Bande der monatlichen Korrespondenz zur Beförderung der
Erd- und Himmelskunde von Freiherrn von Zach über die im Jahre 1806
ausgeführten trigonometrischen Messungen. In dem Verzeichnisse geographi-
(5 \iiiiiist von Fligely.
scher Ortsbestimmungen nach den neuesten Quellen von C. B. von Littrow
Leipzig 1844, sind viele geographische Positionen von trigonometrischen
Puncten der österreichischen Monarchie enthalten, welche aus einem vor-
läufigen Calcul resultirt sind. In dem Portolano del innre adriatico, pub-
licirt vom militärisch geographischen Institute in Mailand 1830, sind die geogra-
phischen Positionen jener Puncte angeführt, welche längs der Küste des adriati-
schen Meeres bestimmt worden sind. Auch in den Werken über die Messung
der Parallelkreisbogen und Triangulirungsverbindungen findet man eben-
falls viele geographische Ortsbestimmungen von trigonometrischen Puncten,
die der österreichischen Monarchie angehören. Eine vollständige Veröffent-
lichung der Resultate der astronomisch-trigonometrischen Arbeiten kann erst
dann erfolgen, wenn Zeit und Mittel es erlauben, die gemachten Beobach-
tungen einem definitiven Calcul zu unterziehen.
Mappirung.
Die Def ail-Aufnahme, auf Grund der neuen Triangulirung, begann im
Jahre 1806, wurde jedoch vom Jahre 1809 bis 1811, von 1820 bis 1826,
von 1830 bis 1836 und vorn Jahre 1848 bis 1850 unterbrochen. Sie dehnte
sich aus auf
„. . f . . ( 1801 bis 1805, dann
lirol (ohne Kataster) von j jojg jg^o
Salzburg „ von 1807 und 1808,
Oesterreich „ „ 1807 bis 1819,
Lombardie und Venedig (mit Kataster) abgesehen von den Vorarbeiten
von 1814 bis 1827,
Neapel (während der Occupation, ohne Kataster)
von 1822 bis 1826,
Illyrien (auf Grund des Katast.),, 1825 „ 1835,
Steyermark „ „ „ 1826 „ 1836,
Bukowina „ „ „ 1828 „ 1831 (unvollendet),
Mähren u. Schlesien „ „ 1838 „ 1842,
Böhmen „ „1842 „ 1853,
Dalmatien „ „ 1851 „ 1853,
1810 „ 1812 \
Ungarn (ohne Kataster) von } 1819 „ 1831 f. .. , .,.
1837 „ 1847 ("»vollendet),
1850 „ 1858)
Siebenbürgen „ von 1853 „ 1857 (unvollendet),
Wallachei „ „ „ 1857,
Römischen Staat und Toscana „ ) , .
(auf Grundlage des Katasters) j 1841 und lb_u"
Ungarn wird jetzt allein bis zur Vollendung, welche in drei Jahren zu
erwarten ist, fortgesetzt. Der jetzt fertige Theil beträgt ungefähr zwei Drit-
tel. Die Aufnahme von Siebenbürgen und der Bukowina erstrecket sich noch
auf einen kleinen Theil dieser Länder. Nach der Vollendung von Ungarn,
wird die Woywodina, dann Kroatien, Slavonien und die Militär-Gränze, sodann
Galizien an die Reihe kommen und mit dem Reste von der Bukowina und
und von Siebenbürgen geschlossen werden. Die Aufnahme der ganzen
Monarchie kann daher mit Wahrscheinlichkeit (unter Voraussetzung der gegen-
wärtigen Verhältnisse) im Jahre 1875 angenommen werden.
Die Mappirung ist auch auf fremde Staaten ausgedehnt worden. Auf
den Wunsch der Regierungen von Parma und von Mo de na wurden diese
Länder vom Jahre 1820 bis 1821 durch die k. k. Offiiziere unter Leitung
Organisation und Fori schritt dermilit. kartograph. Arbeiten in Oesterreich. 7
des österreichischen Generalstabes im Militärmasse 1 Zoll = 400° aufgenommen,
und es befindet sich diese Arbeit im hierortigen Besitze. Ein gleiches geschah
mit Toscana und dem Kirchenstaat e (1841 und 1842 im Masse 1 Zoll =
1200°). Zufolge einer Convention wurde das Fürstenthum Walachei unter
Leitung des Directors des militärisch geographischen Institutes General-Major
von Fl igel y in den Jahren 1856 und 1857 durch österreichische Offiziere
im halben Militärmasse (1 Zoll — 800°) aufgenommen. Die Uebereinkünfte
mit den Regierungen vorbenannter Länder beschränken sich wie bei Toscana
und Rom nur auf die Anordnungen ihrer unterstehenden Organe zur willfäh-
rigen Unterstützung der Aufnahmsarbeiten während ihrer Dauer. Ausserdem
hat die Regierung der Wallachei den Betrag von 25000 St. Dukaten zu den
Kosten der Aufnahme beigetragen und erhält dafür die Mittheilung aller tri-
gonometrisch gewonnenen Resultate und eine Kopie der Aufnahme.
Die Mappirung wird von Offizieren des Generalstabes, des Ingenieur-
Geographen- Corps und Zugetheilten von allen Truppen und Branchen der
Armee ausgeführt. Die Leitung derselben hat der Director des militärisch
geographischen Instituts, dem eine Anzahl Mappirungs - Unter-Directio-
nen in den verschiedenen Ländern unterstehen, jede mit einem Stabsoffizier
oder Hauptmann des Generalstabes oder Ingenieur - Geographen - Corps als
Unter-Director und 8 bis 9 Mappeurs. Dem Unter-Director obliegt die Kon-
trolle der Detail-Arbeiten, die er allmonatlich in seinem Amtsbezirke vor-
zunehmen hat; dem Director des militärisch geographischen Instituts hingegen
die Revision der Gesammtarbeiten, die er jährlich in einigen dieser Bezirke
vorzunehmen hat.
Die Mappirungs-Unter-Directoren beziehen 60 Gulden Zulage und 53
Gulden Pauschale, die Mappeure 40 Gulden Zulage und 42 Gulden Pauschale
monatlich. Von dem Pauschale sind die Auslagen auf Errichtung der Zeichen,
auf Vorspann bei Uebersiedlungen, Botenlöhne u. s. w. zu bestreiten.
Gewöhnlich werden acht Mappirungs-Abtheilungen mit 72 bis 80 Offi-
zieren aufgestellt, und diese letztere Zahl dürfte von nun an, bis zur Been-
digung der Vermessung der Monarchie alljährlich verwendet werden. Nur in
den letzten Jahren waren wegen der bewirkten Aufnahme der Wallachei 120
bis 130 Offiziere in Thätigkeit.
Eine Mappirungs-Abtheilung kostet durchschnittlich mit Inbegriff der Zu-
lagen für die sie formirenden Individuen jährlich 9000 Gulden, wornach sich
der Kostenaufwand in einem Jahre ungefähr auf 72000 Gulden herausstellt.
Die Militär-Aufnahme einer Quadrat-Meile auf Grundlage der Kataster-Aufnahme
(diese selbst nicht eingerechnet) lässt sich durchschnittlich auf 120 Gulden
C. M. veranschlagen, die ohne Kataster auf 250 Gulden C. M. Da beiläufig
zwei Drittel des Kaiserstaates auf die erste und ein Drittel auf die letzte Art
theils bereits aufgenommen, theils noch aufzunehmen sind, so ergibt sich für
eine Quadrat-Meile ungefähr 163 Guldon C. M. im Durchschnitt, so dass die
ganze Monarchie bis zu ihrer Vollendung auf 1.887,540 Gulden C. M. zu
stehen käme, ohne die Besoldungen der verwendeten Offiziere einzurechnen.
Die bei der Detail-Aufnahme beschäftigten Mappeurs erhalten alle für
den technischen Dienst erforderlichen Instrumente, und zwar jeder einengrossen
Messtisch und einen kleinen Detaillirtisch auf ärarische Kosten, zudem Averden
jedem Mappeur drei Militär-Handlanger beigegeben, wovon jeder eine tägliche
Zulage von 7 Kreuzern erhält. In den Ländern, wo der Kataster besteht, und der
Mappeur demnach das nach der Katastral-Aufnahme reducirte Gerippe sammt
Culturen vollständig erhält, wird jeder Offizier nur mit einem kleinen Detail-
lirtisch ausgerüstet und ihm nur ein Militär-Handlanger beigegeben.
8 August von Fligely.
Wenn ohne Kataster -Reduction gearbeitet wird, der Mappeur also nur
von drei trigonometrisch bestimmten Punkten ausgehend alles neu aufneh inen
rnuss , sind für den Anfänger 4, für geübte Mappeurs (5 Quadrat-Meilen
jähr liehe Leistung vorgeschrieben; wo bereits die Geripp-Reduction aus
dem Kataster vorhanden ist und nur diese reambulirt und das Terrain
eingetragen wird, gelten 3 Sectionen ä 4 Quadrat-Meilen, also 12 Quadrat-
Meilen jährlich für eine ausgiebige Leistung. Eine Eintheilung des Terrains
in Klassen mit Bezug auf die Schwierigkeit der Aufnahme findet strenge ge-
nommen nicht statt, doch ist es selbstverständlich, dass bei aulfallender Leich-
tigkeit mehr, bei offenbarer Schwierigkeit verhältnissmässig weniger gefordert
wird, worüber die Unter-Directionen zu urtheilen haben.
Die Sommerfeldarbeit dauert in der Regel vom ersten Mai bis Ende
October, in südlichen Gegenden wird wohl auch April und November verwen-
det, im Hochgebirge jene Zeit, wo die Witterungsverhältnisse die Arbeit
überhaupt zulassen. In den Wintermonaten haben die Mappeure keinen
Truppendienst zu leisten. Sie zeichnen (in den Ländern, wo ohne Kataster-
Grundlage gearbeitet wird) erstens die Brouillons - Viertel aus, welche dann
zu einer ganzen Section vereint auf Leinwand aufgespannt und beschrieben
werden, dann kopiren sie diese Brouillons-Viertel auf das grosse Original-
blatt, auf welchem sie die Triangulirung der Section bewirkt haben, so dass
von derlei Sectionen zwei Exemplare in's Kriegsarchiv gelangen. Wo mit vor-
ausgegangenem Kataster jährlich 12 Quadrat-Meilen von jedem Mappeur
aufgenommen werden, wäre die doppelte Auszeichnung eine zu grosse Auf-
gabe. Es besteht daher an diesen Sectionen nur eine Original-Zeichnung,
doch werden dieselben im Bedarfsfalle im militärisch geographischen Institute
photographisch kopirt. Alle Original-Aufnahms-Sectionen werden, sobald sie
das militärisch geographische Institut nicht mehr zur Kartenreduction bedarf,
im k. k. Kriegsarchiv deponirt.
Auch die bei Gelegenheit der Landes-Aufnahme von den Mappeurs vor-
geschriebenermassen verfassten, sowohl topographischen als militärischen Lan-
desbeschreibungen seines Arbeits-Rayons werden (ohne Bestimmung zur
Publication) mit den Original-Aufnahms-Sectionen an das k. k. Kriegsarchiv
zur Sammlung und Aufbewahrung abgeben.
Die Original-Aufnahme im Inlande hat in der Regel den Massstab von 1
Zoll =400° oder tttöt der natürlichen Grösse, nur in den römischen und
toscanischen Staaten wurde dieselbe im Masse von 1 Zoll = 1200° oder
rehrö der Natur, in der Walachei im Masse von 1 Zoll = 800° oder S7*M
der natürlichen Grösse bewirkt. Von den Umgebungen grösserer Städte und
von Lager- und Manöver-Gegenden bestehen auch Aufnahmen im Masse von
1 Zoll = 200° oder tt|ot der Natur. Nur diese werden durch Lithographie
vervielfältigt und herausgegeben, alle übrigen Sectionen werden vermöge aller-
höchster Anordnung nicht veröffentlicht; jedoch erhalten mit besonderer Bewil-
ligung des hohen Armee-Ober-Commando's k. k. Anstalten zu gemeinnützigen
und Diensteszwecken, dann auch Eisenbahngesellschaften photographische
Kopien bestimmter Zugstrecken, behufs der vorzunehmenden Studien, gegen
entsprechende Vergütung.
Die förmliche Aufnahme und Legung äquidistanter Höhen-
curven ist als viel zu zeitraubend und über das militärische Bedürfniss hin-
ausreichend nicht vorgeschrieben. Nachdem bei Gelegenheit der geometri-
schen Detail-Triangulirung der Section, behufs der Bestimmung des Horizontal-
netzes, gleichzeitig auch mittels des eigens dazu eingerichteten Diopters (der
Kippregel) mindestens 80 bis 100 Puncte rücksichtlich ihrer verticalen Höhen-
Organisation und Fortschritt der milit. kartograph. Arbeiten in Oesterreich. 9
läge bestimmt wurden, liegt es dem Mappeur ob, bei Eintragung des Terrains
die Curven gl ei c her Höhe zwischen jenen Fixpuncten mit freiem Auge
zu beurtheilen und einzutragen, um darnach die Bergstriche senkrecht auf
diese Curven, und in der dem Neigungswinkel der Böschung entsprechenden
Starke gleich auf dem Felde zu schraffiren. Der grösseren Sicherheit wegen
werden auch die Böschungswinkel häufig gemessen und die Ziffer au der
betreffenden Stelle eingetragen. Solcher Messungen sind gleichfalls 80 bis
100 in einer Section vergeschrieben.
Als Zeichnungsscala für die Schraffirung gilt das Gesetz, dass
bei 50 ° Neigung voll schwarz, bei 4o° schwarz zu weiss wie 9:1, bei 40
wie 8:1 u. s. f. angenommen wird.
Eine Behörde, deren Aufgabe und Pflicht es wäre, alle, von den ver-
schiedensten Gesichtspunkten aus auf die specielle Landeskunde be-
züglichen Materialien zu sammeln und zu concentriren, existirt in Oester-
reich nicht. Das k. k. Kriegsarchiv und das militärisch geographische Institut
sind in dieser Beziehung nur die Vertreter des Militär-Gesichtspunktes. Letzteres
steht bezüglich des Empfanges oder der Mittheilung von Materialien in ver-
schiedenartigen Beziehungen zu andern Anstalten. Es erhält von Seite des
k. k. Marine- Ob erkomm ando's die nothwendigen Behelfe, Sordirungen
etc. zur Berichtigung der Seekarte des adriatischen Meeres und des Pontolano;
von der Generaldirection des Grundsteuer - Katasters empfängt es die
Reductionen der Kataster-Aufnahme. Die Directionen der k. k. geologischen
Reichsanstalt, so wie des statistischen Bureaus im Handelsministe-
rium und die Eisenbahnd irectionen stehen behufs der Mittheilung von
Behelfen in gegenseitiger Beziehung zur Direction des militärisch geographi-
schen Instituts.
Im Uebrigen haben nur die Landes-Baudirectionen über die in
ihrem Bereiche stattgehabten Veränderungen vierteljährige Rapporte einzusen-
den, welche aber bloss für die Evidenzhaltung der schon bewirkten Aufnahme
(und der schon bestehenden Karten) benützt werden. Zu dieser Evidenz-
hai t u n g d e r 0 r i g i n a 1 - A u fn a h m e besteht im militärisch geographischen In-
stitute eine eigene Evidenzhaltungs-Abtheilung, deren Obliegenheit es ist, alle ihr
pflichtgemäss durch die verschiedenen Landesbaudirectionen vierteljährig durch
Oleaten und genaue Beschreibung bekannt gegebenen neu gebauten und umge-
legten Strassen, Eisenbahnen, Flussregulirungen und sonstig vorkommenden
grösseren Veränderungen in die betreffenden Original- Aufnahms-Sectionen
(dann in die verschiedenen Karten einzutragen, so wie auch die Nachtragung
in die Kupferplatten, oder auf den Steinen anzuordnen und zu überwachen.
Wiewohl die Leistungen seit den letzten drei Decennien für militärische
Zwecke befriedigend zu erachten sind, so müssen doch die früheren Aufnahmen
nach Vollendung des noch unbearbeiteten Theiles der Monarchie einer neuen
Aufnahme oder mindestens einer Reamhulirung um so mehr unterzogen wer-
den , als der Kataster seither in allen jenen Provinzen bereits durchgeführt ist.
Bereits wurde im Jahre 1842 eine Reambulirung des Erzherzogthums
Oesterreich ob und unter der Euns angeordnet, weil sich in dem langen Zeit-
räume seit der Aufnahme (1810—12 und 1816—18) bedeutende Aenderungen
in den Culturen, Strassen etc. ergeben hatten. Aus gleicher Ursache ist eine
Reamhulirung von Salzburg und Tirol nöthig geworden und wird zeitgemäss an
die Reihe kommen.
Rcdudion and Publication der Karten.
Die Original-Seetionen der Aufnahme werden behufs des Stiches der
Special-Karten aus dem Aufnahmsmasse in das Kartenmass reducirt, und zwar
10 A. v. Fligely. Organisation und Fortschritt der milit. kartogaph. Arbeiten in Oesterreich.
linear auf j, so dass auf 1 Zoll =2000° (rr5Vinr) entfallen. Nur die Special-Karten
der italienischen Lander haben das Mass von i Zoll = 1200° (Virfs-ö). Sie um-
fassen auch eine grössere Fläche, indem sie 25 Zoll Breite und IG Zoll Höhe,
also 400 Quadrat-Zoll messen, während die Blätter der übrigen Special-Karten
nur 14.4 Zoll Breite und 9.6 Zoll Höhe, somit 138.24 Quadrat-Zoll messen.
Die Reductionen geschehen in der topographischen Zeichnungskanzlei des
militärisch geographischen Instituts unter der Leitung eines Stabsoffiziers als
Bureau -Chef und werden von der Iustituts-Direction überwacht. Es ist ein-
geführt, dass jedes Kronland in ein Ganzes zusammengestellt wird. — Dasselbe
gilt von den General - Karten, zu welchen die Special-Karten linear auf die
Hälfte reducirt werden.
Die Gradnetze der Karten werden nach der von Bonne modifizirten
Flamstead'schen Projection berechnet und verzeichnet , wobei die Erd-
abplattung zu yfö» der Halbmesser des Aequators zu 3,36oo35 Wiener-Klafter
angenommen ist.
Bezüglich der Höhenangaben auf den Reductionen, rücksichtlich Karten-
blättern muss bemerkt werden, dass bisher auf Karten von Ländern, die ohne
Kataster aufgenommen wurden, wie z. B. das nichtösterrcichische Italien, Tirol,
Oesterreich, Salzburg, Ungarn, selten mehr als die Höhen der trigonometrischen
Hauptpunkte bestimmt sind, daher auch nur diese in den Karten angegeben
wurden, so dass man davon kaum mehr als einen auf 10 Quadrat-Meilen rech-
nen kann. Allein in Ländern, wo der Kataster vorausging, kommen bis 3 H ö-
hencoten auf eine Quadratmeile, und da sie sich nicht, wie die vorgenannten,
ausschliesslich auf ausgezeichnete Hervorragungen , sondern mitunter auch auf
Joche und Thalpunkte beziehen , und können in derlei (mit der Contour zuvor
versehenen) Karten bei sorgfältiger Würdigung der Lage und Stärke der
BergschratTen die Curven gleicher Höhe bei Schichten von 200 bis 300 Fuss
Höhe mit Annäherung an die Wahrheit gezogen werden, für geringere Höhen
schichten wären die Anhaltspunkte ungenügend.
Die Ausführung der Karten auf Kupfer oder Stein geschieht durch
die im militärisch geographischen Institute bestehenden Kupferstecher- und
Lithographen-Abtheilungen. Die Leitung und Ueberwachung dieser Arbeit be-
sorgt der bei jeder dieser Abtheilungen angestellte Vorstand. Die Kontrolle
wird von dem eigens dafür angestellten Revisor und endlich vom Director des
Institutes versehen.
Die Kosten dieser Ausführung werden zum grossen Theile durch den
Verkauf der Landkarten hereingebracht. Jede Vorauslage und der etwa nö-
thige Mehraufwand wird vom Militär-Aerar getragen.
Die Veröffentlichung der Landkarten geschieht durch Verkauf im
eigenen Verschleissamte und im Wege des Kunsthandels durch Hrn. Artaria et
Compagnie, erleidet demnach keine Einschränkung. Veröffentlicht sind die Spe-
cial- und General-Karten von Oesterreich ob und unter der Enns, von Salzburg,
Tirol, vom Lombardisch-venezianischen Königreiche, von Steiermark, Kärnthen,
Krain und dem Küstenlande, dann von Mähren und Schlesien. Von der aus
38 Blättern bestehenden Special-Karte von Böhmen sind bis nun 29 Blätter
erschienen, der Rest von 10 Blättern wird längstens binnen 2 Jahren nachfolgen.
Die Aufnahme von Dalmatien befindet sich eben in der Reduction und Zu-
sammenstellung. Ungarns Comitatskarten ohne Terrain sind vollendet; von
der Administrativ- und General-Karte sind 8 Blätter bereits herausgegeben und
2 zur Publication bereit.
Von der Evidenzhaltung der publicirten Karten gilt dasselbe, was von
der Evidenzhaltung der Mappen oben bereits erwähnt wurde.
IL
Ueber Körpermessungen,
als Behelf zur Diagnostik der Menschenracen.
Von Dr. Karl S c h e r z e r und Dr. Eduard S c h w a r z.
Entwurf eines Systems, welches die Verfasser, den von ihnen, während der
Reise der k. k. österreichischen Fregatte Novara um die Erde, an Individuen
verschiedener Racen angestellten Messungen zu Grunde gelegt haben.
Erste österreichische Erdumsegelungs-Expedition unter den Befehlen des Conimodore
B. v. Wüllerstorf-Urbair, in See am Bord Sr. Majestät Fregatte Novara, 7.
October 1858.
Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 18. Jänner 1859.
Die vage, unausreichende Eintheilung des Menschengeschlechtes in
bald vier, bald fünf, bald sieben und bald eilf in Bezug auf Form und
Structur verschiedene Racen, zeigt wohl am deutlichsten wie mangelhaft
noch unsere Kenntniss von deren abweichenden Eigenthümlichkeiten ist.
So theilen L e i b n i t z und Lacepede das Menschengeschlecht in :
Europäer, Lappländer, Mongolen und Neger; — L i n n e: in weisse, kupfer-
farb'ne , schwarze und olivenfarbige; Blumenbach in: Kaukasier,
Aethiopier, Mongolen, Amerikaner und Malayen: ■ — B u f f o n in: nördliche (das
sind Lappländer), tartarische, südasiatische, schwarze, europäische und
amerikanische; — Hunter in: schwarze, schwärzliche, rothe, kupferbraune
schwarzbraune, braune und weisse; — Prichard in: Iranische (auch
indo-atlantische oder kaukasische) Völker, turanische (mongolische) Völker,
Amerikaner, Hottentoten und Buschmänner, Neger, Papuas (oder wollhaarige
Völkerstämme Polynesiens), und Alfurus (oder Australische Bace); — Picke-
ring in: Weisse, Mongolen, Malayen, Indier, Neger, Aethiopier, Abyssinier,
Papuas, Negritos, Australier und Hottentoten. *) Gleichzeitig mit dem
Erkennen dieser Mangelhaftigkeit muss in jedem Forscher der Wunsch
rege werden, bei anthropologischen Untersuchungen sich über ein Mitte
zu verständigen, wodurch die Beurtheilung des Menschen als Racen-Reprä-
sentanten weniger wie bisher der individuellen Auffassung oder der oft
durch die verschiedenartigsten Vorurtheile getrübten Anschauung überlassen
bleibt, sondern eine bestimmtere Basis gewinnt.
Anatomen, Anthropologen und naturwissenschaftliche Reisende haben
in neuerer Zeit Messungen der verschiedenen Dimensionen des menschli-
*) Diese Eintheilung nach zumeist unwesentlichen, äussern Unterschieden wie Farbe
der Haut, Farbe und Form der Haare u. s. w. oder nach ihrem muthmasslichen geographischen
Ursitze, wie Iranier (von Iran, einem südlich und südöstlich vom kaspischen Meere gelegenen
Landstriche den Prichard für den Ursitz dieser Völker hält), oder Turanier (von Turan,
der Name des nördlich und nordöstlich an Iran gränzenden Landes, in dem schon seit der älte-
sten Zeit der Geschichte ein Tlieil jener Menschenrace wohnt) u. s. w. ist ausserordentlich
unbestimmt und unsicher, weil aus einem Schwarzen, selbst wenn man seine Hautfarbe und
seinWollhaar künstlich änderte, dennoch kein Europäer, kein Indianer, kein Malaye u. s. w.
werden würde, und weil ebenso ein auf den Inseln des Malayischen Archipels, oder in Aethi-
opien von europäischen Eltern erzeugtes Kind doch kein Malaye oder Aethiopier ist, sondern
der Race nach Europäer bleibt , wenn schon sich dessen Hautfarbe durch klimatische lokale
Verhältnisse jener der Eingebornen nähern sollte. (Vergl. Humboldt's Kosmos, vol. I. pag-
382-383).
1 2 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
chen Körpers als ein Hauptmittel erkannt, *) um endlich dahin zu gelan-
gen, den normalen Kaukasier, mit dem normalen Malayen, Mongolen, Papua,
Neuseeländer, Indianer u. s. w. vergleichen zu können. So sehr aber
auch die auf diesem Gebiete von verschiedeneu Gelehrten vorliegenden
Arbeiten das schöne Verdienst der Anregung in Anspruch nehmen, so
haben doch dieselben ihre Messungen weder hinreichend auf alle Theile
des menschlichen Körpers ausgedehnt, noch an Individuen verschiedener
Menschenracen angestellt, um als mehr denn fragmentarische Untersuchun-
gen angesehen werden zu können, und nicht vielfache Verbesserungen
zuzulassen, ja sogar wünschenswerth zu machen.
Solche Messungen nach einem festgestellten Systeme, in einem gross-
artigeren Maasstabe, wie jemals früher vorzunehmen, schien uns die Erd-
umsegelung der österreichischen Fregatte Novara, an welcher Theil nehmen
zu dürfen, wir die Ehre gemessen, eine ganz ungewöhnlich günstige
Gelegenheit zu bieten. Wir entwarfen und beriethen daher einen Plan,
nach welchem im Laufe unserer Reise, an jedem Punkte, wo die kai-
serliche Fregatte lange genug verweilt, eine gewisse Zahl von Messun-
gen an so vielen Individuen beiderlei Geschlechtes, von mittlerem Alter
und Körperbau als nur immer thunlich, vorgenommen werden sollten, um
untrüglichere Anhaltspunkte als die bisherigen zur genaueren Unterschei-
dung und Charakterisirung der verschiedenen Menschentypen zu erlangen.
Das Interesse, welches die blosse Mittheilung unserer Absicht, derlei
Messungen vornehmen zu wollen, in wissenschaftlichen Kreisen erregte,
die Aufmunterung, welche unserem Streben von Seite der angesehensten
Fachautoritäten Deutschlands, Frankreichs und Englands zu Theil wurde,
bestärkte uns nur noch mehr in der Ausführung unseres Vorhabens, und
so entstand allmählig, nach mehrfachen Abänderungen und Zusätzen ein
System, dessen Darlegung sowohl, wie die Rechtfertigung von Körpermes-
sungen überhaupt als Rehelf zur Diagnostik der Menschenracen, die fol-
genden Rlätter zum Gegenstande haben.
Positive Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen haben die
Gränze zwischen Mensch und Thier gezogen, — sie haben für die Dif-
ferential-Diagnostik der Racen manchen schönen Fund gethan, manchen
frappanten Schluss gezogen: aber gereichen diese iusgesammt, nicht weit
mehr dem menschlichen Geiste und seinem nimmer müden Streben nach
Erkenntuiss zur Ehre, als dass sie dem gewöhnlichen Reobachter bestimm-
tere Anhaltspunkte für diagnostische Zwecke an die Hand geben würden?
Es unterliegt z. R. keinem Zweifel, dass, nachdem die Stellung des
grossen Hinterhauptloches das Zusammentreffen des Kopfschwerpunktes mit
der Körperachse und ihrer Unterstützungsebene (nebst Mithilfe der Nacken-
musculatur) bedingt, eine Abweichung der Stellung desselben, durch andere
Umstände compensirt werden muss, wenn der Kopf nicht aus seiner Gleich-
l) Wenn gleich nicht in direktem Bezug auf den menschlichen Körper, sondern auf die
Bedeutung von Messungen naturwissenschaftlicher Objecte im Allgemeinen sagt der grösste
Naturforscher unserer Zeit: „Bei allem Beweglichen und Veränderlichen im Räume sind
„mittlere Zahlenwerthe der letzte Zweck, ja der Ausdruck physischer Ge-
„setze; sie zeigen uns das Stetige in dem Wechsel und in der Flucht der Erscheinungen ;
„so ist z. B. der Fortschritt der neueren messenden oder wägenden Physik vorzugsweise
„durch Erlangung und Berichtigung der mittlem Werthe gewisser Grössen bezeichnet, so
„treten wiederum, wie einst in der italienischen Schule, doch im erweiterten Sinne, die ein-
zigen, in unserer Schrift übrig gebliebenen und weit verbreiteten hieroglyphischen Zeichen
„die Zahlen, als Mächte des Kosmos auf."' —
Ueber Körpermessungen. 13
gewichtslage nach vorne oder hinten weichen soll. — Während der erste
Umstand niemals stattfindet, hat die vergleichende Anatomie andererseits
nachgewiesen, dass mit dem Absteigen von den höheren zu den niederen
Wirbelthieren das grosse Hinterhauptsloch (welches bei der sogenannten
kaukasischen Race beinahe die Mitte der Schädelbasis einnimmt), von
vorn nach hinten rückt, und dass das auf solche Weise gestörte Gleich-
gewicht, nur durch mächtigere Nackenmusculatur wieder hergestellt wird. *)
Nach dieser Erfahrung erscheint die Folgerung wohl gerechtfertiget, dass
Völkerstämme mit übermächtiger Nackenmuskulatur, welche nebenbei mit
dem übrigen Muskelbau nicht im Einklänge steht, ein mehr nach hinten
gerücktes Hinterhauptsloch besitzen, und dadurch eine Analogie mit obiger
Wahrnehmung zeigen. — Demungeachtet würden wir nicht wagen, dieses
einzelne Merkmal als sicher leitende Differential-Diagnostik für Racenun-
terschiede aufzustellen.
Noch erweckt in anderweitiger Beziehung die Musculatur die Auf-
merksamkeit des Forschers. Kein Thier, selbst das allergrösste nicht,
besitzt verhältnissmässig so mächtige Gefässmuskeln als der Mensch, weil
sie seinen Stamm auf den Extremitäten balanciren müssen, und seinen
aufrechten Gang ermöglichen ; — ein altbekanntes populäres Unterschei-
dungszeichen, das unser hochverehrter Lehrer und Freund, Professor
H y r 1 1 so geistreich auf die Anordnung der Musculatur zurückführt, und
welches eine der zahllosen genialen Bemerkungen ist, die seine Vorträge
so belehrend und genussreich machen.
Ferner ist es dem vergleichenden Anatomen gelungen , sowohl am
Skelete wie an anderen innern Organen charakterisirende Unterscheidungs-
zeichen der verschiedenen Racen zu finden; er hat weiters dargethan
dass die vorherrschende Entwickelung der Kauwerkzeuge , das Verhältnis»
des Antlitzes zum Schädel, die Ausprägung der Jochbrücken, die Mäch-
tigkeit ihrer Bogensehwingung u. s. w. gleichfalls maassgebende Zeichen
für die nähere oder entferntere Stellung des Menschen zum Thiere sind.
Ja ihm dienen innere Organe zur Feststellung der Gränze zwischen
Familien, Gattungen, sogar zwischen Gruppen und Varietäten von Thieren,
welche letztere äussere Kennzeichen, wie Gestalt, Farbe, Bedeckung u. s. w.
völlig neben einander stellen, sogar identificiren, und die sich dennoch
schon durch ihre Lebensweise und Bestimmung wesentlich von einander
unterscheiden und desshalb von der Natur in ihrer weisen Anordnung mit
andern, zweckentsprechenden Organen oder Organsveränderungen ausge-
stattet wurden. — Ebenso hat die Forschung die Stellung der Augen nach
vorne in der Gesichtsebene, deren Abstände von einander, ihr Zurück-
weichen nach der Seite, ihre Schlitzung, die Höhe des Nasenrückens,
die Länge der Extremitäten, die Vermehrung der Musculatur an denselben
u. s. w. als berücksichtigungswerthe äussere anthropognostische Zeichen
erkannt. —
So schätzenswerth aber auch diese und viele andere beinahe jede
Region des menschlichen Leibes umfassenden diagnostische Beiträge sind,
welche die comparative Anatomie in jüngster Zeit geliefert , so fehlen
') Eine nothwendige Folgeerscheinung hiervon ist, dass solche Menschen, fast immer
mit überwiegenden Kauapparaten versehen, ihren Kopf mehr nach hinten geworfen tragen,
und indem sie einen Theil des Gewichtes desselben auf diese Weise hinter die Körperachse
verlegen, haben sie gleichzeitig ihr Gesicht, dergestalt, dass der untere Stand des Unterkie-
ferkörpers horizontal getragen wird.
14 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
nichts desto weniger, wie schon bemerkt, noch gänzlich bestimmtere,
untrüglichere Unterscheidungsmale für das Erkennen der Verschiedenheiten
des Menschengeschlechtes.
Dort, wo der Mensch nur mit einer und derselben Race oder
Racenvarietät in Berührung kommt, ist ihm der Mensch in Rezug auf
seine Körperbeschaffenheit das gewöhnlichste Übject der Betrachtung, und
ohne jemals über die eine oder die andere Unterscheidung nachgedacht
zu haben, erkennt er in ihm gewissermaassen instin ctmässig seines Gleichen.
Diess scheint auch Ursache zu sein, warum er bis jetzt verabsäumt, ja,
wir möchten fast sagen , vernachlässigt hat , für einen ihm instinctiv geläufigen
Gegenstand, wie die Diagnose des Menschen , absolute, wissenschaftliche
Formeln zu suchen und aufzustellen. — Der reisende Forscher fühlt dage-
gen schon weit mehr dieses Bedürfniss, indem er oft Geschöpfen gegen-
über steht, bei denen es ihm schwer fällt nach allgemeinen populären
Symptomen, wie: aufrechter Gang, stolze Haltung, offener Blick, ausdrucks-
volles Gesicht, freier Wille u. s. w. zu unterscheiden, mit wem er es
zu thun habe. —
Aber selbst wenn wir die obenerwähnten differential-diagnostischen
Merkmale als täglich sich vermehrend und klarer herausstellend voraus-
setzen, und nur die Unterschiede zwischen Menschen und Menschen auf-
finden wollten, so würde sich ein solcher Ermittlungsversuch bald als noch
schwieriger erweisen und durch die Fortschritte der Differential-Diagno-
stik nur wenig Unterstützung finden. — Man glaube ja nicht durch die
Untersuchung von einer geringen Anzahl von Individuen, z. B. 10, 20, 30.
mit Sicherheit irgend einen Anhaltspunkt feststellen zu können. Nur zu
häufig wird sich der Fall ereignen , dass der Beobachter durch den
Anblick allein nicht im Stande ist, zu bestimmen, ob und wodurch dieses
oder jenes Individuum sich von demjenigen unterscheidet, welches er zur
Basis seiner Yergleichung (d. h. zu seinem Normal-Typus) genommen.
Abgesehen davon z. B. dass es selbst in Europa nicht unschwer wäre,
aus der grossen Masse Einzelne herauszufinden, welche, wenn man nicht
unwesentliche Merkmale, wie Farbe der Haut 9» Gattung der Haare u. s. w.
s c r u p u 1 ö s mit in Betracht zieht, genau mit der einen oder andern
Persönlichkeit, ja sogar mit einer Mehrzahl von Individuen nicht europäi-
scher Racen Aehnlichkeit haben, begegnet der reisende Forscher zuweilen
ganzen Völkerstämmen, welche einen bereits bekannten Eindruck in seinem
Innern wiederholen. Die Singalesen, die hinduischen Peons, die indischen
Sepoys a), sehen genau so aus, wie die meisten unserer Rumänen, derart
dass sich dem Beschauer diese Aehnlichkeit trotz der Trachtverschieden-
heit unwillkührlich aufdrängt 3). In den holländischen Kolonien auf Java
*) Dieses Merkmal , welches älteren Forschern bei ihrer Eintheilung des Menschen-
geschlechtes zur Rasis zu dienen pflegte, nniss schon aus dem Grunde als unwesentlich
betrachtet werden, weil seine Veränderung nicht einmal eine vorübergehende Täuschung
herbeizuführen im Stande ist, (ein weissgeschminkter Neger und ein schwarzgefärbter Euro-
päer werden gewiss nicht verwechselt werden). Uebrigens kommt die natürliche Hautfarbe,
namentlich bei wilden und halbwilden Völkern dem Beschauer selten zu Gesicht, indem sich
dieselben unaufhörlich öhlen, färben, schminken, tättowiren u. s. w. und man doch nicht eine
curcumafarbige, oder eine blau und schwarz-tättowirte Race wird annehmen wollen?
2) Wir heben hauptsächlich diese beiden Stämme hervor, weil dieselben aus dem
urwüchsigsten Theil des Volkes genommen, meist aus schönen gufgeformten typischen
Individuen bestehen.
3) Eigentümliche Trachten, Schmuckgegenstände, Waffen u. s. w. , welche uns in
den, in ethnographischen Werken so stereotyp immer wieder vom Neuen abgedruckten bild-
Ueuer Körpermessungen. ig
haben wir unter anderm Gelegenheit gehabt, schöne stämmige Buggis,
Makassaren, Amboinesen, Sumatraner, Sundanesen zu sehen und zu mes-
sen, welche, wenn sie uns anstatt in holländischer Uniform in ßatavia, in
österreichischem Soldatenrock auf dem Wiener Exerzierplatz begegnet wären,
wir ohne Weiters für Kroaten oder Gränzer gehalten haben würden,
gleichwie gar mancher Chinese, mit seinen schonen feinen Zügen und
seinem elegischen Gesichtsausdruck in den Salons unserer Weltstädte
anstandslos für einen europäischen Elegant genommen werden dürfte. •)
Als wir in den Gefängnissen von Hongkong die, der Zöpfe beraub-
ten Chinesen, namentlich vom Stamme der Hakka s, mit ihrem gedrungenen
kräftigen Körperbau, den schön geformten, gebogenen, (langen, geraden)
Nasen, und einer fast gar nicht specitisch chinesischen Augenstellung
betrachteten, mussten wir uns selbst das Geständniss machen, "dass diese
Hakka's dermaassen gewissen plebejischen Figuren aus unsern untern Ständen
gleichen, dass sie, europäisch gekleidet, sich mit den meisten Menschen
in Berührung setzen könnten, ohne jemals für Chinesen erkannt zu wer-
den, auch wenn der Beobachter das typische Bild eines Chinesen mit
Haarzopf, Opiumpfeife, Pfauenfedern, Palmenfächer, Theekiste und Pagode,
wie es unserer Vorstellung von Jugend auf durch die erwähnten stereo-
typen Abbildungen to tief eingeprägt wird, vor Augen hätte.
Noch mehr fühlten wir das Trügerische der meisten äusseren Merk-
male beim Anblick der katholischen und protestantischen Missionäre in
Hongkong und Shanghai, welche auch hier, wie im weiten Westen als
die edlen, aufopfernden Träger und Verbreiter christlicher Civilisation und
Wissenschaft unter dem Volke leben, und durch Wort, That und Beispiel
wohlthätig auf dasselbe wirken. Von der Ueberzeugung durchdrungen, wie
sehr des Menschen Auge an Aeusserlichkeiten haftet, haben sich jene
verehrungswürdigen Männer dazu bequemt, zur sicherern Erreichung ihres
frommen Zweckes gewisse Sitten und Gebräuche des chinesischen Volkes
anzunehmen, und namentlich das Kopfhaar in der allgemein üblichen Form,
vorne geschoren, hinten als langen Zopf zu tragen.
Durch diese Zugeständnisse im Anzüge und in der Toilette des
Kopfes kommt nun eine dermaassen vollständige Täuschung zu Stande, dass
dieselbe nicht nur die Vorstellung der Chinesen vollständig beherrscht,
liehen Darstellungen der Racentypen, so eonsequent vor Augen geführt und eingeprägt
werden, haben uns daran gewöhnt, dieses oder jenes Individiuum unverweilt in die Abthei-
lung einzureihen, wohin es als Racentypus gehört, sobald dasselbe mit gewissen Toiletten
stücken, Ornamenten, Waffen, Instrumenten und andern Abzeichen erscheint, wie z. B.
der Eskimo in Seehundsfell, einen Fisch in der Hand; — der Indier auf einem Elephanten
reitend, der Araber ein Kameel an der Hand führend; — die tropischen Völker, mit der ewi-
gen Palme im Hintergründe, oder der Malaye mit Kris und Betelbüchse; — der gewisse
Eingeborne von Nukahiwa mit Keule und Schildkröte u. s. w. Bildet man dagegen z. B. einen
Chinesen ohne Haarzopf, Opiumpfeife, Palmenfiicher, Pfauenfedern, lakirte Sonnenschirme,
oder ohne eine Pagode im Hintergrund ab, so wird man für die richtige Beurtheilung des
dargestellten Racentypus ebenso grosse Schwierigkeiten finden, wie unter ähnlichen Verhält-
nissen in der Wirklichkeit. Allerdings besitzen Fachmänner andere wissenschaftliche Be-
helfe zur Erkennung und Unterscheidung der verschiedenen Racentypen, aber diese sind
weder für alle Fälle ausreichend, noch allgemein genug verbreitete, um als wissenschaftli-
ches Gemeingut gelten zu können. —
*) Bei den weit schöner geformten Tataren ist diese Täuschung noch frappanter.
Leider haben wir von denselben keine hinreichende Anzahl gesehen, um sie zum Gegen-
stand einer weitläufigeren Erörterung machen zu können. Allein beim Anblick der fünf oder
sechs Tataren beiderlei Geschlechtes , welche wir zu Gesichte bekommen, kostete es uns
weit mehr Anstrengung sie von mongolischer, als von europäischer Abstammung zu halten.
16 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
sondern sogar eine gleiche Wirkling auf das Auge des Europäers übt.
Wir befanden uns im Jesuiten-Collegium zu Sikkawei bei Shanghai unter
einer Anzahl katholischer Missionäre in chinesischer Tracht, und mochten
uns eben so gut in einen Kreis von Gelehrten des Reiches der Mitte
versetzt glauben. Der hochverdiente englische Missionär Rev. Dr. Medhurst
sen. reiste im Innern China's in der Tracht der Eingebornen viele Monate
lang zu einer Zeit, wo ihm eine Entdeckung seiner wirklichen Nationa-
lität den grössten Gefahren ausgesetzt haben würde , ohne gleichwohl
trotz der Schlauheit der Chinesen und ihrem Hange zum Verdachte erkannt
zu werden.
Noch bei Weitem schwieriger hält es Unterracen zu scheiden, wenn
auch für diese gewisse prägnante Kennzeichen bestehen müssen. So z. B.
wird der auf Java, dem Centralpunkte der Sundainseln lebende Anthro-
polog auf den ersten Blick die meisten der auf grösseren und klei-
neren Inseln dieses herrlichen Archipels lebenden Malayenstämme zu son-
dern vermögen, selbst wo äussere Momente, wie Tracht, Kopfputz, Kriegs-
werkzeuge, Arbeitsgeräthe u. s. w. keinerlei Anhaltspunkt geben. — Fragt
man aber, welche Merkmale es sind, die seinem Auge z. B. einen Suma-
tranen oder Javanesen von den Eingebornen von Celebes, Amboina u. s. w.
unterscheiden lassen, so muss man mit der Auskunft vorlieb nehmen, dass
er zwar, ohne jemals sich zu trügen, die Diagnose zu stellen im Stande
sei, über die eigentlichen Erkennungszeichen jedoch , sich selbst nicht
genau Rechenschaft zu geben vermöge. Wir haben es persönlich und
wiederholt erlebt, dass selbst Männer der Wissenschaft von hohem Anse-
hen und Ruf uns eine ähnliche Antwort zu geben, sich gezwungen sahen.
Sollte aber das höchstorganisirte Wesen dieser Schöpfung, der Mensch,
plan- und systemlos entstanden sein und entstehen, er, der die Systeme
nachgewiesen, nach welchen die Sterne kreisen, und der Weltkörper seine
Bahn geht; — der auch für die geringste Erscheinung im Haushalte der
Natur Gesetze aufgefunden und festgestellt, und selbst jenem Plane nach-
zuspüren sich erkühnt hat, welcher dieser hochherrlichen Schöpfung zu
Grunde liegt? —
Sollte gerade für den Menschen keine bestimmte Regel existiren,
nach welcher sicli die verschiedenen Varietäten seines Geschlechtes gestalten
und erkennen lassen, während es doch seinem rastlos forschenden Geiste
gelungen die Pflanzenwelt nach einem gewissen Systeme in hunderte von
Familien, tausende von Geschlechtern und hundertmal tausende von Spezies
einzutheilen, und jeder einzelnen ihren bestimmten Platz darin anzuwei-
sen; während er auf gleichem Wege dahin gelangt, die fast zahllosen
Spezies des Thierreiches, an dessen Spitze er sich selbst gleichsam als
hors de classe stellte, von der an 18 Fuss hohen Giraffe bis zum mikro-
skopischen Infusionsthierchen einem einigen, gleichen Gesetze zu unterwer-
fen, nach welchem der Fachkundige aus den Millionen Geschöpfen der
Thierwelt jedes einzelne Individuum nach gewissen Unterscheidungen zu
classifiziren vermag?
Das kleinste, unscheinbarste Blümchen, das niemals zuvor eines Men-
schen Auge gesehen, versteht der wissenschaftliche Blick des Botanikers nach
gewissen systematischen Kennzeichen ohne Schwierigkeit neben jene Pflanze
einzureihen, zu welcher es in nächster morphologischer Verwandtschaft steht,
ihm eben so gut Platz und Namen im grossen Systeme nachzuweisen, als
ob es beim Aufbau desselben zugegen gewesen, und schon damals beide
Prärogative für sich in Anspruch genommen hätte. — Lud, wir wiederholen
Heber Körpermessungen. 17
es, gerade der Mensch sollte von diesen ehernen, ewigen Naturgesetzen
eine Ausnahme machen, für ihn allein sollte keine Regel bestehen und auf-
zufinden sein, nach welcher sich seine verschiedenen Typen gestalten und
erkennen lassen? —
Obschon nun Jedermann im Vorhinein von dem Bestehen eines solchen
Planes überzeugt sein dürfte, so müsste es selbst dann, wenn noch irgend
ein Zweifel darüber walten sollte, jedenfalls als eine würdige Aufgabe des
Menschen angesehen werden, das gleiche Maass von Studium und Forschung,
der Systematisirung seines eigenen Geschlechtes zuzuwenden, das er tau-
senden von Pflanzen und Thiergeschlechtern so lange vorher gewidmet hat!
Und sehen wir, wie zahlreiche, ähnliche wissenschaftliche Strebungen, welche
gleichfalls seitab vom Wege der Befriedigung materieller Interessen liegen,
wie z. B. mikroskopische Untersuchungen der kleinsten Organismen der
thierischen Schöpfung im Meere und Land und der zartesten Pflanzenkeime,
sich einer so ermunternden Theilname erfreuen, so wagen wir getrost ein
gleiches Wohlwollen des Mannes der Wissenschaft wie des gebildeten Laien
auch für unsere, gewiss nicht weniger wichtige und nützliche Aufgabe zu
hoffen, welche, indem sie die Kenntniss des Menschengeschlechtes zu för-
dern sich bemüht, in ihren endlichen Resultaten so mannigfaltige und frap-
pante Schlüsse in Aussicht stellt! —
Da es sich beim Menschengeschlechte (dessen generische Charaktere wir
dermalen nicht in das Bereich unserer Betrachtung ziehen), bloss um die
Diagnostica der Racen, Unterracen und Raeen-Varietäten handelt, so muss-
ten wir gleich von vornherein einen mehr ins Detail führenden Weg ein-
sehlagen. Wir haben indess nicht vernachlässigt, die meisten jener Merk-
male theils als Rubriken, theils als Anmerkungen in unsern Entwurf mit auf-
zunehmen, welche frühern Forschern das alleinige Material für die Description
des Menschen abgegeben haben.
Unsere, für die Varietäten -Diagnostik mehr spezialisirende Untersu-
chungsweise führte uns auf die, in andern Zweigen der Naturwissenschaften
bereits ungemein weit verfolgte Methode der Messungen. Lehrt uns die
Erfahrung, welche erstaunlichen Resultate Messungen der Körperlänge, der
Flügelspannung, des Umfanges von Kopf, Brust u. s. w. so wie der auf-
fallendsten Dimensionen einzelner Organe und Gebilde in der Ornithologie
zur Folge hatten, wo das Maass und Gewicht eines ausgewachsenen Indi-
viduums in vielen Fällen als ausschlaggebende Diagnostica sogar für die
Bestimmung der Species gelten. Ebenso finden Masse und Gewicht, auch
in der Diagnose der übrigen Thierwelt Beachtung. —
Der abweichenden Einzelnheiten in unserm Verfahren so wie seiner
umfassenderen Ausdehnung haben wir bereits Erwähnung gethan. — Die
Hauptursache wesshalb einzelne unserer Messungen von frühern ähnlichen
Schematen abweichen, mag in dem Umstände gesucht werden, dass Punkte
mit Linien verbunden, weit leichter durch Zahlen zu bezeichnen, festzu-
stellen, und der Controlle zu unterwerfen sind , als gewisse von andern
Forschern gewählte Flächen und Gegenden, welche, wie Fussohle, "Weiche,
Backen, Unterleib u. s. w., theils als zu vage Angaben erscheinen, theils
aber durch Weichtheile gebildet, vielfältigen Veränderungen in Folge
momentaner Stellung ausgesetzt sind.
Ja die jüngste Erfahrung hat uns gelehrt, dass sogar Sitten und
Gebräuche nicht nur an Weichtheilen (wie Ohrläppchen, Brüsten, Genita-
Mittheilungen der k, k. geographischen Gesellschaft. III. Bd. 1. Heft.
\ 8 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
lien u. s. w.), sondern selbst an starren Körpertheilen willkührliche Alte-
rationen gegen den Plan der Natur hervorzubringen vermögen. *)
Auf diese Weise würden z. B. diejenigen Forscher, welche die
Stellung der Zähne, und zwar mit Recht, als Differential -Diagnosticum
annehmen, den urwüchsigen Eingebornen der Nikobarischen Inseln gegen-
über dieses Merkmal nicht benützen können, indem jener Volksstamm an
seinen Zahnen sowohl, wie an den Zahnfortsätzen der Kiefer in Folge
continuirlicher Anwendung scharfer Kausubstanzeu eine pathologische Ver-
änderung und consecutiv eine ganz widernatürliche Stellung derselben zu
Stande bringt, so dass die obere und untere Zahnreihe, wenn geschlos-
sen, in einem spitzigen Winkel aufeinander greifen.
Dagegen wurde bei der Bestimmung der Messpunkte, dem Knochen-
systeme und seiner praktischen Wichtigkeit jene Aufmerksamkeit zuge-
wendet, welche dasselbe, wie Professor Hyrtl bemerkt, „durch seine
bedingenden Verhältnisse zu den Weichtheilen" gehörig verdient; u. z. sind
die meisten Ausgangs- und Endpunkte unserer Messungen natürliche Pro-
tuberanzen von Skeletparthien, die von den Weichtheilen nicht maskirt
werden.
Wenngleich einzelne dieser Messpunkte bereits von andern Forschern
auf diesem Gebiete die verdiente Berücksichtigung erfuhren , und sogar
schon Anlass zu verschiedenen schönen Detailarbeiten gegeben haben , 2)
so erschienen doch die vorhandenen Messungsschemate für unsere anthro-
pologischen Zwecke nicht umfassend genug, 3) und wir haben daher
unsern Arbeiten ein neues, vielfach erweitertes Schema zu Grunde
gelegt, — und die anzustellenden Untersuchungen und Messungen in vier
verschiedene Abtheilungen gebracht u. z.
1. In allgemeine Beobachtungen.
2. In Messungen für den Kopf en face und en profil,
3. In Messungen am Stamme.
4. In Messungen der obern und untern Extremitäten.
Von den 78, an jedem einzelnen Individuum mittelst Bandmaass, Taster-
zirkel und mehreren andern höchst einfachen Instrumenten vorgenommenen
Messungen, welche sich am Schlüsse dieser Denkschrift systematisch ver-
zeichnet finden, beziehen sich 30 auf den Kopf, 19 auf den Stamm,
21 auf die obern und untern Extremitäten, und es ist bei denselben
auf einige Maasse Rücksicht genommen worden, welche weniger für den
1) So z. B. scheint das Antlitz aller Betel-kauenden Völker, durch das sehr frühzeitig
begonnene und das ganze Leben hindurch unaufhörlich fortgesetzte Kauen der Arecanuss,
Betelblätter mit Kalk und Tabak, nebst der dadurch verursachten Deformität der Zähne und
ihrer nächsten Umgebung, gleichzeitig auch in seiner knöchernen Grundlage alterirt zu sein.
2) A. Quelet et, sur Vhoinme et le developpement de ses faculte's, ou Essai de phy-
sique sociale. Paris 1835. 2 vol. — Geologische Bilder zur Geschichte der Erde und
ihrer Bewohner, von Dr. H. Burmeister. Leipzig 1835. Der schwarze Mensch pag. 95
u. s. w. Das umfassendste Werk über Messungen, wenngleich in anderer Bichtung hat Dr.
Zeising in neuester Zeit in seiner Proportionslehre des menschlichen Körpers, Leipzig 1854,
geliefert.
3) Wir führen hier beispielweise einige Messschemate aus den neuesten und berühm-
tetsen Beisewerken vor:
„Narative of the United States Exploring Expedition during the years 1838-1842.
Vol. V. pag. 539. Appendix: Table of the measurements of the natives of several groups
of Polynesia: 1. Height; 2. Farial angle; 3. front line ; 4. upper line; o. lower line;
6. length of arm; 7. length of collar hone; 8. number of teeth; 9. length of hand; 10
length of foot; 11, circumference of head; 12. number of beais of pulse in a minute,"
Leber Körpermessungen. 19
Anatomen und Physiologen, als für den Künstler und die graphische Dar-
stellung Werth besitzen, indem uns die Möglichkeit, auf Grund unseres
Schemas gleichfalls den Schädel und Kopf, sowie den ganzen Körper
graphisch darstellen zu können, als ein nicht unwichtiger Nebenvortheil
desselben erschien.
I. Allgemeines.
Die in dieser Abtheilung zusammengefassten Beobachtungen beziehen
sich nebst der Angabe des Namens, Geschlechtes, Geburtslandes, der
Beschäftigung, sowie Art und Stärke des Bartes des gemessenen Indivi-
duums, noch auf die folgenden Bubriken:
1. Alter, 2. Farbe der Haare, 3. Farbe der Augen, 4. Pulsschläge
in der Minute, 5. Gewicht, 6. Dynamometer, Druckkraft (force manuelle)
7. Dynamometer, Hebekraft (force renale) 8. Complette Höhe.
Die Bedeutung der meisten dieser allgemeinen Beobachtungen ist
genug einleuchtend, um in diesem Entwürfe keiner ausführlicheren
Erläuterung zu bedürfen. Nur in Bezug auf die Anwendung der Wage
und des Begnier'schen Kraftmessers zur Bestimmung der Druck- und
Hebekraft erlauben wir uns noch einige Bemerkungen beizufügen. — Die
Ermittlung des Gewichtes ist nicht nur für das Knochensystem und die
Gesammt-Musculatur von Wichtigkeit, in so ferne eine Kenntniss dessel-
ben zugleich die proportionalen Annäherungszahlen für diese Systeme
sowohl als auch für einige andere Organe ergibt, sondern es lässt sich
auch als interessantes Nebenresultat, (wie schon Qu etelet lehrt), auf Grund
des bekannten Gewichtes und der Höhe eines Individuums sowohl dessen
eigenes Alter als auch beziehungsweise das Durchschnittsalter ganzer
Bevölkerungen bestimmen. Dieser Umstand hat für uns desswegen einen
gewissen Werth, weil wir dadurch die, auf blosse Schätzung basirte
Annahme des Alters bei jenen Völkerschaften zu controlliren vermögen,
welche in ihrem primitiven Zustande entweder noch gar keinen Begriff
von Zeit besitzen, oder in Folge irriger Vorstellung zuweilen Angaben
der widersinnigsten Art machen.
Was ferner die Anwendung des Dynanometers betrifft, so wollen
wir hier bloss auf die Wichtigkeit' hindeuten, welche die Kenntniss der
Muskel- und Lendenkraft *) eines Individuums für die richtige Beurtheilung
der Arbeitskraft ganzer Völkerstämme besitzt.
„Narrative of the surveying voyages of H. M. Ships „Adventure and Beagle,"
between the years 1826 und 1836. — Appendix to volume II. pag. 142. Bemarks by
Mr. Wilson Surgeon , On the structure of the Fuegians. Measurements; 1 Thorax; 2
Abdomen; 3. Pelvis; 4. Thigh; 5. Ca?/ of the leg; 6. arm; 7. fore arm; 8. length of the head
from the chin tipwar ds; 9. length of the bodyfrom the Symphysis pubis to the top of the sternum;
10. length of the thigh; 1 1. length of leg; 12. length of arm, 13. length of fore-arm and hand;
14. length from spina to sternum extemally; 15. same, internally ; 16. breadth of the thorax;
17. breadth of hypochondrial regions; 18. breadth of pelvis between superior and spinous pro-
cesses." —
*) Wir können uns durchaus nicht mit Dr. Prichard einverstanden erklären, denDy-
namometer durch Gewichte ersetzlich zu halten: allerdings würde man ein gutes Resultat für
den Ausdruck der Hebekraft eines Individuums erhalten, wenn es das grösste seinen Kräften
entsprechende Gewicht auf eine gewisse Höhe emporheben möchte; allein, obschon ein intel-
ligenter Mensch nach gewissen Erfahrungen ungefähr schätzen kann, ein wie schweres Ge-
wicht er zu heben im Stande ist, so wie er beiläufig ermisst, wie weit er springen und lau-
b*
20 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
Der Dynanometer als Messungsapparat der Druckkraft scheint indess
bei Urvölkern mehr als Maass einer negativen Grösse zu dienen, nämlich
jenes Resultates, welches bei einer gegebenen Muskelmasse durch Mangel
an Hebung und Ausbildung, die Früchte der Zivilisation, (vielleicht auch
an Nerven-Erregbarkeit und Willenseinfluss), unter einer gewissen Norm
bleibt. Und ziehen wir diejenigen unserer Messungen in Betracht, welche
die theoretische Ermittlung ») der Kraftäusserungen jeder Muskelgruppen
erlauben, die bei Anwendung des Dynanometers ins Spiel kommen, sollte
sich da nicht — wir wagen die Frage — bei Vergleichung dieser mit
dem praktisch gewonnenen Resultate in dem Plus zugleich ein Maass erge-
ben für jene geheimnissvollen Motoren der Muskelkraft: den Nervenein-
fluss und den Willen? —
Von diesen allgemeinen Betrachtungen und Bemerkungen, erlauben
wir uns zu den Messungen selbst überzugehen.
II. Kopf. — a) en profil.
„Der Kopf Ist, physisch und ideal betrachtet, der erhabenste Theil
des menschlichen Leibes und als ausschliesslicher Sitz des denkenden und
empfindenden Princips sein wichtigster Abschnitt," sagt einer der geist-
reichsten Anatomen unserer Zeit: und in diesem Sinne bestrebten wir uns
möglichst zahlreiche, theils bereits als wichtig anerkannte, theils viel ver-
heissende Messungen an demselben vorzunehmen, daraus ein zusammenhän-
gendes Ganze zu bilden, und dieses, gleichsam ein trigonometrisches Netz
über den ganzen Kopf zu spannen.
Vor allem erschien es uns von grosser Bedeutung das vielwichtige
Gesichtsprofil genau zu fixiren , um mit den gewonnenen Zahlen eine
getreue Figur darstellen zu können, und wir hielten in dieser Beziehung
die folgenden vier Punkte, so wie ihre Stellung in der Profdslinie für
besonders beachtenswerth: 1. Den Haarwuchsbeginn an der Stirne, 2. Die
Nasenwurzel, 3. Die Nasenbasis, 4. Den Kinnstachel. z)
Diese vier Punkte wurden gewonnen, indem wir vorher die absolu-
ten Längen: Vom Haarwuchsbeginn an der Stirne bis zur Nasenwurzel,
Vom Haarwuchsbeginn an der Stirne bis zur Nasenbasis. Vom Haar-
wuchsbeginn an der Stirne bis zum Kinnstachel massen 3) und
fen kann, — so ist dennoch beim angestellten Experimente ein einmaliges Irren und die ver-
gebliche Anwendung der Kräfte auf ein zu kleines oder zu grosses Gewicht, genügend, um
das Resultat zu klein zu gestalten; — bei der Anwendung des Dynamometers hingegen,
muss jeder Versuch, sobald der Hebende versteht, warum es sich handelt, bestens gelingen. —
Nun versuche man erst durch Gewichte die Hebekraft uneivilisirter Völkerstämme bestimmen
zu wollen, von welchen man nur sehr schwer erfahren kann, ob es in ihrem Willen und Kraft
liegt, mehr zu heben, und bei welchen man sehr häufig versuchen müsste, um das für jedes
Individuum passende Gewicht herauszufinden, das wieder zu einer Zeit controllirt werden
soll, wo die Kräfte nicht nur durch frühere Experimente angegriffen sind. — Die Erfahrung
zeigte uns, dass wir mittelst des Dynamometers das beste Resultat bei den wildesten Stäm-
men auf einmal erzielten, sobald wir ihnen die Manipulation des Kraftmessers zeigten, und
sie bei der Ausführung derselben animirten ihr Bestes zu thun.
*) Vergleiche die wundervollen Arbeiten von Weber, Dubois-Rey mo nd, Ludwig
u. A über die Hebekraft vivifizirter Muskeln von gemessenen Volumen. —
2) Die detaillirte Angabe dieser 4 Punkte findet sich in den Nr. 15, 16, 17, des bei-
gefügten systematischen Schemas. — Dass alle diese Messungen in der Medianlinie zu ge-
schehen haben, ist wohl selbstverständlich. —
3) Wodurch sich ganz natürlich jede Zwischendistanz von seihst ergiebt. wie z. B.
Nasenbasis bis zur Nasenwurzel u. s. w.
lieber Körpermessungen.
21
sodann einen oder zwei beliebige Punkte des Profils , (Nasenspitze,
hervorragende Ober- oder Unterlippe, oder beide zugleich *) mit einer
durch den Senkel hergestellte Senkrechten in Berührung brachten. Hierauf
massen wir die horizontale Entfernung der erwähnten vier Profils-Punkte vom
Lothe, welche dadurch vollkommen genau bestimmt und in nachfolgender
Weise dargestellt werden können:
Aus dem Punkte a der Horizontalen ac (siehe nebenstehende Figur
I.) zieht man die senkrechte ab, verzeichnet sodann aus a auf die Horizontale :
fj% ^ Die bei der Messung Nr. 9 (Abstand
"e des Haarwuchsbeginnes von der Senkrechten)
und die bei der Messung Nr. 10 (Abstand der
Nasenwurzel von der Senkrechten) gefundenen
Distanzen: aaund aß, — zieht dann durch
ß eine Parallele zu ab, welche man mit der
Fig. I. durch die Messung Nr. 15. (Haarwuchsbeginn
an der Stirne bis zur Nasenwurzel) erzielte
Entfernung von u aus schneidet, und hat
dadurch den Standpunkt der Nasenwurzel in
der Profillslinie bestimmt
Die Stellung der Nasenbasis wird erhal-
f! ten, indem man den Abstand derselben von
der Senkrechten, in der Horizontalen auf-
trägt, y, und die aus diesem Punkte gefällte
Senkrechte durch die Distanz schneidet,
welche man bei der Messung Nr. 16 (Haarwuchsbeginn bis zur Nasenbasis)
gefunden hat.
Genau auf dieselbe Weise verfährt man, um den Punkt für den Kinnstachel
in der Profilslinie zu gewinnen
Sind diese vier Punkte verzeichnet, so
ff.-. —sf— c lassen sich durch Verbindung von a, x
und y mit z zwei Winkel construiren. Fig. II,
welche wir Profilswinkel nennen wollen, (und
zwar xyx den vordem, cczx den hintern)
über deren Bedeutung indess jetzt zu spre-
chen, wir schon aus dem Grunde unterlas-
sen, weil diess einerseits aus einem uns noch
zu gering scheinenden Material vorzeitig
Schlüsse zu ziehen, und andererseits unsern
spätem Arbeiten auf diesem Gebiete vorgrei-
fen hiesse.
Die Messungen Nr. 13, 14 (Von der
Nasenwurzel bis zur Nasenspitze, — von der
Nasenspitze bis zur Nasenbasis) ergeben
zwei Linien, deren längere dem Nasenrücken
entspricht, und aus welchen man mit der aus
Fiff. II.
*) Es ist übrigens durchaus nicht nöthig, irgend welchen Punkt mit der Senkrech-
ten in Berührung zubringen. Die Nützlichkeit eines solchen Verfahrens ergiebt sich jedoch
mit der Zeichnung; nur müssen die gewählten Punkte in der Anmerkung notirt werden.
22
Dr. K.Scherzer, Dr. E. Schwarz.
a- « c Messung Nr. 10 (Haarwuchsbeginn bis zur
Nasenbasis) gefundenen, ein Dreieck zu con-
struiren vermag, das Nasendreieck, dessen
Platz schon dadurch genau bestimmt ist, dass
die Linie: Nasenwurzel bis Nasenbasis bereits
in der Profilscurve fixirt sich findet, und der
Winkel, welchen 13 und 14 ergeben, an das
Loth zu stehen kommt. Dieser Winkel(o Fig. III)
fällt ausserhalb desLothes, im Falle man das-
selbe, (wie wir gethan) an der Nasenspitze
angelegt hat. Der Zeichner findet dadurch
einen Anhaltspunkt für die Formirung der
Nasenspitze.
Um von derProfilslinie die Profilsansicht
des ganzen Kopfes zu erlangen, wählten wir
die, zwischen den Punkten Nasenwurzel und
Kinnstachel gezogene gerade Linie — von
uns Gesichtslinie genannt, — zur Basis, und
errichteten auf dieselbe eine Anzahl von
Dreiecken, deren sämmtliche Winkel in der
Kopfbegränzungslinie liegen, *) und daher
eben so viele Anhaltspunkte für diese geben.
Fig. IV. Durch die Messungen : vom Kinnstachel
bis zur Scheitelhöhe; — von der Nasenwur-
zel bis zur Scheitelhöhe: — vom Kinnstachel
bis zur äussern Hinterhauptsprotuberanz, —
von der Nasenwurzel bis zur äussern Hinter-
hauptsprotuberanz, u. s. w. (Messung Nr.
18 — 21), als Messungen, von den Endpunk-
ten der Gesichtslinie nach einem dritten
Punkte, haben wir je drei Linien zur Con-
struirung von Dreiecken erlangt, welche je
zahlreicher man sie in den Kopfdurchschnitt legt, um so mehr zur Bestimmung
desselben beitragen werden.
Die gezeichnete Figur wird zu einem Ganzen geschlossen, wenn
man nun mit Hilfe der Messungen :
Nr. 18 Haarwuchsbeginn bis zur Incisura jugularis sterni.
„ 40 Vom 7. Halswirbel bis zu demselben Punkte des Profils
„ 56 Von der äussern Hinterhauptsprotuberanz bis zum 7. Halswir-
bel, — an den Kopf die Halssäule zeichnet, und mit dem geraden Durch-
messer der obern Brustapertur abschliesst. —
Abgesehen davon, dass viele unserer gemesseneu Distanzen bereits
als werth volle Durchmesser des Kopfes anerkannt sind, erlaubt ferner die
Verzeichnung derselben in der angegebenen Weise zugleich das Verbinden
zweier Punkte zu einer neuen, nicht gemessenen, oder am lebenden Men-
schen nicht zu messenden Linie, deren Werth sich aus der Zeichnung
berechnen Iasst, — So z.B. ergeben die durch Messung erhaltene Linie:
von der Nasenwurzel bis zur Nasenbasis, und die durch Zeichnung zu
1) Am fünffach verkleinerten Schädel mag man diese Punkte durch gerade Linien
verbinden, und verliert nicht viel von der wahren Ivopfperipherie.
Ueber Korpermessungen. 23
findende: yon der Nasenbasis bis zum äussern Gehörsorgane, gewisser-
massen eine Modifikation des Camp er'schen Gesichtswinkels, deren Annahme
in Betracht seiner doch nur in der Vergleichung liegenden Bedeutung,
vielleicht nicht ganz unzulässig sein dürfte.
b) Kopf, {en face.)
Die grössere Hälfte des Kopfes en face bildet das Gesicht, der
Sitz der Sinne, überragt und bewahrt durch die Stirne, beim Menschen
das Symbol des Geistes, das Bollwerk, an welchem die durch die Sinne
wahrgenommenen Gefahren abprallen, die stärkste Waffe, welche ihm die
Natur verliehen; — beim Thiere der Sitz wirklicher Angriffs- und Ver-
theidigungswerkzeuge.
Wären die Sinne bloss die theilnahmslosen Vermittler empfangener
Eindrücke, und der, durch diese bewirkten Begungen, — blieben sie unbe-
rührt von dem Beflex des Geistes, so würde ihr Sitz mit seiner Staffage —
dem Antlitz — einzig und allein einer animalischen Entwicklung fähig
sein, und in demselben nur solche Verschiebungen vorkommen, welche
die animalischen Verrichtungen erheischen. Es würde sich sodann im
menschlichen Gesichte eine gewisse Stabilität herstellen, welche fixe Punkte
gewinnen Hesse. Allein diess ist durchaus nicht der Fall '). Vielmehr
besitzt gerade der edelste Sinn des Menschen, die nächste Verwandte
der Psyche, der Beherrscher des Ausdrucks im Antlitz, das Auge, die
meiste Labilität, während die Mittel, welche seinen Ausdruck markiren, das
Licht und dessen Modifikationen, am schwierigsten mess- und wägbar sind.
So vielsagend und inhaltsschwer ein Glänzen, ein Schimmern, ein
Strahlen und Blitzen des Auges für das Individuum auch sein mag, so
getreu auch gewisse momentane Stellungen des Auges und seiner Neben-
apparate die Begungen des Geistes abspiegeln und wiederholen mögen,
— dennoch bietet dasselbe für allgemeine Zwecke der Charakteristik
nur höchst unwesentliche Anhaltspunkte dar.
Wohl verdient hier die Wahrnehmung eine Stelle, dass, während
der edelste Sinn des geistigen Menschen, der allein genügt um das Antlitz
zu bezeichnen, das Auge, den kleinsten Baum in demselben einnimmt,
andererseits der höchste Sinn des animalischen Organismus, der Geschmack-
sinn mit seinen Nebenwerkzeugen, den ausgebreitetsten Theil darin behaup-
tet. — Und heben wir von diesem wunderbar construirten Apparat, der
das Material für spätere Functionen vorbereitet , und diese gleichzeitig
anregt, einen Theil desselben, den Mund hervor, welcher durch seine kleine
Form, wie durch die grosse Anzahl von Bewegungswerkzeugen, die theils
unwillkührlich gewissen Seelenregungen folgen, theils willkührlich andere
wiedergeben, ein sicheres Unterscheidungszeichen von Thieren ist 2), so
sehen wir wie derselbe dermaassen den vorherrschenden Ausdruck dem
Gesichte verleihen kann, dass schon die Alten zuweilen in bildlicher Bede
*) Je häufiger und verschiedenartiger Sinneseindrücke und Regungen geschehen,
desto mehr steigert sich die Labilität, je einförmiger diese sind, desto ruhiger bleibt das
Antlitz. Desshalb ist eine grosse Ruhe in den Gesichtszügen uncivilisirter Völker zu erken-
nen, welche einfachere Bedürfnisse und Neigungen haben, als Culturvölker, die im schwie-
rigen Kampfe mit den socialen Verhältnissen leben.
2) Idealisch sollten Breite des Mundes, Breite der Nase und Abstand der innern
Augenwinkel die gleiche Zahl ergeben
24 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
anstatt Antlitz die Bezeichnung „Mund" gebrauchten. Wir haben indess
den Mund mit ebenso als Merkmal für unsere Zwecke benutzt, wie die
unveränderlichen Punkte anderer Sinnesorgane, und ihrer Hilfsapparate,
welche mit Hinzuziehung der Stirne zusammen den Kopf en face ausmachen.
III. u. IV. Rumpf und Extremitäten.
Von den Messungen am Kopf gingen wir zu jenen am Rumpfe über,
und zwar wurde von uns zuerst die Umfangslinie des Halses in der Nähe
des Adamsapfel gemessen. l)
Sodann unternahmen wir am Thorax diejenigen Messungen, welche
eine Vorstellung von dessen Dimensionen erlauben, und reiheten an diese
verschiedene Messungen am Unterleib und am Becken an, von denen
einige gleichzeitig mit Bandmaass und Tasterzirkel gemacht wurden, um
dadurch gewissermaassen Bogen und Sehne zu gewinnen, und auf diese
Weise Hervorragungen und Wölbungen berechnen zu können. An den
Extremitäten maassen wir Umfang und Längendimensionen, welche zwar in
anthropognostischer Beziehung vor der Hand nur bezwecken sollen, auffal-
lende Unterschiede vor Augen zu führen, um an solchen Parthien zu
Detailarbeiten (ähnlich wie z. B. Burmeister's interessante Untersuchun-
gen des Negerfusses) einzuladen; — die jedoch auch in andern Richtungen
den Anforderungen wissenschaftlicher Forschung genügen dürften.
Indem es einer spätem Zeit vorbehalten bleiben inuss, auf jeden
einzelnen der Messpunkte speciell zurückzukommen , betrachten wir mit
diesen flüchtigen Umrissen die Darlegung unseres Entwurfes von Körper-
messungen für beendet, deren systematisch geordnetes Schema wir hier
folgen lassen:
Systematisches Schema für Körpermessungen.
I. Allgemeines.
1. Alter des gemessenen Individuums.
2. Farbe der Haare.
3. Farbe der Augen.
4. Pulsschläge in der Minute.
5. Gewicht.
6. Druckkraft (force manuelle)) mittelst des Regnier'schen
7. Hebekraft, {force renale) ) Dynamometers
8. Complete Höhe.
II. Kopf, a) en profil.
9. Abstand des Haarwuchses von der Senkrechten. 3)
10. Abstand der Nasenwurzel von der Senkrechten.
*) Wir können uns nicht erwehren hier die Bemerkung einzusehalten, dass der Hals
der indischen Frauen (auf Ceylon, in Madras, Singapore, auf Java, in Manila, Hongkong und
Shanghai) ungemein zart und dünne ist; ein um so auffallenderes Factum, als dieselben
durchaus nicht der bekannten, bedingenden Ursache der Anschwellung der Verbindungssäule
zwischen Kopf und Brustkorb bei herannahender Pubertätsperiode entgegentreten, vielmehr
derselben in den meisten Fällen schon früher zu wirken Anlass gegeben haben. — Oder sollte
vielleicht gerade dieser Umstand wieder zum Hinderniss der Entfaltung werden? Wir konnten
diess an anderen, unter denselben Einflüssen stehenden Organen nicht wahrnehmen.
2) Die Messungen Nr. 9, 10, 11, 12 werden mit dem Senkel- und dem Mctrestab
gemacht, Nr. 13 und 14 dagegen mit Anwendung des Metrestabes allein.
Ueber Körpermessungen. 9g
11. Abstand der Basis der Nasenscheidewand von der Senkrechten.1)
\t. Abstand des Kinnstachels von der Senkrechten.
13. Von der Nasenwurzel bis zur Nasenspitze.
14. Von der Nasenspitze bis zur Basis der Nasenscheidewand.
15. Vom Haarwuchsbeginn bis zur Nasenwurzel.
16. Vom Haarwuchsbeginn bis zur Nasenscheidewand.
17. Vom Haarvvuchsbeginn bis zum Kinnstachel.
18. Vom Haarwuchsbeginn bis zur incisura jugularis sterni. 2)
19. Vom Kinnstachel bis zur Scheitelhöhe. ) 3-,
20. Von der Nasenwurzel bis zur Scheitelhöhe. | -'
21. Vom Kinnstachel bis zum Haarwirbel. ) 4.
22. Von der Nasenwurzel bis zum Haarwirbel.) *
23. Vom Kinnstachel bis zur äussern Hinterhaupts-Protuberanz.
24. Von der Nasenwurzel bis zur äusseren Hinterhaupts-Protuberanz.
25. Vom Kinnstachel bis zum äussern Gehörgang.
2b'. Von der Nasenwurzel bis zum äussern Gehörgang.
27. Vom Kinnstachel bis zum Unterkiefer-Winkel.
28. Von der Nasenwurzel bis zum Unterkiefer-Winkel.
b) en face. 5)
29. Umfang des Kopfes. «)
30. Von Einem äussern Gehörgang zum Andern.
31. Distanz der Ansätze der Ohrmuscheln am höchsten Punkte, ungefähr
im Niveau der Augenbrauen.
32. Grösste Distanz der Jochbeine oder der Jochbrücken.7)
33. Distanz der äussern Augenwinkel.
34. Distanz der innern Augenwinkel.
35. Distanz der Ohrläppchen-Ansätze.
36. Breite der Nase.
37. Breite des Mundes.
38. Distanz der Unterkiefer- Winkel.
39. Dicke des Halses.
III. Stamm.
40. Vom 7ten Halswirbel zur incisura jugularis sterni.
41. Vom Tuberculum majus des Einen Oberarmes, horizontal über den
Brustkorb zum andern.
42. Von einer Mittellinie der regio axillaris, oberhalb der Brustwarzen,
zur andern.
43. Querer Durchmesser von denselben Punkten. (S. Prakt. Schema.)
1) Das ist jener Punkt, wo das Integument, das den freien Stand der knorpeligen
Nasen-Scheidewand bekleidet, den Winkel mit der Oberlippe bildet; entspricht ungefähr
der vordem Masenstachel
2) Deren tiefster Punkt in der Medianlinie bei der Messung Nr. 56 (Hinter-
haupts-Protuberanz bis zum 7. Halswirbel) bleibe der Kopf streng in derselben Stellung wie
bei Nr. 18, es ist daher gut; diese beiden Messungen unmittelbar nacheinander vorzunehmen.
3) Ungefähr in der Senkrechten mit dem äussern Gehörgange.
4) Ungefähr jener Punkt, wo die hinteren obern Winkel der Seitenwandbeine mit
der Hinterhaupts-Schuppe zusammentreffen.
5) Hieher gehören natürlicherweise auch die Messungen Nr. 15, 16, 17, welche
bereits beim Kopf en profil vorgenommen wurden.
6) Das Bandmaass wird um die äussere Hinterhaupts-Protuberanz und über die Augen-
brauen-Bogen gelegt.
7) Je nachdem die einen oder die andern mehr prominiren, was in der Rubrik:
Anmerkung zu verzeichnen ist.
26 Dr. K. Scherzer, Dr. E. Schwarz.
44. Vom Brustbeine zur Wirbelsäule im nämlichen Horizonte. (Gerader
Durchmesser).
45. Gesammt-Umfang des Thorax an derselben Stelle.
46. Von Einer Brustwarze zur andern.
47. Um die Taille.
48. Von Einer gpina ilei ant. sup. zur andern (Bandmaass).
49. Von Einer gpina ilei ant. sup. zur andern (Tasterzirkel).
50. Von Einem T roch ant er majus zum andern.
51. Vom hervorragendsten Punkt der Art iculatio sternoclavicularisbis zur spina
ilei ant. sup.
52. Von demselben Punkte bis zum Nabel.
53. Vom Nabel bis zum obern Band der Schambeinsfuge, in der Medianlinie.
54. Von der Kreuzbeuge, entlang der Darmbeinskämme, des Leistenkanales,
bis zur Schambeinsfuge.
55. Von Einem Summum humeri über den Bücken zum andern.
56. Von der äusseren Hinterhaupts-Protuberanz bis zum siebenten Halswirbel.
57. Vom siebenten Halswirbel bis zur Steissbeinsjtitze.
IV. Extremitäten.
58. Vom Summum humeri bis zum Condylus e.vternus des Oberarmbeines.
59. Vom Condylus externa» des Oberarmbeines bis zum Processus stiloideus
radii über die Streckseite.
60. Vom Processus styloidcus radii über den Bücken der Hand zur Articulatio
metacarpo-diyitalis des Mittelfingers.
61. Von diesem Gelenke bis zur Spitze des Mittelfingers.
62. Breite der Hand»)
63. Stärkste Stelle um den Biceps.
64. Stärkste Stelle des Vorderarmes.
65. Schwächste Stelle desselben.
üß. Vom Trochanter majus bis zur spina ilei ant. sup.
67. Vom Trochanter majus bis zum Condylus externus femoris.
68. Vom Co?idylus externus femoris bis zum malleolus externus.
69. Vom untern Band der Sehambeinsfuge bis zum Condylus externus femoris.
70. Vom Condylus internus femoris zum Malleolus internus.
71. Stärkste Stelle des Oberschenkels.
72. Schwächste Stelle des Oberschenkels.
73. Um das Kniegelenk.
74. Um die stärkste Slelle der Wade.
75. Schwächste Stelle des Unterschenkels ober den Malleolen.
76. Länge des Fusses.2)
77. Umfang des Fusses über den Bist.
78. Zehenansatz-Breite.
In den vorhergegangenen Blättern glauben wir dargethan zu haben, dass,
gleichwie der Anatom die Notwendigkeit einer Abgränzung der verschie-
denen Menschenracen durch wesentliche Unterscheidungen der innern Or-
gane nachweist, auch der Anthropolog an den äusseren, der Messung und
Beschreibung zugänglichen Theilen des menschlichen Körpers Merkmale zu
tinden im Stande ist, deren gründlichere Erforschung einen gewissen Nor-
J) Man legt das Bandmaass um die metacarpo-digital Gelenke des kleinen Fingers
und des angezogenen Daumens.
*) Von der Mitte der Ferse, dem Innern Fussrande entlang, bis zu der Spitze der
grossen Zehe.
lieber Körpermessungen. 27
mal-Typus , welcher einer grossen Anzahl von Individuen der nämlichen
Race zukommt, erkennen lassen dürfte.
Von dieser Ueberzeugung durchdrungen und geleitet, haben wir durch
die vorliegenden Messungen die folgenden Zwecke zu erstreben beabsichtigt:
Erstens: Eine auf Zahlen- und Maass-Verhältnisse beruhende Abgrän-
zung und Classification der verschiedenen Menschengruppen, ohne schon
im Voraus so und so viele Racen aufzustellen, und die bestehenden Men-
schenstämme in diese einzuteilen; — wohl aber durch Fixirung des jetzigen
(wahrscheinlich vom Urtypus schon vielfach veränderten) Bildes der verschie-
denen Menschentypen und durch Vergleichung desselben eine natürliche
Eintheilung zu erzielen. — War aber jemals ein Zeitpunkt dringend, so
ist es sicher der jetzige, wo durch grossartige Verkehrsmittel der man-
nigfachsten Art die sogenannte weisse Race, von den verschiedensten Inte-
ressen getrieben, sich nach allen Theilen der Erde verbreitet, und als
Ansiedler unter den verschiedenen Völkerstämmen sich festsetzend, die eige-
nen Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten beibehaltend, durch den mäch-
tigen Hebel ihrer Geisteskräfte auf die gesammte neue Umgebung jenen
Einfluss übt, welcher der unzertrennliche Begleiter geistiger Prävalenz zu
sein scheint. — Wie kräftig wirksam dieser ist, sehen wir z. B. bei den
Hausthieren, welche schon durch die blossen häuslichen Verhältnisse sich
auch körperlich bedeutend verändern, und an denen der Mensch überdiess
Varietäten hervorbringt, welche sich von der Urgestalt wesentlich entfer-
nen. — Auch beim Menschen wird das geistige Moment allein gewisse
Veränderungen verursachen, welche gewaltige aber erst der Umstand, dass
nach körperlicher Vermischung die Prävalenz der weissen Race, in Ver-
gleich zu fast allen andern der nächsten Generation den Stempel auf-
prägt. — Gelingt es uns demgemäss nicht bald , das Bild der jetzigen
Racentypen genau festzuhalten, und werden dieselben den erwähnten Ver-
änderungen unterworfen, dann dürften selbst die wenigen Anhaltspunkte,
welche vielleicht gegenwärtig noch die Brücke bilden können, zur Auffin-
dung der Racenverwandtschaft im Menschengeschlechte, jene Original-
Schriftzüge der Natur, noch mehr verwischt und bedeckt, dem Forscher
völlig unleserlich und unentzifferbar werden. — Und es wird uns dann
mit dem Menschengeschlechte in der weiten Welt so ergehen, wie mit
einzelnen Stämmen in Europa, welche durch »Sprache und Gebräuche, nicht
aber durch organische Bildung mit einem fernen Volksstamm verwandt, viel-
mehr durch die Bande des Blutes mit einem dritten Stamme zusammen-
zuhängen scheinen, dessen culturhistorische Quellen das Feld für die Er-
forschung des ursprünglichen Zusammenhanges unfruchtbar lassen.
Zweitens : Der comparativen Anatomie ein reicheres Material für ihre
schönen, werthvollen Untersuchungen und Vergleiche zu bieten, indem
wir die verschiedensten Menschenracen in das Bereich ihrer Betrachtung
bringen.
Drittens: Dem Künstler solche Zahlen und Maasse an die Hand zu
geben, nach welchen derselbe den idealen Menschen eines jeden Racen-
typus darzustellen vermag. — Man glaube nicht , dass naturgetreue Abbildun-
gen, am allerwenigsten aber Portraits stets eine gute, richtige Vorstellung
von einer Race gestatten. Individuen , deren Aeusseres jenem Eindrucke
gleichkommt, welcher sich im menschlichen Geiste allmählig über einen
Volksstamm bildet, und welcher ohne Einem einzigen Individuum speziell
zu gleichen, dennoch allen von derselben Race ähnelt, — sind ungemein
28 Dr. K. Scherzer,. Dr. E. Schwarz.
selten in der Wirklichkeit, noch viel seltener aber von darstellenden Künst-
lern des Typus herausgefunden worden. Man muss ebenso aus den ver-
schiedenen Eindrücken einzelner Theile zahlreicher Individuen und aus dein
Gesammt-Ein druck vieler Individuen ein Mittel ziehen, wie diess der Me-
teorolog aus den verschiedenen Temperaturen des Tages, Monates und Jahres
zu gewinnen sich bemüht , um eine für den grössten Zeitraum passende
Temperatur zu linden. So glauben wir, dass der Durchschnitt von z. B.
an 100 Individuen genommenen Messungen, weit mehr eine, für die Mei-
sten passende Zahl ergeben dürfte, als wenn man ein Einziges Individuum
mit der grössten Genauigkeit und gleichsam portraitähnlich darstellt. Wir
finden auf solche Weise ein Ideal, welches sich vielleicht in der Wirk-
lichkeit kein einziges Mal wiederholt, dem dagegen mit geringen
Veränderungen die Meisten nahe kommen.
Viertens: Dem National -Oeconomen Angaben über Körperstärke und
Muskelkraft der verschiedenen Volksstämme zu verschallen, welche ihn in
die Lage bringen, sich ein muthmaassliches Urtheil über deren Arbeitskraft
bilden zu können. —
So weit es die Umstände zuliessen, haben wir ferner versucht, Notizen
über Geschichte, Sitten, Gebräuche, sociale und geschlechtliche Verhält-
nisse der Völkerstämme, mit denen wir in Berührung kamen, aufzuzeichnen,
Vocabularien der von ihnen gesprochenen Idiome zu verfassen, sowie die
wichtigsten ihrer Nahrungs- und Heilmittel, Käue- und Färbestoffe zu sammeln.
Während wir ausserdem von den meisten der gemessenen Individuen eine
Collection ihres Kopfhaares anlegten, trachteten wir gleichfalls möglichst
viele Schädel für unsere anthropologischen Zwecke zu erwerben, und durch
die ehrende Theilnahme von Männern der Wissenschaft in den verschie-
denen von uns besuchten Ländern, sehen wir unsere craniologische Samm-
lung bereits durch mehr als hundert, den verschiedensten Racentypen angehö-
renden Schädel bereichert.1)
Noch möge uns gestattet sein, eines Einwandes zu gedenken, den
wir zuweilen gegen die practische Bedeutung unserer Messungen erhoben
hören, und welcher hauptsächlich darin besteht, dass eine verhältnissmässig
zu geringe Zahl von gemessenen Individuen der einzelnen Bacen uns nicht
erlauben werde, ein richtiges Mittel erlangen zu können.
Dermalen, wo unser Verfahren kaum zu wirken anfängt, besteht dieser
Uebelstand allerdings: aber in dem Maasse, als dasselbe an Interesse und
Verbreitung gewinnt, wird auch dieses Missverhältniss wieder augenfällig
und endlich völlig beseitigt werden. Wir befinden uns in dieser Hinsicht
in einer ähnlichen Lage wie Lieutn. Maur\ zur Zeit, als derselbe den Plan
zu seinen grossen Wind- und Strömungskarten entwarf. Auch hier könnte
nur durch ein wohlwollendes Zusammenwirken dem Mangel an hinreichen-
den Daten zum Vergleiche abgeholfen , auch hier vermögen gewisse
Lücken erst nach Jahren unermüdlichen Fleisses und Sammeins ausgefüllt
werden.
Wir haben indess darauf Bedacht genommen, diesem Uebelstande nach
Thunlichkeit zu begegnen. Die zahlreichen, werthvollen Beziehungen , welche
') Für den Sehadel sind begreiflicher Weise andere Messungen anzustellen,
als jene, welche wir am lobenden Kopfe vorgenommen, für welchen allein unser Verfah-
ren berechnet ist.
lieber Körpermessungen. 29
wir in den von uns berührten Orten mit Männern der Wissenschaft anknüpf-
ten, bieten uns hierzu die schönsten ausreichendsten Mittel. Ueberall, wo
wir Messungen vornahmen, haben wir zugleich Aerzte, Naturforscher und
Freunde der Wissenschaft für unser Messsystem zu interessiren und zu veran-
lassen gesucht, in der Folge auf den von ihnen bewohnten Punkten nach
unserem Schema au möglichst vielen Aboriginern beiderlei Geschlechtes
Messungen anzustellen und uns die Resultate davon einsenden zu wollen.
Ueberzeugt, wie es scheint, von der wissenschaftlichen Tragweite und
der Uneigennützigkeit eines Unternehmens, dem selbst jener Egoismus fremd,
der wissenschaftliche Arbeiten erregt, welche die Untersuchungen gewisser,
dem Menschen nützlicher oder schädlicher Pflanzen und Thiere zum Zwecke
haben, oder durch pathische Erscheinungen im Egoismus veranlasst werden,
haben die meisten der neuerworbenen, geschätzten Freunde uns die wohl-
wollendsten, theilnehmendsten Zusicherungen gegeben. — Und so wagen
wir schliesslich die Hoffnung auszusprechen, dass in dem Augenblicke, wo
wir dieses Memoir, seiner Mängel nicht unbewusst, der Oeffentlichkeit zu
überreichen die Ehre haben, an den verschiedensten Theilen der Erde, in
Brasilien, am Cap der guten Hoffnung, in Ceylon, in Madras, auf Java,
auf den Philippinen, in China u. s. w. gleichgesinnte Forscher bereits thä-
tig sind, unser bescheidenes Material durch neue Beiträge zu bereichern. —
Diese kräftige Unterstützung wird am sichersten dazu fuhren, dem
gerügten Uebelstande zu begegnen, und das Gedeihen einer wissenschaft-
lichen Unternehmung zu fördern, welche, was immer auch ihr Endresultat
sein wird, jedenfalls als der Ausdruck des innigsten Verlangens betrachtet
werden möge, zur Erreichung der herrlichen Zwecke, welche die kaiser-
liche Expedition unler der Aegide eines illustren Mäcen nachstrebt auch
von diesem Standpunkte aus ein Schärflein beigetragen zu haben!
Anhang*.
Praktisches Schema für die Körpermessungen.
Das nachfolgende Schema entstand aus den Erfahrungen, welche wir
bei der mechanischen Arbeit des Messens machten, und unterscheidet sich
nur insoferne vom systematischen Schema als die Reihenfolge der Rubri-
ken hier nicht nach der gewöhnlichen Ordnung der Körpertheile, sondern
zur grösseren Bequemlichkeit und Zeitersparniss derart eingerichtet wurde,
dass alle mit einem und demselben Instrumente zu bewerkstelligenden Mes-
sungen auf Einmal beendet werden, und sodann erst zu denen mit andern
Instrumenten übergegangen wird.
Es bedarf wohl nicht erst besonders darauf aufmerksam gemacht zu
werden, dass sämmtliche Messungen in aufrechter Stellung (des zu Messenden)
auszuführen sind. Ebenso einleuchtend dürfte es sein, dass, bei allen unpaa-
rigen aber symetrischen Organen streng in der Medianlinie gemessen, und
zwischen andern Punkten das Bandmaass stets stramm angezogen werden muss,
um dadurch gerade Distanzlinien und nicht Curven zu erhalten. Die Einheit
der Messungen ist der französische Metre, als jenes Maass , welches in
Avissenschaftlichen Arbeiten die meiste Verbreitung findet und verdient. Die
Einheit des Gewichtes: das Kilogramm.
An Instrumenten sind nöthig :
1.) Eine W'age. 2.) Regnier'sche Dynamometer. 3.) Steifes Metre-
maass für die Körperhöhe. 4.) Senkloth an seidener Schnur und kleinerer
30 !'r- K. Scheraer, Dr. E. Schwarz.
Metrestah (1 Centimetre) zur Messung der Abstände von der Senkrechten
und den Nasenlinien. 5.) Tasterzirkel. 6.) Bandmaass.
Auffallende Dimensionen, auch wenn sie nicht im folgenden Schema
vorkommen, sind zu messen und in der Rubrik Anmerkung besonders zu
verzeichnen.
Um aus dem praktischen Schema, die im systematischen erwünschte
Reihenfolge der Messungen zu erhalten, benütze man die in der Columne,
rechts des nachfolgenden Schema angeführten Nummern. —
a) Allgemeines.
Name, Geschlecht, Geburtsland, Beschäftigung, Art und Stellung des Bartes.
1. Alter des gemessenen Individuums. 1
2. Farbe der Haare. 2
3. Farbe der Augen. 3
4. Anzahl der Pulsschläge in der Minute. 4
5. Gewicht. 5
6. Druckkraft (force manuelle) ) mittelst des Regni er s'chen 6
7. Hebekraft (force renale) j Dynamometers 7
8. Complete Höhe. 8
b) Messungen mit dem Senkel und dem Metrestah.
9. Abstand des Haarwuchses an der Stirne von der Senkrechten. 9
10. Abstand der Nasenwurzel von der Senkrechten. 10
11. Abstand des vordem Kinnstachels von der Senkrechten. 11
12. Abstand des Kinnstachels von der Senkrechten. 12
13. Distanz von der Nasenwurzel bis zur Nasenspitze. 13
14. Distanz von der Nasenspitze bis zum vordem Nasenstachel. 14
c) Messungen mit dem Taster zi rkel.
15. Distanz von Kinnstachel bis zum Haarwuchsbeginn. 17
16. Distanz vom Kinnstachel bis zur Nasenwurzel. 15
17. Distanz vom Kinnstachel bis zum vorderen Nasenstachel. 16
18. Distanz vom Kinnstachel bis zur Scheitelhöhe. 19
19. Distanz vom Kinnstachel bis zum Haarwirbel. 21
20. Distanz vom Kinnstachel bis zur äussern Hinterhaupts-Protuberanz. 23
21. Distanz vom Kinnstachel bis zum äussern Gehörgang. 2g
22. Distanz vom Kinnstachel bis zum Unterkieferwinkel. 27
23. Von der Nasenwurzel bis zur Scheitelhöhe. 20
24. Von der Nasenwurzel bis zum Haarwirbel. 22
25. Von der Nasenwurzel bis zur äusseren Hinterhaups-Protutberanz. 24
26. Von der Nasenwurzel bis zum äusseren Gehörgang. 26
27. Von der Nasenwurzel bis zum Unterkieferwinkel. 28
28. Vom Haarwuchsbeginn bis zur incisura jugularis sterni. 18
29. Von der äusseren Hinterhaupts-Protuberanz bis zum siebenten Hals- .
wirbel — 28 und 29 in natürlicher und unveränderter Kopfstel- ( 56
lung auszuführen. )
30. Von einem äussern Gehörgang zum andern. 39
31. Zwischen den obern Ansätzen der Ohrmuscheln. 31
32. Grösste Distanz zwischen den Jochbeinen oder den Jochbrücken. 32
33. Distanz der äussern Augenwinkel. 33
34. Distanz der innern Augenwinkel. 34
35. Distanz der Ohrläppchen-Ansätze. 35
36. Breite der Nase, 36
Ueber Körpermessungen. 31
37. Breite des Mundes. 37
38. Distanz der Unterkieferwinkel. 38
39. Vom siebenten Halswirbel bis zur incisura jugularis sterni. 40
40. Querdurchmesser von einer Medianlinie der regio axillaris, oberhalb
der Brustwarzen zur andern. 43
41. Vom Brustbein bis zur Wirbelsäule. 44
42. Von einer spina ilei ant. sup. zur andern. 49
43. Von einem Trochanter majus zum andern. 50
d) Messungen mit dem Bandmaasse.
44. Umfang des Kopfes um die äussere Hinterhaupts-Protuberanz. 29
45. Dicke des Halses. 39
46. Vom Tuberculum majus des einen Oberarmes horizontal über den Brust-
korb zum andern. 41
47. Von einer Mittellinie der re#i0ß.r«7/tf?7s, oberhalb der Brustwarzen zur andern. 42
48. Gesammt-Umfang des Thorax an derselben Stelle. 45
49. Von einer Brustwarze zur andern. 46
50. Um die Taille. 47
51. Von Einer spina ilei ant. sup. zur andern. 48
52. Vom Trochanter majus zur spina ilei ant. sup. (derselben Seite) 66
53. Vom hervorragendsten Punkte der articulatio sternoclavicidaris bis zur
spina ilei ant. sup. 51
54. Vom hervoragendsten Punkte desselben Gelenkes zum Nabel. 52
55 Vom Nabel bis zum obern Rand der Schambeinsfuge in der Medianlinie. 53
56. Von der Kreuzbeuge entlang der Darmbeinskämme und des Leisten-
kanals bis zur Schambeinsfuge. 54
57. Vom siebenten Halswirbel bis zur Steissbcinsjtitze. 57
58. Von einem Summum humeri über den Rücken zum Andern. 55
59. Vom Summum humeri bis zum Condylus externus des Oberarmbeins. 58
60. Vom Condylus externus des Oberarmbeines zum processus styloideus
radii über die Streckseite. 59
61. Vom processus styloideus radii über den Rücken der Hand bis zur
articulatio metacarpo-digitalis des Mittelfingers. 60
62. Von der articulatio metacarpo-digitalis des Mittelfingers bis zur Spitze
desselben. 61
63. Breite der Hand. 62
64. Stärkste Stelle um den Biceps. 63
65. Stärkste Stelle des Vorderarmes. 64
66. Schwächste Stelle desselben. 65
67. Vom Trochanter majus zum Condylus externus femoris. 67
68. Vom Condylus externus femoris zum Malleolus externus. 68
69. Vom untern Rand der Symphises zum Condylus internus femoris. 69
70. Vom Condylus internus femoris zum Malleolus internus. 70
71. Stärkste Stelle des Oberschenkels. 71
72. Schwächste Stelle des Oberschenkels. 72
73. Um das Kniegelenk. 73
74. Um die Stärke der Wade. 74
75. Schwächste Stelle ober den Malleolen. 75
76. Länge des Fusses. 76
77. Umfang des Fusses über den Rist. 77
78. Zehenansatz-Breite. 78
III.
Topographische Karte des Gebietes St. Michel di Lemmo in Istrien.
Gezeichnet von
Fra Mauro, dem berühmtesten Cosmographen des XV. Jahrhunderts.
Von P. Matkovich,
k. k. Professor.
(Mit einer Karte Tafel I.)
Mitjetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 9. November 1858.
Während unseres Aufenthaltes in Venedig in den Ferienmonaten dieses
Jahres behufs der geographisch -historischen Studien im Central- Archive
säumten wir nicht in den freien Stunden auch die Marciana, Museo Correr
und die Klosterbibliotheken zu besuchen, um die Landkarten des Mittel-
alters und andere Manuscripte, die als gelehrte Kunstwerke daselbst aufbe-
wahrt werden , für unsere geographischen Studien auszubeuten. Auf der
St. Markus-Bibliothek werden über zwanzig Codices, die theils Weltkarten
(mappa mondo) theils Hafenkarten {Portulani) aus dem XIV. bis zum Ausgange
des XVII. Jahrhunderts enthalten, aufbewahrt. Viele dergleichen werden auch
im Museo Correr aufbewahrt, unter denen sich ein der ältesten Portulanen
vom Jahre 1318 vorfindet {Petrus Vesconte de Janua fecit istam tabulam
in Venecia anno domini MCCCXVIU). Der Vorstand des Museums der gelehrte
Hr. H. V. Lazari gestattete uns von demselben Portulan ein Facsimile zu
nehmen, um es mit dem gleichen Portulan, der auf der kaiserlichen Hofbibliothek
in Wien aufbewahrt wird, zu vergleichen und die vorkommenden geogra-
phischen Namen aus den gleichzeitigen Urkunden zu commentiren. Die
dazwischen eingetretenen Umstände nöthigten uns die begonnene Arbeit
für dieses Jahr aufzugeben, um dieselbe vielleicht im nächsten Jahre zu
vollenden.
Auf dem Museo Correr fanden wir unter anderen kartographischen
Kunstwerken des Mittelalters, die wir hier für diesmal übergehen, die
topographische Karte eines Theiles der Halbinsel Istrien , wovon unsere
Karte eine genaue Copie darstellt.
Die Karte stellt dar einen kleinen Theil von der Halbinsel Istrien,
namentlich die (hegend an der Westküste der Halbinsel „von Parenzo bis
Orsero, die nördliche Küste des Meerbusens von Lemmo, und landeinwärts
die Landschaft bis St. Lorenzo". Es ist die topographische Karte des
Gebietes , das einst zum Kloster St. Michel di Lemmo gehörte und nachher
dem Kloster von St. Michel di Murano bei Venedig einverleibt war. Der
Verfasser der Karte ist der berühmte Camaldulenser- Mönch Fra Mauro
v. St. Michel di Murano, einer der gelehrtesten Geographen des Mittel-
alters, von seinen Zeitgenossen Cosmographus ine om par ab i li s genannt.
Die Karte ist kein Original, sondern eine Copie, stammend aus der Mitte
des vorigen Jahrhunderts; der Abt Maurus Ortes Hess die Karte in Kupfer
stechen, denn das Original war sehr abgenützt und die Schrift stellenweise
unlesbar, wie dies die auf unserer Karte vorkommenden Lücken bezeugen.
Das Original wird noch in Mi ttarel li's Cataloge (vom Jahre 1717) Bibliotheca
Codicum manuscriptorum monasterii S. Michaelis Venetiarum prope Murianum
p. 780 der Handschriften, die auf der Bibliothek des Klosters von St. Michel
-
| TABVLAM HANC-T0POGRAPH1C
- COM1XATVS DIV1 MICHAELIS LEMMI
IS HISTRH
SB (AMALDVLENSI ABBAT1AED1VI MATHIAE
&S PRoPE MVRIANVMVENETlARATIIEfTI
A HAVRO MOJiACHO ET COSMOGRAPHO
IXLVSTRI
MEDIO RECVRR SÜCVLO XV
KLABORATAM
\l \ LTER1VS TEMPORIS'lJUVRlAVlTl.iRETVR
AF.RE IM IUI CVRAV11
MAVRVS ORTES ARBAS
Topographische Karte des Gebietes S. Michel di Lemmo in Istrien 33
di Murano vorkommen, erwähnt; Pag. 780 heisst es: „S. Michaelis di
Lemmo Abbatiae Camaldulensis in Histria Provinciae Chartae veteres notitiae
et monumenta cum topographia locorum et bonorum. (In Codice 1080).
Es gelang uns nicht das Original in Venedig ausfindig zu machen, es
muss bei der Aufhebung des Klosters S. Michel di Murano im Jahre 1810
sammt andern geo- und kartographischen Kunstwerken, welche das Kloster
besass , verschleppt — vielleicht vom gelehrten Cardinal Placido Zurla
mit nach Rom genommen oder leider verloren gegangen sein.
Wir haben die Karte mit der Fra Mauro'schen Weltkarte, die zu
Venedig im Doggenpahiste, in der Sala dello scudo e delle mappe aufbewahrt
wird, hinsichtlich der Schrift, Sprache und Zeichnung genau verglichen,
und sie vollkommen übereinstimmend gefunden (daher können wir nicht
umhin die topographische Karte von Istrien für eine Fra Mau-
ro'sche Arbeit zu erklären). Auf der Karte von Istrien sind die
Städte Parenzo und Orsera durch grössere Häuser bezeichnet; ferner kommen
Brunnen, Mühlen, Fischereien und Salinen vor. Die Strassen von Parenzo
und Orsera nach S. Michel und S. Lorenzo sind genau bezeichnet, ebenso
die Grenze zwischen einzelnen Gebieten durch einfache Linien. Es kom-
men Kirchen mit Grabstätten (Santo Andra dele Calexele, S. Michel), Berge
mit Local nahmen (monte de Mariana, delo coltermine Saxo, monte Sabionero
cum eltermino saxo, monte Calus etc.), ganze Reihen von Bäumen, welche
hier wie auf der Weltkarte die Grenze zwischen Land und Meer wie
auch die Grenze zwischen einzelnen Gebieten zu bezeichnen scheinen; es
werden überall wie auf der Weltkarte geographische Namen und Anmer-
kungen im venetianischen Dialecte beigefügt.
Die Landkarte hat einen doppelten Werth, einmal ist sie eine der
ältesten Specialkarten von Istrien, ferner die Arbeit des gelehrtesten Geo-
graphen des Mittelalters Fra Mauro, der ausser der Weltkarte noch
andere kartographische Arbeiten geliefert haben muss; denn er sagt in
einer Anmerkung auf seiner Weltkarte „Jo ho lassato amplissimi desegni di
tutte queste parte, zoe Armenia, Mesopotamia. Stria, Cappadocia, Cilicia,
Pamphilia, Licia, Asia propria menor, Bitinia, Galacia c tutte altre, che si sono
mezo distinte et ordinale." Von allen den Arbeiten ausser der Weltkarte
ist nichts bekannt. Wir wollen nun die Gelegenheit benützen mittelst der
Bekanntmachung der Karte von Istrien die Herausgabe der Fra Mauro'schen
Weltkarte in Anregung zu bringen.
Einen ganz entstellten Abriss der Fra Mauro'schen Karte sammt
einem nur zum Theil vollständigen Commentar hat der gelehrte Cardinal
P. Zurla zu Venedig im Jahre 1806 herausgegeben (Mappa mondo di
Fra Mauro Camaldolese descritto ed illustrato a D. Placido Zurla monaco
Camaldolese Venezia 1806). Sir William Fräser hat im Jahre 1804 die
Weltkarte für die englische Regierung copirt und Viseomte de Santarem
publicirte sie im Jahre 18o0 in der Grösse des Originals nach der eng-
lischen Copie. Einer genauen Copie sammt einem kritischen Commentare
dieses sehr schätzbaren geographischen Denkmals nach dem gegenwärtigen
Standpunkte der Kunst und geographischer Wissenschaft entbehren wir
noch immer; es ist dies eine Aufgabe, deren Lösung sich unsere k. k.
geographische Gesellschaft annehmen möge.
Fra Mauro der gelehrteste Geograph seiner Zeit lebte um die
Mitte des XV. Jahrhunderts im Kloster San Michel die Murano bei Venedig
als Camaldulenser-Mönch. Die Berichte über sein Leben sind sehr dürftig;
Mitteilungen der k. k. geographischen Gesellschaft. III. Bd. 1. Hel't. C
34 P. Matkovich.
in den Klosterbüchern wird dessen nur vorübergehend in den Jahren
1434 und 1449 erwähnt. Er widmete sich spät dem Klosterleben; sein
Geburtsjahr wie dessen Lebensumstände sind gar nicht bekannt. In den
Klosterbüchern aus den Jahren 1457, 1458, 1459 findet man etwas mehr,
das weniger sein Leben betrifft, als vielmehr die Weltkarte. Was wir von
dessen Lebensgeschichte und geographisch-kartographischen Arbeiten bei
gleichzeitigen und späteren Autoren nur haben auffinden können, haben
wir gesammelt. Wir bekennen es offen, dass wir von Fra Mauro leider
nichts mehr ausfindig machen konnten, als was in Werken von Mittarelli
Collina, M. Foscarini, Ramusio, Vit. T e r r a r o s s a , Petrus Delphi-
nus, Eus. Renadot, Tiraboschi und P. Zurla enthalten ist. Die bei
Mittarelli (1. c. p. 756) angeführten Codices sub num. 607, 626 und 1112,
wie der von Gherardus Maphaeus, dem damaligen Abte von St. Michel
di Murano, sind mit unzähligen andern Manuscripten bei der Aufhebung
des Klosters entweder verschleppt oder verloren gegangen, in Venedig
sind sie nicht ausfindig zu machen. Gegenwärtig dient die Insel S. Michel
zum öffentlichen Begräbnissplatze; das Kloster existirt nur theilweise, es
ist ganz baufällig, und wird seit dem Jahre 1829 von den Franziskanern bewohnt.
Fra Mauro war ein ausgezeichneter Kartenzeichner, wie seine Kloster-
brüder treffliche Codicesschreiber und Mahler, sie verstanden die Perga-
mente mit Miniaturbildern meisterhaft zu schmücken.
Venedig war damals der Mittelpunkt des Welthandels, bedeutender
Reisenden und Schiffernachrichten. Von hier aus gingen die berühmten
Reisenden des Mittelalters Marco Polo, Nicolo und Antonio Zeni,
Marin Sanudo Torsello, Nicolo Conti etc., welche durch ihre Reise-
Berichte Vieles beigetragen haben zur Erweiterung des geographischen
Ideenkreises. Nach dem adriatischen Cartago flössen geographische Nach-
richten aus den entfernten Ländern Ostens, Südens und Nordens.
Venedig war ferner die Schule der Bildhauerei und Mahlerei, wo
Holzschnitt und Kupferstich neben anderen Wissenschaften blüheten. Die
Venetianer besassen Land- und Hafenkarten der ihnen durch den Handel
bekannten Länder von Ostindien, Persien und Arabien, von den Gestade-
Ländern des schwarzen und des Mittelmeeres. Desshalb zogen Fremde
aller europäischen Länder nach Venedig, um dort Astronomie, Mathematik,
Physik und Nautik zu studieren.
Die Venetianer standen damals als gelehrte Geo- und Kartographen
im grossen Ansehen. So gab König Alfons IV. von Portugal durch Stefan
Trevisan einem ihrer Landsleute dem Camaldulenser-Mönche Fra Mauro
den Auftrag eine Weltkarte für Portugal zu zeichnen. Fra Mauro hat
zwei Mappa mondo gezeichnet; eine soll schon fertig gewesen sein als
er für die andern den Auftrag erhielt; portugiesische Handelsleute haben
wahrscheinlich von jener Karte Nachrichten nach Portugal gebracht. An der
Karte hat Frater Maurus in seinen zwei letzten Lebensjahren (1457 — 1459)
gearbeitet. In den Jahrbüchern des Camaldulenser-Ordens sind Schreiber
und Zeichner, die an der Karte zu arbeiten geholfen haben, genannt,
ferner sind die Arbeitsdauer und ihr Lohn genau angegeben; es sind Aus-
lagen für ifDinten) Farben, Lazur und Goldblättchen verzeichnet, dies
alles auf Rechnung des Königs von Portugal. In dem Jahrbuche, das
damals von dem Abte des Klosters Gherardi Maphaeus, dem nachherigen
(vom Jahre 1448) Patriarchen von Venedig, im vulgär venetianischen Dialekte
geführt wurde, heisst es: „14S7 , 8. Fevrier: Per che io avi contad da
Topographische Karle des Gebietes St. Michel di Leramo in Istrien. 35
Don Benedetto Miani per nome del Segnor re de Portugal in summa
ducati 28. — Adi 8. Ferrer: La majestad del Segnor re de Portugal
die dar a di sopradicto, per che io ho dado a Sier Lio Roso cotadi in
horo per suo nome per pagar pentori per lavorar il suo mappa mundi
et per altre spexe in summa ducati 11. — Adi 21. Octobris: che io
ho dado contadi a Frar Mauro per pagar un scriptor a lavorado over
scripto, zorni 17 a raxon de soldi 12 a zorno, monta lire 17 soldi 4
rala soldi 124 per ducato. Adi 7. Octobris 1458, contadi a don Fran-
cisco de Cherso per pagar un scriptor, et quäl scripse al dicto mappa,
mundi zorni 4 a soldi 14 al zorno. Adi 11. Fevrier 1459; A don Francesco
de Cherso per far comprar azuru per la dicta opera etc. 1459, 17, Marzo
a la majestad del Segnor re de Portugal die dar a sopradicto per chassa,
che io ho dado a don Francesco de Cherso, che Fra Mauro mando a
dimandar per certe opere, lui äice aver fatte per il mappa mondo ducati
due. 1459, 24. Avril: Don Nicolo nostro mi ha dicto, che essendo io
a capitolo a camalduli, e sta salda la razon a messer Stephano Trevixan
per il dicto Segnor, quando per il dicto Messer Stephano li fo mandado
il suo mappa mundi."- Die Karte ward auf Verlangen des Königs nach
Portugal geschafft und diente den Portugiesen als Wegweiser auf ihren wei-
teren Entdeckungsfahrten um Afrika nach Ostindien. Dieselbe soll noch
im Jahre 1528 vorhanden gewesen sein im Benedictiner-Kloster vonAlcobaza;
Franz da Sousa Tauvarez habe sie nach der Mittheilung von A. Galvani
dort gesehen. Franz Alvarez erzählt, dass man den Seekapitänen, welche
mit zwei Karavellen im Jahre 1487 auf Entdeckungen ausgegangen, eine
Karte gegeben habe, welche von einer mappa mondo copirt war.
Die andere (zweite) Karte blieb im Kloster San Michel di Murano,
sie war zur allgemeinen Betrachtung ausgestellt. Von dieser Karte wird
behauptet, Fra Mauro habe sie zur Ehre der Republik unternommen,
weil er in einer Anmerkung sagt: per contemplacion di questa illustrissima
Signoria, non ha in se qael compimento che la doveria perche certo non
e possibile al inteleto human verificar in tutto senza qualche superna demon-
stracion questa cosmographia ove mappa mundi, de la quäl se puo aver
qualche notitia pice a degustacion che a suplimento del desiderio." Uns
aber scheint die Behauptung unwahrscheinlich zu sein, denn hätte Fra
Mauro die Karte zur Ehre der Republik unternommen, so hätte er sich
gewiss des Ausdruckes serenissima statt illustrissima bedient; so weit uns
bekannt ist, kommt der Ausdruck illustrissima Signoria in den gleichzeitigen
öffentlichen auf den Staat sich beziehenden Urkunden nirgends vor. Ferner
wäre jenes der Fall, so hätte man die Karte im Doggenpalaste oder
einem andern öffentlichen Gebäude zur allgemeinen Betrachtung ausgelegt;
die Karte hingegen war im Kloster S. Michel di Murano anfänglich in
der Kirche bis zum Jahre 1655, dann in einem Bibliothekzimmer aufbe-
wahrt, nach der Aufhebung des Klosters S. Michel war die Karte im
Jahre 1811 nach dem Doggenpalast gebracht, wo sie in Sala delo scudo
im vergoldeten Rahmen eingefasst als ein geographisches Meisterwerk des
XV. Jahrhunderts gezeigt wird.
Die Karte hat bei sechs Fuss Höhe, hat die elyptische Form (von
West nach Ost länger gestreckt, als von Nord nach Süd), und ist auf
Pergament gezeichnet. Bei Gebirgen, Ländern, Strömen, Ortschaften kommen
theils weitläufigere, theils kürzere Anmerkungen vor, geschrieben vorherrschend
mit hellrother Dinte, im venetianischen vulgär Dialekte. Die Karte ist in schönsten
c»
36 P. Matkovich.
und feinsten Farben und mit niedlichen Miniaturbildern ausgestattet, im
vergoldeten Rahmen eingefasst, in dessen Ecken die Weltsysteme abge-
bildet sind. Die Mappa mondo enthält drei Erdtheile der alten Welt, ferner
eine Menge kleiner und grösserer Inseln, die wegen Mangels an Raum
am Rande zusammengedrängt sind. „In questo oceano so?io motte insulae
te quäl non ho notado per non haver loco.i( Die Grenzen sind im Osten
Java major, im Südosten Cataj, im Nord endet sie mit Permia (Samojeden);
im Nord- West erstreckt sie sich bis Skandinavien und Island; im West: an die
Westküste von Spanien; im Südwest bis Cap Verde und Senegal; die Entdeckun-
gen von Alvise da Cadamosto (1454 — 56) sind hier genau bezeichnet, im Süd
bis Afrika und den Südcap. Die Mitte der Erdkarte ist bezeichnet durch eine
metallene Platte — gleich einem flachen Knopfe — gestellt zwischen
Chaldea, Assirien, Mesopotamien, in Armenien am Ararat, von wo nach der
Sündfluth die neue Bevölkerung ausging. Das Ost-Meer (grosser Ocean)
ist mit dem Atlantischen verbunden; die Nilquellen sind wunderbar gezeich-
net, entspringend aus dem Inneren Afrikas. Die damals bekannten Länder
dreier Erdtheile, welche bei andern Cosmographen zum Theil fehlen, sind
alle aufgenommen.
Die Karte stellt die geographischen Kenntnisse des XV. Jahrhun-
derts dar; der Cosmograph hat die Entdeckungen der berühmten Reisen-
den des Mittelalters trefflich benützt; er bemerkt in einer Note: „per-
tando dico nel tempo mio ho solicitado verificar cum la experientia, investi-
gando per molti anni, e practicando co?i persone degne dl fede, te quäl hano
veduto ad occhio quelo, che qul suso fedelmente demostri. Er beruft sich bei
Norwegen auf Petrus Quirinus; für den Osten benützte er Reisebe-
richte von Marco Polo, Sanudo Torsello, Conti und Barbaro, für den
Norden Nicolo und Antonio Zeni für den Süden die Entdeckungen der
Portugiesen, zumal die von Alvise da Cadamosto.
Fra Mauro soll nach der Angabe von Gherard. Maphaeus vordem
20. October 1459 mit dem Tode abgegangen sein, denn in dem Codei
von G. Maphaeus heisst es: „Memoria faco, chome che copie di mappa
mondi e de desegnl e scripture de /rar Mauro ho depositade al moni-
stier de misser san Zuane de la Zudecha in man del prior del dicto
Monastier, zoe don Andrea te quäl scripture e desegni tutti sono posti
in una chassa over bancho e serradi con un luchetto, la chiave del
quäl le qui apresso de mi. Ho auto tuto indrieto questo deposito adi 25.
Oktubrio 1464. Es ward dem berühmten Kartographen von seinen Zeitge-
nossen eine Denkmünze geschlagen wie sie auf der nächstfolgenden Seite darge-
stelt ist, mit der Umschrift: Frater Maurus S. Michaelis Moranensis de
Yenetiis, ordinis Camaldulensis Cosmographus incomparabilis.
Zum Schlüsse fügen wir noch einige Worte über die Veranlassung der
Anfertigung der Fra Mauro'schen Karte von Istrien bei.
An die Karte knüpft sich ein mehrmaliger Streit, der ausgebrochen
war zwischen dem Bischöfe von Parenzo und dem Abie des Klosters von
Si. Michel di Lemmo. Die Prozessacten sind enthalten im VI. und VII. Bande
der Camaldulenser Annalen, welche meist nach den Urkunden, die im Archive
von S. Michael di Murano bei Venedig sich vorfanden, ausgearbeitet sind.
Das Kloster S. Michel di Lemmo am Gestade des gleichnamigen
Busens auf der Westseite der Halbinsel Istrien gelegen, ward um das Jahr
1003 durch Romuald gegründet und die istrianische Gräfin Wilpurga
beschenkte es im Jahre 1040 mit reichen Gütern. Die Schenkung der Gräfin
Topographische Karte des Gebietes St, Michel di Lemmo in Istrien.
37
Wilpurga an das Kloster von Lemmo bestätigte nachher in einer andern
Urkunde ihre Tochter, die Gräfin Azcika. Man liest noch auf der topogra-
phischen Karte des Gebietes von Lemmo: „sepultura per madona Vilpurga."
Ferner heisst es in einer Anmerkung an der Grenze von Parenzo und S.
Michel di Lemmo : area rata e sepultura per madona azcicha contre croxe ;
dann auf einer andern Stelle unweit der Strasse die von der Ortschaft
Orsera (an der Westküste der Halbinsel) nach St. Lorenzo (landeinwärts)
führt, steht geschrieben: „Monte Passini, da qesto monte comenza la terra
S. Michel che fode Madona Azcika come se contien nel istrumento de lodata
zon .... (Lücke) la quäl madona. . . . (zweite Lücke) monestier ditto. Diese
Stelle bezieht sich, da unweit des Berges die Kirche S. Michel steht, wahr-
scheinlich auf die Güter, welche die Gräfin Azcika der in der Gegend erbau-
ten Kirche geschenkt hatte.
In der ersten Hälfte des elften Jahrhunderte« brach der Streit zwi-
schen dem Bischöfe von Parenzo und dem Abte von S. Michel di Lemmo
aus wegen des Zehentes, den der Bischof von den Leuten des Klosters for-
derte. Der Abt protestirte und berief sich an die noch damals lebende
Gräfin Azcika; diese aber trug den Streit vor den Kaiser Heinrich III.
mit dem Bemerken, sie habe den Klosterbrüdern die Umgegend von Lemmo
geschenkt, damit diese leben und Arme aufzunehmen vermögen. Der Kaiser
entschied den Streit zu Gunsten des Abten und der Bischof musste auf
den Zehent im klösterlichen Gebiete verzichten. Der Bischof schloss darauf
38 P. Matkovich.
den Frieden mit der Gräfin und sie schenkte ihm die Gegend um das Sab-
Ioner (?) Gebirge.
Im vierzehnten Jahrhunderte brach abermals der Streit zwischen den
Herren beider Gebiete, dem Bischof von Parenzo und den Klosterbrüdern
von Lemmo aus, denn jener nahm den Camaldulenser Mönchen, denen das
klösterliche Gebiet gehört hatte, bedeutende Besitzungen weg und vergab
sie an die Tempelherren. Paulus Venerius zur selben Zeit Vorstand des
Klosters von S. Michel di Murano, auf dessen Zuthun das Kloster von S.
Michel di Lemmo dem von Murano einverleibt ward, führte Klage bei der
Begierung in Venedig als die Leute des Kastells von S. Lorenzo die Abtre-
tung der Landgüter verweigerten. Der Doge Antonio Venerio schrieb in
der Angelegenheit an den Vorsteher der Gemeinde von S. Lorenzo, er solle
beide Partheien oder deren Stellvertreter hören, die Schenkungsurkunde
genau untersuchen, das Land besehen und darnach das Becht sprechen. Als
Vertreter und Anwalt des Klosters erschien der Mönch Lazar, es mangelte
ferner nicht an den Vertretern der Bepublik und der Gemeinde von St.
Lorenzo.
Das Urtheil war im December des Jahres 1394 gefällt, und der Pro-
zess endete zu Gunsten des Klosters, alle usurpirten Besitzungen trat die
Gemeinde von S. Lorenzo an das Kloster von Lemmo ab; sodann ward die
Grenzregulirung zwischen den Gebieten von Parenzo und S. Lorenzo Orsera
und S. Michel di Lemmo auf Grund der Schenkungsurkunde vom Jahre
1040 und den darin bezeichneten Landgütern, Weiden und anderen Besitzun-
gen vorgenommen. Die Grenze begann mit dem Berge Paxinus.
Nachher brach der Streit noch ein paarmal zwischen dem Bischöfe
und dem Abte wegen der Besitzungen aus, bis im Jahre 1456 von dem
Bathe zu Venedig der Prozess zum Vortheile des Klosters entschieden, und
somit dem Streite auf immer ein Ende gemacht wurde. Der Doge Foscari
bestimmte die Grenze zwischen den einzelnen Gebieten wie unsere Karte sie
darstellt. Gleich darauf ist die Karte von Fra Mauro gezeichnet worden,
um alle Streitigkeiten fernerhin zu vermeiden und die Bechte des Klosters
auf den Besitz des Gebietes von Lemmo zu wahren.
IV.
Über den Reichenauer-Berg in Mähren.
Von
J. F. Julius Schmidt.
In dem Abschnitte „pseudo-vulkanische Erscheinungen" beschreibt Land-
grebe in seiner Naturgeschichte der Vulkane, Bd. II. p. 128 — 130 den
Berg bei Beichenau im westlichen Mähren , und folgt dabei der Schilde-
rung des Professors Glocker, welche man in P o gg endo rf's Annalen B. 54.
p. 157 ff. findet. Glocker's Ansicht, nach welcher die Phänomene dieses
aus Quadersandstein bestehenden Berges an ähnliche bei den Schlamm-
vulkanen von Modena erinnern, hatte mich schon im Jahre 1855 angeregt,
Ueber den Reichenauer-Berg in Mähren. 39
den von Olmütz aus so leicht erreichbaren Berg zu besuchen; doch kam
ich nicht eher dazu, als am 22. August 1858. Auf dieser kurzen Fahrt
nahm ich Herrn Tschermack mit, damit, falls sich etwas Remerkenswer-
thes am Gesteine des Berges finden sollte, dies sicher beschrieben werden
könnte. Um einigermassen nützlich die Zeit anzuwenden, nahm ich den
gewöhnlichen Reisebarometer, und den bei anderer Gelegenheit schon mehr-
fach erwähnten Metallbarometer A' mit, um einige Höhenmessungen aus-
zuführen. Dieser diente als Basis die früher von mir bestimmte Seehöhe
der Sternwarte zu Olmütz, woselbst ich am 22. August sehr genaue eorres-
pondirende Beobachtungen am Normalbarometer anstellen Hess. Die Resultate
setze ich zuerst übersichtlich her. Obgleich die Entfernung des Reichenauer-
Berges von Olmütz nur 7 bis 8 Meilen beträgt, habe ich die berechneten
Höhenunterschiede doch nicht unmittelbar mit der Seehöhe der Sternwarte
verbunden, sondern durch mehrfache Combinationen lieber an den Bahnhof
von Landskron angeschlossen, welcher dem Reichenauer-Berge nördlich sehr
nahe liegt. Durch oftmalige Fahrten auf der Rahnstrecke zwischen Olmütz
und Prag war ich im Stande, die Höhenunterschiede der einzelnen Stationen
recht genau zu ermitteln, wozu seit dem Sommer 1856 ausser dem gewöhn-
lichen Quecksilberbarometer noch 3 Metallbarometer gedient haben. Da
indessen noch nicht alle Reobachtungen reducirt werden konnten, so beschränke
ich mich darauf, für diesmal nur die Reobachtungen von 1855, Juni 25.,
Juli 3., August 4., August 14. und August 22. zu benützen, an welchen
Tagen stets der Normalbarometer in Olmütz abgelesen ward. Für August
14. habe ich meine Reisebeobachtungen auch aus Wien und Prag verbunden,
indem ich die autographischen Curven benützte, die ich Seitens Wien der
Mittheilung des Herrn Dr. Lukas an der k. k. meteorologischen Central-Anstalt,
Seitens Prag der Mittheilung des Herrn Professors Kofistka und des Herrn
Astronomen Karlinsky verdanke. Ich fand sonach, indem ich durch
-j- eine Steigung der Rahn bezeichne, und mich für die Höhenangaben
stets der Toise bediene (1 Wien. Klft. = 0,97312 Toise):
Höhenunterschiede der Bahnhöfe
Olmütz
t
— Stephanau = -f 2,465 beob. an 6
Tagen
. 9 Combinat.
Stephanau
— Littau = + 8,493 „ „6
»
. 9
3»
Littau
— Müglitz = -f 9,088 „ „ 6
a
. 10
91
Müglitz
— Lukawetz = + 4,073 „ „ 6
n
. 9
9
Lukawetz
— Hohenstadt = -j- 7.986 „ „ 6
»
. 9
M
Hohenstadt
— Budigsdorf = -f 28,601 „ „ 3
9t
. 7
9
Budigsdorf
— Landskron = + 4,921 „ „3
n
. 7
99
Wird
die Seehöhe des Olmützer-Bahnhofes =
109,75 Toisen
gesetzt,
so hat man
für die andern Stationen:
t
Stephanau = 112,21 = 673 Par.
Littau = 120,71 = 724 „
Müglitz = 129,80 = 779 ,
Lukawetz = 133,87 = 803 „
Hohenstadt = 141,85 = 851 „
Budigsdorf = 170,46 = 1023 „
Landskron = 175,38 = 1052 „
Fuss.
»
»
X
9
9
»
An dem Reichenauer-Rerge wurden die Höhen mit beiden Instrumenten
meist gleichzeitig gemessen, wobei ich in Retreff der Sicherheit der Resultate
40
J. F. Julius Schmidi
des Metallbarometers auf meine frühern Untersuchungen verweise. Die Resul-
tate sind die folgenden:
Dorf Reichenau, Quellbrunnen h = 175,05 1050 per. Fues.
„ „ Wirthshaus b. d. Kirche = 179,23
Hügel N. 0. v. d. Kirche = 205,55
Fuss der westlichen steilen Bergwand (a) = 228,68
Gipfel des Reichenauer-Berges (b) Fig. 1. = 273,60
Der mittlere Teich II.
Der westliche Teich I.
Wall zwischen Beiden (g) Fig. 2.
Wall von II. südlich (i) Fig. 2.
Wall von II. südwestlich (k) Fig. 2.
Tunnel westlich von b (d) Fig. 1.
Steinbruch im N. W. (B) Fig. 1.
Reichenau, nördlichstes Haus
Um die Localität etwas näher zu
flüchtige Skizze des Berges beifügen ,
von Landskron gezeichnet habe :
= 267,74
= 266,08
= 268,62
= 268,79
= 270,42
= 250,33
= 199,82
= 174,90
beschreiben,
wie ich sie
= 1050
= 1076
= 1233
= 1372
= 1642
= 1606
= 1596
= 1612
= 1613
= 1622
= 1502
= 1199
= 1094
werde ich
auf dem
eine nur
Bahnhofe
Fig. 1.
I f1
Auf dem Bahnhofe zu Landskron sieht man den östlichen und nörd-
lichen Abhang des langgestreckten, von mittelhoher Waldung zum grossen
Theile bedeckten Berges. Man bemerkt sogleich den freistehenden hohen
Baum A, in der Nähe der Kuppe, und, an der Seite, wo das Dorf
Reichenau beginnt, den Steinbruch B. Jeder Fremde kann, wenn er gleich
bei B hinaufsteigt, und auf dem Rücken den Pfad im Walde verfolgt,
leicht ohne Führer zu den Teichen in der Nähe des Gipfels gelangen.
Etwa bei d zeigt sich eine Lichtung, und es führt dort bei Holzhütten
ein Pfad rechts , oder südlich an der steilen Wand abwärts gegen den
südlichen Theil von Reichenau, wo die Kirche steht. Folgt man aber von
d aus der ursprünglichen Richtung, indem man auf den leicht erkennbaren
Baum A zugeht, so trifft man bald in b den höchsten Punkt des Pfades,
der wahrscheinlich mit dem Gipfel des Berges identisch ist. Von b an
senkt sich der Weg abwärts, und nach einigen Minuten gewahrt man rechts
oder südlich durch Lichtungen in dem dichten Gebüsche die grüne Wiesen-
fläche des ersten und grössten oder westlichen Teiches I, von wo aus
man eben so leicht auch die beiden andern findet.
Die zweite Figur soll nur ganz beiläufig die Lage der drei Wiesen-
teiche veranschaulichen. I ist der westliche, gegenwärtig leicht zugäng-
lich, wenn man den Pfad g h trifft, nicht so verwachsen wie zur Zeit
Glockers, und in allen Theil en zu betreten, weil das Wasser verschwun-
den ist, und der mit Gras und vielen Blumen bewachsene Moosboden
hinlängliche Tragkraft besitzt. Man bemerkt, dass man hier Wiesenland
hat gewinnen wollen, und findet auch einige schmale Gruben, um den
Ueber den Reichenauer-Berg in Mähren. 41
West.
Pfad im Walde.
Ost.
steile südliche Wand.
Abzug der Wasser zu reguliren. Der Umfang beträgt circa 106 Toisen,
die grosse Axe etwa 40, die kleine dagegen 13 bis 15 Toisen. Die
Fläche liegt l3/4 Toisen tiefer als die mittlere II, und diese scheint bis
auf ein Geringes, mit III dieselbe Höhe zu haben. Die trennenden Wälle
g und m sind ganz unbedeutend. Den Umfang des Waldsaumes in II
fand ich zwischen 40 und 50 Toisen, die grosse Axe des feuchten Theiles
gegen 12, die kleine = 4 bis 5 Toisen; ebenso für III den Umfang
des innern Waldsaums = 37 Toisen, die grosse Axe etwa 20, die kleine
7 Toisen lang. Während am 22. August die westliche Wiesenfläche I
trocken war, fanden wir in II und III den mittleren Theil mit Wasser
bedeckt, aus welchem fast überall die Grashalme aufragten. Mit Ausnahme
der Mitte III, wo die Tiefe des Wasserlochs etwa 3 Fuss betrug, hatte
das Wasser sonst nur 2 bis 15 Zoll Tiefe, und zeigte nirgends die
Spur von Blasen, oder sonst eine ungewöhnliche Erscheinung. Die hohen
Temperaturen des Wassers könnten auffallend erscheinen, wenn man nicht
in Betracht zöge, dass die lange Einwirkung der Sonne in regenlosen
Tagen wohl im Stande sei, diese durch den Wald ringsum sehr geschütz-
ten Stellen, bei so geringer Wassertiefe, in beträchtlicher Weise zu
erwärmen. Ich fand:
Flächel. WasserimMoosboden, aufgegrab. Stelle = 16,6° Cels. Luft =20,<>5CeIs.
Freisteh. Wasser in einem kl. Graben =19,1 „
Flächeil. Wasser am südlichen Rande, zwischen 24,°6 und 19,°1 Cels.
„ am nördlichen Rande, „ 26, 5 „ 21, 6 „
Bodentemperatur im Wala^, 4 Zoll tief = 13,°4 „
Fläch. III. Wasser in der Mitte, wo es 3 Fuss tief = 19,«1 „
„ an einer flachen Stelle =24, 4 „
Diese Temperaturen in 1600 par. Fuss Meereshöhe sind vielleicht
einigermassen befremdend, und lassen es wünschenswerth erscheinen, dass
sie gelegentlich zu verschiedenen Zeiten wieder untersucht werden; doch
bin ich jetzt der Meinung, dass sie nur von der Sonnenwärme herrühren.
Stellt man sich ungefähr in die Mitte jeder dieser drei Wiesen,
so mahnt der Anblick wohl an ähnliches in andern Ländern, und wenn
man Kleines mit Grossem vergleichen dürfte, an einige, mit Moosboden
ausgefüllte Moore der Eifel, sowie an den flachen, theilweise mit Cultur-
land und Wald bedeckten Crater des Monte Cigliano bei Pozzuoli; aber
man darf über solche beiläufige Analogie im Ernste nicht hinausgehen.
Wir haben es hier keineswegs mit Cratern zu thun, sondern mit einer,
auf dem Süden des Berges von 0. — W. ziehenden, flach gebauten Furche,
42 J- F.Julius Schmidt.
in deren Grund an tiefen Stellen sich diese drei Wasserlacken gebildet
haben. Die scheinbare Craterform wird nur zu sehr durch die Lage der
Waldung, durch die Abdachung der Baumgipfel begünstigt, und nicht weniger
durch die innere runde Begrenzung des Waldsaumes. Viele holsteinische Seen
in der Gegend von Eutin und Ploen gewähren, wenn auch in grossem
Maassstabe, einen ähnlichen Anblick, und zeigen keine Erscheinungen, welche
an sogenannte pseutlo-vulkanische Bildungen, oder gar an normale Vulkane
auch nur entfernt erinnern.
Was aber dem Beichenauer-Berge durch Glocker den Namen eines
pseudo-vulkanischeu Berges verschafft hat, ist das, allen dortigen Bewohnern
sehr bekannte Getöse, und diese Erscheinung verdient ohne Zweifel alle
Aufmerksamkeit, und eine strenge und gründliche Untersuchung. Landgrebe
erzählt darüber (nach Glocker) Folgendes: „Das Wasser im ersten Bassin
„(nach meiner Bezeichnung Nr. III) befindet sich meist in einem ruhigen Zu-
stande, allein im Sommer, hesonders bei trockener Witterung, steigen Luft-
blasen aus demselben und bedecken seine ganze Oberfläche. Ist dieses
„Letztere der Fall, so entsteht oft zugleich im Innern des Berges ein dum-
„pfes, aber weithin hörbares Geräusch, einem fernen Kanonendonner ähnlich,
„das oft meilenweit gehört wird. Besonders zeigt sich dasselbe vor einem
„herannahenden Gewitter, und diese Erscheinung gilt bei den Bewohnern
„der Umgegend als eine ausgemachte Thatsache. Unwillkührlich wird man
„hier an ähnliche Phänomene bei den modena'scheu Schlamm-Vulkane erin-
nert; auch dort glaubt man — wie wir gesehen — an eine grössere
„Thätigheit dieser Salsen, wenn ein Gewitter bevorsteht Glocker
„hält es für bemerkenswerth, und vielleicht für das bis jetzt einzige Bei-
spiel dass die Gebirgsart, auf welcher die Erscheinung stattfindet, Quar-
„dersaudstein, also ein neptunisches Gebilde ist; allein wir haben schon
„früher gesehen, dass auch die modena'schen Gasvulkane aus einem Sand-
„steingebirge, und zwar aus Macigno Sandstein hervorbrechen."
Während unserer Anwesenheit in Beichenau fanden wir diese Aus-
sage vollkommen bestätigt; jeder kannte das Getöse, und es scheint von
alter Zeit her bekannt zu sein. Die deutsche Bevölkerung hat daher den Aus-
druck „der See rumpelt", und nimmt an, dass auf dem Berge ein grosser
und unergründlicher See vorhanden sei, wozu indessen viel fehlt, denn
wie wir gesehen haben, gibt es nur 3 kleine, theilweis schwach mit
Wasser bedeckte Flächen, und was die Unergründlickeit anbelangt, so
will dies hier, wie in vielen andern Fällen, einfach nur sagen, dass
man entweder niemals gemessen habe, oder dass im Falle einer Messung
die 2 oder 3 Klafter lange Sonde zu kurz war. Auf genaues Befragen
erhielten wir auch die Bestätigung des Umstandes, dass nicht auf meilen-
weite das Getöse gehört werden könne, sondern dass es meistens in
grösserer Entfernung besser vernommen werde, als in Beichenau und am
Berge selbst. Dies wäre nicht ohne Beispiel, wenn man sich dessen
erinnert, dass das Getöse des Vesuvs zuweilen in sehr grossen Entfer-
nungen vernommen ward, während man es in Neapel als das gewöhn-
liche bezeichnete; dass man (nach v. Humboldt) dieBramidos des Cotopaxi
in 40 bis 50 Meilen Entfernung wahrnahm, ohne dass es in der Nähe
als unmessbar, als unangebbar mächtig beschrieben wurde. Allein es lässt
sich wenig daraus schliessen, und es fehlt uns ein gemeinsames Maass,
um Schallphänomene an verschiedenen Orten miteinander vergleichen zu
können.
Seit dem Jahre 1856 wollte man das Getöse des Berges (welches
niemals mit einer Erschütterung verbunden ist) nicht vernommen haben; aber
Ueber den Reichenauer-Berg in Mähren. 43
mehrfache Aussagen geben an, dass es stark am 1. oder 2. August 1858
gehört wurde, gerade während der aussergewöhnüchen Regenperiode, welche
damals in Sachsen und Böhmen durch Ueberschwemmungen so viel Un-
glück angerichtet hat. Als wir am 22. August den Berg besuchten, war
es still. Nachmittags zog von S. 0. ein Gewitter herauf, und wir ver-
nahmen den fernen Donner, als wir oben mit den Messungen beschäftigt
waren. Ein uns begleitender alter Mann unterschied aber den Ton des
Donners leicht von dem Getöse des Berges, welches er vor Zeiten oft
gehört hatte. Bestimmte Nachrichten, namentlich Zeitangaben in schrift-
lichen Notizen konnten wir nicht auftreiben; ich erfuhr nur, dass Niemand
sich an ein Erdbeben in dieser Gegend erinnert, und dass das beträcht-
liche Erdbeben in Ungarn (1858 Jan. 15. Abends), welches seine Schwin-
gungen über Olmütz hinaus bis Mährisch-Tribau ausdehnte, in Reichenau an-
geblich nicht mehr verspürt wurde.
Ueber die geognostische Beschaffenheit des Reichenauer-Berges ver-
danke ich Herrn Gustav Ts chermack folgende Aufschreibung:
„Den vom Professor Glocker hierüber gemachten Mittheilungen kann
nur noch Weniges hinzugefügt werden , da der Bau und Bestand des
Gebirges bei geringer Ausdehnung ein sehr einfacher ist.
Das Gestein ist ein feinkörniger Kalk- und eisenreicher Plänersand-
stein, welcher hie und da kleine Mergelparthien einschliesst. Die grün-
graue Farbe desselben geht an den, der Atmosphäre ausgesetzten Flächen
in Folge eintretender Oxydation sehr bald in eine braune oder gelbliche
über, so dass der Sandstein an der Bergoberfläche überall mit diesen
Farben auftritt.
Die im Allgemeinen NNW. — SSO. streichenden Schichten stehen mit
steiler gegen Ost gerichteter Neigung auf den Sandsteinen und Conglo-
meraten, die von Glocker als dem Rothliegenden zugehörig erkannt,
namentlich am nordwestlichen Fusse des Berges zu Tage treten.
In dem Steinbruche, der an dem nördlichen Ausläufer des Berges
seit nicht langer Zeit eröffnet ist, konnte das Streichen N. 20° 0 mit
einer Neigung der Schichte von 70 — 80° beobachtet werden. Die Schich-
tenköpfe stehen sonach an dem ganzen Berge gegen West hinaus, daher
der Berg bei grösserer Steilheit und einer mehr steinigen Oberfläche auf
dieser Seite eine dünnere Bewaldung zeigt und der Kamm von West
gesehen sich wie eine Mauer hinzieht.
In der Umgebung der Sümpfe auf dem Bergrücken tritt stets das-
selbe Gestein mit demselben Schichtenbaue auf, so dass es mir merk-
würdig erscheint, dass unter diesen Umständen auf dem Kamme eine Stag-
nation der Regenwasser eintreten konnte, wenn gleich der beckenförmige
Bau des Rückens an der Stelle der zwei südlichen und am nördlichen
Sumpfe hiefür günstig ist (die westliche Vertiefung wurde in neuerer Zeit
künstlich zum Theile entwässert). Man wollte nämlich vermuthen, dass bei
so steiler Schichtenlage und häufiger Klüftung, das Wasser wenigstens den
Schichtungsflächen nach leicht durchsickern könne.
Vielleicht steht diese Art des Schichtenbaues und das Vorhandensein
der Sümpfe mit dem bereits von Glocker und Schmidt besprochenen
Schallphänomene in einem Zusammenhange, worüber freilich nur genauere
Beobachtungen während des Auftretens jenes Phänomens, namentlich über
das Verhalten der oben stagnirenden Wässer, Aufschluss geben könnten.
44 Dr. Wilhelm Barth.
Ob jener Zusammenhang besteht, wird sich auch nach gänzlicher Trocken-
legung jener Sümpfe zeigen.
An dem ganzen Berge ist von organischen Resten im Sandsteine
wenig zu sehen. Bios einige Pflanzenspuren konnte ich in dem erwähn-
ten Steinbruche bemerken.
Die Flora der zwei westlichen Sümpfe hat nichts charakteristisches.
Sparsames Schilfrohr, xanec caespitosa, stricta, vulgaris, am Rande die
gewöhnlichen Arten der Eestuca und Poa. Die Blüthen von Ranuticulas
Flammida, bringen einige Abwechslung hervor, hie und da umsäumt ein
Rasen von Nardus stricta die Sümpfe.
Das grösstenteils ausgetrocknete westliche Becken hat ganz den Cha-
racter einer nassen Wiese, auf der bei unserem Besuche zwischen den
Halmen der Seggen der weissen Blüthen der Evphrasia officinalis durch-
leuchtete.
V.
Versuch einer Erklärung der verhältnissmässig höheren
Temperatur an den Polen der Erde aus dem Verhältnisse
zwischen Sonne und Erde.
Nach Angaben von Jakob Barth bearbeitet
von
Dr. Med. Wilhelm Barth.
Mitgflheilt in der Versammlung; der k. k. geographischen Gesellschaft am 4. Jänner 1859.
Die Ansicht, dass die Pole der Erde zugleich auch die Kältepole
seien, d. h. dass an diesen Punkten der Erde die niedrigste Jahrestem-
peratur herrsche, war bis zum Beginne unseres Jahrhunderts die allgemein
geltende. Die Beobachtung, dass man, je weiter man von dem Aequator
gegen die beiden Pole vordrang, eine um so niedere Temperatur fand
und der Umstand, dass die Pole die am weitesten vom Aequator ent-
fernten Puncte der Erde seien, verliehen dieser Ansicht bei der Unmög-
lichkeit einer Untersuchung an Ort und Stelle einen solchen Grad von
Wahrscheinlichkeit , dass man ihre Richtigkeit bezweifeln zu dürfen gar
keine Ursache zu haben schien. Aber die Schwierigkeiten, welche sich
der Auffindung der nordwestlichen Durchfahrt im nördlichen Eismeere
entgegenstellten, veranlassten bald sehr verschiedene Meinungen über die
Möglichkeit der Lösung dieses Problems; während die Einen dieselbe
geradezu für unmöglich erklärten, behaupteten andere und zwar gewich-
tige Autoritäten auf das Bestimmteste das Gegentheil. Diese Controver-
sen waren die natürliche Veranlassung zur genaueren Erwägung der
in jenen Gegenden herrschenden Verhältnisse; auch die Ansicht über
die Temperatur an den Polen der Erde unterzog man einer genauen
Prüfung, welche anfangs Zweifel gegen die Richtigkeit derselben , in
der Folge aber Hipothesen und Theorien erzeugte , welche eine der
Versuch einer Erklärung der veihältnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. 45
vorigen ganz entgegengesetzte Ansicht über die Temperatur dieser Puncte
begründen sollten, und deren thatsächliche Bestätigung man in einigen
Beobachtungen der Nordpolarfahrer gefunden zu haben glaubte.
Auf Grundlage theoretischer Schlüsse und Combinationen meinte man
nämlich annehmen zu dürfen, dass jenseits des 80° n. B. eine verhältniss-
mässig höhere Temperatur herrsche, als in den anliegenden südlicher
gelegenen Zonen, dass somit der Nordpol nicht von ewigem Schnee und
undurchdringlichem granitfesten Stockeise starre, sondern dass jenseits die-
ser unwirthbaren und trostlosen Breitegrade ein höheres animalisches
und vegetabilisches Leben angetroffen werde und daselbst eine offene See
ihre eisfreien Fluthen treibe, welche den Schiffen jeden Curs ungehin-
dert zu steuern gestatte.
Dieses Paradoxon stützte man auch auf eine Beobachtung des Capitän
Parry; dieser hatte auf seiner so ruhmreichen Expedition im Jahre
1819 — 20, auf welcher er durch den Lancastersund und die Barrow-
strasse bis zur Banksstrasse vordrang, zwischen den Gebieten von North-
Devon und North -Cornwallis gegen Norden hin einen offenen Meeresarm
gesehen, den er Wellingtoncanal nannte. Man vermuthete nun, dieser
offene Meeresarm führe in das eisfreie Polarbassin, so dass man auf die-
sem Wege den Meridian der Barringsstrasse leichter erreichen dürfte.
Einen weiteren thatsächlichen Beleg für die Richtigkeit ihrer Ansicht
sahen die Vertreter eines eisfreien Pularbassin in der Lage des magne-
tischen Poles, der während der von Capitän John Ross in den Jahren
1829 bis 1835 angeführten Expedition von dessen Neffen James Ross
im 73°35' n. B. ausgemittelt worden war, indem man die Vermuthung
aussprach, es sei nicht wahrscheinlich, dass der magnetische Pol und der
Pol des Frostes bei ihrer wenn auch noch nicht bewiesenen aber doch
mutmasslichen verwandtschaftlichen Beziehung zu einander in so grosser
Entfernung von einander gelegen sein könnten.
Obschon nun diese Ansicht, schon wegen des scheinbaren Wider-
spruches mit den natürlichen Verhältnissen der Dinge, Anfangs nur wenige
Anhänger zählte, so gewann sie doch bald einen ausgebreiteten Kreis
von Verehrern, indem man keine Gelegenheit, die sich darbot, unbenutzt
vorüber gehen Uess, um die neue Theorie durch scheinbar unwiderleg-
liche Thatsachen zu befestigen.
Besonders verbreitet wurde aber dieselbe zur Zeit, als die engli-
sche Regierung, abgeschreckt durch die ungünstigen Erfolge in dem
Bemühen die Nordwest-Passage aufzufinden, nach der Rückkehr des Capi-
tän John Ross, welcher nach fast vierjährigem Aufenthalte im nördlichen
Archipelagus keine glücklicheren Resultate als seine Vorfahrer erlangt
hatte, sich von den so kostspieligen Unternehmungen im Norden gänzlich
abzuwenden und für die am nördlichen Eismeere gebrachten Opfer Ersatz
in der südlichen Polarsee zu suchen schien. Da verbreitete sich das
Gerücht, als wollten die Russen und Amerikaner die von den Engländern
scheinbar aufgegebenen Entdeckungen im nördlichen Eismeere weiter ver-
folgen. Da regte sich der Nationalstolz; man war gewohnt, die Aufsu-
chung der Nordwest-Passage als ein Erbgut der englischen Nation und die
Lösung dieses Problems als mit der Ehre der englischen Flotte unzer-
trennbarverbunden zu betrachten. Das Bewusstsein von der Grösse derThat und
von der Wichtigkeit der Lösung der Frage für die Wissenschaft war in
die weitesten Kreise gedrungen und man war daher auf allen Seiten auf
46 Dr. Wilhelm Barth.
das eifrigste bemüht, um so schnell als möglich eine Expedition auszu-
rüsten und vor den Amerikanern an Ort und Stelle zu sein. Als einen
der mächtigsten Hebel zur Förderung des nationalen Unternehmens benützte
man die wo möglich allgemeinste Verbreitung der Idee eines eisfreien
Polarbassin.
Die Folge dieser allseitigen Bemühungen war die Ausrüstung einer
Nordpolexpedition im Jahre 1845 unter Sir John Franklin. Das geheim-
nissvolle Schicksal Franklins und seiner tapferen Gefährten erregte die
lebhafteste Theilnahme und so tief wir auch das beklagenswerte Loos
dieser Helden betrauern müssen, so müssen wir hinwieder gestehen, dass
gerade dieses räthselhafte Ende der Expedition die günstigsten Folgen
für die Wissenschaft und die Schiffahrt nach sich zog. Gegen Norden
richteten sich die Augen und die Herzen Aller; es wurde Ehrensache, die
Verschollenen aufzufinden und ihnen Rettung zu bringen.
Aber auch für die Vertheidiger der Ansicht einer eisfreien Polarsee
war das räthselhafte Ende dieser Expedition nicht nur kein Gegenbeweis,
sondern sie fanden gerade hierin einen Beweis für die Richtigkeit ihrer
Ansicht; sie sagten nämlich: Franklin habe — gemäss seinen Instructionen,
welche ihn anwiesen, durch die Barowstrasse gegen Westen vorzudrin-
gen, und wenn die südlich und südwestlich führenden Meeresarme unfahr-
bar befunden würden, den Wellingtoncanal zu versuchen, Franklin habe
diesen Weg eingeschlagen, habe so das eisfreie Polarmeer erreicht, daselbst
eine relativ höhere Temperatur, ein höheres Thier- und Pflanzenleben,
somit alle Mittel zu seiner Erhaltung angetroffen — nur sei ihm die Rück-
kehr durch die Eiswüste versperrt.
Zu solchen fast an das Märchenhafte gränzenden Vorstellungen liess
man sich hinreissen.
Hervorgerufen und unterstützt wurde diese Ansicht durch den Wall-
fischcapitän Penny, welcher der zweiten Expedition zur Rettung Franklin's
im Jahre 1851 unter Capitän Austir beigegeben war mit der Weisung,
im Wellingtoncanal zu kundschaften Er kam mit der überraschenden
Nachricht zurück, dass er im oberen Wellingtoncanal ein milderes Klima
und Spuren eines höheren Thier- und Pflanzenlebens und einer offenen
See zu einer Zeit angetroffen habe, zu welcher die Barowstrasse für die
Schiffahrt noch in tiefem Winter lag.
So war Penny der erste, welcher die Theorie eines eisfreien Polar-
meeres durch die That zur Wahrheit zu machen schien. Allein die Freude
sollte nicht lange dauern. Schon im folgenden Jahre 1852 gelang es
Capitän Bei eher im Wellingtoncanal weiter nach Norden vorzudringen,
als Penny je gekommen war. Er hatte jenseits des 76° n. B. die Mün-
dung des Canals und die offene See gefunden. Aber wie gross war
seine Enttäuschung! Statt der milderen Temperatur heftige, orkanähnliche
Stürme; statt der ruhigen See ein von furchtbaren Eismassen durchwog-
tes tosendes Meer, das jedem Schiffe unabweislichen Untergang drohte !
Ueberdiess war der Zugang zur Mündung des Canals durch undurchdring-
liche Eismassen versperrt.
Dieser Bericht des Capitän B eich er war nicht sehr erfreulich für
die Anhänger der neuen Theorie: aber ungeachtet dieser so ungünstig
lautenden Nachrichten liess man den Muth nicht sinken, ja mit den stei-
genden Hindernissen steigerten sich sogar die Vorstellungen zu den san-
guinischesten Träumereien und es hätte nicht viel gefehlt, so hätte man
Versuch einer Erklärung der verhältnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. 47
das Arcadien der Dichter an den Nordpol verlegt. Das Glück war ihnen
auch günstig; sie fanden auch einen zweiten Verfechter an Capitän Ing-
lefield, welcher ebenfalls im Jahre 1852 im Smithsunde bis zu 78° 42"
21" vordrang und von da nordwärts, so weit das Auge reichte, eine
eisfreie See erblickt haben will. Dadurch wurde Belcher's Bericht neu-
tralisirt. Inglefield sagt, dass nur die vorgerückte Jahreszeit und der
Mangel an Lebensmitteln ihn abgehalten hätten, der so lockenden Einla-
dung diese See weiter zu befahren nachzukommen. Aber auch diese
Entdeckung wurde von dem letzten der nordischen Helden — dem ver-
ewigten Dr. Kane — in das Bereich der visionären Entdeckungen ver-
wiesen, während Kane seinerseits berichtet, dass durch seine Expedition
das eisfreie Polarbassin entdeckt worden sei. So wurde diese Frage von
den Seefahrern abwechselnd behauptet und widerlegt, und man konnte es
als ein gutes Omen bezeichnen, dass sie. obwohl widerlegt — schliesslich
dennoch wieder behauptet wurde.
Dr. Kane's Entdeckung ist bis jetzt weder bestätiget noch wider-
legt worden , und wir haben — im Hinblick auf die vorausgegangenen
Täuschungnn auf diesem Gebiete wohl das Recht, den Bericht Kane's
näher zu prüfen, bevor wir uns seinem Spruche unbedingt unterwerfen.
Kane berichtet nur, dass sein Matrose Mort on, begleitet von dem
Esquimo Hanns Christia n, den Humboldtgletscher umging, dass er, nach-
dem er sich auch von dem Esquimo getrennt hatte, am westlichen Aus-
laufe des Gletschers einen offenen Canal fand — den Kennedycanal —
dessen Breite er auf 32 Meilen schätzt. Je weiter nordwärts er kam,
um so eisfreier wurde das Wasser, an dessen Rande Seehunde und
Seevögel immer zahlreicher erschienen: auch grüne Gräser und einzelne
Arten der arctischen Flora fanden sich vor. Morton verfolgte die
Küsten immer weiter nordwärts , die Höhe des Washingtonlandes zur
Rechten, den Canal zur Linken. Am 24. Juni 1854 erreichte er den
äussersten Punct. Er erklimmt jenseits des 81° n. B. das Cap Consti-
tution bis zu einer Höhe von 480 Fuss , und pflanzt hier , Angesichts
einer nach Norden hin unübersehbaren in offenen, eisfreien Fluthen wo-
genden See, welche gegen Westen hin die kühn emporsteigenden Höhen-
bildungen des Grinellandes bis über den 82° n. B. sichtbar bespült, in
begeisterter Stimmung die amerikanische Flagge auf. Morton führte Kom-
pass, Sextanten und einen künstlichen Horizont mit sich.
Kane war durch Krankheit gezwungen zurückgeblieben, und er ver-
fasste diesen Bericht auf die Erzählung seines Matrosen, welcher allein
— denn selbst von dem Esquimo hatte er sich getrennt — diese Ent-
deckung machte, preisgegeben allen Eindrücken der erhabenen und gross-
artigen Natur, in einer durch fabelhafte Luftspiegelungen und andere oft
stundenlang andauernde Sinnestäuschungen die unbefangene Beobachtung
gefangen nehmenden Gegend, nach einer die Nerven aufregenden und
höchst anstrengenden Reise , und nach vierwochentlicher Trennung von
seinem Herrn und Meister, den er krank und unbefriediget von seinen
bisherigen Resultaten zurückgelassen hatte. Eine unter solchen ausseror-
dentlichen Umständen gemachte Entdeckung kann bei aller Ehrfurcht vor
Kane, bei aller Ehrenhaftigkeit M orton's doch von der Wissenschaft nicht
als unbedingte Wahrheit angenommen werden, und diess um so weniger,
je wichtiger und folgenreicher eben diese Entdeckung für die Wissen-
schaft ist.
Drei Mal innerhalb eines Jahrzehends sollte die offene See im Nor-
den gesehen worden sein! Zwei Mal war die Entdeckung gemacht wor-
48 Dr. Wilhelm Barth.
den von erfahrenen und gebildeten Seefahrern, umgeben von ihren Mann-
schaften und Offizieren — und beide Entdeckungen wurden in der Folge
als irrthümlich zurückgewiesen. Das dritte Mal wurde sie gemacht von
einem — wenn auch ehrenhaften — doch weniger gebildeten Manne,
welcher ohne alle Begleitung war.
Wenn man diesen Verlauf der Geschichte dieser Entdeckung berück-
sichtiget, so könnte man schliesslich fragen: ob denn nicht Penny sowohl
als auch Inglefiel d Recht hatten mit ihrer Behauptung und ihre Censoren
Unrecht? Penny soll die offene See im oberen Wellingtoncanal gesehen
haben. Ein Jahr darauf findet Belcher, welcher bis zum 76° vordrang,
wohl die Mündung des Canals und eine offene See, aber von Treibeis
und Eisbergen durchbraust. Im Jahre 1852 soll Inglefield die offene See
im 78° im Smithsunde gesehen haben. Zwei Jahre später ist Kane nicht
im Stande, daselbst eine See zu entdecken; sein Matrose musste bis zum
81° vordringen, und entdeckt sie daselbst. Wir sehen , dass die Ent-
deckungen der Vorfahrer von ihrem Nachfolger nur in höheren Breiten
bestätiget wurden. Ist da der Gedanke nicht nahe liegend, dass bei der
Aehnlichkeit der Polarwelt mit der Natur der Hochgebirge dort solche
Vorgänge statt finden, wie hier, dass so wie hier die Gletscher wach-
sen, auch dort die Region des ewigen Eises immer weiter um sich
greife? Freilich wird man sagen ist der Zeitraum von ein oder zwei
Jahren viel zu kurz bemessen , um solche ausgedehnte Veränderungen
hervorzubringen; aber finden wir nicht auf der südlichen Seite der Polar-
zone die Thatsache festgestellt, dass auf Puncten, welche gegenwärtig von
allen menschlichen Ansiedlungen verlassen sind, die Ueberreste von mensch-
lichen Wohnstätten und die Spuren einer untergegangenen Thier- und
Pflanzenwelt vorhanden sind, und ist es nicht möglich, dass bei dem vor-
handenen Wasserreichthume die Eisbildung unter günstigen Umständen
rasch und im ausgedehntesten Maasse stattfinde? dass also jenseits des
80° n. B. wirklich die offene See einstens gewesen, welche aber durch
den stettigen Eisbildungsprocess immer weiter gegen den Nordpol
zurückgedrängt werde.
Unter den Theoretikern, welche die Ansicht einer eisfreien Polarsee
auf das lebhafteste befürworteten, ragen Dr. August Petermann in
Europa und der Astronom und Geograph Maury in Amerika besonders hervor.
Petermann hatte schon vorder Entdeckung Inglefield 's in verschie-
denen Blättern Ansichten und Hypothesen über das Thier- und Pflanzen-
leben in der hohen Polarzone und über eine offene See in den noch
nicht erreichten hohen Breitengraden ausgesprochen. Der Bericht Ingle-
field's bestärkte ihn in seinen Ansichten auf das Lebhafteste. Allein Peter-
mann war nicht im Stande, die arctischen Autoritäten von der Richtigkeit
seiner Theorien zu überzeugen; man hielt ihm die Gesammtheit aller bishe-
rigen Entdeckungen entgegen; man wies daraufhin, dass Capitän Phipps
im Jahre 1773 bis zum 81», Capitän Parryim Jahre 1827 bis zum 82° 40"
23" vorgedrungen waren, ohne die offene See zu finden. Petermanns Ansich-
ten wurden von Scoresby und Beechey im Jahre 1853 in den Times so ent-
schieden widerlegt, dass sie allen Halt verloren zu haben schienen, und es
den Anschein hatte, als wäre diese Frage für immer abgethan. Petermann
selbst zog sich zurück.
Mit ungleich günstigerem Erfolge schien Maury in Amerika für die
Sache aufzutreten. Er war auf Grund theoretischer Combinationen zu dem
Schlüsse gekommen, dass jenseits des 80° n. B. eine eisfreie See und ein
höheres Thier- und Pflanzenleben herrsche, und wusste seine Theorie, welche
Versuch einer Erklärung der verhältnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. 49
ein neues System der phisikalischen Geographie zu gründen geeignet schien,
auf scheinbar unwiderlegbare Thathsachen und Grundsätze zu stützen , dass
sie den Anforderungen der Wissenschaft vollkommen gerecht wurde, und als
Kan e's Bericht bekannt wurde, nahm er keinen Anstand, diese seine mit so
grosser Zuversichtlichkeit gefasste Voraussetzung als eine vollendete Thatsache
hinzustellen. Maury sucht die Gründe für seine Behauptung in den Meeresströ-
mungen und erklärt die verhältnissmässig höhere Temperatur am Nordpol für
eine Wirkung des submarin in das Polarbassin eintretenden warmen Golfstromes.
Dr. Brandes, Mitglied der geographischen Gesellschaft zu Berlin,
hat in einem im zwanzigsten Hefte des Jahrbuches zum Konversationsle-
xikon abgedruckten Aufsatze, welchen ich zum Entwurf dieser Skizze
benützte, die Aussprüche Maury's einer eingehenden Kritik unterzogen und
ist zu dem Schlüsse gekommen, J;dass von dem Richterstuhle der Wis-
senschaft die ganze, so anziehend ausgemalte Maury'sche Vorstellung von
dem in der Tiefe des Meeresgrundes zu dem Punkte des Nordpols hin-
aufgetriebenen Golfstrom, von der Bedeutung desselben im Haushalte der
Natur, von den eigenthümlichen Umständen, welche seine warme Tempe-
ratur, durch eine Zone furchtbaren Frostes hindurch bis zum Nordpol
hinauftreten für nicht viel mehr als ein geistreiches, lebensvolles Traum-
bild erklärt werden müsse. K
Dr. Kane, welchem Maury seine Theorie einer submarinen Einströ-
mung des Golfstromes gerne unterlegen möchte, gibt eine den Verhält-
nissen bei weitem natürlichere Ursache der beobachteten Meeresströmun-
gen an. Er sagt nämlich, dass dem Polarmeere die Gewässer dreier
Continente zugewandt seien, ein Zufluss, welcher noch vermehret werde
durch die in den hohen Breiten gesteigerte Präcipitation. Im Gegensatze
solcher Zuflüsse könne in dem überfüllten arctischen Bassin auch ein
Ausgang nicht fehlen, durch welchen sein Inhalt unter einer von den
Gesetzen der Strömung unabhängigen Operation gegen den Aequator zu
hinweggeräumt werde. Diess führt ihn dann sistematisch weiter zur Auf-
zählung der drei Eismeerstrassen des Polarbassins.
Es scheint somit den Theoretikern nicht besser zu ergehen , als
den praktischen Seeleuten — auch sie fanden mit ihren Ansichten nicht
unbedingten Glauben.
In neuester Zeit hat Dr. Robert Froriep in seiner Schrift: „das
Klima am Nordpol" die Aufmerksamkeit auf den Einfluss der Luftströmun-
gen gelenkt, der sich in der Gegend des Poles in hohem Grade gel-
tend machen müsste , wo die sämmtlichen Aequatorialströmungen der
Theorie nach zusammentreffen. Diese müssten nicht nur eine Erhöhung
der Temperatur bedingen, sondern auch durch ihre Abkühlung am Pol
mächtige Niederschläge bilden , woraus sich die aus dem Polar-Meer
beständig hervorkommenden Meeresströmungen erklären und zwar führen
sie diesem Meere meteorologisches, d. h. salzfreies Wasser zu, was wie-
derum mit der Beobachtung übereinstimmt, dass der Salzgehalt des Meeres
gegen die Pole zu abnehme. Vielleicht Hesse sich, meint der Verfasser
hiemit auch das Phänomen des Nordlichts in Zusammenhang bringen;
denn es sei wahrscheinlich, dass durch das Zusammentreffen vieler Aequa-
torialströme in der kalten Polargegend furchtbare Gewitter entständen,
deren Widerschein eben das Nordlicht sein dürfte.
So lautet die Inhaltsanzeige dieser Schrift im VI. Hefte des Jahr-
ganges 1857 von Petermann's Mittheilungendes geographischen Institutes
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 1. Heft. ''
50 Med. Dr. Wilhelm Barth.
zu Gotha. Ich war nicht im Stande, diese Schrift selbst zu Gesichte zu
bekommen und die ausführliche Deduction Froriep's kennen zu lernen, bin
daher auch nicht im Stande dieselbe zu prüfen; nur so viel sei mir
gestattet, darüber zu bemerken, dass es mir gewagt erscheine, die Luft-
strömungen, deren Einfluss auf die Temperatur einer Gegend wohl ohne
Zweifel ist, als die letzte Ursache dieser Temperatur hinzustellen, indem
ich glaube, dass die Luftströmungen eher durch die Temperatur, als diese
durch jene hervorgebracht werden dürften, so dass also Ursache und Wir-
kung im umgekehrten Verhältnisse aufgefasst seien , abgesehen von der
Schwierigkeit der Erklärung, wie die Luftströmungen, die am Aequator auf-
steigen und in Folge ihres geringeren Gewichtes und des Bestrebens sich
auszudehnen doch immer nur in einer beträchtlichen Höhe der Atmosphäre
gegen die Pole abfliesen werden, ihre warme Temperatur durch alle Brei-
tengrade hinauf bis zum Nordpol erhalten?
Soviel über die Geschichte dieser gewiss nicht uninteressanten und
unwichtigen Frage.
Wir wollen nun untersuchen in wie weit es denn überhaupt gerecht-
fertiget sei, an den Polen eine verhältnissmässig höhere Temperatur anzu-
nehmen; wir wollen bei dieser Untersuchung absehen von allen Hypothesen
und Ueberlieferungen, und nur dasjenige Verhältniss ins Auge fassen, wel-
ches die wirkliche Ursache der Erwärmung unserer Erde ist , nämlich das
Verhältniss derselben zur Sonne, als seiner Licht- und Wärmequelle.
Es ist bekannt, dass die Centralwärme der Erde aufgehört hat, Ein-
fluss auszuüben auf die Temperatur der Oberfläche derselben, und dass diese
allein abhängt von der Wärme, welche sie von der Sonne erhält. Allein
es wird nicht die ganze Erde auf einmal von der Sonne erleuchtet und
erwärmt, sondern nur ein Theil derselben und zwar jener, welcher der
Sonne zugekehrt ist.
Der andere Theil der Erde, welcher der Sonne nicht zugekehrt ist,
wird auch von den Strahlen der Sonne nicht getroffen , somit auch nicht
erwärmt, und es wird daher seine Temperatur um so viel niedriger sein, als die
Sonnenwärme beträgt, welche die der Sonne zugekehrte Seite der Erde
empfängt. Dadurch entstehen zwei, jeder eine Hälfte des Erdsphäroids um-
schliessende Räume von ungleicher Temperatur, indem der zwischen der
Erde und Sonne gelegene Raum eine höhere , hingegen der die von der
Sonne abgewendete Seite der Erde umhüllende Raum eine niedrigere Tempe-
ratur hat.
Während der täglichen Umdrehung der Erde um ihre Axe bewegen
sich alle Theile derselben abwechselnd in diesen beiden Räumen und werden
daher vermöge des Bestrebens der Wärme, in den Körpern und ihrer
Umgebung sich in's Gleichgewicht zu setzen, während sie sich in dem
zwischen der Erde und der Sonne gelegenen, als der mit höherer Tem-
peratur erfüllten oder dem Tagraume bewegen, Wärme aufnehmen, hin-
gegen in dem, die von der Sonne abgewendete Seite der Erde um-
schliessenden von niedriger Temperatur erfüllten oder dem Nacht- oder
Schattenraume, Wärme abgeben oder ausstrahlen. Auf diese Weise findet
die Ausgleichung zwischen der Temperatur eines Punctes bei Tage und
der bei der Nacht statt und es wird somit die mittlere Temperatur
eines Erdstriches abhängig sein von dem Verhältnisse zwischen der Wärme-
aufnahme und der Wärmeabgabe oder der Ausstrahlung. Alles daher,
Versuch einer Erklärung der verhältnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. 51
was die Ausstrahlung während der Nacht vermehrt oder vermindert, wird
eben so wie alles, wodurch die während des Tages der Erde zugesendete
Wärme mehr oder weniger wirksam gemacht wird , eine entsprechende
Veränderung in der mittleren Temperatur hervorbringen.
Abgesehen von den Modißcationen, welche durch die grössere und
geringere Leitungsfälligkeit eines Körpers hervorgebracht werden können,
ist die Abgabe der Wärme vorzüglich abhängig: 1. von dem Unter-
schiede zwischen der Temperatur des erwärmten Körpers und der des
Raumes, in dem er sich befindet; 2. von der Zeit, durch welche er in
diesem Räume verweilt und 3. von der Grösse des Raumes, in welchem
die Ausstrahlung statt findet.
Dieses Verhältniss gilt auch von der Wärmeaufnahme, wenn ein
Körper in einem Räume von gleichmässiger Temperatur sich befindet.
Aber das Verhältniss ändert sich sogleich , wenn ein Körper , so wie
unsere Erde, in eine Wärmeströmung zu liegen kommt. Hier ist die
Richtung, in welcher die einzelnen Theile von den Wärmestrahlen ge-
troffen werden, von grossem Einfluss, und je mehr abweichend von der
Senkrechten, je schiefer die Theile getroffen werden, um so geringer ist
— bei übrigens gleicher Dauer der Einwirkung — ihre Erwärmung.
Während der Umdrehung der Erde um die Sonne, d. h. während
der Dauer eines Jahres haben alle Theile der Erde gleich lange Zeit
Tag und eben so lange Zeit Nacht.
Obwohl nun während dieser Zeit alle Theile der Erde gleich lange
Zeit Tag haben, d. h. Wärme aufnehmen, so ist doch ihre Erwärmung
nicht gleich gross, indem bei der sphäroidalen Gestalt der Erde die
Strahlen der Sonne nur an einer Stelle, nämlich am Aequator senkrecht
auffallen können, und daher nur an dieser Stelle am wirksamsten sein
werden; je weiter hingegen ein Ort von dieser Stelle gegen die Pole zu
entfernt liegt, desto schiefer wird derselbe von den Strahlen der Sonne ge-
troffen, desto weniger wirksam und desto geringer wird die Erwärmung
desselben sein.
Aber eben so, wie alle Theile der Erde während der Dauer eines
Jahres gleich lange Zeit Tag haben, eben so haben sie während dieses
Zeitraumes gleich lange Zeit Nacht, während welcher sie die bei Tage
aufgenommene Wärme theilweise wieder abgeben oder ausstrahlen. Die
Ausstrahlung findet statt gegen den Planetenraum, dessen Temperatur Fou-
rier auf — SO0 berechnet hat. Hier findet die Ausstrahlung ihre Grenzen.
Im Vergleiche zu dieser niederen Temperatur wird selbst das zu Eis
erstarrte Wasser noch immer eine höhere Temperatur besitzen und Wär-
mestrahlen abgeben. Es werden daher die in der Nähe der Pole gele-
genen Orte trotz ihrer geringeren Erwärmung ebenso wie die südlich
gelegenen Breiten so lange Wärme abgeben, bis das Gleichgewicht in
der Temperatur hergestellt ist.
Die Beobachtung Capitän Parry's, welcher auf Melville-Island eine Tem-
peratur von — 48° und des Capitän Ross, welcher später die Temperatur
von — • öl0, die niedrigste natürliche, bis jetzt beobachtete Temperatur,
beobachteten, scheint für diesen Vorgang zu sprechen.
Da wir nun in der südlichen Zone niemals eine so niedrige Tem-
peratur beobachten , so können wir annehmen , dass die Abgabe der
Wärme während einer Umdrehung der Erde um die Sonne auf allen
Punkten derselben gleich gross sei — oder wenn ich mich eines bild-
d*
52 Med. Dr. Wilhelm Barth.
liehen Ausdrucks bedienen darf — ein Thermometer würde, wenn dieser
Vorgang durch dasselbe messbar wäre , an allen Punkten um eine gleiche
Anzahl Grade sinken, nur würde in den südlichen Breiten die Scala bei
einem höheren, in den nördlichen bei einem tieferen Gradpuncte ihren
Ausgang nehmen.
Wenn nun während der Dauer eines Jahres oder eines Umganges
der Erde um die Sonne die Abgabe der Wärme an allen Puncten der
Erde als gleich gross angenommen werden kann, während die Aufnahme
der Wärme um so geringer ist, je entfernter ein Ort vom Aequator liegt
und da die Pole die am weitesten vom Aequator gelegenen Orte sind,
so würde daselbst auch die niedrigste mittlere Temperatur sein , wenn
nicht daselbst eigentümliche Verhältnisse obwalten würden , bei de-
ren Prüfung sich die Gründe einer entgegengesetzten Ansicht heraus-
stellen.
In der Bahn, welche die Erde um die Sonne beschreibt, sind be-
kanntlich die wichtigsten Puncte jene, an welcher das Aequinoctium und
das Solstitium eintritt.
Wie verhält sich nun die Erde bezüglich der Wärmeaufnahme und
Abgabe dieser Zeit?
Zur Zeit der Aequinoctien werden nicht bloss am Aequator, sondern auch
an allen übrigen Puncten der Erde Tag und Nacht gleich lang sein, und dieser
Zeitpunct ist es, an dem die eigenthümlichen Verhältnisse an den
Polen zur Beurtheilung der vorliegenden Frage besonders ersichtlich
werden.
Da zu dieser Zeit die Verhältnisse bezüglich der Aufnahme so wie
der Abgabe von Wärme während einer Umdrehung der Erde um ihre
Axe d. i. während eines Tages denselben Verhältnissen während einer
Umdrehung der Erde um die Sonne, d. i. während eines Jahres in so-
fern annalog sind , als während des Zeitraumes dieses Tages ebenso,
wie in dem Zeiträume eines Jahres alle Theile der Erde gleich lange
Zeit Tag und gleich lange Zeit Nacht haben, d. h. gleich lange Zeit
Wärme aufnehmen und eben so lange Wärme abgeben, so wird die mitt-
lere Tagestemperatur zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen der mittleren
Jahrestemperatur der verschiedenen Zonen entsprechen und es dürfte daher
nicht unstatthaft sein, die Stellung der Erde zur Zeit der Aequinoctien
als Mittel zur annäherungsweisen Bestimmung der mittleren Temperatur
an den Polen zu benützen.
Zur Zeit der Tag und Nachtgleichen bewegen sich alle Theile der
Erde während einer Umdrehung derselben um ihre Axe 12 Stunden in
dem Tagraum und eben so lange in dem Nachtraum; sie nehmen daher
durch 12 Stunden Wärme auf und geben während den andern 12 Stun-
den von der aufgenommenen Wärme an den von den Sonnenraum ent-
blössten Schattenraum so viel ab, als nöthig ist, um die bestehende
Temperatur zu erhalten.
Während nun alle Theile der Erde 12 Stunden Nacht haben und
Wärme abgeben, fallen an den Polen die Sonnenstrahlen während des
ganzen Umschwunges der Erde, also während der vollen 24 Stunden des
Tages ununterbrochen in die oberhalb den Polen befindliche Atmosphäre,
Figur 1. und indem sie hiedurch um so mehr in einer gleichmässi-
gen Temperatur erhalten werden wird, als auch der oberhalb befind-
liche Baum ganz von Sonnenstrahlen erfüllt ist, und daher kaum eine
Versuche einer Erklärung der verhiiltnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. 53
Ausstrahlung nach oben hin statt-
finden wird, bildet diese Atmos-
phäre, wie aus der nebenstehenden
Figur ersichtlich ist, für die Pole
und deren nächste Umgebung eine
Decke,wodurch die Ausstrahlung der
bei Tage aufgenommenen Wärme
wärend der Nacht wenn auch nicht
ganz aufgehoben, so doch in un-
gleich geringerem Masse stattfinden
wird , als an allen von den Polen
weiter entfernten Breitegraden, und
es wird daher in eben demMaasse,
als die Ausstrahlung vermindert ist,
die mittlere Tagestemperatur zur
Zeit der Tag und Nachtgleiche an
den Polen beziehungsweise hö-
her sein.
Dieses Verhältniss be-
schränkt sich aber nicht bloss
auf die Pole und deren nächste
Umgebung , sondern erstreckt
sich noch über einige anstossende
Breitegrade hinaus. Denn wir finden ,
dass diejenigen Sonnenstrahlen, welche,
wenn sie ungebrochen durch die At-
Fig. 1
Stellung der Erde zur Zeit der Aequinoctien
E die Erde. A die Atmosphäre. S Son-
nenstrahlen. N Nachtraum, a der von
Sonnenstrahlen erfüllte Theil der Atmo-
sphäre ober den Polen a' der von Son-
nenstrahlen erfüllte Planetenraum.
Erde
in die
mosphäre gehen würden , die
tangiren, beiläufig im 82° d. B.
Atmosphäre eintreten.
Es sei Fig. 2. E die Erde, A die
Atmosphäre , b d die Polarachse der
Erde = 1715.8 geographische Meilen.
Da die Atmosphäre wegen der leichten
Verschiebbarkeit ihrer Theilchen dem Ge-
setze der Centrifugalkraft in hohem
Grade folgen und so wie die Erde einen elliptischen Körper bilden
wird , dessen Höhe zwischen 9 und 24 variiren soll, so werden wir die
niedrigste Höhe derselben mit 9 Meilen an den Polen ansetzen.
Es ist somit ab (Fig. 2) = 9 Meilen; die Polarachse des Sphäroides A.
ist gleich der Polarachse der Erde bd mehr der doppelten Polhöhe der
Atmosphäre. Ziehen wir nun eine Senkrechte zur a e auf den Punkt b,
so wird hb eine Tangente zur Ellipse E sein und demnach diejenigen
Sonnenstrahlen repräsentiren, welche den Nordpol tangiren, wenn sie unge-
brochen durch die Atmosphäre gehen würden. Aber die Linie hb wird
in der Ellipse A zugleich eine Halbordinate zu der Polarachse a e sein,
deren gegenseitige Abscissen ab und be sind. Nun ist das Quadrat der
Halbordinaten in der Ellipse gleich dem Producte aus den gegenseitigen
Abscissen; es wird somit
hba = ab . be
ab =9; be = bd + de = 1715.8 -f- 9 = 1724.e
hb- = 1724.« x 9 = 15523.2
54
Med. Dr. Wilhelm Barth.
Nun sind aber hb und ab die Katheten des rechtwinkeligen Drei-
eckes ahb, folglich ah2 = ab2 -f hb2
ab2 = 81
hb2 — 15523..
15604.2. d. i. der Werth für ah2
Zieht man aus beiden Theilen die Quadratwurzel aus, so ist
y'ah* = /l,56,04.s = 124,9
ah ist also gleich 124. 9 geographische Meilen; und dies in Breitengrade,
den Grad zu 15 Meilen umgewandelt gibt 8.3 Grade.
Es wird somit der Punct h annäherungsweise im 81 °7 d. B. liegen;
nun werden aber die Sonnenstrahlen bei ihrem Durchgange durch die
Atmosphäre gebrochen und gegen die Erde gelenkt und werden daher die
Atmosphäre noch unterhalb des angegebenen Breitengrades je nach der
Dichtigkeit derselben mehr weniger erfüllen. Es wird also vom 81° d. B.
nordwärts eine verminderte Wärmeausstrahlung, d. i. eine relativ höhere
Temperatur herrschen zur Zeit der Aequinoctien.
Da nun in allen bekannten Breitengraden die mittlere Temperatur
zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen mit den mittleren Jahrestempera-
turen in soweit übereinstimmend ist, um von der einen auf die andere
annäherungsweise schliessen zu können, so wird eine auf die höhere
Temperatur zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche gestützte Annahme einer
beziehungsweise höheren Jahrestemperatur an den Polen nicht ganz unge-
rechtfertigt erscheinen.
Der Zeit der Aequinoctien entgegengesetzt ist die Zeit der Solstitien,
und wenn es möglich ist, die beziehungsweise höhere Temperatur an
den Polen zur Zeit der Aequinoctien mit einer an Gewissheit grenzenden
Wahrscheinlichkeit auf eine einfache W^eise darzuthun, so ist dies zur
Zeit der Solstitien als der grössten Abweichung in der Stellung der Erde
gegen die Sonne zur Zeit der Aequinoctien wohl nicht eben so der Fall;
wir müssen uns hier begnügen, die Thatsachen insoweit festzustellen als
nothwendig ist, die Möglichkeit einer relativ höheren Temperatur auch zu
dieser Zeit ersichtlich zu machen.
Zur Zeit des Wintersolstitiums tangieren die Sonnenstrahlen die
Erde zwischen dem 56° und 67° der Breite und es werden die, die
Atmosphäre nun berührenden Strahlen etwa 90 Meilen ober den Polen
vorbei gehen. Fig. 3. Es sei E Fig. 3.
die Erde, A die Atmosphäre, ac s_ de S
die halbe Polarachse des at-
mosphärischen Sphäroids ; zieht
man zur ac aus dem Puncte c
unter einem Winkel von 23°5 zur
Periferie die Linie cd, so wird,
wenn gc die halbe Polarachse
der Erde ist, sowohl der Punct f,
als auch der Punct d 23°5 vom
Pole entfernt sein, d. h. zwischen
dem 66° und 67° liegen und eine
Versuch einer Erklärung der verhiiltnissmiissig höheren Temperatur an den Polen etc. 55
auf den Punct d der cd gefällte Senkrechte SS wird diejenigen Sonnen-
strahlen vorstellen, welche zur Zeit der Solstitien die Atmosphäre tangiren.
Es soll nun der Punct e beiläufig 90 Meilen ober dem Pole gelegen sein.
Da es sich nicht um einen mathematisch genau zu bestimmenden
Punct, sondern nur um eine annäherungsweise Berechnung handelt, so
können wir bei der geringen Entfernung des Punctes d vom Puncto a und bei
der geringen Abplattung der Erde absehen hievon und cd gleich setzen ac.
Der Bogen ad verhält sich nun zum Bogen fg, sowie ac zu gc;
oder Bogen ad = og" fx ac, Bogen fg ist gleich 35°5 X 15 = 352,5
geogr. Meilen ac = 866.9 und bc = 857. 9 geogr. Meilen; wobei bc
die halbe Polarachse der Erde und ac die halbe Polarachse der Erde
mehr der Polhöhe der Atmosphäre repräsentirt. Es ist somit Bogen a d
= 352-ä8^ä866'9 = 356., geogr. Meilen.
Es sind somit in dem Dreiecke a c d alle 3 Seiten bekannt. Die Linie
db senkrecht zur ac wird die Höhe des Dreieckes sein = h; setzen wir
ac = a, de = b, ad = c und ab — x, so wird gc = a — x.
In dem A adb wird ha = c2 — x2
und in dem A dbc „ h2 = b2 — (a — x)3
C2-
-X2
=3
b2
—
Ca
—
x)8
=
b2
—
a2
+
2ax — x»
—
+
+
C2 — b2 -f a2 = 2ax
x = c2 — b8 4- a2 ,
— ! oder
2a
x = 356.,* — 866.99 + 866-22
1733,8
Dieses gibt x = 73., geogr. Meilen.
Hieraus können wir nun den Punct e berechnen. Zieht man die
Linie ea, so wird eb die Subtangente zur Tangente de oder ss sein.
eb besteht aus ea und ab = x. Nun ist nach der Formel
PT = 2ax — xx
a — x,
wobei PT die Subtangente, a die halbe Achse und x die Abscisse ist,
In dem vorliegenden Falle ist ab die Abscisse = 73., geogr. Meilen
die halbe Achse a = 866. 9 geogr. Meilen, es somit
eb_1733.8 x 73t — 73.2t =152 geogr< Meilen.
866.9 — 73.,
Da aber eb = ea -f- ab, und ab oder x = ag -f gb und ag
= 9 Meilen, so wird eg = 152.9 — 73.9 -f 9 = 88.8 geogr, Meilen;
das ist die ungefähre Lage des Punctes e oder die Höhe des Raumes
zwischen den ungebrochenen Sonnenstrahlen und der Erde.
Aber diejenigen Sonnenstrahlen, welche durch die Atmosphäre hin-
durch gehen, werden bei ihrem Uebergange aus dem dünneren in das
immer dichter werdende und sodann aus dem dichteren in das dünner werdende
Medium diesem Verhältniss entsprechend gegen die Pole zu gebrochen und
werden somit nach der jeweiligen Dichtigkeit der Atmosphäre den Raum
zwischen den ungebrochenen Strahlen und der Erde mehr weniger gegen
die Pole zu erfüllen.
üfi
.Med. Dr. Wilhelm Barth.
Betrachten wir aber den Durchschnitt des Schattenraumes, wie er
sich zu dieser Zeit an den Polen darstellt in Figur 4, dessen Höhe aus
der obigen Berechnung ersichtlich gemacht ist , so sehen wir , dass
die Höhe des ganz von Sonnenwärme entblössten Baumes gegen den über
32000 Meilen tiefen Schattenraum der weiter von den Polen entfernten
Breitegrade so unverhältnissmässig klein ist, dass auch zur Zeit der Winter-
solstitien ein beziehungsweise ungünstigeres Verhältnis rücksichtlich der
Wärmeausstrahlung unzweifelhaft stattfindet, was noch dadurch unterstützt
wird, dass die Sonnenstrahlen oberhalb den Polen eine mit ihrem Ende
auf der Erde ruhende muldenförmige Decke bilden, welche eine Aus-
strahlung, wie sie zur Nachtzeit an den dem Aequator näher liegenden
Breiten statt findet durch einen verhältnissmässig sehr kleinen Durchschnitt
nur gegen das Innere des Schattenraumes gestattet.
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Versuch einer Erklärung der verhältnissmässig höheren Temperatur an den Polen etc. J>7
Weiters dürfte hiebei in Betracht kommen, dass bei der fast mehr
als sechs Monate ununterbrochen andauernden Erwärmung der Atmosphäre
an den Polen diese bei dem vorhandenen Wasserreichthum mehr mit
Wasserdämpfen geschwängert und daher auch mehr Wärme zu binden
und in den Nachtraum hinüberzuführen befähiget sein wird, als an jenen
Orten, wo Tag und Nacht in kürzeren Zwischenräumen auf einander fol-
gen und somit in der bei Condensirung dieser Dämpfe frei werdenden
Wärme den Ersatz für die an den Nachtraum abgegebene Wärme in sich
selber um so längere Zeit finden dürfte, als der ihr gleichsam zur Er-
wärmung zugewiesene Raum verhältnissmässig klein ist.
Wir finden somit, ausgehend von dem Satze, dass die mittlere Ta-
gestemperatur zur Zeit der Tag- und Nachtgleichen annäherungsweise gleich
sei der mittleren Jahrestemperatur, mit einer an Gewissheit grenzenden Wahr-
scheinlichkeit, dass zur Zeit der Aequinoctien an den Polen in Folge der ver-
minderten Wärmeausstrahlung eine verhältnissmässig höhere Temperatur
herrsche, als in den angrenzenden südlicher gelegenen Zonen; wir finden
dasselbe Verhältniss auch, aber nur mit einiger Wahrscheinlichkeit zur Zeit
des Wintersolstitiums eines Poles und können somit schliessen, dass es nicht
nur wahrscheinlich, sondern auch möglich sei, dass an den Polen eine ver-
hältnissmässig höhere Temperatur herrsche, als in den südlicher gelegenen
angrenzenden Zonen, und nach der oben angeführten Berechnung zur Zeit
der Aequinoctien würde sich diese Erscheinung bis beiläufig zum 82° d. B.
erstrecken.
Dieses fände auch seine Bestätigung in der Lage des Kältepoles, wel-
chen Alexander von Humboldt in seinen Isotherm-Curven auf der asiatischen
Seite unter dem 79° auf der amerikanischen Seite unter dem 78° d. B. be-
stimmt und wir könnten somit auch annehmen, dass die Entdeckung Mortons,
wenn sie gleich unter Umständen gemacht wurde, die bei der Annahme
derselben zur grösten Vorsicht mahnen, kein leeres Trugbild der Phan-
tasie, vielleicht gemacht zum Tröste und zur Aufmunterung seines kranken
und unbefriedigten Herrn, sondern dass sie eine wirkliche Thatsache sei,
während die angeblichen Entdeckungen Penny's und Inglefield's nach dem
eben auseinander gesetzten Verhältniss mit Bestimmtheit als unwillkürliche
oder absichtliche Täuschungen erklärt werden müssen.
In wie fern nun diese verhältnissmässig höhere Temperatur an den
Polen geeignet sei, jene glücklichen Verhältnisse im Thier- und Pflanzen-
leben und den — von den Schiffern so sehnlichst gesuchten — eisfreien
„Wasserhimmel" hervorzubringen, diess zu bestimmen, halte ich gegenwär-
tig für noch nicht möglich. Es müssen da noch viele andere Fragen de-
ren Lösung wir noch entgegen sehen, berücksichtiget werden.
Schliesslich sei es mir noch gestattet, aus der eben entwickelten
Theorie eine Ansicht über die mögliche Entstehung des Nordlichtes ablei-
ten zu dürfen.
Die Fähigkeit der Atmosphäre unter günstigen Umständen Wasser-
dämpfe in hohem Grade aufzunehmen und dieselben sainmt der hieran ge-
bundenen Wärme in den Nachtraum hinüber zu führen, dürfte zur nähe-
ren Erklärung des Nordlichtes einige Beachtung verdienen, indem es mög-
lich wäre, dass die durch anfängliche Wärmeentziehung eingeleitete Con-
densirung dieser Dämpfe so rasch und allgemein fortgesetzt würde, dass
der Abfluss der dadurch frei gewordenen Wärme, welcher an den Polen
nur nach innen zu statt finden könnte, unter Lichterscheinungen erfolgen würde.
58 Karl Sonklar von Innstätten.
VI.
Über einige Ilöhenmessungen der Gebrüder A. und II. Schlagintweit.
Von
Karl Sonklar von Innstätten,
k. k. Major.
Mitgetheilt in der Versammlung: der k. k. geographischen Gesellschaft am 18. Jänner 1859.
Im zweiten Hefte, zweiten Jahrgangs der Mittheilungen der k. k. geo-
graphischen Gesellschaft, deren Mitglied zu sein auch ich die Ehre habe,
findet sich, gleich auf der ersten Seite beginnend, eine Besprechung der
von den Gebrüdern Schlagintweit im Jahre 1848 ausgeführten barometri-
schen Höhenbestimmung des Grossglockners, welche bekanntlich die Zahl
von 12158 P. F. = 12494 W. F. lieferte. Wäre diese Angabe richtig,
so würde dieser allerdings sehr schöne Alpengipfel den Ortles um nicht
weniger als 140 Fuss Höhe übertreffen, und demnach der höchste Punct der
österreichischen Monarchie und Deutschlands sein. Jene Besprechung rührt
von dem Herrn P. Urlinger, Benefiziat zu Gresten her, und tadelt
zuerst mit Grund das übermässige Vertrauen, welches die Gebrüder Schlag-
intweit in ihre barometrisch gewonnenen Höhenzahlen , gegenüber denjeni-
gen setzen, welche auf trigonometrischem Wege zu Stande gebracht wur-
den, und weist im Verfolg die mögliche Grösse des Fehlers, und daher
die Unzuverlässigkeit des erstgenannten hypsometrischen Verfahrens über-
haupt und besonders für den Fall nach, wenn die correspondirende un-
tere Station allzuweit von dem zu messenden Höhenpuncte entfernt liegt.
Hiedurch angeregt erlaube ich mir die Aufmerksamkeit der löblichen
Gesellschaft auf einige andere Höhenbestimmungen zu lenken, welche von
den Gebrüdern Schlagintweit in den Werken: „Untersuchungen über die
physikalische Geographie und Geologie der östlichen Alpen" und „Neue
Untersuchungen über die physikalische Geographie und Geologie der Alpen"
veröffentlicht wurden, und die theils dasselbe Uebermass von Vertrauen
in ihre mit dem Barometer erzielten Resultate, gegenüber den trigono-
metrischen Ergebnissen, und theils die Anwendung eines hypsometrischen
Verfahrens zeigen, welches wenig geeignet ist, jenes grosse Selbstver-
trauen zu rechtfertigen. Man hört zwar von manchen Seiten, und beson-
ders von Denjenigen, welche unsere Alpen und ihre natürlichen Verhält-
nisse genauer kennen, über die nicht immer zulängliche Begründung der
von den Gebrüdern Schlagintweit ausgesprochenen Sätze und Ansichten
klagen, dennoch aber sind bisher diese Klagen nur selten offen ausgespro-
chen worden, und auser Herrn Urlinger in Gresten, hat es meines Wis-
sens nur noch Otto Sendtner in München unternommen, einzelne Ergebnisse
S c h 1 a g i n t w e i t'scher Naturforschung zu kontestiren *) . Wenn ich nun
*) Siehe Jahrbuch der k. k. geologischen Reiehsanstalt, 1850 Nr. 2 pag. 301 „Berichti-
gungeiniger Angaben Schlagintweit's in Betreff der Isogeothermen der Alpen; von Otto
Sendtner." Abgedruckt aus der Zeitschrift „Flora* Nr. 7, 1850. Dieser Aufsatz bezieht
sichauf die von den Gebrüdern Schi agintweit. aus 38 Quellenbeobachtungen versuchte
Construction der Isogeothermen für jeden einzelnen Temperaturgrad, sowohl für die Cen-
tralalpen vom Ankogel bis Nauders, als auch für die nördlichen Kalkalpen und für die
südlichen Abfälle." Untersuchungen etc. S. 248.
t'eber einige Höhenmessungen der Gebrüder Schlagintweit. 59
im Folgenden diese und jene Höhenbestimmung der Gebrüder Schlagint-
weit einer etwas strengeren Kritik unterziehe, so will ich damit meine Ach-
tung vor den Talenten und den wissenschaftichen Verdiensten dieser Herren
nicht verläugnen; ich möchte damit nur der Wahrheit gerecht werden, und
es nebenher beklagen, dass hie und da Früchte des Denkens und mühevoller
Arbeit früher vom Baume der Erkenntniss gepflückt wurden, als sie ihre
volle Reife erlangten.
Wie es nun die Gebrüder Schlagintweit mit ihrer Höhenbestimmung
des Grossglockners gethan, so thaten sie es auch mit der des Sinnlaun in
Tirol und des Monte Rosa in den penninischen Alpen. Auch hier stellten sie
die von ihnen barometrisch gefundenen Höhenzahlen entweder über dieje-
nigen, die sich aus verlässlichen trigonometrischen Operationen ergaben, oder
sie vermengten beide Ergebnisse miteinander, und zogen, ohne Rücksicht auf
den ungleich höheren Verlässlichkeitsgrad des trigonometrischen Verfahrens,
das arithmetische Mittel aus beiden. Ja in der auf Seite 196 der „Untersu-
chungen über die physikalische Geographie und Geologie der östlichen Alpen"
wird, in einer Zusammenstellung der wichtigsten Erhebungen der Alpen, bei
dem Grossglockner des Ergebnisses der trigonometrischen Messung nicht ein-
mal gedacht. *) Nun, es ist freilich nicht Jedermanns Sache genau zu wissen,
in welcher Art die grossen geodätischen Operationen, wie z. B. die Triangu-
lirung eines Landes, ausgeführt werden; mit welcher extremen Genauigkeit,
Umständlichkeit und Gewissenhaftigkeit dabei zu Werke gegangen wird, und
wie verlässlich ihre Resultate sind. Werden bei solchen Gelegenheiten doch
einzelne Winkel, namentlich wenn sie dem Hauptdreiecknetze angehören,
60 — 100 Mal, und selbst noch öfter, beobachtet, u. z. mit Instrumenten, die
an Güte und Schärfe nichts zu wünschen übrig lassen. Auch hat es hier die
Höhenrechnung nicht mit so unsicheren Elementen zu thun, als es einige der-
jenigen sind, deren Anwendung die Barometerformel erheischt. Nur bei die-
ser grossen relativen Sicherheit von umsichtig ausgeführten trigonometrischen
Höhenmessungen konnte es z. B. kommen, dass bei der vor einigen Jahren,
gelegenheitlich der Triangulirung von Tirol durch das k. k. Milit. Ingenieur-Geo-
graphenkorps, geschehenen Höhenbestimmung des Ortlesgipfels, der Unter-
schied zwischen dem Maximum und Minimum der, durch Kollenation aus
zwölf verschiedenen Standpunkten hervorgegangenen Höhenwerthe, nur etwas
über 3 W. Fuss beträgt. Für den Grossglockner ergab sich dieser Unterschied,
nach den Rechnungsergebnissen aus 7 verschiedenen Zenitdistanzen mit
6 W. Fuss**) — Wer nun dies Alles kennt und erwogen hat, der wird dort,
wo eine nach ihrer Quelle verlässliche trigonometrische Höhenbestimmung
vorhanden ist, eine barometrische nur allenfalls desshalb anstellen, um an
jener den Grad ihrer Verlässlichkeit zu erproben, nie aber wird er sie bei
*) An einem anderen Orte aber (S. 167) wird das trigonometrische Resultat ver-
dächtigt und die Möglichkeit ausgesprochen, dass die Toisenzahl der vom Professor
Schi egg barometrisch aufgefundenen Höhe des Grossglockners, auf eine nicht näher er-
läuterte Weise, für Wiener Klafter genommen und als Ergebniss der trigonometrischen
Vermessung ausgegeben wurde ; — alles dies bloss auf die Annäherung (nicht Gleich-
heit) beider Zahlen geschlossen; ihr Unterschied beträgt noch immer 1, 42.
**) Einen nicht minderen oder vielmehr noch glänzenderen Beweis über die Schärfe
der trigonometrischen Operationen liefern die von Weiden in dem Werke „der Monte
Rosa" S. 25 — 26 mitgetheilten Ergebnisse der durch Carl ini, dann durch die französischen
und österreichischen Triangulatoren ausgeführten Höhenbestimmungen des Montblanc, de-
ren Mittel nur um 1, 3 Fuss von einander abweichen. Die respektiven Höhenzahlen sind näm-
lich 2460,0, 2460,1 und 2461,3 Toisen.
60 Karl Sonklar von Innstätten.
Mittelziehungen mit der trigonometrischen vermengen oder sie gar üher
diese stellen.
Ein solches willkührliches und unkritisches Vermengen trigonometrisch
und barometrisch gewonnener Höhenzahlen haben die Gebrüder Schlag-
intweit bei der Höhenbestimmung des Monte Rosa, Seite 65 — 69 der
„Neuen Untersuchungen" für zulässig erachtet. Ihre eigene Höhenberech-
nung bezieht sich auf die Ablesung von nur zwei Barometerstanden,
welche mit den korrespondirenden Barometerständen von Bern, Genf, dem
St. Bernhard, Aosta, Mailand und Turin verglichen wurden, und zur Auf-
findung von 12 Höhenwerthen führten, von denen der grösste und kleinste
eine Differenz von 184 P. Fuss zeigen. Dieser grosse Unterschied kann
niemand Wunder nehmen, wenn man bedenkt, dass die geradlinige Ent-
fernung des Monte Rosagipfels von Aosta 6*/lP vom gr. St. Bernhard
81/,, von Turin 131/,, von Mailand 15%, von Genf 18*/« und von Bern
192/3 geographische Meilen beträgt. Die meisten dieser Stationen sind für
einen Vergleich der Barometerstände viel zu weit von dem Monte Rosa
entfernt und stehen ausserdem, da sie theils auf der nördlichen, theils
auf der südlichen Seite der centralen Alpen-Kette liegen, unter verschie-
denen klimatischen Bedingungen. Die Vervielfältigung eines unrichtigen
Verfahrens bringt jedoch offenbar das Ergebniss der Wahrheit nicht näher,
und so war es auch hier unnütz, die Höhenrechnung unter dem gewiss
nur schädlichen Einftuss so vieler weit entfernter Stationen zu stellen,
da doch der Vergleich des Barometers mit Aosta und dem gr. St. Bern-
hard einen ohne Zweifel verlässlicheren Höhenwerth zum Vorschein ge-
bracht hätte.
Nichts destoweniger stellen die Gebrüder Schlagintweit ihre auf diese
Weise, und aus nur zwei Ablesungen des Barometers erhaltene Höhen-
zahl für den höchsten Gipfel des Monte Rosa, denjenigen ebenbürtig
zur Seite, welche sich aus trigonometrischen Messungen ergeben haben.
Ja noch mehr, sie betrachten ihre Zahl als das wahre Mittel aus den
vorhandenen trigonometrisch erhaltenen Werthen, und erklären sie dem-
nach als allein richtiges Ergebniss. An trigonometrischen Höhenbestimmun-
gen dieses Berggipfels sind aber nicht weniger als 13 vorhanden, deren
Resultate aber freilich etwas weit von einander abweichen. Sie sind je-
doch unter sich offenbar von sehr ungleichem Werthe, und wurden grös-
tentheils aus Zenitdistanzen berechnet, welche im lombardischen Tieflande
also aus grosser Entfernung und unter starker Lichtrefraktion gemessen
wurden. Aus diesem Grunde können auch diejenigen absoluten Höhen des
Monte Rosa, die aus den, auf den Observatorien zu Mailand und Turin,
zu Novara, Vigevano, Madonna di Crea, Mondovi S. Colombano und auf
der Superga bei Turin, beobachteten Zenitdistanzen abgeleitet worden
sind, weder als gleichwerthig unter sich und noch weniger als gleich-
wertig mit jenen betrachtet werden, welche von Weiden und Berchtold
durch Winkelmessungen aus grosser Nähe erhalten wurden. Der damalige
Oberst im k. k. Generalstabe Freiherr von Weiden machte seine Beob-
achtungen auf dem Monte Camera, etwa anderthalb geographische Meilen
östlich des Monte Rosa, mit der Verlässlichkeit eines gewandten Triangu-
lators und gestützt auf die Kenntniss einiger, durch die grosse Triangu-
lirung der Sesia in den Jahren 1803 — 6 genau bekannt gewordener
Puncte. Canonikus Berthold von Sitten in Wallis aber operirte auf der
nördlichen Seite des Gebirges.
l'eber einige Höhenmcssungen der Gebrüder Schlagintweit.
61
Wenn wir es nun versuchen, die wahrscheinliche Höhe der höch-
sten Spitze des Monte Rosa aus den vorhandenen trigonometrischen Er-
gebnissen abzuleiten, so werden wir hiebei die von Oriani gefundenen
drei Höhenzahlen aus dem Grunde nicht berücksichtigen, weil er bei
ihrer Berechnung den Refraktionscoeffizienten = y4, also viel zu hoch
annahm, und desshalb auch allzu grosse Zahlen erhalten musste. Die Ver-
besserung seiner Rechnung aber ist unthunlich, weil die von ihm beobach-
teten Zenitabstände unbekannt sind. Ich glaube nun nicht zu fehlen, wenn
ich bei den übrigen 10 trigonometrischen Höhenbestimmungen den rela-
tiven Werth jeder einzelnen, dadurch bestimme, dass ich die gefundenen
Höhen zur relativen Entfernung der Puncte, auf welchen die Zenitdistan-
zen beobachtet wurden, von dem Monte Rosa — in verkehrter Ord-
nung proportional setze. Hiedurch wird bei der Mittelziehung aus der
Summe der auf diese Weise erhaltenen Höhenwerthe, das einem nähe-
ren Standpuncte entsprechende Resultat die ihm gebührende höhere Gel-
tung erhalten. Die nachfolgende Tabelle zeigt Detail und Ergebniss dieser
Rechnung.
Nr.
Beobachter
Beoabchtungsstation
Relative Entfer-
nungen d. Beob-
achtung-sstatio-
nen v. Sit. Rosa
Diese Entfer-
nungen um-
gekehrt
Gefundene
absolute Hö-
hen des Mt.
Rosa (höch-
ster Gipfel)
Relative
Werthe die-
ser Höhen-
zahlen
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Freih. v. Weiden
Monte Carnero
1
1,000
2370t
2370t
Carliniu. Plana*)
Observatorium zu Mai-
land
9
0,111
2374t
263t,8
Neues Observatorium
zu Turin
8
0,125
2343t
292%
Kuppel der Superga
bei Turin
8
0,125
2357t
294t,6
Thurm zu Mondovi
13%
0,074
2319t
*71t,6
Oberst
Corabocuf
Mad. di Crea
6
0,166
2378»,7
306t.4
Novara
6
0,166
2376t,7
396t, i
Vigevano
8
12
0,125
2383t,9S
298%
S. Colombano
0.083
2383t,95
187t,9
Berchtold
» »
1
i
1,000
2377t,95
2377t,95
Sn im
ne . .
2,957 |
» »
7049%5
Durch Mittelziehung ergibt sich somit die wahrscheinliche Höhe des
höchsten Monte-Rosa-Gipfels mit
2a69,5 Toisen = 14217,«, P. Fuss
Ich habe es nicht für nöthig erachtet, die von Weiden und Carlini
erhaltenen Höhenzahlen, nach Delcros' Vorschlag um -f- 8 M. zu korri-
*) Die Gebrüder Schlagintweit setzen das Mittel aus den Messungen von C arl ini
und Plana mit 4619.6M. = 2370,8t an; dasselbe beträgt jedoch nur 4576,3M, = 2348,8t
62 Karl Sonklar von Innstütten.
giren, da es bekannt ist, dass bei der Verbindung der österreichischen
Triangulirung mit der französischen durch die Schweiz, dann mit der
gleichfalls von österreichischen Offizieren im Kirchenstaate und in Toskana
ausgeführten sich in den vom adriatischen, mittelländischen und atlantischen
Meere abgeleiteten Höhenmassen eine so kleine Differenz ergab, dass sie
Bruchtheile eines Meters nicht überstieg. *)
Zum Grossglockner zurückkehrend will ich nur noch erwähnen, dass
bei der Triangulirung Tirols in den Jahren 1851 — 1852 seine absolute
Höhe mit 12011,3i W. Fuss aufgefunden worden ist; hält man dieser Zahl
das Ergebniss der früheren Triangulirung mit 11991j06 W. F. entgegen
so ergibt sich ein Unterschied von 20,28 W. F. und ein Mittel von
12001,o W. F. Die von den Gebrüdern Schlagintweit barometrisch ge-
fundene Höhe ist sonach um nicht weniger als 493 W. F. zu gross.
Der Grossglockner ist daher nicht nur nicht der höchste, sondern
sogar erst der dritte Gipfelpunct Oesterreichs und Deutschlands, denn
es beträgt die Seehöhe
1. des Ortles j™* d" »T ^^fSf lää' '{»litt. 12354,9 WF.
Inachder Triangulirung v. J. 1852 12358, ,)
2. der Königs-jnaeh der älteren Triangulirung 12198,38]
wand oderdes nach der Triangulirung vom Mitt. 12189,8 WF.
M. Zebrü /Jahre 1852 1218i,17]
3. des Grossglockners, siehe oben 12001« WF,
Eine andere absonderliche Höhenbestimmuug ist durch die Gebrüder
Schlagintweit an dem östlichen Gipfel der Wild spitze im Oetzthale
im September 1847 ausgeführt worden. Sie bedienten sich hiezu nicht
einmal eines Barometers, sondern des Hypsometers, und beobachteten ver-
mittelst desselben den Siedepunct des Wassers nicht auf dem erwähnten
Gipfel selbst, sondern an einem windstillen, um etliche Hundert Fuss tie-
fer liegenden Orte, wobei sie sofort den horizontalen Abstand und die
relative Höhe des eigentlichen Gipfels über ihrem Standpuncte mit Hilfe
des Porrhometers trigonometrisch ausmittelten.**)
Nun, wer immer mit physikalischen Dingen nur etwas inniger ver-
traut ist, der kennt auch gewiss die theoretische Trefflichkeit und prak-
tische Unverlässigkeit des Hypsometers. Diess ist die Ursache, welche die
häufigere Anwendung dieses sonst leicht handlichen, compendiösen und
gut transportablen Instrumentes bisher verhindert hat. Man weiss, welche
unüberwindlichen Schwierigkeiten die correkte und zweifelfreie Ausmitt-
lung des Siedepunctes für den normalen Barometerstand darbietet, wel-
chen beträchtlichen und jedem Kalkül sich entziehenden Kapazitätsverände-
rungen das Thermometergefäss unterworfen ist, wie leicht sich desshalb
von einem Tag zum anderen der Siedepunct bei demselben Luftdruck
verschiebt, und wie es desshalb unmöglich ist, eine Kongruenz des fak-
tischen Siedepunctes, mit demjenigen, den bei einem bestimmten Barome-
terstande die Bechnung ergibt zu erzielen. Dass dadurch die richtige
Auffindung des Luftdruckes aus dem beobachteten Siedepuncte des Was-
*) Siehe den „Bericht über die in den Jahren 1847 — 18ol ausgeführte Verbin-
dung der österreichischen und russischen Landesvermessung-' von Karl von Littrow, im
o. Bande der Denkschriften, math. naturw. Klasse, der k. k. Akademie der Wissenschaften.
**) Siehe „Untersuchungen über die physikalische Geographie und Geologie der
östlichen Alpen" S. 187.
l'eber einige Höhenmessungen der Gebrüder Schlagintweit. 63
sers höchst problematisch sein muss, versteht sich wohl von selbst. Und
dennoch berufen sich die Gebrüder £chlagintweit, um ihre Verwendung
des Hypsometers zu rechtfertigen, auf die Autorität des englischen Phy-
sikers Chri stie,*) Hören wir jedoch welches Urtheil dieser über das Hyp-
someter fällt. Chri stie unternahm eigens eine Reise in die Alpen, u. z.
in die Umgebungen des Montblanc, um die Anwendbarkeit des erwähnten
Instrumentes zu erproben. Vorher aber trug er Sorge, die Richtigkeit des
Siedepunctes seines Instrumentes in Genf nach einem Normalbarometer zu
prüfen, wodurch er die Correction gewann, die die Angaben des Hypso-
meters zu jener Zeit erheischten. Er mass nun eine Anzahl Höhen, und
fand manche um 400 — 500 Fuss höher als sie andere auf anderem Wege
gefunden hatten. Bei seiner Heimkehr untersuchte er abermals den Siede-
punkt seines Instrumentes, und war nun erstaunt, als sich jetzt die Cor-
rection ganz anders herausstellte als zu Genf vor dem Antritte seiner
Reise, ohne dass er sich jedoch eine genaue Rechenschaft über die Ur-
sache dieser Veränderung zu geben wusste. Alle diese Umstände nöthig-
ten Christi e endlich zu folgendem Ausspruche über das Hypsometer:
„Since however perfect it may be theoretically, when stationary, it can
never be of practica!, benefit, unless it be of such a construction as to
bear the concussions and shaking, it must be necessarily exposed to,
when conveyed in the manner in which it can alone arrive at the
point , where its agency is reqnired." **) Wie kommt es nun, dass die
Gebrüder Schlagi ntweit die Anwendung des Hypsometers auf diesen Auf-
satz von Christie stützen, der vollkommen geeignet ist, von dem Gebrauche
jenes Instrumentes abzuschrecken?
Sei dem jedoch wie ihm wolle; die Gebrüder Schlagi ntweit massen
mittelst des Hypsometers die Höhe ihres Standortes auf dem Abhänge des
östlichen Gipfels der Wildspitze zu 11057,! P. F. — Wie aber waren
sie sofort im Stande die Ueberhöhung des Gipfels um 432 Fuss mit Hilfe des
Porrhometers trigonometrisch auszumitteln. Das Porrhometer ist ein
kleines, in seiner Leistungsfähigkeit sehr beschränktes Winkelmass-Instru-
mentchen , das nicht einmal genau nivellirt werden kann, und das, wenn
es viel leistet, etwa noch '/l0 Grade angibt. Wird nun auch angenommen,
dass es möglich war, den Vertikahvinkel zum Gipfel bis auf 1 Minute
genau anzugeben, wie aber fanden die Messenden den horizontalen Abstand
des Gipfelpunctes, ohne dessen Kenntniss die Höhenrechnung trigonome-
trisch gar nicht geführt werden kann?
Welchen Zweck hat es wohl mit Höhenbestimmungen, die auf die
eben beschriebene Weise erlangt werden?
Ohne Zweifel war es dasselbe oder ein an Verlässlichkeit ähnliches
Verfahren, durch welches die Gebrüder Schlagintweit theils auf der Vin-
centpyramide theils auf den Firnmeeren des Gorner- und des Lysglet-
schers, einige Winkel massen, und sich dadurch berechtigt glaubten, die
von Weiden, mit der Gediegenheit und Schärfe der trigonometrischen
Methode, für die verschiedenen Gipfel des Monte Rosa-Stockes aufgefun-
denen Höhenzahlen zu corrigiren. So lesen wir z. B. Seite 73 der
„Neuen Untersuchungen" in dem mit „4. Signalkuppe" überschriebenen
*) „Untersuchungen etc." S. 38ö.
**) J. Christie: vOn the use of the barometric thermometer for the determination
of relative heights" in den Philosophical Transactions, 1846, II, S. 132.
64 Karl Sonklar von Innstätten.
Absätze: „v. Weiden gibt als Resultat seiner trigonometrischen Bestim-
mungen 2336.J T. = 14016': allein er hebt zugleich (S. 37) den ge-
ringen Höhenunterschied hervor, welcher zwischen der Zumsteinspitze und
der Signalkuppe besteht. Er fand ihn nur 1,75 Toisen. Einige Winkel,
die wir bestimmten, zeigten uns, dass diese Differenz wohl etwas grösser
angenommen werden müsste, nämlich zu 6,5 M. oder 20 Fuss etc." Ange-
sichts der verhältnissmässigen Schärfe der trigonometrischen Höhenbestimmung
wäre es wohl am Platze gewesen, die Correction der Welden'schen Höhen-
zahl etwas strenger zu motiviren, wenn sie — die Correction nämlich —
als wirklich statthaft erachtet werden soll. Im übrigen findet sich bei der
Besprechung der Höhen der 9 Gipfel des Monte Rosa in dem genannten
Werke mehrfach eine Mittelziehung aus trigonometrischen Ergebnissen mit
anderen, die theils mit dem Barometer, theils auf noch weniger verlässliche
Weise erzielt wurden.
Zum Schlüsse will ich nebenher nur noch der von den Gebrüdern
Schlagint weit um circa 1000' zu tief gefundenen Ausgangshöhe des Roth-
moosgletschers im Gurglerthale *) der aus einer einzigen Bestimmung ab-
geleiteten mittleren Höhe der unteren Schneegrenze für die westtirolischen
Centralalpen per 8300 Fuss**), und endlich der ganz willkührlichen Annahme der
Ausgangshöhe des Langtauferer-, Petzthaler(?)- und Gepaatschgletschers ***)
Erwähnung thun.
*) „Untersuchungen" S. 188.
**) Ibidem. S. 187 und Tabelle S. 498 und Neue Untersuchungen S. 306. — Dies
lehrt nicht bloss die wirkliche Messung, sondern auch der Augenschein.
***) Neue Untersuchungen etc. S. 504.
VII.
Die geographische Breite von Innsbruck.
Von
Eduard Pechmann,
Major im k. k. Militär-Ingenieur-Geographen-Corps.
Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 1. Februar 1859.
Bekanntlich wird bei einer geodätischen Vermessung zur Orientirung
des trigonometrischen Netzes auch die geographische Breite und das Azimuth
auf einer Station astronomisch bestimmt, und durch Rechnung mittelst
sehr genauer Formeln auf die anderen Puncte übertragen.
Bei einer grossen Ausdehnung des trigonometrischen Netzes werden
diese astronomischen Beobachtungen gewöhnlich an mehreren Puncten eini-
ger Meridiane und Parallele gemacht, um ihre Uebereinstimmung mit den
durch die Rechnung auf geodätischem Wege erhaltenen Resultaten zu
prüfen.
So wie nun eine Uebereinstimmung dieser auf zweifachem Wege
erlangten Resultate in den allgemein geduldeten engen Fehlergrenzen auf
die Güte und Gelungenheit beider, nämlich der astronomischen und terres-
trischen Operationen schliessen lässt; ebenso gut muss eine Abweichung
in den beiden Resultaten zur Erkenntniss führen, dass bei einer oder
der andern dieser Operationen Fehler oder Störungen zu Grunde liegen,
welche diese Abweichung verursachen, und man wird durch die Anwen-
dung der geeigneten Prüfungsmittel bald zur richtigen Beurtheilung kom-
men, worin diese Fehler oder Störungen bestehen.
Im Allgemeinen zeigte sich bei den bisher bekannten Vermessungen
der verschiedenen Länder in den meisten Fällen eine erfreuliche Ueber-
einstimmung in diesen Resultaten; jedoch gibt es auch Unterschiede, unter
denen sogar bedeutende aufgezählt werden können.
Wir wollen hier einige nennen. So ist z. B. die Breite des Obser-
vatoriums von Calton Hill in Schottland durch astronomische Beobachtungen
bestimmt 55.° 57.' 23, "20, hingegen von den bestbestimmten Puncten
Grossbrittaniens auf geodätischem Wege abgeleitet nur 55.° 57.' 17,"57,
daher erstere um 5, "63 zu gross. In Indien ergaben die astronomischen
Beobachtungen zwischen den äussersten Stationen des nördlichen Bogen-
theiles, südlich vom Himalaya-Gebirge, nämlich zwischen Kalianpur und
Kaliana einen Bogen von 5.° 23.' 37,"058; dagegen die Triangulirung
o.o 23.' 42,"294, daher um 5,"236 mehr als die erstere.
So besteht der Unterschied zwischen der beobachteten und berech-
neten Breite zwischen Born und Bologna in 6, "84; zwischen Rom und
Florenz in 14, "04; zwischen Venedig und Florenz in 20, "22 Sekun-
den u. s. w.
Natürlich fehlt es dann auch in der Uebereinstimmung der Azimuthe
und zwar immer noch bedeutender, weil die vielen zwischen solchen Ver-
gleichsstationen gemessenen Winkel in der Summe ihrer wenn noch so
geringen Fehler im geodätischen Resultate weit mehr auf das Azimuth,
als auf die berechnete Breite einfliessen.
Mittheilungen der k. k. geogr. Gesellschaft. III. Bd. II. Heft. e
66 Eduard Pechmann.
Bei der grossen Verlässlichkeit, womit die meisten der neueren
geodätischen Vermessungen ausgeführt sind und ihre Controllen in der
Uebereinstimmung zwischen den gemessenen Basen erhalten, sind die Stö-
rungen, welche diese Abweichungen in den Resultaten verursachen, nur
in den astronomischen Beobachtungsstationen vorhanden, und in einer von
Gebirgsmassen, oder überhaupt von Unregelmässigkeiten in der Gestalt
und Dichtigkeit der Erdoberfläche verursachten Lokal-Attraction, oder An-
ziehung begründet, die eine Abweichung der Lothlinie, daher unrichtige
oder von der Attraction beeinflusste Beobachtungsresultate kundgeben.
Die erste Constatirung der Anziehung von Gebirgsmassen bei astro-
nomischen Beobachtungen machte Dr. Maskelyne im Jahre 1774 bei
dem Berge Schehallien in Schottland; wenigstens war sie bis dahin die
einzige mit Erfolg ausgeführte. Er beobachtete mit einem Sector die
Zenithdistanzen einer bedeutenden Anzahl Sterne am Fusse des Berges,
und zwar im Süd und Nord desselben, und fand daraus den astronomi-
schen Meridianbogen zwischen seiner südlichen und nördlichen Beobach-
tungsstation mit 54,60 Sekunden. Auf geodätischem Wege wurden für
denselben Bogen nur 42,94 Sekunden gefunden. Es betrug also die
Summe der beiden Attractionen des Berges im entgegengesetzten Sinne
11, "66, daher der Einfluss auf die Lothlinie des Sectors 5,83 Sekunden,
wenn die Wirkung beiderseits eine gleiche war.
Baron Zach") constatirt die Abweichung der astronomischen und
geodätischen Beobachtungen bei Marseille auf folgende Art: Er benützte
die trigonometrische Messung zur Berechnung des Meridianbogens zwi-
schen Tour de l'Isle de Planier und Clocher de X. D. des Anges nord-
östlich von Marseille, und fand den durch astronomische Breitenbestim-
mung auf beiden Puncten, erhaltenen Bogen um 2 Sekunden kleiner. Cm
nun zu beweisen, dass diess vom Einflüsse des nördlich N. D. des Anges
gelegenen Berges Mimet herrühre, beobachtete er astronomisch die Breite
an 3 Puncten, nämlich auf dem Observatorium zu Marseille, dann östlich
von Marseille auf den Puncten S. Peyre und ä la Capelette, übertrug
die auf Tour de Planier gemessene Breite durch den Breitenunterschied
auf diese 3 Puncto, und fand überall nahezu dasselbe Besultat. das er
auf astronomischem Wege erhalten hatte, schloss also daraus, dass kei-
ner dieser 4 Puncte einer Anziehung unterworfen war. Dann übertrug
er die astronomisch bestimmte Breite von N. D. des Anges auf diese
Puncte, und fand durchgehends nahe 2 Sekunden Unterschied, mithin er
diese Abweichung bloss dem Einflüsse des Berges Mimet nördlich von
N. D. des Anges zuschreiben musste.
Für die früher angegebene Abweichung in Indien suchte Herr
J. H. Pratt die Anziehung der Gebirgsmasse des Himalaya durch ein
eigenes neues Verfahren zu berechnen,**) welches näher anzugeben, hier
viel zu weit führen würde; jedoch erhält er nach seiner Berechnung
einen bedeutend grösseren Unterschied, als den zwischen den astronomi-
schen und trigonometrischen Operationen abgeleiteten. Er bespricht daher
auch die verschiedenen Hypothesen, mit deren Hilfe man sie reduziren
könnte, nämlich Höhen, Dichtigkeit, u. s. w., gelaugt aber zu dem Schlüsse
*) Siehe dessen Werk „L'attraction des montagnes" etc. 2 Bände. Paris 1814.
**) Siehe „U Institut anne'e 23* Nr. 117. Sitzung der königl. Akademie der Wis-
senschaften in London im Deeember 1854.
Die geographisch« Breite von Innsbruck. 07
dass er dadurch die berechnete Abweichung durchaus nicht auf das Re-
sultat zurückführen könne, welches durch den Vergleich der astronomi-
schen und geodätischen Operationen erzielt wurde.
Es kann dies zugleich als Beweis dienen, wie schwierig derlei Be-
rechnungen bei ausgedehnten zusammengesetzten Gebirgsmassen mit eini-
ger Wahrscheinlichkeit durchzuführen sind, und der hier eingetretene Fall,
dass die berechnete Attraction grösser, als die wirklich erwiesene ist,
kommt bei ähnlichen Berechnungen fast allgemein vor, so dass man sich
zur Annahme neigt, die Erdkruste habe in Folge der Schwere der Ge-
birgsmasse auf ihrer Überfläche, innerhalb an solchen Stellen Einbüge
oder Senkungen in das heissflüssige Innere, welche dadurch die Attrac-
tion der Masse auf ihrer Oberfläche vermindern, und kleiner als die be-
rechnete ergeben, wo diese Einwirkung bisher wenigstens nicht berück-
sichtiget wurde.
Unter allen bis nun bekannten Attractions-Berechnungen sind die
vom Hügel Arthurs-Seat in Schottland^) für die nördlich, südlich und
auf dem Gipfel desselben vorgenommenen astronomischen Beobachtungen
die gelungensten, wozu auch der weitere Versuch zur Erklärung der all-
gemein beobachteten Abweichung von nahe .f> Sekunden, wegen Mangel
an Materie nördlich, und ihrer Anhäufung im Süden von Edinburg, gehört.
Immer werden sich aber derlei Abweichungen nur bei einzeln ste-
henden Bergen mit hinlänglicher Genauigkeit berechnen lassen, während
diese Berechnung um so schwieriger und unsicherer wird, je ausgebrei-
teter und verschiedenartiger die Gebirgsmassen sind, wobei die Höhe,
Dichtigkeit u. s. w. dieser zusammenhängenden Massen einen so grossen
aber ebenso schwer zu ermittelnden Einfluss auf das zu berechnende Re-
sultat der Anziehung in ihrer Gesammtwirkung nehmen.
Das bisher Erwähnte gleichsam als Einleitung betrachtend, überge-
hen wir nun zu dem eigentlichen Gegenstande dieser Besprechung, näm-
lich zur Bestimmung der geographischen Breite von Innsbruck.
Bei der neuen trigonometrischen Vermessung Tirols im Jahre 18UI
wurde der Punct Lanserkopf, südlich von Innsbruck zur astronomischen
ßeobachtungsstation gewählt, und die daselbst mit aller Sorgfalt und
Schärfe mit verschiedenen Instrumenten bestimmte Breite ergab auf die
Kuppel der Jesuitenkirche zu Innsbruck mittelst des berechneten Breiten-
nnterschiedes übertragen für letztere 47.° 16.' 20, "85.
Baron Zach macht in den astronomischen Nachrichten**) die brief-
lich erhaltene Mittheilung des Herrn Generalen Fallon bekannt, wornach
die Beobachtungen des Peter Zellinger mit einem Zenith-Sector, für
die Breite der Jesuitenkuppel 47.° IG.' 12, '60, und Fallon's eigene
Beobachtungen vom Jahre 1805 auf die Jesuitenkuppel reducirt 47.° 16.'
7,"77 ergeben; so dass also Fallon im Mittel 47.° 16.' 10,"20 für
die Breite angenommen hat. Nach der älteren trigonometrischen Vermes-
sung Tirols wurde die Breite der Jesuitenkuppel mit 47.° 16.' 11, "Ol
von Wien abgeleitet.
Bei der Vergleichung der österreichisch-bayerischen Verbindungsresul-
tate an der Nordgrenze Tirols, zeigte sich in der einerseits vom Lanser-
*) Siehe „Philosophieal Transactions of (he Society of London." Für das Jahr
1856, 2. Theil, Seite 140.
**) Band 5, pag. 39.
gg Eduard Pechmann.
köpfe und anderseits von München abgeleiteten Breite dei gemeinschaft-
lichen Verbindungspuncte durchschnittlich ein Unterschied von 14,"25 Se-
kunden, um welche alle österreichischen Breiten grösser waren, woraus
folgt, dass die früher erwähnte Breite der Jesuitenkuppe] zu Innsbruck
nach der Ableitung derselben von München bloss 47.° 16.' 6, "60 betra-
gen würde.
Berechnete • man endlich diese Breite durch Hilfe der österreichisch-
schweizerischen Verbindungsdreiecke vom Jahre 1852 in Vorarlberg mit
der für Bern im Einklänge mit den französischen Dreiecken angenomme-
nen Breite*) , so erhielt man für die Jesuitenkuppe] zu Innsbruck
47.° 16.' 8,"50.
Die auf dem Lanserkopfe gemessene Breite war also offenbar zu
gross, und konnte nur dem Einflüsse der näheren südlichen Gebirgsmas-
sen auf die Abweichung der Lothlinie an dieser Beobachtungsstation zu-
geschrieben werden.
Auf den Antrag des Herrn Obersten Marieni fand sich daher die
Direction des militärisch-geographischen Institutes bewogen, eine neue Brei-
tenbestimmung in der Ebene von Innsbruck zur Constatirung dieser That-
sache hohen Ortes zu erwirken., mit deren Ausführung ich im Sommer
1857 beauftragt wurde.
Ich wählte zur astronomischen Beobachtungsstation einen Punct öst-
lich von Innsbruck und dem Dorfe Pradl, fast mitten in der ziemlich si-
metrisch vom Gebirgsrande umgrenzten Thalebene, und in nahezu gleicher
Breite mit der Jesuitenkuppel in Innsbruck.
Im Umkreise von ungefähr 6000 Wiener Klafter liegen südlich der
Lanserkopf mit 490, der Glungezer mit 1411, der Patscherkofel mit 1184
und der Säuleberg mit 1267 Klafter Höhe über dem Meere; dann nörd-
lich der Solstein mit 1339, das Rumerjoch mit 1190, der Zunderkopf
mit 1031 und der Gleiersch mit 1312 Klafter, während die absolute
Höhe des Punctes bei Pradl 303 Klafter beträgt. Im Meridian dieses
Punctes bei Pradl gerechnet, ist die Entfernung des nächsten Hochgebirgs-
rückens südlich ungefähr 3600, und nördlich 2000 Klafter, und die Thal-
ebene hat in dieser Richtung eine Ausdehnung von ungefähr 1460 Klaf-
ter, wovon 790 südlich und 670 nördlich, die gewählte Beobachtungssta-
tion vom Gebirgsrande trennen.
Die Beobachtungen wurden mit denselben Instrumenten und nach
denselben Methoden gemacht, wie auf dem Lanserkopfe im Jahre 1851,
auch wurden fast alle dieselben Sterne benützt, und die beobachtete
Breite mit dem geodätischen Breitenunterschiede auf die Jesuitenkuppel
von Innsbruck übertragen, ergab für diese 47.° 16.' 10, "95 also um
9,90 Sekunden weniger, als die im Jahre 1851 vom Lanserkopfe dahin
reducirte, und es war dadurch offenbar der Einfluss der Attraction auf
dem Lanserkopfe constatirt.
Um aber noch mit weit grösserer Sicherheit zu erfahren, welchen Ein-
fluss die einmal erkannte Attraction ausübe, wenn man sich von der fast
mitten im Thale gewählten Station Pradl dem Gebirge zu beiden Seiten
nähert, so wurde im Meridian von Pradl nördlich auf 530 und südlich
auf 625 Klafter Entfernung je ein Beobachtungsstand errichtet. Diese
*) Siehe Eschraann ..Ergebnisse der trigonometrischen Vermessungen in der
Schweiz," pag. 205.
Die geographische Breite von Innsbruck. <>9
Stande waren mit dein trigonometrischen Netze verbunden, und es wur-
den auf beiden direkte astronomische Beobachtungen für die Breite der-
selben vorgenommen.
Das hiezu benutzte Instrument war ein vorzüglicher Multiplications-
kreis Beichenbach's von 16 Zoll Durchmesser, mit dem auch auf der
Station Pradl gemessen wurde, und die hier in Vergleich gezogenen Be-
sultate der 3 Stationen basiren nur auf den mit diesem Instrumente
und nach demselben Systeme gemachten Beobachtungen des Polarsternes
und anderer ebenso weit südlich vom Zenith entfernter Sterne, und zwar:
Stand Beobachtungen Breite Mittlere Fehler
N. Nördlicher . . . , 170 . . . . 47.« 16.' 35,"99 . . . . ± 0,"16
P. Pradl 320 ... . 47.° 16.' 9,"24 ..... + 0,"10
S. Südlicher 180 .... 47.° 15.' 36,"60 .-.-.. + 0,"03
Daraus folgen die astronomischen Breitenunterschiede:
N— P = 26,"75; P— S = 32,"64; N— S = 59,"39.
Die berechneten geodätischen Breitenunterschiede aber geben:
N— P = 32, '55; P—S = 38, "41; N— S = 70,"96.
Werden also die geodätischen Breitenunterschiede mit den astrono-
mischen verglichen, so zeigen sich nachstehende Abweichungen der Loth-
linie in Bezug auf Pradl, und zwar: auf dem nördlichen Stande 5, "80
nach Nord auf 530 Klafter; auf dem südlichen Stande 5,"77 nach Süd
auf 625 Klafter, und in Summa 11, "57 nach Nord und Süd oder zwi-
schen dem nördlichen und südlichen Standpuncte auf 1155 Klafter Ent-
fernung.
Es ist dies eine überraschend merkwürdige Erscheinung bei so
kurzen Entfernungen, welche mehr als zur Genüge darthut, wie schwierig
es sei, bei solchen Terrainverhältnissen eine sichere astronomische Brei-
tenbestimmung vorzunehmen.
Nehmen wir hier noch das Eine im Jahre 1851 mit demselben In-
strumente auf dem Lanserkopfe gewonnene Resultat in Betrachtung mit
47.° 14.' 56,"90; so zeigen die geodätischen und astronomischen Un-
terschiede auf dem Lanserkopfe in Bezug auf Pradl eine Abweichung der
Lothlinie von 9,58 Sekunden nach Süd auf 1333 Klafter Entfernung, daher
zwischen dem südlichen Standpuncte in der Thalebene und dem Lanser-
kopfe bloss 3,"81 auf 708 Klafter Entfernung. Da aber durch diese
Vorrückung des Standes gegen Süden bis auf den Lanserkopf, der ver-
minderte Attractions-Eintluss der nördlichen Gebirgsmassen durch das um
543 Klafter in dieser Nordrichtung zurückbleibende Lanserkopf-Gebirge
selbst, nicht nur ausgeglichen, sondern übertroffen werden muss, so ist
diese geringere Abweichung zwischen dem südlichen Stande im Thale und
dem Lanserkopfe leicht erklärlich.
Um aber auf die Attractionsresultate im Thale zurückzukommen, so
kennen wir zwar die Abweichungen der Lothlinie auf dem Nord- und
Südstande in Bezug auf Pradl, aber nicht ihren absoluten Werth. Nennen
wir diesen nördlich x und südlich y, so wären nach den Beobachtungen
auf der Nordstation mit Zuzählung des geodätischen Breitenunterschiedes
die Breite von Pradl 47.° 16.' 3,"44 -f x und nach den Beobachtungen
auf der Südstation 47.» 16.' 15,"10 — y, oder im Mittel 47.« 16.' 9,"23+ ^~
das heisst: die Breite von Pradl wäre nur dann 47.° 16.' 9,"23,
70 Eduard Pechmann.
wenn die beiden Attractionen x und y auf den Aussenstationen, von welchen
die Breite auf Pradl übertragen wurde, wirklich einander gleich sind, und
sich dadurch heben.
Unsere directe Messung ergab zwar genau für Pradl als Resultat
47.° 16.' 9,' '24; allein wir dürfen desshalb nicht zurückschliessen, dass die
beiden Attractionen x und y einander gleich waren; sondern können aus den
zu beiden Seiten und in Bezug Pradl's constatirten entgegengesetzten Abwei-
chungen nur den sicheren Schluss ziehen, dass die Attraction an irgend
einem Puncte zwischen dem nördlichen und südlichen Stande Null werden
müsse, und dass dieser Punct, wenn die ermittelten entgegengesetzten Attrac-
tionen in Summa 11,57 Sekunden, von beiden Ständen gegen Pradl hin,
nach irgend einem aber jedenfalls zu ihrer Entfernung im Verhältnisse ste-
henden Local-Gesetze abnehmen, nicht weit von Pradl fallen dürfte.
Eine Untertheilung dieser Strecke mit noch einigen Ständen, auf wel-
chen gleichfalls astronomische Beobachtungen gemacht worden wären, hätte
uns hierüber natürlich weit mehr aufgeklärt, und den Nullpunct für die At-
traction in weit engeren Grenzen zu bestimmen möglich gemacht; allein hiezu
mangelte es leider an Zeit, da die Witterungsverhältnisse dieses Sommers
äusserst ungünstig waren.
Wir haben bereits angedeutet, dass die Attractionsberechnungen bei
ausgedehnten zusammenhängenden Gebirgsmassen immer nur Resultate liefern,
deren Uebereinstimmung mit den aus directen Messungen hervorgehenden,
noch bei Weitem nicht in den erforderlichen Grenzen stattfindet, und so
würde uns auch in diesem Falle, wo es zudem äusserst schwierig, ja fast
unmöglich ist, die Ausdehnung der anziehenden Massen im Norden und Sü
den mit einiger Wahrscheinlichkeit zu bestimmen), eine Attractionsberechnung
für die verschiedenen Stände im Thale keine Bürgschaft für das Bestehen
oder Nichtbestehen irgend eines Attractions Einflusses bei der beobachteten
Breite von Pradl leisten.
Vergleicht man aber die von Pradl abgeleitete Breite der Jesuitenkuppel
zu Innsbruck 47.° 16.' 10,^95 mit der vom Herrn Generalen Fallon fest-
gestellten 47.° 16.' 10, "20 und mit der aus der älteren trigonometrischen
Vermessung Tirols hergeleiteten mit 47." 16.' 11, "Ol; so stimmt sie mit
diesen Resultaten sehr nahe zusammen. — Nimmt man hingegen die von
München und von Bern abgeleiteten Resultate von 47.° 16.' 6, "60 und
47.° 16.' 8,"50, so weicht sie von ersterer noch um 4,"35 und von letz-
terer um 2, "45 ab, oder sie ist um so viel grösser.
Ist einmal die neue trigonometrische Vermessung zwischen der neu
gemessenen Basis von Wiener Neustadt und jener bei Innsbruck definitiv be-
rechnet, und andererseits der ebenfalls demnächst zu erwartende Vergleich der
zur Basismessung am Ticino verwendeten Toise mit der Wiener Klafter her-
gestellt, wodurch auch die definitive Verbindung der neuen Vermessung Ti-
rols mit jener des loinbardisch-venetianischen Königreiches geordnet werden
kann ; so ergeben sich durch die Uebertragung des Breitenunterschiedes von
Wien und Padua für Innsbruck wieder zwei Werthe, welche uns dann ver-
eint mit den übrigen beurtheilen lassen, ob das letzterhaltene astronomische
Resultat noch irgend einem Einflüsse der Attraction unterworfen war. Natür-
lich aber ist diese Beurtheilung immer Mieder von den mehr oder weniger
fehlerfreien Resultaten bezüglich der Attraction auf den Ausgangspuncten
selbst abhängig, und es würde sich zur Erzielung einiger Sicherheit darum
handeln, diese Ausgangspuncte wieder einer näheren Prüfung zu unterziehen.
Die geographische Breite von Innsbruck- 71
Uebrigens dürfte es in dieser Hinsieht von grossem Interesse sein, an
irgend einem zweckentsprechend gelegenen Puncte der Monarchie (etwa in
der Ebene Ungarns) und in dessen Meridiane und Parallele so viele astrono-
mische Beobachtungsstationen zu beiden Seiten dieser Linien zu machen, bis
sich bei der Näherung an das Gebirge irgend ein Attractions-Einfluss äussert,
um durch die Uebertragung aller von der Attraction noch nicht beeinflussten
Breiten- und Azimuthresultate desselben Beobachters, Instrumentes und der-
selben benützten Sterne, auf den Mittelpunct oder die Ilauptstation, bei dem
Zusammentrerten aller Besultate in äusserst engen Grenzen, gleichsam einen
Fundamentalpunct für alle auf geodätischem Wege abzuleitenden Breiten fest-
zustellen, und sich desselben bei Vergleichen mit astronomischen Beobach-
tungen an andern Puncten mit Sicherheit bedienen zu können.
VIII.
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
\ (Hl
Franz Ritter von Hauer ,
k k. Bergrath.
Im Auftrage der k. k. geologischen Beichsaustalt hatte ich im Sommer
des verflossenen Jahres die geologische Uebersichtsaufnahme im nordöstlichen
Ungarn zu leiten. Meine Beiseu, bei welchen ich mich der steten Begleitung
des k. k. Bergratb.es Herrn Otto Freiherrn von Hingenau zu erfreuen
hatte, führten mich von Pest über Miskolcz nach Kaschau, dann in den ver-
schiedensten Bichtungen durch die Comitate Saros, Zemplin, Unghvar, Be-
regh-Ugocsa, und Marmaros und von Szigeth über Debreczin wieder zurück.
Die geringe Anzahl von Höhenmessungen, welche aus allen von uns
durchstreiften Gegenden bisher vorliegen, machte es wünschenswerth, mög-
lichst viele neue Höhenbestimmungen vorzunehmen. Sehr willkommen war
mir daher der freundliche Antrag des Prälaten in Olmütz Herrn E. Bitter
v. Unkhrechtsberg mir das von ihm selbst auf seiner Sternwarte so wie bei einer
Beise auf den Schneeberg in Nieder-Oesterreich mit grosser Umsicht geprüfte
Bourdon'sche Metallbarometer (A3) für die Dauer meiner Beise zu leihen.*)
Dieses Instrument, von dessen Empfindlichkeit und Genauigkeit ich nun
selbst vielfältig mich zu überzeugen Gelegenheit fand, zeigte nach den
neuen sorgfältigen Untersuchungen, die Herr Dr. Julius Schmidt mit
demselben vornahm, vor und nach der ungarischen Beise keine wesent-
liche Aenderung; derselbe entwarf aber für dasselbe nach zahlreichen verglei-
chenden Ablesungen im Zimmer sowohl als bei einer zweiten Beise auf
den Schneeberg, die er im October 1858 in Gesellschaft des Herrn
G. Tschermak ausführte, die dieser Abhandlung angeschlossene neue
Correctionstabelle, nach welcher meine Ablesungen corrigirt wurden, um
*) Vergleiche J. F. Julius Schmidt, Untersuchungen über die Leistungen der
Bourdon*schen Metallbaromeler, Wien u. Olmütz 18a8. p. 20.
72 I |i,||Z Ritter ron Hauer.
sie auf wahre Barometerstände zu reduziren. Zur Correctiou wegen der
Wärme wurde die schon in dem oben citirten Werke mitgetheilte Ta-
belle benutzt, die ich ebenfalls am Schlüsse beigefügt habe.
Herr Dr. J. Schmidt hatte sich freundlichst angeboten, die Be-
rechnung meiner sämmtlichen Aufzeichnungen vorzunehmen, und führte
dieselbe auch, ungeachtet seiner inzwischen erfolgten Berufung zum l)i-
rector der k. Sternwarte zu Athen, so weit durch, dass er für jede
einzelne meiner Ablesungen die Differenz gegen einen oder den andern
Fixpunct bestimmte und es nur mir überliess, die wirkliche Seehöhe die-
ser Fixpuncte mit Zuhilfenahme aller Anhaltspuncte, die sich auffinden
Hessen, zu bestimmen.
Um solche Fixpuncte zu gewinnen, hatte ich auch ein Kap e 11 er'sches
Quecksilber-Barometer mitgenommen, und gewiss sind alle während der
Zeit, als dieses Instrument noch im guten Stande war, vorgenommenen
Messungen weit genauer. Leider wurde es am 6. Juli auf der furchtbar
schlechten Strasse vor Homonna gebrochen, und die späteren Ablesungen
mussten meisst direct auf solche der weit entfernten meteorologischen
Stationen berechnet werden.
Herr Dr. Schmidt hatte zur Vergleichung nur die Beobachtungen
der meteorologischen Station in Kaschau für die Monate Juni, Juli und
August, die ich von dem Beobachter, Herrn Dr. Widermann selbst er-
halten hatte, nach Athen mitgenommen ; Später erhielt ich durch die Güte
des Directors der k. k. meteorologischen Central-Anstalt Herr K. Kr eil
auch die Beobachtungen der Stationen Ofen (Beobachter Herr Dr. Frenreiss)
Wallendorf bei Bisztricz in Siebenbürgen (Herr Pfarrer Klopp s) und
Debrezin (Herr Tamässy), nach welchen ich einige meiner Ablesungen
die gegen diese Orte günstiger gelegen sind, als Kaschau, neu berech-
nete. Ich bediente mich hierzu der so bequemen von Herrn Professor
K. Kofistka veröffentlichten Tafeln*), wesshalb auch bei den von Hin-
ausgeführten Hechnungen die Differenzen in Wiener Klafter angegeben
sind; während jene des Herrn Dr. Schmidt nach Toisen berechnet sind.
Sämmtliche meteorologische Beobachtungen, welche zu Vergleichungen
benutzt wurden, sind unter Nr. 11 nach den Höhen-Tabellen abgedruckt,
und eben so sind auch meine Ablesungen selbst, dann die Höhen-Diffe-
renzen, als unmittelbares Besultat der Bechnungen, den gefundenen See-
höhen beigefügt.
Die Anordnung habe ich so getroffen, dass in besonderen Abschnitten
meist die an einer bestimmten Strasse, oder in einem Thal gelegenen
einzelnen Puncte der Beihe nach aufgezählt sind, so dass ihre Aufsuchung
auf den vom k. k. Generalquartiermeisterstabe herausgegebenen Comitats-
Karten, deren Orthographie ich auch durchaus beibehalten habe, keiner
Schwierigkeit unterliegen kann.
Zur Erläuterung und Begründung der Angaben in der Tabelle Nr. I.
füge ich noch folgende Bemerkungen hinzu:
In der Rubrik Barometer ist stets der auf die Temperatur von 0°
reduzirte Stand des Instrumentes in Millimetern angegeben. Ein der Ziffer
vorgesetztes B. bezeichnet eine Ablesung des Quecksilber-Barometers; alle
übrigen Zahlen sind Ablesungen des Metallbarometers. Die Temperatur der Luft
ist mit Thermometern mit Beaumur'scher Scala bestimmt.
") Jahrbuch der k k. geologischen Reichsnnstait 18öö. S. 840.
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn. 73
Zu Nr. 1). Für die Seehöhe meines Stationsplatzes in Pest
liegen drei Messungen mit dein Quecksilber-Barometer vor, welche mit den
Beobachtungen des meteorologischen Observatoriums in Ofen verglichen
die mittlere Differenz von -J- 1'9 Klafter ergeben. Die Höhe des genannten
Observatoriums wird in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie
Bd. XXXIII. Nr. 29 mit 54 Toisen angegeben, so dass die Höhe meines
Stationsplatzes 55*9 Toisen = 574 Wiener Klafter beträgt. Gegen die
Ablesung in Pest vom 2. Morgens, sind dann die anderen Ablesungen von
Nr. 1 berechnet.
Zu Nr. 2 und 3). Seehöhe von Mezö-Kövezd. Die Messungei.
mit dem Quecksilber-Barometer wurden sowohl gegen die Beobachtungen
der meteorologischen Station in Ofen, als gegen jene in Kaschau berech-
net und aus den vier auf diese Weise erhaltenen Höhen das Mittel ge-
nommen, welches die Seehöhe mit 6045 Toisen oder 62-12 Wiener
Klafter ergibt.
Für die Beobachtungen am 3. Juni habe ich die Differenzen gegen
Pest und Mezö-Kövezd berechnet, mit Bücksieht darauf, dass der Baro-
meterstand in Ofen an diesem Tage von 6 Uhr Morgens bis 2 Uhr Mit-
tags um 044 und von 2 Uhr bis 10 Uhr Abends um weitere 018 Pa-
riser Linien stieg. Die Berechnung, die Herr Dr. Schmidt mit Zu-
grundelegung des Barometerganges zu Kaschau ausgeführt hatte, gab we-
niger gut stimmende Besultate.
Zu Nr. 4 und 5). Seehöhe von Kaschau. Zur Ermittlung der
Höhe des Standbarometers der meteorologischen Station in Kaschau be-
nutzte ich die in den Sitzungsberichten der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften mitgetheilten Monatsmittel der Beobachtungen für April bis
Dezember 1857 und Jänner und Februar 1855. Diese gegen die Beobach-
tungen an der meteorologischen Central-Anstalt in Wien und gegen jene
in Krakau berechnet, ergeben die Seehöhe von 11102 Toisen = 114*09
Wiener Klafter. — In dem Verzeichniss der meteorologischen Stationen,
welches in den gedachten Sitzungsberichten Bd. XXXIII Nr. 29 mitgetheilt
ist, findet sich für die Station in Kaschau die Seehöhe von 109 Toisen
angegeben, welche aber nach freundlicher Mittheilung des Herrn Director
Kr eil nur einen genäherten Werth ausdrückte, dem die durch die Be-
rechnung der Monatsmittel gefundene Grösse vorzuziehen ist.
In meiner Wohnung in Kaschau wurden nur wenige Beobachtungen
mit dem Quecksilber-Barometer angestellt, da das Instrument während mei-
nes Aufenthaltes mit dem Standbarometer der meteorologischen Station ver-
glichen werden musste. Die Seehöhe dieser Wohnung, die als Ausgangs-
punct für mehrere Beihen von Messungen dient, ergibt sich aber doch
wohl mit hinreichender Sicherheit zu 100 6 Toisen oder 103 '4 Wiener Klafter.
Die Seehöhe der in der Umgebung von Kaschau, bei den Excursionen
nach Galsecs und Bank berührten Orte konnte auf wiederholte Messungen
an verschiedenen Tagen basirt werden und wurde noch durch Conibination
aller dieser Messungen unter einander corrigirt.
Zu Nr. 6). Die Seehöhe von Eperies ergibt sich als unmittel-
bares Besultat von 12 verschiedenen Barometer-Ablesungen, welche auf
das Standbarometer in Kaschau berechnet wurden mit 12498 Toisen oder
128-42 Wiener Klaftern.
Zu Nr. 8). Seehöhe von Hertnek. Der Anschluss an Eperies
durch die Ablesung am 15. Juni gibt die Seehöhe mit 23318 Toisen;
74
Iran/. Ritter von Hauer.
die Berechnung der Ablesung vom 16. Juni auf das Stationsbarometer in
Kaschau gibt die Seehöhe 220-12 Toisen. Das Mittel aus beiden 226 6
Toisen = 2329 Wiener Klafter nähert sich schon gut der Wahrheit, da
sie der Berechnung zu Grunde gelegt für die Höhen des am 16. Juni
gemessenen Csergö- und Mincsol-Berges für den esteren 550 7 und für
den letzteren 6087 Wiener Klafter ergeben, während die trigonometrische
Messung auf der Comitatskarte verzeichnet für ersteren 550*51, für Letz-
teren 60455 Wiener Klafter ergab. Diese trigonometrischen Messungen
selbst aber Hessen sich mit Vortheil anwenden, um für Hertnek einen noch
mehr genäherten Mittehverth zu erhalten. Die Lesungen am 16ten geben
für Hertnek Differenz gegen Csergö - - 3093 Toisen = 317.84 W. K.
für Hertnek Differenz gegen Miucsol — 365-7 Toisen = 375.80 W. K.
Also erstere die Seehöhe für Hertnek 23267 und letztere mit 228-75
Wiener Klafter. Aus diesen beiden Grössen das Mittel ist 2307 Wiener
Klafter, und das Mittel aus diesem und dem obigen gibt die angenom-
mene Seehöhe für Hertnek = 231-8 Wiener Klafter oder 225*6 Toisen.
Zu Nr. 10). Seehöhe von Csircs, Bad Lublau und Tarcza.
Für Csircs liegt nur eine Ablesung vom 17. Juni vor, welche auf das
Standbarometer in Kaschau berechnet 247.6 Toisen = 254 Klafter ergibt.
Für Bad Lublau haben wir zwei Ablesungen vom 17ten und 18ten Beide
auf Kaschau berechnet ergeben als mittlere Seehöhe 281*8 Toisen
= 289-6 Klafter und eben so die beiden Ablesungen für Tarcza am 18ten
und 19ten für diesen Ort 203-1 Toisen = 208"7 Klafter.
Diese Orte lassen sich aber überdiess auch durch Ablesungen, welche
an ein und demselben Tage an je zwreien derselben vorgenommen wurden,
in Verbindung bringen, und ebenso Tarcza mit der Ebene von Gross-Saros.
welche ihrerseits wieder durch die Ablesung am 22ten mit Ejteries ver-
bunden ist. Die oben angeführten Werthe als erste Näherungen zu Grunde
gelegt, erhält man auf diese Weise die folgenden Seehöhen :
Berechnet nach
Kaschau
Bad Lublau 1
Tarcza
Gr.-Saros
Mittel
Toisen
W. Klft.
Csircs .
247-0
2290
—
—
238-3
244-8
Bad Lublau
2818
1 —
282-4
—
282- 1
289-9
Tarcza .
203 1
202-4
—
1988
201-4
206-9
Die grosse Differenz dir Höhe von Csircs ist der schönen Ueberein-
stimmung der übrigen Puncte gegenüber sehr auffallend ; sie ist übrigens
von geringerer Bedeutung, da nur 1 Punct auf diesen Ort berechnet
werden musste.
Zu Nr. 11). See höhe von Also-Sebes. Die Ablesung vom 15. Juni
auf Eperies berechnet gibt 122-2 Toisen, jene vom 25ten auf das Stand-
barometer in Kaschau berechnet 122 5 das Mittel davon ist 122-4 Toisen
= 125-8 Wiener Klafter.
Zu Nr. 24). Seehöhe von Szigeth. Um dieselbe nach Möglichkeit
genau zu ermitteln, habe ich die fünf vorliegenden Ablesungen, von denen Herr
Schmidt nur die ersten drei auf Kaschau hatte berechnen können, da
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn. 70
er die meteorologischen Aufzeichnungen von dort nur bis Ende August
zur Verfügung hatte, auf Debrezin und Wallendorf in Siebenbürgen be-
rechnet, und aus allen so erhaltenen Differenzen das Mittel gezogen.
Die Seehöhe der meteorologischen Station in Debrezin ist in dem
Verzeichnisse der Stationen für 1858*) zu 65-2 Toisen, jene von Wallen-
dorf zu 188-6 Toisen angegeben. Die Differenzen gegen den einen wie
gegen den anderen der genannten Orte stimmen unter sich, wie meine Ta-
belle zeigt, gut überein. Dagegen erscheint eine grosse Differenz in dem
Gesammtergebnisse, wenn man obige Höhenangaben zu Grunde legt. Auf De-
brezin berechnet, ergibt sich nämlich für Szigeth die Seehöhe mit 1 1 32
auf Wallendorf aber mit 1257 Toisen; die letztere stimmt nähe mit der,
welche durch die Reduction auf Kaschau gefunden wird, indem diese 1240
Toisen beträgt.
Zu Nr. 28) Höhe von Körösmezö. Die vier Ablesungen von Hrn.
Schmidt auf Kaschau berechnet geben die Seehöhe im Mittel mit 301-2
Toisen, auf Wallendorf berechnet sich dieselbe zu 304*6 Toisen, das Mittel
aus beiden wurde angenommen.
Zu Nr. 30). Eine Flossfahrt auf der in ihrem oberen Laufe sehr
wilden und reissenden Theiss, bot mir Gelegenheit, ein genaueres barome-
trisches Nivellement derselben mit dem Metallbarometer vorzunehmen. Das
Instrument wurde frei aufgehängt, und zeigte während der ganzen Fahrt
von Körösmezö bis etwas unterhalb der Mündung des Vissöbaches einen
überaus regelmässigen Gang, so dass man von Minute zu Minute die Aen-
derungen des Zeigers ganz gut beobachten konnte. An letzterer Stelle
wurde die Fahrt leider durch Schiffbruch unterbrochen, indem wir mit
einer Anzahl anderer Flösse zusammenfuhren.
Die während der Fahrt notirteu Puncte habe ich gegen die Ablesung
desselben Tages in Körösmezö berechnet, mit Zugrundelegung des Baro-
meterganges von Wallendorf. Die so erhaltenen Höhen sollten immer um
2—5 Klafter tiefer sein, als die durch die Ablesungen am 18. und 19. August
an der Strasse erhaltenen Höhen, die ich gegen das Standbarometer in
Wallendorf erhalten habe; doch differiren die meisten um eine etwas grös-
sere Zahl.
Zu Nr. 32). Seehöhe von Huszth. Vier Ablesungen an verschie-
denen Tagen liegen von diesem Orte vor. Die zwei ersteren berechnete
Herr Schmidt auf das Stationsbarometer in Kaschau und fand die Diffe-
renzen — 307 und — 37*8 Toisen, also im Mittel — 34-2; gegen
Wallendorf berechnet fand ich die Differenzen — 121 1; — 119-7; —
120-5 und — 125-5 Klaftern, oder im Mittel 121 7 Klaftern; gegen
Debrezin die Differenzen -f 9-2; — 14 0; — 63 und — 114 oder
im Mittel — 5 8 Klafter. Endlich berechnete Herr Schmidt auch für
die Ablesung am 3. September die Differenz gegen Szigeth mit — 57-9
Toisen. Es Mürde sich demnach ergeben die Seehöhe durch die Ver-
gleichung mit
Toisen
Klaftern
Kaschau (2) =
76-8
789
Wallendorf (4) =
70-2
72 1
Debreczin (4) =
59-5
61-2
Szigeth (1) =
626
64- 1
*) Sitzungsbericht der k. Akademie der Wissenschaften. Bd. XXXIII. Nr. 29.
76
Franz Ritter von Hauer.
und unter Berücksichtigung der Zahl der Vergleiehungen im Mittel mit
66-8 Toisen oder 68-6 Klaftern.
Für die Ablesungen am 5. September wurden die Differenzen gegen
die Ablesung dieses Abends in Debrezin berechnet, für die Seehöhe aber
die der meteorologischen Station in Debreczin mit jener meines Beobach-
tungsortes in Debreczin gleichgestellt. Diese Abend-Ablesung auf die der
meteorologischen Station in Debreczin berechnet führt zu einem unmögli-
chem Resultat, vielleicht die Folge einer zeitweiligen Störung meines In-
strumentes. Die Angaben für diesen Tag sind daher jedenfalls sehr unsicher.
Im Ganzen sind durch meine Ablesung 588 Puncte bestimmt, von
denen ich mir erlaube, noch einige speziell hervorzuheben.
1. Frühere Messungen. Trigonometrische Messungen, die vorzüg-
lich sichere Anbaltspuncte zur Controlle geben, liegen nur für sehr we-
nige der von mir gemessenen Puncte vor. Es gehören dahin der Csergö
und der Mincsol-Berg im Saroser-Comitat, für welche meine Messung mit
der trigonometrischen, wie schon früher bemerkt beinahe vollständig über-
einstimmt; ferner der Magura-Berg bei Bad Bantfeld, Nr. 211 meiner
Tabelle, für welchen ich die Höhe von 461 Klaftern fand, während die
trigonometrische Messung 471 Klafter ergab. Noch grösser ist die Diffe-
renz für den Sarosvar-Berg bei Gross-Saros Nr. 163, für welchen ich
nur 2889 Klafter fand, während er trigonometrisch zu 303.5 Klft. bestimmt ist.
Von früheren barometrischen Messungen stelle ich im Folgenden die
von Kreil, Alth u. s. w. ausgeführten, die sich in Herrn Senoner's Ver-
zeichniss*) befinden, mit den meinigen in Paralleln, bei den meisten ist die
Uebereinstimmung ziemlich befriedigend zu nennen, und wo diess nicht
der Fall ist, gibt wohl die Verschiedenheit des Slandpunctes eine genü-
gende Erklärung der Differenz, so namentlich bei Cnghvar wo Herrn
Director Kreil in dem höher gelegenen Seminar-Garten, ich aber in dem
nahe an dem Unghflusse gelegenen Gasthause die Messung vornahm. Ein
Gleiches kann bei den zwei aufgeführten von Herrn Alth gemessenen
Puncten der Fall sein, an welchen ich übrigens auch meine Ablesungen
bei sehr ungünstigem unbeständigem Wetter vornahm.
Nr.
Ort
Frühere Messung.
.Heine Messung
von
Seehülie Klt'tr.
Klftr.
12
Kerepes
Kreil
11 61
98-3
17
Kis Bagh
detto
55.5
62 5
51
Miskolcz
detto
65 9
62.8
67
Hernad bei Kaschau
Wahlenberg
943
96.8
92
Eperies
Kreil
1346
128-4
306
Nagy Mihaly
detto
570
52-2
318
Unghvar
detto
70-1
51 0
365
Munkacs
detto
601
54.4
371
Bereghszasz
detto
58-3
48-0
387
Holubina
detto
111 4
102.3
396
A. Vereczke
detto
235 7
2244
399
Galiz. Grenze
detto
421-6
4228
532
Borsabanya
Alth
389-8
362 4
543
Sattel am Kornedij
detto
936 6
902 9
*) Jahrbuch der k. k. geologischen Reiebsanstalf IV S. 534.
Höhenmt'ssungen im nordöstlichen Ungarn.
77
2. Gipfel und Sattel puncte der Wasserscheide der Kar-
pathen. Es ist wohl von einigem Interesse, dieselben hier abgesondert in
der Ordnung von West nach Ost zusammenzustellen.
Die Gipfelpuncte sind den trigonometrischen Messungen, wie sie
auf den neuen Comitatskarten für Ungarn verzeichnet sind, entnommen.
Nr. meiner n Seehöhe
Tabelle Urt Klftr.
145 N. W. v. Hethars 3028
A Mincsol 604-5
134 Bei Obrucsno . 3408
A Wisoki Berest 4690
A Latskowa 523-0
A Wysowa 41024
A Jaworina (bei Begeto) 46015
A Dubci 3450
A Studeny 366-7
236 1/8 Bei Komarnik 247-2
A Paszik B. (Zempl. Com.) . . 441-0
A Halicz B. (Galizien) 700 0
341 Pass bei Uszok 4236
A Buszky-Put 6870
399 Pass bei Verbias 422-8
A Javornik 4910
A Corna Beppa (Marmaros) . . . 6730
A Popadie detto . . .915-0
A Welika Keputa detto . . . 8480
A Bisztraberg detto . . 9550
A Ploszka-Berg detto . . . 71 10
A Kukul detto . . .810-0
A Rusky detto .< . 1082-0
A Czerna Hora detto . . 10580
A Stoy 868-0
543 Kornedij Pass 902-9
537 Sattel N. v. Stiol 811.4
Der tiefste aller Uebergangspuncte würde demnach weitaus jener von
Komarnik sein.
3. Gefälle der Flüsse. Auch dieses glaube ich für einige der
wichtigeren abgesondert zusammenstellen zu sollen.
Tarcza-Fluss. W7. Klafter.
Von Tarcza bis Eperies 785
Von Eperies bis Olczvar (Kaschau 0.) 36-1
Zusammen 1146
S z i k c s o - F I u s s.
Von Bartosfalu bis zur Mündung bei Eperies 118-8
Topla-Fluss.
Von Kruslyo bis Giralt 88"0
Von Giralt bis Bisztra bei Hanusfalva 18-9
Zusammen 106 9
On d a va-Fl uss.
Von Unter-Mirosso bis Tavarna 90-0
78
Franz Ritter von Hauer.
Labor ecz-FI uss. W. Klafter
Von Habura bis Homonna 123*8
Von Homonna bis Nagy-Mihaly 188
Zusammen 142 6
Ungh-FIuss.
Von Volozanka bis Unghvar 69-1
Lyutta.
Von der Säge südlich bei Lyutta bis zur Mündung
bei Dubrinics * 2027
Theiss-Fluss.
Von Körösmezö bis Szigeth 17(5*9
Von Szigeth bis Huszth 61-2
Von Huszth bis Tisza-Ujlak 238
Zusammen 261-9
Nagyag-Fluss.
Von Ökörmezö bis Huszth 137*6
Talabor.
Von Szinever bis zur Mündung bei ßeneczö 131*0
Taraczko.
Von Kiraly-mezö bis zur Mündung bei Remete .... 149*0
Bor sa.
Von Sztrimtura bis Felsö-Vissö 1400
Vissö-Fluss.
Von Felsö-Visso bis zur Mündung i d. Theiss .... 8o*2
Iza-Fluss.
Von Szaesal bis zur Mündung unterhalb Szigeth . . . . 13v4
1. Gemessene Höhen.
I ) l' in geh ii n g v o n Pes t.
Differenz Nr. 1 gegen Ofen, die Uebrigen gegen Pest.
Ort
5 £
Pesl, Gasth. z. König, v. England 3. Stck,
detto
detto
detto
Sachsenfeld (Strasse)
detto
Teteny Schloss (i. Stock)
detto
Brunnen im Nussgraben N. bei Teteny .
Plateau N. von Teteny
Mühle an der Strasse n. Puszta Bata . .
Puszla Bata
detto
1. Juni
2. Juni
detto
3. Juni
2. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
440 A
6h15 F.
detto
51 F.
9h F.
7h30 A.
iO1' F.
1210M.
lihF.
II1 15 F.
3hA.
3h22 A.
5' 15 A.
754-9
755 7
76224
752 98
764-57
758-71
763 37
762.7 '
75734
755-30
76141
757-20
2-4
2
18.6
12.0
do.
12-4+ 13
16 5—14 2
i60-r 0-2
15-4—10-8
173— 1 11
16-0-7-23-2
19 0— 9-3
17-2+ 9 9
756-37 16-5;+125[
Mittel
55-9 574
Mitte]
491 50-4
Mittel
45 2' 46 5
70-2 72 2
78-4 80-6
46-8| 48-i
Mittel
66 8 68 6
Höhenmessungen im nordöstlichen Pngarn.
79
2) Strasse von Pest nach Mezö-Kövesd.
Differenz gegen Pest und gegen Mezö-Kövesd.
Ort
33
c « £
o Oh '—
60:5 23
c i .
:_ :© ä
Q g
'S H
1 Pest wie oben
8 Rakos
9 Höhe hinter Rakos ....
10 Thal bei Czinkota
U Höhe nach demselben . . .
12 Thal bei Kerepes
13 Höhe zw. Kerepes und Gödöllö
14 «lödöllö (Platz)
13 Thal bei Besnyö
16 Thal hinter Besnyö (am Bach)
17 Kis Bagh
18 Höhe vor Aszöd
19 Aszöd Gasthaus
r detto
20 Höhe zw. Aszöd und Kartal
21 Kartal
22 Hatvan
23 Höhe zw. Hatvan und Hort
24 Hort
23 Höhe hinter Hort
26 Thal
27 Höhe vor Gyöngyös ....
28 Gyöngyös (Gasthaus, eb. Erde
„ detto
29;Höhe zw. Gyöng und Haimai
30
31
32
33
»
34
35
36
37
38
Thal bei Halmaj
Thal von Pal Püspöky . . .
Höhe darnach
Kapolna
detto
Höhe zw. Kapolna u. Kereesem
Kerecsend
Szikszö
Szihalom (Erlaufluss) . . .
Mezö-Kövesd
3. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
5h F.
6hF.
6'7 F.
6h15 F.
6'35 F.
6K55 F.
7h17 F.
7h48 F.
8" 5 F.
8"37 F.
9h F.
9h13 F.
9h45 F.
detto
lO'lO F.
10'20 F.
tlh13 F.
llh45 F.
12h M.
12h25 A
12b45 A
12\50 A.
lh15 A.
detto
2h15 A.
2h45 A
3h13 A.
3b20 A.
4h A.
detto
4'45 A.
4l'50A.
5h15 A.
5'35 A
6h33 A.
B.
757-38
75761
75514
75652
74799
75083
73563
749 11
751-26
754-61
757-22
75560
758-47
75175
75323
755-40
759-40
75641
758-31
751 92
75943
75593
753-22
748-97
843-62
757-40
756-69
75219
755-80
751 58
751 9t
755-70
7574
7572
758-35
12.4
13-2
13 2
13-5
13 8
130
13 0
13-3
13.5
140
14-5
14-5
142
do.
142
170
18-5
18-5
18-3
18-7
18-8
18-8
17-5
do.
19 3
19 8
197
197
18-8
18.8
20-5
195
185
180
16 2
.
— 11
59-4
61 0
— 13
- 27
563
57-8
+ 14-9
f-12.0
71 3
732
-f- 5-4
r 4 1
62-8
64-5
4-570
h55-6
112 9
1160
t-40-0
+ 38-8
95-6
983
r 132-9
^131-7
187 0
1921
r51-2
+ 499
107-4
110-3
r37-9
r36-6
94-4
970
4-179
+ 16-6
750
770
4- 3 9
4- 16
60-8
62-5
T12-4
+ 112
706 71-5
— 1-6
— 2-9
560 57 5
ull 9*)
—
656
67-4
r27-7
+ 26-6
84-6
86-9
4 14 7
i 13-4
71-8
73-8
— 9-3
—10-6
48-5
49-8
4- 93
4- 7-7
664
68-2
— 16
3 1
35-8
574
33 1
33-2
91 3
93-8
- 78
— 9-4
48-8
51-2
13-4
rll-8
70-4
723
r301
r28 6
86 6
890
+ 45-7*|
—
95-9 98-5
4-907
r89-3
145-7
149 7
+ 5-7
4- 4-3
630
64-7
^-10 5
| 9 0
677
69-5
^37 9
,36-4
94-3
969
t 160
1-1 4-6
730
750
r 19 3*)
—
72-8
74-8
r39 6
4-38-4
95-7
98-7
| 10 6
4-15-6
73 8
758
+ 6-4
4- 4 6
624
641
+ 7-8
4- 6-5
65-1
669
4- 11
—
570
58.5
3) Strasse von Mezö-Kövesd nach Ka schau.
Differenz gegen Mezö-Kövesd.
,_
u
49
a
s
<x>
•— t.
Ort
SS
99
g
O
0) CS
:0 — .
6 -~
H
33
o
s-
«
33
CO
i*
38
Mezö-Kövesd (Gasthaus 1
. Stock
3. Juni
6'33 A.
B 733 32
162
4- 6 6*)
—5115 *)
«
detto
4. Juni
5'i0 F.
B. 754 44
107
r 9 8 *)
-52-6 2)
60.45j62T2
»
detto
detto
detto
75968
10-7
—
—
—
*) Differenz gegen das Standbarometer in Ofen.
3) Differenz gegen das Standbarometer in Kaschau.
80
Franz Ritter von Hauer.
Ort
— CA
P
■o :r
39
40
41
42
43
44
4;.
46
¥1
48
49
50
:;i
Mezö-Nyarad
Abrany (Ort)
Thal von Abrany
Höhe hinter Abrany
Thal nach demselben
Höhe vor dem Thal von Vatha .
Thal von Vatha
Harsany
Höhe hinter Harsäny ....
Thal nach derselben
Höhe vor Csaba
Csaba
Miskolcz (Gasth. eb. Erde) . .
detto
detto
Sajo Brücke bei Miskolcz . . .
Zsoleza
Höhe zwischen Zsoleza u. Szikszo
Szikszo
Csobad
Forro (Gasth. eb. Erde) . . .
detto
detto
Novaj
Hidas Nemethi
detto
Kenyhecz
Enviezke
4. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
6' 10 F.
625 F.
6h30 F.
6h40 F.
6h45 F.
6b48 F.
TB F.
745 F.
7''30 F.
7h38 F.
8L8 F.
8'30 F.
9'5 F.
detto
detto
10h15 F.
10i25 F.
1 1 20 F.
11L55 F.
lh15 A
2b10 A.
detto
detto
47 A.
5h15A.
detto
645 A.
TA.
76041
758*91
75961
758-51
759-71
758 01
75877
758-19
75316
758-56
746-97
760-70
759 19
B. 753.67
B. detto
76022
76067
75492
759-53
75791
75603
B. 751*76
B. detto
75503
753-92
B. 74979
75112
74934
13-2
13.4
13-5
136
13 7
137
13 9
14-0
14-4
14 6
14 8
155
164
do.
do.
17-6
17-8
190
193
19 0
184
do.
do.
196
175
do.
17 8
17 0
17
39
10
59
07
84
11
+-29 -5
-r 56
r572
- 3 5
+- 31
r 9-7 *)
—52 1 2)
- 1-7
- 3 1
^21-0
+ 0-2
+ 6 5
-14-3
f 151 *)
—41-6 2)
^14 5
J-19-8
+ 26-8*j
-25 0 a)
+ 29-3
-390
58-8
644
61-5
66-4
61-2
68 9
61 5
65-7
900
661
117-7
570
63-6
604
662
63-2
68-2
62-9
70-8
63-2
67-5
92-5
68-0
120-9
58-6
654
Mittel
611
58-8
57 4
81-5
60 7
67-0
74-8
62-8
60-4
590
83-8
624
68-9
76-9
Mittel
69-3 I 71 2
75-0 77-1
80-3 I 825
Mittel
83-4
89-8
99-5
92-3
102-2
4) Kaschau.
r = ■
c
_
-s c
o
u
o
<s
= Cr*
c c
r E
Ort
iJD
15
= g
c
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—
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-
«3
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- [H
9 >
rl M
J5 05 i3
an
X
62
Löderer Gasth. i. 1. Stock i. Kaschau
5. Juni
2h A.
B.
747-48
16-8
— 9 7
„
detto
6. Juni
7' 30 F
B.
747-31
14-6
— 110
„
detto
do.
do.
A.
7500
do.
55
detto
7. Juni 7 45 F.
A.
74523
140
— 84
„
detto
9. Juni 5'45 F.
A.
745-57
15 3
—10-5
Mittel
5)
detto
ll.Jun.
i'37 A.
A.
749-46
18-6
—125
1006
1034
*) Differenz gegen das Standbarometer in Ofen.
2) Differenz gegen das Standbarometer in Kaschau.
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
81
5.) Umgebung von Käse hau mit Excursionen nach Galsecs
und Rank.
Differenz wo es nicht besonders bemerkt ist gegen Kasehau.
Ort
«2
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
741
75
76
77
78
79
80
81
82
Victoria-Berg. Kasehau S. W. . ■ .
Apäthi Szilvas (Opaczka)
Rücken zwischen d. HtM-nad u. Tarcza
nördlich bei Szcpla'k . . . .
Wehre üb. d. Hernad oberh. Szepläk
Hernad-Brücke bei Kasehau . . .
detto
detto
Höchster Punct d. Strasse N. b. Ujfalu
detto
detto
detto
Brücke über d. Tarcza bei Olcsvar .
detto
detto
detto
Hchst.Pct. d. Strasse zw.OIcsva'ru.Böod
detto
detto
detto
Osva-Thal bei Böod
detto
detto
detto
Kirche in Böod
Höhe W. v. Also Kemencze ....
Letzte Höhe vor Bad Rank ....
Bad Rank (Herlein)
detto
Fuss der Trachytfelsen NNO. v. Rank
TrachyttuffNNO. v. Rank ....
F. Szinye (a. d. Strasse v Gälsecs) .
detto
Kelecseny
detto
Dargö-Bg. (höchst. Punct d. Strasse)
detto
Dargö Ort
detto
Gälsecs (Scbloss des Bar. Fischer) .
detto
detto
Thal bei Tarnoka
6. Juni
detto
detto
detto
8. Jim
9. Jim
10.Jun
7. Jim
S. .lun
9. Jun
lO.Jun
7. Jim
8. Jun
9. Jun
10. Jun
7. Jun
8. Jun
9. Jun
10. Jun
7. Jun
8. Jun
9. Jun
lO.Jun
8. Jun
7. Jun
7. Jim
7. Jun
8. Jun
7. Jun
7. Jun
9. Jim
lO.Jun
9. Jun
lO.Jun
9. Jun
lO.Jun
9. Jun
lO.Jun
9. Jim
detto
lO.Jun
9. Jim
6' 5 A.
2'55 A.
3' 37 A.
4-30 A.
10hF.
6h22 F.
0''20
342
9'50
6'45
10hF
3'37
9'20
7' 12 F.
9h35 F.
4h A.
9hF.
7h45 F.
942 F.
41 15 A
8''37 F.
Sh 8 F.
8>'45 F.
8h30 F.
4h45 A
545 A.
5'30 A.
7hF.
7''22 A.
7h45 A.
8h30 F.
8'23 F.
10hF.
8hF.
10'30 F.
7h40 F.
11" 7 F.
6b45 F.
12h30M.
3h35 A
6h F.
5h A.
741-57
748-28
17-8
191
737-49 19-8
747-60 19-2
748-59
74719
747-49
733-28
734-89
734-01
734 09
74786
750-10
74838
748-70
73326
736 15
734-27
734-20
743.8
74631
744-55
74422
744 66
73347
725 18
728-23
729-38
708-56
714-41
741.3
741-35
734-20
734.4
719-59
719-54
719-59
74121
75293
75219
754-42
74832
163
160
200
15-9
15-8
17-3
194
170
15-4
17 6
19-8
17 4
150
178
194
17-6
14 6
190
198
14-5
16-5
16 2
160
140
14-5
140
191
19-7
20 0
19-5
196
16-9
20-2
18-9
21'5
19-9
170
2 10
t-20-4
1220
— 5-8
94-8
+ 43-3
143-9
— 5.7
94 2
-942")
— 7 1
+ 32-22)
94-2
j-58 5
-28-1 *)
+ 55 -5
r93-7^)
158-9
—10-2
—99-8*)
— 12.3
^26.72)
89-8
1 58 9
—33-4*)
,55 2
+ 95.1 2)
156-9
+ 9.0
— 81 T*)
+ 6-7
+ 47.82)
108-8
—68.7*)
120-8
+ 68-3
165-9
T 109-4
2090
t93.7
190-8
r 195-9
295-5
-161-1
260-5
T22-4
t-60.92)
123-4
-56 5
r9472)
157-4
t 132-4
r 170-72)
2333
+ 24-2
-r60-42)
123.7
—339
-354
65-3
—19.7
83-5
1253
974
146-9
976
96-
163-3
923
161 2
111-8
1251
170-5
214.8
196-1
3037
267-7
126-9
161-8
239-8
1272
671
85-9
*) Gegen Bad Rank.
3) Gegen Galsecs.
Mittheilungen der k. k. geogr. Gesellschaft. III. Bd. II. Heft.
82
Franz Ritter von Hauer.
6.) Strasse von Kaschau nach Eperies.
Differenz gegen Kasehau.
Ort
g
n
a
3
Ca
0)
4>
©
CS
CO
5
1
E-
Seehöhe in
Toisen
Seehöhe in
Klftr.
83
Höchster Punct der Strasse zwischen
1 l.Juni
2''40 A.
73519
20-2
67 5
1681
172-8
84
Tarcza-Thal bei Vajköcz ....
detto
3bA.
749-59
20-5
— 2 3
98-3
100 8
S'i
detto
detto
detto
3'14 A.
3h45 A.
4*' 10 A.
748 66
749 55
74916
20-6
208
210
r 2 5
— 1-9
00
1031
987
1006
106 0
8fi
101-5
87
103-4
SS
detto
detto
detto
4'30 A.
5h SA.
5'23 A
748-07
747 07
74357
20 5
190
189
+ 50
^10-2
-r27-2
1056
110-8
127-8
1085
S'I
Sz Peter
113 9
«III
Höhe an der Strasse N. von Sz. Peter
131-4
1)1
Brücke über d. Szikcso vor Eperies
detto
5h45 A.
748-48
185
+ 4-8
1054
108-3
92
Eperies (Gasth. z. Krone, 1. Stock)
12.1 uni
7''45 F.
\i.
74455
18-2
-r-14-i\
U 1
c
detto
detto
3h30 A.
745 07
222
-15-3)
6
o
detto
13. Juni
6bF.
B.
744 19
135
+ 60
C T2
2.
detto
14.Juni
7hF.
15.
741-31
15-4
+ 12 6/
tc a
C« 3
detto
detto
7h A.
ti.
74031
171
+ 113
So &c
& —
detto
15. Juni
7h30 F.
B.
740 89
17-0
+ ll-7\
— 3
cj 2
detto
20.Juni
8*30 F.
73691
15-8
4-14-5/
detto
21.Juni
9h15 F.
73771
18-2
+ 16-2
2 -°
"c
detto
detto
12*30 M.
737 57
19 9
rl63\
u c
Ol QJ
c
detto
22 Juni
6h F.
738-24
140
+ 15-0
co m
+•
detto
23Juni
12''30M.
i;
73954
180
+ 23-2 '
Mittel
n
detto
24..1uni
7hF.
B
73976
15-6
+ 11-2/
124.98
128 42
93
Kalvarienberg SW. von Eperies . .
li.Juni
81' 5 A.
741 35
16-2
+ 40-3
140-9
144-8
7.) Umgegend von Eperies.
Differenz gegen Eperies.
Ort
5*
4) C_
114
95
96
Soovar Ferdinandi Sudhütte ....
detto Schachtkranz d. Leop. -Schachtes
Steinbruch hinter dem Kalvarienberge
97 Bad Villetz
98Borkut (Kapel)
99 Kleiner Borkut
100 Höhe zwischen Borkut und Badacs
101 Dorf Badacs
102 Szvinka-Fluss bei Berzenke . . .
103 Bad Czemete (Gasthaus) ....
104| detto Brunnenspiegel . .
105iHöchster Punct der Strasse zwischen
Czemete und Eperies
12.Juni
detto
13. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
7h A.
7' 10 A.
8'30 F.
9'55 F.
10' 30 F.
llbF.
1 P30 F.
12'30M.
3'45 A.
5" 5 A.
7' 10 A.
8>'50 A.
74510
743 10
740-76
74248
746- 11
744-39
731 79
740-70
739-25
732-17
732-80
728-17
19-8
19-8
18-2
20-3
18-3
20- 1
18-9
20-4
17-9
172
15-8
150
— 0 2
-rll-9
t-33-3
T241
+ 5-7
-r 130
r72-7
+ 27 3
r26-3
T59-0
+ 53-2
+ 73-8
124-8
136-9
158-3
148-1
130-7
1380
197-7
152-3
151-3
184-0
178-2
198-8
126-3
140-8
162-6
152-2
134-3
141-8
203-2
1565
1555
187-1
183-2
204-3
Hüheniiiessungen im nordöstlichen Ungarn.
83
.) Strasse von Eperies nach Hertnek.
Differenz gegen Eperies.
Ort
5H
-r «
106
107
108
109
HO
111
112
!I3
114
115
116
Also Sebes
detto
Isehl N. von Sebes
Szikcso bei Pinta (Sebes N.) . .
Kapi (Alluvial-Ebene)
detto
Töltsek (Brücke bei der Kirche) .
Demethe (Brücke)
Slov. Raszlavitz
Berczallya (Janöcz)
Bartosfalu
Hertnek Schloss 1. Stock . . .
detto
Schwefelquelle NO. von Hertnek
15. Juni
25. Juni
15. Juni
detto
detto
25. Juni
15. Juni
detto
detto
detto
15. Juni
detto
16. Juni
15. Juni
8' 15 F.
6h50 F.
8' 30 F.
8h50 F.
10' 45 F.
8*30 F.
II ! 1 5 F.
U'35 F.
12 15 M
12 45 M
5ll50 A.
3' 45 A.
430 F.
440 A.i
I
743-26
734 51
742 38
743-68
743-09
73181
741 29
73989
737-79
731 4!)
723 20
721-45
722 82
728-85
18-2
13 8
16-6
170-
18-4 —
17-2 +
ls 0 -
19 2
195
195
160
ISS
14-3
170
2-8
11-5'
14
15
09
5-6"
7-7
142
238
55-3
96-3
+ 108-2
+ 1091'
+ 66-9
Mittel
+
)) 122 4
1126 4
|l23 5
125-9
131 7
139-2
148-8
125-8
1299
126 9
129-4
135-4
143 1
152 9
179-3J184-3
221 0 227 1
225 6 231-8
191-61 196 9
9.) Csergo -Mincsol-Gebi rge
Differenz gegen Hertnek.
Ort
P
16. Jun
7''30 F.
detto
8*'30 F.
detto
9h F.
detto
9'15F.
detto
9h45 F.
detto
10" 0 F.
detto
1 1' 0 F
detto
11*20 F.
detto
T50A.
detto
2M5 A.
detto
2b30A.
detto
3hA.
detto
3h35 A.
detto
4h A.
detto
4"45 A.
detto
5h 0A.
detto
5h15 A.
detto
740 A.
detto
8h15 A.
5c '3
S £
117
118
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
Prehiba (SW. v. Hertnek) ...
Csergo-Spitze
Sattel zwischen Csergo u. Szoliszko .
Szoliszko Berg (20 Fuss unt. d. Spitze
Sattel zwischen Szoliszko u. Javorina
Javorina Berg (40 F. unt. d. Spitze)
Sattel bei der Kapelle (S. v. Livö) . .
Quelle w. v. diesem Sattel
Nächster Sattel westl. davon ....
Nächste Spitze West
Sattel S. von Livö Hutta
Letzter Sattel SO. v. d. Mincsol . . .
Mincsol Westl. Spitze
Mincsol Oestl. Spitze
Sattel W. v. Livö Hutta
Höhe nördlich davon
Letzte Spitze N. am Mincsol-Geb. . .
Tiefst. Punct der Wasserscheide zw. der
Topla und Poprad bei Obrucsno
Volya Orosz
682-79 14 7
672-31 15 5
673 17 15 0
668-2S I4S
676 86 13-7
672-45 13 0
692 53 160
687-55 14 -8
680-9(1 150
675-20146
678 59 146
673 78 14-5
6641 9 140
661 -SO 14 0
678-92 13 8
671-22 14 O
671T7 14-3
703-75
717-55
14-8
140
1 244
- 309
+ 304'
+ 333
+ 281
+ 307
r180
+ 216
+ 255
+ 289
+ 268
+296
+ 352
+ 365
+ 260
+ 306
+ 307
4 470
3 534
530
561
506
539
412
441
481
515
494
9.9,
+ 1061
+ 22-3
02
578
591
485
532
532
331-7
247-9
482-9
549-6
544-7
577-4
520-7
554-2
4235
4541
494-4
5295
5079
5365
5942
607 6
499-3
546-8
547-4
340-8
2547
*) Differenz gegen Kaschau.
**) Differenz gegen Sebes.
84
Kranz Ritter von Hauer.
10.) Umgebung von Palocsa, Hethars und Zeben bis
E p e r i e s.
Differenz am I7ten gegen Csircs, am 18ten gegen Bad Lublau, am 19ten gegen Tarcza
am 22ten gegen Eperies,
Ort
5^
r.
u —
136 Csircs (Haus des Popen)
137Lubotin a. Bach
detto
138 Palocsa Gasthans
detto
139 Plavnicza
detto
140 Höh. a. d. Strs. zw. Plavnicza u. Lublau
141 Bad Lublau
detto
142 Höhe zw. Bad Lublau und Feketeküt
143 Feketeküt (Schönbrunn) Mitted. Ort.
144 Thal v. Kijo (an der Strasse) . .
14ö]Wasscrsch. zw. Poprad u. Tarcza .
146 Hethars (Siebenlinden)
detto
|47Kriväny
detto
148 Tarcza
detto
149JDarocz
130
151
152
153
154
155
156
157
158
159
160
161
162
163
Vörös-alma
Pechujfalu
Zeben Com. -Haus (2l/2 T. ii.d.Bod.)
detto am Boden
Orkutu .........
detto
St. Mihälv
detto
Gergellaka (Kirche)
Ternye
Adamfölde (Schloss)
Balpataka
Bodonlaka (Oberes Ende des Ortes)
P. Tölcsemes
Jakabfalu
Ebene von Gross-Saros ....
detto
Sarosvar-Bg. Sptz. d.mittl. Thurmes
17. Juni
detto
18. Juni
17. Juni
18. Juni
17. Juni
18. Juni
17. Juni
17. Juni
18. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
19. Juni
18. Juni
19. Juni
18. Juni
19. Juni
19. Juni
19. Juni
detto
detto
22. Juni
19. Juni
22. Juni
19. Juni
22. Juni
22. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
19. Juni
22. Juni
detto
6''30 F.
10' 30 F.
1'45A.
1 1'30 F.
II1' F.
5' 45 A.
9'30 F.
6'10 A.
7h A.
6h15F.
7L35 F.
8'30 F.
441 A.
44 7 A.
6" A.
4'50A.
6"30 A.
4\30 A.
6hS0A.
44 5 A.
845 F.
525 A.
5'50 A.
6'A.
6'' 6A.
6h30 A.
6"55 A.
6h45 A.
740 A.
8hF,
10h 5 F.
10' 45 F.
245 A.
415 A.
4h45 A.
540 A.
745 A.
7'30 F.
8' 25 A.
716-46
717-30
720-79
717-92
720-72
714-29
717-44
707-09
708-70
71193
703 13
705-63
712-20
710-72
728-8*
725-60
726-46
722-56
726 60
722-86
72014
728-30
729-09
731-39
733-23
732-09
733-78
733-40
73617
73170
72671
724-91
722.66
719-20
722-74
724-62
736-31
73828
709-74
140-3 *
- 44
— 43-3
— 8-4
— 43-3
+ 14-6
— 26 7
, 601
+ 52-8
+ 169-8°
4- 54 4
4- 410
+ 3-9
-f 126
- 90-9)
- 16-Oj
- 78-6(
r 1-M
_ 79-4
+ 93-8
+ 294
_ 31-8
_ 354
_ 471)
-f 25-5f
_ 51 0
+ 243
_ 576
13-3
33-9
j- 59-2
r 690
-j- 180-6
+ 03 1
r 75-8
+ 68-5
198 — 71-6
14-6- 15
— 1 + 1562
11 6
19-4
165
19-4
15-6
200
130
200
170
9-9
11 0
11-2
15-5
15-4
16-8
208
16-5
200
161
19-5
129
199
19 4
190
? 2)
19-2
194
14-8
238-3
238-8
238-8
255-4
261-5
282-1 289-9
336-5 345-8
323 1
2860
294-7
)
r
244 8
2454
2454
262- 4o
268-7
3321
293 6
3028
Mittel
1910 L963
Mittel
20311208-7
201-4,206 9
230-8 2371
169-6 174:;
i 66 0| 170-7
Mittel
152 4 156-7
Mittel
14981539
Mittel
1410
158 9
184-2
1940
205-6
228- 1
200-8
193-5
1448
163-3
189-3
199-4
211-3
2344
206-4
198-9
Mittel
1281
281-2
131 7
2889
*) Differenz gegen Kaschau.
8) Luftthermometer gebrochen.
Höhcnmessungen im nordöstlichen Ungarn
85
11.) Strasse von K u p i 11 a c h H a n u s f'a 1 v a und Umgebung des
letzteren Ortes
Differenz gegen Also Sebes (Nr. 106).
164
165
166
i67
168
169
170
171
172
173
Ort
Lada 25. Jun
Palvagas Kapi (S. v. d. Strasse) ... detto
Yagas-Lipnik detto
Höhe zw. Vagas-Lipnik und Pod-Lipnikj detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
Pod-Lipnik
Kalksteinfelsen S. v. Palvugas-Keczer
Hanusfalva (Sehloss)
Bisztra
Sauerqnelle an der Topla bei Bisztra
Mogyoröska
91' F.
9' 15
10' 15
tO'25
11" F.
12' 30
2' 15
4' 15
4'25
5''40
—
732
725
730
726
735
70s
738
743
744
743
17-5
17-8
185
19-0
200
22 0
21-5
215
21*5
214
c =
Ol v
&4 <*>
+ 2'
+ 36
+ 12'
+ 29
— 17
+ 135
— 36
- 58
- 63
- 55
125
158'
135
152
104
257
85'
64
58
tili
5J jz
s =
SO
2128-7
7J1631
0|1837
0 156-3
7107-6
8 2649
7 880
4 662
5 601
6 68-4
12.) Umgebung von G i r a 1 1 , dann Strasse von
S chavnyik u n d nach B a r t f e 1 d.
Differenz sresren Girult.
dort nach
Ort
174 Giralt. Wohn. d. Stuhlrieht. e.Erd.
detto
detto
detto
175 Ebene bei Giralt
176 Szobos
177 Kerekret (Sehloss)
178 Radoma (Wirthshaus) ....
179Sehavnyik (Badhaus)
180 Brücke über die Topla bei Giralt'
2-/2 Toisen üb. d. Wasserspiegel
181 Kardesony-mezö
182 Kükemezö . . .
183Nyirjes
184Laszcz6
185 Margonya (Sehloss) ....
186 Herhej
187jKohany (westl. von der Strasse) .
188IPorubka ....
Nemetfalu
Spiegel der Topla in Nemetfalu .
Kurima
Dubine
189
190
191
192
193|Polvak6ez
194
195
196
Hraböcz
Komaröcz (Spiegel der Topla)
Bärtfaujfalu
26. Juni
detto
27. Juni
detto
26. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
27. Juni
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
7h20 F.
detto
9*10 F.
detto
9'' 6 F.
10'tO F.
1 lh 5 F.
I2h 5M.
12''45 A.
6*15 A.
6'45 A.
730 A.
11' 15 F-
1T'30 F-
12" M.
4' 25 A
4'45 A.
645 A.
6' 25 A.
6h30 A.
6''40 A.
6'53 A.
7M5A.
7h30 A.
7' 50 A.
8*'15A.
744 57
742-90
744 38
742-61
747-34
74583
743 67
743 88
742-74
74770
74693
744-70
747-33
746 36
74494
74269
739 50
742 49
743 09
743.39
742-70
742.10
741-69
74060
739-42
732 96
5H
12-6 —
do. -170*
17-0 —
do. —16 0'
150— 91
16 2— 0 7
15-8 i-r- 10-3
16-9 -r 15 1
17-8 r 15 0
162'—i5.2
160 12-4
15 8 — 2-3
17-6—177
17-8
180
196
200
18-8
18-6
18-4
18 2
18-0
16-0
15-5
150
13-9
-13-7
- 8.5
- 4-8
-f 98
- 3-3
- 5-9
- 70
- 3 6
- 0-2
+ 2-2
+ 7-4
■f 13-4
+ 44-4
-H
■5W
Mittel
94-5
971
854
87-7
938
964
104-8
107-7
109-6
1126
109-5
112-5
79 3
821
92-2
76 8
808
8fi-0
89-7
104-3
91 2
887
875
90-9
94-3
96-7
1019
107-9
138-9
815
84-3
94-7
789
83-0
88-4
92-2
107-2
937
91-2
89 9
93-4
899
994
104-7
110-9
142-7
') Differenz gegen Kaschau, Standbarometer.
86
Franz Ritter von Hauer.
13.) Bartfeld und Umgebung dieses Ortes.
Für Bartfeld die Differenz gegen das Standbarometer in Kaschau.
Ort
g
s
a
Zeit
S
3)
O
=
o
E
c
9
s: "T
z %
'r >>
— tf.
Differenz
gegen Bartfeld
5 5
~ '-
VI
8.2
19? Bad Bartfeld ....
28. Juni
745 F.
B.730-66
13-5
4S-?
detto
detto
detto
731-00
do.
—
—
detto
detto
4'' A.
B. 73090
17.1
+ 50-3
detto
detto
detto
730-40
do.
—
—
detto
detto
7b50 A.
B.7330
14 2
+ 42-0
—
detto
detto
detto
73244
do.
—
detto
29. Juni
7"30 F.
B. 733-84
111
f- 45 1
detto
detto
detto
733-68
do.
—
—
detto
detto
llh F.
B. 73412
107
+ 45-2
detto
detto
detto
734-19
du.
—
detto
detto
4h A.
B. 734-58
125
| 43-7
—
detto
detto
detto
733-56
do.
—
—
detto
30. Juni
6b15 F.
B. 73391
88
-f 462
detto
detto
detto
732-88
do.
—
detto
detto
715 A.
B. 733-60
12-8
+ 48-5
detto
detto
detto
732-40
do.
. —
detto
1. Juli
645 F.
B. 733 92
100
+ 47-1
detto
detto
detto
73308
do.
—
detto
3. Juli
7'25 F.
B. 733-88
14 2
+ 47-7
detto
detto
detto
732-81
—
—
detto
detto
10*30 F.
73371
18-4
+ 48-6
detto
detto
detto
732-88
do.
—
detto
4. Juli
745 F.
735-36
143
+ 52-7
Mittel
detto
5. Juli
6'30 F.
733-69
12-5
-f 49-3
158-3
162-7
198
Stadt Bartfeld (Stuhlr.-
Amt 1. Stock . . -
28. Juni
4b45 A.
73443
179
—
— 28-0
1303
1339
199
29. Juni
4b45 A.
738- IS 130
—
— 21-8
JJ
detto
5. Juli
8b15 F.
73864 L5-3
25a
—
136-5
140-3
200
Ruine Makovicz . . .
1. Juli
6'30 A.
717-29 160
125-4
—
2364
242-9
201
540 A.
7h30 A.
734-71 12-7
733 39 Uli
—
— 50
+ 21
)!
detto
detto
»
detto
2. Juli
5h A.
732 36 11-3
+ 400
M
ttel
»
detto
5. Juli
8h40 F.
733-91 13-4
-f 48-1
155-7
1600
202
Höhe zwischen Hoszuret
und Andrejowa . . .
2. Juli
8h 5 F.
724-74
138
+ 77-8
—
1888
1940
203
2. Juli
8b40 F.
73404 130
+ 32-6
—
143-6
1476
204
Meierhof N. v. Andrejova
detto
9b30 F.
72612 130
-H 70-7
—
1817
186-7
205
Höhe W. v. Czigla . .
detto
1045 F.
715-70 13-2
i 129-8
—
140 8
144-7
206
detto
ilh30F.
73170 12 8
■f 44-1
—
1551
159-4
207
detto
1245 M.
732 96 11-5
+ 376
—
1486
152-7
208
Höhe zwischen Dubova
und Niklova ....
detto
3b55 A.
725 61 114
f 75.8
—
1868
1919
209
detto
440 A.
730-38 11-5
+ 520
—
1630
1675
210
Räuberbrunnen (NW. v.
Bad Bartfeld ....
30. Juni
9bF.
700- 15 10 8
—
T 189-5
347 8
3574
211
Magura (Kamenahora) .
detto
9'45 F.
683 15 10 6
—
r290 3
448-6
461-0*)
212
Aranypataka ....
detto
1240 M.
72641 ITii
—
+ 30.9
1892
194-4
213
Höhe zw. Aranypataka
und Bad Bartfeld . .
detto
2h45 A.
715'54
13-2
—
+ 86-8
243-1
251 9
*) Nach trigonometrischer Messung 471 08.
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
87
Ort
te e
Q S,
4) fH
2 Uä
»2-<
214 Brücke zw. Stadt ßartf.
und Särpataka . . .
215 Sarpataka
216Bokitö
217Tarn6
218 Kruslyo (Marienthal) .
219Szverzsö
220 Unter-Tvaroscza . . .
221 Sattel zw. U. Tvaroscza
und Stebnik ....
222Stebnik
1. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
8'' F.
8'20 F,
8>'35 F,
8'45 F.
9'40 F.
10'15 F.
11* 0F
12''45M
4'50 A
739-31
735-48
734-78
733-62
732.29
731-26
723-91
700-39
72648
12 9
132
13 4
13 5
142
152
165
150
180
17-7
37-0
40-0
45-7
51-5
57-0
94-8
+ 233 6
+ 711
128-7
148-0
1510
156-7
1625
168-0
205-8
344.6
182-1
132-3
1521
155-2
1610
1670
172 6
211-5
3541
187-1
14.) Strasse von Zboro nach Szvidnik und Komarnik an der
gali zischen G ranze.
Differenz gegen das Kaschauer Stand baroineter.
Ort
pq
CG
223
224
225
226
227
228
229
230
231
232
233
234
235
236
236VS
Smilno
detto
Thal bei Jedlinka
Unt. Polyanka
Hutka (Brücke)
Ob. Miroso
Unt. Miroso
Ob. Orlich
Unt. Orlich
Szvidnik (Schloss)
detto
detto
Thal von Kapisov ......
Ladomir
Hunköcz
Polana-Krajna
Unt. Komarnik (Posthaus) . . .
Sattel zwischen Komarnik und
Barwinek
29.Juni
5. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
6. Juli
5 Juli
detto
detto
d etto
detto
detto
6h30 A
9b10 F.
9*25 F.
9'40 F.
9h55 F.
1045 F.
10''35 F.
llh 0F.
1T15 F.
12h30 M.
detto
7h F
3b55 A.
4h10 A.
4h45 A.
5h15 A.
6h 8 A
7h 5 A.
72222
722-38
727-67
728-36
72635
73025
73575
739-33
740-78
741 05
B. 740 33
742-06
739 41
73731
733 85
731-77
72677
715-76
11-0
14 6
14-7
148
149
150
152
154
15-5
160
do.
11-3
14-8
14-8
146
14 4
120
95
+ 58-0*)
+ 105-7
+
+
+
+
+
+
+
76-7
72 0
81-2
631
328
13-2
70
2-4
28
6-9
166
337
441
690
Mi
216-5
187-7
1830
192-2
1741
1438
124-2
1180
ttel
222-5
192-9
188-1
1971
178-9
147-8
127-6
121-4
Mittel
+ 129-6
113-6
1179
127-6
144-7
1551
1800
2406
1167
121-2
131-3
148.7
159-4
1850
247-2
*) Differenz gegen Bad Bartfeld.
88
Franz Ritter von Hauer.
15.) Strasse von Szvidnik über Sztropko nach Homouna.
Differenz gegen Kaschau.
Ort
ez
ts:
3
o
©
=5
43
O
3
.0)
er
s
OB =
— 3
- =
?,37
6. Juli
S Y.i F.
945 F.
9'30 F.
10' 40 F.
detto
12*05 A.
rio a.
I'40 A.
21' 0 A.
2 23 A.
3' 5 A.
detto
4 30 A.
5'25 A.
t; :; \.
6' 15 A.
6'25 A.
6'45 A.
? :; \.
7b45 A-
745-86
747-21
747-59
746-59
V, 744 -75
748-68
74S-?)
7411-38
751 1 5
75113
750-83
B. 747-67
752-05
75205
744.2
753-0
751-9
751-7
751-2
750.4
141
148
15-2
170
do.
193
19-4
19-6
200
20-2
21.6
do.
20-5
19-5
190
18 8
18-5
180
175
170
— 155
—21-9
—241
—20-5
—32-3
—327
—362
—44 9
—452
—44-2
—410
—507
—13.3
—548
—50-0
95 5
89-1
86-9
90-5
78-7
7S-3
74-8
661
658
66-8
700
60-3
977
56-2
61 0
98-1
238
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
91-6
*>39
89-3
240
240
?,41
Jetto
930
809
242
80-5
*>43
76-9
?,44
679
245
246
24?
248
249
detto
676
68-6
719
620
250
251
Ruine Csicsva-Alja
Bett der Ondava bei Tavarua . . .
100-4
57-8
627
?53
—49 3 61-7
634
254
255
Zavadka
—46-7
—44-6
64-3
66-4
65 1
682
16.) Homo n na, Szinna und Umgebung.
Differenz gegen Kasehau.
Ort
_3
'3
o
0)
o
J5
s
3
5
B
3 3
— v>
"3 r*
S
«3
e
o C
JE ^>
» c
c» •-
256
Homonna (Haus d. Graf Vetter) . . .
7- Juli
5'30 A.
741-61
220
— 38-7
detto
8. Juli
710 F.
747-91
17-0
— 45-3
detto
14. Juli
1T45F.
748-3?
14-7
— 42-5
Mittel
detto
17. Juli
12''50A.
747-18
19-5
— 40-6
69-4| 71-3
257
Hazsina
8. Juli
17. Juli
3' A.
9h45 F.
74871
74676
220
171
— 40-2
— 40-4
.Mittel
detto
707 72-7
?58
8. Juli
17. Juli
3l15A.
9'25 F.
74670
744-38
221
16-8
— 31-2
— 29-2
Mittel
detto
80-8, 830
259
8. Juli
3 15 A.
747 19
220
— 32 1
Mittel
detto
17. Juli
8'40 F.
743-71
16-2
— 27-8
811 83-3
960
8. Juli
17. Juli
V 1 5 A.
8L25 F.
743-59
74073
21-8
160
— 125
— 12 9
Mittel
detto
98-31010
261
9. Juli
5h F.
743-0?
136
— 66
detto
15. Juli
8' F-
73961
130
— 8-1
Mittel
detto
17. Juli
?'F.
739-64
14-8
— 89
1031 105-9
262 Hochofen im Josephsthal S. v. Szinna .
9. Juli
7*40 F. 729-16
160
-j- 60 1
171 1 175-8
263 Eisensteingrube unter dem Szinnastein
detto
8>45 F.
70617
216
-1941
'205- 1 210-8
264
Szinnastein Felsplatte 2 Klft. unt. d. Spitze
detto
1140 F.
674-54
180
r 387-6
498-6
1
512-4
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
89
17.) Gegend nördlich von Szinna, dann Lab orecz - Thal von
H a b u r a bis Homonna.
Differenz gegen Kaschau.
*
Ort
=■
"3
3
3
©
£
3
N
S
O
sc
Q
#c
Xi ©
<Z3
=
7| 3
i ^
OD ^
265
Pesolina
9. Juli
10. Juli
710 A.
1040 F.
734-51
72893
173
18 4
H- 25-0
t 43-7
136 0
154-7
139-7
266
Sauerbrunnen bei Pesolina .
159 0
267
Höhe zwischen Pesolina und
detto
1148 F.
704-91
18-6
r 183-3
2943
302-4
268
Höhe zwischen Pesolina und
9. Juli
8'IOA.
721-21
16-5
+ 123 3
2343
240-8
269
10. Juli
8'45 F.
725- 11
17 2
+ 622
»>
detto
detto
7'4S A.
724 63
15 8
-f- 652
Mittel
n
detto
11. Juli
9' 15 F.
725 03
16 9
+ 654
1751
179-9
270
10. Juli
12'50 A.
722 10
195
f 87-7
198-7
204-2
271
Sattel zwischen Osztroznyicza
detto
lb20 A.
711 66
199
T 140.4
251 4
258-3
272
detto
lh45A.
718-35
20-2
+ 99-9
210-9
216.7
273
Sattel zwischen Parihuzocz u.
detto
155 A.
71236
20 1
T 136-1
247 1
253-9
274
Mühle WNW. von Hosztovicza
11. Juli
9''50 F.
728-50
171
4- 42-7
1537
1579
273
Unt. Jablonka
detto
104S F.
73061
17 4
■f 33-2
1442
1482
276
Sattel zw. Jablonka u. Viläg
detto
10hS0 F.
719-21
172
+ 923
203-3
2089
277
Vilag (Thal bei der Kirche) .
detto
U4S F
72820
17-4
+ 41-8
152-8
1570
278
Virava (Haus des Notars) . .
detto
12h SM.
724-60
17-5
+ 57-7
168-7
1734
279
Höhe zwischen Virava und
detto
3h35 A.
71484
170
r 119-2
1302
133-8
280
Szterkocz
detto
3'50 A.
719-37
17-2
+ 92 9
203-9
209-5
281
detto
41' 0A.
721 07
17-4
4- 829
1939
1992
282
11. Juli
detto
4''45 A.
7hA.
72629
72119
17-6
162
+ 54 2
+ 835
1652
169 8
283
Mittel
r>
detto
12. Juli
8' 15 F.
720-61
14-8
l 74-3
189-9| 195 1
284
Borro . . . .
11. Juli
12. Juli
645 A.
930 F.
724 69
72461
17'0
14-9
+ 63-7
+ 52-2
Mittel
»
detto
1689
1736
288
Kamiana, Berg, westlich von
Borro ,
12. Juli
7h30 F.
69531
136
-224-9
335-9
345 2
286
11. Juli
5'30 A.
726-49
17-8
+ 53-7
Mittel
»
detto
12. Juli
101' 5 F.
727 23
151
■f 375
156-6
160-9
287
Krasznibrod ......
detto
10' 48 F.
730 71
149
+ 201
131 0
134-6
288
detto
lih 0F.
732-99
150
-f 8-7
119 7
1230
289
Ob. Csebinye
detto
11' 20 F.
733 60
14-9
4- 5-5
1165
119-7
290
detto
U'45 F.
734-28
14-8
4- 21
113 1
116-2
291
Horbok Hadväny
detto
12'30M.
736-18
170
- 7-2
1038
1067
292
detto
448 A.
73582
16-8
— 51
105 9
108-8
293
detto
4'40 A.
737 14
16-7
— 125
98-5
101-2
294
Mündung des Baches von
detto
4'50 A.
738-23
166
— 17 7
933
95-9
295
detto
detto
detto
540 A.
5'30 A.
5'45 A.
739-43
738-93
74115
16-5
15-8
157
— 22-7
— 21 8
— 30-1
88-3
89-5
80 9
90-7
296
920
297
831
298
detto
7''A.
744-76
15<5
— 45-6
65-4
672
90
Franz Ritter von Hauer.
18.) Strasse von Homonna nach Unghvar,
Differenz gegen Kaschau.
u
s:
s
c
_ o
03
s
!jr
O f-r
—
</~j
•
«SM
299
300
301
3U2
303
304
305
306
30?
308
309
310
311
312
313
314
315
316
317
318
Barkö
detto
Altes Schloss bei Barko
Wirthshau* S. von Barko
Oermezö
Volya Laborcz
Natafalva
Topolyan . .
Nagy-Mihäly
Ivis Zalaeska
Lueska (Kirche)
Zaradka
P. Bibniez
Bad Szobrancz
detto
Ort Szobrancz
Tiba .
Orechova
Karcava
Feisö-Nemeti
Höhe zw. F. Nemeti und Unghvar . .
Unghvar (Gasth. zur Krone 1. Stock) .
8. Juli
17. Juli
8 Juli
detto
17. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
18. Juli
detto
detto
detto
delto
detto
detto
detto
19. Juli
7'45 F
3 A.
8'35 F.
9' 20 F.
3"15A.
3'40 A.
3''50 A.
4'30 A.
6U OA
7h 7A.
71 35 A.
7"45 A.
8b45 A.
7hF.
10h45 F.
3L15 A.
3b30 A.
3h50 A.
4H5A.
4fc30 A.
4h37 A.
?h50F
750 77
75015
735-30
74980
75110
751-27
74976
751-87
75259
752-51
751 24
53.45
75322
753-47
75501
758-34
75708
75762
75769
757-68
75338
75859
17-3
20 0
181
184
20-2
20-4
20-5
20-3
19 2
180
17-8
17?
170
160
168
183
18-4
182
186
18-5
182
17-3
-58 I Mittel
53 2| 554
16 9 127-9
60 2
-51 8
-577
-580
-507
-59-9
-599
-59-9
-54-1
-634
-61-2
-46-5
-44-6
-62-6
-570
-593
-593
-591
-400
-613
53-3
53 0
60 3
511
51-1
5M
56-9
47-6
49-8
64-5
66-4
48-4
54-0
51'7
517
519
71 0
49-7
569
131-4
61 9
54-8
54 5
620
52 5
52-5
525
58-5
48 9
51 2
66-3
682
497
555
53 1
531
533
730
51 2
19.) Strasse am Ungh-Flusse von Unghvar bis zur galizi-
schen Grenz e.
Differenz gegen Kaschau.
■_
a>
V
N
<d e
TS .2
te
-= c
o
Q
«5
H
o e
W —
319
320
321
322
323
324
325
326
327
AI. Donionya •
F. Domonva
Xevicke
0 Kemencze
Voroco (Wirthshaus a. d. Strasse;
Perecen
Zarisko (Häuser a. rechten Ufer) .
detto
Dubrinic
detto
detto
Uj Kemencze (W. von Dubrinicz)
detto
19. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
22. Juli
19. Juli
22. Juli
detto
detto
detto
U30 A
U40 A
2h 8A.
2'20 A.
3f40 A.
445 A.
615 A.
5fc45 A
6hS0 A.
9b15 F.
5hA.
12H5M
3h45 A
758-54180
758 22 17-9
757-69 17 2
75627170
754-75 180
75361 190
753 111171
746 96121-4
I
64-01 470 48-3
63 0 480 49-3
60 8 50-21 51 6
58-l| 59-7
63-U 64-8
67 7| 69-6
Mittel
73 7! 75-7
75282
748-58
74555
724-94
724 26
166
184
220
2301
213
— 529
— 47-9
— 43 3
— 40 4
— 342
391
359
269
962
Mittel
79-4 81-6
Mittel
100-9|209 5 215-3
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
91
Ort
328
329
330
99
331
332
333
334
333
336
337
338
339
340
341
Miree
Kis-Berezna
Nagy-Berezna
detto
Zabrugy (Höhe)
Brücke üb. d. Ulicska-Bach ....
Solja
Kostrina
Brücke, eine Stunde nordöstlich \
Kostrina
Sztavna
Luch
Voloszanka
detto
Uzsok (Ehemaliges Dreissigst Haus)
detto
Uzsok Mineralquelle
Pass nach Galizien, NO. von Uzsok .
19. Juli
detto
detto
20. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
21. Juli
20. Juli
detto
21. Juli
20. Juli
detto
7''20 A.
7h50 A.
9'15 A.
6h F.
8"45 F.
8*'52 F.
9'40 F.
10' 31 F.
ll''35 F.
1250 A.
2'55 A.
735 F.
335 A.
4' 50 A.
635 F
6b30 A.
75133
75036
748-50
747-46
745 61
747-16
74189
73816
734 16
727 15
72260
71948
719 19
709 11
709-46
709 93
688-87
16 2
157
14-8
12-7
17-6
17-7
18 5
20-5
206
208
20'0
162
195
18-3
14(1
18 3
160
- 32 6
- 27-9
- 18-6
- 17 6
- 105
- 17 7
6-S
23 0
55-8
76-2
108-6
1156
118-5
1771
174 7
173-C
3012
78-4
831
92-4
93-4
100 5
933
80-6
85-4
94-9
960
103-3
95-9
117-3 120 6
1340 137-7
166-8 171-4
1872 192-4
119 6 122-9
Mittel
117 1) 120-3
Mittel
287 3,295 2
2840-291-8
412-2423 6
20.) Von Uzsok in das Lyutta-Thal und dieses entlang
abwärts.
Differenz gegen Kascbau.
Ort
342 Tieha (Thalboden beim Pfarrhaus) . .
343 Pass zwischen Tieha und Lyutta . . .
344 Sagemühle >^0 von Lyutta
345 Lyutta (Haus des Waldbereiters) . . .
„ I detto
346 Brücke in der südlichen Thalecke nörd-
lich vom Bohatec-Gebirge
347Staniska
348 Csornoholov a (Förster Haus) . . . .
„ | detto
349 Csornoholova (Thalebene)
5
N
Ol
g
C
s-
C5
PQ
21. Juli
9''25 F.
712-37
detto
10'15 F.
698-16
detto
12b30 A.
710-68
detto
12hM
714 60
detto
41' 5A.
71405
detto
3'43 A.
72117
detto
7h15A.
73042
detto
9'A.
73804
22. Juli
6'30 F.
73811
detto
7b15 F.
740-20
H
18-5
17-6
19-8
196
220
18 5
160
15 1
145
15-8
156-9
244 0
165 7
141 8
143 1
98-5
47 9
05
10-5
_2 c
2679
3550
276 7
~ •—
2=5
«: —
27532
3639
2843
Mittel
2535,2605
2095 215-3
158 9|l63-3
Mittel
116 5
0 81111-8
119-7
114-9
92
Franz Ritter von Hauer.
21.) V o n P e r e c e ii i\ h er Turia-Remete n a c h IVI u n k a c s.
Differenz gegen Kasehau.
Ort
s- -r
Z o
Ö.2
■o z:
350
351
352
353
354
355
356
357
358
359
36Ü
361
362
363
364
365
Ö Szemere
Turia Remete
detto
detto
Rakö (Wirthsh. 3 Tois. üb. d. Thalsohle
Pasika (Pfarrhaus)
Pass zwischen Pasika u. Trosztyanicza
Trosztyanicza
Pusznyakfalva
detto
Einmündung der Strasse i. d. Thal \V.
von Szidorfalva
Mühle und Pottaschen-Hütte ....
Strasse bei Liszarnya
Thal bei Also-Viznicze
Uj Klenocz
Friedrishsd'irf , .
Hochofen .
detto
detto
detto
Brücke hei Podherring
detto
Munkacs (Gasth, z. Stern 1. Stock) . .
detto (Strasse)
detto
22. Juli
detto
23. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
24. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
dett >
detto
25. Juli
26. Juli
29. Juli
24. Juli
29. Juli
24. Juli
26. Juli
27. Juli
6h43
9'30
7'35
4'' A.
5 \
5h30
?':;o
8L40
\)"M)
5' 10
8'' 5 F.
8''35 F.
9"20 F.
10h45 F.
II' 10 F.
11' 30 F.
I22HA.
9'40 F.
6h15 F.
6'F.
41' 5 A.
7'20 F.
5'30 A.
4h 5 A.
7'40 A.
747-55
74595
748- 11
746 24
744- 16
742- 16
710 69
71590
712-35
711-64
728-22
731-41
73806
746-74
748-63
749-53
751-55
74925
75038
742 43
750-73
743 10
750-88
755-50
75517
19-6
14-2
16 0
205
20-3
202
15 2
14-4
13 9
12-7
205
206
208
214
220
21 7
21 S
19-8
150
169
220
17-5
22-5
9
- 370
- 29-5
— 32 6
- 18-5
— 7-6
+ 21
j 170 7
i 139 2
+ 1614
! 1617
740
760
Mittel
+
680
51 6
171
- 24-8
- 344
- 38-7
- 48-7
- 50 5
- 50-5
- 49 4
- 47-4
- 53 0
- 48-8
-57-3
-58-8
84-2
103-4
1131
281-7
250-2
80-5
1 06.3
116 2
289-5
257- 1
Mittel
272-5 1280-0
1790 183-9
162-6 167 I
1281
86-2
76 6
72 3
131 6
88-6
78-7
743
Mittel
61-21 629
Mittel
6091 62-6
Mittel
53 Ol 54-5
22). Gegend südlich von Munkacs bis B e r e g h s z a s x.
Differenz gegen Kasehau.
Ort
B -
« c
— 05
'■- "Z
■•o z:
CTj —
366
367
36S
369
370
371
372
373
374
P. Kerepecz
Vörös W. H
Gath
Janosi
Bereghszasz-Veg-Ardö
Bereghsza'sz
Muzsaly (Haus d. H. v. Dercsenyi 1. Stocl
Alaunbruch (Derekaszeg)
Kigyös
26. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
27. Juli
detto
detto
5' A.
5'15A.
5' 30 A.
6l 5A.
6'30 A.
7h30 A.
5'45 F.
9'20 F.
12'40A.
756-49
B
756-70
«
756-90
C
757-11
a
756-92
75711
E
757-65
5
739-60
Z
757-36
h
—62-4
—63-0
—63-6
—63-9
—62-5
—64-3
—50-4
+ 24-7
—61-2
48-6
48-0
47-4
471
48-5
46-7
606
135-7
49-8
49-9
49-3
48-7
48-4
49-8
48-0
62-3
139-5
51-2
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
93
O
3
s
c c
0J •-
K
^^
£
<o
«J S
-s «S
Ort
CS
Q
O
o
s
u.
j-
i
^2
S a
pq
—
Q
CG ""
375
27. Juli
lh 5A.
757-76
■£ c
—631
47-9
49-2
376
Bereg-Ujfalu .
detto
lh45 A.
75546
—53-3
57-7
59-3
377
Sägemühle NO.
von Bereg-Ujfalu . .
detto
4h 6A.
757-20
S P
—635
475
48-8
378
detto
detto
6hA.
6b10A.
755 16
75615
- a>
—567
—61-4
54-3
496
55-8
370
51 0
23.) Von Munkacs über Szolyva und A. Vereczke an die
galizische Grenze.
Differenz gegen Kaschau.
Ort
2 o
!§5
380
381
382
383
384
385
386
387
388
389
390
39
392
393
394
39
396
397
398
399
St Miklös . . •
Unt. Hrabonicza
Brücke W. v. Pasika
Kalksteinbruch zwischen Pasika u.
Bisztra
N. Bisztra
Szolyva (Forst-Haus) . ...
detto
Plateau ob. d. Bad Szolyva . .
Holubina (Kirche)
Polena (Posthaus)
Uklina (Wirthshaus)
Voloszata (detto)
Sattel genannt Rosgylla ....
Felsö-Hrabonicza (Meierhof) . .
Pudpolocz- (Strassenkreuz) . .
detto
Wirthshaus beim Ausgange des
Jalovathales
Vereinigung des Latorcza und
Slavka Baches
Also Vereczke
detto
Zavadka (Kirche)
detto
Hlubokpatak
detto
Pass an die galizische Gränze .
29. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
3. Aug.
29. Juli
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
i Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
7''50 F.
81, 5 F.
8'40 F.
101' 0 F.
1 130 F.
1 2' M.
6'40 F.
3''55 A.
4h 5A.
4h45 A.
5h35A.
6h15A.
6l45A.
7hA.
7*30 A.
9h30 F.
10H5 F.
10' 45 F.
llh10 F.
5'55 A.
11 ''40 F.
3' 6A.
II1 40 F.
3hA.
12h50 M.
742.17
739.21
738.92
719.21
727.51
734.49
742.74
731.42
732.20
727.67
719.68
707.71
700.82
711.54
716.45
722.53
719.27
717.80
715.20
715.87
712.08
712 68
710.87
710.00
682.85
17.7
17.8
18.2
19.0
19.2
19.0
12.6
19.4
19.5
16.8
17.6
16.4
15.0
14.9
14.7
13.0
13.2
13.2
13.7
14.2
13.6
14.2
13.8
14.2
10.7
— 49 3
— 37.3
- 36.2
+ 63.7
| 16.5
- 185
— 19.4
— 7.5
— 11.2
i 16.9
| 54.0
+ 1246
+ 1661
+ 100-6
f 71-4
4 651
+ 83-6
+ 916
+ 107-1
+ 107-7
+ 1259
+ 1231
+ 133-2
+ 139-2
^301-4
61-7 63-4
73-7 757
748 76-9
174 7 179 5
127-5 130 9
Mittel
92 1
103-5
99-8
127-9
1650
2356
277-1
2116
94-6
106-4
1026
131-4
1696
242-1
284-7
217-4
Mittel
179-2 1841
194-6
200-0
2026208-2
Mittel
218-4J2244
Mittel
2355^420
Mittel
247-2 253-7
41 1-41422-8
94
Franz Ritter von Hauer.
24.) Umgegend von Zsdenyova.
Differenz gegen Kaschau.
Ort
PQ
400
401
402
403
404
405
406
407
408
409
410
Zsdenyova (Forsthaus 1. Stock) . . 30. Juli
detto 31. Jnli
Zbun 30. Juli
Riesige Tanne genannt Königinn . . detto
« — ' £ Sattel S. d. Ostra-Hura . . detto
" t}. ö Zweiter Satte] detto
% Sc 7 Gipfel W. von Zbun . . . detto
= S J Zweiter Gipfel | detto
= -.i goCaviaHura | detto
■2 5 ö Jägerhäuschen (Cavna) . | detto
Grunze der Buchen und Tannen am
Gehänge gegen Zbun j detto
Klause SW. von Zbun ' detto
8hF.
8k30 F.
10' 15 F
i 135 F.
T30 A.
2h30 A.
2J30 A.
3* 5 V.
3' 17 A.
3+0 A.
+15 A.
+35 A.
711-59
71058
711-68
685-82
67401
1^
_g j-
5 Z
«3: =
682
670
663
658
665
15 0
115
143
132
120
12 0
11 7
115
113
110
690-88
70310
- 95 4
-r 86-7
■+■ 94-8
+ 251-4
+ 3222
-r274-0
-^3412
+ 386-4
+416 6
+ 3741
Mittel
202 0| 226-1
205 8 211-5
362 4j 373 4
433-2' 445 2
3850
4522
407 4
527-6
485-1
do. +2200 331-0
11-8 +146 3, 257-3
3956
464-7
511-3
542-2
498.5
340 1
264 4
25.) Von Also-Vereczke in das Vitsa-Thal und dieses abwärts
nach Szolyva.
Differenz eesjen Kaschau.
Ort
I I
411
412
413
414
r>
415
416
417
418
419
420
421
Felsö Vereczke 1. Aug.
Drahusöcz detto
Höhe Mencsel zw. Drahusöcz und Volocz detto
Volocz (Meierhof) detto
detto 2. Aug.
Almamezö detto
Zanyka detto
Mineralquelle bei Zanyka detto
Osza (Sagemühle) . '. detto
Votsi detto
Szaszoka detto
Harsfalva (Mineralquelle) detto
635 A.
6h52 A.
7'25 A.
81' A.
615 F.
7+5 F.
8l35 F.
9" F.
10h F.
1130 F.
1245 Bi
12+0 A.
71531
71271
702-45
712 58
712-48
716-67
71947
716 31
723-85
731 94
73611
739-41
138
13 6
133
130
12 3
13 2
13 6
13-8
120
135
14-8
150
J- 107-8
+ 124-1
f 184-8
+ 1240
+ 129 9
+ 105T
+ 89-2
-t 107 4
+ 669
+ 24 0
-r 4-4
- 11-7
218-8J224-8
235 I 241 6
205 8 3040
Mittel
237-91244-5
216-1 2221
20022057
2184224-4
177-9 1828
135;! 138 7
115 4 1186
99 3 102-0
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
95
26.) Strasse von Szolyva nach Dolha und Huszth i. d. Marmaros.
Differenz gegen Kaschau.
Ort
■—
<o
a>
s
a>
£
s
o
o
£
i.
CS
o
PQ
p£j
r-1
Ol •-
V3 ^
422
423
424
425
426
427
428
429
430
431
432
433
434
435
436
437
438
439
440
Strojna (Kirche)
Kalkbrueh S. von Strojna . . .
Duszina
Roszos
Pass 0. von Roszos
Kereczke
P. Csonok (Diluv. Plateau) . . .
detto
detto
Ebene bei Czonok
Bereznik
Zusammenfluss d. Risztra und d.
ehowi Zwor SW. von Kereczke
Eisenstein Schürf Rosusnuj SW.
Kereczke
Kusnyicza "...
Szuha Rronka
Dolha
detto
Borsova-Thal bei Zädnya ....
Höhe zwischen Dolha und Lipcse Polyana
Lipcse Polyana
Lipcze
Iza
Lu-
3. Aug
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
4 Aug
3. Aug
3. Aug
4. Aug.
detto
4. Aug.
detto
detto
5. Aug.
detto
6. Aug,
detto
detto
9. Aug.
8hF.
9''30 F.
tl'3() F
12h M.
12'35 A.
lh4S A.
3>'35 A
6'35 A.
6h45 F.
6h40 F.
4'45 A
12h20 A.
lb25
5h15
545
7h A.
8h25
12h45
5'35
5h45
7l45
7h20
741-68
7210
7365
732-30
726-30
736-89
731-81
73240
73510
734 10
731 48
73053
711
743
746
749
752
753
733
737
744
751
12-8
130
150
155
160
16 8
172
15-3
123
15 3
172
160
152
17-2
16-3
150
170
22 5
17-8
17-6
170
160
+
162
88-7
11-8
32-8
63 2
124
38-7
37 1
32-8
290
40 1
562
94-8
199 7
122 8
143-8
174 2
123-4
97-4
205-2
126-2
147-8
1790
126 8
Mittel
147-2
1400
151 1
1672
1813
2923
36
107-4
176
934
30-6
80-4
31 6
79-4
384
726
37-8
148-8
191
1301
152
958
31-0
800
151-3
143-9
1553
171-8
3004
110 4
960
82-6
81-6
746
152-9
1337
98-4
82-2
Strasse von Huszth nach ÖkörmezÖ.
Ort
d aj
M
441
442
443
444
445
446
447
Herincse
Bisztra
Anfang des Hotters von Vucskomezö .
Vucskomezö
Ditkovecz
Höhe N. von Ditkovecz
Okörmezö (Wohnung d. Stuhl richters)
detto
detto
9. Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
10. Aug.
detto
11. Aug.
8'45 F.
12h M.
F50 A
5" A.
6h35 A
7' 15 A.
845 F.
8hA.
5h30 F
746-75
73996
735-28
73094
73003
7130
7240
724-6
727-57
171
220
21 2
181 j
•3-0'
12-2,
12 0
138
9-2!
- 85102-5
4- 23-7 134 7
+ 46 6 1576
4- 67 3 178-3
-j- 708 181-8
+ 1635 274-5
+ 964
| 82-7, Mittel
+ 91-4201 11206-7
105-3
1384
1620
183-2
186-8
281-1
9ß
Franz Ritter von Hauer,
27.) Von Ökörmezö in das Talaborthai, dann in das
Taraczkothal und dieses abwärts.
Differenz gegen Kaschau.
Ort
Q
N
s
0
es
3
es
E
c
2 Z
Vj
448
449
Höhe zwischen
Prislop und Szinever .
11. Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
12. Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
detto
13. Aug.
12. Aug.
detto
detto
13. \ug.
9h45 F.
1045 F.
llh 0 F.
11' 15 F.
lhÄ.
2"20 A.
3'50 A.
4' 30 A.
5'45 A.
6''30 A.
8h45 A.
5' 45 F.
9h25 F.
II)1 IS F.
LI' l) F.
694-30
709-33
713-52
71511
716-56
71539
704 40
686-70
710-94
716-34
721 01
721-94
72971
73326
734 43
170
17-6
18-4
iso
21-11
20-6
18-3
150
14-6
13 4
11-6
90
164
19-2
22-8
| 2913
,1997
f 175 6
165-4
157-9
r 165-4
302-3
210-7
286-6
2764
268-9
276-4
310-7
216-5
450
451
Kalocsa Imsad
294 5
2840
452
Horb Kalocsa
276 3
453
284-0
454
Gebirgs-See
Pass am Topas-
Deutsch-Mokra
231 61342-6
r 340-1 451-1
t 1911 2021
■r 158-4 269 4
3521
455
456
457
Berg
4636
207-7
270 8
458
-f- 1313 Mittel
459
460
461
462
Brücke bei Don
detto
-t- 136-1 244-7
; 95 1 1061
r 77-5 188-5
; 69-3 180-3
251-4
109 0
193-7
185-3
463
Kälinfalu
12' 0 M. 736-97 22-9
12''50 A. 73814 22-6
: 59-2j 170-2
174-9
464
,- 5261636
42-3 Mil
+ 43-3 153-8
i- 76 7 187 7
-1-100-2 201-2
j- 43 9 154-9
16-2 L27-2
r 7-3 118 3
— 2-2!l08-8
65404-5
1681
465
466
467
468
469
Also Nerecznicze(Försterh. a. d. Strasse)
detto
Königsthal (Pinge)
Sattel zwischen Königsthal u. Pudplesa
3' 45 A. 1740- 16
6h 5 F. 74013
T A. 732 '60
7' 15 A. 727-84
7'40 A. 1739-38
71' F. 1745 54
21-0
120
15-2
151
14-8
14-2
tel
1580
1 92 9
200 7
159-2
130 7
470
471
472
N. Kirva (Diluv. Plateau)
detto
detto
detto
8' 20 F. 747 22 15-4
8'30 F. 74920 15 5
8' 50 F. 750 09 15*
121-6
111-8
1(17-4
28.) S z i ge t ii
U D (1
einig
e V n
!l C
t e de
r U m
geh 11 n g.
(tri
Datum
0
^
s
PQ
s
C
C
4>
H
Differenz gegen
ö sd
ffl —
— ~~
Cm ._
2 Z
X
"" Z
■■o —
~Z ~~
- ■ •
«3 ^
473
Sziffeth (Gasthaus am 15. Aug.
Platz 1. Stock) . .
84 5 F.
746 66
14-2
r 16 3
+ 50-4
—64-2
»
detto
16. Aug.
645 F.
746-27
11.6
f 13-3
-f-50-7
—63-2
detto
24. Aug.
6hF.
743 11
ii-:;
90
^45-3
—66-0
?)
detto
2. Sept.
640 F.
73956
9
—
-51 2
—68-5
Mitte]
W
detto
3. Sept.
8L50 F.
744-29
13-8
—
^49-2
—654
120-5
123 8
474
Szlatina (Ort) . .
16. Aug.
745 F.
745-96
14-6
—
— 0-2*)
—
1203
475
detto (Scbachtkranz,
detto
8'30 F. 744-20
160
—
-f 6-4*)
—
126-9
476
Kobolopolvana Hütt.A.
17. Aug.
1045 F.
728-49
17-1
+ 87-6
—
+ 5-2 196.1
477
detto (Badhaus)
detto
2hA.
725-20
18-8
+ 102 2
—
+ 17-7 209.5
478
Rönaszek (Amtshaus)
2. Sept.
1045 F.
726-94
?
— 4-3
184-4
*) Differenz gegen Szigeth in Toisen.
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn. 97
29.) Strasse von Szigeth nach Körösmezö.
Ort
d
'S
0
3
•-
CS
QQ
£
-_
H
Differenz gegen
0 e
-c o
l Z
<f> 0
Ä —
0 J
CS
T5 .'
'S 2
H
479
Salzkammer
17. Au°\
6'30 F.
6'45 F.
744-77
73977
13-0
-f- 12-4
— 64 2
1
Mitfo'
»
detto
2. Sept.
124-7
128-2
480
Yeresmarth
17. Aug.
655 F.
741 81
13-6
h 25-6
—
136 6| 140-4
4SI
detto
71' 1 0 F.
740 47
1 i-0
4- 31-6
142 6 146 5
Mittel
482
Deutsch Bocsko (Theissbrücke)
detto
7' 25 F.
740 39
14-2
+- 31-8
— 49-2
,,
detto
18. Aug.
8h30 F.
737-24
t :; :;
t- 33-5
— 498
142 0
1 45-9
483
detto
11» F.
735 80
23-2
- 45 2
144-6
148 6
484
Trebusa
detto
133A.
729-22
19-3
—
— 13-0
175-9
180-8
485
detto
6h A.
726-44
15-2
—
4- 10
189-6
194-8
486
detto
6bS0A.
724-34
14-4
—
12-4
200-7
2062
487
Raho . . .
detto
S! SA.
723-34
13-6
-j- 92.7
r 17-2
Mittel
M
detto
19. Aug.
5I,55 F.
723-33
10-9
+ 88-6
\- 17-8
2037
2093
488
Vereinigung
der schwarzen und
detto
6b35 F.
72203
11-6
—
34-5
222- 1
228-3
489
P. Volesi .
detto
7'30 F.
717-14 12-5
—
-r 54-6 241-7
248.4
490
detto
81' F.
714-83 12 9
—
t 6522520
259 0
491
Eingang in (
as Radonlirthal
detto
8'50 F.
7U7-45 14.5
—
J-109-9 29S5
303-7
492
Bilin . . .
detto
4' 30 A.
717-20
16-2
-r- 45-3 232 7
f 60-2 247 2
2391
493
Borkut . .
detto
5^20 A.
714-61
15-3
—
254.0
494
detto (Mineralquelle) . .
detto
5 45 A
712-23
150
—
1- 74-32609
268. 1
49 5
Mündung des
Kebele-Baches .
detto
6h30 A.
709-27 14.0
f 92-6278 7
286-4
496
Szvidovecz
detto
7'IOA
706-23 1 V3
—
r 109-3
294 9
303- 1
497
Körösmezö
(Haus des Wald-
meisters 1
Stock) ....
detto
91' A.
704-27
13-3
+ 186-3
4- 1210
W
detto
20. Aus.
7h F.
7(12-57 10-8
4-184-2
r 119-2
»
detto
detto
l"2S A
701.18 14-0
r 192-0
r1192
Mi
tel
w
detto
21. Au</.
6''40 F.
698-67
11.8
r 198-2
h 117-5
302-9
311-3
30.) Spiegel der Theiss (Nr. 498 b i s 51 2 durch Ablesung
bei der Fahrt im F 1 0 s s.
Differenz gegen
l
s-
■*^
.Sä
Ort
3
"S
0
g
0
0
3 _
«3 ^
ST
2 5
g.S
—
SB
<t>
05 0
:0 O
0 s
ca
-G
W1^
:0 0
«5.2
H
M£
£
498
Körösmezö
21. Aug.
7b50 F.
69923
132
— 4-1
298-9
3072
499
detto
8h40 F.
700-81
15 6
— 16 1
287-3
2952
500
Mündung d. Thaies Kossoucze
detto
9'45 F.
701-87
16-8
— 22 5
2790
288-8
501
detto detto Kebele
detto
10'' F.
703-88
169
— 350
268-9 276 3
502
detto detto Vaszkul .
detto
10b20 F.
707-21
16-8
— 564
248-1
234-9
Mittheilungen der k. k- geogr. Gesellschaft. III. Bd. II. Heft.
98
Franz Ritter von Hauer.
Ort
Differenz gegen
:© O
:- I
503
504
508
:;<><;
507
508
509
510
511
512
513
514
515
516
ßorkut
.Mündung des Szitnibachcs .
Bilin
Mündung dos Terentenbaches
detto der weissen Tlieiss
Raho
Vercho\ati
Berlebas
Trebusa .... ...
Mündung des Vissö ....
Zwiscben Szigeth u. S/.hitina
detto Taraczközu.Szaploncza
bei Tecsö
Einmündung il. Nagv.i^flusscs
12 Fuss über dem Spiegel
Tisza Ijlak
21. Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
16. Aug.
13. Aug.
3. Sept.
■t.Sept
detto
10*30 F.
Ki :;u F.
iri5 p.
12" M.
12' 30 A.
12''50A.
2h15A.
3' A.
4' 10 A.
5' 5 A.
7'35 F.
9" 5 F.
1L 5A.
6'30 F.
11 '' F.
708-28
708-97
710-20
710-59
712-30
713-39
714-89
718-01
721 -84
724-07
747-35
751 08
75110
759-80
765-21
16-9
170
17-6
170
180
17-4
17-4
15-8
15-1
14-4
14-4
16-3
14-0
7-0
ISO
— 63- 1
- 68-0
- 75 9
- 78-6
— 89 8
970
— 106-5
— 122-6
— 146-5
-153-8
+ 6-5 '
241'
236
229
226
215
208
199
183
160
153
126
99
- 30-9 ») 90
IM
+
0-5*)
22-7*)
24S-
243
235
232-
5 22 1 •
3 2 14'
3 204'
6 1 88
4 1 64
3 157
8 130
9 102
92
67-3
441
69!
45-3
31.) Von S z i g e t h durch das Iza-Thal nach B o r s a b a n y a
nach K i r 1 i b a I» a und z u rück d u r eh da s Vissö- T h a 1.
Differenz den 24. gegen Szisretb, die folgenden Tage "egen Wallendorf.
Ort
•5 «3 L
'= = 2
03 i,
X -
^3 r
518
519
520
521
522
523
524
525
526
Brücke über d. Ronisora .
Farkasrev ......
Väncsfalva
Nanfalva
Barczanfalva
Szurdok
Bozavlia (Spiegel der Iza)
Mündung des Sajo . . .
Konyha
24. Aug.
detto'
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
6h15
635
7' 30
7'55
8' 25
9h40
10' 30 F.
10h45 F.
11' 15 F.
742-03
741-86
740-86
737-84
738-34
735-68
73311
732-21
729-11
1 1-8
121
13-2
13-8
14-4
15-8
16-7
16-9
17-4
-f 4
4
- 8
r-21
^19
+ 31
43
^-47
r63
124.8
125.2
128-8
9,141-6
9,139-8
3150-9
5162-8;
2I166-4J
11181-9:
128-3
128-6
1324
145-5
143 7
1551
167-3
I7F0
186-9
:|:) Differenz gegen Huszt in Toisen.
') Differenz gegen Szigcth in Wiener-Klafter,
Ilühenmessunüen im nordiisllk'hen Ungarn.
99
Ort
Dragomer
Szclistye
Szacsal . .
Wasserscheide zwichen Sz;\cs:il
und Mojszin
Mojszin
detto
Borsabänya .
detto
Sattel westlich vom Megura-
Berg
Mündung des Nyegusza-
Thales ........
Strimtura
Sägemühle im Thal südlich
von Strimtura
Sattel nördlich vom Stiol . .
Thal il. gold. Biszhicz bei der
Einmünd. d. Weges v.Prislop
Ausmündung des Szeszul-
Thales
detto
Ausmündung des Boszavlia-
Baches
Ausmündung des Zibo-Baches
detto
Kirlibaba
detto
Kornidic-Pass am Wege von
der gold. Bisztricz in den
Hintergrund des Cislathales
Borsa
Felsö Visso
Közep-Visso
Alsö-Visso
Brücke vor Leordina ....
Leordina
Petrova
Höhe zwischen Petrova und
F. Bona
Felsö Bona
Also Bona
Höhe zwischen Also Bona und
Karacsonfalu
24. Aug.
di tto
detto
detto
detto
28. Aug.
23. Aug.
26. Äug.
detto
di il i
detto
detto
detto
detto
detto
27. Aug.
26. Aug.
1 1 e 1 1 > i
27. Aug.
26. Aliw.
27. Aus-.
27. Aug.
28. Aug.
29. Aug.
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
detto
1 2' M.
4*20 A.
5* OA.
6*25 A.
7'' A.
5*30 A.
8h40 F.
6*30 F.
7' 35 F.
8*48 F.
9h15F.
9*40 r.
12 M
1*18 A.
2*48 A.
11*18 F.
4*15 A.
4*80 A.
9*10 F.
6 50 A.
7 28 F.
4* SA.
4*18 A.
7' V.
7*33 F.
7*30 F.
9*10 F.
9' 30 F.
10* F.
1*A.
3* A.
3*25 A.
4*35 A.
-1t
724-81
18-6
721-14
17-2
717-22
17-0
703-52
18-2
712-78
15-3
704-16
9
696-83
II -i
687-58
! 0-3
688-11
12-4
688-44
14-7
684-25
15-8
680-33
[7-2
621-31
1 6-6
64734
160
657-84
15-3
(552-8 !
?
664-94
14-5
66681
14-4
662-65
122
667-28
1 3-3
664-71
111
606-85
•>
698-01
•>
713 27
9
715-10
9
716-53
9
720-41
9
72187
r
723 03
c
700-80
•%
729-76
fcc
730-88
i
0)
72607
f"1
'- a
~ -
- a
33 sj
X. ;-
85 3*) 2038
104-1*) 221-8
128-7*) 242-8
209-1
227-9
249-5
i 209-8*) 324-3 333-3
f-181-5*) Mittel
88-0 27181278-3
Mittel
352-7 362-4
h 166-8
-j- 170-4
■| 348-9
f 162-8
j- 188-9
,212-7
617-6
-j- 428-6
r 341-0
i- 347-8
i 293-9
283-1
-288-3
f 274-9
+ 274-7
-t 709 1
124-4
r- 489
392
31-3
HO
3-8
5-2
+
t-
r 1 32- i
— 300
— 39-2
— 140
528- 1
347-0
372-4
542-7
3866
382-7
395-6 406-3
789.6 8114
605-7
022- 4
Mittel
523.7538-2
474-5 1 487-7
Mittel
466-6 479-5
Mittel
435-9 468-6
878-6
309-6
2361
226-7
218-9
199-4
192-3
183
315-2
158
150-4
174-4
902 9
318-2
242 7
233-0
2251
204-8
197-6
188-6
323-9
163 8
154-6
1 79.2
*) Differenz gegen Szigeth.
100
Franz Ritter von Hauer,
32.) Strasse von S z i g e t h über H u s z t h nach Delireczin.
Ort
Q
s
o
s
o
c
Ol
Diflf. g.
;gen
2 §
75 =
'S
s:
o
g
23
— ii
M SC
« .—
s o
SC Eh
ei
u =
— i
® r
555
Brücke über die Iza bei P.
3. Sept-
10'15 F.
745.34
14.5
4-6*)
1159
1191
556
detto
detto
10' 40 F.
1145 F.
745 90
747.36
15.5
15-5
- 6-7*)
-13-6*)
113-8
106-9
1169
557
109-8
558
detto
11' 45 F-
745.30
15.0
— 3-8*)
1 1 67
119 9
550
detto
detto
detto
12"30A.
l"30A.
4" A.
746.99
749.81
752.5 1
14.5
14.3
14.0
-12-4*)
—255 *)
-37-3*)
1081
950
83-2
Uli
560
97 6
561
Benecsö (Talabor Mündung) .
85 5
562
detto
4' 15 A.
752 50
140
375*)
830
85-3
563
detto
4 :;o \
754.30
139
—45-2*)
75'3
77 4
564
detto
51 6A.
754.91
13-7
-47-8*)
72 7
74-7
565
Huszth (Gasth. des Maszlv) . .
7. Aug.
1 ' 50 A .
745.71
215
—
detto
9. Aug.
6'30 F.
75320
150
— .
detto
3. Sept.
035 A.
757.3ü
135
—
Mittel
detto
4. Sept.
6hF.
759.71
161
—
668
68-6
566
Altes Sebloss Husztb ....
7. Aug.
7" A.
728. 1 1
it; ii
r 78.5
1453
149-3
567
Velika koprina (Veresmarth)
4 Sept.
7'45 F.
757.68
95
r 6-8
73'6
756
568
Nagy Szöllös . . ■ ...
detto
9" 15. F.
762.70
I2il
-136
532
54-7
560
detto
detto
950 F.
10'25 F.
763.74
765 27
130
14-0
-19-2
-240
47 6
42-8
48-9
570
44-0
571
detto
3'iOA.
763.40
195
-15-6
51 2
526
57*>
detto
detto
detto
3' 25 A.
3 55 A.
4' 40 A.
763.29
762.89
763.70
19 5
18-8
186
— 169
— 131
—172
49-9
53-7
496
51-3
573
55-2
574
510
575
detto
S1 10 A.
763.42
18-0
—158
510
52'4
576
Feher Gyarmath
detto
6"A.
763,13
17 2
—14-6
52 2
53-7
577
Spiegel des Szamos hei Matolcs
detto
7" A.
763.45
16 5
-18-7
481
494
H78
detto
5. Sept.
7h 5 A.
5h45 F.
762.76
761.79
165
115
—16-3
— 5 3
505
599
51-9
579
Kocsord
61-6
580
detto
7fc25 F.
758.66
13-2
95
74-7
76-8
581
detto
detto
8fc4ü F.
945 F.
758.24
757.94
14 6
15-0
-106
4-11-6
758
76-8
779
582
78 9
:;s::
Bogath
detto
detto
detto
detto
10''50 F.
12*30 A.
2b20 A.
3' 25 A.
756.39
756.32
755.20
755.11
17-2
20-0
18-2
178
+ 124
-rl3-6
4 18 1
4-185
776
78-8
83-3
83-7
797
584
81-0
Mihiilvdi
85-6
5S6
860
587
detto
detto
6' A.
8'1 A.
756.73
758.33
162
15 9
-rlO-6
75-8
77-9
588
*) DitVerenz gegen Szigeth in Toisen
Höhenmessungen im nordöstlichen Ungarn.
ioi
II. Meteorologische Beobachtungen au den als Yergleichspuncte
benutzten Stationen.
Luftdruck bei 0°
Pariser-Linien
tu1
Temperatur
Reaumur
6" ! 21' ; 101'
Datum
Juli
Luftdruck hei 0° in
Pariser-Linien
Temperatur
Reaumur
6'
10''
6h i 2h : 10h
Ofe n.
335-52
35 18
33-92
35-13
33337
333-34
140
15-8
34-34
33-69
12'6
18 5
34 36
34-54
13-0
200
34 39
3430
150
17-5
K a s c h a u.
30-99
330-99
330 49
112
13 5
|
30-36
30- 14
28-43
10 1
152
28-49
29-62
30 26
98
15 4
1
3022
30 15
2i)-54
1 1 0
15 7
30-28
30.78
3116
13.2
17 5
30-63
29-64
28-70
13.3
18-2
]
28-87
2923
2959
140
168
29-86
29-34
29 02
17-3
200
2903
28-90
28 65
169
201
29 18
29 30
29-61
13 2
17 5
3017
30'29
30-66
174
22 2
31-32
31 Ol
30-73
171
230
30-98
30-27
29 81
16-5
22 6
29 61
29-50
29 52
161
173
29 00
29-67
29-74
175
21-4
1
29-87
29-68
29-23
166
211
29-26
28-67
27-84
263
22-3
2970
30 15
3012
139
17-3
29-98
28-70
28 32
12-9
20 6
27-84
27-99
28-57
14-6
165
28-45
28-22
28 22
130
18-8
28-44
28-35
2905
14.5
18-2
2005
29-63
29 15
13.2
18-8
20-00
28 33
27-86
15-2
19-8
26-88
26 42
27 04
14-2
173
27-84
28-67
2819
13-0
16-8
28-28
27-52
27-74
15 7
20 b
27-64
2736
28-63
156
21 7
28-68
28-88
29-06
10.5
12 3
28-88
28-86
28-80
12.5
14.6
2894
28-81
2813
144
20 5
28-16
28-24
28-70
133
18-3
28-89
28-80
28 99
13 8
194
2995
29-58
29-49
138
196
2934
28-24
28 52
15 5
19 1
28-78
28-46
28- 2
134
192
1
28-11
25-61
23-88
139
22 1
|
27 13
2798
28-29
168
20 7
28-46
28-08
2761
15-9
226
27-36
2691
27-25
168
22 '4
27-38
26-24
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16-4
214
26- 15
25-93
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138
19-7
130
145
15 5
168
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II
[0-2
27
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161
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5-2
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12
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15
167
16
5-9
7-4
161
1
4 3
13.
14.
13.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
39.
31.
Aug
I.
2.
3'
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
23.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
26 92
27-71
2716
2720
27 05
2897
29 60
2916
28 76
28-03
28-48
28-80
2783
27 71
29-81
27-58
25 04
2392
25 28
2614
2587
2710
28-63
29-80
29-71
281 8
28-20
2964
29 39
3034
31-44
3104
30-85
31-38
31 07
30-48
29 53
28-88
27-08
26-45
27 89
29-20
29-87
28-29
2539
2301
25 57
26-72
27-84
27 31
27- i!»
27-59
27-61
27-02
27-45
29-44
29-37
28-74
28-23
27-97
28-63
28-24
26-80
28 64
29-26
26- 13
24-44
24-81
2573
26-41
26-89
27-72
28-72
29-61
28-54
27-01
28-33
29-36
29-32
3039
31-70
30-69
30-68
31 00
30-90
2999
29 23
2820
26-87
26-36
27-83
29 21
294i
2735
23-48
23-66
25-49
26-66
27-80
26-84
27-57
27-43
27-23
20-94
27-90
29-83
29 54
28-65
27-85
27-75
29-02
2816
26 69
28-42
26-34
24-20
2488
2612
26.52
27-05
27- 10
29 23
29-23
29-80
28-18
2808
2904
29-66
29-54
30-71
30-92
30 51
30-76
30-92
3081
29-47
29-19
27-75
26 33
26-81
28-34
29 30
30 10
2621
2304
24-81
23-95
27-32
27-73
27-08
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19-4
20.2
19-1
20-2
17-4
20-2
13-3
24-2
23-7
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212
22-4
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5
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0
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X
X
3
4
3
0
92
9-5
13 7
14-8
loa
15*5
14-9
159
16-4
181
18-8
18-8
18.6
18-4
171
170
17-2
170
151
14-8
15-7
141
14-9
12 6
13 6
136
0 14(5
7 147
0 149
0,146
7 14 8
9 14 6
9 17 6
S 17-8
0J17-0
0 165
117-5
5160
9 16-7
5180
160
16-6
161
14-8
t 14-7
7J143
15 6
14-5
122
11-3
10-8
HS
102
Franz Ritter von Hauer.
Luftdruck be
0° in
Temperatur J
Luftdruek be
0° in
Temperatur
Datum
Pariser-Linien
Reaumur
Da (um
Pai
iser-Linien
Reaumur
6"
2L
Kl'1 | 6' | 2'' | 101' |
6" i
.>
10" | 01' 2" KT
Wa
1 e n (1 o r f.
J) e I> r
e c z i n.
Aug.
Aug.
7.
321-96
321-41
11-50
L3-5
167
13 8 1
7'
331 54
330 52
329-97
13-8
19-8
! 5 8
9.
23-35
2336
23-55
L5-6
191
12-8
9.
31-32
3197
31-83
15-6
1 8-8
1 6-8
LS.
25-57
2513
25-29
12-9
206
12 9
15.
33-82
3380
33-75
15-2
24-6
IS-2
1(5.
25-45
24- TT
24 65
13 0
21 0
132;
1 6-
33-82
3380
33-43
14-S
23 -S
18-4
17.
'24-00
23-80
23-77
12-6
21 '2
1 40
17.
33 08
32-88
3'202
15.6
22-0
18-0
IS.
23-46
23-16
2307
13-8
18-7
88-4
iS.
3214
3157
31-5^-
14-4
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17-0
19.
2311
22-54
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20-7
12 7
19.
3141
30-94
30-33
15-4
20 0
17-4
20.
2164
20-81
20-64
11-9
20 1
1 33
20.
29-73
29-91
29 52
14-6
17-8
10-S
21.
19-60
19-26
20-27
141
14.6
12-71
21.
28-78
28-33
28-04
14-2
17-4
160
22
21-36
21-80
22-92
14-0
18-6
14-0
22.
29 91
3052
31-08
150
19 0
16-4
23.
23-49
23-38
23-92
12 6
1 90
1 2-8
23.
31-65
31 87
32- 14
14.4
19-0
15-2
24.
24- 13
23-51
23-41
11-5
18 4
127
24.
32-31
3218
3214
13-6
18-8
16-0
23.
22-82
2141
2013
13-1
1 96
12 S
25.
31-65
30-74
30-33
14-8
18-6
15 2
26.
18-65
17-41
16-80
130
IS -2
12-5
'26
28-21
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26-70
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17-0
15-4
27.
1616
15-84
17-21
11-5
173
10-7
27.
26-20
20 61
27-48
14-2
16-8
14-0
28.
18-61
19-60
20-39
10-5
14 2
108
28
28-21
28-65
29-52
12-4
1 6-2
10 0
29.
81-16
21-76
22-16
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105
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29.
30 03
3013
30-33
10-6
15-4
12-2
30.
22-51
22-07
22-07
8-1
160
7-2
30.
3095
30-04
30-68
13-4
17-6
12-6
31.
22-18
21-55
21-36
7-7
155
8-8
31.
30-40
30-14
30-24
40-2
19-0
12-4
Sept.
T
2"
91'
71'
21'
9"
Sept.
1.
2154
21-77
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14 6
92
1.
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30-95
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18-6
12-8
2.
22 70
23-08
23-72
93
164
9 3
2.
31-65
32-03
32-38
'ILO
17-8
13-4
3.
24-57
24-53
24-89
95
14-4
7-1
3^
3305
33-29
33-46
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19-0
13-6
4.
25-30
24-87
24-75
7-3
14-S
8-2
4.
33-46
33-29
33-27
9-8
18-4
14-8
5.
24-62
24-03
23-76
85
1 6-8
1 0-0
5.
32-7
32-62
32-31
1 4-2
17-6
14-0
III. Corrections-Tafelo für das ßourdoii sehe Metallbaronieter.
1 .) W ärme-Correctio n.
Temp.
Correctur I
Temp.
Correctur
Temp.
Correctur
Temp.
Correctur
Cels.
Millimet.
Cels.
Millimet.
Cels.
Millimet.
Cels.
Millimet.
—9°
-6-20
+-4°
+ 2-80
+ 170
+ 0-60
1-30°
Ol 3
—8°
+ 5-85
4-5°
+ 2-60
+ 18o
+ 0-48
+ 310
— 0T4
+ 5-57
f6°
+2-40
+ 19o
+ 0-37
r32o
—015
—6"
+ 5-27
4-7°
+ 2-20
l-20o
-j 0-28
330
—016
—5°
| 4-97
+ 8°
+ 2-00
+ 2lo
+ 0-20
-340
—0-16
—4°
r4-71
f 9°
4-1-81
+ 220
+ 0-14
r35o
—0-17
—3°
- ^4-45
+ 10"
+ 1-63
r-23o
+ 0-08
|-36o
—0-17
—2°
+ 4-20
+ 11°
+ 146
+ 240
+ 003
r37o
—018
—1°
+ 3-95
+ 12°
+ 1-30
+ 25o
—0-02
r38o
—0-18
0°
-j-3-70
+ 13°
+ 1-15
+ 26o
—0-06
i-39o
—0-19
+ 1°
r3-45
+ 140
+ 100
+27o
—009
>-bQ»
—019
+2°
+ 3-22
+ 15"
+ 0-86
+ 28o
—0-10
|-4lo
—0-20
+ 3°
+ 300
+ 16°
+ 0-73
+ 29o
—0-11
r41o
—0-20
Iloheniiiessungen im nordöstlichen Ungarn.
103
2.) Correctionstafel für den Barometerstand. Mit dem
Zeichen der Ablesung hinzuzufügen.
Barometerstand
Correctur
Barometerstand
Correctur
Barometerstand
Correctur
Pariser-Maass
Par.-Lin.
Pariser Maass
Par.-Lin.
Pariser
-Maass |
Par.-Lin.
Zoll , Linien
Zoll Linien
Zoll
Linien
28
0
—2-03
25
11
^1-61
23
10
4 3-39
27
11
-1-79
10
+ 163
9
-t-3-44
10
—1-50
9
+ 1-65
8
4-348
9
—1-22
8
+ 1-68
7
+ 3-51
8
— 1-00
7
4-1-72
6
4-3 52
7
—0-80
6
+ 1-76
5
4-3-53
6
—0-60
5
+ 1-80
4
+ 3 53
5
—0-38
4
hl 85
3
4-3 52
4
—0-14
3
~rl 91
2
+ 349
3
+ 0-10
2
+ 1-96
1
+ 3 47
2
+ 0-26
1
4-2-02
23
0
4- 3-42
1
j-0-43
25
0
4-2-10
22
11
+ 335
27
0
+ 0-71
24
11
4-2-17
10
4-3-25
26
11
+ 0-85
10
4-2-25
9
4-309
10
+ 1-02
9
4-2-34
8
4-2-93
9
-r-113
8
4-243
7
4-2-70
8
+ 1-24
7
4-2-52
6
4-2-36
7
+1-32
6
4-2-62
5
+ 214
6
+ 1-38
5
4-2-73
4
4-1-94
5
+ 1-44
4
f-2-84
3
+ 181
4
+ 1-48
3
4-2-95
2
+ 1-68
3
+ 1-50
2
4-306
1
+ 1-58
2
^1 53
1
t-3-16
22
0
+ 1-46
1
+ 1-56
24
0
4-3-26
21
11
+ 1-30
26
0
+ l-58
23
11
+ 3-33
|
IX.
Die Quellen des liburnischen Karstes und der vorliegenden Inseln.
Von
Dr. Josef Rom. Lorenz,
k. k. Professor in Fiume.
Milgetheilt in der Versammlung: der k. k. geographischen Gesellschaft am 3. Mai 1859.
Von den hydrographischen Verhältnissen der Karstgebirge ist im
Allgemeinen hinlänglich bekannt, dass dort die atmosphärischen Nieder-
schläge sich nirgends zu aushaltenden Bach- oder Fluss-Systemen sam-
meln können, sondern theils sogleich, theils nach kurzem oberirdischen
Laufe in die Spalten und Klüfte des Karstkalkes versinken, sich unter-
irdisch in Höhlen ansammeln, deren viele untereinander zusammenhängen;
dass sie durch das Ueberfliessen der höher gelegenen Höhlenbecken in
tiefer gelegene abrinnen; dass sie in der Regel nur dort als Quellen
austreten, wo unter den Kalkschichten der undurchlassende pelogene
Sandstein oder schieferige Thon ausbeisst, welcher dem Weitersinken des
104 Dr. .!. P. Lorenz.
Wassers wehrt und es zugleich an seiner eigenen Oberfläche zu Tage
hinaus leitet.
Das Riesenwerk der Wasserleitung von Nabresina bei Triest ist eine
grossartige practische Anwendung dieser Verhältnisse im Triester-Karste.
Die gleichen Verhältnisse finden auch im liburnischen Karste statt; es
treten aber dabei einige nicht uninteressante Details auf, welche der nä-
heren Betrachtung werth sind.
Von der orographischen Gliederung des liburnischen Karstes deute
ich hier nur ganz kurz Dasjenige an, was zur Anknüpfung der folgen-
den hydrographischen Skizze unerlässlich ist.
Der vom Snjsnik an nach OSO. streichende Karstzug bildet zuoberst
ein etwas gewölbtes Plateau in durchschnittlicher Höhe von 2000 — 3000
Fuss, über welches sich zahlreiche ßergreihen und Berggruppen bis nahe
an 4000 Fuss erheben.
Die Senkungen des Terrains sind auch hier nirgends aushaltende
Längsthäler, sondern nur Mulden oder Kessel, lassen daher keine ober-
irdischen Bach- oder Flusssysteme zu. Vom südlichen Rande dieses Pla-
teaus (von welchem meine Begehungen nach abwärts fortgesetzt wurden,
ohne die Mitte und den nördlichen Rand des Plateau mit einzubeziehen)
steigt das Karstgehänge in drei Stufen zum Meere hinab. Die oberste
und steilste Stufe besteht, so wie der Rand des Plateaus, aus älterem
Karstkalke (wahrscheinlich Trias); die beiden unteren Absätze hingegen
gehören fast ganz dem Nummulitenkalke an, welchem in der Tiefe von einigen
hundert Fuss ein ziemlich mächtiger aushaltender Schichtencomplex von
Nummulitensandstein (Tassello) eingelagert ist.
Dieser tritt daher am Grunde der tieferen Spalten und Einrisse des
Kalkes zu Tage. Am Festlande ist diess nur in der 6 Meilen langen
Thalspalte der Fall, welche nach der ganzen Länge unseres Karstes und
mit dessen Streichen parallel, die zweite Gehänge-Stufe von der dritten
(untersten) trennt, und durch Querriegel in die langen Mulden Becina,
Draga, Vinodol, abgetheilt wird. Auf den Inseln biethet nur Veglia im
Thale von Besca und bei Dobrigno ähnliche Verhältnisse, — während
sonst überall der blosse Nummuliteukalk herrscht. Diesem sind übrigens
sowohl auf dem Festlande als auf den Inseln ausser der erwähnten
mächtigeren Sandsteinlage noch mehrere zerstreute Blätter und Schmitzen
von Sandstein in höheren Horizonten eingefügt. Erst die drei südlichsten
Inseln Unie, Canidole und Sansego bieten andere Verhältnisse dar, indem
auf Sansego ganz, auf Unie und Canidole zum Theile, Hippuritenkalk die
Grundlage bildet, worauf dann tertiärer Sand liegt. Diluvium ist überall
nur sehr vereinzeint und ganz lokal abgegrenzt in Mulden eingelagert.
— Diess ist das Skelett des Terrains, dessen Quellenverhältnisse nun zu
schildern sind.
Auf dem Plateau (wir sprechen immer nur von der südlichen
Längs-Hälfte desselben) gibt es in den beiden Flanken gar keine Quellen
und Bäche; Berg und Thal schlucken die beträchtlichen Niederschläge,
zu denen die mächtige Schneedecke eines siebenmonatlichen subalpinen
Winters einen reichlichen Beitrag liefert, ganz und gar ein. Im Bittoraj
(östliche Flanke) ist auf 9000 Joch kein lebendes Wässerlein zu finden;
Schneelöcher, welche auch im Sommer gefüllt bleiben, bieten die
Die Uuellen des liburnischen Karstes und der vorliegenden Inseln. JOS
einzigen Vorräthe von Trinkwasser. Die Gesenke im Centrum des Pla-
teau liefern einige wenige Quellen, mit einer Temperatur, welche der
hohen Lage ihres Sammelgebietes entspricht — nämlich nur -j- 6° bis
7° R. konstant.*) Solche Homothermen sind jene von Mrzla vodica
(-}■ 6° R.) nahe an der Louisenstrasse, — dann der Ursprung des
Brelo-ßaches (-j- 6'4°), welcher die Diluvial -Ebene von Fuzine und
Lic durchfliesst, sich unterwegs im Sommer bis auf -j- 16° R. erwärmt
und bei Lic in den Felsenboden versinkt; endlich die Quelle im Revier
Spicunak (4 7° R.) nordwestlich von Fuzine. Durch oberflächliche Lage
der Ausfluss-Region erhalten einige andere Quellen dieser Gegend eine
variable Temperatur zwischen 13" R. und 0° R. je nach den Jah-
reszeiten. — Die Trinkquelle vor dem Försterhause in Fuzine hatte im
September -j~ 8° R. Keine der in konstanter Bodentemperatur liegenden
Höhlenquellen aber überschreitet in ihrem geschützten natürlichen Reser-
voir die Temperatur von -|~ 6*5° R.
Das ganze ausgedehnte Karstgehänge bis zur langen Thalspalte her-
unter entsendet gar keine beständige Quelle; Regenpfützen und Cisternen
decken sehr kärglich den Wasserbedarf der Bewohner. Nur an jenen
wenigen Stellen, wo irgend eines der im Kalk zerstreuten Sandstein-
Blätter zu Tage ausgeht, fliessen — aber dann auch unfehlbar —
spärliche intermittirende Quellen hervor, welche offenbar ihr Sammelgebiet
nur in der unmittelbarsten Nähe haben, und sämmtlich Heterothermen
sind. Einige Wichtigkeit hat jene von Kamenjak (im Juni -j~ 9*o0 R.)
an der Louisenstrasse, weil sie in ein Reservoir (mit -f- 12° R.) ge-
sammelt wird, wodurch allein die Tränkung des Zugviehes auf der lan-
gen beschwerlichen Strecke zwischen Fiume und Poststation Jelenje mög-
lich wird.
Mit dem langen Sandstein-Streifen im Grunde der Thäler Recina,
Draga, Vinodol tritt plötzlich ein äusserst quellenreiches Gebiet auf. Dort
entspringt zunächst in der westlichsten Ecke, in absoluter Höhe von bei-
läufig 900 Fuss, als Ueberwasser eines grossen unterirdischen Höhlen-
beckens des Fluss Recina mit einer konstanten Temperatur von -J- 6-1 ° R.
Diese Ziffer genügt zu dem Schlüsse, dass das Sammelgebiet dieser
Quelle im Plateau oben liege, und dass sie ungemein rasch, und nirgends
der Erdoberfläche nahe, durch ein steiles Spaltensystem in das Höhlen-
becken herabstürze; denn die mittlere Lufttemperatur der Ausfluss-Gegeml
beträgt mindestens -(- 95° R.
Unter der Menge der nun nach Osten sich aneinander reihenden
Quellen im Sandsteingebiete der Thalspalte muss man einen Unterschied
machen zwischen jenen, welche so wie die Reeina-Quelle ihr Sammel-
gebiet in den oberen Kalkgehängen haben und dem Sandsteine nur
ihren Austritt verdanken (Kalkquellen), — und zwischen jenen,
welche nur den Niederschlag des Sandsteingebietes selbst abführen (S a n d-
steinqu eilen). Die ersteren zeichnen sich durch ihr helles, aber Moose
inkrustirendes (kalkhaltiges) Wasser mit stetem Flusse und nur wenig ver-
änderlicher Temperatur, zwischen -f 8° R. und -|- 11° R., aus. Die letz-
*) Alle hier vorkommenden Temperatur-Messungen sind von mir selbst mit vergliche-
nen und korrigirten Instrumenten wiederholt ausgeführt worden, anderwärts finden sich bisher
keine Angaben darüber.
-) 06 Df J« K- Lorenz.
teren führen trübliches, oft von Infusorien bläulich oder gelblich gefärb-
tes Wasser von sehr variabler Temperatur, -j- U« bis -f- 16° R. je
nach den Jahreszeiten.
Zu den ersteren gehören die Quellen, welche die Ortschaften Kri-
sisce, Grizanj und Bribir im Vinodol mit gesundem Wasser versorgen und
dadurch den Segen dieses köstlichen Thaies inmitten der dürren Karst-
wüste bedeutend vergrössern. Sandsteinquellen in grösserer Zahl und
mit beständigem Flusse kommen nur im Recina-Thale vor, indem nur
dort der Sandstein eine bedeutendere Fläche in mehreren Abstufungen
und Hügelreihen einnimmt; in beiden anderen Thälern sind dergleichen
Quellen spärlich und versiegen oft ganz.
Die unterste Gehänge-Stufe des liburnischen Karstes entbehrt gänz-
lich der Quellen, bis unmittelbar zum Meeres-Saume. Gerade hier aber
tritt, durch ein seltsames Zusammentreffen, wieder Sandstein unter dem
Kalke hervor, und obgleich nur in schmalen Ausbissen und fast überall
von Kalkgetrümmer maskirt, genügt diess dennoch, um auf eine Länge
von über sechs Meilen am Meeresufer hin zahlreiche Quellen herauszu-
leiten. Die reichsten derselben — ohne Zweifel nur desshalb, weil ihnen
der Ausfluss künstlich erleichtert wurde sind in den Städten Fiume
und Buccari. Es sind sämmtlich Kalkquellen von grosseF Reinheit und
überraschender Frische; man staunt mit Recht, in den schwülsten August-
tagen bei 28 -- 30° R. Hitze, in einer Gegend, deren mittlere Jahres-
temperatur mindestens -j- 12-2° R. beträgt, aus jeder der zahlreichen
mächtigen Trinkquellen Wasser mit circa -\- 7'2° R. zu erhalten. Diess
ist die durchschnittliche constante Temperatur aller der vielen Uferquellen
zwischen Kautrida an der Grenze gegen Istrien und Povilje in der Mili-
tärgrenze. Es erhellt daraus ohne Weiteres, dass auch diese Gewässer
ihr Sammelgebieth schon auf dem Plateau in 3000 — 4000 Fuss abso-
luter Höhe haben, da sie mit einem Unterschiede von nur wenigen Zehn-
teln noch die gleiche Temperatur besitzen, welche ihnen auf dem Plateau eigen
ist. Dafür spricht auch die von mir oft gemachte Beobachtung, dass diese
Quellen nur dann anschwellen, wenn länger dauernde Regengüsse sich
über dem Karstplateau entleeren, während die längs des Ufers hin-
ziehenden Sommerregen, wenn sie auch noch so ausgiebig sind, gar keinen
Einfluss auf die Anreicherung der Quellen äussern. Eine solche tritt aber, in
Verbindung mit leichter weisser Trübung des Quellwassers stets erst 2 — 3
Tage nach dem Beginne der auf dem Plateau herrschenden heftigen Nie-
derschläge ein, was darauf hindeutet, dass unsere Quellen ebenfalls nur
die Ueberwässer eines Systems von unter einander gelegenen Höhlen-
beckeu sind. Es folgen in Kürze einige Details über diese in ihrer Art
einzige Kette von eiskalten Uferquellen an den glühenden Gestaden der
Adria. Beginnen wir von Westen, so treten zuerst in der Gegend von
Kantrida. zwischen Fiume und Volosca, und so fort nach Osten bis Fiume
unzählige, kleine Strandquellen auf, welche zwischen den Klippen und dem
Roll kiese, bisweilen schon unter der Fluthgrenze, hervorrieseln. Sie ver-
siegen nie, haben alle constante Temperatur, und keine überschreitet
-f- 7'8° R. Ausser diesen wenig beachteten Wässerlein entspringen inner-
halb der genannten Strecke einige hundert Schritte landeinwärts mehrere
wasserreiche Bächlein, welche raschen Gefälles dein Meere zueilen (bei
der chemischen Fabrik; „sotto pioppi;" bei „Pignol;" im Thälchen von
Skurinje, mündend am porto del Lazzaretto in Fiume); ihre Temperatur
Die Quellen des liburnisehen Karstes und der vorliegenden Inseln. 107
varirt nur zwischen -f 7"50 R. und -f~ 8-o° R., da sie während ihres
schnellen kurzen Laufes nur sehr unbedeutend von der äussern Tempe-
ratur affizirt werden. Fiume selbst besitzt nebst vielen nicht allgemein
bekannten Quellen in Gärten und Kellern auch vier öffentliche ge'fasste ;
die westlichste (in Braida) tritt mit + 7-5° R., die mittlere (am Corso)
n,it _|_ 72° R., die beiden östlichsten (im Gymnasium und am porto di
caboiaggio) mit -f 7-1° R. aus.0)
Etwa 400 Klafter landeinwärts von Fiume im Recina-Thale, und
beiläufig 00 — 70 Fuss über dem Meere entspringt ein stetiger Zufluss
der Recina, welche von dort an „Fiumera" heisst, in solcher Mächtigkeit,
dass er sogleich eine Mühle treibt; seine Temperatur varirt zwischen
-f 7-5° R. und -f 8° R.
Im Hafen von Martiuseica kann man nach Belieben mit der Hand kalte
Quellen hervorrufen, indem man den Kalkgrus des Strandes ein wenig aufwühlt ;
sie zeigen constant -f- 7"2° R. Die Stadt Buccari hat drei bedeutende öffentliche
Quellen, von -f- 7o°R., -J- 7,7ö° R. und -j- 8° R. constant. Die ganze grosse
Bucht von Buccari ist an ihrem nordöstlichen Ufer bis Buccarizza reich an Quel-
len yon -|- 7'2° R. bis -j- 7*5° R. Die Gestade des Canale di Maltempo liefern
ebenfalls einige solche, und die letzte Quelle mit so geringer Temperatur strömt
vor Povilje unmittelbar aus einer Felsenspalte ins Meer.
Alle Quellen, welche weiter westlich gegen Istrien, oder weiter östlich
gegen die Militärgrenze am Meeres-Ufer austreten, haben die weit höheren und
variablen Temperaturen von -(- 9° bis -f- 13° R. je nach den Jahreszeiten. Unsere
Reihe von kalten Quellen muss also von den Ueberwässern eines zusammen-
hängenden Systems von Spalten und Becken herrühren, welches sich durch seine
tiefe, vor dem Einflüsse der Lufttemperaturen abgeschlossene Lage und seinen
steilen Fall vor allen andern im Karstgebirge vorkommenden auszeichnet und
seine Gewässer direct vom hohen Plateau empfängt, ohne dass sie mit den
auf die tieferen Gehänge fallenden Niederschlägen gemischt werden.
Diese kalten Süsswässer sprudeln übrigens auch noch entfernt vom
Lande am Grunde des Golfes von Fiume hervor und modifiziren die Tem-
peratur und den Salzgehalt des Meerwassers, - wovon an einem andern
Orte ausführlicher gehandelt werden soll.
Auf den Inseln gibt es überall nur sehr wenige und spärliche
Quellen, deren jede ihr Sammelgebiet in der nächsten Nähe des Aus-
flusses hat und ziemlich grossen Temperatur -Schwankungen unterliegt.
Nie habe ich sie aber anderswo gefunden, als an der Grenze zwischen
Kalk und den ihm eingeschalteten Sandstein-Lagen oder Schmitzen —
ganz so wie die Quellen der liburnisehen Karst Gehänge (z. ß. die
erwähnte bei Pamenjak); Sandstein und Quellen verrathen unfehlbar eins
das andere. Die beiden flachen Seen auf Veglia (Jesero gagen Norden
und Panighe ziemlich in der Mitte der Insel) entstehen aus dem sehr
unstäten Zusammenflüsse solcher Quellen und überdies einiger convergi-
render Regenbäche auf Sandsteiubodeu. Beide See n liegen in flachen
rings geschlossenen Becken, haben keinen Abfluss, verlieren ihr Wasser
nur durch Verdampfung, erleiden daher bedeutende Veränderungen ihres
Niveaus. Diese und mehrere andere Quellen auf Veglia (hei Dobrigno
*) Diese Zahlen sind aus sehr vielen durch drei Jahre fortgesetzten Beobachtungen
gewonnen, bei denen sich herausstellte, dass jede Quelle im Verlaufe eines ganzen Jahres
höchstens um 0-2° R. varirt.
(08 Anton Steinhäuser.
dann im Thale von Besca) zeigten an ihren Ursprungs-Stellen im Monate
October zwischen + J I ° und -f- 12" R.
Auf Cherso sind Quellen noch weit seltener als auf Veglia. Im
Hintergründe von Valle Pischio (Hafen von Cherso), — dann in Pistiak,
westlich von der nach Osero und Lussin führenden grossen Strasse (strada
regia), — und an der Punta Pernafa habe ich die Temperaturen der
Quellen im April 106« R. , + 10'3° R.. und 4- 10'2° R. gefunden.
Ueber den kalten Wana-See (im April nur - 7" R. ) mit unsichtbarem
Zu- und Abflüsse habe ich in Perthes geographischen Mitteilungen,
1859, berichtet. Auf den andern Inseln sind die Qiiellenverhältnisse stets
ganz analog den schon geschilderten; Temperaturmessungen habe ich ander-
wärts nicht angestellt. Nur Sansego macht auch hierin eine Ausnahme;
— das ganze Sammelgebiet besteht aus den bekannten bis '200 Fuss
mächtigen Sandmassen, durch welche die Niederschläge bis zum darunter
liegenden Hippuritenkalke liltriren; dieser ist aber nicht so zerklüftet wie
der Numulitenkalk und besitzt wahrscheinlich an seiner oberen, dein Sande
zugekehrten Fläche mehrere flache Vertiefungen, in denen das Wasser
stehen bleibt. So wenigstens fand ich es bei den zwei Quellen der Ort-
schaft Sansego, welche Anfangs September 14° R. hatten.
X.
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern.
V o n
Anton Steinhäuser,
k. k. Rath,
Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 3. Mai 1859.
Als im verflossenen Jahre in den geographischen Mittheilungen von
A. Petermann die interessanten Aufsätze von Emil von Sydow über
den kartographischen Standpunct Europas erschienen waren, sprach unser
verehrtes Ehrenmitglied Se. Excelienz der Herr Feldmarschall-Lieutenant
und General- Artillerie -Director Ritter von Hauslab die Idee aus, die
k. k. geographische Gesellschaft würde zur Verbreitung geographischer
Kenntnisse wesentlich beitragen, wenn nach und nach die besten topo-
graphischen Arbeiten Europas in den Versammlungen zur Anschauung und
Kenntnissnahme gelangen würden und nebstbei über ihre Entstehung, An-
ordnung und successive Vervollkommnung die nöthigen Notizen beigefügt
werden könnten; zugleich bot Se. Excellenz bereitwilligst dazu die thä-
tigste Mitwirkung an. Herr Artaria erklärte sieh ebenfalls gerne bereit
zur Herbeischaffung aller in seinem Bereiche gelegenen Materialien und
überreichte in Gemeinschaft mit mir dem Ausschusse einen schriftlichen
Vorschlag über die Tendenz und Ausführung, der auch anstandslos geneh-
migt wurde.
Allein manche Hindernisse, zumeist in dem nothgedrungenen Ab-
warten der langsam und stückweise zugehenden Quellenwerke. Erläute-
rungen und Notizen gelegen, verursachten, dass ich erst heute mich im
Stande sehe, mit der ersten derartigen Vorlage zu beginnen und Ihnen
über die 1812 begonnene und noch nicht ganz vollendete topographische
Karte von Bayern in 112 Blättern das Notlüge mitzutheilen.
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern, 1 09
Es wurde diese zuerst gewählt, weil sie zu deu österreichischen
Arbeiten in vielen Hinsichten eine Parallele bildet und nahe dieselben
Perioden stutenweiser Ausbildung ziemlich gleichzeitig durchgemacht hat.
Wenn ich dabei ausnahmsweise weiter aushole, als zur Erfüllung
der Aufgabe unmittelbar erforderlich wäre, und für diessmal in die älteste
Zeit der Kartographie zurückgreife, so geschieht es aus dem Grunde,
weil von allen deutschen Ländern Bayern das erste war, welches sich
schon vor nahe 300 Jahren einer auf mathematischen Grundlagen ent-
worfenen Karte erfreuen konnte, die bis zum Anfange dieses Jahrhun-
derts allen späteren Karten zur Grundlage diente.
Eine solche Erscheinung mag nicht wohl übergangen worden, gestat-
ten Sie mir daher, zu den heute nebstbei zur Schau gebrachten alten
Karten von Bayern einige historische Notizen als Commentar anzufügen.*)
Die älteste, auf astronomischen Beobachtungen und zeitgemässer geo-
metrischer Grundlage beruhende Karte von Ober- und Nieder-Bayern**)
ist die von Philipp Apian, Professor der Mathematik und Physik zu
Ingolstadt, welcher in der Mitte des 16. Jahrhunderts auf Befehl des
Herzogs Alb recht in wenigen Jahren eine Mappirung des Landes unter-
nahm, so dass schon im Jahre 1566 die aus deu Originalaufnahmsblättern
gezogene, in Holzschnitt von Amman ausgeführte, Karte von „Ober- und
Niedern-Bayern" zu München erscheinen konnte.
Philipp Apian war der Sohn des seiner Zeit berühmten Peter Apian
oder Apianus (eigentlich Bienewitz), welcher I495 zu Leistnik in
Meissen geboren, Professor der Mathematik an der Universität zu Ingol-
stadt wurde, nachdem er den Ruf nach Padua, Ferrara, Leipzig, Tübin-
gen und Wien ausgeschlagen hatte. Er war Lehrer der Mathematik Kaiser
Karl V., dem er auch sein Astronomicum Caesareum widmete, wofür er
mit 3000 Goldgulden beschenkt wurde. Von ihm existirt auch eine Welt-
karte vom Jahre 1520.***) Folium populi 1533. Er starb im Jahre 1552****).
Eines so verdienten Gelehrten Sohn war Philipp Apian, geboren zu
Ingolstadt am 14. September 1531. Er war schon 1551 zum Lehrer
an der Universität seiner Vaterstadt ernannt, trat aber sein Amt erst im
folgenden Jahre an, nachdem er von Reisen zurückgekehrt war. Für seine
Karte von Bayern erhielt er vom Herzog Alb recht 2500 Dukaten und
eine lebenslängliche Zulage von jährlichen 150 Gulden. Wegen Uebertritt
zum Lutherthum musste er Ingolstadt verlassen und begab sich nach Wien
zum Kaiser Maximilian II., der ihm 100 Joachimsthaler behändigte und
wo er drei Monate blieb. Im Jahre 1569 erhielt er die Professur der
*) Ausführliche, aus rlen Quellen des Staatsarchives und der Münchener Hofbibliothek
gezogene Nachrichten über Entstehung und Beschaffenheit der älteren Landkarten von Bayern
bis zum Jahre 1810, nebst kritischen Vergleichen ihres Inhalts, findet man in der Einleitung
zu den Geschichtsquellen der bayerischen Topographie, im I. Theile des literarischen Hand-
buches von Freihern von A retin, königl. bayer. Hofbibliothekar.
**) Der bayerische Historiker Aventin (Johann Thurmaier von Abensburg) lieferte
zwar 43 Jahre vor Apian (im Jahre 1523) eine Karte von Bayern, in Holzschnitt und einem
Blatte (g-0o'ooo)' da s'e a'jer mehr zu historischen Zwecken gemacht wurde {Vindelicia) und
sehr wenig topographisches Detail enthält, so kann sie füglich übergangen werden.
***) Tipus orbis universalis juxta Ptolomaei cosmographi traditionem et Americi Yespucn
aliorumque lustrationes a Petro Apiano Leysnico elucubratus. An. dorn. MDXX.
****) Näheres über diesen ausgezeichneten Mann und seinen Sohn findet man in 1)
A.M. K o b o 1 1 bayrisches Gelehrtenlexikon, Landshut 1795 2) L i p o w s k y bayrisches Künstler-
lexikon München 1810 3) Melch. Adam Vit. Philos. Germ. u. a. Seine und seines Sohnes
sonstige Werke sind verzeichnet in Graesse, Tresor des livres rares et precieux. Dresden 1858
pag. 159 und 160.
110
Anion Steinhäuser.
der Mathematik in Tübingen, wo er am 14. November 1 589 am Schlag-
flusse starb.
Die Originalzeichnung, ans 40 oblongen Blättern im Maasse von 5-^j-
ausgefuhrf, ist auf dem topographischen Bureau in München noch vorhanden
und schriftliche Andeutungen und Spuren auf derselben lassen errathen, dass die
Mappirung, über deren Ausfuhrungsweise und Hilfsmittel nichts auf die Nach-
welt gekommen ist, nach einem das Ganze umfassenden Plane eingeleitet
wurde, dass astronomische Meridian- und Orts-Bestimmungen, selbst Basen-
messungen in verschiedenen Gegenden des Landes vorgenommen wurden
und weitere geometrische Ortsbestimmungen darauf gegründet worden sind.
Es scheint, sagt J. N. Anlitschek in seinen „geschichtlichen Nachrichten
über die ältere Topographie und die neueren Institute für Landesvermessung
in Bayern"*) dass Api an von den Flüssen ausgegangen ist, weil im Gerippe
der Gewässer die meiste Bichtigkeit zu finden ist. Die Handzeichnung zeigt
vielen Kunstaufwand in der Zeichnung der Berge (nach horizontaler Ansicht),
Wälder, Ortschaften, Schlösser und Klöster etc., die durch irgend ausgezeich-
nete Merkmale kenntlich gemacht sind. Schlachtfelder, römische Ueberreste,
Bäder, Bergwerke, Brücken, kurz alles, was wissenswerth erschien, ist
berücksichtigt, nur das nicht, worauf wir heut zu Tage besondern Werth
legen — Strassen und Grenzen.**) Die Beduction im Holzstiche ist auf
verkleinert und fasst 22 Blätter nebst Frontispice und Uebersicht.
14 4 0 0 0
Die Karte ist nach Nord orientirt, die Abweichung der Magnetnadel ist mit
12° östlich angegeben und die Längengrade sind um 3 Grade zu weit gegen
Ost geschoben.***)
A la
lb
2a Lat.
2b n
Nürnberg
Pfreimbt
Schönsee •
Praefatio
0 3
4
5
6 D
Grading
Regcnsb ii iu
Cham
Dein
Titel
Regen F.
7
8
9
10 E
| Ingolstadt
Neustadt
Straubing
Granenau
F 11
12
i3
14
\Gr Augsburg
Freysing Egsrenfeldf-n
Passau
15
16 17
18
Landsberg
Mönchen ! Burshansen
Hausruek
19
20 | 21
22
1-EtH. Schwangan
Tegernsee / Ä"Beiche;ihall
Salzburg L\
Sk<
?lett der Api
an'schen Kai
te.
A Deilication und Jalirzalil.
7? Apiani praefatio.
0 I > a s bayerische Wappen.
DDer deutsche Titel.
Z?Observationes rerum Bavarife
insignium.
F Grad-Meilenmaass.
G Zeichenerklärung.
//Privilegium.
/ Maasstäbe.
/^Anleitung zur Orientirnng.
L Wappen Apian's und Apo-
logie von Hver. Wolf.
*) Der bezogene Aufsatz, eine Hauptfundgrube zum Bilde der chronologischen Ent-
wicklung, ist in der Zeitschrift „Militärische .Mittheilungen" enthalten, welche die damaligen
Haüptfeute J. von Xvlander und L. Kretschmer im Jahre 1829 zu München herausgaben,
und findet sich im II. Band, 3. Heft. Seite 260—295.
**) Nur die eine Grenze zwischen Ober- und Nieder-Bayern ist durch Schraffirung
kenntlich gemacht.
***) Der Auflage von lo66 (München) folgten die" späteren von den Jahren 1568 (Ingol-
stadt), 1651 (München) und 1802. Letztere ist ein Wiederabdruck von den ausgebesserten
Originalholzplatten.
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. 111
Die Apian'sche Karte diente als Grundlage für alle späteren Ar-
beiten, die nur wenig bedeutende Veränderungen aufweisen. Eine getreue
Copie ist die Karte von Peter Weiner*) vom Jahre 1579, auf Befehl
desselben Herzogs veranstaltet, deren Vorzug nur darin besteht, dass sie
in Kupfer gestochen ist.**) Eine Verkleinerung auf j^öVöü zugleich mit
Erweiterung im Norden unternahm der fürstlich Freysing'sche Rath Gg.
Phil. Fink h im Jahre 1635. Die Karte (1663 vollendet und von Fi nkh Sohn 1674
revidirt) besteht aus 28 kleinen (4°) Kupferblättchen. Diese soll noch
der französische General Moreau bei seinem Feldzuge in Süddeutschland
im Jahre 1800 benützt haben.***) Ich übergehe noch spätere Arbeiten,****)
um mich zu den Arbeiten der Neuzeit zu wenden, deren Wurzeln jedoch
noch im vorigen Jahrhundert aufgesucht werden müssen.
Im Jahre 1762 wurde von dem berühmten Geometer Cassini de
Thury auf Veranlassung der Pariser Akademie eine Längengradmessung
veranstaltet, welche sich über Frankreich hinaus nach Schwaben und
Bayern erstrecken sollte. Die Münchener Akademie schloss sich unter-
stützend an. Cassini mass eine Basis zwischen München und Dachau
(7269 T. lang) zur Controlle seiner Dreieckskette, die bis Passau und
Schärding reichte. Auf Grundlage dieser Vermessung beschloss die Mün-
chener Akademie das Dreiecksnetz über das ganze Land auszudehnen, denn
es fehlte, so drückt sich Anlitschek bei dieser Gelegenheit aus, —
an einem zweiten Apian! Es wurde zwar der französische Ingenieur
S. Michel zur Fortsetzung der Arbeit berufen, -{•) allein seine Leistungen
waren ungenügend. Die zwei halb gestochenen Blätter einer in yt^sö
entworfenen Karte haben keinen andern Werth, als dass sie auf die Art
der charte de chasses durch elegante Zeichnung und Ausführung das
Auge blenden.
Ein Anschluss an die österreichischen Arbeiten, welche seit
dem Jahre 1796 eine Revision der Karten Baierns und Militär-Aufnahmen
in Schwaben und am Rhein umfassten, kam ebenfalls nicht zu Stande.
Von diesen Arbeiten ist überhaupt wenig bekannt geworden, denn wenn
*) Humi llimus W ura d in us (Münz- Wardein) Pe t ru s Weinerus nennt er sich
in der Vorrede auf der Karte.
**) Die augenfälligsten Aendcrungen bestehen darin, dass die Apian'schen Obser-
vationes (E) die Naturprodukte unifassen, auf der W ei ner'schen Karte mit anderem,
mehr statistischem Inhalte (Unirersitas, monasteria, fluvii, metropolis etc.) vertauscht
worden sind, und dass statt dem Wappen von Apian und den Versen von Wolf eine
Allegorie erscheint, (Minerva krönt den bayerischen Löwen).
Ein dreifaches deutsches Meilenmaass (Milliaria communia, majusciäa und
magna) ist beiden Karten gemeinschaftlieh.
'**) Kohl er, Landesvermessung des Königreiches Württemberg. Stuttgart 1858
pag. 370.
'**) Die Karte von Buna zu Freiburg (ohne Jahrzahl) in 9 Blättern erschie-
nen, zeigt bereits Strassen und ist an geschichtlichen Notizen reicher als ihre Vorgänger.
Als eine Verkleinerung derselben auf 4 Bl. ist die von der Berliner Akademie im Jahre 1766
herausgegebene Karte von Bayern. Die astronomischen Verbesserungen, deren sie sich
rühmt, sollen von Cassini herrühren.
-j") Es ist zu beachten, schreibt Kohl er, dass die französischen Ingenieurs da-
mals fast im Alleinbesitz solcher Instruinente gewesen sind, womit man grosse Dreiecke
genau bestimmen konnte, und dass sie für Aufnahme und Mappirung bessere Metho-
den und vorzügliche praktische Geschicklichkeit besassen, wozu sie ihr Operiren auf
feindlichem unbekannten Boden wohl von selbst führte.
1 1 2 Anton Steinhauser.
auch einige derselben durch den Stich vervielfältigt wurden, so gelangten
sie doch nicht zur Oefientlichkeit. *)
Als die Franzosen im Jahre 1800 Bayern besetzt hatten, ordnete
General Moreau die Aufnahme von zwei Militär-Karten an, eine von
Schwaben, eine von Bayern, beide (wie die Cassini sehe von Frankreich)
im Masse von -g^xö-g. Die Direction der bayerischen Karte wurde dem
Director des topographischen Armee- Bureaus und commandirenden Adju-
tanten Abancourt übertragen. Mit den Ingenieur-Geographen Bonne
und Henry vereinigte sich bayerischer Seits der damalige Director der
Strassen- und Wasser-Bauten (nachmalige Oberst im Generalstab) Adrian
von Biedel, der Schöpfer der neueren bayerischen Topographie, wie ihn
Anlitschek nennt,0*) nebst einer Abtheilung bayerischer Geometer. Es
wurde rasch begonnen; die Sectionen wurden nach der F i nkh'schen
Karte ausgeschieden und an die Geometer vertheilt, die provisorische
Grundlinien in ihren Rayons messen sollten. Das trigonometrische Netz
zur allgemeinen Verbindung sollte nachfolgen. Zur Benützung sollten nebst-
bei die seit dem Churförst Theodor behufs einer Karte gesammelten
Materiallien dienen. Nach dem Tode Abancourt's übernahm Oberst
Bonne die Leitung.
Bei der ersten Zusammensetzung einiger Parthien soll sich (wie An-
litschek gewissenhaft anführt) die anfängliche Uebereilung der Detail-
messung- gezeigt haben und die Notwendigkeit eines gemessenen Vor-
sehreitens und geregelten Ganges der geodätischen Arbeiten mit einer
Auswahl der Individuen.
Nacli dem Lüneviller-Frieden (9. Februar 1801) entstand ein eigenes
topographisches Bureau in München, welches anfänglich von einer
Commission von höheren Militär- und Civil-Beamten geleitet wurde.***)
Gerne wurde das Anerbieten französischer Beihilfe zur Fortsetzung
der Arbeiten angenommen. Die Hauptarbeiten vertheilten sich folgender-
massen : Oberst Bonne entwarf die Projection und die Schemen der tri-
gonometrischen Berechnung, Henry übernahm die astronomische Beob-
achtungen der Polhöhe von München, des mittleren Meridians durch den
nördlichen Frauenthurm, und des Azimuths von Aufkirchen. Es wurde eine
neue Grundlinie zwischen München und Erding sorgfältig gemessen, 216538
Metres ( = 9764 baierische Ruthen) lang (die auch den neuesten Vermes-
sungen zu Grunde liegt), nachdem sich zeigte, dass die Endpuncte der
Cassi ni'schen Basis verschwunden waren. Auf diese Daten wurde die Tri-
angulirung gegründet. Die trigonometrischen Arbeiten besorgten französische
und bayerische Ingenieure, nach dem Austritte der Franzosen Hofrath
S eiff er,****) die Detailaufnahmen bayerische Feldmesser allein.
Oberst Adrian von Riedel, welcher anfänglich nur die letzteren
Arbeiten geleitet hatte, wurde später Director des topographischen Bureaus.
Es erfolgte die Resolution der Landesregierung, dass die Resultate dieser
*) Eine solche Arbeit, die Gegend zwischen Regensburg und Landshut, liegt
zur Ansicht vor.
**) Riedel hatte sich bereits 1796 durch seinen S t rassen- Atla s von Bayern
(6 Bände in gr. 4° mit Strassenkärtehen im Maasse -poöVinr) rühmlich bekannt gemacht.
Später (1806) lieferte er seinen Stromatlas über Bayerns Flüsse und Seen (; 8ö0i>)
nebst Profilen und Plänen von Brücken.
***) S. Kohl er, Vermessungen Württembergs pag. 371.
*s**) Hofrath Seiffer war früher Astronom zu Göttingen.
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. 113
Mappirung auf Kupfer gestochen und als Topographischer Atlas
von Bayern zu Jedermanns Gebrauch herausgegeben werden sollten.
Man hatte bereits die Aufgabe aus einem höheren Gesichtspuncte betrach-
tet und setzte zum Ziele nicht eine blosse militärische, sondern eine
genaue topographische Karte, die, auf die besten mathematischen Grund-
lagen gestützt, für alle verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung brauch-
bar sein sollte.
Die Arbeiten des topographischen Bureaus wurden durch das Zu-
sammentreffen mehrerer günstiger Verhältnisse wesentlich unterstützt, denn
in dieselbe Zeit fielen die Erfindungen in Vervollkommnung der mecha-
nischen und optischen Instrumente von dem genialen Reiche nbach,
dessen europäischen Ruf seine Kreistheilungsmaschinen allein schon begrün-
deten, von Frauenhof er, dem Erfinder des Flintglases und Hersteller
der ersten Riesenrefractoren, und von Liebherr, dem bekannten Mecha-
niker, der Uhren, Distanzmesser und andere mathematische Instrumente
ganz vortrefflich ausführte. Aus solchen Kräften gründete der geheime Rath
von Utzschneider, ein Mann, dem Bayern sehr viel zu danken hat,
das berühmte optische Institut in München, das bald für ganz Eu-
ropa arbeitete.
Auch war es dieser Mann, der die Idee einer Parcellar- Ver-
messung zum Behuf eines Steuer kat asters, kurz nachdem eine solche
im Jahre 1807 in Frankreich begonnen hatte, für Baiern lebhaft anregte,
zum reifen Plane brachte, und denselben nach der von der Regierung
ertheilten Genehmigung energisch ausführte.*)
Es wurde zu diesem Zwecke eine eigene Commission zur Vorbe-
rathung eingesetzt, welche sich dahin vereinigte, dass die Detailvermes-
sung mit geometrischer Schärfe und in einem entsprechenden Maasse
(wozu Tötö später ^y^ bei sehr zerstückelter Parcellirung und für Städte
und Märkte, gewählt wurde) durchgeführt werden müsse, weil sonst
keine Grundlage erzielt würde, welche den gemachten Aufwand recht-
fertigen würde. Den wissenschaftlichen Vermessungs-Plan entwarf der
Astronom und Steuerrath Soldner.
Es wurde die frühere Triangulirung von Bonne geprüft und es
ergab sich leider, dass sie nicht genau genug war, um als Basis für
die Specialvermessung zu dienen. Es musste also eine neue Triangu-
lirung auf der Münchener Grundlinie vorgenommen werden und Soldner
mass nochmals das Azimuth von Aufkirchen zur genauen Bestimmung
der Lage des Münchener Meridians, worüber er später auf Befehl der
Commission im Jahre 1813 eine Broschüre veröffentlichte.**)
Ferner wurden zur Verificirung noch zwei Grundlinien gemessen,
und zwar im Jahre 1807 die eine zwischen Nürnberg und Brück,
(4727 13 b. R.) mit Reichenbach'schen Apparaten durch den Professor
der Mathematik und Steuerrath Schiegg, und viel später, im Jahre 1819,
die zweite zwischen Speier und Oggersheim (6782 "35 b. R.) unter der
Leitung des Steuerrathes und Trigonometers Lämmle.
Im Jahre 1808 wurde einerseits das topographische Bureau
definitiv organisirt und dem Ministerium des Aeussern zugetheilt,
*) Auch S ennefe] der kann hier noch genannt werden, der Erfinder der Lithogra-
phie, die seither so ungemeine Fortschritte gemacht hat.
**) Kohler, Vermessung Württembergs pag 372.
Mittheilungen der k. k. geogr. Gesellschaft. III. Bd. II. Heft. "
1 | 4 Anlon Steinhauser.
und erhielt 2 Directoren, 1 Astronom, 5 Ingenieur-Geographen, 2 Con-
servatoren, 5 Dessinateurs, 1 Actuar, 1 Inspector der Kupferstecher (die
übrigen Individuen und die Kupferstecher wurden nur provisorisch angestellt);
andererseits wurde die Steuer - Vermessungs - Commission definitiv
begründet, ihr ein von den übrigen Behörden unabhängiger Wirkungs-
kreis gesichert und eine Dotation jährlicher 300000 fl. zugewiesen. Ihr
Personale bestand aus dem geh. Rath von Utz Schneider als Vorstand,
1 Director, 5 Räthen, 1 Ober-Revisor, 1 Archivar, 1 Eleven-Professor,
2 Dessinateurs, 1 Secretär, 1 Lithographie-Inspector. Das Vermessungs-
Personale bestand aus nahe 300 Köpfen. Die Trigonometer waren in zwei
Klassen getheilt. Die eine war theilweise definitiv angestellt und erhielt
Diäten, die übrigen Arbeiten waren im Accord vertheilt, und man hoffte
durch Aussicht auf Beförderung und auf das Definitivum genaue, und
durch die Accordirung schnelle Arbeiten zu erzielen.
Die Arbeiten der Commission wurden durch genane Instructionen
geregelt, sowohl für die Triangulirung, so wie für die geodätischen Ar-
beiten, welche letzteren in Druck gelegt wurden.*) Die Geschäfte wurden
geregelt und auf Sommer und Winter entsprechend vertheilt.
Es bestanden nun zwei Vermessungs -Institute neben einander und
unabhängig von einander, überdiess, nach Anlitscheks Andeutungen,
nicht im besten Einverständnisse, wozu theils der Vergleich der beider-
seitigen Arbeiten, theils Missverständnisse Anlässe boten. Dazu kam noch,
dass Oberst von Riedel im Jahre 1809 starb und Seiffer seinen Platz
einnahm, dass der Mathematiker Schiegg im Jahre 1810 mit Tod abging,
der Leiter des Central-Bureaus (und der Winter-Arbeiten) und Steuer-
rath Bertrand im Jahre 1813, endlich dass der geh. Rath Utzschneider
im Jahre 1814 aus dem Staatsdienste trat. So verloren beide Anstalten
ausgezeichnete Kräfte, obendrein gaben sie noch tüchtige Arbeiter ab an
jenes Ingenieur-Bureau, welches bei dem Obercommando der
Reserve - Armee zur Vorbereitung topographischer und statistischer Ma-
*) Die Instruction für die Triangulirung nennt Anlitschek ein würdiges Dokument
der Geodäsie unserer Zeit und gibt über ihren Inhalt folgende Aufschlüsse:
Die Einleitung rechtfertigt nach kritischer Würdigung der trigonometrischen Bech-
nungsmethoden die Wahl der sphärischen Methode. Es wird sodann der analytische Weg
ausgemittelt, um das Längenmass der Bögen aus den Functionen der Winkel abzuleiten und
die sphärischen Excesse der Dreieckswinkel zu berechnen. Es wird der Einfluss der
Erdabplattung auf die sphärischen Dreiecke untersucht, wobei hervorgeht, dass für die
Ausdehnung Bayerns die Annahme eines mittleren Halbmesser genüge. Dann folgen :
Anweisungen zur Berechnung der sphärischen Abscissen und Ordinaten nach La Place, zur
Eintheilung und Projection der Aufnahmsblätter, endlich ein Schema zur Berechnung
eines sphärischen Dreieckes und der Coordinaten und eine Tabelle zur Verwandlung
der sphärischen Functionen in das Längenmaass.
Der Meridian von München ist (vom nördlichen Frauenthurm aus) in Abscissen
von 800 b. Buthen getheilt, durch die Theilungspuncte gehen Ordinaten, welche Schich-
ton von Kugelausschnitten begränzen. Diese Schichten werden durch Parallelkreise zu
den Abscissen östlich und westlich von 800 zu 800 Buthen in Trapeze getheilt, welche
die Aufnahmssectionen bilden. Der Meridian der Karte, die Ordinaten und Abscissen
stehen daher in einem analogen Verhältnisse, wie Aequator, Meridiane und Parallel-
kreise auf einem Globus.)
Die Ausbreitung dieses Netzes auf einer Ebene, die desshalb notwendigen Mo-
difikationen und Vorsichten beim Auftragen auf die Messtischblätter sind die Aufgabe
der Projection und der Gegenstand des 7. und 8. Abschnittes.
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. HS
terialien behufs der Lanöesvertheidigung und zur Zustandebringung einer
Militärkarte von Süddeutschland gebildet wurde*)
Bevor ich die Producte der get heilten Kräfte erwähne (mit
deren Veröffentlichung schon im Jahre 1806 , dann seit d. d. 1812 begonnen
wurde), halte ich es für angezeigt, jener wichtigen Veränderungen zu
gedenken, welche in der Leitung der topographischen Arbeiten in Laufe
der Zeit eintraten.
Im Jahre 1816 wurde das topographische Bureau mit dem
Ingenieur-Bureau der Reserve- Armee vereinigt und dem Kriegs-
ministerium untergeordnet. Vorstand wurde General-Lieutenant Raglovich.
„Die neue Pflanze," drückt sich Anlitschek aus, „war dem mili-
tärischen Boden fremd," doch der Vorstand wusste sie zu pflegen, und
gab ihr die gehörige Richtung. Das Institut war nun eine Mischung von
Officieren und Civilbeamten und theilte sich in zwei Haupt-Geschäfts-
Abtheilungen :
A. Topographische Abtheilung, bestehend aus Ingenieur -Geographen,
Dessinateurs und Officieren unter Raglovich's unmittelbarer Lei-
tung. Gegenstand : Triangulirung, Mappirung, Zeichnung und Stich.
B. Litterarische Abtheilung, bestehend aus Officieren der Linie unter
Leitung des Majors von Bauer. Gegenstand: Sammlung und Be-
arbeitung aller descriptiven Materialien.
Mit den Practicanten und Kupferstechern bestand das Personale aus
SO Köpfen, wozu noch 42 zugetheilte Officiere kamen, von welchen 10
in der litterarischen Abtheilung verwendet wurden.
Die Hauptaufgabe der topographischen Abtheilung war die
Fortsetzung des Atlas, und die Hauptbeförderung desselben war die
von nun an ausgesprochene Benützung des Katastermateriales.
Der grosse Schritt der Vereinigung homogener Arbeiten, zur aus-
reichendsten gegenseitigen Unterstützung war geschehen, ein gemein-
schaftlicher jährlicher Operationsplan wurde festgestellt,**) die
topographische Aufnahme erfolgte in vrhro statt rrrö-ö» a's0 m einem
comensurablen Verhältnisse zur Detailvermessung, und somit beginnt vom
Jahre 1817 eine neue Epoche für den Atlas. Allein, was bereits veröf-
fentlicht war, konnte von dieser erspriesslichen Neuerung nichts mehr
gewinnen, es konnten nur jene Blätter einer sorgfältigen Revision und
gedeihlichen Verbesserungen unterzogen werden, welche in der Zeichnung
oder im Stiche nicht vollendet waren.
In dasselbe Jahr fällt auch die decretirte Einführung der Leh-
mann'schen Schraffirmethode zur Darstellung der Unebenheiten, zu welchem
Zwecke eine ganze Abtheilung von Officieren des topographischen Bureaus
bei der Aufnahme und Reduction verwendet wurde. Nur erlaubte man
sich, wegen Steilheit der Alpengebirge die Scala , statt, wie Lehman-
mit 45°, erst bei 60° Neigung mit vollkommenem Schwarz enden zu
*) Diese Karte aus den vorhandenen Materialien auf
1816 vollendet und vom Hauptmann und Ingenieur-Geographen von Coulon in 20
Sectionen herausgegeben. Anlitschek gibt ihr kein besonderes Lob und tadelt so-
wohl die unvermeidliche Ungleichförmigkeit, die aus der Mangelhaftigkeit der verschie-
denen Materialien, als aus dem forcirten Stiche entstand und die Magerkeit an Orts-
angaben.
**) Die primäre Triangulirung geschah durch den Kataster, die seeundäre in
Gemeinschaft.
h*
| IG Anton Steinhäuser.
lassen.*) Damit war nun allen schwankenden Methoden, allem Künstler-
eigensinn und den eingewurzelten Gewohnheiten (Anl itsehek's eigene
Worte) ein Ende gemacht,
Zum Wirkungskreise der litter arisch en Abtheilung gehörte die
Re kognos cirung und Beschreibung des Landes in militärischer Bezie-
ung auf Topographie, Statistik, Geognosie und Geschichte, die Bearbeitung
eines Bepertoriums für die Atlasblätter und die Sammlung und Wür-
digung aller Erscheinungen in der Militär-Litteratur. Für die Becognos-
cirungen wurde eine eigene Instruction entworfen, eine dazu gehörige
Terminologie für Terrain- Be schreib ung lithographirt und unter
die Officiere vertheilt. Ein Versuch damit in einer südlichen Gebirgs-
Gegend gelang so sehr, dass Oberst Anlitschek sehr bedauert, dass
die Mittel des Instituts es nicht erlaubten, diese lehrreiche Schule für
Generalstabsofficiere gehörig auszubeuten und diese Beschreibungen über
das ganze Land auszudehnen. Der Austritt des Majors von Bauer im
Jahre 1818 wird als ein herber Verlust bedauert.
Mit der litterarischen Abtheilung war auch das Conser vato rium
vereinigt, nämlich die Sammlung der vorzüglichsten litterarischen Werke
und Zeitschriften im Militärfache, der besten Landkarten (einschliesslich
der aus der vormaligen Plankammer übergegangenen), Instrumente und
anderer Gegenstände. Auch die Sammlungen des Kriegsministeriums waren
damit vereinigt worden.
Im Jahre 1822 erfolgte eine neue Organisation des General-
stabes und die Creirung eines General-Quartiermeister-Stabes
aus dem bisherigen Generalstabe, und den älteren Officieren des topo-
graphischen Bureaus. Chef blieb der General der Infanterie Baglovich.
Das topographische Bureau wurde dadurch ein Attribut und Depot des
General-Qnartiermeister-Stabes, wozu noch das ältere Civil-Personale und
eine Abtheilung Ingenieur-Geographen mit besonderer Uniform kam. Durch
den erweiterten Geschäftskreis des General-Quartiermeister-Stabes im Jahre
1826 für den organischen Dienst der Armee wurde das Officier-Corps
des General- Quartiermeister-Stabes vermehrt, dagegen das des topogra-
phischen Bureaus vermindert. Das Personale desselben bestand im Jahre
1829 noch aus 40 Civil -Personen, einschliesslich der Ingenieure und
Kupferstecher (mit allen commandirten Officieren und den übrigen Ange-
stellten waren es 70 bis 80 Personen) und der jährliche Aufwand auf
Triangulirungs- und Mappirungskosten, Ankäufe für das Conservatorium
und die Zeichnungsmaterialien wurde mit 50000 fl. präliminirt.
*) Ueber das „Warum" der Einführung lässt sich Anlitschek wörtlich ver-
nehmen, wie folgt:
„Wenn auch die Ausführung der Lehma nn'schen Zeichnungsmanier hinter dem
Buchstaben der Theorie zurückbleibt, so kann man sich doch auf diesem constructiven
Wege der Wahrheit in dem Grade nähern, als der Maasstab die Zergliederung der Berg-
oherfläche gestattet und die Bezeichnung der Flächen-Neigung in grösseren kenntlichen
Vorhältnissen entsteht. In jedem F<*Ile ist damit gewonnen, dass dieser Gegenstand auf
bestimmte Grundsätze zurückgeführt, Gleichförmigkeit der Arbeit erzweckt und die
dem Maasstabe angemessene Forderung befriedigt werden kann."
Die Einführung war jedoch vor der Hand nur auf das topographische Bureau
beschränkt und noeh im Jahre 1829 schwebte nach Anlitschek's Angabe die (mitt-
lerweile gewiss bejahend erledigte) Verhandlung wegen Einführung dieser Zeichnungs-
art in allen Militärschulen Bayerns.
(Seite II?)
Skelett zum topographischen Atlas von Bayern - Stand im Jahre 1859.
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Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. 117
Eine nochmalige Veränderung in der Organisation ist mir nicht
bekannt geworden, und aus dem Fortschreiten der Arbeiten selbst ergibt
sich kein Anhaltspunct, eine solche annehmen zu müssen. Auch über
Evidenzhaltung spricht sich weder Anlitschek noch irgend ein an-
derer Quellenschriftsteller aus. Eine ausführliche Schilderung aller Arbeiten
des topographischen Bureaus, welche dasselbe dem niederländischen General-
stabe, für die Herausgabe des (kritischen) Repertoire de Cartes, durch
den Verein niederländischer Ingenieure zugesendet hat, ist bis jetzt noch
nicht durch den Druck veröffentlicht worden.
Ich wende mich nun zu dem topographischen Atlas selbst.
(Siehe angeschlossene Tabelle.)
Er umfasst, Rheinbayern eingeschlossen, 112 oblonge Blätter grössten
Formats, von welchen bis nun 104 erschienen sind, und ist im Maass-
stabe von vffföö ausgeführt. Zu jedem Blatte gehört ein Repertoriurn,
d. i. ein Register-Heft aller auf dem Blatte vorkommenden topogra-
phischen Details. Als Vorarbeiten und Vorboten kann man den Plan von
München (1806 in TgVs {n einem Blatte) und die nächste Umgebung
von München (ein Blatt in ^rö) ansehen.
Eine kritische Durchsicht der Blätter lässt unschwer die älteste Pe-
riode herausfinden. Sie macht sich kenntlich durch die ältere Manier der
Bergzeichnung nach schiefer Beleuchtung, und erinnert an die mehrjäh-
rigen französischen Einflüsse,*) ferner durch die Unbestimmtheit der Cul-
turgrenzen und manche Wahrnehmungen geringerer Art. Die späteren
Blätter zeichnen sich durch Vermeidung dieser Nachtheile vortheilhaft aus.
Ein Vergleich der Zeiten des Erscheinens lässt deutlich die Folgen
der Personal-Verminderung wahrnehmen, wodurch wieder zwei Perioden
entstehen. Die erste Periode kann man beiläufig von 1812 bis Ende 1819
annehmen, bis wohin die schon im Stiche vorgerückten Blätter auch nach
dem Aufschwänge des Jahres 1817 noch gereicht haben werden. Die
zweite Periode (mit voller Kraft) kann man vom Jahre 1820 bis 1829
setzen, und die letzte, wo die Reduction des Jahres 1826 schon wirk-
sam sich zeigt, von 1830 bis zur Gegenwart.
In die erste Periode A fallen die Blätter:
77. 83.
55. 62.
48. 54. 62.
70.
ü. 47. 61.
31. 36. 37. 43. 69. 76.
41.
Die mit fetten Lettern bezeichneten Blätter enthalten sehr wenig
ausgeführten Raum.
Im Jahre 1813 erschien kein Blatt.
1812
2 Blätter
1814
2 »
1815
3 ,
1816
1 „
1817
3 „
1818
6 „
1819
1 ■
18 Blätter
*) In einigen früheren Abdrücken erseheinen die Berge mit der Nadel gravirt
in anderen mit chemischer Tinte gezeichnet.
Es scheint schreibt 0. Anlitschek, dass man gleich Anfangs die Lehm a nn'sche
Manier gewählt haben würde, allein die ungleiche Qualification der Geodäten in der
Gebirgszeichnung mag das vorzüglichste Hinderniss gewesen sein, auch war diese Me-
thode damals noch von der Kritik stark angefochten und wenig im Gebrauche.
118
Anton Steinhauser.
Der zweiten Periode B gehören die Blätter an:
30. 35. 42. 49. 50. 56. 1820 6 Blätter
38. 1821 1 „
34. 39. 40. 45. 52. 84. 1822 6 ,
46. 53. 1823 2 „
71. 92. 1824 2 „
23. 64. 78. 82. 91. 98. 1825 6 „
22. 51. 86. 87. 94. 99. lOO. 1826 7 „
3. 8. 59. 74. 75. 85. 1828 6 „
6. 15. 29. 1829 3 „
39 B
lätter
Im Jahre 1827 erschien kein Blatt.
Die dritte Periode C nmfasst d
ie Blätter:
67.
90.
1830
2 B
lätter
60.
1831
1
»
68. 72. 79.
80.
1832
4
n
21.
1833
1
n
2. 81.
96.
1834
3
n
97.
1835
1
n
"S.
89.
1836
2
-
66.
73.
1837
2
»
88.
95.
1838
2
r>
65.
93.
1839
2
n
20.
1841
1
r>
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1.
1842
1
n
32.
58.
1843
2
»
4.
33.
1844
2
»
5.
28.
1846
2
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26. 57. lOi.
1848
3
7)
9. 16. 2k. 25. 102. lOi. 112.
1850
7
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111.
1851
1
n
12,
18.
1852
2
7)
11.
1853
1
r>
HO.
1854
1
n
27.
1855
1
n
105.
1856
1
T)
19.
1857
1
n
17.
1859
1
„ (event
47 Blätter
In den Jahren 1840, 1845, 1847, 1849 und 1858 erschien kein Blatt.
Noch fehlen acht Blätter (10. 13. 14. 103. 106. 107. 108 und 109.)
Nach dem bisherigen Gange der Arbeit dürfte noch eine Anzahl Jahre
vergehen, bis der Atlas ganz vollständig vorliegen wird. Der Preis ist
für eine Section mit 15/12 Beichslhaler bemessen, und beträgt sonach für
die erschienenen 104 Blätter 147*4 Reichsthaler = 221 fl. österreichischer
Währung.
Die schätzenswerthen Eigenschaften der Atlasblätter sind vor allem
in dem Beruhen auf einer wohl angelegten und durchgeführten Vermes-
sung zu suchen, besonders aus der Zeit, wo bereits die genaueren
Die älteste und neueste topographische Karte von Bayern. 1 i 9
Katastral -Vermessungen dein Gerippe zu Grunde gelegt wurden, die
weniger günstigen Parthien bestehen nach dem Ausspruche einer unver-
werflichen aber strengen Autorität, nämlich des preussischen Generalstabes*)
in der Ungleichheit an Gehalt, in theilweise nachlässiger Arbeit (wobei
auf eines der ältesten Blätter [Section Regensburg] namentlich hinge-
wiesen wird) und dem im allgemeinen wenig kräftigen Terrain, ohne
dabei der älteren noch nicht nach Lehmann'« Normen gezeichneten
Blätter besonders zu erwähnen.
Der grosse Maasstab (fast das dreifache der österreichischen General-
Quartiermeister-Stabs-Specialkartenj Hesse auch bezüglich der Cultursan-
gaben mehr Detail erwarten, als wirklich gegeben wird. Wie viel mehr
Detail gewähren z. B. die drei Blätter der Umgebungskarte von Wien, die
im Maasse von 1 Zoll zu 600° gezeichnet sind, also wenig grösser, als die
baierischen Blätter, auf welchen 1 Wiener- Zoll = 0963/3°!
Es wurde vom topographischen Bureau auch eine Uebersichts-
karle von Bayern im Masse von twVöö m 1$ Blättern in doppelter
Ausgabe geliefert,
1. als Terrainübersichtskarte, mit den wichtigsten Strassen und
Orten, meist ohne Namen, daher ein Heft mit Verzeichnissen in
gedruckten Bogen für jedes Blatt beigegeben wird, und
2. als rein topographische Karte mit allen Orten, den Berggipfeln
und deren Namen, und den Waldstrecken.
Jedes Blatt umfasst 9 Blätter der grossen topographischen Karte
und verhält sich im linearen Verhältnisse zu diesen wie 3 zu 5.
Beide Karten ergänzen einander, obwohl die Nöthigung dazu nichts
zur Bequemlichkeit beiträgt. Bezüglich des Terrains tritt das Naturbild
im Hochgebirge angemessen hervor, im Mittelgebirge und in den flacheren
Gegenden scheint das Bestreben, den Charakter zu generalisiren, die Wahr-
heit des Urbildes nicht überall zum klaren Durchbruche kommen zu
lassen.
Ein solcher Tadel mag jedoch immerhin mit einiger Zurückhaltung
ausgesprochen werden, denn jeder sachverständige topographische Zeichner
weiss die Schwierigkeiten zu ermessen, mit welchen ein Reducent, zu-
weilen fast hoffnungslos zu kämpfen hat. wenn eine, in winzige Indivi-
dualitäten sich auflösende Undulation des Bodens, in einem Masse, wo
die Details verschwindend klein werden, mit wenigen Strichen verständ-
lich charakterisirt werden soll. Und manchmal dürfte man geneigt sein,
den gestrengen Tadlern über solche weniger gelungene Leistungen eines
Zeichners zuzurufen: „Wrer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten
Stein auf ihn!"
*) Siehe die von der topographischen Abtheilung desselben in Berlin im Jahre
i849 herausgegebene „Beurtheilend e Uebersicht derjenigen durch den Druck
vervielfältigten Karten, Situations- uud Festungspläne von Europa, welche für deutsche
Militärs von practischem Interesse sind." pag. 104.
120
XL
Strassen- , Fluss- und Eisenbahn - Nivellements im Honther-
und Neograder-Comitate Ungarns.
Von
Heinrich Wolf.
(Mit einer Uebersichtskarte. Taf. II.)
Bei den geologischen Uebersichtsaufnahmen im nördlichen und nord-
östlichen Ungarn, im verflossenen Jahre (1858), in Verwendung, hatte
ich Gelegenheit, mit den Comitatsbauämtern zu verkehren.
Nebenbei forschte ich nach Strassen- und Fluss-Nivellements, da
mir bekannt war, dass hohen Orts eine allmalige Profilirung aller unter
Staatsaufsicht stehenden Strassen und Flüsse angeordnet war.*) Meine
Bemühungen waren wirklich nicht ohne Besultat geblieben, denn im Co-
mitatsbauamte zu Ipoly Sägh fand ich Nivellements-Längenprofile von sechs
Strassenzügen nämlich I. von Szob nach Ipoly Sägh, II. von lpoly Sägh nach
Leventz, III. von Ipoly Sägh gegen Schemnitz, IV. von Schemnitz nach Le-
ventz , V. von Schemnitz nach Kozelnik an der Grenze des Sohler-Comi-
tates und endlich VI. von Ipoly Sägh gegen Betsägh im Neograder-Comitat,
ferner das Nivellement des Eipelflusses, X. von seiner Mündung in die
Donau bei Szob, bis an die Grenze des Neograder-Comitates bei Kovär,
westlich bei Ballassa-Gyarmath.
Sämmtliche Nivellements bezogen sich auf den Nullpunct der Donau,
an der Mündung des Eipelflusses.
Im Comitatsbauamt des Neograder-Comitates in Balassa-Gyarmath fand ich
das Nivellement VIII. von B. Gyarmath nach Betsägh und weiter bis
zur Eisenbahnstation Veröcze, bezogen auf die Bahnnivellete daselbst; dann
das Strassen-Nivellernent IX. vom Sattel des Krivän, an der Grenze des
Sohler-Comitates, NW. von Losoncz, bis nach Videfalva, nächst Losoncz.
Dieses Nivellement bezog sich auf einen Horizont, welcher 50 Fuss
über dem Krivänsattel angenommen war. Ferner war noch das Nivellement
des Eipelflusses, XI. bei Garöb, NNO. von Losoncz begonnen, und bis an
die Grenze des Honther-Comitates bei Kovär nächst B. Gyarmath, aus-
geführt.
Für dieses Nivellement war eine Vergleichungsebene bei Pincz, NO.
von Losoncz angenommen.
Sämmtliche 11 Nivellements waren unter sich nicht vergleichbar,
denn sie gaben nur relative Höhenunterschiede gegen die eben genannten
angenommenen Vergleichungsebenen, die aber sonst weiter in keiner Ver-
bindung mit einander standen.
Wäre die Seehöhe des Nullpunctes der Donau an der Eipelmündung
bekannt, so könnte wenigstens das Fluss- und die Strassen-Nivellements
des Honther-Comitates auf die Seehöhe gestellt werden, und im Anschluss
*) Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik, o. Jahrgang, 1. Heft, Seite o.
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Strassen- Fluss- u. Eisenbahn-Nivellements im Hont her- u. Neograder-Comitate Ungarns. 121
des Nivellements der Eipel im Neograder-Comitate folgen. Es blieben
dann nur mehr die beiden Strassennivellements von B. Gyarmath nach
Veröcze und vom Krivansattel gegen Losoncz ausser Verbindung. Als
Hilfsmittel zur Lösung dieser beiden Fragen konnten die Eisenbahnnivelle-
ments benützt werden, und zwar für die erstere zur Bestimmung der
Seehöhe des Donau-Nullpunctes bei Szob, das Nivellement der k. k.
österreichischen Staatseisenbahn zwischen Wien und Pest, und für die
beiden oben erwähnten Strassenstrecken, konnten die Nivellettecoten aus
der Projectsverfassung der ober-ungarischen Eisenbahn (Eipel-Sajothaler-
Bahn) der Stationen Losoncz und Balassa-Gyarmath benützt werden.
Die Nivellettecote für den Bahnhof in Szob ist mit 58-897 Wie-
ner-Klafter, aus dem Eisenbahnnivellement, zwischen dem Wiener-Nord-
bahnhof (84-°677) und dem Pester-Bahnhof (56-°437) gegeben.
Diese Angaben aber nach meiner trigonometrischen Bestimmung der
Seehöhe des Nordbahnhofes von Wien,*} reduciren sich respective um
0-758 Wiener-Klafter, wodurch sie aber unmittelbar von der Seehöhe
der Uhrzeiger-Achse am St. Stephansthurme in Wien, welcher uns als
Normalpunct für alle Höhenmessungen in Oesterreich gilt, abgeleitet sind.
Demzufolge ist die Seehöhe der Schienen des Bahnhofes in Szob
= 58*139 Wiener-Klafter. Diese Cote ist allen folgenden Bestimmungen
zur Basis gegeben, und ich werde daher jetzt die Bestimmung der See-
höhe der Puncte in den oben angebenen Nivellementszügen einzeln be-
sprechen.
Die Nivellements der Strassenzüge im Honther-Comitat schliessen
sich aneinander wie die Glieder einer Kette, es genügt also, die Be-
stimmung der Seehöhe eines Punctes aus dieser Kette, und man wird
alle bestimmt haben.
Der Nivellementszug Nr.
Localkenntniss weiss ich, dass
mit dem Niveau der Schienen
kann also die Niveaucote des
zuges substituirt werden.
Es ergeben sich also für die Anfangs
7 Strassenzüge folgende Seehöhen:
I. beginnt in Szob; aus meiner eigenen
der Strassenzug: Szob-Ipoly Sägh, in Szob
des Bahnhofes daselbst zusammenfällt. Es
Bahnhofes für das erste Glied des Strassen-
und Endpuncte der ersten
Strassenzug
Nr.
Anfangspunct
Seehöhe
W.Klftr
Endpunct
Seehöhe
W.Kltfr.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
Szob
Ipoly Sägh
Danunstrasse bei Tompa
Piaristenklost. Schemnitz
Schemnitz, Piaristen
Ipoly Sägh
Ipoly Sägh
58193
67193
67093
245093
245093
67193
67193
Ipoly Sägh
Barsergrenze b. Levencz
Piaristenklost. Schemnitz
Barsergr. gegen Levencz
Kozelnik a. d. Sohler-Gr.
bei Betsägh
a. d. Neog.-Gr. b. Kovär
67193
117 593
245093
176-260
181 593
91-427
77-760
*) Hypsometrische Arbeiten von Heinrieh Wolf von Juni 1856 bis Mai 1857. Jahrbuch
der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1857. Heft 2. Seite 234.
122 Heinrich Wolf.
Für die Strassenzüge VIII. und IX. muss das Nivellement der pro-
jectirten Eipel-Sajothaler-Bahn henützt werden, welches in Szob in dem-
selben Niveau des Bahnhofes, an die südöstliche Eisenbahn an-
knüpft.
Der Anknüpfungspunct ist in diesem Projecte mit 55*650 Wiener-
Klafter gegeben, er kann aber nach dem vorhergehenden nicht unter
85-139 angenommen werden; es sind daher alle Niveaucoten dieser Pro-
jeetverfassung, um die Differenz von 2*489 Wiener-Klafter zu erhüben.
Man erhält also für die Station B. Gyarmath die Seehöhe von
78-989 Wiener-Klafter, welche uns als Fundamentalpunct für die Bestim-
mung der Seehöhe des Strassenzuges Nr. VIII. von B. Gyarmath nach
Veröcze dient.
Dieser Strassenzug beginnt bei dem Comitatshaus in B. Gyarmath,
dasselbe liegt, nach der Situation des projeetirten Bahnhofes, welcher
weiter von dem Eipelflusse entfernt ist, um ein geringes, nicht um mehr
als 1° tiefer als dieser, man begeht daher keinen grossen Fehler, wenn
man das Comitatshaus in gleicher Höhe mit dem Bahnhof annimmt, d. h.
dass es eine Seehöhe von 78989 besitzt. Der Endpunct dieser Strasse
ist der Stationsplatz Veröcze, er ergiebt sich aus dieser Vergleichungs-
ebene mit 56-544*) Wiener-Klafter.
Für den Strassenzug Nr. IX. von der Brücke nächst Videfalva bei
Losonez bis auf den Krivansattel, konnte der Stationsplatz Losoncz ge-
wählt werden, dessen Seehöhe aus der Projectsverfassung der Eipelbahn
und nach der erfolgten Correction mit 98*698 Wiener - Klafter sich
ergiebt.
Die beiden Puncte: Brücke in Videfalva und Station Losoncz liegen
ungefähr 1000 Klafter von einander entfernt, in derselben Thalsohle und
das Gefäll des Krivanyerbacb.es kann in dieser Strecke kaum 2 Klafter
betragen, und diess scheint durch die höhere Anlage des Losonczer-Bahn-
hofes aufgewogen, man kann also ebenfalls keinen grösseren Fehler als
von 2 Klaftern begehen, wenn man die Brücke in Videfalva gleich setzt
dem Bahnhof in Losoncz. Demzufolge besitzt die Brücke in Videfalva
eine Seehöhe von 98*698 Wiener-Klafter und der Endpunct des Nivelle-
mentzuges am Krivansattel die Seehöhe von 227899 Wiener-Klafter.
Für die Stellung des Nivellements des Eipelflusses auf die Seehöhe
muss ebenfalls die Eisenhahnstation Szob mit der Cote 58*°139 als Aus-
gangspunet dienen. Als Anhaltspuncte dient die Angabe : dass sich alle
Coten der Eipelnivellirung im Honther-Comitat auf den mittleren Wasser-
stand der Donau, welcher an der Mündung des Eipelflusses bei Szobb
8 Fuss über den kleinsten Wasserstand, welcher als Nullpunct angenom-
men ist, beziehen, und dass ferner der grösste Wasserstand, welcher am
13. März 1838 beobachtet wurde, 29' 6" über diesen Nullpunct sich
befand.
Zwischen diesen Angaben und der Seehöhe des Stationsplatzes Szobb
scheint kein unmittelbarer Zusammenhang zu bestehen, aber man weiss,
dass jede neue Strassen- oder Eisenbahnanlage längs eines Flusses, stets
über seinen höchsten bekannten Wasserstand beantragt werden muss. Ich
*) Dieses Nivellement von B. Gyarmath nach Veröcze, wurde ursprünglich an den Sta-
tionsplatz in Veröcze angebunden; da aber die Seehöhe dieses Stationsplatzes, selbst nicht
bei der österreichischen Staatseisenbahngesellsehaft aufgefunden werden konnte, so musste die
Frage unigekehrt werden: wie tief liegt Veröcze unter B. Gyarmath?
Strassen- Fluss- u. Eisenbahn-Nivellements im Honther- u. Neograder-Comitate Ungarns. 123
Wasser
Eipel bei mittlerem
Wiener-Klafter.
Honther-Comitats-Bauamtes
werde mich daher begnügen, da mir von Seite der Direction der öster-
reichischen Staatseisenbahn-Gesellschaft keine näheren Daten gegeben werden
konnten, den Bahnhof 1° über den höchsten Wasserstand zu setzen, also den
Nullpunct der Donau an der Eipelmündung mit 35' 6" unter dem Bahn-
hof in Szob annehmen.
Diess gibt also für die Mündung der
stand der Donau die Seehöhe von 53593
Da dieses Nivellement von Seite des Honther-Comitats-Bauamtes bis
B. Gyarmath ausgeführt wurde, so ist die Eipel bei B. Gyarmath in
einer Seehöhe von 72 •857.
Das Nivellement Nr. XI. der Eipel bezieht sich auf eine andere
Yergleichungsebene bei Pincz, dessen Seehöhe unbekannt ist, da aber in
diesem Nivellementszuge ein Punct der Eipel bei B. Gyarmath mit einbe-
zogen ist, so kann er ebenfalls = 72-857 Wiener-Klafter gesetzt wer-
den, und somit wäre auch die Seehöhe dieses Nivellements bestimmt.
Nivellements:
I.
Strassenzug von Szob nach Ipoly Sägh im Honther-Comitate (18.500 KIftr. lang).
Nr.
Bezeichnung der nivellirlcu Puncte
Seehöhe
in
vY.-RINr.
Bezeichnung der nivellirten Puncti
Seehöhe
in
W.-Rlflr.
Szob
Miihlbach von Szob
Höhe von Ipoly Damasd
Leleder Wirthshaus .
Letkes
Tölgyes
Puszta Ganad . . .
Vamos Mikola . . .
58193
57-893
61093
58-093
58-760
59-427
61-760
62-760
Börzsenyer Bach bei Mikola
Puszta Haraszty ....
Strassenweiser Nr. 2 bei
Peröszeny
Höchster Punct der Strasse
NO. bei Peröcseny . . .
Kemencze
Ipoly Sägh, Comitatshaus .
60-700
73093
76760
86-593
76527
67- 193
IL
Strassenzug von Ipoly Sägh gegen Leventz bis an die Barser-Grenze
(15.500 Klafter lang).
Nr,
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seeüöhc
in
W.-Rlftr.
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
Ipoly Sägh
Strassenhöhe bei Ipoly Sägh
gegen Thür
Strassenhöhe beim Karpfen-
bach
Zwischen dem Karpfenbach
und Gyerk
Gyerk
67-193
71-593
67-760
71-593
66-426
6 Tompa
6 Dammstrasse über d. Schem-
nitzerbach bei Tompa .
6 Höchster Punct der Strasse
nördlich von Szemered .
Tiefster Punct der Strasse
nördlich von Szemered .
68-426
67093
92-260
83-427
124
Heinrich Wolf.
Nr
Bezeichnung der nivellirlen Puncte
Seehöhe
in
W.-Klftr,
Nr
Bezeichnung der uivellirten Puncte
See höhe
in
W.- Rlftr.
9
10
II
12
13
Höchster Puiict der Strasse
NW. von Szemered . .
Tiefster Punct der Strasse
NW. von Szemered
Am Demenderberg . .
Demend
Magyaräderberg . . .
Szantö (Heilquelle) . .
91093
93 427
111-593
74-673
90427
84260
14 Szäntöer-Berg . . .
15Bozierthal, W. v. Bozi .
16|Csank
17
104-760
90-427
92-260
Varsanyerberg 1 120427
Varsany, S. 0. von Leventz 97-260
An der Barser Gränze zw.
Leventz und Varsanv . 117593
III.
Strassenzug von der Dammstrasse bei Tompa gegen Schemnitz
(22.500 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der uivellirten Puncte
Seehöbe
in
W.-Klftr
Seehöhe
Bezeichnung der nivellirten Puncte in
W.-Klftr.
Dammstrasse bei Tompa
Egegb
Gyfigy (Heilquelle) .
Tereny
Teszer
Sipeker Bach . .
Domanyik
67093
70-593
73-593
75-926
81-260
81-926
99-926
Nemethi
9 Strassenhöhe vor Tepliczka
lOTepliczka
11 Prinzdorf
12iSzt. Antäl .
13 Stadt Schemnitz beim Piari-
sten Kloster
114-760
135-260
128-593
157-260
199160
245093
IV.
Strassenzug von Schemnitz gegen Leventz bis an die Barser Grenze
(17.000 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der uivellirten Puncte
Schemnitzer Pflaster bei der
Piaristenkirche ....
Windschacht
Windschachter-Berg . .
Steinbach-Puszta ....
Bagonya
Almaser-Bach
Seeböue
in
W.-Klfrr.
245093
287-760
325-927
210-760
180-427
175-593
Nr. Bezeichnung der uivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Klftr.
Almaser Weingarten . .
Bäth
Dioznoserthal ....
Höchster Punct v. d. Barser
Grenze bei Puszta Csuda
An der Barser Grenze im
Levenzter Hotter . . .
183-927
174-927
160093
192-927
176260
Strassen- Fluss- u. Eisenbahn-Nivellements im Honther- u. Neograder-Comitate Ungarns. 1 25
V.
Strasse von Schemnitz NO. gegen Kozelnik an der Sohler-Grenze
(4500 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Punrte
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
Stadt Schemnitz , Piaristen-I
Kloster |245093
Schemnitzer Berg . . . |293 593
Vi.
Bezeichnung der nivellirten Puiicte
Dilln
Kozelnikerbaeh a. d. Sohler
Comitats-Grenze . . .
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
206-593
181593
VI.
Strassenzug von Ipoly Sägh gegen Rtesägh (12.000 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Klftr.
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
Ipoly Sägh, Comitats-Haus .
Honth
Zweigpunct der Strasse ge-
gen Gyarmath . .
Palänk
Palänker Berg
Tiefster Punet zwischen
dem Palänker Berg und
dem Oroszyer Wein-
garten
67 193
70-593
70-427
72-260
106-593
94093
Höchster Punct in den Oro-
szier Weingärten . . .
Nagy Oroszy
Höchst. Punct gegen Berinko
Berinke
Berinker Brücke ....
Jaszteleker Berg ....
Im Jaszteleker Hoter bei Pu-
szta Jasztelek a.d. Strasse
v. Retsägh nach Waitzen
109093
88-927
108-927
82-593
76-927
103-260
91-427
VII.
Strassenzug von Ipoly Sägh nach Balassa- Gyarmath (15.000 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seeböhc
in
W.-Rlftr.
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
Ipoly Sägh
Honth .
Zweigpunct gegen R^tsägh
Hidveg
Nagyfalu
CT
70
70
70
73
193
•593
•427
593
093
Ipoly Balogh
Höchster Punct hinter Balogh
(Trigonom. Zeichen)
An der Neograder-Comitats-
Grenze bei Kovär
71-760
77927
77760
126
Heinrich Wolf.
VIII.
Strasse von Balassa-Gyarmath «regen Waitzen und Veröcze
(20.000 Klafter lang).
Seehöhe
Seehöhe
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
in
W.-Klftr.
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
in
W.-Klftr.
1
Comitatshaus in Balassa-
12 Höchster Punct der Strasse
Gyarmath .....
78989
vor Retsagh ....
118114
2
Brücke über d. Wiese am Fuss
13 Retsagh vordem Wirthshaus
96-967
des Lözinczer Berges .
97282
14
Höchster Punct der Strasse
3
Beim Schäferhaus am Lözin-
in den Retsagher Aeckern
121836
gegen d. Lokoser Wirths-
4
Höehster Punct der Strasse
143-781
am Luzinczer Berg.
144656
15
Brücke über den Graben beim
5
Brücke über den Graben bei
Lokoser Wirthshaus . .
102-892
PusztaLözincz
75-976
16
Höchster Punct der Strasse
6
Kapelle an der Strasse gegen
im Szenderhelyerwald .
152<466
Vädkert
106-276
17
Brücke über den Graben von
7
In Vadkert der tiefste Punct
94099
Szenderhely ....
108-311
8
Beim Wirthshaus auf der
18
Höchster Punct der Strasse
Puszta Kormös
102467
in Szenderhely .
80-197
9
Höchster Punct in den Te-
19
Tiefster Pct. d. Strasse b. d.
reskeer Aeckern.
134806
Wirthsh. d. Puszta Kalatin
118-851
10
An der Brücke über d. Wiese
20
Bei der Brücke über den
unter d. Tereskeer Wein-
Graben von Yeröcze.
59-897
112-502
21
Höchster Punct d. Strasse in
11
An der Strassentheilung
Veröcze (Station Veröcze)
60664
gegen Nagy Oroszy .
102474
22
Station Veröcze ....
56544
IX.
Nivellement der Strasse von Losoncz bis an die Sohler Grenze im Sattel
des Krivan (13.500 Klafter lang).
Seehöhe
Seehöhe
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
in
W.-Klftr.
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
in
W.-Klftr.
1
Sattel am Krivan an der
5
Brückenobj. ainWeg n.Bzowa
183009
Sohler Grenze .
227899
6
Brückenobj. ober der Mühle
2
Brückenobject bei d. Krüm-
in der Wiese des Kriva-
mung d. Strasse u. Ueber-
nyer-Thales ....
157-870
setzg. d. Krivanyerbaclies
7
Brückenobj. über den Bach
NO. v. Diven Oroszy
211175
aus dem Füresz-Thal
151 177
3
Brückenobj. oberh.d.Wirthsh.
200982
8
Beim Felsen an d. Grenze d.
4
Brückenobj. des Krivanyer-
Krivanyerwaldes gegen d.
baches 0. v. Diven Oroszy
188-675
Vämosfalvaer Aecker
144-804
Strassen- Fluss- u. Eisenbahn-Nivellements im Honther- u. Neograder-Comitate Ungarns, i 27
Nr.
Bezeichnung der iiivellirtcn Puncte
Seehöhe
in
W.-Klftr.
9 Vämosfalva, an der Überbrückimg des Krivanya- Baches . . 133-120
10 Beim Querprofil Nr. 35 unterhalb Vämosfalva ....... 126-549
11 „ „ 39 zwischen Vämosfalva und Lonyabänya . 124630
l' 41 198 925
13 „ „46 bei Lonyabänya 117995
14 „ „ 60 bei Udornya 127632
15 „ 67 bei Podrecsany . 132829
16 „ „ 75 unter dem Haller Wirthshaus .... 119234
17 „ „83 Haller- Wirthshaus 134142
18 „ .„ 86 zwischen dem Haller- Wirthshaus . . . 124532
19 „ „ 94 und Videfalva NNW 111745
20 „ „99 Videfalva 107-412
21 An der Uebersetzung des Krivanyerbaches zwischen Videfalva
und Losoncz ......... 98698
X.
Nivellement der Eipel im Honther Comitate. Von der Mündung in die
Donau bei Szob bis an die Grenze des Neograder-Comitats
(52.000 Klafter lang).
Seehöhe
Seehohe
Nr.
Bezeichnung der nircllirten Puncte
in
W.-Rlftr.
Nr. Bezeichnung der iilvellirten Puncte
in
W.-Rlftr.
1
Eipel and. Mündg. in d. Donau
53593
9
Eipel bei Visk . . . ,
61 705
2
„ bei Damäsd .
53677
10
n Ipoly Sagh . .
64067
3
„ „ Szalka
54-830
11
„ „ Honth
64.760
4
„ „ Tolgyes . . .
56-483
12
„ „ Palank .
66020
5
„ „ Ipoly-Paszto .
57898
13
„ „ Ipoly Balogh. .
68952
6
„ „ Vämos Mikola
58610
14
„ „ Nagy Csalomya .
70-288
7
„ „ Ipoly-Szakalos
59-620
15
„ „ Kovär. . . .
72026
8
v » Szete . . .
60-733
XL
Nivellement der Eipel im Neograder Comitate von der Grenze des Hon-
ther-Comitates bis Garob (40.500 Klafter lang).
Nr.
Bezeichnung der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Klftr.
Nr.
Bezeicliniiiis; der nivellirten Puncte
Seehöhe
in
W.-Rlftr.
Bei Malomhely (Mühl) . .
In Balassa-Gyarmath W. von
B. Gyarmath ....
72-236
72857
Am obern Endev. Szelesteny
Vor Varbo .
Bei Hugyak .....
74302
74-747
75577
128
Heinrich Wolf.
Nr.
Bezeichnung der nlvellirlcn Puncte
Seeliöhc
in
W.-Klftr.
Nr.
Seehöhe
Bezeichnung der nivelllrlen Puncte In
W.-Klflr.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
An derCsarda bei der Brücke
zwischen Hugyak und
Szelesteny-Kovaczi .
An d. Mühle vor Pethd .
„ „ zwischen Po-
styen u. Pethd
An der Puszta Kürth
An d. Mühle von Csalär
„ „ zw. Csalär und
Bussa . . .
„ „ in Bussa .
„ „ Szakäll. .
„ vor Törines .
„ „ „ Tarnocz .
_ _ in Puszta Dalvo
76107
76636
77 386
78
79
70
80
81
83
84
569
019
902
669
502
569
297
576
An d. Mühle vor Kalonda .
„ „ bei Banyit-Da-
rocz .
„ „ bei der Brücke
von Bapp .
„ .. bei Terbeled .
„ „ Puszta Lazi
„ „ in Galta .
„ „ „ Ipoly-Nyitra
„ „ „ Ipoly - Bolyk
„ „ oberh. Pincz .
Zweite Mühle oberh. Pincz
In Vizosztö .....
An der Brücke beim Stein-
bruch von Garöb .
85 971
87547
88-252
89-844
91036
92036
94137
95 732
99.436
101886
104469
104-969
XII.
Aus dem Längenprofil der projectirten oberungarischen Eisenbahn von
der Donau bei Szob bis Miskolcz und Kaschau. Bahnlänge von Szob
bis an die Grenze des Gömörer Comitates bei Söreg = 70'060 Klafter
oder 17. Meilen 2060<>.
Nr.
Ort
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
1 Mündung in die Szob
2iTölgyes ....
3 Szakallas
4
5
6
7
Tesa .....
Visk .
Pereszleny
Ipoly Sägh.
Szurdok
Honth , . . . .
Palank . . . .
Vecze .....
Beczinkebach
Dejtär ....
Lokosbach
Biba . . . . .
P. Szobok . .
Bai. Gyarmath .
Fekete Visz. Csarda
Buhe in
W.-Klftr.
Nr.
58
58
62
68
6S
7(1
07
67
71
68
69
69
72
72
75
76
7
76
139
139
639
•639
•539
•389
•489
•489
•489
•489
•989
•989
•489
•489
•489
989
■989
•489
Ort
Böhe in
W.-Klftr.
19Trazs
20 Hugyak
21 Szeczeny
22 Putri Csard
23 Lud an v
24ISzakal .
25|P. Bazos .
|26|Törincs . .
27 P. Xagy Dalyo
28 Vilke , . .
29jLosoncz Tuyar
30|Tuvarbach S.O. beiLosoncz
3l|Galta
[32 Kovacsi ....
33IPerse
34Szuhabach NW. von Fülek
Fülekerbach
Fülek . .
78-989
80489
78-489
81-989
87-489
84-592
85-489
85.511
86-689
88-689
98-689
94689
93-689
94189
97189
97189
98-189
1 03-589
Strassen-, Fluss- u. Eisenbahn-Nivellements im Honther- u. Neograder-Coraitate Ungarns. 129
>r
Ort
Hübe in
W.-Rlftr.
Nr,
Ort
Hübe in
W.-Rlftr.
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
Scoma
Söreg
Wasserscheide und Grenze
des Neograder- u. Gömö-
rer-Comitates NO. von
Söreg . . . . i, .
Bojtafalu Puszta ....
Einmündung der Strasse v.
Rima-Szombath .
Dubocza
Martonfalva
Rima Szecs
Lenärtfalu
Theilung der Bahn nach
Miskolcz und Rosenau .
97-589
117-589
117589
107989
96489
95630
92-989
85989
85-989
82-389
Sojna Puszta
Putnok
Döbucsäny
Käza .
Vädna . .
Czicza, Csard
Kasinez .
Szt. Peter
Babonybach
Keresztür .
Kelecseny
Bahnhof Miskolcz
82-389
77-989
73 989
73989
70-989
70989
69989
65-989
67-989
65-989
65489
61-489
Zweigbahn von Lenärtfalu nach Kaschau.
Nr.
Ort
Hübe in
W.-Rlftr,
\r
Ort
Hübe in
W.-Rlftr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Verzweigung bei Lenarfalu
am Sajo .....
Recske
Kövecse
Tornalya
Ueberbrückung des Sajo bei
Lekenje
Pelsöcz
Vegtelke
Berzete
Jölesz .
Hosszuret
Wasserscheide beim Tunnel
Ende des Tunnels . . .
81
81
86
86
99
105
118
120
120
159
159
162
•889
739
239
239
239
239
239
239
239
239
239
739
13
14
IS
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Bei Görgö
Zwischen Görgö u. Melseke
Melseke .
Tornabach
Torna .
Bodolo
Makräncz
Komaroczbaeh
Bei Szeszta .
Varoshegyerbach
Nagy Ida .
Mokoerbach .
Bahnhof Kaschau
112-739
97739
97-739
87-739
87-739
90.739
98-739
100-739
114-739
115-739
115-739
117-739
102-739
MittheiJungen der k. k geogr. Gesellschaft. III. Bd. Z. Heft.
130
XII.
Uebcrgang aus dem Ötzthale in das Pitzthal über den
Hochvernagt- und Sechsegertenferner.
Von
Dr. Anton v. Ruthner.
Als ich den Entschluss fasste, im Jahre 1858 die Ersteigung der
Ortlesspitze zu wiederholen, machte ich die Ausführung dieses Planes von
der Bedingung abhängig, dass ich einen vollkommen schönen Tag dazu
antreffe. Mit halbgünstigem Wetter hätte ich im besten Falle den Erfolg
der ersten Ersteigung noch einmal erlangen, das heisst den Ortler wieder
ersteigen können. Allein da ich jetzt den Berg selbst schon kannte, wäre
damit kein Zweck erreicht gewesen, und zu einem so zwecklosen Unter-
nehmen hatte ich durchaus keine Lust.
Einen Tag, wie ich ihn für den Ortles brauchte, fand ich aber im
Jahre 1858 während meines Aufenthaltes am Fusse des Berges nicht.
Ich war am 6. August in Mals, am 7. in Trafo i angelangt. An diesen
beiden und auch an den nächstfolgenden Tagen lösten sich Regen und
Sonnenschein häufig ab bis endlich der Regen die Oberhand behielt und
die Nebel, welche bisher abwechselnd um die Otzthalergruppe, um das
Suldner-, Vintschgauer- und das Grenzgebirge gegen die Schweiz, zumeist
aber um die Ortlesgruppe ihr Spiel getrieben hatten, desselben müde
sich auf allen diesen Bergen in schweren Massen niederliessen.
Dennoch wollte ich so lange zuwarten, als es mir nur irgend wie
möglich wäre. So hielt ich mich eine volle Woche in Mals und Trafo i
auf und es bedurfte wahrlich des Prachtbildes von Trafo i , des Eingehens
in die Einzelnschönheiten der Landschaften, sowie der freundlichen Theil-
nahme, welche ich nicht bloss von meinen achtbaren Hauswirthen, der
Postmeisterin in Trafoi und dem Postmeister in Mals, sondern auch von
manch anderer Seite für die vergangenen und noch vorhabenden Ortles-
leistungen erfuhr, dass mir ein achttägiger Aufenthalt in diesem Winkel
der Erde bei in der Hauptsache schlechtem Wetter doch so angenehm
verfloss.
Als sich aber am 12. August noch keine Aussicht auf besseres
Wetter zeigte, meinte ich meine Pflichten gegenüber der Ortlesgruppe
redlich erfüllt zu haben , ja ohne Beeinträchtigung meiner übrigen Pläne
für den Herbst 1858 nicht weiter Zeit auf sie verwenden zu dürfen.
Ich nahm also von Trafoi ernstlich Abschied und fuhr nach Mals, am 13.
dagegen wanderte ich aus dem Posthause zu Mals nach dem Thale Lang-
läufers, um von ihm aus den Uebergang über den Langtauferer- und
Hintereisferner*) nach Fend**) im Ötzthale zu machen.
*) „Ferner" ist bekanntlich der in Tirol anstatt des Wortes Gletscher gebräuchliche
Ausdruck.
**) Die Schreibart wechselt zwischen Fend und Vent. Erstere erscheint in den
Generalstabs-Karfen, letztere im Diöcesan-Schematisinus für Tirol,
l'ebergang aus d. üetzthale in d. PiUthal über d. Hochvernagt- u. Sechsegertenferner. 1 3 J
Doch war die Ortlesangelegenheit damit noch nicht so vollständig
erledigt, wie ich wähnte. Denn in Langläufers schlugen mir die Männer,
welche allein den von mir zu nehmen beabsichtigten Weg nach Fend
gemacht und auf demselben auch wiederholt Fremden als Führer gedient
hatten, wegen der jetzt höchst gefährlichen Beschaffenheit des Lang-
taufererferners rundweg die Begleitung ab; andere Führer waren im Thale
nicht zu finden, und so entschloss ich mich, um in das Otzthal zu ge-
langen, vorerst nach Mals zurückzukehren, dann am nächsten Tage durch
Vintschgau abwärts nach Stäben zu fahren, und hier den Weg nach Fend
durch das Schnalserthal und über den Niederjochferner einzuschlagen.
So schritt ich am 14. August an einem der reizendsten Früh-
morgen des Jahres 1858, bei mir selbst allerlei nicht eben schmeichel-
hafte Betrachtungen über den Muth und die Thatkraft der Langtauferer
Bergsöhne anstellend, durch das baumarme, aber mattenreiche Langtaufers
wieder hinaus auf die Malserhaide. Auf ihr angelangt, erblickte ich denn
die Ortlesspitze in einer Beinheit, wie ich sie heuer noch niemals ge-
sehen, und aller Aerger über sie war vergessen und sogleich der Vor-
satz gefasst, Abends in Trafoi und nach Mitternacht auf dem Wege zur
Spitze zu sein.
Es war ein wahres Glück, dass eine Stunde darauf der Ortles sich
wieder ganz in Nebel gehüllt hatte und es für's Erste blieb.
So schied ich am IS. unabänderlich von Mals, Abends sass ich in
Unser Frau in Schnals, am 16. um 2 Uhr Mittags aber langte ich über das
Niederjoch glücklich im Pfarrhause, oder nach dem Tiroler Ausdrucke
Widum von Fend im Otzthal e an.
Das Otzthal ist das grösste aus allen sich vom Hauptkamme der
Centralalpen in Tirol nach Norden herabziehenden Thälern. Seine Länge
vom Uebergangspuncte am grossen Otzthaler-, am Hochjoch- und Nieder-
jochferner bis zu seiner Mündung in das Innthal beträgt in der Luft-
linie 6 — 7 österreichische Meilen und wird gewöhnlich mit 12 bis 16
Stunden angenommen.
Geographisch ist es dadurch ausgezeichnet , dass es einem bedeu-
tenden Gebirgsstocke der rhätischen Alpen, in welchem sich das grösste
Gletschersystem Oesterreichs befindet, den Namen gibt.
Doch die also entstandene Bezeichnung der Ötzthalergruppe wird
wieder im weitern und engem Sinne genommen.
Im ersteren wird ihre Grenze im Westen durch den Lauf der
Etsch von ihrem Ursprünge bis zur Einmündung des Suldnerbaches in
sie, dann über der Wasserscheide auf der Malserhaide durch den Lauf
des Stillebaches und jenen des Inns von seinem Eintritte in Tirol bis
Landeck, im Norden durch den Inn von Landeck bis Innsbruck, im Osten
durch die Sil! und jenseits des Brenners durch den Eisack bis Sterzing
und von hier an durch eine über den Jaufen und durch das Passeyer-
thal gezogene Linie bis Meran gebildet, südlich endlich durch die Etsch
von der Mündung der Passer bis wieder zu jener des Suldnerbaches.
Wird dagegen der Begriff dadurch verengt, dass man die Stubayer-
Fernergruppe als ein abgesondertes Gletschergebiet betrachtet, so läuft
bei der gleichen südlichen und westlichen Abgrenzung die östliche Grenze
des Otzthalergebietes von Meran dem Laufe der Passer entgegen auf
die Höhe des Timbelsjoches und jenseits desselben längs des Timbels-
132 Dr. Anton v. Ruthner.
baches bis zu seiner Einmündung in die Ötzthalerache bei Zwiselstein
und von hier bis zur Mündung dieser Ache in den Inn und dann in
Norden dein Laufe des luns entgegen bis Landeck.
Aber auch mit dieser Begrenzung nimmt das Eisgebiet des Ötzthales
einen vorzüglichen Rang unter den europäischen Gletscherstöcken ein. Als
Beweis davon möge dienen, dass nach den ausgezeichneten Forschungen des
Herrn k. k. Majors von Sonklar, welchen die Originalaufnahmen des k. k.
General-Quartiermeisterstabes, die sogenannten Originalsectionen von Tirol zu
Grunde gelegt wurden, und die im l. Hefte des 1. Jahrg. der Mittheilungen
der k. k. geographischen Gesellschaft zu Wien in der Abhandlung „das
Otzthaler Eisgebiet" zusammengestellt sind, sich in der Ützthalergruppe,
vertheilt auf ihre 7 Hauptthäler: das Ötzthal, Pitzthal, Kaunerthal, Thal
Langtaufers, das Matscherthal, das Schnalserthal, und das Thal von Passeyer
und eine Anzahl von Nebenthälern, 229 Gletscher, darunter 14 erster Ordnung
befinden, dann 15 Bergspitzen, worunter 5 gemessene von der Höhe zwischen
11 und 12000 Wiener-Fuss, 65 bis 70 Berge, darunter 25 gemessene
mit der Höhe zwischen 10 und 11000 Fuss und beiläufig 150, darunter
50 gemessene von einer Höhe von 9 — 10000 Fuss. Nach älterer Annahme
aber sind in der Ützthalergruppe mindestens 6% Quadrat-Meilen mit Eis
bedeckt.
Das Ötzthal im eigentlichen Sinne blieb viel weniger als die meisten
anderen Thäler der Centralalpen eine unbekannte Welt, vielmehr ist es seit
längerer Zeit in die Reisepläne ausländischer, besonders englischer und
norddeutscher Alpenwanderer aufgenommen. Sie kommen in der Regel aus
dem Innthale in das Ötzthal, um über das Timbelsjoch nach Meran oder
noch häufiger über das Hoch- und Niederjoch nach Schnals und Vintschgau
zu reisen. Allein nur das Ötzthal und die Thäler jenseits der eben
genannten Jochübergänge erfreuen sich solcher Berühmtheit, die prachtvollen
Thäler Kauns, Pitz, Langtaufers und Matsch besucht kein oder fast kein
Fremder.
Ein so grossartiger Stoff wie das Ötzthal lässt sich ohne gewaltige
Oberflächlichkeit nicht mit wenig Blättern und ohne vorhergehende genaue
Studien behandeln. Ich beabsichtige daher nur eine Characteristik des
Ötzthales selbst soweit vorauszuschicken, als sie zum Verständnisse des Folgenden
nöthig ist, und dann zur eigentlichen Aufgabe, zur Schilderung einer
Unternehmung überzugehen, welche noch niemals früher von einem Fremden
gemacht eine Veröffentlichung zu verdienen scheint.
Seiner Hauptbeschaffenheit nach besteht das Ötzthal von seiner Aus-
mündung in das obere Innthal bis nach Zwiselstein aus fünf Thalböden,
welche terassenförmig über einander liegend unter sich durch Thalengen
ansteigen. Geben in den ersten Stunden der Wanderung in das Thal
hinein bloss die wilden Felstrümmer auf dem Thalboden, und im Bette
der Wildwässer, die den Gletscherbächen eigene schmutzig graue Farbe
der Ache, dann ein hie und und da hoch oben auf den Seitenbergen
zum Vorschein kommender, und bald wieder verschwindender Gletscher
Zeugniss davon, dass wir uns mitten im echten Hochgebirge befinden,
so erhält diess tiefer Innen im Thale in dem südwestlich von Zwiselstein
aufsteigenden Nöderkogel mit dem Stockferner einen bleibenden Ausdruck.
Hinter Sohlen erreichen wir eine Schlucht, welche die grossartig wildeste
im wilden Ötzfhale selten auch Auswärts ihres Gleichen hat. Nicht Fels-
stiicke, mächtige Felsen selbst im Bette der Ache hemmen den Lauf des
Uebergang aus d. Oetzthale in d. Pitzthal über d. Hochvernagt- u. Sochsogertenferner. 133
Wildbaches and tosend und schäumend verfolgt er um und über sie seine
Bahn. Auf beiden Ufern reicht ein Nadelwald bis hinab zum Flussbette,
im Hintergrunde thront der begletscherte Nöderkogel darüber. Diess hoch-
interessante Bild zu beschauen, bietet die Strasse dort einen sehr gün-
stigen Standpunct dar, wo sie am rechten Bachufer hoch emporgestiegen,
sich um eine Felsenecke biegt. Allein nicht auf Alle soll der Eindruck
der gleiche sein, und man erzählte mir, dass ein Fremder, als er auf
dieser Stelle angelangt in die Schlucht hinabblickte erklärt hat, um keinen
Schritt weiter in das Ötzthal eindringen zu wollen, das, wenn hier schon
so wild, tiefer drinnen ganz entsetzlich sein müsse. Unbegreiflich ist ein
derlei Eindruck nicht, besonders, nachdem man sich unter der Strasse nichts
anders als einen Bergweg zu denken hat, der sich uneben und schmal
und nur durch ein schwaches Geländer gegen die entsetzliche Tiefe geschützt
ganz schüchtern unter der vorspringenden Felsenecke durchschleicht.
Bei Zwiselstein ist die grosse Spaltung des Thaies in das Gurg-
lerthal, und in das Fenderthal. Ersteres läuft ganz südlich zum grossen
Ötzthalerferner, und endet auf seiner Höhe auf dein Hauptrücken der Cen-
tralalpen. In diesem Thalaste liegt das Pfarrdorf Gurgl, in einer Meereshöhe
von 5504 P. F. nach Schlagintweit. Der zweite Ast zieht südwestlich.
Um in ihm nach Fend zu kommen, müssen wir von Zwiselstein zuerst
über eine schwankende Holzbrücke auf das linke Ufer des hier schon
zur Ötzthalerache vereinigten Fender- und Gurglerwassers gehen. Der
Weg, nur mehr ein Fusspfad, der namentlich im Anfange bald ausser
Zwiselstein , hart am Bande des tobenden Gletscherbaches steil auf und
ab steigt, bietet wenigstens Waldesschatten und läuft nur ausnahmsweise
über Wiesen hin.
Die Berge zu beiden Seiten bauen sich wahrhaft mauerartig auf,
und vorzüglich auf jenen am rechten Ufer, welche durchaus dem Gurgler-
Fender Scheiderücken angehören , werden die Ferner häufiger und zusam-
menhängend. Schon ragt der Fender Thaleitsspitz als eine schöne Pyra-
mide im Hintergrunde gerade vor uns auf. Jetzt erblickeu wir höchst
pittoresk gelegen, am Fusse eines Hügels einige Bauernhäuser, auf der
Spitze desselben aber ein Kirchlein, und hoch darüber wieder den fernen
Thaleitsspitz. Wir haben Heiligenkreuz oder Kurzlehen erreicht, beiläufig
in 2 Stunden von Zwiselstein.
Etwas länger als von Zwiselstein bis Heiligenkreuz ist der Weg
von Heiligenkreuz nach Fend. Aber welcher Weg ist diess! Mag die hohe
Brücke zwischen Heiligenkreuz und Winterstall und die dunkle Häuser-
gruppe von Winterstall an sich mahlerisch sein, die Landschaft im Ganzen
wird besonders von Winterstall an furchtbar. Das Ötzthal hat hier seine ärgste
Wildheit erreicht, allein nicht eine grossartige, wie sie die Enge zwischen Sölden
und Zwiselstein zeigt, sondern eine schauerliche. Bald findet man sich
zwischen steilen Bergwänden eingezwängt, überall sind in sie kleine Schluchten
eingeschnitten, in denen die Beste alter Lawinen: Schnee, Holzstämme,
Steinblöcke in arger Verwirrung über einander liegen. Daneben stürzt ein
Bach lärmend von der Höhe in die zu unserer Linken donnernde bleigraue Ache.
Abenteuerlich gestaltete Felstrümmer liegen rings am Wege, aber noch
grösser ist die Zahl der Riesenblöcke im Flussbette der Ache, und sicher für
immer ungelöst wird die Frage bleiben, welche von ihnen von den Bergwänden
herabgerollt, und welche bei den Ausbrüchen des berühmten Hochvernagt-
134 Dr. Anton v. Ruthner.
Ferners durch die Gewalt der Fluthen aus dem Hintergründe des Rofner-
thales bis hieher mitgerissen, und hier abgelagert worden sind.
In solchen Zeiten ungewöhnlicher Grösse hat die Ache, wo nur immer
eine Thalsohle vorhanden ist, sie vollständig ausgefüllt, und so befinden
wir uns, so oft sich der Weg auf kleine Flächen am Ufer der Ache
hinabgesenkt hat, auf Schotterboden und zwischen Steinblöcken. Den Weg
von Fend nach Heiligenkreuz characterisirt ganz gut das in Fend gangbare
Sprichwort, dass auf ihm nur 3 Stellen sind, auf denen ein Träger im
Frühjahr geschützt vor Lawinensturz stehen bleiben kann.
Kurz vor Fend steigt und fällt der Pfad noch ein paar mal stärker
und auf einem Höhenpuncte angelangt, erblicken wir zuerst Fend, nach der
durchwanderten Wildniss ein wahrer Augentrost.
Denn trotz seiner hohen Lage, nach Schlag int weit ist es 5791 P F.,
nach Trinker und Klinger 604o , nach Walker 6048 W. F. hoch gelegen,
lacht es uns recht freundlich entgegen. Besonders erfreuen das Auge
die schönen saftgrünen Wiesen, auf deren einer am linken Ufer der
Ache voran das Kirchlein mit der runden in eine lange Spitze auslau-
fenden Thurmkuppel und hinter ihm der Widum und die wenigen höl-
zernen Häuser lagern.
Auch das rechte Bachufer begrenzt eine Matte, die sich allmählich
zu einem Hain von Zirbelnusskiefern hinanzieht. Die Pyramide des Tha-
leitsspitzes beherrscht weitaus das Bild von Fend. Seine breite Masse
erscheint vom spärlichen mit Moosen gemischten Graswuchse bis hoch
hinauf bräunlich gefärbt. Nur lichte Wasserrinnen unterbrechen hie und da
die eintönige Grundfarbe, bis höher oben die Felsen vorherrschen und
aus ihren Einbuchtungen zuoberst das Gletschereis hervorleuchtet. Links
und rechts vom Thaleitsspitz machen sich die Einschnitte der zwei Thä-
ler, in welche das Fenderthal bei Fend gabelt, und zwar links jener
des, Anfangs südlich dann südsüdwestlich zum Niederjoch ansteigenden,
Spiegier- oder Niederthaies, rechts dagegen derjenige des, erst westlich
dann südwestlich zum Hochjoch streichenden, Rofnerthales bemerkbar.
Aus ihnen blicken nach der Höhe des Standpunctes, den man ein-
nimmt, verschiedene Gletscherspitzen hervor, und zwar über dem Spieg-
lerthale der Diemkogl, Röthenspitz, die Firmisanschneide, der Schalfkogl,
Mutmat und Similaun: über dem Rofnerthale vornehmlich der Platteykogl
und Guslar.
Die Höhe dieser Berge ist durchgehends zwischen 10 und 11000
ja über 11000 W. F., so dass nach dem Maasstabe für die Fenderge-
gend eine Bergspitze unter 10000 F. kaum beachtet wird.
Wendet man sich endlich um, und blickt das Thal hinauswärts, so
ragen in der Ferne über der Schlucht der Ache einige der bedeutend-
sten Ferner aus der Stubayergruppe: die Schaufelspitze, der Daunkogl,
wilde Pfaff etc. auf und geben, besonders, wenn man die, wenig Minuten
vor Fend auf dem Wege von Heiligenkreuz romantisch liegende, Sage-
mühle als Vordergrund benützt, ein anderes, doch gleichfalls schönes Bild.
Nach meiner Ankunft in Fend, war meine erste Aufgabe mich mit
Nicodemus Klotz, dem berühmtesten Führer des Ötzthales in Verbindung
zu setzen. Denn die Unternehmungen, welche ich vorhatte, die Ersteigung
des höchsten Berges in der Ötzthalergruppe, der 11911 W. F. hohen
Wildspitze, und die Gletscherfahrt von Höfen über den Gepatschferner
nach dem Kaunerthale, waren ohne seine Mitwirkung fast unausführbar.
Uebergang aus d. Oelzthale in d. Pil/.thal über d. Hochveinagt- u. Sechsegertenf'erner. 135
Nicodemus Klotz ist den Bergfreunden kein neuer Name, und wir
wollen den Träger desselben nun näher kennen lernen.
Zu dem Ende suchen wir ihn in seinen Wohnung auf, wie ich es
am 17. August gethan. Nach einer starken halben Stunde von Fend
immer an den Abhängen am linken Ufer der Hofnerache fort gelangt man
im Rofnerthale zu den zwei Rofnerhöfen. Noch 200 Fuss höher als Fend
und nach Schlagintweit 6155 W. F. hoch gelegen, sollen sie die
höchste Wohnung Europas sein, sind aber sicher eine der höshsten be-
ständig bewohnten Orte unseres Erdtheiles. Auch ihr Anblick hat nichts
von der Wildheit manch anderer Puncte im Otzthale. Die beiden nicht
unbeträchtlichen Höfe, nebeneinander auf dem ßergesabhange hart an der
Schlucht der Ache erbaut, mit ihrer Kapelle, die ausgedehnte ebene Matte,
die sich rückwärts von ihnen das Thal hineinzieht, das Hochgebirge, auf
dem rechten Ufer des Baches schroff und felsig, diesseits dagegen sanf-
ter und mit grünen Abhängen aufsteigend, bis es sich in Felsen und
Gletschereis gehüllt, besonders der Abgang jedes Baumwuchses tragen mehr
einen ernsten und durch die Ruhe der Abgeschiedenheit selbst beruhi-
genden Character.
Auch in diesem Gehöfte hat Herzog Friedrich mit der leeren
Tasche nach seiner Flucht aus Konstanz ein Asyl gefunden, und zum
Danke dafür dem Besitzer die Privilegien, deren sich der damals beste-
hende einzige Rofnerhof seit den Zeiten Ludwig des Brandenburgers
erfreute, erneuert und erweitert.
Ein Wappenbrief für den Besitzer mit einem Gstrein, Hammel, im
Wappen soll von jener Zeit herstammen, und der heutige Besitzer des
liufnerhofes, Gstrein, ein directer Abkömmling, und damit ein Ahnen-
reicher im Bauerngewande, sein.
Der andere Hof ist später aus dem ersteren abgetheilt worden,
und der Besitzer desselben ist gegenwärtig Nicodem Klotz, oder wie
ihn gewöhnlich Fremde und Einheimische nennen, „der Nicodemus. u
Nicodemus' Vater genoss den Ruf, der ausgezeichnetste Bergstei-
ger und ein vorzüglicher Kenner der Eigenthümlichkeiten der Ferner zu
sein. Wenn irgendwo, so ist im Otzthale. der Bauer angewiesen, den
Gletschern eine nähere Aufmerksamkeit zu schenken. Gibt ihm ja doch
der Hochvernagtferner durch die von der Wissenschaft noch nicht genug-
sam aufgeklärte Erscheinung seines in ungleichen Zeiträumen erfolgenden
raschen Anwachsens und die darauffolgenden das Ötzthal weithin verwü-
stenden Ausbrüche der dadurch lange gestauten Gletscherwässer Veran-
lassung genug, öfter als es anderwärts geschieht, über die Ferner nach-
zudenken.
Auch Nicodem, als der echte Sohn seines Vaters, hatte sich bald
den Ruf erworben, die Gletscher zu kennen wie Niemand sonst im Thale.
Er leistete insbesunders in der letzten Bewegungsperiode des Hochver-
nagtferners in den Jahren 1840 — 1848 die besten Dienste als Beobachter
der Fortschritte des Ferners. Auch als Führer überragte sein Name bald
alle übrigen. Dadurch ist Nicodem im Auslande vielbekanut geworden,
und wir finden seiner in manchen Reisewerken, besonders bei Steub,
erwähnt.
Alle Reisenden aber haben in ihm den Bergsteiger allererster Art
erkannt. Und ein solcher Erfolg ist bei Nicodem eben nur seinen
Leistungen zuzuschreiben, da er nicht, wie manch anderer Gebirgler die
136 n<"- Anton v. Ruthner.
Fremden durch seine Persönlichkeit besticht. Er ist neinlich, ohne schwäch-
lich gebaut zu sein, eher klein als mittelgross und von etwas gebeugter
Haltung. Auch ist sein Gesichtsausdruck vielmehr scheu und zurückhal-
tend als kühn, obgleich der aufmerksame Beurtheiler aus seinen Zügen
grosse Energie entnehmen wird, die denn Nie ödem auch in hohem Maasse
besitzt.
Allein unser Held aus Rofen ist kein Führer der gewöhlichen Art,
den man beliebig zu jedwedem Unternehmen aufdingen kann.
Als Besitzer eines ausgedehnten Anwesens versäumt er an manchen
Tagen mehr an der Arbeit, als er an Führerlohn verdient. Auch ist ihm
vielfach durch die Fremden selbst das Führen in mehr als 30 Jahren
verleidet worden. Er schickt daher, handelt es sich um kleine Parthien,
den Uebergang über das Timbels-, das Hoch- oder Niederjoch, einen
seiner zahlreichen Brüder, von denen, wenn ich nicht irre, noch jetzt
sieben am Leben sind, und den Fremden ist damit stets gedient; denn
alle Brüder: der Leander, der Benedict, der Hannes etc. sind
treffliche Führer. Dafür bleiben grosse gefährliche Unternehmungen Nico-
demus' Reservatrecht. Aber, wenn sie auch den alten Reiz auf Nico-
dem üben, so ist, bis er sich zur Führung bereit erklärt, noch man-
ches Hinderniss zu besiegen.
Vor Allem muss er seinen Mann kennen, um zu bestimmen, ob
er ihn da- oder dorthin führen könne, und auf wahrhaft originelle Weise
wird der Reisende, ohne dass er es ahnt, vorerst einer Prüfung unter-
zogen.
Nico dem findet das Wetter zu einem grossen Unternehmen nicht
günstig, oder er ist verhindert, räth aber dafür diesen oder jenen Glet-
scher allenfalls mit Leander zu besuchen.
Ohne es zu ahnen, unterwirft sich der Fremde der Prüfung, und
erst wenn Nico dem, oder in seiner Verhinderung Leander oder Han-
nes als Prüfungs-Commissäre sich günstig über den Erfolg aussprechen,
erfolgt die Zulassung zu einer gefährlichen Expedition. Selbst mit den
ihm als solche bekannten tüchtigen Bergsteigern unternimmt Nico dem
nur ungerne einen gewagten Zug. weil ihm die Möglichkeit eines Unfalles
stets drohend vor Augen steht, seit er einen Fremden auf einem ver-
hä.ltnissmässig ungefährlichen Wege verunglücken sah.*)
Hat endlich die Liebe zu den Gletschern über alle diese Bedenken
gesiegt, und ist auch das Wetter recht, denn auch in dieser Richtung
wird sehr wählig vorgegangen, dann müssen noch die Sorgen von Nico-
demus' braver Bäuerin beschwichtigt werden, welche jedesmal in Angst
ist, ihr Mann könne doch noch einmal auf den Fernern „unglücklich
werden. u
Nicodemus kannte mich schon vom Jahre 1857 her, weil wir über
das Ramoljoch auf dein Gurgler-Fender Scheiderücken von Fend auf den
grossen Ötzthalerfenier und nach Gurgl mit einander gegangen waren.
Ich hoffte ihn daher geneigt zur Erfüllung meines Wunsches zu
finden, dass wir schon am nächsten Morgen eines der beiden Unterneh-
men beginnen sollten. Allein darin irrte ich sehr.
*) Im Jahre 1845 stürzte Dr. Brastenbinder aus Berlin auf dem grossen Ötz-
thalerferner, wohl aus Mangel an Vorsicht, in eine Gletscherspalte und wurde als Leiche
aus derselben gezogen
Uebergang aus d. Oetzthale in d. Pitzlhal über d. Hnohvernagt- und Sechsegeitenfeinei. 137
Nico dem erklärte sich bereit, mit mir die Wildspitze zu erstei-
gen. Da jedoch der Weg auf der Südseite, auf welchem sie bisher allein,
und zwar im Jahre 1857 erstiegen worden war*), heuer nicht leicht
zu benutzen sei, weil sich die Eiswände ungünstiger als im vorigen Jahre
gestaltet hätten, so wolle er vorerst die Westseite recognosciren, um zu
sehen , ob nicht die Besteigung von dieser Seite besser versucht werde,
daher könnten wir am folgenden Tage noch nicht die Besteigung selbst
unternehmen.
Ueber den Gepatschferner noch in diesem Jahre mit mir zu gehen
lehnte er dagegen bestimmt ab. Denn er habe bei seiner letzten Wan-
derung darüber vor 12 Tagen schon viele schmale Eisbrücken zwischen
den riesigen Eisspalten angetroffen, über welche der einzige mögliche
Weg nur mit der grössten Gefahr ihres Einsturzes hinweggeführt habe.
Seitdem müsse die Sonne und der warme Regen die Mehrzahl derselben
vernichtet haben, und so würde es durchaus verlorene Mühe sein, die
Expedition zu machen. Ich möge in einem anderen Jahre früher kommen
und er gehe gerne mit mir über den Gepatsch, heuer aber werde
er es nicht thun.
Zur Erklärung möge hier bemerkt werden, dass der Gepatschferner
bei Weitem der ausgedehnteste österreichische Gletscher ist. Nach Hr.
von Sonklar hat er eine Längenachse von 35748 W. F., während der
nächst grosse Tiroler Gletscher, der Gurglerferner, nur 31608 W. F.,
der längste Gletscher in der Tauernkette, die Pasterze, schon nur 28937 P. F.
lang ist. Der Uebergang vom Rofnerthale in das Kaunerthal, dessen Ge-
biete der Gepatsch angehört, war zwar in früherer Zeit allgemein im
Gebrauch, worauf ich noch später zu sprechen kommen werde, ist jedoch
seit uralter Zeit derart in Vergessenheit gerathen, dass von den Anwoh-
nern nur Nicodem allein den Gletscher zu überschreiten versteht, wo-
gegen ein mir bekannt gewordener Versuch, von der Gepatschalpe in
Kauns über ihn nach Rofen zu gelangen, misslungen ist.
Aber bisher hatte noch kein Fremder mit Nicodem den Gepatsch
überschritten, bis eben am 5. August 1858 Herr Albert W. aus Botzen
auf diesem Wege von Nieodem glücklich von Rofen nach dem Kauner-
thale geführt wurde.
Ich sah bald, dass alles Zureden vergebens sei, insoweit es sich
um den Gepatschferner handelte, und da ich das in diesem Jahre so
seltene schöne Wetter jedenfalls schon am nächsten Morgen benutzen
wollte, so trat ich zu Nicodem us' ungeheuerstem Erstaunen mit einem
dritten Plane hervor, von dem ich selbst noch vor 14 Tagen keine
Ahnung gehabt hatte.
Nicodem hatte nemlich Herrn Albert W. während dessen mehr-
tägigen Aufenthaltes in Rofen vor der Gepatschpartie als die schönste
Erinnerung aus seinem Gletscherleben erzählt, dass er vor 29 Jahren
beiläufig 20jährig einmal mit seinem Vater über den Hochvernagtferner
in das Pitzthal gestiegen sei , dass dann die Bewohner von Planggeros,
als ihnen sein Vater über ihr Befragen, woher sie denn kämen, gesagt,
dass sie über den Pitzthaler Urkund gekommen wären, ihm diess mit
*) Von Nicodem, Leander und Hanns Klotz geführt, bestieg ein Kaufmann aus
Wien, Herr I. A. Sp. die Wildspitze, welche bis dahin trotz aller entgegengesetzten
Angaben seit Menschengedenken niemals vollständig erstiegen worden war.
138 Dr. Anton v. Ruthner.
den Worten: „da könnt ihr nicht hergekommen sein, da kann ja kein
Mensch durch," in Abrede gestellt, und als er die Wahrheit der Angabe
versichert und den Weg beschrieben hatte, zur Antwort bloss die Worte
gegeben haben; „ja da seid ihr ja wahre Teufel und Jochleut." Herr
Albert W. hat mir diese Nie ödem characterisirende Geschichte mit-
getheilt, als wir am 6. und 7. August in Trafoi zu gemeinschaftlicher
Ortlesbesteigung beisammen waren, und weil ich von ihm auch erfahren
habe, dass Nico dem wenigstens heuer nicht mehr über den Gepatsch
gehen wolle, habe ich schon damals bemerkt: „Gut, so muss Nie ödem
mit mir über den Hochvernagtferner in das Pitzthal."
Als ich nun gegen Nico dem mit dem Vorschlage herausrückte,
dass wir, wenn durchaus nicht über den Gepatsch zu kommen sei, über
den Hochvernagt in das Pitzthal gehen sollten, so war der also Ge-
drängte höchlich überrascht, meinte dann, nachdem ich ihm meine Kennt-
niss von seiner Jugenderinnerung aufgeklärt hatte, Anfangs, das gehe
nicht, denn das wäre noch schlechter als über den Gepatsch zu steigen.
Allein jetzt liess ich Nico dem keine Hube mehr, entweder Gepatsch
oder Pitzthal. und zuletzt war die Pitzthalerparthie, von der die Unmög-
lichkeit des Gelingens nicht behauptet werden konnte, wenigstens nicht
unbedingt verworfen. Aber obgleich bestimmt wurde, dass wir am fol-
genden Morgen zu einer Gletscherfahrt aufbrechen sollten, und dass ich
hiezu vollkommen gerüstet schon diesen Abend nach Rofen kommen werde.
so hatte doch Nico dem mit seiner Zähigkeit so sehr immer wieder für
morgen die Ersteigung des Pröchkogels und die Besichtigung des West-
abfalles der Wildspitze von ihm in Vorschlag gebracht, dass ich, als ich
endlich Rofen verlies* um nach Fend zurückzugehen, noch nicht sicher
wusste, wohin eigentlich am 18. Früh werde gegangen werden.
In Fend hatte ich vor Allem Leander Klotz nach der mit Ni Co-
de m getroffenen Verabredung als zweiten Führer zu gewinnen, was, nach-
dem er gehört, dass sein Bruder mitgehe, unschwer gelang. Ich kam mit
ihm überein, dass er mich Abends im Pfarrhofe abzuholen habe, und
verbrachte den Rest des Tages in Gesellschaft des geistlichen Hausherrn
und einiger Fremden, an welch letzteren es im Monate August im Pfarr-
hofe zu Fend niemals fehlt.
In den höchstgelegeuen Gebirgsdörfern in Tirol haben nämlich die
Geistlichen das Recht und die Güte, Fremde im Pfarrhofe zu beher-
bergen, und ist dadurch schon überhaupt bei der bisweilen nicht primi-
tiven sondern hottentotischen Beschaffenheit der Wirthshäuser im Hoch-
gebirge dem Reisenden eine Wohlthat erwiesen, so ist diess in Fend
doppelt der Fall, wo dem Fremden nicht bloss alles das, was nur irgend
in einem 6000 Fuss hoch und mindestens 12 Stunden von den Heer-
strassen gelegenen Dorfe vernünftigerweise gefordert werden kann, durch
die Güte des Herrn Curaten geboten wird, sondern ihm auch freundlich
und mit aufmerksamer Sorgfalt geboten wird.
Es dämmerte bereits, als ich mit Leander, ich heute zum dritten
Male, nach Rofen ging. Nico dem war bei unserer Ankunft schon zu
Bett gegangen, ich sprach ihn daher nicht mehr, und so war mir, als
ich meiner Seits mein Nachtlager in Nicodemus' Scheuer aufsuchte, das
Ziel des in wenig Stunden zu beginnenden Zuges noch um nichts be-
kannter geworden.
Üebergang aus d. Oetzthale in d. Pilzthal über d. Hochvernagt- u. Seohsegertenfemer. 139
Am 18. August begab ich mich sehr früh nach Nicodems Behau-
sung. Ausser wenigen leichten Nebeln, welche über den Spitzen des
Bergzuges zwischen Fend und Gurgl schwebten, spannte sich ein durch-
aus reiner Himmel über die Landschaft.
Nie ödem war heute wortkarger als je und rückte bald mit der
Besteigung des Pröchkogels wieder hervor. Die Unlust zu dem Ueber-
gange in das Pitzthal begründete er damit, dass der Schnee auf den
Fernern nicht fest genug sei, uns zu tragen, dass wir daher bei stetem
tiefen Einsinken darein mit zu grossen Beschwerden zu kämpfen haben
würden. Allein ich beharrte auf der Pitzthalerparthie und meinte nur.
wir sollten vorerst auf den Hochvernagtferner gehen, und trage der Schnee
nicht, dann sei ich bereit, sogleich zur Pröchkoglersteigung umzukehren.
Eine vollständige Vereinigung war vorläufig nicht zu erzwecken.
Die Worte Nicodems „der Herr ist so viel eigensinnig" erfuhren die
Erwiederung „ganz wie der Nicodemus" und thatsächlich brachen wir
um halb 5 Uhr von Bofen auf, ja waren wir schon eine Stunde lang
auf den Bofnermähdern (Bergwiesen) und dem Platteyberg auf der Süd-
seite unterhalb des Platteykogels aufwärts gestiegen, ohne dass Nicodem
ein Zeichen gegeben hätte, dass es ihm mit der Pitzthalerpartie Ernst sei.
Aber jetzt waren wir an einer Ecke angelangt, wo sich bereits
tief unter uns zur Linken der Hochvernagtferner ausdehnte, und unsere
Richtung wurde nun eine solche, dass es sich nur mehr um das Pitz-
tlnil handeln konnte. Der Üebergang in das Pitzthal hatte nämlich über
eine Scharte in der NO. Ecke des Hochvernagtferners zu geschehen, und
gegen diese drangen wir jetzt vor.
Der Hochvernagt gibt, wie erwähnt, der Wissenschaft in seinem
zeitweiligen raschen Anwachsen noch eine interessante Aufgabe zu lösen.
Bis jetzt kennt man fünf Perioden derlei ungewöhnlichen Wachs-
thums des Ferners, wovon nach Dr. Stotters trefflicher Schrift „die
Gletscher des Vernagtthales in Tirol und ihre Geschichte" die erste in
die Jahre 1599 — 1601, die zweite auf 1677— 1678, die dritte auf
1770 — 1772, die vierte von 18'>0 — 1822 und die letzte auf die Zeit
von 1840 — 1848 fällt.
In diesen Jahren legten sich die Eismassen des Ferners jedesmahl
über die ganze Breite des Bofnerthales bis an die gegenüber aufsteigende
Zwerchwand, stauten dadurch die im Laufe gehemmten Abflüsse der rück-
wärts im Thale gegen das Hochjoch gelegenen Ferner, vorzüglich des
Hintereis- und Hochjochferners zum Rofnereissee, dessen gewaltsamer
Durchbruch endlich das Oetzthal weithinaus mit seinen wüthenden Flu-
then. seinen Eis- und Felsmassen verwüstete.
Die schrecklichsten Katastrofen solcher Seeausbrüche sind in den
Jahren 1600, 1677 und 1680, dann wiederholt in den Vierziger-Jahren
unseres Jahrhunderts vorgekommen.
Wir haben es jetzt mit dem gerade ganz zahmen Ferner zu thun. Fassen
wir seine Physiognomie näher in das Auge, so sehen wir zuerst den
23928 W. F. langen Ferner im unteren Theile zwischen den felsigen
Abhängen des Platteyberges und Platteykogels einerseits, und des Guslar-
berges andererseits mit nicht starkem Gefälle in südlicher Bichtung dem
Rofenthale zufliessen. Dort wo er eine steilere Steigung annimmt, ist auch die
Vereinigung seiner 2 Hauptäste nahe. Der Gletscher entsteht nämlich aus 2 Zu-
flüssen, dem eigentlichen Hochvernagt- und dem Rofenthalferner.
140 Dr. Anton v. Ruthner
Letzterer zieht ziemlich sleil zwischen dein Guslar und der vor-
liegenden Schwarzen Wand von den ungleich bedeutenderen Spitzen,
deren ganze Gruppe Im hintern Graslen genannt wird, auf der linken
westlichen Seite zum eigentlichen Hochvernagtferner herab. Dieser nimmt
dagegen den Hintergrund vor uns von dem hintern Graslen in einem
nordwärts gezogenen Halbkreise bis zum Platteykogl ein. Sein Firnmeer
ist von verschiedener Gestaltung, und zwar fliesst der westlichere Theil
von dem Hintergraslen ruhiger zur Tiefe, während der östliche unterhalb
des Platteykogels besonders zu dem tief unten mit seinem Fusse wur-
zelnden Felsenrevier bei den schwarzen Kegeln mit Gletscherabstürzen
hinabeilt.
Alle Höhen aus dem Bergcircus um ihn gehören jenem Zuge an,
der von der zwischen Langtaufers, Matsch und Schnals gelegenen 11805
W. F. hohen Weisskugel oder hinteren Wildeisspitze bis zu der 11911
W. F. hohen Wildspitze zwischen Ötzthal und Pitzthal reicht, und mit
Recht als der Hauptstock des Ötzthalereisgebietes angesehen wird, weil
von ihm die grössten Ferner in das Pitz-, Ötz-. Kauner-, Langtauferer-,
Matscher- und Schnalserthal hinabströmen.
Von den Spitzen aus dem höchsten Rande des Hochvernagtferners
ist nur der Platteykogel mit Sicherheit zu bezeichnen, in der Benennung
aller übrigen herrscht eine grosse Unsicherheit.
So hat mir Nico dem in der nördlichen Umwallung eine Schwarze
Wand genau bezeichnet. Nach den Sectionen der k. k. Generalstabs-
karte würde jedoch die Schwarze Wand nicht auf dem Grate über dem
Hochvernagt-, sondern schon jenseits auf dem Gepatschferner stehen. Ein
Fluchtkogl erscheint in der Anich'schen Karte in der Nähe dieser Schwarzen
Wand, ohne dass ihn Nico dem kennt, oder eine mir bekannte neuere
Karte diesen Namen enthält. Selbst den Pröchkogl finden wir in manchen
Karten an dem östlichen Rande des Hochvernagts, allein er stand nicht
auf der für uns sichtbaren Uinwallung. welche wir für die höchste halten
mussten, wobei freilich nicht unbemerkt bleiben darf, dass sich nur aus
einem Alles ringsum beherrschenden Standpuncte beurtheilen lässt, durch
welche Linie ein Gebiet zu oberst begränzt ist, weil oft Höhen aus
tieferen Puncten betrachtet die Gestaltung eines selbständigen höchsten
Kammes annehmen, die sich doch in der That nur als Abhänge einer
anderen grösseren Erhebung classificiren lassen.
Nico dem wies mir drei Einsattlungen im nördlichen Kamme über
dem Firnmeere unseres Gletschers, über welche auf die beiden jenseits
des Kammes in die Thäler Kauns und Pitz sich senkenden Ferner Ge-
patsch und Sechsegerten *) zu kommen möglich ist, und zwar über die
östliche davon auf den Pitzthaler Sechsegertenferner, über die beiden west-
lichen dagegen auf den Kaunser Gepatschferner, und aus den letzteren
ist wieder die westliche, jene an der Schwarzen Wand, von Nico dem
bisher stets bei seinen Wanderungen über den Gepatschferner benutzt
worden.
Unser Ziel war daher die östliche Scharte.
Um uns ihr zu nähern, schritten wir zuerst eine geraume Zeit
lang über die steilen Grasabhänge, Erdbrüche und Schuttfelder, mit welchen
der Platteykogl auf seiner West- und Nordwestseite auf den Hochvernagt-
*)Egerten ist gleichbedeutend mit Tagewerk.
Uebergang aus d. Oetzthale iü d. Pitzlhal über d. Hochvemagt- u. Sechsegeiteiiferner. 141
ferner herabreicht, schräge aufwärts, dann hatten wir grösseres Steinge-
rölle und zuletzt Felsenpartien zu überklettern. Als wir schon in die
Nähe des Firnmeeres und zwar bereits der höchsten, unmittelbar zur
Scharte aufwärts steigenden, Mulde desselben gekommen waren, bot die
Ueberschreitung eines Firnfeldes, das vom Platteykogl bis tief hinab in
die Felsschluchten an den schwarzen Kegeln mit sehr steiler Neigung
hängt, vorzüglich wegen des festen Gefüges seiner Oberfläche einige
Schwierigkeit dar. Als jedoch diese Wand überwunden war, und wir die
oberste Fläche des Firnmeeres damit gewonnen hatten, waren zwar stel-
lenweise, besonders an den tieferen Stellen des Firnfeldes, die Klüfte
zahlreich, allein die Härte des Schnees liess uns bequem fortschreiten.
Nico dem war jetzt schon wieder ganz Führer auf einer grossen Ex-
pedition geworden, so dass er meinen Zuruf „der Schnee trägt nicht"
lachend mit den Worten erwiderte „der tragt ja gut."
Wir kamen unserer Scharte immer näher. Sie scheint an der
äussersten nordöstlichen Ecke des Firnmeeres zu sein, obgleich, wie
erwähnt, die uns zur Rechten noch hundert Klafter das Firnfeld über-
ragenden Spitzen auf dem Kamme möglicherweise noch nicht die höchste
östliche Begrenzung desselben darstellen , in welchem Falle dann die Scharte
nicht vollständig an die nordöstliche Ecke zu setzen ist.
Erst das Hinaufsteigen über die letzte sehr steile und aus festem
Firnschnee bestehende Erhebung zur Scharte war bedenklich, doch halfen
einige mit der Spitze des Bergstockes an den gefährlichsten Stellen in
das Eis eingestossene Fusstapfen darüber hinweg, und um 8 Uhr standen
wir glücklich auf der Kammhöhe.
Das schöne Wetter hatte sich vollständig erhalten. Die Sonne schien
warm aus. Doch strich hier mitten zwischen den Fernern eine so kühle
Luft, dass wir uns gerne in den Schutz der Sonnenstrahlen und der
nächsten Felsen stellten. Unser Erstes war, den Weg in das Pitzthal in
Augenschein zu nehmen. Da öffnete sich denn folgendes Bild: Die Scharte
senkte sich allmählich auf eine wellenförmige Eisfläche, welche nach Links
und vorne zu langsam anstieg. Darüber ragte zur Linken, von der
Scharte weg in nördlichem Laufe, ein Eisrücken steil auf. Rechts dagegen
setzte das Eisfeld fort, bis es gegen unsern Standpunct zu von den
Vorsprüngen des Kammes, worauf wir selbst uns befanden , begrenzt wurde
Gerade vor uns aber erhob sich mitten aus der Eisfläche unter uns ein
breiter Felsrücken. Hart an ihm liefen beiderseits offenbar Schluchten in
die Tiefe des Pitzthales, das in seinem Zuge durch die mit unserm
Hochkamm parallele Kette der jenseits des Thalbodens liegenden Berge
gezeichnet war. Diese Berge waren grossentheils mit Gletschern bedeckt
und bildeten in der Richtung gegen Südwesten, also für uns gegen Links
unverkennbar als Thalschluss eine bis zum obersten, gegen die nordöst-
licheren Höhen etwas herabgedrückten, Bergrande mit Gletschern ausgefüllte
Bucht, welche bis dahin sichtbar war, wo sie der erwähnte Eisrücken
links von unserer Scharte und darunter das Schneefeld zu unsern Füssen
abschloss.
Ein grosses aber wahrhaft frostiges Hochalpenbild lag so vor uns !
Nico dem nannte den Felsrücken vor uns mitten zwischen den Fernern
den Pitzthaler Urkund. In der Section des k. k. Generalquartiermeister-
stabes erscheint allerdings eine Urkundpitze in dieser Gegend, aber sie
würde sich näher unserer Scharte, links schon in der Abdachung des
142 Dr. Antun v. Kuthner.
Gepatschferners als höhere Stufe und oberste Kuppe des Eisröckens
befinden, der links von der Seharte weg nach Norden zieht. Der in
Rede stehende Felsnicken dagegen ist in derselben Karte Umrichkogl
benannt.
Nicodemus' Angabe hat die Loealgültigkeit für sich, denn im
Pitzthale wird dieser Rücken in seiner ganzen bedeutenden nordöstlichen
Breite der Urkund genannt, und mag der Umrichkogl die Bezeichnung
einer einzelnen Spitze desselben sein.
Die Berge jenseits des Thalbodens von Pitz sind der im südwest-
lichen Hintergrunde des Thaies gelegene Blickspitz und vordere Öhl-
grubenspitz. Letzterer ist für uns der äusserste sichtbare Berg nach
Links zu, weil der noch südwestlichere hintere Öhlgrubenspitz durch den
nahen linken Eisnicken gedeckt ist. Am vordem Öhlgrubenspitz links
zeigt der Kamm gegen Kauns die grösste Senkung, und über sie führt
zwischen den beiden Ohlgrubenspitzen der Öhlgrubenweg aus dem
hintersten Pitzthale zur Gepatschalpe im Kaunerthale, nachdem er vorher
lange am Rande des den uns bekannten Thalschluss einnehmenden Sechse-
gertenfemers aufwärts gestiegen ist.
Wie die Schlucht links hart am Urkund durch einen Zufluss des
Sechsegertenferners, der diesem Gletscher aus dem Eisgebiete um uns,
dem Eisrücken links von der Scharte und den Firnfeldern in der Höhe
zwischen diesem Rücken, unserer Scharte und den höheren Felsparthien
des Urkunds zukömmt, so ist jene rechts vom Urkund von einem Zu-
flüsse und dann weiter nach rechts vom Hauptstrome des grossen Tasch-
achferners ausgefüllt und zu ihm senkt sich auch die Eisfläche unter der
Scharte auf ihrer rechten Seite hinab.
Auffallend war die ganz verschiedene Farbe des Urkunds gegenüber
jener der übrigen Pitzthalerberge. Während sie alle rothbraun sind, ist
er vollständig graugrün, und das veranlasste Nicodem zu der Bemer-
kung „der Urkund müsse ein gar Alter sein."
Doch hat sich später herausgestellt, dass alle diese Berge aus Glim-
merschiefer bestehen, an dessen verschiedener Färbung grössere Eisenhäl-
tigkeit und verschiedenes, aber dann jüngeres, Alter des Urkunds die Schuld trägt.
Unser Blick konnte jedoch über die hohe Umgebung weg theil-
weise auch in die Ferne schweifen, und Kompass, Landkarte und Fern-
rohr Hessen mich in den verschiedenen entfernten Höhen gegen Nord-
westen einen Theil der Bergkette auf der Westseite des Kaunerthales
und darüber die Bergreihe zwischen dem Inn und dem Thale Paznaum
im Zuge über das Spianjoch zum Gribetle und bis zum Jamthalerferner,
wieder überragt von westlicheren Fernern über dem vorarlbergischen
Thale Montafun erkennen. Gegen Nordosten lagen einige Höhen zwischen
Pitzthal und Ötzthal vor uns, darunter die durch ihre ausgezeichnete
Form leicht erkennbare hohe Geige, ja im Norden blickten aus weiter
Ferne und aus der Kette der nördlichen Kalkalpen der Muttekopf und die
Heiterwand bei 1ms zu uns herüber.
Die grösste Zahl von Hochspitzen aber führte uns der Süden vor.
Hier ragte im strengen Süden der Similaun, neben ihm der Mutmat- und
Röthenspitz aus dem Spieglerthale auf, dann uns näher herwärts über
dem Hochvernagt die Wildspitze, der Pröch- und Platteykogl, endlich gleich-
falls in nicht grosser Entfernung südwestlich eine mächtige Spitze aus
der Ötzthaler Eiswelt.
Uebergang aus d. Oetzthale in d. Pitzthal ober d. Hochvernagt- und Sechsegeitenferner. 1 43
Wir hielten sie Anfangs für die Weisskugel, gingen jedoch nach
genauerer Orientirung von dieser Meinung dahin ab, dass wir es mit der
Hochvemagtwand am Hintereisferner zu thun hätten. Allein auch am fer-
nen Horizont fehlte es in südlicher Richtung nicht an sichtbaren Spitzen,
indem dort die Ferner aus Ulten und Martell bis zum Monte Cevedale
in ihrem weiten Schneemantel rechts vom Similaun erglänzten.
Der Platteykogl diente mir dazu, die Höhe unserer Scharte zu be-
stimmen, und ich glaube dieselbe um ein paar Hundert Fuss niedriger
als die mit 10240 P. F. gemessene Spitze des Platteykogls, daher mit
10000 — 10200 W. F. annehmen zu sollen. Ungefähr die gleiche Höhe
hätte nach Nicodemus' Behauptung und meiner eigenen Beurtheilung
der höchste Uebergangspunct auf den Gepatschferner bei der schwarzen
Wand.
Nach einer Stunde, die mir mit der Diagnose der einzelnen Berg-
spitzen schnell verflossen war. machten wir uns auf den Weg abwärts
nach dem Pitzthale.
Nie ödem erklärte nun, wir müssten auf der linken westlichen
Seite des Urkunds auf den Thalboden zu kommen suchen, denn vor 29
Jahren hätten er und sein Vater auf der rechten Seite des Berges, und
zwar weil über den Taschachferner wegen dessen Zerrissenheit sich kein
Ausweg dargebothen hätte, über die Wände hinabkletternd nur mit der
grössten Gefahr das Thal erreicht.
Wir schritten daher von der Scharte auf das Schneefeld und über
dasselbe dem Urkund zu. Die eisige Erhebung zur Linken zeigte sich
mit jedem Schritte gegen vorne und das Pitzthal zu von immer staunens-
wertherer Wildheit. Das Eis fällt in den grossartigsten Abstürzen gegen
unsern Weg von Terrasse zu Terrasse herab. Diese Eismassen gehören
unzweifelhaft dem Eiskolosse Gepatsch an; ob sie aber von der obersten
Höhe seines östlichen Grenzrückens und der Urkundspitze der General-
stabskarte unmittelbar herabfliessen , oder dazwischen noch grössere Eis-
mulden liegen, lässt sich aus den Karten nicht mit Sicherheit ersehen.
Ich hatte wiederholt den Wunsch ausgesprochen, eine Höhe auf
der linken Seite von unserem Wege zu erreichen, von welcher sich der
Gepatschferner überblicken lasse. Jetzt aber zweifelte ich nicht mehr
daran, dass Nicodem Recht habe und man dazu in das Pitzthal hinab-,
und auf dem Oehlgrubenwege wieder hinansteigen müsse. Denn, war von
einer Ueberschreitung der nahen linkseitigen Abstürze selbstverständlich
keine Rede, so Hess sich auch, jemehr man den halbrunden Schluss des
Pitzthales mit dem Sechsegertenferner überblickte, kein Weg denken, auf
welchem unmittelbar von unserem Standpuncte auf dem Firnfelde an dem
obern Felsgebiet des Urkunds aus auf die Schneide zwischen Pitz und
Kauns zu kommen wäre.
Wir waren inzwischen hart am Urkund angelaugt. Schon jetzt zeigte
es sich, dass der Ferner auf der Westseite an den Felsenmassen des
Berges sich sehr steil zur Tiefe senkt. Ich stimmte zwar dafür, so lange
als möglich auf dem Eise zu bleiben, denn die Klippen des Urkunds
waren durchgehends senkrecht und verwittert anzusehen. Allein Nicodem
versicherte, das gehe nicht an, wir kämen in zu wilde Eisabstürze und
müssten jedenfalls einen Weg über den Urkund suchen.
So betraten wir denn die Felsen dieses Berges. Nicodem löste
sich vom Seile los, durch welches wir über die Schneefelder von der
144 Dr. Anton v. Ruthnet.
Scharte wog verbunden waren, und schritt voraus, um den Weg auszu-
kundschaften. Leander und ich behielten das Seil um den Leib, Hessen
jedoch zwischen uns einen Zwischenraum an demselben von mindestens 5 Klafter,
damit wir uns bei einem Sprunge oder einem rascheren Hinabsteigen an den
steilsten Stellen der Wände nicht wechselseitig gefährdeten.
Ich schritt voran, Leander hinterdrein. Und nun ging es eine
Stunde lang im Felsenlabyrinth des Urkunds zuerst hoch hinauf, dann
hinab auf den Sechsegertenfernor unter Gefahren, welche erlebt, nicht
beschrieben werden wollen.
Die Steine kollerten und sprangen bei jedem Tritte über die Fels-
wände und Klippen unter uns und über die Eislappen zwischen ihnen
hinab. Wir selbst hatten nicht selten die Aufgabe, ihrer Bahn zu folgen,
nur dass wir die Art ihres Hinabkommens nicht zu der unsrigen machen
durften. Es erheischste alle Gewandtheit und Kraft des Körpers, um sich
in schmalen Felsenritzen über den Abgründen zu erhalten, oder auf dem
oft bloss handbreiten Rande mit den Zacken der Steigeisen Fuss zu fas-
sen, nachdem wir uns nur mittelst des trotz seiner Länge von 6 Schuh
bisweilen zu kurzen Bergstockes auf ihn durch eine Felsenklamm hatten
hinabgleiten lassen. Fast noch schwieriger aber wrar es, die steilen Eis-
rinnen zwischen den Felsen ohne Ausgleiten zu überschreiten. Nie ödem
ging schweigend voran, von Schritt zu Schritt nach einem Auswege aus
dem Wirrwarr der wilden Klippen spähend, und wenn er auch ein paar
Mal Abänderungen an der von ihm genommenen Richtung, welche ich ihm
vorgeschlagen, nachdem ich von einem Vorsprunge die nächsten Partien
überschaut hatte, annahm, in der Regel traf er mit dem glücklichsten
Bergtakte die beste oft einzige mögliche Stelle, um abwärts zu klettern.
Manchmal gab nur der Lärm der in die Tiefe stürzenden Steine
die Richtung an, in welcher ich dem durch eine Felsenecke mir unsicht-
bar gemachten Führer zu folgen hatte. Leander dagegen, selbst ein
vortrefflicher Bergsteiger, war Anfangs so aufmerksam, wenn er sah, dass
ich auf einer bedenklichen Stelle angelangt sei, das Seil besonders in
Acht zu nehmen, bis ich, überzeugt davon, dass hier Jeder für sich
selbst am besten sorge, und das Seil zwar eine moralische Unterstützung
sei, jedoch bei einem Sturze des Einen an einer gefährlichen Stelle den
Andern bloss auch gefährde, ohne bei der Länge, in der es zwischen
uns lose hinabhängen musste. den Ersten vor Zerschmettern zu schützen,
ihn auf sich selbst bedacht zu sein hiess und wir nun ganz unbeirrt
durch einander unsern Weg verfolgten.
Als wir aber endlich die letzte Schneefläche des furchtbaren Ur-
kunds glücklich hinabgestiegen, und seine letzte Wand hinabgeklettert
waren, und am Rande der Seitenmoräne des Sechsegertenferners Halt
machten, blickten wir uns alle drei mit einer Miene an, welche die
grösste Befriedigung darüber ausdrückte, dass dieser Weg ganz ohne
Unfall zurückgelegt worden sei. Am frohesten war sicher Nie ödem, der
mir lachend die Versicherung gab, wenn er in seinein Leben noch ein-
mal über den Pitzthaler Urkund gehen müsse, so würde er doch wrieder
wie vor 29 Jahren auf der rechten Seite hinabsteigen, da der neue Weg
noch viel schlechter als der alte wäre.
WTir lagerten an einem flachen Moränenblocke, hielten uns jedoch
an dieser Stelle nur kurze Zeit auf, weil Nico dem meinte, er kenne
einen viel schöneren Platz zu längerer Rast. Nicodem machte mich noch
Uebergang aus d. Üetzthale in d. Pitzthal über d, Hochveinagt- und Sechsegerlenferner. 14ü
insbesonders auf ein wahres Chaos wirre über einander gehäufter Eis-
blöeke in geringer Entfernung von uns aufmerksam und meinte, da diess
das unterste Ende des Absturzes jenes Seitengietsehers an der West-
seite des Urkuud sei, über welchen ich habe auf den Sechsegertenferner
herabsteigen wollen, so wäre es doch gut gewesen, dass wir lieber die
Felsen des Urkund nicht gescheut hätten. Dagegen liess sich nichts ein-
wenden, denn, weil dieser Zufluss des Sechsegertenferners mit dem
Ferner selbst fast unter einem rechten Winkel zusammentrifft, so sind
die Eismassen hier so verworren über einander gethiirmt, dass ein Herab-
kommen über sie fast eine Unmöglichkeit sein dürfte.
Wir warfen noch einen langen Blick auf unsern, freilich hier nur
in seinen untersten zahmeren Klippen sichtbaren, Freund Urkund zurück
und machten uns an unsere nächste Aufgabe, auf die Fläche des Sech-
segertenferners emporzusteigen.
Nach einem allerdings nicht beschwerdelosen Ueberklettern der ge-
waltigen östlichen Seitenmoräne des Ferners waren wir damit zu Stande
gekommen, und da der Ferner schneefrei war, daher alle Klüfte olfen
lagen, wanderte es sich gut und sicher auf ihm thalabwärts, ja nach
dem Wege über den Urkund schien es mir wahrhaftig, als ginge ich
auf einem Asphalttrottoir.
Die Gestalt des Sechsegertenferners, eines der drei primären Glet-
scher des Pitzthales, dessen Länge Major von So n klar mit 13032 W. F.
angibt, hat nichts Ausgezeichnetes. Doch nimmt der Ferner von dem
Kamme zwischen den zwei Öhigrubenspitzen herab, unterhalb dieser bei-
den Berge den halbrunden Thalschluss in bedeutender Breite und auch
noch eine Strecke nach Aussen hinab die ganze Thalsohle ein. Zwei
grosse Mittelmoränen, welche wir antrafen, beweisen, dass bis hier herab
noch drei Zuflüsse des Gletschers ihre Selbständigkeit bewahrt haben.
Ohne ihn bis an sein Ende zu verfolgen, verliessen wir den Fer-
ner und erstiegen einen an seinem rechten östlichen Bande sich erhe-
benden Hügel. Auf der Höhe desselben befand sich der Punct, welchen
Nicodem zum Buheplatze bestimmt hatte, und die Wahl machte seinem
Geschmacke alle Ehre. Der üppige Basen bot einen angenehmen Sitz,
der Anblick von hier aber kann an Grossartigkeit nur mit wenigen in
den Alpen verglichen werden.
Die Wände der Urkundspitze, bis hieher die rechtseitige Begrän-
zung des Sechsegertenferners, haben an einer Ecke ihr Ende erreicht,
und zwischen dieser und den jenseits in der gleichen Richtung nord-
ostwärts streichenden Hohlwänden mit dem Brunnko<xel öffnet sich die
Thalschlucht, aus welcher sich der Taschachferner, ein breiter glitzender
Eisstrom, in das Pitzthal mit einer Krümmung gegen dessen linke Seite
herauswälzt. Die Massen füllen noch weit hinaus den Thalgrund aus, und
ungeheure Eismauern vermitteln von der Stelle an, wo der Gletscher aus
dem Seitenthale austritt, bis dorthin, wo er die westliche Thallehne
erreicht und unter seinen Gewölben den starken Bach des Sechsegerten-
ferners aufnimmt, die Verbindung der Oberfläche des Gletschers mit der
Thalsohle.
Aber ungleich überraschender noch ist der Anblick seines oberen,
in jenem Seitenthale gelegenen Theiles.
Hier fällt er in grosser Breite und mit ungezähmter Wildheit seiner
Gebilde von dem hoch in den Lüften flimmernden Gipfel der Wildspitze
Mittheilungen der k. k. geogr. Gesellschaft. III. Bd. 2. Heft. *
140 Di'. Anton v. Ruthner.
und des Prochkogels bis in die Thaltiefe, also mehrere tausend Fu9s tief
in einem einzigen ununterbrochenen Abstürze herab. Mögen sich Glet-
scherthäler dazwischen befinden, vom Thale aus sind sie nicht sichtbar.
Ich habe niemals einen imposanteren Gletscher-Absturz gesehen, als den
Iliesenkatarakt des Taschachferners, und war wirklich in Anschauung des
unvergleichlichen Anblicks versunken, als Nicodem diess bemerkte und
mir die Versicherung gab. so etwas hätte ich auf dem Gepatschferner
nicht gesehen. Ich bezweifle die Wahrheit dieser Worte nicht, denn
wenn auch der Gepatschferner durch seine Grösse imponiren mnss, so
erreicht er nach den Gecoralstabssectionen nirgends eine solche Gross-
artigkeit der Abstürze, wie der Taschachferner.
Uebrigens gehört letzterer nicht nur zu den primären Gletschern des
Ötzthales, sondern auch seiner Ausdehnung nach zu den grössten Fernern
desselben, da er eine Länge von 20232 W. F. hat.
Es dauerte noch eine geraume Zeit, bis ich an den Aufbruch dachte.
Wir genossen auf dem weichen Rasen hingestreckt von unserem Mund-
vorrathe, und freuten uns des warmen Sonnenscheins und der lieblichen
Alpenblumen, welche uns jetzt, wie früher Felstrümmer und Gletschereis,
rings umgaben. Mich aber entzückte stets von Neuem der Wunderbau
von Eis, den die Natur im Taschachferner in Riesendimensionen geschaf-
fen hat, ohne dabei das Gesetz der Schönheit zu verletzen.
Aber auch von dieser Stelle musste zuletzt geschieden werden.
Unser Hügel senkte sich gegen Norden sehr steil und hie und da in
Felsdurchbrüchen bis auf den Thalboden hinab, und so wurde manche
Stelle auf den Felsen überschritten, welche uns zu anderer Zeit nicht
ungefährlich erschienen wäre, heute jedoch nach de'm Wege über den
Irkund höchstens einige Vorsicht hervorrief.
Den Thalgrund selbst verliessen wir bald wieder, um die Oberfläche
des Taschachferners zu gewinnen, auf welche wir jedenfalls mussten, weil
ein Ueberschreiten des Gletscherbaches des Sechsegertenferners die beim
Abgang einer Brücke unerfüllbare Redingung war, unter welcher wir allein
schon jetzt die linke Thallehne hätten erreichen können. Aber die viel-
fach geborstenen Eiswände, längs denen wir zwischen Moränenblöcken
oft von gewaltiger Grösse fortwanderten, hatten eine solche Höhe, dass
als ich sie mit 40 Klafter schätzte , beide Führer diese Schätzung als
zu niedrig verwarfen. So hatten wir lange zu suchen, bis wir eine Stelle
fanden, an welcher wir über den Schutt und bei minderer Steilheit der
Eismassen die Fläche des Gletschers erklimmen konnten. Einmal oben
fanden wir, da auch dieser Gletscher schneefrei war, das Gehen darauf
so angenehm, dass wir es vorzogen, auf ihm fortzuwandern, obwohl uns
jetzt der Uebergang vom Eisfelde auf die westliche Thallehne möglich
gewesen wäre.
Wir schritten in bedeutender Entfernung von einander vor und
bereits winkte die grüne Matte am Ende des Gletschers nicht weit vor
uns, als sich uns ein unerwartetes Hinderniss entgegenstellte.
Die Gletscherzunge war schon in einiger Entfernung vor ihrem
Ende gegen dieses zu steil geneigt geworden und es bedurfte aller
Hülfe des Rergstockes und eines festen Trittes, um ohne auf dem Eise
auszugleiten, abwärts zu gelangen.
Da sah ich plötzlich Nicodem, welcher voraus war, unterhalb
meiner stehen bleiben, dann höchst vorsichtig mit einer Ausbiegung nach
Uebergang aus d. Oetzthale in d. Pitzthal über d. Hochveinagt- und Sechsegertenferner. 147
rechts weiter hinabsteigen. Ich folgte und gewahrte unten eine grosse
Eisspalte, die sich weithin von links nach rechts quer über den Glet-
scher zog und der nur unvollkommen auszuweichen war, weil sogleich
an ihrem Ende rechts der Abfall zu steil war, um weiter rechts hinab
zu können. Ich folgte auf dem Wege, den Nie ödem eingeschlagen
und gelangte glücklich zu demselben jenseits der Kluft, von wo aus er
seinen Bergstock zum Schutze für mich an der Stelle eingesetzt hatte, an
welcher ich mit dem letzten Tritte den Rand der Kluft erreichen musste.
Als Leander über uns sichtbar wurde, riefen wir ihm zu, sich
wegen der Kluft in Acht zu nehmen, und er that es zwar, indem er
sich gleichfalls nach rechts wandte.
Weil er aber die letzte Strecke über der Kluft nicht vorsichtig
herabstieg, sondern am Bergstocke abfuhr, kam er doch um ein paar
Fuss zu weit links und in den, wenn auch nur mehr schmalen Ausgang
der Spalte und dadurch soweit zum Falle, dass er sich die flache Hand,
ähnlich wie ich mir die meinige beim Uebergange über das Firnfeld
unterhalb des Platteykogels, an den Eiskrystallen tüchtig zerschnitt. Allein
das war kein Gegenstand weiterer Beachtung. Das übrige Stück des
Eisabhanges zeigte keine Spalten und endete auf kleinerem Gestein und
wir fuhren daher lustig am Bergstocke über das Eis hinab und waren
damit mit der Gletscherwanderung für heute vollständig zu Ende.
Nach einigem Klettern über die Stirnmoräne des Ferners trafen
wir auf ganz guten Weg, denn bis zum Ferner gehen hier die Kühe
und ein sichereres Zeichen eines guten Weges gibt es im Gebirge nicht.
Die Berge über Mittelberg und Planggeros, aus letzteren besonders
der Puikogl hoch aufragend, traten uns bpreits immer näher, schon lang-
ten wir bei der Stelle an, wo eine Brücke über den Bach und zu den
an dessen linkem Ufer gelegenen Hütten führt, und sich zugleich der
Weg zuerst durch dünnen Wald zu dem Weiler Mittelberg senkt und
— abermal lag ein Prachtgemälde, der Mittelbergferner vor uns. Nico-
demus hatte Recht, wieder zu mir zu sagen: „Das hätten Sie auf dem
Gepatsch nicht gesehen."
Dort wo das Pitzthal, nachdem es lange Zeit von Norden nach Sü-
den gelaufen, eine südwestliche Richtung annimmt, öffnet sich an der
südlichen Ecke zwischen den Pfeilern Puikogl und Mittagskogl ein Seiten-
thal, mehr wie eine breite Ausbiegung des Hauptthaies.
Auf grünem Anger liegt darin der aus zwei Heusern, die jedoch
ein einziges Dach unter sich verbindet, und ihren Nebengebäuden beste-
hende Weiler Mittelberg.
Einige hundert Schritte davon entfernt endet der Mittelbergferner,
der würdige Nebenbuhler des Taschachferners.
. Er besteht aus drei grossen Stufen. Ueber die oberste ziehen ihm
die Eismassen von rechts und links in starker Neigung, doch rioch als
glatte Strome zu. An der mittleren angelangt, stürzen sich die vereinten
Gle'tscherströme in breiter Cascade hochaufschäun^nd in den abenteuer-
lichsten Formen auf die dritte herab, auf welcher sie sich dann als ver-
einter Eiskörper in der Richtung vornehmlich gegen die östliche Thal-
lehne ausdehnen, bis sie allmählich in muschelförmiger Neigung und mit
stattlicher Terminalhöhle auf dem Mittelberger Grasboden enden.
148 Pr. Anton v. Ruthner.
Die grünen Abhänge einerseits auf dem Wege zum Söldnerjöchl
andererseits des Mittagskogels bilden den Rahmen des Bildes, in dessen
Hintergrunde zwei mächtige Kuppen des Felsgebirges zwischen dem Mittel-
berger- und Rettenbach-Thale mit kahlen Wänden und Eisrändern daran
aufragen.
Wenn Herr Major von Sonklar in seiner erwähnten Abhandlung
die Tiefe des Absturzes mit 1000 Fuss annimmt, und bemerkt, dass mit
dessen Wildheit und grauenvoller Grossartigkeit sich kaum eine andere
Erscheinnug in der ganzen Eiswelt unserer Alpen vergleichen lässt, und
die Eisnadeln der Pasterze am hohen Sattel gegen diesen Eiskatarakt nur
ein zahmes Schauspiel der Natur nennt, so scheint mir dem Taschach-
ferner nicht sein volles Recht geworden zu sein. Denn bei weit
grösserer Höhe und Breite ist der Absturz dieses prachtvollen Ferners
noch überraschender und wilder, als jener des Mittelbergferners. Was
dagegen Herr von Sonklar über die Pasterze im Zusammenhalte mit
dem Mittelbergferner erinnert, ist so buchstäblich wahr, als nichts desto
weniger der Pasterzengletscher sich noch immer ebenbürtig neben dem
Mittelbergferner behaupten wird. Die Pasterze, der Taschachferner und
Mittelbergferner vertreten so ziemlich, jeder der drei Gletscher in seiner
Art, das Vollkommenste, was die Alpen an Gletscherherrlichkeit aufweisen,
und soll ihr Character mit einem Worte bezeichnet werden, so möchte
ich als das hervorragende Element der Pasterze die Schönheit, als jenes
des Mittelbergferners die Erhabenheit und als das des Taschachferners
die grossartige Wildheit nennen, ohne dass einem aus ihnen die vor-
herrschenden Eigenschaften der beiden andern Gletscher gänzlich fehlen
würden.
Auch der Mittelbergferner entströmt dem mehrerwähnten Gletscherkerne
zwischen der VVeisskugel und der Wildspitze und zählt, da er von der
Wildspitze bis in das Thal von Mittelberg eine Längenachse von 24744 W. F.
hat, zu den längsten Gletschern des ützthales, sowie er der dritte und
bedeutendste primäre Pitzthalerferner ist.
Nicht minder ist die Tiefe von o500 W. F., in welcher er endet,
eine seltene in unsern Alpen, obgleich keine unerreichte, indem z. B.
der Trafoi- oder untere Ortlesferner, dann das Waxeggerkees im Zemm-
grunde, letzteres nur in geringer Entfernung von der Waxeggerhütte,
in gleich grosser oder noch grösserer Tiefe ihr Ende erreichen.
Wir waren in Mittelberg 10 Stunden nach unserem Aufbruche von
Rofen angelangt, und zwei Stunden davon waren auf den Ruheplätzen, auf
dem Kamme über dem Hochvernagtferner und auf dem Hügel zwischen dem
Sechsegerten- und Taschachferner, zugebracht worden.
Die Sonne brannte jetzt in den Mittagsstunden tüchtig, und es
wäre uns desshalb erwünscht gewesen, Milch zu erhalten.
Allein unser Pochen und Schreien vor dem Mittelberger Doppelhause
blieb erfolglos. Nico dem machte sich also auf, um Jemanden auf den nahen
Wiesen zu finden, und es dauerte nicht lange, so kam er wirklich mit
einer Pitzthalerin, oder nach seiner Redeweise Pitzenthalerin zurück.
Das Mädchen war von auffallend hübschen Gesichtszügen, aber klein
und so zart gebaut, dass ich glaubte, sie sei etwa 16 oder 17 Jahre
alt, wogegen Nicodem versicherte, sie werde auch nicht noch einmal
Uebergang aus d. Uetzthale in <1. Pitzthal über d. Hochvernagt- und Sechsegertcnferner. 149
20 Jahre alt werden. Nun bekamen wir Milch im Ueberflusse. Wir
hatten die „Jochleute" schon vollständig abgestreift, und lagen in rein mensch-
licher Stimmung, behaglich unsere Cigarren rauchend, vor dem Hause im
Schatten eines Nebengebäudes und im weichen Grase.
Die Nähe des Gletschers liess ihn an dieser Stelle mit Müsse in
allen Einzelnheiten betrachten, und bald drängte sich dem Freunde des
Gletscherwassers die Betrachtung auf, dass es hier so recht eigentlich
von erster Hand getrunken ganz vorzüglich sein müsse. Ich eilte also
zum nahen Bache, um mich an dem köstlichen Nass zu erquicken, und
hatte eine wirklich kindische Freude daran, als, während ich eben mit
dem Becher Wasser schöpfte, ein grosses Stück Eis mir so nahe ge-
schwommen kam, dass ich es auffischen und das e/götzliche Spielwerk
den Brüdern Klotz bringen konnte.
Nach etwa einer Stunde Bleibens machten wir uns auf den Weg
nach Planggeros, das auf dem ebenen Thalboden in der Entfernung von
kaum einer Stunde vor uns lag.
Das Pitzthal, 11 Stunden lang und somit eines der grössten Seiten-
thäler Tirols , wird im Ganzen als an Naturschöuheiten dem Ötzthale
zurückstehend bezeichnet. Ich kenne das übrige Pitzthal nicht. Hier am
Schlüsse des Hauptstammes hat es jedoch, ohne gerade unschön zu sein,
wirklich keinen besonders mahlerischen Beiz. Der Thalboden ist allerdings
breit, woher auch der Name Planggeros, planum grossum, abgeleitet
wird, und mit Wiesen und nur stellenweise mit Sand vom Bache bedeckt.
Allein eben der Abgang jeder Unebenheit in der Thalsohle macht, im
Gegensatze mit den fast wie riesige Mauern und gleichfalls ohne aus-
gezeichnete Formen aufsteigenden Bergen, worunter im Osten die hohe
Geige und der Puikogl, im Westen der Hochkogl und Grubkogl die be-
deutendsten sind, keinen schönen Eindruck.
In Planggeros, einem nach Trinker 5264 W. F. hoch gelegenen
Dorfe, aus wenig Häusern, dem Widum und der Kirche bestehend, empfing
mich der Herr Curat mit der liebenswürdigsten Zuvorkommenheit, und
im Gespräche mit ihm verfloss mir der Nachmittag auf die angenehmste
Weise.
Ich erfuhr von ihm, dass jährlich doch ein oder ein paar Mal
Fremde durch das Thal kommen , gewöhnlich um über den Öhlgruben-
weg nach der Gepatschalpe oder über das Jöchl nach Sölden zu gehen.
Ueber meinen Weg aber theilte er mir mit, dass einer alten Erzählung
nach nur einmal vor 40 oder mehr Jahren zwei Pitzthaler von Mittel-
berg aus noch Fend gestiegen sind, und zwar ohne dabei Bofen berührt
zu haben, so dass zu vermuthen steht, dass sie den Weg an der Ost-
seite des Urkunds am oder über den Taschachferner genommen, dann
den höchsten Kamm zwischen der Wildspitze und dem Pröchkogel über-
schritten haben und über den Mitterkarferner nach Fend hinabgelangt sind.
Gern hätte ich ein paar Tage im Pitzthale zugebracht, allein die
nächste Aufgabe , die Ersteigung der Wildspitze , rief mich nach Fend
zurück. Ich brach daher am 19. August Früh wieder von Planggeros auf.
Der treffliche Curat des Ortes begleitete mich bis an eine Stelle vor
Mittelberg, wo man den Urkund und die Öhlgrubenspitzen sieht und liess
sich hier zur Mittheilung für jene Pitzthaler, welche sich darum interessiren
1Ö0 Dr. Anton v. Ruthner.
sollten, die beiläufige Richtung zeigen, die wir verfolgt hatten. Nach
herzlichem Abschiede vom Gastfreunde ging es dann dein Suldnerjöchl zu.
In Mittelberg nahm Niko dem von unserer Pitzenthalerin die Seile und
Steigeisen, welche er gestern zurückgelassen, wieder in Empfang, allein
heute konnten wir uns hier nicht länger aufhalten, denn wie gestern am
Ende, standen wir heute erst am Anfange unseres Tagewerkes. Wir
mussten zuerst den Mittelbergferner quer überschreiten, weil der Weg
von dem linken, oder nach wissenchaftlicher Sprache, in welcher das Ufer
eines Gletschers wie jenes eines Flusses nach dem Laufe bezeichnet
wird, vom rechten Rande des Ferners aufsteigt.
Unschwer kamen wir auf die Höhe des Ferners, und auf ihm fort,
trotz seiner nicht geringen Steigung in der ganzen Linie, in welcher wir
ihn überschritten. Dagegen machte es viele Schwierigkeit auf den
felsigen Wiesengrund an seinem rechten Ufer zu gelangen, da er gegen
die Randfelsen zu in eine Menge untereinander durch oft 20 Klafter tiefe
Schluchten getrennter Eisrücken zerrissen ist.
Es musste auf den durch Steine und Schutt am leichtesten gang-
baren Stellen einige derlei unfreundliche Wellenberge und Thäler hinauf-
und hinabgeklettert werden, bis wir nach Ueberwindung des letzten davon
wieder festes Gestein unter unsern Füssen fühlten.
Die nächste Aufgabe kostete mehr Mühe und Selnveiss als ich ge-
dacht hatte. Trotz seines gemüthlichen Namens Jöchle erreicht dieser
Uebergangspunet zwischen dem Pitz- und Ötzthale nach Trink er's Höhen-
messungen die ganz ansehnliche Höhe von 9453 W. F.
Das Aufwärtssteigen über die mit kurzem Grase bewachsene erste
Erhebung war wegen ihrer grossen Steilheit besonders heute bei hell
ausscheinender Sonne höchst mühsam, und es daher nicht zu wundern,
dass die Hände , bei der Nähe , in der sie dem scharf ansteigenden
Boden beständig kamen, zum besseren Hinaufkommen fleissig mitbenutzt wurden.
Nicht minder beschwerlich gestaltete sich der Weg über die Schutt-
halden in den höheren Theilen, wenn man bei jedem Schritte nach auf-
wärts mit den losen Steintrümmern wieder etwas zurücki'ütscht. Nach
diesen Partien wird der Gang in der obersten Strecke über die zahllosen
Steinplatten und grossen Felsstücke, womit der Kamm des Rückens gegen
die Geschrabkögel zu regellos gepflastert erscheint fast zur willkommenen
Aufgabe.
Endlich ist die Jochhöhe an einem Felsen gewonnen, auf welchem
als Kennzeichen einige Steine zu einem Signale aufgeschichtet sind. Doch
ist damit noch nicht der höchste Uebergangspunet am Jöchle erreicht,
allein es erscheint angedeutet, hier etwas Umschau zu halten, denn einen
Schritt weiter, und die bisherige Fernsicht hat sich uns entzogen.
Blicken wir also noch einmal und zwar jetzt von Nordosten gegen
Südwesten auf das grosse Hochplateau , die Geburtsstätte der riesigen
Gletscherdecke zwischen Pitz - und Ützthal. Die Wildspitze ragt mit
feinem Hörne in Mitte der Eismassen alles rings beherrschend, in die
Lüfte. Der Prochkogel, der Mittagskogel, Brunnkogel und die Hohlwände
entsteigen ihnen rechts und links von der Wildspitze. Darüber zurück
aber sehen wir in der Richtung über dem Hochvernagtferner jene mäch-
tige Höhe wieder , welche wir von gestern her als die Hochvernagt-
Uebergang aus d, ÜeUthale in d. Pitzthal überd. Hochvernagt- und Sechsegertenferner. 181
wand kennen , und weiter nach rechts die Berge des Pitzthales bei
Planggeros und im Gebiete des Taschachferners . dann die östliche Be-
grenzung des Kaunerthales und auch ein Gebirgssee fehlt nicht , da ein
Stück des Riffelsees zu uns heraufleuchtet.
Aber auf der Wildspitze, die wir von halber Höhe noch nebelfrei
erblickt , hat sich nun bereits eine Nebelkappe gebildet und im Verein
mit der drückenden Hitze lässt dies einen baldigen Witterungswechsel
besorgen.
Halten wir uns daher nicht zu lange hier auf und eilen wir der
zweiten höheren Scharte zu. Von der ersten Scharte weg wandern wir
etwa 10 Minuten lang über den Pollesferner und beschreiten damit die
Grundlinie eines Dreieckes, dessen Schenkel und Spitze durch die Ver-
längerung und das Zusammentreffen der Felsen gebildet werden, in denen
die beiden Scharten eingeschnitten sind.
So wird man nur mit der höchstgelegenen südwestlichen Ecke des
Pollesferners bekannt , und lernt den Hauptkörper des Ferners nicht
kennen, welcher 8640 W. F. lang , so tief in das bei Hüben in das
eigentliche Ützthal mündende Pollesthal hinabsteigt, dass Herr Major von
Sonklar meint, mit einiger Erweiterung des Begriffes primärer Gletscher
könnte man ihn ohne weiters unter die primären Ferner rechnen.
Wir hatten uns auf der Höhe bald abgekühlt und Hessen uns auf
der zweiten Scharte, dem eigentlichen Jöchle, das zwischen dem Polles-
uud Kettenbachferner gelegen ist, nieder.
Hier bot sich uns die weiteste Fernsicht auf unserem ganzen
Ausflüge dar.
Ausser den Bergen, zwischen denen das Pollesthal eingeschnitten
ist, und unter welchen die hohe Geige mit ihrem herzförmigen Ferner
unter der Spitze und mittelst des Fernrohres ganz gut zu erkennenden
trigonometrischen Signale den ersten Platz einnimmt, erheben sich in der
Nähe die Gletscherspitzen über der Firnmulde des in bedeutender, fast senk-
rechter Tiefe unter dem Jöchle ostwärts Messenden Rettenbachferners,
vornehmlich die Schwarze Schneide zu ansehnlicher Höhe.
Ausserdem liegen in langer Pieihe die sämmtlichen Höhen auf der
Ostseite des eigentlichen Ötzthales vor uns, Da bauen sich die Gebirge
des Grieser- und Stuiben-, des Melach- und Sulzthales und sofort bis
zu den Spitzen des Winacherthales neben einander auf. Die hervor-
ragendste Stelle behauptet der prächtige Lisenzerferner-Kogel und nächst
ihm der Bockkogel und die schneelose Pyramide des Schrankogels. Aus
weiter Ferne dämmern in ihren lichten Umrissen die Kalkmassen der
hohen Mundi und des Karwendelgebirges.
Ich bedauerte sehr, dass über dem Kerne der Stubayergruppe, den
Gletschern zwischen dem obersten Suizthale, dem Stubayer Mutteberg und
dem Winacherthale dichte Nebel lagerten. Diese Nebel sahen sogar der-
art wie wirklicher Regen aus , dass ich bei der geringen Entfernung
des Winacherthales von uns früher, als ich es sonst gethan hätte, zum
Aufbruche mahnte.
Wir mussten jetzt zuerst auf den tiefen Rettenbachferner hinab-
klettern. Unmittelbar Yon der Scharte weg isi der Abfall des Rückens
ein ausserordentlich steiler ; doch schützt seine Steinart , ein sehr fein
i 52 Ar- Anton v. Ruthner.
geplatteter Schiefer, vor einem Abstürze in die Tiefe , weil sich unter
den Füssen des Abwärtssteigenden oder mit dem Bergstocke Abrutschenden
stets eine ganze Schuttmasse zusammenballt.
Ueber den Rettenbaehferner hat Herr von Sonklar dieselbe Be-
merkung gemacht , wie beim Pollesferner , der zu Folge auch er bei
seinem weiten Vordringen in das Rettenbachthal ein primärer Ferner,
das Wort im weiteren Sinne genommen, genannt werden könnte. Nur
steht dem entgegen, dass das Rettenbachthal weit weniger als das Polles-
thal , als eigentliches Thal , sondern vielmehr nur als eine hochgelegene
Thalmulde betrachtet werden kann. Dafür übertrifft der Rettenbachgletscher
den Pollesferner an Länge, indem er 11,880 VV. F. lang ist.
Von dem Puncte, auf welchen wir ihn unterhalb des Joches endlieh
erreichten, fliesst er noch weit hinaus durch das Thal in der Richtung
gegen Sölden und füllt in diesem Laufe die ganze Thalsohle aus. Wir
gingen dort, wo es thunlich war, auf ihm abwärts ; allein gerade auf ihn
war sich weniger zu verlassen, als auf die Pitzthalerferner, weil er im Ganzen
einen stärkeren Neigungswinkel hat, und sich stellenweise sogar plötzlich
so steil senkt, das ein weiteres Hinabsteigen gar nicht möglich ist. Dann
wandten wir uns jedesmal der linkseitigen Moräne und Seitenwand zu,
kehrten aber sobald es thunlich des minder beschwerlichen Gehens wegen
auf das Eis zurück.
Dort wo der Gletscher endet, ist das Rettenbachthal schon ziemlich
wirthlich, und bald darauf kommt man auch zu den ersten Asten oder
Heuhütten.
Heute trafen wir alles voll Menschen , die eben mit der Heuernte
beschäftigt waren. Ich aber trennte mich hier von Nie ödem und
Leander nach getroffener Verabredung, dass sie mich in Heiligenkreuz
erwarten sollten.
Sie hatten nämlich vorgeschlagen , anstatt aus dem Rettenbachthale
nach Sölden hinab-, und dann auf dem Hauptthalwege nach Zwiselstein
und Heiligenkreuz wieder hinanzusteigen, auf der Höhe fort von Retten-
bach über Galslach unmittelbar nach Heiligenkreuz zu gehen.
Nach den Leistungen in den bellen letzten Tagen wollte ich nun
von ihnen gar nicht fordern, dass sie heute noch überflüssige anderthalb
Stunden Weges machen sollten; allein ich für meinen Theil war darauf
angewiesen, nur mehr den, wenigstens relativ, besten, wenn auch weitern
Weg aufzusuchen. Denn meine Beschuhung war schon gestern haupt-
sächlich durch die schneefreien Pitzthalerferner in einen schauerlichen
Zustand gekommen, in Planggeros zwar zur Noth für heute ausgebessert
worden, jedoch in Folge der neuerlichen Berührung mit den Eiskrystallen
des Mittelberg- und Rettenbachferners und mit dem Schutte des Jöchle
in eine so heftige Recidive verfallen, dass die Schäden der Sohlen bereits
das Oberleder ringsum in das Mitleiden gezogen hatten.
Ich liess also den Führern die Tasche und schritt blos mit Berg-
stock und Plaid ausgerüstet Sölden zu. Das Winacherthal von seinen
Fernern, vielleicht vom Hohenferner oder Wozer am Schneeberg, an lag
zwar im Nebel doch in seinen Umrissen bis zur nahen Mündung jenseits
des Thalbodens von Sölden gegenüber, schon öffnete sich ein Hineinblick
in die Gurgler Thalschlucht und auf die Berge über ihr südlich vom Timbels-
joch, den Paukerkogl und das Plattenjoch , und auch der alte Freund
Nöderkogel zeigte sich wieder.
Uebergang aus d. Oetzthale in d. Pitzthal über d. Hochvernagt- und Sechsegertenfemer. 153
Jetzt ragte über der steilen Waldschlucht , durch welche der Ret-
tenbach zur Tiefe schäumt, sogar bereits der Kirchthurm von Sölden vor
mir auf, aber auch der Regen hatte schon den Weg über das Ötzthal
gefunden, und es fielen schwere Tropfen, als ich gegen 1 Uhr in das
Wirthshaus zu Sölden eintrat.
Wir waren von Planggeros um halb 5 Uhr aufgebrochen , mögen
eine starke Stunde auf dem Jöchle verweilt haben , und hatten daher 7
bis 8 Stunden zum Uebergange von Planggeros aus benöthigt.
Als ich mit meinem bescheidenen Mahle zu Ende war , regnete es
noch immer; da es aber auch nicht das Ansehen hatte , als würde es
bald besser werden, so machte ich mich etwas nach halb 2 Uhr wieder
auf den Weg und langte um 4*/4 Uhr im Widum in Heiligenkreuz an.
Leander und Nie ödem waren kurz vor mir eingetroffen und Hessen
es sich schon sehr gütlich geschehen. Ich aber war durch das rasche
Gehen bei Benützung des Plaids zwar nicht vom Regen , aber vom
Schweiss so durchnässt, dass ich mich bald in dem kühlen Zimmer nicht recht
behaglich fühlte und weiter zu gehen beschloss.
Als ich meine Führer fragte, ob sie fortzugehen bereit seien, be-
jahten sie es, und baten mich b\os, sie noch austrinken zu lassen. Allein
es lag eine unendliche Resignation in ihrer Bereitwilligkeit. Ich fühlte,
dass es hart sei, sie aus ihrem Wohlbehagen zu stören und Hess ihnen,
da ich ihrer durchaus nicht bedurfte , vollkommen freie Hand zu bleiben,
wenn sie mir nur bis Abends die Tasche in das Fender Pfarrhaus
brächten.
So ging ich in noch immer strömendem Regen weiter und kam um
7 Uhr Abends in Fend an, das Brüderpaar Klotz dagegen mindestens
um zwei Stunden später.
In diesen Stunden des Verweilens in Heiligenkreuz geschah es,
dass Nico dem voll des Hochgefühles der grossartig vollführten kühneu
That jedoch auch mit frischer Erinnerung an ihre Gefahren, folgende
Notiz in das dortige Fremdenbuch schrieb: „Nie ödem Klotz und Le-
ander Klotz, Fremdenführer über den Gepatschferner und über den
Pitzthaler Urkund. Aber diese wollen nicht mehr Fremdenführer sein über
diese Oerter und man kann ihnen dieses glauben. Bestätiget Nico dem
Klotz, Leander Klotz."
Nie ödem versicherte mich später wiederholt nie mehr über den
Urkund steigen zu wollen; allein es machte ihm doch Freude, immer
wieder davon zu erzählen.
Auch mir ist die angenehmste Erinnerung an diesen Gletscheraus-
flug geblieben. Dennoch schied ich zuletzt nur halb befriedigt aus dem
Ötzthale.
Denn am 20. und 21. August war in Fend so schlechtes Wetter,
dass von der Ersteigung der Wildspitze, ja selbst nur von einer Recognosci-
rung derselben keine Rede sein konnte. Am 21. fiel sogar der Neuschnee herab bis
etwa eine halbe Stunde über dem Dorfe. Ich ging noch einmal zu Nicodem
nach Rofen, sah ihn dann am 22. noch in Fend, aber auf einen Ferner sind
wir nicht weiter mitsammen gekommen, und dies that mir Leid, weil es mir
jedesmal ein wahres Vergnügen macht, einen Gletscher mit Nicodem zu
besuchen, welchen als den kühnsten und erfahrensten Bergsteiger, der mir
jemals vorgekommen ist, zu bezeichnen, ich keinen Anstand trage.
t S4 Dr. Anton v. Ruthner.
Am 22. Nachmittags verliess ich endlich das Pfarrhaus zu Fend, nach-
dem ich beim Abschiede von dem gastlichen Hausherrn und der unermüd-
lichen Pflegerin der Fremden, der Hauserin Lise, meine Wiederkehr ver-
sprochen hatte. Ob und wann sich dies Versprechen wird erfüllen lassen?
Zum Schlüsse sei noch einer in mancher Rücksicht interessanten That-
sache Erwähnung gethan.
Auf der Anich'schen Karte findet sich ein Weg von Rofen nach der
Gepatschalpe mit zwei Abzweigungen nach dem Pitzthale gezeichnet und dabei
die Benennung Öhlgruben Thalweg und Sechsten Weg. Wegen, der mangel-
haften Terrainzeichnung und da insbesonders die Begrenzung des Hochver-
nagtferners ganz unkenntlich ist, lässt sich die Richtung nicht genau ent-
nehmen , in welcher diese Wege gelaufen sind , es erheben sich vielmehr
bezüglich aller drei Wege, die gewichtigsten Fragen. So fragt es sich, wo der
W'eg von Kauns nach Rofen den Kamm über demHochvernagt überschritten haben
kann und wo insbesondere jene Stück dieses Weges durchgegangen sein mag, bei
welchem das Wort Sechsten Weg steht? Und was die Abzweigungen nach
dem Pitzthale betrifft, so kann die westlichere doch nicht den heutigen Öhl-
grubenweg bezeichnen, da dieser letztere aus dem Taschach fast ganz west-
lich geht, ohne den Gepatschferner zu berühren, während jene Abzweigung,
nachdem sie von der Gepatschalpe weg erst lange Zeit in südöstlicher Rich-
tung auf dem Gepatsch fortläuft, auf der Pitzthaler Seite über den Sechs-
egerten Ferner in nordöstlicher Richtung führen müsste , bis sie am Ende
dieses Ferners mit dem heutigen Wege zusammentreffen würde. In welcher
Partie des Sechsegertenferners wäre aber eine solche weite Ausbiegung vom
Pitzthal aus in südwestlicher Richtung über ihn gangbar, und wo käme man
dann auf den Grat über dem Gepatschferner? Wo hat vollends die östliche
Abzweigung von Anich's Kauner-Rofnerwege ihren Lauf gehabt? Ging dieser
Weg wirklich westlich am Urkund, doch etwas weiter von seinen Wänden
weg und bestand damals noch nicht wie jetzt der grossartige Absturz des
Eisrückens , den wir auf der Seharte über dem Hochvernagt links von ihr
nach Norden ziehend, kennen gelernt haben?
Nach Anich's sonstiger Richtigkeit scheint jedoch trotz aller dieser
Zweifel Eines klar aus der erwähnten Zeichnung hervorzugehen : dass
über die Ferner Wege von Kauns unmittelbar nach Rofen und von
Rofen unmittelbar nach dem Pitzthale geführt haben.
Bei dieser Thatsache, hält man sie damit zusammen, dass, wie
schon besprochen wurde, heute Nicodem allein das Geheimniss besitzt,
über den Gepatschferner zu gehen und auch er den Weg in das Pitzthal
allein, und zwar bis jetzt erst zweimal gemacht hat, taucht aber wieder
die interessante Frage auf, woher kömmt es, dass diese früher all-
gemeinen Wege jetzt ganz in Vergessenheit gerathen sind? Dr. Stotter
hält dafür, dass die Veränderungen der Gletscher daran Schuld tragen.
Diese Ursache mag mitwirken; die Gestaltung der Eisflächen wechselt
jedoch von Jahr zu Jahr. Wird ein bisheriger Weg über einen Ferner
nicht gangbar, so kann der Ferner in anderer Richtung zugleich über-
schreitbar werden , ja im folgenden Jahre kann der alte Weg wieder
zu benützen sein. Und doch blieben die fraglichen Wege unbenutzt.
Es dürften daher noch andere Ursachen vorhanden sein. Mag man
auch nicht annehmen , dass unsere Vorfahren mehr Muth als unser
Epigonengeschlecht hatten, so scheint doch eine wesentliche Veranlas-
sung des gänzlichen Verlassens so mancher und auch unserer Glet-
Uebergangaus d. Oetzthale in d. Pitzthal über den Hochvernagt- und Sechsegeitenferner 155
schersteige in der Verbesserung der übrigen Thalwege zu liegen, in Folge
deren die Bewohner lieber auf gutem Wege und gefahrlos ein erkleck-
liches Stück Weges weiter gehen, als auf dem kurzen WTege sich Ge-
fahren auszusetzen , wogegen die alte Zeit bei durchgehends schlechten
Wegen den, wenn auch um etwas gefährlicheren , doch kürzesten Weg
gewählt hat.
Sollte aber ausser dieser mehr culturhistorischen Frage die rein
geographische über die Richtung der alten Gletscherwege von Rofen nach
dem Kauner- und Pitzthale , dann von der Gepatschalpe nach dem Pitz-
thaler Taschach mit einiger Hoffnung auf Erfolg in Angriff genommen
werden wollen, so wäre nach meiner Ansicht vor Allem in den Archiven
vorzüglich jener Bezirke in Vintschgau, zu denen Fend früher gehörte,
nach alten Grenzbeschreibungen und ähnlichen Documenten zu forschen,
um auf Grundlage positiver Daten das festgstellt zu erhalten, was durch die
scharfsinnigsten Combinationen kaum je verlässlich wird sichergestellt
werden können.
XIII.
Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in den Bialowescher-
VVald und über die Auerochsen.
Von
Dr. Franz Müller,
Professor der Zootomie, Zoophysiologie und des Exterieurs am k. k. Thierarznei-
Institute in Wien.
Milgetheilt nach einem amtlichen Berichte in der Versammlung: der k. k. geographischen Geiellschaft
am 5. April 1859.
Im October 1851 wurde mir von dein hohen k. k. Ministerium
für Cultus und Unterricht der schmeichelhafte Auftrag zu Theil, eine
Reise nach dem Bialowescher-Walde im Pruschanschen Kreise des Grod-
noer Governements zu unternehmen, um an Ort und Stelle die Präpa-
rirung eines durch die Gnade Sr. Majestät des Kaisers von Russland
dem hiesigen k. k. Thierarznei-Institute zur Verfügung gestellten Auer-
ochsen vorzunehmen, und die Transportirung desselben einzuleiten.
Ich trat meine Reise am 15. November 1851 an, nahm den Weg
von hier über Krakau an die russisch -polnische Grenze nach Maczky,
und fuhr von dort mittelst Eisenbahn bis Warschau. Das Land von der
österreichischen Grenze angefangen bis Warschau ist meist ganz eben,
nur geringe Anhöhen durchschneidet die Eisenbahn, und an manchen
Stellen findet man ausgedehnte Waldungen mit Sümpfen und Moorgrund
abwechselnd.
Da ich sowohl auf der Hin- als Rückreise mehrere Tage in War-
schau verweilen musste, hauptsächlich des Passes wegen, der gegen einen
russischen umgetauscht werden muss , so hatte ich in der Zwischenzeit
Müsse genug, die Warschauer Spitäler und Sammlungen kennen zu ler-
nen, die mir auch auf die zuvorkommendste Weise zugängig gemacht
wurden.
i 56 Dr. Franz Müller.
Von Spitälern sah ich: Das Spital zum Kindlein Jesu, das grösste
von allen mit etwa 500 Betten, das Syphilis-Spital mit 400 Betten, das
Spital von St. Rochus mit beiläufig 60 Betten, und das israelitische mit
360 Betten.
Vor Allem erlaube ich mir die Bemerkung, dass die Warschauer
Spitäler nicht jene Bewunderung bei mir erregten, von der manche Aerzte
ergriffen sind. Es besticht bei einigen die äussere Erscheinung viel zu
sehr, während das Wesen eines Spitals: Wäsche, Kost, Reinlichkeit,
Wartung etc. gegen die hiesigen und deutschen Krankenanstalten zurück-
steht. Die Gebäude sind meist sehr schön und neu aufgeführt, die Fuss-
böden durchaus mit Wachs eingelassen , und durch alle Säle Teppiche
ausgebreitet; allein die Bettwäsche ist mittelmässig, Matrazen sah ich
in keinem der Spitäler, die Kost ist, sowie überhaupt in ganz Polen,
trotz der üblichen Dampfkochapparate unserer Spitalskost nicht gleichkommend.
Mit dem Spitale zum Kindlein Jesu ist noch ein kleines Gebär-,
Findel- und Irrenhaus verbunden; ich sah die chirurgische Abtheilung
des Herrn Dr. le Brun, der mir mit seltener Zuvorkommenheit die
nöthigen Aufklärungen gab, und mich in die andern Abtheilungen beglei-
tete. In dem ganzen Krankenhause sind 5 Primarien angestellt, deren je-
der 80 bis 100 Betten unter sich hat, und zwar sind 2 Primariate für
interne Kranke, 2 für externe, 1 für das Gebär- und Findelhaus bestellt,
das Irrenhaus ist getheilt.
Im Spital herrschte bei meiner Anwesenheit keine besondere Krank-
heitsform, doch sah ich verhältnissmässig wenig Tuberculöse, desto mehr
Hydropische und an Intermittenz Leidende, wie überhaupt in ganz Russ-
land letztere Krankheitsformen vorherrschen, so weit sich meine Reise
erstreckte. Auf den chirurgischen Abtheilungen herrschten die chronischen
Fussgeschwüre vor, die jedoch nicht sehr rein gehalten waren, und ohne
besondere Methode behandelt wurden. Die Krankensäle sind gross, mit
40 und mehr Betten, letztere stehen enge beisammen, in der Mitte sind
2 Reihen eingestellt, die Bettstätten sind, wie in allen übrigen War-
schauer und Lithauer Spitälern, die ich besuchte, durchaus von Eisen,
die Wäsche mittelmässig, ohne Matrazen mit einer Baumwolldecke und
einem Kopfpolster von Haaren.
Die Aufnahmskanzlei ist ebenerdig, Juden und syphilitische Kranke
sind ausgeschlossen, den Wärterdienst besorgen die grauen Schwestern.
Extrazimmer sah ich in diesem Spitale wenige, weil überhaupt von den
vermöglicheren Polen das Spital nicht so gesucht wird, wie bei uns.
Das syphilitische Spital zu St. Lazarus liegt am Ende der Krakauer-
Vorstadt gegen die Weichsel zu auf einer Anhöhe, ist einen Stock hoch
und umgeben von einem bedeutend grossen, freien Platze, der von einer
ziemlich hohen Mauer umfasst wird, und besteht aus mehreren Gebäuden,
wovon das grösste für kranke Weiber, das kleinere für Männer, ein
eigenes Gebäude zur Wohnung für den Primarius Dr. Porowski und
iüi' die Kanzleien etc. bestimmt ist.
Alle Spitalsgebäude sind neu, und wahrhaft luxuriös, wie überhaupt
alle neuen öffentlichen Gebäude in Warschau, mit ungemeiner Raumver-
schwendung aufgeführt. Gänge, Stiegen und Zimmerböden sind gewichst,
und mit Teppichen belegt, die Säle sind schön, hoch und freundlich,
die Küche ist prachtvoll eingerichtet, mit Aufzugsmaschinen für die Spei-
sen in die oberen Zimmer, allein auch hier sind die Betten ohne Ma-
Mitteilungen über eine Reise nach Grodno in d. Bialowescber-Wald u. über d. Auerochsen. \ 5~
trazen. und namentlich fand ich alle Zimmer zu kalt, was ich für eine
Behandlung syphilitischer Kranker nach meiner Erfahrung nicht passend
iinde. Das Spital war ganz helegt, die Kranken meist mit primären Formen
der Syphilis behaftet, doch traf ich auch viele secundäre und tertiäre
Formen mit solchen Zerstörungen der Knochen, wie ich sie ähnlich nur
von Prag her kenne. Die Behandlung ist durchaus mit Mercur und Jod.
In beiden Spitälern sah ich ziemlich zahlreiche Fälle von plica
■polonica, und zu dieser Krankheit anderweitig gezählte Complicationen.
Das Spital von St. Rochus, dessen Vorstand Dr. Malez ist,
liegt gleichfalls in der Krakauer-Vorstadt, hat aber nur 60 Betten. Es
werden bloss interne Kranke, Männer und Weiber aufgenommen, den
Wartdienst versehen auch hier die grauen Schwestern.
Das israelitische Spital mit 360 Betten liegt am nördlichen
Ende der Stadt in der Nähe der Festung, es ist ein weitläufiges Ge-
bäude mit eigener Verwaltung, und einigen Nebengebäuden, in welchen
die Geisteskranken untergebracht sind. Letztere sind am besten unter allen
übrigen Kranken dieses Krankenhauses versorgt.
Das ganze Spital zerfällt in 2 Abtheilungen, in die medizinische
und chirurgische, mit eigenen Vorständen (Dr. Löwenthal und Dr. Groh).
Die chirurgische Abtheilung war mit syphilitischen, scrofulösen, mit Ge-
schwüren aller Art behafteten Kranken überfüllt, doch war die Reinlich-
keit auf eine Art vernachlässigt, dass man manchen Kranken nur ungern
untersuchen konnte.
Ausser den Spitälern sah ich in Warschau die Bibliothek, reich an
polnischen Werken aus allen Zweigen der Wissenschaft, ferners :
Das Naturalien -Cabinet, dessen Vorstand Herr Director Ja-
rocki, ehemaliger Professor der Naturgeschichte an der Warschauer
Universität , auch in der litterarischen Welt namentlich als slavischer,
naturhistorischer Schriftsteller einige Bedeutung hat. — Er besitzt eine
ungemeine Sprachkenntniss von den meisten europäischen Zungen, und
lernte sehr viele Länder Europa's, und namentlich ganz Oesterreich auf
zahlreichen Fussreisen kennen.
Ich sah daselbst von Säugethieren : 3 ausgestopfte Auer (2 Kühe
und 1 Stier), eine sehr bedeutende Vögel- und namentlich eine ungemein
reichhaltige Conchilien-Sammlung, sowohl Schnecken als Muscheln, sehr
hübsche Korallenbildungen und eine vollständige Collection aller Meer-
schwämme von den verschiedensten Formen. Ausserdem findet sich eine
in vielen Sälen aufgestellte Mineralien-Sammlung, in welcher die Minera-
lien nach den verschiedenen Ländern ihres Vorkommens gereiht sind.
Von österreichischen Provinzen sah ich dort Galizien und Ungarn voll-
ständig vertreten, in geognostischer Beziehung ist jedoch die Sammlung
arm, und nur Polen sammt Volhynien und Podolien hinlänglich reprä-
sentirt. Am interessantesten sind die Klumpen jener Mineralien des Urals
und Caucasus, die als Geschenke aus St. Petersburg hieher kamen. Ich
sah hier ein sehr grosses Stück gediegen Goldes, ein Stück Platin von
der Grösse einer Kastanie u. s. av.
Ausserdem findet sich in den ehemaligen Universitätsgebäuden eine
Modellen-Sammlung aus Gyps, die ziemlich reichhaltig ist.
Von wissenschaftlichen Anstalten trifft man in Warschau ein Gym-
nasium von 6 Classen, eine Schola reale und ein pharmaceutisches In-
stitut, eine Kadettenschule und eine Thierarznei-Schule.
158 Dr. Franz Müller.
Letztere soll früher nach der Aussage des Professors Eichler,
eines in Dresden gebildeten Thierarztes, ziemlieh bedeutend gewesen und
darin jährlich bei 2000 Pferde behandelt worden sein, allein seit etwa
sechs Jahren ist sie auf . eine Stunde Entfernung von der Stadt verlegt,
in einem älteren Gebäude untergebracht, wohin jährlich kaum über 400
Pferde vom Lande gebracht werden.
Es sind am Thierarznei-Institute drei Professoren angestellt, von
welchen Ostrowski Anatomie lehrt. Der Cursus dauert 3 Jahre. Die
jetzige Organisation des Veterinärwesens in Russland besteht seit etwa
7 Jahren. Die ganze Auseinandersetzung enthält die Zeitschrift für die
gesammte Thierheilkunde von Dieterichs, Nebel und Vix, 1847,
Band XIV., Seite 308.
Im übrigen Russland sind nur wenig Thierärzte zu finden, die sich
namentlich mit Operationen befassen möchten, daher ziehen auch zur Ver-
richtung der Castration bei Pferden österreichische Unterthanen, meist
aus Mähren und dem nördlichen Ungarn, gruppenweise herum. Ich traf
deren mehrere in Grodno, die von dort noch weiter zogen. Sie pflegen
das zu castrirende Pferd um einen bestimmten Preis anzunehmen, und
müssen es castrirt und ganz gesund zurückstellen, haften daher mit ihrem
Vermögen für jeden Unfall, was ihnen dann auch gut bezahlt werden muss.
Der Rindviehschlag ist im Königreiche Polen klein und schwach,
nur Gutsbesitzer haben schöneres und häufig Schweizervieh; auch scheint
trotz der dünnen Bevölkerung der Fleischbedarf durch die Landeszucht,
wenigstens in Warschau nicht gedeckt werden zu können, denn ich sah
dort die grauen volhynischen und podolischen Rinder ebenso wie in Wien,
und auch dort wird die Rinderpest mit diesen Thieren aus jenen Ge-
genden eingeschleppt, und herrscht jetzt noch in manchen Gegenden seit
dem Jahre 1844.
Merkwürdig ist der Umstand , dass man unter den Auerochsen im
Walde zu Bialowesch nie ein seuchenartiges Erkranken, weder an der
Rinderpest noch an irgend einer andern Krankheit, beobachtete, trotzdem
die Kühe der Schützen frei in den Wald getrieben werden, und vor
einigen Jahren massenhaft an der Rinderpest zu Grunde gingen.
In wie weit die veterinär-polizeilichen Massregeln in jenen Gegen-
den gehandhabt werden, konnte ich nicht ermitteln, nur so viel wurde
mir mitgetheilt, dass bei jeder bedeutenden Vieherkrankung auch an die
Regierung die Anzeige erstattet werden muss, und dass das General-
Governement des Königreiches Polen vier Thierärzte an der Gränze
von Volhynien und Lithauen anstellen will, welche jedes aus diesen
Ländern eingetriebene Rind bezugs der Gesundheit, und namentlich der
Rinderpest wegen, zu untersuchen' hätten.
Von Warschau setzte ich meine Reise nach Augustowo in einer
Strecke von 34 Meilen ganz ebenen Landes fort, das zuweilen mit 4
bis 5 Meilen im Durehmesser haltenden Wäldern bedeckt ist, von grös-
seren Flüssen, Narew und Bug, und kleineren durchströmt, bei der ge-
nannten Stadt jedoch von weit ausgebreiteten Sümpfen und Seen mit
dazwischen liegenden Wäldern fast ganz eingenommen wird. Ich sah dort einen
sehr gut angelegten Canal, der sich bis in den Niemen erstreckt, und hauptsäch-
lich zur Verschiffung von Schiffbauholz in die Ostsee dient.
Von dort setzte ich meine Reise auf einem Seitenwege fast ganz
durch Wald nach Lipsko und weiter nach Grodno fort.
Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in d. Bialowescher-Wald u. über d. Auerochsen. 1 59
Grodno ist am Niemen auf einer Anhöhe gelegen, ist die Haupt-
stadt des gleichnamigen Governements mit etwa 25000 Einwohner, von
denen hei zwei Drittheile .luden sind; es ist der Sitz des Governeurs,
der Staatsdomänen-Verwaltung, des Adels-Marschallamtes, eines Gerichts-
hofes, General-Commandos. und von Bildungsanstalten findet sich daselbst
ein Gymnasium von 7 Klassen, wobei Fachlehrer mit Gehalten von 300
— 400 Silberrubeln angestellt sind, unter denen sich ein eigener Lehrer
für die deutsche, und einer für die französische Sprache befinden. Grie-
chisch wird nicht gelehrt, auch das Latein jetzt wenig mehr betrieben,
die Unterrichtssprache ist die russische.
Die Anzahl der Studirenden mag 400 betragen, es sind meist Söhne
des Adels und der Beamten und tragen eine bestimmte Kleidung (schwarz-
graue Böcke mit rothen Aufschlägen, Mütze und Mäntel). — Ausserdem
findet sich in Grodno ein neu erbautes und sehr schön eingerichtetes
Civilspital mit 62 Betten, und ein weitläufiges Militär-Hospital, bei welchem
5 Aerzte meist deutscher Abkunft aus Livland angestellt sind. Im Civil-
spital ist der Boden gewichst, mit Teppichen belegt, die Zimmer gemalt,
die Wäsche rein, die Bettstellen von Eisen, mit Matrazen u. s. w.
Alles ist ausnehmend rein und sauber gehalten. Das Spital dient
bloss zur Aufnahme von Kranken christlicher Confessionen, die Juden
haben eigene Krankenanstalten.
Da bei meiner Ankunft ein Befehl zur Tödtung eines Auer-
ochsen noch nicht eingelangt war, so habe ich darüber an Ein hohes
k. k. Ministerium meinen Bericht von dorther eingesendet, und um die
weiteren Verhaltungsregeln gehethen. Etwa 8 Tage nach meiner Ankunft
traf zwar der allerhöchste Befehl ein, allein da das Grodnoer Governe-
ment unter dem hohen General -Governement von Wilna steht, und Se.
Excellenz der Herr General -Governeur von Bibikoff eigens bestimmte,
es möchte ihm, wenn der Abgesendete von Wien ankäme, darüber Be-
richt erstattet worden, so verzog sieh mein Aufenthalt in Grodno über
3 Wochen, während welcher Zeit ich mir hauptsächlich Notizen über
das Land, den Wald, wo die Auerochsen leben , über die Viehzucht in
der Umgebung, über Krankheiten der Menschen etc. zu sammeln trachtete.
Ich wurde sowohl von dem Herrn Governeur General Baron von
Uoven, als dem Herrn Präsidenten der Domänen- Verwaltung in Lithauen
Sr. Excellenz von Koshewnikow, dem Obersten der Schützen Herrn D a n i 1 o f f
auf die zuvorkommendste Weise aufgenommen, und so weit es möglich
war, auf das Beste unterstützt, wofür ich meinen Dank ausspreche.
Ich sah im Vorhause des Herrn Governeurs einen ausgestopften
Auerochsen, der die Länge von 235 Centimeter, und die höchste Höhe
von 177 Centimeter hatte, besuchte von Grodno aus den Grafen Valicki
in der Nähe von Icziora, auf seinem Gute Villanowa, sah dort ungarische
Zackelschafe — eines mit 4 Hörnern — eine ausgezeichnete Zucht von
Schweizerkühen, endlich einen lebenden männlichen Auer sammt einem
Bastarde von demselben mit einer Schweizerkuh, worüber ich mir,
da ich später noch mehrere Auer zu Gesichte bekam, das Wesentlichste
anzugeben erlaube:
Die Auerochsen leben im Walde von Bialowesch wild und frei,
ihre Zahl beträgt nach der letzten Zählung vor 3 Jahren über 1200,
gegenwärtig dürften wohl bei 1400 vorhanden sein. Ihre Höhe ist die
eines sehr grossen, erwachsenen Ochsen, ihre Farbe in der Jugend silber-
ll'»0 Dr Franz Müller.
grau, ganz gleichförmig, ohne irgend ein Abzeichen, später mit 4 bis G
Jahren werden sie mehr schwärzlich — ihre Hautfarbe ist dann die
schönste, die Haare lang, glänzend, später fangen sie an, am Kopf und
Hals schmutzig-fuchsig, kaffeebraun zu werden, und nach und nach nimmt
das ganze Thier diese gleichmässige Färbung an.
Das mag wohl der Grund sein, dass selbst in Bialowesch von Ei-
nigen geglaubt wird, es gebe im Walde zwei Species der Auer, eine
kleinere schwärzliche, und eine braune grössere, was aber mit Sicherheit
als ein Irrthum zu erklären ist.
Die Winterhaare, welche diese Thiere im October bekommen, sind
so dicht, wie ein Filz, am ganzen Vordertheil bis über die Schulter viel
länger als am Hintertheile: ebenso besitzen diese Thiere eine 5 bis 6
Zoll lange Mähne, und statt des Triels des gewöhnlichen Rindes, der
ihnen ganz fehlt, eine Reihe Langhaare, in der Mittellinie bis zur Brust,
die am Kinn als ein Büschel, Bart, angehäuft sind.
Der Vordertheil des Thieres ist ungemein stark entwickelt, der
Kopf sehr breit und kurz, der Hals kurz, ungemein dick und mit der
Schulter zusammenfliessend, der Widerrist sehr hoch in Folge der über
1 Fuss hohen Stachelfortsätze der ersten Rückenwirbel, scharf vorsprin-
gend, während das Becken schmal und enge, und das Kreuz viel nie-
driger erscheint. Da nebstdem die Augen ganz seitlich gestellt sind,
so bekommen diese Thiere ein wildes, löwenähnliches Aussehen, beson-
ders in ihren jüngeren Jahren.
Die weiblichen Thiere unterscheiden sich von den männlichen durch
ihre kleinere Gestalt, etwas längeren Hörner und ihren schlankeren Hals,
sonst kommen sie jedoch vollkommen mit den männlichen überein.
Die Thiere leben, wie schon bemerkt, ganz wild, ohne Unterstände
für den Winter, sie sind furchtsam, fliehen, namentlich so lange sie jung
sind, die Menschen in weiter Ferne auf das geringste Geräusch; nur
alte Männchen bleiben bei Annäherung von Menschen stehen, vertreten
auch wohl den Weg, so dass man sie umgehen muss, doch greifen sie
ungereitzt Niemanden an.
Sie nähren sich von den Gräsern des Waldes, im Winter auch
von Baumzweigen, Moos, obwohl ihnen auch Heu für den Winter vor-
bereitet wird, das man bei tieferem Schnee auswirft. Häufig werden je-
doch auch im Winter bei eintretendem Mangel des Nachts benachbarte
Bauerhöfe besucht, und die nicht sehr festen hölzernen Scheuern von
den alten Auern eingerannt, um Nahrung zu bekommen.
In der Jugend können sie auf leichte Weise gefangen und gezähmt
werden. Man umstellt mit einigen Hundert Treibern eine Heerde Kühe
mit ihren Kälbern, lässt nach und nach die Kühe und älteren Stiere aus
dem Kreise, weil sie sehr scheu sind, während die jüngeren Stücke
bald ermüden und gefangen werden können.
So sah ich beim Forstofficier Ernst von Nolde in Lipiny vier
eingefangene Stücke, von welchen zwei etwa ein halbes, die beiden
anderen ein Jahr alt sein mochten.
In der Gefangenschaft nährt man die Thiere mit Heu und Hafer,
Kälbern gibt man auch Kuhmilch, und rechnet, dass ganz junge Auer-
kälber die Milch von zwei Hauskühen täglich brauchen.
Wenn sie eingefangen sind, und stets einen besonderen Wärter haben,
der sie füttert, so werden sie bald zahm, derart, dass sie an andere Orte trans-
Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in d. Bialowescher-Wald u. über d. Auerochsen. 161
portirt werden können. So wurden vor mehreren Jahren zwei lebende Stücke
(Stier und Kalb), je etwa ein Jahr alt, nach London geschickt; zu verschiedenen
Zeiten gingen lebende Stücke nach Set. Petersburg für das 30 Werste
davon entfernte kaiserliche Sommerpalais Zarskoje-Selo, und gerade im
jetzigen Februar soll von den gefangenen Stücken wieder Eines mittelst
Schlitten dorthin befördert werden.
Vor etwa 4 Jahren wurden durch allerhöchste Gnade einigen be-
nachbarten Gutsbesitzern lebende Auerochsen im jungen Zustande verab-
folgt, um vielleicht durch Paarung mit dem gewöhnlichen Rinde eine neue
Race zu erzielen, die grösser, stärker, und auf diese Art brauchbarer
wäre, denn das in jenen Gegenden heimische Rind ist gleich wie das
Pferd klein und schwach.
Früher hatte man die Meinung, dass sich die Auer mit dem ge-
ineinen Rind nicht paaren, was auch noch Eichwald in seiner Beschrei-
bung von Lithauen im Jahre 1830 aussprach. Graf Leopold Valicki,
Besitzer von Jeziora, war der erste, der die Paarung eines Auers mit
seinen vorzüglichen Schweizerkühen einleitete, und dadurch Kälber bekam,
von denen leider! Alle in Folge einer Seuche bis auf Ein Stück ein-
gingen, das ich denn auch zu sehen bekam.
Dieser männliche Bastard im Alter von 2J/2 Jahren ist in vie-
ler Beziehung bemerkenswerth. Derselbe ist etwas über 15 Faust hoch,
das Yordertheil nur wenig höher als das Hintertheil, so dass das Thier
in seinem Baue ebenmässiger erscheint. Sein Bart ist kleiner, die Hör-
ner mehr gerade gebogen, sehr spitzig endend, das Kreuz viel höher
und stärker, fast gerade verlaufend, der Schweif sehr stark; das Yorder-
theil ist im Ganzen zarter, feiner und ähnelt mehr der Mutter, während
die Farbe vom Vater stammt. Es ist dieses Thier übrigens nicht wild,
hängt an einer Kette, und lässt sich betasten, doch ist es sehr muthig,
kraftvoll, und wühlte, von der Kette gelöst und frei im Hofraume be-
lassen, hier mit den Hörnern den Boden auf, warf die Erde in die
Höhe: was überhaupt auch eine Lieblingsbeschäftigung der alten Auer
zu sein scheint.
Auch in Zarskoje-Selo sollen sich nicht nur diese Thiere unter-
einder in der Gefangenschaft fortgepflanzt, sondern auch Bastarde erzeugt
haben. Die Trächtigkeit der Auer- sowohl, als auch jener Schweizer-
Kühe, die mit einem Auerochsen gepaart wurden, dauerte in allen Fällen,
die man genau beobachtet hatte, ebenso wie beim einheimischen Rinde,
neun Monate. Mit dem Bastarde zu Jeziora sind seiner Jugend wegen noch
keine weiteren Kreuzungsversuche angestellt worden; der Herr Graf äusserte
jedoch, jedenfalls die betreffenden Versuche anstellen und die Resultate
bekannt geben zu wollen.
^ach den Beobachtungen, die ich zu machen die Gelegenheit hatte,
lässt sich der Auer wohl nie so zähmen, wenn er auch als Kalb ein-
gefangen wird , dass er zum Zuge oder zu einem anderen Gebrauche
verwendet werden könnte, und auch der Bastard des Grafen Valicki
ist so muthig, und hat eine solche Stärke, dass an eine Verwendung
nicht zu denken ist. Jedenfalls dürften die Versuche der fortgesetzten Paarung
sehr interessante Ergebnisse liefern.
Auch Herr von Zavacki in der Nähe von Bialystok, hält zwei ganz ge-
zähmte Auer verschiedenen Geschlechtes, die jedoch noch zu jung sind, um
zur Zucht verwendet zu werden.
Mittheilungen der k. k. geogr Gesellschaft. III. Bd. 2. Heft. *
162
Dr. Franz Müller.
Nach von Wilna eingelangter Bewilligung zur Tödtung zweier älterer
Auerstiere, von welchen der Eine für Wien, der zweite für Stuttgart bestimmt
ist, verfügte ich mich am 19. December über Byalistolc in den Bialowescher-Wald.
Die Entfernung von Grodno bis Lipiny am Saume des Waldes, wohin ich
angewiesen war, beträgt etwa 20 Meilen,
* } :*
Plan des Waldes von Bialowesrha im Pniscbanschen Kreise des Grodnoer Governeiuents.
(1) Gnilez. (2) Narewka. (3) Gustchewo. (4) Massewo. (5) Kol. Tscholo. (0) Zichawola.
(7) Browsk. (8) Borzi. (9) Nowosadi. (10) Dubini. (11) Lipiny. (12) Iiainoiska. (13) Stotschok.
(14) Pristawka. (15) Podolani. (10) Oreschkow. (17) Stolpowisz. (18) Roschkowka. (19) Königs-
brücke. (20) Kiwatschin. (21) Bialowesch.
Mitteilungen über eine Reise nach Grodoo in d. Bialowescher-Wald u. über d. Auerochsen. 163
Der Bialowescher-Wald, von dem ich, als einzigem Orte in Europa,
wo diese Thiere noch vorkommen, nebenstehende Zeichnung beifüge, liegt
im Pruschan'sehen Kreise des Grodno'schen Governements auf einer Ebene.
Er besteht grösstentheils aus Kiefern, wenigen Fichten, zuweilen mit Eichen
und Birken untermischt. Erstere haben eine bewunderungswürdige Höhe
und Schlankheit, und sind diejenige Holzgattung, die im Walde ausge-
hauen, von dort im Frühjahre auf dem Niemet) als Schiffsbauholz, nament-
lich für Mastbäume bis nach England versendet und theuer bezahlt wird.
Es grenzt dieser Wald an den Wolkowyskischen, Belskischen und Brests'-
schen Kreis, hat die Grösse von 112079 Dissitin, von welchen 106568
Dissitin Wald, und das übrige mitten im Walde Feld ist. Eine Dissitin
hat etwa 2400 Quadrat-Faden, ein Faden 7 Fuss, und davon einer 12
englische Zoll. Nach anderen Angaben hat er 1050 Quadrat- Werste, von
welchen 7 eine Kurrent- und 49 eine Quadrat-Meile ausmachen.
In früheren Zeiten war die eigentliche Pusszta (Wald) viel grösser;
sie hiess Pole sie, und bildete eine unermessliche Waldkette, welche
sich von den Pinskischen Sümpfen durch das Minskische, Grodno'sche
und Wilnaer Governement bis zum rechten Ufer der Düna und dem
See Peipus ausdehnte.
Woher der Name Bialowesch stamme, ist nicht ausgemacht; vielleicht
stand hier einmal ein weisser Thurm, worauf der Name deutet. Denn
in den früheren Zeiten unter den polnischen Königen war es gebräuchlich,
zur Erinnerung an ausserordentliche Begebenheiten, Jagden etc. Denkmale
zu errichten; so findet sich mitten in Bialowesch ein Denkmal von König
August III. vom Jahre 1752, eine steinerne, ziemlieh hohe Pyramide zur
Erinnerung an eine grosse Jagd, darauf an zwei Seiten deutsche,
an den anderen zwei polnische Aufschriften angebracht sind.
Theils durch Aushauen der Wälder, theils durch Schenkungen wurde
die Pusszta verkleinert; so wurden unter der letzten polnischen Begierung
dem Grafen Tieschkie witsch 25000 Dissitin, und von der Kaiserin
Katharina II. dem Grafen Bomanzow 20000 Dissitin Waldes geschenkt.
In früheren Zeiten bei grösserem Holzreichthum gab es daselbst
Eisenhütten, Glassfabriken, Pottaschesiedereien, Sägemühlen, und die Bienen-
zucht wurde stark betrieben ; an vielen Stellen waren Theersiedereien
und Kohlenbrennereien. Im Jahre 1530 wurden die ersten Förster und
Schützen angestellt, deren Hauptaugenmerk die Hegung des Wildes war.
Im Jahre 1710 geriethen alle Fabriken in Verfall, nur die Bienenzucht
wurde noch stark betrieben, 1767 verboth Graf Tiessen hausen die
freie Holzung, und theilte den Wald ein; unter der Kaiserin Katharina II.
kam er an Bussland, und es wurden grosse Stücke desselben abgetrennt.
Kaiser Alexander I. verboth 1803 zur Schonung des Wildes die grossen
Jagden. Unter dem jetztregierenden Kaiser, Sr. Majestät Nicolai I.
Pawlo witsch, wurde der ganze Wald vermessen, taxirt und in fünf
Forsteien getheilt. Die jährlichen Einkünfte können jetzt bei 121000 B.
Silber betragen.
Die fünf Forsteien sind: Die Bialowesclfsche, Browskysche, Hoy-
nowskysche, Stolpowyskische und Korolew-Mostowskysche. Jede derselben
zerfällt in zwei Unterforsteien, und in jeder finden sich eine Anzahl
Schützen, im Ganzen 79 Familien.
Das Verhältniss Letzterer ist etwa derartig, wie es bei uns in der
Militärgrenze zu treffen. Jede Familie muss wenigstens 3 männliche Glie-
1*
164 Dr. Franz Müller.
der haben, von welchen der Eine der eigentliche Schütze, der zweite
Gehilfe und der dritte Reserve-Schütze ist. Der ganze Wald ist in 79
Obhody getheilt, über deren jede ein Schütze unabhängig von dem andern
die Aufsicht führt; die Grenzen der einzelnen Obhody sind durch aus-
gehauene Bäume rechtwinklich bezeichnet. Jeder Förster hat eine bestimmte
Anzahl Schützen zugetheilt, und von ersteren ist wieder jeder einzelne
dem Anderem gleichgestellt, über alle ist ein Forstrevident gestellt, und
sämmtliche unterstehen dem Obersten Daniloff in Grodno.
Die Schützen haben keine Besoldung, sondern jede Familie hat 40
Dissitin Land von der Krone zur Bebauung; ein Krons- und Nebenge-
bäude, jeder dienende Schütze hat ausserdem von der Krone Flinte,
Munition und die Löhnung eines gemeinen Soldaten.
So ist die Eintheilung in allen Kronforsteien des gesammten rus-
sischen Reiches, und man sagte mir, dass bei 96000 Schützen auf
diese Weise im Reiche zerstreut seien, die gelegentlich auch im
Felde verwendet werden, die Förster sind ihre Offiziere. Die Uni-
form ist schwarzgrau, grüne Aufschläge, silberne Epauletts und weisse
Knöpfe mit dem russischen Adler.
Der Schütze hat keine Abgaben, stellt keine Rekruten, seine Kinder
bleiben in der Forstwache. Sie sind rings um den Saum des Waldes
angesiedelt, nur in der Mitte ist für sie auch ein Quadrat zu Feld aus-
gehauen, und ihre vorzüglichste Aufmerksamkeit haben sie auf das Holz,
weniger auf das Wild, zu richten, sie allein haben das Recht, im
Walde zu sehiessen.
Ausser diesen Schlitzen sind rings um den Wald noch 103 Fami-
lien zum Heumachen für die Auer angesiedelt, welche. Osotschniki heissen.
Es sind hiefür etwa 500 Dissitin Wiesen bestimmt.
Von Wild findet man im Walde hauptsächlich die Auerochsen, dann
auch Elenthiere in den Sümpfen, Rehe, Füchse, Wölfe und einige Bären.
Hirsche sind im ganzen Governement keine vorfindig, sie sind seit etwa
60 Jahren ausgestorben. Die Auerochsen sind seit den ältesten Zeiten Bewohner
dieses Waldes, sie finden sich gegen das Minskische Governement hin
auch in den ehemals Tieschkiewitsch 'sehen Wäldern, die jetzt gleich-
falls Staatseigenthum sind. Die Zahl der Auer wurde in Folge der gros-
sen Jagden allmählig sehr gering, so dass man im Jahre 1822 nur mehr
350 zählte, später jedoch vermehrten sie sich nach und nach, und zwar
waren ihrer im Jahre 1830 700 Stücke, jetzt wird die Gesammtzahl auf
etwa 1400 angegeben, denn bei der letzten Zählung im Jahre 1846
wurden 1018 alte, 77 junge, dann 3 vor Alter gefallene, 5 von Wölfen
und 5 von Bären zerrissene aufgeführt.
Schon unter den polnischen Königen waren sehr strenge Strafen
auf das Tödten eines Auers gesetzt, auch durfte Niemand in der Nähe
des Waldes ein rothes Kleid tragen, weil dadurch die Männchen in eine
Art Wuth versetzt werden; selbst vor etwa 30 Jahren wurde das Tödten
eines Auers noch schwer geahndet; jetzt, wo ihre Zahl so bedeutend
ist, und man selbst daran denkt, die ganz alten Auermännchen abzuschiessen,
weil sie die jüngeren nicht zum Sprunge lassen, sind auch die Strafen geringer,
und dieselbe ist auf 150 S. R. gesetzt. Die Auer leben im Walde heerdenweise
zerstreut, zu 30 — 40 Stück und haben ihre bestimmten Standorte, von denen
sie sich nur selten entfernen. Daher ist auch das Zählen derselben leicht möglich.
.Mittheilungen über eine Reise nach Grodno in d. Bialoweschei-W.iM u. über d. Auerochsen. 165
Zu einer vorher bestimmten Stunde zählt jeder Schütze in seinem
Reviere die Spuren im frischgefallenen Schnee, die dann addirt werden.
Jeder Schütze kennt genau die Spur des alten von der eines jungen,
und kann ebenso die eines weiblichen vom männlichen Thier unterscheiden,
auf diese Weise erhält man ein ziemlich genaues Resultat.
Nur alte Männchen trennen sich ausser der Brunstzeit von der
Heerde und leben gesondert, selten auch junge; die Brunst tritt im
August ein, und dauert 2 — 3 Wochen. Die Kühe tragen bis März oder
April, also durch 9 Monate. Während der Brunstzeit finden oft heftige
Kämpfe Statt, wobei häufig ein schwächeres Männchen unterliegt. Die
Anzahl der von einer Mutter auf einmal geworfenen Jungen ist 1, selten
2, welche bis nach der nächsten Brunst, also 4 — 5 Monate saugen.
Die Auer fressen, wie schon erwähnt, die gewöhnlichen Gräser des
Waldes, aber auch Moos, sollen besonders scharfe Gewächse (Banunkeln,
Anemonen), junge Blätter von Linden, Pappeln, Ulmen etc., minder jene
von Birken und Fichten lieben. Meist trinken sie Pfützen wasser und
schwimmen sehr gut. Im heissen Sommer lieben sie das Wälzen im
Sande, wozu sie eigene Sandhügel ausgewühlt haben.
Das dichteste und schönste Haar besitzen die Auer im November;
im Februar geschieht wieder der Haarwechsel , im Sommer erscheinen
sie im Allgemeinen lichter. in der Jugend und im Alter grau.
Das Auerkalb läuft gleich nach der Geburt, die im März oder April erfolgt,
der Wachsthum geht bis zum 8. Jahre , und es erreichen diese Thiere
ein Alter von 40 Jahren. Die Auerkühe sollen nur jedes dritte Jahr
ein Junges haben, wesswegen sich diese Thiere auch so langsam ver-
mehren. Ihr Gang ist langsam, doch können sie auch sehr schnell laufen,
wobei sie den Kopf senken, und den Schweif in die Höhe gebogen
tragen, allein sie ermüden alsbald und werden auf diese Weise beson-
ders als Kälber leicht gefangen. Ganz jung cingefangene Auerkälber neh-
men sehr gerne die Euter der Hauskühe an, und können so aufgezogen
werden. Schon in früheren Jahren reisten besonders aus Bussland Männer
der Wissenschaft nach Bialowesch, um diese Thiere genauer kennen zu
lernen. Die erste genaue Beschreibung besonders in osteologischer Be-
ziehung lieferte Professor Bojanns aus Wilna.
Er gibt die Zahl der Bippen auf 14 an (1 mehr als heim gewöhn-
lichen Bind) und behauptet (irriger Weise), dass im Gegensatze zu den
Männchen die Weibchen bloss 13 Bippenpaare haben; wahrscheinlich mochte
ihn ein dergleichen Exemplar verführt haben. — Eichwald. Mitglied der
Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, Staatsrath etc., früher
Professor in Wilna, berichtet in seiner ausgezeichneten „Naturhistorischen
Skizze von Lithauen, Volhynien und Podolien in geognostischer, minera-
logischer, botanischer und zoologischer Hinsicht — Wilna 1830" jenen
Irrthum. Später hielt sich ein Professor aus Kiew längere Zeit in Bia-
lowesch auf, ebenso Director Ja rocki aus Warschau, und im Jahre 1847
brachte das Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg
— Middendorf — längere Zeit daselbst zu, die Auerochsen zu studiren.
Ich fand in der III. Forstei beim Forstofficier, Herrn Ernst von
Nolde, sowie beim Herrn Forstrevidenten Adolf Eichwald, die zuvor-
kommendste und gastfreundlichste Aufnahme, namentlich war es von Nolde,
der sich sowohl um das schnelle Zustandekommen der Jagd die grösste
Mühe gab, als auch zur Tödtung des für Wien bestimmten grösseren Auers
166 Dr. Fr. Müller. Mittheilangen über eine Reise nach Grodno in (LBialowescherwaldu. über d. Auerochsen.
das Meiste beitrug, da letzterer erst Dach mehr als 12 beigebrachten
Kugeln stürzte, nachdem er zuvor durch übel angebrachte Schüsse in
Wuth versetzt, einen Schützen niederrannte, und einen bei der Jagd an-
wesenden Professor des Gymnasiums aus Grodno (Sengbusch) mit den
Hörnern einige Ellen hoch in die Luft schleuderte. Doch war der Fall
zur Erde so glücklich, dass derselbe mit einigen Contusionen und Haut-
abschürfungen davon kam.
Am 23. December wurde der für Württemberg bestimmte, und am
25. der für Wien geschossen. Ich war bei beiden Jagden anwesend,
ohne jedoch selbst auf die Thiere anzulegen. Die Länge des Erster-
legten betrug 7 Fuss 2 Zoll oder 257 Cent., die höchste Höhe in der
Gegend des Widerristes 4 Fuss 8 Zoll oder 167 Cent., die höchste
Höhe in der Mitte der Croupe 4 Fuss.
Der für Wien Erlegte hatte die Länge von 8 Fuss, die Höhe
von 4 Fuss 11 Zoll in der Gegend des Widerristes, und die höchste
Höhe in der Mitte der Croupe von 4 Fuss 8 Zoll.
In Bezug des Gewichtes konnte der für Wien bestimmte grössere
Auer auf 14 — 15 Zentner geschätzt werden. L'nter König Stanislaus
August von Polen soll im Jahre 1754 am 27. September ein Auerochs
mit dem Gewicht vor 45 Pud (1 Pud = 40 Pfund) und von König
Sigismund früher einer mit 19 Centner erlegt worden sein.
Ich führte schon an, dass das Haupt-Erträgniss des Waldes im
Holzverkaufe bestehe, Aeste jedoch und vom Winde umgeworfene Baum-
stämme in mächtiger Dicke, und zuweilen klafterhoch übereinander gela-
gert, andere durch Auer entwurzelt, verfaulen, besonders gegen die Mitte
des doch ebenen Waldes, noch heut zu Tage, und bilden Tortlaser für
künftige Zeiten.
Da die grusse Eisenbahn von Warschau nach Set Petersburg in
der Nähe verlaufen wird, und schon im jetzigen Frühjahr der Bau über
Bialystok, Grodno, Wilna etc. auf Allerhöchsten Befehl beginnen soll, so
dürfte dieser herrliche Wald auch jene Wichtigkeit erlangen, die er seines
ausgezeichneten Bauholzes wegen verdient. Es ist derselbe ein grosses
Kapital, dessen Zinsen sich jährlich steigern werden, sobald Bahnen sich
in seine Mitte abzweigen, und das Holz herausbefördern, das jetzt trotz
des ebenen Bodens wegen der Fuhren zu theuer zu stehen kommt, selbst
wenn es im Innern des Waldes umsonst zu haben ist.
Nachdem ich die erlegten Auer abgehäutet, abgefleischt, und Häute
und Knochen gehörig eingesalzen verpackt hatte, trat ich meine Rückreise
über Bialystok nach Warschau an, von wo ich am 11. Jänner 1852 nach
58tägiger Abwesenheit glücklich in Wien ankam.
Ich erlaube mir am Schlüsse noch einmal allen jenen Herren, mit
denen ich in Grodno und Lipiny in Berührung kam, meinen verbindlich-
sten Dank für jene liebevolle, gastfreie und zuvorkommende Aufnahme
auszudrücken, die mir zu Theil wurde, namentlich dem Herrn Präsidenten
der Domänen- Verwaltung Sr. Excellenz von Koshewnikow und dem
Obersten Daniloff in Grodno, dann dem Forstrevidenten Eichwald und
dem Forstoffizier Ernst von Nolde in Lipiny; ferners bringe ich dem
k. k. österreichischen G eneral - Consulate in Warschau für die
bereitwillige Unterstützung während meines Aufenthaltes daselbst meinen
schuldigsten Dank dar.
XIT.
Dr. Johann Wilhelm Helfer's gedruckte und ungedruckte Schriften
über die Tenasserini Provinzen, den Mergui Archipel und die
Andamanen- Inseln.
(Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geogiaph. Gesellsch.ft am 22. März 185#.)
Vorwort.
In der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft vom 3. Februar
1857 theilte Herr Dr. K. Scherz er mit, dass ihm während seiner letzten
Anwesenheit in Berlin, wo er sich Behufs Einholung von Instructionen
und allgemeiner Orientirung für die eben anzutretende Erdumsegelungs-
Expedition durch die k. k. Fregatte „Novara" vor Kurzem aufhielt, Pro-
fessor K. Ritter bemerkte, dass der Nachlass des auf den Andamanen-
Inseln ermordeten Dr. W. Helfer aus Prag, welcher längere Zeit für
das naturhistorische Museum in Calcutta thätig war, zahlreiches interessantes
Material über die Nicobarischen Inseln, deren Besuch von der „Novara"
beabsichtigt wurde, enthalten solle. In Folge dessen wendete sich Herr
k. k. Schulrath Dr. M. Becker sogleich an die Witwe Dr. Helfer's,
gegenwärtige Frau Gräfin Pauline Nostitz mit der Bitte um einige nähere
Angaben über diesen Gegenstand: letztere hatte nicht nur die Güte in
einer sehr freundlichen Antwort mitzutheilen, dass über Dr. Helfer's letzte
und interessanteste Reise nur sein Tagebuch existire, und sie bereit sei,
Hrn. Dr. Scherzer alle darauf bezüglichen Papiere übermitteln zu lassen,
und selbst manche Fragen zu beantworten, sondern es konnte Herr Dr.
Scherz er noch vor seiner Abreise mit der „Novara" in der Versamm-
lung am 3. März 1857 die erfreuliche Nachricht mittheilen, dass die
Frau Gräfin P. Nostitz in einem an ihn gerichteten Schreiben sich freund-
lichst bereit erklärt habe, die hinterlassenen wissenschaftlichen Beobach-
tungen Dr. Helfer's der k. k. geographischen Gesellschaft zur Verfü-
gung zu stellen, und dass sie eben im Begriffe sei, diese Papiere von
ihrem in Ungarn befindlichen Gute nach Wien zu senden.
Nur mit. dem grössten Danke konnte die k. k. geographische Ge-
sellschaft ein solches wohlwollende Anerbiethen annehmen, durch das es
ihr möglich werden sollte, über die vielfältigen und ausgedehnten Reisen
eines österreichischen Naturforschers in Asien detaillirtere Kenntniss zu
erlangen, als diess aus den äusserst wenigen, meist unzusammenhängenden
Daten, welche in verschiedenen europäischen Druckschriften über Dr. W.
Helfer's Reisen und deren Ergebnisse in die Oeffentlichkeit gelangten,
möglich ist.
Bald darauf erhielt auch Herr Hofrath Hai ding er, damals Präsident
der Gesellschaft, der sich nun selbst mit der Frau Gräfin in Verbindung
setzte, die in Aussicht gestellten Schriften, theils schon gedruckte Be-
richte, theils noch ungedruckte Tagebücher, zum kleinsten Theile in
deutscher, meist in englischer Sprache geschrieben; und durchaus nur
auf Dr. Helfer's Aufenthalt und wissenschaftliche Thätigkeit in Hinter-
Indien bezüglich. Herr A. F. Graf von Marschall hatte die Gefälligkeit,
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft. ^U
168 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
sogleich die Uebersetzung dieser Materialien ins Deutsche zu übernehmen
und auszuführen. Nachdem mir alle diese von der Frau Gräfin Nostitz
übersendeten und von Herrn Grafen Marschall bereits übersetzten Schriften
zum weiteren Gebrauche für die k. k. geographische Gesellschaft über-
geben wurden, hatte ich dieselben in der Versammlung am 22. März
1. J. vorgelegt, und eine kurze Uebersicht des Inhaltes gegeben. Bei
dem grossen Interesse, das dieselben hervorriefen, und bei dem Umstände,
dass nur ein kleiner Theil in ostindischen Journalen veröffentlicht, eilt
anderer nur als Manuscript gedruckt, und ein Theil, namentlich die Ta-
gebücher, gar nicht gedruckt ist, wurde beschlossen, diese sämmtlichen
Schriften in den Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft zu
veröffentlichen, und hiedurch nicht nur einen ziemlich vollständigen Ueber-
blick der Thätigkeit Dr. Helfer's in jenen Ländern zu geben, sondern
auch Manches selbst jetzt noch für jene Gegenden Neue und Interes-
sante der Oeffentlichkeit zu übergeben.
Bevor ich jedoch diese Mittheilungen näher berühre, erheischt es
nicht nur die Pflicht, sondern auch das allgemeine Interesse an dem
thatenreichen Leben Helfer's, als eines unserer eifrigsten gelehrten Lands-
leute im fernen Osten, seiner selbst und seiner ausgeführten Reisen wenig-
stens im Allgemeinen zu gedenken.
Johann Wilhelm Helfer war in Prag unter Verhältnissen geboren,
welche eine freundliche Aussicht auf dessen Leben gestatteten; er studirte
in seiner Vaterstadt die Medizin, und wie diess so oft geschieht, hatte
sich bei ihm während dieser Studienzeit die Vorliebe für Naturwissen-
schaften im hohen Grade ausgebildet. Seine Neigung zum Reisen veran-
lasste ihn nach zurückgelegten Studien eine Reise nach dem Süden
Europa's, nach Italien zu unternehmen, auf dieser Reise lernte er Pauline
Baronin Des Granges von Berlin kennen, welche er auch zwei Jahre
später heirathete. Diese Heirath war jedoch nicht im Stande, seinen Hang
zu Reisen zu unterdrücken; im Gegentheil wurde derselbe bald so heftig,
dass er ihm nicht widerstehen konnte, nnd sich entschloss, auf längere
Zeit entfernte Länder zu besuchen, wobei namentlich Asien sein Zielpunct
war. Nicht nur ohne Widerstreben , sondern mit der grössten Freude
entschloss sich seine junge Gattin ihm überall hinzufolgen. Als erstes Reise-
ziel wurde Smyrna gewählt. Durch naturwissenschaftliche Kenntniss trefflich
vorbereitet, mit einer reichen Sprachkenntniss ausgestattet, und mit einem
ungemein grossen Sprachentalente begabt, war Dr. Helfer für ausser-
europäische Reisen wie geschaffen. Er wollte nicht nur reisen, sondern
er wollte Länder und Völker kennen lernen, und die Thätigkeit der Natur
in den verschiedenen Zonen belauschen. In Smyrna gedachte Helfer sich
gleichsam für seine weitern Reisen vorzubereiten. Desshalb liess er sich
hier als practischer Arzt nieder. Doch die Bekanntschaft mit zwei afgha-
nischen Prinzen bewog ihn sehr bald, Smyrna zu verlassen und in Be-
gleitung seiner Gemahlin mit einer Karawane nach Bagdad zu ziehen.
Auf dem Wege dahin hatte er jedoch grosses Unglück. Die Karawane
wurde überfallen und Dr. Helfer aller seiner Habe beraubt, so dass er
mit seiner Gattin ganz mittellos in Bagdad ankam. Es war diess im
Jahre 1835, um welche Zeit sich die englische Euphrat-Expedition unter
Colonel Chesney in Port William unterhalb Bir am Euphrat befand,
und mit der Zusammensetzung ihrer beiden Dampfschiffe „Tigris" und
„Euphrat" beschäftiget war. Durch Vermittlung des englischen Consuls in
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasseiim Provinzen etc. jßg
Bagdad gelang es £>r. Helfer, als Arzt und Naturforscher zur Theil-
nahme an dieser Expedition beigezogen zu werden. Während der ganzen
Zeit, als sich unser Reisender bei der Expedition befand, war er unge-
mein thätig in der Aufsammlung naturhistorischer Notizen und Sammlungen,
wie diess einige in jener Zeit von ihm nach Europa gelangten Briefe,
so wie die zahlreichen Daten, welche K. Ritter in seiner Erdkunde
über West-Asien (X. und XI. Band) von ihm benützten konnte, beweisen.
So lange man mit der Ausrüstung der beiden Dampfboote in Port William
beschäftiget war, machte er in Begleitung von Colonel Chesney und
Ainsworth, dem Naturforscher der Expedition, weite Excursionen nach
den nördlichen Syrien und in die oberen Euphratländer, welche von den
günstigsten Erfolgen gekrönt waren ; eben so thätig war er dann wäh-
rend der Thalfahrt, welche erst in der Mitte des Monats Mai 1836 in
Gang gebracht werden konnte, und welche mit dem Untergänge des
„Tigris" am 21. Mai 1836 gleichsam begann. Schon am 19. Juni 1836
kam der „Euphrat" in Busra an, und kurze Zeit darauf warf er vor Buschir
an der Ostküste des Persischen Meerbusens die Anker. Dr. Helfer ver-
liess mit seiner Gattin sogleich das Schiff, um nach ganz kurzem Aufent-
halte in Buschir quer durch Persien so rasch wie möglich gegen Indien
vorzudringen; denn schon am 24. August desselben Jahres finden wir
ihn an den Hoogly-Mündungen, wo er zwei flüchtige Excursionen, die
eine bei Kedgeree, die andere bei Diamond Harbour machte. In Calcutta
angelangt, verweilte er daselbst nur einige Tage, und begab sich dann
in das nahe Cossipoor, wo er sich die Monate September und October
aufhielt, und hierauf wieder nach Calcutta zurückkehrte. Durch einige
lehrreiche und anziehende Vorträge in der „Asiatic Society of Bengal"
machte sich Helfer auf eine äusserst vortheilhafte Weise bemerkbar,
indem er zeigte, wie wenig noch in dem naturhistorischen Fache in Indien
geschehen, und wie reichhaltig doch das Feld sei. Dem damaligen Gou-
verneur Lord Auckland vorgestellt, gab dieser ihm bald Gelegenheit,
Proben seiner Fähigkeiten abzulegen, deren Folge war, dass Helfer eine
Anstellung als Naturforscher bei der ostindischen Compagnie unter sehr
vortheilhaften Bedingungen erhielt.
Seine erste Aufgabe, die ihm die Regierung gab, war die Durch-
forschung der Tenasserim-Provinzen; an deren Lösung er sich ohne Auf-
enthalt machte, denn schon am 21. Jänner 1837 schiffte er sich mit
seiner Gattin, die ihn stets, auch auf den folgenden Reisen, begleitete,
nach Hinter-Indien ein. Dr. H. M. Schmidt-Goeb el führt in dem Vor-
berichte seiner „Faanula Coleopterorum Birmaniae" etc. dem ich meh-
rere der hier angeführten Daten über Dr. Helfer entlehne, an, dass er
am 9. Februar 1837 in Mergui ankam und dort bis zum 3. März blieb;
am 4. März schon seine erste Reise in die nördlich und nordöstlich
gelegenen Landstriche antrat. Es scheint hier ein Irrthum obzuwalten;
wahrscheinlicher ist, dass Helfer sich von Calcutta unmittelbar nach Maul-
main einschiffte, wie I. G. Sommer in seinem Taschenbuch zur Ver-
breitung geographischer Kenntnisse für 1839 Seite CXLVIII. angibt, und
von hier seine erste Reise am 4. März 1837 in der Provinz Amherst
nach dem nördlich und nordöstlich gelegenen Landstriche antrat. Er
fuhr den Salween-Fluss hinauf, bis zum 21. März 1837, wo ihn die
unüberwindliche Strömung umzukehren nöthigte, und er den Yengbaing-
Fluss, der in den ersteren mündet, aufwärts fuhr; auf dem er am 5. April
m*
170 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
das Kalkgebirge „die Büffelberge u und am 7. April' das höhere Elephant-
tail-Gebirge durchschnitt. Am 11. April schiffte er sich, nachdem er den
Yengbaing verlassen hatte, auf dem kleinen Dachiny-Flusse (Dagyaing?) ein,
und kam am 19. April 1837 wieder in Maulmain (wohl richtiger als Mergui
nach Dr. H. M. Schmidt-Goebel) an. Vom November 1837 bis Mai 1838
führte er eine grössere beschwerliche mit vielen Strapazen und Entbeh-
rungen verbundene Landreise von Maulmain über Ye und Tavoy nach
Mergui aus. Er fuhr im November von Maulmain den Attaran-Fluss auf-
wärts, zog dann mit Pferden und Elephanten in den Junglen und Wäl-
dern des Flachlandes zu Lande weiter, bis er am 29. am Gebirge an-
langte, welches er bis zum 7. December 1837 durchwanderte. Am 8. kam
er bei den drei Pagoden an, welche die Gränze zwischen der brittisch-
birmesischen Provinz Tenasserim und Siam bezeichnen. Am 10. trat ei-
serne Rückreise an, verfolgte bis zum 13. den alten Weg, und wollte
dann nach Ye, allein er verfehlte die Richtung, und irrte in den unbe-
wohnten Urwäldern herum, bis er endlich am 20. December zwei Tage-
reisen nördlich von Ye, aus der Einöde herauskam, und am 22. Dec.
1837 Ye selbst erreichte. Von hier brach er am 2. Jänner 1838 auf,
und nahm seinen Weg anfänglich durch Niederungen, dann durch das
Bergland, so wie später durch die Lagunen des Hinzu-Flusses, und längs
des Meeresufers gegen Tavoy, das er am 18. Jänner 1838 erreichte,
und von hier vom 1. bis 9. Februar einen in östlicher Richtung nach
Metamio, so wie nach den dort befindlichen Zinngruben unternahm. Am
17. Februar 1838 verliess Helfer wieder Tavoy, und reiste bis zum
19. durch die kultivirtesten Gegenden dieser Provinz nach Towugbiaun,
wo er sich bis zum 23. aufhielt. Am 24. verliess er wieder letztge-
nannten Ort und gelangte theils zu Land, theils in Booten nach Palou,
am 1. März 1838, wo er bis zum 6. März verweilte; von hier gelangte
er in östlicher Richtung an den Tenasserim-Fluss und fuhr diesen strom-
abwärts nach Mergui. Von hier fuhr er nochmals den Tenasserim auf-
wärts, neun Tagreisen von Mergui, und auf einer dritten Tour längs
dem Tenasserim gelangte er bis zu dem hohen Tafellande, welches den
oberen Theil des Istmus von Kraw von der Bucht von Siam scheidet,
so wie bis in die kohlenführenden Gegenden, und kehrte sodann nach
Mergui zurück, wo er etwa zu Anfang Mai 1838 eintraf. Diese ganze
Reise von Maulmain nach Mergui war vielleicht die wichtigste, die Helfer
in Hinter-Indien ausführte; denn ein grosser Theil der von ihm durch-
reisten Gegenden war vor ihm noch von keinem Europäer betreten.
Dr. Helfer Hess sich nun in Mergui förmlich nieder, und setzte
hier seine Thätigkeit ungeschwächt fort. Er erstattete an die ostindische
Regierung mehrere Berichte über die Resultate seiner Reisen, sämmtlich
in englischer Sprache geschrieben. Der erste Bericht „Amherst Toivn
in the Tenasserim provinces" wurde von ihm noch in Maulmain am
15. September 1837 geschlossen, und wahrscheinlich von dort auch nach
Calcutta abgeschickt. Der zweite Bericht, über seine Reise von Maulmain
nach Mergui: „The provinces of Ye, Tavoy and Mergue on the Tenas-
serim coast; visited and examined by order of governement with the
vieiv to develop their natural resources," wurde von ihm am 23. Juli
1838 in Mergui abgeschlossen. Später verfasste er noch einen dritten
und vierten Bericht: „Third Report on Tenasserim — the surrounding
nations, — Inhabitants, natives and Foreigners — Char acter, Morals
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 171
Religion," und „Fourth Report on the Tenasserim Provinces considered
as a resort for Europeans." Die beiden ersten Berichte wurden von
der ostindischen Regierung nur in der gewöhnlichen offiziellen Weise in
Folio-Format veröffentlicht*) während die beiden letzteren sich auch in
dem „Journal of the Asiatic Society of Bengal" unter denselben Titeln
befinden.**) Ebenfalls in Folge seiner Reisen erstattete Dr. Helfer noch
folgende Berichte an die Ostindische Compagnie: „Report of the Cool
discovered in the Tenasserim Provinces, — Papers relative to the New
Goal Field of Tenasserim" und „Note on the Animal productions of the
Tenasserim Provinces/' welche alle drei ebenfalls in der oben erwähnten
Zeitschrift veröffentlicht wurden.***)
Nach den Angaben Dr. H. M. Schmidt-Göbel in dem bereits
erwähnten Vorberichte seiner „Faunula Coleopterorum Birmaniae" soll
Dr. Helfer von Mergui im Monat October 1838 eine Reise nach Cal-
cutta unternommen haben, von der er im Monate November desselben
Jahres zurückgekehrt sei. Während dieses Aufenthaltes in Calcutta scheint
Dr. Helfer den Auftrag erhalten zu haben, den Mergui Archipel an der
Westküste von Tenasserim zu untersuchen. Er machte sich auch sogleich
ans Werk, denn schon am 28. Nov. 1838 sehen wir ihn zu diesem Zwecke
Mergui verlassen, und seine Aufgabe in der Zeit vom 28. Nov. 1838 bis
21. April 1839 vollständig lösen. Er führte innerhalb dieser Zeit von Mergui
aus, wohin er immer wieder zurückkehrte, um sich mit Lebensmitteln zu ver-
sehen, sechs verschiedene Fahrten nach den verschiedenen Inseln des Archi-
pels aus, welche er beinahe alle besucht, und die meisten der grösseren
wenigstens untersucht hatte. Die äusserst interessanten Resultate dieser
Fahrten, auf welchen er ebenfalls von seiner muthigen und wahrhaft auf-
opfernden Gattin begleitet wurde, sind in einem Tagebuche niedergelegt,
welches gleichsam als Bericht für die Ostindische Compagnie geschrieben zu
sein scheint, das jedoch bisher nirgends veröffentlicht wurde, und dessen Mit-
theilung die k. k. geographische Gesellschaft der Frau Gräfin Nostitz verdankt.
Kurze Zeit nach Beendigung der Untersuchungen des Mergui Archi-
pels hatte Dr. Helfer im selben Jahre noch vor Beginn des Monsoons
einen Ausflug nach dem neu entdeckten Kohlenfelde am Tenasserim aus-
geführt. Mit diesem Ausflüge scheinen seine Reisen für das Jahr 1839
abgeschlossen gewesen zu sein, da sich nirgends irgend welche Andeu-
tungen vorfinden. Erst zu Anfang des Monates Jänner 1840 finden wir
den rastlosen Reisenden wieder auf einer Seefahrt, welche für ihn leider
zugleich die letzte Lebensfahrt werden, und von der er in die Arme
seiner Gattin, welche diessmal in Mergui zurückgeblieben war, nicht
wieder zurückkehren sollte. Er verliess am 13. Jänner 1840 in Reglei-
tung seines jungen Schwagers Otto Freiherrn Des Granges auf dem
Schooner „Catarina" Mergui, um sich auf die Andamanen-Inseln zu begeben,
und diese Inselgruppe, deren Rewohner durch ihre Wildheit berüchtigt
waren, zu untersuchen; er hatte dieselben auch glücklich erreicht, und
einige der Inseln auch besucht ohne auf Einwohner zu stossen. Erst
am 29. Jänner hatten sich auf einer der nördlichen Inseln Wilde gezeigt;
einer derselben wagte sich auch vor, und wurde von Helfer noch mit
*) Calcutta: G. H. Huttmann, Bengal Military Orphan Press. 1839.
**) Volume VIII. pag. 973. und Vol. IX. pag. 155.
***) Volume VII. pag. 701. — Vol. VIII. pag. 385 und Vol. VII. pag. 855.
172 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Cocosnüssen beschenkt; als jedoch eine Schüssel, welche ihnen zum
Wasserholen übergeben wurde, in ihren Händen zerbrach, zogen sie sich
zurück, und waren zur Annäherung nicht mehr zu bewegen: und als
am 30. Jänner Helfer abermals ans Land stieg, in der Absicht, doch
noch einen Versuch sich ihnen zu nähern, zu machen, wurde er mit
seinen Begleitern plötzlich von ihnen überfallen; Dr. Helfer und seine
Leute suchten nun in aller Eile schwimmend das Schilf zu erreichen,
was auch allen gelang, bis auf Dr. Helfer selbst, der im Schwimmen
von einem der vergifteten Pfeile, die ihnen die Wilden nachgesendet
hatten, am Kopfe der Art verwundet wurde, dass er sogleich untersank,
um nie wieder aufgefunden zu werden. Auf eine so elende Weise musste
ein Mann zu Grunde gehen, der nur dem natürlichen Drange nach Er-
weiterung seines Gesichtskreises und seiner Kenntnisse folgend, den heimat-
lichen Herd verliess, um einen Theil der Erde zu durchwandern, allen
Strapazen und Gefahren Trotz zu biethen, und nur das eine Ziel der
Förderung der wissenschaftlichen Kenntnisse der Erde im Auge zu be-
halten. Das Tagebuch über diese letzte so unheilvolle Reise, von seiner
Hand in deutscher Sprache geschrieben, bewahrt noch die Frau Grätin
Nostitz, und sie hatte ebenfalls die Güte, dasselbe der Gesellschaft zur
Benützung zu überlassen, zugleich aber auch durch die Darstellung der
Ereignisse am 30. Jänner 1840 zu ergänzen.
Der Aufenthalt Dr. Helfer's in Mergui selbst muss demselben nach
den Mittheilungen seiner Gemahlin viele Annehmlichkeiten gebothen haben.
Ausser seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte er sich mit der
Anlage eines Gartens und von Plantagen von Areccapalmen, von Cocos-,
Muskatnuss- und Kaffeebäumen, welche vortrefflich gediehen. Leider gingen
diese Plantagen, welche nach seinem Tode durch eine Donation an die
Witwe von 4000 engl. Acres vermehrt wurden, trotz aller Anstrengungen
zu Grunde. Die Frau Gräfin P. Nostitz hatte die besondere Gefälligkeit,
über Dr. Helfer's Plantagen und ihre weiteren Schicksale einige Auf-
schreibungen zu machen, die ich hier zur Ergänzung der vorhergehenden
Darstellung wörtlich folgen lasse :
„Angezogen von der Mannigfaltigkeit und Ueppigkeit der herrlichsten
Tropenvegetation, wurde es bald eine Lieblingsbeschäftigung Dr. Helfer's,
in Mergui einen Garten anzulegen, indem er nicht nur alle dort schon
einheimischen Gewächse kultivirte, sondern auch die aus analogen Kli-
maten, aber in Mergui noch nicht vorkommenden, dort hin verpflanzte.
Unter diese gehörte vorzugsweise der Kaffee- und der Muskatuussbaum,
bei welchem letztern er mit Glück den Versuch machte, einen Theil der
männlichen Bäume durch das Oculiren mit weiblichen, fruchttragend zu
machen, welches bis dahin, wenigstens dort, noch nicht bekannt war,
und wodurch den Muskatnussplantagen ein Drittheil der Bäume, die dort
im Alter von 5 bis 6 Jahren als unbrauchbar abgehauen werden mussten,
gerettet wurde. Als mit der Ausdehnung dieser Anlagen die Unkosten
derselhen sich im Verhältniss steigerten, mussten sie entweder nutzbringend
oder damit inne gehalten werden. Dr. Helfer beschloss das Erstere. Er
begann im Jahre 1838 in der Nähe seiner Wohnung, die auf einem
Hügel unweit der Stadt Mergui lag, dessen sanfte Abhänge sich bis zum
Meere erstreckten, und dort von undurchdringlichen Mangrovegebüschen
begrenzt wurden, eine nutzbringende Plantage von Cocos-, Areccapalmen
und Caffeebäumen anzulegen. Der in der Nähe gelegene herrenlose Wald
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 173
wurde zu Anfang der trockenen Jahreszeit, Mitte September, niedergefällt.
Burmesische woodcutters (Holzarbeiter), die fast ausschliesslich sich mit
dieser Arbeit beschäftigen, unternehmen solche in Accord und fällen mit
ihren Thas, einem langen, breiten Messer, das nach vorn zu breiter wird,
nicht unähnlich einem gekrümmten Rasirmesser, die stärksten Stämme in
unglaublicher Geschwindigkeit. Die niedergefällten Bäume, grösstentheils
der Gattung der Zimmt und anderen Gewürzarten angehörend, verbreiten,
indem sie zu trocknen beginnen, einen so starken und balsamischen Ge-
ruch, so dass die ganze Atmosphäre eine Stunde im Umkreis davon erfüllt
ist. Zu Ende der trockenen Jahreszeit, Anfangs April, wird der so nieder-
gefällte und durch die Gluth der Sonnenstrahlen getrocknete Wald in
Brand gesteckt. Eine solche Feuersbrunst ist zumal in der Nacht ein
grossartiges Schauspiel, das man aber nur in weiter Entfernung betrachten
kann, da die Glut jede Annäherung unmöglich macht. Anfangs Mai, mit dem
Eintritt des Monsoons werden die jungen Bäume in die fusshohe Asche des
niedergebrannten Waldes zwischen halbverkohlten Baumstämmen eingepflanzt.
Die so von Dr. Helfer angelegte Plantage wuchs schnell zu grosser
Ausdehnung an. Schon im Jahre 1839 waren über 50,000 Areccapalmen,
6000 Cocos-, eine Menge Kaffee- und Muskatnussbäume gepflanzt. Jedoch
drohte der jungen ' Pflanzung ein schneller Untergang durch den am
30. Januar 1840 erfolgten gewaltsamen Tod Dr. Helfer's, da mit seinem
Ableben der hohe Gehalt, den er bezog und der grösstentheils zur Cul-
tivirung der Pflanzung verwendet wurde, authörte. Zu bedeutende Summen
waren schon in das Unternehmen verwendet worden, als dass es für die
Witwe Dr. Helfer's und ihren Bruder, Otto Des G rang es, welcher
eigens nach Indien gekommen war, die Pflanzung zu leiten, nicht höchst
wünschenswerth gewesen wäre, dieselbe fortzusetzen. Mad. Helfer ging
im Sommer 1840 nach Calcutta und schloss dort mit einem der ersten
Banquierhäuser einen Compagnievertrag zum Weiterbetrieb der Pflanzung
ab. Sie wurde aus Rücksicht der Verdienste Dr. Helfer's um die Fort-
schritte der Agricultur in den Tenasserim-Provinzen von Seiten der ostin-
dischen Compagnie mit einer Donation von 4000 englischen Acres theils
in der Nähe der Stadt Mergui, theils auf der nahen Königsinsel, die zu
Zuckerplantagen noch mehr geeignet ist, belehnt. Diese Belehnung bot,
da sie auf 30 Jahre steuerfrei gegeben war, so ausserordentliche Vor-
theile, dass jenes Haus von da an bedeutende Summen vorschoss, die
Plantage zu erweitern. Im Jahre 1842 jedoch fallirte dasselbe durch
missglückte Indigospeculationen, wie es in diesem Handelszweige nur zu
häufig geschieht. Mad. Helfer, in der Zwischenzeit nach Europa zurück-
gekehrt, war bemüht, das fehlgeschlagene Unternehmen zu Stande zu
bringen. Ein von ihr gemachter Versuch, der sich zwei Jahre hinauszog,
missglückte jedoch ebenfalls, und es konnte während dieser Zeit keine
Verfügung getroffen werden, wodurch die Pflanzung mit der Zeit in einem
solchen Grade verwildern musste, dass ihre Reinigung kostspieliger als
ihre erste Anlegung gewesen wäre. Denn solcher Art ist die Vegetation
dort, dass die Schwierigkeit, die Urwälder jener Gegenden zu durch-
wandern, gering erscheint zu der, einmal cultivirte und dann wieder ver-
lassene Orte zu durchdringen. Bedeutende Capitalien, viel und mühevolle
Arbeit, die in das Unternehmen verwendet worden waren, und die sichere
Aussicht auf reichen Gewinn, die eine derartige Plantage geben musste,
gingen damit verloren. u
174 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Die von der Frau Gräfin P. Nostitz der k. k. geographischen
Gesellschaft zur Benützung überlassenen, und von dieser zur Veröffentlichung
bestimmten Aufsätze Dr. J. W. Helfe r'a sind folgende:
1. Erster Bericht: Leber Amherst Town in der Tenasserim-Provinz.
2. Zweiter Bericht: Die Provinzen Ye, Tavoy und Mergui an der
Tenasserim-Küste.
3. Dritter Bericht über Tenasserim — die angrenzenden Völkerschaften
die eingebornen und fremden Bewohner und deren Character, sitt-
licher Zustand und Beligion.
4. Vierter Bericht über die Tenasserim-Provinzen mit Bücksicht auf
die Aussichten, welche sie europäischen Einwanderern darbiethen.
5. Tagebuch der Beisen zur Untersuchung des Mergui Archipels.
6. Tagebuch der Beise nach den Andamanen- Inseln am Bord des
Schooner „Catarine."
Die ersten fünf Aufsätze sind im Originale in englischer Sprache
geschrieben, und wie bereits erwähnt, von Herrn Grafen A. F. von
Marschall freundlichst übersetzt; nur das unter 6. angeführte Tagebuch
ist auch im Originale deutsch geschrieben.
Wie bereits erwähnt, sind die zwei ersten Berichte in der Form
der Parlamentsacte separat, der dritte und vierte in dem „Journal of the
Asiutic Society of Bengal" und Nr. o und 6 noch gar nicht gedruckt.
F. Foetterle.
1. Erster Bericht. Amherst Town in den Tenasserim-Provinzen.
I. Physischer und geologischer Bau des Landes.
Allgemeines Ansehen. Ebene. Das allgemeine Ansehen der britischen
Provinz Amherst ist das einer von zahlreichen Flüssen und kleinen Buchten
(„creeks") durchschnittenen alluvialen Ebene, welche von Norden gegen
Osten zu von einem Halbkreis von Urgebirgen umschlossen, im Westen
durch den Salween-Fluss vom Burmesischen Gebiete getrennt und theilweise
vom Meer umgränzt wird. — Diese grosse Fläche wird indess durch ein
zweifaches Höhensystem unterbrochen.
Blauer Bergkalk. Das eine dieser Systeme besteht aus blauem, sich
plötzlich über die Ebene erhebendem Bergkalk, an vielen Stellen als schmale
zerstückelte Kelte, an anderen als vereinzelte niedere Hügel und Berge
von geringem Umfang.
Sandstein. Das zweite System besteht aus Sandstein-Hügeln von 200
bis 800 Fuss Höhe mit dem Hauptstreichen von NNW. nach SSO. Die
nächste Umgebung dieser Hügelketten steigt etwas an und bildet enge Thäler
und Schluchten.
Gestalt. Höhe. Diese Hügel erscheinen durchgängig eher vereinzelt als
zusammenhängend und in häufiger regelmässiger Wechsellagerung mit dem
blauen Sandstein; in den Zwischenräumen liegen weite Strecken aufge-
schwemmten Landes. Ihre grösste Höhe erreichen sie gegen NO. zu in
den Büffel-Bergen („Buffaloe mountaim"), etwa 70 (Engl.) Meilen von
Maulmain; der höchste Punct einer Kette erreicht 1543 (Engl.) Fuss.
Dürre der Sandstein - Berge. Ein grosser Theil dieses Sandstein-
Gebietes zeichnet sich durch die Dürre und Unfruchtbarkeit seiner Um-
gebung aus; die dürftige Vegetation dieser Striche beschränkt sich auf
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 175
einige verkümmerte Bäume eigener Art und auf eine zwerghafte Species
von Bambusrohr.
Thonschiefer. Fast überall ist der Sandstein dem Thonschiefer auf-
gelagert und mehr oder weniger mit Eisenerzen durchdrungen, hie und da
auch von Quarzgängen durchsetzt, die mitunter einen Theil der Fel-
sen bilden.
Kalkgebirge. Die geognostische Beschaffenheit verändert sich in der
Nähe, der grossen Grenzgebirgskette.
Crebirgsarten. Diese Gebirge bestehen fast ausschliesslich aus Urge-
steinen, unter denen 1) Glimmerschiefer, am häufigsten vorkommt; — 2) Gneiss,
seltener und nur in höheren Horizonten; — 3) Granit, den ich nur an
einer Stelle des ganzen von mir durchreisten Gebietes in einer sehr grob-
körnigen, feldspathreichen Varietät antraf.
Höhe. Die grösste Höhe dieses Urgebirgs beträgt etwa 5300 Fuss;
es bildet eine fast ununterbrochene, eintönig wellenförmige Beihe mit wenigen
Einschnitten und einigen vorragenden stumpf kegelförmigen Spitzen und
Kämmen, welche vulkanischen Kratern gleichen, in der That aber mit
solchen gar nichts gemein haben.
Verbindung mit der grossen Himalaya-Rette. Dieses Gebirge kann mit
Becht als eine Fortsetzung des grossen Himalaya-Systems angesehen werden,
welches sich am östlichen Ende der Provinz Bhootan in 2 Aeste trennt,
deren einer nach NO. gegen die Chinesische Provinz Yunn streicht, der
andere nach SO. die Schau-Länder durchzieht und theilt.
Zweitheilung. Unter 101° 0. L. und 17° N. B. wendet sich letzterer
Zweig plötzlich gerade nach Süden, trennt Siam von den britischen Te-
nasserim-Provinzen, schneidet unter 10° N. B. die Halbinsel Malacca in
zwei fast gleiche Theile und verliert sich nahe am Aequator auf der Insel
Singapore.
Ebenen, vom Meere bedeckt. Es kann kaum bezweifelt werden, dass
zu einer nicht sehr weit entfernten Zeit die fruchtbaren Ebenen der Pro-
vinz Amherst vom Meere bedeckt waren, welches wahrscheinlich erst in
Folge der allerletzten Erdumwälzungen zurückwich. Beweise dafür bieten
die zackigen zertrümmerten Kalkfelsen mit ihren mannigfachen Höhlen (welche
gegenwärtig dem Buddha-Dienst gewidmet sind), die Beste von Geschieben
am Fusse dieser Berge, vorzüglich aber die Menge salziger Stoffe, mit
denen noch jetzt der Boden geschwängert ist.
Gegenwärtige Veränderungen. Die aufgeschwemmten Ebenen erfahren
fortwährende Veränderungen, vorzüglich durch Bildung neuer Nullahs
(natürlicher Kanäle). — Das Wasser, welches diese Ebenen während des
Monsoon's überdeckt, sammelt sich in Landseen, sobald sich die Flüsse
wieder in ihre gewöhnlichen Bette zurückziehen. Von da aus bricht es
oft durch den weichen Boden und öffnet sich neue Wege nach den Flüssen
zu. Diese Veränderung kommt alle Jahre vor und zerstört eine Menge
guten Boden, um so mehr, als die Menschen zur Begelung und Erleich-
terung des natürlichen Wasserabflusses so gut als gar nichts thun.
Folge der jährlichen leberschwemmung. Fruchtbarkeit des Bodens. Indess
bleibt eine Menge ausgetretenen Wassers in den Landseen zurück; theils
verdunstet es allmählig während der trockenen Jahreszeit, theils gibt es
an vielen Stellen Anlass zur Bildung von Morästen, mithin auch von Ma-
laria, welche grosse Strecken dieser Ebenen unbewohnbar und verderblich
macht, so dass sie nur einer Menge wilder Thiere einen unnahbaren
176 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Zufluchtsort bieten. Tausende von Tagewerken („acres") könnten mit
sehr geringer Mühe entwässert und in den fruchtbarsten Boden verwan-
delt werden. Diess dürfte indess nicht geschehen, so lang (wie es gegen-
wärtig der Fall ist) die Bevölkerung so gering ist, dass der beste Theil
des Landes unbenutzt bleibt. Der Boden selbst ist fast überall von der
besten Beschaffenheit und für den Anbau aller tropischen Pflanzen geeignet.
Aasnahmen. Die wenigen verhültnissmässig unfruchtbaren Stellen sind :
a) Niederungen, die dein schädlichen Einfluss des Meerwassers ausge-
setzt sind.
b) Die Moore in den grossen Ebenen zwischen den Flüssen Salween,
Gyne und Attaran.
c) Das dürre Gehänge der Sandstein-Hügel und die dazwischen liegenden
Tbäler.
d) Die Kalkfelsen (obwohl die zwischen ihnen liegenden Thäler und
Risse äusserst fruchtbar sind.)
e) Ein Theil des Urgebirgs an der nördlichen und östlichen Grenze.
Reisland. Das Reisland („Paddy lanch") nimmt einen grossen —
vielleicht den dritten — Theil des ganzen Landes ein, und bietet um
so mehr die Mittel zur Ernährung einer zahlreichen Bevölkerung, als in
Folge des regelmässigen Eintretens und der stets gleichen Dauer der jähr-
lichen Ueberschwemmungen Missernten fast unbekannt sind.
Höher liegende Ebenen. Die höher gelegenen Ebenen haben den besten
Boden. An manchen Stellen hat sich die Dammerde durch beständige
Zersetzung von Pflanzenstoflen bis zur Dicke von mehr als 3 Fuss auf-
gehäuft. Ebenso fruchtbar sind die Thäler im Norden , besonders ein
grosses Thal zwischen dem nördlichen Zuge des Urgebirges, und ein
anderes seeundäres im Süden, über 80 (Engl.) Meilen lang, 2 — lo Meilen
breit, welches bis jetzt ganz und gar unbewohnt und mit Wald bedeckt
ist. Diess letztere Thal hat überdiess den Vortheil, dass zahlreiche Risse,
vom Hochgebirge herabkommend, in dasselbe münden und — wo es nöthig
wäre — zur Bewässerung benützt werden könnten.
Werth der Provinz. Dieses schöne Land könnte mehrere Millionen
Menschen ernähren (die ganze Bevölkerung der Provinz Amherst beträgt
etwa 45.000 Seelen); es könnte die meisten werthvollen Erzeugnisse des
Ostens hervorbringen und ein höchst gewinnbringender Theil der britischen
Besitzungen werden, abgesehen von seinen natürlichen Erzeugnissen, seiner
trefflichen Lage und der grossen Handelsvortheile, welche in Zukunft die
Burmesischen Gebiete überhaupt als vorgeschobene Posten der grossen
chinesischen Terra incognita zu erwarten haben.
Flüsse. Die Provinz Amherst ist von vielen schiffbaren Flüssen und
Kanälen („creeks") durchschnitten, unter denen der Salween, der Gyne
und der Attaran mit ihren Nebenflüssen die wichtigsten sind.
Salween. Der Salween steht in Hinsicht auf die Länge seines Laufes
oben an. Er fliesst gerade von Norden her aus Gegenden, die man kaum
dem Namen nach kennt, aus einer Quelle, die noch nie ein Europäer
besucht hat, und tritt bei seinem Zusammenfluss mit dem Thou-khan in
das britische Gebiet ein. Hier drängt er sich durch eine Anhäufung von
Bergen, welche die ausgedehnten Thäler im Norden , und überhaupt das
subalpine Gebiet der Shans von den Ebenen des britischen Gebietes trennen.
Stromschnellen. Das Bett des Salween zieht sich hier so zusammen,
dass es an manchen Stellen nicht breiter als 30 Yards ist. Zehn (Engl.)
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tennaserira-Provinzen etc. 177
Meilen unterhalb der Mündung des Thou-khan in den Salween liegen
die grossen Wasserfalle oder Stromschnellen, welche die Schiffahrt fast
ganz unterbrechen. Zehn Meilen tiefer liegt eine zweite unbedeutende
Stromschnelle , über welche Boote in der trockenen Jahreszeit gelangen
können. Ein drittes Hemmniss liegt zwischen dem Festland und der Insel
Kauloon, wo nur der östliche Kanal bei niederem Wasser gangbar ist,
da an der Nordspitze der Insel eine Barre quer über den westlichen geht.
Schiffahrt. Von da an abwärts ist der ganze Lauf des Flusses fahr-
bar. Die Burmesischen Canoes fahren meist nur bis zur Mündung des
Flusses Yeng-baing aufwärts, da höher aufwärts die Strömung 5 — 7 Knoten
beträgt und die Wasserwirbel für gefährlich gelten. (NB. Ich versuchte
17 Meilen über die Mündung des Yeng-baing hinauf zu fahren, dort
aber wurde die Führung der Boote wegen des reissenden Stromes unmög-
lich). — Dr. Bichardson berichtet, der Fluss sei ober den Stromschnel-
len bis zur Stadt Monay schiffbar.
Wirkoog der periodischen leberschweminung im Gebirgspass. In diesem
Gebirgpass wechselt die Tiefe des Flusses zwischen 4 und 8 Faden,
und sogar darüber. Während der Begenzeit muss der Andrang des Wassers
durch diesen Pass ungeheuer sein. An manchen Stellen steigt der Fluss
über 40 Fuss hoch, verwüstet die ganze Ufergegend und bezeichnet seinen
Stand durch grosse Absätze von Geschieben und losem Sand, welche auf
weite Strecken zwischen den Felsen abgelagert sind.
Gegenden, welche der Salween durchströmt. Sechs (Engl.) Meilen unter-
halb der Einmündung des Yeng-baing in den Salween tritt letzterer in
eine offenere Gegend, welche unterhalb der Insel Kauloon zur eigentlichen
Ebene wird. Indess nähern sich an beiden Ufern die bezeichneten Berg-
kalk-Felsen zu verschiedenen Malen dem Flussbette, und an einer Stelle
so sehr, dass der Fluss bei Zoog-ka-beng (25 Meilen ober Maulmain)
sich durch einen dieser Höhenzüge mit Gewalt Bahn brechen muss. Unter-
halb Kow-loon-kioun mag die gewöhnliche Breite des Flusses im Durch-
schnitte eine halbe (Engl.) Meile betragen und sie nimmt noch etwas zu,
nachdem der Fluss den Höhenzug von Zoog-ka-beng durchbrochen hat.
Tiefe. Bis 35 (Engl.) Meilen ober Maulmain bleibt die Tiefe des
Hauptstromes noch immer zwischen 2 bis 3 Faden; nur an 2 Stellen
bemerkte ich unter dem Wasserspiegel eine quer über den Stromlauf
streichende Felsenreihe, welche grösseren Schiffen ein Hinderniss entgegen
zu setzen scheint.
Gyne -Fluss. Der Gyne ist der bedeutendste Fluss nach dem Sal-
ween; er entsteht aus der Vereinigung des Thlaing-boay und des Dagyaing.
Der Thlaing-boay. Der Thlaing-boay entspringt in einer Bergkette
von Sandstein und Thonschiefer, zwischen dem Gebirgszuge von Pakah
und den Elephantenschweif („Elephant Tail") - Bergen , durch den Zusam-
menfluss dreier kleiner Bäche („creeks"), welche während ihres Ver-
laufs von WNW. nach OSO. zahlreiche Zuflüsse erhalten. Während der
schönen Jahreszeit liegt die Mehrzahl dieser kleinen Bäche ganz trocken.
Der Thlaing-boay tritt nach kurzem Lauf in die Ebene ein, zwischen
dem Salween und dem Gyne, und nimmt einen langsamen und gewun-
denen Lauf an. Bis zum Karäer-Dorfe Panyeing, 10 (engl.) Meilen ober
dem Dorfe Thlaing-boay (wo er im April 12 Fuss breit und 2 — 4 Fuss
tief war) ist er für Burmesische Boote schiffbar.
178 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Der Dagyaing. Beträchtlicher ist der Fluss Dagyaing, welcher aus
zahlreichen, von den grossen Siamesischen Gränzgebirgen herabkommenden
Bächen entsteht. Diese vereinigen sich in 3 abgesonderte Bäche, deren
einer, von NW. her ein fruchtbares Thal durchströmt; der andere (be-
trächlichste) von NO. herkömmt und ein dritter, genau von Osten her-
kommend, in die 2 anderen bereits vereinigten, einmündet.
Schiffbarkeit für Canoes. Der vereinigte Dagyaing ist auf eine weite
Strecke hin, ein ungestümer Strom, dessen Lauf beständig von losen
Felsstücken aufgehalten wird, und der desshalb auch nicht schiffbar ist.
Die höchste Stelle, zu der kleine Burmesische Canoes von weniger als
iy2 Fuss Wassergang gelangen können, ist das Dorf Konoh; aber selbst
diese kleinen Fahrzeuge müssen oftmahl über die quer über den Strom
streichenden Barren gehoben werden. — Die Schiffbarkeit für gewöhnliche
Burmesische Boote beginnt bei dem Dorfe Painn-kioum-yua, wo der Fluss
40 — 50 Fuss Breite auf 5 — 12 Fuss Tiefe erreicht. Nach einem 20
(engl.) Meilen langen, sehr gewundenen Lauf, vereinigt er sich mit dem
Thlaing-boay, behält aber noch den Namen Dagyang bis zum Dorfe Gyne.
Vereinigung mit dem Thlaing-boay. Bei seiner Vereinigung mit dem
Thlaing-boay ist der Dagyang bereits ein ansehnlicher, */4 (engl.) Meile
breiter Strom mit schnellem Lauf, da viele Bäche aus dem östlichen
Gränzgebirge sich in ihn ergiessen. — Bei dem Dorfe Gyne erhält er
einen bedeutenden Zuwachs durch die Einmündung des grossen Hondrow-
Flusses. Hier erhält er auch den Namen Gyne und eine Breite zwischen
i/4 und y2 Meile.
Schiffbarkeit durch eine Sandbank unterbrochen. Der Gyne würde ver-
muthlich bis hinauf zur Vereinigung des Dagyaing mit dem Thlaing-boay
für ziemlich grosse Schiffe fahrbar sein, wenn nicht 2 Meilen unterhalb
des Dorfes Gyne eine bedeutende Sandbank quer über sein Bett zöge.
Selbst Burmesische Boote können bei niederem Wasserstand über diese
Stelle nicht hinaus, sondern müssen die Fluth abwarten. Kurz ober Maul-
main vereinigt sich der Gyne mit dem Salween.
Der Attaran. Schiffbarkeit desselben. Der dritte bedeutende Fluss ist
der von SSO. kommende Attaran. Er ist weniger breit als die anderen,
aber der tiefste von allen und dürfte auf eine beträchtliche Strecke für
schwerbeladene Fahrzeuge schiffbar sein. Jch hatte keine Gelegenheit, den
Attaran weit stromaufwärts zu untersuchen; M. Crawfurd kam auf einem
Dampfboote bis zur Höhe der Stadt Attaran.
Maalmain-Flnss. Der Maulmain vereinigt sich bei der gleichnamigen
Stadt mit dem Gyne und dem Salween, mit denen er zusammen den
majestätischen Martaban- oder Maulmain-Strom bildet, der sich durch zwei,
die Insel Bilukioun umgebende Mündungen, in das Meer ergiesst.
Masse des Wassers. Die Anzahl von Nebenflüssen, welche vorzüglich
von dem grossen Grenzgebirge in N. NO. und 0. Richtung herabfliessen,
erklärt die Anhäufung einer so erstaunlichen Wassermasse, wie der Mar-
taban- oder Maulmain-Fluss ist, zwischen Martaban und Maulmain. Dieser
Strom gleicht dem schönen Wasserspiegel eines über 6 Meilen langen
Landsees; W. Crawfurd nennt diesen Anblick mit Recht einen der auf-
fallendsten, den eine Tropenlandschaft darbieten könne.
Nebenflüsse. Der Teng-baing. Unter den Strömen zweiter Ordnung
nehmen der Yeng-baing, der Thon-kan und der Houndrow den ersten
Rang ein. Bei niederem Wasserstand ist der Yeng-baing nur ein Bach,
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira-Provinzen etc. 179
dessen Mündung nicht über 20 Fuss breit ist. Indess ist an ihm zu
bemerken, dass er innerhalb der vom Salween und vom Gyne einge-
schlossenen Halbinsel der einzige von Osten nach Westen fliessende Was-
serlauf ist. Er ist ferner als der einzige Zugang in das Innere bemer-
kenswerth. Nur seine Ufer sind bewohnt und zwar von Karäern; der
ganze übrige nördliche Theil der Gegend, vom Yeng-baing bis zum Thou-
Khan, ist ein, von Thälern durchschnittenes, gänzlich unbewohntes Bergland.
Der Thou-Hlinii. Der Thou-Khan ist ein ungestümer, in OSO. Richtung
dem Salween zufliessender Bergstrom, der die Nordgrenze der britischen
Besitzungen bildet.
Kanal zur Förderung von Fichtenbäumen. Dieser Strom dürfte seinerzeit
eine gewisse Bedeutung erlangen, indem er bei Hochwasser zur Förderung
von Thekaholz und vorzüglich von Fichtenbäumen in den Salween und von
da weiter nach Süden benützt werden könnte. NB. Nach den Aussagen
Dr. Richardson's und Capt. M'Leod's sind die Landstriche im N.
des Thou-Khan reich an Fichtenbäumen. Dies werthvolle Nutzholz für
Schiffsmasten findet sich nur auf jener Hochfläche, welche sich gegen
die unbekannten Gegenden zwischen dem britischen Gebiet und dem
chinesischen Yunan zu allmälig erhebt.
Der Honndrow. Ein anderer ziemlich bedeutender Fluss ist der Houn-
drow, von OSO. aus den Siamesischen Bergen kommend und sich in den
Gyne ergiessend. Bei seiner Einmündung in letztern ist der Houndrow
330 Fuss breit und 1 — 3 Faden tief.
Dessen Wichtigkeit. Der Houndrow ist insofern von Bedeutung, als
er, gegen Siam zu, auf eine grosse Strecke eine bequeme Wasserstrasse
darbietet auf der das Theka und anderes werthvolles Bauholz, welches
in den höheren Gegenden längs seiner Ufer in Menge vorkommt, nach
der Hauptstadt verschifft werden könnte. Alle diese Flüsse, ohne Ausnahme,
vereinigen sich (wie oben gesagt) ober Maulmain zu einer einzigen
Wassermasse.
Jährliche Deberschwemmungen. Während der Regen, welche im Juli,
August und September diese Flüsse (in ihrer Gesammtheit ein Flächen-
raum von vielen 100 [engl.] Quadratmeilen) schwellen, ist deren ganzes
Gebiet mit Wasser bedeckt und diese Ueberschwemmung ist die Haupt-
ursache der Fruchtbarkeit im Allgemeinen und insbesondere des hohen
Ertrags der Reisfelder („paddy fields").
Regelnlässigkeit der leberschwemmungen. Bemerkenswerth ist die Re-
gelmässigkeit, mit der die Wässer fallen und steigen; auch steigt das
Wasser wenn es einmal im Fallen ist, während derselben Jahreszeit nie-
mals wieder zur früheren Höhe. Diese Umstände scheinen mir zu beweisen,
dass der Hauptfluss (der Salween) mit seinem Wasserstand ganz von den
periodischen Regen abhängt und nicht vom Schneeschmelzen; was wieder
zu dem Schlüsse führt, dass der noch unbekannte Ursprung des Salween
nicht in einem höhern Theil der grossen Kette (die man für eine Fort-
setzung des Himmalaya-Gebirgs annimmt) zu suchen sei.
Leichtigkeit der Wasserverbindungen. Eine solche Menge schiffbarer
Flüsse bietet Verbindungsmittel dar, wie sie nur wenig andere Länder
besitzen dürften. In der That sind hier Boote das einzige Förderungs-
mittel, und mit Ausnahme einiger wandernder Karäerstämme, welche die
Berggegenden bewohnen, sind alle Dörfer und Weiler an einem Fluss
oder Bach gebaut. Das ganze mit Reis bebaute Land (y3 des gesammten
180 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Flächenraumes) ist von natürlichen Kanälen („nullahs") durchschnitten,
welche sich 9 — 10 Meilen weit in's Land hineinziehen. Viele davon liegen
bei niederem Wasserstande trocken, werden aber bei steigender Fluth schiff-
bar, so dass sie die Beförderung zu Land fast ganz entbehrlich machen.
Kanäle, welche diese Gegend bis Bassien hin mit Pegue verbinden. Ausser-
dem durchschneidet ein Netz von Kanälen die Gegend westlich von
Sahveen. Zwölf bis dreizehn Meilen ober Martaban ist der Kadashoang-
Kanal, welcher während des Monsoon durch den Sittang-Fluss nach Rangoon
führt, und von da durch einen geraden Abstand von mehr als 200 (engl.)
Meilen — durch mehrere Canäle bis nach Bassien. Alles dieses scheint
Mr. Crawfurd's Ansicht, dass die Binnenschiffahrt von Pegu von der
Natur mehr begünstigt sei, als die irgend eines andern Landes Asiens,
vollkommen zu bestätigen.
II. Erzeugnisse des Mineralreiches.
Kalksstein. Einen der auffallendsten Züge dieses Landes bildet der
Kühlenkalk, welcher in allem Wesentlichen mit dem „Bergkalk" Eng-
lands, Nord -Frankreichs und Belgien's genau übereinstimmt. An vielen
Stellen erhebt sich dieser Kalkstein mit Einenmmahl beträchtlich über die
Ebene, und erreicht in der Bergreihe Zoag-ka-beng eine Höhe von 2136
Fuss. Die Neigung der Schichten ist vorzüglich aus den Gebirgsspalten
wahrnehmbar und kann überall mit dem geologischen Ausdrucke „mauer-
artig" bezeichnet werden.
Entstehung. Es scheint gewiss, dass dies ganze Gebilde durch eine
grosse Umwälzung mit Einemmahle emporgehoben worden sei. Die ver-
streuten und zackigen Zerklüftungen mit senkrechten (mauerförmigen) —
mit unter 500 — 800 Fuss hohen Abstürzen, die Höhlen, die abgelösten
Felsstücke am Fusse der Berge, kurz Alles beweiset die verwüstende
Gewalt einer grossen Umwälzung und dass — vielleicht in einer nicht
allzu fernen Vorzeit — der Ocean den Fuss dieses Gebirges bespühlte.
Vorzüglicher Kalk. Diese Kalkzüge geben einen vorzüglichen Kalk (den
man gegenwärtig zu Maulmain benützt) und es wäre die Frage , ob es
nicht vorteilhafter wäre, diesen Kalk nach Calcutta und anderen Theilen
Ostindiens zu führen, anstatt ihn dorthin — wie bisher von Sylhet zu
beziehen.
Marmor. Der Kalkstein ist meist blaulichgrau, von feinkörnigem Bruch,
an den Kanten durchscheinend; an vielen Orten ist er aber auch weiss,
gelb oder roth, in hellerer und dunklerer Schattirung und gibt hie und
da guten Marmor.
Ansfnhr von Marmor. Da gegenwärtig in Ostindien der Marmor hoch-
geschätzt wird, schwer und mit vielen Kosten zu erlangen ist, könnte
dieser Marmor dorthin mit Gewinn ausgeführt werden. Die Auslage würde
— mit Ausnahme der Steinsägen — unbedeutend sein. Zu Singapore
könnte man Chinesen finden, welche an die Arbeit in Steinbrüchen ge-
wöhnt sind, und an den besten Stellen würde die Entfernung vom schiff-
baren Salween-Flusse nicht über 1—2 (engl.) Meilen betragen.
Erzführnng des Kalkssteins. Alle jene Gebirgszüge verdienen einzeln
auf ihre vermuthliche Erzführung untersucht zu werden. Eben diese For-
mation ist wegen der Menge Bleierzen, welche sie in den centralen und
nördlichen Gegenden England's — vorzüglich aber bei Bleiberg in Kärn-
then — enthält, „erzführender Kalk" benannt worden.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 181
Eisen. Das Eisen ist das am häufigsten vorkommende Mineral und über
die ganze Provinz verstreut. Mit Ausnahme der aufgeschwemmten Ebenen
zwischen den Flüssen Salween, Gyne und Attaran, der in der Ebene
vereinzelten gehobenen Massen von Kalksstein und der grossen Urgebirgs-
kette aus Gneis, Granit, Glimmerschiefer und Porphyr, mag es wohl
kaum einen Landstrich geben, in welchem nicht Eisen unter irgend einer
Gestalt vorkäme.
Die Art und Weise indess, in welchem das Eisen vorkömmt, ist je nach
den Oertlichkeiten sehr verschieden, man findet es in Lagern, in Gängen
(als Eisenkies), als Gemengtheile anstehender Gesteine und eingesprengt
(als Eisenglanz).
I. Vorkommen am Salween. Eines der interessantesten unter den ver-
einzelt vorkommenden Lagern von Eisenstein findet sich an den linken
Ufern des Salween -Flusses, vier (Engl.) Meilen ober der Einmündunng
des Yengbaing-Flusses. An dieser Stelle drängt sich der Fluss zwischen
600 — 1200 Fuss hohen Bergen durch ein tiefes und enges Bett. Das
umgebende Gestein ist blauer Kalkstein in Glimmerschiefer übergehend ;
der Kalkstein nimmt nämlich eine schiefrige Textur und eine sehr dunkle
Farbe an, so dass es an manchen Stellen schwer ist, zu entscheiden, ob
man Kalkstein oder Thonschiefer vor sich habe, da beide innig mit ein-
ander gemengt sind und die Gegenwart des Kalkes nur an dem Aufbrau-
sen des Gesteins mit Salpetersäure erkannt werden kann.
Gesteine in der Nähe. Etwa 1 (Engl.) Meile ober der Mündung des Yeng-
baing bringen Blöcke von Kieselgestein etwas Abwechslung in diese ein-
förmigen Gebilde. Noch eine Meile weiter oben werden diese Blöcke
grösser und zahlreicher und schmale Klüfte von porphirartigem Feldspath
durchschwärmen den Kalkschiefer. Hier erscheint zuerst das Eisen als
eingesprengter Eisenkies und als Oker, welcher die von den Anhöhen
herabkommenden kleinen Bäche färbt.
Eisenerz-Lager. Dies oben erwähnte vereinzelte Lager von Eisenerz
ist etwa 50 Yards breit und ragt 15 Yards weit in das Flussbett hinein.
Sein Anhalten in die Teufe konnte natürlich nicht ermittelt, noch auch
— bei dessen unregelmässiger Gestalt — eine Schichtung oder ein Ver-
flachen wahrgenommen werden; von allen Seiten ist es in eben beschrie-
benen Kalkschiefer eingeschlossen.
Mineralogische Beschaffenheit. Das Erz selbst (Brauneisenstein) ent-
hält in 100 Theilen: Eisenoxyd: 75 Th., Kieselerde: 10 Th., Wasser u.
s. w. 15 Th. Das Ausbringen an gutem Stabeisen dürften an 5%oo betragen.
H. Eisenerze in den Sandstein-Gebilden zwischen dem Salween und dem
Gyne. Wenn man gegen NO., etwa 30 (Engl.) Meilen den Lauf des Yeng-
baing, von seiner Mündung in den Salween stromaufwärts verfolgt,
kommt man über eine Gruppe von 40 bis 200 Fuss hohen Hügeln von
Sandstein; welches Gestein überhaupt in der ganzen Provinz sehr häufig
und überall eisenschüssig ist. Das Eisen erscheint darin als: 1) Bother
Eisenschaum („Iran froth"); 2) Bother Ocker; 3) Bother Thoneisen-
stein; 4) Dichter Botheisenstein; 5) Fasriger Botheisenstein. („Hämatite.")
Dieselbe Formation herrscht in der Umgebung von Maulmain vor,
sich bis Amherst, und von dort bis Ye erstreckend, bis der Sandstein
an den Granit stösst, in welchem das Vorkommen von Eisenerzen auf-
hört. Die oben aufgezählten Eisenerze kommen auch in dieser Formation
vor, nirgends aber in abbauwürdiger Menge.
182 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Ich habe die südlichen Gegenden nicht besucht, wohl aber von
einer Stelle, Eine Tagreise südlich von Amherst, eine Stufe schönes
Sumpferz mit muschligem Bruch erhalten, welches dort reichlich vorkömmt
und für die Zukunft Beachtung verdienen dürfte. Hierher gehört auch das
eisenschüssige Sandstein - Conglomerat. Es schliesst mitunter vereinzelte
Massen von Wiesenerz mit muschligem Bruch ein, welches ohne Zweifel
an verschiedenen Stellen in ausgedehnten Lagern vorkömmt.
III. Eisenerze am Gyne. Die besten Lagerstätten von Eisenerzen fin-
den sich in den höheren Gegenden längs der Flüsse Gyne und Dagy-
aing; und zwar: a) Ganz nahe am Dorfe Painkhium, 300 Yards unweit
von Dagyaing, wo ein ausgedehntes Lager von Braun-Eisenstein vorkömmt,
— b) am rechten Ufer des Gyne, gegenüber dem Talainen-Dorfe Dolan,
in einer Beihe Hügel, welche sich in der Bichtung von SO. nach NW.
etwa 100 Fuss über die ausgedehnten, mit Beis bebauten Ebenen er-
heben und überall reich an Eisen sind. Der beste Fundort ist ein kleiner,
kaum 20 Fuss über die Ebene ansteigender Hügel , in welchem stumpf-
kantige Bollstücke von vortrefflichem , bläulich schwarzen Magneteisenstein
in gelben Thon eingelagert vorkommen. — c) am rechten Ufer des Gyne
nächst dem gleichnamigen Dorfe, 4 (Engl.) Meilen westlich landeinwärts
dasselbe Vorkommen wie bei b), nur weniger reich.
In den Schluchten findet man häufig herabgeschwemmten körnigen
Magneteisenstein von der Grösse eines Taubeneies bis zur Consistenz
des feinsten Sandes.
IV. Eisenerze anf der Insel Bilnkioon. In anderer Gestalt zeigt sich
das Eisen auf der Insel Bilukioun, gegenüber Maulmain, in einem rothen
eisenschüssigen Thon, der in Gestalt eines Hügels auf Grauwacke lagert.
Das dortige Eisenerz ist Eisenglanz (Fer oligiste) in Kristallen, deren
Grundgestalt ein Bhomboeder oder eine doppelte 3seitige Pyramide ist;
es kömmt eingesprengt und — wie es scheint — sparsam vor. — Der
Vollständigkeit wegen muss ich noch des Eisenkieses erwähnen, der längs des
Salween — mitunter in bedeutenden Gängen — in Glimmerschiefer und
anderem Urgestein vorkömmt.
NB. Dieser Kies steht bei den Burmesen in hohem Werth, ungeach-
tet er an und für sich ganz nutzlos ist; sie behaupten nämlich — wahr-
scheinlich wegen seiner metallisch gelben Farbe — dass er in Gold ver-
wandelt werden könne. — Die Karäer finden häufig in Bächen Stücke
dieses Kieses, und bewahren sie sehr sorgfältig als Talismann gegen
Krankheiten.
Reste alter Eisenbane ond Schmelzstätten. Wie wohl gegenwärtig die
Burmesen nirgends nach Eisen graben, findet man an vielen Stellen
Ueberreste, nicht nur von angeschlagenen Schächten, sondern auch —
meist in geringer Entfernung — von Schmelzöfen. Alle diese Stellen sind
jetzt mit hohem Walde bedeckt und unbevölkert.
Alte Schmelzstätten. Eine der ansehnlichsten Schmelzstätten muss die
am Gyne, gegenüber dem Dorfe Dolan, gewesen sein, wo man noch
die Buinen einer beträchtlichen Stadt, mit zahlreichen Pagoden, auffinden
kann. An einer Stelle sind mehr als 104) Tonnen glasiger Schmelzrück-
stände zu einem kleinen Hügel aufgehäuft.
Eine zweite beträchtliche Schmelzstätte lässt sich nicht weit von dem
jetzigen Dorfe Coe-byne nachweisen, und eine dritte 4 (engl.) Meilen landein-
wärts, ausser mehreren andern in den höheren Gegenden längs des Dagyaing.
Gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim- Provinzen etc. 183
Schmelzverfahren der Burmesen. Die Ausschmelzung mag indess in
sehr roher Weise geschehen sein, da die glasigen Sehlacken, die ich un-
tersuchte, manchmal noch IS bis 20 pCt. an Eisen enthalten. Mitunter
war die Schmelzung der Erze so unvollkommen vor sich gegangen, dass
sich in der Mitte des Steins Körner von metallischem Eisen finden.
Die Eingebornen scheinen das Schmelzen in Töpfen vorgenommen und Ge-
bläseöfen gar nicht gekannt zu haben , wenigstens sprechen zahlreiche
verstreute Bruchstücke von Töpfen zu Gunsten dieser Vermuthung.
Für jetzt scheinen die Vortheile einer Wiederaufnahme dieser Baue
auf Eisensteine noch zweifelhaft.
Mögliche Vortheile und Nachtheile der Wiederaufnahme dieser Eisenwerke.
Die besten Lagerstätten finden sich nahe an schiffbaren Flüssen, höchstens 4
(engl.) Meilen davon entfernt. Ein Lager liegt unmittelbar am Salween -Flusse,
ein anderes kaum 1000 Yards vom Dagyaing; das beim Dorfe Dolan ganz nahe
an einem schiffbaren, mit dem Gyne-Fluss verbundenen Kanal. („Creek.")
Ungeachtet dieser Vortheile würden die Eisenwerke im Verbau blei-
ben, so lange man nicht in derselben Gegend Steinkohlen auffindet. Aller-
dings liesse sich Holz in beliebiger Menge aus allen Pnnkten der Provinz
beziehen und Holzkohle könnte hier, eben so gut wie in Bussland, Nor-
wegen, Schweden und einem grossen Theile Deutschland^, zum Eisen-
schmelzen benutzt werden, indess walten hier noch einige andere für jetzt
unübersteigliche Hindernisse ob; diese sind:
a) der allgemein hohe Arbeitslohn in einem so dünn bevölkerten Gebiete;
b) die Gleichmütigkeit der Bevölkerung für Gelegenheit, Geld zu verdienen;
c) der übertriebene Preis der unbedeutendsten Maschinenteile;
d) vor Allem: der übermässige Frachtpreis nach allen Theilen In-
dien's (nach Calcutta durchschnittlich 25 — 30 Rupien).
Würde Kohle an einer geeigneten Stelle aufgefunden, so wäre ge-
wiss die Darstellung von Gusseisen („pig iron") anzuempfehlen.
Antimon. Dies Metall ist über die ganze Provinz verbreitet, vorzüg-
lich aber den Sandstein -Gebilden eigen und in grösster Menge in den
Hügeln, welche von N. nach S., zwischen dem grossen Maulmain-Flusse
und dem Attaran streichen.
Es kommt oft ganz rein, meist aber in Quarz eingeschlossen —
in mächtigen Gängen vor; bisher sind indess nur die zu Tag ausgehen-
den Lagerstätten beachtet worden.
Mineralogische Beschaffenheit. Das Erz ist Schwefel -Antimon, weich,
leicht zerbrechlich, auf der Hand bleigrau abfärbend, derb, strahlig, oder in Säu-
len, sehr selten nadeiförmig krystallisirend, stark nach Schwefel riechend.
Antimon ist bisher in geringem Werth gestanden und man hielt die
von anderen Theilen Europa's besonders von Frankreich her, eingeführte
Menge dieses Metalles für genügend zur Deckung des Bedarfs in Gross-
Britannien: indess ist es seit einiger Zeit zu Singapore, wohin man es
aus Borneo bringt, stark in Begehr und wird dort gern aufgekauft. Sollte An-
timon sich im Werth behaupten , so wäre das in Amherst gewonnene von
bester Qualität und könnte von Schiffen, die nach Europa segeln, sehr
vortheilhaft als Ballast eingenommen werden; die Kosten der Ausbringung
würden verhältnissmässig sehr gering sein.
Blei. Dieses Metall habe ich nicht anstehend gefunden; mehrere
Stufen indess, die man mir davon — ohne Angabe des Fundortes —
brachte, beweisen sein Vorkommen in diesem Lande.
Mittheilungen der k k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. "
184 Dr. Johann Wilhelm Helfers
Yorurtheile der Eingebornen gegen Erkundigungen über nutzbare Minera-
lien. Die Eingebornen sind sehr misstrauisch und geben sehr selten die
Stellen an, von denen sie wissen, dass doit Erz~' vorkommen. Sie haben
nämlich die Grundsätze, nach denen ihre früheren Beherrscher vorgingen,
noch nicht vergessen. Diese pflegten, wenn irgendwo werthvolle Mineral-
stoffe entdeckt wurden, die Bewohner der Umgebung zu deren Gewinnung
zu zwingen , von welcher die Begierung den ganzen Nutzen allein zog.
Aus diesem Grunde bin ich fast bei allen meinen Nachforschungen irre-
geführt worden. Wahrscheinlich kommt das Blei im Bergkalke vor. Die
Stufen, die ich mir davon verschaffte, waren gewünlicher hexaedrischer ßlei-
glanz. Man sagte mir, er komme auch in der südlichen Provinz von
Tavoy vor.
Zinn. Dieses werthvolle Metall , welches im Urgebirge des ganzen
Indischen Archipels so reichlich vorkommt, geht in der Halbinsel Malacca
nicht weiter als die Granitgebilde reichen, nämlich genau bis unter Am-
tierst, welche Gegenden ich zu besuchen keine Gelegenheit hatte.
Merkwürdiges Torkommen. Im nördlichen Theil der Provinz fand ich
Zinnerz nur Einmal an einer sehr merkwürdigen Stelle NO. von Maul-
main, etwa 110 (Engl.) Meilen von der Hauptstadt. Ein Landsee, von
den Karäern Lambret genannt, welcher aussieht, als läge er in einem
ungeheuren Krater (obwohl rings herum nicht die geringste Spur vulka-
nischen Ursprungs zu finden ist), liegt am Fusse des Siamesischen Grenz-
gebirges. Die umgebenden Berge bestehen theils aus Gneiss und Glimmer,
theils aus Grauwacke oder altem Sandstein. Am westlichen Ufer des
Sees liegen verstreute Quarz-Felsen, alle mehr oder minder abgerundet
oder geglättet, als hätte das Wasser durch lange Zeit auf sie gewirkt
und ohne Zweifel von weiter Entfernung her in dieses Thal geschleppt.
Alle diese riesigen Geschiebe sind voll kleiner, nicht über !/4 Zoll mes-
sender Stücke von Zinnstein. Das ist die einzige Stelle, an der ich
Zinn fand, und zwar in so geringer Menge, dass seine Gewinnung wohl
nie Vortheil bringen dürfte.
Kupfer. So weit ich das britische Gebiet durchsuchte, habe ich kein
Kupfer gefunden , wohl aber hat man mir von dem Burmesischen
Gebiete, und zwar von dessen der britischen Insel Kank-a-feen gegenüber
liegenden Theile etwas Kupfererz gebracht. Dieser Landstrich soll nach
der Aussage aller Burmesen der reichste an allen mineralischen Erzeug-
nissen, jedoch von der Burmesischen Begierung ganz und gar vernachlässigt sein.
Die Stufe, welche ich erhielt und prüfte, war eine Verbindung von
Kupfer, Schwefel, Arsenik und Eisen; vermuthlich sogenanntes Weiss-
Kupfererz, von gelblichweisser Farbe, hart, spröde, mit grünen metallisch
glänzenden Flecken.
Silber. Fundort. Ein Landstrich, beiderseits vom Salween und vom
Thou-khan eingeschlossen, wird von einer Bergreihe eingenommen, die
man allgemein unter dem Namen des Pakah- Zuges kennt. Dieser Zug
beginnt etwas ober der Insel Coulon und seine Hauptreihe, genau von
N. nach S. streichend, endet unter dem Thou-khan-Flusse und sendet
nach W. Seitenäste in das Burmesische Gebiet, welche sich gegen 0.
zwischen diesem und der grossen Siamesischen Gränzkette, in eine Ebene
— oder vielmehr in ein Tatelland — verlaufen.
Beschreibung der Gegend. Diese Gebirgsgruppe besteht hauptsächlich
aus Kalkstein, Glimmerschiefer oder den bereits beschriebenen Uebergangs-
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. f8o
Gebirgen. Sie ist eine Anhäufung zerrissener Gipfel, mit dem Anschein
nach regellos dazwischen liegenden Rissen und engen Thälern. Die höchste
Kette erhebt sich bis zu 2500 Fuss. — Die ganze Gegend ist höchst
wild und durchaus dicht bewaldet. Wiewohl sie 30 (Engl.) Meilen in der
Länge und 8 — 10 Meilen in der Breite misst, ist sie gänzlich unbewohnt.
Die nächsten Wohnplätze sind 3 Karäer- Dörfer gegen S. zu, welche 8
bis 10 Meilen aus einander, längs des gewundenen Laufes des Yeng-
baing liegen.
Zufällige Entdeckung durch einen Raräer. Zufällig zeigte ein Karäer,
ganz gegen die gewöhnliche Trägheit und Gleichgiltigkeit seiner Stammes-
genossen, Theilnahme für meine Nachforschungen, und da er mich alle
Steine ringsherum beobachten sah, theilte er mir mit, dass ihm die Lage
einer Goldgrube bekannt sei und erbot sich, mich dorthin zu führen.
Nachdem wir mühsam den ausgetrockneten Rinnsalen von Bergströmen
und den Käminen der ausgedehnten Bergkessel nachgegangen waren, kam
ich nach einem Marsche von 1 '/a Tagen an eine Stelle, an welcher die
schroffen Umrisse der Kalkfelsen noch deutlicher hervortraten. Ich hatte
nun den Hauptzug überschritten und befand mich auf dem nördlichen Ab-
hänge. Senkrechte Wände erhoben sich nach allen Richtungen , enge Spal-
ten lagen zwischen den Felsen, weite Höhlen am Grunde wechselten mit
mächtigen Klüften und verstreute Bruchstücke lagen auf dem abgestumpften
Gipfel oder am Fusse der Felsen.
Aufgelassene Grube. Längs eines dieser mauerförmigen Abschnitte befand
sich ein aufgelassener Bergbau der allerrohesten Art; man hatte nämlich die
den Felsen durchziehenden Quarzklüfte herausgehämmert, ohne das Neben-
gestein wegzuräumen. Der Gang verflächte unter 35°; er war, so weit
es von Tag aus anging, ausgehauen, und sein unterer Theil mit taubem
Gestein ausgefüllt worden. Ich räumte diese Ausfüllung weg, so gut es
anging, und fand, dass man den Gang nicht unterhalb seines Ausbeissens
verfolgt habe. Es gelang mir, aus dem Quarze selbst etwas von dem Erz
abzustufen, was zwar nicht Gold, aber eine Verbindung von Silber, An-
timon und Kupfer war.
Eine spätere Nachforschung zeigte, dass man das Erz an Ort und
Stelle ausgebracht habe; ich fand nämlich unter den tauben Bergen zwei
Stücke halbgeschmolzenen Metalls. Ich hatte nicht die Mittel zur Hand,
der Lagerstätte weiter nachzugehen; das Vorhandensein des Erzes war
indess deutlich festgestellt.
Von wem abgebaut. Dieser Bergbau scheint schon vor langer Zeit
aufgelassen worden zu sein, da die ganze Umgebung unbewohnt ist und
die wilden Karäer, deren einzige Bewohner, von der Existenz desselben
gar nichts wissen. Der Mann, der mich an die Stelle brachte, hatte davon
Kenntniss durch seinen Vater, welcher aus einer der nördlichen Shan-
Gegenden gebürtig war, wo eine Sage vom Reichthum dieses Berges
(Baindrawn genannt) umlief; er selbst hatte sie — wie er mir sagte —
nur Einmal früher besucht.
Es ist wahrscheinlich, dass in der Vorzeit die Siamesen diesen Land-
strich inne hatten , und dass den ihnen in der Herrschaft nachfolgenden
Burmesen das Vorkommen von Silber ganz unbekannt geblieben sei, oder
dass es ihnen an Mitteln und Gelegenheit zu dessen Gewinnung fehlte.
Wiederaufnahme. Die Wiederaufnahme dieses Baues wäre nur mit
grossen Schwierigkeiten und bedeutenden Auslagen möglich, indem: a) alle
n •
186 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Vorräthe aus einer Entfernung von 30 (Engl.) Meilen herbeigeschafft werden
müssten; b) die Karäer nicht zur Arbeit zu bewegen wären, zu der man
indess Sträflinge verwenden könnte; c) die Führung einer Strasse dorthin
über die Berge schwer und kostspielig wäre; d) der Landtransport sehr
langwierig ist, und der einzige schiffbare Fluss, der Salween, (wenig-
stens der Theil unter den Stromschnellen) ist 30 — 40 (Engl.) Meilen
entfernt. (NB. Der Theil ober den Stromschnellen ist nur etwa 12 Meil. entfernt.)
Für jetzt wäre ein entscheidender Ausspruch noch übereilt; jeden-
falls schien es rathsam, sich über den Werth der Lagerstätte Gewissheit
zu verschaffen und danach die Kapitalsauslage und deren Ertrag zu
beurtheilen.
Steinkohle. Steinkohle ist zwar bisher noch nicht aufgefunden worden,
indess lässt sich nach den geologischen Thatsachen als fast gewiss annehmen,
dass ausgebreitete Flötze — selbst in der Nähe von Maulmain — vor-
handen sein dürften.
Die Gesteine der kohlenführenden Gruppe: obenauf Sandstein-Con-
glomerat, dann Thon mit Eisenstein und Kalkstein (fast immer mit dazwischen
eingelagerten Kohlenflötzen), endlich zu unterst Bergkalk, sind die unfehl-
baren geologischen Kennzeichen des Vorhandenseins von Kohlenmulden , und
man muss sich vielmehr wundern, dass man bisher noch keine solche
aufgefunden hat.
unterirdisches Holz. Eine der interessantesten Erscheinungen dieses
Landes ist das an zwei Stellen, am untern Laufe des Dagyaing und an
den Ufern des Gyne, 20 (Engl.) Meilen von Maulmain, aufgefundene unter-
irdische Holz.
Vorkommen. Da ich mehr Gelegenheit hatte, das erste dieser beiden
Vorkommen zu untersuchen, so will ich auch meine Bemerkungen auf
dieses beschränken.
Beschreibung. Ringsherum herrscht Alluvium; eine 15 — 20 Fuss
mächtige Lage von weichem, bläulichen Thon überlagert das Holz. Beim
ersten Anblick vermeinte ich ein Kohlenflötz entdeckt zu haben. Als ich
bei tiefstem Wasserstand über den Fluss fuhr, sah ich eine söhlige Schicht
in das Wasser hineinragen und fand bei näherer Untersuchung, dass es
eine 3 Fuss mächtige Masse von Holz sei, die ich auf eine Strecke von
% (Engl.) Meilen längs des Flusses verfolgen konnte. Das Holz ist ein-
förmig dunkelbraun; es bildet nicht eine zusammenhängende Masse, die
einzelnen Stücke und Theile waren vielmehr leicht trennbar und an einigen
sogar die Rinde zu unterscheiden. Die einzelnen Stücke lagen so dicht
auf und an einander, dass es schien , als hätte eine ungewöhnliche Gewalt
mit Einemmal einen ganzen Wald zusammengequetscht und eine schwere
Last die Bäume zerdrückt. Die Stücke lagen auf einander, meist wagrecht
doch nicht ohne Ausnahme. Zu bemerken ist, dass ich keine Wurzeln
fand, jedoch Zweige aller Art zusammen mit Stämmen.
Das Holz war mit Feuchtigkeit durchdrungen; Weichthiere und
Krustenthiere hatten es durchbohrt und weilten noch darin; es war aber
noch gut erhalten, brannte leicht, wenn es an der Sonne getrocknet war,
gab aber keine nachhaltige Wärme. — Ich bemerkte daran keine kieselige
Ueberkleidung, es war auch nicht verkohlt, wie die halbfossilen Stämme
vom Genfer See u. s. w., es sah genau aus wie Holz, welches lang
im Wasser gelegen und keine andere Veränderung erlitten hatte, als dass
es brüchig und nach der Trocknung viel weniger dicht geworden ist.
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. IST
Zeit der Ablagerung. Die Mächtigkeit des diese Masse von Pflanzen-
stoffen überlagernden Thones und deren offenbar allmälig und ruhig vor sich
gegangenen Anhäufung beweisen, dass Jahrhunderte verflossen sein müssen,
seitdem diese Erscheinung begonnen hat. Die gegenwärtig obertags stehen-
den Waldungen bekräftigen diese Voraussetzung.
Termuthung. Es scheint, dass die Ursachen, welche Kohlenflötze her-
vorbrachten auch hier — vielleicht in viel neuerer Zeit — thätig waren
und dass andere Umstände die Fossilisation der Bäume hinderten. Was
diese unterirdischen Wälder noch jetzt in demselben Zustand erhält, lässt
sich nur vermuthen; möglicherweise mag die Gegenwart von Eisenoxyd
viel dazu beitragen. Ich berufe mich dabei auf das allen Mineralogen
bekannte Vorkommen von Sumpferz in Torfmooren und kann beifügen,
dass rothes Eisenoxyd in der Nähe des eben beschriebenen Holzlagers
sehr gemein ist.
Jedenfalls ist diese Anhäufung von Holz sehr verschieden von dem
Holze, das hie und da in Torfmooren mit veränderten Moosen vorkömmt
und diesem Umstände seine Erhaltung verdankt. An dem beschriebenen
Orte ist Torf — wie fast überall in den Tropenländern — unbekannt
und ich vermuthe , dass eine viel mächtigere chemische Einwirkung auf
diese vorweltlichen Wälder eingewirkt haben müsse, da unter den Wende-
kreisen die Zerstörung des Holzes viel schneller vor sich geht, als
unter unserem kalten und feuchten Klima.
Praktische Anwendung. Ich erwähne diese merkwürdige Erscheinung
in diesem Berichte vorzüglich darum, weil es vielleicht wohlfeiler käme,
diesen grossen Holzvorrath auszugraben als lebendiges Holz zu fällen.
Nur fragt es sich, ob die Heizkraft des erstem der des letztern gleich-
kömmt.
III. Feldbau.
Jetziger Zustand. Der Feldbau, wie er gegenwärtig besteht, ist sehr
unvollkommen und gerade nur hinreichend, um den beschränkten Bedürf-
nissen der Bevölkerung zu genügen.
Reis. Reis, das Haupt-Nahrungsmittel der Bevölkerung ist auch der
einzige wichtige Gegenstand des Landbaues.
Verschiedene Arten des Reises. Alle Sorten des Reises (Heyne zählt
21 Abarten auf, welche nur allein in Mysore gebaut werden) lassen
sich wohl mit Sicherheit auf Eine Ürart zurückführen, aus welcher, je
nach der Gegend, dem Boden, dem Klima und der Jahreszeit, allmälig
viele Abarten hervorgingen. Dieses Land bietet einen Beweis, dass selbst
Oryza sutiva und Or. mutica nicht der Art nach verschieden sind. Die
Karäer, welche an den Bergabhängen Reis bauen, vermengen von Zeit
zu Zeit ihre Saat mit Reis, welchen sie sich von den Burmesen ver-
schaffen, die ihn ausschliesslich auf überschwemmten Ebenen bauen. Beide
Formen scheinen, jede an ihrer ursprüglichen Oertlichkeit gesehen, voll-
kommen verschieden zu sein. Der Burmesische Reis aus den Ebenen
stellt eine vorzügliche Abart von Oryza sativa dar und der Karäische
Bergreis die Art Oryza mutica. Nach 2 Jahren aber verwandelt sich
erstere Art gänzlich in letztere, indem sie jedes Jahr an Höhe abnimmt
und ihre Halme schlanker werden. Eine fernere Beobachtung, der zufolge
Reis aus Sumpfboden an Stellen, wo er nur zufällig Feuchtigkeit erhält,
absterben soll, scheint — wenigstens für dieses Land — durch die
188 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
oben erwähnte Thatsache widerlegt. Es scheint, dass der heftige Mon-
soon, welcher ü Monate lang mit geringer Unterbrechung Ströme von
Hegen herabgiesst, eine regelmässige und stetige Ueberschwemniung ersetzt.
Art des Reisbaues. Auf den Bau wird nur wenig Sorgfalt verwendet
und an manchen Stellen der Boden weder gepflügt noch geeggt. Die
erste Vorarbeit während der trockenen Jahreszeit ist das Wegbrennen
der vorjährigen trockenen Stoppeln. Sobald der Monsoon sich regelmässig
festgesetzt, den Boden gehörig durchgenässt und mit Wasser bedeckt
hat, werden Büffel in das Feld getrieben und eine ganze lleerde, so viel
deren nur der Landbauer besitzt, wiederholt über das Grundstück gejagt,
um den Boden zu treten und vorzubereiten, worauf der Beis ohne be-
sondere Handgriffe mit breitem Wurf ausgesäet wird. — Ist diess ge-
schehen, so überlässt man alles Uebrige seinem natürlichen Gange. Mit
Ausnahme der Insel Bilukioun weiss man nirgends etwas vom Umsetzen,
Ausscheiden der überflüssigen Schösse, Ausjäten des Unkrauts oder künst-
licher Bewässerung.
Ernte. Die Aussaat fällt meist in den halben Juni, die Ernte zwischen
November und Januar.
Sumpfreis -(Paddy)- Boden. Die Burmesen bauen ihren Beis durch
eine Beihe von Jahren ununterbrochen auf demselben Boden — in den
meisten Gegenden ohne Dünger — und doch nimmt die Fruchtbarkeit
des Bodens nicht ab. Die Alluvien, welche von den jährlichen Ueber-
schwemmungen abgesetzt werden, wirken hier auf ähnliche Weise, wie
die des Nils in den Ebenen Unter-Egyptens.
Verfahren der Karäer. Die wandernden Karäer haben indess viel
mehr Mühe beim Beisbau. Sie wechseln ihre Felder wenigstens jedes
dritte Jahr, sehr häufig auch alljährlich. Die Ursache dieses Verfahrens
liegt indess in einer Eigenthümlichkeit dieses Stammes, in einem religiösen
Vorurtheil. nicht in einer Abnahme der natürlichen Fruchtbarkeit des Bo-
dens. Jede Familie arbeitet unabhängig von den übrigen Mitgliedern ihrer
Gemeinde oder ihres Unterstammes; sie begeben sich auch selbstständig
an eine andere Stelle eines gewissen Umkreises, ohne desshalb ihre
Nachbarn zu befragen. Wenn sie sich au einer neuen Stelle — oft in
viel schlechterer Lage, als die, welche sie eben verlassen — festsetzen,
beginnen sie von Neuem die schwere Arbeit des theilweisen Fällens der
Urwälder und des Abbrennens der absterbenden Bäume. — Ohne weitere
Vorbereitung säen sie den Reis mitten unter die Baumstümpfe; mit ihm
zugleich schiesst zahlreiches Unkraut auf; ohne dass man indess weiter
darnach sieht, erhält man eine reichliche Ernte.
Eigenschaften. Der beste Beis wird auf der Insel Bilukioun und in
der Ebene von Martaban gezogen; er gilt für die allerbeste Sorte und
wird von Manchem dem besten Bengalischen Beis vorgezogen.
Ausfuhr. Dieser Beis ist neuerlich der Gegenstand einer beschränkten,
jedoch im Zunehmen begriffenen Ausfuhr geworden, und dürfte mit der
Zeit die Ausfuhr aus anderen Theilen Ostindiens überflüssig machen. —
Man führt ihn von seinem Erzeugungsort nach den südlichen Theilen der
Halbinsel Malacca und nach der Insel Mauritius.
Baumwoll- Sorten. Alle Baumwolle, welche die Eingebornen bauen,
gehört der einjährigen Art Gossypium hcrbaceion an. Dieses Gewächs wird
seit undenklichen Zeiten gebaut, wurde aber wahrscheinlich zuerst von
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 1 89
Ostindien, seiner ursprünglichen Heimat — aus welcher es auch nach
Syrien und Egypten gelangte — hier eingeführt.
Kärglicher Anbau. Der Anbau ist im Ganzen kärglich. Die Burmesen
sind im Allgemeinen so wenig bekleidet, sie verschaffen sich ihre besseren
Gewänder aus Ava und China und sind gegenwärtig mit englischen Fabri-
katen überhäuft; so dass der Anbau eher im Abnehmen ist, da die ganze
rohe Baumwolle im Lande verbraucht wird und kaum ein kleiner Theil
nach China geht, wie die in den Provinzen von Ava gebaute.
Unvollkommener Anbau. Der Anbau ist ebenfalls sehr unvollkommen,
obwohl man mehr Sorgfalt — besonders im Ausjäten des Unkrautes —
auf die jungen Baumwollpflanzen verwendet, als auf irgend eine andere
Nutzpflanze.
Oertlichkeit. Alle Baumwollpflanzungen, welche ich sah, lagern an
den ansteigenden Ufern von Flüssen oder Bächen, welche während des
Monsoons unter Wasser stehen.
Zeit der Aussaat. Einsammlung. Die Aussaat geschieht reihenweise im
November und December; die Pflanzen tragen im Februar und März
ihre Frucht. So wie diese gereift ist, werden sie — meist von Wei-
bern, welche Frühmorgens in Booten zu den Pflanzungen fahren — in
kleine gefirnisste Körbe eingesammelt, wobei man es für vorteilhaft hält,
sie abzupflücken, so lang sie noch ganz vom Morgenthau getränkt sind.
Die Aussonderung der Samenkörner geschieht auf ebenso unvollkom-
mene Weise durch blosse Handarbeit. Die, welche ihren Ueberschuss an
die Kaufleute zu Maulmain absetzen, ersparen sich sogar diese Mühe und
verkaufen ihre Baumwolle mitsammt den Samen, wodurch die Waare be-
deutend herabgesetzt wird. Die Baumwolle ist von geringer Qualität, sehr
kurzfädig und wird kaum je im Handel begehrt werden.
Tabak. Der Tabak steht bei allen Classen der Bevölkerung und beiden
Geschlechtern — selbst 2- bis 3jährige Kinder nicht ausgenommen —
stark im Gebrauch.
Gebrauch des Tabaks bei den Burmesen. Die Burmesen rauchen ent-
weder die Tabaksblätter als Zigarren mit Moskovadezucker (jaghiri)
oder Melasse oder anderen unwesentlichen Beimengungen in ein grünes
Blatt gewickelt oder in den Stengel einer Art von Arundo oder Phragmites
gestopft, oder sie kauen sie abwechselnd mit denen des Betels.
Bei den Baräern. Die Karäer dagegen erlauben sich nur selten den
feineren Genuss einer Zigarre, sondern rauchen aus kleinen hölzernen
Pfeifen, ähnlich denen, welche bei den niederen Classen Ungarn's in Ge-
brauch stehen.
Zubereitung des Tabaks. Zu diesem Zwecke zerschneiden sie die
grünen Tabakblätter in kleine Stücke und trocknen sie dann in der Sonne.
Dies Verfahren hat den Uebelstand, dass der Umlauf des Saftes in den
Blättern mit Einemmal gehemmt wird, wodurch eine Gährung entsteht,
die dem Tabak eine eckelhafte Schärfe mittheilt, wodurch er aber gerade
dem Geschmack e der Karäer um so mehr entspricht.
Einführung der Tabaks-Pflanze. Die Einführung dieser allgemein ver-
breiteten Pflanze, welche in diesen Provinzen ein Gegenstand nicht etwa
des Luxus, sondern der absoluten Notwendigkeit ist, möchte schwer nach-
zuweisen sein. Wahrscheinlich ist sie von Westen hergebracht worden,
wenn auch mehrere Schriftsteller die Vermuthung aussprechen, sie sei
von Malacca aus durch die Portugiesen eingeführt worden.
I!)l» Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Art des Tabaks. Der hier gebaute Tabak ist eine mindere Abart
von Nicotiana rustica und vermuthJich schlechter als irgend eine in
Ostindien gezogene, wo überhaupt — mit wenigen Ausnahmen — der
Tabak im Ganzen ziemlich schlecht ist. Die Burmesen geben sich nie
Mühe, eine bessere Sorte zu erlangen, vermuthlich weil sie gar nicht
wissen, dass es eine solche gibt.
Weise des Anbaues. Sie betreiben den Anbau des Tabaks mit mehr
Sorgfalt als den irgend einer andern Nutzpflanze, suchen dazu sorgfältig
die besten Stellen aus und reinigen sie sorgfaltig von Unkraut. Sie geben
reich angeschwemmtem, der vollen Sonne ausgesetztem Boden hierbei
den Vorzug. Die Aussaat geschieht im Treibbeete und der Tabak ist das
einzige Gewächs, das die Burmesen versetzen und bei dem sie den
Vortheil des Abstutzens anwenden. Die Pflanzen zur Samenzucht werden
abgesondert an den besten Stellen — meist an erhöhteren — angebaut.
In manchen Gegenden baut man den Tabak innerhalb der Gehege nächst
den Häusern, welche früher zu Ständen für Büffel verwendet worden.
Die Blätter werden von März bis Mai gesammelt; die Anfangs April
vollständig ausgewachsenen gelten für die besten; indess sucht man selbst
während der Regenzeit die Blätter einzusammeln, bevor die austretenden
Gewässer die ganze Pflanzung wegschwemmen. Derselbe Grund wird nie
zwei Jahre nach einander mit Tabak bepflanzt — Tabak ist kein Gegen-
stand der Ausfuhr; jede Familie bringt ihren eigenen Bedarf selbst auf;
in der Hauptstadt ist der Kleinhandel mit Zigarren nicht unbedeutend.
Betelnass (Areca). Der grösste Theil dieses für die Burmesen noth-
wendigen Artikels wird vom Süden her eingeführt; das Uebrige wird auf
den niederen Inseln ober Maulmain gebaut, deren mehrere von Arecca-
Palmen ganz bedeckt sind. Die Burmesen behaupten, diese Palme wachse
nicht in den oberen Gegenden und in der That sah ich sie nirgends in
jenen Theilen der Provinz, in denen die Wirkung von Ebbe und Fluth
nicht mehr merkbar ist. — Der Baum gibt jahrlich nur eine massige
Menge Nüsse, indess gilt eine Areca- Pflanzung für ein gutes Besitzthum.
Der Verbrauch von Betelnüssen ist sein- bedeutend; man hat den-
selben auf täglich zwei Nüsse auf jede Person (Kinder ausgenommen)
berechnet.
Betelblatt. (Piper Betel). Die Betelnuss wird immer nur zugleich mit dem
Betelblatte (das von einer ganz andern schlanken Bankenpflanze herrührt)
verbraucht. — Die Burmesen bauen diese Pflanze in der ganzen Pro-
vinz Amherst, jede Familie meist auf einem dazu bestimmten — wo
möglich feuchten — kleinen Flecke zunächst an ihrem Hause.
Art und Weise des Anbaues. Die Pflanze wächst reichlich ohne jene
Schwierigkeiten, die sich in Ostindien (Bengalen und obere Landstriche),
wo man sie durch eine Lehmwand vor Wind und Sonne schützt, ihrem
Anbau entgegenstellen. Die durch jährlich 8 Monate vorherrschende starke
Feuchtigkeit scheint dem Bau des Betelpfeffers in der Provinz Amherst
besonders günstig zu sein. — Stäbe — mitunter mit Querstäben ver-
sehen — werden vor der jungen Pflanze in den Boden gesteckt, längs
welcher sie bald hinaufklettert und im Ganzen gleicht eine Betelpflanzung
sehr einem Europäischen Hopfengarten.
Anbau bei den Karäern. Die Karäer nehmen sich nicht die Mühe,
zum Anbau des Betels eine eigene Stelle herzurichten; sie bauen die
Pflanze nahe an einen der nur zu häufig; um ihre Dörfer vorkommenden
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 1 9 |
absterbenden oder verkümmerten Bäume und lassen sie daran hinaufklet-
tern. Sie behaupten, sie ranke nicht gern an lebenden Bäumen hinauf
und sterbe ab, wenn eine andere parasitische oder epiphytische Schling-
pflanze sich an demselben Baume betinde. — Da die Pflanze in den
dürren Gegenden der Nordprovinzen des Burmesischen Beiches nicht gut
fortkömmt, könnte — was bisher nur in geringem Masstabe geschieht —
der Ueberschuss mit Vortheil nach Ava ausgeführt werden. Ein Betel-
garten kann bei nur einigermassen sorgfältiger Pflege 10 — 20 Jahre dauern.
Zocker. Das Zuckerrohr — wahrscheinlich aus Bengalen eingeführt
— ist hier allgemein bekannt. Die Gewinnung des Zuckers wird indess
nicht betrieben; auch versottener Zuckersaft („Jaghiri"J wird zwar in
vielen Gegenden unvollkommen bereitet, in anderen als ein Luxusartikel
eingeführt, ist aber den Jungie-Karäern unbekannt. - Die meisten Bur-
mesischen Familien besitzen kleine Zuckerrohr-Pflanzungen rings um ihre
Häuser und verzehren das reife Bohr in rohem Zustande.
Indigo. Indigo scheint in den nördlichen Gegenden von Burmah,
nicht aber in den Provinzen von Tenasserim einheimisch zu sein. Die
Einwohner kennen zwar die Pflanze und ihren Farbstoff, begreifen aber
nicht deren Werth und pflanzen davon gerade nur soviel, als für ihren
eigenen Bedarf erfordert wird. — Die Indigopflanze scheint in BetrefY
des Bodens nicht wählerisch zu sein. Das Wenige, was ich davon ge-
sehen, wuchs eben so schön auf tiefem Sumpfboden als auf den Bergen,
welche die Karäer bewohnen. — Bei Gelegenheit des Indigo-Farbstoffes
will ich nebenbei erwähnen, dass die Karäer eine Staude (Nibe genannt)
anbauen, mit deren Wurzel sie — so wie mit Bixa orellana roth
und mit Jack gelb färben. Alle ihre Farben sind aber nicht dauerhaft,
theils wegen ihrer Beschaffenheit, theils weil sie den Gebrauch von Beitz-
initteln nicht kennen.
Ava-Hanf. Diese Pflanze ist von den höheren trockenen Gegenden
von Ava eingeführt worden und gedeiht ziemlich. Man benützt sie indess
nicht auf ihre werthvolle Faser — die vielleicht der des Neuseeländi-
schen Flachses (Phormium lencuvj gleichsteht, als vielmehr zur Ausro-
dung der Dickichte (JunglesJ. Sie hat nämlich — gleich dem gemeinen
Hanf — die Eigenschaft, kein anderes Gewächs neben sich aufkommen
zu lassen und es ist merkwürdig zu sehen, wie neben ihr alle niedri-
geren Pflanzen — selbst zur Zeit des Monsoon, wo sie in voller Ent-
wicklung stehen — wegsterben.
Sesam-Oel. Dies ist das einzige Pflanzenöl, welches die Burmesen
zum Brennen benutzen; Kokosöl halten sie für zu theuer, Senföl ist
unbekannt; Bicinus-Oel wird nicht gebraucht, obwohl die Pflanze in Menge
wild wächst, und Waldöl („wooduiluJ meist nur in der Arzenei ver-
wendet. Dagegen wird zu Maulmain Steinöl oder Naphtha in grosser Menge
verbraucht, vorzüglich bei den Talainen, welche von Bangoon oder an-
deren Gegenden Pegu's einwanderten, wo dies Oel allgemein als Brenn-
stoff benutzt wird. Der Preis dieses üels, selbst wenn es über's Meer
nach Maulmain gebracht wird, ist so nieder, dass es wohlfeiler als Sesam-
Oel zu stehen kömmt. Sein Geruch ist stark und unangenehm, ausserdem
gibt es eine Menge starken Bauch; dennoch scheinen es die Burmesen
dem Sesam-Oel vorzuziehen. — Hiernach lässt sich denken, dass der
Anbau des Sesams sehr beschränkt ist und wohl so lange bleiben wird,
als Steinöl wohlfeil zu haben ist.
192 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Früchte und essbare Pflantcn. a.) Ananas. Es ist sehr schwer fest-
zustellen, ob die Ananas, welche in Menge und Fülle fast wild auf der
ganzen Halbinsel wächst, doli einheimisch oder aus Amerika eingeführt
worden ist. — Wenn wir Letzteres annehmen, wie lässt sich erklären,
dass diese und viele andere amerikanische Arten, welche während des
vergleichungs weise kurzen Zeitraumes von 300 Jahren in die östliche
Erdhälfte eingeführt worden sind, Hunderte und Tausende von Meilen in
das Innere gewandert sind und nunmehr auf weiten, kaum je bevölkert
gewesenen Landstrichen, freiwillig wachsen? Wahrscheinlicher würde diese
Annahme, wenn wir auch in Amerika Beispiele einer solchen Verbreitung
von Nutzpflanzen fänden. Wo aber kömmt auf den Bergen Brasiliens der
Kaffeestrauch wildwachsend vor? wo Zimmet, Gewürznelken- und Muskat-
Bäume auf den Antillen? wo selbst wilde Kokospalmen im innern Amerika?
Dennoch wächst die Guava wild in den grossen Waldstriyjien am Fusse
des Himalaya-Gebirgs und der Roucou (Bixa orellana) an den Grenzen
von Siam und China. — Die Asiaten sind ausserdem so träge, gleich-
giltig oder misstrauisch, dass sie sich gewiss keine grosse Mühe gege-
ben hätten , ihren unerschöpflichen Schatz an Pflanzen mit Einer oder
der andern Art ihnen unbekannter Nutzpflanzen zu bereichern. Jn mehreren
Gegenden Indien's hatte die Bevölkerung Vieles gegen den Anbau der
Kartoffeln einzuwenden. Der Anbau von Vanille und Cacao im Indischen
Archipel scheiterte bisher gänzlich an der Gleichgiltigkeit der Einwohner.
— Ich möchte unbedenklich mich dahin aussprechen, dass einige nutzbare
Pflanzen gleich ursprünglich beiden Erdhälften gemeinsam waren, sprächen
nicht andere Gründe gegen diese Annahme. In der Sprache der Ein-
gebornen führen einige dieser Gewächse keine eigentümlichen Namen;
so z. B. die Ananas, deren amerikanischer Name in „Naunah Thi" („Thi"
bedeutet Obst überhaupt) umgeformt wurde.
Verbreitung der Ananas. Bromelia Annaaas ist ohne Zweifel die ge-
meinste Frucht in diesem Lande. In den Monaten Juni und Juli kostet
eine Kahnladung davon nicht über eine Rupie. Sie wächst besonders reich-
lich im Tieflande, aber auch in Menge auf den Bergen, welche die Karäer
bewohnen. Ihr massiger Genuss scheint nicht — wie man sonst annahm
und noch jetzt in ganz Ostindien allgemein glaubt auf die Gesundheit
der Europäer schädlich zu wirken. Ich glaube den hiesigen Eingebornen
ist die Benutzung der Blätter, welche — nach Einweichung im Wasser —
eine sehr gute, zu verschiedenartigen Zwecken dienende Faser geben,
unbekannt geblieben.
b) Pisang. Die Musa Paradisiaca kömmt in dieser Provinz in ihrer
höchsten Vollkommenheit vor; man zieht davon über 20 Abarten, deren
mehrere diesem Lande eigenthümlich sind und deren Mehrzahl alle in Ben-
galen gezogenen Sorten übertrifft. Diese Pflanze kömmt ohne die geringste
Pflege überall gut fort und gilt mit Recht dafür, auf dem verhältniss-
mässig geringsten Bodenräume den grössten Ertrag zu liefern. Man trifft
kein burmesisches oder karäisches Haus ohne eine Pisang-Anpflanzung. —
Da die Karäer wenigstens von 3 zu 3 Jahren ihre Wohnplätze verlassen,
um anderswohin zu ziehen, müssen sie natürlich ihre Pisang- Gärten zu-
rücklassen. Nachdem sie in der Regel nicht weit wegziehen , besuchen
sie zeitweise ihre früheren Gärten und gemessen so die Ernte von zwei
Anpflanzungen zugleich; bei einer zweiten Auswanderung geben sie die-
selben — der grossen Entfernung wegen — ganz preis. Dickicht (Jungles)
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 193
schiesst schnell auf und .überdeckt die früheren Wohnstätten; eine Menge
Fruchtbänme — vorzüglich die zärtlichen Pisangs — gehen ein, von einer
kräftigeren Vegetation verschlungen. Ich fand indess oft in den tiefsten
Wäldern solche Bäume, deren symmetrische Aufstellung verrieth, dass sie
einstens angepflanzt worden seien. Sich selbst überlassen entartet die Frucht
schnell und wird bald nur für Affen geniessbar, welche die Zweige ab-
brechen, bevor sie gereift ist. Ich glaube nicht, dass der Pisang in die-
ser Provinz wild vorkomme, wenigstens habe ich ihn dort nie in diesem
Zustande gesehen, obwohl ich Gelegenheit hatte, 2 neue von M. Para-
disiaca verschiedene Arten daselbst zu entdecken.
c) Jack - Kaum. Die Frucht dieses Baumes ist sehr beliebt; sie kömmt
wild und angebaut vor. Fast jede Familie besitzt eine Anzahl Jackbäume,
besonders pflanzen sie die Priester („Pungyees") in Menge um ihre
Häuser und Pagoden. Sie beginnen im sechsten Jahre Frucht zu tragen und
sind am fruchtbarsten im zehnten Jahr. Der besondere, dem bengalischen
Jack eigenthümliche Geruch ist dem hiesigen nicht eigen, der überhaupt
für den besten in ganz Ostindien (Ceylon ausgenommen) gilt.
Die Anzahl der über die ganze Provinz verbreiteten Jackbäume
muss sehr gross sein und nimmt beständig zu. Sollten sie ein brauch-
bares Caontchouc liefern, so könnte man dieses von allen Seiten her
in Menge erhalten.
d) Mangobaum. Die Mangobäume sind hier von geringer Güte und
könnten eher für schöne Wald- als Fruchtbäuine gelten. Sie wachsen
riesenhaft an Höhe und Umfang und kommen im ganzen Lande wild vor.
Die Eiugebornen essen gerne die wilde Frucht, welche meist sehr sauer
ist und stark nach Terpentin riecht.
e) Andere Früchte. Ausser Pomeranzen von geringer Sorte haben die
Burmesen keine angebauten Früchte, wohl aber eine Menge wilder, dar-
unter einige sehr wohlschmeckende. Da viele Arten diesem Land eigen-
tümlich sind, und noch Niemand deren Veredlung versucht hat, dürfte
mit der Zeit der Obstbau durch sie mancherlei Bereicherung erhalten.
— Da mir für jetzt viele derselben ihrer botanischen Gattung und Art
nach noch unbekannt sind, halte ich es für nutzlos, eine Anzahl burmesischer
Namen — die ohnehin sich nach den Laudestheileu ändern, hier auf-
zuführen. Ich habe bemerkt, dass die Burmesen sehr häufig Wald-
früchte den augebauten vorziehen, ihr Geschmack hierin ist in der That
so eigentümlich, dass sie Vieles, was Europäern geschmacklos oder wi-
derlich scheint, als Leckerbissen betrachten.
Die Burmesen sind sehr gute ausübende Botaniker — 10 — 12jäh-
rige Knaben kennen die Namen und Eigenschaften fast jeden Baumes,
Strauches und sogar Krautes. Ihr beständiges Leben im Dickicht — wo
sie eigentlich zu Hause sind — verschafft ihnen bald die Kenntniss der
sie umgebenden — grösstenteils in die Augen fallenden — Naturpro-
ducte. Ihre Hauptnahrung ist Reis mit Zugaben („curries") gewürzt.
Hierzu wählen sie aber nicht die in Ostindien gewöhnlichen Bestand-
teile, sondern suchen sich in dem nächsten Dickicht schnell die Blätter,
Knospen, Blüthen, Beeren und Wurzeln aus, aus denen sie ihre Leibge-
richte bereiten. Sie könnten sehr richtig als „blätterfressendes Volk" be-
zeichnet werden. Sie zählten mir 60 verschiedene Arten Blätter her, die
bei ihnen als gutes Essen gelten. Mehrmals sind ostindische Sträflinge
in die Wälder entkommen, aber später freiwillig in ihre Haft zurückge-
1 94 Dr. .lohann Wilhelm Helfer's
gekehrt, um dem Hungertode zu entgehen. Ein solcher Fall wäre bei den
Burmesen — und noch weniger bei Karäern — nie eingetreten, da beide
es verstehen, wahrend längerer Zeit von den natürlichen Erzeugnissen
des Waldes zu leben.
Zur Vervollständigung des Verzeichnisses essbarer Pflanzen, schliesse
ich mit einer Aufzählung der übrigen Arten, welche sowohl hier als in
anderen Tropenländern im Gebrauche stehen, diese sind:
Capsicum annuum, Hibiscus esculentus, Solanum melongena, Cotwolvulus
Batatas, Dioscorea (Yams), verschiedene Arten von Momordica, Cucurbita
und Cucumis, Curcuma longa, Amomum Zingiber (Ingwer), nebst einigen Arten
von Hülsenfrüchten z. B. Dolichos Bengalensis, Cicer arietinum, Pisum sati-
vum, Arachis hypogaea, Phaseolus und schliesslich einige Arten von Arum.
Verbesserungen des Landbaues mit Bezug auf Colonisation.
Kein Theil der britischen Besitzungen in Ostindien ist in Bezug
auf die Ansiedlung europäischer Colonisten beachtenswerther als die Pro-
vinzen von Tenasserim, welche die Vortheile der übrigen Besitzungen
in Ostindien gewähren, ohne deren Uebelstände zu theilen.
Nachtheile der Colonisation in Ostindien. 1) Der grösste Theil des
fruchtbaren Bodens ist dort bereits besetzt, vorzüglich in der Nähe schiff-
barer Flüsse oder an Stellen, deren Erzeugnisse leicht weiter befördert
werden können.
2) Grund und Boden ist dort meist das Eigenthum grosser Be-
sitzer, welche ihn in Pacht geben. Der Europäer, welcher ihn pachten
will , muss natürlich den einheimischen Pächter überbieten, mithin einen
viel stärkeren Pachtzins und höhere Auslagen tragen. Der Pachtzins an
sich ist an gutgelegenen fruchtbaren Stellen (z. B. Patna, Monghur etc),
bedeutend hoch gestellt.
3) Der Europäer wird meist als Eindringling betrachtet und muss nur
zu oft von Seiten der Eingebornen Neckereien und Schwierigkeiten erfahren.
4) Die Gesetze und ämtliche Aufzeichnungen ( „records" )• sind in
Hindos tan verwickelt und häufig wird es dem Europäer schwer werden,
auch nur den Umfang des von ihm gekauften oder gepachteten Grund-
stückes mit Sicherheit festzustellen, und wenn er endlich davon Besitz
ergriffen hat, so werden die Nachbarn nur zu oft sich Eingriffe in sein
Gebiet erlauben. Es genügt hierbei, an den beständigen kleinen Krieg,
den die Indigopflauzer führen müssen, und an die Gehässigkeit zwischen
ihnen und den Eingebornen zu erinnern.
5) Die Ostindier sind voll Vorurtheile und ihr albernes Kastensystem
wird so lang als gehässiges Hinderniss dastehen, als die fremden An-
siedler (wie es wohl immer der Fall bleiben wird) von den Eingebornen
abhängen werden.
6) Der Boden, so fruchtbar er auch in manchen Gegenden sein
mag, ist doch nicht unerschöpflich. Ostindien ist seit Tausenden von
Jahren — und zwar regelmässig — angebaut, so dass, um einer gewissen
Menge Erzeugnisse sicher zu sein, eine regelmässige Abwechselung des
Feldbaues eingeführt worden ist. Ein Europäer, der sich auf einen spe-
ciellen Zweig wirft, z. B. auf Zuckerrohr, kann damit Einen und den-
selben Grund nur jedes dritte Jahr bebauen und muss die übrige Zeit hin-
durch — wenn er aus seinem Eigenthum überhaupt einen Gewinn ziehen
will — sich in anderweitige Unternehmungen einlassen.
gedruckte und angedruckte Schriften über die Ten&sserim-Provinzen etc. 1 90
7) Die Productionsfühigkeit Ostindiens ist beschränkt; viele Erzeug-
nisse der äquatorialen Erdstriche kommen in Bengalen nicht fort und
der südliche Theil der vorderindischen Halbinsel ist — wie die Erfahrung
gelehrt hat — dem Gedeihen einiger der werthvollsten Nutzpflanzen des
östlichen indischen Archipels nicht günstig.
8) Im grössten Theil Ostindiens ist das Klima den Europäern schäd-
lich, und wenn es auch oft genug vorkömmt, dass Europäer die Ein-
wirkung der Sonnenhitze gut vertragen, so sind doch die Beispiele trau-
riger und frühe Todesfälle, welche von dieser Einwirkung herrühren,
nur allzu zahlreich und bekannt.
Diess sind nun die Einwendungen gegen die Colonisation in Ostindien.
Betrachtet man nun die Provinzen von Tenasserim aus demselben Gesichts-
puncte, so kömmt man auf folgende Ergebnisse:
1) Der Boden ist in diesen Provinzen zum grossen Theil noch
herrenlos. Ihre ganze Oberfläche auf 33,000 (engl.) Quadratmeilen
geschätzt — hat nicht mehr als 100,000 Einwohner; so dass 3 Ein-
wohner auf die (engl.) Quadratmeile kommen: ein Verhältniss, wie man
es selbst im rauhesten Norden nur selten findet. Dieser so schlecht be-
völkerte Boden ist so fruchtbar, dass er CO — 200fache Ernten gibt;
3000 (engl.) Quadratmeilen fruchtbaren ebenen Landes in der Provinz
Amherst werden regelmässig durch Ueberschwemmungen befruchtet und
sind daher unerschöpflich. Ausserdem sind die Wasserverbindungen dieses
Landes bequemer als die irgend eines andern, mit Ausnahme der angren-
zenden Provinz Pegu.
NB. Eine so dürftige Bevölkerung lässt sich nur aus der Geschichte
der burmesischen Länder erklären. Die beständig befolgte Verwüstungs-
Politik zweier gleich mächtiger Nachbarstaaten, unaufhörliche Kriege, die
zum System gewordene Sitte, ganze Bevölkerungen in die Knechtschaft
zu führen, die drückende Begierung und endlich die darausfolgenden frei-
willigen Auswanderungen trugen vereint zur Entvölkerung bei. Als Bei-
spiel freiwilliger Auswanderung sei hier die Uebersiedlung von 30,000
Talainen aus Tenasserim nach Siam angeführt.
2) Der grösste Theil des Landes (nach dem bestehenden burme-
sischen Recht, eigentlich das Ganze) ist Eigenthum der Regierung, von
der die Verfügung darüber, die Anweisungen von Antheilen und die Be-
willigung von Ländereien allein abhängt. Europäern, welche sich hier
ansiedeln wollten, stände daher die Wahl frei.
3) Die Europäer würden als Wohlthäter, nicht als Eindringlinge auf-
genommen werden, da sie nützliche Gewerbe und mechanische Fertigkeiten
mitbringen würden, deren die Eingebornen sehr bedürfen.
4) Verständige Anordnungen und Gesetze würden die Vertheilung der
Ländereien durch gänzliche Vermeidung verwickelter Grenzlinien sehr
erleichtern.
5) Die Burmesen sind ein von den Ostindiern körperlich und geistig
ganz verschiedener Stamm. Ihre Religion billigt Duldsamkeit; ihr Glaube
lehrt sie nicht, dass sie ein vor der ganzen übrigen Schöpfung auser-
wähltes Volk seien. Dieser versöhnliche Glaube erzeugt keine Abneigung
gegen Fremde. Von dem Augenblick an, als die Briten dieses Land be-'
traten, mit Mässigung, Klugheit und Gerechtigkeit verfuhren, und ihre
Herrschaft neue bisher ungekannte Wohlthaten über die Bevölkerung ver-
breitete, benahmen sie sich gegen ihre neue Herren wie dankbare Kinder,
196 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
und wohl mag innerhalb der weiten britischen Besitzungen im Osten wohl
kaum ein Volk gefunden werden, was seinem Gebieter anhänglicher wäre
und auf welches diese sicherer vertrauen könnten, als die Burmesen.
Ein Europäer müsste sich daher in der Mitte einer Bevölkerung, welche
in jeder Beziehung über ihre nächsten westlichen Nachbarn steht, wohl be-
finden und wenn einmal sich beide Racen im Laufe der Zeit inniger ver-
mengt haben werden, dürfte sich dieses Verhältniss noch freundlicher gestalten.
6) Die grosse Fruchtbarkeit des durch Jahrhunderte unangebaut ge-
bliebenen Bodens würde jede systematisch-regelmässige Abwechselung des
Feldbaues für lange Zeit entbehrlich machen und Zucker, Baumwolle, Indigo
und sogar Tabak könnten durch eine Reihe von Jahren ununterbrochen
auf demselben Boden gezogen werden. Sollte ja ein Wechsel nöthig
werden, so Messe sich eben so guter Boden in der Nähe erwerben.
Andererseits fiele der Anbau ausdauernder Gewächse sehr leicht. Zimmt,
Kaffee und dergleichen könnten an verschiedenen Stellen versuchsweise
gebaut und hiernach der hierzu am besten passende Boden in grossem
Masstabe zu Pflanzungen verwendet werden, während in Ostindien der
einmal angekaufte oder gepachtete Grund beibehalten werden muss, er
mag für die beabsichtigte Kultur taugen oder nicht.
7) Obwohl die nördlichsten Theile von Britisch -Tenasserim (die
Provinz Amherst) natürlich für die Erzeugnisse der Aequatorial-Gegenden
nicht geeignet ist, so mögen doch die südlichen Striche dem Anbau
einiger der werthvollsten Gewürzpflanzen günstig sein. Es ist Thatsache,
dass, so weit Mangosteens und Durians wachsen, auch Gewürznelken und
Muskatnüsse gut fortkommen: da nun Mangosteens bei Mergui reichlich
wachsen und Durians bis Tavoy hinaufreichen, lässt sich erwarten, dass
der Muskatnussbaum — der werthvollste aller Gewürzbäume — in den
südlichen Gegenden von Tenasserim mit Nutzen gebaut werden könnte.
8) Endlich passt das Klima vollkommen für Europäer; ungeachtet
der grossen Feuchtigkeit gibt es keine schädlichen Ausdünstungen, wie in
Arracan, die Malaria ist kaum bekannt und die Feuchtigkeit trägt zur
Abkühlung der Luft bei. Selbst während der heissesten Monate kann
man sich der Sonne ohne Gefahr aussetzen und an die lästigen Vor-
kehrungen, die man in Ostindien gegen die Sonnenhitze treffen muss,
denkt man hier gar nicht. — Es mag als Beweis für die Güte des
Klimas angeführt werden, dass der Gesundheitszustand des hier in Besat-
zung liegenden 62. Regiments königl. Infanterie besser ist, ais der irgend
einer in Ostindien garnisonirenden europäischen Truppe.
Nach Aufzählung der grossen Vortheile, welche diese Provinzen
europäischen Colonisten darbieten, wäre es unbillig, das Eine ihnen eigen-
thümlich grosse Hinderniss zu verschweigen. Dieses ist die geringe Be-
völkerung und der daraus folgende übertriebene Arbeitslohn und selbst
wenn man sich zu diesem herbeiliesse, die Gleichmütigkeit oder vielmehr
der unabhängige Sinn der Eingebornen, welche ihre beschränkten Be-
dürfnisse leicht befriedigen können und desshalb nicht auf Geldverdienst
ausgehen.
Würde die Colonisation dieser Landstriche in eben so grossem Mass-
stabe betrieben, als die von Grossbritannien nach Canada oder Australien,
so müssten die Schwierigkeiten viel leichter schwinden; da indess an-
fänglich nur eine beschränkte Anzahl zur Ansiedlung sich herbeilassen
dürfte, müssen andere Mittel zur Herbeischaffung der nöthig en Handarbeit
geri uckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 197
aufgefunden werden. Dies^ dürfte auf zweierlei Weise zu bewirken sein:
a) indem man den Strom der chinesischen Auswanderung von dem indischen
Archipel — wohin er gegenwärtig sich richtet, nach diesen Provinzen
ablenkte, b) Ostindische (bengalische) Coolies anzuwerben, wie man es
neuerlich auf der Insel Mauritius versucht hat.
Jedenfalls wären die chinesischen Einwanderer vorzuziehen; sie sind
ein arbeitsamer, fleissiger Menschenschlag, geschickte Ackerbauer und mit
den Gewerben des gesitteten Lebens bekannt. Die bengalischen Auswan-
derer dagegen sind halbverhungerte Schwächlinge ; welche das Land nur
entsittlichen und bei den Burmesen sich verächtlich machen würden. Der
einzige Vortheil der Bengalesen wäre, dass man sie leichter, wohlfeiler
und für geringeren Lohn erhalten könnte. Es scheint indess, dass der
höhere Lohn, den die Chinesen für sieh verlangen würden, durch die
vermehrte Leistung dieses arbeitsamen Volkes aufgewogen werden dürfte.
Eine gewisse Beihilfe würden die ersten Ansiedler darin finden,
dass sie die Sträflinge, welche die Begierung in diese Provinzen absendet,
in Miethe nähmen. Die Zahl dieser Sträflinge ist indess beschränkt, die
Mehrzahl für öffentliche Arbeiten vorbehalten, und da sie die Feldarbeit
stets in Eisen verrichten müssten, bliebe die von ihnen zu erwartende
Beihilfe immer nur ungenügend.
Ich werde nun meine Bemerkungen übpr den Boden und die ver-
schiedenen Oertlichkeiten mit Bezug auf die empfehlenswertesten und
verheissendsten Zweige der Bodenkultur, in Kürze mittheilen.
Reis. Die natürliche Fruchtbarkeit dieses Landes, welche schon jetzt dem
Anbaue des Beises so günstig ist, macht es geeignet, dereinst eine Korn-
kammer für einen grossen Theil von Hindostan zu werden. — Selbst
bei der unvollkommenen, oben beschriebenen Weise des Anbaues gibt
eine und dieselbe Stelle nach einander erstaunlich reiche Ernten, so dass
(wiewohl kaum yi0 des für Beis geeigneten Bodens in wirklichem Anbau
steht) der Ueberschuss so gross ist, dass 1 Maund Beis zu Maulmain nur
6 Annas kostet. — Mit einer regelmässigen Bewirtschaftung würde sich
der Ertrag noch viel höher steigern lassen, und bei Einführung einer
systematischen Bewässerung, könnten die Ernten in ununterbrochener Beihe
auf einander folgen.
Die Bewässerung müsste entweder so eingerichtet werden, wie sie
in einigen Gegenden Ostindiens besteht, wo die Beisfelder in Parzellen
zertheilt sind, deren jede mit Dämmen, zur Zurückhaltung des Wassers
umgeben ist, und da in diesem Lande das Wasser so nahe zur Hand
liegt, wäre nichts erforderlich, als für die Erhaltung der Dämme zu sorgen,
wobei, wie sich von selbst versteht, jede Düngung von selbst wegfiele.
— Noch leichter käme es vielleicht, die Felder so tief auszugraben, dass
sie während der trokenen Jahreszeit regelmässig 2 mal des Tages
von der ansteigendan Fluth überschwemmt würden. Dies wäre nicht schwer
zu bewirken, da die Reisfelder, während der trockenen Zeit nur 3 — 6
Fuss über dem Spiegel der Flüsse liegen und, da das ganze Land eine
ununterbrochene, überall gleich hohe Ebene ist, könnte die Abgrabung
gleichmässig so weit durchgeführt werden, als der Einfluss der Ebbe und Fluth
reicht; am Gyne-FIuss z. B. 130 engl. Meilen vom Meeresufer landeinwärts.
Diese Benutzung des Wassers, die einzige Bedingung zu einer
ununterbrochenen Beihenfolge von Ernten, könnte hier dieselbe Erschei-
nung bewirken, die man in den begünstigtesten Gegenden Java's wahr-
198 Dr. Johann Wilh. Heller' s
nimmt, nämlich das gleichzeitige Vorkommen aller Phasen des Anbaues
auf einem und demselben Felde so zwar, dass innerhalb 2% Jahre sechs-
mal geerntet werden kann. — - Diese Felder würden wegen der Ueber-
schwemmungen während des hohen Monsoons unzugänglich sein, indess
würden die nächsten Ernten . wegen der angeschwemmten fruchtbaren
Bestandtheile, um so reicher ausfallen. Obige Vorschläge könnten für eine
Gegend, wo so viel herrenloser Boden vorhanden ist, unwichtig erschei-
nen. Es muss jedoch bedacht werden, dass das Roden und Vorbereiten
des Bodens viele Auslagen erfordert, welche durch die, das gewöhnliche
Mass übersteigenden Ernten gedeckt werden müssen.
Zuckerrohr. Zuckerrohr wird immer für eines der werthvollsten Er-
zeugnisse der Tropenländer gelten. Es verlangt einen freien, reichen Bo-
den, hoch genug, um vor allen Ueberschwemm.;ngen sicher zu sein, aber
nicht so hoch, dass es an der nöthigen Feuchtigkeit Mangel litte. Die
Oertlichkeit muss so gewählt werden, dass die ärgsten Feinde des Zucker-
rohres: die Termiten (weisse Ameisen) sich nicht darin vermehren kön-
nen. Der Boden muss mithin sorgfältig abgerodet und alle Ueberbleibsel
des ausgehauenen Waldes (stehende Stämme, Molzstüeke und dgl.) ent-
fernt oder verbrannt werden.
Das Zuckerrohr ist nicht so sehr, als Baumwolle und Tabak, an
die chemische Beschaffenheit des Bodens gebunden, nur käme es bei
einem Gehalte an Kalkerde von 10 — 15 Percent am besten fort. Boden
der eben beschriebenen Art ist in der Provinz Amherst reichlich vorhan-
den. Da das Zuckerrohr vom ersten Beginn seines Anbaues bis zu seiner
Reife einen Zeitraum von mehr als 15 Monaten bedarf, so sind alle, selbst
auch nur während eines Theils der Monsoon-Zeit überschwemmten Län-
dereien zu dessen Anbau untauglich : die an Dammerde zunächst reicheren
schicken sich dazu am besten. In der Nähe der Hauptstadt sind die Thä-
ler zwischen den Sandsteinzügen von Amherst bis Maulmain unbezweifelt
die besten Oertlichkeiten für Zuckerbau, in weiterer Entfernung würde zu-
nächst das obenerwähnte Thal längs der Siamesischen Grenzgebirge, dazu
am besten taugen.
Tabak. Der Ruf, den manche Gegenden in Betreff des in ihnen
gebauten Tabaks, vor anderen gemessen, rührt von der Beschaffenheit des
Bodens her. — So lange man sich bei der Beurtheilung des Bodens auf
sein äusseres Ansehen beschränkte, gab man dem lichtroth- und kastanien-
braunen den Vorzug. Seitdem man auch die Chemie bei ähnlichen Beur-
theilungen zu Rathe zieht, weiss man, dass die Gegenwart von Eisen-
oxyden die Hauptbedingung eines guten Tabakbodens ist; dabei muss
aber auch der Roden fruchtbar und schwer sein. Beide Eigenschaften
finden sich in dem anbaufähigen Boden der Provinz Amherst in hohem
Grade vereinigt. Die Eisenerze, welche über die ganze Provinz verbreitet
sind, haben den Eisenoxyd -Gehalt des Bodens auf 8 — 35 Hunderttheile
gesteigert.
Alle diese Umstände würden die Einführung des Tabakbaues in der
Provinz Amherst um so mehr empfehlen, als bisher alle Versuche ähn-
licher Art, die man in Ostindien angestellt, mehr oder weniger misslungen
sind. Da der Tabak in kurzer Zeit emporwächst, möchte ich empfehlen,
einige der besten Reisgründe gleich nach der Ueberschwemmung mit
Tabakschössen zu bepflanzen, die man einen Monat früher in nahe gele-
genen Treibbeeten gezogen hätte.
gedruckte uüd uugdruckte Schriften über die Tenasserim-Proviiizen etc. 199
Indigo. Es ist zweifelhaft, ob Indigo, welcher an den Reichthümern
Hindostan's einen so grossen Antheil hat, für die hier in Frage stehenden
Provinzen so bald zu einer Bedeutung gelangen werde.
Das grösste Hinderniss, welches hier dem Indigobau entgegenstünde,
wäre der Mangel an praktischer Erfahrung von Seiten der Pflanzer. Die
hiesigen Verhaltnisse sind in mancher Hinsicht von denen Ostindien's
so verschieden, dass selbst die Gegenwart eines erfahrenen Verwalters
(„Factor") aus Ostindien nicht viel helfen würde. Die Erfahrung hat be-
wiesen, dass auf Java die ersten Versuche des Indigobaues nach Ostin-
discher Weise gänzlich fehlschlugen und dass man nur durch wiederholte
Versuche endlich zu günstigeren Erfolgen gelangt ist.
Inder Amherst-Provinz gedeiht die Indigopflanze reichlich; indess wird der
auf dem trockneren Boden bei Ava gezogene Indigo für besser gehalten.
Jedenfalls ist es schwer zu entscheiden, ob diese Ueberlegenheit in der
Pflanze selbst oder in der geschickteren Bereitung des Färbestoffes ihren
Grund habe.
Baumwolle. Beim Anbau der Baumwolle hängt Alles von der Art ab,
auf welche die Wahl des Pflanzers fällt. Wenn auch — wie allgemein bekannt -
jede Art einen kalkreichen Boden liebt, so kann doch in verschiedenen
Gegenden, je nach Klima, Feuchtigkeit, Lage und Höhe, der Baumwollen-
bau höchst vortheilhaft werden oder durchaus misslingen.
Die Burmesen bauen — wie oben gesagt — keine andere Art als
Gossypium herbaceum, in einigen Gegenden der Provinz hat Hr. Kommissär
Blundell auch die Pernambuco Sorte versucht, von welcher sich aber
bisher wenig erwarten lässt. — Die passendste Art dürfte Gossypium
hirsutum sein, und vielleicht jene Art, welche man zu Luzon mit Vor-
theil zieht.
Kaffee. Von allen Nutzpflanzen scheint der Kaffeestrauch am vorzüg-
lichsten zum Anbau in der Provinz Amherst geeignet, er passt am besten
für ein fruchtbares dünn bevölkertes Tropenland und gibt mit wenig
Arbeit und in kürzerer Zeit reichlichere Ernten als andere Gegenstände
des Anbaues.
Der Kaffeestrauch kömmt in jedem Boden fort, in den seine Wur-
zeln ohne Schwierigkeit einzudringen vermögen , besonders liebt er hüge-
lige , früher mit Dickicht überwachsene Gegenden. Für den Anfang wäre
es genügend, in dem Dickicht kleine Flecken nahe an einander zum Pflan-
zen der Bäume auszuroden; es erscheint sogar räthlich, das übrige
Dickicht und die hochstämmigen Bäume stehen zu lassen, um die jungen
Kaffeesträucher vor der Sonnenhitze zu schützen, welche sie zu einer ver-
frühten Reife bringt.
Ein fernerer Vortheil des Kaffeebaues ist, dass er mit einem mas-
sigen Capital unternommen werden kann, da der Verlag reichlich und
bald hereingebracht wird.
Gewürznelken. Es lässt sich schwer über die Vortheile des Anbaues
von Gewürznelken sprechen, da ein solcher bisher noch nie versucht wor-
den ist. — Ein Baum der Gattung Caryophilia, oder einer nahe ver-
wandten aus der Familie der Hcspcrideae , wächst reichlich in den Wäl-
dern. Vielleicht dürfte es vortheilhaft sein, dessen Anbau in verschiedenen
Theilen der Provinz zu versuchen und, da der Baum schnell emporwächst,
würde man bald über den mögliohpn Erfolg in's Reine kommen.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft. 0
200 Dr. Johann Wilh. Helfer's
Zimmet. Der echte Zimmetbaum (Laurus Cinnamomum) ist bisher
in diesem Lande noch nicht gefunden worden, wohl aber fünf andere
Arten von geringerer Güte unter denen auch Lamms Cassia zu sein scheint.
Ebenso wenig hat man den Anbau des Zimmetbaumes versucht. Für jetzt
scheint sich kein Privatmann auf diesen Zweig der tropischen Kultur in
Amherst einlassen zu wollen, da andere Zweige eine schnellere Vergütung
der Auslagen und Mühen verheissen. Wenn übrigens die grossen, gegen-
wärtig auf Ceylon angelegten Pflanzungen einmahl zur vollen Entwicklung
gelangt sein werden, dürfte Zimmet stark im Preise fallen, indem der
Verbrauch dieses Gewürzes in Europa nicht wesentlich zunehmen zu sol-
len scheint; anderwärts angelegte Zimmetpflanzungen dürften mithin gegen
solche Mitbewerbung schwerlich im Vortheil stehen.
Muskatnnss. Diese werthvollste aller Gewürzpflanzen scheint rings
um den Aequator, in viel engere Grenzen eingeschränkt zu sein, als an-
dere ursprüngliche Erzeugnisse des indischen Archipels, sie geht nicht
über 10 — 12° N. Br. hinauf. — Von Hrn. Commissär Blundell's Versu-
chen, den Muskatbaum in Maulmain einzuführen, lässt sich nicht viel er-
warten; die Bäume gehen dort nicht ein, aber sie kommen nur dürftig fort.
Bei dem grossen Werthe dieser Gewürzpflanze wäre es doch räth-
lich, an verschiedenen Stellen diese Versuche zu wiederholen, mehr noch
in den Provinzen Tavoy und Mergui, als in Amherst -- bevor man sich
über die Unmöglichkeit ihres Anbaues entscheidend ausspräche. Der blühende
Zustand der Muskatpflanzungen auf der Insel Penang sollte die anderen
Provinven an dieser Küste mächtig aneifern.
Thee. Es ist sehr zweifelhaft, ob diese höchst wichtige Pflanze in
diesen Provinzen je ein Gegenstand des Anbaues werden wird. Thee ist
eine subalpine Pflanze innerhalb der Wendekreise und steigt erst unter
dem 30. Grad N. B. in die Ebene herab. Ihr natürlicher Standort oder
der eigentliche Umkreis ihres wilden Vorkommens scheint der gebirgige
Landstrich zu sein, welcher das südliche China von den burmesischen
und siamesischen Gebieten scheidet.
Die Auffindung der Theepflanze in Assam entspricht der von Cap.
M. Leod angebenen Oertlichkeit , welcher die Theestaude, als ziemlich
gemeine Pflanze, 5 Grade weiter östlich, ungefähr in gleicher Breite,
antraf.
NB. Barrow fand die mittlere Temperatur der Theegegenden —
hauptsächlich zu Theekiang in China — gleich 56° F. bei Sonnenaufgang
und 62° F. zur Mittagszeit. — Die Provinz Amherst, meist aus angeschwemm-
ten Ebenen und sekundären Hügeln bestehend , ist offenbar zu niedrig
und zu warm für den Anbau der Theepflanze. Der höchste Theil der
grossen Kette zwischen Siam und den britischen Besitzungen könnte hierzu
geeignet sein. Da indess dieser Landstrich gänzlich unbewohnt ist, dürfte
für jetzt jedes Bestreben, daselbst einen Versuchsanbau zu begründen,
höchst schwierig werden, wobei übrigens noch andere Einwürfe zur
Sprache kommen müssten. — Die Zubereitung des Thees erfordert grosse
Geschicklichkeit und viel Handarbeit; der Anbau kann mithin nur in dicht-
bevölkerten Gegenden und bei sehr wohlfeilen Arbeitslöhnen mit Vortheil
versucht werden. Ich möchte glauben, dass Assam und der gesammte ent-
sprechende subalpine Zug des Himalaya für den Theebau viel geeigneter sind.
Pfeffer. Pfeffer würde hier reichlich und ohne viele Mühe fortkommen.
Die Eingebornen bauen ihn manchmal wie die Betelpflanze, und häufig
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 201
zugleich mit dieser; die Anzahl der Pfeffergärten ist indess unbedeutend.
So lang Malacca — und noch mehr Sumatra und Borneo — wie bisher
dieses Gewürz in so unbegrenzter Menge und so wohlfeil liefern, lässt
sich hier an keine günstige Mitbewerbung denken.
Ingwer. Das Land scheint vorzüglich geeignet zur Einführung des
Ingwers, der meist für den inneren Verbrauch gezogen wird, aber mit
so reichem Ertrag und so wohlfeil , dass die Menge dieses Artikels zu
Maulmain allgemein bekannt werden sollte.
Die Art des Anbaues ist dieselbe, wie die der Kartoffeln in Europa,
nur dass anstatt des Pfluges hauptsächlich Handarbeit in Anwendung kömmt.
Cardamomen. Diese Pflanze wächst wild in den Wäldern und die
Karäer brauchen ihre Samen und das Kraut selbst in ihrer Küche. Die-
selbe merkwürdige Thatsache, die man an der Küste Malabar beobachtet
hat: Das Aufwachsen von Cardamomen an Stellen, wo deren niemals vor-
kommen, nachdem die die Oberfläche bedeckenden Wälder niedergebrannt
worden, ist auch den Karäern wohlbekannt, und ich selbst habe diese
Pflanze nie anders getroffen, als eben aus der Asche frisch niederge-
brannter Waldstrecken emporsprossend. Unbezweifelt finden die von den
Winden verstreuten Samen in dieser Asche einen ihnen zusagenden Bo-
den. — Der Anbau der Cardamomen könnte in den bergigen Gegenden
der Provinz mit Vortheil betrieben werden.
Castor-Oel (Ricinus). Die Ricinus-Pflanze wächst in Menge wild an
den Ufern der grossen Flüsse in den höheren Gegenden der Provinz,
ohne dass man ihre Eigenschaft, Oel zu liefern, zu kennen scheint. Die
Pflanze ist ferner dafür bekannt, dass sie, wo sie einmal Wurzel gefasst
hat, durchaus kein Unkraut aufkommen lässt, daher ich ihre Aussaat überall
anrathen würde wo Tigergras wächst und zwar: a) um dieses auszu-
roden; b) als wohlfeiles und reichliches Ersatzmittel für Sesam-Oel; c) um
die Einwohner durch dessen Menge zur Zucht der Erria- Seidenraupe,
welche sich ausschliesslich von Blättern des Ricinus nährt, zu bewegen,
so wie diese Zucht bereits in Assam und Dinajpore besteht.
Paut (Corchorus capsularis WJ. Diese Pflanze findet sich in grösster
Menge auf fast allen gerodeten Stellen; in Ostindien wird sie mit einiger
Sorgfalt gebaut, weil man sie zu Stricken und Gunny-Taschen verwendet.
Hier könnte man die Pflanze so viel verbreiten als man wollte, und viel-
leicht wäre es selbst der Mühe werth, sie im wilden Zustand einzu-
sammeln. — Das beste Ersatzmittel für Flachs und Hanf bliebe indess
immer die Faser der Ananas, welche — wie oben erwähnt — vortrefflich
gedeiht und sich verbreitet. Eine Ananas -Pflanzung kostet sehr wenig
und kann so bald sie einmal Wurzel gefasst hat, ohne Gefahr ihres
Zugrundegehens ganz der Natur überlassen werden.
IV. Wildwachsende Erzeugnisse des Pflanzenreiches.
Waldol. Das Waldöl kann in grosser Menge gewonnen werden. Der
Baum, von dem es herrührt, ist einer der prächtigsten Waldbäume, der
manchmal eine Höhe von 120 — 160 Fuss und einen Umfang von 8 — 12
Fuss erreicht. Der Stamm steigt, ohne sich in Aeste zu theilen, bis zur
Höhe von 50 — 90 Fuss senkrecht empor; seine Krone ist der der ita-
lienischen Pinien sehr ähnlich. Das Oel wird in folgender Weise daraus
gewonnen: Man macht mit einer Axt — oder meist mit einem bur-
mesischen Messer — ein Loch in den Stamm, mitunter 1 Fuss breit,
202 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
6 Zoll hoch und 6 Zoll tief und zündet dann an der Stelle dieser Wunde
ein Feuer an. Dieses bewirkt, dass das in den Poren des Holzes ver-
theilte Oel sich nach dem verwundeten Theile zieht, dort in Menge aus-
fliesst und in irdenen Töpfen gesammelt wird. Man kann auf diese Weise
eine sehr grosse Menge davon erhalten. — Die Karäer behaupten, dass
man gleich nach dem Monsoon von einem grossen Baum 5— 6 Gallons
gewinnen könne; ich habe indess nie selbst gesehen, dass man auf ein-
mal eine so grosse Menge erhalten habe. — Begreiflicherweise muss der
Baum bei diesem Verfahren leiden; indess versichern die Eingebornen,
dass er nur selten davon absterbe. Jedenfalls hat ein so behandelter Baum
ein sehr kränkliches Ansehen und stirbt ab, wenn dasselbe Verfahren in
kurzen Zwischenräumen zwei bis dreimal wiederholt wird.
In den südlichen Provinzen sind diese Bäume viel gemeiner und
bilden grosse Wälder, bedeutende Menge Oel könnte leicht gewonnen
werden. Den Karäern dient es zum häuslichen Gebrauche und zum Brennen;
die Burmesen, wenigstens in der Provinz Amherst — benützen es viel
weniger. Bei allen Eingebornen gelten Einreibungen mit diesem Oele als
ein treffliches Heilmittel bei Rheumatismen.
Kautschuk. Viele Pflanzen liefern diesen werthvollen Stoff; der beste
kömmt von 2 Arten Schlinggewächsen, vorzüglich von der Kiejaun-Pflanze.
Die Feigenbäume liefern ihn in geringerer Güte; der schlechteste ist
der vom Pipul-Baum.
Ficus elastica (der eigentliche Kautschuk-Baum Ostindien Y) kömmt
in dem nördlichen Hochlande vor; man hat aber mit ihm noch keine
Versuche angestellt. Der Saft einiger anderer Pflanzen gerinnt gleich
beim Ausfliessen zu elastischem Gummi. Diese Arten müssen höchst sorg-
fältig behandelt werden — wozu sich indess die Einwohner schwer be-
reden lassen — damit der Kautschuk nicht verunreinigt werde.
Der ostindische Kautschuk ist so gut als der amerikanische, und
steht nur wegen seiner unvollkommenen Bereitungsweise niederer im Preis
als dieser. — Der Kautschuk der Kiejaun-Pflanze lässt sich leicht durch
Essigsäure fällen und vom Anfang an in jede beliebige Gestalt bringen.
Die amerikanische Weise, den Kautschuk in irdenen Modeln an der Sonne
zu trocknen, gelingt hier nicht während der nassen Jahreszeit von Mai
bis December.
Campher. Weder Laurus Camphora noch Dryobalanops Camphora
kommen in der Provinz Amherst wild vor, doch gewinnen die Eingebornen
aus einer überall sehr gemeinen singenesistischen Pflanze aus der Unter-
abtheilung Verbenaceae oder Eupatorieae, durch Destillation einen Stoff,
der alle Eigenschaften des Camphers besitzt. Während der trockenen
Jahreszeit gewinnt man davon eine ziemliche Menge und würde bei einer
bessern Weise der Destillation wohl noch mehr, und mittels einer Läu-
terung ein besseres Product gewinnen. — Aehnlich den europäischen
Arten von Mentha und Lavandula geben auch mehrere Lippenblüten
dieses Landes Campher, doch in zu geringem Verhältniss, als dass man
daraus Nutzen ziehen könnte.
GammigQtt. Zwei Bäume dieser Provinz geben Gummigutt, wenn
man Einschnitte in ihre Rinde macht. Der ausfliessende Saft gleicht dicker
gelblich gefärbter Milch, der Luft ausgesetzt, wird er glänzend gelb,
verdickt sich und wird endlich fest. Beide Bäume sind verschieden von
Stalagmites cambogioides und auch ihre Ausflüsse haben andere chemische
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-ProYinzen etc. 203
Eigenschaften. Das Gummigutt aus der Provinz Amherst ist im Wasser
sehr wenig löslich und gibt also auch damit nicht dieselbe gelbe Emulsion
wie die gewöhnliche Sorte. Es wird nie als Farbe dienen, dürfte aber
einen schönen Firniss geben. Gleich dem gewöhnlichen ist es ein kräf-
tiges drastisches Arzneimittel.
Gemeiner Firniss. Die Eingebornen gewinnen aus einem Strauch (den
ich noch nicht in der Bliithe gesehen habe), einen Firniss, mit welchem
sie ihre Körbe und andere Geräthe überziehen, um sie für das Wasser
undurchdringlich zu machen. Dieser Firniss gleicht sehr dem Chinesischen,
den man aus der Angia Chinensis bereitet; er muss jedoch von einer
andern Pflanze herrühren, da man ihn durch Einschnitte in die Rinde
gewinnt. Im unreinen Zustand ist er braun mit einem Stich in das Oli-
vengrüne, riecht nach Terpentin, schmeckt zusammenziehend, löset sich
langsam in Alkohol, ist in Kalilauge löslich und scheidet, bei einem ge-
wissen Wärmegrad, Krystalle von Benzoesäure aus.
Gummi Dainar. Damara alba ist in den nördlichen Bezirken selten;
in Tavoy und Mergui soll sie — wie man mir berichtete — sehr ge-
mein sein.
Copal. Ein grosser Baum, einem Elaeocarpus ähnlich, aber vom
ostindischen Elaeocarpus copalifer verschieden, bringt eine Art gelbes,
durchsichtiges, im Bruche glasglänzendes Copal hervor, welches indess
nicht gesammelt wird und dessen Gebrauch unbekannt zu sein scheint.
Stocklack. Der Stocklack gehört zwar nicht dem Pflanzenreich an,
indess scheint mir hier der passendste Ort, seiner zu erwähnen. Er
findet sich in den bergigen Gegenden der grossen nördlichen Kette und
ist das eigentliche Erzeugniss der Lack-Schildlaus (Coccus Laccae), deren
Weibchen zur Fortpflanzung ihrer Art, verschiedene Arten von Ficus auf-
suchen. Die wilden Karäer sind mit diesem Umstände wohlbekannt und
kennen das Erzeugniss, ohne jedoch dessen Werth zu begreifen. Sie
sagten mir, zur Zeit des hohen Monsoons, wenn der Lack zuerst an den
Zweigen der Bäume erscheint, seien viele Bäume gänzlich damit überdeckt,
in weniger als 14 Tagen hätte aber der Regen selbst die geringste
Spur davon weggeschwemmt. — Es würde schwer fallen, den unabhän-
gigen und furchtsamen Karäer zur Einsammlung des Lackes zu bewegen;
besser wäre es, zur Zeit der höchsten Entwicklung desselben, Bewohner
der niederen Gegenden in das Gebirge zu schicken.
Teak-Blätter. Bevor ich diese Abtheilung schliesse, muss ich noch
der Teak-Blätter erwähnen, von denen man sich als Färbstoff viel ver-
sprochen hat. Dr. Burt's Entdeckung bewog mich, mit diesen Blättern
Versuche anzustellen; ich bedaure indess, sagen zu müssen, dass ich —
ungeachtet ich Dr. Burt's Methode genau befolgte, weder von getrock-
neten noch von frischen Blättern, weder durch Aufguss noch durch 1 — 3
stündiges Sieden, eine gelbe Färbung erhalten konnte, sondern immer
nur eine dunkel viollete („purple") mit Uebergängen in Braun. — Ich
versuchte als Beitzmittel Alaun, essigsaures Eisen, essigsaures Kupfer,
salzsaures Zinn, konnte aber nie des von Dr. Burton verkündeten Er-
folgs theilhaft werden.
Wälder. Bekanntlich nimmt die Anzahl der Holzgewächse zu, je
näher man dem Aequator kömmt; in der Provinz Amherst verhält sich
deren Zahl zu der der krautartigen, wie 3 zu 1. Nicht überall aber
erlangen — unter gleichen Umständen — Bäume jene Vollkommenheit,
204 Dr. Juhiinn Wilhelm llelfer's
Dauerhaftigkeit, Höhe und Dicke, wie in jener Provinz, die recht eigent-
lich ein Waldland ist. Wo immer sich die Vegetation in ungestörter
Kraft zu entwickeln vermag, ist der Boden mit Bäumen besetzt, welche
in ununterbrochenen Massen alle Stellen einnehmen, denen der Fleiss oder
die Verwüstung des Menschen nicht ihr Gepräge aufgedrückt haben. Man
findet hier weder Savannen — wie in Amerika — noch Sandflächen, ja
kaum einen kahlen Felsen; selbst die Striche im Bereiche der Ebbe und
Flutb sind dicht überschattet von Mangroves und anderen Baumarten, welche
in brakischem Wasser gedeihen.
Die Zahl der bisher aufgezählten Holzgewächse ist 160, jedoch ist
sie bei Weitem noch nicht vollständig. Es lässt sich mit Sicherheit an-
nehmen, dass in der Provinz Amherst an Bäumen 200, an baumartigen
Sträuchern 300 , an Sträuchern 350 und an holzigen Schlingpflanzen
etwa 150 verschiedene Arten vorkommen; so dass jährige Pflanzen-,
Schmarotzer- und Zwiebelgewächse nur in verhältnissmässig geringer Zahl
in die Flora eingehen. Von Letzteren mögen ein Drittheil parasitische
Kriech- und Klettergewächse, ein zweites Drittel Orchideenartige, zwiebel-
tragende und andere Epiphyten sein und das letzte Drittel sich unter die
übrigen Familien der Phanerogamen vertheilen.
Die Zahl der Bauholz-Bäume ist nicht unbeträchtlich und wenigstens
10 — 20 Arten davon scheinen für den Schiffbau geeignet, wiewohl die
Europäer zu diesem Zweck bisher nur das werthvolle Teak-Holz benützt
haben. Der Thingan, der Finmah, der Zakayan, der Lephion, der Ajadan,
der Thoduin-thee , der Theezee-ghi scheinen unter allen Bäumen dem
Teak-Baum in Werth am nächsten zu stehen.
Teak- Wälder. Diese Wälder erscheinen nicht zusammenhängend in
allen Theilen des Landes und nur selten mit anderen Baumarten gemengt;
meist nehmen sie den Boden, auf welchem sie vorkommen, fast ausschliess-
lich ein. Es fällt schwer, die Beschaffenheit des Bodens, auf welchem
Teak-Bäume gedeihen, festzustellen; viel leichter ist die verneinende Be-
antwortung dieser Frage: Der Teak-Baum kömmt nicht fort: a) auf Nie-
derungen, welche den regelmässigen Ebben und Fluthen ausgesetzt sind;
b) auf fruchtbarem aufgeschwemmtem Land, ohne thonigen oder grusi-
gen Untergrund; c) da wo — auch bei sonst günstigen Verhältnissen —
bereits andere Baumarten vorherrschen; d) auf kahlen Kalkhügeln; e) auf
unfruchtbarem Sandstein-Boden; f) auf schwarzem Thonschiefer; g) auf
Bergen von beträchtlicher Höhe. Die gewöhnlichsten Oertlichkeiten sind
massig hohe, abhängige Ebenen, sehr oft nahe an Flüssen. Die Teak-
Wälder der Provinz Amherst liegen nahe an den Flüssen Salween, Thou-
Khan und Attaran. Ich hatte nur Gelegenheit, jene am Salween zu unter-
suchen. Dort gehen mehr Bäume durch schlechte Behandlung zu Grunde,
als deren nützlich verwendet werden und zwar: a) Weil die Leute,
welche sich mit dem sogenannten „Tödten" der Bäume beschäftigen, viele
davon zerstören, die sie nachträglich für unbrauchbar befinden. — b) Wegen
der Schaaren von Insecten, welche sich in den getödteten Bäumen, die
man dem Eingehen überlässt, erzeugen. Man behauptet zwar, dass Teak
von Insecten nicht angegriffen werden, dennoch gehen Arten von Bostri-
chus, Passalus und anderer Käfergattungen über jene verfallenen Bäume,
und von diesen auf andere gesunde, die zur Benutzung noch nicht alt
genug sind. — c) Die durchgängige Nächlässigkeit der Eingeborenen in
Bezug auf muthwilliges Niederbrennen von Wäldern, erstreckt sich auch
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tennasserim-Provinzen etc. 205
auf die Teak-Waldungen. Ich sah weite Strecken davon gänzlich zerstört,
nur weil es irgend einem wilden Karäer beliebt hatte, seine Wohnstätte
in der Nähe aufzuschlagen und desshalb das Dickicht durch ein allgemeines
Niederbrennen zu lichten.
Da nun Teak ein so werthvoller Artikel überhaupt ist und — wie
man bestimmt behaupten darf — der einzige, dem Maulmain sein von Tag
zu Tag wachsendes Gedeihen schuldet, sollte die Regierung vor Allem
für die Erhaltung der Teak-Wälder Sorge tragen, und nicht nur für
diese, sondern auch für deren Vermehrung. Allerdings muss — selbst bei
guter Bewirtschaftung — die Anzahl der Bäume mit jedem Jahr ab-
nehmen und das Bauholz an leicht zugänglichen Stellen bald selten wer-
den. Man weiss aus Erfahrung, dass auf Plätzen, wo Bauholz gefällt
worden, die durch natürliche Aussaat entstandenen jungen Bäume nur
spärlich aufwachsen. Desshalb wären Teak -Pflanzungen höchst wichtig,
nicht nur wo dieser Baum schon früher stand, sondern auch an anderen,
durch ehemische Beschaffenheit des Bodens und andere Umstände dazu
passenden Oertlichkeiten. Die Regierung besitzt so ausgedehnte Ländereien
in diesen Provinzen, dass die Wahl zum Behuf solcher Pflanzungen nicht
schwierig fiele und in der That könnten diese Ländereien nicht besser
benutzt werden, als zur Erhaltung jener Quelle des Reichthums, welche
bisher so auffallende Beweise ihrer Ergiebigkeit geliefert hat.
Ich möchte indess ein, von der bei den Holländern auf Java üblichen
Weise des Anbaus, etwas verschiedenes Verfahren vorschlagen. Es ist
eine alte Erfahrung, dass Waldbäume nicht gut gedeihen, wenn man sie
nach Art der Obsbäüme oder anderer zarterer Gewächse behandelt. Man
sollte das Verfahren der Natur nachahmen und weder Treibbeete noch
Versetzungen in Anwendung bringen. Nach Lichtung des Dickichts an den
gewählten Stellen und nachdem der Boden genug gelockert ist, um die
Samen aufzunehmen und sie mit etwas Erde zu bedecken, möchte ich
rathen, die Aussaat ohne weitere Sorgfalt vorzunehmen. Natürlich müsste
die Pflanzung eingezäumt werden, um alle Störung durch wilde Thiere
jeder Art abzuhalten. Nach Verlauf von zwei bis drei Jahren müssten
die zu gedrängt stehenden Pflänzchen ausgerauft und die parasitischen
Pflanzen der Dickichte und andere Hindernisse sorgfältig beseitigt werden.
— Diese leichte Arbeit sollte über weite Strecken dieses Landes all-
jährlich wiederholt werden. Für die ersten Versuche müsste man — wie
sich von selbst versteht — Stellen an Flüssen und natürlichen Kanälen
(„nullahs") wählen, von welchen aus die Weiterbeförderung von Bauholz
leicht zu bewerkstelligen wäre.
Auf diese Weise Hesse sich der Fortbestand von Teak-Wäldern für
immerwährende Zeiten sichern, der Werth der Provinzen würde mit jedem
Jahre steigen und mit der Zeit für die Regierung eine sehr wichtige
Quelle des Einkommens werden.
Diese übersichtliche Darstellung ihrer natürlichen Reichthümer be-
weiset genügend, dass die Provinz Amherst eine Fülle von Elementen
des Wohlstandes und des Gedeihens besitzt, und gewiss sind deren noch
eine Menge unbekannt, die erst vom Laufe der Zeit und von fortgesetzter
Untersuchung ihre Aufschliessung zu erwarten haben.
Maulmain, den 15. September 1837.
206 Dr Johann Wilhelm Helfer's
2. Zweiter Bericht. Die Provinzen Ye, Tavoy und Mergui an der Tenas-
serim-Küste — auf Befehl der Regierung, mit besonderer Rücksicht auf
die Entwicklung ihrer natürlichen Hilfsquellen bereiset und untersucht.
Vorgänge vom 14. November bis 15. Mai 1838. Landreise
von Maulmain nach Mergui.
1) Fahrt in Booten den Attaran-Fluss stromaufwärts und Untersuchung
der heissen Quellen am Attaran. Weiterreise nach dem oberen Theil des
Zamie Khiaung.
2) Landreise vom Zamie Khiaung zu den oberen und unteren Teak-
Waldungen und längs der grossen östlichen Bergkette bis zum Mickeli Khiaung.
3) Ausflug zum Engpass der 3 Pagoden und zum benachbarten
Siamesischen Tafel-Hochlande.
4) Vom Mickeli Khiaung nach Lamain (wobei der Weg verfehlt
wurde und die Reisegesellschaft 7 Tage lang in der Wildniss unherirren
musste) und von da nach Ye.
8) Ausflug in die höchsten Theile der östlichen Gebirgskette, „Zae-
tow?iu genannt und von dort zurück.
6) Reise nach den Malue-Bergen und von dort nach der Hinzai-Bucht.
7) Reise längs der Küste nach Zadie Vua.
8) Besteigung der Zadie-Berge.
9) Reise von Nabulee-Yua nach Tavoy.
10) Ausflüge in der Umgebung von Tavoy.
11) Reise nach Osten über die hohe Bergreihe nach Metamio —
Begehung der Zinn- Gebiete, Besteigung des Kamaung-thueg ßain Khiaung
und eines Theiles des oberen Tenasserim bis zu den heissen Quellen;
von dort zurück nach Tavoy.
12) Reise von Tavoy nach dein Towngbiaun-Thale und dem Kiauk-Berge.
13) Begehung des Towngbiaun-Thales nach abwärts und Landreise
nach Pai und Palouk.
14) Fahrt auf dem Palouk - Flusse stromabwärts und längs der
Meeresküste nach Palou.
15) Landreise von Palou ostwärts bis an den Tenasserim-Fluss beim
Tarouk Khiaung.
16) Fahrt den Tenasserim-Fluss abwärts bis Mergui.
17) Zweite Bergfahrt auf dem Tenasserim, neun Tagreisen ober Mergui
und Rückkehr dorthin.
18) Dritte Aufsteigung zum Dorfe Tenasserim und Besteigung des
kleinen Tenasserim bis zum hohen TatVllande, welches die Bucht von
Kraw von der von Siam scheidet; zu dem kohlenführenden Gegenden
und dann zurück.
NB. Die Routen Nr. 1, 14, 17 und theil weise 13 und 18 wurden
auf Booten, Nr. 16 und zum Theil Nr. 18 auf Flössen zurückgelegt-
alle übrigen auf dem Landwege. Der Landweg ging grösstenteils über
weite weglose Gebiete, theilweise den Pfaden der wilden Elephauten
folgend, theilweise durch Aushauung der Dickichte neu geöffnet.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 207
Die Routen Nr. 2, 4, 6, 10, 12, 13, 14, 16, 17, 18 sind theil-
weise, die Routen Nr. 5, 8, 11, 15 in ihrer ganzen Erstreckung nie
vorher von irgend einem Europäer betreten worden.
Da die bereisten Landstriche zum grössten Theil unbewohnt sind,
mussten Mundvorräthe, mitunter auf 14 Tage — in Einem Fall auf einen
Monath — mittels Trägern („Coolies"J mitgenommen werden.
I* Allgemeine Bemerkungen.
Unterschied zwischen dem Gebiete des eigentlichen Ost-Indiens und der
östlicher gelegenen — gewöhnlich „Indo- China" öder „Ausser- Indien'' ge-
nannten Länder. Die alte Unterscheidung Ost-Indiens in das Gangetische
und Trans-Gangetische ist nicht geradezu verwerflich, zur genauem Un-
terscheidung des eigentlichen Hindostan von den östlicher gelegenen Län-
dern, sollten diese (wenn man sie einmal als „Indien" bezeichnen will)
den Namen „Indien jenseits des Burhampooter" führen, da unmittelbar an
der Ostseite dieses Flusses (mit Ausschluss seines oberen Laufes) eine
grosse Veränderung im Aussehen der Gegend, in den freiwilligen Erzeug-
nissen des Pflanzenreiches und in der Race, wie in den Sitten und Ge-
bräuchen der Eingebornen hervortritt. Man darf billig annehmen, dass mit
dem Auftreten hügeliger und bergiger Landstriche an der Stelle von
Ebenen überall bedeutende Veränderungen sichtbar werden; hier aber
sind sie besonders auffallend und nahezu ohne irgend eine verbindende
Uebergangsform.
Hindostan behält längs seiner grössten Ausdehnung von 2000 (engl.)
Meilen von Bambay bis Dacca nahezu denselben Character bei; die Ge-
genden jenseits des Burhampouter überraschen plötzlich den Reisenden,
als beträte er eine neue Welt.
Dieser Character bleibt sich - - so weit er bis nun bekannt ist —
durch die Gebiete von Assam, Munneepoor, Ost-Silhet, Arracan, den Te-
nasserim- Provinzen, Pegu , Burundi , Siam und den viel weniger durch-
forschten Ländern gegen die chinesischen Meere überall gleich. Weiterhin
gegen die Halbinsel von Malacca nähern sich die Züge und die Erzeug-
nisse des Landes denen des indischen Archipels und zwischen beiden
durch die Bucht von Bengalen geschiedenen Halbinseln herrscht nur geringe
Aehnlichkeit, ausser auf Ceylon, Tinevelly und Travancore, welche sich
der grossen Gruppe der Molukken mehr zu nähern scheinen, als irgend
ein anderer Theil der hindostanischen Halbinsel.
Verschiedenheit in den Tenasserim Provinzen. In der gemässigten
Zone treten innerhalb eines Raumes von 7 Breitengraden grosse Verän-
derungen im Klima und in den Producten ein; in den Tropenzonen ver-
schwinden diese Unterschiede vor der oberflächlichen Wahrnehmung —
nur der genaue Beobachter bemerkt ihre Abstufungen. In den gemässigten
Zonen beruhen diese Abwechselungen hauptsächlich auf den Breitengraden,
der östlicheren oder westlicheren Lage, der Meereshöhe u. s. w., in tropi-
schen Landstrichen sind diese Factoren von geringerer Wichtigkeit und
die eigentliche Ursache der Veränderung liegt grösstentheils in der Menge
des Regens und in der Vertheilung der Feuchtigkeit.
Verschiedenheit des Regens in den nördlichen und südlichen Theilen.
Die merkwürdige Verschiedenheit der Naturerzeugnisse in den nördlichen
und südlichen Theilen von Tenasserim hat ihren Grund in klimatischen,
von der jährlichen Vertheilung des Regens abhängigen Verhältnissen.
208 Dr. Johann Wilhelm Belfert
In der Provinz Amherst, in Pegu und Arracan ist der Monsoon
eine wahre Siindfluth; durch 5 — 6 Monathe fällt dort mit geringer Un-
terbrechung eine solche Menge Regen herab, wie kaum an irgend einer
andern Stelle der Erdoberfläche. Gegen Ende November aber hellt sich der
Himmel auf und während der nächsten 5 Monathe regnet es kaum je
mehr; im April wird die Hitze erstickend. In der Provinz Mergui dagegen
nimmt das Klima einen mehr äquatorialen Character an, während des
grössten Theiles des Jahres regnet es dort wenigstens in 14 Tagen ein-
mal; es herrscht zwar dort noch der Monsoon, aber durch kürzere Zeit
und milder, mit längeren Zwischenräumen von schönem Wetter.
Oberflüchen - Gestaltung der Provinz Amherst. In der Oberflächen-Ge-
staltung ist diese Provinz von den übrigen weit verschieden; hingegen haben
die Provinzen Ye, Tavoy und Mergui ziemlich eine ganz gleiche.
Die Provinz Amherst ist ein abgetrennter Theil der grossen ange-
schwemmten Ebene von Pegu, welcher mit Ausnahme von Bengalen
— keine andere des bis nun bekannten Asiens gleichkömmt.
Die übrigen Theile von Tenasserim. Ye, Tavoy und Mergui (und —
wie es scheint — die ganze Halbinsel von MalaccaJ sind Bergland, durch-
schnitten von Thälern, zwischen welchen langgestreckte, einförmige Berg-
reihen in paralleler Richtung streichen und gegen den Mittelpunkt des
Gebirgs ein hohes Tafelland eiuschliessen, da aber, wo sie nicht bis
zum Meeresstrand reichen, sich gegen das Meer zu in Tiefebenen oder
Sümpfe, welche die Fluth überschwemmt, verflachen.
Allgemeines Ansehen. Das Land bietet im Allgemeinen den Anblick
eines dichten, ununterbrochenen Waldes; je weiter man darin nach Süden
geht, um so zahlreicher werden die von Baum zu Baum geschlungenen
Kletterpflanzen, die kriechenden Gewächse und die undurchdringlichen
Rattan-Palmen.
Indurchdringlichkeit des Landes, nach Süden bin zunehmend. Im eigent-
lichen Ava sollen dem Eindringen in die Wälder keine ernstlichen Schwie-
rigkeiten entgegenstehen. Unter dem 17° N. B. machen das dichte Un-
terholz, die niedrigen Kriechgewächse und die scharfschneidigen Binsen,
die Sache schon schwieriger; unter dem 15° bieten die labyrinthischen
Netze riesiger Klettergewächse neue Hemmnisse dar, unter dem 10° kommen
noch — besonders in tiefen Gegenden — Massen von dornigen Rattan-Palmen
und Cisalpinien dazu und machen das Eindringen fast zur Unmöglichkeit.
— In den tieferen Strichen von Tenasserim und im Süden von Mergui
lässt sich das Land nur in Booten auf den zahlreichen Flussverbindungen
(„Nullahs") und natürlichen Kanälen bereisen.
Gelichtete Strecken und Anbau. Gelichtete Strecken kommen sehr
wenige vor und nur in unmittelbarer Nähe der Dörfer; in einer Aus-
dehnung von mehreren Meilen finden sie sich nur nächst den Hauptorten
Ye, Tavoy, Pallou und Mergui. — Am besten wird das Land um Tavoy
und südlich von dieser Stadt bis zur Tavoy- Spitze bebaut, das frucht-
barste bebaute Land liegt im Taunbiauk-Thale.
Binnenland. Das innere Gebiet liegt ganz öde, mit Ausnahme einiger
wandernder Weiler der Karäer und der neu ffegTündeten Gemeinde christ-
licher Karäer zu Metamis; dieses ist das nächste Dorf an der Grenze
des siamesischen Gebietes. Vor vier Jahren bewohnte auch nicht Ein
Mensch die östliche oder linke Seite des Tenasserim; jetzt findet man
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 209
dort einige wenige vereinzelte Häuser und ihre Zahl ist in schneller
Zunahme begriffen.
Inbewohnte Strecken. Das Innere des Landes südlich von Mergui
und über das Dorf Tenasserim hinaus — so weit es zum britischen
Gebiet gehört — ist gänzlich unbewohnt. Alles Land , zu welchem
menschliche Mühe und Beharrlichkeit den Zugang eröffnet haben, fällt —
wenn es auch nur durch kurze Zeit verlassen oder vernachlässigt wird
— wieder der ungezügelten Macht natürlicher Agentien anheim. Kaum
lassen sich gegenwärtig die Spuren grosser Städte, deren ßlüthezeit vor
Alompra's Eroberung (1755) fällt mitten in der Wildniss auflinden. —
Ein Jahrhundert lang müssen vermehrte Bevölkerung, Anbau und Gesittung
unablässig auf diess Land eingewirkt haben, bevor es seine Grundzüge
verändert haben wird und bevor alle seine Eigenthümlichkeiten und Merk-
würdigkeiten bekannt sein werden.
II. Natürliche Eintheilung des Landes.
1. Mangrove- Gürtel. Nahezu die ganze Küste, wo immer das feste
Land durch Anhäufung wächst und nicht ein steiles Vorgebirg in das Meer
ragt, ist mit einem Gürtel von Mangroves, wie mit einem starken Walle
gegen die Angriffe des Meeres, umgeben.
Mangroves schützen die Rüste gegen das Vorrücken des Meeres. Felsen
werden durch die Gewalt der Stürme auseinandergerissen und in mäch-
tigen Trümmern über weite Strecken des Gestades verstreut; der ge-
waltige, Jahrtausende lange Stoss der Wogen untergräbt. Hügel und Berge
längs der Küste und schleift den Granitfels zu einem grossem Geschiebe
ab. Der Mangrove-Hain, in seiner nachgiebigen Schwäche ein wirksamer
Beschützer des weichen Schlammes, in dem er wurzelt, bleibt unberührt;
er gibt keinen Fussbreit seines Gebietes auf; ja er greift mit seinen
vorrückenden Wurzeln nach jedem Gegenstand, hält ihn fest und breitet
das Landgebiet allmälig aber sicher immer weiter aus.
Ihre eigentlichen Ocrtlichkeiten. Die Mangroves in ihrer höchsten
Vollkommenheit sind den äquatorialen Landstrichen eigentümlich; sie ver-
lieren ihre Lebenskraft jenseits des 20. Breitengrades. Die Zahl der zu
diesen Familien gehörigen Sträuche und Bäume nimmt gegen den Aequator
hin zu.
Ihre Eigenthümlichkeiten. Die Mangrove-Striche sind undurchdringlich;
sie sind eine Masse weichen angeschwemmten Bodens, geschützt durch
ein Netz aus den höchst wunderlich gestalteten Wurzeln der darauf wach-
senden Mangroves. Diesen Boden durchschneiden zahllose kleine Kanäle,
in die das Meerwasser bei steigender Fluth einströmt und die es bei
fallender wieder verlässt. Bei hoher Fluth steht das Ganze unter Wasser.
Mangroves im Hinzai- Becken. Weit ausgedehnte Mangrove - Wälder
finden sich im Hinzai-Becken, wo sie einen 10 bis 15 (engl.) Meilen breiten
Halbkreis, nur mit einer kleinen Oeffnung für den breiten Fluss einneh-
men. — An den Flüssen Palou und Palouk sah ich sie sehr entwickelt,
am ausgebreitetsten aber an der Mündung des Tenasserim -Flusses, und
Mangrove-Gründe mögen wohl den Hauptbestandteil der zahlreichen in-
neren Inseln im Süden von Mergui bilden.
Vergleich mit den Mangroves von Bengalen. Auch in Unter -Bengalen
kommen Mangrove-Gründe vor, nur ist dort die Zahl der Arten viel ge-
210 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
ringer. Man könnte in der That diese Gegenden als die „Sunderbunds"
von Tenasserim bezeichnen.
Bedingaugen des Gedeihens. Der Mangrove-Baum gedeiht nicht in
reinem Salzwasser, sondern braucht brackisches Wasser; am ausgebil-
detsten findet man daher stets die Mangrove-Wälder an den Mündungen
grosser Flüsse.
An den Mündungen grosser Flüsse. Die Sunderbunds unterhalb Cal-
cutta sind aus einem Gemenge des Meerwassers der Bucht von Bengalen
mit der ungeheuren Wassermasse an den Mündungen des Ganges und
Megna entstanden. Ebenso hat in den Tenasserim-Provinzen die grosse
Zahl der ins Meer mündenden Flüsse die Entstehung und Ausbildung
grosser Mangrove-Gürtel, namentlich an der Ausmündung des Tenasserim-
Flusses, sowie die Unzahl niederer Mangrove-Inseln südlich von Mergui
veranlasst und am Hinzai, wo sich 17 kleinere Flüsse vereinigen, ist
diese Vereinigung die Ursache der Entstehung eines ausgedehnten Mangrove-
Gebiets. An der Küste Coromandel, an der verhältnissmässig wenige Flüsse
ausmünden, sind Mangrove-Gürtel viel seltener und sandige Gestade —
(in Tenasserim eine Seltenheit) treten an deren Stelle.
Nutzen — Holz. Das ausgebreitete Mangrove-Gebiet ist bisher noch
ganz unbenutzt geblieben; nur in der nächsten Umgebung von Mergui
wird Brennholz, welches man für das Beste zu diesem Zwecke hält,
daraus gewonnen.
Asche. Die Asche der Mangrove- Bäume enthält wenig Kali, dafür
aber Natron.
Rinde. Die Binde ist stark geibstollhältig, wird aber bisher nur
von den Eingebornen zum Theeren („to tar") ihrer Fischnetze benutzt;
sie könnte die Eichenrinde mit Vortheil ersetzen.
Vorbereitung des Bodens zum Anbau der Nipah. Ein grosser Theil
des Mangrove-Gebiels könnte sehr gewiunreich zum Anbau der Nipah-
Palme benutzt werden; diess ist jedoch bisher kaum jemals geschehen.
2. Angeschwemmte Ebenen. Fast nur in der Provinz Amherst. Das Ge-
biet der drei Flüsse: des Salween, des Gyne und des Attaran, welche
sich vor Maulmain zu einem einzigen grossartigen Strom vereinigen,
ist eine stetige Masse angeschwemmten Bodens, fast überall von gros-
ser Fruchtbarkeit und demnach vorzugsweise zum Anbau des Beises
— des wichtigsten und unentbehrlichsten Gewächses der Tropenländer
— geeignet.
In anderen (regenden seltener. Die übrigen Theile der Tenasserim-
Provinzen sind bergig und enthalten mithin weniger Flachland, das Behufs
des Beisbaues regelmässig unter Wasser gesetzt werden könnte.
Bisher noch nicht vollständig benutzt. Indess könnte — besonders
nahe an der Küste und längs der Flussufer noch genug Flachland zum
Beisbau gerodet werden, um den Bedürfnissen des Zehnfachen der jetzigen
Bevölkerung zu genügen.
Angeschwemmte Ebenen der Provinz Tavoy. Die grösste, gegenwärtig
zum Anbau des Beises benutzte Alluvial -Ebene liegt um Tavoy herum,
und südlich von dieser Stadt bis Pim-bioo ghee, ungefähr in gleicher
Breite mit der Tavoy -Landspitze. Diese Gegend ist die am wenigsten
angebaute, die bestbevölkerte und die gedeihendste der gesammten Provinzen.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 211
In der Provinz Te. Ausgebreitete Alluvial -Ebenen liegen zwischen
Amherst und Ye; sehr reiche Flächen um Lainain und an den Ufern des
Flusses Ye.
Bei Palou Südlich von Jingnary findet man die nächsten weiten
Ebenen bei dem Dorfe Palou, dessen Einwohner einen grossen Theil
davon gerodet haben und alljährlich bebauen.
An den ifern des Tenasserim. An beiden Ufern des Tenasserim, 15
(engl.) Meilen stromaufwärts von Mergui, sind nicht minder reiche Alluvial-
Ebenen vorhanden und man sagt mir, dass sie sich weit nach Süden
hin erstrecken; indess ist nur ein geringer Theil davon gerodet.
Die Provinz Mergui hat bisher so wenig Reis hervorgebracht, dass
selbst für die geringe Einwohnerzahl von 30,000 Seelen, ein Theil des
Bedarfs alljährlich aus Maulmain eingeführt werden musste.
Jener Theil des angeschwemmten Landes, welcher hoch genug liegt,
um den Abfluss des Wassers zu gestatten, ist noch mehr vernachlässigt
als die Niederungen; nichts ist daran gerodet als einige kleine Gartenflecke.
Hier Hessen sich am besten jährige Gewächse, wie Tabak, Indigo, Zucker,
Sesam und dergleichen bauen.
3. Sandige Flächen. Sandebene im \orden von Tavoy. Sandebenen kom-
men in den Provinzen ziemlich selten vor; ich selbst kenne deren
nur Eine, im Norden von Tavoy unweit des Dorfes No-bos-lay. Der Boden
besteht aus losem Sand mit einer starken Beimengung von thonigem Erd-
reich und ist desshalb nicht geradezu unfruchtbar.
Beschaffenheit. Diese Ebene ist wahrscheinlich ein in verhältnissmässig
neuer Zeit durch das Zurücktreten der See trocken gelegter Meeresboden.
Die Vegetation darauf ist karg, theilweise ausgerodet und die Fläche
war — wie ich vermuthe — einst angebaut; sie wäre als Schafweide
verwendbar.
Bei Mergui. Der Boden der Insel Mergui, gegenüber der Insel Mad-
ramecan, ist ein Geinenge von weissem Sand und grossem Geschieben,
in welchem auch Zinnerz vorkömmt.
4. Dazwischenliegender anbaufähiger Boden. Beschaffenheit. Vom Meer
gegen das Innere erhebt sich der Boden, die Einwirkung der Fluthen
nimmt demnach ab und hört ganz da auf, wo zuerst niedere Hügel das
Land durchschneiden. Aus den Thälern der parallel ansteigenden Hügel kom-
men zahlreiche kleine Bäche herab.
Sehr frachtbar wegen Anhäufung von Dammerde. Für perennirende
Tropengewächse geeignet. Dieses Mittelland ist durch Jahrhunderte dauernde
Anhäufung von Dammerde reichlich befruchtet und hiermit zum Anbau
der verschiedensten Tropengewächse geeignet, vorzüglich perennirender,
welche die jährlich wiederkehrenden Ueberfluthungen nicht vertragen, aber
doch auch ohne eine gewisse Menge auf das ganze Jahr vertheilte Feuch-
tigkeit nicht gedeihen würden.
Teak-Wälder. Im oberen Theile der Provinz, zwischen Ye und Amherst
umfasst diess Gebiet ausschliesslich alle Teak-Wälder im Süden von Moul-
main ; hier wächst Werkholz in Menge und von vorzüglichster Beschaffenheit.
Vergleichung der Waldgürtel am Fusse des Himalaya mit den entspre-
chenden Gebieten in Tenasserim. Im oberen Hindostan ist der sogenannte
„Waldgürtel" vorzüglich am Fusse des Himalaya, als der ungesundeste
Theil des Landes, als die Geburtsstätte der pestartigen Malaria und der
Jungle-Fieber berüchtigt und gefürchtet. In den Tenasserim-Provinzen ist
212 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
der entsprechende Waldstrich unschädlich, oder wenigstens ebenso gesund
als die übrigen Theile des Landes. Die eingebornen Holzschläger, und
auch die an die Wälder gewöhnten Europäer vertragen das Klima gut,
selbst während der ärgsten Zeit des Monsoon.
5. Thäler des Binnenlandes. Das Land und der Boden sind dort
ebenso beschaffen, wie bei der vorigen Abtheilung, nur liegt diese längs
dem Meere und jene tiefer im Innern des Landes.
Das Tenasserim-Thal und andere Thäler. Zahlreiche weite Thäler
durchschneiden das Binnenland; jeder Strom bildet sich sein eigenes,
grösseres oder kleineres Thal. Das grösste ist das Thal des Tenasserim,
in einer Erstrecknng von mehr als 200 (engl.) Meilen, welches mehrere
1000 Aecker des allerbesten Bodens umfasst, aber bisher noch ganz un-
bewohnt ist. Die bedeutendsten Thäler nach diesem sind die des Attaran,
des Tavoy, des Palou, dos Bain Khiaung und des Kamaung-thueg Khiaung.
6. Becken und Gehänge des Binnenlandes. Die niedrigste oder erste
Beihe der Anhöhen — mitunter auch die zweite — besteht überall aus
vereinzelten Hügeln, welche die tiefer gelegenen Landstriche umgeben
und so eine Art Becken bilden, dessen Mitte und flachere Gehänge
meist vorzüglich fruchtbar sind.
Von den Karäern zum Anbau vorgezogen. Diesen Landstrich haben
sich die Karäer zu ihrem Landbau ausersehen. Hier wächst der gesammte,
in diesen Provinzen gebaute Bergreis; ausserdem noch Baumwolle, Tabak,
Hanf und andere Pflanzen, welche die geringen Bedürfnisse dieses arbeit-
samen Volksstammes befriedigen.
Binnenbecken von Taunbiauu. Das beste Beispiel dieser Art Ober-
flächen-Bildung und in der That, die fruchtbarste Gegend des ganzen
Landes und der bestbebaute Fleck der südlichen Provinzen, ist das Becken
von Taunbiaun, welches hauptsächlich Areca- Nüsse, Betel -Stauden und
Durian-Früchte hervorbringt. Dies Gebiet ist in ungefähr 80 Parzellen
getheilt, deren jede von Einer Familie bewirtschaftet wird, und die ent-
fernteren Gehänge sind von Karäern besetzt. Die Ansicht dieses grossen
Binnenbeckens von den umgebenden Bergen herab ist angenehm und
lieblich, so sehr es ein bebautes Land in Tropengegenden überhaupt
sein kann.
7. Gras- oder Weideboden. In den nördlichen Gegenden zwischen Am-
herst und Tavoy. Ein Strich Landes zwischen Ye und Tavoy und ein
anderer weit ausgedehnter, zwischen Ye und Lamain und NO.wärts des
letzteren Dorfes, besteht aus einer Anzahl auf einanderfolgender Hügel,
meist von altem rothen, stark eisenschüssigen Sandstein. Hier hört der
kräftige Baumwuchs auf; die kleineren kriechenden und kletternden Ge-
wächse nehmen an Zahl ab. An ihre Stelle tritt überall, wo immer Wälder
gerodet oder ausgebrannt wurden, als Decke der Oberfläche ein dicker
Basen von zartem Gras. — In der südlichen Provinz Mergui kömmt
nichts Aehnliches vor; die durch das ganze Jahr gleichförmiger ver-
teilte Feuchtigkeit ist dem Gedeihen von Gefässpflanzen günstiger. In der
Provinz Ye, besonders gegen das Innere, zunächst dem Bezirke von
Lamain, wird das zarte Gras 12 bis 15 Fuss hoch; jeder Bestellung
auf Heu für das Militär-Kommissariat zu Madras könnte von dorther zu
billigen Preisen entsprochen werden. Mittels hydraulischer Pressen könnte
es Behufs leichterer Verschiffung in Ballen zusammengepresst werden.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 213
8. I'nfruchtbare Hügel. Ihre Beschaffenheit und Erzeugnisse. Ein Theil
der oben beschriebenen Landstriche entbehrt der Decke von Dammerde
und anderen fruchtbaren Zersetzungs-Produckten, und seine Oberfläche ist
nur mit Bruchstücken kieseliger Gesteine bedeckt. Dieser Boden bringt nur
zwerghaftes Bambusrohr und im Wachsthum gehemmte Bäume in vergleichs-
weise geringer Anzahl hervor. Vereinzelte Flecke dieser Art, mehrere (engl.)
Meilen lang, aber von geringer Breite, kommen zwischen Ye und Tavoy
und zwischen Pim-bio-ghee Pai und Palou — stets in der Nähe des
Meeres vor. Im Innern des Landes findet sich nichts Aehnliches.
Insel fflergui. Gegen Süden zu werden die Hügel dieser Art frucht-
barer, weil dort die Feuchtigkeit sich gleichförmiger über das ganze
Jahr vertheilt. Ein Theil der Insel Mergui, zunächst an der Stadt, besteht
aus einer Reihe solcher Hügel, welche übrigens das ganze Jahr hindurch
mit kurzem Basen, (meist binsenartige Pflanzen) bedeckt sind.
Eisenführende Hügel bei Tavoy. Die eisenführenden Hügel bei Tavoy ge-
hören gleichfalls hierher. Sie sind sehr trocken, dürr, und meist mit dor-
nigem Gestrüppe bewachsen.
9. Bambusrohr - Boden. Viele kleinere Hügel bestehen nicht aus
Sandstein, sondern aus Thonschiefer, auf dem sich durch Jahrhunderte
Dammerde angehäuft hat. Sie waren früher mit Wald bedeckt, der nun-
mehr so ziemlich allgemein dem Andringen des Bambusrohres gewichen ist.
Veränderungen der Örtlichkeiten nach Süden zu. Solche Ländereien breiten
sich weithin aus zwischen Yee und Tavoy, wo ich 2 Tage lang durch unun-
terbrochenen Bambuswald reiste. Sie nehmen am Attaran einen Raum
zwischen der zweiten und dritten Höhenreihe ein; gegen Süden nimmt
diese Art Bambusboden ab, der Bambus zieht sich dort mehr nach dem
Inneren und in höhere Horizonte zurück. In der Hochebene, in der die
Kohlenflötze aufsetzen, breiten sich Bambuswälder über weite Flächen aus.
10. Hohes Flachland. Dergleichen kömmt in der Provinz Amherst, welche
eine, gegen N. und 0. von einer langen Bergkette begrenzte Tiefebene ist,
gar nicht vor; eben so wrenig in der Provinz Ye, welche eine Anhäufung
von Bergen und Thälern ist und wo nur gegen das Meeresufer Ebenen
von geringer Höhe vorhanden sind.
Anfang in der Provinz Tavoy. Das hohe Flachland beginnt in der Pro-
vinz Tavoy bei Kalley Aung und wird zum Theil vom Tenasserim-Flusse
durchströmt. Die allgemeine Annahme eines hohen Bergrückens als Ost-
grenze der britischen Besitzungen, wie sie auf allen bekannten Karten
gezeichnet ist, beruht auf einem Irrthum. Die höchste Bergreihe in den
südl. Provinzen liegt 30 bis 40 (engl.) Meilen von der Küste ab, wenn
man dann gegen Osten abwärts steigt, gelangt man durch einen hügeligen
Landstrich zu einem Hochland, welches etwas über die vermeintliche
britische Grenze hinaus wagt oder in ein anderes, gegen 0. ansteigend,
Hügelland ausgeht. Vereinzelte Berggruppen erheben sich aus diesen Hoch-
ebene und sind an vielen Stellen von Thälern und Gründen durchschnit-
ten; in ihrer Gesammtheit aber stellt die Provinz Tenasserim ein hoch-
gelegenes Flachland dar. In diesem kommen Kohlenflötze vor, deren viele
bisher noch unbekannte dort in der Folge entdeckt werden dürften.
II. Bergland. Ausser der Provinz Amherst mögen alle übrigen für ein
Gebirgsland gelten.
Bergrücken. Drei von NNW. nach SSO. parallel streichende Bergrücken
geben dem Lande seine eigenthümliche Physiognomie.
214 Dr. Johann Wilhelm Uelfer's
Deren Höhe. Ihre Höhe wechselt in der innersten von 3000 bis 4500
(engl.) Fuss; die nächste am Meeresufer erhebt sich kaum irgendwo über
500 Fuss. Am südlichen Ende nimmt die Höhe der Berge ab. Diese Haupt-
rücken bedingen und bezeichnen die oben angeführten Abtheilungen des Landes.
Höchste vereinzelte Berge. Unter den vereinzelten Bergen sind der
Zadee und der Nor-bos-lay-town , zwischen Tavoy und Ye, die hervor-
ragendsten; der Dzay-town, 30 (engl.) Meilen östlich von Ye, ist unter
allen der berühmteste, geheiligteste und geheimnissvolleste.
Am höchsten ist der Bergrücken der dem Palouk-Flusse paralell zwischen
Tavoy und Mergui streicht, nirgends aber — so weit ich mir darüber
Gewissheit verschaffen konnte — erhebt er sich über 5000 Fuss. Die
„Elephantenschweif-Berge," an der NO. Grenze der Provinz Amherst er-
reichen eine weit beträchtlichere Höhe. Der höchste Gebirgsstock liegt jen-
seits dem britischen Gebiet, in der Breite der „drei Pagoden."
Erhabene Landschaft. Einen der schönsten Anblicke deren ich mich je
erfreute , genoss ich bei meinem Besuche jenes berühmten Engpasses. Es
ist diess eine Hochebene, aus der wieder sich eine Anzahl Bergrücken
erlieben. Ich bestieg einen einzelnen Kalkfelsen, nördlich von den 3 Stein-
haufen, welche die ehemalige Lage der „drei Pagoden" bezeichnen. Die
Aussicht von dieser Stelle bot zwar weder schneebedeckte Gipfel, noch
Gletscher dar, war aber in vieler Hinsicht grossartiger als die der
Schweiz, der Apenninen oder der Alpen des Jura. Der Anblick war un-
begränzt; in aufeinander folgenden Linien erhob sich, in stets gleicher
Bichtung, ein Bergrücken hinter dem andern; auf dem Siamesischen Ge-
biete zählte ich 8 verschiedene Bergketten, entweder in ununterbrochenen
Beihen oder in gebrochenen wunderlich gestalteten Anhäufungen von Kalk-
spitzen und Kegeln; ein Amphitheater von 60 (engl.) Meilen in der
Breite. Den Gesichtskreis begränzten die schwachen Umrisse einer etwa
11,000 (engl.) Fuss hohen Kette, jenseits welcher ich mir das Thal des
grossen geheimnissvollen Menam-FIusses dachte.
111. Flüsse und ihre geographische Vertheilung.
Eintheilnng in Flnssgebiete. Innerhalb des von mir bereisten Landstriches
sind vier Flussgebiete:
1) das der gegen die grosse Ebene der Provinz Amherst gerich-
teten Flüsse,
2) das der Flüsse, welche sich, ohne vorhergegangene Vereinigung
unmittelbar in die Bucht von Bengalen ergiessen (nähmlich getrennte
Flussgebiete),
3) das Gebiet der Flüsse, welche die Hiuza-Bucht bilden,
4) das der Flüsse, welche jenseits des grossen Bergrückens inner-
halb der britischen Gebiete entspringen.
1. Elussgebiet. Der Ataran. lauf des Ataran. Der Attaran ist der einzige
bedeutende Fluss, welcher in der Bichtung von SO. nach NW. verlaufend
sich vor Moulmaiu in das, durch den Zusammenfluss des Salween, des
Gyne und des Attaran gebildete grosse Süsswasser-Becken ergiesst.
Er nimmt die Benennung „Zamie-Khianng" an. Der Attaran ist ein tiefer,
aber schmaler Fluss, 40 (engl.) Meilen ober Moulmain für grössere Fahr-
zeuge schiffbar. Weiter stromaufwärts gabelt er sich in 2 Aeste, deren
grösserer „Zamie-Khiaung" genannt wird, und noch 40 (engl.) Meilen
gedruckte und ungednirktc Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 215
stromaufwärts schiffbar bleibt; doch wird die Bergfahrt durch die starke
Strömung erschwert.
Selten über Nat-Khiaung hinaus befahren. Ausser von den Holzschlägern
in den Teak-Wäldern wird dieser Arm selten von irgend jemand ober-
halb Nat-Khiaung befahren; das beste Teak-Holz wird auf dem oberen
Attaran und dessen Nebenflüssen oberhalb Nat-Khiaung herabgeflösst. Der
Fluss theilt sich weiter hinauf in mehrere Arme, die ich einen nach
dem andern untersuchte, ohne jedoch den Lauf jedes einzelnen besonders
zu verfolgen. Fünf Flüsse, jeder 30 bis 40 Yards breit, aber seicht und
leicht zu durchschreiten, kommen von den Bergen herab und bilden ver-
eint den Zamie- Khiaung.
Verschiedene Benennung. Jeder dieser o Flüsse hat seinen besonderen
Nahmen, diese sind jedoch wandelbar und werden im gewöhnlichen Le-
ben oft unter einander verwechselt; meist werden sie als „oberer, unterer,
höherer, lter, 2ter und letzter Zamie -Khiaung bezeichnet. Der „Mikeli-
Khiaung" benannte Arm ist an 60 Yards breit und sehr reissend; er
gilt für den Ursprung des Attaran, fliesst durch den Engpass der drei
Pagoden und ist bis zum Fusse dieses Passes für Canoes fahrbar.
Seine Quelle. Man hat den Lauf des Attaran bisher immer zu kurz
angegeben. Die meisten Karten bezeichnen seine Quelle zunächst den „drei
Pagoden" innerhalb des britischen Gebietes; sie muss indess wenigstens
20 — 30 (engl.) Meilen weiter nach Osten in Siam und in geringer Ent-
fernung vom geographischen Flussgebiete des Menam liegen. Als ich den
höchsten Berg in der Nähe der „drei Pagoden" bestieg, sah ich deutlich
das Thal eines der Nebenflüsse des Attaran, bis in einer Entfernung von
einigen 20 (engl.) Meilen.
Ausdehnung des britischen Gebietes, nach den Flussgebieten beurthcilt.
Nimmt man den Ursprung der, in die Bucht von Bengalen ausmündenden
Flüsse als Grenzscheide zwischen dem britischen und siamesischen Gebiet
an, so muss sich — aller Wahrscheinlichkeit nach — ersteres um 30
bis 40 engl. Meilen weiter nach Osten erstrecken. Dies ist indess eine
Frage, welche wohl erst nach Verlauf mehrerer Menschenalter zur Sprache
kommen dürfte. Gegenwärtig ist dieses sub-alpine Gebiet gänzlich unbe-
wohnt, und wird von Niemanden beansprucht, so dass noch, für eine
lange Zeit hinaus, die Grenzen nach Osten und Westen ziemlich unbestimmt
bleiben dürften.
2. Flussgebiet, a) der Yee-Flnss. Das eben erwähnte sub-alpine Land ost-
wärts von den „drei Pagoden" und einige 60 (engl.) Meilen südwärts rei-
chend ist augenscheinlich die höchste Gebirgsgruppe.
Die Quellen der bedeutendsten Flüsse in einem gemeinsamen Gebirgs-
stocke. Von diesen Voralpen strömen 4 bedeutende, sich in die Bucht
von Bengalen ergiessende Flüsse herab; zwei davon zum zweitem Gebiete
(vom Attaran war bereits die Bede), der vierte dem Binnenlande von Te-
nasserim zugehörig.
Die Quelle des Ye- Flusses liegt nicht weit von der des Attaran,
und gleichfalls jenseits der angenommenen britischen Grenze. Er nimmt
seine meisten Zuflüsse nord- u. ostwärts von Ye auf, wenige nur von Süden her;
sein Lauf ist vergleichsweise kurz und er ist nur bei hoher Fluth schiffbar.
b) Der Tavoy-Fluss. Der Tavoy-Fluss fliesst eine Zeitlang, in seinem
eigenen engen Thale, von NNO. nach SSW. von den beiderseitigen Berg-
gehängen Zuflüsse aufnehmend.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. P
216 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Verlauf. Der obere Theil seines Laufs hat viele Hindernisse; bis
auf 30 (engl.) Meilen oberhalb der Einwirkung von Ebbe und Fluth ist
er für grosse Boote schiffbar. Bei Tavoy ist er 300 — 400 Yards breit
und trägt Schiffe von 200 Tonnen. Unterhalb Tavoy breitet er sieh
schnell aus und ist an seiner Mündung bei der Landspitze von Tavoy
mehrere (engl.) Meilen breit.
c) Flüsse im Süden. Zahlreich sind die Flüsse im Süden von Tavoy,
wenige davon aber sind bedeutend und keiner kömmt von einer weitern
Entfernung als 50 (engl.) Meilen. Folgende münden in den untern Lauf des
Tavoy-Flusses ein.
^ambaloo. Dieser verfolgt einen sehr gewundenen Lauf durch
die angeschwemmte Ebene bei Tavoy und vermehrt alljährlich die Frucht-
barkeit der Reisfelder durch die Absätze, welche er nach seinem Aus-
treten und darauf folgenden Fallen zurücklässt.
Taunbiauk. Dieser entspringt in den Kiauk-town- Gebirgsstocke und
durchströmt das fruchtbare Thal von Taunbiauk. Er entsteht aus der Ver-
einigung zahlreicher Gebirgsbäche, als des Pioo-Khiaung, Pai-kay-Khiaung,
Wun-Khioun, Ja-nee, Man-than-Khiaung, Kjauk-taung, Wa und anderer.
Bedeutung des Taanbiank. An seiner Mündung ist der Taunbiauk
etwa eine halbe (engl.) Meile breit und bei steigender Fluth durch das
ganze gleichnamige Thal schiffbar. Die Einwohner dieses Gebietes ge-
messen dadurch den wichtigen Vortheil, alle ihre Erzeugnisse in den
Tavoy-Fluss, und von diesem auf den Markt von Tavoy bringen zu können.
Andere Flüsse. Zwischen dem Tavoy und dem Taunbiauk durch-
schneiden noch mehrere andere Flüsse von 100, 200 und 300 Yards
Breite, die angeschwemmte Ebene, alle mit ausgedehnten Schlammbänken,
welche ihnen bei seichtem Wasserstande ein sehr widriges Ansehen geben.
Ueber alle führen hölzerne Brücken, meistens in schlechtem Zustande.
Diess macht das Reisen zu Land mit Lastthieren höchst schwierig und
gefährlich, da man diese nicht über verfallene Brücken führen kann.
Seltenheit der Reisen zu Land. Für jetzt sind indess Brücken nicht
sehr nöthig, da nur Wenige auf grössere Entfernungen zu Land sondern
stets in Booten längs der Meeresküste reisen. — Uebrigens liegen alle
Dörfer an Flüssen und die Bewohner zweier, in gerader Linie kaum 2
(engl.) Meilen von einander liegend, unterhalten ihren wechselseitigen
Verkehr durch Boote und machen lieber so einen Umweg von 20 (engl.)
Meilen, als dass sie den viel kürzeren Fussweg benützten. Auf gleiche
Weise geschieht die Weiterschaffung aller Erzeugnisse. Im Ganzen sind
9 Flüsse zwischen dem Tavoy und dem Taunbiauk; die beträchlichsten
darunter sind der Tha-pin-Khiaung und der Pjow-Khiaung.
Flüsse südlich Toni Taanbiank. Zwischen dem Taunbiauk und dem
Palou-Khiaung sind weniger Flüsse, sie sind aber bedeutender und
meist 35 (engl.) Meilen landeinwärts für Kähne fahrbar. Diese Flüsse
sind: der Thanjeen-Khiaung, der Pai-Khiaung, der Wado-Khiaung, der
Pa-louk-Khiaung, der Pjee-kja-Khiaung und der Palou-Khiaung. Die 3 letz-
teren sind die bedeutendsten. Die Zahl und Grösse der Flüsse zwischen Palou
und Mergui kenne ich nicht, da ich diese Gegend nicht bereisete, son-
dern mich landeinwärts wendete, um den grossen Tenasserim aufzusuchen.
Indess hat man mir berichtet, dass nördlich von Mergui einige ziemlich
bedeutende Ströme vorhanden sind,
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira-Provinzen etc. 217
3. Flassgebiet. Die Flüsse des Hinzai- Beckens. Das Becken >on Hinzai.
Ein merkwürdiges Gebiet liegt zwischen Ye und Tavoy. Das Land dacht
sich von allen Seiten gegen einen Mittelpunct ab , in Gestalt des halben
Umkreises eines grossen Kegels in dessen tiefern Theil ein Becken von
süssem Wasser enthalten ist, dass durch einen engen Ausgang in das
Meer abfliesst.
Sicherer Hafen. Diess ist die Hinzai-Bucht („cove"), einer der sichersten
und schönsten Häfen der ganzen Küste, vorausgesetzt, dass (worüber ich
keine Gewissheit zu erlangen vermochte) keine Barre seinen Eingang
versperrt. Er ist an 15 (engl.) Meilen lang und 6 — 8 Meilen breit und
von allen Seiten — bis auf einen, eine balbe (engl.) Meile weiten Ein-
gang — mit festem Land umgeben. Die umliegende Gegend ist gänzlich
unbewohnt; nur wenige Leute kommen zeitweise von Tavoy hieher, um
Schildkröten - Eier aufzusuchen und verweilen an den sandigen, mit Ca-
suarina-Bäumen bewachsenen Gestaden, wo sich die Schildkröten besonders
gern aufhalten.
Bisher anbekannt. Diese Bucht ist bisher den Europäern unbekannt
geblieben; die Küste wurde nur von der Seeseite aufgenommen und der
Eingang wurde wahrscheinlich für die Mündung eines der vielen Flüsse
angesehen, da hohe Hügel die Ansicht der innern Bucht verhindern.
Flüsse, welche dieses Becken bilden helfen. Sämmtliche, von den
westlichsten Gebirgszügen herabkommende Wasserläufe zwischen Ye und
Tavoy, fliessen in diesem Becken zusammen. Die einzigen Ansnahmen sind
der Hangan- Bach, der sich mit dem Ye-Flusse vereinigt, und der Zadi-
Fluss, der sich unmittelbar in das Meer ergiesst. Im ganzen fliessen 18
grössere und kleinere Bäche in das Hinzai-Becken zusammen; diese sind:
Podin-khiaung, Muin-daing-hia-khiaung, Da-inkhiaung, Ma-gna-khiaung, Ka-
nyai, Nat-khi-dzjn-khiaung, (welche alle, vor ihren Einlauf in das Becken
sich zum Majan-khiaung vereinigen), der Paun-dain-khiaung, der Mai-khiaung
Tzee-goun-khiaung, Nan-ta-zoak-kiaung, Pa-dain-khiaung, Tzheen-tzuch-khi-
aung, Kha-lo (welche alle von Norden oder von Osten herkommen), endlich
Myn-tha-khiaung,Tzeen-phan, Tsham-zaun-khiaung, Aim-dia-zua-khiaung und
Kbe-phe-rouk-khiaung, welche vom West oder SW. kommen. Der Kopherouk-
khiaung ist unter Allen der beträchlichste.
4. Flassgebiet. — Flüsse, welche sich mit dem Tenasserim vereinigen
— Der Tenasserim -Fluss. Dieser Fluss ist der bedeutendstete in den
Süd-Provinzen; sein Lauf ist zugleich der längste aller Flüsse in den
britischen Besitzungen längst der Küste. Ungeachtet seiner Wichtigkeit ist
er aber weniger bekannt, als irgend ein anderer und die schiffbare
Strecke seines Laufes ist noch von keinem Europäer besucht worden.
Beginnender Anban an dessen nnterm Theile. Diese scheinbare Ver-
nachlässigung rührt daher, dass der Tenasserim durch fasst 300 (engl.)
Meilen, ein vormals ganz unbetretenes, bergiges Binnenland durchströmt.
Seit der britischen Besetzung haben Karäer, Siamesen und Burmesen die
Bebaung des unteren, ausnehmend fruchtbaren Theiles begonnen. Ausser
der Stelle, wo die alte Stadt Tenasserim stand und der neuen Ansiedlung
Metamio, liegt eigentlich kein einziges Dorf längs des ganzen Laufes des
Tenasserim - — Mergui selbst liegt an dem Ausfluss eines seiner Arme.
Ich hatte Gelegenheit, den höheren Lauf des Tenasserim, bis 150 (engl.)
Meilen vom Meere stromaufwärts zu untersuchen und auch 100 (engl.)
Meilen längs des kleinen Tenasserim stromaufwärts zu gelangen ; letzterer
218 Dr. Johann Wilhelm Helfer'a
ist ein grosser Strom, der sich an der Stelle, wo das alte Tenasserim
lag, mit Ersterem vereinigt.
Flüsse, welche den Tenasserim bilden. Der Tenasserim selbst entsteht
aus der Vereinigung des Bain-Khiaung und des Kamaun-Beagh-Khiaung
bei Metamio, einer, vor vier Jahren von den amerikanischen Baptisten
Missionaren gegründeten Ansiedlung von christlichen Karäern, da wo einst
eine alte ummauerte Siamesische Stadt — der Sage nach, die Haupt-
stadt eines selbsständigen Staates — sich erhob.
a) Bain-khiaung. Irsprung desselben. Die Quelle des Bain-khiaung liegt unter
13° 31' N. Breite, innerhalb einer der hohen Bergzüge, welche das
Land von NNW. nach SSO. durchstreichen. Er nimmt 16 Bergstöme auf
(beständig von S. nach NNW. fliessend), bevor er bei Metamio (14°
11' N. Breite) sich mit einem andern Strom, dem fast gerade von Nor-
den kommenden Kamaung-thueg-Khiaung, zum obern Tenasserim vereinigt.
Oberhalb Metamio ist der Bain-Khiaung bei niederem Wasserstand an
55 Yards breit.
Nebenbäche des Bain-Khiaung. In den Bain-Khiaung ergiessen sich
folgende Bäche (die vorgesezten Zahlen bedeuten die Ordnung, in der
sie, vom Ursprung an gerechnet, aufeinanderfolgen) :
Linkes Ufer. Rechtes Ufer.
1) Laka-phioo-Khiaung. 3) Khiauk-town-Khiaung.
2) Ye-poo „ 5) Tha-pl-pho „
4) Tha-pioo „ 7) Jance „
6) Mounai-too „ 11) Haing-Kamait „
8) Zheen-zuay „ 12) Ye-poo-tha „
9) Khiauk-po „ 14) Ja-nee „
10) Pya
13) Taung-to „
15) Gna-zuoy „
16) Tida „
b) Der Eauiaung-Thueg-khiaung. Vermeintlicher Ursprung. Dieser Strom
ist noch nie bis zu seinem Ursprünge verfolgt worden; diesen vermuthet
man gegen Korden, nicht ferne von dem hohen Gebirgsstock, aus dem,
unter dem Parallelkreise von Ye, die Ströme Attaran, Ye und Tavoy ent-
springen. Eingeborne (Karäer) versichern, sein Lauf sei dem des Tavoy
parallel und beide Ströme seien nur durch eine massig hohe Bergreihe
von einander geschieden. Ich gelangte, von Metamio aus, 20 (Engl.) M.
stromaufwärts, und fand ihn bei niedern Wasserstand unbedeutend, seicht,
kaum für Boote fahrbar, zur Zeit des Monsoon aber sehr ausgebreitet.
Gegend des Zusammentreffens beider Flüsse. Die Gegend, in welcher
sich beide Flüsse zum obern Tenasserim vereinigen, ist bergig; der Fluss
ist dort zwischen steilen Ufern und Hügeln von massiger Höhe einge-
schlossen; sein Bett ist eine Reihenfolge von Klippen und Stromschnellen.
Auch in der trockenen Jahreszeit ist er dort wasserreich; für jetzt aber
doch nur mit vieler Schwierigkeit schiffbar. Man weiss von Karäern, die
ihn seiner ganzen Länge nach auf Flössen zu Thal befahren haben und
nach einer 20tägigen Beise, zu Mergui eingetroffen sind.
Nebenflüsse. Man weiss nichts von den Zuflüssen, die der Tenasserim
in seinem Lauf aufnimmt; wahrscheinlich aber sind sie von geringem
Belang, denn 60 (engl.) Meil. tiefer (13° 12' NBr.), wohin ich von Mer-
gui aus vordrang, bemerkte ich kaum eine Zunahme der Wassermenge.
gedruckte and ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 210
In den 35 ersten (engl.) Meilen v. Metamio abwärts, geht der Lauf na-
hezu beständig nach 0. dann unmittelbar nach S. bis zur Vereinigung
mit dem kleinen Tenasserim (12° 5' NBr. von wo aus er, 41 (engl.)
Meilen weit, bis zu seiner Ausmündung in das Meer, nach NW. fliesst
Der kleine Tenasserim. Ursprung. Dieser Strom kömmt gerade von
SO. Bei dem Dorfe Tenasserim ist er 118 Yards breit; ich habe seinen
Lauf durch ungefähr 116 (engl.) Meilen nahezu bis an seinen Ursprung
verfolgt. — Die von Mr. Hutchinson (Madras Artillerie) in grossem
Maasstabe aufgenommene Karte gibt einen genauen Abriss dieses Stromes.
Diese Karte habe ich meinen Bericht über Steinkohlen beigeschlossen;
eine Beschreibung derselben wäre mithin überflüssig.
Aufnahme der Ausmündungen. Bald werden die Ausmündungen des Tenas-
serim-Flusses in Folge der gegenwärtig vor sich gehenden Aufnahms-Arbeiten
des Capt. Lloyd (General-Vermesser der Ostindischen Kompagnie) voll-
ständig bekannt werden, mithin werden weitere Bemerkungen darüber hier
überflüssig.
Künftige Wichtigkeit Im Lauf der Zeit wird der Tenasserim, unter allen
Strömen der Provinzen, die grösste Bedeutung erlangen, und zwar aus
folgenden Gründen :
a) Kinn -Erze. Sein oberer Lauf — besonders um Metamio — ist
reich an Zinn-Erzen, welche ein Gegenstand der Ausfuhr werden müssen,
da deren Transport auf der längeren Wasserstrasse bis Mergui sich wohl-
feiler heraus stellen wird, als der zu Lande, über hohes Gebirge und
durch schwierige Engpässe , nach Tavoy.
b) Gold. Die unteren Nebenflüsse führen Gold. Wenn der Gewinn
der Goldwäscherei auch zweifelhaft erscheint, so werden sich doch manche
schon allein durch die Gegenwart des Goldes in diese Gegenden ziehen lassen.
c.) Japan -Holz. Innerhalb des britischen Gebietes ist der Tenasserim
der einzige Fluss, an dessen Ufern Wälder von Japan-Holz vorkommen. Dieses
werthvolle Farbholz wächst ursprünglich nur auf einem beschränkten Land-
striche, zwischen 13° 30' und 14° 4' NBr. Der Grund dieser örtlichen
Beschränkung fällt nicht einleuchtend da die Beschaffenheit des Landstriches
von Metamio bis zum Ye-Khiaung — wo er ebener wird, — sich ziemlich
gleich bleibt. Nebst dem einsam wandernden, mit diesen unbewohnten Ufern
wohl bekannten Karäer, gelangen nur die Holzschläger so weit stromauf-
wärts und auch diese nur vom Juni bis zum September, wenn sie das
Holz auf Flössen herabbringen. Ein besseres Verfahren beim Fällen des
Japan-Holzes und bei dessen Anbau an Stellen, wo es früher vorkam und
nunmehr nahezu vertilgt ist, würde dem Tenasserim eine viel grössere Wich-
tigkeit verleihen.
d) Vorzügliches Werkholz. Das höchste und beste Werkholz wächst
längs der ganzen Ufer des Tenasserim. Wenn einst der Werth dieses Hol-
zes richtig erkannt ist, wird man naturgemäss die Stellen aufsuchen, von
denen aus die Weiterbeförderung am leichtesten geschehen kann und der
lange Lauf des Tenasserim wird, gleich von vorne herein unerschöpfliche
Bezugsquellen bieten.
e) Fruchtbarkeit der Vier. Die Fruchtbarkeit der beiderseitigen Ufer
des kleinen Tenasserim, zwischen dem Yee-poo-Khiaung und der alten Stadt
Tenasserim gibt diesem Landstriche eine Bedeutung für Jene, welche sich
auf Unternehmungen im Fache des Landbaues einlassen wollen; bei den
Burmesen und Karäern selbst gilt er — mit Ausnahme des Taunbiaun-
220 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Thaies für den fruchtbarsten Boden der ganzen Provinz. Dennoch wurde er
ganz aufgegeben. Vor der britischen Besitznahme wagte Niemand sich dort
ansässig zu machen, aus Furcht nicht nur den Lohn seiner Arbeit zu ver-
lieren, sondern auch von den Siamesen aufgefangen und in die Knechtschaft
verkauft zu werden.
Neuerlich — besonders seit 4 bis 6 Jahren — werden nach und nach
weite Strecken gerodet, nicht nur von den Karäern, die hier als Vortrab
menschlicher Unternehmungen auftreten, oder von den eingebornen Burmesen
sondern auch von den Siamesischen Einwanderern, welche sich sämmtlich
in diesem Landstriche niederlassen, und von einigen unternehmenden Chinesen,
welche so weit vorgedrungen sind und den Feldbau noch vorteilhafter finden
als den gewinnreichen Handel, denn sie bisher fast als Monopol an der See-
küste betrieben.
f.) Einfluss der Steinkohle. Endlich kann die an den Ufern eines
Nebenflusses des Tenasserim erschürfte Steinkohle nicht ohne Wirkung auf
den tiefern Lauf des Flusses zwischen Tenasserim und Mergui bleiben ;
fast undurchdringliche Wälder werden zu Stätten menschlichen Fleisses
werden. Die Anzahl der Menschen, welche die Weiterförderung der Kohle
beschäftigen wird, die Menge der für sie erforderlichen Lebensmittel , und
vielleicht die Eröffnung einer bedeutenden Handelsverbindung mit Siam, werden
diese Veränderung bewerkstelligen. Es scheint demnach als sollte der Tenas-
serim — bisher der vernachlässigteste und unbekannteste der grossen
Flüsse, — im Lauf der Zeit zum bestgekannten, bestgebauten und ergie-
bigsten Theil der südlichen Provinzen werden.
Flassgebiet südlich von Mergui. Noch ist ein anderes Flussgebiet zu er-
wähnen, nämlich das der Ströme, welche zwischen Mergui und dem St. Ma-
thias-Flusse, der äussersten Südgränze der Provinzen, in das Meer aus-
münden, über die ich indess keine weitere Auskunft geben kann, da ich
diesen Theil des Landes noch nicht bereiset habe.
IV. Geologische Bemerkungen.
Geologische Theorien. Die Mehrzahl der jetzigen Geologen erkennt
folgende Thatsachen in der Geschichte der Erde an:
a) Dass lange Zeiträume relativer Buhe mit Perioden aussergewöhnlich
heftiger Umwälzungen, in deren Laufe sich zahlreiche Bergketten bildeten,
abgewechselt haben;
b) dass alle, durch eine und dieselbe dieser Umwälzungen gebildete
Ketten — selbst in weit von einander entfernten Gegenden — eine gleiche
Bichtung haben, und wechselseitig parallel streichen ;
c) dass die plötzliche Emporhebung grosser Gebirgsmassen, das
Wasser in gewaltige Bewegung setzen musten, durch welche ein Theil
des Festlandes zerrissen wurde und Inselgruppen (Archipele) entstanden.
Streichen der Gebirgszüge. Der Landstrich von 17 Grad bis 11 Grad
N. Br. ; welchen ich bereiste, zeigt die merkwürdige Erscheinung, dass
nahezu alle seine grösseren Bergzüge übereinstimmend von N. 10 W.
nach S 50 0. streichen, d. h. in der allgemeinen Längsrichtung der
Halbinsel, wie sie auf den gewöhnlichen Karten angegeben ist. — Diese
Gebirge bilden langgestreckte, oft unterbrochene Züge, von verschiedener
Höhe, mitunter in doppelter, dreifacher — auch vierfacher Beihe mit
dazwischen liegenden Thälern und Hochflächen.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira-Provinzen etc. 221
Deren geologische Bildung. Die meisten — vielleicht alle — dieser
Bergzüge gehören einer und derselben geologischen Periode an. Sie be-
stehen aus Ur- oder Uebergangs-Gesteinen, vorzüglich Gneiss, Glimmer-
schiefer und Amphibolschiefer, bis etwa zum 1 4. Grad N. Br. ; dann
nehmen sie eine gegliederte und schiefrige Structur an oder gleichen
mächtigen geschichteten Ablagerungen, der Uebergangs-Grauwacke ent-
weder in mächtigen Lagen der ältesten petrefactensickernden Gruppe oder
allmälig in schiefriges Gestein übergehend.
Archipel von Mergui. Von dem geologischen Bau der Meeresküste
und der Inseln weiss ich gar nichts, da ich zu meinem Bedauern —
Beide nicht bereisen konnte. — Der Archipel von Mergui, mit seinen
ungefähr 2000 Inseln bietet einen der schönsten Anblicke, die man sich
nur denken kann und wird — wie ich denke — nur von dem Archipel
von Korea an Mannigfaltigkeit übertroffen. Nahezu alle Inseln sind unbe-
wohnt und alle — mit Ausnahme einiger vereinzelter Felsen mit hoch-
stämmigen Bäumen bewachsen. Eine Untersuchung dieses ganz unbekannten
Labyrinths wäre anziehend und es wäre wichtig zu bestimmen, ob diese
Inseln während einer der grossen Umwälzungen aus der Meerestiefe em-
porgehoben worden oder ob sie die verstreuten Ueberbleibsel eines vor-
maligen Festlandes sind.
Vulkanische Thätigkeit. Dass vulkanische Kräfte diesen Landstrich in
neuerer Zeit mehr als einmal erschüttert haben mögen, beweiset die Nähe
jenes mächtigen vulkanischen Gürtels der Molukken- und Sunda-Inseln,
welcher irgendwo im N. der Philippinen (vielleicht in der Breite der
Aleuten) beginnt, über Gilolo, Boolo, Ceram und Banda herabläuft, einen
Zweig nach Neu-Guinea absendet und über Flores sich mit dem Haupt-
stock bei Sumbava vereinigt, endlich von dort durch Java und Sumatra
bis zur Bucht von Bengalen zieht und sich augenscheinlich in Barren
Island verliert, wo ein beständig brennender Vulkan — gleichsam ein
drohender Vorposten — in der Breite von Mergui, und kaum 5 Grad
westlich von dieser Stadt liegt. Vielleicht zieht sich auch dieser Gürtel
— wie der sei. M. Foley gezeigt hat — nach Arracan und von dort
bis nach Assam hinauf. Es lässt sich nicht denken, dass dieser unge-
heure vulkanische Gürtel ohne unmittelbare Einwirkung auf die Tenasserim-
Provinzen bleiben konnte. In diesen habe ich nirgends neue pluto-
nische Gebilde wahrgenommen, noch hab' ich dort von Erdbeben und
deren Verwüstungen gehört; wodurch indess noch kein Gegenbeweis be-
gründet ist. Erst der kleinste Theil des Landes ist geologisch untersucht,
der grösste Theil unbewohnt, die Bewohner haben keine schriftlichen
Aufzeichnungen bewahrt; ja selbst mündliche Ueberlieferungen reichen
selten über drei Menschenalter hinaus.
Heisse Quellen. Die stetige vulkanische Wirkung scheint sich indess
mittelbar in dem Bestehen zahlreicher heisser Quellen in dem ganzen
Lande zu bethätigen. Ich kenne 18 Stellen, an welchen Thermen vor-
kommen. Die bedeutendsten sind die am Attaran, jene bei Pay, bei Me-
tamio an dem obern, und am Ye-pu-Khiaung am untern Tenasserim.
— Auch über das übrige Land sind solche Quellen vertheilt. Oft, wenn
ich auf meinen Landreisen kleine Bäche durchwatete, weil keine bessere
Strasse vorhanden war, riefen die barfussgehenden Eingebornen plötzlich
aus; das Wasser wäre heiss. An solchen Stellen drangen kleine heisse
Quellen aus dem Gestein und machten das kalte Wasser des Baches auf
222 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
einige Entfernung hin lau, bis es wieder seine gewöhnliche Temperatur
annahm.
Heisse Quellen am Attaran. Intersuchung der heissen Quellen am Attaran.
Es sind 10 heisse Quellen oder eigentlich Teiche vorhanden, von denen ich
nur die nächsten untersuchen konnte, da die andern nur durch tiefes
Wasser von 130° F. zugänglich waren. Eine dieser Quellen war ein
halbrunder Teich von nahe 50 Fuss im Umfange, an einer Stelle 35 Fuss
tief; indess konnte ich die Tiefe nur rings um die Ränder abmessen. Das
Wasser war ganz ruhig, ausser an ein paar Stellen, wo es leicht auf-
wallte; Stücke von kieselerdigen Krusten, mit Conferven und Tremellen
gemengt, schwammen auf der Oberfläche. Die Temperatur des Wassers
war 146° F. und die der Luft 97,/2° F.; dennoch waren die Ufer mit
reicher Vegetation bedeckt und eine Art Fiats stand jedes Jahr mit
seinen Wurzeln im Wasser. Dass aber Fische im Wasser gefunden wurden,
scheint ins Gebiet der Fabeln zu gehören.
Entwicklung von Kohlensäure-Gas. Der Boden rings um die Quellen
ist stark eisenhaltig und das, über den okerigen Schlamm fliessende
Wasser hat einen deutlich zusammenziehenden Geschmack. Die Temperatur
des schlammigen Grundes war, */4 (engl.) Meile von den Quellen entfernt,
10° höher als die des übrigen Bodens und nahe an den Quellen so
heiss, dass die barfüssigen Coolies sie kaum ertragen konnten. Die Menge
Kohlensäure, welche die Quellen entwickeln, scheint (ungeachtet der über-
mässigen Hitze) den Pflanzen besonders reiche Nahrung zuzuführen, daher
denn auch, je mehr man sich den Quellen nähert, die Vegetation bis
zur Undurchdringlichkeit mächtig wird. Die heissen Quellen am Attaran
sind die einzigen, die mir in einer ganz ebenen Fläche vorgekommen
sind; alle anderen die ich im Innern des Landes besuchte, lagen an den
Abhängen der Binnenland-Becken, in bergigeren Gegenden oder an den
Ufern von Bergströmen und Bächen.
Chemische Zusammensetzung. Diese war bei allen, von mir untersuchten
Quellen gleichförmig; alle sind schwach eisenhaltige Schwefelquellen,
ähnlich denen von Brighton. Die am Attaran nähern sich in ihrer Zu-
sammensetzung, am meisten den berühmten Quellen von Teplitz. Am meisten
unterscheiden sie sich noch durch die Anwesenheit oder den Mangel
schwefelsaurer Kalk- und Bittererde-Salze.
Theorie dieser heissen Quellen. Möge man die Wirkung der centralen
Erdwärme, oder chemische Vorgänge oder Electricität als Ursache vul-
kanischer Wärmeentwicklung annehmen, jedenfalls ist ihre Existenz durch
das Vorhandensein warmer Quellen erwiesen und die Erfahrung hat den
innigen Zusammenhang dieser Quellen mit vulkanischen Ausbrüchen und
Erdbeben (z. B. den des Sprudels von Karlsbad mit den Ausbrüchen des
Vesuv) über allen Zweifel erhoben. Wir sind mithin berechtigt, einen
innigen Zusammenhang der heissen Quellen dieses Landes mit dem grossen
vulkanischen Gebiete des indischen Archipels anzunehmen und in ihnen
entfernte Luftlöcher zu sehen, durch welche die beständig erzeugten und
veränderten gasartigen und festen Substanzen entweichen. Erdbeben sind
in diesen Gegenden unbekannt oder doch höchst selten. Dieser Umstand
beweiset indess nichts gegen das Vorhandensein oder die Nähe vulkanischer
Thätigkeit, welche sich nur dann als Ausbruch oder Erdbeben äussert,
wenn der Hitze oder den hochgespannten Gasen der Austritt verwehrt ist.
Wie viele noch unbekannte Luftlöcher für Austritt von Gasen mögen in
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 223
diesen Ländern vorhanden sein und wie viel mehrere noch in dem um-
gebenden Meere?
Inniger Zusammenhang heisser Quellen mit vulkanischer Thätigkeit. Die
Fortschritte der Geologie haben das reichliche Vorhandensein von Mineral-
quellen in vulkanischen Gegenden so ziemlich zur Gewissheit erhoben
und die Thermen scheinen ursprünglich Dampfsäulen zu sein, welche
sich, bevor sie zu Tage gelangen, heim Durchstreichen anderer mit kaltem
Wasser gefüllten Schichten, in tropfbare Form verdichteten. Solche Dampf-
säulen können indess nur da aufsteigen, wo bis zu einer gewissen Tiefe
unterirdische Wärme thätig ist, mithin nur im Gebiete vulkanischer Thätig-
keit. Die nördlichsten Thermen liegen bei Amherst unter 16° N. B. was
mir zu beweisen scheint, dass die in den benachbarten Molukken be-
kanntlich stets thätigen vulkanischen Kräfte sich über einen grossen
Theil der Tenasserim-Provinzen unterirdisch verbreiten.
Beuützung der Thermen. In einem gesitteten und dichter bevölker-
ten Lande würden diese Quellen Wichtigkeit erlangen und zahlreichen
Leidenden Hilfe bringen. Hier werden Jahrhunderte vergehen, bevor sie
irgendwie benützt werden, um so mehr als sie meist tief im Innern, an
verborgenen Stellen in dichten Wäldern, welche selten ein menschlicher
Fuss betritt, gelegen sind.
medizinische Wirkung. Diese Quellen würden ein kräftiges Mittel gegen
die vielen Hautleiden abgeben, welche unter den Eingebornen, besonders den
Karäern, gemein und eine wahrscheinliche Folge der Unreinlichkeit sind,
da sie beständig dieselbe Kleidung tragen, bis sie in Stücke zerfällt, ohne
sie je zu wechseln oder zu waschen. Auch für Leberleiden — die indess
viel seltener vorkommen, als im eigentlichen Hindostan — wären diese
Quellen besonders heilsam.
Die bedeutendsten bei Amherst. Vor allen andern dürften die
W^armquellen nächst Maulmain am Attaran, die Aufmerksamkeit auf sich
ziehen und fänden leicht eine vorteilhafte Verwendung, wenn Amherst
zum Erholungsort für Jene werden sollte, die ihre Gesundheit in Ost-
Indien eingebüsst haben. Sie wären nur 4 — 5 Stunden in gerader Linie
von der Stadt entfernt und eine Strasse dorthin liesse sich leicht an-
legen, so dass die Leidenden die ßadecur an Ort und Stelle gebrauchen
könnten.
Deren innerliche Wirkung. Es wäre der Mühe werth, ihre innerliche
Wirkung in grösserer Menge zu versuchen und es wäre vielleicht keine
übel berechnete Unternehmung, das Wasser in Flaschen zu ziehen und
es so nach Calcutta oder Madras zu führen, von wo es leicht zum Nutzen
der zahlreichen Leberkranken über das ganze Land verbreiten liesse.
Zunahme des Festlandes im grossen Maasstabe. Es wäre überflüssig, hier
die gewaltigen Ablagerungen an den Deltas der Flüsse überhaupt zu er-
wähnen; man weiss was fliessende Wasser, welche Tag für Tag ganze
Joche Erde mit sich führen, in der Bildung von angeschwemmten Boden
vermögen. In diesem Theil der Erde geht dieser Process in grossartigstem
Maasstabe vor sich. Die wachsenden Anschwemmungen an den Deltas des
Ganges, des Burhampooter, des Irrawaddy und des Maulmain sind fort-
währende Beweise dafür. — Auch kleinere Flüsse bilden sich ihre Deltas
ebenso gut als Ströme, welche das Material dazu Tausende von Meilen
weit herführen, und zwar solche kleine Flüsse, welche überall, ausser
224 Dr. Johann Wilhelm- Helfer's
in tropischen Gegenden, kaum in Jahrhunderten eine wahrnehmbare Verän-
derung ihrer Mündungen zeigen würden.
Marine Wälder, beim Zuwachse des Festlands thätig. Der Grund
dieser Vorgänge liegt in den marinen Wäldern, einer in gemässigten
Klimaten unbekannten und bisher von den Geologen noch nicht hinreichend
beachteten und gewürdigten Erscheinung. (Siehe „Natürliche Eintheilung
des Landes des Mangrove-Gürtel"). Eine eigentümliche natürliche Familie
von Bäumen und Sträuchen (wie wohl, ihrer Fructification nach, unter
verschiedene botanische Familien vertheilt) hält die Meeresgestade zunächst
an den Fluss-Delta's besetzt.
unterschied dieser Sträuche und Bäume von anderen Gewächsen. Sie
unterscheiden sich darin von allen übrigen Pflanzen, dass sie: a) nur in
brackischem Wasser (so weit vom Meerestand, dass das Salzwasser noch
ihren untern Theil zu erreichen vermag) wachsen; b) nicht gedeihen,
wenn sie nicht täglich vom Wasser überfluthet werden — c) durchgängig
dicke, saftige oder lederartige Blätter haben — d) immer grün bleiben
— e) zu Asche verbrannt anstatt der Pottasche, Soda geben — f) in
ihrer Rinde eine stark zusammenziehende Substanz enthalten — g) ihre
Wurzel anders gestaltet sind, als die der übrigen Pflanzen, oberhalb des
Bodens sich ausbreiten und theilweise nicht nach Abwärts, sondern
nach Aufwärts fort wachsen — h) in Stücke zerfallen, wenn man sie,
wie andere Pflanzen, für das Herbar trocknen will.
NB. Diese Gewächse sind zunächst dem Aequator am artenreichsten;
sie umgeben gleich einem Walle einen grossen Theil der Küste von
Sumatra und sind an der Küste von Tenasserim noch immer zahlreich,
ich selbst habe bis nun 17 Arten gesammelt. Bei Maulmain nimmt die
Zahl der Arten ab, nicht aber die der Individuen; die Sunderbunds bei
Calcutta sind viel ärmer an Arten.
Wie halten sie die Absätze fest? Diese eigentümlichen Gewächse
(einige davon 10 Zoll im Durchmesser haltend und mit Wurzeln, die
sich auf 40 bis 50 Schritte weit vom Stamme weg erstrecken, sind die
natürlichen und eigentlich besten Stützen des Festlandes an niederen
Stellen und der hauptsächlichste Anlass zur Anhäufung von neuen Land-
strichen längs dem Meere, indem sie zu Dickichten, für Menschen meist
undurchdringlich zusammenwachsen. Jede Art breitet ihre Wurzeln unter
eigenen Winkeln oder krummen Linien aus, so dass einige Fuss hoch
über den niedrigsten Wasserstand ein wahres Labyrinth von Löchern und
Durchgängen entsteht. Dieses Netzwerk hält den Lauf des Stromwassers
auf und dieses setzt den mitgeführten Schlamm in dessen Zwischenräumen
ab. Dieser täglich wiederkehrende Vorgang hat einen sehr reichlichen
Absatz zur Folge, welcher dag Festland vergrössert und so schnell ist
die Wirkung der Mangroves, dass die daraus entstandenen Veränderungen
bereits im Lauf eines einzigen Menschenalters sichtbar werden.
Wirkungen in nicht tropischen Klimaten. In anderen aussertropischen
Gegenden werden die Absätze der Flüsse in das Meer geführt und bilden
in engen Binnenmeeren (wie das Deutsche oder Baltische) ailmälig aus-
gebreitete Schlammbänke oder Untiefen, auch wohl Morastland und füllen
zuletzt die Mündungen der Flüsse vollständig aus. In tropischen Gegenden
hindern die marinen Wälder die Weiterführung der meisten festen
Theilchen und geben zugleich die beste Befestigung der neuen Absätze ab.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 225
Landvergrösserung durch deren Eingehen. Diese Bäume bilden nicht
nur Moräste und Sümpfe, sondern auch fester und fruchtbarer Boden
verdankt ihnen seine Entstehung. Alljährlich führt die Gewalt des Mon-
soon von den höheren Gegenden eine Menge vegetabiler und mineralischer
Trümmer herab, welche sich theilweise auf die ersten Schlammabsätze ab-
lagern. Je mehr lose Dammerde den Schlamm bedeckt, um so mehr
verliert er von seiner salzigen Beschaffenheit. Gewächse des trocknen
Landes gedeihen allmälig darauf, tragen selbst das Ihrige zur Vermehrung
der Dammerde bei und die Gestadebäume sterben in gleichem Masse aus.
Sie haben ihre Bestimmung erfüllt und ihre gefallenen Stämme, ihre
verwesten Wurzeln liefern den besten Beitrag zu dem Zweck, — für
welchen sie — wie es scheint — ausschliesslich geschaffen worden.
Geologischer Ban. Cr- und Uebergangs-Gesteine. Die höheren Berge von
Tenasserim gehören meist der Ur- oder Uebergangs- Epoche an; sie
bestehen aus Grauwacken-Gesteinen, älteren versteinerungslosen geschich-
teten oder (seltener) ungeschichteten Gesteinen Die kohlenführenden Ge-
bilde sind auf den Landstrich beschränkt, in dem die Ketten von Berg-
kalk vereinzelt vorkommen; Kohlenspuren sind auch in den südlichsten
Theilen aufgefunden worden.
Granit. Ungeschichteter Granit ist vergleichungsweise nicht gemein.
Zwischen Ye und Tavoy steht ein ausgedehntes Gebiet von Syenit an
und im Granit-Bezirk des Beckens von Hinzai treten bedeutende Massen
von Schörl auf. Man findet dort schöne Exemplare von Turmalin,
denen des St. Gotthard ähnlich. — Das im eigentlichen Ava so ge-
wöhnliche Shillerspath (DialageJ- Gestein ist weiter südlich nicht wahr-
genommen worden. Grosse Massen von Grünstein kommen an den Grenzen
der Provinzen Amherst und Ye vor; namentlich viel porphyrartiger Grün-
stein im Bezirke des Zhen-taun. — Nirgends hab' ich plutonische Ge-
bilde wahrgenommen.
Untere geschichtete Gesteine. Dieselben Gesteine, welche im centralen
Ost-Indien einen so beträchtlichen Baum einnehmen und aus denen die
Himalaya-Kette hauptsächlich besteht, sind auch hier die verbreitetsten.
Sie scheinen die eigentliche verbindende Formation zu sein („they seem
to be the chief basis of passage"). Auch in Ceylon — so weit man
es kennt — scheinen sie vorzuherrschen. Gneiss ist in den höchsten
Horizonten das gewöhnlichste Gestein. — Die Na-bos-lee Kette gegen
Kallee-oung besteht aus Protogyn, mit abwechselnder Stellvertretung des
Glimmers durch Speckstein. Glimmerschiefer ist nahezu ebenso häufig als
Gneiss; aus ihm besteht in der Hauptsache eine grosse Kette nach den
„drei Pagoden" zu und die Kette der Maine-Berge. — Die östlichen
Züge gegen Thum-lo, zwischen dem Kamaung-thueg-Khiaung und die den
Baing-Khiaung einschliessenden Nebenzüge bestehen ausschliesslich aus Am-
phibol-Schiefer. — Talkschiefer steht überall an, aber nur in vereinzelten
Flecken. Ur- und Grauwacken-Thonschiefer kommt gewöhnlich in allen
Thälern und an allen Gehängen der Provinz vor; Chloritschtefer ist mehr
auf die nördlichen Landstriche beschränkt.
Quarzgestein. Quarzfels ist den eben beschriebenen Gesteinen, beson-
ders dem Glimmerschiefer und dem Gneiss eingelagert. Vereinzelt, als
dürrer Boden in einer Ausdehnung von mehreren (engl.) Meilen, steht
er zwischen Tavoy und Metamio.
226 Dr* Johann Wilhelm Helfer's
NB. Man behauptet, dass dort vormals Gold gefunden worden sei
und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser Quarz wirklich Gold ent-
halte; ich fand keines darin, wohl aber eingewachsene Krystalle von
Eisen (Eisenglanz?).
Auf dem Gipfel des Zadee-taung. Auf dem Gipfel des Zadee-taung,
zwischen Ye und Tavoy kommen grosse Massen von Quarz vor. Diess
ist der einzige mir hier bekannte Berg mit kahlem Gipfel; die Wälder,
die ihn einst deckten, wurden vom Blitze getroffen und sind abgebrannt.
Vom Meer aus sind die weissen Quarzmassen bis auf 30 (engl.) Meil. sichtbar.
Grauwacke. Von Na-thia-mi-Khiaung bis zum Ye-poo-Khiaung bestehen
die steilen Ufer des Tenasserim durchgangig aus Grauwacken-Schiefer und
Uebergangs-Kalk; weiter stromabwärts treten neuere Gebilde auf.
Schwierigkeiten der geologischen Durchforschung des Landes. Eine Reihe
von Jahren wäre zur geologischen Durchforschung des Landes erforderlich.
Die Schwierigkeiten eines solchen Unternehmens kann weder ein Europäer
noch selbst ein Ost-Indier begreifen, die beide an Gegenden gewohnt
sind, in denen Bäume gar nicht oder nur als willkommene Zierde vor-
kommen. Weder in den Nilgherries noch im Himalaya stösst der Beob-
achter auf bedeutende Schwierigkeiten, hier aber, wo ein kahler Fels
eine Seltenheit ist, lassen sich geologische Thatsachen nur längs der
steilen Ufer von Flüssen, oder in den Schluchten der Bergströme —
besonders nach dem Monsoon — aufsammeln.
V. Erze und andere Produkte des mineralreiches.
Grosser Reichthum an Mineralien. In einem hauptsächlich aus Ur-
Uebergangs- und secundäreu Gesteinen bestehenden Lande, lässt sich ein
häutiges Vorkommen von Erzen erwarten. Die bisher erlangte Kenntniss
der hiesigen mineralischen Keichthümer bestätigt die Vermuthung, dass
von einer gründlichen Durchforschung noch viel mehr zu erwarten sei.
Eisen. Eisen findet sich in einer oder der andern Gestalt, nahezu
überall innerhalb der Provinzen. In den südlichen Landstrichen sind jedoch
die Eisenerze von besserer Beschaffenheit und ihre Lagerstätten sind viel
vortheilhafter gelegen als die, in meinem ersten Bericht aus der Provinz
Amherst erwähnten.
Gebiet des Eisens. Das Hauptgebiet des Eisens liegt in dem ter-
tiären Hügellande zwischen Ye und Tavoy, unfern der Meeresküste. Die
Erze erscheinen in allen Gestalten, vom rothen Oker bis zum festen
Magnet-Eisenerze. Zwischen Maulmain und Tavoy habe ich 17 Fundorte
aufgezeichnet. Der beste in Bezug auf Menge, Güte und Lage ist der
von Tavoy, eine Stunde weit von dieser Stadt, an der Strasse von Na-
bos-leegua.
Verkommen der Erze. Diese Erze kommen unter verschiedenen Ge-
stalten vor: als gemeines oktoedrisches Magnet - Eisenerz von dichter
Textur in körnigem Concretionen, krystallisirt, metallisch glänzend, stark
polar-magnetisch.
Dieses Magnet-Erz kommt auf einem Lager von unbekannter Ausdeh-
nung vor, ein über der Oberfläche hervorragender Block ist sechs Fuss
hoch und hat an seiner Basis einen Durchmesser von 15 Fuss. — Diese
Lagerstätte war den Burmesen schon früher bekannt, ist aber meines
Wissens — nie ausgebeutet worden; ihre magnetischen Eigenschaften
waren ein Gegenstand geheimnissvoller Neugierde. Es ist bekannt, dass
Gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 227
dieses Erz das beste Stabeisen gibt und dass sein Ausbringen (85—87
p. C. auf 69/ioo Peroxyd und ay100 Protoxyd das grösste aller bekannten
Eisenerze ist.
Grosses Lager von rhomboedrischem Eiseneri. Nicht weit vom erstem
steht ein augenscheinlich sehr bedeutendes Eisenerzlager an, welches ich auf
eine bedeutende Strecke obertags verfolgt hatte, in der That scheint ein
40 Fuss tiefer, 400 Fuss breiter und 2000 Fuss langer Hügel ganz
aus diesem Erze zu bestehen. Glattgerollte Bruchstücke 2 bis 20 Pfund
schwer, sind auf der Oberfläche verstreut. Das Erz ist dichtes rhom-
boedrisches Eisenerz (Eisenglanz).
Andere Erze. Die niedere Bergkette, längs der Meeresküste bis
zur Tavoy-Spitze streichend, führt überall Eisen, meist als prismatisches
Eisenerz, sowohl in faseriger als in okeriger Gestalt. Brauner Thon-
Eisenstein und Sumpferz sind die gewöhnlichsten Eisenerze aller Land-
striche von Ye bis Mergui. Bother Oker findet sich an verschiedenen
Stellen längs der Ufer des Tenasserim. Südlich der Insel Madramee kom-
men Gänge von Eisenerz mit Kupfer, Blei und Arsenik vor. Prismatischer
Eisenkies begleitet die obere Schichte der Kohle im S. von Mergui.
Ein bedeutender Gang von zelligem Eisenkies steht bei Metamio an. Er
wurde zur Zeit der Siamesen für Gold gehalten und seine Verwandlung
in Gold wurde zu wiederholten Malen versucht.
Das Eisen von Tavoy ist das beste. Von allen Eisenlagern ist das
von Tavoy das wichtigste. Der eisenführende Hügel liegt 24 (engl.) Meilen
vom Fluss ab. Zwischen ihm und dem Flusse liegen Beisfelder, nur we-
nige Fuss über den höchsten Wasserstand. An dieser Stelle ist der Fluss
Schiffen von 2000 Tonnen Gehalt zugänglich. Ein Kanal zur Förderung
der Erze liesse sich, mit geringen Kosten vom Ufer bis an den Hügel
führen. Hart am Flusse müssten Schmelzwerke angelegt und entweder
mit Holz von dem obern Laufe des Flusses her (wo es in grösster Menge
vorhanden ist) oder mit Kohle aus Mergui betrieben werden.
Keines der bis nun bekannten Eisensteinvorkommen in Ost-Indien ver-
einiget in so ausgezeichnetem Masse alle Vortheile, die sich von einem
solchen Unternehmen erwarten Hessen. Was eben über das Eisensteinlager
von Tavoy gesagt wurde, macht jede weitere Besprechung der übrigen
Vorkommen — die mit diesem niemal in Bewerbung treten könnten,
überflüssig.
Zinn. Nach dem Eisen ist Zinn das wichtigste Metall und in den
südlichen Provinzen sogar allgemeiner verbreitet als dieses, jedoch überall
in viel geringeren Mengen und nur an wenigen Stellen reichlich genug,
um mit Gewinn ausgebeutet zu werden. In den nördlichen Provinzen ist
Zinn sehr selten. In der Provinz Amherst fand ich es nur an einer
Stelle verstreut.
Geographische Verbreitung. Der Verbreitungs-Bezirk des Zinnes be-
ginnt im S. von Ye, von Kallee-oung an; sein Mittelpunct scheint mit
Tavoy in gleicher Breite zu liegen. Von da zieht sich das Zinngebiet
nach S. vermutlich über die ganze Halbinsel und von dort in den in-
dischen Archipel, wo in Banka und dessen Umgebungen die reichsten
der bis nun bekannten Zinngruben liegen. Gesammelt wurde Zinn, und
es wird zum Theil jetzt noch zu Mergui, Junk-Ceylon und in vielen
Theilen des eigentlichen Malacca.
228 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
a. Zinn von Metamio. Lage. Zinn kömmt hier längs des Flusses
einer Urgebirgs- Kette von 2000 — 4000 Fuss Höhe vor, theils in den
aus den Trümmern der Hauptkette entstandenen Hügeln, theils in den
tausendjährigen alluvialen Ablagerungen der dazwischen liegenden Thäler,
theils endlich in den kleinen Flüssen und Bächen dieser Thäler, in die
es jedes Jahr während der Monsoons herabgeschwemmt wird.
Ursprüngliche Lagerstätte. Unbezweifelt kömmt das Zinnerz aus —
bisher noch unentdeckten — Lagerstätten des Haupt-Gebirgszuges. Dass
diese Lagerstätten noch unbekannt sind ist nicht zu verwundern, indem
der grösste Theil dieses Gebirges noch nie besucht worden, die Erz-
lager nicht offen zu Tage liegen und — wenn diess der Fall wäre —
von dichter Vegetation bedeckt sind; so dass ihre Entdeckung lediglich
vom Zufall abhängt. — Ich fand mehrmal obertags oder nahe an der
Oberfläche, unter älterem Trümmergestein eine geringe Anzahl Quarzblöcke
mit eingewachsenen Krystallen von Zinnerz, doch war dessen Menge
stets nur sehr gering.
Gestalt und geologische Verhältnisse der Fundorte. Der bei weitem grösste
Theil des Zinnes ist innig verbunden mit den sandigen und erdigen Theilen,
aus denen die oben erwähnten Hügel bestehen; indess scheint es darin
sehr ungleich vertheilt. Die zinnführende Schichte liegt zu Tag, ohne von
jüngeren Gebilden bedeckt zu sein; ein Beweis, dass deren Bildung auf
Kosten des Muttergesteines noch immer fortdauert. Wie weit diese Schichte
in die Teufe anhält, ist nicht bekannt, nach ihrer allgemeinen Bildung zu
urtheilen, muss sie von bedeutender Mächtigkeit sein.
Mächtigkeit der zinnführenden Schichte. Einige alte, noch von der bur-
mesischen Zeit herrührenden Schächte bringen 40 Fuss Teufe ein. Das
Zinn kömmt in sehr kleinen Körnern vor, von kaum sichtbaren Theilchen
bis zu 8 Gran Gewicht; nur sehr selten trifft man auf grössere Stücke.
Ich habe indess erfahren, dass man mitunter Krystalle von der Grösse
eines Taubeneies gefunden habe.
Umfang und äussere Gestaltung des Zinngebietes von Metamio. Dieser
Landstrich, dessen Mittelpunct in gleicher Breite mit Metamio liegt, ist
an 60 (engl.) Meilen lang, und wechselt in der Breite zwischen 8 und
12 (engl.) Meilen; das Hügelland, innerhalb dessen er liegt, ist mitunter
um 500 Fuss über die es durchschneidenden Thäler erhöht. Der Ge-
sammtanblick ist der eines welligen, schiefen, nach Osten verflächenden
Gehänges. Die zinnführenden Bäche fallen der Mehrzahl nach, dem Fluss-
gebiete des oberen Tenasserim zu. Es muss bemerkt werden, dass un-
ter gleicher Breite die ganze Westküste der Bai von Bengalen ver-
gleichsweise arm an Zinn ist; woraus sich schliesen Hesse, dass die
ursprünglichen Lagerstätten dieses Metalles an der Ostküste aufzusuchen seien.
Proben mit der zinnhaltigen Erde zur Ausmittlung ihrer Ergiebigkeit. Bei
den Proben, welche mit der zinnhaltigen Erde verschiedener Fundorte (je-
doch nur obertags oder nahe am Ausgehen gesammelt) vorgenommen
wurden, ergab sich der Gehalt an Zinn-Oxyd mit 1 bis 7 von Hundert
Ein Gehalt von 3 von Hundert gilt als ziemlich gut, von 6 und darüber
als sehr gut, wobei die verhältnissmässig geringe Mühe und Wohlfeil-
heit des Ausbringens mit in Anschlag kommen.
b. Zinn von Palou und Woinboo. Abnahme des Zinnes gegen die Rüste
zu. Nach Süden zu wächst die Menge und die allgemeine Verbreitung des
Zinnes, je mehr man sich der Küste nähert. Innerhalb der britischen Ge-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 229
biete aber nimmt, unter denselben Verhältnissen der Erzgehalt ab. Der Um-
fang der beiden Zinngebiete ist nicht mit Sicherheit festgestellt worden.
Zu Womboo (im N. von Mergui) ist unter den oben beschriebenen Um-
ständen, ein ansehnlicher Gang von Zinnerz aufgefunden worden.
c. Zinn von Mergui. Geringer Erzgehalt auf der Insel Mergui. Auch auf
der Insel, auf welcher die Stadt Mergui steht, kommt Zinn vor und wurde
dort vormals gewonnen, diese Gewinnung galt von jeher als Privat-Eigen-
thum, oder Amts-Einkommen des Stadt-Gouverneurs (Mikotin); der Erzgehalt
erreicht indess daselbst — soweit ich in Erfahrung bringen konnte, höch-
stens y2 vom Hundert. Dass Zinnerz von Mergui kömmt in einem weissen
Quarzsand mit grossen Geschieben gemengt vor, und sein Fundort liegt tiefer
als der Spiegel des umgebenden Meeres. — Die Hügel der Umgebung
erreichen sämmtlich kaum die Höhe von 80 Fuss und es fragt sich noch
immer, wie und woher das Zinnerz an diese Stelle gelangt ist.
d. Zinn am Kohlen -Flusse. Gehalt noch ungewiss. Die Berge im S.
von Mergui, von welchen dieser Fluss seinen Ursprung nimmt und dann
das Kohlengebiet durchströmmt, sind gleichfalls zinnführend und so weit
meine Beobachtungen reichen — in ziemlich hohem Grade. In einer Ent-
fernung von 4 (engl.) Meilen vom Ursprünge gibt der Sand 2 bis 4
von Hundert an Zinnerz. Wenn einmal die Kohlenlager in Angriff genommen
werden, dürfte wohl auch das dortige Zinn zur Benutzung kommen.
e. Zinn aus den Inseln. Vorkommen auf den Inseln noch nicht mit Gewiss-
heit bekannt. Schliesslich sei erwähnt, dass auf den Inseln das Zinn wohl
nicht selten vorkommen dürfte. Ich kam auf keine dieser Inseln und
muss mich darauf beschränken, das Gehörte mitzutheilen, mit dem Zu-
sätze: dass sehr möglicher Weise dieses Zinn von einigen der gros-
sen Gebirgsrücken auf King's Island, Domel u. s. w. herkommen, wohl
aber auch auf den flachen Inseln zu finden sein dürfte. Auf der Insel
Mergui gibt es keine Berge und das Zinnerz von Junk-Ceylon ist —
wie bekannt — aus einen vollkommen ebenen Boden gewonnen worden.
Verschiedenes äusseres Ansehen des zinnführenden Bodens. Ich bemerkte,
dass der zinnführende Boden eine ziegelrothe Färbung habe, um so reicher
sei, je mehr zersetzter Glimmer in seinen Gemengtheilen vorwaltet, und
um so ärmer, je mehr Thon oder Feldspath er enthält; im Allgemeinen
gibt es jedoch keine Bodenart, welche nicht Zinnerz enthielte. Am ärmsten
ist die schwarze Dammerde; die Bergreis-Felder der Karäer bei Metamio
geben mitunter ein halb bis eins von Hundert an Zinnerz.
Zinnwerthe zur Zeit der Burmesen. Zur Zeit der burmesischen Ober-
herrschaft wurden bedeutende Mengen von Zinn durch gezwungene Ar-
beiter ausgewaschen, wozu die Bewohner von Tavoy und hauptsächlich
die dieser Provinz angehörigen Karäer verwendet wurden. Die Zinn-
gewinnung auf Bechnung des burmesischen Kaisers wurde mehrere
Jahrhunderte lang fortbetrieben und gewiss wurden dazu — wenn man
die meilenweit auf der Oberfläche sichtbaren Spuren früherer Aufgra-
bungen des Bodens in Betracht zieht — viele Tausende von Menschen ver-
wendet.
Verfahren der Burmesen bei Gewinnung des Zinnes. Das Verfahren der
Burmesen ist sehr roh. Sie ziehen entweder Kanäle — vielmehr kleine
Abzugsgräben — durch die Oberfläche des Bodens oder sie werfen eine
10 bis 12 Fuss hohe senkrechte Wand auf mit einem Abzugsgraben längs
ihrer Basis , oder endlich graben sie Schächte, in eine von 6 zu 40
230 Dr. Johann Wilh. Helfers
Fuss steigende Tiefe. Während des Monsoon schwemmt das Wasser eine
Menge Erde aus den Seiten heraus; die leichteren Theile werden mit-
gerissen; das specifisch schwerere Zinnerz bleibt auf der Sohle der
Gräben oder der Schachte zurück. — Nach dem Monsoon wird der Bo-
densatz gesammelt und in kleinen flachen hölzernen Gefässen, welche der
Arbeiter mit den Händen umdreht, ausgewaschen. Der so gewonnene Schlich
von Zinnerz ist ziemlich frei von tauben Theilchen.
Gegenwärtig übliches Verfahren. Die eben beschriebenen Methoden sind
gegenwärtig fast ganz aufgegeben, da man nicht mehr die nöthige Men-
schenmenge zur gemeinsamen Arbeit aufzubringen vermag. Einige Karäer
an den Ufern der zinnführenden Bäche und einige wenige Bewohner von
Tavoy beschäftigen sich noch mit Zinngewinnung; sie begnügen sich aber
den Sand der Flussbiegungen („creeksuJ, welcher ärmer ist als der
Boden der höher gelegenen Strecken, auszuwaschen und verstehen sich
nicht auf die Behandlung des Letztern während der trockenen Jahreszeit.
Ich stiess in den Bergen von Tavoy auf eine Schaar solcher Wäscher,
deren ganzes Geräth aus einer Schildkrötenschale bestand. Einer von
ihnen begab sich in die tiefste Stelle des Baches, stampfte den Schlamm
mit seinen Füssen und füllte, nachdem die Strömung das trübe Wasser
weggeführt hatte, seine Schale mit dem feinen Sand aus dem Grunde
des Tümpels und schied durch beständiges Drehen und Zugiessen von
Wasser die sandigen und erdigen Theilchen von dem als Bodensatz zu-
rückbleibenden Zinnerze. In etwa 5 Minuten erhielt er auf diese Weise
20 bis 60 Gran Erz mit einem Metallgehalt von etwa 50 von Hundert.
Die Leute berechnen — selbst bei diesem mangelhaften Verfahren —
den täglichen Verdienst eines Wäschers auf den ziemlich hohen Betrag
einer halben Rupie. Diese Leute haben jedoch so wenig Anlockungen,
sich Geld zu verdienen, dass nur Wenige sich auf diese Weise beschäf-
tigen und diese sind — wie man mir sagte — ältere Männer, welche
vor etwa 15 Jahren noch als Werkmeister der kaiserlich burmesischen
Zinnwäschen dienten und denen dieser Erwerbszweig zur Gewohnheit
geworden ist.
Beschaffenheit des Zinns. Die Zinnwerke dieses Landes sind, nach
Europäischer Bezeichnung, Seifenwerke oder was man in Cornwall „Steam-
woorks" nennt.
Seifenzinn. Bekanntlich gehört das Seifenzinn zu den besten Sorten
dieses Metalles; daher auch das Zinn aus den Banka-Inseln und — von
europäischer Fundorten — das von Cornwall und St. Just, am beliebte-
sten sind.
Verglichen mit den auf Lagerstätten vorkommenden Zinnerzen. Man
weiss das alles, auf Lagerstätten gewonnene Zinn mit Arsenik, Wissmuth,
oder Kupfer verunreinigt ist und nur durch meist mühsame Arbeiten:
mechanische Zerkleinerung, Rösten, Schmelzen mit Zuschlägen u. s. w.
rein dargestellt werden kann. Das Seifenzinn dagegen ist meist frei von
allen fremdartigen Mineralstoffen und seine ganze Behandlung beschränkt
sich auf eine einfache Reducktion des Zinn-Oxydes.
Der beste Fandort in Tenasserim. Von allen mir bekannten Oert-
lichkeiten wäre Metamio die geeigneteste zur Gewinnung des Zinnes in
grossem Masstabe. Das dortige Erz ist reich genug; um mit guten me-
chanischen Hilfsmitteln bearbeitet, einen guten Gewinn zu liefern.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 23 l
Indess hätte diese Oertlichkeit einen wesentlichen Nachtheil, näm-
lich: den langwierigen Transport zu Lande, nach dem 40 (engl.) Meilen
entfernten Tavoy, für welchen bis nun eine einzige holperige schmale
und abschüssige Strasse über das Gebirge besteht.
leberwindang dieser Schwierigkeit. Der Bau einer Strasse würde
grosse Auslagen erfordern, vielleicht wären Elephanten zum Transport
vortheilhafter zu benutzen. Metamio könnte die Bergleute mit Beis und
anderen Lebensbedürfnissen versehen. Es versteht sich von selbst, dass
eine Dampfmaschine für die ganze Anlage sehr nützlich wäre, indess ist auch
Wasser genug vorhanden, da von der nahen Bergkette das ganze Jahr
hindurch fliessende kleine Wasserläufe herabkommsn, welche sich leicht
dem Bedarf des Werkes gemäss, verbinden, und leiten Hessen. Holz
ist hier, wie überall, in grüsster Menge vorhanden. Vom Seehafen Tavoy
aus wäre die Verfrachtung nach jeder Bichtung hin leicht; Singapore und
Calcutta waren für jetzt, die besten Absatzorte.
Gold. Gold ist ziemlich allgemein über das Land verbreitet, doch
— meines Wissens — nirgends in genügender Menge, um die Thätig-
keit oder Habsucht der Eingebornen rege zu machen, bei denen die
Goldgier viel weniger vorherrscht, als man überhaupt bei einem halb-
gesitteten Volke, welches sich stets lieber durch augenblickliche Anstren-
gung, als durch beharrlich fortgesetzten Fleiss zu bereichern strebt, vor-
aussetzen möchte.
Gold im Sande der Flüsse. Das hiesige Gold kömmt nirgends auf Gän-
gen oder im Muttergesteine vor, sondern im Sande der kleineren Flüsse
und seine ursprüngliche Lagerstätte ist im Allgemeinen nach unbekannt.
Es bleibt für jetzt noch unentschieden, ob es vom Hochgebirge herab-
kommt, oder — wie der grösste Theil des Goldes in Mexiko — aus
dem angeschwemmten Boden herausgewaschen wird.
Fundorte. In der Provinz Amherst kömmt kein Gold vor. Die nörd-
lichste Stelle, an der ich Spuren dieses Metalles auffand, sind die Neben-
flüsse des Lamaing. In den Waldgebieten von Kalle-oung mag Gold
reichlich vorhanden sein, besonders auf Siamesischem Gebiete, östlich von
Kalle-oung. —
Arbeiten der Siamesen bei Kalle-oung. In diesem Jahre (1838) schick-
ten sich die Siamesen zum Goldgraben in grösserem Maasstab an und
Beisvorräthe für mehrere Monathe wurden aufgesammelt — ob diess aber
wirklich des Goldgrabens wegen geschah, oder dieses nur als Vorwand
diente um einen vorgeschobenen Posten zur Beobachtung der Vorgänge
auf britischem Gebiet, während, des erwarteten Einfalles der Burmesen
auszustellen, kann ich natürlich nicht entscheiden.
In der Provinz Tavoy konnte ich kein Gold auffinden. Das eigent-
liche Goldgebiet scheint ostwärts vom Tennasserim-Flusse, mit dessen Ur-
sprung vermuthlich ausserhalb des britischen Gebietes zu liegen. Nahezu
alle, von dorther kommenden kleineren Flüsse sind goldführend, freilich im-
mer nur in geringem Grade.
Tenasserim gegenwärtig der einzige Gewinnangsort. Die einzige ge-
genwärtig bestehende Goldvväscherei liegt auf der Stelle der alten Stadt
Tenasserim. Die Eingebornen graben, während des Monsoons Gruben in
den Boden aus und säubern die Erde an Ort und Stelle. Dies Gold
wird mithin aus angeschwemmtem Boden und nicht aus dem Sande des
Flusses gewonnen. Die Eingebornen halten diess Gold nicht für gedie-
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft. 4
232 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
genes, sondern für Ueberbleibsel der Zierrathen der reichen Bewoh-
ner der Stadt vor Alompra's Einfall; in der That sollen sie mitun-
ter was diese Meinung zu bestätigen scheint — kleine Platten von Gold,
in der Gestalt, wie sie zur Vergoldung der Pagoden üblich sind, ge-
funden haben. Ueber den jährlichen Ertrag etwas zu erfahren, ist fast
unmöglich: Alles geht verstohlen und geheimnissvoll vor sich. Man sagte
mir indess, während jeder Jahreszeit könne ein Mann 1 bis 2 Annas Gold
gewinnen, welches die Chinesen zu Tenasserim begierig aufkaufen.
»erth des Goldes für die Regierung;. Der Staat hat in der -Regel
geringen Vortheil von den bestehenden Goldwerken, da die leichte Ge-
winnung und die geringe Masse den Schleichhandel mit diesem Metalle
ganz besonders begünstigen. Es ist neuerlich in Amerika vorgekommen,
dass Goldwerke dem Staate kaum 3 Percent trugen; noch weniger
würden sie hier eintragen, wo die Aufsicht nahezu unmöglich fällt und
die Chinesen in heimlichen und gesetzwidrigen Verhandlungen aller Art
wohlerfahren sind.
Für Private. Erfahrung hat ebenso gelehrt, dass Goldwerke für Pri-
vate, welche ihre Capitalien darauf anlegen, verlustbringend seien; man
hat mit Recht hervorgehoben, dass, wiewohl diese gewagte Lotterie wenig
Gewinnste und viele Nieten darbietet, der durchschnittliche Preis jedes
ihrer Loose dem Vermögen eines reichen Mannes gleichkomme. Stillten
Oertlichkeiten aufgefunden werden, welche schnellen Gewinn verheissen,
so würde sich ohne Zweifel — sobald sie einmal bekannt würden — die
Thätigkeit der Unternehmer weit eher auf das Gold, als auf das werth-
vollere Zinn und Eisen richten, indem menschliche Habgier selten der
ruhigen Vernunft Gehör gibt. Indess sollte eine einsichtige Regierung,
deren Bestreben dahin geht, den Reichthum des Landes zu vermehren,
solche Unternehmungen nicht besonders eimuthigen.
Edelsteine. Rubine und Türkisse. Ich habe deren bisher noch nicht
gefunden, wohl aber vernommen, dass dergleichen in den Tenasserim-
Provinzen, im Gebiete ostwärts vom gleichnamigen Flusse zu vorkommen
dürften, vorzüglich Türkisse und Rubine, welche von Zeit zu Zeit in
das Dorf Tenasserim durch Karäer gebracht werden, die die Fundorte
kennen, aber vor Jedermann ängstlich verhehlten.
Schlechte Granaten. Die Steine, welche mir zu Gesichte kamen,
waren von sehr geringer Güte; meist Granaten, welche man — in Er-
manglung kostbarer Juwele, in die Grundfesten der Pagoden zu ver-
graben pflegt.
Edelsteine Groben auf siamesischem Gebiete. Der eigentliche Fundort
jener Edelsteine soll indess auf siamesischem Gebiete in tiefem Dickicht,
fern von jeder menschlichen Wohnung liegen. Siamesen kommen zeit-
weise von Bankouk dorthin und betreiben durch mehrere Wochen das
Waschen der Edelsteine aus dem Lehme. Die Umgebung wird jedoch
von Räubern unsicher gemacht, welche die Arbeiter belauern und sie,
wenn ihre Mühe erfolgreich war, ausplündern und ermorden. Diese Stelle
liegt 14 Tagreisen weit nordostwärts von Tenasserim.
Porzellanerde nicht selten. Porzellanerde von verschiedener Güte
findet sich an mehreren Stellen der Provinzen, doch meist durch Eisen-
Oxyd roth gefärbt. Am Tenasserim-FIusse, 4 Tagreisen ober der Stadt
steht ein bedeutendes Lager solcher Erde an. Diese enthält zum Theil
Krystalle von Quarz und Glimmer; was die Vermuthung zu bestätigen
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira-Provinzen etc. 233
scheint, dass sie aus Feldspath und anderen, nahe verwandten Mineralien
entstanden sei. Tiefer unten zeigt sich ein anderes Lager, welches dem
Porzellanstein (vCÄna stone") oder kornischem Steine („Cornich Sto?ieuJ
(einem zersetzten und veränderten Granite) nahe verwandt zu sein scheint
und mit sehr vielem, vollständig in Porzellanerde umgewandelten Feld-
spathe gemengt ist.
Kalkstein. Halkhöhle. Die eigentümlichen Züge von blauem Kalkstein,
welche der Provinz Amherst so augenfällig zur Zierde gereichen und nicht
minder kühn in den, dem Bezirk von Ye angrenzenden grossen Ebenen
emporsteigen, nehmen allmälig nach Süden zu ab, ohne indess gänzlich
zu verschwinden; am Tenasserim selbst, acht Tagreisen von der alten Stadt,
befindet sich eine berühmte Höhle darin. Als Baustein wird dieser Kalk-
stein — ausser für Pagoden — wenig venvendet, da alle andern Gebäude
nur aus Holz aufgeführt sind.
Ralk aus Muscheln gebrannt, von den Eingcbornen verwendet. Der
nöthige Mauerkalk und der, den die Eingebornen als „ Chunam" zu ihrem
Betel („Sawn") essen, werden meist aus den, an der Seeküste und
den Flussufern gefundenen Muschelschalen gebrannt. Nächst Mergui findet
sich ein beträchtliches Lager zusammengebackener Gehäuse von Schall-
thieren, aus dem man ziemlich guten Kalk brennt.
Salpeter. Auswurf der Fledermäuse in Dohlen. Die eben erwähnte
grosse Kalkhöhle am Tenasserim (eine der merkwürdigsten Naturerschei-
nungen in diesen Provinzen) dient Tausenden — ja vielleicht Hundert-
tausenden — von Fledermäusen zur Wohnung. Ihre Excremente bedecken
den Boden an vielen Stellen 1 bis 2 Fuss hoch und bilden durch ihre Ver-
wesung salpetersaures Kali. Wenn man nach bewährten und wohlbekannten
Grundsätzen vorginge, fiele es nicht schwer, mittelst künstlicher Gemenge,
die man der Einwirkung der Luft aussetzte (iSitrieres artificielles) eine
grosse Menge Salpeter zu gewinnen;
Schwefel wahrscheinlich auf den vulkanischen Inseln vorkommend.
Dieser Mineralstoff dürfte sich in Menge auf Barren Island, ganz nahe
an den Andamanen und auf andern vulkanischen Inseln gegen Süden finden;
indess vermag ich nicht die Oertlichkeiten anzugeben, da ich diese Inseln
nicht besucht habe. Sollte sich in späterer Zeit die Gewinnung von
Schwefelsäure als vorteilhaft erweisen, so könnte der in grosser Menge
vorkommende Eisenkies eine nützliche Verwendung finden.
Steinkohlen. In gegenwärtiger Jahreszeit ist die Aufsuchung von Stein-
kohlen mit Erfolg gekrönt worden. Die Seltenheit brauchbarer Kohlen in
Ost-Indien und die mit jedem Jahre steigende Wichtigkeit derselben,
machten es höchst wünschenswerth, dergleichen in diesem Land aufzufinden,
welches einen vergleichungsweise schmalen Strich bietet, wo der Land-
transport nirgends auf weite Entfernungen nöthig ist und eine ausge-
dehnte Küstenentwicklung den Schiffen den Zugang erleichtert. In den nörd-
lichen und mittleren Theilen der Tenasserim-Provinzen Hessen die geolo-
gischen Verhältnisse nur wenig für Auffindung von Kohle hoffen.
In den südlichen Landstrichen. Gegen Süden jedoch treten die die
Kohle begleitenden Gebilde der kohlenführenden Gruppe deutlich hervor
und im unteren Gebiete der Provinz Mergui, wurden Kohlen an verschie-
denen Stellen in offenbar von einander getrennten Schichtenreihen oder
Becken aufgefunden. Die zwei äussersten Stellen, an denen Kohle er-
q*
234 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
schürft wurde, liegen 3 Grade weit von einander; die Kohlengebilde
müssen mithin einen beträchtlichen Flächenraum einnehmen.
Erste Fände ohne wirklichen Nützen. Keiner der zuerst gemachten
Funde versprach indess unmittelbaren Nutzen, sei es wegen der schlechten
Beschaffenheit der specifisch schweren stark kiesigen Kohle, sei es wegen
der gänzlichen Unbedeutendheit der Flötze. Wenn man auch hoffen durfte,
dass die Flötze in grösserer Teufe mächtiger würden, so blieben Ver-
suchsbaue immer noch kostspielig und ungewiss.
Wichtigkeit des neuesten Fnndes. Das zuletzt aufgefundene Vorkom-
men entsprach endlich allen Anforderungen auf Güte, Menge und leichte
Zugängigkeit; nur die Entfernung von der Seeküste macht einige Schwie-
rigkeiten, da der neue Fund 21 (engl.) Meilen weit vom nächsten, das
aganze Jahr hindurch schiffbaren Flusse liegt und von diesem bis zur
Küste noch 68 (engl.) Meilen zurückzulegen sind. Im Vergleich mit jedem
andern Vorkommen in Ost-Indien wird jedenfalls dieser neueste Fundort
— wenn er bestimmt ist, die gesammten indischen Meere mit Kohle zu
versehen — für die Gegenwart den Vorzug vor jedem andern verdienen.
Aufzahlung der Fandorte. Die bisher bekannten Fundorte sind :
1) Am grossen Tenasserim, 9 Tagreisen vom gleichnamigen Dorfe,
nahe am Flusse Nan-Thari-Khiaung, ein und eine halbe (engl.) Meile
landeinwärts. Zerreibliche, braune kiesige Kohle; 3 Flötze an verschie-
denen Stellen, das grösste 16 Zoll mächtig; Liegend-Gestein : tertiärer
Sandstein; Dachgestein: dichtes Sandstein-Conglomerat, mit grossen Bruch-
stücken von Kieseln. — Aufgefunden am 17. März 1838.
2. Am grossen Tenasserim, 8 Tagreisen stromaufwärts vom gleich-
namigen Dorfe längs den Flussufern. Lignit; dreiviertel Zoll mächtige
Flötze; Liegend- und Dachgestein-Sandstein, unzwreifelbar demselben System,
als der von Nr. 1 angehörig. — Aufgefunden am 19. März 1838.
3. Am Tenasserim oberhalb des Tarouk-Khiaung 2 Tagreisen; Schie-
ferthon mit Erdharz durchdrungen: grosse Massen in das Flussbett hinein-
ragend, offenbar von Nr. 1 und 2 verschieden. — Aufgefunden am
14. April 1838.
4. An einem Zweige des kleinen Tenasserim, 5 Tagreisen von der
Stadt Tenasserim nach SO. zu: Schiefer -Kohle specif. Gewicht 1. 26.
Ein 5 Fuss mächtiges, 240 Fuss langes mit 20° verflächendes Flötz,
in einem an den Ufern des Flusses sichtbaren Durchschnitt aufwärts
steigend; oben grauer unten schwarzer Thonschiefer; die niedrigste Lage
— dem allgemeinen Ansehen der Gegend nach zu urtheilen — dem blauen
Kalkstein aufgelagert.
5. Hart an Nr. 4 und eine Fortsetzung desselben; ein unermess-
liches Feld von schiefriger, muschlig brechender Pechkohle oder eng-
lischer Canalkuhle; sehr reich an Erdharz, ohne irgend eine Beimengung
von Eisenkies.
Fünfzehn zusammenhängende Vorkommen, an denen Kohlen zu beiden
Seiten des Flusses — der sich offenbar seinen Weg dort durchgebrochen;
mit 25° verflächend, an den meisten Stellen 6 Fuss und darüber mächtig
einer Schicht von Thonschiefer aufgelagert. — Aufgefunden am 24. April 1838.
Seitdem haben mir Eingeborne hinterbracht, dass unfern von Nr. 4
und 5 zwei neue Kohlenfunde bemerkt worden seien. Wahrscheinlich
nimmt das Kohlenfeld eine Oberfläche von mehreren (engl.) Quadratmeilen
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 23 ü
ein und es dürften noch andere, für den Transport noch vortheilhaftere
Vorkommen aufgefunden werden.
Nr. 4 und 5 verdienen in Betreff der Güte, Menge und Zugäng-
lichkeit bei Weitem den Vorzug vor allen übrigen Fundorten; ich werde
mich daher über 1, 2 und 3, welche wohl nie zur Ausbeutung kommen
werden und nur wissenschaftliches Interesse bieten, nicht in Einzelnheiten
einlassen.
Beschreibung des grossen Kohlcnfeldes. Das letztgenannte grosse Koh-
lenfeld ist von den übrigen mehr als 200 (engl.) Meilen entfernt und
scheint einem ganz verschiedenen System anzugehören. Es liegt in einem
hohen Flachlande von mehreren Bergreihen durchzogen, aus welchen der
das Kohlenfeld durchströmende Fluss entspringt und deren Kämme als
die Ostgränze der britischen Besitzungen gegen Siam zu gelten können.
In meinem vorläufigen Berichte an die Regierung unmittelbar nach der
Entdeckung, irrte ich mich in der Abschätzung der Enfernung. Diese
wurde nachmals durch Oberst Macleo d und Mr. Fell J. N., deren
Karte für richtiger gelten kann als jede andere, genau angegeben. Die
Breite ist 11° 52' 37", die Länge ist nicht mit Gewissheit bestimmt;
die Entfernung von Mergui beträgt, den Windungen des Flusses nach,
121 (engl.) Meilen; die gerade Entfernung von Tenasserim 29*/a (engl.)
Meilen — vom Kohlenfeld bis zum nächsten Punct des Flusses, er
ist durch das ganze Jahr schiffbar, 22 (engl.) Meilen und dem Flusse
entlang von Tenasserim nach Mergui 41 (engl.) Meilen (nach Cap. Lloyd's
Messungen).
Rohlenwerke überhaupt. Mit Hecht hat man die Steinkohle den
grössten Segen England'* und deren Verbindung mit Eisen die Grund-
lage der gegenwärtigen Blüthe des Handels Grossbritanniens genannt.
Ebenso wohlthätig ist heut zu Tag ihre Wirkung in Schweden, Deutsch-
land und Belgien. Die gegenwärtige Stockung des Handels und des Ge-
werbfleisses beruht eben so sehr auf dem Mangel an Holz und dem
Fehlen der Steinkohle, als auf etwaigen Missgriffen der Staatsgewalt. Der
Mangel an Steinkohle in Indien hat den Unternehmungsgeist der Euro-
päer gehemmt und das Gedeihen des Handels aufgehalten; ja man musste
befürchten, dass der hohe Preis der Kohle der beginnenden und wach-
senden Verbindung mittels Dampfkraft höchst schädlich sein würde. Glück-
licherweise dürften diese Hindernisse nunmehr als besiegt gelten.
Kohlengruben in Ost-Indien. Die bekanntlich unerschöpflichen Schätze
fossilen Brennstoffes, welche Grossbritannien in seinem Schosse birgt,
haben den Mangel daran in Ost-Indien bisher weniger fühlbar werden
lassen, ja der eigentliche Wunsch geht gegenwärtig vielmehr dahin, passende
Ausfuhrplätze für Kohlen in grosser Menge und anerkannter Vorzüglichkeit
ausfindig zu machen.
Zu Burdwan. Die Kohlengruben von Burdwan sind bisher die einzigen
gewesen, welche in der That Ost-Indien theilweise von England unab-
hängig gestellt und die binnenländische Dampfschiffahrt auf dem Ganges
erleichtert haben; sie sind aber von geringer Güte und so sehr mit
thoniger Erde gemengt, dass sie 18.4 bis 77 Percent an Asche zurücklassen.
Für einige Zwecke ist dieser hohe Aschengehalt vielleicht von ge-
ringer Bedeutung, vorausgesetzt, dass die Wohlfeilheit der Kohle den
Verlust an Kohlenstoff aufwiegt. Soll aber die Kohle zur Dampfschiffahrt
dienen, so wird der Raum, den dieser Brennstoff einnimmt — besonders
236 Dr. Johann Wilhelm Helfcr's
bei langen Fahrten und dazwischen fallenden andauernden Aufenthalten,
zur eigentlichen Lebensfrage.
Rohle von Cherra. Die Kohle von Cherra in Silhet, ist — soviel
aus dem letzten Berichte des Steinkohlen-Comite's bekannt wurde — von
guter Beschaffenheit; ihrer Lage nach dürfte sie jedoch für den Markt
von Calcutta werthlos bleiben, indem sie dort — und vielleicht in jedem
andern Theil Indiens — gewiss nicht wohlfeiler für die Fahrt auf dem
rothen Meere sein würde, als englische Kohlen; dass es M. Loch ge-
lungen ist, 1000 Maunds zu verhältnissmässig niederen Preisen nach Dina-
gepore zu stellen, beweiset noch nicht, dass er zu demselben Preise
100,000 Maunds abzuliefern vermöchte. Die hohen Berge, über welche
die Kohle an einen schiffbaren Fluss gelangt, die Notwendigkeit, Pässe
zu durchschreiten, in welchen — dem Berichte gemäss kaum Ochsen
und Maulthiere mit Belastung fortkommen, und diese eigens dazu aufge-
stellten Menschen aufgeladen werden muss; Alles diess erleichtert nicht
den Transport grösserer Mengen.
Kohle von Palamow. Gleiche Schwierigkeiten bieten für jetzt die
Kohlengruben von Palamow; auch hier muss die Kohle eine lange Strecke
hindurch über schwieriges Terrain befördert werden. Mit der Zeit mögen
sie für die Umgebung nützlich und werthvoll werden, schwerlich jedoch wird
Ost-Indien überhaupt aus ihnen besondere Vortheile ziehen. Ebenso ist
die grosse Entfernung vom Meer ein wichtiger Einwurf gegen die Kohle
von Assam, selbst wenn die bisher bekannten Fundorte günstiger gelegen
wären, als sie es in der That sind.
Andere Fundorte. Alle übrigen bisher bekannten Fundorte von Kohlen
in Indien haben keinen wirklichen Werth in Bezug auf das Haupter-
forderniss : allgemeine unbeschränkte Ergiebigkeit. Bei einigen liegt es
an den örtlichen Verhältnissen, bei anderen an dem geringen Ertrag, bei
der Mehrzahl an der Beschaffenheit. Diese können nie gewonnen („wor~
kud") werden und gleichen dem verkiesten Lignite von Assam Nr. 30*).
Alle Abarten von zerreiblicher Braunkohle Nr. 36, 37, 38, der erdhar-
zige Schieferthon Nr. 52 u. s. w. sammt der Mehrzahl der übrigen
Lignite und Braunkohlen können höchstens in theoretischer Hinsicht unter
den Begriff „fossile Kohle" zusammengefasst werden.
Torzüge des Rohlengebiets von flergui, vor allen übrigen Ost-Indiens.
Unter diesen Umständen ist der Beweis leicht zu führen, dass die
Kohlenlager von Mergui Vortheile besitzen, die keinem der übrigen eigen
sind. Die Beschaffenheit der Kohle reiht sie unter die besten, die man bisher
kennt. Nach Dr. Jameson's Eintheilung gehört sie zu der „Schwarzkohle,"
Unterart Canalkohle; derb, harziger Glanz, Bruch muschelig oder eben,
Bruchstücke trapezoidal, spröd, speeif. Gewicht 1.24 bis l.2s. I'1 der
Mitte des Lagers geht sie in die Unterart „Pechkohle" über und wird
harziger, als es die Canalkohle gemeiniglich ist. Sie brennt leicht, mit
röthlicher Flamme, entwickelt Gas in Menge, ist vollkommen schwefel-
und kiesfrei. Sie kömmt zunächst nach der Kilkenny-Kohle und steht
den besten englischen Sorten gleich.
Menge. Obwohl der Umfang bisher nur unvollständig bekannt, ist
doch so viel gewiss, dass der Kohlenvorrath über ein Jahrhundert lang
*) Diese und die folgenden Nummern beziehen sich vermuthlich auf Prob estücke,
die dem Berichte beigelegt waren.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 237
benützt werden könnte, ohne dessen Erschöpfung fürchten zu müssen.
Die Mächtigkeit des obern Flötzes wechselt zwischen 5 und 6*/3 Fuss;
5f/8 Fuss als Mittelwerth angenommen, gäbe 8.437 Cub. Fuss auf jeden
Acre. Da man weiss, dass bisher das Flötz 4 (engl.) Meilen weit
dem Streichen nach verfolgt worden ist, lässt sich die Leistungsfähigkeit
des oberen Flötzes ungefähr abschätzen. Die neuesten Berichte der Ein-
gebornen beweisen aber, dass es sich noch viel weiter erstreckt. Ueber
die mögliche Ergiebigkeit der tieferen Flötze, lässt sich selbstverständlich
nicht urtheilen; das bisher Bekannte genügt und wenn das oberste Flötz
schon so mächtig ist, kann man wohl aus der Analogie annehmen, dass
die tieferen es noch weit mehr sind.
Zogänglichkeit. Das Flötz liegt nahe an der Oberfläche, das Dach-
gestein ist — so viel man weiss — nirgends über 25 Fuss (an man-
chen Stellen nur 7—12 Fuss) mächtig; der Verflächungswinkel ist 20°.
Das Dachgestein besteht aus: Schlechter Schieferkohle 6 Zoll. Grauen
Schiefer 6 Zoll, Trümmern von Schiefer mit grobem Geröll 2 Fuss, das
Uebrige ist Schotter und aufgeschwemmtes Land.
Hiernach fielen die künstlichen mechanischen Hilfsmittel zur Hebung
der Wässer aus grösserer Teufe weg und von bösen Weltern (Kohlen-
Wasserstoff-Gas) wäre nichts zu befürchten. Für jetzt wäre es am besten,
den Flötzen von ihrem Ausbeissen an nachzugehen. Hierzu wäre die Ab-
leitung des kleinen Flusses, an dessen Ufern der Durchschnitt des Flötzes
zu Tag gekommen ist, die beste Vorbereitung. An mehreren Stellen läuft
er gerad über das Flötz und nach Entfernung des Wassers bliebe keine
Tagdecke mehr abzuräumen. Später werden natürlich alle, bei Eröifnung eines
Kohlenschachtes gewöhnlichen Arbeiten erforderlich werden; die örtlichen
Verhältnisse lassen indess eine grosse Ersparniss an Anlags-Capital hoffen.
Transport. Der das Kohlengebiet durchströmende Fluss entspringt
in den benachbarten Bergen und ist in dem Kohlengebiete selbst nur
15 bis 25 Yards breit, dabei auch einen Theil des Jahrs hindurch nahezu
wasserlos, während 5 Monaten aber — nach den Berichten der Einge-
bornen — für Flösse schiffbar. Die Eingebornen gehen alljährlich von
Mergui und Siam in die nahegelegenen Berge oberhalb des Kohlengebiets,
um dort ein wohlriechendes Holz, Kalamay genannt, zu fällen, welches
zu Ava und Bambouk in den Handel kömmt, und sind desshalb mit der
Schiffahrt vertraut. Ich selbst fuhr im April vor Beginn des Monsoon,
auf einem Flosse stromaufwärts und gelangte bis zu einer Entfernung von
3 Wegstunden oder 9 (engl.) Meilen vom Kohlengebiete.
Von der Ebene aus tritt der Fluss in ein Hügelland, zuerst nach
SW. dann nach WNW. bis zur Vereinigung mit einem andern, von S.
kommenden Flusse. Von dieser Stelle an ist der Fluss das ganze Jahr
hindurch für Boote fahrbar; die Wirkung von Ebbe und Fluth zeigt sich
deutlich; bei niederem Wasserstande ist der Fluss 60 bis 80 Yards breit
und fliesst, durch eine Strecke von 40 (engl.) Meilen in der Haupt-
richtung nach NNO. gegen Tenasserim zu. Hier ergicsst er sich in
den grossen Tenasserim, der für Schiffe von 200 Tonnen fahrbar ist;
so dass die gesammte schiffbare Länge bis ins Meer hinein 41 (engl.)
Meilen beträgt.
Die Förderung einer beschränkten Menge auf der Wasserstrasse
von dem Kohlengebiet an das Meer ist nicht schwierig, indem man für
den Anfang Flösse, wozu die nahen Bambus-Wälder das reichlichste Ma-
238 Dr. Johann Wilh. Belfert
terial liefern, in Anwendung bringt. Die Kohle muss mithin sogleich beim
Beginn des steigenden Wassers zur Verfrachtung bereit liegen. Sollte
Bambus nicht genügen, so könnten flache Boote aus Brettern, von grös-
serem Fassungsvermögen als die Flösse gebraucht werden. Bei den hohen
Arbeitslöhnen wäre es indess unmöglich, die Kohle wohlfeiler als 1 y2
Annas den Maund nach Mergui zu stellen, da die Führung der Flösse
eine grosse Anzahl Leute erfordert. Sollte aber — wie zu vermuthen —
der Kohlenbedarf für ganz Ost-Indien von Tenasserim aus gedeckt werden,
so wären alle diese Auskunftsmittel ungenügend; weder Bambus noch Holz
ist in genügender Menge vorhanden um alljährlich 50.000 und mehr Ton-
nen stromabwärts zu fördern. Die Rückkehr der zu Thal gelangten Flösse
kann gar nicht in Betracht kommen, wegen der grossen Kosten und der
Schwierigkeiten der letzten 50 (engl.) Meilen; am dienlichsten und zu-
letzt am wohlfeilsten würden sich Eisen- oder Holz-Bahnen, quer hin an
die nächste Stelle, von der an der Fluss das ganze Jahr hindurch schiff-
bar ist, (Entfernung 21 [engl.] Meilen) herausstellen. Holz fände man
hinlänglich wenige Schritte von der vorgeschlagenen Strasse und die
Eisenwerke von Tavoy könnten Schienen in jeder beliebigen Menge liefern.
Die Kosten dieser Eisen- oder Holz -Bahn dürften nicht bedeutend sein,
für den Anfang genügte auch der roheste Bau und das ausgelegte Kapital —
so gross es auch sein möchte — dürfte lohnende und sichere Zinsen
tragen. Bis zur Vollendung der Bahn würde — wenigstens für grosse
Mengen — die Landfracht in Lastwagen wohlfeiler kommen, als die auf
dem Wasser. — Auf diese Weise könnte jede Menge von Kohle für den
geringsten Preis nach Mergui gestellt werden. Die Gegend, welche jene
Strasse durchschneiden soll, ist noch nicht aufgenommen worden; man
weiss nur, dass sie Flachland und niederes Hügelland ist.
Oertliehkeit von Mergui. Mergui, mit Rücksicht auf seine Bestimmung
als Haupt-Niederlage für Kohle, verdient vorzüglich in Bezug, auf seine
Verhältnisse zum Binnenlande geprüft zu werden. Die Einführung einer
umfassenden Dampfboot-Verbindung vorausgesetzt, ist Mergui günstiger gele-
gen als irgend ein Punct in Bengalen; das ganze übrige Ost-Indien kann
hier gar nicht in Frage kommen, da bisher von dort keine beachtens-
werthe Kohle bezogen werden konnte. Wird Point de Galle zum Mittelpunct
ausersehen, so kann Mergui die dortige Niederlage in sehr kurzer Zeit
mit jeder beliebiger Menge versehen. In der guten Jahreszeit dauert die
Fahrt von Mergui her nur 8 — 10 Tage, die zwischen Ceylon und der
Westküste Ost-Indien's fahrenden Dampfer können auf ihrer Fahrt nach
Bombay, von Point de Galle aus mit Kohle versehen werden; ebenso
kann Madras, ungefähr in gleicher Entfernung mit Ceylon, seine Kohle
gerade von Mergui her beziehen. Für den Bedarf Bombay's und des
untern Theiles des rothen Meeres (Mocca und Jedda) käme die Kohle
von Tenasserim und Mergui wohlfeiler als die aus England; ebenso
für den persischen Meerbusen, wenn die Dampfschiffahrt sich bis dortbin
erstrecken sollte. Erfahrung allein kann die Frage lösen, ob es wohl-
feiler kommen würde, Kohle von Mergui nach Suez zu fördern, als
sie von Cairo aus dorthin zu bringen. Ich möchte indess vermuthen
dass,' wenn die neu entdeckten Kohlengruben bei Beyruth in Syrien fort-
während eine grosse Ausbeute geben, und der Vicekönig von Aegypten
(damals Mehemed Ali) seine Hand dazu bietet, die Kohle aus Syrien
wohlfeiler käme als die von Mergui.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira Provinzen etc. 231)
Sollte das zweite Dampfschifffahrt-Project nach England, über Mauritius
und dem Cap zur Reife gelangen, so könnte die Kohle von Mergui mit
Vortheil bis zum Cap verwendet werden Wenigstens wäre dies besser,
als der neuerlichst in England aufgetauchte Vorschlag, Mauritius und
dessen Nachbarschaft von Neu-Süd-Wales aus mit Kohle zu versehen.
Die Ostküste der Bay von Bengalen wird selbstverständlich nur Kohle
von Mergui verbrauchen, die dort an Ort und Stelle zu haben ist,
ebenso die Meerenge von Malacca, und sowie Point de Galle der west-
liche Mittelpunct zwischen Europa, Süd-Afrika und Hindostan ist, so
ist Singapone der östliche zwischen Bengalen, China und Neu-Holland
(durch die Torres-Strasse). Aus der Nähe der beiden Centren: Point
de Galle und Singapore, wird ersichtlich, wie wunderbar günstig Mergui
gelegen ist, um einen unentbehrlichen Artikel nach allen Seiten hin zu
vertheilen.
Fernere Beweise für die Wichtigkeit des Rohlengebiets von Mergui.
Ferner muss bemerkt werden:
a) dass vielleicht ein erneuerter Verkehr mit den niederländischen
Besitzungen in Gang kommen könnte, indem die Dampfer von Batavia die
Kohlen von Mergui wohlfeiler beziehen würden, als von jedem andern Orte.
b) Dass vor einiger Zeit in Calcutta das Projekt aufgetaucht ist,
die „Clippers", welche den Handel mit minder raumausfüllenden Artikeln
mit China betreiben, durch kleine Dampfer zu ersetzen, was manche Vor-
theile — namentlich für den Handel mit Opium -- verheissen dürfte. Der
Haupteinwand gegen diesen Vorschlag war bisher der Mangel an Kohle;
diesem liese sich aber von Mergui oder Singapore aus abhelfen.
c) dass, nebst dem Verbrauch auf Dampfern, mit der Zeit Kohle
nach Madras und anderen Theilen des Carnatic, als Ersatzmittel für das
dort mangelnde Holz verfrachtet werden könnte.
d) dass die Entdeckung der Kohle in Mergui nicht ohne Einfluss
auf die Kohlenpreise zu Calcutta bleiben werde und dass erstere wenn
auch immer theurer, als die von Burdwan , nichts desto weniger nach
Calcutta zu jenen Verwendungen, für welche nur englische Kohle taug-
lich ist — besonders bei etwaigem Begehr nach Kohlengas — gebracht
werden könnte. Auch könnte sie für die grossen Flammöfen der Regie-
rungs-Kanonengiesserei, wo eine starke Flamme erforderlich ist, sehr vor-
teilhaft benützt werden. — Der günstige Einfluss der Auffindung guter
Kohle in den Tenasserim- Provinzen ist mithin augenfällig, eine zweite
mögliche Folge von nicht geringerer Wichtigkeit, welche aus des Auf-
findung des Kohlengebiets an der Gränze von Siam hervorgehen dürf-
ten, soll im nächsten Abschnitt erörtert werden.
VI. Land* erbindung mit China.
Erläuterong der Vortheile einer kürzern Strasse nach China. — Vor
etwa 30 Jahren wurde die Frage aufgestellt: in wie fern es ausführbar
und vortheilhaft sein würde, eine Verbindung quer über die Halbinsel
und zwar auf der Landenge von Kraw, zwischen der Bucht von Ben-
galen, und dem Golfe von Siam zu eröffnen. Die aus der Verkürzung
der Verbindungen in irgend einem Theil der Welt für den Verkehr ent-
springenden Vortheile bedürfen keiner weiteren Beweisführung.
Der britische Handel von Ost -Indien nach Canton ist wichtig ge-
nug erachtet worden, um den Wunsch nach möglichst schneller Ver-
240 Dr. Johann Wilhelm Ilelfer's
bindung rege zu machen. Der Gegenstand ist in der That höchst bedeu-
tend; nicht nur wegen der Zunahme des Verkehrs überhaupt, sondern
noch wegen der gelegentlichen Schwankungen in den Beziehungen zu
China. Schnelle Verbindung zwischen dem Hauptsitze des Ostindischen
Reiches und jenem Absatzplatze des Handels muss jederzeit von hoher Be-
deutung sein. Ist es nun wünschenswerth, diese Verbindung nur durch
Briefe zu erhalten? oder ist die Sache wichtig genug, um auch für Waa-
ren den Weg nach China abzukürzen? Im ersten Falle genügt eine Land-
verbindung mittels ~(Dhack)a (?) und dazu würde man ohne Weiteres
den kürzeren Weg aussuchen; im zweiten Falle würde es nöthig werden,
die schiffbaren Flüsse an beiden Seiten der malayischen Halbinsel — sei
es durch Eisenbahnen oder durch Kanäle — in wechselseitige Verbin-
dung zu bringen.
Landenge von Kraw. Forest war — so viel mir bewusst — der Erste,
welcher auf die Landenge von Kraw aufmerksam machte; Hamilton theilte
diese Ansicht und Col. Burney empfahl diesen Plan eifrigst; Jeder von
ihnen fusste auf den Berichten der Eingebornen, nach welchen 2 Flüsse
in paraleller Richtung verlaufen sollten: der St. Mathäus-Fluss oder Pack-
Chan, der sich in die Bucht von Bengalen ergiesst, und der Tom-fong,
der, nahe an den Larchins-Inseln, in die Bucht von Siam einmündet, so
zwar dass bei hohem Monsoon ihre Gewässer sich nahezu vereinigen und
dass die Breite des zwischen beiden liegenden, kaum bergig zu nennen-
den Landstriches nirgends mehr als 6 Gehstunden beträgt. — Wenn ich
auch keine Gelegenheit hatte, den St. Mathäus-Fluss oder irgend einen
Theil des siamesischen Gebietes zu untersuchen, wage ich dennoch einen
Vorschlag, der mir vortheilhafter scheint.
Vorschläge eines Landweges quer über die Halbinsel von flergui aas.
Ich fuhr stromaufwärts auf dem Tenasserim von Mergui bis zur alten
Stadt Tenasserim, verlies dort den Hauptstrom, um einen andern Fluss
zu befahren, der mich zuletzt auf die Entdeckung des Kohlengebiets brachte,
von dem — wie ich hoffe — eine gänzliche Umwandlung dieser unbe-
wohnten und nie von einem Europäer besuchten Gegend ausgehen wird.
Die Beschreibung des Flusses und des Landes habe ich, soweit beide im
britischen Gebiete liegen, bereits mitgetheilt. Da ich nicht die Erlaub-
niss zum Eintritt in das siamesische Gebit hatte, behalf ich mich mit
Berichten der Eingebornen, nach welcher das jenseitige Meer nur 35
bis 45 (engl.) Meilen entfernt sein sollte.
Beschaffenheit des Landstriches and wahrscheinliche Entfernung. Die
Beschaffenheit des Landes kenne ich nicht; iudess fand ich nahe an der
Gränze eine Anzahl Shans, welche einen siamesischen Oberpriester nach
Banhouk zurückbegleiteten. Dieser Priester gab den Besuch seiner Ver-
wandten, die seit zwei Jahren auf britischem Gebiete ansässig seien, als
Zweck seiner Reise an, der eigentliche Zweck war aber vermuthlich,
seiner Regierung über die neuen siamesischen Dürfer auf diesem Ge-
biete zu berichten. — Ich kam um 7 Uhr Früh mit ihnen zusammen
und seine Gefährten sagten, sie hofften bis Abends ihre Boote an der
siamesischen Seite zu erreichen. Diess fand am 26. April statt, mithin
gerade vor dem Monsoon, wo der Wasserstand am niedrigsten ist. —
Würde nun das erwähnte Kohlengebiet zu einer so ausgedehnten Benüt-
zung gelangen, wie es möglicherweise zu erwarten ist, und eine Eisen- oder
Holzbahn vom schiffbaren Theile des Tenasserim, bis dorthin angelegt
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 241
werden, so wäre die Verbindung, bis nahe zu der höchsten Stelle zwischen
den beiden Meeren und bis zu 30 bis 40 (engl.) Meilen Entfernung vom
Golf von Siam, in Ausführung gebracht. Diese Verbindung würde, in gleicher
Breite innerhalb etwa 15 (engt.) Meilen auf einen schiffbaren Fluss tref-
fen und so könnte der Weg quer über die inalaische Halbinsel, Behufs
der Verbindung mit China, leicht und schnell eröffnet werden.
Einsprache von Seite der Siainesen. Allerdings würde die Siamesische
Regierung dagegen Einwendungen machen, die indess — gegenwärtig leich-
ter als zu irgend einem andern Zeitpuncte — beseitigt werden könnten.
Die Siamesen könnten vorerst dahin gebracht werden, den freien Durch-
gang von Briefen mittelst eines in einem der Dörfer an der Meeresküste
einzurichtenden Postamtes zu gestatten, und ihren Unterthanen zu erlauben,
auf dem Landwege Kohlen nach der entgegengesetzten Meeresküste zu ver-
frachten, wenn solche für die zwischen Canton und der Ostküste der
Halbinsel fahrenden Dampfschiffe erforderlich würden. Von diesen Anfangen
aus, liesse sich unter Umständen Alles erreichen, was noch ferner zu wün-
schen übrig bliebe.
Folgen der Ansbentnng des Kohlengebietes. — Die Einrichtung mensch-
licher Wohnungen würde — da mehrere Tausende von Arbeitern zur Be-
nützung des Kohlengebietes erforderlich wären — in kurzer Zeit diese Oert-
lichkeit zu einer allgemein bekannten und bedeutenden machen. Für den
Anfang würde die Entferung von jeder andern menschlichen Ansiedlung
die Lebensmittel vertheuern; eben dieser Umstand aber würde zu den An-
bau der Umgebung, und hiermit zur allmähligen Veinehrung der Bevöl-
kerung führen. *)
Die unternehmenden Siamesen Hessen sich leicht bewegen, die neue
Ansiedlung zu besuchen und diese könnte mit geringer Mühe zum Markt-
platz für beide Völker (Burmesen und Siamesen) gestaltet werden. — ■ Die
Siamesen würden Stocklack, Japan-Holz, Sandelholz, Aloe, Gummigutt,
Wachs, Honig, Elfenbein, Häute, Jasmin-Oel, ßenzoe, Firniss und Kassia-
Knospen, („Cassia-Buds") zu Markte bringen und diese Waaren bereit-
willig gegen Feuergewehre Schiesspulver, Rauchtaback, Opium, Stoffe („piece-
goods"Jt Messerschmied -Arbeiten und dergleichen austauschen. — Wenn
Schiffe nach Mergui kommen, um Kohlen einzunehmen, werden sie mehr
Vortheil dabei finden, dergleichen Artickel mitzubringen, als leer anzukom-
men, und demzufolge werden die Preise Europäischer und Ostindischer
Waaren zu Mergui und an der Küste viel wohlfeiler werden, als sie es
unter den gegenwärtigen Umständen sind und in der That sein können.
Es ist gerade im jetzigen Augenblicke, eine merkwürdige Erinne-
rung dass im Jahr 1688, da eben die erste Grundlage zur Entstehung der
britischen Herrschaft in Ost-Indien gelegt wurde, der ehrenwerthe Hof der
Direktoren seine Beamten zu Madras beauftragte, sich zu bemühen, vom
König von Siam den Besitz der Stadt Tenasserim zu erlangen und die-
selben zu befestigen.
*) In geringer Entfernung vom Kohlengebiete lag einst eine grosse siamesische
Stadt, welche, wie es scheint, zur Zeit von Alompras Verwüstungszuges gegen die
Hauptstadt von Siam (1758) von den Einwohnern verlassen wurde. Gegenwärtig
sind jedoch alle Spuren menschlicher Wohnstätten dort verwischt und die Stelle
ist nur noch durch einige alte Obstbäume und eine grosse Wiese mitten im
Wald erkennbar.
242 Dr. Johann Wilhelm Belfer's
VII. Pflanzenreich.
A. Gewächse, welche in den südlichen Provinzen angebaut werden.
Reis. Bemerkungen über den Anbau des Reises. Die Bemerkungen, welche
ich in meinem ersten Bericht über die Provinz Amherst in Bezug auf
Landbau überhaupt und Reisbau insbesondere ausgesprochen habe, finden
auch in den südlichen Provinzen ihre Anwendung. Der Landbau wird,
in jeder Hinsicht, eben so lässig in Ye, Tavoy, Mergui und Tenasse-
rim betrieben, als in jener Provinz, auch hier wird Allem sein natür-
licher Verlauf gelassen und gerade nur das Nothigste gethan, um der Na-
tur Gelegenheit zu geben , ihre Freigebigkeit zu bethätigen. Die Burme-
sen sind schlechte Landbauer, alle ihre Nachbarn: Hindoos, Siamesen, Ma-
layen und Chinesen, übertreffen sie hierin.
Ertrag an Reis, viel geringer als in den nördlichen Provinzen: Das Er-
trägniss an Reis ist in den südlichen Provinzen ein viel geringeres und
zwar aus folgenden Gründen: 1) das Land an sich ist weniger dazu geeig-
net, 2) die Einwohner bauen werthvollere Gewächse, die im Norden nicht
fortkommen, und für welche sie ohne Schwierigkeit ihren Bedarf an Reis
eintauschen.
Den südlichen Landstrichen fehlen die weiten Strecken reichen an-
geschwemmten Bodens und desshalb werden sie nie der Provinz Amherst
an Fruchtbarkeit gleichkommen; doch findet sich für die gegenwärtige
Bevölkerung — auch wenn sie bis zum dreifachen heranwachsen sollte,
— genug guter Reisboden, besonders an dem Delta des (Tenasserim)
Flusses, am Hinzai, am Tavoy und anderen Nebenflüssen. Der Pye-Khia,
Palouk, Palou und Tenasserim -Fluss haben im Laufe der Jahrhunderte
eine grosse Menge angeschwemmten Erdreichs abgesetzt; dessen Oberfläche
grösstenteils wüst liegt oder bewaldet ist.
Tavoy genügt seinem eigenen Verbrauche; Mergui führt Reis von
Maulmain ein. Der Bau des Reises wird indess nie so einträglich werden
als der anderer tropischer Nutzgewächse; wäre Reis nicht ein unentbehr-
liches Nahrungsmittel der Einwohner, so würde man sich in Mergui gar
nicht mit dessen Anbau befassen. Die Ceylonesen und Inselbewohner, welche
— da sie zu tief in der Gesittung stehen, um Feldbau zu betreiben —
gar keinen Reis bauen, erhalten ihn zu Mergui, durch Vermittlung der
Chinesen, im Tausch gegen ihre eigenen Produkte.
Die eigentlichen Reisländer sind Pegu und die Provinz Amherst. Pegu, die
Provinz Amherst und ein Theil von Tavoy bringen so viel Reis hervor,
dass ihre ursprüngliche Bestimmung zu sein scheint, zu Zeiten des
Mangels die Kornkammern Ost-Indiens abzugeben. In Amherst und auch in
Tavoy, weis man nichts von Missernte und ein Reisspekulant, der in Folge
eines Uebereinkommens den Riots (Landbauern) eine Summe Geldes vor-
geschossen hat, kann stets versichert sein, die bedungene Menge zu erhalten.
Nachfrage mit) jedem Jahre im Steigen. Die niederen Preise der ver-
gangenen Jahre haben den Reisbau sehr herabgebracht, im laufenden Jahre
war aber der Begehr so stark, dass Alles aufgekauft wurde, und Tavoy
welches bisher gar keine Ausfuhr hatte, wurde in Anspruch genommen,
um die übrigen Bestellungen zu decken. — Gegenwärtig liegt der grösste
Nachtheil in der Zeit , die darauf geht, ehe 10,000 Körbe („baskets")
zusammengebracht werden können; indem zu Tavoy keine Niederlage be-
steht, ein eben so grosser Uebelstand ist die langsame Enthülsung des
Reises, welche hauptsächlich mittels Handmühlen durch weibliche Arbeit ge-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 243
schieht. Reismühlen nach amerikanischer Bauart, wie sie in Louisiana und
Neu-Orleans üblich sind, würden von grossem Vortheile sein. — Auch ver-
steht man es nicht, den Reis für längere Zeit aufzubewahren, die in
Chittagong übliche Methode kömmt dabei gar nicht in Anwendung. Isle
de France ist gegenwärtig die bedeutendste Oertlichkeit, die von Maul-
main aus mit Reis versehen wird.
Der Boden von Penang und Singapore ist so beschaffen, dass deren
Ertrag an Reis sich niemals wird mit der Tenasserim-Provinzen messen kön-
nen. Tavoy versieht Junk-ceilon und die benachbarten Staaten durch
einen Tauschhandel von Reis gegen Zinn, welches von Tavoy auf chine-
sischen Rooten („Junks") nach Kalcutta gebracht wird. Die kleinen Staa-
ten Kedak, Perak, Patani, Ligor und Sangora erzeugten vormals Reis
zur Ausfuhr; seitdem sie aber unter fremde Herrschaft gekommen, sind
sie stark in Verfall gerathen, und beziehen ihren Reis von Penang, das
sich wieder von Maulmain her versieht, ein neuer Grund zur Ermunte-
rung des Reisbaues in Tenasserim. Verständige Chinesen behaupten, dass
— falls eine unmittelbare Verbindung mit China bestünde — der Reis
von Tenasserim, wenn er in grosser Menge zu haben wäre, in Miss-
jahren (welche keineswegs selten sind) mit Vortheil nach China ausge-
führt werden könnte.
Dasselbe gilt für Ostindien und vielleicht war es nicht unmöglich, der Re-
gierung Reisgründe vorzubehalten und diese mit der Redingung zu verpachten,
dass die Pächter in Missjahren gehalten wären, der Regierung in kurzer Frist die
verlangte Menge zu liefern, wogegen es ihnen in gesegneten Jahren frei-
stünde, über die Ernte ganz oder theilweise nach Gutdünken zu verfü-
gen. Um die Riots (Landbauer) aufzumuntern, diese Regierungs-Grundstücke
in Anbau zu nehmen, könnte man den Pächtern besondere Vorzüge oder
einen Nachlass der Grundsteuer gewähren. Auf diese Weise stünde der
Regierung jederzeit eine unermessliche Menge von Rergreis (Paddy) zur
Verfügung. Da jede Verbesserung nur dann ins Leben tritt, wenn man
— anstatt ihre Vortheile theoretisch zu beweisen — dieselben thatsäch-
lich zeigt, müssen diese Pächter der Regierungs- Ländereien verhalten
werden, das indische und chinesische Umsetzungssistem anzunehmen; denn
wenn ein regelmässiges System des Anbaues durchgeführt würde, könnte
der Ertrag an Reis um Vieles über die jetzige Ertragsfähigkeit des Lan i
des gesteigert werden.
Baumwolle. Anbau derselben sehr vernachlässigt. Der Anbau der Raum-
wolle wird in den südlichen Provinzen sehr vernachlässigt und zum Ver-
kaufe wird davon gar nichts gewonnen, die Karäer bauen sie grössten-
theils nur zum Hausbedarfe. Zu Metamio machten die amerikanischen Mis-
sionäre ihre Gemeinde auf den Bau der Baumwolle aufmerksam und die
Einwohner von Tavoy nehmen ihnen diese in Kauf oder Tausch ab,
wonach Jeder, seinen Bündel auf dem Rücken durch die Rerpässe 40
bis 50 engl. Meilen weit nach Hause zurückkehrt.
Geringe Güte der Baumwolle. Die so gewonnene Abart der Baumwolle
steht indess der amerikanischen und afrikanischen an Güte sehr nach, wie-
wohl man in ganz Ava keine bessere Sorte kennt, und die schlechte
Baumwolle von Ava sogar auf dem Landwege Hunderte von Meilen weit
auf Maulthieren und Kleppern in die chinesische Provinz Yuan gebracht wird.
Einführung der Pernambucco - Baumwolle misslungen. Welch ein Feld
würde sich da dem aufthun, der es unternähme eine bessere Sorte ein-
244 Dr. Johann Wilhelm Helfen?
zuführen. Die grosse Mühe welche sich Hr. Bl und eil, der Kommissär,
mit Vertheilung von Pernambucco Setzlingen in der ganzen Provinz ge-
geben, blieb leider erfolglos, weil das Klima für diese Abart zu feucht
war, und wenn auch in Mergui der Regen gleichmässiger über das ganze
Jahr vertheilt ist, geben auch dort diese Setzlinge keinen Ertrag. Mir
scheint, dass jährige Gewächse mehr Beachtung verdienen.
Manilla und egyptische Baumwolle empfehlenswert!!. Jn meinem ersten
Berichte sprach ich die Ansicht aus, es sollte Manilla-Baumwolle, als dem
Klima am Besten angepasst, versucht werden und ich füge nunmehr bei,
dass in den südlichen Provinzen während der trockenen Jahreszeit ägyptische
Baumwolle eben so gut fortkommen dürfte, vorausgesetzt, dass man dazu
nicht allzu fetten Boden wählte. Seit der Einführung englischer gedruk-
ter Zeuge („Chintzes") soll die häusliche Verfertigung der Cheepudsos
(einheimischen Wollstoffe) sehr abgenommen haben. Mergui deckt seinen
ganzen Bedarf daran aus Rangoon.
Zuckerrohr. Bau des Zuckerrohrs gleichfalls vernachlässigt. Dieser
wichtige Artikel ist — wie bereits erwähnt — gänzlich vernachlässigt;
in den gesammten Provinzen wird davon nur eine geringe Menge zum
Hausbedarf in Gärten gezogen. Drei Abarten des Zuckerrohres sind hier
gewöhnlich; alle drei zwar nicht von den besten, doch ziemlich gut.
Das Rohr gedeiht überall reichlichst und steht auf den Märkten in sehr
niederem Preise. Als ich das Innere des Landes bereiste, pflegten die
Dorfbewohner überall, so wie ich ihre Haine betrat, den Trägern („Coo-
liesu) und Lastthieren Zuckerrohr in Menge zu reichen.
Anbau des Zuckerrohrs von den Siamesen begonnen. Die neuerlich
eingewanderten Siamesen scheinen das Zuckerrohr mehr zu beachten, als
die Eingebornen und am kleinen Tenasserim sind viele Acres Land
ausschliesslich damit bepflanzt. Einige Exemplare des Ta'iti-Zuckerrohrs,
womit mich die Acker- und Gartenbau-Gesellschaft zu Calcutta beschenkt
hat, gedeihen auffallend gut.
Anlockungen für Europäer. Man hat die Bemerkung gemacht, dass
die Chinesen das einzige Volk seien, welches sich auf den Anbau des
Zuckerrohres gründlich verstehe; so lange aber ihre Anzahl in den
Provinzen nicht zunimmt, wird dieser Anbau vernachlässigt bleiben, es
sei denn, dass Europäer sich damit befassen wollten. Jeder, der mit dem
Verfahren bekannt ist, würde hier viele Erleichterungen finden, die man
anderwärts vermisst. An der Meerenge von Malacca ist der Anbau des
Zuckers in voller Blüthe. In der Provinz Wellesley sind 2000 Chinesen
ausschliesslich damit beschäftigt und ziehen reichlichen Gewinn daraus. Der
überschwengliche Ertrag des reichen Bodens in den Provinzen, da wo die
Wälder eben gerodet wurden, dürfte die grösste Anlockung für den Bau
des Zuckerrohrs sein. — Dieselben Bemerkungen, welche ich in meinem
ersten Berichte, in Bezug auf Tabak, Indigo, Kaffee, Ananas und Bananen
ausgesprochen habe, sind auch auf die südlichen Provinzen anwendbar.
Betreffend die Betel-Pflanzungen, erhielt ich — in Bezug auf die Pro-
vinz Mergui — durch Hrn. Corbin folgende Nachweisungen:
Betel-Pflanzungen. Statistische Angaben über die Betel -Pflanzungen in
der Provinz Mergui. Die grössten Pflanzungen dieser Art bestehen zu
Cutwain und Beik town (zwei Dörfer in gleicher Entfernung von Mergui);
kleinere finden sich in allen Theilen der Stadt und in jedem Dorfe. Die
Betel-Pflanze bedarf in der Jugend viel Sorge und Aufmerksamkeit und
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 245
muss in sehr reichem Boden gesetzt werden, welcher noch mit Dünger
von Büffeln und verfaulten Hülsen des Berg-Reises (»Paddy«) verbessert
wird; auch muss sie vor den Sonnenstrahlen vollkommen geschützt sein.
Die Zeit des Anbaues ist im März, April und Mai; bei gutem Gedeihen
kann das Einsammeln der Blätter 5 bis 6 Monathe später beginnen und
15 Monathe lang fortgesetzt werden; später geht die Pflanze ein oder
die Blätter werden so klein, dass sie nicht mehr der Mühe werth sind.
Von jeder Pflanze werden allmonatlich an 50 Blätter eingesammelt; die
gesammten vorhandenen 42,000 Pflanzen geben mithin allmonatlich an
2,100,000 Blätter. Diese werden zu je 50 Stück in Packete zusammen-
gebunden, deren je 4 um 1 Anna verkauft werden. Der tägliche Ver-
brauch ist im Durchschnitte 14 Blätter auf den Kopf. Die Abgabe auf
Betel wird jährlich eingehoben; je hundert Pflanzen zahlen 2 Rupien;
doch lässt man — zur Aufmunterung des Anbaues — die grösseren
Pflanzer nur für 600 Stück zahlen; den Ueberschuss mag er nach Gut-
dünken bauen, ohne desshalb mehr als jährlich 12 Rupien dafür ent-
richten zu müssen. Im laufenden Jahre betrug die eingehobene Steuer
840 Rupien.
Gambir in den Provinzen wild wachsend. Nauclea Gambir {Calechu,
Terra Japonica) kommt in den südlichen Provinzen vorzüglich an den
Ufern des untern Tenasserim, zu Tenasserim selbst, und weiter abwärts
vor. Ob die Pflanze einheimisch ist oder zu einer Zeit, als diese Ge-
genden besser bevölkert waren, eingeführt wurde, weiss ich nicht. Sie
wird 6 Fuss hoch, findet sich unweit der Flussufer und scheint —
obwohl vollständig wild — sehr gut zu gedeihen. Die Eingebornen —
wenigstens die Karäer — kennen ihre Eigenschaften und kauen ihre
Blätter zugleich mit denen des Betel.
Terra Catechu von einer andern Pflanze stammend. Die Terra Catechu
der Märkte stammt nicht von der Gambir-Pflanze; sie wird hauptsächlich
von Rangoon eingeführt und kömmt aus Ava; sie rührt von der Acacia
Catechu her, welche — wie in Hindostan — auch im obern Ava sehr
gemein ist. Nur wenige Bäume dieser Art wachsen in der Stadt Mergui.
— Diese zusammenziehende Substanz ist neuerlich in Europa als ein Er-
satzmittel für Eichenlohe und Sumach sehr angepriesen worden.
Areca-Nüsse ein sehr werthvoller Artikel. Areca-Nüsse zählen unter
die wenigen, einigermassen wichtigen Erzeugnisse der südlichen Provinzen.
Die Areca-Palme ist in Hindostan unbezweifelt ein Fremdling und ebenso
in Maulmain, wo sie nur kümmerlich fortkömmt. Nur im reichen ange-
schwemmten Boden der Inseln im Salween wächst sie, bringt aber auch
dort nur wenige Früchte. In der Breite von Tavoy (14° N.) scheint
ihre Heimath in der östlichen Halbkugel zu beginnen; im Thale von Taun-
biaun kömmt sie zuerst in grösseren Pflanzungen vor. Gegen Süden zu
erstarkt die Palme sichtlich und findet sich bereits zu Mergui in voller
Kraft. Sie trägt dort bereits eben so reichlich, als an der Strasse von
Malacca; d. h. ein guttragender Baum gibt jährlich im Durchschnitte 3 — 6
Büschel zu je 90 — 160 Nüsse; das dortige Klima muss ihr demnach
angemessen sein. Bei jeder Hütte ist ein Areca- Garten oder stehen we-
nigstens einige Bäume; sogar die Karäer in den südlichen Provinzen
pflanzen sie. Die Setzlinge schienen in Betreff des Bodens nicht beson-
ders wählerisch zu sein. Sie scheinen mir fette Pflanzenerde an den
Gehängen der Hügel und eine feuchte Lage zu verlangen. Die Einge-
246 Dr. Johann Wilhelm Helfer' s
bornen fehlen darin, dass sie sie zu sehr zusammendrängen und so ihren
Wachsthum hemmen. Auf der Insel Madremecan, gegenüber der Insel Mer-
gui, entstanden vor Kurzen einige schöne Anpflanzungen, in der ganzen
Provinz ist aber keine ausgedehnt genug, um die ausschliessliche Benen-
nung einer Areca-Pflanzung zu verdienen. Die folgenden Notizen verdanke
ich Hrn. Cor bin zu Mergui.
Notiz über die Areca-Pflanzongen in der Provinz Mergni. Die Zahl der
jährlich gewonnenen Areca-Nüsse war, 4,200,000 die der fruchttragenden
Bäume 14,000, die der nicht tragenden (im Alter von 1—6 Jahren)
150,000. Jeder tragende Baum zahlt eine jährliche Steuer, von 8 Pies,
oder 2/3 Annas und gibt im Durchschnitte 300 Nüsse, welche im Sep-
tember und Oktober gesammelt und auf den Markt im Kleinhandel
um 1 Anna für 12 Stück verkauft werden. Der Baum fängt in der Regel
im siebenten Jahre zu tragen an, im ersten Jahre kann der neugepflanzte Setz-
ling, bei gutem Boden, 3 Fuss hoch Averdeu, in den folgenden Jahren
aber wächst er nicht in gleichem Verhältnisse: höchstens jährlich um
lVa — 2 Fuss. Die Areca-Palme bleibt etwa 20 bis 25 Jahre, fruchttragend,
nach dieser Zeit wird sie gehauen und ihr Holz zum Bau der Häuser
der Eingebornen zu Grundhölzern, Dachbalken u. dgl. verwendet. Die ge-
sammelte Frucht wird, wenn man sie in der Schale lässt, erst nach 2
bis 3 Monaten brauchbar, man enthülset sie daher, und lässt sie 3 Tag
lang einweichen, und dann trocknen, wonach sie roth wird, und in die-
sem Zustande übers Jahr lang aufgehoben werden kann. Geschieht dies
nicht, so wird die Nuss weis, und ist bei den Eingebornen nicht beliebt,
hält sich auch nicht so lange. Der Preis für die rothen Nüsse ist meistens
noch einmal so hoch, als der der weissen. Im Ganzen kann man anneh-
men, dass jede Person der eingebornen Bevölkerung täglich eine solche
Nuss verbraucht. Ausfuhr findet nicht statt, da die Gewinnung den ein-
heimischen Verbrauch nicht deckt; der Ueberschuss wird während der
Monate Februar, März und April von Penang und den Nicobaren her ein-
geführt. In gegenwärtiger Jahreszeit betrug die Einfuhr 2,905,000 Stück
welche das 10,000 zu 18 Rupien abgesetzt wurden. Weder Ausfuhr noch
Einfuhr ist mit einer Steuer belegt.
Kokosnüsse. Der Anbau der Kokospalme ist auf bedauerliche Weise
vernachlässigt worden , obschon sie — besonders nahe an der Küste —
vortrefflich gedeiht. — Die vorhandenen Palmen genügen selbst nicht dem
beschränkten Bedarfe der Einwohner, so dass alljährlich mehrere Schiffs-
ladungen von Kokosnüssen aus den Nicobaren eingeführt werden.
Vorurtheile der Eingebornen. Die Eingebornen haben einen grossen
Widerwillen gegen den Anbau der Kokospalme. Sie wenden dagegen ein,
dass sie dabei 12 Jahre lang auf den Erfolg ihrer Mühe warten müssten;
der wahre Grund ist aber ein anderer. Zur Zeit der Burmesen waren
alle Kokosnüsse ein Eigenthum des Hauptes der Stadt oder des Dorfes
und jeder Baum, von wem immer gepflanzt, galt als der Regierung ge-
hörig. Da nun die Burmesen noch immer nicht den Gedanken aufgegeben
haben, die Engländer würden die Provinzen entweder aus freiem Antriebe
zurückstellen oder sehr möglicherweise daraus vertrieben werden, gilt
ihnen der Anbau der Kokospalme als ein grosses Wagniss, indem sie
bei Wiederkehr der burmesischen Herrschaft ihr Eigenthumsrecht darauf
sicher verlieren würden.
gedruckte und ungediuckte Schriften übei die Tenasserim-Provinzen etc. 247
Diese Palme verdient besondere Beachtung. Die Cocospalme ist von
so allgemeinem Nutzen, dass ihr Anbau, wo er immer bewerkstelligt wer-
den kann, besondere Beachtung und Aufmunterung verdient. Seine Frucht
ist nicht nur ein allgemeines Nahrungsmittel — selbst für den niedrigsten
Arbeitsmann — sondern auch ein werthvoller Gegenstand der Ausfuhr.
Verminderung der Einfuhr ans den Nicobaren. Die Eingebornen be-
haupten, die Cocospalmen auf den Nicobaren trügen wegen ihres hohen
Alters mit jedem Jahre weniger und nur wenig junge Bäume kämen dort
auf; in der That gehen die dortigen Einwohner so schlecht mit ihnen
um, dass in kurzer Zeit die Zufuhr von dort nicht mehr genügen wird.
Cocosöl für den englischen Bedarf. Da nun diese Provinzen ihren
ganzen Bedarf von den Nicobaren beziehen, müssten die Cocosnüsse bald
im Preise steigen und es erschiene demnach sehr rathsam, sie dort selbst
im Grossen zu ziehen; um so mehr, als seit einigen Jahren das Cocosöl
nach England geht, wo es für den Bedarf der Kerzenverfertigung einen
vortrefflichen Absatz findet.
Später Ertrag ein Dinderniss. Wegen der grossen Auslagen, welche
gemacht werden müssen, bevor man zu einem Ertrage kommt, lässt sich
nicht erwarten, dass die dermaligen Grundbesitzer sich auf ausgedehnte
Pflanzungen einlassen werden. Die Palme wird im achten Jahre tragfähig,
und im zwölften Jahre gibt ein gut tragender Baum jährlich 80 — 100
Stück Nüsse. Die vielen Feinde, welche die Cocospalme in anderen Ge-
genden hat, sind hier unbekannt oder ohne Bedeutung. Zu ihnen zählt
eine Art Calandra, welche sich in die Schösse der jungen Pflanzen ein-
frisst und diese tödtet.
Anzahl der Cocospalmen in der Provinz Mergui. (Nach Hrn. Corbin).
In der Provinz Mergui sind 2540 tragende Cocospalmen, welche (das
Stück zu 50 Nüssen gerechnet) jährlich 12,700 Nüsse geben; diese
werden von den Einwohnern unreif verzehrt. Die Zahl der jungen Bäume
mag an 2000 sein; diese werden mit 9 bis 10 Jahren fruchttragend und
bleiben so bis in ihr fünfzigstes oder sechzigstes Jahr. Der Marktpreis
der unreifen Nüsse ist 3 Rupien das Hundert; die Regierung erhebt
eine jährliche Abgabe von 8 Annas für jeden fruchttragenden Baum. Die
Cocospalmen in der Stadt Mergui selbst und die bei dem an 2ya (engl.)
Meilen gegen NO. entfernten Dorfe Cutwain gelten für die fruchtbarsten.
Die Nüsse für den Verbrauch der Küche und zu anderen Zwecken
werden meist von Penang und von den Nicobaren zu derselben Jahres-
zeit, wie die Areca-Nüsse eingeführt; im Jahre 1838 betrug die Einfuhr
16,000 Stück, das Hundert zu 3 bis 8 Rupien.
Nipah (Nipa fruücans), eine der nützlichsten Palmen. Diese sehr
nützliche Palme findet sich nur in den südlichen Gegenden der Pro-
vinzen in grösserer Menge. In Maulmain kommt sie nur einzeln und
verstreut vor. Im Gebiete von Ye wird sie häufiger; eigentlich heimisch
scheint sie indess erst vom Palou-Fluss an zu werden; und in Mergui
erreicht sie ihre volle Entwicklung.
Ihr Verbreitung»- Gebiet. Die Nipah ist in der That im indischen
Archipel zu Hause, von wo aus sie, gleich manchen anderen Pflanzen,
bis zur Breite von Mergui aufsteigt, ohne jedoch jene von Maulmain zu
erreichen. Die Nipah wächst ausschliesslich in den brackischen Gewässern
des Mangrove-Gebiets; sie hat keinen Stamm; bei der Fluth steht der
untere Theii ihrer Zweige unter Wasser. Sie wächst theils wild, theils
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft, T
248 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
wird sie angebaut und die Bewohner von Mergui halten ihren Anbau für
sehr lohnend.
Schneller Wachs. Ihr Wachsthum geht schnell vor sich, so dass sie
mit dem vierten Jahre ausgewachsen ist; sie bedarf keiner anderen Pflege
als das alljährliche Ausschneiden des sie umgebenden Salzwasser-Dickichtes.
Da indess jeder Anbau hier nur in sehr kleinem Maasstabe betrieben
wird, bleibt natürlich auch für den der Nipah noch Vieles zu thun
übrig. Die zahlreichen Buchten und Arme des Tenasserim und die
dazwischen liegenden Nullahs (natürliche Kanäle) an sumpfigen Stellen
wären zu ihrer vorteilhaften Verbreitung geeignet.
Gebrauch der Blätter. Der Gebrauch der Nipah ist ein zweifacher.
1) Die Blätter sind in den Provinzen das einzige Material zur Deckung
der Hausdächer und da sie — wegen der Verwüstungen holzfressender
Insekten, vorzüglich der Gattungen Bostrichus und Rhinozimus — höchs-
tens 3 Jahre aushalten, muss natürlich deren Verbrauch sehr stark sein.
Fast alle Blätter werden von Mergui aus in die nördlichen Provinzen
gebracht. — Im laufenden Jahre hatten die Nipah -Pflanzen sehr guten
Gewinn, die zahlreichen Bauten zur Unterbringung der zwei eben in
Maulmain angekommenen Regimenter vermehrte den Begehr beinahe ins
Unbeschränkte. Die Blätter der Nipah fangen viel schwerer Feuer, als
die irgend einer andern Palmenart; sie werden desshalb diesen, besonders
denen der Cocospalme, und noch mehr denen der Grasarten, vorgezogen.
So viel mir bewusst, wird beim Abschneiden der Blätter kein besonderes
Verfahren eingehalten. Ich bemerkte, dass man vor dem * Eintritte des
Monsoon, die Palmen fast aller ihrer Blätter — mit Ausnahme einiger
noch nicht ganz ausgewachsenen, beraubte. Es ist festgestellt, dass 1
Acre an 7600 Blätter geben kann, welche in diesem Jahr, bevor sie
zu Matten verarbeitet worden, mit 10 bis 12 Hupien verkauft wurden.
Palmwcin und Zocker. Die Eingebornen benützen hauptsächlich die
Blätter der Nipah; das werthvollste Produkt dieser Palme ist aber der
Palmwein (ToddyJ, welcher sich in Syrup und — wie neuerliche Ver-
suche erwiesen haben — mit Leichtigkeit in Zucker verwandeln lässt, der
den ostindischen Palmzucker (JagheryJ an Güte übertrifft; nur muss für
die Neutralisirung der salzigen Theile, die dieser Zucker in rohem Zu-
stand enthält, gesorgt werden. Da nämlich die Nipah in brackischem
Wasser wächst, sind alle ihre Theile mit einer Lösung von kohlensaurem
Natron getränkt.
Bereitung des Zockers. Die Eingebornen binden den gesottenen Toddy
in ein Tuch fest zusammen und hängen dieses in ihren Häusern über
ein Gefäss auf; der Syrup tropft ab und lässt den krystallisirten Zucker
zurück. Die Menge des gewonnenen Palmensafts ist sehr gross ; man
rechnet auf 800 Palmen jährlich 350 Zentner Saft oder 170 Zentner
Syrup; so dass — den Gewinn aus den Blättern mit in Rechnung ge-
zogen — ■ die Zucht der Nipah im Grossen sehr gewinnreich ausfallen
dürfte. Ein weiter jetzt wüst liegender Landstrich könnte in dieser Weise
nutzbar gemacht werden.
Andere Palmen. Die übrigen Palmenarten dieses Landes sind von
geringem Nutzen für das gemeine Leben.
Rattan-Palme. Die Rattan-Palme, obwohl dem Reisenden im Innern
lästig genug, kömmt nicht so zahlreich vor, dass sie mit den äquatorialen
Landstrichen in Bewerbung treten könnte. Eine ungemein starke Art Rattan
sedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 249
wird sehr geschätzt und wird benützt, um zur Nachtzeit die Elephanten
daran fest zu binden; die Karäer bringen gelegentlich diese Art in die
Hafenstädte.
Pandanus odoratissimus ; dessen Gebrauch bei den Eingebornen. Der
Pandanus odoratissimus ist bei den Eingebornen als cosmeticum sehr
beliebt; den Blüthenstaub benützen die Weiber als schweisstillendes Mittel;
die Blume ist sehr wohlriechend, aber von so starkem Gerüche, dass
wenig Europäer ihn vertragen können; bei zarteren Frauen bewirkt er
sogar Krämpfe und Ohnmächten. In der Blüthezeit, d. i. beim Anfang
des Monsoons, wird auf dem Markte zu Mergui das Stück für 1 bis 2
Pies verkauft.
Dorians (Durio zibethinus) . Die Frucht von den Eingebornen sehr
geschätzt. Der Durian ist für die Burmesen der wichtigste unter den
Bäumen mit essbaren Früchten. Er wird allgemein so hoch geschätzt,
dass man erzählt, der König von Ava habe, als er diese Provinzen auf-
geben musste, nichts so sehr bedauert, als das Ende seiner Herrschaft
über die Durian-Wälder. Dieser Baum reicht nördlich nicht bis Maulmain
hinauf; nur einige wenige Individuen stehen als Seltenheit auf der Insel Beloo.
Verbreitung des Durian. Sein Verbreitungsbezirk beginnt bei Tavoy;
grosse Pflanzungen davon sind bei Mount Burney und sehr schöne Exem-
plare im Thale von Taunbiaun. Weiter unten am Tenasserim fängt der
Baum an beinahe wild zu wachsen und unter 14° N. B. bildet er grosse
Wälder.
Beschreibung des Baumes und seiner Frucht. Er ist dort ein schlanker
und mehrere Fuss hoher Baum, dessen Holz von den Chinesen mitunter
zu trefflichen Schiffsbalken und Masten benutzt werden soll. Die Frucht
ist in Geschmack von jeder andern verschieden und Anfangs des starken
Geruchs wegen mit wenigen Ausnahmen allen Europäern widrig. Indess
finden sie allmälig Geschmack daran und Jeder, der längere Zeit in
diesem Lande gelebt hat, geniesst sie gern zur Zeit der Reife. Bei den
Eingebornen ist sie so beliebt, dass selbst die Niedrigsten unter ihnen
sich zur Zeit der Reife einige Schwelgereien in Durians gestatten. Der
Baum ist zweihäusig und jeder nimmt einen grossen Umfang ein, und
da der Baum wild wächst, dürfte dessen Anbau — wenigstens bei Mergui
— weniger Vortheil bringen, als irgend eine andere Benutzung des Bo-
dens. Zu Tavoy ist die Frucht mehr werth, indem deren Hauptmarkt
Rangoon um 2 Grade näher liegt. Die Zahl der Boote, welche zu Tavoy
für Bangoon Durians laden, muss bedeutend und der Gewinn daraus nicht
gering sein. Die Frucht hält sich nicht über 6 bis 8 Tage und wird in
Tüchern, die mit Thon überzogen sind, nach Rangoon gebracht. Das
Hundert wird zu Mergui — wenn der Markt gut versehen ist — mit
2 bis 3 Rupien bezahlt; zu Rangoon kostet zeitweise ein Stück eine
Rupie. Der König von Ava schickt alljährlich ein Schiff nach Tavoy, um
Durians zu holen. So wie diese in Rangoon angekommen sind, werden
sie durch stationsweise aufgestellte Reiter oder in Kriegsbooten mit 40
und mehr Köpfen Bemannung nach Ava gefördert. Der Ueberschuss wird
gesalzen und eingepöckelt und so — besonders aus dem Thale von Taun-
biaun ausgeführt.
Gebrauch der Hülsen. Die Chinesen benützen die dicke Fruchthülse
zum Bleiehen der Seide, wozu sie vortrefflich taugt. Sie gibt eine seifen-
artige Substanz, welche die klebrige Decke der Seidenfaser zugleich zer-
r*
250 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
stört und wegnimmt. — Die Honiggefässe der Blumen enthalten viel
Zuckerstoff; der Honig aus den Durian-Wäldern gilt für den duftigsten.
Ehen desshalb sind die Blumen und die Fruchtknospen vielen Nachstel-
lungen ausgesetzt, besonders von Vögeln aus der Familie der Honigsauger
und von einem kleinen grünen Papagei (Psittacus prehensilisj, der für
ihren ärgsten Feind gilt. Schwärme von vielen Tausenden finden sich
zur Blüthezeit (Ende Februars) in den Durian-Pflanzungen ein.
Mango steens (Garcinia Mangostana) nicht einheimisch. Dieser Baum
ist ein äquatoriales Gewächs, welches aus dem indischen Archipel einge-
führt wurde und nordwärts nicht über Mergui hinausreicht. Seine Frucht
ist gewiss die köstlichste der Obstländer und es ist nur zu bedauern,
dass sie gar nicht zur Ausfuhr geeignet ist. So lange die Zahl der
Bäume beschränkt bleibt, ist ihr Anbau sehr gewinnbringend. Ein aus-
gewachsener Baum gibt 1000 Früchte, das Hundert gering gerechnet zu
3 Bupien. — Die Fruchtschale gibt eine sehr kräftige und sehr werth-
volle, bisher ganz unbeachtet gebliebene Gärberlohe.
Der Jack-Baum (Artocarpus inteyrifolia), eines der nützlichsten Er-
zengnisse der östlichen Provinzen. Bereits in meinem ersten Berichte erwähnte
ich, dass dieser Baum in der Provinz Amherst reichlich gedeiht; seine
höchste Vollkommenheit erreicht er indess erst in den südlichen Gegenden.
Es ist dieser Baum gewiss einer der werthvollsten, wenn auch seine
Dienste nicht hinreichend geschätzt werden; keiner seiner Theile ist
nutzlos. Die Frucht ist eine gewöhnliche Speise der Einwohner, das Holz
gibt eine Menge gelben Farbstoffes (der allgemein durch Auskochen der
Sägspänne gewonnen wird), ausserdem ist es vortrefflich zu Hausgeräthen
und wird mitunter dem Mahagony gleichgestellt; die Blätter geben ein
gesundes Futter für das Vieh und für eine Art einheimischer Seiden-
raupen; die Binde schwitzt eine Art Caoutchouc aus und (was das Wich-
tigste scheint, bisher aber in den Provinzen ganz vernachlässigt, ja un-
bekannt war) die Fruchtkerne geben eine grosse Menge üel.
Gewürze. Die Provinz Hergui zum Anbau von Gewürzpflanzen geeignet.
Gewürzpflanzen werden in Maulmain vielleicht nie gedeihen, ganz anders
verhält es sich aber mit Mergui. Die Verschiedenheit der beiderseitigen
Klimate tritt nirgends so scharf hervor, als in Bezug auf Gewürzpflanzen.
Diese gedeihen erwiesenermassen in Mergui; die Muskatbäume, die gegen-
wärtig auf der Insel Madramecan vorkommen, sind eben so in Flor, wie
die zu Pulo Penang.
Grosse Anlockungen für den Anbau von Gewürzpflanzen. Die neuer-
lichen Versuche zu Penang haben erwiesen, dass der Anbau von Gewürz-
pflanzen für die östlichen Tropenländer der einträglichste Kulturzweig ist.
Der von den Holländern in ihren Besitzungen so streng gehandhabte
Alleinhandel hat theilweise aufgehört; West-Indien, Brasilien, die West-
küste von Afrika und Isle de France haben ihren Antheil an diesen
kostbaren Erzeugnissen an sich genommen und neuerlichst sind sie zu
Penang und in der Provinz Wellington mit augenscheinlichem Erfolg an-
gebaut worden. — Die Begierung hat freigebig den ersten Anstoss zur
Einführung der Gewürzpflanzen auf diesem neuerworbenen Gebiet ertheilt
und wenn die Sache auch voreilig aufgegeben worden, so hat doch diess
Beispiel und dieser Antrieb in den letzten Jahren mehreren Pflanzern
zum ausgezeichnetsten Erfolge — trotz der herabsetzenden und entmu-
thigenden allgemeinen Meinung — verholfen. Man kann wohl sagen, dass
gedrückte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-i'rovinzen etc. 251
eine Regierungs-Baumschule zu Penang — so wenig Gewicht man damals
auf eine solche legte — der erste Schritt zur Anlegung einer Landbau-
Kolonie auf den Inseln war, ohne welche diese Besitzung zu Grunde
gehen musste, indem der ursprüngliche Beweggrund ihrer Besetzung: die
Errichtung eines Stapelplatzes für die Meerenge von Malacca, durch die
überwiegende Nebenbuhlerschaft von Singapore vereitelt worden. — Mergui
liegt nahezu in gleicher geographischer Länge mit Penang und nur um
7 Grade nördlicher; sein Klima nähert sich viel mehr dem äquatorialen und
als das der Landstriche, welche dem Wendekreise des Krebses näher liegen.
Die Heftigkeit des Monsoon ist dort bereits gebrochen; er dauert
kürzere Zeit und Regen fällt fast in jedem Monate des Jahres. — Die
wenigen bisher vorhandenen Gewürzbäume (etwa 454)) haben noch keinen
wirklichen Gewinn gewährt; die Burmesen selbst wissen gar nichts von
dem Gewinn, den sie daraus ziehen könnten und nicht von ihnen, sondern
allein von der Regierung sind die ersten Versuche dieser Art zu erwarten.
B. Wildwachsende Produkte des Pflanzenreiches.
Diesen Gegenstand muss ich kürzer behandeln, als ich es selbst wünsche,
denn, so viel Materialien ich auch zu sammeln Gelegenheit hatte, fehlte es
mir bisher an Zeit und Müsse, es gehörig zu prüfen. Ich unterlasse demnach
die Aufzählung einer Menge veränderlicher burmesischer Namen zahlreicher
Pflanzen, bis es mir einst möglich sein wird, ihre botanischen Benennungen
festzustellen und die erfahrungsmässige Wirklichkeit, der ihnen von den bloss
empirisch vorgehenden Eingebornen zugeschriebenen Kräfte zu erproben.
1. Arzneipflanzen. Die Eingebornen wissen wenig von Arzneikunde und
diess Wenige beruht mehr auf Aberglauben als auf Erfahrung. Bei der
arzneilichen Anwendung von Kräutern gehen sie ohne System vor; jeder
Praktiker hat seine eigenen Geheimmittel; jedes alte Weib macht sieh
selbst zum Doctor und Jedermann handelt nach eigener Ansicht. Viele
Pflanzen werden — nach ihrer Meinung — nur durch den Beistand oder
mit Erlaubniss der Geister (Ndts) des Waldes, indem sie wachsen, heil-
kräftig und überhaupt halten sie Talismans für die wirksamsten Heilmittel.
Pharmacologia Burmanica. Von Leuten, die nach solchen Gründen
handeln, lässt sich keine Belehrung über die Kräfte und arzneilichen
Eigenschaften der Pflanzen ihres Landes erwarten. Ihre Materia medica
aus dem Pflanzenreiche lässt sich ungefähr unter folgendes Schema bringen:
1) Pflanzen, welche jederzeit Arzneikräfte besitzen; 2) Solche, welche
sie nur bedingungsweise besitzen; 3) Arzneilich unwirksame Pflanzen. —
Die erste Abtheilung lässt sich wieder folgendermassen zergliedern:
a) Pflanzen, die in geringen Gaben das menschliche Leben zerstören
(Giftpflanzen); b) Pflanzen, welche auf den menschlichen Organismus
heftig einwirken; c) Gelind wirkende Pflanzen. Unter „bedingungsweise
wirksamen" Pflanzen verstehe ich jene, welche — nach der Meinung der
Burmesen — nur durch die Macht geistiger Wesen heilkräftig werden.
Begreiflicherweise sind diese Pflanzen an und für sich von gar keiner oder
nur sehr geringer Wirkung. Der unentwickelte Mensch fühlt sich mehr
von dem Uebernatürlichen als von dem ihm Naheliegenden angezogen und
desshalb greift man in Krankheitsfällen zuerst nach solchen Zaubermitteln.
Burmesische Aerzte. Wenn Einbildungskraft, Glaube und Zufall nicht
helfen, werden gelind wirkende Pflanzen angewendet; meist aber ist die
Krankheit dann bereits schon so vorgeschritten, dass sie wenig helfen,
252 Dr. Johann Wilh. Ilelfer's
wenn sie die Erfahrung auch als wirklich heilsam gezeigt hat. Wenn
nun der Kranke am Rand des Grabes steht, greift der burmesische Arzt
zu heftig wirkenden Mitteln. Brechmittel, starke Drastica, Emenagoga,
betäubende Stoffe, welche in diesen an Giftpflanzen so reichen Lande in
Menge vorkommen und in der medicinischen Praxis der Burmesen nur zu
oft verderblich werden. Ich weiss einen Fall, in welchem ein Burmese,
der für einen sehr geschickten Arzt galt, vor meinen Augen eine Emulsion
von frischer Nux vomica bereitete (welche — wie ich nachträglich mich
selbst überzeugte — an 2 Drachmen dieser Substanz enthielt) und sie
einem Manne, der in Folge des Opiumrauchens an Säufer-Wahnsinn litt,
auf Einmal eingab; nach 12 Minuten war der Kranke verschieden. —
Die Burmesen wissen sich von den Wirkungen der Arzeneien keine Re-
chenschaft zu geben. So weit ich sie verstehen konnte, ist ihre medi-
cinische Theorie eine Art Hurnoral-Pathalogie, nach der jede Krankheit
vom Blute kömmt und jede Arznei auf das Blut wirkt. Nach ihnen ist
das Blut grün, gelb oder blau, steinig, schimmelig, scharf, zu jung oder
zu alt. Ich habe eine Menge ihrer Arzeueimittel aus verschiedenen Ge-
genden der Provinzen gesammelt und hoffe, sie einer genauen Prüfung
unterziehen zu können.
2. Farbstoffe. Diese sind zahlreich, wenige davon untersucht, noch weni-
gere (mit Ausnahme der in anderen Gegenden Ost-Indiens bekannten) benutzt.
A) Gelbe Farbstoffe. 1. Arten von Carcuma. Ausser Curcuma longa
und Cure, rotunda wachsen noch mehrere Arten dieser Gattung wild in
den Dickichten und zwar auf niedrigen sumpfigen Steilen oder an schat-
tigen Orten. Die Pflanze wird häufig gebraucht, theils als Heilmittel, theils
zum Färben von Stoffen, vorzüglich derer, in welche sich die Priester
(Poonghy) kleiden.
2. Neuer Farbstoff. Im Innern, und zwar gegen Osten zu, fand ich
in der Breite von Tavoy, in den Bambus - Wäldern eine nahe mit Cur-
cuma verwandte Pflanze. Sie erhebt sich etwa 4 Fuss über den Boden,
ist scharlachroth, von brennend bitterem Geschmack, ähnlich dem des
Ingwers und färbt den Speichel pomeranzengelb.
Chemische Intersuchung. Bei näherer Untersuchung fand ich darin
einen dem Curcumin ähnlichen Farbstoff und ausserdem eine ziemliche
Menge in siedendem Wasser unlöslichen, in Alkohol und Aether leicht
löslichen ätherischen Oeles. Die concentrirte Lösung ist dunkelbraun,
die verdünnte pomeranzengelb. Die Niederschläge daraus sind : mit Zinn-
lösung roth oder pomeranzengelb; mit Bleilösung kastanienbraun; mit Eisen-
salzen braune Färbung. Der filtrirte Absud der Pflanze mit Alaun gab
mit gepulverter Kreide theils eine Verbindung des Farbstoffes mit Thon-
erde, theils ein Gemeng desselben mit unzersetztem Alaun. Die Pflanze
(deren botanischen Namen, nebst näheren Einzelnheiten ich bald angeben
zu können hoffe), kömmt während der trockenen Jahreszeit in Menge
vor und ihr, die Curcuma anscheinend übertreffender Farbstoff könnte
ein Gegenstand der Ausfuhr werden.
3. Jack-Holz. Gelber Farbstoff aus dem Jack-Holze- Die Säge-Späne des
Jack -Baumes (Artocarpus integrifolia) geben mit Alaun abgesotten ei-
nen gelben Farbstoff, der entweder für sich allein zum Färben der Stoffe
in die sich die Poonghies kleiden und der Wollstoffe (pudsos), oder mit
wildem Indig versetzt, zum Griinfärben verwendet wird, aber eine weder
schöne noch haltbare Farbe gibt.
gedruckte und ungedrucktc Schriften über die Tenasseriin-Provinzen etc. 253
4. Anotto, (Bixa Orellana). — Der Anotto-Baum in den Provinzen weit
verbreitet. Obwohl der Anotto aus Amerika stammt und meines Wissens
von den Einwohnern nicht viel benutzt wird, ist er doch über die Pro-
vinzen weithin verbreitet. Er gedeiht trefflich in jedem Boden, und ist
beinahe ganz werthlos. Da der Baum beständig reife Früchte trägt, könnte
man zu Mergui das ganze Jahr hindurch diesen Farbstoff zu sehr gerin-
gem Preise erhalten. Der Anotto, welcher in West-Indien, vorzüglich auf den
französischen Besitzungen, ein bedeutender Ausfuhr -Artickel ist, verdient
einige Beachtung.
Ausser den drei eben genannten kenne ich noch 7 andere Gewächse,
welche gelbe Farbstoffe liefern, habe sie aber noch nicht gehörig un-
tersucht. —
B.) Bothe Farbstoffe. 1. Sapan-flolz. Verkehr mit demselben. Dieses Holz
ist eines der bedeutendsten Erzeugnisse der Mergui -Provinzen und für
diese (allerdings in kleinerem Maasstab) eben so wichtig, als es das Teak-
Holz für Maulmain ist. Das Sapan-Holz kommt nur in einem sehr kleinen
Theile der Tenasserim -Provinzen vor. Der westlichen Seite der Halbinsel
scheint es fremd zu sein, an der östlichen oder siamesischen ist es sehr
häufig und innerhalb des britischen Gebietes findet es sich an der äus-
sersten Ost-Gränze am Tennasserim hinauf, an einer Stelle, die sich wäh-
rend des Monsoon, bei hohem Wasser, in Booten innerhalb 22 — 30 Tage
erreichen lässt. Der beschränkte Baum seines Vorkommens, die Beihe von
Jahren, während derer es alljährlich gefällt worden und der gänzliche
Mangel an jeder Beaufsichtigung dabei, lassen seine baldige Ausrodung
auf britischem Gebiete nur allzuernstlich befürchten.
Diese werthvolle Holzart, obwohl in wildem Zustande auf einen en-
gen Raum beschränkt, gedeiht in den verschiedenen Oertlichkeiten, in die
sie verpflanzt wurde. Sogar die sorglosen Burmesen haben sie — sei es
wegen des hohen Gewinnes, sei es aus blosser Neugierde, bei Tenas-
serim und auf der Insel Mergui angepflanzt; die Bäume, die ich an bei-
den Orten sah , waren vollkommen gesund und im schnellen Wachsthum
begriffen. — Eine Pflanzung auf Mergui zur Ersparung der Verfrachtung
könnte mit der Zeit noch mehr Gewinn bringen, als selbst die Gewürz-
gärten zu Penang, da im vorigen Jahr der Zentner Sapan-Holz zu Mergui
mit 6 Bupien bezahlt wurde. Die Eingebornen fahren vor dem Eintritt
des Monsoon in Booten nach den Sapanwäldern; das Misslingen des vorigen
Jahres hat im gegenwärtigen die Zahl der Holzschläger vermindert.
Sie fällen das gehörig ausgewachsene Holz (natürlich ohne allen Un-
terschied) an den bestgelegenen Stellen und seitdem es seltener gewor-
den ist, graben sie auch die Wurzeln aus und zerstören auch so den
Baum selbst, ein Verfahren, welches streng zu untersagen wäre. Im Monath
August beginnen sie das Herabfördern in Flössen wobei Antheile von
Farbstoffen verloren gehen, noch mehr davon geht zu Mergui selbst ver-
loren, wo sie sorgloser Weise wochenlang im Flusse liegen. Der Handel
liegt ganz in den Händen der Chinesen, deren einige zu Mergui damit
reich geworden sind , die Verfrachtung nach Calcutta geschieht auf chi-
nesischen Junken.
Ausser Caesalpinia Sappa?i gibt es noch 2 Arten derselben Gattung,
deren Holz Farbestoffe enthält; ihre Eigenschaften sind indess nicht genau
bekannt. Einer davon ist der sogenannte Bhinoceros-Strauch, ein an den
254 Dr. Johann Wilhelm Belfer's
Flussufern in dem südlichen Gebiet des Tenasserim gemeiner, stachlicher
Strauch. —
Inifang des Verkehres in der Provinz Mergui. (Nach M. Corbin's An-
gaben.) Die Fällungszeit des Sapan-Holzes beginnt gleich nach dem Ein-
tritt des regnerischen Monsoons, sobald das Wasser in den Nullahs hoch
genug steht, um in Booten zu den Wäldern gelangen zu können. Die
Arbeiter nehmen Mundvorrath und anderen Bedarf für mehr als zwei Mo-
nate mit, viele nehmen, wenn sie mit ihrem Holze zurückgekehrt sind,
noch eine zweite Beise vor.
Statistische Angaben über den Verkehr mit Sapan-Holz. Im Jahre 1837
machten 36 Boote, Mergui im Juni verlassend und im August zurück-
kehrend, die erste Beise in die Wälder mit, ihre gesammte Bemannung
betrug 720 Köpfe. Diese fällten und brachten nach Mergui 363. SSO Viss,
welches an Chinesen und andere dortige Kaufleute für den vertragsmäs-
sigen Preis von 6.« Bupien für 100 Viss abgeliefert wurde.
Die 2. Beisegesellschaft verliess Mergui in den letzten Tagen des
August und den ersten Tagen Septembers und kam im November zurück,
sie zählte 12 Boote, mit 240 Mann und brachte 99.200 Viss im ver-
tragsmässigen Preise von 6.12 Bupien für 100 Viss, zurück.
Hiernach ergibt sich für 1837.
1. Beise. 36 Boote. 720 M. Ausb. 363.550 Viss Werth v. 100 Viss:6.« Bupien;
Gesammtwerth: 23.176 „
2. Beise. 12 „ 240 „ „ 99.200 „ Werth v. 100 „ 6.«,,
Gesammtwerth : 6.696 „
Summa: 48 „ 960 „ „ 462.750 , „ 29.872 „
1. Beise. Steuer (zu 15 von 100) 3.476 Bupien.
&• r> n » n » » 1.005 „
Summa 4.481 „
Das Sapan-Holz wird von den Wäldern auf kleinen Bambus-Flössen,
in durchschnittlichen Ladungen von 1.200 Viss unter der Führung von 2
oft auch 3 Arbeitern herabgeflösst. Gleich nach der Ankunft jenseits des
Bankshall, werden die Flösse abgeladen, das Holz wird unter Aufsicht
des Ein- und Ausfuhr-Amtes abgewogen, und die Gebühr von 15 Perct.
mit einem Abschlag von 5 Percent wegen der in dem Holz enthal-
tenen Unreinigkeit und Feuchtigkeit erhoben. Die Zahlung geschah
früher in Waare, oder in Geld, in den letzten Jahren hat sie die Be-
gierung aber in klingender Münze empfangen. Am 18. Juli 1838 sind 28
Boote mit 594 Mann zur Holzfällung abgegangen ; der vertragsmässige
Preis ist 6.6 Bupien für 100 Viss.
2. Sandelholz. Diese Holzart kommt in 2 Arten, die, wie ich ver-
muthe, beide vom ceylonischen Pterocarpus santalinus verschieden sind,
in den südlichen Gegenden der Provinz vor. Sie soll in grosser Menge
auf den Inseln südlich von Mergui vorkommen und dort von den Chi-
nesen zum Verkaufe nach China heimlich gefällt worden.
3. Nee Bay Atze. Derselbe wildwachsend Dieser dauerhafte Farbstoff ist
einer der beliebtesten bei den Eingebornen. Ich weis nicht, ob die Pflanze
die Ihn liefert, auch in Ost-Indien bekannt ist, es ist ein 15 bis 20 Fuss
hoher Baum aus der Familie der Amonaceae. In Maulmain wird der Baum
gebaut, weiter nach Süden wächst er wild und ist zwischen Ye, und
Tavoy ziemlich gemein, Mit Muschelkalkmörtel versetzt gibt das Holz eine
gedruckte und ungedruekte Schriften über die Tenasserim-I'rovinzen etc. 2ö5
schöne hellrothe Farbe; so viel mir bekannt, ist es niemals ausgeführt
worden. —
4. Drachenblut. Verschiedene Arten von Drachenblut. Die Benennung
„Drachenblut" ist auf vielerlei Substanzen ausgedehnt worden und ihre
unrichtige Anwendung hat mancherlei lrrthümer veranlasst. Der Drachen-
baum von Oatava (Dracaena Draco) ist vom Sandelbaum (Pterocarpus
Santalinus) nicht minder verschieden, als dieser vom Calamus Rotang der
Meerenge von Malacca. Das Drachenblut dieser Provinzen kömmt weder
von dem Drachenbaum der canarischen Inseln, noch endlich von einer
Palme, wie das von Penang sondern von einem starken Kriechgewächse,
welches diese harzige Substanz in grosser Menge ausschwitzt. Beim ersten
Einschnitt gleicht dieses Harz sehr menschlichem Blute, dass auf dem Bo-
den verschüttet ist; später gerinnt es. Versuche haben bewiesen, dass es
dem Drachenblute von Penang in allen Eigenschaften gleichkommt, es gibt
in Weingeist oder Terpentin -Oehl aufgelöst, gleich diesem Firnisse zur
Färbung des Marmors und dgl.
5. Tinctoria. Eine neue Art Krapp. Dieses ist eine starke Kriechpflanze
der Dickichte aus der Familie der Rubiaceae, eine neue Art Krapp, und
wahrscheinlich für die Zukunft sehr werthvoll , indem sie einen dauerhaften
Farbstoff gibt. Ich weiss nicht, ob sie bereits bekannt ist, die Eingebor-
nen kennen ihren Nutzen nicht. Der Farbstoff kömmt von der Wurzel.
Sie scheint, nebst ihrer Dauerhaftigkeit — gleich dem orientalischen Krappe
— vorzüglich zum Färben von Baumwolle geeignet. Man weiss noch nicht
ob sie — gleich dem eigentlichen Krapp — zwei gesonderte Farbstoffe:
Alizarin und Purpurin, enthält.
ö. Orseille, Mocella tinctoria. Orseille noch nicht aufgefunden. Ich war
noch nicht in der Lage, den Wünschen der Asiatischen Gesellschaft von Ben-
galen in Betreff dieses sehr werthvollen, gegenwärtig in England so ge-
suchten Farbstoffes, entsprechen zu können. Im Lauf dieses Jahres habe
ich ausschliesslich das Binnenland durchforscht, ohne auch nur Eine der
Tausenden von Inseln des Mergui-Archipels zu besuchen.
Die Flechten des Binnenlands (Variolaria orcina, Var. dealbat a u.
A.J welche an den Felsen der Auvergne und Pyrenäen gesammelt werden
geben nie einen guten Farbstoff und selbst diese und ähnliche dürften
in diesen Landstrichen, in welchen alle Felsen mit einer zusammenhän-
genden Decke grüner Pflanzen überzogen sind, kaum vorkommen. Ich er-
warte indess — falls die Umstände mir einen Besuch des Mergui-Ar-
chipels gestatten, auf einigen der Inseln die Rocella in eben solcher
Menge, als auf den canarischen Inseln zu finden. Das meiste hoffe ich
hierin von jenen, welche zu dem grossen vulkanischen Gürtel, nach den
Andamanen zu gehören, diese Inseln sind meist viel weniger mit Pflan-
zen bedeckt und auf ihren basaltischem Felsen haben Flechten hinrei-
chend Baum zu ihrer Entwicklung.
7. Stocklack. Derselbe im Süden vernachlässigt. Dieses werthvolle Erzeug-
niss habe ich bereits in meinem ersten Bericht erwähnt, und füge nur
bei, dass es auch im Innern vorkommt, aber ganz unbeachtet bleibt. Die
Karäer wissen davon, aber jene, welche in den südlichen Landstrichen
dieser Provinzen wohnen, lassen sich nur sehr schwer dazu bereden, es
selbst auf die Märkte zu bringen.
8. Palma Christi (RicinusJ Ricinus, die Grundlage eines Farbstoffes. Vom
Ricinus kannte man bisher nur das Oehl, nicht aber den schönen rothen
256 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
Farbstoff, den die Pflanze enthält. Ich verdanke diese Entdeckung der
Mittheilung eines Karäers aus den Ingles in der Nähe von Metarnio. Er
verschaffte mir den Saamen und nahm dazu die sauer schmeckenden fie-
derspaltigen Blätter eines kleinen Baumes, den die Burmesen Lugheaur
nennen, und zerstiess Beides 10 Minuten lang in einem hölzernen Trog
bis sich ein schön duukelk;trminrother Farbstuff daraus abschied. Dieser
soll dauerhaft sein, und die Karäer färben ihre Gewänder damit. Der Baum
ist auf schlechtem dürren Boden gemein und ein Lieblingsfutter der Ziegen
und des Rothwildes, die Europäer, die ihn kennen, essen die jungen
Blätter als Salat; ihr Geschmack gleicht ganz dem des Sauerampfers (Ru-
mex acetoscllaj. Der Ricinus kann selbstverständlich überall gezogen wer-
den, sollte also dieser Stuff sich als wirklich werthvoll zeigen, so würde
das Material dazu in Menge zu haben sein.
Andere Farbstoffe. Ausserdem kenne ich noch 6 — 7 andere Baumarten
deren Rinde oder Sägespäne einen rothen Farbstoff geben, sie sind aber
noch nicht gehörig untersucht worden.
C) Blaue Farbestoffe — Indigo und dessen Surrogate. Ebenso wie in
der Provinz Amherst, wird auch hier der Anbau des Indigos gänzlich
verwahrlost. Im Innern brauchen die Karäer dafür Surrogate, meist ein
Rankengewächs, einem Sinngrünn (Vinca) ähnlich. Im Thale von Taunbi-
aunk wird der Farbstoff von Indigufera tinetoria nach chinesischer oder
siamesischer Weise, d. h. im flüssigen Zustande bereitet. Die Burmesen ver-
derben ihren Indigo, indem sie ihn, um ihn in eine halbkrystallinische
Masse zu verwandeln, übermässig mit Kalk versetzen.
3. Schwaner Firnlss. Her schwarze Firnissbaum in der Breite von Tavoy
wildwachsend. Der Baum, welcher den schwarzen Firniss liefert (lzee tzee
der Burmessen) dessen ich in meinem ersten Bericht als eines wichtigen Erzeug-
nisses des Pflanzenreiches erwähnte, ist in der Breite von Tavoy einheimisch.
Die Wälder von Mount Burney bestehen zum Theil aus diesem Baum, wel-
cher zur Blüthezeit, im Februar, am meisten einem Birn- oder Pflaumen-
baume gleicht. Der Firniss wird vorzüglich an der siamesischen Grenze auf
den hohen Bergzügen, wo beide Abarten des Baumes vorkommen, gesam-
melt. Die Burmesen scheuen diese Beschäftigung wegen der blasenziehenden
Eigenschaft des Firnisses. Wenn man beim Einsammeln unvorsichtig vor-
geht, entstehen leicht Anschwellungen des Körpers. Der Baum lässt sich
leicht versetzen oder aus Samen ziehen und wird ohne Zweifel mit der
Zeit ein Gegenstand des Anbaues werden.
Eigenschaften des Firnisses. Der Firniss trocknet nicht bei trockenem
Wetter, wohl aber sehr schnell während des Monsoon. Die Burmesen
brauchen ihn zu ihren wasserdichten Kästchen aus Bambusrohr; auch als
dauerhafter Ueberzug für eiserne Dampfmaschinen und Geschütze wäre
er zu brauchen.
4. Haldol eur Verfertigung von Fackeln vergeudet. Die Dammer-
Fackeln werden in den Provinzen aus Waldöl, Sägespännen und Palm-
blättern verfertigt und übertreffen die europäischen Pechfackeln. Sie sind
äusserst wohlfeil und in den Dickichten zwischen Tavoy und Ye beschäf-
tigen sich arme Leute mit deren Verfertigung. Dieses Gewerbe gilt für
höchst ungesund, da Schwindsucht und andere Lungenleiden daraus ent-
stehen; auch wird es nur von den ärmsten Leuten betrieben.
Chemische Eigenschaften des sogenannten Waldöles. Es ist Schade,
dass das sogenannte Waldöl (welches eigentlich ein Firniss ist) auf diese
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 2J>7
Weise vergeudet werde. Es gibt durch Destillation ein vorzügliches Pro-
dukt; wird dabei durchsichtiger als Copal oder Mastix-Harz, geschmack-
und geruchlos, glänzend, spröde, leicht schmelzbar; es brennt mit einem
weihrauchähnlichen Geruch; sein specifisches Gewicht ist l.097 — l.123.
In Aether, Terpentin und substantiösen Oelen ist es vollständig auflöslich,
in Alkohol nur theilweise und scheint aus 2 verschiedenen Substanzen
zu bestehen. Kalilauge lässt es ungelöst und gibt damit eine harzige
Seife. Das Waldöl-Harz dürfte an Güte dem Copal gleichkommen und als
Handelsartikel besonders empfohlen werden.
5. Weihrauch. Neue Art Weihrauch. Der Thingan (Hopea odorata)
ist einer der vorzüglichsten Nutzbäume der Provinzen und wird von den
Burmesen — vorzüglich für Wasserbauten — noch über den Teak-Baum
gestellt. Nebst seinem vortrefflichen Holze gibt er eine Art Weihrauch,
welcher in kleinen weisslichen Stücken aus der verletzten Rinde hervor-
dringt. Dieses Harz ist spröde, in vollkommen trockenem Zustande mit
einem weissen Pulver überzogen, im Bruche halb durchsichtig, frisch von
stechend-gewürzigem Geschmack, auf brennenden Kohlen mit sehr ange-
nehmen Gerüche verdampfend ; es könnte die Stelle des echten Weihrauchs
(Olibanum) vertreten.
6. Oele. Aufzählung der Oelgewächse. In den Provinzen findet sich
eine grosse Menge ölgebender Gewächse, deren indess nur eine geringe
Zahl genauer untersucht worden ist. Das verbreitetste Oel ist Sesam-Oel,
welches alle Klassen der Einwohner in ihren Küchen verwenden. Die Pflanze
kömmt sehr gut fort, wird aber nur zum Hausgebrauch gezogen. Kokosöl
wird hauptsächlich von Europäern und nur in geringer Menge verbraucht.
Die Chinesen zu Mergui ziehen ein schönes farbloses Oel, welches
sie zu unbekannten Zwecken nach China ausführen, aus den grossen Nüssen,
welche ein dem Nerium ähnlicher Baum in Menge trägt. Dieser Baum
wächst in brackischem Wasser, gerade oberhalb des Gebietes der Man-
groves. Diess Oel hat gleiche, nur noch kräftigere arzneiliche Wirkung
mit dem des Ricinus. Letzterer ist in den südlichen Provinzen nicht
eigentlich eingebürgert; nur in der Nähe menschlicher Wohnungen kömmt
er hie und da vereinzelt vor. Die Früchte des Jack und des Durian
geben reichlich Oel.
Cayeput-Baum in Tenasserim aufgefunden. Die ersten Cayeput-Bäume
(Melaleuca Leucadendrum) finden sich auf der Insel Mergui. Ihr Vor-
kommen in dieser Breite (da man diesen Bauin streng auf die Inseln
des indischen Archipels beschränkt glaubte), ist ein deutlicher Beweis
der nahen Verwandtschaft der Naturerzeugnisse von Mergui mit denen
der äquatorialen Ostländer. Er gedeiht dort sehr gut; das grösste Exemplar,
welches mir vorkam, hatte einen Durchmesser von 12 Zollen.
C. Holzarten.
. A) Bambus. Bambusrohr zählt zu den Beichthümern der Provinzen.
Dieses Rohr bedeckt viele Tausend Acres Landes in den Provinzen. Es
wächst nur wild, indem die Burmesen auch in diesem Falle die ihnen
nöthigen Naturerzeugnisse, womit sie ohne ihr Zuthun so reichlich über-
schüttet werden, nicht erst mühsam anbauen; höchstens nehmen sie sich
die Mühe, mit der stachligen Abart dieses Bohres einige Abtheilungen
ihrer Gärten einzuzäumen. Da alle Blockhäuser {„stokades") innerhalb der
Provinzen aufgelassen werden, hat auch die Benutzung des Bambus zu
258 Dr. Johann Wilhelm Ilellei's
Befestigungen — wie sie in mehreren Theilen Hindostans so gewöhnlich
sind, hier gänzlich aufgehört.
Anzahl der Abarten. Die Burmesen zählen viele Abarten des Bambus
und sind mit den Eigenthümlichkeiten einer jeden; der Starke des Holzes,
seiner Biegsamkeit und Dauerhaftigkeit u. s. w. genau bekannt; was nicht
zu verwundern, da alle ihre Geräthe und Werkzeuge, ja selbst ihre
Häuser daraus verfertigt sind. Ganz gewiss ist es, dass das Bambusrohr in
diesen Provinzen mehrere (ich vermuthe 8) botanisch verschiedene Arten
in sich begreift, deren strenge Bestimmung indess schwer fällt, da der
Bambus nur einmal in 15 bis 20 Jahren zur ßlüthe kömmt und dann
eingeht. Ganze Wälder davon sterben schon im zweiten Jahr mit einem-
mahl ah und machen einem neuen Anfluge Platz.
Beste Oertlichkeiten. Der beste Bambus (mitunter 8 Zoll im Durch-
messer) kömmt im Innern vor, auf den Gehängen (meistens den östlichen)
der Höhenzüge, namentlich in der Breite zwischen Ye und Tavoy. Die Sorte
in den Mergui-Provinzen ist im Vergleich minder gut, doch grösstenteils dem
Bambus der gegenüberliegenden ost-indischen Halbinsel noch vorzuziehen.
Ausfuhr nicht zu erwarten. Für jetzt lässt sich nicht erwarten, dass
der Bambus ein Gegenstand der Ausfuhr werde; es sei denn, dass die
Schifte, welche um Kohlen zu laden kommen, keinen underen wertvol-
leren Artikel vorfänden und desshalb ihren noch übrigen leeren Baum
mit dem Bambus der Flösse, auf welchen die Kohle stromabwärts gelangte,
ausfüllen wollten.
B) Teak-Wälder. Ansdehuons des Teak-tiebietes. Die Teak-Wälder der
Tenasserim-Provinzen gehen nicht unter den 16. Breitengrad herab, mit
anderen Worten: sie kommen nur im Gebiete des Attaran und seiner
Nebenflüsse vor. Jenseits der Bergreihe, welche dieses Gebiet von jenem
des Ye scheidet, ist kein einziger Teak-ßaum mehr zu finden ; noch we-
niger in den Provinzen Tavoy und Mergui. In der Provinz Amherst selbst,
der einzigen, welche Teak-Holz hervorbringt, lassen sich wieder 3 geson-
derte Bezirke in dieser Hinsicht unterscheiden: 1) der am Flusse Thung-
gun; 2) der am Flusse Salween; 3) der am Attaran.
Teak->Välder am Attaran. Die Wälder der 2 ersten Bezirke habe
ich bereits in meinem ersten Bericht abgehandelt; nunmehr bleiben nur
die des 3. zu besprechen. Diese sind die ausgedehntesten im ganzen
britischen Gebiet und das Holz daraus gilt für vorzüglicher als das aus
den 2 ersten Bezirken. Alle drei Bezirke werden auf gleiche Weise
vertheilt. Die Begieruug verpachtet die Wälder an einzelne Private und
erhebt 1 Bupie von jedem nach Maulmain gebrachten Stamme.
Mangelhafte Anordnungen. Diese unbeschränkte Freiheit für Jeder-
mann, sich was immer für einen noch unbesetzten Wald unter so gün-
stigen Bedingungen anzueignen, trug nicht wenig zum Gedeihen der Stadt
Maulmain bei; andererseits lässt sich nicht läugnen, dass ein solches
Verfahren in kurzer Zeit zur Ausrodung aller benutzbaren Teak-Wälder
führen muss, wo dann wieder Maulmain dieser werthvollen Hilfsquelle
beraubt und Calcutta von Neuem mit seinem Bedarfe an Teak-Holz von
fremder Einfuhr abhängig würde. Von Einzelnen, deren ganzes Trachten
dahin geht, in möglich kürzester Zeit ein unabhängiges Vermögen zu
erwerben, lässt sich keine Schonung der Wälder erwarten und Erfahrung
hat gelehrt, dass die Zahl der zerstörten Bäume, die der wirklich be-
nutzten weit übersteigt.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 259
Notwendigkeit eines neuen Systems. Eine specielle Aufnahme der
Teak-Wälder, deutlich gezogene Grenzlinien, ein besseres Regulativ und
die Anstellung eines geachteten europäischen Beamten zu dessen tatsäch-
licher Aufrechthaltung, endlich neue Bepflanzung aller Stellen, auf welchen
vormals (jetzt fast gänzlich ausgerodet) Teak-Holz stand, sind unum-
gängliche Massregeln zur Sicherung des Bedarfes für künftige Zeiten.
Herr Blundell, Kommissär der Provinzen, hat über die Annahme solcher
oder ähnlicher Maassregeln einen speciellen Antrag an die Regierungs-
Behörde gestellt, daher ich mich jedes Eingehens in Einzelnheiten enthalte.
C) Nutzholz überhaupt. Die Tenasserim-Provinzen ein einziger ununter-
brochener Wald. Vom Meeresrand bis zu den 6000 Fuss über den Meeres-
spiegel emporragenden Spitzen der höchsten Bergreihe sind die Tenas-
serim-Provinzen ein ungeheurer, fast ununterbrochener Wald; jede unbebaute
Bodenfläche ist ohne Unterschied, ohne Ausnahme mit Nussholz bewachsen.
Nirgends ist etwas den Savannen Amerika's, den Weidegründen Neu-
Hollands ähnliches, nirgends auch sind morastige Ebenen, Sandflächen
oder kahler Steinboden; nur einige wenige kleine Bruchstücke hat die
Hand des Menschen, mit Hilfe des Feuers zu seinen eigenen Zwecken
dem Urwald entrissen.
Berechnung der Zahl der Bäume. Die ganze Oberfläche beträgt 30,000
(engl.) Quadrat-Meilen: abgerechnet */i5 auf bebaute's Land, Vis auf Flüsse
und 3/,5 auf ausgebrannte Flächen mit örtlich beschränkter Pflanzendecke,
bleiben noch 22,000 (engl.) Quadrat-Meilen Wald. Angenommen, die Bäume
(jeder mindestens 7 Zoll im Durchmesser) stünden in einem Walde durch-
schnittlich 30 Fuss von einander, so komineu auf jeden Baum 900 Quadrat-
Fuss oder 100 Quadrat- Yards. 4840 Yards = 1 Acre. 600 Acres = 1 Quadrat-
Meile = 2,904,000 Quadr.- Yards gibt für jede Quadrat-Meile 29,040 Bäume
und — mit 22,000 multiplicirt — für die gesammten Provinzen 638,880,000
Stämme Nutzholz.
Geldwerth — grosses unbenutztes Kapital. Jeder Baum ist im Durch-
schnitt an Ort und Stelle 2 Annas werth; diess gibt ein für jetzt un-
benutztes Kapital von 79,860,000 Rupien an Nutzholz allein, welches nur
durch thätiges Eingreifen nutzbar gemacht werden kann.
Wenn auch die Hälfte dieser Wälder vermöge ihrer Lage erst
nach Jahrhunderten zu irgend einer Benutzung gelangen werden, so ist
doch die andere Hälfte so gelegen, dass sie schon jetzt mit Vortheil aus-
gebeutet werden kann. Das ganze Land ist im Durchschnitt nicht über
50 (engl.) Meilen breit, seine überall zugängliche Meeresküste streckt
sich über 6 Grade, oder 414 (engl.) Meilen aus, in allen Richtungen
durchschneiden es zahlreiche Flüsse; die Wirkung der Fluth ist an man-
chen Stellen bis 120 (engl.) Meilen landeinwärts merkbar, das Nutzholz
auf den Inseln ist hart am Meeresgestade, und bei allen diesen Vortheilen
wird das Nutzholz bis auf den heutigen Tag gänzlich vernachlässigt. Ich
habe nunmehr ein Yerzeichniss von 377 verschiedenen Baumarten gesam-
melt, deren jede einen Durchmesser von mindestens 7 Z. erreicht, und
deren einige zu jedem erdenklichen Zwecke brauchbar sind.
Eintheilung der gesammten Nutzbäume. Die Nutzbäume überhaupt kön-
nen unter folgende Abtheilungen gebracht werden:
1) Kostbare Bäume, d. h. solche, deren Holz nach dem Gewichte verkauft
wird, wie Sandelholz, Campherholz, feinkörniges Ebenholz, Eisenholz, (wel-
ches die Chinesen als Nägel gebrauchen), Sapan-Holz und andere Farbhölzer,
260 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
2) Hölzer für Gegenstände der Zierde, z. B. Chessman-Holz, das sich vor-
züglich gut drechseln lässt, einheimisches Mahagony für Zimmergeräth u. A.
3) Hölzer zum Schiffbau, hierher gehören, — nebst dem Teack-Baum,
der Anam-, Anjin-, Kananthi- Pynmah- und noch 20 andere Bäume; deren
einige von den Eingebomen dem Teak vorgezogen werden, wenigstens
für die Theile der Schiffe unter der Wasserlinie. Dies ist der Fall
beim Holze des Thingan (Hopea odorata). 4) Hölzer für den Bau mili-
tärischer Magazine und Geräthe, deren es eine grosse Auswahl gibt. Die
schweren Holzarten, welche nicht im Wasser schwimmen, sind im Ver-
hältnisse zu den leichteren, sehr zahlreich. 5) Hölzer zum Schiffsgebälke,
6) Hölzer die sich besonders zu Schiffsplanken eignen, 7) solche, welche
gute Kohle geben, 8) Brennhölzer.
Besonderer Wachs und Stärke der Waldbäame. Die meisten Baumarten
steigen gerad in die Höhe, und breiten ihre Aeste über die niedrigen
Gewächse des Waldes aus. Bei Vielen steigt der gerade Stamm zu 40
bis 100 Fuss Höhe, ehe er auch nur einen einzigen Ast aussendet;
meistens ist die Krone klein im Verhältnisse zur Grösse des Baumes. Auch
das Verhältniss des Umfangs zur Höhe ist ein anderes als das, welches
man an den Waldbäumen Europas zu sehen gewöhnt ist, die Höhe ist
verhältnissmässig viel beträchtlicher als der Umfang, was als ein Vorzug
gelten kann, da in den meisten Fällen die Länge des Baums mehr werth
hat, als seine Dicke.
Eine andere Eigenthümlichkeit ist die grosse Festigkeit und Elasti-
zität der meisten dieser Holzarten und auch diese steht in Verbindung
mit der Höhe der Bäume. Ohne diese Eigenschaften vermöchten die Bäu-
me nicht der Gewalt der Stürme zu widerstehen und würden in Menge
zertrümmert werden. Diess kommt indess, im Verhältniss zu den Windbrü-
chen in den europäischen Wäldern — vorzüglich in Tannen- und Fichten-
wäldern — hier nur selten vor.
Eine Sammlung von 185 Mustern von Nutzbäumen, die ich allein in-
nerhalb der Provinz Mergui zusammengebracht habe, soll nächstens in Cal-
cutta anlangen.
\ III Erzeugnisse des Thierreichs.
I. Elephant. Diese Thiere sind hier zahlreicher, als in irgend einer Ge-
gend Ost-Indiens, Ceylon selbst nicht ausgenommen. Sie sind ungestörte Be-
sitzer der unbewohnten Wildnisse, in den östlichen Landstrichen und haben
für ihre Wanderlust von den chinesischen Meeren an, durch Chochinchina,
Tonquin und Siam, bis in die Tenasserim - Provinzen , freien Spielraum. Die
Abwesenheit von Bevölkerung und der Ueberfluss an ihnen angenehmen Ge-
wächsen zieht diese zahlreichen Schaaren an, und hält sie fest.
Gewohnheiten der asiatischen Elephanten. Der asiatische Elephant scheut
die Nähe der Menschen mehr als irgend ein anderes Thier. Man weiss
hier nichts von den Verwüstungen an bebautem Lande, welche die Ele-
phanten in Afrika anrichten. Der afrikanische Elephant muss von dem asia-
tischen ganz verschieden sein, doch auch für letzteren sind Zuckerrohr
und Bananenbäume wahre Leckerbissen. In diesen Provinzen weiss man,
dass sich die Elephanten augenblicklich zurückziehen, so wie sich ein
Dorf, ja selbst nur die gebrechliche Hütte des Karäers — im Wald er-
hebt. In den Ebenen der Prozinz Amherst sind Elephanten seltener, zahl-
reicher werden sie gegen die Ostgränze und in der Nähe der hohen
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 261
Gebirgszüge. Während des Monsoon kommen sie häufig südlich von Maul-
main, am oberen Attaran vor. Heerden von 30 bis 40 Stück kommen durch
durch die Pässe bei den „drei Pagoden.« Oestlich von Ye, vorzüglich ge-
gen den Zhaytown, sind sie zahlreich. In der vergleichungsweise dichtbe-
völkerten Umgegend von Tavoy sieht man deren fast nie, die von Palou,
besuchen sie zeitweise während des Monsoon. Sie sind selten am obern
Tenasserim und werden bei Mergui kaum je gesehen; sehr zahlreich sind sie
dagegen südlich von Mergui und östlich von Tenasserim. Als ich den un-
bekannten Landstrich an den Ufern des kleinen Tenasserim, wo neuer-
lich das Kohlengebiet aufgefunden wurde, besuchte, waren sie dort so ge-
mein, dass an den Ufern jenes Flusses kaum ein 100 Yards langer Raum
zu finden war, auf dem ihre Fährten nicht eingedrückt gewesen wären.
Nahrung der Elephanten. Die Nahrung der Elephanten wechselt vom
zarten Grase bis zu einigen harten Holzarten in den Wäldern; ihre Haupt-
nahrung aber sind die Blätter des Bambus und mehrere Arten holziger
Kriechgewächse. Sie lieben besonders alle Gewächse mit jenem Milchsaft
der sich zu Kautschuk ausbildet und alle Bäume der Gattung Ficus und ver-
wandter Gattungen; daher auch ihre Vorliebe für die Zweige des Pipul-
Baumes. —
Aufenthalt der Elephanten. Die Elephanten — gleich den Nasshörnern,
Büffeln und Schweinen — suchen gerne Wasser und Schlamm auf; desshalb
ist der Moonson auch ihre beste Zeit. Sie kommen dann in die Ebenen
herab und näher als sonst an die Wohnungen der Menschen. Nach dem
Moonson ziehen sie sich allmählig in die grossen Gebirgsgegenden, welche
die Burmesen das Central-Gebiet nennen, zurück. Hier wandern sie unge-
stört herum, den der Elephant ist den grössten Theil seines Lebens hin-
durch auf den Beinen und man behauptet, dass ein gesundes Thier dieser
Art sich niemals niederlege, ausser um sich im Wasser zu erfrischen,
und nie — im eigentlichen Sinne des Wortes — schlafe.
Die Burmesen ziehen wenig Nutzen von den Elephanten. Die Burmesen
ziehen von den Elephanten gar keinen Nutzen. Das Abrichten, Führen,
Fangen, Zähmen und Schiessen ist thatsächlich ganz und gar in den Hän-
den der Siamesen, welche für sehr geschickt darin gehalten werden. So
zahlreich die wilden Elephanten in den Tenasserim-Provinzen sind, so ist
doch die Zahl der gezähmten dort sehr beschränkt, gegenwärtig werden
sie nur von den Pächtern der Teak- Wälder zur Schleppung des Holzes
gehalten, und selbst diese wenigen sind nahezu Alle aus den Shan-Staaten
nördlich von den britischen Besitzungen, nach Maulmain gebracht worden.
In den südlichen Gegenden der Provinzen sind gezähmte Elephanten un-
bekannt oder eine grosse Seltenheit.
Preis. Ein erwachsener, männlicher Elephant bester Sorte wird zu
Maulmain mit 350 bis 380 Rupien bezahlt. Der früher geringere Preis
ist neuerlich durch den vermehrten Verkehr mit Nutzholz in die Höhe
gegangen. —
Handel mit Elfenbein. Der Handel mit Elfenbein ist gleichfalls in den
Händen der Shans oder Siamesen, hauptsächlich derer aus nicht briti-
schen Gebieten. Sie kommen sogar von Zimmay her bis nach Tavoy, nach-
dem sie Monathe lang die Wildniss durchstreift haben, um Elephanten
zu schiessen. Wenige unter ihnen verkaufen jedoch ihr Elfenbein inner-
halb der Tenasserim-Provinzen; die meisten gehen damit in ihr Heimats-
land zurück, wohl wissend, dass sie nur Eindringlinge sind, welche den
262 Dr. Johann Wilhelm Belfer'«
Provinzen einen Theil ihres Beichthumes und Einkommens entziehen.
Dieser Gegenstand verdiente einige Beachtung, besonders gegenwärtig, wo
der Andrang siamesischer Einwanderer nach den Südgegenden der Pro-
vinzen mit jedem Jahre zunimmt und diese selbst anfangen, dem Handel
mit Elfenbein mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden. Diese Einwanderer haben
bereits den Schutz der Behörden gegen jene Eindringlinge angerufen,
welche nicht nur die Elephanten wegschiessen. sondern auch die kleinen
Anpflanzungen ihrer Landsleute ausplündern.
Sitten der Elephantcnjäger. Diese Elephantenjäger sind ein gegen
allen Wechsel des Klimas und der Lebensweise abgehärteter Menschen-
schlag. Sie leben Monate lang von den Früchten der Dickichte und von
getrocknetem Elephanten- und Wildschwein-Fleische; bewaffnet sind sie mit
gewöhnlichen englischen Musketen, sie bereiten sich ihr Schiesspulver selbst
und schiessen mit Kugeln aus einer Legierung von Blei und Zinn, mit-
unter mit etwas Kupfer versetzt. Diese Leute wissen im Land den besten
Bescheid, sie kennnen genau jeden nach Siam führenden Gebirgspass. Ihr
Elfenbein vergraben sie an bestimmten bezeichneten Plätzen; bei ihrer
Bückkehr nach Siam graben sie es aus und bringen es bis zum nächsten
Fluss an der Ostseite der Halbinsel, indem sie den letzten Theil ihrer
einsamen Fahrt zu Wasser zurücklegen. Bankouck ist der Hauptmarkt für
die Ausbeute ihrer Jagden. Nebst den Stosszähnen schneiden sie auch den
Schweif des Elephanten ab, welcher bei den Siamesen höheren Banges
für einen wohlanständigen Schmuck gilt. Der ganze übrige Körper des
Biesenthieres (mitunter die Hufe ausgenommen), bleibt liegen, und verwe-
set unbenutzt,
Gründe, ans welchen die Elephanten von Tenasserim in geringem Werthe
stehen. Die Elephanten dieser Länder sind schöne und grosse Thiere doch
glaubt man, dass sie denen Ost-Indiens an Stärke weit nachstehen. Der
Grund davon liegt weniger in der Bace, als in der Weise ihrer Pflege
und Fütterung. Man nimmt an, dass jeder Elephant sein genügendes Fut-
ter in den Dickichten selbst aufsuchen könne und füttert diese Thiere
sehr spärlich mit Beiskuchen. Da die Elephanten in den Teak- Wäldern
manchmal den ganzen Tag hart arbeiten, und ihnen noch dabei zugemu-
thet wird während der Nacht nach Futter zu suchen, haben sie wenig
Zeit zum Ausruhen übrig und können — wie sich von selbst versteht —
diese Mühsale nicht durch lange Zeit aushalten.
Die ostindische Armee könnte von dieser Röste ans mit Elephanten
versehen werden. Die Begierung könnte von hier aus alle zum Heeres-
dienst in Ost-Indien erforderlichen Elephanten für billige Preise beziehen.
Es wäre vielleicht vortheilhaft, diese Thiere nicht nur zu fangen und
zu zähmen, sondern auch ein eigenes Gestüte davon einzurichten. Es ist
noch nicht hinlänglich erwiesen, dass die Elephanten in leichter Gefan-
genschaft sich nicht fortpflanzen; wenigstens sind noch keine geeigneten
Versuche darüber angestellt worden. Ich will zugeben, dass die Fort-
pflanzung in einem Stall oder in einem engen eingeschlossenen Baume
nicht stattfinde; anders dürfte es sich verhalten, wenn sie während der
Brunstzeit in einem ausgedehnten umschlossenen Dickichte gehalten wür-
den; wenigstens wäre der Versuch der Mühe werth.
Vorschlag znr Anlegung eines Elephanten-Gestütes. In jedem andern
Theil Ost-Indiens (Ceylon ausgenommen) wäre dergleichen schwierig oder
unausführbar; die Vegetation und die Menge der ihnen zusagenden Nah-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 203
rung ist überall geringer als hier, nirgends sieht auch der Regierung
eine ausgedehntere Bodenfläche zu Gebot; eine weite Strecke angemes-
senen Grundes könnte hier leicht ausgesucht und eben so leicht noth-
dürftig eingefriedet werden, da Menge und Werth des Holzes gar
nicht in Betracht kommt. Für jetzt würde, wie es sich von selbst
versteht, das Einfangen und Zähmen wilder Elephanten wohlfeiler kom-
men und der ganze Vorschlag bezweckt nur die Deckung des künftigen
Bedarfes. Je mehr Boden sich die vorschreitende Gesittung aneignet, um
so weiter müssen dessen Urbewohner zurückweichen und gerade der Ele-
phant verlangt den weitesten Raum für seine Lebensweise und seine
beispiellos ausgedehnten Wanderungen.
2. Nashorn. Drei Arten des Nashornes. Die ein- und zweihörnige
Art dieser Gattung kommen beide in den Provinzen vor. Noch ist zwei-
felhaft ob nicht auch eine dritte Art (Rhinoceros Asiaticus Sumatrentis der
Naturforscher) und der sumatranische Tapir in den südlichen Landstrichen
vorkommen. — Die Art mit einem Hörn ist in vielen Gegenden sehr
gemein; vielleicht ebenso die zweihörnige Art; nur ist letztere scheuer,
verbirgt sich in die tiefen Wälder und kann nur manchmal überfallen
und erlegt werden.
Karäer die eigentlichen Nashorn - Jäger. Nur selten kommen diese
Thiere den Dörfern nahe, man findet sie aber ganz nahe an den ein-
samen Behausungen der waldwohnenden Karäer. Bei diesen ist die Jagd
auf Nashörner zur wahren Leidenschaft geworden und sie betreiben sie
sehr geschickt. Sie kennen, wie sie sagen, die Stellen, an welchen
das Thier am besten zu treffen ist und behaupten, kein Burmese besitze
das Geheimniss, dem Nashorn eine Kugel in den Leib zu jagen. —
Thatsache ist, dass die Burmesen schlechte Schützen und Feiglinge sind;
viele von ihnen wagen sich nicht ajn das Nashorn heran, aus Furcht
seiner ungestümen Angriffe, wenn es verwundet ist. Die Shans, unbe-
stritten die besten und abgehärtetsten Jäger, haben nur an der Jagd auf
Elephanten Lust und so wird das Nashorn zur ausschliesslichen Beute der
Karäer.
Das Nashorn liebt Mineralwässer. Es ist merkwürdig, dass das Nas-
horn gern Mineralwässer säuft. Schwefel-, Wasserstoff-, Warmquellen sind
in den Provinzen sehr häufig und wo ich deren in den tiefen Wäldern
fand, bemerkte ich stets in dem umgebenden Schlamme die Fährten von
Nashörnern. Die Karäer benutzen diesen Umstand und bauen auf den
Bäumen ober den Wasser kleine Schiesshütten, in denen sie die Ankunft
der Thiere ablauern und sie gefahrlos erlegen.
Zahl der jährlich erlegten Nashörner. Nach sehr oberflächlicher Schät-
zung werden alljährlich 60 bis 100 einhörnige und 20 bis 40 zweihörnige
Nashörner (durchgängig Männchen) erlegt. Das Nashorn ist, wenn der
Jäger an dasselbe gelangt, meist in einer wilden dunklen Höhle verborgen,
so dass dessen Geschlecht selten zu erkennen ist. Findet der Jäger,
dass das von ihm erlegte Thier ein Weibchen ist, so schneidet er einen
kleinen Streifen Fleisch aus dessen Keulen, um seinen augenblicklichen
Hunger zu stillen, zieht die Klauen aus, welche als Talisman gelten,
und lässt das Uebrige liegen.
Handel mit den Hörnern. Der Handel mit den Hörnern ist ausschliesslich
in den Händen der Chinesen und geht nur nach China, wo man ihnen
grosse Arzneikräfte zuschreibt. Man macht daraus Trinkgefässe, welchen
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft *
264 Hr. .Johann Willi. Helfer'8
man die Kraft. Gifte zu entdecken zuschreibt, oder feilt das Hörn zu
Pulver, welches man in wichtigen Fallen innerlich einnimmt.
Aberglaube und Betrug mit den Hörnern. Wie bei Allem, so haben
auch bei diesen Hörnern die Chinesen Geheimnisse, die ihnen allein be-
kannt sind. Wo sich das vermuthlich unschätzbare Arcanum unwirksam
zeigt (was nur zu oft geschehen muss), behaupten sie gewisse Zeichen
höherer innerer Kraft zu kennen, deren Vorhandensein den Preis bedeu-
tend erhöht und eben desshalh ist es schwer, den angeblichen Werth
der Waare von dem wirklichen zu unterscheiden. — Die meisten Nas-
hörner werden in den südlichen Gegenden der Provinzen erlegt. Im alter»
Dorfe Tenasserim ist. ein einziger alter Chinese ansässig, hauptsächlich um
alle Hörner, deren er habhaft werden kann, aus erster Hand aufzukaufen.
Die armen unwissenden Karäer sind dabei immer die Betrogenen; sie
kennen den Werth ihrer Waare nicht und vertauschen sie gegen Klei-
nigkeiten; sie haben kleine Hörner, das Stück zu 3 Rupien weggegeben,
wofür in China 30 bis 50 Rupien gezahlt werden. Der Handel könnte einen
grössern Umfang gewinnen, wenn einmal die Hunderte von Inseln des
Mergui Archipels, deren viele noch nie von einem menschlichen Wesen
betreten worden und in denen es, wie man sagt, von Nashörnern wim-
melt, genauer untersuch! sein werden.
Häute nicht benützt. Sehr Schade ist es, dass man die Häute der
erlegten Nashörner ganz unbenutzt zu Grunde gehen lässt, da sie doch das
festeste und stärkste Leder liefern würden.
Nashorn als Hausthicr. Es ist allgemein anerkannt, dass das erwach-
sene Nashorn eines der wildesten Thiere ist; man weiss aber auch, dass
junge Thiere dieser Gattung rollständig zu Hausthieren geworden sind.
Man hat sogar vorgeschlagen, sie als Lastthiere, gleich den Büffeln, zu
verwenden und sie für die Arbeiten des Feldbaues zu zähmen.
3) Tbierfelle überhaupt. Handel mit Thierfellen ganz Yernaehlässigt.
Der Handel mit Thierfellen, so gewöhnlich in Ländern, welche eben aus
dem Zustand der Rohheil hervortreten, wo Menschen nur einen geringen
Raum eingenommen haben und Thiere ungestört über das ganze Land
walten, ist an diesen Küsten ganz unbekannt, ungeachtet dort die ver-
schiedenartigsten Häute, Felle und selbst Pelzwerke vorkommen, die man
alle nutzlos verderben lässt. Die erlegten Elephanten lässt man verwesen,
ohne ihnen die Haut abzuziehen. Bekanntlich lassen die wilden Stämme
Alrika's dergleichen selten geschehen; bei den Ashantees ist die Rüstung
der Krieger zum Theil aus Elephantenhaut verfertigt und der Schweif
dieses Thieres ist dort ein Emblem der Königswürde.
Die Haut des Nashorns ist noch mehr werth, indem sie getrocknet
so stark und elastisch wird, dass keine Flintenkugel durchdringt. Man
vermuthet, dass einige der unschätzbaren Schilde der Helden des Alter-
thums mit der Haut des Nashorns oder des Flusspferdes überzogen waren.
Hier werden jedes Jahr Hunderte dieser Thiere erlegt, ohne dass je
irgend Jemand daran gedacht hätte, ihnen die Haut abzuziehen.
Büffelhäute. Ebenso sorglos verfährt man mit den Häuten der Büffel,
dem einzigen Hausthiere der Burmesen, besonders in Gegenden, wo Reis
stark gebaut wird. Die Burmesen brauchen die Büffel nur zur Bearbeitung
der Reisfelder und zum Austreten des Reises; sie essen nie deren Fleisch
benützen nie deren deren Milch und verkaufen nie deren Haut. Gegen
Ende des Jahres 1836 kam unglücklicherweise eine gewaltige Seuche
gedruckte und ungedruckte Schriftt-n über die Tenasserim Provinzen etc. 26H
über die Büffel der Provinz und soll deren 20,000, etwa y3 des ge-
sammten Bestandes, weggerafft haben. Von dieser ganzen Menge kam
nicht eine einzige Haut in den Handel, selbst die Hörner liess man
umhergestreut liegen, ungeachtet sie in Ost -Indien kein unbedeutender
Handelsartikel sind. So sehr sind alle natürlichen Beichthümer dieser Pro-
vinzen unbekannt und unbenutzt, dass erst seit 2 Jahren einige mogu-
lische Kaufleute in Maulmain angefangen haben, gegen sehr geringen
Preis Büffelhörner aufzukaufen.
Häute ton Rothwild. Ein Handel mit Wildhäuten besteht gar nicht;
in Siam dagegen wird er mit den Amerikanern und Chinesen sehr leb-
haft betrieben. Rothwild ist zahlreich und in verschiedenen Arten vor-
handen, wird aber von den Eingebornen, welche lieber Wildschwein
essen, selten erlegt, sondern den zahlreichen Tigern zur Beute überlassen.
Tigerhäute. Die Felle des Tfeger, Panther. Leoparden und des Cheater
werden gleichfalls nicht benützt und ihr Werth ist gänzlich unbekannt.
Ich hatte Gelegenheit, gute Tiegerfelle, für 8 Annas das Stück zu kaufen.
In Maulmain, wo die Begierung einen Preis für jeden erlegten Tiger
zahlt, bringen die Eingebornen irgend einen Theil des Thieres mit und
werfen ohne Weiteres das Thier selbst in den Fluss oder lassen es im
Dickichte liegen.
Eichhörnchen-Felle. Das grosse schwarze Eichhörnchen kömmt in den
Wäldern in Menge vor und man behauptet, dass dessen Pelz bei den
Chinesen beliebt sein wird; man kann sich aber wohl denken, dass man
von dessen Nutzen noch viel weniger etwas weiss.
Vögelbälge. Hier ist der Ort eines kleinen Handels mit den Bälgen
eines Vogels aus der Gattung Eisvogel (Halcyon) zu erwähnen. Ein Theil
der Federn dieses Vogels ist vom schönsten himmelblau und sein Balg
wird in China für die Prachtgewänder der Mandarine begierig gekauft.
Die Eingebornen am obern Attaran beschäftigen sich vorzüglich mit dieser
Jagd. Sie machen einen dieser Vögel zahm und setzen ihn auf eine Falle,
in der ein Fisch als Köder liegt. Der wilde Vogel schiesst ungestüm
in die Falle, um den Fisch zu ergreifen, bevor sein vermeintlicher Gegner
dessen habhaft wird. Die Bälge werden in der Sonne getrocknet, und
in Bündeln zu 10 Stück verkauft; der Preis jedes Stückes soll 4 Annas
betragen.
Erzeugnisse des Meeres. Mit den Erzeugnissen des Meeres bin ich
nur sehr wenig bekannt, da mir die Gelegenheit fehlte, die Küste oder
irgend eine der Inseln genauer zu durchforschen. Die Erzeugnisse der
Inseln haben jedenfalls Werth; folgende davon sind für die Regierung
Quellen des Einkommens: Fischereien überhaupt, Gnapee (ein Teig, der
aus kleinen Garneelen bereitet wird und in der Küche der Eingebornen
ein stehender und unentbehrlicher Artikel ist), Schildkröten-Schalen, Vogel-
nester und Seeschnecken. Perlen, Korallen und Ambra in Stücken kommen
auch vor, doch ist hierüber noch sehr wenig bekannt.
Es muss bemerkt werden, dass die Erzeugnisse der südlichsten
Gegenden der Provinzen, hauptsächlich die des Mergui Archipels, fast gänzlich
in den Händen der Chinesen und einiger weniger Malayen sind.
Die geringe, mitunter ganz unterbrochene, Verbindung dieser Inseln
mit dem Festlande, gibt die armen wandernden Fischer, welche auf
ihnen wohnen, Jedem Preis, der sie zu seinem Vortheile hintergehen
260 Dr. Johann Wilhelm Holfer's
will, und sowohl deren eigene Führer als die chinesischen Händler können
diess ungestört und straflos thun.
Grosse Missbrnoche. Man sagt, dass diese in der Regel jene armen
Leute mit Opium und Arrak berauschen und dann mit aller Müsse der
werthvollen Meereserzeugnisse, welche sie mühsam aufgesammelt haben,
berauben. — Alle Bestrebungen, jene Fischer zu bewegen, nach Mergui
zu kommen, die Früchte ihrer Mühen dorthin zu bringen, diese dort in
ihrer Gegenwart öffentlich versteigern zu lassen, so dass ihnen der Ertrag,
nach Abzug der Steuern, unverkürzt eingehändigt werde, sind bisher
fruchtlos geblieben. Gleich den Karäern des Innern, fürchten sie die
Städte zu betreten, obschon sie nunmehr bereits wissen sollten, das3
ihre persönliche Sicherheit dort ungefährdet bleibt und dass dort nur
gerecht mit ihnen verfahren würde. Die traurigen Erfahrungen aus der
Zeit der bedrückenden und willkürliehen Herrschaft der Burmesen leben
noch in ihrem Gedächtnisse fort und diese armen Stämme wissen von
der neuen Herrschaft nur, dass sie weniger Steuern zu zahlen haben
und selbst diess erklären die, welche unter ihnen für die Klügeren
gelten, als eine Falle, um sie darein zu verstricken.
Wachs — Honig. Die mannigfachen Arten Bienen, welche in den
Provinzen Wachs und Honig bereiten, sind insgesammt von den europäischen
der Art nach verschieden.
Verschiedene Arten von Bienen. Eine sehr grosse Art baut ihr Nest
oder ihre Waben an der Unterseite der Aeste des Teak-Baumes in Gestalt
eines verlängerten Sackes oder Beutels. Mehrere Familien oder Schwärme
bewohnen einen und denselben Baum: ein einziger grosser Baum am
Tenasserim trug 43 abgesonderte Nester.
Verschiedene Arten von Honig. Der Baum- oder Jungle- Honig ist
durchsichtig gelblich und von der Consistenz des Syrups; dieser ist eine
Lieblingsspeise der Karäer. die sich sehr gut darauf verstehen, zur
Nachtzeit die Bienen durch Rauch zu vertreiben. Eine zweite Art Bienen
baut ihre Nester nur auf Kalkfelsen und sucht dazu eine senkrecht
stehende Wand aus. Ein vereinzelter Kalkfels am Tenasserim ist von
zahlreichen Schwärmen besetzt und man hält es für sehr gefährlich,
sich demselben zur Tagszeit zu nähern. Ein anderer Fels, südlich vom
Dorfe Tenasserim, wird als Eigenthmn der Regierung betrachtet und der
Honig und das Wachs daselbst werden in Pacht gegeben. Der Honig
dieser Art ist röthlichbraun, flüssiger, süsser und aromatischer als der
der ersten Art. Der vorzüglich gute harte Ava-Honig — eigentlich von
der chinesischen Grenze von Yunan kommend — ist in diesem Land
unbekannt.
Firniss von Bienen bereitet. Eine dritte Art Bienen bildet ihr Nest
anstatt aus Wachs aus einer Art Gummiharz, welches in den letzten
Jahren unter der Benennung „Daumer8 von Sumatra nach Europa gebracht
worden ist und für ein Erzeugniss des Pflanzenreiches galt. Der Firniss,
welchen diese Substanz liefert, dient zum Ueberziehen von Gemälden;
sie selbst steht hoch im Werth und gilt für vorzüglicher als der Copal.
Pech, ein Erzeugniss von Bienen. Das Pech, welches zu Maulmain ge-
wöhnlich zu gröberen Zwecken verwendet wird, ist ebenfalls thierischen
Ursprungs und zwar ein theilweiser Bestandteil des Nestes einer Bienen-
art, welche hohle Bäume in der Nähe von Teak-WTäldern bewohnt. Dieses
Pech wird vom obern Attaran hergebracht. Bei der Untersuchung fand
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 267
ich, dass es gehörig behandelt, eine, dem Venetianer- oder Bordeaux-
Terpentin ähnliche Substanz liefert. Eine zweite, von der qpten ver-
schiedene Art Pech, welche zuweilen auf dem Markte von Maulmain vor-
kömmt, ist das Harz einer Fichte, welche im Shan-Staate Labong, auf
dem hohen Flachlande zwischen der Provinz Amherst und dem burmesi-
schen Gebiete, einheimisch ist.
Vögelnester in der Provinz fflergni. Die Inseln, (richtiger Felsen) mit
Vogelnestern, welche zu dieser Provinz gehören, sind meistens im Wege
der Versteigerung für eine bestimmte Anzahl Jahre in Pacht gegeben
worden. In den letzten 3 Jahren hat sie ein alter Malaie für die jähr-
liche Summe von 2000 Rupien in Pacht genommen. Die Nester werden
vom Jänner bis April eingesammelt; im Durchschnitte alljährlich 50 bis 60
Viss. Von diesen Nestern gibt es 3 Sorten: die Beste das Viss zu 100
bis 120 Rupien; die mittlere zu 70 bis 90 Rupien; die geringste zu
50 bis 60 Rupien. Sie kommen kaum je in Mergui auf den Markt; der
Pächter bringt sie grösstentheils nach Penang, wo sie viel bessern Ab-
satz finden.
Seeschnecken — Biche-de-Mar. 1837. Statistische Angaben von Herrn
Corbin herrührend. Von dieser Waare werden 3 Sorten auf den Markt gebracht,
die lange schwarze, die runde schwarze und die weisse; die erste gilt
bei Weitem für die beste und steht hoch im Preise. Im Jahre 1837
wurden verkauft.
Lange schwarze: 362 Viss. 100 Viss zu 150 Rup.;. in Summe 543 Rup.
Runde „ 2770 „ „ „ „ 35 „ „ „ 969 „
Weisse 3600 „ „ „ „ 15 ., „ 540 „
Zusammen: 5732 Viss, 2052 Rup.,
Lange schwarze: 10% Abgabe. 54- 7 Rupien.
Runde „ „ „ 96' 14 „
Wreisse ,, „ „ 54' 0 „
Zusammen 205* 5 Rupien.
Die Seeschnecken werden auf den Inseln des Mergui-Archipels, wäh-
rend des NO. Monsoon, gesammelt und hergerichtet. Am meisten beschäf-
tigen sich damit die Salonesen, (Bewohner jener Inseln), aber auch Chi-
nesen und Malaien befassen sich damit und bringen sie zum Verkaufe.
Schildkröten-Schalen. Während des NO. Monsoon 1837 brachten die
obenerwähnten Leute 33 Viss dieser Schalen, im Durchschnitts-Preise von
20 Rupien das Viss, zum Verkauf. Vom Gesammtpreise mit 660 Rupien
betrug die 10 % Abgabe 66 Rupien.
Fischereien. Die Abgabe von Fischzäunen {„fish stackes"J wird allmonat-
lich eingesammelt; jeder solche Zaun ist, im Verhältnisse zu seinem Um-
fange, mit einer bestimmten Summe belegt. Im Jahre 1837 kamen im
Ganzen 2097 Rupien an Fischereigebühren ein.
Gnapee. Die Krebsart, aus welcher man das Gnapee bereitet, wird
in eigens dazu verfertigten grossen Körben aus gespaltenem Bambus ge-
fangen, welche man innerhalb der Aus- und Einströmung der verschie-
denen Flüsse befestigt. Diese Körbe werden bei jedem Fluthenwechsel
ausgenommen. Jeder, der dies Gewerbe betreibt, hat an die Regierung
für die Dauer der Jahreszeit eine bestimmte Abgabe, je nach der Zahl
der von ihm gebrauchten Körbe zu entrichten. Im Jahre 1837 brachten
268 Dr. Johann Wilhelm Hellers
diese Abgaben der Regierungs-Kassa 2339, im Jahre 1838 etwas weni-
ger, nähmlich 2242 Rupien ein.
Der * tägliche Verbrauch von Fischen in der Stadt Mergui lässt sich
auf etwa 1 Viss für je 12 Personen anschlagen.
Mergui, den 23. Juli 1838.
3. Dritter Bericht über Tenasserim, die angränzenden Völkerschaften, die
eingebornen und fremden Bewohner und deren Character, sittlichen Zu-
stand und Religion.
Lage der Tenasserim - Provinzen. Die Tenasserim -Provinzen sind, mit
Ausnahme der malayischen Gebiete der Provinzen Wellesley, Malacca und
Singapore, die einzigen vereinzelt liegenden britisch -ostindischen Besit-
zungen. Sie sind umgeben von der Bai von Bengalen, (welche bis nun
die einzige Verbindungsstrasse abgibt) und von fremden Staaten. Gegen
NW. trennt sie der Salween-Flus vom Königreiche Pegu , gegen N. der
Thoungee-Fluss von dem Shan-Staaten Zimmay, Laboung und Yainhaing;
gegen 0. die, durch die malayische Halbinsel in nord-südlicher Richtung strei-
chende Bergkette vom Königreiche Siam; gegen S. der Packohan-Fluss von den
siamesisch-malayischen Staaten; gegen W. endlich liegt die Bai von Ben-
galen mit den nicobarischen und andamanischen Inseln.
Angränzende Völkerschaften. Die Völkerschaften , welche die Tenasse-
rim-Provinzen umgeben, sind demnach: die einander entgegenstrebenden
Burmesen und Siamesen unter ziemlich begründeten feststehenden und ge-
ordneten Regierungen, die zinspflichtigen und abhängigen Siamo-Malayen,
die burmesischen Shans, die halbwilden Nicobaren und die menschenfres-
senden Rewohner der Andamanen.
Einverleibung der burmesischen Gebiete in Britisch-lndien. Die Einver-
leibung der Tenasserim -Provinzen in die ostindischen Besitzungen des
britischen Reiches geschah in Folge des burmesischen Krieges (1824 — 25).
Um die anmassende und unwissende Regierung des burmesischen Reiches
zu schwächen, wurde ihr Assam, Arracan und die Tenasserim -Provinzen
entrissen.
Ausdehnung von Tenasserim. Die Tenasserim-Provinzen bestehen aus
einem Theile von Martaban (jetzt Provinz Amherst, früher zu Pegu ge-
hörig) und den Rezirken Ye, Tavoy, Mergui und Tenasserim.
Gründe zur Besetzung von Tenasserim. Für die Beibehaltung dieser Pro-
vinzen scheint kein anderer Grund vorhanden gewesen zu sein, als dass
deren Besitz die Beherrschung der Bai von Bengalen erleichtert, ausserdem
scheinen sie damals nichts Anlockendes geboten zu haben.
Gegenwärtiges Yerhältniss zu Burmah. Die übelangebrachte Grossmuth
der Briten Hess ihre burmesischen Feinde im Besitze des einträglichsten
und wichtigsten Theile ihres Reichs. Diese Grossmuth wurde als Schwäche
oder Unfähigkeit, das Eroberte zu behaupten, missdeutet. Diese Meinung
hat sich seit der Usurpation des gegenwärtigen Herrschers bestärkt, und
durch die friedliche Politik der britischen Regierung in diesen Gegen-
den scheinbar bestätigt, den jetzigen Gewalthaber zu seinem anmassen-
den Verfahren bewogen.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 269
Frühere Meinung Ton der Macht der Burmesen. So lange noch früher
den Europäern alle Verbindung mit Burmah abgeschnitten war, oder die
britischen Gesandschaften nach Ava — da sie immer auf demselben Wege
nähmlich den Irawaddy hinaufschiffen, in die Hauptstadt gelangten — nur
unvollständige Angaben liefern könnten, machte man sich sehr übertriebene
Vorstellungen von der Macht, der Volksmenge, den Hilfsquellen und den
Fähigkeiten jenes Reiches.
Gegenwärtige richtigere Ansicht. Seitdem hat unsere Kenntniss desselben
bedeutend zugenommen. Der Krieg schloss die unteren Landstriche der
Forschung auf, und seit dem Abschlüsse des Vertrags von Yandaboo, ha-
ben mehrere begabte Briten das Keich in verschiedenen Richtungen durch-
zogen. Das Ergebniss ihrer persönlichen Erfahrungen war, dass Burmah
in politischer Wichtigkeit unter die ostindischen Mächte zweiten Ranges
gehöre. Es fand sich, dass die, früher auf 17 Millionen geschätzte Bevöl-
kerung, höchtens 3 bis 4 Millionen betragen könne und über einen weiten
Flächenraum verstreut sei ; dass ein Theil davon dem Herrscher zins-
pflichtig sei, dass ein stehendes disciplinirtcs Heer nicht existire, und der
Herrscher wenn er kriegerisch gestimmt sei höchstens 70 — 80,000 Mann
zeitweise Landmiliz aufbringen könne, dass die Munition, die Bekleidung
Verpflegung u. s. w. dieser Miliz (zum grössten Theile Bauern, die man ge-
waltsam von ihrer Heimath zum Kampfe mit dem Feinde wegtreibt) nach
wenigen Monathen gegenüber einem disoiplinirten Heere unter europäischen
Befehlshabern in einen traurigen Zustand gerathen müssten ; dass end-
lich die wenigsten dieser Miliz auch nur die Handhabung ihrer Waffen
kennen und auf keinen Fall sich in offener Feldschlacht mit einer bri-
tisch-indischen Heeresmacht zu messen vermöchten.
Meinung über die Bevölkerung. So wie über das Leistungsvermögen der
Regierungsgewalt, hatten sich auch über den Charakter der Bevölkerung
irrige Ansichten verbreitet. Bei näherer Einsicht fand man, anstatt „wilder
Krieger ein Volk harmloser, von iNatui sanfter, aber von tirannischer Will-
kührherrschaft gedrückter Landbauer.
Gründe ihrer Rriegszüge. Das Streben nach schnellem Gewinn und die
(jedem Volke eigene) übermässige Lust nach Abenteuern brachte sie dahin
unter der Führung ehrgeiziger Machthaber zeilweise in die benachbarten
Staatsgebiete einzufallen, und machte sie vorzüglich während des vori-
gen Jahrhunderts unter Alompra, dein Gründer des jetzigen Herrscher-
stammes , zu einem erobernden Volke, ohne dass ihnen indess. die unstete
Wildheit der Tartaren oder der Blutdurst der Araber, oder der persön-
liche Muth beider je eigen gewesen wäre. Die Masse der auf solchen
Raubzügen begriffenen kehrte, nach einigen mit Verwüsten und Plündern
zugebrachten Monathen zur Feldarbeit nach Haus zurück, und eine klei-
nere Anzahl trieb, selbst im eigenen Lande das Räuberhandwerk fort, oft
ohne von der Regierung , welche sich vielleicht dadurch einen Stamm
tüchtiger Krieger für künftige Unternehmungen erhalten wollte, darin
besonders gestört zu werden.
l'ebertriebener militärischer Ruf. Der Schrecken den sie den ungeord-
neten, kleinen Völkerschaften einjagten, ihr den Sianiesen gegenüber
entschiedenes Uebergewicht, ihre Erfolge selbst gegen ein chinesisches
Heer, unterhielten in den Burmesen den Glauben an ihre eigene
Unüberwindlichkeit; die Prahlereien ihrer blindschmeichelnden Hof-
sehranzeu, die Unwissenheit den wahren Zustand über des Landes (den
270 Dr. Johann Wilhelm Belfer's
Europäern eine terra incognitii), Alles dies trug bei, hohe Begriffe über
die Macht der Burmesen, und demnach eingebildete Befürchtungen für die
Sicherheit Britisch-Indiens, in Gang zu bringen, bis deren eigene vollstän-
dige Niederlage im letzten Kriege und die darauf erfolgte erste Zerstück-
lung ihres Beiches die Täuschung zunichte machte.
Andere Nachbarvölker. — - Shans. Die nördlichen Nachbarn, die zins-
pflichtigen Shan-Staaten Zimmay, Laboung und Yaihaing, sind gleichfalls von
Ackerbauern bevölkert; die bergige, subalpine Gegend, die sie bewohnen,
veranlasst sie, zum Theil auch als Hirtenstämme zu leben. Sie scheinen
in schwache Stämme getheüt zu sein, und geben ihren Hass gegen die
Burmesen offen zu erkennen, sind aber zu unbedeutend, um je sich unab-
hängig machen zu können; bisher haben sie sich gegen die Briten freund-
lich gezeigt und sich eifrig darum beworben, sich unter deren Schutz be-
geben zu dürfen.
Siamesen. Das Königreich Siam, die Tenasserim-Provinzen gegen 0.
begränzend, beruht auf den, in jenen Ländern allgemein anerkannten und
angenommenen Grundsätzen. Die Begierung ist eine unumschränkte , oft
sehr strenge Alleinherrschaft; indess scheint die siamesische Begierung
vor der burmesischen einen Schritt in der Gesittung voraus zu haben,
denn ihr Herrscher beschützt den Feldbau und ermuthigt den Handel; die
Einwohner sind sichtlich betriebsamer und das Land desshalb auch reicher.
Von der Fruchtbarkeit des grossen Thaies und der Ebenen im Delta des
Meran-Flusses wird viel erzählt. Die Menge der in Siam ansässigen Chi-
nesen hat unbezweifelt zum allgemeinen und bessern Anbau viel beigetra-
gen. Der noch bis heute herrschende Gebrauch, die ganze Bevölkerung
eroberter Landstriche in entfernte Gegenden zu treiben und sie dort
zwangsweise zum Feldbau zu verwenden, scheint, so verderblich sie
an sich den unbevölkerten Landstrichen sein mag, doch darauf hinzu-
deuten, dass die Begierung landwirtschaftliche Arbeitskraft gebührend zu
würdigen weiss. Wenn auch sichere Angaben über das Gesammteinkommen
noch fehlen , so lässt sich doch nur allein aus den zu Bankouk
erhobenen Gebühren; dasselbe auf wenigstens das Doppelte des Einkom-
mens des burmesischen Beiches abschätzen.
Bisher hat sich der Hof zu Bankouk gegen die britisch-indische Be-
gierung freundschaftlich und von bestem Willen erwiesen; theils aus Be-
sorgniss für die eigene Sicherheit, theils wegen der erblichen Feindschaft
gegen die Burmesen, als deren natürliche Feinde ihnen Grossbritanien gilt.
Die Burmesen und Siamesen sind lange Zeit Nebenbuhler, und daher nie-
mals Freunde, gewesen; die Schwächung der Ersteren trug zur Kräfti-
gung der Letzteren bei. Vor dem britisch-burmesischen Kriege vermochte
keine der beiden einheimischen Mächte, ungeachtet sie fast ununterbrochen
in wechselseitigem kleinen Kriege standen, die andere zu unterjochen, da
sie einander an Kriegsmacht und Tapferkeit gleich waren.
In letzter Zeit beschränkte sich ihre Kriegführung auf zeitweise Ein-
fälle auf wechselseitige, beiden Theilen gleich schädliche Verheerungen.
In Folge dessen verwandelten sich die beiderseitigen Grenzgebiete in eine
Wüstenei, und daher kömmt es, dass die Grenzstriche der Tenasserim
Provinzen gegen Siam, in einer Breite von 8 bis 30 (engl.) Meilen gänz-
lich verödete, unbewohnte, ununterbrochene Waldstrecken sind.
Aus Dr. Bichardson's neuesten Berichten geht hervor, dass die
hohe Meinung, welche der Hof von Bankouk von britischer Macht aus-
gedruckte und ungedruckte Schritten über die Tenasseiim-Provinzen etc. 27 l
schliesslich nach Massgabe des Erfolges britischer Waffen im letzten Kriege
gefasst hatte, in den letzten zwei Jahren sich etwas vermindert habe. Mit
dem wiederkehrenden Glauben an ihre eigene Stärke und der verminder-
ten Furcht vor ihrem neuen Nachbarn, dürften auch die freundschaftli-
chen Gesinnungen und der Wunsch nach wechselseitigem Frieden einige
Veränderung erleiden.
Siaino-Malayen. Die Siamesen sind in der malayischen Halbinsel als
Eroberer aufgetreten. Die kleinen Staaten im Süden der Tenasserim-Pro-
vinzen (deren Grenze der Packchan-Fluss, unter 9° 57' ausmündend, be-
zeichnet) stehen unter siamesischer Oberherrschaft. Ihre Bewohner sind ge-
mischter Abkunft; zunächst den Tenasserim-Provinzen sind es Siamesen oder
vormals gefangene Burmesen, auch wohl Leute von der östlichen Grenze
von Siam, nebst solchen, die aus anderen Landstrichen gewaltsam herbeigeführt
wurden. In den unteren Gegenden der Halbinsel sind die Einwohner siamisch-
malayischer, und näher der Südspitze, rein malayischer Abkunft. Die siamesi-
sche Regierung scheint in diesen Gegenden eine viel strengere Herr-
schaft auszuüben, als innerhalb des eigentlichen Siam, und desswegen auch
dort verhasster zu sein.
Malayen. Die Tenasserim-Provinzen haben nur mit einer geringen
Anzahl Malayen, welche die Höhlen mit essbaren Vogelnestern im Mergui-
Archipel von der Regierung gepachtet haben, einigen Verkehr.
Nicobaresen Die Bewohner der Nicobaren, offenbar von Individuen
der umwohnenden Völkerschaften, welche auf diese Inseln verschlagen oder
durch irgend einen Zufall zerstreut wurden, abstammend, sind in politi-
scher Hinsicht ganz bedeutungslos. Die Burmesen in den Tenasserim-Pro-
vinzen treiben einen Tauschhandel mit diesen Inselbewohnern. Die Nico-
baresen tauschen, gegen Schiffsladungen von Cocosnüssen , Tuch, Rauch-
tabak, Eisen- und Töpferwaaren von den Burmesen ein. Sie können für
jetzt als unabhängig gelten, da von der Herrschaft oder der Ansiedlung der
Dänen, welche zu wiederholten Malen die Besitznahme einiger dieser Inseln
angestrebt haben, gegenwärtig keine Spur mehr vorhanden ist.
Andamaoesen. Am Schluss dieser Aufzählung müssen noch die Anda-
manesen erwähnt werden, welche vielleicht auf der tiefsten Stufe der Ge-
sittung stehen, auf welche das Menschengeschlecht herabzusinken vermag.
Sie sind von einer Negerrace mit krausem Wollhaar, klein von Wuchs, der Ge-
sittung fast ganz unzugänglich, selbst wenn sie als Kinder eingefangen
werden. Sie wohnen auf Bäumen, unter auf Pfählen gestützten Baumrinden,
oder in Bergklüften und nähren sich von rohen Naturprodukten, vorzüg-
lich von Schalthieren, die sie am Meeresgestade einsammeln. Sie sollen
Menschenfresser sein. Keiner Nation ist es noch gelungen, eine freund-
schaftliche Verbindung mit ihnen einzugehen, da sie jeden Fremden als
einen Feind betrachten, den sie, wo sie es können umbringen. Dafür wer-
den sie auch, so oft sie zufällig mit Fremden zusammenkommen, von die-
sen ohne Umstände niedergemacht. Das Innere dieser grossen und inte-
ressanten Inseln ist noch unerforscht. Das Gestade wird von den burme-
sischen Bewohnern von Tenasserim und von Malayen besucht, welche
dort Seeschneken und essbare Vogelnester einsammeln. Diese zeitweiligen
Besucher kommen mit den wilden Eingebornen wenig in Berührung und
leben während der Sammelzeit auf ihren Booten oder bauen zu ihrer Ver-
teidigung eine Art Verschanzungen. Ungeachtet der günstigen Lage die-
ser Inseln in der Bai von Bengalen, ungeachtet des schönen Hafens von
272 Ur> Johann Wilhelm Helfer's
Port Cornwallis, haben die Engländer den mehrmals begonnenen Versuch
ein Depot für Handels- und militärische Zwecke dort zu begründen, gänz-
lich aufgegeben.
Holländer. Mit Ausnahme der Spanier, welche die philippinischen
Inseln inne haben, sind die Holländer nebst den Britten die einzige
europäische Macht, welche Besitzungen in den Ländern Hinter-Asiens
inne hat. Indess ist nicht nur ihre Nachbarschaft, sondern sogar ihre
Existenz den Bewohnern von Tenasserim unbekannt; mit ihren Häfen
besteht weder Verbindung noch Verkehr und ich glaube, dass seit der
britischen Besitznahme kein einziges holländisches Schiff sich dieser Küste
genähert hat.
Franzosen. Einige alte Einwohner erinnern sich der Franzosen. Wäh-
rend des letzten Krieges lagen deren Flotten eine Zeit lang in der
Bucht von King's Island, um die nach China handelnden Ostindienfahrer
aufzufangen und die Burmesen zeigten mir sowohl ihren Sammelplatz,
als den Bach, aus dem sich ihre Schiffe mit Wasser versahen. Die
Franzosen wagten sich indess nie in das Innere und die Eingebornen,
welche damals kaum wussten, dass es Engländer gebe, konnten natürlich
von den Beziehungen zwischen beiden Mächten keine Ahnung haben.
Verkehr mit den Chinesen. Obwohl eine Menge Chinesen sich in
den Tenasserim-Provinzen als Handelsleute ansässig gemacht haben, besteht
doch, weder zu Land noch zu Wasser ein unmittelbarer Verkehr mit
China. Eine Karavane aus der chinesischen Provinz Yunan näherte sich
im vorigen Jahre auf 15 bis 20 Tagereisen der Stadt Maulmain, und
beabsichtigte diese Stadt selbst zu Handelszwecken zu besuchen; indess
hinderten Eifersucht und Besorgniss überhaupt, so wie die bereits offenbar
feindseligen Absichten des burmesischen Usurpators, diese unternehmenden
Männer an Erfüllung ihres Vorhabens. Sie sollen dadurch bedeutende
Verluste erlitten haben und vermuthlich werden sie nicht einen zweiten
derartigen Versuch wagen, bis nicht die Verhältnisse der kleinen Staaten
im Norden, deren Gebiet die Chinesen durchziehen müssen, sicherer und
fester begründet sein werden.
Völkerschaften nnd Stämme, welche die Tenasserim-Provinzen bewohnen.
Beständige Veränderungen in lndo-fhina. Die Jahrhunderte alte Stetigkeit
der Verhältnisse im eigentlichen China und in Japan steht im auffallenden
Gegensatze zu den beständigen und durchgreifenden Veränderungen in den
angrenzenden Indo - chinesischen Ländern, nämlich: Cochin- China, Tonkin,
Cambogia, Anjam oder Loas, Siani und Burmah. Ein Volksstamm vertilgt
den andern und wird wieder von nachfolgenden Eroberern überwältigt
und vertrieben. Die eben genannten Reiche sind, so wie sie jetzt be-
stehen, auf den Trümmern besiegter Völker, deren Geschichte nicht selten
ganz verloren gegangen ist, aufgebaut.
Alompra's Reich. Diess war auch das Schicksal der Gebiete des
burmesischen Reiches und das gegenwärtige Herrscherhaus desselben ist
erst neueren Ursprungs. Unter günstigen Umständen stürzte Alompra nach
vielen Kämpfen, Blutvergiessen und Verheerungen das Reich Pegu und
gründete ein neues zu Amarapoora, von wo aus seine siegreichen Heere
sich über weite Länderstrecken ausbreiteten.
Geschichte von Tenasserim. Die Geschichte der Tenasserim-Provinzen
ist in Dunkel gehüllt. Wer deren erste Bewohner waren, ist kaum zu
vermuthen, da man nicht einmal weiss, von wem dieselben vor vier
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenassenm-Provinzen etc. 273
Jahrhunderten bewohnt waren. Nach den Karäern zu urtheilen, welche
deren Inneres bewohnen und alle nach einander folgenden Umwälzungen
und Eroberungen überdauert haben und aus Gründen der Analogie lässt
sich annehmen, dass diese ersten Einwohner mongolischen Stämmen an-
gehört haben, ßurmah, Siam und Cambogia scheinen ihre ursprüngliche
Bevölkerung vom Norden her empfangen zu haben und es ist sehr unwahr-
scheinlich, dass die Bewohner von Tenasserim sich je mit der malayischen
Bace vermischt hätten.
Die verhältnissmässig späte Ankunft dieser Bace von Menamcaboo
nach Sumatra und auf der malayischen Halbinsel, was sie in den Bezirken
von Jabor, Malacca und Queda Colonien bildete, gilt nunmehr fast allge-
mein für eine nahezu unzweifelbare Thatsache und wenn diess der Fall
ist, blieb ihnen keine Zeit mehr übrig, sich nach Norden hin zu zer-
streuen. — Seit 200 Jahren her scheinen die Einwohner von Tali-Abkunft
einigermassen den Siamesen verwandt gewesen zu sein; Martaban wird
in den Berichten der Portugiesen als ein sehr wichtiger Handelsplatz
genannt und die Stadt Tenasserim war eine bedeutende Festung. Die
Provinzen blieben unter siamesischer Herrschaft bis in den späteren Jahren
des 18. Jahrhunderts, der Eroberer Alompra sie in Besitz nahm und
ungeachtet der wiederholten Streitigkeiten mit den Siamesen und deren
Einfälle, blieben sie ein Theil des burmesischen Beichs bis zu ihrer
Einverleibung in die britisch-ostindischen Besitzungen (1826).
Wechsel der Bevölkerung. Mit den neuen Eroberern kamen neue An-
siedler. Nach Alompra's Eroberung scheinen sich die Siamesen sämmtlich
weggezogen zu haben und durch Burmesen ersetzt worden zu sein.
Gewaltsame Bevölkerungsweise. In vielen Fällen geschah die Einfüh-
rung neuer Bewohner zwangsweise, wie noch jetzt die burmesischen Be-
wohner des Dorfes Tenasserim beweisen. Nach der Eroberung und Zer-
störung dieser einst wichtigen Stadt, beabsichtigten die Statthalter sie
wieder aufzubauen, indess waren die dorthin verpflanzten Burmesen,
mehr als irgend anderswo, den fortgesetzten Einfällen der Siamesen
preisgegeben, welche alle ihre burmesischen Gefangenen in die Knecht-
schaft zu schleppen pflegten. Aus diesem Grund kehrten die Einwohner
zu wiederholten Malen an die Seeküste zurück und so wurde Mergui
zum Hauptorte der Provinz. Um indess die Bewohner zu zwingen in
Tenasserim zu bleiben, wurde eine Anzahl vormaliger Ausreisser mit einem
gemalten Binge um die Augen und einer Inschrift auf der Brust bezeichnet
und man findet noch jetzt zu Mergui und Tenasserim viele alte Leute
mit solchen unvertilgbaren Zeichen.
Gegenwärtige Bewohner von Tenasserim. Die gegenwärtigen Bewohner
der Tenasserim -Provinzen, nicht über 100,000, sind Burmesen, Talier,
Siamesen, Karäer, Seelongs und Fremdlinge.
1. Burmesen. Die Burmesen, einst Eroberer und Herren des Landes,
sind gegenwärtig die zahlreichsten. Ihr Hauptsitz war Martaban ; nach
dieser Stadt war Mergui die zweite, Ye die dritte Absiedlung. Maulmain
ist neueren Ursprungs und erst seit der britischen Besitznahme empor-
gekommen.
Lage ihrer Dörfer. Alle Dörfer, Weiler und selbst vereinzelte Pflan-
zungen der Burmesen liegen an der Seeküste oder an den Ufern schiff-
barer Flüsse oder Buchten; sie siedelten sich nie tief im Innern an, selbst
nicht als sie zuerst in dieses Land kamen. — Furcht vor den Einfällen
274 Dr. Johann Wilhelm llelfer's
der Siamesen, natürliche Vorliebe für die Nähe des Wassers und die
Leichtigkeit des Personen- und Güterverkehrs in einem Land ohne oder
mit schwer gangbar zu haltenden Strassen, mögen die Ursachen dieser
Erscheinung sein.
2. Talicr, deren Herkunft. Die Talier sind die Bewohner des König-
reiches Pegu, vormals die Herren von Burmah, jetzt unterjocht und die
Knechte der Burmesen, von welchen sie seitdem immer hart und grausam
behandelt wurden. Der grösste Theil des ursprünglichen Gebietes dieses
Volkes ist ebener, fruchtbarer Reisboden und die Anlagen der Talier
scheinen ihnen den Berufe von Landwirthen und insbesondere von Reis-
bauern, zugewiesen zu haben.
Deren Wohnstellen. Die Talier verbreiteten sich von den mächtigen
Alluvial-Absätzen des Irawaddy-Flusses, welche jetzt von dessen zahlreichen
Verzweigungen durchschnitten werden und von den Ufern der Flüsse
Pegu und Sittary, bis zum Salween-Flusse. Es scheint, dass die Bedrückung,
welche die wenig überwachten Statthalter gegen sie ausübten, sie genö-
thigt habe sich auszubreiten und sich zurückzuziehen.
Die Provinz Martaban, jetzt unter der Benennung „ Provinz Am-
herst ^ theil weise unter britischer Herrschaft, war gleichfalls von Taliern
bewohnt, welche sich von dort, von den Ufern des Salween aus ostwärts
über die Ebenen, welche die Flüsse Attaran und Guin durchströmen,
ausgebreitet zu haben scheinen. Der Gebirgszug im Osten (gegenwärtig
die Grenze zwischen Teiiasserim und Siam) schied sie von den reichen
Gebieten des Menam und scheint ihrer weitern Ausbreitung von Westen
nach Osten Schranken gesetzt zu haben.
Gründe ihrer Wanderungen nach Osten. Die Bedrückungen der Bur-
mesen in jenen vom Sitz der Regierung entfernten Gegenden mögen
wohl unerträglich hart geworden sein, da auf einmal 40,000 lMenschen
von der Provinz Amherst nach Siam hinüberzogen, um das Joch der
Burmesen gegen einen mildern Despotismus zu vertauschen. Amherst
Provinz war fast unbewohnt, als es britisches Gebiet wurde.
Gesinnungen der Talier gegen die Britten bei deren ersten Ankunft.
Beim Beginn des letzten burmesischen Krieges brachte die Ankunft eng-
lischer Soldaten in Pegu einen ungewöhnlichen Eindruck unter den Pegua-
nern hervor; die Mehrzahl der Letztern hatten früher niemals Europäer,
welche man ihnen als Menschenfresser schilderte, gesehen. Nachdem sich
die erste Aufregung gelegt hatte und die Peguaner Gelegenheit gehabt
hatten wahrzunehmen, dass die fremden Eroberer nicht nur Menschen
waren, wie andere, sondern viel mehr Milde zeigten, als sie mit der
Eigenschaft von Soldaten sich vereinbar dachten, fingen sie an dem bri-
tischen Heere Beistand zu leisten, ihr Hass gegen ihre langjährigen Un-
terdrücker brach neuerdings aus und sie sehnten sich aufrichtig nach
dem gänzlichen Umsturz des burmesischen Despotismus.
Der Geschichtsschreiber wird mit Bedauern aufzeichnen, dass durch
den Frieden von Yandaboo das eroberte Pegu dem Hofe von Ava zurück-
gegeben wurde. Hierdurch wurden jene treuen Bundesgenossen wieder
unbedacht, und man möchte sagen, unbamherzig, wieder in die Hände
ihrer unversöhnlichen Bedrücker gegeben; was sie nicht im Ge-
ringsten erwarteten, da sie nicht begriffen, wie ein Eroberer das, was
er einmal unbestreitbar inne hatte, freiwillig aufgeben konnte. Viele
suchten, wie natürlich, eine Zuflucht in den Provinzen von Tenas-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Piovinzen elc 275
serim; Viele, besonders in den entfernteren Gegenden, konnten im ersten
Augenblick ihre Angehörigen und ihre Habe nicht fortschaffen und wurden
später von den burmesischen Behörden daran gehindert. Die Abtretung
des Königreichs Pegu ist das Einzige, was dieser unglückliche Volks-
stamm den Engländern vorwerfen kann.
Maulmain von Taliern bevölkert. Die neue Ansiedlung Maulmain
gegenüber von Martaban, nunmehr die Hauptstadt der Tenasserim-Pro-
vinzen, wurde in der ersten Zeit fast ganz von Taliern bevölkert und
heut zu Tage berechnet man dort das Verhältniss der Burmesen zu den
Taliern wie 1 zu 20.
Verwischung ihrer onterscheidenden Züge. Gegenwärtig unterscheiden
sich die Talier von den Burmesen nicht merkbar durch ihre Züge; die
beständige Vermischung beider Stämme durch eine lange Beihe von Ge-
nerationen, mag wohl die Unterschiede aufgehoben oder verwischt haben.
Bestehen der Tali-Sprache. Ihre Sprache beweiset indess, dass sie
ein selbstständiges Volk sind; sie haben diese bis auf den heutigen Tag
bewahrt und sie soll kaum irgend eine Aehnlichkeit mit der Burmesischen
haben. Die Tali-Sprache nimmt schnell ab und wird wahrscheinlich ver-
löschen, wenn die Talier (welche kaum eine Aussicht haben, ein unab-
hängiges Volk zu werden) noch ferner unter fremder Herrschaft bleiben.
Burmesische Sprache allgemein angenommen. Im britischen Tenasserim
ist das Burmesische als Sprache des Hofes, der öffentlichen Verhandlungen
und des allgemeinen Verkehrs angenommen; was nur billig ist, da es
von der Mehrzahl der Bewohner gesprochen wird und worüber sich die
Talier nicht beschweren können, da zwei Drittheile derselben nebst ihrer
Muttersprache auch Burmesisch sprechen. Die Haupt- und fast einzige
Beschäftigung der Talier ist Feldbau und nahezu ausschliesslich Beisbau,
sie ziehen sich kaum je in die Berge und finden das meiste Behagen
an dem amphibischen Leben des Beispflanzers während 6 Monaten des Jahres.
3. Entfernung der Siamesen aus Tenasserim. Nahezu alle Siamesen
zogen sich nach Alompra's Eroberung aus diesen Provinzen zurück,
mit Ausnahme zweier Dörfer im S. von Mergui : Boukpeen und Lennya,
in denen nie ein Burmese gewohnt hat, da dieser Theil des Landes
immer ein streitiger Bezirk geblieben ist. Seit der Eroberung, und
vermuthlich noch früher, haben sich Burmesen und Siamesen nur als
Feinde begegnet; das System des abwechselnden kleinen Krieges, mit
Menschenraub, Plünderung und Verheerung in seinem Gefolge, blieb unun-
terbrochen thätig längs der Grenzbezirke, welche dadurch bald in eine
Wüste (wie sie es noch jetzt sind) verwandelt wurden. Die Siamesen
scheinen das grösste Geschick zu diesen Plünderungszügen besessen zu
haben, sie waren zugleich die zahlreicheren und kühneren, denn die
burmesischen Absiedlungen in diesen Provinzen konnten nur als zum Theil
zwangsweise begründete und durch Furcht zusammengehaltene Colonien gelten.
Sicherheit seit der britischen Besetzung. Als beim Beginn der britischen
Herrschaft Sicherheit der Person und des Eigenthums sich begründete,
wurde der siamesischen Begierung zu verstehen gegeben, dass solche
Baubzüge, wie sie unter burmesischer Herrschaft gang und gäbe waren,
als Friedensbruch angesehen würden. Die siamesische Begierung setzte
etwa 1000 Menschen aus der Provinz Mergui in Freiheit, welche über-
geben wurden und in ihre Heimath zurückkehrten. Den Siamesen wurde
natürlich erlaubt, als Freunde in die eroberten Provinzen zu kommen.
276 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Anfangs zeigten sie sich furchtsam; sohald sie aber den Unterschied
zwischen burmesischer und englischer Herrschaft wahrnahmen, gewannen
sie Vertrauen. So wie einst burmesische Unterthanen nach Siam flohen,
um unter milderem Joch Schutz zu suchen, so suchen nunmehr die Sia-
mesen eine Zuflucht in Tenasserim.
Nene AnsiedlnngeD der Siamesen. Die ganz aus neuen Einwanderern
bestehende siamesische Bevölkerung ist in schneller Zunahme und diese
Flüchtlinge haben in verschiedenen Theilen der Provinz Ansiedlungen
gegründet, hauptsächlich in der Provinz Mergui, wo sie sich längs der
Ufer des grossen und kleinen Tenasserim-Flusses ausbreiten. Dieser Aus-
wanderung stellt, wie man sagt, die siamesische Regierung grosse Hin-
dernisse entgegen; man versichert, dass Enthauptung das unabwendbare Loos
der aufgegriffenen Auswanderer sei.
Sie haben grosse Schwierigkeiten (nebst der steten Gefahr ergriffen
zu werden) in den unwegsamen Wildnissen zu überstehen, bevor sie
die nächste britische Station in Tenasserim erreichen; ganze Familien
kommen nicht selten von ihrem Weg ab und irren Monate lang in den
Wäldern herum, ihr Leben nothdürftig mit wilden Früchten, Blättern und
Rinden fristend, bis sie in die Nähe der Meeresküste gelangen. Es lässt
sich denken, dass ohne diese Hemmnisse die siamesische Einwanderung
viel bedeutender wäre, als sie bisher ist.
Charakter der Siamesen. Die Siamesen sind ein fleissiger, abgehärteter
Stamm und unternehmender als die Burmesen, dabei lenksam, ruhig, ge-
horsam und ordnungsliebend, ihre zahlreiche Einwanderung wäre für die
Wildnisse von Tenasserim sehr wünschenswerth. — Sie sind die Ein-
zigen, welche den Bau des Zuckerrohres zum Behuf der Zuckerberei-
tung eingeführt haben, wie begreiflich bisher noch in so geringer Aus-
dehnung, dass dieser Zweig noch keine grosse Bedeutung erlangt hat.
Viele von ihnen sind eigentliche Jäger, Monate lang in den wildesten
Wäldern lebend, um dort Elephanten, des Elfenbeins wegen, zu schiessen;
sie beschäftigen sich überhaupt mit dem Fange, der Zähmung und der
Wartung von Elephanten, welche in ihrem eigenen Lande die wichtigsten
Hausthiere sind, während in den Tenasserim-Provinzen unter burmesischer
Herrschaft diese Thiere im zahmen Zustande kaum je bekannt waren.
Die meist sehr groben Züge der Mehrzahl der Siamesen in Tenasserim
nähern sich mehr dem malayischen als dem chinesischen Typus; ihre
Weiber sind sehr hässlich, beide Geschlechter aber gut gebaut und höher
gewachsen als die Burmesen. Die Jäger insbesondere sind sehr flink,
lebhaft, geschickt und muthig; dagegen sind die friedlichen Landbebauer
der beiden Dörfer Boakpeen und Lennya, welche vor der britischen Be-
setzung bestanden, eher von trägen Naturell. Wir dürfen die Siamesen
nicht nach ihrem Auftreten in Tenasserim beurtheilen, denn sie waren
bis dahin die ärmste Klasse eines gedrückten und geknechteten Volkes,
welche die Noth allein antrieb, eine friedliche Freistätte aufzusuchen.
Die wohlhabenderen und günstiger gestellten Siamesen im grossen Delta
oder Thale des Meram und jene gegen den Golf von Cambogia sollen
geistig weit vorgeschritten sein und die grosse Anzahl der unter ihnen
lebenden Chinesen mag ihnen wohl verfeinetere Sitten und bessere Weisen
des Feldbaues mitgetheilt haben.
4. Die Karäer — ihr Ursprung. Die Karäer sind die ältesten Be-
wohner der Provinzen und haben darin den Stoss der aufeinander folgenden
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 277
Umwälzungen überdauert. Ihr Ursprung lässt sich nicht nachweisen. Einige
vennuthen in ihnen die Ureinwohner des Landes; Andere behaupten, sie
seien die Trümmer eines grossen, in Knechtschaft und Abhängigkeit ver-
fallenen Volkes, welches sein Vaterland verlassen und sich später weit
über Indo-China verbreitet hat, da man sie vom 11. bis 23. Grad N. B.
findet. Die amerikanischen Missionäre, welche sich viel mit diesem Volke
beschäftigen meinen, die Karäer seien ursprünglich aus Thibet gekommen;
sie stützen diese Meinung indess, wie es scheint, nur auf die Gleich-
heit der Nahmen und einiger Gebräuche.
Deren Stelluns. Wo immer die Karäer im Lande vorkommen, ist ihre
Stellung eine untergeordnete, mit Ausnahme der sogenannten „rothen Ka-
räer" im N. von Maulmain, welche dem Einflüsse der Burmesen wider-
standen haben; diese sind Bergbewohner und leben von Beute und Plün-
derung. — Die Karäer der Tenasserim-Provinzen bewohnen in abgeschlos-
senen Kolonien jene Landstriche des Binnenlandes, welche von den übri-
gen Einwohnern nicht besetzt sind, dort wählen sie sich ihre Wohnstät-
ten an den Ufern den der Flüsse oder in entlegenen Thälern. Ihre Ge-
meinden sind meist nicht über 3 bis 12 Häuser oder Familien stark. Da
sie sich nur unter einander verheirathen, sind sie Alle wechselseitig nahe
verwandt. Einsame Hütten von Karäern finden sich oft an Stellen, um
welche Meilen weit kein anderes menschliches Wesen zu finden ist. Sie
leben ausschliesslich von den Erträgnissen des Bodens; sie bauen nähm-
lich Bergreis und einige andere unentbehrliche Gegenstände, meist nur,
was sie zum eigenen Gebrauch bedürfen. Sehr selten hat ein Karäer
Ueberschuss weit öfter nicht einmahl das, was er zur Erhaltung bedarf.
— Auswanderung scheint mit den Verrichtungen eines Landbauers nahezu
unverträglich und ist jedenfalls eine seltsame Anomalie in einem höchst
fruchtbaren Lande, dennoch erhalten sich die Karäer ganz allein vom Er-
trag ihres Anbaues und haben keine bleibend festen Wohnstätten.
Weisen des Anbaoes. Sobald eine Karäer-Familie einen Platz zur Be-
bauung ausgesucht hat, baut sie Bambus-Hütten, mit Palmblättern gedeckt,
dann wird ein Theil des Waldes gelichtet, gerade nur soviel um eine
Bodenfläche mit dem nöthigen Beis für die Zahl der angesiedelten Per-
sonen auf die Dauer eines Jahres zu bebauen. Der Beis („ptiddy"J wird
ohne weitere Urbarmachung oder sonstige Vorbereitung auf den unvoll-
ständig ausgebrannten Waldboden gesäet und das fernere Notlüge (Indigo,
Baumwolle, Sesam, Gemüse u. s. w.) auf denselben Fleck untereinander
ausgesäet oder gepflanzt. Im nächsten Jahre wird ein anderer Fleck in
der Nähe gelichtet und nach einigen Jahren (oder wenn sich ein Todtenfall
in der Familie vor Ablauf dieser Zeit ereignet) entfernt sich die Fa-
milie weiter weg und geht von Neuem an die höchst mühsame Arbeit,
ungeheure Waldbäume zu fällen. Nur zeitweise besuchen sie noch ihre
alte Ansiedelung, deren Ertrag noch mehrere Jahre überdauert. So wan-
dern die Karäer ihr ganzes Leben hindurch und haben nirgends eine
bleibende Wohnstätte. Verschiedene Gründe dieser ungewöhnlichen Sitte
werden angegeben. Die Karäer selbst sagen, eine und dieselbe Stelle
könne durch mehrere Jahre hintereinander keinen Beis hervorbringen;
diese Behauptung widerlegt sich durch das Beispiel anderer, ähnlich gele-
gener Landstriche, in denen neuer Grund und Boden nicht so reichlich
vorhanden sind, wie hier. Andere behaupten mit gleicher Unwahrschein-
lichkeit, der Grund liege in der Mühe das bebaute Land von Unkraut
278 Dr. Mann Wilhelm Helfer's
frei zu halten und neuerdings einen Wald zu fallen. Vermufhlich liegt
die wahre Ursache in der Wanderlust der Karäer und in altherkömm-
licher Sitte, wozu wohl noch ihr grasser Aherglaube und ihre Furcht
vor Ndts (bösen Geistern), welche nach ihrer Meinung, über gewisse
Gegenden ihre Herrschaft ausüben, kommen mag. — Was immer die
Ursache einer solchen ungewöhnlichen Sitte sein mag, so ist gewiss,
dass die Production dadurch vermindert werden muss, indem sie allen
Anbau perrenirender Gewachse aussehliesst, und keine allmählige Verbes-
serung aufkommen lässt; daher sind wohl auch die Karäer stets auf einer
niedern Stufe der Gesittung stehen geblieben.
los der Karner unter der burmesischen Herrschaft. Unter der burmesi-
schen Herrschaft waren die Karäer unterdrückt und konnten, so oft es der
Regierung gefiel, unentgeldlich zu öffentlichen Arbeiten verwendet werden.
Da die Beziehungen zu ihrem Gebieter sie Misshandlungen aller Art,
ohne Hoffnung auf Abhilfe, preisgab, scheint dieser Zustand zunächst ihr
Zurückziehen in selten betretene, mitunter unzugängliche Theile des Lan-
des wo sie ausserhalb des unmittelbaren Bereichs ihrer Dränger zu blei-
ben hofften, veranlasst zu haben. — Obwohl sie, seit der britischen Er-
oberung den Burmesen gleichgestellt sind und nunmehr sich früher unbe-
kannter Rechte und unparteiischer Gerechtigkeit erfreuen , sind sie noch
so furchtsam, dass sie sich kaum bereden lassen, die Städte an der Mee-
resküste zu besuchen. — Sie haben eine eigene Sprache, welche neuer-
lich durch die Bemühungen der Missionäre aus ihrem Dunkel hervorgezo-
gen worden ist. Wiewohl sie mit ihren Stammgenossen in Siam und Bur-
undi in keiner Verbindung stehen, und mitunter durch ihr ganzes Leben
auf ihren engen selbstgewählten Kreis beschränkt bleiben, sollen doch —
wie man behauptet — die burmesischen Karäer an der Grenze von China
in einer Entfernung von 13 Breitegraden, eine Mundart derselben Sprache,
welche bei den Karäern der Provinz Mergui gebräuchlich ist, sprechen.
5. Die Seelongs, — ihr Irsprung. Dieses Volk ist wieder ein, von
allen übrigen eben aufgezählten verschiedenes. Sie stehen am tiefsten in
der Gesittung, sind aber darum nicht minder interessant. — Die Seelongs
sind die Bewohner der Inseln des Mergui-Archipels und ein Stamm wan-
dernder Fischer, zeitweise Hütten aus Rohr, Bambus und Palmblättern
während der rauhen Jahreszeit des Moonson bauend, und die übrige Zeit
des Jahres in Booten oder am Meeresgestade unter schattigen Bäumen
verlebend.
Sie nähren sich von den freiwilligen Erzeugnissen der Natur, vor-
züglich von denen des Meeres: Fischen, Schildkröten und Schalthieren.
— Sie bebauen nie den Boden. Ihr Ursprung ist unbekannt und es
wird wohl kaum je festgestellt werden können, ob sie (wie sie selbst
behaupten) die Trümmer eines zahlreichen und selbstständigen, allmälig
aussterbenden Volksstammes oder die im Lauf der Zeit angewachsenen
Nachkommen Schilfbrüchiger aus verschiedenen Bacen seien.
Ihre Anzahl. Gegenwärtig sind die Seelongs nur ein kleiner Stamm,
den man nicht über 1000 Seelen stark schätzt; sie nehmen mit jedem
Jahr an Zahl ab und dürften bald ganz erloschen sein. Sie haben eine
eigene Sprache, die man indess zu wenig kennt, um entscheiden zu
können, ob sie ein blosses Gemenge der bei den übrigen Einwohnern
gebräuchlichen Sprachen oder eine ihnen eigenthümliche sei.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenassciim-Provinzen etc. 279
Ihre Gesittung. Man kann sich wohl denken, dass dieser Stamm
auf der tiefsten Stufe der Gesittung stehe, fast noch unter den Indianern
Nord-Amerika's; indess lässt sich die Bezeichnung „Wilde" mit der man
gegen Völker, welche sie nicht verdienen, so freigebig ist, eben nicht
auf sie anwenden.
Ihre Gemeinden. Sie bilden in Familien untergetheüte Gemeinden,
nach streng festgestellten und stets genau befolgten Gebräuchen geleitet;
fügen sich freiwillig den Gesetzen der Regierung, unter welcher sie stehen;
führen einen beschränkten Tauschhandel, und haben richtige Begriffe von
Recht und Unrecht; Verbrechen kommen selten vor und werden streng-
bestraft; sie leben friedlich und einig unter einander; nähren sich von
wilden Naturproducten; kennen ganz und gar nichts über ihre Felsen und
Inseln hinaus; entbehren jeder bestimmten Religionsform und haben, wie
sie selbst sagen, nie darüber nachgedacht, ob es ein künftiges Leben
gebe oder nicht.
Ihre früheren Beziehungen zu Burmah. Zur Zeit der burmesischen
Herrschaft waren die Seelongs der unabhängigste und am wenigsten
gedrückte Volksstamm der Provinz. Die Burmesen — von jeher schlechte
Seeleute — vermochten kaum den Besitz der zu ihrem Gebiete gehörigen
Inseln zu behaupten und konnten sich nie mit den gewandten malayischen
Piraten zur See messen. Wenn aber auch die Seelongs von den Be-
drückungen der Burmesen nicht besonders zu leiden hatten, so wurden
sie dafür eine Beute der Freubeuter, deren Schwärme noch vor Kurzem
jene Meere unsicher machten.
Ihre Abgeschlossenheit. Es ist selbst jetzt noch schwer, diesen Stamm
in den Inseln, welche er besucht, aufzufinden. Sie verbergen sich beim
Anblick jedes Segels und in der That nicht ohne Grund, da im Mergui-
Archipel täglich noch Unordnungen vorfallen und man sich nur wundern
kann, dass diess nicht in noch grösserem Maasstabe geschehe, indem bei
der gänzlichen Nutzlosigkeit dieser Gegenden, bisher auch nicht ein
Schatten britischer Autorität dort bleibend gehandhabt worden ist.
Die Bevölkerung in ihrer Gesamnitheit. Keiner der bisher angeführten
einheimischen Volksstämme ist besonders zahlreich; ihre Gesammtstärke mag
nicht über 100,000 Köpfe, auf einen Flächenraum von 30,000 (engl,)
Quadratmeilen vertheilt, betragen; ein Beweis, wie sehr diess unglückliche
Land durch beständige Kämpfe gelitten hat. Sobald ein Volksstamm sich
festgesetzt und zu gedeihen angefangen hatte, wurde der Neid und die
Habgier eines mächtigen Nachbars rege, der mit einem einzigen Einfalle
Alles verheerte, die Bevölkerung ausrottete, verjagte oder wegschleppte
und die Nachkommen der Angreifer wurden in der Folga wieder von
späteren Eroberern auf gleiche Weise behandelt. Die Talier, die Siamesen
und Burmesen erfuhren der Reihe nach solche Unglücksfälle und es blieb
als Bevölkerung ein Gemenge von Trümmern verschiedener Racen und
Stämme übrig. Die Karäer und Seelongs, welche, so viel man weiss,
immer untergeordnet blieben, hatten noch weniger Gelegenheit anzu-
wachsen und zu gedeihen. Da sie kein eigenes Land hatten, das ihnen
eine Zuflucht geboten hätte, traf der harte Druck der Eroberer sie zuerst; sie
trugen alle Lasten des feindlichen Einfalles, ohne je zeitweiliger Ruhe und
Gedeihens theilhäft zu werden, wie sie den unterjochten Eingebornen wenigs-
tens in dem Zwischenräume von einem Einfalle zum andern gegönnt wurde.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. I
980 Dr. Mann Wilhelm Helfer's
6. Fremde. — Chinesen. Die wichtigsten und nützlichsten Fremden
sind die Chinesen, die durch halberzwungene Auswanderung über den
ganzen indischen Archipel und dessen Umgebungen verstreut wurden. —
Die erste Einwanderung richtete sich nach Cochin-China und Cambogia,
den nächsten Nachbarländern des eigentlichen China und die jetzigen
Einwohner dieser Gegenden sollen zur Hälfte chinesischer Abkunft sein.
Sie sind in Siam zu grosser Bedeutung gelangt, 200,000 derselben sollen
nur allein zu Bankouk und dessen Umgebung wohnen. Ebenso bilden die
Chinesen einen Theil der Bevölkerung der Philippinischen Inseln. Die
Niederländer gehen zwar zeitweise sehr hart mit ihnen um, gewahren
ihnen aber im Ganzen Schutz auf ihren Besitzungen und Colonien und
deren Anzahl ist auf Java und den Mohikken in beständiger Zunahme.
Auch auf Borneo, Celebes, Timor und Sumatra sind Chinesen ansässig,
ebenso in den britischen Besitzungen an der Strasse von Malacca und in
Burmah, nördlich von Ava.
Ihre Ansiedelungen in Tenasserim. Die Provinzen von Tenasserim
boten ihrer Unbedeutendheit wegen während der burmesischen Herrschaft
den Chinesen nur wenig Anziehendes. Die damaligen Behörden scheinen
ihre Ansiedlung begünstigt zu haben und die Wenigen, welche sich an-
sässig machten, gelangten allmälig zum Alleinbetrieb der wenigen ergiebigen
Erwerbszweige dieses Landes und damit zu Reichthum und Ansehen. Ihr
Zuwachs ist nicht augenfällig, aber sie dürften sich wohl vermehren,
so wie diese Provinzen an Bedeutung steigen.
Ihre Beschäftigungen. Die Chinesen erscheinen in der Fremde überall
zuerst als Kaufleute, wenn sie Kapitalien besitzen oder als Handwerker,
wenn diess nicht der Fall ist. In Tenasserim sind die Kaufleute, Schiffs-
rlieder oder Schiffbauer, Branntweinbrenner, Zimmerleute, Grobschmide,
Bäcker oder Gärtner. Man sollte die Einwanderung der Chinesen im Grossen
begünstigen; es wäre ein wahres Glück für Tenasserim, wenn sie sich
dort auf den Feldbau verlegen würden. Den Meisten sind die günstigen
Aussichten, welche diese Provinzen bieten, unbekannt und den bereits
dort angesiedelten Chinesen muss es daran liegen, die Mitbewerbung
zahlreicher Einwanderer ihres Stammes hintanzuhalten. Alle hier ansässigen
Chinesen beschränken sich auf die grösseren Seestädte; alle sind mit
burmesischen Frauen verehlicht und ihre männlichen Kinder nehmen die
Gebräuche. Sitten und Kleidung ihrer Väter an. Man erkennt sie indess
leicht an ihren Gesichtszügen, welche wenigstens dem Europäer, gefälliger
sind, als die ihrer A eitern.
Ostiudier. 1) Chinlias. Die Chinlias oder Eingebornen der Küste
Coromandel wandern ungefähr aus demselben Grunde aus wie die Chinesen;
wie sie vorgeben wegen Cebervölkerung ihres Geburtslandes, in der That
aber wohl eher um in der Fremde schneller zu einer Summe Geldes zu kommen
und damit, wie die Chinesen, in ihre Heimath zurückzukehren. Die Meisten
beider Stämme aber haben entweder keine Zeit genug zusammenzubringen
oder meinen, sie hätten noch nicht genug zusammengebracht und sterben
vor Ausführung ihres Vorhabens. Ihre Nachkommenschaft mit eingebornen
Frauen macht sich im Lande bleibend sesshaft. Eine grosse Menge dieser
Chinlias bewohnt Penang und die übrigen anglo-malayischen Besitzungen.
Die meisten folgten der Ausbreitung der britischen Macht in Tenasserim,
einige gingen ihr voran.
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 281
Ihre Anzahl. Sie sind nicht zahlreich und nur da zu finden, wo
Europäer wohnen, deren Gewohnheiten ihnen geläufiger sind als die der
Eingebornen durch deren Bedienung sie ihren Unterhalt erwerben.
2) Bengalesen. Dasselbe gilt von den Bengalesen, die aber den
Bewohnern der ostindischen Halbinsel immer an Unternehmungsgeist und
Fähigkeiten nachstehen.
3) Sträflinge. Eine eigene Classe Fremder, gegenwärtig etwas über
1700, bilden die von Hindostan hierher gebrachten Sträflinge.
Ihre Lage in Tenasserini. Diese Sträflinge werden stets äusserst milde
behandelt und Viele von guter Aufführung befinden sich hier besser, als
es je in ihrem Vaterlande der Fall gewesen wäre. Nach dem bestehenden
System werden ihnen, wenn sie sich gut aufführen, nach einigen
Jahren die Eisen abgenommen und sie können dann als Arbeiter oder
Hausdiener in Miethe gegeben werden; da sie dann Gelegenheit haben
mit den Einwohnern zusammenzukommen, können sie auch mit eingebornen
Frauen Verbindungen eingehen. Viele von ihnen machen sich nach Ablauf
ihrer Strafzeit im Lande ansässig (bisher haben nur noch Wenige ihre
Zeit ausgehalten) und werden sammt ihren Nachkommen ein Theil der
Bevölkerung.
System der Transportation. Diess System hat vielen Tadel erfahren
und gewiss kann die Einführung so vieler Uebelthäter auf die Sittlichkeit
der Eingebornen nur ungünstig einwirken, indess ist diess weniger der
Fall, als man gewöhnlich voraussetzt.
Interschied zwischen indischen und europäischen Sträflingen. Der indische
Sträfling ist von dem europäischen wesentlich verschieden und fast immer
besser als dieser. Die scheusslichen Verbrechen der Thugs (die grosse
Mehrzahl der Sträflinge in Tenasserim gehört zu diesen) entstehen aus
religiösen Beweggründen und wo diese fehlen, ist die Mehrzahl der
Thugs von Kindheit an zum gewerbsmässigen Morde erzogen worden. Als
Sträflinge beweiset ihre Aufführung, dass sie weniger entartet sind, als
man es vermuthen sollte. Die Transportirung der Verbrecher aus Hin-
dostan in dieses und in andere Gebiete, anstatt ihrer lebenslänglichen
Einsperrung in eckelhafte Kerker ist eine Handlung der Staatsklugheit,
zu deren Ausführung wie natürlich die entferntesten und am wenigsten
bevölkerten Gebiete ausersehen werden. Wenn auch die Begierung nie
beabsichtigte, aus Tenasserim eine Straf- Colonie nach Art von Neu-Süd-
Wales zu machen, so werden doch im Laufe der Zeit, aus einem Theil
der transportirten Hindus Colonisten werden.
Armenier und Parsees. Wo an einem Handelsplatz im Osten Aussicht
auf Gewinn ist, findet man gewiss Armenier, Mogulen und Parsees, als
Häupter grosser Handelshäuser, ähnlich den europäischen Juden im Mittel-
alter. Wie diese, sind sie ein verstreutes Volk, ebenso emsig, beharrlich
und scharfsinnig und ebenso von eingebornen Herrschern unterdrückt und
dennoch reich. Bisher haben sie sich nur zu Maulmain festgesetzt, da
dieses der einzige Handelsplatz in Tenasserim ist.
Portugiesen. Die Nachkommen der Portugiesen längs der Meeres-
küsten an beiden Seiten der hindostanischen Halbinsel zerstreut, finden
sich auch in Tenasserim. Kein Volk Hess so viele Ueberbleibsel seiner
vergangenen Herrlichkeit im Osten zurück. Aber die Nachkommen der
Gefährten Vasco de Gama's sind arg entartet; es ist ihnen nichts von
ihren berühmten Vorfahren geblieben als die Aussenseite ihrer Beligion,
t*
?,S2 Dr. Mann Wilhelm Helfer's
die zu einer Anhäufung von Aberglauben und bedeutungslos gewordener
Ceremonien herabgesunken ist und selbst ihre Sprache ist durch Ein-
mischung zahlreicher indischer Mundarten barbarisch geworden. An einigen
ist noch der europäische Geschichtstypus zu erkennen, ihr Zustand und
ihre Gesittung aber stellen kaum über der der Eingebornen und oft noch
unter dieser. Sie haben alle mit eingebornen Frauen sich verbunden und
sind durch keinerlei Band mit ihrem Mutterlande, von dem keiner von
ihnen etwas weiss, verknüpft. Ihr christliches Glaubensbekenntniss und
ihr festes Beharren an dasselbe, erhält sie als selbstständige Classe.
Amerikanische Missionäre. Eine gewisse Anzahl amerikanischer Bap-
tisten-Missionäre hält sieh in den Provinzen auf, indess haben sie geringe
Fortschritte in der Bekehrung der Einwohner gemacht. Die Burmesen
vermögen den Unterschied zwischen Engländern und Amerikanern nicht
wohl aufzufassen; letztere erscheinen ihnen als eine eigentümliche Bace
wandernder weisser Leute, deren eigentliches Vorhaben und Ziel der
Mehrzahl bis nun unbekannt oder undeutlich geblieben ist. während für
die wenigen besser Unterriebteten sie ein schwer lösliches Bäthsel
geblieben sind. Sie werden mit der allgemeinen Benennung „fremde
Lehrer" bezeichnet
Engländer — fast alle in amtlichen Stellungen. Ausser den Civil-
Beamten der Regierung, dem Officier-Corps und der Mannschaft der beiden
gegenwärtig hier stellenden Regimenter, weilen nur wenige Engländer
hier und diese nahezu alle zu Maulmain, wo sie vorzüglich mit Schiffbau
und anderen mit den Teak-Wäldern aus der Amherst-Provinz in Verbindung
stehenden Betriebszweigen beschäftigt sind. Bis in die neueste Zeit hat nicht
ein angesehener Engländer daran gedacht, sich in diesem Lande festzu-
setzen und dessen vielfache Hilfsquellen wirklich nutzbar zu machen. Bisher
haben im ganzen Land alle Engländer mit den Eingebornen in gutem
Einvernehmen gelebt. Die Burmesen zeigen sich aus Rücksicht für ihre neue
Regierung gegen jede Person von europäischer Gesichtsfarbe höflich,
freundlich und gutwillig und kein Europäer hat gegründeten Anlass, sich
über sie zu beklagen. Die ehrerbietige Scheu vor der Ueberlegenheit
der Europäer und dem staatlichen Uebergewichte Gross-Britanniens, welche
sich über alle Völker des Ostens verbreitet, hat vermuthlich an der
Hochachtung, die die Eingebornen den Europäern erzeigen, eben so grossen
Antheil, als die Wertschätzung der Sicherheit und der milden Behand-
lung, deren sich eine so grosse Menschenzahl unter britischer Herr-
schaft erfreut.
Geuiüthsart der Eingebornen besser als die der Ostindien Die Ge-
müthsart der Eingebornen der Tenasserim-Provinzen verdient im Ganzen
genommen nur Lob. Alle, welche Gelegenheit hatten sie mit den Einge-
bornen des eigentlichen Ostindiens zu vergleichen, geben ihnen den Vorzug
vor Letzteren. Ein Hauptzug der Burmesen, der selbst dem oberflächlichen
Beobachter auffällt, ist ihr mannhaftes und selbstständiges Wesen, im Ge-
gensatze zu der allgemeinen Unterwürfigkeit, Kriecherei und Verweichlichung
der Ostindier. — Selbstständigkeit und Mannhaftigkeit bei einem Volke,
das seit undenklichen Zeiten unter einer der despotischesten Regierungen
Asiens gelebt hat, ist eine scheinbare Anomalie, die indess in der eigen-
tümlichen Beschaffenheit des indo-chinesischen Despotismus ihre Erklärung
findet. Es gilt bei allen diesen Völkern als unbestreitbarer Grundsatz: dass
Alles und Jedes Eigenthum des Königs sei, der zugleich Herr über Leben und
gedruckte und ungedruckte Schrillen über die Tenasserim-Provinzen etc. 283
Land ist. Diese indo-chinesische Staats- und Volks-Maxime wirkt in ver-
schiedener Weise auf die Rechte des Einzelnen ein, welche zwar
immer unbekannt oder unverstanden blieben, aber in Wirklichkeit nicht
allenthalben auf gleiche Weise beeinträchtigt wurden. — Ich beschränke
meine Bemerkungen auf Tenasserim und werde zu beweisen suchen, dass
Selbstständigkeit auch da vorhanden sein kann, wo Jedermann vom Augen-
blick seiner Geburt an, unausweichlich das Eigenthum seines Beherrschers
wird. — Die Indo-Chinesen sind in der Theorie Leibeigene des Königs,
nicht aber in Wirklichkeit. Die Regierung konnte nicht die Gesammtheit
der Bevölkerung zu ihren Zwecken benutzen. Die Aufforderung an einen
Theil der Bevölkerung zur Aufgebung ihrer persönlichen Freiheit, sei es
zur Kriegführung oder zu irgend einem öffentlichen Werke, konnte immer
nur eine zeitweilige Maassregel bleiben und sowie der Zweck der Re-
gierung erfüllt war ging die Mehrzahl, von ihrer zeitweiligen Knechtschaft
erlöset, wieder in ihre Heimat zurück. Die Rechtsverletzung lag vielmehr
in den ungerechten, gewaltthätigen und willkürlichen Eingriffen in das
Eigenthum der Unterthanen. Tenasserim war ein vorgeschobener Posten
des burmesischen Reiches. Zur Besorgung der Staatsgeschäfte wurden
Statthalter dorthin gesendet und oft durch Andere ersetzt, bevor sie sich
mit den Hilfsquellen der Provinz bekannt gemacht halten. Es fiel den
Bewohnern mithin leicht, ihre Vorgesetzten über ihre Leistungsfähigkeit
zu täuschen oder ihre Beiträge zum Staatseinkommen zu verweigern. —
Die Thoogies (Dorf-Vorsteher) wurden ineist aus der Mitte ihres eigenen
Stammes gewählt und halfen, von den Dorfbewohnern bestochen, diesen
bei Hintergehung ihrer Vorgesetzten. Die Tenasserim-Provinzen waren ein
eroberter, zu Grund gerichteter, von burmesischen Ansiedlern schwach
bevölkerter Landstrich, aus dem die Begierung nie ein bedeutendes
Einkommen zog. In der Voraussetzung, dass die Bevölkerung nicht viel
zu leisten fähig sei, waren die Anforderungen aus Ava gemässigter und
wenn die Auflagen der Statthalter und der Druck der Regierung uner-
träglich wurden, flüchtete sich ein Theil der Bevölkerung in die Wild-
nisse. Es soll für die Leute etwas Gewöhnliches gewesen sein, sich mit
ihrer Habe in die Dickichte zu verbergen und dort günstigere Zeiten
abzuwarten; so zwar, dass noch jetzt, nach 14jährigen Frieden und bei
stets wachsendem Vertrauen in die gegenwärtige Begierung, die Karäer
aus Furcht für ihre persönliche Sicherheit sich nicht bewegen lassen,
in eine Stadt zu kommen.
Als (1838) in diesen Provinzen das Gerücht ging, dass Tharawaddie
mit Heeresmacht anrücke, um das Land wieder zu erobern, legten die Bewohner
von Tairy und Ye Beisvorräthe in den Dickichten an, um, bei Annäherung
des Feindes sogleich fluchtbereit zu sein. Zwei andere Gründe ihrer Selbst-
ständigkeit sind die Abwesenheit des Kasten-Sistems und dass sie, wie
später gezeigt werden soll, vom Einflüsse der Priesterschaft grösstentheils
frei geblieben sind. Eben daher rührt auch ihr mannhaftes Wesen. Die
Mehrzahl unter ihnen hat in den Dickichten Drangsale erlebt, denen sie
nur durch Geschicklichkeit und Muth entgehen konnten und sie haben
noch jetzt genug Anlass , dieses mannhafte Wesen auf ihren oft langwie-
rigen Wanderungen durch die unbetretenen Wildnissen ihres eigenen Lan-
des, zu bethätigen. Aus diesem Zustande des Landes unter burmesischer
Herrschaft ist ein anderer, minder hervortretender, aber auch minder löb-
licher, Charakterzug dieses Volkes entstanden: Schlauheit, Scharfsinn und
284 Dr. Johann Wilhelm HeuVs
Falschheit. Wo Personen jeden Ranges vom niedrigsten Lastträger (Coolie)
bis zum ersten Minister, mit Despoten zu thun haben, von deren YViilkühr
sie gänzlich abhängen , und wo sie jede Art Täuschung anwenden müs-
sen, um den mannigfachen, sie bedrohenden Bedrückungen zu entgehen,
mussten Schlauheit und Scharfsinn für Haupttugenden gelten. Die täglichen
Vorkommnisse des Marktplatzes beweisen indess, dass sie im Handelsver-
kehr ziemlich ehrlich sind, ehrlicher als ihre ostindischen Nachbarn und
weit mehr als die pfiffigen, treulosen Chinesen. — Alle öffentlich vor Ge-
richt eingegangenen Verpflichtungen werden eingehalten; die Eingebornen
haben eine solche Scheu vor jedem Gerichtsverfahren, dass sie kaum je
einen gerichtlich eingegangenen Vertrag brechen dürften. — Als nach der
britischen Besitznahme Alles auf stetigen und unabweichbaren Fuss ge-
setzt wurde, wurde ihre Schlauheit und ihr Scharfsinn ihnen weniger
nützlich und sollen sich täglich mehr verlieren. Eine böse Gewohnheit
können sie aber, seit der Zeit der burmesischen Herrschaft nicht los wer-
den, diess ist Unwahrheit im Reden. Wenn einem Burmesen eine, wenn
auch noch so gleichgültige Frage gestellt wird, gibt er selten eine bestimmte
Antwort, sondern zögert damit lange und antwortet dann in zweideuti-
gen Ausdrücken und, gelingt ihm dies nicht, so gibt er geradezu seine
Unwissenheit vor, wenn er auch mit dem Gegenstand der Frage wohl
bekannt sein mag. Bei Unterthanen ist dieser Mangel an Treue und Glau-
ben eine üble Eigenschaft, und es liesse sich daraus von selbst folgern
dass man sich auf eine Anhänglichkeit an die Regierung nicht verlassen
könne und diese gegen Verätherei beständig wachsam sein müsse. Diess
ist indess nicht mit Grund zu befürchten; in jeder andern Hinsicht mö-
gen die Burmesen so unzuverlässig, als möglich sein, aber die Wohltha-
ten, die ihnen durch eine gerechte Verwaltung zu Theil geworden sind,
werden so allgemein gewürdigt, dass sie nur fürchten, die gegenwärtige
Sachlage könne nicht immerwährend fortdauern. Nur einige wenige, vor-
mals mächtige Personen, könnten bei einem Wechsel gewinnen, sie wür-
den aber unter der Masse der Bevölkerung keinen Anhang finden. Die
Regierung hätte mithin, für jetzt, nichts von einer Empörung zu befürchten.
Religiöse Verbindung der Burmesen in Tenasserim mit dem König von
A?a. — Allgemein verbreitet ist eine tiefe, auf religiöse Begriffe begrün-
dete Ehrfurcht für den jetzigen König von Ava. Den nächsten Rang nach
Gaudama, dem ersten der Wesen, nimmt die königliche Familie von Ava
ein. — Wenn auch die Burmesen in den Tenasserim -Provinzen wissen,
dass sie nunmehr von dem Herrscher Ava's und dem Einflüsse irgend
eines seiner Minister oder Statthalter ganz unabhängig sind , so betrach-
ten sie dennoch den Kaiser von Burinah als ihr religiöses Oberhaupt,
erkennen aber dabei willig die weltliche Oberherrschaft der Engländer
an. Die Aufgeklärteren und Reicheren der Einwohner nehmen lebhaften
Antheil an den Angelegenheiten des Landes ihrer Vorfahren, der Sturz
des Königs und seiner Minister, Thar rawaddie's Usurpation, die darauf
folgende Vertreibung des Kronprinzen wurden begierig verfolgt und die
jetzigen grausamen Vorgänge halten sie in scheuer Erwartung. — Die
Burmesen halten die Gebräuche ihrer Vorfahren hoch in Ehren, mehr als
die von ihren Vorgesetzten erlassenen Gesetze. Der Grund liegt in der
noch vor Kurzem willkürlichen, nur selten zu ihrem Wohlsein führenden
und oft ihren Interessen entgegenstehenden Gesetzgebung. An Tirannei ge-
wöhnt, bezweifelten die Burmesen niemals das Recht ihrer Vorgesetzten,
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 285
ihnen was immer für Gesetze aufzuerlgen, aber sie wiedersetzten sich
ihnen, wo sie die Macht dazu hatten und umgingen sie bei jeder vor-
kommenden Gelegenheit. Die Vaterlandsliebe der Burmesen beruht mehr
auf natürlichen, als auf sittlichen Gründen.
Sie werden durch das Aussehen des Landes, die Lebensweise, die
Gleichartigkeit der Beschäftigungen an ihr Vaterland gefesselt, dieses er-
streckt sich für sie so weit, als ihre Sprache gesprochen, das Aussehen
des Landes dasselbe, oder doch ein ähnliches ist. Von den Ufern des
Tenasserim bis zu den Bergen oberhalb Ava, an der chinesischen Grenze
fühlt sich ein Burmese heimisch und wäre es selbst in Cochin-China,
könnte er sich dort verständlich machen. Diese materiellen Bande fesseln
ihn stärker an einen Landstrich, als seine Jugenderinnerungen, seine El-
tern, Gattin und Kinder. Ein Burmese vertauscht daher auch leicht seinen
Aufenthalt zu Mergui gegen ein besseres Auskommen zu Maulmain oder
Bangoon ; nie aber wird er in das eigentliche Hindostan übersiedeln und
nur wenige trifft man zu Penang.
Geineinsinn. Der, von einer Vereinigung vuu Gemeinden ausgehende
Gemeinsinn hat für den Burmesen nur geringen Werth. Er gibt den briti-
schen Gebieten den Vorzug, weil er sich dort sicherer fühlt, würde ihm
eine gleiche Sicherheit in Pegu oder Ava geboten, so würde er sich kaum
dort ansiedeln, wie in den Tenasserim-Provinzen.
Ruhm, Vermögen und Macht gelten bei den Eingebornen dieser Län-
der nur als Mittel zum materiellen Wohlsein. Sie als Mittel zur Errei-
chung höherer Zwecke zu betrachten , würde ein Burmese lächerlich fin-
den. Den Burmesen stand, unter ihrer eigenen Begierung ein weiteres Feld
offen, als unter britischer Herrschaft. Der Wunsch Ehren zu erlangen,
scheint gegenwärtig in Stillstand gerathen zu sein, sie nehmen die gei-
stige Ueberlegenheit der Europäer wahr und merken, dass diesen die ge-
sammte, ihnen entrissene Macht zugefallen ist und wissen wohl, dass ihnen,
zur Entwicklung ihrer Fähigkeiten, keine andere Laufbahn übrig bleibt,
als die eingeborener Beamten. — Wunsch nach Reichthum ist jedem Men-
schen angeboren, nur ist er bei den Burmesen durch die Unwissenheit
der Weise, wie sie Glücksgüter verwenden könnten, in Schranken gehal-
ten: denn die Zeit ist für sie vorüber, da Ruhm und Macht für Reich-
thum feil war. Vormahl machte sich ein Burmese berühmt, indem er sei-
nen Reichthum auf die Erbauung von Pagoden und auf die Ausstattung
von Khiaungo (Klöstern) verwendete; damals wetteiferten sie darin mit
dem Herrscher und seinen Ministern, die auf diese Zwecke ungeheure
Summen verwendeten. Die britische Regierung hat mit der Ausschmückung
buddhistischer Symbole oder mit der Unterhaltung der zahlreichen Mönche
dieses Bekenntnisses nichts zu schaffen und die Eingebornen werden nach
und nach müde, einem Ruhme nachzujagen, der bei ihren Vorgesetzten
keine Würdigung findet.
Geiz-. Geiz oder übermässige Habgier ohne anderen Zweck, scheint,
so weit meine Reobachtungen reichen , den Eingebornen nicht eigen
zu sein. Häufig scharren die Burmesen Geld unter Pagoden an verbor-
genen Stellen ein, nicht selten auch in den Bamboo-Gerüsten ihrer Häu-
ser; diess scheint aber weniger aus Geiz zu geschehen; als aus einem
Gefühle von Unsicherheit, oder weil sie es nicht verstehen, ihre Baar-
schaft besser zu benutzen. Alle asiatischen Völker unter despotischer Herr-
schaft und in stetter Furcht für ihr Eigenthum verbergen gleichermasseu
286 Dr. Johann Wilhelm Belfert
ihre werthvolle Habe. Man begreift noch nicht die Dauer der britischen
Oberherrschaft und ist noch nicht sicher genug, dass sie sich gegen
mögliche Angriffe von Burmah und Siam her, werde behaupten können,
daher auch den Eingebonnen es nicht zu verargen ist, wenn sie ihrem
Misstrauen gemäss handeln.
Eigentumsrechte. Diese Rechte werden richtig aufgefasst und meist
heilig gehalten, nur in grösseren Seestädten — (wie in allen grösseren
Anhäufungen von Menschen überhaupt), kommen Verstösse dagegen viel
öfter vor. Indess kommen im Land überhaupt nur sehr wenige Dieb-
stähle vor. Europäisches Eigenthum den Eingebornen anvertraut, wird nur
sehr selten veruntreut, und in Geldgeschäften gelten sie für vertrauens-
würdiger und ehrlicher, als die ihnen gleichstehenden Klassen in Europa.
Räubereien. Räubereien auf Landstrassen oder zu Wasser sind so
viel ich erfahren — fast unbekannt seit der britischen Besitznahme. Jene
im vorigen Jahre auf dem Salween-Fluss verübten fallen nicht den Bewoh-
nern von Tenasserim-Provinzen zur Last, sondern wurden von feindlich
gesinnten Anwohnern auf der burmesischen Seite angestiftet.
Mord. Dasselbe gilt vom Morde. Ueberlegter Mord liegt nicht im
Charakter der Burmesen und selbst Mord aus leidenschaftlichem Antriebe
fällt selten vor, denn die Burmesen sind — im auffallenden Gegensatze
zu ihren Nachbarn den Malayen — eher ruhig, als erregbar.
Leidenschaften, — Rachsncht. Selbst ein oberflächlicher Beobachter
wird bemerken, dass die Burmesen nicht leidenschaftlich sind; in wie fern
ihnen Rachsucht eigen ist, weiss ich nicht, indess hatte ich nie Gelegen-
heit andauernden Groll oder Hass an ihnen wahrzunehmen. Sie haben keine
erblichen Zwiste, ein Vorzug den — nebst manchen andern — die Budd-
histen vor den Muhamedanern voraus haben, da die benachbarten Ma-
layen wegen ihrer Unversöhnlichkeit eben so berüchtigt sind, als ihre
Glaubensbrüder in Arabien.
Höflichkeit. Die allgemein in Europa verbreitete Meinung über die
Burmesen, als seien sie alle blutdürstige Barbaren, ist unrichtig. Schon
bei oberflächlicher Bekanntschaft fällt ihre Sanftmuth und Ruhe auf. Ihr
Benehmen ist den strengen Vorschriften der Schicklichkeit gemäss. Höf-
lichkeit — in den untern Klassen in Europa zu wenig beobachtet und
von den Chinesen übertrieben, — ist für alle Eingebornen von lndo-China
charakteristisch. Die Chinesen sind mehr förmlich, als höflich, ja sie sind
selbst mitunter grob. Die Burmesen sind von Natur höflich, nicht nur
gegen Fremde, auch unter einander. Bootsmannschaften, auf Befehl der
Regierung zusammengebracht und wechselseitig fremd, leben Monate lang
auf einem kleinen Raum zusammengehäuft, in ungestörtem Einvernehmen.
Gemeine Coolies reden einander mit „Herr" an und die Seltenheit von
Zank und Rauferei selbst in den untersten Klassen beweiset, dass sie
jederzeit einander die Achtung zu bezeugen wissen, die man seinem Mit-
menschen schuldig ist.
Dienstfertigkeit und gute Kameradschaft. An diesen beiden Eigen-
schaften wird genau festgehalten. Die Bewohner jedes Dorfes bilden unter
sich eine, durch Freundschaft und wechselseitige Bedürfnisse verbundene
Gemeinde und ein Fremder, der sich nicht in ihre Lebensweise fügt,
wird unter ihnen nicht geduldet.
Mildthätigkeit. Mildthätigkeit wird in einem Land, in dem keine
wirkliche Noth besteht, wenig ausgeübt. Krüppel und Altersschwache werden
gedruckte und ungedruckte Schritten über die Tenasserim-Provinzen etc. 287
von ihren Angehörigen im«! sog»«' ven Fremden unterhalten. Mildthätigkeit
kann bei den Burmesen nicht als Tugend gelten, da ihre Ausübung kein
Opfer auferlegt, indem die Erhaltung einer Person allmonatlich nur eine
Kleinigkeit kostet.
Gastfreundschaft. Gastfreundschaft gilt in allen aussereuropäischen
Landern für eine Pflicht, nicht für eine Tugend, denn da, wo die Be-
quemlichkeit des Lebens noch nicht bis zur Errichtung von Gasthäusern
gediehen ist, würde ohne Gastfreundschaft in entlegenen Landstrichen
jeder menschliche Verkehr abgebrochen sein. Gastfreundschaft im Allge-
meinen ist ein Gebot, entweder der Menschenliebe oder der Beligion.
In letzterem Falle, wie sie vorzüglich in muhammedanischen Ländern geübt
wird, gränzt sie sich nach Secten, Parteien und Nationen ab. Gastfreund-
schaft aus Menschenliebe ist ein Ausfluss der gemeinsamen Gesellschafts-
rechte; diese wird von den buddhistischen Völkern ausgeübt. Ueberall
gibt es Buheplätze (zayats) für Beisende, welche ohne Weiters von
dem Gebäude Besitz nehmen und wenn sie arm sind, auf ihr Ansuchen
mitunter auch aus eigenem Antrieb von den Einwohnern mit Nahrung
versehen werden. Es ist ein eigenthümlicher Gebrauch buddhistischer Länder,
in kurzen Abständen Hängedächer zu errichten und unter diesen Chatties
(irdene Gefässe) mit Wasser gefüllt für die ermüdeten Beisenden hinzustellen.
Massigkeit. Massigkeit ist eine der hervorragenden Eigenschaften der
Burmesen; ihre Kost ist massig, einfach und gesund. Sie besteht meist
aus Pflanzenstoffen , vorzüglich Beis, alles Andere ist nur Nebensache.
Wie alle Tropenbewohner lieben die Burmesen Gewürze, welche in diesen
Himmelsstrichen zur Verdauung nöthig zu sein scheinen. Die Mehrzahl,
welche Buddhisten sind, geniessen keine geistigen Getränke und ein Be-
trunkener gilt ihnen für ein entwürdigtes Wesen. Eine Ausnahme hierin
machen die Karäer, die sich bei feierlichen Anlässen der Unmässigkeit
hingeben. Opium rauchen übt seinen verderblichen Einfluss, wo immer dieser
Stoff Eingang gefunden hat, glücklicherweise ist diess Laster so kost-
spielig, dass nur Beiche sich ihm ergeben können. In der allgemeinen
Meinung gilt es für entwürdigend und die Benennung „Opiumraucher"
bezeichnet einen schlechten, der niederträchtigsten Handlungen fähigen
Menschen. — Alle Völker, denen ihr Klima gestattet, sich nicht mit
Kleidung zu belasten und die Luft in ihren Wohnungen frei umziehen
zu lassen, die mit ihren Beschäftigungen auf das Freie und auf Wälder,
so wie auf ungehemmte Uebung der Glieder angewiesen sind, erfreuen
sich der Begleiter der vollen Gesundheit (wo nicht örtliche Umstände
schädlich einwirken); der Gelenkigkeit, Gewandtheit und Ausdauer. Die
Burmesen in Tenasserim sind ausnehmend gesund, stark und muskulös,
ohne schwerleibig zu sein. Die Burmesen sind im aufgeregtem Zustande
grosser Anstrengungen fähig, aber ihre Kraftäusserung hält nicht lang
an. Mangel an Ausdauer ist ihnen eigenthümlich; vermuthlich weil We-
nige unter ihnen sich mit regelmässigen, ununterbrochenen einförmigen
Arbeiten beschäftigen. Ihre Lebensweise nöthigt sie nicht zu mühsamen
lang fortgesetzten Anstrengungen. In einem gut bebauten Lande verdienen
sie ihren Unterhalt mit geringer Mühe und da sie kaum je wirklichen
Mangel oder selbst nur Armuth kennen lernen, sind sie gegen reich-
liches Einkommen gleichgiltig.
Geduld. Geduld ist das Ergebniss der Lebensweise, welche die
Menschen meist in Gegenden führen müssen, welche mit natürlichen Gaben
288 Dr. Johann Wilhelm Belfert
nur karg bedacht sind. Wenn auch unter den Burmesen nur Wenige
von Nahrungssorgen und von den Wechselfällen eines regelmässigen Erwerbs
unberührt bleiben, so erfahren sie doch nur selten Täuschungen und da
die Geduld und Beharrlichkeit nur aus wiederholt erfahrenen Täuschungen
sich entwickeln können, so können ihnen auch diese Tugenden nicht
eigen sein.
Liebe der Aeltern zn den Kindern. Eine der Haupttugenden der Bur-
mesen ist die Liebe zu ihren Kindern, so lange diese noch jung und
hilflos sind. Diese ist ihnen mit allen, im Naturzustande lebenden Völkern
gemeinsam, da das Band zwischen Kindern und Eltern das erste und stärkste
ist. Burmesische Aeltern geberden sich wie irrsinnig, wenn einem ihrer
Kinder etwas zugestossen ist, und der Tod eines Kindes wird oft als ein
unersetzliches Unglück betrachtet. Viele Kinder können in einem höchst
fruchtbaren, dünn bevölkerten Lande, in welchem Leben und Eigenthum
gesichert sind, den Aeltern nie zur Last werden. Ein kinderloses Alter
gilt für die allerschwerste Strafe des Himmels. Unter solchen Umständen
muss Kindesmord etwas ganz Unbekanntes sein. Es scheint indess nicht,
dass hier die Liebe der Kinder denen der Aeltern gleichkömmt.
Liebe der Kinder zu den Aeltern. Die leichte Erlangung einer selbst-
ständigeu Existenz und die fast schrankenlose Freiheit, in der die Kinder
von ihren frühesten Jahren an aufwachsen, lockern sehr die Bande der kind-
lichen Liebe; indess vernimmt man wenige Beispiele von eigentlichem Un-
dank. Man weiss zahlreiche Fälle, dass ein Sohn freiwillig die Schuld
seines Vaters übernommen und 7 bis 10 Jahre lang der Knecht des Gläu-
bigers geblieben ist, um seinen Vater von Gefangenschaft und Schmach
zu befreien.
Eheliche Verhältnisse. Bei den Burmesen ist die eheliche Verbindung
gänzlich eine Handlung des gemeinen Lebens und dauert so lang, als es
beide Theile für dienlich erachten. Scheidungen fallen täglich vor, ohne
dass die öffentliche Meinung darüber einen Tadel ausspräche. Bei solchen
Verbindungen lässt sich ein sittliches Verhältniss nicht voraussetzen, wech-
selseitige Treue wird nicht geradezu gefordert und Ehebruch ist um so
häufiger, als daran keine öffentliche Schmach haftet. Manche Frau lebt,
mit Einwilligung ihres Gatten in unerlaubter Verbindung, und kann nach
der Scheidung, ohne Nachtheil für sich und ohne dass ihr neuer Gatte
sich viel um ihre frühere Aufführung kümmere, wieder heirathen. Die
Verführung unverheiratheter Mädchen kommt nur selten vor, ja sie ist
fast unmöglich, da die Aeltern ihre mannbaren Töchter so bald als möglich
ausheirathen. Die Untreue der hiesigen Frauen sticht von der strengen
Eifersucht, mit welcher sie in muhannnedanischen und Hindoo-Ländern
bewacht werden, stark ab. Man lindet dieselbe Erscheinung auch in Siam,
Cambogia und Cochinchina, wo überall der Buddhismus herrscht; so dass
man fast einen religiösen Grund dafür voraussetzen möchte, um so mehr
die Karäer, welche keine bestimmte Form der Gottesverehrung haben,
hierin viel strenger sind, als ihre budhistischen Landsleute.
Vielweiberei. Vielweiberei ist in buddhistischen Ländern erlaubt und
die Zahl der Weiber steht (wie in allen Gegenden, wo diese Sitte
herrscht) im Verhältniss mit den Mitteln zu ihrem Unterhalte. Die Meisten
sind indess mit je einer Gattin zufrieden und die Nachtheile der Vielwei-
berei beschränken sich von selbst durch die vergleichungsweise geringe
Anzahl der Reichen. Ehen werden leicht geschlossen, die Hindernisse, welche
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserira-Provinzen etc. 289
in überbevölkerteu Gegenden ihnen entgegenstehen, sind hier, wo Jeder-
mann eine Gattin und Kinder mit geringer Mühe erhalten kann, nicht
vorhanden. Vielweiberei und eheliche Untreue lockern und theilen die
Liebe der Aeltern zu ihren Kindern, indess ist gewiss, dass die Burme-
sen ihre Kinder zärtlich lieben und es ist eine seltsame Anomalie, die
man indess täglich zu Maulmain wahrnehmen kann, dass irgend ein
Burmese eine besondere Vorliebe für ein blondes Kind seiner Frau hat,
wenn er auch recht wohl weis, dass es unrechtmässig erzeugt ist. Diess
ist indess nur bei den untern Klassen der Fall. Wir haben noch keine
Erfahrung darüber, wie Kinder englischer Väter und burmesischer Mütter
gerathen, wenn sie ausgewachsen sind, da beide Völker erst seit 14 Jah-
ren in Berührung sind; nehmen wir aber solche Kinder, wie sie jetzt
sind, zum Anhaltspunkte, so dürften wir wohl erwarten, dass sie vor der
Nachkommenschaft englischer Väter und ostindischer Mütter den Vorzug
behaupten werden.
Religiöse Anstalten für die Erziehung der Kinder. Vielweiberei und ehe-
liche Untreue wirken im Allgemeinen auf die Erziehung der Kinder nach-
theilig ein, in so ferne sie die Sorgfalt und Liebe der Aeltern für jene
vermindern. Für diesen Fall haben die religiösen Einrichtungen des Lan-
des gesorgt. Die Kinder werden frühzeitig in die Klöster gebracht, wie
deren fast in jedem Dorfe durch die freiwilligen Gaben der Einwohner
bestehen. Hier bringen die Kinder einige Jahre ihrer Knabenzeit zu, und
werden von den Mönchen erhalten, und im Lesen, Schreiben und reli-
giösen Gebräuchen unterrichtet. Diese Erziehung wird fast allen Burme-
sen zu Theil , aber geht selten darüber hinaus ; daher die allgemeine
Verbreitung elementarer Kenntnisse, die durchgängige Unwissenheit in den
höheren Wissenszweigen und die grosse Einförmigkeit in der geistigen
Bildung der Burmesen.
Kenntnisse der Priester. Die Pomgys (Priester) gelten für die Gelehr-
ten des Volkes; ihre Kenntnisse bestehen in der Auslegung theologischer
und metaphisischer Lehren, sind mithin mistischer Art und bei der gros-
sen Menge der Ungebildeten um so höher in Ansehen, je unverständ-
licher sie sind.
Religion. Die bezeichnenden Eigenthümlichkeiten jedes Volkes hängen
mit seiner Religion auf das Genaueste zusammen; Religion erhebt oder ent-
würdigt den Menschen. Bei Betrachtung der religiösen Zustände der Be-
wohner dieses Landes, müssen wir die Seelongs, Karäer und Burmesen
von einander trennen, da jeder dieser Stämme ein besonderes Glaubens-
bekenntniss, und mithin verschiedene Begriffe von der Gottheit hat.
Religiöser (Haube der Seelongs. In dieser Hinsicht stehen die See-
longs auf der tiefsten Stufe der Gesittung, doch selbst dem rohesten
Geiste drängt sich der Begriff der Gottheit auf. — Dieses Volk hat kein
religiöses Glaubensbekenntniss, keinen festgestellten Gottesdienst, d. h.
keine äusseren Kundgebungen ihrer Anerkennung eines höhern Wesens;
sie haben aber dennoch einen dunklen Begriff oder eine Ahnung von
dem Vorhandensein anderer übermenschlicher und unsichtbarer Wesen,
von deren Einwirkung auf menschliche Geschicke u. s. w. — Für sie
ist selbst der Begriff von Vielgötterei und Götzendienst zu unbestimmt
und soviel ich durch längere Nachforschungen ermitteln konnte, glauben
sie, dass das Meer, das Festland, die Luft, die Bäume und die Steine
von theils guten, theils bösen Geistern (Ndts) bewohnt werden, welche
290 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
die Bewegungen dieser Dinge lenken, die Pflanzen zum Wachsen bringen
u. dgl. Sie geben an, sie wüssten nicht wie weit diese Geister auf
Menschen einwirkten. Von einem Leben nach dem Tode wissen sie gar
nichts und ihre beständige Antwort auf darauf bezügliche Fragen ist:
„Daran denken wir nicht." Auf diese beschränkten Menschen scheint
mithin die Wahrnehmung der sie umgebenden Dinge Eindruck gemacht
zu haben und ihr geringes Denkvermögen führt sie unmittelbar zur Aner-
kennung eines höhern unsichtbaren WTesens. Mithin fällt das erste Er-
wachen des Nachdenkens mit dem Begriff einer Gottheit (so unvollkom-
men dieser auch sein möge) in Eins zusammen und der Geisterglaube
scheint die erste und niederste Stufe des religiösen Glaubens überhaupt
zu sein. Die Seelongs bestätigen nicht die Annahme, als beginne die
Entwicklung des religiösen Glaubens mit dem Götzendienste als dessen
tiefste Stufe, ihr Begriff von der Gottheit ist so mangelhaft, dass sie
ihn nicht einmal bildlich darzustellen vermögen. Da nun der Begriff der
Gottheit in seinem ersten Entstehen ganz unbestimmt und unabgegrenzt
ist, muss Götzendienst für eine Annäherung zu einer positiven Religions-
form angesehen werden.
Religiöser Glaube der Raräer. Die Karäer, welche den Seelongs an
Bildung etwas voran sind, glauben ebenfalls, dass gewisse Höhlen, Bäume
oder Thiere die Wohnorte mächtiger Geister seien, denen sie indess
noch keine bestimmte Gestalt beilegen. Die Burmesen dagegen, bereits
im Besitz eines religiösen Systems, verkörpern diese Begriffe, machen
sich Bilder und erweisen diesen mehr als menschliche Ehren, als den
Darstellungen ihrer systematisch geordneten Begriffe. Die Seelongs haben,
da sie offenbar keine deutlichen Begriffe von der unmittelbaren Einwir-
kung höherer, unsichtbarer Mächte auf das Menschengeschlecht gefasst
haben, weder Opfer zur Erlangung ihres Wohlwollens, noch sonst irgend
eine äussere Form der Verehrung eingeführt. Die Karäer, bei denen der
Begriff dieser Einwirkung deutlicher geworden ist, opfern ihren Ndts Ge-
flügel, Bauchtabak, Beis und Geldstücke, welche sie an besimmten Stellen
in Dickicht, mitunter auch unter kleinen Hängdächern neben ihren Häusern
niederlegen. Die Burmesen halten sich streng au ein vorgeschriebenes
Ceremoniell und feiern einen äusserlichen Gottesdienst in Tempeln, Pa-
goden u. s. w. Wenn es wahr ist, dass Sittlichkeit ohne positive Beligion
bestehen und ohne den Begriff eines Zustandes künftiger Belohnung und
Strafe nicht aufrecht gehalten werden kann, so können die Bewohner
dieses Theils der Erde nicht für sittlich gelten, indem die Seelongs und
Karäer keine festgestellte Beligion haben und das Glaubensbekenntniss der
Burmesen die Fortdauer eines thätigen Zustandes nach dem Tode geradezu
zurückweiset.
Buddhismus. Die Hauptzüge des Buddhismus sind: Vorausbestimmung,
Seelenwanderung und endliche Vernichtung oder Absorption. Die sittlichen
Grundregeln sind: 1) Böses jeder Art zu meiden; 2) Gutes zu voll-
bringen; 3) das Herz zu reinigen. Letzteres geschieht durch die „acht
guten Wege" (Neggen theet ba), nämlich: a) Vorsicht; b) Sicherheit;
c) Richtig geleitete Verständniss; d) Rechte Handlungen; e) Rechte
Worte; f) Bechte Meinungen; g) Rechte Absichten; h) Rechte Weise
das Leben zu ertragen. Je nach ihren guten oder bösen Thaten gehen
alle Menschen nach dem Tod in bestimmte Gestalten über: sie werden
zu geistigen Wesen niederer Ordnung (Ndts), bleiben Menschen oder
gedruckte und ungpdruckte Schriften übe. die Tenasserira-Provinzen etc. 291
werden Thiere. Die höchste Vollkommenheit, welche irgend ein Wesen,
nachdem es durch vielfache Stufen der Existenz als Ndt gegangen, zu
erreichen vermag, ist Vernichtung (Neibban) oder, wie dieses Wort
auch übersetzt wird, ein Zustand vollkommener Ruhe. Diess ist der
wesentliche Inhalt des Buddhismus, einer Religion, die über einen grossen
Theil Asiens verbreitet ist und eben so viele Bekenner zählt, als der
Muhammedanismus oder das Christenthum. Die Meisten begnügen sich mit
Vollbringung der äusseren Gebräuche, ohne sich an das Verständniss des
theologischen Theiles zu wagen und selbst unter den Priestern sind nur
Wenige im Stande, die Sätze ihrer Religion darzulegen, da nur Wenige
die Pali-Sprache, in der ihr Religions-System abgefasst ist, schreiben
und lesen können. Sie begnügen sich mit Hersagung gewisser Gebete,
Anrufungen u. dgl. und die Priester, wie die grosse Mehrzahl der
Uebrigen finden es bequemer, äussere Ceremonien zu verrichten. Die
Buddhisten versuchen keinerlei Bekehrungen (wenigstens nicht in diesem
Lande) und zeigen sich gegen alle Bekenntnisse gleich duldsam; sie be-
haupten nicht, dass ihr Bekenntniss das beste oder allein wahre, wohl
aber, dass es für ihr Land, ihren Staat und ihre Individualität das pas-
sendste sei und halten sich streng an ihren Glauben.
Bekehrungen zum Christenthume in Tenasserim. Wenige Burmesen
werden Christen aus Ueberzeugung von den Vorzügen und den Segnungen
unserer Religion und nur wenige Einzelne bekehren sich, weltlichen Ge-
winnes halber äusserlich zum Christenthume. Die Bestrebungen der Mis-
sionäre sind bisher auffallend erfolglos geblieben, nicht wegen des Fana-
tismus oder der Hartnäckigkeit der Burmesen, sondern vielmehr wegen
ihrer Gleichmütigkeit gegen Glaubenssätze. Sie geben die Schönheit der
christlichen Sittenlehre zu, behaupten aber, ihre eigene sei nicht minder
gut und in Bezug auf Glaubenssätze seien die der Christen ebenso
unbegreiflich als die des Buddhismus und sie könnten überhaupt bei
Vergleichung Beider, keinen bedeutenden Unterschied wahrnehmen; es
würde unrecht von ihnen sein, ihre Begriffe und Gebräuche, ihre Fami-
lien und Alles was ihnen heilig und theuer sei aufzugeben, um den
Rafhschlägen von Fremdlingen zu folgen. Karäer hingegen, bei denen
keine feste Form der Gottesverehrung besteht, bekehren sich zum Christen-
thum und Einige der Baptisten-Missionäre aus Amerika, die sich unter
ihnen niedergelassen, haben viel Gutes bewirkt. Noch unendlich mehr
könnte geschehen, wenn alle Missionäre gleichmässig geeignet wären,
die Herzen dieser einfachen Naturkinder durch sanfte Ueberredung zu-
gänglich zu machen, anstatt sie durch Vorhaltung der Verdammniss mit
allen ihren Schrecken, mit Misstrauen zu füllen.
Zusammenfassung der bisherigen Darstellung. Obige Darstellung der
wesentlichen Religionsverhältnisse des sittlichen Zustandes und der charak-
teristischen Eingenthümlichkeiten der Bewohner dieser Provinzen, führt
zu folgenden Schlüssen :
1) Dass die Bewohner der Tenasserim-Provinzen die guten Eigen-
schaften ungebildeter Völker besitzen.
2) Dass man von ihnen nicht die höheren sittlichen Vorzüge und
Tugenden vorgeschrittener Völker erwarten dürfe, dass aber auch glück-
licherweise die Laster dieser Völker, wenn nicht unbekannt, doch ziemlich
selten bei ihnen sind.
292 Dr. Johann Wilhelm Ilelfer's
3) Dass ihre Laster grösstenteils von lang andauernder schlechter
Herrschaft höchst hedrückender und willkürlicher Regierungen sind.
4) Dass ihre sittlichen Ansichten über gewisse Verhältnisse, namentlich
über den Werth weiblicher Reinheit eigenthümlich und von denen der
Europäer verschieden sind.
5) Dass die Gesammtheit der Rurmesen bis zu einem gewissen
Grad gebildet ist, dass aber ihre Erziehung nicht über eine bestimmte
Grenze hinausgeht und im jetzigen Zustande der Dinge auch keine höhere
Rildung zu erwarten ist.
6) Dass ihre Religion ihren Fortschritten nicht hinderlich ist, da
sie ihnen keinerlei Vorurtheile gegen andere Rekenntnisse einflösst und
dass die Abwesenheit jedes in Ost-Indien so hinderlichen Kasten-Systems
auf ihre Bildungsfähigkeit sehr vorteilhaft einwirkt.
7) Dass mithin die Burmesen grosser Fortschritte in der Gesittung
fähig sind.
Verbreitung europäischer Bildung. Bisher hat die britische Regierung
nur sehr wenig oder gar nichts für die Erziehung des Volkes gethan.
Es bestehen 3 Schulen, mehr aber für die in der Provinz gebornen
Engländer und für die Portugiesen, als für die Rurmesen. Letztere, weit
entfernt der Erlernung europäischer Künste und Wissenschaften abgeneigt
zu sein, haben eine Vorliebe für Alles was Europäisch ist, weil sie
durchgängig überzeugt sind, dass die Europäer ihnen in jeder Hinsicht
überlegen sind. — Verbreitung von Mitteln und Anlockungen zur Er-
lernung der englischen Sprache wäre der erste Schritt zur geistigen
Bildung der Burmesen ; denn mit der Sprache wird auch englische Den-
kungsweise eingeflösst. Die Einrichtung gutgeordneter Schulen nach diesen
Grundsätzen wäre eine grosse Wohlthat, besonders, wenn deren ausge-
zeichnetere Schüler von der Regierung durch Ertheilung untergeordneter
Anstellungen belohnt würden. Ein zweiter grosser Vortheil wäre, dieses
Volk seinen fremden Beherrschern anhänglicher und mit englischen Sitten
und Gebräuchen, von denen sie gegenwärtig noch gar nichts wissen,
bekannt zu machen. Die gegenwärtige Regierungsform ist ihnen noch
zu neu und ungewohnt; ihrer Beziehungen zu den Briten sind noch zu
wenige und zu ferne, als dass schon jetzt Zuneigung entstanden oder
Anhänglichkeit sich ausgebildet hätte. Wenn auch die britische Herrschaft
über ganz Ost-Indien festgestellt ist und von den Eingebornen allen vor-
angegangenen als entschieden besser, vorgezogen wird, so werden doch
die herrschenden und verwaltenden Engländer als Individuen wohl in
vielen Fällen hochgeschätzt, sind aber nicht immer den Eingebornen ange-
nehm und sehr selten von ihnen geliebt, weil sie ihnen in den meisten
Fällen als seltsame Räthsel erscheinen.
Werth der Tenasserim-Provinzen als Theil von Ost-Indien. Im ersten
Jahr der Resetzung dieser Provinzen wurde die Frage aufgeworfen: ob
es nicht vorteilhafter sein würde, sie den Burmesen zurückzugeben und
als man davon aus Staatsgründen abging, wurden sie als eine nothwendige
Last angesehen, da das jährliche Einkommen aus denselben die darauf
verwendeten Kosten nicht deckte. Ihr Besitz ist indess werthvoll, sowohl
aus Staatsgründen, als weil in ihnen die Elemente grosser Beichthümer
liegen, welche nur der Entwicklung bedürfen, um eine hervorragende
Stelle zu behaupten.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasseiim-Provinzen etc. 293
1) Beherrschen diese Provinzen einen grossen Theil der Ostküste
des Golfs von Bengalen, der seit der Besetzung von Tenasserim ein
Britisches, jeder anderen Macht verschlossenes Meer geworden ist und
die übrigen britisch- ostindischen Besitzungen sicher stellt.
2) Sie gewähren eine vorteilhafte Stellung gegen Buruiah selbst,
was bei den gegenwärtigen Beziehungen zu diesem Staate besonders
augenscheinlich sich darstellt. Maulmain ist nämlich der Hauptpunct, von
welchem aus eine Ueberziehung und Eroberung leicht eingeleitet werden
kann, ohne, wie im letzten Kriege, sich unmittelbar tief in Feindesland
hineinwagen zu müssen.
3) Der natürliche Reichthum von Tenasserim besteht aus einer
Anzahl, in der ersten Zeit nach der Besetzung noch unbekannter, und
in Ostindien mehr oder weniger begehrter werthvoller Produckte , als :
Zinn, Eisen, Steinkohle, Teak- und anderes gutes Bauholz, nebst einer
Menge anderer von geringerer Bedeutung.
4) Diese Provinzen öffnen europäischem Unternehmungsgeiste das
bestmöglichste Feld, da sie für den Anbau tropischer Gewächse aller
Art geeignet sind und sich desshalb Europäer gern dorthin ziehen dürften.
4. Vierter Bericht über die Tenasserim -Provinzen, mit Rücksicht auf
die Aussichten, welche sie europäischen Einwanderern darbieten.
England hat die volle Entwicklung seines Fortschrittes und seiner
Gesittung, deren es seiner Lage, den übrigen Ländern Europas gegenüber
seinem Klima und seinem Boden nach jemals wird erreichen können,
bereits nahe zu erlangt.
Schottland und Irrland sind hierin noch grosser Fortschritte fähig; indess
stehen im ersteren Lande klimatische, in letztern moralische Ursachen der
Entwicklung entgegen.
England, auf sich selbst beschränkt, würde eher zurück, als vorschrei-
ten müssen. Die Macht Englands das Anwachsen seines Reichthums und
seines Gedeihens, beruht auf seinem Welthandel und auf seinen trans-
atlantischen Colonien.
Unter allen Ländern wusste England jederzeit den Werth von Colo-
nien am Besten zu würdigen. Alle seine Colonien schreiten rasch vor und
fortwährend werden deren neue angelegt. Endlich ist auch Ost-Indien der
englischen Nation in ihrer Gesammtheit erschlossen worden, dessen uner-
messliches Gebiet ein so weites Feld darbietet, dass sich für jetzt die
Folgen davon noch gar nicht berechnen lassen. Hoffnung und schneller Gewinn
zieht stets Abentheurer an, und noch leben die Fabeln von Indiens un-
ermesslichen Schätzen in der Phantasie der Menge fort. So wie die, nach
Amerika strömenden Spanier, sich zum Landbau wendeten, als sie sich in
ihren Hoffnungen auf ein Eldorado getäuscht sahen, so werden auch die
ostindischen Abenteurer, sobald sie das Irrige ihrer phantastischen Hoffnun-
gen eingesehen haben, fleissige Colonisten werden, indem ihnen die Aus-
sichten gewiss nicht auf plötzlichen Reichthum, wohl aber auf allmähligen
wachsenden Wohlstand, offen stehen.
Man hat häufig behauptet, Europäer wären zu Colonisten in Tropen-
ländern nicht geeignet. Wäre diess wirklich der Fall, so wären die Colo-
nien in West -Indien nicht zur Blüthe gelangt, ja sie wären selbst nie
294 Dr. Johann Wilh. Helfers
entstanden. Als Taglöhner können sie, wenigstens deren Mehrzahl , freilich
das tropische Klima nicht vertragen, wohl aber Grundeigenthum erwerben,
dessen Verwaltung beaufsichtigen und den Anbau durch Andere betreiben
lassen.
Tropische Colonien sind von denen in gemässigten Klimaten sehr ver-
schieden, beide haben eigenthümliche Vortheile und Uebelstände. Tropische
Colonien können nur durch Wohlhabende, oder mittels eines massigen
Grund-Kapitals begründet werden. Sie verwenden entweder die Eingebor-
nen des Landes, in dem sie sich ansiedeln oder führen Arbeitskräfte von
Ausen ein.
Da europäische Unternehmer nach Indien strömen werden, ist es
nöthig sie auf den Weg dahin zu leiten und der eigentliche Zweck die-
ser Denkschrift ist: die mehrfachen und grossen Vorzüge hervorzuheben,
welche die Tenasserim-Provinzen besonders fähig machen, eine hoffnungs-
reiche europäisch-tropische Colonie zu werden. In jeder Colonie finden
die Ankömmlinge das Land entweder wüst oder sei es zeitweilig oder
durch eine bleibende Bevölkerung, bereits besetzt.
Zeitwilige Inhaber benützten den Boden nicht bleibend; sie sind ent-
weder Jäger, oder sie benützen die Weidegründe oder kommen zeitweise
an bestimmte Stellen, um Naturprodukte zum eigenen Gebrauche oder
zum Tauschhandel, einzusammeln.
Für eine feste Bevölkerung ist Grund und Boden die Quelle ihres
Lebensunterhaltes.
In den Tenasserim-Provinzen finden sich beide Verhältnisse neben
einander. Der grösste Theis der Bodenfläche liegt unbebaut, nur zum Theil
auf Teak- oder Sapan-Holz oder auch auf Waldöl benutzt, andere Stel-
len werden nur wegen ihres Reichthums an Fischen aufgesucht, noch an-
dere wegen der essbaren Vogelnester, nur der kleinste Theil wird blei-
bend bewohnt und angebaut.
I. Der erste Vortheil, den die Tenasserim-Provinzen bieten, ist ein
Ueberschuss an Grund und Boden aller Art. In den meisten ähn-
lichen uncivilisirten Ländern entstehen bald Reibungen zwischen den Ein-
gebornen und den Ankömmlingen, diess kann aber nur da der Fall sein,
wo, wie in Amerika, die Eingebornen vom Ertrage ihrer Jagd leben. In
Tenasserim beschäftigt sich aber die Bevölkerung nicht ausschliesslich
mit Jagd, mit Ausnahme einiger wenigen Siamesen, welche den Elephanten
wegen ihrer Zähne, und den Nashörnern wegen ihrer Hörner nachstellen.
Die Ankömmlinge könnten mithin nur mit der landbauenden bleibenden
Bevölkerung in Zusammenstoss gerathen.
Vier Fünftheile der eingebornen Landbauer beschränken sich aus-
schliesslich auf Reis, als ihr hauptsächlichstes Nahrungsmittel. Ein neuer
Ankömmling würde sich kaum damit beschäftigen, sondern vielmehr seinen
Bedarf an Reis von den Eingebornen beziehen und sich anderen wert-
volleren Artikeln zuwenden.
Diese bereits bestehende Bevölkerung von Landbauern ist insofern
Einwanderern vorteilhaft, als sie diese mit Nahrungsmitteln versorgt,
indess zugleich die Eingebornen einen bessern Absatz finden.
Ein anderes Hinderniss in bereits besetzten Ländern ist der Neid
und die Feindseligkeit der Einheimischen gegen die fremden Einwanderer,
diese Gefühle mögen nun in dem Trieb der Selbsterhaltung, in National-
hass oder in religiösen Vorurtheilen ihren Grund haben.
gedruckte und angedrückte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 29S
Die Chinesen, welche sieh in diesen Provinzen ansiedelten, wurden
bald von den Burmesen gut aufgenommen und aufgemuntert, obwohl sie
sie auf jede Weise übervortheilten. Sie haben ebensowenig Abneigung
vor europäischen Ansiedlern, als vor Chinesen, ihre Religion ist vorzugs-
weise duldsam und anstatt den Europäern ungeneigt zu sein, betrachten
sie sie vielmehr als eine höher stehende Abtheilung des Menschenge-
schlechtes.
II. Das erste Ziel einer Colonie ist, die Erhaltung einer vermehr-
ten Menschenzahl zu sichern ; erst bei wachsendem Anbau wird ein Ueber-
schuss produziert und der nächste Schritt wird sein, einen Austausch
dieses Ueberschusses gegen andere Güter einzuleiten.
Die Lage der Tenasserim-Provinzen ist dem Handel äusserst gün-
stig; ihre Seeküste ist an 600 (engl.) Meilen lang, aus dem Innern der-
selben fliessen zahlreiche schiffbare Flüsse dem Meere zu, und bieten so
die grösste Erleichterung der Verbindungen dar.
III. Ein weiterer Vorzug, und zwar der wichtigste für europäische
Ansiedler, welchen diese Provinzen vor dem eigentlichen Indien voraus ha-
ben, ist das sehr gesunde Klima, welches so hervortretend ist, dass
Personen, welche Gelegenheit hatten, die verschiedenen Klimate Amerikas
kennen zu lernen, es als das gesundeste aller Tropenländer für Europäer
erklärten. — Die feldärztlichen Sterbe-Register der britischen Truppen,
welche zu Maulmain in Besatzung sind, beweisen, dass die Sterblichkeit
kaum grösser, mitunter sogar geringer ist, als sie unter gleichen Um-
ständen in Europa sein würde. Ein genügender Grund für diese Eigentüm-
lichkeit ist um so schwerer anzugeben, als sehr nahe gelegene Land-
striche unter die ungesundesten Theile Indiens gerechnet werden, insbe-
sondere Arracan, welches in seiner allgemeinen Gestaltung, wie in seinen
Produkten, sehr an Tenasserim erinnern soll. Als Grund lässt sich nur an-
geben, dass dieses Land entweder einen Theil einer schmalen Halbinsel
bildet oder an eine solche unmittelbar angränzt, und dass von beiden
Seiten her, weit ausgebreitete Meere eine beständige, wenn auch nicht immer
fühlbare Luftströmung hervorbringen, welche die Ausdünstungen in Zer-
setzung begriffener Pflanzenstoffe und andere luftverderbende Elemente
zerstört oder hinwegführt. Leberübel kommen hier seltener vor als in
Arracan und die dortigen Fieber sind, so wie Lungenkrankheiten, in Te-
nasserim kaum bekannt. Es lässt sich sogar behaupten, dass Europäer,
deren Massigkeit, besonders in starken Getränken, zur Gewohnheit gewor-
den ist, sich dort besser befinden, als die Eingebornen selbst, insbesondere
deren Kinder, welche von den periodisch wiederkehrenden Blattern in
grosser Anzahl hinweggerafft werden, um so mehr als alle bisherigen
Bemühungen zur Einführung der Impfung, bis auf wenige vereinzelte
Fälle fruchtlos geblieben ist. Die Erhaltung der Gesundheit erfordert hier
nicht so viele besondere Vorsichtsmassregeln wie in Ostindien. Ueble
Wirkungen der Sonnenhitze kommen hier, wie man es auf Jagden leicht
selbst erfahren kann, sehr selten vor, und dieser Umstand ist für Pflan-
zer, die meist in freier Luft zu thun haben, von grosser Bedeutung. Die
fast das ganze Jahr hindurch, kühlen Nächte tragen viel dazu bei, den
durch die Tageshitze und die beständige Ausdünstung geschwächten Kör-
per wieder neu zu kräftigen.
Die Gefährlichkeit wilder Thiere , giftiger Schlangen und anderer
Reptilien wird in Europa meist sehr, und mitunter bis zum Fabelhaften
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft.
II
•J<M Hr. Johann Wilh. Helfer's
übertrieben : in Tenasserim ist nur sehr wenig davon zu befürchten. Ti-
ger sind dort zahlreich, aber bei Weitem nicht so furchtbar wie in Ben-
galen, da sie sich wahrscheinlich mehr vor den Menschen fürchten, als
diese vor ihnen. Bei den Eingebornen, die täglich, oft ganz allein, in
unbetretenes Diekickt eindringen, hört man sehr selten von dergleichen
Unglücksfallen. Kein anderer Vierfüsser ist zu fürchten und ein Pflanzer
kann sein ganzes Leben hindurch im Lande wohnen, ohne je einen wil-
den Elephanten oder ein Nashorn zu Gesichte zu bekommen. Gefährliche
Schlangen trifft man sehr selten und ich darf behaupten, dass sie hier
weniger Unheil anrichten, als im südlichen Europa.
IV. Die Fruchtbarkeit eines Landes ist doppelter Art: wesent-
lich und zufällig. Erstere hängt von der Beschaffenheit des Bodens ab,
letztere von der, auf der Oberfläche abgelagerten fruchtbaren Dammerde.
Um die Fruchtbarkeit von Tennasserim bestimmter zu bezeichnen,
müssen wir auf die geologische Beschaffenheit dieser Provinz zurückgehen.
Im Innern besteht ein grosser Theil der Oberfläche aus Urgestein,
hauptsächlich Granit; ein grosser Theil der, einander paralell von Nord
nach Süd die Hulbinsel durchstreichenden Berge ist Granit oder Gneiss.
Die Bergketten sind yon nicht sehr tiefen Thäleru durchschnitten. Die
Berge selbst sind nur selten sehr abschüssig, meist gegen den Gipfel zu
abgerundet und nicht zerrissen. Fast überall ist. wenigstens bis zur Tiefe
von einigen Zollen , die Oberfläche zersetzt und ganz mit hochstämmigen
Gewächsen bedeckt, ein kahler Fels ist auf dem Festland eine wahre Sel-
tenheit. In feuchten Tropenländern gehl die Zersetzung des Feldspathes
sehr schnell vor sich und ist dort, im Widerspruche mit den theoretischen
Ansichten berühmter Chemiker, eine der Hauptursachen der Fruchtbarkeit
vermuthlich, weil das in die Zusammensetzung des Feldspates eingehende
ätzende Kali oder Natron durch die ungeheure Menge verwesender Pflan-
zenstoft'e mit Humussäure gesättigt wird. Aus diesem Grunde ist das frucht-
barste Erdreich dieser Gegenden auch in den Thälern zwischen den Gra-
nitketten zu finden, in welche das zersetzte Gestein, zugleich mit verwe-
senden Pflanzentheilen unaufhörlich von den Gebirgsgehängen herabge-
schwemmt wird. Gerade dieser Theil des Binnenlandes ist noch unbewohnt
oder nur stellenweise von den Karäern bebaut. Ein ziemlicher Theil der
Oberfläche der Provinzen, mehr im Norden und in der Mitte als im Sü-
den, gehört den schiefrigen oder kalkigen Uebergangs- Gebilden an. Ein
grosser Strich im Süden von Maulmain und von Ye ist Uebergangs-Thon-
schiefer; dies ist auch der unfruchtbarste, was sogleich durch seine ver-
kümmerte Vegetation bemerkbar wird , indem Bambus an die Stelle hoch-
stämmiger Waldbäume tritt. Die Hauptursache dieser Erscheinung mag
in der langsamen Zersetzung des Schiefers, seiner Fähigkeit, WTasser und
Feuchtigkeit einzusaugen, und im Mangel sandiger Theilchen zu suchen
sein. —
In der Provinz Amherst erscheint der Bergkalk in Gestalt auffallen-
der vereinzelter Felsen und ziemlich ausgedehnter Bergzüge. Die Ebenen
längs dem Flusse dieser schroffen Berge sind ausnehmend fruchtbar. Die
Berge selbst, manchmal senkrecht ansteigend, von allen Seiten zerklüftet,
ohne ebene Flächen, sind durchaus zum Anbau ungeeignet.
Secundäre Gebilde, darunter Sandstein (Grits bigarre) und Conglome-
rate (Puddingstones) bedecken die Oberfläche; am ausgebreitetsten findet
man sie in den südl. Theilen der Provinz Amherst und in der Provinz
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 297
Ye. Diese Landstriche sind dürre, und nicht besonders fruchtbar, da die
porösen Conglomerate das Wasser begierig aufsaugen, die thonigen Theile
dagegen eine harte, dem Wasser undurchdringliche Kruste bilden. Obige
Gebilde kommen häufig vor, nehmen aber nie grösser zusammenhängende
Flächen ein.
Ein Theil der Ebene dieser Provinzen ist tertiären Ursprungs, wie
die höheren Gebiete der Provinzen Amherst und Ye, die Ebenen von
Tavoy und Kalle-oung, jene zwischen Tavoy und Palou, das Thal von
Taun-biaunk und das Hochland von Metamio, die Ebene am Tenasserim-Flusse,
oberhalb der alten Stadt, wo sich eine Ablagerung von Thonmergel weit
ausbreitet. Alle diese Oertlichkeiten sind fruchtbar, kaum irgend eine da-
von ist ausschliesslich sandig und keine, so weit mir bekannt, gypshältig.
Zu den nachdiluvialen Gebieten gehören die Deltas der Flüsse,
welche, soweit sie ausser dem Bereiche des salzigen Wassers liegen,
höchst fruchtbar, im entgegengesetzten Fall aber ganz unfruchtbar sind.
Zur ersten Abtheilung gehört das Tiefland an den Zusammenflüssen des
Salween, des Gain und des Attaran, das kleine Delta des Ye-Flusses und
anderer kleinerer Flüsse zwischen Tavoy und Mergui; zur zweiten
alle Mangrove-Gebiete, die für den Anbau ganz untauglich sind. Die grösste
Quelle der Fruchtbarkeit des Landes, unabhängig von den befruchtenden
Elementen des Bodens, ist die Masse von Humus oder verwesten Pflan-
zenstoffen, welche sich durch eine Reihe von Jahrhunderten angehäuft hat,
das ganze Land ist nur ein zusammenhängender grösstenteils nie von der
Axt berührten Wald und darauf beruht die Ertragsfähigkeit des nie be-
rührten Bodens. Man kann mit Sicherheit feststellen, dass von der 30000
(engl.) Quadratmeilen grossen Oberfläche der Provinzen der grössere Theil
fruchtbar ist, oder dazu gemacht werden kann, und das nur die höheren
Berge und die Mangrove-Bezirke zum Anbau untauglich sind, so dass die
unfruchtbaren den Anbau nicht lohnenden Striche kaum */t der Gesammt-
fläche betragen. Noch ist zu wenig Grund gerodet, als dass man bestimmt
aussagen könnte, welcher Theil der Provinz am fruchtbarsten sei. Die nörd-
lichen Gegenden sind, wegen der grossen Ebenen, vorzüglich zum Reis-
bau geeignet, die südlichen, dem äquatorialen Klima näher kommenden,
würden für den Anbau perennirender Gewächse den Vorzug verdienen.
Die Klagen über natürliche Unfruchtbarkeit und Ungeeignetheit zum Anbau
welche indem malayischen Archipel obwalten sollten, und welche Marsden
über einen Theil von Sumatra ausspricht, sind auf Tenasserim nicht an-
wendbar.
V. Ein weiterer grösserer Vovtheil für eine beginnende Colonie ist
die grosse Auswahl unter freien Ländereien. Die Regierung hat
die Bedingungen, unter denen Ländereien an Private verliehen werden,
noch nicht bekannt gemacht, vermuthlich weil noch Niemand ein darauf
bezügliches Ansuchen gestellt hat. Die gegenwärtig an der Merrenge von
Mallacca dafür bestehenden Anwendungen dürften auch hier, vielleicht mit
einigen Abänderungen eingeführt werden. Es wäre hierbei zu bemerken,
dass vermuthlich der Landbau hier eine ganz andere Gestalt annehmen
dürfte als in Ost-Indien, insofern man sehr wenig jährige und zum
grössten Theil perennirende Gewächse (Gewürze, Kaffee, Betelnüsse und
dergleichen) anbauen würde, so dass die mit Ländereien betheilten, bei
kurzem Verleihungs- Terminen im Nachtheile stünden. Da wo so viel
Boden wüste liegt und die Regierung selbst wünschen muss, davon so
u *
298 Dr. Johann Wilhelm Helfers
viel als möglich besetzt zu sehen, dürften vermuthlich für die erste Zeit
die Preise geringfügig sein. Nach dem jetzigen, dem alten burmesischen
entlehnten Systeme, ist jeder Fleck Landes, besetzt oder unbesetzt, ein Eigen-
thum der Regierung; die Eingebornen sind nur Pächter und bezahlen von
den darauf gewonnenen Producten dem Namen nach 25 Percent des Werthes.
VI. Ein fernerer Vortheil ist die grosse Verschiedenheit der
Producte, die in Ten asser im erzielt werden können. Nicht
tropische Pflanzen allein gedeihen dort, sondern auch ausschliesslich zwi-
schentropische verheissen Gedeihen in den südlichen Theilen von Tenas-
serim und darunter solche, welche höchst werthvoll und bekanntlich nur
auf einen vergleichungsweise kleinen Verbreitungsbezirk eingeschlossen
sind, wie Gewürznelken und Muskatnüsse.
VII. Die Verbindung des Landbaues mit Handelsunterneh-
mungen spricht gleichfalls für die Auswahl dieses Theiles Indiens zur
Colonisation, insofern der Pflanzer nebst seinem Hauptzwecke, dem Landbaue
auch den Verkauf werthvoller freiwilliger Naturproducte seiner Umgebung
betreiben kann.
Da die Mehrzahl werthvoller Producte nur von Pflanzen herrührt,
welche erst nach einem Wachsthume von mehreren Jahren zur Reife
gelangen, ist diese Zwischenzeit für den Gewinn des Pflanzers verloren,
es sei denn, dass er sie benutze um Naturproducte, welche, ungeachtet
ihres inneren Werthes, bis jetzt unbenutzt blieben, zum Gebrauch geeignet
zu machen. Dergleichen sind: Stocklaek, Gummigutt, Cautschuk, verschie-
dene Gummiharze, Waldöl, schwarzer Firniss, Aloe- und Sandel-Holz,
verschiedene wilde färbe- und gerbstoffhältige Pflanzen u. dgl. mehr.
VIII. Der letzte Vortheil, den diese Provinzen als Colonie darbieten,
ist die Leichtigkeit, gute Arbeiter zu erhalten. Zwar ist das
Land schwach bevölkert und die Rurmesen werden wegen ihrer Selbst-
ständigkeit und ihrer Lnkenntniss nie im Grossen als Arbeiter verwendet
werden können: es käme aber nur darauf an, den Strom der chinesischen
Einwanderung von Singapore weg hierher zu lenken; und wenn die
Chinesen einmal wüssten, dass sie hier lohnende Arbeit fänden, würden
sie sich aus eigenem Antriebe schaarenweise herbei drängen. In diesem
Augenblicke, wo die Wirkungen der Neger-Emancipation eben den grössten
Theil der tropischen Colonien in Verlegenheit gebracht, ja manche mit dem
Untergange bedroht haben, ist dieser Gegenstand eine wahre Lebensfrage.
Die Vortheile einer europäischen Colonie in Tenasserim wären folgende:
1) Wäre diess das beste Mittel, diese Länder in möglich kürzester
Zeit einträglich zu machen. Ris nun haben sie nur Geld gekostet und
obwohl ein allmäliger Fortschritt zum Ressern unverkennbar ist, wird es doch
noch lange dauern, bis die einheimische Revölkerung zahlreich genug wird,
um die Provinzen zu einer Quelle des Einkommes für die Regierung zu
machen. Man darf auch nicht übersehen, dass, wenn unter Umständen
eine geordnete Regierung sich in Pegu festsetzte, die Mehrzahl der Re-
völkerung der Nord-Provinzen von Tenasserim in ihre alte Heimath, wo
sie dann Schutz fände, auswandern würde.
2) Europäer würden die mannigfachen Hilfsquellen des Landes bald
nutzbar zu machen wissen.
3) Wäre die Colonie durch wechselseitigen Vortheil an das Mutter-
land geknüpft, so würde England bald die Vortheile eines neuen Handels
mit einem neuen Lande ernten.
gedruckte und ungedruckte Schriften aber die Tenasserim-Provinzen etc. 299
4) Bei weiterem Anwachsen gäbe eine europäische Colonie einen
sichern Haltpunct gegen Millionen von Eingebornen.
Die verschiedenen Handelsartikel, welche in diesen Provinzen vor-
kommen oder dort gezogen werden können, habe ich in meinen früheren
Berichten abgehandelt; ich beschränke mich daher hier auf einige, welche
für europäische Ansiedler besonders wichtig werden dürften.
Gewürze. Der Bau der Gewürze ist vom eigentlichen Ost-Indien
ausgeschlossen; alle Versuche, Bäume aus dem malayischen Archipel dorthin
zu verpflanzen, haben die Erwartung getäuscht. Wenn die Früchte auch
reif werden, so bleiben sie doch stets unvollkommen. Die edleren Ge-
würze scheinen auf einen engen Kreis der Aequatorial-Zone, nicht weit
von ihrem Ausgangspuncte (den molukkischen Inseln) beschränkt zu sein. Erst
kürzlich haben die (unter ungünstigen Aussichten begonnenen) Gewürz-
pflanzungen in Penang die kühnsten Erwartungen übertroffen. Sie sind
bereits die wahre Quelle des Gedeihens dieser kleinen Colonie und
werden es in Zukunft noch mehr werden. Penang hat in Klima und
Producten eine grosse Aehnlichkeit mit den südlichen Theilen der Te-
nasserim-Provinzen, so dass man vernünftiger Weise annehmen kann, dass
alle dort gedeihenden werthvollen Producte auch in der Provinz Mergui
fortkommen werden. Alle bisherigen Versuche sind gelungen. Junge Mus-
katbäume gedeihen sehr gut in Mergui; sie sind aber noch nicht genug
aufgewachsen, dass man aus Erfahrung wissen könnte, ob sie auch eben
so viel Ertrag geben werden Inter den Eingebornen gilt der Erfah-
rungssatz (dem ich gern Glauben beimessen will) dass da, wo Mangosteens
gedeihen, auch Muskatbäume fortkommen und Früchte tragen können.
Mangosteens sind gleichfalls streng an gewisse Oertlichkeiten ge-
bunden. Sie kommen nicht gut in Ost-Indien fort und in Ceylon und
im südlichen Vorderindien bringen sie nur mittelmässige Früchte. Auch
in den nördlichen Landstrichen von Tenasserim gedeihen sie nicht besser;
Mergui ist die nördlichste Grenze ihres vollkommenen Gedeihens und so
mag es sich auch mit dem Muskatbaume verhalten. Sollte dieser Baum
in Tenasserim reichlichen Ertrag geben, so wäre seine Einführung und
Vermehrung vom höcksteu \ ortheile, da keine bisher bekannte tropische
Culturptlanze so reichlichen Gewinn abwirft als der Muskatbaum.
Wahrscheinlich wird der hohe Preis der Muskatnüsse durch die
Vermehrung der Pflanzungen herabgedrückt werden; indess würde deren
Anbau selbst bei der Hälfte des jetzigen Preises noch immer starken
Gewinn abwerfen.
Das Gedeihen des Gewürznelken -Baumes in Tenasserim ist noch
zweifelhaft; er wächst dort nur langsam und ist sehr zärtlich. Einer dieser
Bäume in der Provinz Mergui hat im laufenden Jahre zum ersten Male
geblüht.
Caffeebao ist ein Zweig der tropischen Landwirtschaft, für den alle
Theile der Tenasserim - Provinzen besonders geeignet sind. Man weiss
aus Erfahrung, dass der Ertrag des Kaffeestrauchs dort reichlich und
von vorzüglicher Beschaffenheit ist. Der Caffee, den Major Mac Tar-
puhar zu Tavoy gezogen hat, hält den Vergleich mit der zweitbesten
Sorte von Java aus. Die jungen Bäume fangen im dritten Jahre an, Früchte
zu bringen und stehen nach 5 Jahren in vollem Ertrag. Am besten
gedeiht der Caffee auf gerodetem noch unberührtem Boden und auf abge-
brannten Wäldern in Thälern auf den Berggehängen. Es ist kaum nöthig,
300 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
den Anbau eines, auf den europaischen Märkten so wichtigen Artikels,
besonders anzuempfehlen.
Der Anbau der Are ca-Pal nie, die in den südlichen Landstrichen
von Tenasserim ihre ganze Vollkommenheit erreicht, ist gleichfalls für
europäische Pflanzer wichtig. Sie bringt sicheren und nicht unbedeutenden
Ertrag; nur trägt sie erst im siebenten Jahre die ersten Früchte. Erst
seit der britischen Besetzung haben die Eingebornen Areca-Pflanzen in gros-
sem Maasstabe angelegt. Der Ertrag der Provinzen deckt nicht den einhei-
mischen Verbrauch, der durch Einfuhr aus Sumatra und Penang befriedigt
werden muss. Sollte die neuerlich eröffnete Ausfuhr von Areca-Nüssen
nach Europa zum Ersatz von Eichenlohe und Sumach als Gärbestoffe,
fortdauern, so würden dadurch die Areca-Pflanzungen um so wichtiger.
Cocosnüsse. In allen tropischen Gegenden mit ausgedehnten Meeres-
küsten ist der Anbau der Cocospalme vorzüglich lohnend, wenn nämlich
deren Früchte eines der gewöhnlichen Nahrungsmittel der Eingebornen
sind. Für die europäischen Ansiedler wird diese Palme durch die Aus-
fuhr des daraus gewonnenen Oeles nach Europa wichtig. Die unmittelbar
am Meeresufer gelegenen Landstriche sind für den Anbau der Coeos-
palmen am günstigsten, da diese bei massiger Einwirkung des Salzwassers
am besten gedeihen und solche Striche keiner andern Benützung fähig
sind. Die Ränder der Mangrove-Dickichte könnten auf diese Weise nutzbar
gemacht werden.
Der Anbau der Nipah-Paline, obwohl noch nie von Europäern ver-
sucht, scheint besonderer Beachtung werth. Die Blätter dieser Palme
werden zur Dachdeckung für gewöhnliche Häuser benützt und das Tau-
send hierzu bereiteter Blätter kostet gewöhnlich 2 bis 3 Rupien. Noch
mehr Aufmerksamkeit verdient die Darstellung von Zucker aus dem wein-
artigem Safte („Toddy") der Nipah, da derselbe, wie Versuche gezeigt
haben, verhältnissmässig noch reicher an Zucker ist, als selbst der Saft
des Zuckerrohrs. Die grösste Schwierigkeit dabei ist die Neigung des
Palmweines, schnell in Gährung überzugehen. Die Nipah wächst nur am
Meeresufer, da wo Ebbe und Fluth hinreichen; so dass Boote sich bis
auf geringe Entfernung den Pflanzungen nähern könnten. Am Bord eines
dieser Boote müsste ein kupferner Kessel sein, um den frisch gesam-
melten Saft einzusieden, bevor er in weinige Gährung übergeht. In dieser
Weise könnte eine grosse Menge Zucker gewonnen und, selbst bei nie-
deren Preisen, mit grossem Vortheil abgesetzt werden.
Diess wären nun die vorzüglichsten perennirenden Pflanzen, aus
deren Anbau europäische Ansiedler Nutzen ziehen könnten.
Der Anbau jähriger Gewächse ist weniger gewinnreich, der Ertrag
ist aber schneller und die Meisten dürften wohl damit beginnen, mit
Ausnahme der Capitalisten, welche ohne Schaden zuwarten können.
Jährige Pflanzungen verlangen mehr Vorauslagen als perennirende. Wir
haben gesehen, dass fast das ganze Land nur ein ununterbrochener
Wald ist. Nicht nur müssten für jährige Pflanzungen die Wälder gelichtet
werden, sondern auch der Boden müsste durch Ausgraben der Baum-
stumpfe und Wurzeln zum Anbau sorgfältig vorbereitet werden. Nur die
zum Anbau des Reises bestimmten Grundstücke sind hier auf diese Weise
gründlich vorbereitet, aber wegen ihrer tiefen Lage für den Anbau
anderer jähriger Pflanzen kaum tauglich.
gedruckte und ungedruckle Schriften über die Tcnasseiim-Provinzen etc. 301
Die Erfahrung muss lehren, ob der ausschliessliche Anbau jähriger
Gewächse für europäische Ansiedler lohnend werden könne; schwerlich
dürfte Tenasserim in den ersten Zeiten seiner Colonisation sich hierin
mit Hindostan messen können. Sollten aber dennoch jährige Pflanzen im
Grossen gebaut werden, so müsste unter ihnen die Baum w oll enstaud e
die erste Stelle einnehmen. Man müsste in Betracht ziehen, wie viel
daran gelegen sei, die Baumwollen-Prodiiction der britischen Colonien zu
vermehren und das Mutterland von fremder Zufuhr unabhängig zu machen.
Die Besitzungen in Ost-Indien sind ganz besonders zum Anbau der
Baumwolle geeignet. Ost-Indien ist das eigentliche Vatterland der Baum-
wollenstaude, die aber dort entartet und unverständig behandelt wird.
Die in Tenasserim einheimische oder durt gewöhnlich gebaute Pflanze ist
noch schlechter als die Ostindische; ihre Wolle ist kurzfädig, rauh und
hängt fest an dem Samen. Der meiste Anbau geschieht zugleich mit
Bergreis, auf frisch ausgebranntem Boden. Vier Fünftheile der gesammten
Baumwolle werden auf diese Weise gewonnen und fast ganz für den
innern Bedarf verwendet. Seit der britischen Besetzung wurde Samen
von anderen Sorten eingeführt, leider aber der der Pernambuco-Sorte
ausgewählt und durchgängig vertheilt. Der Versuch schlug fehl, wie es
nicht anders zu erwarten war, wenn eine fast subalpine Art auf sub-
äquatoriale Ebenen übertragen wird, und dieses Misslingen brachte die
Eingebornen auf die Meinung, ihre eigene Sorte sei die bessere.
Neuerlich ist sie auch aus Aegypten von der Meer-Insel („Sea-
lsland") und den Seychelles-Inselu eingeführt worden, aber nahezu alle
Samen aus diesen Gegenden kamen nicht zum Keimen. Europäische, im
Baumwollenbau bewanderte Ansiedler würden hier ein weites Feld für
ihre Thätigkeit linden und es scheint, als wären die Ebenen zwischen
Ye und Tavoy und zwischen Tavoy und Palauk besonders geeignet zur
Einführung der Sea-Island-Baumwolle, da diese die Meeres-Atmosphäre
und einen leicht salzhaltigen Buden liebt. Für die georgische Hochland-
Sorte dürften die Zwischenthäler und Gehänge gute Oertlichkeiten darbiethen.
Man hat indess noch gar keine Erfahrungen über das Gedeihen der ein-
geführten besseren Sorten und kann daher über den möglichen Erfolg
des Baumwollen-Anbaues durchaus nichts Gewisses aussagen.
Von dem Anbau des Zuckerrohres, des Tabaks und des Indigo
habe ich in meinem früheren Berichte gesprochen. Alle diese Pflanzen
kommen in den Tenasserim-Provinzen gut fort, ohne dass sich jedoch
ein Urtheil über den möglichen Erfolg ihres ausgedehnten und rationellen
Anbaues aussprechen Hesse, da sie gegenwärtig nur im Kleinen zum
Hausgebrauch gebaut werden und Niemand daran denkt, entartete Sorten
durch bessere zu ersetzen.
In Hindostan ist ein grosser Theil der Bodenfläche bereits in wirklich
bebaute Felder verwandelt, auf denen man Indigo, Tabak und Zuckerrohr
zieht; unter solchen Umständen ist er räthlich, den Anbau jähriger und
perennirender Gewächse mit einander zu verbinden.
Ich gebe in Folgendem den Abriss einer Pflanzung in grossem
Maasstabe, welche nach meiner Ansicht allen in Tenasserim möglichen
Gewinn abwerfen und für die bestehenden Umstände die beste Weise
angeben würde, Urwald in anbaufähigen Boden zu verwandeln. Was ich
hier sagen werde, ist nur für den südlichen Theil von Tenasserim, be-
302 Dr. Johann Wilhelm Ilelfer's
sonders für die Provinz Mergui, anwendbar. Die erste Sorge ist die
Auswahl einer, durch Boden und Lage tauglichen Oertlichkeit. Der beste
Boden für den hier zu besprechenden Zweck hat eine, wenigstens 2
bis 3 Zoll starke Schicht von Dammerde und unter dieser eine rothe,
thonige, massig mit Sand gemischte Erde.
Sehr vortheilhaft sind Stellen, wo die Oberfläche aus zersetztem
Granitgesteinen besteht, indem der verwitterte Feldspath die Fruchtbarkeit
des Bodens sehr vermehrt. Noch besser ist ein reichlicher als gewöhnlich
mit Kalk gemengter Boden, wie er in der Nähe vereinzelter Gruppen
von Kalkstein vorkommt; in der Nähe derselben bemerkt man einen auf-
fallenden Beichthum der Vegetation. Man muss sich die Gewissheit ver-
schallen , dass zwischen der Dammerde und dem festen Gesteine eine
2 bis 3 Fuss mächtige Schicht von lockerem Untergrunde vorhanden sei.
Wellige, sanft abgedachte Hügel sind, besonders in deren den
Thalsohle nächsten Theilen die vortheilhaftesten Stellen. Oertlichkeiten
ohne natürlichen Wasserabzug müssen vermieden werden; das Wasser
sammelt sich dort während des Monsoon, überschwemmt die Pflanzungen
und reisst sie, mitsammt der Dammerde weg. Da, wo gleich beim Beginn
eine unbegrenzte Auswahl herrenloser Ländereien zur Auswahl offen steht,
wäre das Aufwerfen von Terrassen und das Ziehen von Gräben und
Abflüssen für die ersten Ansiedler allzu kostspielig. Besonders sollte man
Sorge tragen, die Pflanzung in der Nähe der Meeresküste oder eines
schiffbaren Flusses, wenigstens an einem mit dem Meere oder einem
Fluss in Verbindung stehenden Wasserlaufe, anzulegen, da es in diesem
Lande keine Strassen gibt und die leichte Förderung der Erzeugnisse
höchst wichtig ist.
Hochbewaldete Stellen verdienen den Vorzug. Je ausgewachsener die
Urwälder sind, um so mehr Dammerde hat sich auf ihrem Boden ange-
häuft und um so weniger Unterholz haben sie; mit der Menge des
Unterholzes wird der Boden schlechter und die weissen Ameisen (Ter-
miten), die gefährlichsten Feinde einer Pflanzung in Tropenländern, ver-
mehren sich.
Nach der Wahl einer geeigneten Stelle kömmt das Aushauen des
Waldes an die Beihe. Diess kann nur in der trockenen Jahreszeit (von
November bis April) geschehen; während des Monsoon gefällte Bäume
brennen nicht gut, ohne dass man sich diese Eigenthümlichkeit genügend
erklären könne.
Die Hauptsache ist, die Bäume so zu fällen, dass sie in Haufen
zu Boden sinken, so dass sie angezündet leichter wegbrennen; denn die
grösste Mühe liegt nicht im Fällen, sondern im Niederbrennen eines
Waldes. Einen Monat vor dem Beginn des Monsoon, wird die ganze
ausgehauene Fläche au Einem und demselben Tage niedergebrannt; hierauf
wird der noch immer beträchtliche Bückstand von Aesten und kleineren
Bäumen abermals verhauen, wieder aufgehäuft und zu wiederholten Malen
verbrannt, bis nur die blossen grossen Stämme, welche nie vom Feuer
verzehrt werden, übrig bleiben.
In späteren Zeiten, wenn man den Werth des Holzes besser zu
würdigen gelernt hat, wird man vermuthlich den gerad gewachsenen, 30
bis 40 Fuss langen Theil dieser Stämme, welche zum Theil treffliches
Zimmer- und Schiffsbau-Holz abgeben , an schicklich gelegene Stellen
bringen, um sie von dort durch Elephanten an das Ufer schleppen zu
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 303
lassen. Für jetzt wird Bauholz nicht begehrt und die grossen Stämme
taulen in den Pflanzungen selbst ab. Der Anblick einer so gerodeten und
vorbereiteten Pflanzung ist einem an reingehaltene Felder gewöhnten Euro-
päer anstössig; die noch stehenden oder umherliegenden grossen Stämme
hemmen die Wirkung des Pflugs, so wie aber die Sachen jetzt stehen,
ist nur die vortheilhafteste Weise des Anbaues zu berücksichtigen und
diese fordert nicht die Anwendung des Pflugs, denn es soll Feldbau
nicht Gartenbau betrieben werden.
Das Nächste ist, den gerodeten Boden die höchste Ertragskraft zu
geben, deren ein jungfräulicher Boden fähig ist. Die Erfahrung hat noch
nicht gelehrt, ob es rathsam sei den Anbau mit Bergreis zu beginnen;
nicht nur um mit dem Erträgniss, wenigstens grossentheils die Rodungs-
kosten zu decken, sondern auch um das Unkraut, welches, ungeachtet
beständigen Jätens, nach wenigen Monaten emporschiesst, in Schranken
zu halten. Die Eingebornen behaupten, dass der Reis dem Boden weniger
Nahrungstofte entzieht, als es das Unkraut thun würde. Will man keinen
Reis bauen, so säet man Sesam mit breitem Wurf auf die Asche, setzt
Reihen von jungeu Chilli- Pflanzen und in den Zwischenräumen zer-
schnittene Yams-Wurzeln nach Art der Kartoffeln. Diese jährlichen
Erzeugnisse decken den Hausbedarf des tropischen Pflanzers und der
Ueberschuss daran wird (wenn die Umgebung bewohnt ist) von den
Eingebornen gekauft; auch lassen sich die Arbeiter meist herbei, einen
Theil ihrer Löhne, anstatt in Geld, in Naturproducten anzunehmen. Die
nächste Arbeit ist die Anpflauzung von Bananen- („Plantainu) Schöss-
lingen, deren Zweck es ist, den jungen perennirenden Gewächsen mit
ihren breiten Blättern den Schatten zu gewähren, ohne den sie während
der trockenen Jahreszeit zu Grunde gehen würden. Bananen wachsen
sehr schnell auf, ohne den Boden stark auszusaugen und gewähren ausser-
dem noch manchen Nutzen. Sie geben, wie bekannt, eine erstaunliche
Menge von gesunder Nahrung. Man sehneidet sie ab, sobald die jungen
perennirenden Pflanzen 4y3 Fuss hoch aufgewachsen sind und keines weiteren
Schutzes gegen die trockene Jahreszeit bedürfen und die Bananen geben
beim Verbrennen eine grosse Menge Pottasche. Gleichzeitig mit dem Boden
des Waldes und der Vorbereitung des Bodens wird an einer schicklichen
Stelle eine Baumschule für Ar eca- Palmen angelegt. Die besten Areca-
Nüsse zur Aussaat erhält man vom December bis März und gegenwärtig
werden deren in den südlichen Provinzen so viele gebaut, dass deren
Samen immer zu haben ist. Zum Anbau gelten die grössten und apfel-
förmigen für die besten. Sie werden zu 500 bis 1000 Stücken, lagen-
weise zwischen Blättern oder Heu in Körben fest aneinander gepackt,
so an einem kühlen Orte verwahrt und täglich wenigstens einmal mit Wasser
besprengt. Die äussere, aus Fasern und einer breiigen Masse bestehende
Hülse der Areca-Nuss beginnt bald zu gähren und zu verwesen; die
glänzende Orangefarbe der Nuss verdunkelt sich und diese bleibt, nach-
dem die Oberhaut weggefault ist, in einem dichten Faserngewebe gehüllt,
zurück. Die Gährung, von starker Wärme-Entwicklung begleitet, gilt für
eine Bedingung des Fortkommens, welches nach etwa einem Monate
sichtbar wird. Zwei Monate, oder etwas später darnach, hat die Nuss
einen, etwa 1 Zoll langen Keim ausgetrieben. Nun ist es an der Zeit,
die Nüsse aus dem Korbe zu nehmen und sie in spannenlangen Zwischen-
räumen und nur halb mit Erde bedeckt, in der Baumschule anzubauen.
304 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Gegen Ende Juni oder Anfangs Juli werden sie auf ihre bleibende Stelle
in der Pflanzung versetzt. Sie sind in der Baumschule meist 1 Fuss
hoch geworden und haben zwei bis drei Blätter getrieben. Sie müssen
reihenweise in Abständen von wenigstens 7 Ellen gepflanzt werden; dieser
Abstand beträgt ungefähr das Doppelte des Durchmessers, den der Wipfel
dieser schlanken Palme erreicht und ist zur Unterhaltung eines genügenden
Luftzuges Döthig. Die Umsetzung muss zu einer Zeit geschehen, zu welcher
das Wetter mehrtägigen Begen verheisst. Wenn eine zeitweise Unter-
brechung des Monsoon, meist von kräftiger Sonnenhitze begleitet, eintritt,
sterben die versetzten Palmen oder leiden wenigstens beträchtlich. Die
Areca-Palme verdient, unter allen perennirenden Nutzpflanzen zuerst berück-
sichtigt zu werden und wird sicher viele Vortheile bringen. Der Gewinn
dabei wird nicht sehr stark sein (etwa jährlich 4 Percent Beingewinn
von jedem Baume) aber der Pflanzer hat den Yortheil, den Grund be-
nutzen zu können, ohne viele Bücksicht auf die Palmen, die ihre meiste
Nahrung aus der Luft zieht, nehmen zu müssen. Mit der Zeit hebt diese
Palme ihre Wurzeln über den Grund empor; diese sind mit warzenför-
migen Erhöhungen bedeckt, durch welche sie Nachts ihre Nahrung auf-
saugen und die verbrauchten Stoffe aussondern. Die Areca-Palme trägt
vor den» siebeuten Jahre keine Frucht und bleibt 25 bis 30 Jahre ertragsfähig.
Nach der ersten Pflanzung ist nur noch nöthig, den Buden alljährlich
ein bis zweimal aufzulockern, ohne weitere Düngung oder Wässerung, wenn
die jungen Pflanzen im ersten und zweiten Jahre gehörigen Schatten haben.
Hierauf ist die Pflanzung des t'affeestrauchs vorzunehmen. Diese
ist noch nicht zahlreich genug eingeführt, um eine nennenswerthe Menge
von Samenpflanzungen zu liefern. Keimfähiger Samen könnte von Calcutta
her, aus dem in Mucca gezogenen Cafl'ee herbeigeschafft werden. Auch
von Penang könnte mau junge Pflanzen zu billigen Preisen beziehen und
bei der kurzen Ueberfahrt würden sie sicher gesund ankommen.
Der Caffeesame muss in einer Baumschule ausgesäet und die Bäum-
chen in einer Höhe von wenigstens einem Fuss versetzt werden. Dabei
ist nur zu beachten, dass die W'urzeln senkrecht in den gelockerten
Boden gebracht werden, da die geringste Krümmung der Pfahlwurzel
den Baum kränklich macht. Die Caffeesträuche müssen zwischen zwei
Reihen von Areca-Palinen gepflanzt werden, indem ihre Aeste sich seit-
wärts weit ausbreiten und Baum zur Entwicklung bedürfen. Zwischen
1000 Areca-Palinen können ohne Nachtheil für den Boden, 500 Caffee-
sträuche gepflanzt werden, da ietztere ihre Hauptnahrung durch ihre tief-
gehenden Wurzeln -ius dem Boden ziehen. Im ersten Jahre findet der
Caffee unter den Bananen, später unter den Areca-Palinen Schutz gegen
die Sonnenhitze. Nach Anpflanzung der Areca-Palme und des Caffeestrauchs,
kommen zunächst die Gewürzbäume zu beachten; da indess das Fort-
kommen der Gewürznelken noch in Frage steht, werde ich meine Be-
merkungen auf den Muskatbaum beschränken. In Abständen von 20
Schritten gräbt man Löcher von wenigstens 4 Fuss Tiefe und 1 */a Fuss
Durchmesser und füllt sie mit der besten Erde die man sich verschaffen
kann (lieber mit Daininerde, als mit einem Gemenge von Erde und
wenigstens ein Jahr lang abgelegenen Kuh- oder Büffel-Dünger). Am
Besten dient hierzu ein Gemenge von verfaulten Hülsen des Bergreises
(„Paddy") und von Erde, das man sich jederzeit in der Nähe burme-
sischer Dörfer oder Städte verschaffen kann.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 305
Die Hauptnahrung nimmt der Muskatbaum durch seine senkrechte
tief herabgehende Pfahlwurzel auf. Um dieser das Wachsen nach Abwärts
zu erleichtern und ihr die bestmöglichste Nahrung zuzuführen, werden
die eben beschriebenen Gruben vorgerichtet. Im Vergleich mit dem grossen
Werthe und den reichen Ertrage einer Muskatbaum-Pflanzung erscheinen
alle darauf verwendeten Bemühungen und Auslagen unbedeutend. Muskat-
nüsse kann man von Penang beziehen; in den Tenasserim-Provinzen sind
sie kaum, und jedenfalls nur zu übertriebenen Preisen, zu erlangen. So-
bald die Gruben hergerichtet sind, werden die Pflanzen aus der Baum-
schule dahin versetzt, aber nur selche, die wenigstens einen Fuss Höhe
erreicht haben. Jeder einzelne Baum wird mit einer Umzäunung von
Stäben und Seitenschirmen aus Blättern der Nipahpalme eingefasst. Die Umzäu-
nung wird oben nur locker mit Blättern bedeckt, damit der Thau ein-
dringen könne und, während der trockenen Jahreszeit wird ein durchlö-
chertes irdenes Gefäss über den jungen Baum gehängt, aus welchem be-
ständig Wesser auf die junge Pflanze träufelt. Alle diess Verrichtungen
sollen, wo möglich im ersten Jahre geschehen, um Zeit zu ersparen.
Wenn nicht zugleich Bergreis angebaut ist, muss während des er-
sten Jahres das im gelockerten und fruchtbaren Boden leicht aufkeimende
Unkraut unablässig ausgejätet werden. Gewisse Pflanzen aus den Familien
der Tiliacetie (am gemeinsten Triumfett(i), Malvaceae, Convolvolaceae,
Gräser u. s. w. sind frischgerodeten Stellen eigenthümlich und man kann
sicher sein, sie selbst in der Mitte eines Urwaldes, wo gleichartige In-
dividuell auf mehrere Meilen im Umkreise nicht vorkommen, auf entholzten
Flächenräumen zu finden. Die meisten Wurzeln niedergebrannter Bäume
treiben wieder frische Schösse und müssen zwei- bis dreimal zerstört
werden, bevor die Wurzeln absterben.
Im zweiten Jahr können jährige Gewächse (vorzüglich Sesam, Baum-
wolle und Indigo) in den Zwischenräumen der Bäume gezogen werden,
es wäre aber schädlich, dem Boden noch mehr Nalirungsstoffe zu entzie-
hen, indem man auch im dritten Jahre solche Gewächse pflanzt. Hieraus er-
hellt, dass eine so angelegte Pflanzung vor dem siebenten Jahre keinen Ertrag
gibt, dass aber, von diesem Zeitpuncte an (wenn sie in etwas grösse-
rem Masstabe angelegt ist) der Gewinn davon so schnell zunimmt, dass
dadurch der Pflanzer nach 10 Jahren ein behagliches und selbstständiges
Auskommen erlangt. Im ersten und zweiten Jahre wird der Pflanzer aus dem
Ertrag der jährigen Gewächse kaum mehr als seinen Lebensbedarf ge-
winnen; vom ersten bis siebenten Jahre wird der Caffee allein ihm die Kosten
lohnen, nach, dem siebenten Jahre werden die Areca-Palmen tragfähig und nach
dem achten Jahre beginnt die Ernte der Muskatnüsse.
Eine Pflanzung von 50.000 Areca-Palmen, 25.000 Cafleesträuchen
und 7500 Mauskatbäumen würde mithin folgenden Ertrag abwerfen:
Jährige Pflanzen.
1. und 2. Jahr ....... Unbedeutend.
3. Jahr CafTeh (mit durchschnittlichen Reingewinn von
2 Annas von jedem Baum) . . . 3.125.
4, 5 und 6. Jahr 3.125.
7, 8. und 9. Jahr. Areca-Nüsse zu 4 Annas von jedem
Baum 12.500.
Caffeh 3125.
Summa . . 21.875.
306 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
10 und die nächstfolgenden 7 Jahre: Muskatnüsse zu
10 Rupien von jedem Baume . . . 32.500.
Areca-Nüsse 12.500.
Summa . . 45.000.
Anstatt der ursprünglich als gepflanzt angenommenen 7.500 Muskat-
baume wurden hier davon nur 3.125 in Rechnung gebracht, weil wahr-
scheinlich die Hälfte davon männliche Individuen sein dürften, welche als
nutzloss gefällt werden müssen, da ein männliches Individuum zur Befruch-
tung von 20 weiblichen vollständig genügt. Leider kennt man noch kein
Merkmahl, nach dem sich vor der Blüthe die beiden Geschlechter des
Muskatbaumes von einander unterscheiden Hessen. Man muss desshalb um
3.250 junge Bäume mehr pflanzen, welche nach 8 Jahren sich zur Hälfte
als männlich und zur andern Hälfte als weiblich herausstellen werden,
und in dieser Weise fährt man fort, bis zuletzt nur weibliche Bäume,
mit der zur Befruchtung nöthigen Anzahl männlicher, übrig bleiben. — Im
zweiten Theile obiger Berechnung hat man auch die Caffeebäume nicht
in Ansatz gebracht. Wenn nämlich die Muskatbäume aufwachsen, ist es
nöthig, ihnen durch Fällung ersterer Raum zu verschaffen, was um so
eher geschehen kann, als der Ertrag des Caffees gegen den des Mus-
katbaumes unbedeutend ist. Dasselbe gilt von der Areca- Palme, deren
Fruchtbarkeit nach 25 Jahren allmälig abnimmt, auch sie müssen ausge-
merzt und nur Muskatbäume übrig gelassen werden, deren Ertrag sich von
Jahr zu Jahr steigert. Man behauptet, dass diese Bäume bis in ihr 80.
Jahr fortwachsen und sehr gross werden, es fragt sich aber immer noch,
ob sie in Tenasserim dieselbe Entwicklungsstufe erreichen werden, wie
in ihrem eigentlichem Vaterlande.
Der Ertrag von Muskat-Pflanzungen nimmt mit jedem Jahre zu und
übersteigt in späteren Jahren bei Weitem das Verhältniss von 10 Rupien
für jeden Baum; in Penaug tragen manche, noch nicht ganz ausgewach-
sene Bäume jährlich 30 bis 40 Dollars. Sie bringen fast das ganze Jahr
hindurch Früchte.
Es dürfte rathsam sein, die schlanken Stämme der abgestorbenen
Areca-Palmen zum Aufziehen der rankenden Pfefferpflanze zu benützen,
indess ist kaum zu erwarten, dass ein Pflanzer, wenn er reichen Gewinn
aus seiner Muskat-Pflanzung zieht sich viel mit dem Baue des Pfeffers,
dessen Ertrag sich doch nur auf 3 bis 4 Jahre beschränkt, bemühen
werde. —
Die eben auseinandergesetzte Weise des Anbaues scheint die beste
für die südlichen Landstriche von Tenasserim , indem sie die sicherste
und reichlichste Verwerthung des Anlags-Capitales, mehr als es je bei
den westindischen Zuckerpflanzungen der Fall gewesen ist, verbürgt. Die
Zucht von Gewürzbäumen ist ein neuer, erst im Laufe des 19. Jahrhun-
dertes entstandener Zweig des tropischen Feld- oder eigentlich Garten-
baues, dessen Monopol sich früher die holländische Regierung allein zu-
geeignet hatte. Bis nun ist Penang die einzige britische Colonie, welche
diesen Betriebszweig eingeführt hat und das allgemeine Erstaunen erregte
durch den unermesslichen Gewinn, den die Eigenthümer daraus ziehen. In-
dess muss bemerkt wrerden, dass nur Unternehmer, die einiges Capital
besitzen, solche Pflanzungen anlegen können, da sie wenigstens 7 Jahre
auf den ersten Ertrag ihrer Auslagen warten müssen. Früher wurden
gedruckte und ungedruckte Schriften ber die Tenasserira Provinzen etc. 307
keine Gewächse in diese Provinzen eingeführt und keine dort gebaut, als
freiwillig wachsende, höchstens mit Ausnahme einiger Obstbäume, und ei-
niger der gemeinsten Gegenstände des tropischen Landbaues.
Von amerikanischen Gewächsen sind Tabak, Annanas, Guavas, und
Annota, (Biva orellana) allgemein verbreitet. Aus den malayischen Län-
dern wurde der Durian-Baum (der köstlichste Leckerbissen der Burmesen)
später auch der Mangosteen-ßaum eingeführt. Wie wohl die Areca-Palmc
in den Provinzen überall gezogen wird, so geschieht diess doch nirgends
in grossem Maasstabe, und am besten scheint sie im Klima über 15 Gr.
N. Br. zu gedeihen. Seit der britischen Besetzung haben die Burmesen
in der Provinz Mergui Areca-Ptlanzungen in grossem Maasstabe (bis zu
10.000 Bäumen angelegt und legen jedes Jahr neue an.
Der Mangosteen-Baum ist von späterer Einführung und wird von
den Burmesen in der Provinz Mergui sehr sorgfältig gepflegt ; bisher ist
von 20 solcher Bäume kaum einer fruchttragend.
Die Burmesen würden gewiss Gewürznelken und Muskatnüsse an-
bauen, wenn sie sich deren verschaffen könnten.
Die Begierung würde ihnen eine grosse Wohlthat erweisen , wenn
sie in den südlichen Bezirken eine Baumschule von Pflanzen aus den
malayischen und anderen Ländern anlegen und deren Erzeugnisse unent-
geltlich vertheilen wollte. Eine kleine Anstalt für angewandte Botanik dürfte
grossen Nutzen stiften.
In dieser Anstalt müssten auch viele wildwachsende, im Dickichte
verkommene Baumarten allmählig durch Kultur verbessert in andere Ge-
genden ausgeführt oder versuchsweise verpflanzt werden. Hierher gehören
die verschiedenen Kautschuk-Bäume, der wilde Gummigutt-Baum, die San-
delholz-Bäume, der Sassafras, der schwarze Firnissbaum, der Cajeput-Baum
etc. Viele malayische Gewächse könnten, nach ihrer Einführung nach Te-
nasserim, als einer Zwischenstation, nach Bengalen und Ober-Indien ver-
pflanzt werden, da eine allmählige Acclimatisirung bei Einführung von Pflan-
zen aus verschiedenen Breiten bekanntlich sehr vortheilhaft wirkt. In der
Errichtung von Gewürz-Baumschulen ist die niederländische Begierung auf
Java bereits der britischen vorangegangen. Das Begierungsmonopol ist auf
Java aufgegeben und der Anbau von Gewürzbäumen durch Private aufge-
muntert worden, indem die Behörden versprachen, jedermann die ge-
wünschten Pflanzen unentgeldlich zu liefern und auch Rathschläge und
Anweisungen über das Verfahren bei solchen Pflanzungen zu ertheilen. Es
leuchtet ein, dass die Begierung durch dieses Verfahren viel gewinnen
musste und es ergab sich zugleich, dass die Eingebornen der Einführung
neuer Kulturzweige nicht abgeneigt seien. Areca-Pflanzungen sind in den
südlichen Gegenden von Tenasserim erst neuerlich entstanden. Vor 10
Jahren zählte man dort im Ganzen nur 60.000 Stücke dieser Palme. Im
Jahre 1837 standen dort 40.000 fruchttragende und 80.000 neu gepflanz-
ter Stämme. Bis zum Jahre 1839 kamen deren noch 30.000 dazu. Die
herkömmliche Staatsabgabe von allen Producten beträgt 15 vom Hundert.
Angenommen es würden anstatt der 150.000 Areca-Palmen, die gleiche An-
zahl Muskatbäume mit einem Ertrag von 10 bis 30 Bupien für jeden an-
gepflanzt; so würde die Abgabe davon (den mittleren Ertrag jedes Baumes mit
15 Bupien angenommen) der Begierung jährlich 150.000 Rupien einbringen.
In meinen früheren Berichten hab ich die Notwendigkeit erwähnt,
Teakholz - Wälder anzupflanzen, indem sonst der Vorrath dieses Holzes in
308 Dr. .Johann Wilhelm Helfer's
Tenasserim bald erschöpt sein würde. Dieses Holz ist einer der grössten
Schätze dieses Landes, es ist das einzige dort gebräuchliche Bauholz, mit
Ausnahme des Thingan ^von Hopea odorntuj , aus welchem jährlich die
Chinesen einige wenige Juiiken und die Burmesen einige kleine Fahrzeuge
zu Tavoy und Mergui bauen.
Die im laufenden Jahre in den südlichen Strichen der Tenasserim-
Provinzen und in den anliegenden Inseln vorgenommenen Untersuchungen
haben gezeigt, dass dieser Landstrich, fast ohne Unterbrechung mit den-
selben Waldbäumen bedeckt ist, welche auch in den nördlichen Provin-
zen vorkommen. Die zum Schiffbau nutzbaren Bäume gehören grössten-
teils der Familie der Dipterocnreae an, die nirgends so stark vertreten
ist, wie in Tenasserim; die Arten der Gattungen Hopea, Vatica und Shorea
sind die Werthvollsten, die eigentlichen Dipterocareae erreichen eine un-
geheure Grösse, ihr Holz ist aber von geringem Werthe. — Alle diese
Bäume sind im vollständig ausgewachsenen Zustande 70 — 120 Fuss hoch,
ihr Stamm steigt 40 bis 60 Fuss hoch gerade auf und ihr Umfang er-
reicht unter dem Anfang der Aeste 10 bis 30 Fuss.
Da Teak-Holz bisher in beliebiger Menge zu haben war und gegen
jede andere Art von Bauholz Vorurtheile herrschen, hat noch Niemand
es versucht, die unermesslichen Wälder dieser Provinzen nutzbar zu machen.
So sehr wird alles Bauholz vernachlässigt, dass in ganz Tenasserim
noch keine Sagemühle in Gang ist und, merkwürdig genug, die Bretter
zum Bau der Häuser von Penang her bezogen werden. Zur erfolgreichen
Betreibung des Holzgeschäfts gehört ein beträchtliches Anlags-Capital, sei
es, dass man den Holzhandel ausschliesslich oder in Verbindung mit
Schiffbau betreiben wolle. Der Schiffbau ist in Maulmain begonnen wor-
den und nimmt an Umfang zu; er ist das einzige Unternehmen in Te-
nasserim, an dem sich Europäer betheiligen, doch liegt er noch in der
Kindheit und könnte eine viel grössere Ausdehnung gewinnen.
Mit Ausnahme des Teak ist kein anderes Bauholz ein Gegenstand
des Handels. Bei dem täglich anwachsenden Begehr nach Bauholz in
Europa, Bengalen, Madras, Mauritius dem Kap der guten Hoffnung u. s. w.
können indess die hiesigen Wälder nicht lang mehr unbenutzt bleiben.
Die Förderung des gefällten Holzes wird durch die zahlreichen Flüsse
und Bäche, deren Ufer mit Waldbäumen dicht bewachsen sind, wesentlich
erleichtert werden. Nicht nur das feste Land, auch zahlreiche Inseln des
Mergui-Archipels sind bis an das Meeresgestade hin dicht bewaldet; in
vielen Fällen würde es genügen, die Bäume so zu hauen, dass sie
gleich in das Meer fallen oder sie nur einige Schritte weit an den
Rand des Wassers zu schleppen.
Die Einführung von Sägmühlen mit Wasserkraft würde mit Schwie-
rigkeiten zu kämpfen haben; indem das plötzliche Steigen des Wassers
während des Monsoons auch den stärksten Dämmen gefährlich wird und
die Errichtung von Sägmühlen in grösserer Entfernung von einem See-
hafen wenig einträglich sein dürfte.
Dampf-Sägmühlen an den Mündungen der grösseren Flüsse scheinen
den meisten Vortheil zu verheissen. Die gefällten Bäume könnten, in
Flösse zusammengebunden, leicht nach dem Meere zu herabgeschwemmt
und, von allen Flüssen her, in eine und dieselbe Mühle gelangen.
Zinn. In den vorhergegangenen Berichten fand ich Anlass,die Zinngrube
östlich von Tavoy und des bei Mergui aufgefundenen Zinnes zu erwähnen. Die
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 309
diessjährige Untersuchung der Landstriche im Süden von Mergui hat
nachgewiesen, dass, von allen Gebieten der Tenasserim-Provinzen, jenes
im Norden des Packchan-Flusses den grössten Reichthum an Zinnerzen
enthält. Der Gebirgszug, in welchem diese Erze vorkommen ist eine,
nur durch den Packchan-Fluss getrennte Fortsetzung des siamesischen
Zinngebietes von Rinowng. Wie überall in Tenasserim, kommt auch hier
das Zinn in Trümmern von Urgesteinen vor, nur in viel grösseren Kör-
nern oder Crystallen (mitunter von der Grösse eines Taubeneies) und
die zinnführende Schicht ist 8 bis 10 Fuss (bei Tavoy nur 7 Fuss)
mächtig. Man findet auch krystallisirtes Zinnerz, in Granit eingewachsen,
auf der Insel Domel und ebenso in den höheren Theilen des ßoukpeen-
Baches an dessen Ufern. Ueberhaupt kommt Zinn in den südlichen Ge-
bieten von Tenasserim sehr allgemein vor und vermuthlich sind dessen
reicheste Lagerstätten bisher noch unbekannt. Capitalisten, welche sich
in Bergbau-Unternehmungen auf Zinn einzulassen gödenken, können hierzu
keinen bessern Ort finden, als den südlichsten Theil der Provinz Mergui,
wo dieses Metall am häufigsten vorkommt und die Förderung zu Land
ganz umgangen werden könnte, wenn Colonisten sich längs eines der
kleineren Nebenflüsse des Packchan ansiedelten. Da indess diese Gegend
gänzlich unbewohnt ist. müssten Bedürfnisse aller Art von fern her be-
zogen und Arbeiter von anderen Landstrichen herbeigeführt werden.
Würde in der Nähe des Packchan unter englischem Schutz ein
Dorf angelegt, so würden sieh ohne Zweifel eine Zahl siamesischer
Flüchtlinge in dessen Nachbarschaft ansässig machen: sie haben selbst
den Wunsch dazu ausgesprochen, für den Fall, als sie auf Schutz rechnen
dürften. Bei dem Werthe in welchem Zinn steht, dürfte dieses Product
vor vielen anderen das Augenmerk der Europäer auf sich ziehen, so
wie es bekannt würde, dass dieses Metall hier häufig genug vorkommt,
um die darauf verwendeten Mühen und Kosten reichlich zu lohnen.
Eisen. Eisen kommt überall in Tenasserim reichlich vor. Die ver-
schiedenen Eisenerze und die Oertlichkeiten ihres Vorkommens auf dem
festen Lande habe ich in meinen früheren Berichten beschrieben und
füge hier nur bei, dass auch auf den Inseln des Mergui-Archipels Eisen-
erze vorkommen. Im Laufe dieses Jahres fand ich dort vier grosse Ab-
lagerungen von Eisenerzen. Die erste bei Maoin, etwa 3 Wegstunden
von Mergui und deren vermuthliche Fortsetzung nächst Pereghiun; die zweite
unweit der Mündung des Lennya-Flusses auf einer Insel, die die Burmesen
„Kala-Khiung" nennen; die dritte und unter allen die reicheste auf 2
unbenannten Inseln im W. von Sir John Malcolm's Insel; die vierte
endlich auf White Pigeons Island, nördlich von der Ausmündung des
Packchan. Geschmolzen geben diese Erze 40 bis 60 Perzente Roheisen.
Die Erze von Tavoy behaupten aber jedenfalls, sowohl in Menge (74
bis 80 Prozente) als in Güte des daraus gewonnenen Eisens vor allen
anderen den Vorzug und wären den etwaigen Unternehmern von Eisen-
werken am Meisten zu empfehlen. Man darf hoffen, dass ein so werth-
voller Artikel als Eisen ist, noch dazu unter Umständen, wo Brennstoffe
kaum in Betracht kommen, von europäischem Capital und Unternehmungs-
geiste nicht unbeachtet bleiben werde.
Kupfer. Dieses Metall ist im laufenden Jahre an zwei Stellen aufge-
funden worden, 1. im NO. Theil der grossen Lampi- oder Sullivans-Insel
auf Quarzgängen im Uebergangs-Thonschiefer; 2. auf der Insel Callagkiauk
310 Dr. Mann Wilhelm Helfer's
nahe bei der Insel Mergui, in Gneis an beiden Stellen nur in geringer
Menge. Eine bergmännische Untersuchung dieser Vorkommen wurde nicht
eingeleitet, indem die blosse Angabe ihres Daseins denen welche sich mit
der Gewinnung dieses werthvollen Metalles befassen wollen, genügen dürfte.
Steinkohle. Vor der Erfindung der Dampfmaschine und vor ihrer An-
wendung als Ersatzmittel für Menschenarbeit, bei Werken, die man früher
nicht ahnte, oder für unausführbar hielt, hatte die Steinkohle vor dem
dem Brennholze nur die Wohlfeilheit voraus und war eigentlich nur für
holzarme Gegenden von Werth, in reichbeholzten blieb sie nutzlos. Eben
diess würde in Tenasserim der Fall .sein. Bei dem allgemeinen Ueber-
schuss des schönsten Holzes (zu Mergui kosten 100 Bündel Holz, jedes
von 9' 6 bis 10" im Umfange 9. Rup), bei der äusserst sparsamen Bevölkerung
und deren primitiven Zustande bei fast gänzlich fehlendem Kunstfleisse und
Handel, brächte für jetzt die Auffindung von Steinkohlen dem Lande kei-
nen Nutzen. Da indess für die Dampfkraft Steinkohlen unentbehrlich sind,
so erlangt die Auffindung derselben für Tenasserim, mittelbar für ganz
Ost-Indien eine hohe Wichtigkeit. Für Dampfer, welche längs der Küste
von Maulmain nach Rangoon, Tavoy und Mergui fahren wäre Steinkohle
von geringem Nutzen. Ein Dampfer könnte nicht länger als 4 Tage mit
Holz allein fahren, ein Ausflug auf 8 Tage von Maulmain nach Calcutta
wäre ohne Steinkohle unausführbar, und alle die Millionen Baumstämme,
welche in Tenasserim wachsen, könnten zur Ausführung einer Dampfboot-
Verbindung zwischen den verschiedenen Theilen Ost -Indiens auch nicht
das Geringste beitragen.
Die Durchführung des umfassenden („comprehensive") Dampfboots-
Systemes zwischen den verschiedenen Gebieten Ost -Indiens und Europa's
wird in kurzer Zeit der Kohle Ostindiens eine grosse Wichtigkeit ver-
leihen, und von allen dort bekannten Kohlenlagern, dürfte wohl das von
Mergui an die Reihe kommen. Die Voitheile dieses Lagers an Güte, Menge
und Oertlichkeit hab ich in meinen früheren Berichten herausgehoben, es
ist nur noch zu erwähnen, dass seitdem ein neues Lager, fast hart an
den Ufern des grossen Tenasserim-FIusses (bis zu welchem die Kohle
nur 1000 Yards weit auf festem Lande zu fördern wäre) entdeckt wurde,
was zugleich diesen Brennstoff nahmhaft wohlfeiler machen, und dessen
Gewinnung in grösserer Menge veranlassen würde. So wie die Kohle von
Mergui allgemein in Gebrauch kömmt, muss sie auf die übrigen Kohlen-
lager Ost-Indiens einen bedeutenden Einfluss ausüben. Die Benützung der
Kohle von Burdwan wird sich auf die Dampfschifffahrt des Ganges und
des Burhambooter beschränken, mithin werden die Preise der Kohle zum
Verbrauche der Stromschiffahrt steigen, um den Entgang durch das Auf-
hören der Ausfuhr zu ersetzen. Die Kohlenbaue von Palamow und Cherra-
Poongi werden entweder ganz aufgelassen werden oder, wenn sie durch
Wohlfeilheit mit denen von Burdwan wetteifern können, werden Letztere
noch mehr gedrückt werden, indem die erstgenannten Kohlen besserer
Art sind und der Begehr von Kohle für Flussdampfer in Hindostan bisher
so beschränkt ist, dass ein einziger Kohlenbau den ganzen Bedarf zu
decken vermag.
Die Einfuhr von Kohle aus Europa dürfte wohl mit der Zeit ganz
aufhören, da es seltsam zugehen müsste und es nur durch sehr schlechte
Wirthschaft dahin kommen könnte, wenn nicht vortheilhaft gelegene, das
beste Material liefernde Kohlenfelder in den Händen eines und desselben
gedruckte und angedruckte Schriften Aber die Tenasserim-Provinzen etc. 31t
Volkes und um viele 1000 Meilen dem Verbrauchsbezirk näher liegend,
Ost-Indien in dieser Hinsicht von Europa ganz unabhängig machen sollte.
Die ersten Auslagen bei Eröffnung der Kohlenwerke von Mergui dürften
bedeutend sein und Anfangs die Preise hoch stellen; man müsste Bur-
mesen oder Eingewanderte (am besten Chinesen) dazu verwenden, und
Beide würden hohe Lohne fordern. Die Burmesen von selbstständigem
Character und in der Lage sich alle Lebensbedürfnisse leicht zu ver-
schaffen, könnten nur durch hohe Löhne zur Arbeit bewogen werden;
und wenn man Chinesen zur Einwanderung in eine ihnen neue Gegend
bewegen will, so kann diess nur geschehen, intern man ihnen wenigstens
für den Anfang höhere Löhne anbietet, als sie anderswo erlangen könnten.
Die Kosten für Anschaffung und Aufstellung von Maschinen würden
hier mehr betragen als in jedem andern Tbeile Ost-Indiens; leer ankom-
mende Schiffe würden nur für höhere Frachtlöhne Kohlen einnehmen, indem
sie nur für die Bückladung auf Gewinn rechnen können.
Alle diese Schwierigkeiten werden sich während der ersten Jahre
entgegenstellen, nach und nach wird aber die Kohle wohlfeiler werden. Die
Kohle könnte mit Nutzen zur Zugutebringung der Eisenerze, deren nächste
Lagerstätten nur wenige Stunden von Mergui entfernt sind, verwendet werden.
Mergui wird ohne Zweifel ein bedeutender Ort werden; Ansiedler und Capita-
listen sollten vorzugsweise in der Nähe dieser Stadt erzogen werden,
indem: 1) die Kohlenfelder in diesem Theile des Landes liegen; 2) eben
dieser Landstrich zum Anbau perennirender Gewächse vorzugsweise und
zu dem von Gewürzbäumen ausschliesslich aller anderen geeignet ist;
3) dessen Lage am schmalesten Theile der malayischen Halbinsel ihn
vorzugsweise für den Landhandel mit Bankouk und den Bewohnern der
Küste des Golfs von Siam geeignet macht. Nebst den reichen Kohlen-
und Eisenlagern findet man bier Antimon, Silber und Gold, welche Me-
talle iudess für Capitalsanlagen von geringerer Bedeutung sind. Die in
der Nähe von Maulmain liegenden Antimon-Lagerstätten dürften vielleicht
ausgebeutet werden, wenn diese Stadt im blühenden Zustande verharrt.
Die Silbergrube im Norden von Maulmain liegt zu tief im Gebirge und
ihr Werth ist noch zu zweifelhaft, als dass sie Privat-Lnternehmern
empfohlen werden könnte und die Menge des in den Flüssen vorkommen-
den Goldes ist zu gering, als dass sie Beachtung verdiente.
Die Fischereien sind nicht unbedeutend, wie es sich bei einem
Lande mit mehr als 600 (engl.) Meilen Seeküste wohl erwarten lässt;
am beträchtlichsten sind sie zwischen den Inseln des Mergui-Archipels,
wo die junge Brut zwischen den inneren Eilanden sichere Zuflucht findet.
Im Februar und März ist das Meer meilenweit mit einer grünen schlei-
migen Substanz bedeckt, in der Fischlaiche millionenweise eingehüllt
liegen; Fische verschiedenster Art kommen hier vor und Mergui ist als
Fundort der wohlschmeckendsten unter ihnen berühmt. Die Fischereien
sind an Eingeborne verpachtet; Malayen und Chinesen betheiligen sich
gleichfalls an diesem Erwerbszweige, der übrigens in sehr kleinem Maass-
stabe betrieben wird.
Während gewisser Zeiten des Jahres ziehen sich die Fischer auf
einige Stellen der unbewohnten Inseln im Süden von Mergui zurück.
Dort breiten sie die gefangenen Fische auf Gerüsten von Mangrove-
Bäumen aus und lassen sie in der Sonne trocknen, wobei sie sie täglich
zweimal mit den Füssen treten; Salz wird bei der Zubereitung der Fische
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. ^
312 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
nie gebraucht. Einige Arten werden geräuchert zu Markte gebracht. Die
Netze sind klein und mangelhaft, genügen aber für die Bedürfnisse des
Fischfangs. In der Nähe von Städten und Dörfern werden Fische in um-
zäumten Räumen gefangen. Man gewinnt auch Fischthran in geringer
Menge. Es wäre zu erwarten, dass eine von Europäern betriebene Fischerei
etwa in dem Maasstabe von Neufundland, viel einträglicher sein würde,
da zubereitete Fische bei den Eingebornen als Bestandtheil ihrer Mahl-
zeiten allgemein beliebt sind, mithin hier und in Ost-Indien überall Absatz
finden würden. Wall fische sind im Mergui-Archipel nicht ungewöhnlich.
Im Süden von Mergui sind Perlbänke, deren zwei: die eine an der
Ostseite der Sulliwan-Insel, die andere an derselben Seite der Collie- (?)
Insel, quer über gegen das Festland zur Zeit der siamesischen Besetzung
ausgebeutet wurden und, wie man sagt, der Regierung namhaften Ge-
winn brachten. Der Kommissär, Mr. Maingy, versuchte einmal die Per-
lentischerei wieder in Gang zu bringen, der Versuch musste aber wegen
Mangels an Tauchern, welche an grosse Tiefen gewohnt sind, aufgegeben
werden, da die besten Perlmuscheln in der Tiefe von 10 bis 12 Faden
vorkommen. Diese Einnahmsquelle ruht gegenwärtig gänzlich; die Ein-
gebornen verstehen nicht damit umzugehen. Hie und da finden die See-
longs mittelgute Perlen zur Ebbezeit an den obenerwähnten Localitäten
und vertauschen sie an die Chinesen, mit welchen sie in Handel stehen.
Wie weit eine Capitals-Anlage auf Perlenfischerei vortheilhaft wäre, lässt
sich für jetzt nicht bestimmen, da man weder die Ausdehnung der Perl-
bänke kennt, noch die Menge, welche man von den in grösserer Tiefe
wohnenden Muscheln erhalten könnte.
Die Höhlen mit es s baren Vogelnestern werfen in den südlichen
Theilen der Tenasserim-Provinzen einen keineswegs unbedeutenden Gewinn
ab. Sie sind gegenwärtig an Chinesen und Malayen verpachtet und die
im Mergui-Archipel haben ganz die Malayen in Pacht, welche in der
trockenen Jahreszeit von Penang kommen, um die Höhlen zu bewachen
und um die Gerüste aufzubauen und auszubessern, mittels derer sie
diese Nester aus den höchsten gefährlichsten und unzugänglichsten Stellen
der Höhlenwände herabholen. Dieser Erwerbszweig passt nicht für Euro-
päer und dürfte wohl für immer den Malayen und Chinesen vorbehalten
bleiben. Unordnungen werden dabei vorfallen, so lang die Orte, welche
die Schwalben besuchen nicht genau festgestellt sind und diess ist um
so schwieriger, als diese Vögel ihre Brutplätze wechseln, so dass viele
Höhlen (z. B. die der Elephanten-Felsen NO. von Domel) jetzt fast ganz
verlassen sind.
Andere Meeres-Producte, welche in den Handel kommen, als : Schild-
kröten-Schalen, Perlmutter-Muscheln, Seeschnecken und Ambra finden sich
zwar auf und bei den Inseln des Mergui-Archipels, werden aber ganz
vernachlässigt oder höchstens von den Seelongs bei ihren Wanderungen
nebenbei aufgelesen.
Handel. Für europäische Handelsunternehmungen bieten die Tenasserim-
Provinzen wenig Gelegenheit dar. In einem so neuen Lande tritt ein
regelmässiger Handelsverkehr erst nach langer Zeit ins Leben und Te-
nasserim selbst würde dabei passiv bleiben ( „reciprocity is wanted").
Die Burmesen sind zu lang von Ost-Indien und noch vielmehr von
Europa getrennt geblieben, als dass sie von den Gütern Beider und von
deren Gebrauch eine Kenntniss erlangt haben sollten. Was sie zum be-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 313
haglichen Leben bedürfen ohne es selbst hervorzubringen, finden sie bei
sich zu Hause oder in ihrer nächsten Umgebung; was nicht Tenasserim
selbst an Luxusartikeln, Ueberflüssigkeiten und Nothwendigkeiten liefert,
findet sich gewiss in Ava und Pegu. Nur wenige europäische oder ost-
indische Producte sind bisher nach Burraah gekommen; geringere Sorten
von Baumwoll-Stoffen in Stücken, etwas breites Tuch, Eisen, Opium und
Tabak. Die Mehrzahl der Eingebornen kleiden sich noch immer in selbstgewebte
Zeugen und begnügen sich mit Tabak von geringerer Sorte; nur einige
Wenige, vorzüglich Reichere, gönnen sich den Genuss des Opiumrauchens.
Die ganze übrige Einfuhr ist auf den Bedarf einiger weniger Fremder
berechnet deren Begehr leicht befriedigt ist. Im Allgemeinen haben die
Burmesen wenig Anlockung, sich mit fremden Waaren bekannt zu machen;
ihre Gewohnheiten, Gebräuche und Bedürfnisse sind von denen der Euro-
päer allzusehr verschieden und sie setzen noch keine Ehre darein, sich
neue Luxusartikel anzuschaffen; auch haben sie keinen Anlass, ihren Ueber-
schuss gegen neue Waaren auszutauschen. Nichts destoweniger kann Burmah
überhaupt und Tenasserim als ein Theil davon, für den Handel wichtig
werden, da das Land viele Artikel von innerem Werthe besitzt, welche auf
europäischen Märkten gesucht werden und welche als freiwillige Natur-
producte nur die Mühe des Einsammelns verlangen, jetzt aber noch ganz
unbenutzt sind und es so lange bleiben werden, bis nicht wechselseitige
Handelsverbindungen eingeleitet werden. Selbst angenommen, die Einge-
bornen Hessen sich herbei diese Artikel für billigen Entgelt einzusammeln,
so würden doch die Schiffe, welche sie als Ladung einnehmen wollten,
nichts dafür zu bringen haben und der aus solchen Unternehmungen
erwartete Gewinn bliebe jedenfalls zweifelhaft. Bei solchen Verhältnissen
ist Handel nur mit Asiaten möglich, welche viel leichter die Eingebornen
mit den wenigen auswärtigen Artikeln, deren sie bedürfen, versehen können.
Sollten sich civilisirte Menschen, deren Bedürfnisse zahlreicher und durch
die Macht der Gewohnheit unentbehrlich geworden sind, in diesen Pro-
vinzen festsetzen, so würde dort schnell ein Handel aufkommen und die
natürlichen wie die künstlich gezogenen Erzeugnisse des Landes würden
in Kurzem zur Ausfuhr gelangen. Die Lage der Tenasserim-Provinzen ist
so, dass sie leicht zu einem Stapelplatz und zu einem Verbindungsgliede
zwischen Europa, Indien und der chinesischen Welt gemacht werden
könnten. Eine Ueberland-Verbindung zwischen China und Britisch-Indien
ist lange Zeit für sehr wünschenswerth erachtet worden; sie könnte ent-
weder über Assam oder Tenasserim eingeleitet werden. Assam liegt dem
chinesischen Gebiete zwar näher, die zu durchreisenden Landstriche
scheinen aber so viele Schwierigkeiten darzubieten, dass man diesen Weg
für jetzt nicht weiter berücksichtigt. Maulmain ist viel entfernter vom
eigentlichen China aber, so viel man weiss, Hesse sich ohne besondere
natürliche Hindernisse überwinden zu müssen, eine Handelsstrasse wenigstens
nach Chinesisch- Yunan, der südlichsten Provinz herstellen. Die Chinesen
selbst scheinen eine solche zu wünschen und die Thatsache, dass eine
chinesische Caravane wirklich auf dem Wege nach Maulmain war, bestätigt
diese Vermuthung. Die Schwierigkeiten liegen nur in Staatsverhältnissen,
nämlich in der Eifersucht der Begierungen von Burmah und Siam und
in den Befürchtungen der Shan-Staaten im Norden der Provinz Amherst.
Sobald sich die Beziehungen zu Burmah befestigt haben werden, dürfte
ohne Zweifel ein Ueberland-Handel zwischen China und Britisch-Indien
314 Dr. Johann Willi. Helfer's
ins Leben treten. Chinesische Caravanen kommen alljährlich nach ßurmah
und nähern sicli dabei den nördlichen Gegenden von Tenasserim. Am
meisten würden europäische und indische Artikel von geringem Umfang,
wie Opium, Zeuge in Stücken, Baumwoll-Garn und edle Metalle in Barren
(„bullion") begehrt werden und könnten auf geraderem Weg als bisher
in das Innere von China gelangen: denn alle auf britischen Schilfen
eingeführten Güter müssen von den Seehäfen in die entfernten ßinnen-
Provinzen dieses Reichs gebracht werden; und wenn auch, auf den ersten
Anblick, der Weg von Maulniain nach China sehr lang erscheint, so ist
er doch für die westlichen Provinzen Yunan, Mungfan, Kahang und Aindoa
ein kürzerer als über Canton und Viele, welche gegenwärtig gar nicht
zu solchen Waaren gelangen können, würden auf diesem Wege damit
versehen werden. Wenn die Chinesen bisher aus ßurniah fast nichts bei
sich einführten als rohe Baumwolle geringer Sorte, ein stark ins Gewicht
fallender Artikel, würden sie um so geneigter sein, sich mit Verfrachtung der
oben erwähnten W'aaren zu befassen. Die Bussen gehen hierin bei ihrem
Handel mit China mit ihrem Beispiele voran; ihre Verbindung ist unter
allen bekannten commerciellcn Ueberland-Strassen die längste: von Astra-
chan über den grössern Theil von Sibenen, nach Kiachta und von da
durch die Duary-Mongolischen Steppen, zur grossen Mauer, dem Eingange
des eigentlichen China.
Die Entfernung zwischen Maulmain und dem südlichen China ist
gering in Vergleich mit der der russisch-chinesischen Handelsstiasse. Die
Lage der südlichen Landstriche von Tenasserim ist dem Handelsverkehr
mit Bankouk günstig. Die britische Verbindung mit Slam ist bisher sehr
vernachlässigt worden, was um so mehr zu wundern ist, als dieses Land
kostbare Handelsartikel in Menge besitzt und dessen Beherrscher den
Handel zu begünstigen scheint. Der britisch-siamesische Vertrag schliesst
die Unterthanen von Britisch-Indien vom Ueberland-Handel nicht aus; bisher
bestand aber noch keine Anlockung für derartige Unternehmungen. Mergui
wäre der Ort zur Führung eines Handels quer über die Landenge,
welche hier nicht über 80 (engl.) Meilen beträgt, wovon sich, so viel
bisher bekannt ist, wenigstens 30 diesseits mittels Wasserfahrt zurück-
legen Hessen. Das Land bietet keine grossen Schwierigkeiten dar und
vormals bestand eine Strasse von Tenasserim quer über das Land, auf
welcher Alompra sein Heer zur Belagerung von Bankouk führte. Die
etwaige Wiedereröffnung einer solchen Heerstrasse würde die im vorigen
Jahre entdeckten Kohlenlager in Thätigkeit bringen. Diese Lager liegen
längs dieser Strasse, unfern der siamesischen Grenze und sind bisher
unbenutzt geblieben, weil die Förderung von den in letzter Zeit aufge-
fundenen Lagerstätten bei Weitem leichter ist.
Sollten die Tenasserim-Provinzen zum Gedeihen gelangen, so dürfte
wohl eine, den Golf von Siam mit der Bucht von Bengalen verbindende
Eisenhahn entstehen. Der frühere Vorschlag eines Canals quer über die
Landenge von Kraw, scheint ziemlich chimärisch zu sein. Ich hatte Ge-
legenheit in diesem Jahr jenen Landstrich zu untersuchen, als ich den
Packhan so weit hinauf fuhr, als er für Fahrzeuge von einiger Trag-
kraft zugänglich ist und die Eingebornen berichteten mich, dass eine Berg-
reihe der Länge nach durch die Halbinsel ziehe und ein zweiter schiff-
barer Strom (der TeUm-foimg) jenseits in einer Entfernung von sechs
Gehstunden lieee.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 315
Welchen Weg man immer quer über die Halbinsel wählen möge,
wäre doch immer in einem reichlich mit Bauholz, Eisen und Kohle ver-
sehenem Lande eine Eisenbahn weit vorteilhafter, als jeder Kanal. Für
den Augenblick bleibt ein solches Unternehmen nur theoretisch, ausführ-
bar würde es erst, wenn eine Anzahl Europäer sich in Tenasserim an-
gesiedelt haben, die Verbindungen mit Siam und dessen reichen Hilfs-
quellen besser gewürdigt und die Handelsbeziehungen mit China in kräf-
tigerem und erweiterten Maase wieder eröffnet sein werden. In letzterem
Falle würde eine schnellere Verbindung zwischen China, Ost-Indien und
Europa, so wie auch quer über die Halbinsel durch Tenasserim, von den
vorteilhaftesten Wirkungen begleitet sein.
Zusammenfassung. Aus dem bisher Gesagten lassen sich folgende
Schlüsse ziehen:
1) Vermöge der grossen Strecken von unbesetztem gutem Boden,
der verschiedenen tropischen Erzeugnisse, welche sich dort ziehen lassen,
des gesunden Klimas und der ausgedehnten Meeresküste so wie der vielen
schiffbaren Ströme, welche den Verkehr erleichtern, ist Tenasserim für
eine europäische Colonie ganz vorzüglich geeignet.
2) Die Eingeborenen würden nicht, wie es in Hindostan in man-
cher Bücksicht der Fall ist, den europäischen Ansiedlern hinderlich sein.
3) Tenasserim sollte desshalb, vorzugsweise vor jedem andern Theile
des britischen Ost-Indiens, von Europäern, welche sich dos Landbaues wegen
dort ansiedeln wollen, ausgewählt werden.
4) Diese Provinzen bieten ausserdem die beste Gelegenheit zur ge-
winnreichen Anlegung von Capitalien ; die Bauholz- Wälder, die Zinn-
Eisen- und Kohlenlager, und noch viele andere freiwillige Naturproducte
bieten unerschöpfliche Vorräthe werthvoller Artikel.
5) Handelsunternehmungen können für jetzt, bei der kaum vorhan-
denen Nachfrage um fremde Artikel, unmöglich lohnend sein.
6) Die Lage der Provinzen bezeichnet sie als künftige Verbiudungs-
strasse nach Norden mit China, nach Süden zwischen Siam und dem
britischen Ost-Indien.
5. Tagebuch über die Untersuchungen des Mergui-Archipels.
1. Reise. 28. November 1H38. Ich wurde beauftragt, die gegenwärtige
Jahreszeit vorzugsweise auf die Untersuchung des Mergui- Archipels zu
verwenden. Dieser Archipel ist, abgesehen von seiner politischen Verthei-
lung eine ausgedehnte Gruppe von Inseln, die sich von der Breite der
Tavoy-Spitze, auf der Küste von Tenasserim bis zur Acheen- Spitze an
der Nordküste von Sumatra erstreckt. Er uinfasst mithin die zahlreichen
Inseln längs der Küste von Tenasserim, welche unter dem 9, 10 und 11° NB.
am meisten angehäuft sind, und gegen Penang zu, allmählig an Zahl ab-
nehmen. Die Audaman- Inseln sind gleichsam die äussersten westlichen Vor-
posten dieser Inselschaar und die Nikobaren ihr Verbindungsglied mit
Sumatra. Der Zwischenraum ist mehr oder weniger mit Inseln übersäet,
die offenbar demselben Systeme angehören; auch deutet die, allen gemein-
same Bichtung der Berge (fast genau von N. nach S.) auf ihre unter-
meerische Verbindung. Der Mergui-Archipel ist eine Forlsetzung des nörd-
lichen Festlands der Malacca-Halbinsel und kann als der Hauptstamm an-
316 Dr. Johann Wilhelm ffetfer's
gesehen werden, der seine Zweige weit nach Westen hin aussendet,
wahrend er sich nach Osten gegen den Golf von Siam mit einem Mahl
abschneidet. — Hierin ist er im Kleinen das Abbild der Cordilleras in
Amerika, mit dem Unterschiede, dass die Pampas und Llanos in Amerika
trokenes Land sind, während die Ebenen des Mergui -Archipels auf dem
Grunde des Oceans liegen. Aehnlich dem Festland von Tenasserim, wel-
ches aus engen Thal er n zwischen aufeinderfolgenden Bergreihen besteht,
sind die Inseln die Spitzen der Bergketten, zwischen welchen untermee-
rische Thäler laufen. Die gemeinsame Benennung „Mergui- Archipel" be-
zieht sich auf die Inseln längs der Küste von Tenasserim, die sich etwa
170 (engl.) Meilen westwärts in die See hinein ziehen. Sie ist indess
ganz willkührlich und die eigentliche Gränze nach S. ist noch gar nicht
fest bestimmt. Die St. Mathias-Gruppe gilt noch als britisches Gebiet, ob-
wohl sie jenseits der Mündung des Packchan liegt, der auf dem Fest-
land die Südgränze bezeichnet.
Die Burmesen behaupten, dass alle Inseln, bis Penang hin, einst
zum Gebiete von Tenasserim gehört haben, da das burmesische Beich
aber nie eine Seemacht war und die Inseln weit vom Sitze der Begie-
rung liegen und zum grössten Theil unbenutzbar sind, mochten wohl die
Siamesen sich einige davon zugeeignet haben, während andere davon un-
benutzt geblieben sind. Meine erste Absicht war, Kings Island, Mergui
gegenüber, eine der grössten Inseln des Archipels und, wegen ihrer vor-
trefflichen Bucht, auch eine der wichtigsten, zu untersuchen und zu um-
schiffen.
Am 28. November 1838 reiste ich mit zwei ganz roh gebauten
burmesischen Booten von Mergui ab. Den Booten waren zwei Canoes,
jedes zweirudrig beigegeben, um damit bei stillem Wetter solche Klippen
und Felseninseln zu besuchen, denen sich die plumpen Boote nicht füg-
lich nähern konnten. So hatten wir kaum zwei Stunden lang mit der zu-
rückgehenden Fluth gerudert, als ein Windstoss uns zwang, hinter einer
Mangrove-Insel westlich von der Mandrameraninsel Schutz zu suchen. Die
Küste von Mergui bis Lenga ist niedrig und ein unentwirrbares Labyrinth
von Mangrove-Inseln. Sie ist das Delta des Tenasserim, des Lenga und
anderer kleinerer Flüsse, die, so unbedeutend sie an und für sich sind,
einen ausgedehnten Landstrich mit Schlam bedeckt haben, in dem sich
die Mangrove-Bäume, welche brandisches Wasser lieben, mit unbesiegbarer
Zähigkeit einwurzeln.
Diese Gruppe von allmählig und stetig, wenn auch unmerklich sich
vermehrenden Inseln wird durch eine äussere Beihe von Inseln geschützt
welche dazu beitragen, die hinter ihnen liegenden Gewässer in einen
nie bewegten See umzugestalten, in welchem der Schlamm ungestört zu
Boden fällt. Der Bodensatz besteht wahrscheinlich nicht allein aus den
erdigen Theilen, welche vom Festlande herbeigeführt werden, sondern auch
aus leichteren Stoffen, welche die Fluthen von der hohen See in diese
Binnenkanäle mit sich schleppen. In einigen Jahrhunderten werden meh-
rere Mangrove-Inseln mit dem Festlande verbunden sein und im Verlauf
einiger Jahrtausende dürfte, wenn nicht inzwischen gewaltsame Umwälzun-
gen das Land verändern, dieser Zuwachs viele Quadratmeilen betragen.
Eine eigene Art Krabbe ist bei dem Entstehen der Mangrove-Inseln
vorzugsweise thätig, indem sie zur Aufsuchung ihrer Nahrung, Erdhaufen
von mehreren Fuss Höhe aufwirft. In der Mitte dieser Haufen lässt sie
gedruckte und ungedrucktc Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 317
ein 1 bis 2 Zoll weites, senkrechtes Loch offen. Bei steigender Fluth
dringt das Wasser gewaltsam in diese künstlichen Wirbel und führt eine
Unzahl kleiner Seethiere mit, welche dem Erbauer dieser Falle zur leichten
Beute werden. Ist ein Loch durch Schlamm nutzlos geworden, so wird
ein anderes aufgeworfen, und dies geschieht auf jeder Mangrove-Insel
wohl hundertmal in einem Tag, wodurch die allmählige Erhöhung des
Bodens nicht wenig gefördert wird. Die Natur wirkt hier langsam, aber
mit sicherem Erfolge. Diese Mangroveinseln sind fast undurchdringlich, so nahe
stehen die Bäume an einander und ihre Wurzeln verflechten sich in den
wunderlichsten Gestalten zu einem dichten Netzwerk. Die grösseren Arten
verdrängen zeitweise die kleineren und säen zahlreiche Nachkommen rings
um sich aus. Dieser Umstand erklärt das ausschliessliche Vorkommen einer
Art und das Verschwinden aller andern an bestimmten Oertlichkeiten.
Die alten Bäume unterliegen den Angriffen von Schalthieren, welche
zuletzt ihr Inneres in Besitz nehmen und mit kalkigen Bohren überziehen.
Wenige Thiere leben auf diesen öden und stillen Inseln. Strand-
läufer und Brachvögel laufen zur Ebbezeit auf dem Boden herum, Beiher
sitzen bedächtig am Gestade, die steigende Fluth erwarten und zahlreiche
Arten schönbefiederter Eisvögel durchfliegen lautkreischend diese Einöden.
Mit diesen Vögeln theilt eine eigene Art Affen (Oreophitecus) die
Herrschaft über die Mangrove-Inseln. Beim Eintritt der Ebbe steigen sie
schaarenweise an das Ufer herab, und wühlen im Schlamme nach ihrer
Lieblingsnahrung den Schalthieren. Sie öffnen sie sehr geschickt, in dem
sie sie an Felsen oder Baumstämmen zerdrücken. Für jetzt haben die
Mangrove-Inseln keinen andern Nutzen, als dass sie Holz und Pflähle zum
Baue der Häuser liefern. Einige Arten von geradem Wüchse werden von
den Nanues als Stützen für die Pflanzungen von Betel -Pfeffer gesucht.
Mitunter benützt man die Binde zum Gerben der Fischnetze.
Ich fand, bei näherer Prüfung, das die Binde der Mangrove-Bäume
besonders zunächst der Wurzel, an zusammenziehendem Stoffe reicher sei,
als die beste Eichenlohe. Man könnte diesen Gerbstoff aus einem con-
centrirten Absud der Binde mit Kalk niederschlagen, und auf diese Weise
zur Ausfuhr geeigneter machen. Wenn dieser Vorschlag jemahls aufgenom-
men würde, so könnte eine regelmässige Schälung der Bäume eingeleitet
werden. Die absterbenden Bäume würden fast unmittelbar durch neue
Triebe ersetzt werden. Die Zahl der, die inneren Inseln zwischen Mer-
gui und Lenga bedeckenden Bäume ist so gross, dass sie nicht einmahl
annähernd abgeschätzt werden kann.
29. November. Diesen Morgen fanden wir uns am Bande eines dichten
Mangrove- Waldes gegen heftigen Wind und hohes Meer ansteuernd.
Wir versuchten an einer erhöhten Stelle, auf welcher eine Hütte
mit Areca- Pflanzungen umgeben stand, unsere Landung zu bewirken, es
gelang uns aber nicht. Bald darauf landeteten wir an der westlichen
Seite einer kleinen Insel mit sandigem, von hohen Bäumen bedeckten
Gestade. Hier gönnte ich meiner Mannschaft einige Zeit zum Ausruhen
und zur Bereitung ihres Frühstükes.
Diese Insel ist durch einen ya (engl.) Meile breiten Kanal von der
Königs-Insel (Kings-Island) getrennt, der nach S. zu (wie ich mich später
selbst überzeugte,) in den Kanal von Pereghiun führt.
Der Wind legte sich allmählig, und gestattete uns, nach dem Früh-
stück unsern Weg fortzusetzen. Wir fuhren über den Kanal und längs
318 Dr. Johann Wilhelm Belfer's
der Ostküste einer Insel, die auf Ross's Karte als „Plantaian-Island" ange-
geben ist, die man aber nunmehr als einen Theil von Kings -Island,
welcher mit dem Haupttheil der Insel durch einen Gürtel von Mangroves
zusammenhängt, erkannt hat.
Die Küste ist zunächst der Nordspitze steil und abschüssig, so viel
ich ausnehmen konnte, (denn die bewegten Wellen gestatteten dem kleinen
Canoe nicht zu landen,) besteht sie aus Granit. In einem Winkel sahen
wir eine kleine Pflanzung von Cocos- und Areca-Palmen mit einigen Ba-
nanenbäumen.
Um zwei Uhr kamen wir an den Eingang der Bai von King's-Island,
welche an deren Nordseite liegt, mit der Eisen-Insel (Iron Island) gegen
NW. Die Vorderseite der Bay ist durch eine am Grunde eines niederen
kleinen Felses (Lyo-Klippe) aufgehäufte Barre gesperrt, welche beiderseits
den Eingang frei lässt. Die Bay von Kings Island ist eine der besten
Rheden an der Ostseite der Bai von Bengalen, wenn nicht geradezu die
beste. Ihre grösste Breite beträgt 4, und ihre grösste Länge etwas über
6 (engl.) Meilen. Sie umschliesst mehrere kleine Kanäle (Inlets) und in
ihrem Grund liegen mehrere kleine Inseln zerstreut. An ihrer Südseite
verliert sich die Bai in eine verzweigte Lagune mit zahlreichen Mangrove-
Inseln. Die Berge sind gegen das Meer zu, stark abschüssig, daher auch
die Küste besonders am Eingang schroff ansteigt. Aus dem eben Gesag-
ten lässt sich entnehmen, dass diese Bai zahlreichen Flotten einen sichern
Ankerplatz bieten könnte. Sie ist von allen Seiten ausser gegen Norden
geschlossen, die Nordseite selbst ist durch die Eisen- und Tavoy-Inseln
(die eigentlich nur eine Fortsetzung von Kings-Island sind) beschützt, und
die Lyo-Klippe könnte, im Nothfall zu einer starken befestigten Batterie
umgestaltet werden, die den Eingang nach beiden Seiten hin, geradezu
unmöglich machen würde.
Wir erreichten gegen Abend das Ende der Bay und landeten auf
einer schmalen sandigen Küste. Die Mannschaft fürchtete in den Jugles
nach Holz zur Feuerung zu suchen, da auf King's Island die Tiger sehr
häufig und sehr gefährlich sein sollen. Der Umstand, dass sich die Bur-
mesen auf allen Inseln so sehr vor den Tigern fürchten , während sie
auf dem Festlande sich wenig um sie kümmern, Hesse sich daraus er-
klären, dass diese Rauhthiere auf den Inseln nicht so reichliche Beute
finden, als auf dem Festlande, und daher in der That dort gefährlicher sind
als hier. Kaum war die Sonne untergegangen, so drang die Mannschaft in
mich, sie wieder in die Boote steigen zu lassen, welche sie, zur grössern
Sicherheit, etwa 200 Ellen von der Küste in die See zogen, die Anker
auswarfen, und so die Nacht zubrachten.
30. November. Früh morgens setzten wir unsere Reise fort. Ich
wünschte vor Allem mich zu vergewissern, ob Kings Island und Capitain
Ross's Plantain Island wirklich verbunden seien, wie mir Einige, welche
mit den Oertlichkeiten bekannt sind, beim Beginne der Reise versicherten.
Wir kamen nun in das Labyrinth der Mangrove-Inseln. Ich mass
die Tiefe und fand sie durchschnittlich 2—3 Faden bei niederem Wasser-
stande. Der Hauptkanal war Anfangs an 100 Ellen breit, verengerte sich
aber nach zwei oder drei Wendungen und theilte sich in mehrere Zweige.
Das Aussehen der niederen Mangrove-Insel war so verworren (inform),
dass meine Wegweiser öfters den Weg verloren. In solchen Fällen ver-
gedruckte und ungedmefite Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 319
engten sich die Kanäle bald so sehr, dass die von einer Seite zur andern
überhängenden Zweige den Lauf der Boote hemmten.
Wir ruderten etwa 2 Stunden durch enge Kanäle und, als wir end-
lich in einen breitern kamen , welcher der Hauptkanal zu sein schien,
meldete man mir, dass wir uns einem Dorfe naheten, und ich Hess dort
halten. Es kostete einige Mühe, den Landungsplatz aufzufinden, da nichts
zu sehen war, als Mangrove-Bäume, endlich kam man in eine enge Bucht
(Creck) und wir landeten. Ich gieng etwa 30 Ellen landeinwärts, und
gelangte in eine Areca-Pllanzung. Bald darauf bewillkommte mich ein ehr-
würdiger alter Burmese und führte mich zu einem Jagat, welches vor-
züglich für Poonghys (Priester) erbaut war, die häufig hieher kommen,
um mit der Familie zu beten und Segnungen auf ihr Werk herabzuflehen.
In einer Ecke des Gebäudes standen auf einer Art Altar mehrere ver-
goldete Gaudama- Götzenbilder, und vor ihnen Opfergaben von frischen
Blumen, grösstenteils eine Art Amaranthus.
Als ich bald darauf gieng, mir die Umgebung zu besehen, beglei-
tete mich der alte Burmese. In der Nähe standen drei Häuser, jedes mit
einer Pflanzung umgeben. Von einem abgeholzten Hügel aus, auf dem
man eben Paddy eingeerntet hatte, konnte ich das ganze Thal übersehen.
Die Lagunen waren unsichtbar, da ihr ganzer Grund von Mangroves über-
wachsen war. So weit der Blick reichte, konnte ich keine Scheidung
zwischen Kings Island und Plantain-lsland wahrnehmen.
Ich wunderte mich, so viele abgeholzte Jungles zu sehen, da zu-
folge der vorläufigen Nachrichten, die ich in Mergui eingesammelt hatte,
Kings' Island kaum bevölkert sein sollte. Beide Gehänge des Thaies waren
mit Areca-Pflauzungen bedeckt, alle noch ohne Früchte und erst seit Be-
ginn der britischen Besitznahme angelegt.
Diese Pflanzungen gedeihen, obwohl der Boden ein nicht besonders
fruchtbarer eisenschüssiger Thon ist.
Die umgebenden Felsen sind ein Conglomerat von Pudding-Stein. Da
der obere Theil der Gehänge für unergiebig gilt, beschränkt sich der
Anbau auf einen schmalen Streif über dem Gebiete der Mangroves. Der
freundliche Burmese war sehr begierig, mir seine Pflanzungen zu zeigen.
Er erzählte mir, er habe seineu Grund gelichtet und augebaut, um ihn
wieder zu verkaufen und dann einen andern Grund von Neuem zu lichten.
Er besas im Ganzen an 1000 Stück Areca-Palmen, nebst mehreren Du-
rian- und Mangustan- Bäumen. Er zeigte mir als eine grosse Seltenheit,
einen einzigen mit einem geräumigen Zaun eingeschlossenen Muskatnuss-
Baum, dessen Besitz er als einen grossen Fortschritt der Gesittung be-
trachtete.
Ich fand überhaupt die Burmesen den Verbesserungen des Land-
baues nicht abgeneigt, und glaube dass sie nur der Aufmunterung be-
dürfen um darin Fortschritte zu machen.
Keiner der einigen hundert Muskatnuss- Bäume die man in die
südlichen Gegenden eingeführt, hat noch Früchte getragen, aber die
Leute haben von ihren Freunden, die Penang besuchten, gehört, dass ihr
Anbau sehr lohnend sei, und sie sind sehr begierig, junge Pflanzen zu
erhalten. Die Chinesen, welche alljährlich einige einführen, verlangen da-
für übermässige Preise. Würde die Regierung junge Pflanzen unentgeld-
lich vertheilen, so würde sich ihr Anbau im südlichen Theile von Tenas-
serim bald weit verbreiten.
320 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Es gefiel mir sehr, die Familie des würdigen alten Burmesen zum
Abendgebet versammelt zu sehen. Er hatte 15 Enkel und 5 Kinder um
sich. Sie sangen bis spät in die Nacht und benahmen sich mit dem
grössten Anstände.
1. December 1838. Man sagte mir, dass ein zweites Dorf am Ende der
Lagunen liege. Ich wollte zu Land dorthin, hörte aber, dass diess unaus-
führbar sei, indem die Gegend zu sehr von Nullahs, die mit den Lagunen
in Verbindung stehen, durchschnitten sei.
Ich machte daher die Reise zu Wasser, durch allmählig sich ver-
engende Kanäle von durchschnittlich 1 x/z Faden Tiefe. Als, nach mehreren
plötzlichen Wendungen, die Boote nicht weiter fortkonnten, bestieg ich
das Canoe, und landete bald darauf bei einem Zayal, was als Magazin
für Götzenbilder von verschiedener Grösse und Gestalt dient. Eines dar-
unter aus Alabaster, war ziemlich gut gearbeitet. Das Zayal lag am Rand
des Mangrove- Gürtels und hinter ihm lagen einige ziemlich ansehnliche
Areca-Pflanzungen. Diese Palmen gedeihen reichlich „nur zu gut" sagen
die Anwohner, denn sie dauern nicht über 15 bis 20 Jahre, da im All-
gemeinen ihre Tragfähigkeit auf 30 Jahre gerechnet wird.
Die Areca-Palme hat mancherlei Feinde, — der schlimmste dar-
unter ist ein Rüsselkäfer, aus der Gattung Calandra, welcher in die
weichen Theile nahe am Wipfel ein Loch bohrt und seine Eier darein
legt. Aus der Wunde fliesst ein gummiartiger Schleim aus, die nächste
Umgebung der Wunde beginnt zu faulen, und endlich fällt der Wipfel
seiner Stütze beraubt, ganz ab. Da Palmen unfehlbar absterben, sobald
ihr Wipfel zerstört ist, ist dann auch der ganze Baum verloren. Die Ein-
gebornen versichern, dass dieser Käfer nur bestimmte Oertliehkeiten ver-
wüste, und dass es schwer sei, ihu aufzufinden oder seine Verwüstungen
zu entdecken, bevor die Hilfe zu spät kömmt.
In den südlichen Theilen der Halbinsel wird die Cocospalme von
einer audern Art Calandra angegriffen. Zu Singapore kann kaum eine ein-
zige dieser Palmen gross gezogen werden. In Tenasserim soll dieser
schädliche Käfer unbekannt sein.
Die unfruchtbare Abart von Bombax Eriodendron wird in den Pflan-
zungen der Burmesen zu verschiedenen Zwecken sehr häufig gezogen.
Dieser Baum erreicht innerhalb zweier Jahre eine Höhe von 30 Fuss
und dient dann zur Ueberschattung der jungen Anpflanzungen, wozu er
jedoch nicht besonders geeignet scheint, tla die, vom Stamme rechtwinklig
abstehenden Zweige nur sparsam mit abfälligen Blättern bekleidet sind.
Das Innere des Baums ist von schwammiger Beschaffenheit und wird, so
lang der Baum jung ist, in gesottenem Zustande gegessen. Der Bombax
liefert einen gummiartigen Stoff, welchem die Malayen Arzneikräfte zu-
schreiben. — Vermuthlich ist jener Bombax von dem, auf dieser Küste
bekannten, der Art nach verschieden.
Der Grund, wesshalb Bombax-Bäume in keiner Anpflanzung fehlen,
mag darin liegen, dass man von ihnen eine seidenartige Baumwolle erhält,
welche die Burmesen zum Ausstopfen ihrer Kissen und Lagerstätten be-
nutzen. — Die damit gefüllten Matratzen sind in der That die kühlsten
und die geeignetsten für ein tropisches Klima, indem sie selbst nach
langem Gebrauche flach und eben bleiben; nur niuss darauf gesehen wer-
den, dass sie von den öhligen Samenkörnern sorgfältig gereinigt seien,
indem sonst die Ratten, welche diesem sehr begierig nachgehen, in kurzer
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen ete. 321
Zeit das Bettzeug durchnagen würden. Die Bombax-Wolle ist zu verschie-
denen Malen aus Amerika und Indien nach England versendet worden,
um dort versuchsweise auf Tuch verarbreitet zu werden; es hat sich aber
gezeigt, dass ihr Gewebe zu diesem Zweck zu locker ist.
Auf King's Island wohnen gegenwärtig 13 burmesische und 3
caräische Familien. Der grössere Theil der Anpflanzungen gehört einigen
der reicheren Burmesen zu Mergui, welche sie nicht selbst bebauen,
sondern jene ihrer Schuldner, welche zur Abtragung ihrer Schuld in
ihre Dienste getreten sind, zu diesem Zwecke nach King's Island schicken.
An derselben Stelle, welche jetzt die Pflanzungen einnehmen, soll
vormals auf King's Island eine Stadt gestanden und die Insel einst stark
bevölkert gewesen sein; ebenso wie andere Inseln dieses Archipels. Unter
diesen soll Kietheraing eine grosse Menge Reis hervorgebracht haben.
Jetzt sind sie alle unbewohnt. Da wir nur wenig über die Geschichte
dieses Landes wissen und die Einwohner der Provinzen keine geschrie-
benen Urkunden, sondern nur schwankende Ueberlieferungen besitzen,
müssen der Zeitpunct und die Abstammung dieser altern Einwohner für
jetzt noch unbekannt bleiben. Diese geschichtliche Lücke dürfte ausgefüllt
werden, sobald die Archive von Birma und Java einmal der Forschung
oflen stehen. Noch findet man Trümmer von Pagoden auf King's Island
und auf anderen Inseln und unweit des Zagat, in dem ich wohnte, fand
ich Massen von Schlacken. Wenn ich auch dort keine Eisenlager auf-
fand, so beweisen doch die häufigen eisenschüssigen Puddingsteine, dass
deren in der Nähe vorhanden sein müssen.
Die Thatsache, dass dort Eisen ausgeschmolzen worden, könnte be-
weisen, dass die damaligen Einwohner in Gesittung und Kunslfleiss den
jetzigen voran waren, da von den zahlreichen Eisenlagern, die über die
Provinz verbreitet sind, kein einziges benützt wird und das Ausschmelzen
der Erze ganz unbekannt zu sein scheint. Ich ging durch die Anpflan-
zungen und fand sie sehr vernachlässiget; das Beste dabei muss die
gütige Natur thun. Die Areca-Palmen waren mit Unkraut umgeben, das
während des diessjährigeu Monsoon hoch aufgeschossen war. Die Leute
waren eben von einem 6 monatlichen Aufenthalt zu Mergui zurückgekehrt
um die Ernte der reifenden Arcca-Nüsse zu beaufsichtigen. Diese hingen,
theilweise noch grün, theilweise mit dem Orangegelb der Reife überzogen,
zu 30 bis 60 in Büscheln herab. Sie beschäftigen sich damit, das Un-
kraut mit ihren Daks (Messern), fast das einzige Ackergeräth der Bur-
mesen, abzuschneiden; Keiner dachte daran das Unkraut zu entwurzeln
oder den Boden aufzuhacken. Das verfallene Ansehen der gebrechlichen
Häuser bewies, dass deren Bewohner sie nur auf kurze Zeit benützen
und dass sie das, was nicht ihr Eigenthum ist, der Mühe einer In-
standhaltung nicht werth achteten. Die gelichteten Gründe auf King's
Island scheinen für den Bau des Zuckerrohres geeignet und wenn je
irgend Jemand zu einer solchen Unternehmung Lust trüge, würde es
ihm nicht schwer, sie den Burmesen wohlfeil abzukaufen. Man könnte
sogleich mit dem Pflügen beginnen, da die Baumstrümpfe alle verrottet
sind und nur Gras und niederes Gesträuch die fruchtbaren Flächen im
Thale bedecken. Wasser ist genug vorhanden; ein durch das ganze Jahr
durch Quellen gespeiseter Bergstrom durchschneidet King's Island und
mündet in den Lagunen der Bay. Dieser Strom hat ein enges Felsenbeet
und wenn je Mühleu in der Nähe von Mergui errichtet werden sollten,
322 Ur. Johann Wilhelm Helf'er's
so wäre hier der beste Ort dazu, denn es Hessen sich leicht Dämme
aufführen und ein Kanal zur Ableitung des überschüssigen Wassers aus-
stechen. Man behauptet, dass zur höchsten Monsoon-Zeit das Wasser
dieses Bergstromes so heftig herabstürzt, dass man sein Brausen bei
stillem Wetter bis Mergui (in einer Entfernung von etwa 10 engl. Meilen)
vernimmt.
Die Wasseransammlung mag allerdings in jener Jahreszeit bedeutend
sein, da King's Island durchgängig eine Gebirgsgegend ist und der Strom,
bevor er an die Lagunen gelangt, sich durch ein enges Thal, einem
Bergriss ähnlich, durchdrängen muss. Sein Ursprung liegt im SW. Theil
der Insel, von wo er auf den Abhang des höchsten Berges, Kappa taung,
herabfliesst.
Zahlreiche verlassene Bananen-Pflanzungen auf den Bergabhängen,
zwischen den verrotteten Stämmen verhauener Wälder, deuten auf einen
frühern bessern Anbau. Sich selbst überlassen, entartet der Bananenbaum
von Jahr zu Jahr mehr, bis er zuletzt winzig kleine, bittere oder ge-
schmacklose Früchte voll Samenkörner hervorbringt, die nur Vögeln und
Affen zur Nahrung dienen.
Diese Bananenbäume dulden keine andern Pflanzen neben sich als
eine Art Alpinia, welche in tiefen Gegenden immer mit diesem Baume
vorkommt. Da die Bananenbäume eine grosse Menge Pottasche geben,
so wäre es vielleicht nicht unvortheilhaft, die damit bepflanzten Stellen
niederzubrennen und die Asche auf rohe Pottasche zu verarbeiten. Der
Boden, auf welchem sie wachsen ist sehr fruchtbar und liesse sich zum
Anbau einjähriger Pflanzen, vor Allem des Tabakes, vorlheilhaft verwenden.
Ich machte einen Ausflug um den Fuss der Berge und fand dort
Granit und vielen verwitterten Feldspath und Glimmer, welcher das Aus-
sehen von grossblättrigem Talk hat: hie und da wechsellagert der Granit
mit Gneiss. Zahlreiche Bache, in dieser Jahreszeit alle mit Wasser ver-
sehen, kommen von den Berge herab und vereinigen sich mit dem oben
erwähnten grossen Bergstrome. Ich sammelte eine ziemliche Menge mir
neuer Pflanzen und darunter drei Arten \on Palmen in der Fruchtbildung.
2. December. Ich beabsichtigte einen Ausflug in das Innere der Insel
und, wo möglich, die Besteigung eines der höheren Berge, um eine
Uebersicht der Gegend zu erlangen.
Keiner der Burmesen in den 9 umher zerstreuten Häusern wollte
von den Innern der Insel etwas wissen; sie suchten aber einen Karäer
auf und brachten mir nach etwa 2 Stunden einen Mann, der mit allen
Pfaden und Steigen wohl bekannt war. Dieser war ein ärmlich aussehender
Mensch, den selbst die armen Burmesen, welche ihre Schulden abdienten,
als ein unter ihnen siebendes Wesen betrachteten. Diess ist die gewöhn-
liche Ansicht aller Burmesen, die die Karäer als einen unter ihnen stehen-
den Stamm behandeln, auch haben diese wohl nie in diesem schönen
Lande gute Tage gesehen. Sie wurden von den Burmesen, und vor die-
sen von den Siamesen, in beständiger Knechtschaft gehalten, und die
britischen Gesetze, welche allen, ihnen gehorchenden Stämmen ein gleiches
Maas von Beeilten und Freiheit zugetheilt haben, kommen zu spät für
die armen Caräer. Diese werden wohl nach und nach aussterben, gemäs
dem ewigen Gesetze der Schöpfung, nach dem das Schwächere dem
Stärkern weichen muss. Sie sind ein schwacher Stamm, dem die Natur
das Zeichen des Verfalles aufgedrückt hat. ein gealtertes Volk, welches
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 323
die allen Völkern vorgezeichneten Phasen durchlaufen hat, und nun wahr-
scheinlich noch vor unseren Augen, von der Erde verschwinden wird,
wie bereits Hunderte von Völkern vor ihnen verschwunden sind.
Mein Caräer war mit allen Theilen der Insel wohlbekannt, nur
konnte er sich mir, leider, kaum verständlich machen.
Mit ihm und einigen Coolies, welche den Weg aushauen sollten,
betrat ich den Wald. Schade, dass auf den Inseln keine Elephanten vor-
kommen, welche auf dem Festlande vortreffliche Strasscnbauer abgeben. Wir
nuissten uns sehr mühsam durch das Unterholz und kriechende Gesträuche
durcharbeiten.
Grobkörniger, glimmerreicher Granit bildet die felsige Unterlage,
in den oberen Theilen war diese kaum mit Erde bedeckt und die präch-
tigsten Waldbäume wurzelten im blossen Felsgrund. In etwa 3 Stunden
erreichten wir den Gipfel, nach einem sehr steilen Aufsteigen. Dieser ist
eine Art eingesattelte Fläche und es wurde mir sehr schwer, zu einer Aus-
sicht zu gelangen. Ich Hess daher einige grosse Bäume fällen; diese
drückten durch ihren Sturz einige kleinere nieder und so gelangte ich
endlich zu einem nach SO. gerichteten Guckloche. Wegen der anstren-
genden Arbeit beim Fällen des harten Holzes und der vorgerückten Ta-
geszeit musste ich mich damit begnügen, Ich sah dort nichts von King's
Island als die lange schmale Landenge, welche vormals den Namen „Plan-
tain Island" führte, darüber hinaus, die innern Mangrove-Inseln und im
Hintergrunde das Hauptland mit seinen einförmig von N. nach S. laufenden
Bergreihen, einen Theil des tiefen Thaies, durch welches der grösste
Bach der Insel, „Ghein Kiaung" genannt, fliesst. Ich mass später den
Berg mittels Bestimmung des Siedepunctes und fand seine Höhe = 1950
bis 1980 Fuss. Wir mussten denselben Weg zurückgehen, den wir beim
Aufsteigen genommen hatten und kamen mit Sonnenuntergang zu unserem
Zayat zurück. Sehr lästig wird, unmittelbar nach dem Monsoon, eine Art
Milbe, welche .ledcn, der die Wälder betritt, sogleich bedeckt. Diese
Thiere sind so winzig klein, dass man sie nur mit einiger Aufmerksam-
keit wahrzunehmen vermag. Im vorigen Jahre, da ich noch nichts von
ihnen wusste, empfand ich, gleich nach Beginn meiner Ausflüge auf dem
Attaran, ein unbehagliches Jucken über den ganzen Leib, welches mir
kaum einige nächtliche Buhe gönnte. Da ich dessen Ursache nicht kannte,
ertrug ich es, bis mein burmesischer Diener mich auf die Gegenwart
dieser Milben aufmerksam machte. Ich bemerkte darauf auf meiner Haut
eine Menge winziger brauner Puncte, welche nichts waren als jene Milben,
die sich daran fest geheftet hatten. Weder Wasser noch Seife brachten
sie weg; ich musste mir ihrer mehrere Hunderte einzeln ausziehen lassen.
Alle Stellen, an die sie sich festgemacht hatten, wurden später wund
und rilerteu gelinde; die Male waren noch 8 Monathe später sichtbar.
Wenn man diese Milben noch an demselben Tage wegnimmt, sind sie
unschädlich. Eine genaue Untersuchung beim Baden und unverzügliches
Wechseln t\^i- Kleider ist Jedem anzuempfehlen, der in dieser Jahreszeit
die dichten WTälder betritt.
3. December. Heute Morgens wartete ich die Fluth ab, um meine
Untersuchungen fortzusetzen. Der alte Burmese, dem die meisten Pflan-
zungen angehören, stattete mir einen Besuch ab und ersuchte mich, ihm
irgend einen Zauber zu bereiten oder zu schreiben, vielleicht um das
Gedeihen seiner Unternehmungen zu sichern. Er meinte, ich sei der
324 Dr. Johann Wilhelm hYlfer's
erste Europäer, der das Thal, von dem der Hauptbach herabfliesst, hinauf-
gestiegen sei, in welchem die vorzüglichsten Geister wohnen (er meinte
vermuthlich die Seelen der Bewohner jener alten Stadt, die einst dort
gestanden); ich müsste mich also vor diesen Geistern nicht fürchten oder
irgend eine Gewalt über sie besitzen. Er erging sich in buddistisch-
theologische Erklärungen, von denen ich, wegen meiner geringen Ver-
trautheit mit der Sprache und mit der buddistischen Seelenwanderungs-
Lehre, nicht ein Wort verstand. Die amerikanischen Baptisten-Missionäre
in diesem Lande, deren Einige mit den Glaubenslehren der Burmesen
wohl bekannt sind, könnten über diesen, dem Philosophen wie dem Ge-
schichtsforscher gleich wichtigen Gegenstand genauere Aufklärung geben.
Der alte Burmese konnte kaum glauben, dass es nicht in meiner Macht
stehe, sein Begehren zu erfüllen, da ich mir unter diesen Leuten den
Buf eines Zauberers und Goldmachers erworben hatte; vermuthlich weil
sie mich mit allerlei Thieren, Pflanzen und Steinen beschäftigt sahen.
Da man mich in den Eisenschlacken, die in der Umgegend des Zayat
zerstreut lagen, herumgraben sah, bildeten sich die Leute ein, dass ich
nach verborgenen Schätzen suchte; und ich hin überzeugt, dass nach
meiner Abreise die Einwohner des Dorfes diese ganze Stelle umwühlen
werden. Wenn ich den alten Burmesen recht verstanden habe, so sagte
er mir, dass eine besondere Strauchart (Cerbera fruticosa Ru.vb :) der
Wächter seiner Vorfahren sei. Dieser schöne Strauch mit angenehm rosen-
farbenen Blüthen, ähnlich denen von Vhicarosea, findet sich beständig in
der Nähe der Pagoden oder Khiaungs; er ist von Pegu her eingeführt
worden und scheint sich nicht freiwillig fortzupflanzen. Ich vermuthe,
dass der Boucou-Strauch (Bixa OrellmiaJ der in Menge von Amerika
her eingeführt worden ist, gleichfalls eine religiöse Bedeutung habe; er
wird theils in Gärten gezogen, theils wächst er freiwillig in der Umge-
bung von Maulmain und Tavoy- Ich weiss nicht, ob ihn die Burmesen
viel zum Färben brauchen; die Kinder beschmieren sich zum Scherz mit
dessen Farbstoff und die Poonghys (Priester) thun dasselbe bei gewissen
Feierlichkeiten, da bei ihnen Gelb eine geheiligte Farbe ist.
Als die Springfluth bis zum Zayat gestiegen war, machten wir unsere
Boote, die bisher im Schlamme gesteckt hatten, wieder flott und fuhren
durch die Mangrove- Kanäle, bis wir wieder in die Bay von King's Island
gelangten. Ich liess ganz nahe am Ufer an der W. Seite der Bay fort-
rudern. Das Ufer ist steil ; wir kamen in mehrere kleine Buchten und
Einlasse, deren Mehrzahl bei der Ebbe trocken liegt; zu Bauten oder
Pflanzungen ist kaum irgend eine passende Stelle vorhanden. Von den
engen und kleinen Thälern (Hessen Bäche herab, deren Wasser zur Zeit
des hohen Monsoons mit grosser Heftigkeit herabschiessen muss. Abge-
rundete Bruchstücke und Blöcke von granitischen Gesteinen umgeben,
gleich Mauern den Fuss der Berge. Wir kamen von einem Einlass zum
andern, bis wir zu einer vorspringenden Sandbank kamen, welche bei
der Fluth unter Wasser steht. Ein kleiner Bach kam von den Bergen
herab; er schien auf dem höchsten westlichen Gebirgstock von King's
Island, den man bei klarem Wetter 6 bis 8 Meilen (Lougues) weit
sehen kann, zu entspringen.
An dieser Stelle, »French waterbuj creek" genannt, hielt in den
letzten Kriegen die französische Flotte, um die nach China segelnden
Indienfahrer aufzubringen, während die britische Seemacht an der Westseite
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 325
des Golfes von Bengalen lag. Die älteren Burmesen wissen eine Menge
Geschichten von diesen französischen Schiffen zu erzählen. Einer der
Coolies meines Gefolges sagte, er hahe selbst diese Schiffe gesehen; es
waren die ersten europäischen Kriegsschiffe, die sich in der Nähe von
Mergui hatten blicken lassen; nie habe man dort früher so grosse Schiffe
gesehen. Die Bevölkerung von Mergui lief zusammen, um sie und die
weissen Fremdlinge zu betrachten. Die Franzosen brauchten Mundvorrath
und dieser wurde ihnen nach King's Island gebracht. Sie kamen nie nach
Mergui und gingen auch nicht landeinwärts längs der Küste. An der
Stelle wo ich landete, sollen sie eine Art Pallisade oder Batterie errichtet
haben, vielleicht einen blossen Aufbewahrungsort (Depot), von dem übrigens
keine Spur übrig geblieben ist, als eine kleine Erhöhung an der linken
Seite der Bucht, über die ich ungewiss bin, ob sie das Ueberbleibsel
eines künstlichen Walles oder eine Anhäufung von Trümmergestein aus
den Bergen ist. Nunmehr ist sie mit niederem Holze dicht überwachsen.
Kettentaue sollen hier bei niederem Wasser und ruhigem Wetter auf
dem Grunde der Bay zu sehen sein (ich selbst habe keine gesehen)
und eine gangbare Sage erzählt von grossen Schätzen, die dort ver-
graben sein sollen. Die Burmesen, wie viele andere Völker Asien's, bei
denen das Verbergen des Eigenthums eine gewöhnliche Sitte geworden
ist, sind auf das Aufsuchen verborgener Schätze erpicht und glauben
blindlings alle darauf bezüglichen Wundergeschichten.
Meine Leute, wie es gewiss viele Hundert andere vor ihnen gethan
durchwühlten die ganze Stelle und würden es bis in die Nacht hinein
so fortgetrieben haben , hätte sie nicht der nahe durchdringende Schrei
eines Tigers an das Ufer zurückgejagt. Die Westseite von King -Island
soll wegen der Tiger sehr gefährlich sein, und mehrere Durian- Gärten
sollen im besten Zustand wegen dieser Thiere aufgegeben worden sein.
4. December. Wir verliessen die Bay von King"s Island und begannen
die Umschiffung der Insel.
Die allgemeine Bichtung der Küste geht nach NW. oder WNW. Wir
fuhren durch den Kanal, der King's Island von Iron Island scheidet;
letztere ist gänzlich unbewohnt. Iron Island ist 4y3 (engl.) Meilen lang
und etwa 1 Meile breit und ist eigentlich der eingesattelte Gipfel eines
einzigen, nach allen Seiten steil abfallenden Berges; ich habe sie nicht
besucht. Warum ihr Capitain Boss den Nahmen „Iron -Island" (Eisen-Insel)
gegeben hat, ist unbekannt. An der Nord -Küste von King's Island sind
mehrere seichte Buchten mit sehr wenig Wasser, einige der Einlasse schei-
nen culturfähig, und ungeachtet der ausdrücklichen Behauptung der Ein-
gebornen, dass der westliche Theil der Insel unbewohnt sei, sah ich
eine einzelne Hütte aus dem Walde hervorragen und einige junge Areca-
und Cocospalmen am Gestade hervorwachsen.
Schönes Zimmerholz findet sich an vielen Stellen der Nordküste und
die grössten Bäume wachsen mitunter auf unbedeckten Felsboden.
Wenn auch im Allgemeinen die Bäume auf diesen Inseln nicht die
Grösse erreichen, zu welcher sie im Innern des nördlichen Theiles von
Tennasserim anwachsen, glaube ich doch, dass, wenn einmahl Holz aus
Tenasserim ausgeführt werden wird, diess vorzugsweise von den Inseln
her, wegen des leichtern Transportes, geschehen werde. Auf den Abhän-
gen gegen die Küste können die Bäume so gefällt werden, dass sie fast
unmittelbar in das Wasser fallen müssen, Yon wo sie eingeschifft oder,
32o' Dr. Johann Wilhelm Helfers
zu Flössen verbunden, bei ruhigem Wetter weiter befördert werden
können. —
Die Mannigfaltigkeit des Zimmerholzes ist gross, einige der gemein-
sten und zum Schiffbau geeignetsten Sorten gehören den Familien Dip-
terocarpia und Cladocarpia (?) an. Die Atopea odorata, welche die Ein-
gebornen und Chinesen mit besonderer Vorliebe zum Bau ihrer Schiffe
und Boote verwenden, ist indess auf den Inseln selten. — Ich bemerkte
heute die Berria Ammonnilla, von welcher in Ceylon das berühmte Trin-
comalee-HoIz herkömmt.
Wir landeten um drei Uhr in einer kleinen seichten Bucht, nahe
an der nördlichsten und westlichsten Spitze der Insel. In geringer Ent-
fernung sah ich zwei vereinzelte Felsen, die ich zu besuchen wünschte,
um Muscheln zu sammeln, da eben die tiefste Ebbe war, ich ging mit
zwei burmesischen Jungen in einem der kleinen Canots dahin. Das Meer
war vollkommen ruhig, kaum waren wir aber um ein kleines Vorgebirg
hervorgekommen, als wir in eine Strömung geriethen, die uns mit Gewalt
in die hohe See trieb. Die Wogen wurden von einem Augenblick zum
andern höher, sie drangen in das Canot ein, und nur unaufhörliches Aus-
schöpfen rettete uns vor dem Untersinken Mit grösster Anstrengung er-
reichten meine zwei Buderer das nächste Land: eine kleine Insel von
etwa y2 (engl.) Meile im Umfang. Die Strömung trieb uns ganz nahe
dahin, wir vermochten aber nicht zu landen und wurden wieder in die
See zu einer ähnlichen Insel (der letzten der Gruppe; getrieben, wo wir
ganz erschöpft, das Canoe halb mit Wasser gefüllt, unsere Landung be-
wirkten. Es ist die Fluth, welche mit solchem Ungestüm durch diesen
Kanal, so wie durch den nördlichen zwischen Iron- und Tavoy-Island
einströmmt, von der ich damals noch nichts wusste, welche mir aber
nicht unbekannt geblieben wäre, wenn ich damahls Cap. Boss's Karte be-
sessen hätte.
Ich musste durch und durch nass, auf der felsigen Insel die Wen-
dung der Fluth abwarten, die glüchlicherweise nach etwa einer Stunde
eintrat, aber nicht weniger ungestüm war, als die erste. Ich lies mich
an die erste beste Stelle von Kings-Island treiben, lies das Canut fest
binden, und machte mich auf den Weg zu unserem Lagerplatze, bevor
es ganz dunkel wurde. Wir besassen beide nur ein Messer (Dak) und
konnten so nur mühsam durch das weitverzweigte Thespesia-Gebüsch und
die stachligen Asalpiniae dringen. Die Leute riefen laut und die Uebri-
gen, auf der entgegengesetzten Seite hörten es und kamen uns mit Mes-
sern und Fackeln zu Hilfe. Glücklicher Weise war es nur eine schmale
Landzunge über die wir mussten, um unsere Boote zu erreichen. — Die
beiden Burmesen meinten indess, und vielleicht nicht mit Unrecht, dass
wir mit genauer Noth davon gekommen wären. Schiffe und Boote wür-
den, bei conträrem Wind, vielleicht schwierig durch diese Kanäle kom-
men, wenn gerade die Springfluth auf ihrem Höhenpuncte ist, und die
französischen Schiffe , welche in der Bai von King's Island vor Anker
lagen, müssen die Strömungen und Klippen dieses Durchgangs genau ge-
kannt haben.
5. December. Heute kam ich um die westlichste Spitze von King's
Island, über welche hinaus die Küste fast genau nach Süden läuft. Diese
Küste ist bergig, man sieht verschiedene kleine Buchten und einige kleine
Thäler oder Winkel, im Ganzen ist aber ihr Ansehen schroffer, als die
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 327
der andern Küsten von King's Island. Während des Moonsons mag hier
die Brandung heftig sein, hie und da fallen die Klippen beinahe senk-
recht, und mehrere neuentstandene Risse zeugen von der unablässigen
Wirksamkeit der Meereswogen.
Ich landete zu verschiedenen Malen, wo immer die Brandung geo-
logische Beobachtungen gestattete. Nachdem die Mannschaft bis etwa 3
Uhr Nachmittags gerudert hatte, sahen wir uns um einen mit Wasser
versehenen Landungsplatz um. Wasser scheint indess an der Westküste
sparsamer vorzukommen, als an den übrigen; vermuthlich wegen des
steilen Abfalles der Berge. Nachdem wir in mehreren kleinen Buchten
vergeblich nach Wasser gesucht hatten, landeten wir endlich auf einer
kleinen Landenge und lagerten uns an dem Gestade unter einem grossen
Baume. Die Leute mussten sich zum Kochen des noch in den Booten
vorhandenen Reises mit einem spärlichen Ausmaass von Wasser begnügen.
Ich bemerkte, dass sie einen eigenthümlichen Yortheil zur Ersparung des
Wassers anwendeten; sie sammelten mehrere saftige Gefässpflanzen, vor-
züglich eine dem Manyanthus ähnliche Art, deren Stengel eine dicke
breiartige Substanz einschliesst und kochten sie mit Reis, zu dem sie, um
ihn schmackhafter zu machen, die zarten Blätter einer Art Bcrgera (B.
Koenigi?) fügten. Diese Blätter, deren sich die Burmesen zur Herrich-
tung ihrer Speisen bedienen, haben einen angenehm gewürzhaften, etwas
stechenden Geschmack.
Auf derselben Stolle wuchs auch Coculus Indiens, dessen giftige
Eigenschaften den Burmesen wohl bekannt sind. Sie sagen, dass, wenn
die getrockneten, zerstosseuen und mit Knoblauch gemengten Samenkörner
dieser Pflanze auf glühende Kohlen geworfen werden und der davon auf-
steigende Dampf über einen Menschen hinwegstreicht, dieser in eine tod-
ähnliche Betäubung verfällt. Wahrscheinlich ist diess das Geheimmittel der
chinesischen Räuber, mittels dessen sie in die Häuser eindringen und
alles Werthvolle mit sich nehmen, ohne dass die Hausbewohner je er-
wachen oder einen Lärm hören. Aehnliches ereignete sich vor Kurzem
zu Mergui, wo Jemand um den Leib angebunden und nachdem seine
Habe ausgeplündert worden, wieder losgebunden wurde, ohne dass weder
er selbst noch irgend Jemand seiner Familie, die mit ihm in demselben
Zimmer schliefen, das Geringste davon wahrgenommen hätten.
Meine Leute sammelten Kokeiskörner, entweder zum Fischfang oder
zu einem andern mir nicht bekannten Gebrauche.
Die sehr lästigen Sandfliegen trieben uns bald in unsere Boote
zurück. Dieses Ungeziefer kommt nur nahe am Meeresgestade oder an
Ufern von Flüssen vor, so weit die Fluth in ihnen hinaufsteigt; es scheint
im Schlamme des Meeresgestades sich zu vermehren; am ärgsten ist es
auf niederen Mangrove-Stellen. Unter Tags liegen die Sandfliegen im Laub-
werke versteckt; eine Stunde vor Sonnenuntergang beginnen sie hervor-
zukommen und nach Sonnenuntergang sind sie bereits unerträglich und
bei ihrer Menge ist jeder Widerstand vergeblich. Ihre Stiche sind schmerz-
haft, aber der Schmerz hört auf, sobald das Thier beseitigt ist, was bei
den Mosquitos nicht der Fall ist. Die leicht bekleideten Eingebornen
leiden am meisten von ihnen und fürchten sie mehr als die Mosquitos,
gegen deren Bisse sie abgehärtet zu sein scheinen; ihr einziges Abwehr-
mittel ist dichter Rauch, welcher diese Thiere fern hält.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft. W
328 Di Johann Wilhelm Relfer's
Ein starker Landwind verjagt sie gleichfalls, wogegen, aus demselben
Grunde, ein starker Seewind sie weit landeinwärts treibt, wo sie sonst
nicht hinkommen.
Während meiner Ausflüge am Seeufer und zwischen den Inseln
vermochte ich nie lang nach Sonnenuntergang am Gestade zu verweilen;
das beste Mittel ist, vom Gestade abzustossen und die Nacht in einiger Ent-
fernung unter Anker zuzubringen.
6. December. Wir lichteten früh die Anker und landeten im Süden
der Maingy-Inselgruppe in einer kleinen Bucht mit gutem Wasser und
einer Fülle von Fischen, so dass in 10 Minuten alle meine Leute die
Fangnetze in Bereitschaft hatten. Hier geschah ein Unfall, von dem ich
früher nie etwas Aehnliches gehört hatte. Der Mann, welcher das Netz
auswarf und dabei knietief im Wasser stand, wurde plötzlich so heftig
in den Schenkel gebissen, dass er zusammenfiel und von den Uebrigen
an das Land getragen werden musste. Ich konnte das Thier, von dem
der Biss ausgegangen war, nicht zu Gesichte bekommen; alle Burmesen
aber versicherten mich, es sei eine Art Schildkröte, welche häufig Men-
schen im Wasser angreift und stark beisst. Ich ging landeinwärts, in der Ab-
sicht, einen der hohen Spitzberge der Insel zu besteigen, musste aber nach
vierstündigem Bemühen mein Vorhaben aufgeben, indem der Berg von dieser
Seite kaum besteigbar ist und die dazwischen liegenden, mit grossen
dornigen Rattan's besetzten Hohlwege den Zutritt bis zur Unmöglichkeit
erschweren. Die Dornen der Rattan-Palme bedecken den Boden und dringen
.tief in die unbeschützten Füsse der Eingebornen; so dass es in der
That grausam wäre, sie zum Durchgang über solche Stellen zwingen zu
wollen. Nichts desto weniger kehrte ich mit reicher Pflanzenausbeute zurück.
Die Mannschaft bat mich, zu einem kleinen, felsigen etwa 2 (engl.)
Meilen entfernten Eilande hinüberfahren zu dürfen, welches frei von Sand-
fliegen und ein schönes sandiges Gestade ist. Dieses Eiland war ein
Fels von etwa f/4 (engl.) Meile im Umfang, jedoch mit Bäumen be-
wachsen, wie in diesen Gegenden jeder Fleck, der die Fluthlinie über-
ragt. Auf dem sandigen Gestade dieses Felsens sahen wir Ueberreste eines
neuerlichen Besuches der Seelongs, jenes merkwürdigen Stammes wandern-
der Fischer, von denen ich später ausführlicher berichten werde. Ein
kleines Netz, eine Stange, ein alter Fischerspiess, häufige Ueberbleibsel
von geräucherten Fischen und einige wildwachsende Wurzeln zeugten
von ihrer Anwesenheit, so wie auch ihre Schlafstellen aus einer Lage
von Blättern eines Farrenkrautes aus der Gattung Osmunda. Ein etwas
phantasiereicher Reisender, der durch Zufall auf diesen Fels gerathen
wäre, hätte vielleicht diese vielen grossen Fischköpfe für Menschenschädel
angesehen und sich eingebildet, er hätte, gleich Robinson Crusoe, die
Ueberreste einer menschenfressenden Horde vor sich.
Ich nahm mir die Mühe, die Arten der auf dem Felsen wachsenden
Pflanzen zu zählen und fand deren nahezu fünfzig. Welcher Unterschied
von den Bileng- oder Cocos-Inseln, auf welchen sich Mr. Ross festge-
setzt hatte und deren neuerlichst veröffentlichte Flora nicht mehr als,
wie ich glaube, 17 Arten zählt. Der gemeinste Baum, auf diesem Fels
ist eine Art Sterculia, welcher eben in der Blüthe stand. Ausserdem
fand sich noch dort ein anderer Baum, welcher eben seine Blätter abge-
worfen hatte: diesen begrüssten meine Burmesen freudig, schälten grosse
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tcnasseiim-Provinzen etc. 329
Stücke seiner Rinde ab und lassen sie statt Betel, mit Clniuam (Kalk)
und Rauchtabak.
7. Dccember. Wir erreichten heute Morgens die südlichste Spitze
von King's Island und fuhren in den sogenannten äusseren Canal von
Perrygioun ein. Boote, welche nach SW. steuern, kommen hier durch;
Junks aber und grössere europäische Fahrzeuge, welche von S. herkommen
steuern nach der N. Seite von King's Island, bevor sie sich nach dem
Hafen von Mergui wenden.
Die südlichste Spitze von King's Island (genau unter 13° 13' N. Br.)
ist ein felsiges Vorgebirg. Man findet dort Porphyre mit Grünsteinen
wechsellagernd und von Gängen schwarzen Kalksteines durchsetzt: auch
Weisstein kommt dort vor als kleiner, wahrscheinlich selbstständiger Gang.
Es war unmöglich, weit in das Innere einzudringen, da auf dem Felsen
kaum Raum genug war, um einen Fuss darauf festzusetzen.
Zunächst kamen wir nach Perrygioun, eine kleine Insel, nicht ganz
auf dem halben Wege von der Südspitze von King's Island nach Mergui.
Diese Insel ist bebaut und hat ein Dorf. Die Hauptbeschäftigung der
Einwohner ist Fischfang ; auch wohnen dort einige Malayen , welche
während der trockenen Jahreszeit auf den Fang von Seeschnecken aus-
gehen.
Nicht weit von der südlichsten Spitze von King's Island liegt der
Kappa Toun, welcher der höchste der dortigen Berge sein soll. An
seinem Fuss, Kappa Agua genannt, liegen einige wenige Häuser und
gut gedeihende Areca-Pflanzungen. Ich begab mich dorthin, um die Be-
steigung des Berges zu versuchen; als ich aber dazu nach einem Führer
mich umsah, erklärte Jedermann, von dieser Seite her sei der Berg
unzugänglich. Ich wusste, dass diese Behauptung ein leerer Vorwand sei,
und begann die Besteigung in Begleitung meiner eigenen Mannschaft. Ich
kam nun in einen Wald und musste dem Laufe eines Bergstromes nach-
gehen, der mich nach vielen Wendungen, in entgegengesetzter Richtung
auf einen andern, vom Kappa Toun durch einen an 800 Fuss tiefen Ab-
grund getrennten Berg führte. Ich mass diesen Berg und fand seine Höhe
1740 bis 1770 Fuss. Wie weit ich noch von der höchsten Spitze des
Kappa Toun entfernt war, kann ich nicht bestimmen, da der dichte und
hohe Wald jede Aussicht versperrte. Auch einer meiner Leute, der einen
hohen Baum erkletterte, konnte die Gegend nicht übersehen.
In später Abendstunde kam ich nach Perrygioun zurück und über-
nachtete dort.
8. December. Die Umgebung von Perrygioun ist reich an Eisenstein. Ein
mittelguter Eisenstein kömmt auf einem kleinen Felsen im Canal, gegen-
über dem Dorfe vor und Lager von demselben sind vermuthlich auch
auf der Insel selbst vorhanden.
Wir verliessen Perrygioun und geriethen bald wieder in ein Ge-
wirre von Mangrove-Inseln, welche nicht alle niedrig liegen, da sich bei
einigen der Schlamm um einen Kern von festem Gestein anhäuft. Ich
landete auf zwei dieser Inseln, welche Mazampa heissen. Sie sind zu
Mergui wegen ihrer grossen, bereits fruchtbringenden Areca-Pflanzungen,
dem Eigenthum einer dortigen unternehmenden alten Burmesin, wohl be-
kannt. Das Wichtigste für mich war die Auffindung eines ausgedehnten
Eisensteinlagers auf einer andern, von Mazampa durch einen an 150 Yards
breiten Canal getrennten Insel. Die ganze Insel scheint aus Eisenstein
330 Dr. Johann Wilhelm llelfcr's
zusammengesetzt zu sein, der an mehreren Stellen in grossen Blöcken
zu Tag ansteht und unter die reichsten Eisenerze dieser Provinzen
gehört. Nur den Erzen von Tavoy und denen am Gyne-Fluss in der
Provinz Amherst dürfte er im Werth nachstehen. Uebrigens liegt er von
Mergui nur 2 Stunden weit entfernt. Sobald eine Kohlen-Niederlage in
Mergui errichtet sein wird, könnten die Eisensteine dorthin auf Booten
oder Flössen in den dortigen Hafen gebracht und daselbst Schmelzwerke
errichtet werden. Auch für den Fall, dass man dann Holzfeuerung der
mit Kohlen vorzöge, fände man auf den niedern Mangrove-Inseln der Um-
gebung immer noch reichlichen Vorrath an Brennstoff. Eben diese nahen
Vorräthe von Feuermaterial machen mich glauben, dass Mergui ein noch
geeigneterer Ort für Eisenwerke ist, als Tavoy, so vorzüglich auch dort
die Eisensteine und die örtlichen Verhältnisse sein mögen.
Ich kam gegen Abend zu Mergui an und vollendete hiermit die
erste Forschungsreise für die gegenwärtige Jahreszeit.
Sl. Reise. 11. Deccniber 1838. Ich verliess heute Mergui um die Un-
tersuchung des Mergui-Archipels, insbesondere der Inseln SW. von Mergui,
fortzusetzen. Nicht alle davon sind auf Capitän Ross's Karte angegeben.
Die neuerlichen Arbeiten des Capitän Lloyd werden uns nächstens mit
deren ersten Aufnahme bekaunt machen.
Ich fuhr durch den sogenannten südlichen Perrygioun-Canal und
landete an einer kleinen Insel der Ma-aing Gruppen, wie sie die Bur-
mesen nennen.
Alle diese Inseln sind mit Gürteln von Mangrove-Bäumen umgeben,
welche sich, wie die der Perrygioun-Inseln, um feste Felsenkerne an-
häufen. Auf allen kommen Spuren von Eisenerzen vor.
Hier findet man die ältesten und besten Areca-Pflanzungen; sie sollen
zur Zeit der burmesischen Herrschaft aus dem Grunde hier angelegt
worden sein, um sie durch die umgebenden Mangrove-Gürtel den Blicken
der Behörden zu entziehen.
Keuper-Sandstein erscheint hier in wunderlichen Gestalten und mit
gestörter Schichtung. Die Schichten stehen mitunter senkrecht, mitunter
sind sie wellenförmig oder mannigfach verbogen. Sie wechsellagern mit
Lagen eines feuchten Thones, der sie, gleich einem Mörtel, fest mit ein-
ander verbindet.
12. December. Ich brach in der Nacht auf und kam bei mehreren
kleineren Inseln im Süden von Perrygioun vorüber, bei der beträchtlichen
Insel Meiguy toung an, von welcher die Stadt Mergui ihren Namen
haben soll. Dieser Name ist aber nur unter Europäern gebräuchlich; die
Eingebornen kennen sie nur unter dem Namen Beih. Capitän Ross hat
Meiguy toung nicht aufgenommen, sondern nur die höchsten Spitzen dieser
Insel angegeben ; sie hat einen beträchtlichen Umfang und besteht, wie
die meisten Inseln, aus einem Haupt-Gebirgszug mit dem Hauptstreichen
von N. nach S. ohne Ebenen und mit nur unbedeutenden Thälern. Uebrigens
ist sie gänzlich unbewohnt.
Ich landete in einer kleinen sandigen Bucht, in der ein kleiner
Bach ins Meer fällt und machte einen Ausflug in das Innere. Wenige
Schritte vom Ufer sprang ein grosses zweihörniges Nashorn auf, das im
Schlamme des Baches sich gelagert hatte. Sand und andere Absätze,
wie sie die steigende Fluth landeinwärts führt, hatten die Mündung des
Baches verstopft, so dass sich hinter diesem Damme eine mit Humus
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 331
und zersetzten organischen Substanzen gefüllte Pfütze gebildet hatte. Solche
Stellen sind der Lieblings-Aufenthalt des Nashorns, welches gleich dem
Elephanten und dem Büffel, gern im Schlamme liegt, vermutblich wegen
der unaufhörlichen Angriffe der Milben, Mosquitos, Bremsen und anderer
Insekten auf seiner ganz oder beinahe haarlose Haut.
Nashörner finden sich auf allen grösseren Inseln dieser Gegend,
selbst auf solchen, die mehr als 30 (engl.) Meilen vom Festland ent-
fernt sind. Wie sie dorthin gekommen sind, ist schwer zu entscheiden;
durchschwömmen können sie eine so grosse Strecke schwerlich haben. Ihr
Vorhandensein wäre ein trieftiger Beweis für die geologische Ansicht,
nach welcher diese Inseln erst nach der Erschaffung dieser gewaltigen
Thiere vom Festlande losgerissen worden seien.
Es ist bemerkenswerth, dass auf keiner dieser Inseln Elephanten
vorkommen, so gewöhnlich sie auch auf dem gegenüber liegenden Fest-
lande sind.
Die Eingebornen wissen nur von einem Elephanten auf der Insel
Kitherin und dieser soll bereits zweihundert Jahre früher dort gelebt
haben, zur Zeit als Kitherin noch bewohnt war. Wenn die Thatsache
überhaupt wahr ist, so mag dieses Thier damals im zahmen Zustand her-
über gebracht worden sein und die vielen Behauptungen, dass die Ele-
phanten mehrere Jahrhunderte alt werden können, würden dadurch bestätigt.
Die zoologische Frage über das wirkliche Vorhandensein einer selbst-
ständigen asiatischen Art des zweihörnigen Nashorns sollte nunmehr billig
als entschieden gelten; denn ein solches ist die gemeinste Art in Te-
nasserim und von der afrikanischen Art hinreichend verschieden, um als
eigene Art aufgestellt zu werden. Jeder, der dort ansässig ist, kann sich
leicht für 8 bis 10 Rupien solche doppelte, noch an der Haut haftende
Hörner verschaffen; und sie wären noch wohlfeiler, wenn sie nicht von
Mergui nach China, wo sie als geschätztes Arzeneimittel gelten, ausgeführt
würden.
13. December. Ich fuhr Nachts ab und landete des Morgens auf
der kleinen Insel Kara-town. Das ganze Gestade dieser Insel ist mit
Blöcken von thunigen oder conglomeratartigen Eisensteinen, von 20 bis 40 %
Eisenhalt, übersäet; am häufigsten an der Ostseite, wo mitunter 20 Fuss
hohe Blöcke vorkommen. Nordseits ist eine Sandbank , deren Grund von
Eisentheilen fast schwarz ist.
Die Insel selbst hat nur einen Umfang von etwa l/2 (engl.) Meile,
sie ist etwas erhaben und gleich allen andern dicht beholzt.
Auf Kara-town, wie auf allen andern ähnlichen Inseln, wächst häufig
am Gestade ein etwa zwanzig Fuss hoher Baum mit ausgebreiteten Aesten
aus der Gattung Diospyrus. Das Kernholz dieses Baums gibt eine gute
Sorte Ebenholz, die bisher noch nicht benützt worden ist. Ob es dem
Ebenholz von Mauritius oder Ceylon nachsteht, müssen noch Versuche
entscheiden. In diesem Lande gibt es verschiedene Arten von Ebenholz;
eine davon kömmt von einem hohen geraden Baume, ähnlich der Rox-
burghia tormentosa, aber doch davon verschieden. Die Früchte einiger
Arten der Gattung Hoxburghia sind mit einer flaumigen Rinde überzogen,
welche nach der Reife ein gelbes aber gummiartig und fade schmecken-
des Fleisch einschliesst, das die Eingebornen gemessen.
Viel nutzbarer scheint die Rinde der Frucht des Berry- Baumes zu
sein, wegen der Menge des in ihr vorhandenen, vielleicht zum Gerben
332 Dr. Johann Wilhelm Belfert
brauchbaren Stoffes. Man könnte jedes «Jahr Millionen solcher Früchte ein-
sammeln. Die Affen verzehren sie, und werfen die äussere Rinde weg.
Massen davon liegen hie und da am Gestade; das damit in Berührung
kommende Seewasser färbt sich damit tief schwarz. Von Kara-town fuhren
wir zur Insel Kala-town hinüber. Der südliche Theil dieser Insel liegt
in einer Entfernung von etwa 3 (engl.) Meilen fast genau im Osten von
Kara-town.
Kala-town ist etwa 15 (engl.) Meilen lang, bergig (die höchste Spitze
etwa 800 Fuss). Seine Bildung gleicht der von Meiguy-town, mit dem es
vermuthlich, einige Faden tief unter dem Meeresspiegel zusammenhängt.
Ich besuchte das Innere und fand dort die alten einförmigen Waldungen,
entschädigte mich jedoch durch eine reiche botanische Ernte.
Auf Kala-town leben Wildschweine, Rothwild und Elenn in Menge,
ist aber wegen der Tiger gefürchtet. Die Eingebornen riechen den Tiger
in weiter Entfernung und vermögen auf diese Weise seinen Aufenthalt an-
zugeben. Ein Europäer, der eine Zeitlang diese Wildniss durchwandelt
hat, erlangt dieselbe Fähigkeit. Der Geruch ist ähnlich dem, welcher in
allen Menagerien vorherrscht, nur in geringerer Stärke.
Erwähnung verdient ein Baum, der in Menge auf Kala-town wächst,
aber auf den nördlicheren Inseln ziemlich selten ist. Es ist eine Art von
Terminalia, ein grosser Baum mit ausgebreiteten Aesten und in dieser
Jahreszeit mit einer Menge weisser, sehr unangenehm riechender Blüthen
bedeckt. Dieser Baum trägt eine Menge verschieden gestalteter Gallaus-
wiichse, meist nicht grösser, als eine ausgewachsene Weinbeere, welche
auf den grossen Blättern sitzen, und alle solche Auswüchse — durch den
Stich eines Insektes entstehen, das seine Eier in das Parenchyra der
Blätter absetzt. Diese Gallen sind in ihren Eigenschaften denen der Eichen
gleich; über ihre Identität mit denen des südlichen Indiens, welche dort
von den Zeugmahlern zu einer guten gelben Farbe benützt werden, kann
ich nicht entscheiden.
14. December. Ich setzte heute meine Fahrt nach Osten zu fort und
gerieth bald in ein weites Gewirre von Mangroves. Die starken Strö-
mungen nach Westen durch den Kanal an der Südseite von Kala-town,
welche bei ungünstiger Fluth die Fahrt nahezu unmöglich machen, nöthig-
ten mich zu landen. Nach meiner Ansicht bilden die Inseln des Mergui-
Archipels fünf getrennte bergige Ketten, welche einander parallel von
NNW. nach SSO. streichen.
Die erste, innere oder östlichste Reihe ist das Gebiet der
Mangrove-Inseln, meist niedere Hügel, selten über 200 Fuss hoch, um welche
sich die Anschwemmungen vorzugsweise anhäufen, dazwischen enge gewun-
dene Kanäle, theihveise bereits mit Absätzen ausgefüllt. —
Zweite Reihe. Eine Fortsetzung der Bergreihen des Festlandes,
an der Tavoy- Spitze endigend und nach Süden in Tavoy Island, Iron
Island, King*s Island, Meiguy-town, Kala-town und Kitheraing fortsetzend. Die
südliche Abtheilung wird weiter unten erwähnt werden.
Dritte Reihe. Doun- Archipel, die unbenannten Inseln im Norden
von Domel, Domel selbst, Sir John Malkolm's Island, Sir Edward Owen's
Island. Der höchste Punkt der Hauptmasse ist Port Domel.
Vierte Reihe. Oabosa, Tenasserim, Blundell-, Lloyd's-, Lord Wil-
liam Bentinck's Islands. Hauptmasse: Lord William Bentincks Island.
gedruckte, und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 3;'.;]
Fünfte Reihe: Die äussersten, als einzelne Spitzen über das Was-
ser ragenden Inseln, alle von gleicher Formation und untermeerisch mit
einander verbunden: H. J. Prinsep-, Sargent's-, Sir John Hayes's Islands
und die grossen westlichen Torres-Inseln. Die Spitze der Central -Masse
ist sehr wahrscheinlich Sir John Hayes's Island.
Diese Reihen sind vielfach durchbrochen und bilden so die zahl-
reichen Inseln des Mergui-Archipels.
In die zwischen den einzelnen Inseln liegenden Kanäle dringt die
Vollmond- und Neumond -Fluth mit Ungestüm ein, so dass die zur un-
günstigen Zeit eintreffenden Schiffe nur mit grossem Zeitverlust ihre Durch-
fahrt bewirken können. Es kommt dabei vor Allem auf die genaue Kennt-
niss der Richtung an, welche die Fluth bei ihrem Steigen nimmt. So
einfach diess erscheint, ist doch eine gewisse Erfahrung dazu nöthig,
denn in den beiden Enden eines und desselben Kanales tliesst das Was-
ser in verschiedenen Richtungen und bleibt mithin in dessen Mitte ganz
ruhig. Noch schwieriger wird die Sache in Querkanälen mit abgesonder-
ter Verbindung, namentlich zwischen Mangrove-Inseln.
Die Mangrove-Gegenden sind der Aufenthalt der Austern, die an
den mit Schlamm bedeckten Inseln festsitzen. Zur Ebbezeit kann man
sie in jeder beliebigen Menge sammeln. Die dortige Art (Ostreum pa-
rasiticum) hat eine grosse, längliche, handbreite Schale; die Eingebor-
nen suchen sie als einen Leckerbissen, für den Geschmack der Europäer
ist sie aber zu gross. Aus den Schalen brennen die Eingebornen Kalk,
den sie mit ihrem Retel mischen. Die eigentliche essbare Auster fand ich
(im Gegensatz zu den Angaben Mehrerer, die über Indien geschrieben),
niemals auf Mangroves, sondern stets ausschliesslich an Felsen klebend.
Nachdem sich der Strom der Fluth gelegt hatte, fuhren wir durch
den Mangrove- Kanal und landeten gegen Abend an der NO. Spitze der
grossen Insel Kitheraing.
Kitheraing, obwohl jetzt ohne alle bleibende Bewohner, soll in frü-
herer Zeit mit Dörfern bedeckt und zum grossem Theil angebaut gewe-
sen sein. Der dortige Reis war von vorzüglicher Güte und wurde in die
benachbarten Länder ausgeführt. Ob diess .auf Wahrheit beruht, wann
diess der Fall war, und woher die gänzliche Entvölkerung der Insel
rührt, lässt sich für jetzt nicht in 's Reine bringen. Zahlreiche Reste von
Pagoden in verschiedenen Theilen der Insel beweisen, dass sie einst
wirklich bewohnt war. Kitheraing scheint in der That vor allen andern
Inseln zum Baue des Reises geeignet, sie ist die einzige unter den Hun-
derten des Mergui-Archipels, welche beträchtliche Ebenen darbietet und
der Boden scheint sehr fruchtbar. Nach meiner Ansicht könnte sie die
Reis-Kornkammer für die Provinz Mergui werden, wie es schon gegen-
wärtig Beeloo-Khiaung für die Provinz Amherst ist.
Die Umgebung von Kitheraing ist berühmt wegen ihres Reichthums
an Fischen, welche zur Laichzeit millionenweise in die inneren Kanäle
ziehen.
Einige Leute kommen beim Beginn der trockenen Jahreszeit auf
Fischfang hieher. Dieser Fang wird aber in so kleinem Maasstabe und in
so unvollkommener Weise betrieben, dass er kaum eine Erwähnung ver-
dient. Dieser Erwerbszweig, so unbedeutend er sein mag, ist doch erst
neuerlich entstanden. Früher wagte sich Niemand einige Meilen südlich
über Mergui hinaus, aus Furcht vor den malayischen Seeräubern, welche
334 Ur. Johann Wilhelm Helfer's
wie man sagte, die Gewässer von Kitheraing zum Sammelplatz wahrend
ihrer Rauhzüge gewählt hatten.
15. December. Nach flüchtiger Untersuchung eines Theiles von Kithe-
raing setzte ich meinen Weg nach SO. fort, kam aber wegen des Win-
des und der Fluth nicht besonders weit. Die burmesischen Boote fahren
sehr schnell mit dem Winde, kippen aber gegen Wind und Fluth leicht
um, sie stehen in jeder Hinsicht den malayischen Prows von gleicher
Grösse weit nach. Auch sind die Burmesen bei weitem weniger geschickte
Schiller als die Malayen, und diess mag theil weise der Grund sein, um
dessen willen sie, da sie unfähig waren, sich gegen die malayischen See-
räuber zu halten, in früherer Zeit die Herrschaft über den Mergui -Ar-
chipel aufgaben.
Die Matten aus Pandanus, welche die Volker des südöstlichen Asiens
und die Chinesen als Segel gebrauchen, sind wohlfeiler als Segeltuch,
und im Ganzen nicht so schwer zu handhaben und so abnutzbar, als man
es beim ersten Anblik glauben sollte. Jedenfalls scheinen sie den Vor-
zug zu verdienen vor dem durchsichtigen lockern Segeltuch, das bei den
Ostindiern in Gebrauch ist, ihr grösster Fehler ist ihre übermässige
Schwere. —
Wir landeten bei Ouk-phö, dem südlichsten Vorgebirge einer oder
mehrerer Inseln, welche allerseits mit Mangroves umgürtet sind. Im Sü-
den des Vorgebirges liegt die Bucht und die Einfahrt des Flusses Lenya,
welche Capt. Lloyd, wegen mehrerer Wallfische, die er dort bemerkte
Whale-Bay zu nennen beabsichtigte. Ich habe diese Thiere während meiner
Bereisungen der Jnseln niemals gesehen, mit Ausnahme eines einzigen im
S. des Elephanten -Felses, bei Domel. Was Capt. Lloyd den „grossen
Wallfisch (Balaena Misticetus) nennt, mag wohl eher der Pottfisch (Phi-
seter macrocephahis) sein; erstem* wagt sich wohl selten in so seichte
Gewächser wie die der Whale Bay, die im Durchschnitt nicht tiefer als
10 Faden sein dürften, ausser er würde durch einen Feind dorthin ge-
trieben, und in diesem Falle würde er wahrscheinlich auf den Strand
geratben.
Das grosse Gebiet der Mangrove-Inseln, welches 50 (engl.) Meilen
lang und lo (engl.) Meilen breit, von Mergui bis Lenya reicht, endet
bei Ouk-phö. Weiter nach Süden wird das Meer offener, die Räume zwi-
schen den Inseln weiter, diese selbst steiler, das Hauptland hoher, so dass
die Mangrove-Bäume die Bedingungen ihres Gedeihens nicht mehr finden.
Tiefer unten bei der s. g. Roye-Gruppe, beginnt ein neues, aber kleine-
res Mangrove-Gebiet, von welchem später die Rede sein wird.
16. December. Ich fuhr von Ouk-phö nach Water-Island, einer klei-
nen felsigen Insel an der Mündung des Lenya, welche diese in zwei
Zweige theilt. Ihren Nahmen hat diese Insel von einigen guten Quellen,
die zur Ebbezeit aus dem Felsen rinnen, bei der Fluth aber über-
schwemmt und salzig sind.
Bald nach Besetzung dieses Gebietes durch die brittischen Truppen
fand auf dieser Insel, wo sich die Siamesen verschanzt hatten, ein klei-
nes Gefecht statt. Sie wurden mit geringer Mühe zurückgetrieben, und
ihre Verschanzung zerstört. Seit dem zogen alle Einwohner von dieser
Stelle weg, an welcher man noch die Ueberreste eines grossen Gartens
und einer Pflanzung des Befehlshabers dieses Postens zeigt. — Ich blieb
heute hier, um meinen Vorrath von Löschpapier für meine botanischen
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserini Provinzen etc. 33ö
Sammlungen zu trocknen. Auf einer Reise durch die Dickichte (Jungles)
einer so feuchten Gegend lässt sich, selbst mitten im tropischen Winter,
das Trocknen von Pflanzen nur durch künstliche Wärme bewerkstelligen.
Ich fand, dass diess am besten geschehe, wenn man ein Gestell errichtet,
auf welchem man das Papier ausbreitet, trocknet und erwärmt, dann die
Pflanzen in das warme Papier legt und einpresst. Diess Verfahren muss
wenigstens jeden dritten Tag wiederholt und dabei, wie gewöhnlich, das
Papier täglich gewechselt werden. Die Pflanzen der am schwersten zu
behandelnden Familien (Bombaceae, Physophoreae, parasitische Orchideae,
u. dgl.) lassen sich auf diese Weise erhalten.
17. December 1838. Ich ging heute bei Tagesanbruch den Lenya-
Fluss aufwärts.
Dieser Fluss hat einige Eigentümlichkeiten, die man an anderen
Flüssen dieser Küste nicht wahrnimmt; nämlich Aufstauungen, welche bei
Hochwasser gefährlich sein sollen. Sie haben ihren Grund in einigen
scharfen Windungen des Flusses, da wo sich sein Bette zwischen zwei
Bergreihen verengert. Da wahrscheinlich an denselben Stellen Erhöhungen
quer über das Flussbette gehen, so wird dort der Wasserlauf gestört
und es entstehen Gegenströmungen, Aufstauungen und Wirbel. Die Gefahr
ist vermuthlich übertrieben worden und mag wohl nur für Canoes und
kleine Boote, und selbst für diese nur bei vollem Monsoon und Spring-
fluthen in Wirklichkeit vorhanden sein. Bei niederem Wasser können
Fahrzeuge zu jeder Zeit des Jahres furchtlos auf- und abfahren. Ich
verweilte bei dieser Einwendung gegen die Befahrung des Lenya, weil
dieser Fluss vielleicht mit der Zeit eine gewisse Wichtigkeit erlangen könnte.
Ueber die felsige Stromenge hinaus sind die Ufer an beiden Seiten
mit Nipah-Palmen (Nipa frutescens) bedeckt, besonders am Rande des
Flusses, wo sie im weichen Schlamme wurzeln und an Stellen, welche
bei halber Fluth unter Wasser stehen. Es ist noch nicht genügend fest-
gestellt, ob die Nipah in den südlichen Theilen von Tenasserini einhei-
misch oder ob sie aus den malayischen Ländern dorthin gebracht worden ist.
Ersteres ist wahrscheinlicher, da diese Palme an Flüssen verbreitet
ist, deren Ufer wohl kaum je ein menschlicher Fuss betreten hat. Doch
würde, da wir so ganz und gar nichts von der älteren Geschichte dieser
Länder wissen, jeder bestimmte Ausspruch hierüber voreilig sein. Ueber
den Werth der Nipah im Allgemeinen habe ich mich in meinen früheren
Berichten geäussert. Ihre Blätter werden durchgängig in der ganzen Pro-
vinz zur Deckung der Dächer von Gebäuden aller Art benutzt. Die hierzu
verwendeten Blätter werden alle von den Ufern des Lenya bezogen. Ihr
Werth ist, seit dem so schnellen Anwachsen der Stadt Maulmain, be-
trächtlich gestiegen und Kähne der Eingeborneu fahren beständig zwischen
Mersrui und Maulmain hin und her, um die zubereiteten und zusammen-
gehefteten Blätter (Artaps) nach letzterem Orte zu bringen.
Wenn der Verbrauch so stark bleibt, wie er in letzterer Zeit ge-
worden ist, so dürfte vielleicht die Menge der wildwachsenden Nipah-
Palmen nicht mehr zu dessen Deckung hinreichen. Man fängt an, in der
Nähe von Mergui Pflanzungen in den Mangrove-Gürteln anzulegen und
diese weiten wüsten Strecken können in der That nicht besser benützt
werden.
An den Ufern des Lennya fiuden sich auch bedeutende Wälder des
Waldöl-Baumes welche bis nun noch unberührt blieben und, sobald
336 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
man einmal den Werth dieses Artikels besser begriffen haben wird, ihn
in fast unerschöpflicher Menge liefern könnten.
Wir erreichten im Laufe des Abends das Dorf Lennya, 33 (engl.)
Meilen ober der Mündung des Flusses, der bei dem Dorfe nach NW. fliesst.
18. December 1838. Heute untersuchte ich die Umgebung des Dorfes
Lennya. Die gesammte Bevölkerung besteht aus flüchtigen Siamesen, welche
sich auf britischem Gebiete ansiedelten. Sie sind Alle arm, wie es scheint,
lässig und um ihren eigenen Vortheil wenig bekümmert. Sie bebauen
den Boden, jedoch auf sehr unvollkommene Weise; Andere streifen in
der Gegend herum, um Elephanten (die hier zahlreich sein sollen) des
Elfenbeins wegen zu schiessen. Die Dorfbewohner beschäftigen sich wäh-
rend eines Theils des Jahres mit dem Einsammeln und Zubereiten von
Battans für den Markt von Mergui, wo gegenwärtig das Tausend mit
1 Bupie bezahlt wird.
Das Vorkommen von Battans hat wahrscheinlich diese Leute bewogen,
sich hier anzusiedeln, denn der Boden ist für Beisbau wenig geeignet.
Da nunmehr in der Nähe des Dorfes die Battans fast erschöpft sind,
beabsichtigen sie eine Strecke weit stromaufwärts überzusiedeln.
Sie waren zur Zeit meines Besuches eben daran, ihre Ernte einzu-
bringen. Sie haben viel von den Verwüstungen der Wildschweine zu
leiden, welche die Wälder in Menge bewohne». Diese Thiere und eine
kleine Art Kernbeisser, welche sich zu Tausenden schaarenweise auf den
reifenden Beis niederlässt, werden durch das Klappern von zusammen-
gebundenen Bambusstäben und zeitweisen Flintenschüssen weggescheucht.
Affen und Papageien haben auch ihren Theil an diesen Plünderungen;
von den Elephanten weiss man nicht, dass sie in die Felder einbrächen.
Es ist wohl zu erwarten, dass die wilden Thiere der Wälder sich
auf diesem abgelegenen und vereinzelten Fleck bebauten Bodens sammeln,
da alles ringsherum Wildniss ist, ohne eine Spur, dass je Menschen sich
dort aufgehalten haben. Der nächste vereinzelte Wohnort: Boukpan, ist
in gerader Linie mindestens 20 (engl.) Meilen von Lennya entfernt.
19. December 1838. Der Hauptzweck meines Ausfluges stromaufwärts
war, mich von der Richtigkeit des Gerüchtes zu überzeugen, dass man,
etwa IS (engl.) Meilen oberhalb des Dorfes, auf einer Sandbank im
Flusse einige lose Stücke Kohle gefunden habe. Nachdem das im vorigen
Jahre entdeckte Ausbeissen von Kohle, wegen der langen Förderung
Überland, Schwierigkeiten dargebothen hatte, war die Bestätigung der
Existenz einer anderen Kohlenablagerung von Wichtigkeit. Frühmorgens
ging ich von Lennya aus stromaufwärts. Ober dem Dorf verrengtrt sich der
Fluss bedeutend und mehrere quer durch sein Bett setzende Höhenzüge
machen ihn für grössere Boote unschiffbar.
Nach der Gebirgsart zu urtheilen, möchte es wahrscheinlich sein,
dass dieser Theil des Flusses eines der Kohlenbecken durchschneidet,
deren noch mehrere unbekannt sind, aber gewiss im Laufe der Zeit
noch aufgefunden werden.
Die Gebirgsart gehört zur Trias oder Terrain permien, Red Sand-
stone Group zum Theil.
Näheres über die Beschaffenheit der Umgebung mit Gewissheit aus-
zumitteln ist unmöglich, indem dichte Wälder selbst die kleinste Ueber-
sicht der Oberfläche versperren. Die Gegend scheint jedoch eine Ebene
mit vereinzelten niederen Hügeln zu sein, an deren Seiten zwei, einander
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 337
parallele Züge zusammenhängender Anhöhen das Land von Nord nach
Süd durchschneiden. Die höchsten Spitzen dieser Züge scheinen indess
die Hochwälder nicht bedeutend zu überragen.
Ein grosser Theil des Landes zunächst dem Flusse liegt kaum
10 Fuss über den höchsten Wasserstand und die Anschwemmungen scheinen
vergleichungsweise neuen Ursprungs zu sein.
Die stattlichen Wälder des Oberlandes fehlen hier. Diplerviarpi-
ßäume erheben auch hier ihre majestätischen Wipfel über die übrige
Vegetation. Rattan-Palmen wachsen in Menge in diesem Gebiet; nur sind
sie an den eigentlichen Ufern des Flusses durch beständiges Abschneiden
fast erschöpft.
Zwölf (engl.) Meilen ober dem Dorfe liegen grosse Baumstämme
quer über den Fluss und hindern die Schiffahrt; Sandbänke häufen sich
um sie an und zur Monsoon-Zeit schwemmte sich das Hochwasser ein
neues Bett aus.
Fünfzehn (engl.) Meilen ober dem Dorf kam ich zu der Stelle,
wo man Kohlen gefunden haben wollte. Die Fluthen gehen über diese
Stelle hinaus und bewirken ein etwa 5 Fuss hohes Steigen des Wassers;
der Fluss selbst schwindet zu einem unbedeutenden Wasserlauf voll Sand-
bänke und ist mitunter nicht über 15 Yards breit.
20. December 1838. Das erwähnte Stück Kohle hatte ein Siamese
auf einer Sandbank aus Geschieben und Trümmern von Urgesteinen,
deren Anstehen nicht ausgemittelt werden konnte, aufgefunden. Am Vor-
sprung eines niederen Hügels fand sich eine Auswaschung, welche mir
es möglich machte, das umgebende Gestein zu untersuchen und über
das Vorkommen der Kohle an dieser Stelle Gewissheit zu erlangen. Diese
meine Ueberzeugung beruht auf folgenden Gründen:
1) Die stromaufwärts von Dorfe Lennya sichtbaren Gebilde gehören
der Reihe jener an, auf welchen gewöhnlich kohlenführende Schichten lagern.
2) In dem oben erwähnten natürlichen Durchschnitte zeigte sich
der, den kohlenführenden Schichten eigenthümliche Schieferthon , d. h.
verhärtetes Erdharz, Thon von dünnschiefriger Textur enthaltend. Die
Farbe dieses Thones ist schwärzlich grau oder röthlich (roth nur in
den obersten Lagen). Am Kerzenlichte brennt dieser Thon mit Ausstossung
von sehr wahrnehmbaren Rauche.
3) In diesen erdharzigen Thon sind Massen thonigen Sphärosiderits
eingebacken; an anderen Stellen enthält er Thoneisenstein und zwischen
den Lagen Eisenkiese.
4) Der Schieferthon wechsellagert mit dem „Brandschiefer" der
deutschen Geologen (Schiste inflamable). Dieser Brandschiefer erscheint
in dünnen Lagen von schiefriger Textur, pechschwarzer, bräunlicher oder
röthlicher Farbe; er brennt mit blauer Flamme und Ausstossung schwef-
liger Dämpfe.
5) In dem oben beschriebenen Schiefer fand ich ein Exemplar von
Calamites und ein anderes ziemlich deutliches von Lycopodites oder
Lepidodendron.
6) An einer Stelle des Hügels ist der Schieferthon von rothem
Conglomerat überlagert; an anderen besteht die Tagdecke aus losem
Trümmergestein, Thon- und Dammerde.
21. bis 25. December 1838. Ich ging nunmehr nach Lennya zurück,
von dort zur Mündung des Flusses und ohne mich länger aufzuhalten,
338 Dr. Johann Wilh. Helfer's
als es nöthig war, um Materialien zu einer geognostischen Karte der
Gegend zu sammeln, machte ich die Rückreise nach Mergui auf einem
andern Weg, durch die inuern Mangrove-Canäle. Zu Mergui, wo ich meine
Vorräthe für die nächste Reise zu vervollständigen gedachte, kam ich
am 24. Decemher an.
III. Reise. Diese dritte Reise bezweckte die Untersuchung eines
Theiles der Inseln im S. und im W. von King's Island. Die Menge
dieser Inseln und Felsen ist jedoch so gross, dass es unmöglich wurde,
bei jeder einzeln anzulegen, geschweige denn, sie zu umschiffen oder
flüchtig zu untersuchen. Man musste hiernach entweder die bedeutendsten
darunter auswählen oder sich dem Zufall und den Winden überlassend,
da landen, wo es die Rrandung eben gestattete oder wo man die Nacht
über sicher vor Anker liegen konnte.
1. Janaar 1S39. Heute fuhr ich mit dem Mundvorrathe, den mein
Root zu fassen vermochte (für 25 Mann auf einen Monat) von Mergui
ab und steuerte gegen NW. Wir landeten auf der Insel Kalaghiun, welche
ein etwa 1 (engl.) Meile breiter Canal von King's Island scheidet. Es
ist eine der wenigen Inseln in der Nähe der Stadt, auf welchen die
Einwohner von Mergui ihre spärlichen Pflanzungen angelegt haben. Meh-
rere nicht unbeträchtliche Pflanzungen sind hier in gutem Gedeihen, nur,
wie alle solche Anlagen der Rurmesen, aufs Aeusserste vernachlässigt.
Flechten, Jungermannien, parasitische Orchideen und riesenhafte Naphenien
dürfen ungehindert an den Areca- Palmen hinaufklettern und von ihren
Lebenssäften zehren; die Wipfel der Cokospalmen sind den Räubereien
der Eichhörnchen, ihre Wurzeln den wühlenden Ratten und Krabben,
ihre Stämme den nagenden Larven von Calandra und Rockkäfern schutzlos
preisgegeben; kaum das schädlichste Unkraut wird ausgerottet und von
Lockern des Rodens rings um die Räume ist gar nicht die Rede. So
lang nicht die Rurmesen durch verständigere Ansiedler mit einer besseren
Weise des Anbaues bekannt gemacht werden, verharren sie gewiss eigen-
sinnig bei ihrer alten Sorglosigkeit.
Kalaghiun ist berühmt wegen seiner Mangosteen- Räume, die die
besten in der Provinz sein sollen; hier ist auch fast ganz genau die
Nordgrenze des Rezirks, innerhalb welcher diese köstliche Frucht zu voll-
kommener Reife gelangt. Nach den Räumen, welche ich gesehen, zu ur-
theilen, muss sie ziemlich neuerlich eingeführt worden sein; in Anbetracht
ihres langsamen Wachsthums kann man den ältesten Räumen dieser Art
kein höheres Alter als 40 höchstens 50 Jahre zuschreiben.
Diese Räume sollen zuerst, von Siam aus, nach der Eroberung
jener Länder von den, von der Relagerung von Rankouk zurückkehrenden
Rurmesen eingeführt worden sein; wahrscheinlicher aber ist es, dass
Malayen sie von dem südlichen Theile der Halbinsel her ins Land gebracht
haben. Von Kalaghiun und Kings Island sollen dann die Mangosteen-
Räume nach der Stadt Tenasserim gelangt sein. So wie Caffee, Goyaven
und andere Samen durch Vögel und Vierfüssler verbreitet worden sind,
so stellen auch kleinere Säugethiere, vorzüglich Waschbären (Racoons),
Eichhörnchen und verschiedene mit Flughaut versehene Gattungen (Pte-
rodus, Phillostoma) der leckeren Frucht des Mangosteen-Raumes eifrig
nach und mögen ihren Theil zu der Verbreitung jener Räume, welche
gegenwärtig in den Wäldern von Tenasserim wild wachsen, beigetragen
haben. Mittels dieser wilden Stämme versehen die Eingebornen ihre
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 339
Gärten mit Mangosteen-Bäumen, diese können wegen des geringen Um-
fanges ihrer Wurzeln in einem höheren Alter versetzt werden, als es bei
den meisten andern Bäumen der Tropenländer der Fall ist.
Die wilden Mangosteen-Wälder stehen dem Namen nach unter der
Obsorge der Regierung, welche jedem auf sein Ansuchen eine gewisse An-
zahl Bäume bewilligt.
Nahe am Meeresufer entdekte ich auf Kalagioun die ersten Spuren
von Kupfer in den vormals burmesischen Provinzen. Eine grüne Substanz,
welche sich als Malachit (kohlensaures Kupfer) erwies, die man in einer
Felsenkluft am Meeresstrand gefunden hatte, erregte meine Aufmerksam-
keit. Bei weiterem Nachsuchen fand ich einen schmalen Quarzgang mit
eingesprengtem Eisen- und Kupferkies, theils Gneiss, theils Glimmer-
schiefer durchsetzend.
Das Vorhandensein dieses so werthvollen Metalles ist ein neuer Be-
weis für den Mineralreichthum der Provinz Tenasserim. Wenn auch ein
Bergbau auf die Lagerstätte von Kalaghioun durchaus noch keine sichere
Aussicht auf Erfolg bieten sollte, so wird dieselbe doch in Zukunft zu
genauerer Nachforschung anregen, sobald einmal die Hilfsmittel dieser
Gegenden durch europäische Thätigkeit aus ihrem langen Schlummer
geweckt sein werden.
2. Januar 1839. Vor meiner Abreise von Mergui berichtete mir ein
Burmese, es finde sich an der Bucht von King's Island ein eigenthüm-
liches Mineral, welches Niemand kenne. Ich bewog diesen Mann mich zu
begleiten, um mir den Fundort zu zeigen.
Wir fuhren heute in King's Island Bucht ein und mussten fast bis
an ihr Ende, um zu dem Fundorte des räthselhaften Minerals, welches
sich als Graphit erwies, zu gelangen. Seine äusseren Kennzeichen sind:
Farbe bräunlich schwarz, irisirend mit vorwaltend bläulichem Schimmer;
mild anzufühlen, in dünnen Haufen von Blättchen wie Glimmerschiefer.
Dieser Graphit bricht in durchschnittlich 1 Zoll mächtigen Schnüren
und zwar, wie es scheint, in ziemlicher Menge. Blöcke von Sandstein,
von solchen Schnüren durchzogen, lagen lose am Meeresstrand und ihr
metallartiger Glanz mochte wohl die Augen der unwissenden Eingebornen
auf sich gezogen haben. Mit Anwendung von Salpetersäure und Königs-
wasser (welche das Eisen mit Zurücklassung des Kohlenstoffes auflösen)
gab dieser Graphit, gleich dem von Kroon, 90 Procent Kohlenstoff und
8 bis 10 Procent Eisen. Ich erfuhr später, dass dieser Fundort den
Burmesen schon längst bekannt war, dass man, natürlich vergebliche,
Schmelzversuche wiederholt angestellt habe und dass sowohl die Goldmacher
als die Aerzte unter den Burmesen auf diesen Graphit grossen Werth legen.
Jedenfalls wird diese Entdeckung für die vormals burmesischen
Provinzen wohl wenig Nutzen haben, da von Ceylon alljährlich grosse
Mengen sehr guten Graphites ausgeführt werden.
Nach dieser Untersuchung und nachdem ich in der französischen
Creek frisches Wasser eingenommen hatte, verliess ich wieder King's
Island's Bucht, fuhr ausserhalb und nachtete in einer kleinen geschützten
Bucht, deren schlammiger Grund buchstäblich mit Bänken kleiner Fische
bedeckt war. Eine kleine Art Hai (Squalus Canicula) hatte diese Fische
auf den Schlamm getrieben, wo sie eine Beute der Seemöven und des
weit verbreiteten Falco Pondicherianus wurden.
340 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
3. Januar. ¥Jn Theil dieses Tages ging verloren; das zweite
oder Küchen-Boot war des Morgens auf eine Klippe aufgerannt und
leck geworden ; wir mussten es mithin in das Seichtwasser steuern, um
dort die tiefste Ebbe abzuwarten und dann, wo möglich, den Schaden
auszubessern. Dieser beschrankte sich glücklicherweise auf das Auseinan-
dergehen zweier zusammengekitteter Planken; nachdem der alte Kitt weg-
genommen und neuer aufgetragen worden, war das Boot wasserdichter
als vor dem Leck. Wir steuerten weiter auf die NW. Spitze von King's
Island zu und kamen nach Maingy's Island (welches die Burmesen Faro
nennen). Kaum waren wir dort angekommen, so erhob sich ein in dieser
Jahreszeit ungewöhnlicher Windstoss und die Mannschaft musste einen
Theil der Nacht hindurch rudern, um einen sichern Ankerplatz zu erreichen.
4. Janaar. Die Boote fuhren in einer der seichten Buchten auf
und blieben bis zum Ansteigen der Fluth im Schlamme stecken. Dieses
geschieht sehr häufig in dem Mangrove-Gebiete, d. h. in einem etwa
15 (engl.) Meilen breiten Raum zwischen der ersten, zweiten (mitunter
auch 3.) Inselreihe, welcher, mit geringen Ausnahmen, nur Booten und
kleinen Junks zugänglich ist. Der Schlamm ist weich, bläulichgrau oder
braun; man sinkt darin knietief, mitunter noch tiefer, ein und an man-
chen Stellen ist er so zähe, dass man nicht durchwaten kann. Gewisse
Arten von Fischen, Krustern und Weichthieren finden sich in Menge darin.
Ich wurde in einem kleinen Canoe sitzend, an das Ufer gezogen,
dessen Gesteine ich untersuchen wollte. Die Maingy-Iusel, welche (wie
ich vermuthe) durch einen engen Canal in 2 Theile getheilt ist, ist
vergleichungsweise unfruchtbarer als andere von gleicher Grösse; ihr
Boden ist meist felsig und steil ansteigend. Fischer von Mergui kommen
dorthin zur Bereitung des Gnapee, jener unentbehrlichen Würze der bur-
mesischen Kochkunst. Ich fand in einer elenden Hütte eine Gesellschaft
von 10 Leuten, welche zu diesem Zwecke hierher gekommen waren.
Der Gestank war dort so arg für europäische Geruchsnerven, dass ich
dieser verpesteten Atmosphäre so bald zu entgehen suchte, als nur die
steigende Fluth unsere Boote aus dem Schlamme gehoben hatte.
Dieses Gnapee wird auf folgende Weise bereitet. Eine kleine Art
Garneelen lebt millionenweise in der oben erwähnten ausgebreiteten Schlamm-
bank. Ein enggewebtes Netz, von einem Rahmen umgeben, wird über den
Schlamm gezogen, dann emporgehoben und der Schlamm weggewaschen.
so dass die weissen Garneelen zurückbleiben. Es werden Tausende auf Einen Zug
gefangen. Indess soll der Reichthum der Ausbeute vom Wetter und von
andern Umständen sehr abhängig sein; dies trifft nicht nur für einzelne Tage
sondern es gibt auch sehr ergiebige Jahre und wieder andere, in denen
die Garneelen wie verschwunden sind. Man schreibt diesen Wechsel zum
grössten Theil dem Zustande der Atmosphäre, der Richtung der Winde,
der Dauer des Monsoons und den Orkanen in dem offenen Meerbusen
von Bengalen zu. Daher rührt auch der veränderliche Preis dieses Ar-
tikels, der mitunter innerhalb weniger Monate um das Doppelte steigt.
Die gesammelten Garneelen werden in Haufen gebracht, und dann
auf gewöhnlichen burmesischen Matten ausgebreitet, an der Sonne getrock-
net. Ein Theil der getrockneten Garneelen wird zerstampft, ein anderer
ganz gelassen. Hierauf wird die Masse in Töpfen in die Erde vergraben
und der Gährung oder Fäulniss bis zu einem gewissen, den Europäern
unbekannten Grad, überlassen. Alsdann wird, so viel ich weiss, das Gnapee
gedruckte und ungedruckte Schriften fibei die Tenasseiiui-Proviiuen etc. 341
ohne weitere Zubereitung in den Handel gebracht. Aus der Provinz Mer-
gui wird jedes Jahr eine ziemliche Menge, in Krüge oder Bambusrohr
gepackt, ausgeführt, es geht durch ganz Burmah, in das nördliche Ava,
und selbst in das chinesische .hinan. Die Eingebornen gebrauchen es zur
Würze ihres Reises und ihrer Curries. Einige Europäer scheinen sich an
den starken Geschmack und an den keineswegs lieblichen Geruch dieser
eigenthümlichen Leckerei leicht zu gewöhnen.
Wir umschifften den westlichsten Theil der Insel. Das verwitterte,
meist steil ansteigende, felsige Ufer bietet kaum irgendwo einen Landungs-
platz. Alles Gestein gehört hier der Ur- oder Uebergangsperiode an. Die
Nacht überraschte uns an der Westseite der Insel. — Am Gestade lagen
Granitblöcke so zahlreich umhergestreut, dass man kaum darauf gehen
konnte.
5. Januar. Früh Morgens steuerten wir, von der westlichsten Spitze
von Mergui Island aus, nach SW. und landeten in einer Entfernung von
etwa 5 (engl.) Meilen auf einer andern Insel Toban genannt. Sie ist an
3 (engl.) Meilen lang und kaum 1 */2 (engl.) Meilen breit. Gegen Osten
liegen so weit der Blick reicht, eine Menge kleiner Inseln und Klippen
ich zählte deren 17, ungerechnet Maingy's Island und King's Island, wel-
ches letztere sich von dieser Stelle aus wie ein Theil des Festlands
ausnahm. Die Aussicht auf die südliche Bucht war mir versperrt.
Die vorvvaltendste Gebirgsart auf Toban ist Protogyn, auf chloriti-
schen Glimmerschiefer lagernd, der Quarz und der Feldspath dieses Pro-
togyns sind durchaus weis, der Talk erscheint darin in kleinen silber-
weissen Blättchen. An andern Stellen wird der Protogyn durch Granit
vertreten , in welchem Amphibol (Hornblende) die Stelle des Glimmers
einnimmt. Hie und da ist dieser Granit stark zersetzt, Blöcke von kristali-
sirtem Feldspath und von Quarz liegen ringsherum auf dem Boden.
Ueber diesen Gesteinen lagern, wie in den meisten dieser Inseln,
eisenschüssige Conglomerate.
An botanischer Ausbeute fand ich einen schönen riesigen Waldbaum
der Gattung Ganiteus verwandt, voll reinweisser Blüthen mit zierlich ge-
franzten Blumenblättern.
Von hier aus fuhr ich zur grossen Doun-Gruppe über, welche, wie
die Burmesen behaupten, aus 97 Klippen und kleinen Inseln besteht. Alle
diese schaaren sich um zwei grössere Inseln von höchst unregelmässigen,
zackigen Umrissen, mit einem Gewirre von kleinen Buchten, zwischen denen
enge, mitunter kaum 20 bis 30 Yards breite, aber meist tiefe Kanäle durch-
laufen. Ihrer geologischen Beschaffenheit nach gehören, so weit ich sie
beurtheilen konnte, die meisten der Inseln, an denen wir heute vorbei-
fuhren, der Keuper und der Grauwacken-Formation an. Diese Inseln mö-
gen wohl ursprünglich die höchsten Bergspitzen eines zusammenhängenden
Landstrichs gewesen sein, welche durch eine gewaltsame Catastrophe zer-
rissen und theilweise in das Meer versenkt wurde. Im Allgemeinen kann
behauptet werden, dass der Mergui- Archipel und die gegenüberliegende
Küste mehr den Charakter eines versenkten Festlandes als eines gehobe-
nen Meeresbodens an sich tragen.
Alle diese Inseln sind durchaus unbewohnt und werden nur zeit-
weise von den Seelongs besucht. Von diesem eigenthümlichen Fischer-
stamm werde ich später berichten,
342 Dr. Mann Wilhelm llelfer's
Enge Durchgänge führen in geräumige Buchten, welche eher Land-
seen gleichen. Wir fuhren in eine solche geschlossene Bucht und ge-
langten durch eine enge Durchfahrt in eine zweite etwa 2 (engl.) Meilen
weite, von allen Seiten geschlossene Bucht, an deren Nordseite eine aus-
gedehnte Sandbank lag. Schaaren von Wildschweinen und Affen, welche sich
am Strande versammelt hatten, um Schalthiere zu fressen, flohen bei
unserer Ankunft, die in dieser einsamen Gegend für sie ein wohl noch
nie dagewesenes Ereigniss sein mochte. — Die Bucht war wieder so
seicht, dass unsere Boote bei der Ebbe im Schlamme stecken blieben.
Ein Tiger nahte sich bis auf 20 Yards unserem Boote, die Burmesen
zündeten eine Fackel an, um ihn in gebührender Entfernung zu halten.
6. Janaar. Wir durchfuhren den ganzen Tag die Kanäle der Doun-
Gruppe, kamen bald in landseeartige Wasseransammlungen, bald in enge
Durchfahrten in denen sich uns, nach plötzlichen Wendungen, unerwar-
tete Aussichten darboten. Es versteht sich von selbst, dass alle diese
Inseln und alle über die Fluthhühe hinausragenden Felsen uhne Aus-
nahme dicht bewaldet sind; nur erreichen dort die Bäume nicht dieselbe
ausserordentliche Grösse wie auf dem Festland. Das Bauholz von Tenas-
serim ist vielleicht das schönste auf der ganzen Erde.
Wir fuhren nach dem südlichen Theil der Doun- Gruppe, wo die
zweite grosse Insel, Nyamain genannt, beginnt.
Nyamain ist durch einen, kaum 4 (engl.) Meilen breiten Kanal in
zwei Theile zerschnitten. Anstatt der Trias und Grauwacken-Gebilde fin-
det man hier nur phorphyrische Gesteine. Indem ich geognostische Stu-
fen sammelte, fand ich in dem Gesteine Pistazit, Strahlstein und gemei-
nen rothen Granat eingeschlossen. Es wäre vielleicht der Mühe werth,
den Sand und das Geröll des grössten Baches dieser Insel auf Edelsteine
zu durchsuchen. Porphyrische Gesteine lassen in dieser Hinsicht Einiges
hoffen und es sollen dergleichen (die Burmesen sagen, es seien Bubine
gewesen) in altern Zeiten im Doun-Archipel gefunden worden sein, ohne
dass ich jedoch über die Art der Steine und ihre Fundorte etwas Ge-
naueres zu erfahren vermochte.
7. Janaar. Ich segelte mit Tagesanbruch und bei gutem Wind etwa
10 (engl.) Meilen weiter nach Süden und hielt Frühstücksrast auf einer
kleinen vereinzelten Insel, welche den Nahmen Wa-Khiun führt. Dieselbe
unbestimmte Benennung, welche eigentlich „Insel an einer Flussmündung" jede
Flussmündung heisst bei den Burmesen: Wa) bedeutet, führen meines
Wissens, wenigstens 10 Inseln des Mergui-Archipels. Jene Insel liegt in
der That am Eingang einer zweiten Inselgruppe, welche die Burmesen
die Padeing-Gruppe nennen. Das Meer ist in der Umgebung von Wa
Khiun merklich tiefer und hier kamen mir auch zum erstenmal Zoophyten
zu Gesicht.
Diese Thiere leben ausschliesslich im blauen Wasser („blue ioateru);
man wird ihnen schwerlich im Bereiche des Mangrove-Gebietes, mit seinen
Schlammbänken und seichten Gewässern begegnen. Sie suchen Felsgrund
auf um sich daran festzusetzen und ziehen geschützte Buchten vor, wo
sie mehrere Faden tief unter dem Spiegel des durchsichtigen Wassers
den Meeresgrund mit ihren Gehäusen überziehen.
Ich sammelte eine grosse Anzahl Madreporen. Dem Meeresspiegel
am nächsten kommen Maeandrinae, vorzüglich Astreae, und auch Caryo-
phylliae vor, welche zu ihrem Wachsen und Gedeihen Licht bedürfen.
gedruckte und ungedrucktc Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 343
Retepora cellulosa, welche man selten gut erhalten findet, war hier sehr
zahlreich; ebenso Millepora violacea, welche aussieht, als wäre sie mit
Sammt überzogen.
Diessmal konnte ich indess die gesammelten Gegenstände nicht mit
mir nehmen. So wie diese Thiere aus dem Wasser genommen Averden,
hören sie auf zu leben und ihre Zersetzung verbreitet einen unerträg-
lichen Geruch. Sogar die Burmesen, deren Geruchsnerven sonst ziemlich
abgehärtet sind, erklärten, sie müssten daran krank werden. In der That
zeigten sich nach 2 Tagen an den Füssen einiger der Mannschaft bös-
artige Carbunkel, welche sie den Ausdünstungen der faulenden Pflanzen-
thiere zuschrieben. So ungern ich es that, musste ich meine Ausbeute
wieder dem Meere zurückgeben.
Wir steuerten weiter nach Süden fort. Die Brise, welche sich am
Morgen erhoben hatte, erhob sich nach und nach zu einem starken NW.
Wind , dem unsere offenen Boote nicht gewachsen waren. Nach einer
Stunde gerieth das Meer in's Schäumen und vier Mann hatten beständig
genug daran zu thun, das Wasser aus den Booten zu schöpfen. Glück-
licherweise lag eine Inselgruppe nahe, auf die wir lossteuerten und gerade
noch zu rechter Zeit erreichten. Drei Inseln schliessen mit vier anderen
eine ziemlich geschützte Bucht ein, in der wir ankerten. Die Gruppe
heisst Batau. Die südlichste dieser Inseln hatte ein schönes sandiges Ge-
stade, beschattet von schönen Bäumen, einer breitblättrigen Art der Gat-
tung Lygium, die eben in voller Blüthe standen. Dieser Baum mag mit
Becht der Stolz der Wälder genannt werden: sein Holz ist zäh und
leicht und könnte vielleicht zum Schiffbau benützt werden. Die grössten
dieser Bäume haben einen Durchmesser von 3% Fuss und von der
Wurzel bis zum Anfang der Aeste eine Höhe von mehr als 30 Fuss.
An unserem Landungsplatze fanden wir die gewöhnlichen Ueberreste
eines Seelongs-Lagers : eine Anzahl in den Boden gesteckter Stöcke, auf
welche sie ihre zeitweiligen Hütten bauen, gerade nur hoch genug, um
nicht von den hohen Fluthen während des Monsoons weggeschwemmt
zu werden. Meine Mannschaft zerstreute sich, ohne Furcht vor den Tigern,
über die Insel; denn man behauptet, dass da, wo die wehrlosen Seelongs
ihr Lager aufschlagen, diese Baubthiere nicht vorhanden sind. Um so
zahlreicher waren die Wildschweine, welche in den Wäldern weite Flächen
umwühlen, um nach Wurzeln von Yams (Dioscorea) und anderen Pflanzen
zu suchen, von denen sie sich auf diesen Inseln hauptsächlich nähren.
8. Januar. Der Sturm nahm während der Nacht zu und am Mor-
gen ging die See zu hoch, als dass eine Fortsetzung der Beise möglich
gewesen wäre. Ich machte einen Ausflug in das Innere der Insel, bestieg
deren höchste Spitze und mass sie; ihre Höhe beträgt 650 Fuss.
Die Insel ist nichts weiter als eine felsige Erhöhung, überall steil
abfallend, ohne von Thälern durchschnitten zu sein; hie und da finden
sich Abhänge, die aber eigentlich blosse Wasserrisse sind. Ein oder
mehrere kleine Bäche finden sich auf den meisten Inseln, welche mehr
als vorragende Felsspitzen sind; auch findet man Wasser, wenn man 1
bis 2 Fuss tief in den Boden gräbt.
Die Burmesen sind durch Erfahrung mit einigen geognostischen und
hydraulischen Thatsachen bekannt geworden. Wenn sie nach Wasser suchen,
beachten sie die Schichtung des Gesteins (wo diese sichtbar ist) und
wo sie in einem Thal bemerken, dass zwei in entgegengesetzter Bichtung
Mittheilungen der k. k, geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. ^
344 ^r. Johann Wilholm Helfers
fallende Schichten einander nahe kommen oder berühren, graben sie dort
meist mit Erfolg nach Wasser. In dieser Breite beginnt das häufige Auf-
treten des schönen Calophyllum Inophyllum hin. Je weiter man nach
Süden vorrückt, um so häufiger findet sich dieser ausgebreitete, aber
nicht hochstämmige Baum auf sandigem Meeresstrande.
Die anziehende und streng tropische Familie der Guttif'erae ist in
Tenasserim zahlreich vertreten; auch wohl durch mehrere Arten, welche
dieser Gegend eigentümlich zu sein scheinen, möglicherweise aber auch
auf der siamesischen Seite, deren Flora uns übrigens noch fast unbekannt
ist, vorkommen dürften. Diese Familie findet das ihr passendste Clima
in den niederen, feuchtwarmen Wäldern von Tenasserim; daher sie auch
an der Küste von Coromandel und an der Westküste von Afrika kaum
vertreten ist. Einige Arten sind wegen ihrer Nutzbarkeit zu beachten.
Das in Handel gebrachte Gummigutt kömmt ausschliesslich von Siam
über Singapore. So nahe wir auch an Siam liegen, so kennen wir doch
noch jetzt nicht die Pflanze, welche diese Substanz liefert. Ich untersuchte
genauer die Gummigutt-Bäume der Provinz Tenasserim, fand aber, dass
sie von allen Arten, welche in Dr. Wight's neuerlich veröffentlichtem
werthvollen Werke beschrieben sind, wesentlich verschieden sind. Das
Gummigutt von Tenasserim stellt nicht nur dem siamesischen, sondern
auch dem von Ceylon (aus Nebradendron Cambogioides) nach; es ist
in Wasser weniger löslich, enthält auch mehr flüchtiges Oel und um
3 Percent mehr Holzfaser.
Von Guttiferen fand ich bisher in Tenasserim 4 Arten Gamma,
1 Art G\j notreit es, 2 Arten Mesna und 4 Arten CoUopliyllwn.
Den Burmesen ist die Arzeneikraft des Gummiguttes von Tenasserim
bekannt und für sie dürften die Morison'schen Pillen längst aufgehört
haben, ein Arcanum zu sein.
9. Januar. Der Sturm legte sich erst um Mitternacht; die See be-
ruhigte sich mit der Schnelligkeit, wie man sie nur in Tropenländern
kennt; so dass ich es wagen durfte um 10 [Ihr Früh den Landungsplatz
von Na-lan zu verlassen, nachdem ich zuvor die Aussenseite der Insel
geognostisch untersucht hatte.
Die Njamain-Inselgruppe zeigt nichts als Granit, von dem ich auf
Na-lan keine Spur fand, wohl aber Sandsteine an den flachen Stellen,
secundäre Schiefer auf den Spitzen und Conglomerat mit Eisenoker am
Meeresstrand.
Ich finde mich in meiner Ansicht: d^ss diese Inseln durch eine
gewaltige Erschütterung, nicht aber durch Wasserströmungen oder durch
Ebbe und Fluth auseinander gerissen worden seien, immer mehr bestärkt.
Nachmittags gestattete mir das ruhige Wetter den Besuch einiger ver-
einzelter Felsen, welche, wie eine Kette Schildwachen, einer hinter dem
andern in gleicher Bichtung standen. Ich kann sie nur als die hervor-
ragenden Spitzen einer in das Meer versenkten Bergreihe ansehen; auch
konnte man in der That zur Ebbezeit durch das klare Wasser ihre
untermeerische Verbindung wahrnehmen.
Diese Felsen und kleinen Inseln müssen, wenn sie nicht (wie die
heute beobachteten) aus Sandstein und Wacke bestehen, unter dem be-
ständigen Andrang der Stürme und Wogen rasch an Umfang abnehmen.
Wir kamen Abends in eine Bucht an der Ostseite eines (vermutlichen)
Theiles der grossen Lord William Bartincks-Insel.
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 34J>
10. Janaar. Meine Mannschaft hielt die Bucht, in die wir gestern
liefen, nicht für sicher; auch blies das Wetter noch immer stürmisch.
Sie riethen mir daher, den ersten etwas ruhigeren Zeitpunkt zu benützen,
um die Domel-Insel zu erreichen, wo sie in einer kleinen Bucht mehr
Schutz hofften. Da ich an keinen Ort gebunden war und jede dieser
Inseln nach eigener Wahl besuchen konnte, billigte ich ihren Vorschlag
und in etwa 2 Stunden erreichten wir eine Bucht an der Westküste
von Domel ungefähr in der Mitte der Insel. Hier fand ich zum ersten
Male auf diesen Inseln Spuren von Zinn. Nahe an unserem Lagerplatz
ergoss sich ein kleiner Bach in das Meer. Seine Bänder schienen schwarz
zu sein und bei näherer Betrachtung fand sich, dass dieser schwarze
Sand aus lauter kleinen Theilchen von Zinnstein bestand, welche das Wasser
von irgend einer unbekannten Stelle herabgeschwemmt hatte. Die Menge
des Sandes war nicht gross, doch noch immer bedeutend genug, um die
Auffindung von derbem oder eingesprengtem Zinnstein im Granite hoffen
zu lassen. Ich beschloss daher eine genaue Untersuchung der Umgebung,
indem ich den Bach aufwärts gehend, in das Innere eindringen wollte.
Der Boden des Waldes war jedoch so dick mit Unterholz (Jungle) und
Battan-Palmen überwachsen, dass der ganze Tag darauf ging, um einen
2 (engl.) Meilen langen Weg längs des Baches (der ans einem Hohl-
weg herausfliesst) auszubauen.
11. Jannar. Ich drang heute weiter gegen das Innere vor, jeden
zu Tag anstehenden Stein prüfend. Eine Menge Granitblöcke lagen umher,
aber ohne eine Spur von Zinnerz; der Zinnsand fand sich noch in
Spalten und unter den Steinen des Baches, aber immer sparsamer, je
höher ich hinaufkam. Nachdem ich etwa 6 (engl.) Meilen aufwärts zurück-
gelegt hatte, verschwand der Bach, ebenso wie der Zinnsand. Wir kehrten
nun zurück; meine Leute fast alle durch die Stacheln der Battan-Palme
verletzt. Die zahlreichen Arten von Battan-Palmen setzen, wie bereits
erwähnt, dem Eindringen in die Wälder das grösste Hinderniss entgegen.
Ich habe bis nun 11 Arten dieser Palme gesammelt; da ich sie indess
nicht zu jeder Jahreszeit beobachtet habe, kann ich nicht auf mich
nehmen, einige der nützlichsten Arten dieser Gattung (welche ebenso
wie das Bambusrohr im Haushalte der Eingebornen eine so grosse Stelle
einnimmt) mit systematischen Namen zu belegen.
12. Januar. Ich setzte meine Nachsuchungen in entgegengesetzter
Bichtung fort, beschaute die Granitfelsen am Meeresufer und war glück-
licher als auf meinem Ausflug in das Innere; wenigstens fand ich an
zwei Stellen einzelne Crystalle von Zinnstein aus dem Granite hervor-
stehend, deren grösster an J/a Zoll breit, röthlichbraun und halbdurchsichtig
war. Es ist diess das erste Mal, dass in der Provinz Tenasserim Zinn-
erze anstehend gefunden wurden; alles bisher dort gefundene war Seifen-
zinn. Meine Bemühungen, mehr davon aufzufinden, blieben indess erfolglos.
13. Januar. Die Stelle, welche ich zuletzt untersucht hatte, lag
an der SW. Spitze von Domel. Hier ist eine Landzunge von etwa zwei
(engl.) Meilen Breite durch eine ungefähr */, (engL) Meile breite Land-
enge mit dem SW. Ende der Insel verbunden. Ich umfuhr die Land-
zunge und gelangte in eine an 3 (engl.) Meilen lange Bucht, an deren
hinterster Stelle ich landete. Die Landenge ist eine Niederung, welche
erst in neuerer Zeit durch Ablagerungen entstanden ist; weisser Mergel
ist dort auf Eisenstein-Breccie gelagert und an beiden Seiten der Bucht
346 Dr. Johann Wilh. Helfer's
zeigt sich Urgestein. Der Sand am Meeresstrande war durch beigemengte
metallische Theile schwärzlich gefärbt; ich liess ihn daher sammeln und
auswaschen und meine Leute brachten davon, im Laufe des Tages, über
200 Pfund zusammen. Bei der Analyse, die ich später während des Mon-
soon damit vornahm, zeigten sich die schwarzen Theilchen als blosses
Eisenoxydul, das vom Magnet leicht angezogen wurde.
Ich selbst ging wieder auf Zinnstein aus, über die Landenge, welche
sich kaum über das Mangrove-Gebiet erhebt, dann nordwärts längs dem
Meeresufer. Ungeheure Granitfelsen senkten sich bis an das sandige Ge-
stade herab. Ich fand heute ziemlich viel Mineralien, jedoch nichts von
Bedeutung, unter Anderem einen Gang von Leberkies in Granit, den die
Burmesen wegen seiner gelben Farbe für Gold hielten.
14. Januar. Ich setzte meine Untersuchungen gegen Osten zu fort,
umschiffte in einem kleinen Boote die südlichste Spite von Domel, an
welcher eine kleine Insel liegt. Näher gegen Osten, nach dem nächsten
Vorgebirge zu, liegt ein Thal und nur sehr wenige Felsen zeigen sich
am Meeresufer. Eine regelmässige geognostische Aufnahme der Insel muss,
wenn man nicht etwa auf einen günstigen Zufall rechnen will, erfolglos
bleiben, so lang (wie es gegenwärtig der Fall ist) jeder Zoll der Ober-
fläche mit dichtem Wald oder niederen Gewächsen bedeckt ist. Zinngänge,
nach denen ich eigentlich suchte, konnte ich keine auffinden.
Domel ist eine der ansehnlichsten Inseln des Mergui-Archipels. Der
Name ist portugiesischen Ursprungs. Capt. Foster gilt zwar allgemein
als der Entdecker des Mergui-Archipels ; indess ist ausgemacht, dass
Domel den portugiesischen Kauffahrern bekannt war, welche mit Malacca
Handel trieben. Die Insel hat ihren Namen vom Honig (Mel), durch den
sie einen gewissen Ruf erlangte, wiewohl kein Beweis vorliegt, dass
dieser dort häugfiger vorkomme, als auf anderen Inseln dieses Archipels.
Die grösste Länge der Insel ist 22 (engl.) Meilen; ihre Breite
geht nirgends über 7 (engl.) Meilen. Domel ist durchaus bergig, im Ge-
gensatz zum Festlande, wo Bergzüge gleichförmig und stetig mehrere
Meilen weit fortlaufen; das Streichen der Höhen auf Domel geht von
ONO. nach WSW. Einige der kegelförmigen Spitzen erreichen eine Höhe
von nahe 2000 Fuss. Die Insel scheint von jeher unbewohnt gewesen
zu sein; wenigstens findet man auf ihr keine Spur menschlichen Fleisses.
Dennoch wäre ihr Anbau lohnend; mehrere Thäler sind fruchtbar und
an der Ostseite des südlichen Endes liegt eine mehrere Meilen weite Ebene.
Die Durchforschung von Domel würde viel Zeit und Müsse erfordern;
am hinderlichsten dabei wären die oben erwähnten Dickichte von Rattan-
Palmen und die Unzahl der verschiedenartigen Schlingpflanzen. Mein oben
erzählter Versuch, in das Innere einzudringen, ist der beste Beweis für
die Richtigkeit dieser Behauptung. Wie bei allen Inseln, so sind auch
hier die Strecken längs der Küste am schwierigsten gangbar; weiter
aufwärts sind die Hindernisse geringer, als man es vermuthen sollte.
Zahlreiche Bäche kleinerer Art kommen von beiden Gehängen der
Berge herab. Die Westseite hat tieferes Wasser als die Ostseite, an der
das Gestade mit Bhizophora-Wäldern dicht besetzt ist. Domel ist sehr
reich an Wild; Nashörner kommen in Menge vor und Tiger noch häufiger.
Letztere fürchtet man sehr, obgleich sie an der Ostküste der Bucht bei
Weitem nicht so blutgierig sind als in Bengalen und in Malabar. Die
natürlichen Erzeugnisse der Insel bleiben ganz und gar unbenutzt; sogar
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 347
die Seelongs landen selten auf ihr, du in den Südgegenden der Biche
de mar, dem sie vorzugsweise nachgehen, reichlicher vorkömmt.
15. Januar. Heute von Dome! gegen den Süden zu abgereiset. Süd-
lich von Domel vor mehreren kleinen Felseneilanden vorbei, welche alle
an Gestalt grossen Termitenbauten gleichen. Bei grossen Springfluthen er-
giesst sich das Wasser mit grosser Gewalt, mit einer Geschwindigkeit von
8 Knoten, durch den Kanal zwischen Domel und Sir Frederick Malcolm's
Insel. Da wir im Lauf des Vormittags den Strom nicht zu überwältigen
vermochten, mussten wir hinter einer kleinen Insel im Süden der Bushby-
Insel, Schutz suchen. Die Stürme zur Zeit der Moonsons müssen hier sehr
heftig sein, und die Wellen ungewöhnlich hoch gehen, wie man aus den
Spuren sieht, die sie an der Vegetation zurückgelassen haben. Obwohl jede
Spalte dem Pflanzenleben Nahrung gewährt, so sind doch alle Bäume von
zwerghaftem und verkümmerten Ansehen. An einigen Stellen sehen sie aus,
als wären sie künstlich zugeschnitten worden , wie die zu Versailles zur
Zeit Ludwigs XIV. Mitunter haben sie die Gestalt von Buchsbäumen mit
gestutztem Wipfel; an andern Stellen sehen sie aus als hätte sie der
Fall einer Woge seitwärts gedrückt. Die eigenthümlichen Elephanten-Fel-
sen, östlich von Domel (von welchen später die Rede sein soll) ragen
gleich majestätischen Pyramiden aus dem Wasser hervor.
Wir landeteten auf der kleinen Insel, wo wir eine vereinzelte Co-
cospalme sahen, die einzige auf allen diesen Tausenden von Inseln, aus welchen
die Regierung bloss durch Bepflanzung ihrer Ufer mit Cocospalmen ein
bedeutendes Einkommen ziehen könnte. Ueberall hatten die Seelongs Spu-
ren ihrer Anwesenheit zurückgelassen. — Wo immer diese Leute weilten,
findet mau zweierlei in Menge : höchst lästige Schwärme der gemeinen
Stubenfliege, die sogleich die Boote anfüllen, und die Gehäuse eines schö-
nen und grossen einschaligen Weichthieres, welches offenbar ihnen haupt-
sächlich zur Nahrung dient. Dieses Mollusk ist eine Onchidinia und ist
ihnen nicht nur als Speise wichtig, sondern auch als Tauschartikel, da
es, gleich dem Biche de Mar nach China zur Befriedigung der seltsamen
Gelüste dieses ausnehmend feinschmeckerisehen Volkes ausgeführt wird.
Diese Art, in ihren grössten Exemplaren 5 Zoll hoch und an der Basis
eben so breit, ist am Meeresgestade. unter dem Felsen, sehr zahlreich.
Zur Ebbezeit zieht es sich nicht in die See, sondern bleibt zwischen den
Klippen; an günstigen Stellen kann man in kurzer Zeit mehrere Boote
damit anfüllen. Ich kostete das gesottene Thier, fand es aber schwer ver-
daulich. Bei den zur Ausfuhr bestimmten schneiden die Seelongs den brei-
ten Theil (den Fussmuskel) ab, räuchern ihn wie die Holothurien über
Feuer und trocknen ihn an der Sonne. Wir fuhren bei ziemlich schlech-
tem Wetter um die West- und Südkiiste der Sir Fred. Malcolm's Insel,
welche ganz aus einem grossen Granitblock mit nur wenigen Stellen zum
Anlegen besteht, dann zwischen ihr und Sir Edward Owen's Insel durch
und übernachteten in einer schönen Bucht am östlichen Ufer der
letztern.
16. Januar. Die Bucht in Sir Edw. Owens Insel gilt für eine der
besten Stellen im Mergui-Archipel für den Fang von Biche de Mar oder
Seeschnecken (vSea-slugsu). Ich sah diesen Morgen Hunderte derselben
im seichten Wasser, in Gesellschaft von Seeeigeln, Seesternen, Emerinus.
Euryale u. dgl. Sie bewegen sich langsam, scheuen nicht die Gegen-
wart der Menschen und ziehen sich, wenn man sie berührt, so heftig zu-
^48 Ur. Johann Wilhelm Helfer's
sammen, dass an beiden Seiten die Eingeweide hervortreten. Es sind eckel-
hafte Thiere, die bei ihrer Berührung eine erstarrende Empfindung her-
vorbringen, an dem Finger kleben bleiben und wenn man sie wegwirft,
eine fadige, dem Vogelleim ähnliche Materie zurücklassen. Einige Arten
wird man nur mit Mühe los, indem sie mit ihren mikroscopisch kleinen
hornigen und eingebogenen Stacheln in die Haut eindringen. Man sagt,
dass ihr Werth nach ihrer grössern oder geringern Klebrigkeit bestimmt
werde. Man unterscheidet über 30 Abänderungen; ich selbst konnte deren
nur drei unterscheiden : die grosse weissliche, die am höchsten im Preise
steht, eine graue mit rothen Flecken und eine schwarze, die am wenig-
sten geschätzt wird. Zwei andere grössere Holothurien werden nicht ge-
fangen, da sie in China keinen Absatz finden. Millionen solcher Tbiere
müssen in den seichten felsigen Buchten der äussern Inseln des Mergui-
Archipels leben,- den innern Inseln fehlen sie ganz. Vermuthlich vermeh-
ren sie sich sehr schnell, da selbst die gehässigsten Seethiere ein Fut-
ter verschmähen, welches den verkehrten Gelüsten eines überfeinerten Vol-
kes als Gaumenkitzel gilt. Noch ist unentschieden, ob die aphrodistisehen
Kräfte, welche die Burmesen, und überhaupt alle östlichen Völker diesen
Thieren zuschreiben, wirklich oder nur in der Einbildung bestehen.
Die geringe Bevölkerung der Seelongs sammelt davon nur soviel,
als sie zum Eintausch ihrer wenigen Lebensbedürfnisse, worunter geistige
Getränke die erste Stelle einnehmen, gerade bedarf. Die Chinesen folgen
ihnen in ihren Booten und kaufen ihnen jeden Tag ihre Ausbeute ab,
bis sie ihre kleinen Fahrzeuge ganz damit gefüllt haben; worauf sie nach
Mergui zurückkehren. Sobald sie eine Schiffsladung beisammen haben,
bringen sie diese nach Penang, von wo sie nach Singapore (gegenwär-
tig der grosse Stapelplatz dieses, auf den chinesischen Märkten wichtigen
Artikels) verschifft werden. Die einzige nöthige Zubereitung beschränkt
sich auf Bäuchern und Trocknen an der Sonne.
Ueber die Südspitze von Sir Edward Owen s Island hinaus leidet
der Mergui-Archipel eine fast selten vorkommende Unterbrechung; zwi-
schen obiger Insel und der ansehnlichen Insel Lampee liegt kein einziges
der sonst so zahlreichen Felsen-Inselehen. Lampee gehört sichtlich einer
andern Bergreihe an, wie schon die ganz verschiedene geognostische Be-
schaffenheit anzeigt.
Ein gegen Osten gelegenes, der Nordspitze von Lampee fast parale-
les Eiland, mit Becht „High Island" (hohes Eiland) genannt, gibt für
einen Umkreis von vielen Meilen einen sehr augenscheinlichen Bichtungs-
punct ab. Lampee liegt in gerader Bichtung 12 (engl.) Meilen von Sir
Edward Owens Island entfernt, wir kamen dort spät Abends an.
17. Januar. Die geognostische Bildung von Lampee- oder Sulliwans-
Island ist von der aller andern Inseln ganz verschieden. Auf allen, die
ich bisher besuchte, sind die Steine geschichtet und alle scheinen mir
dem Uebergangs-Thonschiefer anzugehören. Bezeichnend ist ihre Veränder-
lichkeit und ihr häufiger, meist plötzlicher Uebergang in schwarzen Kie-
selschiefer (Ampelit). Indess will ich nicht bestimmt Iäugnen, dass einige
dieser Gesteine dem Ur-Thonschiefer angehören könnten. Grünstein-Schie-
fer (Diabase schistoide) kömmt an verschiedenen Stellen vor, nirgends aber
Granit und echter Syenit. Die verschiedenen Lager folgen einander in kur-
zen Zwischenräumen und scheinen untereinander zu wechsellagern.
gedruckte und un^edruckte Schriften über die Tenasseriin-Provinzcn etc. 349
Ueberall sind diese Schiefer mit Gängen von weissem Quarz durch-
schnitten, welche gegen das schwarze Hauptgestein auffallend abstechen,
ihre Mächtigkeit wechselt von 1 Zoll bis 2 Fuss. In einem solchen Quarz-
gange tänd ich Kupferkies, es ist dies die zweite Stelle in Tenasserim, an
welcher dieses wichtige Erz entdeckt wurde. Ich beschloss, Lampee zu um-
schiffen und wir lichteten heute Morgens die Anker, um so mehr, als
wir an unserem Landungsplatze an der Nordspitze nirgends Trinkwasser
fanden.
Lampee hat eine sehr unregelmässige Gestalt, und besteht eigent-
lich aus 3 zusammenhängenden Inseln : die erste, 1) (engl.) Meilen lang,
von NO. nach SW. streichend ; die zweite 8 (engl.) Meilen lang, von NW.
nach SO. laufend, die dritte mit der zweiten durch eine Landenge von
ya (engl.) Meilen verbunden, streicht 10 (engl.) Meilen lang, genau von
N. nach S. und ist an ihrer breitesten Stelle nicht über 5 (engl.) Meilen
breit. Ihre Küsten sind voll Buchten und Einschnitte, besonders die süd-
westliche, wo im seichten Wasser zahllose Biche de Mar leben, daher dort
auch der mittlere Stamm der Seelongs seinen vorzüglichsten Sammel-
platz hat.
Lampee ist weniger für den Anbau geeignet als Dome! oder King's
Island, indess lässt sich darüber kaum von vornhinein ein giltiges Ur-
theil aussprechen, da uns alle Erfahrung über den Wachsthum der ge-
meinsten tropischen Nutzpflanzen fehlt; wahrscheinlich ist noch nie auf
der ganzen grossen Insel ein einziger Fruchtbaum, eine Coeospahne oder
ein Pisangbaum gepflanzt worden. Ich übernachtete im einer kleinen Bucht
an der NW. Küste und sah dort ein bemanntes Boot, das erste seit mei-
ner Abfahrt von Mergui. Da meine Burmesen fürchteten, es könnten Malay-
ische Seeräuber sein, ging ich bewaffnet, und mit einigen Begleitern zu
diesen Leuten hin, um sie auszufragen. Es waren Malayen im Dienste
Dalter Juan's, des Malayeu-Häuptlings, welcher sich seit der britischen Be-
sitznahme in der Provinz niedergelassen hat. Diese Leute sollten die ess-
baren Vogelnester, welche er von der Begierurg gepachtet hatte, über-
wachen.
18. Januar. Ich umschulte langsam die Insel bis zu ihrem westlichen
Ende, dann durch den engen Kanal zwischen ihr und der nahen Blunt's
Insel. Das NW. Gestade ist Wind und Wellen ausgesetzt, das SO. ist
geschützt. Sandige Gestade erstreckten sich längs den weniger erhöhten,
mit Casuarina-Bäumen geschmückten Ufern. — Wir legten in einer tiefen
Bucht an, an der Mündung eines Baches , der vom breitesten Theil der
Insel herkommt.
Das seichte Wasser und eine ununterbrochene Reihe von Felsen sind
der beste Schutz des mittleren Theils der Insel gegen die Annäherung
grösserer Schilfe. Gegen W. liegt eine Gruppe, aus einer grössern und
6 kleinern Inseln, auf der ich zu übernachten beschloss. Spät Abends sah
ich Bauch aus einer der kleinen Buchten aufsteigen, meine Mannschaft
meinte, es müssen Seelongs dort lagern und da ich wünschte, mit die-
sem seltsamen Wanderstamine in Berührung zu komen, befahl ich sogleich,
hinüber zu fahren und kam dort nach einer Stunde an.
19. Januar. Ich brachte diesen Tag unter den Seelongs zu. — Meine
Ankunft bei Nacht verbreitete einen gewaltigen Schrecken unter dieser
wehrlosen Gemeinde, da sie nicht wussten ob ich als Freund oder als
Feind käme und sie einen Anfall der Malayen von Süden her vermutheten.
,'{5l) Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Die Weiber und Kinder waren in das Innere geflohen und ihre beste
Hube: Reis und Meerschnecken hatten sie in das Dickicht vergraben. Als
sie entdeckten, dass ein weisser Mann (der erste den sie je gesehen)
zu ihnen gekommen sei, verwandelte sich ihre Furcht in Freude und die
ganze Gemeinde kam am Murgen Dach meiner Landung zu mir, um mich
zu begrüssen. Es waren ihrer etwa 70 Köpfe, Weiber und Kinder mit
gerechnet, die auf dem sandigen Gestade ihr Lager aufgeschlagen hatten.
Jede Familie hatte ein kleines erhöhtes Schutzdach, mit Palmenblättern
gedeckt, aufgerichtet, wo alle Mitglieder Nachts beisammen hockten; eine
schmutzige Versammlung von ärmlichem Aussehen; die Weiber eigentüm-
liche Matten aus Seegras (welche in Mergui und Maulmain sehr gesucht
sind) flechtend, die Kinder (offenbar aus Furcht vor dem Fremdling) mit
Hähnen, Katzen und Hunden einen kreischenden Chor anstimmend. Alles
trug das Gepräge der äussersten Verwirrung und selbst die Thiere schienen
zu ahnen, dass meine Ankunft unter ihnen ein aussergewöhnliches Ereigniss
sei. Einige dieser Schutzdächer sahen wie Fleischbänke aus; ihre Haupt-
nahrung, grosse Stücke von Schildkrötenfleisch, lagen überall zum Trocknen
an der Sonne und verpesteten die Luft; Schalthiere wurden aus ihren
Gehäusen genommen und wilde Wurzeln einer Art Dioscorea, sammt den
übelriechenden Schösslingen der Cycas circinalis, wurden zum Kochen
vorbereitet.
Auf dem Gestade lagen 20 bis 30 gutgebaute Boote, leicht wie
Nusschalen. — Ihr Boden war aus einem ganzen Stamme, die Seiten aus
schlanken Palmstämmen, welche stark mit einander verbunden und mit
Palmenhanf kalfatert waren.
Diese nicht über 30 Fuss langen Boote sind die eigentliche Hei-
mat des Seelong, ein Ichthyophage im vollsten Sinne des Wortes, für den
die Erde so wenig Reiz hat, dass er in ihren Schoos auch nicht ein
Körnchen Reis niederlegt, vertraut er sein Leben und seine geringe Habe
diesen schwachen Fahrzeugen an , auf ihnen von einer Insel zur andern
wandernd. Aber auch die Fischerei liegt bei den Seelongs noch in der
Kindheit, sie haben nicht einmahl Netze, sondern nur Dreizacke, mit denen
sie Haie und andere Fische, so wie auch Schildkröten spieseu. Ausser-
dem haben und kennen sie keine andern Werkzeuge, als das (Dak)
(burmesisches Messer) und ihre eigenen Hände.
Die Seelongs sind wohlgebaut und sehen gesund aus; ihre Haut-
farbe ist dunkler als die der Burmesen. Einige unter ihnen nähern sich
dem malayischen Typus, andere dem aethiophischen. Ihre mitunter krau-
sen Haare scheinen auf eine Verwandschaft mit Negerstämmen hinzudeu-
ten; möglicherweise konnten sie mit den so nahe liegenden Andamanesen
in Verbindung getreten sein.
Ich unterhielt mich durch Vermittlung ihres Anführers, der Burme-
sisch verstand, den ganzen Tag lang mit ihnen. Ausser diesem und zwei
Andern verstand keiner diese Sprache, ausser ihrer eigenen Sprache spra-
chen einige Siamesisch, andere Malayisch.
Ihr Benehmen zeichnete sich durch Höflichkeit und Anstand aus,
sie erzählten mir, dass ihre Kinder meist zwischen dem 2. und 6.
Jahre an Krankheiten sterben, und dass die, welche diese Epoche über-
leben, als gesichert betrachtet werden. Nach der Beschreibung der
Krankheit, scheinen diese Kinder am Durchfall zu sterben, vermuthlich in
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 351
Folge der unverdaulichen Nahrung, die sie schon in so zartem Alter ge-
messen.
Die Seelongs kennen gar keine Arzneien, eine seltene Ausnahme
unter rohen Völkern, welche allgemein die grösste Menge einfacher Arznei-
stoffe besitzen, nebst einer Unzahl von Zaubermitteln und andern wirkungs-
losen Substanzen, denen sie grosse Heilkräfte zuschreiben. Sie vertauschen
ihre werthvollsten Produckte: Peilen, Ambra, Alöeholz u. dgl. für Arzneien
und Zaubermittel an die Chinesen. Das grösste Geschenk, dass ich ihnen
nebst geistigen Getränken machen konnte, waren Arzneien. Als sie mich
Kaffee trinken sahen und hörten, das ich dieses schwarze Getränk täglich
zu mir nehme, bildeten sie sich ein, es sei die vorzüglichste Arznei des
„weissen Mannes" und Hessen nicht ab, bis ich ihnen einen guten Theil
davon gegeben hatte.
Sie sind starken Getränken in einem entsetzlichen Mass ergeben
und kennen keinen grösseren Genuss als Berauschung. Die Chinesen und
Malayen, die mit ihnen verkehren, versehen sie vor Allem mit Toddy und
nehmen ihnen während der darauffolgenden Betäubung alle ihre werth-
volle Habe weg. Da sie jedoch Alles, was sie brauchen, so leicht wieder
erwerben, nehmen sie sich, sobald sie zur Besinnung zurückgekehrt sind,
diesen Verlust scheinbar sehr wenig zu Herzen.
Sie sind sorglos und träge, nur junge Leute arbeiten, das heisst
sammeln alles ein, was ihnen unter die Hände kömmt; umgeben von den
reichsten Naturschätzen, verharren sie in tiefer Armuth. Eine Wiederge-
burt dieser Bace wird vermuthlich niemals zu Stande kommen, indess
wäre bei den Seelongs für einen wahrhaft menschenfreundlichen Missionär
ein schöner Wirkungskreis offen. Verharren sie noch lang in ihrem jetzi-
gen Zustande, so wird ihr Nähme bald aus der Beihe der Völker ver-
schwinden. Ihre Begriffe von der Gottheit sind sehr unvollkommen, sie
glauben an höhere Mächte, ohne damit einen deutlichen Begriff zu ver-
binden. Die Unsterblichkeit der Seele liegt weit über ihrem Fassungsver-
mögen, Als ich sie fragte was sie meinten, dass nach dem Tode aus ihnen
würde, antworteten sie, sie hätten nie darüber nachgedacht, und fügten
gleichfalls als Entschuldigung hinzu, „wir sind arme Leute, die nichts wis-
sen." — Sie sind voll abergläubischer Befürchtungen; sobald Jemand un-
ter ihnen stirbt, wird der Leichnam in das Dickicht getragen, die ganze
Versammlung verlässt augenblicklich ihre Lagerstätte, und kehrt erst nach
Jahren dorthin zurück , wo dann die gebleichten Gebeine gesammelt und be-
erdigt werden.
Ich begleitete eine Gesellschaft junger Leute auf den Fischfang; sie
handhabten sehr gewandt den Speer, welcher an einem 20 Fuss langen
Bambusrohr befestigt ist und fingen in einer Stunde drei grosse Schild-
kröten, zwei Haie, und einige andere Fische. Dann gingen sie zwischen
Felsen Orchidia sammeln, welche auf dieser Insel in Menge vorkommen.
20. Janaar. Ich musste nach Mergui zurück, da mein Vorrath beinahe
erschöpft war, und meine Hoffnung ihn bei den Seelongs zu ergänzen,
fehlgeschlagen war. Sie hatten nicht einmahl Beis oder trockene Fische,
und lebten nur vom Ertrage ihres Fischfangs.
Ich fuhr an der Küste von Lampee bis zur Südspitze, durch den
Kanal, welcher sie von Observation -Island scheidet, und dann auf der ent-
gegengesetzten Küste, wieder nordwärts. Die geologische Beschaffenheit wie
die Vegetation bleiben sich überall gleich; die Gewässer seicht, der Bo-
352 Dr. Johann Wilhelm Hrlfer's
den wenig zum Anbau geeignet, ausser etwa am Meeresstrand für Cocos-
palmen. Viele Millionen dieser höchst nützlichen Palme würden auf den In-
seln des Mergui- Archipels einen ihnen zusagenden Boden finden. Ich über-
nachtete an der Ostseite.
21. Januar. Die Entfernung des obern Theils von Sulliwans- Island
(Lampee) von dem gegenüber liegenden Festlande beträgt 10 (engl.) Meil.
Lampee ist nicht gleich andern Inseln mit kleineren Eilanden oder Felsen
umgeben, sondern der ganze 10 Meilen lange Raum zwischen ihr und dem
Festland ist in jeder Richtung offene See, mit Ausnahme der Gregories-In-
seln (10° 40' NB.) welche zwischen ihrem südlichen Theil und dem Fest-
lande liegen.
Diese Gregories sind 5 kleine Inseln, umgeben von Riffen mit aus-
gedehnten sandigen Gestaden. Ich fuhr vor ihnen vorbei, ohne Gelegen-
heit zum Landen zu finden. Sie haben kein frisches Wasser, dessen meine
Mannschaft sehr bedurfte. Wir fuhren dennoch den ganzen Tag hindurch
nordostwärts, bis wir in der Abenddämmerung vor eine grosse Insel ka-
men, welche die Burmesen Coyee-ghi-oo nennen, wo wir zur grossen
Freude meiner Mannschaft Wasser fanden. Die armen Leute hatten den
ganzen Tag fasten müssen, da sie kein Wasser hatten, um ihre Lebens-
mittel zu kochen.
22. Januar. Wir fuhren weiter nach Norden fort, um Boukpeen, ein
siamesisches Dorf auf dem Festlande zu erreichen, wo ich Lebensmittel
zu erhalten hoffte. Ich machte die Bemerkung, dass die- Burmesen die
ganze Gruppe der Inseln in dieser Umgebung (deren Anzahl wieder be-
deutend sein muss) unter der Benennung „Coye" begreifen, es mögen ihrer
an 50 sein. Das Festland tritt hier nach Osten zurück und eine geräumige
Bucht öffnet sich.
Die Ufer des Festlands sind mit Mangroves bewachsen und Hessen
zahlreiche und weite Oeffnungen wahrnehmen; vielleicht mögen sich hier
verschiedene Flüsse in das Meer ergiessen.
Unter 10° 45' NB. zeigt sich auf dem Festland ein hoher von allen
übrigen Zügen gesonderter Gebirgsstock, dessen Höhe wenigstens 3000 Fuss
erreicht. Nie scheint ein menschlicher Fuss diesen Theil des Landes be-
treten zu haben, wenn nicht etwa einige siamesische Elephantenjäger dort
eingedrungen sind.
Wir landeten zur Frühstückszeit auf einer kleinen felsigen Insel, wo
ich Gelegenheit fand , eine gute Sammlung von Conchylien zusammenzu-
bringen. —
Die inneren Inseln sind, im Allgemeinen für dergleichen Sammlun-
gen nicht günstig gelegen, der Conchyolog, der in europäischen Cabinet-
ten die prächtigen Exemplare aus Ostindien gesehen, würde sich mit sei-
nen Erwartungen im Mergui-Archipel sehr täuschen. Die schönsten Arten
kommen im Meere an vereinzelten Inseln vor, und ohne Taucher und Schlepp-
netze bleibt es unmöglich, mit diesen naturhistorischen Schätzen bekannt
zu werden. Die gewöhnlichsten Arten an den Gestaden der innern Inseln
sind folgende:
Zweischaler: a) an den Felsen: die bekannten Gattungen Mitylus,
Pinna, Ostrea, b) im Sand und Schlamm: Aspergillum, Mya, Solen,
Mactra. c) auf dem Ufer zur Ebbezeit: Chamo. , Glossus, Cardita, Area
u. s. w. Einschaler: Orchidium, Siphonaria, Patella, Fissur ella, Ha-
liotis, Nerita, Natica u. s. w. Die meisten unter ihnen sind nicht fest
gedruckte und ungedruckle Schriften über die Tcnasserim-Piovinzen etc. y5;}
angeheftet und scheinen sich genau an den Wasserstand zu halten, indem
sie bei der Fluth an den Felsen hinaufsteigen und zur Ebbezeit mit
dem Wasser wieder zurückgehen. Nur wenige Arten bleiben auf den
trocken gelegten Felsen zurück; sie vertragen nicht die Sonnenhitze,
welche die Felsen in kurzer Zeit austrocknet. Viele suchen ihre Zuflucht
in Spalten, andere werden leicht in den kleinen Wasseransammlungen in
den vertieften Stellen der Felsen gefangen.
Die Zahl der schlammbewohnenden Arten muss bedeutend sein; die
im Sande vergrabenen sind weniger zahlreich, als man erwarten sollte.
Die Burmesen verzehren eine grosse Menge der verschiedensten Arten,
weniger die Malayen und Siamesen; die Seelongs beschränken sich auf
einige wenige Arten, die ihrem Geschmacke besonders zusagen, die aber
auch einen Haupttheil ihrer Nahrung abgeben.
Abends kam ich an der Einfahrt des Boukpeen-Flusses an.
23. Januar. Die Einfahrt des Boukpeen-Flusses ist voll Sandbänke,
welche bei niederer Ebbe über den Wasserspiegel hervorragen, und
über welche, wie es scheint, grössere Fahrzeuge nicht hinüber könnten.
Der Fluss selbst ist sehr unbedeutend; die Gegend nimmt sich von Weitem
sehr einladend aus. Der Boukpeen-Berg (eigentlich eine getrennt sich
erhebende Berggruppe) ist im Sü. der Einfahrt sichtbar; er ist ungefähr
3000 Fuss hoch und ist noch nie bestiegen worden. Nach der Beschrei-
bung und den Musterstückeu die ich gesehen, besteht er aus Granit, in
welchem grosse Platten von Talk die Stelle des Glimmers vertreten.
An der Einfahrt des Boukpeen-Flusses steht eine Fischerhütte und
kleine Fischstaketen sind auf der saudigen Barre vor der Einfahrt auf-
gerichtet. Man fängt hier Fische in grosser Menge, so dass die Fischer
nicht wissen, was sie damit thun sollen und einen grossen Theil wieder
in das Wasser werfen. Fleissige Besucher der Fischstaketen sind auch
verschiedene Thiere, als wüssten sie, dass sie dort mit leichter Mühe
ihre Mahlzeit finden. Dergleichen sind: der Alligator, die Fischotter (Lutra),
die Beiher, die Falken und ausserdem hunderte von Seemöven, welche
reihenweise auf den Staketen sitzen und mit ihrem glänzend weissem
Gefieder den noch weit entfernten Seefahrern die Lage des Ufers anzeigen.
Haiflossen werden vorzugsweise für den chinesischen Markt gesam-
melt; einige Fische werden mit den Füssen gestampft und fast ohne
Anwendung von Salz getrocknet; die Schwimmblasen werden durchgehends
als unnütz weggeworfen.
Wir fuhren im Laufe des Tages tlussaufwärts. Das Dorf Boukpeen
liegt nicht am Hauptflusse, dessen Ursprung bisher noch unbekannt ist,
sondern an einem Seitenarme. Der Weg in das Innere ist allmählich an-
steigend und führt grösstenteils durch Mangroves.
Ich habe oben angeführt, dass jede Art des Mangrove-Baumes ihre
genau bestimmten Standorte hat; einige davon wachsen nur in salzigem
Wasser, andere in brakischem, noch andere nur in kaltem süssen Wasser.
VHeritieria geht unter allen Arten am Weitesten in das Binnenland
hinein und kömmt am Bande des Mangrove-Gürtels vor; die Orte wo
dieser Baum wächst, gelten bereits als geeignet für den Anbau des Beises.
Der Boden um Boukpeen soll von der allerbesten Art für Beisbau im
Tieflande sein und der dortige Reis steht im Rufe, der schönste in den
Süd-Provinzen zu sein. Als ich den Boden untersuchte, fand ich, dass
354 Dr. Johann Wilhelm Helfer' s
fast der ganze zum Anbau ausgesuchte Grund gerodeter L Heritieria-
Wald war.
Bei dem Dorfe wurde der Fluss so eng, dass mein Boot kaum
wenden konnte und zur Ebbezeit hatte es kaum einen Fuss Wasser.
Diese Ansiedlung ist erst neueren Ursprunges und besteht ganz
aus Siamesen, welche sich unter britischen Schutz geflüchtet haben. Die
Wahl ihres neuen Wohnsitzes ist gut überdacht; nicht nur ist der Boden
dort sehr fruchtbar, auch die Umgebung ist reich an Zinn. Hier wohnen
etwa 40 Familien, die eine Fläche von nahe einer englischen Quadratmeile
für den Feldbau gelichtet haben. Diese Bevölkerung scheint zu gedeihen;
das Aeussere der Männer war einnehmender als das der Bewohner von
Lennya, mit denen sie nur wenig zusammenkommen und die sie für ein
unter ihnen stehendes Geschlecht ansehen. Die Bewohner von Boukpeen
kamen aus der Halbinsel und da sie eine gemischte Bace von Malayen
und Siamesen sind, ist ihren Nachkommen jenes die Malayen so auffal-
lend bezeichnende Selbstgefühl eigen. Die sehr ausgiebige Ernte wurde
während meines Besuches eingebracht.
24. Janaar. Ich untersuchte heute die zinnführende Gegend bei
Boukpeen. Der oben erwähnte Bach, welcher zu diesem Dorfe führt,
entspringt eine Tagreise weit davon, in einem hohen Bergzuge. Dieser
Bach liegt über der Fluthhöhe und ist nur 10 bis 12 Yards breit; seine
Wassermenge wechselt nach den Jahreszeiten. Während des Monsoons
ist er ein reissender Strom, im März dagegen fast ausgetrocknet. In
seinem oberen Laufe führt er Zinn, theils aus dem höher gelegenen Ge-
birge, theils als Seifenzinn aus den diluvialen Absätzen der Umgebung.
Die Stelle, wo die Siamesen Zinn waschen, liegt nur eine Stunde Weges
vom Dorfe ab. Ihr Verfahren dabei ist sehr einfach und genau dasselbe,
welches die Burmesen und Siamesen auf der Halbinsel befolgen; sie
waschen den zinnführenden Sand in hölzernen Mulden, wie ich es in
meinem vorhergehenden Berichte beschrieben habe. So mangelhaft diess
Verfahren auch ist, kann doch, nach ihrer eigenen Aussage, ein fleis-
siger Arbeiter täglich 12AS bis 1BS 4AS dabei verdienen; diese Leute
scheinen indess so wenig Arbeitslust zu besitzen, dass sie diesen Reich-
thum unbenutzt vor ihren Thüren liegen lassen. Das Wenige, was sie
davon gewinnen, wird durch Weiber ausgewaschen und an chinesische
Händler verkauft, welche in ihren kleinen Junken längs der ganzen West-
küste der malayischen Halbinsel herumfahren, jeden Hafen von Cap Ro-
maina bis Tavoy besuchen und ihre Waaren gegen Goldstaub, Perlen,
Zinn und Biche de mar austauschen. Diese Leute haben eine grosse
Aehnlichkeit mit unseren europäischen Hausirern. Ich durchging die Gegend
und fand das Zinnerz weit verbreitet, so dass die Auswaschung in grossem
Maasstabe sehr lohnend sein dürfte. Das Seifengebirge hält im Durch-
schnitte 6 Percent an Zinnerz. Die Körner, oder vielmehr Crystalle, dieses
Erzes sind grösser als alle, die ich bisher gesehen, da das Erz von
Tavoy nur als kleiukörniger, schwarzer Sand vorkommt. Dieses Letztere
gibt durchschnittlich öS Percent metallisches Zinn, während das Erz von
Boukpeen 60 bis 68 Percent liefert. Beide Erze würden bei sorgfältigerer
und rationeller Schmelzung sicher noch um 8 bis 10 Percent mehr
liefern. Die Gegend ist eben mit einigen wenigen Hügeln, zwischen denen
das Seifenzinn abgelagert ist; schwer zu entscheiden ist, wie es dorthin
gekommen und durch welche Kraft das Urgestein, in welchem es ursprünglich
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 355
eingeschlossen war, zu Staub zermalmt worden. Das verbreitetste Vor-
kommen des Zinnes, welches man auf unserer Erde kennt, fällt zwischen
den Aequator und den 14. Grad NB. und alles deutet darauf hin, dass
dieses Zinnerz zum grössten Theil durch heftige Umwälzungen aus dem
Orte seines ursprünglichen Fundorts an seinen jetzigen gelangt sei.
Der südliche Theil von Tenasserim ist das eigentliche Vaterland
der Lagerstromia regia, eines vortrefflichen Bauholzes. Man findet diesen
Baum zwar auch in Ostindien, aber bei Calcutta wird er nur strauchartig
und hat ganz das Ansehen eines Fremdlings; in der Provinz Amherst
wächst er baumartig, breitet aber seine Zweige schon in einer Höhe
von 8 bis 10 Fuss über der Erde aus. Man findet ihn dort an den
Ufern des Attaran, des Guin, des Salween und im März und April, wenn
sich seine grossen lillafarbigen Blumenbüschel öffnen, bildet er eine der
schönsten Zierden der Wälder; indess erreicht er seine höchste Voll-
kommenheit erst im Süden, wo sein Stamm 20 bis 25 Fuss hoch auf-
wächst, bevor er sich in Zweige vertheilt und einen Umfang von 3 bis
5 Fuss erreicht, er kömmt zwischen 10. und 11° Grad NB. vor und
ist der gemeinste Baum auf den Ebenen, die 5 bis 7 Fuss über den
Standort der L'Heritieria liegen und zur Zeit des höchsten Monsoons
unter Wasser stehen.
Der allgemeine Gebrauch dieses Baumes ist bekannt; sein Holz ist
eines der besten zum Schiffbau und besonders werden seine ausgebreiteten
gekrümmten Aeste von den Eingebomen und Chinesen gerne verwendet.
25. Januar. Ich verliess heute Boukpeen und setzte meine Reise
nach Norden zu fort. Wir mussten das Steigen der Fluth abwarten da die
Boote an unserm Ankerplatz tief im Schlamme stacken.
Die siamesische Bevölkerung scheint für die britische Regierung sehr
günstig gestimmt und die Dorfbewohner sprachen den eifrigen Wunsch
aus, dass ihren Verwandten gestattet werden möge, sich dereinst unter
den Schutz der ostindischen Gesellschaft zu begeben. Mehrere Familien
wandern jedes Jahr ein, aber nur in beschränkter Zahl und zwar aus
folgenden Gründen;
1) Weil in Siam, wie in Burmah und in China kein weibliches
Wesen ausser Land gelassen wird.
2) Die Vaterlandsliebe der Asiaten, vermöge welcher sie nur die
äusserste Tyrannei zur Auswanderung bewegen kann. Diess ist indess
weniger der Fall bei buddhistischen Völkern als bei Muhammedanern,
bei denen die Verehrung und Erhaltung der Grabstätten ihrer Vorfahren
eine der ersten Pflichten der Nachkommen ist. Für die Burmesen und
Siamesen liegt aber das grösste Hinderniss der Auswanderung in ihrem
Zweifel an der Dauer der britischen Herrschaft und in ihrer Unkennt-
niss der anglo-indischen Macht.
Wir fuhren flussabwärts und während eines Theils des Tages
nordwärts, längs der Küste des Festlandes.
26. Januar. Wir fuhren längs der Küste Sedeing (einer von
Mr. Maingy gegründeten malayischen Ansiedlung) vorüber, ohne anzu-
halten (worüber ich später zu sprechen Gelegenheit haben werde) kamen
wegen starken Nordwinds nur wenig vorwärts und mussten, etwas ober
Sedeing, auf einer kleinen Insel landen, welche Wet-Khiur oder Pig's
Island heisst. Sedeing bildet eine Art Vorgebirg, von ausgedehntem Seicht-
wasser umgeben, so dass Schiffe sich nicht dem Orte nähern können
350 Dr. Johann Wilhelm Helfer'?
und in dieser Hinsicht ist die Absiedlung unglücklich gewählt. Etwa 10
(engl.) Meilen nördlicher öffnet sich eine Bucht gegen Osten, deren
Hintergrund dicht mit Mangroves besetzt ist und mehrere Ausgänge lassen
es in Zweifel, oh dieser Landstrich zum Festlande gehört oder eine
vorgeschobene Insel ist.
27. Januar. Die Fortdauer des starken Windes zwang uns nahe an
die Küste zu halten, und ihrer unregelmässigen Gestaltung zu folgen. —
Man kommt vor drei Vorgebirgen vorbei, ehe man in die innere Lennya-
Bucht gelangt. Beim Zurücktreten der Fluth kommen in den Buchten
Wildschweine in Menge an das Gestade, um die zurückgebliebenen Schal-
thiere zu verzehren. Keines der zahlreichen wilden Thiere dieses Landes
wird häuöger gesehen, als das Wildschwein. Es ist unter allen Thieren
im wilden Zustand, das in der alten Welt am meisten verbreitete, und
weiss sich, als echtes Omnivorum, in jede Art Nahrung zu schicken. In
Tenasserim findet man es auf den höchsten Bergen, wie am Meeres-
strand, im tiefen Binnenlande wie auf dem kleinsten Eilande, wo sonst kein
Vierfüsser zu sehen ist. Es frisst die Früchte des Waldes, die Binde
der Bäume, Knollengewächse, wilden Honig, weisse Ameisen, Schalthiere
und Schildkröteneier. Sein Naturell ändert sich indess; es ist nicht mehr
das wilde und ungestüme Thier wie der Eber des nördlichen Europa's und
viel weniger gefährlich als sein ostindischer Gattungsverwandter. — Hier
kömmt es meist zwischen dem 10. und 15.° NB. vor.
28. Janaar. Wir kamen gestern Nachts an der Oakpho-Insel an, und
setzten unsere Fahrt nach Norden fort, legten aber nur eine kurze Strecke
zurück, da meine Burmesen ermüdet, und einige davon krank waren. Ich
selbst erfuhr ein Abeutheuer, was mich für zwei Tage krank machte.
Unter den zahlreichen Arten eigentlicher Ameisen (Formieae), deren
anziehende Eigenthümlichkeiten jahrelange Beobachtungen erfordern würden,
ist eine rothe, 4 — 5 Linien lange, welche ihr Nest auf Bäumen baut.
Sie wählen dazu grosse und weite Aushöhlungen, und man findet oft an
einem Baume 10 und mehr solche Nester, durch ein, dem Netze der
Spinnen ähnliches Gewebe zusammengehalten, ähnlich den Nestern gewis-
ser Baupen (Geometrae). — Diese Ameisen leben vorzugsweise nahe am
Meeresufer und gehen bis zum Horizont des salzigen Wassers herab, sie
scheinen aber auch tief im Innern, in Gebirgsgegenden vorzukommen. Am
häufigsten sind sie im Mangrove-Gebiet. Es sind kühne, streitbare Thiere
und greifen ohne Bücksicht auf Gefahr Alles an, was sich ihnen in den
Weg stellt. So wie sie sich mit ihren kräftigen Kiefern in einen Gegen-
stand, und wäre es Eisen, verbissen haben, lassen sie ihn nicht mehr
los, wenn auch ihr Kopf vom übrigen Körper getrennt wird. Wer längs
der Meeresufer reiset, kann kaum vermeiden, mit ihnen in Berührung zu
kommen , sie beissen sehr heftig aber der Schmerz hält meistens nur
wenige Augenblicke an und man wird bald gegen diese Belästigung gleich-
giltig. Als ich jedoch heute in einen Mangrove-Wald eindrang, gerieth
ich plötzlich in eine solche Colonie, wohl einige 100 Ameisen -Nester
mochten nach allen Seiten hin von den Bäumen herabhängen. Anstatt um-
zukehren, gieng ich einige Schritte vor und fand an jedem Baume und
Strauche eine immer grössere Menge dieser Nester. Mein Eindringen hatte
bereits alles in Bewegung gebracht; der Boden wimmelte von Ameisen
und ihre anrückenden Colonnen machten ein deutliches Geräusch auf den
dürren Blättern; Tausende bedeckten die Zweige und andere Tausende
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasseiim-Provinzen etc. 357
kamen aus ihren Nestern heraus. Nicht nur, dass sie schaarenweise an
meinen Beinen heraufkrochen, auch von den Bäumen fielen sie auf mich
herab. Ich zog mich so schnell als möglich zurück, aber es war zu
spät. Ich war buchstäblich mit Ameisen bedeckt, und hatte Tausende von
Bissen zugleich zu erdulden. Ich erinnere mich nicht, je einen so hef-
tigen Schmerz erlitten zu haben, als damals. Ich lief an das Ufer und
warf mich in das Wasser, aber selbst im Salzwasser Hessen die, welche
sich in mich verbissen hatten, nicht los. Zuletzt rissen mir meine Leute
die Kleider vom Leibe und zogen mir die Köpfe der Ameisen Stück für
Stück aus.
Die Folge dieses Zufalls war ein Fieber und selbst ein vorüber-
gehendes Deliriren. Meine Leute rieben mich am ganzen Leibe mit Co-
cosnuss-Oel ein und nach wenigen Stunden wurde mir besser.
29. Januar. Meine Leute fuhren nach meinem gestrigen Unfall
nicht weiter, da sie meine Besserung abwarten wollten. So heftig der
Schmerz im ersten Augenblick gewesen, so schnell ging er auch vor-
über. Würden diese Ameisen so heftig beissen oder stechen, als einige
Arten (von denen ein einziger Biss eine bedeutende Geschwulst hervorbringt)
dieses Landes thun, so würde die Unzahl, die mich gestern angriff, mich
getödtet haben. Ich fühlte mich heute schon merklich besser, nur zitterte
mir die Hand beim Schreiben, mein ganzes Nervensystem war aufgeregt,
ich schwitzte stark und ein starker saurer Geruch (ohne Zweifel von
Ameisensäure) verbreitete sich rings um mich. Wir setzten unsere Fahrt
nach Mergui fürt, durch dieselben Mangrove-Cauäle, durch die ich bereits
von Lennya her gekommen war und landeten am I. Februar zu Mergui.
IV. Reise. 7. Februar 1839. Seit meinem ersten Eintreffen in Mergui und
sobald unter den Eingeburnen bekannt wurde, dass ich in das Land ge-
kommen sei, um mich nach Steinen, Pflanzen und Thieren aller Art um-
zusehen, erhielt ich zu verschiedenen Malen Besuche von Malayen, Shans
und Burmesen, welche mir alle von einer Insel des Archipels erzählten,
auf welcher Gold in grosser Menge vorkommen solle. Dazu erzählten sie
wundersame Geschichten von Geistern (Ndts) , welche diesen Schatz
bewachen, von Stürmen, die sich erheben, sobald sich Jemand erkühnt,
das Gold wegzunehmen u. s. w. Es war für diessmal meine Absicht,
diese Insel zu besuchen, zugleich auch an anderen, die ich noch nicht
gesehen hatte, zu landen. Wo aber jene Goldinsel liege, wusste Niemand
in Mergui und ich musste mich vorerst nach Boukpeen begeben, wo ein
Mann wohnte, der den Weg dahin kannte. Ich beschloss daher, meinen
Beiseplan so einzurichten, dass ich die Ostküste von Domel, Sir Frederick
Malkolm's Insel und andere grössere Inseln besuchen konnte. Zu diesem
Zwecke verliess ich heute Mergui, kam aber der ungünstigen Fluth wegen
nicht weiter als bis zur Südspitze von Madiamacan.
Madiamacan, gegenüber von Mergui, ist eine der bestbebauten Stellen
in der ganzen Provinz. Erst seit der britischen Besitznahme wurden dort
Areca-Pflanzungen angelegt; diese wuchsen schnell an, so dass der grösste
Theil des dazu geeigneten Bodens bereits in Besitz genommen ist. Am
südlichen Ende ist ein Dorf, wo Gnapee bereitet wird, welches mithin,
wie alle Anlagen dieser Art, wegen der verpesteten Atmosphäre, die es
umgibt, jedem Europäer fast unnahbar ist. Mittags fuhr ich durch den
Canal von Perryghioun. Dieser südliche Canal wird wahrscheinlich nie für
grössere Schifte zugänglich werden; quer über von Mazampa liegt eine
358 Dr. Johann Wilhelm Helfer'a
grosse Untiefe, welche zur Ebbezeit über dem Wasser hervorragt und
fast bis zum nördlichen Theile von Madiamacan reicht. Wenn ja dort ein
genügend tiefer Durchgang für grössere Schiffe vorhanden ist, so ist er
gewiss sehr eng und gewunden. Es geht daraus hervor, dass alle Schiffe,
welche von Süden her nach dem Hafen von Mergui bestimmt sind, in
der Notwendigkeit sein werden, King's Island zu umfahren.
8. Febrnar. Ich brachte den Morgen bei dem Napui-Dorfe von Perryg-
hioun zu, um die, im December vorigen Jahres gegen Mazampa zu ent-
deckten Eisensteine weiter zu verfolgen, und fand, dass hier wirklich ein
ununterbrochenes Lager sei (Siehe S. 329).
Die Dorfbewohner waren höchst bestürzt über die Blattern, welche
unter ihnen ausgebrochen waren. Diese ist unter allen Krankheiten in Te-
nasserim die am meisten gefürchtete und sie rafft in der That alljährlich
eine Menge Kinder weg. Die Impfung ist zu verschiedenen Malen hier
eingeführt worden und hat jedesmahl fehlgeschlagen, so dass die Eingebornen
alles Vertrauen zu diesem werthvollen Schutzmittel des Menschenlebens
verloren haben. Was der Grund dieses wiederholten Fehlschiagens sein
könne, vermag ich nicht zu ermitteln, vielleicht irgend eine unbekannte
endemische Ursache, umsomehr als die Vaccination unter den südlichen
malayischen Völkerschaften und nördlich von Perryghioun (in Bengalen) ge-
lungen ist. Von Pereghiun setzte ich meinen Weg nach W. fort, kam vor
mehreren kleinen unbenannten Inseln vorbei, landete an einer grössern,
nahe an der Südspitze von King's Island um die Gesteine zu untersu-
chen und fuhr dann hinüber nach Kings Island, an die Basis von Kappa-
toun, wo ich früher noch nie gewesen war. Ich fand dort dasselbe Ur-
gestein, das ich bei meiner letzten Anwesenheit bemerkt hatte.
9. Februar. Ich fuhr gegen den südlichen Theil von Kings Island,
und landete um 9 Uhr Früh an einer andern vereinzelten Insel von den
Burmesen Yingam-Khiun genannt, im Osten des Doun-Archipels. Alle Bur-
mesen, welche das Meer befahren, besuchen diese Insel wegen ihrer
zahlreichen und guten Rattans, mit welchen sie ihre Boote vor Antritt der
Reise herrichten. Sie brauchen sie auch allgemein statt der Taue, um
den Mast festzuhalten und sie entsprechen diesem Zwecke vollkommen, so
lang sie frisch sind. Das Gestein dieser Inseln ist Schiefer mit aufgela-
gertem Sand, und eisenhaltigem Gestein („iron findingstone") Der höchste
Punct dürfte nicht über 250 Fuss hinaufragen. Die Insel ist vollständig
mit Wald überwachsen; mit Ausnahme der Nordspitze, wo eine ausge-
dehnte Bank mit zerstreuten Felstrümmern sich befindet.
Von Yingam-Khiun fuhr ich südwärts gegen die nördlichste Spitze
der Domel- Inseln, die wir jedoch nicht erreichten, da wir genöthigt
waren, bei einem felsigen Granit-Eiland im Norden anzulegen. Die See
ging sehr hoch und kaum war die Sonne untergegangen, als ein Sturm
mit jener in dem Golf von Bengalen so wohlbekannten Schnelligkeit
losbrach und die phosphorescirenden Wogen aufschwellte. Unsere kleinen
gebrechlichen Boote waren zwischen den Klippen gefährdet, die hölzernen
Anker wollten nicht halten und wir wurden gegen den Strand getrieben.
Die Mannschaft ruderte zwei Stunden lang mit grosser Ausdauer, um
sich vom Strande fern zu halten. Glücklicherweise halten diese Wind-
stösse nicht lange an: nach einer halben Stunde legte sich der Sturm,
indess war das zweite Boot an eine Klippe getrieben worden und hatte
dort sein Steuerruder verloren.
gedruckte und imgedruekte Schriften über die Tcnasseiim-Provinzeii etc. 359
10. Februar. Die nothwendigste Verrichtung am heutigen Morgen
war die Herstellung eines neuen Steuerruders. Zu diesem Zwecke wurden
Abtheilungen in den nahen Wald gesendet, um eine Baumart („a certain
Kind of Tincr!") aufzusuchen, welche an ihrem unteren Theile in der
Gestalt von Brettern wächst. Ein solcher Baum wurde glücklich aufge-
funden, ein natürliches Brett davon abgehauen und durch einige Bear-
beitung mit dem burmesischen Messer in ein Steuerruder umgestaltet.
Nach dieser Arbeit, die einen Theil des Tages wegnahm, fuhren wir
längs der Westseite von Domel gegen Süden. Die Insel Domel ist 20
(engl.) Meilen lang; südlich von ihr liegen drei Inseln, durch enge,
kaum einige 100 Yards breite Canäle getrennt und offenbar zu Domel
gehörig, da ihr Gestein (Granit) genau dasselbe ist, wie das von Domel.
Wir übernachteten in einer der östlichen Buchten der erstem Insel.
11. Februar. Wir fuhren längs der Ostseite der drei Inseln gegen
den nördlichen Theil von Domel und drangen in die engen Canäle ein,
da ich mich überzeugen wollte, ob diese Inseln wirklich von einander
gesondert seien. Zwischen Domel und der nördlichsten der 3 Inseln,
ist der Canal an einer Stelle nicht über 70 Yards breit; etwas breiter
ist er zwischen dieser und der zweiten Insel. Zwischen der zweiten und
der dritten ist der Canal etwa 3/4 (engl.) Meilen breit; gegen Osten
sind 7 felsige Eilande zerstreut, welche gerade vor der Einfahrt liegen.
Die Fluth strömt durch diese Canäle mit Gewalt ein. Alles ist Granit
mit Hornblende und von Grünstein-Gängen durchsetzt. Ich untersuchte
die Gesteine ganz genau, in der Hoffnung Zinnerz zu finden, aber umsonst;
auch war es eine andere Abart des Granites als die gewöhnliche zinn-
haltige. So weit meine Beobachtungen reichen, vertritt bei dem zinnfüh-
renden Granit die Hornblende nicht die Stelle des Glimmers.
Einen meiner Leute traf heute ein Unfall. Während wir Rast hielten,
entdeckte einer der Burmesen ein Bienennest auf einem Baumaste. Alle
Eingebornen sind grosse Liebhaber von Honig, den sie sehr häufig in
den Wäldern finden (drei Arten der Gattungen Apis bereiten ihn); sie
haben mithin reichliche Gelegenheit, ihr Gelüste darnach zu befriedigen.
Der Mann bestieg furchtlos den Baum, da er wusste, dass das Nest einer
kleinen unbestachelten Art gehöre, welche den besten Honig bereitet.
Kaum war er den Baum zur Hälfte hinaufgeklettert, so stürzte er mit
einem lauten Schrei herab. Seine Gefährten eilten ihm zu Hilfe, aber
liefen zurück, laut rufend, man müsse sich in die Boote flüchten. Man
nahm einen Feuerbrand, wickelte ihn in dürres Gras, so dass er einen
starken Rauch gab und wagte es, so ausgerüstet, dem laut stöhnenden
Gefährten wieder zu Hilfe zu kommen. Dieser war beim Hinaufklettern
unwillkürlich an ein Wespennest gerathen. Diese Wespen fressen den
Honig und die Bienen selbst auf und finden sich daher oft in der Nähe
ihrer Nester ein. Diese Art gilt für die gefährlichste unter allen Wespen
dieses Landes und ist mehr gefürchtet als die Schlangen oder irgend
ein arideres giftiges Thier. Der arme Mann hatte nur zwei oder drei
Stiche auf dem Rücken erhalten, an denen er jedoch wenigstens 8 Tage
zu leiden hatte; er fieberte und empfand Lust zum Erbrechen. Seine
Gefährten legten ihm Chunam mit Sesamöl auf die Wunden.
Das Beispiel eines Mannes in meinem Dienste beweiset, dass die
Eingebornen die Gefahr nicht übertrieben schildern. Diesen Mann brauchte
ich, um Thiere für meine Sammlung zu schiessen. Er erblickte ein Wes-
Mittheilungen .1er k. k. geographischen Gesellschaft III. Hand 3. lieft. y
360 Dr. Johann Wilh. Helfer's
pennest und feuerte aus Muthwillen hinein. Die so gestörten Wespen
erreichten ihn, bevor er sich in Sicherheit gebracht hatte; eine stach
ihn in die Lippe, zwei in den Hals. Sein Kopf schwoll übermässig auf
und am dritten Tage starb er im Krankenhaus an Erstickung.
Wir blieben heute in einer Bucht zwischen der NO. Spitze von
Domel und dem ersten (unbenannten) Eiland.
12. Februar. Wir fuhren südwärts längs der Ostküste von Domel.
Diese Insel ist hier durch einen etwa 4 (engl.) Meilen breiten Canal
von der östlich liegenden Insel Kitheraing getrennt; dieser Canal ist aber
zur Ebbezeit nichts als eine Schlammbank, welche sich, vorzüglich gegen
Norden, auf eine Länge von ungefähr 10 (engl.) Meilen und in einer
Breite von mehreren Meilen erstreckt. Zur Ebbezeit bleibt ein etwa
1 (engl.) Meile breiter Canal den Schiffen zum Durchgang offen. Es
scheint ein verwickelter Durchgang zu sein, aber die chinesischen Junks,
welche von Penang kommen, benützen ihn.
Die Ostküste von Domel ist meist mit Mangroves überwachsen und
desshalh ist es schwer, sich ihr zu nähern. Ich landete dort nicht, son-
dern setzte meine Fahrt bis zum ersten Elephanten-Felsen fort.
Massen von reinem crystallinischen Kalk steigen bis auf die Höhe
von mehreren 100 Fuss steil über die Wasserfläche empor. Ihre Er-
scheinung ist um so unerwarteter, als ringsherum keine Spur von Kalk-
stein zu sehen ist. Es sind in Gängen anstehende Massen voll Klippen
und Spitzen, ohne eine Spur von Zersetzung, aber doch nicht pflanzenleer.
Die dort wachsenden Pflanzen sind theilweise von denen der benachbarten
Inseln verschieden; ein Beweis des grossen Einflusses der geognostischen
Bildung auf die Vegetation. Caclus erscheint hinter dem Gebüsche; das
Ganze hat ein mehr afrikanisches Ansehen. Die Basis dieser merkwürdigen
Felsen ist vom Wasser ausgewaschen, so dass es bei der Ebbe das An-
sehen hat, als ständen sie auf bedenklich unterhöhlten Fussgestellen. Sie
haben, wie alle Kalkfelsen, eine Menge Tropfsteinhöhlen, welche gleich
riesenhaften Schornsteinen, gegen den Gipfel zu Tag ausgehen.
Ich landete am zweiten dieser Felsen und versuchte ihn zu ersteigen;
die Felsstiicke waren aber so scharf, dass sie mir die Schuhe zer-
schnitten. Indess erreichte ich eine 150 Fuss hohe Erhöhung und fand
jenseits derselben ein mit Wasser gefülltes, kraterähnliches Becken, welches
durch einen unterirdischen Gang mit dem Meer in Verbindung stand
und voll Fische war, welche Forellen ähnlich sahen.
Der Ueberlieferung nach bezog vor einigen 100 Jahren die siamesische
Begierung bedeutenden Ertrag aus diesen Felsen. Ihre Höhlen waren damals
voll essbarer Vogelnester. Seitdem ist die Schwalbe nach und nach ver-
schwunden und gegenwärtig sind die nördlichen Felsen gänzlich verlassen und
die südlichen liefern nur noch eine unbedeutende Menge dieser Nester.
Die Schwalben verlassen diese Gegend, um sich anderwärts anzusiedeln,
nicht weil sie zu sehr von Menschen gestört werden, sondern weil sie
dort nicht mehr die passenden Nahrungsmittel und Baumaterialien finden.
An den nördlichen Felsen war kein Ankerplatz zu finden ; wir fuhren
desshalb weiter nach den südlichen, wo eine kleine sichere Bucht vor-
handen sein soll. Die Nordseite der südlichen Felsen steigt mehrere
100 Fuss hoch fast senkrecht an, und ihr Ansehen, wie ihre Vegetation,
ist von Allem verschieden, was ich bisher in diesem Archipel gesehen habe.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim Provinzen etc. 3(J1
13. Februar. Am Morgen langte ich in der kleinen Bucht der süd-
lichen Elephanten-Felsen an. Mehrere Kalkmassen (zusammen 7 bis 8)
steigen steil aus dem Meere empor und gleichen aus der Ferne einer
mit gothischen Gebäuden bedeckten Insel. Diese Felsen haben wenig
Vegetation, ausser in den Spalten und das Gehen darauf ist unmöglich.
Auf dem Eilande, an dem wir landeten, fanden wir in einer Hütte
10 Malayen zur Bewachung einer Höhle mit Vogelnestern. Die Höhle ist
nur ' zur Ebbezeit zugänglich und zur Fluthzeit durch das Wasser ge-
schlossen; indess können die Schwalben durch kaminartige Gänge, welche
einige 100 Fuss über den Meeresspiegel liegen, hinein und hinaus
gelangen. Die Sehwerkzeuge dieser Vögel müssen eigenthümlich gebaut
sein, denn die Höhlen sind stockfinster und die Nester sind vorzugsweise
in den dunkelsten Schlupfwinkeln angelegt. Die Malayen waren beschäftigt,
Leitern zum Sammeln der Nester zu verfertigen, da die erste Einsamm-
lung in 8 Tagen vor sich gehen sollte. Eine natürliche Erleichterung
dieser Arbeit gewährt ihnen eine, auf dieser Insel wachsende Art von
Bambus mit starken dornigen Anhängen, welche sie abschneiden und zu
Leitern mit Sprossen verarbeiten. Die Malayen, welche die Höhle bewachten,
kamen von Penang, sie hatten die Nester auf eine Jahreszeit für 800
Bupien von Dalti .Tuen gekauft, demselben, der sie von der Begierung
in Pacht genommen hatte. Die Nester sind von geringer Güte, die weisse
Sorte kommt hier nicht vor; was die Behauptung bestätigen würde, dass
die Fähigkeit der Schwalben zum Bau von Nestern erster Qualität an
einer und derselben Stelle sich nur auf einige Jahre beschränkt und
dass sie diese Stellen verlassen, sobald das nahe Meer ihnen nicht mehr
die hierzu nöthigen Materialien liefert.
Die Malayen bereiteten, was man ein Garum nennt und im östlichen
Archipel zu den Leckerbissen gehört. Sie gruben eine Menge Muscheln
(Tellina), welche hier in Menge leben, aus dem Boden und bereiteten
sie auf eine mir unbekannte Weise zu, wobei sie mich versicherten,
dass diese Art das beste Boccasar liefere, welches sie in Penang ver-
kaufen. Sie hatten bereits mehrere grosse Krüge mit dieser Leckerei an-
gefüllt. Die Burmesen scheinen dieses Nahrungsmittel nicht (wenigstens nicht
in Tenasserim) zu kennen, welches die Holländer zu Batavia als Sauce
u. dgl. so hoch schätzen, da es den Buf hat, die Esslust auf das kräf-
tigste zu erregen und die Verdauung ganz vorzüglich zu erleichtern.
Von den Elephanten-Felsen segelten wir NOwärts nach einer grossen
an 12 (engl ) Meilen entfernten Insel und erreichten sie bei Sonnen-
untergang.
14. Februar. Diese Insel ist noch unbenannt; einige Burmesen nennen sie
Aleruang-Khina; Andere geben derselben den Namen einer eben so grossen
südlicher gelegenen Insel, welche auf Cap. Boss's Karte „Sir C. Mal-
colm^ Island heisst. Da diese Insel nicht ohne Wichtigkeit ist, werde ich
hier ihre Lage bestimmter angeben.
Im Süden, gegenüber von Pelliles an dem südlichsten Theil von
Kitheraing. Im NNW. etwa 12 (engl.) Meilen von Sedeing; NO. von
der Einfahrt des Boukpeen-Flusses an 17 (engl.) Meilen; im NNO. von
Sir C. Malcolm's Island etwa 6 (engl.) Meilen; im SO. der Elephanten-
Felsen etwa 12 (engl.) Meilen. Die Mitte der Insel liegt genau im Osten
der äussersten Spitze von Domel.
y*
362 Dr. .Johann Wilhelm Helfer's
Hier enden mit Einemmal die granitischen Gebilde. Zahlreiche
Abänderungen geschichteter Gesteine wechsellagern wieder auf einer Un-
terlage von Glimmerschiefer. Die eigentliche Wichtigkeit der Insel beruht
auf ihrem Reichthum an Eisen. Ein kleines Eiland an ihrer Südspitze
ist über und über mit guten Eisenerzen bedeckt. Indem ich diese Spuren
an der gegenüberliegenden Seile verfolgte, fand ich, dass sich die Erze
längs des Ufers über etwa 1 (engl.) Meile erstreckten. Es ist theils
dichter, theils faseriger Roth-Eisenstein, mitunter auch Thon-Eisenstein.
Was ich anderswo gesagt habe, gilt auch für diese Oertlichkeit. Alles
aufgefundene Eisen hat das Ansehen eines pseudo-vulkanischen Productes;
an einigen Stellen gleicht es äusserlich einer Lava. Man kann sich den
besten Begriff von diesen Erz-Lagerstätten machen, wenn man annimmt,
ein Strom geschmolzenes Eisen habe sich über andere Gebilde ergossen
und Bruchstücke davon, einige geschmolzen, andere unverändert, in seinem
gewaltigen Laufe mit sich gerissen. In der Eisenstein -Breccie dieser
Gegend linden sich mitunter viele zentnerschwere Blöcke von reinem
Eisenoxyd und andere mit häufig eingemengten fremdartigen Substanzen.
Die Provinzen von Tenasserim könnten für sich allein mit Leichtigkeit
den ganzen Bedarf an Eisen decken, den schon Ostindien so sehr bedurfte.
Nach vollendeter Untersuchung setzte ich meinen Weg nach der
Einfahrt des Boukpeen-Fhisses fort und landete spät Abends mit günstigem
Winde nicht weit davon.
15. Febrnnr. Ich musste bei dem Boukpeen-Flusse anlegen, weil in
dem nahen Dorfe der Mann wohnen sollte, der am Besten mit der Oert-
lichkeit der Gold-Insel bekannt sei. Ich schickte flussaufwärts nach ihm
und erwartete ihn an der Einfahrt. Inzwischen ging ich dem Meere
entlang, um die Gesteine zu untersuchen. Die Sandbänke, welche Bouk-
peen umgeben, sind zur Ebbezeit solchen Ausflügen nicht günstig. An
vielen Stellen der Küste sind die Felsen, wo sie aus der, in dieser
Gegend so gemeinen Breccie oder Eisen-Conglomerat bestehen, durchge-
hends von zahlreichen Bohrmuscheln (Pholas) durchlöchert. Die Arbeit
dieser Schal thiere geht stetig vor sich und an manchen Stellen sind
davon die Gesteine so zellig geworden, dass sie in Stücke zerbröckeln.
Die Behauptung berühmter Naturforscher : dass diese Muscheln vor der
Verhärtung der Steine in diese gelangen, könnte ich nach dem, was ich
an der Küste von Tenasserim selbst gesehen habe, leicht abläugnen.
Der Führer nach der Goldinsel kam im Laufe des Abends an und
gleich darauf gingen wir unter Segel.
16. Febraar. Die Goldinsel sollte weit nach Westen, fast parallel
zu Boukpeen, liegen. Ohne zu wissen, wohin ich zu gehen im Begriffe
war, üherliess ich mich der Führung meiner Mannschaft, welche sich
von dieser Fahrt goldene Berge versprach. Da wir nun nach Westen
fuhren, kamen wir nur langsam vorwärts, indem der Wind in dieser
Jahreszeit meist von NW. kommt. Meine Mannschaft ruderte sehr ange-
strengt und wir kamen gegen Abend bei Sir Charles Malcolm's-Insel an,
welche 15 (engl.) Meilen lang und nirgends über 2 (engl.) Meilen breit ist.
Da ich gerade zur Ebbezeit ankam, hatte ich Gelegenheit, eine
Menge interessanter Seethiere zu sammeln, Im sie nicht wieder weg-
werfen zu müssen, wie das letzte Mal, verfertigte ich mir aus Bambus
ein kleines Floss, auf das ich die Zoophyten befestigte und das ich in
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserun-Provinzen etc. 303
solcher Entfernung, dass der üble Geruch meiner Mannschaft nicht schaden
konnte, durch das Boot fortschleppen liess.
Madreporen waren auf dieser Insel ziemlich selten, um so mehr
fand ich aber schöne Formen von Sertularia, Gellularia, Plumatella,
Flustra und dergleichen.
17. Februar. Ich fuhr längs der Westküste von Sir Ch. Malcolm's-
Insel, welche weniger felsig ist als die östliche und einige vortreffliche
Stellen für den Anbau zu besitzen scheint. Eisenerze erscheinen auch
hier, aber von minder guter Beschaffenheit als das der unbenannten Insel
im Norden.
Gegen Mittag fuhren wir zu einer kleinen Insel, welche eigentlich
nur ein mit Sand und Trümmern von Schalthieren bedecktes Felsenriff
ist. Dieses Biff liegt jetzt 15 Fuss über dem Meeresspiegel und ist
zum Theile mit Pflanzen überwachsen. Kaum waren meine Leute gelandet,
so zerstreuten sie sich sehr schnell über das ganze Eiland, Alle ent-
weder mit spitzen Stöcken von hartem Holz oder mit den Ladstöcken
meiner Flinten bewaffnet Sie waren alle nach Schildkröteneiern gegangen
und nicht ohne Erfolg; nachdem sie eine Stunde lang gegraben, kamen
sie mit etwa 2000 dieser Eier zurück, welche von den Zurückgebliebenen
mit lautem Beifallsruf empfangen wurden. Schildkröten -Eier gelten mit
Becht als eine der küstlichsten Erquickungen für ermüdete Seeleute.
Bei ihrer Jagd merken sie aufmerksam auf die Spur, welche die
schwerfallige Schildkröte zurüeklüsst, wenn sie sich zurück in das Meer
schleppt. Dieser Spur folgen sie auf der Saudbank und bohren dann mit
ihren spitzigen Stöcken in den Saud. Sie richten sich nach der Festig-
keit des Sandes oder nach der Feuchtigkeit aus durchbohrten Eiern, die
sich an den Stock hängt, graben dann mit den Händen weiter und finden
meist in jedem Loche 90 bis 130 Eier.
Die Eier waren rund oder vielmehr plattgedrückt wie eine Orange,
etwa 1% Zoll im Durchmesser und ihr Geschmack übertraf den jener
Eier, welche ich früher einmal am Salween-Flusse versucht hatte, wo
die Sandbänke, welche die Schildkröten besuchen, von der Begierung
regelmässig verpachtet werden.
Ich frug nach, von welcher Art diese Eier kämen und ich erfuhr,
dass es die Eier der Chelonia bricaia seien, der werthvollesten von
Allen, weil sie das berühmte Schildkrot liefert, welches zu so hohem
Preise zu Singapore, dem Hauptmarkt für diesen Artikel in den ostindischen
Meeren, verkauft wird.
Diess brachte mich auf den Gedanken: ob es nicht thunlich wäre,
die Legezeit dieser Thiere zu erspähen, ihre Brutplätze aufzumerken und
sie mit einem kleinen Gehege zu umgeben, um ihre Rückkehr in das
Meer zu verhindern; dann aber sie zu fangen und sie in Teichen am
Meeresstrande so lange zu halten, bis ihre Schale den gehörigen Um-
fang erreicht hat. Die Felsenrifl'e waren mit Zoophyten bedeckt; ich
konnte mir nicht das Vergnügen vers.igen, sie am nächsten Morgen zu
beobachten und blieb desshalb die Nacht über bei diesem Eiland vor Anker.
Bald nach eingebrochener Nacht geriethen alle Bäume der Insel in
Bewegung und viele Tausende, ich könnte wohl sagen mehrere Hundert-
tausende, fliegender Fische zogen in ununterbrochenen Schaaren dem
nahen Festlande iw.
3Üi Dr. Johann Wilhelm Helfer's
18. Februar. Die Grundlage des Felsens, auf welchem jene wunder-
bare Welt von Pflanzen-, Weich- und Krustenthieren sass, war Eisenstein-
Conglomerat. Unter den vielen Tausenden von Inseln ist auch nicht ein
Riff von Madreporen aufgebaut worden. In der That besteht keine Insel,
welche ganz von diesen Thieren aufgebaut worden wäre; sie vermögen
nur auf einer Grundlage von fester Substanz ihren Bau aufzuführen, bis
er zum Horizont der Ebbe aufsteigt. Wie sonderbar waren die durch-
löcherten Porites, die becherförmigen Curiopliyllia , die Anthophyllitae,
die schöngefärbte Millepora violacea; wie seltsam die Agaricia, welche
wie ausgegossener Schleim aussah u. s. w. Auf sehr wenigen Inseln
mag eine so reiche Vereinigung der verschiedensten Formen vorkommen,
wie auf dieser. Ich blieb bis gegen Mittag, dann segelten wir ab und
erreichten, mit sehr geringem Wasservorrath, das südliche Ende von Domel.
Meine Leute fürchteten sich sehr der Tiger wegen dem grossen
Bache nach durch ein Thal aufwärts zu gehen; sie zündeten Fackeln an
und machten einen gewaltigen Lärm mit getrockneten Bambusröhren, kamen
aber unversehrt zu den Booten zurück.
19. Februar. Von Domel fuhren wir diesen Morgen nach Bushby's
Insel hinüber. Diese Insel, 3 (engl.) Meilen lang und ebenso breit, ist
eigentlich ein gewaltiger Fels, dessen Seiten an seinen vier Ecken gegen
das Meer steil abfallen. Das Innere ist schwer zugänglich, voll Abhänge,
Spalten und Klüften und überall mit hohem Wald bewachsen. Mit Mühe
kam ich an der Nordseite eine (engl.) Meile weit, als ein steiler Vor-
sprung meinem Ausfluge ein Ziel setzte. Wir fuhren nach dem Früh-
stücke weiter durch den Canal zwischen Domel und den nächsten drei
Inseln, deren Namen mir unbekannt sind.
Am Gestade einer dieser Inseln fand ich einen verlassenen Hund
und sandte ein Cauoe ab, um das arme Thier abzuholen; er flüchtete
sich aber in das Dickicht. Man sagte mir, es sei ein Seelong-Hund ge-
wesen, den man zufällig oder absichtlich dort zurückgelassen habe und
dass in solchen Fällen der Hund immer in den Wäldern auf Jagd aus-
geht und nie verhungert. Diese Hunde sollen, selbst nach monatlangem
Leben in der Wildniss, so bald ihr Herr wieder auf der Insel landet,
wieder eben so sich an dessen Familie halten, als wäre er immer im
zahmen Zustande in ihrer Mitte geblieben.
Die Seelong-Hunde sind genau von derselben Race, wie die gewöhn-
lichen Hunde in Burmah, Ostindien, Syrien und Arabien. Bisher ist noch
nicht festgestellt, ob sie von Hodgson's Canis primaevus, von Sykes's
Canis Dukhunensis oder endlich von Hardwicke's Ü. Sumatrensis ab-
stammen. Ihr Ahnherr könnte ebenso gut der Schakal sein, dem sie eigentlich
am ähnlichsten sind und zu dem sie sich, wie man in Aleppo und in der
spanischen Wüste beobachtet hat, in Menge gesellen.
Ich übernachtete an der Nordspitze der 3 Inseln, nahe am südlichen
Ende von Domel.
20. Februar. Ich brach Nachts mit günstigem Winde auf und
kam Morgens an die SW. Küste von Lord W. Bentinck's- Insel. Diese
Küste ist stark verwittert; auf ihrem südlichen Ende liegt der merk-
würdige durchbohrte Fels und etwas darüber hinaus Felsen von massivem
Quaderstein. Gegen NW. liegen 3 vereinzelte Inseln, auf deren äusser-
sten, an der Westseite, eine vielbekannte Höhle mit essbaren Nes-
tern liegt. Auf der inneren oder östlichen Insei ßndet sich eine Quelle,
gedruckte und ungedruckte Schritten über die Tenasseriin-Piovinzen eic. 3tio
die einzige, wie man sagt, in der ganzen Umgebung. Hier frühstückten wir
und trafen auch dort 10 Malayen, die Eigenthümer der Nesterhöhle, mit
denen ich später diese Höhle besichtigte. Auf dieser Insel, die am Aussen-
rand des Archipels liegt, war die Brandung bereits heftig und drohte
mein Canoe zu ersäufen. Wir kamen zu Wasser in die Höhle. Das Meer-
wasser dringt mehrere 100 Yards weit in die verborgensten Felsspalten
ein und bei jeder neuen Woge erschallt ein donnerartiges Getöse aus
den dunklen Winkeln. Die Höhle selbst ist stockfinster und nur durch
die EingangsöfTnung und durch den Widerschein des blauen Wassers
hinter dieser theilweise beleuchtet.
Dort hatten die Malayen ein grosses Gerüste aus Bambus errichtet,
auf dem sie mit offenbarer Lebensgefahr bis zu den höchsten Stellen
klettern, um die Nester, welche an die gefährlichsten Winkel des Felsens
befestigt sind, zu sammeln. Dem verworrenen Lärm nach, der von der
Decke der Höhle herab, sich vernehmen Hess, müssen viele Tausende
von Schwalben und noch mehr Tausende von Fledermäusen in der Höhle
sich aufhalten. Die Fledermäuse sollen mit den Schwalben in guter Freund-
schaft leben und werden desshalb auch nicht gestört. Nachdem ich meine
Neugierde befriedigt hatte, fuhren wir bis zum Ende der letzten Insel;
hier aber wurde die Brandung so stark, dass wir an der Ostseite einen
Zufluchtsort suchen und dort übernachten mussten, um so mehr als ein
heftiges Gewitter auf der nahe gelegenen Insel Domel wüthete.
21. Februar, Wir fuhren den ganzen Tag nordwärts längs der
Westküste von L. W. Bentinck's-Insel, um mit dem nächsten Landwind
nach Fletcher's-Insel zu gelangen.
L. W. Bentinck's-Insel ist eine der malerischesten von allen, die
ich im Archipel gesehen, dürfte sich aber wohl als eine der unfrucht-
barsten erweisen. Sie ist nichts als Fels und die sonst so reiche Vege-
tation ist hier mehr zurückgeblieben, als gewöhnlich. Ihre hoheu zerris-
senen Zinnen, ihre schroffen Wände, ihre scharfen Auszackungen, ihre
merkwürdigen Höhlen sind äusserst anziehend. Diese Insel gehört, meiner
Ansicht nach, ganz der Jura- und Lias-Reihe an; ihre Kalkgesteine
gleichen dem Portland Kalk, dem lith. Steine, u. s. w. Diese Kalke wechsel-
lagern mit den Sandsteinen und Schiefern des Lias ; hie und da verschwinden
sie gänzlich. Auch alter rother Sandstein von röthlich brauner Farbe, mit
Bruchstücken von Grauwacke und Glimmerblättchen, wurde dort gefunden.
22. Februar. Die nächste Insel, welche wir der Karte des Capt. Ross
zufolge zu besuchen hatten, war Fletcher's Insel. Diese liegt 20 (engl.)
Meilen von L. W. Bentinck's Insel und volle 70 (engl.) Meilen nach
Westen vom Festland entfernt, so dass es ziemlich bedenklich erscheinen
mochte, uns in unseren olTeuen Booten so weit hinauszuwagen. Das Wet-
ter war indess seit dem letzten Windstoss spiegelhell geworden und so
machten wir uns daran, die Goldinsel aufzusuchen von welcher ich bis-
her nichts wusste und die noch über der nächsten Insel hinaus liegen
sollte. Bei günstigem Winde kamen wir dort nach Sstiindiger Fahrt an.
Wir fuhren zwischen Fletchers und Sir John Hayes Inseln durch und
blieben an der NW. Seite der ersteren in einer kleinen Bucht, wo die
Brandung weniger heftig war, als an der Nord- und Ostseite.^ So weit
man seheu konnte, waren diese Inseln bergig, aus massivem Granit be-
stehend, dicht mit Waldbäutnen besetzt und die Vegetation auf ihnen sehr
yiiü Dr. Johann Wilhelm Helfer's
kräftig. Fletcher's Insel ist an 2 (engl.) Meilen lang und 1 Meile breit;
Sir John Hayes's Insel ist etwa uin das Fünffache grösser. Am Meeres-
grund, in 5 bis 6 Faden Tiefe sali ich hier zum ersten Mal die schöne
schwarze Koralle (Gorgonia Antipathes) . Sie kömmt nur bei den aus-
setzten Inseln des Archipels vor, und niemals über dem Horizont der Ebbe.
Die Seelongs lassen sich manchmal bereden, nach dieser Koralle zu tau-
chen und trennen sie vom Meeresboden mit ihren Messein, Daks , los.
In durchsichtigem Wasser sieht sie aus wie eine Masse Haare unter ei-
nem stark vergrössernden Mikroskop. Die grösstcn Stücke, welche man
davon erhalten hat, sind 6 — 9 Fuss lang, ihr Werth ist den Seelongs
unbekannt. Ich erlangte einst davon eine Gruppe von etwa SO Stück, von
4 — 9' Länge und 1/4" Breite, für 6 Rupien. In Mergui wird sie mitunter
zu verschiedenen Schmucksachen verarbeitet. Um daraus Armbänder und
Fussringe zu machen, reibt man zu wiederholten Malen diese Koralle
stark mit Flanell ab, und tröpfelt Coeosnus- Oehl darauf, wodurch sie
biegsam wird.
Unter den vielen Thierptlanzen, welche ich hier zu beobachten Gele-
genheit hatte, fand ich nie die echte rothe Koralle (Isis nobilis). Sie
scheint hier nicht vorzukommen, denn überall, wo sie wächst, finden sich stets
kleine Bruchstücke davon am Gestade, besonders zahlreich an der afrikani-
schen Seite des Mittelmeeres. Zwischen den äuseren Inseln findet man
auch zur Ebbezeit ein grosses Schalthier, welches Perlmutter der fein-
sten Sorte liefert.
23. Februar. Endlich kam uns die verheissene Goldinsel in Sicht,
es war die grosse westliche Torres-Insel, die äusserste des ganzen Ar-
chipels, 80 (engl.) Meilen westlich vom Festlande unter 11° 48' und 11°
49' nördl. Breite. Wir kamen mit gutem Wind früh am Morgen dort an,
glücklicherweise war die See ganz ruhig, sonst wäre unsere Landung
sehr schwierig gewesen.
Diese Insel besteht aus zwei anderen ziemlich grossen und durch
einen Kanal von vielleicht 800 Yards Breite von einander getrennten
Inseln. An der Nordseite der östlichen Insel liegen gleich Schildwachen
zwei andere kleine Inseln. Die Torres-Insel ist ein gewaltiger, allerseits
aus tiefem Wasser aufsteigender Granitblock. Das Meerwasser ist in ho-
hem Grade durchsichtig; sechs Fuss lange Schildkröten (Chelonia Mi-
dasj schwimmen dort in grosser Menge umher. — Die östliche Insel ist
die grössere und an ihrer Nordwestseite fand ich zu meiner Ueberra-
schung eine schöne, kleine und sichere Bucht. Diese Bucht besitzt den
besten Ankergrund, weichen weissen Sand, welcher allniählig gegen das
Ufer seichter wird, und in welchem Schiffe in 7 Faden Wasser, 200 Yards
vom Land ankern können, sie ist von allen Seiten geschützt und nur ein
Theil der nördl. Einfahrt steht offen. Natürlich machte ich mich bald
nach unserer Ankunft auf den Weg zu dem vermeintlichen Goldvorkom-
men, weiches im Grund eines von den Gebirgen herabfliessenden Baches
liegen sollte.
Die Erzählung von diesem Golde stellte sich als eine Fabel heraus,
anstatt des Goldes fand ich nichts als flimmernden Glimmer.
24. Februar. Mit dem gestrigen Ergebniss nicht befriedigt, versuchte
ich heute dem Bache nachgehend, in das Innere einzudringen. Mein Ge-
währsmann sagte mir, dass nahe am Gipfel ein Becken liege, aus dem
dieser Bach entspringe. Indess verlor sich der Bach selbst bald unter
gedruckte und angedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen elc. 367
mit schönen Farnkräutern und Aradeen bewachsenen Felsen und , anstatt
eines seeartigen Beckens, fand ich auf dem Gipfel einen steinigen Kamm
von dem nach allen Richtungen Nebenzüge sich abdachten. — Die ganze
Insel war mit Waldbäumen bedeckt, ihre Vegetation jener anderer Inseln
ähnlich.
Diese Insel, obwohl unbewohnt, muss häutig von Menschen besucht
werden. Wir sahen nicht weniger als fünf Stellen mit Aschenhaufen und
Bruchstücken von Körben, Brettern und Speeren, und ausserdem eine
Strasse gegen den Wald zu, wo man Rattans u. dgl. schneidet; auch
waren einige grosse Bäume gefällt, aus denen man den Honig mit eini-
ger Mühe ausgenommen hatte.
Ich erfuhr auf meine Erkundigung, wer wohl an diesem abgelege-
nen Orte landen könne, dass unabhängige Malaycu aus dem Süden der
Halbinsel und aus Sumatra alljährlich die Andaraanen besuchen, um dort
Meerschnecken (Sea-slugs) zu sammeln. Sie fahren in ihren gebrechlichen
Booten von Insel zu Insel, bis sie die grosse westliche Torres erreichen,
wo sie ihre Boote ausbessern und frisches Wasser einnehmen, um dann
nach den Andamauen (auf Burmesisch Katli-Khiun genannt) überfahren, was
bei günstigem Wind mitunter in 48 Stunden geschehen kann. Diese Ma-
laien sind ruchlose waghalsige Seeräuber, welche jedes burmesische Boot,
das ihnen in die Hände fallt, ausplündern, und um einer geringen Beute
willen Jeden au Bord befindlichen umbringen. Aus diesem Grunde bere-
dete man mich, auch mich wohl zu bewaffnen, bevor ich die entferntem
Inseln besuchte.
Zufolge der Erzählungen der Eingeborneu lebt auf den Nikobaren,
den Andamauen und einigen der äussern Inseln des Mergui-Archipels, der
Lo-Woon („Affen- Mensch-*) der wohl nichts Anderes sein kann, als der
von Dr. Abel zuerst beschriebene, nachher aber nie wieder gesehene,
riesenhafte Ürang-Outang von Sumatra. Im vorigen Jahre (1838) waren
zwei Schedel dieses Affen, der eine von Borneo, der andere von Suma-
tra, nach Calcutta gebracht worden.
Die Beschreibung, welche mir meine Leute von diesem Thier mach-
ten, stimmt ziemlich mit Dr. Abels Bericht überein, nur schildern sie
das Thier viel grösser, als es in Wirklichkeit ist (6 bis 8 Fuss hoch).
Als ich heute längs dem saudigen Gestade der Insel ging, sah ich Fährten,
denen eines starken Mannes ähnlich, welche die Leute sogleich für die
eines Lo-woou erklärten und, zum Beweise ihrer Behauptung angaben, das
Thier schlage beim Gehen eine Zehe zurück. In der That konnte ich
keine Spur des Daumens an den Fährten entdecken, diese waren indess
einige Tage alt und etwas verwischt, so dass ich die Richtigkeit dieser
Behauptung nicht zu gewährleisten vermag.
25. Februar. Nachdem ich die Torres-Iusel besucht hatte, zwar ohne
Gold zu finden, aber froh, sie gesehen zu haben, dachte ich um so viel
mehr daran, weiter zurückzugehen, als mein Steuermann in mich drang,
zu eilen, und das gute Wetter zu benützen, da wir, falls stürmisches
Wetter einträte, möglicherweise acht Tage, und auch länger abgesperrt
bleiben könnten, ohne uns mit unseren Booten hinauswagen zu dürfen.
Die Entdeckung der oben erwähnten gutgeschützten Bucht auf der
grossen westlichen Torres verdient allgemeine Bekanntmachung. Wenn auch
diese Insel nicht unmittelbar auf dem Wege der zwischen Calcutta und
Singapore fahrenden Schiffe liegt, mögen diese doch öfters in den Fall
368 i*r. Johann Wilhelm Helfers
kommen, hart an ihr vurbeizusegeln, und mithin muss ihnen daran gele-
gen sein, zu wissen, dass sie dort bei nahendem Sturme einen sichern
Zufluchtsort finden können.
Wir fuhren mit günstigem Winde zurück nach Fletcher's Insel, wo
wir spät Abends ankamen und übernachteten.
26. Februar. Ich wünschte mir Sir John Haye's Insel etwas näher
anzusehen und fuhr desshalb längs ihrer Ostküste bis an ihre äusserste
Nordspitze. Eine kleine Bucht an dieser Küste hat ein gewisses histori-
sches Interesse: dort hatten zur Zeit der burmesischen Herrschaft die
malayischen Seeräuber ihren Sammelplatz und ihren Markt für die von
ihnen gefangen genommenen Burmesen und Siamesen. Diese Unglücklichen,
welche längs der Küste der Halbinsel geraubt worden waren, wurden auf
einem grossen Baumstamm, an welchem man noch jetzt die Einschnitte
sieht, die die Plätze für jeden Einzelnen bezeichneten, reihenweise sit-
zend, zur Schau ausgestellt. Seeräuberei hat in diesen menschenleeren
Gegenden ganz aufgehört und die Malayen haben sich in weniger be-
kannte Theile der indischen Meere zurückgezogen.
Von Sir J. Haye's- Insel fuhren wir zu der volle 15 (engl.) Meil.
gegen NO. entfernten Observation-Insel hinüber. Wir kamen im Laufe
des Abends dort an, nicht ohne grosse Schwierigkeit wegen einer Gegen-
strömung in dem Canal zwischen Observation und Courts-Insel, doch fan-
den wir in einer Bucht an der Ostseite eine Zuflucht für die Nacht.
27. Febroar. Observation-, Courts- und Cridolle's-Inseln, sammt den
übrigen nördlichen sind eine Fortsetzung von L. W. Bentinck's Insel,
und ihre Gesteine gehören derselben geologischen Beihe an. Sie sind alle
verwitterte Felsen mit zahlreichen Zacken, steilen Abhängen und engen
Thälern. Ihre Westseite ist im Allgemeinen der ganzen Gewalt der Bran-
dung ausgesetzt, um ihre Ostseite herum ist die See ruhig L. Bentincks
Insel hier, und der Doun-Archipel im Norden sind die grossen, dem An-
dränge des Meeres vom Westen her entgegenstehenden Schranken. Meine
Leute hatten mir wieder etwas Besonderes an einem der äusseren Fel-
sen von Observation-Insel zu zeigen, welcher bei den Eingebornen als
Talisman gilt. Ich fuhr in einem kleinem Canoe dahin, und fand dort he-
xaedrischen Eisenkiess, dem seine speisgelbe Farbe das Ansehen von
Gold gab, es waren würflige, auf der Oberfläche einzeln zerstreute Kri-
stalle. Diese zweite Goldaufsuchung hätte beinahe ein übles Ende genom-
men. Die heftige Brandung verursachte ein schnelles Anschwellen des Mee-
res; eine Woge erreichte plötzlich unser Canoe, und füllte es mit Was-
ser. Wir waren an 30 Yards vom Ufer entfernt; ich schwamm dorthin,
die Brandung erfasste mich und warf mich heftig gegen die mit Ostrea,
Pecten und Griphaea besetzte Klippen. Zerschlagen und zerschnitten von
den messerscharfen Kanten des Gesteines und den spitzen Stacheln der
Muscheln gelang es mir dennoch den Fels zu erklimmen, bevor ein zwei-
ter Stoss der Brandung mich erreichen konnte. Niemand verunglückte,
meine burmesische Mannschaft klammerte sich an das Canoe und Andere
kamen ihr bald zu Hilfe. Man brachte mich in mein Boot, aus dem ich
3 Tage nicht heraus konnte.
Es wurde nöthig, die Stachel von Ostrea und Pecten, deren ich
etwa 50 an verschiedenen Theilen meines Leibes stecken hatte, heraus-
zuziehen. Es verdient bemerkt zu werden, dass diese Stacheln nicht wie
andere fremde Körper, wenn sie in die Haut eindringen eine Entzündung
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasseriin-l'rovinzen etc. 369
hervorbringen; es blieben deren mehrere in mir zurück, über welche sich
die Haut schloss, ohne dass sie mich im Mindesten belästigt hätten.
28. Februar. Ich blieb in der nördl. Bucht von Lloyds-Insel.
1. März 1839. Wir kamen heute zum südlichen Theil des Doun-Ar-
chipels und fuhren quer über nach Yingan.
2. Man. Ankunft zu Mergui durch den Kanal von Peryghioun.
V. Reise. Vom 7. bis 16. März 1839. Mr. Hutchinson von der Ma-
dras-Artillerie war von Hrn. Commissär Blundell mit einigen Coolies nach
Lennya gesendet worden, um dort einen Versuchsschacht auf Kohle abzu-
teufen. Da dieser Offizier nicht auf geognostische Kenntnisse Anspruch
machte, glaubte ich etwas für das allgemeine Beste zu thun, wenn ich das
Kohlenvorkommen am Lennya-Flusse noch einmahl besuchte.
Ich verliess Mergui am 7. März, durchreisete dieselbe Gegend,
welche ich bereits auf meiner zweiten Reise beschrieben habe, und kam
am 12. März bei den Kohlenfeldern an. — Mr. Hutchinson hatte
vor meiner Ankunft zwei Schächte abgeteuft, jeder 30 Fuss tief. Der
erste lag an einer kleinen Zwischenstelle („an intervenient smal place),
über welche der Fluss gegenwärtig zwischen zwei Hügeln läuft. Der
Raum zwischen den beiden Hügeln ist sekundäres Gestein, und später
mit tertiären und diluvialen Absätzen ausgefüllt. Bis zur Tiefe von 40
Fuss wurden nur mergelige und thunige Absätze aufgefunden und weg-
geräumt. Mr. Hutchinson ging dann mit einem zweiten Schachte durch
den Kohlenschiefer nieder, womit er Kohlen -Sandstein anfuhr, der so
hart war, dass er mit Pulver gesprengt werden musste (einige Bruch-
stücke davon glichen dem (Penaat Geit). Dieser Saudstein war von Schnü-
ren eines bituminösen und eisenschüssigen Thonschiefers , einige wenige
Decimeter mächtig, durchschwärmt. An einer Stelle war Kohle, in einer
Schnur dieses Thonschiefers von nur «/, Zoll Mächtigkeit eingehüllt, ge-
funden worden. Der Schacht konnte indess nicht fortbetrieben werden,
da er nur wenige Yards vom Flussufer lag, und das Wasser als man
den Spiegel des Flusses erreichte, in den Schacht drang und mit den
unvollkommenen Werkzeugen, die zur Verfügung standen, sich nicht wohl
abhalten Hess.
Ich machte Mr. Hutchinson den Vorschlag einen dritten weiter
vom Ufer entfernten Schacht abzuteufen, und zwar durch dasselbe Gestein,
hierauf verliess ich diese Stelle und kam am 16. März 1839 wieder in
Mergui an.
VI. Reise. Ich beabsichtigte die südliche Gränze der Tenassseriin-Pro-
vinzen zu bereisen, vorzüglich, um den vielbesprochenen Packchan -Fluss,
von welchem man ungeachtet seiner künftigen politischen und commerziel-
len Wichtigkeit — so wenig Bestimmtes wusste, zu untersuchen. Zu die-
sem Zwecke verliess ich Mergui am 20. März 1839 mit 2 gewöhnlichen bur-
mesischen Booten, und fuhr den Tenasserim-Fluss 1 1 (engl.) Meilen strom-
aufwärts bis zur Pagode von Zhai-Gna-Town. Hier liegt die Mitte der 3
grossen Ausmündungen dieses Flusses in die inneren Mangrove-Labyrinthe,
welche gerade nach Süden führen und diess ist auch der kürzeste Weg
für Ruderboote.
21. März 1839. Wir fuhren durch die Mangrove-Labyrinthe in eine geräu-
mige Bucht ein, die ich bei einer früheren Gelegenheit beschifft hatte,
und die wegen der dort zusammenkommenden Fische einen gewissen Ruf
hat. Diese wären ein werthvoller Nahrungszweig und ein gewinnreicher
370 Dr Johann Wilhelm Helf'er's
Handelsartikel , wenn nur eine Bevölkerung vorhanden wäre, die davon
Nutzen ziehen könnte.
Ich übernachtete am Rande eines zweiten Mangrove-Labyrinths, wel-
ches im W. von Kitheraing, im 0. vom Festland, im S. vom Lennya-
Fluss, und im N von der eben beschriebenen Bucht begränzt ist.
22. März. Ich fuhr durch die zweiten Mangrove-Kanäle, nahm an der
Einfahrt des Lennya-Flusses Wasser ein und übernachtete an dem ersten
Vorgebirge gegen Süden, welches Capt. Lloyd Whale-Bay nennt.
23. März. Ich erreichte Sedeing und blieb dort. Sedeing ist eine von
Mr. Maingy gegründete Ansiedlung von Malayen. Der umfassende Geist
des Gründers hatte den Gedanken aufgegritfen , die unbewohnten Inseln
des Archipels mit Malayen zu bevölkern. Zu diesem Zwecke fiel seine Wahl
auf einen Häuptling, Haiti Jueu genannt, einen unerchrockenen alten
Freibeuter (baccanier), der mit den Hülfsquellen der Mergui-Inseln wohl
bekannt war und etwa 100 Mann unter seinem Befehl hatte. Dieser kleine
Clan wurde nach Sedeing übersiedelt, wo er seitdem geblieben, aber mehr
im Abnehmen als im Zunehmen ist. Der alle Häuptling indess (derselbe,
der von der Regierung die Höhlen mit Vogelnestern gepachtet hat) scheint
sich wohl zu belinden; seine Mannschaft aber hat ihn verlassen. Einige
sind zu ihrem alten Lieblingsgeschäft, der Seeräuberei, zurückgekehrt. An-
dere siedelten sich auf eigene Rechnung in Mergui an, noch Andere sol-
len sich auf den Audamau-Iuselu festgesetzt haben. Wenn je diese Inseln
auf Kosleu der Regierung bevölkert werden sollten , so wäre hiezu die
Einführung der Malayen zu empfehlen, nicht zur Nutzbarmachung des Bo-
dens, dazu sind sie viel zu schlechte Pflanzer, und treiben nur Landbau
wenn mau sie dazu zwingt, sondern als Fischer, Seeleute, Bootbauer, über-
haupt für Beschäftigungen auf dem Wasser, welches ihr eigentliches Ele-
ment ist, und wozu sie die geeignetste Race sind. Man behauptet, Sed-
eing sei für eine Ansiedlung schlecht gewählt und ich theiie diese An-
sicht, es ist von allen Seilen mit Untiefen umgeben, so dass mau zur
Ebbezeit kaum dorthin gelangen kann, der Boden ist schlecht, und selbst
die Cocospalme soll dort nur langsam wachsen.
Vielleicht ist alles diess nur ein Vorwand zur Entschuldigung der
Dickichte, die um jedes Haus aufschiessen und der gänzliche Mangel an
Anbau. Das Dorf besteht aus etwa 30 elenden Hütten an beiden Seiten
eines Hügels.
24. März. Ich kam vor der Einfahrt des Boukpeen -Flusses vorbei
und ankerte die Nacht über au einer kleinen felsigen Insel, südlich von
Boukpeen. Das Wetter war ruhig, die Mannschaft ruderte den ganzen
Tag über. Das Gestein ist Keuper.
25. März. Ich besuchte diesen Morgen 5 der felsigen Inseln, welche
so reichlich, und scheinbar ohne Ordnung in der Koyay- Gruppe, einer
höchst interressauten, aber auch sehr verwickelten Ansammlung von Inseln
zerstreut sind. Die Gruppe reicht von 10° 41' bis 10° NB., ihre Bildung
ist sehr verschiedenartig und ihre namentliche Aufzählung in diesem Be-
richte wäre langweilig, da ihrer zusammen mehr als 100 sind. Ich be-
schloss, einige Tage inmitten dieser Gruppe zuzubringen. Heute beschränkte
ich mich auf die kleineren Gruppen und sammelte vorzüglich Schalthiere.
Zwischen den Felsen unter dem Wasserspiegel sieht man in den Spalten
die colossale Iridacna Gygas, deren guterhaltene Schale in Europa eine
grosse Seltenheit is! und welche, obwohl nicht gewöhnlich, in diesen
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasscrim-Provinzen etc. 371
Meeren eine bedeutende Grösse erreicht. Man hat davon Exemplare von
3 bis 4 Fuss Länge aufgefunden; diese bleiben meist in einer Tiefe
von 8 bis 10 Faden und nur kleinere kommen reichlich vor, selbst über
dem Horizont der Ebbe. Man isst sie nicht und brennt auch keinen Kalk
aus ihnen , wie in Coromandel ; die Einwohner sind zu wenig zahlreich,
als dass sie sich um die reichen natürlichen Hilfsquellen des Landes
kümmern sollten.
26. März. Heute landeten wir an der oberen grossen Koyay-Insel.
Ich kenne ihre Länge nicht, da mir keine Zeit übrig blieb, sie zu um-
schiften; es scheint nicht, dass sie mehr als 10 (engl.) Meilen betrage.
Die Insel ist nicht sehr hoch; eine Bergkette zieht mitten durch sie.
Ich wünschte diese zu übersteigen und nachdem ich etwa 10 (engl.)
Meilen vorgedrungen und über einen nicht 200 Fuss hohen Hügel ge-
kommen war, gerieth ich in ein Mangrove-Dickicht und dann in einen tiefen
Einschnitt („Creek"), über welchen ich nicht kommen konnte; wess-
halb ich wieder zurückkehrte. Der Rand des Mangrove-Dickichts war mit
Palmen der Gattung Phoenix (ich habe ihre Fructification nicht ge-
sehen) dicht besetzt. Diese Palme liefert den Eingebornen ihr gewöhnliches
Seilwerk, welches von derselben Substanz zu sein scheint als das Coir
aus den Fasern der Cocospalme, nur dass die Fasern viel länger sind.
Die Seelongs brauchen diese Palme zu vielerlei Zwecken: sie füllen mit
ihren schlanken Stämmen den obern Theil des Rumpfes ihrer Boote aus,
welche dadurch ungemein leicht und elastisch werden und brauchen die
Fasern zum Kalfatern, wozu sie von den Chinesen allen andern Fasern
vorgezogen wird. Vor dem Gebrauche wird sie in Wasser getaucht und
dann auf einem Steine geschlagen, bis nichts mehr zurückbleibt als die
Stränge der Fasern.
27. März. Innerhalb der Insel liegt unter 10° SO' eine grosse hohe
Bergreihe, welche sich von der See so einladend ausnahm, dass ich nicht
dem Wunsche widerstehen konnte, sie zu erreichen und wo möglich zu
ersteigen. Es war bei der Zeit und den Mitteln, die mir zu Gebote
standen, ein chimärisches Unternehmen und ich verlor 2 Tage mit dem
Versuche. Die erste Schwierigkeit ist, dass man keinen Fuss auf das
Festland setzen kann, denn, so wie man sich diesem nähert, geräth man
in eine unabsehbare Menge von Mangrove-Inseln. Es wird viel kosten
bis alle diese Labyrinthe aufgenommen sein werden. Das Uebelste ist,
dass dieser Theil des Landes den Burmesen, wie den Siamesen ganz
unbekannt ist und dass ich keine Auskunft erlangen konnte. Nachdem ich
mit den Booten 4 Stunden lang durch die Mangrove-Canäle gefahren
war, glaubte ich das Festland erreicht zu haben und blieb die Nacht
über am Fusse eines kleinen Hügels. Mehrere Dutzende des merkwürdigen
hinterasiatischen Hylobates (eines langarmigen Affen mit weissen zottigem
Haar und schwarzem Gesicht) waren auf den Bäumen versammelt; ein
seltener Umstand, da diese Thiere meist einsam in den dicken Wäldern
des Festlandes (auf den äusseren Inseln habe ich nie einen gehört)
leben. Sie heulten erbärmlich auf die fremden Eindringlinge herab, als
bejammerten sie tief den Verlust ihres Vorrechtes, in ihren nie besuchten
Wildnissen allein und ungestört weilen zu dürfen.
28. März. Ich drang nach dem Frühstücke in den Wald ein, musste
mich mühsam durch Rattans, kriechendes Gesträuch und Schlingpflanzen
durcharbeiten und fand nach 3stündis;er Arbeit, dass wir uns nicht auf
372 Dr. Johann Wilhelm llelfer's
dem Festlande befanden, denn wir kamen an einen tiefen Nullah (Canal)
von nahe 100 Yards Breite, der uns vermuthlich von einer andern Insel
trennte. Wir gingen zurück und nachdem wir uns mit Mühe in diesen
sonderbundartigen Canal zurechtgefunden hatten, erreichten wir unseren
Ankerplatz auf Koyay. Nicht die Untersuchungen eines vereinzelten Natur-
forschers, sondern die Bevölkerung, welche in späterer Zeit über diese
Gegenden sich verbreiten wird, kann deren Eigenthümlichkeiten zur allge-
meinen Kenntniss bringen. Ich kann hier gelegentlich anführen, dass die
Elephanten nur selten auf die Inseln hinüber kommen, aber dass man
sogleich ihre Fährten wahrnimmt, so wie man das feste Land betritt.
Hätte ich dieses selten trügende Merkmal besser beachtet, so hätte ich
mir sogleich sagen müssen, wir seien noch nicht auf das Festland ge-
kommen.
29. März. Von der oberen Koyay-Insel fuhren wir heute weiter zu
der südlichen. Hier ist ein Canal von etwas mehr als 2 (engl.) Meilen
Breite zwischen der südlichen und der nördlichen Insel, in welchen die
Fluth mit Gewalt eindringt. Die südliche Insel scheint an der Westseite,
etwa 6 (engl.) Meilen lang zu sein. Gegen Süden ist sie vom Festlande
(es scheint wenigstens das Festland zu sein) durch einen, an seiner
engsten Stelle 1 (engl.) Meile breiten Canal getrennt. Ich fuhr mit dem
Canoe längs der westlichen Seite bis zur Südspitze der Insel und kam Abends
zu meinem Standorte auf einem kleinen Fels an der Westseite zurück.
Dieser Fels besteht aus Coglomerat und hat nicht mehr als 40 Fuss im
Umfange, dennoch wachsen 18 Arten Pflanzen darauf: alle perenirend und
der Mehrzahl nach Bäume und Klettergewächse.
30. März. Von hier fuhren wir fast ohne Unterbrechung bis zum
Packchan herab. Man findet gutes Eisenerz, theils auf dem Festland, theils
auf den nahen kleinen Inseln. Es ist fast überall einem thonschieferartigen
Gesteine angelagert. Ich fühlte mich heute zu unwohl, um einen Ausflug
zu machen und blieb ruhig auf meinem einsamen Felsen.
31. März. Ich fuhr heute etwa 8 (engl.) Meilen weit nach Süden
zu einem Vorgebirge, das mit Blöcken von thonigem Eisenstein-Conglomerat
besäet war. Ich war noch immer zu unwohl, um die Gegend zu unter-
suchen. Diese Stelle ist mir als bemerkenswerth bezeichnet worden, indem
dort vor achtzig Jahren eine Stadt lag und siamesische Beamte zur
Beaufsichtigung der Perlenfischerei, welche sich von dem Canal (jetzt
Forest's-Strasse), über die Gregories-Inseln bis zur Ostküste von Sullivan's-
Insel erstreckte, dort ihren Sitz hatten.
1. April 1839. Ich hatte mich genügend erholt um einen Ausflug
zu wagen. Ich fand keine Spur von der gestern erwähnten siamesischen
Stadt. Gegen Norden ist das ganze Gestade flach, sandig und mit Dickicht
bedeckt. An der Westspitze liegt, etwa 100 Yards vom Meeresufer, ein
Teich von süssem Wasser, hinter einem querlaufenden Bücken von Eisenstein-
Conglomerat, der das angesammelte Wasser hindert, sich in das Meer
zu ergiessen. Diese Stelle heisst Poaleygan (Perlen-Teich) und es sollen
alle gesammelten Perlenmuscheln hierher gebracht worden sein, worauf
man sie zählte, in Loose vertheilte und unter der Aufsicht der könig-
lichen Beamten am Ufer verfaulen Hess. Die Loose wurden dann verkauft,
ohne dass man wusste, wie viele Perlen jedes enthielt; es war eine Art
Lotterie, bei der die Glücksfälle nicht auf der Seite der Käufer lagen,
da die Perlen von einer gewissen Grösse als königliches Eigenthum
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenassenm-Piovinzen etc. 373
betrachtet wurden, wesshalb auch die Aufsichtsbeamten angestellt waren.
Warum die Perlenmuscheln in den Teich gebracht wurden, kann ich mir
nicht denken, da sie im Süsswasser nicht am Leben bleiben. Das Wasser
im Teiche sammelt sich nur während des Monsoon an und wird von
keiner eigenen Quelle gespeiset. In der gegenwärtigen Jahreszeit war es
zu einem grossen Tümpel von kaum 15 Yards Durchmesser zusammen-
geschwunden, der übrige Theil des Beckens war ausgetrocknet oder mo-
rastig. Viele wilde Thiere des Waldes scheinen sich dort zur Tränke zu
versammeln; ich fand Fährten von Rothwild, Elenthieren, Wildschweinen,
wilden Kühen, Elephanten und Tigern; die meisten noch ganz frisch.
Das Meeresufer des Festlandes dürfte kaum reich an Schalthieren
sein; es ist zur Ebbezeit eine trockene ausgedehnte Sandbank, welche
nach Norden und Westen sich etwa 1 Meile in das Meer erstreckt. Die
Perlenmuscheln finden sich, wie bekannt, nur auf Felsgrund, in einer
Tiefe von 1 bis 12 Faden. Die eigentlichen Perlenfischereien waren in
diesem Canal an den Gregories-Inseln. Man zeigte mir einige Stellen bei
ruhigem Wetter; in einer kleinen Bucht sah ich Perlen-Austern so dicht
aneinandergehäuft, dass sie den Grund beinahe bedeckten. Die Seelongs
kennen den Werth der Perlen und sammeln sie überall, wo sie sie
erreichen können, ohne viel tauchen zu müssen. Sie essen das Thier
sehr gern und in Menge und die Schalen der echten Margaritifera no-
bilis liegen haufenweise am Gestade der Lampee- Inseln. Sie verkaufen
die Perlen an die Chinesen; zu Mergui sah ich einen von ihnen, der
für 400 Rupien Perlen mit sich führte. Einige davon waren so schön
von Wasser, als irgend welche von El Bahneen, welche ich im Persischen
Golf gesehen hatte.
2. April. Wir fuhren 6 (engl.) Meilen südwärts, wohin mich Blöcke
von vortrefflichen Eisenerzen zogen, welche verstreut oder dünn angehäuft
am Meeresgestade des Festlandes lagen. Wir fuhren in eine kleine Bucht
und ankerten dort.
Vor meiner Rückkehr von einem zweistündigen Ausflug war die See
schon so weit zurückgetreten, dass unsere Boote im Schlamm stacken und
wir nicht hoffen durften, sie im Laufe des Tages wieder los machen zu
können. Um die Zeit möglichst zu nützen, versuchte ich, in das Innere
einzudringen und es gelang mir besser, als das letzte Mal. Nachdem wir
durch einen, etwa 100 Yards breiten, Mangrove-Gürtel gegangen waren,
kam ich auf ansteigenden, dicht bewaldeten Boden, reichlich mit frucht-
barer, anbaufähiger Dammerde bedeckt. Ich überschritt eine kleine Hügel-
reihe und gelangte jenseits wieder in eine mit ehrwürdigen, nie berührten
Wäldern bedeckte Ebene. Ein kleiner Bach kam von der Bergkette, welche
an 10 (eng!.) Meilen weiter gegen das Innere zu einer Höhe von 2000
Fuss steil ansteigt. Zahlreiche Heerden von Elephanten müssen diese ein-
sammen Gegenden durchwandern, sie haben sich breite Strassen nach allen
Richtungen gebahnt. Es lag nicht in meiner Absicht, die Berge zu bestei-
gen, daher ich auch gegen Abend an das Meeresufer zurückkehrte.
3. April. Ich fuhr nahe am Ufer gegen Süden und landete gegen-
über den Turret-Felsen auf einem schönen, sandigen, mit einigen maje-
stätischen Casuarina-Bäumen geschmückten Gestade. Das eigentliche Meeres-
ufer war hier ohne Wälder, welche, wie man mir sagte, die Malayen
absichtlich niedergebrannt hatten. Es ist jetzt eine Sandebene, hinter der
wieder ein Mangrove-Gürtel sich einige Stunden weit einwärts erstreckt,
374 Dr. Johann Wilhelm Reffer's
bevor der Boden ansteigt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Land
mehrere (engl.) Meilen gegen Osten zu eben ist. Diese sandige Ebene
wäre für Cocospflanzungen sehr geeignet. Es ist voll grosser Elenn-
thiere, welche gegen Abend furchtlos ganz nahe an die Boote kamen. Hier
fand ich eine malayische Hütte und zwölf Malayen, welche die Nesterhöh-
len des Turret-Felsens bewachten, in denen, wie man mir sagte, die beste
Sorte Nester im ganzen Archipel vorkommt.
4. April. Ich musste abermals wegen Unwohlsein den ganzen Tag
an Ort und Stelle bleiben.
5. April. Südlich von dem malerischen Turret-Felsen liegen 2 Grup-
pen kleiner Inseln, von ausgebreiteten Rissen umgeben. Sie sind durch
eine weite Untiefe, die nur zur Fluthzeit fahrbar ist, nahe mit dem Fest-
lande verbunden. Diese Untiefe ist zur Fluthzeit mit Fischen gefüllt, nur
ist keine Seele da, die davon Nutzen ziehen könnte. Diese Inseln sind
gleichfalls reich an ergiebigen Eisenerzen von guter Beschaffenheit.
Diese südlichen Eisenablagerungen reichen fast ununterbrochen längs
der Küste, von 10° 10' bis 10" 30' n. Br. in einer Länge von 20 (engl.)
Meilen, und reichen, so viel ich weiss. 12 (engl,) Meilen weit nach We-
sten, denn das Riff von Pine-tree-Insel, ist grösstentheils mit massiven
Blöcken dieses Erzes bedeckt. Diese ungeheure Menge von Eisenerzen,
unmittelbar am Meeresrand, ist der Beachtung der Regierung würdig.
6. April. Ich ging theils zu Fu.ss, theils im Canoe die Küste entlang
und Hess die Boote folgen. Etwas gegen Süden von den Riff-Inseln mün-
det ein Fluss aus, der Kazeinlu-Khiaung, wo bald nach der britischen Be-
sitznahme ein Dorf behufs der Aufsammlung des Seifenzinns in seinem
Bette gegründet wurde. Wegen irgend eines Vorurtheils verliessen die
Bewohner plötzlich diesen Ort und siedelten sich nachmals zu Boukpeen
an, einem Ort, den ich bereits beschrieben habe. Alle von den Bergen
herabfliessenden Bäche dieser Gegend führen Zinn mit sich. Dieser Um-
stand und die Nähe der reichen siamesischen Zinngruben von Bending
und Ta-Kopak, bestimmten mich in den letzvergangenen Tagen nur lang-
sam vorzugehen, um dies Metall wo möglich auch auf britischem Gebiet
aufzufinden. Ich muss hier eine einzige Bemerkung mittheilen, welche ich
auf die Lage aller Absätze von Seifenzinn anwendbar gefunden habe.
Der Hauptzug der Gebirge von Tavoy bis Packchan, in einer Entfer-
nung von 15 (engl.) Meilen streichend, (nicht jener Zug, welcher die
östlichen und westlichen Flussgebiete der Halbinsel von einander scheidet)
ist in diesem Lande der Sitz der Erzlagerstätten. Alle Bergsisteme haben
ein steiles und ein zweites sanftes Gehäng, diess trifft auch hier ein. Das
steil abfallende, westliche oder See Gehänge führt Zinn, aber nur in ge-
ringen Mengen, die östliche,, oder Inland-Seite enthält Berge von Trüm-
mern, in denen die Zinnerze vergraben sind. So fand ich es an der östli-
chen Seite der Tavoy-Berge gegen Metamio zu. Dasselbe soll zu Folge
mündlicher Ueberlieferungen in dem Bergzug am Packchan der Fall ge-
wesen sein, wo vor 200 Jahren (auf gegenwärtig britischem Gebiete) die
reichsten Zinngniben in Betrieb standen, später aber während der bestän-
digen Fehden, die diess unglückliche Land verheerten, so vollständig zu
Grunde giengen, dass selbst ihre Lage unbekannt, oder doch zweifelhaft
geworden ist.
Um dieses so viel versprechende Gebiet gehörig zu untersuchen,
wäre es nöthig, in das Innere des Landes vorzudringen, bis zum östli-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 375
chen Gehänge dieses Gebirgszuges; ein sehr schwieriges Unternehmen in
diesen ganz unbekannten Gegenden, wo man keinen Mundvorrath erhalten
kann und wo sogar vorerst die Pässe, welche über die Berge dahin füh-
ren, entdeckt werden müssten. So viel Erfolg eine solche Expedition auch
versprechen mag, so wäre es doch für dieses Jahr zu spät, eine solche
zu versuchen.
7. April. Ich ging wieder den ganzen Tag über längs der Küste
fort und übernachtete auf einer kleinen Insel, deren malayischer Name
(die burmesischen Ortsbenennungen haben ganz aufgehört) Pulo Mipali
ist. Auch dort fand ich gute Eisenerze. Hunderttausende von Tauben
einer bestimmten Art, welche den südlichen Inseln eigen ist und nie in
der Breite von Mergui gesehen wird, nisteten auf dieser Insel; die Bäume
waren buchstäblich bedeckt mit ihren Nestern, in welchen Eier, aber
keine Jungen waren; ein Beweis, dass sie Alle auf einmal hier ankom-
men und auch ihre Brutzeit zugleich beginnt. Meine Leute sammelten
ganze Haufen dieser Eier ein und die ganze Nacht hindurch schwärmten
Wolken von aufgescheuchten Tauben um ihre gestörten Wohnplätze.
8. April. Während der Nacht setzten wir ohne Aufenthalt unsere
Fahrt gegen Süden fort und kamen Abends bis Pulo-Jeun-Kos an, nicht
weit von der Einfahrt in den Packchan-Fluss.
9. April. Pulo-Jeun-Kos ist eine der nördlichsten Inseln einer gra-
nitischen Gruppe von etwa 20 Inseln, welche quer über die weite Mün-
dung des Packchan -Flusses in einer Schlammbank liegen, in welcher
zur Ebbezeit kaum einige enge Canäle zur Durchfahrt offen bleiben.
Meine Mannschaft nannte die Insel „Thimbo Khiun," weil zur Zeit der
ersten Besichtigung der Tenasserim-Provinzen nach ihrer Besitznahme das
Dampfboot „Diana" dort geankert hatte. Einige nennen sie auch „Ca-
Jooping-Khiun," weil einige Siamesen und Malayen (gegen die Gewohnheit
dieser Völker) auf ihrer Südspitze eine Anzahl von Cashu-Nüssen (Ana-
cardium occidentale) angepflanzt hatten, welche nunmehr zu grossen,
fruchttragenden Bäumen aufgewachsen sind. Ich weiss von dieser Insel
weiter nichts, als dass sie einen Bach mit vortrefflichem Wasser besitzt,
welcher in anmuthigen Cascaden über einen Hügel herabfällt. Beim Beginn
der Fluth verliessen wir die Inseln, um den Packchan-Fluss, über den
bisher die widersprechendsten Nachrichten im Umlaufe waren, stromaufwärts
zu beschiffen.
Da dieser Fluss die englischen Besitzungen gegen Süden abgrenzt,
liegt die südlichste Grenze der Tenasserim-Provinzen auf dem Festland
unter 9° 58' N. Breite. In Betreff der Inseln (die Gruppe von St. Mat-
thew's gehört nach allgemeiner Uebereinstimmung zu Tenasserim) muss
die Grenze einige 20 (engl.) Meilen nach Süden zu gesucht werden;
was übrigens wohl niemals ein Streitpunct werden dürfte, da weder eine
Macht noch eine Völkerschaft irgend eine dieser Inseln in Besitz genom-
men hat.
Die Mündung des Flusses ist sehr breit; querüber von einem Punkte
des Festlandes zum andern mag sie wohl an 8 (engl.) Meilen betragen.
Das eigentliche Bette des Packchan, da wo er anfängt, zwischen zwei
Bergreihen eingeschlossen zu werden, ist etwa 2 (engl.) Meilen breit
und zieht sich durch 10 (engl.) Meilen in SW. Bichtuug fort. Auf diese
Art schliesst der Fluss die südlichste britische Grenze mit einer schmalen
Halbinsel. Sein unterer Lauf möchte eher für einen Meeresarm, als für
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. Z
376 Dr. Johann Wilh. HehVs
einen Fluss gelten. Wir übernachteten auf einem kleinen Fels im Flusse,
an seiner westlichen oder rechten Seite, einige (engl.) Meilen von
seiner Mündung.
10. April. Wir fuhren etwa 7 (engl.) Meilen stromaufwärts und
landeten an einer jener Inselgruppen, welche den Fluss zu versperren
scheinen, aber nach links zu seiner Wassermenge einen weiten Spiel-
raum lassen. Auf der Insel fanden wir gutes Wasser und Spuren von
Menschen (gefälltes Bauholz, Bruchstücke von Werkzeugen und Gerathen,
frische Feuerstellen u. dgl.), welche darauf hindeuten, dass hier oft Leute
landen; doch sahen wir den ganzen Tag über keine Seele, noch auch
ein Canoe oder irgend etwas, was die Gegenwart von Menschen anzeigen
könnte. Wir ruderten weiter, nachdem wir Wasser eingenommen hatten,
und sahen rechts und links Oeffnungen; offenbar Nebenflüsse, die sich
in den Packchan ergiessen. Hinter diesen Inseln läuft der Fluss in einer
geraden Linie von etwa 10 (engl.) Meilen genau von Norden her. Die
Berge treten an beiden Ufern zurück und die Aussicht thut sich auf.
Die Gegend durch welche der Fluss läuft, ist erst neuerlich dem Meer
abgewonnen; vor kurzer Zeit musste sie ein breites Becken gewesen
sein. Nunmehr ist alles mit Mangroves ausgefüllt, die noch immer bei
Springfluthen ganz unter Wasser stehen. Zahlreiche kleine Buchten („creeks"J
beweisen, dass die Mangroves weithin verzweigt sind. Da wir keine Lan-
dung bewirken konnten, mussten wir am Mangrove-Ufer ankern.
11. April. Am Ende der geraden Flussstrecke von Norden nach
Süden erheben sich die Ufer, treten jedoch, obgleich noch mit Rhizophoreae
bewachsen, bald zurück.
Das Gebiet der Nipah-Palmen beginnt und nie sah ich die Nipahs
in solcher Menge und so vollkommen" entwickelt, wie an beiden Seiten
des Packchan. Man benützt sie hier nicht; nur am Rande des Flusses
waren einige mit dem Messer (Dak) abgeschnitten worden. Hätte ich
nicht gewusst, dass eine sogenannte Stadt (wenigstens eine menschliche
Ansiedlung) weiter flussaufwärts zu finden ist, ich hätte während der
ganzen Fahrt kein Zeichen menschlicher Bewohner wahrgenommen. Die
Gegend bleibt offen und eben- an der rechten Seite zeigen sich kleine
vereinzelte Hügel; dann ein anderer Berg an einer Stelle, wo ein nicht
unbedeutender Fluss sich in den Packchan ergiesst. Dieser Berg ist der
letzte; weiter stromaufwärts ist an beiden Seiten, so weit der Blick
reicht, das Land eben. Der Fluss macht einige immer kürzer werdende
Biegungen, er verengt sich bis auf etwa 150 Yards; sein durchsichtig
grünes Wasser ist nur mehr schwach brackisch; die Ufer steigen allmälig an,
die Mangroves, später die Nipahs, verschwinden und ihre Stelle nehmen
Calumi und eine zierliche, cocosähnliche Palme ein. Wie am Lennya-
Flusse werden colossale Waldöl-Bäume („Woocl-oü-trees") häutig. Beide
Flüsse gleichen sich in ihrem Ansehen. An der Stelle, wo ich eine
Nacht und einen Tag lang verweilte, waren die Ufer bereits 15 Fuss hoch.
13. April. Heute sah ich die ersten Menschen. Vor meinem Aufbruche
am Morgen kamen zwei Boote mit Siamesen und fuhren weiter, ohne sich
viel mit uns einzulassen. Wir erfuhren, dass die Stadt Packchan nur
einige wenige (engl.) Meilen höher hinauf liege und fuhren dorthin. Die
Gegend blieb flach an beiden Ufern und erhob sich allmählig bis auf
30 Fuss; der Fluss verengte sich, blieb aber noch immer sehr tief
(3 bis 6 Faden); die Strömung war gering. Als ich noch eine Stunde
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 377
weit von der Stadt entfernt war, bemerkte ich, dass der Wald an beiden
Ufern, an manchen Stellen 1000 Yards weit landeinwärts, neuerlich aus-
gehauen worden war. Wir sahen keine alten Anpflanzungen. Bei meiner
Ankunft zu Packchan befahl ich auf der rechten oder britischen Seite
zu landen, um allem Zusammenstoss mit den Siamesen vorzubauen und
lagerte unter meinem Zelte. Mir gegenüber lag eine grosse Junke von
ungefähr 250 Tonnen und S bis 6 andere Küstenfahrer. Mehrere Hun-
derte von Menschen versammelten sich auf dem Seeufer und gafften uns
schweigend an. Ich hörte in verschiedenen Richtungen das Tam-tam an-
schlagen. Bald darauf kam ein Chinese mit 2 halberwachsenen Jungen
und sagte in ziemlich unverschämtem Tone: er sei abgesendet, um nach-
zufragen, was ich sei, was ich wünsche, und ich solle sogleich vor dem
Statthalter erscheinen. Ich antwortete ihm: ich würde kommen, wenn er
mich höfllich einlüde, wiewohl er mir nichts zu sagen habe, da ich bri-
tischer Beamter sei und auf britischem Boden stehe und meine ferneren
Wünsche würde ich ihm durch einen meiner Leute wissen lassen.
Ich beauftragte darauf Saduc, meinen siamesischen Dolmetsch und
Obermann ( Jieadman" ) im Dienste der Regierung, zu dem siamesischen
Statthalter zu gehen und ihm meinen Gruss („Salaam"J auszurichten;
ich sei hierher gekommen um das britische Land anzusehen, ich bedürfe
Mundvorrath und würde ihm verbunden sein, wenn er mir solchen verschaffte.
Saduc, mein Dolmetsch, kam nach etwa 2 Stunden zurück und
meldete mir: meine Ankunft habe grosses Aufsehen gemacht; der Statt-
halter begreife nicht, was ich in einer so wilden Gegend zu thun habe;
er habe zuerst geläugnet, dann bezweifelt, dass die entgegengesetzte
Seite britisches Gebiet sei; er sei indess sehr höflich gewesen und habe
versprochen, ich solle alles erhalten, was ich wünsche; schliesslich habe
er seinen Wunsch ausgesprochen, mich zu sehen, wesshalb er mich auch
geziemend einzuladen beabsichtige.
Bald nachher kam ein Siamese, der Kara-woon (_der nächste im Rang
nach dem Statthalter) mit einigem Gefolge und lud mich ein, zu dem
Myo-woon, der in einem Zayat am Ufer in voller Galla versammelt war,
herüber zu kommen. Ich willigte ein, fuhr über, setzte mich auf 2 Sammet-
kissen nieder und führte mit diesem grossen Herrn ein möglichst inhalts-
leeres Gespräch, wobei ich sorgfältig vermied, irgend eine politische
Frage zu berühren. Er Hess sich angelegen sein, die freundlichen und
wohlwollenden Gesinnungen, die zwischen Siam und Grossbritannien be-
stehen, in Worte zu fassen; versicherte, nicht nur der König, sondern
er selbst persönlich, hege diese Gesinnung. Er sagte mir ferner: er
habe Colonel Bumey gekannt; er selbst sei nur auf ausdrücklichen
Wunsch seines königlichen Herrn in diese wilde („jungly") Gegend
gekommen, um die Leute in Ordnung zu bringen; er wünsche, die Ge-
gend blühend zu machen und beabsichtige Zuckerrohr in grossem Maass-
stabe anzupflanzen u. s. w.
Früher standen hier nur wenige Hütten; es war immer nur ein
sehr unbedeutender Weiler und ist erst kürzlich zu einem Centralpunkt
gemacht worden, von welchem aus die Heere des Königs gegen die empör-
ten Malayen von Queda abgesendet wurden. Erst vor vierzehn Tagen
waren 60 Elephanten und eine Abtheilung Truppen von dort nach dem
Süden befördert worden. Der Ausgang der malayschen Empörung wurde
damals mit grosser Begierde und seine Dämpfung mit schlecht verhehlter
z*
378 Dr- Johann Wilhelm Helfer's
Bangigkeit, erwartet. Aus diesem Grunde waren auch höhere Behörden
eigens von Bangkouk abgesendet worden, um die Geschäfte in diesem
Bezirke zu leiten. Viele Siamesen, die man mit Zwang nach der Halb-
insel gebracht hatte, um gegen die erbitterten Malayen zu fechten, hat-
ten ihre Fahnen verlassen und eine starke Anzahl von ihnen sollte in den
nahen Dickichten verborgen sein. Der Statthalter selbst ist ein Chinese.
Der König von Siam hat eine besondere Vorliebe für dieses Volk und
mehrere der wichtigsten Stellen werden von Chinesen bekleidet. Der
Statthalter versteht nicht Siamesisch; unsere Unterredung wurde daher mit
grossen Umschweifen geführt, da ich Burmesisch sprach, das in's Siame-
sische, und dieses wieder in s Chinesische verdolmescht wurde.
Der Statthalter wünschte, sich in dem ganzen asiatischen Pomp zu
zeigen, den er nur in diesem entlegenen Ort aufzutreiben vermochte.
Er selbst war in Seide und Gold gekleidet, mit der rothen chinesichen
Jakobinermütze auf dem Haupte, seinen nationalen Zopf in einem echt
spanischen genetzen Marillo-Beutel nach einer Seite hängend ; er bot mir
Thee, Betel und Tabak in silbernen Geschirren während der Zusam-
menkunft an. Das Zayat war bei dieser Gelegenheit mit Speeren, Schil-
dern, Säbeln, und Musketen ausgeziert; unter Letzteren war eine ganz
neue schöne Doppelflinte von Londoner Arbeit, welche er mir mit gros-
ser Befriedigung zeigte. Wie diese hieher gelangt sei, konnte ich nicht
recht verstehen.
Gleich nach der Zusammenkunft wurde ein Bote eigens nach Bangkouk
gesendet, um den König von meiner ausserordentlichen Ankunft zu Pack-
chan, meinen Namen, meine Beschäftigung, Absicht u. s. w. zu benach-
richtigen. Während meiner Anwesenheit daselbst wurde den Leuten erlaubt,
den weissen Fremdling anzusehen.
Unter ihnen waren mehrere Burmesen, welche als Kinder gefangen
worden waren und die Gelegenheit zu benutzen gedachten, um mich zu
bitten, sie aus der siamesischen Knechtschaft zu befreien. Ich sammelte
so viel als möglich Nachrichten über die Gegend zwischen Packchan
und dem westlichen Meer oder dem Golf von Siam.
Das wesentliche von dem, was ich erfuhr, ist folgendes :
1. Von hier bis Cin-foun ist die Entfernung für einen Boten eine
Tagreise, und von Cin-foun bis an das Meer ebenfalls eine Tagreise.
Andere Leute machen diesen Weg in 3 Tagen und bei schwerer Bela-
dung in 31/2 Tagen.
2. Die verschiedenen Stadtbezirke (»toivns hips") sind nunmehr
vereinigt und das Land unter den Befehlen des Myo-woon von Packchan.
3. Die Strecke von hier bis Cin-foun ist unbewohnt; von dort bis an
das Meer liegen Städte und Dörfer.
4. Eine niedere Bergkette zieht sich von Nord nach Süd zwischen
den beiden Flussgebieten; sie ist aber unterbrochen, und zwischen Pack-
chan und Cin-foun geht die Strasse über die Berge durch einen Pass
oder Biss („chasm").
5. Das übrige Land ist eben, aber etwas wellig.
6. Die Flüsse Packchan und Cin-foun fliessen nicht zusammen; ihre
beiderseitigen Quellen sind nicht weit von einander entfernt (ein Mann
als Dolmetscher gab 8000 Luu an, ein anderer drei Stunden.) Beide
Flüsse sind an ihrem Ursprung unbeträchlich; der Cin-foun ist von der
gleichnamigen Stadt an (etwa 18 engl. Meilen von Packchan) für Boote
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 379
schiffbar und ergiesst sieh als bedeutender Fluss in den Golf von Siam.
An seiner Mündung ist ein bestündig von Junks besuchter Hafen; die
Verbindung von Packchan und Bangkouk geschieht durch Schiffe, welche
in diesem Hafen anlegen.
8. Eine alte Strasse von Packchan durch den Gebirgspass und nach
Cin-foun ist neuerlich in Stand gesetzt worden (ob auch noch tiefer ab-
wärts, konnte ich nicht erfahren). Diese Strasse soll 36 Fuss breit sein,
und auf ihr wurden Truppen, Kriegsvorräthe und Elephanten vom Meere aus
nach Packchan befördert.
9. Von hier nach Bangkouk geht keine unmittelbare Landverbindung,
aber der Herstellung einer solchen steht kein natürliches Hinderniss entgegen.
10. Die bald nach der britischen Besetzung zu Mergui gefangenen
Burmesen wurden auf dieser Strasse nach Bangkouk geführt, um dort
zur Schau gestellt zu werden. Dieser Nachricht kann ich beifügen, dass
unmittelbar ober 'der Stadt Packchan der Fluss sich in zwei Aeste theilt.
Einer davon behält den Namen „Packchan" bei, und ist jener, der nach Osten
läuft und in nahe Berührung mit dem Cin-foun kommt und nahe über diese
Stadt hinaus nur 15 Yards breit ist. Der andere Ast heist der Kara-Fluss und
ist der Hauptstrom, der von Norden kömmt und dessen Ursprung nicht
weit von dem des Lennya liegen soll. Es ist ein reissender Strom.
Die Schifffahrt beginnt bei der Stadt Packchan; während des Mon-
soon erreicht die Flntli eine Höhe von 10 Fuss.
13. April. Nachdem mir der Statthalter die versprochenen und gewünsch-
ten Vorräthe (ein Dutzend Stück Geflügel und etwas Beis) geschickt hatte,
fuhr ich wieder stromabwärts. Ich wäre sehr gern den Kara-Fluss auf-
wärts gefahren; diess hätte aber die Eifersucht der Siamesen allzu sehr
aufgeregt und ohne Zweifel hätte ich Hindernisse gefunden, welche hin-
wegzuräumen ich weder die Mittel noch die Absicht hatte.
14. April. Während der Nacht weckte mich mein Dolmetscher mit
der Meldung auf: mehrere siamesische Boote hätten sich während der
Nacht verstohlen genähert und die Leute wollten mich niederstechen,
der siamesische Statthalter wünsche Gewissheit darüber zu erhalten, dass das
rechte Ufer des Packchan Britisches Gebiet sei; man habe ihnen immer gesagt,
die britische Gräuze liege nordwärts vom Kazeingslo-Flusse; sie hätten
das grösste Begehren, hinüber zu kommen und sich unter britischen Schutz
zu stellen; eine grosse Menge Flüchtlinge, Leute die man gewaltsam
aus entfernten Landstrichen herbeigetrieben habe, um gegen die Malayen
zu kämpfen, sei in den Dickichten der Umgebung versteckt; das Joch
des neuen Statthalters sei unerträglich und dergleichen mehr.
Nebst allem berichteten sie: die britische Seite sei sehr reich an
Zinn. Einige unter ihnen , seien mit den besten Fundorten bekannt; ein
Fluss, Mallivan-Khiaung genannt, führe zu Zinngruben, welche die von
Tokopah noch übertreffen.
Meine übrige Beise bot weiter nichts Bemerkenswertlies dar. Ich nahm
denselben Weg wieder zurück nach Mergui, wo ich am 21. April 1839 ankam.
VII. Reise. Mein letzter Ausflug vor dem Monsoon ging nach dem
neu entdekten Fundort von Kohle am Tenasserim-Fluss, über welchen ich
einen abgesonderten Bericht eingesendet habe.
380 ur« Johann Wilhelm Ilelt'er's
6. Tagebuch der Heise nach den Andamanen- Inseln am Bord des
Schooner „Catarine."
1) 13. Janaar 1840. Sonntag. Ein neuer Abschnitt beginnt, ich habe das
Bootreisen aufgegeben, und segle in einem Schiffe, welches, so Gott nur will,
mich überall hinbringen kann. Mit vielem Bastln brachten wir alle Sachen
glücklich an Bord. So Gott mir seineu Segen gibt, so wird es doch gehen
und es muss gehen. Selbstbezwingen ist edel, durch Kampf mit sich selbst
wird der Mensch nur vollkommen. Nach dieser Selbstpredigt, nach mehr-
fachen gut gefassten Entschlüssen, und nachdem ich mich selbst im Innern
und auf dem Papiere heruntergehunzt, wird mir wohler, d. h. ich fühle
mich befriedigter.
Ich habe meinen Willen erreicht, ich bin abgereist, obgleich kaum
1 Meile vom Wharf, wir liegen vor Anker, es ist 9 Uhr Abends und die
Leute sind gegangen, etwas zu holen, was sie noch vergessen. Von gros-
sen Thaten kann ich noch nichts erzählen.
2) 14. Januar. Montag. 1. Am Morgen stehe ich auf und gehe hinaus, mich
zu waschen. In der Nacht hörte ich bereits einen Lärm und Prügeln. Da
hörte ich's, was ich halb bereits gehört, dass zwei Boote in der Nacht
verloren gegangen sind. Günstiger Wind, können jedoch nicht davon pro-
fitiren, Canoe wird zurückgeschickt, ein Boot zu kaufen.
2. Benutzte die Zeit, unser Schiff etwas in Ordnung zu bringen
Alle Büchsen werden noch einmal vorgenommen, alle Vorräthe in mein
Kabinet gesetzt, denn Zwiebeln etc. sind sehr angreiferische Waare.
3. Canoe kommt um 9 Uhr und bringt einen zweiten Seelenträn-
ker, das wird gefährlich sein zu landen. Je nun! Wir lichten den Anker
und gehen bis ungefähr 11 Uhr, dann erstirbt der Wind und die Fluth
ist gegen uns. Wir bleiben 8 Meilen von Mergui liegen.
4. Um 4 Uhr NM. erhebt sich wieder ein Wind. Anfangs gehen wir
sehr langsam, dann wird der Wind stärker, die Sonne geht unter, es ist
eben Mondschein und wir gehen zwischen Kings-Island und Iron-lsland durch
bei heftigem Wind. Ich lege mich ruhig zum Schlafen nieder.
5. Ich kann nicht schlafen, das Schiff bewegt sich so heftig, dass
ich bald herausgeworfen werde. Endlich kommt eine so heftige Senkung,
dass alles in der Stube krachend zusammenfällt. Ich stehe auf, und sehe
dass wir unter Sturmsegeln daherziehen. Wir haben die engste Passage
zwischen beiden Inseln hinter uns. Es ist Mondschein, aber alles in dich-
ten Nebel eingehüllt. Eine eigenthümliche Erscheinung findet statt. Es ist
ganz still, da kömmt plötzlich ein Windstoss, der mit Sturmesschritt daher
eilt, dreimal lag das Schiff ganz auf der Seite; Gott sei Dank, dass
ich bei meinen Bootfahrten nie so überrascht wurde.
6. Wir gehen so fort bis ungefähr um Mitternacht, da werfen wir
Anker im Schutz von einer Insel. So viel höre und sehe ich aus meinem
Bette, halb träumend, halb wachend.
3) 15. Januar. Dienstag. Cabosa 1. Die ganze Nacht raste der Sturm
in Intervallen. Des Morgens, als ich aufstand, sah ich noch, wie er daher-
zog in kurzen Paffs ; die See war verhältnissmässig ruhig.
2. Der Wind lässt allmählig nach gegen 8 Uhr. Die Insel, an de-
ren Westseite wir liegen, ist die kleine Caristen. Das Schiff wird bis
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 381
an 100 Schritte vom Ufer auf die Westseite gezogen. Die Leute gehen
im Canoe an's Land um Ballast zu holen.
3. Lange Arbeit mit den Canoes, und sie übereilen sich nicht da-
bei. Sie amusiren sich, das trockene Gras auf dem Felsen in Feuer
zu setzen, ich amusire mich dem Fortschritte des Brandes zuzusehen, es
wird aber nicht viel.
4. Die Insel ist ein Syenit-Felsen, so weit als möglich mit Vegetation
überwachsen, natürlich können die Bäume nicht sehr gross werden. Es
scheint bloss ein Bergrücken zu sein. Wasser gibt es keines.
5. Um 12 Uhr gehen wir weiter, und steuern gerade auf Cabosa
los, etwa 20 Meilen entfernt im Westen. Es blies ein moderirter gün-
stiger Wind. Ich fühlte mich sehr müde, schlafe zum Theil, lese zum
Theil. Wir nahen uns allmählig. Ich nehme die Umrisse an der West-
seite auf.
6. Eine halbe Stunde vor Sonnen-Untergang sind wir angekommen.
Gleich Fletchers-Insel und Gross-Torres ein Granitfels, nur sind die Felsen noch
grösser, die Wogen scheinen noch mehr darauf anzuschlagen. Die Bäume
sind wie schon früher bemerkt, ganz auf die Seite gebogen und zwerg-
artig auf den dem Sturme ausgesetzten Orten.
7. Wollen ankern, finden bei 40 Faden keinen Grund. Segeln der
Südseite entlang, kleine Bay, eine Sandbank, gehen dorthin, finden endlich
bei 30 Faden Grund. Werfen Anker. Ich nehme eine Zeichnung auf.
Cabosa hat mehrere Berge und kleine Schluchten oder Thäler, ist aber
doch nichts als ein isolirter aus dem Meere hervorragender Felsen. Es
ist sehr kalt, ich ziehe mich zurück ins Kabinet, die Leute sind bei
Mondschein nach Wasser suchen gegangen.
4) 16. Janaar. Mittwoch. In der Nacht gab es einen tüchtigen Sturm,
unser Schiffchen bewegte sich gewaltig in der Bay. Am Morgen sah ich
erst recht, wie felsig Cabosa sei. Unsere Leute schafften Holz, Wasser
und Ballast und ich fuhr ans Land, um zu sehen was es da gebe.
Kleine Bay mit aufgeschwemmtem Sande. Kleiner rieselnder Bach mit
schwarzem Sande, den ich sammelte. Vegetation dieselbe wie auf anderen
Inseln. Ging entlang der Granitblöcke. Merkwürdige Entdeckung. Granit
welcher rothen Sandstein einschliesst, ja sogar worin Schnecken existiren.
Im granitischen Teig eingeschlossener Granit ist daher wohl eine der
jüngsten Formationen auf unserem Erdboden. Jemand könnte die abnorma-
len Felsensteine hier sehr studieren. Alles Spuren des Geflossenseins.
Grünsteinstücke häufig eingeschlossen. — An andern Theilen flössen zwei
verschiedene Massen. Granit und Syenit mit Massen von Hornblende, der
eine fast weiss, der letztere fast schwarz, verschiedene Figuren bildend.
Auch Eurit und Albit zieht sich in Venen durch den Granit. Auch fein-
körniger Granit in Rollstücken ist in neuen Granit eingeschlossen.
Ich ging zurück an Bord zur Frühstückszeit. Die Leute wurden je-
doch nicht fertig vor Mittag. Dann begaben wir uns auf unsere Reise.
Der Wind hatte sehr nachgelassen. Wir kommen nur langsam vorwärts,
fahren bei einem kleinen Felsen um Sonnenuntergang vorbei.
Es ist eigentlich eine abenteuerliche Fahrt ohne alle Instrumente
uns aufs offene Meer zu wagen, eine kleine Insel aufzufinden. Je nun
Gott weiss, ob's uns glücken wird. Wir wollen hoffen. Auf 5 oder auch
auf 6 Wochen sind wir verproviantirt.
382 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Otto ist auch sehr krank, ein zweites Ass bricht auf seinem Fusse
auf, er kann kaum gehen.
5) 17. Januar. Donnerstag. Da sind wir auf der offenen blauen See, kein
Land zu sehen, die Wellen gehen hoch, die ganze Nacht bewegte sich das
Schiffchen auf eine bedeutende Weise, ich konnte sehr wenig schlafen.
Heute befand ich mich den ganzen Tag über ziemlich unwohl, er-
stens hatte ich eine Art von Seekrankheit, d. h. Appetitslosigkeit, Abge-
schlagenheit, zweitens bekam ich wieder Durchfall. Ich weiss nicht, soll
ich ihn als salutare Nachkrise meiner letzten Krankheit betrachten, oder
als ein neues Leiden. ' Je nun, wie Gott will, wenn ich krank würde,
müsste es mir schlimm gehen, so weit entfernt von jeder ärztlichen Hilfe.
Heute hatte ich übrigens Anfalle einer höchst selten eintretenden Geistes-
krankheit, Indifl'erentismus für's Leben, ich mache mir gar nichts daraus
zu sterben, ich denke, ich werde doch nichts Tüchtiges leisten, und dann lebte
ich ja umsonst.
Arbeitsfaulheit ist immer ein charackteristisches Merkmal am Bord
eines Schiffes, ich that den ganzen Tag nichts als Lesen im Präger Pa-
norama des Universums oder in Menzels Geschichte der deutschen Literatur.
Wir hatten sehr günstigen Wind und machten wohl seit gestern
Abend 120 Meilen. Murgen Abends, wenn es so fortgeht, hoffe ich, dass
wir Land sehen.
6) 18. Januar. Freitag. Vor Barren-Island. Mit unbeschreiblichem Glück ha-
ben wir auf die Insel getroffen. Um 2 Uhr sahen wir Land; vor Sonnenun-
tergang waren wir da. Der Krater übertraf meine Erwartung bei weitem.
Es ist der schönste Vulcan, den ich bisher gesehen. Wir können keinen
Ankerplatz finden und kreutzen umher, diess macht eine solche Bewegung, .,
dass ich nicht schreiben kann. Uebrigens bin ich heute wieder schlecht.
Ich habe wirklich Abweichen als Recedive bekommen, Gott gebe, dass
es glücklich vorübergeht; ich bin sehr ärgerlich.
7) 19. Januar. Samstag. Adaman Archipel. Die Nacht tobte und wüthete es
sehr. Unser kleines Schiff konnte kaum stehen; ich konnte gar nicht schlafen,
so hin und hergeworfen wurden wir. Wir schleppten unsere Anker 50 Faden
tief, die Leute konnten ihn nicht herausziehen, unsere „Catherine" schöpfte
immer mehr Wasser. Die Leute mussten 8mal pumpen. Dazu kam noch,
dass es gegen Morgen heftig regnete. Ich musste mich , als es licht
wurde entscheiden. Hier kreuzen konnte ich nicht, der Sturm war im
Steigen, mit bangem Herzen sagte ich Adieu und befahl dem Capitän,
gerade zu auf die Andamanen los zu gehen. Ich ärgerte mich so sehr,
dass ich den Vulcan nicht hatte examiniren können, dass ich den ganzen
Tag im Bette lag, freilich kam dazu, dass ich noch nicht hergestellt war und mich
schonte. — Die Wellen gingen nie so hoch wie heute, wahre Berge
thürmten sich heute. Um 10 Uhr sahen wir Land. Um 3 Uhr waren
wir daran ; einzelne flache Inseln. Wir suchten Schutz hinter einer. Das
erste was uns auffiel, war ein schwarzer Negro-Andamanese ganz nackt, bald
darauf ein zweiter und mehrere andere, die sich um uns sehr wenig zu kümmern
schienen und Schalthiere am Ufer glaube ich, suchten. Sie kamen mir
nicht kleiner vor als andere Leute, sie gingen sehr aufrecht und waren
ohne Waffen augenscheinlich. Ich verfolgte sie bis sie hinter den Bü-
schen am Seeufer mir entschwanden. — Die Inseln, vor denen wir lagen
waren flach, diluvial; doch Geschütte schien ihren obersten Thei! auszuma-
chen. Auf einer Seite sah ich Königsberger Sandstein, der Höhlen bildete,
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserini-Proviiuen etc. 383
darin wohnen vielleicht diese Waklinensehen. Ich ärgerte mich, dass es
Klugheit verbot, ans Land zu steigen, wie gerne hätte ich einen solchen
Kerl als Specimen.
Wir haben alle Gewehre geladen und sind zu Allem vorbereit, es
wird aber zu nichts kommen. Wie ruhig es in unserm Wohnort ist,
beweist meine Schrift, wir wackeln verteufelt, doch werde ich heute
Nacht hoffentlich zur Ruhe kommen.
8) 20. Januar. Sonntag. Audainau. Eine schlechte Nacht wieder gehabt,
der Sturm tobte, es regnet fortwährend, die Wellen schlugen herein,
die arme „Catharine," Wasser wurde in einem fort gepumpt.
Gott sei Dank, heute befinde ich mich wohl , sonst ging's mir in
diesem Hundewetter noch schlechter. Es saust und braust und regnet.
Wolke auf Wolke entladet sich, ein vollkommener Monsoon.
Bis Mittag blieben wir liegen. Kein Andamaneser zu sehen. Rauch
stieg aber auf an verschiedenen Stellen des Waldes.
Um 1 Uhr lichteten wir die Anker. Schwere Passage heraus. Ein-
mal scheiterten wir bald, nur 2 Faden Wasser und das Wasser sehr
hoch, ein Schlag und unsere arme „Catharine" gewiss beim Teufel.
Lavirten auf eine kleine Insel los, hatten nahe an einen Felsenriff
zu gehen. Hinter der Insel kein Schutz, wie wir erwartet.
Gingen wieder weiter und fanden eine schöne Bucht, wo's Gott
sei Dank nicht tobt, 100 Schritte vom Ufer. — Alles Sandsteinwände
wie in der sächsischen Schweiz.
Streit mit Otto, der ans Land wollte. Ich behauptete es sei nicht
klug, auf sich schiessen zu lassen, ohne sich wehren zu können.
Die Wilden haben alle Vortheile vor uns, wir keine; denn bevor ich
entdeckte, von wo der Kerl einen Pfeil auf mich jagt, ist er längst im
Gebüsch verschwunden. Im offenen Felde lasse ich mir 's gefallen, gegen
sie zu fechten, aber ich bin nicht hieher gekommen um mich rücklings
erschiessen zu lassen.
9) 21. Januar. Montag. Andaman Archipel Die Sonne schien uns wieder
freundlich, der Wind blies noch stark. Ich vollführte den Vorsatz nach der kleinen
Insel zurück zu fahren, wo ich gestern vergeblich einen Landungsplatz gesucht.
Ich Hess die Anker heben, und in einer Stunde waren wir wieder etwa 100 Klaf-
ter vor der Insel auf der Südwestseite vor Anker. Ich Hess mein nasses
Papier zum trocknen ans Land bringen und bestieg es bald nachher selbst.
Die Insel war flach, nur nahe an unserer Seite stiegen etwa 100 Fuss
hohe Felsen aus Quadersandstein bestehend, auf. — Ich ging am Ufer ent-
lang in der Richtung dieser Felsen. Die Fluth war aufs höchste, ich musste
den Weg durch den Jungle arbeiten lassen. Ueppige Vegetation, einzelne
mächtige Bäume. Ein eigenthümlicher, nie früher gesehener mächtiger, unsern
stärksten Eichen ähnlicher Baum, aus der Familie der Gutliferen, ein Calo-
phylluml das charakteristische, die Andamaneser sollen die Früchte vorzugs-
weise essen. Der Baum war jetzt gerade in Frucht, für mich ungeniessbar,
ein weisser cautschukartiger Stoff schwitzt heraus.
Die Niederung wäre prächtig für Cocosnusspflauzungen. Burmesen und
Malayen landen auf dieser Insel. In der Nähe gibts werthvolle Schwalben-
nesterhöhlen. Spuren von Paddy Hülsen, Cocossclnlen und alte Blattdächer.
Auch einen Brunnen haben die Leute gegraben. Unsere Matrosen schöpften
den ganzen Tag Wasser.
384 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
Eine Masse von Schneckenschalen am Ufer, die eine Unmasse von
Fliegen stets im Gefolge haben. Diese Fliegen folgten uns überall und wur-
den höchst lästig. Ein jeder der Leute brachte hunderte mit in's Schiff,
unsere „Catherine" ist jetzt voll davon.
Wir arbeiteten uns mit Mühe durch die Jungles. Ueberall Spuren von
Ureinwohnern, ich glaube, sie sind entweder noch auf der Insel oder haben sie
vor wenigen Tilgen verlassen. Wir fanden ihre frischen Lagerplätze, frische
Aschen, mehrere Instrumente, einen Hacken, um die Aeste herunter zu bie-
gen, und ein ungeschicktes Fragment von einem Topf, sie haben also Töpfer-
waaren. Später fanden meine Leute einen Bogen, der höchst ungeschickt
gearbeitet war. Auch Steine waren als Landungssignale wahrscheinlich am
Ufer aufgehängt. An einer andern Stelle fanden wir Stücke von Holz, die
Rinde abgeschält, wovon sie ihre Bindfaden arbeiten.
Auch Schiffe oder Boote und zwar europäisch gebaute, müssen hier
gestrandet haben oder hierher verschlagen worden sein, wir fanden meh-
rere gut gearbeitete Leisten.
Wir arbeiteten uns durch die Jungles, bis wir an den Felsenvor-
sprung kamen, dort wartete ich, bis das Wasser fiel, dann ging ich weiter.
Ausgewaschene Stücke platt wie Tische.
Massen von Madreporen bilden einen Steinkranz um die Insel. Kam
an eine Höhle, wo Schwalben nisten. Ich fand etwa 20 Nester von der
besten Qualität. Leute sehr begierig darnach. Sie verkaufen sie ein Stück
zu 1 Rp.
Venen von Eisensandstein durchziehen den Quadersandstein. Die Höhle
mehr kalkartig. Venen von Gyps ?
Wir kletterten entlang des Felsenvorsprunges, bis wir nicht weiter
konnten. Sammelte etwa 6 neue Pflanzenarten in Blüthe. Ein Gras oder ein
Farren characteristisch, die die Vertical- Wände bedecken.
Pflanzen gemein mit Tenasserim. Galedwpa indica, Octandra Man-
grove, Thespesia acutifolia, Cedrelae, Lettsomia lanuginosa, Convolvulus
littoralis, Menyanthes tenusserimica, Pandanus comunis, Rubiflos aculei-
frondosa, Terminalia dubia, Bruguiera albiflora, L Heritiera magniflora.
Kehrten zurück, sehr heiss, ging an Bord des Schiffes und liess
mirs wohl sein. Um 4 Uhr kehrten alle Leute zurück, beredete den
Capitän heute noch weiter zu gehen. Lichteten den Anker und segelten
nach Nordwest. Es wurde dunkel, die See ging hoch. Man kann nervös
werden, wenn man ins Blinde in der Nacht steuert. Heute geschah uns
jedoch noch kein Unglück. Vor einer Inselgruppe, ich glaube es ist nicht
Festland, ankerten wir in einer Tiefe von 9 Faden. Feuer der Andama-
nesen am Ufer.
10) 22. Januar. Dienstag. Andaman-Meerenge. Heute unternahm ichs
durch die enge Meerenge zu fahren , die die grosse Andamanen - Insel
durchschneidet.
Früh zeitlich wurden die Anker gelichtet und als ich früh aufstand,
fand ich, dass wir bereits nach Westen segeln. Wir fanden uns bald
eingeschlossen, nur die Oeffnung im Osten blieb sichtbar. Die Hügel
ringsherum waren alle niedrig, einzelne plattenförmig, zerschnitten, mit
Bäumen bewachsen, die unmittelbar am Ufer dicht mit Mangroves besetzt.
Wir warfen, nachdem wir ungefähr 6 Meilen gegangen, wieder
Anker und der Capitän bestieg das Boot, sehen zu gehen, ob die Pas-
sage für sein Schiff gangbar sei. Während der Nacht beschäftigte ich
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 385
mich mit Zeichnen. Um 2 Uhr ungefähr kam er zurück und meinte, er
wolle es wagen.
Der Canal verengte sich bald bis auf »/4 (engl.) Meile im Durch-
schnitt. Die Gegend bewahrte denselben Character. Viele Bäume waren
entlaubt, meist Malvaceen. Die Vegetation war bei Weitem nicht so kräftig
wie in Tenasserim, obgleich alles dicht bekleidet, so sah ich doch wenig
starke Bäume, keine, die für Schiffbau zu taugen schienen.
Ich glaube das Land, was ich gesehen, ist nicht fruchtbar. Alles ist
blosser Sandsteinfelsen. Die Wurzeln können nicht eindringen. Grosse
Aehnlichkeit mit der sächsischen Schweiz, auch die häufigen Echos. Alles
ist Königsstein in Miniatur, vielleicht auch ein zweiter Burdelroad. Die
Thäler, die zwischen den Platten liegen, sind meist so niedrig, dass sie
mit Mangroves häufig tief wie ausgefüllt sind.
Der Canal, durch welchen wir fuhren, ist nichts als eine tiefe
Spalte im Gebirge. In den meisten Stellen tief genug für die grössten
Schiffe. Die Fahrt selbst war höchst pittoresk; es wird wenige solche
Meerengen geben; alles hat den Character eines Flusses.
Die Strömung war auf einem Ort so stark, dass sie 8 bis 10 Knoten
ging. Nach einer scharfen Wendung kamen wir in Wirbel und Strudel,
der Capitän bekam Aengsten und Hess schnell den Anker fallen. Das
Schiff wirbelte mit Macht herum, bevor es zur Ruhe kam. Die Strömung
riss mit einer Heftigkeit an uns vorüber, als wären wir in einer Mühle.
Wir lagen höchst unsicher. Kaum war die Strömung gemindert, so hoben
wir wieder den Anker und fuhren weiter. Die Gegend wurde flacher,
die Mangroves ausgebreiteter. Felsen kamen zum Vorschein. Endlich bil-
deten sich isolirte Inseln, die immer häufiger wurden. Zuletzt sahen wir
den Ausgang in die See und eine weite Bay eröffnete sich. Der Eingang
in diese war jedoch sehr schmal, kaum 50 Schritte breit.
Kaum waren wir in dieser Bay, so sahen wir 4 Boote auf uns
lossteuern. Der Capitän stieg in ein Boot ihnen entgegen, er hielt sie
für Andaman-Neger und wollte sie attakiren. Am Bord des Schiffes be-
reitete sich alles zur Action; der Capitän schoss eine Muskete auf 400
Schritte Entfernung, die Boote näherten sich nichts desto weniger und
es ergab sich, dass es Malayen waren, die von Penang gekommen waren
und Vogelnester suchten.
Wir ankerten nicht weit vom Ufer au der äussersten Spitze der Bay.
Bald darauf sahen wir Andamanesen einen nach dem andern am
Vorgebirge zwischen den Steinen hervorsehen, alle mit Bogen, Pfeil und
Speer bewaffnet. Einige kamen darauf näher, uns zu begaffen und einer
fing an endlich aus vollem Halse auf uns zu schreien. Seine Stimme war
wohllautend. Wir horchten, einige glaubten er spreche malayisch, einige
burmesisch, ich glaube, er wolle sich mit uns verständigen. Drei
Leute gingen in einem Canoe gegen das Ufer, kamen aber bald zurück
und rapportirten: sie hätten die Männer nicht verstanden, es seien drei
gewesen, die niedergekauert auf der Erde gesessen wären, der eine hatte
das Gesicht ganz weiss bemahlt. Ich glaube die Leute fürchteten sich
zu sehr, sich ihnen zu nähern, ich will morgen selbst gehen. Aus Furcht
haben sie auch jetzt Abends die Anker gelichtet um weiter in die Bay
zu stechen, um vor einem Ueberfall gesichert zu sein. Jetzt können sie,
obgleich keine 200 Schritte vom ersten Orte entfernt, keinen Grund
386 Dr. Johann Wilhelm HehVs
finden, ein Beweis, wie alles gestaltet ist und dass die Fahrstrassen in
tiefen Spalten liege.
Wenn sie nur auf keinen Stein in dunkler Nacht fahren.
11) 23. Januar. Mittwoch. Andamau-Westseite. Heute hatten wir einen
schleichenden Tag, der Capitän konnte gestern Abends der Strömung nicht
widerstehen, weil er keinen Wind hatte und musste Anker auf der ent-
gegengesetzten Seite der Bay werfen. Am Morgen wollte er wieder unter
Segel gehen, konnte jedoch nicht herauskommen. Er arbeitete seine Matrosen
ein paar Stunden ab und warf dann wieder Anker.
Ich frühstückte und fuhr dann an's nächste Land, eine kleine von
Mangroven umgebene Insel. Kandelia longi fructu, welche in Tenasserim
zu 40 Fuss hohen Bäumen wächst, ist hier auf den Sandsteinfelsen ver-
krüppelt kaum 15 Fuss hoch.
Wir landeten, fanden keine Leute. Ein von Battan geflochtener alter
Korb, fand nichts in Blüthe, sammelte ungefähr 6 neue Holzarten. Vor
allem Tenasserim-Produkte. Aurantia speciosa, Kandelia longi fructu, Mal-
vacaeen; Littorella trifulia, Diadelphia: Wendia trif'olia. Jasminum rupestre.
Kehrte zurück; es war sehr heiss. Gingen unterwegs von Neuem. Kamen
aus der Bay heraus auf die Westseite. In der Durchfahrt von gestern,
wo alle die Eingebornen standen, sahen wir heute auch nicht Einen.
Draussen erstarb uns der Wind und der wenige, der da war, blies
uns gerade in die Zähne. Land, kaum 200 Fuss hoch, gerade fast nach
Norden heraufgehend, keine Mangroves, viel Paudanus-Gestripp, viel Meny-
anthes durch lichtgelbgrünes Laub, und ein eigentümlicher Baum, der italie-
nischen Pinus höchst ähnlich mit glattem Stamm und einer feinen durch-
sichtigen Krone, steht gruppenweise beisammen, keine Winde brechen her-
auf. Ueberhaupt Abwesenheit der Creeper, auch eine Characteristik.
Kreuzten den ganzen Tag herum, kamen einmal nah an einen Stein.
Sahen keine Eingebornen, wohl aber 2 oder 3 Hütten im Schatten dieser
Pseudopinien, 4 Malayische Boote, die Biche de Mar suchten.
Bisher ist der Wind noch nicht gekommen, obgleich er sich mehr
nach Osten gedreht hat. Vielleicht wird der morgige Tag interessanter.
Auf jeden Fall muss ich morgen wieder ans Land.
12) 24. Januar. Donnerstag. Em jammervoller Tag, über den ich gleich
schliessen werde. Wir hatten den ganzen Tag den conträrsten schlechtesten
Wind, und dabei hohe See und viel Bewegung, konnten uns wegen Mas-
sen von Klippen kaum dem Ufer nähern. Seit wir gestern aus der Bai sind,
haben wir kaum 20 Meilen nach N. gethan. Pazienza.
13) 25. Januar. Freitag. Ich kann den heutigen Tag eben so ge-
schwinde abfertigen, wie den gestrigen. Wir kreuzen und lavieren und haben
nicht 20 Meilen gemacht.
Wir sind Interview-Island gegenüber, eine schmale lang gezogene nied-
rige Insel, hat Cocosnüsse, voll von Wilden, die die wildesten der Andaina-
nen sein sollten. Der Canal, der jenseits liegt, nur für kleine Boote schiff-
bar. Gott gebe, dass wir doch weiter kommen.
14) 26. Januar. Sanistag. Wieder das alte Lamento. Wir sind gebannt auf
das Meer und auch morgen ist keine vernünftige Aussicht vorhanden zu
unserem Loskommen und derselbe Wind, derselbe Schneckensang. Am Mor-
gen waren wir etwa 12 Meilen vom Lande und brauchten bis 2 Uhr
Nachmittag, bevor wir in eine schräge Diagonale nordöstlich gegen das
Land kamen.
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 387
Wir befanden uns oberhalb Interview-Island, wo eine zweite kleine Insel.
Zwischen Interview-Insel und dem Festlande, muss eine gute Bay sein, falls
sie nicht zu seicht ist. Bei unserer heutigen Insel war alles mit Felsen
garnirt, so dass Schiffe zur Nachtzeit allda sehr leiden könnten. Die Insel ist
flach und soll voll von Wilden sein, die sehr wild sein sollen. An ein Lan-
den war nicht zu denken. Wir mussten sogar Anker werfen , weil der
Capitain fürchtete, die Ebbe werde uns zu weit in die See hinein tra-
gen. Erst eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang haben wir wieder die
Segel aufgestellt. Ich werde bald gelinde verzweifeln.
15) 27. Janaar. Sonntag. Ich krähe das alte Lied. Den gauzen Tag an Bord
zugebracht, ohne viel Weg gemacht zu haben. Der Capitain fuhr gestern Abends
weit nach Westen hinaus und heute früh am Morgen war alles Land
ausser Gesicht. Der Wind war und blieb conträr und wenig dazu. Wir
schlichen wie die Schnecken 1 % M. pr. hora. Um 4 Uhr waren wir dem Lande
so nahe, dass ich unterscheiden konnte, wir seien etwa IS Meilen im
Norden von der gestrigen Insel. Diess war also das Tagewerk. Das Land
war hier hoch zu sehen, eine Bergkette ehva 200 Fuss. Der höchste Punct
der Andamanen. Alle Ketten laufen direckt von N. nach S. Ein Trost ist
jedoch dabei, dass sich gegen Sonnenuntergang der Wind so geändert
hat, dass wir gerade nach Nord segeln können; das erste Mal, seit wir
auf der Westseite sind. Dauert es bis morgen Früh, so sind wir aus der
Noth heraus und haben die Nordseite umschifft.
Ich langweilte mich heute sehr, las in Verzweiflung eine Novelle
Tick's: der persische Kaiser, und nebenbei Hofman's geognostische Ber-
liner-Vorlesungen, die mir sehr zusagten.
28. Janaar. Montag. Noch immer so wie gestern. Noch ist die nördliche
Spitze nicht umsegelt. Gestern Nacht hätten wir bald auf einen Felsen mitten
im Meere aufgestossen, zwanzig Schritt weiter, und unsere kleine „Cathe-
rine" wäre zerschellt, jetzt will der Capitain gar nicht gerne zur Nacht-
zeit gehen. Wir machten übrigens gestern mit dem Nordwinde etwas Weg,
nur wurden wir so weit nach Westen getrieben, dass es heute den gan-
zen Tag bedurfte bevor wir wieder in die Nähe des Landes kamen.
Dieselben langgestreckten ebenen Inseln, mit Cocosnüssen einige neue
Baumformen, die um so sonderbarer aussehen, weil ich nicht weiss, was sie sind.
Wir haben Anker geworfen, weil wir nur nach West gehen konn-
ten, was wir nur sehr wenig wollen. Die Inseln im Norden sind vor
unseren Augen. Endlich werden wir doch zu Ende mit unseren Geduld-
proben kommen.
17) 29. Januar. Dieostag. Endlich habe ich wieder etwas zu schreiben.
Zusammenkunft mit den Andamensen.
Am Morgen, als ich aufwachte, fand ich dass wir vor derselben In-
sel seien, wo wir gestern Abend waren. Wir hatten gar keinen Wind,
die Nacht, und machten folglich keinen Weg. Als ich diess so sah, sagte
ich dem Capitain innerhalb der Insel nach Osten zusteuern, mein Pilot
sagte mir, dass jenseits nach Norden ein zweiter Ausweg sei, er sei früher
hier gewesen und hätte Biche de Mar gesucht.
Wir fuhren ein und fanden uns in einer ausgebreiteten Bay, die
man mit Profit den Madrasern verkaufen könnte. Wir lavirten erst nach Ost,
dann nach Nord. Im Norden schloss eine zweite Insel die Bay. In Nordost
war ein Ausgang nach vorne in Nordwest. Der letztere scheint jedoch
für Schiffe nicht practicabel, die Brandung erstreckt sich querüber. Wäh-
388 Dr. Johann Wilhelm Helfer's
rend wir so fuhren, sahen wir 3 Canoes mit Wilden von 0. auf die In-
sel nach N. übersetzen. Wir landeten 600 Schritte vom Lande. Die Wil-
den waren augenscheinlich bestürzt darüber, sie zogen 2 Canoes mit ver-
einten Kräften über den Sand in die Jungel ; das dritte verschwand an
der Nordwest-Oeffnung. Kaum hatten wir Anker geworfen . so begannen
die Wilden auf uns zu rufen, wir antworteten und 5 — 7 schlichen sich,
von Felsen zu Felsen laufend, bis dem Schiffe gegenüber.
Unsere Boote wurden niedergelassen, ich bestieg eines und wir fuh-
ren gegen's Land.
Ich fragte meinen burmesischen Piloten, was denn den WTilden das
angenehmste wäre als Geschenk ihnen zu offeriren; er sagte Cocosnüsse.
Ich Hess 3 ins Boot schaffen.
Ein einziger Wilder hatte Courage, unserem Boote zu folgen, wir
riefen ihm. Er sprach lebhaft in seiner Sprache, natürlich wir verstanden
ihn nicht. Er war ohne Waffen, die andern hatten Bogen und Pfeile und
blieben hinter dem Felsen versteckt. Er winkte uns zu landen, wir trau-
ten ihn nicht. Wir fuhren zu einem Felsenvorsprung, er watete im Was-
ser gegen uns. Ich zeigte ihm die Cocosnüsse, er kam näher, so nahe bis
auf 15 Schritte. Wir warfen die Cocosnüsse ins Wasser, er las sie auf.
Es war ein junger Mann, etwa 25 Jahre alt, wohl gebaut, mittlerer Statur, ganz
nackt. Geschlechtstheile prominent wohl gebildet, nur der Bauch etwas
aufgetrieben, fast kohlschwarze Farbe ein wenig ins Braune, sein woll-
liges Kopfhaar war auf den Seiten etwas abgeschoren, er trug bloss eine Art
Kamm von Wolle. Uebrigens war er weder tättowirt noch bemalt. Er sprach
sehr eifrig, grinste mit seinen weissen Zähnen und lachte herzlich. Ich lachte
mit ihm, was ihn in noch grösseres Gelächter versetzte. Wir gaben ihm zu ver-
stehen, dass wir Wasser brauchten; er zeigte auf eine Stelle, wo's zu
finden sei, das zweite Boot schickte ich ab ans Schiff und es kam mit
einem grossen irdenen Pegu-W assertopf zurück. Wir warfen ihn ins Was-
ser, er fasste ihn, ein zweiter kam ihm zu Hülfe und wir sahen, dass er
Wasser schöpfen ging.
Ich fuhr zurück an's Schiff zu frühstücken. Ich verbot zu schiessen,
um den Wilden Vertrauen einzuflössen.
Mein Malay-Capitän stiess ab vom Schiffe und trug den Wilden eine
Schüssel Reis an. Der junge Wilde kam vertrauungsvoll, leerte die Schüs-
sel und brachte sie mit frischem Wasser gefüllt zurück zum steinigen
Vorgebirge. Einer meiner Malayen und er kamen in nahe Berührung.
Unglücklicher Weise brach der Topf mit Wasser gefüllt, als die
Wilden ihn zurückbrachten. Von der Zeit wollte sich keiner nähern, sie blie-
ben hinter den Felsen und steckten bloss die Köpfe heraus. Ich wollte
am WTasserplatz landen, meine Leute hatten keine Courage.
Wir kehrten an Bord zurück. Ich machte ihnen Vorwürfe, dass sie
keine Männer seien, diess schien einen Eindruck zu machen. Die Was-
serfässer wurden in's Boot gebracht und die Leute wagten zu landen.
Ich folgte bewaffnet.
Die Wilden, 20 an der Zahl, zogen sich gegen eine sandige Spitze
etwa 1200 Schritte entfernt zurück. Kein einziger blieb am Wasserplatz
zurück. Sie zogen ihre Canoe wieder aus der Jungel hervor und ver-
schwanden hinter der Spitze.
Der Landungsplatz war an beiden Seiten von Sandsteinfelsen einge-
schlossen. Das Ufer war voll von ausgewaschenen Sandsteinhöhlen, in wel-
gedruckte und ungedruckte Schriften über die Tenasserim-Provinzen etc. 389
chen Fische und Krabben schwammen. Conchilien waren sehr häufig, das war
dieselbe Formation wie früher bemerkt. Die Pinienartigen Bäume sind der
Eichenähnliche Andaman-Baum aus der Familie Guttiferae. Pandanus zäunte
überall das Ufer ein.
Ich fand wenig Neues. Hoyena senkte sich von den Bäumen; von
alten Pflanzen: Bromelia teiiasserimica Thespesia, glauca, vitifolia, Cesal-
pinia Verhicka, Sambucaria Bentinkia, Menyanthes
Es war fürchterlich heiss, mir brannte der Kopf, nach einer Stunde
kehrte ich an Bord zurück. Die Leute schöpften Wasser bis eine Stunde
vor Sonnenuntergang.
Die Wilden kamen am Vorgebirge von Zeit zu Zeit zum Vorschein.
Ich wollte noch einen Versuch machen, mich mit ihnen in Communikation
zu setzen. Ich fuhr im Canoe hin, und landete und ging an eine Stelle,
wo erst vor einer Stunde Rauch aufstieg. Es war ein Lager, aber verlassen.
Das Feuer glimmte noch. Die Schalen von drei Cocosnüsse, die ich ihnen
diesen Morgen gegeben, waren da.
Es stank sehr. Auf Faden waren Schädel und Knochen von Schild-
kröten aufgereiht. Auch Kinderpfeile fanden wir und Bogen. Die Sehnen
waren gut gedreht. Ich sah mich überall um und, da ich Niemanden ent-
deckte, wandelte ich entlang des sandigen Ufers.
Ich ging in den Wald, Niederung für Cocos. Hohe Bäume der Guttifera an-
damania. Eine Höhe von etwa 100 Fuss lag vor mir. Ich bestieg sie.
Massen von jungen Bäumen neuer Art, Dillenia terminaloides, schon frü-
her bemerkt. Masse von Fragmenten von corredirtem Sandstein bis auf
die Spitze, der Boden ausgetrocknet, doch voll von Vegetation.
Unser auf der Wache aufgestellter Bursche fing an auf einmal
Kaffi-i, Kaffri! wieder zu rufen, er hatte sie aus ihrem Verstecke vor-
kommen gesehen, es nahte sich aber keiner.
Es war nahe Nacht, ich kehrte zurück. Der Capitata ging noch
einmahl mit einem Topf voll Reis, die Leute zu versöhnen, vergebens,
sie liefen wieder davon.
Wir blieben ruhig die Nacht vor Anker liegen. Diess sind also die
furchtbaren Wilden. Sie sind furchtsame Kinder der Natur, froh wenn
ihnen nichts geschieht. Mit den Leuten wäre mit einiger Geduld leicht
Freundschaft zu schliessen.
Otto war den ganzen Tag auf den Hund, er konnte sich nicht rüh-
ren, er hat 16 Carbunkeln bloss auf seinem Werthesten. Der arme Junge
dauert mich, es wird hoffentlich bald vorüber sein.
18) 30. Janaar. Mittwoch.
Hier schliesst das Tagebuch Dr. Helfer's über diese seine letzte
Reise; über die Ereignisse des nächstfolgenden Tages, sowie über die
Art und Weise von Dr. Helfer's Tode geben die nachfolgenden Zeilen,
welche wir seiner, damals in Mergui zurückgebliebenen Gattin, der gegen-
wärtigen Frau Gräfin P. von Nostitz verdanken, Aufschluss :
„Am Mittwoch, den 30 Januar 1840, beschloss Dr. Helfer Alles zu
versuchen, mit den Wilden, die ihm gleich den Seelongs des Mergui
Archipels völlig harmlos und furchtsam erschienen, selbst zusammenzukom-
men und ihr Zutrauen durch Geschenke zu verdienen. Er fuhr zu diesem
Zwecke mit dem Schiffsboote in Begleitung des Capitäns und 8 Matrosen
nach jener sandigen Bank der Insel, wo den vorhergehenden Tag die
Wilden sichtbar gewesen waren. Es Hessen sich einige derselben, voll-
390 Lndw Nein. Jeitteles.
kommen nackend und anbewaffnet in geringer Entfernung sehen, zogen
sich jedoch bei Annäherung des Bootes in das nahe Gebüsch zurück.
Dr. Helfer liess Reis und Cocosnüsse aus dem Boote bringen und den
Wilden zeigen. Diese blieben jedoch nicht nur in ihrer Entfernung, son-
dern zogen sich noch weiter zurück. Dr. Helfer, beseelt von dem
Wunsche, seine botanischen Studien durch nähere Untersuchung des Ortes
zu bereichern und mit den Wilden zusammenzutreffen, betrat das Gebüsch
in verschiedenen Richtungen, sich ganz dem Interesse hingebend, welches
die neuen Gegenstände ihm boten. Plötzlich stürzte, hinter einem Stein-
haufen versteckt, eine Sehaar Wilder, mit Spiessen, Bogen und Pfeilen
bewaffnet hervor und stürmte mit wildem Geschrei auf Dr. Helfer los.
Dieser zog sich eiligst zurück und gewann bald das offene sandige Ufer,
wo die Mannschaft des Bootes sich augenblicklich versammelte. Da aber
ein Widerstand gegen die Ueberzahl der Wilden nicht rätblich schien,
so eilte Dr. Helfer mit seinen Leuten das Boot zu besteigen, welches
zum Unglück in dem seichten Wasser auf dem Boden fest sass und bei
der hastigen Bemühung, es flott zu machen und zu besteigen, umstürzte.
Jetzt suchten alle Bettung, das in ziemlicher Entfernung vor Anker lie-
gende Schiff wadend oder schwimmend zu erreichen, von den Wilden
verfolgt, die eine Menge vergifteter Pfeile nach ihnen abschössen. Allen
gelang es, sich zu retten, nur Dr. Helfer, obwohl er als tüchtiger
Schwimmer einen grossen Vorsprung hatte, wurde, da er die Aufmerk-
samkeit der Wilden durch seinen weissen Anzug besonders auf sich zog
durch die nachgeschickten Pfeile am Kopfe verwundet. Seine Begleiter
sahen ihn hierauf sinken. Alle Bemühungen, die während 3 Tagen von
der Schiffsmannschaft gemacht wurden, ihn aufzufinden, waren fruchtlos.
Sein Leichnam konnte nicht gefunden werden."
XV.
Quellentemperatur-MessimgeD in den Sudeten und Carpathen.
Von
Ludw. Hein. Jeitteles.
k. k. Gymnasial-Lehrer in Kaschau.
(Mitgetheilt in der Versammlung- der k. k. geographischen Gesellschaft am 18. Oktoher 1859.)
Die Quellentemperaturmessungen, welche ich hier mittheile, wurden
theils in den nächsten und feneren Umgebungen der Stadt Troppau wäh-
rend eines Zeitraum.? von fast 8 Monaten (Mitte April bis Ende Novem-
ber 1858), theils in den westlichen Karpartben (in den Monaten März und
April desselben Jahres) während einer, zur Untersuchung des Erdbebens
vom 15. Jänner 1858 unternommenen Bereisung dieser Gegenden ange-
stellt. Leider war es mir einestheils nicht möglich, Höhenmessungen
damit zu verbinden, anderntheils wurde durch meine Uebersetzung von
Troppau nach Kaschau in Ungarn die Ausführung meines Vorhabens, die
Messung der Quellen in der nächsten Nähe von Troppau wenigstens
durch ein volles Jahr durchzusetzen, vereitelt. Lieferten nun, durch Un-
gunst der Verhältnisse, meine Beoabachtungen auch nicht die Besultate,
welche ich gerne erreicht hätte, so dürften sie bei dem Umstände, dass
sie mit den besten Instrumenten auf das Sorgfältigste ausgeführt wurden, da
Quellentemperaturmessungen aus den genannten Gegenden überhaupt nur
tluellenfemperatiir-Messungen in den Sudeten und Karpathen.
391
in geringer Menge vorliegen, doch nicht ganz werthlos sein und wenig-
stens einen Anhaltspunkt zur Vergleichung für spätere Messungen gewähren.
Die verwendeten Instrumente waren folgende: A. ein in Fünftel-Grade
getheiltes Reaumur-Thermometer von Kap el ler in Wien, von — 15 bis
-J- SO0 R. reichend: ß. ein Centesimal-Thermometer in Zehntel-Grade getheilt,
von Dr. F. A. Greiner und Comp, in Berlin, bis 100° C. gehend; C. ein
in Fünftel-Grade getheiltes, etwas weniger zuverlässiges Instrument nach
Reaumur mit Papierscala, bis -f- 40° R. reichend. A und B hatten Glas-
scalen und waren von Herrn Dr. Lukas in Wien auf das Genaueste mit
dem Normal-Thermometer der Centralanstalt für Meteorologie und Erdmag-
netismns verglichen worden, so dass ihre Angaben als vollkommen identisch
mit jenen des Wiener Normal-Instrumentes betrachtet werden können.
Bei jeder Messung wurden mehrere (8 — 12) Ablesungen vorgenommen
und dabei überhaupt mit grösster Genauigkeit vorgegangen. Der Einfluss
der Sonnenstrahlen auf das Instrument wurde immer, der auf das Wasser
der Quellen nach Möglichkeit vermieden.
I. Messungen in der nächsten Mhe von Troppau.
1. Quelle auf der Promenade am Kiosk (Schlossbrünnel.)
Sie liegt gegen Osten, nur wenige Fuss tiefer, als das Pflaster des
„Niederringes," (Nieder-Ring) welcher Platz in der Nähe des Gymnasial-
Gebäudes nach der Barometer-Messung von Kofis tka (Jahrbuch der k. k.
geologischen Reichsanstalt, 1856, 2. Heft, Seite 294) 134-7 Wien. Klaft.
über dem Meere hoch liegt. Die Quelle ist nur am Vormittag ein oder
1 y2 Stunde lang der Besonnung ausgesetzt. Den ganzen übrigen Tag kommt
kein Sonnenstrahl hin.
Das Wasser derselben enthält nach der Untersuchung des Herrn
Adolph Hanke, Professors der Chemie an der k. k. Ober-Realschule in
Troppau, in 1 Wiener Mass 3-0 Gran kohlensauren Kalk und 34 Gran
schwefelsauren Kalk. Die Bestimmung geschah auf maassanalytischem Wege
nach der Methode des Professors Clark.
15.
April
1858,
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. Abends . . .
13.
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Abends (Regnt.)
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Morgens (Trüb,
gestern Regentag.)
Luftwärme
Temper. d. Wassers
+ 9
oR.
+ 6
°R.
4- 145
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4- 6-25
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4- 12
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4- 6-55
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T)
4- 7.9
Mittheilungen der k.k. geographischen Gesellschaft III. Band 3. Heft
392
Ludw. Hein. Jeitteles.
9. August 18S8, 8 Uhr — Min. Morgens (Trüb,
gestern liegen.)
14. Aug. 1858, 9 Uhr — Min. Morgens (heiter.)
7 „ — „ Abends (heiter.)
6 „ — „ Abends
8 „ — „ Morgens (heiter.)
10 „ 30 „ Morgens (heiter.)
8 „ ■ — „ Morgens (heiter.)
8 „ — „ Morgens (trüb.)
8 „ 45 „ Morgens . . .
1 „ 15 „ Morgens (heiter.)
8 „ — „ Morgens .
4 „ — „ Nachmittags .
9 „ 30 „ Vormittags
4 „ 30 „ Nachmittags .
4 „ — „ Nachmittags ,
2 ,, 15 ,, Nachmittags (seit
18
20. „
26. „
29. „
17. Sept.
27. „
2. Octob.
12. „
19. „
9.
13.
21.
23.
27.
Novb.
-f 10 °R
+ 10-5
+ 12
+ 5-5
— 45
— 15
— 9
— 10
+ 5-75
Temper. d. Wassers.
+ 7-9
+ 7-95
+ 8-0
+ 8-05
+ 8-1
+ 8-1
-f 8-3
+ 8-3
+ 8-35
+ 8-35
+ 8-2
+ 8-0
+ 7-95
+ 7-75
■f 7-7
+ 7-7
mehreren Tagen mildes Wetter)
2) Gyps-Brunnen.
Beide hart neben einander am linken Oppa-Ufer liegend, entspringen
am Süd-Abhange der hinter dem „Park" befindlichen Diluvial-, Sand- und
Gerüll-Schichten. Ihren Namen verdanken sie nicht dem grösseren Gehalte
an Kalks ulphat, sondern dem Umstände, dass sich in der Nähe Lager
von Gyps befinden. Nach der Analyse von Hanke sind sie sogar ärmer
an Gyps und an Salzen überhaupt als andere Quellen in und bei Troppau.
Die der Brücke über die Oppa nächste Quelle, welche mit einem stei-
nernen Becken versehen ist (Quelle a) enthält in 1 Wiener Maass 33 Gran
CaO, C02 und 15 Gran CaO, S03 ; die zweite (Quelle b), von der
ersten nur wenige Schritte entfernt, neben der fast ausgetrockneten
„Amalienquelle" (welche letztere nicht gemessen wurde) 2-3 Gr. kohlen-
sauren Kalk und 2*0 Gr. schwefelsauren Kalk.
Beide liegen nur einige Fuss höher als das Pflaster des Niederringes.
Luftwärme
Quelle a)
Quelle b)
13. Apr. 1858, 5 Uhi
—
Min
Abds.
+ 6 °R.
+
68 «R.
+
705°R
27. Mai ,, 7 „
30
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Mor-
gens (heiter) .
•
.
• .
—
+
73 „
+
7'4 „
Quellenfemperatur-Messungen in den Sudeten und Karpathen,
393
Quelle a)
Quelle b)
-f 7-45 °R.
+
7-5 °R
1 besonnt
4- 15-5
°R.
j -f 7-7 °R.
\ nicht bes.
+
75 „
—
) -f 7-7 °R.
j nicht bes.
+
75 „
+ 13-5
°R.
j + 7-75°R.
+
7-8 „
+ 10-5
°R.
+ 7 8 °R.
+
7-55 „
— 4
°R.
+ 7.85°R.
+
7 3 ;,
— 8-5
°R.
-f 775°R.
+
7-3 „
18. Sept. 1858, 8 Uhr — Min. Mor-
gens (sehr schönes Wetter) .
30. Sept. 1858, 12 Uhr — Min. Mit-
tags (heiter) ......
3. Octb. 1858, — Uhr— Min.Abds.
(trüb)
12. Octb. 1858, 8 Uhr — Min. Mor-
gens (sonniger Tag) ....
19. Octb. 1858, 5 Uhr - Min. Abds.
(heiter)
9. Novb. 1858, 3 Uhr — Min. Nach-
mittags
23. Novb. 1858, 3 Uhr 15 Min. Nach-
mittags
Die Messungen sowohl der Kiosk-Quelle als der beiden „Gypsbrün-
neln" wurden mit dem Instrument A (Kapeller) vorgenommen.
Die Gypsbrünneln waren die ganze Zeit hindurch unverhältnissmässig was-
serreicher als die Kiosk-Quelle.
Das Temperatur-Maximum für die Kiosk-Quelle trat, wie sich aus den
mitgetheilten Daten ergibt, in dem ersten Drittel des Octobers ein (-f- 8*35° R.)
Die Differenz zwischen diesem Maximum und dem beobachteten Minimum
(-{- 6° R. am 15. April) beträgt also 2-35. Die wahre Differenz (zwischen
dem wirklichen Maximum und Minimum) kann aber gewiss um wenigstens
1 Grad Reaumur höher angenommen werden.
Das Maximum der Temperatur der Gypsbrunnen fällt in das letzte
Drittel des Octobers oder gar in den Anfang Novembers (bei a. 7-85
am 9. November, bei b. 7*55 am 19. October) Die Differenz zwischen
dem Maximum und dem beobachteten Minimum (bei a. 6*8 am 13. April,
bei b. 7.05 am selben Tag) beträgt also rücksichtlich der Quelle a. T05°R.,
bezüglich b. 0*5. Diese Daten dürften von der Wahrheit nicht bedeu-
tend abweichen.
Wenn man den Gang der Temperatur bei diesen zwei Quellen be-
trachtet, so erscheint es sehr merkwürdig, dass die Quelle b., welche am
13. April um 0*25° R. wärmer war als a. und bis Mitte August die
letztere um 0*2 — 03° R. übertraf, am 18. September nur mehr eine
Differenz von -f- 0*05 ° R., am 30. desselben Monats hingegen einen nega-
tiven Unterschied von — 0.2° R. auswies, der am 12. October auf — 025
stieg und am 9. November sogar — 0*55° R. betrug.
Die zwei Quellen haben ihre Rollen von Ende September an förm-
lich ausgetauscht. Auch trat das Maximum bei a. später ein, als bei b.
Remerkt muss noch werden, dass der Wasserreichtum von a. von Mitte Sep-
tember an merklich abgenommen hatte, während er bei b. stets ziem-
lich gleich blieb.
Wollte man aus den mitgetheilten Daten die mittlere Quellen-Tem-
peratur des Jahres ableiten, so würde sie, weil die Reobachtungen über
die kältesten Monate (December bis incl. März) gänzlich fehlen, offenbar
zu hoch ausfallen. Da aber die mittlere Luft-Temperatur von Troppau
ungefähr 6-5° R. beträgt, so ergiebt sich aus den angeführten Reobach-
tungen mit genügender Sicherheit, dass die beiden Gypsbrünneln zu den
A*
394 Ludw. Hein. Jeitteles.
von Hall mann sogenannten meteorologisch-geologischen gehören, d. h. sol-
chen, deren Mittel erweisslich durch die Erdwärme erhöht ist, während
die Kiosk-Quelle eine rein meteorologische ist.
11. Messungen in den weiteren Inigebungen von Troppan und in den östli-
chen Sudeten überhaupt.
1) Quelle am Ahhang des Diluvialhügels*) bei Ottendorf unweit
Troppan am rechten Ufer des Hosnitz-Baches.
Die Quelle entspringt unter 2 Weiden und liegt gegen Norden.
5. Mai 1858 -f 725° R. A) zwischen
19. Juni „ -f 8-7 n „ 6 und 8 Uhr
10. Juli „ + 93 „ „\ Abends.
Die Bestrahlung der Quelle durch die Sonne in den Nachmittags-
stunden hat ihre Temperatur zur Zeit der Messung gewiss um ein bedeu-
tendes erhöht erscheinen lassen.
2) Quelle auf dem Fussweg nach Stihrowitz bei Troppau.
16. Juni 1858, 6 Uhr Abends bei -f 18° R. Luftwärme, . . . + 66°R. A
3) Quellen in Johannesbrunn bei Möltsch. a) Sauerbrunnen.
27. Juni 1858, 6 Uhr 30 Min. Abends bei etwa 18° R. Luftwärme-f- 625° R. A
Die (Quelle ist einen grossen Theil des Tages der Insolation ausgesetzt.
Zur Zeit der Messung fand keine Einwirkung der Sonne mehr statt.
Das Wasser setzt Eisenocher ab.
b) Süsse Quelle im Walde beim „Antonssteg."
27. Juni, 3 Uhr Nachmittags bei -f 20» R. Luftwärme -f 6-55° R. A
Die Quelle kann nie von der Sonne beschienen werden.
4.) Quellen bei Jaegerndorf.**) a) Sauerbrunnen.
a) Quelle bei Bartelsdorf, gegen Norden gelegen.
23. Mai 1858, 10 Uhr Vormittags bei -f 16° R. Luftwärme-f 67° R. A
21. September, 6 Uhr Abends bei etwa -f 9° R. Luftwärme -f 8 5° R. A
b) Quelle bei der „Weidenmühle" (schwacher Eisensäuerling.)
24. Mai 1858, 12 Uhr Mittags bei 145 R. Luftwärme . . . + 5 55°R. A
Den ganzen Tag war kein Sonnenschein.
21. September, Abends 6 Uhr 30 Min -f 95° R. A
22. September, 6 Uhr 30 Min. Früh bei -f 5° R. Luftwärme + 9-45°R.A
5) Seifersdorf, südlich von Jaegerndorf.
Säuerling bei der Kirche in Stein gefasst, mit Holzdach.
22. September, Abends 4 Uhr 30 Min. bei etwa 12° R Luftwärme, -j- 8-3° R. A
6) Wiese, gleich neben Seifersdorf.
Pumpbrunnen im Hause Nro. 23, ebenfalls ein Säuerling.
22. September 1858, 5 Uhr Abends -f 9-0° R. A
7) Quelle an der Strasse von der Eisenbahn-Station Schönbrunn nach
Witkowitz (bei Ostrau.) Die Quelle entspringt in einem Wäldchen, liegt
vollkommen schattig und befindet sich in einem hohlen Baumstamm.***)
17. Juli 1858, 12 Uhr 30 Min. Mittags bei -f 205° R. Luftwärme -f- 8 1° R.A
*) Kamena hora, nach der trigonometrischen Bestimmung des k. k. Katasters
973 Wien. Fuss hoch über dem Meere.
**) Seehöhe nach Kalutza 986 Wien. Fuss.
***) Der höchste Punct der Strasse von Schönbrunn nach Ostrau liegt nach
Prof. Kofistka's Messung 12172 Wien. Klafter hoch.
Quellentemperatur-Messungen in den Sudeten und Karpathen. 395
lf. Messungen in den Karpathen ; vorgenommen in den Monaten März and
April 1858.
1) Jablunkau.*) (Tesehner Kreis.) Sogenannte „Hungerquelle" (ist aber
keine periodische Quelle wie die „Hungerbrunnen" in den Alpen), links
von der polnischen Strasse im Walde. 15. März, Nachmittags. (Luft-
wärme 0°) + 7'2° C. = 5-76° R. B.
2) Sil lein5**') und Umgebung.
a) Quelle am Frambor (Frauenberg), gegen NO. gelegen; am 17. März
Nachmittags bei -f- 16° R. Luftwärme 68° R. C.
b) Quellen („Studniczki" in der Vorstadt, ebenfalls gegen NO. gelegen.
17. März Nachmittags bei -f- 1-4° R. Luftwärme a) links vom Fischbehälter
der PP. Franciskaner + 6 7° R. C.
ß) rechts davon +5-8° R. C.
c) Zeisig-Quelle („Cizovy jarek") auf dem Wege nach Visnyove in
einem Walde, am rechten Ufer des Erlen umsäumten Baches 21. März
Vormittags, bei -f 325° R. Luftwärme +6-3° R. C.
d) Ehemalige warme Bade-Quelle bei dem Schlosse Teplic ska***)
unweit Sillein 18. März, Nachmittags bei -f 2° R. Luftwärme -f 5° R. C.
3) Alsö-kubin in der Arva. Quelle unweit der evangelischen Kirche
an einem auf die Felder führenden Wege. 25. März, Vormittags bei -f- 3*75° R.
Luftwärme -f 25° C. = 2-0° R. B.
Alsö-Kubin liegt nach Kreil's-Messung 1390 Wien. Fuss über
dem Meer.
4) Nagy-Selmecz bei Rosenberg in der Liptau. 27. März, Nach-
mittags, bei 0° R. Luftwärme.
a) Süsse Quelle vor dem Schlosse des Herrn von Rakovsky 6-8° C. =
5-44° R. B.
b) Sauerbrunnen oberhalb des Schlosses.
a) der westliche 12 4° C. = 9 92° R. B
ß) der mittlere 12-8° C. = 10240R.B.
,) der östliche Hf C. = 9-12° R. B.
a) und 7) sind in hohle Baumstämme gefasst. ß), ganz ungefasst, scheint
am reichsten an aufsprudelnder Kohlensäure zu sein.
(Die Seehöhe von Rosenberg beträgt nach Kr eil 1471 Wiener Fuss.)
*) Seehöhe nach Prof. Kofistka's Messung 19071 Wien. Klafter.
**) Seehöhe des Marktplatzes nach I. F. Julius Schmidt 1742 Toisen; nach
M. Sadebeck 17833 Toisen.
***) Schon der Name zeigt an, dass sich hier ehemals warme Wässer befunden
haben müssen. Man gibt aber auch genau die Quelle an, welche einst eine Therme
gewesen ist. Herr von Buday, pensionirter Hofrichter bei Herrn Baron Sina, erzählte
mir ferner, dass er im Schloss ein aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts
stammendes Inventar aufgefunden habe, in welchem eines Badehauses mit Nebengebäuden
Erwähnung geschieht. Da nun die Gegend von Sillein, Teplicska und Bajecz in den
Jahren Ü00, 1607, 1613 und 1615 sehr viel von Erdbeben zu leiden hatte, so wird
man schwerlich irren, wenn man die Umwandlung der ehemaligen warmen Quellen in
kalte auf Rechnung einer dieser ErdersehOtterungen bringt.
396
Ludw. Hein. Jeitteles.
5) Badeort Lucsky bei Rosenberg. Liegt nach Kr eil 1892 Wien.
Fuss hoch.
28. März, Mittags bei 0° R Luftwärme
a) Quelle im Badhause 24-5° C. = 19-6° R. B.
An einer einzigen Stelle in der tiefsten Tiefe des Beckens *) betrug
die Wanne 266° C = 21-28° R.B.
b) Ungefasste Quelle oberhalb des Badehauses. Fliesst stark und setzt viel
rothen Schlamm und Tuff ab 261» C. = 20'88°R. B.
c) Warme Quelle Pud-Fiiesko, rechts von der vorigen, säuerlich, viel
rothen Schlamm absetzend 208° C. = 16-64° R. B.
d) Süsse Quelle, gleich daneben 11'3° C. = 908° R. B.
e) Süss- Wasserquelle, weiter unten, in Holzröhren geleitet, reich-
lich fliessend 8 1° C. = 6-48° R. B.
f) Warme Quelle unterhalb des Gasthauses . . 24-2° C. = 19-36° R. B.
6) Quelle hinter Altgebirge, links an der Strasse nach Neusohl
aus Sandstein entspringend. 29. März. Nachmittags bei -j- 1*75° R. Luft-
wärme -f 3-25° R. C.
(Höhe von Altgebirge nach Kr eil 1505 Wien. Fuss fl. Stock des
Posthauses.])
7) Neusohl (Seehöhe des Stadt-Niveaus nach Beudant 1218 Wien.
Fuss.), des Gasthauses zum schwarzen Adler nach Kreil 1141 Wien. Fuss.)
Sauerbrunnen vor der Stadt. 30. März, 3 Uhr Nachmittags Luft-
wärme +13-6° C. = 10-88° R.
a) Trinkquelle im ßadehuuse, von der Sonne theilweise beschie-
nen 13-4° C. = 10-72°R.B.
b) Quelle Medokis (Süsssauer) auf der Wiese -f 16 5° C. = 13 2° R. B.
c) Zweite Quelle auf der Wiese, gleich daneben -f 18-4°C.= 14-72°R.ß.
d) Jenseits der Stavnicka-Höhe.
ol. Starke Quelle , reich an freier Kohlensäure, in einem hohlen
Baumstamme, nicht besonnt -f 18*420. =14-72° R.B.
ß. Zweite Quelle, gleich daneben -f 18'4°C. =14-72° R.B.
8) Kremnitz.**) 1. April Nachmittags, 4- 14° C. Luftwärme.
a) Quelle gegenüber dem Schachte Nr. 4 . '. .7'1° C. = 568° R. B.
b) Quelle bei der Silberhütte 9 ° C. = 7 2 ° R. B.
9) Warme Quellen in Stuben***) in der Thurocz. 2. April, Mittags,
-f 6° R. Luft-Temperatur.
a) Rothes Bad 378° C. = 3024° R. B.
b) Weisses Bad 378° C. = 30-24° R. B.
c) Grünes Bad - 405° C. = 321 ° R. B.
*) Herr Dr. Med. Sefranka, k. k. Bezirksarzt in Rosenberg, hatte im Verlauf
des Jahres 1857 zu wiederholten Malen (zuletzt noch kurz vor Weihnachten) die
Temperatur des. Wassers im Badehause in Lucsky gemessen und immer 26° R. gefun-
den. Am 19 Jänner 1858, also zwei Tage nach dem Erdbeben, hatte das Wasser
nur 22° R., am 24. Februar war die Temperatur desselben wieder 26° R. Bei
wiederholten Messungen im Mai und Juni 1858 fand Herr Dr. S. neuerlich 25 — 255° R.
Dr. S. bediente sich hierbei immer desselben Thermometers. Das Nähere hierüber
siehe in meiner Arbeit über das Erdbeben vom 15. Jänner 1858 in den Sitzungsbe-
sichten der kaiserl. Academie der Wissenschaften in Wien 1859.
**) Nach Kreil's Messung 1623 Wien. Fuss über dem Meere.
***) Nach Zeuschner hat der erste Stock des Badehauses 1556 Wien. Fuss
Seehöhe.
Quellentemperatur-Messungen in den karpathen und Sudeten. 397
d) Erste Trinkquelle 44-2° C. = 35-28° R. B.
e) Zweite Trinkquelle 44-6° C. = 35-44° R. B.
10) Bad Rajecz,*) südlich von Sillein 4. April, Nachmittags.
a) Spiegel Nr. 1 : 32*8° C. == 26-24° R. B.
b) Spiegel Nr. 2 33-0° C. = 26* 4° R. B.
c) Spiegel Nr. 3 324° C. = 25-92° R. B.
11. Teplitz**) bei Trentschin 5. und 6. April, Abendsund Morgens.
a) Wanne Quellen.
«. Bad Nr. 2 336° C. = 26.88° R. B.
ß. Bad Nr. 3 37- ° C. = 29 6° R. B.
v. Bad Nr. 4 352° C. = 2816° R. B.
o\ Trinkquelle • . 386° C. = 30-88° R. B.
b) Süsse Quelle in der Grotte 5"7° C. = 4-56° R. B.
XVI.
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten
in seinen Beziehungen zur Atmosphäre.
■er
Von
Ludw. Hein. Jeitteles,
k. k. Gymnasial-Lehrer in Kaschau.
Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 18. October 1859.
lieber das Erdbeben am 15. Jänner 1859 in den Karpathen- und
Sudetengegenden haben bereits die Herren Astronom J. F. Julius Schmidt
(früher in Olmütz, gegenwärtig in Athen), Prof. Dr. G. A. Kornhuber in Press-
burg und Prof. Dr. M. Sadebeck in Breslau sehr werthvolle Arbeiten
geliefert. Keiner der drei genannten Forscher hat aber den Zusammen-
hang dieses so merkwürdigen Naturereignisses mit atmosphärischen Vor-
gängen eingehend in Betrachtung gezogen, und auch meine eben erschie-
nene Arbeit über dieses Erdbeben (in den Sitzungsberichten der Kaiserl.
Akademie der Wissenschaften, math. naturw. Klasse, 1859) lässt uns den
Antheil unseres Luftkreises unberücksichtigt, weil zur Zeit, als ich mein
Manuskript der Kais. Akademie überreichte (Oktober 1858), die meteoro-
logischen Uebersichten für die vergangenen zwei Jahre von der Central-
anstalt in Wien noch nicht vollständig zusammengestellt waren. Durch die
besondere Gefälligkeit des Hrn. Directors der meteorol. Centralanstalt, Dr.
Kreil und des Hrn. Adjunkten Dr. Fritsch bin ich aber mittlerweile nicht
bloss zu einer Uebersicht des Ganges der Witterung in den Herbst- und
Wintermonaten 1587/58, sondern auch in den Besitz vieler einschlägigen
wichtigen Spezialbeobaehtungen gelangt, welche mir bei Erörterung des in
Rede stehenden Capitels treffliche Dienst leisteten. Ich spreche den ge-
nannten Männern hiefür meinen verbindlichsten Dank aus. Zahlreiche Mit-
theilungen über die Witterungserscheinungen vor, während und nach
dem Erdbeben habe ich schriftlich und mündlich von meinen vielen Be-
*) Die warmen Quellen liefen naeh J. F. Julius Schmidt 206-9 Toisen hoch.
**) Seehöhe nach Kreil 697 Wien. Fuss.
398
l.udu. Hein. Jeitteles
richterstattern in Ungarn, Mähren und Schlesien gesammelt, andere den
mitunter sehr detaillirteu und werthvollen offiziellen Berichten entnommen,
und so habe ich denn ein ansehnliches Materiale zur Besprechung dieses
Gegenstandes erhalten. Die Worte Alexanders von Humboldt (Cosmos,
IV. Band, p. 222): „Da in der Natur unter wieder eintretenden ähnlichen
Bedingungen sich alles wiederholt, so muss man durch Nicht-Verschwei-
gen auch des unvollständig Beobachteten die Aufmerksamkeit künftiger
Beobachter auf specielle Phänomene leiten" bestimmen mich vorzüglich
zur Mittheilung des Nachfolgenden.
G. H. Volger hat in seinem grossartigen Werke: „Untersuchungen
über das Phänomen der Erdbeben in der Schweiz" (3 Theile, Gotha 1858)
dessen hohen Werth selbst die Gegner der darin ausgesprochenen theo-
retischen Ansichten anerkennen müssen, zuerst in umfassender Weise die
Beziehungen der Atmosphäre zu den Erdbeben erörtert und gezeigt,
wie wichtig es sei, die Witterung des vorausgegangenen Jahres genau
zu verfolgen.
Ich beginne daher ebenfalls mit einer Schilderung der meteorologi-
schen Verhältnisse in den Sommer- und Herbst-Monaten 18S7. Ich ent-
nehme die Daten grösstentheils den meteorologischen Berichten der Cen-
tral-Anstalt. Ausser den Stationen : Schemnitz, Tyrnau und Oderberg, dann
Neusohl und Neutra (von welch letzteren Orten leider nur aus einzelnen
Monaten Beobachtungen vorliegen) gebe ich zur Vergleichung auch die
Daten von Ofen und Wien.
Die Seehöhe von Schemnitz beträgt 1912 Wien. Fuss, jene von
Tyrnau 291 W. F., die von Neusohl 1141, von Oderberg 600, von
Ofen (Observatorium) 724, endlich von Wien (Centralanstalt) 614 Wien. F.
Alle Angaben beziehen sich auf Grade nach Beaumur und Pariser-Linien.
Ich beginne mit dem Monat März 1857.
Vlonaf flu iv. 1357.
Schemnitz
Tvrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
- 0-06
+ 1-Ö0
-rl-02
^3-30
-2-76
Mittlerer Luftdruck
313-71
33M3
33001
32351
329-80
Maximum j ^riiak
3
319-09
3-6
338-09
36
336-28
33
339-64
35
33632
Minimum j ^druck
10
30881
9-3
326-38
96
324-85
10-3
337-91
93
32402
Niederschlags-Menge
17-69
1714
15-05
7-67
15 09
Herrschende Windrichtung
NW.
N. NO.
N.
—
SO. WSW.
In Od erber g am 25. von 5 bis 9h Sturm aus S.
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den karpathen und Sudeten etc.
399
Monat April 1S5?.
ViimiIiI
Scheinnitz
Tyrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 8 93
+ 6-87
-f- 8-86
+ 7-18
-j- 10-20
-r-8-09
Mittlerer Luftdruck
321 14
312-50
32917
328-48
330 7
327-94
»r • i Tag
Maximum j Lufcdruck
20-9
326-49
20-3
317-23
20-3
33513
20-9
333-56
—
20-3
333T4
um- ■ I Tag
Minimum \ , ?, , .
( Luftdruck
243
31632
246
307-93
24-6
325 54
253
32612
—
137
322-73
Niederschlagsmenge
—
14-90
1972
2334
15 67
21-90
Herrschende Windrichtnng
N.
SW.
NW.
SW. NW.
—
N. W.
Tyrnau. Der Wasserstand der Flüsse war hoch; am 21. Gewitter,
Oderberg. Am 7. Gewitter; am 19. starker Ostwind.
Sehemnitz. Am 13. Gewitter.
Monat Mai 1§53.
Sehemnitz
Tjrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 9-48
+ 1142
+ 1056
+ 13-33
+ 11-40
Mittlerer Luftdruck
313-94
33114
32973
33292
329 32
Maximum j ^ftdruck
16-3
31635
163
324-29
16-6
332-65
159
33549
15-5
33250
Minimum j Luftdruck
31 3
31059
269
32705
27-6
325-57
319
328-80
26
32463
Niederschlag
372
7.63
17 76
2-86
1776
Herrsch. Windrichtung
SW.
N. SW.
NW. W.
w. SO.
NW. NNW.
Oderberg. Am 4. um 51' 24' Ab. Sturm, am 24. um 10h 42'
Morg-. Sturm aus O., am 27. nach 21' Mittags dessgleichen. Am 22, 23.,
und 27. Gewitter.
Tyrnau. Grosse Trockenheit, der Wasserstand der Waag und March
ist unter 0. Waldbäche sind schon wieder vertrocknet. (Dr. Med. Krzisch,
k. k. Comitats-Phisikus in Tyrnau.)
400
Ludw. Hein. Jeitteles.
lltinal Juni 1*57.
Scheinnitz
Tjrnaii
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 1199
+ 14 07
+ 12 13
-r 620
r 14-54
Mittlerer Luftdruck
314-59
331-87
330-20
333-36
33027
Maximum j l^&ruck
253
31772
253
335-35
25-3
334-80
25-3
336-63
25-5
33380
Minimum j ^ftdruck
13
31076
1-3
32804
309
327 17
1-3
328-95
30-7
32658
Niederschlag
9-44
7-81
26-46
606
1192
Herrsch. Windrichtung
SW NW
NO.
NW. W.
NO.
N. NNW.
Od erb erg. Sturm am 1. und am 2. des Monats. Dauernd rauhe
NW. Winde. Am 23., 27. und 30. Gewitter.
S Chemnitz. Gewitter am 10. und 21.
Tyrnau. Fortdauernde Dürre, der Wasserstand sehr tief, das Heu-
erträgniss schlecht; die Hutweiden, „auf denen das Vieh vor Hunger brüllte,"
sind zu braungelben Platzen verbrannt. Am 21. und 23. Gewitter. (Dr.
Kr zisch in Tyrnau.)
JVIonat Juli 1553.
j Scheinnitz
Tvmau
Oderberg
Ofeu
Wien
Mittlere Temperatur
,- 14-29
+ 18 11
-f 14-80
-f 18 50
r 17-12
Mittlerer Luftdruck
31484
331-89
33016
33364
33039
■vt ■ ) Tag
Maximum , ?., ,
| Luttdruck
143
31772
14-3
335-61
13-9
33273
143
336-85
145
334T4
Minimum { T ?, , ■
( Luftdruck
76
31204
1-9
328-02
1-6
327-66
7-6
32978
10
326 80
Niederschlag
11-68
1-86
43-98
1178
10-85
Herrsch. Windrichtung
—
NW.
NW. SW.
NW.
NW. WNW.
S Chemnitz. Am 1., 7., 10., 15., 28. Gewitter.
Tyrnau. Am 21. Gewitter. Die Vegetation ist in Folge der enormen
Hitze und des Mangels jedes Niederschlages in hohem Grade kümmerlich:
Sommercerealien, Hülsenfrüchte sind in allen Gegenden des Comitats als
missrathen zu erklären. Mais musste bereits als Grünfutter benützt wer-
den (Dr. Kr zisch.)
Oderberg, km 1., 7., 11., 13., 15., 21., 27., 29. Gewitter.
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten elc.
Monat August 185?.
401
Neusuhl
Schein nilz
Tjrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 14-61
f 14-42
+ 17 75
+ 1410
+ 18-23
+ 16 74
Mittlerer Luftdruck
32302
314-53
33149
330 02
33310
32984
Maximum j Juftdruck
4-3
325-88
243
31719
27 3
33403
243
334-80
25-3» 276
335-86
24-4
33300
Minimum < T 5, .
( Lufdruck
173
31903
273
31081
16-9
327-31
176
325-35
17-6
329-44
16-8
325-28
Niederschlag
1-56
1362
17-41
3912
2-86
16-68
Herrsch. Windrichtung
N.
SW.
S.
N.
NW.
NW.
S Chemnitz. Gewitter am 13., 14., 16.
Tyrnau. Der Stand der Vegetation war noch immer in hohem Grade
kümmerlich. Selbst in dem Gebirge war keine Spätsommerflora, mit Aus-
nahme einiger gemeinen Unbelliferen keine blühenden Pflanzen; alles war
vertrocknet.
Der Stand der Gewässer noch immer tief unter Null, kleine Flüsse
versiegt. Ueberall Mahlnoth. Am 8. Gewitter. (Dr. Kr zisch in Neutra.)
Monat September 1§53.
Schemnitz
Tyrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 10 31
+ 13 51
+ 10.90
+ 14-07
+ 12-86
Mittlerer Luftdruck
315-58
332-8
33090
334 60
330-82
Maximum < , £ , .
( Luftdruck
163
3186
163
33760
16-3
33447
—
24-5
334 73
Minimum < T df. , .
( Luftdruck
19-3
31244
26
33108
116
327-58
—
117
327-31
Niederschlag
097
—
2715
—
25-60
Herrsch. Windrichtung
SW.
N. S.
—
SO.
Schemnitz. Gewitter am 14. und 23.
Tyrnau. Der Wasserstand war auch in diesem Monate überall
unter Null.
Oderberg. Am 2., 5., 6., 14., 18, 19. Gewitter.
402
Luilw. Hein. Jeitteles.
Jtlonat Ortober 185?.
Scbemnltz
Tjrnan
Oderberg
Ofen
Wien
.Mittlere-Temperatur
+ 8-10
+ 11 27
-f 9-43
-f- 1190
+ 10-78
Mittlerer Luftdruck
31510
33213
331-37
334 29
330-27
Maximum {^druck
15-3
31803
14-9
33544
14-6
333 98
15-3
33758
14-5
333-63
\t- • i Tag
Minimum < T 5 , ,
{ Luftdruck
103
31067
99
325 99
9-9
324-48
99
32804
9-6
32513
Niederschlag
48-31
3491
4105
1451
35 36
Herrsch Windrichtung
SW.
SO.
NW.
SO.
SO.
Schemnitz. Gewitter am 8., 9. und 30.
Tyrnau. Die Vegetation wurde durch ausgiebigen Regen neu
belebt . . . Alle Hutweiden waren grün . . . Viele Gewächse begannen neu
zu blühen. Der Wasserstand der Flüsse war gehoben und die Wassernoth
überall vorüber. (Dr. Kr zisch.)
Honat November 1§5?.
Schemnitz
Tjrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 0-93
+ 2.38
i- 084
+ 3-20
-f 2-02
Mittlerer Luftdruck
316-30
334-47
332-85
336-07
332-47
Maximum < r ?, , ,
( Luftdruck
20-3
320-51
20-4
339-75
19-9
337 37
206
34189
19-9
33717
M- • \ Tag
Minimum < , ?. , ,
( Luttdruck
27-6
30950
27-9
32512
276
325-75
27-6
327-89
276
323-62
Niederschlag
—
1100
2480
1100
29-76
Herrsch. Windrichtung
SW.
N'
SW.
SO. N.
NW. 0.
Tyrnau. Die Vegetation war noch immer rege, Hutweiden und
Wintersaaten üppig grün. Der Stand der Gewässer ist fortdauernd niedrig.
(Dr. Krzisch.)
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten ete.
403
Monat December 185?.
Scheuinilz
Tvrnau
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
+ 0-73
+ 0-74
+ 8-84
+ 1 40
+ 1 27
Mittlerer Luftdruck
31810
336-89
334-42
338-52
334-88
Maximum {Luftdruck
9-3
321-53
93
340-91
9-3
338-45
96
34208
9-4
338 77
Minimum { Jjtdruck
26-6
313-42
563
332 11
26.3
329.28
26-9
333-21
273
330-54
Niederschlag
14-58
370
1972
000
501
Herrsch. Windrichtung
NW.
NO.
SW. NW.
SO.N.
SO. NW.
Tyrnau. Der Stand der Gewässer niedrig, die Flüsse eisfrei, das
Land und Gebirge ohne Schneedecke, der Stand der Wintersaaten aus-
gezeichnet. (Dr. Krzisch.)*)
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, dass der Sommer und
Herbst 1857 auch in den Waag-Gegenden so warm und trocken war
wie fast in ganz Mitteleuropa.
Was die Witterung der Monate December und Janner 1857 im
Honther-Comitat betrifft, so enthält der offizielle Bericht über das Erd-
beben vom 15. Jänner 1858 Folgendes: Bereits seit Anfangs December
herrschte (2 bis 3 nasskalte Tage im Anfang ausgenommen), eine ruhige
Kälte mit sonnigen Tagen und Nachtfrösten, Der Luftdruck stieg von
Tag zu Tag bis zum 8. Jänner, nahm dann fortwährend bis 21. ab,
von wo angefangen er wieder bis Ende des Monats im Steigen begriffen
war. Erst am 12. oder 13. fiel etwas Schnee im obern Theil des Co-
mitats. Luftströmungen waren sehr gering; die Kälte nahm dann bis 17.
fortwährend ab und an diesem Tage trat Schnee- und Regen-Wetter
ein, welches bis zum 21. dauerte und einer stufenweise zunehmenden
Kälte alsdann wich.
Herr Schütz, Lehrer an der Unterrealschule in Sillein, berichtete:
„Lange Zeit vor dem Erdbeben und unmittelbar vor demselben war all-
gemeiner Mangel an Wasser; der Wasserstand der Waag so niedrig,
wie sich die Menschen an einen ähnlichen nicht zu erinnern wissen."
*) Ueber den Barometerstand im Monat December im Allgemeinen sagt Herr
Assistent Burkhardt in dem meteorologischen Bericht der Centralanstalt: „Der dauernd
hohe Luftdruck eulminirte am 9. (primär), 18., 23. und 30. zu einem Maximum, wel-
ches erstere an allen Stationen der österr. Monarchie das Monats- und Jahres-Maxi-
mum zugleich war. Die Minimia am 1., 15., 22. und 27. waren gering und differirten
vom Maximum nur 4 bis 8 Linien."
404
Ludw. Hein. Jeitteles.
Dieser Wassermangel machte sich in den westlichen Theilen Ober-
Ungarns überhaupt auch noch im Monat Jänner 1858 geltend. Von Neü-
sohl berichtete über diesen Monat Gymnasialprofessor Zenger: „Grosse
Trockenheit, viele Quellbrunnen blieben aus, die Gran bis auf den Grund
gefroren." Ueber Tyrnau theilte Comitatsphysikus Dr. Kr zisch bezüglich
des Jänners mit: „Der Stand der Gewässer blieb niedrig und beeist;
die Wintersaaten lagen ohne alle Schneedecke."
Ueber den Gang des Luftdruckes im Monat Jänner 1858 überhaupt
sagt Herr Burkhardt in dem meteorologischen Bericht der Wiener Cen-
tral-Anstalt für diesen Monat: „Der anhaltend hohe Luftdruck des De-
cember war auch im Jänner noch dauernd, nur am 21. trat ein seit
November nicht erreichtes Minimum ein, welchem am 25. das Maximum
und zwar das absolute des Monats folgte."
Ich setze auch noch die Witterungstabelle für den Monat Jänner
1858 hierher.
Schein nilz
Tjriiau
Neutra
Oderberg
Ofen
Wien
Mittlere Temperatur
— 472
-3-36
— 3 30
— 413
— 2-99
- 2 55
Mittlerer Luftdruck
31709
33604
335-25
33409
337-73
33402
Maximum j ^ftdruck
263
51989
263
33939
7-3
339-12
259
337-84
6-9
341-75
259
337-57
Minimum { , ,,, ,
( Luftdruck
216
208-73
213
325 47
21-6
325-95
21 3
323-52
216
328-43
21-5
32462
Niederschlag
827
1-40
—
8-54
6-10
201
Herrschende Windricht.
NW.
NO. N.
—
NW. SW.
NW.
NW. 0.
Ich will nun alle mir bekannt gewordenen Beobachtungen über die
Witterung unmittelbar vor, während und nach dem Erdbeben am 15. Jänner
anführen.
1. Ingarn.
1) Sil lein und Umgegend. Nach dem officiellen Bericht: 15. Jänner,
bei Tage sehr gelinde Kälte (1° R.), beginnender Schneefall mit
senkrecht fallenden Flocken. Zur Zeit des ersten Stosses bis spät in die
Nacht vollkommene Windstille. Am 16. Jänner starker Schneefall, am
17. starkes Thauwetter, am 18. starker Schneefall. Die späteren Tage
starke Kälte. Am 2. Februar — 19° R. „In NeustadI (an der Kiszucza)
am 15. Jänner zwei Stunden vor der Erschütterung 12° R. Kälte, völ-
lige Windstille, das Firmament rein. Sonst überall ziemliche Kälte,
nur in der Pucho'er Gegend soll das Thermometer über 0 gestanden sein."
Barometerstand in Sillein nach Hrn. Realschullehrer Joh. Schütz:
Am 16. Jänner, 12y2 h Morgens 27" 6™ (Wien. Maas wahrscheinlich);
10 h Abends 27]
Am 17. Jänner, 8 h Morgens 27"
Am 18. Jänner, 12 h Mittags 27'
Am 19., 20., 21. 27'
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten etc. 405
Hr. Apothecker Ign. Tom bor in Sil lein berichtete mir über die
Witterung der Erdbebentage wie folgt: 15. Jänn., 6h Ab., erster Schnee-
fall bei gelindem Luftzug, dauerte 1/2 Stunde. Höhe des (in dieser Zeit)
gefallenen Schnees == 3 Zoll. Zwischen 7 und 8h totale Finsterniss.
Barometer unmittelbar nach dem ersten Hauptstoss 1 Linie ober „Verän-
derlich.* Temperatur — 1° R. Um 12h Mitternacht hatte die Luft —6° R.
Um 3 Uhr war der Himmel sternenvoll. Am 17. Jänner Schneegestöber. Vom
18. an stieg die Kälte; am 25. Februar war das Thermometer 25° unter Null.
2) Szt. Marton im Thuroczer-Comitate. Stand des Barometers vor
der Erschütterung 28° 2" Wien. Mass, gleich nach derselben 27° ll™.
Temperatur der Luft vor dem Erdbeben — 01° R. , gleich nach dem-
selben 0*2° R. Windstill; der Himmel war bewölkt. Unmittelbar nach
der Bewegung fiel der erste liegenbleibende Schnee. Der Herbst war
sehr trocken gewesen. (K. k. Bezirksarzt Dr. Haas.)
2. a) Töt-Pröna im Thuroczer-Comitate. „Vor dem 15. Jänner war
bei uns stets enorm kalt, heiteres und dürres Wetter, bei der Nacht
vom 15. auf den 16. ist ein reichlicher Schnee gefallen." (Senior und
evangel. Pfarrer Belob orsky.)
3) Schloss Arva im Comitate gleichen Namens. „Eine seit 9 Tagen
anhaltende, zu dieser Zeit seltene, durch kurzen SW. einmal unterbrochene
Windstille. Mangel des Brunnwassers, hie und da völlige Aus-
trocknung desselben. Seit 7. Jänner, an welchem Tage der höchste
monatliche Barometerstand mit 28° 11-3'" gezeichnet wurde, war
derselbe in stetem Sinken begriffen bis zum 17. incl. Zur Zeit
des Erdbebens war der Stand 28' 5-9", das Thermometer zeigte — 2°R.
Vollkommene Windstille. Nach dem Erdbeben vom 15. auf den 16.
schneite es stark, so dass am 16. Morgens schon eine 3 dicke Schnee-
schichte den Erdboden bedeckte. Am 16. erhob sich gleich Morgens
ein Südwest, welcher mit wechselnder Kraft anhielt und am 20. zum
Sturm sich steigerte. Vom 4. — 10. Jänner Thermometer Morgens unter
10° R., vom 11.— 23. zwischen 0 und — 10° R. (Med. Dr. Weszelovszky.)
4) Jaszenova bei Also-Kubin in der Arva. „In der Stunde des
Erdbebens gänzliche Windstille. Der Barometer fiel um 2 Linien. Am
folgenden Tage trat Schneegestöber ein." (Senior Zoch.)
4. a) Rosenberg in der Liptau. Die Luft war im Moment der
Erschütterung und auch nachher vollkommen ruhig. Temperatur der Luft
Mittags -f6° R. im Schatten. Barometerstand (immer um 8 Uhr Morgens)
am 14. Jänner 28" 9", am 15. Jänner 28° 8", am 16. Jänner 28° 6™,
am 17. Jänner 28° 5". Jn der Nacht vom 15. — 16. der erste und zu-
gleich sehr ausgiebige Schnee. (Med. Dr. Sefranka.)
5) Bries im Sohler Comitate. „Temperatur sehr niedrig, sowie im
ganzen vorhergegangenen Sommer auch im Winter. Dürre. Kein Schnee,
Der Himmel meistens wolkenlos." (Med. Dr. Zechentner.)
6) Neusohl. „Die Witterung war am Abend des 15. Jänner mil-
der nach mehrtägigem starken Frost und der Wind von N. nach S.
umgesprungen. (Gymnasialprofessor Z eng er.)
8) Altsohl. „Wegen allgemeiner Trockenheit enthielten unsere Bäche
Brunnen und Quellen nur wenig Wasser. Der Barometerstand am 15. Jän-
ner war 28° l"," (K. k. Bezirksarzt Dr. Joh. Szrnka.)
406 Ludw. Hein. Jeitteles.
9) Kremnitz. „Der Barometerstand blieb unverändert. u — (K. k.
Miinzwardein Waltschisko.) Nach Med. Dr. Steiner war sowohl vor, als
auch nach dem Erdbeben „vollkommene Windstille.*
'10) Aranyos-Maröth. Abnahme des Wasserreichthums der Quel-
len und Brunnen. Am 15. Jänner, wie an den vorhergegangenen Tagen
war allgemeine Windstille, an den darauf folgenden NW. Wind. „Die
Witterung trüb und zum Schneien sich vorbereitend, nachdem bis dahin
noch gar kein Schnee die Felder geschützt hatte." (K. k. Bezirksarzt
Dr. Ebner.)
11) Sehern nitz. (Windschacht.) „Ins Freie tretend, fand ich die
Luft ruhig, den Himmel umwölkt, daher die Nacht sehr dunkel." (Julius
de Ad da, k. k. Schmiedeschafter.)
12) Neutra. Nach der Mittheilung des Prof. Dr. Kornhub er
(Das Erdbeben vom 15. Janner 1858, besonders rücksichtlich seiner Ver-
breitung in Ungarn, p. 11.) war der Barometerstand am 15. Jänner um 2h
Mittags 33409 Par. Lin. und um 10h Abends 333™- 80.
13) Gran. Barometerstand (auf 0 reducirt) am 15. Jänner, 2h p. M,
33620. Par. Lin. um 10 Uhr Abends. 335-90. Himmel Nachmittags ganz
rein, Abends ganz bewölkt. Windrichtung Nachmittags und Abends W. *)
(K. k. Comitatsarzt Schwarzl.)
II. Oalizieu.
Neu-Sandec. „Ausser dem sehr niedrigen Barometerstande und hef-
tigem Winde war bei uns am 15. nichts wahrzunehmen. — In Skrzydlna
war das Erdbeben von einem heftigen Sturmwinde begleitet.*
(Peter Zdiarski, Lehrer an der Realschule.)
Badeort Krynica. „Nach Aufschreibung des Bademeisters war vom
14. auf den 15. Jänner ein grosser Sturm mit Schneegestöber bis
Mittags den 15. Nachmittags legte sich derselbe und es war kalt. Diese
Kälte hielt mehrere Tage an, dann wurde es wieder trübe." (K. k. Bade-
inspektor Murdzienski.)
Der officielle Bericht aus Galizien sagt: Der Himmel war zur Zeit
des Erdbebens umwölkt, das Wetter mehr weniger stürmisch, nur
im Wadowieer-Kreise soll es grösstentheils windstill gewesen sein. Beson-
ders heftig soll der Sturmwind in Skrzydlna gewesen sein.
III. Mähren.
Mistek. „Die Richtung des Windes während dem Erdbeben war
von SO., vorher aber von NW., den Tag darauf von W — , sehr stark,
ja stürmisch und dazwischen oftmaliger schwacher Regen. Das Thermo-
meter stand auf 0. Das Barometer eine Linie unter „Sturm und Regen.""
(Apothecker Adolf Schwab.)
Olm ütz. Gang des Barometers am 15. Jänner an der Sternwarte
des Herrn Prälaten Ritters von Unkhreehtsberg nach Herrn Astro-
nomen Schmidt. Die Stände sind aus einer Curve interpolirt, auf Null
reducirt, und gelten für die Seehöhe = 117 Toisen.
*) Ueber die Witterung am Abend des 15. in Ungarn überhaupt sagt Dr.
Kornhuber (1. citato, p. 10): „Der Himmel war mehrweniger bewölkt uud Wind-
stille. Noch in der Nacht vom 15. auf den 16. trat allenthalben ein starker Schnee-
fall ein.«
77
11
77
O77
ittags
12
77
O77
77
1
77
O77
77
2
77
O77
77
3
77
O77
77
4
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O77
77
5
77
0 „
7
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0
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6-83
8
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0
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8
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6-68 (Erdb.)
9
77
0
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6-23
Das Eid beben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten etc. 407
Mittlere Zeit von Ol mutz.
Morgens 10 Uhr 0 M. = 27" 7-71 "' Abends 6 Uhr 0 M. — 27" 6-88'"
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77 ™S
„ 7 02 Nachts 12
Es fand also in 14 Stunden ein ziemlich regelmässiges Sinken von
anderthalb Linien statt.
Kojetein und Pawlowitz in der Hanna, bei Olmiitz. Luft ganz
still, dann heftiger Wind. (Schmidt, Untersuchungen über das Erdbe-
ben am 15. Jänner 1858, pag. 57).
Lobnig (nördlich von Olmiitz, an der Strasse nach Freudenthal).
„Oftmaliges Toben des Windes"*) (Pfarrer Menzl.)
Praemonstratenser-Stift Neu r ei seh, südlich von Iglau. „Ein äusserst
niedriger Barometerstand wurde in den Tagen des Erdbebens herum hier
bemerkt." (Mittheilimg des hochw. Abtes Dr. Friedrich Franz.)
IT. Böhmen.
Nach Schmidt (I. c, pag. 59) vvüthete am Abend des 15. Jän-
ner südlich vom Riesengebirge ein starker Sturm.
V. Oesterrcichiscu-Schlesien.
Bielitz. Das Barometer, das bis zum 14. auf 28" 10'" gestiegen
war, sank am 15. auf 28'' 2'". Im Augenblick des Erdstosses soll es auf
27" 6'" gesunken sein. Am 16. Jänner stand es auf 27" 8'" (Offic.
Bericht.)
„Vor dem Erdbeben war der Himmel mit einem leichten Wolken-
schleier umzogen, man bemerkte nur einen leisen Windzug, der aber
alsdann nach und nach zu einer bedeutender Stärke sich erhob"
(Senior Schimko.)
Mosty (Bezirk Jablunkau.) „Der Wind 'blies von Süd nach Nord
vor und nach der Erschütterung." (Lehrer Kucharczik.)
Bukowetz (Bezirk Jablunkau.) „In der achten Abendstunde kamen
mehrere Windschichten sehr gewürbelt, jedoch so stark, dass zu befürch-
ten war, dass die Häuser einstürzen werden; dann aber in einer halben
Stunde darauf .... die Erschütterung. ... Die Windmärsche waren
in der Gegend von Jablunkau auch zu merken, die fast alle fünf Minu-
ten gewechselt haben." (Lehrer Schwander.)
T eschen. Das Barometer sank unmittelbar vor dem Erdbeben bedeu-
tend und fiel nach demselben noch fortan. Der Wind wehte aus SW7.,
stärker nach dem Beben. (Offlcieller Bericht.)
Kar w in. Der Erderschütterung ging ein sehr starker Lnftzug vor-
aus (Adjunct Schreck.)
Schwarzwasser. Der Wind wehte von SW. und „schlug im
Augenblick der Erschütterung in Sturm um, welcher jedoch wenige Minu-
ten nachher wieder aufhörte." (Officieller Bericht.)
*) Kömerstadt. Luft still, später grosser Sturm (Schmidt, pag. 88).
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Heft. D
40<S Liidw. Hein. Jeitteles.
Oderberg. Das Barometer war gegen eine Stunde früher um 0.8'"
gesunken; er betrug 3327'" Par. Mass. SW. Wind. (Ingenieur Kutilek.)
Fried ek. Es wehte ein starker SW. Wind. Officieller Bericht.)
Königsberg. Grosse Windstille. Gleich nach dem Erd-
beben fing ein heftiger S. Wind zu wehen an. (Offie. Bericht.)
Odrau. Nach der Erschütterung erhob sich ein starker Wind
(Officieller Bericht.)
Alt-Lubitz. „Die Windrichtung war von Süden, vorher wie nach-
her." (Lehrer Niesner.)
Wigstadl. An jenem Abend war grosser Sturm, der Wind kam
von NO. (Officieller Bericht.)
Wagstadt. Wind von SW., unbedeutend. Firmament heiter. (Officieller
Bericht.)
Troppau. Einige Minuten nach dem Erdbeben wurde der Baro-
meterstand in einem Hause auf dem Niederring, um 0'7'" tiefer gefunden,
als zwei Stunden vorher.
Stand um 6 Uhr 30 Min. . . 27" 1-6"
„ 8 „ 30 , 28" 09'"
Unmittelbar nach (vielleicht auch schon vor) der Erschütterung wehte
ein Scirvoco-artiger SW. Wind, der aber noch nach mehreren Stunden
fühlbar war.
Badun bei Troppau. „Während der Erschütterung war nur ein
schwacher Wind bemerkbar." (Verwalter Bannez.)
Stetten. „Vor und wahrend der Erschütterung vollkommene Wind-
stille." (Officieller Bericht.)
Kyowitz. „Stark wehender SW. Wind zur Zeit der Erschütterung."
(Graf Falkhain).
Stablowitz. südlich von Troppau. „Ein starker Windstoss, der gegen
2 Minuten anhielt." (Officieller Bericht).
Schlackau. „Vor dieser Erderschütterung stand mein Barome-
ter stets ungemein hoch und zeigte immer auf „sehr trocken;"
über jene Nacht fiel dasselbe bis auf „veränderlich" und steht
so bis heute noch am 21. Jänner So lange die Erdstösse dau-
erten, einige Minuten zuvor und einige Minuten darnach war eine gänz-
liche Windstille eingetreten, worauf ab e r dann der Sturmwind mit
solcher Wuth hervorbrach, dass ich für die Gebäude Schaden
besorgte." (Oekonomiebesitzer J. C. Hein.)
Lodnitz, westnordwestlich von Troppau, an der Strasse nach Jaegern-
dorf. J5Ein besorgnisserregender starker Wind." (Officieller Bericht.)
Leitersdorf. „Heftiger Wind, auch noch am 16." (Officieller Bericht.)
Eckersdorf. „Dass Brausen des Sturmwindes verminderte sehr den
allgemeinen Eindruck des Erdbebens zu Lande." (Cooperator Seh nee weiss.)
Glomnitz. „Der Wind sturmartig, scheinbar von W. nach 0. (Of-
ficieller Bericht.)"
Spachendorf. „Bei dieser Erschütterung wehte SW. Wind."
Im ganzen Troppauer Bezirk war nach dem officiel. Bericht des
Herrn k. k. Bezirkshauptmannes Scherzer „ein sehr namhaftes Fal-
len des Barometers bemerkbar.
Jägerndorf. Eine halbe Stunde nach der Erschütterung war
keine Veränderung im früheren Quecksilberstand des Baro-
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudelen etc. 409
meters zu entdecken. (Guido von Schwarzer, k. k. technischer Leh-
rer an der Realschule.)
Freudenthal. „Stürmischer Wind von WSW. woher auch der Erd-
stoss kam. Firmament bewölkt." (Offie. Bericht.)
Am 20. und 21. Jänner. Südwest -Stürme. (Mittheilung des Herrn
Forstmeisters Johann Pfeifer.
Der Wirth am Köhlerberg bei Freudenthal erzählte mir bei mei-
nem Besuch dieses vulkanischen Berges am 23. September 1858, dass am 16.
(15. ?) Jänner von 3 Uhr Nachmittags an ein kalter, heftiger Wind
von West bis zum andern Tag geweht habe. Derselbe verdrehte das
Kreuz der Wallfahrtskirche.
Raase. „Der Wind wehte am 15. und 16. Jännnr ziemlich heftig
von W. her." (Pfarrer Langer.) — „ßin Sturmwind erfolgte, welcher
die ganze folgende Nacht ausserordentlich tobte. (Arzt Mestenhaus er.)
„Der Wind kam vorher mit fürchterlichem Getöse in der Richtung von
W. her, nachher wurde es wieder ruhiger." (Lehrer Beege.)
Ben ni seh. „Firmament trübe und ziemlich starker Westwind.
Kl ein- Mohr au. „Bei uns hat am obigen Tag ein heftiger Sturm-
wind von Mittag bis Mitternacht getobt." (Lehrer Job. Mayer.)
Karlsbrunn. „Es walteten heftige Stürme in jenen Tagen, zumal
auch Freitag den 15. Jänner." (Verwalter Riedel.)
Ober- Thomasdorf. „Unser Kirchenwächter bemerkte Rlitze am
Himmel, die mit südlichen Windstössen begleitet waren." (Lehrer Metzner.)
Freiwaldau. „Heftiger Wind von NW. („Firmament sehr trübe. ")
(Offic. Bericht.)
Böhmischdorf bei Freiwaldau. „Es ist klarer, heiterer Himmel ge-
wesen." (Lehrer Schroth.)
Nitzenhau bei Freiwaldau. Vor dem Beben über Tage „ein Nord-
ostwind, bald stark, bald schwach, mitunter fiel auch etwas Schnee."
(Förster Rotter.)
Ober-Lindewiese bei Freiwaldau. „Gegen i/2 9 Uhr besonders
an den Fenstern gegen W. 3 oder 4 schnell auf einanderfolgende Wind-
stösse. Dies war mir um so auffallender, als bei uns der ganze Tag
heiter, still und ziemlich angenehm war, wobei ein kaum fühlbares
Wehen von S. stattfand, und nachher dieselbe Ruhe wieder eintrat. —
(Lehrer Scholz.)
Zuckmantel. »Von einer Erschütterung nichts wahrgenommen.
Doch erhob sich in dieser Nacht ein starker Sturm und der kurz vor-
her wahrgenommene hohe Barometerstand war die Nacht über
bedeutend gesunken." (Offic. ßer.) Auch Dr. Jur. Rochowanzki
schrieb mir von einem Sturm in jener Nacht.
Reihwiesen. „Der Wind stürmte vorher und nachher sehr fürch-
terlich mit Schneegestöber durcheinander, meist von W. her." (Lehrer
Franke.)
Wildschütz. (Rezirk Jauernig.) „Der Erdstoss war mit einem hef-
tigen Windstoss, der unmittelbar darauf folgte, fast wie vereint verbun-
den. u Aber schon früher war das Wetter sehr stürmisch, der Himmel um-
wölkt gewesen. (Pfarrer Kunert.)
B*
410 Ludw. Heia. Jeitteles.
VI. Preossisch-Schlesien.
Pless. Am 16. Jänner war das Barometer im Sinken begriffen; nas-
ses Schneetreiben. Die Erschütterung war von heftigem Windsge-
braus e begleitet. („Schießische Zeitung Nr. 29.")
Rybnik. Temperatur der Luft zur Zeit des Erdbebens -[-0-5° R.,
Barometerstand 333-1 Linien; am IG. früh um 9 Uhr 6 Min. -f 1-8° R.
und 3316"'. *) (Schles. Zeitg. Nr. 31.)
Gleiwitz. Thermometer 0°, Barometer 27° 2"", die Richtung des
Windes süd- westl ich, der Himmel trübe. u (Gyninasial-Oberlehrer Rott.)
Ein anderer Berichterstatter bei Sadebeck (das Erdbeben vom 15. Ja-
nuar 1858, p. 16.) sagt, dass es während der Erschütterung bei bedeck-
tem Himmel vollkommen windstill war.
Das Barometer seit gestern (15.) gefallen. (Nr. 29.) **)
Ratibor. Vor und nach dem Erdbeben völlige Windstille. Den
Eintritt der Schwankungen begleitete ein Geräusch, welches ein heftiger
Windstoss zu sein schien. (Schles. Ztg. Nr. 29.)
Land eck. „Seit 1 Uhr Mittags wehte am 15 Jänner ein scharfer
SW-Wind, der gegen Abend an Heftigkeit zunahm, und in einzelnen, schnell
aufeinander folgenden Stössen orkanartig wurde. Der Himmel war den gan-
zen Tag mit dichtem Gewölk bedeckt, und Abends 61/2 Uhr trat ein
heftiges Schneegestöber ein." (Badearzt Dr. Med. Langner.)
Wasserheilanstalt Centnerbrunn. ***) Denselben Abend war eine
überaus grosse Kälte." (Med. Dr. Roser.)
Schweidnitz. „Ich selbst babe in Schweidnitz am Abend des
15. Jänners einen ungemein heftigen Sturm wahrgenommen . . .
Der Sturm kam, so viel ich mich erinnern kann, aus SWT. (?) . . .
Den Barometerstand beobachtete ich Früh und Mittag den 12. Jänner und
fand denselben fast niedriger denn je, indem er 26 Zoll und 1 */4 Linie
zeigte . . . ." (Königl. Sanitätsrath Dr. Rosemann.)
Hirschberg. „Am 15. Jänner hatten wir einen gewaltigen Sturm . . .
dieser hielt bis kurz vor dem Erdbeben an; es trat eine unheimliche
Stille ein und so blieb das die ganze Nacht hindurch. Am andern Tage
war es wieder sehr windig." (Med. Dr. Führböter.)
Warmbrunn. „In der Zeit vom 14 — 16 Jänner hatten wir in unse-
rer Gegend heftigen Sturm mit Schneegestöber aus W. und NW., auch
in der Nacht vom 15. auf den 16., wo der Sturm eine orkanähliche Hef-
tigkeit annahm. Das Barometer stand sehr tief, bei uns in einer Meeres-
höhe von 1080' etwa 28" »/,'". " (Badearzt Dr. Luchs.)
Falkenberg. Das Barometer stand den Abend 27" 10'" -5 bei
Westwind. Himmel trübe. Schnee und Wind. . . Das Barometer war seit
dein 4. (wo es den ungewöhnlichen hohen Stand vom 28" 6'" -5 erreichte,
der seit 5 Jahren hier nur einmal beobachtet worden) in beständigem
langsamen Fallen bis zum 14., wo es 28" l'"-00 stand; vom 15. Mor-
*) Der Wind wehte am IS. Abends sehr langsam von NW. her, der Himmel
war vollständig umwölkt.
**) Correspondenz der Schles. Zeitg. vom 16. Jänner.
***) Im Eulengehirge (Grafschaft Glatz).
Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten etc. 411
gens fiel es bis zum Abend sehr stark (bis 27'' 10'" *5) und diess schnelle
Fallen blieb bis zum 16. Abends (27" 6"' -75) (Prof. Dr. M. Sadebeek;
das Erdbeben vom 15. Janner 1858, mit besonderer Berücksichtigung- sei-
ner Ausbreitung in Preussisch-Schlesien, pag. 15.)
Giersdorf bei Ziegenhals. „Weder an dem Stande des Baro-
meters noch in dem Witterungszustande ward bei dem Ereignisse eine
Abnormität wahrgenommen. u (Sadebeek, pag. 15.)
Leipitz bei Nimptsch. „Der Himmel war stark bedeckt und der
Wind, massig stark, kam aus W." (Sadebeek, pag. 18.)
Oppeln. Barometerstand sehr niedrig. Windrichtung SW\, die Atmos-
phäre ruhig. (Sadebeek, pag. 20.)
Räuden. Arges Regenwetter und Schneegestöber, begleitet von einem
heftigen Winde aus SSO. (Sadebeek, pag. 2'i.)
Vergleicht man alle diese Beobachtungen, so ergibt sich folgendes:
1. In Ungarn herrschte zur Zeit des Erdstosses vollkommene Wind-
stille. #) Die Luft-Temperatur war milde. Nach dem Hauptstoss stellte sich
allenthalben starker Schneefall ein.
2. In Schlesien war das Wetter ebenfalls milde und an vielen Orten
schneite es. Fast überall war unmittelbar vor, während oder am häufigsten
nach dem Erdheben ein West- oder Südwestwind wahrnehmbar, der aber in
vielen Gegenden der Sudeten und der west-galizischen Karpathen schon
früher verspürt wurde und sich an den folgenden Tagen noch verstärkte.
3. Fast an allen Orten des Erschütterungsgebietes bemerkte man
ein bedeutendes Fallen des Barometers, der ohnediess schon seit mehreren
Tagen im Sinken begriffen gewesen. Das Fallen dauerte am folgenden
Tage fort.
Dass sowohl das Fallen des Barometers als das Auftreten des Win-
des oder Sturmes nicht Folge des Erdbebens sei, wie man auf den ersten
Blick vielleicht anzunehmen geneigt wäre , ergibt sich aus einer Verglei-
chung dieser Witterungsverhältnisse mit den meteorol. Beobachtungen im
ganzen österr. Kaiserstaat und aus der Betrachtung des Ganges der Wit-
terung während des ganzen Monats.
Was den Barometerstand und die Windrichtung am 15. und dem
vorausgegangenen wie nachfolgenden Tage betrifft, so stelle ich hier die-
selben von mehreren Orten in und ausser dem Erschütterungsgebiet
zusammen; man wird daraus ersehen, dass das Sinken des Quecksilbers
im Barometer überall ein ziemlich gleichmässiges war, und dass in Wien,
Oderberg und Krakau die Windrichtung ebenfalls nahezu übereinstimmte.
*) Nur Gran hatte Westwind und Neusohl Süd. (Tags darauf war an vielen
Orten ein Westwind, hie und da als Nord-, häufiger als Süd-West, fühlbar, in Neu-
sohl SO.)
412
Ludw. Hein. Jeitteles.
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Das Erdbeben am 15. Jänner 1858 in den Karpathen und Sudeten etc. 4| 3
Noch deutlicher erhellt diess aus den von Herrn Burkhard t, Assistenten an der
Wiener-Centralanstalt, entworfenen meteorol. Corven, welche zugleich dieselbe
Erscheinung zu derselben Zeit an von einander sehr entfernten Orten bes-
ser als alle Zahlen nachweisen.*)
Rücksichtlich der Winde in den Tagen des Erdbebens werden fol-
gende Auszüge aus der Witterungs- Uebersicht für den Jänner 1858 zur
weiteren Orientirung dienen.
15. Jänner. Prag. Sturm aus Westen. Od erb erg. SW. Wind. Kra-
kau. SW. Wind.
16. Jänner. Admont, Sturm aus West, und Nordwest.
Bludenz in Vorarlberg. Starker NW. Wind.
Wiener-Neustadt. Um 9 Uhr Sturm aus W.
Wien. Wind aus W. und NW.
Oderberg. SW-Wind, Abends NO.
Krakau. SW-Wind, Abends Sturm aus N.
Kesmark. Um 2 U. Mit. W-Wind., Ab. stürmisch aus NW.
17. Jänner. Bludenz. Starker NW- Wind.
Admont. Wind aus W. und NW. bis 12 h 30' Mittags.
Klagenfurt. Heftiger SW. und W-Wind in der Nacht.
St. Paul in Kärnten. Nachts heftiger Sturm aus NW.
Salzburg. Schneestürme.
18. Jänner. Lemberg. Stürmisch aus W.
19. Jänner. Admont. Sturm aus NW.
Linz. Stürmisch aus W.
Wien. Vom 19. auf den 20. Sturm aus W.
Oe den bürg. Nachmittags grosser Sturm.
Pressburg Starker Wind.
Prag. Sturm aus W.
Czaslau. Stürmisch aus W.
Nikolsburg. Stürmisch aus W.
Lemberg. Stürmisch aus W.
20. Jänner. Linz. Stürmisch aus W.
Prag. Heftiger Sturm aus W.
Czaslau. Stürmisch aus W.
Nikolsburg. Stürmisch aus W.
Komorn. Sturm vom 20. auf den 21.
Rzeszow. Sturm aus SW.
21. Jänner. Bludenz. Starker N-Wind.
Admont. Sturm aus NW.
Gastein. Nachts Schneesturm.
Linz. Stürmisch aus W.
Nikolsburg. Stürmisch aus W.
Czaslau. Stürmisch aus W.
Senftenberg in Böhmen. Sturm aus W.
Krakau. Stürmisch aus W.
Das Erdbeben flel also in den Anfang einer Sturmperiode, wenn
auch der Hauptstoss in Ungarn selbst bei Windstille eintrat. Diese Stürme
*) Sitzungsberichte der kaiserlichen Academie der Wissenschaften, mathematisch-
naturwissenschaftliche Classe, 33. Band, 2o. lieft l'8S8. Tabelle: Gang der Wärme und
des Luftdruckes im Jänner 1858.
414 flr- Kal'l Scherzer.
standen unzweifelhaft mit dorn Sinken des Barometers in Zusammenhang.
Als Resultate aller dieser Betrachtungen stellen sich nun heraus:
1. Das Erdbeben trat nach einem sehr heissen und trockenen Som-
mer und Herbst ein.
2. Es tiel in den Anfang einer Periode westlicher Stürme.
3. Es fand in einer Periode des Ueberganges aus einem sehr hohen
zu einem ziemlich niedrigen Barometerstand statt.
Dass die in den zwei letzten Punkten ausgedrückten meteorologischen
Processe häufig in einem (letzten) Causa] - Zusammenhang mit Erdheben
stehen, hat Volger und in Beziehung auf den Barometerstand auch schon
Peter Merian nachgewiesen. Was den ersten Punkt betrifft, so pflegen
in trockenen und heissen Jahren Erdbeben eben so häutig zu sein, wie in
sehr kalten und nassen. Das Vis per Erdbeben fand in einem solchen
Nassjahr statt, ebenso war das bei den grossen Erdbeben in Spanien und
in Siebenbürgen und der Walachei im Jahre 1829 der Fall. Ein Bei-
spiel eines heissen Erdbeben-Jahres gibt uns unter andern der trockene
Sommer 1846, in welchem Toskana, die Bheingegenden etc. von heftigen
Erdbeben heimgesucht wurden.
Das zweite Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte „Novarä."
Bericht an Herrn k. k. Hofrath W. Hai ding er.
Von Dr. Karl Scherzer.
Valparaiso den 29. April 1859.*)
„Gleichwie zu Ende des ersten, so erlaube ich mir auch jetzt am
Schlüsse des zweiten Jahres der Weltfahrt der „Novara" Rechenschaft
abzulegen, auf welche Weise ich die Vortheile meiner Lage benützt
habe, um mich der für mich so ehrenvollen Theilnahme an diesem gross-
artigen vaterländischen Unternehmen nicht ganz unwürdig zu zeigen.
Der Beginn des zweiten Novara-Jahres traf die kaiserliehe Expedition
unter Segel, auf der Fahrt von Singapore nach Batavia, wo dieselbe am
5. Mai 18o8 anlangte. Im Laufe der letzten 12 Monate wurden die
folgenden Puncte berührt: Batavia, Manila, Honkong, Shanghae, Poujnipet
(im Carolinen-Archipel), Sikayana (Stewarts-Gruppe), Sydney (Australien),
Auckland (Neuseeland), Papeete (Tahiti), Valparaiso.
Die lang genährte Hoffnung des hochverehrten Chefs der Expedition,
die Insel Guaham (im Mariannen-Archipel) und einige Inseln der Salo-
monsgruppe besuchen zu können, scheiterte leider an der Ungunst der
Witterungsverhaltnis.se, so wie an der Kürze der Zeit, welche uns nur
mehr auf Grund der officiellen Instructionen für die noch zu berührenden
*) Dieser Bericht wurde vom Hin. k. k. Hofrath W. Haidinger in der Sitzung
der k. k. mathematisch -naturwissenschaftliehen Classe der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften vom 7. Juli 1859 vorgelegt und ist in deren Sitzungsberichten 37. Bd.
Nr. 17. 1839 Seite 5 veröffentlicht; derselbe wurde von dort hierher entnommen, um
eine zusammenhängende Uebersicht der ganzen Reise der k. k. Fregatte „Novara" in
diesen Schriften zu besitzen, nachdem der dritte und letzte Bericht des Hrn. Dr. Karl
Scherzer gleich dum ersten (II. Jahrgang 1858. S. 305) der k. k. geographischen
Gesellschaft vom Hrn. Hofrath \V. Haidinger gütigst vorgelegt wurde. D. Redaction.
Das zweite Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novaia. 4lo
Hafenplätze in Australien, Oceanien und Süd-Amerika übrig blieb. Am
längsten verweilten wir in Batavia (24 Tage) und in Sydney (32 Tage).
Im Ganzen brachten wir im verflossenen Jahre 203 Tage unter Segel
und 162 Tage am Lande zu.
Die glänzende Aufnahme, die uns in den meisten der besuchten
Orte von allen Ständen der Gesellschaft zu Theil wurde, die erhebenden
Sympathien, welche die Zwecke der kaiserlichen Expedition allenthalben,
namentlich unter den Männern der Wissenschaft erweckten, hatten auf
meine Arbeiten und Sammlungen den glücklichsten Eintluss. Unter dem
Schutze einer europäischen Grossmacht, im Interesse wissenschaftlicher
Forschungen die Erde umschiffend, bedurfte es nicht erst, wie beim ein-
samen Reisenden, eines längeren Aufenthaltes an einem Orte, oder der
Gunst des Zufalls, um mit den einflussreichsten und hervorragendsten
Persönlichkeiten bekannt und vertraut zu werden; fast überall beeilte man
sich, unsere Absichten kennen zu lernen, unseren Wünschen zuvor zu
kommen. Wenige Wochen reichten oft hin, uns in den Besitz eines
schätzeuswerthen Materiales zu setzen, einen vorteilhaften Verkehr zwi-
schen den wissenschaftlichen Instituten in den entferntesten Theilen der
Erde und jenen der Heimath anzubahnen und mit gleiehgesinnten For-
schern Verbindungen zu knüpfen, welche für die Wissenschaft eben so
vorteilhaft, als sie dem Herzen wohlthuend sind. Die Kürze des Aufent-
haltes in den einzelnen Hafenplätzen, wodurch sich eine Erdumsegelung
so entschieden im Nachtheil befindet, gegen andere wissenschaftliche, nach
einem einzigen Breunpuncte der Untersuchung gerichtete Expe-
ditionen, wurde durch die erwähnte Gunst der Umstände minder fühlbar
gemacht, und hinderte nicht die Erreichung so manches nachgestrebten
Zweckes.
Der warmen Theilnahme und Unterstützung von Gelehrten und
Freunden der Wissenschaft in den meisten von uns besuchten Nieder-
lassungen, muss ich es hauptsächlich Dank wissen, wenn es mir auch
in dem eben verflossenen zweiten Novara-Jahre gelungen, auf dem Ge-
biete der Länder- und Völkerkunde einige neue Erfahrungen zu sammeln
und die vaterländischen Museen mit manchen werthvollen ethnographischen
und anthropologischen Gegenständen zu bereichern. Aber nicht minder
verpflichtet fühle ich mich gegen den wissenschaftsfördernden Chef der
kaiserlichen Expedition, Commodore von Wü Ilerstorf-Urbair für die
wohlwollende Weise, in welcher derselbe durch die Macht und den Ein-
tluss seiner Stellung meine Strebungen so kräftig fördern half.
Die folgenden Blätter enthalten eine Aufzählung der sämmtlichen,
im Laufe des zweiten Novara-Jahres über die besuchten Ländertheile und
deren Bewohner von mir verfassten Aufsätze, so wie eine Liste aller
gleichzeitig erworbenen Gegenstände und endlich ein Verzeichniss derje-
nigen Gelehrten und Freunde der Wissenschaft, welche sich mir im Interesse
der Novara-Expedition besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
I. Batavia (Aufenthalt vom 6. bis 29. Mai 1858).
A. Aufsätze.
i. Beiträge zur Kenntniss der Sprachen und Völkerstämme Java's. — 2. Die
handelspolitischen Verhältnisse Batavia's. — 3. Heilwissensehaftliehe Notizen, gesammelt
während meiner Reise um die Erde. V. Batavia.
416 Dr. Karl Scherzer.
B. Für die Zwecke der Expedition erworbene Gegenstände:
1. Vocabularium der malayischen Sprache (nach Gallatin's System). — 2. Vo-
cabularium der suiidaiselieii Sprache. — 3. Vocabularium der javanesischen Volks-
sprache higoko). — 4. Vocabularium der javanesischen Hof- oder ceremoniellen Sprache
[Kromo). — 5. Vocabularium der javanesischen Sprache mit chinesischen, lateinischen
und apanesischen Buchstaben. — 6. Sprachproben der Bugis, Macassaren und Bat-
taker. — 7. Javanesische Gedichte in der Kawisprache, auf Palmblatter geschrieben.
Gefunden am Berge Merbäbu. 9600 Fuss über dem Meere in der Provinz Kadü im
Centrum Java's. — 8. Lithographien verschiedener japanesischer Gegenstände, vor meh-
reren Jahren von der Gesellschaft der Künste und Wissenschaften in Batavia zur
Veröffentlichung beabsichtigt, aber nicht herausgegeben. — 9. Botanik im Japanesischen
mit Holzschnitten. — 10. Tjidschrift der Vereeniging tot Bevordering der geneeskun-
dige Wetenschappen in Nederlandsch Indie 1851 — 1857, 1. — 5. Jahrgang. — 11. Om-
schrijving van het Sumnier-Zieken-Bapport der Civiel Geneeskundige Dienst of Java,
Madura en de Buittenbezittingen voer het Jaar 1856, opgemaakt door G. Wassink
etc. — 12. De Oorlog op Java van 1825 — 30 door A. W. P. Weitzel, Breda, 1858.
2 vol. — • 13. Complete Sammlung sämmtlicher von Dr. P. Bitter von Bleeker von
1844 — 1858 veröffentlichten wissenschaftlichen Abhandlungen und Werke. 9 Bände. —
14. Herinneringen uft den Levensloop van en indisch Ambtenaar van 1815 tot 1851.
Medgedeeld in Brieven door E. Francis. Batavia 1856. 2. vol. — 15. Boegineesch
Heldendicht op Daeng Kalabo. warin onder andere de dood van den Ambtenaar Baron
Collot d'Escury en de Zegepraal der Hollandsche Wapenen bezongen worden. Vor
het eerste uitgegeven en verhaald door D. B. F. Math es. Makassar 1858 (das erste
in Makassar auf Celebes auf der Buchdruckerpresse gedruckte Buch). — 16. Statistisch-
politische Bemerkungen über Java, von einem Begierungs-Beamten. — 17. Handelspo-
litische Notizen und statistische Angaben über den Handelsverkehr der Inseln Java
und Madura, im Jahre 1856. — Statistick van den Handel en de Scheepvaart op
Java en Madura, sedert 1825. Uit ofticieele bronen bijenverzameld door G. F. de
Bruijn-Kops. Batavia 1857. 2 vol. — 19. Bericht des General- Gouverneurs von
Holländisch-Indien an die zweite Kammer im Haag über den Zustand der Colonien,
1855. — 20. Publicationen der Gesellschaft öffentlicher Nützlichkeit in Batavia, 1857.
— 21. Verschiedene Schriften naturwissenschaftlichen und national-ökonomischen In-
haltes von J. Münich. — 22. Glasperlengürtel der Bewohner der Engano-Inseln,
westlich von Sumatra (5° südlicher Breite, 120° östlicher Länge). — 23. Lendengürtel
aus Pflanzenfasern, von eben daselbst. — 24. Tjimat oder Talisman von Hadji- Wachia.
einem der Anführer des Aufstandes in den Lampongs, an der Südspitze von Sumatra,
im Jahre 1856. — 25. Erzählungen von Hadj i- Wach ia, im Arabischen, 12°, in den
Lampongs erobert. — 26. Gesticktes Taschentuch aus den Lampongs, 1856. — 27.
Nothpatronen aus Stein aus den Lampongs. — 28. Pulverhörner aus den Lampongs.
— 29. Ani-Ani, eine Art Sichel zum Heismähen, von Java. — 30 Tschang-teng. Werk-
zeug zum Bemalen der Sarongs (einheimischen Böcke und Tücher). — 31. Sarongs
(bemalte und unbemalte Stücke). — 32. Tschang-long, Pfeifen für Üpium-Baucher.
— 33. Zwei Hüte der Eingebornen Sumatra's. — 34. Modelle von Ackerbaugeräthen
aus Sumatra (Pflug, Wasserrad, Egge, Häckselmaschine). — 35. Kris eines Häuptlings
aus Borneo. — 36. Kris in vergoldeter Metallscheide aus Sumana'p auf der Insel Ma-
dura, vom alten Sultan Pakou-Nata-Ningrat. Die Klinge ist vom Sultan selbst
verfertigt. — 37. Kris aus den Lampongs auf Sumatra. Familien-Waffe des Fürsten
M angk o u -Negära, eines der Häupter des Aufstandes vom Jahre 1856. — 38. Kris
eines Häuptlings aus Borneo. — 39. Brief in der Sprache der Battaker auf Bambus-
Bohr geschrieben. — 40. Sammlung von 29 Stück seltener Münzen aus dem indischen
Archipel. — 41. Fünf Toillettestücke aus Holz geschnitzt und reich verziert, welche
die javanesen einer Neuvermählten zum Geschenk zu machen pflegen. — 42. Figur
aus Elfenbein geschnitzt, von der Insel Madura. — 43 Körbe von verschiedenen For-
men aus der Preanger Begentschaft und von der Insel Madura. — 44. Schaufel
(Gayöng) aus Palembang. — 45. Kopfputz aus Menschenzähnen, von den Dayakern
auf Borneo getragen. — 46. Halsgeschmeide von Wolfszähnen, aus dem District
Sambos auf Borneo. — 47. Kopfputz aus Vogel-Federn und Botanggürtel eines Daya-
kers. — 48. Tableau sämmtlicher Waffen. Utensilien und landwirtschaftlicher Geräthe
der Sundaneser auf Java. — 49. Panavar-Djambe, blutstillendes Heilmittel aus Borneo.
— 50. Sieben Modelle von Häusern, Arbeitszeugen, Musik-Instrumenten und Geräth-
schaften der Javanesen. — 51. Tableau der Waffen der Sundanesen und Javanesen.
— 52. Geräth zum Garnaufwinden, von Borneo. — 53. Lendengürtel aus Baumrinde
der Poggi-Insulaner, westlich von Sumatra. — 54. Tätowir-Instrumente der Poggi-In-
Das zweite Jahr der Erdumsegelung S. 51. Fregatte Nnvara. 417
sulaner. — 55. Tabakspfeife der Poggi-Insulaner — 56. Blätter aus Baumrinde mit
Cbiffern (muthmasslieh Spielkarten) aus Toinari (Celebes). -- 57. Bast, aus dem die
Eingebornen von Tomari (Celebes) ihre Kleidungsstücke verfertigen. — 58. Schädel
eines Chinesen, welcher während des Aufstandes der Chinesen auf Borneo im Jahre
1819 getödtet wurde. -- 59. Üayakerschädel aus Borneo nebst geflochtenem Korb,
worin die Eingebornen Borneo's den Feinden abgehauene Schädel zu verwahren pflegen.
— 60. Dayakerschädel als Trophäe aus Kampong Limbang auf Borneo. — 61. Vier-
undfünfzig Crania der verschiedenen Racen des malayischen Archipels, so wie von
Chinesen, südamerikanischen Indianern und Aethiopiern.*) — 62. Menschenschädel, im
Magen eines Haifisches in der Rhede von Batavia gefunden (muthmasslieh der kauka-
sischen Race angehörend). — 63. Zwei Orang-l'tang-Sehädel aus Borneo. — 64.
Sammlung der wichtigsten Naturproducte Javas.**)
C. Personen, welche sich dem Gefertigten in Batavia in der Verfolgung seiner wissen-
schaftlichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
Dr. P. Ritter von Bleeker, Präsident der Gesellschaft für Künste und Wissen-
schaften in Niederländisch-Indicn u. s. w. -- Dr. G. Wassink, Chef des Medicinal-
Wesens in Niederländisch-Indien u. s. w. — E. Netscher, Directionsmitglied der
Gesellschaft für Künste und Wissenschaften u. s. w. -- Oberst W. C. von Schier-
brand, Chef des Genie-Corps u. s. w. — Dr. F. Junghuhn, Inspector der China-
pflanzungen auf Java. — J. Münich, Directionsmitglied und Bibliothekar der Gesell-
schaft der Künste und Wissenschaften. — A. Fräser, königl. grossbritannischer Consul.
— Dr. J. K. van der Broek. — W. J. E. Teyssmann, Director des botanischen
Gartens in Buitenzorg.
II. Manila (Aufenthalt vom 15. bis 24. Juni).
Ä. Aufsätze.
1. Ueber die Eingebornen der Philippinen und ihre Idiome. — 2. Vocabularium
der Tagalischen Sprache, wie dieselbe dermalen auf Luzon und den anderen Inseln
des Philippinen-Archipels gesprochen wird. (Nach Gallatin's System.) — 3. Han-
delspolitische Notizen über Manila. — 4. Ueber den Manilahanf (Abdca)****) und dessen
Wichtigkeit für maritime Zwecke.
B. Erworbene Gegenstände.
1. Diccionario geografico e stadistico-historico de las islas filipinas por G. M.
Buceta y f. Felipe Bravo. Madrid 1850. 2 vol. — 2. Vocaculario de la lengua
Ygorrota segun se ha podido sacar de las, que continuamente bajan en este pueblo
de Cavayan, anno de 1817 (Manuscript). — 3. Vocabulario de los Ylongotes de Ja
Provincia* de Nueva Exija en el Norte de Luzon 1858 (Manuscript). — 4. Diccionario
Ybanäg-Espanol. Manila 1854. — 5. Vocabulario de la lengua Tagala. Manila 1835.
— 6. Vocabulario de la lengua Ylogana. Manila 1849. — 7. Diccionario Bisaya-Es-
panol. Manila 1851. — 8. Arte nuevo de la lengua Ybanäg. Manila 1854. — 9. Arte
de la lengua Bicol. Sampaloc 1795. — 10. Arte de la lengua Tagala y Manual Ta-
galog. Manila 1850. — 11. Arte de la lengua Bisaya-Hiliguayna de la isla de Panay.
Manila 1818. — 12. Arte de la lengua Pampanya." Manila 1729. — 13. C'ompendio
y Methodo de la suma de las reglas del arte del idioma Ylocano, Sampalac 1792, —
14. Diccionario Espaiiol y Mariano, con una breva esplicacion del Modo como se
deben pronunciar las palabras etc. (Manuscript). — 15. Las islas Marianas en el Ar-
chipelago de San Lazaro etc. (Manuscr.) — 16. Guia de forasteros en las filippinas,
paro el ano 1858. Manila. — 17. Balanza mercantil de la venia de Aduanas. 1854
bis 1855. Manila.
*) Diese sowie die spater aufgezählten Crania wurden in Gemeinschaft mit Herrn Dr. E,
Schwarz erworben.
**) Die meisten dieser für die Zwecke der kaiserlicheu Expedition erworbene Bücher und
ethnographischen Gegenstände wurden, insol'erne sie vorläufig der Gefertigte nicht weiter zu seinen
Studien und Arbeiten bedurfte, in fünf Kisten wohl verpackt am 28. Mai 1838 Herrn Consul A.
Fräser (Firma Maclaine Watson et. Comp.) in Batavia zur Weiterbeförderung an die kaiserl.
Academie der Wissenschaften in Wien übergeben.
***) Musa textilis der Botaniker.
418 Ür. Karl Schmer.
o. Personen, welche sich dem Gefertigten in Manila in der Verfolgung seiner wissen-
schaftlichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
M. Giraudier, Redacteiir des Boletin ofieial. - II. W.. Wood, Geolog. — -
.1. S. Steffan, Bremer Consul. — P. Fray Joaquin Konseca, Dominicaner. —
Üoctor Fu Nerton.
111. Hongkong (Aufenthalt vom ö. bis 17. Juli)
A. Aufsätze.
1. Ein Beitrug' zur Ethnographie China's. — 2. Vocabularium des Hakka-Dialektes,
wie derselbe in der Provinz Kong-si und in verschiedenen Kreisen der Provinz Kong-
tung gesprochen wird. — 3. Heil wissenschaftliehe Notizen, gesammelt während einer
Reise um die Erde. VI. Hongkong. — 4. Ueber verschiedene chinesische Nutz- und
Nahrungs-Ptlanzen, mit Rücksicht auf deren Verpflanzung nach Oesterreich.
B. Erworbene Gegenstände.
1. Chinese and English Dictionary, containing all the words in the Chinese
Imperial Dictionarj. Arranged according to the radicals by W. H. Medhurst, Missio-
nary. Parapattan 1842. — 2. Vocabulary of the Canton Dialect,. by R. Morrison,
D. D. Part I. English and Chinese. Macao. China 1828. - - 3. A Grammar of the
Chinese Colloquial Language, commonly called the Mandarin Dialect. Shanghae 1857.
— 4. The beginners first book, or Vocabulary of the Canton Dialect. By the Rd.
J. T. Devan. Revised, corrected, enlarged and toned by the Rd. W. Lobscheid.
Hongkong 1858. — 5. Systenia Phoneticum scripturae sinicae. Auetore J. M. Gallery,
missionario apostolico in Sinis. Macao 1841. 2. vol. — 6. Dictionary of the Favorlang
dialect of the formosan language by Gilbertus Happart, written in 1650. Brinted ai
Parapattan 1840. — 7. Translation of a eomparative vocabulary of the Chinese, Corean
and Japanese languages, to which is added the thousand character classic in Chinese
and Corean. etc. by Phi lo-Sineusis *). -- 8. San-Kokf Tsou-Ran-To-Sets, ou Apercu
general des 3 Royaumes. Traduit de 1'orginal Japonais-chinois par W. J. Klaproth.
Paris 1832. — 9. The Chinese and their Rebellion, viewed in connection with their
national philosophy, ethics, legislation and administration. With an Essai on civilisation
by Thom. Taylor Meadows, Chinese Interpreter in H. M. Civil Service. London 1856.
— 10. China, its state and prospect, with especial reference to the spread of the
gospel, containing allusions to the antiquity, extent, population, civilisation, litterature
and religion of the Chinese. By W. H. Medhurst. London 1838. — 11. Chinese
Miscellany, designed to illustrate the Government Philosophy, Religion, arts manufac-
tures, trade, manners, customs, history and statistics of China. Shanghai 1849. — 12.
Books of the Thae-Ping-Wang dynasty and trip of the Heimes to Nanking, also visit
of Dr. Cb. Taylor to Chin-Koang. Shanghae 1853. — 13. The Chinese. A General
description of the Empire of China and its inhabitants, by John Francis Esq. F. R. S.
Lond. 1836. 2 vols. — 14. La China, par J. F. Davis, ancien President de la com-
pagnie des Indes en China, traduit de Tanglais par A. Pichard; revu et augmente
d'un appendice par Bazin aine, de la Societe asiatique ä Paris. Paris 1837. 2 vol.
— 15. A Journey Through the Chinese Empire. By W. Huc. 2 vols. N. York 1855.
— 16. Bladen over Japan, verzameld door J. H. Levyssohn, etc. s' Gravenhage
1852. — 17. Treaty of Whangia, the act of August 11*. 1848. and decres and noti-
tications issued for the guidance of consular courts of the U. S. of America in China.
Canton 1856. — 18. Desultory notes on the Government and People of China and on
te Chinese language, by T. T. Meadows. London 1847. — 19. An aecount of the
eultivation and manufacture of tea in China, by Sam. Ball, late Inspector of teas to
the H. United East India Company 1848. — 20. The Canton Chinese, or the Ameri-
can sojurn in the Celestial Empire by 0. Teffany. Boston 1849. — 21. India, China
and Japan, by Bayard Taylor. N. York 1855. — 22. Geographisches Werk in chine-
sischer Sprache. — 23. Anatomisches Werk in chinesischer Sprache. — 24. Esops
fables, written in Chinese by the learned Mun-Mooy-Seen-Shang, and compiled
in their present form with a free and literal translation by bis pupil Sloth. Canton
1840. — 25. Numismatisches Werk in chinesischer Sprache. — 26. Chinese Bepository.
Canton 1838. — 27. Asiatic Journal and Monthly Miscellany. 1844. — 28. Canton
*) Unter diesem Pseiidonaineu schrieb bekanntlich der Missionär Gütztaff.
Das zweite Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novara, 419
Miscellany. 1831. — 29. A deseription of islands in the western Pacific Ocean, North
and South of the Equator together with their productions, manners and costums of
the natives, etc. 'London 1852. — 30. Ein Widder von Bronze, aus einer Pagode in
Canton. — 31. Tabaksdose aus Jade-Stein, während der jüngsten Belagerung von
Canton im December 1857 von einem englischen Soldaten erobert. — 32. Lotosblume
aus Holz geschnitzt, aus Canton. — 33. Silbermünzen aus Cochinchina. — 34. Sechs
Crania von Eingebornen aus verschiedenen Provinzen China's.*)
C. Personen, welche sich dem Gefertigten in Hongkong in der Verfolgung seiner wis-
senschaftlichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
B. W. Lob scheid, Missionär und Schul-Inspector. — Ph. Winnes, Missionär
der Baseler Missions-Gesellschaft. — A. G. Wiener, k. k. österr. Consul. — Gustav
0 verbeck, k. preuss. Vice-Consul,
IV. Shanghae (Aufenthalt vom 27. Juli bis 14. August.)
A. Aufsätze.
1. Ueber den Handel mit China. — 2. Heilwissenschaftliehe Notizen, gesammelt
während einer Heise um die Erde. VII. Shanghae. - - 3. Vocabulariurn des Shanghae-
Dialectes. — 4. The first Austrian Expedition of Circumnavigation and its scientific
aspeets — Vortrag, gehalten in einer ausserordentlichen Versammlung der literarisch-
wissenschaftlichen Gesellschaft von Shanghae, auf Aufforderung des Präsideuten und
mehrerer Mitglieder derselben.
B. Erworbene Gegenstände,
I. Tonic Dictionary of the Chinese language by S Wells Williams. Canton
1856. — 2. Discoveries in Chinese, or the Symbolism of the primitive characters of
the Chinese System of writing, etc. by Stephens Pearl Andrews. N. York 1854. —
3. Ancient China, the Shoo-King or the historical classic, being the most ancient
authentic record of the annals of the Chinese Empire. Translaleu by W, H. Med-
hurst. Shanghai 1846. - 4. Chinese Miscellany. By Dr. W. H. Medhurst. Shanghai
1849, Nr. 1 — 4. — 5. Journal of the Shanghae Literary and scientific society. June
1858. — 6. A residence amöng the Chinese, inland, on the coast and at sea. By H.
Fortune. London 1857. — 7. Physiology and Anatoiny, translated into Chinese, by
Dr. B. Hob so n. Canton 1856. — 8. Shanghae Almanack and Miscellany for 1854
bis 1858. — 9. New tea table; schowing the cost of tea with all charges; as bought
by the pieul, compiled by P. Loureiro. Shanghai 1857. — 10. Statistische Tabelle
über den Thee- und Seidenhandel China's, in den Jahren 1854 — 1858. — 11. Imperial
Edict confering honour on General Changkwn-liang and his ancestors. — 12. Ein
Plakat der Bebellen (Thae-Ping-Wang). — 13. Eine Nummer der Peking-Staats-Zeitung.
— 14. Das neue Testament in chinesischer Sprache, übersetzt von Dr. E. W. Syle.
— 15. Das neue Testament in chinesischer Sprache, übersetzt von Bd. E. C. Bridg-
man. — 16. Eleventh Annual Beport on the Hospital at Shanghae 1857. — 17. Frü-
here chinesische Banknoten. — 18. Zwei Crania von Eingebornen aus Canton. —
19. Sämereien verschiedener Nutzpflanzen Chinas. Darunter Sorghum sacharatum und zwei neue
Salat-Arten. — 20. Mehrere chinesische Heilmittel, darunter Gynseng. — 21. Proben von
sogenanntem grünen Indigo {Bhamus sp.), Li-lu-shoo der Chinesen, vert chinois der Fran-
zosen, green clye der Engländer. — 22. Proben von chinesischer Baumwolle (Gossypium
herbaceum.) — 23. Wachsinsect-Strauch (Fraxinus sp.) nebst dem Insect (Coco ckinensis.)
— 24. Gewebe der Eingebornen der Insel Formosa. — 25. Kopf einer lebensgrossen
Statue aus der berühmten neunstöekigen Pagode (Hwa-tah) in Canton.
**) Diese sämmtlichen Bücher und ethnographischen Gegenstände wurden, insoferne sie der
Gefertigte vorläufig nicht mehr zu seinen Arbeiten benöthigte. theils in einer besondern Kiste,
theils der botanischen Sendung des Herrn Dr. Schwarz (Kiste Nr. 38) beigepackt, am 16. Juli
1858 Herrn Consul A. G. Wiener (Firma Lindsay et. Comp.) in Hongkong zur Weiterbeför-
derung an die kaiserl. Academie der Wissenschaften übergeben.
420 Di- Kail Scherzer.
C. Personell, welche sich dem Gefertigten in Shanghae in der Verfolgung seiner
wissenschaftlichen Zwecke besonders hilfreich and nützlich erwiesen haben.
B. Dr. E. C. Bridgman. — B. E. W. Syle. — Dr. Benjamin Hobson. —
M. Dr. B. W. Bfuirhead. — C. de Montigni, k. franz. General-Consul. — I. A. T. Mea*
dows, Regierungs-Dolmetscher. — W. Well Williams. — D. B. Robertson, königl.
grossbr. Consul. — - James Hogg, Consul für die Hansestädte.
V. Pouynipet. (Carolinen-Archipel. Aufenthalt 18. September.)
A. Aufsätze.
1. Die Insel Pouynipet im Archipel der Karolinen, und ihre Bewohner. — 2. Vo-
cabularium der Sprache der Einwohner von Pouynipet. *)
B. Erworbene Gegenstände.
Fischangeln aus Muscheln, Tätowir-Instrumente, Farbestoffe, Lendengürtel aus Pal-
menblättern, Armbänder u. s. w.
VI. Sikayana (Stewarts-Gruppe. Aufenthalt 17. October.)
A. Aufsätze.
1. Ein Tag auf der Koralleninsel Sykaiana. — 2. Vocabularium der Sprache der
Eingebornen von Sikajana.
B. Erworbene Gegenstände.
Acht Stücke verschiedener ethnographischer Gegenstände, bestehend in Fischangeln aus
Muscheln und Holz, Schamgürtel, Instrumente zum Canoe-Aushöhlen , Fächer, Armbän-
der u. s. w. der Bewohner v. Sikayana.
VII. Sydney (Australien. Aufenthalt vom 6. December bis 7. December.)
A, Aufsätze.
1. Untersuchung über den Einfluss der Deportations-Systeme auf die Entwick-
lung der Colonie New-Soutb-Wales in Australien. — 2. Zur Geschichte der deutschen
Auswanderung nach Australien. — 3. Handelspolitische und nationalökonomische Noti-
zen über die britische Colonie New-South- Wales. — 4. Weitere Mittheilungen über das
chinesische Zuckerrohr {Sorghum saccharatum) mit Bezug auf dessen Cultur in Aus-
tralien und Neuseeland. — 5. Ethnographisches aus Australien. — ■ 6. Vocabularium
des Hlawarra-Dialektes. gesprochen von den Urbewohnern im südöstlichen Theile Aus-
traliens. — 7. Ueber Körpermessungen als Behelf zur Diagnostik der Menschenracen,
Entwurf eines Systems, welches den, während der Beise der kaiserl. österr. Fregatte
„Novara" um die Erde an Individuen verschiedener Racen angestellten Messungen zu
Grunde gelegt wurde. — 8. On Measurements as diagnostic means for distinguishing
the human races. A systematic plan , established and investigated for the purpose of
taking measurements on individuals of different races during the voyaye of H. 1. R. M's
fregate Novara round the world. Diese beiden letzten Aufsätze (sowohl das Original
wie die englische UebersetzungJ wurden vom Gefertigten gemeinsam mit Herrn Dr.
E.Schwarz ausgearbeitet.
B. Erworbene Gegenstände.
1. An Australian Grammar, Comprehendig the principles and nutural rules of
the language as spoken by the Aborigines in the vicinity of Hunter river , Lake
Macquarie etc., by L. E. Threlkeld. Sydney 1834. — 2. An Australian spelling-book
etc., by L. E. Threlkeld. Sydney 1836. — 3. A vocabulary of the dialects of
South-Western Australia, by Capitain George Grey, Governor of N. S. Wales. 1841.
— 4. A key to the strueture of the aboriginal language spoken by the aborigines
*) Diese sämmtlichen Bücher, sowie die ethnographischen und sonstigen Gegenstände wurden,
insoferne sie der Gefertigte vorläufig nicht weiter zu seinen Studien und Arbeiten benötbigte, am
15. August 1858 wohl verpackt Herrn Consul James Hogg (Firma Lindsay et. Comp.) in Shanghai
zur 'Weiterbeförderung an die kaiserl. Academie der Wissenschaften übergeben.
Das zweite Jahr der Erdumsegelung Sr, M, Fregatte Novara. 421
in the vicinity of Hunter river, Lake Macquarie etc.: together with Comparisons of
Polynesian and other dialeets; by L. E. Threlkeld. Sydney 1850. — 5. Vocabulary
of dialeets of aboriginal tribes of Tasmania, by J. Meligan F. L. S. — 6. Vocabu-
larium der Sprache der Eingebornen der Yap-Insel (Carolinien-Archipel.) — 7. Voca-
bularium der Sprache der Eingebornen der Pelew-Inseln. — 8. Vocabularium der Sprache
der Eingebornen der Eddystone-Inseln (Neu-Georgien.) — 9. Vocabularium der Sprache
der Eingebornen der neuen Hebriden (Vocati-Insel, Steward's Insel und Howe's Gruppe.)
— 10. Vocabularium der Sprache der Eingebornen der Loyalitäts-Inseln (Lifü und
Nea.) — 11. Official Report and Gazetteer of Central Polynesia, by Charles St. Julian
His Hawaiian Majesty's Commissioner and political and commercial Agent, to the
independent States and triebes of Polynesia and Consul General for New-South-Wales
and Tosmania. Sydney 1857. — 12. Narrative of an expedition under the direction of
the late Assistant Surveyor E. B. Kennedy Esq. for the exploration of the country
lying between Rockingham Bay and Cape York, By \V. Caron one of the Survivors
of this Epedition. Sydney 1849. — 13. Berichte über die bisherigen Expeditionen
zur Durchforschung des Landes (Exploring-Expeditions) von W. Stuart und A. C.
Gregory so wie über die zur Aufsuchung der Dr. Leichhardt ausgesandte Expe-
dition. September 1858. — 14. Catalogue of the natural and industrial produets of
N. S. Wales, exibited in the Australian Museum, by the Paris Exhibition Comissioners.
Sydney 1854. — 15. Statistics of N. S. Wales from 1847—1853. — 16. Statistics
of N. S. Wales from 1848—1857. -- 17. Census of the Colony of New-South-Wales
taken on the 1. of March 1856 under the act of Council — 19. Vict. Nr. 5. Sydney
1857. — 18. First and Second anual Report from the Register General. Sydney 1858.
— 19. Report of the Postmaster General on the Postoffice. Sydney 1857. — 20. Laws
and regulations relative to the waste lands in the Colony of New-South-Wales. Sydney
1858. — 21. Erplanatory observations on the Immigration Remittance Regulations
compiled by the agent for Immigration for general information. Sydney 1858. —
22. Second Report to the Hble. the Secretary for funds and public works on the internal
Communications of N S. Wales. Sydney 1858. — 23. Memorandum of His Exe. the
Governor General, respecting a System of secondary punishment. Sydney Mai 1857. —
24. Report from the select Committee of the Legislative Council, appointed on the 26th
of May 1858, to inquire into the present system of German Immigration into this
Colony. Sydney 1858. — 25. Regulations for the management of the Gold fields.
Sydney 1858. — 26. Australian Almanack 1857 — 58. — 27. Sydney Magazine of Science
and Art. Vol. I. 1858. — 28. Freedom and independence for the golden lands of
Australia. London 1852. By Rd. J. D. Lang. -^ 29. The Statistical Register of Vic-
toria, from the foundation of the Colony. By. W. H. Archec, Melbourne 1854. —
30. Zwei Crania der Eingebornen von Brisbane river (Moreton-Bai, Australien.) —
31. Zwei Crania der Eingebornen der Catham-Inseln (Neuseeland.) 32. Sechsundacht-
zig Stücke diverse ethnographische Gegenstände, von denen 40 Stück Geschenke des
australischen Museums in Sydney sind, während 46 Stücke für die kaiserliche Expe-
dition angekauft wurden1.)
c. Personen, welche sich dem Gefertigten in Sydney in der Verfolgung seiner wissen-
schaftlichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
Seine Excellenz Sir William Denison, Gouverneur von New-South-Wales. —
Dr. George Bennett, Directionsmitglied des australischen Museums. — Rd. L. G.
Threlkeld. — Edward S. Hill. — Charles Moore, Director des botanischen Gar-
tens. — Wilhelm Kirchner, k. preuss. Consul.
VIII. Auckland (Neuseeland. Aufent. v. 23. Dec. 1858 bis 8. Jan. 1859.)
a. Aufsätze.
1. Ueber den socialen Fortschritt bei den Antipoden. — 2. Das Volk der Maori's.
Ein Beitrag zur Etnographie von Neuseeland. — 3. Vocabularium der Sprache der Urbe-
wohner Neuseelands.
*) Diese sämmtlichen Bücher und ethnographischen Gegenstände wurden, insoferne der Ge-
fertigte dieselben vorläufig nicht weiter zu seinen Arbeiten benöthigte, am 6. December 1858 dem
Herrn Consul Kirchner (Firma Wilhelm Kirchner et. Comp.) in Sydney zur Weiterbeförderung an
das k. k. Marine-Commando in Triest übergeben.
422 Di Karl Scherzt r.
B. Erworbene Gegenstände.
1. Papers relative lo tlie aft*airs of New-Zealand. Presented to botli Houses of
Parlament, by command of Her Majesty. April 10. 1854. London. — 2. Statistics of
New-Zealand. for 18.S3— 57, compiled from offieial doeuments. Aukland 1858 — 3. Sta-
tistics of New-Zealand, for 1857, Auckland 1858. —4. The New-Zealand Constitution Act,
together with correspondences between the Secretary of State for the Colonies and
the Governor in Chief of New-Zealand, in explorations thereof. Wellington, N. Z. 1853.
— 5. Auckland Waste-Land-Act, 1858. An act to regulate the sale, letting, disposal and
occupation of waste lands of the Crown within the province of Auckland. — 6. The laws
of England, compiled and transTated into the Maori language, by diretion of His Exe.
Col. Th. Gore Browne, Governor of New-Zealand 1858. — 7. The Southern distriets
of New-Zealand A Journal with passing notices of the customs of the Ahorigines. By
Edward Shorthland London 1851. —8 The New-Zealand settlers guide. A sketch
of the present state of the 6 Provinccs with a digest of the Constitution and land regu-
lations and 2. maps. By T. B. Cooper, Capt. 58. Beg. London 1857. — 9. New-
Zealand Emigrants. Bradshaw, or Guide to the Britain of the South New-Zealand. 1858.
— 10. A dictionary of the New-Zealand language, and a concise grammar, to which
is added a selection of colloquial sentences. By W. Williams D. C. L.London 1852.
— 11. Proverbial and populär savings of the Ancestors of the New-Zealand race. By
Sir George Grey, K. C. B. etc. Capetown 1857. — 12. The first step to Maori Con-
versation, being a collection of some of the most useful nouns, adjectives and verbs,
with a series of useful phrases and elementar}' sentences ete. By H. Tacy Kemp,
Native Secretary. Wellington 1848. — 13. Maori Superstitions. A lecture by J. White.
Auckland 1856. - - 14. Ko Nga Mahinga a nga Tapuna Maori He Mea Kohikohi mai
(Mythology and traditions of the New-Zealanders), by Sir George Grey, late Gover-
nor in Chief of the New-Zealand islands. London 1854. — 15. A leaf from the Natu-
ral history of New-Zealand or ar a vocubulary of its different productions etc. with
fheir native Names. By Bichard Taylor. Wellington 1848. — 16. He Pukapuka Wha-
kaako ki te reopukeha (Lehrbüchlein zur Erlernung der Maori-Sprache.) Auckland 1847.
— 17. Auszug aus der Kirchengeschichte in der Maori-Sprache. Auckland 1849. —
18. Katechismus der anglikanischen Hochkirche in der Maori-Sprache. Auckland 1849.
— 19. Das neue Testament in der Maori-Sprache. Auckland 1852. — 20. Geograph}'
for the use ofchildren in New-Zealand. Auckland 1850. Englisch und Maori.) — 21. Bobin-
son Crusoe, in the New-Zealand language. Wellington. 1832. — 22. The renowned
Chief Kaviti and other New Zealand warriors. By Charles 0. B. Davis. Auckland 1855.
— 23. Gesänge in der Sprache der Eingebornen von Neuseeland. — 24. 18th General
Beport of the Emigration-Commissioners, 1858. Presented to both Houses of Parlament
by Command of Her Maj. London 1858. — 25. Sechs Crania von Eingebornen von
Neuseeland (aus den Höhlen in der Umgegend von Auckland) *). — 26. Verschiedene
ethnographische Gegenstände von Neuseeland und den Fidschi-Inseln.
O. Personen, welche sich dem Gefertigten in Auckland in der Verfolgung seiner wissen-
schaftlichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
Seine Excellenz Colonel Thomas Gore Browne. K. B. Governor in Chief of
New-Zealand. — Archdeacon G. A. Kissling. — Bd. G. A. Purchas, clergyman at
Onehunga. —Thomas H. Smith. Native Department Office. — Dr. Knight, *F. L. S.
— Bd. H. H. Turton, Governor and Cbaplain at Three kings Native College. — Char-
les Heaphy, Provincial Surveyor. — Bd. J. C. Patters on, St. Johns College. — Dr.
C. F. Fischer, homöopatischer Arzt.
IX. Papeete (Aufenthalt vom 10. bis 28. Februar.)
1. Tahiti unter französischem Protectorate. (Notizen über den dermaligen poli-
tischen und socialen Zustand dieser Insel.)
*) Diese sämmtlichen Bücher uud ethnographischen Gegenstände wurden, insoferne sie der Ge-
fertigte vorläufig nicht weiter zu seinen Arbeiten benöthigt, in einer Kiste wohl verpackt, am 7. Jan.
1859 an Herrn J. J. Montefiore (Firma Brown and Campbell) in Auckland zur Weiterbeförderung
an die kaiserliehe Academie der Wissenschaften in Wien übergeben und sollten Anfangs Februar mit
dem Schifte „Horwood". Capt. Forsyth, nach London abgehen.
Das zweite Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novara. 423
2. \ / von Tahiti.
3. / Vocabularium \ der Paomotu-Inseln.
4. I , 0 , / der Samoa-Inseln. „
t, > der spräche < , ,,, T .
5. / r \ der Marquesas-lnseln
6. \ dei' Eingebornen i von Neu-Caledonien.
7. ) \ der Isle of Pine (Neu-Caledonien).
8. Das Gesetzbuch der Tonga-Insulaner. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte
der Völker Polynesiens.
1. Lois revisees dans l'assemblee des legislateurs au mois de Mars de l'annee
1848, pour la conduite de tous, sous le gouvernement du Protectorat dans le terres
de la Societe. Papecte 1848. — 2. Annuaire de Tahiti pour l'annee 1858. — 3. Annu-
aire de Tahiti pour l'annee 1859. — 4. Etudes sur quelques vegetaux de Tahiti. Par
M. Cuzent Gilbert, pharmacien de 'a Marine etc. Tahiti 1857. (Herrn Dr. Schwarz
übergeben.) — 5. Bibel und Hymnen. Büchlein in tahitischer Sprache. — 6. Tahitian
and Englisch dictionary with introductory remarks on the Polynesian language and a
short grammnr of the Tahitian dialect. Tahiti, Printed at the London Missionary Society
Press. 1851. — 7. Beport of the London Missionary Society 1857. — 8. Notes sur
differentes questions communiquees par M. Adam Kulczycki, directeur des affaires
indigenes ä Tahiti. 9. Answers to questions, by Bd. William Howe of the London
Missionary Society. — 10. Te Akatak :i Beo Barotonga, or fiarotoga and Englisch Gram-
mar, by the Bd. Baron Buzakott, of the London Missionary Society. Barotonga 1854.
— 11. Essai de grammaire de la langue des isles Marquises, par un pretre de la
societe de Picpus, Missionaire aux isles Marquises. Valparaiso 1857. — 12. Petit dicti-
onnaire Francais-Marquesien, par le Dr. Deplanche. Nukahiwa 1838. — 13. Croquis
des principales iles de l'archipel des Marquises, par D. E. Grand. — 14. Ein Cra-
nium von der Insel Tahiti. — 15. Zwei Crania von Nukahiwa (Marquesas-lnseln.)
— 16. Ein Cranium von der Insel Bligh (Paomotu-Gruppe.) — 17. Zwei Crania aus
Port de France (Neu-Caledonien.) — 18. Verschiedene etnographische Gegenstände von
den Eingebornen von Tahiti und den Fidschi-Inseln. — 19. Ein Flacon mit einer kry-
stallinischen Substanz, von einem auf Tahiti ansässigen deutschen Chemiker Namens
Nöllenberger aus der Kawa-Wurzel (Piper Methysticitm) extrahirt und von demselben
„Kawin" genannt, deren dynamische Eigenschaften noch zu untersuchen sind. (Herrn D r.
E. Schwarz übergeben.)
Personen, welche sich dem Gefertigten in Papecte in der Verfolgung seiner wissenschaft-
lichen Zwecke besonders hilfreich und nützlich erwiesen haben.
Adam Kulczycki, Director der Angelegenheiten der Eingebornen. — Bd. Wil-
liam Howe, von der Londoner Missionsgesellschaft. — Dr. Nadeaud, Arzt und Bota-
niker. — Dr. Emile Grand. — Dr. E. Deplanche.
X. Valparaiso (Aufenthalt vom 17. bis 29. April incl.)
Da der Aufenthalt der k. k. Fregatte „Novara" in Valparaiso in das
dritte Novara-Jahr hinüberreicht, und die, während desselben von mir
gesammelten Materialien noch nicht geordnet und bearbeitet werden konn-
ten, so muss ich alle ausführlicheren Mittheilungen über Valparaiso und
Santiago de Chile auf den Schlussbericht verschieben. Noch erlaube ich
mir zu bemerken, dass mein werther Reisecollege Herr Dr. Schwarz
und ich im Laufe des zweiten Novara-Jahres in den von der kaiserlichen
Expedition besuchten Orten an 90 Urbewohnern verschiedener Racen zu-
sammen gegen 7000 einzelne Körpermessungen nach unserem bereits er-
wähnten Systeme vorgenommen haben.
Und so schliesse ich diesen zweiten Jahresbericht mit dem beruhi-
genden Gefühle auch in der eben abgelaufenen Zeitperiode aufrichtig be-
müht gewesen zu sein, um gleichfalls von meinem Standpunkte die ed-
len Intentionen dieses herrlichen Unternehmens verwirklichen zu helfen
und in der beseligenden Hoffnung, dass mir Gott die Gnade verleihen
möge, meine schwachen aber redlichen Kräfte der Novara-Expedition bis
ans Ende ungestört widmen zu können.
Mittheilungen der k. k. geographischen Gesellschaft III. Bd. 3. Hell.. ^
424
Dr. Karl Scherzer.
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Das drille und letzte Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novara. 425
xvm.
Das 3. und letzte Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte „Novara."
Vom 30. April bis 26. August 1859.
Von Dr. Karl Scherzer.
Mitgetheilt in der Versammlung der k. k. geographischen Gesellschaft am 18. October 1859.
Mein letzter Jahresbericht endete mit unserer Ankunft in Valparaiso,
im April d. J. ; die Nachrichten, welche wir daselbst über die bedrohli-
chen politischen Zustände in Europa vorfanden, veranlassten, wie bekannt,
den Befehlshaber der kaiserl. Expedition alle weitern Pläne aufzugeben,
und direkt die Heimreise anzutreten. Am 11. Mai segelte die „Novara"
bereits von Valparaiso nach Gibraltar, wo sie nach einer ungewöhnlich
raschen Fahrt von 82 Segeltagen am 1. August d. J. in den Frühstun-
den vor Anker ging. Da es mir im Interesse der Expedition erwünscht
schien, die Rückreise nach Europa über den Isthmus von Panama anzu-
treten, um auf diese Weise noch einen grossen Theil der Westküste Süd-
amerikas durch persönliche Anschauung kennen zu lernen, und an den
berührten Punkten wissenschaftliche Verbindungen anzuknüpfen, so erbat
ich mir vom Commodore v. W üllersdorf hierzu mit dem Beifügen die
Erlaubniss, dass ich meine Reise derart einrichten würde, -um, so weit
es möglich, gleichzeitig mit der Fregatte in Gibraltar einzutreffen, und
daher bloss während der einförmigen, für ethnografische und statistische
Forschungen völlig unfruchtbaren Ueberfahrt nach Europa von der Expe-
dition getrennt zu sein.
Ich verliess am 15. Mai Valparaiso und besuchte nacheinander die
Hafenplätze Coquimbo, Caldera in Chili, Cobija in der Republick Bolivien,
dann Iquique, Arica, Port d'Islay, Chala, Piseo, die Guano - Inseln , und
Callav in Peru, von welch letzterem Hufen aus ich mittelst Eisenbahn
nach dem nur 6 engl. Meilen davon entfernten Lima fuhr, und daselbst
19 Tage, nämlich bis zum Abgang des nächsten Dampfers verweilte.
Ich wurde in der einstigen Hauptstadt der spanischen Vice-Könige
vom Hamburger Konsul, Hrn. W. Brauns, (Chef des engl. Hauses Huth, Grü-
ning et Comp.) sowie vom nordanierikanischen Ministerresidenten Herrn
J. B. Clay auf das Zuvorkommendste und herzlichste empfangen und hatte
das Vergnügen, eine Anzahl werthvoller Beziehungen daselbst anzuknüpfen,
Während meines Aufenthaltes besuchte ich die noch so wenig bekannten
Buinenstätten von Casanarguilla, und Pachacamäe, über welche ich, sowie
über die daselbst versuchten Ausgrabungen in einer besondern Abhand-
lung berichten werde.
Am 12. Juni setzte ich meine Reise mit dem Postdampfer nach
Huanchaw , Lambajeque , Payta , Toboga und Panama fort , wo ich am
21. Juni eintraf, und bereits am darauffolgenden Tage auf einem vortreff-
lichen Schienenwege den nur 47 i/i engl. Meilen breiten Isthmus pasirte,
um mich in Aspinwall (auch Colon) auf dem regelmässig verkehrenden kön.
engl. Postdampfer nach St. Thomas einzuschiffen.
Auf dieser namentlich auch für den deutschen Handel so wichtigen
dänischen Insel, wo ich mich bereits im Winter 1856 auf der Rückkehr
aus Centralamerika mehrere Tage aufgehalten hatte, warte ich den Ab-
gang der „Royal Mait" ab, welche mich mit meinem schweren Herzenskargo
C*
426 Dr Karl Scherzer.
von Befürchtungen, Hoffnungen und Sehnsucht nach Europa bringen sollte.
Die Reihe traf gerade das prachtvoll eingerichtete, bequeme Dampfschiff
„Magdalena* (Capt. Abott), das am 1. Juli Abends mit 163 Passagieren
nach Southampton abfuhr. In der Regel wird diese, 3622 Seemeilen be-
tragende Entfernung in 13 bis 15 Tagen zurückgelegt. Wir brauchten dazu
19 Tage, und mussten noch überdiess in Falmouth einlaufen, um Kohlen
einzunehmen, da unser Vorrath, bei überraschend grossem Verbrauch von
70 Tonnen pr. Tag nicht mehr genügte, um den Zielpunkt unserer
Fahrt zu erreichen, obschon wir beim Auslaufen aus St. Thomas über
1200 Tonnen am Bord hatten. Der Pilot, welcher in der Nähe von Fal-
mouth an Bord kam, war der erste Bote, der mir die Kunde vom Frie-
den von Villafranca brachte, meine Reisekollegen auf der ,,Novara" erhielten
diese Nachricht erst bei ihrer Ankunft in Gibraltar, am 82. Tage nach
ihrer Abfahrt von Valparaiso. —
Am 19. Juni endlich kam ich in Southampton und am Abend des-
selben Tages in London an. wo ich die Zeit bis zum Abgang des näch-
sten Dampfers nach Gibraltar eifrig dazu benützte , um ältere Bekannt-
schaften zu erneuern, neue zu knüpfen, sowie die Zwecke der Novara-
Expedition im Allgemeinen nach Möglichkeit zu fördern.
Am 27. Juli verliess ich wieder London und Southampton, und er-
reichte am 1. August in den Frühstunden Gibraltar, wo ich durch eine
wahrlich ans Wunderbare grenzende Fügung fast im nämlichen Momente
als die „Novara* eintraf, von welcher ich 82 Tage lang ohne alle Nach-
richten war.
In Gibraltar lagen wir weitere Befehle erwartend sechs Tage lang
vor Anker. Endlich am 7. August kam das sehnsuchtsvoll erwartete Te-
legramm, und nun gings wieder unter Segel, aber diessmal in der frohen
Zuversicht in Messiua einen Dampfer zu treffen . welcher uns bis nach
Triest remorquiren sollte.
Am 18. August nahm uns der Dampfer „Lucia," (derselbe, der uns
im April 1857 bei der Abreise bis ausserhalb der Strasse von Messina
das Geleite gab), ins Schlepptau und brachte uns binnen wenigen Tagen
nach Gravosa, wo uns die Allen unvergessliche Auszeichnung zu Theil
wurde, von Sr. kais. Hoheit dem Herrn Erzherzog Ferdinand Maxi-
milian auf das huldvollste und theilnehmendste empfangen zu werden.
Es war tief ergreifend, das lebhafteste ungeschwächte Interesse wahrzu-
nehmen, welches Sr. kais. Hoheit trotz den Stürmen der Zeit diesem wis-
senschaftlichen Unternehmen zuwendete, mit welcher Liebe der kaiserliche
Prinz an dem Gelingen der Expedition hing.
Am 2o. August kamen wir in Pola an, wo uns bereits eine ganze
Escadre österreichischer Kriegsschiffe erwartete, mit tausend Hurrahs der
Matrosen von den Wänden aus empfing und am darauffolgenden Morgen
uns das Ehrengeleite bis nach Triest gab.
Am 26. August bald nach Mittag ankerten wir in der Bucht von
Mugia, nachdem die „Novara" früher noch die Auszeichnung genoss, vom
Castell des Schlosses Sr. kais. Höh. des Herrn Erzherzogs Marine-Ober-
kommandanten begrüsst zu werden. Auch ein Lloyd -Dampfer mit den
höchsten Autoritäten der Stadt Triest und einigen befreundeten Seelen
am Bord war uns entgegen gefahren, und kaum hatte die „Novara" Anker
geworfen, als sie auch bereits von zahllosen, mit Honoratioren, Freunden,
Verwandten und Neugierigen gefüllten Booten umschwärmt wurde, welche
Das dritte und letzte Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novara. 427
alle in der Begrüssung der beneideten Weltfahrer die Ersten sein wollten.
Die Novara-Expedition war nun zu Ende. Sie währte 2 Jahre 3 M.
und 26 Tage. Von dieser Zeit wurden 298 Tage auf dem Lande und
552 Tage unter Segel zugebracht. Im Ganzen ankerte die kais. Fregatte
in 25 verschiedenen Hafenplätzen und legte im Laufe der Weltfahrt
51.686 Seemeilen zurück.
Ob die erste Expedition eines österreichischen Kriegsschiffes um die
Erde den gehegten Erwartungen entsprochen, ob sie ihre Aufgabe erkannt,
davon mögen die mitgebrachten naturhistorischen Sammlungen sowie die
Arbeiten des Befehlshabers und der Mitglieder der wissenschaftlichen
Commission Zeugniss geben, welche durch die Munificenz der kaiserlichen
Begierung in möglichst kurzer Zeit der Oeffentlichkeit übergeben werden
sollen. Mir aber sei noch gestattet, in diesem Schlussbericht über den
genussreichsten und glücklichsten Abschnitt meines Lebens der hochver-
ehrten Versammlung jene Worte ins Gedächtniss zu rufen, mit welchen
ich meinen letzten Vortrag in der k. k. geographischen Gesellschaft im
April 1857, am Abend vor meiner Abreise nach Triest über die wissen-
schaftlichen Aussichten der Novara-Expedition zu schliessen mir erlaubte:
„Wer, befangen durch die Begeisterung, mit der er selbst au einem
speziellen Studium hängt, das Gelingen des ganzen Unternehmens von der
grössern oder geringern Befriedigung seines persönlichen Wünsche ab-
hängig machte, wer, ohne Berücksichtigung der eigenthümlichen Verhält-
nisse, unter denen die Expedition unternommen, eine ihrer Hauptaufgaben
darin zu finden wähnt , dass sie sich Untersuchungen und Forschungen
hingibt, welche nur durch längeren Aufenthalt an einem Orte von wah-
rem Erfolge für die Wissenschaft gekrönt sein können, dem werden
vielleicht die einstigen Besultate der wissenschaftlichen Commission, welche
die „Novara" auf ihrer Weltreise begleiten zu dürfen das Glück geniesst,
nur wenig beachtenswerth erscheinen. u
^,Wer hingegen eine der wichtigsten Aufgaben der kaiserlichen
Expedition darin erblickt, durch eine grossartige Uebungsfahrt für unsre
junge raschaufblüheude Kriegsmarine tüchtige Kräfte heranzubilden, dabei
allgemeine wissenschaftliche Studien zu machen und Sammlungen, nament-
lich von solchen naturhistorischen Gegenständen zu versuchen, deren Er-
werbung aus Bücksichten der Kostspieligkeit oder des schwierigen Trans-
portes dem einzeln stehenden Naturforscher fast unmöglich ist, ferner
Correspondenzen und Tauschverkehr mit den wissenschaftlichen Instituten
in den verschiedenen berühmten Seestädten einzuleiten, vorteilhafte Han-
delsverträge mit fremden Völkern vorzubereiten und Handelsunternehmun-
gen anzubahnen, dem dürften die einstmaligen Besultate der Novara-Expe-
dition vielleicht einige Befriedigung gewähren!"
Schliesslich erlaube ich mir noch wie in meinen frühern Jahresbe-
richten ein Verzeichniss der sämmtlichen, im Laufe des 3. Jahresabschnit-
tes der Novara-Expedition über die besuchten Länder und ihre Bewohner
verfassten Aufsätze sowie eine Namensliste derjenigen Gelehrten und
Freunde der Wissenschaft beizufügen, welche sich mir in meiner Eigen-
schaft als Mitglied der Novara-Expedition besonders hilfreich und nützlich
erwiesen haben.
1. Valparaiso (Aufenthalt vom 17. April bis 15. Mai.)
Ä. Aufsätze. 1. Mittheilungen über den Volksstamm der Araucanos, nebst Sprach,
proben. — 2. die handelspolitischen Verhältnisse der Republick Chili.
428 Dr. Karl Schmer.
B. Personen, welche sich mir besonders nützlich erwiesen. Herr j. f. Flem-
mich, österr. General-Consul. — Herr Dr. Th. Aquino Itiorl. — Herr Carl Eggert,
Präsident des deutschen Clubbs. — Herr W. William Lloyd, Haupt-Ingenieur der chili-
sehen Staats-Eisenbahn — Herr Carl F. Dodt, Sekretär beim österr. General-Consul.
— Contre-Admiral B. L. Baynes, Befehlshaber der britischen Seemacht im pacifi-
sehen Ocean. Der besondern Giile und Zuvorkommenheit des Herrn F lern mich, und
des Herrn Dr. Ried verdanke ich ausserdem eine grosse Anzahl werthvoller Druckschriften
und mehrere Skelefschädcl chilenischer uud bolivianischer Indianer.
II* Caldera (Hauptausfuhrort chilenischer Kupfer- und Silbererze.)
Personen, welche sich daselbst dem Gefertigten besonders dienstfertig erwiesen.
AV. .1. .Murray, britischer Consul. \V .1 Thomas, Geschäftsleiter der
Copiapo Schmelzwerke (copiapo metting works.)
111. Cobija (einziger Seehafen Boliviens an der Westküste.)
Personen, welche sich daselbst dem Gefertigten besonders dienstfertig erwiesen.
W. Jonassen, Kaufmann und Kupfer-Minenbesitzer.
■V. Cerica (Peru.)
Personen, welche sich daselbst dem Gefertigten besonders dienstfertig erwiesen.
W. Colman, Kaufmann und Consul für Chili. — Dr. Middendorf, Arzt. — W. George
Taylor, Agent der Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
V. Port d'Isley
W. Wilthew, kön. britisch. Consul.
VI. Guano oder Cliineha-Iuseln.
Dr. Franke, Arzt. — W. Schröder, Kaufmann.
VII. Callao.
W. Georgs Petrie, Man. of the Pacific Straui Narigat Company.
VIII. Lima.
A. Aufsätze. 1. Bericht über meinen Aufenthalt in Lima. — 2. Die Colonie einge-
wanderter Tyroler am Pozuzuflusse. — 3. Notizen über die Coeapflanzen (Erytlie.otylon
Goca.) — 4. Notizen über die Guanolager und ihre inuthmassliche Dauer. — 5. Mittheilungen
über die gegenwärtige Ausbeute der Chinarinde in Peru, Bolivia und Ecuador.
Personen, welche sich daselbst dem Gefertigten besonders dienstfertig erwiesen.
John Bandolph Clay, ausserordentlicher Gesandte und Bevollmächtigter Minister der
vereinigten Staaten von Nord-Arnierika in Peru. — AVilhelm Brauns, Hamburger Con-
sul (Chef des Hauses Huth, Grüning und Comp.) — Carl Eggert; von der Firma W.
Gibbs et Comp. — Julius Pflücker, Kaufmann. — Dr. A. Smith, praktischer Arzt.
— Padre Francisco de Paula G. Vigil, Bibliothekar der National-Bibliotlnk. — Simon
Iregoyen, Direktor des National-Maseums. -- Dr. Cajetano Herred iä, Bector der
Universität. — Johann Georg Braun, Professor der Physik an der Escuola Normal Cen-
trale. — Mariano Felipe Paz Soldan, Architekt. Dr Jose Domingo Espinar, Arzt. —
Theodor Müller, Kaufmann.
Auch von Lima bringe ich eine grosse Anzahl werthvoller statistischer Daten, Bü-
cher und einige Skeletschädel mit, welche ich grösstenteils der grossen Zuvorkommen-
heit und Dienstfertigkeit der genannten Herrn verdanke.
IX. San Jose de Lamhajeqtie (Peru.)
Francisco Xav. Odiaga, Deputirter der Stadt Chata in Departement von Cajamarca.
— Anton Wegner.
X. Payta.
\V. Alexander Blacker, britischer Consul , Chef des Hauses Higginson et. Comp.
XI. Taboga. Insel.
W. Jemiessen, Ingenieur der Pacific Ocean Stramnavigation-Company.
Das dritte und letzte Jahr der Erdumsegelung S. M. Fregatte Novara.
429
Consul
Vll. Panama.
W. Charles J. Bidwel I, kön. britisch. Consul. — Theodor de Sabla, nordamerik.
Consul. — - John Power, Herausgeber des Panama Star and Herald — Dr. Jos. Kratoch-
wi II, prakt. Arzt und Pharmaeeut. — Dr. Lebret on.
XIII. Aspinwall (Colon.)
A. J. Center, Superintendent der Panama-Eisenbahn. — W. Cowan, britisch.
XIV. St Thomas.
August Schlager, Chef des Hauses Grüner et Comp. — W. H. Paulsen, Kauf-
mann. — A. H. Riise Apotheker und Naturforscher. — W. Canteron, Superintendent
der Royal Mail S. Paket Company.
XV. Motitliamptoii.
Mess. Dunlop, Schoales, Comp.
Ich habe absichtlich ein ziemlich ausführliches Verzeichniss der Per-
sönlichkeiten gegeben, welche mir während meiner Ueberlandreise nach
Europa in den verschiedenen berührten Punkten von Nutzen waren, weil
es einerseits von der allgemeinen warmen Theilnabme an der ersten Ex-
pedition eines Kriegsschiffes einer deutschen Grossmacht Zeugniss gibt,
andererseits späteren Reisenden nach den erwähnten Gegenden dienen
kann, welche von den genannten Freunden der Wissenschaft gewiss die
freundlichste Aufnahme erwarten dürfen. Meine Ueberlandreise betrug im
Ganzen von Valparaiso bis Gibraltar 8832 Seemeilen, und wurde die frei-
willigen Aufenthalte abgerechnet, in 29 Tagen zurückgelegt, die Fahrt der
„Novara" betrug 10.660 Seemeilen, die in 82 Tagen zurückgelegt wurde.
Novara-Kalender.
Vom 30. April bis 26. August 1859.
Von
I) a t u in.
Station.
Segel-
tage
Anker-
tage
Directe
Distanz
Mittagspkt.
bis zu
Mittagspkt.
gesegelt.
30. April b. 11. Mai
Aufenthalt in Valparaiso
—
11
—
—
11. Mai „ 1. Aug.
Von Valparaiso n. Gibraltar
82
—
8000
10-660
7. Aug. „ 20. „
„ Gibraltar „ Ragusa
13
3
1410
i368
23. „ „ 25. „
„ Ragusa „ Pola
2
1
240
234
25. „ „ 26. „
„ Pola „ Tri est
1
-=-
60
44
Zusammen Tage ....
98
21
9710
12-306
Durchschnittlich zurückgelegte Distanz 12557 Seemeilen per Segeltage.
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G Ostereichische Geographische
Gesellschaft
047
Bd. 3 Mitteilungen.