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Mitteilungen  des  Seminars 
für  Orientalische  Sprachen 

an  der  Königlichen 

Friedrich  -Wilhelms  -  Universität 

zu  Berlin 

Herausgegeben  von  dem  Direktor 

Prof.  Dr.  Eduard  Sachau 

Geh.  Regierungsrat 


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JAHRGANG  VII 


vi 


Berlin  1904 
Kommissionsverlag  von  Georg  Reimer 


9Z 

BS 


Seminarchronik  für  die  Zeit  vom  OI<tober  1903 
bis  August  1904. 


JDas  Seminar  zählte: 

a)  im  Wintersemester  1903/04:  215  Mitglieder  —  darunter 
20  Postbeamte  als  Mitglieder  des  Kursus  behufs  Ausbildung  im 
praktischen  Gebrauch  der  russischen  Sprache  —  und  15  Hospi- 
tantinnen. An  dem  für  Kaufleute  und  Bankbeamte  einge- 
richteten Kursus  im  Chinesischen  nahmen  11,  im  Russi- 
schen 76,  im  Spanischen  82  und  an  der  Vorlesung  über 
die  Grundlagen  der  Nationalökonomie  68  Personen  teil.  Ge- 
samtzahl der  Seminarbesucher:    467  Personen. 

b)  im  Sommersemester  1904:  156  Mitglieder  —  darunter  18  Post- 
beamte als  MitgUeder  des  Kursus  behufs  Ausbildung  im  prak- 
tischen Gebrauch  der  russischen  Sprache  —  und  12  Hospitan- 
tinnen. An  dem  für  Kauf  leute  und  Bankbeamte  eingerich- 
teten Kursus  im  Chinesischen  nahmen  7,  im  Russischen  30, 
im  Spanischen  24  und  an  der  Vorlesung  über  Konsular-  und 
Kolonialrecht  48  Personen  teil.  Gesamtzahl  der  Seminar- 
besucher:   230  Personen. 

Der  Lehrkörper  bestand: 

a)  im  Wintersemester  1903/04  aus  24  Lehrern  und  9  Lektoren. 
Zu  Beginn  des  Wintersemesters  trat  der  Kaiserlich 
russische  Hofrat  Herr  Rudolf  Jürgen  aus  Riga  als 
Lehrer  des  Russischen  und  Herr  Ralph  H.  Carr  aus  Wor- 
cester  als  Lehrer  des  Englischen  in  den  Lehrkörper  des 
Seminars  ein,  während  Herr  Djin-Da-Min  die  Stellver- 
tretung des  seit  August  beurlaubten  chinesischen  Lektors 
Hsüeh  Shen  und  Herr  Miludi  Ben  Mohammed  Siadi 
Talbi  aus  Casablanca  die  nach  Ausscheiden  des  in  seine 
Heimat  zurückgekehrten  Lektors  Sid  Gilani  Schirkawi 
vakante  Lektorstelle  für  das  Marokkanisch  he  übernahm. 
Leider  schied  der  letztere  nach  kurzer  Tätigkeit  durch 
Tod    Mitte    Dezember    wieder    aus.     Ende    des    Semesters 


II 

wurde  dem  Lehrer  des  Suaheli  Herrn  Dr.  Carl  Veiten  von 
Seiner  Exzellenz   dem   Herrn  Unterrichtsminister  das   Prä- 
dikat »Professor«   verliehen; 
b)  im  Sommersemester  1904  aus  24  Lehrern  und  11  Lektoren. 

An  Stelle  des  im  Dezember  1903  verstorbenen  marok- 
kanischen Lektors  Sid  Miludi  trat  anfangs  April  1904 
Herr  Abdel-Wahhab  Bu-Bekr  aus  Tanger  in  den  Lehr- 
körper des  Seminars.  Zur  Verstärkung  des  Duala-  und 
Ephe -Unterrichts  wurden  im  Juh  1904  Herrn  Pastor 
Meinhof  der  Duala  Otto  Ekwala  und  der  Ephe  Ludwig 
Adzaklu  beigegeben. 

Mitte  August  schied  der  Lehrer  des  Englischen  Herr 
Ralph  H.  Carr  aus  dem  Lehrkörper  des  Seminars,  wäh- 
rend der  Lehrer  des  Arabischen  Herr  Professor  Dr.  Bruno 
Meißner  zum  1.  Oktober  d.  J.  einem  Rufe  als  außer- 
ordentlicher Professor  der  semitischen  Sprachen  an  die 
Universität  Breslau  folgen  wird.  Der  Lehrer  für  die  wirt- 
schaftlichen Verhältnisse  in  den  Kolonien  Herr  Legations- 
rat Professor  Dr.  Hei  ff  er  ich  wurde  zum  »Wirklichen 
Legationsrat«  ernannt. 
Der  Seminarunterricht  erstreckte  sich: 

a)  im  Wintersemester  1903/04 

auf  1 5  Sprachen : 
Chinesisch,  Japanisch,   Arabisch  (Syrisch,   Ägyptisch,  Ma- 
rokkanisch), Persisch,  Türkisch,  Suaheli,  Haussa,  Herero, 
Duala,  Ephe,  Englisch,  Französisch,  Neugriechisch,  Russisch 
und  Spanisch 

und  6  Realienfächer: 
Avissenschaftliche  Beobachtungen  auf  Reisen,  Tropenhygiene, 
tropische    Nutzpflanzen,     Landeskunde    von    Deutsch -Ost- 
afrika, Landeskunde  der  deutschen    westafrikanischen  Ko- 
lonien sowie  Kolonien  und  Kolonialpolitik; 

b)  im  Sommersemester  1904 

auf  dieselben  15  Sprachen 
und  7  Realienfächer: 
wissenschaftliche  Beobachtungen  auf  Reisen,  Tropenhygiene, 
tropische    Nutzpflanzen,     Landeskunde    von    Deutsch -Ost- 
afrika,  Landeskunde   der  deutschen  westafrikanischen  Ko- 
lonien, Kolonien    sowie  Kolonial-  und  Konsularrecht. 
Der  Unterricht  wurde  erteilt: 

a)  im  Winterseraester  1903/04    zwischen   8  Uhr  morgens  und 
9  Uhr  abends. 


III 

b)  im    Sommersemester  1904    zwischen    7  Uhr    morgens    und 

9  Uhr  Abends; 
Während  der  Osterferien  1904  fanden  Ferienkurse  vom  15.  März 
bis  zum  14.  April  statt. 

Zu  einem  außerstatutenmäßigen  Termin  im  Frühhng  und 
zum  statutenmäßigen  Termin  im  Sommer  1904  brachten  die  nach- 
stehend verzeichneten  Mitglieder  des  Seminars  durch  Ablegung  der 
Diplomprüfung  vor  der  Königlichen  Diplom  -  Prüfungskommission 
ihre  Seminarstudien  zum  vorschriftsmäßigen  Abschluß: 

1.  Kurt  Scheffler,  stud.  jur.,  im  Türkischen; 

2.  Max  Hauschild,  stud.  jur. ,  im  Chinesischen; 

3.  Ferdinand  Lessing,  stud.  jur.,  im  Chinesischen; 

4.  Bruno  Loesdau,  stud.  jur.,  im  Chinesischen: 

5.  Robert  Oelrichs,  stud.  jur.,  im  Chinesischen; 

6.  Gerhard  Pernitzsch,  stud.  jur.,  im  Chinesischen; 

7.  Erich  Schuchart,  stud.  jur.,  im  Chinesischen; 

8.  Wilhelm  Villa r et,  stud.  jur.,  im  Chinesischen; 

9.  Bernhard  Beck,  Vorschullehrer,  im  Japanischen; 

10.  Hans  Mahner-Mons,  Musikstudierender,  im  Japanischen; 

11.  Edmund  Simon,  stud.  jur.,  im  Japanischen; 

12.  Ludwig  Katz,  stud.  jur.,  im  Arabisch -Ägyptischen; 

13.  Karl  Steinführer,   stud.  jur.,   im   Arabisch  -  Marokkani- 
schen; 

14.  Wilhelm    Waßmuß,    Referendar,    im    Arabisch- Marok- 
kanischen ; 

15.  Waldemar  Petersen,  stud.  jur.,  im  Persischen; 

16.  Eberhard  Ulrich,  stud.  jur.,  im  Türkischen; 

17.  Franziska  Stadthagen,  Frau  Regierungsrat,   im  Russi- 
schen ; 

18.  Ernst  Schaumburg,  Referendar,  im  Russischen; 

19.  Adolf  Kindor,  Rektor,  im  Russischen; 

20.  Adalbert  von  Boetticher,  stud.  jur.,  im  Russischen. 
Am  27.  Juli  1904  fand  die  Entlassung  des  diesjährigen  Kursus 

der  dem  Seminar  zur  Ausbildung  im  praktischen  Gebrauch  der 
russischen  Sprache  überwiesenen  Post-  und  Telegraphenbeamten 
statt,  der  sich  aus  den  folgenden  Mitgliedern  zusammensetzte: 

1.  R.  Alkewitz,  Postassistent,  aus  Provinz  Ostpreußen; 

2.  H.  Annus,  Ober- Postpraktikant,  aus  Provinz  Posen; 

3.  J.  Becker,  Telegraphensekretär,    aus  Provinz  Hannover; 

4.  K.  Diebold,  Ober -Postpraktikant,  aus  Provinz  Schlesien; 

5.  P.  Großmann,    Ober -Postpraktikant,    aus    Provinz     Ost- 
preußen; 


IV 

6.  A.  Hahn,  Ober-Postpraktikant,  aus  Provinz  Ostpreußen; 

7.  R.  Harael,  Postassisteut,  aus  Berlin; 

8.  G.  Heine  mann,  Ober  -  Postpraktikant ,  aus  Pro\anz 
Schlesien ; 

9.  L.  Hübscher,  Ober- Postpraktikant,  aus  Provinz  Posen; 

10.  H.  Huke,  Postassistent,  aus  Seh vvarzburg- Sondershausen; 

11.  G.  Just,  Postassistent,  aus  Provinz  Ostpreußen: 

12.  G.  Klotz,  Postassistent,  aus  Braunschweig; 

13.  G.  Peukert,  Postassistent,  aus  Provinz  Schlesien; 

14.  P.  Red  eil,  Postassistent,  aus  Pro\anz  Westpreußen; 

15.  O.    Schaumkessel,    Postassistent,     aus    Provinz    West- 
preußen ; 

16.  F.  Smend,  Postassistent,  aus  Provinz  Westpreußen; 

17.  K.  Specht,  Ober- Postpraktikant,  aus  Provinz  Westfalen; 

18.  R.  Stolle,  Ober -Postpraktikant,  aus  Berhn. 

Soweit  vom  Seminar  aus  festgestellt  werden  konnte,  haben  die 
nachstehend  aufgeführten  früheren  Mitglieder  des  Seminars  während 
der  Zeit  vom  August  1903  bis  August  1904  in  verschiedenen  Ländern 
Asiens  und  Afrikas  Amt  und  Stellung  gefunden: 

1.  Walter  Zechlin,  Referendar,  aus  Hannover,  als  Dol- 
metschereleve bei  der  Kaiserhchen  Botschaft  in  Konstan- 
tinopel; 

2.  »Erich  Nord,  Dr.  jur.,  Referendar,   aus  Provinz  Sachsen, 

desgl. ; 

3.  Kurt  Kr  atz  seh,  Dr.  jur.,  Referendar,  aus  Königreich 
Sachsen,  als  Dolmetschereleve  bei  der  Kaiserlichen  Gesandt- 
schaft in  Peking; 

4.  Wilhelm  von  Weickhmann,  Dr.  jur.,  Assessor,  aus 
Pommern,  bei  der  Justizverwaltung  des  Kaiserlichen  Gou- 
vernements von  Deutsch- Ostafrika; 

5.  Adolf  Schlettwein,  Gerichtsassessor,  aus  Mecklenburg- 
Schwerin,  desgl.; 

6.  Christian  Schrader,  Dr.  jur.,  Assessor,  aus  Schleswig- 
Holstein,  desgl.; 

7.  Eugen  Dinkelacker,  Assessor,  aus  Württemberg,  desgl. 
in  Kamerun; 

8.  August  Kirchhof,  Assessor,  aus  Lippe-Detmold,  desgl.; 

9.  Wal  de  mar  von  Sobbe,  Oberleutnant  aus  Brandenburg, 
in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Kamerun; 

10.  Gerhard  Jacob,  Leutnant,  aus  Brandenburg,  in  der 
Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Kamerun; 


11.  Eugen  Kirch,  Leutnant,  aus  der  Rheinprovinz,  in  der 
Kaiserhchen  Schutztruppe  für  Kamerun; 

12.  Fritz  Werner,  Leutnant,  aus  der  Rheinprovinz ,  in  der 
Kaiserhchen  Schutztruppe  für  Kamerun; 

13.  Georg  von  Prittwitz  und  Gaffron,  Hauptmann,  aus 
Berlin,  als  Offizier  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  in  Deutsch- 
Ostafrika; 

14.  Walter  von  Wiese  und  Kaiserswaldau,  Leutnant, 
aus  Schlesien,  in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  üeutsch- 
Ostafrika; 

15.  Hans  Schulz,  Leutnant,  aus  Sachsen,  in  der  Kaiserhchen 
Schutztruppe  für  Deutsch -Ostafrika; 

16.  Hermann  Trefurth,  Leutnant,  aus  Königreich  Sachsen, 
in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Deutsch -Ostafrika; 

17.  Detlef  von  Kleist,  Oberleutnant,  aus  Schlesien,  in  der 
Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

18.  Alexander  von  Fritsch,  Freiherr,  Oberleutnant,  aus 
Königreich  Sachsen,  in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für 
Südwestafrika; 

19.  Graf  Saurma-Jeltsch,  Leutnant,  aus  Schlesien,  in  der 
Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

20.  Hermann  Runkel,  Leutnant,  aus  Hannover,  in  der 
Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

21.  Willi  Grünewald,  Leutnant,  aus  Berhn,  in  der  Kaiser- 
lichen Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

22.  Paul  von  Bojanowsky,  Leutnant,  aus  Hessen -Nassau, 
in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

23.  Georg  Trainer,  Leutnant,  aus  Westfalen,  in  der  Kaiser- 
lichen Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

24.  Albert  Fürnrohr,  Leutnant,  aus  Posen,  in  der  Kaiser- 
lichen Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

25.  Volkmar  von  Wurmb,  Leutnant,  aus  Sachsen,  in  der 
Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

26.  Günther  von  Billerbeck,  Leutnant,  aus  Pommern,  in 
der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Südwestafrika; 

27.  Otto  Dempwolff,  Dr.  med.,  Stabsarzt,  aus  Ostpreußen, 
in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe  für  Deutsch -Ostafrika; 

28.  Willibald  Schellmann,  Dr.  phil.,  Chemiker,  aus  der 
Rheinprovinz,  im  Dienste  des  Kaiserhchen  Gouvernements 
von  Deutsch -Ostafrika; 

29.  Gottfried  Thiesmeyer,  Landmesser,  aus  Lippe -Detmold, 
als  Landmesser  in  Südwestafrika; 


VI 


30.  Paul  Hoentzsch,  Finanzaspirant,  aus  Schlesien,  als  Be- 
amter beim  Kaiserlichen  Gouvernement  in  Deutsch  -  Ost- 
afrika ; 

31.  Otto  Mich  eisen,  Gerichtsaktuar,  aus  Schleswig- Holstein, 
desgl. ; 

32.  Fritz  Techmer,  Landmesser,  aus  Pommern,  desgl.; 

33.  Berthold  Freitag,  Regierungs-Zivilsupernumerar,  aus 
Brandenburg,  desgl.; 

34.  Ernst  Kerb  er,  Haupt- Zollamtsassistent,  aus  Westfalen, 
desgl.; 

35.  Fritz    Kiene,     Gerichtsaktuar,     aus    Schleswig  -  Holstein, 


36.  Karl  Scholz,  Steuer- Zivilsupernumerar,  aus  Schlesien, 
desgl. ; 

37.  Wilhelm  Nagel,  Regierungs-Zivilsupernumerar,  aus  Han- 
nover, desgl.; 

38.  Jakob  Dern,  Postassistent,  aus  Großherzogtum  Hessen, 
im  Kaiserlichen  Postdienst  in  Deutsch -Ostafrika; 

39.  Alois  Jünemann,  Lehrer,  aus  Provinz  Sachsen,  als 
Lehrer  an  einer  Regierungsschule  in  Deutsch- Ostafrika; 

40.  Hermann  Andres,  Lehrer,  aus  Brandenburg,  desgl.; 

41.  Friedrich  Wilhelm  Brandt,  Lehrer,  aus  Brandenburg, 
desgl. ; 

42.  Hermann  Hülle,  Lic.  theol.,  Könighcher  Bibhothekar, 
aus  Berlin,  als  Professor  an  der  Kaiserlich  chinesischen 
Universität  in  Peking; 

43.  Erich  Haenisch,  Dr.  phil. ,  aus  Berlin,  als  Lehrer  an 
der  chinesischen  Militärschule  in  Wuchang; 

44.  Friedrich  Pferdekämper,  stud.  phil.,  aus  Westfalen, 
als  Lehrer  an  der  chinesischen  Regierungsschule  in  Tsinanfu; 

45.  Walter  Trittelvitz,  Pastor,  aus  Pommern,  als  Missions- 
inspektor in  Südafrika; 

46.  Siegfried  Delius,  Missionskandidat,  aus  Provinz  Sachsen, 
als  Missionar  in  Deutsch -Ostafrika; 

47.  Johannes  Riese,  Missionskandidat,  aus  Pro^^nz  Sachsen, 
desgl. ; 

48.  Friedrich  Wilhelm  Hart  mann,  Missionskandidat,  aus 
Schlesien,  als  Missionar  in  Uvambo,  Deutsch -Ostafrika; 

49.  Wilhelm  Schmidt,  Missionskandidat,  aus  Pommern, 
desgl.  in  Uhehe,  Deutsch  -  Ostafrika ; 


VII 

50.  Hermann   Krelle,    Missionskandidat,    aus  Brandenburg, 
desgl.  in  Daressalam,  Deutsch-Ostafrika; 

51.  Johannes  Hahn,    Missionskandidat,    aus    Braunschweig, 
desgl.  in  Uhehe,  Deutsch  -  Ostafrika. 

Von    dem    vom   Seminar    herausgegebenen:    »Archiv    für    das 
Studium  deutscher  Kolonialsprachen«  ist  im  August  1904 

Bd.  II.     Fritz,  Wörterbuch  des  Charaorro  (der  Sprache  der  ein- 
heimischen Bevölkerung  der  Marianen) 

zur  Ausgabe  gelangt. 


Berlin,  den  26.  August  1904. 


Der  Direktor, 
Geheimer  Regierungsrat 

Sachau. 


IX 


Mitteilungen 
des  Seminars  für  Orientalische  Sprachen  zu  Berlin 

Erste  Abteilung 


Ostasiatische 
Studien 

Redigiert  von 
Prof.  Dr.  R.  Lange  und  Prof.  Dr.  A.  Forke 


1904 


Beriin 

Kommissionsverlag  von  Georg  Reimer 


XI 


Inhalt. 


Seite 

Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape  von  Hahl   .     .     .  1 

Grundregeln  der  Bainingsprache  von  P.  MatthäusRascher 31 

Ein  japanischer  Fürstenspiegel  von  Kaibara  Ekken,  übersetzt  von  T.  Tsuji    .  86 

Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba  von  A.  Forke 117 

Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen ,  Geschichte  der  Ostinongolen ,  im 

Vergleiche  mit  dem  mongolischen  Urtexte  von  E.  Haenisch 173 

Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln  von  Friedrich  Hirth.     .     .     .  200 


Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache 
von  Ponape. 


Von  Hahl, 

Kaiserlicher  Gouverneur  von  Neu-Guinea. 


I.    Einleitung. 

iJie  Verkehi'ssprache ,  welche  im  ganzen  Gebiete  dei*  Karolinen  auf  jeder 
Insel  verstanden  wird ,  ist  das  Englische.  Ich  hatte  Anweisung  erhalten, 
Küstenmalaiisch  als  Umgangssprache  einzuführen.  Dies  wäre  vielleicht  möglich, 
wenn  eine  größere  Anzahl  malaiischer  Angeworbener  sich  hier  befunden  hätte. 
Allein  das  Häuflein  der  20Makassaren,  welche  unter  sich  Buginesisch  sprechen, 
konnte  sich  in  dem  Gewirre  der  16  Sprachen,  die  innerhalb  der  Ringmauern 
den  Verkehr  vermitteln,  keine  Geltung  verschaffen.  Sollte  nicht  das  Eng- 
lische die  Herrschaft  behaupten,  so  konnte  ihm  nur  durch  Einführung  der 
Sprache  Abbruch  getan  werden,  welche  von  der  größten  Zahl  Menschen 
gesprochen  wurde;  das  ist  die  Ponapesprache.  Diese  vermittelt  jetzt  den 
Verkehr;  mit  den  Malaien  wird  Küstenmalaiisch  gesprochen.  Für  später  ist 
es  erforderlich ,  um  nicht  doch  eine  völlig  Englisch  sprechende  und  denkende 
Kolonie  zu  erhalten ,  auf  den  deutschen  Unterricht  allen  Nachdruck  zu  legen. 

Sprachlich  zerfällt  nun  das  Gebiet  der  östlichen  Karolinen  in  drei 
Teile:  das  Gebiet  der  Ponapesprache;  es  umfaßt  Kusaie,  Mokil,  Pingelap, 
Ngatik ,  Ponape.  Auf  Kusaie  wird  rein  Ponape  nicht  mehr  verstanden ,  aber 
die  Verwandtschaft  der  Sprachen  ist  sehr  groß.  Jedermann  spricht  doj-t 
übrigens  Englisch  und  Jaluit,  in  welchen  Sprachen  der  Unteriicht  seitens 
der  Mission  erteilt  wird.  Das  zweite  Gebiet  ist  das  der  Ruksprache  (Ruk 
heißt  Berginsel,  im  Gegensatz  zu  einer  flachen  Koralleninsel  fanäpi).  Diese 
Sprache  zeichnet  sich  durch  starke  Beeinflussung  durch  polynesische  Ele- 
mente aus,  während  die  Ponapesprache  dem  Bau  und  teilweise  dem  Wort- 
schatze nach  mehr  den  melanesischen  Sprachen  sich  zuneigt.  Die  Ruk- 
sprache ist,  allerdings  mit  Abweichungen,  über  Mortlock ,  Namoluk,  Oraluk, 
Losap,  Hall,  Namouoitu,  außer  der  Rukgruppe  verbreitet.  Das  Volk  dieser 
beiden  unter  sich  wieder  verwandten  Sprachgebiete  ist  malaiischen  oder  viel- 
leicht besser  prämalaiischen  Ursprungs.  Das  dritte  Gebiet  ist  polynesisch, 
die  Nukuoroinseln. 

Die  auf  der  Insel  Ponape  wohnenden  Beamten  werden  so  wenige  Ge- 
legenheit zum  Besuche  der  übrigen  Inseln  erhalten,  daß  es  nicht  möglich 
und  auch  nicht  nötig  ist,  deren  Sprache  sich  anzueignen.  Dagegen  würde 
ich  die  Erlernung  der  Ponapesprache   für  praktiscli  bedeutsam   halten ,   um 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    I.  Abt.  1 


2  Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 

diese  allmählich  in  den  Verkehr  einzuführen.      Die   hier   befindlichen  Ruk- 
eingeborenen  haben  sie  bereits  sich  angeeignet. 

In  der  Ponapesprache  sind  folgende  Bücher  geschrieben: 

1.  Puk  en  Matauatan,  Rechenbuch. 

2.  Puk  en  kak  akan  iran  Lamalam,  eine  biblische  Geschichte. 

3.  Puk  en  kajanjal  eu,  ein  Kinderlesebuch  mit  Abbildungen. 

4.  Puk  en  kaul,  eine  Sammlung  geistlicher  Lieder. 

5.  Puk  en  Peutial,  ein  Geographiebuch. 

Von  diesen  1  bis  5  aufgezählten  Büchern  halte  ich  das  Rechen-  und 
das  Geographiebuch,  letzteres  verfaßt  von  dem  Häuptling  Henrv  Nanpei, 
für  wertvoll.  Bei  einer  Neuherausgabe  des  Geographiebuches  müßte  im 
Gegensatze  zu  Amerika  mehr  auf  Europa  hingewiesen  werden.  Sie  er- 
scheinen in  dem  Verlage  des  American  Board  of  Commissioners  for  foreign 
Missions  in  Boston,  No.  1  Somersetstreet. 

6.  Diccionario  Hispano-kanaka  o'sea  Modesta  Colecciön  de  las  voces 
mas  usuales  y  conocidas  de  esta  lengua  de  la  Ascension  o  Ponape. 

7.  Devocionario  kanaka.  Te  puk  me  pataki  tuen  tiak  en  choulang 
katek  kan. 

8.  Catecismo  de  doctrina  Christiana  Hispano-kanaka. 

Die  letzten  drei  Bücher  sind  von  Vätern  der  Kapuzinermission  ver- 
faßt und  recht  verständlich  gehalten.  Bei  einer  Neuauflage  müßte  der 
spanische  Text  unterdrückt,  wenn  nicht  durch  den  entsprechenden  deutschen 
ersetzt  werden. 

Für  deutsche  Begriffe  ist  die  herrschende  Schreibweise  nicht  genügend. 
Der  Missionar  Gulik  führte  in  seinem  Schriftchen  »Notes  on  the  grammar  of 
the  Ponape  Dialect,  Honolulu,  Commercial  Advertiser  Press  1858»  14  Buch- 
staben ein ,  teilweise  unter  Zugrundelegung  englischer  Vokalisation.  Mißlich 
erscheint  namentlich  1 .  die  Wahl  eines  einzigen  Buchstabens  zur  Darstellung 
der  verschiedenen  S- Laute,  j  muß  bald  wie  s,  ß,  tsch,  dsch,  tß  gelesen 
werden,  2.  die  ungenügende  Unterscheidung  zwischen  a-  und  e- Lauten, 
und  den  Doppellauten  ou  und  au.  Die  spanischen  Missionare  hatten  eine 
eigene  Schreibweise  gewählt,  deren  sich  auch  Christian  bediente;  sie  haben 
aber  seit  Jahresfrist  den  Kampf  gegen  die  herischende  Schreibweise  auf- 
gegeben und  selbst  sich  ihr  anbequemt.  Vorerst  wird  nur  erübrigen ,  diesem 
Beispiele  zu  folgen,  um  keine  Verwirrung  anzurichten. 

Außer  den  acht  aufgezählten  Büchern  der  Ponapesprache  sind  nach 
meiner  Kenntnis  noch   vorhanden: 

9.  Kapas  Fei -Puk  eu  kapas  en  kot  usw. 

Bible  stories,  Mortlock,  Micronesia,  American  Tract  Society,  150 
Nassaustreet,  New  York. 

10.  Mwo  Sasu  lun  Jisus  kraist  Leum  las  ma  Mattu  el  Sim.  New  York, 
American  Bible  Society  1871. 

11.  Puk  en  Ais  Fei,  me  tis  an  lamalam  kana  lan  kapas  an  re  Ruk, 
Mortlock  Catechism.  Published  by  A.  B.  C.  F.  M.  for  the  Ruk  Mission. 
Honolulu  H.J.Press  Publishing  Company  Steam  Print  1888. 

12.  Ais  Fei  usw.  Ruk.     Bostoner  Mission. 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape.  3 

13.  Puk  en  Afalafal:  Kapas  en  Truk.     Bostoner  Mission. 

14.  Aritnietik  kapas  an  Iteit  an  Peirak  kana  lan- kapas  an  Ruk  me 
Mortlok.  Ruk- Aritinetik,  Second  Edition.  The  Hicks-Judd  Co.  Printers, 
Publishers    and   Book-binders,    23  First  Street,    San  Francisco,   California. 

15.  Puk  an  kel  usw.  Ruk  en  Mortlock.  Hyinn  Book,  heraus- 
gegeben von  der  unter  14  erwähnten  Gesellschaft. 

16.  Jiokrafi  usw.  Ruk,  herausgegeben  von   der  Bostoner  Mission. 


IL    Grammatik. 

Vorbemerkungen. 

(Vgl.   Notes   011   the   granimar    of  the   Ponape  Dialect   by   L.  H.  Guliii,    Honolulu, 
Commercial  Advertiser  press  1858.) 

Die  bestehende  Schreibweise,  eingeführt  durch  die  Bostoner  Mission 
(American  Board  of  Commissioners  for  foreign  Missions),  bedient  sich  zui- 
Darstellung  der  Sprache  der  in  der  nachstehenden  Reihenfolge  geordneten 
14  Buchstaben:  a,  e,  i,  o,  u,  j,  k,  l,  m,  n,  n,  p,  r,  t.  j  bringt  den  s- 
und  Zischlaut  zum  Ausdruck,  lautet  meist  wie  dsch,  aber  auch,  je  anch 
dem  Dialekte,  wie  ß,  tsch,  tß,  ds.  n  (oder«)  entspricht  dem  Nasallaut  ng. 
Um  jede  Verwirrung  zu  vermeiden,  muß  zunächst  diese  Schreibweise  an- 
gewendet werden.  Ihre  Einfachheit  mag  auch  dem  Bedürfnisse  der  Ein- 
geborenen genügen.  Es  unterliegt  aber  keinem  Zweifel,  daß  sich  die 
Sprache  damit  nicht  erschöpfend  wiedergeben  läßt.  Die  Verschiedenheit 
der  Zischlaute  ist  erwähnt.  Eine  Unterscheidung  zwischen  ä  und  e  er- 
scheint nicht  möglich.  Da  zur  Bezeichnung  des  Zwischenlautes  ä  sehr  häufig, 
nach  englischem  Vorbilde,  a  gewählt  wurde,  ohne  daß  eine  Leseregel  sich 
ausfindig  machen  ließe,  so  besteht  für  das  Auge  ein  einheitUches  Bild  der 
Schrift,  während  die  Aussprache  sehr  verschieden  ist.  aunn&oii,  a,  ä,  ö, 
ferner  o,  ö,  ü,  ü  können  nicht  zur  rechten  Darstellung  gebracht  werden. 
k,  p,  t  bezeichnen  die  weichen  und  harten  Laute  ihrer  Klasse.  Die  Übimg 
allein  kann  schheßlich  Sicherheit  im  Hören,  Sprechen  und  Schreiben  ver- 
leihen. Als  Besonderheit  findet  sich  bei  einzelnen  Worten  ein  Vorschlags- » m " . 
bei  den  melanesischen  Sprachen  eine  regelmäßige  Erscheinung,  z.  B.  mpomp 
gewölbt,  mmara  Titel,  Würde.  Eine  Häufung  der  INIitlauter  ist  selten;  die 
Häufung  der  Selbstlauter  ist  gewöhnhch.  Im  Flusse  der  Rede  finden  aber 
starke  Zusammenziehungen  statt,  z.  B.  köue  du  =  ke  oder  ka\  ta  oh  =  täh. 
Ja  er  ^  lar. 

Die  Sprache  kennt  die  Beugung  der  Worte  nicht. 

Der  Artikel  fehlt. 

Das  Geschlecht  der  Worte  wird  gewöhnlich  nicht  besonders  unter- 
schieden; wo  es  zum  Verständnis  notwendig  erscheint,  bedient  man  sich 
des  Zusatzes  von  ol  Mann,  li  Weib,  rioi  ol  mein  Bruder,  rioi  K  meine 
Schwester.  Vielfach  sind  auch  verschiedene  Wörter  für  die  Geschlechter 
vorhanden ,  klh  Hahn ,  lutok  Henne. 

1* 


4  Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Keniifnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 

Die  Unterscheidung  zwischen  Einzahl  und  Mehrzahl  muß  sich  aus 
dem  Zusammenhang  ergeben.  Hier  kommen  besonders  die  Fürwörter  zur 
Hilfe,  welche  für  Einzahl,  Zweizahl  und  Mehrzahl  besondere  Formen  bilden. 
Man  kann  dem  betreffenden  Worte  auch  A'aw,  akan,  pukat  {=.  einige, 
mehrere)  als  Pluralzeichen  beisetzen.  Die  Abhängigkeit  der  Satzteile  er- 
gibt sich  aus  den  jeweils  angewandten  Bindewörtern;  besondere  Fälle  der 
Beugung  und  der  Abhängigkeit  zu  unterscheiden ,  dürfte  schwiei-ig  sein  und 
der  Sprache  Gewalt  antun.  Das  alleinstehende  Eigenschaftswort  nimmt 
we  vor  sich,  ein  Bindewort,  das  am  besten  mit  »es  ist«  wiedergegeben  wird. 
Das  Eigenschaftswort  steht  nach  dem  Hauptwort,  tuka  kajelel  der  schöne 
Baum;  me  kajelel  tvka  der  Baum  ist  schön  (auch  tvka  me  kajelel).  Die 
Steigerung  wird  durch  joü  als  (selten  ta)  ausgedrückt.  Imoi  memau  jon 
imom  mein  Haus  ist  besser  als  dein  Haus. 

Die  Nachsilbe  ia,  welche  auch  Zeitwörtern  angehängt  wird,  drückt 
den  höchsten  Grad  der  Steigerung  aus.  memania  es  ist  überaus,  sehr  gut. 
J  men  mdnataria  ich  bin  sehr  hungrig,  ira pepetia  die  beiden  kämpfen  sehr 
heftig  (pei  dazu  verdoppelt  s.  u.).  Die  Art  der  Zählung  in  den  Grund- 
zahlen ist  eine  achtfache,  je  nachdem  von  verschiedenen  Gegenständen  die 
Rede  ist.  Außerdem  gibt  es  für  gewisse  Dinge  noch  besondere  Zahlen- 
begriffe, z.  B.  ak  (spr.  äk)  10  lebende  Wesen  (Menschen,  Hühner)  us\v. 
Für  den  gewöhnlichen  Gebrauch  genügen  drei  Klassen: 

1.  Alles,  was  rund  ist,  wird  gezählt  mit  n,  also  eu .  riau  jilu  usw. 
Diese  Art  der  Zählung  ist  die  regelmäßige. 

2.  Alles,  was  lang  ist,  wird  mit po?  gezählt,  also  apot,  riapot,  jilipot, 
papot  usw. 

3.  Lebende  Wesen  werden  gezählt  mit  men,   also  amen,  riamen  usw. 
Die  Fürwörter  unterscheiden  eine  Zweizahl  in  der  persönHchen   und 

besitzanzeigenden  Form.  Zur  Unterscheidung  der  Zeiten  werden  besondere 
Hilfswörter  gebrauclit. 

Die  Gegenw^art  wird  gebildet  durch  met  oder  ap\  letzteres  erscheint 
selten.  Im  Laufe  der  Rede  werden  diese  beiden  Hilfswörter  meist  nicht 
gesetzt,     met  steht  gewöhnlich  vor,  ap  nach  seinem  Zeitwort. 

Die  Zukunft  wird  durch  pan  (selten  dnük)  ausgedrückt;  sie  stehen 
vor  ihrem  Zeitwort.  /  pan  uia  ich  werde  tun.  Die  befehlende  Form  be- 
dient sich  'ew,  welches  vor  dem  Zeitwort  steht  (en,  e  dumpf),  kuma  en 
pokata  ihr  zwei  hebt  auf. 

Die  Vergangenheit  wird  durch  er  bezeichnet,  welches  dem  Zeitwort 
nachsteht.  /  uiatar  (=:  uia  ta  er)  Ich  habe  (es)  getan,  kin  drückt  die 
Möglichkeit,  Gewohnheit  aus.  let  uan  taka  eu  hier  ist  eine  Frucht,  aramaj 
kin  mdiia  Leute  pilegen  (sie)  zu  essen  =;  ist  sie  eßbar,  kann  man  sie  essen. 

Wünschen,  verlangen,  die  Wunschform  wird  durch  men  gegeben. 
Ich  bin  durstig  =  ich  will  Wasser  trinken  I  men  nim  pil. 

\'erstärkungen  werden  durch  Verdoppelung  des  Grundwortes  erzielt, 
fo^am  sprechen ,  reden,  lökalokaia  gewaltig,  tleißig  reden. 

Die  Vorsilbe  ka  verwandelt  das  intransitive  Zeitwort  in  das  transitive. 
mela  sterben,  kamela  töten. 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape.  5 

Die  einzelnen  Zeitwörter,  im  besonderen  Maße  die  der  Bewegung, 
bilden  mit  Adverbien  des  Ortes  Zusammensetzungen,  deren  Häufung  das 
Verständnis  mitunter  schwierig  gestaltet.     Die  wichtigsten  sind: 

1.  La  (elä  wenn  das  Zeitwort  auf  einen  Mitlauter  endigt)  zeigt  an: 

a)  die   Vollendung    eines    Zustandes    und    das    Beharren    in 
demselben , 

b)  die    Abkunft,   Trennung  von   etwas.     /  mairela    ich   bin 
schläfrig  oder  schon  im  Schlafe 

2.  ta  (eta)  zeigt  die  Bewegung  nach  aufwärts  an 

3.  ti  abwärts 

4.  to  her  (zum  Sprechenden) 

5.  ue  weg  (vom  Sprechenden) 

6.  ü  fort  von  (selten) 

7.  lofi  in ,  einwärts 

8.  on  zu,  hinzu 

9.  jöh  weg  von  (vom   Handelnden) 

10.  pma  zusammen 

11.  päjo/i  auseinander 

ko  gehen,  Grundwort: 

ko  la.  gehe  fort 

kota  (auch  kota  la)  gehe  hinauf 

koH  gehe  hinab 

koto  komme  her  (zu  mir) 

koue  gehe  weg  (von  mir) 

ko  ii  fort ! 

ko  loh  geh  hinein 

ko  ah  gehe  zu  (jem.) 

ko  jöh  gehe  weg  (von  jem.) 

ko  pena  komm  zusammen 

ko  pajoh  geh  (auseinander),  trenne  dich. 

Zusammensetzungen  sind   häufig 
ko  ti  la  joh  geh  fort  (von  mir)  und   weg,  da  hinab 


III.  Wörtersammlung, 

(Deutsch-Ponape.) 
1.    Himmel,   Luft. 
Himmel  ndloh  Bhtz  liöl 

Mond  jminipoh  (spr.  jduni  — ) 


Wolke  tdpok 

Regen  kdtau  (spr.  kätau) 

Sturm  melvmel 

Wind  kißniah  Regenbogen  aiä 

Ostwind  mdjeloh  Stern  üju 


Flamme  ümpümpül 
Nacht  poh 
Schatten  mötä 
Sonne  kdfipin 


6 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kpimtiiis  der  UmgangsspracliP  von  Ponape. 


Glanz  linan 
Donnei'  nanjdpue 
ruhig  AVetter  moleti 
Tropfen  tinitin 
Luftraum  nanueue 
westlich ,  Westen  Mpi 


2.    E 


Erde  (Land)  jdmpä  (dschämpä) 

Erde  (Boden)  püel 

Stein  tdJcai 

Hügel  töl 

Seite,  Ufer  au  en  pil 

Riff  mat 

Weg  al 

Asche  paj 

Rost  mir 

Wasser  i 

frisches  Wasser    \  ^ 

Meer  jet 

tiefes  Meer  mdtau,  lam 

auf  hoher  See  nan,  mätaü  nalam 

seekrank  men  mätaü 

Insel  (je  nach  dem  Dialekt)  teka,  toka 

Vorgebirge  imuinjap 

Kanal  (Einfahrt)  tau 

Hafen  leäpitaii 

Koralle  rar 

Strom  lapdhe 

Woge  iluk 

Durchlaß  ndnkapaj 


östlich ,  Osten  mdja 
nördlich,  Norden  apdh 
südlich,  Süden  dir 
Licht  mdrain 
nach  Westen  pdli  kdpi 
Vollmond  mat 

rde. 

Horizont  Ion 

Sumpfland  lepüel 

Brücke  kaukot,  paj 

Werft,  Anlegebrücke  (jror,  jdkar 

Zone  joun 

Treibholz  (in  der  See)  kdpei  (a  =  ä) 

Seegras  olot 

Strand  oror 

Lagune  nenam 

Grund,  Boden  kdpi 

vSeite,  Ecke  kail 

See,  Brackwasser  lepen 

Ende  (des  Landes)  imuin 

Bucht  nam 

Süßvvassersee  le 

Kanal  nanatikitik 

Grenze,  Absatz  iran 

Teil  pajon 

Platz,  Ort  ndja 

Stadt  kamin 

Grasiläche,  Wiese  moj,  male 

Einöde.  Haus  lüak 


3.    Mensch. 


Mensch  aramaj 

Mann  ol 

Vater  jam 

(mein  V.,  dein  V.,  sein  V.  jamoi, 
Jamom,  jama) 

Mutter  in 

(mein)  älterer  Bruder  rioi  melap 

(mein)  jüngerer  Bruder  rioi  metik 

Schwager  ma 

König,  Häuptling  JoM  peiti 

(pei  demVolke  das  Antlitz  zuwenden, 
jou peiti  einer,  der  dies  ex  professo 
{jou)  tut;  ti  hinab  auf  etwas) 


I  Herr  maiTi 

I  Gefährte  uorek 

\  Kopf  moü 

(mein  Kopf  moiioi) 

Ohr  jaloii 

'  Auge  por  en  maja 
!  Nase  tum 

Mund  au 

Bart  jap 

Arm  pä  (spr.  pa) 

Brüste  titi 

Bauch  kapeti 

Bein  nä  (spr.  na) 


Hahi. 


Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape.  7 


Knie  puk 

Herz  nulunul 

Ader  jalin  utuk 

Knochen  ti 

Blut  ntä 

Weib  li  ^ 

meine  Schwester  rioili 

Knabe  pütak 

Mädchen  jeripen 

Diener  lüti 

Ehefrau  li  pauta 

meine  Frau  ai  pauta 

Ehemann  öl  pauta 

Kinder  jeri  hau 

Mutter  {=^  Stammutter)  nono 

Kuß  mpöke 

heben,  Liebe  pökapöka  (a  zwischen 

und  e) 
Stirne  (seine)  toma 
Haar  pit  en  mona 
Finger  jentinpa 
Daumen  jentilap 
Zeigefinger  jentömotoma 
kleiner  Finger  jentitiki 
Hals  tapinudra 
Hand  kumut 
Gesäß  kaue 
Brust  mdremare 
Körper  palmar 
Seele  neni 
Rücken  potijoua 
Nägel  kiki 
Zehe  jentin  na 
Geschlechtsteile  lak,  üjol 
Kinn  kaikai 
Brauen  pdti  {a  =  ä) 
Kehle  kapinudra 
Zahn  ni 
Lippen  kilincma 
Haut  kilin 
Ringwurm  kilinuai 
Kopfschmerz  mdliel 
Schnupfen  toi 

Zahnschmerzen  haben  lii  metek 
Schmerzen  haben  metek  oder  metak 
Krieg  pepei 


Fest  kdmatip 
Geräusch  katairon 

Lärm  kümukum 
Geist,  Schatten  ani 
Engel  touhn 

Christ  joulon 

Gott  kot 

Ei'stgeborener  mejeni 

Liebchen  mejendti  (spr.  -äti) 

nachgeboren  pokintiti 

Stärke,  Kraft  kel 

Ewigkeit  murin  mela 

Freund,  Freundin  kömpokepai 

djis  einzige  Kind  ieroj 

Abkömmling  katautok 

Vielweiberei  {=■-  ein  Mann  mit  vielen 
Frauen)  pdkai 

Waise  jopdpo 

Rücken  jakeri 

^'erheiratung,  Hochzeit  kdpapaut 

Gestalt,  Aussehen  mom 

ein  fleißiger  Mann,    ein  Schaffer,  Ar- 
beiter pörijok 

Fleisch  utuk 

Geist  Tien 

Geburt  ipui 

Welt  jampa 

Taten ,  Schöpfung  uiaui 
Jip 
Lap 

Kugel ,  Einheit  pon 

Zahl  pat 

Null  kata?Jauf 

Günstling  könikon 

Geschichte  kdjokajoi 

Begräbnisplatz  joujou 

Stammesangehöriger,  Freund  pirio7i 

Opfer  (=  gebraten)  ijij 

Erinnerung  tamatamayi 

Leiden,  Elend  lökolok 

Schmerz  mdtak  (a  =  ä) 

Stimme  nil 

Apostel  udnporon 

junger  Mann  mdnäkap 

junge  Frau  penäkap 

Bitternis,  Schmei'z  kdtik 


Wort 


en  lokaia 


(S  Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangsspraclie  von  Ponape, 

Tätigkeit ,  Beschäftigung 


Idmalam 


Religion 

Liige  likam 

Lektion,  x\bschnitt  ira 

Figur,  Beispiel  intin 

Priester,  Lehrer  jounpatak 

Arzt  jmnuini 

Fischer  jounlait,  joujet 


4.    Tieie, 
Hund  Mti 

Fledermaus  puak  (spr.  puäk) 
Vogel  man  pir  (pir  fliegen) 
Taube  muroi 
Schlange,  Aal  kamijik  (=  etwas,  was 

Furcht  bereitet) 
Fisch,  viele  Fische   mam,  jaikan 
Hummer  dltmon 
Schmetterling  lipdrürü 
Ameise,  kleine  Ameise  kat,   katitik 
Fliege  loh 
Mücke  om 
Laus  likäräk 
Krebs  likätöp 


(  kanonäma 

I  hölokon 

Geographie  (=  ein  Anblick)  peätial 
Gesellschaft,  Begleitung  udrak 
Gier  änak 
Frage,  Thema  käk 
Kenntnis,  Wissen  kuptirakon 
Unart  (eines  Kindes)  jökon  (Jdkan) 

mdn  äkdn. 

Schwein  püik 

Ziege  kot 

Schaf  jip 

Kuh  kau 

Huhn,  Hühnchen  li/tok,  piirok 

Hahn  king 

Geflügel  mdlekä 

Ente  tuk  (spr.  tnk) 

Gans  kanj 

Pferd  oj  (aus  horse) 

Ei  kütor 

Schildkröte  ue 

Muscheltier  (jede  Art)  mdnika 

Schwanz  iki 


Pflanzen,  tuka  akan. 


Baum  tükä 
Wurzel  kdio 
Rinde  kil  {en  tuka) 
Blatt  ta 
Frucht  ua 
Banane  ut 
Kokosnuß  (reife)  dri7i 

(allgemein)   mdhas 
Kokosnußmilch  pen 
äußere  Schale  der  Kokosnuß  tip 
Jam  kep 
Taro  moh  (mäh) 
Rohr  dlek 
Zuckerrohr  jeu 

6.    Wohnung 
Zaun  kel 
Pfahl  ur 

Schutz,  Schirm  kdtauk 
Brett,  Bank  timip 


Brotfrucht  7nai 

Elfenbeinnuß  uoj 

Mandel  (einheimische)  kema 

Paj)aia  mdmiop 

Gras  rä  (spr.  ra) 

cordia  subcordata  ijau 

inophyllum  kaloph.  tdmana 

Ananas  painaper 

Mango   kahit 

Zitrone  karer 

Schößling  ponj 

hibiscus  populneus  kdlau 

Zweig  rä  (spr.  rä) 

Same  uA 

Geräte,  Kleidung. 
Kopfkissen  ul 
Kahn  üar 
Mast  kaii 
Ruder  pdtel 


Hahi, :    K\n  Bfitrag  zur  Kenntnis 

Segel  jerok 

Nagel  kijin  mdta  (spr.  mute)  {mata  aus 

metal) 
Kamm  käme  (comb) 
Tasche  et 
Korb  kopüa,  Mam 
Schnur,  Tau  jal 
dünne  Schnur  kijin  puel 
Gürtel  tör 
Fächer   tdnir 
Grasrock  kal  (spr.  käf) 
Kleiderstoff  likau 
Frauenkleid  likauli 
Hosen  raujej 
Jacke  jdkit 
Hut  lijörop 
Kranz  alin  jeir 
Salböl  le  (spr.  In) 
Matte  (zum  Schlafen)  loj 

(zum    Sitzen)  Urop    (spi-.  lirrop) 
Mörser  peinar 
Stuhl  jer 
Tisch  tepel 
Koffer,  Kiste  köpa 
Knopf  pdten 
Papier  kijinlikau 
Schwamm  lim 
Farbe  litop 
Schleuder  pai 
Zuspeise  Jdlia  (spr.  jäliä) 
Netz  (großes)  uk 

(kleines)  naik 
Fackel  intil 
Teil  puaijaij,  pdjon 
Flur  (Hausflur)  tätanim 
Vorhang,  Wand  titinim 
Dach  öjenim 


beide 
senkrecht 
zum  Flur 


der  Umgangssprache  ^on  Ponape. 

Dachsparren  reunim 

Balken    (Pfeiler)  urenim 

Querbalken  loloenim 

Haus  im 

Kalk  puet 

Bett  pank 

Tür  udnim   (a  =  d) 

Fenster  uaninituk  {a  =  a) 

Hauspfosten,  kleiner, 
seitlicher  kdtar 

Hauspfosten,  großer, 
mittlerer  or 

Balken  (im  Haus,  (juerlaufend)  mpjentit 

Habe,  Gut  tipijo 

Musikinstrument  kdjoh 

Außenseite,  Oberfläche.   Haut  kilin 

Schatten,  Karte  neu 

die  Achse  pürian 

Äquator  (=  in  zwei  Teile  geschnitten) 
lipalap 

Rückseite  jmia 

Ding,  Habe  kapüa 

kostbare  Habe  kaj<'/mpual 

Umkreis  kdpil 

Handhabe,  Zügel  kolepa 

Gewebe  til 

ein  Stück  (von  etwas)  ekij 

Bund,  eine  zusammengebundene  Men- 
ge; auch   Fig.  tüntun 

Ding  (jeder  Art)  meakot 

Kreuz  löpu 

Loch  por 

Statue  tiketik 

Licht,    Lampe,    Fackel    (ursprünglich 
getrocknetes  Kokosblatt)  jer 

Wanderstock  jökon 

Spitze  köma  ' 


7.    Von  der  Zeit,  uatauat  en  anjou. 


Tag  ran 

Sonntag  ran  jermli 
Montag  nidt  (spr.  niät) 
Dienstag  ni  are 
Mittwoch  ni  ejil 
Donnerstag  ni  apdn 


Freitag   ni  dlem 

Sonnabend  ni  kaonop  (si)r.  kdünöp) 

Woche  Utk 

Monat  jmnipon 

Jahr  jmnpar 

Stunde  klok 


10 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


Zeit  dnjou 

Morgen,  in  der  Frühe  ninjöran 

Vormittag  nimenjaii 

mittags   ninjouaj 

nachmittags  ninjmaj  en  joiiük 

abends    ninjoutik ,  udja  pon 

nachts  nipon 

heute  rdnuet 

morgen  läkap 

gestern  aio 

übermorgen  pdli 

vorgestern  mdntaJcenaw 


bis,  mit  der  Zeit,  innerhalb  einer  ge- 
wissen Zeit  Idö 
immer  kököldte,  pötepote 
lange  Zeit  üdrd 
in  alten  Zeiten  kailanam 
wie  lange  Zeit?   iä  rein? 
nicht  lange  Zeit  e  jötä  udrei 
was  ist  die  Zeit?  dnjou  ta? 
nach  und  nach  apdn 
in  drei  Tagen  peild 
zuerst,  von  Anfang  an  tdpipan 
in  Zeit,  mit  der  Zeit  kötekoteo 


8.    Von  der  Behörde,  momot  en  kaon. 


ehrfurchtsvolle   Anrede   (; 

kotin 
Regierungszeit  rmiein 
Bevölkerung  toun 
Sünde  tip;  Verbrechen  (- 

Königs  Wort)  tip  laut 
Dieb  lipirap 
Macht  mdnaman 


Hoheit)      Tabu    (an  einem   Kokosbaum).    Feld- 
zeichen indpui 
Abteilung,  Klasse  (=  eine  besondere 
Zalil  Volkes)  pinn 
des    Sitte,  Art  und  Weise  tiak 
Titel  mmar 

Obrigkeit,  Herrschaft.   Herrscher. 
Haupt  kdon 


Leute  (mit  Bezug  auf  eine  Landschaft)    Häuptling  (=   erster  im  Stanun) 

men,  z.  B.  menkiti  jöumaj 

Gesetz  kapun  {a  =  d) ,  majen  l  Häuptling  (=   Landlierr)   mojijap 

Erbschaft  müririk 


9.    Eigenschaftswörter. 


heilig  jerävi 
sanft  (me)tdrok 
zahm  mant 
recht,  gerade  inen 
fertig  enekier 
reif  mää 
leicht  rdra 
leer  tan 
schwach  lüet 
klein,  dünn  titi 
neu  kap 
heiß  kdrakar 
rot  ueitdta 
schwarz  tontol 
weiß  potapot 
grün  mei 


schön  kdjalel 

schwer  tdutau  {au  zwischen  au  und  d) 
kalt  pau ;  mich  friert  I  men  pau 
schnell  pitipit 
alle  kdrqj 
klein  tikitik 
groß  kaleimun 
viele  töto 
wenige  laulau 
heiß  kdrakar 
gut  mdu 
schlecht  jüit 
wahr  meälel 
nahe  kdran 

groß   1        (von        i  laut 
alt    \  Personen)    |  ma 


Hahl:    Ein  Beitrat;-  zur  Konntnis  der  Uiiitraru 


spra 


oIk 


Poiiape. 


11 


alt  (von   Dingen)  marin 

stark,  kräftif?  hele'd 

stark  (vom   König)  rüjnn 

schwach  lüet 

Ivrank  jömau 

krank  (vom    König)   lümum 

betrunken  jakcmlar 

allgegenwärtig  käitar 

ewig  {—  einer,  der  nie  endigt)  Jölopoi 

immer  pötepote 

unveränderlich,  immer  sein  eigen  (von 
der  Gottheit)  lölen 

unsichtbar  rir 

sichtbar  jdnjaJ 

wohltätig,   Segen  spendend  kapfmolol, 
Itälanan  (vom   Könige) 

rein  kölokol 

schmutzig  puelepüel 

nachlässig  jamin 

angehörig    (einem    König)   japuUimm 
(auch    Anrede    auf   einer    Adresse, 
etwa  =   Hochgeboren) 
weiblich  pen 
männlich  man 

eben,  gerade  (im  Raum)  äpton 
gleich,  gleich  messend  pdrnk 
rinid  pönapon 
eben,  flach  pätapat 
ausgedehnt,  ausgestreckt  üue 
halb  apäli 
trocken  mdtakon 
sehr,  überaus  kaualap 
rechts  md!un 
links  main 
anderer  meteiu 

andere  teko,  meteko,  metekat 
allein,  einsam  kelep  {keleip) 
struppig  jiroii 

stolz,  unabhängig  kejej ,  Idmei 
freundlich,  liebreich  kdtäk  (spr.  katäk) 
zerstreut,     auseinanderliegend     mörö- 
pajon    (das  zweite  o   fast  nicht   ge- 
hört) 
geschickt,  geweckt,  weise  lölokon 
jung  (von  Tiei-en)  puelel 


nicht    geschickt,     nicht    passend    für 
Hausarbeit   (von  der  Frau)  jakdiok 
zu  Ende,  leer,  aufgebraucht  örojer 
krumm,  nicht  gerade  pirok 
gewölbt  (nach  außen)  mpomp 
sehr  hübsch,  überaus  meit 
wild,  wütend ^o»ioY(a  zwischen  a  und  o) 
gewebt  tintil 

verzweigt,  zweigartig  kajöiia 
zusammengeformt     (so    daß     es    ein 

Ganzes  ausmacht)  nnjok 
heraufgewaschen    (von    der   Seewoge) 

di'metok 
vei-fault,  verrottet  monüeti 
umringt,  rings  umgeben  kdpil 
abgeschieden,     entfernt    von     tör     (o 

zwischen  o  und  e) 
trocken  (vom  Riff)  mdiätä 
hoch  ilelä  {a  zwischen  a  und  e) 
gerade  inen 
ausgestreckt,  hineinreichend  (z.  B.  ein 

Kanal  in  das  Land)  uudn 
nachlässig,    nicht    gefällig    aussehend 

(vom  Weibe)  mömoaj 
ein    gefällig   aussehendes   Weib,    gut 
von  Gestalt  mömalik  [a  nahe  an  o) 
mitten,    in   der  Mitte   von    etwas  be- 
findlich dilapan    {nan  atlapan  uel  in 
der  Mitte  des  Waldes) 
ruhig  (von  der  See)  mole 
getragen,  gebracht  uijik 
zuerst,  voran  maj 
viele  neier 

einzelne  (=  nur)  eta 
kurz  mätämot 
feindlich  peirin 

gut,  freundlich  aussehend  mdj  ä  mau 
außerordentlich,  wundervoll  mdnaman 
ähnlich,  gleich  raj  (z.  B.  wie  ich  raj 

on  ia) 
schlimm  ö 

gekocht  (im  Feuer)  ain 
ohne  Verwandtschaft,  einsam  japdupau 
sehr,  überaus  muldtok 
faul,  lässig  tanana 


12  Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


10.    Zei 
hören  ron,  kornn 
ansehen  Jcilon,  nar 
schreien  jaii 
essen  nemnem 
trinken  nim 

beißen  (zusaiimu'nl)eißen)  ke  (ke-pena) 
speien  umnj 
kosten  (versuchen)  jofi 
Hegen  uen 

niederlegen,  sich  uen-ti 
ankommen  lel 

wandern  (zum  Vergnügen)   momeit 
wandern,  umher-  koko  jili 
eintreten  petelon 
kriechen  karop 
schlafen  mair 
wachsen  uöj 
sterben  mela 

gestorben,  tot  melar  (aus  mela  er) 
wissen  äja 

erfreuen,  jemand  kaperen 
sich  freuen  peren 
erlangen,  besitzen  die 
festhalten  kölokol 
verbergen  riik 
bringen  üd 

lösen  (Fesseln)  lapüa 
kneifen  kini 

beschneiden  jirkumjaij  (oircumsci^se) 
durchbohren  pure 
schießen  kdjik 

(kajik  eigentlich    federn ,    elastisch 
sein) 
ertränken  kömop 
umdrehen  pirer 
einschließen  retiniti 
reiben  el 

streichen,  fegen  irij 
schneiden  lop  (spr.  löp) 
schneiden,  teilen  nek 
austeilen  nek  pajon 
teilen  pdli 
graben  ueir 
jäten,  ausraufen  uj 


fällen  paldti  (spr.  päläti) 

schälen  ki-jon-kilin 

waschen  (Kleider)  löpelöpü 

waschen  (die  Hände)  ömiom 

waschen  (das  Gesicht)  opmnok 

a usbessern  kamau  -  ila 

rösten  umun 

anzünden  ijik 

baden  hitu 

Schmerz    bereiten,     jemand    kametak 

oder  kametek 
schmerzen  metek 
öffnen  (die  Tür)  retinata 
öffnen  (den  Mund)  pdrapajm  (aue) 
schließen  (den  Mund)  kipena  (ave) 

{ki-pena  =i  zusammenbringen) 
herkommen  ko-to 
fortgehen  ko-la 
vergessen  mönekela 
schreiben,  tätowieren  intin 
können,  vermögen  käk 
verstehen  ueüe 
arbeiten  totök 
fegen  kokök 
nähen  tTfi 
machen,  tun  uia 
aufpassen,  wachen  jinjila 
geben ,  reichen  ki 
hergeben  kiuTi 
gib  mir  kito 
gib  weg  ki  ue,  ki  jon 
ausruhen  komöl 
Abschied  nehmen  kamuirimuir 
zerbrechen,   reißen  (auf  dem  Papier) 

durchstreichen  kau4la 
anziehen    (Kleider)  pürian    nan    likau 
ausziehen  (Kleider)  kijan  nan  likau 
aufstehen  (vom  Lager)  pöretä 
aufstehen  (vom  Sitz)  üta 
zählen  uatäüat 
sich  setzen  mÖ7iti 
tanzen,  spielen  mötomotön 
weinen  mamaiik  {s\iT.mämauk),  jaiiijaTii 
blöken,  wimmern  uirauir 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Keiiiitiiis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


18 


schlagen  kämekam,  pudki 

fürchten,  sich  mäjah 

klettern  tomr 

herunterholen  (vom  Baum)  taureti 

wegwerfen  kaje- la 

wenden  pur 

zurückkehren  (zu  mir)  puröto 

zurückkehren  (=  wenden  hin  zu  einem 

andern)  purdIa 
sprechen ,  reden  lokaia 
befehlen   mdjani 
bleiben,    sein,     existieren    mi    {mimi, 

miä) 
stehlen  j^rap 
lügen  likam 
benetzen  topolon 
wischen  limui 
lachen  kaiirur 
umarmen  pölopol  (p.  pena) 
pflanzen  patüketi  (auch  potöketi) 
umherlaufen  kojeli 
rufen  eker,  likuere 
laufen  tan 
weglaufen  taii  tarn 
lehren  patäk 

zeigen,  erklären  kalelapok 
ölen  (den   Körper)  keie 
ölen    (das   Haar)    uijöre 
schulden  puaipant 
bezahlen,   kaufen  pvmn 
verkaufen  nat 
riechen  net 

gut  riechen,  duften  pömmi 
es  riecht  sehr  gut  pomaiiie 
übel  riechen,  stinken  pöjuit  (zugleich 

Schimpfwort) 
streichen  (mit  Farbe)  litopui 
streicheln  tdmatamor 
denken,  meinen  Idme  (spr.  lame) 
erinnern  tömatamdn 
spitzen  par 

wandern  (ohne  festes  Ziel)  kairu 
freundlich  sein  kdtek 
zerbrechen  öla 
verbergen,  etwas  oki 
in  Reihen  legen  kairak 


unartig,  böse,  eigensinnig  sein  joko- 
jökonai  {jakajdkanai) 

richten  (als  Richter)  kateika 

begünstigen,  bevorzugen  kakönikon 

emporheben,  einen  Rang  verleihen 
kajapmlata 

absetzen ,  der  Würde  entkleiden  kaja- 
puiliti 

ausgraben  (einen  Toten)  jaripdta 

Partei  nehmen  üpor,  upali 

zurückgeben,  rächen  pelian 

puffen ,  knuffen  jikon 

sich  bewegen  (in  Richtung  auf  oder 
von  etwas)  kaikai 

hören  ,  auf  jemand  peiki  m 

verlängern  (einen  Stock  durch  An- 
satz); überliefern  pauj 

sich  abwenden  jopeue 

verbrennen  ijik 

erregt  sein  liiiaranar 

knirschen  (mit  den  Zähnen)  teterok 

steinigen ,  mit  Steinen  werfen  hdjukkdte 

sich  erinnern  kdkalik 

wach  sein,  tätig  sein  papdt 

überraschen  kömpa 

verleumden  karauneki 

böses  Gewissen  haben  laiialo 

vorbereiten  önonop 

bewegen  (intr.)  kai 

sich  nähern  kai  oii 

herankommen,  heranrücken  kai  to 

fortrücken  kai  jofi 

wegrücken  kai  ue 

hinaufrücken  kai  ta 

herabführen  kai  ti 

wechseln,  sich  ändern  (von  einer 
Farbe ,  Krankheit)  jare 

verjagen,  weggehen  machen  kajdre jofi 

halten,  stillstehen  pö 

halten  machen,  anhalten  kapöuia 

berühren  töke 

ankleiden  (jemand)  kapüat 

ertrinken  mop 

betrauern ,  beweinen  maie 

rauben  (aus  einem  Hause)  kuti 

beten,  beschwören  uindni 


14 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape 


bereuen  injino 

antworten  japon 

schneiden  (mit  der  scharfen  Muschel, 

nun  mit  der  Schere)  Mte 
brechen  (vom  Wasser)  puii 
spritzen  (das  Wasser  brechen  machen) 

punapuii 
hineinspringen  luji 
emporspringen  lujita 
schelten,    rauhe    Worte    gebrauchen 

pijerak 
ehebrechen,  Unzucht  treiben  nenek 
vorbeugen  kdpo  (po  stillstehen) 
folgen,  jemand  itauen 
schärfen  eta  (spr.  etä) 
werfen  kdte 
schleudern  tokö 
wünschen  nörokä 
fischen   laii 
schweigen  nenenia 
wachsen  käpärdpar 
sprossen  uöjata 
träumen  auramen 
gähnen  jardpajon 
erhen  jojökt 
mischen  kotia 
überraschen  puriämui 
roden ,  den  Boden  bearbeiten  uiajdpäjap 
stampfen  (zu  Brei)  juk 
zerstampfen ,  zei-schlagen  jükpajori 
töten  kamela 
atmen  ejinekitar 
beichten  jakdrüp 
ordnen  kairdkauei 
auflieben,  aufbewahren  7iekitimm/i 
einladen  kajdmo 
drehen   (ein  Tau)  koleit 
zielen  kaineneoii 
krähen  kökorot 
kneten  käpal 
sieden  poil 
wechseln  kauilian 
verbieten  peleki 
tragen  helfen  Ukitdta 
tragen    (am   Stock    auf   den    Achseln 
zweier  Männer)  röe 


gehen ,  reisen  (auf  dem   Lande)  jdpal 
beginnen   (intr.)  tdpi 
wollen ,  wünschen ,  men    mauki 
nicht  wollen  kan 
wissen  dja 

nicht  wissen  jdja  (spr.  dschädschä) 
aufheben  (mit  der  Hand)  pokata 
lesen  töropiia 
rudern  jei 

niederkauern    (zum  Zeichen   des   Re- 
spekts) kaipöni 
sich  schämen  ndmenok 
binden ,  fesseln  jalieti 
aufhängen  Idnata  (spr.  länyätä) 
ein  Tau  hochziehen,  heißen  dpi 
einen  Menschen  hängen  apiata 
streiten,  kämpfen  pei 
Krieg  führen  mauin 
aufrichten,  geradestellen  kaiiata 
Lust  haben,  wollen  pen 
stärken,   Kraft  geben  kamdnanian 
sehen,     blicken      (auf     ausgebreitete 

Dinge)  kdjale 
wünschen,  begehren  inon 
auffinden  kdtiar 
fürsorgen,       Bequemlichkeit       geben 

kaniait 
überlassen,  hingeben  müet 
zurückgeben  titpuk 
Freundschaft     schließen,      ein     Herz 

sein  min 
aufrücken  (in  Würden)  japnilttä 
spielen  ,  ein  Musikinstrument  kajokajon 
auszeichnen  (vom  Fürsten  einem  Manne 

gegenüber)  mdjamaj 
sitzen;    übertragen:    mot,   gehorchen, 

z.  B.  mot  ofi  köt 
setzen,  legen  kau 

(mit  allen  möglichen  ^'ariationen 

kauata  hinauf- 

kaueti  herab- 

kauoto  her- 

ka^ine  weg- 

kauala  hin- 

katiajofi  fort- 

kattatm  herzu-) 


Hahl:    Ein  Beitrag  zui'  Kciiiitiiis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


15 


kennen,  wissen  ere 

aufwachsen  Jcaire 

essen  tünol,  jak 

müde  sein  pan,  nir 

eingraben ,  bestatten  järi 

verurteilen  tom 

belehren,  zeigen  kapdre 

glauben  Icamelele 

Zeuge  sein,  sehen  als  Zeuge  ütial 

sagen  Mtiti 

zusammensetzen ,       zusammenbringen 

j)6]con 
bewohnen  (ein  Land)  töue 
stehen  joTc 

gleichen ,  ähnlich  sein  jdnjal 
den    Anschein    haben,    gleichen    likö- 

mata 
einladen  (zum  Feste)  löki 
anerkennen,  vorziehen  mani 
sich  in  acht  nehmen,   aufpassen;    ein 

Warnungszeichen    geben ,     warnen 

Jcdlaka 
opfern    (der  Gottheit)    köleir,    ?nairon 
warten,  zuwarten  üti 
handeln ,  tun  püai 
etwas  vollbringen  kapumata 
eindringen  (in  eine  Öffnung)  pet 
fangen,  fassen  lo 
fesseln,  fangen  loH 
vertrauen  liki 

verwandeln  pikila  (Grundwort  pik) 
aufsteigen  (intr.)  xikata;  uk  steil,  hinauf 

oder  herab 
abfallen  (vom  Berg)  üketi 
sagen,  erzählen  inta 
sinken  kir 
bewegen,  etwas  mökit 


fallen  pöp 

herabfallen  popiti 

aufstehen  kajinen 

schwindelig  sein  lonk 

fahren  im  Kanu  tdka 

reiten  tdkataka 

hinterlassen,  übrigbleiben  ludti 

etwas    hinterlassen,    niederlegen    kiü 

sich  zeigen,  in  die  Erscheinung  treten 

para 
niederströmen  (vom  Regen)  mörati 
treiben  in  der  See ,  triften  peito 
sich  erstrecken,  ausdehnen  ü 
ankern  pmäok 

halten,  festhalten  kol,  meist  koleti 
halten,  Sicherheit  geben  kölepan 
zornig  sein  onion 
hungern  tupok 

Wasser  schöpfen  (vom  Schiff)  maui 
Tabu  anlegen,    verbieten    (durch   ein 

geflochtenes  Kokosblatt)  kainapui 
herüberkommen  jipal 
stiften ,    geben    (für    einen    frommen 

Zweck)  köleir 
ausfinden  tiar 

begrenzen,  Grenzzeichen  setzen   irair 
wohnen,  sich  aufhalten  kaujon 
schenken  kljdkij 
fortziehen  kdjau 
beanspruchen  dneki 
prophezeien  kokop 
vorausgehen,  jemand  tiaii 
singen,  im  Feste  liij 
singen,  ein  Lied  kaul 
vollenden,  beendigen  kdroja 
spazieren  gehen  mölol 
spalten  pital 


11.   Verhältniswörter. 


an  (diesem  Platze)  uajdo 

auf  na,  nan,  pon 

außerhalb  liki 

diesseits  pdliet 

darüber,  jenseits  pali  pajon 

in,  darinnen  m,  nan 


vor  rnrni,  moa 
von  (weg  von)  jan 
mit  ian 

nach  mur,  murin 
innerhalb  löle. 
jenseits  'pälio 


16 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponapf 


gegenüber  jalauon 

über    (senkrecht    über    dem    Haupte) 

Jcmnene 
zwischen  ndnpofi,  ndnaponen 
nahebei  korenion 


von,  mit,  über  eki 
unter  pan,  panan,  iti 
über,  in  bezug  auf  tuen 
über,  in  betreff  ki 
gleichwie,  von.   über  iran 


längsseit  mpa   (längsseit   des    Schiffes    an  poa 

mpenjop)  entfernt  von  etwas    töpa  joii 

Seite  pah,  unten  palipa,  ohen  pali  poe   vor  (jem.)  moa 


12.  Für 
ich  nai,  i 
du  köü{a),    oft   auch   ka,   gewöhnHch 

köü,  koue 
er,  sie,  es   a,  i  (es  =  es  ist    me\   es 

ist  schön  rrie  kdjelel) 
wir  zwei  kita 
ihr  zwei  küma 
sie  zwei  ira 

wir  (auch  der  Angeredete)  kitail  oder  Je 
wir  (der  Angeredete  nicht  einbegi'iffen) 

kit 
ihr  kömail  (o  zwischen  o  und  u) 
sie  irail  oder  re 
mich  ia 
dich  uk 
ihn,  es   ie,  e 

mein  ai,  nai,  als  Suffix  oi 
dein  am,  nom,  als  Suffix  om  {am) 
sein  a,  na,  als  Suffix  o  (a),  na 
uns   beiden   gehörig   at  \  andere  For- 
euch  beiden  gehörig  owa  >  men,z.B.re'te, 
ihnen  beiden  gehörig  ara  '    sind  selten 


Wörter. 

unser  dtail 

euer  dmail  {d  zwischen  a  und  o) 
1  ihre  drail  (r  =  rr) 
•  welcher,  e,  es  me 

was  ta,  tdkot 

wer  ij 

dasselbe  tudta  (spr.  ^fe) 

wieviel  tdpa  (spr.  Äitpe) 
I  wie  viele  sind  me  tdpa 
■  warum   püketä   (e  zwischen  e  und  i), 
menta 

selbst  pein 

dieser,  e,  es 


jener,  e,   es 

dieser,  e,  es 
jener,  e,  es 
alle  kdrqj 


Sing. 


Plural 


uen,  et,  mit,  muet, 

0,  ko 
met,  vet,  men,  en 
kijet 
ipuka,  mepakai 
/  mepako ,  kan 


13.    Allgemeines.     Lokalokaia  momot. 


Wie  heißt  du? 

Wer  bist  du? 

Wohin  gehst  du? 

Was  bringst  du? 

Woher  kommst  du? 

Wer  kommt  mit  dir? 

Bring  mir  dies  Buch. 

Nimm  die  Sachen  weg  (räume  f 

Was  geht  vor? 

Hebe  es  auf  (mit  deiner  Hand). 

Redet  niclit  so  viel!    Schweige! 

Du  bist  träge. 


Ia  atoml 

Ij  kcm'i 

Koue  pan  kola  iaf 

Ta  me  koue  tiato? 

Koue  kojan  iaf 

Ij  me  iaii  uk  koto? 

TJaton  ia  puk  en. 

TJaue  Jon  meakot. 

Takot? 

Proke  kita  pam. 

Kumail  ter  lokaia  totoi 

Koue  me  iaiiana. 


Nenenla! 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Keiiiitiii.s  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


17 


Komm  mit  mir! 

Willst  du  nicht  mit  mir  kommen? 

Gib  her! 

Wie  viele  seid  ihr  hier? 

Wie  heißen  sie? 

Warum  weinst  du? 

\\'er  hat  dich  geschlagen? 

Um  wieviel  Uhr  kommst  du? 

Wann  wirst  du  fortgehen? 

Besitzest  du  Schweine? 

AVie  viele  Söhne  hast  du? 

Wer  hat  dies  getan? 

Ich  bin  hungrig. 

Ich  bin  durstig  (ich  will  VV^asser 
trinken). 

Wieviel  Geld  hast  du?    Keines. 

Hast  du  viele  Bananen? 

Ja,  Herr,  sehr  viele. 

Sind  sie  reif  oder  grün? 

Einige  sind  reif,  einige  grün. 

Wann  wirst  du  sie  bringen? 

Ich  weiß  nicht,  ob  morgen  oder  an 
einem  anderen  Tage. 

Willst  du  sie  mir  verkaufen? 

Ja ,  ich  will. 

Wieviel  soll  ich  dir  bezahlen? 

Zwei  Mark. 

Das  ist  zu  teuer. 

In  Wahrheit,  was  ist  der  Preis? 

Nein,  es  ist  billig. 

Nun,  wieviel  Geld  willst  du? 

Ich  will  zwei  Mark. 

Hier  sind  zwei  Mark. 

Ich  gebe  dir  deutsches  Geld. 

Mir,  Herr,  mein  Vater  hat  es  bepflanzt. 

Ich  bitte  sie,  mir  eine  Eigentums- 
urkunde auszustellen. 

Ich  will  erst  wissen,    wer  recht   hat. 

Ich,  Herr,  die  beiden  sind  schlecht; 
sie  sind  stark  und  wollen  mich  ver- 
treiben; sie  haben  mich  gestern 
mit  dem  Messer  auf  den  Kopf  ge- 
schlagen. 

^di  werde  erst  den  Häuptling  hören 
und  dann   Gericht   halten. 


Koto  ian  ia! 

Koue  jo  pan  ian  ial 

Kito! 

Kumail  tapa  me  mi  meti 

Ij  at  arraiU 

Ta  me  haue  janijafiMI 

Ij  me  Mme  iuk'i 

Ni  Mf)k  tapa  Iccrne  leotol 

Koue  pan  jamoan  iatl 

Nmtm  jniik  mia? 

Noum  putaJe  Ican  me  tapai 

Ij  me  uia  ta  menl 

I  men  mäfiatar. 

I  men  nim  pilatar. 

Noum  moni  tapal   Jota. 

Me  toto  ut  mi  reml 

Ei  Tuain  metoto  ia. 

Re  me  ma  te  pulopul. 

ÄJcai  me  ma  o  akai  me  jndopitf. 

Koue  pan  uato  iat? 

I  jaja  lahap  te  eu  ran. 

Koue  men  natiJci  ia  la'i 

Ei,  i  mauJei. 

JJen  maJcamauki  i  pan  puain  on  uk? 

Mark  riau. 

Me  puai  laut. 

A  mealel ,  ta  p^iai  nai 

Jo,  puai  me  tikitik. 

A,  moni  tapa  ho^ie  mauJciJ 

I  mauM  Mark  riau. 

Jet  Mark  riau. 

Nai  kiouue  rem  moni  Jermen. 

Jopoi  main,  ai  papa  patokiti  er. 

I  poki  komm  en  uia  kijinlikau  en  japoi. 

I  men  aja  maj  ij  me  pun. 

Nai  main,    ira  me  jakanakan,    ira   me 

keleil  o  men  kajare  jon  ia;  aio  ira 

palakiti  naip  mangoi. 


I  pan  korone   maj   mmijap   o   mnr  um 
kapun. 


Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  SpracLen.  1904.  1.  Abt. 


18 


Hahl:    Ein  Beitrat 


Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


IV.  Wörterbuch. 

(Ponape-Deutsch.) 


A. 

ani    Geist    (=    Kobold,    Seele    eines 

Toten,  der  keine  Ruhe  findet) 
auramen  träumen 
anekier  fertig,  zu  Ende 
aramaj  Leute,  Volk 
amaj  roh  {=  ungekocht) 
ai  mein 
am  dein 
a  sein 
atail  unser 
amail  euer 
arail  ihr 
aia  Regenbogen 
ale  nehmen 
aJcila  verstecken 
allap  Straße 
atiniai  Rauch 
aniki  beanspruchen 
aTckelail  gewaltsam 
air  südlich 
apan  nördlich 
apali  halb 

E. 

ema  ier  Schwager 

etiet  benommen  (im  Kopfe) 

elmer  gar  (=  gekocht) 

ejneTc  ta  atmen 

eta  Schärfe  (des  Messers) 


itök  fragen 

ink  Tinte 

irail  sie 

imüin  jap  Vorgebirge 

inen  gerade 

im  Haus 

ijoimr  vornehm 

itar  on  genug 

imuin  titi  Feind 

iat  wann 

inauki  versprechen 


irei  roh  ausspähen 
im  pei  leicht  {^=  schwimmend) 
iluk  die  Woge 
ilek-uei  schicken 
injenoki  achtlos 

intil  flackern  (vom  Licht),  rauschen 
(von  den  Zweigen) 

0. 

opu'mok  waschen  (das  Gesicht) 
omuiom  waschen  (die  Hände) 
oj  m-im  das  Dach  {oj  die  Elfenbein- 
nußpalme, dann  das  zur  Dach- 
deckung benutzte  zusammenge- 
schlungene Blatt  =  Atap,  also  oj 
en  im  Blatt  zum  Haus) 

u. 

uiauia  die  Nichte 

zm  Fischkorb 

uihit  ausringen  (Wäsche) 

ueirata  aufgraben 

udrauar  Strömung,  Graben  für  fließen- 
des Wasser 

uaja  hl  tief 

uajapetepet  seicht 

iiai  uai  langsam 

ue  Stamm 

uia  japajap  roden,  Land  bearl)eiten 

timun  toi  Kohlen,  den  Stehiherd  {um) 
bereiten 

umnn  pot  Kalk  brennen  (eig.  den  urn 
weiß  machen) 

ur  en  im  Balken 

uk:  Netz  (zum  Fischen) 

ujor  ölen  (das  Haar) 

ueitlaut  Flut 

umuj  speien,  erbrechen 

uan  um  Küche 

uöj-a-ta  sprossen  {uoj  das  Grund- 
wort, a  Bindevokal,  ta  Partikel  der 
Ortsbestinunung  =^  herauf) 

u  ti  warten 


Hahl  :    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


19 


imja  Teil 

u  ti  al  Zeuge  sein 

ueir  en  jai  wettrudern 

ueir  en  jerek  wettsegeln,   jerek   Segel 

J. 

jarapajon  gähnen 

jojoki  erben 

jaraui  heilig 

joupijok  Arbeit 

jamin  unrein 

jantinpä  Finger 

jontilapa  Daumen 

jantomotoma  Zeigefinger 

jantiki  kleiner  Finger 

jei  Zuckerrohr 

jaloii  ala  verirrt 

jdtik  ohne  Geschmack,  geschmacklos 

jamama  arm 

Jon  a  ta  am  nächsten  (vom  Orte) 

Jon  schmecken 

Jan  weg  von 

jalieti  binden,  fesseln 

japm  antworten 

jinjila  wachen 

jaripiti  eingi'aben,  bestatten 

jouloh  Christ 

jovnpatak  Lehrer 

jouaja  helfen 

japaioh  nicht  passen 

jor  tauschen  (von  Dingen) 

jonojon,  janijan  weinen 

jer  Stuhl 

jet  See 

jop  Schiff 

jama  A'^ater 

jcri  Kind 

jo  nein 

jiik  pa  Jon   zerschlagen    {ßik  stoßen, 

stampfen  zu  Brei,  z.  B.  Kawa) 
jarotier  erregt 

jakar  tip  beichten  {tip  =  Sünde) 
jd?7  =   weg  von  etwas 
jöfl  =  Art  und  Weise,  Sitte 
Jon  =  in  Versuchung  führen 
jön  =  ausmessen 


K. 


kaim  ton  kom  Wettbewerl) 

karauniki  anklagen 

kalu  ki  la  die  Reue 

kapai  ata  segnen 

kajoh  Musik 

kaririort  geheim 

kapiti  Witz 

kapure  to  zurückgeben 

kaon  lapalap  Herrscher,  Führer,  Re- 
gierung 

katotoeoh  vermehren 

katueti  einweichen,  klopfen 

kauk  oh  hart,  stark,  angestrengt 

kaijei  jol  fasten 

katia  ni  Priesterin 

katalela  geschwollen 

kapinuar  Reisevorrat 

kamama  leugnen 

kakarakara  erhitzen,  karakar  heiß, 
pil  karakar  heißes  Wasser,  Tee 

kamelele  glauben 

kaualap  sehr,  überaus 

kapi  westlich 

kepena  beißen 

keia  reiben 

kaiuei  geh  weg 

kaito  komm  nahe 

kotia  ausschütten 

kapua  to  schmücken 

kumukwm  Lärm 

katairoh  Geräusch 

kot  Gott 

kaparäpar  wachsen 

koto  komme 

kami  Herrschaft  (wie  oben  kaon 
lapalap) 

kainok  Gesellschaft,  Gemeinschaft 

kaintinta  berühmt 

kairu  Aufenthalt 

kalouen  tuka  Wurzel 

karaunki  Jagen 

kijoh  gib  weg 

kito  gib  her 

kak  können 

kajik  schießen 


20 


Hahl:    Ein  Beitrag  z.ur  Keuiituis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


hapitau  Hafen 
Tcaroj  alle 
'kämmt  fürsorgen 
Tioko  kehren,  fegen 
Mikäi  das  Kinn 
Mmatip  das  Fest 
komöl  ruhen 
Tcaparäpar  wachsen 
kate  werfen 
Tcauata  aufrichten 

kan    Ott     ranggleich     (gleich     in     der 
Würde) 

kijiniai  Feuer 

kilok  Uhr  (clock) 

kat  Katze 

kitail  wir 

koniail  ihr 

kou,  koe  koe  du 

kaiiJcaujon  wohnen 

kätau  der  Regen 

kajanjal  zeigen 

kaUlapok  erkläi-en 

kapakap  beten 

kenjovmau  zu  Krankheiten  geneigt 

kapal  kneten 

L. 

lipanet  Verleumder 

luak  verleumden 

lemeta  denken 

lopu  Kreuz 

lakop  Morgen 

lapuäta  lösen  (Fesseln  lösen) 

loti  fesseln,  fangen 

UM  außerhalb 

lopolop  waschen  (Kleider) 

li  a  laut  Weib,  altes 

li  Weib 

li  maipon  Jungfrau 

lija  rop  der  Hut 

li  tu  Diener 

lu  ji  am  Selbstmörder 

lao  bis  (von  der  Zeit) 

lol  en  im  Querbalken  (im   Haus) 

likit  ata  tragen,  helfen 

litopui  streichen 


litop  Farbe 

liha  Glanz 

lijoi  schläfrig 

lait  fischen 

lekila  verhungern 

lao  Zunge 

lomolom  dumpf 

lola  koh  ein  Weiser,  Gelehrter 

lamuin  gehorsam 

luet  schwach 

htati  der  Rest 

lamüirlamuir  schattig 

laualo  wild  (von  Tieren) 

lete  let  klopfen 

lel  ankommen  (an  einem  Orte) 

lol  pote  beharren 

lapa  ke  Strom 

li  ol  Blitz 

M. 

meteio  anderer 

metoutou  schwer 

murin  mela    Ewigkeit    (=    nach   dem 
Tode) 

(mf)marömleicht  (wie  Vorsilbe  =  das  ist) 

motamot  abschneiden 

metentel  glatt 

men  jeiren  gehorchen 

mm  matau  seekrank 

min  rein 

monpikqi  locken 

mohjapot  glatthaar 

momnihin  flüstern 

motomoUyh  spielen 

me  toixa  ton  gebunden 

malck  Huhn 

mant  zahm 

mata  das  Eisen 

mia  mia  sein,  verweilen,  sich  befinden 

marain  das  Licht 

m,a  wenn 

mairla  schlafen 

mealel  wahr 

muroi  die  Taube 

maja  Gesicht 

maur  leben 

malatialo   wenig 


Hahl:    Ein  Beitrag  7Air  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape.  21 


melar  tot,  gestorben 

mela   sterben     (melar    =    mela   er,    er 

Partikel  der  Vergangenheit) 
man  Tier 

7nan  pir  Vogel  {pir  tliegen) 
mam  Fisch 

viauki  wollen,  wünschen 
matakon  trocken 
mekajopual  Kos tb a i'k ei t 
moreti  Regenguß 

makata  das  Nachlassen  des  Regens 
motomot  kurz 
manga  (sein)  Haupt 
niueit  zulassen,  erlauben 
miiein  Regierungszeit 

N. 

iian  inatau  auf  hoher  See 

nan  ue  ue  Luftraum ,  im  Luftraum 

nan  Icapaj  Durchlaß 

nin  joran  Morgendänunerung 

tiaik  Hammer 

ni-i  Kokospalme 

7ian  puh   zwischen 

nan  lukepa  die  Mitte,  mitten  in 

nan  mat  Riff 

nioror  Ufer,  Wassermarke 

nana  Berg 

nan  uel  Wald,  Busch 

nan  kotoka  Krone 

nantapi  Wurzel,  Beginn 

nan  mal  die  Wiese 

nan  irepena  Landenge 

nikit  aufbewahren 

nek  pajoh  austeilen 

noroke  wünschen 

7ita  (sein)  Blut 

P. 

2)an  me  pak  auf  einmal,  zugleich 
piripir  wirbeln 
patoketi  pflanzen 
popol  glücklich 
pokentiti  geboren 

pokomokom    lächelnd,     freundlich    im 
Antlitz 


pel  liki  scheuen  (jemand) 

puai  pant  Schulden 

papaa  aufwarten  (am  Tisch) 

palio  jenseits 

paliet  diesseits 

pueiok  halten,  stehen 

pemitik:  aufwachen 

paijaij  Teil 

pen  Kokosnuß 

poil  sieden 

peila    abtreiben    (auf    See),    pat  jeri 

Kinder   abtreiben    (=  Leibesfrucht 

abtreiben) 
pureta  bohren 
patapat  eben 

pokonpena  zusammenbringen 
ponapon  rund 

pejeret  pajoh  sich  abwenden 
jjonjeje  jemand  schneiden,  sich  stellen 

jemand  nicht  zu  kennen 
putaua  schwitzen 
palank  Vei^anda 
puil  peipei  Zopf 
poronela  senden 
perea  Schlafzimmer 
pijok  Muße,  freie  Zeit 
pinjel  Bleifeder 
potopote  immer 
pojon  gehorchen 
puh  Recht 

pirita  aufstehen  (vom  Lager) 
pon  Nacht 
panatar  müde 
puk  Buch 
patak  lehren 
puei  puei  verrückt 
pali  uar  Körper 
pai  Schleuder 
pepei  Krieg,  Krieg  führen 
pati  die  Brauen 
par  Spitzen 
poren  maja  Auge 
puriamui  überraschen 
porijok  fleißig 
piten  mona  Haar  auf  dem  Kopfe 


22 


Hahi,:    Ein  Beitrag  ziu'  Kenntnis  der  Umgangssprache  \on  Ponape. 


remui  ihnen 

raipel  Gewelir 

rerer  zittern 

reirei  lang 

riti  ta  öffnen 

ritiniti  schließen 

ro  e  ta   an  einem  .Stock  tragen 

ran  tuka  Ast 

ran  Tag 

rar  Koralle 

ri  a  li  (seine)  Schvvestei- 

re  -  un  -  im  Dac  h  sparren 

rir  joh  unsichtbar,  rtr  sich  unsichtbar 

machen 
rotorot  finster,  ungebildet 
roii  liören,  roü  a  ta  aufhorchen 

T. 

tan  tuka   das  Laub 

tan  ir  Fächer 

tuna  ta  Krankenkost 

toii  Schnupfen 

iuma  (seine)  Nase 

toma  (seine)  Stirn 

te  tikitik  schmal 

te  lap  breit 

tulia  Stock,  Baum,  Stück  Hol/, 

tuka  me  laut  Stamm 


tuka    uojta     Baum     (=    gewachsenes 

Holz) 
ter  tuki  oh  bleiben 
tukiti  stumpf 
totok  arbeiten 
tip  Sünde 
taul  ul  fortgehen 
tamataman  Erinnerung 
taker  ata  beleuchtet 
tarepena  pflücken 
ttia  über,   von    etwas,   z.  B.  sprechen 

über 
topohyh  benetzen 
tili  Feuerholz 
tapuok  Wolke 
tihitih  Tropfen 
tapi  ata  beginnen 
takai  Stein 
toko  Schleuder 
tamatamor  streicheln 
tepel  Tisch 

N. 

(iV,  n,  /7  =z  nff,  eigener  Buchstabe  im  Abc 

von  Ponape.) 
nai  ich 
liar  sich 

neu  Geist,  Seele 
nil-a  tönen 


Beitrag  von  Hrn.  Dr.   Görschner, 

Regieruiigsarzt  iii  Ponape. 

I.    Der  Körper  und  seine  Teile. 

Die  Bezeichnungen  für  den  Körper  und  seine  Organe  werden  stet.s 
in  Verbindung  mit  dem  Pronomen  possessivum  gebraucht,  welches  hinten  an 
den  Wortstamm  angefügt  wird.  Schließt  der  Wortstamm  mit  einem  \^okal, 
so  finden  gewöhnlich  Assimilierungen  und  Kontraktionen  zwischen  diesem 
und  dem  nachfolgenden  \'okal  der  Pronomina  statt. 

Das  Pronomen  lautet  für  den  Singular:  ai,  öm,  ä  (auch  e), 
»     Dual:  äta,  öma,  ära, 
»       »     Plural:  ätail^  ömail,  ärail. 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape 


23 


Soll  der  Körperteil  im  allgemeinen  ohne  Beziehung  auf  eine  be- 
stimmte Person  gebraucht  werden,  so  setzt  man  gewöhnlich  die  3.  Person 
singularis   (ä). 


när-a  der  Körper 

uar  en  dramaj  der  menschliche  Körper 

päli  uar-a   der  Leib   im  Gegensatz 
zur  Seele  (biblisch) 
utük-a  das  Fleisch 

utuli    en    dramaj    das    menschliche 
Fleisch 
ntä  das  Blut 

ntai,   ntäm,  ntätail,  ntämail ,  ntärail 
jdl-a  die  Ader,  Sehne,  der  Nerv 
tt  der  Knochen 

ti,  trm,  tttail,  timail,  ttra'd 

tm  (^  ti  en)  mona  der  Schädel 

im  pae  Arm-,  Handknochen 

tm  nae  Bein-,  Fußknochen 

tm  mdramdra  Brustbein 

tin  Jcupu  Rippen 

tm  jaua    Rückenknochen   (Wirbel- 
säule) 
kilm  Haut 

i  kilin,  ka  kilin,  a  k.  meine,  deine, 
seine  Haut  usf. 
kilin  nai  Ringwurm 

nai  =  fremd,  aus  der  Fremde  stam- 
mend 
m  das  Fett 

ui,  uiom,  uiatail,  uiomail,  uiarail 
moh-a  {inäTid)  der  Kopf 
tapu-a  der  Kopf  (h.  S.') 

pön  kapun  en  mona  der  Scheitel 

liMn  paiki  der  Hinterkopf 
paiki,  paiklm,  paikitail  usf. 
maliali  das  Gehirn 
pit  en  mona  das  Haupthaar 
anekot  en  mona  ein  einzelnes  Haar 
mäjä  (meje)  das  Gesicht 
jilan-a  das  Gesicht  (h.  S.) 
likin  Jäp-a  (jepe)  die  Wange 

likin  japa  ka  (ko)  beide  Wangen 
pdti  die  Augenbrauen 

pati,  pafim,  patitail,  patimail  usf. 


pör  en  mäja  der  Augapfel,  das  Auge 
kilin  mäja  das  Augenlid 
kilin  mäja  pana    {poue)    das  obere 

Augenlid 
kilin  mäja  pä  das   untere  Augenlid 

ririn  maja  die  Augenwimpern 
jalan-a  das  Ohr 

poTen  jalah-a  das  Ohrläppchen 
por  en  jalan  -  a  das  Ohrloch 

karön  das  Ohr  (h.  S.) 

täma  (tÖme)  die  Stirn 

tapu-a,  tapuai,  tapuom   usw.  die  Stirn 
_(h.S.) 

tum-a  die  Nase 

kömon  tuma  die  Nasenspitze 
pein  tuma  die  Nasenflügel 
piköj  en  tuma  die  Nasenwurzel 
por  en  twmä  die  Nasenlöcher 

kaimunü-a  die  Nase  (h.  S.) 

keikei  das  Kinn 

keikeim,  keikeitail,  keikeimail  usf. 

alij-a  der  Bart  (Schnurr-  und  Kinn- 
bart) 

manipinip-a  der  Backenbai-t 

au-a   äü-a  der  Mund 

jilan-a  der  Mund  (h.  S.) 
kilin  aua  die  Lippen 
kilin  aua  ka  beide  Lippen 
kilin  aua  paua  die  Oberlippe 
kilin  aua  pä  die  Unterlipjje 

ImJM-a  die  Zunge 

ni  der  Zahn 

mm,  nitail,  nimail,  nirail 

ni  ka  alle  Zähne 

ni  lipa  der  Backenzahn  (große  Zahn) 

äjan-a  der  Zahn  (h.  S.) 

täp  en  uar-a  der  Hals 

käjan-a  der  Hals  (h.  S.) 

kapen  uar-a  die  Luftröhre 

märemära  die  Brust 

titi  die  weibliche  Brust 


1    h.  S.  =  höhere  Sprache,  mit  welcher  man  den  Nanmäreki  anredet. 


24 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


pon  jau-a  der  Rücken 

peliki-a  der  Rücken  (h.  S.) 

pana  pan-a  die  Seiten 

mejenet-a  die  Magengrubengegend 

käpet-a  der  Bauch,  die  Bauchgegend 

kupür-a  der  Bauch  (h.  S.) 

nolinoli  die  Lunge 

n.  tm,  Ttail,  imail,  Trail 
monion-a  das  Herz 
ä  {äe)  die  Leber 

üem,  äetail,  aemaü,  aerail 
et-a  die  Galle 

et  en  katiJc  die  gewöhnliche  Bezeich- 
nung für  Galle 
müttlik-a  die  Niere 
ätik-a  die  Milz 
kau-a  das  Gesäß 

putaut-a  männliche  Geschlechtsteile 
üjül-a      männliche       Geschlechtsteile 

(vulgär) 
pppi-a  weibliche  Geschlechtsteile 
pöp-a  die  Schulter 

popoi,  popom,  popotail  usf. 
pa  (j)ä)  der  Ann 

p)a,  peom,  patail,  pamail,  parail 
pari  pa  die  Achselhöhle 


tupon  en  pa  die  Ellenbeuge 
kaimün  en  pa  der  Ellenbogen 
kaimüt  en  pa  die  Hand 
jentin  (Jenti  en)  pa  die  Finger 

apali  pa  jenti  limpot  jede  Hand  hat 

fünf  Finger 
jenti  lap  der  Daumen 
jenti  tämatama  der  Zeigefinger 
jenti  jökatapa  der  Ringfinger 
jenititik  der  kleine  Finger 
jenti  pot  ein  Finger 
kik  en  pa  der  Fingernagel 
pali  maun  die  rechte  Hand 
pali  mein  die  linke  Hand 
\lima  die  Hand,  der  Arm  (h.  S.) 
na  s.  pei  das  Bein 

pan  pukqj  en  na  die  Kniebeuge 
pat  en  na  der  Fuß 
kaimün  na  die  Ferse 
pan  na  die  Fußsohle 
jentin  na  die  Zehe 
tapen  tan-a  der  Oberschenkel 
.puki-a  das  Knie 

\poun  tat  en  puki-a  die  Kniescheibe 
j  ahia  altia  das  Bein  (h.  S.) 
\pi-a  die  Gebärmutter 


II.    Die  Verrichtungen  des  Körpers. 


maur  leben 

ka  maur  leben  machen 

melar  sterben 

dramaj  melar  der  Leichnam 

äjinak  atmen 

a.  kalaimun,   a.  tikctik  stark,  wenig 
atmen 

monion  möke  mokit  das  Herz  schlägt 
m.  laut  schlägt  stark 
m.  m,älä  mal  schlägt  langsam 
m.  töntot  schlägt  schnell 
m.  piripir  schlägt  fliegend 

nta  pülopul  das  Blut  Hießt 
n.  mätöto  p.  viel  Blut  Hießt 
n.  tiketik  p.  wenig  Blut  fließt 
n.  ktjüküj  das  Blut  s[)ritzt 
n.  pereker  das  Blut  sickert 


mona  essen,  füttern 

kamona  zu  essen,  zu  füttern  geben, 
füttern 

nämenäm  essen,  genießen 

käii  genießen,  zu  sich  nehmen 

könnt  essen    (wenn  man   den  Nanm;'i- 
reki  anredet) 

puenio  essen  (wenn  zur  Frau  des  Nan- 
märeki  geredet  wird) 

jäk    essen     (wenn     man     zu     Perso- 
nen  spricht,   die   dem    »Adel«    an- 
gehören) 

füt  essen  (wenn  man  zu  den  Kindern 
höherstehender  Personen  spricht) 

/  men  namenam  ich  möchte  essen,  ich 
bin  hungrig 

tUpäkelar  fasten 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis 

mm  trinken 

i  men  nimpilatar  ich  bin  durstig 
prpaj  Wasser  lassen  (vulg.) 
Mmüjij  Wasser  lassen 
pehepeTc  Kot  von  sich  geben  (vulg.) 
pitakalar  Stuhlgang  haben 
Icänt  (kmt)  Harn 
püje  Kot 

viair  {rneir)  schlafen 
mairilar  eingeschlafen  sein 
nirpah  müde  sein 
pirita  aufwachen 
aürämän  träumen 
lokaia  reden 

lokelokaia  viel  reden,  schwatzen 
ntd  sprechen,  verkündigen 
nil  laut  laut  sprechen 
liliuer  rufen,  schreien 
monininin  flüstern 
JcopaMp  husten,  der  Husten 
köpatan  Auswurf  beim  Husten 
mantöl  gähnen 
nöho  schnarchen 
hirer  aufstoßen 
vmj  brechen 
dji  niesen 
'/  Jcäntip  ich  spucke 

Tiäntip  der  Speichel,  Schleim 
i  püto  ich  schwitze 

püto  der  Schweiß 


der  Umgangssprache  von  Ponape.  25 

i  käräJcar  ich  habe  Hitzegefühl 

i  pon  ich  habe  Kältegefühl 

i  lau  ich  habe  Wärmegefühl 

i  kilon  (kilan)  ich  sehe 

i  när  ich  gucke 

i  mäjäni  ich  sehe  (h.  S.) 

i  kilan  ndja       )  ich  sehe  deutlich, 

i  narat  a  ndja  )      gut 

i  kilan  naja  tikeük   ich   sehe  wenig 
i  ron  ich  höre 

i  ron  naja  ich  höre  gut 

i  roh  naja  tiketik  ich  höre  wenig 
i  net  pana  ich  rieche 

i  pou   en  kerasin    ich    rieche    nach 
Petroleum 

i  jöta  net  naja  ich  rieche  nicht 
i  Jon  näma  ich  schmecke 

i    jota    Jon     nama     ich     schmecke 
nichts 

i  Jon   nama    en  jeu    ich    habe    den 
Geschmack  von  Zuckerrohr 
i  päm  naja  ich  fühle 
/  täm  ich  taste 

i  tarn  taepel  ich    fühle,    taste  einen 
Tisch 
i  majai  ich  weine 

pil  en  maja  Augenwasser,  Träne 
i  kaurur  ich  lache 
i  kepena  ich  beiße 


Für  viele  der  folgenden  Zeitwörter,  welche  eine  Bewegung  im  Raum, 
eine  Ortsveränderung  bedeuten,  gilt  die  Regel,  daß  die  Richtung,  in  der 
die  Bewegung  erfolgt,  durch  Anfügung  bestimmter,  kurzer  Silben  an  den 
Wortstamm  bezeichnet  wird.     Es  bedeutet: 

to  her  (vom  Sprechenden  ge- 
dacht) 
la  hin 


ta  auf,  aufwärts 
tt  hinab,  abwärts 
tato  herauf 
tala  hinauf 
ttto  herunter 
tila  hinunter 
iei  nach  außen 
ieito  heraus 


ieila  hinaus 
loh  nach  innen 
loh  oto  herein 
Ion  ala  hinein 
uai  (ue)  weg,  fort 
iei  uai  nach  außen  fort 
loh  auuai  hineinwärts  fort 
pena  {pene)  zusammen 
jah,  pejah  [joh,  pajoh)   ausein- 
ander 


26 


Hahl:   Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


sehen 


Tco-  hoko- 

alu-  alualn- 

Uta  sich  aufrichten 

^dar  aufgerichtet  sein,  stehen 

tan-  tanatan  laufen 

tau-  klettern 

uTca-  steigen 

lujata  hüpfen 

mejiah  sjH'ingen 

Jcärop  kriechen 

limatah  sich  winden,    sicli    schlängeln 

(öroku-  rücken,  schieben 

Icai-  rücken 

jopai-  drehen 

kaJcuai  wegschreiten 

tiaJceti  niedertreten 

paureta  aufstehen 

ueketdketa  sich  auf  den  Rücken  legen 

Jcainin  sich  auf  die  Seite  legen 

uelcetdketi  sich  auf  den  Bauch  legen 

Jcüepuki  niederkauern 

mönti  sich  niedersetzen 

mömäot  sitzen 

tairuJceti  sich  nach  unten  bücken 

jdräta  sich  aufrichten  (aus  gebeugter 
Stellung) 

jopöluai  den  Kopf  wegdrehen 

tat  moha  mit  dem  Kopfe  nicken 

tatu  alek  den  Kopf  schütteln 

jope  uai  den  Körper  wegdrehen 

piraTcauai  den  Körper  wegwälzen 

uenti  sich  niederlegen 

Tcojkpena  sich  beugen 

lanatejan  pa  die  Hand  »auseinander- 
falten«, strecken 

roköpena  pa  die  Hand  ballen 

Tcojupena  pa  den  Arm  beugen 


Tcatdnepejan  pa  den  Arm  strecken 

Tcapatala  pa  den  Arm  heben 

Jcapatila  pa  den  Arm  senken 

Jcojepötila  pa  den  Arm  ausstrecken 

Jcajarahepejan  jentin   pa     die     Finger 
spreizen 

kipena  jentin  pa  die  Finger  zusammen- 
legen, aneinander  legen 

tuarepejan  die  Augen  öffnen 

meirepena  die  Augen  schließen 

järapejah  den  IMund  öffnen 

küpene  den  iNIund  schließen 

kiiei  laua  die  Zunge  herausstecken 

kilon  laua  die  Zunge  hereinziehen 

jair  berühi-en 

pdkeri  sich  stoßen 

koleti  ergreifen,  halten 

tarieti  drücken 

Utelet  klopfen 

tamurpon  streichen,  reiben 

Ttik  schütteln 

pupüti  herabfallen 

tlkanti  umstürzen,  auf  den  Kopf  stellen 

ftkanta  wieder  auf  die   Füße  stellen 

kanuai  sinken 
kakanuai  senken 

rankata  umfallen  machen,  umwerfen 

kl-  geben,  reichen 

käpa-  reichen 

pampap  schwimmen 

tutu-  baden 

ömiom  die  Hände  waschen 

ütae  die  Füße  waschen 

apünak  das  Gesicht  waschen 

töpölon  den   Koj)f  waschen 

Ä-a/v7/)M^  jucken,  kratzen 


III.    Die  krankhaften  Veränderungen  des  Körpers. 


kel  gesund 
keleil  stark 
rüjin  gesund  (h 
jUmdu  krank 
lümum  krank  (h.  S.) 
lüet  siech ,  hinfällig 


S.) 


metak  Schmerz 

m.  kalahnun,  laut  heftiger,   starker 

Schmerz 
m.  tiketik  geringer,  leichter  Schmerz 
i  metak  ich  habe  Schmerzen 
kametak  Schmerz  verursachen 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis 

metak  na,  pa  Schmerz  im  Fuß,   im 

Arm 
panapana  metak  Seitenschmerzen 
tin  Jana  metak  Kreuzschmerzen 
nun  kokon  metak  Schmerzen  im  Ge- 
lenk 

mäliel  Kopfweh 

neirak  vor  Schmerzen  stöhnen 

janejan  vor  Schmerzen  schreien 

menpau  Fieber  mit  Frostgefühl 
i  menpau  ich  habe  Fieber 

jaliel  Schwindel 

l(7p  die  Wunde 

i-lp  juckender  Hautausschlag 

kenj  Geschwür 

kilitöp  Hautkrankheit  (Pocken) 

tmöu   Hautkrankheit   mit  Bläschenbil- 
dung 

tuketük  Lepra 

mpuj  Geschwulst 

mpoj  epejan  )  die  Geschwulst  ver- 
mirirpejan    \     größert  sich ,  geht  auf 
manüti  die  Geschwulst  geht  zurück, 
verkleinert  sich 

2)eJie  nta  Dysenterie 

lijanepon  Wassersucht 

limanemari  Abzehrung 

Udhemät  Elephantiasis 

mentan  Durchfall 

ietan  Verstopfung 


der  Umgangssprache  von  Ponape. 


27 


pütoh  Juckgefühl 

kätekät  Taubseingefühl ,    Gefühllosig- 
keit 

mötor  Lähmungserscheinungen 

nemötor  Lähmungserscheinungen   in 
den  Füßen 

toi  Schnupfen 

kopakop  lukeluketa  der  Husten  niumit 
die  Luft  weg 

pämetik  schlaflos  sein 

liaurara  ängstlich  träumen 

ömatak  Schmerz,    Krankheit   an   den 
männlichen  Geschlechtsteilen 

üjülemät  dasselbe  (vulg.) 

i  majai  atiat  ich  sehe  trübe,  schlecht 

mäjökon  blind 

pünan   Augenentzündung   mit   Augen- 
triefen 

likäre  naita    Ektropium  (Augenkrank- 
heit) 

nirinirijok  jalana    Sausen,    Geräusche 
im  Ohr  haben 

papoh  dasselbe 
jalanepon  taub 

ol  (li)  moria  pnet  ein  Mann  (eine  Frau) 
mit  weißen  Haaren 

öpap  zahnlos 

mohemat  Glatzkopf 

ol  (li)  mpokoj  ein  krummer  Mann  (Frau) 

ol  (li)  pah   ein    schiefer  Mann  (Frau) 


IV.  Die  zu  einer  Krankenuntersuchung  nötigen  Begriffe  und  Redewendungen. 

Wer  bist  du? 
Wer  sind  Sie? 
Welches  ist  dein  Name? 
Welches  ist  Ihr  Name? 


Woher  kommst  du? 
Woher  kommen  Sie? 
Woher  kommen  Sie? 

Wie   ist   der   Name 

du  her  bist? 
Wer  ist  krank? 

'    Über   ata,    der 
der  Interminalsuffixe. 


y  koua? 

ij  komui? 

iat  om?^  (ätom) 

tat  omni? 

kou  kojah  ia'? 

komui  kotejah  ia"?    (zum  Nänamäi-eki) 
'  äpe  Jan  ia  (zu  einem  zum  »Adel«  Ge- 

hörigen) 
der  Gegend    wo    tat  en  naja  koukin  mimi  ia?    oder  kou 
kin  mia? 

Tj  jomau  f 

Name,   gilt    dasselbe   wie   über  die  Körperteile  liinsichtlicli 


28 


Hahi,:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


Mein  Vater 

Meine  Mutter 

Mein  Großvater  (Vaters  Vater) 

Mein  Großvater  (Mutters  Vater) 

Mein  Oheim  (Vaters  Bruder) 

Mein  Oheim  (^Mutters  Bruder) 

3Iein  Bruder 

Meine  Schwester 

Meine  Eltern  (beide) 

Mein  Kind 

Mein  Kind,  Mädchen,  Tochter 

Das  Kind  (im  allgemeinen)  bis  2  Jahre 

Der  Knabe 

Das  Mädchen 

Noch  nicht  erwachsen 

Das  Mädchen  herangereift 

Der  Jüngling 

Der  alte  INIann  (Frau) 

Ich  selbst 

In     welcher    Körpergegend    bist     du 

krank ;' 
Wann  bist  du  krank  geworden  ? 
Wann  ist  er  krank  geworden? 
^^orgestern 

Früher  als  gestern  (im  allgemeinen) 
Gestern 
Heute 
Morgen 
Übermorgen 
Überübermorgen 
Überüberübermorgen 
Morgens  (in  der  Frühe) 
Vormittags 
Mittags 
Nachmittags 

Abends  (bei  Soimeniuitergang) 
Nachts 

Gegen  Morgen 
Um  wieviel  Uhr? 
Wieviel  Tage  bist  du  krank? 

Wieviel  Wochen? 
Wieviel  Monate? 


jamai  oder  ai  papa  ^ 

inai  oder  ai  nono 
jamai  Jcälap 

inai  Jcälap 

rien  ai  papa  oder  rien  jamai 

ülapai  oder  rien  inai  oder  rien  ai  nonp 

riai  ol 

riai  li 
jautail  (jauta) 

naäi 

na  jeripen  oder  nai  jerimän 

jeri  (puelel) 

putak 

jeripen 

pülöpul 

kupün  li 

küpun  ol 

ol  laut  (li) 
pen  nai 

tapänam  me  jomdu 

iät  me  ka  jomautar? 

iät  me  a  jomautar? 

manta  kan  aiu 

ran  teio 

aiu 

rantiet 

läkap 

pdli 

peilar 

iläläjah 

nimenjan 

nin  jouaj  en  menjan 

jouaj 

jouaj  en  jautik 

nmjautik 

nTpoii 

ninjou  rän  oder  ninjouta 

klÖk  täpa 

rän  täpa  me  koujomaid  oder  ran  tapa 

me  koujomauki? 
uik  täpa? 
jounepon  täpa? 


1    Bei  den  Bezeichnungen  fiii-  Verwandtschaftsgrade  gilt  mit  zwei   Ausnahmen 
das  in  der  vorigen  Bemerkung  Erwähnte. 


Hahl:    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 


29 


Wieviel  Jahre? 

Bist  du  lange  krank? 

Fortwährend  krank 

Kurze  Zeit 

Setz  dich  auf  den  Stuhl 

Lege  dich  auf  die  Matte  (Ponapematte) 

Lege  dich  aufs  Bett 

Lege  dich  auf  die  Matte 

Lege  das  Kleid  ah 

Ziehe  das  Kleid  wieder  an 

Ich  möchte  sehen,  welche  Gegend 
krank  ist 

Sitze  (verhalte  dich)  ruhig 

Bewege  dich  nicht 

Dein  Zahn  ist  schlecht 

Dein  Zahn  hat  ein  Loch,  oder:  du 
hast  ein  Loch  in  deinem  Zahn 

Ich  werde  den  Zahn  ausziehen 

Der  Schmerz  wird  aufhören 

Ich  werde  die  Geschwulst  aufschneiden 

Herausschneiden 

Ich  werde  eine  Binde  um  die  Hand 
wickeln 

Wickle  die  Binde  ab 

Es  fließt  sehr  viel  Eiter  heraus 

Ich  werde  dir  Medizin  geben 

Iß  die  Medizin 

Trink  die  Medizin 

Dreimal   täglich    einen   großen   Löffel 

Einmal  täglich  ein  Stück 

Schüttle  die  Flasche  so  lange,  bis  alles 
aufgelöst  (gemischt)  ist 

Streich  die  Medizin  auf  die  Haut 

Massiere  so  lange,  bis  der  Schmerz  auf- 
hört 

Iß  viel  (wenig) 

Ich  glaube,  er  wird  besser  werden 

Ich  glaube,  er  wird  sterben 

Die  Krankheit  ist  ansteckend 

Konmie  nach  drei  Tagen  wieder 

Gib  die  Flasche  wieder  zurück 

Lebe  wohl! 


jomo 


jounepar  tdpa'? 
ho  jomau  uarei^ 
jomau  potapotata 
anjou  motemot 
mönti  pon  jer 
uenti  na  loj 
uenti  pon  pet 
ttend  nan  lirop 
Mjan  liJcan 
pürian  nan  liJcan 
i  men  Jcilon  naja 

iiinila 

Icater  möMt 
nim  jinet 
por  en  mm 


i  pan  tupajaii  nim 

metalc  pan  kojon 

i  pan  lekepejan  kenj 

leketajan 

%  pan  pitepäna  Jcijin  likau  ni  pam 

pitepajan  Jcijin  likau 
mätötöia  nän  kokola 
i  pän  ki  on  uk  uini 
kan  uini 
mm  uini 

jilipak  ni  eu  ran  eu  jepun  laut 
äpak  ni  apot  ran  eu  uar 
itiJc  potel  lan  karüj  tölöpejari 

tamüreki  uini  kilim 
eliel  lan  metak  kojafi 

niona  laut  (tiketik) 
i  lamelam  me  a  pan  maular 
i  lamelam  me  a  pan  melar 
jomau  lüjelttj 

puröto  ni  ran  jilu  oder  mur  in  ran  jilu 
pürokito  potel 
kajelele  main! 


Der  Herr  Verfasser  hat  bei  den  Worten:  Pferd  =  oj,  Kamm  =  körne, 
Uhr,  Stunde  =  klok  oder  kilok  und  beschneiden  =  jirkumjaij  hervorgehoben, 


30  Hahl:   Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Umgangssprache  von  Ponape. 

daß  sie  aas  dem  Englischen  entlehnt  sind.  Wir  finden  bei  der  Durchsicht 
der  Wörterverzeichnisse  noch  eine  Anzahl  anderer  solcher  Lehnwörter,  die 
ein  interessantes  Streiflicht  auf  den  Kulturzustand  der  Ponapeleute  werfen, 
denn  wir  können  annehmen,  daß  sie  die  betreffenden  Dinge  bzw.  Begriffe 
erst  von  den  amerikanischen  Missionaren  kennen  gelernt  haben. 

Auf  Kultus  und  Wissenschaften  bezüglich  sind:  Gott  =  l-ot  (God); 
geistliches  Lied  =  ^a«/ (choral) ;  Tinte  =  m^  (ink);  Bleifeder  =  pinjel  (pencil); 
Buch  =^  puk  (book);  Arithmetik  =  aritmetik  (arithmetic);  Geographie  ^=  jvo- 
Ttrafi  (geography). 

Früher  unbekannte  Gebrauchsgegenstände  waren  jedenfalls:  Jacke  ^ 
jaMt  (jacket);  Stuhl  —  jer  (chair);  Tisch  =  tepel  (table);  Bett  =  pet  (bed); 
Flasche  =.  potel  (bottle);  Gewehr  =  raipel  (rifle). 

Die  Tatsache,  daß  es  auf  den  Karolinen  ursprünglich  fast  gar  keine 
Säugetiere  gab  »md  daß  unsere  Haustiere  erst  eingeführt  wurden,  wird 
durch  die  folgenden  Worte  bestätigt:  Pferd  =:  oj  (horse);  Kuh  =  leau  (cow); 
Katze  =  Tfat  (cat);  Ziege  =  liot  (goat);  Schaf  =J?>  (sheep);  Ente  =  tiik 
(s])r.  töh^  (duck).  Dagegen  scheint  Tianj  ^  Gans  deutschen  Ursprungs  zu 
sein.  Als  einziges  anderes  deutsches  Wort  finden  wir  Marie.  »Deutsch« 
ist  in   Ponape  Jermen  (German). 

Mit  der  neuen  Kultur  kamen  auch  die  folgenden  Ausdrücke:  Ananas 
=  painaper  (pine-apple);  Petroleum  =  Tcerasin  (kerosine);  Eisen  =  mdta 
(spr.  mäte)  (metal);  Geld  ^  moni  (money);  Woche  =^  uik  (week). 

Selten   scheint   die   Entlehnung   von  Verben   zu  sein,    z.B.  schneiden 
(mit  der  Schere)  =  köte  (cut);  sieden  ^  poil  (boil). 
[Zusatz  der  Redaktion.] 


31 


Grundregeln  der  Bainingsprache. 

Von  P.  Matthäus  Rascher, 

Missionar  vom  heiligen  Herzen  Jesu. 


Vorwort. 

J_Jie  folgenden  Blätter  sind  das  Resultat  von  einem  fast  vierjährigen  Sta- 
dium in  der  Bainingersprache. 

Der  Bainingervolksstamm ,  der  bislang  nur  dem  Namen  nach  bekannt 
war,  bewohnt  die  Gebirge  im  Innern  der  Gazellenhalbinsel  von  Neupom- 
mern. Ob  mit  der  Gazelle  auch  das  Gebiet  der  Baininger  aufhört  und  ob 
überhaupt  die  ganze  Bergbevölkerung  dieselbe  Sprache  spricht,  ist  noch 
nicht  mit  Sicherheit  zu  bestimmen.  Tatsache  ist,  daß  der  Bainingertypus 
im  Innern  der  Gazelle  vorherrscht  und  die  Bergbewohner  am  Weberhafen 
bis  hinunter  zu  den  Vulkanen  Vater  und  Sohn  sich  verstehen.  Die  Einge- 
borenen im  Innern  an  der  Nordostküste  von  Neupommern  bis  zum  Powell- 
fluß (Mävlu)  in  der  Weiten  Bucht,  mit  denen  ich  infolge  ihrer  Furcht  und 
Wildheit  nur  für  Augenblicke  in  Berührung  kommen  konnte,  schienen  mir 
alle  auch  echte  Baininger  zu  sein. 

Die  Baininger  gelten  als  das  Urvolk  von  Neupommern.  Auswanderer 
oder  Abenteurer  aus  Neumecklenburg  kamen  in  unvordenklichen  Zeiten 
über  den  Kanal  und  drängten  die  ansässigen,  furchtsamen  Baininger  in  die 
Berge  zurück.  Überall ,  wo  der  Baininger  in  geringer  Entfernung  von  dem 
Küstenbewohner  lebte,  stand  er  durchweg  in  einem  Verhältnisse  von  einem 
Hörigen  oder  auch  vollständigem  Sklaven.  Andere  Gegenden  waren  bis  in 
die  jüngste  Zeit  den  Einfällen  der  Küstenbewohner  ausgesetzt.  Die  Gefan- 
genen wurden  teils  geschlachtet,  teils  in  die  verschiedenen  Ortschaften  als 
Sklaven  verkauft.  Mit  der  Gründung  von  Missionsstationen,  sowohl  unter 
den  Sklavenjägern  als  unter  dem  Sklavenvolke,  ist  seit  einigen  Jahren  ein 
bedeutender  Umschwung  zum  Besseren  eingetreten.  Die  Sklavenkriege  ha- 
ben, wenigstens  im  Wirkungskreis  der  Mission,  vollständig  aufgehört,  in 
einigen  Gegenden  sind  die  Sklaven  ihren  Eigentümern  durch  die  Regierung 
weggenounnen  worden,  und  die  so  lange  unterdrückten  Baininger  selbst 
fangen  an,   freier  aufzuatmen  und  selbständiger  zu  werden. 

Der  Baininger  unterscheidet  sich  wie  in  Sitten  und  Gebräuchen,  so 
auch  in  der  .Sprache  von  dem  sogenannten  Uferbewohner,  seinem  Unter- 
drücker. Die  anthropologischen  Merkmale  des  Bainingers  sind:  ein  unter- 
setzter mittelgroßer  Wuchs ,  ein  etwas  viereckiger  Kopf,  eine  breite  platte 
Nase  und  häufig  ein  unförmlich  dicker  Bauch.  Seine  Gehöfte  liegen  ent- 
weder auf  den  Gipfeln  der  Berge  oder  auf  den  Abhängen.    Täler  und  Fluß- 


32  RAsrHER:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

bette  meidet  er.  Seine  gi-ößte  Sorgfalt  widmet  er  der  Kultur  der  Taros, 
während  er  hinsichtlich  seiner  Hütten  und  persönlichen  Reinlichkeit  eine 
auffallende  Gleichgültigkeit  zeigt.  Er  kennt  kein  Geld,  noch  zeichnet  er 
sich  sonst  durch  besondere  Fähigkeiten  oder  irgendwelchen  Kunstsinn  aus, 
die  ihn  vor  seinem  Nachbarn  vorteilhaft  hervorstechen  ließen. 

Wie  in  seinen  Gepflogenheiten  und  seinem  Äußern,  so  unterscheidet 
der  Baininger  sich  auch  von  dem  Küstenbewohner  durch  seine  Sprache. 
Nicht  nur  der  Wortschatz,  sondern  auch  der  Aufbau  der  Sprache  ist  ein 
anderer.  Der  Prozentsatz  derjenigen  Wörter,  welche  mit  Bezeichnungen  der 
Küstensprache  wurzelverwandt  sind,  ist  ein  sehr  geringer;  meistens  sind  es 
Namen  von  Vögeln  und  Tieren,  ferner  die  Bezeichnungen  von  Vater  und 
Mutter,  die  mit  Sicherheit  als  verwandt  gehalten  werden  können.  Doch 
ist  hierin  zu  bemerken,  daß  ein  Einfluß  der  Küstensprache  sich  nur  da  nach- 
weisen läßt,  wo  der  Baininger  Grenznachbar  der  Uferleute  ist,  oder  in  einem 
Hörigkeitsverhältnisse  zu  dem  Küstenbewohner  steht.  Je  mehr  man  ins  Innere 
dringt,  und  je  geringer  die  Beziehungen  der  zwei  Stämme  zueinander  werden, 
desto  seltener  stößt  man  auf  Spuren  einer  Verwandtschaft  in  der  Sprache. 

So  einfach  die  Küstensprache,  so  erschreckend  groß  tritt  uns  der 
Formenreichtum  des  Bainingischen  entgegen.  Dieser  zeigt  sich  besonders 
in  der  Fähigkeit,  die  verschiedenen  Stadien  eines  und  desselben  Dinges 
durch  ein  einfaches  Suffix  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Auch  unsere  Ablei- 
tungen im  Deutschen  stehen  hinter  der  großen,  dem  Bainingerdialekt  eigen- 
tümlichen Bildungsfähigkeit  zurück.  So  können  wir  z.  B.  im  Deutschen 
von  Mann  wohl  die  Diminutivform  Männlein  oder  Männchen  bilden,  das 
ist  aber  das  Weiteste,  was  vrir  in  der  deutschen  Sprache  erreichen  können. 
Wollen  wir  noch  andere  Stadien  der  Entwickelung  oder  des  Baues  vom 
Manne  ausdrücken,  so  müssen  wir  uns  mit  Eigenschaftswörtern  behelfen 
und  sagen:  er  ist  ein  lang  gewachsener,  ein  untersetzter  Mann;  — nicht  so 
der  Baininger.  Seine  Sprache  gibt  ihm  die  Möglichkeit  an  die  Hand,  alle 
die  verschiedenen  Stadien  im  Werdegang  oder  im  Sichbefinden  eines  Dinges 
durch  ein  Suffix  auszudrücken,  das  der  Grundbenennung  des  Dinges  angehängt 
wird.  Er  benötigt  nicht  der  Beihilfe  von  Eigenschaftswörtern.  So  sagt  der  Bai- 
ninger: a  choatka  der  Mann,  a  chodrini  der  kleine  Mann,  das  Männlein,  a 
choarit  der  schlanke,  lang  gewachsene  Mann,  a  chodrem  der  untersetzte  Mann. 

Ein  weiteres  Merkmal  des  Bainingeridioms  besteht  darin,  daß  es 
eine  flektierende  Sprache  ist.  Damit  tritt  sie  aus  dem  Zusammenhang  mit 
der  melanesisch-polynesischen  Sprachgruppe  heraus,  um  eine  Sonderstellung 
für  sich  einzunehmen. 

Die  Baininger  bilden  die  verschiedenen  Numeri  nicht  wie  die  anderen, 
bis  jetzt  in  der  Südsee  bekannten  Volksstänune.  Bei  Bildung  der  Numeri 
bedienen  sie  sich  nicht  der  Beihilfe  von  gewissen  Wörtern,  sei  es  F'ür- 
wörtern  oder  Zahlwörtern,  die  dem  Substantiv  vorausgehen  oder  folgen, 
während  das  Substantiv  selbst  stets  unverändert  bleibt.  In  der  Baininger- 
sprache  gibt  es  eine  Flexion.  Die  Wortendungen  werden  verändert,  um 
die  verschiedenen  Numeri  zum  Ausdrucke  zu  bringen.  Während  z.  B.  der 
Oststamm  der  Gazelle  sagt:    a  davai  der  Baum  oder  ein  Baum,  a  iira  davai 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


33 


die  zwei  Bäume  oder  zwei  Bäume,  a  umana  davai  einige  Bäume  oder 
Bäume,  a  lavur  davai  die  Bäume,  eigentlich  alle,  die  es  gibt  (absoluter 
Plural),  drückt  sich  der  Baininger  wie  folgt  aus:  a  muga  der  Baum  oder 
ein  Baum,  a  mügiem  die  zwei  Bäume  oder  zwei  Bäume,  a  müg  die  Bäume 
oder  Bäume.  Die  Bainingersprache  unterscheidet  sich  ferner  von  ihrem 
Nachbaridioni  an  der  Küste  durch  das  Vorherrschen  der  Konsonanten. 
Während  in  der  Ufersprache  der  Reichtum  der  Vokale  auffällt,  vermißt 
man  denselben  in  der  Bainingersprache  fast  gänzlich.  In  ihr  herrschen 
vielmehr  die  Konsonanten  vor,  daher  sie  sich  auch  viel  rauher  anhört  und 
die  Aussprache  derselben  dem  Lernenden  bedeutend  mehr  Schwierigkeiten 
bietet  als  die  Küstensprache.  Auffallend  ist  an  den  übrigen  bis  jetzt  be- 
kannt gewordenen  melanesischen  und  polynesischen  Sprachen  das  Vor- 
kommen eines  eigenen  Possessivpronomens  bei  einer  bestimmten  Gruppe 
von  Wörtern ,  die  Körperteile  oder  Verwandtschaftsverhältnisse  bezeichnen. 
Diese  Art  Possessivpronomen  wird  den  betreffenden  Substantiven  einfach 
angehängt.  Nicht  so  in  der  Bainingersprache.  Diese  kennt  keinen  Unter- 
schied im  Possessivpronomen.  Die  Bainingersprache  hängt  kein  Possessiv- 
pronomen an  irgend  ein  Substantiv  an ;  das  Possessivpronomen  steht  immer 
vor  seinem  Substantiv.  Allerdings  kennt  auch  der  Baininger  gewisse  Sub- 
stantive (die  ebenfalls  Körperteile  oder  Verwandtschaftsverhältnisse  be- 
zeichnen), welche  er  nie  ohne  Possessivpronomen  gebraucht.  Man  sieht 
daraus,  daß  die  Denkweise  des  Bainingers  sich  deckt  mit  der  der  ihn  um- 
gebenden Volksstämme,  nur  ist  seine  Ausdrucksweise  eine  verschiedene,  z.  B. : 
Bainingersprache.    Küstensprache. 


goa  chames 
goa  sakneichi 
goa  ren 


a  pal  a  mata-gu 
a  mata-gu 
a  hala-gu 


gilt 


goa  chenem  a  TcogTcogi-gu 

goa  reg  a  tamuru-gu 

goa  legeichi  a  vara-gu 

gu  mam  tama-gu 

gu  nan  na-gu 

goa  alc  talai-gu 

goa  mätä  a  umana  niuru- 

in. 

Als    allgemeines    Merkmal    der 
das  Vorhandensein    eines   Trials. 


gu 


meine  Stirn 

mein  Gesicht,  mein  Antlitz 

mein  Bauch,  mein  Inneres, 

mein  Leib 
mein  Hals 
mein  Rücken 
meine  Schulter 
mein  Vater 
meine  Mutter 
mein  Freund 
meine  Verwandten 


melanesisch  -  polynesischen    Sprachen 
Das    trifft    in    der   Bainingersprache 


nicht  zu,  sie  ermangelt  jeglichen  Trials.  Überhaupt  sei  bemerkt,  daß  die 
Ausbildung  des  Pronomens  in  der  Bainingersprache  nicht  so  weit  vorge- 
schritten ist  wie  in  vielen  anderen  Sprachen  der  Südsee. 

Was  die  Verbreitung  des  Dialektes  anbelangt,  der  meiner  Arbeit  zu- 
grunde liegt,  so  kann  ich  folgendes  feststellen.  Dieser  Dialekt  wird  auf 
den  Bergen  gesprochen,  die  im  Hintergrunde  der  Massawabucht  liegen. 
Im  Osten  bildet  die  Grenze  der  Lauf  des  Patongo,  im  Westen  und  Süden 
der   Nabungtluß,    der    zwischen    dem    Kap  Angißgiß    und   der    Gawitbucht 

Mitt.  .1.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  3 


34 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainiiigsprache. 


mündet.  Im  Noi'den  reicht  das  Sprachgebiet  dieses  Dialektes  bis  an  das 
Meer.  Ferner  stieß  ich  auf  denselben  Dialekt  am  Kap  Tongilus  (Lambert), 
das  eine  beträchtliche  Strecke  weiter  westlich  liegt.  Das  rührt  daher,  weil 
die  Bevölkerung,  die  jetzt  am  Kap  Tongilus  wohnt,  vor  Jahren  aus  dem 
umschriebenen  Gebiete  verzogen  ist.  Die  Baininger,  w'elche  zwischen  Kap 
Tongilus  und  Nabung  sitzen,  haben  einen  etwas  verschiedenen  Dialekt. 
Diese  Verschiedenheit  erstreckt  sich  auf  den  Gebrauch  von  gewissen 
Wörtern,  die  einem  Gebiete  im  Unterschiede  von  dem  anderen  eigentümlich 
sind.  Die  Gegend,  in  der  dieser  zweite  Dialekt  gesprochen  wird,  ist  die 
von  Gawit.  Merkwürdig  ist,  daß  dieser  Dialekt  der  Gawitleute  sich  noch 
im  ganzen  Gebiete  des  Weberhafens  wiederfindet,  wo  Baininger  sich  auf- 
halten. Vielleicht  haben  wir  es  auch  hier  mit  einer  Auswanderung  zu  tun, 
indem  die  Gawitleute  aus  dem  Weberhafen  in  die  jetzige  Gegend  gesiedelt  sind. 
Eis  mögen  hier  an  einigen  Beispielen  die  Dialektunterschiede  gezeigt 
werden : 
Dialekt  im  Hintergrunde  Dialekt 


der  Massawabu'cht. 

der  Gawitleute. 

surup 

■sup 

trinken 

]cudas,  Icure 

kula 

nicht  wollen,  warte 

a  lubicha 

a  gretka 

der  Fisch 

Tiuku 

kuknn 

nicht 

a  sariJca 

a  bleicha 

das  Fleisch 

a  tavreichi 

a  bakutka 

Miscanthus  japon. 

a  armriki 

a  cliaiki 

der  Regen 

a  eicht 

a  tmitki,  auch  a  dchi 

das  Wasser 

a  daga 

a  murupka,  auch  a  daga 

der  Hund 

a  ogerM,  a  rechichi 

a  rechichi 

die  Gattin 

a  linlci 

a  muichi 

der  Zucker 

a  chenkenki 

a  chuivenaski 

das  Erdbeben 

a  slepki 

a  ikmetki 

das  Schienbein 

a  hinkt 

a  lipdtki 

das  Messer 

a  luanka 

a  baulki 

das  Kleid 

a  adacha 

a  aducha 

die  Taro 

a  mlaoski 

a  veseigmetki 

der  Kahn 

a  mitdemki 

» 

a  gan 

a  nirag 

das  Pfefferblatt 

a  vaska 

a  chaviacha 

der  Brotfruchtbaum 

sep 

a  remdem  sa 

fallen 

a  goanki 

a  gitmanichi 

der  fliegende  Hund 

a  chdelka 

a  batnarimka 

das  Känguruh 

a  gisgiska 

» 

a  ratemka 

a  chavika 

das  Gras 

a  guneichi 

a  gidaga 

malaiischer  Apfel 

a  arevunki 

a  ganageichi 

der  Rauch 

a  dulka 

a  sarimacha 

der  Stein 

u.  a.  m. 

I\ asciier:    Grundregeln  der  Bainiiig.spracho.  35 

Schließlich  sei  es  mii'  noch  gestattet,  meinem  verehrten  Kontrater  imd 
Freund,  P.J.Meier,  der  sich  der  mühevollen  Arbeit  der  Durchsicht  des 
gesammelten  Materials  unterzogen  und  mir  eine  Reihe  trefflicher  diesbezüg- 
licher Bemerkungen  gemacht,    meinen  verbindlichsten  Dank  auszusprechen. 


I.   Lautlehre. 
Alphabet  und  Aussprache. 

Die  Bainingersprache  lunfaßt  20  Buchstaben.  Sie  lauten  bis  auf 
wenige  kleine  Abweichungen  wie  die  deutschen. 

Einige  Buchstaben  unseres  Alphabets  sind  überhaupt  niclit  bekannt, 
andere  erleiden,  wie  erwähnt,  einige  Abänderungen  in  der  Aussprache. 

Das  Bainingeralphabet  lautet: 

a,  h,  ch,  d,  e,  g,  g,  h,  i,  k,  l,  m,  w,  o,  p,  r,  s,  t,  u,  v. 

1.  Als  Vokale  gelten  wie  im  Deutschen  a,  e,  i,  o,  u.  Zu  a  und  o 
stellen  sich  als  Umlaut  ä,  ö.  \''okale  und  Umlaute  kommen  den  entsprechen- 
den deutschen  gleich;  nur  ist  zu  bemerken,  daß  ö  im  Bainingischen  meist 
den  kurzen  Ton  hat. 

Anmerkung,  a)  a  wird  zuweilen  zu  u  in  a  clioatu  anstatt  a  clioata 
die  Männer,  ebenso  goa  aJcii  anstatt  goa  aka  mein  Freund  u.  a.  m. 

b)  i  und  u  werden  sehr  häufig  der  Euphonie  wegen  gebraucht,  z.  B. 
a  vui  gi  du  bist  bös,  anstatt  a  vu  gi;  nu  goa  richit  anstatt  na  goa  richit  mit 
meinem  Arm. 

2.  Doppellaute  sind:    ai,  ei,  oi,  ui,  au,  oa  und  ue   in  a   dopgües  =  3. 
Anmerkung.      Die   Diphthonge    werden    wie    im    Deutschen    ausge- 
sprochen; man  merke  jedoch: 

a)  daß  ei  nicht  den  hellen  klaren  Ton  hat,  sondern  den  dumpfen, 
der  sich  z.B.  im  schwäbischen  Dialekt  findet  in  Ze-it. 

b)  oa  entspricht  vollständig  dem  französischen  oi. 

c)  oi  ist  gleichlautend  mit  dem  deutschen  eu  in  Eule  und  deckt  sich 
vollständig  mit  dem  englischen  oi  {oy) ,  z.  B.  in  boj'',  voice. 

d)  ui  hat  Ähnlichkeit  mit  dem  französischen  oui ,  wie  in  Louis. 

e)  ue  klingt  fast  wie  oa. 

3.  Die  Konsonanten ,  über  die  nichts  bemerkt  wird ,  lauten  gleich 
den  deutschen. 

a)  h  nimmt  stets  den  Vorschlagston  m  voi'aus,  z.  B.  a  bieska,  spr. 
a  mbieska  die  Wunde. 

b)  ch  ist  ein  schwierig  zu  beschreibender  Hauchlaut.  Im  allgemeinen 
klingt  er  weitaus  sanfter  als  unser  c7i,  etwa  wie  das  deutsche^  als  Auslaut 
nach  a,  o,  n  in  Lug  mit  dem  Anklang  von  ch.  Der  Laut  wird  heivorge- 
bracht,  indem  man  die  Zungenwurzel  fast  ganz  an  den  hinteren  Gaumen 
bringt,  was  von  selbst  eine  Wölbung  der  Zunge  zur  Folge  hat. 

c)  d  hat  ähnlich  wie  I>  einen  Vorschlag  und  zwar  n,  z.  B.  a  dülka, 
spr.  a  ndulka  der  Stein. 

3* 


36  Rascher:    Grandregeln  der  Bainingsprache. 

d)  §  entspricht  dem  deutschen  ng  in  lang,    z.  B.  goa,   spr.  ngoa   ich. 

e)  g  vereinigt  die  beiden  Laute  gg ,  z.  B.  a  gundrJca,  spr.  a  ng  -  gunarha, 
der  Schreibstift  (eigtl.  Bambusstift). 

Anmerkung.  Fällt  nach  g  der  folgende  Vokal  weg,  so  wird  die 
Aussprache  des  g  wie  unter  d,  z.  B.  a  muga  der  Baum,  a  rrmg  die  Bäume. 

f)  h  wird  wie  unser  deutsches  h  ausgesprochen.  Es  hat  nur  das 
Eigentümliche,  daß  es  im  An-  und  Inlaut  durch  ein  s  ersetzt  werden  kann, 
z.  B.  a  hur  oder  a  sur  die  Zäune,  puhuh  oder  pusup  droben,  h  steht  nie- 
mals im  Auslaut,  außer  wenn  ein  Vokal  darauf  folgt,  z.  B.  ha  tes  er  ißt, 
Tia  tes  ut  oder  ha  teh  ut  er  bekriegt  uns. 

g)  h  hat  nicht  den  harten  Gaumenstoßlaut  wie  im  Deutschen,  es  klingt 
fast  wie  unser  g  im  Anlaut,  h  wird  bei  ha  =  er,  dem  persönHchen  Für- 
wort der  3.  Person  Singular,  immer  zu  cä,  wenn  ein  Vokal  vorausgeht; 
in  anderen  Fällen  entscheidet  über  diese  Veränderung  der  Gebrauch;  bald 
steht  h,  bald  cA,  z.  B.  a  choatha  cJia  mit  anstatt  a  choatha  ha  mit  der 
Mann  geht  fort;  dagegen  goa  aha  mein  Freund,  hiha!  Knabel 

h)  p  zwischen  zwei  Vokalen  muß  in  v  verwandelt  werden ,  z.  B. 
gu  tav  a  mug  anstatt  gu  tap  a  mug  ich  fälle  Bäume. 

Anmerkung,  pr  in,  an,  mit  vorhergehendem  Vokal  wird  zu  vr, 
z.  B.  a  vleichi  vracha  er  ist  müde. 

i)  s,  wenn  es  nicht  zu  h  wird,  hat  den  scharfen  Laut  eines  ss  wie 
in  reißen. 

k)  Wie  Ti  mit  s  in  vielen  Fällen  wechselt,  so  kann  der  r-Laut  den 
^-Laut  vertreten  und  umgekehrt.  Die  Versetzung  kann  stattfinden  oder 
unterbleiben,  wenn  t  im  Anlaut  zwischen  zwei  Vokalen  zu  stehen  kommt, 
z.  B.  gu  tar  oder  goa  rar  ich  bade.  Die  Verwechslung  muß  aber  statthaben 
(wenigstens  in  der  Deklination  und  Konjugation),  wenn  t  im  Auslaut  und 
Inlaut  zwischen  zwei  Vokalen  steht,  z.  B.  ha  mir  dmano  anstatt  ha  mit 
dmano  er  ist  da  hinübergegangen.  Wo  ein  Konsonant  vorhergeht  oder 
folgt  oder  t  zwischen  zwei  Konsonanten  steht,  kann  es  nicht  in  r  verwan- 
delt werden,  z.  B.  hoasir  temgoa  ich  nicht. 

Ausnahme.  Die  Silbe  vet  in  a  avethi  Haus  wird  bei  ausfallendem  e 
zu  vr:  a  avri/ii  Häuslein.     So  auch  noch  in  einigen  anderen  Wörtern. 

1)  V  lautet  gleich  w  im  Deutschen. 

4.  Doppelkonsonanten,  z.  B.  tt,  nn  vermeidet  die  Bainingersprache ; 
sie  umgeht  dieselben,  indem  sie  einen  ausfallen  läßt,  z.  B.  u  tit  anstatt 
ut  tit  wir  gehen;  gen  pan  anstatt  gen  npan  ihr  schenkt.  Auch  bei  den 
Vokalen  findet  mitunter,  besonders  in  der  Deklination  und  Konjugation, 
entweder  ein  Zusammenziehen  zweier  gleichlautender  Vokale  statt,  oder 
man  läßt  einen  ausfallen. 

5.  Der  Wortton  ruht  gewöhnlich  auf  der  Stammsilbe,  z.B.  husupha 
der  Himmel,  Stamm:  Inisup.  Abweichungen  hiervon  sind  durch  den  Akut 
gekennzeichnet. 

6.  Bemerkung  zur  Schreibweise  der  Präposition  mit  nachfolgen- 
dem Substantiv  oder  Pronomen  sowie  auch  zur  Schreibweise  des  Zeit- 
wortes oder  Eigenschaftswortes  mit  nachfolgendem  Pronomen: 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  37 

Obwohl  die  Logik  verlangte,  die  Präposition  vom  Artikel  und  Pro- 
nomen zu  trennen,  so  habe  ich  doch  mit  Rücksicht  auf  bequemes  Lesen 
und  Aussprechen  die  Präposition,  die  oft  nur  aus  einem  Konsonanten  be- 
steht, mit  dem  Artikel  oder  Pronomen  zusammengeschrieben. 

Aus  demselben  Grunde  habe  ich  auch  beim  Zeitwort  und  beim  Ad- 
jektiv mit  nachfolgendem  Pronomen  das  (Subjekt)  Pronomen  mit  dem 
Eigenschaftswort  und  Zeitwort  zusammengeschrieben. 


n.  Wortlehre. 
Grundregeln  der  Bainingersprache. 

Die  Bainingersprache  beruht  auf  folgenden  5  Grundgesetzen: 

1.  Die  Hauptwörter  zerfallen  in  3  durch  Nachsilben  (Suffixe)  er- 
kenntliche Gruppen. 

2.  Alle  übrigen  Wortklassen,  mit  Ausnahme  der  Umstandswörter, 
Verhältniswörter  und  zum  Teil  auch  der  Zeitwörter,  nehmen,  falls  sie 
attributivisch  oder  prädikativisch  auf  ein  Hauptwort  bezogen  werden,  den 
Hauptwörtern  entsprechende  Silben   in  allen  Numeri  an. 

3.  Die  Wörter  (Substantiv  und  Adjektiv)  der  1.  und  2.  Gruppe, 
welche  mit  Vernunft  begabte  Wesen  bezeichnen,  haben  für  die  3.  Person 
Plural  ein  eigenes  persönliches  Fürwort. 

4.  Alle  Bezeichnungen  für  vernunftlose  Wesen,  die  der  1.  und 
2.  Gruppe  angehören,  haben,  wenn  sie  im  Plural  stehen,  ebenso  wie  die 
Wörter  der  3.  Gruppe,  gleichviel,  ob  diese  vernunftlose  oder  mit  Vernunft 
begabte  Wesen  ausdrücken  oder  ob  sie  im  Singular  oder  Plural  stehen, 
ein  und  dasselbe  Pronomen,   nämlich  ya  oder  geri. 

5.  Die  Wörter  der  1.  Gruppe  haben  ein  besonderes  Possessivpronomen 
im  Singular  und  Plural  (a  —  a  ra),  die  Wörter  der  2.  und  3.  Gruppe 
haben  ein  und  dasselbe  Possessivpronomen  für  Einzahl  und  Mehrzahl, 
nämlich  a  t  (s.  das  Nähere  weiter  unten  beim  Genitiv  und  Pronomen). 

1.   Der  Artikel. 

1.  Die  Bainingersprache  weist  in  der  Einzahl  und  Mehrzahl  für 
den  Nominativ  und  Akkusativ  einen  und  denselben  Artikel  auf,  nämlich  a 
oder  ama,  z.  B.  a  ika  der  Vogel,  a  müga  der  Baum,  a  lei  die  Türen. 

Anmerkung,  ama  ist  bloß  die  erweiterte  Form  des  Artikels,  ama 
steht  als  Artikel  beim  ersten  Fall  gewöhnlich  nur  in  Verbindung  mit  den 
Konjunktionen  und,  aber  (da,  dop)  und  auch  wenn  da  den  Sinn  von  so, 
alsdann  in  einem  Bedingungssatz  hat. 

2.  a  ist  auch  der  Artikel  für  das  unbestimmte  Geschlecht:  a  ika  ein 
Vogel,  a  ik  Vögel. 

3.  Genitiv  und  Dativ  entbehren  einer  eigenen  Partikel. 


38  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

4.  Eigennamen,  Namen  von  Dörfern,  Gegenden,  Flüssen  und  Bergen 
stehen  im  Nominativ  ohne  Artikel,  z.B.: 

Kamain  Name  eines  Mannes 
Dauris  Name  einer  Frau 
PuJcias  Name  eines  Dorfes 
Loan  Name  einer  Gegend 
Krau  Name  eines  Flusses 
Mrachoap  Name  eines  Berges 

Im  Akkusativ  und  nach  Präpositionen  aber  kann  vor  dem  Eigen- 
namen eine  andere  Form  des  Artikels,  nämlich  ma,  gesetzt  werden.  Ma 
kann  ebensogut  weggelassen  werden,  z.  B.  Goa  lu  Chamain  oder  yoa  lu 
ma  Chamain  ich  sehe  Kamain. 

Ma  steht  auch  vor  einigen  Adverbien,  wie  gut.  schön  und  adverbial 
gebrauchten  Zahlwörtern. 

Dagegen  muß  der  Artikel  vor  Namen  von  Dörfern  und  Gegenden  zu 
stehen  kommen,  wenn  durch  letztere  die  Herkunft  oder  Abstammung  von 
Personen  bezeichnet  wird,  z.  B.  a  PuJctasJca  ein  Einwohner  von  Puktas, 
a  Lodnkina  die  Bewohner  von  Loan. 

.5.  Die  Wörter  mdcha  Mann,  \'ater.  Herr,  Dingskirchen,  mäichi  Frau, 
Mutter,  Mka  Knabe,  Mki  Mädchen  werden  nicht  wie  im  Deutschen  bloß 
in  der  Anrede  ohne  Artikel  gebraucht,  sondern  durchgehends ,  z.  B.  mdcha 
sa  cha  mit  der  ^"ater  ist  fortgegangen,  Mka,  gie  n,  gie  chtich  a  eichi,  Knabe 
komm,  hole  Wasser! 

Der  Plural  mdra  Männer,  Frauen,  Väter,  Mütter,  Verwandte,  Freunde, 
Leute,  steht  in  der  Anrede  und  in  Verbindung  mit  Präpositionen  ebenfalls 
ohne  Artikel ,  z.  B.  Tumun  kitric7ia  sa  gel  mdra  Tuuuin  wohnt  bei  seinen 
Eltern. 

Sinnverwandt  mit  mdcha  ist  das  Wort  a  matka.  Dasselbe  hat  stets 
den  Artikel  vor  sich  und  kommt  in  der  Anrede  nur  in  Verbindung  mit 
dem  Possessivpronomen  vor.  Es  steht  aber  in  der  Anrede  nicht  allein, 
z.  B.  uri  hreig  ha  gel  a  ur  a  mätä  wir  schlafen  bei  unseren  Verwandten, 
Goa  mdtka  cha  tamar  mein  Vater  ist  krank. 

6.  Die  Wörter  mam  Vater  und  nan  Mutter  stehen  im  Singular  ohne, 
im  Plural  mit  Artikel:  a  mdmkänä  die  Väter,  a  ndnkinä  die  INIütter  (Frauen). 
Diese  Pluralbezeichnungen  werden  selten  gebraucht  und  haben  in  diesem 
Fall  nicht  die  strikte  Bedeutung  von  Vater  und  INIutter,  sondern  von  Ver- 
wandten überhaupt.  Gewisse  Wörter  werden  bloß  in  Verbindung  mit  dem 
Personalpronomen  gebraucht.  Es  sind  in  der  Regel  Wörter,  die  Körper- 
teile oder  Verwandtschaftsverhältnisse  bezeichnen.  Sie  stehen  nie  allein. 
Vgl.  hierzu  die  Wortbildungen  der  Sprache  des  Oststammes  der  Gazelle, 
die  Körperteile  und  Verwandtschaftsverhältnisse  bezeichnen.  Auch  diese 
haben  beständig  das  Possessivjirononien  bei  sich,  nur  wird  das  Possessiv- 
pronomen hier  im  Unterschied  von  der  Bainingersprache  an  das  Ende 
des  Wortes  angehängt.  In  der  Bainingersprache  steht  das  Possessivum 
in  diesem   Falle  voraus,  z.  B.; 


Rascher:   Grundregeln  der  Bainingsprache.  39 

Goa  chenem,  a  Tcog  Icogigu         mein  Hals 

goa  saJcneichi,         a  matagu  mein  Angesicht 

goa  reg,  a  tamurugu  mein  Rücken 

goa  reuy  a  halagu  mein  Leib 

gu  mam,  tamagu  mein  Vater 

gu  nan,  nagu  meine  Mutter 

u.  a.  m. 

7.  Ebenso  werden  goa  aJc ,  gl  ah  usw.  mein  Freund,  dein  Freund, 
yoa  arei,  gi  arei  meine  Freunde,  deine  Freunde,  gu  rka,  gi  rka,  gu  rhi, 
gi  rki  mein  Ehemann,  dein  Ehemann,  mein  Eheweib,  dein  Eheweib  stets 
mit  dem  Pronomen  possessiv  und  ohne  Artikel  im  Singular  und  Plural 
gebraucht. 

8.  Alle  übrigen  Substantive,  die  noch  Personen  benennen,  wie  Kind, 
haben   in  der  Anrede    den  Artikel,   z.  B.  a  igelta,   geni  teigl    Kinder,  singt! 

9.  Ohne  Ai-tikel  stehen  ferner  die  Namen  für  Finger  und  Zehen 
sowie  das  Wort  kutmes  lava  eine  Heuschreckenart. 

10.  Außer  bei  Hauptwörtern  findet  der  Artikel  noch  Verwendung 
vor  Adjektiven,  Zahlwörtern,  bei  den  Possessivpronomen  und  den  drei 
Personen  des  Duals  (s.  besitzanzeigendes  Fürwort),  z.  B.: 

a  mer  goa  ich  bin  gut 

a  ratpes  vier 

a  achak  irgendeiner 

a  ur  a  luan  unsre  Kleider 

a  gen  a  nat  eure  Taros 

a  ra  a  hin  ihre  Messer 

a  un  a  cJiip  unser  zweier  Lanzen 

a  oan  a  lat  euer  zweier  Pflanzung 

a  ien  a  vrika  ihrer  zweier  Schleuder 

2.   Das  Substantiv. 

1.  Die  Bainingersprache  weist  3  Numeri  auf:  Einzahl,  Zweizahl 
und  Mehrzahl. 

2.  Die  Hauptwörter  bilden,  wie  bereits  erwähnt,  3  verschiedene 
Gruppen,   die  sich  durch  Nachsilben  unterscheiden. 

3.  Der  Nachsilbe  der  Einzahl  bei  der  1.  und  2.  Gruppe  entspricht 
keine  eigene  für  die  Mehrzahl. 

4.  Den  verschiedenen  Nachsilben  der  1.  Gruppe  steht  nur  eine 
besondere  Form  des  Duals  zur  Seite  {iem). 

5.  Den  verschiedenen  Nachsilben  der  2.  Gruppe  steht  ebenfalls  nur 
eine  Form  des  Duals  zur  Seite  {im). 

6.  Den  verschiedenen  Nachsilben  der  3.  Gruppe  entsprechen  auch 
im  Dual  und  in  der  Mehrzahl  je  eigene  Suffixe. 

Also  a)  die  1.  Gruppe  hat  in  der  Einzahl  die  Nachsilben  acJia,  cha, 
ka,  ga.  Für  die  Mehrzahl  ist  kein  bestimmtes  Suffix  vorhanden.  Haupt- 
wörter dieser  Gruppe  bilden  der  Regel  nach  die  Mehrzahl,   indem  sie  das 


40 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


Singularsuffix  weglassen.  Diese  Gruppe  enthält  vorzugsweise  männliche 
Personen-  und  Tiernamen,  doch  auch  vielfach  Bezeichnungen  von  leblosen 
Wesen,  z.  B.: 


Singular 

Plural 

a  Idmasacha 

a  Idmas 

der  Kokosbaum 

a  chadücha 

a  chadu 

eine  Vogelart 

a  Ibacha 

a  Iha 

der  Küstenbewohner 

a  urica 

a  ur 

das  Wildschwein 

a  goaremka 

a  goarem 

der  Schaum 

Anmerkung.     Der  Dual  wird  später  behandelt  werden. 

b)    Die  2.  Gruppe  hat  im  Singular  die  Nachsilben   eichi,   cid,   ki,  gi. 

Es  fehlt  auch  dieser  Gruppe  ein  eigenes  Pluralsuffix.  Die  Pluralform 
ist  der  Stamm  des  Wortes  ohne  Singularendung.  Diese  Gruppe  enthält 
vorzugsweise  weibliche  Personen-  nnd  Tiernamen,  aber  auch  Namen  von 
leblosen  Dingen,  z.  B.: 


;)  Die 


Singular 

Plural 

a  huleichi 

a  hui 

der  Spaten 

a  sägeneich. 

l         a  sägen 

das  Tragnetz 

a  birichi 

a  hiri 

die  Keule 

a  chdmki 

a  cham 

eine  sagenhafte  Schlange 

a  dagi 

a  dag 

die  Hündin 

a  agetki 

a  aget 

der  Hunger 

3.  Gruppe 

(Ableitungen) 

hat  die  Nachsilben: 

Si 

ngular 

Plural 

im 

irag 

it,  dt,  hit 

isig 

igl 

igrig 

um. 

em,  hem 

dp,  bdp 

ar 

isug  oder  itnek 

OS   ( 

u^s,  es) 

isig 

[•kung.      1. 

Die   meisten 

unter   den    Substantiven   d( 

1.  und 

2.  Gruppe  können  diese  Ableitungssuffixe  annehmen.  Gewisse  Wörter 
nehmen  jedoch  nicht  die  ganze  Skala  der  Ableitungssilben  an.  Sie  kommen 
bloß  in  der  einen  oder  anderen  Form  vor.  Wieder  andere  Wörter  haben 
je  nach  der  Ableitungssilbe  einen  ganz  speziellen  Sinn,  so:  a  eleiga  die  Zehe, 
a  eleigit  das  Bein,  a  eleigigl  der  Fuß,  a  rika  der  Finger,  a  richit  der  Arm, 
a  richigl  die  Hand,  a  mki  der  Mund,  a  migl  die  Lippe,  der  Schnabel. 

2.  Die  Bildung  der  zu  dieser  Gruppe  gehörenden  Wörter  geschieht 
der  Regel  nach  dadurch,  daß  man  eine  der  aufgezählten  Singularsuffixe 
an  den  Stamm  eines  Wortes  der  1.  oder  2.  Gruppe  hängt,  z.  B.: 


a  daga  der  Hund, 
a  müga  der  Baum, 
a  dülka  der  Stein , 
a  avetki  das  Haus, 


Stamm:  dag. 
Stamm:  mug. 
Stamm:  diil. 
Stamm:  avet. 


a  ddgini  das  Hündchen 
o  mugigl  das  Scheit 
a  dulem  der  Felsen 
a  avrdr  das  große  Haus 


Rascher:   Grundregeln  der  Bainingsprache.  41 

Ausnahmen:  a)  Die  Wörter,  deren  Stamm  mit  einem  m  endigt,  haben 
hit  anstatt  it,  z.  B.  a  rdtemJca  das  Gras,  Stamm:  ratem,  a  ratehit  der  Grashalm. 

b)  Die  auf  vet,  sowie  die  Eigenschaftswörter  pel  und  mer  stoßen  das  e 
aus.  Dies  gilt  auch  beim  Dual:  vt  wird  zu  vr,  so  a  avet,  a  avrdr  ein 
großes  Haus.     Pel,  klein  plini;  mer,  gut  mrini. 

c)  Selbstverständlich  hat  man  auch  hier  auf  das  in  der  Lautlehre 
über  p  und  t  Gesagte  zu  achten. 

d)  Einige  Unregelmäßigkeiten  in  der  Bildung  dieser  Ableitungen,  wie 
z.  B.  bei  sichiak  ein  anderer,  s.  an  Ort  und  Stelle. 

3.  Die  Wörter  auf  ini  haben  Diminutivbedeutung,  z.  B.  a  ludnini 
das  Kleidchen. 

4.  Die  Suffixe  it,  eit,  hit  bezeichnen  ein  schlankes,  dünnes  Ding  oder 
lebendes  Wesen,  z.  B.  a  mugit  der  Stock,  die  Stange;  a  choarit  ein  langer 
Mann,  ein  schlank  gewachsener  Knabe. 

Anmerkung.  Die  Wörter  der  1.  Gruppe  auf  acha  haben  in  der 
abgeleiteten  Form  nicht  it,  sondern  eit. 

5.  Die  Nachsilben  um,  em,  hem  bezeichnen  den  größeren  Teil  eines 
Ganzen  (es  ist  aber  für  sich  noch  ein  Ganzes)  oder  überhaupt  etwas  Mittel- 
großes ,  Dickes  und  Starkes ,  z.  B.  a  vhodrem  ein  starker,  untersetzter  Mann, 
a  rerein  der  Backenzahn. 

6.  Die  Nachsilbe  »^/  bedeutet  den  kleineren  Teil  eines  Ganzen,  z.B. 
a  duligl  ein  Stück  von  einem  Stein,  a  duliyrig  Steinstücke,  kleine  Stücke 
eines  Steines. 

7.  Die  Nachsilbe  ar  bezeichnet  ein  in  größere  Teile  zerlegtes  oder 
zerlegbares  Ding,  z.  B.  a  mugar  ein  größeres  Scheit  Holz  (vgl.  oben 
a  avrdr  das  große  Haus). 

8.  Die  Nachsilben  tts,  as ,  es  bezeichnen  ein  sehr  großes  (dickes),  nicht 
in  Teile  zerlegtes  Ding,  z.  B.  a  düles  ein  sehr  großer  Stein. 

Anmerkung.  Die  Endung  es  {bes,  us),  an  den  Stamm  von  Gewächs- 
namen gehängt,  bezeichnet  das  Blatt  der  betreffenden  Bäume  oder  Sträucher, 
z.  B.  avdses  das  Blatt  des  Brotfruchtbaumes,  a gälives  das  Blatt  des  Mandelnuß- 
baumes, a  vasehes  das  Blatt  des  Arekabaumes,  a  lamasus  das  Kokosblatt. 

Bemerkungen  zu  den  drei  Numeri. 
A.    Einzahl. 

1.  Der  Form  nach  Singulare  tantum,  aber  mit  Pluralbedeutung  ist 
a  savireichi  Leute,  Menge,  Volk,  viele. 

2.  mam  (Vater)  und  7ian  (Mutter)  haben  keine  Singularendung.  Von 
yoa  aka  (mein  Freund)  ist  die  Abkürzung  goa  ak  gebräuchlicher. 

B.    Dual  (Zweizahl). 

Bei   den  Wörtern  der    1.  und   2.  Gruppe. 

1.    Der  Dual  bei  den  ersten  zwei  Gruppen  wird  gebildet,  indem  man 

die    Endung   iem  oder  im,   je    nach   der  Endung   des    Substantivs,    an    den 

Stamm  desselben  anhängt;  z.B.  a  ludnka  das  Kleid ,  Stamm  luan,  a  ludniem 

zwei  Kleider;  a  ndnki  die  Frau,  Stamm  nan,  a  nanim  zwei  Frauen. 


42  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

2.  Nach  der  beschriebenen  Weise  bilden  ihren  Dual  meistens  regel- 
mäßig die  Wörter,  deren  Stamm  auf  n,  m,  g,  s  endigt.  Den  Stamm  des 
Wortes  erhält  man,  wie  aus  den  angeführten  Beispielen  zur  Genüge  hervor- 
geht, dadurch,  daß  man  die  Singularform  abstreicht. 

3.  Bei  den  auf  eicU  auslautenden  Wörtern  lautet  der  Dual  nicht  im, 
sondern  dm,  z.  B. : 

a  huleichi  der  Spaten  a  huleim  (anstatt  a  hulim)  zwei  Spaten 

a  bireicM  das  Bett  a  hireim   (anstatt  a  Urim)  zwei  Betten 

a  chacJireichi  die  ßainingerin         a  chachreim   (anstatt  a  chachrim)    zwei 

Bainingerinnen 
Anmerkung,     a  eichi  (das  Wa.sser)  hat  im  Dual  a  eim. 

4.  Die  Wörter  auf  acÄa  bilden  ihi-en  Dual  regelmäßig,  z.  B.  a  lamasacha 
der  Kokosbaum,  a  Idmasiem  zwei  Kokosbäume.  Bei  dem  Worte  a  chachracha 
der  Baininger,  Stamm  chachra,  wird  im  Dual  das  letzte  a  in  e  verwandelt: 
a  chachreiem  zwei  Baininger.     Mdcha  (\'ater)  hat  im  Dual  maiem. 

Goa  ak{a)  (mein  Freund)  hat  regelmäßige  Dualbildiing:  goa  aiem;  da- 
gegen hat  goa  aki  (meine  Freundin)  im  Dual:  goa  aüim.  Ähnlich  lautet 
mäichi  (Mutter)  im  Dual:   mauim. 

5.  Scheinbar  unregelmäßig  ist  die  Dualbildung  von  a  choatJca  (der 
Mann),  a  chodriem  (zwei  Männer).  Nach  Abstreifung  der  Endsilbe  ka  wurde 
der  zwischen  zwei  Vokalen  zu  stehen  kommende  ^-Laut  der  Regel  gemäß  zu  r. 

6.  Vollständig  unregelmäßig  im  Dual  sind:  a  achepka  (der  Kalk), 
a  achevuaim,  a  choreuetki  (der  Mond),  a  chorevrim,  a  avetki  (das  Haus), 
a  avrim  u.  a.  m. 

Der  Dual    bei   den  Wörtern    der    3.  Gruppe. 

Jede  der  verschiedenen  Nachsilben  der  3.  Gruppe,  mit  Ausnahme 
der  von  as,  das  im  Dual  wie  in  der  Mehi'zahl  gleichlautend  ist  mit  Dual 
und  Mehrzahl  von  it,  hat  ihre  eigene  Dualendung,  die  an  den  Stamm  des 
Wortes  angehängt  wird. 

Eine  Übersicht  der  verschiedenen  Dualformen  bei  den  Wörtern  der 
3.  Gruppe  gibt  folgende  Tabelle: 


Singular 

Dual 

ini 

iram 

it  {eit,  hit) 

ihim 

igl 

igrim 

ar 

isum 

em  {um,  hein) 

am  (bam) 

as  {us,  es) 

ihim 

nmerki 

mg.     Bei  nemka 

wer!', 

—  bes. 

,  aber  nemtiaim. 

C.    Mehrzahl, 
a)    Bei    den  Wörtern   der    1.  und    2.  Gruppe. 
1.    Die  Bildung  des  Plurals  bei  den  Wörtern  der  zwei  ersten  Gruppen 
geschieht,   indem   man,    wie   bereits    bemerkt,   die   Singularendung  (Suffix) 
wegläßt.     Als  Ausnahmen  merke: 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


43 


Singular 

Plural 

a  ika 

a 

ik 

der  Vogel 

a  eicht 

a 

eiei 

das  Wasser 

yoa  ak{a) 

goa  arei 

mein  Freund 

goa  aki 

goa  arei 

meine  Freundin 

a  chüracha 

a 

chudr 

die  Ader 

a  chodtka 

a 

choata 

der  Mann 

a  chlövacha 

a 

chlap 

die  Raupe,  Larve 

a  chülacha 

a 

chiilak 

der  Lehm 

a  chaneicJd 

a 

chandg 

das  Gift,  Vergiftung,  Behexunj 

a  uemka 

a 

nis 

der  Sohn,  das  Kind 

a  ruemka 

a 

ruis 

der  Sohn,  das  Kind 

a  uemki,  a  rueiuki 

a 

uis,    a  ruis 

die  Tochter,   das  Mädchen 

a  dluacha 

a 

dlau 

das  Ei 

a  larolcM 

a 

larau 

Bündel 

(a)  main 

a 

mdinkänä 

der  Vater 

(a)  nan 

a 

ndnk^inä 

die  Mutter 

a  nanki 

a 

ndnkinä 

die  Frau 

a  grdchi 

a 

gär 

das  Tai 

a  gateichi 

a 

yata 

das  Körbchen 

a  bärtgi 

a 

hareig 

das  Harz 

a  armriki 

a 

armrer 

der  Regen 

a  säknächa 

a 

sachag 

das  Auge 

a  saviracha 

a 

suvit 

der  Feind 

u.  a.  in. 

2.  a  lat  die  Ptlanzung,  a  tik  das  Fest,  a  alaudais  Lianenart,  a  harichis 
die  Lüfte,    (r/)  reu  der  Leib,    {a)  is  das  Gesäß  u.  v.  a.  sind  Plurale  tantum. 

o.  Wüi-ter,  welche  \"er\vandtschaftsverhältnisse  und  Abstammung  aus- 
drücken ,  haben  im  Plural  die  Endung  pik  (vik),  z.  B. : 


S  i  n  g  u  1  a  I- 

Plural 

a  ruacha 

a  ruavik 

der  Bruder 

a  ruäichi 

a  ruavik 

die  Schwester 

a  agerka,  a  agerki 

a  agervik 

der  Ehemann,  die  Ehefrau 

Anmerkung,  a  choatka  (der  Mann),  a  igelka  (das  Kind),  a  levüpka, 
a  levüpki  (der  Bruder,  die  Schwester),  a  reveska,  a  reveski  (der  Scliwäher, 
die  Schwäherin),  a  matka,  a  matki  (Vater,  Mutter,  Verwandter,  Verwandte) 
können  im  Plural  entweder  das  Suffix  pik  annehmen  oder  der  gewöhnlichen 
Pluralbildung  folgen,  also  a  cAoa^A'a  (Sing.),  a  choata  oder  a  choatpik  (Plur.), 
a  igelta  oder  a  igelvik  usw. 

4.  Das  Pluralsuffix  kana,  kina  bedeutet  die  Herkunft  und  Abstammung 
von  Personen  oder  das  Zusammensein  mit  mehreren  Personen  (vgl. 
a  mdmkänä,  a  ndnkinä),  z.  B.  a  Puktaskina  die  Einwohner  von  Puktas, 
a  Bagaichina  die  Einwohner  von  Baga,  oder  auch  einfach  a  Puktas,  a  Baga. 
Der  Singular  lautet  entweder  a  Puktaska  oder  a  Puktas. 


44  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

b)    Bildung   der  Mehrzahl   von  Wörtern   der  3.  Gruppe. 
Es  gibt  sechs  Klassen  von  abgeleiteten  Wörtern.     Jeder  Klasse  steht 
ein    eigenes    Pliiralsuffix   zur   Seite,    wie    ans    folgender   Zusammenstellung 


ersichtlich  ist: 

Singular 

Dual 

Plural 

ini 

iram 

trag 

it  {eit,  hit) 

ihim 

isig 

igl 

igrim 

igrig 

em  {um,  hem) 

am  {harn) 

ap  {hap) 

ar 

isum 

istig  oder  itnek 

as  (us,  es) 

isim 

isig 

Anmerkung.     Bei  ?iemka  (wer?),  nebes? 

nemuaim?  nemuaig? 

Dekünation. 

A.    Genitiv. 
Allgemeine   Regel. 

1.  Das  subjektive  und  objektive  Genitivvei'hältnis  wird  durch  ein 
entsprechendes  Possessivpronomen  ausgedrückt,  z.B.: 

a  choatka     a  a    chipJca 

der  Mann  seine  Lanze  (die  Lanze  des  Mannes) 

a  choata      a  ra  a     chip 
die  Männer     ihre     Lanzen 

a  choäriem  a  ien  a       chiviem 

die  beiden  Männer  ihre  beiden  Lanzen 

a  ndnki    a  r  a  luanka 
die  Frau      ihr      Kleid 

a  ndnkina    a  ra  a       luan 
die  Frauen      ihre      Kleider 

2.  Das  entsprechende  Possessivpronomen  gestaltet  sich  vei-schieden 
nach  den  verschiedenen  Gruppen  der  Substantive  (vgl.  Grundregeln  der 
Bainingersprache).  Bei  der  1.  Gruppe  lautet  es  a  in  der  Einzahl,  a  ra  oder 
a  t  (r)  in  der  Mehrzahl  (je  nachdem  es  sich  auf  mit  Vernunft  begabte  oder 
vernunftlose  Wesen  bezieht)  und  a  ien  im  Dual. 

a)    Beispiele  zur  \.  Gruppe: 

a  choatka    a  a  hiimki 

der  Mann  sein   Knie  (das  Knie  des  Mannes) 

a  choata     a  ra  a  hum 
die  Männer  ihre  Kniee   (die  Kniee  der  Männer) 

a  choäriem  a  ien  a      huhim 

die  beiden  Männer   ihre  beiden    Kniee  (die   beiden  Kniee  der  beiden 
Männer) 

a  vlemka        a  a    vi^irka 
das  Schwein  seine   Rippe  (die  Rippe  des  Schweines) 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  45 

a  vlem         a  r  a     visir 
die  Schweine    ihre    Rippen 

a  vlemiem  a  ien  a      visiriem 

die  beiden  Schweine  ihre  beiden  Rippen 

b)  Bei  der  2.  Gruppe  lautet  das  Possessivpronomen  a  t  (?•)  in  der 
Einzahl,  a  ra  oder  a  t  (r)  in  der  Mehrzahl  (je  nachdem  es  sich  auf  mit 
Vernunft  begabte  oder  vernunftlose  Wesen  bezieht)  und  a  ien  im  Dual. 

Beispiele  zur  2,  Gioippe: 

a    näriki  a  r  a  sdgeneichi 
die    Frau     ihr         Netz  (das  Netz  der  Frau) 

a    nänkina  a  ra  a    sägen 
die   Frauen      ihre      Netze 

a        nanim  a  ien  a  sdgeneim 

die  beiden  Frauen  ihre  beiden  Netze  (die  beiden  Netze  der  beiden  Frauen) 

a       IdpJci    a  r  a  ichivdretki 
der  Kakadu  sein       Flügel  (der  Flügel  des  Kakadu) 

a        Idv      a  r  a  ichivdret 
der  Kakadu  ihre     Flügel  (die  Flügel  der  Kakadu) 

a  Idvim  a  ien  a   ichivdrerim 

die  beiden  Kakadu  ihre  beiden  Flügel  (die  beiden  Flügel  der  beiden 
Kakadu) 

c)  Das  Possessivpronomen  bei  Wörtern  der  3.  Gruppe  lautet  a  ^  in 
der  Einzahl  und  Mehrzahl  und  a  ien  oder  a  t  im  Dual. 

Beispiele  zur  3.  Gruppe: 

a         chnarir      a  r  a    gateichi 
der  lange  Mann  sein  Körbchen  (das   Körbchen  des  langen  Mannes) 

a  choarisig       a  r  a     gata 

die  langen  Männer  ihre  Körbchen  (die  Körbchen  der  langen  Männer) 

a  choarisim  a  r  a  od.  a  ien  a  gateim 

die  beiden  langen  Männer  ihre  beiden       Körbchen 

a       nanigl    a  r  a       nisJci 
das  Mädchen  sein  Grasschurz  (der  Grasschurz  des  Mädchens) 

a     nanigrig   a  r  a  7iis 

die  Mädchen    ihre  Grasschurze 

a  nanigrim      a  r  a  od.  a  ien  a    nisim 

die  beiden  Mädchen  ihre  beiden  Grasschurze 

a      ichini   a  r  a      migl 
das  Vöglein  sein  Schnabel 

a    ichirag  a  r  a    migrig 
die  Vöglein  ihre  Schnäbel 

a  ichiram  a  r  a  od.  a  ien  a     migrim 

die  beiden  kleinen  Vöglein     ihre  beiden       Schnäbel 


46  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

3.  Beim  Zusammentreffen  von  mehr  als  einem  Genitiv  wird  der  2. 
durch  ama  oder  ar  ausgedilickt ;  ama  scheint  jedocli  die  l)eliebtere  Form 
zu  sein ,  z.B.: 

Dauris  a  r  a  nigacha  ama  chasig 
Dauris  ihr  Kopf  seine  Haare 
Kamain  a  a  mäkeichi  a  r  a  leichi 
Kamain  sein  Haus  seine  Türe 
a        igelki      a  r  a  Idrini  a  r  a       snrini 

das  Mädchen   seine  kleine  Pflanzung   ihr  kleiner  Zaun 

4.  Überhaupt  sei  bemerkt,  daß  der  Gelirauch  des  Genitiv  kein  so 
häufiger  ist,  als  in  unserer  Sprache.  Er  wird  sehr  oft  durch  präpositionale 
Ausdrücke  wiedergegeben,  z.  B.: 

a  chasig  pra  nigacha  die  Haare  des  lvoj)fes, 

eigtl.:    die  Haare  am  Kopf 
a  mug  pra  chövl  die  Bäume  des  Waldes 
a  nat  pra  lat  die  Taros  der  Pnanzung(en) 
a  gerik  pra  muga  die  Zweige  des  Baumes 
a  chasig  pra  ika  die  Federn  des  \'ogels 
a  chloig  pra  husitpka  die  Wolken  des  Hiuunels 
a  valeg  pa  avetki  das  Dach  des  Hauses 
a  bies  pra  eleigit  die  Wunden  des  Beines 
a  gerik  pra  richigl  die  Finger  der  Hand 
Anmerkung.     Der  eigentliche  Genitiv  kommt   also  fast   nur  als  ge- 
nitivus  possessivus  vor. 

B.     Dativ. 
1.    Eine  eigentliche  Dativpartikel  fehlt.     Der  Dativ  kommt  durch  Um- 
schreibungen, wie  Fürwörter  und  Präpositionen,   zum  Ausdruck,  z.B.: 
Gie  chur     a     savireichi  ra  Itigi 

Du  gibst  den    Leuten     Feuer  (du  beschenkst  die  Leute  mit  Feuer) 
Ka   rech  ama  huiki  bagoa 
Er   gibt       Tabak       mir 
Gu      tal         a     adum  hair   Paskam 
Ich  bringe  den  Taro  dem  Paskani 
Goa      mr       a       hinki     nep     gi  a      rik 

Ich  nehme  das  Messer  aus  deiner  Hand  (eigtl.:    deinen  Fingern) 
Gie      it       nanir  goa  eichi 

Hole  mir  Wasser,  eigtl.:   (du)  geh(st)  (bring)  um  Weisser 
Nemka  a  a  makeichil    Goa  od.  ka  goa        mäkeichi 
Wessen        Haus?  Mein  Haus,    es  ist  mein  Haus 

Nemta         a  ra         a     adäp?       ka  a  ur       a        adap 
Welchen  (gehören)  die  Taros?     Es  sind  unsere  Taros 

Nemki  a  ra  sageneichiJ        hmran  od.    Tika     ma    hmran 

Welcher  (Frau)  (gehört)  das  Tragnetz?    Ivuran  od.  es  ist  auch  Ivurans 
Tragnetz 


Rascher :    Grundregeln  der  Bainingsprache.  47 

C.     Akkusativ. 

1.  Der  Akkusativ  ist  in  vielen  Fällen  gleich  dem  Nominativ,  z.B.: 

Goa    lu      a      choata 
Ich  sehe  die  Männer 
Ka   fach   a  a  chunakpreicM 
Er  baut  sein  Haus 

Ta       tes  a  vas 

Sie  essen  Brotfrüchte 

2.  Außeiileui  kommt  auch  ama  in  Akkusativverinndungen  vor.  Letz- 
tei-e  Partikel  findet  sich  auch  im  Nominativ,  jedoch  mn*  im  beschränkten 
Maße,  nämlich  nur  nach  der  Verbindungspartikel  da,  dap  (und,  aber)  bei 
verschiedenen  Subjekten  in  demselben  Satze,  z.  B.  a  rahäska  dama  chlap 
der  Hühnerhabicht  und  die  Raupen. 

Im  Akkusativ  dagegen  kann  ama  häufiger  da  gesetzt  werden,  wo  a 
steht,  z.  B.  Ica  tal  a  not  oder  ama  nat  er  trägt  Taros ;  uri  hav  a  oder  ama 
chachracha  wir  fangen  einen   Bainingmann. 

3.  Eigennamen  im  Akkusativobjekt  haben  entweder  ma  oder  gar  keine 
Partikel  vor  sich,  z.  B.  kie  rbur  Paskam  oder  ma  Vaskam  sie  zürnt  Paskam. 

4.  In  den  meisten  Fällen  wird  das  Akkusativobjekt  durch  präposi- 
tionale  Wendungen  ausgedrückt,  z.B.: 

Gen  tekmet  na  od.  nama  lat 

Ihr       baut  (legt)  eine  Pflanzung  (an) 

uni       nari  sa     vracha 
Wir  zwei  hören  ihn 

Oan  pan  a  choäriem  tama  ludniem 

Ihr  beide  gebt  (beschenkt)  den  (die)  beiden  Männer(n)  (mit)  2  Kleider(n) 

Ti        tkut        rama  nanki 
Sie  begraben    eine   Frau 

3.   Das  Verkleinerung'swort. 

Der  Gebrauch  des  Verkleinerungswortes  ist  ein  sehr  häufiger.    Es  gibt 
nicht  nur  verkleinerte  Personen-  und  Sachnamen,  sondern  auch  verkleinerte 
Eigennamen,  Adjektiva,  Verben  und  Fürwörter,  z.B.: 
a  ludnini  ein  Kleidclien 
a  Idrini  eine  kleine  Pflanzung 
a  ruemini  ein  Kindlein 
Koaigini  der  kleine  Koaing 
a  hlürini  der  kleine  Große 
kurini  es  (das  kleine)  sitzt,  bleibt 
harachini  für  es  (das  kleine) 
Allgemeine  Regeln: 

1.  Die  Diminutivform  wird  gebildet,  indem  man  die  Endung  M  {int) 
an  das  Stammwort    anhängt,    z.  B.  a  hinki  das  Messer;    Stamm  hin,    Dimi- 


48  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

nutiv  a  hinini  das  kleine  Messer,     a  vasJca  der  Brotfruchtbaum;  Stamm  vas, 
Diminutiv  o  vdsini  der  kleine  Brotfruchtbaum. 

Anmerkung.      Bei  Wörtern,   welche   die    Diminutivform    auf  regel- 
mäßige Weise   nehmen,   ist   die  Betonung   in   mi  kurz,    bei   unregelmäßiger 
Bildung  oder  Lautveränderungen  wird  das  erste  i  gewöhnlich  lang,  z.B.: 
a  mugint  das  Bäumchen  (regehnäßige  Diminutivbildung) 
a  muruvini  der  kleine  Kasuar  (Lautveränderung:  murup) 
a  revini  das  kleine  Beil  (Lautveränderung:  rep) 

2.  Die  Wörter  auf  n,  l,  m.  g,  u,  s  bilden  den  Diminutiv  regelmäßig, 
d.  h.  durch  Anhängen  von  irii  an  den  Stamm. 

Anmerkung,  a  ruerrika  oder  -  >t»  (Sohn,  Tochter)  lautet  in  der  Di- 
minutivform a  ruemini  und  a  ruimini. 

3.  Die  Wörter  auf  k,  p,  t,  vet  erleiden  Lautveränderungen,  nicht 
nur  bei  Anfügung  dieser  Ableitungssilbe,  sondern  überhaupt,  wie  in  der 
Lautlehre  bemerkt  worden  ist,  z.  B.: 

a  chaiöp  die  Hühner,  a  chaiövmi  das  Hühnchen 

a  evet  der  Erdboden,  a  evrini  ein  kleines  Stück  Erde 

4.  Wie  der  Deutsche  zuweilen  in  der  Volkssprache,  so  gebraucht  der 
Balninger  bei  attributiven  Adjektiven  stets  eine  doppelte  Diminutivform, 
d.h.  die  des  Hauptwortes  und  die  des  Eigenschaftswortes,  z.B.: 

a     lochuvini   ama   igelini 
ein  Dörfchen    ein   kleines 

a  mrini  ama       avrini 

ein  kleines  schönes    ein    Häuschen 

4.    Das  Eigenschaftswort. 

A.    Das    attributive    Eigenschaftswort   kann   vor   und   nach   dem  Sub- 
stantiv stehen.    In  beiden  Fällen  hat  es  ama  oder  a  als  Verbindungspartikel. 
L    Steht  das  Eigenschaftswort  vor  dem  Substantiv,  so  ist  es  das  un- 
veränderte Grundwort  mit  vorhergehendem  Artikel,  sowohl  in  der  Einzahl 
als  in  der  Mehrzahl ,  z.B.: 

a  mrer  a  chodtka  oder  besser  (gebräuchlicher): 

a  mrer  ama  chodtka  der  gute  Mann 
a  mrer  ama  ndnki  die  gute  Frau 
a  mrer  ama  ndnkina  die  guten  Frauen 
2.    Steht  das  Eigenschaftswort  nach  dem  Substantiv,  so  behält  letzteres 
seinen  Artikel  und  das  Adjektiv  wird  mit  ihm  mittels  des  einfachen  Artikels 
oder  der  erweiterten  Form  desselben,  ama,  verbunden;    außei'dem    erleidet 
das  Eigenschaftswort  selber  noch  bestimmte  Veränderungen,  je  nachdem  es 
zu  einem  Substantiv  der  verschiedenen  Gruppen  in  Beziehung  steht. 

a)  In  Beziehung  zu  einem  Wort  der  L  und   2.  Gruppe. 

1.  In  der  Einzahl.  In  diesem  Numerus  nimmt  das  Eigenschafts- 
wort mit  geringen  Änderungen  die  Endung  des  Substantivs  an,  worauf  es 
sich  bezieht,  z.  B.: 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  49 

a     choaika  ama    vucha 
der    Mann     der     böse 

a    nanJci  ama    igelki 
die    Frau    die    kleine 

a       gateichi      ama    pelki 
das  Körbchen    das    kleine 

2.  In  der  Zweizahl.  Hier  erhält  das  Eigenschaftswort  dieselbe 
Endung  wie  das  Substantiv,  z.B.: 

a  chodriem  ama    mriem 

die  beiden  Männer     die     guten  (beiden) 
a  lavim  ama      asuahim 

die  beiden  Kakadu  die  diebischen  (beiden) 

a  mugam  am,a  onpam 

die  zwei  Holzstämme  die  beiden 
Anmerkung.     Wenn  das  Adjektiv  vor  dem  Dual  steht,  so  kann  es 
entweder  die  Dualform  annehmen  oder  sie  entbehren.     Steht  es  aber  nach 
einem  Dual,  so  muß  es  immer  mit  seinem  Substantiv  übereinstimmen. 

3.  In  der  Mehrzahl.  Hier  ist  zu  unterscheiden,  ob  das  voraus- 
gehende Hauptwort  ein  mit  \'ernunft  begabtes  oder  ein  vernunftloses  AVesen 
bezeichnet.  Trifft  das  erstere  zu,  d.  h.  ist  das  Substantiv  ein  mit  A'ernunft 
begabtes  Wesen  männlichen  oder  weiblichen  Geschlechts  und  gehört  das 
Substantiv  zu  den  beiden  ersten  Gruppen,  so  nimmt  das  Eigenschaftswort 
die  Endung  ta  (ra)  an,  was  eigentlich  Pronomen  personale  der  3.  Pers.  plur. 
ist,  so  daß  das  Eigenschaftswort,  Avie  weiter  unten  noch  ausführlicher  her- 
vorgehoben wird,  eine  verbale  Konstruktion  erhält,  z.  B.: 

a     choata   ama      hlürta 
die  Männer  die  großen  sie 
a    ndrikina   ama  vüra 

die  Frauen     die     schlechten  sie 
Hat   das   zweite  statt,    d.  h.  bezeichnet   das  vorausgehende   Substantiv 
ein  vernunftloses  Wesen,    so  wird   die    Endung  get,    das  wieder  Pronomen 
j)ersonale  der  3.  Pers.  plur.  fiir  derlei  Substantive  in  manchen  Fällen  ist,  direkt 
oder  in  vielen  Fällen  mittels  Präposition,  dem  Eigenschaftswort  beigefügt,  z.  B. : 
a  vas  ama      hlürget 

die  Brotfrüchte  (Brotfruchtbäume)  die  großen  sie 

a      mrachoav    ama    gaunipget 
die  Eukalyptus  die   langen  sie 

a  snem       ama    garig  präget 

die  Baumbären  die  bunten    sie 

b)    In  Beziehung  zu  einem  Substantiv  der  3.  Gruppe. 

Allgemeine  Regel.  Hier  gilt  nur  die  eine  Regel,  daß  nämlich  das 
Eigenschaftswort  in  allen  drei  Numeri  dieselben  Endungen  sich  aneignet, 
wie  das  Substantiv,  worauf  es  sich  bezieht ,  z.  B. : 

Blitt.  d.  Sem.  f.  Orieüt.  Sprachen.     1904     I.  Abt.  4 


50  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

a  dagini        ama  lyiesini 

der  kleine  Hund  der  kleine  sclüaue 

a  chuvdgirag  ama  igelirag 
die    Schätze      die   kleinen 

a    chavrem  ama  chumiJcumichem 
die  reife  Banane     die  weiche 
Anmerkung.    Eine  Ausnahme  macht  a  vitgvoQ,  das  eine  besondere 
Konstruktion  erfordert,  z.^.a  vit  najna  vlemka  oder  a  vlemka  ama  vit  nacha 
das  große  Schwein. 

a    adum  ama  vü  naum 
der  Taro  der      große 

B.  Ist  das  Subjekt  ein  Pronomen  und  das  Prädikat  ein  Adjektiv 
(bezieht  sich  also  letzteres  auf  kein  Substantiv),  so  steht  das  Adjektiv  dem 
ersteren  immer  voran  und  das  Pronomen  selber  wird  dem  Adjektiv  nach- 
gestellt,  z.B.: 

a  vugoa  ich  bin  schlecht  (eigtl.  schlecht  ich) 

a  vluichi  sie  ist  kurz 

a  iamesget  sie  sind  grün 

a  chlakget  sie  sind  schwach  (Dinge .  vernunftlose  Wesen) 

a  chlakta  sie  sind  schwache  (feige)  Personen 

C.  Einige  Substantive  werden  zuweilen  auch  adjektivisch  gebraucht, 
z.B.:  a  chloiga  (die  Wolke)  blau,  schwarz 

a  choaika  (der  Mann)  männlich,  das  Männchen 

a  nanki  (das  Weib)  weiblich,  das  Weibchen 

a  bälucha  (reife  Banane)  reif 

a  alüächa  (das  Ei)  weiß 

a  nulegeichi  (die  Dotter)  gelb 
u.a.m.    Andererseits  werden  Eigenschaftswörtei'  zuweilen  substantivisch  ge- 
braucht.    In  diesem  Falle  befolgen  sie  die  Gesetze   des  Eigenschaftswortes. 

D.  Manchmal  gebraucht  der  Baininger  einen  präpositionalen  Aus- 
druck, wo  wir  ein  Eigenschaftswort  haben,  z.B.: 

a  urinJca  vra   evet  der   Boden   ist   schlüpfrig    (eigtl.  die  Schlüpft-igkeit 

am  Boden) 
a  churseig  pra  eska   der  Weg  ist  schmutzig    (eigtl.  Schmutz    auf  dem 

Wege) 

E.  Die  Bildung  des  Duals  (abgesehen  von  den  bereits  oben  er- 
wähnten Fällen,  wo  das  Adjektiv  nachsteht)  und  der  Diminutivform  ge- 
schieht wie  bei  den  Substantiven.  Nur  ist  zu  beachten,  daß  a  vu  (schlecht) 
im  Dual  a  viem  anstatt  a  vuiem  und  a  vim  anstatt  a  vuim  hat. 

Das  erste  i  in  ini  ist  ähnlich  wie  bei  den  Substantiven  bald  kin-z 
bald  lang,  je  nachdem  die  Verkleinerungsform  eine  regelmäßige  oder  un- 
regelmäßige ist,  z.B.: 

a  vu  (schlecht)  a  vini 

a  pel     (klein)     a  plini 

a  hlur   (groß)     a  hlürini 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingspraclic.  51 

F.    Steigerung  des  Eigenschaftswortes. 

Die  Steigerung  geschieht   nicht  wie  im  Deutschen  durch  Endungen. 

1.  Die  Verschiedenheit  des  Grades  einer  Eigenschaft  wird  dadurcli 
ausgedrückt,  daß  man  dem  Wesen  oder  dem  Ding,  welches  die  Eigenschaft 
in  geringerem  Maße  besitzt,  die  entgegengesetzte  Eigenschaft  beilegt,  z.B.: 

Kalka  ama  merica,  Lömoam  ama     vucha 
Kalka  (ist)     gut,     Lömoam  (ist)  schleclit  =  Kalka  ist 
besser  als  Lömoam. 

2.  Eine  Art  Komparativ  wird  durch  tlie  Präpositionen  namen  {nameni), 
pr  (vr)  und  sa  vet  von,  unter,  zwischen  gebildet,  z.B.: 

Paskam   ki  Jcag  nameni  Dureik 

Paskam  er  geht  schnell(ei')  von  (als)  Dureik 
Tavanes     a      hlurka  sa  vet  Lamiska 
Tavanes  (ist)  größer    als  Lamiska 

a  maraga        i  a    slurka       vra       chaducha         a  a  oves 

der  Nashornvogel  ist    größer  als  der  Kanducha  um  den  Kopf 

a      luanka  ära  ama  chritka  nameni  luchära 
dieses  Kleid        ist         kih-zer        als       jenes 

3.  Der  Superlativ  kann  annähernd  durch  das  Adverb  mas  oder  ipem 
{vem)  gebildet  werden.  Fem  steht  hinter  dem  Eigenschaftswort;  dem  per- 
sönlichen Fürwort  wird  pem  angehängt;  mas  dagegen  steht  hinter  dem 
Eigenschaftswort  und  dem  Pronomen,  z.B.: 

a    chamki    ama  vuichi  mas 
der  Teufel     (ist)    bös  sehr 

a  dlochut,        aap    Deo     a  dlok    pemka 
stark  sind  wir,  aber  Gott  ist  am  stärksten 

4.  Der  Superlativ  kann  auch  durch  die  Verdoppelung  des  Adjektivs 
gebildet  werden .  z.  B. :  Deo  ama  merka  Gott  ist  sehr  gut. 

5.  Das  Zahlwort 

A.    Bestimmte  Zahlwörter. 

1.  Die  Zahlwörter  sind  bis  5  einschl.  einfach;  die  übrigen  zusammen- 
gesetzt. 

2.  Zahlen  über  10  hinaus  sind  nicht  gebräuchlich,  es  fehlt  auch  da- 
für die  Benennung.  Die  Eingeborenen  zählen  überhaupt  im  gewöhnlichen 
Verkehr  nur  von   1  bis  4  einschl. 

3.  Alle  Zahlwörter  haben,  wie  bereits  bemerkt,  den  Artikel  vor  sich. 

4.  Die  Zahlwörter  eins  und  zwei  nehmen  adjektivische  Formen 
an,  die  übrigen  bleiben  stets  unverändert.  Außerdem  wechselt  noch  demka 
eins  die  ganze  Linie  durch. 

Die  Grundzahlen  sind: 

1   a  gigsacha,  a  gigsichi  (für  die  1.  und   2.  Gruppe),  a  gigsit  a  gigsigl, 
a  gigsus  usw.  (für  die  3.  Gruppe) 

4» 


52  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

1  a  choanäska 

2  a  rekmenmm  (für  die  1.  Grujipe) 
a  reTcmeneim  (für  die  2.  Gruppe) 

a  relcmeniram  ^    a   reJcmenihim ,    a  relcmenigrim ,   a  rekmenäm   (für  die 

3.  Gruppe) 
a  odochiem  (für  die   1.  Gruppe) 
a  odochim  (für  die  2.  Gruppe) 

a  odochiram,  a  odoehisim,  a  odochigrim,  a  odocham  (für  die  3.  Grm)j)e) 
a  onpim  (für  die  2.  Gruppe) 
a  onpam  (für  die  3.  Gruppe) 

3  a  dopgues 

4  a  ratpes  oder  a  bageigi 

5  a  garichit 

6  a  garichit  dat  demTca  (1.  Gruppe),  dat  dpmki  (2.  Gruppe)  usw. 

7  a  garichit  dat  demiem  (1.  Gruppe)  usw. 

8  a  garichit  dat  demger  ama  dopgues 

9  a  garichit  dat  demger  ama  ratpes 
10  a  garichigrim 

Anmerkung  1.  In  einigen  Gegenden  heißt  1  a  ödoka.  4  außer  ratpes 
auch  a  bageigi  oder  a  bagag. 

Ferner  ist  zu  bemerken,  daß  die  Eingeborenen  dieser  Gegenden,  falls 
sie  höher  als  5  zählen,  stets  wieder  auf  4  als  Ausgangspunkt  zurückgreifen, 
z.  B.  a  ratpes  dat  demka  ^  b,  a  ratpe-s  dat  demiem  ^=6.  a  garichit  zur 
Bezeichnung  von  5  scheint  nicht  gebräuchlich  zu  sein ,  während  a  garichigrim 
für  10  vorkommt. 

2.  Die  übrigen  Zahlarten  finden  sich  bei  den  Bainingern  nicht  vor, 
nur  für  der  erste  und  der  zweite  bestehen  die  verbalen  Ausdrücke  ruir 
oder  uir  und  nasat  und  navasasat,  die  eigentlich  vorangehen  und  nach- 
folgen bedeuten. 

3.  a  gerksacha  der  einzige,  a  gigsacha  einer,  a  rekmeneiem,  a  odochiem. 
a  onpim  und  a  onpam  werden  wie  Adjektiva  durch  ama  mit  dem  Substantiv  ver- 
bunden, die  übrigen  entweder  durch  ama  oder  nama  oder  durch  beide  zugleich. 
Beachte,  daß  naina  sich  je  nach  dem  vorausgehenden  Substantiv  verändert, 
d.h.  zur  Präposition  7i  das  entsprechende  Pronomen  personale  hinzutritt,  z.B.: 

a  gerksacha  ama  choatka  ein  einziger  Mann 
a  gigsacha,  ama  chdelka  ein  Känguruh 
a  gÖTumki  ama  gigsichi  ein  Kasuar 
a  dagir  ama  gigsit  ein  Hund  (schlanker,  dünner) 
a  arevim  ama  rekmeneim  zwei  Beile 
a  onpim  ama  igelim  zwei  Mädchen 
a  mugam  ama  onpam  zwei  Ilolzstämme 
a  mlaos  ama  dopgues  drei  Kähne 
a  ratpes  nama  chaiop  vier  Hühner 
a  chaiovirag  ama  ratpes  nirag  vier  kleine  Hühner 

a  garichit  nama  suvit  ddt  demka  oder  a  garichit  dat  demka  na  suvit  sechs 
Feinde 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  53 

Anmerkung.  Taros  werden  bündelweise  (ä  6  Stück)  verkauft,  z.B. 
a  mrucha  na  nat  oder  einfach  a  mrucha  ein  Bündel  Taros. 

Kokos,  Brotfrüclite  und  Tavet  (Miscanthus  japon.)  werden  ebenfalls 
halbdutzendweise  gezählt,  z.  B.  o  nanoichi  na  lamas  odei"  auch  a  mrucha  na 
lamas;  a  raguiyi  na  tavet  ein  Bündel  wilden  Zuckerrohres,  a  läireicki  nama 
vas  ein  Bündel  Brotfrüclite. 

B.    Unbestimmte  Zahlwörter. 

a  chasna  nama  oder  na  wie  viele? 

a  achak  (a  ah),  a  achik  (o  aik)  irgendeiner,  irgendeine  (ist  aller  Ab- 
leitungen fähig) 

a  aret  (für  Personen  bei  den  2  ersten  Gruppen)  irgendwelche,  ehiige 

a  aget  (für  vernunftlose  Wesen)  irgendwelche,  einige 

a  achray  (für  die  3.  Gruppe)  irgendwelche,  einige 

koasir  a  achak  usw.  keiner,  niemand,  auch  koasir  a  ra,  koasir  a  aget 

a  achäni  etwas 

a  g  irgendwelcher,  irgendwelche,  irgendwelches,  irgendwelche  (bleibt 
unverändert  für  die  3  Gruppen) 

hak  einer,  baik  eine  (s.  unbestimmte  Fürwörter) 

a  uoik  ein,  a  uaik  eine,  nimmt  gleich  a  achak  alle  Ableitungen  an. 
a  uoik  konunt  bloß  in  Verbindung  mit  dem  Possessivpronomen 
vor  und  hat  besitzanzeigenden  Sinn 

a  aber  nama  od.  na  viele,  zahlieiche 

a  ahriki  nama  od.  na  viele,  zahlreiche 

a  savireichi  nama  od.  na  viele,  zahh'eiche 

mika  nama  od.  na  viele,  zahlreiche 

a  malei  nama  od.  na  viele,  zahlreiche 

a  mdrik  nama  od.  na  wenige 

6.  Das  Fürwort. 

a)  Das    persönliche    Fürwort. 
Einzahl 

goa  ich,  mich  ki  (chi)  er 

gu  ich  ku  (chu)  er 

gi  du,  dich  kie  (chie)  sie 

gie  du  ki  (chi)  sie  (Objekt) 

ka  (cha)  er,  ihn  ga  (geri,  int)  es 

Z  w  e  i  z  a  h  1 
un  wir  zwei,  uns  zwei  ien  sie  zwei 

öän  ihr  zwei  iem  {im)  sie  zwei 

üin  ihr  zwei,  euch  zwei 

Mehrzahl 
ut  wir,  uns 
gen  ihr,  euch 
ta  (ra)  sie,  für  Personen  (1.  u.  2.  Gruppe) 


54  Rascher:    Grundregeln  der  Bainlngsprache. 

ti  (ri)  sie,  für  Personen  (1.  u.  2.  Gruppe) 

tu  (ru)  sie,  für  Personen  (1.  u.  2.  Gruppe) 

ga  sie  (3.  Gruppe) 

get  igeri)  sie,  für  Personen  (3.  Gruppe)  und  Sachen  (1.,  2.  u.  3.  Gruppe) 

1.    Gebrauch   der   angeführten   persönlichen    Fürwörter. 

1.  goa  ich,  mich;  gu  ich. 

a)  goa  steht  ausschließlich  von  gu  in  Fällen,  wo  das  Pronomen  der 
1.  Person  selbständig  gebraucht  wird,  z.B.  nemTca  cha  tit  wer  geht?  goa  ich. 

b)  in  Verbindungen  mit  V^ erben  oder  in  Fällen,  in  denen  es  Subjekt 
und  das  Prädikat  ein  Adjektiv  ist,  /..  B.  goa  tüma  ich  lache,  goa  sil  ich 
sage,  a  migiesgoa  ich  bin  faul. 

Anmerkung.  Bei  den  Zeitwörtern,  welche  das  Pronomen  nach 
sich  verlangen,  steht  nur  goa,  Jcurigoa  ich  sitze,  ich  bleibe. 

c)  in  Verbindungen  mit  Verben,  bei  welchen  das  persönliche  Fürwort 
vor  dem  Zeitwort  steht,  kann  in  gewissen  Fällen  gu  oder  goa  gebraucht 
werden  (s.  Verba  defectiva  Anm.  3). 

d)  goa  bezeichnet  auch  das  Objekt,  z.  B.  Jca  lu  goa  er  sieht  mich. 

2.  gi  du,  dich;  gie  du. 

a)  gi  wird  gebraucht  bei  Verben  mit  nachstehendem  Pronomen  zur 
Bezeichnung  der  2.  Person  Einzahl,  z.  B.  Tcudasgi  du  willst  nicht. 

b)  gi  steht  ausschließlich  von  gie  in  allen  Fällen ,  wo  das  persönliche 
Fürwort  der  2.  Person  selbständig  auftritt,  z.  B.  gi,  gie  feig  du,  du  singst! 

c)  gi  steht  auch  als  Objekt,  z.  B.  ta  tes  gi  sie  schlagen  dich. 

3.  gie  du.  gie  wird  gebraucht  bei  Verben  mit  vorangehendem  Pro- 
nomen, z.B.  gie  hreig  du  schläfst,  gie  kdk  du  lügst. 

Anmerkung,  e  in  gie  klingt  zuweilen  wie  a,  z.  B.  gia  chu  goa  du 
fürchtest  mich. 

4.  Tca  {cha)  er  wird  nur  bei  Wörtern  der  1.  Gruppe  gebraucht,  und 
zwar: 

a)  zur  Bezeichnung  der  3.  Person  Einzahl.  Es  steht  vor  und  nach 
dem  Zeitwort,  bloß  wird  es,  wie  in  der  Lautlehre  angedeutet,  zwischen 
zwei  Vokalen  zu  c?i,  ?..  B.  Jca  sürüp  er  trinkt;  a  ika  cha  tes  der  Vogel  frißt; 
kuricha  er  bleibt. 

b)  ka  ist  mit  derselben  Beschränkung,  wie  oben  angegeben,  auch 
Objekt,  z.B.  ka  rhir  ka  er  zürnt  ihm;  goa  lu  cha  ich  sehe  ihn. 

5.  ki  (chi)  er.  Obwohl  dem  gewöhnlichen  Gebrauch  nach  Pronomen 
der  3.  Person  Einzahl  bei  Wörtern  der  2.  Gruppe,  so  steht  doch  auch  ki 
bei  einigen  Zeitwörtern  zur  Bezeichnung  der  3.  Person  Einzahl  bei  Wörtern 
der  1 .  Gruppe ,  z.  B.  Kamain  ki  gnig  Kamain  fürchtet  sich ;  Bumet  ki  §igrem 
Bumet  geht  spazieren. 

6.  kie  (chie),  ki  sie. 

a)  wie  ka  (cha)  bei  den  Wörtern  der  1.  Gruppe,  so  wird  kie  (chie, 
ki)  bei  den  Wörtern  der  2.  Gruppe  zur  Bezeichnung  der  3.  Person  Einzahl 
gebraucht,  z.  B.  kie  surup  sie  trinkt;  Krati  chie  tes  der  Kraubach  rauscht; 
kudaski  sie  will  nicht. 


Rascher  :    Grundregeln  der  Bainingsprache,  55 

b)  M  ist  auch  Objekt,  z.  B.  gu  nen  ki  ich  bitte"  sie;  tit  lui  chi  wir 
sehen  sie. 

7.  ga  igen)   es,  sie. 

ga  steht  als  3.  Person  Einzahl  und  INIehrzahl  bei  Wörtern  der  3.  Gruppe, 
ferner  als  3.  Person  Mehrzahl  bei  Wörtern  der  1.  u.  2.  Gruppe,  welche 
vernunftlose  Wesen  bezeichnen,  z.  B.  a  mugini  ga  sep  das  Bäumchen 
fällt;  a  chaiop  ga  tes  die  Hühner  fressen;  a  mimirag  geri  chuoik  die  Kinder 
lliehen. 

8.  ini  es. 

a)  ini  steht  in  Verbindung  mit  Adjektiven  und  Verben ,  die  das  Pro- 
nomen nach  sich  haben,  z.  B.  a  ruimini  menepmenevim  das  Kind  ist  schläfrig; 
a  hinini  ama  gricMni  das  kleine  Messer  ist  scharf. 

b)  ini  steht  auch  manchmal  in  Verbindung  mit  Verben,  die  das  Pro- 
nomen vor  sich  haben.  In  diesem  Fall  haben  wir  aber  ein  doppeltes  Sub- 
jekt, z.  B.  a  ichini  ini  ga  tes  das  Vögelchen  frißt. 

c)  ini  steht  als  Objekt,  z.B.  goa  hav  tni  ich  fange  es  (das  kleine);  ka 
mis  ini  er  nennt  es  (das  kleine). 

9.  un  wir  beide. 

a)  nn  steht  in  Verbindung  mit  Verben,  die  das  Pi'onomen  vor  und 
nach  sich  haben,  z.  B.  un  tit  wir  beide  gehen;  kurün  wir  beide  sitzen. 

b)  un  steht  selbständig,  z.  B.  nemiem  ien  tit?  welche  beide  gehen .^  un 
wir  beide. 

c)  un  steht  als  Objekt,  z.  IJ.  ka  nein  un  er  sendet  uns  beide. 

10.  oan  ihr  beide. 

oan  steht  in  Verbindung  mit  Verben,  die  das  Pronomen  vor  sich 
haben,  z.  B.  oan  pig  ihr  beide  klettert. 

Anmerkung,     oan  steht  weder  selbständig  noch  als  Objekt. 

11.  uin  ihr  beide. 

a)  uin  steht  in  Verbindung  mit  Verben,  die  das  Pronomen  nach  sich 
haben ,  z.  B.  kiiruin  ihr  beide  sitzt. 

b)  uin  steht  als  Objekt  und  selbständig,  z.  B.  ta  tar  uin  sie  waschen 
euch  beide;  uin,  oani  teig  ihr  beide  singt. 

12.  ien  sie  zwei. 

ien  steht  in  Verbindung  mit  ^"erben ,  die  das  Pronomen  vor  sich 
liaben,  z.  B.  ien  mas  sie  beide  liegen. 

Anmerkung,  ien  steht  niemals  als  Objekt,  noch  wird  es  selbständig- 
gebraucht. 

13.  iem,  im  sie  zwei. 

a)  iem  steht  in  Verbindung  mit  Verben  (und  Adjektiven),  welche  das 
Pronomen  nach  sich  verlangen,  z.  B.  kuriem  sie  beide  sitzen;  a  viem  sie 
beide  sind  böse;  kurim  sie  beide  (Frauen)  sitzen. 

b)  iem,  im  steht  als  Objekt,  z.  B.  ka  rbnr  ievi  er  zürnt  den  beiden; 
ur  hur  im  wir  zürnen  ihnen  beiden  (Frauen). 

c)  iem,  im  steht  selbständig,  z.  B.  iem  mäni,  ieni  tres  sie  beide,  sie 
verstecken  sich;    im  mani,  ieni  tres  sie  beide  (Frauen)  verstecken  sich. 

14.  ut  wir,  uns. 


56  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

a)  ut  steht  selbständig,  wo  das  Pronomen  der  1.  Person  INIebrzahl 
selbständig  gebraucht  wird,  z.  B.  ut,  uri  tmatna  wir,  wir  arbeiten ;  nemta  ri 
main^  ut  welche  tanzen?  wir. 

b)  ut  steht  in  Verbindung  mit  Verben,  die  das  Pronomen  sowohl  vor 
als  nach  sich  haben,  z.  B.  ut  mes  wir  essen;  Jcudasut  wir  wollen  nicht. 

c)  ut  ist  auch  Objekt,  z.B.  ka  nem  ut  er  sendet  uns;  gie  chura  ut 
du  beschenkst  uns. 

15.  yen  ilir,  euch  wird  wie  ut  gebraucht. 

16.  ta,  ti  {ra,  ri)  sie. 

to,  ti  {ra,  ri)  werden  bloß  bei  Wörtern  der  1.  Gruppe  gebraucht, 
die  mit  Vernunft  begabte  Wesen  bezeichnen. 

ta  {ra)  steht  bei  Verben  mit  vorhergehendem  und  nachfolgen- 
dem Pronomen,  z.  B.  ta  tit  sie  gehen;  kudasta  sie  wollen  nicht. 

Anmerkung,  ta  {ra)  steht  bei  einigen  Verben  und  Adjektiven,  deren 
Stamm  mit  einem  Konsonanten  beginnt  oder  endet,  z.B.  ta  tal  sie  tragen; 
asuamta  sie  stehlen;  kurira  sie  sitzen. 

17.  ga,  get  sie. 

a)  get  steht  bei  den  Verben,  welche  das  Pronomen  nach  sich  haben, 
z.  B.  a  chiripget  sie  schämen  sich. 

b)  ga,  get  (geri)  steht  bei  Verben  mit  vorhergehendem  Pronomen, 
wenn  sich  das  Verb  auf  ein  Substantiv  (in  der  Mehrzahl)  der  1.  u.  2.  Gruppe 
bezieht,  welches  vei'nunftlose  Wesen  bezeichnet,  oder  auch,  wenn  sich  das 
Verb  auf  ein  Substantiv  (in  der  Einzahl  oder  JMelirzahl)  der  3.  Gruppe  be- 
zieht, gleichviel  ob  es  vernunftlose  oder  mit  Vernunft  begabte  Wesen  be- 
zeichnet, z.  B.  a  mug  ga  tu  die  Bäume  tragen;  a  ruimini  ga  mes  das  Kind 
ißt;  a  nanirag  geri  tal  ama  nat  die  Mädchen  tragen  Taros. 

c)  get  steht  bei  Adjektiven  (s.  Adjektive). 

d)  get  steht  als  Objekt,  z.  B.  ut  In  get  wir  sehen  sie  (Sachen,  ver- 
nunftlose Wesen). 

Anmerkung,     i  in  geri  ist  euphonisch. 

2.    Die  übrigen  Formen  des  persönlichen  Fürwortes. 

1.  i  ha  goa   das   bin   ich,   das  ist  mein   (vgl.  das  Fran- 

zösische: c'est  moi,  c'est  mon  ...) 
käi  gi 
ka  cha 
kai  chi 
ka  ini,  ka  it,  ka  igl,  ka  ar,  ka  um,  ka  us 

(Je  nach  der  Endung  des  al)geleiteten  Sub- 
stantivs ,  worauf  sich  das  Fürwort  bezieht.) 
ka  un 
ka  uin 
Zweizahl  {  ka  iem 
ka  im 
ka  ihim ,  ka  irain  ,  ka  igrim ,  ka  ihum ,  ka  am ,  ka  ihim 


Einzahl 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  57 

Ica  ut 
Jca  gen 
Mehrzahl  (  ka  ra 

ha  yet,  ka   iray ,  ka  ihiy,  ka  iyriy.  ka  itnek,  ka  aj), 
ka  isiy 
Anmei-kung.  ka  läßt  auch  euphonische  Änderungen  zu,  z.B.  di  ki  yen. 

2.  Ka  ani  yoa  usw.  das  bin  ich  vielleicht,  das  ist  mein  vielleicht  usw. 

3.  Temyoa  ich,  mich 
temyi 

temka 

temki 

temini  tebit,  temiyl,  t^bem,  tebar,  tebes 

temun 

temuin 

tnniem,  tebim,  temiram,  temihlm,  temiyrim,  tebam,  temihuin 

tetnut 

temyen 

temta 

temyet,  temiray ,  temihiy,  temiyriy,  tebdp,  temitnck ,  temihiy 

4.  Bayoa  mir,  mich ,  fiir  mich 

5.  Nayoa   mir,  mich   (ich) 

Anmerkung.  1.  Hiei-zu  gehören  noch  mayoa,  sayoa,  prayoa  n.  ?\.  m. 
Es  sind  dies  alles  Verbindungen  einer  Präposition  mit  dem  persönlichen 
Fürwort.  Die  Präposition  wird  von  dem  vorausgehenden  Verb  bestinunt 
(vgl.  auch  bayoa,  temyoa,  nayoa). 

2.  yoa,  ka  yoa,  ka  ani  yoa  und  temyoa  stehen  in  Fällen,  wo  das 
Pronomen  der  1.  Pers.  (Sing.  u.  Plur.)  selbständig  gebraucht  wird. 

3.  yoa,  ka  yoa  können,  wenn  sie  selbständig  gebraucht  werden, 
eines  l'ür  das  andere  stehen.  Der  einzige  Unterschied  liegt  in  einer  stärkeren 
oder  schwächeren  Betonung,  je  nachdem  die  längere  oder  kürzere  Form 
zur  Anwendung  kommt. 

4.  temyoa  steht  selbständig  bloß  bei  ge\\'issen  Verben  und  in  Ver- 
bindung mit  der  Negation  koasir  (nicht). 

5.  bayoa,  mayoa,  sayoa,  prayoa  u.  a.  m.  stehen  bloß  als  Objekt. 

6.  nayoa  steht  als  Objekt,  ferner  selbständig  nach  Substantiven  oder 
substantivierten  Adjektiven  zur  Hervorhebung  des  betreffenden  Zustandes, 
z.  B,  ka  ruchun  näiyi  er  sagt  zu  dir;  a  ioska  nacha  er  ist  ein  Teufel  (arm), 
Bri'yi  nayoa  ich  bin  Bringi. 

b)    Das  besitzanzeigende  Fürwort. 
goa  (yu)  mein,  meine,  mein  (Sing.  u.  Plur.) 
yi  dein,  deine,  dein  (Sing.  u.  Plur.) 
a  sein 
a  t  ihr 

a  yet    sein,    ihr,    steht    zur   Bezeichnung    der    Abstammung    bei    den 
Wörtern  mam  und  nan 


58  Rascher:    Grundregeln  der  Bainiiigsprache. 

a  un  unser  zweier 

a  oan  euer  zweier 

a  ien  ihrer  zweier 

a  ut  unser 

a  (Jen  euer 

a  ra  seine,  ihre 

a  t  seine,  ihre 

a  get  seine,  ihre 

Anmerkung.  1.  Wie  aus  dem  Schema  hervorgeht,  ist  das  Possessiv- 
pronomen dasselbe  wie  das  persönliche.  Nur  ist  zu  bemerken,  daß  es 
den  Artikel  vor  sich  hat,  ferner  daß  das  weiche  nasale  y  in  goa  und  gi 
in  der  Regel  zu  einem  harten  Nasenlaut  g  wird. 

2.  Die  Pronomen  der  1.,  2.  und  3.  Pers.  sing,  der  1.  Gruppe  haben 
keinen  Artikel  vor  sich. 

3.  Das  besitzanzeigende  Fürwort  ist  allen  3  Gruppen  von  Substan- 
tiven geujcin.  Eine  Ausnahme  macht  nur  das  Possessivpronomen  o,  das 
nur  der  1.  Gruppe  von  Substantiven  im  Singular  eigen  ist. 

4.  Das  besitzanzeigende  Fürwort  steht  vor  dem  Substantiv  und  wird 
mit  demselben  durch  den  einfachen  Artikel  verbunden.  Eine  Ausnahme 
macht :  goa  mein ,  meine. 

5.  Wörter,  die  ohne  Artikel  gebraucht  werden ,  entbehren  gewöhnlich 
desselben  auch ,  wenn  ein  Possessivpronomen  mit  denselben  verbtmden  wird, 
z.  B.  {mam)  a  ut  mam  unser  \'ater,  a  gen  nan  eure  Mutter,  a  r  mam  ihr 
Vatei-,  doch  hört  man  aucli  a  ura  mam. 

6.  Anstatt  a  nanhi  a  r  a  rik  sagt  man  a  nanki  r  e  rik  die  Finger  der 
Frau;  anstatt  a  damki  a  r  a  oves,  a  damki  r  e  ves  der  Gipfel  des  Berges, 
a  dam  a  r  e  ves  die  Gipfel  der  Berge,  a  cJwata  r  e  nan  die  Mütter  der 
Mäimer,  anstatt  a  r  a  sakneichi  sagt  man  a  t  sakneichi  ihr  Angesicht  u.  v.  a.  m. 

7.  Bei  gewissen  Wörtern,  wie  mam  (Vater),  nan  (Mutter),  a  ileigigl 
(der  Fuß),  a  ileigit  (das  Bein),  a  ileiga  (die  Zehe)  lautet  das  Possessivpro- 
nomen der  1.  Pers.  gu  statt  goa,  dagegen  sagt  man:  goa  eleigigl ,  goa  eleigit, 
goa  eleiga. 

c)    Das  hinweisende  Fürwort. 

Hls  wird  hier  nicht  streng  unterschieden  zwischen  den  verschiedenen 
Arten  von  Demonstrativen,  dem  näherliegenden  und  dem  entfernteren. 

1.  a,  ära,  aiet,  la,  lu,  für  alle  Numeri,  dieser,  jener,  diese,  jene.  Sie 
stehen  stets  nach  dem  Substantiv  ohne  irgendwelche  Verbindung,  z.  B.  a  ika 
ära ,  oder  a  ika  aiet  oder  a  ika  a  dieser  Vogel ,  a  sagen  ära  oder  a  sagen 
aiet  oder  a  sagen  a  diese  Tragnetze,  la  a  ruiminia  dieses  Kind  da. 

Anmerkung,  ära,  aiet,  a  werden  nur  adjektivisch  gebraucht,  in 
Verbindung  mit  lucha  jedoch  auch  substantivisch. 

2.  lücTia  (1.  Gr.)  Sing.         luicha  (2.  Gr.)  Sing,  dieser,  jener,  diese,  jene 
liema  (1.  Gr.)  Dual  Uma  (2.  Gr.)  Dual  diese,  jene  beide 

Iura  (1.  u.  2.  Gr.)  Plur.    lugera  (1.  u.  2.  Gr.)  fiir  vernunftlose  Wesen 
diese,  jene. 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  59 

Singular  Dual  Plural 

lina  (3.  Gr.)     lirama  liraya  dieser,  jener 

lira  »  lihima  lihiga  »  » 

ligela       »  ligrima  Hgriya 

lüma        •'  läma  Idva 

Idr  »  lilmma  litnacha  »  » 

las  i>  lisuma(2.  Gr.),  lisuga,  lisiga     »  » 

lisima  (1.  u.  3.  Gr.) 
An  in  er  kling.     1.    lücha  kann  vor  oder  nach  dem  Substantiv  stehen. 
Steht  es  vor.  so  wird  es  mit  dem  Substantiv  durch  den  erweitei-ten  Artikel 
ama  verbunden,  z.  B.  lucha  ama  dulka  dieser  Stein. 

Steht  es  nach,  so  folgt  es  dem  Substantiv  ohne  irgendwelche  Ver- 
bindungspartikel, z.  B.  a  dulka  lucha  dieser  Stein,  der  Stein  da. 

2.  lücha  wie  überhaupt  das  ganze  Demonstrativ  hat  keinen  Artikel 
vor  sich. 

3.  luicha  folgt  denselben  Regeln  wie  lücha. 

4.  lugera  steht  bei  Wörtern  der  1.  und  2.  Gruppe,  die  vernunftlose 
Wesen  bezeichnen,  wie  bereits  bemerkt, 

5.  Bei  den  Ableitungen  befolgt  das  in  Rede  stehende  Demonstrativ 
dieselben  Regeln  wie  das  Adjektiv,  d.  h.  es  nimmt  alle  Endungen  des  Sub- 
stantivs an,  z.B.  a  igelirag  liraya  oder  lirag  ama  igelirag  jene  kleinen  Kinder. 

6.  ära  und  aiet  werden  sehr  häufig  mit  lucha  in  allen  Numeri,  sowohl 
wenn  es  sich  auf  ein  Wort  der  1.  und  2.  als  auf  ein  Wort  der  3.  Gruppe  bezieht, 
verbunden,  z.  B.   a  igipka   luchära  dieser  Tote,    a  dagit  liraiet  dieser  Hund. 

7.  Die  abgekürzte  Form  la,  die  unverändert  bleibt,  steht  nur  voi- 
dem  Substantiv,  z.  B.  la  a  mwj'it  oder  la  a  muglr  a  dieses  Bäumchen,  la  a 
chodriem  diese  zwei  Männer. 

8.  Die  Form  lu  steht  bloß  vor  dem  Substantiv,  z.  B.  lu  ama  choatkä 
dieser  Mann  da. 

d)   Das  rückbezügliche  Fürwort. 
Die  rückbezüglichen  Fürwörter  werden  gebildet: 

1.  durch  Verdoppelung  der  persönlichen  bei  Vei'ben  von  subjektivem 
Begriff,  z.  B.: 

goa  goa  it  ich  selbst  gehe 
gi  gie  it  du  selbst  gehst 
ka  cha  it     er  selbst  geht  usw. 

2.  Durch  Anfügung  von  den  Silben  nas,  mis  an  das  Zeitwort  oder 
an  den  Stamm  der  Präposition ,  welche  mit  dem  betreflenden  Zeit- 
wort konstruiert  zu  werden  pflegt,  z.  B. : 

goa  mig  nas  ich  töte  mich  selbst 

aremut  navranas  wir  lieben  uns  selbst 

ka  kdk  temis  er  betrügt  sich   selbst 

gu  okmes  temis  ich  wasche  mich 

ka  iahur  sanas  er  irrt  sich 

ti  nin  hanas  sie  kochen  für  sich 


60 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


e)    Das  fragende  Fürwort. 
nemka'i    Sing.  (1.  Gr.)  wer.'  nemiem'i    Dual  (1.  Gr.)   welche  beide? 

nemkU    Siug.  (2.  Gr.)  wer?  nebimf    Dual   (2.  Gr.)    welche   beide? 

nemta'i    Plur.    (1.  u.  2.  Gr.)   wer?    welche?     (bei   Wörtern,    die   eine 

Person  bezeichnen) 
nemget'?    Phir.  (1.,  2.  u.  3.  Gr.)  wer?  welche?  (bei  Wortern,  die  ver- 
nunftlose Wesen  bezeichnen). 
Anmerkung.    1.   nemka,  substantivisch  gebraucht,  steht  immer  vor- 
aus, z.  B.  nenika  sa  cha  reJcmet  nacha'i    wer  hat  es  getan? 

2.    Tiemka,   adjektivisch  gebraucht  im  Sinne  von:    was  für  ein,   steht 
immer  nach  und  nimmt  alle  Endungen   des  Substantivs  an,   z.  B.  nemkaa  a 


agerki'^  wessen  Frau?   aber  a  agerki  nemki'i 


für  eine  Frau?    a  ika  nem- 


kaa   was  für  ein  Vogel?    a  gam  neinget^  was  für  Früchte? 
3.    Die  abgeleiteten  Formen  von  nemka: 


Singular 
nemini?  (3.  Gr.) 
nebit? 
nemigU 
nebarl  » 

nebeml 
nehesi 


Dual 
nemiram'i 
nemihim  ? 
nemigrim  ? 
nemihum  ? 
nebam'^ 


Plural 
nemirag? 
nemisig^ 
nemigrigl 
nemisug  u.  ?iemitneki 


nemuaigi 


igim 


?  welche  beide 


4.   A  igacha?  Sing.  (1.  Gr.)  was?  was  für  ein?  a  igiem?  welche  beide? 
Dual 
a  iglchit  Sing.  (2.  Gr.)   was?  was  für  eii 

Dual 
a  igigetf  Plur.  was?  welche? 
Als  abgeleitete  Formen  von  a  igacha? 
Singular  Dual 

a  igini?  a  igirami 

a  igitf  a  igisim? 

a  igiglf  a  igigrimf 

a  igdrl  a  igihum? 

a  igümf  a  ig  dm? 


Plural 
a  igiragf 
a  igisig? 
a  igigrig? 
a  igitnek? 
a  igdp? 


f)   Das  unpersönliche  Fürwort. 
Ein  unj)ersönliches  Fürwort  gibt  es  nicht.    Unser  unpersönliches  Für- 
wort wird  in  der  Regel  durch  ein  Substantiv  wiedergegeben,  z.  B. : 
a  armriki  es  regnet  (eigtl.  der  Regen) 
a  armrer  es  regnet  (eigtl.  die  Regen) 
a  mgimini  es  blitzt  (der  Blitz) 
a  mgimirag  es  blitzt  (die  Blitze) 
a  rarieska  es  donnert  (der  Donner) 
a  rdries  es  donnert  (die  Donner) 

a  rarieska  vrekprek  metka  es  donnert  stark  (der  Donner  kracht) 
a  iaigi  es  ist  finster  (die  Finsternis) 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  61 

a  arenki  es  ist  Nacht  (die  Nacht) 

sa  reträt  es  dunkelt 

a  niracha  es  ist  heiß  (die  Sonne) 

a  niracha  dm  snis  die  Sonne  scheint  sehr  heiß;  große  Hitze 

a  veniJca  na  niracha  die  Sonne  steht  im  Zenit;  es  ist  Mittag 

a  niracha  cha  levetik  die  Sonne  neigt  sich;  nachmittags 

sa  unun  es  ist  Abend 

a  laurJca  es  ist  Wind,  der  Wind  weht  (der  Wind) 

getget  es  schmerzt,  getget  pragoa  es  schmerzt  mich 

a  visM  es  ist  kalt  (die  Kälte) 

a  visgoa  ich  l)in  kalt,  ich  friere 

g)    Das  unbestimmte  F  ü  r  w  o  r  t. 
ta  {U)  man  (eigtl.  3.  Pers.  plur.  des  persönlichen  Fürwortes) 
iah,  iaiTt  einer,  eine,  der  andere,  die  andere 
sichiak  oder  .s/a/c  (1.  Gr.),  sichiaik  oder  .«o«^  (2.  Gr.)  ein  anderer,  eine 

andere 
tarak  (l.Gr.),  taraik  (2.  Gr.)  ein  anderer,  eine  andere 
iviak  (l.Gr.),   iviaik  (2.  Gr.)    ein  anderer,  eine  andere 
hak^  (l.Gr.),   haik  (2.  Gr.)  irgendeiner,  jemand 

Anmerkung,  sichiak,  tarak  und  iviak  haben  für  die  1.  und  2.  Gruppe 
je  eine  bestimmte  Nachsilbe  und  für  die  S.Gruppe  alle  Suffixe,  ähnlich 
wie  die  Substantiva. 

Paradigma, 
a)    Für   die    1.  und  2.  Gruppe. 
sichiak  für  die   1.  Gruppe 
sichiaik  für  die  2.  Gruppe 
sichiaiem,  Dual  für  die   I.Gruppe 
sichiduim ,  Dual  für  die  2.  Gruppe 

sichiärei  oder  sidrei,    Plural  für  Personen  der  1.  und  2.  Gruppe 
sichidg  oder  sidg ,  Plural  für  vernunftlose  Wesen  der  l.und  2.  Gruppe. 
Anmerkung.     Die  Endung  ak  scheint  sich  mit  dem  ähnlichen  Worte 
in    goa   ak    (mein    Freund)     zu     decken.       Dual    davon    auch     aiem,    auim, 
Plural    arei. 

b)    Für   die    abgeleiteten   P'ormen    (3.  Gruppe). 
Singular  Dual  Plural 

sichidni  oder  sidni  sichidram  oder  sidram        sichidrag  oder  sidrag 

sichiduit  oder  siduit  sichidsim  oder  sidsim  sichiasig  oder  siasig 

sichidgl  oder  sidgl  sichiagrim  oder  siagrim       sichiagrig  oder  siagrig 

sichiauar  oder  siauar  sichidsum  oder  sidsnm        sichidtnek  odei*  sidtnck 

sichidcham  oder  sidchnm       sichiduam  oder  siduam         sichidudp  oder  siauap 


^  hak  wird  bloß  substantivlscli  gebraucht,  z.  B.  a  gen  hak  ka  n  einer  von 
euch  komme;  ai  iv  u  gen  hak  ka  nari  cha  -mrup,  da  cha  mriip  wenn  jemand  von 
euch  trinken  will,   der  trinke. 


62  Kascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

Anmerkung.  1.  sichiah,  iviak  und  tarak  stehen  vor  dem  Sub- 
stantiv und  werden  mittels  ama  mit  demselben  verbunden,  z.B.  tarach  ama 
ika  ein  anderer  Vogel;  taraich  ama  IdpTci  ein  anderes  Kakaduweibchen. 
sidrei  ama  igelta  andere  Knaben;  siarag  ama  nanirag  andere  Mädchen. 

2.  iak  steht  auch  mit  a  igacha"^  /..  B.  a  igacha  iach  dmani?  Was 
gibt  es  da  unten? 

7.   Das  Zeitwort. 

1.  Man  unterscheidet  in  der  ßainingersprache  drei  verschiedene  Arten 
von  Zeitwörtern: 

a)  solche,  die  das  persönliche  Fürwort  vor   sich  haben, 

b)  solche,  die  das  persönliche  Fürwort  nach  sich  haben, 

c)  solche,  die  aus  einem  Substantiv  oder  Adjektiv  und  einer  Prä- 
position nebst  Pronomen  gebildet  werden.  Präposition  und  Pronomen  stehen 
dem  Substantiv  nach. 

2.  Die  1.  Klasse  enthält  sowohl  transitive  als  intransitive  Zeitwörter, 
die  zwei  übrigen  nur  intransitive. 

3.  Das  Bainingerverb  hat  wie  das  Hauptwort  3  Numeri:  1.  Einzahl, 
2.  Zweizahl  und  3.  Mehrzahl  und  jede  derselben  3  Personen. 

4.  Das  Bainingerverb  kennt  ferner  3  Uauptzeiten  :  Präsens,  Futur 
und  Perfekt. 

b.  Im  Präsens  und  Futur  erleidet  der  Stamm  des  Zeitwortes  selbst 
keinerlei  Veränderungen,   mit  Ausnahme  von  manchen  Abkürzungen. 

6.  Im  Perfekt  bleibt  der  Stamm  bald  imverändert,  bald  erfährt  er 
Abkürzungen  oder  Lautverwechselungen. 

7.  Die  Verschiedenheit  der  Tempora  (Futur  und  Perfekt)  wird  durch 
die  Partikeln  i,  ik,  ip,  du,  di,  da,  di  iv,  di  ik  für  das  Futur  und  sa  für 
das  Perfekt  ausgedrückt. 

Das  Präsens  hat  keine  besondere  Partikel.  Es  besteht  aus  dem 
Pronomen  und  dem  Stamm  des  Zeitwortes. 

Anmerkung.  1.  Das  Futur  ist  zweifach:  /,  ik,  ip  und  du,  di,  da. 
ik  entspiicht   dem   deutschen   ich  werde,    z.B.    ich  werde   essen   ik  goa  tes. 

Die  zweite  Form  du  wird  bloß  bei  gewissen  Adverbien  und  im  Satz 
gebraucht,  wenn  wir  im  Deutschen  so  oder  dann  setzen  würden,  z.  B. 
higa  da  cha  Hl  er  wird  morgen  schreiben;  ai  gie  käk ,  du  gna  tes  gi  wenn 
du  lügst,  so  werde  ich  dich  schlagen. 

2.  Die  Zeitwörter  mit  nachfolgendem  Pronomen,  welche  nicht  mit 
dem  Ä:-Laut  beginnen,  haben  im  Futur  ip  (iv)  anstatt  ik ,  z.B.  iv  a  vugoa 
ich  werde  böse  sein. 

Die  Zeitwörter  mit  nacldblgendem  Pronomen,  welche  mit  dem  A'-Laut 
beginnen,  haben  bloß  /  im  Futur  (s.  Lautlehi-e  unter  1),  z.  B.  i  karak  pragoa 
ich  werde  schweigen. 

Bei  diesen  Zeitwörtern,  wenigstens  bei  denen  unter  ihnen,  die  mit 
dem  A:- Laut  {ch)  beginnen,  wird  die  zweite  Futurform  durchgehend  mit  da 
gebildet. 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  63 

3.  Zwischen  die  Perfektpartikel  sa  und  das  Pronomen  der  2.Pers.  sing. 
1.  Gruppe  und  der  2.  und  3.  Pers.  sing.  2.  Gruppe  ^ie  und  chie  tritt  ein 
euphonisches  i,  z.  B.  sai  gie  tes  anstatt  sa  yie  tes  du  hast  gegessen;  sai  chie  vin 
sie  ist  gekommen. 

Die  Abwandhmg  des  Verbs  lautet  folgendermaßen: 

I.Klasse.     Verha  mit  vorhergehendem  Pronomen. 

1.    Präsens. 
Einzahl.  Zweizahl. 

goa  tes  ich  esse  '  un  tes  wir  beide  essen 

gie  tes  du  ißt  oan  tes  ihr  beide  eßt 

Ica  tes  er  ißt  (1.  Gr.)  ien  tes  sie  beide  essen 

kie  tes  sie  ißt  (2.  Gr.) 
ga  tes  es  ißt  (3.  Gr.) 

Mehrzahl. 
u  tes  wir  essen 
gen  tes  ihr  eßt 

ta  tes  sie  essen  (für  Personen  der  1.  u.  2.  Gr.) 
ga  tes  sie  essen  (für  vernunftlose  Wesen  der  1.,  2.  u.  3.  Gr.) 

2.    Futur   (erste  Form). 

Einzahl.  Zweizahl. 

ik  goa  tes  ich  werde  essen  iv  un  tes 

ik  gie  tes  iv  oan  tes 

i  ka  tes  iv  ien  tes 
i  kie  tes 
i  ini  ga  tes  oder  iv  im  ga  tes 

Mehrzahl. 
iv  u  tes 
ik  gen  tes 

i  ta  tes  (für  Personen  der  l.u.  2.  Gr.) 
ik  ga  tes  (für  vernunftlose  Wesen  der  1.,  2.  u.  3.  Gr.) 

Futur    (zweite  Form). 
Einzahl.  Zwei  zahl.  Mehrzahl. 

du  goa  tes    ich  werde        cliv  un  tes  div  n  tes 

^^^^"  div  oan  tes  dik  gen  tes 

dl  gie  tes  ßi^  i^^  f^g  ^j-  ,^q,  f^g 

da  cha  tes  ^n^.  g^  f^g 

di  chie  tes 
di  ini  ga  tes 
Anmerkung.     Wie    aus    dem  Paradigma  hervorgeht,   paßt  sich  das 
zweite  Futur  in  einigen  Formen  dem  ersten  an.    Merke,  daß  auch  da  noch 
an  Stelle  von  div  steht,   z.B.  im  Satze  higa  da  uri  lil  morgen  werden  wir 
schreiben. 


64 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


3.    Perfekt  und  unmittelbar  bevorstehende,  Zukunft. 


Einza 

hl. 

Zweizahl. 

Mehrzahl. 

sa  goa  tes  ich  habe  ge- 

sa un  tes 

sa  u  tes 

gessen,  ich  werde  so- 
fort essen 

sai  gie  tes 

sa  cJia  tes 

sa  oan  tes 
sa  ien  tes 

sa  gen  tes 
sa  ra  tes 
sa  ga  tes 

sai  chie  tes 

sa  ga  tes 

4. 

Befehlsform. 

gie  tes   iß 

oder  sai  gie  tes 

gen  tes   iß 

oder  sa  gen  tes 

u  tes  laßt 

uns  essen  oder  sa 

u  tes 

IT.   Klasse. 

Verba   mit   nachfolgend 

ein    Pronomen. 

1.    Präsens. 

Einza 

hl. 

Zweizahl. 

Mehrzahl. 

kudasgoa  ich 

will  nicht 

kiidasun 

kudasut 

kudasgi 
kudaska 

kudasuin 
kudasiem 

kudasgen 
kudasta 

kudaski 

kudasim 

kudasget 

kudastni 

2.  Futur  (erste  Form). 
i  chudasgoa  ich  werde  essen 
i  chudasgi  usw. 

3.    Futur  (zweite  Form). 
da  chudasgoa 
da  chudasgi  usw. 

4.    Perfekt. 
sa  chudasgoa   ich  habe  nicht  gewollt 
sa  chudasgi   visw. 

5.    Befehlsform. 

kudasgi  oder  sa  chudasgi  wolle  nicht,  schlage  es  ab  usw. 

Anmerkung.     Die  Verneinung  beim  Imperativ  wird  durch  kurima  («) 

ausgedrückt,  z.B.  kurimai  gie  kdk  lüge  nicht,   kurima  iv  ti  tes  laßt  uns  nicht 

essen,  kurimai  churigi  bleibe  nicht,  kurimai  asuamgen  ihr  sollt  nicht  stehlen. 

111.  Klasse.  Verba,  die  aus  einem  Substantiv  und  einer 
Präposition  gebildet  sind. 
Bei  Verben  dieser  Art  folgt  nach  dem  Substantiv  die  Präposition, 
der  das  Pronomen  angehängt  wird.  Substantiv  und  Präposition  erleiden 
keinerlei  Veränderungen.  Die  Abwandlung  geschieht  wie  bei  den  ^'erben 
der  2.  Gruppe:  die  Präpositionen,  welche  zur  Bildung  von  Zeitwörtern 
dienen,  sind  vorzüglich  jwa  in,  an,    na  an,  pem  an. 


RAScnER:    Grundrogeln  der  Bainingspraclie.  65 

Paradigma. 
Einzahl.  Zweizahl.  Mehrzahl. 

a  chreika  vragoa  ich      a  chreika  vraun  a  chreika  vraut 

faste  a,  chreika  vraiiin  a  chreika  vragen 

a  chreika  vraigi  a  chreika vraiem{\. Gr.),        a  chreika  vrara 

a  chreika  vracha  vraim  (2.  Gr.)  a  chreika  vraget 

a  chreika  vreichi 
a  chreika  vrini 

2.    Futur    (erste  Form). 
iv  a  chreika  vragoa  ich  werde  fasten  usw. 
3.    Futur   (zweite  Form). 
da  a  chreika  vragoa  usw. 
4.    Perfekt. 
sa  a  chreika  vragoa  ich  habe  gefastet. 
Wie  a  chreika  vragoa  werden  noch  konjugiert: 
a  rais  pragoa   ich  bin  fett  (a  raiska  das  Fett) 
a  chuireig  pragoa   ich  bin  mit  der  Hautkrankheit  behaftet   (a  chuireigi 

die  Hautkrankheit) 
a  vleichi  vragoa   ich  bin  müde  {a  vieichi  die  Müdigkeit) 
a  uerka  vragoa  ich  freue  mich  (o  uerka  die  Freude) 
a  tik  pragoa  ich  begehe  ein  Fest  (o  tik  das  Fest) 
a  meir  pragoa  ich  begehe  ein  Fest  {a  meirki  das  Fest) 
a  ios  pragoa   ich   rufe   [ein   bestimmter  Ruf  beim  Tanz]    {a  ioska   der 

Geist,  Teufel) 
a  ioska  nagoa  ich  bin  arm ,  ein  armer  Teufel 
a  hiski  vragoa  ich  bin  unantastbar  (a  hiski  die  Schnur) 
a  ragen  pemgoa   ich  bin  mager   (o  ragenki  die  Magerkeit) 
a  ager  vragoa   ich  verheirate  mich   {a  agerka,   a  agerki  der  Ehemann, 

die  Eliefrau) 
a  choar  vemgoa  ich  bin  mager  (a  choarka  das  Magere) 
a  uildigi  vragoa  ich  bin  krank  {a  uildigi  die  Hitze,  das  Fieber) 
a  gitigi  vragoa    ich    bin    krank,     ich    habe    Fieber,     ich    bin    durstig 

{a  guigi  die  Hitze) 
a  draraves  pragoa  icli  bin  fruchtbar  {a  araraveska  gute  Erde) 
a  agetki  emgoa  ich  hungere  {a  agetki  der  Hunger) 
a  chiimki  emgoa  ich  huste  {a  chumki  der  Husten)  u.  a.  m. 

Unregelmäßige  Zeitwörter  (Verba  defectiva). 
Einige   Zeitwörter,   wie    tit  gehen,    tes  essen,    n,   ten,   tden   konnnen, 
herankommen  u.  m.  a.  weisen  verkürzte  Konjugationsformen  auf.    Der  Dual 
derselben  lautet  gewöhnlich  wie  der  des  unverkürzten  Verbs. 
1.    Präsens. 
1.  goa  it  (von  tit)  ich  gehe  kie  it 

gie  it  ga  it  (oder  ini  ger  it) 

ka  it  ta  it 

Mitt.  J.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  5 


66  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

Die   übrigen  Formen    sind   regelmäßig:    un  tit,   u  tit  usw.    und   nicht 
un  it,  ut  it. 

2.    Futur   (erste  Form). 

ik  yoa  it  i  Me  it 

ik  gie  it  ik  ga  it  (ik  ger  it) 

i  ka  it  i  ta  it 

,S.    B'utur  (zweite  Form). 
chi  goa  it  di  gie  it   usw. 

4.    Perfekt. 
Sa  goa  it. 

2.  n  von  tden  lierankoirnnen. 

1 .    Präsens. 

Goa  n  ie  den  oder  ie  deren 

gie  n  u  ren 

ka  n  ge  den  oder  ge  deren 

kie  n  ta  n 

u  den  oder  u  deren  ga  n 
oa  den  oder  oa  deren 

2.    Futur. 
Ik  goa  n 

3.    Perfekt. 
Sa  goa  n 

4.    Imperativ. 
Gie  n  oder  gie  ren  oder  gie  tden 
ge  den  oder  ge  deren 

3.  s  essen, 

1.    Präsens. 
Goa  s  §a  s 

gie  s  US 

Jea  s  ta  s 

kie  s 

2.    Futur. 
Ik  goa  s  usw. 

3.    Perfekt. 
Sa  goa  s  usw. 

4.    Imperativ. 
Gie  s,  sai  gie  s  usw. 
Anmerkung.     1.  Unregelmäßige  Formen  von  tes  sind  ferner  u  dres, 
oa  dres,  ie  dres,  ge  dres. 

Ähnlich  wie  bei  dem  Zeitwort  tes  geht  auch  bei  anderen  Verben ,  die 
mit  einem  ^-Laut  beginnen,  in  einigen  Konjugationsformen  das  t  in  dr 
über,  z  B.  u  drachen  wir  beide  sprechen,  (Jen  drachen  ihr  sprecht  (von 
tacken). 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  67 

2.  Das  Zeitwort  pin  kommen,  ankommen  erleidet  folgende  Ver- 
änderungen: der  ^- Laut  bleibt  stehen,  wenn  ein  Konsonant  vorhergeht; 
geht  ein  Vokal  vorher,  so  wird  p  zu  v,  z.  B.  un  pin,  oan  pin,  ien  pin, 
ut  pin,  gen  pin,  goa  vin,  Jea  vin. 

3.  Gewisse  Zeitworter  haben ,  wenn  sie  sich  auf  Substantiva  der 
1.  Gruppe  beziehen,  in  der  3.  Pers.  sing,  ki,  und  ti  für  die  3.  Pers.  plur. 
(bei  Wörtern,  die  ein  mit  Vernunft  begabtes  Wesen  bezeichnen),  z.  B. 
/iw/  schnell  sein ,  gehen ,  iachu  fürchten ,  sich  fürchten ,  .skius  die  Erde 
nufwerfen,  aufwühlen,  7iires  weinen.  Bei  anderen  Zeitwörtern  lautet  das 
Pronomen  der  3.  Pers.  sing,  ku  und  in  der  3.  Pers.  plur.  iu,  z.  B.  amig 
töten,  okmes  waschen. 

4.  Andere  Zeitwörter  haben  ka  in  der  3.  Pers.  sing,  und  ti  im  Plural, 
z.  B.  käk  lügen,  kndk  weinen,  singen,  teig  singen,  main  tanzen,  dedel  an- 
klopfen, tap  fällen,  hial  pfeifen,  tekmet  tun,  machen,  nen  bitten,  beten, 
mgim  erblicken,  schauen  u.  a.  m. 

.5.  Wieder  andere  Verba  haben  in  der  3.  Pers.  plur.  (1.  Gr.)  beide 
Formen  zugleich:    ta  und  ti. 

6.  Eine  Anzahl  Zeitwörter  haben  einen  zweifachen  Stamm,  einen 
abgekürzten  und  einen  verlängerten.  Bei  Verben  mit  abgekürztem  Stamme 
lautet  das  Pronomen  der  1.  Pers.  sing,  meistens  goa,  l)ei  dem  verlängerten 
meistens  gu,  z.  B. : 

goa  snes      und  gu  nes  ich  rufe 

goa  rkur  »     gu  chur  ich  schenke,  ich  gebe 

goa  uoik  «     gu  chuoik  ich  fliehe 

goa  matna  «     gu  tmatna  ich  arbeite 

goa  ves  «     gu  spes  ich  rode 

goa  nak  »     gu  knak  ich  weine 

goa  g  »     Qu  gag  ich  gehe 

goa  nismet  »     gu  snismet  ich  zerreiße 

goa  van  >•     gu  npan  ich  gebe 

goa  chuig  »     gu  kguig  ich  salbe,  ich  reibe  ein 

goa  igrem  »     gu  gigrem  ich  gehe  spazieren 

goa  iag  »     gu  ikag  ich  gehe  schnell 

goa  vig  >•     gu  gpig  ich  steige,  ich  klettere 

goa  ichim  »     gu  mkim  ich  pflücke  Brotfrüchte 

goa  ual  »     gu  lual  ich  pfeife 

goa  nkruim  »     gu  nkruim  ich  störe 

goa  sep  »     gu  psep  ich  falle 

goa  lu  »     gu  tlu  ich  sehe 

goa  chal  »     gu  Ikal  ich  verbiete 

goa  lak  »     gu  tlak  ich  schäle  ab 

goa  hil  «     gu  Ihil  ich  sage 

goa  sal  »     gu  Ihal  ich  gebäre 

7.  Andere  Zeitwörter  haben  keinen  zweifachen  Stamm,  sie  ei-leiden 
bloß  Veränderungen  im  Anfangskonsonanten.  Diesen  Veränderungen  paßt 
sich  auch  das  Pronomen  der  1.  Person  an,  das  bald  gu,  bald  goa  lautet,  z.  B. : 


68  Kaschee:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

gu  tekmet  und  goa  rekmet  ich  tue 

gu  tar  »     goa  rar  ich  wasche 

gu  tapmet    »     goa  rapmet  ich  fälle 

gu  tkut         y     goa  rJcut  ich  grabe 

gu  tal  »     goa  ral  ich  trage 

u.  a.  ni. 

8.  Gewisse  Zeitwörter,  meistens  solche,  die  das  Pronomen  nach  sich 
verlangen,  lassen  manchmal  eine  Verdoppelung  ihres  Stammes  zu  (s.  auch 
Passiv),  z.  B. : 

häig  sa  und  häigbäig  sa  hervorgehen,  aufgehen 

hrek  pra  und  JcrechreJc  pra  schweigen 

mos  pra  uud  masmas  pra  ausruhen 

pule  sa  und  piikpuTi  sa  hervorgehen 

pur  ma  und  purvur  ma  wachsen,  keimen 

sug  na  und  sugsug  (su-sug)  ?ia  schweigen 


Die  übrigen  Formen  des  Verbs. 
1.    Die   negative    Konjugation. 

Die  negative  Konjugation  außer  beim  Imperativ  wird  mittels  der 
Verneinungspartikel  koasir.  nicht,  hergestellt,  welche  immer  vor  dem  Verb 
in  allen  seinen  Konjugationsformen  steht,  z.  B.: 

koasir  gu  tmatna  ich  arbeite  nicht 

koasir  ti  nari  sie  hören  nicht 

koasir  sug  nacha  er  schweigt  nicht 

koasir  aremut  nairraigi  wir  lieben  dich  nicht 

koasir  ik  goa  it  ich  werde  nicht  gehen 

koasir  sai  chie  vin  sie  ist  nicht  gekommen 

koasir  sa  uni  nin  wir  beide  haben  nicht  gekocht 

2.    Die   fragende    Form: 

a)  Bei  P^i-gänzungsfragen  ist  dieselbe  wie  die  Indikativfoi-m  des  Zeit- 
wortes, z.  B. :  gie  tl  a  igacha'?  was  siehst  du?  Goa  tl  a  chdelka  ich  sehe 
ein  Känguruh.  Gen  tekmet  nama  igigetl  was  tut  ihr?  Uri  spes  wir  roden. 
Läi  cha  vin  dav  ari  higa?  kommt  er  heute  oder  moigen?  Lara  gie  tinatna 
däi  choasir'i    arbeitest  du  jetzt  oder  nicht? 

b)  In  Entscheid  Imgsfrage  n  werden  dem  Zeitwort  gewisse  Partikeln 
vorgesetzt,  wie  köä,  aekoa  {i)  ari  etwa,  vielleicht,  z.  B. :  koa  higa  ri  main? 
(oder  da  ri  main  oder  d  ri  main?),  koasir,  ta  tdan  hamar  tama  ur  tanzen 
sie  morgen?  nein,  sie  gehen  auf  die  Saujagd.  Koa  sa  Lömoam  ka  kdk? 
hat  etwa  Lömoam  gelogen?  Aekoai  gie  tit  sak  Nävi?  gehst  du  vielleicht 
nach  Nawiu?  Ari  gie  hreig?  schläfst  du  etwa?  Ari  goa  tis  nas?  soll  ich 
selbst  meinen  Namen  nennen  ? 


Rascher:    Grundregeln  der  Baiiiingsprache.  69 

3.    Die  Möglichkeitsform.  —  Nebensätze. 

Hier  werden  die  Verbindungswörter  gebraucht:  i,  ha  daß,  damit, 
auf  daß,  dt  daß,  aekoa  ob,  Jcurima  daß  nicht,  z.  B.  a  savireichi  chie  mir  i 
chie  tl  a  mabücha  die  Leute  gehen  fort,  damit  sie  den  Tanz  sehen.  Dureik 
ka  Ihil  hagoa,  i  Lömoam  i  aremka  nagoa  Dureik  erzählte  mir,  daß  Lömoani 
mir  zürne.  Gie  it  gie  lu,  i  aekoa  Bumet  ka  vin  geh  und  sieh,  ob  Bumet 
angekommen  ist.  Ka  snanpet  nacha,  i  aekoa  (oder  i  koa)  cha  nari,  i  ka  tit 
sainök  ich  fragte  ihn,  ob  er  ans  Meeresufer  gehen  wolle.  A  cJioata  ri 
tuclmn,  i  ta  tes  gi  die  Männer  sagen,  daß  sie  dich  töten  werden.  A  igelta 
ra  tuchun,  ip  koasir  (oder  ip  kumnai)  ti  tmatna  die  Knaben  sagen,  daß  sie 
nicht  arbeiten  werden.  Gie  ilu ,  i  kurimai  ri  lui  gi  gib  acht,  daß  sie  dich 
nicht  sehen.  Ka  rkura  goa  rama  gam ,  hu  goa  s  get  er  gab  mir  Früchte, 
damit  ich  sie  esse. 

Anmerkung,    i  ist  in  den  meisten  Fällen  bloß  Zeichen  des  Futurs. 

4.  Der  Konditionalis. 
Fr  wird  eingeleitet  durch  die  Konjunktionen  ai  wenn,  ani,  ari  viel- 
leicht, etwa;  es  können  dieselben  jedoch  auch  fehlen,  z.  B.  gie  tmatna,  du 
gu  rkurai  gi  oder  ai  gie  tmatna,  da  gu  rkurai  gi  wenn  du  arbeitest,  werde 
ich  dich  beschenken.  Ai  perhet  na  mahucha ,  da  uri  Hl  wenn  der  Tanz  vor- 
über ist,  werden  wir  Schreibunterricht  halten.  Gie  tit  sa  va  chövl,  di  gie 
gag  nama  Baga  wenn  du  in  den  Busch  gehst,  wirst  du  den  Baiigaleuten 
begegnen.  Ani  läi  iv  ur  it  sa  vet  ma  Vuktas,  dama  hlur  ama  armrer  sa 
vraut  wenn  wir  heute  nach  Puktas  gegangen  wären,  so  würden  wir  viel- 
leicht von  einem  starken  Regen  überrascht  worden  sein.  Ai  iv  ari  läiv  uri 
spes  ma  mrer,  da  cha  va  naut  wenn  wir  vielleicht  heute  gut  gerodet  hätten, 
so  würde  er  uns  beschenkt  haben. 

5.    Die  Wunschform: 
Sie    wird    gebildet    mit   der  Konjunktion   an  vielleicht,    wenn    etwa, 
wenn  doch,  oder  auch  mit  dem  Zeitwort  nari  wünschen,  z.B.  ari  goa  Mnki 
ära!  wenn  das  Messer  doch  mir   gehörte!    oder   gtc  nari,  ik  goa  Mnki  ära! 
ich  wünschte,  daß  das  Messer  mir  gehörte! 

6.    Die  Gewohnheitsform. 
Die  Gewohnheitsform  kann  ausgedrückt  werden: 

1.  indem  man  das  Zeitwort  oder  Adjektiv  wiederholt; 

2.  durch  die  adverbialen  Ausdrücke  oarich  oarik  alle  Morgen ,  jeden 
Morgen,  pra  aren  mani  alle  Tage,  täglich,  sa  unun,  sa  unun  jeden  Abend, 
alle  Abend  usw.; 

3.  durch  den  Ausdruck  sa  tu  (sa  ta,  sa  ti). 

Bsp.  ka  main,  ka  main  er  hat  die  Gewohnheit  zu  tanzen,  ka  suau,  ka 
suau  er  hat  die  Gewohnheit  zu  stehlen,  a  Igik  nacha,  a  Igik  nacha  er  ist 
wahr,  aufrichtig,  er  lügt  nicht.  Oarich  oarik  da  uri  lil  alle  Morgen  schreiben 
wir.    Sa  unun  sa  unun  da  geni  nen  jeden  Abend  werdet  ihr  beten.    Sa  ta  gu 


70  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

gigrem  ich  habe  die  Gewohnheit  spazieren  zu  gehen.  A  nanki  sa  ti  chie  nin 
die  Frau  hat  die  Gewohnheit  zu  koclien.  Sa  tu  ri  gag  samök  sie  haben  die 
Gewohnheit  ans  Ufer  zu  gehen. 

7.  Die  Infinitivform. 
Eine  eigentUche  Infinitivform  existiert  nicht  in  der  Bainingersprache. 
Unser  deutscher  Infinitiv  kann  auf  zwei  verschiedene  Weisen  wiedergegeben 
werden,  indem  man  den  Infinitiv  entweder  in  einen  Haupt-  oder  in  einen 
Nebensatz  auflöst,  je  nachdem  es  der  Sinn  der  Rede  erheischt,  z.  B.  ka 
drem  ka  Ul  er  versteht  zu  zeichnen.  Un  tir  uni  rar  oder  un  tir,  iv  uni  rar 
wir  beide  gehen  baden.  A  chlak  nagoa,  ik  gu  tat  ama  dulkaära  ich  bin 
zu  schwach,  um  diesen  Stein  zu  tragen.  Uri  sui  gi,  gie  teig  oder  uri  sui 
gi,  ik  gie  teig  wir  lelu-en  dich  singen. 

Passiv. 

Eine  Passivform  fehlt.  Sie  wird  durch  das  Aktiv  umschrieben  und 
zwar  durch  die  3.  Pers.  plur.  (vgl.  hierzu  das  unbestimmte  Fürwort), 
z.  B.  Im  koasir  ti  tmatna  heute  wird  nicht  gearbeitet,  eigtl.  heute  arbeiten 
sie  nicht.  Ta  tes  gi  du  wirst  getötet.  Ta  taclien,  i  Dureik  ka  suau  es  wird 
gesagt,  daß  Dureik  stiehlt.  Biga  di  ri  main  morgen  wird  (getanzt)  man 
tanzen. 

\'on  einigen  wenigen  Verben  existiert  jedoch  eine  Passivform,  die 
auf  ähidiche  Weise  wie  das  Adjektiv  gebraucht  wird.  Sie  wird  gebildet, 
indem  man  den  Artikel  vor  den  Stamm  des  Zeitwortes  setzt  und  die  von 
letzterem  bedingte  Präjjosition  mit  dem  persönlichen  Fürwort  folgen  läßt. 
Der  Stamm  des  Zeitwortes  wird  in  diesem  Falle  meist  verdoppelt,  z.  B. 
a  hug  mena  hinki  oder  a  hinki  ama  bug  meneicki  oder  a  hughug  mena  hinki 
oder  a  hinki  ama  hughug  meneichi  das  zerbrochene  Messer  {bug  zerbrechen). 
A  harbar  da  kaurka  oder  a  kaurka  ama  harhar  demka  der  zerspaltene  Bam- 
bus {bar  zerspalten).  A  siksicli  ama  muga  oder  a  muga  ama  siksika  das 
verfaulte  Holz. 

Hilfszeitwörter. 

Die  Hilfszeitwörter:  sein,  haben  und  werden  sind  der  Baininger- 
sprache fremd. 

1.    Sein,     a)  Vertritt  sein  die  Kopula  zwischen  Subjekt  und  einem 
prädikativen    Eigenschaftswort,    so    wird    es    durch    ein    dem    Subjekt    in 
Endung  und  Zahl  entsprechendes,  persönliches  Fürwort  ausgedrückt.     Das 
Eigenschaftswort    wird   auf  diese  Weise   zu   einem   intransitiven  Yerh   und 
wird  auch  gleich  den  Verben  mit  nachfolgendem  Pronomen  konjugiert,  z.  B. : 
a  nanki  ama  mriki  die  Frau  ist  gut  (die  gute  Frau) 
a  vesemka  ama  reterka  der  Arekabaum  ist  gerade 
a  choata  ama  vit  nara  die  Männer  sind  groß. 

b)  Verbindet  sein  zur  Bezeichnung  eines  Zustandes  ein  Subjekt  mit 
einem  substantivisclien  Prädikat  oder  präpositionalen  Ausdruck,  so  wird 
es  entweder  mit  ka  oder  bloß  mit  ama  übersetzt  oder  auch  na  mit  dem 
Pronomen,  z.  B. : 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  71 

a  cham  ha  ama  vu  ama  Agelura  die  Teufel  sind  schlechte  Engel 

Jca   a  ur   a  iQi  ära  unsere  Wörter  sind   diese,    so   sprechen   wir,   so 

drücken  wir  uns  aus 
ka  ama  meryet  es  ist  gut,  schön 
]ca  ama  riikinara  sie  sind  weise,  schlau 
a  gamanlii  ama  ika  oder  i  ama  iJca  die  Taube  ist  ein  \'ogel 
Deo  ama  ioska  amu  merka  nacha  Gott  ist  ein  guter  Geist 
ka  va  makekhi  er  ist  ini  Haus 
ta  yd  a  Iha  sie  sind  bei  den  Küstenbewohnern. 

c)  Das  Zeitwort  kur  sitzen,  bleiben,  wohnen  kann  auch  in  vielen 
Fällen  sein  vertreten,  z.  B.  a  nanki  churicJii  vra  lat  die  Frau  ist  in  der 
Pflanzung. 

kttr  kann  auch  ohne  irgendwelches  Pronomen  sein  bedeuten.  In 
diesem  Falle  steht  es  inuner  am  Anfang  des  Satzes,  z.  B.  kur  a  eichi  mara 
r'mem  es  ist  Wasser  im  Gefäß.  Kur  a  ik  mera  muga  es  sitzen  (sind)  Vögel 
auf  dem  Baum.     Koa  chur  a  achach  a?   ist  jemand  da? 

d)  Zuweilen  ist  sein  überhaupt  zu  ergänzen,  z.  B.  (joa  va  avetki  ich 
hin  im  Haus;  goa  mam{i)  a  das  ist  mein  Ding  da;  ka  a  gen  a  nat  das  sind 
eure  Taros. 

2.  Haben.  Haben  wird  stets  mit  einem  Pronomen  wiedergegeben, 
■/..  B.  goa  mriem  ich  habe  zwei  Tarobündel.  Koa  Lamiska  a  g  a  agerkil 
koasir  a  achik  hat  Lamiska  eine  Frau?  nein,  er  hat  keine.  A  chasna 
ni  gi  a  hin'}  wieviel  hast  du  Messer?  A  ratpes  naget  vier.  Koaig  i  ama 
ratpes  na  eleig  Koaing  hat  vier  Zehen.  Koasir  goa  a  g  a  luanka  ich  habe 
kein  Kleid.  Koai  gi  a  laÜ  hast  du  eine  Pflanzung?  Koasir  goa  get  ich 
habe  keine. 

3.  Werden.  Werden  wird  durch  die  Partikeln  ip  fürs  Futur  und 
sa  für  die  A^ergangenheit,  welche  dem  Eigenschaftswort  oder  Hauptwort 
vorangehen ,  ausgedrückt ,  z.  B.  a  igelka  iv  a  gerhurka  das  Kind  wird  blind. 
A  hanicha  sa  a  gerhurka  oder  sa  a  gerhur  ama  harucha  der  Greis  ist  blind 
geworden.  Jesu^  Kristus  sa  ama  choatka  nacha  Jesus  Christus  ist  Mensch 
geworden. 

Anmerkung.  Können  in  der  Bedeutung  von  verstehen  wird 
durch  das  Verb  drem  ausgedrückt,  z.  B.  ka  drem,  i  ka  main  er  kann  tanzen. 
A  Iba  choasir  ta  drem  i  ti  mhem  a  sareicha  die  Uferleute  können  keine  Tanz- 
masken verfertigen.  A  chumökmetka  choasir  ka  drem  i  cha  tacken  der  Säug- 
ling kann  nicht  sprechen. 

Nicht  können  im  Sinne  von  nicht  vermögen  heißt  duchup,  das 
dem  Zeitwort  angehängt  wird ,  z.  B.  goa  tit  duchup  ich  kann  nicht  gehen, 
uri  teig  duchup  wir  können  nicht  singen. 

Beispiele  zu  den  Verben:  Gu  man  sa  va  avetki  ich  gehe  (trete)  in 
das  Haus.  Gie  tuachen  a  suvit  du  ahmst  die  Feinde  nach.  A  savireichi 
churichi  da  rik  na  lat  die  Leute  sitzen  außerhalb  der  Pflanzung.  Ki  em  a 
vrika  er  schwingt  die  Schleuder.  Bugmet  nagen  ihr  erschreckt.  Kurimai 
gie  gnig  fürchte  dich  nicht!     Sa  cha  nari,  gie  neu   er  hat  dich  beten  hören. 


72 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


Sai  chie  sal  a  ruis  ama  ratpes  nara  sie  hat  vier  Kinder  geboren.  A  uerTca 
vraun  wir  beide  freuen  uns.  Ti  suruv  a  chrapJci  sie  trinken  Wasser.  TJ  ris 
uin  wir  nannten  euch  beide.  Gi  a  rsavracha  nagoa  ich  bin  dein  Sklave. 
Kie  Tcag  satmit  sie  geht  schnell,  sie  läuft.  A  iosJca  nacha  er  ist  arm.  A 
niracha  bäighäig  sacha  die  Sonne  geht  auf.  Sa  uri  gug  a  ur  a  luan  wir 
haben  unsere  Kleider  eingewickelt.  Iv  aremgen  naut  ihr  werdet  uns  zürnen. 
Koasir  iv  a  chiripta  sie  werden  sich  nicht  schämen.  A  urka  cha  tden,  da 
a  daga  chulkul  ternka  wenn  ein  Wildschwein  kommt,  wird  der  Hund  bellen. 
A  nanini  a  agetki  emini  das  Mädchen  ist  hungrig.  A  naniram  a  agetki  emi- 
ram  die  beiden  Mädchen  sind  hungrig.  A  igelirag  kiskisiegrig  die  Kinder 
nießen.  Gu  mam  gakgdkmetka  mein  Vater  gähnt.  Goa  ruavik  ama  ruarta 
meine  Brüder  sind  linkshändig.  Sa  menepmenevuin  ihr  beide  seid  schläfrig 
gewesen.  A  dag  ama  ränget  die  Hunde  sind  satt.  A  lap  geri  surup  die 
Kakadu  trinken.  Goa  ras,  ik  gu  hreig  ich  lege  mich  nieder  um  zu 
schlafen.  A  nankina  i  ra  tit  a  mug ,  i  ti  nin  die  Frauen  werden  um  Holz 
gehen ,  damit  sie  kochen.  La  choasir  a  nankina  sa  ra  in  heute  haben  die 
P'rauen  nicht  gekocht.  Iv  u  s  ama  chdelka  wir  werden  ein  Känguruh  essen. 
Gie  ruchun  dt  gie  teig  setze  dich  und  singe!  Ik  gu  main,  di  gie  gig  mirk 
nagoa  ich  werde  tanzen  und  du  wirst  um  mich  herumgehen.  Sa  goa  il 
sa  verset  ich  habe  fertig  geschrieben. 


8.  Das  Verhältniswort. 


1.    Als  Präpositionen   gelter 

Ba,  hark,  harak  l"üi-,  zu 

hedeg  bis 

da  auf,  an,  in,  bei,  um,  zu,  mittels, 

innerhalb 
da  rik  na  außerhall) 
mar,  mer,  mr  auf,  in,  durch 
men  (meni)  an,  auf,  über,  durch,  neben 
met  in,  zu,  bei,  wegen,  für 
mirk  um,  herum 
munkrup    ma,   pa    chlichi   na    in    der 

Mitte,  zwischen 
na  [nama)  mit,  aus,  wider,  an 
nair  von,  durch,  unter 
namen  {%)  vor,  von 
nam/r  mit 
nanir  um,  nach 
nasak  während 

nav  (nev)  navr  zu,  gegen,  von,  aus,  an 
nagel  von,  durch 
nasar  für,  um 
gel  bei,  neben,  während 


gelem  bei,  neben 

gelemna  na  vmweit,  neben,  bei 

gir  {kir),  girna  na  bei,  neben 

sa  über,  wegen,  mit 

sak  .  .  .  chames  vor 

sair  zu 

sak  (sasak)  an,  hinter,  nach 

sar  {sarein)  zu ,  an ,  vor 

sav  {sev)  in 

pa,  pra,  pet  m,  nher,  hinter,  mit,  von 

pik  an 

pra  —  ut  unter,  unterhalb 

t  wegen,  mit,  auf,  hinter 

tik,  tichem  wegen,  mit 

tuar  —  tuar  diesseits,  jenseits 

da  .  .  .  is  am  Fuß,  am  Rand,  am  .\n- 

fang,  im,  am  Grunde 
sa  .  .  .  oves,  pra  .  .  .  ves  wegen 
pik  ara  reg  über,  sak  .  .  .  reg  hinter, 

Gegensatz     des     räumlichen     vor; 

auch  im  übertragenen  Sinn. 


Rascher:    Grundregeln  der  Balningsprache.  73 

2.    Beispiele  zu  den  Präpositionen. 

Ba,  harak,  bark.  A  huikl  haun  Tabak  für  uns  beide.  Ka  sil  hagen 
er  sagt  zu  euch.  Ti  tal  a  adap  bamchaut  sie  bi-ingen  Taros  für  uns.  A  Jiinki 
luiclm  bark  oder  bark  ma  Bumet  dieses  Messer  ist  für  (gehört)   Buniet. 

Bedeg.  Sa  ut  tmatna  bedeg  i  ama  Sontacha  wir  haben  bis  zum  Sonn- 
tag gearbeitet. 

Da.  A  bie^ska  da  a  migl  eine  Wunde  auf  der  Lippe.  Kie  tisavet  da 
a  r  a  ren  sie  denkt  nach,  sie  besinnt  sich  (in  ihrem  Bauch).  Gie  oarnig  dti 
goa  cJiames  du  schlägst  mich  an  den  Kopf  (Stirne).  Ta  tit  da  chip  sie  gehen 
mittels  Lanzen,  auf  Lanzen  gestützt.  Da  niracha  {=  gel  a  niracha)  bei 
Tag.  Da  niracha  a  a  ren  mittags.  A  chabaiki  chie  knak  dama  aren  a  r  is 
oder  da  arenk  a  r  is  der  Kambaikvogel  ruft  während  der  Nacht  (zur 
Nachtzeit).  A  choata  ri  tmatna  da  lar  a  ger  a  ren  die  Männer  arbeiten 
innerhalb  der  Pflanzung.  A  duligl  churigl  da  avetki  a  r  a  ren  die  Schiefer- 
tafel liegt  innerhalb  des  Hauses. 

Mar,  mer  (met)  mr.  A  ika  cha  mara  rmiga  oder  mra  inuga  der  A'ogel 
sitzt  auf  dem  Baum.  A  lapki  chie  tit  mera  sarichis  der  Kakadu  tliegt  in 
den  Lüften.  Kur  a  luan  mara  gateichi  die  Kleider  befinden  sich  im  Küi-b- 
chen.  Ka  igip  mara  ichiranas  odei-  na  ichiranas  er  starb  durch  Zauber. 
Läi  ri  breig  met  Rukiis  heute  schlafen  sie  in  Rukus.  Areboar  da  a  ren  mera 
vuget  er  ist  betrübt  wegen  seiner  Sünden.  A  Itigi  met  goa  paip  Feuer  für 
meine  Pfeife. 

Mirkna.  U  tit  mirk  nara  wir  gehen  um  sie  herum.  Ka  tkut  wirk 
nama  achavet  er  gräbt  um  die  Bananen  herum. 

Munkrup  (ma),  pa  chlichi  na.  Ldmiska  churicha  munkruv  a  Ibeiem 
oder  munkruv  ama  Ibeiem  Lamiska  sitzt  zwischen  zwei  Uferleuten.  A  vaska 
cha  munkrup  mena  lat  der  Brotfruchtbaum  steht  in  der  Mitte  der  Pflanzung. 
Grie  tal  ama  muga  va  chlichi  trag  das  Holz  in  der  Mitte  (faß  es  in  der 
Mitte  an). 

Na,  nama.  A  igelka  cha  tal  a  lamaseit  na  a  rik  der  Knabe  trägt  ein 
Kokosblatt  in  seiner  Hand.  Gu  chut  na  huleichi  ich  grabe  mit  dem  Spaten. 
Jeni  rar  menanas  na  git  die  beiden  bekleiden  sich  mit  Blättern.  Ti  rekmet 
nama  länini  na  pünki  a  r  a  lan  der  Kamm  wird  aus  Schildpatt  verfertigt. 
Ti  hirin  nara  man  ist  böse  auf  sie,  man  zürnt  ihnen.  A  Piiktaskina  aremta 
na  Loankina  die  Puktasleute  zürnen  den  Loan.  Ka  pnap  na  a  oveska  er 
verneigt  sich. 

Nair.  Goa  chietdem  ini  nair  Mainam  ich  erhielt  es  durch  (von) 
Mainam. 

Kamen.  Ki  chuoik  namenagoa  er  flieht  von  mir.  Ta  mit  namena 
hinki  sie  haben  das  IVIesser  vergessen.  A  agelucha  cha  noa  naiem  namena 
Paradis  der  Engel  vertrieb  beide  aus  dem  Paradies. 

Namr.  Gie  Imel  a  gam  namra  muga  pflücke  Früchte  vom  Baum! 
Goa  r  a  vesemka  namra  gateichi  ich  nehme  eine  Arekanuß  aus  dem  Körb- 
chen. Ta  mat  namra  suvit  sie  ahmen  die  Feinde  nach.  Goa  tat  namra  Iba, 
i  gu  tmatna  ich  ahme  die  Uferleute  in  der  Arbeit  nach. 


74  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

Nanir.  A  machracha  cJm  mas  nanirgoa  die  Steinkeule  liegt  vor  mir. 
Gie  it  nanir  ama  alau  hole,  suche  Eier!  Kur  a  IvsM  sah  goa  chames  der 
Gemüsetopf  steht  vor  mir  (=  vor  meinem  Angesicht). 

Nasak.  U  tit  da  uri  mlei  nama  ur  nasach  ama  armriki  wir  suchen 
nach  Wildschweinen  während  des  Regens. 

Nagel,  ü  tit  nagel  iak  wir  kommen  von  jemand.  Goa  vin  nagehmka 
ich  komme  von  ihm. 

Nasar,  nah.  A  cliasna  nama  nar,  ik  gu  tal  get  nasar  ama  luanka? 
wieviel  Taros  muß  ich  füi-  ein  Kleid  bringen?  Lömoam  koarii  ka  nachrun 
wo  ist  Lömoam?  er  ist  hinter  uns  beiden.  Geni  maravit  sak  goa  reg  ihr 
steht  hinter  meinem  Rücken. 

Gel.  A  muga  cha  mas  gel  (oder  wfwo)  a  avetki  der  Baum  liegt  neben 
dem  Hause.  A  Puktaskina  ri  main  gel  ama  Bagaichina  die  Leute  von  Puktas 
tanzen  bei  denen  von  Bangga.     Gel  ama  niracha  bei  Tag. 

Gelemna  na.  Ka  tmatna  gelemna  na  Rivun  er  arbeitet  in  der  Nähe 
des  Riwuiibaches.  Sa  u  tden  gelemna  na  Nävi  wir  sind  bei  Nawiu  ange- 
kommen. 

Gir,  girna  na.  Gu  mam  kuricha  girgoa  mein  \'ater  wohnt  bei  mir. 
A  vaska  vurvur  maclm  cliir  ama  vesemka  der  Brotfruchtbaum  wächst  neben 
dem  Arekabaum.  Kur  a  lat  girna  na  avetki  die  Pflanzung  ist  neben  dem 
Hause.  A  choata  sa  ra  vin  girna  naut  die  Männer  sind  zu  uns  gekommen. 
A  chamulkuska  vurvur  macha  mena  dul  girna  na  eichi  die  Kamulkuska  (Orchi- 
deenart) wächst  in  der  Nähe  des  Wassers  an  Felsen. 

Sa.  Ta  tacken  sa  Lömoam,  sie  sprechen  über  Lömoam.  A  uerka 
vragoa  s?i  goa  lat  ich  freue  mich  über  meine  Pllanzung.  Ka  tit  sa  tavet  er 
trägt  Tawet  (Mise,  japon.)  bei  sich,  ergeht  mit  Tawet  fort,  er  entfernt  sich 
mit  Tawet. 

Sair.  Geni  tavlag  sair  gu  nan  geht  zu  meiner  Mutter  zurück.  A 
Igieska  diu  rut  na  nanki  sairut  der  Häuptling  führt  die  Frau  zu  uns.  Sa 
la  ra  mit  sair  ama  Baga  sie  sind  heute  zu  den  Banggaleuten  gegangen. 
Lara  ra  liav  a  vlemka  sair  a  tik  jetzt  fangen  sie  ein  Schwein  zum  Feste. 

Sak,  sasak.  A  bieska  sak  goa  reg  ich  habe  eine  Wunde  am  Rücken. 
Ka  rar  demut  sasak  Loan  er  führt  uns  nach  Loan.  Kur  a  htdeichi  sak  gi 
a  reg  der  Spaten  liegt  hinter  dir.  Jen  mit  sak  Nävi  die  beiden  gehen  fort 
nach  Nawiu  (s.  auch  sa  vet). 

Sar  sarem.  Gie  ruir  saremgoa  gehe  vor  mir!  Gu  surup  sar  Lömoam 
ich  trinke  vor  Lömoam.     Ti  nin  sdremgi  sie  kochen  vor  dir. 

Pr,  Savr,  sep,  pet.  A  mlaoski  vra  eichi  der  Kahn  ist  im  Wasser. 
Gie  n,  iv  un  tit  sa  vra  lat  komm,  laß  uns  beide  in  die  Pflanzung  gehen! 
A  savireichi  chie  teig  sa  vrant  die  Leute  singen  auf  uns.  Gie  tu  gi  a  gateichi 
vra  leichi  stelle  dein  Körbchen  an  die  Tür.  U  tkut  sa  vra  muga  a  a  ribit 
wir  graben  um  den  Stamm  des  Baumes.  Miclmel  ka  noa  nama  vu  ama 
Agelura  sa  vra  Iteig  Michael  stürzte  die  bösen  Engel  in  das  Feuer.  A  areska 
sa  vra  ur  a  gug  Salz  zu  unserem  Gemüse.  A  ut  mamiem  aries  preiem  pra 
Paradis  unsere  Stammeltern  freuten  sich  im  Paradies.  Deo  sa  cha  reJcmet 
nama  husupka  da  nama  evetki  vra  garichit  na  aren  dat  demki  Gott  schuf  den 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


75 


Himmel  und  die  Erde  in  sechs  Tagen.  A  choafa  ra  tes  na  sa  vra  nanlä  die 
Männer  stritten  untereinander  wegen  einer  Frau. 

Pra  —  rut  {ut).  Kurttt  pra  husupha  ut  wir  sind  unter  dem  Himmel. 
Pra  leichl  ntt  unter  der  Tür.  Pra  evetki  rut  unter  der  Erde.  Pra  eichi  ruf 
unter  dem  Wasser. 

PiJc.  A  hiska  pik  yoa  chenem  eine  Kette  an  meinem  Hals.  A  hies 
picht  a  nankina  a  r  sachag  die  Frauen  haben  Wunden  im  Gesicht. 

ta,  tern.  A  savireichi  chie  tesna  ta  nanki  die  Leute  streiten  wegen 
einer  Fi-au.  Gu  churai  yi  ra  hinki  ich  besclienke  dich  mit  einem  Messer. 
Url  tiima  remta  wir  lachen  über  sie. 

Tik,  tichem.  Kurimai  gie  tres  tichemgoa  verstecke  dich  nicht  vor 
mir.  A  ruimini  ini  geri  tres  tich  ama  daga  das  Kind  versteckt  sich  vor  dem 
Hunde. 

Tuar  —  Titar.  Torötea  churicha  mar  na  Gcnanki,  di  ki  goa  clmrujoa 
ruar  Torotea  wohnt  jenseits  Genanki  und  ich  diesseits. 

Sa  .  .  .  oves.  Den  cha  tes  ut  sa  vra  ur  a  ruacJia  a  oves  Gott  straft 
luis  wegen  unseres  Bruders.  A  igelta  ra  tes  na  sa  vra  adav  a  re  ves  die 
Knaben  streiten  um  das  Essen  (Taros). 

Da  .  .  .  (s.  Da  chövl  a  r  is  am  Saum  des  Busches.  Da  ratem  a  r  is 
auf  dem  Boden  des  Grasfeldes.  Da  eichi  a  r  is  am  Boden  des  Wassers. 
Da  Idr  a  r  is  am  Rand  der  Pflanzung.  Ka  7nit  da  hurki  a  r  is  er  ging  an 
den  Zaun. 

Anmerkungen  zu  den  Präpositionen.  1.  Manche  Verba,  die  im 
Deutschen  mittels  einer  Präposition  konstruiert  werden ,  entbehren  einer 
solchen  im  Bainingischen ,  z.  B.  tes  Krieg  führen.  A  1ha  ra  tes  ama  cMchat 
die  Küstenbewohner  kämpfen  mit  den  Bainingern.  Piy  klettern,  es  sich 
umwickeln,  mrir  lierabsteigen. 

2.  Manche  der  Präpositionen  sind  zusammengesetzt  aus  einer  Prä- 
position und  einem  Umstandswort  oder  Hauptwort,  z.B.  gelemna  na,  girna 
na  usw. 


9.  Das  Umstandswort. 


1.    Adverbien  der  Zeit. 


lära,  ka  lära  jetzt  eben,  jetzt,  soeben 

im  Augenblick 
nach  as  ka  lära  jetzt  eben,  soeben 
la,  läip,  läi  heute,  seit  einiger  Zeit 
nach  aisa  Ja  vor  — ,  seit  einiger  Zeit 
ka   luaiet,    ka   lära   jetzt    im    Augen- 
blick 
as   läip    heute   noch ,    jetzt ,    bald   — 

nach  einiger  Zeit 
mur,  madu  früher,  ehemals ,  seit  einiger 
Zeit,  vor  langer  Zeit 


mä  sa  mur  vor  sehr  langer  Zeit 

higa  morgen  (Gdvit:  halda) 

oarik  hol  in  der  Frühe 

higa  da  oarik,  läiv  oarik,  läip  da  oarik 

morgen  in  der  Frühe 
la   oarik   heute   in   der   Frülie,   heute 

Morgen 
oarich  oarik,  halbal  sehr  frühe  (,jeden 

Morgen) 
a  ger  ama  aren,   na    ka  ger  ama  aren 

einige  Tage 


76 


Rascher  :    Grundregeln  der  Bainingsprache 
der 


areip  eines  Tages 

areipma,    maiei    eines   Tages    ( 

Zukunft) 
pin  a  aich  ama  arenki  eines  Tages  (in 

der  Vergangenheit) 
mäni  gestern 
mani  ravano  vorgestern 
tavano  übermorgen 
a  aber  na  aren,  mika  na  aren  oit  (auch 

23ra  arm) 
mas  iuuner,  für  immer,  sehr 


namr  zuerst 

sies,  sichies,  maka  wieder,  abermals, 
nochmals 

nasat,  navasasat .  tavano  nachher,  hier- 
auf, dann 

pa  aren  im  Dunkeln ,  nachts 

da  arenk  a  ris,  da  ama  aren  a  r  is, 
pra  arenki  nachts 

da  a  chorevetki  beim  Mondschein 

sa  unun  abends 

da  niracha,  gel  a  niracha  bei  Tag. 


2.    Adverbien  des  Ortes. 


a,  ära,  ti  {sa  ri,  sasa  ri)   hier 

iei  vielleicht  hier 

na  ri,  ka  na  ri  von  hier 

koa^  koari^  koaridi?  wo?  wohin  1' 

na  choa  ri'i  von  wo?  von  woher? 

puk,  pit  {ivit)  oben,  droben 

pusup  oben ,  droben 

nai  vuk,  na  vusup  von  oben 

nai  Vit  von  oben 

ina  vuk  von  oben  herab 

mana  evet  auf  der  Erde,  am  Boden 

mas  durch,  hindurch 

amuk  dort,  drüben 

la  amuk  dort  drüben 

lucha  ama  cha  muk  dieser  dort 

Iura  ama  cha  muk  die  Personen  dorl 

lugera  ama  cha  mnJc  die  Dinge  dort 

da  rik  draußen 


\daara  ren  drinnen 
!  imak  drunten 

nai  mak  von  unten 

imani  drunten  (auch  ajna  mani) 
I  na  imani  von  unten 
I  temani  unten  (am  Boden) 

ivuk  oben  (in  der  Nähe) 

dvano,  avdvano  droben  (weit  weg) 

bii  churi  bloß,  unbeschäftigt 

pa  unes  im  Schatten 

pa  chöol  im  Busch 

pa  inim  im  jungen  Busch 

gelemna  in  der  Nähe 

gis  weit,  fern 

da  egerkig   am    Strand    {dagerkig,   de- 
gerkig) 

sa  da  egerkig  an  den  Strand 

taguir  anderwärts,  hinaus,  nebenan 


3.    Adverbien  der  Art  und  Weise. 
perhet  genug,  fertig,  sa  goa  ver^e^  ich  j  wm/ abschüssig,  steil,  vorüber,  vorbei 


bin  fertig 
sa  chap  genug,  fertig,  sa  chapgoa 
a  mrer,  ma  mrer,  a  mres  gut,  schön 
ma  vik  schlecht,    ka   teig   ma  vik   er 

singt  schlecht 
a  vucJia,  a  vura,  a  vuget  er  ist  schlecht, 

sie  sind  schlecht 
tachorära ,  tachorä  so ,  auf  diese  Weise 
tachoar  wie,   tachoar  viadü,  madu  ra- 

cJioar  wie  früher 
savaremna  gleich  sein 


weswegen; 


(gehen) 
ia7  ivaf  eviva?  warum! 
neik  allein,  bloß,  nur 
naka  doch ,  bloß  ,  nur 
Sana?  wie? 
ka  nana?   wie  ist  es?   wie  verhält  es 

sich  damit? 
ma  gerksu^  allein 
menana     übereinander,      aufeinander, 

nebeneinander 
na  demna  (demna)  nebeneinander 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache 


77 


icJiat  herum 

pa  beinahe,  fast 

manep  tief 

duchup   vergeblich,    umsonst   (s.  oben 

niclit  können) 
a  cliasna^  wieviel? 
sa  vra  igachal  weswegen? 
a   Igik,    wirklich,    wahrlich,    in    der 

Tat,  wahr 
asmiru,  endlich 
malet,  maden  sehr,  stark,  fest 
marik  wenig,  etwas,  nicht  lange 
ma  aber  viel 
merdcJias  allein 
temna  zusammen 

Anmerkung   zu   ihag   und   tah. 


ma  irikpet  im  Zickzack  {=  a  igurik- 
metki) 

ma  reter  gerade,  aufrecht 

Jcüre,  TcuMre  warte,  halt,  genug 

as  kukwre  warte  noch ! 

Ärowe?  ist  es  wirklich  so? 

meni  quer 

pa  treses  im  ^''ersteck 

ikag ,  tag  schnell,  rasch  (nur  in  Ver- 
bindung mit  dem  persönlichen  Für- 
wort) 

Jiatmit  schnell,  sofort  (in  Verbindung 
mit  ikag  gebraucht) 

tale  langsam  (nur  in  Verbindung  mit  dem 
persönlichen  Fürwort  gebraucht.) 
Die   beiden  Adverbien    schnell  und 


langsam  werden  auf  folgende  Weise  in  der  Bainingersprache  wieder- 
gegeben ,  z.  B. :  ha  tes  M  kag  oder  M  kag  sa  s?nes  er  ißt  schnell ,  ka  teig  ki 
kag  oder  ki  kag  sa  teig  er  singt  schnell,  gu  maln  gu  ikag  oder  gu  ikag  sa 
main  ich  tanze  schnell,  gie  tach  a  smes  oder  gie  tak  ma  smes  du  ißt  langsam, 
gu  tach  a  tmatna  ich  arbeite  langsam,  kie  tach  a  main  sie  tanzt  langsam, 
gie  tach  a  tmit  (nicht  gie  fach  a  tit)  gehe  langsam,  uri  tach  a  mrachen  wir 
reden  langsam. 

4.    Adverbien  der  ^"erneinung. 
koasir  nicht,  nein  {Taunit:  koasik) 
kuku  nein,  durchaus  nicht,  nichts  (Gavit:  kukan) 
askoasir,  as  kuku  noch  nicht,  doch  nicht. 


5.    Adverbien  der  Bejahung. 
ce,  echerer,  ä  (indem  man  zu  gleicher  Zeit  den  Kopf  schüttelt)  ja 
ka  ehoia  ja  gewiß ,  es  ist  so 
saka  wohlan! 
luchaiet  das  ist  es. 

6.    Adverbien  der  Möglichkeit. 
ari,  ani,  oan  vielleicht 
ari  rik,  rieh  ari  vielleicht,   wahrscheinlich 
koa^  etwa?  (=  aekoa{i])  {koar) 
ei  ob. 

Beispiele  zu  den  Adverbien.  Nach  as  ka  lära  cha  tit  na  ri  so- 
eben ist  er  von  hier  weggegangen.  Dco  mur  ka  rekmet  nama  husupka  yov 
Zeiten  schuf  Gott  den  Himmel.  Biga  da  oavik  da  uri  gigrem  morgen  in  der 
Frühe  gehen  wir  spazieren.  La  oarik  di  gie  oami  goa  heute  Morgen  hast 
du  mich  geschlagen.  Oarich  oarik  da  geni  sunas  jeden  Morgen  habt  ihr 
Unterricht.      Koai  gie   nari,   ra   fachen'}    hörst   du   sie   spi-echen?      A    lapki 


78  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

aviiJs;  mera  muga  i  chie  tes  a  gam  der  Kakadu  da  oben  auf  dem  Baume 
frißt  Früchte.  Fa  da  un  igip  nama  aremJci  wir  beide  wären  fast  an  der 
Krankheit  gestorben.  Kasna  da  verser  i  gie  Icnalcf  wann  hörst  du  auf  zu 
weinen  ?  A  igelta  ama  vierta  choasir  ti  Tcdk  td  re  mam  gute  Kinder  belügen 
ihren  Vater  nicht.  Gie  tmatna  racJioar  mani  arbeite  wie  gestern!  Koasir 
gie  nari,  i  gi  a  uenika  cha  tit  sa  gelemgoa^  eviva^  warum  willst  du  nicht, 
daß  dein  Sohn  zu  mir  kommt?  Gen  mrachen  ia?  warum  sprecht  ihr? 
Kurigi  va  unes ,  i  kurimai  gie  tamar  bleib  im  Schatten  sitzen,  damit  du  nicht 
krank  wirst.  Gen  drachen  sa  igaclia^  worüber  sprecht  ihr?  A  ios  temani  va  evet 
die  Geister  sind  unter  der  Erde.  A  rdlitka  imaJc  pra  evet  der  Wurm  unten 
am  Boden.  Gi  a  ruacha  choari7  wo  ist  dein  Bruder?  Ka  lil  ma  mrer 
er  schreibt  scliön.  Jen  tit  sa  vra  damki  ivit  die  beiden  gingen  den  Berg 
hinauf.  A  a  ruis  ti  nari,  i  ri  Ikal  a  re  mam,  dap  ti  Ikal  ka  duchup  seine 
Kinder  wollten  ihn  trösten ,  sie  vermochten  es  aber  nicht.  Ai  sies  gie  ravlag, 
di  gie  ral  goa  Mnki  wenn  du  zurückkehrst,  so  bring  mein  INIesser  mit.  Ka 
mgim  nasat  er  wachte  nachher  auf.  A  nat  kuriget  m.enana  die  Taros  liegen 
nebeneinander.  Gie  tu  a  mru  na  demna  stelle  die  Tarobündel  zusammen! 
Koar  ama  Igich  i  cha  suau%  ka  ama  Igik  ist  es  wahr,  daß  er  gestohlen 
hat?  es  ist  wahr.  A  eska  cha  tit  ma  irikpet  der  Weg  geht  im  Zickzack. 
A  igurikmetki  na  Rivun  der  Rivimbach  hat  viele  Krümmungen,  fließt  im 
Zickzack.  Tika  a  ur  a  ruacha  cha  igip  auch  unser  Bruder  ist  gestorben. 
Kurimai  sies  gie  ravlag  sep  goa  chrigi  komme  nicht  wieder  in  mein  Gehöft! 
Kure,  areip  gie  igip  mera  agetki  warte,  eines  Tages  wirst  du  des  Hungers 
sterben.  Oarich  oarik  häighäig  sacha  nava  avetki  da  cha  sne^  jeden  Morgen 
geht  er  aus  der  Hütte  und  jodelt.  Koa  goa  levupki  as  ama  iameski?  lebt 
meine  Schwester  noch?  Koasir,  mani  ravano  chie  igip  nein,  vorgestern  ist 
sie  gestorben.  Ka  lära  gen  ikag  satmit  ha  gel  gu  mam  di  geni  ruchun  tacho- 
rära:  a  uerka  vraigi  malei,  gi  a  uemka  as  ama  iameska  jetzt  geht  schnell 
zu  meinem  Vater  und  sprechet  so:  freu'  dich  sehr,  denn  dein  Sohn  lebt 
noch.  Gie  n  ina  vuk  di  churigi  sa  ri  gelemut  komm  herab  und  wohne  hier 
bei  uns!  Asmiru  ra  vin,  i  ri  tmatna  endlich  kommen  sie  zur  Arbeit.  A 
igelta  ama  migiesta  ri  tlv  ichat  mas  pa  lil  a  r  a  avetki  die  faulen  Kinder 
schauen  in  der  Schule  stets  herum.  Gie  ruir,  da  kurimai  churigi  mena  eska 
geh  voraus  und  bleib  nicht  am  Wege.  A  ika  cha  revrep  sa  gis  mera  harichis 
der  Vogel  fliegt  hoch  in  die  Lüfte. 

10.  Das  Verbindungswort. 


ai  —  da  wenn  .  .   .  dann,  so 

bai  —  da  wenn  .   .   .  dann 

i  weil 

ba  daß,  damit 

/  ari  daß  etwa 

i  kurima,  bu  choasir  daß  nicht,  damit 

nicht 
den  sowohl  —  als  auch 


ki ,  tika  auch 

gen,  da  gen  und  (steht  zur  Verbindung 
von  Personen  und  Dingen  im  Sin- 
gular, Dual  und  Plural) 

kan  und  (steht  zur  Verbindung  von 
Personen  und  Dingen  in  der  Ein- 
zahl (1.  Gr.)) 

chien  und   (steht  zur  \'erbindung  von 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


79 


Personen  und  Dingen  in  der  Ein- 
zahl (2.  Gr.) 

ten  {e  in  tm  klingt  oft  wie  a)  und, 
(steht  zur  ^'erbind^ng  von  Personen 
im  Plural  (1.,  2.  und  3.  Gr.) 

gen  und 

da    und,    steht   zur  Verbindung    von 


Verben,   Pronomina   und   Substan- 
tiven (Sing,  und  Plur.) 

dat  und 

dap  aber 

dap,  da,  däi  oder 

koarik  —  Ttoarik  oder,  entweder —  oder 

ar  —  ar  oder,  entweder  —  oder 


Beispiele  zu  den  Verbindungs Wörtern.  Ai  iv  ama  chorevetki, 
dama  sareichi  wenn  der  Mond  wieder  aufkommt,  findet  der  Tanz  statt. 
A  nankina  ri  suchuv  a  lochupki,  i  ip  biga  da  tik  die  Frauen  kehren  das 
Gehöft,  weil  morgen  Fest  ist. 

A  choatka  dama  nanki  der  Mann  und  die  Frau.  A  choariem  dama 
nanim  die  beiden  Männer  und  die  beiden  Frauen.  A  choata  dama  nankina 
die  Männer  und  die  Weiber.  A  choatka  chan  ama  nanki  der  Mann  und 
die  Frau.  A  choariem  ien  ama  nanim  die  beiden  Männer  und  die  beiden 
Frauen.  A  choata  ren  ama  nankina  die  Männer  und  die  Frauen.  A  choatka 
da  chan  ama  nanki  der  Mann  und  die  Frau.  A  choariem  da  ien  ama  nanim 
die  beiden  Männer  und  die  beiden  Frauen.  A  choata  da  ren  ama  nankina 
die  Männer  und  die  Frauen.  A  choata  da  gen  ama  nankina  die  Männer 
und  die  Frauen.     A  choata  gen  ama  nankina   die   Männer   und   die   Frauen. 

A  daga  chan  ama  chaiopki,  a  daga  dama  chaiopki,  a  daga  gen  ama 
chaiopki,  a  daga  da  gen  ama  chaiopki  der  Hund  und  das  Huhn. 

A  dagiem  ien  ama  chaiovim,  a  dagiem  dama  chaiovim,  a  dagiem  gen 
ama  chaiovim,,  a  dagiem  da  gen  ama  chaiovim  die  beiden  Hunde  und  die 
beiden  Hühner. 

A  dag  gen  ama  chaiop,  a  dag  dama  chaiop,  a  dag  da  gen  ama  chaiop 
die  Hunde  und  die  Hühner. 

A  richit  gen  a  richigl,  a  richit  dama  richigl,  a  richit  da  gen  a  richigl 
der  Arm  und  die  Hand. 

A  richisim  gen  a  richigrim,  a  richisim  gen  a  richigrim,  a  richisim  da 
gen  a  richigrim  die  beiden  Arme  und  die  beiden  Hände. 

A  richisig  gen  a  richigrig ,  a  richisig  da  gen  a  richigrig  die  Arme  imd 
die  Hände. 


11.  Das  Empfindungswort. 


arm  !\os,  also  auf,  dran !  (bei  der  Arbeit) 
di,  aef  jsi,  richtig,  wirklich,  was  nicht 

gar! 
hau  (indem  man  zu  gleicher  Zeit  mit 
der  Achsel  zuckt)  doch  nein,  keines- 
wegs, nicht  im  geringsten 
oai,  u!  um  jemand  zu  rufen 
oe,   goa   ak,   goa    arei!   Ruf,    um    die 
Aufmerksamkeit   jemandes    zu    ge- 
winnen 


achai!  Ausruf  der  Verwunderung,  des 

Erstaunens 
haik,  hak!  Ausruf  der  Verwunderung 
sdka!  fertig!  Ausruf  nach  Beendigimg 

der  Arbeit,  Aufruf  zur  Flucht 
kövef  so?  wirldich? 


ave!  ja. 


natürlich 


ui!  Ausruf  vor  einer  schweren  Arl)eit 
dkin!  Ausruf  des  Staunens 


80  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 


m.  Satzlehre. 
1.  Einfaches  Subjekt  und  Prädikat. 

A.  Subjekt. 

a)  Wenn  das  Subjekt  ein  persönliches  Fürwort  und  das  Prädikat  ein 
Zeitwort  ist,  so  steht  es  vor  oder  nach  dem  Prädikat,  je  nachdem  das 
Zeitwort  das  persönliche  Fürwort  vor  oder  nach  sich  verlangt,  z.  B.:  goa 
lu  ich  sehe,  gu  nari  ich  will,  uri  lual  wir  pfeifen,  maspraut  wir  ruhen  aus, 
a  chreika  vraut  wir  fasten. 

b)  Wenn  das  Subjekt  ein  hinweisendes  Fürwort  ist,  so  steht  es  vor 
dem  Prädikat,  z.  B.:  lucha  cha  suau  dieser  stiehlt,  lAgl  aiet  hug  menigl 
dieses  da  ist  zerbrochen,  Lura  mani  ri  tmatna  da  läi  ra  ir,  i  ti  sagar  diese 
haben   gestern    gearbeitet  inid  heute  gehen  sie  zum  Fischen. 

c)  Ist  das  Subjekt  ein  Substantiv,  so  wird  es  in  der  Regel  dem 
Prädikat  vorangesetzt,  z.  B. :  a  mabt'icha  sa  verset  nacha  der  Tanz  ist  be- 
endigt, a  vaska  cha  sep  der  Brotfruchtbaum  fällt,  a  ruimirag  geri  tamar 
die  Kinder  sind  krank. 

Anmerkung.  1.  Die  Zeitwörter:  kur  sitzen,  bleiben,  sein,  wohnen, 
liegen  und  kudas  nicht  wollen,  sich  weigern,  welche  vor  ihrem  Subjekt 
stehen  können,  nehmen  in  diesem  Falle  überhaupt  kein  Pronomen  an,  z.  B.: 
Kur  a  Iteig  pra  ririveichi  die  Zündhölzer  liegen  auf  dem  Tisch.  Knr  a 
luanka  mena  evet  das  Kleid  liegt  auf  dem  Boden. 

2.  Das  unbestimmte  Subjekt  man  wird  durch  die  3.  Pers.  plur.  aus- 
gedrückt (vgl.  oben  Passiv). 

B.  Prädikat. 

Ist  das  Prädikat  a)  ein  Verbum,  so  richtet  es  sich  nach  seinem  Subjekt. 
Dabei  ist  im  einzelnen   zu  beachten: 

1.  zu  welcher  Gruppe  das  betreffende  Subjekt  gehört, 

2.  ob  es  in  der  Einzahl,  Zweizahl  oder  Mehrzahl  steht, 

3.  wenn  es  zur  1.  oder  2.  Gruppe  gehört  und  Personen  bezeichnet, 
so  ist  d;is  Pronomen  der  3.  Pers.  plur.  ein  anderes  für  Personen  und  ein 
andei-es  für  vernunftlose  Wesen, 

4.  endlich,  steht  das  Pronomen  nach,  so  nimmt  das  Zeitwort  bei  den 
Ableitungen  die  Endung  des  Substantivs  an,  z.  B.:  A  aneska  cha  tes  a 
achavet  der  Papagei  frißt  Bananen.  A  anes  ga  te-i  a  chavet  die  Papageien 
fressen  Bananen.  A  makeichi  churichi  vet  ma  Viirar  das  Haus  steht  auf  dem 
Platz,  genannt  Pin-ar.  Bumet  ka  tit  na  nanki  sa  gel  a  Iha  Bumet  begegnete 
einer  Fran,  welche  zu  den  Küstenbewohnern  ging.  A  choatka  cha  rar  der 
Mann  badet.  A  choata  ri  tar  die  Männer  baden.  A  nanki  chie  tar  die  Frau 
badet.  A  nankina  ri  tar  die  Frauen  baden.  A  lapki  a  r  a  migl  ama  irichigl 
des  Kakadus  (sein)  Schnabel  ist  gebogen.     A  lav  a  r  a  migrig  ama  irichigrig 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingspraclie.  81 


der  Kakadus  (ihre)  Sclinäl)el  sind  geljogen.     A  garvdp  K-iirdp  mara 

die  Schleiidersteine   liegen    im    Körbchen.     Mdra  a   vista  die  Leute  frieren. 

A  ndmirag  a  visirag  die  Kinder  frieren. 

b)  Ist  das  Prädikat  ein  Substantiv,  so  muß  es  mit  dem  Subjekt  im 
Numerus  und,  wenn  es  einen  männlichen  oder  weiblichen  Personen-  oder 
Tiernamen  bezeichnet,  auch  in  der  entsprechenden  Nachsilbe  des  Subjekts 
vielfach  übereinstimmen,  z.  B. :  A  chamki  i  ama  ioska  oder  a  iosJci  die 
Kamki  (eine  mythische  Schlange)  ist  ein  Teufel,  Seele,  Geist.  A  lapki  i 
ama  iki  das  Kakaduweibchen  ist  ein  weiblicher  Vogel. 

c)  Ist  das  Prädikat  ein  Adjektiv,  so  i'ichtet  es  sich  in  allem  nach 
seinem  Subjekt,  ähnlich  wie  das  Verb  mit  nachfolgendem  persönlichen 
Fürwort,  z.  B. :  A  virki  ama  vuichi  die  Keule  ist  schlecht.  A  chachracJia 
ama  harucha  der  Baininger  ist  alt  (ein  Greis).  A  chachar  ama  harura  die 
Baininger  sind  alt.  A  chivini  ama  mrini  die  kleine  Lanze  ist  schön.  A 
chhirag  ama  mrirag  die  kleinen  Lanzen  sind  schön.  A  lahar  ama  nanget 
die  Raben  sind  Weibchen.  A  lahar  ama  choatget  die  Raben  sind  Männchen. 
A  daga  ama  asuamka  der  Hund  ist  diebisch.  A  dag  ama  asuamget  die 
Hunde  sind  diebisch. 

d)  Ist  das  Kollektivum  —  a  savireichi  die  Menge,  die  Leute,  viele  — 
Subjekt,  so  richtet  sich  das  Prädikat  zuweilen  im  Numerus  nicht  nach  der 
grammatischen  Form  des  Kollektivums,  sondern  nach  dem  Sinn  desselben, 
z.  B.  a  savireichi  chie  rbur  oder  ri  rhnr  die  Leute   zürnen. 


2.  Häufung  von  Subjekten  und  Prädikaten. 

a)  Bei  mehreren  Subjekten  steht  das  Zeitwort  in  der  Zweizahl  oder 
Mehrzahl ,  z.  B. :  A  agerim  ieni  snes  nanir  a  ien  a  ageriem  die  beiden  Weiber 
rufen  nach  ihren  beiden  Männern.  Goa  arei  ri  rar  a  rim  meine  Leute 
pflanzen  Taros.  A  ik  geri  tach  a  r  a  avet  die  Vögel  bauen  ihre  Nester. 
A  ur  a  lat  sa  verset  naget  unsere  Pflanzung  ist  fertig  bestellt.  A  igelta  ri 
hirtich  a  rim  di  ri  rat  get  die  Knaben  schneiden  die  Taros  ab  und  pflanzen 
die  Ableger. 

b)  Sind  die  Subjekte  Personen  und  Sachen  von  verschiedenen 
Endungen,  so  richtet  sich  das  Prädikatsverb  oder  Adjektiv  gewöhnlich 
nach  dem  zunächststehenden  Subjekt,  z.  B.:  A  nat  gen  ama  chavrirag  ama 
iamesirag  die  Taros  und  Bananen  sind  frisch  (neu).  A  igelta  ren  ama  dag 
ama  asuamget  die  Knaben  und  Hunde  sind  diebisch.  A  nanirag  gen  ama 
nankina  ama  chiripta  die  jMädchen  und  Frauen  sind  verschämt. 

c)  Bestehen  die  Subjekte  aus  Substantiven  und  Pronomina  oder  aus 
lauter  Pronomina,  so  richtet  sich  das  Prädikat  nach  dem  Pronomen  des 
dialogischen  Verkehrs ,  d.  h.  die  erste  Person  geht  der  zweiten  und  dritten 
und  die  zweite  der  dritten  vor.  Was  die  Zahl  betrifft,  so  steht  das 
Prädikat  in  der  Zweizahl  oder  Mehrzahl,  je  nach  der  Zahl  der  Personen', 


'    Ich  und  du  heißt  nicht  goa  du  gl,  sondern  gun. 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.   I.  Abt. 


82  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

bette  meidet  er.  Seine  größte  Sorgfalt  widmet  er  der  Kultur  der  Taros, 
während  er  hinsichtlich  seiner  Hütten  und  persönlichen  Reinlichkeit  eine 
auffallende  Gleichgültigkeit  zeigt.  Er  kennt  kein  Geld,  noch  zeichnet  er 
sich  sonst  durch  besondere  Fähigkeiten  oder  irgendwelchen  Kunstsinn  aus, 
die  ilm  vor  seinem  Nachbarn  vorteilhaft  hervorstechen  ließen. 

Wie  in  seinen  Gepflogenheiten  und  seinem  Äußern,  so  unterscheidet 
der  Baininger  sich  auch  von  dem  Küstenbewohner  durch  seine  Sprache. 
Nicht  nur  der  Wortschatz,  sondern  auch  der  Aufbau  der  Sprache  ist  ein 
anderer.  Der  Prozentsatz  derjenigen  Wörter,  welche  mit  Bezeichnungen  der 
Küstensprache  wurzelverwandt  sind,  ist  ein  sehr  geringer;  meistens  sind  es 
Namen  von  Vögeln  und  Tieren,  ferner  die  Bezeichnungen  von  Vater  und 
Mutter,  die  mit  Sicherheit  als  verwandt  gehalten  werden  können.  Doch 
ist  hierin  zu  bemerken,  daß  ein  Einfluß  der  Küstensprache  sich  nur  da  nach- 
weisen läßt,  wo  der  Baininger  Grenznachbar  der  Uferleute  ist.  oder  in  einem 
Hörigkeitsverhältnisse  zu  dem  Küstenbewohner  steht.  Je  mehr  man  ins  Innere 
dringt,  und  je  geringer  die  Beziehungen  der  zwei  Stämme  zueinander  werden, 
desto  seltener  stößt  man  auf  Spuren  einer  Verwandtschaft  in  der  Spraclie. 

So  einfach  die  Küstensprache,  so  erschreckend  groß  tritt  uns  der 
Formenreichtum  des  Bainingischen  entgegen.  Dieser  zeigt  sich  besonders 
in  der  Fähigkeit,  die  verschiedenen  Stadien  eines  und  desselben  Dinges 
durch  ein  einfaches  Suffix  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Auch  unsere  Ablei- 
tungen im  Deutschen  stehen  hinter  der  großen,  dem  Bainingerdialekt  eigen- 
tümlichen Bildungsfähigkeit  zurück.  So  können  wii-  z.  B.  im  Deutschen 
von  Mann  w'ohl  die  Diminutivform  Männlein  oder  Männchen  bilden,  das 
ist  aber  das  Weiteste,  was  wir  in  der  deutschen  Sprache  erreichen  können. 
Wollen  wir  noch  andere  Stadien  der  Entwickelung  oder  des  Baues  vom 
Manne  ausdrücken,  so  müssen  wir  uns  mit  Eigenschaftswörtern  behelfen 
imd  sagen:  er  ist  ein  lang  gewachsener,  ein  untersetzter  Mann;  — nicht  so 
der  Baininger.  .Seine  Sprache  gibt  ihm  die  Möglichkeit  an  die  Hand,  alle 
die  verschiedenen  Stadien  im  Werdegang  oder  im  Sichbefinden  eines  Dinges 
durch  ein  Suffix  auszudrücken,  das  der  Grundbenennung  des  Dinges  angehängt 
wird.  Er  benötigt  niclit  der  Beihilfe  von  Eigenschaftswörtern.  So  sagt  der  Bai- 
ninger: a  choatka  der  Mann,  a  cJiodrini  der  kleine  ISIann,  das  ^Nlännlein,  a 
choarit  der  schlanke,  lang  gewachsene  INIann,  a  chocirem  der  untersetzte  INIann. 

Ein  weiteres  Merkmal  des  Bainingeridioms  besteht  darin,  daß  es 
eine  flektierende  Sprache  ist.  Damit  tritt  sie  aus  dem  Zusammenhang  mit 
der  melanesisch-polynesischen  Sprachgruppe  heraus,  \\m  eine  Sonderstellung 
für  sich  einzunehmen. 

Die  Baininger  bilden  die  verschiedenen  Numeri  nicht  wie  die  anderen, 
bis  jetzt  in  der  Südsee  bekannten  Volksstämme.  Bei  Bildung  der  Numeri 
bedienen  sie  sich  nicht  der  Beihilfe  von  gewissen  Wörtern,  sei  es  Für- 
wörtern oder  Zahlwörtern,  die  dem  Substantiv  vorausgehen  oder  folgen, 
während  das  Substantiv  selbst  stets  unverändert  bleibt.  In  der  Baininger- 
sprache  gibt  es  eine  Flexion.  Die  Wortendungen  werden  veiändert,  um 
die  verschiedenen  Numeri  zum  Ausdrucke  zu  bringen.  Während  z.  B.  der 
Oststamm  der  Gazelle  sagt:    a  davai  der  Baiun  oder  ein  Baum,  a  iira   davai 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache.  83 

Anmerkung.  Ein  eigentliclies  ziirückbeziehendes  und  bestimmendes 
Fürwort  ist  nicht  vorhanden.  Deutsche  Relativsätze  gestalten  sich  wie  folgt: 
Gie  rekmet  na  Una,  i  mani  goa  i-uchnn  naigi  tu  das,  was  ich  dir  gestern  ge- 
sagt habe.  Koaiy  ha  ial  a  huikiy  ti  rkur  a  ger  mam  nasar  a  nat  oder  harach 
ama  nat  Koaing  trägt  den  Tabak,  man  hat  gegeben  ihn  seinem  Vater  für 
die  'Faros.  A  choafka,  a  rekmeneim  i  ur  ag  nacha,  däi  sa  lära  cha  igip  der 
Mann,  dem  wir  vor  zw-ei  Tagen  begegnet  sind,  ist  lieute  gestorben.  A  rim, 
mäichi  chie  mu  get  pra  ririveichi  vra  ur  a  locJmpJci  da  achaJc  ka  suau  remget 
da  arenka  r  is  die  Taroableger,  welche  meine  Mutter  auf  das  Gerüst  in  un- 
serem Hof  gelegt  hat,  hat  jemand  heute  Nacht  gestohlen.  Koasir  u  tkur 
Jura  da  aremta  naut  wir  beschenken  die  nicht,  die  uns  zürnen.  A  repki 
choaridi,  i  gie  tav  a  vesemka  naichi'^  "Wo  ist  das  Beil,  mit  dem  du  den 
Arekabaum  gefällt  hast?  A  eska  a  i  mur  itt  mit  nepka  sa  vra  Baga  das  ist 
der  Weg,  auf  dem  Avir  früher  nach  Bangga  gegangen  sind.  A  achach  i  cha 
vlag  iak ,  da  cha  rekmet  nama  vuget  ein  jeder  (derjenige,  welcher)  einen  tötet, 
tut  Böses.  Luchära  choasir  ka  tmatna,  da  läi  choasir  ka  s  wer  nicht  arbei- 
tet, soll  heute  nicht  essen.  Lära  ri  tmatna ,  dai  higa  da  vi  gigrem  diejenigen, 
welche  heute  arbeiten,  gehen  morgen  spazieren.  Gu  nara,  i  ra  tit  samök 
ich  gehe  mit  denen,  die  sich  an  die  Küste  begeben. 


4.    Ergänzung. 

a)  Die  Ergänzung  im  Akkusativ  steht  nach  dem  Prädikat,  z.  B.  goa 
tis  gi  a  arenki  ich  nenne  deinen  Namen.  Ta  tis  un  ia^  Warum  nennen  sie 
uns  beide  beim  Namen?  A  a  ruacha  mäni  cha  tirekmet  a  gamanki  sein  Bru- 
der schoß  gestern  eine  Taube.  Ayii  chie  tes  uin  vielleicht  straft  sie  euch 
beide.  Eva  chie  Imel  ama  gam  di  chie  mes  get  Eva  pflückte  Früchte  und  aß 
sie.  Deo  cha  chal  ur,  iv  uri  kdk  Gott  verbietet  uns  zu  lügen.  A  chavilki 
ruemka  cha  su  ut  ama  teig  oder  rama  teig  oder  sa  teig  der  Weiße  lehrt  uns 
Lieder.  Luich  ama  nanki  chie  sal  a  aber  na  ruis  diese  Frau  gebar  viele 
Kinder.  Lauer  koasir  ka  rhur  ut ,  däi  chi  achu  ut  Lauer  zürnt  uns  nicht, 
aber  er  fürchtet  uns.  Gu  mam  ka  rer  a  nat,  da  gu  nan  kie  hirtich  aget  mein 
Vater  zieht  die  Taros  aus  imd  meine  Mutter  schneidet  sie  ab.  Gie  tak  gi 
a  richigl  nanir  ama  hinki  du  streckst  deine  Hand  nach  dem  Messer  aus.  A 
ahriki  nama  chachat  ta  drem  ama  Ibeigl ,  da  choasir  a  ga  Ihacha  cha  drem  a 
chachrigl  viele  Baininger  sprechen  die  Ufersprache,  aber  kein  Ufermann 
spricht  die  Bainingersprache.  Diireik  ka  tal  a  nat  i  rdriem  da  rdriem  Dureik 
bringt  Taros,  zwei  und  zwei  (Bündel). 

b)  Viele  Zeitwörter,  welche  im  Deutschen  transitiv  sind,  werden  im 
Bainingischen  intransitiv  gebraucht  und  das  Objekt,  das  im  Deutschen  im 
Akkusativ  stehen  würde,  wird  in  der  Bainingersprache  mittels  einer  Prä- 
position mit  dem  Zeitwort  verbunden,  z.B.  Gie  nari  sa  vra  igachal  Was 
hast  du  gehört?  Ka  rekmet  na  igigeti  Was  tut  er?  A  saviracha  cha  mlei 
nanir  un,  i  ku  oamig  un  der  Feind  sucht  nach  uns  beiden,  damit  er  uns 
töte.    Sa  unun  ieni  nkavöp  nanir  a  igelka  sagel  a  a  mata,  da  choasir  ta  drem 


84  Rascher:    Grundregeln  der  Bainingsprache. 

sa  vracha  als  es  Abend  geworden  war,  fragten  die  beiden  nach  dem  Kinde 
bei  den  A'erwandten,  aber  sie  wußten  nichts  von  ihm.  A  atem  ga  ves  nas 
ta  rucJia  nepka  die  Nebel  verhüllen  das  Meer.  Goa  mit  namma  suleichi,  madu 
gti  tmatna  naicM  ich  ging  vom  Spaten  (ich  vergaß),  mit  dem  ich  früher 
gearbeitet  habe.  Goa  chur  iah,  du  yoa  met  niak  ich  beschenke  den  einen 
und  schlage  den  anderen.  A  Iba  choasir  ta  drema  ut,  da  choasir  ta  drem  sa 
vra  ut  die  Küstenbewohnei-  kennen  uns  nicht  und  denken  nicht  an  uns. 


5.   Vom  Zeitwort. 

1.  Das  Präsens  wird  in  der  Bainingersprache  oft  da  gebraucht,  wo 
wir  im  Deutschen  das  Imperfekt  oder  Perfekt  haben,  so  bei  Erzählungen. 
Vergangenes  gibt  der  Baininger  in  der  Präsensform  wieder. 

2.  Das  Perfekt  in  der  Bainingersprache  kommt  nur  im  Sinne  und  in 
der  Bedeutung  des  eigentlichen  Perfekts  vor,  d.  h.  das  Perfekt  findet  sich 
nur  da,  wo  eine  Handlung  sich  soeben  vollzogen  hat  und  als  Ergebnis  in 
der  Gegenwart  noch  andauert. 

Ähnlich  wie  der  Lateiner  in  der  verneinenden  Imperativform  den  Kon- 
junktiv des  Perfekts  anwendet,  um  eine  Handlung  zu  verbieten,  die  jemand 
im  Begriffe  steht  zu  tun,  so  gebraucht  der  Baininger  mit  Vorliebe  die  Per- 
fektform anstatt  des  Imperativs  des  Präsens  in  der  befehlenden  und  vernei- 
nenden Form. 

3.  Das  Perfekt  weist,  wie  erwähnt,  eine  eigene  Partikel:  sa  auf. 
Diese  steht: 

a)  In  einfachen  Sätzen  vor  dem  Verb  und  vor  dem  Subjekt,  z.  B. 
sa  goa  il  ich  habe  geschrieben.  Sa  yoa  reig  ich  habe  gesungen.  Sa  u  tuma 
wir  haben  gelacht.  Sa  gen  pin  ihr  seid  angekommen.  Sa  a  uemini  ga  tes 
oder  a  uemini  sa  ga  tes  das  Kind  hat  gegessen.  Sa  choasir  ka  vin  oder  koa- 
sir  sa  clia  vin  er  ist  nicht  angekommen. 

b)  In  erweiterten  Sätzen  kann  sie  vor  dem  Zeitwort,  Adverb  oder 
vor  der  Präposition  stehen.  Zuweilen  steht  die  Perfektpartikel  sowohl  vor 
dem  ^'erb  als  vor  dem  Adverb  oder  der  Präposition,  z.  B.  5^0!  läi  perhet 
nama  nat  die  Taros  sind  heute  auf.  A  yalipka  churicha  sa  gelemna  ni  gi  a 
makeichi  der  Nußbaum  hat  in  der  Nähe  deines  Hauses  gestanden.  A  choatka 
cha  igip  sa  vra  lat  der  Mann  ist  in  der  Pflanzung  gestorben.  A  maraga  cha 
tit  sa  mra  muga  der  Nashornvogel  ist  auf  den  Baum  geflogen.  Sa  la  goa 
hl  ra,  i  ru  oamig  mera  machracha  ich  habe  sie  jetzt  gesehen,  sie  höhlen 
einen  Stein  zu  einer  Steinkeule  aus.  Sa  choa  sa  chao  ama  mugl  Ist  genug 
Holz  dagewesen;'     Ka  mit  sa  clioari'l  Wohin  ist  er  gegangen? 

4.  Bezeichnet  ein  Adverb  schon  an  und  für  sich  die  Vergangenheit, 
so  steht  das  Verb  stets  im  Präsens,  z.  B.  mani  u  tes  na  gestern  haben  wir 
gekämpft.  Mur  koasir  ti  tmatna  nama  hin,  i  choasir  a  get  sa  gelemta  früher 
arbeitete  man  nicht  mit  Messern,  weil  es  bei  den  Leuten  keine  gab,  weil 
die  Leute  keine  hatten. 


Rascher:    Grundregeln  der  Bainingspraclie.  85 

6.    Adverbiale  Bestimmungen. 

Gewisse  Adverbien  können  l)loß  vor  dem  Subjekt  (oder  Zeitwort) 
stehen,  andere  müssen  ihm  folgen. 

a)  Beispiele,  in  denen  das  Adverb  am  Anfang  steht:  Biga  du  goa  it 
goa  lu  morgen  werde  ich  sehen.  Sa  la  a  visut  heute  hat  es  uns  gefroren. 
Ari  gie  tit  da  a  armriki  vielleicht  regnet  es,  wenn  du  gehst.  Mur  a  cha- 
charia  Iha  a  ra  a  rsavrara  nara  vor  Zeiten  waren  die  Baininger  die  Sklaven 
der  Uferleute.  Biga  da  sa  unun  da  Chamain  ama  chreika  vracha  morgen 
Abend  wird  Kamain  fasten.  Koai  gie  nari  ra  tachen'^  Hörst  du  sie  sprechen? 
As  koasir  a  agetki  emgoa  ich  hungere  noch  nicht.  Koasir  kuricha  na  achak 
es  ist  niemand  bei  ihm. 

b)  Beispiele,  in  denen  das  Adverb  nach  dem  Subjekt  steht:  Koasir 
gie  tmatna  iva'i  Warum  arbeitest  du  nicht?  A  urka  choari'^  Wo  ist  das 
Wildschwein?  Oan  pin  na  choari?  Wo  kommt  ihr  beide  her?  Gie  tu  a 
mrucha  ari  stelle  das  Tarobündel  hierher!  Maspraut  i  da  maspragen  ti  wir 
ruhen  hier  und  ihr  ruht  dort.  A  savireichi  ivuk  pet  Puktas  die  Leute  dro- 
ben in  Puktas.  A  Iha  imak  ti  tapTnes  mera  mlaoski  die  Uferleute  drunten 
bauen  (hauen  aus)  einen  Kahn.  A  Nacharunepkina  remit  tuar  nama  Chrau 
die  Nacharunep  drüben ,  wohnen  auf  der  anderen  Seite  des  Krau.  U  ruchun 
tachord  wir  sprechen  so.  Lömoam  ka  vin  hu  churi  oder  hu  churicJm  Lömoam 
kommt  und  bleibt  unbeschäftigt.  A  savireichi  choasir  kie  nari  mas  gel  a  ur 
a  Igi  die  Leute  gehorchen  nicht  immer  unseren  Worten.  Pra  aber  na  aren 
gie  tacken  pemis  naut  täglich  murrst  du  über  uns.  Gie  it  gie  ruchun,  i  ta 
hach  a  ak  ki  ag  satmit  geh  und  sage,  daß  sofort  jemand  von  ihnen  komme. 


86 


Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

Von  Kaibara  Ekken. 


Übersetzt  von  T.  Tsuji. 


In  Japan  gab  es  vor  der  Restauration  von  1868  eine  zweimalige  Blütezeit 
der  Kultur  und  Wissenschaft,  welche  mit  der  chinesischen  bzw.  koreani- 
schen Hand  in  Hand  ging.  Wie  im  7.  Jahrhundert  n.  Chr.  die  Kultur  und 
Wissenschaft  der  Zui  (j^)-  und  Tö  (|^)- Dynastie,  so  übte  seit  Anfang 
des  17.  Jahrhunderts  die  So  (^j^)-  und^Iin  (^)-Dynastie  großen  Einfluß  auf 
Japan  aus.  Für  die  letztere  Zeit,  die  Ära  der  Tokügawaregierung  (1603 
bis  1868),  ist  es  charakteristisch,  daß  durch  den  Einfluß  der  Zentralregierung 
in  Yedo  sowie  gelehrter  Feudalfürsten  das  wissenschaftliche  Interesse  viel 
allgemeiner  wurde,  während  es  sich  früher  in  der  Hauptsache  auf  die  Hof- 
und  Adelskreise  beschränkt  hatte.  Mehrere  Strömungen  machten  sich  unter 
den  Gelehrten  der  letzten  Periode  bemerkbar.  Die  einen,  meist  Gelehrte 
an  den  Regierungslehranstalten,  vertraten  die  Schule  des  chinesischen  Phi- 
losophen Shu-shi  (tJ^HP)'  ihnen  gegenüber  standen  die  Verehrer  der  Phi- 
losophie von  Ö  Yömei  ( ^  ^  HB  V  Außerdem  gab  es  auch  Gelehrte,  welche 
danach  strebten,  den  Konfuzianismus  und  den  einheimischen  Kultus,  den 
Shintoismus,  zu  vereinigen,  während  andere  auf  Grund  der  Forschungen 
über  die  historische  Entwickelung  des  Landes  und  der  kaiserlichen  FamiHe 
das  nationale  Bewußtsein  zu  heben  suchten.  Daneben  blieben  auch  die 
Buddhisten  nicht  untätig,  um  ihren  Einfluß  auf  das  Volk  nicht  zu  verlieren. 
Die  bedeutendsten  dieser  zahlreichen  Gelehrten  unterrichteten  fast  alle, 
entweder  als  Lehrer  an  den  fürstlichen  Lehranstalten  oder  als  Privatgelehrte, 
oft  als  Leiter  ihrer  eigenen  Schulen ,  vorwiegend  die  Söhne  der  Samurai  im 
Chinesischen,  und  tatsächlich  verdankt  die  damalige  Jugend  der  gebildeten 
Kreise  diesen  Gelehrten  ihre  geistige  Bildung.  Der  Hauptzweck  dieser 
Gelehrten  scheint  allerdings  nur  gewesen  zu  sein,  ihre  philosophischen 
Grundsätze  zu  verbreiten,  nicht  aber  das  gewöhnliche  Volk  zu  erziehen. 
Sie  suchten  zwar  ihre  Lehre  bekannt  zu  machen  und  bekämpften  einander  nicht 
selten;  aber  sie  dachten  nicht  daran,  wie  die  japanische  Jugend  im  allge- 
meinen erzogen  werden  könne.  Für  sie  kam  nur  der  gelehrte  Unterricht 
in  Betracht.  Daher  weist  diese  Ära  trotz  des  geistigen  Aufschwunges  wenige 
Gelehrte  auf,  die  sich  nicht  nur  die  Erziehung  der  Söhne  des  Saniurai- 
standes,  sondern  auch  der  männlichen  und  weiblichen  Jugend  des  Bürger- 


Ekken:    Ein  japaiiisflier  Fürstenspiegel.  87 

Standes  zum  Ziel  setzten.  Unter  den  wenigen  Gelehrten  dieser  Art  steht 
der  Verfasser  der  im  folgenden  übersetzten  Schrift,  Kaibara  Ekken  (1630 
bis  1714),  an  der  Spitze.  Von  seinem  Leben  und  Wirken,  von  seiner  um- 
fassenden Gelehrsamkeit  usw.  ist  bereits  in  dei-  Einleitung  zur  Übersetzung 
des  »Onna  Daigaku«  von  Prof.  Dr.  R.  Lange  (Bd.  I  der  Mitteilungen)  die 
Rede  gewesen,  worauf  ich  den  Leser  verweisen  möchte.  Neuerdings  hat 
sich  in  Japan  die  Aufmerksamkeit  auf  diesen  Gelehrten  als  eine  der  be- 
deutendsten Autoritäten  der  japanischen  Pädagogik  gelenkt.  Wer  sich  über 
seine  pädagogischen  Grundsätze  orientieren  will,  dem  sei  vor  allem  die 
wissenschaftliche  Abhandlung  von  Prof.  Y.  Miyake  (Tokyo):  »Ekken  no 
Kyöikuhö«  —  Pädagogik  von  Kaibara  Ekken  —  emi)fohlen ,  in  der  der 
Autor  Ekkens  pädagogische  Grundsätze  mit  denen  eines  zeitgenössischen 
Philosophen  in  England,  John  Locke  (1632 — 1704),  vergleicht  und  eine 
große  Ähnlichkeit  zwischen  beiden  nachweist.  Merkwürdig  ist  es ,  daß  die 
beiden  Gelehrten  sich  trotz  der  großen  geographischen  Entfernung  in  iliren 
Grundsätzen  so  nahestehen. 

Die  folgende  Übersetzung  beruht  auf  dem  Texte  in  dem  Sammelwerk: 
»Ekken  jukkun«,  zehn  Lehren  von  Ekken  (Tokyo  1902,  X.Auflage),  der 
Titel  ist   ..Kunshi  kua..    (^^ ^^\\),  d.h.  Lehre  für  Herrscher. 

Zum  Lihalt  hat  dieses  Werk  die  allgemeinen  Lehren  und  Grundsätze, 
die  Fürsten  und  Beamte  beim  Regieren  und  in  der  Verwaltung  vor  Augen 
haben  sollen.  Als  Seitenstücke  in  Europa  verdienen  das  bekannte  »Buch 
vom  Fürsten«  von  Macchiavelli  und  »Der  Herr  und  Diener,  geschildert 
mit  patriotischer  Freiheit«  von  F.C.Moser  (Frankfurt  a.  M.  1758)  genannt 
zu  werden.  Besonders  das  zweitgenannte  Werk  dürfte  zur  Vergleichung 
mit  dem  vorliegenden  Werke  herangezogen  werden.  Ekken  hat  seine  Ge- 
danken über  das  Regieren  an  der  Hand  der  Sitten-  und  staatswissen- 
schaftlichen Lehren  von  Konfuzius  und  Menzius  ohne  besondere  systema- 
tische Ordnung  niedergeschrieben,  während  Moser  seine  praktischen  Er- 
fahrungen in  folgenden  sechs  Abschnitten  dargestellt  hat:  allgemeine  Maximen 
und  Anmerkungen;  von  der  Hof-  und  Privathaushaltung  ^ines  Regenten; 
von  der  Wahl  und  den  Eigenschaften  der  Diener;  von  den  Ministern  ;  von 
den  Geschäften  und  deren  Behandlung  und  endlich  von  Besoldungen.  Die 
beiden  W^erke  kommen  darin  zusammen,  daß  das  eine  wie  das  andere  aus 
der  tiefen  patriotischen  Gesinnung  der  Autoren  hervorgegangen  ist. 

Es  braucht  kaum  erwähnt  zu  werden,  daß  die  im  Ekkenschen  Werke 
erwähnten  Fälle  und  Beispiele  sich  ledighch  auf  die  Tokugawazeit,  eine 
Zeit  des  Feudalwesens  beziehen.  Außerdem  ist  die  Darstellungsweise  apho- 
ristisch gehalten,  wie  es  in  den  meisten  Werken  jener  Zeit  üblich  war. 
Dadurch  ist  allerdings  das  Verständnis  des  Ganzen  und  die  Übersiclit  über 
dasselbe  etwas  erschwert. 

Der  Stil  des  Originaltextes,  welcher  zwar  ja23anisch,  aber  bedeutend 
durch  chinesische  Ausdrucksweise  beeinflußt  ist,  gilt  als  Muster  derartiger 
Darstellung  und  ist  jedem,  der  sich  mit  den  j)hilosophischen,  staatswissen- 
schaftlichen sowie  volkswirtschaftlichen  Schriften  der  damaligen  Gelehrten 
beschäftigen  will,  zu  empfehlen. 


88  Ekken:    Ein  japanischer  Fiirstenspiegel. 

Die  Übersetzung  ist  müglichst  getreu.  Bei  den  Namen  der  zitierten 
Autoren  und  historischen  Personen,  den  Titeln  von  Büchern  sowie  schwer 
zu  übersetzenden  Ausdrücken  sind  die  chinesischen  Zeichen  zum  leichteren 
Verständnis  beigefügt.  Über  die  chinesischen  historischen  Personen  s.  das 
biographische  Lexikon  von  Giles  und  Notes  on  Chinese  literature  von  Wylie. 

Hier  sei  meinem  verehrten  Kollegen  Hrn.  Prof.  Dr.  R.  Lange  für  die 
große  Freundlichkeit,  mit  der  er  das  ganze  Manuskript  durchgelesen  und 
verbessert  hat,  mein  aufrichtigster  Dank  ausgesprochen. 


Vo  r  w  o  r  t   d  e  s   Te  x  t  e  s. 

Sclion  vor  alters  fiind  man  daran  Freude ,  in  der  Zeit  tiefen  Friedens 
geboren  zu  sein.  Käme  man  in  Kriegszeiten  zur  Welt,  so  müßte  man 
das  ganze  Leben  in  Trübsal  verbringen.  Ist  das  nicht  ein  großes  Unglück? 
Im  Altertume  sind  die  Spuren  von  Friede  und  Unruhe  nicht  mehr  deutlich 
erkennbar.  Seit  dem  Mittelalter  aber  wechselten  Ruhe  und  Unruhe,  imd 
zur  Zeit  der  Shögune  aus  dem  Hause  Ashikaga  kam  während  der  Regierung 
der  dreizehn  Herrscher  der  Krieg  nie  zu  Ende,  so  daß  das  Volk  lange  in 
Not  und  Bedrängnis  war  und  nicht  wußte,  wohin  es  Hand  und  Fuß  legen 
sollte.  Später  folgten  zwar  einige  hervorragende  Herrschei-,  aber  es  mangelte 
ihnen  an  Tugenden,  und  sie  lebten  nicht  lange.  Gegenwärtig  herrscht  infolge 
der  Gnade,  die  so  hoch  ist  wie  der  Tsukubaberg,  keine  Unzufriedenheit, 
so  tief  wie  der  Asukalluß.  Die  Wellen  der  Meere  an  den  vier  Seiten  unseres 
\'aterlandes  sind  still  und  die  sieben  Landstraßen  ruhig. 

In  einer  solchen  Zeit  des  tiefen  Friedens  geboren  zu  sein,  würde 
eine  Freude  für  die  Leute  des  Altertums  gewesen  sein.  Wie  groß  ist  das 
Glück  der  jetzigen  Bevölkerung!  Wie  kommt  es,  daß  die  Bevölkerung  in 
ruberen  Zeiten  unter  den  Unruhen  so  leiden  mußte,  während  die  jetzige 
dagegen  den  Frieden  genießen  kann?  Solche  große  Gnade  zu  vergelten, 
dürfte  uneri-eichbar  sein,  wie  der  unendliche  Himmel. 

Es  ist  nicht  nötig  zu  erwähnen,  daß  man  beim  Regieren  des  Volkes 
die  Methoden  der  alten  Weisen  zur  Richtschnur  nehmen  soll;  aber  die 
Leute  der  Gegenwart  sind  meistens  nicht  mit  der  Geschichte  und  den 
Klassikern  vertraut.  Auch  haben  die  Beamten  der  Regierung  wenig  Zeit 
zum  Studium  und  sind  daher  mit  der  alten  Staatswissenschaft  unbekannt. 
Trotz  meines  geringen  Wissens  schreibe  ich  hier  im  vorliegenden  Büchlein 
nieder,  was  ich  bisher  gehört  habe,  um  einen  kleinen  Teil  der  alten  Me- 
thoden zu  empfehlen.  Für  Ungebildete  ist  es  in  japanischer  Schrift  ge- 
schrieben. Den  Tadel  der  Anmaßung  muß  ich  zwar  hinnehmen;  aber  das 
Buch  ist  nicht  für  hohe  unterrichtete  Personen  wie  Fürsten  und  Minister 
geschrieben,  sondern  es  hat  nur  den  Zweck,  niederen  Beamten,  die  ein 
Dorf  regieren,  und  Vögten,  denen  die  Regierung  eines  Kreises  anvertraut 
ist,  und  die  wider  ihren  Wunsch  keine  Gelegenheit  zum  Studium  der  Ge- 
schichte und  der  Klassiker  haben,  dies  zu  erleichtern.  Dies  ist  ein  geringes 
Zeichen  meiner  Erkenntlichkeit  für  die  große  Gnade,  daß  ich  mich  des 
Friedens  des  Landes  erfreuen  kann. 


Ekken:    Ein  japanischer  Fiirstenspiegel.  89 


I. 


1.  Himmel  und  Erde  sind  Vater  und  Mutter  aller  Wesen.  Ihre 
Macht  ist  unendlich  groß.  Sie  allein  sind  es,  die  allen  Wesen  ununter- 
brochen Wachstum  verleihen.  Der  Mensch  wird  ganz  besonders  bei  der 
Geburt  von  der  Lebenskraft  (Jj^  ^)  des  Himmels  und  der  Erde  beein- 
flußt; die  Eigenschaften  der  Humanität  (tl)  imd  Gerechtigkeit  (^^)  sind 
ihm  angeboren.  Daher  ist  er  das  vornehmste  aller  Wesen;  sowohl  die  \'or- 
nehmen  als  auch  die  Niederen,  alle  sind  Geschöpfe  des  Himmels  und  der 
Erde.  Vor  allem  aber  bevorzugt  der  Himmel  die  Fürsten,  setzt  sie  an  die 
Spitze  der  Länder  und  läßt  sie  die  Untertanen  regiei-en.  Er  erschafft  zwar 
die  Menschen,  ernährt  und  liebt  sie;  aber  ei-  ist,  da  er  der  Sprache  er- 
mangelt, selbst  nicht  imstande,  Befehle  zu  erteilen  und  die  Menschen  zu 
regieren.  Dafür  setzt  er  Fürsten  ein,  die  er  besoldet  und  denen  er  das  be- 
treffende Volk  anvertraut.  Jeder,  dem  die  \'erwaltung  der  Teile  eines 
Landes  obliegt,  steht  unter  der  Leitung  seines  Oberherrn;  in  der  Tat  aber 
ist  er  nur  der  Verwalter,  den  Himmel  und  Erde  angestellt  haben.  Daher 
spricht  man  vom  »Dienst  für  den  Himmel«  (^cIÜc)"  ^^^^  Ausdruck 
»Kunshi"  (^^-?*  =  Herr  und  Kind)  bezeichnet  einen  Herrscher,  der  ein 
Volk  wie  seine  Kinder  betrachtet,  und  kommt  daher,  daß  der  Regierende 
einerseits  das  Land  beherrscht,  andererseits  in  dem  Volk  seine  Kinder  hat. 
Der  Dienst  für  den  Himmel  bedeutet,  daß  man  an  Stelle  des  Himmels  das 
Volk  regiert.  Der  Beherrscher  des  Landes  und  die  der  Provinzen,  der  Mi- 
nister, die  Verwalter  der  Kreise  und  Dörfer,  sie  alle  sind,  wenngleich  sich 
ihre  Gebiete  der  Größe  nach  unterscheiden,  Herrscher;  sie  teilen  diesen 
Himmelsdienst  miteinander.  Der  Himmel  verleiht  den  Fürsten  und  Ver- 
waltern eines  Kreises  nicht  für  ihren  eigenen  Gebrauch  Reichtum  und  Ehren, 
sondern  er  gewährt  ihnen  nur  die  Macht,  um  ihnen  die  Regierung  zu  er- 
leichtern. Es  ist  also  ihre  Pflicht  von  Amts  wegen,  den  AVillen  des  Himmels 
zu  befolgen  und  das  Volk  als  ihre  Kinder  zu  betrachten. 

2.  Ein  alter  Schriftsteller  sagt:  »Der  Herrscher  ist  zum  Besten  der 
Bevölkerung  da.«  Überhaupt  ist  der  Herrscher  dazu  da,  um  das  Volk  zu 
regieren,  nicht  etwa  sich  ganz  allein  zu  ernähren,  zu  bereichern  oder  zu 
verherrlichen.  Das  Haupt  der  Bevölkerung  soll  daher  nicht  an  sein  eigenes 
Vermögen,  sondern  zunächst  daran  denken,  daß  es  seine  Pflicht  ist,  die  Be- 
völkerung zufriedenzustellen,  das  Land  gut  zu  regieren  und  stets  ein  humanes 
und  liebevolles  Herz  für  das  Beste  zu  halten.  Ist  man  sich  dieser  Wahrheit 
bewußt,  so  wird  einem  sein  Beruf,  d.h.  die  Pflicht,  das  Volk  zufriedenzu- 
stellen und  das  Land  gut  zu  regieren,  zum  Vergnügen;  die  Vergnügungen, 
die  das  gewöhnliche  Volk  interessieren,  wie  unanständige  Lieder,  Fischfang, 
Jagd,  geschlechtlicher  Verkehr  u.  dgl.,  werden  dann  von  selbst  abnehmen.  Als 
der  Kaiser  Mei  (^)  einst  dem  Prinzen  Töhei  (^^)  ^''J"  ^^i'  I^^"  ill^)' 


90  Ekken  :   Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

Dynastie  in  der  Hauptstadt  Audienz  erteilte,  fragte  er  diesen:  »Was  bereitet 
dir  Vergnügen,  wenn  du  zu  Hause  bist?«  Die  Antwort  lautete:  »Mein 
größtes  ^"ergni^gen  ist  Gutes  zu  tun.«  Hiernach  dürfte  es  kein  größeres 
Vergnügen  geben,  als  eine  gute  Regierung  zu  führen  und  das  Volk  zufrieden- 
zustellen. Wie  wäre  dies  auch  anders  möglich,  wenn  sich  diejenigen,  welche 
Länder,  Kreise  und  sogar  kleine  Dörfer  beherrschen,  die  alten  Lehren  an- 
eigneten und  die  alte  Methode  des  Regierens  zum  Vorbilde  nähmen,  obgleich 
ihre  Tugenden  denen  der  alten  Weisen  nicht  gleichkommen.  Dadurch 
werden  sie  zu  hohem  Ansehen  und  zur  Unsterblichkeit  gelangen,  was  jeder- 
mann zur  höchsten  Ehre  gereicht.     Ist  das  nicht  die  wahre  Freude:' 

3.  Wir  alle  lieben  das  Leben  und  fürchten  uns  vor  dem  Tod.  Wir 
alle  vermeiden  gern  Anstrengungen  und  wünschen  uns  ein  behagliches  Leben. 
Mit  den  Eltern ,  mit  Weib  und  Kindern  zusammen  zu  leben ,  macht  uns 
Freude.  Wir  scheuen  Hunger  und  Kälte  und  lieben  Avarme  Kleidung  imd 
Befriedigung  des  Hungers;  das  alles  ist  bei  dem  einen  ebenso  der  Fall,  wie 
bei  dem  andern.  Daher  soll  man  an  den  eigenen  Freuden  und  Schmerzen 
die  der  anderen  messen  und  auch  seinem  Nächsten  Freude  bereiten;  dies 
heißt  Mitleid  (^.fO-  D'IS  ist  die  Art  und  Weise,  wie  man  Humanität  ü})t. 
Freuen  sollte  man  sich  nur  dann,  wenn  man  anderen  Vergnügungen  bereitet 
hat;  man  sollte  sich  keine  Freude  gönnen,  indem  man  die  Schmerzen  andei-er 
unbeachtet  läßt.  Wenn  einer  z.  B.  in  einer  Gesellschaft,  die  sich  beim 
Trinken  vergnügt,  in  einer  Ecke  steht  und  weint,  so  wird  dadurch  allen 
Anwesenden  die  Freude  verdorben.  Auch  Mencius  sagt  einmal:  «Die  alten 
Weisen  teilten  die  Freude  mit  dem  Volke;  es  war  daher  eine  wahre  Freude.« 
Diejenigen,  welche  die  Menschen  leiten,  sollten  diese  Wahrheit  genau  be- 
herzigen. 

4.  Der  Weise  besitzt  klare  Einsicht,  er  weiß,  was  das  Volk  quält 
und  ihm  Sorge  macht,  und  sucht  dies  zu  vermeiden.  Er  weiß,  was  das 
Volk  erfreut  und  was  es  Avünscht,  und  danach  trifft  er  seine  Maßregeln. 
Der  Törichte  dagegen  weiß,  weil  er  klarer  PZinsicht  ermangelt,  nicht,  was 
dem  Volk  Kummer  und  Schmerzen  bereitet.  Er  folgt  nur  seinen  eigenen 
Neigungen  und  liebt  es  nicht,  dem  Volke  Wohltaten  zu  erweisen.  Daher 
besitzt  der  Weise  immer  Menschenliebe;  dem  Toren  fehlt  dieselbe.  Wie 
könnte  man  nicht  einer  humanen  Gesinnung  teilhaftig  werden,  wenn  man 
studiert,  um  die  Wahrheit  zu  erkennen. 

5.  Unter  den  Wissenschaften  ist  jene  die  nützlichste,  die  dazu  dient, 
sich  selbst  zu  veredeln  und  andere  zu  leiten;  das  ist  die  wahre  Wissenschaft. 
Wenn  man  die  Kenntnisse  chinesischer  Zeichen  oder  ein  auch  noch  so  aus- 
gedehntes Wissen  von  Gehörtem  und  Gesehenem  für  Wissenschaft  hält,  das 
dürfte  unnütz  sein.  Man  soll  sich  nur  mit  der  nötigen  Wissenschaft  be- 
schäftigen, nicht  aber  der  unnützen. 

6.  Shinzeizan  (fi!(^|Jj)  hat  gesagt:  »Wer  über  andere  herrscht, 
muß  das  Daigaku  (~hi^^)  studieren;  aber  auch  die  Untertanen  müssen  es 
lesen.«  In  demselben  sind  die  Methoden  zur  Ausbildung  der  Persönlichkeit 
und    zur  Leitung    des  Landes,   sowohl   für  Herrschende   wie    auch    für  Be- 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürsteaspiegel.  91 

herrschte  angegeben.  INIan  lese  dieses  Buch  und  bringe  seine  Lehre  zur  An- 
wendung. Auch  in  den  neun  Grundsätzen  (^^^)  des  Chfiyo  (ttll^) 
ist  von  diesen  Metlioden  die  Rede.  Diese  muß  man  beherzigen.  Wenn  man 
diese  beiden  Bücher  genau  liest  und  danach  handelt,  so  braucht  man  nach 
anderen  nicht  zu  suchen,  denn  die  wichtigsten  Punkte  sind  darin  angegeben. 

7.  Es  gibt  zwei  Hauptmethoden  der  Regierung,  die  Zivil-  (  A^f)  und 
Militäi--  (^)  Regierung.  Bei  der  ersten  gilt  die  Tugend  als  Hauptsache, 
bei  der  anderen  die  Gewalt.  Beide  zusammen  bilden  die  Regierungsmethoden. 
Wenn  man  keine  Tugend  hat,  wird  man  nicht  geliebt;  wenn  man  ohne 
Macht  ist,  wird  man  nicht  gefürchtet.  Wenn  es  einem  an  bürgerlichen 
wie  militärischen  Tugenden  fehlt  und  man  nicht  geliebt  oder  gefürchtet  wird, 
so  tritt  Haß,  Ungehorsam,  Verachtung  usw.  ein;  das  Land  bleibt  nicht  in  Ord- 
nung. Die  Liebe  zu  den  Menschen,  die  auf  der  Humanität  beruht,  ist  die 
bürgerliche  Tugend  ('aT^^);  die  militärische  Tugend  (^^^^)  besteht 
darin,  daß  man  Gerechtigkeit  besitzt  und  dadurch  andere  auf  den  rechten 
Weg  bringt.  Zu  glauben,  daß  die  Kenntnisse  altei-  Geschichten  und  der 
Dichtkunst  bürgerliche,  das  Erlernen  des  Reitens,  Schießens  und  Fechtens 
aber  militärische  Tugenden  seien,  ist  kleinlich  und  unwesentlich. 

8.  Die  Bildung  derjenigen,  die  über  die  anderen  gesetzt  sind,  be- 
steht nicht  im  Dichten,  in  der  Abfassung  von  Aufsätzen  und  im  mechani- 
schen Wissen  von  japanischen  und  chinesischen  Ereignissen  aus  alter  Zeit. 
Ein  Fürst  soll  vielmehr  die  Lehren  der  alten  Weisen  annehmen  und  daduich 
die  Methode  kennen  lernen ,  durch  die  man  selber  ein  tugendhafter  Mensch 
wird  und  die  anderen  regiert.  Darin  besteht  das  Studium  der  Fürsten.  Das 
Daigaku  dürfte  den  Eingang  zur  Ei-lernung  dieser  Methoden  bilden;  dann 
sollte  er  das  Rongo  (fg^).  ^löshi  {^^),  Sh5sho  (jp^^),  Dai- 
gaku engl  ( ~^  <^  "ifr  ^ )  studieren.  Dies  alles  bringt  zur  eigenen  Aus  il- 
dung  und  zur  Leitung  der  anderen  nicht  geringen  Nutzen.  Auch  das  Tsugan 
(^M^S)'  ^^^  Annalen  der  alten  chinesischen  Dynastien,  das  eine  Kritik 
der  guten  und  schlechten  Taten  der  Alten  enthält,  trägt  nächst  den  Shisho  (  ptj 
^^)  und  den  Rikugyö  (-^^^r-^S)  zur  Erlernung  der  Regierungskunst,  Sitten- 
lehren und  Moral  am  meisten  bei.  Man  denke  über  die  guten  und  schlechten 
Taten  der  Alten  nach  und  man  wird  verstehen  können,  wie  man  heute  zu 
handeln  hat.  Die  Lehren  der  Weisen  sind  die  Gesetze  für  alle  Ewigkeit 
und  das  Tsugan  ist  der  Spiegel  für  alle  Generationen.  Die  Werke  der 
Weisen  gleichen  medizinischen  Büchern ;  man  lernt  gleichsam  dadurch  die 
Ursachen  der  Krankheiten  und  ihre  Therapie  kennen.  Das  Tsugan  lehrt  die 
Diagnose  und  das  Rezeptieren  der  Alten.  Es  ist  für  die  Gegenwart  von 
großer  Bedeutung,  daß  man  sich  der  Taten  der  Alten  erinnert,  um  die 
Kranken  der  Gegenwart  zu  heilen.  Zweckmäßig  und  notwendig  ist  es, 
daß  man  das  Tsugan  studiert  und  es  als  Spiegel  der  Gegenwart  benutzt. 
Wer  die  Regierung  ausübt,  der  muß  dies  beherzigen. 

9.  Es  gibt  eine  Methode,  die  dem  Willen  des  Himmels,  dem  des 
Volkes  und  zugleich  der  Gerechtigkeit  entspricht.     Es  ist  der  Gemeingeist. 


92  Ekken  :    Ein  japanischer  Fürsteiispiegel. 

Dies  bedeutet  soviel  wie  Selbstlosigkeit.  Es  gibt  noch  eine  andere  Methode, 
die  dem  Willen  des  Himmels  und  des  Volkes  und  zugleich  der  Gerechtigkeit 
zuwider  ist.  Es  ist  die  Selbstsucht.  Selbstsucht  ist  identisch  mit  dem  Mangel 
an  Gemeingeist.  Gemeingeist  besteht  darin,  daß  man  sich  vergißt  und 
nicht  selbstsüchtig  handelt;  Selbstsucht  darin,  daß  man  andere  vergißt  und 
ausschließlich  an  den  eigenen  Vorteil  denkt.  Wenn  man  z.  B.  im  Dienste 
eines  Herrn  sich  vergißt  und  ihm  Treue  bewährt,  so  ist  man  selbstlos;  wenn 
man  umgekeln-t  nur  an  den  eigenen  Vorteil  denkt  und  den  Herrn  vergißt,  so 
ist  man  selbstsüchtig.  Große  Selbstsucht  erlaubt  sich  alle  möglichen  Un- 
gerechtigkeiten. Man  vermag  also  die  Qualität  der  Menschen  an  diesen 
zwei  Charaktereigenschaften,  Selbstsucht  und  Gemeingeist,  zu  erkennen.  Der 
selbstsüchtige  Herrsclier  besitzt  keine  reine  Liebe  zu  dem  Volk;  dieses  schenkt 
ihm  daher  kein  Vei'trauen  und  keinen  Gehorsam.  Der  selbstsüchtige  Vasall 
kennt  keine  Treue  gegen  den  Herrn  und  keine  Liebe  zu  dem  Volk.  Die 
Klugheit  und  Fähigkeit  solcher  Leute  darf  nicht  in  Betracht  kommen,  für 
alles  müssen  jene  Tagenden  maßgebend  sein. 

10.  Wer  sich  veredeln  will,  der  sehe  zu,  ob  Vernunft  die  Leiden- 
schaften überwindet;  das  letztere  gilt  auch  von  der  Ernährung  des  Körpers. 
Man  kann  das  Schicksal  eines  Landes  danach  vorausbestimmen,  was  für 
Leute  sich  geltend  machen,  tugendhafte  oder  untugendhafte. 

11.  Wenn  die  Hochgestellten  sich  vor  dem  \'olke  habsüchtig  zeigen, 
so  werden  die  Vasallen  und  das  ganze  Volk  untugendhaft.  Wenn  die  Hohen 
den  Niederen  mit  Anstand  entgegenkommen,  so  werden  die  Vasallen  und 
das  Volk  intelligent.  Im  allgemeinen  entstehen  die  Sitten  von  oben  her. 
Was  die  Hochgestellten  gern  haben,  lieben  auch  die  Niederen  und  so  wird 
es  zur  Sitte.  Fü  in  dem  Ausdruck  füzoku  ( ji|[^^^  =  Sitten  und  Gebräuche) 
heißt,  daß  die  Hohen  die  Führung  übernehmen,  zoku,  daß  sich  die  Nie- 
deren danach  richten. 

12.  Der  Hauptmethoden,  mit  denen  die  alten  Weisen  regierten  und 
das  Volk  zufriedenstellten,  gibt  es  drei:  Es  sind  Verwaltung  [j^],  Er- 
ziehung (^)  und  Rechtspflege  (^J  Strafe).  Den  Samurai  gibt  man 
Renten,  damit  sie,  Redlichkeit  übend,  von  Habsucht  fernbleiben.  Den 
Bauern  erleichtert  man  die  öifentlichen  Dienste  und  ermäßigt  die  Abgaben, 
damit  sie  sich  dem  Ackerbau  hingeben  können.  Man  pflanzt  Maulbeerbäume 
und  Hanf  an ,  damit  sie  seidene  und  baumwollene  Stoffe  weben.  ]Man  be- 
günstigt die  Handwerker  und  belohnt  «ihre  nutzbringende  Arbeit,  verbietet 
aber  die  Anfertigung  von  unnützen  Luxusgegenständen.  Man  fördert  den 
Handel,  erleichtert  Steuern,  hält  die  Marktpreise  gleichmäßig  und  man  ver- 
bietet, seltsame  oder  unnütze  Gegenstände  zu  verkaufen  und  ungerechten 
Verdienst  zu  suchen.  Außerdem  warnt  man  vor  der  Trägheit,  verbietet 
den  Luxus,  fördert  die  Sparsamkeit  und  so  sind  die  vier  Klassen  des 
Volkes  mit  ihrer  Lage  zufrieden,  gehen  fleißig  ihrem  Berufe  nach  und 
haben  Lebensmittel  und  Kleider  zur  Genüge.  Dies  ist  die  Weise,  wie  man 
das  Volk  ernährt.  Die  Hochgestellten  zeigen  sich  tugendhaft,  damit  sie 
dem  Volke    zum   Vorbild    dienen.     Man  errichtet  Schulen,  stellt  Lehrer  an. 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  93 

lehrt  die  Samurai  und  das  Volk  die  Prinzipien  für  die  Beziehungen  der 
^Menschen  zueinander:  so  lernen  die  ersteren  den  Anstand  (jjjp  ^^V,  das 
ganze  Volk  wendet  sich  dem  Guten  zu  und  bleibt  den  Verbrechen  fern. 
Dies  ist  Ei-ziehung.  Man  imtersucht  und  bestraft  diejenigen,  die  trotz  alle- 
dem der  Regierung  nicht  gehorsam  sind,  durch  die  Erziehung  nicht  ge- 
bessert werden  und  den  Mitmenschen  schädlich  sind.  Das  ist,  was  man 
Strafe  nennt.  Diese  drei  Methoden  sind  die  wichtigsten  für  die  Regierung 
eines  Landes.  Auch  in  späteren  Zeiten  sind  sie  nicht  unbeachtet  geblieben. 
Aber  in  der  Art  und  Weise  kommen  sie  den  alten  nicht  gleich.  Überdies, 
wenn  diejenigen,  die  sie  ausführen,  nicht  geeignet  dazu  sind,  so  kommen 
die  Methoden,  obwohl  sie  vorhanden  sind,  zu  keiner  richtigen  Anwendung 
und  das  Land  befindet  sich  in  Unordnung. 

13.  Bei  den  Funktionen  des  menschlichen  Körpers  ist  der  Geist  der 
Heir,  der  sich  beider  Hände  und  Beine  bedient.  Wenn  irgendeine  Stelle 
am  Körper  schmerzt  oder  juckt,  so  fährt  die  Hand  dahin,  um  sie  zu 
streichen  und  zu  reiben.  Der  Grund  dafür  liegt  darin,  daß  unser  Geist 
den  Körper  sehr  liebt,  und  daß  er  mit  ihm  eins  ist  und  in  Verbindung  steht. 
Wenn  die  Herrscher  große  Menschenliebe  besitzen  und  das  Volk  aus  der 
Tiefe  des  Herzens  lieben,  so  können  sie  nicht  umhin,  Mitleid  zu  fühlen 
und  nach  Linderung  zu  suchen,  wenn  sie  den  Jammer  und  die  Schmerzen 
des  Volkes  erfahren. 

14.  Im  Mencius  steht:  »Wenn  man  auch  humane  Gesinnung  besitzt, 
sie  jedoch  während  der  Regierung  nicht  zur  Ausführung  bringt,  so  hat  das 
Volk  keinen  Segen  davon.  Wenn  die  Regierenden  noch  so  human  denken, 
die  Methoden  einer  guten  Regierung  aber  nicht  kennen ,  so  vollbringen  sie 
nur  augenblickliche  unbedeutende  Wohltaten.  Es  gelingt  ihnen  nicht,  sich 
beim  Volke  Ehrerbietung  zu  verschaffen.  In  alter  Zeit  gab  der  Fürst  von  Sei 
(t^),  namens  Kankö  (te.^)»  einem  alten  3Iann  zu  essen,  als  er  seinen 
Hunger  sah.  Der  Alte  untersagte  es  ihm  mit  den  Worten:  »Wenn  der 
Fürst  allen  Hungrigen  im  Lande  zu  essen  geben  würde,  so  hätte  auch  ich 
keinen  Hunger.«  Der  Minister  eines  Landes,  der  gern  den  Armen  spendet, 
ließ  sich  beim  Ausgehen  von  seinem  Diener  begleiten ,  der  einen  Geldbeutel 
trug.  Es  versammelten  sich  jedesmal  viele  Bettler  auf  der  Straße,  die  an 
seinen  Spenden  Anteil  nehmen  wollten.  Ein  Mann  riet  ihm  ab  und  sagte: 
»Wenn  man  weise  Leute  anstellt  und  für  die  Armen  sorgen  läßt,  so  tut 
das  Volk  seine  Pflicht  und  ist  vor  Hunger  und  Frost  geschützt.  Wozu 
ptlegt  man  so  kleinliches  Wohltun?  Wenn  man  auch  ein  wohlwollendes 
Herz  hat,  aber  keine  humane  Regierung  führt,  so  trägt  es  nicht  zur  Ret- 
tung  des  Volkes   bei    und   ist   dem  Frieden   eines  Landes    nicht   förderlich. 

15.  Mencius  sagt:  »Man  behandle  zunächst  die  Blutsverwandten  als  solche 
und  sei  dann  human  gegen  das  Volk  und  liebe  weiter  die  übrigen  Wiesen.«  Die 
Methode  für  die  Herrscher  besteht  vorwiegend  in  der  Anwendung  der  Hu- 
manität, in  der  Liebe  gegen  die  Menschheit  und  im  Mitleid  mit  allen  Wesen. 
Es  ist  hierin  natürlich  ein  Unterschied:  »die  Verwandten  lieben-  heißt  gegen 
die  Eltern,  Geschwister  und  sonstige  \'er\vandten  pietätvoll  handeln.     »Das 


94  Ekken  :    Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

Volk  human  behandeln«  heißt  die  Lehnsleute  und  das  ganze  Volk  bemit- 
leiden und  jedem  seine  Stelle  gewähren.  "Wo  sich  nur  ein  einziger  nicht 
an  seiner  Stelle  befindet,  da  existiert  keine  Humanität.  Schließlich  »alle 
Wesen  lieben«  heißt  Vögel;  vierfüßige  Tiere,  Fische,  Gräser,  Bäume  usw. 
nicht  ohne  Grund  töten,  fällen,  u.  dgl.  Zwischen  allem  diesem  besteht  je  nach 
der  Verwandtschaft,  dem  Stand,  ferner  danach,  ob  das  betreffende  ein 
organisches  oder  ein  anorganisches  Wesen  ist,  und  schließlich  der  Quantität 
nach  ein  Unterschied.  Daher  spricht  der  Weise  von  den  oben  erwähnten 
drei  Klassen  der  Liebe.    Kurz,  Liebe  sowie  Mitleid  gehören  zur  Humanität. 

16.  Wenn  man  eine  humane  Regierung  führen  will,  übe  man  zunächst 
Sparsamkeit,  d.h.  man  hüte  sich  vor  jedem  Luxus.  Sparsamkeit  besteht 
darin,  daß  man  in  Kleidung,  Wolmung  und  in  allem,  was  zum  Haushalt 
gehört,  keine  Pracht  treibt  und  nichts  ohne  Überlegung  ausgibt.  Ein  Land 
mag  noch  so  groß  sein ,  Getreide  und  sonstige  Produkte  eines  Landes  haben 
doch  eine  bestimmte  Grenze.  Wenn  daher  die  Herrscher  unnütze  Ausgaben 
machen,  braucht  man  die  Vorräte  auf;  jedes  Jahr  tritt  ein  größerer  jNIangel 
ein.  Dazu  kommt,  daß  die  Ernte  nicht  jedes  Jahr  gleichmäßig  ausfällt  und 
daß  man  somit  nicht  gleichmäßig  sparen  kann.  Eine  arme  Regierung  ist 
nicht  imstande,  ihr  Ansehen  aufrechtzuerhalten,  ]Maßregeln  gegen  Unfälle 
zu  treffen  und  den  Armen  zu  spenden.  Schließlich  beginnt  man,  die  Menge 
zu  bedrücken,  Schulden  zu  machen,  das  Vertrauen  zu  verlieren,  so  daß  das 
Land  in  Gefahr  kommt.  Wie  vermöchte  man  so  eine  humane  Regierung  zu 
führen?  Seit  alters  her  hat  es  noch  keinen  weisen  Herrscher  gegeben ,  der 
nicht  spai-sam  lebte.  Sparsamkeit  ist  fürwahr  eine  schöne  Tugend  des 
Herrschers. 

17.  Nach  dem  alten  System  pflegte  man  nach  einer  Bestellung  von 
drei  Jahren  Nahrungsmittel  für  ein  Jahr  zu  erübrigen.  Ein  Bauer  z.  B., 
der  vier  Cliö  (Hektar)  Reisfelder  bebaute,  teilte  sein  Einkommen,  nachdem 
er  den  für  die  Abgaben  bestimmten  Anteil  zurückgelegt  hatte,  in  vier  Teile. 
Das  Getreide ,  das  drei  Hektar  Reisfelder  gebracht  hatten ,  brauchte  er  im 
Jahre  auf  und  das  von  dem  einen  Hektar  ließ  er  unberührt.  Wenn  man 
dies  jedes  Jahr  wiederholte,  so  hatte  man  nach  drei  Jahren  das  Getreide 
von  drei  Hektar  übrig.  Das  ist  es,  was  oben  gesagt  war,  daß  die  Bestellung 
von  drei  Jaln-en  die  Nahrungsmittel  für  ein  Jahr  lieferte.  Die  Herrscher  und 
Vasallen  teilten  ihr  Einkommen  in  vier  Teile.  Von  drei  Teilen  machte  man  in 
einem  Jahre  Gebrauch  und  ein  Viertel  sparte  man.  Nach  drei  Jahren  fand 
man  das  Einkommen  von  einem  Jahre  erübrigt;  nach  neun  Jahren  hatte  man 
die  Ersparnisse  für  drei  Jahre,  nach  dreißig  Jaliren  die  für  zehn  Jahre.  Es  er- 
eignete sich  zur  Zeit  des  Kaisers  Gyö  (^g),  daß  eine  Überschwemmung, 
die  neun  Jahre  dauerte,  das  Land  verheerte.  L'nter  dem  König  Tö  (^f) 
der  In  (J^ÖV  Dynastie  herrschte  eine  Dürre  von  7  Jahren.  Daß  beim  Volke 
dennoch  keine  Hungersnot  avisbrach ,  kam  daher,  daß  damals  Sparsamkeit 
herrschte  und  die  Herrschenden  und  Beherrschten  vor  Not  gesichert  waren. 
In  späteren  Zeiten  herrschten  luxuriöse  Sitten  und  infolge  der  jährlichen 
Zunahme  der  Ausgaben  litt  man,    selbst  wenn    eine   Durchschnitternte  war. 


Ekken:    Ein  japanischer  Fünstenspiegel.  95 

Mangel.     Schon    bei   der  ersten  Mißernte  fiel  das  ganze  Volk  der  Not  an- 
heini.     Dem  lag  Mangel  an  Sparsamkeit  und  an  Ersparnissen  zugrunde. 

18.  Kein  Herr  kann  es  vor  seinem  Gewissen  verantworten,  wenn  ersieh 
nur  seiner  eigenen  Neigung  hingibt  und  sich  allein  Freude  bereitet,  während 
er  die  Menge  in  Not  und  Angst  versetzt.  Das  Gewissen,  das  jeder  Herrschende 
besitzt,  fordert  es,  daß  er  die  Mitmenschen  liebt.  Jeder  Herrschende  strebe 
danach,  sein  gutes  Gewissen  und  den  Frieden  des  Geistes  zu  bewahren. 
Keinem  ist  es  angenehm,  allein  zu  genießen,  indem  er  anderen  Not  bereitet 
und  sie  auspreßt.  Im  Taumel  der  Selbstsucht  findet  man  schließlich  auch 
in  dem  Unangenehmen  Vergnügen.  Dies  beruht  darauf,  daß  der  eigentliche 
Trieb,  der  darin  besteht,  daß  er  Mitleid  mit  der  Menge  hat,  verloren  ge- 
gangen ist.  Man  denke  sich  einen  Fieberkranken,  ihm  schmecken  Reis, 
Miso  (pJ^P®"  =z  Brei  aus  Soyabohnen),  Fisch,  Geflügel,  das  er  sonst  zu 
essen  pflegt,  nicht  und  er  mag  sie  in  seinen  Fieberqualen  nicht.  Er  ißt 
die  Speise  nicht,  die  ihm  sonst  gut  schmeckt;  aber  er  trinkt  vor  Durst 
viel  kaltes  Wasser  und  befindet  sich  dabei  wohl.  Jedes  Land  erzeugt  Ge- 
treide, Gold  und  Silber  von  selbst.  Wenn  die  Herrschenden  Sparsamkeit 
üben,  so  tritt  kein  Mangel  an  Vorräten  ein,  auch  wenn  man  die  Abgal)en 
erleichtert  und  keine  Steuer  ninunt.  In  alter  Zeit  erließ  der  Kaiser  Bun 
(  A^)  der  Kan- Dynastie  dem  armen  Volk  oft  für  ein  Jahr  oder  ein  halbes 
Jahr  die  Abgaben  und  erhob  keine  Steuer.  Infolge  der  Abnahme  des 
Staatseinkommens  und  dem  dadurch  eintretenden  Mangel  an  Mitteln  hätte 
er  in  Verlegenheit  kommen  müssen;  aber  während  seiner  ■23jährigen  Re- 
gierung befand  sich  das  Land  im  Wohlstand  und  Frieden.  Sogar  große 
Mengen  Reis  in  den  Speichern  des  Kaisers  verdarben,  und  die  Münzen- 
schnüre verfaulten  und  gingen  in  Stücke,  wie  in  der  Geschichte  Kanshi 
iiM:  ^)  geschrieben  ist.  Der  Grund  hierfür  ist  darin  zu  suchen,  daß  man 
Sparsamkeit  ausübte  und  alle  Ausgaben  beschränkte.  Von  der  Tugend  der 
Sparsamkeit  dieses  Kaisers  berichtet  die  Geschichte:  »Der  Kaiser  hatte  stets 
Kleider  von  grünschwarzer  Seide  an.  Die  Schleppen  an  den  Gewändern 
seiner  Shinjiujin  (fi^r  A)  berührten  die  Erde  nicht,  an  den  Vorhängen 
in  den  Schloßgemächern  fehlten  die  Stickereien.  Er  wollte  einen  Söller 
erbauen  und  ließ  einen  Architekten  die  Baukosten  schätzen.  Auf  seine  Voi'- 
stellung,  daß  man  eine  große  Summe  dazu  gebrauche,  sagte  der  Kaiser: 
»Das  ist  eine  Summe,  die  einem  Vermögen  von  zehn  Familien  des  Mittel- 
standes entspricht«  und  verzichtete  auf  den  Plan.  Kein  Wunder,  daß  die 
Untertanen  unter  dem  Einfluß  des  Kaisers,  der  aus  Mitleid  mit  den  unteren 
Klassen  auch  in  einer  solchen  Kleinigkeit  sparsam  war  und  sich  auch  nicht 
den  kleinsten  Luxus  erlaubte,  Sparsamkeit  übten  und  ein  genügsames 
Leben  führten. 

19.  Tugendhafte  Menschen  erweisen  gern  Wohltaten ,  um  Armen  und 
Unglücklichen  zu  helfen;  dies  hat  aber  seinen  Grund  nicht  darin,  daß  sie 
ihr  Vermögen  nicht  schonen.  Sie  gehen  im  Gegenteil  mit  ihren  Mitteln 
sparsam  um ,  aber  sie  verwenden  es  nur  um  guter  Zwecke  willen.  Eben 
aus  diesem  Grunde  leben  Leute,    die  gern  andere  unterstützen,  stets  spar- 


96  Ekken:   Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

sam,  und  veisclnvenden  ihr  Geld  nicht  so  ohne  weiteres.  Törichten  Leuten 
erscheint  dies  als  Geiz.  Wer  ferner  immer  luxuriös  lebt  und  mit  seinem 
Gelde  rücksichtslos  umgeht,  der  spendet  anderen  und  unterstützt  andere 
nicht  gern,  und  zwar  aus  Geiz.  Die  Methode  des  tugendhaften  Menschen  im 
Gebrauch  seiner  Mittel  besteht  darin,  daß  er  für  die  eigene  Person  sparsam, 
in  der  Erteilung  von  Spenden  an  andere  aber  freigebig  ist.  Für  sich  zwar 
die  Ausgabe  von  kleinen  Summen  nicht  scheuen ,  aber  in  der  Mildtätigkeit 
gegen  andere  knauserig  sein,  das  ist  die  Art,  wie  niedrigdenkende  Menschen 
ihre  Mittel  verwenden. 

20.  Es  gibt  viele  Leute,  die  keine  handbreit  Land  besitzen,  an  Kleidung 
und  Speisen  Mangel  leiden,  und  doch  sind  sie  Kinder  des  Himmels  und  der 
Erde.  Ebenso  sind  die  Herrscher  der  Länder  und  Kreise  Kinder  der  Natur, 
aber  sie  besitzen  Vermögen  und  Renten ,  die  ungleich  größer  sind .  als  die  der 
einfachen  Leute.  Beide  sind  Kinder  der  Natur;  aber  die  Verschiedenheit 
der  Renten  und  des  Vermögens  ist  so  groß  wie  Himmel  und  Erde.  Die 
Regierenden  aber  leben  von  den  Schätzen  der  Länder  oder  Kreise  und  es 
genügt  ifinen  noch  nicht.  Es  dürfte  dem  Willen  der  Natur,  die  das  ganze 
Volk  ernährt  und  ihm  Wohltaten  verleiht,  niciit  entsprechen,  die  niederen 
Klassen,  denen  es  an  Kleidern  mangelt  und  die  nicht  vor  Hunger  und  Kälte 
geschützt  sind,  auszupressen.  Auch  die  Beherrscher  der  Länder  und  Kreise 
können  keinesfalls  mehr  essen,  als  die  niederen  Klassen.  Ihre  Gewänder 
können  auch  nicht  länger  zugeschnitten  sein,  als  die  der  anderen,  sie 
können  nur  ein  Haus  bewohnen.  Die  Herrscher  sollten  demnach  auch  nicht 
nach  einem  großen  Vermögen  streben.  Was  ihr  Gebiet  aufbringt,  sollte 
ihnen  genügen.  Wenn  aber  das  Einkommen  ihres  Gebietes  nicht  ausreicht, 
so  dürfte  dies  auf  dem  Luxus  des  Herrschers,  übermäßigen  Ausgaben  und 
Verschwendung  beruhen. 

21.  Wenn  man  den  Gesamtertrag  der  fünf  Getreidearten ,  den  ein 
Land  in  einem  Jahre  aufbringt,  mit  dem  der  Nahrungsmittel,  die  die  Be- 
völkerung eines  Landes  in  einem  Jahre  braucht,  vergleicht,  so  ei-gibt  sich, 
daß  die  Ernte  eines  Jahres  für  den  Nahi-ungsbedarf  eines  Jahres  nicht  aus- 
reicht. Aus  diesem  Grunde  müssen  die  Armen  Getreide  schlechterer  Sorte 
und  Gemüse  essen,  um  sich  vor  dem  Hunger  zu  schützen.  Die  Kaufleute, 
die  Sake  und  Kuchen  bereiten,  die  Lehnsleute,  die  luxiu-iös  leben,  sie  ge- 
brauchen mehr  als  das  Quantum  Getreide,  welches  für  die  bestimmten  Mahl- 
zeiten nötig  ist;    sie    berauben  gleichsam  die  Bevölkemng   ihres  Unterhalts. 

22.  Wenn  arme  Leute  nach  dem  Besitz  der  Vornehmen  und  Reichen 
streben,  so  ist  das  zwar  natürlich,  aber  verächtlich ;  wer  einigermjißen  ver- 
nünftig ist,  der  schämt  sich  dessen.  Aber  um  vieles  mehr  verdienen  die- 
jenigen, die  Reichtum  und  Ansehen,  sowie  ein  Gebiet  besitzen,  und  nach 
dem  Besitz  Armer  streben ,  unmenschlich  genannt  zu  werden ;  ihre  Ge- 
sinnung ist  ganz  zu  verabscheuen.  Wenn  man  auch  nicht  nach  dem  Be- 
sitztum der  anderen  strebt,  so  dürfte  das  Vermögen  wachsen,  und  man  dürfte 
an  nichts  Mangel  haben,  wenn  man  keine  Verschwendung  treibt,  seine  Be- 
gierden bezähmt  und  sich  nicht  in  Schulden  stürzt. 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  97 

23.  Methoden ,  die  man  im  gewöhnlichen  Leben  für  einen  Umweg 
hält  und  nicht  anwendet,  bewähren  sich  manclinial  schneller,  als  man  glaubt, 
und  bringen  großen  Nutzen.  Umgekehrt  bewähren  sich  manchmal  die,  an 
deren  sclmellen  Erfolg  man  glaubt,  nicht  und  bringen  Schaden.  Wenn  man 
tugendhaft  und  sparsam  lebt,  was  man  geben  soll,  gibt  und  was  man  nicht 
nehmen  soll,  nicht  ninunt  und  schlicht  und  recht  lebt,  so  wird  man  reich. 
Wenn  man  dagegen  nicht  sparsam  lebt,  was  man  geben  soll,  nicht  gibt, 
wo  man  ausgeben  soll,  nicht  ausgibt,  so  verstoßt  man  gegen  die  Moral,  und 
das  Vermögen  reicht  nicht  aus.  Wenn  man  beim  Regiereu  der  Länder  und 
Kreise  die  Steuern  und  die  öffentlichen  Dienstleistungen  erleichtert  und  das 
"N'olk  liebt,  so  wird  das  Vermögen  des  Gebietes  in  Fülle  da  sein;  das  Landes- 
einkonimen  leidet  keinen  Abbruch,  und  auch  Mißernte  tritt  selten  ein.  Wenn 
man  dies  für  einen  Umweg,  der  sich  auf  die  Gegenwart  nicht  anwenden  läßt, 
hält  und  die  Gesetze  verschärft,  das  Volk  zu  strengen  Diensten  gebraucht 
und  hohe  Steuern  eihebt,  so  wird  das  Volk  arm,  seine  Kraft  wird  er- 
schöpft und  das  Vermögen  des  Landes  ist  gering.  Daraus  ergibt  sich,  daß 
die  Methode,  die  einen  Umweg  bildet,  mehr  Früchte  trägt,  als  eine  strenge. 

24.  Daß  die  Untertanen  die  Aufforderung  zur  Genügsamkeit,  Be- 
scheidenheit und  Sparsamkeit  nicht  befolgen,  beruht  auf  dem  Mangel  des 
"\'ertrauens  zum  Herrscher.  Wenn  die  Herrscher  dem  'N'olke  mit  Sjjarsam- 
keit  und  Anstand  vorangehen ,  so  übt  das  Volk  in  Ehrfurcht  von  selbst  Spar- 
samkeit aus  und  treibt  keinen  Luxus.  Man  lehrt  so  durch  die  eigene  Per- 
sönlichkeit. Die  Untertanen  pflegen  nicht  die  Befehle  der  Herrscher, 
sondern  die  Handlungen  derselben  zu  befolgen.  Die  grausamen  Könige,  wie 
Ketsu  (^j^)  und  Chü  (tfe^)^  haben  ihi-e  Untertanen  nicht  gerade  zu  schlech- 
ten Handlungen  aufgefordert.  Nur  dadurch,  daß  sie  Schlechtes  bevorzugten 
und  schlecht  handelten,  sammelten  sich  die  Bösen  an  ihrem  Hofe  an,  und 
die  guten  Leute  verließen  sie  mit  jedem  Tage  mehr.  Dies  heißt:  Man  be- 
folgt nicht  die  Befehle,  sondern  die  Handlungen. 

25.  Die  Worte  eines  Alten  besagen:  »Es  gibt  kein  größeres  Unglück 
für  ein  Land,  als  die  Unwissenheit  des  Herrschers  auf  dem  Throne.«  Wenn 
derselbe  unwissend  ist,  kann  er  von  richtigen  Grundsätzen  nichts  erfahren, 
es  liegt  bei  ihm  die  Gefahr  vor,  gemeine  Ratschläge  anzunehmen ,  und  die 
richtigen  finden  schwer  Gehör.  Lst  also  die  Bildung  nicht  die  Hauptsache 
für  Herrschende  und  Beherrschte;* 


IL 

L  Ln  Ikun  ('^  b||()  steht:  »Als  Herrscher  sei  einsichtig,  als  Vasall 
treu.«  Dies  will  sagen :  die  Haupttugend  des  Herrschers  ist  Einsicht.  Wenn 
er  einsichtig  ist,  kennt  er  die  Menschen  gut,  bedient  sich  guter  Menschen 
und  hält  die  schlechten  von  sich  fern.  Dann  ist  das  Land  in  guter  Ord- 
nung. Bei  den  Untertanen  ist  die  Vasallentreue  die  Hauptsache.  Die  Va- 
sallentreue besteht  in  der  Hingebung  und  Aufrichtigkeit  gegen  den  Herrn. 
Der  treue  Untertan  ist  in  seinem  Amt  gewissenhaft,  fördert  gute  Menschen, 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  T 


98  Ekken  :   Ein  japanischer  Fiirsteiisjjiegel. 

warnt  den  Herrn  vor  Fehlern  und  führt  ihn  zum  guten;  er  Aveiß  nichts 
von  selbstsüchtigen  Interessen  und  kümmert  sich  nur  um  den  Herrn;  ein 
treuer  Untertan  dürfte  daher  der  beste  Schatz  eines  Landes  sein.  Der  un- 
treue Diener  warnt  den  Herrn  nicht  vor  schlechten  Taten,  auch  wenn  er 
sie  als  solche  erkennt;  er  macht  ihm  auch  keine  Vorschläge,  die  ihm  nützen 
könnten.  Er  sucht  nur  die  Gunst  des  Herrn  zu  gewinnen;  er  denkt  stets 
an  seine  Stellung  und  sein  Gehalt.  In  Wirklichkeit  ist  er  nicht  viel  anderes 
als  ein  Dieb  und  Räuber. 

2.  Auch  den  Weisen  Gyö  (^)  und  Shun  (^p)  war  es  unmöglich, 
alles  in  eigener  Person  zu  leiten.  Sie  wählten  weise  Leute  aus,  ver- 
teilten unter  sie  die  Ämter  und  vertrauten  ihnen.  Diese  weisen  Leute 
machten  sich  niciit  auf  einmal  verdient;  nachdem  sie  sich  in  langjährigem 
Dienste  Routine  erworben  hatten,  brachten  sie  es  zu  Verdiensten.  Der 
Weise  warnt  davor,  daß  n)an  beim  Regieren  kleine  Vorteile  ins  Auge  faßt 
und  eine  Sache  übers  Knie  bricht. 

3.  Die  weisen  Herrscher  iu)  Altertum  suchten  weise  Leute  und  nahmen 
dieselben  bei  der  Regierung  zu  Gehilfen  an.  Daher  war  das  Land  in 
Ordnung  und  die  ^'erdienste  waren  groß.  Der  Herrscher  soll  zunächst 
sich  selbst  rechtschaffen  machen,  seine  Kenntnisse  erweitern,  die  Menschen 
kennen  lernen  und  zuerst  Minister,  dann  andere  Beamte  auswählen.  Mit 
den  Ministern  sind  die  Kai-ö  (^^'^)^  fl'C  ^linister  der  Fürsten,  gemeint, 
mit  den  Beamten  die  Angestellten  bei  der  Regierung  der  Fürsten.  Die 
Toritsugi  {^^)  ""tl  Metsukeyaku  (g  j^'f^)  genannten  Beamten  der 
Gegenwart,  die  Verwalter  und  die  Rechnungsbeamten  der  Gemeinden  sind 
wichtige  Verwaltungsbeamte.  Wenn  die  ^linistcr  und  Beamten  nicht  geeignet 
sind,  so  kommt  die  Vei-waltung  in  Verwirrung  und  das  Land  in  Unordnung. 
Zu  Ministern  soll  man  Männer,  die  Kluglieit  und  Tugend  mit  Großmut  ver- 
binden, erwählen.  Der  Toritsugi  hat  die  Pllicht,  die  Befehle  des  Herrn  an 
die  Untergebenen  zu  übermitteln  und  die  ^'orschläge  der  Untertanen  dein 
Herrn  zu  unterbreiten.  Ist  jener  von  schlechtem  Charakter,  so  gelangt 
weder  das  Wohlwollen  des  Herrn  zu  den  Niederen,  noch  die  Klagen  der 
Miederen  zum  Gehör  des  Ileri-n.  Die  beiden  können  sich  nicht  verständlich 
machen  und  die  Tugend  des  Herrn  verringert  sich.  Dei"  Metsukeyaku  hat 
die  Aufgabe,  die  guten  und  schlechten  Handlungen  der  Untertanen  zu  be- 
urteilen und  dein  Herrn,  ohne  irgendeine  Rücksicht  zu  nehmen,  mitzu- 
teilen. Dieser  gleicht  den  Ohren  vmd  Augen  des  Herrn.  Zu  Verwaltern 
der  Gemeinden  soll  man  besonders  recht  humane  Menschen  verwenden. 
Wenn  der  Herrscher  und  die  JMinister  auch  weise  sind,  diese  Beamten  aber 
inhuman,  kann  doch  das  \'olk  nicht  zufrieden  gestellt  werden.  Zu  Rechnungs- 
beamten soll  man  ehrliche  Leute  und  geschickte  Rechner  wählen.  Für  die 
übrigen  Ämter  soll  man  dementsprechend  geeignete  Persönlichkeiten  aus- 
wählen und  ernennen.  Wenn  in  dieser  Weise  das  Personal  der  Regierung- 
geeignet  ist,  so  ist  das  Land  in  Ordnung  und  das  Volk  lebt  in  Frieden. 
Im  Shösho  heißt  es:  das  Wesen  der  Regierung  liegt  darin,  die  Menschen 
zu  erkennen  und  das  Volk  zufriedenzustellen. 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  99 

4.  Der  Tugendhafte  und  der  Niedriggesinnte  verhalten  sich  wie 
Wasser  zum  Feuer  und  wie  guter  und  schlechter  Geruch.  Man  kann  sie 
nicht  zu  gleicher  Zeit  nebeneinander  gebrauchen.  Wenn  die  Niedrigge- 
sinnten zur  Macht  gelangen,  so  kann  das  Prinzip  der  Tugendhaften  nicht 
geübt  werden.  Diese  werden  schließlich  von  den  Niedriggesinnten  ver- 
leumdet und  ziehen  sich  zurück.  Die  Menschen  zu  kennen,  ist,  sagt  ein 
Alter,  schwer.  Der  Menschen  Gemütsart  an  den  Worten  und  Gesichtszügen 
zu  erkennen,  gelingt  auch  dem  Weisen  nicht  immer.  Konfuzius  sagt: 
"Man  höre  die  Worte  und  betrachte  das  Benehmen.«  Betrachten  heißt 
Aufmerksamkeit  auf  etwas  verwenden  und  daraus  einen  Schluß  ziehen.  Die 
Alten  pflegten  aus  dem,  was  einer  liebte,  oder  aus  dem  Charakter  seiner 
intimen  Freunde  einen  Schluß  auf  die  Persönlichkeit  zu  ziehen.  Ferner 
sahen  sie  daraus,  wie  einer  täglich  sich  benahm ,  ob  er  klug  oder  unwissend 
war;  sie  wußten  durch  mündliche  Fragen  und  Prüfung  der  Leistungen 
zu  erfahren,  wie  talentvoll  jemand  war.  Dies  war  die  Methode  der  Alten 
bei  dem  Erkennen  der  ^Menschen.  Die  Menschen  kennen  zu  lernen  und 
rechtzeitig  dein  Herrn  zin- Verwendung  zu  empfehlen,  das  ist  der  Beruf  des 
INIinisters. 

5.  Im  allgemeinen  ist  bei  der  Aufnahme  zum  Amte  zunächst  die 
\'asallen treue,  dann  die  Fähigkeit  zu  berücksichtigen.  Die  Vasallentreue 
besteht  in  der  Aufrichtigkeit  und  Lauterkeit.  Ist  man  nicht  aufrichtig,  aber 
fähig,  ist  man  ein  Dieb;  man  nähere  sich  solchen  Leuten  nicht.  Wenn 
Treue  und  Wahrheit  vorhanden  und  die  Begabung  etwas  gering  ist,  kann 
man  doch  durch  Studium  und  praktische  Erfahrung  brauchbar  werden.  Es 
gab  zu  allen  Zeiten  viele  Herrscher,  die  sich  gescheiter,  aber  treuloser 
INIenschen  bedienten  und  es  nachher  bei'euten. 

6.  In  alten  Zeiten  wurden  gescheiten  und  tugendhaften  Leuten,  wenn 
sie  auch  niedriger  Herkunft  waren  und  nicht  hohen  Familien  entstammten, 
Ämter  zuteil.  Unfähige  Leute  erhielten ,  wenn  sie  aus  guter  Familie  waren, 
nur  ihre  erblichen  Renten,  bekamen  aber  kein  Amt;  denn  sie  nützten  der 
Regierung  nichts. 

7.  Überhaupt  hat  der  Mensch  Talent  und  Talentlosigkeit.  Dies  ist 
selbst  bei  weisen  Leuten  der  Fall.  Wenn  man  von  einem  absolute  Voll- 
kommenheit verlangt,  so  wird  man  im  ganzen  Lande  vergebens  danach 
suchen.  JNIan  schätze  die  Voi-züge  einzelner  und  weise  ihnen  die  geeignete 
Stelle  an.  Wenn  einer  schließlich  richtig  seines  Amtes  wartet  und  sich 
verdient  macht,  belohne  man  ihn  und  lasse  ihn  lange  in  seinem  Amte. 
Wenn  er  in  einem  Amt  lange  bleibt,  so  wird  er  sachverständig  und  macht 
sich  verdient.  Unter  der  Regierung  von  Gyö  und  Shun  wurden  die  weisen 
Vasallen,  wie  Köto  (^[^)  "^nc^  Shokkei  (^^) ,  das  ganze  Leben  in 
einem  Amt  belassen,  so  daß  sie  sich  große  Verdienste  erwarben.  Spätere 
Herrscher  belohnten  kleine  Verdienste  der  Vasallen  und  beförderten  oft 
die  Beamten.  Daher  haben  alle  diese  in  ihrem  Amte  wenig  Erfahrung 
oder  kommen  in  Verlegenheit,  weil  sie  etwas  übernehmen  mußten,  was  sie 
nicht  verstehen.  Dies  brachte  der  Regierung  keinen  Nutzen,  sondern  viel 
Schaden.     Es  dürfte  also  richtig  sein,  einen  im  Anfang   mit  einem  Amt  zu 


lUO  Ekken:   Ein  japanischer  Fürsteiispiegel. 

betrauen  und  ihn  nach  Prüfung  weiter  zu  befördern.  Ihn  aber  ohne  Kenntnis 
seiner  Fähigkeiten  zu  versetzen,  das  entspricht  nicht  der  Methode  der  Be- 
förderung der  Beamten. 

S.  Alles  in  der  Welt  gedeiht  durch  Fleiß  and  verfällt  durch  Nach- 
lässigkeit. Jeder  gebe  fleißig  acht  auf  seinen  Beruf.  Die  Unachtsamkeit 
nur  eines  Beamten  führt  zum  Unheil  des  ganzen  Volkes,  Unachtsamkeit  nur 
an  einem  Tage  biüngt  Sorge  für  lange  Zeit  mit  sich. 

9.  Der  Rang  bestimmt  die  Reihenfolge  der  Beamten;  die  Besoldung 
besteht  in  dem  Einkommen  aus  einem  Gebiet,  das  Amt  besteht  in  der  Aus- 
übung des  Berufes.  In  alter  Zeit  wurde  •nur  dann  der  Rang  erhöht,  die 
Renten  vermehrt  und  Geld  und  Seide  geschenkt,  wenn  sich  jemand  im 
Dienste  verdient  gemacht  hatte.  Ämter  wurden  niemals  benutzt,  um  jemand 
zu  belohnen,  sondern  nur  den  Fähigen  verliehen.  Zur  Belohnung  waren 
sie  nicht  da.  Nach  dem  System  der  Slui-  ( j^)  Dynastie  erbten  die  Söhne 
des  Samuraistandes,  wenn  sie  nicht  fähig  und  tugendhaft  waren,  das  Amt 
ihrer  Väter  nicht.  Man  sprach  daher  von  Nichterblichkeit.  Den  Söhnen 
der  Minister  ließ  man,  wenn  sie  nicht  gescheit  genug  waren,  zwar  die 
Renten  des  Vaters  zuteil  werden,  aber  das  Amt  nicht.  Wenn  Personen, 
obwohl  sie  Söhne  der  Minister  sind,  für  ihren  Platz  nicht  geeignet  sind, 
so  ist  es  sowohl  für  den  Herrscher  als  auch  für  das  Volk  nachteilig;  denn 
kein  Geschäft  wird  richtig  geführt  und  dies  ist  der  Anfang  des  Uniieils. 
In  späteren  Zeiten  nahm  infolge  des  Zuwachses  von  Geschäften  die  Zahl  der 
Ämter  jedes  Jahr  zu;  außerdem  wurden  die  Renten  erblich,  so  daß  das 
Einkommen  des  Herrschers  bald  erschö])ft  war.  Daher  erteilte  man  zur 
Zeit  des  Kaisers  Gu  (J&)  der  Tö-  (1^)  Dynastie  den  Angestellten  Renten,  die 
zu  dem  Amte  gehörten,  den  nicht  Angestellten  abei-  gab  man  keine  Renten. 
Das  ist  das  jetzige  Diensteinkonunen  [Yakuryo  :^  ^^H')-  Dies  dürfte  wohl 
für  alle  Zeiten  die  beste  Methode  sein,  die  keinen  Schaden  bringt.  Wenn 
man  den  Söhnen  der  verstorbenen  Beamten  trotz  ihres  Mangels  an  Fähig- 
keit die  Besoldung  weiter  gibt,  dann  wird  der  Schatz  des  Herrn  l)ald  er- 
schöpft, und  das  Landeseinkommen  reicht  nicht  mehr  aus. 

10.  Auch  der  Weise  kann  nicht  frei  von  Fehlern  sein.  Wenn  man 
kleine  Fehler  nicht  verzeiht,  so  ist  niemand  imstande  ^'erdienstvolles  zu 
leisten. 

11.  Im  allgemeinen  darf  man  dem  Lob  und  den  Verleumdungen 
nicht  ohne  weiteres  Glauben  schenken.  Auch  unter  den  guten  Menschen 
gibt  es  solche,  die  die  Menschen  schlecht  erkennen  und  die  sich  bei  der 
Beurteilung  somit  irren.  Niedrig  denkenden  Menschen,  Frauen  und  der 
Dienerschaft  fehlt  es  an  Kenntnissen,  und  darum  sind  sie  parteiisch.  Sie 
wissen  bei  den  Menschen  nicht,  was  gut  und  böse,  verderbt  oder  gerade 
ist,  Sie  loben  auch  schlechte  Menschen ,  wenn  sie  ihnen  gefallen,  und  ver- 
leumden die  guten,  wenn  sie  ihnen  nicht  gefallen.  Sie  nennen  gute  Taten 
schlecht,  schlechte  gut.  Sie  machen  von  Kleinigkeiten  viel  Gerede,  und 
bei  großen  Fehlern  sind  sie  nachsichtig.  Ihr  Urteil  hängt  nur  von  den 
Zeitumständen    ab,    es    weicht    von    der  Gerechtigkeit    ab  und  ist  nicht  auf- 


Ekken:    Ein  japaiiischcr  Fiirstenspiegel.  101 

richtig.  Die  tüi-ichten  Leute  glauben  solchen  Verleumdungen,  entfernen 
(Indni'ch  tugendhafte  Leute  von  sich,  befretuiden  sich  mit  den  Niedrig- 
denkenden, durcii  die  sie  verleitet  werden,  und  so  kommt  es,  daß  sie  dies  mit 
ihrem    guten  Rufe    und   ihi-er  Person  büßen.     Davor   nuiß    man  sich  hüten. 

12.  Dem  Minister  liegt  es  ob,  dem  Herrscher  zur  .Seite  zu  stehen, 
dessen  Fehler  zu  berichtigen,  über  die  Regierungsmaßnahmen  zu  beraten, 
Belohnungen  und  Strafen  richtig  zu  verteilen,  alle  Beamten  zu  leiten  und 
zu  Erfolgen  anzufeuern ,  weit  und  breit  gescheite  INIenschen  aufzusuchen, 
um  sie  zu  späterer  Verwendung  bereit  zu  halten.  Kleine  Angelegenheiten 
soll  er  nicht  selbst  übernehmen,  sondern  dieselben  den  Beamten  übei-tragen. 
Er  soll  nach  Jahresfrist  Verdienst  und  Fehler  der  Beamten  prüfen,  das 
Resultat  dem  Herrscher  berichten  und  sie  befördern  oder  zurückversetzen. 
AVenn  von  oben  her  betreffs  des  Dienstverfahrens  den  Beamten  einzelne 
Anweisungen  gegeben  werden,  so  A'ermögen  sie  nicht,  wie  tüchtig  sie 
auch  sein  mögen,  ihre  Geschicklichkeit  ganz  zur  Anwendung  zu  bringen. 
Demi  sie  suchen  dann  nur  den  Wünschen  von  oben  entgegenzukonnnen, 
indem  sie  nur  auf  diese  achten,  und  sie  gehen  nicht  in  ihrem  Dienste  auf. 
Wenn  dies  der  Fall  ist,  so  konunt  nichts  zustande,  noch  tritt  ein  Yer- 
dienst  ztitage.  Im  Anfang  prüfe  man  die  Persönlichkeit  genau  und  übertrage 
ihr  das  Amt,  ohne  kleine  Fehler  zu  tadeln.  Wenn  man  dann  nach  Jahres- 
frist ihre  Leistungen  prüft,  so  kann  man  erkennen,  ob  sie  fähig  oder  uu- 
tlihig  sind. 

13.  Im  allgemeinen  sind  Herrscher,  die  ihr  Land  verliei'en,  nicht  allein 
daran  Schuld.  Wenn  der  Herrscher  nicht  tugendhaft  ist,  so  schmeicheln 
ihm  die  Untertanen  und  suchen  ihn  zu  schlechten  Taten  zu  Acrleiten,  und 
dies  führt  zum  Untergang  des  Landes.  Wenn  man  von  oben  her  die 
Niederen  beargwöhnt,  so  geschieht  dies  auch  von  selten  der  Niederen  nach 
oben,  und  jene  geben  sich  nicht  hin.  Wenn  man  sich  von  oben  her  der 
LTntertanen  mit  Aufrichtigkeit  bedient,  kommen  auch  diese  der  Regierung 
in  derselben  Weise  entgegen.  Daß  man  von  denen  betrogen  wird,  denen 
man  Vertrauen  schenkt,  kommt  daher,  daß  man  oben  keine  klare  Einsicht 
besitzt  und  sich  gern  schmeicheln  läßt,  sowie  manchen  parteiisch  bevorzugt. 

14.  Der  Fürst  von  Shin  (^)^  Heiko  (^^)j  fragte  einst  seinen 
Vasallen  Shik'kö  (J^ffn)i  welches  das  größte  Unglück  für  ein  Land  sei. 
Dieser  antwortete:  »Wenn  der  Minister  aus  Furcht  vor  dem  Verlust  seiner 
Rente  den  Herrscher  nicht  vor  Fehlern  warnt ,  und  die  niederen  Untertanen 
atis  Furcht  vor  Strafe  sich  nicht  äußern,  dann  kommen  die  Verhältnisse 
des  A^olkes  nie  zur  Kenntnis  des  Herrschers.  Das  ist  das  größte  Unglück 
für  ein  Land."  Wenn  die  Herrschenden  und  Beherrschten  sich  nicht 
gegenseitig  verstehen,  so  erfahren  die  Höherstehenden  nichts  Schlechtes 
über  ihr  Betragen  und  ihre  Regierung.  Dann  steigt  ihr  Stolz  von  Tag  zu 
Tag;  ihre  Fehler  und  ihre  Üppigkeit  nehmen  zu  luid  nichts  ist  einem  Lande 
getährlicher  als  dies. 

15.  Die -Meinung  eines  Herrschers,  daß  er  fremden  Rat  gern  beiblge, 
aber  niemand  ihm  Rat  2;ebe.  ist  eine  falsche.     Essen  und  Trinken  tut  man 


^02  Ekken:    Ein  japaiiisclier  Fürstenspiegel. 

gern;  daher  ptlegt  man  zu  nötigen,  ob  man  auch  dankt.  Ebenso  verhält 
es  sich  mit  dei-  Warnung;  daß  man  nicht  warnt,  Ijeruht  darauf,  daß  die 
Warnung  nicht  gern  gehört  wird. 

16.  Kanchü  ('g'^4j)  sagte:  -Ein  erleuchteter  Herrscher  wendet  sein 
Wissen  nicht  selbst  an,  er  vertraut  sich  dem  Wissen  der  anderen  an;  er 
macht  nicht  von  seiner  eigenen  Kraft  Gebrauch,  sondern  von  der  der 
anderen.  Wenn  man  das  Wissen  anderer  benutzt  und  erwägt,  so  bleibt 
einem  nichts  unbekannt.  Der  Kraft  vieler  ist  nichts  unerreichbar.  Die 
Augen  der  Menschen  sehen  den  fernen  Himmel  am  Horizont,  aber  sie  können 
den  eignen  Rücken  nicht  sehen.  Mit  dem  Geist  ist  es  ebenso.  Die  ge- 
scheitesten Leute  erkennen  die  eigenen  Eehler  nicht  klar.  Daher  soll  man 
auch  die  Warnung  der  anderen  und  den  Tadel  des  Publikums  hören,  mn  die 
eigenen  Fehler  zu  verbessern.  Zur  Zeit  des  Kaisers  Gyö  gab  es  eine  Fahne, 
die  zur  Föidei'ung  des  Guten  dienen  sollte.  Wer  dem  Herrn  etwas  Gutes 
vortragen  wollte,  dei-  stellte  sich  danmter.  Es  gab  auch  eine  Beschwerde- 
tafel, eine  große  Tafel  von  Holz,  die  man  außerhalb  des  Stadttores  auf- 
gestellt hatte.  Wer  in  den  Regierungsmaßnahmen  Fehler  bemerkt  hatte, 
der  diH-fte  dies  ohne  Rücksicht  daraufschreiben,  und  gute  Vorschläge  w\irden 
angenommen.  In  der  Zeit  des  Kaiseis  Shun  gab  es  eine  Trommel  für  Wai-- 
nungen.  Wer  den  Herrscher  warnen  wollte,  der  schlug  die  Trommel.  Es 
kamen  dann  Beamte  und  übermittelten  die  Warnungen  dem  Herrsche)'.  80 
wird  in  dem  Buclu'  Datairei  (^A^^f^)  berichtet.  Der  König  der  In 
/^ß)- Dynastie,  namens  Tö  (}^),  war  ein  kluger  3Iann.  Dennoch  pries 
ihn  sein  wcisei-  A'asall  Chükai  (^f|'}j^)  "'s  einen,  der  sich  nicht  geniere. 
seine  Fehler  zu  vei-bessern.  Chükai  sagte  einst  zu  dem  Könige:  -Wenn 
man  nur  sich  selbst  gelten  läßt,  so  ist  man  klein."  Sich  nur  selbst 
gelten  lassen,  lieißt:  man  nimmt  aus  Stolz  auf  die  eigenen  Fähigkeiten 
fremde  Vorschläge  nicht  an.  Selbst  die  weisesten  Herrscher  der  alten  Zeit 
belehrten  sich  so  und  leisteten  fremden  Vorschlägen  gern  Folge;  um  wie 
viel  mehr  nnlssen  die  unweisen  Herrscher  Mahnungen  annehmen  iind  ihre 
Fehler  verbessern!  Selbst  wenn  eine  Mahnung  nicht  richtig  sein  sollte, 
soll  er  sie  doch  annehmen,  denn  so  entschließen  sich  die  Leute  leichter 
zu  Wainimgen  und  der  betreffende  erfährt  häufiger  von  seinen  eigenen 
Felileiii.  Die  Behauptung,  daß  man  keine  Fehler  habe,  und  der  Wider- 
spruch entmutigen  leicht  den  Ratgeber,  so  daß  ei-  niemals  wieder  seine 
warnende  Stimme  erhebt. 

17.  Die  Untertanen  müssen,  falls  sie  dazu  angestellt  sind,  den  Herrn 
an  seine  Fehler  erinnein.  Die  treuen  Vasallen  Chinas  warnten  den  Herrn 
mit  Hintansetzung  ihres  Lebens  und  Nichtachtung  des  Todes.  Nicht  nur 
auf  dem  Schlachtfelde  allein  opfert  man  sein  Leben  dem  Herrn.  Es  ist 
Untreue,  wenn  man  an  sich  denkt,  das  Leben  liebt  und  die  Fehler  des 
Herrn  mit  Bewußtsein  verschweigt.  Wie  viel  schlimmer  es  ist,  wenn  man 
aus  Liebe  zu  seiner  Stellung  und  seinem  Gehalt  schweigt,  braucht  nicht 
erwähnt  zu  werden.  Unsere  Landsleute  sind  zwar  auf  dem  Schlachtfelde 
tapfer;    aber    Ix'ti'elfs    der  Ermahnungen    des   Fürsten  stehen  sie  hinter    den 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  103 

Chinesen  zurück.  Sollte  dies  auf  den  Sitten  des  Landes  beruhen,  sollten 
sie  so  ungebildet  sein,  daß  sie  die  Kunst  der  Rüge  nicht  verstehen? 

18.  Es  gibt  zwei  Methoden  für  das  Warnen:  die  direkte  und  indi- 
rekte. Die  erste  wendet  man  nur  gegen  erleuchtete  Herrscher  an.  Diese 
folgen  jeder  Mahnung,  wie  scharf  sie  auch  sein  mag,  und  geraten  darüber 
nicht  in  Zorn.  Die  andere  bestellt  darin,  daß  man  nicht  mit  Strenge, 
sondei-n  gleichmäßig  und  ruhig  ans  Werk  geht,  so  daß  man  die  Ge- 
mahnten nicht  beleidigt  und  sie  selbst  ihre  Fehler  einsehen  läßt.  Als  Bei- 
spiele gehören  hierher,  daß  Ch(3ryö  (^^  ^)  vier  Gelehrte  berief,  um 
den  Kronprinzen  nicht  absetzen  zu  lassen;  daß  Eköshiku  (^^^T;^)  die 
Versölmung  des  Fürsten  Sökö  (yj^)  niit  seiner  Mutter  vermittelte;  daß 
der  V;is;ill  des  Fürsten  Bunkö  (^'yT  ^)  von  Gi  (W^),  namens  Ninza 
(fij^)'  ^^*^"  Herrn  zur  Erkenntnis  der  Aufrichtigkeit  von  Tekiö  (2^) 
brachte,   indem  er  Bunkö  ("^'f^)  lobte,   luid  schließlich,  daß  Tekijinketsu 

(^yCt^iT^)  '^^^  Kaiserin  Buk5(^^^")  ermahnte  und  die  Tö- Dynastie  vor 
dem  Untergang  rettete.  Wer  aber  gewarnt  werden  will,  der  soll  die  di- 
rekte, nicht  die  indirekte  Mahnung  vorziehen.  Konfuzius  hat  gesagt:  »Ein 
Arzneimittel  schmeckt  zwar  für  den  Minid  bitter,  es  heilt  aber  die  Krank- 
heit; die  Warnung  ist  zwar  dem  Ohr  unangenehm,  doch  ist  sie  den 
Handlungen  zuträglich.  Die  Könige  T5  (^«)  und  Bu  (^t)  folgten  den 
INIahnungen  und  behaupteten  ihre  Regierung.  Die  Könige  Kets'  und  Chü 
nahmen  die  Mahnimgen  nicht  an  und  gingen  zugrunde.  Die  guten  und 
schlechten  Eigenschaften  der  Herrscher  der  verschiedenen  Zeiten  und  das 
Schicksal  eines  Landes  hängen  ganz  allein  von  zwei  Dingen  ab,  nämlich  ob 
jene  den  Mahnungen  Gehör  geben  oder  dieselben  verwerfen. 

19.  Töba  (^^i/j^)  l'at  gesagt:  -Ordnung  und  Unordnung  in  einem 
Lande  hängen  davon  ab,  ob  die  Lebensverhältnisse  der  niederen  Volksklassen 
zur  Kenntnis  der  Herrschenden  gelangen.«  Ordnung  und  Unordnung  in 
einem  Lande  ist  wie  ein  gesunder  und  kranker  Körper.  Wenn  das  Blut 
zirkuliert,  so  wii-d  man  gesund;  wenn  es  still  steht,  so  wird  man  krank. 
Wenn  die  Ansichten  von  unten  nach  oben  dringen,  und  man  oben  die 
INIahnungen  der  Untertanen  befolgt,  so  kommt  das  Land  in  Ordnung.  INIan 
s|)richt  dann  A'om  freien  Wege  für  ein  offenes  Wort.  Wenn  der  Weg  für 
ein  offenes  Wort  frei  ist,  so  kommt  das  Land  in  Ordnung,  wie  die  Blut- 
zirkulation die  Gesundheit  bedingt.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  kommt  das 
Land  in  Unordnung,  wie  mit  dem  Stillstehen  des  Blutes  Krankheit  eintritt. 
Es  gibt  ein  altes  Wort:  -Wenn  der  Herrscher  den  Ermahnungen  von 
unten  nicht  Gehör  schenkt,  so  ist  er  wie  taub.«  Wenn  das  der  Fall  ist, 
schließen  die  L'ntertanen  aus  Fui'cht  vor  dem  Herrscher  den  Mund;  sie  sind 
dann  wie  Stumme.  Wenn  nun  der  Heri'scher  taub  ist  und  die  Untertanen 
stumm  sind,  da  ist  es  unmöglich,  das  Land  in  Ordnung  zu  erhalten,  selbst 
wenn  man  den  Wunsch  dazu  hat. 

20.  Zum  Regieren  eines  Hausstandes  sowie  eines  Volkes  ist  Strenge 
zu  empfehlen.     Strenge  heißt,  selbst   richtig  und  nicht  leichtfertig  handeln, 


104  Ekken  :    Ein  japanischer  Fürsteiispiegel. 

bei  dei-  Gesetzgebung  nicht  nachsichtig  sein  und  dem  Volke  sein  Unrecht 
verweisen.  Ist  man  streng,  so  haben  die  Leute  Furcht,  und  so  bleiben 
die  Gesetze  bestehen;  das  Volk  begeht  selten  Schlechtigkeiten  und  Ver- 
brecher sind  selten.  Wenn  man  nicht  streng  und  nachsichtig  ist,  so 
freuen  sich  zwar  das  Volk  und  die  Hausgenossen  anfänglich  darüber  und 
sind  voll  des  Lobes,  aber  nachher  werden  sie  nachlässig  und  haben  keine 
I-'urcht;  die  Gesetze  lockern  sich  und  die  Verbrecher  mehren  sich.  Strenge 
am  Anfang  bringt  später  kein  Unheil;  Milde  am  Anfang  wird  nachher  die 
Ursache  vieler  Sorgen.  Strenge  ist  Strenge,  und  keine  Inhumanität.  Man 
ist  streng,  um  das  Volk  nicht  zum  Schlechten  zu  verleiten.  Das  Wasser 
ist  z.  B.  mild,  daher  ertrinken  viele  aus  L'nvoisichtigkeit  darin.  Das  Feuer 
ist  heftig,  daher  gehen  die  Leute  aus  Furcht  nicht  heran,  und  es  gibt  wenig 
Leute,  die  verbrennen.     So  ist  es  auch  mit  dem  Gesetze. 

21.  Die  Lehnsleute  regieren  und  das  ganze  \'olk  unterwürfig  machen, 
das  ist  ]Macht.  Mit  Macht  ist  nicht  gemeint,  daß  man  zürnt  oder  sein 
Gemüt  aufregt,  sondein  daß  man  die  Autorität  nicht  auf  die  Vasallen 
übergehen  läßt,  den  Hochmut  der  Lehnsleute  und  des  Volkes  bändigt  und  sie 
vor  schlechten  Taten  warnt.  Wenn  einflußreiche  Untertanen  die  Gewalt  an 
sich  reißen,  dann  wird  die  des  Herrn  schwächer  und  die  Disziplin  kann 
nicht  bestehen,  die  Beamten  und  das  Volk  haben  keine  Furcht  vor  den 
Gesetzen  und  die  Befehle  werden  nicht  vollzogen.  Daher  soll  nur  der 
Herrscher  Macht  besitzen;  nie  darf  sie  auf  die  Niederen  übergehen. 

22.  ]Man  sagt,  König  Bun  ("^3E)  ^*''<^'^i^^  ^^^^^  ^'^"  d^"  Untertanen, 
daß  sie  in  Not  wären;  obgleich  er  sie  gut  regierte,  und  sie  in  Ruhe  dahin 
lebten,  so  sorgte  er  sich  doch  noch  um  sie,  als  ob  sie  Leiden  erduldeten. 
Das  zeigt  das  Herz  eines  humanen  Menschen  und  ist  die  wichtigste  Sorge 
beim  Regieren.  Auch  im  Saden  ('^^{M.)  steht,  daß  das  Land  gedeiht, 
wenn  man  das  Volk  als  leidend  betrachtet.  Es  geht  zugrunde,  wenn  man 
es  als  Schutt  betrachtet.  Hiervon  hängt  die  Ordnung  und  Unordnung,  der 
Aufschwung  und  Niedergang  eines  Landes  ab. 

23.  Im  allgemeinen  ist  das  \'olk  rechtlich  denkend.  Wenn  es  von 
oben  her  betrogen  wird,  so  folgt  es  dem  Beispiel  und  wird  oft  unredUch. 
Insofern  lehren  die  Regierenden  den  Regierten  den  Betrug.  Das  Volk  hat 
seinem  Charakter  nach  ursprünglich  keinen  starken  Hang  zum  Betrügen. 
Infolge  der  Machtverschiedenheit  von  hoch  und  niedrig  folgt  es  anfangs  aus 
Not  einige  Zeit  den  Betrügereien  der  Herrschenden.  In  vielen  Phallen  ist 
der  Betr-ug  den  Herrschenden  zuzuschreiben. 

24.  Kinder  ohne  Vater  heißen  Waisen,  alte  Leute  oluie  Kinder  nennt 
man  Kinderlose,  alte  Leute  ohne  Frauen  heißen  Witwer,  alte  Frauen  ohne 
Mann  Witwen.  Diese  vier  nennt  man  zusammen  die  vier  Armen  (PU  äHJ- 
Sie  sind  die  Unglücklichsten  und  am  meisten  verlassen  in  der  Welt.  Ihrer 
giht  es  viele;  aber  diejenigen,  die  von  bemittelten  Verwandten  ernährt 
werden,  sind  vor  Hunger  und  Frost  geschützt.  Sonst  dürften  auch  in  großen 
Dörfern  nicht  mehr  als  zwei  bis  drei  sein.  Zu  ihi-em  Unterhalt  braucht  man 
keine  großen  Beträge.     Dem  Ortsverwalter  (^^  O^)  li"»*  ^•'^  ^^^ '  ihnen 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  105 

stets  Hilfe  zu  leisten  und  sie  vor  Hunger  und  Frost  zu  schützen.  Wenn  die 
Leute  Himger  und  Kälte  leiden,  so  ist  dies  die  Folge  davon,  daß  die  Regierung 
hart  ist.     Eine  große  Zahl    an  Bettlern  gereicht  den  Beamten  zur  Schande. 

25.  Auch  in  unserem  Lande  hatten  die  regierenden  Kaiser  in  alter 
Zeit  mit  den  alten  Leuten  Erbarmen.  Alle,  die  mehr  als  80  Jahre  erreicht 
hatten,  beehrten  sie  mit  der  Verleihung  eines  Titels  und  mit  Geschenken, 
wie  Seide,  Baumwolle,  Leinewand  und  Hirse.  Kinder  und  Enkel,  die  sich 
durch  Pietät  gegen  die  Eltern  auszeichneten ,  edelsinnige  Ehemänner  und 
treue  Ehefrauen  wurden  am  Eingang  ihrer  Wohnungen  bezeichnet  und  man 
sah  darauf,  daß  ihnen  l)is  zum  Ende  ihres  Lebens  kein  Leid  geschah. 
AA'itwei-.  Witwen,  Waisen  und  Alleinstehende  wvu'den ,  wenn  sie  krank 
wurden  und  sich  nicht  selbst  erhalten  konnten,  unterstützt,  ^'on  diesem 
allem  ist  häufig  in  alten  Schriften  die  Rede.  Wenn  die  Häuser  der  Land- 
leute vom  Sturm  zerstört  wurden,  kam  es  vor,  daß  man  ihnen  auf  ein  Jahr 
die  Steuer  vom  Acker  erließ. 

"26.  Der  Bauernstand  ist  die  Grundlage  des  Landes.  Er  treibt  das 
ganze  Jahr  hindurch  emsig  Ackerbau  und  baut  Reis  und  anderes  Getreide, 
er  bezahlt  Abgaben  an  die  Regierung  und  ernährt  das  Volk.  Man  soll  ihn 
am  meisten  hegen  und  pflegen  und  vor  Hunger  und  Kälte  schützen.  Daß 
man  dem  Bauernstand  seine  Zeit  nicht  nimmt,  geschieht  nicht  bloß  zu 
seinem  Besten,  sondern  auch  im  Interesse  des  Landes.  Der  Bauer  ar- 
beitet Tag  und  Nacht;  dennoch  hat  er  oft  infolge  von  Dürre,  Sturm  und 
Ungeziefer  geringen  Verdienst.  Wenn  er  bei  Mißernten  die  Abgaben  nicht 
zahlen  kann,  so  muß  er  Weib  und  Kinder,  ja  sogar  die  eigene  Person 
auf  den  Markt  bringen.  In  guten  Jahren  ist  dei-  Preis  von  Reis  und  Ge- 
treide so  niedrig,  daß  er  doch  der  Not  nicht  entgeht.  Der  Grund  ist,  daß 
der  Landmann  wenig  Verdienst  hat.  Die  Handarbeiter  haben  nicht  so  viel 
Mühe  wie  die  Bauern  ,  aber  ihr  Verdienst  ist  größer.  Der  A'erdienst  der  Kauf- 
leute ist  zweimal  so  groß  wie  der  der  Handarbeiter.  Infolgedessen  nimmt 
die  Zahl  der  Bauern  allmählich  ab  und  die  der  Kaufleute  und  Handwerker 
von  Jahr  zu  Jahr  zu.  Es  sind  also  der  Leute,  die  das  Feld  bebauen,  wenig 
und  derer,  die  Geräte  anfertigen  und  Waren  verkaufen,  viel.  Es  sind 
derer,  die  Leinwand  weben,  wenig  und  derer,  die  sich  mit  der  Anfertigung 
von  Bi-okat,  Seidendamast  und  Stickerei  beschäftigen,  viel.  Dieser  Zu- 
stand ist  die  Quelle  allgemeiner  Not.  Daher  legten  erleuchtete  Herrscher 
alter  Zeiten  auf  den  Bauernstand  großes  Gewicht  und  unterdi'ückten  Kauf- 
leute und  Handwerker,  schätzten  die  fünf  Getreidearten  hoch  und  Geld 
und  Edelsteine  gering.  Daß  man  Sparsamkeit  übt  und  Luxus  untersagt, 
ist  die  Methode,  mit  der  man  die  Grundlage  des  Staates  befestigt  und  den 
schlimmen  Folgen  vorbeugt,  und  das  ist  eine  Regierung,  die  das  Land 
in   Ordnung  hält  und  das  Volk  zufriedenstellt. 

27.  Der  Bauer  ist  auf  das  Reisfeld  angewiesen  wie  die  Fische  auf 
das  Wasser,  wie  die  Bäume  auf  den  Eidboden.  Ohne  Wasser  gehen  die 
Fische  zugrunde,  ohne  Erde  sterben  die  Bäume  ab,  ohne  die  Felder  ver- 
lieren die  Bauern  ihre  Beschäftigung.  Es  ist  also  zu  bedauern,  wenn  die 
Bauern  von  ihrem  Felde  getrennt  werden. 


106  Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

28.  Die  Weisen  wußten,  daß  die  Kraft  des  A'olkes  das  Fundament 
des  Landes  ist.  Aus  diesem  Grunde  kürzten  sie  den  Frondienst  ab,  um 
die  Zeit  des  Volkes  zu  schonen.  In  günstigen  Jahren  forderte  man,  heißt 
es  in  Shürei  f  jijmp),  von  einem  Mann  drei  Tage,  in  mittleren  Jahren 
zwei,  in  ungünstigen  Jahren  einen  Tag;  in  ganz  schlechten  Jahren,  wo  das 
Volk  Mangel  Utt,  verpflichtete  man  es  keinen  Tag  zum   Frondienste. 

29.  Es  gibt  Leute,  die  behaupten,  ein  reiches  Volk  sei  übermütig 
und  den  Gesetzen  nicht  gehorsam.  Diese  Ansicht  stammt  aus  dem  Mangel 
an  Verständnis  für  die  Regieningskunst.  Nur  armen  Leuten  kommt  der 
Gedanke  zum  Stehlen.  Daß  man  mit  dem  Volke  Erbarmen  hat,  es  keinen 
Mangel  an  Kleidung  und  Nahrung  leiden  läßt  und  vor  Not  sichert,  das 
bildet  das  erste  ^'orbeugungsmittel  gegen  den  Diebstahl.  Wenn  die  Verord- 
nungen khir  sind  und  man  jedermann  seinen  Stand  bewahren  läßt,  so  wird 
das  Volk  nicht  i'ibermütig,  mag  es  noch  so  wohlhabend  sein.  Sollte  es 
Leute  geben,  die  dennoch  anmaßend,  übermütig  und  faul  sind  oder  Dieb- 
stahl begehen ,  so  soll  man  sie  ohne  jede  Rücksicht  bestrafen.  Da  das 
Volk  beschränkt  ist,  so  kommt  es,  wenn  man  es  sich  selbst  überläßt,  nie 
in  ridiige  Verhältnisse.  Die  richtige  Regierungsmethode  ist  die,  daß  man 
das  Volk  vor  Mangel  an  Kleidung  und  Nahrung  schützt,  vor  Übermut  und 
Faulheit  warnt  und  so  vom   \'erbrechen  ferniiält. 


III. 

1.  Ei'leuchtete  Herrsclier  verbrauchen  den  Gewinn  des  Landes  nicht 
für  sich  selbst,  sondern  lassen  ihn  auch  dem  Volke  zuteil  werden.  Sie 
drücken  dieses  nicht  durch  Auferlegung  von  Steuern  wie  auch  strengen 
Frondienst,  sie  verbieten  ihm  dagegen,  seinen  Anteil  zu  mißbrauchen. 
Leute,  die  angestellt  und  von  dem  Herrscher  besoldet  sind,  dürfen  nicht 
kaufmännische  Geschäfte  treil)on  und  Gewinn  suchen.  Ein  alter  Spruch  lautet: 
»Wer  Großes  erhält,  der  ninunt  niclit  Kleines.«  An  keinem  Gebilde  der 
Natur  findet  man  zwei  Voizüge  zusammen:  Tiere  mit  Eckzähnen  haben 
keine  Hörner;  Tiere  mit  Hörnern  haben  keine  Oberzähne;  Tiere  mit  Flügeln 
haben  keine  Pfoten;  Bäume  mit  schönen  Blüten  tragen  nur  schlechte  Früchte, 
Bäume  mit  guten  Früchten  haben  unschöne  Blüten.  Es  ist  also  der  Natur 
zuwider,  daß  Samurai,  die  von  ihiem  Herrn  besoldet  sind,  mit  dem 
Bürgerstande  um  die  Wette  nach  Gewinn  trachten  und  ihm  den  Verdienst 
nehmen. 

2.  Es  gibt  folgende  vier  Ursachen,  die  den  Tod  vieler  INIenschen  her- 
beiführen:   Todesstrafe,  Krieg,  Hungersnot  und  Krankheiten. 

a)  Man  bringt  durch  irrtümliche  Bestrafung  Unschuldige  und  Leute, 
die  sich  nur  leichte  Vergehen  haben  zuschulden  kommen  lassen,  um. 

b)  Dadurch,  daß  man  eine  Empörung  anzettelt,  verursacht  man  den 
Tod  vieler  Feinde  und  Freunde,  die  ganz  ohne  Schuld  sind.  Oder  man 
ruft  durch  die  eigene  Unmenschlichkeit  oder  Unhöflichkeit  einen  Krieg 
hervor. 


Ekken:    Ein  japanischer  Ffirstenspiegel.  107 

c)  Infolge  von  Dürre,  Sturm  und  Auftreten  von  Ungeziefer  sterben 
eine  Menge  Leute  Hungers. 

d)  Durch  verschiedene  Krankl)eiten,  besonders  durch  Seuchen,  ver- 
lieren viele  das  Leben. 

Diese  vier  Ursachen  sind  es,  welche  das  ^Menschenleben  in  Gefahr 
bringen.  Zwei  davon,  Strafe  und  Krieg,  hängen  von  den  Menschen  ab,  die 
beiden  anderen,  Mißjahre  und  Krankheiten,  von  der  Natur.  Es  gilit  für 
alle  vier  Fälle  Hilfsmittel,  die  dazu  beitragen,  daß  das  Volk  vor  dem  Tode 
bewahrt  bleibt.  L^m  ein  Beispiel  für  den  ersten  Fall,  die  Todesstrafe,  zu 
bringen:  Wenn  man  mit  dem  Volke  Erbarn)en  hat  und  es  keinen  Mangel 
an  Kleidung  und  Nahrung  leiden  läßt,  so  kommen  keine  Diebstähle  vor, 
und  es  gibt  somit  wenig  Verbrecher.  Wenn  man  überdies  die  Anklagen 
gerecht  untersucht  und  Recht  und  Unrecht  zur  Klaiheit  bringt,  so  kommen 
die  Unschuldigen  nicht  ums  Leben.  Um  für  das  zweite,  den  Krieg,  ein 
Beispiel  anzuführen:  Wenn  man  Humanität  und  Gerechtigkeit  übt,  dann  gibt 
es  niemand,  der  den  anderen  beneidet,  und  es  gibt  keine  Empörung.  Es 
bedarf  kaum  der  Erwähnung,  daß  man  selbst  keine  Empörung  anzetteln  daif. 
Fiir  den  dritten  Fall,  die  Hungersnot:  Wenn  man  bei  INIißernten  die  Ab- 
gaben erleichtert,  das  Volk  nicht  zu  oft  zu  Frondiensten  auffordert,  so  daß 
man  durch  die  Bebauung  des  Ackei's  während  dreier  Jahre  die  Lebensmittel 
für  ein  Jahr  erübrigen  kann  und  außerdem  die  Hungrigen  unterstützt,  so 
wird  auch  bei  Mißernten  niemand  verhungern.  Und  schließlich  der  vierte 
Fall,  die  Krankheiten:  Wenn  man  ein  Gefühl  für  das  Volk  hat,  es  vor  dem 
Erfrieren  schützt  und  dadurch  dem  Ursprung  von  Ki-ankheiten  vorbeugt  und 
den  Erkrankten  mit  Arzneimitteln  hilft,  dann  sind  weniger  Leute  der  Gefahr 
tötlicher  Krankheiten  ausgesetzt.  Dies  alles  sind  menschliche  Vorbeugungs- 
maßregeln nicht  bloß  gegen  die  Gefahren,  die  vom  Menschen,  sondern  auch 
von  der  Natur  abhängen. 

3.  Wenn  man  das  Volk  vor  Hunger  schützen  will,  so  verursacht  es 
weniger  Kosten,  und  die  Spende  ist  um  so  erfolgreicher,  je  früher  man  hilft. 
Je  später  die  Hilfe  kommt,  um  so  größer  sind  die  Ausgaben  und  um  so 
geringer  ist  der  Erfolg.  Ferner,  Hungernde  sterben  nicht,  wenn  man  ihnen 
eine  der  zwei  iNIahlzeiten,  Frühstück  und  Abendessen,  spendet;  man  soll 
nicht  ohne  weiteres  viel  geben,  ohne  zu  unterscheiden,  ob  der  Hunger 
gi'oß  oder  nicht  groß  ist.  Wenn  man  sie  an  einem  Tage  nur  einmal  mit 
Speise  unterstützt,  so  gehört  nicht  viel  Reis  dazu,  und  es  bringt  vielen 
Leuten  Hilfe.  Hier  gebe  man  Verhungernden  morgens  und  abends  leichten 
Reisbrei;  wenn  man  ihnen  zu  viel  gibt,  so  sterben  sie.  Erst  nachdem  sich  ihre 
Kräfte  erholt  haben,  gebe  man  ihnen  andere  Speise.  Dort  versammle  man 
die  noch  nicht  Erschöpften  und  gebe  ihnen  an  einem  Tage  einmal  zu  essen. 

4.  Die  Beamten,  die  die  Klagen  der  Armen,  der  Alleinstehenden, 
Greise  und  Kinder,  die  alle  von  andern  betrogen  sind  oder  dei'jenigen,  die 
Hunger  imd  Kälte  leiden,  nicht  annehmen,  sind  zu  bestrafen.  Das  ist  eine 
Bestimmung  im  Shürei. 

5.  3Ian  darf  die  fünf  Getreidearten  und  Baumfrüchte,  die  noch  nicht 
reif  sind,    weder   ernten,    noch   auf  den  Markt   bringen.     Man   darf  junge 


108  Ekken:   Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

Bäume  nicht  lallen  und  kleine  Fische  nicht  fangen.  Alles,  was  unreif  ist, 
nicht  scliädigen.  dies  gehört  zur  Humanität  ("fH^*)-  Überdies  bringt  es 
dem  Volke  und  dem  Lande  mehr  Nutzen,  wenn  man  erst  von  den  Dingen, 
die  ausgewachsen  sind,  Gebrauch  macht. 

6.  Der  Kaiser  der  Kan  T'^^) -Dynastie  Sen  [^)  erbaute  in  allen 
Piovinzen  Speicher.  Wenn  der  Reis  billig  war,  steigerte  er  die  Preise, 
kaufte  ihn  auf  und  verwahrte  ihn  in  diesen  Speichern.  War  der  Preis  hoch, 
so  verkaufte  er  ihn  zu  herabgesetzten  Preisen.  Diese  Speicher  hießen 
»Jöheisö«  (Immer  ausgleichende  Speicher',  *ffi|*^p*y^)-  ^^^  ^^^^  Preis  des 
Reises  sehr  niedi-ig,  so  ist  es  schlecht  für  den  Samurai  und  den  Bauern. 
Ist  er  dagegen  hoch ,  so  drückt  er  Handwerker  und  Kauf  leute.  Leider  ist 
beides  gleich  schädlich.  Führt  man  also  die  Methode  der  -immer  aus- 
gleichenden Speicher"  ein,  so  bewahrt  man  die  vier  Stände  vor  Schaden 
und  Not.  Auch  in  unserjn  Lande  gab  es  früher  nach  diesem  Vorbilde 
"Immer  ausgleichende  S])eicher«,  die  sogenannten  »Gisö»  (Spendenmagazine, 
^^^)-  Letztere  waren  dazu  da,  den  Hungrigen  Ijei  Dürre  usw.  zu  helfen. 
Dies  ist  eine  gute  Methode.  Eine  aiine  Regierung  ist  aber  nicht  imstande, 
sie  zu  befolgen. 

7.  In  späteren  Zeiten  stand  in  China  wie  in  Japan  der  Schein  im 
Vordergrunde  und  die  Treue  wie  auch  Wahrhaftigkeit  trat  zurück.  Die 
Aufrichtigkeit  ging  von  Tag  zu  Tag  zurück  und  der  Betrug  nahm  von  Monat 
zu  Monat  ül)erhand.  Wenn  man  den  Weg  der  Tugend  betreten  will, 
müssen  die  modernen,  i)runkhaften  und  luxuriösen  Sitten  abgeändert  werden, 
und  man  muß  zu  den  einfachen  und  naiven  Gebiäuchen  der  alten  Zeit  zu- 
rückkehren. 

Als  der  Kaiser  Taisö  (-jc^^)  von  der  Tö  (|^)- Dynastie  regierte, 
schaffte  er  den  Luxus  ab,  verringerte  die  Ausgaben,  erleichterte  den  Fron- 
dienst, die  jährlichen  Abgaben  und  setzte  ehrliche,  selbstlose  Beamte  über 
die  Bevölkerung.  Nach  ^"erlauf  einiger  Jahre  hatte  das  \'olk  Kleidung  und 
Nahrung,  so  daß  man  z.B.  etwas,  was  jemand  auf  der  Straße  verloren 
hatte,  nicht  aufnahm  und  Kauf  leute,  die  im  Freien  übernachteten,  ohne 
Sorge  waren,  bestohlen  zu  wei'den.  Daß  man  die  luxuriösen  Sitten  be- 
seitigte und  das  Volk  zu  den  einfachen  zurückführte,  hatte  seinen  Grund 
darin,  daß  die  Regierung  in   zweckmäßiger  Weise  geführt  wurde. 

8.  Die  Herrschenden  sollen  die  großen  Shinto- Tempel,  die  berühmten 
Berge  und  die  großen  Flüsse  in  ihren  Gebieten  verehren.  Götter  feiern, 
die  man  nicht  feiern  soll,  mögen  es  auch  richtige  Götter  sein,  nennt  man 
Inshi  ( V^  inP  willkürliche  Gottesverehrung).  Das  Inshi  ist  aber  ohne  Segen. 
Ein  Gottesdienst  dieser  Art  ist  Schmeichelei  und  Irrtum.  Um  fih-  sich  Glück 
zu  erbeten,  erbauen  viele  reiche  Leute  shintoistische  und  buddhistische  Tempel 
und  veranstalten  großartige  Gottesdienste,  indem  sie  eine  Reihe  Priester 
engagieren  und  eine  große  Menge  Laternen  anzünden.  Es  sind  das  große 
Ausgaben ,  aber  dem  Volke  bringen  sie  nicht  den  geringsten  Nutzen.  Würde 
man  mit  dem  Aufwand  dafür  arme  Leute  unterstützen,  wie  gi-oß  wäre 
dann  der  daraus  erwachsende  Segen  und  somit  die  Gnade  des  Himmels.    Um 


Ekken  :    Ein  japanischer  Füi'bteiispiegel.  109 

ein  Herz  zu  trösten,  vielen  Schmerzen  zu  bereiten,  eine  solche  nichtige  Tat 
ist  Torheit  zu  nennen.  Einst  errichtete  der  Kaiser  der  Ryö  (^^)- Dynastie, 
Bu  (;pF)j  eine  Anzahl  Tempel  imd  Pagoden;  in  dem  Glauben,  sich  dadurch 
ein  großes  Verdienst  zu  ei'werben,  holte  er  l)ei  dem  Priester  Daruma  (i^ 
1^)  ein  Gutachten  ein.  Die  Antwort  desselben  lautete:  daß  es  kein  \'er- 
dienst  sei. 

Der  Kaiser  führte  keine  humane  Regierung,  sondern  bedrückte  das 
\'olk  und  preßte  es  aus,  um  Bauten  aufzuführen.  Schließlich  ging  er  selber 
und  sein  Land  unter  dem  Haß  des  Volkes  und  dem  Zorn  des  Himmels  zu- 
grunde. Ein  Beweis  dafür,  daß  Darumas  Antwort  richtig  war.  Diesei- 
war  ein  Buddhist  und  dennoch  war  seine  Meinung  so  zutreffend.  Er  unter- 
scheidet sich  von  den  habsüclitigen  Priestern  späterer  Zeiten  wie  Hinnnel 
und  Erde. 

9.  Wenn  man  die  schlechten  Sitten  läßt,  wie  sie  sind,  gereicht  es 
allen  zum  Unheil.  Die  Verwalter  der  betreffenden  Gebiete  müssen  die  Be- 
wohner davor  warnen  und  dergleichen  Sitten  beseitigen.  Es  ist  Brauch 
geworden,  bei  der  Vermählung  der  Töchter  übermäßigen  Aufwand  zu  treiben, 
indem  man  sie  über  den  Stand  hinaus  mit  Kleidern  vmd  Geräten  ausstattet. 
Auf  diese  Weise  verliert  man  nicht  nur  sein  Vermögen,  sondern  macht  auch 
Schulden,  die  man  luunöglich  abzahlen  kann.  Dadurch  erfreut  man  nur 
die  Augen  der  Leute,  aber  es  bringt  keinen  Nutzen,  ja  vielmehr  großen 
Schaden.  Man  pflegt  Eltern  davor  zu  warnen,  ihre  Söhne  studieren  zu 
lassen,  mit  der  Behauptung,  daß  es  die  Energie  verringere  und  sie  krank 
mache.  Man  warnt  auch  seine  eigenen  Söhne  vor  dem  Studium,  so  daß  sie 
ihr  ganzes  Leben  dumm  bleiben.  Alle  diese  Sitten  sind  auf  die  törichten  Ideen 
dummer  Leute  zurückzuführen.  Einen  Mann,  der  im  vorhergehenden  Jahre 
geheiratet  hat,  besuchen  im  Anfang  des  ersten  Monats  des  nächsten  Jahres 
seine  Freunde,  begießen  ihn  mit  Wasser,  zechen  unter  handgreiflichen 
Spaßen  miteinander,  und  wenn  sie  dann  betrunken  sind,  so  zanken  sie  sich 
und  beschimpfen  sich.  Dadurch  entsteht  oft  Unglück.  Am  zehnten  Tag(i 
des  ersten  Monats  schlagen  Knaben  manchmal  vorübergehende  Frauen  mit 
Kiefernzweigen  und  bespritzen  deren  Kleider  mit  Tusche.  Derartige  nieder- 
trächtige und  schädliche  Gewohnheiten  müssen  die  Vorsteher  streng  ver- 
bieten und  abschaffen.  Einen  Orts  Vorsteher,  der  solche  Sitten  duldet,  ohne 
sie  zu  verbieten,  muß  man  als  seines  Amtes  nicht  würdig  bezeichnen,  und 
annehmen,  daß  es  ihm  an  Kenntnissen  und  Tatkraft  fehle. 

10.  Die  Komposition  von  unanständigen  Liedern,  welche  das  Gemüt 
des  Volkes  verderben,  die  Anfertigung  auffälliger,  seltener  Ivleider  und  Ge- 
räte, die  Vorführung  durch  Schaustellungen  und  daß  man  die  Leute  durcli 
Geisterbeschwörungen  und  schlechte  Lehren  verführt,  um  Geld  zu  verdienen, 
das  alles  sind  Handlungsweisen  von  Schwindlern.  Die  erlauchten  Herrscher 
alter  Zeiten  verboten  dergleichen  streng  und  legten  den  Betreffenden  schwere 
Strafen  auf. 

11.  Bei  dem  Prozeßverfahren  soll  man  sich  vor  Gemütsbewegungen 
hüten,    und  jeden    das   aussagen    lassen,    was    er   in   seinem  Herzensgrunde 


HO  Ekken:   Ein  japanischer  Fürsteiispiegel. 

denkt;  man  erlaube  ihm  sein  Anliegen  niederzuschreiben,  wie  er  will,  ebenso 
Zeugen  zu  stellen  und  Zeugnisse  vorzubringen.  INIan  darf  nicht  parteiisch 
sein  und  den  Bitten  von  Freunden  und  Verwandten  kein  Gehör  schenken. 
Endlich  soll  man  den  kurzen  Inhalt  der  Betrachtungen  beider  Parteien  mit- 
einander vergleichen  und  dann  das  Urteil  über  Recht  und  Uhrecht  fällen. 
Falls  man  nur  den  einen  Teil  hört  oder  etwa  den  empfehlenden  Worten 
dei-  Fürspi-echei-  glaubt  und  sich  dadurch  beeinflussen  läßt,  so  wird  man 
vieles  falsch  auffassen.  Beim  Verhören  darf  man  nicht  auf  das  Erstgehörte 
das  Hauptgewicht  legen.  Hält  man  dies  für  wahr  und  gut,  so  wird  einem 
alles  andere,  was  die  Gegenpartei  später  vorbringt,  falsch  erscheinen,  sei 
es  noch  so  berechtigt. 

12.  Pilhrliche  Kläger  verlassen  sich  auf  ihr  gutes  Recht  und  versuchen 
nicht  die  Beamten  zu  bestechen,  daher  haben  sie  auch  von  selten  der  Be- 
amten keine  Fürsprache  zu  erhoffen.  Unehrliche  Leute  dagegen  bestechen, 
um  ihr  eigenes  Unrecht  zu  bemänteln,  die  betreffenden  Beamten,  wenden 
verschiedene  Mittel  an  und  viele  stehen  ihnen  darin  bei.  Dann  wird  das 
Recht  zum  Unrecht  und  das  Unrecht  zum  Recht.  Ein  solches  Urteil  ist 
nicht  zutreffend. 

13.  Beim  Verhör  darf  man  sich  über  eine  unhöfliche  Ausdrucksweise 
der  Betreffenden  nicht  ärgern  und  ihnen  niclit  zürnen;  umgekehrt  darf  man 
über  höfliche  Ausdrücke  keine  Freude  bezeigen.  Wenn  man  leidenschaft- 
lich erregt  wird,  so  wird  man  dadurch  ])arteiisch.  Durch  die  Bitte  ande- 
rer darf  man  sich  in  seinen  Gemütsbewegungen  nicht  beeinlhissen  lassen. 
Überfülle  an  Arbeit  entschuldigt  nicht,  daß  man  die  Rechtsangelegenheiten 
oberflächlich  entsciieidet  und  darüber  hinweggeht. 

14.  Belohnung  und  Strafe  sind  Vorrechte  des  Herrschers,  durch  die 
er  das  Volk  regiert.  Handhabt  er  beides  willküi-lich,  so  ist  das  Volk 
nicht  anhänglich,  und  die  Gewalt  des  Herrschers  wird  geringer.  Das 
Gesetz  besteht  dai-in.  daß  es  Anweisungen  darüber  gibt,  wie  man  die  ver- 
dienstvollen Leute  belohnt  und  die  Schuldigen  bestraft.  Wenn  man  das 
Verdienst  nicht  belohnt  und  Verbrechen  nicht  bestraft,  so  sind  Belohnung 
und  Strafe  nichtig  und  wertlos.  Dann  haben  die  Gesetze  keine  Geltung 
und  das  Volk  hat  kein  \'ertrauen;  Verbrechen  sind  dann  an  der  Tagesordnung, 
denn  man  bemüht  sich  nicht  Gutes  zu  tun  und  hat  keine  Furcht  mehr  vor 
schlechten  Taten.  Im  Shösho  steht:  »Gegebene  Gesetze  sind  da,  damit 
sie  befolgt  und  nicht  überschritten  werden«,  d.h.  wenn  man  Gesetze  erläßt, 
so  überlege  und  prüfe  man  sie  vorher  reiflich,  auf  daß  sie  bis  in  späte 
Zeiten  bestehen  bleiben  können.  Einmal  gegebene  Verordnungen  wende 
man  auf  die  Dauer  an.  tlbertreler  müssen  bestraft  werden.  Dann  bleiben 
die  Gesetze  bestehen  und  werden  nicht  verletzt;  das  Volk  achtet  und  be- 
folgt sie.  Gesetze,  welche  nicht  lange  in  Kraft  bleiben  können,  soll  man 
vorher  zur  Genüge  beraten  und  darauf  verzichten,  d.h.  sich  vor  dem  Ei-laß 
hüten.  AVenn  man  am  Morgen  etwas  verordnet  und  am  Abend  schon  wieder 
ändert,  so  findet  das  Volk  sich  nicht  zurecht  und  achtet  die  Regierung  gering, 

1,").  Keinem  noch  so  törichten  INIenschen  ist  es  unbekannt,  daß  große 
Verbrecher,    wie    Mörder,    Brandstifter    und    diejenigen,    welche    öffentliche 


Ekken  :    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  111 

Gelder  unterschlagen,  bestraft  werden  müssen.  Mißachtung  der  Eltern  und 
der  Alten,  Prügeleien,  Betrug,  Diebstahl,  Ehebiuch  u.dgl.  sind  ebenfalls 
streng  verboten.  Doch  fürchtet  sich  das  Volk  nicht  so  sehr  davor,  wie  vor 
den  oben  angeführten  drei  Verbrechen.  Diejenigen,  welche  Länder  und 
Kreise  beherrschen,  sollen  dergleichen  Verbote  streng  festsetzen  und  sie 
den  Leuten  alle  Monate  vorlesen  lassen,  um  ihnen  Furcht  vor  den  Gesetzen 
einzuflößen.  Nachlässige  Rechtsj)llege  bringt  viele  Verbrechen  mit  sich. 
Ist  es  den  Regierenden,  den  Eltern  des  Volkes,  nicht  unangenehm,  wenn 
in  ihren  Gebietsteilen  viele  Todesstrafen  vorkommen?  Dies  kommt  aber 
daher,  daß  sie  inhuman  sind  und  sich  nicht  bemühen,  das  Volk  zu  lieben. 

16.  In  alten  Gesetzen  steht  geschrieben,  daß  bei  Leuten  über  80  und 
unter  7  Jahren  die  Todesstrafe  nicht  angewendet  werden  darf,  auch  wenn 
die  Betreftenden  sie  verdient  haben.  Wenn  der  Mensch  80  Jahre  geworden 
ist,  so  ist  er  geistig  abgestumpft;  Kinder  unter  7  Jahren  sind  geistig  noch 
nicht  entwickelt,  dabei"  bestiaft  man  sie  auch  nicht. 

17.  Wird  jemand  mit  Gefängnis  bestraft,  so  schmerzt  und  bekümmert 
es  die  ganze  Familie,  die  Eltern,  Geschwister.  Weil)  und  Kind;  er  ver- 
säumt sein  Geschäft.  Außerdem  ist  die  Qual,  wenn  man  auch  nur  einen 
Tag  im  Gefängnis  zubringen  nuiß,  unsäglich  groß.  Die  Regierenden  sollten 
die  Not  der  Betreffenden  sowie  den  Kummer  ihrer  Familie  in  Betracht 
ziehen. 

18.  ^'erbrecher,  die  ihre  \'ergehen  zeitig  eingestanden,  noch  bevor 
diese  an  den  Tag  gekommen  waren,  wurden  nach  den  alten  Gesetzen  frei- 
gelassen. Ebenso  lasse  man  auch  Verbrecher  frei,  die  aus  Unwissenheit 
Verbrechen  begangen  haben.  Der  Fürst  von  Sei  (^^)^  Kankö  (te.^)? 
hat  gesagt,  man  solle  einen  rückfälligen  Übeltäter,  wenn  er  kein  großes 
Verbrechen  begangen  hat,  züchtigen  und  dann  freilassen;  begehe  er  zum 
dritten  Male  eine  Übeltat,  so  solle  man  ihn  aber  nicht  begnadigen. 

19.  Die  Regierungsbeamten  sollten  Verordnungen  nicht  dazu  benutzen, 
die  ihnen  zuteil  gewordenen  Wohltaten  anderen  vergelte. 

20.  Zur  Zeit  der  Tö  (1^) -Dynastie  hat  man  in  China  folgende  vier 
verschiedene  Arten  von  Gesetzen  aufgestellt:  Kits'  (^)7  Ryö  (^),  Kaku 
('tp')  ^"^'^  Shiki  (^T")-  Auch  in  unserm  Lande  hat  man  in  alter  Zeit  bei 
Hofe  Bücher  mit  diesen  vier  Gesetzesarten  verfaßt,  so  daß  die  rechtliclien 
A'erhältnisse  vollkommen  ausgebildet  waren.  Der  Unterricht,  den  man 
den  Regierungsbeamten  darin  erteilte,  hieß  Rechtswissenschaft  (^y^)- 
Die  Lehrer  dieser  Wissenschaft  hießen  Doktoren  der  Rechtsmssenschaft 
(^'Ü'tSzIr)*  ^^^^'  ""^  Kaku  sind  in  den  Kriegszeiten  vei"loren  ge- 
gangen; ein  kleiner  Teil  davon  ist  jetzt  noch  vorhanden.  Die  Ryö  und 
Shiki  sind  jetzt  noch  ^'ollständig  erhalten.  Kits'  heißen  die  bestimmten  Vor- 
schriften, nach  denen  man  die  Strafe  bestinunt.  Sie  enthalten  Bestiminimgen 
darüber,  wie  man  das  und  das  Verbrechen  sühnen  soll.  Wenn  man  da- 
nach verfährt,  macht  man  bei  der  Bestrafung  keine  Fehler.  In  späteren 
Zeiten  haben  diese  Gesetze  ihre  Geltimg  verloren  und  einzelne  Beamte  ver- 
fahren nach   Gutdünken.     In  China  war  das  Rits'  niclit  auf  die  Tö-Dvnastie 


112  Ekken"  :    Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

beschränkt,    schon   vor   alter  Zeit  war  es  vorhanden.     In  neuerer  Zeit  gibt 
es  das  Min-Rits-   (^^)  und  Shin-Rits'   {f^^)- 

In  Japan  hat  man,  nachdem  das  alte  Rits"  verloren  gegangen 
war,  das  Hösöshiyöshö  (\^^^  ^^^^^4^^  verlaßt.  Auch  die  Vorschriften 
Shikimoku  (^  §)'  unter  der  Periode  Teiei  (  ^  ^^)  verfaßt,  sind  eine 
Art  Rits'.  Unter  Ryö  versteht  man  die  Art  imd  Weise,  wie  man  die  Ge- 
setze anwenden  soll.  In  Japan  hat  Tankaikö  (//^'/ffi^V)  ^i"  R'^'ö 
verfaßt  und  Kiyohara  Natsuno  (jf^J^Mi^f')  ''^*  ^^  erklärt.  Dies  heißt 
Gikai  (^^1^)?  Kommentar.  Auch  gibt  es  ein  Buch  Ryö  no  Shükai,  (^!^ 
(7)  :^  ^^)'  Kommentar  zu  den  Ryö -Gesetzen.  Das  Kaku  enthält  Re- 
gieruiigsmaßregeln  aus  früherer  Zeit.  Es  entspricht  einem  politischen  Notizen- 
buch der  Gegenwart.  Darin  ist  angegeben,  was  in  den  betreffenden 
Jahren  geschehen  ist  und  wie  man  dabei  verfahren  hat.  Shiki  (^JT*)  sind  die 
Zeremonien;  das  Engishiki  (,|^^^)  ist  noch  jetzt  vorhanden.  Diese 
vier  Bücher  wai-en  in  alter  Zeit  die  Vorbilder  für  die  Regierung  und  die 
alten  Rechtsgelehrten  sollen  darin  studiert  haben.  Es  wäre  Avünschenswert, 
daß  man  auch  jetzt  auf  Grund  der  alten  ^lethode  zeitgemäße  Gesetze  ab- 
faßte und  die  Rechtswissenschaft  studierte. 

21.  Saisen  (^  ^)  aus  der  Späteren  Han-  (l^  "JlM-)  I^yuastie  hat  ge- 
sagt: "Die  Strafe  ist  ein  Arzeneimittel  gegen  Unruhen,  die  humane  Erziehung 
(f^'^t)  ^^^  ^^^  Fleischnahrung  für  den  Frieden  und  das  Wohl  des  Landes.- 
Das  bedeutet,  daß  die  Anwendung  der  .Strafe  beim  Regieren  dieselbe  ist. 
wie  die  Anwendung  der  Arzeneimittel  bei  einem  Krankheitsanfall.  Die 
Unterweisung  in  den  fünf  menschlichen  Tugenden  und  fünf  verwandtschaft- 
lichen Beziehungen  (  3l 'ffii' 5L  1!^ )  gleicht  der  Ernährung  des  Körpers  mit 
Reis  und  Fleisch,  wenn  man  nicht  krank  ist. 

Daher  sollen  die  Regierenden  die  Tugend  üben,  die  Erziehimg  fördern 
mid  dem  Volke  gute  Anleitungen  geben.  Sollte  es  dennoch  Verbrecher 
geben,  so  ist  man  gezwungen,  Strafen  anzuwenden.  Es  ist  inhuman  zu 
strafen,  ohne  die  Menschen  zu  erziehen.  Eine  Strafe,  mit  der  die  weisen 
Fürsten  in  alter  Zeit  jemand  belegt  hatten,  setzte  viele  Tausende  in  Schrecken 
und  machte  sie  vorsichtig.  Aus  diesem  Grunde  heißt  es:  «Die  Strafe  ist 
da ,  damit  sie  nicht  zur  Anwendung  kommt. « 

22.  Im  Girei  (fMjfis)  heißt  es:  «Der  Vater  ist  der  Himmel  des 
Kindes,  der  Mann  der  der  Frau.«  Hiernach  ist-der  HeiTScher  der  Hinunel 
der  Vasallen.  Widerstand  gegen  den  Herrn,  Vater  oder  Ehemann  ist 
Widerstand  gegen  den  Hinunel.  Es  ist  eine  große  Sünde.  Diese  drei  Be- 
ziehungen sind  die  bedeutsamsten  der  Welt  und  die  wichtigsten  von  den 
fünf  verwandtschaftlichen  Beziehungen.  Wenn  der  Herrscher,  der  Ehemann 
vmd  ^'ater  auch  unwürdig  handeln,  so  darf  man  ihnen  doch  aus  Ehi-furcht 
keinen  Widerstand  leisten.  Diejenigen,  die  solches  tun,  muß  man  bestrafen 
und  ihnen  ihr  Vergehen  nicht  verzeihen.  Sonst  können  die  Verwandt- 
schaftsordnungen nicht  bestehen  bleiben  imd  Gesetze  und  Disziplin  geraten 
in  Schwanken. 


Ekken:   Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  113 

23.  Es  gab  da  irgeudwo  einen  törichten  Menschen ,  der  seinen  \'ater 
oft  ])i-ügelte.  Der  ^^ogt  vernahm  es,  verhörte  ihn  und  verurteilte  ihn  mit 
Genehmigung  des  Herrn  zum  Tode.  Der  Mann  machte  bis  zur  Zeit  des 
^'ollz^lg.s  seiner  Strafe  Einwände,  dann  sagte  er  voll  Haß  gegen  die  Obrig- 
keit: "Wenn  ich  einen  fremden  Vater  geprügelt  hätte,  müßte  ich  wohl 
bestraft  werden ,  aber  die  Züchtigung  meines  eigenen  ^'aters  ist  meines  Er- 
achtens  keine  so  große  Sünde.  Wie  unglücklich  bin  ich,  daß  ich  mich 
einer  so  ungerechten  Strafe  unterwerfen  luuß.«  Ein  Sanuirai,  der  dies  hörte, 
bemerkte  darauf,  daß  er  in  gewisser  Beziehung  recht  habe.  Dieser  Samurai 
war  ein  unwissender  Manu  und  kannte  die  Wichtigkeit  der  Pietät  nicht. 
Er  wußte  nicht,  daß  es  unter  den  3000  Unterstrafen,  in  die  die  5  Haupt- 
arten eingeteilt  werden,  keine  größere  Sünde  gebe,  als  die  Undankbai^keit 
gt^gen  die  Eltern;  deshalb  hatte  er  wohl  so  etwas  ausgesprochen.  Daher 
müssen  alle  vier  ^'olksklassen  in  den  Grundsätzen  der  verwandtschaftlichen 
Beziehungen  unterrichtet  werden.  Es  ist  nicht  zu  wünschen ,  daß  in  Dörfern 
buddhistische  Tempel  errichtet  werden,  in  welchen  die  Priester  morgens 
und  abends  den  Buddhisnms  predigen.  AVenn  die  Beamten  des  Ortes 
wenigstens  dann  und  wann  die  Bevölkerung  zum  Fleiß  im  Ackerbau,  zur 
Pflege  der  Eltern,  zur  Verehrung  des  Herrn,  zur  Befolgung  der  Gesetze, 
zur  Genügsamkeit,  Ehrhchkeit,  Rechtschaifenheit  und  Friedfertigkeit  er- 
mahnen, so  würden  die  Sitten  besser  werden  und  das  Volk  gehorsamer 
und  leichter  zu  lenken  sein.  Besonders  die  Bauern  sind  mit  der  Welt 
wenig  vertraut  und  von  schlechten  Gewohnheiten  unberührt;  ihr  Sinn  ist 
einfach.  Wenn  man  ihnen  auseüiandersetzt ,  was  recht  mid  billig  ist,  so 
wenden  sie  sich  zum  Guten  und  werden  zu  den  emfachen  Sitten  früherer 
Zeiten  leicht  zurückkehren.  Lobt  die  Obrigkeit  edelsinnige  Samurai,  so  werden 
deren  gute  Sitten  maßgebend,  und  es  werden  viele  treue  und  auch  tapfere 
Krieger  auftreten.  Wenn  man  sich  über  verweichlichte,  faule  und  nach- 
giebige Leute  freut  und  imbeugsame  Samui-ai  nicht  liebt,  so  werden  die 
Sitten  derselben  weichlicher,  imd  sie  kennen  keine  Scham;  Schmeichler 
treten  in  3Ienge  auf.  Daher  ist  die  Hochhaltung  der  Treue  und  die  Wert- 
schätzung des  Edelsinns  die  richtige  Methode  für  die  Erziehung  der  Samvu-ai. 

24.  Wenn  sich  am  Himmel  Wunder  zeigen  und  auch  auf  der  Erde 
Unheil  entsteht,  so  geschieht  das  alles  deshalb,  weil  der  Himmel  die 
Menschen  dadurch  ermahnen  und  warnen  will.  Das  ist  genau  so,  als 
wenn  die  Eltern  ihre  Kinder  aus  Liebe  vom  Bösen  abhalten  und  zum 
Guten  führen,  indem  sie  dieselben  ausschelten.  Aber  auch  der  Herrscher 
eines  Landes  fürchte  die  Warnungen  des  Himmels,  gehe  in  sich  und  be- 
strebe sich,  eine  gerechte  Regierung  zu  füln-en,  damit  sein  Land  erhalten 
bleibe.  Der  Glaube,  daß  alles  dies  A'on  selbst  geschehe,  zeugt  von  einer 
sehr  großen  Geringschätzung  des  Himmels.  Die  Ansicht,  daß  man  seltsame 
Himmelserscheinungen  nicht  zu  fürchten  habe,  ist  gewöhnlich  der  Anfang 
von  dem  Untergange  eines  Landes. 

Herrscher  und  Verwalter  pflegen  von  niederen  Leuten  gefürchtet  zu 
werden,  so  daß  zwischen  den  Herrschenden  und  Beherrschten  eine  weite 
Ivluft   besteht.     Die  Meinungen   der   unteren  Bevölkerungsschichten  bleiben 

Mitt.d.  Sem.  (.Orient.  Sprachen.    1904.     I.Abt.  8 


114  Ekken  :   Ein  japanischer  Fürstenspiegel. 

dann  den  Herrschenden  unbekannt,  und  dadurch  wissen  diese  nichts  von 
den  Schmerzen  und  dem  Kummer  derselben.  Daher  muß  man  sich  gegen 
die  Untertanen  freundlich  zeigen,  damit  diese  ohne  irgendeine  Rücksicht 
ihre  Meinungen  aufrichtig  äußern  können.  Daß  der  Kaiser  Taisö  von  der 
Tö- Dynastie  und  der  Kaiser  der  Periode  Engi  (^^^^)  ihren  Unter- 
tanen mit  Freundlichkeit  begegneten ,  hatte  seinen  Grund  darin,  daß  sie 
der  Meinung  waren,  die  Bewohner  ihres  Landes  würden  aus  Furcht  vor 
ihrer  Macht  es  nicht  wagen,  ihre  Ansichten  zu  äußern.  Für  Regierende 
emiifiehlt  es  sich  sehr,  die  Verhältnisse  der  unteren  Schichten  kennen  zu 
lernen;  auch  Könige  und  Große  können  nicht  mit  allem  vei'traut  sein,  wenn 
sie  nicht  selbst  hören  und  sehen.  Sie  können  sich  sonst  von  dem  Kummer, 
der  Freude,  der  Not,  dem  Vergnügen,  der  Boshaftigkeit  und  Unehrhchkeit 
der  Bevölkerung  schwer  eine  Vorstellung  machen;  e})enso  wenn  sie  gut 
und  schlecht,  Vorteil  und  Nachteil  nicht  erkennen  und  nichts  von  den  Kultur- 
verhältnissen ihres  Landes  oder  von  den  Ausgaben  und  der  \"erschwendung 
ihrer  Familie  wissen,  wenn  sie  überdies  auf  ihre  hohe  Würde  und  ihre 
Einkünfte  eingebildet  sind,  so  können  sie  die  Verhältnisse  der  unteren  Schichten 
nicht  ei'kennen.  In  diesem  Falle  erfahren  sie  nicht,  was  iTir  gute  und  schlechte 
Taten  ihre  Untertanen  begehen,  denn  ohne  selbst  zu  hören  und  zu  sehen, 
ist  es  eine  Unmöglichkeit,  Kenntnis  von  den  Volksverhältnissen  zu  erlangen. 

25.  \'erleumder  pflegen  kleine  Fehler  anderer  zu  vergrößern  oder  gar 
Leuten  ohne  besonderen  Tadel  etwas  vorzuwerfen ;  deshalb  ist  es  eine  gi'oße 
Verirrung,  wenn  ein  Herrscher  den  Aussagen  solcher  Leute  ohne  ausreichende 
Prüfung  Glauben  schenkt.  Wenn  man  auf  solche  Verleumdungen  hin  gute 
Leute  zurücksetzt,  so  gereicht  dies  nicht  nur  diesen  Leuten  selbst,  sondern 
dem  ganzen  Volke  zum  Unglück. 

26.  Der  Fürst  von  Sü  (^H),  namens  Bokkö  (J^-^)>  befahl  einst 
seinen  Untergebenen  zur  Fütterung  von  Wildenten  und  wilden  Gänsen  nicht 
Reis,  sondern  unreife  Kornähren  zu  verwenden.  Eines  Tages  waren  nun  keine 
mehr  vorhanden;  als  man  solche  bei  den  Leuten  kaufen  wollte,  wurden, 
da  es  wenig  gab,  höhere  Preise  verlangt,  als  für  den  Reis  selbst.  Nun 
wollte  der  Beamte  mit  Reis  füttern,  aber  der  Herr  erlaubte  es  ihm  nicht 
und  sagte:  »Du  verstehst  wohl  etwas  von  kleinen  Vorteilen,  aber  nichts  von 
großen  Verlusten.  Die  Bauern  bauen,  ohne  auf  Kälte  oder  Hitze  zu  achten, 
von  früh  bis  spät  den  Reis,  jedoch  nicht  um  Vögel  und  Tiere  damit  zu 
ernähren.  Außerdem  ist  der  Reis  die  beste  Nahrung  für  die  Menschen.  Wie 
dürfte  man  daher  mit  ihm  Vögel  füttern?  Hole  daher  lieber  aus  den 
Speichern  Reis,  verkaufe  ihn  und  kaufe  dafür  imreife  Kornähren,  mögen 
sie  auch  noch  so  teuer  sein,  und  füttere  dann  die  Gänse.  Es  ist  ebenso 
gut,  wenn  man  den  Reis  aus  den  Speichern  den  Leuten  gibt,  als  wenn 
sich  derselbe  in  meinem  Speicher  befindet.« 

27.  Taiköbö  {'^^'^^)  li'it  gesagt:  »Was  man  durch  inhumane 
Handlungen  erwirbt  und  durch  inhumane  Handlungen  zu  erhalten  sucht, 
verliert  man  gewiß.«  Der  Sinn  dieses  Ausspruches  ist,  daß  z.  B.  ein 
Land,    welches    man    durch    inhumanes    Vorgehen    in    Besitz    benommen    hat 


Ekken:    Ein  japanischer  Fürstenspiegel.  115 

und  durch  irihuinanes  Vorgehen  zu  behaupten  sucht,  schon  nach  einem 
^Nlenschenalter  zugrunde  geht.  In  China  und  Japan  gibt  es  dafür  zahl- 
reiche Beispiele.  Das  Bestehen  eines  Landes  hängt  mit  der  Humanität 
seines  Ilei'rschers  zusammen,  der  Untergang  desselben  mit  seinen  inhumanen 
Handhuigen,  Von  den  Königen  Kets'  ("j^),  Chu  (^^)  und  allen  späteren 
inhumanen  Herrschern  konnte  keiner  dem  Untergang  entgehen.  Die  Kaiser 
Gyö  (^),  Shun  (^),  T5  (^)  und  Bu  {^)  in  erster  Linie  und  dann 
Koso  (|^jjj§.),  Buntei  (^'^)  der  Kan- Dynastie,  Kobu  {jf(^^)  aus 
der  Späteren  Kan  -  Dynastie ,  Taisö  (-^^j  der  Tö  (I^) -Dynastie  und 
die  folgenden  weisen  Herrscher  waren  alle  wohltätig;  deswegen  hatten  auch 
ihre  Länder  langen  Bestand.  Das  Schicksal  eines  Landes  hängt  ebenso 
wie  dasjenige  eines  Menschen  davon  ab,  ob  er  human  oder  inhuman  ist. 
Die  Könige  U  (^)  und  Tö  (^)  zügelten  sich  selbst,  daher  stand  ihr 
Land  in  großer  Bliite.  Die  Könige  Kets'  ('^)  und  Chu  (jfe%f)  unterdrückten 
ihre  Untertanen ,  daher  gingen  sie  zugrunde.  Die  Beherrschung  der  eigenen 
Person  ist  Humanität,  die  der  anderen  Unmenschlichkeit.  Wie  könnte  man 
sich  nicht  befleißigen,  Humanität  zu  üben? 

28.  Zur  Zeit  der  Dynastie  Tö  wurde  ein  Mann,  namens  Ribö  (^ß 
^^)  Minister.  Er  stellte  jedem,  der  ihn  besuchte,  folgende  drei  Fragen: 
"1.  Welche  Leiden  quälen  jetzt  das  Volk?  2.  Gibt  es  für  die  Gegenwart 
eine  gute  Regierungsmethode?  3.  Welche  Fehler  hat  die  gegenwärtige  Re- 
gierung? Diese  drei  Dinge  möchte  ich  wissen.«  Dies  machte  er,  um  die 
öffentliche  Meinung  zu  erfahren,  und  weil  er  fürchtete,  daß  die  Verhältnisse 
des  Volkes  oben  nicht  bekannt  würden.   Ebenso  mögen  alle  Minister  verfahren. 

29.  Der  zweite  Kaiser  der  Shin  (^;)- Dynastie,  der  Sohn  des 
Gründers  derselben,  sagte:  »Der  Grund,  warum  man  die  Herrschaft  hoch- 
schätzt, liegt  darin,  daß  der  Herrscher  das  tut,  was  er  will,  und  sich  ver- 
gnügt, wie  ihm  beliebt.  Um  das  Volk  zu  regieren,  genügt  es  nur,  daß  man 
strenge  Gesetze  gibt,  die  das  Volk  in  Ordnung  halten  und  jede  Übertretung 
und  Aufruhr  verhindern.  Dies  wurde  aber  die  Ursache  des  Unterganges 
der  Shin -Dynastie.  Wenn  auch  noch  viel  andere  Herrscher  ihr  Land 
verloren,  indem  sie  es  nicht  zu  leiten  verstanden,  und  sich  selbst  zugrunde 
richteten,  so  war  der  Grund  bei  allen  derselbe.  Die  Herrscher  müßten 
es  für  ein  Vergnügen  ansehen,  Gutes  zu  tun,  sehr  wohltätig  zu  wirken 
und  jedem  Untertan  seinen  richtigen  Platz  anzuweisen. 

30.  Gibt  man  den  Vasallen  zu  große  Renten,  so  daß  sie  zu  Reich- 
tum gelangen,  so  werden  diese  übermütig,  sind  für  Dienste  schwer  zu  ge- 
brauchen und  nützen  wenig.  Wenn  sie  in  Armut  geraten ,  so  kennen  sie 
keine  Scham,  sie  sind  betrügerisch,  bösartig  imd  bewahren  keine  Treue. 

31.  Niedrig  denkende,  schlechte  Menschen  verstellen  sich  in  Gegen- 
wart höherer  Beamten,  so  daß  es  nicht  zu  erkennen  ist,  wenn  sie  böse 
sind;  gegen  das  Volk  dagegen  kennen  sie  keine  Rücksichten,  so  daß 
ihre  Handlungsweise  klar  zutage  tritt.  Daher  soll  man  über  die  Beamten 
dasjenige   hören    und   wissen,    was   vom  Volke   über   sie   gesagt  wird,    und 


116  Ekken:   Ein  japanischer  Furstenspiegel. 

und  sie  danach  beurteilen.     Man  soll  die  Klagenden  nicht  tadeln  und  dem 
A^olke  den  Mund  nicht  stopfen. 

32.  Das  Wort  eines  erleuchteten  Herrschers  lautet:  Die  Strafen  der 
Götter  und  der  Herren  sind  zwar  sehr  zu  fürchten,  die  Strafen  der  eigenen 
Vasallen  und  Bauern  jedoch  am  meisten.  Denn  die  Strafe  der  Götter  läßt  sich 
durch  Gebet  abwenden,  den  Strafen  der  Herrscher  entgeht  man  durch  Abbitte; 
wenn  man  jedoch  die  Anhänglichkeit  der  Vasallen  und  der  Volksmassen  ver- 
liert und  diese  abtrünnig  werden,  so  ist  das  Unglück  nicht  mehr  abzuwehren. 

33.  In  China  wie  in  Japan  hat  es  den  Fürsten  die  größte  Mühe  ge- 
kostet, ein  Reich  zu  begründen.  Insbesondere  hatten  sich  diejenigen  Fürsten, 
die  während  der  Kriegszeiten  geboren  waren,  ihre  Dynastien  gründeten  und 
ein  Land  erhielten,  keinen  Augenblick  Ruhe  gönnen  können.  Sie  mußten 
in  Sturm  und  Regen  vom  Morgen  bis  zum  Abend  mit  ihren  Feinden 
kämpfen,  um  sich  unter  dem  Regen  von  Lanzen  und  Pfeilen  vor  dem 
sicheren  Tode  retten  zu  können.  Mit  fortwährenden  Sorgen  und  Strapazen, 
mit  großer  Not  und  Anstrengung  haben  sie  endlich  große  Länder  mit  ihren 
Einkünften  erkauft.  Durch  glückliche  Zeitumstände  und  Zufall  ist  noch 
kein  Land  auf  leichte  Weise  in  ihre  Hände  gekommen.  Die  Mühen, 
welche  sie  nach  der  Gründung  ihrer  Länder  auf  die  Erbauung  ihrer 
Schlösser,  sowie  bei  den  Bestimmungen  der  Gesetze  und  bei  Einrichtungen 
verwandten ,  waren  unermeßlich  groß.  Der  Beweggrund  dafür  war  selbst- 
verständlich treue  Gesinnung,  keineswegs  hatten  sie  die  Absicht,  ihrer  Re- 
gierung Glanz  zu  verleihen.  Sie  wünschten  nui-,  daß  ihre  Nachfolger  in 
ihrem  Sinne  weiter  wirkten  und  die  Gesetze  beobachteten,  damit  sie  ihr  Land 
und  Volk  nicht  verlören,  sondern  sich  langen,  glücklichen  Gedeihens  er- 
freuen möchten.  Dies  war  die  Absicht  des  Gründers  eines  Landes  und 
findet  in  folgenden  Worten  Ausdruck:  »Wenn  ein  Herrscher  eine  Regierung 
und  eine  Dynastie  errichtet,  so  wünscht  er,  daß  sie  dauernd  sei.«  Ihre 
Nachfolger  sollen  der  großen  Verdienste  der  ^'orfahren  und  der  Mühen  bei 
der  Gründung  gedenken,  die  Vorfahren  ehren,  ihre  Absichten  fortsetzen,  ihre 
Vorschriften  beachten,  das  Land  lange  erhalten  und  das  Volk  gut  regieren. 
Dies  ist  nach  dem  Willen  der  Vorfahren,  und  dies  ist  die  größte  Pietät, 
die  die  Fürsten  ihren  Vorfahren  erweisen  können.  Wenn  man  nicht  an 
die  Schwierigkeiten  bei  der  Gründung  des  Landes  denkt,  das  Land  regieren 
will,  ohne  sich  Mühe  zu  geben,  Reichtum  und  Würde  in  Sorglosigkeit  ge- 
nießt, ohne  weiteres  sich  dem  Trinken  und  Vergnügen  ergibt  oder  gar  aus 
Stolz  auf  seine  eigenen  Fähigkeiten  seine  Vorfahren  geringschätzt,  die  von 
ihnen  bestimmten  ^Forschriften  des  Hauses  übertritt,  das  Volk  quält,  Ver- 
waltung und  Rechtspflege  vernachlässigt,  endlich  das  Volk  zur  Rebellion 
reizt  und  das  Land  verliert,  so  hat  die  Pietätlosigkeit  gegen  die  A'orfahren 
ihren  Gipfel  erreicht.  Das  Bestehen  eines  Landes  hängt  also  davon  ab,  ob 
man  dies  beherzigt  oder  nicht.  Wenn  die  Nachfolger  der  Fürsten  an  diese 
beiden  Ursachen  denken,  immer  in  sich  gehen,  Tugend  und  Pietät  üben,  so 
wird  das  Herrscherhaus  auch  in  späteren  Zeiten  blühen  und  sein  Ruhm 
unvergänglich  sein. 


117 


Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Von  A.  Forke. 


L/hina  hat  seit  alter  Zeit  nicht  nur  mit  seinen  Nachbarstaaten,  sondern 
auch  mit  fern  wohnenden  Völkerschaften  Beziehungen  unterhalten.  Trotz 
des  Systems  der  Abschließung  gegen  fremde  Einflüsse  hat  es  doch  selbst 
oft  diplomatische  und  Handelsverbindungen  mit  fremden  Ländern,  die  ihm 
ganz  fern  stehen  mußten,  anzuknüpfen  versucht.  So  schroff,  vi^ie  man 
früher  wohl  annahm,  ist  die  Isolierung  des  großen  ostasiatischen  Reiches  nie- 
mals gewesen.  Die  vielen,  zum  Teil  sehr  wertvollen  Nachrichten  über 
fremde  ^'ölkerschaften  in  den  offiziellen  Geschichtswerken  sind  ein  beredtes 
Zeugnis  dafür.  Bekannt  ist  die  Entsendung  des  Chang  Ch'ien '  nach  Tur- 
kestan,  Ferghana,  Sogdiana,  Baktrien  und  Parthien  im  Jahre  122  v.  Chr. 
und  die  verunglückte  Mission  des  Kan  Ying^  in  das  Römische  Reich, 
welches  dieser  nicht  erreichte,  da  er  sich  nicht  über  das  große  Meer  ge- 
traute, im  Jalu'e  97  n.  Chr. 

Mit  den  Arabern  sind  die  Chinesen  näher  bekannt  geworden,  nachdem 
die  Kalifen  das  Sassanidenreich  erobert  hatten  imd  in  Innerasien  fast 
Nachbarn  der  Chinesen  geworden  waren.  Die  Aufzeichnungen  der  chinesi- 
schen Historiker  über  die  Araber  von  der  T'ang-Dynastie,  618 — 907  n.  Chr., 
an  hat  Bretschneider  in  seiner  interessanten  Monographie:  The  know- 
ledge  possessed  by  the  ancient  Chinese  of  the  Arabs  and 
Arabian  colonies,  London  1871  kurz  zusammengestellt.  Indes  die 
Bekanntschaft  der  Chinesen  mit  Arabien  und  seinen  Nebenländern  ist,  wie 
ich  glaube  im  folgenden  nachweisen  zu  können,  sehr  viel  älter  und  reicht 
meines  Erachtens  bis  in  das  10.  Jahrhundert  vor  Christus.  Freilich  läßt 
sich  das  nicht  ohne  weiteres  aus  den  Quellen  ablesen  und  erfordert  eine 
eingehendere  Untersuchung,  aber  ich  glaube,  daß  sich  aus  einer  Kombi- 
nation der  so  gewonnenen  einzelnen  Momente  das  angeführte  Resultat 
ergibt. 

Eine  große  Schwierigkeit  bei  derartigen  Untersuchungen  ist,  daß  die 
Chinesen  fremde  Länder  und  Völker  mit  ganz  anderen  Namen  zu  nennen 
pflegen  als  die,  unter  denen  wir  sie  kennen,  und  daß  diese  Namen  über- 
dies unter  den  verschiedenen  Dynastien  noch  wechseln.     So  hieß  das  Reich 


*^ 


118  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

der  Kalifen  zur  T'ang-Zeit  Ta  shih  kuoS  unter  den  Mongolen  (1280—1368) 
nannte  man  Arabien  T'ien-fang^  unter  den  Mings  (1368 —1628)  T'ien- 
fang  oder  T'ien-t'ang^  und  auch  wohl  Mo-chia*  (Mekka),  und  jetzt  nennt 
man  es  nach  europäischer  Aussprache  A-la-pi*.  Oft  wissen  die  chinesischen 
Schriftsteller  gar  nicht,  daß  verschiedene  Namen  ein  und  dasselbe  Land 
bezeichnen,  überhaupt  sind  die  meisten  ihrer  eigenen  Werke,  die  sich 
mit  ausländischen  Völkerschaften  befassen ,  für  sie  wegen  ihres  Mangels  an 
exakten  historischen,  geographischen  und  sprachlichen  Kenntnissen  Bücher 
mit  sieben  Siegeln,  aber  auch  dem  europäischen  Sinologen  macht  die  Identi- 
fizierung geographischer  chinesischer  Namen  sehr  große  Schwierigkeiten 
trotz  des  ihm  zur  \'erfügung  stehenden  größeren  wissenschaftlichen  Appa- 
rats. Er  muß  aus  dem  Zusammenhange  der  betreffenden  Stelle  seines 
Autors  und  auf  Grund  von  oft  sehr  ungenauen  Beschreibungen  eine  Deutung 
versuchen. 

Nach  den  chinesischen  Quellen  scheinen  die  Chinesen  ihre  erste  Kunde 

von  Arabien  durch  die  berühmte  Reise  des  Königs  Mu  ^  von  Chou 
(1001 — 946  v.  Chr.)  erhalten  zu  haben,  die  dieser  im  Jahre  985  v.  Chr. 
in  den  fernen  Westen  unternahm.  Nach  einem  alten  Kommentar  zu  den 
»Bambusannalen«  ^  würde  die  Hin-  und  Rückreise  190000  Li  =  etwa 
95000  km  betragen  haben.''  Dies  ist  natürlich  eine  starke  Übertreibung, 
aber  sie  zeigt  doch,  wie  weit  sich  der  Kommentator  das  fremde  Land 
dachte,  in  welches  Mu  Wang  gelangte.  In  jenem  fernen  Lande  besuchte 
der  König  S  i  Wa  n  g  M  u  ^  3E  "^ '  ^^'^i'*^li^^  übersetzt  « die  Königin- 
Mutter  des  Westens«.  Dieser  Besuch  hat  die  chinesische  Volksseele  mächtig 
erregt.  Sehr  bald  bemächtigte  sich  die  Legende  der  Person  der  Si  Wang 
Mu  und  machte  eine  Göttin  daraus,  welche  in  Glanz  und  Herrlichkeit  in 
den  Gefilden  der  Seligen  über  ihre  Genien  herrscht. 

Zu  joner  Zeit  nun,  als  König  Mu  im  fernen  Westen  ankam,  regierte 
dort  eine  ruhmreiche  Königin,  deren  glänzender  Hofhalt  uns  in  der  Bibel, 
1.  Kön.  10  geschildert  wird,  Bilkis,  die  Königin  von  Saba,  die  Freundin 
Salomos^.  Liegt  nun  der  Gedanke  nicht  außerordentlich  nahe,  daß  Si 
Wang  Mu,  welcher  der  Besuch  des  INIu  Wang  gegolten  hat,  niemand  anders 
ist  als  die  bekannte  Königin  von  Saba? 


'  ^^ 

*   Dessen  Regierung  nach  herkömmlicher  Rechnung  die  Zeit  von  1015 — 975 
Chr.  umfaßt. 


Forke  :   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  119 

Vor  Mu  Wangs  Zeit  waren  die  Chinesen  wahrscheinlich  noch  niclit 
über  die  Hochgebirge  Zentralasiens  hinausgekommen.  Sie  hatten  daher 
keine  Ahnung,  daß  es  außerhalb  Chinas  noch  zivilisierte  Nationen  gab. 
Sie  mußten  annehmen,  daß  die  öden  Länderstrecken  außerhalb  Chinas  nur 
von  wilden  Horden,  wie  ihre  Grenznachbareu  waren,  bewohnt  würden. 
Nun  gelangte  ihr  König  in  ein  reiches,  blühendes  Land,  das  noch  dazu 
von  einer  Königin  beherrscht  wurde.  Diese  wunderbare  Entdeckung  mußte 
eine  starke  Wirkung  auf  die  Phantasie  ausüben.  Die  Berichte  von  den 
Reichtümern,  den  seltsamen  Pflanzen,  Tieren  und  Menschen  des  Sabäer- 
reichs  lieferten  das  beste  Material  zur  Mythenbildung,  und  so  wurde  denn 
aus  der  Königin  von  Saba  die  Göttin  Si  Wang  Mu. 

Die  Götter  und  Genien  der  chinesischen  Mythologie  sind  entweder 
Personifikationen  von  Bergen,  Flüssen,  Gestirnen,  Naturkräften  und  Natur- 
erscheinungen oder  zum  Range  von  Göttern  erhobene  Menschen,  gewöhnlich 
Hsien  ^jjj  .Unsterbliche«  genannt.  Ich  brauche  nur  zu  erinnern  an  die 
»8  Unsterblichen «\  an  Kuan  Yü  aus  der  Zeit  der  Drei  Reiche,  der  zum 
Kriegsgott  Kuan  Ti^  wurde,  an  den  Mechanikus  Lu  Pan^,  einen  Zeit- 
genossen des  Konfuzius  im  Staate  Lu,  den  Gott  der  Handwerker,  die  beiden 
Schutzgötter  der  Haustüren,  Ch'in  Shu  Pao  und  Wei  Ch'ih  Kung*,  zwei 
Krieger  ans  der  T'ang- Dynastie  und  an  die  Schutzgöttin  der  Seefahrer,  Ma 
Tsu  P'oS  welche  in  Mei-chou®  in  der  Provinz  Fukien  gelebt  haben  soll. 
Si  Wang  Mu  wird  gewöhnlich  zu  den  Halbgöttern  gerechnet;  wir  können 
daher  annehmen,  daß  ihrem  Mythus,  wie  bei  den  erwähnten  Gottheiten, 
eine  historische  Persönlichkeit  zugrunde  liegt.  Es  läßt  sich  nun  für  eine 
Herrscherin  im  Reiche  der  Geister  und  in  den  seligen  Gefilden  kaum  ein 
besseres  Vorbild  finden  als  die  berühmte  Königin  im  »Glücklichen  Arabien«. 

Daß  unter  Si  Wang  Mu  wirklich  die  Königin  von  Saba  zu  verstehen 
sei ,  scheint  mir  aber  auch  der  Name  Si  Wang  Mu  anzudeuten.  Die  wört- 
liche Übersetzung  ist,  wie  oben  angegeben,  »Königin-Mutter  des  AVesteus«. 
Diese  Erkläiung  ist  möglich,  wenn  wir  annehmen,  daß  die  mit  diesem 
Namen  bezeichnete  Fürstin  so  sehr  alle  andern  Herrscher  des  Westens 
überstrahlte,  daß  sie  von  den  Chinesen  als  Königin  des  Westens  ««r  l'^oyjiv 
betrachtet  wurde.  Da  die  Chinesen  sonst  aber  dergleichen  vage  Bezeich- 
nungen nicht  lieben  und  sie  den  Namen  des  Reiches  der  genannten  Fürstin 
gekannt  haben  müssen,  so  erscheint  es  mir  wahrscheinlicher,  daß  dieser 
Name  in   dem   Ausdruck  Si  Wang  Mu,   und  zwar  in  der  ersten  Silbe  Si 


'  Aflll 

•  #* 

•  mm 

''  C.  de  Harlez,  Le  Livre  des  esprits  et  des  innnortels,  Bruxelles  1893,  S.  184. 


120  Fokke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

TfQ  enthalten  ist.  Die  Grundbedeutung  von  ^^  ist  »der  Westen«,  es 
kann  aber  auch  als  Ortsbezeichnung  gebraucht  sein. 

Die  moderne  Kuan-hua- Aussprache  von  ^^  ist  si,  so  wurde  der 
Charakter  aber  zweifelsohne  im  10.  Jahrhundert  v.  Chr.,  als  der  Name  Si  Wang 
Mu  zuerst  aufkam,  nicht  ausgesprochen.  Vergleichen  wir  die  uns  aus  den 
Dialekten  bekannten,  verschiedenen  Aussprachen,  so  ist  si  oder  gar  das 
pekingesische  hsi  die  allermod ernste  Form.  Nach  dem  Prinzip,  daß  sich 
die  einfticheren  Formen  aus  volleren,  volltönenderen  entwickelt  haben,  würde 
ich  die  kantonesische,  Amoy-  und  japanische  Aussprache  sai  für  gQ  filr 
die  nachweislich  älteste  halten,^  aus  der  sich  die  übrigen  Formen :  Äae(Foochow) 
te,  tei  {knnam),  56  (Korea),  si  und  hsi  (mandarin)  durch  Umlaut  und  Vokal- 
ausfall leicht  erklären  lassen.^  Daraus  folgt  nun  aber  noch  keineswegs,  daß 
man  im  10.  Jahrhundert  gerade  Sai  Wang  M  u  gesprochen  hat.  Einmal  reicht 
die  chinesische  Sprache  in  viel  ältere  Zeiten  als  das  10.  Jahrhundert  zurück, 
so  daß  für  dieses  nicht  gerade  die  älteste  Form  sai  maßgebend  sein  muß, 
andererseits  gab  es  jedenfalls  schon  damals  verschiedene  Dialekte  wie  heute, 
so  daß  eine  verschiedene  Aussprache  möglich  war.  Ich  halte  es  vielmehr 
für  sehr  wahrscheinlich,  daß  in  dem  Sprachgebiet,  wo  der  Ausdruck 
^g  ^ -0:  zuerst  entstand,  er  Sae  Wang  Mu  oder  Se  Wang  Mu  ausge- 
sprochen wurde.  Im  Shiking,  dassen  Lieder  zum  größten  Teil  aus  der 
älteren  Chou-Djmastie  stammen,  würde  nach  Legge  ^^  sei  zu  lesen  sein, 
was  e  sehr  nahekommt.^ 

Somit  hätten  wir  den  Ausdruck  Se  AVang  Mu  =  «Königin-^Iutter  von 

i 

Se»,  i.  e.  [SZ>  Saba.  Fatha  =  ä  ist  im  Arabischen  häufig  als  ae  oder  e  zu 
sprechen.  Nach  den  Ausspracheregeln,  wie  sie  Wright*  gibt,  nniß  gerade 
Sebä,  nicht  Säbä  gesagt  werden.  Mit  dem  p- Laut  tritt  uns  das  Wort  auch 
in  der  hebräischen  F'orm:  Schebä  =  Saba  entgegen. 

Die  Neigung  der  Chinesen,  von  fremden  Namen,  namentlich  von  Orts- 
bezeichnungen, nur  die  erste  Silbe  phonetisch  wiederzugeben,  ist  bekannt. 
Wie  man  sagt:  f i|l  I^  Te  kuo  «das  Land  Te«  =  De-utschland  oder  ^  ^^ 
Jih  huang  »Kaiser  von  Jih»  r=  Ja-pan,  kann  auch  Se  Wang  Mu  »Königin- 
Mutter  von  Se«  =  Seba  (Saba)  bedeuten.  Einsilbige  Ländernamen  ent- 
sprechen mehr  dem  chinesischen  Sprachgeist.  Die  Namen  der  alten  chine- 
sischen Feudalstaaten  waren  durchweg  einsilbig. 


1  Insofern   stimme   ich   mit   Schlegel   überein:   Beeret  of  the  Chinese  method 
of  transcribing  foreign  sounds,  T'ung  Pao,  Bd.  I,  1900,  S.  250. 

2  Wir  haben  denselben  Lautwandel  in  den  indogermanischen  Sprachen ,  z.  B. 
der  böse  Geist,  altpers.  da'wa,  sanskrit  deva,  parsi  dev^  neupers.  div. 

^     rttj  reimt  auf  T^M'  und  letzteres  lautet  nach  Legge,  Shiking,  Proleg.  S.  108 

auf  ei  aus.     Daß   die   Chinesen   zur   Umschreibung   von   finalem  e  in  Sanskritworten 

häufig  Wörter  gebrauchten,  die  heute  auf  ;  auslauten ,  geht  aus  folgenden  Beispielen 

aus  Jidien,  Methode  pour  dechiffrer  les  mots  sanscrits  hervor:  ^  =z  se,  -j»ffl  =  se, 

ß^  unter  anderem  =  ne,    ^jjj^   do  ^=zne,    7^|J  =  le,  Mff  =  le,  re. 

*    Wright,  Arabic  Grammar,  Bd.  I,  S.  9. 


Forke:   Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba.  121 

Warum  sprechen  nun  die  chinesischen  Quellen  immer  von  einer 
Königin -Mutter  von  Saba  und  nicht  kurzweg  von  der  Königin  von  Saba? 
Die  Chinesen  haben  nie  ein  weibliches  Thronfolgerecht  gekannt.  In  China 
haben  Königinnen  von  Rechts  wegen  immer  nur  als  Regentinnen  für  einen 
minderjährigen  Thronfolger  die  Regierung  geführt.  Diese  Anschauung  haben 
sie  wohl  auch  auf  Saba  übertragen.  Das  bei  den  Semiten  in  ältester  Zeit 
herrschende  Mutterrecht,  legt  den  Gedanken  nahe,  daß  es  damals  auch  eine 
weibliche  Thronfolgeordnung  gab.  Von  den  arabischen  Historikern,  die 
übrigens  für  die  älteste  Zeit  wenig  zuverlässig  sind,  wird  ein  Sohn  der 
Königin  von  Saba  als  ihr  Nachfolger  nicht  erwähnt.  Nach  Hamsa  al-Iss- 
fahäni  folgte  auf  sie  der  Bruder  ihres  Vaters,  Naschir  Junim\  nach 
Mass'udi  zunächst  Salomo,  dann  Yagir^.  Die  angebliche  Vermählung  der 
Königin  von  Saba  mit  Salomo  ist  jedenfalls  eine  fromme  Legende.  Sie  soll 
eine  Tochter  des  Königs  Hodhäd  gewesen  sein,  dem  sie  in  der  Regierung 
folgt.  Wir  hätten  somit  die  weibliche  Thronfolge.  Nach  einigen  Quellen 
war  sie  dagegen  die  Tochter  eines  Prinzen  Alychrah^ 

Die  Reise  des  Königs  Mu  zur  Königin -Mutter  von  Se  ist  historisch 
gut  bezeugt,  so  daß  kein  Grund  vorhegt,  sie  anzuzweifeln.  In  den  ßam- 
busannalen  lesen  wir  mit  Bezug  auf  König  Mu: 

"Im  17.  Jahre  (seiner  Regierung)  unternahm  der  König  eine  Expedition 
zum   K'un-lun- Berge  und  besuchte  die  Se  Wang  Mu.«* 

Das  Chu-shu-chi-nien,  dieBambusannalen,  sind  eine  unserer  Haupt- 
quellen für  die  älteste  chinesische  Geschichte,  im  Stile  dem  Cl/un-ch'iu  sehr 
ähnhch,  eine  knappe,  nüchterne  Chronik,  die  einen  durchaus  zuverlässigen 
Eindruck  macht,  aus  dem  Anfang  des  3.  Jahrhunderts  v.  Chr. 

Aus  derselben  Zeit  etwa  stammen  die  Werke  des  Philosophen  Lieh  Tse. 
Dieser  berichtet: 

»Darauf  wurde  (der  König)  von  Se  Wang  Mu  gastlich  aufgenommen. 
Am  Jaspisteich  wurde  ein  Bankett  gegeben,  wobei  Se  Wang  Mu  dem 
König  ein  Lied  sang.    Der  König  erwiderte  es.    Die  Verse  waren  elegisch.«^ 

Ausführlicher  geschildert  wird  die  Zusammenkunft  des  Mu  Wang  mit 
der  Königin  von  Saba  imMu  T'ien-tse  chuan^  einer  legendenhaft  ausge- 
schmückten Beschreibung  der  Reisen  des  Königs  Mu  aus  dem  2.  und  3. 
Jahrhundert  v.  Chr.,  auf  welche  wir  später  noch  näher  eingehen  werden.''  Das 

1  Hamzae  Ispahanensis  Annalium  Libri  X,  ed.  Gottwaldt,  Leipzig  1844,  S. 99. 

2  Ma^oudi,  Les  prairies  d'or,  par  C.  Barl)ier  de  Meyiiard  et  Pavet  de  Cour- 
telle, Paris  1861—77,  Bd.  III,  S.1.54. 

^    Caussin  de  Perceval,  Essai  sur  l'histoire  des  Arabes,  Paris  1847,  Bd.  I,  S.  75. 

''  Vgl.  Wylie,  Notes  on  Chinese  Literature  S.  153.  Ich  kann  Eitel  nicht 
beistimmen,  welcher  bei  seiner  Übersetzung  der  Chronik,  China  Review  Bd.  XVII, 
S.  223  bemerkt,  daß  das  Werk  aus  dem  10.  Jahrhundert  v.  Chr.  stamme. 


122  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Werk  ist  nicht  in  allen  Einzelheiten  historisch,  das  Meiste  daran  mag  Phan- 
tasie sein,  aber  es  hat  doch,  glaubeich,  wie  die  meisten  unserer  legenden- 
haften, mittelalterlichen  Chroniken  einen  historischen  Kern,  und  nur  darauf 
kommt  es  mir  an. 

Es  verdient  besonders  hervorgehoben  zu  werden ,  daß  in  diesen  ältesten 
Quellen,  auch  im  Mu  TMen  -  tse  chuan,  Se  Wang  Mu  nicht  als  Göttin ,  sondern 
als  eine  Fürstin  dargestellt  wird. 

Man  hat  daran  Anstoß  genommen,  daß  der  Besuch  des  Königs  Mu 
bei  Se  Wang  Mu  im  Shi-chi  nicht  expressis  verbis  erwähnt,  sondern,  wie 
es  scheint,  nur  angedeutet  wird.'  Wir  finden  in  der  Geschichte  der  Ch'in- 
Dynastie  folgenden  Passus: 

»Tsao  Fu  gewann  durch  seine  Geschicklichkeit  im  Wagenlenken  die 
Gunst  des  Königs  Mu  von  Chou.  Er  erhielt  ein  Viergespann  bestehend  aus 
dem  Roß,  dem  Sanftschwarzen,  dem  gelleckten  Fuchs  und  dem  Grünohr. 
Damit  machte  er  eine  Inspektionsreise  nach  dem  Westen,  wo  es  ihm  so 
gefiel,  daß  er  die  Rückkehr  vergaß.«^ 

Daß  dem  Sse  Ma  Ch'ien  die  Persönlichkeit  der  Se  Wang  Mu  bekannt 
war,  geht  aus  Shih-chi  Bd.  123,  S.  6,  worauf  ich  noch  zurückkommen 
werde,  hervor. 

Aus  dem  Nichterwälinen  einer  Tatsache  durch  einen  Schriftsteller, 
von  dem  man  voraussetzt,  daß  er  sie  gekannt  hat,  auf  ihre  Nichtexistenz 
zu  schließen,  ist  ein  sehr  mißliches  Argument,  das  schon  viel  Unheil  an- 
gerichtet hat.  Wie  ich  bei  anderer  Gelegenlieit  ausgeführt  habe,  würde  es 
sehr  unkritisch  sein,  die  Existenz  der  Großen  Mauer  zu  leugnen,  weil 
Marco  Polo  sie  nicht  erwähnt,  obwohl  er  sie  gesehen  haben  muß.  Von  den 
Reisenden,  welche  im  frühen  Mittelalter  China  besuchten  und  Aufzeichnungen 
hinterlassen  haben,  spricht  nur  Odoric  davon,  daß  die  Chinesen  mit  Kor- 
moranen  fischen  und  die  Fingernägel  lang  wachsen  lassen,  daß  ihre  Frauen 
sich  die  Füße  verkrüpjjeln  und,  daß  das  Reich  in  zwölf  Provinzen  eingeteilt 
war.^  Sollte  man  dies  deshalb  für  Fabeln  halten,  weil  Carpini,  Rubruquis, 
Marco  Polo  und  Ibn  Batuta  davon  schweigen?  Weshalb  ein  bestimmter 
Autor  etwas  nicht  erwähnt,  was  man  von  ihm  erwarten  sollte,  läßt  sich 
meist  sehr  schwer  sagen,  und  daher  lassen  sich  für  gewöhnlich  auch  keine 
Schlüsse  aus  dem  auffallenden  Schweigen  ziehen. 

In  unserem  Falle  würde  die  Reise  des  Königs  Mu  zur  Königin  von 
Saba  freilich  an  Glaubwürdigkeit  gewinnen,  wenn  auch  das  Shi-chi,  unsere 
beste  Quelle  für  das  chinesische  Altertum,  sie  bestätigte,  und  ich  glaube, 
daß  dies  in  der  Tat  der  Fall  ist  trotz  des  obigen  Zitats. 

Der  bekannte  Kommentator  Kuo  P'o*,  276 — 324  n.  Chr.,  eine  Au- 
torität auf  dem  Gebiet  der  Altertumsforschung,  der  unter  anderm  auch  das 


'    Vgl.  Chavannes ,  Memoires  historiques  de  Se  Ma  T'sien  Bd.  II .  S.  6  ff. 

:2illsy^ff^WnS:^  -  shi-dü  Bd.s,  s.a. 

3    Yule,  Cathay  and  the  Way  Thither  S.  21. 

'  mm 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  123 

Slian-hai-king  und  das  Mu  T'ien-tse  chuan  kommentiert  hat,  polemisiert 
in  seiner  Vorrede  zum  Shan-hai-king  gegen  Sse  Ma  Ch'ien  und  andere 
Gelehrte,  welche  sich  ablehnend  gegen  besagtes  "Werk  verhalten.  Dabei 
sagt  er  wörtlich  Folgendes: 

»Das  Shi-chi  sagt:  König  Mu  erhielt  die  edlen  Rosse:  den  Hell- 
schwarzen ,  den  Grünohr  und  den  gefleckten  Fuchs.  Er  hieß  Tsao  Tu  sie 
zu  lenken  und  machte  eine  Inspektionsreise  nach  dem  Westen.  Doit  be- 
suchte er  die  Se  Wang  Mu,  wo  es  ihm  so  gefiel,  daß  er  die 
Rückkehr  vergaß.«^ 

Da  nicht  anzunehmen  ist,  daß  Kuo  P'o  das  Shi-chi  ganz  falsch  zitieren 
oder  gar  böswillig  dem  Sse  Ma  Ch'ien  etwas  in  den  Mund  legen  würde, 
was  dieser  nicht  gesagt  hat,  so  vermute  ich,  daß  dem  Kuo  P'o  ein  anderer 
Text  des  Shi-chi  vorgelegen  hat  als  unser  heutiger  und  daß  letzterer  un- 
vollständig ist  und  nach  dem  Text  des  Kuo  P'o  ergänzt  werden  muß.  Daß 
unser  Text  des  Shi-chi  lückenhaft  ist,  geht  auch  daraus  hervor,  daß  Sinn 
sowohl  wie  Symmetrie  für  ,^  -Roß«  :^  ,^  »das  rote  Roß  =^  der  Braune« 
verlangen,  den  Namen  eines  der  berühmten  acht  Rosse  des  Mu  Wang,  die  im 
Lieh  Tse  und  Mu  T'ien-tse  chuan  vollständig  aufgeführt  werden. 

Auch  eine  Note  des  Konunentators  Chang-Chan'^  aus  der  Chin- 
Dynastie,  265 — 420  n.  Chr.,  zu  Lieh  Tse  III,  2  v.  bestätigt  meine  Vermutung, 
daß  im  Urtext  des  Shi-chi  die  Reise  zur  Se  Wang  Mu  ausdrücklich  erwähnt 
ist.     Sie  lautet: 

»Das  Shi-chi  sagt:  Tsao  Fu  verschaffte  dem  König  Mu  den  ge- 
fleckten Fuchs,  den  Braunen  und  den  fleckenlosen  Schimmel.  Er  lenkte 
sie  auf  der  Reise.  Man  besuchte  die  Se  Wang  Mu,  wo  es  (jenem) 
so  gefiel,  daß  er  die  Rückkehr  vergaß.-^ 

Die  ^"ergöttlichung  der  Königin  von  Saba  scheint  schon  im  3.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  begonnen  zu  haben.  Chuaug  Tse,  der  etwas  später  als 
Lieh  Tse  lebte,  stellt  sie  bereits  als  eine  Art  taoistische  Heilige  dar.  Indem 
er  von  der  Erlangung  des  Tao  spricht,  sagt  er: 

"Se  Wang  Mu  erlangte  es.  Sie  ließ  sich  in  Shao-kuang  nieder. 
Niemand  weiß,  seit  wann,  und  niemand  bis  wann.«* 

Der  Ort  Shao-kuang  ist  unbekannt.  Ganz  in  das  Reich  der  Fabel 
wird  die  Königin  bereits  von  Huai  Nan  Tse  versetzt,  der  gegen  Ende 
des  2.  Jahrhunderts  v.  Chr.  lebte.     Dieser  schreibt: 


*    ChuangTse  B.  III,  Kap.  VI,  7:    ^  ^  ^  ^^  ::^  :^^^  M  M 


124  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

»Yi  erbat  das  Elixier  der  Unsterblichkeit  von  Se  Wang  Mu.  Heng  0 
stahl  es  und  floh  damit  zum  Monde.«' 

Hou  Yi^  hat  der  Legende  nach  im  24.  Jahrhundert  v.  Chr.  unter 
Kaiser  Yao  gelebt.  Heng  O,  auch  Ch'ang  0^  genannt,  seine  Gattin,  gilt 
als  Mondgöttin. 

Bei  späteren  Schriftstellern,  namentlich  taoistischen  imd  solchen,  die 
an  Wundergeschichten  Gefallen  finden,  wird  die  Königin  von  Saba  immer 
legendenhafter.  Sie  fährt  auf  einem  Drachenwagen,  drei  grüne  Vögel  sind 
ihre  Boten  usw. 

Eine  Uberlandreise  von  China  nach  Arabien  kann  natürlich  im 
10.  Jahrhundert  v.  Ch.  keine  leichte  Sache  gewesen  sein,  aber  wir  brauchen 
sie  nicht  gleich  für  unmöglich  zu  halten.  Dafür  kennen  wir  das  innere 
Asien  jener  Zeit  viel  zu  wenig.  Wahrscheinlich  waren  Wege  und  Kom- 
munikationsmittel damals  gar  nicht  viel  schlechter  als  zu  Beginn  des  INIittel- 
alters,  als  die  ersten  europäischen  Reisenden  nach  China  gelangten,  denn 
gerade  in  dieser  Beziehung  schreitet  der  Orient,  wenn  überhaupt,  jedenfalls 
nur  im  Schneckenschritt  vorwärts.  Ohne  Zweifel  standen  die  asiatischen 
Völkerschaften  auch  zu  jener  Zeit  schon  im  Handelsverkehr  miteinander. 
Gerade  die  beiden  äußersten ,  die  Chinesen  sowohl  als  auch  die  Sabäer,  sind 
seit  alters  als  bedeutende  Kaufleute  bekannt.  Die  Sabäer  sandten  ihre 
Waren  zu  den  Persern  und  Baktrern,  die  Chinesen  zu  den  Skythen 
(Hsiung-nu)  und  Parthern.  Die  Parther  vermittelten  zw'ischen  dem  fernen 
Osten  und  dem  fernen  Westen.  Die  Römer  benutzten  im  I.Jahrhundert 
n.  Chr.  die  große  Karawanenstraße,  welche  wahrscheinlich  schon  seit 
Alexanders  des  Großen  Zeiten  existierte.  Sie  führte  von  Hierapolis  am 
Euphrat  südlich  am  Kaspischen  Meer  vorbei  über  Edessa,  Ekbatana, 
Hekatompolis,  die  Haujjtstadt  der  Paither,  durch  das  Gebiet  der  Hyr- 
kanier  nach  Antiochia  Margiana  und  durch  Baktrien  nach  dem  »Stein- 
turm« in  Taschkend  in  Russisch -Turkestan,  von  wo  aus  die  Straße  über 
den  T'ien-shan  nach  Chinesisch -Turkestan  weitergeht.* 

Unter  allen  Umständen  war  die  Reise  eine  ganz  hervorragende 
Leistung  und  nur  einem  Manne  von  großem  Tatendrang,  Unternehmungs- 
geist und  Abenteuerlust  möglich,  Eigenschaften,  die  sich  bei  den  meisten 
chinesischen  Herrschern  nicht  finden.  Wäre  die  Reise  von  irgendeinem 
anderen  Herrscher  berichtet  worden,  so  würden  wir  berechtigten  Grund 
haben ,  Zweifel  darein  zu  setzen.  Mu  Wang  aber  besaß  die  Eigenschaften, 
die  ein  Entdeckungsreisender  haben  muß.  Er  war  gescheit  und  energisch, 
dafür  zeugen  die  verschiedenen  Feldzüge,  welche  er  gegen  die  fremden 
Völkerschaften  an  den  Grenzen  des  Reichs  unternahm.     Von  seinem   Vater 

*    Bretsclmeider,  a.  a.  O.  S.  4. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  125 

hatte  er  die  Vorliebe  für  die  Jagd  geerbt.  Seine  Jagdzüge  dehnte  er  bis 
weit  ins  Inland  aus.^  »Seine  liebste  Beschäftigung  aber  war  das  Reisen  und 
er  verbrachte  den  größten  Teil  seiner  Regierung  damit«  bemerkt  v.  Fries 
sehr  treffend.^  Die  wenigsten  Herrscher  der  alten  chinesischen  Dynastien 
haben  eine  ausgeprägte  Physiognomie,  Mu  Wang  hat  eine,  er  ist  der 
chinesische   Reisekonig. 

Das  Tso-chuan  aus  dem  5.  Jahrhundert  v.  Chr.  enthält,  wie 
der  erwähnte  Kuo  P'o  in  seiner  Einleitung  zum  Shan-hai-king  hervorhebt, 
die  folgende  charakteristische  Stelle; 

>>Mu  Wang  wünschte  seinem  Herzenswunsche  zu  folgen  und  in  der 
ganzen  Welt  die  Radspuren  seines  Wagens  und  die  Fußtapfen  seiner 
Rosse  zurückzulassen.«^ 

Ganz  ähnlich  äußert  sich  Su  Che  (1039—1112  n.  Chr.)  im  Ku-shih*: 

»Der  König  (Mu)  wünschte  seinem  Herzenswunsche  zu  folgen  und 
überall  umherzureisen.  Die  ganze  Welt  sollte  die  Radspuren  seines 
Wagens  und  die  Fußtapfen  seiner  Rosse  zeigen«,^ 

und  Cheng  Ch^ao^  (1108—1162  n.Chr.)  im  T'ung-chih: 

»Der  König  erhielt  acht  edle  Rosse,  welche  täglich  1000  Li  liefen.  Er 
machte  Tsou  Fu  zum  Wagenlenker  und  wünschte,  daß  die  Radspuren  seines 
Wagens  und  die  Fußtapfen  seiner  Pferde  in  allen  vier  Himmelsrich- 
tungen und  bis  an  die  acht  Enden  der  Welt  zu  sehen  wären. «^ 

Die  leidenschaftliche  Reiselust  würde  einen  hinreichenden  Grund  für 
die  Fahrt  nach  dem  fernen  Westen  abgeben.  Dazu  mag  noch  ein  anderes 
Motiv  gekommen  sein.  Mu  Wang  war  wie  viele  der  älteren  chinesischen 
Könige  der  Magie  und  dem  Zauberglauben  ergeben.  p]in  Hauptziel  der 
Magier  war  die  Ei'langung  der  Unsterblichkeit  durch  Auffinden  des  so- 
genannten Lebenselixiers,  bzw.  der  Gefilde  der  Seligen,  welche  man  im 
Besitze  dieses  Zaubermittels  wähnte.  Von  verschiedenen  chinesischen  Fürsten 
ist  überliefert  worden,  daß  sie  Expeditionen  ausgeschickt  haben,  um  die 
Inseln  der  Seligen  zu  suchen.  Dies  wird  z.  B.  von  den  Prinzen  von  Wei, 
Hsüan  und  Yen  (311  und  279  v.  Chr.)  berichtet.**  Mir  scheint  es  nun  höchst 
wahrscheinlich,  daß  König  Mu  selbst  ausgezogen  ist,  um  das  vermeintliche 
Elysimn  zu  entdecken,  und  da  er  es  nicht  fand,  immer  weiter  und  weiter 


1  De  Maiila,  Histoire  generale  de  la  Cliine.     Paris  1777.     Bd.  I,  S.  347  fl*. 

2  V.  Fries,  Abriß  der  Geschichte  Chinas.  Wien  1884.     S.  34. 

*    iSIÜ'  "i*  jS  ^^'^-  ^S'-  Mayers  Manual  Nr.  624  und  VVylie,  Notes  S.23. 
®   Mayers,  Nr.  61. 

1l^^\^Z'4kMU.%^^mMm:^  Am     I-  T'u  shu  Chi  ch'cng. 
8   Schlegel ,  T  ung  Pao  Bd.  VI,  S.  56. 


126  Fohke:   Mu  Wang  und  die  Konigin  von  Saba. 

gefahren  ist,  bis  er  nach  Arabien  zur  Königin  von  Saba  gelangte.  Vielleicht 
ist  er  auch  direkt  von  einem  Magier,  welcher  ihm  das  glückliche  Arabien 
mit  der  Königin  von  Saba  als  das  Reich  der  Unsterblichen  schilderte,  zu 
der  Reise  veranlaßt  worden.  Diese  Vermutung  legt  die  Schilderung  des 
Königs  im  Lieh  Tse  III,  1   sehr  nahe. 

Zu  Mu  Wang  war  ein  Magier  oder  Alchimist  aus  einem  Reiche 
im  äußersten  Westen  gekommen.'  welcher  durch  seine  Künste  den 
König  vollständig  beherrschte.  Dieser  Magier  könnte  sehr  wohl  ein  Araber 
gewesen  sein.  Die  Araber  waren  im  Altertum  als  Magier  berühmt.  Pythagoras 
und  Demokrit  sollen  sich  auch  bei  den  arabischen  ISIagiern  Belehrung  über 
Mantik  und  Arzneikunde  geholt  haben. ^  Nach  arabischen  Quellen  waren 
die  Schahra,  westlich  von  Tzafär  in  Yemen,  Zauberei-.^  Besagter  Magier 
nun  versetzte  den  König  in  Hypnose  und  verursachte  ihm  Visionen.  Wie 
es  im  Text  heißt,  ersuchte  der  Magier  den  König,  mit  ihm  zu  reisen.* 
Der  König  hielt  sich  an  seinem  Rockzipfel  und  flog  mit  ihm  zum  Himmel 
empor.  Dort  zeigte  ihm  der  Magier  seinen  von  Gold  und  Edelsteinen 
strahlenden  Palast  und  andere  Wunder  des  Himmels.^  Als  der  König  wieder 
zu  sich  kam,  »war  es  ihm,  als  fiele  er  ins  Leere.  Beim  Erwachen  fand  er, 
daß  er  noch  an  derselben  Stelle  saß  wie  vorher  und,  daß  die  Diener  noch 
dieselben  waren  wie  früher.  Vor  ihm  stand  noch  sein  Wein  unausgetrunken, 
und  die  Speisen  waren  noch  nicht  tiocken  geworden«. 

»Der  König  fragte,  woher  er  gekommen  sei.  Sein  Gefolge  antwortete: 
Der  König  saß  versunken  da.« 

"Hierauf  verlor  INIu  Wang  sich  selbst.  Nach  drei  3Ionaten  fragte  er 
wieder  den  INIagier.« 

»Der  Magier  erwiderte:  Ich  bin  mit  des  Königs  Geist  gereist.  Wie 
hätte  sich  der  Körper  fortbewegen  können.^  Und  wie  wäre  der  Ort,  wo 
wir  uns  aufhielten,  verschieden  von  des  Königs  Palast  oder  die  Gegend, 
welche  wir  durchwanderten,  verschieden  von  des  Königs  Park?  Der  König 
hatte  sich  von  seinen  Gewohnheiten  losgesagt  und  eine  Zeitlang  seine  Zweifel 
unterdrückt.  Das  verursachte  die  vollkommene  Wandlung.  Wie  kann  man 
durch  Phlegma  oder  Überreiztheit  das  Ideal  erreichen?« 

»Der  König  war  sehr  erfreut.  Er  kümmerte  sich  nicht  mehr  um 
die  Regierungsgeschäfte  und  interessierte  sich  nicht  mehr  für  seine  Diener 
und  seine  Frauen.  Sein  brennender  Wunsch  war,  in  die  Ferne  zu 
reisen.     Er  gab  Befehl,  die  acht  edlen  Rosse  anzuschirren.«^ 

2  Plinius  XXV,  13  Porphyr,  vita  Plot.  11,  12. 

3  Sprenger,  Die  aUe  Geographie  Aral)iens,  1875,  S.  9L 

5    Vgl.  Faber,  Licius,  Elberfeld  1877.  S.  58. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  A'on  Saba.  127 

Es  folgt  dann  die  Beschreibung  der  Reise  zur  Se  Wang  Mu.  Der 
König  wollte  jedenfalls  erforschen,  ob,  was  er  im  Geiste  gesehen,  auch 
auf  Erden  zu  finden  sei.  Obgleich  es  nicht  besonders  erwähnt  wird ,  möchte 
ich  doch  annehmen,  daß  der  Magier  aus  dem  fernen  Westen  auch  für  diese 
Reise,  zu  welcher  er  den  König  durch  die  Hypnose  veranlaßt  hatte,  die 
Führung  übernommen  und  daß  er  den  König,  um  ihm  das  irdische  Paradies 
zu  zeigen,  in  seine  Heimat,  nach  Arabien,  an  den  glänzenden  Hof  der 
Königin  von  Saba  geleitet  hat. 

Nach  dem  Gesagten  dürfen  wir  die  Reise  des  Königs  Mu  in  den 
äußersten  Westen  zu  der  Königin  von  Se  für  historisch  halten.  Für  die 
Identität  dieser  Königin  mit  der  Königin  von  Seba  oder  Saba  habe  ich 
verschiedene  Wahrscheinlichkeitsbevv eise  erbracht:  die  chi'onologische  Über- 
einstimmung der  Reise  mit  der  Regierungszeit  der  Königin  von  Saba,  die 
Wahrscheinlichkeit  der  Entwicklung  des  Mythus  von  der  Göttin  Se  Wang 
Mu  aus  Reminiszenzen  an  die  Praclit  und  den  Glanz  des  Hofhalts  der 
sabäischen  Fürstin  und  die  INIöglichkeit,  didä  das  Se  in  Se  Wang  Mu  nichts 
anderes  als  eine  Verkürzung  von  Se-ba  ist.  Diese  hohe  Wahrscheinlich- 
keit wird  meines  Erachtens  zur  vollen  Gewißheit  durch  die  nachfolgenden 
Quellenstellen,  welche  zum  größten  Teil  dem  Shan-hai-king,  dem  ältesten 
chinesischen  geographischen  Werke  entnommen  sind. 

Die  Ansichten  über  das  Shan-hai-king ^  den  »Berg-  und  Meerklassiker«, 
gehen  bei  den  chinesischen  sowohl  als  auch  bei  den  europäischen  Gelehrten 
weit  auseinander.  Die  einen  halten  es  für  ein  sehr  wichtiges  Werk  der 
ältesten  Literatur,  die  andern  für  ein  Fabelwerk  ohne  wissenschaftlichen 
Wert.  Allerdings  sind  namentlich  die  Teile,  welche  die  fremden,  nicht- 
chinesischen Länder  behandeln,  voll  von  zum  Teil  recht  kindlichen  Fabeln 
und  Wundergeschichten,  die  leicht  gegen  das  ganze  Werk  einnehmen. 
Allein  bei  eingehenderem  Studium  findet  man  doch,  daß  sehr  vielen  dieser 
Fabeln  ein  tieferer  Sinn  zugrunde  liegt.  Wenn  man  stets  im  Auge  behält, 
daß  alle  Orientalen  sich  viel  bilderreicher  auszudrücken  pflegen  als  wir, 
daß  sie  sehr  zu  Übertreibungen  neigen  und,  daß  ihre  Beobachtungen  an 
Genauigkeit  oft  viel  zu  wünschen  übrig  lassen,  so  ist  es  möglich,  viele 
Stellen  des  Shan-hai-king  zu  erkläi'en ,  die  auf  den  ersten  Blick  als  reine 
Phantasiegebilde  oder  direkter  Unsinn  erscheinen.  Der  letzte  Herausgeber 
des  Shan-hai-king,  Pi  Yuan^,  ein  hervorragender  Kenner  des  chinesischen 
Altertums,  gibt  in  der  Vorrede  folgendes  charakteristische  Beispiel,  wie 
man  das  Shan-hai-king  zu  interpretieren  hat: 


mZf!ir-ttimm^zm^mmm^t:mitz'f^t^^ 

'  |1|»$S 
•  *Y7C 


128  Fokke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

»Das  Shan-hai-king  erzählt  keine  Wunderdinge,  das  Wundern  ist 
lediglich  auf  seiten  der  Erklärer.  Mit  Bezug  auf  den  Ch'ih -Vogel'  und 
den  Menschenfisch  2  sagt  es  z.  B.,  daß  sie  das  Gesicht  eines  Menschen 
hätten.  Der  Ausdruck  »Gesicht  eines  Menschen«  bedeutet,  daß  mit  mensch- 
lichen Zügen  einige  Ähnlichkeit  vorhanden  ist.  Ebenso  sagt  unser  Klassiker, 
daß  derYing-mu^  und  der  Hsing-hsing*  sprechen  können.  Das  soll  eben- 
falls eine  gevi^isse  Ähnlichkeit  mit  der  menschlichen  Sprache  bedeuten. 
Indes  auf  den  bildlichen  Darstellungen  aus  späterer  Zeit  hat  man  den  Tieren 
wirklich  menschliche  Gestalt  gegeben.  Den  erwähnten  Vogel  und  Fisch 
sieht  man  heute  noch.«^ 

Diese  Erklärungsmethode  hat  kürzlich  Schlegel  in  seiner  Artikel- 
serie: Problemes  geographiques,  T'ung-pao  Bd.  111,  1892  ff.,  zur  An- 
wendung gebracht  und  ist  dabei  zu  überraschenden  Resultaten  gelangt.  Er 
hat  von  einer  ganzen  Reihe  von  Völkerschaften,  die  das  Shan-hai-king 
erwähnt  und  welche  man  zunächst  für  Ausgeburten  der  Phantasie  hält, 
nachgewiesen,  daß  und  wo  sie  existiert  haben.  Ich  habe,  wie  aus  dem 
Nachfolgenden  hervorgehen  wird,  ähnliche  Erfahrungen  gemacht. 

Daß  das  Shan-hai-king  älter  als  die  Chou- Dynastie  sei,  was  einige 
chinesische  Ki-itiker  annehmen,  halte  ich  für  ausgeschlossen.  Das  in  dem 
Werk  verarbeitete  Material  mag  allerdings  wohl  zum  Teil  noch  aus  jener 
Zeit  stammen.  Man  beschäftigte  sich  unter  der  Chou- Dynastie  offiziell  mit 
Geographie,  wie  aus  dem  Vorhandensein  eines  geographischen  Departements 
mit  224  Beamten  hervorgeht.^  Dort  hatte  man  jedenfalls  auch  altes  INIaterial 
aufgespeichert.  Ich  neige  zu  der  Ansicht,  daß  das  Shan-hai-king  in  seiner 
jetzigen  Form  aus  dem  4.  oder  3.  Jahrhundert  v.  Chr.  stammt.  Der  Stil 
ist  nicht  anders  als  der  gegen  das  Ende  der  Chou -Dynastie  übliche,  durch- 
aus verschieden  von  dem  ältesten  Ku-wen,  wie  wir  ihn  im  Shuking  und 
Shiking  finden.  Sse  Ma  Ch'ien  erwähnt  das  Shan-hai-king  ohne  Nennung 
des  Autors  mit  dem  geographischen  Abschnitt  des  Shuking,  dem  Yü-pen- 
chi''  zusammen.     Danach  muß  im  2.  Jalirhundert  v.  Chr.  —  Sse  Ma  Ch'ien 


'    Die  Eule,  deren  Gesicht  in  der  Tat  menschenähnlich  ist. 

'^  Darunter  ist  der  Seehund  zu  verstehen,  der  einen  nicnschenälinlichen 
Kopf  bat. 

3  Der  Papagei.  Ying-mu  bedeutet  entweder  die  »Papageienmutter«  oder  es 
ist  nur  ein  anderer  Ausdruck  für  das  Abliebe  M^  i^S  Ying-vu  -Papagei-;  m'm 
lautet  in  den  südlichen  Dialekten  meistens  mu. 

*   Eine  Affenart :   Rhiiiopitbecus. 

W*i'i^lWAWrBJ«ttliJltJiftA?gltb.ftÄ^.4-'^ 

^  4|f       Vgl.    auch    Eitel,    Prolegomena    to    the    Shan- bai-king,    China    Review 

XVII,  338. 

6    Wylie,  Notes  S.  35. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  129 

lebte  von  163  —  85  v.  Chr.  —  das  Sluin-hai-king  schon  ein  bekanntes  Buch 
gewesen  sein.  Falls  zwei  Parallelstellen  im  Lieh  Tse  und  im  Lü  Shih 
ch'un-ch'iu'  aus  dem  Shan-hai-king  entlehnt  sein  sollten,  was  Pi  Yuan 
annimmt^,  so  wäre  dadurch  die  Existenz  des  Werkes  auch  für  das  4,  oder 
3.  Jahrhundert  bewiesen. 

Das  Shan-hai-king  ist  kein  einheitliches  Werk ,  sondern  scheint  aus 
mehreren  Stücken  zusanunengearbeitet  zu  sein.  Es  macht  den  Eindruck, 
als  ob  zwei  oder  drei  Rezensionen  desselben  Urtextes,  der  durch  Zusätze 
und  Noten  erweitert,  vorlägen.  Der  Stil  der  einzelnen  Teile  ist  derselbe 
und  rührt  wahrscheinlich  von  einer  Überarbeitung  im  3.  oder  4.  Jahrhun- 
dert her.  So  kommt  es  denn,  daß  über  denselben  Gegenstand  an  zwei 
oder  drei  verschiedenen  Stellen  mit  ziemlich  ähnlichen  Worten  berichtet  zu 
werden   pllegt. 

Was  weiß  nun  das  Shan-hai-king  über  das  Land  der  Königin-Mutter 
von  Se  zu  berichten? 

Wir  lesen  in  Buch  XVI,  in  dem  Kapitel  über  die  Länder  »westlich 
von  der  Großen  Einöde "^  nachdem  über  verschiedene  Fabelländer  belichtet 
worden  ist: 

»Im  Westen*  ist  der  Berg  der  Königin-Mutter,  der  Schluch- 
tenberg und  der  Meerberg.  Es  ist  das  Land  der  Wo;  die  Wo- 
Leute  wohnen  dort.«^ 

Was  unter  dem  Lande  der  Wo  zu  verstehen  ist,  erfahren  wir  aus  einer 
Parallelstelle  in  Buch  VII,  welches  von  den  Ländern  westlich  vom  Meere  han- 
delt.^ Hier  heißt  es:  ^"^*^^f*-  ^C  ist  verküi'zt  für  y^,  indem,  wie  so 
häufig,  das  phonetische  Element  für  das  volle  Zeichen  stellt.  Wir  können  daher 
mit  dem  P  o  -  w  u  -  c  h  i  h  ^ :  "j^  Y^  ^  H?-  lesen.  Pi  Yuan  erklärt  diese  Lesart 
für  die  richtige.** 

Nun  bedeutet  ^"  eine  Insel.  ^  ^^  ^'- B-  ist  die  »kostbare  Insel«, 
Ratnadvipa  =  Ceylon,  ^^r  bedeutet  »bewässern«  und  übertragen:  »durch 
Bewässerung  fruchtbar«  und  H?»  ist  die  »Wüste«.  Der  ganze  Ausdruck 
bedeutet  demnach:  »Die  inselartige,  durch  Bewässerung  fruchtbar  ge- 
machte  Wüste«     oder    freier    übersetzt:     »die    wohlbewässerte,    fruchtbare 


2   Vgl.  Eitel  a.  a.  O.  S.  340. 

*  Es  läßt  sich  hier  nur  «Westen«  nicht  Saba  übersetzen.  Das  Shan-lial-king 
scheint  Se  als  Westen  aufgefaßt  zu  haben,  woraus  aber  noch  nicht  folgt,  daß  es 
von  Anfang  an  so  verstanden  ist. 


^    Die  Lesart  ^g  ^^  kommt  auch  vor. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.   I.  Abt.  '■• 


1 30  Forke  :   Mu  Wang  und  die  Konigin  von  Saba. 

Wüsteninsel.«  Besser  könnte  Arabia  felix,  das  Land  der  Sabäer,  kaum 
bezeichnet  werden.  Durch  künstliche  Bewässerung  soll  das  an  die 
arabische  Wüste  angrenzende  Hochland  von  Yemen,  im  Südwesten  der 
arabischen  Halbinsel,  nach  dem  Zeugnis  der  Alten  in  einen  paradiesischen 
Garten  verwandelt  worden  sein,  daher  der  Name  vj  £\jhalfxwv''A^aßicc,  Arabia 
felix,  dem  das  chinesische  Y^  ^  ^m  "das  wohlbewässerte,  fruchtbare  Land« 
im  Buch  XVI  dem  Sinne  nach  nahekommt.  Die  Araber  selbst  nennen  ihr 
Land:  (iazirat  al 'Arab  »die  In  sei  Ar  abien«.  Da  arab  im  Semitischen 
ursprünglich  »Steppe,  trockene,  wüste  Gegend«  bedeutet  —  im  Hebräischen 
ist  'arabah  »Wüste,  Steppe«  - —  so  würde  die  wörtliche  Übersetzung  auch 
die   »Wüsteninsel«   sein.^ 

Die  Bewohner  des  »wohlbewässerten  Landes«  Y^  J^  ^  würden  natur- 
gemäß y^  [^  A  und  verkürzt  \^  K  »Wo-Leute«  heißen.  Darunter  sind 
also  die  Bewohner  von  Arabia  felix,  die  Sabäer,  zu  verstehen.  Auch  das 
Lü-shih-ch'un-ch'iu  (S.Jahrhundert  v.Chr.)  kennt  sie  und  erwähnt  als 
besondere  Eigentümlichkeit,  daß  sie  »Phönix« -Eier  essen.  Was  darunter  zu 
verstehen  ist,  werden  wir  im  folgenden  sehen.    Der  betreffende  Passus  lautet: 

»Westlich  vom  »Flugsand«  und  südlich  vom  Bleierzgebirge  gibt  es 
Phönixeier,  welche  die  Wo-Leute  essen. «^ 

Unter  ))n^V'J^  »Flugsand«  pflegt  man  gewöhnlich  die  Wüste  Gobi  zu 
verstehen.  Der  Ausdruck  ließe  sich  aber  ebensogut  auf  die  südarabische 
Wüste  beziehen.  Mit  P^  ijj  » Bleierzgebirge«  könnte  sehr  wohl  das  Gebirge 
von  Oman  (Ostarabien)  gemeint  sein,  wo  Bleierze  vorkommen  und  Niebuhr 
eine  Bleigrube  gefunden  hat.^  Der  Fundort  der  Phönixeier  würde  danach 
der  Südwesten  der  südarabischen  Wüste  in  der  Nähe  von  Yemen  sein. 

Huai  Nan  Tse  IV,  9  v.  führt  das  Volk  der  Wo  unter  den  3(3  Völker- 
schaften auf,  welche  jenseits  des  JMeeres  bzw.  der  Wüste  im  fernen  Westen 
wohnen: 

»Das  Volk  der  Weißen,  der  AVo,  der  Frauen  und  der  Kavaliere«*  usw., 
die  auch  im  Shan-hai-king  alle  genannt  werden.  Unter  den  Weißen  ist  jeden- 
falls irgend  ein  kaukasischer  Stamm  zu  verstehen.  Sie  haben  nach  der 
Beschreibung  des  Shan-hai-king  VIP  weiße  Haut  und  tragen  das  Haar 
lang.  Die  Frauen  sind  Amazonen,  die  Kavalliere  tragen  nach  dem  Kom- 
mentar gelbe  Tracht,  Hut  und  Schwert.^  Aus  dieser  Aufzählung  scheint 
soviel  hervorzugehen,    daß  die  Wo-Leute  nicht  sehr  weit  von  Kaukasiern 


'    Paulys    Realenzyklopädie    des   klassischen    Altertums,    herausgegeben    von 
G.  Wissowa.    Stuttgart  1896  Bd.  II,  unter  Arabia  (D.  H.  Muller),  S.  343. 

^    Lü-shih-cln,n-clnu   XIV  G :    ^  \i^  :    ^^  ^jj,^  :^  ^  ft  [U  Z  ^ 

3    Ritter,  Erdkunde,  Bd.  XII,  S.  488. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  131 

mit  heller  Hautfarbe  eiitteint  wohnten.  Nach  dem  Shan-hai-king  a.  a.  0. 
würden  die  »Weißen"  nördlich  von  den  Wo  gewohnt  haben.  Sollten  dar- 
unter vielleicht  kleinasiatische  Griechen  zu  verstehen  sein? 

Bei  der  Aufzählung  der  acht  Himmelsgegenden,  welche  an  die  acht 
Pole,  die  acht  Endpunkte  der  Erde  grenzen,  sagt  Huai  Nan  Tse: 

»Der  Westen  heißt  das  Goldgebirge  und  die  wohlbewässerte 
Wüste."! 

Arabien  galt  ])ei  den  Alten  als  ein  reiches  Goldland.  Strabo  XVI,  18 
erwähnt  Gold  bei  den  Nabatäern  in  Nordarabien,  das  in  Klumpen  bis  zur 
Größe  einer  Walnuß  vorkommen  solP.  Nach  Plinius  hatten  die  Sabäer 
das  meiste  Gold,  die  an  Weihrauch  reichsten  Waldungen,  gutbewässerte 
Äcker,  viel  Wachs  und  Honig  ^.  Der  Goldreichtum  der  Sabäer  geht  auch 
aus  der  Schilderung  des  Besuchs  der  Königin  von  Saba  bei  Salomo  hervor. 
Außerordentlich  reiche  Goldlager  finden  sich  zwei  Tagereisen  östlich  von 
Qan'a,  der  heutigen  Hauptstadt  von  Yemen*.  Arabien  war  noch  produktiver 
an  Gold  als  an  Silber^.  Der  arabische  Geograph  Hamdani  267  zählt  in 
einem  Kapitel  über  die  Minen  in  Yamama  und  Diyän  Rabija  eine  Silber-, 
eine  Kupfer-  und  fünf  Goldminen  auf®. 

Aus  den  angeführten  Zitaten  scheint  mir  hervorzugehen,  daß  das 
Reich  der  Königin -Mutter  von  Se  auf  einer  Wüsteninsel  lag,  nicht  weit 
vom  Meere,  denn  es  wird  ein  »Meerberg«  erwähnt,  daß  es  durch  künst- 
liche Bewässerung  sehr  fruchtbar  gemacht  worden  und  ein  Hochland ,  reich 
an  Goldminen  war.  Nördlich  davon  wohnten  Kaukasier  mit  heller  Haut- 
fai'be  und  langem  Haar. 

Weiter  berichtet  das  Shan-hai-ki  ng  B.  VII  über  die  »wohlbewässerte 
Wüsteninsel«  folgendes: 

»In  der  wohlbewässerten  Wüsteninsel  singt  der  Lu  an -Vogel  und 
tanzt  der  »Phönix«  ohne  weiteres.  Die  Bevölkerung  ißt  die  Phönix- 
eier und  trinkt  süßen  Tau.  Alle  Wünsche  werden  ihr  von  selbst  er- 
füllt. Die  mannigfachsten  Arten  Tiere  finden  sich  zusammen  und 
leben   in   Scharen   nördlich   von    den   vier   Arten   Schlangen^.     Die  Leute 


!    Huai  Nan  Tse  IV,4v.^^g^5Pg>^||f. 

^    Xpiico;  T£   opvxTo;  ylvsTCLi  nctp   avTOiQ  oi   4/y);/paTo; ,   aWa   ßtoXapt'wv  p^ucrou  xa^ap- 

flV/lCTCiV    Ss    XafhGV. 

3    Plinius  VI,  161 :  Gallus cetera  explorata  retulit: Sabaeos  ditissinios 

silvarum  fertilitate  odorifera,  auri  metallis,  agrorum  riguis ,  mellis  ceraeque  proveiitu. 

*    Sprenger,  Geographie  S.  284. 

^    Sprenger  S.  58. 

^    Bei  Sprenger  S.  52. 

''  Nach  dem  Zeugnis  der  Alten  war  Arabien  besonders  reich  an  Schlangen. 
Herodotlll,  107  erzählt  von  den  geflügelten  Schlangen,  welche  die  Weilirauchbäume 
im  Sabäerlande  bewachten  und  erst  durch  Styraxdampf  verscheucht  werden  mußten. 
Auch  Plinius  XU,  81  berichtet,  daß  die  Sabäer  Styrax  verbrannten,  um  die  Schlangen 
zu  verjagen,  die  sich  in  großen  Mengen  in  den  Balsamwäldern  aufhielten.  Hero- 
dot  III ,  107 :    ta  yap   Sev^psa  toZiu  ta  Xißoi/WToejjcpa   c(pisg  vnomipoi ,   (Tuufol  xa.  fiiys^sa, 


1 32  Forke  :    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

packen  ein  Ei  mit  beiden  Händen  und  verspeisen  es.  Zwei  Vögel 
gehen  voran  und  zeigen  ihnen  den  Weg.«^ 

Die  Parallelstelle  dazu  in  Buch  XVI  lautet: 

»In  der  wohlbewässerten  Wüste  dienen  Phönixeier  als  Speise  und 
süßer  Tau  als  Trank.    Was  immer  die  Leute  wünschen,  alle  Geschmäcker 

sind  vorhanden Der  Luan  -Vogel  singt  und  der  Phönix   tanzt   ohne 

weiteres,  und  es  scharen  sich  alle  Arten  Tiere  um  sie  zusammen.  Jene 
Gegend  heißt  die  wohlbewässerte  Wüste. «^ 

Der  »süße  Tau«  ~^^^»  den  die  Wüstenbewohner  trinken,  ist 
nichts  anderes  als  das  Manna,  welches  wir  aus  2.  Moses  16  kennen,  das 
der  Herr  dem  Volke  Israel  in  der  Wüste  Sin  nahe  dem  Sinai  regnen  ließ. 
»Und  am  Morgen  lag  der  Tau  um  das  Heer  her.  Und  als  der  Tau  weg 
war,  siehe,  da  lag  es  in  der  Wüste  rund  und  klein  wie  der  Reif  auf 
dem  Lande.  Und  da  es  die  Kinder  Israels  sahen,  sprachen  sie  unter- 
einandei-:  Das  ist  Man;  denn  sie  wußten  nicht,  was  es  war.  Mose  aber 
sprach  zu  ihnen:    Es  ist  das  Brot,  das  euch  der  Herr  zu  essen  gegeben  hat.« 

Das  Manna,  der  »süße  Tau«,  rührt  von  einer  in  ganz  Arabien  vor- 
kommenden Tamariskenart,  der  Tamarix  mannifera,  her  und  entsteht 
durch  den  Stich  einer  Schildlaus,  Coccus  manniparus,  in  die  jungen 
Zweige.  Der  horvorquillende,  honigsüße  Saft  trocknet  ein  und  fällt  in 
schweren  Tropfen  zu  Boden,  wo  er  als  hellgelbe  Kügelchen  wie  Tau  erscheint. 
Das  Manna  hat  einen  honigartigen  Geschmack  und  wird  noch  heutzutage 
von  den  Arabern  auf  Brot  gestrichen  gegessen.  Vür  die  Sinaihalbinsel  ist 
es  ein  Handelsartikel.  Man  gewinnt  dort  im  Jahr  6  —  7  Zentner.  Die 
Beduinen  pressen  es  in  kleine  Blechzylinder  zusammen  und  verkaufen  es 
so  an  die  Pilger.^  Ritter  (Erdkunde  Bd.  XII,  S.  596)  gibt  als  ein  Haupt- 
produktion.szentrum  für  Manna  Nedshed  in  Zentralarabien  an,  von  wo  das 
Produkt  auch  nach  der  Insel  Bahrein  in  Ostarabien  exportiert  wird. 

Die  Chinesen  verstehen  jetzt  unter  »süßem  Tau«  eine  Art  Ambrosia, 
welche  Geistern  und  Genien  und  solchen,  die  es  werden  möchten,  als 
Speise  dienen  soll.  Wir  liaben  in  den  beiden  Stellen  des  Shan-hai-king 
den  Ursprung  dieses  Mythus  vor  uns.    Vielleicht  hat  König  Mu  selbst  den 


TTOtxt'Xoi    T«    Bi^ea ,    <j)uXacro-oucri    7rXr|,3'£i    noWol    nspl    dkv^pov    'ixctCTOv  ....    ov^ivl    Ss  aXXw 
OLTtBXavvovTUi    «TTo    Tuv    ^Ev^pewv    v]    tJj?    (TTvpaxoi   TW    xcLTivZ,     Pllnlus  XII,  81:    Ex    Syria 

revehunt  styracem Eundem  et  ad  serpentis  fugandas  urunt  in  odoriferis  silvis 

frequentissimas. 

-\i-m^tkZ!iji'4käi^üL'smmmmiBitmi.tntM 
Am^m^P:m;zm.%JSMmz 

&&mfkzm- 

2    Vgl.  Schoeiifeld ,  Reise  durch  die  Sinaihalbinsel,  im  Globus  Bd.  85 ,  Nr.  16 
S.  250  (1904). 


Forke:    Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba.  133 

goldigen,  süßen  Tau  unter  den  Tamarisken  in  der  Wüste  gefunden  und 
sich  seinen  Ursprung  ebenso  erklärt  wie  die  Juden,  nämlich  als  ein  be- 
sonderes Gnadengeschenk  der  Gottheit.  Die  Annahme,  daß  der  wunderbare 
Tau  den  Göttern  selbst  als  Trank  dient,   liegt  dann  sehr  nahe. 

Was  nun  den  Luaii -Vogel  ^^  anbetrifft,  so  ist  dies  nur  eine  Abart 
des  Phönix,  auch  ein  mythischer  Vogel.  Der  Feng^i  oder  Feng-'huang 
M^  M[  wird  von  den  Europäern  allgemein  als  Phönix  bezeichnet,  obwohl 
die  Beschreibung  dieses  Vogels  sich  mit  der  des  griechischen  Phönix  durcli- 
aus  nicht  volikonnnen  deckt.  Es  besteht  nur  eine  gewisse  Analogie  zwischen 
beiden. 

Wir  erfahren  nun  vom  Feng-'huang,  daß  die  Wüstenbewohner  ein 
Ei  mit  beiden  Händen  packen,  wenn  sie  es  verspeisen  wollen,  und  daß 
zwei  Vögel  ihnen  den  Weg  zu  den  Eiern  zu  zeigen  pflegen.  Der  Phönix 
singt  und  tanzt,  und  die  Tiere  scharen  sich  um  ihn. 

Weshalb  müssen  die  Wüstenbewohner  die  Eier  mit  beiden  Händen 
anpacken  und  genügt  nicht  eine  Hand  wie  bei  andern  Eiern?  Jedenfalls, 
weil  die  Eier  für  eine  Hand  zu  groß  sind.  So  groß  sind  nur  die  Straußen- 
eier, also  haben  wir  es  mit  Straußen  zu  tun,  und  ist  unter 
Feng-'huang  der  Strauß  zu  verstehen.  Ich  habe  nicht  den  geringsten 
Zweifel,  daß  der  Strauß  und  nicht,  wie  man  gewöhnlich  annimmt,  der 
Fasan  das  Urbild  des  Feng-'huang,  des  Königs  der  Vögel,  gewesen  ist. 
Wenn  die  bildlichen  Darstellungen  des  Feng-'huang  eine  unverkennliche  Ähn- 
lichkeit mit  dem  Fasan  zeigen,  so  kommt  das  daher,  daß  die  chinesischen 
Maler  den  Strauß  aus  eigener  Anschauung  nicht  kannten  und  den  Fasan 
als  Muster  für  ihre  Phantasieschöpfung  nahmen.  Der  Fasan  »das  wilde 
Huhu"  ^J*^||  ist  in  China  etwas  viel  zu  Gewöhnliches,  als  daß  die  Volks- 
phantasie sich  gerade  diesen  auswählen  und  daraus  einen  Wundervogel 
machen  sollte.  Ganz  anders  eignet  sich  dafür  der  vorsündflutliche  Riesen- 
vogel im  fernsten  Westen.  Die  Beschreibung  des  Feng-'huang  im  Shan-hai- 
king  und  anderen  alten  Quellen  paßt  vollkommen  auf  den  Strauß  und  ganz 
und  gar  nicht  auf  den  Fasan. 

Wir  haben  bereits  gesehen,  daß  auch  das  Lü-shih-ch'un-ch'iu,  ein 
Werk  aus  dem  3.  Jahrhundert  v.  Chr.,  erwähnt,  daß  die  Wo -Leute,  die  An- 
wohner der  Wüste,  Phönix-,  d.h.  Straußeneier  essen.  Das  Yu  -yang-tsa-  tsu  ' 
aus  dem  8.  Jahrhundert  n.  Chr.  belehrt  uns,  daß  der  Phönix  einen  besonderen 
Sitz  habe.  »Dies  ist  ein  Gegenstand  zu  Füßen  des  Phönix  wie  ein  weißer 
Stein.  Von  Zeit  zu  Zeit  kommt  der  Phönix  und  bringt  ihm  gleichsam  seine  be- 
sondere Huldigung  dar.  An  dem  Ort,  wo  er  sich  setzt,  scharrt  er  ein 
drei  Fuß  tiefes  Loch.  Darin  liegt  ein  runder  Stein  wie  ein  Ei, 
ganz  weiß.   Die  liebevolle  Sorgfalt,  die  er  darauf  verwendet,  beruhigt 


134  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

sein  Gemüt.«  Nach  dem  Chen  tsang  ch'i,  das  den  Passus  des  Yu  yang- 
tsa-tsu  in  etwas  erweiterter  Form  enthält,  scharrt  der  Phönix,  wo  er  sich 
niederläßt,  ein  2  —  3  Fuß  tiefes  Loch  in  die  Erde.  Der  Verfasser  wundert 
sich  über  dies  eigentümliche  Gebaren  des  Geistervogels,  weshalb  er,  da  er 
—  nach  der  Tradition  —  sich  doch  nur  auf  den  Zweigen  des  Wu-tung- 
Baumes  niederlasse,  auf  die  Eide  komme,  dort  seinen  besondei-en  Sitz  habe 
und  dafür  noch  ein  Loch  in  die  Erde  scharre.  Er  meint,  daß  sich  das  nicht 
erklären  lasse,  aber  wohl  in  der  Natur  begründet  liege. ^ 

Wir  haben  es  hier  natürlich  mit  Straußeneiern  zu  tun ,  die  wie  große, 
weiße,  runde  Steine  aussehen.  Der  Strauß  behandelt  sie  mit  liebevoller 
Sorgfalt  während  des  Brütens.  Dazu  scharrt  er  sich  ein  tiefes  Nest  in  den 
Wüstensand,  in  dem  er  oft  beim  Brüten  bis  auf  den  Hals,  der  herausragt, 
verschwindet.^ 

Es  fällt  den  Sti-außen  natürlich  nicht  ein ,  die  Araber  zu  ihren  Nestern 
zu  führen,  damit  sie  ihnen  die  Eier  wegnehmen,  wie  das  Shan-hai-king 
berichtet.  Diese  irrige  Annahme  könnte  aber  sehr  wohl  auf  folgende  Eigen- 
tümlichkeit der  Strauße  zurückzuführen  sein.  Wird  eine  brütende  Straußen- 
henne von  ihrem  Neste  verscheucht,  so  sucht  sie  mit  Geschrei  den  Hahn 
auf.  Dieser  bringt  sie,  wie  die  Araber  einstimmig  behaupten,  mit  Gewalt 
zum  Neste  zurück.  Daher  wird  der  Hahn  auch  Salim  »der  Gewaltige« 
genannt.'  Dadurch,  daß  Hahn  und  Henne  in  dieser  Weise  dem  Neste  zu- 
eilen, würden  allerdings  die  Verfolger  darauf  hingeleitet  werden. 

Ganz  genau  passen  nun  aber  auf  den  Strauß  die  weiteren ,  vom  Shan- 
hai-king  angefühlten  Charakteristika  des  Phönix.  Ich  muß  gestehen,  daß 
mir  diese  Eigentümlichkeiten  des  Straußes  ganz  unbekannt  waren  und  daß 
mich  erst  die  Notiz  dieses  so  viel  verschrieenen  alten  Werkes  darauf  geführt 
hat.     Vielleicht  wird  es  den  meisten  meiner  Fachgenossen  ähnlicli  ergehen. 

Der  Phönix  tanzt  und  singt  und  die  Tiere  scharen  sich  um  ihn.  So 
das  Shan-hai-king.     Hören  wir  nun,   was  Brehm  von  den  Straußen  sagt: 

»Gegen  die  Mittagszeit  hin  haben  sie  ihren  Magen  gefüllt  und  ruhen 
nun  entweder  einige  Stunden,  bald  auf  den  Fußwurzeln  hockend,  bald  auf 
dem  Bauche  liegend,  oder  tummeln  sich  munter  und  übermütig  umher  und 
führen  die  wunderlichsten  Tänze  auf,  indem  sie  wie  toll  in 
einem  Kreise  hin-  und  herlaufen,  die  Flügel  heben  und  zitternd 
schwingen,  als  ob  sie  versuchen  wollten,  sich  in  die  Luft  zu  erheben.« 
(Bd.  V,  S.  693.) 

»Der  Hahn  sucht  seine  Liebe  durch  eigentümliche  Geber  den 
und  Tänze  auszudrücken.  Er  hockt  vor  dem  Weibchen  auf  die  Fuß- 
wurzel nieder,  bewegt  Hals  und  Kopf  in  regelmäßiger  Weise,  zittert  am 
ganzen  Körper  und  schlägt  mit  den  Flügeln.  Beim  Schreien  wirft  er  den 
Hals  zurück,  schließt  den  Schnabel  und  stößt  nun  durch  krampfhafte,  aber 


2  Brehms  Tierleben,  neu  bearbeitet  von  Pechuel-Loesclie  1890,  Bd.  V,  S.  701. 

3  Brehm  a.  a.  0.  S.  705. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  135 

willkürliche  Bewegungen  des  ganzen  Körpers  die  in  der  Lunge  enthaltene 
Luft  hervor,  wobei  er  seine  Kehle  außerordentlich  aufbläht.  Die  dreimal 
drei  Töne,  die  er  oft  wiederholt,  erinnern  an  das  Brüllen  eines 
weit  entfernten  Löwen  oder  auch  an  ein  dumpfes  Trommeln. 
Der  zweite  ist  um  einige  Töne  höher  als  der  erste,  der  dritte 
viel  tiefer  und  gedehnt,  gegen  das  Ende  hin  allmählich  ver- 
schwächt.«    (S.  699.) 

Das  Shan-hai-king  kann  also  mit  Fug  und  Recht  von  dem  Singen 
des  Phönix  (Strauß)  sprechen,  denn  die  Töne,  welche  er  hervorbringt ,  sind 
von  verscliiedener  Höhe,  lang  oder  kurz,  forte  oder  piano  und  folgen  aufein- 
ander in  bestinnnten  Intervallen.  Das  Ch'in-ching  sagt,  daß  die  leisen 
Töne  des  Pliönix  wie  Glocken,  die  lauten  wie  Pauken  klängen.' 
Auf  die  Bemerkung,  daß  allerlei  Tiere  sich  um  den  Strauß  scharten,  beruht 
auf  Wahrheit.  Antilopen,  Zebras  und  andere  Vierfüßler  vergesellschaften 
sich  gern  mit  dem  Strauß ,  weil  er  vermöge  seiner  Größe  die  Ebene  meilen- 
weit überschaut,  jede  drohende  Gefahr  sofort  bemerkt  und  das  Signal  zur 
Flucht  gibt.  Er  verrichtet  so,  ohne  es  besonders  zu  beabsichtigen ,  Wächter- 
dienste für  sein  Gefolge. 

Meine  Annahme,  daß  der  Feng-'huang,  der  chinesische  Phönix ,  kein 
anderer  Vogel  sein  kann  als  der  Strauß,  wird  durch  die  Schrift  vollkommen 
bestätigt.  M^  =  feng  ist  moderne  Schreibweise,  im  Ku-wen  schrieb  man 
dafür  BhI  oder  ohne  Radikal  einfach  HjR.  Das  Zeichen  Bh|  lautet  heute 
'peng  und  bedeutet  einen  Riesenvogel,  ähnlich  dem  Märchenvo'gel  Rukh. 
Da  nun  also  in  ältester  Zeit  HHl  sowohl  für  den  Vogel  Feng,  den  Phönix, 
als  auch  für  den  Riesenvogel  P'eng  gebraucht  wurde  —  die  Differenzierung 
der  Aussprache  wird  erst  später  erfolgt  sein  — ,  so  folgt  daraus,  daß  der 
Phönix  und  der  Rukh  ursprünglich  identisch  waren,  imd  daß  man  erst 
s})äter  zwei  verschiedene  \"ögel  daraus  gemacht  hat.  Der  Vogel  Rukh  ist 
eine  phantastische  Übertreibung  des  Vogel  Strauß.* 


2  Siehe  das  gj^^^5  clas  ~)^^^^^  i^ind  Chalmers,  Structure  of  Chinese 
characters  1882,  S.  170. 

*  Die  erste  Erwähnung  scheint  im  Lieh  Tse  V,  4  v.  vorzukommen.  «Es  gibt 
einen  Fisch,  der  ist  einige  tausend  Li  breit  und  entsprechend  lang.  Er  heißt  Wal- 
fisch. Auch  gibt  es  einen  Vogel,  P'eng  genannt,  dessen  Flügel  wie  vom  Himmel 
herabhängende  Woliien  sind   und  dessen  Körper  dem  entspricht.«      "^ '^  ^^    ^ 

^  ^  ^  S  Ä  fl  W  S  ^^'^'^  Clmang  Tse  L  1  verwandelt  sich  der  Wal- 
fisch in  einen  Rukh.  Der  Rücken  dieses  Vogels  mißt  mehrere  tausend  Li ,  und  wenn 
er  fliegt ,  so  sehen  seine  Flügel  wie  vom  Himmel  herabhängende  Wolken  aus :    w^ 


136  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Daß  im  Altertum  die  riesige  Größe  als  ein  Hauptmerkmal  des  Phönix 
galt,  geht  aus  verschiedenen  Stellen  in  Wang  Ch'ungs  Lun-heng  (I.Jahr- 
hunderts n.Chr.)  hervor.  Das  Erscheinen  des  Feng-'huang  in  den  Palästen 
verschiedener  Herrscher,  wovon  er  berichtet,  ist  nicht  als  historisches  Faktum 
zu  nehmen.  Da  der  Phönix  als  heiliger  Vogel  galt,  so  ließ  man  ihn  er- 
scheinen ,  um  die  Regierung  des  betreffenden  Kaisers  als  besonders  segens- 
reich hinzustellen.' 

»Zur  Zeit  des  Kaisers  Hsiao  Hsüan  Ti  (73 — 48  v.  Chr.)  ließ  sich  ein 
Phönix  im  Shang-lin-Park  nieder  und  später  auch  auf  einem  Baume  am 
Osttor  des  Chang-lo- Palastes.     Er  war  5  Fuß  hoch.-^ 

»Unter  der  Regierung  des  Wang  Mang  (9 — 23  n.  Chr.)  erschien  ein 
i-iesiger  Vogel,  so  groß  wie  ein  Pferd  mit  buntem  Gefieder  und 
di^achenartiger  Zeichnung,  der  sich  zusammen  mit  einigen  zehn  anderen 
Vögeln  in  Ch'i-hsien  im  Staate  P'ei  niederließ.  Der  Phönix,  welcher  zur 
Zeit  des  Hsüan  Ti  sich  auf  den  Boden  niedersetzte,  war  5  Fiiß  hoch,  was 
der  Größe  eines  Pferdes  gleichkommen  würde.  «^ 

Diese  Größe  entspricht  etwa  der  des  Straußes,  der  ungefähr  2  m  mißt. 

Nach  dem  Mu  T'ien-tse  chuan  HI,  1  v.  hat  König  Mu  die  Strauße 
in  Arabien  kennen  gelernt  und  ihrer  Federn  wegen  jagen  lassen.  Nachdem 
der  Besuch  bei  der  Königin  von  Saba  beschrieben  worden  ist,  falii't  die 
Erzählung,  in  welcher  sich  hier  und  da  kleinere  Lücken  finden,  folgender- 
maßen fort: 

»Am  Ting-wei  (330.  Tage)  gab   der  Sohn   des  Himmels    ein  Bankett 

auf  dem  Wen-Berge sah  sich  die  Vögel  an.     Am  Chi-yu  (332. 

Tage)  gab  er  ein  Gastmahl  am  Ju-Fluß.    Er  erließ  einen  Befehl  tuid  wies 

die  INI  annschaften  der  sechs  Armeen  an,  die  Federn  zu  (sammeln) 

Es  waren  dort Marschen  und  Seen,  Hügel,  Ebenen  und  Hochplateaus. 


'  Wang  Ch'ung  bemerkt,  daß  weder  seine  Zeitgenossen,  noch  die  Chinesen 
in  früheren  Jahrhunderten  genau  wüßten,  wie  ein  Phönix  und  ein  Einhorn  aussähen. 
In  früherer  Zeit  habe  man  Vögeln  und  Tieren  von  seltsamer  Gestalt  ohne  weiteres 
den  Namen  Phönix  oder  Einhorn  gegeben  (Lun-heng  XVI,  10).  So  hat  man  wahr- 
seheinlieh  auch  irgendeinen  großen  und  seltenen  VogeL  den  man  zur  Zeit  der  Kaiser 
Hsüan  Ti  und  Wang  Mang  beobaciitet  hat,  als  Phönix  bezeichnet.  Es  könnten  auch 
die  Regierung-sdevisen  dieser  Kaiser:  ^'^  M^  und  ^^  ^.  ^u  der  Annahme  geführt 
liaben,  daß  unter  ihrer  Regierung  wirklicii  Phönixe  erschienen  seien.  Das  ist  natür- 
lich ausgeschlossen.  Die  Beschreibungen  zeigen  aber,  wie  man  sich  damals  einen 
Phönix  vorstellte,  was  für  uns  allein  in  Betracht  kommt. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba,  137 

Die  »Riesenvügel«  ^  wurden  ihrer  Federn  beraubt.^  Als  die 
Soldaten  der  sechs  Armeen  damit  fertig  waren,  gelangten  sie  in  die  »weite 
El)ene«.'' 

»Der  Sohn  des  Hinunels  gab  für  die  ersten  Minister,  Grafen  und 
FTirsten  ein  großes  Essen  und  belohnte  die  Offiziere  der  sieben  Garden  auf  dem 

»Federhügel«.     Darauf  ließ  er  das  Stück  Kuang-lo   spielen Die 

Mannschaften  der  sechs  Armeen  durchschweiften  jagend  die  »weite  Ebene» 
und  machten  ungeheure  Jagdbeute.  Ganze  Scharen  von  \^ögeln  und  Tieren 
wurden  erlegt.  Diese  große  Jagd  der  Soldaten  der  sechs  Armeen  dauerte 
neun  Tage.  Hierauf  lagerten  sie  sich  auf  dem  Feder (hügel)  .  .  .  .  Zum 
Transport  für  die  erjagten  Felle  und  Jagdtrophäen  mußten  sie  sich  Wagen 
leihen.  Der  Sohn  des  Himmels  nahm  auf  diese  Weise  hundert 
Wagen  voll  Federn  mit  sich.«* 

Mu  Wang  sah  also  im  Hochland  von  Yemen  Strauße  und  ließ  ihre 
Federn  sammeln.  Wahrscheinlich  waren  diese  Vögel  von  seinen  Leuten 
geschossen  worden.  Als  er  dann  auf  seiner  Rückreise  die  »weite  Ebene«, 
d.  h.  die  Wüste,  erreichte,  veranstaltete  er  eine  neuntägige  Jagd,  der  zahllose 
Strauße  und  andere  Tiere  zum  Opfer  fielen.  Daß  zum  Transport  der  Federn 
allein  hundert  Wagen  nötig  waren,  ist  natürlich  eine  starke  Übertreibung.  Der 
Hügel,  auf  welchen  die  Jäger  ihre  Beute  zusanunentrugen,  wurde  jedenfalls 
von  den  vielen  doi-t  aufgehäuften  Straußenfedern  » Federhügel «  genannt. 
Darunter  ist  keineswegs  ein  aus  Federn  bestehender  Hügel  zu  verstehen. 
Diese  irrige  Vorstellung  scheint  dem  Kommentator  der  Bambusannalen  vor- 
geschwebt zu  haben,  indem  er  schreibt:  -Auf  seinem  Zuge  nach  dem  Norden 
reiste  der  König  tausend  Li  über  Flugsand  und  tausend  Li  über  aufgehäufte 
Federn.«*     Auch  die  Richtuns;  nach  Norden  stimmt  nicht. 


^  ^M  &  heißt  der  »große  Vogel«,  nicht  »the  fincst  bird-  wie  Eitel  a.  a.  O. 
S.  234  übersetzt.  Das  Erh-ya  definiert  ^g  niit  ~iv-ni,-  'j5M  Iej  ist  nur  ein  anderer 
Ausdruck  für  -^^^,  womit  man  ztir  Han-Zeit  den  Strauß  bezeichnete,  als  man 
von  neuem  seine  Bekanntschaft  machte. 

2  P]itel  übersetzt:  »The  finest  birds  shed  their  feathers.-  Ich  glaube,  daß 
es  sich  hier  um  das  gewaltsame  Ausreißen  der  kostbaren  Straußenfedern  iiandelt. 
Mir  ist  nicht  bekannt,  daß,  abgesehen  von  den  Vogeibergen  im  hohen  Norden, 
Vögel  je  an  einem  Ort  ihre  Federn  abwerfen,  so  daß  sich  das  Einsammeln  lohnen  würde. 


138  Forke:    Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba. 

Die  älteste  Beschreibung  des  Phönix,  welche  wir  haben,  ist  die  des 
Han-shih-wai-chuan  '  aus  dem  Jahre  150  v.  Chr.  Sie  paßt  einigermaßen 
auf  den  Vogel  Strauß,  aber  durchaus  nicht  auf  den  Fasan.     Dort  heißt  es: 

»An  Gestalt  ist  der  Feng  von  vorn  wie  ein  wilder  Schwan,  von  hinten 
wie  ein  Kilin.  Er  hat  den  Unterkiefer  einer  Schwalbe  und  den  Schnabel 
eines  Hahns,  den  Hals  einer  Schlange  und  den  Schwanz  eines  Fisches. 
Seine  Stirn  ist  wie  die  eines  Kranichs,  seine  Backen  (Zügel)  sind  wie  die 
einer  Mandarinente.  Er  ist  drachenartig  gezeichnet  und  hat  den  Rücken 
einer  Schildkröte.  Sein  Gefieder  zeigt  alle  fünf  Farben,  und  er  ist  4  bis 
5  Fuß  hoch.2 

Will  man  den  Strauß,  der  von  allen  anderen  Vögeln  so  verschieden 
ist,  überhaupt  mit  einem  der  bekannteren  Vögel  vergleichen,  so  läßt  sich 
allenfalls  sagen,  daß  er  wie  eine  riesige  Gans  oder  ein  Schwan  aussieht. 
p]in  besserer  Vergleich  war  den  Chinesen  wohl  nicht  möglich.  Im  Pen- 
t'sao-kang-mu*  ist  der  Strauß  wie  eine  große  Gans  abgebildet,  aber  mit 
den  Beinen  eines  Sängetieres.  Wegen  seiner  pferde-  oder  antilopenartigen 
Läufe  wird  wahrscheinlich  auch  von  ihm  gesagt,  daß  er  von  hinten  wie 
ein  Kilin  =  Einhorn  aussehe.  Plinius  X,  1*  berichtet,  daß  die  Klauen  des 
Straußes  zweigespalten  und  denen  der  Hirsche  ähnlich  seien.  Er  benutze 
sie  zum  Ergreiien  von  Steinen ,  die  er  seinen  Verfolgern  entgegenschleudere. 
Der  Strauß  hat  einen  langen,  schlangenartigen  Hals,  eine  hohe  Stirn  wie 
der  Kranich,  die  Gegend  um  die  Augen  herum  ist  hell  gefärbt  wie  bei  den 
Mandarinenten  und  sein  Schnabel  ist  ähnlich  wie  der  eines  Hahns  und  einer 
Schwalbe.  Eine  Ähnlichkeit  zwischen  dem  Schwänze  des  Straußes  und  dem 
eines  Fisches  vermag  ich  nicht  zu  entdecken.  Die  drachenartige  Zeichnung 
bezieht  sich  vermutlich  auf  die  gewellten  und  gekräuselten  P'edern.  Der 
Vergleich  des  Rückens  des  Straußes  mit  dem  gewölbten  Rücken  einer 
Schildkröte  ist  sehr  zutreffend. 

Das  Gefieder  des  Straußes  ist  allerdings  nicht  fiinlTarbig.  Nach  dem 
Shan-hai-king°  und  dem  Shuo-wen^  würde  der  ganze  Vogel  fünf 
Farben  zeigen.  Die  kurzen  Federn  des  männlichen  Straußes  sind  schwarz,  die 
langen  weiß,  die  Beine  graugelb,  der  Schnabel  horngelb,  die  nackten  Hals- 
teile und  die  Schenkel  rot.  Es  sind  also  die  fünf  chinesischen  Grundfarben 
bis  auf  blau  vorhanden.    Dieses  findet  sich  beim  Somalistranß,  dessen  nackte 


1    |§^  j?[^fl|     Vgl.  Faber,  Doctrines  of  Confucius,  1875,  S.  9. 

*   Ungnlae  bis  cervinis  similes,  quibus  dimicant,  bisulcae  et  coniprehendendis 
lapidibus  utiles,  quos  in  l'uga  contra  sequentcs  ingeriint  pedibus. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  139 

Körperteile  graublau  sind.^  Übrigens  wird  mit  ^  TO  oft  nur  bunt  = 
mehrfarbig  bezeichnet. 

Die  Chinesen  lernten  den  Strauß  durch  die  Expedition  des  Chang 
Ch'ien  122  v.  Chr.  zum  zweiten  Male  kennen.  Das  Shi-chi  B.  123  S.  6^  er- 
wähnt die  "großen  Vögel«  =  Strauße,  deren  Eier  so  groß  wie  irdene  Töpfe 
seien,  als  eine  Eigentümlichkeit  von  Tiao-chih,  worunter  Syrien  zu  ver- 
stehen ist.^  Ebenso  führt  das  Ch'ien  Han-shu  B.  96a,  S.  13  v.  Strauße 
unter  den  Erzeugnissen  von  Syrien  an.  Der  erste  lebende  Strauß  scheint 
im  Jahre  101  n.Chr.  nach  China  gekommen  zu  sein.  Ein  Parther- König 
schickte  ihn  zusammen  mit  einem  Löwen  an  den  Kaiser  von  China.  Das 
\'olk  nannte  den  ^'ogel  den  » Parther -Vogel«.*  Dieser  Ausdruck  ist  nicht 
unzutreffend,  denn  zu  jener  Zeit  beherrschten  die  Parther  auch  Südpersien, 
wo  der  Strauß  in  einigen  Gegenden  noch  heute  vorkommt.  Im  Ch'ien 
Han-shu  B.  96a,  S.  14  wird  der  Strauß  als  in  Parthien  heimisch  unter 
dem  Namen  der  »große  Pferdevogel«*  erwähnt.  Erst  später  kam  der  jetzt 
für  den  Strauß  übliche  Name:  »Kamelvogel«  Mf^  ^^  auf.  Die  Schreib- 
weise ^}  ^^  ist  ganz  modern.  Daß  nach  Wang  Ch'ung  der  Phönix  die 
Größe  eines  Pferdes  hatte,  ist  erwähnt  worden. 

Der  Strauß  ist  ein  charakteristische!-  Vogel  der  sogenannten  äthio- 
pischen Tierregion,  welche  Afrika  und  Südarabien  bis  zum  Wende- 
kreise und  die  an  den  Persischen  Meerbusen  angrenzenden  Teile  des  süd- 
liclien  Persiens  umfaßt.  Über  dieses  Gebiet  geht  der  Strauß  etwas  nach 
Norden  hinaus  und  kommt  noch  in  den  Wüsten  des  Euphratgebiets  vor.® 
Dagegen  ist  die  paläoarktische  Region  Zentralasiens  nie  seine  Heimat  gewesen. 

Wie  wir  die  äthiopische  Region  als  die  Heimat  des  Feng-'huang, 
des  Königs  der  Vögel,  kennen  gelernt  haben,  so  müssen  wir  dort  auch 
die  Heimat  des  Ki-lin,  des  Königs  der  Vierfüßler  suchen.  Die  Identi- 
fizierung des  Ki-lin  mit  dem  »Einhorn«  hat  auch  nicht  viel  mehr  Wert  als 
die  Bezeichnung  des  Feng-'huang  als  Phönix.  Es  ist  aus  den  chinesischen 
Quellen   erwiesen   worden,    daß   als  Vorbild   für   das  mythische  Ki-lin  die 


^    Brehnis  Tierleben,  V,  691. 

^  Ich  halte  Tiao-chih  für  eine  etwas  verkürzte,  phonetische  Wiedergabe  von 
^ia^o)(oi,  mit  Jotazismus:  Diadochi  zu  sprechen ,  woraus  Dia (d)o-chi  wurde.  Tiao-chih 
ist  speziell  das  Seleukidenreich,  was  ich  später  aus  den  chinesischen  Quellen  noch 
eingehender  nachweisen  werde.  122  v.  Chr.  halten  die  Pai-ther  das  Seleukidenreich, 
welches  ursprünghch  ganz  Persien  umfaßte  und  deshalb  auch  von  chinesischen  Schrift- 
stellern als  ein  älterer  Name  für  Persien  gebraucht  wird,  bis  auf  Syrien  erobert. 
Mithridates  I.  war  bis  an  den  Euphrat  vorgedrungen.  Sein  Sohn  Arsakes  VII.  hatte 
128  auch  Babylon  erobert. 

6    Brehm,  a.  a.  0.  S.  692. 


140  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Giraffe  gedient  hat.'  Allerdings  wird  in  den  meisten  Quellen  dem  Kilin 
ein  Hörn  zugeschrieben,  aber  dieses  eine  Hörn  gilt  durchaus  nicht  als  das 
Hauptcharakteristikum.  Ich  halte  es  für  sehr  wohl  möglich,  daß  man  zu 
der  Annahme,  das  Kilin  habe  nur  ein  Hörn  durch  das  Mißverstehn  einer 
Stelle  im  Shiking,  wo  von  den  Hörnern  des  Kilin  die  Rede  ist,^  gebracht 
worden  ist.  Das  Erh-ya  sagt  freilich  ganz  deutlich,  daß  das  Kilin  den 
Körper  eines  hornlosen  Hirsches,  einen  Ochsenschwanz  und  ein  Hörn  habe.^ 
Andere  alte  Quellen  driicken  sich  aber  so  aus,  daß  man  das  Wort  »Hörn« 
ebensogut  im  Plural  wie  im  Singular  auffassen  kann.  So  sagt  der  Kom- 
mentar des  Kung-Yang: * 

»Es  ist  wie  ein  hornloser  Hirsch,  aber  hat  Hörner« 

und  das  Shuo-wen:^ 

»Das  Kilin  ist  ein  gutherziges  Tier.  Es  hat  den  Köi-per  eines  Pferdes, 
einen  Ochsenschwanz  und  fleischige  Hörner.« 

Wang  Ch'ung  spricht  im  Lun-heng  XVI,  14  v.  eingehend  über 
ein  Kilin  mit  zwei  Hörnern.  Man  nahm  also  im  1.  Jahrhundert  n.  Chr. 
nicht  an,  daß  ein  Kilin  notwendig  nur  ein  Hörn  haben  müsse.  Im  T'u- 
shu-chi-ch'eng  ist  das  Kilin  sogar  mit  zwei  Hörnern  abgebildet! 

Die  genaueste  Beschreibung  des  Kilin,  welche  keinen  Zweifel  daran 
läßt,  daß  die  Giraffe  gemeint  ist,  enthält  die  Biographie  Mohannneds  ^^ 
~fc"  ^  ^  W  ^1^  4E  1^.  Unter  den  mohammedanischen  Reichen  westlich 
von  China  wird  auch  das  Reich  Aden^  beschrieben.  Dabei  findet  sich  eine 
auf  das  Kilin  bezügliche  Stelle,  welche  von  H.  K.  in  der  China  Review  VI, 
S.  277  wie  folgt  übersetzt  ist: 

»Its  two  fore  legs  are  over  9  feet,  its  bind  ones  about  6  feet.  Its 
head  is  elevated  on  a  long  neck,  and  its  body  is  about  16  feet  in  length, 
being  high  in  front  and  low  behind.  It  cannot  be  ridden  by  man.  On  its 
head  it  has  two  short  horns  placed  inside  its  ears;  its  tail  is  likethatofa 
cow,  while  its  body  resembles  that  of  a  deer.  Its  hoof  is  flat  and  has  three 
divisions.     Maize,   beans   and   wheaten   cakes  constitiite  its  ordinaiy  food.« 

Auch  die  offizielle  Geschichte  der  Ming-Dynastie"  nennt  Kilins  =:  Giraffen, 
Löwen  und  Strauße  als  charakteristische  Tiere  von  Arabien.  Für  Giraffen 
ist  das  nicht  ganz  zutreffend,  wenn  man  unter  Arabien  bzw.  Aden  nur  die 
Halbinsel  versteht,  denn  die  Giraffe  kommt  nur  in  Afrika  vor.     Die  Chinesen 


1  China  Review  Bd.  VI,  1878,  S.  277  und  Bd.  VII,  S.  72. 

2  Shiking  1,  I,  11  H^  ^^  ^m  läßt  sich  ebensogut  mit  ■•  Hörner  des  Kilin» 
übersetzen  wie  mit  »Hörn«,  ebenso  wie  im  ersten  Verse  ffl^  ^^  Sit  '"''^  -Füße«, 
nicht  mit  »Fuß»,  übersetzt  wird. 

'   Miiig-sliih  B.  332,  S.  24. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  141 

verstehen   aber   unter  Arabien   auch    die   arabischen   Kolonien   an   der   ost- 
afrikanischen Küste. 

Da  die  Chinesen  die  Giraffe  schon  in  der  älteren  Chou-Zeit  gekannt 
haben ,  so  vermute  ich ,  daß  sie  ihnen  ebenso  wie  der  .Strauß  durch  die 
Reise  des  Königs  Mu  bekannt  geworden  ist,  obwohl  dies  in  den  Quellen 
nicht  besonders  erwähnt  wird.  Ich  möchte  annehmen,  daß  sogar  der  Name 
Kilin  auf  Afrika  und  zwar  speziell  auf  Abessynien  hinweist.  Nach  Salt 
wird  die  Giraffe  in  Amhara:  Jeratta  Kelchin  genannt.'  Könnte  Kilin 
nicht  aus  Kelchin  entstanden  sein? 

Hören  wir  nun,  was  das  Shan-hai-king  weiter  über  die  Produkte 
der  -> wohlbewässerten  Wüste«  des  Sabäerreiches  berichtet.  Anschließend  an 
die  Bemerkung,  daß  die  Bewohner  alles  fanden,  was  sie  zu  essen  wünschten, 
fährt  es  fort  (B.  XVI): 

'•Sie  haben  nämlich  süße  Blumen,  süße  Quitten  und  weiße 
Weiden,  die  sie  als  Fleisch  betrachten«,^  d.  h.  die  sie  wie  Fleisch  essen. 

Was  für  Blumen  oder  Blüten  mit  den  -U"ä^  gemeint  sind,  ist  schwer 
zu  entscheiden.  An  einer  anderen  Stelle  sagt  das  Shan-hai-king,  daß  die 
»süßen  Blumen»  rote  Zweige  und  Stämme  und  gelbe  Blätter  hätten.  Man 
könnte  an  Chrysanthemen  denken,  welche  auch  "tj"^^  «süße  Astern«  ge- 
nannt werden.  Sie  sollen  einen  purpurnen  Stil  haben,  duften  und  süß 
schmecken.  Man  verwendet  sie  zu  medizinalen  Zwecken.  Nach  taoistischer 
Anschauung  wirkt  ihr  Genuß  lebenverlängernd. ^  Soweit  mir  bekannt,  kommt 
aber   diese   beliebte  Winterblume  Chinas  und  Japans  in  Arabien  nicht  vor. 

Unter  "H"  |  El  ist  eine  Quittenart  zu  verstehen,  nicht  Crataegus. 
Arabien  besitzt  vorzügliche  Quitten.  Von  Oman  aus  werden  sie  sogar 
nach  Indien  exportiert.  Besonders  gut  sind  sie  gerade  in  Yemen ,  und  zwar 
in  Djebbel  Sabber.  Dort  haben  sie  sehr  zartes  Fleisch,  das  mehr  kal- 
villenartig ist,  wie  die  Quitten  in  Habesch  und  Persien. ^ 

Was  bedeutet  nun  aber,  daß  die  Bewohner  des  glücklichen  Arabiens 
»weiße  Weiden  wie  Fleisch  verspeisen?  Mir  scheint  es  sehr  wahrschein- 
lich, daß  die  Chinesen  damit  den  Kät-Strauch  Celastris  edulis  haben 
bezeichnen  wollen,  dessen  Blätter  in  der  Tat  von  den  Arabern  gegessen 
worden.  Die  Kultur  dieses  Strauches  ist  in  ganz  Yemen  verbreitet;  die 
beste  Art  findet  sich  auf  dem  Djebbel  Sabber.  Das  ganze  Gebirge  erhält 
davon  ein  liebliches,  grünes  Aussehen,  und  die  Bewohner  sind  durch  den 
Anbau  zum  Wohlstand  erhoben.  Die  Kuriere,  die  oft  mehrere  Tage  und 
Nächte    nicht   aus    dem  Sattel    kommen,   nehmen   oft   unterwegs   nichts   als 


1    Ritter,  Erdkunde  Bd.  I,  S.  212. 

'  ÄWil-*#UäWfÄi3^ 

^    Bretschneider,  Botanicon  Sinicuni  II,  Nr.  69. 

*    Man  vergleiche  dasPen-t'sao-kang-mu  unter  Ij^,  die  vollere  Form  fTir 

{ J^,  und  beachte  auch  die  Abbildungen  von   |^-^  und  |Jj  |)J  =  Crataegus. 

5    Ritters  Erdkunde  Bd.  XII,  S.  483,  788  und  901. 


142  Forke:    Mu  VVang  und  die  Königin  von  Saba. 

Kät- Blätter  zu  sich,  die  sie  im  Gebirge  erhalten  können.  Dem  Reisenden 
Botta  wurde  von  einem  Scheikh  jeden  Abend  ein  Bündel  Kät- Zweige  zu- 
geschickt. »Die  Zimmer  der  Vornehmen  sind  —  nach  dem  Essen  —  mit 
den  entblätterten  Zweigen  bestreut,  ein  Zeichen  des  Luxus.  Die  frischen, 
duftenden,  grünen  Zweigbündel  sind  ein  Anzeichen  der  Geselligkeit.«  Jeder 
Gast  greift  nach  Belieben  danach.  Man  ißt  namentlich  die  frischen  Blatt- 
knospen, die  wie  Betel  gekaut  werden.  Sie  ersetzen  für  die  Eingeborenen 
den  Kaffee.  Dieser  Gebrauch  ist  ein  sehr  alter,  der  dem  des  Kaffees  lange 
Zeit  voraufging.  Nach  Niebuhr  soll  das  Gewächs  wie  der  Kaffee  aus 
Abessinien  nach  Yemen  verpflanzt  sein.^  Von  Dr.  Roth  ist  der  Kat- Strauch 
wie  folgt  definiert:  Frutex  inei-mis,  foliis  oppositis,  oblongis  serrato-den- 
tatis  glabris.^ 

Außer  dem  Strauß  erwähnt  nun  das  Shan-hai-king  als  im  Sabäer- 
reich  einheimische  Tiere  noch  »drei  Arten  von  schwarz  und  weißen 
Pferden»^  und   »drei  Arten  grüner  Vögel.«* 

Chui  ^^  bezeichnet  eine  besondere  Art  von  schwarz  und  weißen 
Pferden,  vielleicht  den  Blauschimmel.  Es  soll  ein  Pferd  sein,  bei  dem 
schwarzes  und  weißes  Haar  gemischt  ist.     Ich  glaube,  daß  imter  ^^   ein 


1  Ritter  a.  a.  O.,  vS.  786  ff.,  S.  795  ff. 

2  Ritter  S.  797. 

^  Nach  dein  T'ai-p'ing-yü-lan  werden  die  nicht  einfarbigen  Pferde  folgender- 
maßen genannt:  »Ein  braun  und  weißes  Pferd  heißt  Po  (Schecke),  ein  gelb  und 
weißes  Huang  (Isabelle),  ein  braunes  Pferd  mit  gelbem  Rücken  Chien ,  ein  schwai-zcs 
Pferd  mit  gelbem  Rücken  Hsi,  ein  grau  und  schwarzes  Pferd  Hsüan  (Eisenschimmel), 
ein  grau  und  schwarzes  Pferd  Lin-t'o  auch  «Schimmel  mit  zusammenhängenden  Käsch- 
StückeU"  =  Apfelschimmel  genannt,  ein  grau  und  schwarzes  Pferd  mit  langer  Mähne 
Jou,  ein  Pferd  mit  gemischtem  kohlschwarzen  und  weißen  Haar  Pao  (Mohren- 
sciiimmel),  ein  Pferd  mit  gemischtem  gelben  und  weißen  Haar  P'ei  oder  »Pfirsich- 
blütenpferd», ein  Pferd  mit  gemischtem  grauen  und  weißen  Haar  Yin  («Erdschimmel" 
=  Grauschimmel),  ein  Pferd  mit  gemischtem  schwarzblauen  (schwarz- 
braunen) und  weißen  Haar  Chui  (Blauschimmel),  ein  Pferd  mit  gemischtem 
roten  und  weißen  Haar  Hsia,  ein  weißes  Pferd  mit  schwarzer  Mähne  Lo,  ein  weißes 
Pferd  mit  schwarzen  Lippen  ChGan,  mit  schwarzem  Maule  Kuo,  mit  einem  weißen 

A<ige  Hsieii,  mit  jwei  vvcißm  Augen  Yü.-  ,!!g}  Q  ,EK  ^  Q  |^,!gj  ,^  ^  ^ 

Moderne  Ausdrücke  sind  :  ^^,^[  Eisenschimmel,  i^^§  8^  Apfelschimmel, 
<^  i^ff    Mohrenschimmel,    yM]^[  Grauschinmiel. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  143 

ins  Bläuliche  oder  Braune  spielendes  Schwarz  zu  verstehen  ist.'  Ein  Pferd 
mit  kohlschwarzem  und  weißem  Haar  heüBt  i^  Pao  =  Mohrenschimmel, 
mit  grauem  und  weißem  Haar  ,|0  Yin  =z  Grauschimmel.  Es  scheint  mir 
nun  höchst  unwahrscheinlich,  daß  das  Shan-hai -king  von  einem  Lande 
als  Besonderheit  erwähnen  würde,  daß  es  drei  Arten  von  Blauschimmeln 
habe,  und  bezweifeln  auch,  daß  es  überhaupt  von  Blauschimmeln,  die 
schon  eine  Unterabteilung  der  schwarz  und  weißen  Pferde  sind,  noch  drei 
Unterarten  gibt.  Andere  Arten  gemischter  Schimmel  würden  die  Chinesen 
aber  nicht  mit  Chui  bezeichnen ,  sondern  einen  ihrer  zahlreichen  Ausdrücke 
zur  Bezeichnung  der  Pferde  nach  ihren  Farben  wählen.  Ich  möchte  an- 
nehmen, daß  unter  ^,|^  San-chui  drei  Arten  von  Tigerpferden  oder 
Zebras  zu  verstehen  sind,  bei  denen  sich  auch  weiße  und  schwarze  Haare 
vermischen,  insofern  sie  auf  gelblich  weißem  Grund  mit  schwarzen  oder 
schwarzbraunen  Streifen  gezeichnet  sind.  In  Ermangelung  eines  besonderen 
Wortes  für  Zebra  würde  die  Anwendung  des  Ausdrucks  Chui  natürlich 
nur  ein  Notbehelf  sein. 

Die  Tigerpferde  kommen  in  Arabien  nicht  vor,  ihre  Heimat  ist  Süd- 
und  Ostafrika.  Man  kennt  jetzt  eine  ganze  Anzahl  verschiedener  Arten. 
Unter  diesen  lebt  das  Equus  Grevyi  auf  dem  Somaliplateau ,  Equus  Faurei 
im  Gebiete  des  Weißen  Nils  und  Equus  Böhmi  an  der  Küste  von  Deutsch- 
Ostafrika.^  Aber  auch  die  weiter  im  Innern  lebenden  Arten  unternehmen 
zu  Zeiten  von  Dürre  oft  große  Wanderungen  und  streifen  bis  nach  Abessinien. 
Die  Notiz  des  Shan -hai-king  von  dem  Vorkommen  von  drei  Zebraarten 
im  Sabäerlande  würde  sich  demnach  nicht  auf  das  Mutterland,  sondern 
nur  auf  die  sabäischen  Kolonien  an  der  ostafrikanischen  Küste  beziehen 
lassen.  Wie  bereits  erwähnt  worden,  pflegen  die  Chinesen  bei  Beschreibung- 
fremder  Länder  meist  mehr  die  politische  als  die  geographische  Einteilung 
im  Auge  zu  haben  und  zwischen  dem  Mutterlande  und  seinen  Nebenländern 
keinen  Unterschied  zu  machen. 

Den  engen  Zusammenhang  zwischen  Arabien  und  der  afrikanischen 
Küste  erkennen  auch  die  Ethnographen  an ,  welche  in  verschiedenen  Neger- 
stämmen des  östlichen  Afrikas,  z.  B.  den  Gallas  und  Somalis,  Mischvölker 
zwischen  Negern  und  Arabern  sehen.  Die  Abessinier  sind  eingewanderte 
Araber.  »Oft  wiederholtes  P^inströmen  eines  Volkes  in  die  Mitte  eines  an- 
dern, wie  wir  dies  in  den  Zügen  der  Bewohner  der  arabischen  Halbinsel 
nach  dem  gegenüberliegenden  Afrika  finden,  machen  im  tiefsten  Grunde 
aus  zwei  derartigen  Gebieten  eins.«  Diese  Worte  hat  Ratzel  als  Motto 
über  das  Kapitel  über  den  erythräischen  Völkerkreis  gesetzt.^  Es  fanden 
nicht  einmalige  große  Einwanderungen,  sondern  eine  fortgesetzte  Ein- 
sickerung  statt.     Vieles   liegt   im    Dunkel   der   Vorgeschichte.      Die   Somali 


1  ^  wird  im  Kanghi  definiert  als   'j^  ^    ein  tiefes  ^ .    Dieses  bezeichnet 
grün,  dunkelblau  und  schwarz. 

2  Matschie,  Die  geographische  Verbreitung  der  Tigeq^ferde.    Sitzungsbericht 
der  Gesellschaft  der  naturforschenden  Freunde,  Berlin  1898,  Seite  169 — 181. 

3  Ratzel,  Völkerkunde  1894,  Bd.  II,  S.  396. 


144  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

wollen  von  einem  Sohne  Noahs  abstammen.  Könige  von  Saba  werden  als 
Oberherrscher  genannt,  unter  denen  die  Könige  der  Somali,  die  Berri,  nur 
als  erbliche  Statthalter  regierten.^  Die  Bewohner  der  Südküste  des  Roten 
Meeres  haben  die  Sage,  daß  Abessinien  früher  mit  Arabien  zusammenhing 
und  durch  ein  Erdbeben,  wodurch  das  Rote  Meer  entstand,  davon  getrennt 
wurde.  Nach  abessinischer  Tradition  stammt  das  abessinische  Herrscher- 
haus von  Salomo  und  der  Königin  von  Saba  ab.  Die  Königin  von  Saba 
soll  in  Axum  geherrscht  haben.  Jedenfalls  weisen  diese  Traditionen,  ver- 
bunden mit  der  Ähnlichkeit  der  Rasse,  der  Sprache  und  Schrift,  auf  einen 
sehr  engen  Zusammenhang  zwischen  Abessinien  und  Südarabien  schon  in 
ältester  Zeit.^  Abessinien  speziell  wurde  von  den  den  Sabäern  stammver- 
wandten Himjariten  kolonisiert.  Das  Somaliland  und  Ostafrika  gehörte  nach- 
weislich schon  im  4.  Jahrhundert  v.  Chr.  zum  himjaro-sabäischen  Kolonial- 
besitz. Im  Periplus  wird  die  Küstengegend  von  Afrika  als  Teil  von  Arabien 
betrachtet.^  Das  Rote  Meer  war  kein  Verkehrshemmnis.  Nach  Stral)o  XVI 
fuhren   die  Araber   auf  ledernen  Boten  über  die  Meerenge  nach  Äthiopien. 

Über  die  drei  Arten  grüner  Vögel  läßt  sich  das  Shan -hai- king,  wie 
folgt,  Vvfeiter  aus: 

»Sie  haben  einen  roten  Kopf  und  schwarze  Augen.  Der  eine  heißt 
der  große  Pirol,  der  andere  der  kleine  und  der  dritte  der  grüne  Vogel.*« 

Gewöhnlich  werden  nun  die  »grünen  Vögel.«  ^  ^^  mit  dem  Pirol, 
der  Goldamsel  oder  Oriole  (Oriolus  Chinensis)  identifiziert.  Dies  liegt  nach 
dem  Text  auch  außerordentlich  nahe;  trotzdem  ist  es  nicht  richtig,  denn 
der  Pirol  ist  weder  grün,  noch  hat  er  einen  roten  Kopf  oder  schwarze 
Augen.  Nach  der  Beschreibung  des  Pen-t'sao-kang-mu  hat  er  ein  gelbes 
Gefieder,  seine  Schwingen  und  sein  Schwanz  sind  schwarz  gestreift.*  Das 
Auge  ist  blutrot.  Daher  auch  seine  verschiedenen  chinesischen  Namen :  der 
»Gelbvogel«,  der  »Gelbschwarze  Vogel«,  der  »Schwarzgelbe  Vogel«,  »Junker 
Goldrock«,  »Gelbmantel«.®  Ich  halte  die  grünen  Vögel  mit  rotem  Kopf 
für  Papageien  und  glaube  mich  dabei  auf  den  Kommentator  des  Tso-chuan, 
Tu  Yü^  (222  —  284  n.  Chr.)  stützen  zu  können,  welcher  den  im  Tso-chuan 
vorkommenden  Ausdruck  ^  J^  mit  js^§^,i  erklärt,  was  eine  Papageien- 
art bedeuten  muß,  denn   Mj|   ist  ein  Papagei. 


1  Ratze!  Bd.  II,  S.  171. 

2  Ratzel  Bd.  II,  S.  409,  410. 

^    E.  Glaser,  Skizze  der  Geschichte  und  Geographie  Arabiens  Bd.  II,  Berlin  1890, 
S.  42,  205,  206. 

'  m.%'  nm-  m^  ^^sc^i^.  nm 

8    Siehe  Kanghi  unter  ^1. 


Forke:   Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba.  145 

Für  Arabien  ist  das  A'orkoinmen  von  Papageien  noch  nicht  mit  Sicher- 
heit nachgewiesen.  Auf  tiergeographischen  Karten  geht  die  Nordgienze 
der  Papageien  durch  die  Meerenge  von  Aden  und  läßt  Arabien  außerhalb. 
Zwischen  Indien  und  Afrika,  wo  Papageien  vorkommen,  bleibt  eine  große 
Lücke,  die  durch  das  südliche  Arabien,  Persien  und  Belutschistan  gebildet 
wird.  Die  zoologisclien  Forschungen  in  diesen  Ländern  sind  aber  bis  jetzt 
noch  sehr  oberflächlich  gewesen,  so  daß  nicht  ausgeschlossen  erscheint,  daß 
in  jenen  Gegenden  noch  Papageien  gefunden  werden.  Chesny  will  am 
Euphrat  den  Palaeornis  torquatus,  den  Halsbandsittich,  entdeckt  haben.' 
Auch  Diodorus  Siculus  II,  53,  2  erwähnt  in  seiner  Beschreibung  Arabiens 
Papageien  im  äußersten  Syrien.^  Der  Name  der  Stadt  XtTTcinYj  =  T«Tr«xv) 
im  südlichsten  Landstrich  Assyriens,  jetzt  Scheriat  el-Beida,  scheint  eben- 
falls darauf  hinzuweisen,  daß  in  jener  Gegend  Papageien  nichts  Seltenes 
waren.  Somit  ist  es  nicht  unmöglich,  daß  im  10.  Jahrhundert  v.  Chr.  auch 
Arabien  Papageien  besaß,  wenigstens  in  seinen  fruchtbaren  Gegenden,  denn 
Wüsten  lieben  die  Papageien  nicht  und  gehen  deshalb  auch  in  Afrika  nicht 
bis  zum  Wendekreise  hinauf. 

Statt  in  Arabien  selbst  können  wir  aber  auch  die  Heimat  der  »drei 
grünen  Vögel«  des  Shan-hai-king  in  dem  von  Südarabien  aus  kolonisierten 
östlichen  Afrika  suchen.  Die  Beschreibung  des  Shan-hai-king  paßt  am 
besten  auf  die  grasgrünen  Zwergpapageien  oder  Inseparables ,  und  zwar  in 
erster  Linie  auf  den  rotstirnigen  Zwergpapagei  Abessiniens,  den 
Abyssinian  Parrakeet,  Psittacula  Tarantae,  so  genannt  nach  dem  Felsen- 
passe Taranta  zwischen  Massaua  und  Halai,  abessinisch:  Donkoro.  Er  ist 
im  Alter  schön  grasgrün,  Vorderkopf  und  Zügel  sind  zinnoberrot,  die 
Schwingen  erster  Ordnung  dunkelbraun,  die  Schwingen  zweiter  Ordnung, 
die  Eckflügel,  die  unteren  Flügeldecken  und  die  breite  Schwanzbinde  sind 
schwarz.  Bei  jungen  Vögeln  sind  Stirn  und  Zügel  nebst  den  unteren 
Plügeldecken  noch  grün.^ 

Außer  diesem  Papagei  könnte  noch  in  Frage  kommen  der  blau- 
bürzelige  Zwergpapagei  Psittacula  pullaria,  welcher  in  Westafrika 
und  im  östhchen  Zentralafrika  gefunden  ist.  Seine  Grundfarbe  ist  ebenfalls 
ein  schönes  Grasgrün,  Vorderkopf,  Backen  und  Kinn  sind  rot,  der  Bürzel 
blau,  die  Schwanzfedern  rot  mit  schwarzer  Querbinde  über  die  jNIitte.  Die 
Iris  ist  braun  bzw.  dunkelbraun.*  Bei  den  anderen  Zwergpapageien 
ist  die  Farbe  der  Augen  nicht  besonders  angegeben. 

Ähnlich  sieht  auch  Psittacula  roseicollis,  der  Zwergpapagei 
mit  rosenrotem  Gesicht,  aus.  P>  ist  grasgrün,  Bürzel  und  obere 
Schwanzdecken  sind  himmelblau.  Die  Stirn  ist  scharlachrot,  Zügel,  Backen, 
Kinn  sind  rosafarben.     Die  Schwanzfedern  haben  eine  schwarze  Querbinde. 


1  Finsch,  Die  Papageien  1868,  Bd.  II,  S.  5. 

2  'H   jAv    yap    BaßvXuvta.    täuvui/    lxTps(j>a    irXii^o;    TtuvTaiaiq    XF'^uk;    Irririi/^tc-fisi'ui', 
ai  ^e  Tv]c  Supta?  Icrj^aTiai  »j;iTTaxou;  xat  7rop(j)upttov«;  aal  fisXiuyfi^ai; 

3  Finsch  Bd.  II,  S.634. 

*    Finsch  Bd.  II,  S.  636  und  638. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt  10 


146  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Die  Heimat  dieses  Papageis  ist  Südafrika,  aber  er  kommt  wahrscheinlich 
auch  in  Ostafrika  am  Zambesi  vor,^ 

Daß  das  Shan-hai-king  die  Papageien  als  Pirol  bezeichnet,  erkläre 
ich  mir  daraus,  daß  man  eine  gewisse  Ähnlichkeit  zwischen  beiden  Vögeln 
entdeckte.  Beide  haben  ein  prachtvolles  Gefieder,  der  eine  goldgelb  mit 
schwarzen  Streifen  auf  Schwanz  und  Schwingen,  der  andere  grasgrün  mit 
schwarzem  oder  schwarz  gestreiftem  Schwanz  und  ebenso  gefärbten  Schwingen. 
Die  Liebe  zwischen  Männchen  und  Weibchen  bei  den  »Unzerti-ennlichen« 
ist  bekannt.  Den  Chinesen  gilt  auch  der  Pirol  als  Sinnbild  ehelicher  Liebe. ^ 
Männchen  und  Weibchen  sollen  stets  paarweise  fliegen. 

Wie  bereits  erwähnt  worden,  kennt  das  Shan-hai-king  Papageien 
auch  unter  ihrem  wirklichen  Namen.  Sie  sollen  in  den  westlichen  Bergen 
Chinas  leben. ^  »Es  sind  Vögel,  die  wie  Eulen  aussehen,  ein  grünes 
Gefieder,  einen  roten  Kopf*  und  eine  menschliche  Zunge  haben  und 
sprechen  können.  Man  nennt  sie  Ying-mu,  Papageien.«*  Da  hier  von 
den  Papageien  ausdrücklich  behauptet  wird,  daß  sie  grün  gefärbt  seien  und 
einen  roten  Kopf  hätten,  genau  dasselbe,  was  von  den  »grünen  Vögeln« 
gesagt  ist,  so  sind  wir  durchaus  berechtigt,  letztere  für  grüne  Papageien 
zu  erklären  und  darin  grüne  Zwergpapageien  zu  sehen. 

Als  weitere  Produkte  des  Sabäerlandes  führt  das  Shan-hai-king  an: 
»Karneole,  Jaspis,  grüne  Edelsteine,  Weiß  holz,  Steink  o  rallen, 
Weißbleierz,  Grünbleierz,  viel  Silber  und  Eisen«." 

Der  Kommentar  sagt,  daß  der  Karneol  j^^^  mit  dem  J^lfe 
identisch  sei.  Letzteres  ist  ein  roter  Stein  und  bedeutet  auch  die  »Rose«. 
Nach  Kanghi  ist  der  Mei-kuei  aus  einem  Glühprozeß  hervorgegangen  und 
hat  eine  Perlenform. ^  Williams  übersetzt  dem  Wortlaut  nach  »a  revolving  gern«. 
Ich  möchte  dafür  sagen:  «ein  gedrehter,  d.h.  wie  rund  gedrechselter,  roter 
Stein«.     Das  Pen-t'sao-kaiig-mu  führt  die  »Feuerperle«  y\.^k    ^Is  anderer 


'    Finsch  S.  640. 

^    lÖ^ 'i ife  ^P  ^jlt  ^''S*  ^^^  Pen-t'sao-kang-niu. 

^  Nach  dem  Pen- t'sao -kang-mu  in  den  südwestlichen  Provinzen  Ssechuan, 
Yiinnan  und  Kuangsi.  Auf  modernen  tiergeographischen  Karten  liegt  die  nördliche 
Grenze  südlich  vom  Wendekreise,  umfaßt  also  nur  ein  kleines  Stück  der  südlichsten 
Provinzen. 

*  J^  bedeutet  Mund,  Schnabel,  bei  Vögeln  aber  auch  »Kopf«  &  f^  & 
gg/^lj^.     Siehe  Kanghi. 

^    Shan-hai-king  II,    ®  li|  M  0  ^  A  g  Ä  »  ^R  ?§  ff  M 

"^    Das  erste  Zeichen  wird  auch  J|j   oder  J^  geschrieben. 
8     yC  ^1^  ^^  ■      ^^  bedeutet  niclit  nur  eine  Perle,  sondern  auch  einen  perlen- 
förmigen  Edelstein.    Vgl.  das  Pen-t'sao-kang-mu  unter  ^P^^- 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  147 

Name  für  ^J^'  auf  und  bemerkt,  daß  man  sie  nur  durch  Bearbeitung 
mit  Quarzpulver  aus  ihrer  UmhüUung  lösen  könne.  Alle  diese  Angaben 
passen  auf  den  Karneol,  einen  fleischfarbigen  Halbedelstein  —  daher  der 
Name  — ,  welcher  sich  als  Ausfüllung  der  Blasenräunie  im  Mandelstein, 
und  zwar  in  Form  von  Kugeln  findet.  Mit  Mandelstein  bezeichnet  man  im 
glutflüssigen  Zustand  erstarrte,  blasige  Gesteine,  welche  in  ihren  oft  mandel- 
förmigen Hohlräumen  fiemde  Minerale,  wie  Clialzedon,  Achat  usw.  bergen. 

Das  Mu  T'ien-tse-chuan  berichtet,  daß  König  Mu  einen  Karneol 
getragen  habe. 

Für  Karneole  ist  eins  der  Hauptproduktionsländer  Arabien,  und  in 
Arabien  findet  man  die  besten  in  Yemen,  wo  die  Sabäer  ihren  Sitz  hatten. 
Nach  arabischen  Quellen  gewinnt  man  Karneole  und  Qnyxe  am  Berge 
Schibam  in  Yemen,  doch  müssen  sie  erst  abgeschliffen  werden,  weil 
sie  von  einer  Steiniiaut  überzogen  sind.  Ein  anderer  Fundort  ist  am 
Hirranberge^  und  am  Alhanberge,^  die  auch  beide  in  Yemen  gelegen  sind. 

Jaspis  kommt  in  den  verscliiedensten  Gegenden  Arabiens  vor,  so  in 
Damar.     Speziell  in  Yemen  werden  zwei  Fundorte  genannt.* 

Unter  ^-,  das  ich  mit  »grüner  Edelstein«  übersetzt  habe,  versteht 
man  gewöhnlich  grünen  Jade.  Vielleicht  könnte  damit  aber  auch  ein  anderer 
gi'üner  Stein  gemeint  sein,  für  den  man  keine  passende  Bezeichnung  hatte. 
Die  Chinesen  haben  eigentlich  nur  für  die  verschiedensten  Halbedelsteine 
einfache  Namen  und  müssen  für  die  Volledelsteine,  die  ihnen  viel  weniger 
bekannt  sind,  umständlichere  Umschreibungen  anwenden.  Nach  den  chinesi- 
schen Quellen  ist  es  zweifelliaft,  ob  ^L  inuner  Jade  sein  muß.  Es  gibt 
auch  Schriftsteller,  die  ihn  vom  Jade  unterscheiden.^  Wenn  die  Notiz  des 
Wei-lio  richtig  ist,  daß  dieser  Edelstein  im  Römischen  Reiche  vorkomme,^ 
so  kann  es  kein  Jade  oder  Nephrit  sein,  denn  dieser  findet  sich  nirgends 
in  Westasien.  Couvreur  definiert  den  Stein  einfach  als  »pierre  vert  et 
translucide«.  Jade  ist  nicht  durchsichtig,  und  es  liegt  viel  näher,  an  den 
Smaragd   zu  denken.^ 


^  Ich  verstehe  hierunter  Chalzedon.  Nach  dem  |§ffl  15^  kommt  es  in  zehn 
verschiedenen  Arten,  in  roter  (brauner),  weißer,  gelber,  schwarzer,  grüner  und  blauer 
Farbe  im  Römischen  Reiche  ~^^^[^  — womit  hier  jedenfalls  die  kleinasiatischen 
Kolonien  gemeint  sind  —  vor.  Hier  gibt  es  in  der  Tat  Chalzedon  in  allen  diesen 
Farben ,  namentlich  bei  der  gleichnamigen  Stadt ,  Byzanz  gegenüber.  Onyx ,  Sardonyx, 
Karneol,  Heliotrop  und  Chrysopras  sind  gewissermaßen  Varietäten  des  Chalzedons. 

2    Ritter,  Erdkunde  Bd.  XII,  S.  256  und  818. 

^    Sprenger,  Geographie  Arabiens  S.  61. 

*   Ritter,  a.a.O.  S.256,  782,  906. 

^   So  sagt  das  TV,-p'ing-yfl-lan:    ^^j^  ff  0  HIÖ  5  ^It  Ä  $1 

mz 

''  Ich  habe  weder  in  Williams,  Giles  noch  Couvreur  einen  chinesischen  Aus- 
druck für  Smaragd  gefunden.  Schlegel  nennt  den  Smaragd  in  seinem  Wörterbuch 
^  JH",  während  Couvreur  Jfj  als   "Jadeagraffe-   bezeichnet. 


1 48  Forke  :   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Unter  den  Edelsteinen,  welche  im  Altertume  in  Arabien  gewonnen 
wurden,  spielt  der  Smaragd  eine  wichtige  Rolle.  S trabe  XVII,  45  be- 
richtet, daß  die  Araber  Steinbrüche  für  Smaragde  und  andere  kostbare 
Steine  auf  dem  Isthmus  zwischen  Berenike  undMyos  hormos  an  der  afrika- 
nischen Küste  des  Roten  Meeres  bearbeiteten.'  Diodorus  Siculus  II,  52 
nennt  unter  den  Edelsteinen,  die  sich  in  Arabien  finden,  an  erster  Stelle 
Smaragde,  ferner  den  Beryll,  Chrysolith  und  Karfunkel  und  bemerkt,  daß 
weder  der  parische  Marmor  noch  andere  kostbare  Steine  den  arabischen 
an  Glanz,  Gewicht  und  Glätte  gleichkämen.^ 

Das  »Weißholz«,  welches  in  Verbindung  mit  Edelsteinen  und  Korallen 
genannt  wird,  muß  irgendein  wertvolles  Nutzholz  von  weißer  Farbe  sein. 
Wahrscheinlich  ist  damit  weißes  Sandelholz  (Santalum  album)  gemeint. 
Das  echte  Sandelholz  wächst  nur  in  Indien,  an  der  Küste  von  Malabar, 
von  wo  aus  die  Araber  es  im  Handelsverkehr  erhielten,  da  es  bei  ihnen 
nicht  einheimisch  ist.^  Nach  Hamdani  wächst  aber  in  Arabien  bei  Chaulan 
ein  Baum,  dessen  Holz  mit  dem  indischen  Sandelholz  Ähnlichkeit  hat  und 
wie  dieses  gebraucht  wird.* 

Die  weiße  Stein koralle  Jß  Jf*  ist  wähl  zu  unterscheiden  von 
der  roten  Edelkoralle  Jflfl^l],  Corallium  rubrum.  Letztere  kommt  nur  im 
Mittelmeer  vor,  die  weiße  Steinkoi-alle  dagegen  wächst  im  Roten  Meer  und 
in  geringerer  Menge  auch  im  Persischen  Meerbusen,  was  bereits  Plinius 
hervorhebt.  Ebenso  wie  die  Erwähnung  der  Edelkoralle  als  Produkt  von 
~hc^^  i"  <ien  chinesischen  Historikern  ein  wichtiger  Anhaltspunkt  ist,  um 
Ta-'chin  mit  dem  Römischen  Reiche  —  im  weitesten  Sinne  —  zu  identi- 
fizieren, weist  die  weiße  Steinkoralle  als  Erzeugnis  der  »wohlbewässerten 
Wüste«  direkt  auf  Arabien  hin.  Das  Land,  bei  dem  sie  gefunden  wird, 
muß  unter  allen  Umständen  vom  Meere  bespült  sein  und  kann  nicht  im 
Innern  eines  Kontinents  liegen.  Nach  alter  chinesischer  Tradition  wächst 
die  Steinkoralle  als  Baum  auf  dem  K'un- hin- Gebirge  in  Zentralasien.*  Bei 
neueren  Schriftstellern  findet  sich  aber  auch  die  richtige  Ansicht,  wonach 
die  Steinkoralle  ebenso  wie  die  Edelkoralle  dem  Meere  entstammt. 

Wir  haben  bereits  gesehen,  daß  nach  der  Schilderung  des  Lü-shih- 
ch'un-ch'iu  und  des  Iluai  Nan  Tse  Arabien,  das  Land  der  Wo-Leute,  Gold 
und  Bleierze  aufzuweisen  hat.  Das  Shan -hai-king  spezialisiert  letztere 
noch  genauer  als  Weißbleierz  oder  Cerussit  und  Grünbleierz  oder 
Pyromorphit  und  fügt  dann  noch  Silber  und  Eisen  hinzu.  Nach  Strabo 
hatten  die  Nabatäer  Gold  und  Silber,  aber  kein  Eisen  und  Kupfer.    Ham- 


1      STTl     J$    TU     lO-^fiW    TOUTU  XÄt    T«  TV)?   (Tpapa^/^OV   jUSTaXXtt   ECTTI  ,    TUJV  ApaßolV   CpirtTOVTti)!/ 

^a^iii;  Tivaq  dttovojuou;,  xal   aXXwv  Xi^uv  nokvtikbiv, 

^  AioTrep  OUTE  rj  ITapia  Xvy^og  our'aX'X.v]  ^aufjia^ousi'y)  TrsTpa  Toic  'Apo|3t'oi?  Xi^oiQ 
lEio-w^ä-^vai  ^uvaxai,  wv  XopTTpOTaTV]  fjtsv  r]  >.EuxOTr]i;,  ßapVTaxo;  ^"  ö  aTU^fici;,  r)  Ss  XetOTHif 
u7r£pßoX-/)v  sTspot;  ovx  dnokü-novc-a.. 

3   Ritter,  Erdkunde  Bd.  XII,  S.  250. 

*   Sprenger,  a.  a.  0.  S.  58. 

^   So  das  Erh-ya  und  Shan -hai-king. 


Forke:  Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  149 

dani  spricht  von  einer  Silbermine  bei  Schamäm,  außerdem  nennt  er 
sechs  Minen  ohne  Angabe  des  Metalls.  Eine  davon  würde  nach  einigen  eine 
Silbermine  gewesen  sein,  nach  der  Ansicht  anderer  eine  Eisenmine.  In 
Südarabien  existierte  früher  die  sehr  ergiebige  Silbermine  von  Radhrädh.' 
Bei  Samäm  erwähnt  Hamdani  Silber-  und  Kupferminen,  die  von  tausenden 
von  Magiern  (Feueranbetern)  ausgebeutet  wurden.^  Nach  Ritter  wurde 
früher  auch  am  Berge  Tsiba  in  Yemen  Silber  gefunden.^ 

Die  Araber  verfertigten  in  älterer  Zeit  berühmte  eiserne  Panzer, 
die  sogenannten  salukischen  Panzer,  wozu  sie  das  Metall  an  einem  Orte 
Salük  bei  Kedera  fanden.  Bei  dem  später  in  Verfall  geratenen  Bergwerk 
wurden,  wie  Hamdani  erzählt,  noch  lange  Eisenschlacken,  Silber-  und 
Goldstückchen  entdeckt.*  Berühmt  wegen  seines  Eisens  ist  auch  der 
Nokomberg  in  Yemen.  Aus  diesem  Eisen  wurde  der  Stahl  von  Nokom 
verfertigt.    Eisenerzhaltig  sind  die  ostarabischen  Inseln,  die  Maudesinseln.^ 

Die  Angaben  des  Shan-hai-king  über  die  Beschaffenheit  des  von  Se 
Wang  Mu  bewohnten  Landes  haben  uns  nach  Südarabien  geführt.  Daß 
wir  hier  und  nirgendswo  anders  das  Reich  der  von  König  Mu  besuchten 
Königin  zu  suchen  haben,  wird  nun  obendrein  noch  durch  zwei  Stellen  in 
den  Geschichtswerken  der  Han-Dynastie,  dem  Shi-chi  und  dem  Hou  Han- 
shu,  bestätigt. 

Im  Shi-chi  heißt  es  in  dem  Artikel  über  Tiao-chih: 

•'Alte  Leute  bei  den  Parthern  haben  sagen  hören,  daß  in 
Tiao-chih  das  »Schwache  Wasser«  und  die  Königin-Mutter  von 
Se  wären,  aber  sie  haben  sie  nicht  gesehen«.^ 

Genauer  drückt  sich  der  Geschichtschreiber  der  späteren  Han- 
Dynastie  aus,  indem  er  über  Ta-'chin,  das  Römische  Reich,  schreibt: 

»Einige  sagen,  daß  im  Westen  dieses  Reiches  (Ta-'chin)  das 
»Schwache  Wasser«  und  eine  Sandwüste  sei,  nahe  bei  dem  Wohn- 
sitz der  Königin-Mutter  von  Se,  ungefähr  dort,  wo  die  Sonne 
untergeht«.'' 

Beide  Stellen  passen  vollkommen  zusammen  und  ergänzen  sich 
gegenseitig. 

Wir  haben  gesehen,  daß  Tiao-chih  das  Seleukidenreich,  und  zwar 
im  engeren  Sinne  Syrien,  bedeutet,  das  zur  Zeit,  aus  welcher  die  Nachricht 
des  Shi-chi   stammt,   vom  Weltreiche   des  Seleukus   allein   noch    übrig  ge- 


'    Sprenger,  Geographie  S.  52,  53,  58. 

2  E.  Glaser,  Geschichte  und  Geographie  Arabiens  II,  S.  348. 

3  Ritter,  F:rdkunde  XII,  S.  714. 
*   Glaser  S.  19. 

6  Ritter  S.  391,  590,  724. 

e   Shi-chi  123,8.6    ^  ,&  fi:^fl|  P^^i-^^  WIS*  ®  ^  # 

7  HouHan-shull8,S.10v.:  ^/^  ^g  O  gj^  :27  Ä  g|  ^  ^|g  7^ 


150  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

blichen  war.  Unter  dem  «Schwachen  Wasser«  ^ä  TJC  verstehe  ich  wie 
Bretschneider  das  «Tote  Meer«. ^  Das  Seleukidenreich  umfaßte  auch  Teile 
von  Arabien ^  es  lag  daher  nahe,  auch  das  Land  der  Königin  von  Saba 
mit  dazuzurechnen ,  was  freilich  den  Tatsachen  nicht  ganz  entspricht.  Das 
Hou  Han-shu  vermeidet  diese  Ungenauigkeit. 

Zur  Zeit  der  zweiten  Ilan- Dynastie  (25 — 220  n.  Chr.)  hatte  das  Se- 
leukidenreich zu  existieren  aufgehört.  Syrien  war  seit  64  v.  Chr.  römische 
Provinz.  Das  Han-shu  berichtet  daher  ganz  korrekt,  daß  das  Tote  Meer 
im  Westen  von  Ta  Ch'in  liege,  worunter  der  römische  Oi-ient,  die  Provinz 
Asien,  einschließlich  Syriens,  zu  verstehen  ist.  Die  Sandwüste,  die  bis  an 
den  Wohnsitz  der  Königin -Mutter  von  Se  heranreicht,  ist  die  syrisch- 
arabische Wüste. 

Beide  Stellen  wollen  nicht  besagen,  daß  die  Königin  von  Saba  zur 
Han-Zeit  wirklich  noch  in  Arabien  gelebt  habe,  vielmehr  ist  der  Ausdruck 
die  Königin -Mutter  von  Se  lediglicli  als  ein  geographischer  Begriff  auf- 
zufassen. 

Das  Shan-hai-king  sagt,  wie  wir  gesehen  haben,  daß  der  Berg 
der  Königin -Mutter  im  Lande  der  Wo  liege,  in  welchen  wir  die  Sabäer 
erkannt  haben.  An  andern  Stellen  des  Shan-hai-king  wird  nun  dieser  Berg 
als  der  K'un-lun  bezeichnet.  Falls  darunter  das  große  Gebirge  zwischen 
der  Mongolei,  Turkestan  und  Tibet  bzw.  Kukunor  zu  verstehen  ist,  was 
die  meisten  chinesischen  Quellen  annehmen,  würden  wir  vor  einem  unlös- 
baren Widerspruch  stehen.  Der  Sitz  der  Königin  von  Se  kann  nicht  in 
Südarabien  und  zugleich  in  der  INIongolei  sein.  Wir  müßten  uns  dann  ent- 
weder für  die  eine  oder  für  die  andere  Annahme  entscheiden.  Ich  würde 
ohne  Bedenken  an  der  ersteren  festhalten.  Die  Nachrichten  über  das  Land 
der  Wo-Leute  sind  vernünftig  und  im  Einklang  mit  den  tatsächlichen  Ver- 
hältnissen, während  gerade  an  den  K'un-lun  alle  die  Sagen  und  Mythen 
von  der  Göttin  Se  Wang  Mu  und  ihren  Genien  anknüpfen.  Man  hat  den 
K'un-lun  nicht  mit  Unrecht  den  chinesischen  Olymp  genannt.   jNIerkwürdiger- 


1  Bretschneider,  Knowledge  of  the  ancient  Chinese  of  the  Arabs  etc.  S.  4.  — 
Die  Chinesen  verbinden  mit  dem  "Sehwachen  Wasser«  die  Vorstelhmg,  daß  es  so 
schwach  sei  und  so  wenig  Tragfähigkeit  besitze,  daß  nur  federleichte  Gegenstände 
darauf  schwömmen,  alle  anderen  aber  untersänken.  Es  ist  nicht  anzunehmen,  daß 
die  Chinesen  diese  eigentümliche  Vorstellung  ganz  frei  ersonnen  haben.  Sie  müssen 
irgend  eine  Anregung  dazu  erhalten  haben.  Wahrscheinlicli  haben  sie  von  der 
Eigentümlichkeit  des  Toten  Meeres  gehört,  welches  so  salzhaltig  ist,  daß  organische 
Körper  darin  nicht  untersinken.  Das  hat  man  später  verwechselt  und  daraus  das 
geiade  Gegenteil  gemacht.  Gewässer,  auf  welchen  nur  Federn  schwinunen  können, 
gibt  es  nirgends.  Die  vorliegenden  beiden  Stellen  weisen  mit  zwingender  Not- 
wendigkeit auf  das  Tote  Meer.  Sollte  das  Jo  von  Jo-shui  etwa  gar  eine  phonetische 
Wiedergabe  von  Jo-rdan  sein,  der  sich  bekanntlich  in  das  Tote  Meer  ergießt? 

2  Appian  sagt  in  seiner  Römischen  Geschichte  Syriake  55  von  Seleukos: 
rjp^e  MEcroTTOTapta?  xat  'ApfXEvt'ag  xai  KttTTTra^oxta;  t»](;  SeIeuxi^o;  \iyofxkvrig  xal  ÜEpo-Mv  xal 
Ilöp(3-uaiu)v  xai  BaxTptwii  xai  'Apaßi'ui'  xai  TaTnipwi/  xai  t^;  "Sovy^iuv^q  xai 'Apaytotria? 
xai  'Tfxai'ta;. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  151 

weise  eignet  sich  kaum  ein  Gebirge  weniger  für  den  Wohnsitz  der  Unsterb- 
h'chen  und  passen  die  phantastischen  chinesischen  Schilderungen  von  Se 
Wang  Mus  Aufenthalt  bei  keinem  weniger  als  beim  ICun-lun.  Es  ist  eins 
der  ödesten  und  einförmigsten  Gebirge  der  Erde.  Die  Hänge  sind  kahl 
und  mit  Geröll  und  riesigen  Schuttmassen  bedeckt,  die  von  den  abgestürzten 
Gipfeln  und  Graten  herrühren.  Tief  einschneidende  Täler  und  Schluchten 
fehlen,  von  Vegetation  keine  Spur.  Demgegenüber  deuten  die  Notizen,  die 
sich  in  chinesischen  Schriftstellen  über  den  iCun-lun  finden  auf  ein  Gebirgs- 
land  mit  reicher  Flora  und  Fauna  in  einem  tropischen  Klima.* 

Die  europäischen  Gelehrten  wurden  zuerst  stutzig,  als  sie  in  geogra- 
phischen Werken  von  den  Negern  des  K'un-lun  lasen.  Remusat  nahm 
noch  kühn  das  Vorhandensein  eines  Negervolkes  in  Zentralasien  an.  Klap- 
roth  wies  dagegen  in  einem  Artikel  »sur  les  negres  de  Kuen-lun«^  nach, 
daß  die  Chinesen  mehrere  iCun-lun  kennen  und  daß  so  auch  zwei  kleine 
Inseln  an  der  Küste  von  Kambodscha:  Pulu  Condore  bezeicJjnet  werden. 
Dies  ist  richtig,  Klaproths  Ansicht,  daß  besagte  Neger  die  Malaien  von 
Pulo  Condore  seien,  aber  unzutreffend.  Er  muß  selbst  zugeben,  daß  der 
Ausdruck  »Neger«  durchaus  unpassend  sei,  denn  die  Malaien  haben  mit 
den  Negern  gar  keine  Ähnlichkeit.  Nach  der  Beschreibung  und  Abbildung 
in  den  chinesischen  Quellen  handelt  es  sich  aber  um  wirkliche  Neger,  deren 
Körper  »wie  mit  schwarzem  Lack  überzogen  ist«.^  Auch  die  Notiz 
des  San-'tsai-'tu-hui,  daß  es  im  Lande  jener  Schwarzen  Riesenvögel 
Bnl  d.h.  Strauße  gebe,  paßt  auf  Pulo  Condore  absolut  nicht.  Das  japanische 
Supplement  zu  dem  genannten  Werke  spricht  es  ganz  deuthch  aus,  daß  wir 
es  mit  afrikanischen  Negern  zu  tun  haben,  die  auf  holländischen  Schiffen 
häufig  als  Matrosen  nach  Japan  kämen  und  eine  affenartige  Behendigkeit 
besäßen.  Klaproths  Annahme,  daß  mit  den  K'un-lun-Negern  ursiDrünglich 
die  Schwarzen  Asiens  (wo?)  bezeichnet,  und  daß  dieser  Ausdruck  später 
auf  die  afrikanischen  Neger  übertragen  sei,  ist  ein  Notbehelf,  der  zeigt, 
daß  er  sich  in  der  Klemme  befindet. 

Einer  der  ersten  arabischen  Gesandten,  welcher  im  Jahre  977  n.  Chr. 
in  China  erschien,  hatte  in  seinem  Gefolge  Leute  mit  tiefliegenden  Augen 
und  schwarzem  Körper,  welche  K'un-lun- Sklaven  hießen.*  Soll  etwa  der 
Araber   sich  seine  schwarze  Dienerschaft   erst  auf  den  ganz  unbedeutenden 


1  Wahrscheinlich  \vnßten  die  alten  Chinesen  von  dem  asiatischen  Zentral- 
gebii-ge  nicht  viel  mehr  als  dert  Namen  und  hatten  es  selbst  nie  gesehen.  Später 
wurden  dann  allerhand  Wunderdinge  davon  erzählt.  Chang  Ch'ien  fand  auf  seiner 
berühmten  Reise  den  K'un-lun  überhaupt  nicht,  obgleich  er  ihn  passiei't  haben  muß, 
so  daß  Ssie  Ma  CHien  die  Existenz  des  K'un-lun  überhaupt  in  Zweifel  zieht.  Vgl. 
den  Schluß  vom  Shi-chi  B.  123. 

2  Journal  Asiatique  2.  Ser.  Bd.  XII,  S.  232 ff. 

3  So  das   =: 


.   Su„g-sl,ih  490,  S.  16v..  Ar..  ^  Ä  ^  Ä  f^  *  §  «  Ül  1^  ^ 


152  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

kleinen  Felseninseln  Pulo  Condore  besorgt  haben ,  statt  sie  von  seiner 
Heimat  mitzubringen? 

Auch  die  andere  Notiz  der  Geschichte  der  Sung- Dynastie,  daß  bei 
Festen  in  San-fo-ch'i  (Sumatra)  IC un-lun- Sklaven  Musik  machten  und  ihre 
Lieder  mit  Stampfen  auf  den  Boden  begleiteten',  besagt  keineswegs, 
daß  diese  Sklaven  in  Sumatra  einheimisch  waren.  Sumatra  war  damals 
für  die  Araber  eine  sehr  wichtige  Zwischenstation  für  den  Chinahandel. 
Sklaven  sind  von  jeher  ein  bedeutender  Handelsartikel  für  die  Arabei- 
gewesen,  und  sie  haben  sie  jedenfalls  auch  nach  Sumatra  verkauft.  Die 
wenigen  Worte  des  Sung-shih  weisen  deutlich  auf  die  bekannten  Xegertänze 
hin,  bei  denen  das  Stampfen  und  Trampeln  eine  so  große  Rolle  spielt. 

Mit  Rücksicht  auf  das  Vorkommen  des  Riesenvogels  P'eng  meint 
Porter  Smith,  daß  mit  K'un-lun  vielleicht  die  Insel  Mauritius  oder 
Madagaskar  bezeichnet  sein  könnte.^  Ich  glaube  nicht,  daß  Mauritius 
in  Frage  kommen  kann.  Der  früher  dort  lebende  Dronte  (Didus  ineptus), 
welcher  jetzt  ausgestorben  ist,  kann  kaum  das  Vorbild  des  P'eng  gewesen 
sein,  denn  er  war  nur  etwas  großer  als  ein  Schwan.  Viel  eher  könnte  man 
an  die  Insel  Madagaskar  denken,  deren  ausgestorbener  Riesenstrauß  noch 
bedeutend  größer  war  als  der  afrikanische.  Gegen  Madagaskar  spi-icht  aber 
der  Umstand ,  daß  dort  alle  größeren  Säugetiere  fehlen  und  statt  dessen  nur 
eigenartige  Lemuren  vorhanden  sind.^  Nach  dem  Nan-Ichih  besitzt  das 
Reich  K'un-lun  nämlich  außer  Straußen  auch  noch  Elefanten  und  Rhinozerosse. 

Der  technische  chinesische  Ausdruck  für  die  K'un -lun- Neger  ist  K'un- 
lun  T'seng-sse*.  Als  Nebenform  kommt  auch  T'seng-k'i*  vor.  Klap- 
roth  hat  das  Verdienst,  die  Ableitung  dieses  nicht  chinesischen  Wortes  vom 
persischen  Z engl  =  Neger®  nachgewiesen  zu  haben.  Die  Arabei- schreiben 
das  Wort  Zengi''.  Dieses  zeigt  ims,  wo  wir  die  Neger  des  K'un-lun  und 
mithin  den  K'un-lun  selbst  zu  suchen  haben.  Die  Araber  verstehen  unter 
den  Zengi  die  Äthiopier  oder  Abessinier.  Der  Ausdruck  Zingis  für 
die  Gegend  von  Abessinien  war  schon  den  Alten  bekannt.  »Aethiopum 
gens,  unde  Zingis  extrema  ad  sinum  Arabicum  apud  Ptolemaeum«  heißt 

es  in  Fleischers  Arabisch -Lateinischem  Lexikon  bei  ^J,  dem  Stammwort 
von  ^  j.  Auch  bei  älteren  arabischen  Geographen  wie  Bakui  und  Ibn  Haukai 
heißt  das  Binnenland  von  Abessinien:  Zinghi,  während  der  Name  Habesch 


1  Sung-shih  489,  S.  12,  Art.   H  fj  ^^  =  lUg  Iffl^i^'  ffl  S  #1 

2  Vgl.  China  Review  VIII,  S.  189. 

3  E:iisee    Reclus,    Geographie    universelle     Bd.  XIV,   S.  84.      Sievers -Hahn, 
Afrika  1901.  S.  612. 


^3 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  153 

ursprünglich  nur  auf  den  Küstenstrich  bei  Zeila  am  Roten  Meere  be- 
schränkt ist.^ 

Der  Ivun-hjn  ist  also  das  Hochland  von  Abessinien.  Der  Name 
K'un-lun  ist  vielleicht  das  abessinische  Kollo,  das  höchste  Gebirge  dieses 
Hochlands  in  der  Provinz  Schoa.^  Wahrscheinlich  deutet  eine  Notiz  des 
Po-wu-chih  (3.  Jahrhundert  n.  Chr.),  wonach  es  im  Römischen  Reiche  am 
Ufer  des  Westmeers  einen  »kleinen  K'un-lun«  gab,^  auf  das  abessinische 
Hochgebirge  hin.  Abessinien  stand  in  den  ersten  Jahrhunderten  unserer 
Zeitrechnung  unter  den  Einflüssen  griechischer  Kultur  und  Griechenland  = 
Ostrom  bezeichnen  die  chinesischen  Quellen  auch  als  Ta  Ch'in. 

Nach  dem  Kommentar  zum  Erh-ya  würde  der  Ausdruck  K'un-lun 
allgemein  von  TeiTassengebirgen  gebraucht  werden ,  und  zwar  von  solchen, 
die  sich  in  drei  Terrassen  erheben.*  Dies  läßt  sich  von  dem  zentralasiatischen 
K'un-lun  durchaus  nicht  behaupten,  dagegen  paßt  es  in  ganz  auffallender 
Weise  auf  das  Hochland  von  Abessinien,  bei  dem  man  drei  Terrassen,  die 
zugleich  drei  verschiedene  Klima-  und  Kulturregionen  bilden,  unterscheidet. 
Lesen  wir,  was  der  Kommentar  zum  Shui-ching(5 — 6.  Jahrhundert  n.  Chr.) 
über  den  K'im-lun  schreibt,  so  könnten  wir  meinen,  daß  er  das  abessi- 
nische Hochland  habe  beschreiben  wollen.  »Das  K'un -hin -Gebirge  hat  drei 
Stufen.  Die  unterste  heißt  das  Dikicht^  oder  mit  anderem  Namen  der 
Bretterwald  (Urwald?)^  die  zweite  heißt  der  »göttliche  Obstgarten«'' 
oder  auch  »Windesrauschen«  und  die  oberste  die  Hochterasse  oder  mit 
anderm  Namen  die  Himmelshalle« ^  Ein  späterer  Exeget  fügt  noch  hinzu, 
daß  in  den  Quertälern  und  Schluchten  die  Wasser  von  dem  ■•  Dreiterrassen- 
gebirge«  herabströmten. ^ 

Die  unterste  Stufe  des  abessinischen  Hochlands  wird  die  Kolla 
genannt.  Sie  hat  glühende  Hitze  und  die  Fülle  tropischer  Vegetation  und 
Fauna.    Die  Waldungen ,  gebildet  aus  Sumpfgewächsen,  Rohr,  Dornengebüsch 

1  Oriental  Geography  by  W.  Ousely  S.  13;  bei  Ritter,  Erdkunde  Bd.I,  S.  177. 

2  Daniel,  Handbuch  der  Geographie  1895,  Bd.I,  S.  567. 

5  ^^  ist  eine  Hecke,  ein  Gehege;  iJpl  bedeutet  sowohl  Elaeococca  sinensis 
und  andere  große  Bäume,  als  auch  eine  üppige  Vegetatioli:  ^^  .M- 3^  ^ffi, 3^  ffH 
/t:  -m    heißt  es  im  Kanghi. 

«  Ich  vermute,  daß  ^'Hl^  t'{n)  große  Bäume  bedeutet,  die  so  dicht  stehen,  als 
wären  sie  mit  Brettern  zusammengenagelt.  Vielleicht  ist  es  aber  nur  eine  andere 
Sclireibweise  für   ^^ffp)« 

'    Eine  andere  Schreibweise  ist     1^  Sj . 

Erh-ya  cheng  yi  Kap.  11. 


154  Fobke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

und  tropischen  Bäumen  sind  so  dicht,  daß  die  Sonnenstralilen  nicht  hin- 
durchdringen. Durchschnitten  wird  die  Niederung  von  unzähligen  Schluch- 
ten, Tobein  und  Stromtälern,  in  denen  rauschende  Wasser  von  den 
Bergen  hinabstürtzen.  Nach  dem  periodischen  Regen  bilden  sie  weitläufige 
Sümpfe.  Die  mittlere  Region  heißt  Woina  Dega  =  Weinhochland. 
Hier  herrscht  ein  »ewiger  Frühling«,  ein  herrliches,  mildes  Klima  wie  in 
Südeuropa.  Es  gedeihen  darin  alle  Obstsorten  der  gemäßigten  Zone, 
unter  anderen  auch  die  Rebe.  In  dieser  Region  liegen  die  volkreichsten 
Städte  der  Abessinier,  welche  dort  häufig  über  hundert  Jahr  alt  werden. 
Könnten  dies  nicht  die  Unsterblichen  sein,  welche  nach  chinesischer  Tra- 
dition auf  dem  K'un-lun  leben?  Die  höchste  Region,  von  2  400m  an,  führt 
einfach  den  Namen  Dega  ^=.  Hochland,  was  genau  der  chinesischen  »Hoch- 
terasse«   entspricht.^ 

Wir  haben  bereits  gesehen,  daß  nach  dem  San- t'sai-t'u-'hui  im 
Lande  K'un-lun  —  Abessinien  Strauße  vorkommen.  Von  den  eingeborenen 
Negern  wird  außerdem  berichtet,  daß  sie  sich  gegenseitig  zu  Sklaven  machen 
und  an  fremde  Kaufleute  verkaufen,  die  ihnen  dafür  Kleider  und  Lebens- 
mittel liefern. 2  Aus  demT'ai-p'ing-yü-lan  Kaj).789  (10.  Jahrhundert  n.  Chr.) 
lernen  wir  noch  folgende  der  »Geschichte  der  südHclien  Wilden«  ent- 
nommene Einzelheiten  über  die  Produkte  und  die  Bevölkerung. 

»Das  Königreich  K'un-lun  bringt  hervor:  Elfenbein, Putschuk,' 
Sandelholz,*  Betel,*  Chalzedon,  Bergkrystall  und  Rhinozeros- 
hörner.  Wenn  die  räuberischen  Wilden  das  Land  angreifen,  so  leiten  sie 
das  Wasser  ab  und  überschwemmen  das  ganze  Land.  Die  Einwohner 
können  dann  nicht  rück-  noch  vorwärts  und  sterben  zu  vielen  Tausenden 
an  Hunger.  Denen,  die  noch  am  Leben  sind,  schneidet  man  das  rechte 
Handgelenk  weg  und  läßt  sie  laufen.«'"' 

Elefanten  und  Nashörner  sind  Charaktertiere  der  abessinischen  Wald- 
region. Die  Notiz  über  die  Kämpfe  gegen  die  Bewohner  der  Ebene  klingt 
etwas  abenteuerlich.  Sie  läßt  sich  vielleicht  auf  folgende  Tatsachen  zurück- 
führen. Die  Schangalla  und  andere  Negerstämme  bewohnen  die  heiße 
KoUa.     Bei  Beginn  der  Regenzeit  verlassen  sie  ihre  Wohnsitze,    welche  in 


1  Ritter,  Erdkunde  Bd.  I,  S.  209  u.  243  fi'. ;  Elisce  Rcclus,  Geographie  Bd.  X,  S.  202. 

2  Klaproth,  a.  a.  O.  8.234  6F. 

3  Die  schon  den  Alten  bekannte  und  lur  Salben  und  Weihrauch  verwendete 
Costuswurzel ,  .sanskrit  ktishta,  arabisch  und  persisch  ku/^t.  Sie  wird  viel  von  Kaschmir 
aus  über  Punjab  nach  China  importieit.  Nach  chinesischen  Quellen  findet  sich  die 
Pflanze  im  Römischen  Reiche  und  kommt  die  beste  Sorte  von  K'un-lun.  Vgl.  Bret- 
schneider,  Bot.  Sinic.  II,  Nr.  54.  Sie  wird  auch  in  arabischen  Quellen  als  in  Arabien 
vorkommend  erwähnt.     Paulys  Realenzyklopädie  II,  355. 

*    Wohl  das  afrikanische  Sandelholz,  Baphia  nitida. 

^    Abessinien  hat  Palmen,  ob  Bctelpalnien  erscheint  mir  zweifelhaft. 

iäiEil«5t'SÄ^5E**Ä*K«i:Jil 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  155 

kurzer  Zeit  von  den  stark  geschwollenen  Gießbächen  überschwemmt 
werden,  und  ziehen  ins  Gebirge,  wo  sie  in  Hohlen  Wohnung  nehmen. 
Dort  hausen  sie,  bis  die  Wasser  sich  verlaufen  haben,  dann  kehren  sie  in 
die  Ebene  zurück.  Es  sind  die  Troglodyten  des  Agatharchides  und 
Artemidor.  Im  Altertum  hieß  die  KOstenlandschaft  des  arabischen  Meer- 
busens, die  zu  Äthiopien  gehört,  Troglody  tice.^  Die  auf  den  Hochj)lateaus 
lebenden  Abessinier,  das  herrschende  Volk  arabischer  Abstammung,  sind 
die  Todfeinde  der  Schangallas.  Gleich  nach  Beginn  der  Regenzeit,  die  das 
ganze  Land  der  Schangallas  in  Sümpfe  verwandelt,  fangen  sie  ihre  Kriege 
gegen  dieselben  an,  die  nichts  weiter  als  Sklavenjagden  sind.  Was  nicht 
als  Sklave  fortgefülu^t  wird,  wird  niedergemacht.  Es  war  von  jeher  bei 
den  Abessiniern  in  Gebrauch,  daß  sie  Tributzahlungen  in  Schangalla- Sklaven 
verlangten.^ 

Selbst  das  Shan-hai- king,  welches  im  übrigen  wie  Huai  Nan  Tse 
viel  über  den  K'un-lun  zusammenfabelt,  bietet  uns  einige  für  die  Bestim- 
mung dieses  Gebirges  sehr  wichtige  Anhaltspunkte. 

»Südlich  vom  Westmeer,  am  Rande  der  Sandvvüste,  hinter  dem  Roten 
Fluß  und  vor  dem  Schwarzen  Fluß  liegt  ein  großes  Gebirge,  K'un-lun 
mit  Namen»  heißt  es  dort  und  weiterhin:  »Außerhalb  desselben  ist 
ein  Berg  mit  glühendem  Feuer.  Wirft  man  etwas  hinein,  so 
verbrennt   es.«^ 

Unter  dem  »Westmeer«  könnte  das  Mittelländische  Meer  und  unter 
der  Sandwüste  die  Sahara  zu  verstehen  sein.  Feuerspeiende  Berge  gibt  es 
beim  chinesischen  iCun-lun  nicht,  wohl  aber  am  Rande  des  abessini- 
schen  Hochlands.  Der  Vulkan  von  Buri  bei  Massaua  am  Roten  Meere, 
von  Örteale  (Artali)  und  andere  sind  dort  noch  heute  tätig.»* 

Über  die  Fauna  des  K'un-lun  berichtet  das  Shan-hai-king  B.  H 
folgendes : 

»Pls  gibt  dort  ein  Tier,  welches  die  Gestalt  einer  Ziege,  aber  vier  Hörner 
hat  und  Tu-lou  heißt.  Es  frißt  Menschen.  Ferner  ist  da  ein  Vogel,  ge- 
formt wie  eine  Wespe,  aber  so  groß  wie  eine  Mandarinente,  der  den  Namen 
Ch'in-yuan  führt.  Wenn  er  einen  Vogel  oder  ein  Tier  sticht,  so  sterben 
sie  und,  wenn  er  in  einen  Baum  sticht,  so  verdorrt  er.  Auch  ist  dort  ein 
Vogel,  den  man  Wachtel  nennt  und  der  alle  Befehle  Gottes  ausführt.« 

»Man  findet  daselbst  ein  Tier  von  der  Gestalt  eines  Hundes,  aber 
gezeichnet  wie  ein  Panther.  Seine  Höi-ner  sind  wie  die  eines  Ochsen.  Es 
heißt  Chiao.  Sein  Geheul  ist  wie  das  Bellen  eines  Hundes.  Wenn  es  sich 
zeigt,  so  bedeutet  das  für  das  Land  eine  reiche  Ernte.     Auch    ist  dort  ein 


1  Frenze!,  Enzyklopädie  der  Naturwissenschaften,  unter  Troglodyten. 

2  Ritter  I,  S.  190,  247  ft\ 

Shan-hai-king  B.  XVI,    ^  }^ 
*    Reclus  Bd.  X,  S.  216. 


156  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Vogel,  der  wie  ein  Fasan  aussieht,  aber  rot  ist.  Sein  Name  ist  Hsing-yü. 
Er  frißt  Fische.  Sein  Schrei  klingt  wie  lii.  Wenn  er  erscheint,  so  droht 
dem  Lande  Überschwemmung.«^ 

Die  Ziege  mit  vier  Hörnern  ist  ohne  Zweifel  die  Vierhornantilope, 
Tetraceros  quadricornis,  der  einzige  Wiederkäuer,  bei  dem  das  Männ- 
chen vier  Hörner  trägt.  Das  vordere  Paar  ist  kleiner  als  das  hintere.  Das 
zierliche  Tier  ist  so  groß  wie  ein  halbwüchsiges  Reh.  Nach  der  Abbildung 
im  Brehm  hat  es  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  einer  Ziege.^  Der  törichte 
Zusatz,  daß  eine  Ziege  Menschen  frißt,  was  sich  jedenfalls  irgendeiner 
der  Mitarbeiter  am  Shan-hai-king  als  etwas  ganz  Besonderes  ausgedacht 
hat,  braucht  uns  nicht  weiter  aufzuregen.  Die  Vierhornantilope  lebt  überall 
in  Vordei'indien,  soll  aber  außerhalb  Indiens  nicht  vorkommen.  Falls  dem 
so  ist,  würde  sie  sich  in  Abessinien  nicht  finden  und  die  Notiz  des  Shan- 
hai-king  nicht  stimmen. 

Bei  dem  Vogel,  der  wie  eine  Wespe  aussieht  und  dessen  Stich  für 
Tiere  und  \'ögel  tötlich  ist,  hat  meines  Erachtens  das  Shan-hai-king  aus 
einer  Mücke  einen  Elefanten,  nämlich  aus  der  Tsetsefliege  eine  Ente 
gemacht.  Einen  Vogel,  der  wie  eine  Wespe  gebaut  wäre  und  einen  Stachel 
hätte,  gibt  es  nicht.  Dagegen  bringt  der  Stich  der  berüchtigten  Tsetsefliege, 
Glossina  morsitans,  im  tropischen  Afrika  eine  ähnliche  Wirkung  hervor 
wie  die  vom  Shan-hai-king  beschriebene.  Ein  Stich  dieses  rätselhaften 
Insekts,  welches  etwas  kleiner  als  unser  Brummer  ist,  bringt  den  meisten 
Haustieren,  wie  Pferden  und  Rindern,  den  sichern  Tod.  Was  Wunder,  daß 
die  Phantasie  der  alten  chinesischen  Schriftsteller  diese  seltsame  Tatsache 
frei  umgestaltet  und  übertrieben  hat. 

In  welcher  Weise  die  Wachteln  dem  Shang  Ti,  dem  höchsten  Gotte 
der  Chinesen,  dienen,  erfahren  wir  aus  dem  Shan-hai-king  nicht.^  Nach 
ihm  ist  der  K'un-lun  nicht  nur  der  Sitz  der  Se  Wang  Mu,  sondern  auch 
des  Shang  Ti  und  seiner  Geister.  Die  Wachteln  pflegen  auf  ihrem  Wander- 
zuge in  ungeheuren  Zügen  nach  Afrika  und  ICleinasien  zu  kommen,  wovon 
die  Speisung  der  Juden  in  der  Wüste,  2.  Moses   16,  Zeugnis  ablegt. 


W  P  ,1 Ä  H*  *n  ;/c  M  ?^J*  Jt  #  *b4^  Ä  =S  H  3$  Ä 

tt7lSÄ:iÄB-*H«ÄMÜÄIl:'C*    Shan-hai-king  B.n, 

2  Fienzel,  Enzyklopädie  der  Naturwissenschaften  unter  Tetraceros,  Brehm, 
Tierleben  Bd.  III  S.  388., 

3  Die  Wachtel  spielt  auch  eine  Rolle  in  der  klassischen  und  indischen  My- 
thologie. Sie  war  der  Latona  und  dem  Herkules  heilig.  A.  de  Gubernatis,  Zoolo- 
gical  Mythology,  London  1872,  Bd.  II,  S.  276. 


Forke  :    Mu  Wang  und  die  Konigin  von  Saba.  1 57 

Welches  Tier  nun  ist  dein  Hunde  ähnlich  und  bellt  wie  ein  Hund, 
ist  aber  gefleckt  wie  ein  Panther?  Die  Hyäne,  und  zwar  die  gefleckte, 
Hyaena  crocuta.  Das  weitei'e  Merkmal,  nämlich  das  Vorhandensein  von 
Hörnern  wie  beim  Ochsen,  können  wir  als  einen  phantastischen  Zusatz 
außer  Betracht  lassen,  denn  in  der  Familie  der  Canidae  kommen  niemals 
Hörner  vor.  Die  Richtigkeit  unserer  Diagnose  wird  durch  einige  weitere 
Bemerkungen  des  Shen-i-ching  (4.  bis  5.  Jahrhundert  u.  Chr.)  über  dieses 
hundeartige  Tier  bestätigt: 

»Es  hat  einen  Bauch,  aber  ohne  die  fünf  inneren  Teilet  auch  hat  es 
Eingeweide,  aber  sie  sind  gerade  und  nicht  verschlungen,  so  daß,  was 
es  frißt,  direkt  durchgeht.  Gegen  tugendhafte  Menschen 
wendet  es  sich  und  stößt  sie,  den  Bösen  dagegen  schließt  es  sich  an. 
Der  Himmel  hat  es  so  bestimmt.  Sein  Name  ist  Hun-tun.  Das  Ch'un- 
ch'iu  sagt,  daß  Hun-tun  der  nichtsnutzige  Sohn  des  Kaisers  Hung 
war.  Für  gewöhnlich  lebt  es  in  Höhlen  und  rührt  sich  nicht,  nur  wenn 
es  knirschend  frißt,  krümmt  sich  sein  Schwanz  nach  rückwärts  und 
es  lacht  gen  Himmel.^« 

Während  die  gestreifte  Hyäne  über  ganz  Afrika  und  Südasien  bis 
zur  Bai  von  Bengalen  verbreitet  ist,  lebt  die  getüpfelte  Hyäne,  um  die 
es  sich  hier  handelt,  nur  in  Süd-  und  Ostafrika  und  ist  besonders  in 
Abessinien  häufig,  wo  sie  den  Namen  Zubbee  führt.  Sie  ist  dunkel  weiß- 
grau und  braun  gefleckt.  Eigentümlich  sind  die  Analdrüsen  der  Hyäne, 
die  zwischen  Schwanz  und  After  eine  geräumige  Tasche  bilden,  durch 
welche  sich  das  widerliche,  grüne  Sekret  des  Tieres  ergießt.  Die  Beob- 
achtung dieses  Vorgangs  hat  die  Chinesen  zu  der  Annahme  geführt,  daß 
das  Innere  der  Hyäne  nicht  normal  sei  und  daß,  was  sie  frißt,  da  die 
Eingeweide  keine  Windungen  hätten,  direkt  durchgehe.  Nach  der  Auf- 
fassung der  Abessinier  und  Araber  sind  die  Hyänen  verzauberte  Men- 
schen, Falaschas',  und  zwar  verzauberte  Sünder  und  Verdammte,  die 
über  ihre  Missetaten  jammern  und  danach  trachten,  die  Gerechten  zu 
verderben.  Ganz  ähnlich  ist  die  Anschauung  des  Shen-i-ching,  derzufolge 
ein  böser  Mensch  in  eine  Hyäne  verwandelt  wurde,  und  diese  nur  die 
Tugendhaften  angreift.  Tagsüber  hält  sich  die  Hyäne  in  Erdlöchern 
und  Felsenhöhlen  auf  und  erst  des  Nachts  kommt  sie  hervor.  Ihr 
Gebiß  ist  so  furchtbar,  daß  sie  die  stärksten  Knochen  mit  Leichtigkeit  zer- 
malmt. Wenn  sie  ihre  Nahrung,  lebendes  Kleinvieh  oder  Kadaver,  sucht, 
läßt  sie  auch  ihr  schauerliches  Geheul,  das  wie  das  Hohnlachen  der  Hölle 
klingt,  erschallen,   »sie  lacht  gen  Himmel«,  wie  der  chinesische  Autor  sagt. 


^   Herz,  Leber,  Magen,  Lunge,  Niere. 

»   T'ai-p'mg-yii-la,,  unter    ^^,    ifllp^lfg      o     o     ^f^fÄE 

*  j"!  ^  :^  ^  i=- til  S  ß  «  S 's- 11;  Ä  Ä  0  »  fP  5c  ffii  ^- 

3    Ritter,  Erdkunde  Bd.  I,  S.211. 


158  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Auf  dieses  Höllengelächter  ist  die  Entstehung  der  meisten  Sagen,  mit  der 
die  Volksphantasie  die  gefleckte  Hyäne  umsponnen  hat,  zurückzuführen. 
Das  Geheul  der  gestreiften  Hyäne  ist  weniger  widerlich. 

Eigentümlich  ist  die  Bemerkung  des  Shen-i-ching,  daß  das  Er- 
scheinen der  Hyäne  eine  gute  P^rnte  bedeuten  soll.  Das  Geheul  der  Hyäne 
scheint  nicht  auf  alle  Völker  dieselbe  Wirkung  auszuüben.  Während  es 
bei  den  Arabern  der  Gegenstand  abergläubischer  Furcht  ist,  kommt  es 
z.  B.  den   Eingeborenen  von  Tabora  komisch  vor.^ 

Der  Hsing-yü -Vogel,  welcher  am  W^asser  leben  muß,  da  er  Fische 
frißt,  ein  rotes  Gefieder  hat  und  etwas  wie  ein  Fasan  aussieht,  was  wohl 
bedeuten  soll,  daß  er  etwa  die  Größe  dieses  Vogels  und  ein  prächtiges 
Gefieder  hat,  könnte  der  Flamingo  sein.  Dieser  lebt  nur  in  wärmeren 
Zonen  und  kommt  in  großen  Scharen  auch  in  der  Am[)hilabai,  am  Nord- 
rand von   Abessinien  vor.^ 

W^ie  den  Tieren,  so  schreibt  das  Shan -hai- king  auch  zwei  auf 
dem    K'un-lun  wachsenden   Pflanzen   wunderbare  Eigenschaften  zu: 

"Es  gibt  dort  einen  Baum,  der  wie  ein  Holzapfelbaum  aussieht. 
Seine  Blüten  sind  gelb,  die  Früchte  rot.  Sie  schmecken  wie  Pflaumen, 
aber  haben  keine  Kerne.  Er  heißt  der  ■>  Sandholzapfelbaum  •  und  schützt 
gegen  Wasser.    Wenn  man  davon  ißt,  so  geht  man  im  Wasser  nicht  unter. 

Ferner  ist  da  eine  Pflair/.e,  Wasserlinse'  genaiuit.  Sie  sieht  aus 
wie  eine  Malve  und  schmeckt  wie  eine  Zwiebel.  Ihr  Genuß  befreit  von 
Elrmüdung.«* 

Von  der  Se  Wang  Mu  entwirft  nun  das  Shan -hai- Ui  ng  eine  ganz 
groteske  Beschreibung  wie  von  einem  Teufel  oder  bösem  Dämon.  Buch  11 
versetzt  sie  auf  den  »Edelsteinberg«,  einige  hundert  Li  westlich  vom  K'un- 
lun,  Buch  XVI  dagegen  auf  den  K'un-lun  selbst.  Beide  Stellen  lassen 
sich  in  Einklang  bringen,  wenn  man  annimmt,  daß  K'un-lun  der  allgemeine 
Name  für  einen  Gebirgszug  oder  für  ein  Hochland  und  der  » Edelsteinberg« 
ein  einzelner  Punkt  in  demselben  war. 

»Der  Edelsteinberg«,  heißt  es,  »ist  der  Wohnsitz  der  Königin -INIutter 
von  Se.  Die  Königin -Mutter  von  Se  hat  Menschengestalt,  einen  Panther- 
schwanz und  Zähne  wie  ein  Tiger.  Sie  versteht  zu  heulen.  Ihr  Haar  ist 
struppig,  aber  sie  trägt  einen  Schmuck  auf  dem  Kopfe.  Sie  herrscht  über 
die  bösen  Geister  des  Hinunels  und  die  fünf  Plagen.«* 


1  Brehms  Tierleben  Bd.  II,  S.  Iff. 

2  Ritter,  a.  a.  O.  S.  237. 

'   Eine  eßbare  Wasserpflanze,   Marsilea  quadiifolea.     Vgl.  Bretschneider,  Bo- 
tanieon  Sinicum  Bd.  II,  Nr.  198. 

.   Sl,a„-hai-kiMg  BAU    ^  *  .1  .1^  ^P  |$  Ig  ^  5f>  Ä  Ä  *^n 

tiaAmmiM.MtfiimmmmMBm^^zmM^m 


Fobke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  159 

In  Buch  XVI  lesen  wir: 

"Da  ist  ein  menschliches  Wesen,  das  einen  Schmuck  auf  dem  Kopfe 
trägt,  mit  Tigerzähnen  und  einem  Pantherschwair/.  Es  wohnt  in  einer 
Höhle  und  heißt  Se  Wang  Mu.«i 

Buch  XII  endlich  sagt: 

»Se  Wang  Mu  lehnt  auf  dem  Tisch,  trägt  einen  Schmuck  auf  dem 
Kopf  und  stiitzt  sich  auf  einen  Stab.  Südlich  davon  sind  drei  grüne 
Vögel,  welche  für  Se  Wang  Mu  das  Essen  holen. «^ 

Diese  Schilderungen  sind  so  bizarr,  tragen  so  sehr  den  Charakter 
von  Erfindungen  an  sich  und  stehen  zu  allen  anderen  Traditionen,  wonach 
Se  Wang  Mu  ein  schönes  Weib  gewesen  sein  muß,  so  sehr  in  Widerspruch, 
daß  sie  uns  nicht  irre  machen  können. 

Wie  kommt  es  nun  aber,  daß  das  Shan-hai-king  die  Königin -Mutter 
von  Se  an  einer  Stelle  auf  einer  wohlbewässerten  Wüsteninsel  im  Sabäer- 
lande  und  hier  auf  dem  K'un-lun,  d.  h.  auf  dem  Hochland  von  Abessinien 
wohnen  läßt?  Ich  erkläre  mir  die  Sache  in  folgender  Weise.  Es  laufen 
zwei  verschiedene  Traditionen  nebeneinander  her.  Die  Sabäer  und  (die 
ihnen  blutsverwandten)  Himjaren  hatten  schon  in  ältester  Zeit  iln-e  Herr- 
schaft auf  die  afrikanischen  Küstenlandschaften  ausgedehnt  und  namentlich 
Abessinien  kolonisiert.  Da  'die  Königin  von  Saba  auch  über  Abessinien 
herrschte,  es  möglicherweise  sogar  einmal  besucht  hat,  so  verlegte  man 
irrtümlicherweise  auch  ihren  Wohnsitz  dorthin.  Nach  abessinischer  Tra- 
dition hat  die  Königin  sogar  in  Axum  residiert,  in  dessen  Nähe  noch  jetzt 
ihr  Grab  gezeigt  wird.'  Ein  großer  Teil  der  Untertanen  der  Königin 
waren  demnach  wilde  Negerstämme.  Mu  Wang  und  seine  Begleiter  müssen 
Negersklaven  am  Hofe  von  Saba  kennen  gelernt  und  in  ihren  Reiseberichten, 
auf  welche  die  Schilderungen  des  Shan-hai-king  jedenfalls  zurückgehen, 
davon  gesprochen  haben.  Später  warf  man  die  Dinge  durcheinander, 
bildete  sich  ein,  daß  die  Königin  selbst  eine  Wilde  gewesen  sei  und  be- 
schrieb sie  dementsprechend.  Die  Troglodyten  der  Alten,  die  heutigen 
Schangalla,  Doba  oder  Danakil  scheinen  als  Modell  gedient  zu  haben.  Die 
Königin  haust  in  einer  Höhle,  ihr  Haar  ist  wirr,  ihre  Zähne  scharf  wie 
die  eines  Tigers.  Das  bedeutet  vielleicht,  daß  sie  spitz  gefeilt  sind,  wie 
das  bei  Naturvölkern  vorkommt.  Natürlich  ist  ihr  auch  das  Geheul  der 
Wilden  als  Ausdruck  der  Fi-eude  und  des  Schmerzes  nicht  fremd.  Sie 
trägt  ein  Pantherfell,  an  dem  noch  der  Schwanz  hängt.  Das  Shan-hai- 
king  sagt  dafür  kurz,  daß  sie  einen  Pantherschwanz  habe.  Leoparden- 
bzw. Pantherfelle  werden  bisweilen  von  den  Negern  getragen.    Das  einzige 


3   Ritter  Bd.  1,  S.  192. 


1 60  Forke  :   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

echt  Weibliche  an  der  so  dargestellten  Königin  ist  ihr  Kopfputz ,  auf  den 
in  allen  drei  zitierten  Stellen  Bezug  genommen  wird.  Nach  Kang-hi  be- 
deutet }^M  einen  »weiblichen  Kopfputz«.^  Er  wird  aus  bunten  Seiden- 
bändern oder  aus  Rauschgold  verfertigt. 

Ich  hoffe  durch  die  beigebrachten  Quellenstellen  erwiesen  zu  haben, 
daß  unter  dem  Reich  der  Se  Wang  Mu  Südarabien  und  Abessinien  zu 
verstehen  ist,  beides  Teile  der  äthiopischen  Tierregion.  Verschiedene  der 
erwähnten  Tiere,  wie  Strauße,  Giraffen,  getüpfelte  Hyänen  und  Tsetse- 
fliegen kommen  nur  in  dieser  Region  vor.  Diese  Tiere,  wenigstens  Strauße 
und  Giraffen,  waren  den  Chinesen  schon  in  der  älteren  Chou- Dynastie, 
jedenfalls  vor  dem  7.  oder  8.  Jahrhundert  v.  Chr.  bekannt,  denn  sie  werden 
in  der  altklassischen  Literatur  erwähnt.  Wie  hatten  die  Chinesen  diese 
exotischen  Tiere  kennen  gelernt?  Etwa  aus  Mitteilungen  von  ihren  Nach- 
barvölkern.^ Diese,  rohe  Naturvölker  auf  sehr  niedriger  Kulturstufe, 
wußten  davon  ebensowenig  wie  die  Chinesen.  Oder  wären  Araber  nach 
China  gekommen,  die  über  Fauna  und  Flora  ihres  Heimatlandes  berichtet 
hätten;'  Dies  wäre  möglich,  allein  wir  haben  keinerlei  sicheren  historischen 
Anhalt  für  diese  Annahme,  Es  ist  auch  nicht  wahrscheinlich,  daß  bloße 
Erzählungen  Fremder  einen  so  tiefen  Eindruck  auf  die  Chinesen  gemacht 
liaben  würden,  daß  sie  daraufhin  den  Strauß  und  die  Giraffe  in  göttliche 
Tiere  verwandelt  hätten.  Die  Kenntnis  fremder  Länder  pflegt  überhaupt 
fast  ausschließlich  durch  kühne  Entdeckungsreisende  des  eigenen  Landes, 
nicht  duich  zugereiste  Bewohner  jener  Länder  vermittelt  zu  werden.  Diesen 
schienen  die  Eigentümlichkeiten  ihrer  Heimat  durch  die  Gewohnheit  so 
natürhch,  daß  sie  nicht  leicht  viel  Worte  darüber  verlieren.  Um  großen 
Eindruck  auf  ihre  Hörer  zu  machen,  fehlt  ihnen  auch  meistens  die  nötige 
Gewandtheit  in  der  Beherrschung  der  fremden  Sprache,  und  wenn  sie  gar 
zu  wunderbare  Dinge  ei-zählen,  so  glaubt  man  ihnen  nicht.  Ganz  andei's, 
wenn  ein  Kind  des  eigenen  Landes  fremde  Länder  bereist  hat  und  dann 
seinen  Landsleuten  von  den  Wunderdingen  berichtet,  die  er  gesehen  hat. 
Ihm  schenkt  man  Glauben,  auch  wenn  er  schwindelt,  denn  man  kennt  ihn. 
Ihm  erscheint  in  den  fremden  Ländern  alles  wunderbar  und  interessant, 
wonach  der  Eingeborene  nicht  mehr  zur  Seite  sieht.  Dementsprechend 
sind  denn  auch  seine  Schilderungen,  denen  alles  andächtig  lauscht.  So 
bleibt  uns  denn  zur  Erklärung  der  Bekanntschaft  der  alten  Ciiinesen  mit 
Tieren,  Pflanzen  und  Bodenerzeugnissen  der  äthiopischen  Region  nichts 
anderes  übrig  als  anzunehmen ,  daß  Chinesen  schon  zu  Beginn  der  Chou- 
Dynastie  in  jene  Gegenden  gelangt,  und  was  sie  dort  selbst  gesehen,  be- 
schrieben haben.  Wir  würden  zu  diesem  Schluß  durch  die  Beschreibungen 
in  den  alten  Quellen  auch  genötigt  sein ,  wenn  keine  historische  Über- 
lieferung über  die  Reise  des  Königs  Mu  nach  Südarabien  zu  der  Königin 
von  Se  vorhanden  wäre.  Diese  Überlieferung  gewinnt  dadurch  einen 
hohen  Grad  von  Gewißheit. 


At 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  161 

Von  der  Reiseroute  des  Mu  Wang  wissen  wir,  daß  sie  über  Land 
ging.  Er  fuhr  zu  Wagen.  Dabei  muß  er  Persien  passiert  haben.  In 
der  »Chinesischen  Geschichte«  des  Persers  Benaketi^  die  wahrscheinhch 
nur  ein  Auszug  aus  einem  großen  verloren  gegangenen  Werke  des  Ge- 
schichtschreibers Raschid -Eidin  aus  dem  14.  Jahrhundert  n.  Chr.  ist,  wii-d 
besonders  hervorgehoben,  daß  der  Wagenlenker  des  Königs  Mu,  Tsao  Fu, 
mehrmals  nach  Persien  gekommen  sei.  Diese  Chinesische  Geschichte  basiert, 
wie  in  der  Einleitung  ausdrücklich  hervorgehoben  wird,  auf  chinesischen 
Quellen,  mit  denen  sie  auch  im  großen  und  ganzen  übereinstimmt.  Bei 
Abweichungen,  wie  in  dem  auf  Mu  Wang  bezüglichen  Passus,  wird  man 
eher  auf  ein  Mißverstehen  der  chinesischen  Quellen  als  auf  das  Vorhanden- 
sein alter  persischer  Traditionen  aus  jener  Zeit  schließen  können.^ 

Mit  ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  läßt  sich  auch  annehmen,  daß  Mu 
Wang  auf  seiner  Fahrt  Damask  us  berührt  hat.  LieliTse  berichtet  über 
die  große  Reise  des   Königs  folgendes : 

»Als  König  Mu  von  Cliou  seine  große  Expedition  zu  den  westhchen 
Jung^  machte,  schenkten  ihm  diese  ein  Schwert  aus  rotem  Stahl  und  ein 
Tuch,  das  im  Feuer  gewaschen  wird. 


1  Von  Andreas  Müller  unrichtigerweise  dem  Abdalla  Beidavi  zugeschrieben 
und  unter  dem  Titel:  Abdallae  Beidavaei  Historia  Sinensis,  Jena  1689  aus  dem 
Persischen  überseht.  Vgl.  darüber  M.  Quatrenieie,  Histoire  des  Mongols  de  la 
Perse,  Paris  1836,  T.  I,  S.  C  fF.  Wir  lesen  in  der  Histoi-ia  Sinensis  S.  43  über  Mu 
Wang  folgendes: 

"Porro  Gai-vango  Movang  rex  succedebat. 

Huic  Eniirius  erat,  Zacu  nomine.  Qui  praecJara  exequebatur  opera.  Mandato, 
exempli  gratia,  regis,  in  carpentum  se  dabat.  Quod  sex  equi  trahebant,  de  die 
centum  parasangas  cursu  conficientes.  Sic,  ut  terrarum  conditionem  exploraret  et 
nitro  citroque  means  Regi  deferret.  In  nostram  etiam  Persidem  terrasque 
Iran  venit.  Cuius  itidem  statum  et  temperiem,  quae  ibi  est  aeris,  regi  aperuit. 
Eius  tempore  vir  erat,  Cha-zen  nomine,  Chiniiam  publice  tractabat.  Qui  Simiam 
quoque  bene  callebat.  Häc  ratione  singulis  quasi  momeiitis  se  in  peregrinis  scientiis 
exercebat,  novasque  introducebat.     Idem  Ludum  (Schachicum  nisi  fallor)  invenit. 

Post  euni  Co-vang  Rex  erat.» 

'.  ".  ^  -r 

Sollte  jSlj    Zaku    nicht    etwa   nur   ein    Schreibfehler    für^9|j    Zä-fu    oder 

Z6-fu  ^  Tsao-fu  sein? 

Cha-zen,  welcher  die  Chemie,  d.  h.  Alchimie  lehrt  und  auch  die  Simie,  die 
Kunst   Visionen  hervorzurufen   versteht,    ist  jedenfalls  niemand   anders   als   der   von 

Lieh  Tse  erwähnte  Alchimist  oder  Magier.  Ich  möchte  annehmen,  daß  jj  1_^5»- 
Huwajen  (nach  moderner  Aussprache  Ha-jen)  jj  1^>-  Hwa-jen  zu  schreiben  und 
lediglich  eine  Wiedergabe  des  absolut  gleichlautenden  chinesischen  xr  A^  ist ,  was 
aber  kein  Eigenname  ist,  sondern,  wie  wir  gesehen  haben,  nur  "Alchimist»  oder 
»Magier»  bedeutet. 

2  Vgl.  zu  der  Frage  Chavannes,  Memoires  Historiques  de  Se  Ma  Tsien 
Bd.  II,  S.eir.  Anm. 

3  Als  »Westliche  Jung»  werden  alle  westlich  von  China  wohnenden  Völker- 
schaften bezeichnet. 

Mite.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  1 1 


162  Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Das  Schwert  war  1  Fuß  8  Zoll  lang,  aus  Stahl  geschmiedet^  und 
hatte  eine  rote  Klinge.     Beim  Gebrauch  durchschnitt  es  Edelsteine  wie  Lehm. 

Wenn  man  das  "Feueiwaschtuch«  waschen  wollte,  so  mußte  man  es 
in  das  Feuer  werfen.  Dann  nainn  das  Tuch  Feuerfarbe  an,  der  Schmutz 
dagegen  behielt  die  Tuchfarbe.  Nahm  man  es  dann  wieder  aus  dem  Feuer 
heraus  und  schüttelte  es,  so  war  es  blendend  weiß  wie  Schnee. 

Huang  Tse  meinte,  es  gäbe  solche  Dinge  nicht  und  die,  welche  da- 
von erzählten,  seien  Schwindler.  Hsiao  Shu  sagte:  Huang  Tse  besitzt  festen 
Glauben    an   sich   selbst,   aber   er  ist  groß  im  Verleumden  der  Vernunft.«^ 

Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen ,  daß  das  dem  Mu  Wang  ge- 
schenkte Schwert  aus  rotem  Stahl ,  das  so  hart  war,  daß  es  Stein  wie  Lehm 
zerschnitt,  eine  Damaszener  Klinge  und  das  Tuch,  w^elches  beim  Reinigen 
in  Feuer  nicht  verbrannte,  Asbest  war.^  Es  ist  eine  EigentümHchkeit  der 
Damaszener  Klingen,  daß  sie  die  härtesten  Körper,  z.  B.  starke  eiserne 
Nägel,  durchhauen,  ohne  schartig  zu  werden.  Die  erwähnte  rote  oder  braune 
Farbe  des  Stalils  bezieht  sich  wahrscheinlich  auf  die  eigenartige,  bunte 
Zeichnung  dieser  Schwerter,  den  Damast.  Wie  der  Name  besagt,  wurden 
Damaszener  Schwerter  zuerst  in  Damaskus  verfertigt.  Die  Stadt  existierte 
schon  als  Residenz  eines  kleinen  Reiches  zur  Zeit  des  Königs  David,  der  sie 
unterjochte.  Unter  Salomo  machte  sie  sich  wieder  unabhängig.  Damaskus 
war  schon  in  ältester  Zeit  einer  der  wichtigsten  Handelsplätze  für  Waffen. 
Schon  Nebukadnezar  (604  —  562  v.  Chr.)  entführte  die  Waffenschmiede  von 
Damaskus  nach  der  Eroberung  der  Stadt. 

Wahrscheinlich  hat  Mu  Wang  sein  Damaszener  Schwert  in  Damaskus 
selbst  oder  wenigstens  in  der  Nähe  erhalten.  Es  ist  nicht  anzunehmen,  daß 
diese  kostbaren  Waffen  bis  weit  nach  Zentralasien  hin  verkauft  wurden, 
denn  die  Fabrikation  war  jedenfalls  eine  beschränkte,  die  den  Bedarf  des 
eigenen  Landes  nicht  überstieg,  und  es  fanden  sich  vermutlich  reichlich 
Käufer  in  unmittelbarer  Nähe.  Es  mußte  auch  im  Interesse  der  Damaszener 
liegen,  nicht  fremde  \'ölker  mit  ihren  vorzüglichen  Waffen  zu  versorgen,  die 
sie  im  Kriegsfall  gegen  die  Verfertiger  hätten  kehren  können.  In  Europa, 
das  schon  im  Altertum  in  regem  Handelsverkehr  mit  Kleinasien  stand  und 
ihm  viel  näher  lag,  wurden  die  Damaszener  Klingen  erst  duich  die  Kreuz- 

'  Faber  liest  jedenfalls  ^IS  ^M  nach  dem  Texte  des  f^  ^  yr]  und  über- 
setzt »an  weißem  Gehänge-.  Ich  bezweifle,  daß  die  Worte  diese  Bedeutung  haben 
können.  Meiner  Ansicht  nach  muß  für  ^M  ^^  stehen.  Pauthier,  La  Chine, 
Paris  1837,  S.  96,  welcher  von  «grands  sabres  ä  deux  tranchants  nommes  hoen  ou 
protecteurs"   spricht,  hat  die  Stelle  2;anz  mißverstanden. 

'    Liel,  Tse  V,  1«:    Ji|  §  J  ^  ffi  ffi  ^  ffi  ]^  |JC  |^.|§  Z  M 

^    Dies    ist    schon    von   Faber,    Licius  S.  132    richtig    hervorgehoben   worden. 


Fohke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  163 

züge,  als  die  Europäer  selbst  in  großen  Scharen  nach  Sj'rien  kamen,  bekannt. 
Daß  man  auch  in  China  noch  lange  nach  Mu  Wang  sehr  wenig  von  Damas- 
zener SchAvertern  und  Asbest  wußte  und  das  Vorkommen  dieser  Dinge  für 
Fabel  hielt,  geht  aus  dem  Schlußsatz  der  zitieiten  Stelle  des  Lieh  Tse  hervor. 

Asbest  wird  nach  dem  Hon  Han-shu  B.  118,  S.  10  v.  im  Römischen 
Reiche  gefunden.  Darunter  ist  wahrscheinlich  Kleinasien  zu  verstehen.  Die 
Chinesen  haben  davon  die  eigentümliche  Vorstellung,  daß  es  aus  dem 
Fell  von  sogenannten  Feuermäusen  verfertigt  wird,  die  in  feuerspeienden 
Bergen  leben.' 

Nach  Lieh  Tse  III,  2  unternahm  Mu  Wang  seine  Reise  mit  den 
berühmten  acht  Pferden,  mit  denen  zwei  Wagen  bespannt  waren.  In  dem 
einen  Wagen  fuhr  der  König  selbst  mit  Tsao  Fu  als  Rosselenker  und  einem 
Begleiter.  Auf  dem  zweiten  Wagen  befanden  sich  ebenfalls  drei  Personen. 
Im  INIu  TMen-tse  chuan  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  von  sechs  Armeen 
die  Rede,  die  den  König  auf  seiner  Reise  begleiteten.  Die  Reise  würde 
dadurch  zu  einer  Art  Kriegszug  geworden  sein.  Ich  halte  dies  für  eine 
Übertreibung.  Mit  sechs  Armeekorps,  die  aus  15000  bestanden  haben 
würden,  hätte  die  Reise  nicht  so  friedlich  verlaufen  können,  wie  sie  nach 
dem  Bericht  des  Mu  T'ien  -  tse  chuan  tatsächlich  verlaufen  ist.  Die  Bewohner 
der  Länder,  durch  welche  der  König  auf  seiner  Fahrt  kam,  würden  sich 
natürlich  einer  so  großen  Truj)penmenge  feindlich  entgegengestellt  haben. 
Schon  um  zu  leben  hätten  die  Soldaten  des  Königs  rauben  und  plündern 
müssen.  Von  dei-artigen  Kämpfen  aber  erfahren  wir  nichts,  die  sechs 
Armeen  fungieren  vielmehr  in  der  Reisebeschreibung  nur  als  Eskorte  des 
Königs.  Wir  können  daher  wohl  annehmen ,  daß  es  sich  um  eine  sehr  be- 
schränkte Anzahl  Soldaten  gehandelt  hat,  welche  die  Leibwache  des  Königs 
bildeten  und  in  sechs  Korps  zeifielen.  In  ähnlicher  Weise  war  auch  Chang 
Ch'ien  auf  seiner  Reise  nach  Zentralasien  von  einer  Eskorte  von  ül)er 
100  Mann  begleitet. 

Das  Shih-yi-chi  (4.  Jahrh.  n,  Chr.),  welches  als  Quelle  sehr  mit 
Vorsicht  zu  benutzen  ist,  da  es  hauptsächlich  Wundergeschichten  erzählt. 
erwähnt,  daß  der  König  Mu  auf  seinen  Reisen  von  einer  Anzahl  von  Se- 
kretären begleitet  war,  welche  seine  Erlebnisse  aufzuzeichnen  hatten.  Die 
Stelle  lautet: 

"Er  hatte  zehn  Sekretäre,  welche  die  von  ihm  bereisten  Länder  zu 
beschreiben  hatten.  Im  Gefolge  des  Königs  befanden  sich  zehn  mit  Jaspis 
verzierte  Wagen  zum  Transport  ihrer  Bücher.«^ 

Diese  Notiz  klingt  nicht  so  unwahrscheinhch  und  es  dürfte  ihr  ein 
historischer  Kern  zugrunde  liegen.  INIu  Wang  wünschte  seine  Erlebnisse 
der  Nachwelt  zu  überliefern.  Das  erhellt  ganz  deutlich  aus  einer  kurzen 
Bemerkung  der  Bambusannalen : 


'    Vgl.  den  Kommentar  zu  der  betreffenden  Stelle  des  Lieh  Tse. 


1 64  FoKKE :    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

»Im  24.  Jahre  seiner  Regierung  befahl  der  König  dem  Chronisten 
der  Linken,  Jung  Fu,  eine  Chronik  zu  schreiben.«^ 

Also  sieben  Jahre  nach  dem  Antritt  seiner  Reise  zur  Königin  von 
Saba  erhielt  der  Chronist  die  Weisung,  ein  Geschieh tsvi^erk  auszuarbeiten. 
Vermutlich  wurde  dazu  das  ganze  Material,  welches  von  den  Sekretären 
des  Königs  auf  seinen  Reisen  gesammelt  war,  verarbeitet.  Leider  existiert 
dieses  Werk  nicht  mehr.  Ich  vermute ,  daß  ein  großer  Teil  desselben ,  und 
zwar  fast  wörtlich  in  das  Shan-hai-king  und  das  Mu  T'ien-tse  chuan  über- 
gegangen ist.  Wissenschaftliche  Werke  pflegen  in  China  in  der  Weise  zu 
entstehen,  daß  der  Autor  seine  Vorgänger  ausschreibt,  und  zwar  verbotiuus 
und  ohne  Quellenangabe. 

Die  ausführUchste  Beschreibung  des  Besuchs  des  Königs  Mu  bei  der 
Königin  von  Saba  finden  wir  im  Mu  T'ien-tse  chuan.  Danach  ging  er 
in  folgender  Weise  vor  sich:^ 

»An  einem  glücklichen  Tage  mit  den  Zeichen  Chia-tse  (287.  Tag) 
wurde  der  Sohn  des  Himmels  von  der  Königin -Mutter  von  Saba  empfangen. 
ISIit  dem  schwarzen  und  dem  weißen  Zepter  in  den  Händen  trat  er  vor 
die  Königin -Mutter  und  überreichte  ihr  zum  Geschenk  100  Rollen  Bänder 
aus  Seidenbrokat  und  100  Pfund  Gold  und  Edelsteine.^  Die  Königin-Mutter 
von  Saba  nahm  die  Gaben,  nachdem  sie  sich  mehrmals  verneigt  hatte, 
entgegen. 

Am  Yi-ch'ou  Tage  (288.  Tag)  gab  der  Sohn  des  Himmels  für  die 
Königin -Mutter  von  Saba  ein  Fest  am  Jaspisteich.  Die  Königin -Mutter 
widmete  dem  Himmelssohn  folgende  Verse: 


*  Ich  habe  die  nachfolgende  Stelle  nach  einem  Zitat  übersetzt,  welches  der 
erwähnte  Pi  Yuan  in  seinem  Kommentar  zum  Shan-hai-kiiig  B.  II  gibt.  Sein  Text 
weicht  von  dem  des  Mu  TMen-tse  chuan  im  -^p  ^p  Ö  ^^ ,  wonach  Eitel  übersetzt, 
so  bedeutend  ab,  daß  man  annehmen  muß,  daß  Pi  Yuan  ein  ganz  anderer  Text  als 
der  gewöhnliche  vorgelegen  hat.  Die  Abweichungen  lassen  sich,  wie  man  bei  der  Ver- 
gleiclmng  sehen  wird,  nicht  etwa  als  bloße  Verbesserungen,  die  Pi  Yuan  selbst  vor- 
genonnnen  hätte,  betrachten.  Ich  halte  den  Text  des  Pi  Yuan,  wenigstens  seine 
Fassung  des  zweiten  Gedichts  der  Königin ,  für  besser  und  dem  Urtext  näher  kom- 
mend als  den  gewöhnlichen.  Letzterer  ist  in  dem  zweiten  Gedicht  sehr  korrumpiert 
und  lückenhaft.  Einige  Verse  sind  zu  lang,  andere  zu  kurz.  Es  ist  daher  sehr 
schwer,  einen  Sinn  hineinzubringen.  Eitels  Übersetzung  ist  infolgedessen  sehr  ge- 
künstelt. Sie  legt  manches  in  den  Text  hinein,  was  meines  Dafürhaltens  nicht  darin 
enthalten  ist. 

3  Es  ist  sehr  unwahrscheinlich,  daß  der  König  der  Königin  von  Saba,  die 
davon  viel  mehr  besaß  als  er  selbst,  Gold  und  Edelsteine  pfundweise  geschenkt  haben 
sollte.  Das  Mu  Tien-tse  cliuan  schreibt  dafür  O^ä^W^,!^-  Die  Lücke  Q 
ist  im  Tu  shu  chi  c'heng  in  dem  Artikel  über  Se  Wang  Mu,  fS  if^  ^^  ^^  jfllÖ 
WÄ  222  durch  Q  ausgofilllt.  Wir  würden  dann  "300  Rollen  weiße  Seiden- 
bänder.'  zu  übersetzen  haben.     Diese  Lesart  ist  vorzuziehen. 


Forke:   Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  165 

»Wenn  auch  weiß  bewölkt  der  Himmel, 
Ragen  durch  doch  Berg  und  Hügel. 
Ist  der  Weg  auch  viele  Meilen, 
Trennen  uns  auch  Berg'  und  Flüsse, 
Hoff'  ich  doch,  du  wirst  nicht  sterben 
Und  noch  einmal  wiederkehren,  <> 

Ihr  antwortete  darauf  der  Himmelssohn: 
»Heimwärts  eil'  ich  in  das  Ostland, 
Eintracht  dort  im  Reich  zu  stiften. 
Wenn  das  ganze  Volk  im  Frieden, 
Werd'  ich  wieder  zu  dir  kommen. 
Eh'  drei  Jahre  um  sind,  kehre 
Ich  zurück  in  deine  Wüste.« 

Die  Königin -Mutter  von  Saba  sprach  darauf  zum  Himmelssohn  noch 
folgende  elegische  Strophen: 

»Seitab  in  dies  Westland'  führte 
Dich  dein  AVeg,  hier  machtest  Rast  du, 
Wo  in  Rudeln  Tiger,  Panther 
Schweifen,  Krähn  und  Elstern  nisten. 

Ich  bin  eine  Kaisertochter!' 
Was  ist  jenes  Volk  dagegen! 
Dennoch  werd'  ich  dich  verlieren, 
AVillst  von  edler  Pflicht  nicht  lassen. 

Flöten,  blast,  und  spielet,  Pfeifen! 
Übertönt  des  Herzens  Pochen ! 
Ach!  des  Volkes  Söhne  können 
Gläubig  auf  den  Himmel  hoffen.«' 


1  Hier  weichen  alle  Texte  voneinander  ab.  Pi  Yuan  schreibt  ^fB.'fR?^^ 
J-,  das  MuTien-tse  chuan   :|[^^  und  das  Tu-shu-chi-cheng   j:[^  ^• 

2  Hier  hat  Pi  Yuan  unzweifelhaft  den  vollen  und  richtigen  Text:  ^|^  ^j^ 
'^-^,  wodurch  erst  das  ganze  Gedicht  Sinn  erhält.  Im  Mu  Tien-tse  chuan  ist 
das  -^  ausgefallen  und  dadurch  eine  Silbe  im  Verse  zu  wenig.  Im  Tu  shu  chi 
c'heng  steht  *^^C'  '^^^  keinen  Sinn  gibt. 


166  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

Hierauf  zog  der  Himmelssolin  weiter  und  bestieg  den  »Berg  des 
Sonnenuntergangs«.  Einen  Bericht  über  seine  Reise  ließ  er  in  einen  Felsen 
dieses  Berges  einhauen.  Auch  ließ  er  ein  Tablett  aus  Huaiholz  anbringen, 
auf  welchem  geschrieben  stand:   »Berg  der  Königin -Mutter  von  Saba«. 

Das  Mu  T'ien-tse  chuan  ist  eine  legendenhaft  ausgeschmückte  Be- 
schreibung der  Reisen  des  Königs  Mu.  Die  Schilderung  des  Besuchs  bei 
der  Königin  von  Saba  macht  nicht  den  Eindruck  einer  reinen  Erfindung; 
er  könnte  in  ähnlicher  Weise  stattgefunden  haben.  Die  Königin  wird 
durchaus  nicht  als  ein  übernatürliches  Wesen  oder  als  ein  Dämon  dar- 
gestellt wie  im  Shan -hai-king  und  späteren  taoistischen  Schriften.  Die 
Geschenke,  welche  Mu  Wang  der  Königin  macht,  zeichnen  sich  durch  ihre 
Einfachheit  aus.  Während  die  Häujjtlinge  der  Stämme,  durch  deren  Gebiet 
der  König  gezogen  ist,  angeblich  Silber,  Gold  und  Perlen  haufenweise  von 
ihm  als  Gegengeschenk  für  gelieferte  Naturalien  erhalten  haben,  empfängt 
die  Königin  seidene  Bänder.  Mu  Wang  hatte  vielleicht  auch  sehr  richtig 
berechnet,  daß  Seide,  die  in  älterer  Zeit  in  Griechenland  und  Rom  so  teuer 
war,  daß  selbst  Fürsten  sich  scheuten  sie  zu  kaufen .  für  die  Königin  viel 
wertvoller  war  als  Gold  und  Edelsteine,  die  in  ihrem  Lande  so  reichlich 
vorhanden  waren. 

Der  Besuch  fand  jedenfalls  in  Mareb,  der  Hauj)tstadt  von  Saba,  dem 
Mariaba  der  Alten,  statt.  Als  etwas  Besonderes  wird  erwähnt,  daß  der 
König  der  Königin  ein  Festmahl  am  »Jaspisteiche"  gab.  Dieser  Teich 
spielt  in  den  Mythen  von  der  Göttin  Se  Wang  Mu  eine  bedeutende  Rolle. 
Das  Vm^  in  J^^/[|l  »Jaspisteich«  bedeutet  im  Chinesischen  nur  einen 
kleineren  See,  Weiher  oder  Teich,  namentlich  aber  auch  ein  künstlich  an- 
gelegtes Reservoir  oder  Bassin.  Der  Ausdruck  J^  Jaspis  ließe  sich  auf 
die  grüne  Farbe  des  Wassers,  oder  aber  auf  jaspisartige,  bunte  Steinver- 
zierungen der  Ummauerung  beziehen.  Mit  dem  »Jaspisteich«  könnte 
sehr  wohl  dei-  berühmte  Wasserbehälter  von  Mareb,  der  »große  Teich  der 
Sabäer«  gemeint  sein,  wie  ihn  Niebuhr  nennt.  Dies  war  ein  zwischen  zwei 
Bergen  angelegtes  und  mit  Schleusen  versehenes  großes  Wasserbassin,  das 


Ich  möchte  vorschlagen,  den  zweiten  Vers  des  letzten  Gedichts  in  folgender 
Weise^umzustellen:  ^m^:^^^^^^^.  M  ^^  S,  X  » 
^«  -V^  ,  wodurch  die  im  Text  feldende  Symmetrie  hergestellt  und  der  Sinn  sehr 
gewinnen  würde. 


Fokke:    Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba.  167 

zur  Bewässerung  des  Sabäerlandes  diente.  Die  Nationalwohlfahrt  des  ganzen 
Landes  hing  so  sehr  davon  ab,  daß  der  Durchbruch  des  Dammes  von 
Mareb,  der  nach  arabischer  Auffassung  den  Ruin  des  Landes  zur  Folge 
hatte,  später  der  Ausgangspunkt  einer  chronologischen  Epoche  wurde. ^ 
Die  vorzügliche  Bewässerung  des  Sabäerlandes  war  den  Chinesen ,  wie  wir 
gesehen  haben,  wohl  bekannt. 

Der  Toast  in  A'ersen,  den  die  Königin  auf  ihren  Gast  bei  dem  Fest- 
mahl ausgebracht  haben  soll  und  den  dieser  prompt  erwiderte,  wird  wohl 
eine  spätere  Erfindung  sein.  Man  muß  zugeben,  daß  sie  der  Situation  gut 
angepaßt  sind.  Nach  den  Versen  zu  urteilen  müßte  die  Königin  von  Saba 
für  den  Himnielssohn  eine  starke  Neigung  empfunden  haben.  Sollte  sie 
eine  Art  Kleopatra  gewesen  sein,  deren  Herz  nicht  nur  für  König  Salomo, 
sondern  auch  für  König  Mu  so  heftig  schlug,  daß,  um  es  zu  übertäuben, 
sie  Flöten  und  Pfeifen  blasen  lassen  mußte?  Ganz  so  offen,  wie  es  nach 
Pauthiers  Übersetzung  scheinen  könnte,  hat  sie  dem  König  allerdings  nicht 
ihre  Neigung  kundgetau.  Dieser  läßt  sie  sagen:  »Cum  filio  non  mors; 
Uxorem  duc;  deinde  poteris  revertere«  und  in  seiner  französischen  Über- 
setzung etwas  freier:  »Prince,  epousez  une  princesse,  Et  vous  pourrez  alors 
retourner  sur  vos  pas.«^ 

Im  Mu  TMen-tse  chuan  folgt  das  zweite  Gedicht  der  Königin  nicht 
wie  in  Pi  Yuans  Text  direkt  auf  das  erste,  sondern  Mu  Wangs  Reise  zum 
Berg  des  Sonnenuntergangs  liegt  zwischen  beiden.  Danach  würde  der 
König,  bevor  er  seine  Heimreise  antrat,  noch  einmal  sich  von  der  Königin 
verabschiedet  haben,  wobei  dann  das  letzte  Gedicht  gesprochen  wäre,  vor- 
ausgesetzt, daß  es  überhaupt  je  gesprochen  und  nicht  später  erst  gedichtet 
worden  ist,  was  wahrscheinlicher  ist.  ^^  jJLl  bedeutet  eigentlich  einen 
Berg,  der  die  Sonne  verdeckt.  Es  ist  der  Berg  am  Ende  der  Welt  im 
äußersten  Westen,  worin  nach  chinesischer  Annahme  die  Sonne  untergeht. 
Die  Königin  von  Saba  wohnt  also  nach  dieser  Darstellung  nicht  selbst  auf 
dem  Berge,  dem  Mu  Wang  ihren  Namen  gab,  denn  er  mußte  von  der 
Königin  noch  weiter  reisen  und  ihn  besteigen. 

Die  Reisebeschreibung  berechnet  den  Aufenthalt  des  Königs  Mu  am 
Hofe  von  Saba  nur  auf  einige  Tage.  Das  erscheint  sehr  wenig  wahrschein- 
lich nach  einer  so  beschwerlichen  und  langen  Reise,  wie  er  hinter  sich 
hatte.  Viel  glaubwürdiger  klingt  die  erwähnte  Notiz  des  Shi-chi,  wonach 
es  dem  König  bei  Se  Wang  Mu  so  gut  gefiel ,  daß  er  die  Rückkehr  ganz 
vergaß.  Danach  würde  er  längere  Zeit  in  Saba  verweilt  haben.  Erst  unter 
dieser  Voraussetzung  würde  es  erklärlich  sein,  daß  der  Königin  der  Ab- 
schied schwer  wurde.  Ich  möchte  auf  diesen  Aufenthalt  in  Saba  auch  eine 
Stelle  im  Lieh  Tse  beziehen ,  wonach  der  König  Mu  auf  seinen  Reisen  nach 
Norden  das  Geisterland  erreichte,   wo   er   drei  Jahre  blieb  und  die  Rück- 


»    Ritter,  Erdkunde  Bd.  XII,  S. 75  ff. 

2    Pauthier,  La  Chine  S.  97.    Die  Stelle  lautet:   i|f^-^  ÄE  ^^faJIÄ  Ü 
^fcC    »Hoff'  ich  doch,  du  wirst  nicht  sterben  und  noch  einmal  wiederkehren». 


168  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

kehr  ganz  vergaß.  Nach  seiner  Heimkehr  nach  China  wurde  er  noch 
monatelang  von  Sehnsucht  nach  diesem  Lande  verzehrt.^  Mu  Wang  hätte 
sich  also  drei  Jahre  im  glücklichen  Arabien,  das  als  Vorbild  für  das  Elysium 
der  chinesischen  Mythologie  gedient  hat,  aufgehalten. 

Ob  Mu  Wang  von  Saba  aus  noch  nach  Abessinien  gelangt  ist  oder 
ob  er  von  diesem  Lande  nur  in  Saba  gehört  bzw.  einige  seiner  Produkte 
dort  kennen  gelernt  hat,  steht  nicht  fest.  Man  sieht  nicht  recht  ein,  wes- 
halb der  König  auf  dein  Berge  des  Sonnenunterganges  ein  Tablett  mit  der 
Inschrift  »Berg  der  Königin- Mutter  von  Saba«  anbringen  ließ,  wenn  dieser 
Berg  im  eigentlichen  Sabäerlande  in  der  Nähe  der  Residenz  der  Königin 
lag,  denn  daß  die  dortigen  Berge  zu  ihrem  Reiche  gehörten,  war  selbst- 
verständlich. Sehr  viel  mehr  Sinn  würde  das  Tablett  haben,  wenn  der 
besagte  Berg  im  abessynischen  Hochland  gelegen  hätte,  das  der  sabäischen 
Herrschaft  als  Kolonie  nur  indirekt  unterworfen  war. 

Nach  den  Bambusannalen  soll  die  Königin  von  Saba  den  Besuch  des 
Mu  Wang  noch  in  demselben  Jahre,  in  welchem  er  in  Saba  erschien,  er- 
widert haben  und  in  dem  Chou-kung- Palast  bewirtet  sein.  Das  ist  aus 
verschiedenen  Gründen  unmöglich.  Die  Reise  von  China  nach  Arabien  und 
von  dort  nach  China  könnte  nicht  innerhalb  eines  Jahres  stattgefunden 
haben.  Daß  überhaupt  eine  Frau  eine  derartig  mühevolle  Reise  unter- 
nehmen sollte,  ist  nicht  anzunehmen.  Ich  halte  die  Notiz  für  eine  ten- 
denziöse Erfindung  aus  der  Zeit,  wo  Se  Wang  Mu  bereits  zur  Göttin  ge- 
worden war.  Schon  im  neunten  Regierungsjahr  des  Kaisers  Shun  (2255 
bis  2205  V.  Chr.)  soll  nach  Angabe  der  Bambusannalen  und  anderer  Quellen 
Se  Wang  Mu  bei  Hofe  erschienen  sein  und,  wie  der  Kommentar  hinzufügt, 
Jaderinge  als  Geschenk  gebracht  haben.  Andere  Quellen  sprechen  auch 
von  einem  Edelsteingürtel  und  einer  Landkarte,  die  dem  Kaiser  Shun  von 
Se  Wang  Mu  zum  Geschenk  gemacht  wären.  Auch  der  mythische  Kaiser 
Huang  Ti  soll  in  ähnlicher  Weise  von  ihr  beschenkt  sein.^  Im  Han  Wu 
Ti  nei  chuan  (3.  Jahrhundert  n.  Chr.)'  wird  sogar  der  Besuch  der  Se  Wang 
Mu  bei  dem  Kaiser  Han  Wu  Ti  der  Han -Dynastie  beschrieben,  dem  sie 
als  eine  wunderschöne  Frau  erschien.  Wie  durch  das  Erscheinen  des  Kilin, 
des  Feng- huang  und  anderer  glückverheißender  Omina,  denen  die  Chinesen 
so  großes  Gewicht  beilegen,  so  soll  auch  durch  den  Besuch  der  Göttin  die 
Regierung  des  betreffenden  Fürsten ,  dem  sie  erschienen,  als  eine  besonders 
segensreiche  und  dieser  als  ein  Liebling  der  Götter  gekennzeichnet  werden. 
Als  historisch  sind  diese  glücklichen  Zeichen  und  himmlischen  Kund- 
gebungen nicht  zu  betrachten. 

Fassen  wir  nun  das  Ergebnis  unserer  Untersuchungen  kurz  zusammen, 
so  ergibt  sich  daraus  folgendes  Resultat. 

Der  König  Mu  der  Chou-Dynastie,  welcher  von  1001 — 946  v.  Chr. 
regierte,  war  ein  sehr  energischer  Herrscher,  voll  Unternehmungslust   und 


1    Lieh  Tse  V,  8. 

t^fi  Kap- IX,  S.L 


M^^P^M    ^^Sl-  Wylie,  Notes  S.  153. 


Forke:    Mu  AVaiig  und  die  Königin  von  Saba.  169 

Tatendrang.  Seine  Hauptleidenschaft  war  das  Reisen.  Er  hatte  den 
glühenden  Wunsch ,  die  ganze  Welt  zu  durchforschen.  Zugleich  zeigte  er 
eine  starke  Hinneigung  zur  Magie  und  wünschte  die  Gefilde  der  Seligen 
zu  entdecken.  Im  Jahre  985  unternahm  er  eine  große  Entdeckungsreise 
in  den  äußersten  Westen  und  kam  in  das  Land  der  Se  Wang  Mu.  Gerade 
zu  jener  Zeit  lierrschte  im  fernen  Westen  die  Königin  von  Se-ba  (Saba) 
in  Südarabien,  llir  glänzender  Hof  und  ihr  blühendes  Reich  scheinen  die 
elysischen  Gefilde  zu  sein,  welche  Mu  Wang  auf  seinen  Reisen  besucht 
haben  soll  und  die  von  der  chinesischen  Volksphantasie  später  weiter  aus- 
geschmückt sind.  Se  Wang  Mu  bedeutet:  Königin -Mutter  von  Se  =  Seba 
(Saba)  nach  üblicher  chinesischer  Verkürzung.  Die  Tatsache,  daß  diese 
Reise  wirklich  stattgefunden  hat,  ist  durch  alte  Quellen  aus  den  ersten 
Jahrhunderten  v.  Chr.  gut  bezeugt. 

Im  Shan-hai-king,  Lü-shih-ch'un -ch' iu  und  Huai  Nan  Tse  wird 
das  Land  der  Se  Wang  Mu  beschrieben  als  •> wohlbewässerte  Wüsteninsel«, 
als  ein  westlich  vom  Flugsand,  d.  h.  der  arabischen  Wüste,  nahe  am  Meere 
gelegenes  Goldland,  nördlich  von  welchem  Kaukasier  mit  weißer  Hautfarbe 
wohnten.  Nach  den  Annalen  der  Han- Dynastie  liegt  dieses  Land  am  Rande 
der  Wüste,  im  Westen  von  Kleinasien,  nicht  weit  vom  Toten  Meer  und 
Syrien. 

Die  Königin  von  Saba  herrscht  nicht  nur  über  das  Stammland  der 
Sabäer,  Arabiafelix,  sondern  auch  über  das  K'un-lun- Gebirge  (Kollo), 
das  Hochland  von  A])essinien.  Dieses  wird  durch  drei  Terrassen  mit  ver- 
schiedener Kultur:  das  »Dickicht«,  den  »Obstgarten«  und  das  »Hoch- 
plateau« gebildet.  In  den  Quertälern  und  Schluchten  strömen  die  Wasser 
von  den  drei  Terrassen  herab. 

Die  Fauna  des  Sabäerreichs  einschließlich  Abessiniens  besteht  in  Ele- 
fanten, Rhinozerossen,  Giraffen,  Zebras,  gefleckten  Hyänen  und  V'ierhorn- 
antilopen.  An  Vögeln  giebt  es  Strauße,  die  König  Mu  ihrer  Federn  wegen 
jagen  ließ,  Zwergpapageien,  Wachteln  und  Flamingos.  Als  Insekt  wird 
erwähnt  die  Tsetsetliege ;  zu  den  Ptlanzentieren  gehört  die  weiße  Stein- 
koralle. Das  Pflanzenreich  ist  vertreten  durch  eine  Art  Sandelholz,  Quitten, 
Holzäpfel,  den  Kät- Strauch,  Putschuk  und  eßbare  Wasserlinsen.  Im  Mineral- 
reich werden  namhaft  gemacht:  Gold,  Silber,  Eisen  und  Bleiei-ze,  Berg- 
krystall,  Chalzedon,  Karneol,  wovon  Mu  Wang  einen  Stein  trug,  Jaspis 
und  grüne  Edelsteine  (Smaragde). 

Mu  Wang  machte  die  Reise  zu  Wagen  über  Land  mit  großem  Gefolge. 
Dazu  gehörten  auch  einige  Sekretäre,  welche  seine  Reiseerlebnisse  auf- 
zuzeichnen hatten.  Im  Jahre  978  v.  Chr.  ließ  der  König  von  einem  Historio- 
graphen  die  Geschichte  seiner  Erlebnisse  ausarbeiten.  Diese  hat  vermut- 
lich den  späteren  Werken,  welche  auf  uns  gekommen  sind,  als  Haupt- 
quelle gedient. 

Auf  der  Reise  passierte  der  König  Damaskus,  wo  er  ein  Damaszener 
Schwert  erhielt.  In  Saba  gefiel  es  ihm  so  sehr,  daß  er  dort  längere  Zeit 
verweilte,  ohne  an  die  Rückkehr  zu  denken.  Während  seines  Aufenthalts 
in  Saba  fand  ein  Festmahl,  an  dem  die  Königin  teilnahm,  am  Jaspisteiche 


170  Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba. 

statt,  worunter  vielleicht  der  berühmte,  künstliche  Bewässernngsteich  in 
der  Hauptstadt  Mareb  zu  verstehen  ist. 

Der  Einfluß  der  Reise  des  Königs  Mu  auf  das  chinesische  Kultur- 
leben scheint  kein  sehr  tiefgehender  gewesen  zu  sein.  Ein  Verkehr  wurde 
dadurch  zwischen  den  beiden  Völkern  nicht  angebahnt.  Die  Entfernung 
war  zu  groß  und  die  Fährnisse  und  Schwierigkeiten  der  langen  Reise  so 
mannigfach,  daß  nur  großer  Wagemut  und  Abenteuerlust,  wie  sie  sich  bei 
Mu  Wang  fanden,  sie  überwinden  konnten.  Nur  die  chinesische  Älvthologie 
scheint  durch  die  Reise  reichlichen  Stoff  zu  Mythenbildungen  erhalten  zu 
haben.  Die  Göttin  Se  Wang  Mu  und  der  Götterberg  K'iui-lun  mit  den  Un- 
sterblichen, Geistern  und  Genien,  seinen  Edelsteinen,  Korallen  und  anderen 
Kostbarkeiten,  seinen  herrliche  Früchten  und  der  aus  Bleierz  gewonnenen 
»Roten  Tinktur'«,  deren  Genuß  ewiges  Leben  verleiht,  sind  nichts  anderes 
als  die  Königin  von  Saba  und  das  Hochland  von  Abessinien  in  poetischem 
Gewände,  Giraffe  und  Strauß  werden  zum  Ki-lin  und  Feng-huang,  das 
Manna  der  Wüste  zur  Speise  der  Götter  und  Genien.  Möglicherweise  sind 
auch  in  der  chinesischen  Alchimie  und  Magie,  von  der  wir  schon  im 
ältesten  Taoismus  Spuren  finden,  arabische  Einflüsse  tätig  gewesen. 

Pauthier  sagt,  daß  Mu  Wang  von  seiner  Reise  geschickte  Künstler 
mitbrachte,  durch  die  er  in  China  Paläste  und  Gärten  anlegen  ließ.-  Da- 
durch müßte  der  fremde  Baustil  in  China  Eingang  gefunden  haben.  Für 
diese  Behauptung  bieten  die  chinesischen  Quellen  keinerlei  Anhalt,  sie  be- 
ruht auf  einem  gänzlichen  Mißverstehen  einer  Stelle  im  Lieh  Tse  V,  12. 
Darin  ist  von  Künstlern,  die  dem  König  ihre  Dienste  angeboten  hätten, 
gar  nicht  die  Rede,  sondern  es  wird  von  einem  Älechaniker  gesprochen, 
der  dem  König  einen  Automaten  vorführte,  welcher  gehen,  tanzen  und 
singen  konnte  und  dann  auseinandergenonunen  wurde.  Diesen  Mechaniker 
traf  der  König  an  der  Grenze  von  China. ^ 

Zum  Schluß  noch  einige  Worte  über  die  Erklärung  des  Namens  Se 
Wang  Mu  durch  namhafte  neuere  Sinologen.  Schon  chinesische  Gelehrte 
haben  begreiflicherweise  daran  Anstoß  genommen,  daß  Mu  Wang  eine 
Göttin  besucht  haben  soll;  denn  als  Name  einer  Göttin  ist  der  Ausdruck 
Se  Wang  Mu  allgemein  bekannt.  Sie  haben  daher  das  Wort  anders  zu 
erklären  versucht,  nämlich  als  Name  eines  Reiches  oder  eines  Landes.  Diese 
Erklärung  ist  von  Legge*,  Mayers,  Eitel  und  Chavannes  akzeptiert.  Wenn 
diese  Bedeutung  in  einem  Texte  nicht  genau  paßt,  so  suppleiren  sie  Worte 
wie  »Boten«,  «Bewohner«,  »Herrscher«,  »Häuptling«.  ]\Iayers '  hält  es  sogar 
für  möglich,  daß  Se  Wang  Mu  mit  der  »König  Mu  ("ffl)  des  Westens« 
zu  übersetzen  sei.  Hätte  diesen  Forschern  das  ganze  von  mir  gesammelte 
Quellenmatei-ial  vorgelegen,  so  wären  sie  vielleicht  anderer  Meinung  gewesen. 


^* 


Pauthier,  La  Chine  S.  95,  99. 

Vgl.  Faber,  Licius  S.  124. 

Legge,  Shuking,  Prolegomena  S.  114,   1.^0. 

Mayers,  Manual  Nr.  572. 


Forke:    Mu  Wang  und  die  Königin  von  Saba.  171 

Se  Wang  Mu  wird  allerdings  vereinzelt  als  ein  geographischer  Begriff 
gebraucht.  Die  Hauptstelle  kommt  im  Erh-ya  Kap.  X  vor  und  lautet: 
»Ku-chu,  Pei-hu,  Se  Wang  Mu  und  Jih-hsia  nennt  man  die  vier  Einöden.«^ 

Se  Wang  Mu  ist  hier  einfach  elliptisch  gebraucht  für  das  »Land  der 
Se  Wang  Mu«,  d.h.  der  Königin  von  Saba,  ebenso  wie  gleich  darauf  im 
Erh-ya  gesagt  ist:  »Die  neun  I-,  die  acht  Ti-,  die  sieben  Jung-  und  die 
sechs  Man -Barbaren  nennt  man  die  vier  Meere  ^'<  was  nichts  anderes  be- 
deutet, als  daß  die  Länder  dieser  Volkerschaften  als  die  vier  Meere 
=  Wüsteneien  bezeichnet  werden. 

Unrichtig  ist  es  aber  aus  Se  Wang  Mu  einen  Barbarenhäuptling  zu 
machen  und  noch  obendrein  zu  beliaupten ,  daß  weder  in  der  Reisebeschrei- 
bung des  Königs  Mu  noch  in  irgendeinem  anderen  alten  Texte  irgendein 
Hinweis  enthalten  sei,  daß  Se  Wang  Mu  eine  Frau  wäre.^  Sollte  wirklich 
der  Häuptling  irgendeines  wilden  Stammes  das  Urbild  einer  der  lieblichsten 
Göttinnen  des  chinesischen  Pantheons  gewesen  sein?  Eitel  würde  seine  Be- 
hauptung wohl  kaum  aufrecht  erhalten  haben,  wenn  ihm  der  Text  des  Mu 
T'ien-tse  chuan  in  der  von  Pi  Yuan  überlieferten  Form  bekannt  gewesen 
wäre.  Danach  sagt  Se  Wang  Mu  v^on  sich  selbst:  »Ich  bin  eine  Kaiser- 
tochter.« Die  beiden  Gedichte  können  ihrem  Inhalt  nach  nur  von  einer 
Frau  gesprochen  sein. 

Die  Behandlung,  welche  Mu  Wang  den  Häuptlingen  andei-er  Stämme 
zuteil  werden  läßt,  ist  durchaus  verschieden  von  der  Art,  in  weicher  er 
der  Se  Wang  Mu  gegenübertritt.  Jene  behandelt  er  mit  herablassender 
Huld,  diese  dagegen  wie  eine  ihm  gleichstehende  Fürstin  mit  der  größten 
Hochachtung.     Er  tritt  ihr  wie  ein  Vasall  entgegen. 

Bei  den  Häuptlingen,  mit  welche  Mu  Wang  in  Berührung  kommt, 
ehe  er  Saba  erreicht,  wird  regelmäßig  zuerst  der  Name  des  Stammes  ge- 
nannt, dann  der  Name  des  Häuptlings,  der  kurzweg  als  K  »Mensch« 
bezeichnet    wird.*     Wäre   Se  Wang  Mu    auch    ein    solcher    Häuptling,    so 


3    Eitel  in  China  Review,  Bd.  XVII.  S.  233. 

*  ^}^^=f^^MZAMitm^m  -Am  Clna-hsü-T.,ge 
gelangte  er  zu  den  Ch'ih-wu.  Ihr  Häuptling  Ch'i  machte  ihm  1000  Gallonen  Wein 
zum  Geschenk.« 

Hsin-sse- 1  age  gelangte  er  in  das  Land  der  T'sao-nu.  deren  Häuptling  Hsi  für  den 
Himmelssolm  ein  Bankett  am  Yamjfliiß  gab.« 

^mrm  ^i'-ituo  zAmmm^^=f-Mm 

~^  J^  "Im  I.Monat  des  Herbstes,  am  Ting-Yu-Tage  zog  der  Himnielssohn 
nordwärts  zu  den  Q  Q  deren  Häuptling  Ch'ien  Shih  für  ihn  ein  Bankett  am 
Yü-ling  gab." 

^ffp^      -Der  Himmelssolm    bestieg   den  T'ithberg,    dann   ließ   er    die  Opfer- 


172  Forke:    Mu  Waiig  und  die  Königin  von  Saba, 

würde  nach  dem  im  Chinesischen  streng  beobachteten  Gesetz  des  Paralle- 
lismus eine  ähnliche  Ausdrucksweise  notwendig  sein.  Bei  dem  Besuche  in 
Saba  ist  dagegen  nur  von  Se  Wang  Mu  die  Rede,  und  es  wird  kein  Häupt- 
ling noch  besonders  namhaft  gemacht.  Während  jene  HäuptHnge  alle  dem 
MuWang  untertänigst  Geschenke  darbringen  itjr,  welche  dieser  huldvollst 
durch  andere  erwidert  ^,  die  jene  demütig  knieend  entgegennehmen  ^ 
^,  ist  bei  Se  Wang  Mu  die  Sache  umgekehrt.  Hier  ist  es  Mu  Wang, 
welcher  zuerst  ihr  Geschenke  darbringt,  die  sie  mehrmals  sich  verneigend 
annimmt,  aber  nicht  erwidert.  Von  jenen  Häuptlingen  wird  berichtet,  daß 
sie  dem  Mu  Wang  zu  Ehren  Festgelage  gaben,  in  Saba  gab  umgekehrt 
Mu  Wang  das  Bankett  für  die  Königin. 

Was  hätte  wohl  Se  Wang  Mu ,  wenn  es  ein  Barbarenhäuptling  wäre, 
mit  seidenen  Bändern  anfangen  sollen?  Warum  erhielt  er  nicht  Gold,  Perlen 
und  p]delsteine  wie  die  anderen?  Es  war  eine  Frau,  für  welche  seidene 
Bänder  von  Wert  waren.  Das  Shan-hai-king  hebt,  wie  wir  gesehen  haben, 
ihren  weiblichen  Kopfputz  noch  besonders  hervor. 

Übrigens  liegt  nicht  mir  der  Beweis  ob ,  daß  Se  Wang  Mu  eine  Frau 
war,  sondern  wer  das  Gegenteil  behauptet,  hat  die  Beweislast.  Prima  facie 
wird  jeder  Se  Wang  Mu  mit  »Königin-Mutter  des  Westens«  übersetzen,  und 
es  wäre  nachzuweisen,  daß  diese  Übersetzung  unrichtig  und  zu  den  Quellen 
in  Widerspruch  steht. 

Chavannes'  Annahme,  daß  die  Reise  Mu  Wangs  zu  Se  Wang  Mu 
eine  aus  der  Provinz  Shensi  stammende  Legende  sei ',  die  erst  später  mit 
Mu  Wang  in  Verbindung  gebiaclit  wurde,  ist  eine  speziell  auf  das  Shi-chi 
zugeschnittene,  meines  Dafürhaltens  unnötige  Hypothese.  Sie  soll  erklären, 
weshalb  die  Reise  in  den  Ch'in-  und  nicht  in  den  Chou-Annalen  erwähnt 
ist.  Alle  anderen  älteren  Quellen  werden  nicht  genügend  dabei  berück- 
sichtigt, und  sie  reicht  nicht  aus,  um  die  mannigfachen  Überlieferungen  über 
den  König  Mu,  seine  Reise,  den  Besuch  bei  Se  Wang  Mu  und  ihr  Land 
in  befriedigender  Weise  zu  erklären. 


gefäße  fortnehmen  und  dem  Häuptling  der  I-lü,\Ven  K'uei  geben,  der  sie  knieend 
und  unter  Verbeugungen  empfing.- 

Ml^^A*#7ir|JCM-®WlS  "Der  Häuptling  der  Yin- 
lian,  Wu  Fu,  machte  lOO  vorzüghche  Pferde  zum  Geschenk."  INIu  TMen-tse  chuan 
II ,  3  ff.  Man  vergleiche  iiiermit  den  Text  der  Begegnung  des  Mu  Wang  mit  Se 
Wang  Mu. 

1    Chavannes,  Memoires  Historiques  Bd.  II,  S.  6,  Anm. 


173 


Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen,  Gre- 

schichte  der  Ostmongolen,  im  Vergleiche  mit  dem 

mongolischen  Urtexte. 

Von  E.  Haenisch. 


IN  achstehende  Arbeit  ist  ein  V^ersuch,  die  chinesische  Redaktion  des  Sanang 
Setsen  ^^  l!^  VM  */nti »  über  welche  Fr.  Hirth  in  den  Sitzungsbei'ichten 
der  Kgl.  Bayerischen  Akademie  der  Wissenschaften  1900  S.  195  ff.  spricht, 
mit  dem  mongolischen  Original  zu  vergleichen.  Denn  als  Original  ist  der 
mongolische  Text,  wie  Fr.  Hirth  auch  betont,  sicherlich  zu  betrachten. 
Schon  im  Vorworte  des  chinesischen  Werkes  steht ,  daß  der  Kaiser  KMen- 
lung  eine  Übersetzung  des  mongolischen  Textes  habe  herstellen  lassen.  Aber 
auch  die  Vergleicluing  der  beiden  Texte  gibt  Beweise  für  die  Originalität 
des  mongolischen  Schriftstellers  der  chinesischen  Redaktion  gegenüber: 
diese  hat  an  manchen  Stellen  eine  ganz  offenbar  falsche  Auffassung  ihrer 
Vorlage  gehabt.  So  bringt  sie  manchmal  ganze  Satzteile,  die  sie  übersetzen 
sollte,  als  Namen  in  Transkription.  Im  nachstehenden  sind  einige  Beispiele 
dieser  Erscheinung  zu  finden.  Der  Zweck  der  Arbeit  aber  ist  nicht  die 
Führung  des  Originalitätsbeweises:  ich  habe  die  Lösung  der  Frage  versucht, 
ob  der  mongolische  Text,  so  wie  ihn  uns  I.  J.  Schmidt  in  seiner  Peters- 
burger Druckausgabe  von  1829  bietet,  dem  chinesischen  Übersetzer  vor- 
gelegen haben  kann.  Schmidt  verrät  uns  ja  leider  seine  Quelle  nicht;  aber 
nach  den  mannigfachen,  manchmal  bedeutenden  Abweichungen,  die  ich 
zwischen  den  beiden  Texten  habe  feststellen  können,  bin  ich  zu  der  Über- 
zeugung gelangt,  daß  der  chinesische  Übersetzer  nicht  dieselbe  Redaktion 
des  mongolischen  Werkes  vor  sich  gehabt  haben  kann,  welche  Schmidt 
herausgegeben  hat. 

Die  Arbeit  bringt  nur  einen  kleinen  Teil  der  beiden  Texte  in  Ver- 
gleichung\  den  Abschnitt  vom  Anfange  der  mongolischen  Geschichte  bis  zur 
Thronbesteigung  Cinggis-Hagans,  d.  i.  S.  56 — 70  der  Schmidtschen  Text- 
ausgabe und  S.  1 — 11  des  3.  Buches  der  chinesischen  Übersetzung.  In  diesem 
Bereiche  habe  ich  in  fortschreitender  Reihenfolge  die  schwierigen  Stellen 
der  beiden  Texte  nebeneinander  gebracht  und  aneinander  zu  erklären,  be- 
sonders aber  alle  Abweichungen  festzustellen  gesucht. 

Eine  willkommene  Unterstützung  haben  mir  in  vielen  Fällen  das  mon- 
golische Altan  Tobci   und   das  tibetische  Hör  c'os  byung  gewährt,    ersteres 

^    Eine  vollständige  Vergleichung  hoffe  ich  später  folgen  zu  lassen. 


174  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

in  der  Ausgabe  Petersburg  1858  (die  Übersetzung  dazu  war  mir,  wegen 
Unkenntnis  der  russischen  Sprache,  leider  nicht  zugänglich);  das  zweite  in 
der  Textausgabe  mit  Übersetzung  von  G.  Huth,  Straßburg  1892 — 1896.  Der 
chinesische  Text,  der  sich  in  keiner  öffentlichen  ßil)liothek  des  Deutschen 
Reiches  vorfindet,  stammt  aus  dem  Privatbesitz  des  Hrn.  Professor  Grube 
und  ist  mir  von  diesem  freundhchst  zur  Verfügung  gestellt  worden. 

Die  verglichenen  Stellen  habe  ich  nach  der  betreffenden  Seitenzahl 
zitiert.  Die  Ziffer  hinter  dem  Komma  bedeutet  für  Sanang  Setsen  und  Altan 
Tobci  die  Zeile,  a  und  b  die  erste  und  zweite  Seite  des  chinesischen  Blattes. 
Hör  c'os  byung  ist  nur  in  der  Übersetzung  zitiert. 


Vom  Anfange  der  mongolischen  Geschichte  bis  zur  Thronbesteigung 
Cinggis-Hagans. 

Sanang  Setsen  56,  1: 

Der  einleitende  Satz  des  mongolischen  Textes:  Tegün-etse  Monggol-un 
gadsar-a  had-un  uruJc  delgereksen  anu  Jcemebesü,  welchen  Schmidt  über- 
setzt: »Nun  ist  zu  erzählen,  wie  im  Lande  der  Mongol  sich  der  Fürsten- 
stamm ausgebreitet  hat«,  fehlt  im  Chinesischen. 

Der  König  Seger  Sandalitu  IIni;an  Tül  Elisen  wird  in  der  chinesi- 
schen Redaktion  1,  a  aufgeführt  als  j^  ^^  4^- ^  f  j©  "^"h  >  also  in  der  tibe- 
tischen Form  seines  Namens  ^^'^  |^ '^'5'3j  H  ,  welche  wie  der  mongolische 
Name  bedeutet:  »Der  auf  dem  Nacken  thronende  Edle»  vgl.  auch  die  Version 
im  Altan  Tobci  S.  3  «küisüg'ün  Sandalitu  Hagan»  d.i.  »der  König,  der  einen 
Hals  als  Thron  hatte«.  Er  war  der  erste  König  von  Tibet.  Von  seiner 
Erhebung  auf  den  Tiiron  erzählt  Sanang  Setsen  22,  12,  kümün-ü  kätsügün-e 
nrgudju  bürün  tsasutu  Sambu-in  agula  deger-e  gamgat,  daß  man  ihn  dabei 
auf  den  Hals  eines  Mannes  erhoben  und  auf  den  Schneeberg  Sambu  ge- 
tragen habe. 

Sandali  ist  das  Sanskritwort  für  »Thron ■<,  ents])rechend  dem  mongo- 
lischen sirege,  dem  tibetischen  ß  k'ri,  gesprochen  t'i,  im  Chinesischen 
wiedergegeben  durch   4äp. 

Chines.  1,  a  gibt  dem  Namen  des  Königs  Dalai  Subin  Arn  Altan 
Siregetü  Han  die  tibetische  Form  'g.Ü#^tS  =  ^^^'^■^'^^'^' 
der  Edle  auf  dem  goldenen  Throne,  wovon  Altan  Siregetü  Han  eine  Über- 
setzung ist. 

Altan  Tobci  hat:    Alta7i  Sandalitu  Hagan. 

Der  Name  des  Ministers  Longnam  ist  ebenfalls  tibetisch  =  ^  ^'^  , 
chinesisch    [^  ^ftj  ^  ,  im  Altan  Tobci  nicht  erwähnt. 

Es  heißt  von  dem  eben  erwähnten  Könige: 

Gser-k'ri-btsan-po-han  wurde  von  seinem  Minister  Blo-ngan  durch 
eine  Empörung  vom  Throne  gestürzt. 


Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  175 

Sanang  Setsen  56,  3 
hat:    Dalai  Subin  Arn  Altan  Siregetü   Han    Tcemeküigi  Longnam   neret'ü    tüSimel 
anu  haragadju  hagan  oron-a  saguksan  dur  .  .  . 

=:  Den  König  Dalai  Subin  Am  Altan  Siregetü  tötete  ein  Minister 
namens  Longnam  und  setzte  sich  selbst  auf  den  Thron. 

Die  Stelle  des  Sanang  Setsen  56,  6:  tere  Gowangbo-in  ulus-i  ülü 
itegeksen,  Schmidt:  »Da  er  dem  Volke  von  Gungbo  nicht  traute  .  .  .« 
fehlt  im  Chinesischen. 

Die  chinesische  Redaktion  1,  h,  gibt  den  mongolischen  Namen  Olon-a 
ergükdehsm  ins  Chinesische  übersetzt  durch    J\^  ^  G|j-  1i^^  ^    wiedei'. 

Sanang  Setsen  56,  10: 

.  .  .  eise  inaksl  da  eSi  teden  ügüleksen  dilr  .  .  .  »Er  erzählte  ihnen  seinen 
Ursprung  {esi)  von  .  .  .« 

Die  chinesische  Redaktion  1,  h  sagt  nur  .  .  .  ^K*^  ^1  ^=  (^'^  "^'"i" 
ihn  nach  seiner  Herkunft  'mT   fragte)   »führte  er  sie  hinauf  bis  zu«   .  .  . 

Auf  Seite  1,  h  finden  sich  im  chinesischen  Texte  zwei  Druckfehler 
bei  der  Wiedergabe  des  Namens  Tamatsak,  einmal  U^S'fH^fy^'  '^^^ 
andere  Mal  ^^%%   statt  ft^^^   («^^<^^   %%)' 

Chines.  1,  h: 

Diese  Stelle  hat  Schmidt  im  mongolischen  Texte  ausgelassen  {:=  tegünü 
kühegün  Horitsar).  In  der  Übersetzung  hat  er  die  Stelle  indessen  richtig 
durch   »dessen  Sohn  Horitsar  Älergen«   wiedergegeben. 

Auch  Altan  Tobci  4  hat:    tegünü  kühegün  Horitsal  Mergen. 

Altan  Tobci  zeigt  unter  den  Namen  der  Könige  einige  erheblichere 
Abweichungen  von  Sanang  Setsen,  die  eine  Vergleichung  des  Stammbaumes 
rechtfertigen.  Ich  stelle  Sanang  Setsen,  Altan  Tobci  und  Hör  c'os  byung  * 
nebeneinander.  Die  chinesischen  Formen,  welche  sich  genau  dem  Sanang 
Setsen  anschließen,  lasse  ich  hier  beiseite: 

Der  Stammbaum  von  Bürte  Cinö  abwärts: 
Sanang  Setsen  Altan  TobM  Hör  c'os  byung 

Bürte  Cinö  Bürte  Cino  Porta  C'ino 

Bidetse-han,  Bides-han   Badai  Tsagan  Bät'woc'ägan,  Bät'wosasa- 

han 
Tamatsak  Temücin  T'amac'ig 

Horitsar  Mergen  Horitsal  Mergen  Hörac'ir  Mergen 

Agudjim  Bugurul  Ugdsam  Bugurul  Agwocim  Pogworol 

Sali  Haldjigu  Sali  Galdsagu  Sali  GalcigwO 

Nige  Nidün  Yeke  Nidün  Yehe  Nidun 

Samsuci  Sam  Suci  Samsuji 


1    In    diesem    die   Transkription    aus   dem    Tibetischen    nach    der   Schreibung 
Ruths. 


176  Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Sanang  Setsen  Altan  Tobci  Hör  c'os  byung 

Hali  Harcu  Sali  Galdsagu  Hali  Harc"^wO 

Bördjigetei  Margen  Bordjigitai  Mergen  Borjigitai  Mergen 

Torgaldjin  Bayan  Torgaldjiri  Bayan  TwOralcin  Päyan 

Doo-a    Sohor,    Dobo  Dowa    Sohor,    Dobo  Twobo  Sohor,  Twobon 
Mergen                                  Mergen  Mergen. 

Schon  der  Name  des  ersten  Nachkommen  von  Bürte  Cino  differiert 
in  den  drei  Texten.  Der  Schmidtsche  Sanang  Setsen  zählt  zwei  Söline  auf: 
Bideshan  und  Bidetsahan.  Schmidt  liest  Bides  han  =  Konig  der  «Bede«, 
was  gewiß  sinnentsprechend  ist.^  Nach  Analogie  dieses  Namens  liest  Schmidt 
in  dem  Namen  des  Bruders  auch  das  Wort  han  =  Bidetse  han.  Hiergegen 
haben  nun  Altan  Tobci  und  Hör  c'os  byung  einen  Namen  in  der  Zusammen- 
setzung mit  »tsagan«  ^  weiß.  Auch  der  chinesische  Übersetzer  faßt  den 
Namen  in  dieser  AVeise  auf,  er  schreibt  >(^^J^^^^J~*  Pi-t'a-ch'a-Jcan. 
Ich  halte  demnach  die  Schmidtsche  Auffassung,  zu  welcher  er  jedenfalls 
durch  erwähnte  Analogie  und  das  Fehlen  der  beiden  diakritischen  Punkte 
in  seiner  Vorlage  bestimmt  wui-de,  nicht  für  richtig  und  lese  Bide  Tsagan. 

Im  nächsten  Gliede  finden  wir  im  Altan  Tobci  eine  Abweichung  von 
Sanang  Setsen  und  dem  tibetischen  Werke.  Tamatsak  und  T'amacig  ent- 
sprechen einander.  Demgegenüber  hat  Altan  Tobci  den  Namen  Temücin, 
welcher  ja  später  als  Rufname  des  Cinggis  Hagan  wiederkehrt.  P^ntweder 
liegt  hier  ein  einfacher  Schreibfehler  vor,  oder  der  Verfasser  des  Altan 
Tobci  hat  den  Namen  Tamatsak  in  der  türkischen  Version  vor  sich  gehabt 
—  Aboul-Ghäzi  schreibt  Timiidj  ^  —  und  dann  aus  Timädj  Temücin 
gemacht. 

Eine  weitere  Abweichung  zeigt  das  Altan  Tobci  in  dem  Namen 
Ugdsam  Bugurul  gegenüber  Agudjim  Bugurul  bei  Sanang  Setsen  und 
Agwocim  Pogworol  im  Hor-c'os  byung.  Hierin  sehe  ich  unbedingt  einen 
Fehler  des  Altan  Tobci.  Schwerer  ist  die  Differenz  zwischen  den  Formen 
Nige  Nidün  und  Yeke  Nidün  zu  erklären.  Ein  Versehen  auf  einer  Seite 
ist  hier  nicht  wahrscheinlich,  denn  jede  Form  gibt  einen  guten  Sinn. 
Nige  Nidün  heißt  »Einauge-,  Yeke  Nidün  =  » Großauge«.  Mir  will  die 
zweite  Form  wahrscheinlicher  erscheinen  als  der  Name  -Einauge".  Wir  er- 
fahren nämlich  fünf  Glieder  später  erst  von  einem  Fürsten  Doa  mit  dem 
Beinamen  »der  Blinde«,  von  welchem  uns  dann  besonders  erzählt  wird,  daß 
er  ^>manfflai  dumda  ffnktsa  nidütei'^  gewesen  sei,  nur  ein  einziges  Auge  mitten 
auf  der  Stirn  gehabt  habe.  Auch  Aboul-Ghäzi  gibt  den  Namen  in  der 
gleichen  Lesart  wie  Altan  Tobci  und  Hör  c'os  byung  =z  Yeke  Nidün.' 

Möglich  wäre  es  auch,  daß  die  Form  Nige  Nidün,  wie  sie  der 
Schmidtsche  Sanang  Setsen  und  die  chinesische  Redaktion  bringen,  auf 
einem  Lesefehler  beruht,  da  die  Worte  yeke  und  nige  in  der  mongolischen 
Schrift  leicht  miteinander  zu  verwechseln  sind.     Doch  das  ist  nur  eine  An- 


1  Auch  Hör  c'os  byung  schreibt  BätVosasa  han;   Altan  Tob6i  hat  ihn  nicht. 

2  Siehe  Aboul-Ghäzi,  Histoire  des  Mongols  et  des  Tatares.    Ausgabe  von 
Desniaisons  Tome  II  S.  63.     Petersburg  1874. 


Haenisch:    Die  cliinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  177 

nähme,  aus  welcher  man  nicht  etwa  ohne  weiteres  den  Schluß  ziehen  kann, 
daß  Schmidt  und  der  chinesische  Übersetzer  denselben  Di'uck  benutzt  haben. 

Mit  dem  Namen  Sali  Haldsagu  statt  llali  Harcu  hat  Altan  Tobci  sich 
versehentlich  wiederholt. 

Die  chinesische  Unisclireibung  des  Namens  Torgaldjin  mit  ^^[iR^'J 
||h  ^^^  Tu-la-Ie-tsin  ist  sehr  ungenau.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  daß  nach  [I^iJ 
ein  Zeichen  mit  dem  Lautwerte  ko  oder  h^o  ausgelassen  ist,  was  auch  aus 
dem   Yüan-ch'ao-mi-shi  hervorzugehen  scheint. 

liier  fehlt  einmal  der  Name  ^^w^^&^  als  Subjekt  zu  dem 
zweiten  ^b. 

Sanang  Setsen  56,  18: 

Doa  Sohor-un  kühegün  anu  Donoi ,  Doksin,  'Emnek ,  Erke  kemekü  her 
Oirad-nn   Ogelet ,  Bagattit,  Iloit,  Kergi'tt  dürhen  obok-tan  holbai. 

Schmidt  übersetzt:  »Die  Söhne  des  Doa  Sohor  waren  Donoi,  Doksin 
Enmek  und  Erke,  welche  die  vier  Stammväter  der  Oiradvölker  Ögeled, 
Bagatud,  Holt  und  Kergüd  wurden.« 

Chines.  2,  o  sagt:    Die  Söhne  des  Doa  Sohor  waren  .  .  . 

mm 

»sie  alle  (vier)  begründeten  die  Ogelet  usw.  genannten  vier  Oirat 
(Bundesstämme).  « 

Ich  würde  wie  das  Chinesische  das  Wort  «dürhen'^  auf  »Oirat<^  be- 
ziehen =  »von  den  Donoi,  Doksin,  Emnek  und  Erke  genannten  (kemekü 
her)  Söhnen  des  Doa  Sohor  stammen  die  Girat  ab  mit  den  vier  Stämmen 
(dilrbefi  obok-dan)  Ogelet  usw.  .  .  . 

Dem  Sinne  nach  kommt  die  Schmidtsche  Übersetzung  auf  dasselbe 
hinaus. 

Sanang  Setsen  56,  19: 

tegiini  Doa  Sohor  kemeksen  siltagan  inu  manglai  diimda  gaktsa  nidütei 
bügetele ,  gurban  negüri-in  gadsar-a  üdsen  adjugu. 

Schmidt  übersetzt  dies:  »Dem  Doa  Sohor  kam  sein  Name  daher, 
weil  er  in  der  Mitte  der  Stirn  nur  ein  einziges  Auge  hatte,  dessenunge- 
achtet konnte  er  eine  Entfernung  von  drei  Zugstrecken  übersehen.« 

Ä  i#  ig'i  #  *  5f  p  W  *  0  Ä  f  n  :t  +  W  -  iJi  B^  Ä 

=^  Daß  (^)  dieser  den  Namen  Doa  Sohor  erhielt,  l)erulite  ^  auf 
dem  Grunde  ^,  daß  er  mitten  auf  der  Stirn  ein  Auge  hatte,  mit  dem 
er  drei  Zugstrecken  weit  sehen  konnte. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  12 


178  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sänang  Setsen. 

Sohor  heißt  »Der  Blinde».  Die  Schmidtsche  Übersetzung  ist  dem- 
nach logisch  richtiger,  denn  natürlich  nur  seiner  Einäugigkeit,  nicht  der 
Fähigkeit ,  mit  einem  Auge  über  eine  weite  Strecke  zu  sehen ,  verdankte 
Doa  seinen  Beinamen. 

Die  chinesische  Version  lautet  2,6: 

Auf  den  ersten  Blick  könnte  man  annehmen,  daß  Wo-leh-t'u-na-t'eh 
einer  falschen  Lesart  Haldunat  entsiiräche;  doch  unterliegt  es  wohl  keinem 
Zweifel,  daß  ^i  einfach  ein  Druckfehler  für  [J^  ist.  In  diesem  Falle 
wäre  vor   [ji    ein  Punkt  zu  setzen:    »Zu  der  Zeit,  da  sie  .  .  .« 

Sanang  Setsen  58,  2: 
Tüireng  Garudi-etse  Tünygelih  yuruhim  urugu  nigen  bü/itk  negüdel  aisiii. 
=  Von  Tüireng  Garudi  den  Tünggelikbach  abwärts  ist   ein  Nomaden- 
trupp zu  sehen. 

lii «  WpS  -i  m  ifii  M  +#  a  ?£  fff  f  «  m^  is  tf  tI  ^v 

^=  Ein  Nomadentrupp,  der  von  lüireng  Garudi  längs  des  Tünggelik 
Guruliun  westwärts  zieht. 

Hier  ist  1.  das  Wort  ^MrMA««=^  Bach  nicht  übersetzt,  sondern  zum  Namen 
gezogen  und  transkribiert,  außerdem  hat  der  Übersetzer  hinzugefügt  'k^  [jtj 
westwärts.     Sollte  er  etwa  urugu  mit  ürüne  verwechselt  haben? 

C hin  es.  2,  b: 

Bei  Erwähnung  des  Horitai  Mergen  von  den  Hoyar  Tümet  ist  es  auf- 
lallend,   daß   dem  Namen    des  Volkes    noch   J^lhT   zugefügt  ist:     pj^  ^t 

Sanang  Setsen  58,5: 

Die  Tochter  der  Baragucin  Alung  Goa  wird  bezeichnet  als  »cnÄ: 
yosun-a  türüJcsen« ,  was  Schmidt  wortgetreu  übersetzt  -auf  reine  Weise 
geboren«.  Dieselbe  Stelle  findet  sich  bei  Kowalewski  unter  ariJc  zitiert 
mit  der  Übersetzung   »ne  d'une  vierge-^. 

Dei'  chinesische  Übersetzer  hat  2,  h  eine  ganz  andere  Auffassung.  Er 
scheint  die  Bedeutung  der  Worte  nicht  erkannt  zu  haben  und  hält  arik 
yosun-a  für  eine  Ortsbestimmung: 

=:  Die  in  A-li-k'o -hu-siihi  geborene  Tochter. 

Bei  dieser  Transkription  lallt  wieder  die  Silbe  ■f^^  hu  auf.  Man 
sollte  etwa  Su\\  yo  erwarten.  A'ielleicht  hat  der  chinesische  Übersetzer 
hosun-a  statt  yosun-a  gelesen  und  aus  diesem  Grunde  den  Sinn  der  Worte 
nicht  erkannt.  Jedenffdls  ist  die  Schmidtsche  Übersetzung  inhaltlich  richtig. 
Davon  zeugt  die  Parallelstelle  des  Altan  Tobci  5,  3 ,  welche  gleichfalls  von 


Haenisch  :    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  179 

einer  wunderbaren  Geburt  der  Alung  Goa  erzäiilt.  ^narvas  usun  dotor-a 
tiirüksen»  z=  »im  (aus)  Narvaswasser  geboren«  wird  sie  genannt.  Sollte 
?iarvas  vielleicht   die  mongolische  Transkription    eines  Sanskritwortes    sein? 

Sanang  Setsen  58,  7: 

der-e  nigedün  lionugat. 

Schmidt:  (ein  Wesen),  »welches  das  Kopfkissen  mit  ihr  teilend 
übernachtete«. 

nigetkü  heißt  »vereinigen«,  dere  »das  Kopfkissen«,  dere  nigetün  =  das 
Kopfkissen  zu  einem  gemeinsamen  machend  =  gemeinsam  benutzend. 

Chines.  3,  a  hat  einfach  |pi  ^  4^  |j^  "Er  schlief  mit  ihr  zu- 
sammen.« Es  scheint  demnach,  als  habe  der  Ubei\setzer  hier  tere  (jener) 
für  dere  gelesen. 

Altan  Tobci  hat  die  Erzählung  gar  nicht,  Hör  c'os  byung  nur  in  freier 
Wiedergabe. 

Nicht  genau  entsprechen  sich  folgende  Stellen: 
Sanang  Setsen  58,8: 

abisun  nilküt-tegen  ügüledjü  yahun  atala,  gaktsagar  yabuksagar  .  .  . 
gurhan  kübegün  türübei. 

Schmidt:  (Diesen  Traum)  erzählte  sie  zum  öfteren  {yabun)  ihier 
weiblichen  Umgebung  und  siegebar  im  Witwenstamle  (gaktsagar  yabuksagar 
=  alleinlebend)  drei  Söhne  ...» 

Dann  erzählte  sie  es,  ihre  Schwägerinnen  und  ihre  Frauen  wußten 
darum,  und  nachdem  es  längere  Zeit  so  gegangen  wai-,  gebar  sie  ... 

Sanang  Setsen    58,  10: 
eme  kübegün  gaktsagar  adju  türüküi  yosun  buyu. 
=  Daß  eine  Frau  alleinlebend   Kinder  gebiert,  ist  eine  Art! 
Chines.  3,  a: 

mmMm^=f-ZM 

=  Es  gibt  keine  Art,  daß  eine  alleinlebende  Frau  Kinder  gebiert. 

Das  Zeichen  ^^  ist  unverständlich,  möglicherweise  ist  es  ein  Druck- 
fehler i'ür  ^Ö[ ,  das  in  diesem  Falle  als  Verstärkung  der  Negation  dienen 
würde. 

Sanang  Setsen  58,  11: 

tan-u  gerte  Bayagud-un  Mahali  kemekü  beye  yabun  bülüge. 

Schmidt:  »Der  ledige  Mahali  von  den  Bayagod  pflegte  in  euer 
Haus  zu  kommen.« 

Schmidt  übersetzt  also  beye  mit  »ledig«.  Eine  derartige  Bedeutung 
von  beye  findet  sich  bei  Kowalewski  nicht.  Ich  sehe  nicht  ein,  wai-iun 
man  nicht  einfach  sagen  könnte:     »eine  Person,  namens  Mahali«. 

12* 


180  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Chines.  3,  a: 

=:  Der  Schwager  ihres  Mannes  Mahalai  hat  immer  in  ihrem  Hause 
verkehrt. 

Für  ^  ist  ^^  zu  lesen.  Außerdem  aber  gibt  der  chinesische  Über- 
setzer für  den  Namen  Bayagut  die  Worte  iMl  ^  ^  )^  ^^  »den  Schwager 
ihres  Mannes«.  Hierbei  ist  ihm  ein  zweifacher  Schnitzer  passiert.  Erstens 
hat  er  Badsagut  für  Bayagut  gelesen,  was  bei  der  Ähnlichkeit  der  mon- 
golischen Schriftzeichen  für  ds  und  y  noch  allenfalls  verzeihlich  gewesen 
wäre.  Zweitens  aber  hat  er  dieses  badsagut  für  den  Plural  von  bad.sa, 
Schwager  gehalten  ,  während  die  richtige  Pluralform  badsa-nar  zu  lauten  hätte. 

Sanang  Setsen  58,  13: 
huguldju  ugurbai  3=  sie  zerbrachen  es  und  warfen  es  fort  1=  Chines. 3,o 

Schmidt:  (Alung  Goa  gab  jedem  ihrer  Söhne  ein  einzelnes  Stäbchen, 
mit  dem  Befehle,  es  zu  zerbrechen),   »welches  sogleich  geschähe«. 

Sanang  Setsen  58,  15: 
hoyar  yeTte  Mibegün  minu. 
Chines.  einfach    fip  ^S  ^^   K 

Sanang  Setsen  58,  16: 
tegüber  gurban  degü  tanu  tegri-in  Jcübegün  metü  bülügei. 
Schmidt:    »Hieraus  erseht  ihr,  daß  euere  drei  jüngere  Brüder  Söhnen 
des  Tegri  gleichzuachten  sind.« 
Chines.  3,  b: 

Die  ersten  6  Zeichen  sind  versehen tlicii  nach  dem  vorhergehenden 
Satze   wiederholt.    Es   sollte    dafür   vielleicht   heißen    ^^^^£.ä^  tk^P 

Chines.  3,  ^»:    statt    ^^   lies    ^^  —  tendetse. 

Eine  dunkle  Stelle  ist  die  folgende: 
Sanang  Setsen  60,  1: 

hool  dumdaben  dagaridu  hodoli  segiddü  oriik  dsüsük  kemekü  sargul  morin, 

Schmidt:  »ein  auf  der  Mitte  des  Rückens  durchgedrücktes,  Uruk 
Dsusuk  genanntes,  gelbliches  Pferd  mit  verfilztem  Schweife.« 

Für  hool  ist  zweifellos  gool,  Mitte,  zu  lesen.  Unklar  sind  mir  die 
Worte  hodoli  següldü,  von  Schmidt  übersetzt:  »mit  verfilztem  Schweife.« 
Das  Wort  segül  heißt  der  Schwanz,  aber  ^hodoli«^  ist  bei  Kowalewski 
nicht  zu  finden.  Sollte  etwa  zu  lesen  sein  godoli  segültü,  mit  einem  Pfeil- 
schwänze.'' 


Haenisch:    Die  cliinesische  Redaktion  des  Saiiang  Setsen.  181 

Für  ^  würde  ich  ;|jjj  setzen,  dann  entsprächen  die  drei  Zeichen 
W*!^^'  ""*  durchgedrücktem  Sattel,  mit  Satteldruck,  dem  mongoli- 
schen (/ool  dumdaben  dagaridu  =:  ganz  in  der  Mitte  durchgescheuert.  Für 
^>hodoli  (oder  godoli)  següMih^  haben  wir  hier  sehr  einfach  ^B  ^  mit  kur- 
zem Schwänze.  %^  f^  ,^  ist  »ein  Pferd  mit  dachsfarbenem  Felle«,  im 
Mongolischen  sargvl  marin  gelbes  Pferd. 

Oruk  heißt  eigentlich  grauer  Eber.  |^  bedeutet  nach  Couvreur 
S.  422  den  Gürtelschmuck  der  Offiziere,  ^^  heißt  Pferdemähne.  Ein  Zu- 
sammenhang der  chinesischen  Bezeichnung  mit  dem  mongolischen  Namen 
Oruk  Dsüsük  ist  hiernach  nicht  zu  ersehen. 

Altan  Tobci  6,  4:    gool  dumda  hen  dagaridu  godong  sirguli. 

Hör  c'os  byung  13  sagt  nur  allgemein:  »PötwOnc'^ar  erhielt  nichts 
als  ein  schlechtes  Pferd.« 

Sanang  Setsen  60,  2: 
Onon  müren  ilgede  dsorcibai. 

Schmidt:    »Er  nahm  seinen  Weg   aufwärts  längs  dem  Ononstrome.« 
Chines.  '6,  h: 

=  Am  Ononstrome  entlang  ging  er  nach  Osten. 

Demnach  scheint  der  Chinese  das  Wort  ügede,  nach  Schmidt  =:  auf- 
wärts, mit  ^^  nach  Osten  übersetzt,  wie  er  schon  oben  das  Wort  urugu 
=  hinab,  mit   ^   westwärts  wiedergegeben  hatte. 

Sanang  Setsen  60,  2: 

tende  nigen  huruJccin  hartsagai  Tiara  Tioro  neretü  nogosun-i  haridju  iden 
ahui-gi  üdsedjü.  tegün-i  uragadadju  barin  tedjiyedjü.  tegüher  nogosun  galagud-i 
olan  bariguldju  iden. 

Schmidt:  »Da  erbhckte  er  einen  grauen  Sperber,  welcher  eine  Ente 
von  der  hara  huru  genannten  Gattung  gefangen  hatte.  Diesen  Sperber  fing 
er,  richtete  ihn  ab,  und  ließ  durch  ihn  zu  seiner  Nahrung  viele  Enten  und 
Gänse  fangen.« 

=;  Er  sah,  wie  an  jenem  Orte  ein  grauer  Falke  eine  wilde  Ente 
packte  und  verzehrte.  Er  fing  ihn  in  der  Schlinge  (richtete  ihn  ab)  ließ 
ihn  fliegen  und  verzehrte  dann  die  von  dem  Falken  erjagten  Enten. 

Altan  Tobci  6,  8: 

hartsagai  burukcin  barihui-gi  üdseget  morin-u  segiU-yer  urgadadju  bari- 
gat.     tegüni  uruguldju  orJcidju  yabuba. 


182  IIaenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanaiig  Setsen. 

=z  Er  sah  ein  weißes  Falkenweibchen  auf  dein  Fange,  fing  es  mit  einer 
Schlinge  von  Roßhaar  und  ließ   es  dann  immer  los,   um  Beute   zu  erlegen. 

Sanang  Setsen  60,8: 
tendetse  afia  degü  tabugula  Jeeleldün. 

Schmidt:     »Hierauf  besprachen    sich    die   fünf  Brüder  miteinander." 
Chines.  4,  a  hat  nur   ^ü^f-I^Äi^ 
=  Die  Brüder  trafen  darauf  an  diesem  Ort  zusammen. 
Bugu  Saldjigu    erscheint  im    chinesischen  Texte  4,  h    als    j-^  "c^  ^ 
lä^MÖy^lSl   Po-^eh-to  Sa-hh-tsi-Jcu,  las  man  etwa   Bogdai* 


Sanang  Setsen  60,  10: 

tere  singsitu  Budan  JJatun-u  JceTcelin  deki  kübegün-i  inu  Wacirtai  Jcemeget. 

Schmidts  Übersetzung:  »Dem  Sohne  seiner  erbeuteten  schwangeren 
Gemahlin  gal)  Budan  Budantsar  den  Namen  VVacirtai«  beruht  auf  einem 
Mißverständnis;  singSitu  bedeutet  nicht  »erbeutet»,  sondern  1.  mit  einem 
Zeichen  versehen  und  2.  schön.  Dieser  letzteren  Bedeutung  entspricht  dann 
auch  genau  das   ^^^^   tler  chinesischen  Übersetzung,  4,  b: 


-r 

Bagaritai   Jlan    idsagatur-tu  r=  Bagaritai    der    Künigssproß  =   Pi  0^ 

Bei  der  zweiten  Erwälniung  von   Biker  Bagatur,  4,6,  steht  fälschlich 
a+#S|   statt  ^jf|;f^0J 

Ich  lasse  jetzt  wieder  einen  Stammbaum  folgen   betr. 
Die  Nachkommen  des  Bodantsai-. 
Sanang  Setsen  Altan  Tob ci  Hör  c'os  by ung 

Habici  Bagatur  Ilabuci  Külük  llabic'i  Bägat'ör 

Biker  Bagatur  Bikir  Bagatur  Pihir  Pägat'wor 

Malia  Todan  Maha   Dowadi  Mahä  TVotan 

Haci  Külük  Hadji  Külük  llac'i  Hulug 

Singhor-Doksin  Basanggur  Doksin  Päras  Sonhor  Tog/.in 

Tumbagai  Setsen  Tonbanai  Setsen  T'ombigai  Sec'en 

Habul   Hagan  Habul  Hagan  Habol  Hana 

Bardam  Bagatur  Baruk  Bagatur  Pärtam  PägatVor 

Die  Söhne  des  Bardam  Bagatur  heißen  nach 
Sanang  Setsen  60,15  Altan  Tobei  8,3  Hör  c'os  byunglo 

Jisügei  Bagatur  (Jisügei  Bagatur)  Yisuhei  Pägat'wor 

Negihi  Taisi  Nigun  T'asasi 

Menggetü  Setsen  Menget'u  Sec'en 

Daritai  Ütsüken  (Daritai)  T'aritai 

(Utsuhun)  Oc'igin 


Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  183 

Wir  ersehen  aus  dieser  Tabelle  folgendes: 

Die  Nachkommen  des  Bodantsar  bis  Bardam  Bagatur  einschließlich 
finden  sich  gleichermaßen  in  den  drei  Texten.^  Nur  in  der  Schreibweise 
der  Namen  herrschen  einige  Abweichungen. 

1.  Altan  Tobci  schreibt  Habuci  Külük  gegen  S.  S.  Habici  Bagatur. 

2.  >■  "  »  Maha  Dovvadi  gegen  S.  S.  Maha  Todan. 

3.  "  "  '•  Baisanggur  Doksin  gegen  Singhor  Doksin. 
Hör  c'os  byung  schreibt  diesen  letzten  Namen  Päras  Sonhor  Togzin. 

SinyJwr  »Falke«,  doksin  bedeutet  »wild«,  der  ganze  Name  also  »falken- 
wild«.  Für  das  Wort  ^>J)aisanggur^<  ist  eine  Bedeutung  bei  Kowalewski 
nicht  zu  finden.  In  der  tibetischen  Wiedergabe  des  Namens  ist  Sonhor  = 
singhor,  Togzin  =  doksin.  In  »Päras«  sehe  ich  das  mongolische  Woi't  ^'bars«, 
Tiger,  welches  sich  häufig  in  Eigennamen  findet,  z.  B.  Bars  Bagatur  usw. 
Der  ganze  Name  bedeutete  also  hier:  wild  wie  ein  Tiger  und  ein  Falke. 
Es  liegt  die  Vermutung  nahe,  daß  Altan  Tobci  und  Hör  c'os  byung 
eine  Redaktion  des  Sanang  Setsen  benutzt  haben,  in  welcher  der  letzt- 
erwähnte Fürst  Bars  Singlior  Doksin  genannt  ist,  und  daß  die  imver- 
ständliche  Form  baisanggur  des  Altan  Tobci  in  einer  falschen  Lesung  des 
Wortes  bars  Singhor  ihren  Ursprung  hat. 

4.  Tonbani  ist  wahrscheinlich  ein  Druckfehler  für  Tombagai. 

5.  Ebenso  Baruk  in  Altan  Tobci  8,  2  ein  Druckfehler  für  Bardam. 
Eine    wichtigere    Differenz    unter    den    drei    Texten    findet    sich    in 

betreff  der  Söhne  des  Bardam  Bagatur.  Altan  Tobci  gibt  keine  Auf- 
zählung von  ihnen,  erwähnt  aber  vorübergehend  drei  von  den  Namen. 
Sanang  Setsen  spricht  von  vier  Söhnen  des  Bardam  Bagatur:  tegünü 
kübegün  dürben  buyu  —  und  zählt  sie  auf:  Jisügei  Bagatur,  Negün  Taisi, 
Menggetü  Setsen  und  Daritai  Utsüken.  Ebenso  hat  auch  die  Chinesische 
Redaktion  5.«  El  H  S  >tC  E.  S  W  ('""ß '«iße"  ElllH)^--- 

Demgegenüber  sagt  Hör  c'os  byung:  Bardam  Bagatur  hatte  fünf 
Söhne  .  .  .  ■^^'j  '^  ^  ^    =  es  waren  fünf  Brüder.     Bis  Menggetü  Setsen  ein- 

schließlich  stimmen  die  Namen  mit  der  Tabelle  des  Sanang  Setsen  über- 
ein. Dann  aber  hat  Hör  c'os  byung  statt  des  einen  Daritai  Ütsüken  zwei 
Namen  T'aritai  und  Oc'igin.  Dementsprechend  kennt  auch  Altan  Tobci 
zwei  Söhne  namens  Daritai  und  Utsuhun,  denn  es  erzählt:  y>  Jisügei  Bagatur 
Daritai  Utsuhun  hoyar  degü-ben  abca«-  =  Jisügei  mit  seinen  beiden  jüngeren 
Brüdern  Daritai  und  Utsuhun. 


Sanang  Setsen  hat  an  dieser  Stelle: 
Jisügei  Bagatur  Negün  Taisi  Daritai  Ütsüken  hoyar  degüben  abcu   .... 
=  Jisügei  Bagatur  mit  seinen  beiden  jüngeren  Brüdern  Negün -Taisi 
und  Daritai -Utsüken  .... 

1    Die  chinesische  Redaktion  schließt  sich  auch  hier  genau  an  Sanang  Setsen  an. 


184  Haeniscii:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Also  Sanang  Setsen  hat  Daritai  Utsüken  zu  einem  Namen  zu- 
sammengefaßt, Altan  Tobci  und  Hör  c'os  byung  haben  die  beiden 
Worte  getrennt  und  zwei  Namen  daraus  gemacht. 

NB.  Es  braucht  wohl  nicht  erst  betont  zu  werden,  daß  T'aritai 
Oc'igin  die  tibetische  Form  des  Namens  Daritai  Utsüken  bzw.  Daritai  Utsuhun 
ist.  Für  die  Umschreibung  Oc'igin  =  Utsüken  vgl.  die  chinesische  Tran- 
skription, welche  bei  der  Verwandtschaft  der  beiden  Sprachen,  des  Tibe- 
tischen und  Chinesischen ,  lautlich  eine  ganz  ähnhche  Form  zeigt :  g^  v^  ^^ 
=  0-tsi-kin.  Welche  Auffassung  die  richtige  ist,  kann  ich  nicht  ent- 
scheiden. Ich  würde  mich  derjenigen  des  Sanang  Setsen  zuneigen, 
denn  auch  Aboul  Ghäzi^  zählt  vier  Söhne  auf:  »Bertän  hatte  vier  Söhne: 
der  älteste  hieß  Moungda'i,  der  zweite  Boukäne  Ta'ischi,  der  dritte  Yessou- 
kei  Behadour  und  der  vierte  Däritäi. 

Sanang  Setsen  60,  17: 
tsasun-dur  cindaga  müskidjü  atala  .  .  . 
r=  während  er  auf  dem  Schnee  der  Spur  eines  weißen  Hasen  folgte. 

1=  er  ging  auf  dem  schneebedeckten  Felde  auf  der  Suche  nach  einem 
«großen  Pferde-. 

"JK.  <^  '^*  ^''^'''  ^^^  Druckfehler  für  ^  ^j .  Im  ISIonggol  -  un  üsüg- 
ün  bicik  XTII ,  S.  57a  findet  sich  cindaga  tatsächlich  durch  ^  ^  wieder- 
gegeben, während  die  Bedeutung  »weißer  Hase«,  die  dem  Worte  ebenfalls 
zukonunt  und  hier  die  richtige  ist,  nicht  erwähnt  wird.  Zu  ^^1^  vgl. 
P'ei- wen -yün-fu,  Bd.  LI,  S.  6a. 

C  hin  es.  5,  a\ 

^  ^^  Thm"  ^p  ji|@  13:  als  diese  Leute  ^  näher  herankamen  und  sie 
erblickten  .  .  . 

Sanang  Setsen  62,  1: 
tedüi  degere  tede  iredjü  dsolgagat  otbasn 
=  Als  jene  darauf  herankommend  auf  sie  trafen  .  .  . 

Sanang  Setsen  62,  2: 

ügüleküi  dsagur-a  tede  magui  dsabtun  kürcü  ireksen  dür  .  .  .  Yeke  Ciladu 
burugudun  dutagahai  .  .  . 

Schmidt:  »Während  sie  dies  sprach,  waren  die  drei  Brüder  bereits 
beim  Zuge  angelangt,  und  Yeke  Ciladu,  der  ihre  feindliche  Absicht  merkte, 
nahm  sogleich  die  Flucht.«  Wörtlich:  während  sie  noch  sprach,  waren 
jene  in  ihrer  feindlichen  Absicht  herangekommen ,  und  Yeke  Ciladu  ergriff 
die  Flucht. 


^    Die   oben  zitierte   Ausgabe   S.  71.     Von   den  Abweichungen   des  Aboul- 
Giiäzi  will  ich  hier  absehen. 


Harnisch:    Die  chinesisdie  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  185 

=  Die  Woi-te  waren  uoch  nicht  ausgesprochen,  da  hatten  sie  sich 
schon  herangedrängt,  um  Hand  an  Yeke  Bagatur  zu  legen. 

Die  Stelle:  »  Yeke  Ciladu  hurugudun  dutagabai  i=^  Yeke  Ciladu  ergriff  die 
Flucht«   ist  im  Chinesischen  wiedergegeben  durch:    i^;^- 

Weiter  heißt  es  bei  Sanang  Setsen  62,  3: 

gurban  ger  alus  üldeget  .  .  . 

Schmidt:  »Die  Brüder  ließen  Hütte  und  Geräte  liegen.«  Er  über- 
setzt: gurban  =  die  Brüder  (die  drei  Brüder),  üldeget  :=■  sie  ließen  liegen, 
ger  =  Hütte,  alus  ==  Geräte. 

Nach  Kowalewski  heißt  üldekü  =  jagen;  altes  ist  eine  Postposition 
mit  der  Bedeutung:  durch,  über  hinaus.  Demnach  wäre  zu  übersetzen: 
»Sie  verfolgten  ihn  über  drei  Häuser  (Niederlassungen)  hinaus.« 

Das  Chinesische  5,  b  weicht  hier  wieder  ab: 

=  Auf  der  Flucht  verfolgten  sie  ihn  eine  Strecke  und  gingen  dabei 
über  drei  Flußläufe.     (Mj^  =  verfolgen;  s.  Giles). 

Ebenso  hat  Altan  Tobci  8,  9: 

Ciladu -gi  gurban  gool  getülgebe 

=  Sie  ließen  den  Ciladu  drei  Flüsse  überschreiten,  sie  jagten  ihn  über 
drei  Flüsse. 

Hör  c'os  byung: 

Für  !3^'  lies  l^^'  S.  14:  »Nachdem  jener  den  Bräutigam  über  drei 
Täler  hinaus  verfolgt  hatte.« 

Nach  der  Übereinstimmung  des  chinesischen  und  tibetischen  Textes 
mit  dem  Altan  Tobci  möchte  man  auch  im  Sanang  Setsen  lesen:  gurban 
gool  alus  üldeget.  So  wird  wahrscheinlich  in  den  von  den  drei  Texten  be- 
nutzten Redaktionen  gestanden  haben. 

Sanang  Setsen  62,  4: 
Jüügei  Bagatur  beye-degen  abubai. 
=  Jisügei  Bagatur  nahm  sie  für  sich  selbst. 
Schmidt:   »Er  machte  sie  zu  seiner  Gattin.« 
C  hin  es.  5,  ö: 

=  Jisügei  Bagatur  machte  sie  zur  Pa-tsi.  Pa-tsi  ist  die  Transkription 
eines  Fremdwortes,  was  im  Mongolischen  etwa  badji  oder  baidji  lauten 
könnte.  Ich  habe  ein  solches  Wort  mongolischen  Ursprungs  nicht  ermitteln 
können.  Sollte  ^^^M-  etwa  das  Wort  beye  wiedergeben:  beye  degen  abuhai 
=  er  nahm  sie  zu  seiner  ^  ^  ?  Oder  hat  vielleicht  in  der  mongolischen 


186  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Redaktion,  die  dem  chinesischen  Übersetzer  vorlag,  gestanden  güngdjü 
=  chin.   ^^^,  was  fälschlich  für  haidji  gelesen  wurde? 

Altan  Tobci  8,  10:  Jesügei Bagatur  holiyadju  ahuha  =  Jesügei  Bagatur 
raubte  sie  mit  Gewalt  und  nahm  sie  an  sich. 

Hör  c'os  byung  14: 

=  »Er  machte  das  Mädchen  zu  seinem  Weibe.« 

Sanang  Setsen  62,5: 
Daritai  Ütsüken  ücirün. 

Schmidt:     »Da  sprach  Daritai  Ütsüken  zu  ihr«. 
Chin  es.   b,  h: 

mmmiwmmmi 

Da  der  chinesische  Übersetzer,  wie  oben  gezeigt,  Daritai  Ütsüken  zu 
einem  Namen  zusammengezogen  hat,  muß  der  Satz  heißen:  »Da  sprachen 
Daritai -Ütsüken  und  die  anderen   ^^   beruhigend  zu  ihr  ...» 

Altan  Tobci  8,  11   schreibt: 

Daritai  XJtsuhun  üge  ücir-ün. 

=  Daritai  und  Utsuhun  sprachen. 

Die  jetzt  folgenden  Worte  des  Daritai  Ütsüken  sind  Verse  in  Stabreim. 
Sanang  Setsen  62,  .5: 

^•Gurban  gool  getülbe  Gttrban  gorbi  dababa 

"Ilaibasu  mür  ügei  Harabasu  barag-a  ügei 

■«Hailabasu  ülü  sonosum. 

Schmidt:  »Über  drei  Flüsse  sind  wir  schon  gezogen,  wir  haben 
bereits  drei  Bergrücken'  hinter  uns;  sucht  man,  so  ist  keine  Spur  zu 
finden;  schaut  man  umher,  nichts  ist  zu  erblicken.  Dein  Weinen  wird 
nicht  gehört.« 

Die  Chinesische  Redaktion  5,6  hat  eine  genaue  Übersetzung: 

Man  sieht,  daß  der  Übersetzer  die  Verse  als  solche  erkannt  hat, 
denn  er  hat  die  Worte  i-hythmisch  wiedergegeben. 

Altan  Tobci  9,  1   hat  die  Verse  mit  geringen  Unterschieden: 

^'Gurban  gool  getülgebe  Gurban  gorbi  dabagalaba 

«Haribasu  mür  ügei  Harabasu  barag-a  ügei 

y'Hanilabasu  ülü  sonusum. 

getülkü  und  dabagahu  stehen  hier  im  Kausativum. 

=  Über  drei  Flüsse  haben  wir  dich  gebracht,  über  drei  Täler  dich 
getragen.     Wenn   du   zurückkehren  wolltest,    es  wäre  kein  Weg.     Schaust 


1    gorbi  ist  nach  Kowalewski  =  Talgrund. 


Haeniscii:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  187 

du   umher,    keine  Hilfe.   —  Wenn   du   auch  Freunde   hast,   du  wirst   nicht 
gehört. 

C  hin  es.  6,  a: 

Statt  ^  -|-   lies   =^  ^. 

Sanang  Setsen  62,8: 

Tende  tedeger-ün   Temüdjin  hemekü-gi  taJadju  ireküi-lüge  vciraksan  yer. 

Schmidt:  «Da  diese  GeV>urt  mit  dem  Einbringen  des  gefangenen 
Tcmiidjin  zusammentraf.«  Das  Wort  ^^(/p^er-w»  ist  mir  in  diesem  Zusammen- 
hange unverständlich.  Ich  würde  inr  tedeger-ün  lesen:  Tatar -un  =  Temüd- 
jin von  den  Tatar. 

So  schreibt  nämlich  Altan  Tobci  9,  3: 

Ügelen  Eke  Sa  Tatar  Temücin-i  talalga  taladji  ireküi-düry  nigen  niigun 
kühegiin  türühei.     tegün  dar  Temüciye  nere  ükhe. 

=  »Ugelen  Eke  gebar  zu  der  Zeit,  als  man  den  Temütiin  von  den 
Sa  Tatar  gefangen  genommen  hatte,  einen  Sohn.  Ihm  gab  sie  den  Namen 
Temüciye.« 

=:  »Als  man  ihm  durchs  Los  einen  Namen  gab,  verlieh  man  ihm 
infolge  des  zufälligen  Zusammentreffens  mit  Temüdjin  den  Milchnamen  .  .  .« 

Hör  c'os  byungl4  erzählt  nur,  daß  unter  wunderbaren  Zeichen 
ein  Sohn  geboren  wurde,  welcher  den  Namen  T'emuc'en  erhielt. 

Sanang  Setsen  62,  10: 

Tümclün  Goa  Äbagai  ha  Dagasi  Hatun  eise  türüksen  Bekter  Belgetei  hoyar. 

Schmidt  nennt  diese  beiden  Söhne  =  die  von  zwei  anderen  Ge- 
mahlinnen namens  Goa  Abagai  und  Dagasi  geborenen  Bekter  und  Belgetei.  — 
Für  Goa  Abagai  ist  Tümelün  Goa  Abagai  zu  lesen.  Offenbar  hat  Schmidt 
in  seiner  Übersetzung  den  Namen  Tümelün  versehentlich  ausgelassen. 

#  i  a'i -s  tt  f  p  #  lä?  Q  » (%^  i£  w  ^  :S  f  e  ^  # 

=  Dazu  die  von  seiner  früheren  Gemahlin,  der  Königin  Tümelün 
Goa  Abagai  (oder  »seinen  früheren  Gemahlinnen  Tümelün  und  Goa  Abagai«) 
geborenen  beiden  Söhne  Bekter  und  Belgetei. 

Also  hier  haben  wir  das  Wort  Tümelün ,  dafür  fehlt  aber  das  Wort 
Dagasi. 

Altan  Tobci  läßt  uns  hier  im  Stiche.  Dagegen  hat  Hör  c'os 
byung  14: 

=  und  die  Prinzessin  T'umelun  Gwö  (waren  es)  und  von  der  Neben- 
gemahlin Tanagzi  ... 


188  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Hiermit  gibt  uns  die  tibetische  Version  jedenfalls  den  Schlüssel:  Wir 
eifahren,  daß  Tümelün  der  Name  der  Tochter  des  Yesügei,  und  daß  Bekter 
und  Belgetei  von  der  Nebengemahlin  Tanagzi  stammen.  Tanagzi  entspricht 
natürlich  der  Dagasi  (mongolisch  würde  es  lauten  Tanaksi)  des  Sanang 
Setsen.  Die  beiden  Namen  unterscheiden  sich  in  der  Schreibung  nur  durch 
einen  Punkt,  so  daß  der  Verfasser  des  tibetischen  Wei'kes  sich  leicht  ver- 
lesen haben  oder  Schmidt  in  seiner  Ausgabe  sich  verschrieben  haben  kann. 

Konstruieren  wir  hiernach  den  Text  des 
Sanang  Setsen  62,  10: 

tere  Temndjin-lüge  nige  eicetei  Hasar  Hadjikin  UtsüJcen  darben  kühegün 
Tümelün  Goa  abagai  ha^,  Dagasi  haturi-etse  türüksen  Bekter  Belgetei  hoyar- 
luga  irgugan  bolai. 

=  Mit  diesem  Temüdjin  von  derselben  Mutter  geboren  waren  Hasar, 
Hadjikin  und  Ütsüken  (zusammen)  vier  Söhne  und  die  Prinzessin  Tümelün 
Goa;  und  mit  den  von  der  Dagasi  Hatun  geborenen  beiden  Bekter  und 
Belgetei  waren  es  (im  ganzen)  sechs  Söhne. 

NB.  Für  abagai  lese  ich  abahai,  d.  i.  eine  Jungfrau  von  fürstlichem 
Range. 

Der  chinesische  Text  hätte  hiernach  den  Sinn  des  Satzes  ganz 
verkannt,  da  er  einerseits  «abagai"  zum  Namen  zieht  oder  gar  zum  selb- 
ständigen Namen  macht  |^  2^  y^  B^  "fg^ ,  andererseits  den  Namen  Tanaksi 
bzw.  Dagaäi  übersetzt  oder  unterschlägt. 

Sanang  Setsen  62.  14: 
nigen  tsagan  singhor  Sibagim  =  ein  weißer  Falke. 
Chines.: 

y$  P3  ist  wohl  =  y^^^W'  ^^^  nach  dem  P'ei- wen -yün-fu 
XXIV,  4  a  eine  Art  Falken  bedeutet. 

Altan  Tobci  9,  10  nennt  ebenfalls  einen  tsagan  Singhor.  Der  tibe- 
tische Text  15  hat  sogar  das  mongolische  Wort  selbst:  ein  weißer  Sonhor 
—  Vogel. 

Sanang  Setsen  62,  17: 
dsang  saitan  ükit-yen  dsayagatu  Bordjigid-a  hatun  bolgan  büliige. 
=  Unsere  Töchter  mit  den  guten  Sitten  sind  vom  Schicksal  zu  Köni- 
ginnen für  die  Bordjigin  bestimmt. 
Chines.  6,  b: 


1    In  der  Seil mi  dtsclien  Textausgabe  steht  hier  keine  Interpunktion,  dagegen 
eine  solche  hinter  "kübegiin". 


Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  189 

=  Die  wohlanständigen  und  schönen  unter  den  jetzt  vorhandenen 
Mädchen  sind  auch  vom  Schicksal  bestimmt,  Gattinnen  von  euch  Bordjigin 
zu  werden. 

Sanang  Setsen  62,  19: 

asida  nigen  kereJc  holun  bui  holosa  holtugai. 

Schmidt:  »Sie  wird  mir  für  die  Zukunft  nützlich  sein:  laß  es  ge- 
schehen.« Der  Satz  ist  richtiger  so  zu  übersetzen:  »Eine  Sache,  die  immer 
geschehen  kann,  kann  auch  gleich  geschehen.« 

Chines.  6,  h: 

=z  Wenn  man  etwas  schließlich  doch  tun  muß,  so  kann  man  es  auch 
gleich  tun. 

Sanang  Setsen  64,  1  : 
Temüdjin-i  sagulgagat  haridju  otbai  .  .  . 

Schmidt:  »Er  ließ  den  Temüdjin  zurück  und  begab  sich  auf  den 
Heimweg.« 

=  Während  man  den  Temüdjin  zurückbehielt,  wollte  Yisügei  sich 
verabschieden  und  fortgehen.     NB.  Ich  lese   ^.   statt   -j^. 

Sanang  Setsen: 
melidenin  kürcü  ireget. 

Schmidt:  «...  ganz  erschöpft.«  Sollte  richtiger  heißen:  Von  Un- 
ruhe getrieben ,  eilte  er  dahin. 

Ebenso  hat  die  Chinesische  Redaktion  7,  a: 
#^#t;Ä-     Im  Text  steht  ^. 

Es  folgen  wieder  Alliterationsverse: 

Sanang  Setsen  64,4: 
r>Amtatu  idegen  ideVügei  iL 
y>  Amin  -  dur  -  yen  übesühen  Jioor  Tcibei. 
nAbcu  iretkün  Temüdjin-i  minu. 

Schmidt:    »Ich  habe  wohlschmeckende  Speisen  genossen  und  damit 
meinem  eigenen  Leben  Verderben  bereitet;  holt  mir  meinen  Sohn  Temüdjin!« 
Altan  Tobci  10,8  gibt  diese  Worte  in  Prosa  wieder. 

=  »Ich  habe  sehr  Süßes  gegessen.  Ohne  es  zu  wollen,  habe  ich 
mich  zugrunde  gerichtet.  Wo  ist  Temüdjin?  er  soll  kommen,  ruft  ihn 
zu  mir.« 


190  Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Auf  der  letzten  Zeile  von  Seite  7,  a  heißt  es,  daß  die  t/«a/i  pei  starb, 
d.  i.  die  Dagasi  Hatun,  von  welcher  oben  die  Rede  war.  Es  steht  hier  ein 
anderes  Zeichen  yüan  j^  p^  5^  "ffr ,  während  sie  oben  geschrieben  wurde 
IMSE^T£'  beides  heißt   »die  ursprüngliche,  ei'ste  Gattin«. 

Sanang  Setsen   16,  7: 
tedjiyede  Bekter  Belgetei  .  .  .     Dies   «tedjiyed^'^,  welches  Schmidt  über- 
setzt:  »Vor  kui'zem«,  ist  im  Chinesischen   7,  b  niclit  wiedergegeben.    Es 

heißt  dort  nur:  ^-^^  ^Jx  §^  Z^Ml^^  Z  =  [ß^^^ter  und 
Belgetei]  haben  uns  die  Fische,  welche  wir  geangelt  haben,  weggenommen 
und  gegessen. 

=:  "Heute  haben  sie  uns  wieder  einen  Vogel,  den  Hasar  gerade  mit 
dem  Pfeile  erlegt  hatte,  weggenommen  und  gegessen.  Wir  wollen  die 
beiden  töten.«  Das  Wort  ^<boldJimar<'  =  Lerche  ist  hier  durch  ^^  ge- 
geben, was  ein   Gattungsname  für  kleine  \'ügel  im  allgemeinen  ist. 

Sanang  Setsen  64,  10: 

Taniher  següder-etse  über-e  bicihan,  seyül-etse  über-e  tsütsügün  buyu. 

Schmidt:  »Der  Körper  ist  zwar  kleiner  als  sein  Scliatten,  jedoch 
stärker  als  sein  Schwanz  (sagt  das  Sjjrichwort).«  Der  Sinn  dieser  Worte 
ist  rätselhaft. 

7.  b.    Der  chinesische  Text  sagt  selir  klar: 

=  so  wie  der  Scliatten  der  Gestalt  folgt,  der  Schwanz  am  Körper 
haftet  und  sie  nicht  von  ihm  getrennt  werden  können.  —  Für  diese  Über- 
setzung muß  der  Chinese  allerdings  einen  anderen  mongolischen  Text  ge- 
habt haben. 

Wir  wollen  versuchen ,  der  Lösung  des  Rätsels  durch  Heranziehung 
des  Altan  Tobci  näher  zu  kommen.     Dies  hat  11,  7  folgende  Version: 

Tan-dur  següder-etse  iibere  nükür  iigei,  segül-etse  über-e  tsutsag-a  ügei. 

=  »Ihr  habt  außer  dem  Schatten  keinen  Gefährten,  außer  dem 
Schwänze  keine  Quaste.« 

Hiernach  möchte  ich  für  tsütsügün,  das  mir  unbekannt  ist,  tsutsug-a 
und.  dem  ügei  des  Altan  Tobci  entsprechend,  für  das  öm^/m  des  Sanang 
Setsen  busu  lesen  —  es  fehlte  dort  sonst  die  Negation,  so  daß  die  Worte 
des  Sanang  Setsen  zu  übersetzen  wären:  »ihr  habt  nichts  Kleines  außer 
dem  Schatten,  keine  Quaste  außer  dem  Schwänze.«  Diese  Übersetzung 
gibt  auch  noch  keinen  klaren  Sinn,  doch  scheint  sie  mir  wenigstens  wort- 
getreu zu  sein.  Vgl.  übrigens  Kowalewski,  Dict.  p.  2363:  següder-etse 
übere  rüJcür  ügei,  segül-etse  übere  tsatsuh  ügei,  ihr  habt  keinen  andern  Freund 
als  euren  Schatten ,  keinen  andern  Büschel  als  den  Schwanz. 


Haenisch:   Die  chinesische  Redalition  des  Sanang  Setsen.  191 

Sanang  Setsen  64,  11: 
Amarak  yahuMun,  akida-in  niikür  husugu. 

Sclnnidt:    »Darum   lebt   als  Freunde   miteinander,   bedürft  ihr  nicht 
in  Zukunft  einer  des  andern  Hilfe?«      NB.    husugu  =^  busu  =  ist  nicht? 
=:  Lebt  als  Freunde,  seid  ihr  nicht  Gefährten  für  immerdar? 
Chines.  7,  b: 

=  »Darum  lebt  ihr  Brüder  freundlich  miteinander;  wäre  das  nicht 
der  Weg  zu  dauernder  Freundschaft  und  Liebe?« 

Sanang  Setsen  64,  14: 
ügühtele  ülü  bolun,  Beider -i  horogagat. 

Schmidt:     »Ohne   auf  ihn  zu  hören,   töteten  sie  den  Bekter.«      Ge- 
nau übersetzt:  Es  war  noch  nicht  zum  Ende  {tele)  seiner  Rede  gekommen  .  .  . 
Chines.  8,  a\ 

übersetzt  also  ebenso  frei  wie  Schmidt:  Sie  willigten  nicht  ein  (=  hörten 
nicht  auf  ihn)  und  dann  töteten  sie  den  Bekter. 

Sanang  Setsen  64,  13: 
nigen  tsaJc-tur  tan -du  kütsän-yen  ükkü  hüm'ün. 
=  Er  ist  ein  Mann ,  der  auch  einst  seine  Kraft  leihen  wird. 
Chines,  8,  a: 

p^'^m^mm^:nzh 

^  Er  ist  der  Mann,  der  später  euch  seine  Kraft  leihen  wird. 

Altan  Tobci   11,  11: 

Tan-dur  temdegdeye  Mitsün-yen  ukhüm  dse. 

=:  Er  wird  euch  sicherlich  seine  Kraft  leihen. 

Sanang  Setsen  64,   15: 

Ätagatan  daisun-yer  tedjigeTcsen  kübegün  minu  aldartan  sait  bolura  Jcürbei. 
kügesün  tsüJceresün-yer  tedjigeksen  kübegün  minu  kürtsem-ten  sait  bolura  kürhei 
kernen  bayascu  yabun  atala.    ein  kidjü  nigen- yen  yakin  alabai. 

Schmidt:  »Wie  könnt  ihr  solches  tun  und  euch  untereinander  töten, 
während  ich  hoffte  und  mich  freute,  daß  meine  im  Haß  gegen  unsere  Feinde 
erzogenen  und  sorgfältig  mit  süßen  Mehlspeisen  genährten  Söhne  ausge- 
zeichnete und  berühmte  Männer  werden  würden!« 

Wörtlich:  »Während  ich  mich  freute  in  dem  Gedanken  {kernen),  daß 
meine  in  Streit  und  Kampf  groß  gewordenen  Söhne  es  einst  zu  berühmten 
und  braven  Männern  brächten,  daß  meine  mit  Sahnenhaut'  aufgezogenen 
Kinder  einst  gute  Menschen  abgeben  würden,  wie  konntet  ihr  da  so  etwas 
tun,  einen  von  euch  {nigen  yen  =  euer  einen)  zu  töten!« 


1    Kügesün    tsügeresün   bedeutet   nach    Golstunski,    Moiig. -russ.  Wörterb., 
Bd.  111 ,  307  die  Haut  auf  der  Milch  oder  Sahne. 


192  Haenisch  :    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

^  W  fi^  ^  »  E  ^  ^  ifi) -i-^c  E  «8  ig  i5r  w  *p  jtb  5  *  © 


"Meine  Sühne,  in  meiner  Liebe  und  meinem  Schutze  aufgezogen,  die 
einst  berüliinte  Männer  werden  sollten,  meine  in  sorgfältiger  Erziehung  groß- 
gewordenen Kinder,  die  einst  unsere  braven  (weisen)  Untertanen  werden 
sollten ,  so  hoffte  ich  bisher  voller  Freude.  Wie  könnt  ihr  euch  gegenseitig 
töten  und  schädigen!« 

Sanang  Setsen  64,  18: 

Egün-etse  lioinaksida  ta  nigen  nigen-yen  harahuya  yagun.  harhisun-yen 
hadsukci  cinoa  metü.  següder  -  degen  dobtulukci  Singhor  metil.  serhegehen  dele- 
düJcci  Tierem  mctüs-i  tan-u  derge.de  narin  kemehesü  mogai  naicigar  Tcemehesü 
melekei-etse  ühere  ken-dse  ahu  kernen  tsügegebei. 

Schmidt:  »Was  wird  daraus  werden,  wenn  ihr  fortfahrt,  einerden 
anderen  zu  töten  und  euch  untereinander  zu  vernichten !  Ihr,  ähnlich  einem 
Wolfe,  der  sich  in  die  Rippen  beißt,  oder  einem  Raubvogel,  der  auf  seinen 
eigenen  Schatten  stößt,  oder  einem  großen  Fische,  der  sich  mit  dem 
Schwänze  peitscht!  nichts  anderes  ist  es,  als  daß  dasjenige  was  dünn  ist, 
bei  euch  zur  Schlange,  und  was  dick  ist,  zur  Kröte  wird.« 

Die  Chinesische  Redaktion  gibt  hier  eine  ziemlich  freie  Über- 
setzung des  mongolischen  Textes  8,  a: 

Seid  ihr  es,  die  ihr  euch  gegenseitig  totschlagt  und  einander  Schaden 
zufügt?  Seid  ihr  etwa  umherstreifende  Berghunde?  Seid  ihr  etwa  Wölfe, 
die  sich  in  den  Bauch  beißen?  Seid  ihr  etwa  Falken,  die  auf  ihren  Schatten 
blickend,  sich  selbst  packen?  Seid  ihr  etwa  ein  Geschlecht  von  Ratten,  die 
mit  ihrem  Schwänze  um  sich  schlagend,  sich  selber  treffen?  Wie  unter- 
scheidet ihr  euch  von  giftigen  Schlangen?  Wer  wird  euch  nun  noch  Freund 
und  euch  gewogen  sein?« 

Sanang  Setsen  66,3: 

eke  anu  harin  nigudju  gargaksa/i - dur.  Onon-u  tüne  oron  ahai.  tegüni 
mededjü  oruksan  sühei-gi  inu  sakin,  abasu  gurban  honugat  .  .  . 

Schmidt:  ».  .  .  als  die  INIutter  ihn  noch  zurückhielt  und  ihn  nach- 
her heimlich  hinausschaffte.  Er  nahm  seinen  Zutluchtsort  in  einer  ge- 
räumigen Höhle  am  Onon,  wo  ihn  aber  die  Taidjigot  ausspürten  und  die 
Öffnung  bewachten.  Nach  drei  Tagen  .  .  .«  —  Wörtlich  hätte  die  Übersetzung 
folgendermaßen  zu  lauten:    »Nachdem  ihn  seine  Mutter  zurückgehalten  und 


Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  193 

dann  heimlich  hinausgeführt  hatte,  hielt  er  sich  an  einem  dunklen  Orte  ver- 
steckt. Als  (die  Taidjigot)  das  erfuhren,  bewachten  sie  die  Öffnung,  durch 
welche  er  eingedrungen  war.     Nach  drei  Nächten  ..... 

Die  chinesische  Version  scheint  auf  eine  andere  Lesart  zurückzugehen, 
denn  sie  lautet  8,  b: 

»Von  seinen  Eltern  (sie!)  zurückgehalten,  ließ  er  den  Pfeil  (seil,  den 
er  soeben  auf  den  Wagen  gelegt  hatte)  neben  seinem  Sitz  zu  Boden  fallen 
und  verteidigte  sich  darauf  gegen  jene  Schar,  die  sich  des  Zuganges  zu  be- 
mächtigen suchte.     Am  dritten  Tage  .  .  .« 

Daß  hier  von  den  Eltern  des  Temüdjin  die  Rede  ist,  beruht  jeden- 
falls auf  einem  Mißverständnis,  da  sein  Vater  ja  bereits  tot  war. 

Altan  Tobci   12,  6: 

Onon-i  sem-yer  orudju  niguha.  Taidjigot  mededjü.  oruksan  sühe-gi 
hadagalan  saguhai.     tegün-dür  gurban  gunudju  (lies  Jianudju). 

"Er  begab  sich  auf  einen  waldigen  Fußpfad  am  Onon  und  versteckte 
sich  dort.  Das  erfuhren  die  Taidjigot  und  versperrten  die  Öffnung,  durch 
welche  er  eingedrungen  war,  und  bliel)en  dort.  Als  er  drei  Nächte  doi-t 
verbracht  hatte  ...» 

Sanang  Setsen  66,4: 
Olong    hodorga    tutaksagar    emegel    inu    sihdurahsan-dur.     olong   cu   al- 

'larabasu    aldarabai  dsa.      ene   hodorga   yakin   müldürebei.      tegüber   tegri  ecige 

inu  ithan  amui  kernen  setkiget. 

Schmidt:    ..  .   »als   er   den  Sattelgurt  anzog,  rutschte  der  Sattel  ab 

und  der  Gurt  zerriß.     Da   dachte  Temüdjin:  Wie  konnte   dieser  Gurt  zer- 

leißen?     Gewiß  ist  dies  ein  Warnungszeichen  von  meinem  Tegrivater  .  .  ..• 
Chines.  8,5: 

»Da  der  Sattel  des  Pferdes  herunterrutschte,  sagte  er:  Daß  der  Bauch- 
gurt aufgeht,  kommt  vor;  aber  wie  konnte  der  Schwanzriemen  abrutschen? 
Das  ist  ein  Zeichen,  daß  mein  Tegrivater  mich  zurückhalten  will..< 

Altan  Tobci   12,8: 

olan  olonglasagar.  kümäldürge  kümüldüriglekseger  emegel  subduradju  unaba. 
edsen  sanaha.  olom  cu  dsüb  boltugai.  kümüldürge  emegel  yakin  subdurahu  bui. 
tegri  minu  ithabai  gedjü. 

Für  olan  ist  wohl  olo7ig,  »Sattelgurt«  zu  lesen,  ebenso  olotig  cu  für 
olom  cu,  wie  bei  Sanang  Setsen  steht. 

—  »Als  er  den  Sattelgurt  anzog  und  den  Brustriemen  umlegte, 
rutschte  der  Sattel  ab  und  fiel  herunter.  Der  Fürst  dachte:  mit  dem 
Sattelgurt  mag  es  richtig  sein,  wie  konnten  aber  Brustriemen  und  Sattel- 
gurt abrutschen?     Mein  Gott  hat  mir  ein  Zeichen  gegeben.« 

Mitt  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.   I.  Abt.  13 


194  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

Sanang  Setsen  66,9: 
edüye  ali  büri  holum  Tcemen  garhasu  .  .  . 

Schmidt:  ...  verließ  er  die  Höhle  mit  den  Worten:  »Jetzt  mag 
kommen  was  da  wolle.« 

Chine s.  8,i  hat  wieder  eine  abweichende  Version: 

Wie  kann  diese  Sache  noch  länger  dauern,  jetzt  ist  es  Zeit,  daß  ich 
Ausschau  halte  .  .  . 

Altan  Tobci   13,  1   erzählt  noch  anders: 

idegen  umtagan  ügei  yisün  honuba.  ükübe  aba  tegri  edige  minu  medetügei 
gedji  iren  gehüle  .  .  . 

=  Ohne  Speise  und  ohne  Schlaf  verblieb  er  dort  neun  Nächte  und 
kam  dann  mit  den  Worten:  Sterbe  ich,  so  sei  mein  Tegrivater  dessen  Zeuge! 
hervor.  In  betreflP  der  Konstruktion  dieses  Satzes  vgl.  Bobrownikow, 
§573,2. 

Sanang  Setsen  66,  10: 

ger  büri  ularidju  hadagalan  abai. 

Schmidt:  »während  die  Mannschaft  sich  in  seiner  Bewachuftg 
wechselweise  ablöste.«  Die  Worte  ^ger  büri«^  läßt  Schmidt  un übersetzt. 
Es  müßte  heißen:  sie  bewachten  ihn,  indem  sie  sich  bei  jeder  Jurte  ablösten. 

So  hat  auch  der  Chinesische  Text  9,a: 

^^  ^  $M  )/jfe  ^"  ^j^  =  ^^^  jeder  Jurte  sich  ablösend  bewachten 
bewachten  sie  ihn   fim*))|^  ^  wechselweise. 

Altan  Tobci  12,  2  sagt:  .  .  .  Temü6in-i  barigat  ger-tür-yen  abacidju 
gindji  bagu  baguladju  hadagalaha.  ^  sie  schleppten  ihn  in  ihre  Jurte,  legten 
ihm  Ketten  und  Handschellen  an  und  bewachten  ihn  dort.  Nach  Sanang 
Setsen  scheint  es,  als  hätten  sie  den  Temüdjin  auf  ihrem  Zuge  mit  sich 
gefuhrt. 

Sanang  Setsen  66,11: 

.  .  .  hül-yen  tusiyan-i  huhu  müskin  tere  sahikci  kümiin-i  ghidji  ber  tso- 
kidju  orkigat  dotagadju  otbai  .  .  . 

Schmidt:  »als  Temüdjin  die  Klammer  seines  Fußeisens  zerbrach, 
seinen  Wächter  mit  der  Kette  erschlug  und  sich  davonflüchtete.« 

Statt  huhu  lies  :=  guha ,  Haken. 

C  h  i  n  e  s.  9 ,  a :    Dementsprechend : 

mm±mm'^^zMm 

»Da  löste  und  zerbrach  er  das  Ende  seines  Fußeisens  und  nachdem 
er  seinen  Wächter  niedergeschlagen  hatte,  entfloh  er  .  .  .« 

Altan  Tobci  hat  hier  eine  ausführliche  Erzählung,  die  auf  eine 
genauere  überlieferiuig  zurückgeht. 


Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  195 

Sanang  Setsen  66,  13: 
hargitu  usun-a  nigudju  Tiehdeküi  anu  .  .  . 

Schmidt:   »er  verbarg  sich  in  einem  stehenden  Gewässer.«     hargitu 
usun  =  Kowalevvski  S.  850   »eaw  stagnante^^. 
Chinas.  9,  o: 

=  Er  verbarg  sich  hingestreckt  an  einem  Orte  Ha-rh  {chih)-ki-t\i, 
Wu-sün. 

Der  chinesische  Übersetzer  hat  die  Bedeutung  der  Worte  hargitu  usun 
nicht  erkannt,  sie  daher  einfach  als  Namen  behandelt  und  transkribiert. 

Altan  Tobci   13,6: 

Temücin  usun-dur  orodju  kebdebe. 

=:  Temüdjin  legte  sich  in  das  Wasser  (eines  Teiches)  hinein. 

Chinas.  9,  a: 

Sanang  Setsen  66,14: 
kümün-ü  kiibegün  kebdeküi  cinu  dsiib  bui  dsa.    bi  ber  toga  erimüi  kemeget. 
Schmidt:   »Sodann  rief  er  ihm  zu:   »Menschenkind,  es  ist  gut,  daß 
du  hier  liegst,  ich  werde  Hilfe  suchen.« 
Chines.  9,  a: 

J^-i-.     Für   4jr   ist   ^^  chao  zu  lesen. 

Dieser  Mann,  der  hier  liegt,  das  ist  (gerade^l  er,  ich  will  mir  auch 
den  Anschein  geben  Yb^'^,  als  ob  ich  ihn  suchte  und  damit  gut.  Darauf 
entfernte  er  sich. 

Altan  Tobci  13,  8:  logar-un  kübegün  kebdekü  dsüb  bui  dsa.  bi  tüne 
erimüi. 

=  Es  ist  gut,  daß  der  Knabe  von  früher  togarun  (d.h.  der  früher 
meinen  Söhnen  Gutes  getan  hat)  da  liegt,  ich  will  ihn  suchen.  (Denn  der 
Herausgeber  des  Textes  will  tüne  =  tegüni  lesen.) 

Für  das  tüne  erimüi  des  Altan  Tobci  schreibt  Sanang  Setsen  &<6,  15 
tuga  erimüi  und  Schmidt  übersetzt:  »Ich  werde  Hilfe  suchen.«  Es  ist  klar, 
daß  tuga  hier  ein  Schreib-  oder  Druckfehler  für  tuha  ist.  tuha  erimüi  heißt: 
»Ich  werde  mich  nach  einer  Gelegenheit  umsehen.« 

Sanang  Setsen  66,  15: 

Süni  boltadju  sain  setkil-tü  kümün  bülügei  kernen  Sara- in  ger-tür  irehei. 

Schmidt:  »Da  dachte  Temüdjin:  Der  Mann  scheint  wohlgesinnt  zu 
sein,  —  schlich  sich  in  der  Nacht  aus  seinem  Versteck  hervor  und  kam 
zur  Behausung  des  Sara  .  .  . 

Chines.  9,  a: 


196  Haenisch:    Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

=:  Temüdjin  dachte  in  Erwägung  dessen:  Das  ist  sicherlich  ein  gut- 
gesinnter Mann,  und  bei  Einbruch  der  Nacht  flüchtete  er  in  das  Haus 
des  öara. 

Sanang  Setsen  66,  17: 

ySiragura  ireksen  holdjimar  -  tur  hita  horga  bolun  hiiyeteh,  silyatun  irehsen 
tenggerlig-ün  üre  Bordjigin,  eg'üni  silayuna  asaradju  saitur  ese  üri  ebetbesü  man- 
dur  sidjir-yer  ahu  yagun  Tcemen.'^ 

Schmidt:  »Wir  wollen  der  verfolgten  Lerche  ein  rettender  Gras- 
hügel sein,  wir  wollen  diesen  mit  bebendem  Herzen  zu  uns  geflüchteten 
Bordjigen,  diesen  Tegrisprößling,  treulich  schützen.  Ungeachtet  des  Ver- 
dachts, den  man  auf  uns  werfen  wird,  wollen  wir  uns  seiner  bestens  an- 
nehmen.« 

Für  siragura  lese  ich  nach  Analogie  des  Altan  Tobci  sirgun,  für 
silgatun  =^  silgetün,  für  silaguna  =  Siluguna  und  übersetze  demgemäß:  »Wenn 
wir  nicht  ein  schützendes  Gebüsch  sind  für  die  Lerche,  die  durchschlüpfend 
sich  zu  uns  geflüchtet  hat,  wenn  wir  jetzt  dem  zitternd  zu  uns  gekommenen 
Götteisproß,  diesem  Bordjigin,  nicht  in  aufrichtiger  Fürsorge  und  Güte 
unser  Mitleid  bezeugen,  was  hätte  es  für  einen  Nutzen  für  uns,  sollten 
wir  auch  Gold  dafür  erhalten!« 

Die  chinesische  Wiedergabe  zeigt  von  der  Schmidtschen  Über- 
setzung einige  Abweichimgen  9,  «und  6: 

=  Wenn  ein  Vogel  zu  uns  kommt,  dann  nähren  wir  ihn  in  einem  Käfig; 
und  wenn  wir  jetzt  gar,  wo  der  himmlische  Bordjigin  hilfesucliend  kommt, 
ihn  nicht  gut  aufnehmen  und  liebi-eich  pflegen  wollten,  was  würde  das  uns 
später  für  einen  Nutzen  bringen!« 

Altan  Tobci  13,  11: 

Sirgun  ireksen  holdjimor-i  huta  horgodaguldju.  Silgatun  ireksen  kübegün-i 
silugun  ese  asarahasu  bidan-dur  sicir  yagun  ahn  gedjü. 

»Wenn  wir,  die  wir  der  entschlüpfend  zu  vms  gekommenen 
Lerche  nicht  einen  schützenden  Busch  gewähi-en  und  den  zitternd  zu 
uns  gekommenen  Knaben  treu  versorgen  wollten,  was  wäre  dann  Gold 
für  uns!« 

Sanang  Setsen  68,  5: 

Temüdjin  ci  man-u  ünesün-i  keisken  aldabai  kemeget. 

Schmidt:  (Da  sprach  Torgan  Sara)  zu  Temüdjin:  Jünghng,  bei- 
nahe wärest  du  die  Ursache  gewesen,  daß  unsere  Asche  zerstiebt  worden 
wäre.» 

Im  Chines.   10,0  heißt  es  einfach: 

=  Deinetwegen  hätte  man  beinahe  unser  Haus  zerstört. 


Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  197 

Altan  Tob ci  14,  7:  ai  Temücin  ünesün-i  mini  gargan  aldahai  ci  gehe. 
Wie  bei  Sanang  Setsen:  »0,  Temüdjin,  beinahe  hättest  du  meine  Asche 
verstreut. « 

SanangSetsen  68,6:  dsüb  dürügen  -  i  tailadju  abun  übersetzt  Schmidt: 
»er  machte  ihm  den  Sattel  zurecht.«  Wörtlich  wäre  zu  übersetzen:  »Er 
löste  einen  Steigbügel  und  nalim  ihn  ab.«  Es  handelt  sich  hier  um  den 
noch  heute  unter  den  Mongolen  bestehenden  Brauch,  wenn  man  jemand 
ein  Pferd  schenkt,  diesem  einen  Steigbügel  zu  lösen,  s.  Gombojews  Fuß- 
note im  Altan -Tobci,  S.  128. 

Chines.   10,  o: 

=  An  einer  weißen  Stute  löste  er  die  Steigbügel  ab  und  ließ  ihn 
das  Pferd  besteigen. 

Altan  Tobci   14,  8: 

Tedüi  eremek  tsagakdin-yen  Temücin- du  bagudju  ükküi-degen  ürügesün 
nisleülbür-yen  tailadju  üJthe. 

=  Sogleich  löste  er  an  seiner  weißen  Stute  den  einen  Steigbügel 
und  reichte  ihn  dem  Temüdjin  zum  Zeichen,  daß  er  sie  ihm  verehre. 

Sanang  Setsen  68,6: 
del  hurga  aladju  hünesün  üJccü. 

Schmidt:    »Er  schlachtete  ein  fettes  Lamm  zur  Reisekost.« 
Chines.   10,  o: 

Er  schlachtete  zwei  Lämmer  und  gab  sie  ihm  zur  Reisekost. 
Altan  Tobci   14,  9: 

del  eTci  tu  huriga  aladju  mihan-i  Tcünesün  ukhüget. 

=  Er  schlachtete  ein  halbjähriges  Lamm  und  gab  ihm  das  Fleisch 
zur  Reisekost. 

Sanang  Setsen  68,  10: 

Tendetse  Belgetei-in  tarbagacilara  unuksan  Darki  Honghor  kemekü  marin -i 
unudju  ebesün-ü  alura  hai-ber  müskin. 

Schmidt:  »Alsdann  setzte  sich  Temüdjin  auf  das  Darki  Honghor 
genannte  Pferd  seines  von  der  INIurmeltierjagd  heimgekehrten  Bruders  Belgetei, 
fand  die  Spur  im  Grase  .  .  .« 

Chines.   10,  o: 

=  »Temüdjin  bestieg  ein  gelbes  Pferd,  welches  Belgetei  zur  Otterjagd 
zu  reiten  pflegte  und  folgte  den  im  niedergetretenen  Grase  sichtbaren  Fuß- 
spuren.«    j^  ist  nach  Williams  eine  Otter.    Die  Worte  darki  honghor,  welche 


198  Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen. 

durch  das  folgende  ^kemelcü^^  doch  als  Name  gekennzeichnet  sind,  sind  im 
Chinesischen  übersetzt  durch  ^■• 

Altan  Tobci  15,  1: 

edsen  hoinetse  inu  Belgetei-in  tarhagacüaksan  Darki  Hnnghor-i  unudju 
nehebe.     aluriksan  ehesim  yer-yabudju  .  .  . 

»Der  Fürst  machte  sich  auf  dem  Darki  Honghor,  welchen  Belgetei 
zur  Murmeltierjagd  ritt,  an  die  Vei'folgung.  An  dem  niedergetretenen  Grase 
entlangreitend  .  .  .« 

Entsprechend  dieser  Version  möchte  ich  in  dem  oben  gegebenen  Text 
des  Sanang  Setsen  für  alurahai  setzen  aluriksan:  ehesün-ü  aluriksan  yer 
müskin  =  an  den  niedergetretenen  Stellen  des  Grases  entlanggehend  .  .  . 

Der  Vater  des  Bogordji  heißt  nach  der  Schmidtschen  Ausgabe  des 
Sanang  Setzen  =  Nagu  Bayan.  Die  Chinesische  Redaktion  hat  Agu 
Bayan  ßpf  ^ß  Ei  '5^*  Diese  Abweichung  beruht  jedenfalls  auf  einen  Lese- 
fehler, da  agu  und  nagu  in  der  mongolischen  Schrift  sehr  leiciit  zu  ver- 
wechseln sind. 

Altan  Tobci  schreibt  gar  Lahn  Bayan. 

Sanang  Setsen  68,  15: 

cinu  dsohadju  yabuhui-gi  sonusulugai  hi.  ere-in  mür-t'ür  ühere  busu. 
edüge  hi  cimaluga  odultsasugai  .  .  . 

Schmidt:  »ich  habe  von  deinen  Leiden  und  harten  Schicksalen  ge- 
hört; auf  dem  Pfade  der  Männer  bin  ich  kein  Fremder:  ich  gehe  mit  dir.« 

Chines.  10,5: 

z=  Ich  habe  früher  gehört,  wie  du  dich  auf  der  Flucht  geplagt  hast 
und  daß  du  von  großer  Tüchtigkeit  bist.  Ich  bin  nicht  von  gewöhnlicher 
Art.     Jetzt  will  ich  mit  dir  zusammengehen. 

Der  Satz  ^'Cre-in  mür-tür  ühere  busu<^  ist  hiernach  von  Schmidt  und 
dem  Verfasser  der  Chinesischen  Redaktion  sehr  verschieden  übersetzt  worden. 
Ich  würde  den  Satz  etwa  wiedergeben:  auf  dem  Pfade  der  Männer  ist  es 
nicht  anders.  —  Jedenfalls  kann  die  Chinesische  Redaktion  den  Satz  nicht 
in  dieser  Form  vor  sich  gehabt  haben.  Ich  vermute,  daß  der  chinesische 
Übersetzer  huyu  statt  husu  gelesen  hat:  ere-in  mür  für  ühere  huyu  =  in  der 
Reihe  der  Männer  bin  ich  ein  anderer.  Dazu  paßte  die  Übersetzung 
^^2p^  =  ich  stehe  dir  nicht  gleich. 

Chines.  10,6: 

statt   g(^:^  lies    g^JT^;^  —  iinghula. 

statt  4-4#s^^*.©*rÄ  1^^^  ^  ^^^^'- 

Sanang  Setsen  68,  18: 
Tendetse  süni  holtadju  ahura  orohui  dur  .  .  . 
Schmidt  übersetzt:   »als  es  Nacht  geworden  war«. 


Haenisch:   Die  chinesische  Redaktion  des  Sanang  Setsen.  199 

Vei-mutlich  ist  ahura  ein  Druckfehler  für  ahuran.  Dann  wäre  der 
Satz  zu  übersetzen:  »Als  sie  bei  Einbruch  der  Nacht  im  Begriff  waren, 
einen  Überfall  zu  wagen,  um  [die  Pferde]  zu  retten  .  .  .« 

Weiter  heißt  es  im  mongolischen  Text:  .  .  .  han  Mibegün-ü  orosugai 
kemehesü  Bogordji  iigülerün.  Bordjigin-u  üre  cimaigi  buyan-tu  edür  dagalugai. 
huga-dur  cinu  holtaridju  hurugudun  ahu  yagun  hemeget. 

Schmidt:  «...  Als  der  Fürstensohn  allein  hineinsprengen  wollte, 
sprach  Bogordji:  -Sprößling  der  Bordjigen!  an  einem  glücklichen  Tage  bin 
ich  dein  Gefährte  geworden:  sollte  ich  bei  deinem  Überfall  mich  in  feiger 
Sicherheit  halten?« 

Chines.  10, ö: 

Bogordji  wollte,  die  Nacht  benutzend,  einen  heimlichen  Überfall 
machen.  Er  wußte  nicht,  ob  der  Königssohn  beabsichtigte  einen  Überfall 
zu  unternehmen  oder  nicht.  So  fragte  er  ihn:  »Ich  halte  dich,  der  du  ein 
Sjiroß  der  Bordjigin  bist,  für  einen  vom  Glück  begünstigten  Menschen  und 
will  mich  dir  heute  anschließen.  Warum  sollte  ich  zaudern  und  mich  nicht 
entschließen?« 

Altan  Tobci  15,  8  erzählt  folgendermaßen: 

edsen  Bogorci  du  dsarlik  holba.  Bogorci  ci  mür  baidju  bat  (verbessert 
in  mori  baridju  bat),  bi  oro.su  gebe.  Bogorci  Icelebe,  buyan-u  sain  edür -tu 
dalaga.     bolga  edür -tu  cinu  boltaridju  baibasu  ende  yagun  kerelc  gebe. 

»Der  Fürst  spi-ach  zu  Bogorii:  Bogorci,  du  bleibe  mit  den  Pferden 
hier.  Ich  will  einen  Überfall  machen.  Bogorci  antwortete:  In  glücklichen 
und  guten  Tagen  bin  ich  dir  gefolgt,  warum  soll  ich  dir  am  Tage  des  An- 
griffs untreu  werden?« 

Sanang  Setsen  70,3: 

ere-in  mür  nigen  bui.     egün-yen  bu  umartaktun. 

Schmidt:    »Der  Pfad  der  Männer  ist  nur  einer,  das  vergesset  nie!« 

Die  Chines.  Redaktion  übersetzt  anders,  sie  bezieht  das  fp'««  nicht 
auf  OTÜr,  sondern  auf  die  Person  des  Temüdjin  11,  a:  ^C  y^ -4^  ^fM  ^@ 
1^  1Ä  ^  ^  fi  itt  A.  =  I^'6  Fähigkeit  der  Männer  ist  eine  und  dieselbe, 
achte  darauf  und  verlasse  diesen  (Fürsten)  nicht.  Wenn  dies  eine  Über- 
setzung der  obenstehenden  Version  sein  sollte,  so  wäre  sie  falsch,  denn 
umartaktun  ist  der  Plural  des  Imperativs,  die  Aufforderung  könnte  also 
nicht  an  den  Bogorci  allein  gerichtet  sein.  Jedenfalls  hat  die  Vorlage  des 
chinesischen  Übersetzers  auch  hier  eine  andere  Version  gehabt. 

Altan  Tobci  schließt  sich  an  den  gegebenen  Text  des  Sanang 
Setsen  16,  2  an: 

kübegün  mini  ci  ene  yabuhui-ben  bu  orkiktun. 

»Ihr  meine  Söhne  (Temüdjin  und  Bogorci),  diesen  euren  Wandel 
gebt  nie   auf.« 


200 


Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

Von  Friedrich  Hirth. 


Unter  dem  Titel  »Alte  Metalltrommeln  aus  Süd-Asien«  erschien  im  Jahre 
1902  eine  umfassende  zweil)ändige  Untersuchung  von  Franz  Heger,  die  icli 
leider  erst  seit  kurzem  durchzumustern  Gelegenheit  hatte. 

Ich  hatte  auf  das  Erscheinen  dieses  Werkes  gewartet,  um  mich  Lei 
Gelegenheit  der  Mitteilung  etwaiger  Zusätze  gegen  einen,  wie  mir  scheint, 
nicht  gerechtfertigten  Vorwurf  von  selten  eines  meiner  sinologischen  Fach- 
genossen zu  verteidigen.  Derselbe  i-ichtet  sich  gegen  meinen  in  der  »Fest- 
schrift für  Adolf  Bastian«  (Berlin  1896)  auf  S.  493—497,  Anm.,  abge- 
druckten Privatbrief  an  Hrn.  Heger  und  findet  sich  in  dem  Artikel  meines 
Kollegen  J.  J.  M.  de  Groot  in  seinem  Beitrag  zum  Jahrgang  III  dieser  Mit- 
teilungen, erste  Abteilung:  »Ostasiatische  Studien«,  unter  dem  Titel:  »Die 
antiken  Bronzepauken  im  Ostindischen  Archipel  und  auf  dem  Festlande  von 
Südostasien«   (Berlin   1900).i 

De  Groot  sagt  (S.  110)  mit  bezug  auf  meinen  Brief  in  dei-  »Bastian- 
PVstsclu'ift« :  "Wir  bekommen  darin  viele  Theorien  und  Ansichten  zu  hören, 
doch  leider  keinen  einzigen  Text,  der  sie  stützt.«  Er  hat  mit  dieser  Klage 
vollkommen  recht.  Inwieweit  jedoch  der  Artikel  »nur  ein  Kartenhaus«  ist, 
und  wieweit  es  gerechtfertigt  ist,  mir  das  Spielen  mit  »Seifenblasen«  vor- 
zuwerfen ,  mag  der  Wiederabdruck  des  fraglichen  Briefes  mit  den  chinesi- 
schen Belegstellen  erklären. 

Ich  habe  in  meinem  Leben  recht  viele  solcher  Briefe  geschrieben  und 
glaube  meinen  Fi'eunden  den  Beweis  scliuldig  zu  sein,  daß  ich  weit  davon 
entfernt  bin,  mir  wissenschaftliche  Tatsachen  aus  den  Fingern  zu  saugen, 
um  mich  damit  interessant  zu  machen.  Meinen  Korrespondenten  ist  oft 
mit  der  Mitteilimg  von  Stellenmaterial  gar  nicht  gedient;  dazu  findet  sich 
auch  nicht  immer  die  nötige  Zeit,  wenn  man  mit  anderen  Fragen  beschäftigt 
ist.  Das  Verhältnis  zwischen  Autor  und  Leser  stützt  sich  in  solchen  Fällen 
auf  das  Vertrauen,  das  der  letztere  der  Kompetenz   und    der  wissenschaft- 


•  Zuerst  in  holländischer  Sprache  unter  dem  Titel  »De  antieke  Keteltronuiien 
in  den  Oost-iiidischen  Archipel  en  op  het  vasteland  van  Zuidoost-Azie»  in  Vers  lagen 
en  Mededeelingen  der  Kon.  Akad.  van  Wetensch.,  Afd.  Letterk.,  4,  Deel  II. 
Anisterd.  1898. 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  201 

liehen  Ehrlichkeit  des  Auskunft  Gebenden  entgegenbringt.  Ich  bedauere, 
daß  Prof.  de  Groot  die  mir  vorliegenden  Quellen  nicht  gekannt  hat;  er 
hätte  sich  sonst  den  Vorwurf  der  Überstürzung,  den  ich  ihm  nur  ungern 
mache,  ersparen  können. 

Mein  in  Tschungking,  fern  im  Westen  Chinas,  infolge  einer  persön- 
lichen Anfrage  an  Hrn.  Heger  geschriebener  Brief  ist  vom  15.  September 
1894'  datiert.  JNIan  wolle  sich  den  damaligen  Stand  der  Bronzetrommelfrage 
vergegenwärtigen.  Die  Hegerschen  Forschungen  lagen  selbstverständlich 
noch  nicht  vor;  das  vorhandene  Trommelmaterial  war  mir  nur  aus  A.  B. 
Meyers  »Altertümer  aus  dem  Ostindischen  Archipel«  bekannt,  denn  die 
zweite  große  Arbeit  von  Meyer  und  Foy  war  noch  nicht  erschienen.  Trotz- 
dem kann  ich  mit  gutem  Gewissen  sagen,  daß  mir  schon  damals  die  in- 
zwischen veröffentlichte  chinesische  Literatur  über  den  Gegenstand  längst 
bekannt  war,  auch  das  von  de  Groot  angeführte  Material.  Er  sagt  es 
ja  selbst  (S.  78):  »Man  braucht  die  chinesische  Literatur  nicht  von  Anfang 
bis  zu  Ende  zu  durchsuchen,  um  bestimmte  Nachrichten  ans  Licht  zu  ziehen. 
Sie  umfaßt  Spezialschriften  über  Völker  und  Länder,  über  die  mannigfach- 
sten Gegenstände,  sogar  Enzyklopädien,  die  die  Quellen,  aus  denen  sie 
geschöpft  haben,  angeben.«  Alle  diese  Hilfsmittel  standen  auch  mir  zu 
Gebote.  Von  den  bei  de  Groot  angeführten  Stellen  war  mir  daher  nicht 
eine  einzige  neu.  Aber  meine  Fachgenossen  werden  sich  aus  den  nach- 
folgenden ]Mitteilungen,  die  nur  einen  kleinen  Teil  meines  chinesischen 
Materials  bilden,  überzeugen  können,  daß  ich  außerdem  doch  noch  sehr 
vieles  gelesen  hatte,  das  sich  in  den  bekannten  Nachschlagewerken  nicht 
findet  und  deshalb  de  Groot  bei  seiner  fleißigen  Zusammenstellung  ent- 
gangen war.  Es  handelt  sich  dabei  weniger  um  die  für  die  Entstehungs- 
theorie wichtige  älteste  Liteiatur  als  um  die  Schriften  chinesischer  Gelehrter, 
die  sich  später  mit  dem  Gegenstande  beschäftigt  haben.  Ich  glaube  in 
meinem  Briefe  diesen  Punkt  vollkommen  genügend  betont  zu  haben,  indem 
ich  die  darin  behandelte  Theorie  ausdrücklich  als  die  Ansicht  chinesi- 
scher Archäologen  bezeichnet  habe.  Diese  für  die  Bem-teilung  meines 
Briefes  maßgebende  Erklärung  ist  von  de  Groot  bei  seinen  Ausführungen 
leider  übersehen  worden. 

Mögen  die  Ansichten  der  Chinesen  über  die  Entstehung  der  Bronze- 
trommeln noch  so  töricht  sein,  so  gehören  sie  doch  zu  einer  vollständigen 
Erörterung  der  Frage,  selbst  wenn  sie  nur  den  Zweck  haben  sollten,  durch 
ihre  Bekämpfung  bestehende  Vorurteile  zu  beseitigen.  Hr.  Heger  hafsich, 
vermutlich  durch  den  de  Grootschen  Artikel  beeinflußt,  verleiten  lassen, 
den  Inhalt  des  seinen  Forschungen  zuliebe  geschriebenen  Briefes  vollkommen 
zu  ignorieren.  Um  so  mehr  Grund,  ihn  noch  einmal  mit  allen  seinen 
durch  den  damaligen  Stand  der  Forschung  begründeten  Fehlern,  aber 
durch  Belegstellen  unterstützt,  in  Erinnerung  zu  bringen.  Ich  muß  ge- 
stehen, daß  mir  das  Wiederauffinden  aller  dieser  Stellen  jetzt  nach  zehn 
Jahren  viel  Mühe  gemacht  hat,    die  ich  mir  gern  erspart  hätte,  wenn  mir 


In  der  Bastian -Festschrift  durch  Druck-  oder  Schreibfehler  .1895" 


202  Hieth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeki. 

meine  Freunde  in  Leiden  und  in  Wien  mit  dem  Vertrauen  entgegen- 
gekommen wären,  das  ich  beanspruchen  zu  können  glaube. 

In  meinem  Artikel  über  »Die  Insel  Hainan  nach  Chau  Ju-kua«  sagte 
ich  bezüglich  der  eingeborenen  Stämme  auf  S.  492  der  » Bastian- Festschrift« : 

»Hervorragende  Eingeborene  gießen  Bronzepauken  und  hängen  sie, 
sobald  sie  fertig  sind,  in  ihren  Häusern  auf.  Sie  schlagen  diese  Pauken 
an,  um  ihre  Stammesgenossen  zur  Stelle  zu  rufen.« 

Dazu  machte  ich,  mehr  zum  Vergnügen  des  Jubilars,  dem  die  Fest- 
schrift galt,  als  zur  Begutachtung  meiner  Fachgenossen,  die  folgende,  hier 
durch  Mitteilung  der  Belegstellen  erweiterte  Anmerkung.* 

»Die  Bronzepauke,  die  heute  zu  den  interessantesten  Altertümern  Süd-  und 
Westchinas  sowie  der  hinterindischen  Halbinsel  gehört,  ist  vermutlich  ursprünglich 
ein  Erzeugnis  chinesischen  Gewerbfleißes,  dessen  Herstellung  erst  später  von  den 
Völkern  der  Halbinsel  erlernt  wurde.« 

Dieser  Ansicht  neige  ich  mich  auch  jetzt  noch  zu,  trotzdem  ich  zu- 
geben muß,  daß  die  Frage  noch  nicht  spruchreif  ist.  Für  spruchreif  sollen 
wir  sie  wenigstens  deshalb  vorläufig  nicht  erklären,  weil  wir  noch  lange 
nicht  alles  gehört,  was  die  Chinesen  darüber  zu  sagen  haben.  Ich  meine 
damit  nicht  nur  die  von  den  Bronzetronimeln  handelnden  Stellen,  sondern 
vor  allen  Dingen  die  erklärende  Literatur. 

«Ich  hoffe,  darauf  an  anderer  Stelle  zurückzukommen  und  will  hier  nur  kurz 
die  Ansicht  mitteilen,  die  ich  mir  auf  Grund  ciiinesischer  Aufzeiclinungen  gebildet 
habe,  muß  aber  hinzufügen,  daß  icli  von  den  vorhandenen  B'undstücken  nur  wenige 
gesehen  habe  und  daß  deshalb  meine  jetzige  Ansicht  immer  nur  eine  einseitig  auf 
Literatur  begründete  sein  kann.  Ich  sclirieb  darüber  am  15.  September  1894  von  Tschung- 
king  aus  an  Hrn.  Kustos  Franz  Heger  in  Wien,  der  mir  die  Abbildungen  von  drei 
Bronzepauken  der  Wiener  Sammlung  hatte  zukommen  lassen,  wie  folgt: 

»Dies  ist  nun  zwar  kaum  genügend,  um  eine  Ansicht  über  die  Bedeutung  der 
Ornamente  auszusprechen,  da  den  aus  dem  wenigen  Gesehenen  zu  ziehenden  Schlüssen 
möglicherweise  von  dem  widersprochen  wird,  was  mir  nicht  zugänglich  ist,  und  dies 
ist  vermutlich  der  bei  weitem  größte  Teil  alles  bisher  Gefundenen.  Auf  der  anderen 
Seite  habe  ich  so  ziemlich  alles  gelesen,  was  die  Chinesen  über  den  Gegenstand  ge- 
schrieben haben.« 

Ich  will  diese  unsokratische  Bemerkung,  über  die  de  Groot  angesichts 
des,  wie  er  glaubt,  von  mir  konstruierten  »Kartenhauses«  sein  Befremden 
ausdrückt,  damit  entschuldigen,  daß  ich  von  chinesischen  Bronzetexten 
mindestens  so  viel  wie  er,  und,  wie  der  Leser  sogleich  sehen  wird,  noch 
etwas  mehr  gelesen  hatte,  namentlich  mit  Bezug  auf  die  keineswegs  S2)är- 
liche  archäologische  Literatur  der  Neuzeit. 

»Auf  Grund  meiner  Lektüre  nun  hatte  ich  mir  eine  Theorie  gebildet,  die  ge- 
wissermaßen die  Ansicht  chinesischer  Archäologen  bildet,  die  ich  am  liebsten  für 
mich  behalten  möchte,  bis  ich  etwas  mehr  über  die  Funde,  besonders  die  auch  auf 
nichtcliinesischcm  Gebiete  gemachten,  gelernt  habe.  Wenn  ich  trotzdem  aus  der  Schule 
plaudere,  so  hoffe  ich,  daß  Sie  mich  nicht  für  voreilig  halten.  Meine  jetzige  An- 
sicht ist  zunächst  einseitig  und  lediglich  auf  Literaturnachweise  gegründet;  ich  weiß 
zu  gut  aus  Erfahrung,  daß  man  so  gewonnene  Ansicliten  nur  zu  oft  stark  verändert, 


Nach  der  »Bastian- Festschi ift-   in  kleinerer  (Petit-)  Schrift  wiedergegeben. 


Hirth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  203 

ja  ganz  aufgibt,  naclidem  man  den  aus  der  Literatur  gewonnenen  Eindruck  mit  der 
vorhandenen  Wirkhchlceit  verglichen  hat.  Nelmien  Sie  daher,  bitte,  an,  daß  nicht 
ich,  der  vorsichtige  Sinolog,  es  bin,  der  keine  Übersetzung  für  abgeschlossen  erklärt, 
bis  er  nicht  über  das  Gegenständliche  vollständig  im  klaren  ist,  sondern  der  chinesi- 
sche Archäolog  (von  mir  auf  Grund  der  Sachunkenntnis  möglicherweise  noöh  miß- 
verstanden), der  Ihnen  die  folgende  Theorie  zur  Prüfung  übergibt.» 

"Die  Fundoite,  an  denen  laut  chinesischer  Aufzeichnungen  Bronzetrommeln 
dieser  Art  entdeckt  worden  sind,  gehören  in  das  Gebiet  der  Völkerschaften ,  die  von 
den  Chinesen  unter  dem  Namen  Man  ausführlich  beschrieben  werden.  Die  Man 
waren  die  Ureinwohner  der  südwestlichen  Provinzen  Chinas  und  eines  Teiles  der 
iiintcrindischen  Halbinsel.  China  fing  in  den  letzten  Jahrhunderten  der  vorchrist- 
lichen Zeit  an,  sich  für  diese  südwestlichen  Barbaren  (si-nan-man)  zu  interessieren. 
Unter  den  Ts'in  wurden  in  den  an  den  Busen  von  Tung-king  angrenzenden  Ländern 
Fürstentümer  gegründet.  Ein  chinesischer  Satrap  namens  Tschau  T'o  (S.  Mayers, 
Chinese  Rcader's  Manual,  S.  57)  fiel  vom  Reiche  ab  und  gründete  das  Königreich 
Nan-yüe,  das  wiederum  vom  General  Lu  Po-tö  (Mayers,  S.  138)  seiner  Selb- 
ständigkeit beraubt  und  China  zugeführt  wurde.  In  den  heutigen  Provinzen  Kuang- 
tung  und  Kuang-si  wurde  dadurch  sicher  ein  großer  Teil  der  alten  Kultur  (oder 
Unkultur)  der  Man  mit  chinesischen  Elementen  verquickt.  Dennoch  müssen  wir  an- 
nehmen, daß  das  Chinesentuni  bis  ins  Mittelalter  hinein  nur  in  einzelnen  Zentren, 
in  den  Städten  und  befestigten  Regierungssitzen  Wurzel  faßte,  während  in  den 
weniger  zugänglichen  Gebirgen  mit  ihren  Engpässen  die  Urbewohner  sich  mehr  oder 
weniger  unabhängig  behaupteten.  Denn  wir  lesen,  daß  an  Strecken,  die  heutzutage 
zweifelsohne  nur  von  zivilisierten  Chinesen  bewohnt  werden,  die  Sitten  der  Man 
erst  unter  den  Dynastien  Sui  und  T'ang,  d.  i.  vom  VL  bis  X.  Jahrhundert,  den  chi- 
nesischen Platz  machten.  Die  Satrapenherrschaft  sowohl  wie  diejenige  des  Chinesen 
Tschau  T'o  hat  vermutlich  an  der  Kultur  der  Man  nur  wenig  verändert.  Die  erste 
vollständige  Unterjochung  im  politischen  (weini  auch  noch  lange  nicht  im  kulturellen) 
Sinne  wird  von  den  Chinesen  selbst  erst  vom  Jahre  41  n.  Chr.  datiert,  als  der 
General  Ma  Yüan  {Ma,  ^|&  =  Pferd)  die  von  zwei  Amazonen  geführten  Annamiten 
besiegte.  Bei  dieser  Gelegenheit  wurden  die  Man  in  den  Ländern  des  Meerbusens 
von  Tung-king,  einschließlich  der  stammverwandten  Li  von  Hainan,  zur  Anerkennung 
der  chinesischen  Oberhoheit  gezwungen  (vgl.  Mayers,  S.  149),  nachdem  Ma  (der 
General  -Roß")  schon  vorher  die  T'u-fan  an  der  Grenze  von  Tibet  unterjocht  hatte." 

Um  das  allmähliche  Verdrängen  der  Man -Barbaren  aus  früheren 
Sitzen  durch  Chinesen  nachzuweisen,  würde  ein  großes  Stellenmaterial 
erforderlich  sein,  da  man  von  Provinz  zu  Provinz  die  Lokalchroniken  zu 
zitieren  und  die  Geschichte  der  Man -Wanderungen  in  den  verschiedenen 
Epochen  für  die  hauptsächlichsten  Stämme  zu  entwickeln  hätte.  Das 
Material  ist  zweifellos  vorhanden,  aber  es  ist  für  den  Sinologen  viel  leichter 
es  durchzulesen  und  sich  daraus  eine  Ansicht  zu  bilden ,  .  als  es  Satz  für 
Satz  in  guter  Übersetzung  zu  Papier  zu  bringen.  Im  großen  und  ganzen 
diirfen  wir  sagen,  daß,  soweit  sie  sich  auf  chinesischem  Gebiete  verfolgen 
lassen,  die  Man  von  Norden  nach  Süden  gewandert  sind,  nicht  umgekehrt. 
Zu  den  ältesten  Zeiten  der  chinesischen  Geschichte  saßen  sie  am  mittlei-en 
Yang-tzi  in  der  Gegend  des  Sees  Tung-t'ing,  folgten  dann  den  Strom- 
läufen der  südlichen  Zuflüsse  des  Yang-tz'i  und  gelangten  so  allmäliHch  in 
die  südwestlichen  Pi-ovinzen.  Ob  sie  von  dort  aus  auch  die  noch  süd- 
licheren Striche    der   hinterindischen    Halbinsel    bevölkert   haben,   geht   aus 


204  Hieth:  Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

den  chinesischen  Aufzeichnungen  nicht  hervor.  Wenn  ich  sage,  daß  die 
Heri'schaft  des  Satrapen  (Jon  Hiau,  s.  Giles,  Biogr,  Dict.,  Nr.  923)  und 
die  des  späteren  Königs  von  Nan-yüe,  Tschau  T'o,  nur  wenig  an  den  Sitten 
der  Man  geändert  habe,  so  gehe  ich  davon  aus,  daß  Tschau  Tos  Vorgänger 
nur  kurze  Zeit  gewirkt  hatte.  Tschau  T'o  sich  aber  mit  Händen  und  Füßen 
gegen  chinesische  Kultureinflüsse  sträubte,  obgleich  er  selbst  geborener 
Xordchin^ese  war  (^  M  A  :fl  +  $M  ^Z^  ^  ^  ±M^it  Wl 
Stfö^  T^f^ifc'  I^"ang-tung-sin-yü,  Kap.  7  S.  8).  Er  hatte  selbst 
die  Sitten  der  Man  angenommen  und  wollte  seine  Untertanen  nicht  zu 
Chinesen  machen.  Tschau  T'o  und  seine  Nachkommen  hatten,  beinahe  das 
ganze  dritte  Jahrhundert  v.Chr.  ausfüllend,  93  Jahre  über  die  Man  inTung-king, 
Kuang-tung  und  Kuang-si  geherrscht,  als  Lu  Po-tö,  der  als  chinesischer 
General  wie  Ma  Yüan  den  Titel  Fu- po-tsiang-kün  (»dei-  die  Wogen  be- 
sänftigende General«)  führte,  das  ganze  Gebiet  für  die  Chinesen  zurück- 
eroberte (111  v.Chr.).  Die  chinesischen  Archäologen  hätten  ja  recht  gut 
die  Einführung  der  Bronzetrommeln  irgendeinem  der  zahlreichen  Generäle 
chinesischer  Herkunft  zuschreiben  können,  die  vor  Ma  Yüan  in  den  Gebieten 
der  Man  etwas  zu  sagen  hatten;  es  scheint  aber,  daß  keinem  derselben  eine 
besondere  zivilisatorische  Tätigkeit  in  bezug  auf  die  Sitten  der  Man  zu- 
getraut wird.  Dagegen  lesen  wir  von  Ma  Yüan  in  seiner  Biographie  (Ho u- 
han-schu,  Kap.  54,  s.  in  meinem  im  Anhang  mitgeteilten  Auszuge  die 
Stelle  ^),  daß  er  in  allen  Gebieten,  die  er  passierte,  Städte  gründete,  das 
Land  bewässerte,  die  Rechtspflege  ordnete  usw.,  und  daß  man  seit  jener 
Zeit  in  Lo-yüe  (d.i.  in  den  Gebieten  am  Yu-kiang  in  der  Gegend  von 
Nan-ning-fu  und  an  der  Grenze  von  Tung- king)  den  Traditionen  des 
Generals  Ma  Yüan  folgte  (  g  #|&^$n -S^lf  ¥]^  ♦)• 
Wenn  man  nun  bedenkt,  daß  die  Chinesen  fest  daran  glauben,  daß  sich 
im  Tempel  von  Nan-hai  (bei  Whampoa)  eine  Bronzetrommel  mit  einer  dem 
Stile  der  Han  entsprechenden  Inschrift:  ^ Gegossen  vom  General  Fu-p'o 
der  Han«  ( ]^  i^  ^J^' *|f  ^^  )3|f  ^  ,  Kuang  -  tung  -  sin-yü,  Kap.  16 
S.  3B  und  Nan-yüe-pi-ki,  Kap.  6  S.  1  B)  befindet  oder  befand,  so  erklärt 
sich  daraus,  wie  ihre  Archäologen  auf  den  General  Ma  Yüan  als  den 
Kulturwohltäter  verfallen  sind,  der  den  Barbaren  von  Lo-yüe  ihre  Bronze- 
trommeln stiftete.  Dazu  kommt,  daß  nach  Ansicht  der  Chinesen  Bronze- 
trommelfunde gerade  in  solchen  Gegenden  gemacht  worden  sind,  die  der 
General  mit  seiner  Armee  besucht  hat.  Einer  der  Gründe,  die  im  Kuang- 
tung-sin-yü  (Kap.  16  S.  3)  zugunsten  der  Ma  Yüanschen  Theorie  ange- 
führt werden,  würde  freilich  ebensogut  zu  jedem  anderen  Erfinder  passen. 
Der  Verfasser  geht  davon  aus,  daß  die  Bronzetrommel  eine  Nacliahmung  der 
Felltrouunel  ist.  »Es  wird  behauptet«,  sagt  er,  »daß  in  Lei-tschöu  und  Lien- 
tschöu  bis  nach  Kiau-tschi  an  der  Meeresküste  bei  der  feuchten  Luft  des 
Klimas  die  Felltronimeln  nachgeben  und  ihren  Klang  verlieren,  und  so  erfand 
Fu-p'o  die  Trommeln  aus  Bronze,  indem  er  ihnen  die  Form  einer  gewöhn- 
lichen Trommel  gab,  nur  etwas  niedriger  und  eingezogen,  die  Seitenwände 
reichlich  mit  Ornamenten  bedeckte  und  oben  an  acht  Ecken  sitzende  Frösche 


Hirth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  205 

befestigen  ließ.    Man  nannte  sie  Lo-yüe- Trommeln  "(^  f^  ffl*;^.^'^ 

»Dies  ist  die  erste  Hauptunterjoclmng  und  die  Entstehungsperiode  für  unsere 
Bronzetrommeln,  die  nicht  über  die  christliche  Zeitrechnung,  bzw.  das  Jahr  41  n.  Chr. 
hinausgehen.  Die  zweite  Epoche  der  großen  Man-Rämpfe  fällt  in  den  Anfang  des 
111.  Jahrhunderts,  als  der  große  Nationalheld  Tschu-ko  Liang  (Mayers,  S.  28)  die 
Stcämme  des  äußersten  Südwestens  (Yünnan  usw.)  zur  Unterwerfung  brachte.  Tschu-ko 
Liang  trug  chinesische  Waffen  vermutlich  weit  über  die  Grenzen  des  heutigen  Ciiina 
hinaus;  sein  Einfluß  erstreckte  sich  bis  in  das  Gebiet  von  Birma.  In  Pagan  z.  B. 
war  noch  im  XII.  Jahrhundert  ein  ihm  geweihter  Tempel  zu  finden ,  wie  uns  Tschau 
Ju-kua  berichtet." 

"Die  Man  kämpften  in  jenen  Zeiten  mit  bronzenen  Waffen,  da  Kupfer  ihnen 
das  zugänglichste  und  bequemste  Material  war.« 

Hierzu  einige  Stellen: 

Kuang-tung-sin-yii  (]f  HfJ^fE),    Kap.  2,  S.  12:    ^^Jf. 

i^  ^\millSiM9'Zk^-  "^"  unserem  Yüe  (d.  i.  in  dem  Yüe  des 
Verfassers,  nämlich  Kuang-tung  im  Gegensatz  zu  Kuang-si)  wird  nicht  viel 
Kupfer  erzeugt,  dagegen  ist  es  allerorten  da  in  Menge  zu  finden,  wo 
Fu-p'o  [Ma  Yüan]  seine  kupfernen  [bronzenen]  Gegenstände  anfertigte.  Ich 
bin  der  Ansicht,  daß  in  alten  Zeiten  die  Man  und  die  Li  viel 
aus  Bronze  gefertigte  Waffen  gebrauchten.  Als  Fu-p'o  [Ma  Yüan] 
Tung-king  besiegte,  da  mag  er  ihre  sämtlichen  Waffen  in  Empfang  genommen 
und  eingeschmolzen  haben,  worauf  er  fünf  bronzene  Säulen  goß,  um  als  Land- 
marke für  die  Grenze  der  Han  zu  dienen;  ferner  machte  er  fünf  Schiffe 
aus  Bronze  und  mehrere  hundert  Bronzetrommeln,  die  überall  in  den  Ge- 
birgen und  Flußtälern  an  verpesteten  und  unzugänglichenPlätzen  als  das  Haupt- 
werkzeug zur  Niederhaltung  der  Barbaren  galten".    Vgl.  auch  Kap.  16  S.  6. 

Ling-wai.tai-ta(^^[.^^:^),Kap.7S.12.^fl|,|§^^^|D 

II  ^  n\  msMAmmnmm  m  m  srnrnm  m  m  m 

i  Hlft«rtifmiPWil*i:»A^ffllK§&»WKm 

Mm'Amm^mr^s^^mmmM.^mnmmz- 

"Die  Historiker  berichten,  daß  die  Lo-yüe  (-Stämme)  viel  Kupfer  und  Silber 
haben.  Im  Kiau- tschöu -ki  wird  gesagt:  die  Bewohner  von  Yüe  gießen 
Boote  aus  Bronze.  Im  Kuang-tsch6u-ki  wird  gesagt:  die  Li  und  die 
Liau  gießen  bronzene  Trommeln.  Man  hört,  in  Kiau-tschi  [Tung-king] 
und  Tschan -tsch'öng  [Cochinchina]  seien  die  Wohnhäuser  des  Fürsten  mit 


206  Hirth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi. 

bronzenen  Dachziegeln  bedeckt,  woraus  man  schließen  kann,  daß  es  in 
jenen  südlichen  Ländern  viel  Kupfer  gibt.  Jetzt  findet  sich  in  Yung-tschou 
[in  der  Gegend  von  Nan-ning-fu]  an  Kupfer  gewiß  nicht  viel,  aber  in 
einem  Dorfe  der  Man -Barbaren  außeihalb  der  K'i- Dörfer  am  Yu-kiang 
[dem  schiffbaren  Nebenfluß  des  Si-kiang,  an  dem  Nan-ning-fu  liegt]  findet 
sich  von  selbst  hervortretendes  Kupfer  [oberflächliche  Erzlager?],  das  man 
durch  mehrere  Fuß  tiefes  Graben  im  Boden  gewinnen  kann,  weshalb  die 
Man -Bevölkerung  viele  kupferne  Geräte  im  Gebrauch  hat.  Einst  war  dem 
Hofe  der  Rat  unterbreitet  worden,  man  möge  mit  diesen  Artikeln  Tausch- 
handel treiben,  doch  berichteten,  nachdem  Unruhen  ausgebrochen  waren, 
die  Mandarinen  dieser  Provinz,  daß  dadurch  Streitigkeiten  an  der  Grenze 
hervorgerufen  würden,  weshalb  in  einer  Denkschrift  an  den  Kaiser  das 
Aufhören  [dieses  Handels]  beantragt  wurde.«  Vgl.  auch  Kui-liai-yQ- 
höng-tschi  (7|^±'/^J^^||j>^)5  vom  Jahre  1175,  8,7,  wo  die  Stelle  über 
das  Vorkommen  oberflächlicher  Kupferlager  in  Yung-tschöu  wiederholt 
wird.  Nach  der  Eroberung  des  ehemaligen  Königreichs  Yüe  entstand  nach 
Ts'ien-han-schu  (Kap.  28B  S.  39)  lebhafter  Handelsverkehr  zwischen 
China  und  den  südlichen  Barbaren.  «Da  die  letzteren  am  Meere  wohnten, 
lieferten  sie  viel  Rhinozeroshörner,  Elfenbein ,  Schildpatt,  Pei'len,  Kupfer, 
Früchte  und  Gewebe,  und  die  chinesischen  Kaufleute,  die  sich  in  diese 
Länder  begaben,  zogen  reichen  Gewinn  aus  diesem  Handel,  dessen  Zentrum 
in  Canton  war.«  Wir  dürfen  annehmen,  daß  dieser  Handelsverkehr  noch 
unter  Wu-ti,  d.  h.  vor  dem  Anfiuig  des  1.  Jahrhunderts  v.  Chr.  bestanden  hat. 

»Nach  ihrer  Besiegung  im  Jahre  41  n.  Chr.  befand  sich  Ma  Yüan  im  Besitze 
einer  großen  Beute  an  solchen  Bronzewaffen,  die  er  den  Man  von  Tungking,  Kuang- 
tung  und  Kuang-si  abgenommen  hatte.  Um  nun  zu  verhüten,  daß  diese  für  die 
Chinesen  als  Waffen  ungenügenden  Schwerter  usw.  neues  Unheil  anstifteten,  beschloß 
MaYüan,  sie  einschmelzen  und  umgießen  zu  lassen.  Er  schuf  damit  gewissermaßen 
Kriegstrophäen  als  Denkmäler  seiner  Macht,  die  er  den  unterworfenen  Man  als 
ewiges  Memento  zurückließ.  Er  ließ  also  zunächst  fünf  riesige  Bronzepfosten  (t'ung- 
tschu)  gießen,  die  an  der  Grenze  vonTung-king  aufgestellt  wurden,  um  für  ewige 
Zeiten  die  Grenze  Chinas  zu  bezeichnen  (vgl.  meine  Chines.  Studien  Bd.  I,  S.  20), 
ferner  fünf  bronzene  Schiffe,  von  denen  die  Sage  viel  zu  berichten  weiß  (vennutlicli 
Bronzeplatten  zum  Beschlagen  der  Schiffswände  oder  sonstige  Schiffsteile),  und  endlich 
mehrere  hundert  Bronzepauken,  die  in  den  verschiedenen  Engpässen  des  Landes 
untergebracht  wurden,  um  den  Man  als  Prunkgerät  zu  dienen.  Die  Bronzetrommel 
wurde  vermutlich  dem  Häupthng  eines  jeden  den  Chinesen  unterworfenen  Stammes 
übergeben,  dem  sie  als  Symbol  der  ihm  von  den  chinesischen  Schutzherren  ver- 
liehenen Autorität  galt.  Später  mag  sich  dieser  Gedanke  verloren  haben,  so  daß 
sie  überhaupt  nur  Symbol  der  Führerschaft  blieb.  Jedenfalls  sind  Bronzetrommeln 
in  den  Gräbern  von  Man-tschang,  d.  i.  Häuptlingen  der  Man,  gefunden  worden.  Die 
dem  MaYüan  zugeschriebene  Idee,  die  Waffen  seiner  wilden  Feinde  in  ein  stets 
weithin  hörbares  Erinnerungszeichen  ihrer  Unterwerfung  zu  verwandeln,  sieht  dem 
alten  Haudegen  sehr  ähnlich,  der  wie  kein  Zweiter  zur  Kriegltilirung  mit  wilden 
Bergvölkern  geschaffen  war.  Ich  zitiere  aus  meiner  im  Manuskript  vorliegenden 
Übersetzung  des  Tschau  Ju-kua.« 

»Als  Ma  Fu-po  Hainan  zur  Ruhe  brachte,  ließ  er  sich  von  den  dortigen 
Töpfern   irdene  Gefäße   anfertigen,   von   denen    die   größeren   verschiedene  Zentner, 


Hirth:    Cliineslsche  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  207 

die  kleineren  fünf  Schefiel  und  noch  kleinere  bis  zu  zwei  oder  drei  Scheftel  Wasser 
hielten.  Darauf  lud  er  diejenigen  Wilden  aus  dem  tiefsten  Innern,  die  sich  freiwillig 
unterworfen  hatten,  zu  sich  ein,  um  sie  mit  diesen  Gefäßen  zu  beschenken,  die  sie 
sich  nach  Belieben  selbst  auswählen  sollten.  Auf  diese  Weise  wurde  er  in  den 
Stand  gesetzt,  die  Lage  ihrer  Nester  und  Höhlen  abzuschätzen.  Denn  die  Li  nahmen 
nur  die  kleinsten  zu  zwei  oder  drei  Scheffeln;  als  man  sie  aber  nach  dem  Grunde 
fragte,  gaben  sie  zur  Antwort,  sie  seien,  als  man  sie  rief,  von  hohen  Felsen  und 
Baumkronen  herabgestiegen;  die  großen  Gefäße  hätten  sie  nicht  gewagt  mitzunehmen, 
weil  sie  fürchten  müßten,  sie  nicht  nach  Hause  schaffen  zu  können.  Duj'ch  diese 
Antwort  erfuhr  der  General,  daß  ihre  Schlupfwinkel  tief  im  Innern  an  gefährlichen 
und  unzugänglichen  Stellen  zu  suchen  seien.» 

»Sieht  nicht  dem  Manne,  der  eine  solche  Kriegslist  aushecken  konnte,  das 
Umschmelzen  der  Waffen  in  ein  Danaergeschenk  in  Gestalt  einer  Bronzetrommel, 
die  dem  beschenkten  Man -Häuptling  stets  zurief:  -Remember,  remember«,  vollkonnnen 
ähnlich?  Daß  die  Man  Geräte  von  dieser  Vollendung  damals  selbst  zu  gießen  nicht 
imstande  waren,  darf  man  dem  chinesischen  Archäologen  gern  glauben,  der  davon 
ausgeht,  daß  die  Kunst  des  Bronzegusses  nicht  in  Hinterindien  entstanden,  sondern 
(selbstverständlich  nur  auf  Ostasien  angewendet)  zuerst  zur  Herstellung  der  klassischen 
Bronzen  der  Dynastien  Schang  und  Tschöu  (XVIII.  bis  III.  Jahrhundert  v.  Chr.)  ausgeübt 
worden  sei.  Die  Bronzewaffen  der  Man  waren  vermutlich  weit  weniger  schwer  her- 
zustellen. Der  Chinese  nimmt  daher  an ,  daß  Ma  Yüan  die  ersten  Bronzetrommeln 
gegossen,  resp.  ihre  Herstellung  unter  den  Man  am  Meerbusen  von  Tungking  ein- 
geführt hnt.  Einmal  im  Besitz  einiger  Muster  und  des  Geheimnisses  der  Herstellung, 
ist  es  leicht  zu  erklären,  wie  die  Man  auch  später  noch  und  an  anderen  Orten 
ähnliche  Bronzen  herstellten.« 

Wenn  ich  den  Gedanken  aussprach,  daß  die  Bronzetrommel  den 
Häuptlingen  unterw^orfener  Stämme  als  Symbol  der  vom  cliinesischen  Kaiser 
als  Schutzherrn  verliehenen  Autorität  übergeben  wurde,  so  stützte  ich  mich 
auf  Berichte,  von  denen  eine  ganze  Literatur  unter  dem  Titel  Ku-tsch'ui, 
g^p^,  vorliegt  und  worüber  die  meisten  Enzyklopädien  besondere  Kajiitel 
enthalten.  Unter  Ku-tsch"'ui  (von  ä:m  Trommel  und  ^äcAW  Blasinstrumente) 
verstand  man  ein  kleines  Militärorchester,  worin  die  mit  gewissen  symboli- 
schen Emblemen  verzierte  Felltrommel  eine  hervorragende  Rolle  spielte. 
Zu  diesen  Emblemen  gehörte  z.  B.  ein  Schirm  von  Reiherfedern.  Vgl.  den 
Ausdruck  pai-lu-Icu-tsc/iui,  Q^i^Wj^P^»  T'u-schu-tsi-tsch'öng  29, 
Kap.  133,  Ki-schü  8.4:  »ein  Trommelspiel  mit  Reihern«.  In  dem  zitierten 
Kapitel  der  großen  Enzyklopädie  findet  sich  ausführliches  Material  über 
dieses  Orchester,  das  von  Ts'ai  Yung  (II.  Jahrhundert  n.Chr.)  als  »Regiments- 
musik« definiert  wird:  ^  ^  0  M  ^ -{^  (S- !)•  Im  Sui-schu  wird 
darüber  gesagt:  ^  J||  It  /^  ^  |&  gj  P^  #  A  ^  ^^'  "^^^  Distrikte, 
denen  die  militärische  Bewachung  der  Grenze  obliegt,  werden  mit  Trommeln 
und  Blasinstrumenten  und  einer  Anzahl  Musikanten  versehen«  usw.  Je  nach 
dem  Range  des  Kommandierenden  waren  die  Musikinstrumente  lot,  grün  usw. 
von    Farbe,    und    von    den    Grenzgarnisonen    wird    gesagt:    ^S  ^lE /»fe  "^ 

|p  M  li  M  Ä  ^  ^  ^  *  ^  ffl  |5|  3i  fi '  ---tl^^he  minder  Be- 
wachung  der  Grenze  (Beauftragte)  erhielten  schwarze  Trommeln  und  schwarze 
Höruer,    und   die    (übrigen)  Musikinstrumente   hatten  sämtlich  Bekleidungen 


208  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi. 

von  der  Farbe  der  Trommel«.  Ebenda.  Diese  Musikinstrumente  wurden  in 
den  Hallen  der  Regierungsgebäude  aufgestellt  (  ^|J  -^  ^^  J^  ^r  ^  o^  P^)  ' 
zur  Zeit  der  Han  mußten  die  aus  Trommel  und  Hörn,  einer  kurzen  Flöte, 
Schellen  und  Sängern  ^  bestehenden   Orchester  während  das  Marsches  beim 


1  Unter  nau  {^^)  ist  eine  aus  Bronze  gefertigte  Schelle  oder  Rassel  zu 
verstehen,  wie  sie  im  Po-ku-t'u-lu  (Kap.  26,  S.  47  ff.)  abgebildet  und  beschrieben 
ist.  Im  Kin-schT-so,  Bd.  III,  werden  ebenfalls  mehrere  Schellen  dieser  Art  er- 
örtert  und   zum   Ku-tsch'ui    der   Han-   und  WeT- Dynastien    gehörend    bezeichnet 

auch  die  Abbildungen  bei  Reinecke,  "Über  einige  Beziehungen  der  Alterthümer  Chinas 
zu  denen  des  skythisch- sibirischen  Völkerkreises«,  Zeitschr.  f  Ethuol.  1897, 
S.  151,  wo  sich  ein  verwandtes  Instrument  als  »skythische  Stangeukrönung  aus  Un- 
garn« zum  Vergleich  herangezogen  und  abgebildet  findet.  Alte  Originalstücke  sind 
seit  einigen  Jahrzehnten  in  die  Museen  des  Westens  gelangt.  Nach  den  Erklärungen 
alter  chinesischer  Wörterbücher  wurde  das  Instrument  auf  einem  Bambusstab  be- 
festigt und  (durch  lebhaftes  Schwingen)  zum  Rasseln  gebracht  »als  Abschluß  des 
Trommelschlags«  (^  ^  ^R  |!t  ffi  HGj  :^  j^Jl  iL  S  ffi^'  l^'^ng-hi,  vgl.  auch 
Biot,  Le  Tscheou-li  Bd.  11,  S.  170,  Anm.  2). 

Über  ko  {^)   vgl.    T'ang-schu   Kap.  48,    S.  9:    $^j^\a^\^^ 

^^pM,  »Trommeln  und  Hörner,  um  den  Gesang  der  Chorknaben  zu  begleiten». 
Die  uns  im  ll6u-han-schu  (Kap.  116,  S.  230".)  in  chinesischer  Übersetzung  auf- 
bewahrten Proben  dieser  augenscheinlich  zur  Hebung  des  Patriotismus  unter  den 
Barbaren  von  den  Chinesen  selbst  erfundenen  Gesangstexte  zeigen,  welche  Mühe 
man  sich  zur  Zeit  des  Ma  Yüan  mit  der  Erziehung  der  Neuunterjochten  gab.  Der 
berühmte  Dichter  Liu  Liu-tschöu  (101)14^  ']'|'|)'  d^""  <^'®  letzten  Jahre  seines  Lebens 
in  der  Verbannung  als  Gouverneur  der  von  luiseren  Barbaren  bevölkerten  Provinz 
Kuang-si  veibrachte,  schrieb  eine  Serie  von  zwölf  Ku-tsch'ui- Gesängen,  die  unter 
den  T'ang-scliT  (^'I^gi»  Kap.  13,  S.  I4f)  abgedruckt  sind.  In  der  Einleitung 
rechtfertigt  er  die  Bearbeitung  dieser  Gesänge,  indem  er  sagt:  »die  versciiiedenen 
Dynastien  seit  den  Han  und  WeT  iiatten  ihre  Texte  für  das  Trommelspiel  mit  Schelle 
luid  Gesang,  nur  für  die  Tang- Dynastie  gibt  es  noch  keine«   ( '/.^  |fj|l  J^  ^1^  Tv 

^^^'KM^XtU^SMM  W)-  ^^'«  '■^"  ''""  gedichteten  sind  mit  Be- 
nutzung  der  von  der  Han-  und  naclifolgenden  Dynastien  her  aufbewahrten  Texte 
bearbeitet.  Der  zwölfte  Text  bezieht  sich  auf  die  Man- Barbaren.  Das  Gedicht 
schließt  mit  den  Worten: 

"Das  weite  Gebiet,  besänftigt  ist's  in  allen  Meeren, 

denn  überall  ist  man  vertraut  mit  den  Sitten  des  Kaiserreichs, 

Beim  Schall  der  Lieder,  der  Tanzrassel  und  der  Trommel 
möge  unser  Führer  stark  sein!« 
Dies  ist  der  Geist,   der  aus  der  ganzen  Ku-tsch'ui- Literatur  spriclit.     Gesang  und 
Tanz,  Rassel  und  Trommel,    alles   nach   chinesischem  Geschmack   zugeschnitten  wie 
die   glatten  Verse    des  Liu  Liu-tschöu,    den  Barbaren   als    Zeichen   der  kaiserlichen 
Gnade  geschenkt,  und  doch  auch  ein  Denkzeichen  ihrer  Abhängigkeit! 

Darf  man  sich  unter  diesen  Umständen  wundern,  wenn  die  chinesischen 
Archäologen  der  Neuzeit  auf  den  Gedanken  verfallen  sind,    daß   die  Bronzetronunel 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  209 

Regimente    zu  Pferde    atiispielen,    was   man  Ku-tsch'ui  nannte  (^)M  W  S^ 

Militäi'orchester  wurden  vom  Kaiser  als  Anerkennung  des  \'erdienstes  ver- 
liehen ( J^  U  f^  Jiii  F^  ^  5/1  S.  3  B).  Die  Abteilung  K  i  -  s  c  h  i  der  großen 
P^nzjdilopädie  (Sekt.  29,  Kap.  133)  nennt  eine  ganze  Reilie  von  Phallen,  in 
denen  Generäle  und  andere  hohe  Würdenträger  mit  dieser  Janitscharenmusik 
beglückt  wurden;  aber  auch  Fremden  wurde  sie  zuteil,  so  zur  Zeit  der 
Han  einem  Fürsten  des  Landes  Fu-yü  i^4&M^\  der  den  chinesischen  Hof 
besucht  hatte.  Daß  das  Ku-tsch'ui  in  den  früheren  Zeiten  nur  als  eine 
Auszeichnung  vom  Kaiser  verliehen  und  nicht  etwa  von  reichen  Leuten  zur 
Vermehrtmg  ihres  häuslichen  Luxus  geführt  werden  konnte,  wird  an  einer 
dem  Kiang-ning-fu-tschi  {^J^  ^  Ijht  ^^)  entlehnten  Stelle  ausdrücklich 

bezeugt:     ?  CJl  ü  P^  ?E  Pf  )t  )it  TÜD  ^  E  ^  EM  :^^  tt  ffl  • 

»das  militärische  Tronnnelspiel  wagten  vor  der  Zeit  der  Sui  und  der  T'ang 
auch  die  höchsten  Beamten  nicht  zu  gebrauchen ,  wenn  es  ihnen  nicht  dui-ch 
kaiserliche  Gnade  verliehen  war«   (Tsa-lu  S.  2B). 

Die  obigen  Stellen  sind  der  großen  Enzyklopädie  entlehnt,  wo  sich 
noch  eine  Fülle  ausführlichen  Materials  über  den  Gebrauch  des  Trommel- 
spiels findet.  Aus  einer  dieser  Stellen  hatten  wir  ersehen ,  daß  die  mit  der 
Verleihung  einer  solchen  Militärtrommel  mit  Zubehör  verbundene  kaiser- 
liche Gnade  auch  auf  einen  fremden,  zu  China  im  Tributverhältnis  stehenden 
Fürsten  ausgedehnt  wurde.  Der  Fürst  von  Fu-yü,  der  periodisch  Gesandte 
an  den  Hof  schickte  (T'u-schu-tsi-tsch'öng  8,  Kap. 32,  S.  1  ff.),  erhielt 
diese  Auszeichnung  im  Jahre  136  n.  Chr.  Trommel  und  Musikinstru- 
mente wurden  in  diesem  Falle  dem  Vasallen  zugeschickt,  augenscheinlich 
als  Anerkennung  des  Verdienstes,  das  in  seiner  Unterwürfigkeit  bestand. 
Ähnlich  wurden  auch  die  Häuptlinge  der  Man -Barbaren  an  der  Südwest- 
grenze behandelt.  Die  Übersendung  von  Trommelspielen  erfolgte  in  der 
Absicht,  die  Barbaren  mit  dem  nötigen  Respekt  vor  dem  Ansehen  der 
Militärv^erwaltung  zu  erfüllen  (I^S^^^m)-  ^^^y  besitzen  dafür  ein 
Zeugnis  in  der  nur  in  wenigen  Bruchstücken  erhaltenen  »Geschichte  von 
Kiau  und  Kuang«,  d.i.  der  südwestlichen  Grenzgebiete,  dem  Kiau-kuang- 
tsch^in-ts'iu  (^  )§  ^  J^C)  von  Wang  Fan  (^J|),  Magistrat  in 
Canton,  der  (nach  einer  Scholle  zu  San-kuo-tschi:  Wu-tsch'i  Kaj).  1, 
S.  15  der  Palastausgabe)  dieses  Werk  dem  Kaiser  im  Jahre  287  n.  Chi-, 
vorlegte.  Die  Stelle  findet  sich  in  einer  Scholle  zu  H6u-han-sch  u, 
Kap.  33.  S.17,  und  lautet:   ^^+ä:#;i^#  ^j  ß^#iil  ttl 

n.  Chr.,  als  der  Sitz  der  Regierung  nach  P'an-yii- hien  (Canton)  verlegt 
wurde,  erschien  ein  Kabinettsbefehl,  wonach  wegen  der  großen  Entfernung 


nur   eine  Nacliahniung   der  alten  Felltromniel  ist,    die  den  Fürsten  und  Häuptlingen 
der  Barbaren   zugleich   mit  den  übrigen  Zutaten  des  Ku-tsch'ui  von  den  Generälen 
des  Kaisers   (Ma  Yüan  und  Tschu-ko   Liang)   als    Emblem    ihrer  Würde    und    ihrer 
vom  Sohn  des  Himmels  verliehenen  Autorität  zurückgelassen  wurde? 
Witt  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  1-i 


210  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetromnieln. 

der  Grenzgebiete  der  Provinz  Autoritätsurkunden  zu  übersenden  und  die 
sieben  Fürstentümer  (des  Bezirks  Kiau-tschöu  an  der  Grenze  von  Tung-king) 
sämtlich  mit  Ku-tsch'ui,  oder  Trommelspielen,  zu  versehen  waren,  um 
Respekt  vor  Oberhoheit  und  Militärverwaltung  einzuflößen«.  Vgl.  auch  die 
Stelle  Tsin-schu,  Kap.  15,  S.  16,  wonach  den  Trommelspielen  noch  »die 
neun  kaiserlichen  Geschenke  und  die  sechs  Hofpantomimen  hinzugefügt 
wurden.'  (ijP  J^  ^  §M  y'vfl^  ^  ^)-  ^^^^^  die  chinesische  Theorie  von 
der  Einführung  der  Bronzetronmieln  durch  den  General  Ma  Yüan  kennen 
lernen  will,  wird  nicht  umhin  können,  auch  über  die  »neun  Geschenke« 
und  die  »sechs  Pantomimen«   eingehende  Studien  zu  machen. 

Wir  sehen  aus  diesen  und  vielen  anderen  Stellen,  daß  die  Trommel 
in  Verbindung  mit  Hörnern,  Flöten,  Sängern,  Tänzern  usw.  die  Aufgabe 
erfüllte,  die  naiven  Gemüter  der  Barbaren  mit  Respekt  vor  der  chinesischen 
Zivilisation  zu  erfüllen,  wie  ein  Dichter  mit  Bezug  auf  eine  Grenzgesandt- 
schaft des  Kaisers  Ming-huang-ti  (Pien-tzi-lei'-pien,  Kap.  158,  S.  10) 
sagt:  uj^P^^^^^?  "fl'is  Trommelspiel  erfüllt  die  Barbaren  mit  Re- 
spekt.« Namentlich  Trommel  und  Ilorn  gehören  zusammen;  sie  werden 
auch  von  den  Barbaren  als  Zeichen  der  Autorität  angesehen,  wie  im  T'ung- 
ti  en  (Kap.  187,  S.  lOB)  angedeutet  wird:  ^|?  ^  ^  ;^  jj  >g  _^  ^  >gg 
jäl  ^J^  B&  ^  p^  ^^  J^ ,  »jeder  Fürst  der  Liau- Barbaren  besitzt  eine 
Trommel  und  ein  Hörn,  die  er  von  seinen  Söhnen  und  jüngeren  Brüdern 
persönlich  anschlagen  und  blasen  läßt.«  Vgl.  d'  Hervey  de  St. -Denis, 
Ma-touan-lin  IL,  Meridionaux,  S.  107;  »Les  petits  chefs  se  fönt  preceder 
d'un  tambour  et  de  deux  cornets,  generalement  coufies  a  leurs  propres 
enfants.« 

Ein  Blasinstrument  wird  nun  nach  alter  chinesischer  Sitte  auch  bei 
den  entfernteren  Barbaren  des  Südens  mit  der  Trommel  gepaart;  hier  aber 
nicht  mit  der  Felltrommel,  wie  sie  in  der  trockenen  Luft  der  nördlicheren 
Gegenden  angebracht  ist,  sondern  mit  der  dem  feuchten  Klima  des  Südens 
besseren  Widerstand  leistenden  Metalltrommel.  Das  Blasinstrument  aber  ist 
die  Muscheltrompete  {yü-lo  ^^  ^  ?  wörtlich:  die  Nephritmuschel),  die 
in  der  de  Grootschen  Übersetzung  (S.  83:  »eine  mit  jaspisartigen  INIuscheln 
verzierte  Pauke«)  leider  verloren  gegangen  ist.  Daß  es  sich  dabei  um  ein 
von  der  Trommel  zu  trennendes  Instrument  handelt,  geht  aus  einer  Dichter- 
steile  hervor,  die  auf  den  bei  de  Groot  mitgeteilten  Auszug  anspielt.  Über 
die  im  Jahre  801  n.  Chr.  erfolgte  Widmung  musikalischer  Instrumente 
aus  dem  Lande  P'iau  (,^§,  cantonesisch  Piü,  vielleicht  eine  unvollkommene 
Transkription  für  Pegü,  den  Namen  des  Landes  im  Delta  des  Irawaddy) 
ergeht  sich  Po  Kü-i  (772  —  846  n.  Chr.)  in  einer  poetischen  Schilde- 
rung, in  der  die  Stelle  vorkommt:  3£  t^— '  P^  tS#  ^Ä  IJ— ^  B 
^C  ^  ^^'  "soliald  die  Nephritn)uschel  geblasen  wird,  erheben  sich  die 
Haarscliöpögen;  sobald  die  Bronzetrommel  angeschlagen  wird,  fangen  die 
Tätowierten  an  zu  hüpfen«.  Die  Erwähnung  der  »Tätowierten«  in  dieser 
Schilderung  eines  Nationaltanzes  hinterindischer  Barbaren  erinnert  an  eine 
Stelle  des  Ling-wai-tai-ta  (Kap.  2,  S.  6),  wonach  die  Barbaren  in  Annam 


Hirth:    Cliinesische  Ansieliten  über  Bronzetroinmelii.  211 

»mit  Ornamenten  tätowiert  waren,  die  den  Inschriften  (Eingravierungen, 
liuan-scM)  auf  den  Bronzepauken  glichen«  ( Ä  ^  ^^  ^P  |[fl|  ^  ^j^  ^). ' 
Nach  dem  großen  Musikkapitel  des  T'ang-schu  (Kap.  22,  S.  8)  be- 
stand das  vom  Fürsten  von  P'iau  dem  chinesischen  Hofe  zugesandte 
Orcliester  aus  22  verschiedenen  Instrumenten,  in  denen  acht  Materien 
der  Musik  (Metall ,  Muschel,  Seide,  Bambus,  Kürbis,  Fell,  Elfenbein  und 
Hern)  vertreten  waren.  ^ 

Im  T'ung-tien  (Kap.  184  S.  6)  wird  nun  unmittelbar  im  Anschluß 
an  die  Erwähnung  des  Generals  Ma  Yüan  und  seiner  Organisation  der  Bar- 
barenstämnie  an  der  Grenze  von  Tung-king,  die  bis  zum  Ende  der  Dynastie 
initer    llien-ti    zur    Errichtung    der    Provinz    Kiau-tschou    führte,    gesagt: 

Ä  ü  ttl  IS  ffi  I*  « It  Sip^JiJiaÄ  Ä  ijn;^Si  A#:S: 

^5|| ,  "Für  die  Grenzprovinz  wurde  vom  Kaiser  befohlen,  daß  Gesandte, 
mit  Autoritätsurkunden  versehen,  geschickt  werden  und  daß  ihr  Ku-tscKui 
(Trommelspiele)  zu  geben  seien,  um  Respekt  vor  Oberhoheit  und  Militär- 
verwaltung einzuflößen,  und  daß  die  neun  kaiserlichen  Geschenke  und  die 
sechs  Hofpantomimen  hinzuzufügen  seien.« 

Die  »neun  kaiserlichen  Geschenke«  {km-si,-fl^^Mf)  bestanden  aus 
folgenden  Ehrengaben:  1.  Wagen  und  Pferden,  2.  Uniformen,  3.  Musik- 
instrumenten, 4.  roten  Türen  {tsc  hu -hu,  -^  Ö,  als  Emblem  der  Mandarinen- 


'  Über  eine  verwandte  Sitte  berichtet  das  KM-man-t  s'ung-siau  (  v^  ^^> 
ä^^,  T'u-schu-tsi-tsch'ong  6,  Kap.  1270,  tsa-lu  S.  2).  -In  den  Dörfern 
der  Ivi-man  (am  Yfian-kiang  in  Hu-nan)  werden  Bronzetrommeln  mehr  geliebt  als 
Gold  und  Edelstein.  Man  druckt  daher  die  Muster  dieser  Trommeln  auf  Schnitz- 
blöcke von  Wachs  und  bedruckt  damit  ZeugstofFe,  die  zum  Färben  in  das  hidigo- 
faß  getaucht  werden.     Man   nennt    diese  Stoffe   tien-la-man    (.-mit  Wachs   betupfte 

Tücher.).:  »  ^  {Isl  ^  ili  SJ  ^  1^^  ^  5  »  5t  S  *  «  €  M  « 

2  Noch  sehr  viel  austuhrlicher  ist  die  Schilderung  der  Nationalkapelle  des 
Landes  Fiau  mit  allen  dazu  gehörigen  Instrumenten,  Pantomimen  usw.,  im  Kiu- 
t'ang-schu,  Kap.  222B,  S.  9  ff.  Wir  befinden  uns  hier  auf  einem  Grenzgebiete 
zwischen  indischen  und  chinesischen  Einflüssen.  Eingehendes  Studium  dieses  ganzen 
Kapitels  könnte  möglicherweise  zum  Verständnis  der  Bronzetrommelornamentik 
beitragen.  Wenn  die  chinesischen  Archäologen  der  Neuzeit  die  Bronzetrommel  als 
eine  Übertragung  der  ursprünglichen  Felltrommel  der  Hau -Dynastie  auf  das  starre 
Metall  ansehen ,  so  daß  die  Keime  der  Ornamentik  in  den  Emblemen  der  altchinesi- 
schen Felltrommel  zu  suchen  wären ,  über  die  wir  leider  nur  mangelhaft  unterrichtet 
sind,  so  finden  wir  hier  Andeutungen  über  die  Ornamentik  der  Felltrommel  in 
Hinterindien.  Unter  den  zahlreichen  geschilderten  Musikinstrumenten  des  Landes 
PMau  werden  auch  zwei  große  Trommeln  erwähnt  von  der  Form  eines  Weinzubers, 
zwei  Fuß  hoch,  oben  breiter  als  unten,  mit  Trommelfell  aus  Schlangenhaut,  jedoch 
wie  die  Bronzetrommel ,  unten  offen.  Von  diesen  Trommeln  wird  gesagt:  «sie  waren 
auf  allen  Seiten  mit  Musikanten  des  Landes  P'iau  bemalt,  die  sr.höng  (Orgelflöten) 
und  Trommeln  in  den  Händen  hielten«    (  pt|  jg  ^  g  [g]  _X  Ü  ^  M  S  ^ 


212  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

würde),  h.  na-pi  (^),  6.  hundert  Leibgardisten ,  7.  Streitäxten,  S.Pfeil  und 
Bogen,  9.  Hirsen  wein  zum  Opfern  (s.  ad  vocem  ^  ^^,  Ts'ien-han-schu, 
Kap.  6  S.  8B).  Die  »sechs  Hofpantomimen«  ("^'f^?  liu-i)  wurden  von 
sechs  Gruppen  geschulter  Tänzer  gebildet  (P'ei'-wön- y  ün-fu,  Kap.  93 B, 
S.  170). 

Alle  diese  Symbole  als  Ti-äger  der  chinesischen  Zivilisation  mögen 
erst  nach  Ma  Yüan  nach  Tung  -  king  geschickt  worden  sein.  Was  aber  aus 
der  ganzen  Literatur  über  diesen  Gegenstand  hervorgeht,  ist  daß  zu 
Ma  Yüans  Zeiten  die  Gepflogenheit  bestand,  den  Fürsten  und  Führern 
unteijocliter  Stämme  gewisse  symboHsche  Geschenke  zu  hinterlassen,  unter 
andern  das  Ku-tscKui,  wozu  auch  die  Trommel  gehörte. 

Herr  de  Groot  übersieht  in  seinen  Ausfiihrungen  über  meinen  Bronze- 
tronimelbi'ief,  daß  ich  zunächst  nicht  die  meinigen,  sondern  nur  die 
chinesischen  Anschauungen  wiedergebe.  Selbstverständlich  geht  damit 
Hand  in  Hand  das  Bestreben  meinerseits,  diese  Anschauungen  durch 
andere  aus  der  chinesischen  Literatur  bekannte  Tatsachen  zu  begründen. 
Gegengründe  sollen  und  müssen  natürlich  auch  geltend  gemacht  werden, 
jedoch  nicht  ohne  daß  wir  uns  redlich  bemühen,  die  chinesischen  Theorien 
nicht  nur  kennen  zu  lernen,  sondern  auch  in  ihrem  Zusammenhang  mit  der 
Literatur  zu  verstehen.  De  Groot  sagt  (8.112):  »Ebensowenig  ist  es  uns 
möglich,  der  Behauptung  beizutreten,  die  Hirth  den  chinesischen  Archäo- 
logen  zuschreibt S   daß    die   Man    nicht   imstande   gewesen    wären,   Bronze- 


1    Zu  der  »Beliauptung,  die  Hirth  den  chinesischen  Archäologen  zuschreibt«, 
luge  ich  die  Stelle  Kuauij-tung-sin-yü,  Kap.  16  S.  33:    p^  Q  /^  Üi"   ^3  ^E 

m  SüE  w  ü  *  w  iik  iE  m  nM^m  w  m  m  m  "*  s  m  isj 

sagen:  Nacli  dein  Tschöu-li  unter  dorn  Ressort  des  SsT-t'u  (=  Siau-ssT-t'u,  »sous- 
directeur  des  multitudes»  ,  Biot  I  p.  220)  stehen  die  ku-jön  (-officiers  des  tambours«, 
Biot  S.  264) ,  denen  die  Verwaltung  der  mit  den  sechs  Tronnnelarten  und  den  vier 
Metallen  zusammenhängenden  Geschäfte  untersteht;  luid  wemi  der  SsT-ma  (»grand 
commandant  des  chevaux«,  Biot  S.  162)  seine  große  Truppeninspektion  abhält,  dann 
richten  sicli  seine  Offiziere  im  Sitzenbleiben  und  Exerzieren  nach  (den  Signalen)  der 
Trommel,  der  Handglocke,  Schelle  imd  Handpauke.  Deshalb  gehören  die  aus 
Bronze  gebildeten  Tronmieln  zu  den  musikalischen  Instrumenten  der  Ainnee.  Ich 
bin  der  Ansicht,  daß  zur  Zeit  der  Han  die  Form  dieser  Instrumente  sich  erhalten 
hatte  und  daß  deshalb  Fu-p'o  (Ma  Yüan)  sie  goß,  um  sie  bei  den  südwestlichen 
Barbaren  in  großer  Menge  zu  hinterlassen.  Ihrer  Gestalt  nach  sind  sie  wie  yau-ku 
("Seiten trommeln«) ,  nur  ist  der  Nabel  des  Gesichts  (der  Mittelstern)  kantig.  Unter 
den  im  Tempel  (Nan-hai-miau  bei  Whampoa)  aufliewahrten  Exemplaren  ist  eine 
Trommel  mit  der  Inschrift:  »Gegossen  vom  General  Fu-p'o  der  Han«,  imd  zwar  ist 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  213 

pauken  zu  machen ,  weil  die  Kunst  des  Bronzegusses  in  Ostasien  zuerst 
zwisclien  dem  XVIII.  und  III.  Jahrhundert  vor  unserer  Zeitrechnung,  und 
zwar  zur  Anfertigung  der  klassischen  Bronzen  der  Dynastien  von  Schang  und 
Tschou  ausgeübt  wurde.«  Er  wirft  mir  im  Zusammenhang  damit  den 
Widerspruch  vor,  der  in  der  Annahme  der  Herstellung  bronzener  Waffen 
bei  den  Barbaren  liege,  indem  er  sagt:  »Was  soll  man  nun  aber  erst  zu 
der  Erklärung  sagen,  daß  Waffen  leichter  zu  verfertigen  wären?  Sie  ist 
doch  wahrlich  allzu  gesucht.«  Ob  wohl  der  Schreiber  dieses  Satzes  je 
eine  dem  chinesischen  Kulturkreis  entstammende  Bronzewaffe,  wie  z.  B. 
das  bei  Reinecke  (Zeitschr.  f.  Ethnologie,  1897,  S.  154)  abgebildete 
Kurzschwert,  mit  den  fein  ornamentierten  Bronzetrommeln  irgendeiner 
der  bekannten  Typen  verglichen  hat?  Zwischen  jenem  primitiven  Bronze- 
guß, der  es  nur  auf  Waffen  und  Geräte  der  gröbsten  Art  abgesehen  hat, 
und  der  Herstellung  einer  Bronzetrommel  scheint  mir  doch  ein  großer 
Unterschied  zu  bestehen.  Daß  den  Man  -  Barbaren  der  Bronzeguß  über- 
haupt fremd  gewesen  sei,  habe  ich  nirgends  behauptet;  nur  die  feinere 
Technik  im  Zusammenhang  mit  vollendeter  ornamentaler  Ausfüllung  des 
Raumes  müssen  sie  einer  höheren  Kultur  entlehnt  haben,  mag  es  sich  um 
die  indische  oder  die  chinesische  handeln;  denn  dies  scheinen  immerhin  die 
hauptsächlichsten  Urquellen  aller  Kunst  in  Ostasien  zu  sein,  insofern  sie 
sich  nicht  auf  die  primitivsten  Formen  beschränkt.  Wir  wissen  ja  aus  der 
chinesisclien  Literatur,  daß  die  Man  im  Besitze  selbst  erzeugter  Bronze- 
geräte waren.  Die  darüber  vorliegenden  Nachrichten  sind  jedoch  sehr 
spärlich  und  verhältnismäßig  späten  Ursprungs.  In  den  beiden  Han-schu 
habe  ich  keinerlei  Andeutungen  über  Bronzeguß  finden  können.  Die  unter 
den  Man-Barbai'en  sehr  verbreiteten  Liau- Stämme  »gössen  bronzene  Gefäße 
mit  weiter  Öffnung  und  bauchig,  die  man  T'ting-ts'^uan,  d.h.  Bronzekocher, 
nannte;  da  sie  dünn  und  nicht  schwer  waren,  erhitzten  sich  die  Speisen  da- 

"fc^^^-^).  Diese  an  verschiedenen  Orten  wiederholte  Stelle  findet  sich 
augensclieinlich  zuerst  im  Wei-schu  (Kap.  101  S.  24),  bezieht  sich  daher 
erst  auf  die  Zeit  der  Toba  (386—535  n.  Chr.). 

Ob  die  Man -Barbaren  zur  Zeit  Ma  Yüans  mit  Bronzewaffen  kämpften, 
wie  es  der  Verfasser  des  Kuang-tung-sin-y ü  vermutet,  wer  kann  das 
wissen?  Die  Chinesen  waren  ja  damals  längst  im  Besitze  einer  blühenden 
Eisenindustrie,  die  möglicherweise  sogar  den  Weltmarkt  beherrschte,  wenn 


diese  Inschrift  männlich  (d.  h.  konvex  hervorstehend).  Alle  Inschriften  auf  Bronze- 
gefäßen der  drei  Dynastien  (Hia,  Schang  mid  Tschöu)  sind  weiblich  und  ihre 
Schriftzeichen  sind  konkav;  zur  Zeit  der  Ts'in  und  Han  gebrauchte  man  männliche 
Inschriften ,  deren  Schriftzeichen  konvex  sind.  Die  männliche  Schrift  ist  leicht  herzu- 
stellen ,  die  weibliche  schwer  zu  gießen.  Es  ist  daher  kein  Zweifel ,  daß  es  sich  um 
ein  Erzeugnis  der  Han -Dynastie  handelt.»  Der  technische  Unterschied  zwischen  so- 
genannten »männlichen"  und  -weiblichen"  Inschriften  findet  sich  in  dem  bekannten 
Werke  der  Mongolenzeit,  dem  Tschö-köng-Iu  (^^^|^,  Kap.  17  S.  3),  in 
ähnlichen  Worten  auseinandergesetzt. 


214  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

es  die  Erzeugnisse  Nordchinas  sind,  von  denen  Plinius  (XXXIV,  14  (41), 
145)  sagt:  »ex  omnibus  autem  generibus  palma  Serico  ferro  est.  Seres 
hoc  cum  vestibus  suis  pellibusque  mittunt«  (s.  mein  »China  and  the  Roman 
Orient«  S.  225,  Anm.  2).  Ich  zitiere  dieses  im  Jahre  1885  erschienene 
Werk,  um  zu  zeigen,  daß  ich  schon  vor  zwanzig  Jahren  die  Frage  der 
Eisenerzeugung  unter  den  Han  angestreift  habe.  Der  Verfasser  des  Kuang- 
tung-sin-yü  wußte  in  diesen  Dingen  als  ein  in  der  Literatur  seiner 
Heimat  wohl  belesener  Gelehrter  so  gut  Bescheid  wie  irgendeiner  unter 
uns  fremden  Sinologen.  Wenn  er  trotzdem  annimmt,  daß  Ma  Yüan  in  den 
versteckten  Gebirgstälern  der  Man  noch  Bronzewaffen  vorfand,  so  muß  er 
seine  Gründe  gehabt  haben.  Ich  selbst  will  ihm  dabei  weder  recht,  nocli 
unrecht  geben.  Wenn  ich  es  jedoch  unternehme,  die  chinesischen  An- 
schauungen, so  wie  sie  sind,  zu  schildern,  so  fühle  ich  mich  versucht,  ge- 
wissermaßen die  Rolle  des  Advokaten  zu  übernehmen,  der  die  Gründe  auf- 
sucht, die  zur  Verteidigung  seines  Klienten  beitragen,  mag  dieser  schließ- 
lich den  Prozeß  gewinnen  oder  nicht.  Ich  führe  daher  in  dieser  Frage 
folgendes  als  zugunsten  imseres  chinesischen  Archäologen  sprechend  an. 
Die  berühmte  Eisenindustrie  der  alten  Chinesen  hatte  ihren  Sitz  im 
Norden,  und  zwar  als  Monopol  der  Regierung;  doch  müssen  im  Süden 
Bronzewaffen  noch  jahrhundertelang  im  Gebrauch  gewesen  sein,  als  im 
Norden  nur  noch  in  Eisen  gearbeitet  wurde.  Als  um  das  Jahr  225  n.  Chr. 
vergebliche  Nachforschungen  nach  dem  Grabe  des  Königs  von  Nan-yüe, 
Tschau  T'o,  angestellt  wurden,  fand  man  wenigstens  das  Grab  eines  seiner 
Nachfolger,  des  Königs  Tschau  Ying-tsi,  der  nach  einem  ausschweifenden 
Leben  im  Jahre  113  v.  Chr.  gestorben  war  (Sch'i-ki  Kap.  113,  S.  4B;  vgl. 
de  Maiila,  Hist.  de  la  Chine  Bd.  III,  S.  55).  Der  Kaiser  des  Staates 
Wu,  der  dem  Süden  Cliinas  entsprach,  Sun  K'üan ,  derselbe  Monarch,  dem 
sich  im  Jahi'e  226  n.  Chr.  ein  römischer  Untertan  aus  dem  Lande  Ta-ts'in 
vorstellte  (s.  China  and  the  Roman  Orient  S.  304  ff.),  hatte  gehört, 
daß  Tschau  T'o  wertvolle  Schätze  mit  in  sein  Grab  genommen  habe,  und 
beauftragte  daher  den  Verwalter  der  Provinz  Kiau-tschou  (Tung-king,  mit 
Sitz  in  Canton)  namens  Wu  K'i,  das  alte  Königsgrab  zu  suchen.  Dies 
geschah  mit  dem  Ergebnis,  daß  man  auf  das  Grab  des  genannten  Nach- 
folgers stieß.  Unter  den  Fundstücken  werden  erwähnt:  Nephritsiegel, 
goldene  Petschafte  und  Bronzeschwerter  (0^  3E  Jt  ®  S^Ä^^:^ 

schu-tsi-tsch'üng  6,  Kap.  1313,  liui-k'au  15,  S.8B;  vgl.  das  Kapitel 
über  das  Grab  des  Tschau  T'o  im  Kuang- tung-sin-yü  Kap.  19,  S.  3, 
wo  noch  verschiedene,  auch  in  den  Zitaten  der  Enzyklopädien  erwähnte 
Gegenstände  genannt  werden).  Nach  einer  Zusammenstellung  des  T'u- 
schu-tsi-tsch'öng  (27,  Kap.  341,  ki-sch"i  S.  2)  ließ  schon  Sclii-huang-ti 
bronzene  Waffen  sammeln,  um  daraus  Kolossalfiguren  gießen  zu  lassen,  die 
im   Jahre  209   v.  Chr.   aufgestellt    wurden    (nach   Schi-ki    Kap.  H,  S.  12: 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  215 

M  ^  *^  ^  '  ^  »^'  '^"^^^  ^*^  verschiedenen  Schollen  zu  dieser  Stelle).  Dies 
ist  der  sicherste  Beleg  für  den  Übergang  der  Bi^onzezeit  in  die  Periode  des 
Eisens,  für  den  sich  scharfe  Grenzen  in  China  so  wenig  feststellen  lassen 
wie  bei  uns.  Was  wir  aus  der  chinesischen  Literatur  über  die  prähistori- 
schen Kulturepochen  erfahren,  bezieht  sich  selbstverständlich  auf  die  eigent- 
liche chinesische  Kultur  im  Norden  des  Reiches.  Wir  dürfen  dabei  nicht 
veigessen,  daß  die  Grenze  von  Tung-king,  um  die  es  sich  zur  Zeit  des 
Generals  Ma  Yüan  handelt,  von  den  Ufern  des  Huang-ho  so  weit  entfernt 
ist  wie  die  Küsten  der  Nord-  und  Ostsee  von  Rom,  und  daß  wir  auch  im 
Osten  Asiens  keine  schnellere  Ausbreitung  der  Elemente  einer  höheren 
Zivilisation  voraussetzen  dürfen,  als  wir  dies  bei  gleicher  Entfernung  in 
Europa  erwarten  würden.  In  Europa  kam  die  Kultur  aus  dem  Süden.  Die 
Datierung  der  Eisenzeit  ist  deshalb  im  Süden  derjenigen  des  Nordens  um 
Jahrhunderte  voraus.  In  China  war  es  umgekehrt.  Hier  sehen  wir  die 
nördlichen  Provinzen  zuerst  im  Besitze  des  Eisens,  das  sie  vermutlich  durch 
türkische  Völker  kennen  lernten.  Wie  lange  es  dauerte,  bis  auch  die 
Grenzbarbaren  im  Süden  so  weit  waren,  wissen  wir  nicht.  Für  das  eigent- 
liche chinesische  Kulturgebiet  decken  sich  ja  die  Hauptperioden  in  ihren 
großen  Zügen  mit  denen  Mittel-  und  Nordeuropas. 

Die  alten  Chinesen  haben  verhältnismäßig  früh  über  ihre  prähistori- 
schen Entwicklungsperioden  nachgedacht  und  aus  Gräber-  und  anderen 
Kulturfunden  ihre  Schlüsse  gezogen.  Anders  kann  ich  mir  wenigstens  die 
in  einem  alten  Historiker  niedergelegten  Anschauungen  über  die  Kultur- 
epochen nicht  erklären.  Dieselben  finden  sich  im  Texte  des  Yüe-tsüe- 
schu  f;^»^^^)?  eines  Werkes  über  die  Geschichte  des  Staates  Yüe, 
das  früher  einem  der  bevorzugten  Zeitgenossen  und  Schüler  des  Konfuzius, 
Tz'i-kung,  zugeschrieben  wurde,  wahrscheinlich  jedoch  mit  allerhand  Zu- 
sätzen versehen,  im  Jahre  52  n.  Chr.  in  seiner  späteren  Gestalt  redigiert 
wurde  (s.  den  großen  Katalog  der  Kaiserlichen  Bibliothek  in  Peking  Kap.  66, 
S.  3  ff).  Die  genaue  Zeitbestimmung  beruht  auf  einer  am  Ende  des  zweiten 
Buches  vorkommenden  Bemerkung,  wonach  von  der  Zeit,  in  der  der  König 
K6u  Tsien  (Giles,  Biogr.  Dict.  Nr.  982)  nach  Lang-ye  verzog,  bis  zum 
28.  Jahre  der  Kien -wu- Periode  567  Jahre  verflossen  seien.  Immerhin  ist 
es  wahrscheinlich,  daß  der  Verfasser  zeitgenössische  Aufzeichnungen  vor 
sich  gehabt  hat,  so  daß  uns  die  Wahl  freisteht,  ob  wir  die  darin  ausge- 
sprochenen Ansichten  dem  V.  Jahrhundert  v.  Chr.  oder  dem  I.  Jahrhundert 
n.Chr.  zuschreiben  wollen.  Die  im  11.  Buche  enthaltene  Weisheit  über  alte 
Wunderschwerter  ist  zwar  eitel  Legende ;  uns  interessiert  nur  die  Antwort, 
die  ein  Schwertsachverständiger  namens  Föng-hu  (1^]^  ^)  dem  Fürsten 
von  Tsch'u  (^^)  gab,  als  dieser  seine  Verwunderung  darüber  aussprach, 
daß  auch  ein  eisernes  Schwert  die  Wunder  tun  könne,  wie  sie  gewissen 
altberühmten  Bronzeschwertern  zugeschrieben  werden.  Der  Philosoph  ant- 
wortete: »Das  Avird  so  durch  die  jeweilige  Zeit  erzeugt«,  [J^  ^^  '^ 
0t',    "in    den   Zeiten    des    Hien-yüan,    des    Schön -nimg   und   des    IIo  -  sü 


216  Hirth:    Chinesische  Ansichten  filjer  Bronzetrommehi. 

wurden  Waffen  aus  Stein  gefertigt«,  |f  ^  jflj  ^  U ^  :^  H#  J^  5 
^_£;  «man  zerspaltete  Baumholz  und  machte  Paläste  und  Häuser;  die 
Toten  wurden  von  Drachen  geborgen,  denn  Gott  der  Herr  hatte  es  so  ge- 

Zeit  des  Huang-ti  wurden  Waffen  aus  Ne])hrit  gefertigt,  um  Baumholz  zu 
fällen  zuir  Häuserbau  und  in  die  Erde  zu  ])ohren,  denn  der  Nephrit  war 
auch  eine  göttliche  Materie«,  ^^"^  :tW  \ä^1^^\ki^  M 
;tc:§'g'^Mtfi^3£^Jii$4^-tfc'  """^  ^a  noch  der  Herr  es  so 
fügte,  wurden  die  Toten  von  Drachen  geborgen«,  ^C^M^E^tl^^^ 
^  rfij^^^"'  "^'"^  ^^''*  ^^^  Höhlen  des  Yü  wurden  Waffen  aus  Bronze 
(Ku})fer)  gefertigt,  um  damit  bei  I-k'üe  in  die  Erde  zu  bohren  und  durch  das 
Lungtor  zu  dringen,  den  Stromlauf  des  Kiang  und  des  Ho  zu  regulieren, 
die  im  Osten  in  das  Ostmeer  fließen;  als  die  Welt  vollständig  im  Fiieden 
und  geordnet  war,  baute  er  Paläste  und  Häuser.  Wie  sollte  dies  nicht  die 
Kraft  de.  Herrn  sein ;-.    ^  5^:  :t  P#  «  IIbI  'ij  Ä  W  S  1^  ü  M  Ä 

i^  ^  '^  ^^.  "In  der  Jetztzeit  machen  wir  eiserne  AVaffen,  respektvoll 
gehorcht  man  der  Militärmacht;  wenn  man  dies  im  Reiche  hört,  wird  sich 
alles  unterwerfen.    Dies  ist  auch  die  göttliche  Wirkung  der  eisernen  Waffen«, 

Spraclie  und  Gedankengang  des  geschwätzigen  Philosophen  entsprechen 
recht  gut  der  Zeit,  in  die  das  Zwiegesjjräch  verlegt  wird,  d.  h.  dem  Anfang 
des  V.  Jahrhunderts  v.  Chr.  Was  uns  daran  hauptsächlich  interessiert,  ist 
der  Versuch  zur  Periodeneinteilung.  Wir  dürfen  daraus  für  das  cliinesische 
Kulturgebiet  etwa  die  folgenden  Zeiten  abstrahieren. 

1.  Die  Steinzeit  als  Urzeit,  bezeichnet  durch  die  Namen  Hien-yüan 
(hier  nicht  wie  in  der  landläufigen  Chronologie  auf  Huang-ti,  sondern  auf 
einen  noch  vor  den  Urkaiser  Fu-hi  verlegten  Weltbeherrscher  zu  beziehen, 
also  etwa  3000  v.  Chr.),  Schön -nung  (2737 — 2705  v,  Chr.)  und  Ho-sü  (einen 
noch  vor  dem  erstgenannten  eingereihten  mythischen  Herrscher  (s.  P'ei- 
wön-yün-fu  Kap.  6,  S.  98).  Stein waffen,  in  diesem  Falle  Werkzeuge, 
werden  zum  Spalten  von  Holzblöcken  und  zum  Häuserbau  verwendet. 
Es  folgt 

2.  eine  Nephritzeit,  von  der  Zeit  des  Kaisers  Huang-ti  (2704  bis 
2Ö95,  nach  den  Annalen  der  Bambusbücher:  2491  —  2389;  s.  Arendt,  Syn- 
chron. Regen  tentabellen)  bis  aufYü  (2205—2198,  oder  1989—1982). 

3.  Die  Bronzezeit,  von  Yü  bis  zur  Zeit  des  Föng-hu-tzi,  d.  i. 
vom  XXII.  oder  XX.  Jahrhundert  bis  etwa  500  v.  Chr.     Von  da  ab 

4.  die  Eisenzeit. 

Die  Grenzen  der  Perioden  sind  natürlich  sehr  unbestimmt,  und  die 
Chronologie  als  Grundlage  der  Geschichte  bis  herab  aufYü,  und  vielleicht 
noch    darüber   hinaus,    unzuverlässig;    doch    darf  man   annehmen,   daß   der 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  217 

Verfasser  mit  den  Zahlen  der  seiner  Zeit  landläufigen  Chronologie  rechnet. 
Die  Nephritzeit  würde,  gewissermaßen  unserer  neolithischen  Periode  ent- 
sprechend, dem  XXVII.  bis  XXII.  oder  XX.  Jahrhundert  angehören.  Von 
da  ab  datiert  der  chinesische  Prähistoriker  seine  Bronzezeit,  was  durch  die 
Tatsache  unterstützt  wii"d,  daß  wir  den  Bronzeguß  für  kunstvolle  Opfer- 
gefäße bereits  unter  der  Dynastie  Shang,  d.  i.  vor  1122  a\  Chr.,  verwendet 
finden  und  daß  jahrhundertelange  Kunstübung  jenen  höheren  Leistungen 
vorausgegangen  sein  muß.  Es  ist  charakteristisch  und  spricht,  wenn  die 
zitierte  Rede  als  Umschrift  eines  aus  der  Zeit  des  Konfuzius  stannuenden 
Textes  angesehen  werden  darf,  gegen  die  Zuverlässigkeit  des  Yü-kung  in 
bezug  auf  Eisen,  daß  Füng-hu-tzi  von  diesem  Metall  zu  Yüs  Zeiten  nichts 
zu  berichten  weiß. 

Wenn  der  Philosoph  das  Einsetzen  der  Eisenperiode  in  seine  eigene 
Zeit,  d.  i.  etwa  das  Jahr  500,  verlegt  ( ^  jl^  ^^  0^  f ^  ^  ^)»  so  dürfen 
wir  darunter  verstehen,  daß  man  soeben  gelernt  hatte,  eiserne  Schwerter 
zu  schmieden  und  daß  vielleicht  Geräte  aus  Eisen  schon  längere  Zeit  im 
Gebrauche  waren,  wie  wir  aus  einer  Stelle  des  Philosophen  und  Statistikers 
Kuan-tzi  schließen  dürfen.  Dies  schließt  nicht  aus,  daß  einesteils  das 
sporadische  Vorkommen  eiserner  Waffen  auf  chinesischem  Gebiete  schon 
Jahrhunderte  vor  dem  Jahre  500  v.  Chr.  zugegeben  werden  darf  und  daß 
anderenteils  Jahrhunderte  vergangen  sein  mögen,  bis  der  im  Gebrauch  be- 
findliche Vorrat  an  Bronzewaffen  tatsächlich  durch  eisei'ne  ersetzt  war. 
Wir  haben  ja  gesehen,  daß  Ts'in-shi'-huang-ti  noch  209  v.Chr.  Bronze- 
waffen einsammeln  ließ;  vermutlich  auch  nur  so  viel  als  zum  Gießen  seiner 
Kolossalfiguren  nötig  war.  Über  das  sporadische  Vorkommen  eiserner 
Waffen  vor  dem  VI.  Jahrhundert  sind  wir  nur  auf  Vermutungen  angewiesen. 
Der  Legende  nach  müßte  »das  Schwert  K\in-wu>'  (^^'■>  auch  jS|§? 
möglicherweise  »Schwert  aus  dem  Lande  K\m-wu«  oder  »Schwert  des 
K'un-wu«,  da  die  Überlieferungen  unklar  sind)  das  älteste  Beispiel  einer 
vermutlich  aus  Eisen  oder  Stahl  gefertigten  Waffe  sein.  Im  Schi'-king 
(Legge  S.  642)  wird  ein  Personen-,  wenn  nicht  Völkername  K'un-wu 
i^^')  ^ßben  dem  des  bösen  Kaisers  Kie  von  der  Dynastie  Hia 
(XIX.  Jahrhundert  v.  Chr.)  erwähnt.^  Doch  scheint  dieser  Name  wie  auch 
andere  auf  Persönlichkeiten  gerichtete  Erklärungen  mit  dem  Schwerte  nichts 
zu  tun  zu  haben.  In  Verbindung  mit  dem  Namen  eines  Schwertes  wird 
der  Ausdruck,  wie  es  scheint,  zuerst  vom  Philosophen  Lie-tz'i  (Kap.  5, 
S.  16)  gebraucht.  Die  Stelle  lautet:  »Als  Kaiser  Mu-wang  (regierte  von  1001 
bis  947,  nach  der  Chronologie  der  Bambusbücher  von  962  bis  908  v.  Chi'.) 
seinen  großen  Krieg  gegen  die  westlichen  Jung  (Hunnen)  führte,  brachten 
ihm  diese  das  K'un-wu-Schwert  dar,  mit  aus  Stahl  geschmiedeter  i-oter 
Klinge 2,   womit  man  Nephrit   wie   Ton    zerschneiden    konnte«  (j^^p^E 


1  Vgl.  SchT-ki  bei  Chavannes,  Memoires  historiques  usw.  Bd.  I,  S.  180, 
Anm.  3. 

2  Da  in  dem  ebenso  albernen  wie  uralten  Werke  Shan-hai-king  ein  Kupfer 
erzeugender  Berg  K'un-wu  erwähnt  wird,  halten  viele  chinesische  Autoren  das  K'un- 


218  Hieth:    Cliinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

"^i^O'^'/ÜiM)'  ^'^  ^^"^  Philosoph  Lie-tzi,  wenn  er  überhaupt  ge- 
lebt hat  (vgl.  (Jiles,  Biogr.  Dict.  Nr.  1251),  in  dem  nach  ihm  benannten 
Werke  dem  IV.  oder  V.Jahrhundert  v.Chr.  angehört,  so  dih"fen  wir  in 
dieser  Stelle  schwerlich  ein  Zeugnis  für  das  Alter  der  Schwertindustrie  in 
China  sehen;  als  die  legendären  Ansichten  jener  Zeit  wiederspiegelnd  scheint 
sie  jedoch  anzudeuten,  daß  das  Schwertschmieden  in  den  bekannten  Eisen 
erzeugenden  Gebieten  im  Nordwesten  Chinas  ursprünglich  in  den  Händen 
der  Hunnen  lag,  die,  soweit  die  chinesische  Geschichte  reicht,  als  nördliche 
und  westliche  Nachbarn  der  Chinesen  des  Altertums  zu  betrachten  sind.' 
T'au  HiHig-king  (451 — 536  n.  Chr.)  erwähnt  in  seinem  Tau-kien-lu 
(TT^lJ^^  S.  IB)  ein  eisernes  Schwert  des  Kaisers  K'ung-kia  (im  XIX. 
oder  X\'1I.  Jahrhundert  v.  Chr.),  doch  dürfen  wir  dieser  Stelle  gerechtes 
Mißtrauen  entgegenbringen. 

So  früh  der  Legende  nach  die  Eisenindustrie  in  Nordwestchina  vor- 
handen gewesen  sein  mag,  und  so  sicher  es  ist,  daß  das  Eisenmonopol  der 
chinesisclien  Regierung  bereits  unter  Wu-ti  im  Jahre  119  v.  Chr.  eingeführt 
wurde  (s.  Schi-ki  Kap.  30  und  T'  ung-kien-kang-mu  im  Jahre  119  v.Chr.), 
so  wenig  haben  wir  doch  Grund  anzunehmen,  daß  die  für  den  Norden 
Chinas  selbstverständliche  Ausbreitung  des  Gebrauchs  eiserner  Waffen  auch 
für  die  abgelegenen  Bergschluchten  der  südlichen  Barbaren  gilt.  Selbst  im 
Norden  war  es  noch  gar  nicht  so  lange  her,  daß  die  Bronze  immer  noch 
das  Hauptmaterial  für  die  Waffenindustrie  bildete.  Denn  noch  im  Jahre 
175  V.  Chr.  gibt  der  Staatsmann  Kia  I  (Giles  Nr.  321)  in  einer  auf  Münz- 
reformen gerichteten  Denkschrift  (Ts'ien -han-schu  Kap.24B,  S.  5)  dem 
Kaiser  Wön-ti  den  Rat,  das  Kupfer  zum  Regierungsmonopol  zu  machen, 
wodurch  außer  anderen  Übelständen  der  Verwendung  des  INIetalls  zur  Her- 
stellung von  Waffen  vorgebeugt  werde  (il^||fj)  !^  '^  j^  f1^:R  §§)'  '^^  "''■"' 
der  Scholiast  bemerkt:  »im  Altertum  wurden  Waffen  aus  Kupfer  (Bronze) 
verfertigt«,  und  Tsch'öng  Ta-tsch'ang,  der  in  seinem  Yen-fan-lu  (Kap.  10, 
S.  8)  diesen  Kommentar  zitiert,  fügt  hinzu:  ..Danach  hätten  die  Han  noch 
Waffen  aus  Bron.e   gomacl.t.    (l^  "4"  JitÄ  JSJ^-t^llt  ilJ '^  Ji  A5i 


wu  für  ein  Bronzeschwert.  Es  ist  jedoch  auch  niöglicli,  daß  im  Texte  des  Lie-tzT 
^,  k'ang,  Stahl,  fälschlich  für  ^[3  t'ung,  Kupfer  oder  Bronze,  gesetzt  worden  ist, 
da  schon  Kiang  Yen  im  VI.  Jahrhundert  die  letztere  Lesart  vertritt  (Kuang-po- 
wu-tschT  Kap.  23,  S.  28). 

1  Ich  bin  geneigt,  mit  dem  Japaner  Shiratori  (s.  B.  Munkäcsi  im  Keleti 
Szemle  IV,  1903,  S.  241)  die  in  der  ältesten  chinesischen  Geschichte  und  von  den 
Chinesen  selbst  mit  den  späteren  Hiung-nu  identifizierten  Völiiernanien  Hfln-yü 
und  Hien-yün  als  verschiedene  Transkriptionen  derselben  Wurzel  Hunnu  anzu- 
sehen. Dazu  konnnen  vielleicht  auch  noch  andere  alte  Namen,  wie  K'üan  und 
selbst  Jung.  Sollte  nicht  auch  das  Epitheton  K'un-wu  bei  dem  Schwerte  des 
Mu-wang  mit  dem  Namen  der  Barbaren  zusammenhängen,  von  denen  es  die  Legende 
abstammen  läßt?    K'un- wu-kieu  wäre  danach  mit  "Hunuenschwert»  zu  übersetzen. 


HiRTu:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetronimehi.  219 

Das  T'u-schu-tsi-tsch'öng  (27,  Kap.  341  ad  finem)  zitiert  aus  dem 
Ji-tschi-lu  (  Q  ^n^l^'  "^  ti'iily  valuable  collection,  published  about  1673«, 
Wylie  S.  130)  einen  längeren  Bericht  über  die  allmäliliche  Verdrängung  der 
Bronze  durch  eiserne  Waffen.  Danach  setzte  dieselbe  unter  den  älteren 
Han  ein,  griff  dann  unter  der  zweiten  Han- Dynastie  noch  mehr  um  sich 
( ZU  ]/!^  ^  iy^  ^  ^^ -^  1^ '  ^""  ^^^  Bronzewaffe  gesagt),  und  schließ- 
lich wird  die  Anfertigung  einiger  Schwerter  und  Dolche  im  Jahie  219 
n.  Chr.  als  wohlgelungener  Eisen-  (oder  Stahl-)  Waffen  als  der  Zeitpunkt 
angeführt,   in   dem  keine  Bronze    mehr  verwendet   wurde    (^^«"JIlH^ 

SÄi^^B^^ÄllRl^)-  ^^'-  B^'-i^l^t  ^^^  I-tschMu  ist  einem 
Werke  des  Kiang  Yen  (/XV^S'  443—504  n.  Chr.;  s.  Giles  Nr.  345),  dem 
T'ung  -  kien  -  tsan  (4"[ßl  ^Ij  ^S '  ^'  ^'  »Abhandlung  über  Bronze- 
schwerter«) entnommen,  das  nur  einige  Generationen  jünger  ist  als  die 
darin  niedergelegten  Bemerkungen  über  den  Niedergang  der  Bronzeindustrie 
in  bezug  auf  Schwerter.  Kiang  Yen,  dessen  Text  im  Kuang-po-wu- 
tschi  (ßtS^'^^'fe'  K*P-  32,  S.  27— 32)  abgedruckt  ist,  beruft  sich 
auf  Tschang  Hua  (Jgl^,  232—330  n.  Chr.;  s.  Giles  Nr.  65)  als  Verfasser 
des  Po-wu-tschi  (\^  l}^^  ^)'  ^^^  behauptet,  daß  »zu  seiner  Zeit, 
d.  h.  im  III.  Jahrhundert,  Bronzearbeiter  nicht  mehr  zu  finden  waren 
und  daß  man  dieselben  nur  noch  in  Schu,  d.  i.  Ssi-tsch'uan,  und  bei  den 
K'iang,  d.  i.  den  Tanguten  (oder   »bei  den  Tanguten  von  Schu")  antreffe-, 

MMZ:^^^- tÄ W t# Pt  ^ Wi ^ 4» 0# W-  i^^""*^  «^^^  /"^*^* 

so  gut  wie  bei  den  K'iang  oder  Tanguten  der  Bronzeguß  auch  bei  den 
Barbaren  an  der  Grenze  von  Tung-king  erhalten  haben!'  Es  sieht  fast  so 
aus,  als  ob  eine  Legende,  die  sich  in  verschiedenen  Versionen  in  den  alten 
Historikern  wiederfindet,  eine  Anspielung  auf  die  Einführung  des  Eisens  in 
Annam  enthält.  Nach  der  vom  T'ung-tien  und  von  Ma  Tuan-lin  (vgl. 
d'Hervey,  Meridionaux  S.  426)  abweichenden  Version  des  Tsin-schu 
(Kap.  97,  S.  15)  war  der  Usurpator  Wön,  der  sich  336  n.  Chr.  des  Thrones 
von  Lin-i  bemächtigte,  früher  ein  gemeiner  Sklave  gewesen.  Er  sieht 
eines  Tages  in  einem  Bache  zwei  Karpfen  spielen.  Dieselben  verwandeln 
sich  in  Eisen.  Daraus  schmiedet  er  zwei  Schwerter,  mit  denen  er,  unter- 
stützt durch  einen  Zauberspruch ,  eine  Felswand  zerspaltet.  Darauf  kommen 
reisende  Kaufleute,  die  dem  Fürsten  von  Lin-i  zeigen,  wie  man  Paläste 
und  Städte  baut  und  Waffen  verfertigt.  Nach  dem  T'ung-tien 
(Kap.  188,  S.  13)  hatten  Kaufleute  diese  Künste  auf  ihren  Reisen  nach  Lo- 
yang  von  den  Chinesen  erlernt. 

Ich  will  auf  die  zahlreichen  Fälle,  in  denen  von  der  Herstellung  von 
bronzenen  Prachtschwertern  {pau-kim  ^'wlj)  nach  der  Zeit  der  llan- 
Dynastie  gesprochen  wird,  nicht  eingehen,  da  dieselben  schwerlich  für  den 
Armeegebrauch  bestimmt  waren.  Nur  einen  späten  Fall  will  ich  noch  an- 
führen, da  es  sich  dabei  um  größere  Mengen  handelt.  T'au  Hung-king 
berichtet  in  seinem  Tau-kien-lu  (S.  5),  der  Kaiser  Sun  K'üan  der  Dynastie 


220  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi. 

Wu  habe  im  Jahre  226  n.Chr.  Wu-tsch'ang- Kupfer  und  Eisen  gesammelt,  um 
1000  zweischneidige  Schwerter  und  10000  Messer  (oder  einschneidige 
Schwerter),  3  7i„tiiß  lang,  zu  verfertigen:  Die  Köpfe  der  Messer  waren 
viereckig;  sie  wurden  aus  Nan  -  kün  -  Kupfer  und  mit  Kohlen  aus  Yüe 
(Südchina)  gefertigt  {^^WW.li>-M^Ji-if^B^^mMW 

^4:J^).  Icli  bin  mir  darüber  nicht  ganz  klar,  ob  es  sich  Ijei  der  Ver- 
wendung des  Kupfers  von  Nan  (:=  Nan -kün),  womit  die  Erzeugnisse  des 
Kingberges  im  Gebiet  von  Nan-kün  gemeint  sein  dürften  (s.  Höu-han- 
schu  Kap.32,  S.6B,  Schöbe  zu  [  |t  tß]  T^J  UJ  ^  UjWÄHÄ^ 
^||j{iyi  [(^^^^),  um  Klingen  oder  um  Grille  der  Kurzschwerter 
handelt.     Jedenfalls  wurde  Kupfer  zu  ihrer  Herstellung  verwendet. 

Wenn  übrigens  Tschang  Hua  um  300  n.  Chr.  den  gänzlichen  Stillstand 
der  Bronzeindustrie  mit  Ausnahme  derjenigen  der  Tanguten  von  Ssi-tsch'uan 
konstatiert,  so  vei'weist  der  Verfasser  des  Ai-j  i-tsch'ai-ts'ung-tsch'au 
(^  H  ^^^i'  Kap.  1 ,  S.  15B)  mit  Recht  auf  die  berühmte  Bronze- 
trommel des  liunnenfürsten  Ilo-lien  P'o-p'o  (^|^J^^^)'  ^^^^'  ^'^1'  ^^^ 
Verwandten  des  großen  Königsgeschlechtes,  dem  auch  Attila  angehörte,  mit 
Stolz  einen  Nachkommen  des  chinesischen  Kaisers  Yü  nannte  (H^3^  Wt 
-^■f^iöl'  Tsin-schu  Kap.  130,  S.  5B)  und  daraufhin  die  von  ihm  be- 
gründete kurzlebige  Dynastie  mit  Sitz  im  Orduslande  als  Hia  -  Dynastie 
bezeichnete  (vgl.  Deguignes,  Geschichte  der  Hunnen  und  Türken, 
übers.  Dähnert,  Greifswald  1770,  V,  S.271f.).  Derselbe  ließ  außer  anderen 
kunstvollen  Arbeiten  eine  große  Bronzetron)mel  gießen  C^M  ^S  j|p)  ^^  y^ 
g^),  sowie  gewisse  mythologische  Figuren,  Kamele,  Drachen  u.  dcrgl.  Tiere 
aus  Bronze,  mit  echtem  Gold  verziert,  die  er  vor  seinem  Palaste  aufstellen 

Mx^lÜü)'  ^"'  i'^i'i-^f^l^'i-so  Abt.  Kin,  Fol.  39 ,  wird  eine  mit  dieser 
Trommel  identifizierte  Inschrift  nebst  einem  Stück  des  Trommelrandes  mit- 
geteilt, das,  wenn  die  Illustration  einer  bewährten  Quelle  entstammt,  auf 
eine  Platte  von  reichlich  1 Y2  Fuß  im  Durchmesser  schließen  läßt.  Als 
Quelle  wird  ein  Inschriften-  und  Handschriftenwerk  aus  dem  Anfang  des 
XII.  Jahrhunderts,  das  Kuang-tsch'uan-schu-po  (  ^  jll^^»  s.  den 
großen  Katalog  der  Kais.  Bibl.  von  Peking,  Kap.  112,  S.  33)  angeführt. 
Die  Inschrift  lautet:  fj^  tJ)  ^  H::  ^  ^  |§^  ^^  ^  '^- ^i-  "der  (Guß-) 
Meister  Huan  im  7.  Monat  des  ersten  Jahres  Lung-schöng« ,  das  dem  Jahre 
408  n.  Chr.  entspricht.  So  zuverlässig  die  Tatsache  an  und  tur  sich  ist, 
insofern  die  Stelle  des  Tsin-schu  in  Betracht  kommt,  so  unsicher  fühle 
ich  mich  in  bezug  auf  die  weiteren  Ausführungen  des  Kin-schi-so,  wo- 
nach die  Trommel  »den  von  den  südwestlichen  Barbaren  angefertigten  in 
Gestalt  vmd  Arbeit  sehr  ähnlich«  war  (]i"[^  ^  ^  ^  :^  ^  I^  ]^  ^ 
S/r^^V  Es  wird  dem  Kuang-tsch'uan-schu-po,  einem  Werke,  dessen 
bona  fides  keinem  Zweifel  unterliegt,  hier  sowohl  wüe  in  der  Öling-Enzy- 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  221 

klopädie  T'ien-tschung-ki  (Kap.  43,  S.  32)  ein  Zitat  aus  dem  Schi- 
liu-kuo-ki  ("Pt"^^^^)  des  Ts'ui  Hnng  (-^'/Jf,^)  zugeschrieben.  Es 
scheint  mir  zweifelhaft,  ob  es  wirklich  daher  stammt,  da  dieses  Werk  der 
Wei- Dynastie  (V.Jahrhundert)  früh  verloren  gegangen  und  erst  unter  der 
Ming- Dynastie  unter  demselben  Titel  aus  einzelnen  Daten  des  Tsin-schu, 
Pei-sch'i,  Ts'ö-fu-yiian-kui,  T'ai-p' ing-y  ü-lan  und  ähnlicher  alter 
Werke  wieder  zusammengestellt  wurde,  weshalb  es  auch  in  dem  Sammel- 
werk Han- w  ei-ts'ung-schu  nur  in  Fragmenten  aufgenommen  wurde. 
Vgl.  Wylie  S.  32:  »One  of  the  most  ingenious  cases  of  literary  fraud  on 
record.»  Die  Kritik  der  im  Kin-schi-so  mitgeteilten  Inschrift,  sowie  der 
scheinbar  als  Pause  hinzugefügten  Abbildung,  wird  vielleicht  von  dem  Auf- 
finden der  Originalstelle  im  Kuang-tsch'uan-schu-po  abhängen.  Es 
fragt  sich:  wann  und  von  wem  ist  die  Trommel  tatsächlich  gesehen  und 
untersucht  worden?  In  dem  im  Han- wei-ts'ung-schu  der  Hunnen- 
Dynastie  des  Ho-lien  P'o-p'o  unter  dem  Titel  Hia-lu  (W^^)  niitgeteilten 
Abschnitt  kann  ich  die  Stelle  nicht  finden. 

Da  die  Erzeugung  des  Eisens  bei  den  Chinesen  Regierungsmonopol 
war,  so  darf  man  annehmen,  daß  es  für  die  Man -Barbaren  nicht  so  leicht 
war,  sich  das  chinesische  Produkt  zu  verschaffen.  Nach  Sch'i-ki  (Kap.  113, 
S.  2B)  wurde  zur  Zeit  des  Königs  Tschau  T'o  die  Ausfuhr  eiserner  Geräte 
oder  AV äffen  nach  den  Gebieten  der  Man -Barbaren  geradezu  verboten  (0* 

^  nt-  ^  t]  If  S  iS/ffi  1  rtT  m  ^)-  ^^^ '-^r  f^ßte  Tschau  T'o  diese 
Maßregel  als  eine  gegen  ihn  gerichtete  Intrigue  auf,  aber  es  liegt  doch  in 
der  Natur  der  Sache,  daß  der  chinesische  Hof  bemüht  war,  den  sich  fort- 
während auflehnenden  Grenzbarbaren  möglichst  die  Mittel  zu  entziehen, 
die  ihnen  zum  Erfolg  helfen  konnten.  Es  scheint  mir  fraglich,  ob  jenes 
Eisenverbot  je  wieder  aufgehoben  wurde.  Solange  die  Barbaren  keine  ander- 
weitige Verwendung  für  ihre  alten  Bronzewaffen  hatten ,  wie  z.  B.  der  Kaiser 
Shi-huang-ti,  mag  auch  kein  Grund  vorgelegen  haben,  sich  derselben  zu 
entäußern.  So  lesen  wir  denn  in  einem  Werke  des  III.  Jahrhunderts  n.  Chr., 
im  Nan-tschou-i-wu-tsch'i  (]^')*H^4^^»  zitiert  im  T'ai-jj'ing- 
yü-lan  Kap.  786,  S.  3),  daß  die  Wu-hü  {t^)^^)^  ein  auch  im  Höu-han- 
schu  (Kap.  116,  S.  10)  als  ein  Barbarenstamm  erwähntes  Volk,  das  sich 
170  n.  Chr.  den  Chinesen  unterwarf,  178  aber  wieder  abfiel  und  181  mit 
anderen  Stämmen  an  der  Grenze  von  Kuang-tung  und  Tung-king  hauste, 
mit  acht  Zoll  langen  vergifteten  bronzenen  Pfeilspitzen  schössen  (j^ 

Zu  diesen  Pfeilspitzen  gesellt  sich  nun  noch  ein  Artikel,  von  dem 
wir  wissen,  daß  er  zu  den  Waffen  der  südlichen  Barbaren  gehörte,  die 
Armbrust,  deren  Drücker  und  Schlösser  zur  Zeit  der  Han  sicher  aus 
Bronze  verfertigt  wurden  (vgl.  Forke,  »Über  die  Chinesische  Armbrust«, 
Verhandig.  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Ur- 
geschichte, 1896,  S.  275).  So  findet  sich  im  K in -seh  i- so  (Abt.  Kin,  Bd.  II, 
Fol.  30)  ein  »bronzenes  Armbrustschloß..  (Hfll^t^)  »"t  Inschrift  noch  vom 


222  Hibth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

Jahre  218  n.Chr.^  Nach  einem  Berichte  des  Kuaug-tung-sin-yü  (Kap.  16, 
S.  13 Bf.)  waren  die  Bewohner  von  Yüe  an  der  Grenze  von  Tung-king  mit 
der  Herstellung  der  Armbrust  wohl  bekannt  und  Tschati  T'o,  der  ja  alle  guten 
Einrichtungen  der  Man  mit  Hintansetzung  chinesischer  Kultureinflüsse  sorgfältig 
pflegte,  mag  diese  Kirnst  nach  Kräften  gefördert  haben.  Im  Kui-hai-yü- 
höng-tschi  (S.  llf.)  werden  die  Armbrustschützen  der  Yau- Barbaren  und 
der  fremden  Stämme  im  Südwesten  gerühmt,  die  hauptsächlich  wegen  ihrer 
mit  Schlangengift  präparierten  Pfeile  gefürchtet  waren.  Nach  dem  Nan- 
yüe-tsch'i,  zitiert  im  Ko- tschi'-k'i  ng-y  üan  (Kap.  41 ,  S.  13B),  wurden 
in  Kuang-tung  einst  Armbrustschlösser  aus  dem  Flusse  gezogen,  von  denen 
man  sagte,  sie   -stammten  aus  der  Armbrustwerkstätte  des  Königs  von  Yüe« 

Nach  diesen  Erörterungen  wird  mancher  Leser  mit  mir  die  Empfin- 
dung haben,  daß  der  Verfasser  des  K  uang- tung-sin-y  ü  zwar  nur  eine 
Vermutung  ausspricht,  wenn  er  die  Man -Barbaren  zu  Ma  Yüans  Zeiten 
noch  mit  Bronzewaffen  kämpfen  läßt,  daß  jedoch  diese  Hypothese  durchaus 
nicht  so  ungereimt  ist,  wie  es  auf  den  ersten  Blick  scheinen  könnte, 
wenn  wir  ihre  Entfernung  vom  Norden  Chinas,  ihre  isolierte  Lage,  ihren 
Kupferreichtum  und  die  Eifersucht  der  Chinesen  auf  ihr  Eisenmonopol  in 
Betracht  ziehen. 

»Die  Bronzetroniniel  ist  allem  Anschein  nach  ein  so  vollendetes  und  kompli- 
ziertes Kulturelcment,  daß  wir  sicher  noch  manches  andere  Denkmal  einer  etwaigen 
höheren  Kultur  der  Man  besitzen  würden,  wenn  eine  solche  je  vorhanden  gewesen 
wäre.  Dies  ist  jedoch,  soviel  ich  weiß,  nicht  der  Fall.  Gerade  dieses  vereinzelte 
Auftreten  der  Tronmiel  in  größerer  Menge  gegenülier  der  Armut  an  anderen  Kultur- 
crzeugnissen  scheint  dafür  zu  sprechen,  daß  wir  es  mit  einem  nicht  auf  eigenem 
Boden  entstandenen  Gewächs  zu  tun  haben,  und  die  Vergleichung  chinesischer 
Elemente  mit  dem,  was  wir  wegen  seiner  Unerklärbarkeit  für  einheimisch  halten 
müssen,  gibt  uns  einen  bedeutenden  Fingerzeig  in  bezug  auf  das  Ornament.  So 
nahe  vielleicht  der  Gedanke  liegt,  eine  kreisrunde  Oberfläche  mit  konzentrischen 
Ringen  zu  bedecken  und  deren  Zwischenraum  mit  bestimmten  Ornamenten  auszu- 
füllen, so  glaube  ich  doch  eine  geistige  Verwandtschaft  selbst  zwischen  diesen 
Produkten  einer  halbwilden  Kultur  und  z.  B.  dem  Schild  des  Achilles  wittern  zu 
können.  Die  klassischen  Bronzen  der  alten  Chinesen  enthalten  nichts,  was  an  diese 
Form  erinnert.  Erst  mit  dem  Metallspiegel  der  Dynastie  Han,  dessen  schönste  und 
berühmteste  Formen  die  sogenannten  Traubenmustcr  (p'u-t'au-irön)  bildeten  (vgl. 
Titelkupfer  in  Chines.  Studien  Bd.  I),  erscheint  diese  Art  Ausfüllung  des  Kreises 
in  der  chinesischen  Ornamentik.  Das  Traubenmuster  aber  wurde  mit  der  Traube 
selbst  vom  großen  Entdecker  Tschang  K'ien  aus  dem  Lande  Ta-yüan  (Ta-vvan, 
Groß-Wan)  in  China  eingeführt,  d.  i.  aus  dem  griechisch -baktrischen  Gebiete  in 
Zentralasieii,  das  auch  Ciiina  mit  seinen  berühmten  Pferden  und  einer  Anzahl  Kultur- 
pflanzen beglückte.« 

»Ich  glaube  in  einer  Reihe  von  Ornamenten,  die  gleichzeitig  mit  jenem  Trauben- 
muster gerade  in  dieser   Epoche  zum  erstenmal  in  der  chinesischen   Kunst  auftreten 


1  Wenn  Liu  An  in  seinem  Huai-nan-tzT  (Kap.  11,  S.  10)  sagt:  »Aus  Bronze 
kaiui  man  keine  Aiinbrust  machen«  f-loj  yf^  PT  J^;^  ^  ^^ i  -"^o  meint  er  damit  na- 
türlich den  Bogen  und  nicht  Schloß  und  Drücker  dieser  Waffe. 


HinTn:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  223 

—  Elster,  Biene  usw.  — ,  und  die  sich  auf  einigen  Metallspiegeln  vereinigt  finden, 
die  Symbole  des  baktrischen  Dionysosdienstes  wiederzuerkennen." 

"Seit  jener  Zeit  trat  bei  aller  ihrer  konservativen  Hochhaltung  des  Alther- 
gebrachten ein  großer  Umschwung  in  der  chinesischen  Kunst  ein.  Was  wir  auch 
nur  als  griechischen  Ursprungs  in  der  chinesischen  Ornamentik  zu  entdecken  ver- 
mögen (wie  z.  B.  die  Erscheinung  des  zusammenhängenden,  endlosen  Mäanders 
gegenüber  dem  zweiteiligen  altchinesischen  lei-wön,  s.  Chi nes.  Studien  Bd.  I, 
S.  233  ff.),  stammt  aus  diesen  chinesisch -baktrischen  Beziehungen  des  II.  Jahr- 
hunderts v.Chr.  Dies  der  Grund,  weshalb  das  -Tronnnelfell"  unserer  Brouzepauken 
aus  der  Ferne  so  viel  mehr  dem  Schild  des  Achilles  als  dem  Erzeugnis  eines  armen 
Barbarenstammes  in  Hinterindien  gleicht.  Dasselbe  darf  man  von  der  reichen,  von 
der  altchinesischen  gänzlich  abweichenden  Ornamentik  der  Metallspiegcl  aus  der  Han- 
Dynastie  behaupten.» 

Dazu  bemerkt  de  Groot:  »über  Hirths  Satz,  daß  in  der  Ornamentik 
der  Pauken  Symbole  des  baktrischen  Dionysosdienstes  zu  erkennen  sein 
sollen,  können  wir  mit  Stillschweigen  hinweggehen.«  Auch  ich  will  mit 
Stillschweigen  hinweggehen  über  die  Logik,  mit  der  de  Groot  meine  Aus- 
führungen mißversteht.  Habe  ich  denn  die  Symbole  des  Dionysos- 
dienstes wirklich  in  den  Ornamenten  der  Bronzetrommeln  wiederzuer- 
kennen geglaubt?  Was  ich  über  diese  Symbole  sage,  bezieht  sich  auf  die 
Metallspiegel  und  nicht  auf  die  Bronzepauken.  Meine  Ansicht  über  die 
Traubensfjiegel  der  Han  imd  die  hellenistischen  Motive  ihrer  Ornamentik 
habe  ich  in  meiner  Arbeit  »Über  fremde  Einflüsse  in  der  chinesischen 
Kunst«  (Leipzig  1896)  niedergelegt.  Der  von  mir  angedeutete  Zusammen- 
hang mit  diesen  Kunsterzeugaissen  bezieht  sich  lediglich  auf  den  Umschwung 
in  der  chinesischen  Kunst,  der  zeitlich  mit  der  Eröffnung  chinesisch -bak- 
trischer  Beziehungen  zusammenfällt.  Vor  dieser  Zeit  war  die  chinesische 
Ornamentik  in  den  Formen  der  Shang-  und  Tschöu- Dynastie  erstarrt;  erst 
nach  der  Zeit  des  Kaisers  Wu-ti  finden  wir  Kunstformen  ganz  verscliie- 
dener  Art,  eine  Erscheinung,  die  sich  nur  durch  die  veränderten  politischen 
Beziehungen  erklären  läßt.  Von  den  Kunstdenkmälern  der  Han  ist  uns  ja 
sehr  viel  veiloren  gegangen.  Wer  hätte  noch  vor  wenigen  Jahren  die  von 
Chavannes  bearbeiteten  Steinskulpturen  des  IL  Jahrhunderts  n.  Chr.  für 
chinesisch  gehalten,  wenn  man  ihm  gewisse  Partien  jener  Abklatsche  ohne 
jeden  Kommentar  zur  Beurteilung  vorgelegt  hätte?  Die  gründhchste  Kennt- 
nis früherer  wie  späterer  Formen  der  chinesischen  Kunst  hätte  vor  einem 
Rätsel  gestanden.  Wer  kann  wissen,  ob  es  uns  nicht  eines  Tages  ähnlich 
mit  den  Bronzetrommeln  gehen  wird? 

•  Über  das  Ornament  Ihrer  Bronzetrommehi  will  ich  nicht  allzu  viele  Ver- 
mutungen aufstellen,  bis  ich  nicht  eine  größere  Anzahl  von  Objekten  gesehen  und 
im  Detail  studiert  habe,  wozu  mir  hier  jede  Gelegenheit  fehlt.  Der  Frosch  ist  in 
der  chinesischen  Kunst  kein  allzu  häufiges  Ornament.  Aus  den  chinesischen  Texten 
geht  nicht  hervor,  welche  Spezialität  des  Frosches  mit  dem  Bronzetronnnelfrosch 
gemeint  ist,  ob  Ochsenfrosch,  Laubfrosch,  Kröte  usw.;  ja  selbst  von  -Kaulquappen., 
habe  ich  gelesen,  die  auf  der  Trommel  abgebildet  waren.  Der  buddhistische  mytho- 
logische Frosch,  der  häufig  von  Malern  als  Vorwurf  gewählt  wird  ("ein  Frosch, 
auf  der  Schulter  eines  lachenden,  meist  häßlichen  Jünglings  sitzend..,  oder  "ein 
Frosch,    eine  Wolke    aus    seinem   geöffneten   Rachen   blasend,    auf  der   ein  Tempel 


224  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

schwebt«')  ist  jedenfalls  damit  nicht  gemeint,  da  derselbe  nur  drei  Beine  hat,  was 
bei  Ihren  Troninielfröschen  nicht  der  Fall  zu  sein  scheint.  Aus  der  Besclireibung 
gewisser  Trommelfunde  ersehe  ich,  daß  diese  Trommel  lauter  imd  weiter  klang, 
wenn  der  Frosch  und  nicht  die  Seitenwand  der  Trommel  angeschlagen  wnirde.  Ich 
zweifle,  ob  diese  Angabe  sich  durch  Experiment  bestätigen  läßt.  Die  Zahl  der 
Frösche  war  verschieden." 

Frösche  haben  nach  Heger  (S.  151)  nichts  mit  dein  chinesischen  Ge- 
dankenkreise zu  tun.  Ich  möchte  diese  Behauptung  nicht  ohne  weiteres 
imterschreiben,  denn  wenn  auch,  wie  gesagt,  der  Frosch  in  der  chinesi- 
schen Ornamentik  keine  hervorragende  Rolle  spielt,  so  kommt  er  doch  vor, 
in  der  Kunst  sowohl  wie  in  der  Literatur.  In  den  verschiedenen  Be- 
schreibungen von  Bronzetrommeln,  die  mir  bis  jetzt  zu  Gesicht  gekommen 
sind  (darunter  recht  viele  bei  de  Groot  nicht  mitgeteilte)  finde  ich  das 
Froschornament  unter  folgenden  Namen  erwähnt:  1.  wa  ^a  ;  2.  ^^s» 
das  sitzende,  kauernde  wa;  3.  wa-ho  ^mA^'i  4-  ha-ma  jl|^  ^^ ;  5.  ma  -^ ; 
6.  Ic^o-üm  ^\^  (Kuang-tung-sin-yü  Kap.  16,  S.  4)  und  7.  tsch'an- 
tscJiu  i^|4^-  r^if^  unter  1  bis  5  angeführten  Ausdrücke  beziehen  sich 
nach  der  jetzigen  Terminologie  sämtlich  auf  den  Frosch  oder  Froscharten; 
Nr.  6,  Jc'^o-töu,  ist  die  Kaulquappe,  die  ich  nur  in  der  Schilderung  eines 
in  den  Jahren  1403 — 1425  in  Wan-tschöu  auf  Ilainan  entdeckten  Exem- 
plares  erwähnt  finde.  Auch  die  Kröte,  tscKan-tscTiu,  wird,  soweit  ich 
mich  erinnere,  nur  im  Kui  -  h  ai-yü-höng-tschi  erwähnt  (de  Groot 
S.  85  fw/ra).  Möglicherweise  werden  die  beiden  Tiere,  die  ja  auch  bei  uns 
der  Laie  nur  an  der  Art  ihrer  Fortbewegung  zu  unterscheiden  pflegt,  in 
den  beschreibenden  Texten  verwechselt.  Von  beiden  zu  trennen  ist  der 
mythologische  Frosch ,  wie  er  in  Bronzewerken  und  Gemälden  häufig  genug 
dargestellt  wird.  Er  unterscheidet  sich  dadtirch,  daß  er  nur  drei  Beine  hat. 
Im  Mo-p'u  des  Fang  Mi-tschi  ("y^^^Sfa)'  ^i'^^ni  reich  illustrierten 
Werke  über  ornamentale  Tuschstücke,  sind  zwei  dieser  Tiere  abgebildet, 
so  Kap.  3,  S.  26  ein  gesprenkelter  dreibeiniger  Frosch,  auf  der  Rückseite 
des  Tuschstückes  bezeichnet  als  Tsien- sui-tscJii,  "^,^^'  »der  Tausend- 
jährige«, und  Kap.  3,  S.  21  sehen  wir  ihn  als  wolkenspeienden  »Geist  des 
Mondes«  {yüe-tsing^  >^/^ra)'  ^"  ^^''  t^'^ ^-"gehörigen  Inschrift  wird  er  als 
tscKan-tscKu,  Kröte,  bezeichnet.  Es  scheint,  daß  man  es  früher  mit  den  ein- 
zelnen Arten  und  ihrer  Nomenklatur  nicht  sehr  genau  genommen  hat.  So 
sind  ha-ma  (Frosch)  und  isch'an-tsch'u  (Kröte)  noch  von  T'au  Ilung-kiug 
verwechselt    worden,    wie  Tsch'ön  Ts'ang-k'i  bemerkt  (|^:^0//lj^^ 

kang-mu  Kap.  42,  S.  7).  K'ou  Tsung-schi  spricht  (ebenda  S.  2  B)  auch  von 
den  »dreibeinigen  Kröten  der  Überlieferung«  ("ttfcfll  ^>5i  ^  @  ^J)' 
die  natürlich  nicht  existieren. 

Als  Symbol  des  langen  Lebens  ist  nun  die  Kröte  und  mit  ihr  ver- 
wechselt wohl  auch  der  Frosch  in  den  ersten  Jahrhunderten  unserer  Zeit- 
rechnung bei  den  Chinesen  bekannt  gewesen;  der  Buddhismus  ist  dabei 
jedenfalls    ausgeschlossen,     da    die     Kröte    dem    Erz-Tauisten     Ko     Hung 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetronimeln.  225 

(^i^'  starb  330  n.Chr.)  ein  geweihtes  Tier  war.  Derselbe  sagt  in 
seinem  Pau-p'o-tzi:  «Wenn  die  Kröte  (oder  der  Frosch)  tausend  Jahre 
alt  ist,  hat  sie  auf  dem  Kopfe  ein  Hörn,  auf  dem  Bauche  ein  rotes  Zeichen 
(nach  anderen  Zitaten  dem  Zeichen  y\,  pa,  acht,  entsprechend);  man 
nennt  sie  »das  fleischerne  tschh^  (^  ^  eine  als  Symbol  des  langen  Lebens 
geltende  Pilzart)  und  kann  sie  essen-,  |^  ^I* -f"*  ;^  i_^  |^ -f"  j^  R@  h 
WÄIIT;^»^Bl^2i^Ä'  Pön"-ts''au-irant-mu 
Kap.  42,  S.  2B;  vgl.  auch  ein  Zitat  aus  dem  Huan-yü-ki,  ^  ^i  =n, 
im  P'ei-wön-yün-fu  Kap.  4A,  S.  148B,  wo  dieselben  Eigenscliaften  dem 
ha-ma  (lllfj^jj^)  oder  Frosch  zugeschrieben  werden.  Es  dürfte  sich  also 
für  unsere  Zwecke  empfehlen,  den  Unterschied  zwischen  Frosch  und  Kröte 
nicht  allzusehr  zu  betonen.  Wir  dürfen  beide  als  Symbole  des  langen 
Lebens  betrachten,  wie  aus  einer  Stelle  des  Yün-fu-schi'-i  (ns/H't'a 
^  Kap.  21,  S.  14B)  klar  hervorgeht,  wo  gesagt  wird,  daß  in  einer  ge- 
wissen Berghölile  zu  finden  ist  »der  fleischerne  Pilz,  auch  tausendjähriger 
Frosch  genannt,  den  man  fängt  und  verzehrt,  wodurch  man  sein  Leben 
verlängern  kann«  (^  (^j  ^>  ^  iHg  ifc^  t#  M  Ä  ^  Pj  1^  ^)- 
Daliin  gehört  wohl  auch  ein  fabelhafter  Frosch,  der  vom  Lande  Tschön-la 
(Kambodscha)  eingesandt  wurde  unter  dem  Namen  Wan-nien-ko,  J£  ;fe  ^^, 
d.h.  »Frosch  der  zehntausend  Jahre«  (P'e'i-wön-y  ün-fu  Kap.  104,  S.62B). 

Für  die  in  China  gangbaren  volkstümlichen  Anschauungen  über  Frosch 
und  Kröte  könnte  man  eine  lange  Reihe  von  Stellen  anführen  (s.  u.  a.  die 
Froschkapitel  in  den  verschiedenen  Enzyklopädien,  namentlich  im  T'u-schu- 
tsi-tsch'öng  sowie  P'ei- wön-yün-fu  Kap.6,  S.155,  Kap.  21  S.  205 
bis  209  und  Kap.  104,  S.  64  nebst  den  ergänzenden  Stellen  in  den  betreffen- 
den Kapiteln  des  Yün-fu-schi-i,  und  im  Pien-tzi-lei-pien  unter  den 
verschiedenen  Stichwörtern  für  »Frosch«  und  »Kröte«). 

Ich  stimme  jedoch  mit  de  Groot  darin  überein,  daß  es  zunächst 
schwer  ist,  den  Frosch  in  seinen  Haupteigenschaften  1.  als  Symbol  des 
langen  Lebens,  2.  als  das  dem  INIonde  geweihte  Tier  (Huai-n  an-tz'i, 
n.  Jahrhundert  v.  Chr.,  Kap.7,  S.  2  B :  Q  pfl  ^  |g  ^^  ffq  ^  fJH  ^  ^f  J^^, 
»in  der  Sonne  befindet  sich  der  hiipfende  Rabe,  im  Monde  die  KrötC"), 
und   3.  als   Regenbringer   (worüber   de   Groot  S.  106 ff.)*    mit   den   Bronze- 


*  Mit  der  Anschauung  des  Regenbringens  steht  im  engsten  Zusammenhang 
der  Glaube,  daß  das  Quaken  der  Frösche  dem  Landmann  ein  sicheres  Prognostikuni 
für  den  Ausfall  der  Ernte  ist.  Das  K'au-kung-ki  (^^JUsR?  'ch  weiß  nicht, 
ob  damit  der  bekannte  Anhang  zum  Tsch6u-li  gemeint  ist,  das  Zitat  findet  sich 
im  Pön-ts'au-kang-mu  Kap. 42,  S.  9)  sagt:  »Das  Quaken  geschieht  mit  der  Kehle. 
Die  verschiedenen  Froscharten  werden  von  den  Landwirten  als  Propheten  fiir  eine 
gute  oder  schlechte  Ernte  angesehen,  je  nachdem  ihr  Quaken  morgens  oder  abends, 
laut   oder   leise   gehört   wird«,    J^  gS  H|  ^^  ü  J^I  fl  Ä^A  Ä  Ä  Ä 

:Sf-|ffi^vMM   h  SÄ'    ™d    Tschang  Iliau -plan     (:^^tf);    ^'" 

Dichter   des    IX.  Jahrhunderts   n.  Chr.,  bringt   den  Landmann   mit   seiner  primitiven 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    I.Abt.  15 


226  Hikth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

trommeln  in  Zusammenhang  zu  bringen,  wenn  man  nicht  einige  Dichterstellen 
(Pien-tzi-lei-pien  Kaj).  220  s.v.  ^||,  ^  P.^  und  ^p^)  in  Be- 
tracht ziehen  will,  worin  die  Musik  des  P'rosches  mit  dem  Ku-tscliui  ver- 
glichen wird,  z.  B.  Ou-yang  Siu's:  ^  R^  Wj^  P^  ^  P g*  B^ 5  "laut  dringt 
die  Froschmusik  an  unser  Ohr«.  Das  vom  Dichter  hier  gebrauchte  Bild 
bezieht  sich  gerade  auf  diejenige  Art  Musik,  die  den  Bai-baren  vom  Kaiser 
beschert  zu  werden  pflegte  und  in  der  die  Trommel  eine  führende,  im 
eigentlichsten  Sinne  des  Wortes  tonangebende  Rolle  spielte.  Von  Gewicht 
ist  es  allerdings,  daß  nach  chinesischem  Sprachgefühl  der  Frosch  »trommelt«, 
nicht  etwa  «flötet«  oder  »trompetet«,  wofür  ich  den  Leser  auf  Morrison, 
Dictionary  of  the  Chinese  Language  Part  II,  Vol.  I,  S.962,  ver- 
weise: ll^gii^pg»  "th^  drumming  of  frogs  and  the  thunder  of  mos- 
quitos«,  oder  auf  die  Wörterbücher  von  Williams  und  Giles,  s.  v.  wa: 
^äi  ^i  VA  ■l^  5^'  "^™SS  1^^^^  the  sixth  watch,  —  i.  e.  when  all  the 
watches  are  finish(;d  and  daylight  comes,  the  frogs  begin«  (Giles  Nr.  12, 
425).  Ich  weiß  nicht,  ob  es  damit  zusammenhängt,  daß  der  Frosch  neben 
der  Eule  in  einer  Schöbe  zu  Huai-nan-tzi  (nach  deren  Originalstelle  ich 
bis  jetzt  umsonst  gesucht  habe)  Jcu-tsau,  WjJ^^i^;  »der  Tronunler  (?)«  ge- 
nannt   wird.      Die    Schöbe    sagt    (P'ei  -  wön  -  vün  -  fu    Kap.  49,    S.  128 : 

ts'au,  das  ist  die  Eule,  nacli  anderen  der  Frosch;  am  15.  des  fünften 
Monats  bereitet  man  Eulensupj)e  oder  auch  Froschsuppe«.  Ich  möchte 
darüber  nichts  Weiteres  sagen ,  bis  ich  nicht  die  Originalstelle  in  ihrem  Zu- 
sammenhang gelesen  habe. 

Das  Geschlecht  der  Batrachier  ist  ja  überall  vertreten ,  auch  in  Nord- 
china; aber  es  scheint,  daß  gerade  die  südlichen  Provinzen  ganz  besonders 
damit  gesegnet  waren.  Wenigstens  finden  sich  Frösche  und  Kröten  in  den 
Produkten  Verzeichnissen  der  Lokalchroniken  sehr  häufig  erwähnt,  und  daß 
die  Man  des  Südens  große  Froschvertilger  waren,  wird  an  verschiedenen 
Stellen  angedeutet.  Ich  bin  oft  Stellen  wie  der  folgenden  aus  dem  Yün- 
sien-tsa-ki  vom  X.Jahrhundert  n.Chr.  (T'u-schu-tsi-tsch'öng  6, 
Kap.  1406,  tsa-ki  S.  1)  begegnet,  wo  von  den  Bewohnern  Kuang-sis  ge- 
sagt wird,  daß  sie  gern  Frösche  essen  (y}^±  ^^  |^  ^4^^)-  T'au  Hung- 
king  (Pön-ts'au-kang-mu  Kap.  42,  S.  9)  erwähnt  eine  schwarze  Frosch- 
art als  ein  bei  den  Südländern  sehr  beliebtes  Nahrungsmittel  (|^  A.:^ 
^AJS^-^^^^^\  In  einer  in  der  Froschliteratur  oft  zitierten  Ode 
des  Hau  Yü  (T'ang-schi  Kap.  12,  S.74),  worin  der  Dichter  seinem  Freunde 
Liu  Liu-tschöu  humorvoll  die  Gründe  auseinandersetzt,  weshalb  es  ihm 
nicht  gelingen  will,  sich  an  das  von  jenem  empfohlene  Leibgericht,  die 
Froschkeulen,  zu  gewöhnen,  deutet  er  an,  daß  das  Fröscheessen  eigentlich 


Wettertlieorie  in  Gegensatz  zu  jener  imaginären  Wissenschaft  von  den  fiinf  Ele- 
menten, wenn  er  sagt:  -Die  Landleute  wissen  nichts  von  den  fünf  Elementen,  ob 
Regen  oder  Dürre,  sie  prophezeien  es  aus  dem  Quaken  der  Frösche»,  ffl  ^^  Sffi 
iff  7K  ¥   h  ^M-     T'ang-schf  Kap.  19,  S.2IB. 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  227 

eine  barbarische  Sitte  ist.  Sie  kann  den  Cliinesen  von  Haus  aus  nicht 
sympathisch  gewesen  sein.  Schon  Tschöu-kung,  der  angebhche  Verfasser 
des  Tschöu-li,  jenes  ältesten  Kodexes  der  chinesischen  Staatseinrichtungen, 
liatte  seine  liebe  Not  mit  den  Fröschen.  »Denn«,  sagt  der  Dichter,  »sie 
sind  es,  deren  Tschöii-kung  nicht  Herr  wtu'de,  da  er  lehrte,  sie  mit  Asche 
zu  besprenkeln«  (jS]  4^  W  ^  ifi  ÜF^  fi  Ä  ^^  5  ^'gl-  Tschöu-li, 
Biot  II,  S.  390:  »prepose  aux  gi'enouilles«).  Die  auf  Köu  Tsien,  den  im 
V.Jahrhundert  v.Chr.  regierenden  Fürsten  von  Yüe,  zurückgeführte  Sitte 
findet  in  China  keinen  Anklang  ( '^  j^^f*^  ^  ^  ^^  ^)5  i"id  der 
seinerzeit  nach  Canton  verbannte  Ilan  Yü  »ist  beständig  in  Soi-ge,  daß  er, 
von  den  Sitten  der  Man -Barbaren  angesteckt,  den  Frohsinn  seines  ganzen 
Lebens  verlieren  könne«  (*^  f-||  ^  Sf  H  ^  T^  iff  ^)-  ^^'"  ^^i^liter 
hätte  hier  recht  gut  von  der  Symbolik  des  Frosches  etwas  sagen  können; 
aber  er  will  diesem  Geschöpf  augenscheinlich  nicht  wohl  und  tut  als  wäre 
ihm  die  lebenverlängernde  Wirkung  des  Froschessens  unbekannt.  Dafür 
erhält  Liu  Liu-tschöu  einen  historischen  Seitenhieb.  »Im  Kriege  des  Yüan- 
ting- Jahres«,    sagt   er,    »wer   hat    gewonnen,    wer   verloren?«     (yClSyTr! 

chionik  des  Ts'ien-han -schu  (Kap.  6,  S.  19)  an,  worin  gesagt  wird:  »Im 
fünften  Jahi-e  der  Periode  Yüan-ting  (^  112  v.  Chr.)  im  Sommer,  im  vierten 
Monat,  empörte  sich  Lü  Kia,  der  Minister  des  Königs  von  Nan-yüe;  er 
tötete  den  Gesandten  Chinas,  seinen  König  und  die  Königin -Witwe;  (in 
China)  allgemeine  Amnestie;  am  Tage  ting-tschou^  war  eine  Sonnen- 
finsternis,   und    im  Herbst  war  Krieg  bei  den  Fröschen«    (yV,  ^^^ 

#  ^  T  T  ii-  aft  0  W  14  ^  f<  tt  «  1  li  )•  CWna  .schickte 
den  die  Wogen  besänftigenden  General  Lu  Po-tö,  der  von  Kui-yang  aus- 
gehend den  Fluß  Huang  stromabwärts  zog,  und  den  Galeerengeneral  Yang 
Po,    der   von   Yü-chang  ausgehend  den  Fluß  Tschöng  hinabzog«    (5J"Y>^ 

~T\'l^y\^).  Kui-yang  war  ein  Füi"stentum  an  der  Nordwestgrenze  von 
Kuang-tung  und  im  Süden  von  Hu-nan,  wo  der  Name  im  heutigen  Kui- 
yang- tschou  fortlebt.  Der  Fluß  Huang  ist  nach  dem  Schan-hai-king 
identisch  mit  dem  im  Schui-king-tschu  (Kap.  39,  S.  1  ff.)  beschriebenen 
K'uangfluß  ('/St'IC)?  der  nicht,  wie  Giles  in  seinem  Wörterbuche  an- 
nimmt, zu  den  Nebenflüssen  des  Siangflusses  gehört,  sondern  sich  unter- 
halb Ying-tö  in  den  Nordfluß  von  Canton  ergießt.  Lu  Po-tös  Kollege 
war  von  der  Pi^ovinz  Kiang-si   her,    deren    alter  Name   Yü-chang  ist,    ihm 


1  Dieser  Tag  entspricht  dem  18.  Juni  112  v.Clir.  (s.  E.  Chavannes,  La  Chrono- 
logie Chinoise  de  Tan  238  a  l'an  87  avant  J.-C.  im  T'oung  Pao,  Vol.  VII, 
S.  34).  Daß  für  diesen  Tag  tatsächlich  eine  in  Nordchina  sichtbare  ringförmige 
Sonnenfinsternis  berechnet  worden  ist  (v.  Oppolzer,  Kanon  der  Finsternisse, 
Nr.  2606  auf  S.  106,  wo  nach  astronomischem  Brauch  der  Tag  mit  » —  111  VI  18» 
bezeichnet  ist),  gibt  dieser  Stelle  eine  sichere  chronologische  Grundlage. 

15* 


228  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

entgegengezogen  und  fuhr  den  jetzt  noch  »Tschöng-kiang«  genannten  Nord- 
fliiß  hinab  zur  gemeinsamen  Aktion  gegen  Canton  (P'an-yü),  wo  die  Nach- 
kommen des  Tschau  T'o  als  Fürsten  des  südhchen  Barbarenreiches  Nan- 
yüe  Hofhielten.  Die  Ereignisse  des  Jahres  112  v.  Chr.  werden  im  Shä-ki 
(Kap.  113,  S.  4  B  ff.)  imd  im  Ts'ien-han-schu  (Kap.  95,  S.lSfT.)  genügend 
deutlich  geschildert,  um  keinen  Zweifel  darüber  übrig  zu  lassen,  daß  mit 
jener  in  der  chinesischen  Hofchronik  erscheinenden  Aufzeichnung:  »im 
Herbst  war  Krieg  bei  den  Fröschen«  nur  der  Staat  Nan-yüe  gemeint  sein 
kann.  Der  unter  dem  Namen  Ming-wang  (^  3E)  kanonisierte  Tsch'au 
Ying-tsi,  derselbe  Fürst  von  Nan-yüe,  dessen  Grab  225  n.Chr.  wieder- 
entdeckt und  geöffnet  wurde,  war  ein  Uebesschwacher  Herr  gewesen.  Seine 
Gattin,  eine  Chinesin  von  Gebiu-t,  hatte  vor  ihrer  Verheiratung  ein  Ver- 
hältnis mit  einem  gewissen  An-kuo  Schau -ki  gehabt.  Als  nun  Ying-tsi 
im  Jahre  113  v.Chr.  starb  und  sein  unmündiger  Sohn  namens  Hing  unter 
der  Regentschaft  seiner  Mutter  König  wurde,  benutzte  die  chinesische  Re- 
gierung diese  Konjimktur  zu  einem  Gewaltstreich  gegen  das  Reich  der  süd- 
lichen Barbaren  und  seine  wackelnde  Dynastie,  indem  sie  den  ehemaligen 
Liebhaber  An-kuo  als  Gesandten  an  den  Hof  des  Südens  schickte  mit  dem 
Befehl,  die  Königin -Witwe  samt  dem  jungen  König  nach  China  zu  bringen. 
Bei  den  Barbaren  des  Südens  war  das  Verhältnis  der  Königin -Witwe  zu 
An-kuo  wohlbekannt,  und  die  durch  diesen  Skandal  hervorgerufene  Er- 
bitterung im  Volke  ließ  die  Empörung  des  greisen  Ministers  Lü  Kia  heran- 
reifen, der  die  Interessen  des  Barbarenvolkes  vertrat,  während  die  verliebte 
Königin -Witwe  unter  dem  Einfluß  ihres  alten  Freundes,  des  chinesischen 
Gesandten  An-kuo,  die  politischen  Pläne  der  Chinesen  unterstützte.  Das 
Ende  dieser  inneren  Kämpfe  unter  den  Führern  des  Volkes  von  Nan-yüe 
war  offene  Rebellion  unter  Lü  Kia,  der  in  den  nun  folgenden  Parteikämpfen 
siegreich  war,  den  König,  die  Königin -Mutter  und  den  Gesandten  der 
Chinesen  niedermetzeln  und  einen  anderen ,  von  einer  eingeborenen  Frau 
geborenen  Sohn  des  verstorbenen  Königs  zum  Nachfolger  ausrufen  ließ. 
Als  daher  im  Herbste  112  v.Chr.  der  erste  Fu-p'o- General  Lu  Po-tö  ent- 
sandt wurde,  um  die  siegreiche  Partei  des  Ministers  Lü  Kia  zu  bekriegen, 
so  geschah  dies  infolge  der  Kämpfe,  die  sich  unter  dem  Volke  von  Nan- 
yüe  selbst  entsponnen  hatten.  (Vgl.  wegen  ausführlicher  Details  die  Über- 
setzung von  A.  Wylie,  »History  of  the  Southwestern  Barbarians  and  Chaou- 
seen«  im  Journal  ofthe  Anthropological  Institute  ofGreat  B ritain 
and  Ireland,  August  1879,  S.  74ff.)  Nur  auf  diese  Ereignisse  kann  ich 
die  Worte  der  Hofchronik:  »im  Herbst  kämpften  die  Frösche«  (nänüich 
die  Wa  und  die  Ha-ma,  vielleicht  die  »Frösche  und  die  Kröten  miteinander») 
beziehen.  Aus  der  ganzen  Situation,  wie  sie  im  Ts'ien -han-schu  ge- 
schildert wird,  scheint  mit  Bestimmtheit  hervorzugehen,  daß  der  größtenteils 
von  Man -Barbaren  bevölkerte  ^  Staat  Nan-yüe  in  der  zitierten  Stelle  unter 


1  Daraufhin  nannte  sich  Tschau  T'o  in  einem  kurz  vor  seinem  Tode  an  den 
chinesischen  Hof  gerichteten  Schreiben  (SchT-ki  Kap.  113,  S.  3):  »Großfiihrer  der 
Man  -  Barbaren  ■>   usw. ,   |g;  ^  ^^f^  ;^  "/^  ^  ■ 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  229 

dem  Namen  »Frösche«  oder  »Frösche  und  Kröten«  (^5$^^)  genannt 
wird.  Sehr  wüi-devoU  klingt  es  allerdings  nicht,  wenn  ein  ganzes  Volk  an 
so  hervorragender  Stelle  mit  einem  Namen  belegt  wird,  der  beinahe  wie 
ein  Spitzname  klingt;  aber  es  ist  echt  chinesisch;  und  vom  chinesischen 
Standpunkt  waren  ja  die  Kämpfenden,  nachdem  sie  zur  Wahrung  ihrer 
bedi-ohten  nationalen  Unabhängigkeit  ihren  Fürsten  und  dessen  chinesische 
Mutter  sowie  sämtliche  Führer  der  prochinesischen  Partei  getötet  hatten, 
doch  nur  Rebellen ,  denen  man  keine  Achtung  schuldig  war.  Vom  Stand- 
punkte des  Hofchronisten  gab  es  keinen  Staat  Nan-yüe  mehr;  das  zeitweise 
siegreiche  Volk  bestand  nur  noch  aus  »Fröschen».  Man  darf  diesen  Spott- 
namen, wenn  ihm  nicht  etwa  eine  tiefere  Bedeutung  innewohnt,  mit  ge- 
wissen Verdrehungen  vergleichen,  die  sich  die  Kaiserin  Wu-höu  mit  den 
zwei  großen  Türkenkhanen  Ku-tu-lu  (Ilteres  Khan)  und  Mo-tscho  (Ka- 
pagan  Khan)  erlaubte,  indem  auf  Grund  offizieller  Edikte  der  Name  des 
ersteren,  seitdem  er  sich  als  Feind  des  chinesischen  Hofes  erwiesen  hatte, 
in  Pu-tsu-lu  (s.  meine  Nachworte  zur  Inschrift  desTonjukuk  S.  23 
und  S.  64  Anm.  18),  der  des  letzteren  in  »Tschan-tscho«  (nach  Kiu-t'ang- 
schu  Kap.l94A,  S.  18B:  ^^Jit^y^^$)j\^,  wonach  JuHens  Über- 
setzung aus  dem  T'ang-shu,  Journ.  Asiat.  VI,  Bd.  IV  S.  420:  »promettait 
a  celui  qui  le  tuerait  .  .  .  le  surnom  de  Tchan-tch'oue »,  zu  korrigieren 
ist)  umgewandelt  wurde.  Beide  Namen  haben  vermutlich  einen  versteckten 
Nebensinn,   der   die    damit  Geächteten  dem  Gelächter  des  Volkes  preisgab. 

Wer  weiß,  ob  nicht  die  südlichen  Barbaren  sich  selbst  Frösche 
nannten;  ob  nicht  der  Frosch  für  sie  eine  Art  Totem  bildete,  wie  wir  es 
ja  bei  manchem  anderen  Urvolk  als  Symbol  der  Sippe  finden  (s.  H.  Schurtz, 
Urgeschichte  der  Kultur  S.  101  et  passim).  Wenn  irgendeine  Stelle 
in  der  chinesischen  Literatur  mit  den  Fröschen  der  Bronzetrommeln  in  Zu- 
sammenhang gebracht  werden  kann,  so  scheint  mir  jene  Erwähnung  des 
»Kampfes  der  Frösche  im  Jahre  112  v.  Chr.«  noch  am  geeignetsten. 
Übrigens  schweigen  sicli  die  Chinesen  über  die  Symbolik  des  Frosches  als 
Mondtier,  Symbol  des  langen  Lebens  usw.  in  bezug  auf  Trommeln  voll- 
kommen aus,  wenn  wir  nicht  die  Vermutung,  der  Frosch  sei  »die  Seele 
der  Trommel«  (H^  ^p"  tP  5^  y^R  "t^  '  Ling-piau-lu-i,  de  Groot  S.  84, 
Anm.  1)  als  eine  Art  Erklärung  hinnehmen  wollen. 

Daß  »die  Trommel  lauter  und  weiter  klang,  wenn  der  Frosch  und 
nicht  die  Seitenwand  der  Trommel  angeschlagen  wurde«,  wird  im  Kuang- 
tung-sin-yü  (Kap.  16,  S.  4)  behauptet,  und  zwar  in  bezug  auf  ein  unter 
Wan-li  (1573  — 1620  n.  Chr.)  in  Mau-ming  gefundenes,  mit  sechs  Fröschen 
verziertes  Exemplar  (PP  ^^^  ^(J  Ä^^  Jg)-  Ich  kann  natürlich  nur 
sagen  »relata  refero«  und  übernehme  für  die  Tatsache  keinerlei  Verantwortung. 

»Überhaupt  bin  ich  durch  Zählung  der  Ornamente  auf  den  wenigen  mir  vor- 
liegenden Abbildungen  zu  keinem  Resultat  gekommen.  Auf  einer  der  Oberflächen 
(der  großen  übersandten,  mit  \ier  Fröschen,  von  denen  einer  abgebrochen)  finden 
sich  neun  Vögel  In  dem  Stile,  wie  man  zur  Zeit  der  Han  den  Phönix  abbildete. 
Kiu-huang,  d.i.  »neun  Phönixe»,  kommt  in  einer  alten  Stelle  vor,  aber  ich  kann 
keinen  Zusammenhang  ijiit  dem  Südwesten  herstellen.« 


230  Hirth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

An  die  »neun  Phönixe«  denke  ich  selbstredend  nach  Hegers  Analyse 
dei-  Ornamente  nicht  inehr.^  Dagegen  läßt  sich  zugunsten  der  chinesischen 
Theorie  folgendes  sagen. 

Unter  den  teils  stehend,  teils  fliegend  auf  den  Brouzetrommeln  aller 
Typen,  zum  Teil  stark  stilisiert  wiedergegebenen  Vogelgestalten  lassen  sich 
viele  mit  mehr  oder  weniger  großer  Wahrscheinlichkeit  auf  den  in  Süd- 
china überall  zu  findenden  Silberreiher  beziehen,  der  in  China  unter  den 
Namen  lu  (^),  lu-ssi  (^Ä  ^^^"^^  R^)'  i'««'-««'««  (ÖÄ)  "^^^' 
bekannt  ist.  Svvinhoe  (»Birds  and  Beasts  of  Formosa«  im  Journal  of 
the  China  Branch,  R.  Asiat.  Soc,  New  Series,  Vol.  II,  1865,  S.  40) 
beschreibt  den  dem  europäischen  Jäger  wohlbekannten  Vogel  in  folgenden 
Worten:  »^  Loo.  Egret,  Herodias  garzetta.  (Commonly  called  Q 
g^^  Pih-loo-sze;  —  Amoy,  Peh  -  hing  -  si.  Choo-loo  ^  ^  is  the 
Russet-headed  small  white-heron,  Bubulcus  russata.  Both  these  are 
called  by  Europeans  Paddy  Birds;  the  former  is  the  common  White  Egret 
which  occurs  in  South  China  throughout  the  year;  the  latter  is  the  Egret 
with  reddish  head  and  back,  seen  only  in  summer  and  often  about  cattle).« 
Li  Schi'-tschön  beschreibt  ihn  folgendermaßen  (Fön  -  ts'au  -  kang  -  mu 
Kap.  47,  S.  20):  ^Lu  (der  Reiher)  ist  ein  Wasservogel,  der  auf  Bäumen 
nistet,  sich  im  Wasser  ernährt,  in  Scharen  fliegt  und  Reihen  bildet,  rein  weiß 
wie  Schnee,  mit  dünnem  und  langem  Hals,  bläulichen  Beinen  usw.,  auf  dem 
Kopfe  hat  er  ein  Dutzend  langer  Federn«  (TM  ^^M  ^  ~P|^)' 
Im  Orbis  pictus  des  Pön-ts'au  -  kang  -  mu  Kap.  2,  S.  40  ist  der  lu-ssi 
(^^)  dementprechend  mit  einem  respektabeln  Federschopfe  abgebildet. 

Bei  der  starken  Stilisierung  mag  es  ja  oft  schwer  sein,  mit  Bestimmt- 
heit zu  erklären,  welchen  Vogel  die  alten  Bronzetrommelkünstlei-  darstellen 
wollten;  aber  ich  bin  überzeugt,  daß  die  meisten  unbefangenen  Leser,  nament- 
lich wegen  des  oft  deutlich  zum  Ausdruck  gebrachten  Federscho])fes,  diesen 
südchinesischen  Fischreiher,  der  übrigens  auch  in  den  nördlichen  Provinzen 
zu  finden  ist,  jedem  anderen  Vogel  als  Urmodell  vorziehen  werden. 

Dieser  Fischreiher  ist  nun  gerade  zur  Zeit  der  zweiten  Han- Dynastie 
auch  auf  chinesischen  Bronzegüssen  gern  als  Ornament  verwendet  worden, 
und  zwar  auf  einer  Gattung  von  Gefäßen,  die  in  den  damaligen  Gebieten 
der  INlan- Barbaren  oder  deren  Nähe  entstanden  sind,  in  der  Gegend  von 
Sü-tschöu-fu  oder  Sui-fu  am  oberen  Yang-tzi,  unweit  der  Provinzialgrenze 
von  Yün-nan  und  Ss'i-tsch'uan.  Noch  heute  kommen  die  besten  Kupfer- 
mischungen, zum  Teil  in  Gestalt  reich  ornamentierter  Waschbecken,  die  sich 
auf  dem  Markte  von  Tschungking  finden,  aus  Sui-fu.  In  jener  Gegend 
wurden   schon    unter   den  späteren  Han    alle   zu   diesen  Gefäßen    wie  auch 


1  Ich  hatte  mich  an  die  Neunzahl  geklammert,  weil  zufällig  auf  den  mir 
vorliegenden  Abbildungen  neun  fliegende  Vögel  zu  sehen  waren,  und  hatte  dabei 
an  die  im  Pien-tzi-lei-pien  unter  J^  ^^{kiu-fönff,  nicht  huan ff)  angeführten  Stellen 
gedacht.  Seitdem  habe  ich  mich  überzeugt,  daß  es  viel  mehr  auf  die  Identifikation 
dos  Vogels  ankoninit  als  auf  die  Zahl  der  dargestellten  Exemplare. 


Hirth:    Cliinesische  Ansichten  über  Bronzetronnneln.  231 

zu  dem  Guß  der  Bronzetromtneln  nötigen  Erze  in  nicht  allzu  großer  Ent- 
fernung beieinander  gefunden,  wie  aus  folgenden  Stellen  hervorgeht. 

Hüu-han-schu  Kap.33,  S.6:  :^  t^  ll|  [jj  |^  ||b]  •  »Die  Berge 
von  Tschu-ti  (bei  Sü-tschöu-fu  an  der  Grenze  von  Ss'i-tsch'uan  und 
Yün-nan)  erzeugten  Silber  und  Kuj)fer.«    Ebenda  S.  5  :  ^k  *IU  ^[^  ^  jq  ^ 

iU^Mf^lUtiiM'^-  "^'"  Fürstentum  I-tschou  (Nord -Yün-nan)  er- 
zeugte der  Tschuaug-schan  in  Yü-yüan  (dem  heutigen  Ho- yang-hien  oder 
Tsch'öng-kiang-fu  entsprechend)  Kupfer;  der  Sclü-schi-schan  in  Lü-kau 
(in  K'ü-tsing-fii)  erzeugte  Zinn,  der  Hau-t'ing-schan  erzeugte  Silber  und 
Blei;  der  Ts'ai-schan  in  Pan-ku  (Lin-an-fu)  erzeugte  Kupfer  und  Zinn, 
und  der  Yang-schan  erzeugte  Silber  und  Blei.« 

Der  Metallreichtum  der  Provinz  Yün-nan  bedarf  ja  kaum  der  Er- 
wähnung; ich  zitiere  diese  Stelle  nur  um  zu  zeigen,  daß  bestimmte  Fund- 
orte, von  denen  man  annehmen  darf,  daß  sie  zur  Bronzeindustrie  von 
Tschu-ti  (Sui-fu)    beitrugen,  unter  den   späteren  Han  wohlbekannt  waren. 

Aus  Tschu-ti -Bronze  war  nun  eine  große  Anzahl  alter  Becken  ge- 
macht, die  zum  Teil  mit  Inschriften  versehen,  aus  denen  Ort  und  Jahr  der 
Anfertigung  hervorgeht,  unter  den  Altertümern  der  späteren  Han- Dynastie 
beschrieben  und  abgebildet  sind.  Einige  dieser  von  den  Chinesen  si 
Qj^,  »Waschbecken«)  genannten  Gefäße  werden  im  Po-ku-t'u-lu 
(Kap.  21)  besprochen.  So  auf  S.  22 f.  ein  ausnahmsweise  tiefes  Becken,  auf 
dessen  Boden  sich  die  Inschrift  mit  Jahresangabe  »135  n.  Chr.«  findet. 
Nach  den  Angaben  des  Textes  war  rechts  von  der  Inschrift  ein  Fisch  ein- 
graviert, links  ein  Fisclu-eiher  (lu  ^t).  Zu  diesem  Ornament  bemerkt 
Wang  Fu:  »Daß  der  Fischreiher  Fische  fängt,  indem  ersieh  ans  Wasser  ge- 
wöhnt, das  ist  eine  Allegorie  dafür,  als  ob  jemand  sich  an  Höflichkeit  gewöhnt,  um 
Menschen  Zugewinnen.  Das  Becken  ist  ein  zum  Waschen  der  Hände  benutztes 

Ge,äß  usw.  iinM^i^mmüMm'MMmmn^zm 

jh.)-  Während  bei  diesem  Gefäß  der  Herstellungsort  nicht  angegeben 
wird,  ist  dies  bei  einer  Reihe  von  Abbildungen  des  Kin-schi-so  (Abt. 
Kin,  Bd.  3)  der  Fall,  von  denen  mehrere  als  »in  Tschu-ti  verfertigt« 
(^'^^)  ^^^^^  ^6  das  Datum  enthaltende  Inschrift  bezeichnet  sind. 
Unter  den  Daten  finden  wir  verschiedene  Jahre  des  ersten  und  zweiten 
Jahrhunderts  n.  Chr.  genannt.  Außer  der  Inschrift  finden  sich  häufig  Orna- 
mente, z.B.  links  und  rechts  von  der  Inschrift  je  ein  Fisch,  in  einem  Falle 
außer  den  Fischen  noch  zwei  Glückscash,  ferner  der  Hammel  als  Symbol 
des  Segens,    da  yang  ('^)    Schaf,    im    Altertum    mit   sianff   (]|^)    Glück, 

1  Zum  Händewaschen  gehörten  drei  Gefäße,  ganz  wie  bei  uns  in  jedem 
wohl  ausgestatteten  Toilettenzinmier,  nämlich  1.  das  i  (v^),  einer  Sauciere  nicht 
unähnlich,  zum  Ausgießen  des  Wassers  über  die  Hände,  2.  das  siRyQJ,  ein  flaches 
Becken  zum  Auffangen  des  Wassers,  und  3.  das  p'an  (;^)i  eine  Schüssel  zum 
Auffangen  des  aus  dem  Becken  weggeworfenen  schnnitzigen  Wassers  (s.  Tsi-ku- 
tsch'ai-tschung-ting-i-k'i-k'uan-sch7  Kap.  9,  S.  22). 


232  HiRTii:    Chinesische  Ansichten  über.  Bronzetrommeln. 

Segen,  gleichlautend  war. ^  Unter  diesen  Ornamenten  findet  sich  nun  auch 
der  Fisch  mit  dem  Reiher  gepaart,  der  an  den  beiden  Stellen  im  Kin- 
schi-so,  wo  er  in  der  begleitenden  Illustration  abgebildet  (Fol.  6  und  8) 
an  dem  charakteristischen  Federschopf  erkennbar  ist.  Mit  dem  Fischreiher 
nicht  zu  verwechseln  ist  der  Kormoran,  der  im  Chinesischen  einen  ähn- 
lichen Namen  hat,  lu-tzi  ("^^^E  Loo-tsze.  Amoy,  Law-tche;  Conno- 
rant,  Phalacrocorax  carho«^  Swinhoe,  op.  cit.  S.  42),  der  vielleicht  mit  den 
fischenden  Vögeln  gemeint  ist,  die  sich  unter  den  Darstellungen  der  Stein- 
reliefs des  II.  Jahrhunderts  n.  Chr.  finden  (s.  Ed.  Chavannes,  La  sculpture 
sur  pierre  en  Chine,  Paris  1893,  Tafel  XIII). 

Was  uns  den  Fischreiher  als  Ornament  der  Bronzetrommel  inter- 
essant macht,  ist  die  zweifellose  Tatsache,  daß  er  in  der  Ornamentik  der 
chinesischen  Felltrommel  eine  hervorragende  Rolle  spielt. 

Ich  will  nicht  auf  eine  bekannte  Stelle  des  Sch'i-king  zurück- 
gehen, da  es  mir  zweifelhaft  erscheint,  ob  nicht  dort  die  Erwähnung  des 
Reihers  und  der  Tronunel  in  derselben  Strophe  eine  zufällige  ist.  Schi- 
king,Legge,S.615:;fg^g^^^Jj|;2JP|gP0i$^^,des  Fürsten 
Gäste  sind  »as  a  flock  of  egrets  on  the  wiiig,  of  egrets  flying  about;  the 
drums  emit  their  deep  sound,  they  drink  to  the  füll,  and  then  return 
home«;  oder  wie  Victor  von  Strauß,  Schi-king,  das  kanonische 
Liederbucli  der  Chinesen  S.  501    übersetzt: 

»In  Scharen  ziehn  die  Reiher, 

»Die  Reiher  niederwärts. 

»Die  Paukenwirbel  dröhnen. 

•  Man  zecht  und  geht  nach   Hans.« 

Ich  will  nur  bemerken,  daß  diese  Stelle  mit  der  alten  Sitte,  Trommeln  mit 
Reihern  zu  verzieren  ("ßfiR  hJ^  W  ^*  )»  i"  Zusammenhang  gebracht  worden 
ist.  Im  Sui-schu  (Kaj).  15,  S.  2!)),  wo  dies  der  Fall  ist,  wird  mit  Bezug 
auf  die  Verwendung  des  Reiherornainentes  zunächst  gesagt:    5^  lix  ^^  ^^ 

w  fi^  üi  X  mm  m  1^  Ä  J:  ^  »  h  \i  f'^xM  «  0  i  iii 

n -^  3E -Wj  ,  »die  Ki('n-ku  genannte  Ti'omniel  wurde  also  zur  Zeit  der 
Ying-  oder  Schang- Dynastie  erfunden.  Es  wird  nun  noch  über  der  Trom- 
mel ein  im  Fluge  begriffener  Reiher  befestigt,  man  weiß  nicht,  unter 
welcher  Dynastie  diese  Einrichtung  hinzugefügt  wurde.  Es  wird  von 
einigen  behauptet,  dies  sei  eine  Schneegans  {Ariser  hyperboreus ,  chin. 
hu    ^Ml  ,    möglicherweise    auf    dialektische    Ähnhchkeit    mit    ku    Trommel 


^  Der  •Hammel"  oder  "Glückshammel»  {ki-yang,  '^  "^p  =  ki-siang 
^^ITB^,  »Glück  und  Segen-)  gehört  in  die  Kategorie  der  auf  Lautidentität  oder 
Lautähnlichkeit  begründeten  Glückssymbole  (vgl.  Ed.  Chavannes,  »De  l'expression  des 
vuMix  dan.s   l'art   popuhiire   cliinois-,  Journ.  Asiat.,  Ser.  IX  ,  Bd.  18,  S.  193 — 233). 


TIirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  233 

lündeutend)';  indem  man  die  Stimme  dieses  Vogels  entlehne,  wolle  man 
den  Ton  der  Trommel  ausbreiten  und  weithin  hörbar  machen.  Andere 
sagen,  der  Reiher  sei  die  Seele  der  Trommel  (wie  an  anderer  Stelle  vom 
Frosch  behauptet  wird,  s.  S.  32).  Nachdem  Köu  Tsien,  König  von  Yüe, 
aus  Haß  gegen  Wu  die  große  Trommel  am  Tore  des  Donners  angeschlagen 
habe,  seien  zur  Zeit  der  Tsin ,  als  man  sie  nach  Kien-k'ang  (Nanking) 
gebracht  habe,  zwei  Reiher  von  der  Trommel  in  die  Wolken  geflogen; 
wieder  andere  behaupten,  daß  dies  alles  unrichtig  sei«.  Darauf  wird  die 
obige  Stelle   des  Sclii-king  zitiert  mit   folgendem  Zusatz:    ^   pT  <^  ^^ 

-&,  »das  bedeutet,  daß  in  alten  Zeiten  die  Gebildeten  es  beklagten,  daß 
die  Führung  der  Tschöu  -  Dynastie  schwach  wurde  und  das  Ertönen  ihres 
Lobes  zum  Stillstand-  kam,  und  daß  man  die  Trommel  mit  Reihern 
schmückte  zur  Erhaltung  alter  Überlieferungen.  Man  weiß  nicht,  was  das 
Richtige  ist." 

Bei  allem  Sagenhaften ,  das  in  dieser  sowie  einer  ganzen  Reihe  ähn- 
licher Stellen  liegt,  geht  doch  mit  Bestimmtheit  hervor,  daß  sich  auf  dem 
chinesischen  Killturgebiete  alte  Beziehungen  zwischen  der  Felltrommel  und 
dem  Reiherornament  nachweisen  lassen.  Dies  gilt  namentlich  auch  vom 
Ku-tsch'ui  der  Han- Dynastie,  dem  Trommelspiel,  das  vom  chinesischen 
Kaiser  den  Führern  der  unterjochten  Völker  mit  allem  Zubehör  verliehen 
wurde,  um  ihnen  Respekt  vor  der  chinesischen  Kultur  einzuflößen.  Unter 
den  achtzehn  Volksgesängen  im  Ku-tsch'ui  der  Han  hatte  einer  den  Titel 
vtschu-lu,  d.i.  der  Reiher  (hier:  Bubulcus  russata)«  (]^^  P^  "f" /V  ^ 
— ■  0  :^Ä>  P'eü-wön-yün-fu  Kap.  66  A,  S.70B):  über  diese  mit  dem 
Trommelspiel  verbundenen  Gesänge,  s.  T'  u  -  s  c  h  u  - 1  s  i  - 1  s  ch'  ö n  g  29,  Kap.133 ; 
speziell  der  Reiher  ist  erwähnt,  ki-schi",  S.  4:  Q  ^  ^  p^  ;  vgl.  tsa- 
lu  S.  2.  In  den  illustrierten  Werken  der  Chinesen,  die  häufig  nicht  auf 
Originalzeichnungen  zurückgehen,  sondern  von  den  Illustiatoren  Je  nach 
ihrem  richtigen  oder  uni-ichtigen  Verständnis  aus  den  Texten  rekonstruiert 
sind  (ich  meine  Werke  wie  das  San-li-t'u  und  das  San- ts'ai-t'u-h  ui 
in  den  landläufigen  Ausgaben),  wird  der  Vogel  meist  als  ein  außerhalb  der 
Trommel  befindliches  Ornament  dargestellt,  was  ja  auch  dem  in  den  Texten 
dafür  gebräuchlichen  Terminus  yü-pau  o6.ev  pau-yü  (^^^»  Federschutz, 
z.B.  3^  sjfllll^^^)'  "die  große  Trommel,  mit  dem  Federschutz 
geschmückt»,  entspricht.  Der  Reiher  muß  hier  in  natura  als  Balg  irgendwie 
über  der  Trommel  angebracht  gewesen  sein;  aber  es  scheint,  daß  er  auch  ge- 


"'■  Die  beiden  Laute  für  »Schneegans.  und  ..Trommel-  erscheinen  bei  Giles 
(S.  642)  im  Dialekt  von  Peking  beide  als  ku^  im  dritten  Tone;  aber  in  Canton 
heißt  "die  Trommel»  kü,  ..die  Schneegans«  kuk  (nach  Eitel  auch  huk,  "the  wild 
swan» ;  vgl.  uigurlscli :  kugu  die  Gans,  die  Ente,  der  Schwan,  Radioff"  II,  8.898, 
und  tschagat.  kuh  der  Schwan ,  Vämbery,  S.  332).  MögUcherweise  darf  dieses  Bei- 
spiel auf  dialektisches  Früherverschwinden  des  Endlautes  bei  kuk  oder  auf  eine 
ältere  Aussprache  kuk  für  ku   ..Trommel"  gedeutet  werden. 


234  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

zeichnet  oder  gemalt  wurde.  Ich  schließe  dies  aus  einer  Bemerkung  des 
Tsch'önYang  (^H^^  etwa  1100  n.  Chr.),  der  in  seinem  großen  Musik- 
werke Yo-schu  (^^,  Ts'ung-mu  Kap.  38,  S.  3B  flP.)  von  der  ..Reiher- 
trommel« {lu-Tcu,  ^^s^)  sagt:  .-man  malt  Reiher  auf  den  Trommeln 
und  Tonpauken"  (^^^o^^^).  Dem  letzten  Zeichen  liung  S^ 
wird  bei  K'ang-hi  zwar  nur  die  Bedeutung  »Zügel«  beigelegt,  doch  finde 
icli  in    demselben  Werke  (Yo-schu)   sub   verbo    "4^^$   die   Erklärung: 

^g:  1^  :^  :gg:  -J^  M'J  Ht  $  rffi  S  $5  ifc '  '  ^*"  musikalisches  Instrument 
aus  Ton,  dem  ein  (Trommel-)  Fell  hinzugefügt  wurde«  (s.  T'u-schu- 
tsi-tsch'öng  29,  Kap.  130 ,  hui-k'au  2,  S.  9B.  imd  12B). 

Leider  ist  uns  von  den  Felltrommeln  der  Han -Dynastie,  deren  Orna- 
mentik möglicherweise  in  den  Bronzetrommeln  der  südwestlichen  Barbaren 
kopiert  wurde,  nichts  erhalten.  Um  so  mehr  tritt  an  uns  die  Notwendig- 
keit heran,  in  der  Literatur  alles  heranzuziehen,  was  irgendwie  auf  die 
Ornamentik  der  Trommel  Bezug  hat.  Ich  weiß,  daß  dies  eine  undankbare 
Aufgabe  ist.  Denn  die  darauf  verwendete  Arbeit  wird  sich  möglicherweise 
als  eine  vergebliche  herausstellen.  Aber  wir  sollen  die  chinesischen  An- 
sichten nicht  beiseite  werfen,  ehe  wir  nicht  wenigstens  den  Versuch  ge- 
macht haben,  sie  mit  Gründen  aus  der  Literatur  zu  stützen.  Bis  jetzt  ist 
in  dieser  Richtung  noch  recht  wenig  geschehen. 

..Die  zentrale  Sonne  habe  ich  auf  Felltrommehi  in  buddhistischen  Tempeln 
öfter  gesehen.  Auf  der  erwähnten  Trommelsclieibe  befinden  sich  außer  den  vier 
Fröschen  noch  zwei  Figuren.  Dieselben  sind  kleiner  als  die  Frösche  und  könnten 
Hund,  Kamel  oder  irgendwelchen  Vierfüßler  darstellen.  Tatsächlich  jedoch,  glaube 
ich,  ist  es  ein  Pferd,  da  in  der  Lebensbeschreibung  des  Ma  Yüan  (Höu-han- 
schu  Kap.  54,  S.  10  der  Palastausgabe  von  1739)  ausdrücklich  erwähnt  wird,  daß, 
als  der  Feldherr  im  Jahre  44  u.  Chr.  nach  China  zurückkehrte ,  den  in  Tungking  ge- 
wonnenen Bronzetroninu'hi  PCordegestaltcn  aufiicijossen  wurden  (so  könnte  man  die 
Stelle  verstehen  J^  ^  plL"  fS  |&  Ä  Ä  MTJtS  g  .g  Ä).  Das  Pferd, 
il/a  f  jfej,  wurde  gcwissernuißen  W'apponemblcm  des  Ma  Yüan.  Das  Pferd  war 
das  Symbol  der  Erde,  wie  der  Drache  das  Symbol  des  Himmels  war.  War  aber 
der  Drache  das  Wappentier  des  Kaisers,  als  des  Repräsentanten  des  Himmels,  so 
gebührte  dem  nächst  großen  Manne  des  Reichs,  der  übrigens  durch  seine  Tocliter, 
die  Kaiserin  Ma  IIöu  (INIayers  S.  147),  Schwiegervater  des  Kaisers  Ming-ti  wurde, 
das  Symbol  der  Erde  als  Wappentier.  So  wurde  Ma  Yüan  zu  Ehren  vor  einem 
der  Stadttore  in  der  Hauptstadt  ein  bronzenes  Pferd  errichtet.  In  einem  Tempel 
des  Ma  Yüan  hier  in  Chung-King,  der  besonders  viel  von  Soldaten  besucht  wird 
und  der  sich  ganz  in  der  Nähe  des  Yamens  des  Genei-als  (Ciien-t'ai)  befindet,  zeigt 
uns  ein  steinernes  Pferd  in  beinahe  natürlicher  Größe,  außer  den  zahlreichen  Li- 
schriften,  schon  äußerlich  an,  daß  hier  den  Manen  des  großen  Ma  geopfert  wird. 
Wir  dürfen  wohl  annehmen,  daß  diejenigen  Trommeln,  auf  denen  sich  Spuren 
einer  wenn  auch  noch  so  kleinen  Pferdestatuc  finden ,  aus  dem  Gebiete  von  Tung- 
king, Kuang-tung  oder  Kuang-si  stammen.» 

Die  zentrale  Sonne  ist  natürlich  der  INIittelstern,  über  den  ich  bis 
jetzt  noch  so  wenig  zu  sagen  imstande  bin,  daß  ich  es  vorziehe,  keine 
bestimmte  Ansicht  zu  äußern.    Sollte  der  Mittelstern  zur  chinesischen  Musik 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  235 

Beziehungen  liaben,  so  ist  dies  ein  sehr  schwieriges  Thema.  Jedenfalls 
sind  solche  Beziehungen ,  selbst  wenn  sie  eines  Tages  nachgewiesen  werden 
sollten ,  auch  für  wohlbelesene  chinesische  Kritiker  nicht  sehr  handgreiflich., 
da  sie  sich  darüber,  so  weit  mir  bekannt,  nicht  äußern.  Daß  Pferde- 
figuren auf  den  General  Ma,  »Pferd«,  deuten,  halte  ich  durchaus  nicht  für 
ausgeschlossen.  Im  übrigen  bedauere  ich,  die  oben  angeführte  Stelle  (»so 
könnte  man  die  Stelle  verstehen-  usw.)  aus  dem  Zusammenhang  heraus- 
gerissen, mit  diesen  Pferdefiguren  in  Zusammenhang  gebracht  zu  haben. 
Ich  teile  im  Anhang  einen  Auszug  aus  der  Biographie  des  Generals  Ma  Yüan 
(Höu-han-schu  Kap.  54)  mit,  woraus  ersichtlich  ist,  daß  jene  kurze 
Stelle  ohne  die  Angabe  der  Dimensionen  des  Pferdes,  die  erst  nach  einem 
langen,  auf  den  ersten  Blick  nicht  so  leicht  verständlichen  Passus  mitgeteilt 
wird,  sehr  leicht  mißverstanden  werden  kann.  Mich  hat  dazu  nun  noch 
ganz  besonders  der  Umstand  verleitet,  daß  ich  mich  mit  dem  Gedanken  des 
Umschmelzens  jener  kunstvollen  Bronzetrommeln  in  ein  Pferdemodell  ab- 
solut nicht  befreunden  konnte.  De  Groot  sagt  zwar  S.  79:  »Wegen  seiner 
nüchternen  Einfachheit  hat  dieses  Zitat  für  uns  viel  Glaubwürdiges.«  Ich 
kann  diese  Auffassung  nicht  teilen.  Ich  kann  es  nicht  glauben,  daß  ein 
Mann  wie  der  General  Ma  Yüan,  der  selbst  wohldurchdachte  Kunstwerke 
durch  Bronzeguß  herstellte,  sich  der  Barbarei  schuldig  machte,  die  im 
Einschmelzen  solcher  Museumsschaustücke  liegt.  Dazu  kommt,  daß  uns 
der  Wortlaut  des  Begleitschreibens  vorliegt,  in  welchem  der  General  dem 
Kaiser  die  Gründe  zu  seiner  Widmung  jenes  Pferdemodells  mitteilt,  und 
daß  sich  darin  keinerlei  Andeutungen  finden,  als  ob  das  Modell  aus 
Kriegstrophäen  hergestellt  wäi'e,  etwa  wie  bei  uns  eine  aus  erbeuteten 
Kanonen  gegossene  Kirchenglocke.  Wäre  dies  der  Fall  gewesen,  so  wäre 
sicher  in  der  an  den  Kaiser  gerichteten  Denkschrift  darauf  hingewiesen 
worden.  Ich  bin  überzeugt,  daß  die  Stelle  nicht  genau  so  niederge- 
schrieben wurde,  wie  sie  in  den  Texten  der  Höu-han-schu  zu  lesen  ist, 
und  daß  wir  berechtigt  sind,  eine  kleine  Korrektur  vorzunehmen.  Ich  bin 
zu  dieser  Voraussetzung  noch  durch  andere  Gründe  veranlaßt  worden. 

Das  Höu-han-schu  ist  ein  verhältnismäßig  spätes  Werk.  Der  Ver- 
fasser des  biographischen  Teils,  Fan  Ye,  der  für  die  zweifelhafte  Stelle 
verantwortlich  ist,  wurde  im  Jahre  445  n.  Chr.  hingerichtet  und  schrieb 
etwa  400  Jahre  nach  der  Eroberung  Tung-kings  durch  den  General  Ma 
Yüan.  Wir  besitzen  jedoch  außer  dem  Höu-han-schu  noch  eine  sehr 
viel  ältere  Geschichte  allerdings  n»u^  des  Anfangs  der  östlichen  Han- Dy- 
nastie, das  Tung-kuan-han-ki  (^Mi,'/M§E)'  ^^  ^^^""'^  "^"^  ^^^  '^^^^'^ 
170  n.  Chr.  vollendet  wurde  und  deren  Text  unter  den  Handschriften  des 
Yung-lo-ta-tieii,  jener  während  der  Boxerwirren  mit  der  Han-lin- 
Bibliothek  in  Peking  verbrannten  Riesensammlung,  wieder  aufgefunden 
wurde  (s.  Bretschneider,  Botanicum  Sinicum  I,  S.  205  und  Tsung- 
mu  Kap.  50,  S.  4,  wo  sich  eine  ausführliche  Besprechung  des  alten  AVerkes 
findet,  das  noch  zur  Zeit  der  Tsin- Dynastie  nebst  dem  Schi-ki  und  dem 
Ts'ien-han-schu  zu  den  »drei  Historikern«  als  allgemein  anerkannten 
Werken  gerechnet  wurde).    Aus  diesem  Werke  haben  nun  die  Enzyklopädien 


236  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

des  XVIII.  Jahrhunderts  mancherlei  Zitate  entlehnt,  zum  Teil  Stellen,  die 
sich  in  doppelter  Überlieferung  darin  sowohl  wie  im  Höu-han-schu  finden, 
und  so  kommt  es,  daß  uns  eine  Parallelstelle,  und  zwar  eine  wegen  ihres 
sehr  viel  höheren  Alters  vorzuziehende,  erhalten  ist.  Ich  zitiere  dieselbe 
nach  der  Version  des  Yüan-kien-lei'-han  Kap.  433,  S.  15f.  (vgl.  auch 
Ko-tschi-k'ing-yüan  Kap.84,  S.4):    ,E|  ti  ^K^  ^  Pit  Ä  lH 'S  Ä 

Ä  IS  il  -S  fS  K'  S  ~F-  "^^''^  ^'''^"  S^*^  ^"  lüau-  tschi  ein  bronzenes 
Pferd.  In  seinem  Bericht  an  den  Kaiser  sagte  er:  Euerer  Majestät  Diener 
hat  gehört,  um  im  Himmel  zu  gehen,  gebe  es  nichts  besseres  als  den 
Drachen,  um  auf  Forden  zu  gehen,  nichts  besseres  als  das  Pferd,  Euerer 
Majestät  Diener  INIa  Yüan  hat  von  Yang  Tz'i-o  die  Kenntnis  der  Wert- 
bestimmung des  Pferdes  aus  äußeren  Merkmalen  übernommen.  Zur  Zeit 
des  Kaisers  Hiau-wu-ti  (140 — 86  v.  Chr.)  goß  der  Sachverständige  für 
Wertbestimmung  des  Pferdes  namens  Tung  A-k'o  ein  Pferdemodell  aus 
Bi'onze,  legte  es  dem  Kaiser  vor  und  dieser  ließ  es  vor  dem  Tore  Lu-p'an 
aufstellen,  das  Tor  aber  Kin-ma-mön  (»Tor  des  metallenen  oder  goldenen 
Pferdes«)  nennen.  Euerer  Majestät  Diener  hat  mit  Verwendung  der  Wert- 
bestimmungsmethoden verschiedener  Autoritäten  aus  erbeutetem  Lo-yüe- 
Kupfer  ein  Pferd  in  Höhe  von  T)'/,  Fuß  bei  4:^/^  Fuß  Umfang  gegossen,  das 
er  hiermit  untertänigst  darbringt.  Der  Kaiser  gab  Befehl,  das  Pferd  imter- 
halb  des  Palastes  Tö-yang  aufzustellen. «  In  der  Version  des  Ko-tschi- 
k'ing-yüan  finden  sich,  wie  wir  dies  in  dieser  Enzyklopädie  gewolmt 
sind,  kleine  Varianten,  aber  beide  Zitate  stimmen  insofern  überein,  als  von 
Bronzetrommeln  nicht  die  Rede  ist. 

Die  Version  des  Yüan-kien-lei-ha  n  ist  von  den  gelehrten  Ver- 
fassern dieser  1710  n.  Chr.  veröffentlichten  Enzyklopädie  vermutlich  un- 
mittelbar dem  in  der  Handschrift  des  Yung-lo-ta-tien  vorliegenden  Texte 
des  Tung-kuan-han-ki  entnommen.  Wenigstens  ist  mir  keine  vor  dieser 
Zeit  veröffentlichte  Separatausgabe  bekannt.  Die  einzige  Gesamtausgabe 
scheint  diejenige  des  mit  beweglichen  Typen  gedruckten  Sammelwerkes 
Wu-ying-tien-tsü-tschön-pan-schu  (^^  t^  ^  S^  3^  f0,  ^^)  zu 
sein  (vgl.  das  Inhaltsverzeichnis  bei  Wj-lie,  Appendix  S.  208),  das  nicht 
vor  dem  Jahre  1773,  also  geraume  Zeit  nach  dem  Yüan-kien-le'i-han 
erschien.  Ich  kann  auf  diese  Ausgabe  leider  nicht  Bezug  nehmen,  da  mir 
nur  ein  Teil  des  Sammelwerkes  vorliegt. 

Jedenfalls  wird  in  der  Umschrift  des  Yüan-kien-lei'-han  von 
Bronzetrommeln  überhaupt  nicht  gesprochen,  sondern  nur  von  Bronze  oder 
Kupfer  (^Ipl)  aus  Lo-yüe,  über  welchen  Artikel  wir  ja  genügende  Auskunft 
im  Ling- wai-tai-ta  in  der  oben  S.  205  —  206  mitgeteilten  Stelle  (Kap.  7, 
S.  12)  erhalten.     Abgesehen  davon  erweckt  die  Version  des  älteren  Werkes 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzctrommeln.  237 

gegenüber  dem  Texte  des  H6u-han-schu  ein  gewisses  Vertrauen  insofern, 
als  darin  der  äußeren  Form  nach  der  Wortlaut  des  Berichtes  an  den 
Kaiser  wiedergegeben  wird,  wenn  wir  die  im  späteren  Historiker  fehlenden 
Schlußworte   §^  || j(   (»ehrerbietigst  darbringen«)  in  Betracht  ziehen. 

Der  Vergleich  dieser  beiden  Überlieferungen  scheint  mir  die  beste  Lösung 
der  Frage  mit  sich  zu  bringen.  So  wenig  ich  im  allgemeinen  geneigt  bin, 
mit  der  Überlieferung  der  besseren  chinesischen  Texte  zu  experimentieren,  da 
dieselben  vor  der  Einführung  des  Buchdrucks  nicht  dem  Kopieren  durch  un- 
wissende Mönche  ausgesetzt  wai-en  wie  unsere  griechischen  und  römischen 
Klassiker,  sondern  meist  durch  Pausen  gewissermaßen  faksimiliert  wurden, 
so  glaube  ich  doch ,  daß  wir  in  diesem  Falle  eine  kleine  Textverderbnis  vor- 
aussetzen und  zu  einer  Konjektur  unsere  Zuflucht  nehmen  dürfen.  Eine 
kleine  Umstellung  genügt,  um  der  Stelle  einen  ganz  anderen,  und  zwar 
dem  der  älteren  Überlieferung  entsprechenden  Sinn  zu  geben,  wenn  wir 
in  der  bei  de  Groot  (S.  79,  Anm.  1)  mitgeteilten  Stelle  7h  pi  ^^  Stelle 
von  ^^  TjT  lesen.  Die  «Trommel«  würde  in  diesem  Falle  dem  Sinne 
nach  verschwinden  und  mit  dem  folgenden  Zeichen  das  Zeitwort  ku-tschu 
'^^*'  ^-  ^^'  "Schmelzen«,  bilden.  Ku-tschu  ist  zu  allen  Zeiten  der  tech- 
nische Ausdruck  für  das  Bronzegießen  gewesen.  So  beim  Guß  der  Münzen 
(P'ei- won-yün-fu  Kap.  66B,  S.  171 ;  T'u-schu- tsi-tsch'öng  Sekt.  27, 
Kap.  345,  S.  1;  Kap.  349,  S.  11  (^J^^^J^J'  »die  Kunst  des  Bronze- 
gusses«), und  Kap.  340,  S.  3  (  R^  ^  ^fpl  :^'  -bronzene  Geräte  gießen«; 
vgl.  auch  K'ang-hi,  wonach  ku  ^^  =  «Feuer  anfachen«,  was  in  China 
mit  Hilfe  eines  trommeiförmigen  Blasebalges  zu  geschehen  pflegt).  Als 
Beleg  für  den  Sprachgebrauch  in  diesem  Sinne  für  das  Höu-han-schu 
selbst  verweise  ich  auf  die  Stelle  Kap.  38,  S.  8A,  wo  von  einem  die  Eisen- 
hütten beaufsichtigenden  Beamten  gesagt  wird:  Hji  1^^^  Wj^  ^^ »  "der 
Eisenbeamte  beaufsichtigt  das  Schmelzen  oder  Gießen«.  Der  in  der  Stelle 
vorkommende  Ausdruck  Lo-yüe  {^%j^,  so  und  nicht  wie  bei  de  Groot 
durch  »io  und  Yüe«  wiederzugeben)  bildet  den  Gegensatz  zu  Ou-yüe 
(1^;^,  T\i-schu-tsi-tsch'öng,  Sekt.  6,  Kap.  1359,  S.  lA  und.  IB)  und 
bezeichnet   ethnisch^   die  Urbewohner  in   K'in-tschöu  (Ling- wai-tai-ta 

1  Daß  es  sich  um  einen  ethnischen  Ausdruck  handelt ,  scheint  aus  den  Wande- 
rungen dieser  Man- Stämme  hervorzugehen,  auf  die  wir  aus  einer  Stelle  des  Höu- 
han-schu  (Kap.  48,  S.  15)  schließen  dürfen,  wonach  der  General  Tsang  Kung 
(^m/  B  j  im  Jahre  35  n.  Chr.  mit  seinen  Truppen   zu  den  Lo-yüe   in  Tschung-Iu 

kam  (^Ä  +  — ^t|f  ^M^IJKtES?^).  Der  Scholiast  bemerkt 
zu  dieser  Stelle:  »Tschung-hi  ist  der  Name  eines  hien  zu  Nan-kfin  gehörig;  die 
alte  Stadt  lag  im  Süden  von  Siang-yang  (am  Hanflusse  unter  32°n.  Br. !),  und 
der  Name  kommt  daher,  daß  die  Lo-yüe -Leute  dorthin  verzogen  sind  (oder:  »dorthin 
verbannt  wurden«,  da  es  sicli  nm  eine  unfreiwillige  Auswanderung  gehandelt  haben 
1^^""'  S,S^At<fe^^ltt0J^yiS^)-  Da  die  betreffende  örtlichkeit 
zu  dem  damaligen  Nan-kün  gehörte,  so  würde  sich  vielleicht  auf  diese  Weise  die 
Einsendung  einer  Bronzetronuuel  aus  Nan-kün  im  Jahre  48  erklären. 


238  HiRTii:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetronimeln. 

Kap.  3,  S.  17  und  Kap.  7,  S.  12;  T'ung-tien  Kap.  188,  S.  7;  Ts'ien-han- 
schu  Kap.  95,  S.9,  16  und  19;  Schi-ki  Kap.  113,  S.2:  ^  |g  |^  .|^, 
vgl.  die  Scholien  zu  dieser  Stelle).  Ich  lese  nach  dieser  Korrektur  wie 
folgt:  M^m%&Mm7^iimi^^^^  ^^^  üherset^e:  »in 
Kiau-tschi  bekam  (oder  »erbeutete«)  er  Lo-yüe- Kupfer  und  goß  daraus 
ein  Pferdeuiodell». 

Mit  dieser  Korrektur  ist  zunächst  ein  Hauj)thindernis  beseitigt,  das 
bisher  der  chinesischen  Theorie  vom  General  JNIa  Yüan  als  Erfinder  der 
Bronzetrommeln  entgegenstand.  Freilich  stehen  wir  sofort  wieder  vor  einer 
anderen  .Schwierigkeit.  Wenn  nämlich  die  Stelle  des  Höu-han-schu  als 
angeblich  älteste  Belegstelle  für  das  Vorkommen  der  Bronzetrommeln  wegen 
der  durch  unsere  Korrektur  hervorgerufene  Veränderung  des  Sinnes  weg- 
fällig wird,  so  würde  die  nächstälteste  Erwähnung  die  bei  de  Groot  (S.79, 
Anm.2)  mitgeteilte  Stelle  des  Tschi-lin  sein:  ^:^Zl  +  E3  ^iS^R 

^-f^SikiUii^^'  '^-  '*•  """  '^''^"■'^  "^^  "•  ^•"''  widmete  dem  Hofe 
ein  Mann'  von  Nan-kün  eine  bronzene  Trommel  mit  Inschrift«.  De  Groot 
übersetzt  hier  »eine  mit  Gravierarbeit  versehene  Bronzepauke«,  aber  ich  muß 
darauf  hinweisen,  daß  in  allen  kunstgeschichtlichen  Texten  die  x-Kusdrücke 
^  j^^  yu-ming  und  iVS:^.  wu-ming,  die  sich  im  Po-ku-t'u-lu,  Kin- 
schi-so  und  ähnlichen  Werken  fast  auf  jeder  Seite  finden,  immer  durch 
»mit  Inschrift«  und  »ohne  Inschrift«  zu  ül)ersetzen  sind,  auch  in  den 
Texten  des  Altertums,  wofür  sich  zahlreiche  Belege  im  P'ei'-wön-yün-fu, 
s.v.  ^^,  finden.  Nehmen  wir  an,  daß  diese  Trommel  von  den  in  Nan-kün 
ansässigen  Man -Barbaren  stammt,  so  dürfen  wir  fragen:  wie  kamen  die- 
selben zu  einer  Inschrift?  Wären  die  eingravierten  Schriftzeichen  nicht- 
chinesisch gewesen,  so  hätte  dies  der  Berichterstatter  sicher  vermerkt.  Die 
örtlichkeit  paßt  sehr  gut  zur  Auffindung  einer  Bronzetromniel.  Die  Haupt- 
stadt des  damaligen  Gebietes  von  Nan-kün  entspricht  dem  heutigen  King- 
tschöu-fu^  aber  die  Grenzen  des  Fürstentums  erstreckten 'sich  weit  über 
die  südlichen  Yang  -  tzi  -  Ufer  und  im  Norden,  wie  wir  gesehen  haben,  bis 
nach  Siang-yang.  Das  Land  war  zum  großen  Teil  von  Man -Barbaren 
bevölkert.  Die  »Bronzetrommel  mit  Inschrift«  findet  in  jener  Zeit  nur  in 
der  nach  dem  Kuang-tung-sin-y ü  seinerzeit  im  Nan-hai-miau  bei 
Whampoa   aufbewahrten   Trommel    mit   Inschrift   des   Generals  Fu-p'o    ihr 


'  S -?'  "ein  Mann«;  so  will  mir  die  Stelle  niciit  recht  gefallen,  da  ich 
nicht  einsehe ,  weshalb  das  Geschlecht  des  Schenkenden  betont  wird.  Möglicherweise 
"Männer«,  wenn  nicht  Adelstitel,  -^?'  S  izi-nan,  »die  Vizegrafen  inid  Barone«, 
gemeint  sind  (vgl.  Höu-han-schu  Kap.  9,  S.  12B:  ^  ~K  ;^  ""J^ ^^  A  '  wo 
nan-tzi  in  dieser  Umstellung  vielleicht  auch  Adelstitcl  ist). 

'^    Li-tai-ti-li-tschi-yün-picn-kin-schY  Kap.ll,  S.27f.:    |^  ^  }^ 

tRfflJfl4^iW;ltWl>H  W/X|>t«i6^-  -N-'  -'^-"d  der  östlichen 
lian  ein  Fürstentum,  zu  Kiiig-tschöu  gehörig,  entsprechend  der  heutigen  Stadt 
Kiang-ling-hini  in  Kiug-tsciiöu-fu,  Provinz  nu-i)eT'-.  Kiang- rmg-hien  ist  mit 
der  Präfekturstadt  Kini>- tschöu- fu  identisch. 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  239 

Gegenstück.  Vorausgesetzt  daß  die  letztere  wirklich  aus  der  Zeit  der 
späteren  Han  stammt,  wäre  die  Trommel  aus  Nan-kün  das  zweite  mit 
einer  Inschrift  versehene  Stück,  vielleicht  das  dritte,  wenn  wir  die  weiter 
unten  von  mir  erwähnte  Trommel  von  Yo-tschöu-fu  in  Betracht  ziehen. 
Die  Schwierigkeit  liegt  für  den,  der  die  Ma-yüan -Theorie  zu  stützen  sucht, 
im  Datum  der  Auffindung.  Die  chinesische  Anschauung  stützt  sich  augen- 
scheinlich auf  den  Gedanken,  daß  Bronzetrommeln,  soweit  Funde  durch 
die  chinesische  Literatur  bekannt  geworden  sind,  hauptsächlich  an  solchen 
Plätzen  entdeckt  worden  sind ,  die  von  den  Generälen  Ma  Yüan  und  Tschu-ko 
Liang  mit  ihren  Truppen  berühi't  wurden.  Dies  würde  nun  auf  die  süd- 
lichen Grenzen  des  Nan-kün -Gebietes  recht  gut  passen,  wie  aus  den  aus 
dem  Höu-han-schu  unter  s  bis  u  mitgeteilten  Auszügen  (s.  Anhang)  her- 
vorgeht. Ma  Yüan  bekämpfte  tatsächlich  die  aufständigen  Man -Barbaren 
in  der  Nähe  des  Sees  Tung-t'ing  und  starb  während  dieses  Feldzuges. 
Nach  dem  Hon- han -sc  hu  wurde  er  im  Herbste  des  Jahres  48  n.Chr. 
zum  Führer  der  Expedition  gegen  die  Man  am  See  ernannt;  im  T'ung- 
kien-kang-mu  wird  der  siebente  Monat  genannt,  und  wenn  Ma  Yüan  nach 
derselben  Quelle  erst  im  Sommer  49  starb,  so  müßte  der  Trommelfund  von 
Nan-kün  noch  zu  seinen  Lebzeiten  stattgefunden  haben,  und  zwar  während 
er  sich  mit  seiner  Armee  in  der  Nähe  der  südlichen  Grenzen  dieses  Fürsten- 
tums aufhielt,  wenn  nicht  vor  seiner  Ernennung.  Die  Möglichkeit  wäre 
allerdings  nicht  ausgeschlossen,  daß  Ma  Yüan  im  siebenten  Monat  des 
Jahres  48  gleich  nach  seiner  Ankunft  unter  den  Barbaren  solche  Trommeln 
bei  sich  hatte,  befreundete  oder  verbündete  Man  -  Führer  damit  beschenkte, 
daß  diese  sie  im  Kampfe  verloren  und  daß  sie  schließhch  von  dem  »Manne- 
aus Nan-kün  an  den  Hof  eingesandt  wurden,  ohne  daß  dieser  ihren  Ur- 
sprung kannte.  Während  jedoch  das  örtliche  Zusammentreffen  des  Trommel- 
fundes von  Nan-kün  mit  der  Nähe  von  Ma  Yüans  Kriegsschauplatz  für  die 
chinesische  Theorie  zu  sprechen  scheint,  ist  der  Umstand,  daß  die  Ein- 
sendung nur  innerhalb  weniger  Monate  nach  Ankunft  Ma  Yüans  stattgefunden 
haben  kann,  eher  als  ein  Hindernis  anzusehen.  Schließlich  könnten  ja  auch 
solche  Trommeln,  nachdem  sie  sich  in  Tung-king  vier  Jahre  früher  erprobt, 
inzwischen  durch  andere  Vertreter  des  Kaisers  an  die  Barbaren  von  Nan-kün 
gelangt  sein.  Gegen  die  chinesische  Theorie  spricht  hauptsächlich  auch  die 
UnWahrscheinlichkeit,  daß  man  dem  Hofe  ein  unter  der  Autorität  des  Kaisers 
eingeborenen  Führern  gestiftetes  Geschenk  als  Merkwürdigkeit  widmete. 

Übrigens  ist  die  Bronzetrommel  von  Nan-kün  nicht  die  einzige  in 
jener  Gegend  entdeckte.  Ihr  folgt  zunächst  die  im  KM-man-ts'ung-siau 
erwähnte  Trommel  (s.  de  Groot  S.  88,  Anm.  2).  Dieselbe  wurde  im  Flusse 
von  jNIa-yang  (Ijjjfjtl^)  ausgegraben.  Diese  Örtlichkeit  wird  von  de  Groot 
nicht  ganz  richtig  identifiziert,  wenn  er  sie  im  heutigen  Yüan-tschöu-fu 
(iM.!)'HlM)  "^  ^^^  Provinz  Kiang-si  sucht.  Dort  sind  wir  den  Sitzen 
der  Man  schon  zu  weit  entrückt,  um  solche  Altertümer  zu  erwarten.  Viel- 
mehr handelt  es  sich  um  eine  Landschaft  an  den  Ufern  des  Yüan-kiang, 
der  sich  östlich  von  Tschang -tö  in  den  Tung-t'ing-See  ergießt  und  die 
eigentliche  Heerstraße  der  Man  vom  alten  King-tschou  nach  den  Südwest- 


240  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

liehen  Provinzen  bildet,  insbesondere  der  K'i-man  {}^^'')j  denen  das 
von  de  Groot  zitierte  Werk  gewidmet  ist.  Ma-yang  ist  die  heute  noch  so 
genannte  Kreisstadt  (27°  38' n.  Br.,  109°  22' ö.  v.  Gr.,  Playfair  Nr.  4742). 
Das  Zitat  von  der  bei  Ma-yang  entdeckten  Trommel  ist  im  T'u-schu- 
tsi-tsciröng  unter  den  tsa-lu  von  Tschön-tschöu-fu  (6,  Kap.  1270),  der 
Präfektur,  zu  der  Ma-yang  gehört,  abgedruckt.  Das  Kloster  T'ien-k'ing- 
kuan  (^  )^'P^)'^^°  ''^'"'  ^^'^^^  '^^^  Sung- Dynastie  die  Trommel  aufbewahrt 
wui'de,  befand  sich  jedoch  hundert  Li  östlich  von  der  Stadt  Yo - tschöu - fu 
und  führte  diesen  Namen  seit  1017  n.Chr.  (s.  T'u-schu-tsi-tsch'öng  6, 
Kap.  1223,  S.  5).  Der  Fluß  von  Ma-yang  fällt  in  das  Gebiet  derselben 
Wu-hng-man  (;^f^^')»  g«^««»  ^^^  der  im  Jahre  48  n.Chr.  unter  Ma 
Yüan  unternonunene  Feldzug  gerichtet  war.  Ob  der  General  selbst  weit 
genug  ins  Innere  gedrungen  ist,  um  den  Fundort  der  Trommel  von  Ma 
Yang  zu  erreichen,  läßt  sich  kaum  feststellen;  doch  könnten  seine  Truppen 
dort  gewesen  sein.  Der  Hu-t'öu-schan,  wo  sich  IMa  Yüans  Hauptquartier 
zur  Zeit  seines  Todes  befand,  dürfte  sehr  viel  weiter  stromabwärts  imter- 
halb  Tschön- tschöu  zu  suchen  sein. 

Ein  dritter  Trommelfundbericht  der  Tung-t'ing -Gegend  liegt  aus  Yo- 
tschöu-fu  vor.  Die  Lokalchronik  (Yo-tschou-fu-tschi,  zitiert  im  T'u- 
schu-tsi-tsch'öng  6.  Kap.  1224,  S.  2)  spricht  von  einer  im  Tempel  Lo- 
niang-miau    (MMMH??^)])    »"f^^^wahrten   Bronzetrommel.      Dazu   werde   im 

Yo-yang-föng-t'u-ki  (^1^  jj[^  J^iE'  eJ"<^'"  ^^^'^'^  ^^00  n.Chr.  ent- 
standenen, für  die  Geschichte  der  Stromveränderungen  am  Ausfluß  des 
Tung-t'ing-Sees  wichtigen  und  von  den  Chinesen  geschätzten  Werkchen, 
s.  Ts'ung-mu  Kap. 70,  8.  31f.)  folgendes  bemerkt: 

»Während  der  Regierungsperiode  Yüan -long  (1078 — 1086)  wurde 
bei  dem  Landgute  Yung-k'ing  beim  Pflügen  eine  Bronzetrommel  gefunden 
mit  runder  Öffnung  und  kantigen  Henkeln;  die  Ornamente  des  unteren 
Teils  bestanden  aus  alter  Siegelschrift  und  INIäandermustern  mit  prononciert 
blaugrüner  Patina  und  von  so  vollendeter  Arbeit,  wie  sie  in  jüngerer  Zeit 
nicht  fertig  gebracht  werden  konnte.  Das  Fundstück  wurde  im  Kloster 
untergebracht.  Der  Magistrat  Li  Kuan  erkundigte  sich  bei  den  Sachver- 
ständigen nach  (der  Bedeutung  der  Inschrift i'),  worauf  dieselben  antworteten: 
'Als  Lu  Kia  als  Gesandter  nach  Nan-yüe  geschickt  wurde,  schenkte  er 
diese  Bronzetrommel  als  eine  Widmung  an  den  Tempel,  sie  war  jedoch 
vor  langer  Zeit  verloren  gegangen.  Dies  ist  der  Sinn  (der  Inschrift).'  Darauf 
wurde  die  Trommel  im  Tempel  untergebracht,  doch  da  sie  zur  Zeit  des  Um- 
zugs nicht  mit  der  nötigen  Sorgfalt  gehandhabt  wurde,  ward  sie  beschädigt, 
worauf  sie  im  Kloster  von  Yung-k'ing  gelassen  wurde«   (|I^^^^^ 

Ä*  S  ¥  ^  ^  <:  -s  en  Ut  tfc  ü  l  ©1  *  )j  #  l  n-i^  si  t*  ^~• 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  241 

Wir  sehen  in  diesem  kurzen  Bericht  eine  von  der  hindläiifigen  An- 
sicht sehr  verschiedene,  ebenfalls  chinesische  Anschauung  vertreten.  Nach 
der  Ansicht  jener  Sachverständigen,  die  in  Yo-tschöu-fu  zu  Hause  ge- 
wesen sein  mögen,  da  der  zuerst  genannte  Tempel  Lo-niang-miau  sich 
(nach  T'u-schu-tsi-tsch'öng  6,  Kap.  1223,  tz'Y-miau  S.  1)  drei  Li  süd- 
lich von  dieser  Stadt  befand,  stammte  diese  Trommel  aus  einer  Zeit,  die 
vor  der  Eroberung  Tung-kings  durch  den  General  Ma  Yüan  um  mehrere 
Generationen  zuiückliegt.  Die  erste  Entsendung  des  chinesischen  Gesandten 
Lu  Kia  an  den  Hof  des  Königs  von  Nan-yüe,  Tschau  T'^o,  fällt  in  das 
Jahr  195  v.  Chr.,  bei  Gelegenheit  seiner  Investitur  im  Namen  des  chinesischen 
Kaisers  (Schi-ki  Kap.  113,  S.2B:  ^^ +  — ^^IP^  M  0  JJL  ffi  @ 
■j^-^^;  vgl.  Ts'ien-han-schu  Kap.  95,  S.  8B  und  die  Übersetzung 
von  Wylie,  a.  a.  O.  S.  66  fi".).  Eine  zweite  Entsendiuig  desselben  Gesandten 
fiel  in  das  Jahr  179  v.Chr.,  und  diesmal  sendet  der  im  Sterben  liegende 
große  Beherrscher  der  Man -Barbaren  eine  in  den  chinesischen  Historikern 
im  einzelnen  angeführte  Reihe  wertvoller  Geschenke  (»Respectfully  facing 
tlie  north,  he  begs  to  present  by  the  envoy,  a  pair  of  white  jade  sceptres, 
a  thousand  humming  birds,  ten  buffalo  horns,  five  hundred  purple  cowries, 
a  case  of  cassia  grubs,  forty  pairs  of  living  humming  birds,  and  two  pairs 
i)f  pea-fowls.  Half  dead,  he  again  makes  obeisance,  in  offering  this  report 
to  Ilis  Higlmess  the  Eniperoi-.  When  Lu  Kia  returned  and  made  his  report, 
the  Emperor  was  greatly  delighted«  (Wylie  S.  70).  Es  befand  sich  keine 
Bronzetrommel  unter  den  Geschenken  Tschau  T'os.  Doch  bezieht  sich 
wohl  die  Mitteilung  des  Föng-t'u-ki  nicht  auf  diese  Sendung,  da  von 
einem  Geschenk  des  Lu  Kia  an  den  Tempel  (Lo-niang-miau?)  und  nicht 
von  Hofgeschenken  die  Rede  ist.  Es  wird  jedoch  nicht  leicht  sein,  etwaige 
Beziehungen  zu  jenem  Tempel  zu  entdecken.  Die  Stelle  ist  zunächst  da- 
durch interessant,  daß  sie  eine  Variante  der  allgemein  gültigen  chinesischen 
Anschauimg  bildet.  Jene  Sachverständigen  der  Sung- Dynastie  nahmen 
zweifellos  an,  daß  die  von  ihnen  begutachtete  Trommel  chinesischen 
Ursprungs  sei,  sie  hätte  sonst  nicht  die  «in  alter  Siegelschrift  ("jpV^^)" 
niedergelegte  Inschrift  tragen  können.  Immerhin  hätte,  wenn  wir  den 
Barbaren  Tschau  T'os  solche  Kunstwerke  zutrauen  wollen,  dieses  Stück 
während  des  Aufenthaltes  des  Gesandten  am  Hofe  des  Südens  auf  Be- 
stellung gegossen  sein  können,  wenn  nicht  die  chinesische  Inschrift  nach- 
ti'äglich  eingraviert  wurde. 

•■Diesem  Gebiete  gegenüber  steht  min  ein  anderes,  nämlich  das  von  SsT-tsch'uan 
Yün-nan,  Nordbirma  usw.  Ich  bin  geneigt  anzunehmen,  daß  die  Funde  dieses 
mehr  westlichen  Gebietes  um  etwa  zwei  Jahrhunderte  jünger  sind  und  nicht  über 
die  Zeit  des  Tschu-ko  Liang  (225  n.  Chr.)  hinausgehen.  Als  dieser  große  Feldherr  den 
Südwesten  Chinas  unterjochte ,  verfuhr  er  ähnlich  wie  sein  Vorgänger  Ma  Yüan  in 
Tung-king.  So  wird  ein  im  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts  in  der  Gegend  von 
Kui-lin  entdeckter  Fund  von  93  Bronzepauken  auf  Tschu-ko  Liang  i-ku  tschön- 
man,  "Tschu-ko  Liang,  der  mit  der  Trommel  die  Man  unterjochte,  in  Ordnung  hielt», 
zurückgeführt.  Wie  die  damals  (d.h.  im  XVI.  Jahrhundert)  gefangenen  Man  selbst 
erklärten,  hing  der  Wert  einer  solchen  Bronzetrounuel  davon  ab,  wie  weit  man 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt.  IG 


242  Hirth:   Chinesische  Ansichten  Ober  Bronzetrommeln. 

ihren  Schall  hören  konnte,  also  keineswegs  von  der  Größe,  was  sich  ja  auch  von 
den  Tamtams  und  Glocken  sagen  läßt.  Die  allerbesten  waren  tausend  Kühe  wert, 
weniger  gute  700  bis  800  Kühe.  Diese  wichtige  Stelle  findet  sich  im  Ming-schT 
Kap.  212,  S.  20.  "Wie  die  in  der  Provinz  SsT-tsch'uan  erworbenen  Stücke,  so  gehören 
zu  den  Trommeln  des  Tschu-ko  Liang  vermutlich  wohl  auch  Stücke  aus  Gegenden,  die 
weit  über  die  heutige  chinesi^he  Grenze  hinaus  gefunden  wurden.  Wie  es  mit  den 
ferneren  Gegenden  Hinteriudiens  bestellt  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  P^s 
wäre  aber  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  nicht  die  Kirnst  des  Trommelgießens  bei 
Gelegenheit  der  beiden  großen  chinesischen  Unterwerfungsfeldzüge  zunächst  von  den 
unterworfenen  Man  nach  chinesiscliem  Muster  erlernt  wurde  und  sich  später  von 
Stamm  zu  Stamm  nach  Süden  hin  fortpflanzte,  allmählich  dann  eingeborenem  Ge- 
schmack mehr  und  mehr  Rechnung  tragend.  Bronzetrommebi  werden  im  frühen 
Mittelalter  unter  den  nmsikalischen  Instrumenten  des  Landes  P'iau  (Ostbirnia)  er- 
wähnt. Unter  einer  langen  Keihe  von  Tributgeschenken,  die  im  Jahre  1370  von 
Java  (vom  König  Si-li-pa-ta-la  =  ^/H  Patra  oder  Patahi?)  an  den  chinesischen 
Hof  geschickt  wurden,  befanden  sicli  auch  Bronzetrommeln.  Es  wird  sich  fragen, 
ob  man  für  die  hinterindischen  Trommeln,  besonders  solche  des  Archipels,  den 
Beweis  erbringen  kann,  daß  sie  vor  dem  Jahre  41  n.  Chr.  entstanden  sind.  Ist  dies 
nicht  möghch ,  so  wäre  chinesische  Beeinflussung  bei  aller  Verschiedenlieit  der  Formen 
immerhin  denkbar.» 

Mag  es  Legende  sein,  wie  de  Groot  (S.  90)  annimmt,  oder  nicht,  so 
unterliegt  es  doch  keinem  Zweifel,  daß  in  der  Gegend  des  oberen  Yang-tzi 
und  weiter  nach  Südwesten  hin,  überall  wohin  der  große  Nationalheld 
Tschu-ko  Liang  seine  siegreichen  Waffen  trug,  die  später  gemachten 
Tromnielf'unde  seinem  Wirken  zugeschrieben  werden.  Die  auch  bei  de  Groot 
(S.  89)  angefiihrte  Stelle  des  Ming-sch'i  (Kap.  212,  S.  20)  bringt  den  in 
der  Bevölkerung  heute  noch  für  Tradition  gehaltenen  Gedanken  deutlich 
zum  Ausdruck.  Ich  habe  ja  in  meinem  Briefe  nur  die  Ansichten  chinesi- 
scher Archäologen  wiedergeben  wollen  und  glaube  dies  so  gewissenhaft  getan 
zu  haben,  wie  dies  unter  den  damaligen  Umständen  möglich  war.  Ich 
bin  selbst  jetzt  noch  der  Ansicht,  daß  wir  solche  im  Volke  lebenden 
Überlieferungen  nicht  ohne  weitere  Nachfrage  als  unnützes  Material  bei- 
seite werfen  sollen.  Was  dem  Feldherrn  Tschu-ko  Liang  zugeschrieben 
wird,  ist  ebenso  w^ie  bei  Ma  Yüan  die  Überreicluing  von  Kulturgesclienken, 
die  in  der  Seele  der  Barbaren  die  Lust  zur  Zivilisation  im  chinesischen 
Sinne  erwecken  und  gleichzeitig  das  Gefühl  der  Abhängigkeit  vom  Kaiser 
als  obersten  Schutzherrn  erhalten  sollten.  Daß  wir  in  dem  von  den  lleer- 
zügen  des  Tschu-ko  Liang  handelnden  Haupthistoriker,  dem  San-kuo- 
tsch'i,  so  wenig  über  die  Bronzetrommeln  erfahren  wie  aus  den  Han- 
Annalen  beweist  nichts  gegen  die  Möglichkeit  dieses  Verfahrens,  das  wir 
aus  der  Ku-tsch'ui  -  Literatur  hinlänglich  kennen.  Tschu-ko  Liang  war 
wie  Ma  Yüan  niclit  nur  ein  großer  Feldlierr,  sondern  auch  Künstler.  In 
der  Malerliteratur  wird  er  unter  den  ausübenden  Künstlern  seiner  Zeit 
angeführt  ("Tschu-ko  Liang  konnte  malen«,  ^^'yfl^fli''  ^^i'*"-^^^^" 
schu-j)'u  Kap.  13,  S.  4B,  wo  außer  seiner  von  den  Zeitgenossen  ge- 
schätzten Handschrift  besonders  auch  sein  mechanisches  Geschick  hervor- 
gehoben wird,  das  sich  in  mehreren  berühmten  Erfindungen  äußerte,  die 
ja    auch    im    San-ku  o- tsch  i   erwähnt  sind.      Sein    zeichnerisches   Talent 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  243 

entsprang  einer  inneren  Veranlngiing,  die  ihn  in  den  Stand  setzte,  es  auch 
ohne  Studiiun  /u  Leistungen  zu  bringen  ( j^  ^  ^tj^  J  jj;  ^^  pf  j^  ^ 
^rfilBb)"  ^"""  seinen  Ei-findungeu  erhalten  wir  im  San-kuo-tschi 
(Schu  Kap.  5.  S.  15 B)  Nachricht,  wenn  es  auch  nicht  leicht  ist,  sich  heute 
eine  Vorstelhum  davon  zu  machen  ("^f^  fi  ^  ^"5  >S -Ä^S^  >tC 


'yü  VjH  X^  /r<  ^J  >E^  1M  int  ?^  1^ 

Jahre  225  n.  Chr.  trat  Tschu-ko  Liang  seinen  Feldzug  gegen  den  Süden 
an  (^H-H^^^^  >iC  l^^iE,  San-kuo-tschi  Kap.  5,  S.  8). 
Dazu  bemerkt  der  Scholiast,  daß  ihm  auf  Befehl  des  Kaisers  »Federschirme 
und  Tronunelspiele«  gegeben  wurden  (|g^^  o  o  ^^^ßjp^ 
i^ — ■  "ofO*  ^^"^"^  ""^'"  Tsclui-ko  Liang  von  seinem  Älalertalent  Gebrauch 
machte,  erfahren  wir  aus  einer  Quelle,  die  zwar  dem  San-kuo  tschi  an 
Alter  nicht  gleichkommt,  aber  immerhin  alt  genug  ist,  um  zu  zeigen,  was 
man  sich  etwa  ein  Jahrhundert  später  erzählte.  Ich  meine  das  Hua-yang- 
kuo-tschi  (3^|^[^yi^)  von  Tsch'ang  K'ü  (*^J^)-  Der  Verfasser 
wird  imTs'ung-mu  (Kap.  66,  S.  5)  als  Zeitgenosse  des  letzten  Monarchen 
der  Dynastie  Tsch'öng  (^),  Li  Schi"  (^^i),  genannt,  der  von  344  bis 
347  n.  Chi-,  regierte.  Der  Text  des  aus  einer  Reihe  von  Monographien 
historischen  Inhalts  bestehenden  Werkes  ist  in  dem  Sammelwerk  Han- 
wei- ts'ung-schu   abgedruckt.     Die   Stelle   lautet:    ^J^^^TjT'^^ 

|[3.  Jj^  ^^  ||j|  ^  ^  -^  ^ .  "  Tschu  -  ko  Liang  verfertigte  ein  Album  von 
Bildern  über  die  Beschäftigungen  der  Barbaren.  Erst  zeichnete  er  Himmel, 
Erde,  Sonne,  Mond,  Fürsten,  Führer  und  Städte.  Dann  zeichnete  er 
Geister  und  Drachen,  die  Erzeugung  der  Barbaren  durch  Drachen,  auch 
Ochsen,  Pferde  und  Ziegen.  Zuletzt  zeichnete  er  die  Stammesfürsten  und 
ihre  Beamten,  Reitpfei-de  und  Fahnen.  Denn  (diese  Bilder  sollten)  die 
Runde  machen  und  friedliche  Sympathien  erwecken.  Er  zeichnete  auch  an 
der  Halfter  gezogene  Ochsen ,  mit  Wein  beladen,  und  die  Symbole  von  ge- 
schenktem Gold  und  Edelsteinen,  die  zu  ihnen  kamen.  (Diese  Bilder) 
schenkte  er  den  Barbaren.  Die  Barbaren  schätzten  sie  sehr  hoch.  Er  ver- 
sprach ihrem  Wohlstand  durch  Vieh  aufzuhelfen  und  gab  ihnen  unwider- 
rufliche Urkunden  nebst  (den  dazu  gehörigen)  Rangabzeichen  aus  Nephrit 
und  Brokatstoffen.  [Die  Bilder  sind]  jetzt  noch  erhalten.«  Die  Stelle  wird 
im  T'u-schu-tsi-tsciröng  (6,  Kap.  606  ad  finem)  aus  dem  Sü-tschöu- 
fu- tschi'  zitiert. 

Einen  der  Gründe,  die  bei  der  Zurückführung  der  in  Ssi-tsch'uan, 
Yün-nan  und  Kui-tsch6u  gefundenen  Bronzetrommeln  auf  Tschu-ko  Liang 
den  Chinesen  des  Mittelalters  vorgeschwebt  haben  mögen,  glaube  ich  in 
einer  Stelle  der  T'u-schu  •  tsi-tsch' öng  (Kap.  8,  Kap.  94,  hui-k'au  6, 
S.  8)    zu    erkennen,   wo    die   Bronzetrommel    als    Festmusikinstriunent    der 

IG* 


244  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

Liau-BarLaren  »mit  den  fliegenden  Köpfen«  (Vogelköpfen?  RS  ^^^•ff-?*» 
die  schon  im  T'ang-schu  erwähnt  werden)  und  anderer  Stämme  Tung- 
kings  geschildert  wird.  Dort  wird  sie  als  »das  Tschöng,  d.i.  der  ^lilitär- 
gong,  erklärt,  mit  dem  Tschu-ko  Liang  gegen  die  Man -Barbaren  zu  Felde 

^og«  (ipiiTj^S^ffiSÜE-fe)-  ß^«  Tschöng  war  zur  Zeit 
der  Tschöu- Dynastie  ein  glockenartiges  Instrument  mit  Handgriff  und  Tschou- 
ornamenten,  jedoch  ohne  die  charakteristischen  36  Zitzen  der  Tschouglocken, 
wie  aus  den  Abbildungen  des  Po-ku-t'u-lu  (Kap.  26,  S.  36 — 46)  hervor- 
geht. Nach  der  Definition  des  Schuo-wön  (K'ang-hi,  s.v.  ^^£)  war  es 
ein  Instrument  wie  die  Tanzrassel  (nau),  jedoch  glockenartig,  mit  hohlem 
Griff,  dur-ch  den  ein  .Stab  gesteckt  werden  konnte  (^^  ^ß  jh^  ^  ^^  ^^ 
pb  hni^l^)'  Es  wuirde  mit  der  Felltronunel  bei  militärischen  Evolu- 
tionen als  Signal  benutzt,  die  Trommel  als  Signal  zum  Angriff,  das  Tschöng 
als  Signal  des  Stillstandes.  Es  wurde,  dieser  Beschreibung  entsprechend, 
an  einem  durchgesteckten  Stabe  hängend  angeschlagen.  In  dem  Musik- 
werke der  Sung-Dynastie  Yo-schu  (^^^^  ^  T'u-scliu-tsi-sch'öng 
29,  Kap.  99,  S.  2)  wird  ein  Bronzetschöng  (^[p)^i£)  anch  als  Spezialität  der 
Man -Barbaren  erwähnt  mit  den  Worten:  »Das  Tschöng  gleicht  einem  großen 
bronzenen  tie  (ich  weiß  nicht,  was  damit  gemeint  ist),  wird  an  einem 
Glockenstab    aufgehängt   und    angeschlngen;    es    ist  ein  Insti-ument  dpi"  siid- 

liehen  Ma„._  (fiE  tU  iK  M  .f!  ß  H'm,^»  W  ^^9  Z^^' 

nach  Kiu- t'ang-schu,  Kap.  29,  S.  19).  Vielleicht  ist  dieses  Instrument 
mit  der  Bronzetrommel  verwechselt  worden,  da  Schön  Kua  (XI.  Jahihundert) 
berichtet,  daß  von  ihm  ein  bronzenes  Tschöng  mit  einer  auf  Tschu-ko 
Liang    deutenden   Inschrift    gefunden    wurde    ( Hp  ^hT  ^^  ^iÖE  ^tÄ  *^  3l  ^i[ 

Möng-kM-2)i-t'an  Kap.  19,  S.  1).  Auf  dem  Tschöng  war  eine  Art  stili- 
sierter Widderkopf,  worin  der  Verfasser  das  Symbol  Fei- lien  (^  ^,  ein 
mythologisches  Monstrum)  zu  erkennen  glaubte.  Das  Fei-lien  scheint  nach 
den  im  P'ei- wön-yün-fu  (Kap.  29,  S.  15B)  mitgeteilten  Stellen  ein  recht 
vieldeutiger  Begriff  zu  sein. 

In  der  neueren  Literatur  sind  Stellen,  in  denen  die  Bronzetronunel 
in  gewissen  Gebieten  auf  Tschu-ko  Liang  zurückgeführt  wird,  durchaus 
nicht  selten.  Solche  Stellen  fiinden  sich  namentlich  in  dem  Hauptwerke  für 
die  südwestlichen  Provinzen,  deui  im  Jahre  1763  veröffentlichten  Tien- 
Vien-tschY-lio  (yÄ|p^^;^)  "^  30  Kaj)iteln,  von  Sie  Scliöng-lun 
(Ü^^^-^m)' ^^'^^  ^^^^^  noch  recht  viel  Material  für  die  Kenntnis  der  Bronze- 
tronunelvölker  findet.  Unter  anderem  sind  darin  die  unter  Europäern 
bisher  nur  als  Erklärung  zu  gewissen  illustrierten  Handschriften  bekannt 
gewordenen  Miau -tzi -Texte  enthalten,  die  von  verschiedenen  Gelehrten 
nach  solchen  titellosen  Miau -tzi -Albums  bearbeitet  wurden.  Das  voll- 
ständigste Elxemplar  dieser  Sammlung,  das  ich  bis  jetzt  kennen  gelernt, 
81  A(piarelle  enthaltend,  fiel  im  Oktober  1883  in  meine  Hände  und  befindet 
sich  jetzt  auf  der  Herzoglichen  Bil)liothek   in  Gotha.     Die  Nachrichten  der 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  245 

früheren  französischen  Missionare  (du  Halde,  Amiot,  Grosier  usw.)  sind 
dürftig  im  Vergleich  zu  den  Schilderungen  dieser  Handschriften,  von  denen 
wir  die  ersten  Proben  1837  durch  K.  F.  Neumann  (Asiatische  Studien  I, 
S.  35 — 120)  erhielten.  Derselbe  beschreibt  79  Stämme  der  Miau- tz'i  »nach 
einem  durch  die  Güte  des  Hrn.  Clarke  zu  Canton  in  Abschrift  mitgeteilten 
Originale«.  1859  erschien  die  Übersetzung  von  Bridgman  im  »Journal  of 
the  N.- China  Branch  of  the  R.  Asiat.  Society«  (vgl.  de  Groot  S.  102),  und 
1876  die  Bearbeitung  nach  drei  verschiedenen  Handschriften  durch  G.  M.  H. 
Playfair  (»The  Miaotzu  of  Kweichou  and  Yunnan  from  Chinese  Descrip- 
tions«,  China  Review  Bd.  V,  S.  92  — 108).  De  Groot  sagt  (S.  103)  von 
der  Bridgmanschen  Bearbeitung:  »Es  ist  eigentümlich,  daß  weder  der  ur- 
sprüngliclie  Titel  des  Werkchens,  noch  der  Name  des  Verfassers,  noch  das 
Jahr  der  Veröffentlichung  von  dem  Übersetzer  genannt  wird.  Hat  er  das 
alles  verschwiegen  aus  Furcht,  daß  auch  ein  anderer  das  durchaus  nicht 
zu  verschmähende  Buch  in  die  Hände  bekommen  und  gründlicher  unter- 
suchen oder  seine  Übersetzung  einer  Kritik  unterwerfen  könnte?«  Ich  halte 
diesen  Verdacht  für  unbegründet,  da  die  in  verschiedenen  Bibliotheken  und 
Museen  Europas  vertretenen  Miau -tz'i -Aquarelle  in  ihren  Texten  meist 
keinerlei  bibliographischen  Nachweis  enthalten.  Ich  glaube  daher  einem 
Mangel  abzuhelfen,  wenn  ich  auf  die  gedruckten  Texte  des  Tien-k'ien- 
tschi-lio  verweise,  die  den  früheren  Bearbeitern  zweifellos  unbekannt 
waren. 

In  dem  genannten  AVerke  wird  nun  u.  a.  (Kap.  27,  S.  1  B)  mit  Bezug 
auf  die  Barbaren  von  Ma-hu  i!^)fi)\f  in  der  Nähe  des  großen  Bronze- 
marktes Sui-fu  am  oberen  Yang-tzi)  gesagt,  daß  sie  bei  Festen  und  Ge- 
lagen »die  Bronzetrommel  anschlagen,  Gesänge  und  Tänze  aufführen  und 
V^''ein  trinken,  und  Tag  und  Nacht  Musik  machen;  bei  ihren  unerschöpf- 
lichen und  endlosen  Vorräten,  sagt  man,  sei  dies  Tschu-kos  Methode 
gewesen,  die  Barbaren  zu  erschöpfen..  (^  ||j^  Jj^  5)C^ 'S^  M^  B -^ 

Schreiber  nimmt  augenscheinlich  an,  daß  Tschu-ko  Liang  die  Barbaren  aus 
Politik  zu  diesen  Vergnügungen  ermuntert  habe;  dies  würde  die  in  dem  alten 
Bericht  über  das  von  ihm  gefertigte  Bilderalbum  (eines  frühen  Vorläufers  der 
Miau -tzi- Aquarelle)  angedeutete  Liberalität  gegenüber  den  Barbaren  erklären. 
Indem  er  sie  zum  Luxus  erzog,  glaubte  er  sie  am  sichersten  an  die  chi- 
nesische Kultur  zu  ketten.  Die  chinesische  Anschauung  geht  nun  augen- 
scheinlich davon  aus,  daß  unter  diesen  Luxusgeschenken  sich  auch  Bi"onze- 
trommeln  befunden  haben. 

Mag  dies  alles  Legende  sein  oder  allenfalls  Raum  zu  einem  Kom- 
promiß der  Meinungen  eröffnen,  wenn  wir  annehmen  wollen,  daß  die 
Barbaren  längst  selbst  Bronzetrommeln,  wenn  auch  weniger  vollkommene, 
gegossen  hatten,  als  Ma  Yüan  und  Tschu-ko  Liang  dieser  Industrie  mit 
höherer  Technik  und  chinesischer  Symbolik  in  den  Ornamenten  durch 
Trommelstiftungen  im  Zusammenhang  mit  dem  vom  Kaiser  verliehenen 
Ku-tsch'ui- Orchester  zu  Hilfe   kamen,  so   dürfen  wir  doch  Zeugnisse  wie 


246  Hirth:    Chinesisclie  Ansichten  über  Bronzetronimeln. 

das  Vorhandensein  von  Inschriften  (z.B.  die  des  INIa  Fu-p'o  im  Nan-hai- 
niiau  bei  Whampoa)  nicht  einfach  beiseite  schieben.  Wenn  uns  ein  an- 
ständiger und  ernst  veranlagter  chinesischer  Autor,  wie  der  Verfasser  des 
Kuang-tung-sin-y ü,  versichert,  daß  eine  Trommel  mit  chinesischer  In- 
schrift in  jenem  Tempel  aufbewahrt  wurde,  so  haben  wir  nicht  mehr  Grund 
an  der  Tatsache  zu  zweifeln,  als  ob  das  Buch  in  Europa  erschienen  wäre; 
und  was  den  Leichtsiim  betrifft,  mit  deui  enthusiastische  Gelehrte  sich  durch 
Nachahmungen  täuschen  lassen,  so  traue  ich  den  chinesisclien  Kritikern 
ebensoviel  Vorsicht  und  gesunden  Menschenverstand  zu,  wie  beispielsweise 
einem  unserer  großen  Ägyptologen,  der  in  einem  Pharaonengrabe  am  Nil 
chinesisches  Porzellan  entdeckt  zu  haben  glaubte. 

Ich  hoffe,  daß  de  Groot  nicht  etwa  ein  grundsätzliches  Vorurteil 
gegen  Inschriften  auf  Bronzetrommeln  hegt,  da  wir  doch  genug  Beispiele 
dafür  aus  der  Literatur  nachweisen  können,  wie  die  Siegelinschrift  der 
Trommel  von  Yo-tschöu-fu  oder  die  Widmung  »des  Mannes  von  Nan-kün» 
im  Jahre  48  n.  Chr.  Ein  solches  Vorurteil  könnte  der  Grund  sein,  weshalb 
er  (S.79)  die  Vokabel  ming  (^^  »Inschrift«)  durch  »Gravierarbeit«  über- 
setzt, und  Aveshalb  er  mit  Professor  Kühnert  die  Inschrift  auf  Fig.  7  auf 
Taf.  XXIX  in  Hegers  Tafelband  nicht  deuten  zu  können  glaubte  (s.  Text- 
band, S.  1-28). 

Ich  halte  die  beiden  am  Henkel  der  Trommel  Wien  XI  erscheinenden 
Zeichen  für  chinesisch  und  sehe  die  Schwierigkeit  ihrer  Lesung  nicht  recht 
ein.  Das  auf  der  Abbildung  (Fig.  7)  wiedergegebene  obere  Schriftzeichen 
erscheint  auf  einem  oben  und  unten  von  krummen  Linien  begrenzten  Felde, 
während  das  untere  Zeichen  in  einem  wohlgeformten  Rechteck  steht.  Die 
Verzerrung  des  oberen  Feldes  kann  unmöglich  in  der  Absicht  des  Künstlers 
gelegen  haben;  ich  nehme  daher  an,  daß  sie  durch  Stoß  odei-  Reibung 
entstanden  ist  und  daß  dadurch  das  im  Felde  enthaltene  Schriftzeichen  seine 
ursprüngliche  Gestalt  verloren  hat.  Meiner  Ansicht  nach  sind  die  beiden 
Zeichen  'ff-  p^ ,  ts'ien-wan  zu  lesen,  d.h.  »tausend  Myriaden«  oder  »zehn 
Millionen«. 

Was  die  paläogi'aj)hische  Begründung  dieser  Lesung  betrifl't,  so  nuiß 
bemerkt  werden ,  daß  '{^,ts'ien,  »tausend«,  mit  dem  Klassenhaupt  »INIensch«, 
gegenüber  dem  einfachen  -P"  die  ältere  Schriftform  ist;  bekanntlich  er- 
scheint ja  in  wichtigen  Dokumenten,  auf  Checks  und  in  allen  offiziellen 
Berichten  an  die  Regierung  das  Zalilwort  is'ien  immer  in  dieser  älteren  Form, 
um  etwaigen  Urkundenfälschungen  vorzubeugen  (s.  meine  Bemerkungen 
über  das  ta-sie  der  Zahlwörter  in  »Notes  on  the  Chinese  Documentary 
Style«  S.  98  f.).  Im  Schuo-wön,  dem  Hieroglyphenwörterbuch  vom 
Jahre  100  n.Chr.,  wird  das  damalige  Zeichen  für  »tausend«  erklärt  als 
aus  -|^  {scM,  »zehn«)  und  A  {jön,  »Mensch«)  zusammengesetzt,  und 
die  mitgeteilte  alte  Form  des  Zeichens  entspricht  dieser  Erklärung  (s.  Schuo- 
wön,  Schlüssel  54,  Nr.  3). 

Ferner  steht  das  buddhistische  Hakenkreuz  pjJ ,  wie  man  aus  jedem 
Wörterbuche    (Morrison,   Williams,   Giles)    ersehen    kann,   für    Ä,    ican, 


Hirth:    Chinesische  Aiisicliten  über  Broiizetromuiehi.  247 

«zehntausend«.  Der  bekannte  Polyhistor  des  XVIII.  Jahrhunderts  Li  T'iau- 
yiian  (T'oung-pao,  Bd.  V,  Sujjplement,  vS.  15  ff.)  veröffentlichte  in  seinem 
llan-hai  ein  Werk  pliilologisclien  Inhalts  unter  dem  Titel  Wan-tschai- 
nau-lu  (Ft!  ^  J^llJ^)-  I"^  Vorwort  entschuldigt  er  sich  wegen  der 
\^erwendung  des  Zeichens  pj-j ,  das  in  den  Klassikern  nicht  vorkommt  und 
erst  durch  die  Buddhisten  nach  Cliina  gebracht  wurde,  und  zwar  zunächst 
durch  die  Buddhastatuen,  da  Buddha  das  heilige  Symbol  auf  der  Brust 
trug.  Die  alten  Wörterbücher  wußten  nichts  von  diesem  Zeichen  und  in 
der  Literatur  bemerkt  es  Li  TMau-yüan  zuerst  in  einem  Gedichte  des 
X.  Jahrhunderts.  Das  Symbol  findet  sich  jedoch  als  Variante  für  J^ ,  wan, 
bereits  in  einer  längeren  Inschrift  auf  einem  der  T'ang- Dynastie  zuge- 
schriebenen Metallspiegel  (Kin-sch'i-so,  Kin  Bd.  6,  Fol.  56B). 

über  den  Sinn  der  beiden  Zeichen  möchte  ich  mich  ohne  besonderen 
Fingerzeig  nicht  äußern.  Im  P'e'i  -  wön -y ün  -  fu  (Kap.  73,  p.  57)  findet 
sich  eine  lange  Reihe  von  Belegstellen  für  das  Vorkommen  des  Doj)pel- 
ausdrucks. 

Eine  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Tschu-ko  Liang  scheint  mir  auf  der 
bei  Heger  S.  125  besprochenen  Bronzetrommel  des  Mr.  Archibald  Little 
vorzuliegen,  vorausgesetzt,  daß  sich  das  Stück  auch  nach  den  ü])rigen 
Kennzeichen  als  alt  bewährt.*  Die  Inschrift  lautet:  2^  JÖ- lJt|  4E  J^  E| 
J[^  SM  S  ^i^-  In  den  über  diese  Trommel  zu  verschiedenen  Zeiten  bei 
Hrn.  Heger  eingegangenen  Berichten  finden  sich  Widersprüche  in  bezug 
auf  die  Übersetzung  des  Datums:  »4.  Jahr  der  Periode  Kien -hing«.  Dies 
hat  darin  seinen  Grund,  daß  es  nicht  weniger  als  drei  Regierungsperioden 
dieses  Namens  gegeben  hat,  nämlich  1.  223 — 238  n.  Chr.  unter  der  Dynastie 
Schu,  2.  252—254  n.  Chr.  unter  der  Dynastie  Wu,  3.  313—317  n.  Chr. 
unter  der  westlichen  Tsin  -  Dynastie.  Hr.  Little  hat  bei  seinen  Mit- 
teilungen   an   die    zuerstgenannte,    Hr.   Konsul  Pisko    an   die   dritte   Kien- 


^  Es  sind  ja  genug  Bronzetrommeln  auch  in  neuerer  Zeit  gegossen  worden. 
Ich  vermute ,  daß  es  mit  diesen  Altertümern  ähnlich  steht  wie  mit  den  Opfergef aßen 
der  Schang-  und  der  Tschou- Dynastie.  Von  diesen  sind  die  in  den  Tempeln  auf- 
gestellten Stücke  vermutlich  in  einer  Anzahl  Exemplaren  hergestellt  worden,  so  daß 
mehrere  ganz  gleiche  Stücke  als  Originale  betrachtet  werden  dürfen.  Dann  sind  zu 
allen  Zeiten  bis  herab  zur  Gegenwart  Gefäße  von  beliebten  Mustern  teils  durch 
Nachguß,  teils  durch  Nachahnunig  wiederholt  worden;  andere  Exemplare  späteren 
Ursprungs  sind  als  freie  Erfindungen  anzusehen,  insofern  sich  Anachronismen  in  der 
Ornamentik  finden.  Das  Gießen  von  Bronzetronimeln  war  in  Canton  vor  einigen 
Generationen  (ob  jetzt  noch,  kann  ich  augenblicklich  nicht  feststellen)  wie  die  Lack- 
industrie in  P'oochow  und  so  mancher  andere  Kunstzweig  in  China  erbliches 
Familienprivilegium.  Um  das  Jahr  1700  n.  Chr.,  so  schließe  ich  aus  dem  Kuang-tung- 
sin-yü  (Kap.  16,  8.  6),  gab  es  in  Canton  nur  zehn  Bronzetrommelgießer  (voll- 
kommen genug,  um  in  kurzer  Zeit  sämtliche  Museen  Europas  zu  versorgen). 
Das  Herstellungsgeheimnis  wurde  mit  äußerster  Strenge  gewahrt  und  wurde  nur 
aufSöhne,  nicht  aulTöcliter  vererbt  (ß  f |'|  IJ  $|g|  JJ  ÜB  ^f;  ^  +  |jt  A  Ä 


248  HinTH :    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

hing -Periode  gedacht,  die  zweite  ist  ja,  da  sie  nur  drei  Jahre  dauerte, 
ohnedies  ausgeschlossen.  Dazu  kommen  noch  vier  Perioden  dieses  Namens 
als  außerhalb  der  eigentlichen  chinesischen  Chronologie  stehend  (s.  Ki-yüan- 
pien,  ^^JQ^^,  Kap.  2,  S.  9).  Ich  setze  jedoch  voraus,  daß  nur  die 
Dynastie  Schu  in  Frage  kommen  kann,  der  ja  auch  Tschu  - ko - liang  diente. 
Ich  folgere  dies  aus  der  Tatsache,  daß  nach  dem  San-kuo-tschi  (Kap.  8, 
S.  23)  ein  Tschang  Fu  (^'^)  um  jene  Zeit  und  in  jener  Gegend  tat- 
sächlich gelebt  hat.  Dieser  Tschang  Fu  war  der  Sohn  des  Tschang  Lu 
(S^'S)'  ^^^  ""  Jahre  215  n.  Chr.  zum  Marquis  erhoben  wurde,  wie 
wir  aus  seiner  im  San-kuo-tschi  (a.  a.  0.)  erhaltenen  Biographie  erfahren, 
und  zwar  unter  dem  Titel  Lang-tschung-höu  ( R^  pb -^V  Lang  -  tschiing 
ist  mit  dem  heutigen  Pau-ning-fu  in  Ssi  -  tsch'uan  identisch.  Von  Tschang 
Fu,  dem  Sohne,  erfahren  wir  in  dieser  Biographie  leider  nur  den  Namen. 
Laut  Inschrift  wurde  die  Trommel  im  7.  Monat  des  vierten  Jahres,  d.  i. 
226  n.  Chr.  angefertigt.  Möglicherweise  hängt  dies  damit  zusammen,  daß 
nur  wenige  Monate  vorher  Tschu -ko  Liang  von  seinem  ersten  großen 
P'eldzug  gegen  die  südwestlichen  Barbaren  nachTsch'öng-tu  zurückgekehi-t  war 
(San-kuo-tschi,  Schu  Kap.3,S.2:  ^Ä-H^  +  H.^^^^ 
:^).  Die  Zeichen  /cung  (jÜ),  d.h.  » Verfertiger  u ,  und  ts'au  (^),  d.  h. 
»anfertigen«,  brauchen  durchaus  nicht  auf  einen  gewöhnlichen  Arbeiter  zu 
deuten,  da  wir  genug  kunstvolle  Bronzearbeiten  mit  ähnlichen  Inschriften 
besitzen.^  Im  Ts'ö-fu-y  üan-kui  (Kap.  908)  findet  sich  unter  dem  Titel 
kung-k'iau  (  J2  J^^),  d.h.  «geschickte  Arbeiter« ,  eine  Zusammenstellung 
berühmter  Leute,  die  sich  durch  technische  Fälligkeiten  ausgezeichnet  haben, 
zum  Teil  Leute  von  Rang,  darunter  der  General  Tschu -ko  Liang,  der  eine 
Art  Repetierarmbrust  konstruierte,  der  Erfinder  des  Papiers  Tsai  Lun  und 
der  Hofastronom  Tschang  Schu  (^;^)»  der  einen  mit  Ornamenten  aller 
Art  verzierten  »Apparat  für  die  Vorhersage  von  Erdbeben  durch  Wind- 
beobachtung«  aus  feiner  Bronze  goß  [Wii^fA^^W]  in^MM 
^Mf^)'  -^"^^^  d^*"  General  Ma  Yüan  wird  unter  den  Bronzegießern  an- 
geführt. Es  müßte  ein  merkwürdiger  Zufall  sein,  wenn  der  im  San-kuo- 
tschi  erwähnte,  gerade  zur  Zeit  des  Datums  jener  Inschrift  in  der  Gegend 
des  Fundortes  lebende  Tschang  Fu  (^'s)  "i"'  ein  Namensvetter  des 
Urhebers  desselben  gewesen  wäre,  da  das  Zusammentreifen  von  Vor-  und 
Zunamen  im  Altertum  zwar  nicht  ausgeschlossen,  aber  immerhin  selten 
genug  war,  um  den  Verfasser  der  Enzyklopädie  Ts'i-siu-lei-k'au  (Kap.21 
S.  8)  zur  Zusammenstellung  merkwürdiger  Beispiele  unter  dem  Titel  jgj  gi 


'  Ganz  ähnlich  wie  der  Verfasser  der  Inschrift  auf  der  Littleschen  Trommel 
nennt  sich  beispielsweise  der  Verfertiger  eines  bronzenen  Tenipelgetaßes  vom  Jahre 
4  V.  Chr.  nach  Po-ku-t'u-lu  Kap.  ä,  S.  18:^^^4^-p^XzE®S- 
Derselbe  dürfte  mit  einer  unter  Yüan-ti  als  INIinisterialbeamter  erwähnten  Persön- 
lichkeit gleichen  Namens  identisch  sein  (  yr'  »^  ^  fp^  ^^  ^  jM  M^  ^  j^ , 
s.  Ts'i-siu-lcV-k'au  Kap.  21,  S.  8B). 


HiRTii:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi.  249 

^i^7J{g[^,  ȟber  die  Gleichheit  von  Namen  und  Vornamen  bei  Zeit- 
genossen « ,  zu  veranlassen. 

Ich  glaube  mit  den  vorstehenden  Notizen  die  in  meinem  vor  zehn 
Jahren  geschriebenen  Brief  mitgeteilten  Ansichten  chinesisclier  Archäologen 
über  die  Entstehung  der  Bronzetrommeln  genügend  mit  Quellenangaben 
unterstützt  zu  haben.  Der  sinologische  Leser  wird  imstande  sein ,  das  bis 
jetzt  veröffentlichte  Material  zu  verzehnfachen,  wenn  er  in  den  von  mir 
erwähnten  Werken  weiter  nachzulesen  sich  die  Mühe  nimmt.  Eine  kurze 
Zusammenstellung  der  Quellen  dürfte  daher  hier  am  Platze  sein. 

1.  Kuang-tung-sin-yü  (^  ^  ^  ^)  Kap.  2,  S.  11— 15:  ein 
längerer  Artikel  über  die  Bronzesäulen  des  JNIa  Yüan,  betitelt  ^[ji)^^' 
d.h.   »die  Bronzesäulengrenze«. 

Kap.  6,  S.7 — 8  über  den  Nan-hai-miau,  unter  dem  Titel  Nan-hai- 
schön,  l^y^jfl^  »der  Gott  des  südlichen  Meeres«;  S.  12— 13:  »der  Gott 
(Ma)  Fu-p'o«,  'f/(; '^  jfllp  j  mit  Bericht  über  die  dem  General  Ma  Yüan 
gewidmeten  Tempel  in   Kuang-tiing,  Kuang-si  und  Tung-king. 

Kap. 7,  S.  12B — 13:  über  die  echten  Cantonesen  ^^  J^,  mit  Be- 
merkungen über  die  Man -Kultur;  S.  13  B — 14  B:  über  die  Ma -liu- Bevölke- 
rung ,^\']  S.  16— 20:  über  die  Yau-Stämme  ^  \;  S.21— 25:  über 
die  Li  von  Hainan   ^^  A  . 

Kap.  9,  S.  1  — 2:  die  Entstehung  von  Nan-yüe  "j^^^</J^;  S-3: 
die  vier  Zugänge  zu  Nan-yüe  UU  f^~T^]^;^'j  die  Kriegsdschunken  der 
beiden  Fu  -  p  o   If  Y:/^  j^  ffi  ÄS  ' 

Kap.  15,  S.6— 7:  Kupfer   |[g ;  S.  10:  Zinn   ^. 

Kap.  16,  S.  1 :  Trommellegenden  ^^  ;  S.  2:  Eisentrommeln  ^^  ^^  ; 
S.  2 — 6 :  Bron/.etronuneln  ^[^J  o^  ;  S.  26 :  Lu  Yus  Stelle  über  Bronzetronuneln, 

Kap.  18,  S.  1 :  über  die  im  Kampfe  gegen  Nan-yüe  verwendeten  Kriegs- 
schiffe, Art.  f^^. 

Kap.  19,  S.3;   über  das   Grab  des  Tschau  Ying-tsi,  Art.  J|j$;^. 
Kap.  20,  S.3:  die  Artikel   »Kianich«   (:||)   und   »Pfau«   (|LS)- 
Kap.  22,  S.  Iff. :  über  Drachensagen  (§^   usw.). 
Kap.  23,  S.  10— 11:  über  Frösche   {||A. 


1  In  diesem  Artikel  findet  sich  das  imT'oungPao  Bd.  I,  S.  138  f.  über  die 
Ma-Bevöli<erung  Gesagte.  Es  wäre  vielleicht  ebensogut  gewesen,  wenn  ich  damals 
auf  den  dem  Bericht  zugrunde  liegenden  Text  hingewiesen  hätte.  Wenn  jedoch 
de  Groot  (S.  110)  in  bezug  auf  die  Eroberung  von  Tung-king  und  die  berühmte 
Grenzwarte  der  Han  von  »geheimnisvollen,  unbekannten  Quellen»  spricht,  so  ist  es 
nicht  meine  Schuld,  wenn  ihm  Dinge  unbekannt  sind,  über  die  ihn  jeder  einiger- 
maßen belesene  Chinese  aufklären  komite. 


250  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetromnieln. 

2.  Nan-yüe-pi-ki  (|^;^^gß)  ^'on  Li  T'iau-yüan,  in  dem 
Sammelwerk  Han-Iiai,  wo  sich  viele  von  den  Artikeln  des  Ivuang-tung- 
sin-yü,  zum  Teil  mit  \'arianten,  wiederfinden,  z.B.  die  Artikel  -f/c;  *(^ 
flj,  Kap.  4,  S.4;  gjj|,  Kap.  5,  S.3;  ^  ebenda  S.3Bff.;  ^g-lg  -Blei  und 
Zinn«,  ebenda  S.  6;  ^^ 'fl^  mit  Bemerkungen  über  die  Gewebe  der  Man- 
Barbaren,  ebenda  S.  13 — 17;  ,^  ^j^  »Vogelkleider«,  über  einen  von  den 
Barbaren  mit  Gänsefedern  und  anderen  INIaterialien  hergestellten  Stoff, 
ebenda  S.  16,  s.  auch  den  folgenden  Artikel  ^^  ^,  worin  die  in  Hainan  ^ 

§  ,  cant.  kat  -  pui ,  =  karpäsa ,  genannten  Baum woUenstoffe  beschrieben 
werden,  der  Artikel  T'ung-ku  ^0  g^^  »Bronzetrommeln«,  Kap.  6,  S.  1  wird 
aus  dem  Kuang-tung-t'ung-tschi  zitiert,  ist  jedoch  weniger  ausführlich 
als  der  gleichnamige  Abschnitt  im  Kuang-tung-si  n-y  ü;  ihm  folgt  ein 
Artikel  über  »die  Eisentronuneln  von  Schau -tschöu«  ( np  'j'I'l  §^  pj^)-  -*^iif 
S.  3  desselben  Kapitels  finden  sich  Bemerkungen  über  ein  auf  der  Insel 
Hainan  gebräuchliches  Bronzetrommel -ähnliclies  Instrument  Ifi  Tri  ^'S  (^'g^- 
auch  Kuang-tung-sin-yü  Kap. 16,  S. 6).  InKap.7,S.l:  ^SA,  über  die 
Ma  -  Bevölkerung  ;S.  3:  ^^  J\^,  über  die  Yau- Barbaren  ;  S.7:  ^^»  "ber 
die  Li  in  Hainan.  AufS.  7  dieses  Kapitels  wird  eine  Tributgesandtschaft  des 
Fürsten  von  Tschan -tsch'öng  (Annam)  vom  Jahre  1371  erwähnt,  die  mit 
zahli-eichen  Landespiodukten  auch  Bronzetronnneln  nach  China  brachte. 
Kap.8,S.2:  Art.  |L^,  »der  Pfau»;  Kap.ll,  S.4:  ^A,  „der  Frosch«. 

Die  in  diesen  beiden  Werken  enthaltenen  Mitteilungen  sind  in  recht 
vielen  Fällen  älteren  Texten  entnommen,  die  sich  durch  Nachschlagen  unter 
den  betreffenden  Stichwörtern  im  P'ei- wön-yün-fu  und  im  Pien-tzV- 
lei-pien,  sowie  in  den  betreffenden  Kapiteln  der  Enzyklopädien  nach- 
weisen lassen. 

3.  Die  Enzykl(»pädie  T'u-schu  -  tsi  -  tsciröng,  zunächst  in  der 
Abteilung  6  (Reichsgeographie),  wo  sich  für  diejenigen  Präfekturen  der 
Provinzen  Ssi -  tsch' uan  ,  Hu-kuang,  Kuang-tung,  Kuang-si,  Yün-nan  und 
Kui-tschöu,  in  denen  sich  Ansiedelungen  der  Man,  Miau  und  anderer 
Barbarenstämme  befinden,  ausführliche  Auszüge  aus  der  alten  Literatur 
finden.  Zu  beachten  sind  außer  den  am  Ende  jedes  Abschnittes  enthaltenen 
historischen  Nachrichten  {ki-schi,  tsa-lu  usw.)  auch  die  Literaturdenkmäler 
{i-wÖn)  der  betreffenden  Präfekturen,  die  Beschieibung  der  Tempel  {tz'i- 
miau),  in  denen  sich  bisweilen  Bronzetrommeln  aufbewahrt  finden ,  und  der 
Altertümer  (ku-fschi).  In  der  Abteilung  8  (Pien-i-tien)  sind  die  Schilde- 
rungen der  nichtchinesischen  Gebiete  an  der  Südgrenze  von  Interesse;  in 
der  naturwissenschaftlichen  Abteilung  19  findet  sich  über  die  einzelnen  in 
der  Trommelornamentik  heranzuziehenden  Tierfiguren,  wie  Frosch,  Fisch- 
reiher, Pfau,  Elefant  usw.  dankbares  Material.  Die  volkswirtschafihche 
Abteilung  27  enthält  in  den  Kapiteln  183 — 198  ein  Verzeichnis  der  am  chine- 
sischen Hofe  empfangenen  Tributgesandtschaften  ziun  Teil  mit  Aufzählung 
der  Tributartikel,   unter   denen   die   von   den  A'ülkern  des  Südens  von  In- 


HiRTii:    Chinesische  i\jisichteu  über  Bronzctrommeln.  251 

teresse  sind.  Kap.  341  dieser  Abteilung  enthält  Mitteilungen  über  das 
Kupfer  und  seine  Gewinnung,  während  die  beiden  folgenden  Kapitel  von 
Blei  und  von  Zinn  handeln.  Die  29.  Abteilung  ist  der  Musik  und  ihren 
Instrumenten  gewidmet.  Von  den  einzelnen  Kapiteln  ist  natürlich  das 
wichtigste  der  Abschnitt  über  die  Trommeln,  einschließlich  der  Bronze- 
trommeln (^jt  ^K,  Kap.  129 — 132),  sowie  für  die  Erklärung  der  chinesischen 
Entstehungstheorie  das  Kapitel  Ku-tsch'ui  (gj^P^'  Kap.  133). 

4.  Alle  übrigen  Enzyklopädien  (T'uug-tien,  Ts'ö-fu-y üan-kui, 
T'ai-p'ing-yü-lan,  Ma  Tuan-lin,  T'ien-tschung-ki,  Ts'i-siu-lei- 
k'au,  Yüan-kien-lei-han,  Ko -tschi'-k'ing-y  üan  u.a.),  da  es  trotz 
des  großen  Umfanges  des  T'u-schu- tsi-tsch'öng  doch  nicht  ausge- 
schlossen ist,  daß  sich  in  den  kleineren  Werken  Stellen  finden,  die  den 
Kompilatoren  des  großen  entgangen  sind. 

5.  Die  beiden  Konkordanzen  P'e'i- wön-y ün-fu  und  Pien-tz'i- 
iei-pien    unter   den  betreffenden  Stichwörtern,    namentlich   ^jt   und   ^M. 

6.  Das  Tien-k'ien-tschi-lio  (s.  oben  S.244)  mit  zahlreichen  Texten 
über  die  Man,  Miau,  Lolo  usw.  und  recht  vielen  Stellen,  zum  Teil  bisher 
unbekannten,  über  Bronzetrommeln. 

7.  Die  für  das  Studium  der  Ornamentik  wichtigen  illustrierten  Werke 
Po-ku-t'u-lu,  Si-ts'ing-ku-kien,  Kin-schi-so  u.a. 

Zu  diesen  hauptsächlichsten  Hilfsmitteln  kommt  natürlich  noch  eine 
möglichst  vollständige  chinesische  Bibliothek.  Mir  selbst  fehlen  leider  die 
Lokalchroniken  der  südwestlichen  Provinzen ,  die  vielleicht  noch  mancherlei 
in  den  oben  genannten  Quellen  nicht  Enthaltene  bieten. 

Wenn  ich  in  den  vorstehenden  Ausführungen  sowie  in  meinem  vor 
zehn  Jahren  an  Hrn.  Heger  gerichteten  Briefe  Argumente  für  die  Mög- 
lichkeit der  chinesischen  Theorien  zu  finden  suche,  so  soll  man  nicht 
glauben,  daß  ich  persönlich  für  dieselben  eintrete.  Ich  bin  so  gut  wie 
irgendein  anderer  Forscher  davon  überzeugt,  daß  wir  von  der  end- 
gültigen Lösung  des  Bronzetrommelproblems  noch  weit  entfernt  sind. 
Aber  ich  bin  der  Ansicht,  daß,  wenn  uns  die  chinesische  Literatur 
dabei  überhaupt  helfen  soll,  wir  zunächst  jeden  Wink  aufnehmen  und 
weiter  verfolgen  müssen,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  schließlich  der  For- 
schung damit  nur  wenig  weiterzuhelfen.  Wie  der  Chemiker  oft  lange 
mit  unnützen  Kombinationen  seine  Zeit  verschwendet,  ehe  er  plötzlich 
vor  einer  Entdeckung  steht,  so  vielleicht  eines  Tages  auch  wir  in  dieser 
Frage. 

Übrigens  wii'd  man  finden,  daß  selbst  die  chinesischen  Verteidiger 
der  Ma  Yüanschen  Entstehungstheorie  dieselbe  immer  nur  als  Hypothese 
entwickeln.  Wenn  Prof.  de  Groot  im  Gegensatz  zu  mir  sich  gegenüber 
dieser  Hypothese  von  vornherein  ablehnend  verhält,  worin  er  ja  eines 
Tages,  wenn  das  Problem  gelöst  sein  wird,  aber  nicht  früher,  inuneihin 
recht  behalten  mag,  so  ist  in  erster  Linie  in  Betracht  zu  ziehen,  daß  er 
die  von  mir  benutzten  Quellen  nicht  kannte   und  daß  er  sich  nie  ernstlich 


252  Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

bemüht  hat,  den  Versuch  zu  ihrer  Erklärung  zu  machen.  Diese  Erklärung 
geht  aus  den  chinesischen  Aufzeichnungen  nicht  unmittelbar  hervor,  weil 
ihren  \'erfassern  Tatsachen  wie  das  Zusammentreffen  alter  Trommelfunde 
mit  den  Aufenthaltsorten  der  Generäle  Ma  Yüan  und  Tschu-ko  Liang,  das 
Bestreben  beider  Männer,  die  Barbaren  mit  chinesischen  Kulturelementen 
vertraut  zu  machen,  die  Gepflogenheit,  die  Führer  der  unterjochten  Stämme 
mit  Musikinstrumenten,  Sängern  und  Tänzern  zu  beschenken,  und  noch 
manches  andere  diese  Hypothese  unterstützende  Moment  auf  Grund  ihrer 
Vertrautheit  mit  der  Literatur  als  selbstverständlich  galt,  während  wir 
Europäer  uns  nur  mit  Mühe  in  diese  Verhältnisse  hineindenken  können. 
Auch  in  China  hat  es  ja  Vertreter  anderer  Meinungen  gegeben.  Ich  er- 
innere nur  an  den  auf  S.  240  erwähnten  Bericht  über  die  Trommel  von  Yo- 
tschou-fu,  wonach  ein  chinesischer  Gesandter  Generationen  vor  Ma  Yüan 
eine  mit  Inschrift  versehene  Bronzetrommel  aus  Nan-yüe  mit  nach  dem 
Norden  bringt.  Eine  andere,  höchst  beachtenswerte  Theorie  machte  sich 
während  der  T'ang  -  Dynastie  geltend.  Wenn  de  Groot  (S.  90  infra)  mit 
Bezug  auf  die  Bionzetrommeln  sagt:  »Kein  Wort  haben  wir  bis  jetzt  in 
chinesischen  Büchern  gefunden,  woraus  geschlossen  werden  kann,  daß  sie 
jemals  dort  von  anderswoher  eingeführt  woiden  sind«,  so  meint  er  damit 
wohl  »zum  erstenmal  eingeführt«,  da  ja  der  Tril)ut  des  Landes  PMau  (Pegu) 
auch  ihm  wohl  bekannt  war.  In  der  folgenden  Stelle  des  großen  INIusik- 
kapitels  im  Kiu-t'ang-schu  (Kap.  29,  S.  19)  weiß  nun  der  chinesische 
Autor  nichts  von  chinesischem  Ursprung  zu  berichten,  wenn  er  sagt:  »Die 
Kie-ku  und  die  T'ung-ku,  (letztere)  aus  Bronze  gegossen,  auf  der  einen 
Seite  hohl  und  umgestürzt  werden  von  oben  angeschlagen;  die  Trommeln  der 
südlichen  Barbaren,  von  Fu-nan^  und  von  T'ien-tschu  (Indien)  sind  von 
dieser  Art;  vornehme  Personen  im  Süden  des  Ling  (Kuang-tung  und 
Kuang-si)  haben  sie;  die  größten  Exemplare  sind  über  ein  Tschang  (etwa  11 

F„B)  i„eii..  immammmfi.m-mMtinmMi. 

^).  Im  T'ang-schu  (Kap.  21,  S.  2)  wird,  wenn  auch  nicht  mit  Bezug 
auf  die  Bronzetrommeln,  so  doch  im  allgemeinen  zugestanden,  daß  China 
unter  seinen  Musikinstrumenten    den  Barbaren  viel   verdankt  (-^  ^g  ^L 

iS*liJS}l:^^*M|5f  ?i*pjHit&t#Ä^^);  d„d,  sind 

damit  wohl  die  durch  tartarische  Dynastien  eingeführten  Bräuche  gemeint. 
Am  Hofe  der  T'ang- Dynastie  wurden  jedoch  auch  Nationaltänze  südlicher 
Völker  mit  einheimischen  Apparaten  aufgeführt;  ganze  Orchester,  wie  das 
vom  Lande  P'iau  eingesandte,  waren  nicht  für  die  Rumpelkammer  bestimmt, 


1  Ein  immer  noch  mangelhaft  identifiziertes  Land  im  Süden  der  liinterindi- 
schen  Halbinsel,  —  -l'une  des  questions  geographiques  les  plus  controversees  de 
toutes  Celles  auxquelles  nous  touchons,  qui  est  celle  de  savoir  oü  le  Fou-nan  lui- 
meme  etait  situe».  D'Hervey  de  St-Denvs,  Ma  Touan-lin:  Meridionaux 
S.  442 ,  wo  die  verschiedenen  Ansichten  zusammengestellt  sind. 


IIihth:   Cliinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  253 

und  so  mag  es  von  Interesse  sein,  wenn  wir  im  T'ang-schu  (Kap. 21,  S.  12) 
erfahren,  daß  »die  indischen  Gaukler  (\^  =  1®)^  ^^'^  Bronzetronimeln 
begleitet  waren«   (^M^^^H^gJ). 


Anhang. 

Aus  der  Biographie  des  Generals  Ma  Yüan. 
Ilöu-han-schu  Kap.  54,  S.  9ff:   a)   [^  :^]  +  4^  ^  ^  Pit  A 

m^ämz'^nmmif[^+$Mmmä±n^-  •■i-jahre4i 

n.  Ghr.  empöi-ten  sich  in  Kiau-tschi  (Tungking)  die  Frau  Tschöng  Ts'ö 
und  ihre  jüngere  Schwester  Tschöng  Ir;  sie  eroberten  die  in  diesem 
Fürstentum  gelegenen  Kreise  Kiu-tschön,  J'i-nan  und  Ho-pu,  und  die 
Man  -  Barbaren  schlössen  sich  ihnen  an.  Nachdem  sie  reichlich  sechzig 
Städte  in  Ling-wai  (d.  i.  Kuang-tung  und  Kuang-si)  geplündert  hatten, 
setzte  Tschöng  Ts'ö  sich  sell)st  als   Fürstin  ein.« 

»Darauf  wurde  31a  Yüan  in  einem  mit  dem  kaiserlichen  Siegel  versehenen 
Schi-eiben  zum  Fu-po- tsiang- kün  (d.  h.  »wellenhezwingenden  General«)  er- 
nannt, und  der  Marcpiis  von  Fu-yau  namens  Liu  Lung  wurde  ihm  als 
Vizegeneral  beigegeben. « 

5ra  $  IS  IS  W  W  Ä  Ä  Jil«  « ffn  11  |sf  iJj  ?il  jt  t.»  £.: 

»Als  die  Armee  des  die  Kriegsschifie  befehligenden  Generals  Kia  Tsch'i 
und  anderer,  im  Süden  gegen  Kiau-tschi  (Tung-king)  geschickt,  bis  nach 
Ho-pu  gelangt  war,  erkrankte  Kia  Tschi  und  starb,  worauf  Ma  Yüan  vom 
Kaiser  den  Befehl  erhielt ,  die  Führung  seiner  auf  dem  Seewege  eindringenden 
Truppen  mit  zu  übernehmen  und  den  Bergen  folgend,  einen  Weg  von  reich- 
lich tausend  Li  zu  bahnen. 

,f^[^^  H  ^  A-  "^'"  '^''^'"■^  ^'^  "•  ^^"'•'  ""  Fi-iiliWng,  kam  die  Armee 
auf  der  Höhe  von  Lang-po  mit  dem  Feinde  ins  Treffen,  dessen  Nieder- 
lage mit  der  Hinrichtung  mehrerer  tausend  Gefangener  und  der  Unter- 
werfung von  reichlich  zehntausend  Mann  endete.« 


I  Vgl.  Kap.  22,  S.  7  B:  ^  ^\^n^  ^B^  ^MB  W  ßj^ 
^  Ä'^  ^§  Ig  ;;f^  -i^  TV  4^  H  •  "^'^  indischen  Gaukler  konnten  sich  Hände 
und  Füße  absclmeiden  und  in  den  Leib  stechen.  Der  Kaiser  Kau- tsung  haßte  diese 
schreckliche  Volkssitte  und  befalil,  sie  nicht  ins  Land  zu  lassen.» 


254  HiRxn:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

A^erfolgte  Ischöiig  Ts  ö  und  ilire  Leute  bis  nach  Kin-ki  und  brachte  ihnen 
meln-ere  Niederlagen  bei,  worauf  der  Feind  sich  zei'streute.« 

des  folgenden  Jahies  wurden  Tschöng  Ts'ö  und  Tschöng  Ir  enthauptet, 
ihre  Köpfe  wurden  nach  Lo-yang  geschickt;  Ma  Yüan  aber  wurde  mit 
der  aus  dreitausend  Familien  bestehenden  INIarkgrafschaft  Sin-si  belehnt. 
Darauf  ließ  er  Ochsen  schlachten  und  Wein  ansetzen,  um  seine  Soldaten 
mit  Festgelagen  zu  belohnen.« 

Ä  «  m  m  m  m  n>  ^  #  g  m  h*  m  g  a  #?  ^i  ^  ^^  m  a 

i^l^^^^P*'  "■'^^'^  Yüan  fühlte  nun  reichlich  zweitausend  große  und 
kleine  Schlachtschiflc  und  reichlich  zwanzigtausend  Älann  Truppen  gegen 
den  Feind  von  Kiu  -  tschon ,  die  Überreste  der  Armee  der  Fürstin  Tschöng 
Ts'ö  unter  Tu-yang  und  Genossen,  und  nachdem  er  zwischen  Wu-kung 
und  Rü-föng  reichlich  fünftausend  Mann  enthauptet  und  zu  Gefangenen 
gemacht  hatte,  war  im  Süden  (des  Gebirges)  alles  unterjocht.« 

Eine  Scholle  zu  dieser  Stelle   lautet :    jg  J'|.|  |[l  Q  |g  ^|J  ^  [)[(- 

ji:  m  ft  lSj  M  <l%?l'\il-  •■  1 '»  Iv u a n g - 1 s c h ö  u - k i  wird  gesagt : 
Als  Ma  Yüan  nach  Kiau- tscin  kam,  errichtete  er  Bronzesäulen  als  äußerste 
Grenze  der  llan.« 

M.m^1^lpiSiMM=-Mn^ii-  -Ma  Yrm,  sagte  in  einem  Bt- 
richte  an  den  Kaiser,  Si-yü-hien  habe  eine  Bevölkerung  von  32  000  Familien 
und  die  entfernteste  Grenze  sei  vom  Sitze  des  ^Magistrates  reichlich  tausend 
Li  entfernt,  er  beantrage  dalier,  das  Gebiet  in  zwei  Kreise,  Föng-k'i  und 
Wang-hai,  zu  teilen.     Der  Antrag  wurde  genehmigt.« 

')  m  ^fi  -M  m.  n  m  %^  m  m  ^  m  m  m  b  m  m  k 
mmmmmmm^-^,-+mm$^mA'¥mmmy^m 

Yüan  passieite,  pflegte  er  ^'ervvaltungskreise  und  Hauptstädte  mit  befestigten 
Mauern  zu  gründen,  Wassergräben  zu  ziehen  und  das  Land  zu  berieseln 
zum  Nutzen  der  Bevölkerung.  In  reichlich  zehn  Rechtsfragen  erörterte  er 
Punkt  für  Punkt  in  einer  Eingabe  an  den  Kaiser  das,  was  in  den  Gesetzen 
von  Yüe  (Südchina)  nach  den  Gesetzen  der  Han  unrichtig  war,  und  gab 
den  Bewohnern  von  Yüe  in  klarer  Darstellung  ihre  alte  Verfassung,  um 
sie  in  Ordnung  zu  halten.  Seit  jenei-  Zeit  folgte  man  in  Lo-yüe  den  Ti'adi- 
tionen  des  Generals  INIa.« 

i.®lgÄ¥-*DlÄ#:5>C;'L^l-     -'•"  ""l-'e  des.lal„es44 


Ilimn:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  255 

n.  Chr.  lulirte  er  seine  Truppen  nach  der  Hauptstadt  zurück.  Von  den 
Offizieren  seines  Heeres  waren  vierzig  bis  fünfzig  Prozent  an  der  Malaria 
gestorben.  Ma  Yüan  erhielt  vom  Kaiser  einen  Kriegswagen,  und  bei  Audienzen 
hatte  er  gleichen  Rang  wie  die  neun  Großen  des  Reiches.« 

<^^^  Jt -^^  "^^''  ^"'"^  ^^'''**"  ^"^  Pferdehebhaber  und  verstand  sich 
auf  die' Unterscheidung  der  Rassetypen.  Nachdem  er  in  Kiau-tschi  Lo-yüe- 
Kupfer  bekonunen  hatte,  goß  er  daraus  ein  Pferdemodell,  das  er  dem  Kaiser 
schenkte.« 

qlf-^^ffite.  »In  der  bei  dieser  Gelegenheit  dem  Kaiser  untei'breiteteu 
Denkschrift  sagte  er:  Es  gibt  ja,  um  im  Himmel  vorwärts  zu  kommen, 
nichts  Besseres  als  den  Drachen,  auf  Erden  aber  dient  dazu  am  besten  das 
Pferd.«  Ich  bin  wegen  der  Übersetzung  dieser  Stelle  nicht  ganz  im  klaren. 
Jedenfalls  will  der  obige  Veisuch  zur  Wiedei'gabe  des  Sinnes  nicht  recht 
zu  einer  Stelle  des  Ts'ien-han-sh  u  (Kap.  24 B,  S.  10)  passen,  wo  von 
drei  Silbermünzen  die  Rede  ist,  einer  schwereren,  einer  mittelschweren  und 
einer  leichteren,  deren  Rückseite  mit  den  Symbolen  Drache,  Pferd  und 
Schildkröte  verziert  war.  Als  Erklärung  dient  der  Satz:  »Zum  Gebrauche 
des  Himmels  ist  am  besten  der  Drache,  zum  Gebrauche  der  Erde  ist  am 
besten  das  Pferd,  ziun  Gebrauche  der  Menschen  ist  am  besten  die  Schild- 

Pferd  ist  die  Hauptsache  bei  jeder  militärischen  Ausrüstung  und  vom  größten 
Gebrauchsnutzen  im  Staate.  In  Friedenszeiten  dient  es  dazu,  den  Unter- 
schied zwischen  hoch  und  niedrig  zu  bezeichnen,  und  gibt  es  Unruhen,  so 
hilft  es  die  Schwierigkeiten  örtlicher  Entfern inig(;n  zu  überwinden.« 

hatten  wir  (das  Roß)  K'i-ki,  das   in    einem  Tage  tausend  Li  lief.     Als  Po 


^  x\uf  Grund  der  um  Jalirlmnderte  älteren  Parallelstelle  im  Tung-kuan- 
lian-ki  iiabe  ich  hier  eine  Korrektur  vorgenommen,  indfm  ich  7j  ^^  fü'"  gj^w 
lese.  Nach  der  landläufigen,  vermutlich  korrumpierten  Lesung  würde  die  Übersetzung 
lauten:  "Nachdem  er  in  Kiau-tscIiT  Bronzetrommeln  aus  Lo-yüe  bekommen  hatte, 
goß  er  daraus  ein  Pferdemodell  usw.»  In  den  meisten  späteren  Zitaten  wird  nun 
allerdings  die  Stelle  in  ihrer  korrumpierten  Gestalt  wiedergegeben.  Dagegen  wird 
in  einem  in  dem  Sammelwerke  Schöu-schan-ko  (^S^  ijj  ^  ^^^^j  abgedruckten 
Werke  der  Sung- Dynastie,  dem  Ai  -  j  i  -  tschai  -  ts'ung  -  tsch'au  (^^  p  ^^ 
3^  ^4^  5  worüber  Wylie  S.  130)  Kap.  1,  S.  15,  darauf  in  der  folgenden  Form  Bezug 
genommen:  ,%  ^jt^M^^^  j^^MMMMM  ^  ^'  '^^ ''•  "Ma  Fu-po  nahm 
Lo-yüe -Kupfer  und  goß  (  p^^%)  daraus  ein  IMerdemodell.«  Vgl.  auch  das  Zitat 
in  der  Enzyklopädie  T'ien- tschung-ki  Kap.  43,  S.  28,  wo  ebenfalls  das  meiner 
Auffassung  im  Wege  stehende  Jh  w^eggelassen  ist,  wenn  auch  der  Abschreiber 
hier  an  die  Möglichkeit  ku-tschu  als  Zeitwort  zu  nehmen  nicht  gedacht  haben  mag. 


256  Hikth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 

Yo  (ein  berühmter  Pferdekenner)  es  erblickte,  ward  ihm  (der  Charakter 
des  Pferdes  sofort)  klar  und  zweifellos.« 

mmmmmmTm  «r>  ^  i\>  m  js  le  ti  ^  psr  •  ■^"  — ■" 

Zeit  besaß  Tzi-yü  aus  Si-ho  (im  heutigen  Ordusgebiete)  ebenfalls  Kenntnis 
von  der  Beurteilung  des  Pferdes.  Tzi-yü  vererbte  seine  Methode  auf 
1  Tschang -ju  aus  Si-ho,  dieser  die  seinige  auf  Ting  Kün-tu  aus  Mou-ling 
(beim  heutigen  Si-an-fu),  und  dieser  die  seinige  wiederum  auf  Yang  Tzi-o 
aus  Tsch'öng-ki  (=  Ts'in-tschöu  in   Kan-su).« 

mztyi^sbwmiMtimM.%r^p^mznm-  ■'"''-' 

von  Euerer  ^Majestät  Diener  angefiihrten  Falle  der  Übernahme  seiner  Pferde- 
kennerschaft bei  Tzi-o  von  fi'üheren  Lehrern  pilegte  man  in  der  Praxis 
nach  bloßer  Nachahmung  zu  fragen.  Euerer  ]\Iajestät  Diener  ist  der  unmaß- 
geblichen Ansicht,  daß  Sehen  mit  eigenen  Augen  besser  ist  als  die  Weiter- 
vererbung des  Gehörten,  und  daß  die  Untersuchung  der  wirklichen  Form 
basser  ist  als  eine  bloße  Ansicht.  Wenn  ich  jetzt  die  wirkliche  Form  am 
lebenden  Pferde  darzustellen  wünsche,  so  ist  es  schwer,  die  Merkmale  der 
Kennerschaft  in  einem  Schriftstück  zur  Darstellung  zu  bringen  und  man  kann 
sie  so  nicht  auf  die  Nachwelt  vererben.« 

•1)  *  Ä  a  #  II*  t-  *  ,!i  *  3i  r^  Ä  «  n  m  .s  •;*  k 

»Zur  Zeit  des  Kaisers  lliau-wu  (140  —  86  v.  Chr.)  goß  der  Sachver- 
ständige für  Pferdekennerschaft  Tung-mön  King  ein  Pferdemodell  aus 
Bronze,  das  er  dem  Kaiser  widmete  und  das  auf  kaiserlichen  Befehl  vor 
dem  Tore  Lu-pan  aufgestellt  wurde,  worauf  dasselbe  als  »Tor  des  goldenen 
Pferdes«   umbenannt  wurde.«  'r 

W  IS  1  *^  g  äi  ii  T  Jit  ©  ^  .S  Ä  -1-  -Euerer  Majestät 
Diener  hat  nun  ehrerbietigst  auf  Grund  der  von  den  verschiedenen  Au- 
toritäten festgestellten  Rassekennzeichen  ein  Modell  hergestellt,  indem 
er  für  die  Zaumpartien  sich  an  I  [Tschang -ju],  für  das  Maul  und  die  Zähne 
an  Kin.  für  Lippen  und  Mähne  an  Sie,  die  Körperpartien  an  Ting  an- 
leimte. Das  Pferd  hat  eine  Höhe  von  drei  Fuß  und  fünf  Zoll  bei  einem 
Umfang  von  vier  Fuß  und  vier  Zoll.  Der  Kaiser  gab  Befehl,  es  unter- 
halb des  Süan-to- Palastes  aufzustellen,  wo  es  als  Modell  eines  Rasse- 
pferdes aufbewahrt  wurde.« 

s)  ebenda  S.  12B:    -  +  Ei  ¥  Sfc  M  #  S  flj  liS?  S  Ä  It  ^ 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  257 

K  ß  JiJl  Jlt  PI  ffl  •  "!•"  J^l"'e  48  n.  Chr.  griff  der  Wu-wei-  General  Liu 
Sliaiig  die  INIan -Barbaren  der  fünf  Bäche  in  Wu-ling  (dem  heutigen  Tsch'ang- 
tö  am  Westufer  des  Sees  Tung-t'ing  entsprechend)  an,  drang  tief  in  das 
Innere  ein  und  verlor  seine  Armee.  Ma  Yüan  kam  infolgedessen  wieder 
darum  ein,  in  Dienst  gestellt  zu  werden;  da  er  damals  jedoch  im  zwei- 
undsechzigsten Jahre  stand,  lehnte  der  Kaiser  sein  Gesuch  in  Rücksicht 
auf  sein  Alter  ab.  Ma  Yüan  wendete  sich  nun  persönlich  an  den  Kaiser, 
indem  er  sagte:  »Eurer  Majestät  Diener  kann  noch  mit  der  Rüstung  zu 
Pferde  sitzen.«  Der  Kaiser  ließ  es  ihn  versuchen,  worauf  Ma  Yüan  in 
den  Sattel  stieg  und  sich  herausfordernd  umsah,  um  zu  zeigen,  daß  er 
noch  zu  brauchen  sei.« 

^  j^  usw.  » Der  Kaiser  lachte  und  sagte :  Ist  er  nicht  schön  anzusehen, 
dieser  Alte?  Darauf  entsandte  er  Ma  Yüan  mit  dem  Oberbefehl  über  die 
von  den  Leibgardegenerälen  Ma  Wu,  Köng  Schu,  Liu  K'uang  und  Sun 
Yung  befehligte ,  aus  Soldaten  zweiter  Klasse  und  begnadigten  Verbannten 
der  zwölf  Fürstentümer  bestehende  Armee  von  vierzigtausend  Mann  zur 
Bekämpfung  der  »Fünf  Bäche«  usw. 

u)0^4p^5^Egf($)§|^J^lBg>äl^5iJ^usw...Im 

Frühling  des  folgenden  Jahres  (49  n.Chr.)  kam  die  Armee  nach  Lin-hiang 
(oder  dem  Dorfe  Lin,  in  der  Nähe  von  Wu-ling),  und  als  der  Feind  die 
Kreishauptstadt  angriff,  ging  Ma  Yüan  ihm  entgegen  und  schlug  ihn«  usw. 

v)  ^£  M  ^^  ^  B@  •  "I"i  dritten  Monat  (x\pril)  verlegte  er  sein 
Lagernach  (dem  Berge)  Hu- t'öu.«  (Nach  T'ung-kien-kang-mu,  im  Jahre 
49  n.  Chr.,  im  Osten  von  Yüan  -  ling -  hien ,  d.  i.  Tsch'ön-tschou;  nach  den 
Loi>-  '.Chroniken  von  Tschang-tö-fu  im  T'u-schu-tsi-tsch'öng  6,  Kap. 
1256:    200  Li  westUch  von  Tau -yüan -hien). 

T'ung-kien-kang-mu:^|E(:Zl  +  i^H.pg^^5- 
»Im  Tommer  des  Jahres  49  n.  Chr.  starb  Ma  Yüan  bei  seiner  Armee.« 


Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt. 


258 


Hihth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 


Index. 

(Nur  für  den  liaiiptsächlichsten  Inhalt  der  in  den  vorstehenden  Bemerkungen  herar 
gezogenen  chinesischen  Stellen.) 


An-kuo  Seh  au -kl,  Gesandter  Chi- 
nas am  Hofe  von  Nan-yüe  228. 

Arni])rustschlösser  221  —  222. 

Bronzeguß:  von  hochgestellten  Per- 
sönlichkeiten geübt  248;  s.  a.  Ma 
Yiian;  Tschang  Fu;  Tschu-ko 
Liang. 

Bronzene  Schiffe  205. 

Bronzesäulen:  von  Ma  Yüan  als 
Grenzmarke  errichtet  205;  254  S. 

Bronzeschwerter:  im  Grabe  des 
Man -Fürsten  Tschau  Ying-tsi  214; 
das  Schwert  K'un  -  wu  von  einigen 
als  Bronzeschwert  erklärt  2 1 7 — 2 1 8 ; 
vielleicht  noch  226  n.  Chr.  ange- 
fertigt 220;  s.a.  Bronzewaffen. 

B  r o  n  z  e  t  r  o  m  m  e  1 ;  tn'sprünglich  Fell- 
trommel, angeblich  vom  General 
Ma  Yüan  wegen  der  Feuchtigkeit 
des  südlichen  Klimas  aus  Bronze 
hergestellt  204 — 205 ;  Versuch,  ihren 
Ursprung  auf  die  Einrichtungen  der 
Tschöu  -  Dynastie  zurückzuführen 
212  Anm.;  große  —  des  Hunnen- 
fürsten  Ho-lien  P'o  -p'o  220 ;  —  von 
Mau-ming  mit  Froschornament,  das 
angeschlagen  wird,  um  den  Ton 
zu  verstärken  229 ;  —  von  Nan-kün 
238—239;  —  von  Ma-yang  239  bis 
240;  —  vonYo-tschöu-fu  240—241; 
—  in  Indien  und  Fu-nan  (Hinter- 
indien) 252—253. 

B  r o  n  z  e  tr o  m m  e  1  g ü SS  e ,  moderne 
247  Anm. 


Bronze  Waffen:  bei  südlichen  Bar- 
baren zu  Ma  Yüans  Zeiten ,  Hypo- 
these des  Kuang-tung-sin-yü  205; 
213—222;  im  Grabe  des  Man-Für- 
sten  Tschau  Ying-tsi  214;  von  Schii- 
huang-ti  gesammelt:  ebenda;  zur 
Zeit  der  Han  218;  allmähliche  Ver- 
drängung der  —  durch  Eisen waffen 
218— 221;  Aufhören  ihrer  Herstel- 
lung 2 1 9  n.  Chr.  219;  bronzene  Pfeil- 
spitzen im  HI.  Jahrhundert  n.  Chr. 
221;  bronzene  Arnibrustschlösser  bei 
den  südlichen  Barbaren  221 — 222. 

Bronzezeit  in  China  s.  Kultur- 
perioden. 

Eisenindustrie  in  China  214;  s.a. 
Bronzewaffen;  Eisemnonopol; 
Eisenzeit;  eiserne  Waffen. 

Eisen m onopol  in  China  119  v.  Chr. 
eingeführt  218;  mußte  der  Verbrei- 
tung eiserner  Waffen  bei  den  süd- 
lichen Barbaren  hinderlich  sein  221. 

Eisenzeit  in  China  s.  Kultur- 
perioden. 

Eiserne  Schwerter  217;  s.a.  K'un- 
wu -Seh  wert. 

Eiserne  Waffen,  Legende  aus  der 
Geschichte  von  Annam  219;  Verbot 
ihrer  Ausfuhr  nach  den  Man -Ge- 
bieten 221;  s.a.   Bronzewaffen. 

Fei-lien,  mythologisches  Ornament 
244;  vgl.  a.  Tsin-schu-Text  über 
die  Bronzetrommel  des  Ho-lien 
P'o-po  220. 


HiRTH :   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 


259 


Fischornamente  auf  Bronzebecken 
231—232. 

Fischreiher  s.  Reiher. 

F  ö  n  g  -  h  u  - 1  z  1 ,  Philosoph  des  V.  Jahr- 
hunderts V.  Chr.,  seine  Ansichten 
über  Stein-,  Bronze-,  Eisenzeit  usw. 
215  —  217. 

Frosch:  verschiedene  Namen,  unter 
denen  der  —  als  Ornament  der 
Bronzetrommel  von  den  Chinesen 
ervi^ähnt  wird  224;  Tau  Hung-king 
unterscheidet  nicht  zwischen  —  und 
Kröte:  ebenda;  Symbol  des  langen 
Lebens:  ebenda;  des  Mondes  und 
als  Regenbringer  225;  Beziehungen 
zur  Trommel  in  der  chinesischen 
Sprache  226;  Leibgericht  der  süd- 
lichen Barbaren:  Han  Yüs  Ode  dar- 
über 226 — 227;  die  südlichen  Bar- 
baren »Frösche«  genannt  227 — 229; 
—  die  »Seele  der  Tronnnel«  229; 
soll  angeschlagen  den  Ton  der 
Trommel  verstärken:  ebenda. 

Fu-nan,  im  Süden  der  Hinterindi- 
schen Halbinsel,  hatte  Bronze- 
trommeln 252. 

Fu-y  ü:  Fürst  des  Landes  —  wird  mit 
einem  Trommelspiel  beschenkt  209. 

Glückscash-Ornament  231. 

Hakenkreuz,  das  buddhistische: 
seine  Verwendung  als  chinesisches 
Schriftzeichen  246  —  247. 

Hammel  als  Symbol  des  Segens 
231—232  Anm. 

HanYü:  Ode  über  das  Fröscheessen 
226  —  227. 

Ho-lien  P'o-p'o,  ein  Hunnenfürst, 
gießt  eine  Bronzetrommel  angeblich 
mit  Inschrift  vom  Jahre  408  n.  Chr. 
220. 

Hörn,  bei  den  Barbaren  als  Begleiter 
des  Trommelklangs  geblasen  210; 
vgl.  a.  Ku-tsch'ui;  Yü-lo. 

Höu-han-schu  235;  253  et  passim. 

Hunnen  hefern  den  Chinesen  das 
erste  wirklich  scharfe  Schwert,  Le- 


gende darüber  217—218;  s.  a.  Ho- 
lien  P'o-p'o. 
Indien  besaß  Bronzetrommeln  nach 
Kiu-t'ang-schu  und  T'ang- 
schu  252—253. 
Indische  Gaukler  führen  Bronze- 
trommeln 253;  vom  Kaiser  Kau-tsung 
aus  China  ausgeschlossen  253  Anm. 

Inschriften  auf  Bronzetrommeln: 
vom  General  MaYüan  204;  212  Anm. 
männliche  und  weibliche  — :  eben- 
da. Inschrift  des  Ho-lien  P'o-p'o 
vom  Jahre  408  n.  Chr.  220 ;  auf  der 
Trommel  vonYo-tschou-fu  240;  auf 
dem  Tschöng  des  Tschu-ko  Liang 
244;  verstümmelte  Inschrift  auf  der 
Trommel  Wien  XI  246;  Inschrift 
des  Tschang  Fu  vom  Jahre  226 
n.  Chr.  247—248. 

K  i  a  n  g  Ye  n  über  Bronzeschwerter  219. 

K'  i -  [  m  a  n  -  ]  B a r b  a  r  e n :  Kupferlager 
am  Yu-kiang  bei  den  Dörfern  der 
—  205  —206 ;  Kleiderstoffe  der — mit 
Bronzetrommelornamenten  bedruckt 
211  Anm.  1 ;  am  Yüan-kiang  als 
Heerstraße  vom  See  Tung-t'ing 
nach  den  südlichen  Provinzen  239 ; 
s.  a.  Wu-ling-man. 

Kiu-si,  die  »neun  kaiserlichen  Ge- 
schenke« 211—212. 

Ko,  Nationalgesänge  208. 

Kormoran  232. 

Kou  Tsien,  König  von  Yüe  215; 
227;  233. 

Kröte  s.  Frosch. 

K'uang,  Fluß  in  Kuang-tung  227. 

Kuang-tung-siu-yü  vom  Jahre 
1700,  249  et  passim. 

Kulturgeschenke  der  Chinesen  an 
die  Barbaren  s.  Kiu-si;  Ku- 
tsch'ui;  Liu-i. 

Kulturperioden,  ein  chinesischer 
Versuch  zur  Einteilung  im  V.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  215  — 217. 

K'un-wu-Schwert,  das  217—218. 


260 


Hirth:  Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommehi, 


Kupfer,  Vorkommen  von  —  im  Sü- 
den 205—206;  Fundstätten  amYu- 
kiang  206 ;  die  am  Meere  wohnen- 
den Man  treiben  im  I.  Jahrhundert 
V.  Chr.  Handel  mit  —  nach  China: 
ebenda;  als  Gegenstand  eines  Re- 
gierungsmonopols vorgeschlagen, 
um  die  Herstellung  von  Bronze- 
waffen zu  erschweren  218;  s.  a. 
Nan-kün;  Tschu-ti;  Yün-nan. 

Ku-tsch'ui  207 — 212;  den  Führern 
unterjochter  Stämme  geschenkt,  um 
Respekt  vor  der  chinesischen  Ober- 
hoheit zu  erzeugen  209;  den  Bar- 
baren an  der  Grenze  von  Tung- 
king  übersandt:  ebenda;  211. 

Ku-tu-lu,  Groß -Khan  der  Türken, 
erhält  den  Spottnamen  »Pu-tsu-lu» 
229. 

Lang-po,  Ma  Yüans  Sieg  bei  — 
253. 

Literatur,  chinesische,  zur  Kenntnis 
der  Bronzetrommeln  249  —  251. 

Li  T'iau-yüan  s.  Nan-y  üe- pi-ki. 

Liu-i,  die  »sechs  Hofpantomimen « 
211. 

Liu  Liu-tschöu:  dichtet  Ku-tsch'ui- 
Gesänge  208 ;  der  Dichter  Han  Yü 
über  seine  Liebhaberei  für  Frosch- 
gerichte 226  —  227. 

Lo-yüe,  Man -Barbarenvolk:  älteste 
Kultureinflüsse  vom  General  Ma 
Yüan  ausgehend  204 ;  254  • ;  im  Besitz 
von  Kupfer  und  Silber  205—206 ;  De- 
finition des  Ausdrucks  —  237;  Ko- 
lonie in  Nan-kün  ebenda:  Anm. 

L  u  P o  - 1  ö ,  General ,  erobert  das  Reich 
Nan-yüe  für  die  Chinesen  227—228. 

Lu-ssi  od.  Lii  s.  Reiher. 

Lü  Kia,  Minister  in  Nan-yüe  228. 

Ma-liu-Bevölkerung  an  der  Grenze 
von  Tung-king  249  Anm. 

M  a  n  -  B  a  r  b  a  r  e  n :  im  Besitz  kupferner 
(bronzener)  Geräte  206 ;  2 1 3 ;  treiben 
Handel  mit  Kupfer  und  anderen  Wa- 
ren nach  China  206;  s.a.  Frosch; 


K'i-man;     Lo-yüe;     Nan-yüe; 
Tschau  T'o;  Wu-ling-man. 

INIa-yang,  Fundort  einer  Bronze- 
trommel, wo  gelegen?  239. 

Ma  Yüan,  General,  Biographisches 
253 — 257;  Bronzetrommel ,  laut  In- 
schrift von  ihm  gegossen  204;  212 
Anm.;  246;  gießt  ein  Pferdemodell  aus 
Loyüe-Bronze  234—238;  255—256; 
in  der  Nähe  von  Nan-kün  zur  Zeit 
des  dortigen  Bronzetrommelfundes 
239 ;  als  Kulturforderer  bei  den  Bar- 
baren 254^;  s.  a.  Ma-yang. 

Mechanische  Fertigkeiten  bei 
hochgestellten  Persönlichkeiten  248; 
s.  a.  Ma  Yüan;  Tschang  Fu; 
Tschu-ko  Liang. 

Miau-tzi-Texte  244—245. 

M  o  -  ts  c  h  o ,  Groß  -  Khan  der  Türken, 
erhält  in  China  den  Spottnamen 
.Tschan -tscho«  229. 

Muscheltrompete  s.  Yü-lo. 

Namensvettern  alsZeitgenossen248. 

Nan-kün,  Gebiet  im  heutigen  King- 
tschöu-fu:  erzeugte  Kupfer  220; 
Trommelfund  in   —   238;    Kolonie 
von  Lo  -  yüe  -  Barbaren    in    —  237 
Anm. 

Nan-yüe,  Staat  der  INIan- Barbaren, 
s.  Tschau  T'o. 

Nan-yüe -pi-ki,  ein  Werk  des 
XVI II.  Jahrhundert  über  die  Alter- 
tümer von  Nan-yüe,  250  et  passim. 

Nau,  Tanzrassel  aus  Bronze,  208. 

Nephritzeit,  der  neolithischen  Pe- 
riode entsprechend,  s.  Kultur- 
perioden. 

Ornamente  auf  Trommeln  im  La nde 
P'iau  (Pegu)  211  Anm.  2;  —  auf 
Bronzewaschbecken  der  späteren 
Han-Dynastie  s.  Tschu-ti;  die  — 
der  Bronzetrommeln  in  Annam  als 
Tätowiermuster  verwendet  210;  bei 
den  K'i-man  auf  Zeugstoffe  über- 
tragen 211  Anm.  1. 

Pfeilspitzen  aus  Bronze  221. 


Hirth:    Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 
Yüans 


261 


Pferdekennerschaft,    Ma 
Ideen  über  —  255  —  256. 

P'iau,  das  Land  (=  Pegu?)  210;  seine 
Musikinstrumente  211;  tätowierte 
Tänzer  aus  —  richten  sich  nach 
den  Klängen  der  Bronzetronunel  210. 

Po  Kü-i,  Dichter,  besingt  einen  Na- 
tionaltanz des  Landes  P'iau  (Pegu) 
210. 

Reiher  als  Emblem  der  Trommel  207; 
230 — 234;imPön-ts'au-kang-mu 
beschrieben  230;  Symbolik  nach 
Poku-tu-lu  231;  auf  Tschu-ti- 
Bronzebecken  231—232. 

Schaf  s.  Hammel. 

Schneegans  als  Tronunelornament 
233. 

Spottnamen  in  der  chinesischen  Ge- 
schichte 229. 

Stahlschwerter  s.  K'un-wu- 
Schwert. 

Steinzeit  s.  Kulturperioden. 

Sü-tsch6u-fu:  Barbaren  von  Ma- 
hu  in  der  Nähe  von  —  245;  s.  a. 
Tschu-ti. 

Sui-fu  s.  Sü-tschou-fu. 

Tanguten:  ihre  Bronzeindustrie  im 
in.  Jahrhundert  n.  Chr.  219. 

Tanzrassel  s.  Nau. 

Tänze  bei  den  Barbarenstämmen  in 
P'iau  (Pegu)  210. 

Tätowierte  als  Tänzer  durch  die 
Bronzetrommel  dirigiert  211;  ent- 
lehnen ihre  Muster  den  Bronze- 
trommeln 210. 

T  i  e  n  -  k'  i  e  n  - 1  s  c  h  1  - 1  i  o ,  Quellenwerk 
für  die  südwestlichen  Provinzen, 
enthält  gedruckte  Miau -tzi- Texte 
244—245. 

Tschang  Fu,  Inschrift  vom  Jahre 
226  n.  Chr.  246  —  248. 

Tschang-Hua,  III.  Jahrhundert, 
seine  Ansicht  über  Bronzewaffen 
219  —  220. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  I.  Abt. 


Tschang  Lu,  Vater  des  Tschang 
Fu  248. 

Tschang  Schu,  Hofastronom,  ver- 
fertigt ein  meteorologisches  Instru- 
ment aus  Bronze  248. 

Tschau  T'^o,  König  von  Nan-yüe, 
verhindert  das  Eindringen  chinesi- 
scher Kultureinfliisse  unter  den  Man- 
Barbaren  204;  chinesisches  I'^isen- 
ausfuhrverbot  gegen  —  gerichtet 
221;  nennt  sich  in  seinem  Titel 
"Großfiihrer  der  Man -Barbaren« 
228  Anm. ;  Untergang  seiner  Dy- 
nastie s.  Nan-yüe. 

Tschau  Ying-tsi,  Fürst  der  Man- 
Barbaren:  Kulturfunde  in  seinem 
Grabe214;  sein  Tod  113  v.Chr.  228. 

Tschöng  (Militärgong)  s.  Tschu- 
ko  Liang. 

Tschöng-kiang,  Fluß  in  Kuang- 
tung  227. 

Tschöng  Ts'ö  und  ihre  Schwester 
Tschönglr,  Fürstinnen  von  Tung- 
king  253—254. 

Tschu-ko  Liang,  General:  seine 
zeichnerischen  und  mechanischen 
Fähigkeiten  242;  als  Maler  von  Bil- 
dern aus  dem  Leben  der  südlichen 
Barbaren  243 ;  das  von  —  auf  seinen 
Kriegszügen  verwendete  Tschöng 
(Militärgong)  mit  der  Bronzetrommel 
verwechselt  244;  ein  Tschöng  mit 
Inschrift  des  —  im  XI.  Jahrhundert 
entdeckt:  ebenda;  seine  Politik 
gegenüber  den  Barbaren  245; 
Trommelinschrift  aus  der  Zeit  des 
—  247—248. 

Tschu-ti  (in  der  Gegend  des  heuti- 
gen Sü-tschöu-fu),  Bronzeindustrie 
in  —  während  der  späteren  Han- 
Dynastie  231. 

Ts'ien,  »tausend«,  hieroglyphische 
Form  des  Zeichens  für  —  246. 

T'u-schu-tsi-tsch'öng  250  et  pas- 
sim. 

18 


262 


Hieth:   Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln. 


Tung-king:  Eroberung  durch  Ma 
Yüan  253 — 255 ;  Fürstenpaläste  in  — 
mit  Bronze  bedeckt  205  —  206;  s.  a. 
eiserne  Waffen;  Ma  Yüan; 
Tschöng  Ts'ö. 

Tung-kuan-han-ki  235;  255  Anm. 

T'ung-ts'uan,  kupferne  (bronzene?) 
Kessel  bei  den  Liau- Barbaren  213. 

Waschbecken  (si)  im  Altertum  231 
Anm. 

Wu-hü,  Barbarenstamm  221. 

Wu  -  ling  -  man  -  Barbaren:  die 
Trommel  von  Ma-yang  aus  ihrem 
Gebiet  239 ;  MaYüans  Feldzug  gegen 
die  —  257. 


Yüan-kien-lei'-han  236  et  passim. 

Yü-lo,  Muscheltrompete,  bei  den 
Nationaltänzen  des  Landes  P'iau 
(Pegu)  gleichzeitig  mit  der  Bronze- 
trommel verwendet  210. 

Yo-tschou-fu:  die  Trommel  von 
Ma-yang  einst  in  der  Nähe  von  — 
aufbewahrt  240;  Bronzetrommel  mit 
Inschrift  vom  II.  Jahrhundert  v.  Chr. 
in  der  Nähe  von  —  aufbewahrt: 
ebenda. 

Yün-nan,  Fundorte  der  hauptsäch- 
lichsten Erze  in  —  zur  Zeit  der 
Han  wohlbekannt  231. 


Berlin,  gedruckt 


Mitteilungen 
des  Seminars  für  Orientalische  Sprachen  zu  Berlin 

Zweite  Abteilung 

3 


Westasiatische 
Studien 

Redigiert  von 
Prof.  Dr.  K.  Foy  und  Prof.  Dr.  B.  Meißner 


1904 


Berlin 
Kommissionsveriag  von  Georg  Reimer 


nl 


Inhalt. 


Seite 
Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann  von  Martin  Hart- 
mann           1 

Zur   Bedeutung    des   Titels    »Slrat    al-Faiiasüf-    (Fihrist  265,  6)    von    Julius 

Lippert 22 

Grundriß    der   allgemeinen  Organisation    der  Verwaltungsbehörden    der  eigent- 
lichen Türkei  von  Loytved 25 

Zwei  Urkunden  vom  Imäm  as  Säfi'T  von  F.  Kern 53 

Das  Buchwesen  in  Turkestan  und  die  türkischen  Drucke  der  Sannnlung  Hart- 

niann  von  Martin  Hartmann 69 

Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  (ausgenommen  die  Geschichte 
des  armenischen  Naxararowt'iwns  und  der  armenischen  Kirche)  von  Hagob 

Thopdschian 104 

Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber  von  Edua  rd  Sachau     15-4 
Azerbajganische  Studien   mit  einer  Charakteristik  des  Südtürkischen.    H.     Von 

Karl  Foy 197 

Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iraq.    HI.     Von  Bruno  Meißner   (mit  Bei- 
trägen von  L  i  1 1  m  a  n  n  ,  Völlers  und  W  e  i  ß  b  a  c  h) 266 

Türkischer  Katalog  islamischer  Bleisiegel.  Angezeigt  von  Karl  Foy  ,  .  .  277 
Bibliographisciie  Anzeigen.  1)  Macdonald,  Duncan  B. :  Development  of  Muslim 
theology,  jurisprudence  and  constitutional  theory.  New  York  1903.  IX,  386  S. 
(The  Semitic  series  Vol.  IX.)  2)  El-Bokhari:  Les  traditions  islamiques  tra- 
duites  de  l'arabe  avec  notes  et  inde.x  par  0.  Houdas  et  W.  Mar^ais.  Tome  F"". 
Paris  1903.  682  S.     Besprochen  von  JosefHorovitz 280 


Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung 
Hartmann. 


Von  Martin  Hartmann. 


A.  Übersicht. 

Die  folgende  Liste  verzeichnet  die  Zahl  der  Seiten ,  Format  (Größe  des 
Ganzen  und  der  Area),  Ort  und  Zeit  der  Erwerbung,  Zustand,  Papier, 
Einband  und  kennzeichnet  kurz  den  Inhalt.^  Über  Sprache  und  Schrift 
ist  nichts  gesagt.  Beide  müssen  zusammenfassend  behandelt  werden.  Hier 
nur  ad  Sprache :  daß ,  soweit  nicht  die  bekannten  Erzeugnisse  Nawä'is  und 
seiner  Nachtreter  in  Betracht  kommen,  die  Werke  fast  sämtlich  die  Mund- 
art Kaschgariens  zeigen,  einige  in  einer  der  wirklichen  Verkehrssprache 
sehr  nahe  kommenden  Form;  ad  Schrift:  daß  das  steife  Naschi  des  türki- 
schen Mittelasiens  vorherrscht.  Da  die  Bände  ohne  Rücksicht  auf  den  In- 
halt beziffert  und  verzeichnet  wurden,  ist  eine  Zusammenstellung  des  nach 
dem  Inhalt  Zusammengehörigen  beigefügt.  Von  der  systematischen  Be- 
schreibung der  in  den  Handschriften  enthaltenen  Werke  wird  sich  der  die 
geschichthchen  behandelnde  Teil  unmittelbar  anschließen. 

1.  158  Seiten  zu  15  Zeilen;  25X14  und  16X9  cm.  —  Taskent 
22.  9.  1902.  —  Ziemlich  gut  erhalten,  zum  Teil  fleckig;  Papier  weiß,  dünn; 
Einband:  dicke  Pappe  in  geblümtem  Kattunüberzug.  —  S.  1.  158  Kritze- 
leien. —  S.  2  — 157  Geschichte  des  Propheten  Joseph. 

2.  60  Seiten  zu  5—7  Zeilen;  11,3X7  "»d  7  X  4(5)  cm.  —  Kasgar 
1.  11.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  S. 7  2  Zeilen  ausgelöscht  und  durch  Un- 
gehöriges ersetzt;  Papier  weiß  und  dünn;  gepreßter  Ledereiuband ,  dürftig. 

^  Es  ist,  soweit  mir  bekannt,  hier  zum  ersten  Male  von  der  herkömmlichen 
Behandlung  der  Handschriften  abgewichen,  welche  das  Äußere  und  das  Innere  zu- 
sammenwirft und  so  keins  von  beiden  schnell  und  scharf  hervortreten  läßt.  Ahl- 
wardt  verließ  bereits  das  xmglückliche  Verfahren ,  ein  Rubrum  »Sammelhandschriften« 
zu  machen  und  in  dieses  zu  packen ,  was  ungeschickte  Buchbinder  oder  spekulierende 
Buchhändler  in  einen  Einbanddeckel  gebracht.  Es  muß  aber  weiter  gegangen  werden. 
Das ,  was  die  verschiedenen  Werke ,  die  hi  einem  Bande  vereinigt  sind ,  von  Äußerem 
betrifft,  sowie  das  Äußere  des  ganzen  Bandes  ist  zusammen  zu  behandeln.  Dabei 
ist  der  Inhalt,  der  immerhin  kurz  angedeutet  werden  mag,  gleichgültig,  und  die 
Stücke  können  mit  ii-gendeiner  Numerierung  versehen  werden.  In  dem  systemati- 
schen Verzeichnis  genügt  der  Verweis  auf  die  Cbersichtsnummer,  um  alles  Äußere 
erkennen  zu  lassen. 
Mitth.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  ü.  Abth.  1 


2  Hartmann:    Die  osttürkischen  Handscliriften  der  Sainniliuig  Hartmanii. 

S.  1.  60  leer.  —  S.  2.  3  Kritzeleien.  —  S.  4  —  45  Risäle  der  Haarschneider. 

—  S.  46  —  .56  med.  arabische  Formeln  und  Gebete,    sorgfältig  geschrieben. 

—  S.  56  med.  —  59  türkische  Gebetvorschriften. 

3.  196  Seiten  26  X  14,7cm;  davon  S. 3  —  152  zu  15  Zeilen  20X12,2  cm; 
S.  163—195  zu  13  Zeilen  18  X  10,3  cm.  —  Taskent  22.  9.  1902.  —  Gut  er- 
halten; Papier  S.  3— 162  gelb,  dünn;  S.  163— 196  weiß,  mitteldick;  Ein- 
band gepreßtes  Glanzpapier,  Rücken  und  Ränder  Leder.  —  8.  1.  133.  153 
bis  162.  196  leer.  —  S.  2  Kritzelei.  —  S.3— 152  Erzählung  aus  dem  'Ali- 
Kreise.  —  S.  163—195  Verse. 

4.  138  Seiten  zu  9  Zeilen;  15—15,5  X  9,5  und  11  X  ~  cm.  —  Kasgar 
28.10.1902.  —  S.  1—108  mäßig  erhalten,  S.  109— 138  wurmstichig  und 
auch  sonst  beschädigt;  Papier  gelb,  mitteldick;  glatter  Lederband.  —  S.  1 
bis  138  Lebensgestaltung,  z.  B.  Verzeichnis  von  Tagen  und  Stunden  für 
Vornahme  von  Handlungen. 

5.  30  Seiten  zu  5  Zeilen;  13X8,5  und  8X5,5  cm.  —  Kasgar 
2.12,1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  weiß,  mitteldick;  geheftet.  —  S.  9. 
30  Kritzelei.  —  S.  1—8  Bruchstück  der  Schuster-Risäle.  —  S.  10  —  29  Ri- 
säle der  Kaufleute. 

6.  238  Seiten  zu  11  Zeilen;  19,5X12  und  12X7,5  cm.  —  Kasgar 
31.  10.  1902.  —  Gut  erhalten  bis  auf  das  erste  Blatt;  Papier  gelbUch,  mittel- 
dick;   geheftet,    lose   in   kattunüberzogenem    Pappdeckel.  —  S.  1    Kritzelei. 

—  S.  238  leer.  —  S.  2  — 237  Tezkire  des  Choga  Hasan,  Sohnes  des  Choga 
Äfäq. 

7.  98  Seiten  zu  7  Zeilen ;  1 1  X  8,8  und  9  X  7  cm.  —  Kasgar  26. 1 0. 1 902. 
■ —  Gut  erhalten;  Papier  weiß,  dünn  (russisch);  geheftet.  —  S.  1.  98  leer. 
_  s.  2  — 60  Gebete.  —  S.  61—97  Risäle  der  Bauern. 

8.  50  Seiten  zu  7—8  Zeilen;  12,2X7,3  und  8,5X5  cm.  —  Kasgar 
10.11.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  mitteldick;  geheftet.  — 
S.  1  —  38  Risäle  der  Weber.  —  S.  39  —  50  einige  lladite,  persisch. 

9.  46  Seiten  zu  7  Zeilen;  11—11,5  X  7  und  8  —  9X5  cm.  —  Kasgar 
12.10.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  mitteldick  oder  dünn; 
Holzdeckel  in  glattem  Leder.  —  S.  1  Kritzelei.  —  S.  2  —  46  Risäle  der 
Hirten. 

10.  36  Seiten  zu  7—8  Zeilen ;  10,5  X  7,3  und  7,5  X  5,2  cm.  —  Kasgar 
12.10.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  weicher  glatter 
Lederumschlag.  —  S.  1  Kritzelei.  —  S.  36  leer.  —  S.  2  —  35  Risäle  der 
Krämer. 

11.  125  Seiten  zu  7—10  Zeilen:  13,3  X  8,5  und  10X6  cm.  —  Kasgar 
12.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten,  eine  Anzahl  Blätter  lose;  Papier  und 
Einband:  das  Ms.  ist  ein  europäisches,  wahrscheinlich  in  Indien  herge- 
stelltes Notizbuch  mit  blaugewürfeltem  Papier.  —  S.  1.  97 — 105.  109 — 125 
Kritzeleien.  —  S.  124  und  125  sieben  mandschurische  Zeilen.  —  S.  2  —  96 
Erzählung  von  Mulaika.  —  S.  106 — 108  fromme  Betrachtungen. 

12.  436  Seiten  zu  8— 10  Zeilen;  12,8X8  und  9X6  cm.  —  Kasgar 
30.  10.  1902.  —  Gut  erhalten;  S.  1—32  gelbes,  dünnes  Papier;  S.  33  —  436 
weißes,  mitteldickes  Papier;   Einband  Pappdeckel  in  papierbezogenem,  ge- 


Haktmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sanunlung  Hartmann.  3 

j)reßtem  Leder,  sorgsam  gearbeitet  und  gut  erhalten.  —  S.  2  —  4.  112.  126 
bis  129.  282  —  284.  435  leer.  —  S.  1.  33  (geometrisch  geordnetes  J^J\). 
436  Kritzelei.  —  S.  5  —  32  Bruchstück  über  Gebetswirkungen  und  anderes.  — 
S.  34 — 111  Gebete.  —  S.  113 — 125  über  Rosenkranzgebete  an  den  Wochen- 
tagen. —  S.  130—153  med.  über  die  Vorzüge  der  Fatiha.  —  S.  153  med.  — 
272  Betrachtungen,  Gebete  und  Beschwörungen.  —  S.  273  —  281  eine  ara- 
bische Qaside.  —  S.  285  —  301  Gebete.  —  S.  302  —  304  med.  arabische  Qaside 
des  Gabriel.  —  S.  304  med.  —  434  Gebete,  Beschwörungen  und  magische 
Formeln. 

13.  66  Seiten  zu  11  — 13  Zeilen;  17(17,5)  XU  und  11  (13,5)  X  7,5  cm. 

—  Kasgar  28.10.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  weiß,  sehr  schmutzig, 
mitteldick;  Pappdeckel.  —  S.  66  Kritzelei.  —  S.  1 — 65  Geschichte  von 
Sanaubar  und  Gülperi. 

14.  88  Seiten,   davon  1—73  zu  9  Zeilen,  74—87  zu  4  oder  5  Zeilen. 

—  16,5  X  11,5  und  12  X  7,3  cm.  —  Kasgar  29.  10. 1902.  —  Mäßig  erhalten; 
gelbes,  mitteldickes  Papier;  Pappdeckel  in  glattem  Leder.  —  S.  1  Stempel- 
abdrücke. —  S.  88  Kritzeleien.  —  S.  2  —  87  Geschichte  der  Chogas  in 
Versen. 

15.  260  Seiten;  S.  2  —  254  zu  11  Zeilen,  S.  255—260  zu  16  Zeilen.  — 
19X11  und  12X5,5  (6,3)  cm;  die  letzten  Seiten  13,5X7,5  cm.  —  Kasgar 
16.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  gelbes,  mitteldickes  Papier;  Deckel  Pappe 
in  glattem  Leder.  —  S.  1   Kritzeleien.  —  S.  2  —  260  Nawä'is  mahbub  ulqulüb. 

16.  408  Seiten  zu  15  Zeilen;  26X14,5  und  16X9  cm.  —  Baku 
8.9.1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelb,  dünn;  Lederband  mit  Papier 
überklebt  und  gepreßt.  —  S.  1—5.  404  —  408  leer.  —  S.  6  —  403  Nawais 
asraqat -Yy'iwsin. 

17.  84  Seiten  zu  15— 16  Zeilen;  22,5X14,5  und  17  X  11,5  (12)  cm.— 
Kasgar  28.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelb,  dünn;  Einband 
weiches  Leder.  —   S.  1.  84  Kritzelei.  —  S.  2  —  83  Geschichte  von  Ferhäd. 

18.  90  Seiten  zu  8—12  Zeilen;  19,8  X  12,3  und  15,5  X  8,3  —  9,3  cm.— 
Kasgar  1.11.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  Pappdeckel 
mit  Tapetenpapier  beklebt.  —  S.  1.  83.  86.  87.  89.  90  leer.  —  S.  84.  85. 
88  Kritzelei. —  S.  2  — 82  Geschichte  von  Mulaika. 

19.  204  Seiten  zu  11,  selten  12  Zeilen;  26,7  X  15,6  und  17  X  9,3  cm.— 
Kasgar  27.  10.  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelb  und  dünn;  geheftet,  lose 
in  mit  Tapetenpapier  überzogenem  Pappdeckel.  —  S.  1  —  4.  201  —  204  leer.  — 
S.  200  Kritzelei.  —  S.  5  —  33  med.  Fragment  eines  Traktates  über  das  sulük; 
S.  33  med. — 199  scheint  eine  Schrift  sufischen  Inhalts  (in  Unordnung). 

20.  84  Seiten  zu  13  —16  Zeilen;  21,8  X  14  und  20  X  12  cm.  —  Kasgar 
28.10.1902.  —  Schlecht  erhalten;  weißes,  mitteldickes,  russisches  Papier; 
gepreßter  Lederband,  mit  Papier  beklebt.  —  S.  3  leer.  —  S.  83.  84 
Kritzelei.  —  S.  1.  2  Bruchstück  aus  einem  Gedicht  in  Mesnewi-Form.  — 
S.  4  —  82  Gedicht  in  Mesnewi-Form  legendären  Inhalts. 

21.  170  Seiten  zu  8—15  Zeilen;  18X11  ""d  15X8  cm.  —  Kasgar 
2.12.1902.  —   Schlecht  erhalten;  Papier  weiß,  fränkisch;  lappiger  Leder- 


4  Hartmank:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

deckel.  —  S.  2.  170  leer.  —  8.  1.  168.  169.  Kritzelei.  —  S.  .3—167  das  tehät 
uVägizm  des  Söfi  AUähjär. 

22.  178  Seiten  zu  11  Zeilen;  17,5Xll»7  und  12,.5X8  cm.  —  Kasgar 
1.11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  mehrfach  ausgebessert;  Papier  gelb,  dünn; 
Pappband  mit  Tapetenüberzug.  —  S.  1.  2.  177.  178  leer.  —  S.  3  Kritzelei.  — 
S.  4 — 176  Mesnewi  des  Chiräbäti. 

23.  272  Seiten  zu  11  Zeilen;  22X14,7  und  15X10,5  cm.  —  Kasgar 
1.11.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  weiß,  dünn,  fränkisch;  geheftet.  — 
S.  1  — 3.  268  —  271  leer.  —  S.  272  Kritzelei.  —  S.  4  —  267  über  die 
Muslims  Chinas. 

24.  328  Seiten  zu  9  Zeilen;  22X13,7  und  15x7,5  cm.  —  Kasgar 
25.10.1902.  —  Mäßig  erhalten,  S.  1.  2.  ausgebessert;  Papier  weiß,  dünn, 
russisch;  geheftet.  —  S.  323  —  328  leer.  —  S.  1—322  Geschichte  von 
Jüsuf  und  Ahmed. 

25.  78  Seiten  zu  7  Zeilen;  13,3X8  "nd  8X4.3  cm.  —  Kasgar 
31.  10.1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  gepreßter  Lederband 
mit  Papier  bezogen.  —  S.  1—3.  76.  78  leer.  —  S.  77  Kritzelei.  —  S.  4 — 75 
Risäle  der  Schuster. 

26.  108  Seiten  zu  8  Zeilen;  12X7,5;  9Xöcm.—  Kasgar  5.  11.  1902. 

—  Mäßig  erhalten,  Blatt  1  beschädigt;  Papier  gelb,  mitteldick;  gepreßter 
Lederband.  —  S.  1   leer.  —  S.  2  — 108  Risäle  der  Schuster. 

27.  120  Seiten  zu  9  Zeilen ;  15,8X9  und  ll(12)X6cm.  —  Kasgar 
Dezember  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelb,  mitteldick;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1—7.   117—120  leer.  —  S.  8—116  Risäle  der  Gewürzkrämer. 

28.  142  Seiten  zu  11— 13  Zeilen;  17.6X10,3  und  13X7  cm.  — 
Kasgar  16.11.1902.  —  Schlecht  erhalten,  von  Blatt  1  und  2  oben  ein 
Stück  abgerissen ;  Papier  gelblich ,  mitteldick ;  glatter  Lederband.  —  8.  1 
Kritzelei.  —  S.  2  —  92  med.  miftäh  ulqulUb,  paränetisch.  —  S.  92  med.  bis 
142  Risäle  des  'Abdullah  Ansäri,  persisch. 

29.  220  Seiten  zu  11  Zeilen;  17,5X10  und  13X6,7  cm.  —  Kasgar 
11.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelb,  mitteldick;  Pappband  in 
Kattun.  —  8.  2.  4.  217.  219  leer.  —  S.  1.  3.  218.  220  Kritzelei.  — 
S.  5  —  216  Gedichtsammlung  des  Chiräbäti. 

30.  356  Seiten  zu  13  Zeilen;  23,5  X  13,7  und  16X7,7  cm.  —  Kasgar 
16.  11.  1902.  —  Mäßig  erhalten,  Blatt  2  und  3  ausgebessert;  Papier  gelblich, 
dünn,  glatt;  Pappband  in  Baumwollstoffüberzug. —  S.  1.  2.  355.  356  leer. 

—  S.  3.  352  —  354  Kritzelei.  —  8.  4  —  351   Sammlung  von  Erzählungen. 

31.  282  Seiten  zu  11—13  Zeilen;  25,2  X  14,5  und  15,5— 18  X  7,7  cm. 

—  Kasgar  21.  11.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dimn;  gepreßter 
Lederband.  —  8.  2.  29.  274.  275.  280.  282  leer.  —  S.  1.  3.  272.  281 
Kritzelei.  —  vS.  4  —  28  Testament  Muhammeds.  —  8.  30  —  90  miftah  ulqulüb 
(vgl.  Ms.  28).  —  8.  91—102  med.  paränetisches  Werk.  —  8.  102  med.  bis 
273  Paränetisches.  —  8.  277 — 279  Varia.  —  Eingeklebt  sind  zwei  dicke 
Blätter,  auf  denen  drei  Seiten  mit  sorgfältiger  Hand  beschrieben  sind. 

32.  llOSeiten  zu  11— 15Zeilen;  20,3X17  und  14X  10,5  — 12  cm. — 
Kasgar  27.  11.  1902.   —   Gut    erhalten;    graues   Chotanpapier    doppelt    ge- 


Haktmann:    Dio  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann.  5 

nominen;  schwcacli  gepreßter  Lederband.  —  S.  2.  106,  107  leer.  —  S.  1. 
3  —  5.  108  —  110  Kritzelei  (S.  5  sechs  chinesische  Zeichen).  —  S.  6—105 
Erzählung  aus  dem  'Ali- Kreise. 

33.  168  Seiten  zu  13  Zeilen;  21X12,2  und  14X8,2  cm.  —  Kasgar 
27.10.1902.  —  Mäßig  erhalten;  die  beschädigten  Stellen  sorgsam  ausge- 
bessert. Papier  gelb,  dünn;  Pappband  mit  gepreßtem  Papier  überklebt, 
sehr  geflickt.  —  S.  1.  5  —  8.  10—12.  157-168  leer.  —  S.  2—4.  9.  13.  156 
Kritzelei.  —  S.  14 — 155  maymü'at  ulmuhaqqiqm ,  Übersetzung  des  von  Abul- 
baqä'  b.  Bahä'uddin  persisch  verfaßten  Tezkire  über  Machdümi  A'zem 
(dasselbe  Werk  s.  Ms.  104). 

34.  746  Seiten  zu  23  Zeilen;  40,5X30  und  30,5X18,5  cm.  —  Jar- 
kend  4.  2.  1903.  —  Gut  erhalten  bis  auf  die  letzten  2  Blätter,  doch  Text 
nicht  beschädigt.  Papiei*  graues  Chotanpapier,  mittelstark ;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1.  744 — 746  Kritzelei.  —  S.  2 — 743  sejeri  serJf,  türkische  Über- 
setzung aus  dem  Persischen  des  Mu'in  Ehniskin,  Rukn  1   und  2. 

35.  950  Seiten  zu  21  Zeilen;  40X27  und  27X16  cm.  —  Jarkend 
11.  1.  1903.  —  Gut  erhalten;  Papier  und  Einband  wie  Ms.  34.  —  S.  1.  2 
leer.  —  S.  3.  950  Kritzelei.  —  S.  4  —  949  Rukn  3  und  4  desselben  Werkes 
wie  Ms.  34. 

36.  602  Seiten  zu  19— 20  Zeilen;  40X29,3  und  30X21  cm.  — 
Jarkend  11.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten,  doch  die  beschädigten  Stellen 
meist  sorgfältig  ausgebessert;  Papier  und  Einband  wie  in  Ms.  34.  —  S.  1 
leer.  —  S.  2  —  600  med.  Teil  des  sejeri  serlf;  vgl.  Mss.  34  und  35.  — 
S.  600  med.  —  602  Verse  religiösen  Inhalts. 

37.  358  Seiten  zu  23  Zeilen;  43,3  X  27  und  31  X  19  cm.  —  Jarkend 
7.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  wie  in  Ms.  34;  geheftet,  lose  in 
einem  Lederdeckel ,  der  für  ein  etwa  noch  einmal  so  starkes  Werk  bestimmt 
war.  —  S.  1  leer.  —  S.  2  Anfang  des  sejeri  serTf  (vgl.  Ms.  34);  S.  3  —  358 
der  größere  Teil  von  Rukn  3  desselben  Werkes. 

38.  390  Seiten  zu  20  —  21  Zeilen;  39,5X29  und  30X20,5  cm.  — 
Jarkend  21.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier,  mittelstark;  Leder- 
band. —  S.  1—3.  389.  390  Kritzeleien.  —  S.  4  —  388  Geschichte  Hasans 
und  Husains,  der  Söhne  Alis. 

39.  544  vierspaltige  Seiten  zu  25  —  30  Zeilen;  44,7X26,5  und  30 
(31)X16  cm.  —  Taskent  18.9.  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich, 
mittelstark;  starker  Lederband,  auch  innen  Leder.  —  S.  2 — ^13.  99  — 103. 
243.  436.  437.  542  —  544  leer.  —  S.  1.  310.  311  Kritzelei.  —  S.  14— 530 
Nawä'is  chamse;  die  einzelnen  Teile  haben  am  Anfang  farbige  Vignetten  und 
sind  durch  Seidenbäuschchen,  die  am  Seitenrand  eingeklebt  sind,  leicht  auf- 
findbar gemacht.  —  S.  532  —  540  Nawä'is  säqtnäme.  —  S.  541  ein  Mesnewi 
und  ein  teryT'bend  Nawä'is. 

40.  290  Seiten  zu  15  Zeilen;  31,5— 32,5  X  20,5— 21  und  23X15,3  cm. 

—  Jarkend  18.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband. 

—  S.  1  —  287  tezMrex  'azTzän  des  Muhammed  Sädiq.  —  S.  288  —  290  religiöse 
Vorschriften. 


6  Hartmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

41.  412  Seiten  zu  15  Zeilen;  31X21  und  23  X  15  cm.  —  Jarkend 
22.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet,  lose  in  gepreßtem 
Lederdeckel.  —  S.  1 — 412  Volksbuch  vom  Emir  Hamze. 

42.  580  Seiten  zu  17—19  Zeilen;  31X20,3  und  22X13,5  cm.  — 
Jarkend  8.  1.  1903.  —  Bis  auf  wenige  sorgfältig  ausgebesserte  Stellen  gut 
erhalten;  Chotanpapier;  gepreßter  Lederband  mit  Klappe.  —  S.  2.  4.  572. 
574_578  leer.  —  S.  1.  3.  5.  579.  580  Kritzeleien.  —  S.  6 — 17,4  phantastische 
Erzählung  vom  Propheten  und  jüngsten  Gericht.  —  S.  17,5  —  65  mi'rägnäme. 
_  s.  66  — 68  Anfang  eines  Werkes  über  den  Weltanfang.  —  S.  69  — 573 
Übersetzung  von  Kaiila  und  Dimna  (am  Anfang  fehlt  ein  Blatt). 

43.  278  Seiten  zu  17  Zeilen;  31X20  und  21X13  cm.  —  Kasgar 
30.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband.  — 
S.  1  Verse.  —  S.  2  —  275  Werk  über  sunnitisches  Recht.  —  S.  276—278  Varia. 

44.  42  Seiten  zu  16  —  20  Zeilen;  35X23,3  und  31X22  cm.  — 
Kasgar  12.  10.  1902.  —  INIäßig  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  1 
bis  42  Protokollbuch  eines  Kasgarer  Gerichts. 

45.  32  Seiten  zu  17  Zeilen;  31,7X27  und  20  X  13cm.  —  Kasgar 
31.10.1902.  —  Gut  erhalten;  gelbes  Papier  (wahrsclieinlich  chinesisch); 
zusammengefaltet.  —  S.  1  leer.  —  S.  2  —  32  Geschichte  vom  Derwisch  Muqbili 
Rausendil. 

46.  542  Seiten  zu  15  Zeilen;  30  X  19,5  und  19,5  X  12,5  cm.  —  Kasgar 

1.11.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  etwas  gepreßter  Lederband. 

—  S.  2  leer.  —  S.  1.  3—5.  542  Kritzelei;  S.  6  — 541   V^olkserzählungen. 

47.  314  Seiten  zu  13  Zeilen;  25,3X20  und  17 X  13,5  cm.  —  Jarkend 

18.2.1903.  —  Schlecht  erhalten;  einige  roh  ausgeführte  Federzeichnungen; 
Papier  gelb;  glatter  Lederband.  —  S.  1 — 314  Stücke  aus  Volkscrzählungen. 

48.  518  Seiten  zu  19  Zeilen;  30  X  1",5  und  22  X  13,5  cm.  —  Jarkend 
18.  12.  1902.  —  Schlecht  erhalten,  doch  sind  die  schadhaften  Stellen  so  gut 
wie  möglich  ausgebessert;  Papier  gelblich,  mittelstark;  gut  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1— 3.  516  —  518  leer.  —  S.  297.  515  Kritzelei.  —  S.  4— 278 
Tütinäme.  —  S.  279 — 296  Geschichte  von  Ädil  Cliän  und  den  3  Qal endern 

—  S.  298 — ^514  das   Erzählungsbuch  gämV  ulhikäjät. 

49.  150  Seiten  zu  19  Zeilen;  31X21,5  und  23  X  16  cm.  —  Kasgar 
27.11.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  lose  in  weichem 
Lederdeckel.  —  S.  1 — 150  Stück  aus  dem  Volksbuch  von  Awa  {aba\ 
Muslim. 

50.  186  Seiten  zu  15— 16  Zeilen;  28  X  16,7  und  20  X  11,2  — 12,2  cm. 

—  Jarkend  18.  12.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  glatter 
Lederband.  —  S.  186  leer.  —  S.  1  Kritzelei.  —  S.  2 — 185  Übersetzung  des 
dürr  ulmayälis  aus  dem  Persischen. 

51.  160  Seiten  zu  18  Zeilen;  26X16  und  18X12  cm.  —  Jarkend 
Dezember  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich ,  mitteldick;  lappiger 
Lederband.  —  S.  1 — 160  Stücke  aus  einem  Werke  mit  Prophetengeschichten. 

52.  156  Seiten  zu  15  Zeilen;  23,5X14  und  14  X  8,3  cm.  —  Jarkend 
24.12.1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich,  mitteldick;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1.   152  —  156  Kritzelei.  —  S.  2 — 151   medizinisches  Werk. 


Hartmann  :    Die  osttürkischen  Handsohriften  der  Sammlung  Hartmann.  7 

53.  370  Seiten  zu  13  Zeilen;  25X15  und  17X9  cm.  —  Choqand 
26.  9.  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  teils  weiß,  teils  gelb;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  1— 3.  363  —  370  leer;  S.  4—362  Geschichte  von  Muhammed 
Hanefije. 

54.  692  zweispaltige  Seiten  zu  19Zeilen;  23,3  X  13,5  und  18,5  X  8,5 cm. 

—  Taskent  22.3.1903.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelb,  dünn;  gepreßter 
Pappband.  —  S.  1  —  3.  691.  692  Kritzelei.  —  S.  4—690  Nawais  charnse. 

55.  376  Seiten  zu  13  Zeilen;  23,5X15,5  und  15,5X9,5.  —  Kasgar 
23.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich ,  mitteldick;  gepreßter  Leder- 
band, —  S.  1.  149.  375.  376  Kritzelei.  —  S.  2 — 120  med.  rähat  ulqulub, 
Dogmatik  und  Paränese.  —  S.  120  med.  —  127  oben  Testament  des  Pro- 
pheten. —  S.  127 — 148  wefätnäme,  Todesbuch  des  Propheten.  —  S.  150  —  374 
Menäqib  des  lA.bdulqädir  Gilänl. 

56.  220  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  24X18  und  18X15— 16  cm.  — 
Kasgar  28.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  rauhes  Chotanpapier;  glatter  Leder- 
band. —  S.  1.  220    leer.  —  S.  2^219  Geschichte   von  Jüsuf  und  Ahmed. 

57.  246  Seiten  zu  11  Zeilen;  25,7X15  und  15,5  X  8,7  cm.  —  Taskent 

16.  9,  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich,  mitteldick;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  1 — 5.  244  —  246  Kritzelei.  —  S.  6  —  243  ein  dogmatisches  Lehr- 
gedicht. 

58.  76  Seiten  zu  15—17  Zeilen;  22  X17  und  16  X13  cm.  —  Kasgar 

17.  2.  1903.  —  Gut  erhalten;  rauhes  Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  1.  76 
leer.  —  S.  2  — 75  Prophetengeschichten. 

69.     78  Seiten  zu  10— 13  Zeilen;   23X18   und  14— 16X11— 13  cm. 

—  Kasgar  6.  12.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  rauhes  Chotanpapier;  ge- 
heftet. —  S.77.  78  Kritzelei.  —  S.l — 76  Geschichte  von  Hamra  und  Hörliqa. 

60.  82  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  22X17,7  vmd  15,5  X  12,3— 13,3  cm. 

—  Kasgar  6.  12.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  rauhes  Chotanpapier,  Papier- 
umschlag. —  S.  1.  77 — 82  leer.  —  S.  2  —  76  volkstümliche  Scherzerzählung. 

61.  196  Seiten  zu  12—15  Zeilen;  21,5  X 17  und  14,5  — 15,5  X 12  cm.  — 
Jarkend  Anfang  1903.  —  Gut  erhalten;  doppelt  genommenes  Chotanpapier; 
geheftet,  lose  in  Pappband.  —  S.  1—3.  195  leer.  —  S.  196  Kritzelei.  — 
S.  4 — 194  Geschichte  von  Jüsuf  und  Ahmed. 

62.  494  Seiten  zu  11  —  16  Zeilen;  24,3X18  und  18X14  cm.  — 
Jarkend  21.  12.  1902.  —  Gut  erhalten;  Chotanpapier;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  2.  3.  140.  141.  243.  390.  410.  494  leer.  —  S.  1.  244.  265. 
391.  411  Kritzelei.  —  S.  4—139  rähat  ulqulüh  (vgl.  Ms.  55  S.  2—120).  — 
S.  142  — 164  med.  qijämetnäme ,  Auferstehungsbuch.  —  S.  164  med. — 185  med. 
räznäme.  —  S.  185  med.  —  242  Geschichte  von  Buluqjä.  —  S.  245  —  264 
Tezkire  des  Imäm  Zebih.  —  S.  266  —  389  Geschichte  von  Züfunün.  — 
S.  392  —  409  die  lustige  Geschichte  von  Räuber  und  Richter.  —  S.  412  —  493 
Geschichte  von  Choga  Selim  (Kreis  des  Haggäg  b.  Jüsuf). 

63.  108  Seiten  zu  11— 13  Zeilen;  21,5  Xl7,3  und  15— 16  X13  cm. — 
Kasgar  27.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  weißes  fränkisches  Papier;  Papp- 
band. —  S.  1  —  4.  102.  103.  105—108  leer.  —  S.  5.  104  Kritzelei.  — 
S.  6  —  72  nuräynäme.    —   S.  73—101   Tezkire  des  MoUa  Muhammed  Serif. 


8  Hartmann:    Die  osttiirkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

64.  444  Seiten  zai  11—14  Zeilen;  23,5X16—17  und  13— 17X9  bis 
12  cm.  —  Jarkend  29.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  es  sind  verschiedene 
Exemplare  zusammengeschweißt;  die  beschädigten  Blätter  und  die  kleineren 
Formats  sind  durch  Ausbessern  einheitlich  gemacht;  Chotanpapier;  gepreßter 
Lederband.  —  S.  1.  439  —  444  leer.  —  S.  2  —  438  verschiedene  Erzäh- 
lungen. 

65.  474  Seiten  zu  15—17  Zeilen;  25,3X16,5  und  18 X  12,5  cm. — 
Kasgar  23.10.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  Lederband.  —  S.  1 
bis  3.  473.  474  leer.  —  S.  4.  472  Kritzelei.  —  S.  5— 471  Übersetzung  des 
miftäh  ulginän  aus  dem  Persischen. 

QQ.  476  Seiten  zu  9  Zeilen;  17,7X11,5  und  11X5,5.  —  Kasgar 
25.10.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  mittelstark;  glatter  Leder- 
band mit  Klappe.  —  S.  1.  2.  475.  476  leer.  —  S.  3  — 474  Geschichte  des 
Choga  Hasan,  Sohnes  des  Choga  Afäq. 

67.  250  Seiten  zu  11  Zeilen;  18,3X^2  und  14X8,5  cm.  —  Kasgar 
1.11.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelb,  mittelstark;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  3.  4.  246.  248—250  leer.  —  S.  1.  2.  247  Kritzelei.  —  S.  5  —  245 
Geschichte  des  Propheten  Joseph. 

68.  302  Seiten  zu  11  Zeilen;  21X12,5  und  13X6  cm.  —  Kasgar 
31.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelb,  mittelstark;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  4.  8.  9.  282  —  287.  289— 29L  295.  298  leer.  —  S.  1.  7.  288.  292. 
294.  296.  297.  299.  302  Kritzelei.  —  S.  2.  3.  5.  6.  278  med.  —  281.  300.  301 
\'aria.  —  S.  10  —  278  med.  Nawä'is  mahbüb  ulqulüb. 

69.  356  Seiten  zu  11  Zeilen;  17x9,7  und  11X6  cm.  —  Kasgar 
16.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  verschiedenfarbig  (weiß,  gelb,  blau, 
rot);  glatter  Lederband.  —  S.  1.  2.  5  — 7.  349  —  355  leer.  —  S.  3.  4.  356 
Kritzelei.  —  S.  8  —  348  Kommentar  zur  hurda  Büsiris. 

70.  160  Seiten  zu  10—11  Zeilen;  17,5X11  ""d  14  X  8  cm.  — 
Jarkend,  Anfang  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  weiß,  wahrscheinlich 
russisch;  lose  in  Pappdeckel.  —  S.  1.  10.  11.  14  leer;  S.  15.  16.  160  Kritzelei; 
S.  2  —  9.  12.  13.  17  — 159  Bruchstücke  der  Volkserzählung  von  Sanaubar 
(siehe  Nr.  13). 

71.  184  Seiten  zu  11  Zeilen;  18X11.2  und  14X7  cm.  —  Kasgar 
26.  10.  1902.  ■ —  Mäßig  erhalten;  die  schadhaften  Stellen  sorgfältig  ausge- 
bessert und  ergänzt;  Chotanpapier;  Pappband.  —  S.  2.  4.  181 — 184  leer.  — 
S.  1.  3.  5.  179.  180  Kritzelei.  —  S.  6  —  178  Geschichte  von  Ferhäd  und  Silin, 
aufgeschrieben  von  'Omar  Bäqi. 

72.  158  Seiten  zu  17  Zeilen;  23,5  X  14,7  und  17  X  8,7  cm.  —  Taskent 
18.9.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelb,  mittelstark:  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  1—24.  139  —  158  leer.  —  S.  25  Verse.  —  S.  26  — 138  Diwan 
des  Ghäzi. 

73.  226  Seiten  zu  18  —  19  Zeilen;  19X11  und  16x9,5  cm.  — 
Kasgar  23.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  die  Ecken  rechts  unten  sämtlich 
beschädigt;  Papier  gelblich,  dünn;  glatter  Lederband.  —  S.  1 — 72  Bruch- 
stück des  rahat  ulqulub.  —  S.  73  —  226  Geschichte  von  Azädbacht  und  den 
zehn  Weziren. 


Hartmann:   Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann.  9 

74.  102  Seiten  zu  13—16  Zeilen;  20—20,5X12,5  —  13,5  und  14,5 
bis  16X9— 12  cm.  —  Kasgar  16.11.1902.  —  Schlecht  erhalten.  Papier 
gelblich;  geheftet.  —  S.  24  leer.  —  S.  1—23.  25.  26  Geschichte  von  Mu- 
laika.  —  S.  27  — 102  Erzählung,  persisch. 

75.  168  Seiten,  die  aus  verschiedeneu  Handschriften  zusammenge- 
heftet sind,  zwischen  19,5  X  12,5  und  21  X  13,5.  —  Kasgar  29.  10.  1902.  — 
Schlecht  erhalten;  verschiedene  Arten  Papier;  Papierumschlag.  —  S.  100. 
101.  112.  119.  121.  122.  147.  168  leer.  —  S.  1.  17.  55.  157  Kritzeleien.  — 
S.  18.  120  Varia.  —  S.  2  — 16  über  die  Vorzüge  der  Fätiha.  —  S.  19  —  54 
die  Geschichte  vom  Räuber  und  Richter.  —  S.  56  Erzählung,  persisch.  — 
S.  57 — 59  über  die  Saijid-Frage,  persisch.  —  S.  60  —  91  arabisches 
Gedicht  des  Abdulqädir  Giläni.  —  S.  92  —  97  arabisches  musaddas.  — 
S.  98  —  99  arabisches  Gedicht.  —  S.  102  — 111  arabische  Qaside  genannt 
qasTdet  geläl  wagemal.  —  S.  113 — 118  Vorzüge  des  nep^äif- Gebetes.  —  S.  123 
bis  146  davS  Gebet  MbrTti  ahmar,  arabisch.  —  S.  148 — 156  kuize  Glaubens- 
lehre, arabisch.  —  S.  158 — 167  Genealogie  der  Chogas. 

76.  130  Seiten  zu  13  Zeilen;  17,5  X  12,5  und  11,5  X  9  cm.  —  Kasgar 
5.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelb,  dünn;  gepreßter  Lederband.  — 
S.  1  — 130  Geschichte  von  Mesreb. 

77.  734  Seiten  zu  13  Zeilen;  22,5X12  und  17X8  cm.  —  Kasgar 
23.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelb,  mittelstark;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1 — 3  Kritzelei.  —  S.  4 — 734  Übersetzung  von  'Ali  b.  llusain 
Elkäsifis  achläq  uhmihsinm. 

78.  312  Seiten  zu  15  Zeilen;  23  X  13,5  und  16  X  7,5  cm.  —  Choqand 
26.  9.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  gepreßter  Papp- 
deckel. —  S.  1.  310  —  312  Kritzelei.  —  S.  2  —  53  Nawä'is  nazm  ulgawähir.  — 
S.  54  —  55  Gebet,  arabisch.  —  S.  56  — 157  Geschichte  vom  Sech  San'än 
in  Mesnewi-Form.   —  S.  148  —  309  Nawä'is  mahhüb  ulqulub. 

79.  180  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  20X12,5  und  15,5X9  cm.  — 
Kasgar  23.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband. 

—  S.  1.  2.  142.  143.  180  Kritzelei.  —  S.  3  — 32  Gedicht  auf  Ga  far  Sädiq. 

—  S.  33  —  52  unten  Gedicht  auf  Müsä  Käzim.  —  S.  52  unten  bis  59  oben 
Gedicht  auf  die  zwölf  Imame  (?).  ■ —  S.  59  oben  —  133  verschiedene  Le- 
genden. —  S.  134  ein  Hadjt.  —  S.  135 — 141  icasTjetnäme.  —  S.  144 — ^152 
oben  sufischer  Traktat,  persisch.  —  S.  152  oben  —  177  Vergleichung 
der  verschiedenen  Silseles  und  Sufi-Orden.  —  S.  178  ein  Gedicht  Mesrebs. 

—  S.  179  Vei-se. 

80.  308  Seiten  zu  15  Zeilen;  24Xlö  und  17X9  cm.  —  Kasgar 
5.11.1902.  —  Mäßig   erhalten;  Papier  weiß,    dünn;  Pappband  in   Kattun. 

—  S.7  leer.  —  S.  1 — 6  über  die  Ehe.  —  S.  8  — 195  Kommentar  zur  Fätiha. 

—  S.  196  Verse.  —  S.  197  über  die  Ehe.  —  S.  198  —  308  Preis  der  Armut. 

8L  386  Seiten  zu  11  Zeilen;  21X13  und  14X^,3  cm.  —  Kasgar 
8.11.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  mitteldick;  glatter  Leder- 
band. —  S.  2.  3.  45  —  47.  386  leer.  —  S.  380.  382.  384.  385  Kritzelei.— 
S.  1.  381.  383  Verse.  —  S.  4  —  44.  48  —  379  Übersetzung  und  kurzer  Kom- 
mentar von  Stücken  des  Qur'än:   1.  2,   1  —  5.  55.  67 — 114. 


10       Hartmann:   Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

82.  118  Seiten  zu  11— 13  Zeilen;  23X  15,5  und  16— 18X  12— 13  cm. 

—  Kasgar  6.  12.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  gepreßter  Leder- 
band. —  S.  1 — 118  paränetisches  Werk. 

83.  120  Seiten  zu  9  Zeilen;  20X14  und  12X8  — 9cm.  —  Kasgar 
1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  Pappband.  —  S.  1  —  3.  117—120 
leer.  —  S.  4 — 116  Diwan  des  Ahmed  Jasawi. 

84.  96  Seiten  zu  7  Zeilen;  11,3X9  und  8X6  cm.  —  Jarkend 
25.1.1903.  —  Gut  erhalten;  Papier  weiß,  russisch(?);  Pappband.  —  S.  1. 
96  leer.  —  S.  2  —  95  Risäle  der  Bauern. 

85.  72  Seiten  zu  8  —  9  Zeilen;  12,9X8,3  und  8X5,5  — 6  cm.  — 
Jarkend  22.  12.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  weiß,  dünn,  russisch(?); 
gepreßter  Lederband.  —  S.  39.  40  leer.  —  S.  1.  38.  41.  72  Kritzelei.  — 
S.  2 — 13  med.  Sure  1  und  37.  —  S.  13  med.  —  35  auräd-Geheie,  arabisch; 
S.  36.  37  Gebete,  arabisch.  —  S.  42 — 71   Risäle  der  Sattler. 

86.  184  Seiten  zu  7 — 9  Zeilen;  12  X''  ""d  9  X  5  cm.  —  Jarkend 
30.  12.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  weiß,  dünn;  Pappdeckel  in  Kattun. 

—  S.  149.    150   leer.    —   S.  1— 8    Zaubermittel.    —   S.  9  — 148    Gebete.   — 
S.  151 — 183  auräd-Gehete,  arabisch;  S.  184  Gebetsvorschriften. 

87.  92  Seiten  zu  8  Zeilen;  14X9,5  und  9  X  5,7  cm.  —  Jarkend 
16.12.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband.  —  S.  92 
Kritzelei.  —  S.  1—3.  90  —  92  Notizen  über  Gebete.  —  S.  4.  5  Qur'än  1. 
2,  1 — 5.  —  S.  6  — 15  das  qadah-Gehet.  —  S.  16 — 29  verschiedene  Stücke 
aus  dem  Qur'än.  —  S.  30  —  46  Gebet.  —  S.  47 — 88  Risäle  der  Färber.  — 
S.  89  Verse. 

88.  128  Seiten  zu  11  —  13  Zeilen;  15,5X10,2  und  11  Xö  cm.  — 
Kasgar  17.  2.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  Papierband.  — 
S.  1.  126 — 128  Kritzelei.  —  S.  2  — 125  Geschichte  von  Firüz  Sah  in  Versen 
(Mesnewi). 

89.  112  Seiten  zu  9  Zeilen;  14,5X8  und  10,5X5  cm.  —  Jarkend 
5.2.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  weiß,  russisch  (?) ;  gepreßter  Papp- 
band.—  S.  1.  112  leer.  —  S.  2 — 111  Liste  der  Bedrkämpfer  mit  erzählender 
Einleitung  (S.  2  —  35  med.). 

90.  72  Seiten  zu  7  Zeilen;  12,5X11  und  10X9  cm.  —  Jarkend 
24.1.1903.  —  Gut   erhalten;   Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  1— 3.  72   leer. 

—  S.  4 — 71   Risäle  der  Schuster. 

91.  81  Seiten  zu  5  Zeilen;  10,5  X  6,3  und  6—7X4  cm.  —  Jarkend 
25.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband.  —  S.  1 
bis  81  Risäle  der  Schuster. 

92.  110  Seiten  zu  7  Zeilen;  10X6,5  und  6,5X4  cm.  —  Jarkend 
Anfang  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  geheftet,  lose  in 
Lederdeckel.  —  S.  1.   107—110  Kritzelei.  —  S.  2— 106  Risäle  der  Schuster. 

93.  84  Seiten  zu  7—9  Zeilen ;  1 1,5  X  8,5  und  9  X  6,5  cm.  —  Jarkend 
24.1.1903.  —  Gut  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  1— 3.  79  —  84 
leer;  S.  4 — 78  Risäle  der  Schuster. 

94.  187  Seiten  zu  7—8  Zeilen;  1 1,9  X  8,5  und  8  X  5,5  cm.  —  Jarkend 
16.  12.  1902.  —  Gut  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband.  —  S.  1  bis 


Haetmann:   Die  osttfirkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann.        11 

72  Gebete.  —  S. 73— 179  med.  Risäle  der  Schmiede.  —  S.  179  med.— 187 
Gebet  (ummäme). 

95.  78  Seiten,  unregelmäßig  beschrieben;  17,5  X  10,7  cm.  —  Kasgar 
6.  12.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  Papierdeckel  mit 
grobem,  einheimischem  Stoff  überzogen.  —  S.  1  Kritzelei.  —  S.  2  —  78  Ge- 
dichte. 

9Q.  156  Seiten  zu  9  Zeilen;  27X17,5  und  18X9,5  cm.  —  Taskent 
18.3.1903.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelb,  mittelstark;  Pappband.  —  S.  1. 
155.  156  leer.  —  S.  2 — 154  Erzählung  aus  dem  'Ali-Kreise. 

97.  334  unregelmäßig  beschriebene  Seiten;  21  X  13  cm.  —  Kasgar 
31.  10.  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  verschiedenfarbig,  dünn;  gepreßter 
Papierband.  —  S.  1—7.  45.  104.  109—115.  163.  164.  168.  191.  292  leer.  — 
S.  8— 44.  46  — 103.  105  —  108.  116—162.  165—167.  169—190.  192—291. 
293  —  334  Varia,  arabisch,  persisch  und  türkisch,  meist  Verse,  eine 
Sammlung  in  Art  der  bekannten  Sefines  und  Gunks.  —  S.  171 — 188  ein 
persisches  Traktat  über  sufische  Terminologie. 

98.  146  Seiten  zu  11  —  12  Zeilen;  17X11  und  14X8  cm.  —  Jar- 
kend  21.12.1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  glatter  Lederband. — 
S.  2.  3.  145  leer.  —  S.  1.  146  Kritzelei.  —  S.  4— 87  zafarnäme,  Weisheits- 
lehren und  Erzählungen.  —  S.  88  —  92  med.  Erzählungen  vom  Propheten 
und  den  vier  ersten  Chalifen.  —  S.  92  med.  — 106  med.  wefätname.  — 
S.  106  med. — 144  Geschichte  von  Mulaika. 

99.  218  Seiten  zu  9  Zeilen;  19,5X13  und  13X8,5  cm.  —  Kasgar 
28.10.1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  geheftet,  lose  in  ge- 
preßtem Pappband.  —  S.  2.  3. 215  — 217  leer.  —  S.  1.218  Kritzelei.  — 
S.  4  —  214  Geschichte  von  Mulaika. 

100.  284  Seiten  zu  13  Zeilen;  19,8X11,3  "nd  12,5X5,7  cm.  — 
Jarkend  15.  12.  1902.  —  Gut  erhalten;  geheftet,  lose  in  gepreßtem  Leder- 
band. —  S.  1   Verse.  —  S.  2  —  284  Lehrgedicht  in  Mesnewifoi"m. 

101.  66  Seiten  zu  11  Zeilen;  20,2X13  und  12,5X8  cm.  —  Kasgar 
10.  11.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  geheftet.  —  S.  65 
leer.  —  S.  1.66  Kritzelei.  —  S.  2  —  64  Erzählung  aus  dem  Ali-Kreise. 

102.  124  unregelmäßig  beschriebene  Seiten;  19,9  X  12,2  cm.  — 
Jarkend  15.  12.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Papier  weiß  oder  gelblich,  mittel- 
dick; Pappband.  —  S.  90—96  leer.  —  S.  97  Kritzelei.  —  S.  1.  17  Stempel- 
abdrücke, wie  sich  solche  auch  auf  anderen  Seiten  (12.  13.  15.  16.81)  finden. 
—  S. 2 — 1 2  Tcitäh  ulwusül des  Abdulqädir  Giläni ,  persisch.  —  S.  13 — 16  per- 
sische und  türkische  Verse.  —  S.  18  —  89  Rubä'is,  meist  (S.  18  —  84) 
sich  anlehnend  an  arabische  Sprüche.  —  S.  98 — 124  die  arabischen 
Sprüche  von  S.  18  —  84  mit  persischer  Übersetzung. 

103.  168  Seiten  zu  11  Zeilen.  —  18,5X12,5  und  13X^,5  cm.  — 
Jarkend  27.12.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  dünner 
Pappband.  —  S.  1 — 168  Geschichte  von  Mulaika. 

104.  326  Seiten  zu  11  Zeilen.  —  19,5X12,5  und  16X9  cm.  — 
Kasgar  17.2.1903.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet.  S.  184 
leer.    —    S.  1 — 183  paränetisch,    auch    Buchstabenmystik.    —    S.  185 — 326 


12  Hartmann:    Die  osttürkischen  Handscliriften  der  Sammlung  Hartmann. 

maymuat  ulmuhaqqiqTn ,  Tezkire  des  Machdümi  A'zem  (dasselbe  Werk  wie 
Ms.  33). 

105.  136  Seiten  zu  11—13  Zeilen;  18,5X9  und  12,5X6  cm.  — 
Jarkend  25.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten,  Chotanpapier;  geheftet,  lose  in  ge- 
preßtem Lederdeckel.  —  S.  1.  2.  3.  136  Kritzelei.  —  S.  4—135  Werk  zum 
Lobe  des  Propheten. 

106.  196  Seiten  zu  13  Zeilen;  25X19,7  und  19X13,5  cm.  —  Kas- 
gar  14.11.1902.  —  Gut  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet,  lose  in  Papp- 
deckel. —  S.  1—5.  191—195  leer.  —  S.  196  Kritzelei.  —  S.  6—190  Tezkire 
des  Satoq  Boghrä  Chan ,  bäb  8  ff. 

107.  223  Seiten  zu  11— 13  Zeilen;  22,5X1*3,5  und  16—18X12  bis 

13  cm.  —  Kasgar  28.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  gepreßter 
Lederband.  —  S.  1 — 3  Kritzelei.  —  S.  4 — 223  Geschichte  des  Propheten 
Joseph. 

108.  287  Seiten  zu  13  Zeilen;  23X18  und  19X14  cm.  —  Kasgar 
28.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpnjner;  Pappband.  —  S.  1.  84—90 
Kritzeleien.  —  S.  2- — 83  religiöse  Vorschriften;  S.  91 — 287  yenknäme  des 
Muhammed  llanefije. 

109.  246  Seiten  zu  9  Zeilen;  20,3  X  10»7  und  15  X  »"^  cm.  —  Jarkend 

4.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  weißlich,  dünn;  geheftet.  —  S.  1. 
246  leer;  —  S.  2 — 245  das  Kechtshandhuch  wazä^if  ul  'äbidm. 

110.  500  Seiten  zu  14—17  Zeilen;  25  X  17  und  ISX  H  cm.  —  Kas- 
gar 23.  10.  1902.  —  Gut  erhalten;  Chotanpapier;  Lederband.    S.  491  leer.  — 

5.  i_3.  489  Kritzelei.  —  S.  4—488.  490.  492—500  ausführliches  Raml- 
buch,  auch  Tafeln,  z.B.  S.  89.  490.  492.  498;  die  Hauptteile  sind  durch 
am  Rand  eingeklebte  Pajjierstreifen  kenntlich  gemacht. 

111.  266  Seiten  zu  19  Zeilen;  25  X  14,5  und  21  X  10,5  cm.  —  Kas- 
gar 23.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  Lederband.  — 
S.  1—3  Kritzelei.  —  S.  4—123  Volksbuch  vom  Propheten  Joseph.  —  S.  124 
jjersischer  Vermerk  über  zekät  und  Fasten.  —  S.  125 — 126  med.  Varia. 
—  S.  126  med.  —  224  religiöses  Lehrbuch,  persisch.  —  S.  225  Varia. 
S.  226 — 228  oben  die  Sonderheiten  der  sieben  Wochentage.  —  S.  228  bis 
230  persisches  Mucliammas.  —  S.  231— 232  Strophengedicht.  —  S.  233 
Astronomisches.  —  S.  234 — 242  med.  Gedicht  in  Mesnewi-Form. —  S.  242 
med. — 245  Paränetisches ,  persisch.  —  S.  246 — 257  erzählendes  Gedicht 
in  Mesnewi-Form.  —  S.  258.  259  über  Kalenderwesen.  —  S.  260 — 266  Varia. 

112.  76  Seiten  zu  12—13  Zeilen.  —  20,5  X  13,5  und  15,5  X  9  cm.  — 
Kasgar  15.11.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn,  welk; 
geheftet,  lose  in  Pappdeckel.  —  S.  1  leer.  —  S.  2 — 76  Tezkire  des  Satoq 
Boghrä  Chan,  Anfang  von   bäb  7. 

113.  322  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  20,5X14,5  und  14X8,5  cm.  — 
Jarkend  30.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  gepreßter  Papp- 
band. —  S.  1.  313.  317.  322  leer.  —  S.  2.  3.  302.  315.  316.  318—321 
Kritzelei.  —  S.  4 — 172  Gedicht  in  Mesnewi- Form,  erzählend.  —  S.  173  bis 
256  med.  aus  dem  Satoq  Boghrä  Chan- Kreise.  —  S.  256  med. — 259  über 
die  Ehe.   —   S.  260— 292  Gedichte.   —   S.  293— 301.  303—312.  314  Varia. 


Hartmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammhing  Hartmann.        13 

114.  140  Seiten  zu   10  Zeilen;    22X14   und    14X9  cm.  —  Jarkend 

4.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  138—140  leer.  — 

5.  1   Kritzelei.  —  S.  2—137  Traumbuch. 

115.  316  Seiten  zu  13  Zeilen;  27X16  und  17x9  cm.  —  Kasgar 
17.2.1903.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich;  gepreßter  Pappband.  — 
S.  314 — 316  Kritzelei.  —  S.  1.  2  aus  einem  mystischen  Werke.  —  S.  3  bis 
313  Buch  von  Mesreb;  Anfang  fehlt. 

116.  218  Seiten  zu  13—14  Zeilen;  22,5X16  und  16—18  X  10  cm.  — 
Jarkend  7.  2.  1903.  —  Mäßig  erhalten  ;  Chotanpapier;  gepreßter  Lederband.  — 
S.  1   Kritzelei.  —  S.  2 — 218  paränetisch  und  legendär. 

117.  246  Seiten  zu  13  Zeilen;  24X14,5  und  16x9  cm.  —  Kasgar 
11.  11.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  1  —  246  Geschichte  von  Bahräm  und  Gülendäm  in  Mesnewi- 
Form. 

118.  144  Seiten  zu  15  Zeilen:  27  X  lö,5  und  18X8,5  cm.  —  Kasgar 
28.  10.  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  lose  Lagen.  —  S.  1 
leer.  —  S.  2 — 144  Volksbuch  von  Abu  Ali  Sinä  und  seinem  Bruder  Abul- 
härit;  am   Ende  unvollständig. 

119.  556  Seiten  zu  15  — 18  Zeilen;  26X15  und  18X10  cm.  — 
Kasgar  21.  11.  1902,  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  mittelstark; 
gepreßter  Pappband.  —  S.  1.  158  leer.  —  S.  159  Kritzelei.  —  S.  2 — 157 
Geschichte  von  Hasan  und  Husain.  - —   S.  160 — 556  das  Volksbuch  musai- 

jabnäme. 

120.  218  Seiten  zu  24  Zeilen;  24  X  14  und  18,5  X  9,5  cm.  —  Kasgar 
28.10.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  dünn;  geheftet,  lose  in 
weichem  Lederdeckel.  —  S.  218  leer.  —  S.  1  —  217  Volksbuch  aus  dem 
'Ali-Kreise. 

121.  222  Seiten  zu  1 1  Zeilen;  22,5  X  14,5  und  12  X  8  cm.  —  Kasgar 
Dezember  1902.  —  Mäßigerhalten;  Chotanpapier;  gepreßter  Lederband. — 
S.  1.  222  Ki'itzelei.  —  S.  2  —  221  türkische  Bearbeitung  des  Rechtslehrbuchs 
muchtasari  loiqäje. 

122.  202  Seiten  zu  13  Zeilen;  24  X  15  "nd  17  X  9,7  cm.  —  Jarkend 

15.  1.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  lederüberzogener  Holzband. 
—  S.  1 — 202  Bruchstück  des  tezkirei  '^azizän. 

123.  494  Seiten  zu  13  Zeilen;  24,7  X  14,5  und  17  X  9  cm.  —  Kasgar 

16.  10,  1902.  —  Gut  erhalten;  Papier  gelblich ,  mitteldick;  gepreßter  Papier- 
band. —  S.  1—16.  465  —  494  leer.  —  S.  17  Kritzelei.  —  S.  18  —  464  Diwan 
des  Emir  Omer  Chan. 

124.  76  Seiten  zu  13  Zeilen;  24,5X17,5  und  17  X  10,5  cm.  —  Jar- 
kend 25.  12.  1903.  —  Mäßig  erhalten;  Chotanpapier;  Pappband.  —  S.  1 — 4. 
75.  76  leer.  —  S.  5   Kritzelei.  —  S.  6 — 74  Diwan  der  Dichterin  Naubet. 

125.  98  Seiten  zu  13  Zeilen;  25,7X14,5  und  17  X  8  cm.  —  Kasgar 
5.11.1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelblich,  mittelstark;  geheftet.  — 
S.  1— 3.  97.  98  leer;  von  Seite  89.  90  ein  Stück  abgeri^ssen;  es  fehlen 
IV2  Zeilen.  —  S.  4  — 96  Tezkire  des  Choga  Hidäjetulläh  (Afäq)  und  seines 
Sohnes  Hasan. 


14        Habtmann:   Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartniann. 

126.  72  Seiten  zu  11  Zeilen;  21,8X15  und  15  X  H  cm.  —  Kasgar 
27.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  lose  in  weichem  Leder- 
deckel. —  S.  1  —  5.  68 — 72  Kritzelei.- — S.  6  —  65  Losbuch,  vermischt  mit 
Gebeten.  —  S.  66.  67  Varia. 

127.  38  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  14,5X9,5  und  llXScm.  —  Jar- 
kend  24.  1.  1903.  —  Schlecht  erhalten;  Chotanpapier;  Papierumschlag.  — 
S.  1—38  Gebete. 

128.  16  Seiten  zu  11—14  Zeilen;  21X12  und  14X  6,5  cm.  —  Jar- 
kend  8.  1.  1903.  —  Mäßig   erhalten;    Chotanpapier;   geheftet.  —  S.  1    leer. 

—  S.  16  Kritzelei.  —  S.  2— 15  Tezkire  der  Süt-Päsä. 

129.  148  Seiten  zu  11  Zeilen;  19,5X12,2  und  15X8,5  cm.  — 
Kasgar  10.11.1902.  —  Mäßig    erhalten;  Papier   weiß,    dünn;  Pappdeckel. 

—  S.  2.  4.  6.  11—15.  147.  148  leer.  —  S.  1.  3.  5.  7—10.  33.  145.  146 
Kritzelei.  —  S.  16  —  32  Volksbuch  von  Burq  Sermest  (Scherzerzählung).  — 
S.  34 — 144  Volksbuch  von  Bahräm  und  Diläräm. 

130.  74  Seiten  mit  verschiedener  Zeilenzahl;  17,5  X  1 1  cm.  —  Kasgar 

29.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten;  Papier  weiß;  geheftet.  —  S.  1—74 
Schreibübungen  eines  Ungeübten. 

131.  32  Seiten  mit  verschiedener  Zeilenzahl;  S.  1  —  20  18X9;  S.  21 
bis  32  16,5X9  cm.  —  Jarkend,^  —  Schlecht  erhalten;  Papier  gelb;  ge- 
heftet. —  S.  1—16  Fragment  eines  Tezkire.  —  S.  17—20  Gedichte  per- 
sisch; S.  21  —  32  Bruchstück  aus  einem  biographischen  Werk,  persisch. 

1.32.  48  Seiten  zu  14—19  Zeilen;  20X12,5  cm;  meist  bis  an  die 
äußersten  Ränder  beschrieben.  —  Kasgar  16.  10.  1902.  —  Schlecht  erhalten; 
Chotanpapier;  geheftet.  —  S.  48  Kritzelei.  —  S.  1 — 47  Bruchstück  eines 
Erzählungsbuches. 

133.     132  Seiten  zu  9—11  Zeilen;  20  X  16  und  14  X  9  cm.  —  Kasgar 

30.  10.  1902.  —  Mäßig  erhalten;  doppeltgenommenes  Chotanpapier;  Papp- 
band. —  S.2.  3.  124—132  leer.  —  S.  1  Kritzelei.  —  S.  4— 123  Volksbuch 
aus  dem  'Ali -Kreise. 


Dem  Inhalt  nach  ordnen  sich  die  Handschriften  so: 

1.    Geschichte,  auch  legendäre: 

Weltanfang:  42  S.  66  — 68. 

Prophetengeschichten  (am  ausführlichsten  in  der  Muqaddime  zum 
sejeri  serJf  "Ms.M  und  35):  51  S.  1  —  160.  58  S.  2  — 75.  —  Joseph  1  S.  2 
bis  157.  67  S.  5  — 245.  107S.  4— 223.  111  S.  4—123.  —  Imäm  Zeblh  62 
S.  245— 264. 

Muhammed:  sejeri  serTf  M  S.  2  — 743.  35  S.  4  — 949.  36S.  2  — 600. 
37  S.  2—358.  —  Schlacht  bei  Bedr  89  S.2— 111.  —  Himmelfahrt  42  S.  17 
bis  65.  63  S.  6  — 72.  —  Todesbuch  55  S.  127— 148.  98  S.  92  — 106.  — 
Testament  31  S.  4— 28.  55  S.  120  — 127.  79  S.  135  — 141.  —  Preis  Mu- 
hammeds  105  S.  4 — 135.  —  Erzählung  von  Mubammed  und  dem  Jüngsten 


Hartmann:    Die  osf türkischen  Handschriften  der  Samnihnig  Hartinann.        15 

Gericht  42  S.  6  — 17.  —  Erzählungen  von  Muhamined  und  den  vier  ersten 
Chalifen  98  S.  88—92. 

'Ali:  Erzählungen  über  ihn  3  S.  3— 152.  32S.  6— 105.  96  S.  2— 154. 
101  S.2  — 64.  120  S.  1—217.  133  S.  4— 123.  —  Erzählungen  über  seinen 
Sohn  Muhammed  Hanefije  53  S.  4— 362.  108  S.  91— 287. 

Die  zwölf  Imame  ('Ali  s.  oben):  Allgemeines  79  S.  52  —  59.  — 
Hasan  und  Husain  38  S.  4— 388.  119  S.2— 157.  119  S.  160  — 556  {musai- 
jabnäme).  —  Gafari  Sädiq  79  S.  3  — 32.  —  Müsä  Käzim  79  S.  33  — 52. 

Die  Ilekiden:  Satoq  Boghrä  Chan  und  seine  nächsten  Nachkommen 
106  S.  6  — 190.  112  S.2— 76.  113  S.  173— 256. 

Die  Choga-Dynastie:  das  zusammenfassende  Tezkire  des  Mu- 
hammed Sädiq  40  S.  1—287.  122  S.  1—202.  —  Ihre  Geschichte  in  Versen 
14  S.2  — 87.  —  Genealogie  der  Chogas  75  S.  158  — 167.  —  Tezkire  des 
MachdGmi  A'zem  33  S.  14—155.  104  S.  185—326.  —  Tezkire  des  Choga 
Hasan,  Sohnes  des  Choga  Äfäq  6  S.  2— 237.  66  S.3— 474.  125  S.  4— 96. 

Heiligengeschichten:  Menäqib  des  Abdulqädir  Giläni  55  S.150  —  374. 
—  Tezkire  der  Süt  Päsä  128  S.2  — 15.  —  Mesreb  76  S.  1  —  130.  —  §ech 
San'än  (Mesnewi)  78  S.  56 — 157.  Verschiedene  Legenden  79  S.  59 — 133.  — 
Ein  Tezkire  -  Fragment  131   S.  1 — 16. 

2.  Geographie:  Über  China  mit  besonderem  Bezug  auf  die  islamische 
Bevölkerung  23  S.  4  — 67. 

3.  Erzählungen  und  Volksbücher:  Emir  Hamze  41  S.  1 — 412.  — 
Abä  Muslim  49  S.  1  — 150.  —  Abu  AH  Sinä  und  sein  Bruder  Abulhärit  118 
S.2  — 144.  —  Züfunün  62  S.  266  — 389.  —  Mulaika  11  S.2— 96.  18  S.2 
bis  82.  74  S.  1— 26.  98  S.  106  — 144.  99  S.4— 214.  103  S.  1  —  168.  — 
Bahräm  und  Diläräm  129  S.  34— 144.  —  Bahräm  und  Gülendäm  117  S.  1 
bis  246.  —  Ferhäd  und  Öirin  17  S.  2— 83.  71  S.  6— 178.  —  Firüz  Sah 
(Mesnewi)  88  S.  2—125.  —  Hamrä  und  Hörliqä  59  S.  1—76.  —  Jüsuf  und 
Ahmed  24  S.  1  —  322.  56  S.2— 219.  61  S.  4—194.  —  Snaubar  und  Gülperi 
13  S.  1  — 65.  70  S.2— 159.  —  Derwis  Muqbili  Rausendil  45  S.2— 32.  — 
Ädilchän  und  die  drei  Qalender  48  S.  279— 296.  —  Choga  Selim  62  S.  412 
bis  493.  —  Buluqjä  62  S.  185  —  242.  —  Kaiila  und  Dimna  42  S.  69  —  573.  — 
Tütinäme  48  S.4— 278.  —  Zafarnäme  98  S.  4— 87.  —  Gämi'  ulhikäjät  48 
S.  298  — 514.  —  Durrulmagälis  50  S.2  — 185.  —  Achläqulmuhsinin  77  S.4 
bis  734.  —  Äzädbacht  und  die  zehn  Wezire  73  S.  73  — 226.  —  Scherz- 
erzählung von  Räuber  und  Richter  62  S.  392  —  409.  75  S.  19—54.  —  Scherz- 
erzählung von  Burq  Sermest  129  S.  16  —  32.  —  Scherzerzählung  vom  frommen 
Heuchler  60  S.2  — 76.  —  Erzählungsammlungen  30  S.4  — 351.  47  S.  1 
bis  314.  64  S.2— 438.  132  S.  1— 47. 

4.  Poesie  und  Kunstprosa: 

Diwane:  Abmed  Jasawi  83  S.  4— 116.  —  Ghäzi  72  S.  26— 138.  — 
Chiräbäti  29  S.  5  —  216.  —  Ömer  Chan  123  S.  18  —  464.  —  Dichterin  Naubet 
124  S.  6  — 74.  —  Nawä'i  s.  unten. 

Mesnewis:  Chiräbäti  22  S.4  — 176.  —  Verschiedene  20  S.  1  f.  20 
S.4— 82.  111  S.  234— 242.  111  S.  246  — 257.  113  S.4— 172.  —  Navvai 
s,  unten. 


16        Hartmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

Rubä'is:  102  S.  18— 89. 

Verse  und  Gedichte  Verschiedener:  3S.163 — 195.  79S.178f. 
80  S.  196.  81  S.  1.381.383.  87  S.  89.  95  S.  2  — 78.  97  an  verschiedenen 
Stellen.    100  S.  1.    102  S.  13  — 16.    lllS.231f.    1 13  S.  260— 292. 

Nawä'i:  asraqat -Diwan  16  S.  6  —  403.  —  Chamse  (Mesnewi)  39 
S.  14  —  530.  54  S.  4  —  690.  —  Säqinäme  und  zwei  einzelne  Gedichte  39 
S.  532  — 541.  —  Mahbübulqulüb  15  S.  2— 260.  68  S.  10— 278.  78  S.  148 
bis  309.  —  Nazmulgawähir  78  S.  2  — 53. 

5.  Qur'än  und  Hadit:  Übersetzung  und  kurzer  Kommentar  einiger 
Suren  81  S.  4  — 44.  81*8.48-379.  —  Über  die  Fätiha  12  S.  130— 153. 
75  s.  2— 16.    80  S.  8— 195.  —  Hadite  79  S.  134. 

6.  Gebete,  fromme  Betrachtungen,  religiöse  Formeln, 
Sufisches:  2  S.  46  — 59.  7  S.  2  — 60.  11  S.  106  — 108.  12  S.  5  — 32. 
12  S.  34— 125.  12S.  153— 272.  12  S.  285  — 301.  12S.  304  — 434.  19 
S.  5  — 199.  75  S.  113  — 118.  79  S.  144— 177.  86  S.9  — 148  und  S.  184. 
87S.  1— 3.    87  8.30  —  46.    87  8.90-92.    94  S.  1—72.    94  8.179  —  187. 

115  8.  If.    127  8.1—38. 

7.  Dogmatik,  Paränese,  Ethik:  Söfi  AUähjärs  tehätur ä()izTn  21 
8.3  —  167.  —  Miftähulqulüb  28  8.2-92.  31  8.30  —  90.  —  Rähatulqulfib 
55  S.  2— 120.  62  S.  4— 139.  73  8.1-72.  —  Miftähulginän  65  8.  5  — 471. 
Qijämetnäme  62  8.  142  —  164.  —  Räznäme  62  8.  164  —  185.  —  Lebensge- 
staltung 4  8.  1-138.  —  Handlungen  der  Wochentage  111  8.226—228.— 
Preis  der  Armut  80  8.  198  —  308.  —  Lehrgedichte  57  8.6—243.  100  8.2 
bis  284.  —  Verschiedenes  31  8.91—273.    82  8.1  —  118.    104  8.1  —  183. 

116  8.2  —  218. 

8.  Recht,  auch  einzelne  Vorschriften  und  Gerichtsverhandlungen: 
Muchtasari  wiqäje  121  S.  2  —  221.  —  Wazä'ifuräbidin  109  8.  2  —  245.  — 
Über  die  Ehe  80  8.  1—6  und  197.  113  8.256  —  259.  —  Handbuch  über 
sunnitisches  Recht  43  8.2  —  275.  —  Protokollbuch  eines  Gerichts  in  Kasgar 
44  s.  i_42.  _  Verschiedenes  40  S.  288  — 290.    108  8.2  —  83. 

9.  Handwerker-Risäles:  R.  der  Schuster  5  S.  1— 8.  25  8.4 
bis  75.  26  8.2  —  108.  90  8.4-71.  91  8.1  —  81.  92S.2  — 106.  938.4 
bis  78.  —  R.  der  Haarschneider  2  8.4  —  45.  —  R.  der  Kaufleute  5  8.  10 
bis  29.  —  R.  der  Krämer  10  8.2—35.  —  R.  der  Gewürzkrämer  27  8.8 
bis  116.  —  R.  der  Weber  8  S.  1—38.  —  R.  der  Sattler  85  8.42  —  71.  — 
R.  der  Färber  87  S.  47—88.  —  R.  der  Schmiede  94  8.  73  —  179.  —  R.  der 
Bauern  7  8.61  —  97.    84  8.2  —  95.  —  R.  der  Hirten  9  8.2-46. 

10.  Astronomisches  und  Kalenderwesen:  111  8.233.  111 
S.  258f. 

11.  Medizin:  52  8.2—151. 

12.  Geheimwissenschaften:  Psammomantik  (rem/)  110  vS. 4  —  500. 
—  Zaubermittel  86  8.  1 — 8.  —  Losbuch  126  8.6  —  65.  — Traumbuch  114 
8.2—137. 

13.  Sprachliches  und  Schreibkunst:  Kommentar  zur  Burda 
Büsiris  69  S.  8  — 348.  —  Schreibheft  130  S.  1— 74. 


IIartmann:    Die  osttürkisrhcu  Handschriften  der  Sanunlung  Hartmann.         17 

14.  FremdsprachHches. 

Arabisches:  Qiir'än- Fragmente  85  S.2— 13.  87  8.4f.  87  8.16  —  29.— 
Gebete  75  S.  123  —  146.  78  S.  54f.  85  S.  13  — 37.  86  S.  151  — 183.  87 
S.  6—15.  Kurze  Glaubenslehre  75  S.  148-156.  Sprüche  102  S.  98— 124.— 
Qasiden  12  S.  273  — 281.  12  S.  302  — 304.  —  Gedichte  und  Verse  Ver- 
schiedener 75  S.  60  — 111.    97  (s.  oben  unter  97). 

Persisches:  Hadite  8  S.39  — 50.  —  Risäle  des  'Abdullah  Ansäri  28 
S.  92— 142.  —  Kitäbuhvusül  des  'Abdulqädir  Giläni  102  S.2 — 12.  —  Über 
sufische  Terminologie  97  S.  171  — 188.  —  Über  die  Saijidfrage  75  S.  57 
bis  59.  —  ReUgiöses  Lehrbtich  111  S.  126  —  224.  —  Religiöse  Vorschriften 
111  8.124.  —  Paränetisches  111  S.  242  — 245.  —  Erzählungen  74  8.27 
bis  84.  75  8.  56.  —  Verse  Verschiedener  97  (s.  oben).  102  S.  13 — 16. 
111  S.  228  —  230.  131  8.17  —  20.  —  Fragmente  aus  einem  biographischen 
Werk  131  8.21—32.  —   Übersetzung  arabischer  Sprüche  102  8.98—124. 

Mandschurisches:   11  8.  124  f. 

15.  Varia:  31  S.277  — 279.  43  8.276  —  278.  68  8.  281  und  300f. 
111  8.  125f.  225.  260  —  266.  113  8.293  —  301.  303  —  312.  314.  126 
8.  66  f. 

In  einigen  Handschriften  befinden  sich  bemerkenswerte  Stempelab- 
dnicke.  z.B.  102  8.  1  und  17. 


Über  das  Alter  der  Handschriften  finden  sich  nicht  häufig  Vermerke. 
Einige  sind  in  der  Zeit  zwischen  1300  (1883)  und  1318  (1901)  hergestellt. 
Älter  als   150  Jahre  dürfte  keine  sein. 

Nach  dem   Herkunftsort '  ordnen  sich  die  Handschriften  so: 

1.  Baku:   16 1 

2.  Choqand:  53.78 2 

3.  Jarkend:  34.  35.  36.  37.  38.  40.  41.  42.  47.  48.  50.  51.  52.  61. 
62.  64.  70.  84.  85.  86.  87.  89.  90.  91.  92.  93.  94.  98.  100.  102.  103  105. 
109.113.114.116.122.124.127.128.131 41 

4.  Kasgar:  2.  4.  5.  6.  7.  8.  9.  10.  11.  12.  13.  14.  15.  17.  18.  19. 
20.  21.  22.  23.  24.  25.  26.  27.  28.  29.  30.  31.  32.  33.  43.  44.  45.  46.  49. 
55.  56.  58.  59.  60.  63.  65.  66.  67.  68.  69.  71.  73.  74.  75.  76.  77.  79.  80. 
81.  82.  83.  88.  95.  97.  99.  101.  104.  106.  107.  108.  110.  111.  112.  115. 
117.118.119.120.121.123.125.126.129.130.132.133 82 

5.  Taskent:   1.  3.  39.  54.  57.  72.  96 •     •  " 

Summa     133 


1  Nur  in  einem  .-inzif^.n  Fall,  Ms.  131,  ließ  sieh  der  Erwerhungsoi t  nicht 
mein-  mit  voll.'r  Sieh,  rlieit  t^j^tst' llen.  Über  das  Daum  der  Erwerbung  herrscht 
Unsicherheit  bei  den  .Mss.  27.  51.  61.  70.  83.  92.  121.  Regel  war,  daß  ich  sogl.ieh  nach 
Ankauf  Ort  und  Zeit  in  der  Handschrift  selbst  verzeichnete. 

Mitt.  d.  Sem.  L  Orient.  Spraclien.    1904.    II.  Abt.  2 


18       Hartmann:   Die  osttürldschen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann. 

Nach  dem  Format  ordnen  sich  die  Handschriften  so: 

1.  Zwischen  44,7  und  30  cm  Länge  (FoUo):  34.  35.  36.  37,  38. 
39.40.41.42.43.44.45.46.48.49 15 

2.  Zwischen  29,9   und    25  cm  Länge   (Quart):   1.  3.  16.  19.  31. 
47.50.51.53.57.65.96.106.110.111.115.118.119.125    ....        19 

3.  Zwischen  24,9    und  20  cm   Länge   (Großoktav):   17.  20.  23. 

24.  30.  32.  33.  52.  54.  55.  56.  58.  59.  60.  61.  62.  63.  64.  68.  72.  74.  77. 
78.  79.  80.  81.  82.  83.  97.  101.  107.  108.  109.  112.  113.  114.  116.  117. 
120.121.122.123.124.126.128.132.133.     . 47 

4.  Zwischen  19,9  und   15  cm  Länge  (Kleinoktav):  4.  6.  13.  14. 
15.  18.  21.  22.  27.  28.  29.  66.  67.  69.  70.  71.  73.  75.  76.  88.  95.  98.  99. 

100.  102.  103.  104.  105.  129.  130.  131 31 

5.  Zwischen   14,9  und  10,5  (Duodez):  2.  5.  7.  8.  9.  10.  11.  12. 

25.  26.  84.  85.  86.  87.  89.  90.  91.  92.  93.  94.  127 ■       21 

Summa     133 

Einige  Worte  über  den  Wert  der  Sammlung.  Ihren  133  Nummern 
stehen  gegenüljer  25  »Manuscrits  Turc-Djaghataiens  et  Kashghariens»  unter 
den  «Manuscrits  Turcs  de  l'Institut  des  Langues  Orientales«  in  Petersburg 
nach  dem  Katalog  Smirnows  (Petersburg  1897)  S.  139 — 195  und  etwa 
64  Handschriften  »en  turc  oriental«  unter  den  Manuscrits  Turcs  Nr.  957  bis 
1194  in  Bloch ets  Catalogue  de  la  Collection  des  Manuscrits  orientaux  arabes, 
persans  et  turcs  formee  par  M.  Charles  Sehe/er  et  acquise  par  VEtat  (Paris  1900). 
Die  Zahl  der  von  Grenard  aus  Mittelasien  mitgebrachten  hierher  gehörigen 
Stücke,  die  am  5.  Juni  1903  in  der  Bibliothek  des  Institut  de  France  zu 
untersuchen  mir  gütigst  gestattet  wurde,  beträgt  48.  Die  Zahl  von  133  Stücken 
in  Mittelasien  zusammenzubringen^  war  mir  nur  dadurch  möglich,  daß  ich 
die  Erwerbung  solcher  Denkmäler  als  eine  meiner  Hauptaufgaben  betrach- 
tete \  und  daß  ich  sowohl  in  Kasgar  wie  in  Jarkend  die  Männer  ausfindig 
machte,  welche  besonders  geeignet  waren,  Handschriften  aufzuspüren  und 
herbeizuschleppen.  Um  den  guten  Willen  dieser  Leute  zu  erhalten  und  sie 
noch  rühriger  zu  machen,  durfte  das,  was  sie  brachten,  nicht  zu  kritisch 
angesehen  werden.  Es  mußte  eben  Minderwertiges  in  den  Kauf  genommen 
werden,  um  das  Gute  zu  bekommen.  Und  Gutes  ist  nicht  zu  spärlich  ver- 
treten. Die  erste  Stelle  an  Bedeutung  nehmen  die  Handschriften  der  Klasse  l 
Geschichte  ein.  Ist  auch  die  zusammenfassende  Darstellung  der  Geschichte 
der  Choga- Dynastie,  welche  Muhammed  Sädiq  aus  Kasgar  wahrscheinlich 
im  Jahre   1182   (1768/69)   verfaßte,    nicht  unbekannt-,    so  betrachte   ich    es 


1  Außer  den  türkischen  Manuskripten  brachte  ich  mit:  29  persische,  7  ara- 
bische und  2  chinesische  (tunganische) ;  über  die  beiden  chinesischen  berichtete  ich 
kurz  hl  Orientalistische  Literatur -Zeitung  1903  Sp.  283  fF. 

"^  Über  das  nachlässig  geschriebene ,  aber  vollständige  Exemplar  des  Orienta- 
lischen Instituts  in  Petersburg  Nr.  486  und  das  wahrscheinlicli  nur  einen  schlechten 
Auszug  bildende  des  Musee  Asiatique  ebenda  Nr.  590  s.  den  Katalog  Smirnows 
unter  Nr.  78.  Ein  anderes  Manuskript  muß  sich  im  Besitze  von  Shaw  befunden 
haben,  denn  unter  dessen  nachgelassenen  Papieren  fand  Elias,  der  Herausgeber  der 


Hartmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann.        19 

doch  als  besonderen  Vorzug,  daß  mir  von  dem  wichtigen  Werke  ein  bis  auf 
wenige  Seiten  vollständiges  und  recht  brauchbares  Exemplar  und  daneben 
noch  das  den  Seiten  1 — 115  Z.  4  von  Ms,  40  entsprechende  Bruchstück 
Ms.  122  in  die  Hände  kam.  Eine  besondere  Bedeutung  hat  das  Werk  Mu- 
hammed  Sädicjs  dadurch,  daß  sein  Verfasser  im  Sinne  der  Ishäqije-  oder 
Qarataghlyq- Partei  schreibt,  während  die  meisten  anderen  Stücke  dieser 
Klasse  aus  der  Afaq-  oder  Aqtaghlyq- Partei  hervorgegangen  sind  K  So  auch 
die  kurze  genealogische  Übersicht  Ms.  75  S.  158  — 167,  welche  fast  nur  ein 
Skelett  von  Namen  und  Ziffern  bildet ,  aber  gerade  daduich  außerordentlich 
wertvoll  ist,  denn  die  andern  Handschriften  zeichnen  sich  durch  das  Fehlen 
chronologischer  Angaben  aus.  Bemerkenswert  sind  die  beiden  Exemplare 
(Ms.  33  und  104)  der  türkischen  Übersetzung  des  von  Abulbaqä'  b.Bahä'uddin 
persisch  verfaßten  Tezkire  über  den  Gründer  der  Choga- Dynastie  Mach- 
dümi  A'zem  (das  persische  Original  ist  in  meinem  Besitz).  Aus  dem  Per- 
sischen wird  auch  das  Tezkire  des  Choga  Hasan  übersetzt  sein,  dessen  drei 
Exemplare,  Mss.  6,  66  und  125,  zwei  verschiedene  Redaktionen  zeigen. 
Längerer  Aufenthalt  hätte  mir  die  Möglichkeit  gegeben,  noch  mehr  von  der 
in  Kasgarien  die  Bevölkerung  beherrschenden  Tezkire -Literatur  zu  erwerben, 
sowohl  aus  dem  Kreise  der  umfangreichen  Familiengeschichten,  zu  denen 
ja  auch  die  eben  besprochene  der  Choga  -  Dynastie  gehört,  wie  aus  dem  der 
einzelnen  heiligen  Männer  und  Frauen.  Zu  jenem  gehören  noch  die  Stücke 
aus  dem  durch  Shaw  und  Grenard  genügend  bekannten  Tezkirei  Boghrä 
Mss.  106,  112  und  113.  Von  den  Tezkires  der  einzelnen  Heiligen  finden 
sich  Exemplare  meist  bei  den  Hütern  der  Mazars.  "\^on  solchen  erwarb  ich 
nur  die  der  heiligen  Frau  Süt  Päsä,  deren  Mazar  in  der  Nähe  des  Qawat- 
tores  von  Jarkend  ich  besuchte.  Sein  Hüter  brachte  mir  selbst  die  beiden 
in  seinem  Besitz  befindlichen  Tezkires,  von  denen  ich  das  bessere,  Ms.  128, 
wählen  durfte.  Von  historischem  Interesse  ist  das  Tezkire  des  Molla 
Muhammed  Serif  in  Ms.  63,  das  viele  Begebenheiten  aus  der  Zeit  des  Gagha- 
taiden  'Abdurresid  Chan  berichtet^.  Die  Bücher  von  Mesreb,  Ms.  76,  und 
Sech  San'än,  Ms.  78,  stehen  auf  der  Grenze  zwischen  Tezkire  und  reiner 
erbaulicher  Volkserzälilung  (über  Mesreb  siehe  mein  »Der  Islamische 
Orient",  Heft  V).  Ähnlich  ist  es  mit  den  Büchern  über  den  Propheten  und 
seine   Nachkommen,    die  mit  zahlreichen,    oft   mit   dem  Gegenstand   nur  in 


Rossschen  Übersetzung  des  Tarichi  ResTdl  -k several  unpuhlished  extracts  froni  the  Tarikh- 
i-Rashidi,  as  well  as  some  more  complete  sections  of  a  rare  Turki  work  called  the  Taz- 
kira-i-Iihwajagan-^^  (S.  X  Anmerkung  1).  Ein  drittes  Manuskript  endlich  fand  ich 
im  Juni  1903  unter  den  in  der  Bibliothek  des  Institut  de  France  verwahrten,  von 
Grenard  aus  Mittelasien  mitgebrachten  Handschriften. 

1  Eine  deutsche  Bearbeitung  des  Werkes  ist  für  mein  »Der  Islamische 
Orient"   im  Druck. 

2  Dessen  Tod  ist  hier  als  vier  Jahre  nach  dem  Tode  des  Molla  Mohammed 
Serif  erfolgt  angegeben.  Der  Molla  starb  973.  Es  dürfte  dadurch  das  Datum  bei 
Elias-Ross,  HMory  of  the  Moghuls,  Einleitung  S.  48  und  120  berichtigt  werden. 
Es  sei  hier  bemerkt,  daß  namentlich  die  Tezkires  der  Chogas  zahlreiche  Notizen  zur 
Geschichte  der  letzten  Gaghataiden  liefern. 


20       Hartmann:    Die  osttürkischen  Handschriften  der  Sanindung  HarTniaini. 

losem  Zusammenhang  stehenden  Geschichten  durchsetzt  sind.  An  ihrer  Spitze 
steht  das  hochverehrte  sejeri  serif^,  eine  Ubei-setzung  des  bekannten  per- 
sischen Werkes  Mu'ins  ^  in  die  Sprache  Kasgariens  durch  einen  MoUa  Mu- 
hammed  Rehin),  welche  vollständiger  und  genauer  ist  als  die  unter  dem 
Namen  alty  parmaq  heV^nniQ  osmanische.  Mss.  34  und  35  bilden  ein,  soviel 
ich  sehen  kann,  lückenloses,  sorgfältig  geschriebenes  und  gut  erhaltenes 
Exemjilar  dieses  Werkes,  für  dessen  textkritische  Behandhing  die  Fragmente 
in  den  schlechter  erhaltenen  Mss.  36  und  37  nicht  oiine  Wert  sein  dürften. 

Die  Geographie  ist  nur  mit  einem  Werk  vertreten  in  Ms.  23.  Der 
Verfasser  spricht  aus  persönlicher  Erfahrung.  Er  hat  die  islamischen  Pro- 
vinzen Chinas  bereist  und  Beziehungen  zu  den  angesehensten  Muslims. 

Die  Stoffe  der  erzählenden  Volksl)ücher  sind  wohl  sämtlich  bekannt 
(eine  Ausnahme  macht  vielleicht  die  Scherzeizählung  von  Burq  Sermest). 
Sie  beruhen  auf  persischen  Vorlagen.  Gelegentliche  Bemerkungen  über 
türkische  Übersetzungen  solcher  s.  in  Ethe,  Neupersische  Literatur  (Ira- 
nischer Grundriß  2,  212 ff.).  Einige,  z.  B.  Ferhäd  und  J^irin  und  Hamrä  und 
Hörliqä,  gab  Radioff  in  Volksliteratur  W  in  dei'  dem  Kasgarischen  so  nahe- 
stehenden Sprache  der  Tarantschi. 

Ein  neues  Gebiet  erschließen  die  Handwerker- Risäl es  der  Klasse  9. 
Sie  sind  höchst  wichtige  Beiträge  zur  Kenntnis  der  sozialen  Zustände,  des 
geistigen  Niveaus  und  der  religiösen  Vorstellungen  unter  den  Muslims  Kas- 
gariens. Sie  scheinen  außerordentlich  beliebt  und  verbreitet  zu  sein.  Der 
geistige  Tiefstand  der  Bevölkerung  macht  den  wenigen  Personen,  die  ge- 
nügend schreiben  können,  es  leicht,  den  Aberglauben  zu  verbreiten,  daß, 
wer  irgend  ein  Gewerbe  treibt,  mit  einer  solchen  Risäle  versehen  sein  müsse, 
um  wirtschaftlich  voranzukommen.  Über  den  Inhalt  hier  nur  so  viel,  daß 
die  Hauptischutzpatrone  von  Adam  an  aufgezählt  werden,  und  die  frommen 
Sprüche  gelehrt  werden,  welche  die  Vornahme  jeder  einzelnen  Hantierung 
begleiten  müssen.  Der  verdienstvolle  Leiter  des  Lehrerseminars  in  Taschkent 
Nikolai  Petrowitsch  Ostroumow  hat  in  der  von  ihm  herausgegebenen 
turkestanskaja  tuzemnaja  gazeta  in  den  Jahren  1901  und  1902  eine  Anzahl 
dieser  Risäles  veröffentlicht  (ich  besitze  durch  seine  Güte  acht  davon  in 
Sonderabzug).  Aber  an  jener  Stelle  sind  sie  recht  versteckt,  und  es  ist 
mir  nicht  bekannt,  daß  darüber  irgendwo  gehandelt  sei.  Von  europäischen 
Bibliotheken  ist  mir  als  Exemplare  enthaltend  nur  die  des  Institut  de  France 
bekannt.     In  der  dort  verwahrten  Handschriftensammlung  Grenards  fand 


^  Mehrfach  gab  man  mir  an,  die  besten  und  berühmtesten  Werke  der  Landes- 
literatur seien  das  sejeri  scrlf  und  der  teber'i  (die  Smirnow,  Cataiogm  S.  158  er- 
wähnte Übersetzung  des  obengenannten  Muhammed  Sädiq?  Ich  komite  kein  Exemplar 
auftreiben). 

-  Über  die  Berliner  Handschriften  des  Werkes,  das  Ethe,  Neupersische 
Literatur  (Iran.  Grundriß  II)  §61  S.  358  bes2Jricht,  siehe  Pertsch,  Verzeichnis  der 
Persischen  Handschriften  Nr.  545  —  547.  Ich  erwarb  ein  Manuskript  mit  der  zweiten 
Hälfte  des  Werkes,  das  aus  zwei  Exemplaren  verschiedener  Redaktion  zusammen- 
geschweißt ist. 


Hartmann:   Die  osttiirkischon  Handschriften  der  Sammlung  Hartmann.        21 

N.  S.  in  4" 
ich  im  Juni  1903  das  »Livre  des  cordonniers-,  signiert  —    '      —  und  sieben 

andere  Risäles,  von  denen  ich  nur  drei  sicher  bestimmen  kann:  Goldschmiede, 
Gevvürzkrämer,  Bauern  ^  Die  Anführung  der  Hantierungen  gibt  Gelegenheit 
zur  Nennung  spezieller  Bezeichnungen,  die  besonders  in  den  Risäles  der 
Bauern  und  der  Hirten  von  Interesse  sind. 

Unter  den  Werken  der  Poesie  und  Kunstprosa  ließen  sich  die  wohl- 
bekannten und  sprachlich  verhältnismäßig  geringe  Bedeutung  besitzenden 
des  vielschreibenden  und  wohl  nicht  zu  Unrecht  im  Verdachte  osmanisch 
sprachlicher  Beeinflussung  stehenden  Staatsmanns  und  Literators  Mir  'Ali 
Ser^  Nawä'i  nicht  ganz  vermeiden.  Man  bot  mir  immer  von  neuem  Exem- 
plare seiner  Wei-ke  an,  leider  nie  eine  vollständige  Sammlung  seiner  vier 
Diwane,  von  denen  fast  nur  der  asraqat- Diwan,  Ms.  16,  vorkommt.  Durch 
saubere  Schrift  und  gute  Erhaltung  ist  ausgezeichnet  die  Handschrift  seines 
chamse  in  Großfolio  Ms.  39,  neben  welcher  das  zweite  Exemplar  Ms,  54 
unbedeutend  erscheint.  Die  Diwane  Ahmed  Jasawis  und  Omer  Chans  sind 
gedruckt,  die  Ghäzis,  Chiräbätis  und  der  Dichterin  Naubet,  soviel  mir  be- 
kannt, nicht,  ebensowenig  das  Mesnewi  Chiräbätis  (Teil  einer  Übersetzung 
des  Mesnewis  RümisP).  Obwohl  osttüi-kische  Rubä'is  in  Prosawerke  oft 
eingestreut  sind,  z.B.  in  das  von  mir  bearbeitete  Mesreb- Buch,  so  sei  doch 
auf  die  Sammlung  von  solchen  in  Ms.  102  hingewiesen. 

Ul)er  die  einzelnen  Stücke  in  den  Klassen  5,  6,  7,  8,  10,  11,  12,  13 
sage  ich  nichts,  da  ich  sie  noch  nicht  genauer  untersuchte.  Nur  sei  auf 
die  Qur'än- Übersetzungen  in  Nr.  81,  die  zahlreichen  Gebetsammlungen,  das 
Protokollbuch  eines  Kasgarer  Gerichts  Ms.  44,  das  umfangreiche  Werk  über 
die  Punktierkunst  {raml)  Ms.  110  und  den  Konnnentar  zur  Burda  Ms.  69 
hingewiesen. 

Das  Fremdsprachliche  wird  in  der  Beschreibung  der  arabischen  und 
persischen  Handschriften  meiner  Sammlung  näher  besprochen  werden. 


1  Einer  andern,  volkskundlich  nicht  ganz  so  interessanten  Klasse  gehört 
das  Büchlein  an,  das  Johannes  Awetaranian  im  Jahre  1320  (1902/3)  in  seiner 
Druckerei  in  Schumla  (Bulgarien)  druckte,  und  welches  unter  dem  Titel  »Zwiege- 
spräche der  zweiunddreißig  Zünfte"  Gedichte  zum  Preise  der  ehizelnen  Handwerke 
enthält. 

^  So,  nicht  slr,  wird  der  Name  in  Transoxanien  imd  Kasgarien,  sicher  auch 
in  Chorasan  und  Badachsan  gesprochen.  Es  wird  dort  überall  jai  mayhül  sorgfältig 
unterschieden. 


22 


Zui'  Bedeutung  des  Titels  „Sirat  al-Failasuf" 
(Fihrist  265,  6). 

Von  Julius  Lippeet. 


Unter  den  Schi-ii'ten  des  christlichen  ^Mediziners  und  Logikers  Ibn  al- 
gammär  (geboren  331/942)  zählen  Fihrist  265,  6,  Qifti  164,  15  und  Ibn 
Abi  U salb i'a  1,  323,  9  den  Titel  ,^j-~La)1  öj^  ^IIj  auf,  dessen  Interpre- 
tation in  den  arabistischen  Studien  der  letzten  fünfzig  Jahre  seine  Geschichte 
hat.  Wie  ja  bekannt,  wurde  Aristoteles  von  den  Arabern  nach  griechi- 
schem Vorgange  als  der  »Failasüf«  schlechthin  bezeichnet.  Ob  nun  in  dem 
vorliegenden  Titel  dieses  Wort  als  Appellativum  oder  in  der  speziellen  Be- 
deutung als  Eigennamen  aufzufassen  ist,  darum  dreht  sich  der  Streit,  und 
es  ist  klar,  daß  von  der  richtigen  Beantwortung  der  Krage  auch  die  literar- 
historische Verwertung  des  Titels  und  Werkes  abhängt.  Im  folgenden  eine 
kurze  historische  Übersicht  der  geäußerten  Auffassungen: 

Hammer-Purgstall  übersetzt  in  seiner  Literaturgeschichte  der 
Araber  (Bd.  V,  296)  den  Titel  mit  »die  Rede  über  den  Lebenswandel  (Sirat) 
der  Philosophen«,  faßt  also  das  Wort  als  Gattungsnamen  auf.  Über  die 
pluralische  Übersetzung  von  »Failasüf«   brauchen  wir  hier  nicht  zu  rechten. 

Aug.  Müller  (Die  griechischen  Philosophen  in  der  arabischen  Über- 
lieferung, S.  46  Mitte;  Halle  1873)  ninunt  »failasüf«  als  Eigennamen,  da 
er  offenbar  im  Hinblick  auf  unseren  Titel  sagt:  »eine  arabische  Lebens- 
beschreibung [des  Aristoteles]  verfaßte  übrigens  Ibn  al-|jaumiär«. 

Leclerc  (Histoire  de  la  Medecine  arabe  I,  355,  Paris  1876)  übersetzt 
den  Titel  dreimal  —  ob  in  Anlehnung  an  Hanuner-Purgstall,  lasse  ich 
dahingestellt  —  mit  »De  la  vie  des  philosophes«,  faßt  also  das  Wort  auch 
als  Gattungsnamen  auf.  Seine  Bemerkung  »Le  Fihrist  donne  cet  ouvrage 
comme  lui  appartenant  et  le  Kitab  el  hokama  conmie  une  traduction«  ent- 
spricht nicht  der  Tatsache;  auch  das  »Tarih  al-hukamä«  Qiftis  gibt  es  als 
selbständiges  Werk  des  Autors. 

Steinschneider  (Die  arabischen  Übersetzungen  aus  dem  Griechi- 
schen, in:  Beihefte  zum  Centralblatt  für  Bibliothekswesen  V,  31)  wendet 
sich  gegen  die  inkorrekte  Pluralübersetzung  von  Hammer-Purgstall  und 
Leclerc  wie  auch  gegen  die  Auffassung  Müllers,  entscheidet  sich  aber  für 
die  appellativische  Bedeutung  des  Wortes  »failasüf«  und  übersetzt  »über 
das  Leben  des  (d.h.  jedes)  Philosophen«. 

Dieser  Auffassung  Steinschneiders  hatte  ich  mich  in  meinen  »Studien 
auf  dem  Gebiete  der  griechisch  -  arabischen  Übersetzungsliteratur»  S.  4, 
Anm.  1,  angeschlossen. 


Lippert:    Zur  Bedeutung  des  Titels   -Slrat  al-Failasüf.   (Filirist  265,  6).      23 

In  seinen  . Syrisch -arab.  Biographien  des  Aristoteles»  (Leipzig  1900, 
S.  21  ff.),  einem  wahren  Kabinettstück  von  Methode  und  scharfsinniger  Kom- 
bination, schneidet  A.  Baumstark  die  Frage  wieder  an  und  stellt  sich  auf 
den  Standpunkt  Müllers,  indem  er  die  Auffassungen  Hammer-Purg- 
stalls  und  Leclercs  einerseits,  Steinschneiders  und  die  meinige  an- 
dererseits abweist.    Mit  welchem  Recht,  mag  die  folgende  Darlegung  zeigen. 

Als  ich  in  meinen  »Studien«  für  Steinschneiders  appellativische 
Auffassung  des  Wortes  »Failasüf«  eintrat,  waren  es  Gründe  allgemeiner 
Natur,  die  mich  dazu  bewogen.  Will  man  den  Namen  einer  Person  durch 
ein  für  ihre  Bedeutung  charakteristisches  Appellativum  ersetzen,  so  muß 
doch  die  gewollte  Interpretation  durch  den  Zusammenhang  vorbereitet  sein; 
das  dürfte  aber  bei  einem  bloßen  Titel  schwerlich  der  Fall  sein.  Ich  glaube 
jetzt  in  der  Lage  zu  sein,  diaxh  positive  Argumente  die  Richtigkeit  meiner 
früheren  Auffassung  nachweisen  zu  können. 

Ibn  al-JJammär,  der  Verfasser  des  »sirat  al-failasüf «,  hat  auch 
eine  Abhandlung  geschrieben,  die  den  Titel  maqäla  fi's-sadiq  wa's- 
sadäcja  »Abhandlung  über  den  Freund  und  die  Freundschaft«  führt.  Sollte 
dieser  Umstand  nicht  schon  der  Annahme  zuneigen  lassen,  daß  auch  unser 
Titel  auf  ein  Werk  hinweist,  das  nicht  biographischen,  sondern  ethisch - 
didaktischen  Inhalts  gewesen  ist?  Aber  auch  sonst  finden  wir  in  der  arabi- 
schen Literatm-  und  gerade  in  der  Zeit  kurz  vor  Ibn  al-Hammär  Werke, 
die  das   »tugendhafte  Leben«   zum  Gegenstand  ihrer  Behandlung  machen. 

Unter  den  Schriften  des  berühmten  Arztes  Muha  mmad  b.  Zakarijä 
ar-Räzi  (gestorben  um  320/932)  begegnet  uns  der  Titel  Kitäb  fi's- 
sirat  al-fädila  »Buch  über  das  vorzügliche  Leben«.  Was  ist  das  anders 
als  eine  Metonymie  für  sirat  al-failasüf,  nur  daß  der  fragliche  Begriff 
das  eine  Mal  substantivisch ,  das  andere  Mal  adjektivisch  ausgedrückt  ist? 
Ein  Werk,  das  denselben  Titel  as- sirat  al-fädila  trägt,  hat  auch  der 
Philosoph  Färäbi  (f  339/950)  verfaßt.  Beweisen  diese  Beispiele  nicht  zur 
Evidenz,  daß  der  »rein  ethische  Begriff  des  Philosophen  als  des  rein  welt- 
lichen Heiligen  der  Antike«  der  syrisch -arabischen  Schulphilosophie  nicht 
so  völlig  fern  gelegen  habe,  wie  Hr.  Baumstark  meint.  Und  daß  dieses 
Lebensideal  auch  bei  den  Arabern  nicht  ein  bloßes  Pliantom  geblieben  ist, 
sondern  auch  in  die  Praxis  umgesetzt  wurde,  auch  dafür  kann  ich  einen  Be- 
leg beibringen.  Bei  der  Charakteristik  des  Philosophen  und  Mathematikers 
'Umar  b.  Ahmad  (f  449  in  seiner  Heimatstadt  Sevilla)  gebraucht  Qifti 
(Ed.  Lippert  243,  13)  die  folgenden  Ausdrücke:  <i-*^lj  l^llu  .  .  .  j6 
C-.L-  fy^3  ^j^  S-^3  «^^U-l  -r^XA  tj  .  d.  i.  »Er  suchte  es  den  Philo- 
sophen gleich  zu  tun  in  der  Vervollkommnung  seines  Charakters,  in  der 
Korrektheit  seines  Lebens  und  der  Gestaltung  seines  Verhaltens«.  Wird  hier 
nicht  der  Philosoph  als  Typus  untadeligen  Lebens  gebraucht?  Sehen  diese 
Worte  nicht  aus,  als  ob  sie  geradezu  als  Widerlegung  der  vorausgeahnten 
Behauptung  Baumstark 's  geschrieben  wären? 

Ich  glaube,  daß  durch  diese  Ausführungen  der  Theorie  von  dem 
biographischen  Charakter  des   »sirat  al-failasüf«   ein  für  alle  Mal  das  Urteil 


24      Lippert:    Zur  Bedeutung  des  Titels  .Slrat  al-Failasüf-   (Fihrist  265,  6). 

gesprochen  ist,  und  daß  Ibn  al-öammär  auszuschalten  ist  aus  dem 
Stemma  der  Aristotelesbiographen,  das  Baumstark  auf  S.  36  seiner  » Sy- 
risch-arab.  Biographien  des  Aristoteles«  gibt.  Baumstarks  Arbeit  behält 
darum  doch  ihren  bleibenden  Wert.^ 


1  Erwähnung  verdient  noch,  daß  Ibn  Abi  Usail)i'a  in  seiner  Biographie 
des  Ibn  al-Hainmär  von  ihm  sagt,  daß  er  f-^JJJ  ^^\  «-I^Äa)  a^L-JI  (j— s^ 
iJjillj  frUläJlj  r^^*^^  gewesen  sei,  sowie  auch  sonstige  Züge  von  ihm  mitteilt,  die 
ihn  als  pedantisch  strengen  Charakter  erscheinen  lassen.  Möglich  deshalb ,  daß  er 
in  dem  «Leben  des  Philosophen»  ein  Spiegelbild  seines  eigenen  Ichs  hat  geben  wollen, 
wie  ja  auch  der  schon  genannte  Räzi  seine  Autobiographie  (Ibn  Ab!  Usaibi'a  I,  321;,  13 

4j;w  (_|  o^)   verfaßt   hat,    die  Steinschneider   mit  seiner  «Slra  al-falsafija«   (Br. 
Mus.  426)  identifiziert. 


25 


Grundriß  der  allgemeinen  Organisation  der  Ver- 
waltungsbehörden der  eigentlichen  Türkei. 

Von  Dr.  jur.  Loytved. 


Erste  Abteilung. 
Die  Verwaltungsbezirke. 

Die  Abgrenzung  der  Verwaltungsbezirke  der  Türkei  geht  von  den  Dorf- 
gemeinden {karije^)  bzw.  Städten  {schehir^)  aus,  die  in  Stadtviertel  {mahale^) 
mit  je  50  Häusern  eingeteilt  sein  sollen  und  bei  größeren  Städten  auch  in 
Stadtbezirke  (däire*)  mit  je  40000  Einwohnern  abgegrenzt  werden  können. 

Diese  (Dorfgemeinden  und  Städte  mit  Ausnahme  von  Konstantinopel) 
werden  zu  Kreisen  {ka.sa'")  zusammengefaßt.  Diejenigen  Dorfgemeinden  aber, 
die  aus  örtlichen  Gründen  nicht  unmittelbar  zu  Kreisen  verbunden  werden 
sollen,  gehen  zunächst  allein  oder  zu  mehreren  nachbarlich  gelegenen 
Dörfern  und  Landgütern  (tschiftliJc^)  in  Nahijes  auf,  deren  Abgrenzung 
durch  kaiserliches  Irade  auf  einen  vom  Bezirksausschuß,  Provinzialrat  und 
der  Hohen  Pforte  bestätigten  Beschluß  des   Kreisausschusses  eifolgt. 

Bei  den  Nahijes  sind  die  der  6  östlichen  Provinzen  Kleinasiens  von 
denen  der  übrigen  Provinzen  der  Türkei  zu  imterscheiden.  Die  ersteren 
sind  »Gaugemeinden  mit  komujunalen  Selbstverwaltungskörpern",  die 
anderen  »Amtsbezirke  mit  einem  Berufsbeamten«  an  der  Spitze.  Die  Nahijes- 
» Gaugemeinden«  müssen  mehr  als  200  Häuser  (bzw.  50  Häuser,  wenn  die 
betreffenden  Dorfgemeinden  für  die  Verwaltungskosten  aufzukommen  bereit 
sind),  die  Nahijes- "Amtsbezirke«  mehr  als  500  männliche  Einwohner  zählen. 

Die  Gaugemeinden  bzw.  Amtsbezirke  {nahije^)  werden  mit  den  Dorf- 
und  Stadtgemeinden,  wie  bereits  erwähnt,  zu  Kreisen  {kasa),  diese  zu 
Regierungsbezirken  {sandschak  oder  liwa^)  und  letztere  mit  Ausnahme  der 
selbständigen  Regierungsbezirke  [elwije-i-müstekille^):  Tschataldscha,  Ismid, 
Biga,  Tyrus,  Libanon,  Jerusalem,  Bengasi  zu  30  Provinzen  {icilajet^%  Pro- 
vinz Konstantinopel  mit  eingerechnet,  verbunden. 

Literatur:  AA^ilajetgesetz  vom  7.  Dschemasi  ül  acliyr  1281  (D  I  608), 
Wilajetverwaltungsgesetz  vom  29.  Schaw^wal  1287  (D  I  625),  Provinzial- 
Städteverwaltungsgesetz  vom  27.  Ramasan  1294  (D  IV  570),  Nachtragsgesetz 

8   jUiJu-   oder   lj5         ^  aJläL^  Ai^\         'o  O  Vj 


26  Loytved:    Veiwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

vom  13.  Sefer  1304  (L  I  131),  Nahijegesetz  vom  11.  Eeb' ülewwel  1293 
(D  III  33). 

Anmerkungen.  1.  Nach  dem Wilajetgesetz  von  1281  sollen ,  wie  oben 
erwähnt,  die  Dorfgemeinden,  die  aus  örtlichen  Gründen  nicht  zu  Kreisen 
verbunden  werden,  als  Nahijes  zusammengefaßt  dem  nächsten  Kreis  ange- 
ghedert  werden.  Später  sollten  nach  dem  Gesetz  von  1287  sämtliche 
Nahijes  kommunale  Selbstverwaltungskörper  erhalten.  Da  aber  die  dies- 
bezüglichen Bestimmungen  dieses  Gesetzes  nicht  in  Kraft  gesetzt  worden 
sind,  blieben  die  Nahijes  staatliche  Verwaltungsbezirke  mit  einem 
Berufsbeamten  an  der  Spitze.  Erst  nachdem  durch  das  Nahijegesetz  von  1293 
die  Bestimnumgen  des  Gesetzes  von  1287  erneuert  wurden,  erhielten  die 
6  östlichen  Provinzen  Kleinasiens:  VVan,  Bitlis,  Diarbekir,  Mamuret  el  asis, 
Erserum  und  Siwas  auf  Grund  eines  kaiserlichen  Iiades  des  Jaiires  1311 
die  gesetzlichen  kommunalen  Selljstverwaltungskörper. 

2.  In  den  Provinzen  Hedschas  bilden  die  heiligen  Städte  Mekka  und 
Medina  besondere  Regierungsbezirke,  von  denen  der  Mekkas  Emaret  heißt. 

Zweite  Abteilung. 
Organisation  der  Staatsverwaltung  und  Selbstverwaltung. 

Vorbemerkung. 
Die  Organisationsgevvalt  steht  dem  absolut  herrschenden  Sultan  {padi- 
scliah^)  zu.  Zur  bureaumäßigen  Erledigung  und  \'ermittelung  der  allerhöchsten 
Entschließungen  {irade-i-ssenije^)  dient  das  kaiserliche  Hofsekretariat  {male 
jun-i-huma  jun-i-meluhane  Mtabeti^)  mit  dem  ersten  kaiserlichen  Hofsekietär 
{basch  katib*)  an  der  Spitze,  dem  ein  zweiter  Sekretär  und  ein  Sekretär  für 
die  auswärtige  Koirespondenz  nebst  erforderlichem  Hilfspersonal  zur  Seite 
steht.  Die  Verwaltung  des  großherrlichen  Vermögens  leitet  das  ^linisterium 
der  Zivilliste  {chasine - i- chasse-  i- scliahane^)  mit  einem  Minister  (nasir^)  an  der 
Spitze.  Im  übrigen  wird  die  Verwaltung  durch  Staatsorgane  (im  Gegensatz 
zu  Hofbeamten)  ausgeübt. 

Kapitel  I. 

Organe  der  allgemeinen  Staatsverwaltung. 
I.  Abschnitt. 

Die  Behörden,   die  unmittelbar  unter  dem  Sultan  stehen: 

1.  Das  Großwesirat  {ssedaret-i-usma-däire-i-dschelilessi'). 

2.  Das      Staatsministerinin      {hiJ€t-i-wüh€la-i-fyc]iam.-i-SsaItanet-i- 


1     ob-jl^  2     4j^    ^j\j|  3     ^\C\     ^^^    j^l*    j^^  ^     ^l^^r^l) 


Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  27 

3.  Die  hohe  Kommission  für  die  Unterstützungskasse  der  Hohen 
Pforte  (bah -i- all  tesshilat  ssandygy  commissioni-alissi^). 

4.  Die  hohe  Kommission  für  die  innere  Kolonisation  {muhadschirin 
commission  -i-  alissi  ^) . 

5.  Die  hohe  Kommission  für  die  Inspektion  des  gesamten  MiUtär- 
wesens  (teftisch-i-umumi-i-askeri  commission -i- alissi  hijeü^). 

I.    Das  Großwesirat  {ssedaret  i-usma-daire-i-dschelilessi). 

An  der  Si)itze  der  gesamten  Verwaltung  steht  als  höchster  Beamter 
für  die  Leitung  aller  weltlichen  Angelegenheiten  der  Großwesir  [ssadar  asam*) 
und  ihm  zur  Seite  ein  Unterstaatsseki-etär  {müsteschar^). 

Für  die  hureaumäßige  Erledigung  der  Geschäfte  dient  ilnn  das  Groß- 
wesirat mit  4  Abteilungen: 

1 .  Das  Sekretariat  für  die  allgemeine  Korrespondenz  {melUvhdscltdik'^). 

2.  Die  Staatskanzlei  für  die  Korrespondenz  mit  dem  Kal)inett 
{amedschilig  -i-  diwan  -  humajun ''). 

3.  Die  Staatsarchivkanzlei  {hejWkdschiliy-i-diican-i-humajuu^ 

4.  Die  Staatskanzlei  für  Zeremonienangelegenheiten  {teschrifatschilig- 
i -  diwan  -i-  humajun  ^ ) . 

Dem  Großwesir  steht  ferner  als  ständige  Beratungsbehörde  dei-  Staats- 
rat {sclmra-i-dewlet'^'^)  zur  Seite. 

Der  Großwesir  ist  der  »absolute-  Stellverti-eter  {wekil-i-mutlalc^^)  des 
Großherrn  und  handelt  loco  imperatoris.     Als  Chef  der  Verwaltung 

1.  hat  er  in  sämtlichen  weltlichen  Staatsangelegenheiten  innerhalb 
der  ihm  vom  Sultan  übertragenen  Befugnisse  das  Recht  der 
selbständigen  Entscheidung  und  des  Erlasses  von  »hohen  Ent- 
schließinigen«   {irade - i - alije  ^'^); 

2.  übt  er  das  Aufsichtsrecht  über  sämtliche  weltliche  Verwaltungs- 
behörden  aus; 

3.  führt  er  den  Vorsitz  im  Staatsministerium  {hijeü-i-wükela),  dem 
er  nach  freier  Entschließung  wiclitige  Staatsangelegenheiten  zur 
Entscheidung  überweist  und  dessen  Beschlüsse  er  dem  Groß- 
herrn untei'breitet; 

4.  vermittelt  er  in  der  Regel  den  Verkehr  des  Kabinetts  und  des 
Scheich  ul  islama  mit  den  Ministerien  und  den  der  Ministerien 
untereinander. 

Anmerkung.  Wesire  gab  es  bei-eits  in  der  ältesten  persischen  Ge- 
schichte und  bei  den  Arabern  seit  den  Abbassiden.  Bei  letzteren  wurden 
zwei  Stufen  des  Wesirats  unterschieden:  wesiraf-i-ta/wi/d  das  »unbeschränkte« 


28  Loytved:    Vervvakuiigs- Organisation  der  Türkei. 

und  wesirat-i-tanfyd  das  »beschränkte«  Wesirat.  Aus  ersterem  hat  sich  das 
Großvvesirat  entwickelt,  während  das  letztere  nur  noch  die  Bedeutung  der 
höchsten  Rangstufe  in  der  Beamtenhierarchie  behielt.  Unter  der  osuianischen 
Dynastie  ist  die  Stelle  eines  Großwesii-s  zum  erstenmal  im  Jahre  1328  vom 
Sultan  Urchan  seinem  Bruder  Alaeddin -Pascha  üliertragen  worden. 

Der  Großwesir  war  das  »sichtbaie  Ebenbild  des  Sultans,  der  in  das 
heilige  Dunkel  seines  Hofes  gehüllt  war«,  sein  alter  ego.  mit  dem  Recht, 
über  Tod  und  Leben  seiner  Beamten  zu  entscheiden.  Das  Zeichen  seiner 
Macht  war  das  ihm  vom  Großherrn  anvertraute  kaiserliche  Siegel,  das  er 
auch  jetzt  noch  bei  seinem  Amtsantritt  erhält  imd  immer  bei  sich  tragen 
sollte.  Seine  hervorragende  Stellung  wird  nach  außen  dadurch  gekenn- 
zeichnet, daß  die  neuankommenden  Missionschefs  sich  nach  der  feierlichen 
Audienz  beim  Sultan  in  großer  Uniform  und  mit  Gefolge  zum  Großwesir 
begeben.     Seine  Anrede  ist  Hoheit. 

Die  Amtsstelle  des  Großwesirs  heißt  hah-i-ali^  =  Hohe  Pforte.  Ur- 
sjjrünglich  bedeutete  sie  »die  Pforte  des  Fürsten«,  an  der  sich  die  Großen 
versammelten  (Hof).  Heute  hat  die  Hohe  Pforte  im  weiteren  Sinne  die 
Bedeutung  der  Regierung,  und  im  engeren  Sinne  versteht  man  unter  dieser 
Bezeichnung  das  Gebäude,  das  das  Großwesirat,  das  Staatsministerium,  den 
Staatsrat,  die  Ministerien  des  Innern  und  der  Auswärtigen  Angelegenheiten 
enthält. 

Anmerkung.  Diica/i^  ist  gleichfalls  eine  altpersische  Bezeichnung  für 
die  höchste  Behörde,  der  der  Großwesir  als  Vorsitzender  tmd  die  höchsten 
Staatswürdenträger  und  Militärpersorien  angehörten.  Zur  Zeit  hat  Diwan  diese 
Bedeutung  verloren.  Es  findet  sich  diese  Bezeichnung  bei  den  Abteilungen 
des  Groß wesirats,  des  Oberrechmingshofs,  den  Kriegsgerichten  u.  a.  wieder. 

Der  Staatsrat  {/^rhura - i - dewlet). 
Der  Staatsrat   ist  eine  ständige  Bera tungsbehörde,    die  dem   Groß- 
wesir zur  Seite  steht.     Er  zerfällt  in  3  Abteilungen  : 

1.  die  Verwaltimgsabteihmg  (milkije  daire.fsi% 

2.  die  Finanzabteilung  {malije  dairessi^), 

3.  die  Gesetzgebungsabteilung  (taiisimat  dairessr'). 

Dem  Staatsrat  steht  ein  Präsident  vor.  Die  1.  Abteilung  wird  von 
ihm,  die  beiden  anderen  von  je  einem  Vizepräsidenten  geleitet.  Der  Staats- 
rat beschließt  in  wichtigen  Angelegenheiten  in  gemeinschaftlicher  Sitzung, 
bei  der  Stinunenmehrheit  entscheidet.     Quorum  Hälfte  +1. 

In  die  Zuständigkeit  des  Staatsrats  fallen: 

Beratung  aller  wichtigen  V^erwaltungsangelegenheiten,  die  ihm  vom 
Großwesir  überwiesen  werden  (insbesondere  Konzessions-,  Finanz-  und  andere 
Angelegenheiten)  und  Vorschläge  von  Gesetzesänderungen  und  Prüfung  der 
von  anderen  Behörden  gemachten  und  durch  das  Großwesirat  ihm  über- 
mittelten Gesetzesentwürfe. 


^Ic   ^li       2   jl_j)J       3  ^oJ\c>  AAL       4   ,^e/b  «vJL.       '"■  (^^e^b   O^^" 


Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  29 

Unter  der  Leitung  des  Staatsrats  stehen  ferner  die  Verwaltungsgerichte 
(s.  S.  40). 

Literatur:  Gesetz  vom  8.  Silhiddsche  1284  (D  I  703),  Gesetz  vom 
25.  Muharrem  1286  (D  I  707),  Novelle  vom  20.  Silhidche  1303  (L.  I  130), 
Beschluß  vom  5.  Kanun-i-ssani   1312  (L.  D  II  93). 

IL  Das  Staatsministerium  {hijet-i-wükela-i-fycham-i-Ssaltanet-i-ssenije). 

Das  Staatsministerium  tritt  als  die  höchste  Beschließungsbehörde 
(unter  dem  Vorsitz  des  Großwesirs)  in  der  Regel  jeden  Mittwoch 
und  Sonntag  zusammen  und  besteht  aus  14  Mitgliedern: 

1.  Großwesir,  2.  Scheich  ül  islam,  3.  Minister  des  Innern,  4.  Minister 
des  Äußern,  5.  Minister  des  öffentlichen  Unterrichts,  6.  Minister  der  frommen 
Stiftungen,  7.  Kriegs-,  S.  Marine-,  9.  Finanz-,  10.  Justiz-,  11,  Handels- 
minister und  der  öffentlichen  Bauten,  12  Großmeister  der  Artillerie,  13.  Prä- 
sident des  Staatsrats,   14.   Unterstaatssekretär  im  Großwesirat. 

In  seine  Zuständigkeit  fallen  die  ihm  vom  Großwesir  zur  Beschließung 
überwiesenen  Staatsangelegenheiten,  deren  Beschlüsse  vom  Gi-oßwesir  dem 
Sultan  zur  Bestätigung  unterbreitet  werden. 

III.  Die    hohe    Kommission    für    die    Unterstützungskasse    der 
Hohen  Pforte  {hah-i-ali-i-teshilat  ssandygy  commission-i-alissi). 

Diese  Kommission  steht  unter  dem  Präsidium  des  Sultans  und  setzt 
sich  aus  einem  2.  Vorsitzenden  und  4  Mitgliedern  für  die  Verwaltung  der 
Unterstützungskasse  für  Staatsbeamte  zusammen. 

IV.  Die    hohe    Kommission    für    die   innere  Kolonisation    {muha- 

dscTiirin  commission -i-  alissi) . 
Sie  steht  unter  dem  Präsidium  des  Sultans  und  besteht  aus  4  Mitgliedern 
für  die  Leitung  des  Einwanderungswesens  und  die  innere  Kolonisation. 

V.  Die    hohe    Kommission    für    die    Inspektion     des    gesamten 

M  i  1  i  t  ä  r  w  e  s  e  n  s  ( tef  tisch  -  i-umumi  -  askeri  commission  -i-  alissi  hijeti). 
Sie   steht  gleichfalls  unter  dem  Präsidium  des  Sultans  und  setzt  sich 
aus  einem  \'izepräsidenten,  einem  2.  Vorsitzenden  und  mehreren  Mitgliedern 
für  die  Inspektion  des  gesamten  Militärwesens  zusammen. 


2.  Abschnitt, 

Die  dem  Großwesir  unmittelbar  unterstellten  Behörden. 
A.    Die  Hauptministerien,  deren  Vertreter  am  Staatsmini' 
s  t  e  r  i  u  m  teilnehmen: 

1.  Das  Ministerium  des  Innern  {dacliilije  nesareti^). 

2.  Das  INIinisterium  des  Äußei-n   (charidschije  nesareti-). 


JjÜiJ     U^ij  2     JjÜÜ     A^j\^ 


30  Loyt\ed:   Yerwaltiings- Organisation  der  Türkei. 

3.  Das  P'inanzniinisterium  {malije  nesareti^). 

4.  Das  Justizministerium  {adlije  nesareti^). 

5.  Das     Ministerium     der     frommen     Stiftungen    (ewJcaf-i-humajun 
nesareti^). 

6.  Das  Handelsministerium  und  der  öffentlichen  Arbeiten  {tidscharet 
we  nafa  nesareti^). 

7.  Das  Ministerium  des  öffentlichen  Unterrichts  {mearif-i-iimumije 
nesareti  \ 

8.  Das  Kriegsministerium  {hah-i-walai-sser  asTceri^). 

Der  Kriegsminister,  der  die  militärischen  Angelegenheiten 
der  Armee  verwaltet,  soweit  sie  nicht  in  artilleristisch -techni- 
scher Beziehung  dem  Großmeister  der  Artillerie  unterstehen, 
ist  gleichzeitig  Oberstkommandierender  {sser  asker)  der  ottomani- 
schen Armee,  mit  Ausnahme  der  dem  Oberkommando  des  Groß- 
meisters  der   Artillerie   ausschließlich   unterstellten  Regimenter. 

9.  Das  Marineministerium  [hahrije  nesareU'). 

10.   Die  Großmeisterei  der  Artillerie  {topchane-i-amere^). 

Der  Großmeister  der  Artillerie  verwaltet  die  artilleristisch- 
technischen Angelegenheiten  der  Armee,  ist  Oberstkommandie- 
i-ender  der  6  Garde-Feldartillerieregimenter,  des  Gaide-Pionier- 
regiments,  der  3  Garde-Fußartillerieregimenter  und  der  2  Garde- 
Festungsartillerieregimenter  und  Generalinspektor  der  gesamten 
Artillerie;  ferner  unterstehen  seiner  Leitung  alle  militärischen 
und  militärärztlichen  Schulen. 

B.    Die    5   selbständigen    Ministerien,    die    am    Staatsmini- 
sterium  nicht  teilnehuKMi: 

1.  Das  Ministei'ium  für  Forsten,  ^Minen  und  Landwirtschaft  {orman 
loe  maden  we  syrdat  nesareü'^). 

2.  Das  Grundbuchniinisterium  {defter - i - chakani  nesareti^^). 

3.  Das  Ministerium  für  die  allgemeine  ^Militärpensionskasse  (umtim- 
i-askeri  tekdüd  ssandygy^'^). 

4.  Das    Ministerium     für     die    Zivilpensionskasse     {mdkije    tekdüd 
ssandygy  ^^). 

5.  Das    Ministei'ium    für    die    Ausrüstung    der    Armee    {tedschimt-i- 
askerije  nesareti  '^). 


1     JjLliJ     4_JL  2     JjUii     A^J^t  3     JjUii     j^Lx^    J^jl 

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Loytvkd:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  31 

C.  Die  2  in  Budgetangelegenheiten  vom  Finanzministe- 
rium abhängigen  Ministerien: 

1.  Das  Zolhninisterium  {rüssumat  nesareti^). 

2.  Das  Telegraphen-  und  Postministerium  {telegra/we  posta  nesareW^). 
Die  Minister  leiten  die  Verwaltung  innerhalb  der  ihnen  überwiesenen 

Befugnisse  selbständig.  Sie  beaufsichtigen  die  ihnen  unterstellten  Beamten 
und  sind  für  die  Amtshandlungen  innerhalb  ihres  Ressorts  verantwortlich. 
Wichtige  Angelegenheiten  unterbreiten  sie  dem  Großwesir  zur  Entscheidung. 

Den  Ministern  steht  in  der  Regel  ein  Unterstaatssekretär  {müsteschar^) 
bzw.  Gehilfe  (mMö!«»/«*)  und  ein  aus  einem  Vorsitzenden  und  mehreren  Mit- 
gliedern bestehender  Beirat  {medschliss^)  zui*  Seite.  Ferner  bestehen  bei 
jedem  Ministerium  zur  bureaumäßigen  Erledigung  der  Geschäfte  ein  Sekre- 
tariat (meAVMi*^),  eine  Rechnuugsabteilung  {muhassebe  dairessi'^)  und  eine  INIi- 
nisterialregistratin- (emraÄ' or7a5.s?®),  außerdem  die  ei-forderliche  Zahl  von  Ab- 
teilungen, von  denen  jede  in  der  Regel  ihre  besondere  Kanzlei  {Tcalemr')  hat. 
Bei  vielen  Ministerien  treten  noch  zur  Erledigung  von  Spezialangelegen- 
heiten  Kommissionen  (commi&sion  ^")  und  Kollegien  (hyet^^)  bzw.  (endschümen^^) 
zusammen,  die  aus  Mitgliedern  derselben  oder  verschiedener  Ministerien 
bestehen. 

Anmerkung.  Ministerium  wird  im  Türkischen  nesaret  und  Minister 
nasir  bezeichnet.  Die  JNlinister,  die  am  Staatsministerium  teilnehmen,  werden 
zum  Unterschied  von  den  anderen  Ministern  auch  wekiP^,  d.h.  Stellvertreter 
genannt.  Die  Bezeichnung  nesaret  und  nasir,  die  wörtlich  Inspektion  und 
Inspektor  bedeutet,  wird  auch  für  niedrigere  Verwaltungsabteilungen  ge- 
braucht, z.B.  A'Ömrük  nesareti^^  (Zolldirektion)  u.a. 

D.    Die  Verwaltungsbeam tenkommission  (rneemurin  -i-mükije 
commissionu  '^). 
Diese  Konunission  besteht  aus  einem  vom  Sultan  ernannten  Präsidenten 
und  6  Mitgliedern.     Sie   ist   zuständig   für   die  Auswahl   der   höheren  Ver- 
waltungsbeamten ,   für  ihre  Beaufsichtigung  und   für  die  F'ührung  der  Vor- 
untersuchung bei  Vergehen  derselben. 

E.  Der  Oberrechnungshof  (diwan-i-muhassehat^% 
Der  Oberrechnungshof  ist  eine  selbständige  Behörde,  die  unmittelbar 
dem  Großwesir  untersteht  und  aus  einem  Präsidenten,  12  Mitgliedern,  die 
auf  Lebenszeit  durch  kaiserliches  Trade  ernannt  sind,  einem  Staatsanwalt 
und  der  erforderlichen  Zahl  von  Bureaubeamten  besteht.  Der  Oberrechnungs- 
hof zerfällt  in  zwei  Abteilungen. 


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Loytved:   Yerwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

Er  ist  zuständig: 

1.  alle  Rechnungen  und  die  Rechnungsführung  der  einzelnen 
Beamten  sämtlicher  Zivil-  und  Militärverwaltungen  und  Muni- 
zipalitäten sowie  die  Jahresrechnungen  der  Ministerien  zu 
prüfen; 

2.  zu  entscheiden,  ob  vorkommendenfalls  Irrtümer  durch  Beamte 
begangen  worden  sind,  und  bei  Unterschlagung  oder  Betrug 
gegenüber  dem  Fiskus  das  ^'erwaltungsgerichtsverfahren  zu 
beantragen. 

Literatur:    Gesetz  vom  3.  Silhidsche  1286  (D  IV  639). 


3.  Abschnitt. 

Provinzial-,  Regierungsbezirks-,  Kreis-  und  Amtsbezirks- 
behörden  (wilajet,  liwa  bzw.  sandschak,  Tcasa  und  nahije). 

Allgemeines. 

Bei  der  Verwaltungsorganisation  in  den  Provinzen  sind  zwei  Systeme 
zu  unterscheiden.  Die  Provinzen  {wilojet),  Regierungsbezirke  (Ihca).  Kreise 
(kasa)  und  Amtsbezirke  {nahije)  werden  von  »Berufsbeamten ,  die  von  der 
Regierung  eingesetzt  sind«,  und  von  -gemischten  Laienbehörden«  geleitet, 
während  die  Gaugemeinden  {nahije)  und  Dorfgemeinden  {karije)  von  »Laien« 
und  »Verwaltungskörpern  verwaltet  werden,  die  von  den  Dorfgemeinden 
gewählt  sind«.  In  diesem  Absciuiitt  soll  die  Oi'ganisation  der  ersteren  be- 
handelt werden. 

An  der  Spitze  der  Provinzen,  Regierungsbezirke,  Kreise  und  Amts- 
bezirke stehen  selbständige  Einzelbeamte,  die  hierarchisch  gegliedert  sind 
und  denen  mit  Ausnahme  des  Amtsvorstehers  {mihlir^)  ständige  Beratungs- 
körper {medschliss)  zur  Seite  stehen. 

Diese  Beratungskörper  treten  unter  dem  \'orsitz  des  Wali,  INIütessarif 
und  Kaimakam  zusammen.     Sie  bestehen  aus: 
L    Verwaltungsbeamten, 

2.  ständigen   nichtgewählten  Mitgliedern  und 

3.  auf  Zeit    gewählten    muselmanischen    und    nichtuniselmanisclren 
Laien. 

Bezüglich  der  Wahl  der  letzteren  l)estehen  folgende  Bestimmungen. 
Das  passive  Wahlreclit  haben  diejenigen  ottomanischen  Notaben,  die  in 
dem  betreffenden  \'erwaltungsbezirk  wohnen  und  mindestens  500  Piaster, 
bzw.  als  Kandidaten  für  den  Bezirks- und  Kreisausschuß  150  Piaster,  direkte 
Staatssteuer  zahlen.  Sie  stehen  im  Ehrenamte,  und  ihre  Amtsdauer  ist 
4  Jahre  (Wechsel  der  Hälfte  im  zweiten  Jahre). 

Das  Wahlverfahren  geht  in  der  Weise  voi-  sich,  daß  die  Verwaltungs- 
beainten    und    ständigen    ^Mitglieder    des    Provinziali'ats    bzw.    Bezirks-    und 


Loytved:    Yerwaltungs- Organisation  der  Türkei.  3B 

Kreisausschusses  (s.  weiter  unten)  unter  Vorsitz  des  Wali  bzw.  Mütessarif 
und  Kaimakam  zu  je  einer  Wahlkommission  zusammentreten  und  aus  der 
Zahl  der  Wahlberechtigten  je  3  Kandidaten  für  jede  Laienstelle  wählen. 
Die  Namen  der  Kandidaten  für  den  Provinzialrat  werden  den  zu- 
ständigen Bezirksausschüssen,  die  der  letzteren  den  Kreisausschüssen  und 
die  der  Kreisausscliüsse  den  Gemeinderäten  (jeder  Verwaltungskörper  hat 
eine  Stimme)  zur  engeren  Wahl  mitgeteilt  und  das  Wahlresultat  wieder  ein- 
gefordert. Die  oben  bezeichneten  Wahlkommissionen  scheiden  von  diesen 
wiederum  zwei  Drittel  der  mit  Majorität  gewählten  Kandidaten  aus  und 
tragen  sie  in  eine  Liste  ein.  Die  Liste  der  Kandidaten  für  den  Provinzialrat 
und  Bezirksausschuß  wird  dem  Wali  unterbreitet,  der  die  Hälfte  von  ihnen 
zu  INlitgliedern  ernennt  und  die  ersteren  der  Hohen  Pforte  zur  Bestätigung 
vorschlägt.  Die  Liste  der  Kreisausschnßkandidaten  wird  dem  Regierungs- 
präsidenten (mütessarif)  eingereicht,  der  seinerseits  die  Hälfte  von  ihnen 
zu  Ausschußmitgliedern   ernennt. 

A.    Provinzialbehörden. 

An  der  Spitze  der  Provinz  (ivilajef)  steht  der  icali^  =  Obeipräsident 
und  der  medschliss-i-idare-i-wilajet^  =  Provinzialrat.  Sie  leiten  gleich- 
zeitig unmittelbar  die  Verwaltung  des  Regierungsbezirkes  {liwa)  und  Kreises 
(kasa).  in  dem  die  Provinzialhaiiptstadt  liegt. 

L  Der  wali  =  Oberpi-äsident,  durch  kaiserliches  Trade  ei-nannt, 
ist  der  höchste  Vertreter  und  Bevolhnächtigte  der  Regierung  in  der  Provinz 
und   untersteht  unmittelbar  dem   Miiiistei"  des   Iiuiei-n. 

Ihm  zur  Seite  steht  ein  Gt^hiWe  {muawin^)  =-  Ober|)räsidiahat .  der  Pro- 
vinzialsekretär  (meJctubdschi*)  und  die  erfordei  liehe  Zahl  von  Hilf->l)eamlen ; 
ferner  unterstehen  seiner  Aufsicht  die  von  den  verschiedenen  Ministerien 
ressortierenden  Hilfslieamten:  Dirigent  der  direkten  Steuern  =  dffterdar^ 
(lessortieit  vom  Finatizministerium) ;  Dirigent  der  Auswärtigen  Augelegen- 
iieiten  =:  ümur -i- edscheneiyije  müdiri^  (ressortiert  vom  Minister-ium  der  .aus- 
wärtigen Angelegenheiten);  Direktor  des  öffentliclien  rnterrichts  =  mearif 
müdiri''  (ressortiert  vom  INlinisteriuni  des  öffentlichen  Unterrichts);  Ober- 
regierungsingenieur =  nafda  hasch  mühendissi^  (ressortiert  vom  ^Ministerium 
der  öifenthchen  Arbeiten);  Minenoberingenieur  =  maden  sser  mühendissi^ 
und  der  Landwirtschafts-  und  Forstoberinspektoi-  =  syrdat  we  orman  sser 
mü/eifischi  ^°  {vessort'wven  vom  [Ministerium  füi-  Forsten,  Minen  und  Landwirt- 
schaft); (Jendarmerienberst  ::=:  Äßö^ye  commandany^^  (ressoi-tiert  vom  Kriegs- 
ministerium);  OberpoHzeikonunissar  —  pclis  sser  komissäri^^  (ressoi'tiert  vdtn 
Polizeipräsidium)  usw. 


Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    ü.  Abt.  3 


34  Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

Der  Wali  ist  zuständig  für  die  Ausführung  der  Gesetze  und  Ver- 
ordnungen; die  Aufrechterhaltung  der  öff'entHchen  Ruhe  und  Sicherheit 
und  die  Aufsicht  über  das  Gefängniswesen;  die  Beaufsichtigung  der  ihm 
unterstellten  Vervvaltungsbeamten ;  die  Überwachung  der  Finanzvervvaltung; 
die  Fördei'ung  der  öffentlichen  Wohlfahrts-  und  Wirtschaftsptlege;  die  Voll- 
streckung von  Gerichtsuiteilen  gemäß  Art.  15  des  Provinzial -Verwaltungs- 
gesetzes vom  29.  Schawwal  1287;  die  Übeiwachung  der  Vollstreckung  von 
Testamenten  christlicher  Ottomanen  und  Beaufsichtigung  der  Naclilassen- 
schaftsverwaltung  für  musehnanische  und  nichtmusehnanische  Waisen. 

Ähnlich  sind  die  Befugnisse  des  Mütessarif,  Kaimakam  und  Müdir. 

2.    Der  medschliss-i-idare-i-wilajet  =  Proviuzialrat  besteht  aus: 

a)  den  Verwaltungsbeamten:    wali,   defterdar,  mektubdschi; 

b)  den  ständigen  Mitgliedern:  naib^,  mufti^  (muselmanische  geisthche 
Richterbeamte)  und  den  Vorstehern  der  vom  Staat  anerkannten 
ottomanischen,  nichtmiiselmanischen  religiösen  Gemeinden; 

c)  4  gewählten  Laien :  2  muselmanischen  und  2  nichtmuselmanischen. 
In  die  Zuständigkeit  des  Provinzialrats  fällt  der  Abschluß  privatrecht- 
licher Verträge  der  Provinzialregierung;  die  Versteigerung  der  zu  verpach- 
tenden Steuern;  die  Überwachung  der  Einnahmen  und  des  Vermögens  der 
Provinzialregierung;  die  Verteilung  der  Steuern;  die  Verwaltungsgerichts- 
barkeit (s.  S.  40). 

Ähnlich  ist  die  Zuständigkeit  des  Bezirks-  und  Kreisausschusses. 

Anmerkung.  Durch  Irade  vom  Dezember  1902  wurde  bestimmt,  daß 
in  den  Provinzialregierung.sstädten  der  Wilajets  von  Salonik,  Monastir  und 
Kossowo  die  Verwaltung  des  Kreises  {kasd),  in  dem  die  Provinzialhaupt- 
stadt  liegt,  von  einem  eigenen  Landrat  (haimdkam  ^)  geleitet  wei'den  soll. 

B.    R  eg  i  e  r  u  n  g  s  b  e z  i  r  k  s  b  eh  ö  r  d  e n. 
Die  Verwaltung    des   Regierungsbezirks   (l'ma  oder  ssandschak)    leitet 
der  mütessarif^  =  Regierungspräsident  und  der  Hica^  medschliss  idaressi  = 
Bezirksausschuß.      Gleichzeitig  verwalten    sie   unmittelbar  den  Kreis  (kasa), 
in  dem  die  Regierungsbezirkshauptstadt  liegt. 

1.  Der  mütessarif  =  Regiei'ungsj)räsident  untersteht,  wenn  er  nicht 
eines  der  selbständigen  Regierungsbezirke  {elurije-i-müstekille)  verwaltet, 
dem  vorgesetzten  Wali  in  jeder  Beziehung.  Ihm  zur  Seite  steht  der  Regierungs- 
bezirkssekretär [tahrirat^  müdin),  ferner  der  Dirigent  der  direkten  Steuern 
(muhassebedschi,  ressortiert  vom  Finanzministerium)  und  andere  Hilfsbeamte. 

2.  Der  liwa  medschliss  idaressi  =  Regierungsbezirksausschuß  besteht  aus: 

a)  den  Verwaltungsbeamten:     mütessarif,    muhassebedschi,     tahrirat 
m,üdiri ; 

b)  den  ständigen  Mitgliedern  (wie  bei  A  2  b) ; 

c)  4  gewählten  Laien  (wie  bei  A  2  c). 


Loytved:    Verwaltuiigs- Organisation  der  Türkei.  35 

C.    Kreisbehörden. 
An  der  Spitze  des  Kreises  (kasa)  steht  der  Mimakam  =  Landrat  und 
der  kaaa^  idare  medschUssi  =   Kreisausschuß. 

1.  Der  kaimakam  =  Landrat  untersteht  dem  vorgesetzten  Mütessarif, 
Ihm  zur  Seite  stehen  der  Kreissekretär  {katih^),  der  Dirigent  der  direkten 
Steuern  {mal  müd  iri^)  und  andere  Hilfsbeamte. 

2.  Der  kasa  idare  medschlissi  =   Kreisausschuß  besteht  aus: 
L   den  Verwaltungsbeamten  {kaimakam,  mal  müdiri  katih); 

2.  den  ständigen  Mitgliedern  (wie  bei  A2b); 

3.  drei  Laien,  die  im  Verhältnis  zur  Bevölkerung  Muselmanen  oder 
Nichtmuselmanen  sein  sollen. 

D.    Anitsbezirksbehörden   [nahije). 

An  der  Spitze  des  Amtsbezirks  {nahije)  steht  der  müdir  =  Amtsvorsteher, 
der  dem  vorgesetzten  Kaimakam  untersteht,  mit  der  erforderlichen  Zahl  von 
Hilfsbeamten. 

Dem  Amtsvorsteher  steht  kein  Beirat  zur  Seite. 

Literatur:  Gesetz  vom  7.  Dschümasi  ül  achyr  1281  (DI  608),  vom 
29.  Schawwal  1287  (DI  625),  vom  25.  Muharrem  1293  (D  HI  24),  vom  13. 
Sefer  1304  (L  I  l31),  vom   11.  Reb'ülewwel  1293  (D  HI  33). 

Anmerkung.  1.  Ein  Irade  vom  Teschrin-i-ewwel  1311  bestimmt, 
daß  in  den  6  östlichen  Provinzen  Kleinasiens:  Erserum,  Siwas,  Bitlis, 
Wan  Mamuret  el  asis  und  Diarbekir  in  jedem  Fall  dem  Oberpräsidenten 
wie  dem  Regierungspräsidenten  und  den  Landräten ,  sonst  nur  wenn  die 
nichtmuselmanische  Bevölkerung  in  den  betreffenden  Bezirken  überwiegt, 
christliche  Gehilfen  {muaiciri)  und  christliche  Unterbeamte  beigegeben  werden 
sollen. 

2.  In  der  Provinz  Hedschas  heißt  in  dem  Regierungsbezirk  {emaret^) 
von  Mekka  der  Regierungspräsident  Muhafis ,  desgl.  der  vom  Regierungs- 
bezirk Medina. 

3.  Nach  einem  Irade  vom  10.  Nissan  1313  sollen  die  Verwaltungs- 
räte in  den  Wilajets  von  Adrianopel,  Salonik,  Monastir  und  Kossovo  zur 
Hälfte  aus  Muselmanen,  zur  andren  Hälfte  aus  Nichtmuselmanen  bestehen. 


Kapitel  II, 

Kommunale  Selbstverwaltungskörper. 

Allgemeines. 

Konununale  Selbstvei-waltungsköri)er  bestehen  in  allen  karijes  =  Dorf- 
gemeinden, in  den  nahijes  =  Gaugemeinden  der  6  östlichen  Provinzen  Klein- 
asiens: Wan,  Bitlis,  Diarbekir,  Mamui-et  el  asis,  Erserum  und  Siwas  und 
in  den  schehirs  =  Städten.     In  denselben  ist  die  Besoi'gung  der  öffentliclien 


3* 


36  *  Loytved:    Yerwaltungs -Organisation  der  Türkei. 

Angelegenheiten  den  von  den  Kommunen  und  Konmumalverbänden  gewähl- 
ten Vertretern  überlassen.  Die  einzelnen  Dörfer  und  Städte  können  wiederum 
in  mehrere  \'iertel  {mahale)  mit  eigenen  Vertretungen  eingeteilt  werden.  Be- 
rechtigt zur  ^^ertretung  als  Gemeinde-  bzw.  Quarriervorsteher  {muchtar  % 
Gaugemeindevorsteher  {müdir)  und  als  Mitglied  des  Dorfältestenkollegiums 
(ichtiar'^  medsMissi)  und  des  Gaugemeinderats  {nahije^  med^chlissi)  sind  die 
zur  Dorf-  bzw.  Gaugemeinde  gehörigen  Ottomanen,  die  30  Jahre  alt  sind 
und  mindestens  100  Piaster  jährlich  direkte  Staatssteuern  zahlen.  (Bezüg- 
lich des  Wahlverfahrens  der  städtischen  Beamten  siehe  S.  38.) 

Das  aktive  Wahlrecht  haben  diejenigen  zur  Dorf-  bzw.  Gaugemeinde 
gehörigen  Ottomanen,  die  18  Jahre  alt  sind  und  jährlich  mindestens  50 
Piastei-  direkte  Staatssteuern  zahlen.  Das  Wahlverfahren  ist  schriftlich  und 
wird  von  der  Kreisregierung  (kasa)  geleitet.  Die  Wahl  des  Muchtars  bedarf 
dei"  Bestätigung  des  Kaimakam  (Landrates)  und  die  des  Müdirs  der  des  Wali 
(Oberpräsidenten).  Diese  Selbstvervvaltungskörper  sind  Hilfsorgane  der  Re- 
gierung mit  beschränkten  obrigkeitlichen  Befugnissen.  Sie  üben  ferner  eine 
streitige  und  fieiwillige  Gerichtsbarkeit  aus. 

1.  Die  Landgemeinde  (karije). 
Die  Vertretung  dej-  Landgemeinde  steht  je  zwei  von  den  verschiedenen 
Glaubensgemeinden  (millet^)  auf  1  Jahr  (mit  dem  Recht  der  Wiederwahl) 
gewählten  Muchtaren  (Gemeindevorstehei-n)  bzw.  in  Dörfern  mit  weniger 
als  20  Häusern  einem  Gemeindevorsteher  und  dem  ichtiar  medschlissi  =  Dorf- 
ältestenkollegium der  verschiedenen  Glaubensgemeinden  zti. 

1.  Der  jMuchtar  (Gemeindevorsteher)  steht  im  Flhrenamt  und 
ist  dem  zuständigen  Landrat  (kamaikam)  bzw.  Amtsvorsteher  [miidir)  unter- 
stellt. In  den  6  östlichen  Provinzen  Kleinasiens,  in  denen  Gaugemeinden 
(nahijes)  bestehen,  übt  auch  der  Müdir  (Gauvorsteher)  ein  Aufsichtsrecht 
über  ihn  aus. 

Der  Muclitar  (Gemeindevorsteher)  ist  zuständig  für  die  Veröffentlichung 
der  Gesetze,  Verordnungen  und  obrigkeitlichen  Befehle;  die  ZusteUung  von 
gerichtlichen  Protesten  und  Arrestbeschlüssen;  die  Ausstellung  von  Ihnuch- 
abeis  (Requisitions-  und  Legitimationsscheinen);  die  \'oi-nahme  der  ersten 
polizeilichen  Feststellungen  und  vorläufigen  F'estnahme;  die  Beaufsichtigung 
der  von  dem  Dorfältestenkollegium  ernannten  Flur-  {korudschi^)  und  Nacht- 
wächter {bekdschi^);  die  Eintragung  der  eingetretenen  Geburts-  und  Sterbefälle. 

2.  Das  Dorl'ältes tenkollegium  {ichtiar  medschlissi)  besteht  aus 
mindestens  3  und  höchstens  12  auf  ein  Jahr  gewälilten  Mitgliedern.  Die 
Vorsteher  der  religiösen  muselmanischen  und  nichtmusehnanischen  Ge- 
meinden sind  ständige  Mitgliedei"  desselben.  Das  Dorfältestenkollegium 
beschließt  unter  Voisitz  des  Gemeindevorstehers  per  majora  capitum.  In  die 
Zuständigkeit  des  Ichtiar  medschlissi   fällt  die  Entscheidung   zivilrechtlicher 


^. 


jl:^  2     ^^^J^    j\^\  3     ^^A^    <JS^\^  4     ^Ju  5         J^jß 


Loytved:    Verwaltiuigs- Organisation  der  Türkei.  '  37 

Streitigkeiten  durch  Vergleich  auf  Antrag  der  Parteien;  die  Beaufsichtigung 
aller  Genieindeangelegenheiten,  insbesondere  die  Überwachung  der  Ver- 
teilung der  auf  die  Gemeinde  fallenden  Steuern;  die  Ernennung  der  Flur- 
{knrudschi)  und  Nachtwächter  (bekdschi);  die  Annahme  der  zugunsten  der 
Dorfgemeinde  gemachten  frommen  Stiftungen;  die  Überwachung  des  Ver- 
mögens  der  Waisen  und  die  Verwaltung  des  Vermögens  der  Abwesenden. 

Literatur:  Gesetz  vom  7.  Dschemasi  ül  achyr  1281  (Dl  608),  vom 
29.  Schawwal  1287  (DI  625),  vom  5.  Hasiran  1295  (D  IV  260). 

Anmerkung:  Die  Mitglieder  der  einzelnen  Religionsgemeinden 
wohnen  in  der  Regel  zusammen  und  bilden  ein  Viertel  (mahale),  so  daß  die 
Dorfverwaltung  vielfach  von  den  verschiedenen  Quartiervorstehern  ver- 
schiedener Religion  ausgeübt  wird. 

2.    Die  Gaugemeinde  {iiahije). 
Die   Gaugemeinde    wird    von    dem    auf  2  Jahre  gewählten  Gemeinde- 
vorsteher  {müdir)   und  dem  nahije  medschlissi  =  Gaugemeinderat  verwaltet. 

1.  Der  müdir  =  Gaugemeindevorsteher  steht  im  Ehrenamt  und  unter- 
steht dem  zuständigen  haimakam  =  Landrat.  Seine  Zuständigkeit  ist  ähnlich 
der  des  Muchtars. 

2.  Der  nahije  medschlissi  =  Gaugemeinderat  bestellt  aus  mindestens  4, 
höchstens  8  jMitgliedern,  die  in  derselben  Weise  wie  der  Müdir  auf  2  Jahre, 
unter  Wechsel  der  Hälfte  in  jedem  Jahr,  gewählt  werden.  Die  Beschlüsse 
werden  unter  Vorsitz  des  Müdir  per  majora  capitum  gefaßt. 

Der  Nahije  medschlissi  ist  zuständig  zur  Entscheidung  von  Zivilpi-o- 
zessen,  bei  denen  die  Streitsumme  und  der  Wert  des  Streitgegenstandes 
150  Piaster  nicht  übersteigt  —  die  Entscheidung  wird  Beschluß  {karar)  und 
nicht  Urteil  genannt  und  ist  nicht  appellabel  —  und  zur  Entscheidung  der  im 
3.  Kapitel  des  Strafgesetzbuches  enthaltenen  Übertretungen,  und  zwar 
inappellabel  die  mit  6  Beschlik  bedrohten,  und  appellabel  die  übrigen  Über- 
tretungen. 

Anmerkung.  Musehnanisclie  und  nichtmuselmanische  Geistliche, 
Lehrer,  Beamte  und  Militärpersonen  können  nicht  zu  Gaugemeindevorstehern 
gewählt  werden.  Ferner  wii-d  bei  gemischtgläubigen  Gemeinden  der  Gau- 
vorsteher aus  der  Zahl  der  stärksten  Glaubensgemeinde  entnommen.  Der 
Vertreter  der  Muawin  muß  der  andern  Glaubensgemeinde  (es  handelt  sich 
nur  um  den  Gegensatz  zwischen  Muselman-  und  Nichtmuselmangemeinde) 
angehören,  und  die  Mitglieder  des  Gaugemeinderats  sollen  zur  Hälfte  Musel- 
manen, zur  andern  Hälfte  Nichtinuselmanen  sein. 

Literatur:  Gesetz  vom  11.  Rebi  ül  ewwel  1293  (Dill  33),  vom 
29.  Schawwel  1287  (DI  625),  vom  5.  Hasiran  1295  (D  IV  260). 

3.    Die  Stadtverwaltungen  (bekdije^). 
Die   Stadtverwaltungen   {beledije)    bestehen   in  jeder  Provinzial-,    Re- 
gierungsbezirks- und  Kreisregierungstadt, 

1  <o-U) 


38  Loytved:   Verwaltuiigs-Oiganisation  der  Türkei. 

Die  Verwaltung  der  Stadtgemeinde  leitet  der  Bürgermeister  {schehir 
emini^),  dem  ein  Sekretär  {katib)  und  ein  Schatzmeister  (sandyk  emini^)  zur 
Seite  steht,  und  die  Stadtverordnetenversammhmg  [heledije  medschlissi^) ,  die 
6  bis  12  gewälilte  Mitglieder  zählt.  Dazu  kommen  als  beratende  Mitgheder 
der  Munizipalitätsingenieur,  Arzt  und  Roßarzt.  Außerdem  haben  die  ein- 
zelnen Stadtviertel  {mahale)  wie  in  den  Dorfgemeinden  {karije),  einen  Ge- 
meindevorsteher utid  ein  Ältestenkollegium  (s.  S.  36). 

Der  Büigermeister  {schehir  emini)  wird  aus  der  Zahl  der  Stadt- 
verordneten auf  4  Jahre  vom  Oberpräsidenten  {wali)  ernannt  und  wird 
besoldet. 

Die  Stadtverordneten  {heledije  medschlissi  dsaleri*)  werden  von  der 
walilbeiechtigten  Hevölkeiung  der  Stadtgemeinde  auf  4  Jahre,  unter  Wechsel 
der  Hälfte  alle  2  Jahre,  gewählt.  Die  Stadtverordneten  müssen  Ottomanen, 
30  Jahre  alt  sein.  Grundbesitz  haben  und  500  Piaster  Grundsteuer  jährlich 
zahlen,  im  Besitz  der  bürgeilichen  Ehrenrechte  und  nicht  mit  einer  Strafe 
von  1  Jahr  oder  wegen  Umherstreifens  vorbestraft  sein.  Sie  stehen  im 
Ehrenarnte. 

Zur  aktiven  Wahl  berechtigt  sind  alle  in  der  Stadt  ansässigen  Otto- 
manen von  2")  .lahren.  die  im  Besitz  der  bürgerlichen  Ehrenrechte  und 
nicht  vorbestraft  sind  und  für  Grundbesitz  innerhalb  der  Stadigemeinde 
50  Piaster  jährlich  Grundsteuer  zahlen. 

Das  Wahlverfahien  ist  folgendes: 

Die  Muchtare  und  Vorsteher  der  religiösen  Gemeinden  der  einzelnen 
Stadtviertel  bestimmen  aus  der  Zahl  ihrer  wahlberechtigten  Gemeindemit- 
glieder  je  2  Personen  als  Vertrauensmänner.  Von  diesen ,  die  zusammen 
mindestens  20  sein  müssen,  werden  darauf  10  durch  das  Los  gewählt,  die 
die  Wahlkommission  bilden.  Letztere  stellt  auf  Grund  der  Gruudsteuer- 
bücher  eine  Liste  der  Kandidaten  auf,  die  8  Tage  lang  öffentlich  aus- 
gehängt wird.  Gegen  die  Richtigkeit  der  Liste  kann  innerhalb  dieser  8  Tage 
Einspi-uch  erhoben  werden,  über  den  innerhalb  der  nächsten  8  Tage  von 
der  Wahlkommission  entschieden  wird.  Gegen  diese  Entscheidung  kann 
wiederum  in  10  Tagen  Berufung  beim  ordentlichen  Gericht  L  Instanz  ein- 
gelegt werden.  Anfang  Februar  erfolgt  die  Wahl  innerhalb  10  Tagen.  Die 
Wahl  ist  geheim  und  schriftlich.  Am  15.  Februar  wird  das  Wahlresultat 
dem  am  Ort  befindlichen  Provinzialrat  bzw.  Bezirks-  oder  Kreisrat  mit- 
geteilt und  nach  ihrer  Bestätigung  von  der  Regierung  bekanntgegeben. 

Die  Stadtverordnetenversammlung  soll  zweimal  in  der  Woche  zu- 
sammentreten. Sie  beschließt  per  majora  capitum.  Quorum  I  +  V2,  wenn 
auf  zweimalige  Ladung  Quorum  nicht  erreicht  wird,  ist  die  Beschlußfähig- 
keit an  keine  bestimmte  Zahl  gebunden. 

Die  Stadtverwaltung  ist  zuständig: 

1.  für  die  Verkehrspolizei;  Genehmigung  von  Neu-  und  Umbauten; 
Anlagen  und  Erhaltung  von  Verkehrswegen  und  Verkehrs- 
mitteln; für  die  Beleuchtung  und  Verschönerung; 


Loytved:   Verwaltungs- Organisation  der  Tüi-kei.  39 

2.  für  die  Verwaltung  der  Wasserangelegenlieiten  (zugleich  mit 
dem  Ministerium  der  frommen  Stiftungen),  des  (Jesundheits- 
wesens;  für  die  Krankenpflege  und  Ausübung  der  Lebensmittel- 
poli/ei  (zugleich  mit  der  Medizinschule),  Kanalisation  und  An- 
lage  von  Schlachthäusern; 

3.  für  die  Beaufsichtigung  der  Märkte,  Zünfte,  Lustbarkeiten  und 
Schenken  (zugleich  mit  der  Polizeibehörde)  und  das  Gewichts- 
wesen; 

4.  für  die  Verwaltung  der  ihm  vom  Staat  überlassenen  und  über- 
tragenen Abgaben,  die  in  den  einzelnen  Stadtgemeinden  ver- 
schieden sind. 

Literatur:    Gesetz   vom    29.  Schawwal  1297    (D  I  625,    Art.  112); 
Gesetz  vom  27.  Ramasan   1294  (D  IV  570). 


Kapitel  III. 

Konstantinopel. 
A.    Stadtpräfektur   {schehir  emaneti). 

Die  Organisation  der  Provinz  Konstantinopel  weicht  von  der  der  an- 
deren Provinzen  ab:  es  fehlen  die  Regierungsbezirke  {liwä)  und  in  der 
Stadt  Konstantinopel  die  kouununalen  Stadtverwaltungsbehörden.  Die  Pro- 
vinz Konstantinopel  zerfällt  in  Konstantinopel-Stadt  und  in  Konstanti- 
nopel-Land. 

Konstantinopel -Stadt  ist  in  10  Kreise  {daire)  mit  je  einem  Stadt- 
ki'eisdirektor  (müdir)  eingeteilt:  1.  Direkler  arassinda,  2.  Fatih  dschewa- 
rinda,  3.  Dschirrah  pascha  dschewarinda  (alle  drei  in  Stambul),  4.  Be- 
schiktasch,  5.  Jeniköj,  6.  Pera,  7.  Büjükdere,  8.  Kanlidscha,  9.  Skutari, 
10.  Kadiköj. 

Konstantinopel -Land  zerfällt  in  5  Provinzialkreise  (Jcasa)  mit  je 
einem  Landrat  {kaimakam)  an  derS])itze:  1.  die  Prinzeninseln  (Regierungs- 
sitz in  Prinkipo),  2.  Kartal,  3.  Bejkos,  4.  Kütschük  tschekmedsche,  5.  Schile. 

An  der  Spitze  der  Provinz  Konstantinopel  steht  der  schehir  emini, 
Stadtpräfekt  von  Konstantinopel,  der  die  Funktionen  eines  Wali  mit  denen 
eines  Bürgermeisters,  mit  Ausnahme  der  dem  Polizeiminister  {sabtije  nasiri) 
für  Konstantinopel  -  S  t  a  d  t  übertragenen  Sicherheitspolizeiangelegenheiten, 
ausübt. 

Dem  Stadtpräfekten  steht  ein  Beirat  {medschliss-i-emanet)  zur  Seite, 
dessen  Mitglieder  durch  kaiserliches  Trade  ernannt  sind. 

Literatur:  Gesetz  vom  18.  Dschemasi  al  achyr  1285;  Gesetz  vom 
23.  Ejlul  1293  (D  IV  552). 

Anmerkung.  Konstantinopel -Stadt  zerfällt  auch  in  mehrere  Stadt- 
viertel (mahale).  Diese  haben  aber  nur  Gemeindevorsteher  {mucJitar)  und 
kein  Altestenkollegium  {ichtiar  medschlissi). 


40  Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

B.    Polizeiministerium   (ßahtije  nesareti). 

Für  die  Ausübung  der  Kriminal-,  Sicherheits-  und  Ordnungspolizei 
(Ausstellung  von  Pässen,  Waffenscheinen,  Ausübung  der  Tbeaterzensur)  in 
Konstantinopel-Stadt  ist  das  Polizeiministerium  {sabtije  nesareti)  zuständig, 
mit  dem  Polizeiminister  {sabtije  nasiri)  an  der  Spitze,  dem  gleichzeitig  die 
Bearbeitung  der  Personalien  sämtlicher  Polizeibeamten  in  der  Türkei  zusteht. 

Die  Abgi  enzung  der  polizeilichen  Verwaltungsbezirke  der  Stadt  Kon- 
stantinopel geht  von  den  drei  großen  Stadtteilen  Stambul,  Pera  und  Sku- 
tari  aus,  in  denen  je  ein  Polizeidirektoiium  {müdirijet  bzw.  Tnütessarißik)  be- 
steht, mit  den  dazu  erforderlichen  Polizeistationen  (merJces^)  und  Wachen 
(karakoP). 

Literatur:  Gesetz  vom  21.  Silhiddsche  1286  (D  I  688,  zum  großen 
Teil  veraltet). 

Anmerkung.  Die  Polizeistation  {vurkes)  von  Beschiktasch  ist  wegen 
der  Überwachung  des  in  der  Nähe  befindlichen  kaiserlichen  Palais  beson- 
ders wichtig;  der  Voisteher  derselben  bekleidet  den  Rang  eines  Marschalls 
{müschir  ^). 


Dritte  Abteilung. 
Organe  der  Verwaltungsgerichtsbarkeit. 

Für  das  Verwaltungsstreitverfaluen  {da'wa-i-idare^):  in  Disziplinar- 
sachen, Prozessen  zwischen  Fiskus  und  Privaten,  Beschwerden  gegen 
Beamte,  Kompetenzkonilikten,  sind  die  Verwaltungsgei-ichto  zuständig,  die 
sich  in  folgender  Weise  zusammensetzen : 

In  den  Provinzen  üben  die  Verwaltungsgerichtsbarkeit  der  Kreis- 
ausschuß {kasa  idare  medscklissi),  der  Regierungsbezirksausschuß  {Ihca 
idare  medschlissi),  der  Provinzialrat  {medschliss-i -idare- i-wllajet)  aus. 

In  Konstantinopel  dienen  als  Verwaltungsgerichte  die  drei  unter  der 
Leitung  des  Staatsrats  {schura-i-dewlet)  imd  der  gleichzeitigen  Aufsicht  des 
Justizniinisters  stehenden  Verwaltungsgerichtsabteilungen  des  Staatsrats: 
1.  hedajet  mahkemessi"  =:=  Gericht  I.  Instanz,  mit  1  Präsidenten  und  4  Bei- 
sitzern, 2.  istinaf  mahkemessi^  =  Berufungsgei-icht,  mit  1  Präsidenten  und 
6  Beisitzern,  3.  mahkeme- i-ternjis"^  =  Revisionsgericht,  mit  1  Präsidenten 
und  8  Beisitzern, 

Für  Kompetenzkonflikte  (ichtila/^)  tritt  unter  dem  Vorsitz  des  Präsi- 
denten des  Staatsrats  ein  Gerichtshof  zusammen,  der  aus  drei  INIitgliedern 
des  Staatsrats  und  drei  Mitgliedern  des  Kassationshofes  der  ordentlichen 
Gerichte  besteht. 


Loytvkd:   Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  41 

Die  Zuständigkeit  der  Gerichte  richtet  sich  nach  der  Art  des  Ver- 
brechens und  dem  Rang  des  Beamten.  Die  Berufung  erfolgt  bei  dem  nächst 
höheren  Gericht,  und'  zwar  gegen  Urteile  des  Provinzialrats  bei  den  Ge- 
richten des  Staatsrats.  Die  Revision  ist  bei  dem  Revisionsgericht  des  Staats- 
rats einzulegen. 

Literatur:  Gesetz  vom  29.  Schawwal  1287  (DI  644,  Art.  90  ff.); 
Gesetz  vom  3.  Rebi  ül  ewwel  1288  (D  I  604);  Gesetz  vom  31.  Kanun-i-ssani 
1299  (L.  I  122.  127  —  129);  Gesetz  vom  5.  Kanun-i-ssani  1312  (L.  D  II  93). 


Nachtrag. 
Die  Einnahmen  der  Türkei. 

Die  Einnahmen  des  türkischen  Staates  sind  zum  Teil  noch  auf  die 
im  Koran  und  von  den  ersten  Kalifen  verordneten  Steuern  zurückzuführen. 
Die  älteste  Steuer  ist  die  Armensteuer  (sedakat^)  (Sure  2,  40),  die  vom  Acker- 
land, Geld  und  von  den  Herden  erhoben  wurde,  und  zwar,  wie  die  Kom- 
mentatoren ausführen,  von  den  Kamelen,  Rindern,  Schafen  und  Ziegen. 
Bei  der  Festsetzung  der  Armensteuer  vom  Ackerland  war  die  Fruchtbarkeit 
des  Bodens  entscheidend.  In  wasserreichen  Gegenden  betrug  sie  den  zehnten 
Teil  (üschr^),  in  weniger  fruchtbaren  hingegen  den  halben  Zehnten  der  Boden- 
erträgnisse. 

Diese  Armensteuer  hat  sich  bis  in  die  Neuzeit  in  der  Form  des 
Zehnten  (üschiir)  der  Hammelsteuer  (agnam^)  und  der  vor  der  Einführung 
der  allgemeinen  Viehsteuer  bestehenden   Kamels-  und  Büffelsteuer  erhalten. 

Neben  der  Armensteuer  schrieb  Mohammed  (Sure  9,  29)  die  Erhebung 
einer  Kopfsteuer  {dschisije^)  von  den  besiegten  Christen  und  Juden  vor  als 
»Entgelt  für  die  Befreiung  vom  Tode-,  dem  sie  eigentlich  verfallen  waren. 
Gleichzeitig  wurden  die  unterwoi-fenen  Andersgläubigen,  die  im  Besitze 
ihres  Grund  und  Bodens  belassen  wurden,  einer  Grundsteuer  {charadsch^) 
unterworfen.  Seit  dem  Hath-i-humajun  von  1856  (Art.  XVII),  durch  den 
die  Gleichheit  der  Muselmanen  und  Nichtmuselmanen  verkündet  wurde,  sind 
diese  Steuern  abgeschafft  worden.  An  deren  Stelle  ist  die  Steuer  für  die 
Befreiung  der  Nichtmuselmanen  vom  Militärdienst  (bedel-i-askerije'^)  und  die 
allgemeine  Grund-  und  Gebäudesteuer  {loergi'^)  getreten. 

Außer  diesen  Steuern  besaß  der  türkische  Staat  in  früheren  Zeiten 
weitere  Einnahmequellen,  wie  z.B.  die  Kriegsbeute,  von  der  dem  Fiskus 
{hejt-id  rnal^)  V5  zukam,  jedoch  haben  diese  bei  der  Betrachtung  der  gegen- 
wärtigen Einnahmequellen  des  türkischen  Staates  ein  geringes  Interesse. 

Die  gegenwärtigen  ICinnahmen  der  Türkei  zerfallen  wie  die  jedes 
Staates  in  staatswirtschaftliche  und  privatwirtschaftliche. 

1  Cil-^  2  ^  3  A:^\  4  ^j^  B  ^J^  G  ^^J.^  Jj«  7  ^J3 
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42  Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

Zu  den  ersteren,  die  vom  Staat  kraft  seiner  Hoheit  zwangsweise  aus 
dem  Einkouunen  der  ihm  unterstehenden  Staaten  und  Personen  erhoben 
werden,  gehöi-en  1.  die  Tribute,  2.  die  direkten  Steuern,  3.  die  indirekten 
Steuern,  4.  die  Gebühren,  5.  die  Vermögensstrafen  und  die  Einnahmen  aus 
dem  Anfallsrecht. 

Unter  die  privatwirtschaftlicheii  Einnahmen  fallen,  nach  Watiner,  die- 
jenigen Einnahmen,  die  der  Staat  als  »Einzelwirtschaft  in  Unternehmungen 
ganz  nach  den  gewöhnlichen  Grundsätzen  des  privatwirtschaftlichen  Systems 
in  der  freien   \'erkehrskonkurrenz  erwirbt«. 


A.  Die  gegenwärtigen  staatswirtschaftliehen  Einnalimen  der 
Türkei  sind: 

I.  Tribute. 

1.  Tribut  von  Cvpern.  Der  Überschuß  der  Einnahmen  der  Insel 
wird  nach  Abzug  der  Verwaltungsausgaben  von  England  an  die 
Tiu'kei  überwiesen,  die  denselben  der  Dette  publique  zur  Ver- 
fügung stellt. 

2.  Tribut  von  OstrumeHen,  der  der  Dette  publique  zutließt. 

3.  Tribut  von  Samos. 

4.  Tribut  vom  Berge  Athos. 

5.  Tribut  von  Bulgarien  ist  der  Dette  pubhque  überwiesen,  wird 
aber  tatsächhch  nicht  bezahlt,  ebensowenig  wie  Bulgarien,  Ser- 
bien, Montenegro  und  Gi-iechenland  den  auf  sie  entfallenden 
Anteil  an  der  öffentlichen  türkischen  Schuld  an  die  Dette  publique 
entrichten. 

II.    Die  direkten  Steuern. 

1.  Der  Zehnt  {üschür), 

2.  die  Grund-  und  Gebäudesteuer  (tcergi), 

3.  die  Hammelsteuer  (agnam), 

4.  die  Viehsteuer  {haiioanat-i-ehlije-resmi^), 

5.  die  Steuer  der  Nichtmuselmanen  für  die  Befreiung  vom  Militär- 
dienst (öedel-  i  -  asJceriJe), 

6.  die  Gewerbesteuer  {ieme(tü% 

7.  die  Einkommensteuer  (wergi-i-chussussi^), 

8.  die  Wegesteuer  (jol  parassi*). 

1.  Der  Zehnt  {üschür)  (L.  I.  295).  wird  von  den  Bodenerzeugnissen 
sämtlicher  Ländereien,  Privat-  und  Gemeindewälder,  erhoben.  Bis  zum 
Jahre  1313  betrug  er  10  Prozent  von  dem  Wert  der  Erträgninisse,  seitdem 


Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  43 

ist  er  um  V2  Pj'ozent  erhöht  worden.  Im  Jahre  1300  erhielt  er  einen  Zu- 
schhig  von  1  Yo Prozent,  der  7.11  Ys  fi"'  die  Unterstützimg  des  öifentlichen  Unter- 
richts {hisse- i-mearif-),  zu  Y3  als  Zuschuß  {hisse -i-menaß-)  für  die  landwirt- 
schaftliche Kreditbank  {syraat  banhassi^)  dienen  soll.  Ferner  wurden  dem  Zehnt 
im  Jahre  1316  weitere  6  Prozent  desselben  zum  Zwecke  der  Bescliaffimg 
militärischer  Ausrüstungsgegenstände  {tedschisat-i-askerije)  zugeschlagen,  so 
daß  der  sogenannte  Zehnt  mit  Zuschlägen: 
10,5  Pi'ozent  Zehnt, 

0,5        »         Am^-^■-77^rar//' zum  Zwecke  des  öffentlichen  Unter- 
richts, 
1,0         »         hisse- i-menaß  für  die  landwirtschaftliche  Bank, 
0,6         »  bedel-i-tedschisat-i-asJceriJe    für     die     militärischen 

Ausrüstungen, 
zusammen   12.6  Pi-ozent  beträgt. 

An  Stelle  des  Zehnten  wii-d  von  Grundstücken ,  die  infolge  bestimmter 
Anlagen,  wie  z.B.  Tennen,  Mühlen  und  Hürdenanlagen,  nicht  bebaut  oder 
deren  jährliche  Erträgnisse  wegen  der  Art  der  Bodenerzeugnisse,  wie  z.  B. 
bei  Weiden  {otlak*).  Sommer-  {jailak^)  und  Winterweiden  {kyschlak^)  schwer 
eingeschätzt  werden  können,  eine  demselben  entspi-echetide  jährliche  Ab- 
gabe {idschare-i- semin,  rüssumat-i- otlakije ,  jailakije ,  kyschlakije''),  die  festge- 
setzt ist  {mukatea^),  erhoben. 

Von  Bergwerken  (Minen  und  Steinbrüchen)  wird  ebenfalls  anstatt  des 
Zehnten  eine  Ertragssteuer  erhoben,  die  nach  der  Art  der  Bei-gwerke 
verschieden  ist.  Sie  wird  rüssum-i-nisbije^  genannt,  d.  h.  verhältnis- 
mäßige Steuer. 

Der  Zehnt  kann  mit  Ausnahme  einiger  Fruchtarten  in  natura  ent- 
richtet werden. 

Er  wird  in  der  Regel  durch  öffentliche  Versteigenmg  nach  einzelnen 
Dorfgemarkungen  {karije)  von  der  Kreisregierung,  dann  nach  einzelnen 
Kreisen  (kasa)  von  dei'  Bezirks-  (liwa)  und  Pi-ovinzialregierung  {wilajet) 
auf  1  Jahr,  bei  Oliven  auf  2  Jahre,  an  den  meistbietenden  Ottomanen  ver- 
pachtet. Wenn  sich  kein  geeigneter  Pächter  findet,  wird  der  Zehnt  un- 
mittelbar von  der  Regierung  erhoben. 

Die  Einkünfte  aus  dem  Zehnten  fließen  im  allgemeinen  dem  Finanz- 
ministerium zu.  Das  Ministerium  für  Landwirtschaft,  Minen  imd  Forsten 
bezieht  den  Zehnten  von  den  Walderträgnissen ,  sowie  die  Bergwerksertrags- 
steuer, ferner  zieht  das  Ministerium  der  frommen  Stiftungen  den  ihm  ge- 
stifteten Zehnten  ein.  Der  Verwaltung  der  öffentlichen  Schulden  sind  die 
Zehnten  von  den  Seideerträgnissen  und  100000  Ltq.  von  dem  Tabakzehnten 
verpfändet. 


44         "  Loytved:   Yerwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

2.   Die  Grund-  und  Gebäudesteuer  (wergi)  (D  IV  810,  L.  I  183 
L.  D  11.  259)  wird  von   allen  Landgattungen  erhoben.     Sie  beträgt: 

a)  4  pro  1000  vom   Wert    der    Liegenschaft    ohne   Gebäude  (Grund- 

stücke, Wiesen ,  Wälder,  Fischteiche  u.a.):  Grund- 
steuer; 

b)  5  pro  1000  vom  Wert    des   Gel)äudes,    das    zur   Wohnung    des 

Eigentümers  bestimmt  ist; 

c)  8  pro  1000  wenn    im    Fall  b    das    Gebäude    einen    höheren    Wert 

als     20000    Piaster    hat:    Gebäudesteuer    {mussakefat 
wergissi  ^) ; 

d)  10  pro  1000  von    allen    vermieteten    Gebäuden:    Gebäudemiets- 

steuer {aliJcar  icergissP). 
Zu  dieser  Steuer  tritt,  wenn  das  Grundstück  nicht  dem  Zehnt  unter- 
worfen ist,  ein  Zuschlag   von  6  Prozent  derselben    zum  Zweck   des   öffent- 
lichen Unterrichts  {hisse- i-mearif)  luid  6  Piozent  derselben  zum  Zweck  der 
Beschafiung  militärischei-  Ausrüstungen  (bedel-i-tedschisat-i-asTcerije). 

Die  Abschätzung  und  Veranlagung  soll  alle  5  Jahre  von  4  Sachver- 
ständigen erfolgen,  die  von  den  zuständigen  Verwaltungsräten  der  Gau- 
gemeinden {nahije)  und  von  den  Regierungsbehörden  gewählt  werden.  Behufs 
Einziehung  der  Grund-  und  Gebäudesteuer  soll ,  wie  bei  der  Gewerbesteuer 
und  der  Steuer  für  die  Befreiung  vom  Militärdienst,  nach  dem  Steuer- 
einziehungsgesetz vom  8.  Silhiddsche  1319  in  jedem  Jahr  vor  dem  Monat 
März  eine  allgemeine  Liste  {dschedicel)  mit  den  Namen  der  Steuerpilichtigen 
und  der  auf  sie  entfallenden  Steuern  an  einem  geeigneten  Ort  veröflVntlicht 
und  der  Liste  entsprechende  Steuerzettel  {tesTcere)  durch  die  Steuereintreiber 
an  die  einzelnen  verteilt  werden ,  die  nach  Entrichtung  der  Steuer  eine 
Quittung  {makbus  Um  uchaheri)  erhalten.  Steuereintreiber  (tahssildar)  unter 
der  Leitung  eines  Hauptsteuereintreibers  {ser  tahssildar^)  und  unter  der 
Aufsicht  eines  im  Kreis  {kasa)  befindlichen  Inspektors  (müfettisch)  sollen  in 
den  einzelnen  Dörfern  und  Städten  des  Kreises  die  Steuer  einziehen. 
Außei'deni  soll  die  Einziehung  von  einer  Kommission  bewacht  werden,  die 
sich  an  jedem  Hauptsitz  der  Kreis-,  Bezirks-  und  Provinzregierung  befindet 
und  aus  den  Regiei'ungssteuerbeamten  {deßerdar,  muhassebcdschi .  mal  müdiri) 
sovi^ie  einem  Mitglied  der  Verwaltungsi-äte  und  der  zugehörigen  ]Muni- 
zipalitäten  besteht. 

Die  Steuereintreiber  liefern  das  Geld  an  die  ihnen  vorgesetzten  Re- 
gierungssteuerbeamten  ab. 

Die  Grund-  und  Gebäudesteuer  iließt  dem  Finanzministerium  zu,  so- 
weit sie  nicht  dem  Ministerium  der  fronnnen  Stiftungen  überlassen  ist;  ferner 
erhält  die  Munizipalität  von  Konstantinopel  die  Hälfte  des  innerhalb  des 
dortigen  Stadtbezirkes  eingezogenen  Steuerertrages. 

3.  Die  Hammelsteuer  (agnam  wergissi)  (D  IV  804,  L.  D  II  236) 
betrift't  Hammel,  Schafe   und  Ziegen,   von    denen  jährlich  auf  Grund  einer 


^^Sj^   Cj\kju^         2    ^^^jj  jUi^  3    jl4.L-a^  j^ 


Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  45 

von  dem  Gemeindevorsteher  im  März  jedes  Jahres  aufzustellenden  Liste 
eine  Steuer  von  2  —  5  Piaster  pro  Stück,  je  nach  den  Ortspreisen,  er- 
hol )en  werden. 

4.  Die  im  Jahre  1903  eingeführte  Haustiers  teuer  {haiwanat-i-ehlije 
resmi)  unterwirft  Pferde,  Maultiere,  Kamlee,  Büffel,  Ochsen,  Kühe  und 
Schweine  einer  Jahressteuer  von  10  Piaster  pro  Stück  und  die  Esel  einer 
Steuer  von   3  Piaster. 

Ausgenommen  von  der  Mehsteuer  sind  alle  Tiere  unter  2  Jahren,  ferner 
das  Paar  Arbeitstiere,  das  allein  im  Eigentum  des  Bauern  steht. 

.5.  Die  Steuer  der  Nichtmusel  manen  für  die  Befreiung  vom 
Militärdienst  (bedd-i-asJcerije)  (L.  D.  \\  oAl)  wiid  von  den  nichtmusel- 
manischen  Gemeinden  entrichtet,  und  zwar  in  der  Art,  daß  135  Männer 
für  5000  Piaster  aufkommen. 

Männliche  Personen  unter  15  und  über  76  Jahre,  ferner  Geistliche, 
Arme,  Arbeitsunfähige  und  die  Einwohner  von  Konstantinopel  sind  von 
dieser  Steuer  befreit. 

Hiei'her  ist  auch  die  von  den  wehrptlichtigen  Muselmanen,  die  sich 
nach  einem  dreimonatigen  Dienst  von  dem  Rest  der  Dienstzeit  für  50  Li», 
loskaufen  können,  zu  entrichtende  Abgabe  {bedel-i-naMi^)  zu  zählen. 

Die  erstere  Steuer  Hießt,  wie  die  beiden  vorhergehenden  zu  3  und  4, 
dem  Finanzministerium,  die  letztere  Abgabe  dem  Kiiegsministerium  zu. 

6.  Die  Gewerbesteuer  (temettü)  (D  IV  863,  L.  I  183)  "  beträgt 
5  Prozent  von  den  Einnahmen  der  Handwerker,  der  Handel-  und  Geweibe- 
treibenden  und  soll  durch  2  von  den  zuständigen  \'erwaltungsräten  und 
2  von  der  Ortsbehörde  gewählte  Sachverständigen  veranlagt  werden.  Die 
Einwohner  von  Konstantinopel  sind  von  dieser  Gewerbesteuer  befieit.  An 
deren  Stelle  besteht  in  Konstantinopel  eine  Zunftsteuer  {essnaf  wfryissi), 
der  die  kleineren  Handwerker  und  Gewerbetreibenden,  für  die  Zunftzwang 
besteht,  unterworfen  sind. 

Die  Gewerbesteuer  bezieht  das  Finanzministerium,  die  Zunftsteuer 
die  Munizij)alität  von   Konstantino{)el. 

7.  Die  Einkommensteuer  {wprgi-i-chnsmssi),  G esetz  vom  7.  August 
1319,  wird  von  allen  männhchen  Bewohnern  der  Türkei,  die  das  18.  Lebens- 
jahr vollendet  haben,  erhoben.  Die  Steuerj)tlichtigen  werden  unter  Zu- 
gi-undelegung  ihres  Einkommens  von  2  Tagen  in  8  Steuerklassen  mit  fol- 
genden Steuersätzen   eingeteilt: 

I.  Klasse    Mmfaßt  50  Prozent   der    Steuerpllichtigen ,    die  5  Piaster 

pro  Kopl'  jährlich  zahlen, 
IL  Klasse  umfaßt  20   Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  10  Piaster 

]u-o  Kopf  jährlich  zahlen, 
HL  Klasse  umfaßt  12  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  20  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

1    Ji'   J^^ 


46  Loytved:    Yerwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

IV.  Klasse  umfaßt  8  Prozent  der  Steuerpflichtigen ,  die  40  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

V.  Klasse  umfaßt  5  Prozent  der  Steuerpflichtigen,    die  60  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

VI.  Klasse  umfaßt  2  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  80  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

VII.  Klasse  umfaßt  2  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  100  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

VIII.  Klasse  umfaßt  1   Prozent  der  Steuerpflichtigen. 

Die  Steuerpflichtigen  der  VIII.  Klasse  werden  wieder  in  7  Klassen  mit 
folgenden  Sätzen  eingeteilt: 

I.  Klasse  umfaßt  30  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  150  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

II.  Klasse  umfaßt  20  Prozent  der  Steuerpflichtigen ,  die  200  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

III.  Klasse  umfaßt  20  Prozent  der  Steuerpflichtigen ,  die  300  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

IV.  Klasse  umfaßt  15  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  400  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

V.  Klasse  umfaßt  10  Prozent  der  Steuerpflichtigen ,  die  500  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen, 

VI.  Klasse  umfaßt  3  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  750  Piaster 

pro  Kopf  jährlich  zahlen. 

VII.  Klasse  umfaßt  2  Prozent  der  Steuerpflichtigen,  die  1000  Piaster 

pro   Kojjf  jährlich  zahlen. 

Die  gesamte  Landbevölkerung  wird  in  die  I.  Klasse  mit  dem  Steuer- 
satz von  5  Piaster  einbezogen. 

Ausgenommen  von  der  Einkommensteuer  sind  Kranke,  Arbeitsunfähige, 
Arme,  die  Siebzigjährigen  der  I.  und  II.  Klasse,  Offiziere  unter  dem  INIajors- 
grad  und  Soldaten  unter  der  Fahne. 

Zum  Zwecke  der  Veranlagung  dieser  Steuer  haben  die  Beamten  der 
Personenstandsregister  an  die  Finanzbehorden  eine  Liste  derjenigen  männ- 
lichen Einwohner  einzureichen,  die  das   18.  Lebensjahr  vollendet  haben. 

In  jedem  Kreis-,  Bezirks-  und  Provinziali-egierungsort  soU  sich  eine 
Kommission  aus  Mitgliedern  der  Verwaltungsräte  unter  Voisitz  der  ent- 
sprechenden Regierungssteuerbeamten,  und  in  Konstantinopel  aus  Beamten, 
die  vom  Finanzministerium  zu  ernennen  sind,  zusammensetzen  und  die 
Klasseneinteilung  der  Steuerpflichtigen  vornehmen. 

Die  Steuerpflichtigen  sollen  bis  zum  20.  Januar  von  der  SteuerklavSse, 
in  die  sie  für  5  Jahre  gesetzt  worden  sind,  benachrichtigt  werden.  Gegen 
diese  Entscheidung  steht  den  Steuerpflichtigen  das  Recht  der  Beschwerde 
innerhalb  10  Tagen  bei  den  zuständigen  \'erwaltungsräten ,  in  Konstantinopel 
bei  dem  Finanzministerium,  zu.  Nach  der  Verteilung  der  Steuerzettel  wird 
die  Einkommensteuer  am  1.  März  jedes  Jahies  erhoben  und  bei  den  Beamten 
von  dem   Aprilgehalt  zurückbehalten. 


Loytved:    Verwaltungs- Organisation  der  Türkei.  47 

8.  Die  Wegeabgabe  {jol  parassi)  (D  II  302  und  310  L.  I  429) 
ist  nicht  eine  Steuer  wie  die  anderen.  Sie  tritt  ersatzweise  ein  für  den 
Hand-  und  Spanndienst,  zu  dem  sämtliche  männUche  Ottomanen,  die  das 
18.  Lebensjahr  vollendet  und  das  60.  Jahr  noch  nicht  erreicht  haben,  für 
die  Herstellung  von  Landwegen  während  20  Tagen  in  5  Jahren  verptUchtet 
sind.  Durch  eine  jährliche  Abgabe  von  10 — 15  Piaster,  je  nach  den 
Arbeitslöhnen  der  einzelnen  Orte,  können  sie  sich  von  diesem  Dienst  befreien. 

In  Konstantinopel  wird  an  Stelle  dieser  Wegeabgabe  eine  Munizi- 
palitätssteuer {qaldyrum  resmi^),   »Pflasterabgabe«,  erhoben. 

Ausgenonunen  sind  die  Geistlichen ,  Lehrer,  Kranken ,  die  unter  den 
Waffen  befindlichen  Soldaten  und  Gendarme,  Beamten,  Schüler  und  Palais- 
beamten. 

Die  Wegeabgabe  fließt  dem  Handelsministerium  und  dem  der  öffent- 
lichen Arbeiten  zu. 

Anmerkung.  Die  Ausländer  sind  nur  den  Grundabgaben  unter- 
worfen. 

III.    Die   indirekten  Steuern: 

1.  der  Zoll  {resm-i-kömrük^), 

2.  die  Spirituosensteuer  {müsMrat  resm-i-mirissi% 

3.  die  Tumbekisteuer  {tömhelci  heijeosi), 

4.  die  Fischereisteuer  (balyk  resm-i-mirissi'^). 

1.  Der  Zoll  {resm-i-kömrük)  wird  in  der  Türkei  bei  der  Ein-,  Aus- 
und  Durchfuhr  erhoben. 

Der  Einfuhrzoll  beträgt  für  fast  alle  Waren  8  Prozent  vom  Marktpreis 
der  Waren  am  Ankunftsort;  der  Aus-  und  Durchfuhrzoll  1  Prozent  vom 
Schätzungswert  derselben.  Die  inländischen  Waren,  die  auf  dem  Seeweg 
von  einer  Provinz  in  die  andere  geleitet  werden ,  sind  einem  Binnenzoll  von 
2  Prozent  ihres  Schätzungswertes  unterworfen. 

Die  Zolleinnahmen  werden  von  der  Generalzollverwaltung  {rüssumat 
emaneti)  verwaltet.  Die  Erträgnisse  aus  dein  Binnenzoll  sollen  für  die  Be- 
schaffung militärischer  Ausrüstungen  verwendet  werden.  Ferner  fließen 
50000  Ltq.  von  den  Zolleinnahmen,  die  bei  der  Einfuhr  von  Tumbeki 
(3  Prozent  pro  Kilo)  erhoben  werden,  der  Dette  publique  zu. 

2.  Die  Spirituosensteuer  (müskirat  resm-i-mirissi)  (D.  S.  II  52. 
L.  I  180)  zerfällt: 

a)  in  eine  Materialsteuer  {resm-i-miri)  auf  Wein,  Bier  und  Brannt- 
wein (Suma,  Rum  und  Kognak), 

b)  in  eine  Verbrauchssteuer  (resm-i-miri)  auf  eingeführten  und  in- 
ländischen Alkohol, 

c)  in  eine  Schanksteuer  {heije^)  von  Schankwirtschaften,  die  spiri- 
tuosenhaltige  Getränke  verkaufen. 


48  I>oytved:   Yerwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

Die  Materialsteuer  (Maischbottichsteuer)  beträgt  15  Prozent  von  dem 
zur  Fabrikation  des  Weines,  Bieres  und  Branntweines  verwendeten  Stoffe. 

Die  Vei-anlagung  dieser  Steuer  erfolgt  durch  die  Verwaltungsräte. 

Die  Verbrauchssteuer  beti'ägt  48  Para  pro  Okka  eingeführten  oder  im 
Inland  fabrizierten  Alkohols. 

Die  Schanksteuer  wird  r.ach  der  jährlichen  Miete  der  Schankwirt- 
schaft bzw.,  wenn  die  Wirtschaft  Eigentum  des  Wirtes  ist,  nach  einem  von 
4  Notabein  des  betreffenden  Viertels  {mahale)  berechneten  Mietspreise  er- 
hoben, und  zwar  in  Höhe  von  25  Prozent  der  Miete. 

Hotels,  die  keinen  Ausschank  (Gastwirtschaft)  gleichzeitig  haben,  so- 
wie Verkaufsläden,  die  ohne  auszuschenken  nur  ins  Haus  Spirituosen  lie- 
fern, sind  der  Schanksteuer  nicht  unterworfen. 

3.  Die  Verbrauchssteuer  {tnmbeki  be'ijessi)  auf  Tumbeki  (Tabak 
für  Wasserpfeifen).  Auf  allen  eingefühi-ten  ausländischen  Tumbeki  ruht 
eine  \'erbrauchssteuer.  Dieselbe  wird  nach  der  Große  der  Vei-kaufsläden 
bemessen.  Dementsprechend  werden  150,  100  oder  50  Para  j)ro  Kilo  (bzw. 
37 Y2'  25  oder  l'iYg  von  den  Läden,  die  bereits  Tabak  verkaufen  dürfen) 
erhoben. 

4.  Die  Fischereisteuer  (baly'k  resm-i-mirissi)  (D.  S.  III  113)  wird 
in  Konstantinopel  und  Vororten  in  der  Weise  eingezogen,  daß  die  Fische 
in  den  Fischhallen  der  Verwaltimg  der  öffentlichen  Schulden  öffentlich  ver- 
steiirert  weiden  und  von  dem  Fj-lös  20  Prozent  erhoben  werden.  Außer- 
halb Konstantino|iels  wird  die  Fischereisteuer  versteigert  oder  unmittelbar 
eingezogen.  Sie  beträgt  in  der  Provinz  20  Prozent  von  den  Meei--,  Fluß- 
fischen vuid  denen  giößerer  Seen,  10  Prozent  von  den  Fischen  kleinerer 
Seen  und  von   Bächen. 

IV.    Gebühren. 

Die  Gebühren  zerfallen  in  \'erwaltungsgel)ühren  und  in  Gebühren  der 
stieitigen  und  nichtstreitigeri  Rechtspflege.  Die  Krhebung  der  Gebühren 
eifolgt  teils  unmittelbar  bei  jeder  Inanspiuchnahme  einer  gebührenbelaste- 
ten Staatstätigkeit  durch  Barzahlung  oder  durch  Stemj)elgeltühr,  teils  in 
Form   von  jährlichen   Beiträgen  zur  Kostenbesti'eitung  einer  Staatsanlage. 

Von  diesen  Gebühren  ist  die  Stempelsteuer-  (resm-i-tamga^)  (D.  S. 
111  103.  106;  L.  1  22  und  618)  hervoi  zuheben. 

Die  Stempelsteuer  {resm-i-tamya)  wii-d  auf  Grund  des  Reglements 
vom  20.  März  1894  erhol >en.  Stem])el|)flirhtig  sind  in  erster  Linie  \'erträiie 
zwischen  PrivatjjersonHn  und  Gesellscliaftsantiäge,  Handelsgeschäfte. Wechsel, 
Aktien,  Obligationen,  Quittungen,  Protokolle  über  Grundstücksüberti-agim- 
gen,  Urteile.  Beglaubigtmgen,  Ausfertigungen,  türkische  Inlands-  und  Aus- 
landspässe, Jagdscheine  u.  a.  Die  Kinnalanen  aus  diesen  Stempelgebühren 
fließen  der  Wrwaltung  der  offen tliclien  Schulden  zu.  Seit  dem  Jahre  1899 
hat  die  türkische  Regierung  eine  neue  Stempelgebühr,  muhadschir  pulu'^.  zu- 


1  Ur  ^j       2  J^^  ^{^ 


Loytved:    Verwaltungs  -  Organisation  der  Türkei.  49 

gunsten  des  Einwanderungswesens  und  im  Jahre  1902  einen  Hedschas- 
stempel  zum  Zwecke  des  Ausbaues  der  Hedschasbahn  eingeführt.  Die  Ein- 
nahmen aus  diesen  Stempelgebühren  bezieht  die  türkische  Regierung.  Aus- 
länder sind  dem  Stempelgesetz  von  1894  unterworfen,  soweit  es  sich  um 
Urkunden  handelt,  die  unter  Mitwii^uing  der  türkischen  Behörden  zustande 
gekommen  sind  oder  die  zum  Gebrauche  vor  türkischen  Behörden  erforder- 
lich sind.  Den  Muhadschirstempel  haben  Ausländer  nur  bei  Schriftstücken 
betreffend  Grundstücksangelegenheiten  und  Konzessionen  zu  entrichten. 

Neben  diesen  Gebühren  bestehen  zahlreiche  andere,  z.  B.  für  Ertei- 
lung von  Jagdscheinen,  von  Erlaubnisscheinen  zum  Fischen,  für  Pässe  und 
andere  Verwaltungs-  und  Gerichtsgebühren.  Die  Einnahmen  aus  den  Jagd- 
und  Fischfangsscheingebühren  fließen  der  Dette  publique  zu.  In  Kon- 
stantinopel erhält  die  Munizipalität  die  Hälfte  der  Einnahmen  aus  den  Jagd- 
scheingebühren, die  innerhalb  Konstantinopels  eingezogen  werden. 

V.    Die  Vermögensstrafen  und  die  Einnahmen  aus  dem  Anfalls- 

1'  e  c  h  t. 

Der  Staat  verfügt  kraft  seiner  Straf hoheit  Vermögensstrafen,  die  von 
den  Gerichten  oder  von  den  zur  Verordnung  derselben  berechtigten  Ver- 
waltungsbehörden eingezogen  werden. 

Ferner  steht  dem  Staat  ein  Anfallsrecht  an  Mobilien  und  Immobilien 
zu,  die  infolge  fehlender  färben  oder  Todeserklärung  ohne  berechtigte  Eigen- 
tümer bzw.  Besitzer  sind  (viahlul '). 


Außer  diesen  dem  türkischen  Staate  zustehenden  Steuern  hat  der- 
selbe den  Munizipalitäten  das  Recht  der  Erhebung  von  Abgaben  verliehen. 
Dieselben  sind  in  den  einzelnen  Stadtverwaltungen  verschieden.  Sie  haben 
im  allgemeinen  den  Charakter  von  Beiträgen  für  gewisse  Leistungen  der 
Munizipalität:  Tcantarije^  und  kile^  (Wiegeabgabe),  tschop  parassi^  (Straßen- 
reinigungsabgabe), te?nvmje/-'  (Beleuchtungsabgabe),  pul  resmi'^  (Oktroi),  ehnije 
rüssumi''  (Abgabe  für  Errichtung  von  Neubauten),  qaldynjm  resmi  (Pflaster- 
steuer) u.  a. 

B.   Die  privatwirtschaftliehen  Einnahmen. 

I.    Aus  den  Staatsgrundstücken. 
Der  türkische  Staat  besitzt,,  abgesehen  von  einigen  Musterwirtschaften 
(nümune  tschiftUgi^)  und  Remontedepots  {tschifliJcat-i-humajun^),  keine  Acker- 
grundstücke  in   eigener  Bewirtschaftung.    Vorübergehend  verwaltet   er  die- 


Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    II.  Abt.  ^ 


'    L^J 


50  Loytved:   Verwaltungs  -  Organisation  der  Türkei. 

jenigen  Grundstücke,  die  ihm  wegen  fehlender  Erben  oder  Todeserklärung 
oder  wegen  Verschuldung  anheimfallen. 

Der  türkische  Staat  hat  aber  das  Obereigentum  über  viele  Lände- 
reien ])ehalten,  deren  Bewirtschaftung  und  Nutznießung  er  Dritten  verleiht. 
Zu  diesen  Ländereien  gehören  Mirije-,  Ewkaf-i-gair-i-ssahihe-,  INIetruke- 
und  Mewat-Land. 

Die  Verleihung  dieser  Grundstücke  zu  Besitz  und  Nießbrauch  mit 
dem  Recht  der  Veräußerung  und  Vererbung  erfolgt  in  der  Regel  gegen 
Entrichtung  einer  der  Kaufsumme  entsprechenden  Tapuabgabe  {muadschele  *) 
an  den  Fiskus,  der  durch  das  Obergrundbuchamt  vertreten  wird.  Diese 
Verleihung  (genannt  Tapuverfahren)  tritt  ein,  wenn  ein  solches  Grundstück 
zum  erstenmal  oder  später  wegen  fehlender  Erbberechtigten,  ferner  wegen 
Nichtbenutzung  oder  wegen  Unterlassung  der  gesetzlich  vorgeschriebenen 
Bestellung  und  aus  anderen  Gründen  weiter  verliehen  wird. 

Die  Verleihung  (temlik-i-ssahih^)  von  Staatsland  zu  Volleigentum 
(Mülkland)  kann  auch  durch  kaiserliches  Trade  gegen  Entrichtung  eines 
dem  Werte  des  Landes  entsprechenden  Kaufpreises  erfolgen. 

Anmerkung.  Neben  diesen  Staatsgrundstücken  bestehen  Ländereien 
(Wakkufland)  der  Verwaltung  der  frommen  Stiftungen,  die  dieselben  gegen 
eine  Abgabe  (idschare^,  idscharetejn*,  mukatea)  vermieten.  Diese  Grund- 
stücke {erasi-i-mewkufe-i-ssahihe)  stehen  im  Obereigentum  und  im  Besitze 
des  Ewkafministeriums. 

Eine  andere  Art  Wakkufland  sind  die  im  Obereigentum  des  Staates 
stehenden  Grundstücke  {erasi-i-mewkufe-i- gair-i- ssahihe^) ,  bei  denen  auf 
Grund  kaiserlicher  Ermächtigung  entweder  die  Einnahmen  oder  die  Besitz- 
rechte  oder   beides   der  Wakkufstiftung   zugewendet  sind. 


IL    Aus  den   Staatsforsten. 

Die  Staatsforsten  (orman)  werden  vom  Staat  durch  das  Forstministerium 
bewirtschaftet  und  verwertet.  Die  Verwertung  erfolgt  durch  Versteigerung 
oder  duich  besonderen  Kaufvertrag.  Der  gezahlte  Preis  wird  orman  hakki^ 
genannt. 

Anmerkung.  Das  Forstgesetz  vom  L  Kanun-i-ssani  1285  (D  II  404) 
unterscheidet: 

L   Mirijewälder,    Staatsforsten   (orman),    deren   Obereigentum    und 
Verwaltung  dem  Staat  zusteht. 

2.  Wakkufwälder,  die  der  Ewkafstiftung  gehören  und  von  ihr  ver- 
waltet werden. 

3.  Baltalyk,  Gemeindeforsten,  deren  Obereigentum  dem  Staat  zu- 
steht, aus  denen  aber  ausschließlich  den  Bewohnern  bestimmter 


Loytved:   Verwaltungs- Organisation  der  Tüikei.  51 

Waldortschaften  von  alters  her  das  kostenfreie  Schlagrecht  für 
eigenen  Bedarf  zusteht. 
4.   Mulkwälder,  Privatwälder,  im  Eigentum  und  Besitz  von  Privat- 
personen. 

III.  Aus    seinen  Staatsbergwerken. 

IV.  Aus   seinen  Gewerbe-  und  Industrie- 

anlagen. 

V.    Aus    seinen  Kajiita  Isanlagen. 

VI.    Aus    seinen  Verkehrsanlagen. 
Zu  den  staatlichen  Verkehrsanlagen  gehören  in  erster  Linie  die  Post- 
und    Telegraphenanstalten.       Außerdem    betreibt    der    türkische    Staat    den 
Schiffahrtsdienst  der  ••Maclisusse«,  und  von  den  Eisenbahnlinien  soll  die  im 
Bau  befindliche  Hedschasbahn  staatlich  betrieben  werden. 

VII.    Aus  seinen  Monopolen. 

In  der  Türkei  besteht  das  Salz-,  Tabak-  und  Tumbekimonopol.  Das 
Salzmono[)oI  wird  von  der  Dette  publique  ausgebeutet  und  die  Einnahmen 
aus  demselben  für  die  Tilgung  der  öffentlichen  Schulden  verwendet.  Die 
Ausbeutung  des  Tabakmonopols,  das  sich  abgesehen  vom  Libanon  auf  die 
übrigen  Provinzen  der  eigentlichen  Türkei,  soweit  sie  der  Banderole- 
verpflichtung unterworfen  waren,  erstreckt,  ist  der  Aktiengesellschaft 
Societe  de  la  regie  cointeressee  des  tabacs  de  l'Empire  Ottoman  überlassen. 
Die  türkische  Regierung  und  die  Dette  publique  sind  an  den  Einnahmen 
dieser  Aktiengesellschaft  beteiligt. 

Die  Regie  zahlt  zunächst  an  die  Dette  publique  einen  Pachtschilling 
von  750000  Ltq. !  8  Prozent  von  dem  eingezahlten  Kapital  stehen  dann 
der  Regie  zu  (7  Prozent,  wenn  2300000  Ltq.  Kapital  eingezahlt  sind). 
Von  den  weiteren  Einnahmen  entfallen  an 

die  Dette  publique...    35,  34,  30,  20,   15  Prozent, 

den  türkischen  Fiskus    30,  39,  52,  70,  75  «       , 

die   Aktiengesellschaft    35,  27,   18,  10,   10  »       , 

und  zwar  richtet  sich  der  Prozentsatz  nach  der  Höhe  der  Einnahmen.    Der 

I.Satz  wird  bei  1—500000  Ltq.,    der  2.,  3.,  4.  bei  je   500000  Ltq.  mehr 

und  der  5.  bei  Einnahmen  von  mehr  als  2000000  Ltq.  angewendet. 

Das  Tumbekimonopol  ist  an  die  Tumbekigesellschaft  verliehen  worden. 
Dieselbe  hat  das  ausschließliche  Einfuhr-  und  Verkaufsrecht  von  ausländischem 
Tumbeki. 

Die  türkische  Regierung  empfängt  zunächst  3  Prozent  während  der 
ersten  9  Jahre  von  jedem  eingeführten  Kilo  (4  Prozent  in  den  folgenden 
9  Jahren,  4^/2  Prozent  während  der  letzten  7  Jahre  der  Konzessionszeit) 
ferner  40  Para  Monopoltaxe  pro  Kilo  bzw.  50  Para,  wenn  die  Einnahmen 
der  Taxe  40000  Ltq.  jährlich  übersteigen. 


52  Loytved:   Verwaltungs- Organisation  der  Türkei. 

Anmerkung.  Die  Einnahmen  des  türkischen  Staates  fließen  dem 
Staatsfiskus,  der  manus  mortua  des  Ministeriums  der  frommen  Stiftungen 
und  der  Dette  publique  zu.  Über  allen  steht  der  absolut  herrschende  Sul- 
tan, der  über  die  gesamten  Einnahmen  verfügt,  soweit  er  sich  nicht  durch 
das  seit  dem  Jahre  1863  eingeführte  Budget  und  vertragsrechtlich  gebun- 
den sieht. 

Der  Etat  wird  von  dem  Finanzministerium  für  ein  Etatsjahr,  das 
vom  I.März  bis  28.  Februar  läuft,  auf  Grund  der  vorher  von  ihm  und  den 
anderen  Ministerien  aufgestellten  Einnahmen  und  Ausgaben  des  laufenden 
und  kommenden  Finanzjahres  aufgestellt.  Diese  Aufstellung  wird  nach- 
einander vom  Großwesirat,  Ministerrat  und  einer  besonderen  Budget- 
kommission geprüft  und  nach  Annahme  durch  den  INIinisterrat  dem  Sultan 
zur  Genehmigung  unterbreitet.  Der  durch  kaiserliches  Irade  gebilligte 
Etatsentwurf  wird  dem  Finanzministerium  zugestellt,  das  den  einzelnen 
Ministerien  den  entsprechenden  Etat  mitteilt.  Jede  außerhalb  desselben 
notwendige  Ausgabe  soll  durch  kaiserliches  Irade  bestätigt  werden. 


53 


Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Säfl'i. 

Von  Dr.  F.  Kern. 


xJie  Nachrichten  über  die  älteren  arabischen  Theologen  und  Rechtsgelehrten 
pflegen  nach  einem  bestimmten  Schema  gearbeitet  zu  sein.  Wenn  die  An- 
hänger eines  von  ihnen  ihren  Lehrer  wegen  seiner  Frömmigkeit,  Welt- 
verachtung, Freigebigkeit,  Stolz  vor  Kalifen  thronen ,  Ablehnung  des  ihm 
angebotenen  Richteramtes  usw.  preisen,  wollen  die  Schüler  der  anderen  ihre 
Meister  nicht  hinter  ihm  zurückstehen  lassen  und  erzählen  von  ihnen  dasselbe. 
Ein  besonders  beliebter  Zug  ist,  daß  der  Betreffende  das  Nacht-  und  das 
Morgengebet  mit  einer  Waschung  verrichtete,  d.  h.  während  der  Nacht  nicht 
schlief,  sondern  betete.  Wenn  der  Prophet  nicht  das  Auftreten  des  Ge- 
lehrten vorausverkündet  hatte, ^  erschien  er  ihm  wenigstens  im  Traume, 
oder  er  zeigte  sich  einem  Späteren  und  lobte  den  verstorbenen  Gelehrten.^ 
Die  Anhänger  eines  Mannes  behaupten  viel  Nachteiliges  von  einem  anderen, 
der  dafür  wieder  von  den  seinigen  ungeheuer  herausgestrichen  wird.  Auf 
diese  Weise  bildet  sich  um  jeden  ein  Kreis  von  Legenden,  und  seine  Bio- 
graphie gestaltet  sich  zu  einem  Romane,  bei  dem  d'e  historischen  Tatsachen 
zu  kurz  kommen. 

In  dieser  Art  sind  auch  unsere  Nachrichten  über  den  Imäm  as  Säfi'i. 
Namentlich  finden  sich  viele  Widersprüche  in  der  Datierung  seiner  Auf- 
enthalte in  den  verschiedenen  Hauptstädten. 

Als  ich  vor  einigen  Jahren  in  der  vizeköniglichen  Bibliothek  das 
kitäb  al  umm^  durchnahm,    fand   ich   mitten  unter  anderen  kleinen  Einzel- 


1  Z.  B.  Abu  HanTfa,  Mälik,  Säfi". 

2  Der  Prophet  soll  nämlich  gesagt  haben:  Wer  mich  im  Traume  sieht,  der 
hat  mich  gesehen,  denn  der  Satan  kann  meine  Gestalt  nicht  annehmen. 

3  So  ist  zu  lesen,  niclit  amm,  vgl.  Ihn  Hagar,  tawälT  t  ta'sTs  bimaälT  Ibn 
IdrTs  S.  78:  kitäb  al  umm  auwaluhä  t  tahärät;  Ms.  Berlin  9449  Bd.  I  fol.  197«: 
wasannaf  bihä  (d.  h.  in  Ägypten)  kitäb  al  umm  fahija  min  kutubihi  1  gadlda,  li'an- 
nahä  riwäjat  ar  Rabf  ibn  Sulaimän.  MuzanI  nennt  das  Buch  in  seinem  Muhtasar 
gewöhnlicli  al  gämi'.  Vielfach  heißt  es  auch  kitäb  as  Säfi'i.  Es  ist  eine  Sammlung 
von  über  hundert  Einzeltraktaten  Säfils  über  Rechtsfächer  und  Rechtsphilosophie, 
von  seinen  Schülern  al  BuwaifT  und  ar  Rabf  al  Murädi  veranstaltet.  Die  einzige 
bisher  bekannte  vollständige  Handschrift  ist  die  in  Medina,  die  für  die  vizekönigliche 
Bibhothek  in  Kairo  sehr  schlecht  kopiert  worden  ist,  Kat.  Kairo  Bd.  III  S.  264 
Nr.  732  (drei  Bände  mit  zusammen  etwa  2000  Blatt).  Die  zahlreichen  Verderbnisse 
und  Auslassungen  müssen  jedoch  wohl  größtenteils  bereits  dem  Original  zugeschrie- 


54  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'T. 

abhandlungen  auch  zwei  Urkunden,  die  Säfi'i  im  Jahre  203,  nicht  lange 
vor  seinem  Tode,  ausstellte,  eine  Stiftung  zugunsten  seines  jüngsten  Sohnes, 
und  sein  Testament,  die  ich  im  folgenden  in  Text  und  Übersetzung  gebe.  Sie 
zeigen  uns  Säfi'i  nicht  als  Gelehrten ,  sondern  als  Privatmann  und  Hausvater. 

Die  UnZuverlässigkeit  der  Handschrift  nimmt  leider  den  von  anderen 
Quellen  stark  abgleichenden  Angaben  über  Säfi'is  Grundstück  '  in  Mekka  und 
über  seine  Familie  einen  großen  Teil  ihres  Wertes. 

Das  Testament  gibt  nur  an ,  daß  er  zu  Du  Tuwan  wohnte.^  Von 
diesem  Tale  führt  der  Paß  Kadä'  nach  der  Oberstadt  von  Mekka,  der  Paß 
Kudan  nach  der  Unterstadt  zum  Bäb  as  Öubaika.^  Si'b  Muhammad  b.  Idris 
ist  wohl  dasselbe  wie  si'b  as  Säfi'ijin.*  Nach  der  Stiftungsurkunde  schiene 
k^äfi'is  Grundstück  auf  der  linken  Seite  von  Kudan ^  zu  liegen,  nach  den 
anderen  Quellen  rechts. 

Von  den  beiden  Säfi'i  außer  Abu  1  Hasan  zugeschriebenen  Söhnen 
wird  hier  und  bei  Fahr  ar  Räzi  p.  31  der  älteste,  Abu  'Utmän,  erwähnt, 
Abu  Abdallah  dagegen  nicht.®  Nach  Fahr  ar  Räzi  war  Säfi'i  mit  Hamida 
bint  Näfi'  b.  'Ujaina  (oder  Anbasa)  b.  Amr  b.  'Utmän  b.  AfFän  verhei- 
ratet, von  der  Abu  'Utmän  und  die  Töchter  Fätima  und  Zainab  stammen.'' 
Nach    Abu    Nu'aim   heiratete   er   eine   Tochter   des   Abu  Zurära   az  Zuhri.* 


ben  werden.  Dies  ist  um  so  bedauerlicher,  als  keine  zweite  vollständige  Handschrift 
zu  existieren  scheint,  und  die  sonst  sich  vorfindenden  einzelnen  Bände  nur  etwa  für 
drei  Viertel  des  Textes  eine  Kontrolle  ermöglichen.  Die  vizekönigliclie  Bibliothek 
besitzt  sonst  noch  drei  Bände  aus  zwei  Handschriften,  ferner  mit  Eiiizeititel  die 
Bücher  ar  risäla  (2  Mss.,  nicht  im  Katalog;  gedruckt  Kairo  1310  und  1312)  und 
ihtiläf  al  hadTt  (I  262).  Sonst  finden  sich  noch  Teile  in  Kairo  (Azhar  Bd.  I  und 
Privatbesitz),  Bairüt  (Privatbesitz),  Damaskus  (Bibliothek,  sowie  die  erste  Hälfte  des 
"Werkes  in  I'rivatbesitz) ,  Koiistantinopel,  und  in  meinem  Besitz  die  risala  und  der 
siebente  Band.  Der  Seh  Jüsuf  an  NabhänT  in  Bairüt  hatte  die  Freundliciikelt,  mir 
den  ihm  gehörigen  Band  zur  Einsichtnahme  und  Abschrift  (ich  ließ  nur  das  k.  ihtiläf 
Mälik  wa  s  Säfi'T  kopieren)  nach  Kairo  zu  senden ,  wofiir  ich  ihm  hier  meinen  lierz- 
lichsten  Dank  ausspreche.  Näheres  über  den  Inhalt  des  Buches  findet  man  Fihrist, 
Ihn  Hagar  a.  a.  O.,  Ms.  Berlin  9852.  Die  dort  gegebenen  Verzeichnisse  stimmen  in 
der  Anordimng  der  Bücher  weder  untereinander  noch  mit  der  Handschrift  überein. 

^  Ist  dieses  =  haqq  as  Säfi'TjTn,  Wüstcnfeld ,  Chroniken  der  Stadt  Mekka 
I  473?    Was  sind  bujut  Jüsuf  b.  Ja'qüb  as  8afi'l  I  500? 

2  Fahr  ad  din  ar  RäzT,  manäqib  al  iniäm  as  Säfi'T  S.  209  sagt  Säfil  zu  je- 
mandem: »Wenn  du  nach  Mekka  kommst  und  bei  Du  Tuwan  vorübergehst,  so  frage 
nach  dem  Hause  des  Muliammad  b.  IdrTs.»  Als  er  zum  ersten  Male  mit  seiner 
Mutter  nach  INlekka  kam,  wohnten  sie  im  .si'b  al  Haif  S.  16. 

3  Wüstenfeld  passim,  Jäqüt  s.  v.  Kadä',  Tag  al  'arüs  und  Misbäh  s.  v.  kadä. 
*    Jäqüt  und  Wbb.  a.  a.  0. 

^    Ms.  kadä.     Die  beiden  Pässe  werden  sehr  oft  verwechselt. 

6  Vgl.  Wüstenfeld,  der  Imäm  as  Safn  I  44  und  53.  Es  ist  nicht  unmöglich, 
daß  beide  nur  einer  sind. 

'    P.  31;  vgl.  auch  Ihn  Hagar,  tawälT  t  ta'sis  S.  45  luiten,  46  oben. 

s  Hiljat  al  aulijä',  ]Ms.  Berlin  9973  fol.  169/»:  famä  barah  min  Misr  liatta 
wulida  lahu  min  gärijatihi  Danänlr  Abu  1  Hasan  watazauwag  as  Säfi'I  imraa  ZuhrTja 
bint  AbT  Zurära  az  ZuhrT  tumma  annahu  tallaqahä  ba'd  an  dahal  bihä. 


Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Säfi'l.  55 

Alle  stimmen  nur  darin  überein,  daß  Abu  lliasan  der  Sohn  der  Sklavin 
Danänir  war.  Wenn  die  Stelle  des  Testamentes:  »und  Danänir  bei  ihrem 
Sühne  Muhammad  oder  den  Kindei-n  des  Muhammad  b.  Idris  bleibt«  nicht 
vielmehr  [Abu  1  Hasan  b.]  Muhammad  zu  emendieren  ist,  hätte,  wie  es 
scheint,  auch  dieser  Sohn  Muhammad  geheißen,  weswegen  ihm  zum  Unter- 
schiede von  seinen  ebenfalls  Muhammad  genannten  Brüdern  die  Kunja  Abu 
lliasan  beigelegt  wurde.  In  der  zweiten  Stelle  ist  es  natürlich  unmöglich, 
daß  Säfi'i  »die  Vormundschaft  über  seine  Kinder  in  Mekka  und  wo  immer  sie 
sein  mögen,  dem  'Utmän  (sie),  der  Zainab  und  der  Fätima,  den  Kindern  des 
Muhammad  bin  Idris  von  Danänir,  seiner  Muttersklavin«  übergibt.  Man 
muß  also  statt  ilä  vielmehr  Abi  lesen.  Dann  fehlt  aber  der  Name  dessen, 
dem  er  sie  übergibt;  etwa  den  nachher  genannten  Ahmad  bin  Muhammad 
b.  al  Walid  al  Azraql  und  'Ubaid  alläh  bin  Ismä'il  bin  Mufrit  (?)  assarräf? 
Jedenfalls  aber  sollen  wolil  auch  diese  drei,  gegen  die  anderen  Quellen, 
als  Kinder  der  Danänir  bezeichnet  werden. 


JJll«  U^  \:Xfr  j^^  ^*U«)_jl  -A^  cf,  (j^\  ü^  "^^  J^  ly  cH-J-^^  fj} 

'*^^    iJ-X     Aji^    <«l;J   lil-  (^Jw    jCa9    ^JljS    -L^j    ^Ub   *^    JU     3^  ^(Jj> 

A.9JJ    -uij   283  a.  j^   4J   «UaJj   3j^^   t>*   (J=^   ^"^  J-^.-?    ^-^-^^   ö*   "-^-^ 

»    Kairo  fiqh  Safi'l  732,  Band  III,  Fol.  282b.  «    Mskr.:  U->^\    ^^ ■ 

3    Mskr.:  (J_j) .  *    Im  Mskr.  durch  Di ttographie  noch  einmal  «J   Jw>^  —  h 

5    Mskr. :  (^ly  . 


56  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'T. 

.  Ai=^  ä  o-^\  ^\  JL.  j.  VL.  -^  t>J 
iay:  (sie)  (^äJl  <c5Cj:  jlLaJ  a;1  ^1:531  1  Jü»  js^  ^.j-^^  ä  ^  -V^b 

^.j^\  (j.  -^jb  .1:^^  ^A!l  jCil  1-pa^I  jUl  jUSllI  U>j  ^_j^\  ^J 

j   Jlill    e^J    '(_$S5    eJjA>-   As-l    Jjü.!    dUjj    -^    C>    J'^    --j^.    cS-^^ 
-^     '^.«^   J._^    cM\    U-lj    ^_^1    ^_j^l    ö;    Ai=-  jU    «^IIä)    Jl    Ä^JI 

^_^'liw  JÜl  ^_^b  c^y^  c^i  Jl  c^«^!  »-^1  ^.U^  -^b  ^y.j^^  Cj) 
.  Sj^i^l   'Ä;i^l  <i  (^4il  ^_lI-1  ^]j  jt  U^pi^j  U^  ijUs- 

j^^_  ^Vi  c^-^^  Jj^b    '-'^^^  -^  t>.  j*^.  ^j^.  e^-^^  »-^-^^  ^-*^ 
W-»  ^-»^i   ^:^   J^b  L^J  _^  j^   J^j   U^^j  ^y^^j   'l^Ljj 

10         .-.      ("ff      ^'T  9     ■''o-r  -       »    ^  ^  ■'.   "sif      '        '  -11  1      I    * 

j'  ^l^-i-l  jl  ^1  p^"Jw»-j  (jL-Lir  L  Ol  ^'U  ._,~j  .j^^'^  t>J\ll  ^ijl'Vb 
t>  -UäI^'^Ij  ji  jJjj  ^.jjI  ü;  -^^  ci^^  ^_jj  ÄJ*U!  jlSC-il  jlJ^ 


i    Mskr.:  l-ßT  ^    ?  Mskr.  undeutlich.                      ^    Mskr.:  (_5*i^  . 

*   Mskr.:    (^ j)J  .  »    Mskr.:   ^-«.:' .                    ^    So  Mskr.  1.   iJji-1  ?   vgl. 

Wüstenfeld  I,  456,  473,  499  (Ä,V,^\?    Ai^ji^  ?)                       7    Mskr.:    Jli-1    -^ 

8    Mskr.:    U/^tbj.  9    Sure  19,41.                lo    Sure  21, 89.                "    Mskr.: 

J^JÄ  ils.                     13  Mskr.:  iai- .                   '3    Mslu-.:  4)jJ    jl  . 


Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imani  as  §afi'T.  57 

(sie)  ^JCl\    \J^  j_^  Vj    \J^^\^    L.    A^    «^    ItjJ.  ^M    1 J^  -U   a^.J-2^ 

uj^  j-l  j-^1  J\  -\!j  Vj  «4lj  '[-\lj]  Vj  ^„j^l  (j-^  -^-^  -\!j  j^  -^V 

^'Ul   (j-^  ^b   JTJ^  Äs-\^  (sie)  jV^l  jÜwil  jl^  1_^^1   lils 
\y^y)\   bis   ^l^   -*-^    (j    <-^^\    (S^.   (j^  ^   vT^  l/*    (J**    \^J^\   lils 

'Jj jVi  •^J\  a  -^  ä  -*^l  J^  jcSdil  0:-^  cH-»^^  c/.  -^  (2!^  "^-^ 

.  oA«)  j   284a    Ajw    .^■•— '   /^  j^   -U^ 
j^  <vJ  J»^  '[U]  JP  ,_jbJl  IÄä  (j   l:    -Ut  (sic)(jA-aL.    ^^    •^j'^l    -*^ 

''jUJl  e-v!j  ^  ^Vl  Ji.  L.J  «^  «^lU^Vlj  ^^r^l  oy\  ^_riJ^\  ä  -*^  Jl 
Die  Stiftung. 

Dies  ist  eine  Sclirift,  die  INIuhammad  b.  Idris  b.  al  Abbäs  in  Gesund- 
heit* und  Gesehäftsfäliigkeit^  schrieb,  und  zwar  dies  im  Safar  des  Jahres  203. 

Gott^  hat  Abu  1  Hasan  b.  IMuhaininad  b.  Idris  Vermögen  beschert. 
Nun  hat  M.  b.  I.  vom  Vermögen  seines  Sohnes  A.  b.  M.  b.  I.  vierhundert  gute 
richtige  vollwichtige  Dinare  genommen,  und  es  ist  M.  b.  I.  seinem  Sohne  A. 
b.  M.  b.  I.  dafür  ersatzpflichtig. 

M.  b.  I.  nimmt  die  Zeugen  dieser  Schrift  zu  Zeugen,  daß  er  für  seinen 
Sohn  A.  b.  M.  b.  I.  drei  Sklaven  stiftet.  Darunter  ist  ein  brauner  Sklave, 
Eunuch,  Sälih  genannt,  ein  nubischer  Sklave,  Bäcker,  Bulbul  genannt,  und 
ein  fezzanischer  (?)  Sklave,  Walker,  Sälim  geheißen.  Ferner  eine  braune 
Sklavin,  N.  N.  geheißen.  Ibn  Idris  hat  sie  für  seinen  Sohn  A.  b.  M.  b.  I. 
in  Empfang  genommen,  und  sie  sind  aus  dem  Eigentume  des  M.  b.  I.  aus- 
geschieden. 


1  Fehlt  Mskr. 

2  Der  Großvater  und  Gewährsmann  des  Verfassers  der  Chronik  von  Mekka, 
vgl.  Chr.  M.  I,  S.  VIfF. 

2    Die  Namen  der  Zeugen  fehlen. 

*  Was  jemand  während  der  Krankheit,  an  der  er  starb,  verfügt  hatte,  gilt 
einer  letztwilligen  Verfügung  gleich  und  ist  denselben   Beschränkungen  unterworfen. 

^    Der  arabische  Ausdruck  besagt  eigentlich  etwas  mehr. 

'^  Ich  lasse  die  hinter  Gottes  und  des  Propheten  Namen  üblichen  Eulo- . 
gieii  fort.  , 


58  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi°T. 

M,  b.  I.  n.  d.  Z.  d.  S.  z.  Z.,  daß  er  seinem  Sohne  A.  b.  ^I.  b.  I.  seinen 
gesamten  Schmuck  stiftet.  Dies  sind  zwei  Armspangen\  zwei  Armringe, 
zwei  Fußringe  und  eine  Halskette,  alles  dieses  aus  Gold,  und  doppelt  so- 
viel desgleichen  Schmuck  aus  Silber.  Er  hat  ihn  für  ihn  von  sich  selber 
in  Empfang  genommen,  und  ihn  seiner  Mutter  übergeben,  damit  sie  ihn 
für  ihn  in  Empfang  nehme  und  aufhebe.  Alles  was  M.  b.  I.  dem  A.  b.  M. 
gestiftet  hat,  ist  7U  Vermögen  des  A.  b.  M.  geworden. 

M.  b.  I.  n.  d.  Z.  d.  S.  z.  Z.,  daß  er  sein  Haus^  stiftet,  das  am  Abhänge 
des  Passes  Kudan  in  Mekka  gegenüber  dem  Hause  der  Munira  (?)  liegt, 
zur  Linken  des  aus  Mekka  Herausgehenden ,  im  Tale  des  M.  b.  I.  Dies 
sind  die  beiden  Häuser,  von  denen  eins  das  Haus  ist,  welches  sich  auf  dem 
Hofe  von  M.  b.  I.'s  großem  Gehöfte  befindet.  Eins  dieser  beiden  Häuser  ist 
das  Haus,  welches  M.  b.  1.  neben  dem  Hause  gebaut  hat,  das  als  [Haus  des] 
Gäbir  b.  Muhammad  bekannt  ist.  Eine  der  Grenzen  dieses  Hauses  ist  Kudan, 
seine  zweite  Grenze  in  dem  freien  Platze,  der  sich  auf  dem  Hofe  von 
M.  b.  I.'s  großem  Gehöfte  befindet,  die  dritte  Grenze  der  Weg  des  Tales  des 
M.  b.  I.,  die  vierte  Grenze  das  große  Tal  nach  Du  Tuwan.  Das  zweite 
Haus  sind  gedeckte  steinerne  Hallen,  deren  Weide  und  Garten  sich  auf  den 
Höhen  des  Gebirges  befindet,  in  dem  die  »kleine  llazana(?)«  liegt. 

Dieses  Haus,  das  als  [Haus  des]  N.  N.  b.  'Abd  al  Gabbär  (?)  und  das 
Haus,  welches  als  [Haus  des]  Amr  b.  al  mu'addin  bekannt  ist,  diese  beiden 
Häuser  stiftet  M.  b.  I.  mit  allen  ihren  Rechten,  Land,  Bauten,  Anbauflächen, 
Wegen,  und  jeglichem  Rechte,  das  ihnen  innerhalb  und  außerhalb  zusteht, 
seinem  Sohne  A.  b.  M.  b.  L  als  geweihte  Stiftung,  die  nicht  verkauft  noch 
vererbt  werden  darf,  bis  sie  Gott  erbt,  der  »die  Erde  beerbt  und  alle,  die 
darauf  sind«,  und  er  ist  »der  beste  der  Erben«. 

Abu  1  Hasan  besitzt  von  ihren  Nutzungen,  soviel  man  von  den  Nutzun- 
gen der  geweihten  Stifttmgen  besitzen  kann.  Solange  A.  b.  ]\L  b.  L  lebt, 
hat  niemand  ein  Anrecht  darauf  neben  ihm,  bis  A.  b.  M.'s  Mutter  frei  wird. 
Wenn  nun  A.  b.  M.  b.  Ls  Mutter  frei  wird,  steht  sie  ihm  bei  diesen  beiden 
Häusern  gleich. 

Wenn  nun  A.  tot  ist,  gehören  diese  beiden  Häuser  den  Kindern  des 
A.  b.  M.  und  deren  Kindern,  männlichen  und  weiblichen,  deren  Väter 
Stammbaum  auf  ihn  zurückgeht,  solange  sie  sich  fortpflanzen,  und  ihrer 
Ahnin,  der  Mutter  des  A.  b.  M.,  mit  ihnen;  sie  hat  den  Anteil  eines  von 
ihnen,  bis  sie  stirbt.  Wenn  A.  und  die  Kinder  seiner  Kinder  tot  sind, 
gehören  diese  beiden  Häuser  der  Fätima  und  Zainab,  den  Töchtern  des 
M.  b.  L,  und  Kindern,  wenn  solche  dem  M.  b.  1.  nach  dieser  Schrift  geboren 
werden,^   gleichmäßig   daran   [Anteil    nehmend   und]    egal,    solange   sie   sich 


1  Das  betreffende  Wort  bezeichnet  gewöhnlich  einen  Armring  aus  Hörn  oder 
Schildpatt. 

^  Oder:  seine  beiden  Häuser,  welche?  Vgl.  auch  Chronik  der  Stadt  Mekka 
I  457  Zeile  7  von  unten. 

3  Säfi'T  war  damals  erst  53  Jahre  alt.  Er  starb  am  letzten  des  Monats  Ragab  204. 
Nach  einer  Version  überfiel  ihn  ein  Mann  aus  Rache  bei  Nacht  und  verwundete  ihn 
mit  einem  eisernen  Schlüssel  am  Kopfe;  seitdem  kränkelte  er  (Fahr  ar  RäzT  8.86). 


Kern  :    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'T.  59 

fortpflanzen.  Dieses  Haus  (sie)  soll  keinem  von  den  Kindern  des  M,  b.  L 
gehören,  noch  den  Kindern  seiner  Kinder,  noch  den  Kindern  des  A.  b.  M., 
noch  den  Kindern  seiner  Kinder,  weiblichen  Geschlechts,  außer  Töchtern, 
deren  Väter  Stammbaum  auf  ihn  zurückgeht. 

Wenn  sie  tot  sind,  gehören  diese  beiden  Häuser,  die  beiden  Wohnungen 
sie)  als  Stiftung  der  Familie  Säfi'  b.  as  Sä'ib,  wenn  nun  sie  tot  sind,  den  in 
Mekka  Anwesenden  von  den  Banü  1  Muttalib  b.  Abd  Manäf ,  wenn  sie  tot 
sind,  den  Armen,  den  Bedürftigen,  dem  Sohne  des  Weges\  dem  Hagg-  und 
dem  'Unn-apilger. 

M.  b.  I.  hat  diese  beiden  Häuser  dem  Ahmad  b.  M.  al  Azraqi  über- 
geben, und  sie  sind  somit  in  seiner  Hand  für  A.  b.  M.,  danach  die,  welche 
er  mit  und  nach  ihm  genannt  hat.  M.  b.  I.  hat  sie  aus  seinem  Eigentum 
ausgeschieden  und  sie  unter  den  in  dieser  Schrift  ausbedungenen  Be- 
dingungen dem  A.  b.  M.,  danach  denen,  welche  er  mit  und  nach  ihm 
genannt  hat,  zugewandt. 

Es  bezeugt  des  M.  b.  I.  Anerkennung  dessen,  was  in  dieser  Schrift 
[angegeben]  ist  und  daß  A.  b.  M.,  der  in  Ägypten  geboren  ist,  für  den  das  in 
dieser  Schrift  Angegebene  auf  die  darin  ausbedungenen  Bedingungen  ge- 
stiftet wurde,  ein  Minderjähriger  ist,  für  den  M.  b.  I.,  sein  Vater,  das 
Empfangen  und  Geben  verwaltet,  und  was  der  Vater  für  seine  minder- 
jährigen Kinder  verwaltet  .  .  .^ 


\-^  j\j  a!  ^_^  V  oJ^j  Aii\  VI  4JI  V  jl  -^^__  '^\  ^'^*'*-^_^  j^  <■  ^l-A^- 

^    D.  h.  dem  Reisenden.  ^    djq  Namen  der  Zeugen  fehlen.  ^    Bai- 

haqT,     kitäb    as    sunan    al    kubrä    (Brockelmann   I,   363,    Nr.  4,  1)    Kairo  352/.ö-i: 

(Sure  3,  182;  21,36;  29,57)  O^H  <if|i  ^i'  J^^-^-J  t>^  '^^  J^  J^\  >J^ 

^\J\  y\  \^j^  Vis  jy-  J\  ö  -^-f^  y}j  ^^\  "^^  ^  y}  ^>="^ 

\^j^\  (sie)   Vis  (al  A.samm,  Wüstfiiteld,  Schäfi'itrn  II,   Nr.  139)    s^y^,    (j;    -^ 
usw.  IÄa    ^U    i)'lj    ^^^1    ^    iSj    J^    jlA—    t>.    ^J'^  •  ""    "^'gl- 

Sure  40.  20.  -    Vgl.  Sure  4,81  und  164;  48, 28.  «    B. :    -W-- .  ''    Mskr.: 


60  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safit. 

^l::^!  j  «üsl  ^^  L.  fJ-3  A^  ^  ^  '[jU]  Je  J^  \yS^ j  J^j 
jt  <li9Uilj  oiTokil  j^  L^j  äJJIj   [^ll^  ^U.  U  JÄ.J  ^U-j  j;^ 

L4J jl  CAS-  Lj-\H    J>__  jl j   lj-»i  1-u  \  Ol. j  iJIa.  j  1  _^  Sy  ij—  ^j* 
jl  ^  ^  U^l  j  "J^  U   \j  gl^^  %l^  jb  ;>V1  o^j  ^l^ 

Ji«J   '^  <ÜS   aJU  1-^1  VI  1-^1-2841)  Jl^_  V  jb  «jt:  J=r'  «0^1  Ai^   1  jl^ 

L;-b  j  ^ol  j-=-j  t>^  j  >  ö\sl  Oo  s;jj  J^'j  -JjV'  "^^  ti  ^\ 
.'"öj^p  p^  a:«  jST  Vj  o\y-  li^'^A^  auI  j^  J^j  JÜ  Lx9 '*Ai» 

Als^j-    '<^\    jjJi    Jy^   J^  Ä,_U5j    6^    U    Ji^j    «Olf^   j^l    ^1   (sie)   JUl 

•  J"  J^  "  -^  "^J  -^.  f  J 


^    Msiir. :    .^v-ir    =  .  2    ])as  Eingeklammerte  fehlt  im  Mskr.  und  ist 

aus  BailiaqT  ergänzt.  ^    g  .    J>j>-j    ^    A — .j    (_^a — >_  .  ■*    Sure  3,28. 

5    Mskr.:   i! J^" ,  B.:J>.  «    B.:a;1j.  ^    Mskr.:  pUaiil  Vb  »   Vgl. 

Sure  40,  42.  ^    Fehlt  B.  'o    Vgl.  Sure  32,17;  46,13;  56,  23. 

'1    Fehlt  B.  '2    Mskr.:    J^    ^\    aIW    -^V   -*^  1    Jl^^.  '^    Mskr.: 

jy  4>*  ^Ij-iVb  11    B.:    A\.^\  j.  15    B.:    ^.  '6    B.  fährt  fort: 

<-*>'  (^^  -^J   ^^1  (j  J\s  jiT  AL^J  ^i   4r   (s.  unten   den  drittletzten  Absatz). 
"    Mskr. :   ^.jAs^  .  1*    Mskr. :  y^  .  i^    Vielleicht  ist  zu  emendieren :    ,_b3 

Äa)-\i    A3-I    U^_    «y»l  J   ^1    ^_j^l    ^>_    J^    ^l  ^^U)l    o^^  j  J^\    jl. 


Kekn:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'l.  61 

jlj  JU   A^\  <^j  ij^  ^i  dUj  JJ  oU  jl  Wi^Usj  jt  ^_^il-lj  4jcL-. 

.ÄJ^    Jl    ^jj'^    j    '*^^==""    f    ^    Jl    ^>^_    jl    o^    ^^    jlj 
4^    OjU  Ja«J    jlj     j^iij'^    o-\!j    ^1    J-~^\    jl    ^1    J^5^)    jl    ^jlj 
J-^^J    A^a^    jf\.)j    lyl--    U    ^_^-«a5-    jl    '^„J^-    U^    iS3^^,    jlj    W     '*'r*^    t-i^j-Jl 
yi    ;<5j   aTjII^I    I^   J^  •>^\i  <^\9  l^  ^^J    Ijl^J   jjj-^    yi    («»">-..  jl    Ijl^-i 

ly.%U  jl  I4J  Ä^jll  e J^  äaI  Jl  <b  ^y^  jl  JJ  j-J-1  ^\  1^.1  oU  jlj 

jj^l  jl  (2:  ^  V:lj  '^^  '^  Jl  ä~^l  Jl?  V-^"  ci^  J^"  f  3y  jlj 
.  jaII'j  ^'>C  c-xL^lj  jy  vliÄP  o^  Jl  ^_/^  jl  JJ  j— ^1  ^1  ^^  jl-? 
JX:,  Jt  '"^^^  l_-H-  (j^^^i  M-'l  '^l^  ^''  ^,  jl  c^-?l-? 
<-«^^^0^1sl  jl  Lu^.l  ij^lc  L  aIL.  ci»*  ^y  l-*4--  ü^f^3  '<^,j\  ^  jl-*-«-' 
j^.jjI  u".  -*-^  4lj  a«  o^Lälj  j-J-1  ^\  V;!  vIjL  jlj  -^  ^^^  J^'i, 
jy  C^lsl  jlj  \  Wl  ^jl  L.  Vt   «y  «4!jj  V'l  oijls  (^j  U^  ^-^ 

^_jj1    ^    AJ^    4lj  jl    -^       1^1    ^    -U-i«    j;^^.2j   jj9    ^I«i"  L.  -U    J^il)■J   ^ 

(j-iJ-il  (j;  -*^  Jl«  ^  y  ^^*-^  C/^j-^J  ^jl  ö*    W*^  jy  J*^  ^-^J 

jß  ^'  i  jls  '[^_;-j.j.il  ü"  -^  -^j  /"j  W*-»    c^\ä\  l»  '"^^  y^^  (3-^.] 

•cH-'^l  <>.  -*^  -^-9  fl  ^^'^  J«^  ^jj  ^  ^ 

1   Mskr.:  jy  .  2    Mskr. :  «ul  .  »    Mskr.:  (^bj  •  *Mskr.: 

^.  5    Mskr.:  oJ^_.  6    Mskr.:  -t^jl  .il^l  .  '^    Mskr.:    »l-^^jl  . 

8    Mskr.:   ^j^^   J^    j::«)'    I    ljj9.  9   Mskr.:    I  jl  .  »^    Mskr.: 

V— ä9_^  .  11    Mskr.:    0>li.  12^    j-*-^!    (jl      zu  ergänzen? 

lä    Mskr, :    L^a»  ;  oder  ist  dies  beizubehalten  und  danach  L*-4—  als  ausgefallen  zu 
ergänzen?  1*    Mskr.:   C-«ljlj    ^■o  .  ^^    Das  Eingeklammerte  am  Rande 

mit  dem  Vermerk  (J-^^Vl    {^    \-^  . 


62  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'i. 

i^j\j  —  j^^^lj  r^y'^3  ^j^j  **^r-*-^  <^  «-^j—  ^/■j\  /^-^_  <-*-i-^ 
aJU  di»''  jj^  i — *.^  j'^jjj'j  ^j\  ^  ^\  <L^^  JjjV^  -^j-H  j-^  -W5«tl 

j\     J^Li-l     S-U.W6     1^^*    iSJ"-^'     e-U^lj     ««wie-    J-Ü)      U    J-^1     ^j:>iJc  J     a!1»    öi'* 
j^  J\     »J^-i     jL"^-^     J^     J-U21      jl     ^j\j     ■ J^     «^     y^     J-     '*— ^^ 

J^-J  (J*^  ^  ^_i»-ö  öU  J^   4JL.  cJj*  ^j-  U-^  j  jJLi-j  *^j\  Ja  j,^.^ 
«.ts-  A,_Vjj  y-^:    olL-jj  ^  jb   L.  jLflj'^  ^H.-'-^^   ü   -^^   d^=r3 

(j-      -\^     "a^^J      ^     ^li;     ^J>^     A_Jij       t.l_L>     AjL«s.^       jvLi'\     ^Ü-1     eis     <-^j5i, 

\,  j^L^ji  u  Juoj  ^  Ji  A_«ij  ej,^j  "^^  S — -y  J^'^  J.b    "^j^ 

^   J'^   ajiI   a-pj   p^I   j_   j^   l^   ^jA   j.^^   J^   J^   jJ^\   J\    4l,\   jl 


JLP 


'    Mbkr. :  A^-^j  .  2    ]\l>,li^i-. :  AJ'^\,.  3    Oder  in  fc_ — ^  zu  eiueiidieren? 

*    Mskr.:    , ^  .  5    Fehlt  Mskr.  ^    Mskr.:   \j^ . 


Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'i.  63 

'^'^jj  j^iSi^  Utj  a1  L.  ^  j^  Si'^  jfj  <Sj  j^  <«x.    ^\j\j  L  ^_j  ly. 

Jl  j;^^,  (J^  (_ri-'-^^  0'.  -^— ^^  oA_^  jl  jJjj  ^^*^  jrüll  «-vlj  Jl>«\ 
dAli  j\i  ^-ar  «jL^jl  J,_  U  VI  c.;^oA^  (*^!>«b  ^  -^Jlj  286a  pjUI 
j-^  xf-  j_  -\^1  l^j  Ov:_  ■''^j  J^  ^  «C*'  ^^^  rr^  f^'^  'H  C^  ^  (*r:'^ 
^1  x^  j\i  Jl^l  i'^«  jr_  c.^<^lc-l  ä  -^^  -^— r^J  JjjVl  -v_Jj)l 

if-  ^  "'^^  j^  j^^  o^  "j^^  jb  '^^j  J^  jf^  ^^  "^j,  jb  «^^jj 

jCijil    J-     1j^1'^[4;]    ^iJU-    L.    ^UaSl,  ^°^_ili^    L.    ^  j    «^ÄJ^    jlj    'UlÄt 

rcw»  U  jL-"lj  <-^Lju,  j^^tf   jlj  «j»)  '^  (*r*r^  -C^-?  *"^-^  (*r:    -    ^^ 

/\"jAi     -uU^    ^    Ai^l    J,l    Äj>-U-lj    pp^ 

a]  Ji^\   a^j   jj£^    »-^i   Uls   ^    jls   ,Jc-   ^ly^^   y^j  oj^j  ^j3*.Ki   _^*   Ul   aJ 

jL^j  jl^  ^  aJ  J-V9  V  L.  jJb'  J  J^^^  Vj  Ji^  ^:^jl  -^j 

.aJ  >^  "V  ^  aJi  ^l::/  V  U  cJl  (.Ui'  l^j  cJl  i^  j-  j-^j 

1    Mskr.:  c^l^  j^  .  2    Mskr.:    \jj  .  ^    Mskr.:    0^=^"  . 

*    Mskr.:      Jl.  5    Mskr.:    -C^J  .  ^    ^yigkr..    jj  .  7    ß.:   Ai=-j 

'^'  (3^--  *    Fehlt  B.  »    B.:  Ails  .  ^0    B. :   ^_üi- .  "    Fehlt 

Mskr.  '2    Soweit  B.  Mskr.  am  Rande    J-^Vl    j    J'^.  ■  ^*    ^^'^^^ 

x^ .  ^*    Die  Namen  der  Zeugen  fehlen. 


64  Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Imam  as  Safi'T. 

Das  Testament. 

Es  sagt  ar  Rabi'  b.  Sulaimän:' 

Dies  ist  eine  Schrift,  die  Muhammad  b.  Idris  b.  al  Abbäs  as  Säfi'i  im 
Sa'bän  des  Jahres  203  schrieb.  Er  nimmt  Gott,  «der  die  verstohlenen 
Blicke  und  was  die  Busen  verbergen«  kennt,  zu  Zeugen,  und  »es  genügt 
ihm»,  er  »als  Zeuge«,  danach  wer  ihn  hört,  daß  er  bezeugt,  daß  kein  Gott 
ist  außer  Gott  allein,  er  hat  keinen  Genossen,  und  daß  Muhammad  sein 
Knecht  und  sein  Gesandter  ist.  Er  hat  nicht  aufgehört,  diesen  Glauben  zu 
haben,  und  wird  diesen  Glauben  haben,  bis  ihn  Gott  darin  [verharrend] 
empfängt  und  auferstehen  läßt,  so  Gott  will.  Daß  er  sich  selber  und  den, 
welcher  sein  Testament  hört,  ermahnt,  für  erlaubt  zu  halten,  was  Gott  in 
seinem  Buche,  danach  durch  die  Zimge  seines  Propheten  Muhanunad,  erlaubt, 
und  für  verboten,  was  Gott  im  Buche,  danach  im  überlieferten  Gesetze 
verboten  hat;  und  daß  er  nicht  davon  zu  etwas  anderem  abweiche;  denn 
Abweichung  davon  ist  Unterlassung  des  Gebotes  Gottes  und  Begehung 
dessen,  was  dem  Buche  und  dem  überlieferten  Gesetze  widerspricht:  das 
gehört  aber  beides  zu  den  [unerlaubten]  Neuerungen.  Auf  die  Erfüllung 
von  Gottes  Geboten  aufmerksam  zu  sein,  sich  der  von  ihm  verbotenen 
Dinge  zu  enthalten  und  häufig  daran  zu  denken,  daß  man  vor  ihm  stehen 
wird  »an  dem  Tage,  da  jede  Seele  was  sie  von  Gutem  getan,  gegenwärtig 
finden  wird,  und  was  sie  von  Schlechtem  getan,  indem  sie  wünscht,  daß 
zwischen  ihr  und  ihm  eine  weite  Frist  wäre«.  Daß  er  diese  Welt  auf  den 
Platz  stelle,  auf  den  sie  Gott  gestellt  hat.  Denn  er  hat  sie  nicht  zu  einem 
Hause  [dauernden]  Verweilens  gemacht,  nur  eines  Verweilens,  dessen  Zeit- 
dauer eilends  aufhört.  Vielmehr  hat  er  sie  einem  Hause  des  Tuns  gemacht, 
jene  Welt  aber  zum  Hause  des  Bleibens  und  um  darin  zu  vergelten  für 
das,  was  er  in  dieser  Welt  von  Gutem  oder  Bösem  getan,  wenn  Gott  ihm 
nicht  vergiebt.  Daß  er  niemanden  zum  Freunde  nehme  außer  jemand,  der 
ihm  um  Gottes  willen  freund  ist,  von  denen,  welche  die  Freundschaft  in 
Gott  verstehen ,  und  von  denen  man  Mitteilung  von  Wissen  in  der  Religion 
und  gutes  Benehmen  in  der  Welt  erhoffen  kann.  Daß  der  INIann  seine  Zeit 
kenne,  Gott  um  Erlösung  von  dem  Bösen  seiner  selbst  darin  bitte,  sich 
davon  enthalte,  sich  durch  Wort  oder  Tat  übermäßig  in  einer  Sache  un- 
nötiger Weise  zu  ereifern,  und  aufrichtige  Absicht  auf  Gott  in  dem  habe, 
was  er  sagt  und  tut;  denn  Gott  genügt  ihm  anstatt  dessen,  was  außer 
ihm  ist,  und  nicht  genügt  anstatt  seiner  etwas  anderes.'^ 


1  Anfang  des  Paralleltextes  bei  BaihaqT,  as  sunan  al  kubrä:  Buch  über  die 
Begräbnisriten:  Gott  sagt:  "Jede  Seele  kostet  den  Tod.»  Es  berichtete  uns  Abu 
'Abdallah  al  häfiz  und  Abu  Sa'id  b.  Abl'Amr,  sie  sagten:  es  erzählte  uns  Abu  1  'Abbäs 
Muhammad  b.  JaVjüb,  er  sagte:  es  berichtete  uns  ar  Rabf  b.  Sulaimän,  er  sagte:  man 
las  Säfi'l  vor,  während  ich  anwesend  war:  Dies  usw. 

2  BaihaqT  flilirt  fort :  Und  er  erwähnt  sein  Testament.  Dann  sagt  er  an  dessen 
Ende:  Und  Muhammad  —  er  meint  sich  selbst  —  usw.  (Siehe  den  drittletzten 
Absatz.) 


Kern:    Zwei  Urkunden  vom  Iniäni  as  Safi'i.  65 

Ev  verfügt,  daß,  wenn  ihm  der  Tod  zustößt  —  Gott  hat  ihn  über 
seine  Geschöpfe  verhängt  —  gegen  den  ich  Gott  um  Hilfe  bitte  und  gegen 
das,  was  nach  ihm  ist,  und  um  Schutz  vor  jeglichem  Schrecken,  sondern 
[er  führe  mich  in]  das  Paradies  in  seiner  Bai-mherzigkeit  —  er  hat  aber  dies 
sein  Testament  nicht  verändert,  das  folgt: 

Ahmad  b.  Muhammad  b.  al  Walid  al  Azracfi  liat  die  Verwaltung  der 
Sache  des  Täbit,  des  kahlköpfigen  Eunuchen,  den  er  in  Mekka  gelassen 
hat.  Wenn  dabei  nichts  Schädliches  für  das  ist,  was  M.  b.  I.  hinterlassen 
hat,  lasse  er  ihn  an  Stelle  des  AI.  b.  I.  frei.  Wenn  A.  b.  M.  etwas  zustößt, 
sage  man  dem,  der  die  Verwaltung  seiner  Sache  hat,  der  sich  mit  M.  b.  I.s 
vSache  beschäftigt:  verwalte  seine  Sache  nach  Ahmad  und  führe  somit  an 
seiner  Stelle  aus,  was  Ahmad  übergeben  worden  ist.^ 

Er  verfügt,  daß  die  andalusische  Sklavin,  Fauz  geheißen,  die  seinen  Sohn 
A.  b.  M.  b.  I.  säugt,  wenn  A.  b.  M.  b.  I.  zwei  Jahre  vollendet  und  erihr  Säugen 
entbehren  kann,  oder  vordem  stirbt,  um  Gottes  willen  frei  sei.  Wenn  er 
zwei  Jahre  vollendet  hat,  und  man  glaubt  es  sei  besser  für  ihn,  daß  er  [weiter] 
gesäugt  werde,  soll  sie  ihn  noch  ein  Jahr  säugen,  dann  um  Gottes  willen  frei 
sein,  es  sei  denn,  daß  man  die  Aufgabe  der  Säugung  für  besser  für  ihn  hält 
oder  er  stirbt,  dann  wird  sie  durch  was  immer  von  beiden  erfolgt,  frei. 
Wenn  er  nach  Mekka  fortgeführt  wird,  wird  sie  mit  ihm  fortgeführt  bis 
sich  die  von  mir  angegebene  [Frist  der]  Säugung  vollendet,  dann  ist  sie 
frei.  Weim  sie  frei  kommt,  bevor  er  nach  Mekka  fortgeführt  wird,  soll 
sie  nicht  gezwungen  sein,  nach  Mekka  zu  gehen. 

Er  verfügt,  daß  die  Mutter  des  Abu  1  Ilasan,  seine  Muttersklavin 
[)anänir,  fortgebracht  werde  und  seine  Sklavin  Sikka  (?)  die  Negerin  erhalte, 
als  Legat  für  sie ,  und  daß  man  ihr  eine  Sklavin  oder  einen  Eunuchen  für 
bis  zu  25  Dinar  kaufe  oder  ihr  20  Dinar  gebe,  als  Vermächtnis  für  sie.  Das- 
jenige, was  sie  vorzieht,  soll  man  ihr  geben.  Wenn  ihr  Sohn  stirbt,  bevor 
sie  mit  ihm  nach  Mekka  fortgeführt  wird,  soll  dieses  Vermächtnis  ihrer  sein, 
wenn  sie  es  will.  Wenn  Fauz  nicht  frei  wird,  bevor  sie  mit  A.  nach  Mekka 
fortgeführt  wird,  soll  sie  und  ihr  Sohn  mit  ihr  mit  A.  fortgebracht  werden. 
Wenn  A.  stirbt,  bevor  sie  nach  Mekka  fortgeführt  wird,  ist  Fauz  frei  und 
erhält  3  Dinare. 

Er  verfügt,  daß  das  Drittel^  seines  Vermögens  in  24  Teile  geteilt, 
und  für  Danänir  2  Teile  von  24  Teilen  vom  Drittel  seines  Vermögens  ge- 
stiftet werden;  solange  ihr  Sohn  lebt  oder  sie  bei  ihm  bleibt,  soll  davon  ihr 
Unterhalt  bestritten  werden.  Wenn  ihr  Sohn  A.  stirbt,  und  sie  bei  den 
Kindern  des  M.  b.  I.  bleibt,  so  steht  ihr  dies  zu.  Wenn  sie  ihren  Sohn 
und  seine  Kinder  verläßt,  wird  ihr  entzogen,  was  ihr  vermacht  wurde. 
Wenn  Fauz  bei  Danänir  bleibt,  nachdem  sie  frei  ist,  und  Danänir  bei  ihrem 
Sohne  Muhanunad  oder  den  Kindern  des  M.  b.  I.  bleibt,  stiftet  er  für  Fauz 
[einen  TeilJ^  von  24  Teilen  vom  Drittel  des  "N^ermögens  des  M.  b.  I.,  von  dem 


i£rcn. 


1  Der  Text   ist   nicht  in  Ordnung.     Ich  habe  eine  Umstellung  vorgenommen. 

2  Die  Legate  dürfen  ein  Drittel  der  Hinterlassenschaft  nicht  übersteige 
^    Oder:    beiden  gemeinschaftlicli  einen  Teil. 

3Iitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1901.     IL  Abt.  i 


66  Kkrn:    Zwei  Urkunden  vom  Imani  as  Safi'T. 

ihr  Unterhalt  bestritten  werden  soll,  solange  sie  bei  ihr  und  bei  den  Kin- 
dern des  M.  b.  I.  bleibt.  Wenn  Fauz  nicht  bleibt,  wird  er  ihr  entzogen 
und  Danänir,  der  Muttersklavin  des  M.  b.  I.  zurückgegeben. 

Er  vermacht  den  Armen  der  Familie  Säfi'  b.asSä'ib  4  Teile  von  24  Teilen, 
die  ihnen  ausgezahlt  werden  sollen.  Dabei  soll  jung  und  alt.  Mann  und 
Frau  gleich  sein.  —  Er  vermacht  dem  Muhammad  b.  al  Walid  al  Azraqi  6 
Teile  von  24  Teilen  vom  Drittel  seines  Vermögens.  Er  verfügt,  daß  an  seiner 
Statt  Nacken^  für  5  Teile  von  24  Teilen  vom  Drittel  seines  Vermögens  freige- 
lassen werden.  Es  sollen  möghchst  die  Verdientesten  und  Lobens würdigsten 
ausgewählt,  und  unter  ihnen  Mas'ada  der  Schneider  gekauft  Averden,  wenn 
sein  Besitzer  ihn  verkauft,  und  freigelassen  werden.  —  Er  verfügt,  daß  den 
Nachbarn  seines  Hauses,  das  er  zu  Du  Tuwan  in  Mekka  bewohnte,  ein 
Teil  von  24  Teilen  vom  Drittel  seines  Vermögens  geschenkt  werde.  Dabei  soll 
ein  jeder  inbegriffen  sein,  dessen  Patronat  Tdris  hatte,  und  die  Freigelassenen 
seiner  Mutter,  Mann  und  Frau,  und  jedem  von  ihnen  viermal^  soviel  ge- 
geben werden,  Avie  einem  von  seinen  Nachbarn.  —  Er  vermacht  'Abbäda  (?) 
der  Saijida  (?)  und  Sahl,  ihrem  Sohn,  seinen  Freigelassenen,  Salima,  der 
Freigelassenen  seiner  Mutter,  und  denen,  die  er  in  seinem  Testament  frei- 
gelassen hat,  ein  Teil  von  24  Teilen  vom  Drittel  seines  Vermögens.  Es  soll 
Abbäda  (?)  doppelt  soviel  erhalten  wie  jeder  von  ihnen,  und  zwischen 
den  übrigen  Gleichheit  sein.  Keinem  von  seinen  Freigelassenen  soll  ge- 
geben werden,  außer  denen  die  in  Mekka  sind. 

Alles  das,  was  er  von  Teilen  seines  Drittels  nach  den  in  Ägypten 
vermachten  Lasten  und  Legaten  vermacht,  sei  gemäß  dem,  was  er  vermachtS 
und  [damit]  werde  angefangen,  dann  werde  der  Rest  seines  Drittels  be- 
rechnet und  so  daraus  die  Teile  herausgenommen ,  die  in  seiner  Schrift  be- 
schrieben sind.* 

M.  b.  L  übergibt  die  Ausführung  seiner  in  Ägypten  [von  ihm  ausge- 
setzten] Legate  und  die  Verwaltung  seines  gesamten  Nachlasses  daselbst 
Gott,  danach  Abd  alläh  b.  Abd  al  Hakam  ^  dem  Koreischiten,  Jüsuf  b.  Amr 
b.  Jazid  dem  Rechtsgelehrten  und  Sa'id  b.  al  Gahm  al  Asbahi,  Wenn  wer 
auch  immer  von  ihnen  stirbt,  abwesend  ist  oder  die  Ausführung  des  Testa- 
mentes aufgibt,  so  tritt  der  Anwesende,  der  sein  Testament  ausführt,  [an 
seine  Stelle]  auf  eine  Weise,  die  ihn  von  dem  unabhängig  macht,  der  von 
[der  Ausführung  von]  M.  b.  L's  Testament  abwesend  ist  oder  [sie]  aufgibt. 

Er  trägt  Jüsuf  b.  Amr  b.  Jazid,  Sa'id  b.  al  Gahm  und  Abd  alläh  b.  Abd 
al  Ilakam  auf,  seinen  Sohn  Abu  1  Hasan,  sobald  es  ihnen  möglich  ist,  nach 
Mekka  zu  seiner  Familie  gelangen  zu  lassen.  Er  soll  nicht  zu  Wasser  fortge- 
führt werden,  wenn  eine  Möglichkeit  [es]  auf  irgend  eine  Weise  zu  Lande  [zu 


1  D.  h.  Sklaven. 

2  Oder  dreimal?  Vgl.  Lane  unter  diT. 

3  Oder:  so  soll  berechnet  werden,  was  er  vermacht? 

*    Soli  das  heißen,  daß  die    später  hinzukommenden  Legate  den  Vorzug  vor 
den  hier  erwähnten  erhalten,  die  ^%4  (?)  ausmachen? 
5    Wüstenfeld,  Schafiiten  I,  Nr.  34. 


Kern:    Zwfi   Urkunden  vom  luiäm  as  Säfi'T.  67 

tun]  ist.  Sie  sollen  ihn  und  seine  Mutter  mit  zuverlässigen  Leuten  zusammen- 
bringen, und  es  werde  ausgeführt,  was  er  ihnen  in  Ägyjjten  [zu  tun]  aufgetragen 
hat:  sie  sollen  seinen  Besitz  und  den  des  Abu  1  Hasan,  seines  Sohnes 
sammeln  und  dies  alles  und  damit  die  Sklaven  Abu  1  Hasans  nach  Mekka 
gelangen  lassen,  bis  es  dem  Testamentsvollstrecker  des  M.  b.  I.  daselbst 
übergeben  wird.  Wenn  irgend  etwas  von  M.  b.  1.  oder  seinem  Sohne  A. 
b.  M.  in  Ägypten  bleibt,  so  sind  Sa'id  b.  al  Gahm ,  Abd  alläh  b.  Abd  al 
Hakam  und  Jüsuf  b.  Amr  seine  Testamentsvollstrecker  dafür  und  die  Vor- 
münder für  seine  Kinder  und  das^  was  von  ihm  und  ihnen  in  Ägypten  ist, 
unter  der  Bedingung,  die  er  gestellt  hat,  daß  der  von  ihnen  Anwesende  in 
allem,  was  ihm  aufgetragen  ist,  an  Stelle  ihrer  aller  sei,  und  was  sie  [daran] 
gewinnen  (?) ,  bis  die  Testamentsvollsti-ecker  des  M.  b.  I.  in  Mekka  Leute 
sind,  denen  man  [es]  zusenden  kann;  dann  sind  sie  davon  los.  Sie  ver- 
walten die  Schuldverpflichtungen  des  M.  b.  L  in  Empfangen  und  Tilgen 
von  Schulden,  wenn  er  dort  deren  hat,  den  Verkauf  dessen,  was  sie  zu 
verkaufen  für  richtig  halten,  von  seinem  Nachlaß  und  anderem  von  allem, 
was  er  in  Ägypten  zu  bekommen  hat  und  schuldet,  die  Vormundschaft  für 
seinen  Sohn  A.  b.  I.  und  den  ganzen  Nachlaß  des  M.  b.  L  in  Ägypten  an 
Land  und  anderem. 

Es  übergibt  M.  b.  1.  die  Vormimdschaft  über  seine  Kinder  in  Mekka, 
und  wo  immer  sie  sein  mögen,  Abu  'Utmän ,  Fätima  und  Zainab,  die  Kinder 
des  M.  b.  L  von  Danänir,  seiner  Muttersklavin,  wenn  er  Ägypten  verläßt, 
imd  die  Verwaltung  des  gesamten  Besitzes  seiner  Kinder,  die  er  genannt 
hat,  und  der  Kinder,  wenn  M.  b.  L  [noch]  welche  bekommt,  bis  sie  sowohl 
die  körperliche  als  die  geistige  Reife  erreichen,  und  ihre  Besitztümer,  wo 
diese  auch  sein  mögen S  außer  dem ,  was  seine  Testamentsvoll- 
strecker in  Ägypten  verwalten.  Denn  dies  ist  ihre  Sache,  solange  es  einer 
von  ihnen  besorgt.  Wenn  er  es  aufgibt,  so  liegt  es  seinen  beiden  Testa- 
mentsvollstreckern in  Mekka  ob,  das  sind  Ahmad  b.  Muhammad  b.  al  Walid 
al  Azraqi  und  'Ubaid  alläh  b.  Ismä'il  b.  INIufrit  (?)  der  Wechsler.  Wenn 
'Ubaid  alläh  stirbt  oder  die  Testamentsvollstreckung  nicht  annimmt,  so  ist 
Ahmad  b.  Muhammad  der,  welcher  dies  alles  zu  besorgen  hat. 

Und  Muhammad^  bittet  Gott,  der  mächtig  ist,  zu  tun  was  er  will, 
daß  er  unsern  Gebieter  Muhammad,  seinen  Knecht  und  Gesandten,  segne, 
sich  seiner^  erbarme,  denn  er  ist  seines  Erbarmens  bedürftig,  ihn  vor  dem 
Höllenfeuer  schütze,  denn  Gott  hat  es  nicht  nötig,  ihn  zu  züchtigen,  daß 
er  ihn  in  allem,  was  er  ersetzt,  durch  das  Vorzüglichste  ersetze,  wo- 
durch er  einen  der  Gläubigen  ersetzt,  sie  für  seinen  Verlust  entschädige, 
ihr  Unglück  nach  seinem  Tode  heile  und  sie  vor  Ungehorsamkeiten  gegen 
ihn,  Begehung  dessen,  was  von  ihnen  häßlich  wäre,  und  daß  sie  eines  von 
seinen  Geschöpfen  bedürfen ,  durch  seine  Macht  bewahre.^ 

^  Wenn  man  keine  Lücke  annehmen  will,  könnte  eine  anakoluthisehe  Kon- 
struktion mit  virtueller  Vorausnahme  des  späteren:  »seinen  beiden  Testamentsvoll- 
streckern in  Mekka«   vorliegen, 

2  D.  h,  Säfi'T. 

3  Soweit  BailiaqT.    Nach  dem  Manuskript  wäre  hier  eine  Lücke  in  der  Vorlage. 


68  Kern:    Zwei   Urkunden  vom  Iniam  as  Safi'T. 

Es  läßt  M.  b.  I.  gegen  sich  in  seiner  Krankheit  bezeugen,  daß  Salim' 
der  Schröpfer  nicht  ihm,  sondern  jemandem  von  seinen  Kindern  gehurt. 
Dies  ist  gegen  mich  bezeugt;  wenn  er  nun  verkauft  w^ird,  so  geschehe  das 
auf  Grund  des  Vorteils  für  ihn.  Also  gehört  nichts  von  ihm  zu  meinem 
Vermögen.  Ich  habe  über  mein  Drittel  verfügt.  Es  ist  jedoch  niclit  in 
meinem  Drittel  einbegriffen,  was  keinen  Wert  hat,  Tongefäße,  Schüsseln 
und  Matten,  vom  Abfalle  des  Hauses,  und  die  Reste  von  den  Speisen  des 
Hauses,  was  nicht  gebraucht  wird,  von  dem,  was  keinen  Wert  hat. 

Es  bezeugen  dies  .  .  .  .^ 


Oder  Sulaim? 

Die  Nainen  der  Zeugen  fehlen. 


69 


Das  Buchwesen  in  Turkestan  und  die  türkischen 
Drucke  der  Sammlung  Hartmann. 

Von  Martin  Hartmann. 


Uie  Tätigkeit  der  Pressen  Tiirkestans  ist  nicht  unbekannt.  Ich  selbst  hatte 
schon  Veranlassung,  von  einigen  in  Taskent  und  Kasgar  hergestellten 
Büchern  zu  sprechen.  >  Turkestaner  Drucke  finden  jetzt  auch  Erwähnung 
in  Buchhändlerverzeichnissen. 2  Einiges  wurde  aufgeführt  in  der  Orientali- 
schen Bibliographie.  Das  in  russischer  Sprache  Gedruckte,  das  für  die 
Orientalisten  Interesse  hat,  kam  zur  Sprache  gelegentlich  der  verdienstlichen 
Jahresberichte  Bartholds  in  diesen  Mitteilungen.  Dabei  fanden  auch  türkische 
Drucke  Erwähnung.  So  wird  den  Freunden  der  osttürkischen  Studien  die 
Existenz  mancher  hier  verzeichneten  Drucke  bekannt  sein.  Doch  wird  das 
Bekannte  durch  die  Zusammenstellung  in  neuem  Lichte  erscheinen;  auch 
fügte  ich  sprachliche  und  sachliche  Bemerkungen  bei.  Ich  bemühte  mich, 
einen  Einblick  in  den  Betrieb  des  Buchgewerbes  zu  gewinnen,  so  gut  es 
bei  der  kurzen  Zeit  meines  Aufenthaltes  und  neben  den  dringenderen  Auf- 
gaben möglich  war.  Diese  Beobachtungen  in  Verbindung  mit  dem  tatsächlich 
zusammengebrachten  INIaterial  lassen  Schlüsse  auf  das  Geistesleben  des 
Landes  zu. 

In  Russisch -Turkestan  steht  an  der  Spitze  der  Drucktätigkeit 
naturgemäß  Taskent  als  Sitz  des  General  -  Gubernators.^  Schon  vor  der 
Eroberung  durch  die  Russen  im  Jahre  1865  war  Taskent  neben  der  da- 
maligen Hauptstadt  des  östlichen  Transoxaniens ,  Chöqand  (Kokan),  ein  be- 
deutender Mittelpunkt  geistigen  Lebens,  soweit  man  so  ein  Leben  nennen 
kann,  das  sich  auf  den  geistlosen  Betrieb  der  traditionellen  religiösen  Dis- 
ziplinen und  von  ein  wenig  adah  beschränkte.  An  die  Verwendung  von 
Druckpressen   —   es   hätte   sich    niu-  um  Steindruck   gehandelt*  —   scheint 


1   Islamischer  Orient  (IV)  S.  117.  (V)  S.  149  Anm.  2. 

*  So  in  »Bericht  über  neue  Enverhiingen  von  Otto  Harrassowitz  in  Leipzig- ; 
Spirgatis  (Leipzig),  Katalog  96  Nr.  1238. 

3  Über  die  Verwaltung  der  russischen  Provinz  Turkestan  s.  Hart  mann  in 
der  Zeitschrift  Asien  II,   133  ff. 

*  Bei  den  Turkestanern  findet  man  eine  lebhafte  Abneigung  gegen  Drucke 
mit  beweglichen  Typen ,  wie  bereits  hlamischer  Orient  (Y)  S.  1 19  Anm.  1  bemerkt 
wurde.  So  begegnet  man  Typendrucken  selten.  Die  wenigen  Klassen  und  Einzel- 
werke solcher  Art  sind  im  Laufe  dieses  Aufsatzes  besprochen. 


70  Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Ilartmann. 

man  vor  1865  weder  in  Taskent  noch  in  Chöqand  gedacht  zu  haben.  ^  Die 
russische  Regierung  besteht  selbstverständUch  grundsätzHch  darauf,  daß 
einzig  das  Russische  Amtssprache  ist.  Aber  praktische  Rücksichten  zwangen 
sie,  ihren  Willen  dem  eroberten  Lande  in  der  Sprache  der  Bevölkerung 
kundzutun.  Neben  Plakaten  und  Flugblättern  dient  ihr  die  »Turkestanische 
Eingeborenen -Zeitung«  {itirkesfanskaja  tuzem7iaja  gazeta,  iürk.  turTcistän  icilä- 
jetmiii  gazett).  Das  im  Jahre  1869  gegründete  Blatt^,  gegenwärtig  redigiert 
von  dem  ausgezeichneten  Leiter  des  Taskenter  Lehrerseminars  Nikolai 
Petrowitsch  Ostroumoff^,  gibt  das  Amtliche  meist  russisch  und  türkiscli 
und  macht  in  dem  rein  türkischen  Teil  die  Bevölkerung  mit  dem  AVichtigsten, 
was  im  Lande  vorgeht,  und  dem  Wesen  der  Regierenden  bekannt,  und 
sucht  an  ihrem  Teile  zur  Hebung  des  kulturellen  Zustandes  durch  Ver- 
breitung nützlicher  Kenntnisse  beizutragen.  Ich  konstatierte,  daß  die 
Zeitung  in  den  Kirgisenniederlassungen  im  östlichen  Berglande  Ferglianas 
gelesen  wird.* 

Wann  die  Drucktätigkeit  in  Taskent  lebhafter  wurde,  vermochte  ich 
nicht  festzustellen.  Man  würde  das  sicherste  Bild  gewinnen  durch  Einsicht 
der  Zensurlisten.  Jedes  Buch,  das  gedruckt  wird,  muß  der  Zensurbehörde 
vorgelegt  werden,  und  unter  den  hier  aufgeführten  ist  keines,  das  des 
Vermerkes  ^dozicoleno  tsenzuroiu  S.  P.burg"  mit  Datum  entbehrt.  Sitz  der 
Zensurbehörde  war  einige  Zeit  Tiflis",  jetzt  ist  ihr  nomineller  Sitz  Peters- 
burg, doch  habe  ich  Grund  anzunehmen,  daß  die  Werke,  die  der  Lokal- 
regierung eingereicht  werden,  gar  nicht  selbst  nach  Petersburg  gehen, 
sondern  durch  einen  Vertrauensmann  der  Zentralzensur  in  Taskent  erledigt 
werden. 

In  Taskent  betreiben  gegenwärtig  zwei  Druckereien  die  Herstelliuig 
türkischer  Drucke ,  beide  in  der  Russenstadt  gelegen :  1 .  die  Druckerei  des 
Stabes  des  turkestanischen  Militärkreises  {tipograßja  schtaha  turkest.  icojenn. 
okmgäf,  2.  Druckerei  lljin  {tipo-litogr.  W.  N.  Iljina).  Beide  haben  gut  zu 
tun.     Von  Druckereien,  die  auf  älteren  Drucken  genannt  sind,  nenne  ich: 


1  Ich  wenigstens  fand  keine  Spuren  davon.  Es  sei  hier  gleich  bemerkt,  daß 
mir,  dem  Fremden,  wold  manches  entgangen  sein  kann,  was  den  Russen,  die  seit 
langem  im  Lande  arbeiten,  wohlbekannt  ist.  Die  Schwierigkeit,  von  den  Ein- 
heimischen zureichende  Mitteilungen  und  Nachweise  zu  erhalten,  ist  außerordentlich 
groß,  in  Chinesisch -Turkestan  freilich  noch  viel  größer  als  in  Russisch -Turkestan. 
Für  Nachträge  und  Berichtigungen  von  russischer  Seite  werde  ich  besonders 
dankbar  sein. 

2  Es  erscheinen  50  Nummern  im  Jahre;  Preis  im  Ausland  5  Rubel. 

^    Siehe  über  ihn  den  oben  angeführten  Aufsatz  \\\  Asien  S.  136  Anm.  1. 

*  Natürlich  nur  da,  wo  ein  Imäm,  d.h.  ein  Schulmeister,  vorhanden  ist,  der 
dann  das  Gelesene  den  anderen  gewichtig  mitteilt.  Ich  traf  diesen  Zustand  in 
Qaflanköl  an,  eine  starke  Tagereise  östlich  von  Os,  etwa  vier  Reitstunden  vor  Gulca. 

5  Einen  Zensurvermerk  aus  Tifiis  vom  Jahre  1901  trägt  das  in  Samarqand 
gedruckte  Maulüdi  serTf  (s.  Nr.  4). 

ß  Sie  hat  natürlich  zunächst  die  wertvollen  Arbeiten  des  Taskenter  General- 
stabes herzustellen.     Der  Betrieb  ist  ein  umfangreicher  und  geordneter. 


Hartmann:    Bucliwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartniann.  71 

1.  Lachtin,  2.  Breidenbacli,  3.  Kamenski,  4.  Kostelow,  5.  Portsevv.  Ich 
habe  Grund  anzunehmen,  daß  diese  Firmen  nur  verschiedene  Schilder  für 
ein  und  dieselbe  Druckanstalt  waren.  Auch  Iljin  scheint  nur  in  die  eine 
alte  Druckei-ei  eingetreten  zu  sein;  s.  unter  9,  12  und  17. 

Wie  die  Drucke  zustande  kommen,  ist  aus  der  Form  zu  ersehen, 
welche  in  den  meisten  Fällen  dem  Titel  gegeben  wird.     Diese  ist  folgende^: 

ol^,  ^IkL^  j_jO  ^j\  jUjj  t>-oj  (J*^^  S^J  j^  (J§^  F^  jj^. 

C-)Vj  j-^  ....  C-'\ö-l_;=-j  fl^*^  ....  ^_^<>~-«  ....  »>^  l"  j\  ,^\i>y\  <iAL 
JoJ^    ^^    ....    >>j]aa  jj   -Os-i-L",    d.h.:    Durch    die   Hilfe    des   llervor- 

bringers  von  Land  und  Bewohnern  und  des  Schöpfers  von  Ort  und  Zeit 
wui'de  dieses  geschätzte  Buch,  das  durch  die  Gnade  des  Allspenders  zu 
den  Werken  des  ,  .  ,  gehört,  und  welches  den  Titel  »....«  hat,  auf 
Vei-anlassung  und  auf  Kosten  des  ....  in  dem  Lande  Taskent  in  der 
Druckerei  ....  gedruckt." 

Der  Mann,  »auf  dessen  Veranlassung  und  Kosten«  das  Buch  gedruckt 
wird,  der  also  etwa  unserm  Verleger  entspricht,  ist  wohl  meist  selbst  ein 
Buchhändler  oder  Händler  überhaupt,  da  der  Buchhandel  von  Geschäfts- 
leuten aller  Art  als  Nebengewerbe  betrieben  wird.^  Bei  dem  Entschluß, 
ein  Werk  drucken  und  es  dann  im  Wege  des  gewöhnlichen  Buchhandels 
vei'treiben  zu  lassen,  spielt  im  Islam  ein  Moment  hinein,  das  in  den  Kultur- 
ländern nur  noch  selten  zu  finden  sein  dürfte*:  die  Hoffnung,  sich  durch 
Drucken  eines  frommen  Werkes  einen  Lohn  im  Jenseits  zu  erwerben.  Es 
soll   nicht   gesagt   sein,    daß   diese  Aussicht  verlockend   genug   ist,    um  der 


1  Ich  gebe  dieses  Beispiel,  weil  man  gerade  dieser  Form  auch  auf  indischen 
und  persischen  Drucken  nicht  selten  begegnet.  Wer  viel  mit  orientalischen  Drucken 
zu  tun  hat,  dem  wird  es  angenehm  sein,  hier  die  Lesung  wenigstens  einer  Form 
zu  erhalten.  Diese  Äußerliclikeiten  zu  behandeln  ist  ermüdend  und  sie  scheinen 
unwichtig;  es  ist  aber  durchaus  notwendig,  daß  einmal  eine  vollständige  Übersicht 
über  das,  was  auf  diesem  Gebiete  üblich  ist,  gegeben  wird. 

2  Auch  in  der  äußeren  Anordnung  und  selbst  in  dem  Schrift duktus  schließen 
sich  die  Titel  der  Taskentdrucke  ersichtlich  meist  an  indische  Vorbilder  an.  Mit 
Vorliebe  haben  sie  eine  Borte  teils  mit  geometrischen,  teils  mit  Blumenornamenten 
als  Rand;  woher  die  Stempel  stammen,  vermag  ich  nicht  zu  sagen. 

3  Das  ist  naturgemäß  besonders  da  der  Fall,  wo  der  Buchhandel  gar  nicht 
oder  nur  wenig  organisiert  ist.  Aber  selbst  in  Taskent  wird  man  gelegentlich  zu 
Schnittwaren-  und  anderen  Händlern  geführt,  die  in  ihrer  Wohnung  Handschriften 
und  Drucke  vorlegen.  Es  handelt  sich  dann  um  solche  Sachen,  die  nicht  Stapel- 
ware sind. 

*  Es  wirkt  noch  mehr,  fast  ausschließlich,  soweit  nicht  Eitelkeit  in  Betracht 
kommt,  bei  der  Abfassung  von  Werken;  denn  Honorar  für  literarische  Arbeiten  in 
unserm  Sinne  ist  im  Orient  unerhört  und  wird  selbst  in  Stambul ,  wo  doch  vieles 
schon  nach  europäischer  Art  organisiert  und  das  Buchwesen  verhältnismäßig  ent- 
wickelt ist,  eine  Seltenheit  sein.  Etwas  dem  Honorar  Ähnliches  stellt  das  «Geschenk« 
dar,  das  ein  Reicher  für  Herstellung  einer  Arbeit,  die  ihm  am  Herzen  liegt  oder 
als  deren  Autor  er  gelten  will,  gewährt. 


72  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

auf  Geldverlust  die  Wage  zu  halten.  Aber  diese  Art  Kapitalanlage  hat 
etwas  Verdienstliches,  das  manchen  anzieht.  So  werden  denn  verhältnis- 
mäßig viel  Werke  jährlich  zum  Druck  gebi-acht  —  ich  hörte  für  die  letzten 
Jahre  als  Durchschnitt  dreißig  nennen  — ,  und  es  scheint,  das  Geschäft  ist 
zwar  nicht  glänzend,  doch  ziemlich  sicher.  Daß  sich  mit  Vorliebe  die 
daran  machen,  die  Erfahrung  haben,  versteht  sich  von  selbst,  und  so  be- 
gegnet man  vielfach  denselben  Unternehmernamen  auf  den  Titeln. 

In  Taskent  findet  man  Buchverkäufer  {sahhäf,  Jcitabfurüs)  in  zwei 
Straßen  des  Bazars  der  Sartenstadt,  in  der  einen  etwa  sieben  Läden,  in 
der  anderen  vier.  Der  Sarte  ist  ruhig  und  abwartend:  was  Allah  schicken 
will,  muß  kommen.  So  gibt  es  in  den  Bazaren  kein  Anreißen,  am 
wenigsten  im  Buchbazai\  Bemerken  aber  die  Leute,  daß  man  ein  ei'nster 
Käufer  ist,  so  bringen  sie  gern,  wovon  sie  glauben,  es  sei  begehrt.  Ein 
hübscher  Zug  ist,  daß  es  dabei,  nach  meinen  Erfahrungen,  ohne  Unfreund- 
lichkeit der  konkurrierenden  Parteien,  wenigstens  äußerlich,  abgeht.  Ich 
nahm  bei  meinen  Besuchen  meist  festen  Sitz  im  Laden  des  Hag  Abdulmelik 
Ibn  Abdunnebi,  eines  äußerst  sympathischen  würdigen  Mannes,  der  übrigens, 
wie  sich  nachher  herausstellte,  auch  einen  Ruf  als  Gelehrter  im  Städtchen 
besitzt  und  täglich  eine  Stunde  in  der  Medrese  unterrichtet.'  Er  litt  es  wohl, 
daß  ich  in  seinem  Laden  auch  die  Waren  der  anderen  Verkäufer  sah,  die 
dorthin  gebracht  wurden  und  verteilte  das  Geld  an  diese,  soweit  ich  es  an 
ihn  gezahlt.  Einen  Teil  der  Sachen  erwarb  ich  durch  einen  Kommissionär, 
der  sich  durch  Herbeischleppen  in  Abdulmeliks  Laden  besonders  nützlich 
machte  und  dem  ich  eine  kleine  Vergütung  bewilligte. 

Die  Preise  sind  im  ganzen  niedrig.  Es  ist  selbstverständlich  ein 
Unterschied,  ob  man  ein  einzelnes  Buch  kauft  oder  einen  größeren  Einkauf 
macht,  sowie  ob  man  in  der  Landessprache  leicht  und  in  einer  dieser  Art 
Verkehr  angemessenen  Spi-ache  verhandeln  kann.  Das  Vorschlagen  hielt 
sich  in  bescheidenen  Grenzen.  Die  Stapelware,  wie  muchtasar  nlwiqäje. 
(iTwäni  mesreb  u.  dgl.  hat  festen    Kurs,    und  icii  konnte   mit  Sicherheit  fest- 

1  Mit  Gelehrsamkeit  verbindet  .sich  im  Orient  nicht  selten  das  demonstrative 
Hervorkehren  der  scharfen  Grenze,  bei  welcher  man  mit  aller  Höflichkeit  dem 
fremden  Kafir  ein  energisches  Halt  gebietet.  Eine  solche  Grenze  ist  die  Berührung 
des  heiligen  Buches.  »Dies  ist  ein  werter  Qur'än,  in  dem  verwahrten  Buche 
berühret  nur  von  Reinen»  (Qur.  56,76 — 78).  Selbst  in  dem  aufgeklärten  S(ambul 
drückt  man  sich  auf  jede  Weise  um  die  Nötigung,  dem  Fremden  den  Qur'än  in  die 
Hand  zugeben  —  coram  pubHco.  Wenn  es  niemand  sieht,  verkauft  man  ihm  so  viel 
Quräne,  als  er  haben  will  (das  Köstlichste  ist,  daß  der  geschätzteste  Druck  des 
Qurans  eine  im  Lande  des  Unglaubens  hergestellte  Piiotolithographie  ist).  Mein 
braver  Abdulmelik  war  sehr  verständig,  er  ließ  mich  Qurane  mit  und  ohne  Kom- 
mentar, gedruckte  und  handschriftliche,  ruliig  betrachten.  Der  einzige  Protest  gegen 
mein  Verhalten  war,  daß  er  einmal,  als  ich  einen  Qur  an  auf  einen  Stapel  Bücher 
gelegt  hatte  und  ein  anderes  Buch  darauf  legte,  er  das  heilige  Buch  nach  oben 
brachte,  denn  kein  anderes  dai-f  seinen  Platz  über  ihm  haben.  Ol)  die  sunnitischen 
Taskenter  die  Gcwohnlieit  der  schiitischen  Perser  und  Türken  teilen,  die  Qurane 
in  ihren  Zimmern  nur  auf  Wandbrettern  imd  über  Mannshöhe  aufzubewahren,  kann 
ich  nicht  sagen. 


Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  73 

stellen,  daß  die  Angabe  der  Leute,  sie  hätten  jjro  Band  nur  den  bescheidenen 
Gewinn  von  10  —  20  Kopeken,  richtig  war.  Durchschnittlich  kostet  ein 
Buch  von  160  Seiten  60  Kopeken.  Handschriften  sind  in  Taskent  nicht 
selten ,  aber  fast  nie  findet  man  etwas  von  Wert.  Sowie  etwas  vorkommt, 
was  durch  das  Nachforschen  von  russischen  Gelehrten  als  seltener  bekannt 
ist,  werden  Preise  gefordert,  die  unverhältnismäßig  hoch  sind. 

Die  Drucke,  die  man  vorfindet,  sind  voi'wiegend  Taskenter  Herkunft 
und  zwar  mit  wenigen  Ausnahmen  aus  den  letzten  Jahren.  Ältere  Taskenter 
Drucke  sind  nicht  häufig  und  müssen  besonders  gesucht  werden.  Es  gelang 
mir,  einige  zu  erwerben.  Neben  den  Taskenter  Drucken  kommen  indische 
und  Qazaner  vor;  die  indischen  sind,  schien  mir,  ausschließlich  persische 
Werke,  die  Qazaner  türkische.  Unter  den  Qazanern  fand  ich  die  Über- 
setzung von  Damiris  kitäh  alhajawän.  Solche  Erzeugnisse  der  Qazaner 
Pressen  sind  aber  eine  Seltenheit.  Fast  alles,  was  man  findet,  gehört  der 
volkstümlichen  Literatur  an:  Erzählungen  und  einfachste  Einführungen  in 
den  Lslam.  Auf  mein  Erstaunen,  diese  Dinge  dort  zu  finden,  wälirend  doch 
die  Sprache  eine  ganz  andere  sei,  erklärte  mir  einer  der  Buchhändler,  der 
diese  Sorte  offenbar  als  Spezialität  betrieb:  »Wir  selbst  verstehen  diese 
Hefte  meist  nicht,  wir  müssen  sie  aber  führen,  weil  sie  verlangt  werden, 
und  zwar  von  den  Qirgiz-Qazaqen,  die  aus  Qazalinsk  und  Umgegend  hierher 
auf  den  Markt  kommen  und  den  Dialekt,  in  dem  diese  Hefte  abgefaßt  sind, 
vorstehen.«  Nur  eine  Sorte  Drucke  aus  Qazan  trifft  man  wie  in  Taskent 
so  in  allen  übrigen  größeren  Orten  Russisch-  und  Chinesisch -Turkestans: 
die  Heftjeks,  d.  h.  die  Hefte  mit  je  einem  Guz'  des  Qur'äns,  die  in  un- 
geheuren Massen  in  Qazan  hergestellt  werden.  Es  ist  merkwürdig,  daß 
weder  in  Taskent  noch  in  anderen  Städten  Turkestans  lithographierte  Aus- 
gaben des  Qur'äns  hergestellt  sind.^  Neben  den  Qazaner  Heftjeks  findet 
man  die  bekannte  Stambuler  Lithographie  des  ganzen  Qur'äns.  Die  Qazaner 
Drucke  sind  sämtlich  Typendrucke,  und  zwar  mit  den  häßlichen,  steifen 
Typen,  die  auch  in  Taskent  vereinzelt  zu  Werken  und  zur  Eingeboi-enenzeitung 
verwandt  werden  und  über  welche  siehe  Islamischer  Orient  (\\)  S.  1 19  Anm.  1. 

In  allen  anderen  Städten  Turkestans  ist  das  einheimische  Buchgewerbe 
gleich  Null.  Samarqand  ist  durch  die  Fremden  verdorben  und  man  verlangt 
für  Handschriften  unerhörte  Preise.  Ich  sah  in  der  Sartenstadt  einige  dürftige 
Buchkrämer,  die  nur  Stapelware  hatten,  in  der  Russenstadt  einen  größeren 
Buchladen  und  eine  kleine  Bude,  wo  man  das  für  den  Reisenden  Nötige 
(Plan  der  Russenstadt,  Adreßkalender,  das  kleine  russisch -türkische  Wörter- 
])uch  von  Lapin,  2.  Auflage,  Samarqand  1899  u.dgl.)  bekommt.  Hand- 
schriften vermittelt  der  Kommissionär  Sahir  Bai  Nasirbajeff.  Mir  wurden 
von  einem  MoUa  in  einer  Medrese  einige  bessere  Sachen  angeboten:  eine 
Handschrift  mit  der  wohlbekannten  Beaibeitung  des  Narsachi  und  zwei 
kleineren  Werken  sollte  50  Rubel,  ein  schöner  Foliant  mit  Fu/.rili  und 
interlinearer  »özbekischer«   Übersetzung  sollte  60  Rubel  kosten. 


1    Nach   einer   Notiz   der  Turkestanskiju  Wjedomosti,  wenn   ich   nicht   irre   im 
Januar  1904,  sollte  auch  in  Taskent  ein  Qui'ändruck  ausgeführt  werden. 


74  Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

In  Chöqand  fand  ich  im  Bazar  nur  zwei  intelligentere  Leute,  die  mit 
Büchern  handelten.  Ich  erwarb  die  in  der  Übersicht  S.  17  genannten 
Handscluiften. 

In  Andigän  fand  ich  nur  ein  Original,  das  unter  freiem  Himmel  einen 
Stoß  Bücher  feilhielt;  sonderbarerweise  befand  sich  darunter  die  Stambuler 
Ausgabe  des  Hüwedä,  aus  der  ich  hier  Jahrgang  V,  Abt.  2,  S.  132  ff.  Mit- 
teilungen machte  und  zugleich  ein  Qazaner  Druck  des  rähaü  dil  Hüwedäs. 
Ein  Goldschmied,  bei  dem  ich  Münzen  fand,  aber  wegen  des  hohen  Preises 
nicht  kaufte,  studierte  das  ihstri  ehbei'  in  einer  vierbändigen  Bombayer  Ausgabe. 
Die  indischen  Drucke  kommen  nach  Chöqand  und  Andigän  über  Taskent. 

In  Chinesisch -Turkestan  steht  das  Buchwesen  auf  einer  äußerst 
niedrigen  Stufe.  Ich  kann  freilich  nur  von  Kasgar  und  Jarkend  sprechen. 
Dort  fabelt  man  davon,  daß  in  der  Hauptstadt  der  Provinz,  Urumtsi,  ein 
chinesischer  Händler  sei,  der  einen  Laden  mit  vielen  tausend  Büchern  habe. 
Man  weiß  aber,  wie  die  orientalische  Phantasie  alles  vergrößert.  Von 
chinesischen  AVerken  haben  für  den  Islamisten  ja  auch  nur  die  Wert,  welche 
aus  den  tunganischen  (islamisch -chinesischen)  Kreisen  stammen.  Solche 
Bücher  dürften  aber  vielmehr  in  Maralbasi,  Acjsu,  Uc  Turfan  und  den  schon 
auf  russischem  Gebiet  gelegenen  Städten  Toqmaq  und  Pispek  zu  finden 
sein  als  in  Kasgar  und  Jarkend  oder  gar  in  Urumtsi.  Trotz  der  größten 
Mühe  gelang  es  mir  nur  bescheidene  Proben  dieser  Art  Literatur  zu  er- 
werben. Sie  lassen  ahnen,  daß  hier  der  Forschung  noch  ein  weites 
Gebiet  offen  liegt. 

Das  Druckwesen  wird  von  der  chinesischen  Regierung  in  keiner  Weise 
begünstigt.  Der  chinesische  Beamte  wird  nur  in  den  seltensten  Fällen 
etwas  tun,  damit  die  heimische  Bevölkerung,  in  der  er  unter  allen  Um- 
ständen einen  gefährlichen  Feind  sieht,  zu  Worte  kommt,  und  er  wird  ihr 
die  Beschäftigung  mit  dem,  was  ihren  religiösen  oder  gar  nationalen  Ten- 
denzen entspricht,  nur  so  weit  gestatten,  als  er  es  ungefährlich  für  seine  Re- 
gierung hält,  und  gefährlich  ist  vor  allem  alles  übermäßige  Studieren  und  Lesen. 

Die  Leichtigkeit,  mit  Avelcher  chinesische  Drucke  durch  das  uralte 
Verfahren  des  Schneidens  in  Holz  hergestellt  werden,  veranlaßte,  dieses 
Verfahren  zunächst  auch  für  die  türkischen  Drucke  zu  verwenden.  Sicher 
gilt  das  für  die  gemischtsprachlichen  Werke,  welche  die  chinesische  Re- 
gierung in  Chinesisch  und  Türkisch ,  zuweilen  noch  zugleich  mit  mandschuri- 
schem Text  herstellen  ließ.  Ich  konnte  einige  solcher  mehrsprachigen  Werke 
erwerben. 

Über  die  Einführung  der  Steindruckerei  und  was  darin  bisher  in 
Kasgarien  geleistet  ist,  lasse  ich  am  besten  den  Mann  selbst  sprechen,  der 
diese  Kunst  dort  eingeführt  hat  und  bis  jetzt  allein  betreibt.  Nur  Häggi, 
oder  wie  man  in  Kasgar  gewöhnlich  sagt  Nur  Häggim',  war  mir  schon 
bekannt  durch  seinen  Druck  der  Diwane  des  Auläd  Husain,  von  dem  ich 
durch  Ärif  Gän  gehört-,   und  den   ich    mit  einiger  Mühe  schon  vor  meiner 


1  Über  das  Suffixuin  hier  s.  meine  Bemerkung  Islaiitischer  Orient  (Xl)   S.  195. 

2  Über  ilm  s.  Islantlsc/ter  Orient  IV:    Zentralasiatisches  aus  Stambul. 


Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartniann.  75 

Ausreise  mir  verschafft  hatte.  Es  war  eine  Enttäuschung  für  mich,  daß 
ich  in  KaSgar  weder  ihn  noch  seine  Druckerei  fand.  Ja,  bei  der  Zer- 
fahrenheit aller  Verhältnisse  in  diesen  Ländern  und  der  völligen  Teilnahm- 
losigkeit  der  Bevölkerung  war  es  schwer,  Sicheres  über  den  Verbleib  des 
Mannes  zu  erfahren.  Es  gelang  endlich  festzustellen,  daß  er  in  Jangihiyjir 
lebe.  Am  10.  Dezember  1902  traf  ich  auf  dem  Wege  nach  Jarkend  in  dem 
Städtchen  ein.  Sobald  ich  mich  in  dem  Rasthause  eingerichtet,  ließ  ich 
mich  zu  Nur  Häggi  fühi-en  und  traf  ihn  in  einem  Laden  im  Bazar  an  der 
Nähmaschine  (sein  eigentliches  Handwerk  ist  die  Schneiderei).  Ich  bestellte 
ihm  die  Grüße  des  Herrn  Johannes  Awetaranian,  der  fünf  Jahre  in  Kasgar 
im  Dienste  der  schwedischen  Mission  gelebt  hatte'  und  mit  ihm  befreundet 
ist  und  sagte  ihm,  daß  ich  ihm  einige  Exemplare  der  von  Awetaranian  in 
Schumen  gedruckten  Handwei'kerdisi)utationen  (s.  darüber  hier  Jahrgang  VII, 
Abt.  2,  S.  21,  Anm.  1)  abzuliefern  hätte.  Obwohl  schwer  an  Fieber  und 
Asthma  leidend,  kam  er  am  Abend  in  das  Seräj,  und  wir  hatten  eine  an- 
genehme Plauderstunde.  In  gleicher  Weise  hatten  wir  eine  Zusanmienkunft 
bei  meinem  zweiten  Besuch  Jangihisärs  auf  der  Rückreise  von  Jarkend  nach 
Kasgar  am  11.  Februar  1903.  Nur  Häggi  teilte  folgendes  mit:  »Ich  bin  in 
Jangihisär  geboren  und  bin  vor  sechs  bis  sieben  Monaten  wieder  liierher- 
gezogen, weil  ich  das  Klima  von  Kasgar  nicht  vertragen  kann.  Ich  bin 
viel  gewandert,  namentlich  im  nordwestlichen  Indien;  auch  Stambul  kenne 
ich.  In  Indien  machte  ich  mich  mit  der  Steindruckkunst  bekannt.  jNIeine 
ersten  Drucke  nach  der  Rückkehr  stellte  ich  hier  her  und  zwar  druckte 
ich  1.  das  tehät  ul  'ägizTn  des  Seperjär^  2.  den  aSraqat -Tyiw&n  Newä'is. 
Beide  Stücke  druckte  ich  später  noch  zweimal  in  Kasgar.  Dort  druckte 
ich  auch  alle  übrigen  Sachen.  Von  ihnen  nenne  ich  die  pawäjid,  zweimal 
gedruckt  in  800  und  1000  Exemplaren,  ferner  die  chän?iin  sÖzlerJ;  diese 
ließ  die  chinesische  Regierung  mehrfach  bei  mir  drucken,  auf  Befehl  aus 
Urumtsi  zum  erstenmal  im  Jahre  1311,  wo  der  Druck  noch  ziemlich 
schlecht  ausfiel;  es  wurden  bestellt  3000,  später  2000,  dann  2500  Exem- 
plare, die  überallhin  gratis  verteilt  wurden.  Endlich  druckte  ich  die  beiden 
Diwane  meines  Freundes  Auläd  Husain  in  1000  Exemplaren.  In  cliinesi- 
scher  Sprache  druckte  ich  zwei  Sachen:  1.  auf  Befehl  aus  Urumtsi  eine 
Instruktion  für  die  Soldaten  in  4000  Exemplaren;  das  war  zur  Zeit,  als 
Johannes  [Awetaranian]  Sähib  da  war;  2.  die  Zeitung  des  russischen  Konsuls^; 


1  Siehe  über  ihn  meinen  schon  genannten  Artikel  über  Hüwedd  S.  132,  Anni.  2. 

2  So  notierte  ich  hier  den  Namen  Söfi  Allähjärs  in  Nur  HäggTs  Aus- 
sprache; daneben  hörte  ich  von  anderen  das  Islamischer  Orient  (VI)  S.  119  Aimi.  1 
Gegebene. 

^  So  erwies  sich  denn  die  Angabc  des  treff'lichen  Arif,  Islamischer  Orient  (IV) 
S.  117,  als  richtig.  Ich  sah  in  Kasgar  nur  drei  Nummern,  die  der  Eigentümer  als 
eine  Rarität  ersten  Ranges  betrachtete;  sie  sollen  die  einzigen  sein,  die  erschienen 
sind.  Trotz  aller  Anstrengungen  konnte  ich  nichts  von  diesen  Spuren  einer  eigen- 
artigen Tätigkeit  in  die  Hände  bekonunen.  Der  Druck  wurde  eben  äußerst  heimlich 
betrieben ,  und  es  werden  Exemplare  nur  an  wenige  chinesische  Beamte  in  Kasgarien 
und  an  die  russische  Vertretung  in  Peking  gelangt  sein. 


76  Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

es  erschien  damals  sein  Sekretär,  der  jetzt  Gesandter  in  Peking  ist,  und 
zählte  mir  das  Papier  vor,  das  ich  mit  einer  mir  unverständlichen  chinesi- 
schen Sache,  die  aus  dem  Russischen  übersetzt  war,  bedrucken  mußte;  ich 
habe  nichts  davon  behalten  dürfen.  Meine  Druckerei  befindet  sich  in  Kasgar 
in  den  Händen  eines  Verwandten;  ich  hoffe  im  Frühjahr  dorthin  reisen  zu 
können  und  meine  Drucktätigkeit  wieder  aufzunehmen.  Zunächst  handelt 
es  sich  darum,  für  Auläd  Husain  zu  arbeiten,  der  6000  Verse  bei  mir 
drucken  lassen  will.«^  Ich  weiß  nicht,  ob  Nur  Häggi  seine  Absicht  aus- 
geführt hat  und  wie  es  jetzt  mit  seiner  Presse  steht. 

Im  folgenden  verzeichne  ich  die  von  mir  erworbenen  Drucke  in  der 
Weise,  daß  ich  an  den  Anfang  den  Titel  in  Originalfassung  setze,  dann 
Druckoi't  und  Druckerei,  Unternehmer,  Steinschreiber,  das  Jahr  der  Zensur- 
erlaubnis und  das  Jahr  des  Druckes,  endlich  Seitenzahl  und  Format  gebe. 
Die  Angaben  über  das  Werk  und  aus  ihm  bieten  das,  was  das  Wich- 
tigste schien. 

Bei  der  Oidnung  nach  dem  Inhalt  sind  die  Klassen  der  Übersicht 
zugrunde  gelegt. 

1.  Geschichte,  auch  legendäre. 

I.  qisas  nl  'anhija.  Taskent,  Iljin;  Moliä  Mir  Machdüm  Ihn  Sah 
Jünus;  Schreiber:  MoUä  Muhammed  Saijid  Chan  Ihn  Dämollä  Abdullah 
Chan;  1901;  1320;  336  Seiten  Fol. — Das  unter  dem  Namen  »Rabghüzl« 
bekannte  Werk  erfreut  sich  in  Mittelasien  der  größten  Beliebtheit,  daher 
die  zalih-eichen  Drucke.  Leider  sind  diese  Drucke  fiir  die  wissenschaftliche 
Verwertung  des  Originaltextes  wertlos.  Es  ist  mit  ihm  gemacht  worden, 
was  man  auch  bei  uns  mit  altertümlichen  Sprachdenkmälern  macht,  die 
man    den  Zeitgenossen    »näher    bringen«    wilP:    Übertragung   in    die   neue 


1  Ich  hatte  die  Freude,  die  Bekanntsiliaft  dieses  sympathischen,  hochintelli- 
genten und  ersiclitlich  in  religiöser  Beziehung  einen  freien  Standpunkt  einnehmenden 
Mannes  zu  machen.  Er  l)esuchte  mich  in  Jarkend  auf  der  Rückreise  aus  Kasgar 
nach  Qarghaliq,  in  dessen  Nähe  er  in  dem  Dorfe  Zuimün  (chines.  zunlun)  seinen 
Wohnsitz  hat,  am  27.  Januar  1903.  Er  arbeite  an  einem  Mesnewi,  das  zur  Hälfte 
fertig  sei. 

2  Luthers  Bibelübersetzung  ist  das  nächstliegende  Beispiel.  Ein  anderes:  In 
der  Lessing-Rammlerschen  Sammlung  (Leipzig  17.59)  wm'den  Friedrich  von  Logaus 
Sinngedichte  einer  vollständigen  Umdichtung,  in  der  Simrockschen  Auswahl  (Stutt- 
gart 1874)  einer  teilweisen  unterworfen.  Auch  in  der  sonst  treueren  Auswahl  Fischers 
(Leipzig,  Reclam)  wurden  in  einzelnen  Fällen  -umfassende  Neuerungen-'  vorgenommen. 
Da  werden  wir  den  Turkestanern  ihre  Verhunzungen  nicht  zu  sehr  verdenken  dürfen, 
wemi  sie  eben  nur  verhunzen  und  niciit  obendrein  noch  lügen.  —  Audi  die  Araber 
sind  sich  wohl  bewußt  gewesen,  daß  selbst  sprachliche  Äußerungen  von  dem  Ansehen 
der  Berichte  über  Worte  und  Handlungen  des  Propheten  {hadlt)  vor  ihrer  Fest- 
legung durch  die  Schrift  dem  Einfluß  der  individuellen  Sprache  des  Tradenten  unter- 
worfen waren:  siehe  die  lehrreiclien  Nachweise  in  Abdulqädir  Albaghdadis 
cJilzänat  al'adah  1,  4— G.  Wir  gehen  freilich  in  unserm  Mißtrauen  gegen  -alte» 
arabische  Texte  als  sprachliche  Belege  noch  \'iel  weiter,  und  mit  Recht. 


Hartmann:    Bucliueseii  in  Turkestau  und  Drucke  Ilartniaini.  77 

Sprache !  Das  kann  man  ja  den  frommen  Leuten ,  die  für  Erbauung  sorgen, 
nicht  verdenken;  bösartig  ist  aber,  wenn  sie  eine  freche  Fälschung  begehen, 
um  den  Leser  zu  täuschen,  er  habe  das  Originalwerk  vor  sich.  In  allen 
drei  hier  vorliegenden  Drucken  (1.  2.  3.)  ist  die  xVbfassungszeit  der  türkischen 
Übersetzung  um  vier  Jahrhunderte  herabgerückt,  1109  statt  709  angegeben. 
Die  Kontrolle  ist  glücklicherweise  gegeben:  wir  besitzen  in  Rieu,  Catal. 
TurJcish  Mss.  in  Br.  Museum,  S.  269  ff.,  eine  ausgezeichnete  Beschreibung 
der  Handschrift  Add.  7851,  die  sprachlich  einen  völlig  anderen  Charakter 
trägt  als  unsere  Drucke  und  das  Jahr  709  gibt.  Zur  Beurteilung  des  Ver- 
fahrens hier  gegenüber  dem  Original  setze  ich  eine  Stelle  des  Druckes  und 
das  bei  Rieu  Entsprechende  nebeneinander': 

Rieu  269^' f.:  In  1,  S.  3: 

History  of  the   prophets  by  Käzi     -     il         ■  \C'    "      '        l  "C         1  "l 
Näsir,  son[270al  ofBurhän,  ofRibät    ^-^     ^    ^    ^^     <^   ^  -J'.    ^  ' 

Oghüz,  j^jl  jU^_  y53y.ji  JpLj  j,t^  öß'-ijy^  £1  j^>^=  ^y^ 

i~^  /c-^ls The    i)reface   con-  •  *",  li     •  i  ^  •  i-     >1  ••        •     " 

tains  a  panegyric  in  prose  and  verse 

on  a  powerful  prince,  Emir  Näsir  ud-  P-lJol    ij  J^\  j^   (3^^    i\^-!>^    »^AJaj' 

Din  Tuk  Bughä,   r-lT   J»-l   j^\    'j^^S^  1-      i     i         i     •     C^       ^ v     -  i 

y  <-  '  T^     J>-'     -A«l     j'^^V-     >r^=    J)ij_^\ 

|.         -    "    .  I-       ,  ,.   1  1      CJ ^    ,1^    '^\    ^'-^    ü ^\     r^    AJob 

lc_^  tJ^   CJ  ^  j^^   whose  high  sounü-    ^-      <->  .      ^-        J^       (_- '-^ 

ing  titles  fall   only   short  of  the  regal  ^ä«ä9     y    «aJjj   /»LI    Si\i    /»*yl -Vi 

style,  and  of  whom  it  is  said  in  the 

following  lines  that,  although  by  race  ä-^'^    '-^  t5"-^^   c5^-^j  Jt^    ^.^"^^ 

a  Moghol,  he  had  become  a  follower  ^,.  -a    \-  -l"  -    <^ - 

of  the  Prophet,  and  was  engaged  in  •^-         -     ^-   C-  '-        •         *-^ 

devotion  day  and  night:    ^  J\    j-^l   ^,_j   ,A.l    C,,l    j^/   3^_ 

OjJjJ^/'j/  jj?^  c^^ü,  .'^\  ^^  &  ^hf^\  ^  Sj  0,-^^i 

From    him    the    author    i-eceived,  Jj|    ^^,u-   AiäLü  ^-i-JUai'   j^llJ    _j) 
A.  H.  709,    at    the   beginning   of  the  ""i  i       i.  ^ 

year  of  the  dog  (A.D.  1310),  amessage  ^L^  cT"^^  J^^  f'-^^  ^^  ^oyl 
stating   the    prince's   eager  desire  for        ,"^1^    ^^  ^<<    _^    ^  ^^   ^Jü 

a  history    of  the   prophets,    and   re-  ^  - 

questing  him  to  write  one  for  his  use.  cil'L^jpj^  AkS  J  ^J  >_j^-J  ^  «ü^^^O^;' 
The  present  work  was    composed  in  .  i  T    -vi       vi  •     <^  -    CT- 

compliance    with   that   wish,   and    we  ^.^^-^y.  J^'  ^^   Jl>^  J^    ^^ 

^  Leider  kann  ich  nur  den  zerrissenen  Auszug  Rieus  ans  Acv  Einleitung 
geben.  Die  Ausgabe  Ilniinskis,  Kasan  1275  1859  (s.  ZDMG.  13,  504;  14,  349) 
konnte  ich  in  Berlin  nicht  einsehen. 


78  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkcstan  und  Drucke  Hartinann. 

learn    from    the    epilogue  that  it  was       l^   ^.ili*>^_J    jj   ^.jVj>~   ^v^* 
completed  in  the  ensuing  year,  A.  H.    '^'  '  ' 

710:     ^l^  J^,    c^Jjl    JJ^    Ji».   tii  ^.   ^^   ^^^^.    ^'j^^    "^r^.    (^^^-^ 

^llT^ji^  ^4^_  nnd  "was  sent  to  Uis  ^\    J^|    ^^<;j      ^^^^    ^^UL'    A_iU\ 
liighness    Näsir    iid-Din  Tuk    Bu^liä  .    „ 

ßeg,   to    be   liked  or  disliked,   as    lie  »-J^J^      J,(/^     c5^.-^'^-'J^     o     c^^' 
thought  best":  -  ..-,•-.  ii  -  i  ,• 

dX^    \cj'iy    eZ-Oi    y-^u    i^-^'    '-<-''  ^.     .      >     w,  ^        ,     w     . 

Der  Fälscher  hat  also  alles  durcheinander  gewirrt:  nach  dem  Original 
erging  709  die  Aufforderung  zur  Arbeit,  und  sie  wurde  710^  vollendet; 
nach  dem  Druck  wurde  die  Übersetzung  am  20.  Rebi' I  1109  fertig.  Es 
ist  übiigens  wahrscheinlich,  daß  die  Vorlage  der  Herausgeber  schon 
das  falsche  Datum  hatte.  Ein  Analogon  bietet  die  Angabe  der  von  Dorn, 
Catalogue  des  Mss.  de  la  Bihl.  Imperiale  Publ.  de  St-Petersboi/rg,  p.  458  f.,  be- 
schriebenen Handschrift  des  Rabghüzi,  die  als  Zeit  der  Abfassung  das 
Jahr  809  hat.  Da  nach  Rieu  die  Ausgabe  Ilminskis  außerordentlich  selten 
ist,  empfiehlt  sich  eine  Neuausgabe,  für  welche  ja  die  beiden  Petersburger 
Manuskripte  und  das  Londoner  eine  geeignete  Grundlage  bieten.  Die 
höchst  wertvollen  lexikalischen  Mitteilungen^  Rieus  erwecken  folgende 
Befürchtung.  Schrieb  man  um  710  so  altertümlich,  so  wird  die  glatte, 
fast  moderne  Sprache  des  dTwäni  hihmet  Jasawis,  gestorben  .562,  ver- 
dächtig. Man  wird  kaum  annehmen  dürfen,  daß  irgendwo  östhch  vom 
Oxus  um  550  so  geschrieben  worden  ist,  wie  wir  es  im  ditcäni  hikmet  finden. 
Sollte  nicht  auch  hier  eine  modernisierende  Retusche  vorgenommen  sein.' 
Solche  Erwägung  erschüttert  den  Wert  der  aus  dem  uns  vorliegenden  Text 
des  dncäni  hikmet  gezogenen  Schlüsse,  und  es  ist  unerfreulich,  bis  auf 
weiteres  das  Zeugnis  eines  vSprachdenkmals  ablehnen  zu  müssen,  dem  sein 
hohes  Alter  —  nur  100  Jahre  jünger  als  das  Qutadghu  Eilig!  —  besondere 
Wichtigkeit  zu  verleihen  schien.  Das  Bedenken  durfte  aber  nicht  unter- 
drückt werden.  Leider  ist  keine  Hoffnung,  daß  eine  andere  Redaktion 
des  dTwäni  hikmet  als  die  allgemein  verbreitete  zutage  kommt,  wie  sich 
auch   in  Turkestan   kaum   die  Originalfassung  des  Rabghüzi   finden  wird. 

1  Nicht  ohne  Interesse  ist,  daß  fast  zur  gleichen  Zeit,  im  Jahre  712.  an 
einem  ganz  anderen  Fleck  der  islamischen  Welt  ein  türkisches  Sprachbuch  veilaßt 
wurde :  das  kitäb  uVidräk  Abu  H  a  i j  ä  n  s. 

2  Zudem  _^1  Rieu  S.  271a  (nach  Radioff,  Wörterbuch  S.  6  Z.  5  der 
Ausgabe  Ihninski:  R.  weist  das  Wort  im  Qutadghu  Eilig  nach  und  leitet  es  richtig 
von  asynmaq  ab)  s.  A-.  tenjumän,  Ausgabe  Melioranski  S.  14;  das  '\iy>  Rieu  S.  270a 
wird  zu  dem  mana  «da«,  »voilä«  und  dem  manumdagh ,  die  in  meinem  ^Eine  türkif:che 
Erzählung  aus  Kasgar«   (Iveleti  Szemle  1904)  vorkommen,  zu  stellen  sein. 


Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  nnd  Drucke  Hartmann.  70 

Die  »Blüte«  oder  vielmehr  »Nachblute-'  der  osttürkischen  Literatur 
unter  'Omar  Chan  um  1810,  soweit  nicht  schon  ältere  Renaissancen  in 
Betracht  kommen,  wird  für  den  Verlust  der  Originale  verantwortlich  zu 
machen  sein.  Die  orientalischen  Schöngeister  sind  völlig  in  der  Mode  be- 
fangen; von  historisch -kritischem  Interesse  ist  bei  ihnen  keine  Spur.  Gewiß 
verdanken  wir  die  Bewahrung  des  Qutadghu  Bilig  in  der  Originalfassung 
einzig  dem  Umstände,  daß  es  im  Lande  selbst  fast  ganz  unbeachtet  blieb 
und  schon  früh  nach  Ägypten  verschlei)pt,  daneben  auch  in  eine  nach  dem 
neunten  Jahrhundert  vergessene  Schrift  umgesetzt  wurde. ^ 

Die  Sprache  der  in  den  Drucken  vorliegenden  Redaktion  unterscheidet 
sich  nicht  von  der  in  Werken  solcher  Art  auch  heute  üblichen.  In  ihr  ist 
das  m  der  Westgruppe  als  Genitivaffix  bevorzugt;  »nach«  ist  r/m  Tcm. 
Im  Dativ  ist  <c-  üblich,  wo  man  in  Kasgar  ö  schreibt,  z.B.  ^j  171,  19; 
*lC*  296,  14  u.  v.  a. 

2.  qüas  ul  'anbijä\  Taskent,  Stab,  1901;  370  Seiten  Fol.  —  Das- 
selbe Werk  wie  1.,  doch  zeigt  der  Druck  Verschiedenheiten.  Hier  ist  das 
cfxLJ  bevorzugt:  so  S.  101,  23  f.  jjJojV  ^\j  jU  dxlv  ^'%J\  -Up  Ju*,w«.1 
neben  1.8.93,  7:  ^jV  «^Ij  jU  J  ^^J^\  aJIc  ^UL-^l;  doch  ist  zu  be- 
merken, daß  in  2.  dSCv  und  ^  in  derselben  Überschrift  nebeneinander  vor- 
kommen: S.  107  jl .    j,^j'^S^\)^    dU*   ^^ \\    A Jlt    J.oc,^i.     Die 

Setzung  von  ,J  und  CiU  ist  eben  in  beiden  Drucken  unregelmäßig.  I.  S.  93, 
13  f.  cX^  \j\  j_^^Wi  dU^U  JJ,  an  der  entsprechenden  Stelle  2.  S.  102, 
4  ^J•Ky^  \j\  iJW\  ^j^^  (J^  (wo  auch  die  Nichtsetzung  des  Suffixes  bei 
imcek  zu  beachten!).  Auf  den  Dialekt  der  Redaktoren  einen  Schluß  zu 
ziehen  wage  ich  nicht.  Von  charakteristischen  Unterschieden  vermerke  ich: 
1.  S.  3,  14  ^j!j/jl   AiJu"  Jy  neben  2.  S.  3,  13  ^<>^\  ^J\  1.  S.  3,  16 

dl'L  jf^\  ^Sy   j  o^^  neben  2.  S.  3,   15  dl'LÜ  ^J  ^lo  ^  .  d.h. 

für  den  Redaktor  von  2.  war  das  bei  Shaw  aufgeführte  ^\j>jy^\  an  dieser 
Stelle    nicht    verwendbar.      In    I.    jM    ^j-j  S.  94,  9;  95,   15;  in  2.  an  den 

entsprechenden  Stellen  S.  103,  2;   104,   10  o^y^  ^j.i  und  dl'^^  ^J/j.     In 

der  Schreibung  von  Affixen  wie  ^  und  D,  jlc  und  JD  gehen  die  beiden 
Ausgaben  zusammen. 


^  Nach  der  Auffindung  des  Ms.  Kairo  in  arabischer  Schrift  durch  Moritz 
ist  kein  Zweifel  mehr  an  dem,  was  man  nach  den  Verhältnissen  ohnehin  anneinnen 
mußte:  daß  das  Qutadglm  Bilig  in  der  Schrift  niedergeschrieben  wurde,  die  dem 
etwa  90  Jahre  vorher  zum  Islam  übergetretenen  Fürstenhause  am  ehrwürdigsten  scheinen 
mußte  und  in  der  diese  Fürsten  ihre  Münzen  schlagen  ließen;  s.  meine  Bemerkung 
darüber  in  Orient.  Litt. -Zeltimg  N  (1902),  Sp.  391. 


80  Hartmann  :   Biicliwesen  in  Turkestaii  und  Drucke  Hartmann. 

3.  ywf  lä  "anhijä'.  Taskent,  Hjin;  .Sirketi  Chairije'i  Gedide;  1901; 
1820;  527  Seiten  Fol.  —  Dieser  Druck  schließt  sich  S.  4,  2.  4  und  S.  146, 
9  an  1.  an  (s.  oben  die  Stelle  1.  S.  3,  14.  16  und  S.  93,  13),  nur  daß  er 
in  der  zweiten  Stelle  i^j=>^^  statt  (iXU^^U  hat. 

4.  Maulüd  unnabT.  Samarqand.  Demurow;  ^Vbdiilhakim  Ihn  Qäri  Sah 
Nazar;  Scln-eiber:  Muhamnied  Zufar  Muhämmed  Hasan  Oghli  ans  Taskent; 
1901  (Tiflis);  1319.  72  Seiten  kl.  S".  —  Ein  maulüdi  serif  im  Versmaß 
ramal;  Anfang:  jl^  ,^j  ^  •^"li  Jjl  -^^ .  —  Das  Verhältnis  dieses 
maulüdi  Senf  zu  den  mir  vorliegenden  osmanischen  (s.  Islamischer  Orient  \W\ 
S.  132  und  144)  habe  ich  nicht  untersuclit. 

5.  rauzat  [raudaty  ussnhadä\  Taskent,  Kostelow;  Mollä  .TaVjilbclioü;a 
Pädisäh  Choga  Oghh;  1898;  1318;  311  Seiten  gr.  8".  —  Durch  das  dem  Titel 
beigesetzte  turJä isi  das  Buch  als  Übersetzung  gekennzeichnet,  und  so  werden 
wir  es  hier  mit  einer  Wiedergabe  des  berühmten  rauzat  ussuhadä'  des  Husain 
Alwä'iz  Alkäsifi  zu  tun  haben  (s.  Et  he  358).  —  Die  Sprache  vorwiegend 
andiganisch:  ?iT\  doch  vielfach  daneben  ?iirj.  —  Neben  jUL*  (z.B.  S.74,12) 
jlSlii  S.  310,  6.  311,  6.  —  d^j^  t>j  z.  B.  S.71, 14. 

6.  musaißahnäme.  Taskent,  Portsew;  Akmal  Chan  Ihn  Isläui  Chan; 
Schreiber:  Abdulghaf ür  Ihn  Abdulchäliq  Bäj ;  1900;  1319;  344  Seiten  gr.  8". 
—  Nach  der  kurzen  Vorrede  ist  das  Werk  bestimmt,  die  genaue  Geschichte 
des  Leidens  der  Imanie  Hasan  und  Husain  darzustellen;  das  sei  geschehen 
durcli  Muhämmed  iSj  ^"^  i"  einem  arabischen  Werke,  das  ins  Persische 
und  nun  ins  Türkische  übersetzt  wurde.  Das  Werk  beginnt  mit  Abraham, 
dessen  Geschichte   bis   auf  geringe  Varianten   und  einige  volkstümliche  Zu- 


1  Die  Einfältigen  schreiben  «Jjj:  so  der  Molla  in  Jarkend,  der  am  4.  Fe- 
biuar  1903.  für  mich  ein  Husain-Lied  nach  Diktat  eines  Ghazelci  aufschrieb,  in  Vers  8: 
<^_J  oJJ^  ^J3J  j'>V4!U'  j^S  (Mutaqärib)  "einen  Blick  warfen  sie  auf  die  Grab- 
stätte, indem  sie  gingen".  Die  geschulteren  Mollas  in  Jangihisar  und  Kasgar,  die  ich 
später  dasselbe  Lied  völlig  unabhängig  festlegen  ließ,   schrieben  ^JJ. 

2  Beilin  besitzt  ein  Werk  eines  Muhannned  AlliurairT  AlhalcbT  Addiniis(|T  (ge- 
storben 1037)  in  drei  Handschriften  (Ahlwardt  9698  99):  dem  Inhalte  nach  (Wett- 
streit zwischen  den  Söhnen  der  vier  ersten  Kalifen,  entschieden  zugunsten  der  Söhne 
Alis)  könnte  man  dem  A^erfasser  ein  Buch  zu  Ehren  der  beiden  Imame  wohl  zutrauen. 
Man  ist  enttäuscht,  weder  in  den  Sammlungen  araliischer  AVerke  noch  in  denen  per- 
sischer einem  Buche  zu  begegnen,  das  sich  als  Original  des  unter  den  Türken  so  be- 
liebten inumijabnäme  erkennen  läßt.  Die  Verehrung  für  die  Imame  Ilasan  und  Husain 
ist  unter  den  Turkestanern ,  obwohl  sie  Sunniten  sind,  sehr  groß;  sie  sind  eben  das, 
was  die  Schiiten  ehli  dmt  »Frenndlichgesinnte-  ncimen,  Leute,  die  den  gehörigen 
Respekt  empfinden  vor  den  peiuji  äli  'ahä,  den  Fünf  der  Mantelfamilie,  d.h.  Prophet 
und  die  vier,  die  er  unter  seinen  Mantel  nahm.  Die  Erklärung  der  schiitischen 
Tendenzen  in  Turkestan  siehe  Islamischer  Orient  (V)  S.  152  Anm.  1.  In  ganz  Kas- 
garien  kennt  man  die  Mersije  auf  Hüsjün  (hiimin),  die  ich  in  Jarkend,  Jangihisar 
und  Kasgar  aufschreiben  ließ  und  deren  Vortrag  stets  einen  tiefen  Eindruck  auf  die 
Hörer  macht. 


Hartmann:    Buclivvcseii  in  Tiukestan  und  Drucke  Haitmann.  81 

taten  erzählt  wird  wie  bei  Rabgliüzi  \  geht  aber  über  die  Vorgeschichte,  auch 
das  Leben  Muhanimeds,  schnell  fort  und  ist  schon  auf  S.  42  bei  den  Helden 
angelangt.  Das  Buch  ist  durchaus  romanhaftes  Volksbuch  mit  vielen  be- 
kannten Motiven.  Die  Tochter  Jezdegirds,  Sahr  Bänii,  ist  hier  zu  einer 
Tochter  des  Iksir  [aus  dem  mit  qaimr  zusammengeworfenen  Tiisra  verstüm- 
melt?], Königs  der  Rüm,  geworden,  S.  47,  und  sie  wählt  selbst  H usain 
unter  den  Helden,  die  zur  Gattenwahl  an  ihr  vor])eiziehen  (die  Wahrung 
des  Nationalen  in  der  persischen  Anknüpfung  der  Linie  'Alis  an  das  alte 
Fürstengeschlecht  durch  diese  Heirat  ist  höchst  bemerkenswert^;  zur  Sache 
vgl.  Browne,  A  Literary  History  of  Persia  130 f.).  —  Die  Sprache  ist  ganz 
ungleichujäßig:  wm  und  m  nebeneinander;  ebenso  jfO  ^j ^  und  ^^  ^j 
(S.  56,  1 1  S^y.  C!J^\ ,  S.  56,  12  CJ^ijXX)',  jl^T  S.  .35,  16;  JUL  S.  2,  8; 
V_j>  S.  50,  2. —  Sachliches:  Fätima  ist  Ox.li  j^U-  -die  Frau  (Fürstin)  der 
Auferstehung«   genannt  S.  44,2,  wie  in  meinem  Manuskript  75. 

7.  sah  meSreh.  Taskent,  Breidenbach:  Rahim  Choga  Ibn  Ali  Choga; 
1896;  158  Seiten  gr.  8°. 

8.  dncäni  mesreb.    Taskent,  Iljin;   1900;   1319;   157  Seiten  gr.  8". 

9.  dncäni  meSreb.  Taskent,  Iljin  {invk.  hamm  eskT,  d.h.  Kamenski); 
1900;  1320;  157  Seiten  gr.  8°. 

10.    dtwäni  mesreb.    Taskent,  Portsew;   1900;   1317;   157  Seiten  gr.  8". 

1  Vgl.  z.B.  S.  3  mit  Rabghuzi  ed.  Iljin  1901  (hier  1.)  S.93:  Sara  bekommt 
Abraham,  als  sie  sieht,  daß  das  Licht  (der  Same,  der  zu  Muhammed  führt)  von  ihm 
gewichen  ist,  .am  Kragen-  (S.  3,  12  J^tjy  (jJ^jV^  *-^'  fef>\j\;  S.93,  17 
S^-^y  ^jV^wOJ  ;  man  sieht  aus  diesem  Beispiel,  daß  der  Wortlaut  nicht  identisch 
ist :  die  DilYerenzen  in  Wahl  der  Konstruktionen  und  der  Worte  sind  lehrreich).  Das 
vm.iaijabnäme  bemerkt  dazu,  es  sei  von  Adam  bis  Ibrahim  nicht  vorgekonuuen ,  daß 
eine  Frau  ihren  Mann   «am  Kragen  bekam.. 

2  Die  Verbindung  Neuaufstrebender  mit  altem  Herrscherhaus  sieht  nach  zwei 
Seiten:  1.  der  Streber  nach  Ansehen  und  Einfluß  gewinnt  durch  die  Zulassung  in 
eine  hohe  P'amiliengemeinschaft  eine  neue  Würde  und  tatsächlichen  Halt;  2.  ein 
altes  Fürstenhaus  fiischt  sich  durch  das  junge  Blut  von  Homines  novi  auf,  die  schon 
einige  Bedeutung  haben,  und  gewinnt  die  Möglichkeit,  über  die  Vorgänge  an  dem 
kleineren  Hofe  gut  unterrichtet  zu  werden,  und  die  Gelegenheit,  sich  wirksam  ein- 
zumischen. Nicht  selten  begegnen  wir  beiden  Interessen.  In  Ostasien  überwiegt 
durchaus  die  Seite  Nr.  2 :  wo  das  Kaiserhaus  von  China  politische  Macht  erobern 
will,  sucht  es  zunächst  einen  strebsamen  Mann,  dem  eine  Prinzessin  gewährt  wird. 
So  auch  die  Fürsten  unter  chinesischem  Kultureinfluß.  Cingis-Chän  gibtBarguq, 
dem  Idiqut  der  Uiguren,  der  ihm  im  Jahre  1211  Geschenke  bietet,  seine  Tochter 
.Teliandim  zur  Frau,  für  beide  Teile  ein  ausgezeichnetes  Geschäft.  Die  islamisch 
gewordenen  Türken  treten  in  dieser  Politik  nicht  aus  dem  ostasiatischen  Brauch 
heraus:  Machdümi  Azem  heiratet  einen  Sproß  aus  dem  Hause  Satoq  Boghra 
Chans,  und  so  verknüpft  sich  der  angebliche  Abkomme  des  Propheten  mit  dem 
niclitgeistlichen  Fürstenhause.  Choga  Äfäq,  der  Urenkel  Machdüms,  wird  der 
wirksamste  Konkurrent  der  Caghatajidenmacht  im  Lande  dadurch ,  daß  er  eine  Prin- 
zessin des  Hauses  heiratet,  die  freilich  gewaltig  stolz  auf  ihre  Chänabstammung 
bleibt  (s.  Islamischer  Orient  (VI)  S.  212). 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  U.  Abt.  6 


82  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

11.  dncäni  mesreb.    Taskent,  Stab;   1901;   157  Seiten  gr.  8°. 

12.  dmÜTii    mesreb.    Taskent,    lljin  (türk.  Breidenbacli);  Mollä  'Arifgän 
Aqsaqal  Mollä  Ja'qübgän  Oghli;   1901;   157  Seiten  gr.  8°. 

Das  Verhältnis  der  Ausgaben  zueinander  ist  folgendes:  7.  scheint 
das  Prototyp,  an  das  sich  8.  9.  10. 12.  sklavisch  anschließen,  abgesehen  von 
Trennung,  wo  in  7.  Zusammenschreibung,  z.B.  ^  y-jy  ß  ft'""  (j^  ^  ß  ■> 
und  umgekehrt,  und  abgesehen  von  böswilligen  oder  nachlässigen  Aus- 
lassungen;   so   fehlen   in   8.  die   folgenden   Zeilen  (Verse)  von  7.:  S.  13,  2. 

14,  7.  15,  11.  35,  17;  in  12.  fehlen  die  Worte  C^ o-^\  ''•  S-  lö6,  19.  Nur 
1 1.  zeigt  einige  Abweichungen ,  als  habe  der  Steinschreiber  hier,  sei  es  in 
einer  bestimmten  Absicht,  sei  es,  indem  ihm  unwillkürlich  ein  anderer 
Ausdruck  an  Stelle  des  der  Vorlage  trat,  retuschiert;  so  S.  35,  1  (^l  >9) 
j*^A).>  y_J^  für  das  j^j^J^  i^^ß)  ^^^''  andern;  so  S.  35,  7  und  öfter 
«UäüjI  statt  des  k_^_J  der  andern.  In  allen  Ausgaben  die  unglückhche  Ver- 
mischung der  Sprechsprachen:  so  auf  der  letzten  Seite  nebeneinander 
jO  tj X\  und  «-U»*_^  (j^\.  —  Die  Ausgabe  Portsew  von  1316,  die  ich 
Mesreb  S.  149  Anm.  2  erwähnte,  konnte  ich  nicht  erwerben.  —  Zum 
Mesreb-Kult  s.  auch  meinen  Artikel  Chademgai  in  Orient.  Lit.-Zeihmg  VI 
(1903),  Sp.  361ff.  —  Den  Druck  Nr.  8  benutzte  ich,  als  ich  in  Kasgar  mit 
Molla  Ibrahim  einen  Teil  de5  Buches  durcharbeitete. 

1.3.  manäqibi  hadreti  ghaut  uVdzem.  Taskent,  Kostelow;  1898; 
143  Seiten  gr.  8°.  —  Auf  einen,  nicht  in  der  üblichen  Weise  mit  der  chntba 
beginnenden  Abschnitt  in  persischer  Sprache  S.  2 — 12,  welcher  die  Tra- 
ditionsreihe für  eine  vom  Propheten  dem  Ali  gegebene  Anweisung  über 
ziJir  mitteilt  und  dann  die  Schrift  des  INIuhammed  Alganüsäni  (!')  über  acht 
ädäb,  die  beim  zikr  zu  beachten  sind,  wiedergibt,  folgt  S.  13  noch  zweimal 
der  Titel  und  S.  14  flf.  das  eigentliche  AVerk.  Es  gibt  sich  als  Übersetzung, 
die  Vorrede  nennt  aber  weder  den  Verfasser  noch  den  Übersetzer,  sondern 
spricht  von  dem  Original  nur  als  der  <jj.iLA)l  Ai^ .  Ein  Werk  solchen 
Titels  findet  sich  nicht  unter  den  Handschriften  der  Berliner  Bibliothek, 
s.  Ahlwardt  Nr.  10072— 10091.  —  Die  Übersetzung  war  für  die  Ost- 
turkestaner  bestimmt,  denn  l*\  jlLJ  J"  sollen  von  dem  Buche  Nutzen 
haben.  Der  Druck  steht  aber  ersichtlich  unter  westlichem  Einflüsse.  — 
Bemerkenswert  ist  S.  14,  8  f.:  jjl  dkS,  (JllJb  ilc  ^J^"J  a>1«>ia-  ,j>-  Oj-^z^ 

iS-^  ^bLij  jy^j^"  aJj'  (^jV  o  ö^y^J  iJjy^J-^  »Gott  schmückte 
den  Rosengarten  der  Welt  mit  den  Kosen  der  Existenz  seiner  Freunde-, 
auch  hier  das  nin  für  den  Akkusativ  und  das  -Tn  für  -min,  welche  S.  84 
besprochen  werden. 

14.  manäqibi  hadreti  ghaut  td^a^zem.^  Taskent,  Kamenski;  ISIolla  'Ab- 
diilghaffär  Abdurrahim  Oghli;  1893;  204  Seiten  kl.  8".  —  Wie  13.,  doch 
fehlen  die  persischen  Seiten  2 — 12. 


Die  Titelfassung  osnianiscli :  j-*JL£"jl   ^t-»  J^ 


IIartmann:    Budiwcseii  in  Turkestan  und  Drucke  Hartuiann.  83 

3.  Erzählungen. 

15.  mhär  daricT§,  aus  dem  Persischen  des  Emir  Chosrew  Dehlewi 
iil)ersetzt.  Taskent,  Portsew ;  Akmal  Chan;  23.  10.  1900;  1318.  264  Seiten 
gr.  8".  —  Über  das  persische  Original,  das  auch  hier  irrig  dem  größten 
persischen  Dichter  Indiens  Jaminiiddin  Abulhasan  Emir  Chosrew  (gest. 
725/132Ö)  zugeschrieben  wird  ^  siehe  Etil e  324.  Der  Übersetzer  nennt  sich 
nicht,  es  müßte  denn  sein  Name  in  dem  siddTq  der  Phrase  von  seiner  Un- 
würdigkeit  stecken;  angefertigt  ist  die  Übersetzung  auf  Befehl  eines  Mir 
tlünus,  der  bezeichnet  wird  (S.  2  Z.  1  und  2  f.)  als:  »der  Vertreter  (Gou- 
verneur) des  Kaisers  von  China« ^  und  »Großer  des  Landes  Jarkend«. 
Über  die  Zeit  findet  sich  keine  Angabe,  sie  läßt  sich  aber  aus  der  Er- 
wähnung des  Jünus  feststellen.  Er  ist  unzweifelhaft  der  Jünus  Wang,  von 
dem  als  chinesischem  Gouverneur  von  Kasgar  Chöqandpilger  im  Jahre  1834 
dem  Engländer  Wathen  in  Bombay  sprachen  (Ritter  7,  781).  In  seiner 
wichtigen  russischen  Bearbeitung  des  Ritterschen  Ostturkestan  (d.  h.  der 
dahin  gehörigen  Teile  von  Ritter  7)  gibt  Grigorjew  2,  462  Nachrichten 
über  diesen  Jünus  Wang,  der  seinem  Vater  Iskender  als  Häkim  Bek  von 
Kasgar  folgte,  und  dessen  Sohn  Afridün  von  den  Chinesen  zum  Häkim 
Bek  in  Jarkend  gemacht  wurde. 

16.  haltla  u-adimna.  Taskent,  Stab  (türk.:  Breidenbach;  s.  das  oben 
S.  71  Bemerkte);  1901;  575  Seiten  gr.  8^*.  —  Das  Titelblatt  ist  ganz 
ausgefüllt  durch  folgende  Notiz  in  schwülstigem  Stil:  »Dies  ist  das  unter 
dem  Namen  kalTla  icadirmia  berühmte  Buch  anuäri  suhailt,  verfaßt  von  dem 
Qoranexegeten  Maulänä  Ilusain  Wä'i'/;  auf  Bitten  der  Taskender^  kleidete 
Qäri  Fadlulläh  Taskendi  dieses  Buch  von  neuem  in  das  Gewand  der  Sprache 
von  Turkestän  und  Ferghäna  und  machte  die  Freunde  der  Türksprache  zu 
seinem  Lesen  geneigt,  indem  er  sich  eines  feinen  und  zierlichen  Stils  be- 
diente, deshalb  ließ  ich,  Mollä  Ghuläm  Rasül  Choga  Muhammed  Rasül  Choga 
Oghli,  es  drucken«.  Über  den  Übersetzer  Fadlulläh  gab  man  mir  in  Tas- 
kent folgende  Notiz:  »Kaiila  wadimna,  in  welchem  sich  alle  Sprachen  der 
Welt  finden,  selbst  Russisch,  ist  übersetzt  von  dem  Taskender  Faizulläh  [wohl 
nur  versprochen  oder  von  mir  verhört  für  Fazlulläh]  Qäri  vor  etwa  zwan- 
zig Jahren«.  Von  früheren  Übersetzungen  ins  Osttürkische  scheint  nur  eine 
bekannt  zu  sein:  die  des  Iftichäruddin  Muhammed  Albekri  Alqazwini,  die  Hagi 
Chalfa  erwähnt  5,  239  (Nr.  10855)  und  nach  ihm  Hammer,  Wiener  Jahrbb.90, 
Anzeigenblatt  S.  66.*     Daß  Fazlulläh    diese   gekannt  hat,    ist  aus  dem   »von 


^    Außer  im  Titel  noch  besonders  S.  4,  2  f. 

2  So  shid  doch  wohl  die  Worte  j^»-  j\sU-  ^jX^  <^^}^  aufzufassen.  Sollte 
der  Titel  manap  bei  den  Qirgizen  doch  auf  das  arab.  manäb  zurückgehen,  das  offen- 
bar hier  vorliegt?    Über  diesen  Titel  s.  mein  Islamischer  Orient  (IV)  S.  110  Anm.  2. 

3  Nach  dem  Schlußvermerk  S.  572  f.  war  es  Mollä  Muhammed  Müsä  Baibece, 
Sohn  des  verstorbenen  Qäzi  'Isä  MeshürT,  der  die  Übersetzung  anregte. 

*  Von  den  Übersetzungen  der  älteren  persischen  Bearbeitung  Nasrnllälis,  welche 
Ethe    in   den  Verhandlungen  des  Leidener  Kongresses  2,  1,241  ff.  zusammenstellte, 

6* 


84  Hartmann  :    Buchwesen  in  Tuikestan  und  Drucke  Hartniann. 

neuem«  (s.  oben)  nicht  sicher  zu  schließen.  Ich  nehme  an,  daß  er  bei 
seiner  Arbeit  selbständig  verfahren  ist.  —  Der  vorliegende  Druck  zeigt 
viele  Seltsamkeiten,  welche  wohl  meist  auf  die  orthographischen  Besonder- 
heiten der  Taskender  zurückgehen,  zum  Teil  Nachlässigkeits-  und  Irrtums- 
fehler sind.  Dazu  kommt  die  Ungleichmäßigkeit :  man  schreibt  auf  einer 
Zeile  so,  auf  der  nächsten  anders.  —  Elinige  Beispiele  auffallender  Schreib- 
weise: 1.  ij\A,  wo  IJU  erwartet  wird:  (jUj'  «geben«  23.10;  ij\AjS  »eintreten« 
14,10;  J\c^j  S^.  S^\3  3V  o?,,\2',  JUL,  407,16;  2.  j\i  (j\^)  für 
jb  und  umgekehrt:  jli*_;0  (zu  jUjO^!)  72,12,  dagegen  ij^j^  (zu  ij\^j\) 
153,  6;  jl^^  von  holmaq  572,  15;  jöj_j)  von  turmaq  153,  7;  3.  ^^Ic  für 
t^:  ^IcUll-ji  53,  13.  —  Für  den  Genitiv  ist  die  Endung  viALC  die  Regel; 
vereinzelt  ^^j\  jIj  iS'ß  J  j^L^^st  j^  Jjl  197,10  für '  J  (J>LijL ; 
höchst  wunderbar  ist,  daß  ein  cUU ,  das  äußerlich  völHg  dem  Genitiv-  nin 
gleich  ist,  als  Akkusativaffix  verwandt  wird-;  so  J^^jß  CAlv  SiiZ^j  -er 
sah  einen  .läger«  211,17;  <S^  ^jy  jjy  oJj'iiL  (iAlv;'<«-5  »sage  nicht:  ich 
will  das  Schiff  in  der  Wüste  laufen  lassen«  (gleich  darauf:  «-\-l-jl  Lj^  ci-^^-? 
<u:U-  -und  treibe  das  Pferd  nicht  auf  das  Meer«)  218, 1 1  f.;  ju-jlj*  viloijV  j' 
»du   setzest  uns«    288,  3;  4>— lj_^   ^J^  jAUc-lj  y    »wie  findest  du  diese 

Krähe«  288,7,  dicht  daneben  ^^jVJ^  dilAljVl  »die  Schatten  dieser«  288,5. 
—  Für  die  Präposition  »nach«  (post)  erscheint  durchgehends  jO  ^j^  wie 
im  Kasgarischen.  Ein  wesentlicher  Unterschied  von  diesem  liegt  darin,  daß 
für  die  Höflichkeitsanrede  die  2.  Pers.  Plur.,  nicht  die  dritte  verwandt  wird.  — 
Verwunderlich  ist,  daß  der  Schlußvermerk  8.572,  10  bis  573,  5  eine  Eigen- 
tümlichkeit zeigt,  die  im  ganzen  Buche  nicht  vorkommt:  durchgehends  jb  für 
^J^^■,  es  heißt  572,  13:  jUjV^Jti  ^.j^  X^\j .  Vielleicht  hat  hier  der 
Steinschreiber  MoUä  Mirzä  Iläsim  Chogendi  nach  seiner  Neigung  geschrieben, 
doch  spricht  in  dem  Vermerke  der  Unternehmer  (^'erleger)  in  erster  Person. 

darf  wohl  keine  als  "Osttürkisch"  bezeichnet  werden.  Die  Proben  dort  lassen  eine 
Sprache  von  ganz  anderem  Charakter  erkennen,  die  man  etwa  "Altosmanisch" 
nennen  könnte.  Nicht  richtig  ist  die  Angabe  Chauvins  in  Bibliographie  2,  §  44  a.  E. : 
"il  y  en  a  cinq,  dont  deux  en  djagathai«.  Das  Verhältnis  dieser  türkischen  Ül)er- 
setzungen   zueinander   in   sprachlicher  Beziehung   bedarf  dringend    einer  Aufklärung. 

^  Die  Verkürzung  von  ^^^-^Li^l  zu  j'VftLi'.il  hat  ihr  Analogon  in  altosnian. 
in  l'ür  im  im  Akkusativ. 

'^  Zur  Erklärung  kommt  in  Betracht  die  Neigung  der  Schreiber  und  Drucker, 
"feinere  Formen»  einzusetzen;  wie  statt  des  Genitivs-Wi  der  Sprechsprache  das  schrift- 
sprachliche nin  eingetragen  wurde,  so  geschah  es  auch  per  nefas  mit  dem  Akkusativ-wT. 

^  Der  Übergang  von  din  in  dan  ist  vielleicht  zusammenzustellen  mit  dem  des 
Akkusativ -ni  in  na,  wie  er  in  meinem  ^Ein  tiirki-^^cher  Text  aus  Kasgav"  (Keleti 
Szenile  1904)  belegt  ist. 


Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartnianii.  85 

17.  "^omar  chännin  'asrTda  turghüyT  moUä  gülcham  dTyen  sä^irnin  iasmf 
qylghan  darb  idmatal  hitäbT.  Taskent,  Iljin  (tüik.  Porsof,  d.  i.  Portsew);  1896; 
1318.  37  Seiten  gr.  8°.  —  Die  Sprichwörter,  nach  S.  3  vierhundert  an  Zahl, 
sind  eingeflochten  in  eine  Erzählung,  deren  Hauptpersonen  der  Uhu 
(j^j9  JV^),  die  Eule  {^ ß  ij^).  Bäj  Oghli,  dessen  Tochter  Künes 
Bänil  und  Kaulängir  Sultan  sind.  Die  beiden  Letztgenannten  kriegen  sich 
zum  Schluß.  »Sprichwort«  ist  hier  nicht  in  engem  Sinne  zu  nehmen,  ein- 
begriffen sind  auch  poetische  Weisheitssprüche.  Es  fehlt  nicht  an  groben 
Schmeicheleien  fiir  den  Fürsten  Ferghänas  'Omar  Chan  (s.  zu  Nr.  25.)  S.  35. 
Kaiila  und  Dimna  ist  erwähnt  S.  7.  Die  Sprache  ist  naturwüchsig  und  nicht 
ohne  Schwierigkeiten.  Bearbeitung  erwünscht.  Der  Verfasser  kommt  in 
magiiiH^at  u.sSuarü  vor,  s.  28,  72. 


4.  Poesie. 

18.  emir  'alT  Ser  tiawä'i  dTwänlarJ.  Taskent,  Breidenbach ;  Mollä 
Muhammad  Näsih  DämoUä  'All  Mohammed  Ächond  Oghli;  1896;  1314; 
239  Seiten  gr.  8°.  —  Der  ai  naubahär-Y>\v^?iii^. 

19.  emir  'aU  Ser  nawä't  dtwänlar'i.  Taskent,  Kamenski;  Sah  Muräd 
Ibn  Mollä  Sah  Nimet  Ächond;  1893;  1311;  208  Seiten  gr.  8".  —  Der  ai 
naubahär-  Diwan. 

^  Über  eine  Handschrift  des  külUjüt  des  Nawä'i  sclirieb  mir  Herr  Johannes 
Avvetaranian  (Schumen)  unter  dem  6.  April  1902  folgendes:   »Mein   ^J\^     O^-^ 

enthält  4  Diwane:  l.  y^\   ^^\^^,  fängt  an  ^jSs-  ^  ci^l,  2.  ^LJlVI  J-^l^, 

welches   anfängt  \'^ ^ß    Jf\ß  «iAJU^  J>^  c/j»  3.  Ja— jS^   ^MAi  ,    das  beginnt 

diU^jlc    jy^c^l,  4.   jSii\  A)ij5,    dessen  Anfang  lautet    Aix^-^  J^'y^  ^_  i^\ 

U)  ^JJ^  yiX.Mts  jU.>to,  und  das  ij\y  A— ^  und  ein  ^^y^\  •^  y^  .  Zum  Schluß 
folgt  ein  Teil  von  Nawäl's  persischer  Geschichte  (ebenfalls  in  kaschgarischer  Sprache), 
leider  unvollendet.  Das  Buch  ist  geschrieben  im  Jahre  1241  n.  d.  Hegra  in  der 
Stadt  <^\j^\  auf  Befehl  von  tjj\  J^  jy>  f^^^j}  ö)  JV*^  •  Handschrift  von 
'^o-\js-  j^Äff-  Ax  ,  Ich  hörte,  daß  der  Schreiber  ein  kaschgarischer  Chodga  ge- 
wesen sei.»  Durch  diese  Notiz  läßt  sich  nun  wenigstens  für  zwei  der  auch  ^•on 
Pertsch,  Verzeichnis  der  türkischen  Handschriften  der  Königlichen  Bibliothek  Bei'lin 
Nr.  380  genannten  vier  Diwantitel  die  Zugehörigkeit  bestimmen.  Nach  Pertsch 
a.a.O.  werden  die  Titel  von  2  und  4  bei  Awetaranian  zu  berichtigen  sein: 
,^LlJl  jMy  und  jS^\  Jolji  {kibar  opp.  von  sighar  in  1).  Vgl.  auch  meine  Notiz 
in  Orient.  Lit.- Zeitung  V  (1902)  Sp.  7,  wo  ein  mir  gehöriges  Manuskript  des 
asra^ya/- Diwans  erwähnt  ist.  Über  dieses  im  Sommer  1902  in  Berlin  erworbene 
Manuskript,  das  ich  meiner  "Übersicht«  (hier  Jahrg.  VII  (1904)  Abt.  II)  als  Nr.  134 
hinzufüge,  bemerke  ich,  daß  es  198  Seiten  hat  und  bis  auf  einen  geringen  Defekt 
am  Ende  vollständig  zu  sein  scheint.  Der  Vers,  mit  welchem  Ms.  Türe.  Berlin  380 
(bei  Pertsch),  beginnt,  findet  sich  liier  S.13  Z.  3  v.  u. 


8G  Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

20.  emlr  "^alT  Ser  nawä't  dtwänlarT.  Taskent,  Lachtin;  Choga  Isän  Ibn 
'Ali  Cliogafsän;  Schreiber:  Sah  Muräd  MoUa  §äh  Ni'met  Oghli;  1884;  1306; 
288  Seiten  gr.  8".  —  Der  ai  naubahär-Diwsui,  dem  verschiedenes  (targT'bend, 
metnewT,  muqattdät)  angehängt  ist. 

21.  dtwäni  rmr'^ali  ser  nawä^T.  Istambol,  Mahmiid  Bek;  Sähh  Choga, 
Buchhändler  aus  Buchara;  1319;  223  Seiten  gr.  8°.  —  Der  ai  nauhahär- 
Diwan. 

Von  den  vier  Drucken  gehen  18.,  20.,  21.  zusammen;  19.  ist  weniger 
vollständig;  so  haben  die  genannten  drei  Drucke  unter  dem  Buchstaben  c- 
acht  Gedichte;  19.  liat  nur  fünf. 

22.  emir  nawa't.  Taskent,  lljin;  Ghuläni  Rasül  Choga;  Schreiber: 
Sah  Muräd;  1899;  1318;  158  Seiten  gr.  8°.  —  Obwohl  das  Buch  mit  der 
as7-aqai - Qüside  beginnt,  enthält  es  doch  nicht  den  Diwan  gharä^ib  ussighar 
{asraqat-Viiwan).  Das  geht  deutlich  hervor  aus  einer  Vergleichung  mit 
meinem  Ms.  134  (s.  hier  S.  85  Anm.  1)  und  schon  daraus,  daß  in  diesem  Druck 
die  achte  Qaside  mit  dem  ersten  Halbverse  des  Diwans  ^.jUÜl  j:>\^  bei 
Awetaranian  und  die  siebente  Qaside  mit  dem  ersten  Halbverse  des 
Diwans  ^\  -V?l^  bei  Aw  etaranian  beginnt.  Es  liegt  also  offen])ar  eine 
Anthologie  aus  den  vier  Diwanen  Nawä'is  vor  und  dieser  Druck  lehrt, 
daß  man  nicht  jeden  Band,  der  anfängt  asraqat,  für  den  aATOi/a/- Diwan 
halten  darf.  —  S.  6  hat  als  latus  (J  (J'y^  und  es  mußte  die  Qaside  Nr.  9 
(j\iiy  3" y*^  ü  (20.  S.7  med.)  kommen;  statt  dessen  folgt  Nr.  19;  Nr.  19 
ist  zweimal  gedruckt,  Nr.  9  ausgefallen.  Solche  Sclihulrigkeiten  sind  in 
diesen  Drucken  häufig. 

23.  ernür  ''alt  her  navcä^t  dTwänlarT.  Taskent,  Stab;  Molla  Abdullah 
Häggi  Asadulläh  Häggl  Oghli;  1900;  167  Seiten  kl.  8°.  —  Dieselbe  Antho- 
logie wie  22.,  doch  ohne  das  Versehen,  das  am  Ende  von  22.  nachge- 
wiesen ist. 

24.  nawä^t.  Taskent,  lljin;  Unternehmer  nicht  angegeben;  Schreiber: 
Molla  Jüsuf  Ächond;  1901;  167  Seiten  kl.  8".  —  Scheint  sich  völlig  mit 
23.  zu  decken. 

25.  diwäni  emtri  ferghäna.  Taskent,  Hjin;  Unternehmer  nicht  genannt; 
Schreiber  Abdulghafür;  1901;  1319.  224  Seiten  gr.  8^  —  Ausführliche  Mit- 
teilung über  diesen  Diwan  und  seinen  Verfasser 'Omar  Chan  machte  Väm - 
bery  in  Wiener  Zeitschrift  f.  d.  Kunde  des  3Iorgenlandes  VI  (1892),  193  ff. 
Für  das  Biographische  stützt  sich  Vämbery  auf  das  hübsche  Büchlein  Na- 
liwkins  über  die  Geschichte  des  Chanats  Chöqand  {kratJcaja  istorija  ko- 
kandskago  chansttca,  Qazan  1886).^  Für  das  Studium  des  Diwans  bediente 
sich  Vämbery  der  von  Schech  Sulaimän  besorgten  Ausgabe  Stambul  1300. 


1  Barthold  bemerkt  mit  Recht,  daß  die  Daten  der  älteren  Geschichte  bis 
zu  unserem 'Omar  einschließlich  beiNaliwkin  zweifelhaft  seien,  da  dieser  nicht  die 
Berichte  der  gleichzeitigen  europäisclien  Keimenden  zur  Kontrolle  heranzog. 


IIartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  87 

'Omar  Chän^  selbst  äußert  sich  über  sein  Dichten  und  die  Entstehung 
des  Diwans  in  der  Vorrede,  die,  wie  in  der  Stambuler  Ausgabe,  so  auch 
hiei-  abgedruckt  ist.    Väinbery  teilt  das  Wesentliche  daraus  mit.^ 

26.  clricäni  'omar  chäii  emTri  ferghäna.  Taskent,  Stab;  Unternehmer 
und  Schreiber  nicht  genannt;  1900;  1319;  224  Seiten  gr.  8".  —  Bis  auf 
unwesentliche  Abweichungen  in  der  Orthographie  scheint  dieser  Druck  mit 
25.  zusammenzufallen. 

27.  diwäni  eniir  ii-amagmd  iiö'ht'arä'  üsijaji  wtistä.  Islambol,  IVIektebi 
sanäYi  sähäne;  Scheich  Sulaimlin  Efendi^;  1299  (im  Titel;  am  Ende  1300); 
221  Seiten  gr.  8°;  Typendruck.  —  Der  Herausgeber  wollte  wahrscheinlich 
außer  dem  Diwan  des  'Omar  Chan  auch  die  Sammlung,  die  hier  unter 
Nr.  28.  besprochen  ist,  zum  Druck  bringen;  statt  dessen  finden  wir  nur 
S.  218— 221  einige  Gedichte  von  Mollä  Gülsen  28.,  22;Wezir28.,  5;  Sul- 
tänch'^än  Tore  (nicht  in  28.  vertreten);  Chätif  28,  19;  Chiglet  28.,  20;  Ijädlq 
28.,  42;  Fazli  28.,  15. 

28.  magnmat  ussuarä.  Taskent,  Iljin;  Mollä  Rahimberdi  Qäri  Ibu 
Mollä  'Otmän  Bai;  1900;  1320;  504  Seiten  gr.  8°.  —  Das  ist  ein  sehr  ver- 
dienstliches Buch,  wenn  es  auch  zunächst  eine  Schmarotzerei  darstellt. 
Denn  vor  allem  soll  es  eine  Ehrung  für  den  »Sultan«  Muhammed 'Omar 
von  Chöqand  sein,  der  selbst  als  Dichter  gefeiert  wird,  und  neben  welchem 
hier  als  unter  seiner  Gunst  blühend  75  Dichter  (darunter  zwei  Frauen, 
s.  70  und  71)  aufgeführt  werden.  In  dem  persisch  abgefaßten  Einleitungs- 
gediclit  {imäaqärih)  nennt  sich  der  Verfasser  Jüsuf  Muhamm  ed  aus  Sa- 
marqand  (s.  15  Fazli).  Die  Dichter  bezeichnet  er  leider  so  wenig  deutlich, 
daß  sie  nicht  immer  zu  erkennen  sind.  Keine  Hilfe  gewähren  die  Ziffern, 
welche  in  dem  Zwischenraum  zwischen  den  Halbversen  angebracht  sind 
und  welche  eine  Numerierung  darstellen  sollen.  Sie  stehen  oft  an  un- 
rechtem Orte,  manche  fehlen.  Es  wird  im  folgenden  der  Versuch  gemacht, 
die  Namen  festzustellen  und  die  zu  ihnen  gehörigen  Stücke  der  Sammlung 
zu  verzeichnen. 

1.  Der  Schechulisläm;  sein  Name  ist  hier  nicht  genannt,  auch 
nicht  in  dem  ihm  besonders  gewidmeten  Gedichte  S.  20  f.  —  Von  ihm  Stücke 
S.  22—24. 

1  Nach  Vänibery  S.  194  regierte  er  1812—1821,  nach  Lane  Poole- 
Barthold  8.237  1224(1809)  bis  1237  (1822).  Außer  den  bekannten  älteren  Quellen 
(Ritter  7.  75  ft".)  s.  Grigrorjew  2,  457  und  besonders  die  Spezialgeschichte 
Chöqands  unter  den  Schahrocliiden,  die  Pantusow  unter  dem  Titel  taarich  sachrochi 
istorija  idacVetelei  fergany  (Qazan  1885)  herausgab. 

^  Nachzutragen  wäre  etwa,  daß  die  teils  türkischen,  teils  persischen  Gedichte 
zuerst  nach  den  Metren  {bahr)  geordnet  wurden  und  daß  erst  die  endgültige  Re- 
daktion die  Ordnung  aller  nach  dem  Reimbuchstaben  brachte.  Es  gibt  übrigens 
selbst  in  dem  das  sukr  ßnnafo  zulassenden  Orient  wenige  Fälle  so  stinkenden  Eigen- 
lobes, wie  der  fürstliche  Dichter  es  sich  hier  zollt,  wobei  auch  die  Phrasen  der 
Schmeichler,  wie   •kaläin  ulmulük  mulük  ulkaläm'-,  getreulich  mitberichtet  werden. 

^    Siehe  über  ihn  Islamischer  Orient  (IV)  S.  105  Anm.  1. 


88  Hartmann:   ßucliwesen  In  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

2.  Maulawi;  nach  S.  4  unten  sollte  er  in  einem  besonderen  Gedichte 
besungen  werden.  —  Von  ihm  Stücke  S.  24  f. 

3.  Edä,  aus  dem  Geschlechte  Ahrärs.^  —  ^'on  ihm  Stücke  S.  283. 
285.  288  f.  289  f.  294.  299.  305.  311.  317  f.  322.  331.  339  f.  347  f.  358. 
366  f.  375  f.  379.  381  f.  388  f.  394  f.  400.  411.  416.  422  f. 

4.  Äsiq,  aus  dem  Geschlechte  Ahrärs.  —  Von  ihm  Stücke  S.  348  f. 
370.  389  f. 

5.  Wezir.  —  Von  ihm  Stücke  S.  165  f.  185  f.  200.  232  f.  242  f.  321. 
357.  398  f.  468—473. 

6.  Näle.  —  Von  ihm  Stücke  S.  166.  187.  193.  199.  207.  216.  221. 
223  f.  228  f.  235  f.  243  f.  264  f.  269  f.  273  f.  285.  290.  298.  304.  321  f. 
331  f.  336.  346  f.  357  f.  399.  410  f. 

7.  Ma'.jns.  — V^on  ihm  Stücke  S.  166  f.   187 f.  201.  215  f.  234.  415  f. 

8.  Muj^rim  aus  der  Familie  Serif.  —  Von  ihm  Stücke  S.202.  350.  369. 

9.  Ramzi,  führt  seinen  Stammbaum  auf  Saijid  Ali  Mir  (Mir  Ali  Ser 
Navvä'i.^)  zurück.  —  Von  ihm  Stücke  S.  167f.  327.  360.  370. 

10.  Efsüs,  auch  Mir  Esed  genannt,  stammt  von  den  Ahnen  Säliks 
ab.  —  Von  ihm  Stücke  S.  168  f.  188.  244  f.  322.  367.  384  f.  406. 

11.  Miri,  Bruder  des  Schahs  von  Buchara  Haidar  (1215/1800  bis 
1242/1826  nach  Lane  Poole- Barthold  S.  233),  den  er  aber  verließ,  um  zu 
'Omar  Chan  überzugehen.  —  Nicht  vertreten. 

12.  (Maulawi)  Raunaq  aus  Chogend,  war  30  Jahre  Qazi  dort;  ver- 
stoi'ben  vor  Abfassung  des  Werkes.  —  Stücke  von  ihm  S.  234. 

13.  Akmal  (Kämil  Ächond  Ser),  verstorben  vor  Abfassung  des 
Werkes.  —  Stücke  von  ihm  S.  179.  197.  372  f.  484. 

14.  Ghäzi,  hielt  Freundschaft  mit  Akmal  (s.  13),  auch  verstorben. 
Er  wird  der  Ghäzi  sein,  dessen  Diwan  sich  in  meiner  Sammlung  hand- 
schriftlich befindet  (s.  Übersicht  S.  8,  Nr.72).  —  Von  ihm  Stücke  S.1S2. 
224.  233.  265.  270  f.  277  f.  292.  333  f.  340  f.  373.  393  f. 

15.  Fazli  [/adlT],  das  ist  der  Verfasser  selbst,  der  später  seinen 
wirklichen  Namen,  Jüsuf  Mohammed,  nennt  (s.  oben).  —  Von  ihm  Stücke 
S.  131— 136.  140—161.  173  f.  180  f.  196  f.  206  f.  213  f.  218.  222.  226  f. 
230  f.  234  f.  240  f.  252  f.  261  f.  263  f.  267.  271.  276  f.  281  f.  283  f.  286. 
291.  293.  297.  298  f.  303  f.  310.  316.  327.  330.  336  f.  355  f.  365  f.  371  f. 
376.  377  f.  385.  387.  408  f.  412  f.  416—418.423.445—451.462—464. 
500.  501.  502.  503.  Wahrscheinlich  gehören  ihm  auch  die  Stücke  an, 
welche  die  Überschrift  haben  MaulänäFazU,  S.  53—58.  78—80.  84—90.  504. 

16.  Maknün.  —  Stücke  von  ihm  S.  325.  404.  498. 

17.  Debir,  eigentlich  Mirzä  Serif,  Hofchronist  des  Sultan  'Omar, 
aus  einer  Samarqander  Saijidfamihe.  —  Von  ihm  Stücke  S.  188  f.  245.  277. 
406.  464—467. 


1  Eine  Spezialarbeit  über  diesen  Lokallieiligen  Taskents  ist  *Chodya-Achrar- 
Wali.  Legenda.  Percwod  .s  persühkayO'-  von  M.  Aidarow,  mit  Anmerkungen  von 
P.  A.  Komarow. 


Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  89 

18.  Musrif,  gebürtig  aus  Isfaräjin  [in  Choräsän;  mehrere  bekannte 
Gelehrte  sind  nach  ihm  benannt],  wo  er  auch  Qäzi  war,  berühmter 
Saijid  jener  Gegend.  —  Stücke  von  ihm  S.  33  f.  72—76.  81  —  82.  109  f. 
llü— 119.  128—131.  171  f.  199  f.  209  f.  216  f.  248  f.  279  f.  323.  328  f. 
352.  359  f.  368.  401  f.  418.  443  —  445. 

19.  Chätif,  aus  Chogend,  wo  er  zugleich  Mufti  und  Qäzi  ist.  — 
Stücke  von  ihm  S.  30  — 32.  40  —  42.  47  f.  58  —  60.  169  f.  181.  189  f.  200  f. 
218  f.  220  f.  225  f.  229  f.  233.  239.  245  f.  253  f.  258  f.  267  f.  274.  280  f. 
291.  295  f.  299  f.  305.  312.  316  f.  323  f.  330  f.  332.  337.  349  f.  358  f.  368. 
378.  382.  385  f.  400.  411f.  418  f.  451—460.  494—497. 

20.  (Choga)  Chiglet,  aus  Ustrüsen'  gebürtig;  stanunt  von  Maulawi 
Sah  llusain;  erhält  vom  Sultan  jede  Woche  als  Gehalt  fünf  Esrefi  (Gold- 
stücke). —  Von  ihm  Stücke  S.  32  f.  44  —  46.  60  —  62.  170  f.  190.  193  f. 
201  f.  207.  214.  220.  226.  229.  236.  239  f.  246  f.  254.  257.  259.  268. 
274  f.  278  f.  290  f.  305  f.  311.  317.  324.  332  f.  337  f.  350.  359.  369.  378. 
382  f.  386  f.  397.  400  f.  412.  419.  422.  493  f.  500.  501. 

21.  Nusrat,  aus  Chöqand.  —  Stücke  von  ihm  S.  76— 78.  90  f.  189. 
213.  238  f.  318.  335.  361.  401. 

22.  Gülseni,  aus  Chöqand.  —  Von  ihm  Stücke  S.  265  f.  271  f.  346. 

23.  Nadir,  70  Jahre  alt,  aber  noch  sehr  rüstig,  und  lebt  wie  Leute, 
die  Verse  machen,  auch  berühmt  bei  den  Schönen  von  Chöcjand.  —  Nicht 
vertreten. 

24.  Fäjiz  [fä'id]  und  25.  Käsifi,  Söhne  des  Wäqifi,  dessen 
Stelle  sie  im  Richteramt  eingenommen  haben.  —  Von  Fäjiz  Stücke  S.  354  f. 
402.  —  Käsifi  ist  nicht  vertreten. 

26.  Räsichi,  aus  Chogend  und  dort  Qäzi.  —  Von  ihm  Stücke  unter 
der  Überschrift  räsich  S.  172  f. 

27.  (Choga)  Nizäm,  Nachkomme  des  Sah  Mansür  Chan  [des  im 
Jahre  795/1393  gestorbenen  Muzafferiden  von  Färs?]  und  einer  von  den 
Qarachäni- Heiligen.^  —  Von  ihm  Stücke  unter  der  Überschrift  7iizänn 
S.  195.  405  f. 

28.  (Choga)  Teslim,  steht  dem  Chiglet  (s.  20)  an  Verdiensten 
gleich.  —  Von  ihm  Stücke  unter  der  Überschrift  selmi  (das  Metrum  er- 
fordert aber  im  Einleitungsgedicht  das  vorhandene  tasltm)  S.  497. 


1  Das  unnütze  Wortspiel :  j\  (^Ijto  <0  *  j_j>^  ,j^JJ  ^  (j-^  '^'J  ^T 
.5_5>  /j^Jj<^\  »wie  ein  Spiegel  ist  sein  Griindcharakter  rein,  denn  seine  Heimat  ist 
Ustrüsen«  sagt  uns  nichts,  lehrt  nicht  einmal  sicher,  daß  Ustrusen  zu  sprechen  ist. 
Dagegen  hat  die  Frage  ein  nicht  unbeträchtliches  Interesse,  ob  in  diesem  ^Jji^\ 
nicht  der  Name  der  Landschaft  <J^jj-^\  (bei  andern  C^jj^\)  zu  sehen  ist.  Die 
Stellen  der  arabischen  Geographen  und  Historiker  über  Osrüsana  oder  Osrüsana 
sind  oft  zusammengestellt.  Ich  führe  für  die  Gleichung  nur  an,  daß  Ustriisan  bei 
unsern  Dichtern  auch  sonst  vorkommt  (s.  Nr.  33.  51).  Da  liegt  es  nahe,  den  Ort 
nicht  zu  weit  von  Chöqand  zu  suchen,  und  Osrüsana  bildet  ja  gerade  das  Gebiet 
zwischen  Chöqand  und  Samarqand. 


90  Hartmann:   Buchwesen  In  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

29.  Qalender,  der  Qäzi,  aus  Namangän.  —  Niclit  vertreten. 

30.  Mahwi,  auch  öäki  Kämjäb  genannt  (?);  verfaßte  mehrere  Bücher. 
—  Von  ihm  Stücke  S.  202  f. 

31.  Zijä  [dijä],  ein  Qalender  von  den  Kasan -Saijids;  wohnt  be- 
ständig in  Chöqand.  —  Niclit  vertreten. 

32.  Machfi,  der  Qäri  von  Qunduz,  berühmt  in  der  Wissenschaft 
der  Qoränlesung  (qirä'at).  —  Von  ihm  Stücke  S.  342.  494. 

33.  Muhtasib,  wohnt  in  Chöqand,  früher  in  Ustrüsen.  —  Nicht 
vertreten. 

34.  Negil),  von  edler  Herkunft.  —  Nicht  veitreten. 

3;").  Mu-/.mir  [mudmlr].  —  Stücke  von  ihm  8.66  —  68.  182  f.  260  f. 
27.5  f.  326.  343  f.  363  f.  371.  373  f.  379.  383  f.  390  — 392.  396  f.  404  f. 
413.  420.  423  f. 

36.  Behget,  Sohn  Musrifs  (s.  18).  —Von  ihm  Stücke  S.  62  — 66. 
175  f.  181.  192  f.  203.  251.  306  f.  312.  325.  334.  352  f.  362  f.  370  f.  390. 
403  f.  442  f. 

37.  Gedid,  auch  Ibn  Fazli  [fadlT]  genannt,  Sohn  des  Fazli, 
d.  h.  des  Verfassei's  (s.  15).  —  Von  ihm  Stücke  S.  307.  313  f. 

38.  Uigret,  aus  Taskent.  —  Von  ihm  Stücke  S.  195.  325  1". 

39.  Kesret  [ketret],  Gerichtsschreiber  des  Sultans,  woluit  in  Chöcjand 
und  mochte  gern  Chötjander  sein,  ist  aber  aus  Saniarqand.  —  \on  ihm 
Stücke  S.  294  f.  365. 

40.  Munsi,  wohnt  in  Chöqand.  —  Da  er  im  Werke  nicht  nälier  be- 
zeichnet ist,  läßt  sich  nicht  ausmachen,  welche  Stücke  ihm  gehören  und 
welche  dem  Munsi  Nr.  47. 

41.  'Abdulgawäd,  Dichtername  Gawäd,  aus  dem  Gebiete  von 
Herät.  —  Von  ihm  Stücke  S.  204  f.  351. 

42.  Iläziq  [hädiq],  aus  Herät';  liel)t  die  Dunkelheit;  sein  Charakter 
ist  unbeständig,  und  dadurch  geriet  er  in  Bedrängnis.  —  Von  ihm  Stücke 
S.  92f.  99  f.  180  f.  203  f.  217  f.  221  f.  225.  230.  266.  292.  295.  300.  306. 
351.  383.  491—493. 

43.  Saifulläh,  aus  Merw,  wählte  aber  Chöqand  als  Wohnort.  — 
Nicht  vertreten. 

44.  Hätim,  wohnt  in  Isfaräjin.  —   Von  ihm  Stücke  S.  210. 

45.  Fäni,  aus  Balch.  —  Von  ihm  Stücke  S.  407.  420  f. 

46.  Nuzhat,  aus  dem  Gebiete  von  Chogend;  lebt  in  den  Medresen; 
kommt  zuweilen  an  den  Hof.  —  Von  ihm  Stücke  S.  43  f.  191  f.  211.  247  f. 
363.  405. 

47.  Munsi,  wohnt  in  Kasan,  eigentlich  Mohammed  Emin;  schreibt 
sehr  schön,   so  daß  er  mit  jNlir  'Ali  verglichen  wird;  in  jeder  Kunst  ist  er 


'  Hier  heri  genannt;  beide  Formen  werden  promiscue  gebraucht;  arü  [herJ] 
im  Qutadghü  Bilig;  S.Faksimile  S.  185,  27  und  189,  12  (bemerke  tirlch  mit 
VokairückwiT-kung  an  beiden  Stellen). 


Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hurtniann.  91 

Meister,    aber    im    Dichten   ist   es   anders.^  —  ^"o^   ihm    Stücke  S.  38 — 10. 
105—109.  125—128.  240  (vgh  oben  Nr.  40). 

48.  'Uzleti,  aus  Namangän,  hat  immer  Unglück,  daher  lieißt  er 
auch  'Uzleti.'^  —  Nicht  vertreten. 

49.  Gur'at,  lebt  immer  in  Kalihär  und  kommt  nur  gek-gentlicli  an 
den  Hof.  —  Nicht  vertreten. 

50.  Tagammul,  gelähmt,  lebt  in  Rasdän.  —  Von  ihm  Stücke 
S.  501  f. 

51.  Nazar  [wa^ar];  seine  Heimat  ist  das  Land  von  Ustrilsen.  —  Von 
ihm  Stücke  S.  101— 105.  112—114. 

52.  Rif'at,  aus  dem  Lande  Rasdän.  —  Von  ihm  Stücke  S.  501. 

53.  Mugmil,  aus  Buchara.   —  Nicht  vertreten. 

54.  Re'is,  aus  Ustrüsen.  —  Stücke  von  ihm  S.  344  f. 

55.  Faizi  [faidT],  aus  Marghinän  (Margelan),  eigentlich  ISlirzä  Nijäz. 

—  Von  ihm  Stücke  S.  424  f. 

56.  Machmür,  Sohn  Akmals  (s.  13),  dem  Haschisch  und  Opium 
ergeben;  hat  er  auch  keine  Gedanken,  so  besitzt  er  doch  Fertigkeit  im 
Versemachen  zu  jeder  Zeit.  —  Von  ihm  Stücke  8.  195  f.  249.  309.  362. 
408.  489  f. 

57.  Man  zur  [manzür],  noch  jung.  —  Von  ihm  Stücke  S.  249  f. 

58.  Mustäq  aus  Sehrisebz.  —  Von  ihm  Stücke  S.  205.  256  f. 

59.  (Mirzä)  Latif,  noch  jung,  beliebt;  aus  dem  Lande  RucliäiTi.  — 
Von  ihm  Stücke  S.  312  f.  319.  340.  403. 

60.  Zlnet,  wohnte   im  Lande  Cliogend,  jetzt   in  Andigän  [am/iyän]. 

—  Von  ihm  Stücke  S.70— 72.  82  f.  93—99.  334. 

61.  Mab  zun.  —  Von  ihm  Stücke  S.  178  f.  402  f.  424. 

62.  Chislat,    aus  dem  Lande  Kasgar.  —  Von  ihm  Stücke  S.  319  f. 

63.  Wefä'i,  aus  Emirgeschlecht.  —  Von  ihm  Stücke  S.  250  f. 

64.  Muznib  [mudnib],  aus  Chöqand.  —  Nicht  vertreten. 

65.  Turäbi,  aus  Chöqand.  —  Von  ihm  Stücke  S.  286  f.  301t'.  308  f. 
314.  320. 

66.  Käsif,  aus  Chöqand.  —  Von  ihm  Stücke  S.  172.  194.  301.  308. 
314  f.  345  f. 

67.  Bazmi,  aus  Chöqand.  —  Nicht  vertreten. 

68.  Miri  Bibäde.  —  Nicht  vertreten. 

69.  Wahsi,  aus  Kahhär.  —  Von  ihm  Stücke  S.  177f. 

70.  Waise,  eine  Frau,  über  die  nichts  zu  sagen  ist;  sie  geht  bald 
auf  knumnen,  bald  auf  geraden  Wegen.  —  Nicht  vertreten. 

71.  Mahzüne,  aus  Chöqand,  eine  tüchtige  Dichterin.  —  Von  ihr 
Stücke  S.  467.  502.  503. 

72.  Gülchani,  aus  Kohistän,  Soldat  und  Dichter.  —  Von  ihm  Stücke 
8.  Ulf  178.  205  f.  250.  266  f.  324.  343.  353.  361  f.  397  f.  408.  419  f. 

73.  Dä'i(?),  aus  Chöqand,  lebt  vom  Handel.  —  Nicht  vertreten. 


2    Von  ^uzlet  »zuräckgez(>gene.s  Leben,  VVeltentsagung«. 


92  Hartmann  :    Buchwesen  in  Turkestan  und  Dnicke  Hartmann. 

74.  Kirämi  (IJäggi),  aus  Chöqand,  lebt  in  StambuP  und  schickt 
jedes  Jahr  Qasiden  zum  Lobe  des  Chans.  —  Stücke  von  ihm  S.  25 — 30 
(er  ist  dort  in  der  Überschrift  !\bdulqädir  genannt).     338  f. 

Zu  diesen  Dichtern  kommt  der  Fürst  'Omar  Chan  selbst,  von  dem 
unter  seinem  Tachallus  p]mir  die  größte  Anzahl  von  Proben  gegeben  sind, 
und  Dichter,  die  ich  in  dem  Einleitungsgedicht  nicht  zu  finden  vermochte, 
und  die  ich  hier,  nebst  dem  Emir,  anschließe.  Einige  sind  offenbar  be- 
kannte ältere  Dichter,  wie  Ali  Ser,  d.  i.  Nawä'i. 

75.  Ahrär  S.  224  f.  256. 

76.  Ali  äer  S.497. 

77.  Chudäjär  (Qäzi)  S.  123  f. 

78.  Emir  S.  163  f.  184  f.  197  f.  208.  212  f.  214  f.  219  f.  222  f.  227. 
232.  237.  241  f.  251  f.  255  f.  257  f.  262  f.  269.  272  f.  282.  284.  287  f.  289. 
293.  297  f.  302  f.  309  f.  315  f.  320  f.  329.  336.  342  f.  347.  356  f.  366.  374  f. 
377.  380  f.  392  f.  395  f.  398.  409  f.  414  f.  421  f.  425— 442.  461  f.  Ihm 
auch  sind  folgende  Stücke  zuzuteilen:  S. 482  (ta'rich  des  Emir  uhnuslimin), 
498  und  500  (unter  der  Überschrift  Sultan  'Omar). 

79.  Fazli  Namangäni  S.  34— 38.2 

80.  Öunaid  S.  136— 140. 

81.  Ilairet  S.  354. 

82.  Husain  Choga  S.  42  f.   119  —  121. 

83.  Kämil  S.259f.  364.  497  f. 

84.  Kesreti  [ketretT]  S.  176f.,  identisch  mit  Kesret  Nr.  39.^ 

85.  Ma'deni  Pänghäzi  S.  114f.  352  (hier  lun-  Ma'den  genannt). 

86.  Mesreb  S.  500. 

87.  Emin  Käsäni  (Mollä)  S.  473— 476. 

88.  Sälih  Rasdäni  (Mollä)  S.  484  f. 

89.  Muhammed  Jilsuf  Kätib  S.276. 

90.  Mutrib  S.  183f. 

91.  'Omar  (Saijid)  S.  498— 500. 

92.  Qäri  S.  498. 

93.  Rindi  S.  360f.  407. 

94.  Sädiq  S.  498. 

95.  Öerifi  S.  396. 

96.  Täjib  S.390. 

97.  Wahset  S.  296. 

98.  Wäqif  S.209. 

99.  Zähid  S.  176.  211.  341. 

100.  Zäji'  [daß]  Taskendi  S.  121f. 

101.  Zubdi  Buchäri  S.  190f. 

29.  dnväni  maulänä  fudiiVi  mda  lallä  mcgnm.  Taskent,  Portsew; 
Ja'qüb  Choga  Sahhäf;  Schreiber:  der  Taskender  'AHm  Choga  Pädisäh  Choga 


^    Hier  wie  S.  25  rüm  genannt. 

2    Er  wird   von   dem  FazlT  Nr.  15   zu   untersdieiden    sein;   denn   der   ist   aus 
Samarqand. 


Haktmann:    Hucliwesni  in  Tnikcstaii  und  Drucke  Ilaitnianii.  91) 

Isän  Oghli;  1900,  160  Seiten  gr.  8".  —  Fuzüli  ist  «interturkal« :  er  wird 
in  Stanibul,  in  Qazan  und  in  Taskent  gedruckt  und  geschätzt.  Seine 
Sprache  ist  aber  weder  osmanisch,  noch  nogaiisch ,  noch  osttürkisch.  Von 
ilir  konstatiere  ich  nur  ein  Beispiel:  J^  jXj>~^  l$w-  S^'jß  LjlL.^  ^\ 
S.  80,  13.*  Das  ejk  und  joch^  genügen.  —  Der  Schlußvermerk  des  Druckers 
oder  Schreibers  ist  ganz  osmanisch  bis  auf  ein  ^^Jw!  für  ^y^\.  — 
Die  dibäce  fehlt;  vgl.  31. 

30.  TcultTjäti  fudütr.  Taskent,  Kanienski;  jMuhaninied  Sultan  Ihn 
Muhammed  Saijidi;  Schreiber:  IMuhammed  Sähmuräd;  1893;  1316;  96  + 
163  Seiten  gr.  8°.  —  Die  Reihenfolge  ist  wie  in  der  Gesamtausgabe  Fuzülis 
Stambul  1286  (s.  Anm.  1).  Natürlich  hat  in  dem  oben  erwähnten  Fall  dieser 
Druck  ebenso  das  Richtige  {^\  und  r- y)  wie  29. 

31.  clThäcei  maulanä  fudüll  md a  dmänlarJ  [so].  Taskent,  Lachtin; 
MoUä  Rahim  Choga  Isän  Ihn  Ali  Choga  Isän;  1884;  1306;  216  Seiten  kl.  8°. 
—  Die  Vorrede  S.  2  — 13  deckt  sich  mit  der  Vorrede  in  30.  (in  29.  fehlt 
sie);  die  Anordnung  der  Gedichte  ist  aber  wie  in  29.,  während  30.  eine 
andere  Anordnung  hat. 

32.  dJwäni  maulanä  fudüli  ma'^a  lailä  meyniin.  Taskent,  Portsew; 
Jaqüb  Choga  Ihn  Pädisäh  Choga;  1899;  1317;  160  Seiten  gr.  8°.  —  Scheint 
mit  29.  zusammenzugehen.  Auch  der  Schlußvermerk  mit  dem  auffälligen 
^_jy^J^\  wie  in  29.^ 

33.  hikmeti  hadreti  sidtän  ul  '^äri/Tn  cK^äga  ahmed  ihn  ibrahtm  mahmüd 
ihn  iftichär  ja^sawT.  Taskent,  Stab,  Siräketi  Chairije;  1900;  206  Seiten 
gr.  8°.  —  Über  Ahmed  Jasawi  und  Drucke  seines  Diwans  s.  Hüwedä 
S.  133  Anm.  3.  —  In  diesem  Druck  findet  sich  S.  2 — 17  eine  Einleitung 
mit  allerlei  guten  Lehren,  beginnend  mit  einer  Warnung  vor  den  falschen 
Schechs. 

34.  hikmeti  hadreti  sultän  id  "^ärifin  cK^äga  ahmed  ihn  ihrährm  ihn  mahmüd 
ihn  iftichär  jasaicT.  Taskent,  Iljin;  1900;  176  Seiten  gr.  8".  —  S.  2— 16  die 
Einleitung  wie  in  33.,  doch  finden  sich  einige  Abweichungen.  Im  Diwan 
selbst  scheinen,  nach  einigen  Stichproben,  die  beiden  Drucke  gleich  zu 
sein.  —  Über  die  Bedenken  gegen  die  Ursprünglichkeit  der  heut  ausschließ- 
lich tradierten  Form  des  dnoäni  hiJcmet  s.  oben  S.  78. 

35.  ta\cTd  imniswän.  Taskent,  Kamenski;  1893;  1311;  23  Seiten 
kl.  8".  —  Nach  einem  Vermerk  auf  dem  Titelblatt  ist  anzunehmen ,  daß  dieses 

1  Die  Gesamtausgabe  {küllJjät  Stanibul,  Druckerei  TaswTri  Efkär  1286)  S.  184 
schreibt  ^_j\  und  J-^y.  Da  sieht  man  den  Segen  der  Stambuler  Gelehrsamkeit 
und  Feinheit  für  die  türkischen  Studien  (vgl.  das  unter  1.  über  Änderung  alter  Texte 
Gesagte). 

2  Über  die  Schreibung  des  azerbaiganischen  ch  in  den  Texten  s.  Foy,  Azcr- 
bajgan.  Studien  (hier  VI ,  Abt.  II)  S.  143. 

3  Mein  verehrter  Kollege  Professor  Foy  sagt  mir,  daß  ihm  idmpjüp  in  azer- 
baiganischen Texten  vorgekommen  sei.  Sollte  die  Vorlage  des  Taskender  Druckers 
für  den  Schlußvermerk  unter  azerbaiganischem  Einfluß  geschrieben  sein? 


04  Hartmann:    P.ucluvosen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmanii. 

Trauergedicht  sich  auf  die  zweite  Qadin  des  Sultans  bezieht  und  von  der 
Frau  des  Serif  Machdüm  Almusta'sim  Albucliäri  ^  verfaßt  ist.  Das  ganze 
Gedicht  ist,  ebenso  wie  der  Titel,  rein  osmanisch,  und  es  ist  ihm  nur  durch 
die  Schreibung  des  Genitivaffixes  und  des  Pronominalaffixes  der  2.  Person 
mit  dX  der  Anstrich  des   »Caghataischen»   gegeben. 

36.  mahdai  nur.  Taskent,  Iljin;  Molla  Abdulläli  Hägii  Ibn  Asadnlläli 
Häggi  Taskendi;  1898;  448  Seiten  gr.  8".  • —  Ein  wunderbarer  JNIischmasch 
von  erzälilenden  Mesnewis  und  spintisierenden  Ghazels,  wobei  die  Mesnewis 
weit  überwiegen.  Im  Schlußverse  jedes  Ghazels  kommt  als  Machlas 
«Masrab«  vor,  daneben  stets  in  irgendeiner  \'erbindung  ^mahdai  nTir<'. 
Welche  Beziehungen  dieser  Dichter  Masrab  zu  dem  wunderlichen  Heiligen 
Masrab  hat,  dessen  Tezkire  in  Kasgarien  eine  Lieblingslektüre  ist^  wage 
ich  nicht  zu  sagen.  Einen  Anhalt  bietet  der  Vers  S.  "285  1.  Z. :  »Masrab 
gelangte  zu  jener  Mine  Mabda'i  nur,  das  ist  durch  den  Schutz  des  Wali 
Choga'i  Äfä(j  Sah.«  —  S.  135  ist  ein  Abschnitt;  die  Unterschrift  lautet: 
>>p]nde  des  ersten  Defters  des  Metnewi'i  ma'newi.a  —  S.  340  Z.  5  beginnt 
ein  Abschnitt,  der  überschrieben  ist:  kTmijä'i  aimnV.  sich  übrigens  im  In- 
halt nicht  von  dem  Vorhergehenden  unterscheidet. 

7.   Dogmatik,  Paränese,  Ethik. 

37.  miftah  täglnän  wanmhäh  uVTtnän.  Taskent,  Kamenski;  Sefer 
Choga  Sendet  Choga  Oghii;  Schreiber:  Abdullah  Namangäni;  1894;  1313; 
336  Seiten  gr.  8".  —  Über  das  persische  Oi-iginal,  welches  Hagi  Chalfa  unter 
Nr.  125.58  (B,  11)  verzeichnet,  s.  Rieu,  Cat.  Pers.  Ms.s.  I,  40^.  Der  Über- 
setzer nennt  seinen  Namen  nicht;  er  sagt  nur.  er  habe  sich,  da  er  eine 
gewisse  Stärke  im  Türkischen  besitze,  sofort  zu  der  Arbeit  gemeldet, 
als  Öugä'uddin  Gumlatulmulk  Emir  Muhammed  Küregän^  Ibn 
Mirzä  'All  Mirek  Bärläs  Ibn  Mirzä  Mahmud  Ibn  Muhammed 
Jünus  Bärläs  den  Wunsch  aussprach,  daß  das  persische  Werk  den 
dieser  Sprache  unkimdigen  Türken  vermittelt  werde.  Über  Zeit  und  Ort 
ist  nichts  gesagt,  doch  läßt  sich  glücklicherweise  der  Auftraggeber  fest- 
stellen: es  ist  der  Muhammadi  Bärläs,  von  welchem  Mirza  Haidar  ausführ- 
licli  erzählt  Tar.  Rasidi  382  ff.  und  452  f.,  der  böse  Geist  Abdurresid  Chans  des 
Caghatajiden  (940—983).     Er   wird   auch  T.  R.  307  und  452    Sohn   des  Ali 

'  Der  Mann  suclite  mich  um  1880  in  Beirut  auf  und  stellte  sieh  als  in  Stam- 
bul  lebenden  Buchdrucker  und  Buchliändler  vor.  Ich  kaufte  ihm  damals  die  ersten 
Lieferungen  von  Sechzädes  Häsije  zum  BaidäwT  ab.  Der  erste  Band  hat  den  Schluß- 
vennerk  (S.  488):  iSJ^\  fj-*^  <-^.j^  o:>\j^\&  <ä^  -v5  . 

2  Behandelt  in  meinem  »Mesreb  derweiseNarr  undfrommeKetzer» 
Islam.  Orient  \.  J^inen  Beitrag  zu  dem  Masrabmotiv  gibt  mein  » Chademgai« 
Orient.  Litt.-Zdtung  VI  (1903)  Sp.  36111 

^    jo    ojy  ;    es    liegt   nahe,   an   den    bekannten  Titel  Gürkan    zu    denken, 

und  die  Schreibung  spricht  nicht  durchaus  dagegen;  daß  ein  kleiner  Fürst  sich  einen 

so  hochtrabenden  Titel  beilegt,  wäre  bei  der  Eitelkeit  der  Orientalen  nicht  ver- 
wunderlich. 


IIartmann:    Buchwesen  in  Tuikestan  und  Drucke  Hart  mann.  95 

Mirek  genannt,  und  an  der  Identität  wird  nicht  deshalb  gezweifelt  werden 
dürfen,  weil  a.  a.  0.  452  der  Name  des  Großvaters  anders  lautet.  Danach 
S.  453  anzunehmen  ist,  daß  der  Emir  vor  dem  Chan  starb,  so  muß  die 
Übersetzung  vor  983  aufgegeben  sein.  Bärläs  hier  so.  Im  Tar.  Rasidi 
schreibt  der  Übersetzer  Barläs,  und  Abulgliäzi  kennt  auch  nur  y^ j  ■  — 
Die  Schreibung  l)ietet  Wunderlichkeiten,  die  freilich  auf  Rechnung  des 
Steinschreibers  kommen  können;  so  S.4,  6  ij\j>jy   (doch  auch  ^\Aji  S.4,9). 

—  nin  überwiegend.  —  oj---  —  cJy  O  ^  •  —  ^J  *>l'Ll--«  S.  3,  4  (dagegen 
im  OTM-saj/aiwöwe,  hier  6.  S.2,  11  <£-j  •>l'U — »).  —  Sachliches:  S.  3,  1 :  Gott 
hat  den  Schlüssel  des  Paradieses  (mit  Anspielung  auf  den  Titel  des  Werkes: 
•»mT/täh  ulffinän«)  einigen  besonderen  seiner  Knechte  in  die  Hand  gegeben; 
unter  diesen  Begnadeten  befindet  sich  auch  der  Emir  Sugä'uddin.  — 
Handschrift  des  Werkes  in  meiner  Sammlung  S.Übersicht  Nr.  65. 

38.  miftäh  ulginän  wamisbah  uVTmän.  Taskent,  Stab;  Öirketi  chairije'i 
gedide;  Mollä  Jüsuf  Säsi;  1900;  1319;  272  Seiten  gr.  8".  —  Im  wesent- 
lichen sich  mit  37.  deckend,  doch  zahlreiche  Abweichungen  in  der  Schrei- 
bung, z.B.  J-lo-Ci  272,  5  für  (^«--^  37.  S.  336,  18. 

39.  so/T  alläh  jär.     Taskent,  lljin;  1896;   139  Seiten  kl.  8°. 

40.  sä/T  alläh  jär.  Taskent,  lljin;  Rahlm  Choga  Isän  Ibn  'Ali  Choga 
Tsän;  1896;  138  Seiten  kl.  8°. 

41.  tehät  uVägizm.  Kasgar;  Drucker  und  Unternehmer:  Häggi  Mu- 
hammed  Nüruddin;  1312;  120  Seiten  kl.  8°.  Jeder  der  15  Bogen  zu  8  Seiten 
ist  auf  der  inneren  Seite  mit  seiner  Nummer  so  versehen,  daß  die  Nummer 
(in  Buchstaben!)  sich  auf  den  inneren  Rand  von  Seite  8  und  Seite  1  ver- 
teilt. Man  sieht  das  Bestreben,  mit  etwas  zurechtzukommen,  woran  man 
vom  chinesischen  Buchwesen  her  bekannt  ist. 

Das  tehät  uVägizTn,  das  hier  in  drei  Drucken  und  in  meiner  Hand- 
schriftensammlung in  einem  Manuskript  vorliegt,  ist  die  beliebteste  Ein- 
führung der  Jugend  in  den  Islam.  Als  ich  in  Gulca  den  etwa  zehnjährigen 
Sohn  meines  Wirtes  Mät  Gapür  {muhammed  ghafür]  fragte,  was  er  lerne, 
erwiderte  er  stolz:  ^^tehät  uVägizm",  und  konnte  auch  die  ersten  Verse 
davon  hersagen.  Daher  der  ungeheure  Verbrauch.  Andere  Drucke  des 
Werkes  verzeichnete  ich  Orient.  Litt.-Zeitung  V  (1902),  Sp.  74,  H  ü  wedä  S.  145 
und  Islamischer  Orient  (V)  S.  185,  Anm.  2. 

42.  chännin  tasmf  qylghan  jachst  isgha  rawäg  hcrednrghan  durur  sözlerl. 
Kasgar,  Nur  Häggi;   1311;   120  Seiten  kl.  8". 

4.3.  wie  42.,  doch  etwas  andere  Anordnung. 

44.  wie  42.,  doch  63  Seiten. 

45.  wie  42.,  doch  60  Seiten. 

46.  wie  42.,  doch  63  Seiten    und  kein  Druckjahr  im  Schlußveinun-k. 
Diese   fünf  Drucke   sind   die    merkwürdigsten    Zeugen    eines  Kultur- 
anfanges  in  Barbarenland. ^     1893   übernimmt  der  Schneider  Nur  Häggi  (s. 


1    Daß  Chinesisch -Turkistan   ein   solches  bisher  war  und  erst  sehr  allmählich 
an    den  Gütern    der  gesitteten  und  denkenden  Welt  teilzunehmen  beginnt,   muß  bei 


96  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartniami. 

üben  S.  75)  den  Druck  eine,s  Büchleins,  durch  welches  die  Landesregierung 
glaubt,  alle  Tugenden  in  die  Herzen  der  Landeskinder  pflanzen  zu  können: 
eine  Sanunlung  von  allgemeinen  Betrachtungen  über  Leben  und  Welt  und 
von  moralischen  Gemeinplätzen,  die  vor  allem  die  Einpfropfung  guter  Ge- 
sinnung im  Auge  haben.  Das  Werkchen  ist  von  einem  chinesischen  Kaiser 
verfaßt  und  seine  Übersetzung  in  die  Sprache  der  türkischen  Untertanen 
soll  auch  diese  die  heilsamen  Regeln  genießen  lassen.  Ungeheure  IMengen 
wurden  hergestellt:  die  Ziffern,  die  der  Drucker  selbst  mir  angab,  3000  + 
2000  +  2500,  sind  mir  glaubwürdig.  Diese  7500  Exemplare  werden  sich 
auf  die  fünf  Ausgaben  verteilen,  die  hier  aufgeführt  sind;  vielleicht  exi- 
stieren noch  mehr  Ausgaben.!  —  Einiges  zur  Beschreibung  der  fünf  Drucke. 
Allen  gemeinsam  ist  der  dreisprachige  Titel ,  dessen  türkische  Version  oben 
gegeben  ist;  die  chinesische,  die  nur  in  42.  und  43.  mit  den  archaistischen 
Zeichen,  in  44.,  45.  und  46.  mit  den  gewöhnUchen  geschrieben  ist,  lautet: 
jü*  cih*  c'üan*  san*  jao*  jen^,  d.h.  »wichtige  kaiserliche  Worte,  die  dringend 
zum  Guten  ermahnen«;  die  mandschurische  lautet:  chani  aracha  sain  ho 
chmceMjehure  ojonggo  gisun,  d.  h.  ..vom  Kaiser  verfaßte  dringende  Worte, 
die   zum    Guten    aufmuntern.«      Der   Schlußvermerk    lautet   in  42.  und  43.: 

i^j^\i  J)_;  44.  schließt  ^J^\  J^_^  e5^  ^  ^  ^  ^  t>-^  f.-'^"'  ^^'  ebenso, 
nur   mit    e4Vi_    und   hat   ^\p~   -W^    jy    und    »X^    Aj'U-;    46.  hat  nur:    ^\ 

^^L^-l)  oA^  <Cli^U  t/"\^  ^,x^  0"  l/^\^  Jy  ej^b  ^LT.  Natürlich 
sind  nicht  alle  Ausgaben  im  Jahre  1311  hergestellt,  das  Jahr  ist  aber  bei- 
behalten, weil  auf  dieses  große  Jahr,  das  erste,  wo  in  Kasgar  Türkisches 
gedruckt  wurde,  ein  tarTch  für  1311  gemacht  war.  den  man  auch  in  die 
neuen  Drucke  übernahm.  —  Auf  der  letzten  Seite  aller  fünf  Drucke  be- 
findet sich  vor  dem  Schlußvermerk  eine  mandschurische  Notiz,  welche  in 
42.,  43.  und  44.  völlig  identisch  und  auch  gleich  angeordnet  ist,  in  45. 
kleine  Differenzen   zeigt,    und   in  46.  erheblich   gekürzt   ist.^  —  Druck  42. 


seiner  Beurteilung  immer  festgehalten  werden.  Nicht  daß  hier  den  geistig  be- 
schränkten und  moraliscli  verkommenen  Muslims  Turkistans  Grausamkeiten  vorge- 
worfen werden  sollen;  aber  diese  Bevölkerung  dännnert  hin  in  einem  Schnmtz  und 
in  einem  Dusel,  die  sich  nur  durch  jahrhundertlange  Verblödmig  begreifen  lassen. 
Die  geistig  regen  Elemente  sind  sämtlich  Fremde.  Von  den  Chinesen  ging  der  An- 
stoß zur  Drucktätigkeit  aus.  Sie  wird  nie  mehr  erlösclien  und  ihr  eifriger  Betrieb 
wird  der  wirksamste  Förderer  einer  neuen  Ära  für  das  Land  sein. 

1  Man  koimte  Winter  19023  mit  Leichtigkeit  Exemi)lare  in  Ka.sgar  und 
.Tarkend  finden.  Freilich  die  Sammlung  der  verschiedenen  Drucke,  wie  sie  hier 
vorliegt,  wird  kaum  wieder  zusannnenkonnnen.  Daß  bei  der  primitiven  Technik 
von  einem  Stein  mehr  als  1000  Exemplare  hergestellt  werden  konnten,  ist  mir  nicht 
wahrscheinlich.    Die  Neuschreibung  muß  also  wcnigsteus  achtmal  vorgenonnuen  sein. 

-  Nach  Hrn.  Dr.  Haenisch,  dem  ich  die  Lesung  des  Chinesischen  und  Mandsclm- 
rischen  verdanke,  besagt  die  Notiz,  daß  das  Buch  auf  Veranlassung  des  Dooli- 
Chafan,  Intendanten  von  Kasgar,  gedruckt  ist. 


Hartmann:   Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  97 

zeigt  den  ersten  tastenden  Versuch:  das  Papier  und  die  Art  der  Bedruckung 
(Doppelblätter,  die  außen  geschlossen  sind  und  nur  zwei  bedruckte  Seiten 
haben)  sind  chinesisch;  zum  Druck  sind  wahrscheinlich  geschnittene  Holz- 
tafeln nach  chinesischer  Art  verwandt.  Die  anderen  vier  Drucke  haben 
russisches  Papier,  das  nach  fränkischer  Art  geschnitten  und  gebunden  ist. 
Der  Drucker  war  anfangs  offenbar  nur  wenig  geschult,  auch  fehlten  ihm 
in  der  eigenen  Sprache  und  Schrift  elementare  Kenntnisse,  so  daß  sich  in 
42.  und  43.  der  Seitenziffern  von  110  an  so  dargestellt  finden:  N  ♦  N  ♦,  S  ♦  N  \ 
usw.,  eine  Schreibung,  für  die  sich  im  Islam  wohl  kaum  eine  Parallele  finden 
läßt  am  Anfang  des  14.  Jalirhunderts  nach  der  Flucht,  und  die  unter  chi- 
nesischem Einfluß  steht.  —  Ein  Exemplar  des  cJiännin  sozlerT  erhielt  Ka- 
tanow  von  einem  Freunde  in  Cugucaq.  Er  macht  aber  keine  Angaben 
über  Ort  und  Zeit  des  Druckes  (s.  Zapiski  Wost  Otd.  Arch.  Obsc.  XR', 
2/3,  S.32). 

8.   Recht. 

47.  tergemei  muchtasari  wiqäje  turh  tilTde  ma' almein  ßlhäsije.  Taskent, 
Iljin;  Unternehmer  ist  der  Übersetzer  Maqsüd^;  Schreiber  MoUä  Jüsuf 
Ächond  Ibn  Mollä  Däkir  Gän;  1901;  1320;  592  Seiten  Fol.  —  Dieses  Werk, 
das  der  Übersetzer  in  der  Vorrede  (S.  4  unten)  magma"  ulmaqsüd  betitelt, 
hält  mehr  als  es  verspricht.  Es  ist  keineswegs  eine  bloße  Übersetzung. 
Mollä  Maqsüd  Choga  Ibn  Mansür  Choga  sagt  in  der  Vorrede,  die 
des  Arabischen  und  Persischen  unkundigen  Türken  hätten  ihm  oft  geklagt, 
daß  sie  sich  nicht  über  die  Gebote  ihrer  Religion  unterrichten  könnten; 
er  gebe  nun  hier  für  die  unteren  Klassen  eine  Übersetzung  des  muchtasari 
iciqäje  mit  Hinzufügung  einiger  aus  anderen  Werken  geschöjjften  Fragen 
mit  Angabe  der  Quelle;  auf  den  am  Rand  gedruckten  arabischen  Text 
sei  durch  Nummern  verwiesen.  In  der  Tat  findet  sich  der  Benutzer  leicht 
und  sicher  zurecht,  und  die  Art  der  Behandlung  zeigt,  daß  der  Übersetzer 
die  Sache  richtig  angefangen  vuid  gewissenhaft  gearbeitet  hat.  Ein  Kapitel- 
index und  ein  Druckfehlerverzeichnis  fehlen  nicht.  —  Bemerkt  sei,  daß  das 
muchtasar  ulwiqäje,  das  unter  diesem  Namen  bekannter  ist  als  vmter  dem 
eigentlichen:  unniqäje,  in  West-  und  Ostturkistan  das  Hauptkompendium 
ist;  so  fanden  sich  auch  zahlreiche  Exemplare  davon  in  der  aus  Chöqand 
stammenden  Sammlung  Skobelew  im  Historischen  Museum  zu  Moskau 
(s.  meinen  Bericht  darüber  in  Orient.  Litt.-Zeitung  V  (1902)  S.73ff.).  Über 
zwei  Exemplare  des  Originals  in  Berlin  s.  Ah  1  war  dt,  Katalog  Nr.  4562; 
über  den  Verfasser  Sadrussari'a  'Ubaidulläh  b.  Mas'üd,  Tochtersohn  des 
berühmten  \'erfassers  der  Wiqäje,    Mahmud  Mahb^lbi^    s.  Pertsch,  Arah. 


'  Auf  dem  Titel  der  Vermerk:  JJ-A^I-C\^_;_^  SJk^  ^\c^  O-^^j^i  O-^^" 
"Abdruck  ohne  Erlaubnis  des  Übersetzers  verboten»;  er  zeigt  daswunderliclu;  muiereyijlm, 
das  ich  auch  allenthalben  von  Taskent  bis  Jarkend  hörte,  und  bei  welchem  MaqsQd 
sich  nur  dem  Usus  anpaßte. 

hält  Mahmud  für  den  väterlichen  Großvater  'Ubaidullahs  S.  7. 


Mltt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1904.    II.  Al>t.  7 


98  Hartmann  :    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

Kat.  GoiJia  2,  268  (Nr.  1024).  —  In  der  Schreibung  ist  so  viel  Seltsames, 
daß  man  geneigt  ist,  hier  entweder  lokale  Sonderheiten  oder  individuelle 
Liebhabereien  zu  sehen.  Keinesfalls  können  dieser  Druck  und  der  von 
Kaiila  v^adimna  zugleich  die  Schreibweise  der  Taskender  darstellen  (s.  oben 
S.  84),  Denn  hier  liest  man  ^\aJ  passim;  lLuLs  auf  dem  Titel,  daneben 
iJULd  im  Text;i]lCj>  S.  282,  8.  ^'on  anderem  erwähne  ich  ji^lj  für  jU)^ 
8.283,  16  und  oft;  ^^y  282,  8  u.  o.  Das  Genitivaffix  ist  durch- 
gängig n¥. 

Das  arabische  Original  des  Werkes  liegt  in  einem  Druck  Taskent, 
lljin,   1900  (160  Seiten  in  gr.  8")  vor. 

48.  muhammed  saläh.  Taskent,  Portsew,  Mollä  Akmal  Chan  Ibn 
Mollä  Islam  Chan;  1900;  1319;  477  Seiten  gr.  8°.  —  Übersetzung  desselben 
muchtasar  ulwiqäje  wie  47.  Hier  ist  die  Übersetzung  in  den  durch  Über- 
streichen hervorgehobenen  arabischen  Text  eingeschoben.^  Über  den  Über- 
setzer findet  sich  in  dem  Werke  kein  einziger  Vermerk.  Auf  dem  Bücher- 
markte zu  Taskent  wurde  mir  am  18.  März  1903  folgendes  versichert: 
»Muhammed  Saläh  ist  der  Name  des  Bearbeiters  in  tatarischer  Sprache; 
aus  dieser  wurde  die  Übei'setzung  in  das  Taskendische  vor  etwa  100  Jahren 
gemacht;  der  Name  dieses  Mutereggim  ist  nicht  bekannt.«  Die  hier  vor- 
liegende Übersetzung  sollte  besonders  taskendischen  Charakter  tragen;  das 
scheint  nicht  der  Fall. 

49 a.^  fauz  unnagät.  Taskent,  Hjin;  Ja'qüb  Choga  Sahhäf  Ibn  Pädisäh 
Choga  Sahhäf;  1900;  1318;  120  Seiten  gr.  8°.  —  Der  Verfasser  ist  nicht 
genannt.  Allerlei  fromme  Erzählungen  und  Lehren  (S.  116  f.  über  das  Binden 
des  Turbans!).  Sprachliches:  S.  9,  8  jjJjl  (bis);  9,  10  und  14  jjJj>  . 
Das  olsun  ist  hier  bedingt  durch  das  Versmaß:  die  vorhergehende  Silbe 
muß  kurz  sein ,  und  da  sie  konsonantisch  schließt  (i  und  *c-) ,  war  bolsun 
unmöglich.  Tatsache  ist,  daß  in  Kasgarien  olmaq  und  holmaq  (tcolmaq)  pro- 
miscue  gebraucht  werden  in  der  Schriftsprache.  In  der  Sprechs})rachp  ist 
das  übliche  wolmaq.  Ich  behalte  mir  genaue  Darstellung  des  Sachverhaltes 
vor.  Einige  Notizen  nach  meinen  IVlitteilungen  s.  Foy,  Azerhajganische 
Studien  S.  147f.3 

49b.  nazm  idmuchtasar.  Taskent,  Breidenbach;  Rahim  Choga  Ali 
Choga  OghU;  1896;  1314;  S.  1—72  (unvollständig);  gr.  8'\  —  Der  Verfasser 
nennt  sich  nicht;  nach  S.  6,  12  ist  diese  Versifizierimg  des  muchtasar 
nhoiqäje  (s.  Nr.  47)  im  Jahre  1305  (1887/88)  verfaßt. 

50.  fauz  unnagät.  Taskent,  lljin;  1901.  —  Scheint  sich  völlig  zu 
decken  mit  49  a. 


1  Sie  scheint  Maqsöd ,  dem  Übersetzer  in  47.,  nicht  bekannt  gewesen  zu  sein; 
hier  ist  Mahmud  richtig  als  mütterlicher  Großvater  bezeichnet  (S.  2  oben). 

2  49  a  und  491)  sind  in  einem  Bande  vereinigt. 

^  Zu  dem  bei  Foy  a.  a.  O.  S.  148  angezogenen  ungar.  »oZ/nw ,  daß  ich  in 
Jarkend  in  der  spontanen  Sprechspraclie  mit  Sicherheit  woldam  feststellte  (so  auch 
qildain). 


Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmaiiii.  99 

51a.  zubdat  nlmasä'il  waVaqäHd.  Stambul,  Öirketi  Iränije;  Häggi 
'Abbäs  Aqä;  1309;  S.  1—220.  —  Das  von  dem  lührigen  Muhammed  Sädiq 
Kasghari^  auf  Wunsch  des  Fürsten  von  KaSghar  Mirzä  'Osmän  Bek^ 
verfaßte  Werk  über  die  Hauptsachen  der  Lehre  und  der  Pflichten  ist  nach 
des  Verfassers  eigener  Angabe  S.  6  aus  einer  Anzahl  von  Grundwerken  zu- 
sammengestellt, wie  die  'aqä'id  des  Nesefi  und  des  Geläl,  die  hidäje,  der 
Kommentar  zur  wiqaje,  der  Kommentar  des  Abulmakürim ,  muchtasar  ulcM- 
zäna,  fatäwä  'älemyTn,  dastüri  qudät,  targhTb  ussalät,  dachirat  ulmuluk.  — 
Der  Verfasser  bemerkt  8.6,  9  f ,  er  habe  die  Sprache  gewählt,  die  im  Ge- 
brauche Kasgars  rezipiert  ist.^  Das  mag  der  Fall  sein,  in  dem  Druck  aber 
finden  sich  neben  den  kasgarischen  Formen  nicht  selten  fremdartige.  Auch 
hier  begegnen  wir  eben  wieder  jener  fast  systematischen  Inkonsequenz,  die 
so  oft  gerügt  wurde:  'JC^ ^  8.6,  19  neben  jUl^  8.8,  16  wäre  in  einem 
kasgarischen  Manuskript  unerhört  (auch  verl)esserte  es  ein  früherer  Besitzer 
am  Rande  in  jUJ_j)),  ebenso  'J^j^  8.6,  4.  Und  was  soll  man  zu  jjjl'j5_j) 
8.5,  8  luul  (^Aj'jJjI"*  8.6,  15  sagen!  Der  von  Shaw  erwähnte  Fall  des 
Gebrauches  von  bohmmaq  ■ —  ich  erinnere  mich  nicht,  es  gehört  zu  haben  — 
liegt  an  den  beiden  Stellen  nicht  vor. 

51b.  ädab  ussälihm.  8.221 — 288  von  51a.  —  Ein  Buch  vom  Anstand 
für  Fromme  in  7  Kapiteln."  —  Die  Sprache  zeigt  die  Ungleichmäßigkeit, 
die  in  diesen  Drucken  so  häufig  ist;  aus  ihr  erklären  sich  zur  Genüge 
Schreibungen  wie  j^b  Uli  238,  14  neben  (^UÜ  238,  16  und  (^Uij»  239, 
1 ;  doch  ist  zu  bemerken ,  daß  in  der  Negativform  das  (_^B  bei  den  Verben 
mit  dumpfen  Vokalen  vorwiegt,  gleichsam  als  würde  die  Wirkung  des 
dumpfen  Vokals   durch  das  ma  (me)  unterbrochen.     Von  wirklichem  Inter- 


1  Über  ihn  als  Verfasser  des  tezkirei  'azizän  s.  Übersicht  S.  18. 

2  Er  wird  S.  4  unten  als  Sohn  des  verstorbenen  Filrsten  von  Jarkend  Zahid 
Bek  bezeichnet.  Zähld  und  'Osmän  fallen  in  die  Zeit  von  1765  bis  1826  (von  dem 
Aufruhr  in  Ü6  Turfan  bis  zum  Aufstand  Gihänglrs  in  Kasgar),  währenddessen  Ost- 
tuikistan  volle  Ruhe  genoß  (vgl.  Grigorjew  2,  401). 

*  Bemerke  auch  hier  das  Nebeneinandei'gehen  von  holmaq  und  ohnaq,  über 
welches  s.  unter  49  a. 

5  Die  Regeln,  wie  sich  der  gute  Muslim  in  allen  Lebenslagen  zu  verhalten 
habe,  sind  nicht  unbekannt.  Natürlich  hat  in  den  verschiedenen  islamischen  Ländern 
einiges  besondere  Ausbildung  erfahren.  Der  Inhalt  ist  hier  kurz  :  I.Gruß;  2.  Schlafen, 
Wandern,  Reiten;  3.  Sech  und  Murld ;  4.  Mann  und  Frau;  5.  Krankenbesuch  und 
Beileid;  6.  Gastlichkeit,  Essen,  Trinken;  7.  Reisen.  —  Die  jedem,  der  im  »gebil- 
deten« islamischen  Orient  gereist  ist,  bekannte  Sitte,  den  mit  assalämu  'alai/cum 
grüßenden  Andersgläubigen  durch  den  Gegengruß  »Gruß  dem,  der  der  rechten 
Leitung  folgt«  zu  beleidigen,  ist  auch  hier  vorgeschrieben  S.  226,  wo  auch  die 
anderen  Feinheiten  zur  Demütigung  des  Ungläubigen  sich  finden.  Übersetzung  des 
ganzen ,  für  den  Volksbrauch  nicht  unwichtigen  Büchleins  wäre  erwünscht.  [Nach 
Druck  des  Vorstehenden  fand  ich  im  Katalog  Spirgatis  96  Nr.  1330  eine  russische 
Übersetzung  des  Werkes  von  Lykoschin  (Taskent  1895)  angezeigt.] 

7* 


100  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

esse  ist  das  echt  kasgarische  jVjJ^  j^  »wohin  gehen  Sie?«  S.  236,  11.^ 
Zu  beachten  ist,  daß  sich  hier  mehrere  Beispiele  von  dem  schon  S.  84 
besprochenen  nin  als  Zeichen  des  Akkusativs  finden:  S.222,  LZ.  und  223,  1 : 

^_  ^'(3^1  ybtj  <^o^^  ybt;  S.243,  12  dS^'jV  j_^  ^U'l  > 
^  jjjS  .  Diese  Fälle  lassen  sich  nicht  durch  Annahme  einer  Auslassung 
aus  der  Welt  schaffen. 

52.  saräjit  [so]  uVtmän.  Taskent,  Iljin;  1901.  ■ —  Bietet  auf  13  Seiten 
(S.  2  und  3  geben  das  Alphabet)  alles,  was  ein  Muslim,  besonders  ein  unter 
Ungläubigen  lebender,  zu  wissen  not  hat.  —  Ein  Kuriosum  ist  der  halb 
osmanische,  halb  russische  Druckvermerk:  «W^l  tiAiLCjfÜjl  ,y^  y  ^.j^  ^ 
jj-\JL^*öl)  o-L^-'JU-.  köpes  »Großkaufniann«  wird  russ.  Kynei^t  sein;  das  Wort 
muß  in  die  Wörterbücher  Aufnahme  finden;  es  hat  Bürgerrecht  erlangt  und 
scheint  auch  in  Kasgarien  allgemein  bekannt,  wenigstens  in  Händlerkreisen. 

53.  fiqM  kaidänT  mda  tiirkT.  Taskent,  Iljin;  1901;  1318;  71  Seiten 
kl.  8".  —  Das  bekannte  Werkchen  (Wien:  Flügel  Nr.  1995,  18;  Gotha: 
Pertsch,  Ar.  93G)  liegt  hier  in  arabischem  Text  mit  türkischer  Über- 
setzung vor. 

54.  fardi  "ain  fär'm  waturkt.  Taskent,  Iljin;  Uäggi  Abdurra'üf;  1900; 
1318;  24  Seiten  kl.  8°.  —  Kurze  Pflichtenlehre. 

55.  nluyh  clmnnm  degent;  1 13  Doppelblatt  mit  226  Seiten;  doch  fehlt 
Doppelblatt  1.  Als  ich  Fragmente  des  Werkes  bei  dem  schwedischen 
Missionar  Bäcklund^  in  Kasgar  sah,  vermutete  ich  sofort,  es  handele  sich 
um  das  außerordentlich  wichtige  Li,  über  welches  ich  im  Juni  1902,  etwa 
2  Monate  vor  der  Abreise  nach  Kasgar,  den  guten  Artikel  Katanows^ 
gelesen    liatte.     Ich  bat    dringend ,    nach    einem   vollständigen    Exemplar   zu 


'  Die  r-Frnge  läßt  sich  nicht  hier  so  im  Vorbeigehen  erledigen ,  ich  möchte 
aber  sclion  hier  festlegen,  daß  die  Unterscheidung  zwischen  der  Form  mit  /•  als 
das  Futurum  bezeichnend  und  der  ohne  r  als  das  reine  Präsens  darstellend, 
die  sich  bei  Sliaw,  Grammar  35  und  in  den  Handbüchern  für  das  Sartische  findet 
(s.  z.  K.  Naliwkins  Grammatik),  weder  für  die  Sprechsprache  noch  für  die  Schrift- 
sprache Bedeutung  hat;  denn  diese  erkennt  nur  die  r-Form  als  korrekt  an  und  weiß 
nichts  von  einem  Unterschied,  wo  ihr  etwa  gelegentlich  die  r-lose  Form  unterläuft, 
jene  bedient  sich  in  ganz  Kasgarien  und  in  Taskent  (dort  beobachtete  ich  es;  nach 
guten  Nachrichten  gilt  es  auch  für  Fergana)  nur  der  Form  ohne  r,  wohlbemerkt  wo 
natürlich  gespi'ochen  wird,  was  bei  der  größeren  «Bildung«  im  russischen  Westen 
oft  nicht  der  Fall  ist.  Die  von  mir  völlig  selbständig  gemachte  Beobachtung  wurde 
mir  von  Herrn  Ostroumow  in  Taskent  bestätigt. 

2  Gestorben  in  Kasgar  den  26.  Juni  1903;  s.  meinen  kurzen  Naclu-uf  in  Orient. 
Litt.-Zeitutig  VI  (1903)  Sp.  348  f 

^  ]\IaHi.i>Kjj)CKO-KiiTaiicKiii  »,ln«  na  iiap-r>nin  tioj)kobi»  KuTaficKaro 
Typiieciaiia  in :  3anncKii  Boct.  üt/i,.  Hmh.  P.  Apseci.  OomecTBa  XIV  (Peters- 
burg 1902),  2  3  S.  31—7.^. 


Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  101 

suchen,  und  es  gelang,  nicht  ohne  Opfei',  das  vorHegende  zu  erwerben.^ 
Ich  stellte  fest,  daß  auch  Katanow  nichts  von  dem  Druckort  und  dem 
Druckjahr  sagt;  er  bemerkt  nur,  der  Eigentümer  habe  behauptet,  es  in 
Urumtsi  erworben  zu  haben  auf  einer  Reise  zu  heiligen  Stätten. ^  Katanow 
erwarb  auch  meine  beiden  gemischtsprachigen  Chamidrucke  über  Seiden- 
zucht Nr.  57  und  über  Pockenimpfung  Nr.  59  (a.  a.  O.  32).  —  Der  türkische 
Text  beginnt  Blatt  7a. 

56.  ceng  sT  däcing  du  hin  sing  gang  gungti  icctung  ging  st  ging  tang 
irding  nin  papuling  'ä  hätur  ludin.  —  Ein  Vertrag  zwischen  Rußland  und 
China,  der  nach  dem  türkischen  Texte  fol.  la  im  fünften  Jahre  des  Kaisers 
Kuang-Hsü  abgeschlossen  ist.  —  Nach  dem  Titel  der  chinesischen  Version 
ist  das  Buch  in  Chami  gedruckt.  Die  chinesische  Version  hat  5  Blatt,  die 
maniurische  9  Blatt,  die  türkische  15  Blatt. 


9.  Handwerke  und  Gewerbe. 

57.  jyilla^  baqadnrghan*  hajäm.  Chami  [Qumul];  unter  Kuang-Hsü 
1881,  Frühjahrsmonat;  15  Doppelblatt  mit  30  Seiten,  wovon  4  chinesisch, 
11  türkisch;  außerdem  eine  Seite  mit  chinesischem  Titel  in  drei  archaisti- 
schen Zeichen  und  mit  Druckvei'merk.  Wie  hier  »die  Behandlung  des 
Seidenwurms«  in  Regierungs-  und  Landessprache  zugänglich  gemacht  ist, 
ließ  die  Regierung  von  Chung-miao-dze  [Urumtsi]  auch  andere  nützHche 
Hefte  in  Chami  drucken;  s.  55.  56.  59.  Katanow  erwarb  dieses  Heft  in 
Turfan  (s.  Za'pisJci  ^Yost.  Otd.  Arch.  Ohsc.  XU^  2/3,  32,  und  vgl.  das  zu  55. 
Bemerkte). 

11.  Medizin. 

58.  tergemei  sähl.  Taskent,  Kostelow  ;  1 898 ;  1 3 16 ;  207  Seiten  gr.  8°.  ~ 
Übersetzung  eines  tibhi  jüsufl  genannten  persischen  Werkes  durch  Muham- 
med  vSäh  Choga,  Sohn  des  Sah  Faizulläh  Choga  Isän,  der  die  Arbeit 
am  2.  Muharram  1315  beendete  und  am  gleichen  Tage  die  Abfassung  von 
erklärenden    Abhandlungen    zu   dem    Werke   begann;    über   den   persischen 


^  Ich  vermute,  daß  sich  sonst  kein  Exemplar  in  Europa  befindet.  Nach 
Katanow  S.  31  gab  er  das  Exemplar,  dessen  türkische  Teile  er  vom  7.  bis  15.  Ok- 
tober 1891  in  Luguöaq  abschrieb,  dem  Eigentümer  Qurbän  Ali  Ihn  Chälid  HäggT, 
Imäm-QärT  von  Cugucaq  zurück.  Er  suclite  dann  eifrig  nach  dem  Druck,  fand  ihn 
aber  nicht,  auch  nicht  in  Urumtsi  und  Chami.  Schließlicli  erhielt  er  ein  Exemplar 
nach  Qazan  durch  einen  Freund  in  Cugucaq. 

2  Diese  Reise  beschrieb  er  in  einem  Werke  «-V)A»-  ^•^  J>-  ^  J"  >  das  im 
Jahre  1889  in  Qazan  gedruckt  wurde.  Das  ist  mein  Manuskript  Nr.  23  der 
Übersicht. 

3  pilla   lunschrieb   ich   das   4^    des  Originals   nach  Shaw,   der  als  türkische 

Form  <!)-'   hat.     Steingaß  gibt;    »«^  pela«. 

*  Mein  Text  deutlich:  jlcJJjlSl»  gegen  das  volkstümliche  jIcJ.3^1j  bei 
Katanow  a.  a.  0. 


102  Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann. 

Verfasser  wird  nichts  gesagt,  nur  wird  S.  206  sein  Originalschhißvermerk 
mitgeteilt,  nach  welchem  er  das  Werk  am  18.  Ramazan  970  beendete.  Die 
Sj)rache  des  Übersetzers  ist  ungelenk,  doch  ist  seine  Arbeit  durch  die 
Namen  von  Krankheiten,  Tieren,  Pflanzen  in  persischer  und  türkischer 
Sprache  von  Bedeutung.  Auch  am  Rande  häufig  lexikalische  Notizen;  so 
wird  S.  194  j5  x^y^  richtig  durch  ijyiy  erklärt  (von  mir  oft  für  »Ta- 
mariske" gehört;  so  auch  Shaw,  Vocabulary  226).  —  Von  seltsamen  Schrei- 
bungen bemerke:  (jUi-  S.  20.5,  4;  i^^^Jjß  »sein  Sichzeigen«  S.  48,  9; 
die  adurghnn -Form  immer  mit  il,  z.B.  jojjjV^jl  S.  4,  1,  jojj^\j^ 
S.  6,  9;  ji^jjljyus  S.  11,  7;  (^UiJ  und  ^l^li  auf  derselben  Z.  11 
von  S.204. 

59.  sTöeJc^  terTdurghanP'  nin  hajäm,  d.  h.  Über  die  Pockenimpfung.  — 
Das  Heft  gehört  zu  der  Klasse  von  Regierungspublikationen,  von  der  oben 
zu  57.  die  Rede  war.  Auch  dieses  Heft  erwarb  Katanow;  er  fand  es  in 
Chami.  —  Der  chinesische  Titel  lautet:  nhi}  tou*  c^ien^  suo^  d.  h.  leichtfaßliche 
Erklärung  der  Rinderpocken;  am  rechten  Rande  ist  bemerkt:  »Geschnitten 
im  Jahre  1884  unter  Kuang-Hsü« ;  am  linken  Rande:  »Die  Platten  sind  ver- 
wahrt in  Chami.»  Das  Buch  hat  46  Doppelblätter  mit  92  Seiten,  außerdem 
das  Titelblatt. 

13.  Sprachliches. 

60.  ustädi  auwal  —  murattibT  taskendlik  saijid  rasUl  chicäga  muftÄ  saijid 
'azTz  chwäga  machdüm  muftJ  oghlT.  —  Taskent,  lljin;  1902;  85  Seiten  8°.  — 
Ein  vortreffliches,  auf  Beschluß  des  Chefs  des  Unterrichtswesens  gedrucktes 
Schullesebuch  für  Anfänger, 

Ein  Woi't  über  den  Wert  der  Sammlung.  Das  geistige  Leben,  dessen 
Exponent  diese  Drucke  sind,  ist  ein  einförmiges  und  niedriges,  sofern  es 
sich  nur  um  einige  von  alters  her  gegebene  Ideen  dreht  und  auch  nicht  ein- 
mal den  Versuch  macht,  sich  durch  Aufnahme  der  Ideen  anderer  Kreise 
zu  bereichern  und  die  beliebte  schematische  Anschauung  von  Leben  und 
Welt  an  den  tatsächlichen  Erscheinungen  der  Außenwelt  zu  prüfen  und  zu- 
nächst einmal  diese  selbst  gründlich  zu  studieren  und  der  wissenschaftlichen 
Beobachtung  zu  unterwerfen,  ja,  auch  nur  eiiunal  zu  dem  \'erständnis 
»wissenschaftlicher«  Beobachtung  vorzudringen,  hinaus  über  das  Betreiben 
eines  "ilm^  das  doch  nichts  ist  als  ein  leerer  Formelkram.  Ist  nun  der 
Gegenstand   der  Drucktätigkeit    ein   öder^,    so   waren  doch  die  hier  tätigen 

1  clAst*..  oder  dX>tX^^  offenbar  mit  vulgärer  Verstümmlung  des  auch  im  Os- 

luanischeu  gebräuchlichen  dX:>sJc>-  lur  "Pocken«.  Katanow  a.a.O.  hat  iJW»- . 
Es  scheint  ihm  also  ein  anderer  Druck  vorgelegen  zu  haben. 

2  Katanow:  o^J'^Ji  wohl  nach  andern)  Druck;  s.  Anni.  1. 

3  Die  in  der  "Übersicht«  und  hier  geleistete  Arbeit  wird  von  manchen  Seiten 
mit  Verachtung  angesehen.  Ihr  kostbare  Zeit  zu  widmen,  verlangte  nicht  geringe 
Selbstverleugnung. 


Hartmann:    Buchwesen  in  Turkestan  und  Drucke  Hartmann.  103 

Kräfte  und  deren  Wirkung  im  einzelnen  zu  verzeichnen,  denn  das  eben  ist 
das  Wesen  unserer  Wissenschaft,  daß  ihr  nichts  unbedeutend,  nichts  der 
Beobachtung  unwert  erscheint,  sondern  sie  in  allem  die  große  Bewegung 
sieht,  welche  alles  Lebende  miteinander  verknüpft.  Der  Schund,  der  von 
den  Pressen  des  Orients  überwiegend  hervorgebracht  wird,  ist  der  Dünger 
für  eine  fettere  Zeit.  Ganz  besondere  Beachtung  verdienen  die  Proben  der 
Pressen  Ostturkistans.  Dieses  Land  geht  einer  großen  Zukunft  entgegen. 
Jene  Proben  und  das  von  Nur  Häggi  Mitgeteilte  (S.  75  f.)  geben  den  Gesichts- 
winkel, unter  dem  die  Zukunft  des  Drückens  dort  zu  betrachten  ist:  Grenz- 
gebiet, befruchtet  von  zwei  Kulturen,  der  westlichen  fränkisch -islamischen, 
und  der  östlichen,  durch  China  bestimmten.  Die  Drucke  aus  diesem  Grenz- 
gebiet sind,  soweit  ich  nach  dem  kurzen  Aufenthalt  und  den  Nachrichten 
aus  anderen  Kreisen  (s.  die  Mitteilungen  nach  Katanow  S.  97  und  101) 
es  beurteilen  kann ,  hier  in  einer  Weise  vertreten ,  die  gegenwärtig  nirgends 
ihresgleichen  haben  dürfte. 


104 


Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

(ausgenommen  die  Geschichte  des  armenischen  Naxararowtiwns 
und  der  armenischen  Kirche). 

Von  Hagob  Thopdschian 

aus  Cilicien. 


Die  armenischen  Buchstaben  habe  ich  folgendermaßen  transkribiert: 

ui  =  a,  p  =:  6,  q.  =  g,  q.  =^  d,  h  =  e,  q_^^  :.  d  r=  e.  ft_=^  s, 
P^  =  f,  J-  ~  z,  [t  —  i,  i_—  l,  [u  =  X,  S-  =  c,  li  —  k,  4  =  ft,  ^  —  j, 
q^=  i,  2i"  =  c.  ir=  m,  j=y,  'h  =  n,  ^=  s ,  n  =  o.  ♦^=  r,  m  =  p, 
C  =  j  ,     ft.  =  r,     II  =  ,<f ,     tl_=z  V,     m  ^=  t,    ^1  =  r,     g  =z  C,     L.  =:  w,     ^  =  j&, 

^  =  AK 

A.  üuellenkritik. 

I.    Armenische   Quellen. 

1.  Sebeos  ist  die  erste  zeitgenössische  Quelle  für  den  Anfang  der 
Araberherrschaft  in  Armenien.  Von  seinem  Leben  wissen  wir  fast  gar  nichts. 
So  viel  ist  uns  nur  bekannt,  daß  er  Bischof  gewesen  ist  und  an  dem  Kon- 
zilium von  Dowin  unter  Ivat'olikos  Nerses  111.  teilgenommen  hat.  Sein 
Werk  trägt  den  Titel  «l^uimi/nL/^^ti  ]^Irpi.nuJi  kinliu/ininnult  ^  -^f^p^^ll'  =  be- 
schichte des  Heraklius  von  Bischof  Sebeos.  Der  Inhalt  seiner  Geschichte 
entspricht  nicht  diesem  Titel.  Sein  Werk,  wie  es  heute  uns  vorliegt,  hat 
drei  Bücher,  die  Dprowtiwns  genannt  werden  wie  bei  Pawstos.  Es 
sei  hier  bemerkt,  daß  die  ersten  zwei  Dprowt'iwns  mit  Sebeos  nichts  gemein 
haben,  sondern  vielmehr  die  ersten  Dprowtiwns  des  Pawstos  in  höchst 
entstellter  Form  darstellen.  Das  eigentliche  Werk  des  Sebeos  beginnt  mit 
dem  dritten  Buch,  mit  der  Geschichte  der  Zeit  des  Peroses  457(9)  bis  484 
und  mit  dem  Aufstand  und  Marzpanat  Wahans  und  seiner  Anhänger  und 
endet  mit  dem  Fürstentum  des  Hamazasp  Mamikonean  und  dem  Xalifat 
des  Muäwijä  im  Jahre  662.  Er  schöpft  seine  Geschichte,  soweit  er  selbst 
nicht  Augenzeuge  gewesen  ist,  aus  den  Berichten  der  Zeitgenossen  und 
Augenzeugen  (vgl.  c.  30,  S.  110).  Für  die  Geschichte  dieser  Periode  ist 
Sebeos  die  einzige  zeitgenössische  historische  Quelle  und  seine  Geschichte 
ist  ebenso  wichtig  für  die  Byzantiner  und  Perser  wie  für  die  Armenier  und 
Araber.    Besonders  die  Geschichte  der  Bagratownier  behandelt  er  sehr  aus- 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  T.  105 

führlich,  und  wir  verdanken  ihm  sehr  wertvolle  Angal)en  über  Snibat  Ba- 
gratowni  und  seinen  Sohn  Varaztiroc. 

Ausgaben:  l.In  Konstantinopel  im  Jahre  1851  (hi-sg. vonMihrdatean). 
2.  In  Petersburg  1872    (hrsg.  von  Patkanean),   wonach   hier  zitiert  wird. 

Übersetzungen:  1.  Ins  Russische  wurde  Sebeos  im  Jahre  1862  über- 
setzt und  von  K.  Patkanean  in  Petersburg  herausgegeben.  2.  c.  30 — 38 
des  Sebeos  übersetzte  Hübschmann  ins  Deutsche:  »Zur  Geschichte  Armeniens 
und  der  ersten  Kriege  der  Araber,  aus  dem  Armenischen  des  Sebeos«,  Leip- 
zig 1875.  3.  Auch  Dulaurier  hat  in  seinen  Rechei-ches  sur  la  Chronologie 
armenienne  einzelne  Stücke,  die  für  die  Chronologie  von  Bedeutung  sind, 
ins  Französische  übertragen. 

2.  Lewond  Erec.  Die  Geschichte  Lew^onds  trägt  im  Memoire  am 
Schlüsse  seines  Werkes  den  Titel  \|  lupq^uimlnnnLp^liLb  ^|  hLnbtj.^  =  die  Lehre 
tewonds.  Dagegen  fiihreii  die  Handschriften  die  Überschrift  ^\\uiinJnL.p-liLb 
nunuiau  hnhuhinili  ll"*iu^i/tinA  =  Gcschichte  A'om  Erscheinen  Muhammads, 
wovon  in  seinem  Werke  gar  keine  Rede  ist.  Sein  Werk  beginnt  vielmehr  mit 
den  drei  ersten  Nachfolgern  des  Propheten ,  also  mit  dem  Jahre  532.  Hieraus 
ist  wohl  zu  ersehen,  daß  ihm  den  zweiten  Titel  die  Abschreiber  gegeben 
haben.  Im  letzten  Kapitel  erwähnt  er  Harun  ar-Rasid  (786 — 809)  und 
den  Katolikos  Stepannos  aus  Dowin  (etwa  788 — 90).  Den  Tod  des  Haruns 
kennt  er  nicht;  hiernach  schließt  er  also  seine  Geschichte  ums  Jahr  790. 
tewond  hat  sein  Werk  auf  Befehl  oder  auf  Wunsch  des  vSapowh  Bagratowni 
geschrieben  (c.  42,  S.  170),  und  darum  hat  er  die  Geschichte  dieses  Stammes 
am  ausführlichsten  behandelt.  Die  Geschichte  tewonds  ist  für  die  Zeit  der 
Araberherrschaft  neben  Sebeos.  welcher  nur  über  den  Beginn  derselben 
berichtet,  die  wichtigste  Quelle.  Vom  Jahre  662 — 790  ist  er  sogar  die  einzige. 
Obwohl  er  von  seinen  Vorgängern  nichts  erwähnt,  und  als  Augenzeuge  be- 
richtet oder  seine  Angaben  auf  mündliche  INIitteilungen  und  Erzählungen 
seiner  Zeitgenossen  zurückführt  (vgl.  c.2,  S.8;  c.  10,  S.  32.  37;  c.  34,  S.150), 
so  macht  doch  ein  Vergleich  mit  Sebeos  unzweifelhaft,  daß  er  denselben 
stellenweise  sogar  wörtlich  abgeschrieben  hat  (vgl.  c.  1 — 5  mit  Sebeos).  Im 
einzelnen  weicht  er  allerdings  von  Sebeos  ab  (vgl.  Sebeos  c.  30,  S.  108  ff. 
mit  Lewond  c.3,  S.9,  Sebeos  c.32,  S.  116  ff.  mit  Lewond  c.3,  S.  llff.,  Sebeos 
c.  35,  S.  138  mit  Lewond  c.  4,  S.  14).  Einer  besonderen  Aufmerksamkeit  wert 
ist  ein  charakteristischer  Satz  der  Wehklage  {nq9)  des  Movses  Xorenari,  der 
bei  Lewond  vorkommt  (vgl.  c.  7,  S.  21).  Auch  die  Bibel,  besonders  die 
Psalmen  und  die  Propheten,  werden  von  ihm  sehr  oft  zitiert. 

Auflage.  Karapet  Vardapet  Sahnazarean,  im  Jahre  1859  in  Paris. 
Die  zweite  Auflage  mit  einem  74  Seiten  umfassenden  Vorwort ,  Annotationes 
und  mit  Vergleichung  zweier  anderer  Manuskripte  besorgte  Karapet  Ezean 
in  Petersburg  im  Jahre  1887. 

Übersetzung.  Die  französische  Übersetzung  besorgte  Sahnazarean 
im  Jahre  1856  in  Paris  (mit  Anmerkungen).  Die  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Petersburg  ließ  dieses  Werk  durch  Prof.  K.  Patkanean  im  Jahre 
1862  ins  Russische  übersetzen.  Nach  der  Ausgabe  Ezean  wird  Lewond 
hauptsächUch  in  diesem  Werk  zitiert. 


106  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

3.  Tovma  Arcrowni.  Tovma  ist  eine  meiner  armenischen  Haupt- 
(juellen.  Sein  Werk  ist  eine  Weltgeschichte  von  Adam  und  Noah  bis  zu 
seiner  Zeit.  Er  hat  sie  auf  Befehl  des  Grigor  Arcrowni,  des  Fürsten  von 
Vaspowrakan  =^  Derenik,  zu  schreiben  angefangen,  aber  wie  es  scheint  ist 
dieser  bald  darauf  gestorben,  und  Tovma  hat  sein  Werk  auf  Veranlassung 
des  Gagik  Arcrowni,  des  Feldherrn  von  Armenien  und  Fürsten  von  Vas- 
powrakan, beendet  (I,  6.  45.  11.  76).  Er  erzählt  auch  von  Gagik,  daß 
dieser  als  Fürst  von  Vaspowrakan  viele  Kirchen  und  Festungen  gebaut 
hat,  und  von  seinem  Bruder  Gowrgen,  daß  er  gegen  die  östhchen  moham- 
medanischen Nachbarn  der  Arcrownier  viele  Kriege  führte,  weiß  aber  nicht, 
daß  Gagik  König  von  Armenien  wurde  oder  Jüsuf  ihn  zum  König  ernannte. 
Darum  nuiß  man  mit  großer  Sicherheit  annehmen,  daß  er  seine  Geschichte 
tuns  Jahr  907  beendete  (vgl.  tovma  111,29,261).  Der  Schluß  seines 
Werkes  ist  uns  leider  verloren  gegangen.  Was  auf  S.  262  (111,  29)  noch 
folgt,  ist  Zusatz.  Der  (oder  die)  Verfasser  dieses  Zusatzes,  welcher  (welche) 
auch  das  vierte  Buch  geschrieben  hat  (haben),  wiederholt  die  Angaben 
tovmas  von  Asot  Arcrowni  und  Gagik  und  widerspricht  hier  an  manchen 
Stellen  dem  eigentlichen  Tovma.  In  diesem  Zusatz  wird  auch  die  Ge- 
schichte der  Arcrownier  außer  der  Zeit  Gagiks  sehr  knapp  und  dürftig 
bis  zum  Jahre  752  ==  1303  (vgl.  S.  319)  fortgesetzt.  Ich  nenne  in  meiner 
Geschichte  den  Zusatz  Pseudo- Tovma.  Unmöglich  ist  es  nicht,  daß 
Pseudo- Tovma  von  zwei  Personen  verfaßt  ist.  Der  erstere  Schriftsteller 
ist  wohl  Augenzeuge  der  Herrlichkeit  des  Gagik  Arcrowni  und  ein  fanati- 
scher Verteidiger  der  Interessen  desselben  oder  überhaupt  der  Arcrownier 
gewesen.  Er  ist  wahrscheinlich  ein  Geistlicher  des  Ivlosters  Altamar  und 
schildert  den  Bau  desselben  sehr  begeistert  und  ziemlich  ausführlich.  Er 
würde  dann  111,  29,  262  bis  IV,  11,  305  verfaßt  haben.  Der  Schluß  seines 
Werkes  fehlt  wiederum  (vgl.  S.  305),  aber  alles  deutet  darauf  hin,  dai3  er 
ein  Zeitgenosse  Gagiks  war,  und  er  hat  auch  sein  Äußeres  sehr  ausführlich 
beschrieben  (IV,  11 ,  303  f.).  Der  zweite  Fortsetzer  des  Werkes,  welcher 
sehr  knapp  die  spätere  Geschichte  der  Arcrownier  im  c.  12.  IV  resümiert, 
stammt  aus  dem  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  (s.  oben). 

Tovma  ist  der  erste  Historiker  der  Arcrownier  und  hat  sich  vor- 
genommen, die  ganze  Geschichte  seines  Stammes  uns  zu  überliefern.  Nach 
seinen  Quellen  kann  man  sein  Werk  in  zwei  Teile  teilen:  1.  1,  1,  6  bis  II,  4, 106 
schöpft  er  seine  Angaben  aus  alten  schrifthchen  Quellen,  oder  aus  den 
Traditionen,  die  in  seinem  Stamme  vorhanden  waren.  Natürlich  erdichtet 
er  stellenweise  Handhmgen  für  die  Vorväter  seines  Stammes ,  die  von  keinem 
Historiker  erwähnt  worden  sind,  wie  wir  in  der  Geschichte  selbst  sehen 
werden.  In  diesem  ersten  Teil  seiner  Geschichte  hat  er  folgende  Quellen 
benutzt:  Eusebius  I,  1.  6.  18.  19.  Aprikanus  (Afrikanos)  1,1,6.  Movses 
Xorenaci  wird  das  erstemal  ganz  ausdrücklich  von  ihm  als  Quelle  er- 
wähnt, bei  Movses  Kalankatowaci  ist  die  Erwähnung  zweifelhaft.  I,  1.  6.  7,  9, 
hier  schreibt  er  dem  M.  Xorenaci  ein  4.  Buch  zu,  das  nach  unseren  bis- 
herigen Kenntnissen  M.  Xoi^enaci  nicht  geschrieben  hat.  c.  2,  24;  c.  10,  58; 
c.  11,  75 — 76,  hier  bezeugt  er,  daß  M.  Xorenaci  die  Geschichte  von  Adam 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  107 

bis  zur  Zeit  des  Kaisers  Zenon,  d.  h.  bis  zum  Jahre  474,  geschrieben  hat, 
was  wiederum  mit  dem  heutigen  Text  des  Xorenaci  im  Widerspruch  steht, 
weil  dieser  mit  dem  Tode  Sahaks  und  Mesrops  abgeschlossen  wird  (vgl. 
M.  Xor.  III ,  67,  269).  Aus  diesen  beiden  Stellen  geht  mit  Deutlichkeit  hervor, 
daß  der  eigentliche  Text  des  M.  Xorenaci  uns  keineswegs  unvei-äudert  er- 
halten ist  und  infolgedessen  die  Frage  nach  der  Zeit  desselben  Historikers 
noch  nicht  ganz  gelöst  ist.  Yowlianos  Alikarnaci  (Julianos  aus  Halikarnak 
I,  1.  7.  9).  Pilon  Aleksandraci  (Philo  aus  Alexandrien  I,  1.  12.  13. 
18.  19).  Epipan  (Epiphanius)  I,  19.  Anonymos  =  Pawstos  bei  Sebeos 
(ohne  seinen  Namen  zu  erwähnen,  entnimmt  er  von  ihm  die  Worte:  -»nii 
Itu   q.nL.  ifi- j/rpuitlui^^   Z}^3   (^'»^-  ^'^cb.  1,4,   mit  Tovma  1,2,23).    Elise 

I,  3,  27;  hier  berichtet  er  von  den  Feueranbetern,  die  sich  hamakden  = 
allwissend  nennen  und  saxri  =  ^  '"["pt-^  genannt  werden,  das.  was  er  von 
ihnen  gehört  hat.^  Ptlomeos  (Ptolomäus)  vgl.  I,  3,  28,  111,18,214. 
Pseudo-Kalisthenes  (ohne  seinen  Namen  zu  nennen)  I,  3,  29ff.  Arisdon 
Kaldeaci  (Ariston  der  Chaldäer,  Abydenos?)  I,  1,7.  Mambre  Vercanol, 
seinen  Bruder  Movses  und  Teodoros  Keriol  (diese  sollen  die  Schüler 
des  Priesters  tewond  aus  dem  5.  Jahrhundert  sein ,  und  die  Geschichte  der 
alten  Völker  geschrieben  haben  auf  Befehl  des  Vahan  Arcrow^ni,  den  die 
armenischen  Satrapen  in  den  Tagen  Vardans  zum  König  ernannt  haben 
sollen  (45 — 47)[?].  Diese  haben  angeblich  unter  anderen  auch  ein  Pergament- 
stück benutzt,  worauf  die  älteste  Geschichte  der  Arcrownier  stand.  Tovma 
hat  weder  diese  Pergamente  noch  die  ganzen  Werke  dieser  Historiker, 
sondern  nur  Fragmente  von  ihnen.  I,  6.  44,  vor  sich  gehabt).  Yovsepos 
(Josephus)  1,  6,  47.  Pawstos  I,  10,  60  ff",  benutzte  er,  ohne  ihn  zu  nennen, 
also  wie  es  Xorenaci  tat  (vgl.  besonders  mit  Pawst.  IV,  S.  87  f.  bei  Lauer; 
vgl.  Tovma  S.  64  mit  Pawst.  IV,  56,  139  bei  Lauer  usw.).  Areweleay  (eine 
Sammlung  der  Märtyrergeschichten  aus  dem  5.  Jahrhundert,  verfaßt  von 
Abraham  aus  dem  Dorfe  Aracoy,  welcher  ein  Schüler  der  heiligen  Lewon- 
deank  war  I,  10,  65 ;  II,  1 ,  18.    Von  Abrahams  Areweleay  soll  es  auch  einen 

Auszug   gegeben    haben    ^Uil/ui#l.O£nni_/?^^L77    Y^^piu^uiJnL.     'XyinumniluiUnq^   vgl. 

Elise;  vgl.  über  Xoren  und  Abraham  Confessores  Tovma  III,  25  ,  28.  Kori  wn 
1,11,76.     Sebeos  (von  diesem  entlehnt  Tovma  das  ganze  3.  Kapitel  des 

II.  Buches,  ohne  seinen  Namen  zu  erwähnen.  Im  4.  Kapitel  erzählt  er  das, 
was  er  von  Mohammed  weiß  und  nachher  gibt  er  die  chronologische  Reihen- 
folge der  Xalifös  bis  Mutawakkil  und  fügt  hinzu,  daß  die  Geschichte  der- 
selben schon  vorher  von  den  anderen  geschrieben  worden  sei,  und  er  es 
für  überflüssig  halte,  sie  zu  wiederholen,  II,  4,  105). 


^  Nach  Tovma  soll  der  Nestorianer  Barcowma  im  5.  Jahrhundert  nach 
Armenien  gekommen,  in  der  Gegend  von  Mokk  mit  Eiise  zusammengetroffen  sein 
und  dessen  Geschichte  in  die  Hand  bekommen  haben.  Um  diese  Zeit  erhielt  er 
auch  von  dem  Fürsten  der  Arcrownier,  Nersapowh,  den  Befehl,  das  Land  zu  verlassen. 
Hierüber  empört,  entnahm  er  dem  Werke  Elise's  aus  Raclie  die  Geschichte  des 
Vahan  Arcrowni  (tovma  II ,  2 ,  80  ff.). 


108  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Der  zweite  zeitgenössische  Teil  seiner  Geschichte  umfaßt  II,  5,  106 
bis  III ,  29,  261,  J.  847 — 907.  Dieser  Teil  seiner  Geschichte  ist  für  die  vor- 
liegende Arbeit  von  größter  Bedeutung.  Tovma  ist  für  unsere  Zeit  (9.  bis 
10.  Jahrhundert)  die  einzige  Quelle,  aus  der  man  außer  von  den  Kriegs- 
geschichten der  herrschenden  Fürsten  etwas  Näheres  von  ihren  Beziehungen 
zu  den  verschiedenen  Klassen  der  Bevölkerung ,  von  ihrem  Leben  und  Treiben, 
von  ihren  friedlichen  Unternehmungen  usw.  erfährt.  Natürlich  vervollständigt 
er  in  kriegsgeschichtlicher  Hinsicht  die  Angaben  seines  Kollegen  Yohannes 
Katolikos  sehr  wesentlich.  Die  Geschichte  dieser  60  Jahre  hat  er  entweder 
selbst  miterlebt  oder  von  seinen  zeitgenössischen  Augenzeugen  gehört.  So 
sagt  er  zum  Beispiel  von  dem  Mörder  des  Jüsuf  ben  Abi'i  Sa'id:  »Ich  habe 
(mit  meinen  Augen)  selbst  den  Mann  gesehen ,  welcher  ihn  (den  Jusuf)  er- 
schlug, und  erfuhr  von  ihm  die  Bestätigung  dessen,  was  von  Jüsuf  erzählt 
wurde«  (II,  7,  120),  oder  er  sagt  von  dem  Märtyrertode  des  Apow  Sahak 
während  der  Invasion  Buläs:  »Diese  Geschichte  hat  nur  der  Priester  Samowel 
aus  dem  Dorfe  Artamet  erzählt.  Dieser  hatte  sie  von  einem  Perser  aus  dem 
Tale  Satowan  gehört,  welcher  Augenzeuge  der  Hinrichtung  gewesen  war« 
(III,  2,  130).  Tovma  nennt  Asot  Arcrowni.  den  Sohn  Dereniks,  »mein  tapferer 
und  großer  Fürst,  ruhmreiches  und  edles  Oberhaupt«  (111,  29,248)  und  ist 
Zeuge  seiner  letzten  Stunden:  »Ich  selbst  war  dabei  .  .  .«.  sagt  er  (S.  250). 
Auch  der  erste  Fortsetzer  ist  Zeitgenosse  Gagiks  I.  Er  sagt  von  sich  selbst, 
daß  er  Augenzeuge  ist  (IV,  6,  291). 

Auflagen.  Tovmas  Werk  ist  das  erstemal  im  Jahre  1852  in  Kon- 
stantinopel herausgegeben  worden.  Das  zweitemal  hat  es  K.  Patkanean 
im  Jahre  1887  in  Petersburg  auf  Grund  derselben  Handschrift  erscheinen 
lassen,  die  im  Jahre  752  —  1303  in  AKamar  geschrieben  worden  ist  und 
sich  jetzt  in  Konstantinopel  befindet.  In  diesem  Werk  wird  er  nach  der 
letzten   Ausgabe  zitiert. 

Übersetzungen,  llistoire  des  Ardzroimi ,  par  le  \'artabed  Thoma 
Ardzrouni,  ti-aduit  par  M.  Brosset.  St.  Petersburg  1874.  (Vgl.  Coli.  d.  hist. 
arm.  I.  pai-  M.  Brosset.  Über  diese  Übersetzung  vgl.  Melanges  Asiat.  VI.  226 
bis  232  und  über  Tovma  vgl.  Notice  sur  Thistoire  armcnienne  de  Thoma 
Ardzrouni.     Mel.  As.  IV,  686—763.) 

4.  Yohannes  oder  Yovhannes  Katolikos.  Kafolikos  Yoh.  ist 
meine  zweite  armenische  Hauptqnelle;  für  die  Geschichte  der  Bagratownier 
am  Ende  des  9.  Jahrhimderts  und  im  Anfang  des  10.  Jahrhunderts  ist  er 
die  einzige. 

Kat.  Yoh.  beginnt  seine  Geschichte  mit  Noah  und  setzt  sie  bis  zur 
Invasion  des  Nesr  (Nasr;  von  diesem  wird  später  in  der  Geschichte  die 
Rede  sein)  fort.  Er  weiß,  daß  Jüsuf  aus  seiner  Kerkerhaft  in  Bagdad  befreit 
wurde  (c.  64.  S.  408ff.  im  Jahre  310  =  922/23),  daß  er  die  Reichtümer  des 
Esbouq  (Sabak,  s.  die  Geschichte)  erbte  usw.,  aber  er  weiß  nicht,  daß 
dieser  im  Jahre  314  vom  Xalifa  gegen  die  Qarmaten  geschickt  wurde.  In- 
folgedessen mußte  er  seine  Geschichte  vor  dem  Jahre  926  beendet  haben. 
Weil  er  auch  von  der  Plünderung  der  Pilgerkarawane  durch  Sulajman 
(am  Ende  des  Jahres  924)  Kenntnis  hat  und  hiernach  noch  die  Eroberung 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  109 

von  Biwrakan  usw.  bericlitet,  so  ist  es  siclier,  daß  er  seine  Geschichte 
im  Jahre  925  abschloß.  (Von  seinem  Leben  w^ird  in  diesem  Werk  die 
Rede   sein.) 

IS  ach  seinen  Quellen  können  wir  auch  die  Geschichte  des  Katolikos 
Yohannes  in  zwei  Teile  teilen.  Von  c.  1 — 29  bis  zum  Tode  Asots  entlehnt  er 
seine  Angaben  aus  fremden  Quellen.  Er  ist  der  erste  armenische  Historiker, 
welcher  sowohl  stilistisch  wie  auch  geschichtlich  durchaus  unter  dem  Ein- 
flüsse des  Movses  Xorenaci  schreibt  und  überhaupt  seine  Quellen  direkt  zu 
nennen  vermeidet.  In  seinem  Vorwort  (S.  VII)  meldet  er,  daß  er  die  Bücher 
der  Väter  benutzen  wolle  und  von  Smbat  I.  an  ausführlich  zu  berichten  be- 
absichtige (S.  IX).  Später  versichert  er,  daß  er  auch  die  heiligen  Bücher 
und  sonstigen  Chronologien  in  Betracht  ziehen  werde  (S.  XI).  So  benutzt 
er  auch  die  Bibel  (c.  1,  18),  wie  alle  anderen  armenischen  Historiker,  die 
eine  Weltgeschichte,  d.  h.  eine  Geschichte  der  Armenier  von  Adam  oder 
Noah  an,  geschrieben  haben.  Von  1,  19  an  hat  er  Maribas  zur  Quelle 
[auffallend  ist  die  richtige  Schreibung  des  Namens;  bei  Xorenaci  heißt 
derselbe  Marabas  oder  Marabay.  Es  ist  wohl  möglich ,  daß  er  auch  Pawstos 
=  Anonymes  benutzt  hat.  Vgl.  1,  18,  22,  23].  Er  eignet  sich  die  Quellen 
des  Movses  Xorenaci  auch  sonst  an  (1,  28  vgl.  mit  M.  Xor.  I,  21,  46). 
Wie  weit  er  in  seiner  Nachahmung  sklavisch  dem  Movses  folgt,  s.  S.  VII 
und  Xorenaci  I,  27.  Was  er  auf  S.  48f.  c.  8  von  Agatangelos  entlehnt 
haben  will,  konnte  er  ebensogut  von  M.  Xor.  entnommen  haben.  Von 
c.  1,  18  bis  c.  14,  76  hat  er  überhaupt  nur  Movses  Xor.  zur  Quelle.  Nur 
die  Märtyrergeschichten  von  Oskeanlc  und  Sowkiaseank  (7,  48)  und  seine 
Angaben  über  die  Begründung  der  7  Patriarchate  [1.  Antiochien,  2.  Alex- 
andrien,  3.  Rom,  4.  Ephesus,  5.  Konstantinopel,  6.  Jerusalem,  7.  Armenien, 
c.  12.  61 — 63,  vgl.  auch  c.  13,  S.  68]  sind  selbständig.  Xorenaci  erwähnt  er 
ein  einziges  Mal  (c.  13,  S.  69,  hier  weist  er  den  Leser  betreffs  der  Geschichte 
Xosrovs  und  Arsaks ,  der  Teilkönige ,  auf  M.  Xor.  hin).  TovmaArcrowni 
benutzt  er  in  c.  15,  S.  76 — 78,  ohne  seinen  Namen  zu  nennen  (vgl.  Tovma, 
II,  1,  77f.  Die  Geschichte  des  Savasp  Arcrowni  des  Renegaten).  Im  16.  Ka- 
pitel verwertet  er  die  Angaben  Lazars  (vgl.  K.  Yoh.  15,  78;  16,  79f.).  In 
der  Fortsetzung  benutzt  er  Movses  aus  Kalankatowk;  (vgl.  S.  85,  c.  92 
und  93  mit  M.  Kalank.  II,  47,  p.  216  f.  Hcxopiü  ArBani,  Mofic.  KaranKaTBani. 
llcTepo.  1861),  aber  auch  noch  andere  Quellen,  unter  denen  eine  kirchen- 
historische die  Hauptrolle  spielt  und  aus  der  er  fast  die  gesamte  Geschichte 
der  Katholikosse  entnimmt.  Sie  ist  vielleicht  die  sogenannte  ^tujfnuu^hmiug 
liunit^  —  Die  Reihe  der  Patriarchen,  die  in  Kürze  die  Geschichte  der  Ka- 
tholikosse behandelte.  Für  die  politische  Geschichte  gebraucht  er  von  c.  16, 
S.  83  bis  c.  19,  S.  114  Sebeos  (vgl.  z.  B.  Seb.  S.28,  c.  2  mit  K.  Yoh.  c.  16, 
S.  86  fast  wörtlich;  Seb.  S.  29  mit  K.  Yoh.  S.  87  usw.).  Selbständig  oder  aus 
einer  unbekannten  Quelle  entstammt  die  Teilung  von  Armenien  minor  durch 
Maufikios  (c.  16,  88/89,  vgl.  c.  2,  S.  24).  Von  c.  20—23  ist  sein  Werk  fast 
ausschließlich  kirchenhistorisch,  und  er  benutzt  teils  Lewond,  teils  die  Ge- 
schichte der  armenischen  Pati-iarchen  und  teils  Sapowh  Bagratowni, 
welcher  von  c.  24,  S.  138  bis  c.  29,  S.179  seine  Hauptquelle  ist.    Das  Werk 


HO  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

dieses  letzteren  Historikers  ist  uns  leider  verloren  gegangen.  Wir  kennen 
ihn  vor  allem  durch  Katolikos  Yohannes. 

Öapowh  Bagratowni.  Mit  Namen  erwähnt  K.  Yohannes  von  seinen 
Quellen  nur  Maribas,  Movses  Xorenaci,  Agatangelos  und  Öapowh 
Bagratowni.  Während  er  die  ersteren  je  einmal  zitiert,  wird  Sapowh 
von  ihm  öftei's  erwähnt.  Das  erstemal  beruft  er  sich  auf  ihn  in  seinem 
Vorwort  (S.  VII)  und  weiter  in  seinem  Werk  c.  24,  S.  142.  Er  nennt 
ihn  den  "Historiker  unserer  Zeit«,  welcher  in  \'olkssprache  {ftqtpi-^ 
piubjiL)  eine  Geschichte  geschrieben  und  die  Erzählungen  und  Traditionen 
seiner  Zeit  in  diese  Geschichte  eingewebt  habe.  Leider  gibt  er  uns  den 
vollen  Inhalt  seines  Werkes  nicht  an.  So  viel  steht  aber  fest,  daß,  wenn 
die  Geschichte  Sapowhs  keine  Weltgeschichte  im  obigen  Sinne  war,  sie 
sicher  die  Fortsetzung  von  tewond  gewesen  ist  (vgl.  K.  Yohannes  c.  24. 
S.  142).  Nach  einer  dunklen  Stelle  des  K.  Yohannes,  welcher  von  ihm 
sehr  geringschätzend  spricht,  weil  er  seine  Geschichte  in  Volksspi-ache  und 
nicht  [luui  ^bfiß^nquil^iuli  ^^uj'^iu^^imy'ü»,  d.h.  in  literarischer  Sprache  geschrie- 
ben hat,  soll  er  auch  die  Geschichte  des  Fürstentums  von  Asot,  des  Sohnes 
von  Smbat  Sparapet  {npq^Lnj  y^inmnj  des  Textes  soll  man  umgekehrt  lesen), 
sowie  von  den  Anordnungen  der  Könige,  von  der  Rückkehr  der  von 
Bulä  gefangenen  armenischen  Fürsten ,  von  ihrer  Machtentfaltung  und  Lage, 
geschrieben  haben  (K.  Yohannes  c.  27,  S.  166  f.).  Weiter  hat  er  von  der 
Kindheit  Asotsl.,  des  Sohnes  Smbats,  bis  zu  dessen  letztem  Lebensjahre, 
alle  seine  Taten,  Kriege  usw.  geschildert  (vgl.  K.  Yohannes  c.  27. 
S.  167  f.  mit  c.  29,  S.  179).  Hiernach  hat  v^apowh  seine  Geschichte  un- 
mittelbar vor  dem  Tode  Asots  beendet,  also  ums  Jahr  889.  Auch  Tovma 
Arcrowni  kennt  ihn,  von  den  Taten  des  Gowrgen  Arcrowni,  welcher  später 
Fürst  von  Anjewaci's  wurde,  soll  er  ausführlich  berichtet  haben  (Tovma  111, 
15,  S.  208;  er  erwähnt  ihn  dem  Namen  nach  nicht,  aber  dennoch  meint  er 
ihn,  weil  von  der  Tätigkeit  Gowrgens  in  Taron,  Aren  und  im  Lande 
Anjewaceac  kein  anderer  Historiker  erzählt).  Stepannos  Asolik  setzt  ihn  der 
Zeit  nach  vor  Katolikos  Yohannes  (I,  1,  7).  Die  obige  Annahme,  daß  Sapowh 
eine  Weltgeschichte  geschrieben  oder  die  gesamten  historischen  Traditionen 
seiner  Zeit  gesammelt  hatte,  wird  durch  eine  Angabe  des  Asolik  bestätigt; 
hiernach  hat  Konstantin  der  Große  von  vSapowh,  dem  König  der  Perser, 
die  Krone  Davids  zum  Geschenk  erhalten  usw.  Dieser  Angabe  fügt  er 
hinzu:  »Wie  es  dich  die  Geschichte  des  Öapowh  Bagratowni,  des  Sohnes 
des  Asot  Antipatrik,  lehrt«   (Asolik  II,  6,  138). 

Was  den  zweiten  Teil  der  Geschichte  des  Kat.  Yohannes  anbelangt, 
von  c.  30,  S.  179  bis  c.  67,  S.  450,  so  ist  er  nicht  allein  Augenzeuge,  sondern 
als  Kafolikos  und  Berater  Smbats  und  Asots  und  anderer  Könige  am  besten 
in  ihre  Taten  und  Wünsche  eingeweiht. 

Auflagen:  1.  In  Jerusalem  1843;  2.  in  Moskau  1853  (M.Emm);  3.  in 
Jerusalem  1867.     Ich  zitiere  ihn  nach  der  Ausgabe  Jerusalem  1867. 

Übersetzungen.  Histoire  d'Armenie  par  le  Patriarche  Jean  VI, 
dit  Jean  Catholicos,  traduite  de  l'armenien  en  francjais  par  M.  St.-Martin. 
Ouvrage  posthume  pubUe  sous  les  auspices  du  ministere  de  l'Instruction  pu- 


Thopdschian  :   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  111 

blique,  par  Felix  Lajard,  Paris  1841  (s.  darüber  Examen  de  l'liistoii-e 
Jean  VI  le  Patriarche  traduite  de  Tarmenien  par  St.-Martin,  par  F.  Neve; 
Louvaine   1843). 

5.  Stepannos  AsoHk.  Von  AsoHk  werde  ich  noch  später  aus- 
fiihrlich  sprechen.  Für  die  Geschichte  unserer  Zeit  ist  er  von  geringer 
Bedeutung.  Er  hat  eine  Weltgeschichte  in  drei  Büchern  geschrieben,  und 
zwar  von  Adam  bis  zum  Jahre  452  =  1003.  Für  diese  Arbeit  kommt  haupt- 
sächlich III,  c.  2,  S.  157  bis  c.  4,  S.  165  in  Betracht.  Er  ist  der  erste  armenische 
Historiker,  welcher  seine  Angaben  immer  mit  Daten  versieht.  Weil  er  aber 
dieselben  innner  mit  armenischen  Buchstaben  angegeben  hat,  sind  sie  an 
manchen  Stellen  von  Abschreibern  mit  ähnlichen  Buchstaben  verwechselt 
worden,  und  darum  kann  man  auch  aus  ihnen  nicht  immer  klug  werden.  Das 
F'elilen  der  regelmäßigen  Chronologie  bei  den  armenischen  Historikei-n  ist 
der  größte  Mangel  der  Nationalhistoriograj)hie.  Für  unsere  Zeit  hat  er 
K.  Yohannes  und  Öapowh  Bagratowni  zur  Quelle  (vgl.  I,  1,  7),  aber 
er  ist  so  knapp,  daß  man  von  ihm  nicht  viel  lernen  kann. 

Auflagen.  1.  In  Paris  mit  Annot.  im  Jahre  1859  (i^ahnazarean) ;  2.  in 
Petersburg  1885  mit  guten  Annot.  und  Vorwort.  Ich  habe  diese  Ausgabe 
vor  mir. 

Übersetzungen.  1.  Histoire  universelle  par  Etienne  Agogh'ig  de 
Daron  traduite  de  l'armen,  et  annotee  par  Ed.  Dulaurier.  Paris  1883,  p.  I. 
2.  Eine  russische  Übersetzung  besorgte  Emin.  Beco^ni^aH  IIcTopia  CTen'aHoca 
TapoiicKaro  Acox'nKa  no  upasBaiiiio,  MocKsa  1864.  Ins  Deutsche  soll  sein 
Werk  A.  Burckhardt  übersetzt  haben  (vgl.  Geizer  Byz.  Chronogr.  Leipzig 
1898  S.  466). 

Die  anderen  armenischen  Historiker,  die  für  dieses  Werk  von  ganz 
geringer  Bedeutung  sind,  übergehe  ich  hier  zu  erwähnen. 


II.    Arabische  Quellen 

1.  Baläduri  (Abü'l  'Abbäs  Ahmad  b.  Jahjä  b.  Gäbir  al-)  war  ein 
Pei'ser  von  Geburt  und  lebte  am  Hofe  der  ')(^alifa's  Mutawakkil  (232^ — 247  = 
847—861)  und  Musta  in  (248—251  =  862—866).  M\itazz  (252—255  =  866  bis 
869)  übertrug  ihm  den  Unterricht  seines  Sohnes  'Abdu'lläh.  Baläduri  starb 
im  Jahre  279  =  892  (vgl.  Praefatio  der  ed.  de  Goeje  p.  1 — 8.  Brockelmann, 
Gesch.  d.  arab.  Liter.  I,  S.  141).  Er  ist  also  eine  durchaus  zeitgenössische 
Quelle.  Sein  Werk  trägt  den  Titel  jl^jJl  ^^  ^^  =  Das  Buch  der 
Eroberungen  der  Länder.  Demgemäß  berichtet  er,  wie  die  Araber  in 
der  Reihe  anderer  Länder  auch  Armenien  erobert  haben.  Das  Kapitel, 
welches  für  uns  hauptsächlich  in  Betracht  kommt,  trägt  die  Überschrift 
<_*-U8jl  ^^  (I,  \^t— YNV).  Obwohl  er  selbst  in  Armenien  nicht  ge- 
wesen ist,  so  hat  er  doch  seine  Angaben  ausschließlich  von  den  Einwohnern 
desselben  Landes  entnommen.  Als  solche  Überlieferer  erwähnt  er  1.  Mu- 
hammad b.  Ismail  aus  Barda'a  =  Partaw.  2.  Abu  Bara  'Anbasä  b.  Bahr 
al-Armani.    3.  Muhammad  b.  Bisr  aus  Qäli(qalä)   =  Theodosiopolis  = 


112  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Karin.  4.  Muhammad  b.  Muxajjis  aus  Xilät  =  Xlaf  u.  a.  (vgl.  I,  \  ^V), 
5.  Ibn  Warz  al-Qälijan  aus  Qäliqalä  (p.  N^^).  6.  Barmak  b.  ''Abdu'Uäh 
ad-Dabili  =  Dowin  (]>.  N  ^V,  Y»N  usw.).  Aus  den  Erzählungen  dieser 
Leute  schöpfend,  die  wohl  auch  Dokumente  in  der  Hand  hatten,  berichtet 
er  nur  die  kurzgefaßte  Geschichte  der  arabischen  Wälis  von  Armenien  bis 
zum  Jahre  241  =  855  (p.  VN  Y).  Obwohl  er  über  unsere  Periode  fast  keine 
Angaben  hat  und  für  die  Geschichte  der  Dynastie  der  Bagratownier  von 
keiner  Bedeutung  ist,  ist  er  doch  für  die  Vorgeschichte  oder  für  die  Ge- 
schichte der  ersten  Periode  der  Araberherrschaft  in  Armenien  sehr  wertvoll, 
und  sein  Wert  steigt  desto  mehr,  wenn  wir  in  Betracht  ziehen,  daß  er  außer 
den  obigen  mündlichen  Quellen  auch  al-Wäqidi,  welcher  schon  vor  ihm  ein 
ähnliches  Werk  geschrieben  haben  soll,  benutzt  hat  (I,  V  ♦  «,  N  ^  ^).  Ich  zitiere 
ihn  nach  ed.  de  Goeje,   1866. 

2.  Ja\jübi  (A.  b,  Abi  Ja'qüb  b.  Ga'far  b.  Wahb  b.  Wädil.i  al-Kätib 
al-'Abbäsi)  war  der  Enkel  eines  Freigelassenen  von  Mansür,  des  Statthalters 
von  Armenien  und  Adarbajgän.  Er  lebte  1)is  zum  Jahre  260  =  873  in  Ar- 
menien und  in  Xorasan,  reiste  dann  nach  Indien,  Ägypten,  Magrib,  wo 
er  im  Jahre  278  =  891  seine  Geographie  verfaßte.  Dieses  Werk,  welches 
den  Titel  J14pl  .^^  trägt,  konunt  für  uns  nidit  in  Betracht  (s.  über 
dasselbe  und  sein  Leben  Praef  der  ed.  de  Goeje.  BGA.  7.  V — VIII  und 
Brockelmann  I,  226  f.).  Sehr  wichtig  ist  dagegen  seine  Geschichte,  weil  er 
selbst  in  Armenien  lange  Jahre  gelebt  hat  und  als  Enkel  des  Wäli  von 
Armenien  seine  Angaben  aus  besten  Quellen  schöpfen  konnte.  Im  ersten 
Bande  seiner  Geschichte  behandelt  er  die  vorislamische  Geschichte  und  im 
zweiten  die  Geschichte  Muhammads  und  seiner  Nachfolger  bis  zum  Jahre 
259  =  872.  Wenn  bei  ihm  die  Chronologie  nicht  so  streng  durchgeführt 
ist  wie  bei  Tabari,  und  er  die  Geschichte  nicht  so  ausfühi-lich  beiiandelt 
wie  dieser,  so  l)eruhen  doch  seine  Angaben  teils  auf  alten  Quellen  und  teils 
erzählt  er,  was  speziell  Armenien  anbetrifi't,  als  Augenzeuge  (vgl.  über  seine 
Quellen  de  Goeje,  Über  die  Geschichte  der  'Abbäsiden  von  al-Jakvibi, 
Travaux  de  la  3™^  Session  d.  congr.  intern,  d.  oriental.  Petersb.  et  Leyde 
1879).  Besonders  für  die  Geschichte  der  Walis  von  Armenien  sind  seine 
Angaben  sehr  wichtig.  Ich  zitiere  ihn  nach  ed.  Iloutsma  (M.  Th.)  Histo- 
riae  Leyden   1883. 

3.  Mas'üdi  (Abü'l  Hasan  'Ali  b.  al-llusajn  al-)  war  in  Bagdad  geboren. 
Er  bereiste  in  seiner  Jugend  Persien,  Kirmän ,  Indien,  Ceylon,  Madagaskar, 
das  Chinesische  und  das  Rote  Meer,  'Oman,  Palästina,  Ägypten  und 
Syrien.  Er  entfaltete  in  beiden  letztgenannten  Ländern  eine  sehr  frucht- 
bare literarische  Tätigkeit  (vgl.  Brockelmann  1,  143  ff.  und  die  Vorworte  der 
ed.  C.  B.  de  Meynard,  Paris  1876,  wonach  ich  ihn  zitiere,  und  engl.  Übers, 
von  A.  Sprenger,  London  1841).  Von  seinen  Werken  kommen  hier  in 
erster  Reihe  ^/»_^>■l  j-^*«J  v_^4!l  ttJi/^  ^lIJ^=  Das  Buch  der  Goldwäschen 
und  des  Juwelenbergwerkes  (^y^J>■  =  i^n^uip  =  gohar  [arm.]).  Dieses 
Buch  hatte  er  im  Gumada  des  Jahres  336  =  947  Dez.  vollendet,  beai-beitete 
aber    dasselbe   wiederum    im  Jahre   345  =  956.      Er   starb   in  diesem  oder 


Thopdschian  :   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  113 

im  folgenden  Jahre.  Er  kennt  die  geographischen  Werke  Xurdädbilis, 
Gajhänis,    Qudämäs  usw. 

Seine  Angaben  über  Armenien  und  besonders  über  die  nördlichen 
Provinzen  dieses  Landes  und  die  Kaukasusvölker  beruhen  auf  seinen  persön- 
lichen Erkundigungen  und  Erfahrungen,  weil  er  in  seinen  letzten  Lebens- 
jahren auch  diese  Gegenden  bereist  hat,  und  sind  durchaus  selbständig,  wie 
wir  in  der  Geschichte  selbst  sehen  w-erden. 

Sein  zweites  Werk  trägt  die  Überschrift  ^l^Vlj  ^-xJl  ^_jO  r^ 
Das  Buch  der  Erinnerung  und  Besiclitigung,  und  konuut  für  die  vorliegende 
Arbeit  wenig  in  Betracht.  Ich  zitiere  ihn  nach  ed.  de  Goeje  BGA.  8.  Lugd. 
Bat.  1894. 

4.  Xurdädbih  ('Ubajdalläh  b. 'Abdallah  b.  Xurdädbih  Abü'l  Qasim) 
war  ein  Perser  von  Geburt  und  im  Anfang  des  IlL  Jahrhunderts  d.  H. 
geboren.  Er  war  ein  intimer  Freund  von  Mawsili  (gest.  235  =  849).  Er 
wurde  später  Postmeister  von  Gabal,  und  zwischen  230 — 234  =  844 — 848 
schrieb  er  sein  Buch  wohl  in  Saniarra.  Er  war  auch  ein  intimer  Freund  des 
Xalifä  M'utamid  (vgl.  Preface  bei  de  Goeje  und  Brockelmann  1,225).  Sein 
Buch  trägt  den  Titel  ctAlUIij  dÜLIl  ^115  =  Das  Buch  dei-  Routen  und 
der  Königtümer.  In  diesem  Buche  gibt  er  als  Fachmann  diejenigen  Post- 
wege und  Stationen,  und  den  Steuerertrag  verschiedener  Provinzen  und 
Städte  an,  die  in  seiner  Zeit  existierten.  Er  ist  der  erste  arabische  Geograph 
in  dieser  Hinsicht  und  wir  verdanken  ihm  auch  für  Armenien  sehr  wert- 
volle Angaben.    Ich  zitiere  ihn  nach  ed.  de  Goeje.  BGA.  6.  Lugd.  Bat.  1889. 

5.  Qudämä  (AbiVl  Farag' Qudämä  ben  G'afar  al-Kätib  al  Bägdädi), 
gestorben  im  Jahre  310  =  922,   hat   ein  dem  Werke  Xurdädbihs  ähnliches 

Buch  geschrieben  unter  dem  Titel  t^I^;^!  ._j^  =  Das  Buch  der  Steuer. 
Er  beschreibt  auch  sehr  eingehend  die  Provinzen  und  Stationen  des  Reiches, 
und  am  Ende  seines  Buches  gibt  er  in  einer  Liste  sehr  ausführliche  An- 
gaben über  die  Steuerbeträge  der  einzelnen  Provinzen  und  Städte,  und  hier- 
nach schildert  er  das  byzantinische  Reich  und  sonstige  Nachbarländer  und 
macht  sehr  wichtige  Angaben  über  das  Steuer- ,  Militär-  und  Verwaltungs- 
wesen. Er  ist  natürlich  stark  von  Xurdädbih  beeinflußt,  hat  aber  auch 
sehr  wertvolle  selbständige  Angaben.  Ich  zitiere  ihn  nach  ed.  de  Goeje 
(s.  oben). 

6.  Ibn  Faqih  (Abu  Bakr  Ahmad  ben  Muhammad  ben  Ishäq  al- 
Hamadäni)  war  in  Hamadän  geboren  und  verfaßte  sein  Buch  unmittelbar 
nach  dem  Tode  M'utadids  (gest.  289  =  902).  Dieses  Buch  heißt  wie  das 
des  Ja'qübi  j^^jJ^  ^O  =  Das  Buch  der  Länder.  Er  beginnt  sein  Werk 
mit  der  Beschreibung  der  Bildung  der  Erde  und  der  Meere,  vergleicht 
Indien  mit  China,  und  danach  schildert  er  ausführlich  Arabien,  Ägypten, 
Magrib,  Berberistän,  Syrien,  Palästina,  Mesopotamien,  Persien,  Adarbajg'än, 
Armenien,  das  römische  Reich  und  'Iräq.  Was  speziell  Armenien  anbetrifft, 
so  hat  er  außer  seinen  Vorgängern  Baläduri,  Xurdädbih  usw.  und  besonders 
Ja'qübi,    aus  dessen  Geschichte  er  die  Liste  der  Wälis  von  Armenien  usw. 

Mitt.  d.  Stm.  f.  Orient.  Sprachen.     1U04.    11.  Abt.  » 


114  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Annenien  unter  Asot  I. 

entnimmt,  eine  bemerkenswerte  neue  QueUe  Ahmad  b.  Wädih  al - Isbahäni. 
Wohl  hauptsächheh  aus  dieser  Quelle  macht  er  sehr  wertvolle  Angaben 
über  die  Produkte  von  Armenien,  was  wir  noch  bei  seinen  Vorgängern  ver- 
mißten (vgl.  über  ihn  die  Praefatio  der  ed.  de  Goeje.  1885.  Lugd.  Bat.  und 
Brockelmaim  I,  227). 

7.  Ihn  Rustih  (Abu  'Ali  Ahmad  b.  'Umar)  schrieb  sein  Buch  ums 
Jahr  290  =  903  in  Isbahän  und  nannte  es  Ä_^l  J^^Vi  o^=  Das  Buch 
der  kostbaren  Gemmen.  Er  spricht  in  seinem  Werke  über  die  Erde  und 
die  Bewegung  des  Hinunels,  über  Mekka  und  Madina,  über  die  Meere, 
Flüsse,  Klimata  und  schildert  Iran  und  Nachbarländer  ausführlich.  Für 
unseren  Zweck  ist  er  ganz  unbedeutend  (vgl.  Praefatio  Y — VII  imd  Brockel- 
mann I,  227.    Ich  zitiere  ihn  nach  ed.  de  Goeje.  BGA.  7.  Lugd.  Bat.  1892). 

8.  Al-lstay^ri  oder  al-Kar<)(,i  (Abu  Ishäq  Ibrahim  b.  Muhammad 
al-Farisi).  Ista^ris  Geographie  heißt  nach  dem  Buche  Xurdädbihs  *_j^ 
du  Uli  diJl — e  =  Das  Buch  der  Routen  der  Königtümer.  Es  ist  eine  Be- 
arbeitung des  geographischen  Wei-kes  des  Sajx  Abu  Zajd  Ahmad  b.  Sahl 
al-Bal%i  (^lÄVl  J  v-»  .»j^  =  Das  Buch  der  Figuren  der  Klünate).  Dieser 
hatte  sein  Buch  ums  Jahr  309  =  921  verfaßt  und  starb  im  Jahre  322  =  934. 
Al-Ista%ri  bearbeitete  dasselbe  ums  Jahr  340  =  951.  Ista%ri  hat  über  Armenien 
nicht  nur  kostbare  geographische,  sondern  auch  für  die  für  uns  in  Betracht 
kommende  Zeit  politische  und  volkswirtschaftliche  wertvolle  Angaben  gemacht. 
Über  Armenien  spricht  er  hauptsächlich  p.  NA*  —  N^i.  Sein  Werk  ist 
von  Mordtmann  ün  Jahre  1845  in  den  Schriften  der  Akademie  von  Hamburg 
aus  der  Gothaer  Handschrift  Nr.  312  ins  Deutsche  übersetzt  worden.  Die- 
selbe ist  bedeutend  verkürzt  (vgl.  mit  ed.  de  Goeje  BGA.  1.  Lugd.  Bat.  1870 
und  de  Goeje,  ZDMG.  25,  42  ff.). 

9.  Ihn  Hauqal  (Abü'l  Qäsim)  hat  im  Jahre  367  =  977  das  Werk 
Ista^ris  seinerseits  bearbeitet  und  als  Kaufmann  und  Reisender  selbst  viele 
unschätzbare  Angaben  hinzugefügt.  Er  betitelt  sein  Buch,  dem  Ista%ri  oder 
noch  wahrscheinlicher  dem  Xurdädbih  folgend:  «iAlUIij  di'LJkl  ,_jll5  ^  Das 
Buch  der  Routen  und  Königtümer.  Er  ist  mit  I.sta%ri  für  die  Geographie 
und  die  wirtschaftUche  und  politische  Lage  von  Armenien  am  Ende  des 
IX.  und  im  Anfang  des  X.  Jahrhunderts  eine  sehr  wichtige  Quelle.  Ich 
benutze  ed.  de  Goeje.  BGA.  2.  Lugd.  Bat.  1873,  hauptsächheh  p.  vr  "V  —  T  o  o. 
Wertvoll  sind  besonders  seine  Angaben  über  den  Steuerertrag  der  ver- 
schiedenen Provinzen  von  Armenien  (p.  V  o  1  ff). 

10.  Jäqüt  (Abu  Wbdu'Uäh  Jäqüt  b. 'Abdu'Uah  al  -  Hamawl  ar-Rümi 
al  -  Bagdädi),  der  größte  Geograph  der  Araber,  ist  im  Jahre  574/5  =  1178/9 
geboren.  Er  stammt  aus  einer  griechischen  Familie.  In  seiner  Kindheit 
wurde  er  gefangen  nach  Bagdad  geführt,  wo  er  auch  verkauft  und  erzogen 
wurde.  Später  wurde  er  Buchhändler  und  reiste  nach  Adarbajg  an, 
Ägypten,  Syrien,  Merw.  In  dieser  letzteren  Stadt,  wo  die  reiche  Bibliothek 
derselben    ihm    zur   Verfügung    stand,    begann    er    im   Jahre    675  =:  1218 


Thopdschian  :    Die  inneren  Zustände  von  Ai'menien  unter  Asot  I.  115 

sein  Geographisches  Lexikon,  welches  jl-^l  j*^=*«  •— '  ^  =^  ^^^  Buch  des 
Alphabets  der  Länder  genannt  wird  (über  seine  Quellen  s.  F.  J.  Heer, 
Die  historischen  und  geographischen  Quellen  in  Jäqüts  geographischem 
Wörterbuch,  Straßburg  1898,  und  Literatur  bei  Brockelmann  1,480).  Seine  An- 
gaben sind  sowohl  in  historischer  und  geographischer  wie  auch  in  politisch- 
wirtschaftlicher Hinsicht  für  die  Geschichte  der  Armenier  sehr  wichtig.  Ich 
benutze  natürlich  die  ed.  F.  Wüstenfeld,  Leipzig  1866 — 1873.  Jäqüt  starb 
am  20.  Ramad.  626  =  1229,  20.  Aug.  in  Halab. 

11.  Qazwini,  (Zakarija  b.  M.  b.  Mahmud  al-) ,  geboren  ums  Jahr 
600  =  1203  zu  Qazwin,  hat  später  in  Damaskus  und  Wäsit  gelebt  und 
starb  im  Jahre  682  =  1283.  Sein  Werk  trägt  den  Titel  ^\^  JC^ 
^"i^X  J"ij  olsj*^!  =  Das  Buch  der  Wunder  der  Schöpfung  und  der 
Merkmale  der  Länder  (ed.  Wüstenfeld,  Göttingen  1848/9.  Kosmographie, 
Literatur  bei  Brockelmann  I,  481).  Bei  Qazwini  finden  wir  eine  große  Masse 
Wundergeschichten  auch  über  Armenien ,  die  in  mancher  Hinsicht  ganz 
interessant  sind.  Schade,  daß  er  bei  seiner  Schilderung  der  Minen,  Tiere, 
Pflanzen  usw.  außer  Persien  die  Namen  anderer  Länder  und  Städte  nicht 
angibt.    Qazwini  ist  ebenfalls  einer  der  bedeutendsten  Geographen  der  Ai^aber. 


B.   Die  arabischen  Kolonien  in  Armenien  unter  Asot  I. 

Das  alte  Prinzip  'Omars,  wonach  die  Muhanimedaner  keine  Besitz- 
tümer in  eroberten  Ländern  haben  sollten,  scheiterte  schon  völlig  unter 
'Otmän.  Gerade  die  echten  Araber  wurden  Großgrundbesitzer  ersten 
Ranges.  Wie  in  allen  anderen  Ländern,  so  haben  auch  in  Armenien  die 
Araber  natürlich  ihre  ganze  Macht  im  Zentrum  des  Landes  in  der  Haupt- 
stadt desselben  zentralisiert.  Aus  diesem  Grunde  haben  sie  Dowin,  die 
Hauptstadt  von  Armenien,   zuerst  kolonisiert. 

1.  Dowin  =  (Jw.5  =  _*^lj  =  ^oQ>w.^  Die  Araber  halten  diese 
Stadt  bis  zuletzt  für  die  Hauptstadt  von  Armenien.  Ibn  llauqal  sagt  von 
ihr  bei  Abü'lfidä:  »Dabil  ist  die  Hauptstadt  von  Armenien;  sie  ist  eine 
große  Stadt,  und  viele  Christen  sind  in  ihr,  und  die  Moschee  der  Muslimen 
ist  bei  der  Kirche  der  Christen.«^  Weiter  macht  er  über  Dowin  folgende 
wichtige  Angabe,  die  Abü'lfidä  nicht  mehr  anführt:    «Und  in  ihr  (in  Dabil) 


^  Siehe  ZAP.  11,  2,  51  f.  Hierzu  will  ich  noch  das  Folgende  hinzufügen.  Zur 
Etymologie  des  Wortes  s.  Nr.  6.  Wie  die  Armenier  so  ei-kläreu  aucii  die  Araber, 
daß  Dowin  =  Dabil  »Hügel«  bedeutet;  die  letzteren  halten  es  aber  ausdrücklich  für 

einen  Sandhügel  =r  ^^j\   v_-xL5  Jäqüt,  Geogr.  Wörterb.II,  p.o  i  A  f.  Meine  Annahme 
ZAP.  II,  1.  63,  Nr.  3,  daß  Baläduris  J^^  =  i^iuiüi^  =  Gai-ni  ist,   wird  durch  das 
Zeugnis  Jäqüts  völlig  bestätigt.    Dieser  sagt    ^-»^  aJ^jI   i^\y    ij^  *  *  *  *  iJ_;^ 
(Jj^\  -uL.^  (j-^   v_JU9-  ^^   ^  J^j   (Geogr.  VVörterb.  II,  p."\o). 
^    Geogi'aph.  p.  V^V. 


8* 


116  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Annenien  unter  Asot  I. 

ist  der  Sitz  der  Amire  für  die  gesamten  Gaue  Armeniens.«^  Nach  den 
Arabern  hatte  Xosrov  Anowsirowan  wie  andere  zahh-eiche  Städte  so  auch 
Dowin  bebaut  und  befestigt.  ^  Nach  ihm  wurde  es  unter  'Abdul  IVIalik 
von  'AbduTAziz,  welcher  die  Stadt  zu  erobern  und  zu  plündern  geholfen 
hatte,  völlig  renoviert,  »Er  baute  die  Stadt  Dowin  fester  und  größer  und 
befestigte  sie  durch  Tore  und  Riegel.  Um  die  Mauer  herum  zog  er  den 
mit  Wasser  gefüllten  Graben  zur  Sicherheit  der  Festung.«^  Eben  von 
diesem  'Abdu'l  'Aziz  ben  Hätim  ben  al  -  Na'mä  ben  'Amrü'l  Bähili  sagt 
ßaläd. ,  daß  er  die  Stadt  Dowin  befestigt  und  ausgebaut  und  die  Moschee 
vergrößert  habe.*  Die  Araber  hatten  hier  nicht  allein  eine  Moschee, 
sondern  auch  ihre  Grabstätte.  *  Im  Jahre  859/60  zerstörte  ein  heftiges  Erd- 
beben die  Stadt.  Nach  Kat.  Yohannes  gingen  viele  Häuser,  Paläste,  sogar 
die  Mauer  der  Stadt  in  Trümmer,  und  viele  Leute  büßten  ihr  Leben  ein.^ 
In  dieser  Hauptstadt  von  Armenien  hatten  also  die  Araber  eine  ihrer 
größten  Kolonien.  Außer  dem  Wali  von  Armenien,  welcher  inimöglich 
immer  in  Dowin  bleiben  konnte,  hatten  die  Araber  hier  besondere  Amire 
eingesetzt.  Der  Amir  beriet  die  wichtigsten  Angelegenheiten  mit  den 
Ältesten  der  Stadtbevölkerung,  die  das  Volk  repräsentierten.' 

2.  Partaw  =  ^^j^  =  ^l\iupuiuiL.  Wie  die  Hauptstadt  \  on  Ai-meuien, 
so  auch  diejenigen  von  Albanien  und  Georgien  hatten  die  Araber  früh 
kolonisiert,  weil  auch  diese  Städte  ihre  Vizegouverneure,  die  sogenannten 
Amire,  hatten,  die  in  alter  Zeit  nicht  allein  diese  Städte,  sondern  auch 
die  ganzen  Provinzen  Arrän  und  G'urzän  bewachten  und  für  die  militärischen 
und  finanziellen  Bedürfnisse  dieser  Länder  sorgten.  Sie  waren  f;ist  immer 
dem  Wali  von  Armenien  untergeordnet.  Natürlich  vei'langte  das  Interesse 
der  Araber,  daß  gerade  die  Bevölkerung  jener  Städte,  wo  ihre  höchsten 
Beamten  wohnten,  diese  in  ihren  kriegerischen  Operationen  und  sonstigen 
Unternehmungen  unterstützte,  inid  so  wurden  diese  Orte  in  Oasen  arabi- 
scher Kolonisation  umgewandelt. 


'    Ibn  Hauqal  p.  V  t  i,    \  \  f.     Vgl.  al-Ista;^n,  wörtlich  ähnlich  p.  >  A  A  . 

2  Baläd.  p.  N  ^  0.     Jiiqüt,  Geogr.  Wörterb.  I,  p.  r  Y  X  . 

3  Lew.  c.  10,  S.  36. 

*    Bälad.   Y  ♦  0 ,  Ibn  Faq.  T  A  A  . 

^    Ja'qübl  p.  oAA.   Hier  wurde  Xaiid  ben  Jazjad  ben  Mazjad  begraben. 

•^  Das  Datum  dieses  Erdbebens  stellt  nicht  fest.  Nach  Rat.  Yoh.  c.  27,  S.  169 
geschah  es  um  die  Zeit,  als  Asot  Fürst  der  Fürsten  wurde,  also  860/1;  nach 
tovmalll,  22,  231  nach  dem  7.  Jahre  der  Gefangenschaft,  also  859/60;  vgl.  auch 
Mxitar  Ayrivaneci  S.  86. 

■^  Wenn  man  den  Angaben  des  äußerst  unzuverlässigen  und  späteren  Histo- 
rikers Vardan  glauben  sollte,  so  müßte  man  annehmen,  daß  um  die  Mitte  des 
IX.  Jahrhunderts  die  Familie  des  Sahaps  (oder  Jahaps),  aus  der  auch  der  oben  er- 
wähnte Sewada  war,  lange  Zeit  die  Stadt  Dowin  unter  ihrer  Herrschaft  gehabt 
hätte  (vgl.  Vardan  S.  76  ff.).  Man  sieht  aber  von  Kat.  Yoh.  c.  25,  S.  145  f.  und 
8t.  Asolik  II,  2,  110  f.,  daß  sie  sowohl  von  Hol  wie  auch  später  von  Asot  geschlagen 
worden  sind,  infolgedessen  ist  es  unglaublich,  daß  Sahapiden  in  Dowin,  wo  die 
Ostikans  saßen,  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  herrschen  konnten. 


Thopdschian  :   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  117 

Partaw  lag  nacli  Pseudo-M.Xor.  im  Gau  Owti-Af-anjnak.'  Qubäd  ben 
Firüz  =  Kavvad  hatte  diese  Stadt  gebaut'^;  'Abdu'l  'Aziz  renovierte  sie  gänzlich. 
Nach  Wäqidi  ließ  'Abdu'l  Malik  Barda'a  durch  Hätim  ben  Na'män  al-Bähili 
oder  durch  seinen  Sohn  bauen.  Andere  schreiben  die  Wiedererbauung  von 
Barda'a  dem  Muhammad  ben  Mrwän  zu.^  Nach  Ibn  Hauqal  war  sie  eine 
große  Stadt:  »Es  gab  zwischen  'Iräq  und  Tabaristän  nach  Räj  und  Isbahän 
keine  größere  Stadt  als  sie  und  keinen  schöneren  und  fruchtbareren  Ort.«* 
Die  Gärten,  die  fruchtbaren  Felder  und  verschiedenartigen  Früchte  von 
Barda'a  werden  von  arabischen  Geographen  mit  großem  Lob  erwähnt.  Von 
den  Früchten  werden  besonders  Haselnüsse  und  Kastanien  hervorgehoben.^ 
Natürlich  hatten  die  Mohammedaner  auch  in  dieser  Stadt  eine  schöne 
Moschee,  die  unter  den  Umajjaden  gleichzeitig  das  Schatzhaus  (JUl  C*A)) 
der  Gegend  war.^  Wie  unter  den  Umajjaden  so  auch  unter  den  "Abbasiden 
blieb  sie  das  Zentrum  der  Verwaltung  von  Alowan  =  Arrän  =  Albania.'' 

3.  Tiflis  =  (j~*-^  =  ^'tlö^i")  =  Tbilisi  (georg.) ,  das  Zentrum  der 
Verwaltung  von  Georgien  und  Gebirge  =  Gabal.  Während  der  Expedition 
Buläs  haben  wir  schon  erwähnt,  daß  diese  Stadt  fünf  Tore  hatte.  Ibn 
Ilauqal  weiß  allerdings  nur  von  dreien.^  Ishäq  ben  Ismä.'il  renovierte  diese 
Stadt  nach  Xosi'ov  Anusirvän."  Die  Fruchtbarkeit  der  Umgegend  ^°,  ihre 
Mühlen  und  warmen  Quellen  werden  sehr  gelobt.*  Wie  in  Barda'a  so  war 
auch  hier  eine  starke  arabische  Kolonie. ^^  Wie  die  Amire  von  Partaw 
(Bürgermeister  nach  Tovma)  so  strebten  auch  immer  diejenigen  von  Tiflis 
danach,  sich  unabhängig  zu  machen.  Diese  beiden  Städte  mit  Bäb  al-Abwäb 
waren  die  Stützen  der  arabischen  IVIacht  im  Norden  von  Armenien  im 
arabischen  Sinne.  ^'^ 

4.  X^ujpliL  =  ^\ij^  z=  f'jj\  tjjj\  =  Carana  =  Theodosiopolis^^  war 
die  größte  Festung  der  Araber  im  Westen  von  Armenien  gegen  die  Byzan- 
tiner. Im  Jahre  133  H.  =  750  hat  der  byzantinische  Feldherr,  der  Ar- 
menier Küsän,  diese  Stadt  dem  arabischen 'Äniil  Abu  Karimä  entrissen.    Die 


1  Geogr.  S.  610. 

2  Baläd.  p.  \M,  Ibn  Faq.  p.  VAV. 

3  Ebenda  p.   Y  ♦  o . 

*  Ibn  Hauqal  p.  T  i  • . 

5  ^JXJ\  türk.  fyndiq-dialektisch  fende;)(;;  nach  Nöldeke  ist  dieses  Wort  ursprüng- 

lieh  griechisch :  TTovTixciv.   JsjLfi>llj\  Balut  türk.  Ibn  Hauq.  p.  Y  M    (Parallelstelle  bei 

Istax^ri.  Abü'lfidä,  Geogr.  p.  1  »f.) 

6  Ibn  Hauqal  p.  Y  t  >  . 

■^  Ebenda  p.  Y  1  i ;  vgl.  Marquart,  Eränsahr  S.  116  ff. 

*  Ebenda  p  .Y  i  Y;  vgl.  Ista;5^ri  p.  \  A  V. 
^  Qazwini,  Kosmogr.  B.  II,  p.  VIA. 

'ö  Ebenda  Ibn  Hauqal. 

'1  Ebenda  p.  YYtf. 

12  Vgl.  Marquart,  Eränsahr  S.  115  ff, 

13  Vgl.  ZAP.  II,  1 ,  S.  56. 


118  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Byzantiner  haben  die  Ohnmacht  der  'Umajjaden  und  die  inneren  Wirren 
des  arabischen  Reiches  ausgenutzt  und  die  mohammedanischen  Bewohner 
von  Theodosiopolis  teils  vertrieben,  teils  gefangen  genommen  und  die  Stadt 
zerstört.  Im  Jahre  139  H.  ■=^  756  brachte  al-Mansür  die  ausgewiesenen 
Araber  wieder  in  die  Stadt  zurück  und  gab  ihr  eine  beständige  Garnison. 
In  den  Tagen  Mu  tasims  (833 — 44)  plünderten  sie  die  Byzantiner  wiederum 
und  zerstörten  ihre  Mauer.  Der  Xalifä  ließ  diese  wichtige  Grenzfestung 
mit  dem  Aufwand  von  einer  halben  Million  Dirham  gänzlich  renovieren.' 
Ibn  Hauqal  sagt  von  ihr,  daß  »Qäliqalä  inmitten  des  römischen  Landes 
eine  mächtige  Grenzfestung  für  das  Volk  von  Adarbajg'än,  Gabäl,  Räj 
und  ihre  Helfer  war«.^  Diese  Garnison  bezog  ihren  Proviant  aus  Armenien.' 
Alle  diese  vier  Städte  gehörten  keinem  Stamm ,  sie  wurden  durch  Amire  oder 
'Amile  regiert,  die  entweder  vom  Xalifä  direkt  oder  von  Walls  von  Ar- 
menien bezeichnet  wurden  und  unter  dem  Oberbefehl  der  letzteren  standen. 
5.  Arzanene.  Außer  in  diesen  größten  Städten  hatten  verschiedene 
mohammedanische  Stämme  sich  in  manchen  Gegenden  des  Landes  nieder- 
gelassen ,  herrschten  ebenso  unabhängig  wie  die  armenischen  Fürstenfamilien 
in  den  von  ihnen  okkupierten  Gauen ,  und  ebenso  wie  diese  strebten  sie  da- 
nach ihre  Besitztümer  auszudehnen.  So  herrschte  der  oben  erwähnte  Musä 
ben  Zurärä  =;  Moose  Sohn  des  Zorahä  über  »Arzan  und  den  unteren  Teil  von 
Arzanene   (=  Aljnik  :=  ^a^aw^y^  =    ©i^)  =  'CJj\)    bis  zu  den  Grenzen  von 

Taron«.*  Ihm  gehörte  auch  die  Stadt  Bales  =  ^^^-ü-V)  =:  Bitlis.^  Er  hatte 
die  Schwester  Bagarats  zur  Frau  genommen,  und  auf  Grund  dieser  Verwandt- 
schaft machte  er  eben  solche  Ansprüche  auf  die  Besitztümer  des  armenischen 
Isxanats  wie  Sewaday  in  Dowin  und  Arsarownik.  Später  lebten  er  und  seine 
Nachfolger  besonders  mit  den  Ai-crowniern  in  Freiuidschaft.  Musa  stand 
nach  der  Ermordung  Jüsufs  mit  Asot  an  der  Spitze  der  Aufständischen. 
Auch  später,  nach  der  Rückkehr  Asots,  des  Fürsten  von  Vaspowi-akan, 
schickte  der  Beherrscher  von  Arzan  Hilfstruppen  zu  Asot,  um  den  Gowrgen 
zu  besiegen.'' 

(i.    Sajbaniden.     Nach  Ibn  Xalliqän  hieß  der  Urvater  dieses  Stammes 
Bakr  ben  Wajl.^     Dieser  war   ein  Nachkomme   des  Akk  ben  Adnän.^     Der 


1    Balad.  p.  N  •l'\.    AbiVIfidä,  Tabari  usw. 

-  Ihn  Hauq.  p.  Y  ^  o .  Nach  Qazwini  II.  p.  T  V  •  hatten  die  Christen  hier  eine 
Menge  heilige  Bücher  und  Kreuze.  In  seiner  leidenschaftlichen  Neigung,  Wunderdinge 
zu  erzählen,  berichtet  Qazwini  weiter,  daß  die  Christen  hier  eine  Kirche  hatten, 
deren  Boden  gegen  die  Bisse  der  giftigen  Tiere  Heilkraft  übe.  (Vgl.  über  das 
heiße  Wasser  der  Quelle  Jäsi  (ianian  Qazw.  Kosm.  II,  p.  TTT.) 

3  Vgl.  Lew.  c.  29,  S.  130.     v.  Kreuier,  Kulturgesch.  Streifzüge  S.  19. 

4  tovnia  II,  5,  108,  Tab.  III,  3,  p.  \i*\  usw. 

5  Baläd.  p.  Y  S  \  ;  tovma  II,  6,  p.  110  ff. 

6  tovma  III,  17,  213,  vgl.  auch  c.  15,  8.  108  und  über  Movvse  oben  die  In- 
vasion Abu  Sa'ids  und  Buläs. 

7  Ibn  Xall.,  Biogr.  Dict.  I,  85. 

8  Wüstcnfeld,  Tabellen.    B.  1. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  119 

erste  Sajbänide,  welcher  Wäli  von  Armenien  wurde,  heißt  Jazid  ben  Mazjad 
as-§ajbäni.^  Er  wurde  von  Obajd  Allah  ben  al-Mahdi,  dem  Wäli  von 
Ainienien,  Georgien,  Albanien  und  Atropatene,  nach  Armenien  geschickt^ 
und  blieb  hier,  wie  es  scheint,  bis  zum  Jahre  172  =  788;  nachher  wurde 
er  von  Harun  ar-Rasid  zurückgerufen  und  nach  einigen  Jahren  wiedei^um 
■mm  Wäli  von  Armenien  und  Atropatene  ernannt.^  Er  soll  in  Barda'a  be- 
graben worden  sein.*  Sein  Sohn  Xälid  ben  Jazid  unterdrückte  einen  gefähr- 
lichen Aufstand ,  starb  ebenfalls  in  Armenien  und  wurde  ums  Jahr  230  =  844 
in  Dajbil  =  Dabil  =  Dowin  begraben. 

Im  IX.  Jahrhundert  haben  die  Sajbäniden  in  Armenien  eine  sehr  große 
Rolle  gespielt.  Von  'Isä  ben  as-Saj%  as-Sajbäni,  welcher  im  Jahre  252 
=  866  zum  Wäli  von  Ramla  ernannt  war^  wurde  schon  oben  gesprochen. 
Im  Jahre  256  H.  kämpfte  er  gegen  Amäg  ür  in  Damaskus.  Er  nahm  diese 
Stadt  und  eignete  sich  die  Steuern  von  Syrien  und  sogar  die  von  Ägypten 
gesandten  Summen  an.®  Am  Ende  desselben  Jahres  bekam  er  die  Statthalter- 
schaft von  Armenien.  Seine  erste  Tat  in  Armenien  war,  mit  15000  Reitern 
den  von  Asot  Arcrowni  bedrängten  Owtmaniks  =  Otmaniden  zu  Hilfe  zu 
eilen.''  Daß  er  mit  Asot  schließlich  Frieden  schloß,  wurde  schon  oben  erwähnt. 
Er  nahm  Bürgschaften  von  Arcrowniern  und  das  feste  \' ersprechen ,  daß  sie 
die  königliche  Steuer  pünktlich  bezahlen  würden,  und  zog  von  Vaspowrakan 
nach  Partaw^  w^o  er  einen  seiner  treuen  Beamten  Jamanik  =  (]iuJui%[i/i 
=z  Jamanide?  zum  Bürgermeister  ernannte.  Dieser  aber  empörte  sich  mit 
den  Ältesten  der  Stadt  gegen  ihn,  und  'Isä  kämpfte  ein  ganzes  Jahr  lang 
ei'folglos  mit  ihm,  obgleich  er  auch  von  allen  armenischen  Satrapen  unter- 
stützt wurde.^  Das  geschah  wohl  nach  dem  Tode  des  Katholikos  Zakaria, 
d.  h.  im  Jahre  875/76.  Jedenfalls  war  'Isä  im  Jahre  266  =  879  in  Amid, 
vvo  er  mit  dem  Sohn  des  oben  erwähnten  Müsä  ben  Zurärä,  Abü'l-Magrä 
ben  Müsä  ben  Zurärä  aus  Arzan ,  sich  gegen  seinen  starken  und  berühmten 
Nachbar  Kundäg'iq  wandte.  Im  folgenden  Jahre  kam  es  zum  Kampfe. 
Er  hatte  sich  mit  Ishäq  ben  Ajjüb  und  Abü'lMagrä  und  Hamdän  as-säri- 
verbunden.      Ibn  Kundäg-  besiegte   sie   aber   und   verfolgte   sie   bis   Nisibis 


1  Vgl.  Lewond  c.  41,  S.  166,  Baläd.  p.  V  N  ♦ . 

2  Ib.  Über  die  von  Jazid  und  seinen  Söhnen  geprägten  Dirhams  s.  unten  im 
Münzwesen. 

3  Ibn  Xalliqan,  Biogr.  Dictionary  de  Slane,  vol.  IV,  p.  218. 
*    Ebenda  p.  229. 

5    Tab.  III,  3,  p.  N  lAö,  Abulfidä  II,  214. 

f-    Tab.  III,  3,  p.  \M»  (vgl.  ZDMG.  40,  604  Anm.  6). 

■  tovma  III,  18,  S.  214  ff.  Das  Datum  dieser  Invasion  steht  nicht  fest,  aber 
es  muß  nach  870  gewesen  sein,  weil  in  diesem  Jahre  'Isä  Wäli  von  Armenien  wurde, 
und  muß  vor  dem  Jahre  874  (Mai  27) ,  in  welchem  Asot  starb ,  stattgefunden  haben. 
Weil  unmittelbar  nach  der  Invasion  'Isäs  bei  Tovma  die  Angabe  vom  Tode  Asots 
folgt  (vgl,  S.  216) ,  so  ist  diese  Expedition  Saj^s  wahrscheinlich  ins  Jahr  873 
zu  setzen. 

8  tovma  III,  18,215. 

9  Ebenda  c.  19,  S.  218. 


120  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

undÄmid.^  Im  Jahre  266  war  'Isä  ben  as-$aj%  vom  Walijat  von  Armenien 
abgesetzt  worden.  Der  Xalifa  ernannte  an  seiner  Stelle  den  Kundägiq 
zum  Wäli  von  MCisul,  Dijär  Rabi'a  und  Armenien'*  und  verlieh  ihm  »Gewaid 
und  Fahnen«  {Ayj  A^)-  Nach  Tovma  hat  dieser  Öajbänide  nach  de-n 
Tode  Dawifs,  des  Fürsten  von  Taron,  dessen  Land  erobert  und  durc'a 
seine  Uiiterbeamten  regiert.^  'Isä  hatte  seine  Residenz  in  Amid,  im  heutigen 
Dijarbekr.  Dieser  Name  bezeichnete  damals  den  ganzen  Distrikt.  Um  von 
hier  aus  Taron  zu  erobern,  mußte  er  wohl  erst  Copk-mec  =  Sophanene 
und  nachher  den  westlichen  Teil  von  Arzanene,  d.  h.  das  südlich  von 
Aracani  =  Arsanias  =  östlichem  Euphrat  liegende  Gebiet  bis  Amid.  unter- 
worfen haben.  Also  war  er  der  westliche  Nachbar  der  Bani  Zurärä,  für 
die  Armenier  war  auch  Armenia  IV  =  Sophene  längst  verloren  gegangen. 
7.  Kajsik.  Über  die  Entstehimg  der  Kajsiks  haben  wir  keine  sicheren 
Angaben.  Wie  die  Owfmaniks  so  scheinen  auch  sie  erst  am  Ende  des 
VIII.  Jahrhunderts  nach  Armenien  gekommen  zu  sein.*  Sie  gehören  wohl  zu 
den  Nachkommen  von  Qajs,  Sohn  Mudars,  Sohn  Ma'adds,  Sohn  Adnäns.* 
Die  Jamaniden  und  Qajsiden ,  die  beiden  großen  feindlichen  Stämme,  hatten 
schon  unter  'Umar  in  Syrien  und  in  'Iräq  ihre  Niederlassungen  und  erhielten 
für  ihren  Kriegsdienst  vom  Xalifä  2000 — 3000  Denai'e  jährliches  Gehalt  für 
die  Person.^  In  den  Reihen  der  ersten  Wälis  von  Armenien  mrd  ein 
Qajside  al-As'at  ben  Qajs  erwähnt,  den  schon  'Utmän  nach  Armenien  ge- 
schickt haben  soll.''  Auch  in  den  Tagen  Mu'tasims  wurde  Ali  ben  al-Husajn 
ben  Saba  al-Qajsi  Wäli  von  Armenien.®   Diese  Kolonie  der  Qajsiden,  von  der 


1  Tab.  III,  4,  p.  \  ^^r.  N  MY. 

2  Tab.  111,4,  p.  N^tV, 

3  tovma  111,20,  221.  Weil  er  im  Jahre  879  80  mit  Kundägiq  kämpfte 
und  im  Jahre  269  =  882  starb  (Tab.  III,  4,  p.  Y  ♦  1  A.  AhiVi  Mah.  II.  47).  so  hat  er 
wahrscheinlich  diese  Eroberung  im  Jahre  881  gemacht.  Von  den  Sajliänideii  wird 
noch  später  gesprochen. 

*    Vgl.  tovma  III,  18,214. 

5  Wüstenfeld,  Genealog.  Tabellen.  Göttingen  1852.  Bis  jetzt  hat  die  Endung 
-ik  sehr  verwirrend  gewirkt  und  wie  Brosset  so  auch  andere  gelehrte  Armenisten 
zu  ganz  verkehrten  Ansichten  gebracht.  Diese  gewöhnliche  Diminutiveiidurig  des  Ar- 
menisciien  gebraucht  tovma  wohl  vor  allen  anderen  armenischen  Historikern  als 
Ausdruck  der  Stammesangehörigkeit.  So  heißt  bei  ihm  1.  ^c--*-*  ^  Xiui/o/iiJ,  2.  ^j\j!c- 
=  [yp^iruim  =  Owtmanik,  3.  jlc  =  {]nnnu'bl,li  =  Jamanik.  (tovma  III,  28, 
245—47.  IV,2,276:r=^iii/o/,^.  .  111,13,197;  18,214T5.  IV,  3,  280.  111,19, 
218/19.  20,  222/23.  Daß  tovma  unter  Owt'man  =  jl^  =  (|l/3^i/?ij^  versteht,  s.  II, 
4,  101.)  Er  hat  diese  Worte  wahrscheinlich  nach  der  Analogie  oj^  =  l*/""f^x 
=  Arabik  =::  Betwin  gebildet,  welches  Wort  noch  bei  älteren  Historikern  vorkommt. 

fi  <_JlkLJ|  /»DO- VI  ^_j^  p.  349.  ISIäwardi:  über  thren  ersten  Kampf  s. 
z.  B.  Abu  Ifidä  I ,  S.  404. 

7  Baläd.  I,  p.  Y  ♦  0,  Ibn  Faqih,  p.  Y  ^  t. 

8  Ja'qübi,  p.  eA  ♦,  ums  Jahr  222  =  837. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  121 

wir  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  IX.  Jahrhunderts  etwas  hören,  hat  den 
alten  Gau  ApahowniK:  =  Abaene  =  ^j.jji>-\i  =  Ana'^^owYj  mit  der  Hauptstadt 
Manazkert  =  ^j>-yju  oder  ^j^-jVa  =  Melazgerd  besessen.  Daß  die  Qajsiden 
wie  die  anderen  nmhanimedanischen  Kolonien  mit  der  Herrschaft  Asots  I. 
unzufrieden  waren  und  am  liebsten  alle  armenischen  Fürsten  vernichtet 
hätten ,  um  das  Land  in  ihren  Besitz  zu  bringen ,  sieht  man  am  besten  daraus, 
daß,  als  auf  Bitten  des  armenischen  Fürsten  Ahmad(t)  ben  Halt,  von  dem 
später  die  Rede  sein  wird,  von  Xalifä  zum  Aufseher  ernannt,  nach  Armenien 
kommt,  sich  Aplbai''  Kajsik  der  Tyrann  (j^iChuiunp  =  ^.„UiJl«)  von  Apahownik 
und  Jamanik  aus  Partaw  mit  ihm  verbinden ,  um  Asot  I.  imd  die  übrigen 
armenischen  Isxans  zu  beseitigen.^  Natürlich  strebten  die  Armenier  ihrerseits 
danach,  alle  arabischen  Kolonien  zu  vernichten,  weil  sie  doch  überall  die 
besten  Stützpunkte  der  fremden  Macht  darstellten  und  besonders  für  Asot 
die  einheitliche  Verwaltung  des  Landes  unmöglich  machten.  Die  Aufgabe 
Asots  und  seiner  Nachfolger  war  also,  entweder  die  Kolonien  vollständig 
zu  unterwerfen  oder  sie  zu  vernichten.  So  sehen  wir  schon  Asot  im  Kampfe 
mit  Kajsik.  »Asot,  Fürst  der  Fürsten,  hatte  die  Stadt  Manazkert  in  Apa- 
hownik,  welche  im  Besitz  von  Aplbar  war,  belagert,«  sagt  Tovma,  »und 
beinahe  war  er  daran,  sie  zu  erobern«,  als  er  von  der  Gefangennahme  Gowrgens 
benachrichtigt  wurde.  Um  seinen  Schwiegersohn  zu  retten,  gab  er  die  Be- 
lagerung auf.^  Nach  allen  diesen  Angaben  des  zeitgenössischen  Tovma 
und  in  Hinblick  auf  die  feindseligen  Beziehungen  zwischen  den  Bagratowniern 
(besonders  Asot  L  =  'Arwriog)  und  den  Qajsiden  (besonders  Aplbaf-  =3^  'AttX- 
itct^T)  scheint  mir  höchst  unwahrscheinlich,  daß  'Ao-otjo?  I.  dem  Herrn  von 
Mcci'T^tHts^r  =  Manazkert  noch  die  Städte  XAmr  =  J»')^»-  =  Xlat,  i^^^s? 
r=  ^JL\s--j\  ==  Arsissa  und  Us§>toi  =z  ^jji  j  =  Berkri  =  Bargirkale  dem 
Aplbaf  zur  \'erfügung  stellen  konnte.^  Hierdurch  würde  er  auch  seine 
Besitztümer  von  denjenigen  der  Bagratownier  von  Taron  völlig  abgeschnitten 
haben.  Schließlich  waren  die  Stadt  Berkri,  die  Festung  Amiwk  und  die 
Umgegend  noch  im  Besitze  der  'Utmaniden.  Dem  Aplbai-  folgte  sein  Sohn 
\ßs>.%cciMT  und  diesem  sein  Sohn  'A7roa-f/3«T«.* 

A  tovma  III,  19,  219,  (s.  unten). 

2  Ebenda  S.  224,  wohl  ums  Jahr  884/85.  Konst.  Porphyrog.  meint  siclier  diesen 
Aplbar  tovmas  44,  p.  192  De  Adni.  Imp.;  er  schreibt  aber  seinen  Namen  'AnBkxäpr 
oder  "AiteXßapT. 

3  Vgl.  oben  De  Adm.  Imp.  c.  44,  p.  192. 

*  Ebenda  möchte  Brosset  sowohl  die  oben  erwähnten  Sevvada  und  Sahap 
=  Jahap  wie  auch  die  Qajsiden  usw.  aus  einer  türkischen  Familie  entstammen 
lassen,  die  aus  Merv  gekommen  sein  soll.  Seine  Hauptquelle  Vardan  ist  aber 
chronologisch  und  inhaltlich  so  unzuverlässig,  daß  man  sich  nicht  auf  ihn  berufen 
darf.  Bullet,  de  l'Acad.  de  St.  Petersbourg  VI,  p.  70  sqq.  Konst.  Porphyrog.  ist  nicht 
in  jeder  Hinsicht  gut  informiert,  er  verwechselt  z.  ß.  den  oben  erwähnten  Abti  Said 
=  'A7roo-aTa  mit  dem  späteren  Abu  Säg  oder  richtiger  Muhammad  ben  Abt  as-Säg 
und  glaubt ,  daß  der  erstere  die  armenischen  Fürsten  gefangen  genommen  habe.  De 
Adm.  Imp.  c.  44 ,  p.  191 ;  gerade  so  wie  Orbelean  27,  103. 


122  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

8.  Owtmanik  = 'Utmäniden.  Die  'Utmaniden  geliören  zu  dem 
ismaelitischen  Stamm  'ütmäns  und  sind  aus  der  Ahnenreihe  al  -  Jas  —  Mudar 
—  Nizar  —  INIa'add  —  Adnän  die  Nachkommen  dieses  letzteren.^  Wie  oben 
erwähnt,  sind  sie  nach  Tovma  ums  Jahr  783  nach  Armenien  gekommen 
und  haben  das  alte  Gebiet  des  Gaues  Afberani  besetzt.  Das  fällt  also  un- 
mittelbar nach  dem  großen  Aufstand  der  Armenier,  der  von  Mowsel  Ma- 
mikonean  —  J^Jul-^^  geleitet  und  unter  Mansür  von  Amir  ben  Isma  il  unter- 
drückt v^rurde^  wohl  unter  dem  Walijat  'Utmän  ben  'Umärä  ben  Xurajm, 
welcher  dem  Qahatbä  (Hasan  ben  Qahatbä  at-Täi,  nicht  Kahatray,  wie  Lewond 
hat  c.  33,  S.  136)  gefolgt  war.  Als  Bovtel  von  Bulä  gegen  Gowrgen  Arc- 
i'owni  geschickt  wurde ,  vereinigte  er  sich  »mit  den  Bürgern  von  Berkri, 
die  Owfmanik  genannt  werden««.^  Asot  Arcrowni  kämpfte  gegen  die 
»Küstenbewohner,  die  Owt'matik  heißen  und  die  sich  in  der  unnahbaren 
Festung  Aniiwk  verschanzt  hatten«.*  'Utmäniden  hatten  den  Rstom  Varaz- 
nowni  getötet.  Als  es  schließlich  zwischen  den  'Utmäniden  und  Asot  Arc- 
rowni zum  Kampfe  kam,  eilte  'Isä  »auf  Ersuchen  des  Herrn  von  Manawa- 
zean*  und  der  'Utmäniden  herbei«"  (im  Texte  nL.p-Jiubuigb).  Die  'Utmäniden 
waren  nach  Süden  vorgedrungen ,  hatten  das  Gebirge  Varag  besetzt  und 
dort  Festungen  gebaut,  sogai*  die  Mönche  vonSowrb  Xac  mußten  ihnen  Steuern 
zahlen,  bis  Asot  sie  befreite.  Nach  allen  diesen  Angaben  der  Zeitgenossen 
und  Augenzeugen  Tovmas  darf  man  nicht  die  Qajsiden  mit  den  'Utmäniden 
für  identisch  halten.  Natürlich  vereinigten  sich  alle  diese  IMohammedaner, 
als  es  sich  um  die  V^ertilgung  der  armenischen  Fürsten  handelte';  ob  sie 
Araber  oder  Perser  waren,  kam  dabei  nicht  in  Betracht.  Außer  diesen 
großstädtischen  Kolonien  und  Stämmen  werden  noch  folgende  mohammeda- 
nische Kolonien  erwähnt. 

9.  Ahmaf(d).  Sohn  Halfs,  den  die  Armenier  sich  vom  Xalifa  zum 
Ostikan  erbaten,  besaß  das  Hafenstädtchen  Datowan.**  Die  Perser  herrschten 
nach  Konstantin  Porphyrogennetos"  in  den  Städten  und  Gauen  10.  Xct^lar 
=  Xlat,  1 1.  'A^o-«  =  Aröes,  12.  Ttß^  =  Dowin  =  Dabü,  13.  Xe^t  =  Her, 
14.  XaXaixdg  =  Salmast,   15.  Xcc^xä  =  Hark,  16.  Ko^yj.'" 


1  Vgl.  Wüstenfeld,  Tabellen  1,1. 

2  Lew.  c.  34.     Balad.  p.  T  N  ♦ . 

3  tovma  III,  13,  197. 

*  Ebenda  S.  214,  c.  18. 

*  Die  im  Texte  stehenden  Wörter  J^^uAiuoujj  A-uA  und  |^ ^uÄu*^o«Ä^uiZ» 
haben  keinen  Sinn.  Diese  alte  fürstliche  Familie  wohnte  im  Norden  von  Yansee  im 
Gau  Hark  (vgl.  M.  Xor.  I,  12,  26);  dieses  Gebiet  gehörte  auch  den  Mohammedanern, 
wie  wir  unten  sehen  werden. 

^  Tovma,  ebenda  S.  215. 
7  Ebenda  c.  19 ,  S.  218  f. 
^    Ebenda. 

9    De  Adm.  Imper.  43,  p.  191  xtX. 

10  De  Adm.  Imper.  c.  44,  p.  194  xtX.  Es  bleibt  dahingestellt,  soweit  es  oben 
nicht   besprochen    ist,    ob    diese  Kolonisten    wirkliche    Perser   oder   aus   Adarbajgän 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  123 

10.  Ebenso  war  die  Stadt  Naxijewan  =  Nasawä  =  Naxuana  schon 
längst  den  Mohammedanern  verloren  gegangen.  Unter  Asot  1.  spielte  der 
Amir  von  Naxijewan ,  Abraham,  eine  gewisse  Rolle.  Er  besiegte  diejenigen 
Arcrownier,  die  Cowas  und  Tof-nawan  geplündert  hatten,  und  wurde  während 
dieses  Kriegszuges  von  den  Einwohnern  von  Berkri,  also  von  'Utmäniden, 
unterstützt. '  Als  Bula  nach  Samarra  zurückkehrte,  setzte  er  diesen  Abraham 
=  Abrahim  zum  Chiliarchen  und  Aufseher  von  Armenien  ein.''  Außer  diesen 
Städten  waren  Bajlaqän,  Müqän,  Marand  und  ihre  ganze  Umgegend  von 
den  Arabern  oder  Persern  bewohnt.  Viele  andere  in  Armenien  selbst  liegende 
Städte  hatten  mohammedanische  und  christliche  Bewohner,  wie  z.  B.  Ar- 
zangän.^ 

C.    Die  Wälis  von  Armenien  und  Asot  I. 

Sowohl  unter  den  Umajjaden  wie  auch  unter  den  'Abbäsiden  hat  die 
Provinz  Arminijä  zuweilen  eigene  Wälis  gehabt,  zuweilen  aber  ist  es  mit 
Mesopotamien  oder  Atropatene  oder  mit  beiden  zusammen  einem  Wäli  an- 
vertraut worden.  Mit  der  eigentlichen  Verwaltung  des  Landes  haben  diese 
Wälis  sich  nicht  abgegeben,  weil  jeder  Isxan  sein  Gebiet  selbst  verwaltet 
hat.  Sie  haben  aber  dafür  gesorgt,  daß  die  Steuer  pünktlich  bezahlt  wird. 
Die  Wälis  sind  in  erster  Reihe  Behüter  und  Beschützer  des  Landes.  Ihre 
Aufgabe  ist  gewesen,  die  inneren  Aufstände  zu  unterdrücken  und  die 
äußersten  Grenzen  des  Reiches  gegen  die  Einfälle  der  Nachbarvölker  zu 
schützen.  Sie  sind  öfters  selber  offensiv  vorgegangen,  sei  es,  um  sich  an 
den  Reichtümern  der  Nachbarvölker  zu  bereichern  und  sie  zu  bestrafen,  sei  es. 
um  neue  Eroberungen  zu  machen.  Auf  allen  ihren  Kriegszügen  im  In-  und 
Auslande  haben  sie  die  Hilfe  der  armenischen  Truppen  öfters  in  Anspruch 
genommen.  In  der  Zeit  Asots  werden  folgende  Gouverneure  von  Armenien 
erwähnt. 

1.  Bulä  ließ  im  Jahre  853  bei  seiner  Rückkehr  den  Amir  von  Naxi- 
jewan Abrahim  oder  Abraham  als  »Chiliarch  von  Armenien  und  Auf- 
seher der  königlichen  Steuern«  im  Lande  zurück.*  Wie  lange  dieser  im 
Amte  blieb,  wissen  wir  nicht  genau. 

2.  Uns  ist  nur  bekannt,  daß  Musta'in  im  Jahre  248  im  Monat  Ra- 
madan =  862  Oktober  bis  November  den  Aliben  Jahjäal-Armani  zum 
Wäli   von  Armenien    ernannte.-^      'Ali    blieb    in    diesem  Amte  ein  Jahr;    im 


und  sonstigen  Provinzen  des  Reiches  zugewanderte  Araber  waren.  Wahrscheinlich 
wohnten  Perser  und  Araber  zusammen  und  bildeten  das  mohammedanische  Element 
dem  christlichen  gegenüber. 

1  tovmalll,  13,  195. 

2  Ebenda  11,  191,  vgl.  196. 

'    Qazwini,  Kosmogr.  II,  WN    . 

*    tovmalll,  11,  191. 

6  Tab.  III,  3,  N  ö  ♦  A  ,  JAt.  VII,  IN,  St.  Asohk.  II,  2,  110.  Oben  wurde 
schon  bemerkt,  daß  die  Ernennung  Asots  zum  Fürsten  der  Fürsten  mit  dem  Walijat 
'Alis  nicht  zusammenfällt,  sondern  diesem  ein  Jahr  vorangegangen   sein  muß.     Ent- 


124  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Jahre  863   wurde    er   in    einem    Scharmützel  von    den  Byzantinern  getötet.^ 
Sieben  Jahre  lang  hören  wir  wiederum  nichts  von  einem  Wäli. 

3.  Erst  im  Jahre  256  =  870  wird  vom  Xalifä  Mu'tamid  'alä-AUähi 
'Jsä  ben  as-Öaj%  as-§ajbäni  zum  Wäli  von  Armenien  ernannt.^  Von  seinen 
Taten  wurde  oben  berichtet  (s.  vSajbäniden).  Als  er  zweimal  gegen  den 
von  ihm  selbst  eingesetzten  rebellischen  Amir  von  Partaw  Jamanik  =  Jama- 
niden  zu  Felde  zog  und  schließlich  erfolglos  nach  Ämid  zurückkehrte,  verlor 
er  seine  Autorität  in  Armenien  wohl  schon  vor  dem  Jahre  879. 

4.  Inwieweit  die  armenischen  Isxans  sich  vom  Hofe  des  Xalifä  Mu'- 
tamid unabhängig  fühlten  und  waren,  sieht  man  daraus,  daß  der  oben  er- 
wähnte Jamanide,  der  Amir  von  Partaw,  schriftlich  die  armenischen  Fürsten 
bat,  ihn  zum  Inspektor  von  Armenien  zu  erwählen,  was  die  armenischen 
Fürsten  nicht  beachteten,  weil  er  sie  vernichten  wollte  und  da  er  auch 
ein  Rebell  war.  Dagegen  baten  sie  einstimmig  den  Xalifä,  ihnen  Ahmat, 
den  Sohn  Halts,  als  Aufseher  =  verakacow  zu  geben.  Mu'tamid  leistete 
ihi-er  Bitte  Folge,  und  als  Ahmat  nach  Datowan  kam,  gingen  ihm  die 
armenischen  Isxans  und  die  arabischen  Amire  entgegen.  In  den  Reihen 
dieser  Fürsten  erwähnt  Tovma  namentlich  die  Arcrownier  Derenik^,  Gagik 
und  zwei  Grigors,  den  Fürsten  von  Taron  Asot  «ou^o;r«X«Ty;<?,  »den  Fürsten 
von  Armenien«,  Mowsel,  den  Fürsten  vonMokk,  Sapowh,  den  Bruder  des 
Fürsten  der  Fürsten  und  von  den  Mohammedanern,  Aplbaf"  Kajsik  und  an- 
dere, die  nicht  genannt  werden.  Alle  diese  Landesherren  kamen  ihm  mit 
Truppen  und  Geschenken  entgegen  und  wollten  ihn  nach  Dowin  be- 
gleiten ,  wo  er  seinen  Wohnsitz  aufschlagen  sollte.  Ahmad(t)  und  Aplbaf- 
schmiedeten  schon  unterwegs  den  \'ernichtungsplan  der  armenischen  Fürsten, 
und  in  diesem  Sinne  schrieben  sie  an  Jamanik  in  Partaw.  Der  von  Tovma 
angegebene  Teil  des  Briefes  lautet:  »Wenn  ich  (Ahmat,  Sohn  Half«)  in 
Dowin  einziehe  und  mir  die  königlichen  Steuern  aneigne,  mache  ich  die 
armenischen  Fürsten  vertrauensselig,  damit  sie  zu  mir  kommen.  Du  sammle 
Truppen,  um  angeblich  gegen  mich  zu  kämpfen,  und  ich  werde  mit  Dir 
vereinigt  Hand  an  diese  legen  und  sie  ausrotten«.*  Asot  Bagratowni,  Fürst 
der  Fürsten  aber  ließ  alle  Wege  und  Pässe  bewachen ,  um  hinter  die  heim- 
lichen Pläne  des  neuen  Aufsehers  zu  kommen.  Er  wurde  inzwischen  vom 
Komplott  der  Mohammedaner  benachrichtigt.  INIan  teilte  ihm  sogar  mit, 
wieviel  Boten  und  mit  welcher  Art  Pferden  beritten  einen  in  einer  Melone 


weder  ist  'AU  im  Jahre  861  auf  Befehl  Mutawakkils  von  Syrien  aus  nach  Armenien 
gekonniien,  um  Asot  zum  Fürsten  der  Fürsten  zu  proklamieren,  oder  er  ist  von 
Mutawakkil  als  ein  solcher  anerkannt  worden ;  aber  die  nötigen  Kleider  und  Geschenke 
hat  er  im  Jahre  862  im  Winter  oder  863  im  Frühling  unter  INIusta'in  bekommen, 
weil  Ja'qübi  das  Walijat  von  'Ali  ben  Jahjä  ins  Jahr  249  setzt  (p.  "V  ♦  ^  hist.). 
^    Tab.  S  0  ♦  ^  ,  Ja'qiibi  ob.  JA.  ob. 

2  Ja'qübi  p.  n  V  S ,  Tab.  S  A  i  ♦ ,  JA.  VII ,   A  o . 

3  Ps.  Tovma  schreibt  diesen  Namen  »Deranik»  und  glaubt,  daß  es  nL-jumfji^ 
fuhif^ftbiu^  ^  mbiuiLhl^  =z  «der  durch  Gelübde  von  Gott  Erbetene-  bedeutet  (IV,  3, 280). 

*    tovma  ITI,  19,  219—18. 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  125 

verborgenen  Brief  über  Apahownik  nach  Partaw  trügen,  und  seine  Leute 
ergriffen  diese,  nahmen  ihnen  den  Brief  ab  und  sperrten  sie  ein,  ohne 
irgendeinen  der  anderen  Fürsten  davon  in  Kenntnis  zu  setzen.^  Während- 
dessen intrigierten  die  ahnungslosen  Araber  und  Armenier  gegeneinander 
bei  dem  neuen  Chiliarchen  des  Landes.  Aus  diesem  Grunde  faßte  Derenik 
den  Asot,  den  Fürsten  von  Taron,  und  ließ  seinen  Schwiegersohn  Dawit 
vom  Ahmat  zum  Fürsten  von  Taron  ernennen,  wie  es  oben  gesagt  wurde. ^ 
Wie  es  scheint,  errieten  auch  die  übrigen  armenischen  Fürsten  ,  wie  /.  B. 
Mowsel  von  Mokk  und  Grigor,  der  Sohn  Vasaks ,  die  ihnen  drohende 
Gefahr  und  entfernten  sich  nacheinander  vom  Lager  des  Inspektors  von 
Armenien.  Trotz  alledem  kommt  Ahmat  mit  den  Truppen  der  Qajsiden 
nach  Dowin.  Hier  begrüßte  ihn  Asot,  der  Fürst  der  Fürsten,  und  brachte 
ihm  viele  Geschenke.  Als  er  aber  merkte,  daß  Ahmaf  sein  Vorhaben 
nicht  aufgeben  wollte,  befahl  er  seinem  Bruder  Abas,  dem  Feldherrn  von 
Armenien,  eines  Morgens  das  Zelt  Ahmats  zu  umzingeln,  als  dieser  auf 
seinen  Morgengruß  wartete.  Hierauf  trat  Abas  zu  ihm  ein  und  zeigte  ihm 
den  Brief,  den  er  an  Jamanik  geschrieben  hatte.  Ahmat  war  höchst  ül)er- 
rascht  und  glaubte,  daß  man  ihn  töten  wollte.  Abas  aber  schickte  ihn 
unter  der  Bewachung  und  Aufsicht  Sapowhs,  des  Sohnes  Asots ,  dorthin, 
woher  er  gekommen  war,  d.  h.  nach  Syrien.  Ebenso  wurden  die  Qajsiden 
entwaffnet,  und  unter  Hinterlassung  ihrer  Habseligkeiten  kehrten  sie  nach 
Apahownik  zurück.' 

5.  Erst  hierauf  hat  Mu  tamid  Muhammad  ben  Ishäq  ben  Kundäg'(iq) 
zum  Wali  von  Armenien,  Müsul  und  Dijär  rabi'ä  ernannt.*  Die  armenischen 
Historiker  kennen  Ihn  Kundäg'  nicht,  weil  dieser  in  Syrien  und  Mesopo- 
tamien in  die  Kämpfe  zwischen  den  Tulüniden  und  'Abbäsiden  so  verwickelt 
war  und  in  solchen  gespannten  Beziehungen  mit  seinen  konkurrierenden 
feindlichen  Nachbarn  stand,  von  denen  hier  nur  Muhannnad  Ihn  Abi  as- 
Säg',  der  spätere  Wali  von  Adarbajg'än ,  erwähnt  sei,  daß  er  an  Ar- 
menien nicht  mehr  denken  konnte.  Sein  Walijat  hat  wohl  gar  nicht  lange 
gedauert,  weil  alle  armenischen  Historiker  einstimmig  bezeugen,  daß  bald 
darauf  der  Sajbänide  'isä(i*)  die  königliche  Krone  dem  Asot  überbrachte. 
Wie  schon  erwähnt,  geht  dieser  Irrtum  auf  den  zeitgenössischen  Katol. 
Yohannes  zurück,  der  den  Sohn  mit  dem  Vater  verwechselte.  Schon  im 
Jahre  272  =  885  wurde  Kundäg'  aus  Müsul  vertriebenS  und  wie  es  scheint, 
haben  in  dieser  Zeit  die  Sajbäniden  wiederum  das  W^alijat  von  Armenien 
erhalten.    Auch  sonst  war  Ahmad  ben  'Isä  ben  as-Saj^  ein  Feind  des  Ibn 


1  Ebenda  S.  219. 

2  Ebenda  c.  20,  S.  219—221. 

3  tovma  III,  20,  222.  Dieses  Ereignis  fand  wahrscheinlich  im  Jahre  877/78 
statt,  d.  h.  nach  der  Rückkehr  'Isäs  nach  Aniid  und  vor  der  Ernennung  des  Ibn 
Kundäg   zum  Wali  von  Armenien. 

*  Im  Jahre  266  =  879  (ob.  Tab.  S  M  Y)  nach  JA.  VII,  MX  blieb  das 
Walijat  von  Armenien  bis  zum  Jahre  269,  in  welchem  "Isä  starb,  in  der  Hand 
dieses  Sajbäniden. 

5    Tabari  III.  4,   VN  »A. 


126  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Kundäg'iqS  welcher  seinem  Vater  so  oft  schmerzliche  Niederlagen  bei- 
gebracht hatte. ^  Im  Jahre  279  =  892  besetzte  er  die  Festung  Märdin,  die 
Muhammad  ben  Ishäq  ben  Kundäg'^  gehörte-  Man  ersieht  aus  dem  Obigen, 
daß  die  letzteren  Wälis  nur  nominell  diesen  Titel  trugen,  wenn  sie  keine 
Vertreter  in  Armenien  in  Dowin  hatten,  was  wir  aus  den  uns  überlieferten 
Angaben  nicht  konstatieren  können.  Allerdings  ist  Ahmad  ben  'Isä  ben  Sajy^ 
as-Sajbäni  niemals  Wäli  von  Armenien  gewesen,  aber  er  hat  sich  im  Süden 
von  Armenien  durch  seine  Eroberungszüge  am  meisten  bemerkbar  gemacht. 
Ebenso  sehen  wir,  daß  die  Wahl  dieser  Wälis  von  dem  Willen  der  ar- 
menischen Fürsten,  besonders  A^on  Asot  I.  abhing,  welcher  auch  ohne  wei- 
teres einen  solchen  absetzen  konnte,  wenn  er  ihm  gefährlich  erschien. 
Diese  Wälis  werden  meistens  »Aufseher«  oder  »Chiliarch  der  Steuer«  ge- 
nannt und  sie  sind  F^mpfänger  der  Steuern  des  Landes. 


D.  Die  Verwaltung  einzelner  selbständiger  Landesteile. 

Als  Fürst  der  Fürsten  war  Asot  I.  unter  den  anderen  Beherrschern 
des  Landes  noch  primus  inter  pares  oder  ^vie  Tovma  ihn  nennt  ^lujuui^ 
nui^iubumbuMfb^,  als  König  wurde  er  ihr  Souverän.  Wenn  auch  seine  ganze 
innere  Politik  die  Vei'nichtung  der  arabischen  Kolonien  und  die  Ver- 
schmelzung der  armenischen  Großfiirstentümer  durch  verwandtschaftliche 
und  politische  Bande  zum  Endziel  hatte  und  auf  die  Verschmälerung  der 
Rechte  der  Wälis  von  Armenien  gerichtet  war,  bis  diese  schließlich  nur 
Schatten  ihrer  mächtigen  \'orgänger  wurden,  so  hat  er  in  die  inneren 
Landesangelegenheiten  dieser  nach  Ibn  Wädih  al-l>.bahäni  ungefähi-  118* 
Isxans,  Amire  usw.  nur  dann  eingegriffen,  wenn  diese  die  rückständige 
Steuer  nicht  bezahlen  wollten,  oder  die  nötigen  Hilfstruppen  ihm  nicht 
sandten ,  oder  sonstwie  gemeingefährlich  wurden  und  seine  Hoheitsrechte 
nicht  anerkennen  wollten.  In  Friedenszeiten  dagegen  waren  alle  diese 
Machthaber  in  ihren  Besitztümern  völlig  unabhängig.  Sowohl  Asot  I.  wie 
auch  andere  Fürsten  verwalteten  ihre  Länder  in  erster  Linie  durch  ihre 
Angehörigen  oder  durcli  die  ihnen  unterworfenen  Oberhäupter  anderer 
kleinerer  Satrapien  =  Naxararowtiwns.  Diese  waren  mit  militärischer,  poli- 
zeilicher luid  richterlicher  Gewalt  versehen.  In  der  zweiten  Hälfte  des 
IX.  Jahrhunderts  erst  fangen  die  Großtürstentihner  an,  ein  Beamtentum 
wesentlich  nach  arabischem  Muster  zu  bilden.  Die  neu  eroberten  Länder, 
die  sie  ihrem  Besitz  einverleibten ,  teilten  sie  in  Distrikte  =  gawai'-s  =  <.>X 
oder   eU-l*    und    stellten    hier   als   Verwaltungsbeamte    die    ifuit^iuiLui^iuß  = 


*  Ebenda   N  MV. 

*  Ebenda   T  N  V  i ,  von  diesem  Ahmad  wird  noch  später  die  Rede  sein. 
3  Ebenda   VNtV,  Ix-  HI,  ttV  usw. 

*  III,  19,  218. 

6  Jaqüt,  Geogr.  Wörterb.  I,  p.  TTV. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  127 

Gawaf-akals  ^=  ^j-jo^  =  Regierungspräsidenten  an.^  Fast  in  demselben 
Sinne  gebraucht  Tovma  das  Wort  n.nfih^tul^uti_  =  Gorcakal  =  Geschäfts- 
träger =  J^lc.^  Leider  haben  wir  keine  sonstigen  Angaben  über  das  Ver- 
waltungs-  und  Rechtswesen  unter  Asot  I.  Die  arabischen  Städtekolonien 
haben  ihre  Amire,  die  von  Tovma  entweder  Amiray ^  oder  Kalakapet  = 
Bürgemneister*  genannt  werden.  Diese  wurden  gewöhnlich  vom  Wäli  von 
Armenien  eingesetzt  und  liatten  aus  den  angesehenen  Bewohnern  der  Stadt 
eine  ratgebende  Versammlung  (Kollegium)^  zur  Seite.  Die  arabischen 
Stämme  oder  die  in  Armenien  wohnenden  mohammedanischen  Geschlechter 
hatten  ihren  Saj%,  welcher,  wie  der  Isxan  der  Armenier,  das  Oberhaupt  des 
Stammes  war  und  sein  Gebiet  nach  seinem  Belieben  regierte,  und  wie  seine 
christlichen  Nachbarn  durch  List,  Trug  und  Gewalt  seine  Länder  auszu- 
dehnen suchte.  Auch  bei  diesen  Stämmen  ging  die  Herrschaft  vom  Vater 
direkt  auf  den  ältesten  rechtlichen  Sohn  über,  welcher  mit  seinen  übrigen 
Brüdern  seine  Erbschaft  verwaltete  oder  zu  demselben  Zweck  'Amile  an- 
stellte." Alle  armenischen  Isxanats  hatten  ihre  Archive  =:  ij^\tL.iuU  =  jl  y.5, 
die  bis  zur  Zeit  der  Araber  in  den  Hauptstädten  der  Steuerkreise  =  Pro- 
vinzen sich  befanden ,  später  aber  wahrscheinhch  nach  Dowin  verlegt  wurden. 
Hierüber  haben  wir  leider  keine  bestimmten  Angaben.'' 


E.  Das  Münz-  und  Steuerwesen  in  Armenien  und  Asot  I. 

Nach  KafoL  Yohannes  wurde  schon  im  Jahre  861/62  dem  Asot  mit  dem 
Titel  "Fürst  der  Fürsten«  auch  die  Steuerverwaltung  des  Landes  anvertraut.^ 
Es  scheint  auch  sehr  wahrscheinlich,  daß  Asot  dieses  Amt  »eines  Chiliarchen 
der  Steuer  von  Armenien«  bis  zum  Jahre  870,  d.  h.  bis  zur  Ernennung  'Isäs 
zum  Wäli  von  Armenien  ausgeübt  hat.  Steuereinnahme  war  um  diese  Zeit 
fast  das  einzige  Hoheitsrecht  des  Xalifä.  Bevor  wir  zum  Steuerwesen 
selbst  übergehen,  ist  es  notwendig,  erst  einen  Blick  auf  die  in  Armenien 
gebräuchlichen  Münzen  zu  werfen. 

Es  ist  schwer,  genau  zu  bestimmen,  was  für  Geld  die  Armenier  im 
Anfang  der  Ai-aberherrschaft  in  Armenien  gebi-aucht  haben.®   So  viel  steht  aber 

1  Vgl.  z.B.  tovma  III,  15,  209;  20,  225. 

^  Ebenda,  denselben  Sinn  hat  auch  das  Wort  ^.nph^tul^mn ^  Tovma  III,  20, 
221,  ebenso  wie  mit  Gawarakal  das  Wort  ^«it-ui/Luii^Ä^in  =:  Gawarapet  identisch  ist, 
vgl.    Tovma    ob.    S.  228    q^iuLiufnuiulrtn    uonuin.inL.ju, 

2  Ebenda  III,  13,  195  usw.     Amiray  von  Naxijewan  Abraham. 

*  Ebenda  14,  203.  Bsir  und  Züri  von  Theodosiopolis ,  kalakapet  von  Tiflis, 
Jamanik,  fealakapet  von  Partaw,  tovma   ebenda  19,  218. 

^  tovma  ebenda. 

6  Ebenda  20,  221. 

■'  Vgl.  ZfAP.,  II,  1,  S.  53. 

8  K.  Yoh.  c.  1,  S.  173;  vgl.  tovma  III,  14,  206. 

9  Lew.  c.  41,  p.  167;  c.  28,  p.  127  f. 


128  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

durch  Lewond  fest,  daß  die  syrischen  Dirhams,  die  sogenannten  Zowzes  =: 
ani-qk  =  llol^  um  diese  Zeit  und  noch  später  bis  zur  Zeit  Harun  ar-Rasids 
in  Armenien  noch  im  Kurse  waren. ^  Die  armenischen  Historiker  dieser 
Periode  bezeichnen  die  Geldstücke  mit  den  Worten  1.  q-fnutP  ^=  Dram  und 
2.  q-tu^hli^utb  =rr  Dahekau.  Von  diesen  Wörtern  bedeutet  das  erstere  jetzt 
Geld  im  allgemeinen,  das  zweite  wird  im  Sinne  des  türkischen  Ghuruss 
gebraucht.  Bei  den  armenischen  Historikern  der  arabischen  Periode  be- 
zeichnete das  erste  Wort  Dram  =  A^ct^ucc  =  Drachme  =  ^JJ)  (pers.- arab.) 

Silbermünze,  dagegen  das  zweite  Dahekan  =  pers.  ^ls>*J  :=  Syiuc'c^iov  = 
jU  j  ^  Solidus  =  Dukatgoldmünze.  (Das  lateinische  Denarius  ist  etymo- 
logisch ähnlich  dem  persischen  ctiej  =  jjl^.i,  welches  Wort  10  eins  = 
10  Dirhams  bedeutet.)  Obgleich  die  Araber  schon  unter 'ümar  die  Dirham- 
prägung  von  den  Persern  entlehnten ,  so  blieb  doch  dieselbe  bis  zur  Zeit 
'Abdu'l  Maliks  ben  Mrwän  noch  sehr  primitiv.  Die  Münzstücke  waren 
äußerlich  grob  und  mit  unregelmäßigem  Rande.  Der  eigentliche  Begründer 
des  arabischen  Münzwesens  'Abdul  Malik  ließ  erst  im  Jahre  76  H.  schön  ge- 
formte Dinars  und  Dirhams  prägen.'  Unter  ihm  und  während  der  Herrschaft 
seiner  Nachfolger  wurden  in  verschiedenen  Provinzen  des  Araberreiches 
Münzen  geprägt.  Eine  von  den  ältesten  Münzen,  die  je  von  den  Arabern 
in  Armenien  geprägt  worden  sind,  befindet  sich  im  Asiatischen  Museum  der 
Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Petersburg.  Dieser  Dirham 
trägt  auf  einer  Seite  die  Worte:  <J^jl  *Aj4ll  1-^  ^j^  ^^  (*~^*  ==  "I™ 
Namen  Gottes  ist  dieser  Dirham  in  Armenien  geprägt-.  Das  Britische  Mu- 
seum besitzt  einen  anderen  fast  ebenso  alten  Dirham  aus  dem  Jahre  101  H. 
Dieser  hat  Avers  <U«  aI«.  <ji**jl,  Revers  A^i  -^  In  Armenien,  Jahr  lUl.^ 
Es    ist  leider  nicht  bestimmt,    ob  diese  Dirhams   in   Dabil,    in  Nasawä  oder 


1  Vgl.  z.  B.  The  Chronicle  of  Josliua  the  Stylite,  ed.  W.  Wriglit,  Cambridge 
1882,  p.  10,  U. 

^   hew.  ob. 

3  Vgl.  Abu  Muhammad  al  -  jNlaqrizi.  Traite  des  monnaies  nmsulmanes,  traduit 
par  S.  de  Sacy,  p.  17;  s.  hier  den  Unterschied  zwischen  mekkan.  und  syr.  Maß 
und  die  Schwere  der  Münzstücke.  Vgl.  Reiskes  Briefe  über  das  arabische  Münz- 
wesen 19,  57  f  Das  Bild  dieser  Dirhams  s.  bei  A.  Müller,  Der  Islam  im  Morgen- 
und  Abendiande,  S.  396.   Vgl.  auch  Ehnakin  bei  Reiske  ob.  S.  13  f    Dieses  wichtige 

Buch  al-Maqrizis  trägt  den  Titel  ^y^\  y  i  ,j  .2_^1  .iJ-U-  ^llS. 

*  Fraehii.  Bulletin  Scientifique  publ.  p.  TAc^ad.  Imper.  des  Sciences  de  St-Peters- 
bourg,  t.  II,  p.  16.  J.  H.  Petermann,  De  ostikanis  arabicis.  Berolini,  p.  13.  Von  dieser 
letzteren  Arbeit  sagt  F.  Neve  mit  Recht:  »Je  n'y  ai  trouve  qu'une  seche  enumeration 
des  ostigans  arabes  d'Armenie  d'apres  les  auteurs  armeniens  Tschamtschean  et 
Indschidschean.«     Journ.  Asiat.  1847,  p.  431  N. 

6  Catal.  of  Oriental  Coins  v.  I,  p.  8.  Natürlich  irrt  sich  Reiske,  wenn  er 
behauptet,  daß  «unter  der  Regierung  der  Omajjaden  nirgends  anders  als  in  al-'Iräq 
arabische  Münzen  geprägt  worden  sind«   (vgl.  seine  Briefe  S.  100). 


TnoPDSCHiAN:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  129 

in  Barda' a  geprägt  worden  sind.  Unter  den  Umajjaden  wurden  auch  die  so- 
genannten Xalidi-Dirliams  berühmt,  die  auf  Befehl  Hisam  heu  'Abdu'l  MaUks 
von  Xahd  ben  Abdu'lläh  al-Qasari  geschlagen  wurden.^  Bis  zur  Zeit  Mrwäns 
wurden  sie  in  Wäsit\  unter  der  kurzen  Regierung  dieses  letzten  Umajjaden 
in  Mesopotamien,  geprägt.*  Unter  der  Herrschaft  der  'Abbäsiden  wurde 
die  Schwere  der  Dirhanis  bedeutend  vermindert.^  Unter  al-Mansur  wurden 
die  sogenannten  Hasimi  Dirliams  in  Umlauf  gesetzt.  Unter  seiner  Herr- 
schaft wurde  auch,  soweit  es  bekannt,  die  älteste  abbäsidische  Münze  in 
Armenien  geprägt.  Von  diesen  Dirhams  besitzen  das  Britische  und  das 
Russische*  Museum  je  eins.  Das  ersteie  trägt  die  Schrift  auf  dem  Avers  «U--«j1j 
■^J  cA*'J^J  *^  '*--'  ^  Ii*  Armenien,  Jahr  143.'  Von  silbernen  Geld- 
stücken =  Dirhams  aus  Arran  =  Alowank  hat  das  Britische  Museum  eins 
aus  dem  Jahre  145  H.,  eins  aus  dem  Jahre  147  und  eins  aus  dem  Jahre  l.ö.ö.*' 
Von  den  in  Armenien  geprägten  Münzen  besitzt  das  Britische  Museum 
eine  (29)  aus  dem  Jahre  150,  eine  (30)  aus  dem  Jahre  152  und  eine  aus 
dem  Jahre  155.  Diese  letzte  wie  die  oben  genannte  albanische  aus 
demselben  Jahre    trägt   die  Schrift  auf  dem  Revers  ^  (^-^il      <>  ^/^l  ^ 

Weiter  besitzt  das  Britische  Museum  4  Silberdirhams  von  Mahdi  (89 
bis  92),  einen  aus  dem  Jahi-e  161,  auf  dem  Avers  steht  immer  das  Datum  und 
auf  dem  Revers  (^-^il  4jLU-1  [  U j  «Uf.  Ja\|  ^  ^\  \  Jj^j  -U5=  =  Muhammad 
ist  der  Prophet  Gottes,  Gott  segne  ihn  und  erhalte  ihn  wohl,  den  Xalifä 
al- Mahdi;  einen  aus  dem  Jahre  165,  einen  aus  dem  Jahre  167  vom  < J>-  cT, 
einen  aus  dem  Jahre  168  wiederum  von  demselben  Wali^,  der  schon  oben 
erwähnt  wurde.  Hiernach  sind  noch  in  Armenien  geprägt  worden  im  Jahre 
167/68  Dirhams  von  -üSl  A^  oder  ^1  ■A-P.''  'Ubajd'alläh  ist  der  Vorname 
Mamüns  und  entspricht  dem  Ovbedlay  iewonds  ^^\  des  Wälis  von  Armenien, 


1  Maqrizi  p.  27,  de  Sacy. 

2  Ebenda  S.  28.  Allerdings,  es  wurden  auch  von  anderen  Umajjaden  wie 
von  Walid  I.  im  Jahre  95,  von  Sulajman  im  Jalire  96/97,  von  'ümar  im  Jalire  100/101, 
von  Jazid  im  Jahre  102/3  Dirhams  geschlagen.  Vgl.  ZDMG.  39,  38  und  18  nach 
der  Jenenser  Kabinettsammlung. 

3  Vgl.  Baläd.,  p.  \^'\,  Mälik  VI,  p.  \  ^1;  IV,  12.  Sie  wogen  jetzt  2,97  g 
gegen  3,9  g  (s.  Kremer,  Kulturgeschichte    15,  Nr.  1). 

*  Vgl.  Petermann ,  De  ostik.  p.  13. 

5  Cat.  of  Orient.  Coins  v.  IX ,  p.  42. 

6  Ebenda  v.  I,  p.  39. 
f    Ebenda  p.  40  —  44. 

*  Cat.  of  Orient.  Coins.  ob.  Es  ist  wohl  hier  von  'Utmän  l)en  'Umärä  ben 
Xurajm  die  Rede,  und  demgemäß  muß  der  Punkt  über  dem  -r-  und  nicht  über  j 
stehen  (vgl.  z.  B.  Baläd.  p.  V  N  ♦.     Lewond   nemit  ihn  einfach  Otman   c.  39,  S.  160  f.). 

3  Fraehn.  Recesio  numorum  muhammedanorum  Acad.  Imp.  Scient.  Petrop.  p.  17, 
Nr.  162. 

w   Lew.  c.  41,  S.  166  ff. 


itt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  II.  Abt. 


130  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Georgien,  Albanien  und  Adarbajgän,  und  darum  ist  die  erste  Lesart  zu  ver- 
werfen. Dieses  Geldstück  erschien  nach  dem  Tode  Mahdis ,  welcher  nur 
runde  Dirhams  prägen  ließ.  Hierauf  schlug  der  Barmakide  G'afar  auf  Befelil 
des  Harun  ar-Rasid  die  sogenannten  al-Muhammadija -Dirhams.^  Schon 
Mämün  hatte  in  Xorasän  Rubäi-Dirhams  prägen  lassen.^  Unter  dem  Xalifat 
des  Harun  ar-Rasid  erschienen  in  Armenien  im  Jahre  186  Dirhams,  die  auf 

einer  Seite  die  Schrift  (j  XJ\ ,  auf  der  anderen  J«  j  tragen.^    Derselbe  Asad 

hat  auch  in  den  Jahren  184  und  192  in  Albanien  ^Münzen  anfertigen  lassen.* 
Weil  dieser  in  der  Reihe  der  Wälis  von  Armenien  nicht  erwähnt  wird ,  so 
ist  anzunehmen,  daß  er  von  seinem  Vater  (jlo^l  Jw^  (j-  J«Jr,  den  tewond 
|i>o^ui  z»/»'/^/'  \^1}hk\>  =  Ezid  Sohn  des  Mzde  nennt*,  zum  Amir  von  Albanien 
eingesetzt  worden  war.  Von  seinem  Sohn  Muhammad  ben  Jazid  haben 
wir  auch  ein  Geldstück,  einen  Dirham  aus  dem  Jahre  187.^  Auch  Xuzajmä 
hat  in  Armenien  und  Albanien  viele  Dirhams  geprägt.     Von  ihm  haben  wir 

einen  aus  dem  Jahre  189,  dieser  hat  auf  einer  Seite  (»jU-  ü  *^  y^  "od  auf 
der  anderen  Seite  *^ ^  ö  ^^•''  In  Arrän  hat  er  im  Jahre  188  nur  mit 
der  Schrift  ^'j)\^  (J/  <_/>-"*  versehene  Dirhams  schlagen  lassen,  seinen  ar- 
menischen ähnliche  dagegen  im  Jahre  189.^  Die  im  Jahre  191  von  ihm 
geprägten  Dirhams  tragen  nur  das  Wort  ^ y>-.^'^  Fraehn  erwähnt  noch  einen 
im  Jahre  193  in  Armenien  von  ^j  ^jf  ^  geprägten  Dirham."  Wahr- 
scheinlich ist  dieser  Jahjä  der  Vater  des  Fadl  ben  Jahjä,  des  Wäli  von  Ar- 
menien. ^^  Unter  Mämün  sind  noch  in  Arrän  in  den  Jahren  210  (von  'Ubajd'- 
alläh  ben  Jahjä)  •*  und  218  Dirhams  geprägt  worden.  Auch  in  Tiflis  sind 
im  Jahre  210  Kupfermünzen  erschienen.'*  Von  den  in  Armenien  geprägten 
Kuj^fermünzen  besitzt  das  Britische  Museum  '^  zwei  mit  folgender  Inschrift: 


1  Maqrizi,  p.  29ff. 

2  Ebenda  p.  30,  Nr.  60. 

3  Fraehn.  ob.  p.  28,  Nr.  210. 

*  Ebenda  p.  24,  Nr.  195.    de  Ost.  14.    Fr.  p.  1,  Nr.  244.    de  Ost.  15,  8. 

5  iew.  c.  41,  S.  166;  vgl.  Balad.  p.T  N  ♦. 

6  Fraehn.,  Bull.  Scient.  de  l'Acad.  de  St.  Petersb.  t.  1,  p.  102. 
'  Vorhanden  im  Berl.  Kgl.  Museum,     de  Ost.  14,  3. 

^  In  Petersburg  im  Kais.  Russ.  Museum  vorhanden,   Nr.  221;    Fraehn.  p.  30. 

9  Fraehn.  p.  56,  Nr.  227. 

10  Ebenda  p.  34.    Pet.  Mus.  Nr.  241;  vgl.  auch  Nr.  232,  p.  32  bei  Fraehn. 

11  Bull,  de  l'Acad.  de  St-Petersb.  t.  I,  p.  102. 

12  Vgl.  Baläd.  p.  V  N  ♦ ;  s.  hier  die  Reihe  aller  dieser  erwähnten  Wälis  von 
Armenien.  Auch  ohne  Datum  sind  in  Armenien  Dirhams  geprägt  worden;  s.  z.  B. 
Cat.  of  Orient.  C.    I,  p.  180  (39). 

lä  Cat.  of  Orient.  C.    v.  I,  p.  77  (272). 

'*  Bull,  de  l'Acad.  Imp.  1861,  t.  111,  p.  193. 

15  Cat.  of  Or.  C.    I,  p.  219  (151). 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  131 

I  J_j-j  1-U^  j  L^  t>  JU^I  I  (sie)  ^^  1  1/  liil  pjj  «As^j  I  aMI  V^  j  a!1  V 
4^jL  I  ^jJj^\  1-U>  ^j^  4)iJ1  *»-)      «Uli   »Es  gibt  keinen  Gott  außer  Gott  dem 

Einzigen.  Im  Namen  Gottes  auf  Befehl  des  Ishäq  ben  Muslim.  Muhammad 
ist  Prophet  Gottes.  Im  Namen  Gottes  ist  dieses  Geldstück  in  Armenien 
geprägt  worden.«  Eine  zweite  Kuj)fermünze  von  Ishäq  ben  Muslin  al- 
'Uqajli  trägt  vor  seinem  Namen  die  Worte   _a«V1  \/^\  =  der  Amir  befahl.^ 

Das  sind  die  ersten  Kupfermünzen ,  die  je  von  den  Arabern  in  Armenien 
geprägt  worden  sind.  Aus  allen  bis  jetzt  erwähnten  ist  ersichtlich,  daß 
die  Araber  in  Armenien  fast  ausschließlich  Silbergeld  geprägt  haben,  und 
daß  die  meisten  Prägungen  in  die  zweite  Hälfte  des  VIII.  Jahrhunderts, 
d.  h.  in  eine  Zeit  fallen,  in  der  nach  dem  Zeugnis  von  tewond  in  Armenien 
neue  und  reiche  Silberminen  gefunden  wurden.^ 

Uns  interessieren  hier  in  erster  Reihe  diejenigen  Geldprägungen,  die 
in  die  Zeit  Asots  fallen.*  Das  Britische  Museum  besitzt  einen  Silberdirham, 
welcher  im  Jahre  252  =  866  unter  Mu'tazz  in  Armenien  geprägt  worden 
ist.*  Weiter  besitzt  das  Britische  Museum  aus  der  Zeit  Mu'tamids  einen 
Dirham,  welcher  im  Jahre  267  erschienen    ist   und   folgende  Schrift   trägt: 

obv.  area.  1  ^1  Jt  -ULJlI  I  aWI  |  Jj^j  I  -U^  I  Äül  1  oJ^j  4A\  I  Vi  aII  V 
=  rev.  area.      aWI  ^^j^\      4  *-^^  V   »Es  gibt  keinen  Gott  außer  Gott  dem 

Einzigen.  Er  hat  keinen  Genossen,  al-Muwaffaq  billähi  (der  von  Gott  Unter- 
stützte, der  Beiname  des  Bruders  des  Xahfa),  Gott,  Mohammed  ist  Prophet 
Gottes,  Mu'tamid  'alä'Uähi«.  Im  Jahre  277  =  890  wurden  auch  in  Pai"taw 
Münzen  geschlagen.^  Muqtadir  prägte  in  Amid  und  Atropatene  Geld.^ 
Im  Jahre  248  =  862 ,  als  also  Asot  bereits  Fürst  der  Fürsten  war,  wurden 
in  Tiflis  Kupfermünzen  gepi'ägt.^  Aus  allem  diesem  ist  ersichtlich,  daß  die 
Araber  auch  unter  Asot  in  Armenien  Geld  geprägt  haben ,  und  daß  das 
arabische  Münzwesen,  sogar  die  Kupfermünze  in  Armenien  eingeführt 
war.  Von  Asot  selbst  aber  besitzen  wir  kein  Geldstück,  aber  wohl  nur 
durch  Zufall  nicht,  da  ja  nach  Maqrizi  die  Wälis,  die  Beherrscher  größerer 


^    Dieses  Wort  ist  sicher  ^y^\  zu  lesen. 

^    Vgl.  über  Ishäq  Baläd.  p.  V  •  1 ,  Y  •  ^   usw. 

3   Lew.  c.  37,  S.  155. 

*  Von  Asot  selbst  ist  mir  keine  Münze  bekannt.  Nach  Reiske  soll  La  Croze 
eine  Münze  mit  armenischer  und  arabischer  Inschrift  geschildert  haben  (vgl.  Briefe, 
S.  196);  wann  und  von  wem  diese  Münze  geprägt  worden  ist,  weiß  ich  nicht. 
Qazwini  berichtet,  daß  man  in  Tiflis  eine  Art  Dinar  prägte,  welcher  syrische  Schrift 
und  das  Bild  eines  Götzen  trug,  und  dieses  Goldstück  ein  Mitqäl  schwer  war 
(Kosm.  p.  r  i  A). 

6    Cat.  of  Or.  C.    v.I,  p.  121. 

6    Cat.  p.  130. 

'   Cat.  v.I,  p.  145. 

8    BuU.  de  l'Acad.  Imp.    1861,  III,  p.  123. 

9* 


1 32  Thopdschian  :    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

unabhängiger    Provinzen,    nach    dem    Tode    Mutawakkils    ihr    Geld    selbst 
prägten.  1 

Das  Steuerwesen.  Als  Habib  ben  Maslamä  im  Jahre  642  in  Ar- 
menien einfiel,  nahm  er  von  den  Bewohnern  der  eroberten  Städte  und 
Länder  Kopfsteuer  und  Steuern  (^y-J^j  *^ JrT  ^^^  T^^J^'^  ^'^^  ^^^ 
Steuerarten  unten).  Nur  der  Batriq  von  Vaspowrakan,  die  Besitzer  von 
Mokk  und  Wajs  =  Vayoc-Jor  gaben  ihm  Xaräg.^  Im  ersten  Vertrage  der 
Araber  und  Armenier  im  Jahre  B52  sollen  die  Araber  die  Große  der  Steuer- 
summe dem  guten  Willen  der  Armenier  überlassen  haben. ^  In  den  ersten 
Jahren  Mu'awijäs  (662/63)  bezahlten  die  Armenier  schon  500  Dahekan 
Steuern.*  Ilisäm  sandte  einen  besonderen  Beamten  namens  Herd  =;  ^^r"^ 
zur  Volkszählung,  um  die  Steuern  zu  erhöhen,  was  auch  geschah.^  Die 
gefürchtete  Kopfsteuer  führten  aber  mit  ganzer  Strenge  erst  die  Abbäsiden 
ein.  "Sie  nahmen  pro  Kopf  viele  silberne  Zowzes«®  oder  »Er  (Jazid)  führte 
im  Lande  Kopfsteuer  ein«.'  Man  teilte  das  ganze  Land  gleich  unter  der 
Herrschaft  der  ersten  Abbäsiden  in  Steuerkreise  und  setzte  in  jedem  Bezirke 
einen  höheren  Beamten  ein,  welchen  Lewond  »den  Befehlshaber  der  Steuer- 
oder »den  Steuerfordernden«  nennt.*^  Sie  werden  von  den  armenischen 
Fürsten  und  von  der  Bevölkerung  am  meisten  gehaßt  und  fallen  bei  einem 
Aufstand  zuerst  zum  Opfer. ^  Der  schon  oben  erwähnte  Sohn  Owsads  (Jazid) 
trägt   bei   Lewond    den   Titel    »Befehlshaber    der    Gerichtsbarkeit    und    des 

Steueramtes«  ^^  ^  ^niuifiubiuinuin      n.iuiniUL.nnnL[<rniub     hu      ^lun/iiuujui'^uib^nL^ 

ß-hiub    (die    niederen    Kreisinspektoren    heißen  =   '^piujiulßuiinuip    ^uip^uig. 
^uifil^^uiu^ut'^uih^).    Der  Nachfolger  des  Jazid  ben  Usajd  as-Sulami,  Bakär  ben 


1    Maqrizi  p.  33. 

"  Vgl.  Baläd.  X  •  ♦ .  Natürlich  hat  Baläd.  von  der  inneren  Entwiekelung  dieser 
Provinzen  keine  Ahnung  und  nennt  den  Arcrovvnier  hier  Batriq  von  Vaspowrakan, 
wie  er  in  seiner  Zeit  genannt  wurde. 

3    Seb.  c.  35,  S.  138. 

*  Es  ist  kaum  denkbar,  daß  diese  beiden  Angaben  richtig  sein  können. 
Dahekan  =  Dinar.  Die  Dinare  von  Harun  und  Männui  haben  nach  E.  Sachau  ein 
Gewicht  von  4,22  g  und  enthahen  etwa  4,12  g  Feingold,  das  übrige  ist  Legierung. 
"Soweit  also  der  Feingoldgehalt  von  Dinar  und  Krone  (Zehnmarkstück)  in  Frage  kommt, 
ist  ungefähr  IP  3  Mark  =  Dinar  und  ein  Dirham  =  ^'12  Dinar  =  97 Yß  Pfennig«  (nach 
as  -Säfü  und  Bugüri  II,  308,  27;  218,  34—36,  die  ein  Dinar  =  12  Dirham  setzen).  Hier- 
nach haben  also  nach  unserer  Goldwährung  die  Armenier  jährlich  583373  Mark 
Steuer  bezahlt.  Über  die  Geschichte  dieser  Münze  vgl.  H.  Sauvaire,  Materiaux  [)our 
servir  ä  Thistoii-e  de  la  numismatique  et  de  la  meti-ologie  niusulmanes  (Journal 
Asiat.  1882). 

5   Lew.  c.  17,  S.  101. 

c    Ebenda  c.  28,  S.  127  ff. 

-•  Ebenda  c.  29,  S.  130;  c.  34;  Stef).  As.  11,  4,  S.  131;  vgl.  auch  A.Müller, 
Die  Beherrscher  der  Gläubigen,  Berlin   1882,  S.  21. 

8  Lew.  c.  34,  S.  138/39. 

9  Ebenda  ob.  und  c.  41,  S.  167. 
w   Lew.  c.  28,  128. 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  133 

Muslim  al-'Uqajli  =  ^Ktu^iup  npq.lt  |] 'lu^t/ui^  \  führte  auch  für  Theodosio- 
polis  und  seine  Umgegend  die  Kopfsteuer  ein  und  stellte  viele  Geschäfts- 
führer :=  ^npS^uiijuip  =  'Ämil  an.^  Der  Historiker  dieser  Periode  tewond 
klagt  bitter  iiber  die  Steuerlast.  Die  Araber  nahmen  Kopfsteuer,  Grund- 
steuer und  Besit/.steuer.^  Als  unter  dem  Xalifa  Mahmet-Mahadi  =  Mahdi 
in  Armenien  Silberminen  entdeckt  wurden,  wurden  die  Steuern  noch  mehr 
erhöht;  aber  das  Land  war  imstande  sie  zu  bezahlen,  sagt  Lewond.*  Am 
weitesten  ging  ein  gewisser  Sowlayman,  welcher  »Fürst  von  Armenien« 
wurde  und  durch  seinen  Schwiegersohn  Ibn  Dowke,  einen  griechischen  Re- 
negaten, von  den  Armeniern  doppelt  soviel  Steuern  forderte.  »Er  ließ 
um  den  Hals  jedes  einzelnen  bleierne  Stempel  hängen  und  verlangte  für 
jeden  Stempel  viel  Zowzes."^  Durch  Ibn  Xaldüns  Steuerkatalog  steht  fest, 
daß  Armenien  mit  13000000  Dirhams  =  12531666  Mark  nach  unserer 
Goldwährung  besteuert  war  und  mußte  an  Rohmaterialien  20  Teppiche, 
200  Maulesel  und  30  Kisten  Zucker  geben.  In  der  Reihe  der  anderen 
36  Provinzen  des  arabischen  Reiches  Avar  es  ein  mittelmäßig  besteuertes 
Land.^  Die  Worte  des  Asot  Arcrowni  an  'Ala,  den  "Chiliarchen  der  Steuer«, 
daß  »er  in  einer  von  den  Städten  Armeniens  bleiben  solle,  bis  man  ihm 
die  Steuer  sende«'',  bezeugen,  daß  seit  dem  Anfang  des  IX.  Jahrhunderts 
die  Araber  wiederum  sich  mit  einer  Pauschalsunune  begnügten,  die  sie  von 
den  armenischen  Isxans  für  ihre  Länder  und  die  Bewohner  derselben  ein- 
nahmen. Unter  Asot  sehen  wir  als  »Aufseher  =  Verakacow  der  Steuer« 
Abraham.**  Auch  die  anderen  »Feldherren«  oder  »Aufseher«  sammelten 
Steuern  ein.^  In  der  ganzen  arabischen  Periode  ist  das  Steuei'zentrum  von 
Armenien  Dowin,  wie  dasjenige  von  Albanien  =  Arrän  Barda'a  und  das- 
jenige von  Gurzän  =  Georgien  Titlis  ist.^°  Nach  Mas'i'idi  bezahlten  auch 
Apxazen  und  die  Xazirk  bis  Mutawakkil  ihre  Steuer  dem  Amir  von  Tillis.^' 
Als  König   bekam  Asot   die    Steuern    aller   dieser   nördlichen  Länder^\    be- 


1  Ebenda  c.  33,  S.  1.36. 

2  Ebenda  c.  29 ,  S.  130. 

3  Ebenda  c.  33 ,  S.  135. 
*  Ebenda  c.  37,  S.  155. 
5  Ebenda  c.  41,  S.  167. 
ß    tovmall,  6,  111. 

■>    Ebenda  III,  11,   191. 

8  Ebenda  c.  18,  S.  215  und  c.  19,  S.  218  ff. 

9  Ebenda  19,  219.     Jäqüt  II,  oA. 

1"  Die  Steuerliste  Ibn  Xaldüns  stellt  den  Steuerertrag  der  Jahre  158  —  170  H. 
775 — 786  dar,  wie  es  Kremer  bewiesen  hat  (vgl.  Kulturgesch.  I,  267,  Nr.  1). 
Allerdings  muß  man  nicht  vergessen,  daß  gerade  um  diese  Zeit  die  Araber  von  den 
Armeniern  hohe  Kopfsteuer  nahmen  (s.  die  Übersetzung  dieser  Liste  bei  Hammer, 
Die  Länder\er\valtung  unter  dem  Xalifate  S.  39  ff.). 

11  ^ji^\  JJ>^J  w*-Ä!^  TTJy/^  ^1^1  ed.  Meynard  de  Courteille,  Taris 
1863,  t.  II,  65  (vgb  Jäqüt  II,  6  A). 

12  K.  Yoh.  c.  30,  S.  182. 


134  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

stimmt  aber  von  Georgien  und  Egeracik,  Gowgarü  und  Owti.^  Wieviel 
Steuern  Asot  erhob  und  entrichtete,  wissen  wir  nicht,  und  darum  sind  wir 
wiederum  auf  Vergleiche  angewiesen.  Nach  Qudämäs  Steuerliste,  die  den 
Steuerbetrag  der  Jahre  204  —  237  =  819  —  852  (?)  darstellt,  war  Ar- 
menien mit  4000000  Dirhams  besteuert.^  Er  rechnet  allerdings  sogar  Tarün, 
welches  mit  100000  Dii-hams  besteuert  war,  nicht  zu  Armenien,  so  daß, 
wenn  man  auch  die  Provinz  Arzan,  die  den  Zuräräs  gehörte,  Mijäfäriqin 
und  Tarün  als  armenische  Provinzen  betrachte,  die  ganze  Steuer  von  Ar- 
menien 8200000  Dirhams,  also  mindestens  4000000  Dirhams  weniger 
gewesen  sein  würde,  als  am  Ende  des  VIII.  Jahrhunderts.  Diese  Berechnung 
wird  durch  die  Steuerliste  Ibn  Xurdädbihs  ebenfalls  bestätigt.  Diese  Liste 
zählt  die  Steuerbeträge  der  Jahre  221  —  237  =  836  —  851 ;  Armenien 
ist  hier  mit  4000000  Dirhams  besteuert.^  Er  versteht  unter  Armenien 
G'urzän,  Arrän  und  das  ganze  Armenien.  Besondere  Provinzen  sind  Arzan 
und  Mijäfäriqin,  und  diese  bezahlen  4200000  Dirhams  Steuern,  während 
Tarün  nur  mit  100000  Dirhams  belastet  ist.*  Hiernach  wären  also  die 
ganzen  Steuern  von  Armenien,  die  letztgenannten  Provinzen  inbegriffen, 
8200000.  Also  nach  den  arabischen  Angaben  war  Arminijä  in  den  Jahren 
775  —  786  mit  13000000  und  in  den  Jahren  819  —  852  oder  836  —  851 
mit  4000000  bzw.  8200000  Dirhams  besteuert.  Wahrscheinhch  blieb 
es  auch  unter  Asot  so.  Wir  hören  keine  Klage  über  die  schwere  Last 
der  Steuer. 

Steuer  arten.     Die   ganzen  von  den  Arabern  aufgehobenen  Steuern 
kann  man  in  zwei  Klassen  teilen:    1.  <jj>-  =  tributum  capitis^  =  q-iJuiu^ 

'^uinL^  tfiunnui'^iunL  Und  2.  7:\^  =i  '>»"/'^  =^  tributum  soll.  'Umar  teilte 
seine  fremden  Untertanen  in  drei  Klassen  ein:  1.  die  Großgrundbesitzer  = 
Dihqäns,  die  auf  Pferden  ritten  und  goldene  Stempel  hatten,  mußten  jährlich 
pro  Person  48  Dirham  oder  4  Dinar  bezahlen";  2.  die  reichen  Kaufleute 
sollten  pro  Kopf  jährlich  24  Dirham  =  2  Dinar  und  3.  die  übrigen  jährlich 
12  Dirham  =;  1  Dinar  Kopfsteuer  beitragen.  Diese  Steuern  wurden  nur 
von  den  ün  reifen  Alter  befindlichen  Männern  erhoben.  Unter  Mu  äwijä, 
als  man  Armenien  nicht  für  eine  besondere  Provinz,  sondern  nur  für  einen 
Teil  von  Syrien  oder  Mesopotamien  hielt ^,  wurde  diese  Höhe  der  Kopf- 
steuer beibehalten.  Die  Größe  der  Grundsteuer  können  wir  annähernd  auf 
dem  Wege  der  Analogie  finden.  'Umar  befahl,  daß  man  für  ein  G'anb* 
Weingarten    10  Dirham,   für   einen   Garib   Zuckerrohr   6  Dirham    und   für 


1  Ebenda  c.  29,  177. 

2  Krenier,  Kulturgeschichte  I,  8.343.     Das  Werk  ist  nach  316  verfaßt. 

3  Qud.  p.  r  i  n  ,   VON    (vgl.  Ibn  Xurdadbih  p.  N  Y  t  =  95). 
*  Qudämä  ob. 

5  Vgl.  Caussin  de  Perceval,  Essai  sur  l'histoire  des  Arabes  III,  p.  408. 

«  Balad.  p.  X  V  N  ff. ,  Mäwardi  p.  T  i  o  ff",  ed.  Enger. 

^  Vgl.  z.  B.JA,  III,  p.  \l^. 

8  G'arib  =  *_^  y»  =  Cubitus,  400  Quadratmeter,  3600  Quadratellen. 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  135 

einen  Garib  Weizen  4  Dirhani  und  für  einen  Garib  Gerste  2  Dirham  erhebe. 
Nach  einer  anderen  Tradition  bei  Baladuri  werden  diese  Angaben  bestätigt 
und  noch  hinzugefügt:  »und  für  einen  Garib  Baumwolle  5  Dirham-'.^  Wollen 
wir  nicht  vergessen,  daß  hier  vom  fruchtbaren  Sawäd  die  Rede  ist,  das  nach 
der  Messung  Otmäns  ben  llunajf  al-Ansäri  36000000  Garib  groß  war. 
Mau  muß  auch  in  Betracht  ziehen,  daß  man  von  den  künstlich  bewässerten 
Gründen  5  Prozent  und  von  denen,  die  nicht  künstlich  bewässert  waren, 
10  Prozent  Steuer  erhob. '^  Weiter  nahm  man  unter  'Umar  für  jeden  Garib 
Fruchtbauni-  und  Palmengarten   10  Dirham^  Steuer. 

Unter  Mu'äwijä  ei-hob  man  folgende  Steuern:  1.  Kopfsteuer;  2.  Grund- 
steuer; 3.  Armentaxe  (von  den  Mohammedanern);  4.  Zehnte  (von  moham- 
niedanischen  Gründen);  5.  Handels-  und  Warenzölle;  6.  Naturallieferungen 
(der  unterworfenen  Völker);  7.  Tributleistungen  der  durch  die  Kapitulation 
eroberten  Länder  und  Städte;  8.  ein  Fünftel  a)  der  Kriegsbeute,  b)  des 
Ertrages  der  Minen  und  Bergwerke,  c)  des  Meeresantriebes,  d)  Zoll  der 
fahrenden  Ware  der  Muslimen,  der  Rajahs  und  der  feindlichen  Völker,  die 
des  Handels  halber  nach  mushmischem  Gebiet  kommen;  9.  Lösegelder,  die 
ohne  Abzug  in  den  Staatsschatz  fielen.*  Von  diesen  Tributen  wurden  in 
verschiedenen  Ländern  die  Gehälter  und  Löhne  der  Beamten  bezahlt  und 
verschiedene  Dotationen  gemacht.  Das  übrige  wurde  in  das  Staatsschatzhaus 
=:  JuJLII  JUlI  C^  »in  das  Schatzhaus  der  Muslimen.«  abgeliefert.  Das  be- 
deutet allerdings  nicht ,  daß  die  Provinzialkassen  leer  blieben ,  sondern  sie 
haben  zuweilen  ganz  große  Summen ,  bis  19  Millionen  Dirhams,  Überschuß 
enthalten. °  Mu'äwijä  hat  auch  das  Finanzwesen  von  der  übrigen  Verwaltung- 
getrennt  und  die  ersten  r-l^^i  »_-5>-l.ö  =  ^mp^uiuiui^ui^l^  =^  Steuereintreiber 
ernannt.  So  waren  die  Steuerverhältnisse  im  großen  und  ganzen  unter 
den  'Umajjaden.     Unter  den  !A.bbäsiden  Avurden  folgende  Steuern  erhoben: 

1.  Grundsteuer:  a)  nach  Vermessung  (As-Ll«),  d.  h.  für  jeden  Garib  mußte 
man  so  und  so  viel  bezahlen,  b)  nach  dem  Ertrage  («U—li«),  d.h.  einen 
bestimmten  Prozent  desselben  bezw.  eine  bestimmte  Summe,  c)  nach  festem 
Pachtvertrage  ('Üsllo),  d.  h.  große  oder  kleine  Länder,  Gaue,  Distrikte  usw. 
wurden  verschiedenen  Personen  geschenkt  oder  anvertraut,  unter  der  Be- 
dingung, daß  sie  entsprechende  Sununen  jährlich  in  die  Staatskasse  zahlten; 

2.  Vermögenssteuer;  3.  Zehnte  von  den  Schiffen;  4.  ein  Fünftel  vom  Ertrag 
der  Bergwerke  und  Weidegründe;  5.  Kopfsteuer;  6.  die  Taxe  des  Münz- 
hauses; 7.  die  Mautgelder;  8.  die  Taxen  für  Salzerzeugung  und  Benutzung 
der  Fischereien  (von  diesen  wird  noch  unten  die  Rede  sein) ;  9.  Steuer  für 
die  Benutzung  der  öffentlichen  Plätze,  Straßen,  Märkte  usw.;   10.  die  Steuer 


1  Baläd.  p.  Y  V  ♦ . 

2  Mäwardi  p.  Y  ♦  1 . 

3  Vgl.  diese  Steuerliste  mit  derjenigen  des  'AU  vom  persischen  'Iräq  und  Gabal. 
Abulfidä  I,  p.  432.     Länderverwaltung  S.  78. 

*    Kremer,  Kultuigesch.  I,  161. 

5    JA.  IV,  p.  N  N  ♦,  N  AV,  de  Goeje,  BVagm.  bist.  arab.  I,  p.  59. 


136  TnoPDScniAN:    Die  inneren  Zustünde  von   Armenien  unter  Asot  I. 

von  den  Mühlen  und  Fabriken;  11.  Luxus-  und  Konsumsteuer.'  Natürlich 
waren  diese  Steuerarten  im  VIII.  Jahrhundert  von  den  Abbasiden  auch  in 
Armenien  eingeführt,  aber  durch  fortdauernde  Aufstände  und  Proteste  der 
armenischen  Fürsten  wurden  sie  schon  im  Anfang  des  IX.  Jahriiunderts  auf- 
gehoben, und  an  ihre  Stelle  trat  wiederum  das  Muqata'ä-Sj^stem,  d.  h.  die 
armenischen  Fürsten  begnügten  sich  mit  der  Bezahlung  einer  Pauschalsumme 
an  die  Araber.  Sie  sind  aber  nicht  gänzlich  aus  dem  Lande  verschwunden. 
Wie  wir  später  sehen  werden,  haben  die  armenischen  Fürsten  einige  A"ten 
dieser  Steuern  in  ihrem  Interesse  beibehalten.  Oben  wurde  erwähnt,  daß 
Ali  ben  Jahjä  al- Armani  den  »Sak«  von  Armenien  und  »den  ganzen  könig- 
lichen Bekar«  Asot,  dem  Fürsten  der  Fürsten  anvertraute.  Was  diese 
Wörter  eigentlich  bei  Kaf.  Yohannes  bedeuten,  ist  schwer  zu  sagen.  So  viel 
ist  nur  sicher,  daß  er  mit  diesen  Worten  verschiedene  Steuerarten  be- 
zeichnen will.^ 


F.  Militärwesen  unter  Asot  I. 

Wie  die  gröiaten  armenischen  Isxanats  mit  verwandtschaftlichen  Bander 
Asot  an  sich  gefesselt  hatten,  so  sorgte  er  auch  dafür,  daß  die  höchsten 
politischen  vmd  militärischen  Posten  von  seinen  nächsten  Angehörigen  besetzt 
wurden.  Die  bagratidischen  Fürsten  von  Taron  hießen  jetzt  »Füi-sten  von 
Armenien  =  Y^^luiuL  *niinij«.^  Als  Asot  König  wurde,  verlieh  er  seinen 
Titel  «Fürst  d(n-  Fürsten  von  Armenien  =  '^^^fuui^t  ji^Juiuliuiyli  ^"ijng' 
seinem  Sohn  und  Thronfolger  Smbat.*  So  hat  Asot  auch  den  höclisten 
militärischen  Posten,  das  Amt  eines  »Sparapets  =  F'eldherrn  von  Armenien«, 
seinem  Bruder  Abas  anvertraut.''  Jeder  Fürst  war  eigentlich  der  oberste 
Feldherr  seiner  Armee,  führte  selbst  die  Truppen  und  hatte  seine  Offiziere 
=  Sepowhs  und  Befehlshaber,  aber  aui3er  Asot  I.  hatte  keiner  von  ilinen 
einen  Sparapet.  Alle  anderen  Offiziere  standen  im  Kampfe  unter  dent 
Sparapet. 

Das  ganze  armenische  Heer  war  zuerst  in  Reiterei  =  Xfimi^nft^  und 
Fußvolk  :=  ^hutlinui^  eingeteilt.  Diese  letztei'en  waren  in  erster  Reihe 
Großschildträger  =  ilui^iubuiLnfi^  '^/•uitrLiuf^uijf  und  Schwerbewaffnete 
=;  uuiuin.uin^'b^.  Sie  standen  in  jeder  Schlacht  in  der  ersten  Reihe  vor 
allen  Truppen  und  schützten  sie  wie  eine  eiserne  bewegliche  Mauer.  Hinter 
diesen  verbargen  sich  die  Infanteristen,  die  alle  gepanzert  waren  imd  in  fol- 


1    Krenier,  Kulturgesch.  S.  278. 

^  Vgl.  besonders  c.  31,  S.  203;  hiervon  nocii  später;  vgl.  in  diesem  Sinne  auch 
bei  Sebeos  c.  35,  S.  138. 

3    Vgl.  tovma  m,  20,  220.  19,  218  usw. 

*  K.  Yoh.  c.  30,  S.  181.  Die  arabische  Form  dieses  Titels  lautet  A^\  j^\ 
=  pers.  (jl  j^  ,>•  =  'Ap;)^w  t-jv  äc;^^^«^  r=  türk.  Beklerbegi,  welcher  Titel  bis  heute 
in  der  Türkei  noch  üblich  ist. 

^   K.  Yoh.  C.30,  S.  182  usw.     tovma  Hl,  20,  222. 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  137 

gende  Waffengattungen  eingeteilt  wurden:  1.  Lanzenträger  ^=:'lijiquilj^iuLnft^. 
2.  Bogenschützen  =  uiqlri^iiuLnp^;  diese  Schützen  spielten  im  Kampfe  gegen 
die  leindliclie  Kavallerie  in  dieser  Zeit  dieselbe  Rolle  wie  die  heutigen  Füsi- 
liere. 3.  Salar-gowndlt;  diese  sind  entweder  a)  Solokämpier  =^  uiuijiuft^ 
ilfttufbunIiuninfiLo,  d.  h.  solche  Krieger,  die  bis  zum  Handgemenge  in  Reserve 
gehalten  werden  und  während  desselben  in  Einzelkänipfen  sich  auszeichnen, 
oder  b)  solche  SalarK,  die  zur  Rekognoszierung  und  zum  Überbringen  der 
Befehle    imd    sonstiger    Nachrichten    verwendet   werden  =  uiuqmp^   unL[i^ 

^UnilLIUUlUQ,  ' 

Wie  die  Reiter  waren  auch  ihre  Pferde  schwer  oder  leicht  geharnischt. 
Die  Schwerbewaffneten  trugen  Panzer  =rr  ^m^  =  .3jj  P-j^,  welcher  ans 
folgenden  Teilen  bestand:  1.  dem  uuiquiuiufiut  =  Helm,  Kopfbedeckung. 
"2.  dem  piuauiuili  =  Armbinde,  Armbedeckung,  3.  dem  qiubq.iuuiuib  oder 
tutu^uf^ui'liiu/i  piapAfiß  =  Hüftenbedeckung  ^  4.  den  Schuhen.  Ein  schwer- 
Ijewaffneter  Soldat  wie  Asxef  war  vom  Scheitel  bis  zur  Sohle  mit  Eisen- 
platten bedeckt  und  liatte  nur  ein  Auge  offen.'  Es  gab  also  auch  Panzer- 
hemden, die  bei  den  Armeniern  um  diese  Zeit  aus  Rücken  und  Brust  be- 
deckenden eisernen  Platten  bestanden  =  f3-filihuiiniu'^.  lui^i^iuj^m'^.  I^^ii^^iu^iuf^ 
Als  Waffe  hatten  sie  1.  den  Schild  --=  .[ui^ull.  ^  -j:>m  =r  hebr.  ]?r-  auf  dem 
Rücken.  Die  Form  dieses  Schildes  war  gewöhnlich  kreisförmig,  platt 
oder  erhaben,  es  kamen  aber  auch  Ovalformen  vor.  Wie  die  großen  Schilde 
der  Infanteristen  waren  auch  die  kleinen  der  Kavalleristen  von  Holz  und 
entweder  mit  dicken  oder  dünnen  kupfernen  oder  eisernen  Platten  be- 
schlagen udev  mit  dicken  Tierhäuten  und  vielen  eisernen  Nägeln  versehen. 
Ein  einfacher  Schild  kostete  in  der  Zeit  Mohammeds  ein  Dinar.  Außer 
dem  Schild  trugen  die  Kavalleristen  2.  ein  Schwert  am  Gürtel  =  untjihp^ 
unLf,  3.  eine  Lanze  in  der  Hand.  Wie  die  Araber  unterschieden  auch  die 
Armenier  kurze  und  lange  Lanzen.  Während  die  letzteren  aber  mit  dem 
Wort  ^ifiqiuli  =  Nizak  lange  Lanzen  bezeichnen,  bedeutete  dagegen  das 
entsprechende  Wort  bei  den  Arabern*  JljJ^  .  bei  G'auhari  sogar  ^J-  ,  einen 
kurzen  Wurfspeer.*  Diese  W^nfte  heißt  bei  den  Armeniern  Aste  =  m^^. 
Berühmt  waren  bei  den  Arabei-n  die  sogenannten  Xatti-,  Samhari-,  Rudini-, 
Himjari-  und  Zaibi-Lanzen.  Die  Bogenschützen,  die  sowohl  der  Reiterei 
wie   auch    dem    Fußvolk    angehören    konnten,     hatten    1.   luqhq^^  Bogen 


1  tovma  m,  1,125. 

2  K.  Yoh.  S.  390.     Bei  den  Egeracik  waren  alle  diese  Panzerteile  aus  Eisen. 
K.  Yoh.  c.  63,  S.  402. 

3  tovma  in,  9,  174. 

*  Tahdlb  alasmä'  (s.  Schwanzlose,  Die  Waffen  der  alten  Araber,  Leipzig  18B6, 
S.  356). 

5  Schwartzlose,  S.  212;  vgl. Wüstenfeld,  Das  Heerwesen,  Kapitel  ^jW*.li  U 


1 38  Thopdschian  :    Die  inneren  Zustände  von  Ai-menien  unter  Asot  I. 

=  ^j9  =  hebr.  ni;;;  und  2.  Pfeile  =  'hbm  =  *4— ,  JLJ  (die  persischen 
^_juLi)  in  einem  dazu  bestimmten,  vorn  hängenden  Sack  =  ^uiuiuin.h2^  =z 
c->Li«.     Mohammed    empfahl    besonders    diese  Schützen,    mit  Schwert    und 

Lanze  versehen,  gegen  die  Ungläubigen  zu  gebrauchen.^  Fast  alle  diese 
Waffenträger  hatten  eiserne  oder  kupferne  Gürtel  und  goldene  und  silberne 
Schmucksachen. 2  Vom  Gebrauch  der  Kriegswagen  =  Kafk  =  ^uin.^  = 
Ka^^oyoi'  =  Charroi  haben  die  Armenier  keine  Ahnung.  Von  sonstigen 
Waffen  werden  noch  verschiedene  Arten  Schwerter  erwähnt:  1.  tfuinp  = 
Wair  oder  W^akowr  =  ilui^nLp  =  pers.  wohl  »^  J ,  der  ursprünglich  länger 
und  breiter  war  als  ein  Dolch  =  ij-iu^njü;  eine  ähnliche  Art  des  Schwertes 
war  auch  Sakr  =^  uiul^p ,  welches  Wort  die  Mechitharisten  zu  Unrecht  mit 
dem  persischen  jyt>[^  identifizieren.  Weiter  erwähnt  Tovma  2.  Sowin  = 
Ttßvi'y},  (Tuvviov  =  Biwak,  3.  iniuuimn  r=  Tapar  =  arab.  JJs»  =  Beil,  4.  ^i»- 
^tu^iuli  ==  arab.  jy>^(?)  =  Streitkolben. ^ 

Wie  die  Reiter  waren  auch  die  Pferde  der  Schwerbewaff"neten  völlig 
mit  Eisenplatten  bedeckt.  An  Stelle  der  eisernen  Bedeckung  des  Gesichts 
=  /rptrutu^tu^  hatten  sie  ^niOujo^iu^.  Ihr  Hals  war  mit  einem  ilqiuqpui^ 
=  Halspanzer  bedeckt,  die  Füße  und  Hüften  mit  quibq.iuu^iu^,  die  Seiten 
mit  luthfuigb  q^'b ,  der  Bauch  mit  Holzplatten.  Ebenso  war  ihr  Rücken 
durch  einen  Panzer  geschützt.  Außerdem  hatten  sie  als  Schmuck  kleine 
Halsketten  mit  Glöckchen  und  auf  der  Stirn  halbmondartige  Schmucksachen. 

Natürhch  gebrauchte  man  bei  der  Bela  gerung  noch  andere  Waff"en, 
d.  h.  Kriegsmaschinen.  In  erster  Reihe  kommen  hier  die  Wurfmascliinen 
in  Betracht.  Schon  Habib  ben  Älaslamä  al-Fihri  machte  während  der  Belage- 
rung von  Dowin  vom  ^ySs>x!^  =  Mciyycti'ov,  MayynvMa  =  Ballist  =  m/pui^uip 
Gebrauch.*  Außer  den  Steinen  warfen  oder  schössen  die  Araber  in  die 
belagerten  Städte  oder  Festungen  gläserne  Instrumente  oder  Gefäße,  die 
mit  einer  Mischung  von  Naphtha  und  gemahlenem  Schwefel  gefüllt  waren.* 


1  Schwartzlose  S.  39. 

2  K.  Yoh.  c.  59,  S.  379 — 390 ;  vgl.  über  die  byzantinische  Bewaffnung  um  diese 
Zeit  M.  Jahns,  Handbuch  der  Geschichte  des  Kriegswesens,  Leipzig  1880,  S.  471  ff. 
u.  S.  496. 

3  Vgl.  tovma  lU,  2,  131f.  (vgl.  K.  Yoh.  c.  50,  S.  390). 
*    Baläd.Y  ♦  ♦    (vgl.  Lew.  S.  131). 

^  Vgl.  Das  Heerwesen  der  Mohammedaner  und  die  arabische  Übersetzung  der 
Taktik  des  Aelianus,  Göttingen  1880  S.  13.  Hier  werden  unter  den  Leichtbewaff- 
neten besonders  «jj^^UJlj  j^'J^P'J  <J\^\^\  =  die  Xoräsänier,  die  Misch- 
krugschleuderer  und  die  Naphthaschleuderer-  erwähnt.  Man  füllte  die  dazu  be- 
stimmten Röhren  oder  Gefäße  mit  geschmolzenem  Schwefel  und  brennender  Naphtha 
und  schleuderte  beides  zu  den  Belagerten  (s.  S.  18 — 19).  Vgl.  auch  Jahns,  Geschichte 
des  Kriegswesens  S.  521,  und  seinen  Atlas,  1878,  Nr.  35. 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  1.  139 

Auf  diese  Weise  bezweckten  sie,  entweder  die  belagerte  .Stadt  oder  Festung 
oder  die  Kleider  der  Kämpfenden  in  Brand  zu  stecken.  Gegen  diese  an- 
zündende Mischung  brauchte  man  in  Armenien  ein  feinhärenes  Kleid  (l^uiqj), 
welches  wie  ein  Stück  Schwamm  das  Wasser  einsaugte  und  den  Betreffenden 
gegen  das  Feuer  schützte.'  Ibn  Atir  sagt,  daß  die  Byzantiner  im  Jahre 
315  =;  928  bei  der  Belagerung  der  Stadt  Dowin  ==  Dabil  folgende  Maschinen 
gebraucht  hätten :  1.  01»^^=  Schildkröte  =  ^^,  2.  ,J-r>-lU  =Balliste,  Kata- 
pulte =  iLifpiu^iup,  3.  jÜl  ^jj  ^j\^=z  Feuerwurfgeschosse.  Die  Schild- 
kröte brauchte  man,  um  die  Mauer  zu  unterminieren,  und  den  Widder 
=  ^."^  =>  =  auipmli,  um  die  Wälle  und  Mauern  einzurennen. 

Die  Armenier  bauten  ihre  Festungen  und  Schlösser  an  natürlich  be- 
festigten Stellen,  d.  h.  auf  Felsen,  die  nach  allen  oder  einigen  Seiten  senk- 
recht abfielen ,  oder  auf  Berggipfeln ,  oder  auf  einer  Höhe,  die  die  Umgegend 
völlig  beherrschte.  So  sind  z.  B.  die  Festungen  Kangowar,  Sring,  Jlmar, 
Caxowk,  Amiwk,  Dariwnk,  Bagaran  usw.,  sogar  Ostan  und  Van  gebaut. 
Die  Feldfestungen  sind  dagegen  wenig  und  unbedeutend.  Solche  Feldfestungen 
haben  fast  immer  dicke,  hohe  Mauern,  auf  denen  iu  bestimmten  Entfernungen 
hohe  Türme  emporragen.  Um  die  Festungsmauern  lief  ein  tiefer  Graben. 
Feldfestungen  haben  meistens  die  großen  Städte,  wie  Dowin,  Tiflis,  Barkri, 
Valarsapat  usw.  Sowohl  Feld-  wie  auch  Bergfestungen  sind  mit  Wohn- 
häusern, Vorratskammern  und  Waffenzimmern  versehen.^  Gewöhnlich  haben 
sie  einen  unteren  Stock  ^  ^Ä^^^'iiiupit^/^  und  einen  oberen  Stock  =  ^pLut^ 
plrpq..^  Hiernach  ist  die  Taktik  der  Armenier  leicht  zu  verstehen.  Zuerst  sei 
gesagt,  daß  es  außer  der  Einteilung  des  armenischen  Heeres  nach  Stännnen 
auch  Dezimaleinteilungen  des  Heeres  gab.  K.  Yoh.  kennt  1.  inutuLuMu^lnn  = 
*^f'  =  Gefreiter  =  Decurio  ^=  Ss>iaSccc<yrig  =^  Befehlshaber  von  10  Mann. 
2.  ihiAuiuilTin  ==  7r£i'Tv;xoi'7-«o')(jOs-  ^  ^_äJ>-  =  Leutnant.  3.  ^uipjii-ptuu^lTin  = 
SKaTovTcc^yYjq  =  Centurio  =  ^^A^i)  .  4.  ^uiqtupiumlrm  =:  Xi>.iuo%og  =  tribunus 
militaris  =  Jto\5  =  qopuiuihm  =  ^1  =  Feldherr.  Außer  dieser  Einteilung 
kann  man  auch  die  Gliederung  des  Heeres  nach  den  Regimentern  =  ymi^ 
=  X»-  oder  Juis>»-  oder  *Jj3  =  rwTccyuct,  und  Fahnen  und  sonstigen 
Zeichen  erkennen.*  Wie  die  arabischen  \  hatten  auch  die  armenischen 
Stämme  wahrscheinhch  ihre  besonderen  Fahnen  —  i^poi^=  \\J\  —  rY]us7oi> 
und  die  Träger  derselben    hießen  q-poiuti^ltp  =  a-y,iJ.£to(po §og  =^  \\j-\  w^^. 


1  Tovma  111,2,  131  f. 

2  tovma  in,  2,  137  (vgl.  IV,  7,  294  f.). 
'  K.  Yoh.  c.  63,  S.  397. 

*  tovma  m,  125;  10,  180  usw. 

^  Kremer,  Kuhurgesch.  II,  80. 


140  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Jeder  Gownd  hatte  wahrscheinlich  500  Soldaten.  Noch  größere  Abteilungen 
hießen  Arajk  =  uiilui^.^ 

In  einer  Schlacht  wurde  das  Heer  nicht  mehr  wie  in  alter  Zeit  (vgl. 
z.  B.  die  Beschreibung  der  Schlacht  der  Vardaner  im  V.  Jahrhundert  bei 
Elise  usw.)  in  drei  Teile  geteilt^  in  zwei  Flügel  und  das  Zentrum,  sondern 
in  zwei  Flügel  =  ß-liL.^  Es  kam  darum  vor,  daß  die  beiden  Flügel  völlig 
voneinander  getrennt  kämpften  und  daß,  während  der  eine  den  Feind  be- 
siegte und  verfolgte,  der  andere  geschlagen  wurde,  ohne  etwas  näheres  von- 
einander zu  wissen.*  Vor  der  Schlacht  wurde  gewöhnlich  Messe  zelebriert 
oder  feierlicher  Gottesdienst  abgehalten,  und  sogar  wähi-end  der  Schlacht 
gingen  die  Geistlichen  mit  Evangelium  und  Kreuz  diu-ch  die  Reihen  der 
Kämpfer,  um  sie  zu  ermuntern  und  ihnen  göttUchen  Beistand  zu  verheißen.^ 

In  der  Schlacht  selbst  stellten  die  Armenier  die  Schwerbewaffneten 
mit  ihren  großen  Schildei'n  voran,  und  hinter  ihnen  hauptsächlich  die  Bogen- 
schützen und  die  Reiterei  auf.  Diese  beiden  hatten  die  ersteren  gegen  den 
plötzlichen  Überfall  der  feindlichen  Reiterei  zu  verteidigen.®  Diese  Taktik 
war  besonders  in)  Kampfe  gegen  die  Araber  von  großer  Bedeutung,  weil 
dieselben  meistens  Reiter  waren.  Die  Schlacht  dauerte  zuweilen  den  ganzen 
Tag,  zuweilen  aber  wurde  sie  in  wenigen  Stunden  entschieden.  Nach  jedem 
Siege  wurde  der  Feind  bis  zur  Dunkelheit  oder  bis  übei-  die  Grenzen  des 
Landes  verfolgt.  Bei  dieser  Verfolgung  erlitt  der  Besiegte  die  größten  Ver- 
luste. Das  Lager  der  Feinde,  ihre  Pferde,  Waffen,  Panzer,  Gelder,  Kleider 
und  sonstige  Habseligkeiten  fielen  dem  Sieger  zur  Beute.'  Am  schlimmsten 
ging   es    nach   einer  Niederlage  dem  Fußvolk,    welches  völlig  der  Wut  der 


1    tovnia  ob.  111,4,  146. 

^  Die  Araber  hielten  dagegen  die  Dreiteilung  aufrecht  (vgl.  Heerwcson  S.  29 ff.)- 
Allerdings  wird  das  Heer  in  den  von  Aelianus  entnommenen  Teilen  des  «Heerwesens" 
nach  der  Tiefe  {Ba>o;  Li»^^)  in  zwei  Teile  geteilt.  Sogar  beim  Marschieren  behielten 
die  Araber  Zentrum ,  Vor-  und  Naehtrab  (Heerwesen  S.  44).  Erst  Merwän  11.  hat 
diese  Taktik  und   Linicnforniationen   aufgegeben  und  dafür   die  kleineren  kompakten 

--    ^    y, 
Gruppierungen  eingeführt  (<^j:)^^==>  ^  Cohors  =  Koopi;.     Ibn  Xaldün,  Prolog. 

II,  81,  Geschichte  111,  p.  Wo,  N  '\o,  JA.  V,  p.YIV). 

3  Vgl.  z.  B.  Tovma  III,  4,  143.  131.  197  usw.  Die  Dreiteilung  war  auch  noch 
voriianden,  so  besonders  um  die  Mitte  des  IX.  Jahrhunderts  bei  den  Arcrowniern. 
Jeder  Gownd  bekam  einen  Kommandeur  und  einen  Vizekonnnandeur,  die  ^^^lu^m^^^ 
heißen.  Das  Konnnando  ruhte  in  der  Hand  des  Befehlshabers,  -welcher  die  Schlacht 
leitete.  Tovma  II,  6,  112.  Hier  ist  allerdings  von  govvnds  und  nicht  fews 
die  Rede. 

*    tovma  m,  13,  197. 

5    Lewond,  tovma  147—148,  c.  4,  III. 

®    Tovma  oben. 

'  Ebenda  DI,  4,  148,  H,  7,  120;  6,  110.  113.  Es  passierte  sehr  oft,  daß  die 
Fürsten  große  Geldsummen  mit  sich  in  den  Kampf  nahmen ,  um  in  allen  Fällen  die 
Ausgaben   ihrer  Truppen   decken   zu  können   (tovma  HI,  17,  213   mnHi    if.tuLXnLß 


Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  141 

feindlichen  Reiterei  preisgegeben  war.'  Nach  den  arabischen  Kriegssitten 
forderten  die  Araber  vor  der  Schlacht  die  Feinde  auf,  entweder  den  Mohani- 
medanisnuis  anzunehmen  oder  Kopfsteuer  zu  bezahlen.  Hatten  die  Feinde 
l)eide  Bedingungen  verweigert,  so  verwüstete  man  ihr  Land,  schnitt  die 
Bäume  ab  ^  und  vergiftete  die  Brunnen.  Sie  betrachteten  alle  Gefangenen  als 
Beute  und  verkauften  sie.^  Besonders  diejenigen,  die  schön  von  Angesicht 
waren  und  den  jMohammedanismus  nicht  annehmen  wollten*,  wurden  teuer 
verkauft.^ 

Im  allgemeinen  vermieden  die  Armenier  sich  in  eine  Feldschlacht  ein- 
zulassen, weil  die  Araber  an  Zalil  größer  Tmd  Reiter  waren.  Das  gebirgige 
Terrain  dagegen  war  für  sie  durch  seine  Festungen  und  sonstigen  künstlichen 
\''erschanzungen  von  großem  Vorteil.  Von  diesem  Standpunkte  aus  war  das 
befestigte  Lager  von  Asot  Arcrowni  sehr  interessant.  Das  war  ein  eiförnn'ges 
Terrain  zwischen  zwei  Hügeln  und  von  allen  Seiten  mit  großen  Steinen  und 
Felsen  umgeben.®  Mit  Wall  und  Graben  versahen  schon  die  Römer  und 
Perser  ihre  Lager."  Bei  den  Arabern  war  es  ebenso.^  Nach  Ibn  Xaldün^ 
gaben  die  Araber  später  diese  Sitte  auf,  aber  wie  man  aus  Tactica  sehen 
kann,  nicht  immer'";  wahrscheinlich  war  auch  diese  Art  der  Befestigung 
des  Lagers  schon  vorher  bei  den  Armeniern  üblich.  Das  ganze  Lager  wurde 
von  einer  Mauer  aus  groben ,  großen  Steinen  umgeben ,  zuweilen  hatten  diese 
Mauern  sogar  Türme. '^  Ein  solches  Lager  war  auch  durch  Sj:)ione  von 
der  Bewegung  der  Feinde  unterrichtet  und  durch  die  Nachtwache  vor  Über- 
rumpelung geschützt. '2  Wie  wir  schon  im  Anfang  dieses  Werkes  bemerkt 
haben,  war  ein  Winterfeldzug  nach  Armenien  für  die  Araber  fast  unmöglich. 

Seit  dem  ersten  \'ertrag  der  Armenier  und  Araber  im  Jahre  652  unter- 
hielten die  Armenier  15000  Reiter,  und  die  Araber  rechneten  die  Kosten 
für  die  Ernährung  und  Besoldung  derselben  als  die  Steuer  des  Landes.'^ 
Später  bekamen  die  armenischen  Fürsten  von  den  'Umajjaden  jährlich 
100000  Dirhani  für  die  Ausgaben  des  Heeres.'*  Die  Abbäsiden  bezahlten 
den  Isxans  keine  Entschädigung  und  darum  mußte  jeder  Naxarar  seine 
Truppen  selbst  ernähren.    Die  reicheren  Satrapün  =  Isxanats  hatten  natürlich 


1  Vgl.  tovnia  UI,  13,  196. 

2  Qadüri,   Analecta  arabica,  ed.  E.  F.  C.  Rosenniiiller,  Lips.  p.  1,  p.  5,  2 — 3, 
Mäwardi  (p.  IN,  AN)  p.  A  o  ff. 

3  Qadüri  S.  5,  tovma  HI,  5,  152;  8,  168. 
*  Vgl.  Mäwardi  p.  A  N    mit  1  \ . 

6  K.  Yoh.  c.  25,  S.  151  fF. 

6  tovma  m,  14,  215,  noch  ausführlicher  10,  180. 

'  de  Goeje,  Fragm.  bist.  arab.  I,  194  und  Ibn  Tagribardi  1,  340. 

8  Vgl.  z.  B.  JA.  IV,  MV,  V  A  ♦ ,  r  r  0  usw. 

9  Ibn  Xaldün,  Prolog.  U,  83. 
10  Leo  VI,  c.  XVni,  p.  119. 

"  tovma  m,  10,  180  (vgl.  Heerwesen  S.  13). 

12  Ebenda  4,  144—145,  vgl.  20,  219. 

13  Seb.  c.  35,  S.  138. 

1*  Das  macht  nach  unserer  Goldwährung  ungefähr  87166  Mark  67  Pf. 


142  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Amienien  unter  Asot  I. 

die  Mittel,  um  eine  zahlreichere  Truppe  zu  unterhalten  als  die  ärmeren. 
Als  Füi-st  der  Fürsten  besaß  Asot  ein  Heer  von  40000  Soldaten^,  wahr- 
scheinlich ausgenommen  diejenigen  Reiter,  die  in  jedem  Gau  zur  Überwachung 
oder  zum  Sicherheitsdienst  belassen  waren^,  so  daß  er  als  König  im  günstigsten 
Falle  ungefähr  50000  Soldaten  hätte  aufbringen  können.  Im  Kampfe  so- 
wie auch  bei  jeder  militärischen  Festlichkeit  spielte  die  Musik  um  diese  Zeit 
eine  wichtige  Rolle. 

Die  von  den  Historikern  erwähnten   gewöhnlichsten  Instrumente  sind 
1.  i^n^  =  Trompete,   2.  p-JfinL.^  =z  Trommel,   Tambour^    3.  ^uip   =  liss 

=  Ijj^  =  Cithara,  4.  fbiup  =  )^aoi-I»  =^  Citharista*,  5.  lTq2_lii-p  =  Hörn, 
6.  unjibn  =  Pfeife,  sifflet,  7.  miui-An  =  Harfe. 


Gr.   Handel,  Industrie  und  Landwirtschaft  unter  Asot  I. 
und  Smbat  I. 

In  einem  Lande,  in  dem  es  nach  Jäqüt  18000  kleine  und  große 
Städte  gab^  und  welches  von  Natur  aus  solche  geographische  Lage  besaß, 
daß  alle  Kaufleute  der  umwohnenden  Völker  vom  Süden  nach  Norden ,  vom 
Osten  nach  Westen  und  umgekehrt  es  passiei-en  mußten,  blühte  selbst- 
verständlich Handel  und  Industrie,  so  daß,  wenn  sowohl  in  der  Vergangenheit 
als  auch  in  der  Gegenwart  kleine  und  große  armenische  Kaufleute  den 
Neid  des  Fluropäers  oder  ihrer  Nachbarvölker  erregten ,  sie  ihre  Erfolge 
hauptsächlich  der  geographischen  Lage  ihres  Landes  verdankten.  In  welchem 
Grade  Armenien  vom  handelspolitischen  Standpunkte  aus  wichtig  war, 
zeigen  auch  die  vielen  Handels-  oder  Kriegsstraßen  oder  Wege  =  u^n^- 
utuij  =  iy_y^,  die  im  Lande  nach  allen  Seiten  hin  Verzweigungen  hatten. 
So  führte  eine  große  Handelsstraße  über  Ämid  oder  Dijarbakr  nach 
Mijafäriqin  und  von  hier  dui'ch  Arzan  nach  Bitlis.  Etwas  nördlich  von 
Bitlis  und  südlich  von  Datowan  verzweigte  sich  diese  Straße.  Der  eine 
Weg  führte  südlich  von  Vansee  nach  Ostan  =  Wastan  -  Wän  - Berkri  und 
heißt  bei  Tovma  und  K.  Yohannes "^  Hol(cer)-  oder  Hols(er)- Weg.  Der 
zweite  Weg  und  die  Hauptstraße  ging  von  Bitlis  über  Datowan  nach  Xlaf. 
Von  hier  führte  eine  Straße  über  Apahownik  oder  Manazkert  nach  Qäli- 
qalä  und  Trabizon,  der  zweite  Weg  von  Xlaf  über  Arces  -  Bagrewand 
nach  Dowin    oder   Arces  -  Berkri  -  Xoy.     Von  Dowin    oder  Dabilaus  ver- 


1  Asolik  n,  2,  110. 

2  K.  Yoh.  c.  25,  S.  151/52. 

3  tovma  m,  1,  125  f. 

*    Ebenda  10,  182;  2,  132. 

"■'  JäqutI,  p.XVY.  Nach  Ibn  al  -  Faqih  lagen  nur  am  Araxes  UX)0  Städte 
(vgl.  auch  die  Sage  bei  Qazwini  Kosmol.  II,  p.W  V).  Nach  Kaf.  Yohannes  baute  Asot  L 
viele  Städte  und  Dörfer,    (c.  29,  S.  176). 

6    tovma  UI,  2,  127;    23,  237  (vgl.  mit  K.  Yoh.  c.  34,  S.  219). 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  143 

zweigten  sich  Wege  nach  allen  Seiten  hin.  Nach  Süden,  nach  Persien, 
führte  die  gewöhnliche  Handels-  und  Kriegsstraße  über  Naxijewan  ==  Nax- 
oavan  =  Nasawä-Naxuene-Marand-Maragä,  oder  von  Marand  über  Ahär 
nach  Ardabil,  oder  von  Nasawä  über  Xoy,  Dilmän,  Uvrmija  nach  Marägä 
und  Ganjak  =  Sähri  Mijändab.  Von  Dowin  =  Dwin  nach  Norden  führte 
ein  Weg  über  das  Gebirge  nach  Tiflis ,  der  andere  über  Kars  nach  Artanug 
oder  nach  Theodosiopolis ,  der  dritte  nördlich  von  Sewansee  nach  Partaw- 
Bajlaqän  =  Paytakaran  nach  Ardabil.  Es  ist  notwendig  vom  militärischen 
und  handelspolitischen  Standpunkte  aus  zu  wissen,  vi^ie  schnell  die  Kauf- 
leute oder  ein  Heer  diese  Wege  zurücklegen  konnten.  Von  Partaw  = 
Barda'a  bis  Ardabil  über  die  Stationen  Jünän-Bajlaiiän -Wartän-Balfäb- 
Barzand  waren  es  50  Parasangen  und  die  Stationen  lagen  7  Parasangen^  von- 
einander entfernt,  außer  Barzand  und  Artabil,  welche  Städte  15  Parasangen 
auseinanderlagen.^  Von  Barda'a  über  Sanikür  nach  Tiflis  betrug  die  P^nt- 
fernung  52  Parasangen  =r:  5  Stationen.^  Von  Bardaä  nach  Dowin  über  die 
Stationen  Qalaqätüs  =  X^uiqtu^^uimni-^  (9) -Matvis  (13)  -  Davmis  =  Tauris 
(12)  -  Kajlakün  =  Gelakowni  (16)  -  Sizag'än  (16)  -  Dabü  (16)  war  80  Para- 
sangen weit.*  Ein  direkter  Weg  führte  von  Ardabil  nach  Ämid  über  fol- 
gende Stationen:  Marägä  (40)^  -  Urmijä  (20)  -  Salmäs  (2  Tagereisen) - Xuwäj  = 
Xoy  (9)  -  Barkri  (30)  -  Arg'is  (2  Tagereisen)"  -  Xilät  (3  Tagereisen)  -  Badlis 
(3  Tagereisen)''-  Arzan  (1  Tagereise)^  -  Majjäfäriqin  (4  Tagereisen)  und  von 
Majjäfäniqin  -  Amid  (2  Tagereisen). 

Von  Marägä  ging  der  Weg  nach  Dabil  über-  die  Stationen  Urmijä  (30)  - 
Salmäs  (14)  -  Xuwäj  (7)  -  Nasawä  (3  Tagereisen)  -  Dabil  (4  Tagereisen).^ 

Leider  werden  die  anderen  Straßen  von  den  arabischen  Geographen 
nicht  so  ausführlich  beschrieben  wie  die  obigen.  Von  allen  .Städten 
war  der  größte  Stapelplatz  der  byzantinischen  Waren  die  Stadt  Taräbazundä. 
Nach  Mas'üdi  wurden  hier  jährlich  einige  grosse  Messen  gehalten ,  imd  bei 
dieser  Gelegenheit  fanden  sich  hier  nicht  nur  Zir kassier,  sondern  auch 
viele  musehnännische ,  byzantinische,  armenische,  georgische  usw.  Kaufleute 


1  (l))7Tt_u-'^  oder  "h^^  =  ijiuMpuuifu  =  napaarayyYiQ  ist  ein  persisches  Wort 
und  bezeichnet  eine  Länge  von  30  Stadien  =  ujuu^iupi^q^  oder  3750  Schritten  (vgl. 
Layard ,  Niniveh  und  Babylon  S.  48).  So  lagen  wohl  diese  Stationen  eine  Tagereise 
weit  auseinander  oder  umgekehrt  7  Parasangen  konnte  man  durchschnittlich  au  einem 
Tage  zurücklegen. 

2  Ista^ri  N  ^  r  ;  Ihn  Hauqal  Y  o  \ . 

3  Ista^ri  \\r;  Ihn  Hauqal   V  o  N  . 
*    Istaxri  N  1 1 ;  Ibn  Hauqal  t  6  \  . 

^  Istax,n  hat  die  Stationen  Marägä  -  Däp^arraqän  (2  Tagereisen)  -  Urmijä 
(2  Tagereisen). 

®    Ista;^ri  (eine  Tagereise),  Abü'lfida  hat  2  Tagereisen,  p.  V  ^  ♦  . 

'    Ebenda  (eine  Tagereise),  Abü'lfida  undMuqaddasi  (3  Tagereisen)  so  auch'Idnsi. 

8  Muqaddasi  hat  von  Badlis  bis  Arzan  2  und  von  Arzan  bis  Majjäfäriqin 
2  Tagereisen.     Abü'lfida  hat  von  Badlis  -  Majjäfäriqin  4  Tagereisen,  p.  f^». 

9  Ista^rl  p.  \M.  Ibn  Hauqal  Y  6  i.  Abü'lfida,  p.  t^  ♦  (vgl.  Ibn  Xurdädbih 
p.  >  X  Y  ,   Y  N  r.     Kodäma  Ibn  Dja  far  p.  93  f. 


144  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

ein.^  Nacli  Istayri^  und  Ibn  Hauqal^  kamen  nach  dieser  großen  Hafen- 
stadt Kaufleute  von  allen  Gegenden  des  islamischen  Reiches,  nm  dort  ihre 
Ware  zu  verkaufen  und  hauptsächlich  die  byzantinischen  Brokate  (^L-j) 
und  geblümten  buntgefärbten  schweren  Seidenstoffe  (j^_j')  zu  kaufen. 
Der  hohe  Zoll,  den  die  Byzantiner  von  dieser  Stadt  erhielten,  ist  ein  sicherer 
Beweis  für  den  großen  Umsatz.*  Ein  verhältnismäßig  kleiner  INIarkt, 
speziell  für  die  Kaukasiisvölker,  war  die  berühmte  Festung  Artanug'.^  Hier 
trafen  die  armenischen  Kaufleute  mit  Georgiern,  Elgern,  Apxazen  usw. 
zusammen.  Wie  Artanug'  füi-  nordwestliche,  so  waren  Barda'^a  und  Bäbu'l- 
Abvväb  für  nordöstliche  Völker  die  größten  Handelsj)lätze.  Besonders 
Barda'a  hatte  einen  Markt,  welcher  Kurkija  genannt  wurde,  eine  Parasange 
lang  war,  und  auf  dem  täglich  die  Leute  mit  ihren  Waren  handelten.''  In 
Adarbajg'än  waren  die  Städte  Ardabil,  Marägä  und  Raj  die  ersten  und 
größten  Märkte. 

Asot  I.  war  es  nicht  gelungen  mit  den  Byzantinern  einen  handels- 
politischen Vertrag  zu  schließen.  Smbat  I.  hat  erst  die  Strebungen  seines 
Vaters  verwirklicht  imd  mit  Kaiser  Leo,  dem  Armenier,  einen  Handels- 
vertrag geschlossen.  Als  Afsin  ihm  wegen  dieses  Vertrages  mit  Krieg  be- 
drohte, beruhigte  ihn  Smbat  mit  der  Erklärung,  daß  er  dadurch  nur  den 
Handel  der  Armenier  und  der  Araber  begünstigen  wollte,  und  dieser  auch 
für  die  Araber  eine  Quelle  des  Reichtums  sein  würde.  Wie  aus  diesem 
Vertrage^,  so  ist  auch  aus  der  Aufzählung  der  fürstlichen  Geschenke,  die 
unten  folgen  wird,  deutlich  zu  ersehen,  daß  die  Araber  und  die  Armenier 
von  den  Byzantinern  hauptsächlich  kostbare  Stoffe  oder  Gewänder,  goldene 
und  silberne  Schmucksachen  und  Service  bezogen.**  Alle  diese  Waren 
kamen  gewöhnlich  über  Trapizon  nach  Theodosiopolis  und  von  hier  nach 
Dowin.  In  Friedenszeiten  waren  die  Wege  ziemlich  sicher,  ol)wohl  in  ge- 
birgigen Gegenden  wie  noch  heute  verschiedene  Räubei-banden  die  Umgegend 
öfters  beunruhigten.  Unsicher  waren  besonders  die  Gegenden  von  Vanand, 
Gowgark  und  Outi,  deren  Bewohner  Smbat  völlig  imterwarf  und  für  die 
Sicherheit  des  Landes  die  nötigen  Vorkehrungen  traf,  so  daß  unter  ihm  vom 
Räuberwesen  keine  Rede  ist.  Als  Transportmittel  brauchte  man  außer  den 
Maultieren,   Eseln  und  Kamelen   auch  Wagen  :=  ""i//_»  deren  Bau,    wie  es 


1  Masudi  U,  3. 

2  Istaxri ,  P-  N  A  A . 

3  Ibn  Hauqal ,  p.  T  i  o . 

*  Const.  Porpliyr. ,  De  adm.  imp.  p.  207  f. ,  Heyd,  Geschichte  des  Levante- 
handels im  Mittelalter,  1879.  I,  52,  Journ.  of  the  Asiat.  Soc.  Bengal.  v.  XIV,  2,  p.  526. 
1844.    De  Freinery,  Journ.  As.  S.  IV,  t.  14,  462  usw. 

*  Wakhoucht,  Descript.  Geographique  de  la  Georgie,  ed.  Brosset  p.  117.  Die 
armenischen  Kaufleute  drangen  im  Norden  bis  Casehak  vor.    Abou  -  el  -  Cassini  p.  26. 

^    I.sta;)(^i-i,  p.  NAT,  Ibn  Hauqal  p.  Y  i  N.  Jäqüt,  Qazwini  usw.    Jäqiit  hat  den 

Namen   des  Marktes  richtiger  ^3  y^\  =  arm.  Kiwraki. 

7    Kaf.  Yoh.  c.  31 ,  S.  201. 

^    Vgl.  besonders  ebenda  c.  40,  S.  250. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  145 

scheint,  sicli  von  den  heutigen  in  nichts  unterschied.  Charakteristisch  sind  dafür 
die  Worte  Tovmas,  daß  sie  »mit  lauter  Stimme  ihre  Ankunft  predigten«.^ 
Auch  die  Schiffahrt  hat  (unter  Gagik  I.)  auf  dem  Van-See  und  auf  dem  Sewan- 
See  unter  Smbat  und  Asot  einen  Aufschwung  genommen.^  Die  Schiffahrt  setzt 
die  Entwicklung  der  Tischlerei  =  '^ln-ubnuß^liLii  voraus.  Von  den  Instrumenten 
derselben  erwähnt  Kafolikos  Yohannes  die  Presse  ^fiLuiuLiug  duiirni^i^  und 
Tovma  Orken  und  Elecan.*  Nach  dem  letzteren  hatten  die  Tischler 
noch  viele  andere  Instrumente  =  '^jit-uhtul^^iuh  ij.nii^ji^.  Der  Umstand,  daß 
Gagik  I.  für  die  Gebäude  von  Alfamar  kolossale  Massen  von  Eisen  und 
alle  diese  Tischler,  Landwirte,  Juweliere  usw.  eiserne  Instrumente  ge- 
brauchten, weist  auf  die  Entwicklung  der  Eisenindustrie  hin.  Bei  den 
armenischen  Historikern  finden  leider  die  reichen  Minen  von  Armenien  nur 
zweimal  Erwähnung.  Über  Eisenbergwerke  ist  bei  ihnen  keine  Notiz  vor- 
handen. Von  den  Arabern  erwähnt  erst  G'auhari  das  Eisenbergwerk  von 
Qusäs  in  Armenien.^  Nach  dem  Namen  dieses  Bergwerks  werden  eine  Art 
der  Schwerter  Qusäsij  genannt.  Jäqüt  bestätigt  dieses  Zeugnis  von  G'auhari.^ 
Von  beiden  Städten,  die  bis  heute  im  Süden  von  Armenien  den  Namen 
M'aden  tragen,  ist  dieses  Bergwerk  wahrscheinlich  mit  Arlanä  M'aden  zu 
identifizieren.  Nach  Jäqüt  war  auch  die  bekannte  Festung  Bälü  im  Norden 
von  Ailanä  M'^aden  mit  ihrem  Eisenbergwerk  (Jü<A>-1   j-W«)  berühmt."' 

Wir  haben  schon  erwähnt,  daß  am  Ende  des  VIII.  Jahrhunderts 
in  Armenien  auch  Silberminen  entdeckt  worden  sind.  Leider  gibt  Lewond 
nicht  genau  an,  wo  diese  Minen  sich  fanden.  Sie  waren  wohl  im  Tale 
von  Corox-Acampsis,  wo  bis  heute  von  den  Türken  ein  Berg  Gümüs- 
Dal  =  Silberberg  und  eine  Stadt  Gümüs-Xane  =  Silberhaus  genannt 
wird.  Diese  Silberminen  lagen  wahrscheinlich  im  Gebiete  der  Bagratownier 
bei  Sper,  weil  sie  gerade  im  Anfang  des  IX.  Jahrhunderts  so  reich 
waren ,  daß  sie  anderen  Satrapien  ihre  Länder  abkaufen  konnten.    Am  reich- 

1  tovma  m,  29,  256;  vgl.  Kat.  Yoh.  c.  40,  S.  251. 

2  Pseudo- tovma  IV,  7,  293  ff.;  Kat.  Yoh.  47,  S.  287;  67,  444;  besonders 
tovma  ni,  29,  257,  hiervon  noch  unten. 

3  Kaf.  Yoh.  c.  49,  S.  300. 

*    tovma  c.  29,   S.  257;    np^lrb,  eine  Art  Säge?     bnhguih  wohl  Ölspritze. 

^    Schwartzlose :  Die  Waffen  der  alten  Araber,  S.  136. 

"  Jäqüt.  geog.  Wort.  IV,  p.  ^  Y .  Nach  diesem  Geographen  liegt  ein  Ort 
Qusäs  im  Gebiete  der  Bani  Asad,  die  nach  Wüstenfeld  im  Lande  zwischen  Basra 
und  Madinä  wohnten  (Reg.  I,  p.  87)  und  nach  diesem  Bergwerk  heißt  das  Schwert 
Qusäsi.  Vielleicht  ist  der  Widerspruch  dadurch  zu  beseitigen,  daß  wir  zwei  Eisen- 
bergwerke mit  dem  Namen  Qusäs  annehmen.  Wahrscheinlicher  ist  es  aber  noch, 
daß  ein  Teil  der  Bani  Asad,  wie  viele  andere  Stämme,  im  Süden  von  Armenien 
sich  niedergelassen  und  den  Betrieb  des  Bergwerks  in  seinen  Händen  hatte.  Diese 
Annahme  wird  auch  dadurch  bestärkt,  daß  Kusajn  ben  Hamdan  im  Süden  von 
Armenien  mit  Bani  Asad  in  Streit  geriet.     'Arib.  p.  >  A. 

■^  Jäqüt  Lp.  t  A  ♦,  Über  die  Steuer  derselben  2  72  —  2  Prozent  vgl.  Mäwardi 
p.  341.  Von  verschiedenen  Eisenarten  waren  besonders  Stahl  und  y\  \xayvr\aLa  Xi^og  = 
magnisijä. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1901.    II.  Abt.  10 


1 46  Thopdschian  :   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

liebsten  aber  waren  in  Armenien  die  Salzminen  vorbanden.  Darauf 
deuten  die  Namen  der  Gaue  AHovit  =  das  Salztal,  Daranali  =  Salz- 
versteck, Alowe  =  salzig  usw.  bin.  Naeb  Ibn  Hauqal  gab  es  in  der  Nabe  vom 
Van-See  =  Xilat-See  ^  Arg'i§-See^  Borax,  das  man  naeb  Mesopotamien, 
Müsul,  Raqqä,  Harrän,  Halab  und  naeb  allen  Grenzländern  exportierte 
und  welcbes  am  meisten  von  den  Bäckern  gebraucbt  wurde.  Neben  dieser 
Borax-  oder  Salpetermine  ((Jj_j>)  fanden  sieb  Arsenik-  (ft:J^jj')  Bergwerke, 
in  denen  man  die  beiden  Arten  desselben,  das  rote  und  gelbe,  Orpiment 
und  Sandaracb,  produzierte.  Sowobl  diese  Salzarten  vom  Van- See  wie 
auch  diejenigen  vom  Kapoyt-Cov  =  Kabüdän-See  ^  Urmijä-See  expor- 
tierte man  nach  allen  Gegenden ,  nach  'Iräq ,  Syrien ,  Agj'pten ,  und  zwar  mit 
großem  Erfolg.^  Alle  diese  Salzminen  lagen  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
im  Nordosten  vom  Van -See  im  Gau  Aliovit  oder  Alovit.  Zwischen  Miis, 
Manazkert  =  Maläzkird   und  Qäliqälä  lag   auch  ein  Ort,    welcher  bei  Mu- 

qaddasi  den  Namen  ^y^  /j^  trägt  und  eine  Station  auf  dem  Wege  Majjä- 
färiqin  -  Mü§  (4  Tagereisen)  -  ^^  (.^)  =  Qinit  =  ^^J-S  (?)  (1  Tagereise) - 
-kI^  /^  (1  Tagereise) -Colonia  ist.  Wenn  diese  Vermutung  richtig  ist,  so 
lag  diese  Station  zwischen  Apabownik  und  Mananali,  welcher  Gau  dein 
Namen  nach  auch  reiche  Salzminen  haben  mußte.^  Von  Naphthaquellen 
in  Bäküh  =  Baku  muß  man  hier  absehen,  weil  dieselben  im  IX.  bis 
X.  Jahrhundert  außerhalb  Armeniens  sich  befanden.*  In  Apahownik  = 
Bäg'unajs  =  Bäg'unis  gab  es  auch  Salz-  oder  Natronbergwerke.^ 

Weil  die  Armenier  in  ihrem  Lande  reiche  Silberminen  hatten,  auch 
das  Gold  ihnen  nicht  fehlte,  fingen  die  armeniscben  Juweliere  oder  Gold- 
schmiede unter  dem  byzantinischen  Einfluß  an,  eine  ziemlich  ausgebildete 
Kunst  zu  entwickeln.  Wir  werden  unten  sehen,  wie  viele  ihrer  Produkte 
vom  Smbat  fremden  Königen  und  Herrschern  verschenkt  win-den.  Sie  be- 
reiteten für  die  Fürsten  und  Könige  Kronen,  Schwerter,  Dolche,  Gürtel, 
Ringe  usw.  und  für  die  Kirchen  Kreuze,  Verzierungen  der  Evangelien, 
Weihrauch-  und  sonstige  Schmuckgefäße.  Hier  seien  nur  zwei  Pracht- 
exemplare der  Goldai'beiterindustrie  erwähnt,  von  denen  eins  ein  goldener. 


1  Vgl.  ebenda  IV,  p.  A  ^  e . 

2  Ibn  Hauqal  p.  X  i  A . 

3  Muqaddasi  p.  N  o  ♦ . 

*  Ibn  Faqih    al-Hamadäni   erwähnt   noch  folgende  Metalle,  die  in  Armenien 

gefunden  worden  sind:  1.  Quecksilber  (j^—' j),  2.  (O)-^-^-*^  =  Xalxav^oc  =  Kupfer 

pCaXxoc),  3.  jüaJJJ  (pers.  auch  jüaiilä)  =  Schwefel,  gelbes  Vitriol,  4.  oj~-Vl  — 

Blei  (p.  Y^V).     Nach  Jäqüt  war  auch  tV^*"  ^^  Harnaq  ein  Bergwerk  in  Armenien 
(Jäqiit,  Geogr.  Wörterb.  II,  p.  V  i  •\). 

^   Jaqüt  I,  p.  i**.     Nach   ihm   gehörte   diese  Gegend  den  BanI  ^ri*«.     Die 

Salzminen  waren  wohl   in  der  Gegend  von  Aliovit,    die  Kupferminen   (^j^^  j"^) 
dagegen  scheinen  nördlich  von  Apahownik  nach  Mananali  zu  gelegen  zu  sein. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  147 

mit  farbigen  Gläsern  gezierter  Gürtel  das  Werk  der  byzantinischen  Gold- 
schmiede ist.  Das  zweite  ist  das  große  silberne,  mit  eingesetzten  Edelsteinen 
geschmückte  Kreuz  von  Varag  und  auch  dasjenige  von  Ostan,  beide  von 
armenischen  Goldschmieden  angefertigt.  Diejenigen  Industriezweige,  in 
welchen  sich  die  Armenier  seit  alters  her  ganz  besonders  ausgezeichnet 
hatten,  waren  Weberei,  Färberei  und  Stickerei.  Die  farbigen  seidenen 
oder  Sannnetgewänder,  Vorhänge,  Tischdecken  und  sonstige  Dekorations- 
stücke fanden  im  In-  und  Auslande  großen  Beifall.  Die  feinsten  goldge- 
stickten und  farbigen  Kleider  wurden  von  den  Frauen  gewebt.^  Das 
Zentrum  der  gesamten  armenischen  Industrie  und  der  wichtigste  und  größte 
Handelsplatz  von  Armenien  war  die  Stadt  Dowin.'^  Nach  Tovma  waren 
die  Bewohner  dieser  Stadt  durch  Handel  überaus  wohlhabend  geworden. 
Er  klagt  auch  über  ihre  Sittenlosigkeit,  welche  die  natürliche  Folge  des 
Reichtums  sein  konnte.^  Die  Färberei  war  mit  Weberei  und  Stickerei  un- 
zertrennbar verbunden ,  darum  werden  wir  im  folgenden  über  alle  drei 
zusannnen  sprechen.     Nach  Ibn  Hauqal  war  Dowin    in  erster  Reihe   durch 

die  sogenannten  Mar'izi  =  (Siy^\/*  (Ziegen-  oder  feine  Wolle)  Kleider  oder 

Stoffe  sehr  berühmt.  Auch  die  wollenen  Decken,  Polster,  Matratzen  usw., 
nach  der  armenischen  Mode  rot  gefärbt,  waren  sehr  beliebt.*  Artasat, 
einige  Kilometer  weit  von  Dowin  am  Araxes,  war  mit  ihren  Färbereien  so 

berühmt,    daß   Baläduri    dieselbe   y>^\  *^  ^  ■>    ^^^   Stadt   der   roten   Farbe, 

nennt.^  Zur  Färbung  dieser  Stoffe  brauchte  man  eine  Art  Purpurwürmchen 
(coccus  polonicus),  die  am  Ararat  auf  den  Wurzeln  einer  kurzen  harten 
Grasart  (dactylis  litoralis)  in  Nestern  lebten®,  und  die  die  arabischen  Geo- 
graphen mit  den  »Seidenwürmchen«  vergleichen.''  Nach  Ibn  Faqih  er- 
schienen   sie    nur  im    Frühling.^     Die    farbig    geblümten    schwer    seidenen 

Stoffe  {jöy  j\)  waren  denen  der  Byzantiner  ganz  ähnlich.  Speziell  ar- 
menische Produkte  waren  dagegen  die  Kopftücher  oder  Kopfschale,  die 
Matratzen,  die  Kissen,  Sessel  oder  Throne,  Vorhänge  und  Schleier,  Tep- 
piche und  allerhand  Strickereien,  die  nach  Ibn  Hauqal  in  keinem  Lande 
ihresgleichen  hatten. **  Die  armenischen  Teppiche  galten  auf  dem  Markt 
um   diese  Zeit   als  die  besten.     Sie  zierten  in  erster  Reihe  mit  demjenigen 


1  Kaf.  Yoh.  c.  43,  S.  265. 

2  Z.  f.  Arm.  Ph.  H,  2,  51f. 

3  tovma  in,  22,  230. 

*    Ibn  Hauqal  p.  Vit;  Ista;)(ri  p.  >  A  A . 

6   Baläd  I,  p.  r  •  ♦   (vgl.  ZAP.  11,  1,  67,  Nr.  1). 

6    tazar  Nrpeci,    ed.  Ven.  1793,    S.  286;    Panots    Reise  I,   S.  106,   ZAP. 
II,  1,  52. 

'    Ibn  Hauqal ,  p.  T  t  o ;  Istap^ri ,  p.  >  A  A . 

8   Ibn  Faqih  p.  Y^V. 

5   Ibn   Hauqal    p.  Yto:    Istax^rJ,  p.  NAA;    vgl.  Ja'qubl    BGA.   7,    p.  tW, 
die  Teppiche  von  Nahräbän. 

10* 


148  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

von  Tabaristän  die  königlichen  und  fürstlichen  Paläste.*  Berühmt  war 
auch  das  armenische  Hosenband  (^iAxT) ,  das  in  Salamäs  für  ein  Vjis  zehn 
Dinar  pro  Stück  verkauft  wurde.  Ebenso  bekannt  waren  die  schwarz- 
seidenen Schleier,  Turbane,  Vorhänge  usw.,  die  auch  in  Majjäfariqin  ge- 
arbeitet wurden.^  Ista^ri  erwähnt,  daß  man  in  Trapezunt  von  den  By- 
zantinern hauptsächlich  r-l^.5  =  q-tuuiui/^  (Kaf.  Yoh.  S.243)  Q^fiinuilf^  =  Brokat 
und  römische  Kleider  und  Biizjün  =  geblümte  seidene  Stoffe  kaufte.^  Nach 
Ihn  Faqih  hatte  man  in  Armenien  außer  Qirmiz  auch  Rubia  tinctorum  (S^).* 

Diese  hohe  Entwickelung  der  armenischen  Weberei,  die  Bearbeitung 
der  wollenen,  leinenen  und  seidenen  Stoffe,  legen  von  der  fortgeschrittenen 
Kultur  der  armenischen  Landwirtschaft  ein  gutes  Zeugnis  ab.  Mit  Acker- 
bau, Fru(;htbaumgärtnerei,  Viehzucht  usw.  beschäftigten  sich  nicht  nur  allein 
Landleute  oder  Bauern,  sondern  auch  die  Bewohner  der  Städte.*  Alle 
arabischen  Geogi-aphen  preisen  die  fruchtbaren  Umgebungen,  die  Gärten 
und  die  Felder  der  armenischen  Städte.  Unter  Smbat  L  waren  der  Acker- 
bau und  die  Gärtnerei  sehr  empoi-geblüht.  K.  Yohannes  beschreibt  den 
Wohlstand  der  Armenier  unmittelbar  nach  dem  Tode  Afsins  mit  folgenden 
Worten:  »Sie  haben  Weingärten  gepflanzt  und  die  Wohlgeruchhallen  der 
Ölbäume  und  Gärten  gebaut,  sie  haben  Felder  ohne  Unkraut  gepflügt  und 
hundertfache  P^rüchte  erzielt.  Von  der  reichhchen  Ernte  wurden  ihre  Korn- 
häuser überfüllt.  Während  der  Weinlese  wurden  ihre  Weinbottiche  voll.« 
Auch  die  Viehzucht  nahm  nach  ihm  um  diese  Zeit  einen  enormen  Auf- 
schwung. Die  Herden  von  Klein-  und  Rindvieh  vermehrten  sich  und  be- 
deckten die  Weideplätze  der  Berge.®  Die  Armenier  produzierten  so  viel 
Getreide,  besonders  Weizen  und  Gerste,  daß  sie  davon  ihren  Bedarf  reich- 
lich decken  konnten.  In  verschiedenen  Gegenden  von  Armenien  wuchsen 
fast  alle  Getreide-  »nid  Fruchtarten.     Bis    heute    zählt   man   auf  dem  Felde 


1  Vgl.  besonders  Arib  p.  i  A  ♦  (jUaL-  ^J'^.  Das  war  wahrscheinlich  einer 
von  den  langen  Teppichen,  die  geradezu  unter  dem  Namen  Armani  bekannt  waren. 
Es  wurde  schon  oben  erwähnt,  daß  es  unter  den  Teppichen,  die  Jüsuf  im  Jahre  299 
dem  Muqtadir  sandte,  einen  gab,  dessen  Länge  und  Breite  60  Ellen  war  (vgl. 
Baetgen,  Fragmente  81  =  138).  Auch  in  der  Reihe  der  Steuerartikel  in  natura 
mußten  die  Armenier  den  Arabern  jährlich  20  Teppiche  geben  (Ibn  Xaldün  bei 
Kremer,  Kulturgesch.  I ,  S.  358). 

2  Ibn  Hauqal  p.  Y  1  1. 

ä    Istap^ri    p.  >  A  A ;    vgl.    Österreich.    Zeitschr.    für   den    Orient ,   VII.  Jahrg., 

1831,  S.  92  ff.     Ibn  Hauqal   ob.    erwähnt   auch   leinene  Kleider   (jlljJl   k_jL-)  und 

byzantinische  Gewänder  {^^-^jj\  *^^  \).  Es  sei  hier  bemerkt,  daß  die  in  Ar- 
menien, Adarbajg'än  und  Arräii  gebrauchten  leinenen  Kleider  und  Stoffe  hauptsäch- 
lich aus  Bäbu  l  Abwäb  (Derband)  bezogen  wurden.  Ista^ri  p.  \  M  ,  Ibn  Hauqal 
p.  Yl  Y. 

*    Ibn  Faqih  p.  Y^A. 

5  Vgl.  z.  B.  K.  Yoh.,  c.  31,  S.  202. 

6  K.  Yoh.,  c.  40,  S.  250/1,  vgl.  c.  53,  S.  326. 


THOPDSCHrAN:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  149 

Ararat  40  Weintraiibensorten,  Ibn  Faqih  erwähnt  von  den  Früchten  be- 
sonders ifipuib  =  jlj^j  =  Aprikose,  Sah  -  Ballüt  =  Kastanie  und  Xalan^ 
(pers.),  von  deren  Holz  man  Näpfe  machte.^  Durch  ihre  fruchtbare  Um- 
gegend war  besonders  die  Stadt  Bai-da'a  sehr  berühmt.  Vor  allem  Andaräb, 
welcher  Ort  von  Bardaä  eine  Parasange  weit  entfernt  lag,  war  mit  seinen 
Gärten  und  Feldern ,  die  sich  im  Umkreise  einer  Tagereise  ausbreiteten, 
sehr  bekannt.  Hier  wuchsen  die  besten  Sah  -  Ballüts  und  Bunduq  =  Hasel- 
nuß (türk.  fende(j(X),  eine  Art  Frucht,  die  Rüqäl  genannt  wird,  und  dem 
LubajivV  ähnlich  ist.^  Barda'a  war  berühmt  auch  durch  Maulbeerbäume. 
Hier  wuchsen  m  großer  Menge  Seidenwürmchen,^  und  darum  war  diese 
Stadt  das  Zentrum  der  rohen  Seidenfabrikation.*  Ibn  Faqih  erwähnt  noch 
unter  den  Produkten  von  Armenien  Mannu  oder  Tarang'abin  :=  Mananay 
({»rm.),^  eine  Art  Honigstaub,  welcher  bis  heute  in  der  Gegend  von  Mows 
zu  haben  ist.  Auch  das  Holz  der  Wälder  von  Armenien  und  besonders 
der  Nußbäume  war  für  den  Handel  ein  einträgliches  Material.  Nach 
Ibn  Faqih  brachte  man  von  den  Bergen  Adarbajgäns  und  Armeniens 
Baumstämme,  deren  Umfang  20  Spannen  groß  war.®  Nicht  minder  be- 
gehrenswert war  der  armenische  Honig.  Die  Bienenzucht  wurde  haupt- 
sächlich auf  dem  Lande  und  besonders  in  den  Klöstern  getrieben.  Die 
Mönche  jener  Zeit  waren  nicht  allein  Seelenretter,  sondern  auch 
Musterlandwirte. ^  Auch  in  der  Pferdezucht  suchten  die  Armenier  seit 
alters  her  ihresgleichen.  Der  Umstand,  daß  die  Armenier  den  Arabern  als 
Steuer  in  natura  jährlich  200  Pferde  abliefern  mußten,  daß  Smbat  imd 
Jüsuf  dem  Xalifa  und  den  anderen  Herrschern  in  erster  Reihe  Pferde 
schenkten,  beweist  genügend  die  Hochschätzung  der  armenischen  Pferde. 
Nach  Ibn  Hauqal  exportierte  man  von  Sawaisan  ^^  Zawazan  und  aus  den 
anderen  Gegenden  von  Armenien  und  Arrän  Maultiere  und  durch  ihre  edle 
Rasse,  Gesundheit  und  Ausdauer  berühmte  Pferde  nach  Xaräsän,  'Iräq  und 
Syrien.^  Wir  haben  schon  erwähnt,  daß  dieselben  Tiere  auch  zu  Transport- 
zwecken gebraucht  wurden,  wie  Ochsen,  Esel  und  Kamele.  Die  letzteren 
sind    in   Armenien    wohl    von    den   Arabern    zu   diesem    Behufe    eingeführt 


1  Ibn  Faqih  Y^A. 

2  Ibn  Hauqal  Y  1  ♦  f.  Diese  Fruchtart  ist  mir  unbekannt.  Diese  Worte 
bedeuten  auch  eine  Art  berauschendes  Getränk  der  Äthiopier  aus  Hirse.  Als 
Pflanze  sind  sie  wohl  mit  Zizypha  rubra  Gilanensis  zu  identifizieren. 

3  Auch  in  Apahownik  wuchs  eine  Art  Gras  (C--X«),  auf  welchem  Seiden- 
würmchen  lebten,  und  diese  waren  auch  unter  dem  Namen  ^^jVi  r^  =  das 
armenische  Seidenwürmchen  bekannt  (vgl.  Jäqüt  I,  p.  töo). 

*  Ibn  Hauqal  Y  i  N ,  Ibn  Faqih  Y  ^  V  ,  MuqaddasJ  V  V  e  ,  Istaxri  N  A  Y  ,  Jäqüt, 
Qazwini  usw. 

5    I.  Faq.  Y  '\  V  . 
«    Ebenda  p.  N  Y  o  . 

■^  K.  Yoh.  c.  66  S.  424.  Das  Kloster  von  Gai-ni  Ayri  -  Vank  stand  sicher  nicht 
einzig  da. 

*  Ibn  Hauq.  p.  Y  t  A. 


150  Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

worden.  Auch  mit  wilden  Tieren  war  das  Armenien  reichlich  beschenkt,  wie 
wir  es  unten  noch  sehen  werden;  sie  wurden  von  mutigen  Jägern  erlegt. 
Mit  den  Fellen  dieser  wilden  und  denen  der  Haustiere  wurde  ein  enormer 
Pelzhandel  getrieben.  Es  wurde  schon  oben  erwähnt,  das  Gagik  im  Gau 
Cowa^f-ot  im  Dorfe  Getk  ein  Jagdhaus  gebaut  hatte.  Dieses  Jagdhaus  lag 
gegenüber  Masis  am  Araxes.  Nach  Tovma  war  diese  Gegend  an  Hirschen,. 
Wildschweinen,  Löwen  und  wilden  Eseln  äußerst  reich. ^  Nach  Ista%ri 
hatte  der  Ararat  =  Härit  =  Masis  viel  Holz  und  Wild.^  Im  vierten  Jahr- 
hundert trugen  sogar  Mönche  Kleider  von  Pelz  oder  von  verschiedenen 
Tierfellen.^  Auch  die  armenischen  Fürsten  trugen  kostbare  Pelze.  Der 
berühmte  Renegat,  der  Siwnier  Vasak,  trug  nach  Kise  Samoyr  =  «mi/ny^.* 
Nach  Ihn  Faqih  gab  es  in  Armenien  katzenartige  Tiere ,  deren  Fell  seiden- 
weiche Haare  hatte  und  gutes  zartes  Leder  lieferte  und  das  als  Kleider- 
artikel sehr  gesucht  und  beliebt  war.  Solche  fischreichen  Müsse  und  Seen, 
wie  sie  Armenien  hatte,  mußten  auch  den  Fischexport  besonders  begünstigen. 
Mit  seinem  Fischreichtum  kommt  in  erster  Reihe  allerdings  der  Sewan  -  See 
in  Betracht.  Die  Forellen  des  Sewan  -Sees,  die  den  Namen  Isxan  (Fürst) 
führen,  können  die  verwöhntesten  Feinschmecker  l)efriedigen.  Sie  haben 
schon  ein  prachtvolles  goldglänzendes  Äußeres.  Die  sogenannten  Kolaks  des- 
selben Sees  sind  Salzfische  und  machen  im  Kaukasus  den  anderen  der- 
artigen Fischen  Konkurrenz.*  Nach  meinem  Wissen  hat  dieser  See  noch 
1 1  verschiedene  andere  Arten  von  Fischen.  In  der  Gegenwart  verpachtet 
die  i'ussische  Regierung  die  Fischereien.  Merkwürdigerweise  ist  von  diesem 
wundervollen  See  weder  bei  den  armenischen  Historikern,  noch  bei  den 
arabischen  Geographen  die  Rede.  Dagegen  ist  dies  vom  Van  -  See  = 
Tospay  Cov  =  TorTriTtg  7.tfxvri  =^  Nairi-Meer  der  Fall,  welcher  aucii  nach 
den  Städten  Xilät,  Arg'is  oder  der  Insel  Alfamar  genannt  wird.  Durch 
die  Verpachtung  der  Fischereien  desselben  hatten  schon  Mohammed  ihn 
Marwän  unter  Abdu'l  Malik  und  nach  ihm  sein  Sohn  Marwän  ben  Mo- 
hammed großen  Gewinn  erzielt.®  Auch  Gagik  I.  von  Vaspowraken  hatte 
denselben  See  zum  Nutzen  der  Armen  verpachtet.^    Sein  Wasser  ist  so  salzig. 


1  tovma  m,  29,  253  f. 

2  Lstax^ri  191.  Mordtmann  verwechselt  den  Klein  -  Masis  (Huwajrit)  mit  Bingöl 
und  Ala-DaL,  Das  Buch  der  Länder,  S.  165,  Ann.  165,  Die  Sehr.  d.  Ac.  Harn. 

*  Hierüber  habe  ich  in  meiner  «Die  Anfange  des  aiinenischen  Mönchtums- 
ausführlich  gesprochen.     Siehe  ZVVKG.  25,  I. 

*  Elise,  ed.  Yen.  1832,  S.  241,  pers.  ebenso  ^^-L^  psl*  '*JJ*J_y>-^  (vgl. 
für  diese  vier  Pelzarten  Sah  -  nähme  ed.  Paris,  S.  38;  ed.  Vuller  S.  19  bei  G.  Jacob, 
Der  baltische  Handel  S.  50). 

^  Ibn  Faq.  \\\  «VjU  ^J^Vl  (i^j)  =  peius  lupi  cervarii  Vullers  und  Dozy. 
W  *  4.  V  ^  V  8.  Gloss.  in,  sie  waren  den  Jj^  =  uuiifhjp  und  öjj^n  t[uiJplT[i (?) 
ähnlich;  vgl.  über  verschiedene  Tiere  der  ararat.  Felder  die  bekannte  Beschreibung 
derselben  bei  Lazar  Parpeci. 

«    Baläd.  I,   Y  ♦  .  ,  ibn  Faq.  Y  ^  Y  ,  JA.  IV,  rM. 

'   Ps.  toviua  IV,  6,  292. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  151 

daß  in  ihm  nicht  einmal  Frösche  und  Krebse  leben  können.^  Nur  an  den 
Mündungen  der  östlichen  Flüsse  vom  Van  -  See  am  Bendi  -  Mähi  -  su, 
Kara  -  öaj  und  Xos  -  Ab  fängt  man  bis  heute  eine  kleine  Art  von  Fischen, 
die  die  Armenier  miuiLbfii ,  die  Araber  ^  "^  nennen.  Diese  herings- 
artigen Salzfische  waren  im  Altertum  ebenso  verbreitet  und  beliebt  wie  in 
der  Gegenwart.^  Von  diesen  Fischen  sagt  Ibn  llauqal,  daß  sie  eine  Spanne 
groß  waren,  und  daß  man  sie  in  Salz  einlegte  und  nach  Mesopotamien, 
Raqqä,  Müsul,  llarran,  Halab  exportierte.^  Tafex  ist  heute  als  Salzfisch 
im  ganzen  Armenien ,  Adarbajgän ,  Kaukasus  und  Kleinasien  verbreitet, 
während  es  der  Kolak  mehr  im  russischen  Armenien  und  Kaukasus  ist. 
Nach  diesen  Seen  kommen  für  den  Fischfang  die  Flüsse  Kura  und 
Araxes  in  Betracht.  Diese  lieiden  sind  durch  die  Fische  Sowrmaliik, 
Tirakan,  Asubä  bekannt.* 

Ibn  Faqih  lobt  besonders  Sowrniahik  ^=  Sürmähis,  die  nach  ihm  fett,  zart 
und  wohlschmeckend  waren. ^  Diese  Fische  exportierte  man  nach'Iräq  und  Räj.^ 

1  Ibn  Faq.  \  ^  o  ,  Jaqut  II ,    i  o  A  . 

2  Die  Annahme  Mordtnianns,  daß  Tarex  bei  den  Armeniern  für  alle  Arten 
gesalzener  Fische  gebraucht  wird,  ist  nicht  richtig.  Die  gesalzenen  Kolaks  z.  B. 
heißen  niclit  Tarex.  Er  hat  wahrscheinlich  das  griechische  Täci^^;  in  Betracht  ge- 
zogen. Das  armenische  Tarex  leitet  er  auch  von  demselben  Worte  oder  von  Tapt;j^6uw 
ab.  Diese  Annahme  ist  zweifellos  richtig.  (Das  Buch  der  Länder  S.  164  f.  N.  160.) 
Qazwini  hält  diesen  See  von  Balinäs  verzaubert.  (II,  f  e  Y  .)  Diese  Sage  wird  auch 
durch  Mar  Aba(s)  Katina  bei  Movs.  Xorenaci  bestätigt,  wonach  als  Samiram  -  Semi- 
ramis  von  Zradast  (Zara^ustra)  und  ihren  Sohn  Ninowas  besiegt  worden  war,  sie 
vor  ihnen  flüchtete  und  wie  die  armenischen  Sagen  weiter  erzählen,  dürstete  es  sie 
am  Van  -  See  und  sie  trank  von  seinem  Wasser.  Als  die  Verfolger  sie  erreichten, 
warf  sie  ihr  Halsband  ins  Meer,  und  darum  sagt  die  Sage  [jL/nti^  r*  luJJipuiJiui 
fi    ^ntj^  (Movs.  Xor.  I,  18,  40  vgl.  tovma  I,  3,  26  mit  IB,  18,  215). 

3  Ibn  Hauq.  VIA,  Ista;)(;ri  \\  *  ,  Ibn  Faqih  V  ^  e  ,  Jäqüt  B ,  1  o  A  ,  nach  diesem 
wurde  Balinäs  von  Qubäd  ^  Kawat  (arm.)  dem  Großen  nach  Armenien  geschickt  und  hat 
den  Van-See  verzaubert.     (V^-aJ»  =  TsXEo-fxa  in  der  Volkssprache  Tilisim  (türk.,  arm.). 

*  Die  Namen  dieser  Fische  lauten  bei  Ibn  Hauqal  Yl  N  ,  c^L«j— '  ,j^\jj, 
^oj-lf-    (h.    {^\jj,     0.    ^j'lj.i,     f.    (j*^J-i)j  ebenso  bei  Ista;;(ri   ^l\,    Jäqüt    hat 

ij'ujy^  und  Ibn  Faq.  V^  1.  Qazwini  hat  wohl  das  Richtige  -rzXXXjtj^  Kosm.  II, 
XtS  (vgl.  N.  e.  f.  Ista;)^ri ,  p.  NAf).  Ich  halte  diese  Form  darum  für  richtiger,  weil 
sie  im  Armenischen  »spitzer  Halb-  oder  Viertelmond  bedeutet  und  im  Araxes  gibt 
es  bis  heute  eine  Art  Fische,  die  besonders  in  der  felsigen  Gegend  leben  und  mit 
ihrer  Gestalt  an  die  Mondsichel  erinnern  (Mahik  =  Sichel  vgl.  Tovma  IB,  2,  132). 
Ebenso  heißt  die  zweite  Art  bei  Qazwini  ^Ijj  =  m^^uü^uA,  welches  Wort  »dem 
Herrn  gehörig«  bedeutet  und  weil  die  armenischen  Fürsten  einfach  »Ter«  genannt 
werden,  würde  dann  dieser  Name  an  «Isxan«  (Fürst)  Fische  vom  Sewan  -  See  er- 
innern.    Bei  Jäqüt  kommt  noch  das  Wort  ^j-Slj-All  =  ^uÄi^iuy/j'if  (?)  vor. 

6  Ibn  Faqih  p.  Y^V.  Die  Beschreibung  des  Araxes  s.  bei  Qazwini,  Kos- 
niogr.  I,  p.  \S  \. 

6    Ibn  Hauq.  p.  Y  M . 


152  Thopdschian:    Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I. 

Was  die  kaufmännische  Sprache  anbetrifft,  so  herrschten  in  Adar- 
bajgän  und  Armenien  hauptsächhch  Armenisch,  Persisch  und  Arabisch  vor; 
die  letztere  Sprache  verstanden  nur  Kaufleute '  und  die  Herrscher  des 
Landes.  Im  übrigen  sprach  man  in  Armenien  Armenisch,  ausgenommen 
Dowin  und  Umgegend,  wo  auch  das  Arabische  und  Persische  gebräuchlich 
w^aren.     In  Partaw^  sprach  man  Albanisch. 

Am  Schlüsse  dieses  Kapitels  erwähne  ich  die  besten  Produkte  der 
15  Provinzen  der  Armenia  major,  nach  der  Geographie  des  Movs.  Xorenaci, 
die  bis  jetzt  in  dieser  Hinsicht  unbenutzt  geblieben  ist. 

1.  Barjr-Hayk,  die  westliche  Gegend  von  Armenien,  wo  die  wStadt 
Carana  =  Theodosiopolis  liegt,  und  welche  Gegend  unter  Asot  1.  und  Smbat  I. 
größtenteils  in  der  Hand  der  Araber  war,  hatte  viele  Hirsche,  nützliche 
Vögel  (besonders  in  der  sumpfigen  Gegend  von  Karin),  Salz  {uiqui  im 
Texte  ist  offenbar  luqu),  heiße  Quellen  bei  Karin  (vgl.  auch  Qazvvini, 
Jäqüt-Qäliqalä)  aufzuweisen. 

2.  Armenia  IV,  der  südwestliche  Teil  von  Armenien,  in  der  großen 
Biegung  des  Euphrates,  besaß  Hirsche,  Vögel,  Fische,  Löwen  und 
Glas  pjfi-plrq^     Diese  Provinz  stand  auch   unter  der  arabischen  Herrschaft. 

3.  Arzanene  =  Aljnik,  im  Süden  von  Armenien,  war  Eigentum  erst 
der  Bani  Zuräiä  =  Zorahä  =  Zowrarek^,  und  nachher  der  Sajbäniden, 
hatte  Naphtha^,  Eisen  (vgl.  oben  Qusäs),  Vögel  (besonders  die  sog.  Dez- 
howks)  und  GHor  (eine  Art  Pflanze,  Gemüse). 

4.  Towrowberan,  im  Westen  und  im  Norden  von  Vansee,  hat  Gazben 
(Honig),  Maskamirg,  Haselnuß  =  mjtuuiui^  =  ij-^),  Naphtha,  Eisen. 

5.  Mokk,  im  Süden  von  Vansee,  besaß  die  Früchte  Gahrsak  und 
Manragor,  an  wilden  Tieren  Leoparden  mit  buntem  Pelz,  an  Vögeln 
Rebhühner. 

6.  Korcayk,  im  Süden  von  Vansee,  an  der  Grenze  von  Assyrien, 
hatte  Zaf-ik  (eine  Art  Metall)  und  die  Früchte  Saganak  =:  Öäh-Ballüt 
(ein  Manuskript  hat  an  dieser  Stelle  Sahndak,  das  ist  der  Same  des  Gangar 
genannten  Dornes). 

7.  Parskahayk  liegt  im  Osten  von  Vaspowrakan,  im  Westen  und 
Norden  Urmia-See,  in  ihm  waren  Hirsche,  wilde  Esel  und  Ziegen. 

8.  Die  Produkte  von  Vaspowrakan  werden  merkwürdigerweise  aus- 
gelassen; daß  diese  Provinz  nicht  sehr  fruchtbar  war,  sehen  wir  aus  der 
verhältnismäßig  geringen  Steuersumme,  die  die  Arcrownier  bezahlten.  Die 
Gegend  von  Van  und  Ostan  ist  allerdings  sehr  fruchtbar,  die  Weinberge 
und  Gärten,  besondei's  aber  die  Äpfel  von  Artamid  sind  in  Armenien  wohl 
bekannt. 


1    So  heißen  diese  bei  Pseudo-tovma.  IV,  8,  297, 

^    Vgl.  von  heutigen  Reisebesehreibungen  z.  B.  Rolirbach ,  Bagdadbahn. 
*    Für  die  armenischen  Kaufleute  war  Raj  der  wichtigste  Markt  von  Persien 
(vgl.  Ibn  Faqih  p.  YV»).    Sie  standen  auch  direkt  mit  Bagdad  in  geschäftlicher  Ver- 
bindung (vgl.  Ja'qübi,  Kit.  al-Buld.  BGA.  7,  p.  Tf  V  usw.).     Hierdurch  waren  sie  ge- 
zwungen, Arabisch  zu  lernen. 


Thopdschian:   Die  inneren  Zustände  von  Armenien  unter  Asot  I.  153 

9.  Siwnik,  im  Süden  von  Sewansee,  hat  Mowrt,  Ger  er  i  und 
Nowf-n  (Früchte). 

10.  Arcax,   im   Osten   von    Siwnik,   hat   Karaxownk  (Weihrauch). 

11.  Paytakaran  =  Bajlaqän,  im  Osten  von  Siwnik,  hat  viel  Baum- 
wolle und  Gerste. 

12.  Owti,  liegt  zwischen  Arcax  und  Kowr,  hat  Ölbaum,  Rose 
(wai^enkeni?)  und  den  Vogel  Katak. 

13.  Gowgark,  im  Westen  von  Owti,  hat  Analowf,  Hacaracaf-, 
Serkewil,  Tosax  (Pflanzen  und  Früchte). 

14.  Tayk,  im  Westen  von  Gowgark,  hat  Feige,  Nowrn,  Altor, 
Serkewil,  Ptlaxownk  und  =  Nows,  Mandel  (Früchte). 

15.  Ayrarat  liegt  in  der  Mitte  aller  dieser  Provinzen.  Nach  Pseudo- 
Movses  war  diese  Provinz  die  fruchtbarste  von  allen.  Er  lobt  hauptsächlich 
np^iub  ^uipJliii  =  das  Purpurwiirmchen ,  das  an  einem  schilfartigen  Gras  lebte.' 


Ps.-M.  Xor.  Geogr.  S.  607—611. 


154 


Studien  zur  ältesten  G-eschichtsüberlieferung 
der  Araber. 


Von  Eduard  Sachau. 


Ibn  Saad  äußert  sich  nur  an  einer  einzigen  Stelle  seines  großen  Werkes, 
soweit  es  mir  zur  Zeit  bekannt  ist,  über  die  Quellen,  aus  denen  er  geschöpft 
hat  und  deren  Inhalt  er  in  seinem  eigenen  Buche  zusammengefaßt  zu  haben 
behauptet,  im  Anfang  des  den  Bedr- Kämpfern  gewidmeten  Teiles,  also  im 
Anfang  der  eigentlichen  Tabakät,  der  Schichten,  Generationen  oder 
Gruppen  der  Männer,  denen  seine  Zeit  ihr  Wissen  vom  Ursprung  und 
Werdegang  des  Islanis  verdankte.  Wir  entbehi-en  eine  solche  Mitteihmg  in 
der  von  Ibn  Hisam  besorgten  Redaktion  des  Ibn  Ishäk,  während  Wäkidi 
seine  Maghazi  ebenfalls  mit  einer  Quellenangabe  eröffnet,  hierin  vielleicht 
das  Vorbild  seines  Schülers  Ibn  Saad.  Von  den  sieben  Abschnitten,  in 
denen  Ibn  Saad  seiner  \'orgänger  gedenkt,  behandelt 

der  erste  Wäkidi  und  seine  Gewähi-smänner, 

der  zweite  die  auf  Abu  Ma'sar, 

der  dritte  und  vierte  die  auf  Muhammed  Ibn  Ishak, 

der  fünfte  die  auf  Musa  Ihn  'Ukba  zurückgehende  Überlieferung, 
während 

der  sechste  und  siebente  Abschnitt  diejenigen  Quellen  nennt, 
welche  unserem  Ibn  Saad  eigentümlich  sind,  aus  denen  er 
direkt,  nicht  durch  Vermittelung  seiner  ^'orgänge^  Ibn  Ishäk, 
Abu  Ma'sar  und  Wäkidi  geschöpft  zu  haben  angibt. 

Die  Anordnung  Ibn  Saads  nach  chronologischen  Gesichtspunkten 
ändernd,  beginnen  wir  unsere  Untersuchung  über  die  einzelnen  Gewährs- 
männerreihen mit  dem  fünften  Abschnitt,  mit  der  auf  den  ältesten  Geschicht- 
schreiber Müsä  Ibn  'Ukba  zurückgehenden   Reihe. 

I. 

"^  ü;  ^r  (t  141) 

;  V^  ^.    (f-^}  ^.  c^:»^^    (nach   160) 

^j'lj\  J\  t>  ■*^\  -^  er  cU«-l  (t  226). 

Diese  drei  Männer,  der  erste  und  zweite  Onkel  und  Neffe,  sind  im 
allgemeinen  bekannt  (vgl.  meine  Schrift  Das  Berliner  Fragment  des  Müsä 
Ibn  'Ukba,  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  d.Wiss.  von  1904,  den  25.  Februar 
und  Ibn  Saad  III,  1,  Einleitung  S.  XX). 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         155 

Über  Ismcail  Ihn  Ibrahim  gibt  Dhahabi  in  der  Handschrift  der  König- 
lichen Bibliothek  zu  Berlin,  Sprenger  271  Bl.  45''  folgende  biographische 
Notiz: 


Eine  nur  wenig  ausführlichere  Notiz  entnehme  ich  der  Handschrift 
des  Britischen  Museums  Or.  3817,  dem  JUxJl  ^llJ  des  Mukaddasi  (s,  Rieu, 
Supplement  S.  416)  Bl.  IQ'': 


c$-*^  ä   Ö^J^  -^  '^  c^JJ  -^-"  ^  OjIcJ  ^  O-J  Jj^  ^L'j  (sic)^L.'j 

über  seinen  Nachfolger  in  der  Überhefeiting  des  von  Müsa  verfaßten 
Geschichtswerkes,  der  gewöhnlich  mit  abgekürztem  Namen  als  Isma'il  Ibn 
Abi  'üwais  bezeichnet  wird,  vergleiche  man  den  folgenden  Artikel  derselben 
Handschrift  des  Britischen  Museums  Or.  3817,  Bl.  25": 


y\j  ^\  cr_  *^L.  cJ>-\  (j\  y^j  ö^«  ^_  <S  ^  ^_ii=^  crij\  ü^  clr,  J^f*—! 
.jLil  0;  ij-'i  -V^J  -V^l  A^  jT  U  eU-lj  eil  A*--  ^L.  "^  t>l  ^_j\ 

^  <Sjj  v^  er.  ^j\  Cr,  Sr^-^h  iS^^\  ^^^j  ör.  j^J^  -^  a  -^^j 

j^lj  JUJl  iJjlil  t>_  jtj  <:p  jJ-1  ^  ^j^\  ^SJJJ  ^J^\  iSJJJ 
<«L-,1  j,\  i>  Ai^  ^^  ojli-lj  (^j_^l  j'_^:^  ä  (j~^b  ^iü^  er.  cU--  t>. 
(^jUVl  Jix^l  ä  J jW.j  l$-a)J1  ^4^1  ä  ffj}j  i'Oc^'^Vl  o^^  er.  ^j-V*-^ 

1    Tochter   des   Sa'd   Ibn  Abi  Wakkas,    welche   behauptete    noch    sechs    von 
Muhanimeds  Frauen  gekannt  zu  haben  (vgl.  Ibn  Saad  VIII,  342). 


156         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

J.oi*_wl    ^j     ^^    ^\y  .i    J*\j    ^^    c/^J    L$-^J\^lj    ifL--a)l    ^^    (j-    -A^j 
^^  C-^  U^   Jl   äj    J\3J   ^^    J^J    J-^'^    ^    j^'^J'J    J^    c^j\-^l 

c^\s^\  ^  ji^  JlÄ»  «Ct  jl  cJL-  j^Ji  -J-^  Jls  \>^ jf  ;y  \J^ 3  ^^y.  J^ 
*4>::fL.j  ^^^j  ;»w  Jlij  c—  «ü.-  oL.  .„i-*^ 

über   denselben    Uberlieferer   gibt    Dhaliabi    in    Sprenger  271   B1.48'' 
folgende  Notiz: 


Ax  <:.lj  aJ-1  -Lt  JsT  jl  aJ-1j  C.11L.  aIU-  jt  J-^1  *ül  -*^  ^j»!  ^/^v-^V^ 
jbjj  e>.  ^*^J  ^  ^  f-^^  y^J  jyL^lll  3'_j«)l  A^j  J>\-_  j-^  jUJ-j  awI 

VJ  (>*  J^^3  J>^.  t>  jLl-  ^i^j  ^It  «jI:.  V  sj^\j-  aJU-  jc  (5JJ 

über  seinen  Vater  Abu  'üwais  entnehme  ich  folgende  Notiz  dem 
Werke  Mizzis  in  der  Handschrift  der  Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin, 
Landberg  39  Bl.  265^ 

So  lehrreich  diese  Notizen  der  späten  Sammler  für  die  Beurteilung 
der  Stelle  des  einzelnen  Gelehrten  in  der  Überlieferung  zwischen  Lehrern 
und  Schülern  auch  sind,  geben  sie  doch  nur  wenig  Aufklärung  über  seine 
allgemeinen  Lebensverhältnisse.    Diese  beiden  Ismä'ile,  sowohl  der  Bruder- 


'    Einen  Auszug  hieraus  s.  auch  in  Dhahabis  Jlo-^l  -^'  j_|  Jl-^Vl   ij\j^ 
(ed.  Luknow  1884.  4°)  Bd.I,  88. 


Sachau:    Studien  zur  ältestpii  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         157 

söhn  des  Müsa  wie  der  Schwestersohn  des  großen  Mähk  Ihn  Anas  waren 
gebürtig  aus  Medina  und  haben  zweifelsohne  dort  ihre  Kenntnisse  erworben; 
ob  sie  aber  dort  geblieben  und  gestorben,  oder  ob  sie  nach  Babylonien  aus- 
gewandert und  hier  ihre  Lehrtätigkeit  ausgeübt  haben,  ferner  ob  Ibn  Saad 
in  Medina  oder  in  Bagdad  zu  den  Füßen  des  Isma  il  Ibn  Abi  'Uwais  ge- 
sessen, ist  aus  den  mir  zu  Gebote  stehenden  Quellen  nicht  ersichtUch.^ 
Beachtenswert  ist,  daß  die  Überlieferung,  welcher  Ibn  Saad  seine  Kenntnis 
von  Musäs  Geschichtswerk  verdankte,  dieselbe  ist,  der  eine  Damascener 
Handschrift  des  XIV.  Jahrhunderts  einige  Auszüge  aus  demselben  Werke  ent- 
nommen hat  (s.  Das  Berliner  Fragment  des  Müsa  a,  a.  0.  S.  1  und  5 
des  Separatabdrucks). 

IIa. 

JU^I  J-^  X^   (t  151) 

e5-^  ü>\  Ü,  JJJ^    (t  "m  181—1911') 

^JL\  Xj   ä  fJJ  (t  ui"  211-2211') 

Über  diese  Reihe  verweise  ich  auf  das  in  meiner  Einleitung  zu  Ibn 
Saad  III,  I,  S.  XXV  sowie  in  den  Anmerkungen  S.  3  Gesagte.  Beide 
Männer,  Harun  undRu'aim,  scheinen  in  der  biographischen  Literatur  wenig 
Beachtung  gefunden  zu  haben.  Mizzi  (Handschrift  Landberg  39  Bl.  3*^) 
sagt  über  den  ersteren  folgendes: 

(j  ^\  xs-  jli\j  y>j  (JU--^  (j  -x^  ^l^tyLdl  ,3-jlp  iJ\  fj^  jjjU 
^^>-  ct^  dlUi  Aj^j  ij^  ^\  cy^  rVj  4!U>  ^\  cf_  o^-l  if-  iS3J  jjj^ 

ll-A^j  jUl  j  1-^lj  t-.A^  J^\    4)   t^JJ  -:>  Ci^\    O^'    j   j^^   j\   o}'^ 

In  einer  kurzen  Notiz  bei  Dhahabi,  Jl-ü^Vl  O^yf  il»  542  findet 
sich  folgendes  Urteil  Buchäris: 

Kürzere  Notizen ,  die  aber  nichts  Neues  bringen ,  finden  sich  bei  Dha- 
habi, Sprenger  274  BL75^  und  Safi-Aldin  Aransäri  (Bulaker  Druck  1301) 
S.  407,  Ibn  Hagar  (Takrib,  Delhi  1320)  rechnet  unseren  Harun  zu  der 
achten  Generation^  d.  i.  zu  den  Zeitgenossen  des  SuQan  Ibn'Ujaina  (-[-  198). 


1  Dhahabi,  -kU>i  'oj-^  ed.  Haidarabad  I,  375  bezeichnet  den  Ismail  Ibn 
Abi  'üwais  emphatisch  als  O-dl  o-^  ,  nimmt  also  wohl  an,  daß  er  in  Medina 
doziert  hat. 

2  Die  Verteilung  der  Überlieferer  über  zehn  Generationen  tahaha  s.  bei  Dha- 
habi,  <^_Ä4l!l   JUj  J^^,   Handschrift   der  Königlichen   Bibliothek,  Sprenger  275. 


158         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferang  der  Araber. 

Vermutungsweise  möchte  ich  sein  Todesjahr  zwischen  181 — 191  ansetzen. 
Gern  würde  man  erfahren,  wo  und  zu  welcher  Zeit  dieser  Harun  dem 
Muhammed  Ihn  Ishäk  als  sein  Schreiber  nahegestanden  hat,  aber  sowohl 
über  ihn  selbst  wie  über  seinen  Sohn  Abdallah  Ibn  Härün  versagen  meine 
Quellen  vollständig. 

Ru'aim  Ibn  Jazid,  der  als  Uberlieferer  von  Ibn  Saad  in  seiner  Bio- 
graphie Muhammeds  mehrfach  erwähnt  wird,  ist  mir  anderweitig  nicht  be- 
gegnet.    Er  dürfte  etwa  zwischen  211 — 221  gestorben  sein. 


IIb. 

JU^I  ^_  ^  (f  151) 

-W.  J  ^\j\  (t  183) 

^y\  J;  xf  J^  A5-1  (f  228) 

Ibrahim  Ibn  SaVl  ist  den  Biographen  wohlbekannt,  ein  Mann  vor- 
nehmster Abstammung,  Urenkel  von  Abderrahman  Ibn  Auf,  dem  Freunde 
des  Propheten  und  Omars.  Wie  so  viele  seiner  Zeitgenossen  ist  er  in 
Medina  geboren  und  aufgewachsen ,  dann  aber  von  der  Sonne  des  Abbe- 
sidenglücks  angezogen  nach  Bagdad  ausgewandert,  hat  dort  gewirkt  und 
ist  dort  gestorben. 

Die  Biographen  Ibn  Ishäks  erwähnen  ihn  (s.  Wüstenfelds  Ausgabe  II 
S.  IX,  X,  XIV,  XV).  Die  Beziehungen  zwischen  beiden  Männern  waren 
alten  Datums.  Als  Ibn  Ishak  frühzeitig  Medina  verlassen  hatte,  setzte  dort 
von  allen  Gelehrten  nur  ein  einziger  seine  Überlieferung  fort,  unser  Ibrahim 
Ibn  Sa  d. 

Der  folgende  Artikel  findet  sich  bei  Mukaddasi,  Sprenger  270  Bl.  418^. 

^j^-}\   (B1.419^)    J^t  J^  j^Ji  Aj^  CJ,  ^\j\  C,   -^  C\  ^\j\ 

'^\j  (j  SA^j  -^<^.  -^J^^  '"JT'  ^.  C^.-^^  ^.  "-^^^  "^-^  ^^.  ^.  (i^**^^ 
J^\j  -w-  ^j^  ^\!lj  -*^b  ^yji_  o\i.\j  "^J^  ij^  fj^J\  -^J  '^  ^  (SJJ 

J>^^1  jy-  Cy,  ^^\  ^3  f ^T  c\  J-j  ^\3  c^'y-'l  ^jb  ^\3  ^J\ 

Juä^lj   x}>-\  (j    Jpj    ^lä)l  (j-   pJLU  j^\  _j)lj    Ojlj-H    -^^   Ö   -U-Jl  -A^j 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         159 

^.Ij  ^j  -^1  J\ä  *(^jf  j  j^i  i^r  c>.  ^^J  J^^  Jl-V  ^J-?  ^^ 

J\s  V  ois  L.  A«j  'U^  (419^')  sl)^  V  A«-.  ^^  ^\j\  ^Jss^  ^  <1S' ^  j'^ 
>t^.-^\  (i  *^^^  ^JJ  ^^-vi-1  ^^-^'^'  j^-*--  ä^  J^J  ^^  (^^/^  «^-'•^^  "^ 

^>:*_^1  j^\  jjjW)  J^l  ^.  ^^  Jjj  *-^jj  a!^j  y»  Wj^  ^^-^.  f-^j 
j^  y>  J^A£^  Jl5j  t>:]|  ^_;l  ^IL  j  J9JJ  ^'Uj  t>'^J  ^'  ^  W;  oUj 

Hiermit    ist   der   Artikel    Dhahabis   in   Sprenger  271   Bl.  27^   zu   ver- 
gleichen: 


vJ  ü^  f^^vi  -^ij  ^\^\  d*,y  (J-^^  c}'^^  -j'J  M  -^^  t>  (^-^.^ 

Ü  ^-^\3  {■)ü'jj  J^Jj'l  J-*-^  ä  ^^3  (3^.  ü,  d^J  c5^b  ^-^-J 
^^  Jl  Cf,  cr^  j\^\  Ö-J  jp^3^J  jVjaII  ^\  o  -^J  (28^)  oV^ 
^j"!  J  Jli  (5j^Jl  JÜ  l^j^^j  t>»*  ab  -^^^  "^'J  V^J  -^»--  t>  il^b 
<l^_-^o-  ^\  j'^  '^»— '  jj^  ^  ^J^'-c-'i  c/^  (j^  -^»--'  Cj  ffj\  -^  j°  *J^  o} 

'J^   ^.    '"^^'^    J^    ^^^'    ^^    ^^   <^J-9    ^   VJ  l/-  '^'^  tJl^  <i  ^^  (^V^ 

ÄfUj  jU*  Äi^  -\!j  oj£-  Jlsj  jI-w,  JUl  c-^  Jj  .jjb  _5»  1  Jlsj  (ji'-*^  '^"^ 
^^  Äl^  oL«  <^L?"j  -**--.  J-l  J^  >L^  y^j  <CU  **>*-  <I^  OaTI  (iiy-j^i  (j  öj^^J 
s/i-l  ,_jJ-l  JÜ  4>;l:j  ^jl  O  ol«  »j;^J  (sie)  jy  t>  -*t^  J^J  ^"^^J  ü^"^-^ 

Diesen  Artikeln  gegenüber  ist  derjenige  in  Dhahabis  JsLä-^-l  öy  jj*  I, 
229  entbehrlich  (vgl.  auch  Wüstenfeld,  Liber  classiuni  viroruni  W,  9,  S.  55 
und  Ibn  Kutaiba,  Maärif  S.  123,  5—7;  Anekdotenhaftes  über  ihn  in  dem 
Auszug  aus  dem  Ta'rich  Baghdäd  des  Ahmed  Ihn  Ali  Alchatib  Albaghdadi 
(f  463)  in  der  Handschrift  Petermann  263''+''  Bl.  40^). 

Nach  Buchäri  {^J^\  fj^,  Sprenger  491  Bl.  178")  soll  er  73  Jahre 
alt   geworden    sein.     Ibrahim  Ibn  Sa'd   ist  der  einzige  Überlieferer  des  Ibn 


160        Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

Ishäk  unter  seinen  Zeitgenossen,  der  dem  Fibrist  (92,  30)  bekannt  war. 
Daß  Ibn  Saad  sich  seiner  Redaktion  neben  derjenigen  des  Harun  Ibn  Abi  'Isä 
bediente,  habe  ich  bereits  in  der  Einleitung  zu  III,  I  S.  XXV  angegeben. 

Über  denjenigen,  der  die  Redaktion  des  Ibrahim  Ibn  Sa'd  fortsetzte, 
den  nur  zwei  Jahre  vor  Ibn  Saad  gestorbenen  Ahmed  Ibn  Muhammed  Ibn 
Ajjüb,  geben  die  Biographiensammlungen  reichliche  Auskunft.  Mukaddasi, 
Sprenger  270  Bl.  Sgö**: 


<^  (ji  t>  J^  y}-5  J='=^^  ü'.  o^J  cV^  ä  -*^\  er.  -^^  -^3  -iJ^-i  ^.^ 

j^  ^}    <jC    ^_>    ^^,    J\5J    la»    Ö^JÜl    »Ää>    ^t*-~    U    ^l-O     Jläs    jfV».    J'^ 

<;ij  A,u-  jj_  ^j\  (Ms.  (j-)  jx  A^U»  öf_  ^^  (j;  c.^-2^^  (^  U*^--  ^'^  ^.^  J^ 
l9  ^L^  ^_  A2-\j  j,_a11  j  Jt  Ajt  ^11.. j  1^^=^=.^  (396'')J._  jl^^Jll  y^ 

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j«Ls    \S.    (J^   (j    ^J^^  JL^^  <£■   ^\^  ^   ^\   V    jö    jls   ^    JLj'   Vlsj    els^. 

\Ä*  ^  jl^«  «ui)'  4!j  Jt  VI  -**-  J-,  ^j\  AJ^_  ij  /^^  >  a!  r^'  j*^ 

A>3-\  j^"i  j^_  e.^'ij-'i  ä  3^"^^  o»*-j  -w-  o-^  ^j'i  ü".  »-j^.  <y  r^^'^ 

Ü"    /^J"^    cS*-^    «-».^^    ^^3    ^    '^-^    -^^    ^— ^    aJ3J,9    ^ji  \^J  tL--ll 

s^l  >  ^,1  Ini  -^1  Jt  lj-1^  U  "^^  l  J^j  cTl  J^j  >  J\  My 
l^Ko,.»^  l^^l  \^\j  "^  J_*i'l  lÄ*  Ji;_A  1j:aj  4;a*j-^  Uly  ^^1  j^  'J\  S*^, 

«r^  j^f-  u-^-U-l  Jls  (396'')  l^*^  jAi   )j  ^J^\  ^^^  ^i>t-j'  ^lC  jl  jl^ 

t^S^.     ->'^.    f-?    "*^^   t>.    ff'j)    if    ^    (^-?    Ai.i:~Jl    ^5«t^    ^J^l    t>l     jyo_    jl 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         161 

^Uail!    IsGj    j^Jl^    ^  J^J    jJ-\  ^_J^j\  Jli  J\9    itl    -Üllj    [^L^  ^J\ 

As    (iloj-    (j-    (_^   (j-    ^Uail!    ^_-IA)_    IsljJ    jb    -Ajw    ^j-^    -^    JlSs    «^5^    l^-JA) 

^   O    JS^j   Jtj   -U-\    Ufr    ^\    \Ju    -L^   t>   A3-lj    UajJ  i^AP    (397")  (jl 

Dieser  ausführliche  Artikel  macht  die  Angaben  Dhahabis,  Sprenger  271 
Bl.  17%  entbehrlich.  Unser  Ahmed  war  nicht,  wie  Ibrahim  Ibn  Sa'd,  ein 
vornehmer  Mann,  sondern  ein  Schreiber,  der  vermutlich  von  seiner  Feder 
lebte.  Er  hat  für  einen  Barmekiden  das  Werk  des  Ibn  Ishäk  aus  der 
Handschrift  des  Ibrahim  Ibn  Sa'd  abgeschrieben ,  und  die  Frage ,  über  welche 
die  arabischen  Gelehrten  sich  streiten,  ob  Ibrahim  selbst  ihm  sein  Exemplar 
vorgelesen ,  ob  Ibrahim  selbst  die  von  Ahmed  angefertigte  Abschrift  korri- 
giert, oder  ob  Ahmed  weiter  nichts  getan  habe  als  lediglich  die  Handschrift 
Ibrahims  abzuschreiben ,  ist  für  uns  von  geringem  Belang.  Auf  alle  Fälle  hat 
er  sich  durch  seine  Abschrift  ein  Verdienst  um  die  Erhaltung  der  Maghäzi 
erworben. 

III. 

^  ^J*.  y\    (t  170) 

fl^  ö,  <yr^\  (t213) 

Über  Alhusain  Ibn  Bahräm,  der  dem  Ibn  Saad  die  Kenntnis  das  von  Abu 
Ma'sar  verfaßten  Geschichtswerkes  (s.  Einleitung  zu  Ibn  Saad  III,  1,  S.  XXV) 
vermittelte,   gibt    Dhahabi,    Sprenger  271    Bl.  119^    die   folgende   Auskunft: 

y\j  (>**  ü'}j  -^^^  '^j  ^»i^j  f JW  ä  j,j^3  j^-?  6^\j^\d  ^'-^  ij\ 

ajlj  -u^  ^\  <i_j  Jii^j   l9J^\   J-^\  U,   i}^^\j   ^JJ-^\  ü"^-^  ^^ 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1904.     U.  Abt.  11 


162         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

Ähnlich  auch  Dhahabi  in  der  JsUJ-i  ö^Jö"  (ed.  Haidarabad)  I,  372. 
nur  mit  der  Differenz,  daß  unter  seinen  Lehrern  auch  J^^a^  (j'  -X^  Juli-  ^  \ 
und  unter  seinen  Schülern  auch  noch  (J^^i  <^j\  und  JJ>-  aufgeführt 
werden,  während  (SJr^\  ,y^\  ü  (3^^^^  ausgelassen  ist. 

Ibn  Hagar,  Takrib  (Delhi   1320)  S.  41 : 

Einige  Verschiedenheiten  in  dem  Verzeichnis  der  Lehrer  und  Schüler 
weist  die  Notiz  Dhahabis  bei  Wüstenfeld,  Liber  classium  virorum  VII,  55 
(S.  83)  auf.    Dieser  Überlieferer  oder  seine  Familie  stammte  aus  ':i_$j\  J^ , 

kontrahiert  ijj*.  Die  richtige  Form  seiner  Nisbe  ist  daher  t^ij^i,  nicht 
(^jj^l,  wie  in  manchen  Handschriften  und  Ausgaben  geschrieben  ist. 

Über  Abu  Ma'sar  geben  wir  die  beiden  Artikel  von  Mukaddasi  und 
Dhahabi. 

Mukaddasi  in  Landberg  35  Bl.  141*: 

2  I^V  V^  j^j  ^_-^i  ^^r  L^W^l  ^^^\  ö^J\  ^  ü  ^ 


jjUt-lj  (^Od^jll  ^  (j-^  Ai=-j  jCi-  j)ij  ^  _j»lj  (^J  (^-?  j^-'^  t>. 

JaI    (J^.    p^  -^J    t^-Uiil    Jlj    jlTJl  <j;  j6C    (j   AJ^j   pUJl  0;  ^^-.^  <j; 

AIP  ,^1  ijL  ^v  jl  CrJ  JlSj  ÜisU  L5'^.^  _j,_1  j^^  _j.J  Jl5j  <^3Ull 

^   Fehler  für  jyaU  C^   t5^>*    fi- 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         163 

Js  j-  iSJp^  ^  Jbjil  <^  c^jj  <^^-*^  Ä.li5"  j  -u  i^y  ^_jW1  <x 
^\  'J^  Jls  jl  (3^'^  j~^  jl  t>  -*^  ö';  c>~^l  ^  ^^1  J15j  tSj^l  ^j 

^  cJt-  Ul  J[ü\  -Ui  Jl5j  iJü  ^  jL-Vl  («^  V  -»lÖ  ^j-L^  ji^JUs 

Dhahabi  in  Sprenger  274  61.76"— 77". 

Ul^    ji^p-U    ^    J_j^    JaII    ^J*«    y\    ^XJ\    J3-J\    -LP   (>    ^ 

^Lsj    e&Vj   J>^   Ol    (^J^    ^1    O^-^ls    J^J    C^^ls    Cjji^   jj.    ^    °\^/*^ 

*c5j^^  4-*'^  c^J  ''^^  \s  4j'JU/1  (^L 


j-tj  ^J-jJi  j  ._LJ.i  ^_  -L^  js.  iSJJj  oU-  ä  ^L.1  M  (^  b 

-'^  t>.  ^5"^-?  (2;^^'-?  L^-^S^^  V^<^.  "^^-^^  er:*  <^.  "^^^-^  c^j:^^  -4*-- 
O;  c>4!l  4:cj  ^"Üsj  oj^  jj-^  ^LiAj  öj-^c^  c:^  J>*  ^*J  o.b  j-^^^l  ab 

f^^r'i'  J^-?  cT^^   ä    J^^J   (jj^  j'l    (^r^-'.Jl   J,\j   j{j\  ä   jbC  t> 

0>Jj   Uj  ^i*-=-   jl   J-«  (BI.  76'')  j-  ^f\    Ua_-   oJj  L.   ^  Jls 

Ö.   t5^  j'^eT'"^^   ^'^-^   ^^^   LIj    ^^  j)J    ö^^    ^1    J^J    H^-^^    b*-U 

^  j^  äj  J^J  '^■^,  ^^Jj  jb-Vl  ^^  V  (J^-*-^  J^  ä  -^^\  J^J 


164         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

cT    L^-iji^    J^J    ■5^-'^    j-^   ^,\   jö   J^_   j;4-^    ^»^    C.«*—    ^j-l-4!l    '^j'j    ^\ 

l^^jJz^    j^o"     Jlsj    jt-J     ^l    a!     ^b     J\^^     J^    "^    ^"■«    ^\    (j^zix^ls 
JJ^  Jli  iL»-.  Jj31  (J^,\  j^   '^'^l'J  ö'^—   "^  jyj  J^  ^j=^  ;>*    <i-ÄJi 

Ut  JUj   AJLJI jk»>-    _j>l    oL.    ^   -*>^^    4j.J^    J^    lL.1    *>L>.j    jl^ 

jt  ^^j^Äll  ^  -Cas-  ej^'^lL  ^j  cJi  ^^ Cj\  i^.  (ßi-  '''')'-^  ä  -*^  ^ 


IV. 

Das  Werk  Ibn  Saads  ist  zu  einem  großen  Teil  als  eine  posthiime 
Publikation  Wäkidis  anzusehen.  Ibn  Saad  hat  die  Sammlungen  seines 
Meisters  aus  dessen  Nachlaß  nach  bestimmten  Gesichtspunkten  gesichtet, 
geordnet  und  herausgegeben.  Die  Überliefererreihen,  welche  Ibn  Saad  als 
die  Hauptquellen   der  Information  Wäkidis  bezeichnet,   sind  folgende  acht: 


IVa. 

'"3^ 

(t94) 

<s^-J\ 

(i-  1-24) 

lül 

j^  J  jj- 

(t  1-V2) 

^'^\j\ 

(t  207) 

Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         165 

Über  'Urwa  Ihn  Alzubair,  den  Sohn  eines  Vetters  des  Propheten,  und 
IMuhammed  Ihn  Muslim  Alzuhri  vgl.  meine  Einleitung  zu  Ihn  Saad  III,  I, 
8.  XVIII  und  XIII. 

Derjenige,  der  diese  ebenso  wichtigen  wie  zahlreichen  Überlieferungen 
dem  Wäkidi  übermittelte,  war  Muhammed  Ibn  Abdallah  Ibn  Muslim,  ein 
Nefie  des  Zuhri.  Den  nachfolgenden  Artikel  entnehme  ich  Dhahabi ,  Sprenger 
273  B1.62'': 

Jlsj  lsy^\  o-}  C-*  ^^-?  ^^i^  t>^  Cr}  J^J  v^'_-^l  l-l^  -^-2-1  J\5  Ai^U^j 
J^  y\  o\jj  ASJ  jj^Ul  Vi  jl«  (i^i  j5"o.-^  Sj.__^  jl  ^  iL  je 

J^_  V   ^V  <^  ^-^1   l_^u  jJj  iS^/^J\  J-  (^-LxJl  yLu  Jt  t/^^  cT, 

J^^    \i\    lj_^  \>\    O*^    |U    Jt    ->    ^    CJ^   jl    V    OJ^^    ^^'j\    J^    4! 

L-*  (j  -L^  vi^  TT^^l  "f^  -^"l^/^^  ü^  '^.-^  J^-?  ^.J  oTy»  L.  Cp  J>i 
yi  j^jX";^!  51  J15  ^U  oi^,  cJ^\  J  c~\^  ^ ^\  J  d^^^ 

,,j^  L^^L  4!l>«i)  '^■l  ^/-*l'  '^'Lip  4:5  c5-^ljJl   Jli  -^  ^_  -^^1   vl^*^ 

*  <j*l.  J  jVw?"j  ^tJU-  <L-  oU    jL-  ^J\   Jisj    ejiläs    <CUAc-    -Uf.  4_^j    >^  aTUj 

Die  ländliche  Besitzung  an  der  Straße  vom  Lligäz  nach  Syrien,  ge- 
nannt \  Jyj  v_^,  wo  Zuhri  gestorben  war,  war  im  Besitze  seiner  Familie 
geblieben.  Hier  wurde  sein  Neffe  auf  Betreiben  des  eigenen  Sohnes  infolge 
eines  Erbschaftstreits  ermordet  A.  11.  152,  nach  anderer  Angabe  157. 

IVh. 

'*^^    (t  105) 

Jl  Cj\    (t  165) 
^Ji>\}\    (t207) 


Vgl.  Fischer,  Biographien  S.  in,  12  und  ZDMG.  44,  430,  13. 


166         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

'Ikrima,  der  vielgenannte  Sklave  des  Ibn  Abbäs,  des  Vetters  des 
Propheten,  erhielt  nach  dem  Tode  seines  Herrn  von  dessen  Sohn  iVli  Ibn 
Abdillah  Ibn  Abbäs  die  Freiheit  und  lebte  dann  in  Basra.  Wegen  chäri- 
gitischer  Ansichten  verfolgt,  verbarg  er  sich  bei  seinem  Schüler  Dä'ud  Ibn 
Alhusain  (vgl.  Ma  ärif  S.  231). 

Über  den  letzteren  gibt  Dhahabi,  Sprenger  271,  Bl.  152a,  Auskunft: 

\^\    je.    jUp    (j;    j\^C    j    jy^    Jj^    jA\    c^j^Vl    C>^>Ä~Ö~IJ^ 

(jl    AÄJJ    4£.U-J    jCS    J,\    ij^    jO*»-    (J^    J^J    <ii)L.J    fj^'^\    U'\j    <-*-^    (J^    (j 
JJ    UJ     Öut     (jl    Jlsj    j3     l^Js.     J£.    iJJJ    L.    (^_Ai|    j\    J\ij    oj^J    jV*. 

Jlij  ^J  ^  ^3j  I^L.  ji  Vji  ^V  _^_1  J^j  Jl)  ^j3  ^J  Jlsj  -C-A^ 

Dä'üd  konnte  als  Freigelassener  eines  Sohnes  des  Chalifen  Othmän 
vielfache  persönliche  Beziehungen  zur  großen  Zeit  haben,  und  wenn  er 
(wie  'Ikrima)  wegen  seiner  chärigitischen  Gesinnung  den  offiziellen  Kreisen 
odios  war,  so  ist  seine  Geschichtsüberlieferung  vielleicht  deshalb  um  so 
wertvoller. 

Ibn  Abi  llabiba  hieß  mit  vollem  Namen  Abu  Ismä'il  Ibrahim  Ibn 
Ismail  Ibn  Abi  Habiba  und  war  ein  Vetter  von  Müsa  Ibn  'Ukba,  dessen 
Mutter  eine  Tochter  des  Abu  llabiba  war.  Wir  geben  den  Artikel  des 
Mukaddasi,  Sprenger  270  Bl.  414a: 


y\j  iS^J\  jiy  a  ^\  -V^j  eri^l  j\  j  J:*--!  ^  l5Jj  J-^1  ^r- 
tlr.  -A^j  (^-^1  ^\c  y\j  jt..i  t>  Ar_^j\  Cr^  -^J  ^[J\  <j\  ä  J^  o;  <^^\ 

j^   ä    (3^   O^    C^JJ-AII    ^Ct    Jl5j    iJjJl«   Jaäjl-^ll    Jl»J    ^i-»-^   J-^   e/^^ 

^ui  j^  ^'^  (414^')  ^u^  ^^  A3-1  j\;j  ^  ^  j^  j  j\>  Jiij  ^^^  ^J 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         167 
Hiermit  ist  zu  vergleichen  Dhahabi ,  Sprenger  271   Bl.  25b: 

IVc. 

öli  ^   y^-  J;  ^^Ic    (t  119,  120,  127,  129) 

^^,^  <y.  ^^  ^.  -^''^    (t  1Ö8) 
(^Jiljil    (t  207). 

Über  Asiin  Ibn  Omar  Ibn  Katäda  vgl.  den  Artikel  Dhahabis  bei 
Fischer,  Biographien  S.  22.  Mizzi  widmet  ihm  folgenden  Artikel  in  Land- 
berg 40  B1.208b: 

(j^  c5jj  ^^L-i  t>  y^  (j_  ^_^_  y-1  JjIi  j^^  _j,i  Jli j  y^  y\  <^yyi 
jj^  ^^  ^ij  iwi  aj^  ^>_  (209^) ^Uj  ^jUii  joj_  ^_  ^j:ij  düL.  0^.  cHI 

cT  -^j  J^_  ä  (3=*=-^  t>.  -^J  »-^^  ä  ^  c>  f^'^  Cr,  J-^l  -c-lj  .-,Aiai\ 
j^  ä  -^J  o^y  ä  if^J\  -^  Cj,^  ^j-Vl  ^_b  j^^  j^^J  0;  ^^ 

^y:>3  '^  ^3^^LJlj  Ätj3  _j)lj  jyu,  J-^  ^^  ^  jyaU  Cj^  ^3^>^^  «-^^  (4/iiäll 


168         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

J  jJi  A.t  ^_  y  Jt  -^jj  nie  .L^_^\  jCS^'^^"  j^J  ^  ^\  J^j  (jjli*J 

V  J-iJ  A.L^\    ^l^J   p»i-    ^1   J^-J  t^jU:   ^^Ül    o^^  J-^J  ^^y^  j 

y\^  *y^  ^f  ^Iä)i  -lx  y\  Jiij  «vfUj  ö^^  ;«-j  <c^ ^y  «j^c-j  jis^  (j'j 

.i^\^\  aJ  ^ij  «^"Uj  ä^J  (^  '^^  jy   iS'-^J^^i  J^  ab  3^ 

Dieser  'Asiin  ist  ein  freier  Mann  aus  altem  medinischen  Geschleclit, 
nicht  ein  Freigelassener,  und  was  er  von  seinem  Großvater  überliefert,  ist 
eine  Hauptquelle  für  alles  Wissen  über  Muhammed  und  seine  Leute.  Sein 
Großvater  Katäda  war  einer  der  ältesten  medinisclien  Muslims  und  hatte  in 
einem  der  ersten  Kämpfe  für  den  Islam  eine  schwere  Wunde  an  einem  Auge 
erhalten,  die  von  Muhammed  erfolgreich  kuriert  wurde.  Von  seinem  Sohne 
Omar  erfährt  man  nur,  daß  er  das  Wissen  seines  Vaters  und  des  'Ah  Ibn 
Alhusain  weiter  überliefert  habe.  Wenn  der  Enkel  Asim  es  mit  seinem 
Gewissen  vereinigen  konnte,  sich  von  dem  Omajjadischen  Chalifen  Omar 
Ibn  Abdel'aziz  seine  Schulden  bezahlen  zu  lassen  und  dessen  Brot  zu  essen, 
so  muß  bei  der  materiellen  Beurteilung  seiner  Überlieferung  dies  in  ähn- 
licher Weise  berücksichtigt  werden  wie  bei  Ibn  Ishäk  der  Umstand,  daß 
er  für  einen  Abbasiden  arbeitete. 

Über  Muhammed  Ibn  Sälih  Ibn  Dinar  Altanunär  bericlitet  Mukaddasi 
in  Sprenger  270  Bl.  261''  folgendes: 

J-  iSJJJ  ^^\  t>.  -^  c5b  ^\  -^  y\  j-^\  j^\  ^^  J  -^ 
JUJ  4jx  jl  (2(;2")^L  ^U  j>\  ij\  Jläj  ^'  <*)■"  J^  <^  S^  cj  -^-^^ 

^s-^-u  t>ij  (^j««j^ij  .ijb  _j)_i  4I  iSiJ  ^j^  <sfy^-  ^-^  <^y^^  u^  6^ 

Dhahabi  (Sprenger  273  Bl.  54^)  gibt  folgenden   Bericht: 

^jj.  Jj.1  C/\  J\J  ^^  a  -^Jb  y>-\  J-ül  ^Vr  c^jUVl  -p  ^ 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.        169 

jjb  y\  «üi'j  \^j  Äi*  ^  JUs  «Ct  JJ^  tj  0^1  cJl-  ^LU  jj^  J\9  <c-L?"j 
-jifUj  jfü-j  jlc  ^  oU  >r-='lc  jl  c>J  Jläj  'f-\  j^  ü)3 

IVd. 

jUjj  ä.  -^,3:   (t  130,  129) 

^^\j!\    (t207). 

Über  diesen  Jazid,  einen  Freigelassenen  der  Familie  Zubair,  s.  einen 
Artikel  bei  Fischer,  Biographien  S.  84,  Etwas  ausführlicher  Mizzi  in  Land- 
berg 39  Bl.  170^ 

^  iSJJ  f^!^\  t>.  ^j'\  dr  J-^^  zJ-^  ^-^  L$-^VI  jLjj  ä  -^.i 

^  ^   ^1  j^  »y^b  (^_r^\  ^  ä  ^^  -^-^J  J^-i  t/  "^^  fj^  ^)3 

-y-  a  ^^'J  ^.  j^^  er.  '^\  -^  er  C.;^"  er.  ^J  Jj>  jl  ä  <._jUj  ^S^/^J\ 
y\j  ^y^\   '^^\  -^  er.  \jj  °Jt^  er.  f^J  l5J^\  ^   J^  e/   Ö^J^ 

Neben  diesem  Bericht  ist  derjenige  des  Mukaddasi  in  Landberg  35 
Bl.  181*  entbehrlich.  Es  kann  wohl  nur  auf  einem  Zufall  beruhen,  daß  in 
den  Artikeln  der  Biographen  Muhanuned  Ibn  Sälih  Ibn  Dinar  nicht  unter 
den  Schülern  des  Jazid  Ibn  Rümän  aufgeführt  wird.  Vielleicht  war  der 
unter  seinen  Schülern  genannte,  140  gestorbene  Abu  Häzim  Salama  Ibn 
Dinar  Altammar  ein  Onkel  unseres  Muhammed  Ibn  Sälih  Ibn  Dinar  Al- 
tammär. 

IVe. 

^\   Ojli-1  Ü   icfj\  t>.  -^    (t  120) 

^\  OjÜ-l  ä   ^j\  er  -*^  er  ^s'r    (t  151) 

^S^\j\    (t207) 


170         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

Über  den   ältesten  Gewährsmann    in  dieser  Reihe  gibt  Mukaddasi  in 
Sprenger  270  Bl.  192^  folgenden  Artikel: 


t>^rrW-i  e/*  "^^  ti"^^  c^^  (S'ß^  v'^  ^.  ^i^  ^.  "t^  ^.  '"y  ^.  f^  ^. 
j^j  dilu  ä  ^b  ^üJ-1  ^  y^  j^  ^\  -A^  ^»^  P«U  ^^  ^1^1  j* 

(193^)^54i5  (j;  ^^~^j  ^J\  ä  '^Ji^J  J^.  er  «^^J  j^=^  er.  ^^  "V^  er 
(j  -^^J  cT'^J  o^  tlr  -**-  er  y>lcj  -w-  ^j  (i')_r-i-Jj  'üil  A^  jj'  a^xJI»  ^j 
er.  -^.JiJ  L/^^\  jy^  j\  er.  t5^J  (jjLjiVl  -*^»-  ö;  t_5^_  -^  ^jj  jl-^ 
^^^ji\  l^  cf^  ^3  jLj  (j;  (JU-^  O'^  -V^j  ^JJÜl  j>l^l  0;  "^^^  er.  ^^  "V 
^j]^  er.  '^^  -*^J  \y-  <J_  '"Mi  'J^  er.  -^3  (i^il  Ä.*i)^  j-  jy^  ^^  j^j 

Olj    (Jill    -Xj_j  tj    Ä^Llj  e^y-ail    ^_yj   t>_    ^J    L$^\    ^    er.    ^^    ^-5 

y-  0- -^  Jl^  ^^  jl  ^^  jl^^  c^  ^^^  "j.^  ^^Ij  j=>^\j  ^^_b  l;-l5= 
(j-^^V-l  j^  oll^  ä  ^j^l  "-^  j^*  '^\  -^ — ^  ;.p^.  r^j\  Cr  -^  j^ 

Weniger  ausführlich  Dhahabi  in  Sprenger  273  Bl.  21^': 


'^^^  O^'  ^  ^\^  ^  c5J^\  ^  V  ^  ^  '^'^-''   "^  ^^-^   ^y^  eH^ 

Unter  seinen  Schülern  wird  hier  auch  Al'auzä'i  genannt.  Der  Groß- 
vater unseres  Muhamnied,  Alharith  Ibn  Chälid ,  ursprünglich  ein  Frei- 
gelassener des  mekkanischen  Geschlechts  der  Banü  Taim,  hatte  die  Flucht 
nach  Abessinien  mitgemacht  und  war  von  dort  nach  INIedina  zurückgekehrt. 

1    d.  i.  (^  J^J^l  und  ^^LJl  . 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         171 

Über  Müsä,  den  Sohn  des  Muhammed  Ibn  Ibrahim  Ibn  Alhärith, 
durch  den  Wäkidi  die  Tradition  seines  Vaters  kennen  lernte,  gibt  Mukaddasi 
in  Landberir  35  Bl.  135*  folgenden  Bericht: 


«sl'    ^j    -Oil    -\_>£-j    ^_^1    <:>=iU    ^     .^.-.^J    (^JJjij-\ll    Jr^jJl    A_^j    Sa^    ^J^ 

Jlsj  oJ^i-l  ^  (_/^lj  '"^jj  y\  J\3j  ^H:«  -C--^  iSJ^\  J^  AJU\ 

a1     c^JJ    C-J-^1    i_>L«^    CI-JaJ-I    ^^     ^U     y\    jLJj    ^„Ji^    jfU«    (j-    ^_^ 

Dhahabi  (Sprenger  274  Bl.  65*)  fügt  hinzu,  daß  er  außer  von  seinem 
Vater  auch  von  Abderrahmän  Ibn  Aban  Ihn  Othman,  dem  Enkel  des  Chalifen, 
überliefert  habe,  und  Ibn  Ilagar,  TakribS.  218,  weiß  zu  berichten,  daß  er 
A.  151  gestorben  sei.  Müsä  war  also  ein  Zeitgenosse  von  Muhammed 
Ibn  Isljäk. 

IV  f. 

o-^  y)  (t  •''  ) 

O^  J^  ä  ^\  ^    (t  1^4) 

(^A9l_^l    (-{-  207) 

Über  den  Informanten  Wäkidis,  Abdulmagid  Ibn  Abi  'Abs  bringt  Ibn 
Saad  folgende  Notiz  (nach  Cod.  Gothanus  412'*  Bl.  66^). 

Der  Stammvater  des  medinischen  Geschlechts,  dem  unser 'Abdulmagid 
angehört,  ist  der  im  Jahre  34  gestorbene  Bedr-Kämpfer  Abu  Abs  Ibn  Gabr 
(vgl.  Ibn  Saad  III,  II,  23).  Zahlreiche  Nachkommen  von  ihm  existierten 
sowohl  in  Medina  wie  in  Bagdad.  Sein  ältester  Sohn  hieß  Muhammed 
(Ibn  Saad  a.  a.  O.  Z.  25),  und  dieser  muß  einen  Sohn  des  Namens  Abu  Abs 
gehabt  haben.  Von  diesen  beiden  Personen,  Muhammed  und  Abu  Abs  II, 
ist  nur  wenig  bekannt;  ihre  Todesjahre  sind  vielleicht  je  in  die  Zeit  von 
64—74  und  von  94—104  zu  setzen.  Dhahabi  (Sprenger  274  Bl.  259*)  be- 
richtet, daß  von  dem  alten  Bedr-IIelden  Abu  Abs  überliefert  hätten:  sein 
Sohn  Zaid  (s.  Ibn  Saad  III,  II,  24,  2),  sein  Enkel  Abu  Abs  Ibn  Muham- 
med u.  a.     Dieser  letztere,    dessen  Nomen  nicht  bekannt  zu  sein  scheint, 


172         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüljerlieferung  der  Araber. 

war    der  Vater   unseres    Abdulmagid,      Danach    hätte   die    Überlieferung  in 
diesem  Geschlechte  folgenden  Weg  genommen: 
Abu  Abs  Ibn   Gabr 

Zaid  Ibn  Abi  'Abs  Abu  Abs  Ibn  ^Muhammed  Ibn  Abi  Abs 

I 
Abdulmagid  Ibn  Abi  Abs. 

IVg. 

-^J.j^^  ^}   (i  130) 

}^j^\    J^   t>_    ^J\   -Lt    (-1-  162) 

^JÄ\J\    (f  207) 

Der  älteste  Vertreter  dieser  Reihe  ist  der  Sohn  eines  bekannten 
Mannes,  nicht  eines  der  Freunde  Muhammeds  aus  älterer  Zeit,  sondern  eines 
derjenigen,  die  eivst  in  zwölfter  Stunde,  bei  der  Eroberung  von  Mekka  im 
Anfang  des  Jahres  630,  sich  zur  Annahme  des  neuen  Glaubens  bequemten. 
Er  war  im  Besitz  einer  gewissen  Bildung,  galt  für  einen  großen  Genealogen, 
hielt  später  in  dem  Kampf  für  und  wider  den  greisen  Chalifen  Othman  treu 
zu  ihm,  und  starb  im  Jahre  .")9.  Von  ihm  geht  ein  verhältnismäßig  großer  Strom 
der  ÜberHeferung  über  die  Genesis  des  Islams  aus,  welche  in  der  Haupt- 
sache durch  seinen  Sohn  IVIuhammed  der  Folgezeit  erhalten  ist.  Über 
diesen  Muhanuned  gibt  Mukaddasi  in  Sprenger  270  Bl.  225^  folgende 
Auskunft: 


J=-  *jWb  Ikf^]  ^_  j  ^\i  jl«  ^V  A-'  l^\  ^j  Jli  ^•^\j  \J^ 

--^'lUl  j^  «>-j  t>=^  c^\  j  ^Ü? 

^j,y^\  ä  j^J\  -^j  ^j}  ä  -V^j  lS^J\  jy^  ^J  j:fTJ  -^  »>: 
^y  JA«  j^  ^j  jj^  j>zJ\  ^\  Ax  (j-^  j^\  Jls  ^^\  j\y>^  t>  <^\j 

Ißi"  j^j  ^tUil  A^  '^y^  j  jy  «Cl  ^[J\  J,\  ^j\  js-  A«--  ^J\  J^j  -Üj* 
yj^\  J^  (226") (j;  y^  '^y^  j  oU  -Cl  6jfj  ^i^  Jlsj  öJAi-l  JJs 
^^Ij  ^_^  ^_^  ^1  j^  oy\  j^  Jij  l^^^Ul  ^/i^  ^\  J*  J^J 
ii'<S'\^~^\    a!    Jjj    Jj_-Ua)l    jC    jl    Jt    ,_^1   Zj^\    ^1    J^*'_    j^    V'^ä 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüljcriieferung  der  Arabei-.         173 
Hiermit  ist  zu  vergleichen  Dhahabi  in  Sprenger  27B  Bl.  36^: 

*^j  \j^j  cr^^  <y.  -?y-?  vj  c^  ci^  y^^  "^^  -^^  ^.  "^ 

Sein  Schüler  Abu  Alhuwairith  heißt  mit  vollem  Namen  Abderrahman 
Ihn  Mu'äwija  Ibn  Alhuwairith  Alansäi'i  Alzuraki  Ahnadani.  Ihm  widmet 
Dhahabi  in  Sprenger  272  Bl.  153''  den  folgenden  Artikel: 

ik^  ^  j^*«  jjl  Jlsj  Ä£-  ^  dUl,  Jli  jjJ>Äj  ^J^  ä  -^  j^  y}j 

Ihn  Hagar  (Takrib  S.  125)  weiß  noch  hinzuzufügen: 

#  U-u  JJj  jdb*  Ow  oL.  <-^LJl  jx  «-U-jVli  <^j  ^=!>^\  \ß^  3^-^^ 

Der  jüngste  Überlieferer  dieser  Reihe,  der  zu  Wäkidi  hinüberführt, 
ist  Abderrahman  Ibn  'Abd-ATaziz,  über  den  Dhahabi  in  Sprenger  272 
Bl.  140"  mit  folgenden  Worten  berichtet: 

«• 
Er    führt    auch    den   Beinamen    ^yLVl     und   soll    über    70  Jahre   alt 

geworden  sein  (Ibn   Hagar,  Takrib  S.  123). 

IVh. 

J^j  u;   J^J\   -^   ö   -^  (+  um  102?) 

^;^1   ^^  Cy^  ^\  (t  156) 

^Ailjll  (f  207) 

Der  volle  Name  dieses  Sa'id  ist  Sa'id  Ibn  Abderrahman  Ibn  Jazid 
Ibn  Rukais.  Der  Stammvater  des  Geschlechts,  Jazid  Ibn  Rukais  hatte  bei 
Bedr  mitgefochten  und  war  in  der  Jamäma- Schlacht  im  Jahre  12  gefallen. 


1  -*— 1  O   ^^j? 


174         Sachau:    Studien  zui-  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

Seinen  Sohn  Abderrahman  finde  ich  unter  den  L'berlieferern  nicht  erwähnt. 
Ihn  Hagar  (Takrib  S.  120)   sagt  über  ihn: 

über  diesen  Sa'id  berichtet  Dhahabi  in  Sprenger  271   Bl.  199^: 

^^  (j;  v^  (^  ö*  ^^-?  -^^  J^  ö;  "^^  "V^  '^l^j  cH^  O^  «.^-^ 

Wenn   in    dieser  Reihe    keine  Lücke   ist,   müssen    die  einzelnen  Per- 
sonen  sehr   langlebig   gewesen    sein;   man   muß   schon   mehr    als   45jährige 
Lebenszeiten    annehmen,    iim    den  Zeitraum    einigermaßen    zu  überbrücken: 
Jazld  t  12, 
Abderrahman  -|-  ?  57, 
Said  t?102, 
Aflah  t  156. 
Dhahabi  verzeichnet  in  seinem  Generationenbuch  v_^-^j1  JU-j  -^  J^ 
in  Sprenger  275  Bl.  91*   unseren  Sa'id  unter  der  fünften  Generation,    der- 
jenigen  des    AlVma§   (-|-  148),   Abu    Hanifa   (-J-  150)   und  Ibn   Aun  (-{-151), 
was  auf  einem  Fehler  beruht.     Er  ist  mit  mehr  Recht,  wie  bei  Ibn  Hagar 
(Takrib  S.71)  geschieht,  der  vierten  Generation  zuzuweisen,  derjenigen  der 
Zeitgenossen  Zuhris. 

Über  Aflah   gibt  Dhahabi  in  Sprenger  271   Bl.  55*  folgenden  Bei-icht: 

CrA^Lj       (>— ^J       C—      <^       0l>       -**-      CT^       J\* 


V. 

Wie  oben  S.  1  bemerkt,  gibt  Wäkidi  am  Anfang  seines  Älaghäzi- 
buches  ein  Verzeichnis  seiner  Gewährsmänner.  Von  den  25  Personen,  die 
er  aufzählt  (ed.  Kremer  S.  1,  2),  sind  die  folgenden  acht  auch  in  dem  Ver- 
zeichnis des  Ibn  Saad  aufgeführt: 


Siehe  oben  S.  16. 


Lw6    (j     4i^\    -Xs.    fj     -V^ 


Siehe  oben  S.  11  =  c5y*J^ 


Sachaü:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Ara1)er.        175 

3.     ^i^  cy,  j^^  ü,  '^\  "V^  cT.  j,y^\  -^  ö  j^J\  -^ 

Siehe  oben  S.  20. 

Siehe  oben  S.  13. 

5.  j^^  c/    r^  ü".  -^ 
Siehe  oben  S.  15. 

6.  j-^-*^   ^\ 
Siehe  oben  S.  8. 

7.  -^  t>.  /<::*J'.^  t>.  lV^--^ 

Siehe  oben  S.  2. 

Siehe  oben  S.  18. 

Die  übrigen  17  Informanten,  welche  Wäkidi  eigentümlich  sind  und 
von  Ibn  Saad  nicht  genannt  werden,  gehören  der  letzten  und  vorletzten 
Generation  vor  dem  Verfasser  an  und  sind  meist  in  der  zweiten  Hälfte  des 
II.  Jahrhunderts  gestorben.     Es  sind  folgende: 

1.    t^jj^l  ^^j^  ä  -^  er.  J^J^  "V"  ^.   '^^^  ^.  ^J^ 

Mukaddasi,  Landberg  35  Bl.  65^ 
Dhahabi,  Sprenger  272  61.326": 

o"^  J-  j^  c^J  (yjj^\  (;')<^  a  ^^.Ji  er  *^*  J^  er.  -/V^ 

,.y^  «ll-j  cJ^\  j 

Sein  Urgroßvater  Sa'id  war  54  (s.  Ma'ärif  S.  159),  sein  Großvater 
Abderrahman   109  gestorben  (vgl.  Dhahabi  in  Sjjrenger  272  Bl.  133^): 

-*^  y)  C-^i^  er.  ^^  er  l?)-^  t>   ^^.j^  t>  -^  er.  J^J\  -^ 

4j  ^'Uj  ^  aj^  oU  A«^  ä^  J^  (^^^-5  {j^t/^"^'^  r3\^  -?'.^-?  ^^  ^} 

Wir  bekommen  danach  für  dies  Geschlecht  die  folgenden  Todesjahre : 
Sa'id  t  54, 
Abderrahman  -f  109, 
Othman  f  um  139  —  149, 
'Amr  (Omar?)  f  um  169—179. 


176         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 
Über  diesen  berichtet  Mukaddasi  in  Landberg  35  BI.  136": 

A)>    o^j  jlc--*   ä    j^'^h   j^—^  ä    ^\   -y^J   ^,^   J'\  <j}j   ^J^J^^ 

Ähnlich  Dhahabi  in  vSprenger  274  BI.  67'.  Der  Chalife  Mansür  ist 
158  gestorben;  in  den  letzten  Jahren  seiner  Regierung  ist  unser  Musa  ge- 
storben. 

3.  ^-^  ö,  jy-\}  <j,  j^J\  -^  ä.  y^  <y,  ^\  ^ 

ist  gestorben  170.    Vgl.  folgenden  Artikel  von  Mizzi  in  Landberg  40  B1.276": 

-V^  ä  x^/1  cT  -^^j  c5^J^  j-^J^  ^  ^\  y*=T  V.^-^  o'^^  ^^ 
j_ys\  -Lpj  ;;^A^  ^_  j^Jl  -A^j  ^^1  iwL^  j  lül  Aj:_j  jljLiH  4,^ 

y  er  J^J  (^„jVl  -^1  -y^  ä  J,j^\  -^J  ^^J\  (276^)011"  jl  Cr 


*    Gestorben  156. 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferuug  der  Araber.         177 

t/  -*^J  (^-^Ij'i  y  u  -*^J  ^.Jj'l  ü^  ü  y  er   -^J  ^-^^  er.  -^^ 

^L^  ^y^  j^\  (j;  tu  J\i  ^AiJl  ^Ic  _^Jj  ^U  ^.  J_^  A-*-  _j)lj 
Co,    Aa-1   C^t*--   Jläs   a:^   jjb   _j>J   o^   iSj^y\   -^   y}   J^J    Jf'«'^   J^ 

jl^o-dl  ^Ul  JUj  ^  jl^-Uw  <:/  JJ^  Jlij  Js^l  ^1  aj^  <>_  j,^}_ 

^li  j>  i.  jL.'>'i  ji  ö}  Jiä  y^  ä  -^  Jiä  Uxj  \^-i  \j^  ji^A  <ar 
«vp-j^^  V"i  ^i  ^>t  cj:ä  <w>-i  Vj  ji-j^i  ji  ^_  ^^1  ^  jii  -a  jl 

jj^  (j-  ^\  -L«!  Ljj   ATpi  y^  ^  -^  Jläj  jr-*"  cT  "^^  -^^  Cj  -^  ^ 

-CJl    C/J    ^'^J    J^    ^-^^    ^^-?    l^l^öj^l   af^    J^    (J^l    jly^    cT 

C-    iUj  aJIjj  ^_jl'   j  «uuL  (j    ^y»ij  '^^J  ^_J^"  j   isL-i-   (j-^   ^i:5- 
s;  jyUlj  jUl  JUsl  ^iD   j  a!  c^jjj  a«^1  j  iSJ^\  ^,  -^«^^1 

ist  gestorben  202.     Sein  Nomen  soll  Äül  -V>c-  odei-  -A^  sein. 

Dhahabi   gibt   in    Sprenger  274  Bl.  229*'   folgenden  Artikel  über  ihn: 

<y.  0-4  <4^  t>.  <^>'^  -^  er  (^j  j.l  ü,  '"Jr  <4^  t>  '^^  >  ^.^ 
A^   JJj  ^1  -LP  -u-1  JJ  j-dl  (^j^l  ^S^^\  J^ß"^   ^   0".  ^J  -V 
i-^  er.  \J3  ^o-^Vlj  ^Ij  jl  o;   «^üap  ^    j^^^jA,   Sj^--  _j>\  »-^j 
t>J  AJtj  jU-j  -LJ^  (j^  (f-^}-^  '"-ij  J.^  <^.  (J^-^'^'-L*  /f^^  er.  j^y-^J 
^\c   y\^  Ai^   t>_   £^^f=^J   «JOjl   -^3   cr^y,  er.   l5*^-^  '^■^"   Cl   t^-^ 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1901.    II.  Abt.  12 


178         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschiehtsuberlieferung  der  Araber. 

J_^l     [»]'Vj      J^_J      ^^-^     J*      j'^C^^.J^      ^;-^*^      J^      JJ^^J      (S-^\j\3 
^i     (jl     ,j\      JUi     <i.;.;LiIl     ^      O— Uli     J»      Ja     15JU     J_j^1      J  L- J     tLaÄÜ 

Jli   (_$aJ\_jS|    j_t   Ajuw   j\    JLij  ;^  j\  (^/Ij  jyL>-U.\j  (sie)  0-1  j 

^r\ju^  jl^  4J0I  -*_£-  tlr   ^   _yl  (c^'""^  Jj^.  "^-^^  0^  öj^aJ    öi^Ul  AjL!) 
t>    J^  ^J   '^.^    ö^    ^^   t>.    -^--^1   ä    -«J^^   -^   J\»J    ^=^    cT^J    ÖJAi-l 
(^-vlf.  J15  Ail  ^l»  J   Jli  ^Jiv._j  oj-aJ-1    *^_  jl^  fr^_  ^  Ij^  jl 

JÜj  ^_jJ.l   ^L*l   Ji«  jjb   _^_1    Jlsj   (230'')iJjJ^   ^'■Ul    JÜj  '^^l   t^^_ 

Es  verdient  liervorgehoben  zu  werden,  daß  dieser  Überlieferer,  der 
so  sehr  oft  genannt  wird,  bei  einem  Teil  der  Kritiker  seiner  Nation  als 
Fälscher  verrufen  war.  Der  Stammvater  seines  Geschlechts,  Abu  Sabra, 
der  bei  Bedr  mitgefochten  hatte,  der  einzige  der  Fluchtgenossen,  der  nach 
Muhammeds  Tode  nach  Mekka  zurückgekehrt  war  (s.  Ibn  Saad  III,  I,  293), 
soll  unter  dem  Chalifate  Othmans  (644 — 656)  gestorben  sein. 

5.  Der  nächstfolgende  Gewährsmann  Wäkidis  heißt  in  der  Kremer- 
schen  Ausgabe: 

^1  1si\  ^  O    J^J\   -^  CT    j^^^  ä    -4— 

dagegen  in  der  Londoner  Handschrift  Or.  1617: 

Was  nun  auch  die  richtige  Form  des  Namens  sein  mag ,  die  Person  ist 
mir  unbekannt. 

6.  ^sy^^  -^  er.  ^r^^. 

Dieser  Jünus  ül)erliefert  meist  auf  Autorität  seines  Vaters,  und  hatte 
einen  Bruder  namens  Ja'küb  (s. Wellhausen,  INluhammed  in  Medina  S.  264). 
In   den  mir  zugänglichen  Überliefererverzeichnissen  wird  ein  -X^  ^j  ^J^y 

erwähnt,    nicht   aber   mit  der  Nisbe  i^jiüiu\,   sondern   ^^l-UJl,    mit  vollem 
Namen: 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         179 

der  nach  Ihn  Saad  208,  also  ein  Jahr  nach  Wäkidi  gestorben  sein  soll. 
Kinen  ausführlichen  Artikel  über  ihn  gibt  Mizzi  in  Landberg  39  Bl.  249''; 
Mukaddasi  in  Landberg  35  BI.  194''  und  Dhahabi  in  Spienger  274  Bl.  221^ 

7.    j_5^   t>    -vflc 

Dieser  Überlieferer  mit  dein  Beinamen  i^jy\  (s.Wellhausen,  Muhammed 
in  Medina  S.  190)  ist  mir  nur  aus  Wakidis  Maghazi  bekannt.  Er  dürfte 
der  Generation  nach  dem  Zurakiten  Abu- Alhuvvairith  (-J-  130),  von  dem  er 
überliefert,  angehören  (s.Wellhausen,  a.a.O.  S.  52  und  hier  oben  S.  20). 

vermutlich  (_^Lai  VI  (Wellhausen,  a.  a.  O.  S.  167).  Welcher  von  den  Über- 
lieferern, die  den  Namen  Muhammed  Ihn  Amr  ATansäri  führten,  von  Wäkidi 
gemeint  sei,  bleibt  ungewiß.  Es  dürften  zunächst  diejenigen  zwei  Männer 
in  Betracht  zu  ziehen  sein,  über  die  Dhahabi  in  Sprenger  273  B1.78'  kurze 
Notizen  gibt: 


y\j    iJjUl   ij\    Ajpj    4^U-j    (j-jw   ,_^    4^-.2Ä>-j    t.l_^l    j;^J   (JlJ;^  c/ 

9.    c^jl-aiVl    -*-^    ä    i^ 

L'ber   ihn    gibt  Dhahabi    in  Sprenger  274  Bl.  24^*  folgende  Auskunft: 

1  Mukaddasi  in  Sprenger  270  31.308  fügt  hinzu:  4^j  -U^  «j-. 

2  Mukaddasi  fügt  hinzu:  .ijb  j>  i   a1  c5 J J  • 

3  Handschrift   (^AsljSl  . 


180         Sachau:    Studien  zur  ältesten  GescliichtsQberlieferung  der  Araber. 

10.    oli    ^\    u;    ^1    ^   t>    t5^ 

Wahrscheinlich  ist  dieser  Jahjä  ein  Sohn  des  Abdallah  Ihn  Abi  Katäda, 
der  A.  95  gestorben  sein  soll.     Vgl.  Dhahabi  in  Sprenger  272  Bl.  84*: 


11.    A..^   ^_i   (j;   ^U--  ä    c5^  ä   -^ 

Der  Großvater  dieses   Uberüeferers  ist  bekannt,    nämlich  (jl  ^j-   <^l^ 


Er  soll  im  Jahre  3  d.  Fl.  geboren  und  unter  Mu'ävvija  (660 — 682) 
gestorben  sein.  Unter  den  Männern,  die  von  ilim  überlieferten,  wird  sein 
Sohn  Muhammed  Ihn  Sahl  und  sein  Brudersohn  Muhammed  Ibn  Sulaimän 
Ibn  Abi  Hathma  erwähnt  (Mizzi  in  Landberg  40  Bl.  33"),  nicht  aber  ein 
Sohn  Jahjä  noch  ein  Enkel  Muhammed.  Daß  unser  Muhammed  von  seinem 
Vater  Jahjä  überlieferte,  sehen  wir  aus  Wäkidi  (Wellhausen,  a.  a.  0.  S.  294). 
In  den  mir  vorliegenden  Überliefererverzeichnissen  sind  Vater  und  Sohn 
beide  nicht  erwähnt,  wenn  nicht  etwa  eine  schlecht  überlieferte  Notiz  bei 
Dhahabi  in  Sprenger  274  Bl.  152"  sich  auf  den  ersteren  bezieht: 

12.    jo^   (>_   X^\   Ax 
ist  gestorben   153.     \'gl.  Dliahabi  in  Sprenger  272  Bl.  118*': 


ji  t>  \jj  ^^'j  iSj^^  A_^j  j_^  j'^  ^\  j^  (j^  r^j}^  ^^'^  <y. 

^J  ü-}j  ^JJ  j^--^\  ^J  ^r-i^  ij_  iS^  ^^  ^\y-  J^J  ^^^ 
^jp\  jl^  Ji^j  ^^\j\3  ^y^\  jT  y\^  ^\c  y\^  OjU-l  ^_  4l\^j 
4Ai\  •>-£-    ij    -X^    ^    'Kj^    jo    ^L>JÜ1    ^Uaäll    Jlsj    jAä)|    ,_^U-1     -y,    «üjuÄuJ 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschiclitsüberlieferung  der  Araber.         181 

Der  Vater  und  der  Großonkel  unseres  Abd- Alhamid  sind  ebenfalls 
als  Überlieferer  bekannt.     \"gl.  Dhahabi  in  Sprenger  271   BI.8I'': 

über    den  Großonkel  Omar   vgl.  Mukaddasi    in  Landberg  35  Bl.  öö*^: 

jJ-1  Ax  -viij  "^  j-di  ^jUivi  ;_/=^Ä^  ^\  ^j  ä  j^^  er  y^ 

*^u^  Uj  viAlL.  (j-  jj-i\j  <^L.  (j-  ._^  A\il  aj^  t>  j'.V  z«-»^  y*=r  t> 
^,i«>.j  ^>-  ^  A_.i"l  A_^_j  ^1  jl  (j-^  j^^j  iSJf^^  -4*^  '^^  <^-?-' 

13.  J^.   jl  ä   -^  ä   Ü^J\  ^ 

Auf  diesen  Überlieferer  dürfte  sich  die  Notiz  Dhahabis  in  Sprenger 
272  El.  151''  beziehen: 

Er  überlieferte  vielfach  von  seinem  Onkel  Abdallah  Ibn  Abi  Bakr 
(s.  Wellhausen,  a.  a.  O.  S.  199),  der  im  Jahre  135  gestorben  ist.  Über  seinen 
132  gestorbenen  Vater  INIuhammed  Ibn  Abi  Bekr,  von  dem  er  ebenfalls 
überlieferte,  vgl.  Dhahabi  in  Sprenger  273  Bl.  35^: 

j5l  jl^j  ^  (j  Ö^\  -u^  .ilAij^  ^Is  4JIJJ  o-dl  ^li  dlUl  -AwX  y\ 

J3-J\  -LP    (j'    jT  jl    J'    diiil    AX_j   ö^j    <wl    Jt    ^jj    '^\   xs^   \J^\    ^ 

Das  Todesjahr  unseres  Abderrahman  scheint  nicht  überliefert  zusein; 
vermutlich  ist  es  zwischen  162 — 172  anzusetzen.  Über  das  llazmiden- 
Geschlecht  vgl.  meine  Einleitung  zu  Ibn  Saad  III,  I  S.  XXV'III. 

14.  <»^a»^  ^ji  jj'   -X^  ij   %^y^^ 

Es  gab  einen  der  Generation  der  Nachfolger  angehörigen  Uber- 
lieferer  Namens  (^jLaJVl  JjU^l  ^*-a«-*  jl  (J  ^ J\  Ax  ^j  -Oil  ^,  der 
in  Medina  lebte,  von  Abu  Sa'id  Alchudri  überlieferte,  und  dessen  Übei'- 
lieferung  von  seinen  beiden  Söhnen  Muhammed  und  Abderrahman  fortgesetzt 


182         Sachau:    Studien  zur  ältesten  GeschichtsübeiTieferung  der  Araber. 

wurde.  So  Tag  Ararüs  V,  414  nach  dein  O»^!  ._-)^  von  Ibn  Hibbän. 
Ich  nehme  an,  daß  der  hier  genannte  Muhanimed  der  Vater  unseres  Ja'küb 
ist;    in    dem   Falle    würde   sein  voUei-  Name  gelautet  haben:    -^  ij    ^jjÄ»^ 

Über  seinen  Vater  gibt  ISIukaddasi  in  Sprenger  270  Bl.  281''  folgende 
schon  bei  Fischer,  Biographien  S.  57  abgedruckte  Notiz: 

-^    o^J    'ojllj    J^J\    -^    y^\    ^-a*-=    J,\    C\   cT^J^    -LP    (j'_    A^ 

^jlkJl    ^jUiVl    J3-J\    XS.    y\    Ä».a«^    J\    ^.     ji-^1    -LP    <j-     lül    -LP    (j-^ 

Hiermit  ist  zu  vergleichen   Dhahabi  in  Sprenger  273   Bl.  60*: 

AX    "^J    jjlil   e^jUiVl  Ä..^«^   jl   ^j-^   j^l    -LP  (j-^   Josl    -LP   ^_  -U^ 

'^«-=«-^  J^   cT    -^^   -^    C\    -^    Jj^    "^--J    J    /-^    ,>*    (^J    o-*^^    (j^^ 

j   -Li^j  ^:   j   jCpj  a^_1  jp  ^jj  «^^^  J\  j_  j^J\  ^  C\  ^3 

^j\    «Lij    tf" Jf 3    "^^    Ö     j^^-^Ä-J    jW-_-i    J-lj     dÜL    «LlPj    ^jf-3    J^ 

-:s"<J*L.J     ^^yTj     ^     -L—     oU     ,^^     JL»- 

Wenn  also  der  Vater  Muhammed  139  gestorben  ist,  dürfen  wir  den 
Tod  des  Sohnes  Ja'kub  zwischen  169 — 179  ansetzen.  Er  ist  in  den  mir 
vorliegenden  Uberliefererverzeichnissen  nicht  erwähnt. 

15.    .il-jll    jl    ä    c^J\   ^ 

Über  diesen  vielgenannten,  A.  II.  171  in  Bagdad  gestorbeneu  l'ber- 
lieferer  gibt  Dhahabi  in  Sprenger  272  Bl.  130^  folgende  Auskunft: 

1    Siehe  Welliiausen,  a.  a.  0.  S.  152  Z.  5  v.  u.  luid  Fischer,  Biographien  S.  5. 

^    Diese  Notiz  ist  bereits  abgedruckt  bei  Fischer,  Biographien  S.  56. 
*    Lücke. 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsübei lieferung  der  Araber.         183 

^\;J\  Cr>  ^J^  JlSi  ^"-Tf  J^  di)ll  oi5  '<J^  ^  ^^  JÜ"  ^^  ^y\ 
^    jCs.    Jl^j    :,^j\    jl    ^_^    Sj^  ^_    ^ÜLA  j   ^Ul    0--1    t>«   t>J    Jlij 

A-fUj    t>*«.--'j    ^jl    ^J--    oL«    ^X-^^    C^'-^- (Ji)    ti^.    jo    "^^    /»>.^    V   AjJj- 

16.    JW-Jl   j\  a    ^L« 

war,  wie  es  scheint,  ein  Nachkomme  des  Sa'd  Ihn  Zurära  (s.  Usd- Alghäba 
II,  378),  der  seinerseits  ein  Bruder  des  bekannteren  As'ad  Ihn  Zurära  war, 
eines  der  hei-vorragendsten  unter  JMuhammeds  ältesten  medinischen  Freunden. 
Der  Stammbaum  der  Familie  dürfte  folgender  sein: 


I 


Wenn  Amra  98  oder  106  und  Muhammed  124  (s.  weiter  unten)  ge- 
storben ist,  dürfen  wir  das  Todesjahr  Mäliks  zwischen  154 — 164  ansetzen 
(vgl.  die  Notiz  von  Dhahabi  bei  Fischer,  Biographien ,  a.  a.  0.  S.  50).  Etwas 
anders  ist  diese  Familie  dargestellt  bei  Dhahabi ,  Sprenger  273  Bl.  65  *  in 
einer  Notiz  über  Muhammed,  den  Vater  unseres  Malik: 

^J-  Jläs  4^  V  eA>-  Jl  «Clj  j^j  j.^  j-  j!^j\  Ax  (j-  iSi\  '>^  Cj  iy^J^ 


184         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 
Vgl.  außerdem  Mukaddasi  in  Sprenger  270  B1.281'': 

^  ^^  4^1  xs^  j^  iUj  jU*i]|  (j'^  ^JjU-  c-»jj  "^---j  j-  ^/-'W  ü;  ^^  -*-^ 

Dieser  124  gestorbene  Muhamined  Ihn  Abderralunan,  der  unter  dem 
Clialifen  Omar  II.  Statthalter  von  Medina  war,  führte  den  Beinamen  J\s>- j^l  ^  \ , 
vermutlich  weil  er  viele  Söhne  hatte,  unter  diesen  Malik,  den  Gewährs- 
mann Wäkidis.  Damit  erledigt  sich  mein  Bedenken  gegen  diesen  Namen 
(JU-^1  (_,  i  ij  <^l.)  in  meinen  Anmerkungen  zu  Ibn  Saad  III,  I,  14.  Es 
gibt  nämlich  noch  einen  zweiten  ^J^ J\  -^-^  ij  -^ ,  der  ebenfalls  den  Bei- 
namen Jlp-Jl  ^\  fiihrte,  und  dadurch  bin  ich  auf  eine  falsche  Fährte  ge- 
lenkt worden.  Dieser  zweite  Muhammed  war  ein  Nachkomme  des  alten 
medinischen  Bedrkämpfers  lläritha  Ibn  Alnu  man  und  hieß  mit  vollem  Namen 

jUJi  (j-^  AJjU  0;  -^^  -*-^  c>  Ö^J^  -^-^  t>  -^  <^^J^  ^\-  t^i'  war  ein 
Sohn  der  Amra,  der  Tochter  des  Abderralunan  Ibn  Sa'd  Ibn  ZurAra  (vgl. 
Ibn  Saad  III,  II,  o  Y,  22—24  und  VIII,  rot,  4—6),  also  durch  seine  Mutter 
mit  dem  erstgenannten  Muhammed  Ibn  Abderrahman  verwandt.  Muhammed 
Ibn  Abderrahman  Abu-Alrigäl  aus  dem  Geschlechte  des  Sa'd  Ibn  Zurära 
und  Muhanuned  Ibn  Abderrahman  Abü-Alrigal  aus  dem  Geschlechte  des 
Häritha  Ibn  Alnu' man  waren  Vettern,  denn  der  Vater  des  einen  und  die 
Mutter   des   anderen    (Abderrahman    und  Amra)   waren  Geschwister. 

Die  Kunja  ^\  ^\  bezeichnet  den  ^Jt^'^\  IXi-  J^  ^V  j\  u;  ^U, 
der  im  Jahre  74  gestorben  sein  soll,  den  Großvater  des  vielgenannten  Über- 
lieferers Mälik  Ibn  ^^nas.  Dhaliabi  in  Sprenger  273  Bl.  107''  widmet  ihm 
folgende  Notiz: 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Gcschichtsüberlieferung  der  Araber.         185 
<^j    jUip     4J    J^J    -LSJ    ^jfj    ^j^\    y\    ^^J    (^\    <fj\    ä    -^^J 

j^'j  j  \J  jl.  dilL.  (^V  jl^  dllL.  Jli   i^  u;  -^jJl  Jli  oj^c^j  ^'LÄ)1 

.>  ^jW-J    ^j\    aL-    ^y    J^    »„is^Lall    ,_^^    jöj    jUic- 

Der  Sohn  dieses  INIannes,  'Imran  Ibn  Abi  Anas,  wohnte  in  Alexandrien 
und  soll  117  in  Medina  gestorben  sein  (vgl.  Mukaddasi  in  Landberg  35  Bl.52^). 

Hiermit  ist  zu  vergleichen  Dhahabi  in  Sprenger  272  Bl.  334   : 

'"j,^  ^\  if-  J-^^  J^^j  ^j^\  iS^^\  ^ß\  cH\  u^  ä  jiy 

ÄtU>-j  -u^  (j-  ö4Jb  (Jlx^l  (j'b  ^y\  -^^j^  ä  cH^,-?  ^'^r  ö^  "V"^ 
^y  ^_^_j)   ä\  J\s  oaII  ö41  ^--ä)  LpU-j  ^v  j>b  -^-5^1  <äj'j 

-,'.;-  ^  Uj    ö  r^    r^-^    ^^ 

Den  Sohn  dieses  Mannes,  Abd-Alhamid,  den  Informanten  Wakidis, 
finde  ich  in  den  mir  vorliegenden  Überliefererverzeichnissen  nicht  erwähnt; 
er  begegnet  aber  bei  Tabari  111,  2388,  1   in  einem  Berichte  Wakidis. 

VI. 

Außer  den  unter  I — IV  zusammengefaßten  Überlieferern  erwähnt  Ibn 
Saad  noch  zwei  weitere  Gruppen  solcher  Männer,  von  denen  er  vielfache 
Informationen  direkt,  ohne  Vermittelung  Wakidis  erhalten  hat.  Die  erste 
Gruppe  ist  folgende: 

von 

f^   Cf    J^^   ü    -^   <J    ^\   -^   cT    '"-^^-^   y\ 


186         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferimg  der  Araber. 

Was  ich  über  Abdallah  Ibn  Muhammed  Ihn  'Umära  bisher  ermitteln 
konnte,  ist  mitgeteilt  in  meiner  Einleitung  zu  Ibn  Saad  111,  I,  S.  XXVII, 
womit  die  abweichende  Ansicht  meines  Kollegen  Horovitz  in  seinem  Vor- 
wort zu  Ibn  Saad  111,  11  zu  vergleichen  ist. 

Über  seinen  Vater  Muhammed  Ibn  'Umära  gibt  Mukaddasi  in  Sprenger 
270  Bl.  303*  folgende  Notiz: 


'^_^1  (^Jx)  ^j^  ^L^  jx  JUs  <Ct  ji  JL^  ö^J^  -^-^  J^J  '^^  >*  J^ 

Ähnlich   Dhahabi  in  Sprenger  273  61.7;")'^: 

■^0,^3^^  iy)j  ^^\  rfj}  ö.  ^  j''V\  =M  j_  ^ 

Ibn   Ilagar  im  Takrib  S.  191: 

Sein  Sohn  Abdallaii,  der  Verfasser  des  Buches  über  die  Genealogie 
der  Ansär,  ist  mir  außer  bei  Ihn  Saad  und  in  einer  einzigen  Stelle  bei 
Tabari  III,  2552,  wo  erwähnt  wird,  daß  er  die  Kunja  jjäÄ>-  ^1  gefiihrt 
habe,  nicht  begegnet. 

Die  beiden  Lehrer  dieses  Mannes,  Zakarijja  Ihn  Zaid  und  Zakarijjä 
Ibn  .lahja,  sind  mir  gänzlich  unbekannt  und  kommen,  falls  sie  sich  nicht 
etwa  unter  anderen  Namen  verbergen,  in  den  mir  voi liegenden  Überlieferer- 
verzeichnissen nicht  vor.  Von  dem  ersteren  der  beiden  kann  ich  übrigens 
nachweisen,  daß  er  auch  l)ereits  den  arabischen  Gelehrten  als  unbekannt 
galt   (s.  folgende   Notiz    bei   Dhahabi    in    dem  Werke   Ai"  ^j  JlXc-Vl  jlj^ 

JUjl  (Luknow  1884,  4°,  2  Bände)  1,311:  ^Asl_^  ^  jA\  Xj  t>  ^^J^'j 

Der  dritte  der  Männer,  von  denen  Abdallah  Ibn  Muhammed  Ibn 
'Umjira  überlieferte,  Abu  'Ubaida,  ist  der  Sproß  eines  bekannten  Geschlechts, 
ein  Nachkomme  des  37  bei  Sifl'in  gefallenen  Ammär  Ihn  Jäsir.  Von  dessen 
Sohne  Muhammed^  berichtet  Mukaddasi  in  Sprenger  270  Bl.  303": 


'    Ergänzt  aus  Dlialiabi. 
2    Vgl.  Ma  ärif  S.  13G,  V. 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferun";  der  Ai'aber.         187 


J^[  t>_ 

jL^  ^  -^ 

j  u^  ■ 

^Lij   2-\.>^   ^1_4 

Ä„l  , 

^1     oIl> 

■  0^ 

^_    J^    t>_    SA^    y\ 

-    ?     _  . 

*Jl.Jlj    Iiü\    -L-^    (>_ 

r   A^j 

j^^Ul  0;  ^ 

y^.j 

rV  jS  ä  ö^Jl  -V^  J^  J^  j-  ^^^  j-  ^--*-^^  iS3j,  (^^j  -»-^j 

*jjb  _j>l  «\1  c5Jj  '4^   J»Äj_,  >  o-^  ^.-^  V.^  c^  ^"^  ^^  J^^l  4l^ 
Hiermit  ist  zu  vergleichen  Dlialiabi  in  Sprenger  273  B1.75': 

A^   ^    'uXw   J_^i«    1^4^2*1  j   A_=.-lj   SX-c-    ^Ij 

und  JlJCtVl  jl>  "2,  658: 
/V    ü*^-?   V.^    ö*^    ^-?/.   't^    ^^.   ^.    -'^^^ 

Nach  einer  Ansicht  hatte  dieser  Muhaninied  zwei  Söhne,  Abu  'Ubaida^ 
und  Salama,  während  nach  andeier  Ansicht  diese  beiden  Namen  eine  und 
dieselbe  Person  l)ezeichneten,  Abu  'Ubaida  Salama.  Ein  Abu  'Ubaida  Ibn 
Muhammed  Ibn  Ammar  wird  auch  von  Ibn  Saad  111,  II,  147,  14,  15  und 
bei  Ibn  Hagar,  Takrib  S.  2G0  genannt.  Dieser  Muhammed  muß  aber  noch 
einen  anderen  Sohn  Namens  Abdallali  gehabt  haben,  und  dessen  Sohn  Abu 
'Ubaida  wäre  der  Informant  des  Abdallah  Ibn  Muhammed  Ibn  ''Umära  ge- 
wesen. Die  mutmaßlichen  Todesjahi-e  des  Geschleciits  können  in  folgender 
Weise  angesetzt  werden: 

jVmmär  \  57. 

Muhammed  -{-  ?  67 — 77. 

Abdallah  f?  107—117. 

Abu  'Ubaida  f?  147—157. 
Der  vierte  und  letzte  der  Gewährsmänner  des  Abdallah  Ibn  Muhammed 
Ibn'Umära,  Ibrahim  Ibn  Niih  Il)n  Muhammed  Alzafari,  ist  ebenfalls  wenig 
bekannt.     Ich    finde    über   ihn   nur  die  folgende  Notiz  bei  Dhahabi  in  dem 
Jl-^Vl  jl>  (Luknow   1884)  2,  29: 

V"    '.  -    ?  <?      

^.  (^^}  Lf  '^-^^  ^-^  jS^\  -^^  ä  j^J\  ^  ^'  J-^\  t>.  i> 
jU  ajlj_  ■i^  UjU"  j^  L'-Ol  j  ^  J^i  I^L  c..*-»—  ^y  t>  ^j\  ^  -4*^ 

1  Vgl.Taban  11,  667,  19;  224,  4. 

2  Siehe  Ibn  Ishäk  458,  17;  884,  2. 

3  Vgl.  Fischer,  Biographien  S.91,  20. 


188         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsuberlieferung  der  Araber. 

Ob  dieser  Ibrahim  Ibn  Nüh,  der  von  Mälik  überlieferte,  mit  dem  von 
Ibn  Saad  genannten  Uberlieferer  dieses  Namens  identisch  ist,  kann  zw^eifel- 
haft  sein.  Denn  MäUk  ist  179  gestorben,  und  danach  müßte  Ibrahim 
gegen  Ende  des  Jahrhunderts  gelebt  haben,  was  zu  spät  ist.  Denn  nach 
dem  Zusammenhang,  in  dem  Ibrahim  bei  Ibn  Saad  erscheint,  muß  man  für 
seine  Lebenszeit  etwa  die  Jahre  130  — 160  in  Ansprach  nehmen.  Wir 
müssen  also  bei  diesem  Uberlieferer,  hoffentlich  nur  einstweilen,  bekennen: 

Die  Ausbeute  unter  dieser  Nr.  VI  ist  eine  sehr  geringe.  Die  Quellen, 
die  sonst  so  reichlich  Hießen,  versagen  fast  vollständig.  Soweit  mein  hand- 
schriftlicher Index  der  von  Ibn  Saad  behandelten  Personen  Auskunft  gibt, 
hat  er  diese  Uberlieferer  nicht  aufgenommen,  ihnen  nicht  besondere  Artikel 
gewidmet,  imd  den  Gelehrten  der  folgenden  Generationen  scheinen  sie 
gänzlich  unbekannt  gewesen  zu  sein.  Es  liegt  nahe  zu  vermuten,  daß 
sie  derjenigen  Schicht  tahaka  von  Überlieferern  in  dem  Werke  Ibn 
Saads  angehörten,  die  entweder  verloren  gegangen  ist  oder  die  Ibn  Saad 
nie  geschrieben  hat,  anders  ausgedrückt:  an  deren  Abfassung  er  durch  den 
Tod  verhindert  worden  ist.   Wenn  Ibn  Saad  versagt,  versagen  alle  folgenden. 


VIT. 

Die  letzte  imd  jüngste  Gruppe  von  Männern,  denen  Ibn  Saad  einen 
großen  Teil  seines  Wissens  verdankte,  sind: 

Alle    vier    sind    wohlbekannt.     Ma'n   Ihn  "Wa    gehört    noch  der  Heimat  der 
Geschichtsüberlieferung,  Medina  an,  die  anderen  Babylonien,  Kufa. 

Ma'n,  ein  Freigelassener  des  medinischen  Geschlechts  Al'asga',  ein 
vielgenannter,  hochgeschätzter  Uberlieferer,  der  angesehenste  unter  den 
Schülern  des  großen  Malik  Ibn  Anas,  einer  von  den  Lehrern  Ibn  Saads, 
ist  108  in  Medina  gestorben.  Ibn  Saad  wird  persönlich  mit  ihm  verkehrt 
haben,  da  er  im  Jahre  189  in  Medina  war,  wie  ich  einer  Notiz  des  dem- 
nächst erscheinenden  Bandes  V  von  Ibn  Saad,  herausgegeben  von  Dr.  Zetter- 
steen  S.  312,  7,  8  entnehme.'  Eine  kurze  Notiz  über  ihn  findet  sich  bei 
Ibn  Saad  in  Gothanus  412*^  El.  91''.  Wir  geben  hier  den  Artikel  von  Mu- 
kaddasi  aus  Landberg  35  Bl.  124»: 


1    Vgl.  nieiuo  Einleitung  zu  Ibn  Saad  III,   I,  XXX. 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         189 

V^  c\  er.  >  y}j  j^  ij_  ^\  J^  ä,  ^3  cs'lj^\  J-^^  Cj,  ^j)3 
j^  Jli  J^-\!\  ^U  ^_  j\yi^j  (>>Jl  JjW^l  t>.  J^^\j  J^  cT  ^ij 

Hiermit  sind  zu  vergleichen  einige  kürzere  Artikel  von  Dhahabi  in 
Sprenger  274  Bl.  37^;  -kUJ-i  ojX  8.  304;  Wüstenfeld,  Liber  classium 
virorum  VlI,  2.  Zu  den  bei  Mukaddasi  aufgezählten  Lehrern  des  Anas 
sind  hinzuzufügen:  4- L?  (j-  A)_jU<  ,  ^bj  ^y  ^  (jf  iS^y  ^  cT  ij^^  Ö^  O} 
^ApLJI  c-W-"'  -^^-^  (j  f  ^-^  •  ""fl  ^'"  seinen  Schülern  (_/lk^l  t5*^  0'  tl^"'^ ' 

über  die  Kufenser  Hisäm  (f  204,  206)  und  seinen  Vater  Muhammed 
(f  14(5)  verweise  ich  auf  meine  Einleitung  zu  Ihn  Saad  III,  I,  XXI  flf.  Der 
Artikel,  den  Mukaddasi  dem  Muhammed  widmet  (in  Landberg  3ö  Bl.  249''), 
findet  sich  auch  bei  Tabarilll,  2508.  Die  von  mir  in  der  genannten  Ein- 
leitung S.  XXI  verwertete  Notiz  des  Mada'ini  hat  folgenden  Wortlaut: 

(Handschrift  des  Brittischen  Museums  Or.  1019  Bl.  23='). 

Alfadl  Ibn  Dukain  Abü-Nu'aim  gehörte  zu  einem  Geschlechte,  das 
seine  Freiheit  einem  vornehmen  Manne,  dem  Freunde  Muhammeds,  Talha 
Ibn  Ubaid- Allah,  einem  der  sechs  Kurfürsten,  verdankte.  Er  lebte  in  Kiifa, 
ein  angesehener,  nie  bestrittener  Überlieferer,  und  starb  219.  Nach  seiner 
politischen  Richtung  wurde  er  zur  Schi'a  gezählt  (Ma'ärif  S.  301).  Ibn  Saad 
hat  sehr  viel  von  ihm  gelernt;  in  manchen  Teilen  seines  Werkes  begegnet 
man  dem  Namen  des  Alfadl  Ibn  Dukain  fast  auf  jeder  Seite.  Er  hat  ihm  in 
Gothanus  411  Bl.  29*  einen  Artikel  gewidmet.  Wir  geben  hier  denjenigen 
von  Mukaddasi  nach  Landberg  35  Bl.  81*: 


j^\    j^j  <j_    jU:^   ij^   jyP    (8l'')'U--ij    «OJ    Cjf^3    ijf^    Ü,    S^\ 


190         Sachau:    Studien  zur  ältesten  nescliichtsfiherlieferting  der  Araber. 

jU^  ä  (3~^j  <Sj^\  y^  ä  "^^  -4-^  A—  ^j'l  -^^  e-^j  <^  »^jjl 

^.  C^.-^'^^  "-^l^*  '-»^  ^.  *r^  ^.  '^^  '^^*^-'  (Jf^^   sS^\  Cy  ,^5-^j  7-l)j 

i^  ^.  ^-^-  L^j^Vi  ^_5^_  C':  ^j  j^'*  ^j;^^  ä  f^^^j  "^  ^\ 

J=^\  ü*  ä   cr^yj  3j^  Cj,  <^^3    ^j^jr^\   j!^^^  ^   J-^^Jl  ->-^J 

(j-^  jU-j  ^r^i  t>_  ^L.j  «v^j  L$j>^i  j^-j  r^     <^.  -^*~*-  •^^-'°-'  ^^ 

J^l  ^>_  jUlw  ^j-_  ^Ji  A_^j  jj^üJi  v^^ä   J«i  ä   ö^\  -y^  (j; 

"^  jl  t>.  J^  ^Jj  oV^  J.  -^Ij  -J)^\  Cj,  -^^   -*--^  '*-^  ^S3J 
y\^  ^jjl  (^  j-  A^j  ?~^V1  -*^«-  ^ L*  -^j^L'  Cj  J^"^^-?  <JL^  _j>1_« 

'^.     ff''^}'^     iS'j^J^     0^_;Ä!1     J-     -U-^     :iy^^      vlj     j^.j^j^     <'lc^     ^_L*     ^JJ 

(^r^  J-=>^lj  c5-^Vl  er^  Cj,  j^_3  c^^^H  ^L^-1  _^_1j  j^l  J^^l 
ä  -^->^  ä  y^3  J^*7^V1  jL^l  ^r  -v_i=-  j^  1s\  -L-tj  ^^1  ^^1 

c5-^  cT.  a^j>„  ä   -*-^J  ^-^Ul  ojLJ-1  ä   j^^  Cj,  ^^3  J^^\ 
y-  y\  oGäJi  y^  Cj,  ^3  iJs^^^  -^^  C\  Cj-^^  ^\  -^-?  ^^.-^ 

c\  -^h  Sj^^  l$^^-^  ^s~f-  ^.  ^-^  ^'.  -^^-  v^  ^\  y^  <y.  ^' 

J=>y^\  ^  Cj,  -*^L'  jj^\  j^^l  ^r  Cj,  -^L«  ^^\  -J^.J:  Cj,  -^ 
^=-^1  ä  -^-s^lj  ^x^\  ^j^  Cj,  -^  Cj,  -^b  j^  Cj,  ^^'%  Cj,  -*^L' 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsflberlieferung  der  Araber.         191 

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jx  ^^  \j^  jii  ujij  liii  ^>^ji^i  jj'yt  (*^'^  ^  ^'^^^  e^^i  ^^ 
a-«Läs  ej3  jljui  y  -r^'j^^  j^y  <sj__  ji  (j-^  V  oj^y*..  lyi^ ^-^i  c^i 

^  —  w  ^  fr  ^ 


192         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüherlieferung  der  Ai-aber. 

pJ^'  Uj  jl^l  Jii^  ^^_  ÄJUli  eJ^  Jy)__  Ui^  c^b  ^  ^j^  j^  J^'^'^^ 

x^     J>\    j-ij    J^    ^Y>Jj'_    ä      -*-^\    f^    ÄJjJj;'!;    e/J    Vi    ÄJUil    flj^     A^l 

jl  a!ij  ^<Ill  ji^  ^Ij  ^j^L  ^Vl  iJy_  ^^l-  ^i-u>_  j^Ul  ^L^^ 

^Llt  y\  j^\   v_^U»j  ^^^  -^^    (ÄJs^i  ^^^Lsj)  ÄJ?^!  ,_^Ls 
(82'')  j^_  j^  jU:s  Jl-^.^v  s1~^.  (i^  jl  il   |vli   l'l    U.J    -^Ij'l   '^  V^ 

O     O^yj      «^^'Vi      O-^ls      Jld     C^y     J     JIjJ     ^^'     O-::^     ^_g-J^lj     A;Jo 
^^9     j^«a^     ^^      jT     -Ct     <U|     ^^j     ^t     ^j_t     jö-     -\_^     OJ-^^     C^J^^I     ^ 

j     J_^a)'    U    JUs     C.*Ji-    J^/^\s     C^    «^1     J    r-'^     jT     L-i^S     J-^J^     C-V^ 

^y-lj     4;_y|     ^Ü*iJ     Jli     «y^l     iai-^J    -^^  y^    ^    l« J    C-Ul    '*-«>^    OiÄ9    eU-lj 

it^\  "Küt.^  ^^  cJdl  je  1^1=^^  l.  A;\i  Ja=>.  Jy  j  VI  Jji^^^LJi  jy 
^J^Jkl  j.5^  \*\^\  ^   ^1  ^J^lf  ^/'^_  jl  «^^  (^  ö*  ^"^  ^  «-^^ 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         193 

-^-^  er  j~^_  c*4>.--  J^  j^*A  ij^  ffj)  ^^  ,<^-*^->  <^.  c^  ^  jL=>-  c>  -*.-^ 

jx  ^_^>__  ^^  c>^  !>  j^-?  c^  j-'  ^^^  ^^  J-^y  c$^\  j 

AiUj  o^l  ^'1  jl^  üv^'Lj  S^^    «^  ji  jU:  Ow  j^^yj  <-^L.j  i>ii'" 

Neben  diesem  ausführliclien  Artikel  scheint  mir  wenigstens  zur  Zeit 
entbehrlich,  was  Dhahabi  in  Sprenger  272  Bl.  365*ff.  sowie  in  anderen 
seiner  Werke  bringt  (Wüstenfeld,  Liber  classium  virorum  7.  49). 

Mit  rührendem  Fleiß  haben  die  arabischen  Gelehrten,  sowohl  die 
Biographen  wie  die  Kritiker,  die  Grundlagen  ihrer  Historiographie  und 
gesamten  Geschichtsüberlieferung  zu  erforschen  gesucht  und  damit  wertvolle 
\'orarbeiten  für  die  historische  Kritik  geliefert.  Wenn  ich  mir  in  dieser 
Studie  in  weitem  Umfange  die  Arbeiten  der  Biographen  Mizzi,  Mukaddasi 
und  Dhahabi  zunutze  gemacht  habe,  möchte  ich  mich  doch  gegen  den  Vor- 
wurf verwahren,  als  überschätzte  ich  den  wissenschaftlichen  Wert  ihrer 
dürren  Artikel.  Fast  jeder  größere  Artikel  besteht  aus  drei  Teilen,  der 
Namenfeststellung  und  gelegenthchen ,  meist  sehr  dürftigen  biographischen 
Notizen,  dem  Verzeichnis  der  Lehrer  und  Schüler,  und  den  Urteilen  der 
Kritiker.  Es  ist  zu  bedauern,  daß  das  biographische  Element  so  sehr  in 
den  Hintergrund  tritt  und  der  betreffende  überlieferer  nur  noch  insofern 
für  den  Verfasser  ein  Interesse  zu  haben  scheint,  als  er  ein  Glied  in  der 
Kette  der  Überlieferung  ist.  Dieser  Mangel  tritt  in  den  jüngeren  Werken 
immer  mehr  hervor,  während  die  ältesten ,  wie  z.  B.  dasjenige  von  Ibn  Saad, 
doch  auch  noch  etwas  Interesse  für  den  Menschen  als  solchen  bekunden 
und  uns  gelegentlich  lehrreiche  Einblicke  in  seine  Zeit  und  Umgebung  tun 
lassen.  Die  Verzeichnisse  der  Lehrer  und  Schüler  sind  selbst  da,  wo  sie 
am  ausführlichsten  sind,  wohl  nie  ganz  vollständig;  wenn  man  mit  Hilfe 
guter  Indices  die  Tätigkeit  einzelner  Uberlieferer  verfolgt,  findet  man 
meistens  die  Wege  der  Überlieferung  noch  bunter,  mannigfacher,  noch  mehr 
verschlungen,  als  es  nach  der  Darstellung  von  Dhahabi  und  Genossen  den 
Anschein  haben  könnte.  Die  Urteile  der  Kritiker  über  den  Grad  der 
Glaubwürdigkeit  der  einzelnen  Überlieferer  stehen  meist  noch  etwas  in  der 
Luft  und  werden  nicht  eher  nach  ihrem  wahren  Werte  eingeschätzt  werden 
können,  als  bis  über  den  Ursprung  dieser  Wissenschaft  Jo_A«l!lj  T ^^  i^  > 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  II.  Abt.  13 


194         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 

ihre  Methoden  und  Hauptvertreter  das  erforderliche  Licht  verbreitet  ist. 
Trotz  all  dieser  Ausstellungen  halte  ich  die  Angaben  der  Biographen,  be- 
sonders solange  Ibn  Saad  noch  nicht  vollständig  vorliegt,  für  ein  nützliches, 
ja  unentbehrliches  Hilfsmittel  das  Studiums,  wenn  man  in  dem  Urwalde 
der  altarabischen  Geschichtsüberlieferung  eine  erste  Orientierung  zu  ge- 
winnen sucht. 

Einer  der  Hauptwortführer  auf  dem  Gebiete  der  Uberlieferungski-itilc 
ist  ein  berühmter  Bagdader  Gelehrter,  Jahjä  Ibn  Ma'in,  der  nur  drei  Jahre 
nach  Um  Saad,  im  Jahre  233  gestorben  ist.  Er  war  aber  nicht  der  Be- 
gründer dieser  Disziplin;  dies  soll  vielmehr  Su'ba  Ibn  Alhaggäg  gewesen 
sein,  wie  folgende  Notiz  in  dem  Artikel  über  ihn  bei  Mizzi  in  Landberg  40 
61.90"  Z.  9  — 10  berichtet: 

« j^J^lj  «-U*^!  ^Uj  jf^"^  ^\  j^  3^j^^  (j^  ö*  ^-?^ 

Danach  hat  der  große  basrensische,  160  gestorbene  Gelehrte  §u'ba 
zuerst  Untersuchungen  über  die  Glaubwürdigkeit  der  einzelnen,  in  Baby- 
lonien  lebenden  Gelehrten  angestellt,  und  diese  Arbeiten  sind  nach  seinem 
Tode  von  Jahjä  Ibn  Sa'id  ^  (j  198),  dem  bekannten  Ahmed  Ibn  Ilanbal 
(f  241)  und  Jahjä  Ibn  Ma  in  (f  233)  fortgesetzt. 


Alphabetisches  Verzeichnis  der  Überlieferer. 


0;\—     1  /  I 

j  X\  _y  1  1 73   s.  Ä,_jU  J  jS-)\  J^ 


■'■      •     ■  '         •  r-    •  I  •       •  ^  •      ■ 

^jtK^^\  ^_jl  y\   156  \  Jjf-  ^J^  A^\  J^  J^  ÖA-x  y\   186 


1    Mit  vollem  Namen: 


^_^J^\    («*V_^    (3*t^^^^  •      J^i'it^ii  Artikel   über   ihn  gibt  Mukaddasi  in  Landl)erg  S.") 
El.  169'',  wo  auch  auf  seine  kritischen  Stu         "  -.-.-_,... 


Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber.         195 


jl^  ^^  J^  ^^  ix^  ^\   187 
^  jjju,  y\  161,  l(;2ff. 

jj^  ^^  x3-\  v.n 

^y.J^  (J^  (j".  -^^  "V^  0'.  Jf— \    155 
^jLaiVi  A.«—  (j'   ^1    174 

Jai\  Ax  (j-  jA»>-  181 

t>^l  cr_  ^jb  166 
-\j_>  er.  <JJ  15S 
Jo  j  t>.  «"lijr;  186 

^:^j  ä  0^/5^  J^cr-x^  173 

^\  ^1   178 

^l^i-l  (j-^  UjL  194 
Sjli  tj  ^  (j^  ^V   167 
^_  u-^  Aflc   179 
^^^ics-  J-   aJ-1  -Lt    180 

cHI  J^  c>.  J!.^^  Cr.  ^\  -^  184 
•i^'^'^  jl  c>.  ä^J\  -U^   182 
<^jji>J.l  -L«>-  t>  ^y-^1  A^   175 
}^j^\  A^  ^_  ^J\  Aj^   173 

J^  jl  ä  -^  a  ö^J^  -y^  181 

^_jU  ^>  tj'^j^  -^-^   173 


-u^  ij^  jj^\   176 
»J^  J-  JL^  t>  liil  Ax   186 
^j-f   j\   t>.  -*>;'^M   -^   171 
J^!  j'^  ä  ^J^^   165 
'<^J^  166 
^1  Cr.  ^  181 
a-i\  J\  ä  d\y  185 

^jj^ii  j\;t  <:/_  jyf-  175 

^  ^.1  c>^  a  J^\  189 

JVJ\  u\  ä   ^l«  183 

^\c  j\  ä  ^L«  184 

^\  ^jl^l  (Ir  ^*jl  a  -*^   170 

^  j\  O-*^  181 

J:,c--1  J_  JJ^   157,  158 

p«ko  (j'   j|u^  ^j  Ai^   172 

^'Ul  0-  -^  189 

jl3i  tu  t>  Ai^   168,  169 

•^*-  0-  J-f-Jl  xs^  ^j  JJ^   183,  184 

<»-a«^  tlr  0^^  "*^  <^  "^   ^^'^ 

L^  ^  lill  Ax  J-  Ai^   165 
^l  i>  jl>  (j  Ai^   187 
SjL^  a  A^  186 

-?y  <y.  ^  i'9 


c5.^:^i 


A^    165 


'<^>^  Jl  ä.  oW-  c>.  ^.  a  -^  180 

13* 


196         Sachau:    Studien  zur  ältesten  Geschichtsüberlieferung  der  Araber. 


xf-  4>  ^Ll*  189 
iS'^\j\   164—185 


v^jL^l  ä   ^f'j}  er  -*-^  ä   lT^*    '"^^  d^  ^j'^\^^ä  ^^  18U 


^\  171 


jru«  (j   j^   194 


k_^j  (j  Aiil  A_x  ij^  o^.  (j;  lt'^*  j^J-'  tj. 


169 


Ajwj  (j-    176 
,S^  j\  cT.  JJJ^   157 


jl  0-^  Ai^  t>_  ^^_   181 
^J^\  X^  ö  jr^y,  178 


197 


Azerbaj ganische  Studien  mit  einer  Charakteristik 
des  Südtürkischen.    IL' 


Von  Karl  Foy. 


Vorbemerkung'. 

±Jer  Stoff  ist  in  folgender  Weise  angeordnet:  A.  Quellen  und  Vorarbeiten. 
Nr.  2.  Eine  Fortsetzung  des  gleichbetitelten  Abschnitts  im  ersten  Teil 
dieser  Arbeit.  B.  Die  Mundart  von  Erzeruin.  Nr.  2.  Ebenfalls  eine  Fort- 
setzung des  gleichbetitelten  Abschnitts  im  ersten  Teil.  C.  Hrn.  C,  S  e  h  m  i  d  t  s  Liste 
aus  Tebriz,  enthaltend  Namen  verschiedener  Gegenstände  des  alltäglichen 
Lebens,  nach  Materien  geordnet.  D.  Kleine  Sprachmaterialien,  teils  Wörter- 
und  Phrasensammlungen,  nach  Materien  geordnet^  teils  Sprichwörter,  Ge- 
spräche, Anekdoten  und  andere  Texte' in  phonetischer  Schreibung,  auch  Proben 
aus  der  Literatur  in  arabischer  Schrift.  Die  deutsche  Übersetzung  ist  anfangs 
dem  türkischen  Texte  gegenüber  gegeben,  später  besonders  hinter  den  tür- 
kischen Texten.  Diese  Sprachmaterialien  den  folgenden  granunatikalischen 
und  lexikalischen  Darstellungen  vorauzuschicken  war  notwendig  um  der  Ver- 
weise willen.  E.  Zu  den  Lauten.  Nr.  2.  Addenda  und  Corrigenda  zu  dem  be- 
treffenden Abschnitt  im  ersten  Teil.  Verschiedene  Gelehrte  haben  mir  die  Ehre 
erwiesen,  mir  Bemerkungen  zu  den  im  ersten  Teil  behandelten  Dingen  zu- 
kommen zu  lassen,  und  ich  bin  unter  diesen  besonders  Hrn.  Dr.  Munkäcsi 
Bernät  in  Budapest  und  Hrn.  Prof.  Plato  Melioranski  in  Petersburg, 
sowie  meinem  verehrten  Kollegen  Hrn.  Prof.  M.  Hartm  ann  zu  Dank  ver- 
bunden. F.  Zum  Wortschatz  und  zur  Stammbildung.  G,  Charakteristik  der 
südtürkischen  Flexion  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  Azeri,  dazu 
Übersichtstabellen.  H.  Besondere  Bemerkungen  zu  einigen  Wortklassen. 
J.  Syntax,  Stil  und  Phi-aseologie.  Hieran  wird  sich  später  ein  Glossar  schließen. 

A.    öuellen  und  Vorarbeiten.    Nr.  2. 
1.    AldanmyS  heväkih. 
Gleich   nach    dem  Erscheinen   des  ersten  Teils  dieser  Arbeit  (im  fol- 
genden als  1  zitiert)  hatte  Hr.  Lucien  Bouvat  in  Paris  die  Liebenswürdig- 
keit,   mir    einen   Abzug    seiner   etwa   gleichzeitig   erschienenen   Arbeit    aus 


1  Den  ei'sten  Teil  dieser  Arbeit  findet  man  in  den  »Westas.  Studien«,  Jahr- 
gang VI  (1903)  S.  126—193.  —  Zitiert  als  I. 

2  Auch  eine  aus  Tebriz  stammende  Redaktion  der  alten  Jahresnamen  des 
Zwölferzyklus  mit  den  modernen  azerbajdsclianischen  Entsprechungen,  dazu  eine 
vergleichende  Übersicht  über  verschiedene  mir  bekannt  gewordene  Redaktionen. 

3  Darunter  ehie  Notiz  über  Urmia  und  seinen  heilkrältigen  See. 


198    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südturkischen.  II. 

azerbajdschanischem  Gebiete^  zuzusenden.  Es  ist  dies  1.  ein  Prosatext,  eine 
legendenhafte  Erzählung,  betitelt  ^\ß  ^j^\j^\^,  von  demselben  Qäpüdän 
Mirzä  Feth-Ali  A')(j5ndzäde,  der  hauptsächlich  als  Verfasser  von  Ko- 
mödien durch  Barbier  deMeynard  weiteren  Kreisen  bekannt  geworden 
ist,  2.  eine  vollständige  französische  Übersetzung  und  3.  ein  Glossar.  Was 
die  Sprache  des  Textes  betrifft,  so  kommen  in  demselben  längere  an  einen 
Schah  gerichtete  Reden  Hochgestellter  vor,  die  Gelegenheit  geben,  den  ge- 
wählteren azeibajdschanischen  Stil  zu  beobachten;  im  übrigen  ist  die  Aus- 
drucksweise verhältnismäßig  einfach  und  natürlich  und  die  angewandten 
Wörter  und  Flexionsformen  sind  die  populären.  Der  Text  bestätigt  vieles, 
was  im  ersten  Teil  dieser  Arbeit  vorgebracht  ist  und  zeigt  trotz  seiner  ara- 
bischen Lettern,  daß  auch  in  phonetischer  Beziehung  kein  allzugroßer  Unter- 
schied zwischen  dem  Azeri  von  Tebriz  und  demjenigen  von  Tiflis  bestehen 
kann.  —  Nur  kurz  sei  bemerkt,  daß  der  Text  an  verschiedenen  Stellen  zur 
Kritik  herausfordert,  der  Herausgeber  aber  auf  jede  Textkritik  verzichtet  hat. 
Bestätigt  wird  z.  B.  danys-  .>sj)rechen«  (I  S.  12(3)^  die  Orthographie 
^  \  »Haus«  (I  S.  134),  das  uuM-kwüidige  dykjary  (I  S.  149)  (_$jIL1j  j,  ferner  iJy 
»Haar«,  »Feder«  t'ük  =  tw'/^  (1  S.  130),  osm.  tüj ^  der  Abfall  des  anlautenden 
j  in  zahlreichen  Wörtern  (I  S.  190  §  15  ist  üzüy^  »Ring«  nachzutragen,  das 
hier  als  ^Jjjl  vorkonunt),  zahlreiche  der  I  S.  15  behandelten  Anlauts- 
ersclieinungen'',  zahlreiche  Fälle  für  --/^  =  5-  im  Wortinnern,  teilweise  auch 
am  Wortende,  z.  B.  ^r}  yWX  »vierzig«,  Metathesen  wie  JjjJ  körpi 
»Brücke«  ^^  kiiprü,  jj\  ireli  =^  ileri  (vgl.  I,  S.  181),  das  charakteristische 
iS"^}  indi  »jetzt«  =  osm.  simdi  (vgl.  I  S.  193),  Assimilationserscheinungen 
wie  jfU  min  »tausend«  aus  fnn^,  die  Doppelkonsoiianz  in   i^-^   jcddi  »sieben« 

^  Lucien  Bouvat:  Histoire  de  Yoüsouf  Chäli,  iiouvelle  historique  de  Mirza 
Fetli  'ah'  Akhoiidzade,  texte  azeri  public  et  traduit;  im  Journal  Asiatique,  Mai-  und 
Junilielt  1903  S.  393 tf.  —  Zitiert  als  Bouv. 

2    Zitiert  als  Aid.  Kev. 

^  Auch  bei  den  Gaga'uz -Türken  (in  Bessarabien)  habe  ich  dieses  danyi- 
iür  "Sprechen«  im  Sinne  des  osmanischen  qonuS-  angetroffen.  Sonst  ist  mir  diese 
Anwendung  nirgends  vorgekommen.    Das  osmanische  danyS-  bedeutet  -um  Rat  fragen". 

*  Freilich  steht  S.  442  Zeile  5  und  anderswo  j_^  »wie- ,  das  sonst  nur  als 
kimi  bestätigt  ist,  auch  bei  Käsern -Beg  und  Budagoff.  aber  ich  halte  den 
Parallelstrich  über  dem  Kef,  der  dieses  zu  einem  Gef  macht,  lediglich  für  euie  Kon- 
zession an  das  Osmanische,  denn  der  Verfasser  hat  eine  ganz  ähnliche  Konzession 
gemacht  bei  der  Schreibung  des  Wortes  hele  »so«  (vgl.  I  S.  173),  das  stets  <\)— 
geschrieben  wird  (vgl.  I  8. 134  Anni.  3),  bei  unserem  Verfasser  aber  S.  442  Zeile  10  imd 
anderswo  außerdem  noch  mit  dem  Zeichen  des  labialen  Vokals  über  dem  ,_j  erscheint 
^    offenbar   mit    Rücksicht   auf  die  osmanische  Aussprache  böjle. 

^  Selir  zu  bemerken  ist,  daß  zwar  stets  /y>  =  inen  «ich«  geschrieben  wird, 
aber  nicht  Oj^  mun-,  sondern  ijy  bun-  (Stanun  zu  i«  -dieser«).  Das  gleiche  Ver- 
hältnis findet  sich  in  der  weiterhin  zu  besprechenden  Übersetzung  des  Alten  Testaments. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    199 

und  JjC-,  »acht«  statt  seTcg'iz,  JH-  »Bart«  sidiii  seqyel;  auch  die  Prothese  von 
h  ist  belegt  in  dem  interessanten  jW-^  hacar  »Schlüssel«,  welches  mein  Ge- 
währsmann für  Tebriz  aber  acar  spricht  (von  ac-  »öffnen«).  Besonders 
beachtenswert  erscheint  mir  die  Bestätigung  des  1  S.  186  §  13,  4  l)ehandel- 
ten  Vokalschwundes  in  dllam  =  aldram,  hillem  r=  hiUrejn  u.  ä.  durch  die 
Schreibung  ^Vji  S.  404  Zeile  8,  wo  der  Zusammenhang  zeigt,  daß  dieses 
ollam  nicht  etwa  aus  einem  olüram  entstanden  ist,  sondern  aus  einem  oldram, 
denn    ihm    entsjuicht  ein    /»j-O    d.  i.  (/ederem:    A-UAs  '  jUu   j:>-  oJo^yä)    c!A*Ll 

fVjl  Jj  >•  j-A--al«  (»j-O.  Es  versteht  sich,  daß  alles,  was  ich  I  S.  131 
über  das  Verhältnis  des  Typus  gehnisem  zu  gelib  gesagt  habe,  vollkommene 
Bestätigung  erfälii-t. 

Die  französische  ül)ersetzung  ist,  wie  Bouvat  mitteilt,  mit  Benutzung 
einer  vorhandenen  persisciien  entstanden.  Auf  die  französische  Version  näher 
einzugehen  ist  hier  nicht  der  Ort.  Icii  möchte  nur  bemerken,  daß  die 
Wiedergabe  des  Titels  sS\y  ^^\^\  aldanmys  Icevakih  durch  »Les  etoiles 
trompeuses«  =^  »die  trügerischen  Sterne«  nicht  richtig  ist.  Diese  Über- 
setzung widerspricht  durchaus  dem  Inhalt  der  Erzählung,  in  welcher  die 
Sterne  nicht  täuschen,  sondern  sich  vielmehr  kin-ioser  Weise  von  den 
schlauen  Persern  täuschen  lassen.  Ganz  klar  ist  dies  in  dem  Schlußsatze 
S.  443  ausgedi-ückt: 

«kevakibin  her  g'iz  yfjalynnan  <^/utur  etinr.zdi  kl  iraniler  olary  aldadaga/Jar» 
»die  Sterne  dachten  nicht  im  entferntesten  daran,  daß  die  Perser  sie  je 
täuschen  würden«. 

Übrigens  heißt  aldan-  c.  dat.  ja  »sich  täuschen  lassen  von  .  .  .«  ^  und 
nicht  »täuschen«.  Die  Überschrift  bedeutet  also  »die  Sterne,  die  sich  täuschen 
ließen«   und  sollte  eher  durch   »Les  etoiles  trompees«   übersetzt  worden  sein. 

Das  beigegebene  Glossar  ist  zwar  klein ,  aber  schon  deshalb  beachtens- 
wert, weil  es  das  erste  und  einzige  azerbajdschanische  Glossar  darstellt, 
das  als  solches  auftritt.^  Freilich  gibt  es  zu  Einwendungen  Anlaß;  so  hat 
<»-ß^  (spr.  azerb.  knce  I  S.  174,  Anm.  und  S.  187)  »Straße«  nichts  mit 
pers.  O^  (spr.  azei-b.  g'use  I  S.  187)  »Winkel«  zu  schaffen,  wie  Bouvat 
S.  488  will,  sondern  ist  =  pers.   A^jT  »Straße«;  so  kann   JL^CW  unmög- 


1  Ich  lese  statt  dessen  «C^-^S  -wenn  .  .  .,  so  würde  ich  in  den  Augen  des 
Schahs  zu  der  Kategorie  der  dummen  Esel  gehören  und  würde  des  Amtes  entsetzt 
werden«. 

2  \q\.  Aldanma  mala  davvara  »laß  dich  nicht  von  Geld  und  Gut  täuschen!« 
Jünus  Gedicht  I  Vers  21,   »Westas.  Stud.« ,  Jahrgang  V  (1902)  S.  247. 

3  Azerbajdschanische  Wörter  sind  auch,  wie  früher  schon  bemerkt,  in 
Vämberys  Glossar,  das  seinen  Cayataischen  Sprachstudien  beigegeben  ist,  und  in 
Budagoffs  Lexikon  sowie  besonders  reichlich  in  Radioffs  großem,  bewunderungs- 
würdiffem  Wörterbuche  zu  finden. 


200    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

lieh  das  Passiv  von  ^IcW-  sein,  wie  S.  486  behauptet  wird;  so  entspricht 
dem  azerb.  (jUjV  (spr.  pozmay^  I  S.  189)  »verderben«,  nicht  das  osm. 
i3^jy,  welches  hüzmek  gesprochen  wird  und  »zusammenziehen,  in  P^alten 
ziehen«  bedeutet,  sondern  das  osm.  ^J^jj»  hozmaq  u.  a.^  Das  Wort  (jL»jjj) 
»umgeben«  hat  Bouvat  S.  93  mit  einem  Fragezeichen  versehen,  es  ist 
abei-  vollkommen  richtig;  man  sagt  z.B.  evin  etrafyn  su  hurudy  »die  Seiten 
des  Hauses  hat  Wasser  umgeben«  d.  h.  »das  Haus  ist  rings  von  Wasser 
umgeben«;  etrafy  sö'wy^  hurudy  »die  Seiten  hat  Kälte  umgeben«  d.  h.  »es  ist 
kalt  geworden«. 

2.  Azeri-Drucke  in  Transkaukasien.  Türkische  Zeitung  in 
Tiflis.  Azeri-Übersetzung  des  alten  Testaments. 
Für  das  Nordazeri  in  Transkaukasien  mehren  sich  die  Drucke,  die 
nicht  nin- in  Tiflis  und  Baku  (_yl)  und  <\) ß ^\i),  sondern  auch  in  Erivan 
(ö^$j\^  hergestellt  werden.  Für  die  vorliegende  Arbeit  benutzte  ich  außer 
den  älteren  in  I  angegebenen  Quellen  besonders  Komödien,  in  denen  ja 
naturgemäß  die  Spi-ache  am  ungezwungensten  zum  Ausdruck  kommt.  Von 
2  Stücken:  Evveli  henpk,  ayjri  dejenek  und  Evvelimgi  serahcy'^  gebe  ich  weiter- 
hin kleine  Stichproben  mit  Übersetzung.  Sodann  benutzte  ich  von  den  neuesten 
Erscheiniuigen  eine  umfangreiche  Sprichwörtersammlung,  die  den  Titel 
Atalar  sözi  führt  ^,  und  eine  längere  gereimte  Tier-  und  Menschengeschichte 
in  dem  volkstümlichen  Metrum  des  Varmaq  hisaby ,  betitelt  Tülki  ve  Caqcaq 
Bek  »der  Fuchs  und  Tschaktschak  Bej".*  Nutzen  gewährte  mir  auch  eine 
1899  in  Tiflis  gedruckte»  Heilige  Geschichte«  (entsprechend  unserer  »Bibli- 
schen Geschichte«),  betitelt  Tärvy^-i-jnuqaddes^,  die  den  Vorteil  hat.  mit  einer 

'  S.  93  liest  man:  <tX^  j  »etre  dechire«  (en  pers.  (J-^  «J");  vgl.  l'osni. 
iJM  j  "tordre  et  disloquer,  deniettre».  Sind  die  drei  Punkte  richtig,  so  wäre  (J*-»X  j- 
jjyrtylniaq  zu  sclu-ciben,  indem  pyrt-  der  Stamm  wäre  des  sonst  nur  in  dem  osm. 
Heudlndyo'm  Jyrtyq  j)yrtyq  "zerrissen«  erhaltenen  Adjektivs  (vgl.  azerb.  d(':s-  »schlitzen« 
mit  dem  osm.  Hendiadyoin  delik  desik  »zerlöchert  und  zerfetzt»  I  S.  129).  Einen 
Verbalstamm  p3//-i-  kann  ich  aber  aus  dem  Azeri  nicht  nachweisen,  vermutlich  ist  dalier 
^uiTj-  jyrtybna^  »zerrissen  werden«  mit  2  Punkten  statt  der  3  zu  lesen. 

2  Zitiert  als  Henek  und  Serab.  —  Beachtenswert:  In  Henek  Imperative  auf 
-ff'ilen  z.B.  /jJS^  (J  rly  ilen  »komm!«  statt  des  sonstigen -^'znen.  Y  g\.  cay&t.  kel-gil 
mit  kel-gui.\  —  In  den  Bühnenanweisungen  von  Serah  aufliilliger  Weise  noch  der  archai- 
sche Gerundivtypus  düs-üben  und  zwar  nicht  im  Sinne  von  düsüb  sondern  von  düserek. 

3  Zitiert  als  At.  Söz.  —  Beachtenswert:  Die  Schreibung  ^^y^  gohum  -Ver- 
wandtschaft-   aus  ar.  ^jÄ. 

*  Zitiert  als  Tülki.  —  Beachtenswert :  Auch  hier  trotz  der  sonst  ganz  modern 
populären  Sprache  wiederholt  der  archaische  Typus  düsüben. 

'•>  Zitiert  als  Tär.  niuq.  —  Beachtenswert:  S.  5-1  Anm.  d)iy  «Orkan«  als  Be- 
stätigung von  Hrn.  Hasans  külej(^l  S.  140  und  das  mir  sonst  nirgends  vorgekonnnene 
bitik  »Gewächs,  Pflanze«   von  bit-   »wachsen,  sprießen«. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  IL    201 

gegenüberstehenden  russischen  Übersetzung  versehen  zu  sein.  Die  Sprache 
ist  sehr  einfach  und  bietet  viel  spezifisch  Abzerbajdschanisches ,  wenn  man 
auch  überall  den  regelnden  Einfluß  des  Osmanischen  nicht  verkennen  kann. 
Es  ist  unglaublich,  welchen  Einfluß  das  Osmanische  in  der  Literatur  Trans- 
kaukasiens  gewonnen  hat.  Man  kann  getrost  sagen,  daß  es  allgemein  als 
das  »Ilochtür-kische«  betrachtet  wird,  dem  sich  jeder  Gebildete  zu  nähern 
sucht.  Dies  erkennt  man  am  deutlichsten  in  der  Presse,  d.  h.  in  dem  Sarq- 
i-Rus  »Russischer  Orient«,  welcher  seit  einem  Jahre  in  Tiflis  erscheint  (zur 
Zeit  dreimal  wöchentlich)  und  meines  Wissens  das  einzige  Organ  ist,  das 
Artikel  auf  Azerbajdschanisch  enthält,  daneben  aber  auch  viele  auf  Osmanisch 
und  gelegentUch  auch  einige  auf  Tatarisch.  Über  diese  Zeitung  handle  ich 
später  noch  besonders. 

Sehr  wertvoll  für  die  Beurteilung  des  russischen  Azeri  war  mir  die 
von  der  englischen  Bibelgesellschaft  im  Jahre  1891  besorgte  Übersetzung 
des  alten  Testaments:  Kitäb-i-muqaddes  ''jani  "ahd-i-afiq^  von  Abraham 
Amirchanianz.  Auch  hier  hat  die  Sprache  verhältnismäßig  große  Älmlich- 
keit  mit  der  Tebrizer  Mundart.  ^ 

3.  Budagoffs  Leitfaden  und  Kasem  Begs  Grammatik. 
Die  Frage,  ob  es  eine  Grammatik  des  Azeri  gäbe,  muß  noch  immer 
verneint  werden.  Ersatz  hat  der  1857  erschienene  »Praktische  Leitfaden« 
Budagoffs  bieten  müssen.  Herr  Prof.  W.  Bart  hold  in  Petersburg,  der 
beste  Kenner  der  in  Rußland  erscheinenden  wissenschaftlichen  Literatur, 
bestätigt  mir,  daß  seit  Budagoff  keine  russisch  geschriebenen  Grammatiken 
oder  Lehrbücher  des  Azeri  erschienen  seien. ^  Aber  die  Arbeit  Budagoffs 
ist  nicht  kritisch -wissenschaftlich,  sondern  will  lediglich  praktischen  Zwecken 


^  Wie  auf  dem  Titelblatte  auf  azerbajdschanisch  zu  lesen  steht,  bei  Drugulin 
in  Leipzig  im  Jahre  1891  gedruckt.  Auf  der  Rückseite  des  Titelblatts  steht:  »Trans- 
caucasian  or  Azerbijan  Turki  Bible«.  Das  von  mir  erworbene  Exemplar  enthält  eine 
handschriftliche  Widmung  an  Professor  Strandmann,  unterzeichnet  von  Abr. 
Amirchanianz,  der  sich  als  den  Übersetzer  bezeichnet.  Ich  nehme  an,  daß  es 
derselbe  A.  Amirchanianz  ist,  der  azerb.  Zusätze  zu  Radioffs  Wörterbuch  ge- 
liefert hat.     Vgl.  Radioffs  Wörterbuch  I  S.  XVL  —  Zitiert  als  V.T. 

2  Indessen  wird,  wie  schon  früher  erwähnt,  zwar  ^  men  »ich«,  (^  inin 
»tausend-  im  Einklang  mit  der  tebrizer  Aussprache  geschrieben,  dagegen  ^y 
bun-  (Stannn  zu  bu  »dieser«)  wie  im  Osmanischen  gegen  das  tebrizische  mun-.  Sehr 
auffallig  ist  ferner  die  konsequente  Scheidung  zwischen  j_^  kimi  »wie«  und  cJj^ 
kimin  »bis-  (beide  Formen  1.  Mos.  Kap.  3,  V.  22).  Die  tebrizer  Mundart  gebraucht 
in  beiden  Bedeutungen  gleichmäßig  kimin  und  andere  Mundarten  gleichmäßig  kimi. 
J  statt  des  heutigen  tebrizischen  i;  erscheint  in  j\j\  arajyz  »zwischen  euch«  =  tebr. 
aravyz,  j  e>X^  bendejiz  »euer  Diener«  =  tebr.  bendeviz.  —  Abweichend  ist  ferner 
^wU  basyny  »deinen  Kopf«   wie  im  Osmanischen  =  tebr.  basyvy. 

3  Ich  ergreife  die  Gelegenheit,  um  Hrn.  Prof.  Barthold  für  die  stets  so 
bereitwiüig  und  ausführlich  erteilten  Aufschlüsse  über  Punkte  der  genannten  Literatur 
hier  mehien  aufrichtigsten  Dank  auszusprechen. 


202    FoY :  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  IT. 

dienen,  wie  auch  schon  der  Titel  besagt.^  Ich  habe  mir  das  Buch  nur  mit 
Mühe  und  zu  einem  unverhältnismäßig  hohen  Preise  verschaffen  können, 
um  dann  zu  sehen ,  daß  es  für  unsere  Zwecke  erstaunlich  wenig  bietet.  In- 
dessen verwerte  ich  auch  dies  Wenige  in  dieser  Arbeit. 

Von  einer  Lautlehre  ist  in  Budagoffs  Buch  überhaupt  nieht  die 
Rede.^  Zudem  ist  der  Verfasser  sich  über  den  Stoff,  den  er  behandelt, 
selbst  nicht  recht  klar  geworden ,  sonst  hätte  er  den  Titel  anders  formuliert. 
Nach  dem  Titel  hält  er  das  A/eri  für  einen  Teil  des  Türkisch -Tatarischen 
und  will  in  seinem  Leitfaden  dieses  Azeri  behandeln.  Dennoch  markiert 
er  manche  der  aufgeilihrten  Vokabeln  mit  dem  ausdrücklichen  Vermerk 
..azerb.«,  andere  mit  ..türkisch«,  andere  mit  »tatar.«.  So  führt  er  S.  247 
o^o  J^:^  "draußen"  olnie  Veiinei-k  auf,  danelien  in  Klammern  aber  ojjju-1.3 
als  »tatarisch«,  wähi-end  wir  doch  gesehen  haben,  daß  das  letztere  azerb.  ist. 
Ebenda  markiert  er  c-Ls  »vor«  eigens  als  azerb.,  aber  warum  dann  nicht 
auch  z.B.  ^J$^  d'nncn.  .inorgen«,  das  er  S.  245  neben  jjj  dün  anführt? 
Seite  245  bringt  er  ^JtJ  »wie  viele«  mit  der  Aussi)raclie  nne  (er  meint  nece) 
ohne  Vermerk  und  setzt  in  Klaiiiniern  liinzu  »türkisch  7;\s'.  Jedenfalls 
gellt  er,  wie  seine  zalilreiclien  Mustersätze  und  \'okaV)elreihen  zeigen,  darauf 
aus,  den  gebildeteren,  schriftmäßigen  Stil  der  Azerbajdschaner,  wie  er 
ihn  sich  deidtt,  zu  lehren.  Solche  osmanische  "Wörter,  die  man  in  dem 
sonst  schon  stark  osmanisierenden  Stil  noch  nicht  recht  zu  gebrauchen  wagt, 
hat  er  deshalb  als  »türkisch«  stigmatisiert  und  solche  azerbajdschanische, 
bei  denen  er  das  Gefühl  hat,  daß  sie  noch  nicht  durch  osmanische  ersetzt 
werden  können,  als  »azerb.«  hervorgehoben,  dabei  läßt  er  z.  B.  d'änen  neben  dün 
und  manches  andere  ohne  Stigma  passieren.  Außerdem  kennt  er  noch  den 
Begriff  »vulgär« ;  so  wäre  nach  ihm  das  allgemein  gebräuchliche  azerbajdscha- 
nische indi  »jetzt«  die  Vulgärform  für  imdi^  S.  245  (_5-*xl  (npocToiiap.  ^^XJ\). 
Allerdings  ist  imdi  das  ältere,  vgl.  I  S.  193.  Bisweilen  gebrauclit  er  auch 
den  Vermerk  »azerb.«  im  Sinne  von  »vulgär  azerbajdschanisch«,  d.  h.  für 
Formen,  die  er  im  »guten«  Stil  nicht  haben  will,  z.B.  S.  246  iJj.  ^ 
(A/i,ei)6ii/i,JK.  ij)  »bis«,  ij^<»~ß  y  hu  hücejeten  »bis  zu  dieser  Straße«. 
(Dieses  ten  ist  in  Tebriz  unbekannt.)  Offenbar  will  er  auch  das  oben  erwähnte 
dysqary'im  »guten«  Stil  nicht  dulden  und  stigmatisiert  es  deshalb  als  »tatarisch«.^ 


1  Lazareff  Budago  ff :  llpaKTmecKOC  pj  koho,i,ctbo  Tjpei^KO-Taxapc- 
haro  a,T,ep6ii,i,/KaHCKaro  iiapliMia  »Praktischer  Leitfaden  der  türk  -  tatarischen 
aderbidschanischcn  Mundart".  Moskau  1857.  (278  große  Oktavseiten.)  —  Zitiert 
als  Budag.  Gr.  ini  Gegensatz  zu  Budag.  Wörtb. 

-  Von  der  großartigen  Darstellung  der  Laute  in  der  schon  1851  erschienenen 
phänomenalen  Jakutischen  Grammatik  des  seligen  Otto  Böhtlingk  ist  der  »Adjunkt« 
an  der  Petersburger  Universität  B u  da go  ff,  wie  er  atich  in  seinem  Wörteibuch 
beweist,  nie  begeistert  worden,  vielleicht  hat  er  jene  Darstellung  nie  gelesen. 

3  Beiläufig  ein  Kuriosum!  In  weiteren  Ki  eisen  Rußlands  scheint  man  das 
noch  immer  »tatarisch»  zu  nennen,  was  der  heutige  Fachgelehrte  als  »türkisch« 
bezeichnet.  Ich  besitze  wenigstens  moderne  azerbajdschanische  Bücher  mit  zwei- 
sprachigem Titel,  bei  denen  der  türkische  Titel  besagt,  daß  der  Text  »türkisch«  sei, 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  (1.  Südtürkisclien.  II.    203 

Wertvollere  Ausbeute  als  das  Budagoffsche  Buch  gewährt  die  viel 
ältere,  durch  Zenkers  deutsche  Bearbeitung  allgemein  bekannt  gewordene 
turko  -  tatarische  Grammatik  Käsern  Begs,  die  an  zahlreichen  Stellen  auf 
das  Azeri  Rücksicht  nimmt.'  Wenn  diese  auch  unserem  heutigen  Begriffe 
von  einer  wissenschaftlichen  Grammatik  nicht  entspricht  (»Lautlehre«  fehlt, 
dafür  ein  mageres  Kapitel  »Aussprache  der  Buchstaben«),  so  macht  sich  in 
ihr  doch  an  vielen  Punkten  ein  kritisches  Streben  bemerkbar.  Sie  scheidet 
z.  B.  bei  der  Darstellung  der  VerbalÜexion  zwischen  Nord-  und  Südazer- 
bajdschanisch  (vgl.  I  S.  138)  und  kennzeichnet  außerdem  diejenigen  Formen, 
die  nur  in  gewissen  Lokalmundarten  vorkommen,  durch  den  Asteriskus.  Für 
die  letztgenannten  Formen  ist  sie  bis  jetzt  meine  einzige  Quelle.  Es  ist  selbst- 
verständlich geboten,  Käsern  Begs  Grammatik  stets  mit  Budagoffs  Leit- 
faden zu  vergleichen,  um  möglichst  viele  Bestätigungen  zu  finden.  Da  hat  es 
sich  herausgestellt,  daß  gewisse  bei  Kasem  Beg  angeführte  Erscheinungen, 
an  die  ich  vom  Standpunkte  der  von  mir  untersuchten  Tebrizer  INIundart 
anfangs  nicht  recht  glauben  wollte,  durch  Budagoff  bestätigt  werden, 
z.  B.  der  eigentümliche  Laut  ylc  =^  ^j,  ferner  das  Abhandensein  des  ursprüng- 
lichen ii  in  der  zweiten  Person  des  Pronominalaffixes  und  das  Auftreten 
eines  labialen  Vokales,  z.B.  ataü  »dein  Vater«,  ataüz  »euer  Vater«  (Budag.), 
deweü  »dein  Kamel«  (Kas.  B.),  idü  »du  warst«  (Budag.),  idü  »du  warst« 
(Kas.  B.),  id'udz   »ihr  wart«   (Budag.),  idüüz   »ihr  wart«   (Kas.  B.)  u.  a.  ni. 

4.  Lithographierte  persisch-azerbajdschanische  Sprachlehren. 
Während  ich  früher  nur  von  Hörensagen  wußte,  daß  es  in  Persien 
von  Azerbajdschanern  verfaßte  Bücher  über  ihre  Sprache  gäbe,  habe  ich 
inzwischen  Gelegenheit  gehabt,  wenigstens  einige  solcher  Sprachbücher  näher 
kennen  zu  lernen;  von  diesen  habe  ich  namentlich  zwei  für  die  vorliegende 
Arbeit  benutzt. 

1.  Eine  130  Seiten  starke  Lithographie  (Oktav),  als  deren  \'erfasser 
8.2  der  Mallä  Mustafa  aus  Bäkü^  genannt  ist,  hergestellt  in  Telierän, 
wie  auf  der  letzten  Seite  zu  lesen  ist,  und  zwar  nach  einer  Randbemerkung 
auf  der  vorletzten  Seite  im  Jahre  1314.  Ein  früherer  Schüler,  Hr.  Litten, 
Dragomanatseleve  an  der  Gesandtschaft  in  Teheran,  erstand  dies  nicht  un- 
wichtige Buch  bei  einem  dortigen  Händler  und  hatte  die  sehr  dankenswerte 
Freundlichkeit,  es  mir  liebenswürdigst  zu  widmen.     In  diesem  Buche  wird 


der  russische  dagegen,  daß  der  Text  »tatarisch»  sei.    So  führt  die  vorher  crwälmte 
»Heihge  Geschichte«   (Tiflis  1899)  den  Doppeltitel: 

CBaiII,EHHAa    nCTOPIH  ,pH   3iyC>M3IAH'b  IIA  TATAPCKOMTi 
fl3bIK1&  CT.  PytCKIL>n.    IlEPEBO,403n.   = 

^  Ich  zitiere  nach:  Jul.  Theodor  Zenker  »Allgemeine  Grammatik  der 
türkisch -tartarischen  Sprache  von  Mirza  A.  Kasem -Beg«.  Leipzig  1848.  Es 
bleibt  unbegreiflich,  warum  Zenker  den  Originaltitel,  den  Druckort  und  das  Druck- 
jahr des  von  ihm  verdeutschten  Werkes  nirgends  anführt. 

2    (_$j5ul    ^jk.^    y^^.  —  Zitiert  als  Mai.  Must. 


204    FoY  :  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen,  II. 

alles  Azerbajdschanische  auf  Persisch  erklärt.  Jedes  Blatt  enthält  im  Mittel- 
felde lexikalischen  Stoff  in  nach  j^  geordneten  »schönen«  Versen  und  Reimen, 
die  stark  an  unsere  lateinischen  Genusregeln  gemahnen.  Das  INIittelfeld  ist 
von  einem  mit  Kommentaren  angefüllten  Rahmen  umgeben,  die  wesentlich 
grammatikalische,  gelegentlich  aber  auch  andere  Dinge  behandeln.  Am  Kopfe 
jeder  Seite  befinden  sich  außerdem  noch  zwei  schmale  Querfelder,  von  denen 
das  obere  je  ein  oder  zwei  Sprichwörter  auf  Azerbajdschanisch  und  das  untere 
die  persische  Übertragung  dazu  enthält.  Der  Schluß  bietet  eine  Liste  von  nicht 
weniger  als  278  azerbajdschanischen  Verben  mit  ihren  persischen  Entsprechun- 
gen. Ich  gebe  weiterhin  eine  Sammlung  von  Sprichwörtern  und  beziehe  mich 
dabei  auf  dieses  Buch.  Ebenso  gebe  ich  am  Schluß  der  vorliegenden  Arbeit  eine 
längere  Probe  von  den  wunderlichen  grammatikalischen  Reimereien  und  füge 
Erläuterungen  bei.  Natürlich  wird  endlich  die  Liste  der  Verben  in  meinem 
Glossar  verw'ertet.  Leider  ist  die  Schrift  in  diesem  Buche  [TdlTq)  oft  entsetzlich 
undeutlich  und  durch  Schreibfehler  und  wunderlichste  Orthographie  entstellt. 
"2.  Eine  158  Seiten  starke  Lithographie  (Quart),  die  das  zweite 
Heft  eines  Kitähce - i - edebijje  betitelten,  für  den  Elementarunterricht  berech- 
neten Werkes  bildet.^  Das  Buch  enthält  allerlei  interessantes  Material  zur 
Orthographie  und  Grammatik,  tjbungssätze,  Wörtersammlungen,  Angaben 
über  Zahlbegriffe  und  Zeitrechnung  u.  a.  Erklärt  wird  selbstverständlich  auf 
Persisch.  Verfasser  ist  ein  Tebrizer,  was  für  die  vorliegende  Arbeit  be- 
sonders ins  Gewicht  fällt,  da  diese  ja  hauptsächlich  auf  der  Tebrizer  jSIundart 
beruht.  Auf  der  ersten  Seite  der  Lithographie  steht  die  Jahreszahl  1311. 
Ich  vei'danke  die  Kenntnis  dieses'  Buches  der  Freundlichkeit  des  Hrn.  Dr. 
Oskar  Mann,  der  es  nebst  einem  Dutzend  anderer  azerbajdschanischer 
Texte  von  seiner  Studienreise  aus  Persien  mitgebrach  hat.  Im  Folgenden  teile 
ich  aus  dem  Kitäbce  zwei  Listen  mit,  die  eine  die  Namen  der  Körperteile, 
die  andere  die  alten  und  neuen  Jahresnamen  des  Zwölferzyklus  enthaltend. 

5.  Azerbajdschanisches  in  phonetischer  Schreibung.  Georg 
Jacobs  Probe.  Eine  Liste  von  Namen  verschiedener  Gegen- 
stände aus  Tebriz. 

Alle  bisher  genannten  Texte  sind  in  arabischer  Schrift  und  daher 
für  den  Sprachforscher  nur  recht  unzulängliche  Quellen.  Was  wir  vor 
allem   brauchten,    wären    zahlreiche   genau   phonetisch  geschriebene  Texte.* 

Nach  B arthol ds  Angabe  erscheinen  in  einer  russischen  Zeitschrift 
hin  und  wieder  auch  azerbajdschanische  Artikel  in  russischen  Lettern.  Leider 
habe  ich  diese  Zeitschrift  bis  jetzt  nicht  zu  Gesicht  bekommen. 

'    Titel :  Kitäbce-i-edebijje.  Deßer-i-duvum  M I  r  z  ä  S  ä  d  i  q  im  Axpnd  Mallä  Esed- 

alläh  merhüm  Tebriz t  el-ed ez  berä-i-etfäl-i-mubtedi  bed  ez  elif  bä  )(etf- 

i-erebl  ve  te  Hlq  däir  be  istiläh-i-veten  br  zehän-i-turkl  yarlb  be  fehm-i-mubtedijän.  — 
Zitiert  als  MTr.  Säd. 

^  Nach  einer  freundlichen  Mitteilung  des  Hrn.  Prof.  G.  Jacob  beschäftigt 
sich  ein  Hr.  Dirr,  der  sich  lange  im  Orient  befindet,  seit  Jahren  mit  der  Sannnlung 
azerbajdschanischer  Texte.  Daß  er  bisher  etwas  veröffentlicht  hätte,  ist  mir  nicht 
bekannt  geworden. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  11.    205 

Eine  Probe  phonetischer  Schreibung  gibt  Hr.  Prof.  Georg  Jacob 
in  seinem  verdienstlichen  türkischen  Lesebuch^  S.  42ff.  Es  ist  die  Umschrift 
des  letzten  Gedichtes  in  Berges  Sammlung.  Die  Methode,  nach  welcher 
diese  Umschrift  zustande  gekommen  ist,  erscheint  mir  jedoch  nicht  einwandfrei. 
Sie  fußt  auf  der  Niederschrift  eines  Vermittlers,  der  sich  das  betreffende 
Gedicht,  das  im  Karabag  entstanden  ist,  von  »einem  Azerbeidschaner«  hat 
vortragen  lassen.  Dieser  «Azerbeidschaner«  stammte  jedoch  nicht  aus  dem 
Herkunftsorte  des  Gedichtes  noch  überhaupt  aus  Transkaukasien,  sondern 
war  unser  trefflicher  Hr.  Mehmed  Hasan,  welcher  die  Mundart  von 
Tebriz  in  Persien  spricht.  Es  hätte,  denke  ich,  angegeben  werden  müssen,  in 
welcher  Lokalmundart  das  Gedicht  umschrieben  ist.  Aber  bedenklicher 
als  dieser  Umstand  erscheint  mir  der  andere,  daß  Jacob  die  ihm  vorliegende. 
Niederschrift  -des  Typenmaterials  wegen  vereinfachen  mußte«,  und  vor  allem, 
daß  er  das  g  seiner  Vorlage,  welches  sowohl  ungenau  für  7  wie  richtig  für 
das  aus  q  entstandene  g  steht,  überall  ohne  weiteres  in  7  verwandelte,  z.  B. 
yoj  «setze!«  anstatt  des  einzig  richtigen  goi."^  Auch  »im  Anatolischen «  wird 
das  anlautende  q  nicht  überall  zu  7,  wie  Jacob  annimmt,  sondern  z.B.  in 
den  Jürük- Mundarten  zu  g,  wie  dies  von  einem  glaubwürdigen  Gewährs- 
manne,    der   kein  Fachgenosse  ist,  verbürgt  wird.^ 

Zu  der  Jacob  sehen  Umschrift  ist  ferner  zu  bemerken:  1.  es  wird 
nicht  unterschieden  zwischen  g  und  e,  daher  öe/g  »so«  anstatt  bele,  jer  »Ort« 
anstatt  jer,  veren  anstatt  veren;  2.  es  wird  nicht  unterschieden  zwischen  "-/, 
(==  ch  in  «ach«)  und  %  (=  ch  in  »ich«),  daher  ede%  »laßt  uns  machen« 
anstatt  <?f/e%,  Tsche-ymenem  »ich  ziehe  nicht«  anstatt  ceryjnenem',  3.  das 
palatale  g  wird  bald  durch  gj  {vgl.  gjel  »komm!«)  bald  durch  g  {vgl.  gö''de 
»im  Himmel«)  wiedergegeben,  während  es  keines  von  beiden  ist.*  Es 
kommen  auch  unter  dem  Einflüsse  des  Osmanischen  entstandene  Fehler  vor, 
so  etti  »machte«  anstatt  eidi^,  ejle-  »machen«  anstatt  ele-.^  Auf  Verhören 
wird  das  wiederholt  vorkommende  Je^ft'  »sieben«  beruhen,  denn  man  spricht 
in  Tebriz  jeddP,  wozu  die  bei  Berge  stehende  und  oft  in  der  Literatur 
auftretende  Schreibung  (_^-^  stimmt.  Statt  -perest  S.  45  Zeile  9  lese  ich 
peres,  denn  die  Reime  sind  heves  und  nefes  und  ich  traue  der  Dichterin  Per! 


*  Georg  Jacob:  Türkisches  Lesebuch.  I.Teil:  Texte  in  lateinischer  Um- 
schrift.   Erlangen  1903. 

^  Azerbajdschanisches  ^r  =  (J  überall  im  Anlaut  der  Wörter  und  bedingungs- 
weise auch  im  Wortinnern  wird  neuerdings  wieder  durch  die  Schmidt  sehe  Liste 
bestätigt,  über  die  weiterhin  im  Texte  gehandelt  wird. 

^  M.  Tsakyroglu  (Arzt  in  Smynia)  üspi  Viov^owjiv\^vo\oyvj<.-q  usXstii.  Athen 
1891.  Seite  24:  To  x  l.v  ap^r]  \k^fj3Q  7rpo(j>sp£Tai  oJ?  yx  y\yy'  ei;  to  ubcov  ^ä  xat  to  tsXo; 
'X'?  ^'  oicv  xapTTOi;^,  yxapnov^'  xai/Tctp,  yxai/rap,  USW. 

*  Vgl.  I  S.  175. 

6  Vgl.  I  S.  183  §  12. 

8  Vgl.  I  S.  174  §  2,2  ele-  (der  Punkt  von  ele-  ist  zu  streichen).  Auch  Kadloff 
führt  »Wörterb.«  I  Kol.  810  älä-  »machen»  als  Caj/atajisch  und  Azerbajdschanisoh 
an.    Es  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich,  daß  ele-  =  »el  »Hand«  +  e«   ist. 

'    Vgl.  I  S.  183  §  5. 


206    Foy:  Azerbajganiscbe  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

nicht  zu,  daß  sie  jemals  ein  -est  auf  ein  -es  gereimt  hätte;  außerdem  ist 
es  ja  bekannt,  daß  der  Ausgang  -st  der  Lehnwörter  im  Türkischen  durch 
Unterdrückung  des  t  erleiclitert  zu  werden  pflegt.^  Im  übrigen  wird  Hr.  Kol- 
lege Jacob  mit  mir  die  Meinung  teilen,  daß  auf  allen  Gebieten  des  Tür- 
kischen die  phonetische  Umschrift  poetischer  Kunstprodukte  nur  in  be- 
schränktem Maße  Aufschluß  über  die  betreffende  türkische  Mundart  gibt, 
imd  zwar  aus  zwei  Giünden:  weil  solche  Produkte  mehr  Arabisch  -  Persi- 
sches als  Türkisches  enthalten  und  weil  beim  Vortrage  solcher  Produkte 
zu  oft  im  Siime  des  Buchstabens  gegen  den  Usus  gesprochen  wird. 


Als  besonders  wertvollen  Beitrag  betrachte  ich  eine  Liste,  die  die 
azerbajdschanischen  Namen  von  einer  größeren  Anzahl  alltäglicher  Gegen- 
stände in  arabischer  und  zugleich  phonetischer  Schreibung  enthält  und  die 
icii  wieder  der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Dr,  von  Lecoq  verdanke.^ 
Proben  der  erwähnten  Gegenstände  befinden  sich  im  Besitze  des  hiesigen 
\'ölkermuseums,  und  die  Liste  der  Namen  ist  von  einem  Herrn  W.  Schmidt, 
der  früher  eine  Apotheke  in  Tebriz  inne  hatte,  besorgt  worden.  Es  ist 
wichtig,  daß  diese  Liste  aus  Tebriz  stammt  und  also  zur  teilweisen  Kon- 
trolle meines  Gewährsmannes  für  die  Tebrizer  IMundart  dienen  kann. 
Herr  Schmidt  umschreibt  in  populärer  Weise,  und  wenn  natürlich  auch 
nicht  die  absolute  Konsequenz  des  strengen  Phonetikers  zu  erwarten  ist, 
so  genügen  seine  Schreibungen  doch,  um  wichtige  Bestätigungen  zu  dem 
zu  liefern,  was  im  ersten  Teile  der  vorliegenden  Arbeit  erörtert  worden 
ist.  Er  schreibt  ä  oder  o*  (zuweilen  e)  =  e,  ^  =  e  {giwä  =  »_^,  äräk- 
tsclmi  =  jfV»-  {Ji^'>9^'^j'^  =  9  ^9^  »Nacht«,  yjedan  =  g'eden  «gehend«),  i  =■  i 
oder  y,  y  ^L  y,  k  ^  q  (selten  äräktshin,  schakildach  »hölzerne  Knallpistole «•) 
oder  =    k  (selten,    müschrik    »Cigarettenspitze«   =  iJ^^l«) ,   kj  =:^  k   [börkj 

»Mütze«,  kjöinekj  »Hemd«  =  knjnek,  üzükj  »Ring«,  kjilkä  ^^,  mrekjäh  *^  ^ , 
y  z=z  y,  yj  (oder  y)  =  y  (yjedma^  »gehen«),  yh  =  7  {ti/man  bayhi  »Hosen- 
band« =  hayy,  säkkal  därayhi  »Bartkamm«),  ch  =^  %  (yjedmay^,  hniluyj, 
seh  =  jf,  tscli  =  c,  dsch  und  dj  =  g,  ferner  5  =  ~  (nach  deutscher  Weise 
vgl.  üsükj  »Ring«  =  üzük),  aber  ss  =  s  (vgl.  ssibill,  kissessi  =  kise-si).  Be- 
stätigt wird  durch  Schmidts  Umschrift  der  deutlich  vernehmbare  Unter- 
schied zwischen  den  Vokalen  e  und  e  sowie  zwischen  den  Konsonannten  q 
und  k',  y  und  y,  auf  dei-en  Unterschied  ich  I  S.  175  §  4  besonders  nach- 
drücklich hingewiesen  hatte.    Bestätigt  wird  ferner,  1.  daß  jedes  anlautende  q 


1  Karl  Foy:  -Der  Purismus  hei  den  Osmanen«  in  »Westas.  Studien-  der 
"Mitteil.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen-,  Jahrgang  1898  S.  41. 

2  Ich  fühle  mich  verpfliclitet,  Hrn.  Dr.  von  Lecoq  wie  früher  so  auch  jetzt 
wieder  meinen  aufrichtigsten  Dank  auszusprechen  für  die  außerordentlich  liebens- 
würdige und  eifrige  Unterstützung  teils  durch  Vermittehuig  von  Quellen,  teils  durch 
selbstlose  Überlassung  eigener  Aufzeichnungen  aus  dein  ferneren  Kleinasien. 

'    Über  die  Annäherung  des  e  an  o  vgl.  I  S.  127. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Siidturkischen.  II.    207 

ohne  Ausnahme  zu  ^^  wir-d,  vgl.  bei  S  c  h  m  i d t  ^ö/äTw  *i9  osni.  qalem,  geitschy 
»Schere«,  ca^at.  qajycy,  gab  »Gefäß«  osm.  qab  usw.,  und  2.,  daß  auslautendes  q 
zu  %  wird,  z.  B.  in  der  Infinitivendung  -maq,  vgl.  gjedmach  »gehen«  und  aucli 
sonst  z.  B.  boiluch  »Faden  beim  Weben«.  Trotzdem  erscheinen  auf  der  Liste 
viele  Wörter  mit  schließendem  gh  =  y,  während  man  ch  ^=  <^  erwarten  sollte; 
dies  hat  seinen  Grund  darin,  daß  manche  Personen  es  vorziehen,  den  Stamm 
in  derjenigen  lautlichen  Form  zu  nennen,  in  welcher  er  vor  vokalischen 
Endungen  auftritt.  Sie  scheinen  dies  für  richtiger  zu  halten.  Auf  der 
Liste  widerspricht  übrigens  öfters  die  arabische  Schreibung  der  phonetischen, 
indem  die  erstere  das  zu  erwartende  r-  =  %  bietet,  die  letztere  aber  gh, 
z.  B.  däragh  »Kamm«,  aber  j^i  jj,  goltschagh  »Puppe«,  aber  r;-l>-j9,  ptschagh 
»Messer«,  aber  ^^l^ !  Beispiele  für  schließendes  y^  :=.  Je  fehlen,  es  wird  Jcj 
oder  Tc  geschrieben,  z.  B.  üzüTcj  »Ring«  =  üzüy^,  jelpik  »Fächer«  ^=  jelpi%. 
Die  Liste  liefert  weiterhin  wertvolle  Belege  dafür,  daß  die  Neigung  besteht, 
a  in  gewissen  Phallen  wie  e  zu  sprechen,  worüber  I  S.  185  §  13  gehandelt  war, 
vgl.  däragh  =  dera%  oder  dere'x,  »Kamm«,  sähkal  --^  seqgal  oder  seqgel  »Backen- 
bart», geitschy  =  g'ejcy  »Schere«  und  daß  fernej'  die  Neigung  besteht,  inter- 
konsonantische Vokale  auszustoßen,  worüber  I  S.  186  §  4  gehandelt 
war,  vgl.  mrMb  »Tinte«  osm.  mürekJceb,  ptschagh  =  pca%  aus  pycay^ 
»Messer«.^  Im  Einzelnen  bestätigt  die  Liste  azerb.  e  gegenüber  osm.  i  in 
gjedmach  =  g  edma^^'i^ehen « ,  ö  gegenüber  osm.  ü  in  den  Wörtern  bork  (osm.  bilrk 
nach  Samy)  und  möhr  =  osm.  mühür  pers.  ^^,  den  Abfall  des  anlautenden  J 
(vgl.  I  S.  190  und  den  Anfang  des  vorliegenden  Aufsatzes)  in  üzük'  »Ring«, 
den  Anlaut  k  gegenüber  osm.  g  in  köjnek  »Hemd«  =  köjney^  I  S.  188  (wo 
versehentlich  das  j  weggelassen  ist) ,  den  Anlaut  d  gegenüber  osm.  t  in  das 
»Stein«,  das  sogenannte  Doppel-5'  in  säkkal  =  seqgel  »Backenbart«,  die 
Entsprechung  td  =  tl  in  atdy  (^Sl\  »Reiter«  =  atly.  Beachtenswert  ist  die 
Vokalisation  gov  (bei  Schmidt  gohw  j5  geschrieben)  gegenüber  osm.  qav 
»Zunder«,  indem  offenbar  das  labiale  v  die  Verwandlung  des  vorhergehen- 
den a  in  den  labialen  Vokal  zustande  gebracht  hat.  Vgl.  die  Verwandlung 
von  ev,  ev  in  öv  1  S.  178.  Ein  qov  =  gov  führt  übrigens  auch  Budagoff 
•als  azerbajdschanisch  an.  ^  Sehr  interessant  ist  schließlich ,  daß  die  Schmidt- 
sche  Liste  den  Laut  d  in  der  oft  vorkommenden  Schreibung  (Jl.-^    gedmay^ 


^  Das  merkwürdige  fersch  tschaghy  =  fers  cayy  aus  fers  pcayy  hraucht  nicht 
auf  Verschreibung  zu  beruhen,  sondern  der  Ausfall  des  p  läßt  sich  aus  der  Häufung 
der  Konsonanten  begreifen. 

^  Budagoff:  Vergleichendes  Wörterbuch  der  turko  -  tatarischen  Sprachen 
(russisch).  Petersburg  1869.  S.  96  J_^  kobt.  =  j\ä.  —  Als  ca;/atajisch  wird  qov  an- 
geführt bei  Vämbery,  Cagat.  Spraclistud.  S.  320 :  Jj3  kov  »Schwamm;  r;Hil(^s 
Holz».  —  Man  bemerke  hierzu  das  umgekehrte  Verhältnis:  ca}'at.  und  azerb.  jls 
»fortjagen-  (z.  B.  bei  Amirchanianz  V.  T.  1.  Mos.  Kap.  3,  V.  23  c^Jjlfl,  in  Tebriz 
und  Urmia  aber  goudy  gesprochen  I  S.  174)  =  osm  an.  J^  qov-. 


208    Foy:  Azerbajganische  .Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

verbürgt.    Ganz  im  Gegensatze  zum  Osmanischem  bietet  sie  gjerlmach  »gehen« 
=  osm.  gitmek.^ 

Ich  gebe  im  folgenden  die  ganze  Schmidt  sehe  Liste,  die  auch  als 
kleines  Glossar  sicherHch  ihren  Wert  hat,  zumal  da  eine  Anzahl  der  an- 
geführten Wörter  oder  Bedeutungen  in  sämtlichen  Lexicis  fehlt.  Einige 
der  auftretenden  Wörter  waren  Herrn  Mehmed  Hasan  unbekannt,  und 
von  diesen  kann  ich  wieder  einige  nicht  anderswoher  belegen. 

6.    Karamanisch    oder   Azerbaj  dschanisch? 

Es  waren  schon  vor  Jahren  durch  Hrn.  Dr.  Ign.  Künos  zwei 
azerbaj dschanische  Texte  veröffentlicht  worden,  ohne  als  solche  aufzufallen, 
da  sie  als  »karamanisch«  angezeigt  waren. ^  Dies  sind  zwei  phonetisch 
geschriebene  Erzählungen,  die  Künos  von  einem  karamanischen  Märchen- 
erzähler (Meddäh)  gehört  haben  will.^  Hier  muß  aber  ein  Mißverständnis 
obwalten,  über  das  ich  mich  an  dieser  Stelle  nicht  weiter  in  Vermutungen 
ergehen  möchte,  jedenfalls  beweist  die  Sprache  unwiderleglich,  daß  die 
Texte  azerbajdschanisch  sind  und  der  Mundart  von  Tebriz  ganz  nahe  stehen, 
aber  stellenweise  osmanisieren.  Sie  stimmen  deshalb  auch  nicht  zu  dem ,  was 
wir  aus  Maximoffs  allerdings  recht  unvollkommener  Arbeit*  vom  Kara- 
manischen erfahren.  Die  Umschrift  ist  genau  nach  demselben  Scliema 
angefertigt,  welches  Künos  bei  osmanischen  Texten  befolgt.  Sie  unter- 
scheidet nicht  zwischen  e  und  e,  q  und  Tc ,  g  und  g ,  ^/^  und  %,  anlautend 
7t  und  y^,  sondern  weist  nur  die  Bezeichnungen  e,  k,  g,  y^,  h  auf.*  Außer- 
dem starren  diese  Texte  von  Inkonsequenzen,  die  hauptsächlich  auf  dem 
Gebiete  der  Phonetik  liegen.  Im  übrigen  zeigt  alles,  die  Lautverhältnisse, 
die  Flexionsformen,  der  Wortschatz,  die  Wortbedeutungen ,  die  Syntax  und 
die  Phraseologie  ein  ganz  unverkennbar  azerbajdschanisches  Gepräge.  Ich 
begnüge  mich,  hier  folgende  chai-akteristische  Punkte  anzuführen,  in  denen 
Künos'  Texte  mit  der  Tebrizer  JNIundart  übereinstinunen  und  vom  Osma- 
nischen  abweichen. 

1.  Zur  Phonetik  (vgl.  I):  e  =  osm.  a  in  Lehnwörtern:  arab.  eded  »Zahl« 
=  osm.  aded]  e  d.  i.  e  =  osm.  i:  geder  anstatt  geder  «er  geht«,  pers.  hec 
anstatt  hec,  gene  (daneben  einmal  das  osmanische  jine)  »wiederum«,  g  an- 
lautend =  q:  gir%  »vierzig«  =  qyrq,  goryji  »F'urcht«  =  qorqu,  galypr  »steht 
auf«    =  qalqar.      y^   inlautend  r=  q:    ciyßr    »geht   hinaus«    =  cyqar,    ha%ar 


1  Vgl.  Mal.  Mus t.  S.  N  V  e  S^-y  Ü^J-  Man  beaclitc  die  Kesre,  die  hier 
=  e  und  nicht  i  ist.    Oder  stellt  sie  eine  Konzession  an  die  osmanische  Aussprache  dar? 

2  Dl'.  Künos  Ignäcz:  Kisäzsia  török  dialektusairöl.  Budapest  1896.  S.  31IT. 
Unterhalb  der  beiden  Texte  steht  S.33  (Karamani  nyelvjäiäs  -Karamanisehe  Mundart«). 

3  Er  sagt  S.  33  ausdrücklich:  E  ket  nepmesct,  jobban  mondva  elbcszelöst 
egy  karainäni  meddähtöl  vagyis  iiepmulattatöl  hallottani  es  jegyeztcm  tel. 

^  Viktor  Maximoff:  OnwTi.  n3cji'li^T,OBaHiii  TiopKCKiiXT.  .T.ia.ioKTOn'B 
151.  xy,i,aHeii,T,r«i)1i  ii   linpaniaHin.     Petersburg  1867. 

^  Das  gutturale  ,y,  das  Kün.  in  seiner  Märchensammlung  mit  c  darstellte, 
sehreibt  er  hier  offenbar  angemessener  i. 


Foy:  Azerbajgaiiische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkisclien.  II.    209 

»schaut«  =  haqar,  siyjir  »drückt«  —  syqar;  %  auslautend  =  q:  jo%,  co%, 
(ßr%  usw.;  d  anlautend  =  t:  duz  »Salz«  =■-  tuz',  Metathese  »^  +  Kons.«  und 
»r  +  Kons.«  =  »Kons.  +  ^'  und  »Kons.  +  r« :  cölmeji  »den  Topf«  =  cömleji, 
arji  »anderer«  :=  ajry;  Assimilation  benachbarter  Konsonanten  nn  =  nl: 
eibinner  »die  Mücken«  =  cibinler,  nn  =  nd:  gor'^usunnan  »aus  seiner  Furcht« 
=;  qorqusundan;  Assimilation  an  ein  durch  einen  \'okal  getrenntes  n:  n  =  l: 
ojtias  ynan  »mit  dem  Gespielen«  =  ylan,  m  =^  h:  men  »ich«  r=  hen,  rnene 
»mir«  =  hcne  für  hana,  rnunu  »diesen«  =  hunu. 

Das  auslautende  1c  der  1.  Pers.  Plur.  erscheint  zum  Teil  unvercändert 
(vgl.  schließendes  Tc  oder  Tcj  statt  <x,  in  der  Schmidt  sehen  Liste:  üzükj, 
jelpilc,  Mjnek),  zum  Teil  als  %  d.  i.  %.  Zu  bemerken  ist,  daß  der  helle 
Vokal  noch  gewahrt  ist,  und  der  Schematismus  noch  nicht,  wie  in  der 
Vulgärsprache  von  Tebriz,  die  schweren  Endungen  ur^  oder  ay^  über  die 
leichten  zum  Siege  verhelfen  hat,  daher  z.  B.  genau  wie  bei  Jacob  (s.  vorher) 
edey^  d.  i.  ede%  »machen  wir!«,  ferner  üteriy^  d.  i.  isteri%  »wir  wünschen«, 
gedek  d.  i.  gedelc  »gehen  wir!«. 

2.  Zur  Flexion:  bular  »diese«  =  osm.  bunlar,  olar  »jene«  =  osm. 
onlar,  mene  »mir«  =  osm.  bona,  Akk.  des  Pronominalaffixes  auf  -n  anstatt 
-ni'.  giryin  »ihrer  vierzig«  =  qyrqyny ,  ayjariram  »ich  suche«,  itirmisem  »ich 
habe  verloren«,  jaür  »er  liegt«  =  osm.  jatijor,  jatiplar  anstatt  jatyblar  »sie 
haben  sich  gelegt«  =  osm.  jatmyslar  oder  jatiylar,  vurar  »er  schlägt«  :=  osm. 
vurur,  ojaday^  »wecken  wir«  =  osm.  ujandyralym,  bilmürem  »ich  weiß  nicht« 
(Hr.  M.  Hasan  spricht:  bilmirem)  =^  osm.  bilmem,  isteri%  »wir  wünschen«, 
in  Tebriz  isteriy^  oder  vulgär  isteruy^  =  osm.  isteriz;  Imp.  auf  g'inen:  dejinen 
anstatt  dejinen  »sprich!«   (fehlt  im  Osmanischen,  vgl.  über  -g'inen  I  S.  156). 

Man  bemerke  auch  die  Stämme  auf  -j:  dijer  »er  sagt«  =  osm.  der, 
gojar  »er  setzt«  =;  osm.  qor,  döjerler  »sie  prügeln«  =:  osm.  döverler. 

3.  Zum  Wortschatz:  öz  »selbst«  (osm.  veraltet,  dafür  hendi);  arvat 
»Frau,  Ehefrau«  (osm.  avrat) ,  ota%  »Zimmer«  =:  osm.  oda,  palaz  »Art  kleiner 
Teppich«,  tiJce  »Bissen«,  ket  »Dorf«  {osm.  köj),  gabayina  »vor  ihn«  (osm. 
önüne),  jayji,  in  Tebriz  jayßy  »gut«  (osm.  ej%),  berk  »kräftig«  (osm.  ver- 
altet), harda  »wo?«  (osm.  nerede?),  apar-  »nehmen«,  aytar-  (in  Tebriz  selten 
ayjar-,  meist  ayßar-)  »suchen«   (osm.  ara-),  tap-   »finden«   (osm.  bul-). 

Vom  Osmanischen  abweichende  Bedeutungen:  gonay^  »Gast« 
(osm.  qonaq  »Quartier,  Tagereise;  herrschaftliches  Haus«;  qonuq  »Gast«); 
gizil  »Gold«  (osm.  qyzyl  »rot«;  altyn  »Gold«),  eSije  anstatt  esije  »hinaus«  von 
esi%  »Schwelle«  (osm.  esije  »nach  der  Schwelle«) S  durur  »er  steht  auf«  (osm. 
durur  »er  steht«,  qalqar  »er  steht  auf«). 


^  Vämbery  (»Ahosmanische  Sprachstudien.  Mit  einem  azerbajdschanischen 
Texte  als  Appendix.«  Leiden  190L  S.  114  Anm.  3)  denkt  über  die  Etymologie  von 
esije  "hinaus»  freilich  ganz  anders.  Er  schreibt:  «esik  (draußen,  außerhalb);  vgl. 
altosm.  isiq  (das  Freie),  neuosm.  \siq  (Helle,  Licht).»  Hierzu  sei  bemerkt:  der 
Casus  indefinitus  esik  bedeutet  niemals  »draußen,  außerhalb«,  sondern  der  Dativ 
esije  (eigentlich  »nach  der  Schwelle«)  bedeutet  »hinaus«  und  der  Lokativ  esijde 
(eigentlich  -auf  der  Schwelle«)  »draußen,  außerhalb«;  beide  können  mit  einem  Worte 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.   H.  Abt.  14 


210    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen,  11. 

4.  Zur  Syntax.    Wortfolge:    haslar aramaya  »er  fängt  an 

.  .  .  .  zu  durchsuchen«;  Konstruktion  von  iste-  mit  dem  Optativ:  tst(Tiy^{yJ) 
sizi  özümüze  biijüJc  ede^  {%)  »wir  wünschen,  Sie  über  uns  zum  Herrscher  zu 
machen«;  gacanda   »als  sie  fliehen«  =  osm.  qactyqta. 

5.  Zur  Pliraseologie:  cira%geder  »das  Licht  geht  aus«  {osm.  mum 
söner),  haher  d.i.  '/aber  al-  »fragen,  erfragen«  (osm.  hoher  ahnaq  »Nach- 
richt erhalten«). 

Der  Ausdruck  ist,  wie  erwähnt,  vielfach  mit  Osmanismen  versetzt:  neben 
munu  erscheint  bunu,  neben  men  auch  hen,  neben  inen  ein  ilen  usw.  usw., 
dahin  gehört  auch  die  Assimilation  des  d  der  Endungen  an  einen  vorher- 
gehenden tonlosen  Konsonanten,  z.B.  coytan,  getti  »erging«.  Diese  Assi- 
milation ist  nicht  azerbajdschanisch ,  es  nmß  heißen  doyßan,  g'etdi.  Vgl. 
vorher  (unter  5)  etti  »er  machte«  bei  Jacob. 

Die  Frage  wird  im  Azeri  ohne  -mi  gebildet,  dennoch  tritt  einmal  ein 
Beispiel  mit  dem  osm.  -mi  auf,  ein  anderes  Mal  aber  (Zeile  5  des  ersten 
Stückes)  richtig  ohne  -mi.  Das  letztere  Beispiel  scheint  in  der  Künos- 
schen  Redaktion  verkannt  zu  sein ,  da  statt  des  zu  erwartenden  Fragezeichens 
ein  Punkt  gesetzt  ist.  Auch  andere  Stellen  scheinen  verkannt  zu  sein,  z.  B. 
im  ersten  Stück  ist  von  einem  Helden  die  Rede,  der  wie  »das  tapfere 
Schneiderlein«  unseres  deutschen  Märchens  sieben  Fliegen  auf  einen  Schlag 
tötet,  so  vierzig  Mücken  (eibin)  auf  einmal  erschlägt  und  dann  auf  seinen  Stock 
»vierzig  auf  einen  Streich«  schreibt.  Dieser  Held  heißt ^^,  was  osm. nazar 
und  azei-b.  nezer  ausgesprochen  wird;  die  betreffenden  auf  den  Stock  ge- 
schriebenen Worte  werden  S.  31  zweimal  verschieden  und  in  einer  mir 
sinnlos  erscheinenden  Form  zitiert: 

babaji  nazar  bir  dejenekte  giryjfi  azar 
inid 

babaji  nazar,  bir  dejeneJcte  giryjni  ezer. 

Hier  ist  nicht  verstanden  worden,  daß  nazar  Personenname  ist,  denn  sonst 
wäre  es  mit  großem  Anfangsbuchstaben  geschrieben.  Auf  der  folgenden 
Seite  wird  der  Held  einfach  7iezer,  wieder  mit  kleinem  AnfangsbuchstabeJi, 
genannt.  Wie  der  Akkusativ  babaji  syntaktisch  erklärt  werden  könnte, 
wird  niemand  zu  sagen  wissen.  Es  ist  zu  lesen  Baba  Nezer,  wobei  Nezer 
einen  Reim  mit  ezer  bildet:  Baba  Nezer  bir  dejene%de  (oder  dejenekde)  gyryj/n 

im  Ablativ  verbunden  sein,  z.  B.  gapydan  eSije  -zur  Tür  hinaus-,  ketden  esij(de  -außer- 
halb des  Dorfes«.  Wie  Vämbery  das  lautliche  Verhältnis  von  seinem  esik  zu 
dem  osmanischen  ysyq  erklären  will,  bleibt  mir  ein  vollkommenes  Rätsel.  Außer- 
dem paßt  auch  die  Bedeutung  »Licht«  nicht,  denn  ich  kann  z.B.  des  Nachts  aus 
einem  erhellten  Hause  esije  gehen  und  dadurch  in  das  Dunkel  gelangen.  Daß  ysyq 
«Liclit«  im  älteren  Osmanischen  »das  Freie«  bedeutet  hätte,  ist  mir  unbekannt  und 
durchaus  unwahrscheinlich.  Woher  will  V  ämbery  aber  wissen,  daß  früher  isiq  xmA 
nidit  ysyq  gesprochen  wurde?  Eine  Kesre  in  einem  vokalisierten  Texte  kann  sowohl 
i  wie  y  bedeuten,  der  Konsonant  q  ^J  weist  aber  auf  y.  Und  noch  eine  prinzipielle 
Frage.  Was  ist  •Altosmanisch»?  Gab  es  ein  •  Altosmanisch-  ohne  lokahnundartliche 
Unterschiede?  Ja,  in  Bulgarion  spricht  man  auch  heute  isiq  »Licht«,  aber  ist  das 
etwa  schlechthin   "Neuosmanisoh- ?     Nein. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Siidtihkisclien.  II.    211 

ezer  =  »Baba  Nezer  zerquetscht  mit  einem  Stockstreicli  ihrer  vierzig«  oder, 
wenn  hinter  Nezer  das  Komma  berechtigt  ist:  »(Dies  ist)  Baba  Nezer,  mit 
einem  Stockstreich  zerquetscht  er  ihrer  vierzig«. 

Ich  gebe  am  Schlüsse  der  vorliegenden  Arbeit  diese  Texte  mit  Über- 
setzung und  Anmerkungen. 

Auf  Grund  der  Vergleichung  aller  vorher  genannten  Quellen  ergibt 
sich  eine  Fülle  von  absoluten  Ubereinstinnnungen,  und  diese  werde  ich  im 
folgenden   »allgemein  azerbajdschanisch «   nennen. 

Ich  darf  diesen  Abschnitt  nicht  schließen,  ohne  meiner  mündlichen 
(,)uolle  zu  gedenken.  Herr  Mehmed  Hasan,  dem  ich  schon  I  S.  128  meinen 
aufrichtigen  Dank  ausgesprochen  hatte,  hat  mich  auch  nach  Abschluß  des 
ersten  Teiles  meiner  Arbeit  in  der  aufopferndsten  und  eifrigsten  Weise  unter- 
stützt, so  daß  ich  diesem  trefflichen  Herrn  hier  nur  meinen  Dank  wieder- 
holen kann. 

B.  Die  Mundart  von  Erzeriim.  Nr.  2. 

(Vgl.  I  S.  138  ff.) 

Im  Jahre  1852  teilte  Bei  in  der  gelehrten  Welt  seine  zwar  nicht  sehr 
zahlreichen,  aber  in  ihrer  Art  vielseitigen  und  deshalb  schätzenswerten  Be- 
merkungen über  die  Mundart  von  Erzerum  mit,  die  ich  im  ersten  Teile 
dieser  Arbeit  mit  Rücksicht  auf  das  Azeri  von  Tebriz  besprochen  habe.  Ist 
es  nicht  mehr  als  bedauerlich,  daß  über  ein  halbes  Jahrhundert  vergehen 
mußte,  bis  wir  wieder  etwas  von  jener  interessanten  Mundart  erfahren 
konnten?  Als  ob  Erzerum  außerhalb  der  Welt  läge!  Soeben  veröffentlicht 
der  früher  im  KeletiSzemle  und  auf  Grund  dessen  auch  von  mir  fälsch- 
lich Balkanoglu  genannte  Heir  Bai  Hasan  O-ylu^  in  der  beregten  imga- 
rischen Revue  ^  eine  Arbeit,  die  wesentlich  lexikalisches  Material  enthält 
und  in  vielen  Punkten  Belin  bestätigt,  in  der  Mitteilung  von  Wörtern  aber 
ungleich  ausgiebiger  ist  als  Beliijs  Arbeit.  Über  jeden  Verdacht  erhaben, 
namentlich  in  phonetischer  Beziehung,  sind  Bai  Hasan  O7IUS  Angaben 
jedoch  nicht,  weil  er  sie  aus  einem  türkisch-türkischen  und  also  mit  arabi- 
schen Lettern  geschriebenen  Glossar  eines  Ungenannten  geschöpft  hat  und 
nach  dieser  Quelle  alles  in  lateinischer  Umschrift  wiedergibt.  Freilich 
sagt  er,  daß  ihm  ein  Eingeborener  zur  Verfügung  gestanden  hätte,  und 
offenbar  hat  er  denselben  zu  Rate  gezogen,  wie  z.  B.  das  richtige  posa 
•  Zigeuner«  (mit  0)  gegenüber  Belins  jswia  (mit?/)  in  Ü^bereinstimmung  mit 
Paspatis ^owÄo  (und  Oy  pocha)  und  dem  piTuii  der  armenischen  Wörter- 
l)ücher  sowie  mit  dem  von  Böhtlingk  angeführten  georgischen  bosa  be- 
weist und  wie  ferner  aus  der  Bemerkung  hervorgeht,  daß  das  k  =^  q  im 
Wortanfang  zu  7  und  am  Wortende  zu  <)(,  werde,  z.B.  yalmay^  »bleiben«  = 
qalmaq.  Trotzdem  schreibt  er  aber  in  seiner  Vokabelliste  in  beiden  Fällen 
k  =^  q,  z.  B.  Mrtik  »Stückchen«  =  azerb.  gyrty^.     Man  sieht   also,    daß  er 

1  Herr  Bai  Hasan  Oylu  liatte  die  Güte,  mich  durch  ein  Schreiben  vom 
17.  Juli   1903  über  das  Mißverständnis  aufzuklären. 

2  Keleti  Szemle,  Budapest  1904,  Heft  1,  S.  126 ff. 


212    Foy:  Azerbaj gallische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

von  dem  Buchstaben  seiner  Vorlage  abhängig  und  seine  Umschrift  mithin 
keine  durchgeführte  phonetische  Schreibung  ist.^  Sonst  jedoch  darf  man 
Vertrauen  haben,  denn  die  angeführten  Wörter  lassen  sich  zum  großen 
Teile  aus  dem  Azeri  von  Tebriz  bestätigen,  zum  anderen  Teile  aus  an- 
deren südtürkischen  Mundarten,  zum  Teil  auch  aus  dem  Ca7atajischen 
und  Köktüi'kischen ,  teils  haben  sie  aber  ein  türkisches  Gepräge,  ohne  daß 
ich  sie  sonst  aus  dem  Türkischen  belegen  könnte,  ferner  sind,  wie  nicht 
anders  zu  erwarten,  armenische  Lehnwörter  unter  ihnen,  auch  das  nicht- 
armenische lazut.  Schließlich  bleibt  ein  Rest  mir  unbekannter  und  imver- 
ständlicher   Wörter  z.  B.  oSos  »camomille«. 

Ich  konstatiere  zunächst,  in  welchen  Wörtern  Bai  Uasan  O7IU 
mit  meinen  Quellen  für  das  Azeri  übereinstimmt,  was  zur  Bestätigung  der 
Angaben  beider  Teile  natürlich  von  großer  Wichtigkeit  ist. 

AVortschatz  und  Wortbedeutung. 
Tebriz:  E  r  z  e  r  u  m : 

bagy    »Schwester,     besonders     ältere    hazi  »soeur« 

Schwester«^ 
hibi  »Tante  väterlicherseits«*  bihi  »tante  paternelle« 

Dieses  Wort  scheint  in  Zentralasien  überhaupt  nur  eine  ältere  acht- 
bare Dame  zu  bezeichnen  *,  in  der  spezifisch  azerbajdschanischen  Bedeutung 
ist  es  jedoch  in  die  Sprache  der  Lazen  ^  ja  sogar  in  die  der  Zigeuner  über- 
gegangen, die  an  der  Bedeutung  »Tante«  noch  in  Transsylvanien  festhalten, 
daneben  aber  das  Wort  auch  in  dem  weiteren  Sinne  von  »Mütterchen«  ge- 
brauchen ;  ^ 

höjre%   »Niere«  r=  osm.  höbrek  högrek   »rein» 

huyßy^  »Unterkinn«  bu^ay    »partie   saillante   de    menton« 

buyßry''  »Kamin«  bwyßri  »cheminee« 


1  Aus  diesem  Grunde  ist  es  mir  auch  sehr  fraglich,  ob  da,  wo  Bai  Hasan 
ein  g  gibt,  während  die  Tebrizer  Aussprache  j  ist,  wirklich  die  Aussprache  von  Erzerum 
vorliegt,  oder  ob  nicht  vielmehr  nur  ein  iJ  der  Vorlage  umschrieben  ist,  z.  B.  bögrek 
»Niere-,  das  in  Tebriz  höjrej(_  (oder  eleganter  böjrek)  gesprochen  wird. 

2  Auch  dem  Osmanischen  nicht  fremd  nach  Samy  Bej  S.  217.  Vgl.  inakci 
"ältere  Schwester»  in  uig.  chines.  Wörterb. 

3  In  dem  alten  osman.  El-fereg  bade  's-sidde  kommt  bihi  in  der  Bedeutung 
"Herrin.,   vor.     Vgl.  Vämbery:  Altosmanische  Sprachstudien.  Leiden  1901.  S.  160. 

*  Vämbery  (Ca;/at. Sprachstud.)  ^  6?'6i «Frau, Dame, Hebamme»,  nach Vamb., 
Altosm.  Sprachst.  a.a.O.  auch  »Prinzessin(?)<. :  —  Shnw.  i^^Jbibi  »a  lady,  a  woman 

(married)»;  —  Sülejmän  Efendi:    (^^J    »c-vlj    iJ_j-'«    (»Großmutter»)  usw. 

5  Wie  Hr.  M.  H.  Adjarian  für  Atgna  bezeugt:  Ktude  sur  la  langue  Laze. 
Paris  1899,    S.  8:  Bibi  (At.)  »tante  paternelle». 

^  Wie  Hr.  Heinrich  von  Wlislocki  bezeugt:  Die  Sprache  der  trans- 
sylvanischen  Zigeuner.    Leipzig  1884.    S.  74:  bibi  »Tante,  Mütterchen». 

'    Aus  arab.  j\^  hu^är  »Dampf». 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristil<  d.  Südtürkischen.  II.    213 

cirt-  »Einschnitte  in  die  Haut  machen  öirtmek  »ebrecher« 

(zu  sanitären  Zwecken)«  ' 

gende%  »Kadaver,  Aas«  zendeJc   «cadavre  putrefie« 

dadas  »älterer  Bruder«  dadaä   »frere    aine,   fier   ä  bras,   bra- 

vache,  pHsson« 

dal  »Rücken«,  eigentUch  »die    Partie  dal  »dos,    entre  les  deux  omoplates« 

zwischen  den  Schultern« 

dalda  »Schatten«^  dalda  »ombre« 

daldalan-   »sich  in  Sichei'heit  bringen«  -/owtoöZ:  »se  mettre  ä  l'abri,  se  refugier« 

davar      »Vieh«,      in      Urmia      spez.  davar   »moutons« 

»Hammel« 

din(/el-  » sich  ausruh en « ^  (osnian .  dinlen-)  dingelmelc  » se  reposer « 

emi  »Onkel  väterlicherseits«   (osman.  emi  »oncle  paternel«    (ar.  ,^^) 

amuga) 

enniy^  oder  env/^  »rotes  Kosmetikum  der  enih  »petit  de  chien;  poudre  de  couleur 

Frauen,  um  die  Wangen  zu  färben«*  rouge  employee  par  les  femmes  pour 

teindre  les  joues« 

g'ezeng'ebi  eine  Art  Halwa  (orient.  süße  yezenyevi  »manne« 

Näscherei) 

gor  »Grab«  gor  (du  persan  gur)   »tombeau« 

g'üles    »lachend,    heiter«,    z.  B.   y'dh's  güles  »aspect  riant« 

üzli  »mit  lachendem  Gesicht« 

guz  »Buckel,  Höcker«  guzik  »bossu« 

he  »ja«  he  »oui«,  hemi?  »n'est-ce  pas?« 

'■/ezi/l  »Kohlengrus«   (osm.  mygyr)  <^azul    »petits  morceaux  de  charbon« 

istikan  »Teeglas«  istilcan   »verre  de  the« 

j'üng ül  »leicht«   (an  Gewicht)*  jüngül  »leger« 

Ms  »zu  eng,  schlecht  sitzend,  hier  zu  Jcip  Ms  »tout  ä  fait  serre« 

eng  und  da  zu  weit«  (von  Kleidern) 

kirsan  »weißer  Puder «"^  Z-?>6«n  »poudre  blanche  pour  la  toilette 

des  dames« 

^  Z.B.  dellej(_  {dallajO  dalymy  cirtdi  »der  Barbier  hat  mir  P^inschnitte  in  den 
Rücken  gemacht«.  An  das  Gesundheitsfördernde  und  Heilsame  dieser  Einschnitte 
glaubt  der  ganze  Orient. 

^  Vgl.  in  den  Sprachmaterialien  »Sprichwörter«  Nr.  19:  Jatma  tülki daldasynda, 
goj  jksin  jyrtyyy  seni  «Ruhe  nicht  im  Schatten  des  Fuchses,  lieber  laß  die  wilden 
Tiere  dich  fressen».  —  Das  cavat.  l-\lu  wird  bei  Sülejmän  Efendi  S.  IGO'"  durch 
»Rückseite«  erklärt.  Ich  halte  das  Wort  für  den  Lokativ  von  dal  «Rücken«,  der 
als  selbständiger  Stamm  behandelt  ist.  Vgl.  osman.  gözde  (eigentlich  «im  Auge«) 
"die  Person,  die  der  Sultan  im  Auge  hat,  die  ihm  gefällt,  Lieblhigsniädchen«. 

^    In  der  Komödie  »Serab«   statt  dessen  jjv^*^-^  {dinglen- oder  dingelin-?). 

■*  "Sprichwörter«  Nr.  24:  Gehbenin  gazandyyy  ennij(_  kirsana  g  exler  "Der  rote 
Puder,  den  die  Hure  verdient,  geht  für  den  weißen  dahin». 

*  Osm.  haßf  (di.v2i\i.)  »leger«,  golaj  «facile«,  aber  azerb.  yolaj  "schlecht,  minder- 
wertig«. 

^    Vgl.   »Sprichwörter«   Nr.  24,  schon  vorbei"  angefülirt. 


214     Foy:  Azerbajganisc^he  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Süd  türkischen.  II. 

yala-   "aufeinanderschichten  z.  B.  Holz    'kalamak  r=^  Teajma'k  »preparer  le  poele 

oder  Kohlen  im  Ofen«  pour  etre  allume« 

gejsava    »ein  warm    genossenes  Kom-    Tcajsefe  »compote« 

pott,  z.  B.  von  Datteln« 
kaliske  «Droschke«  Tcalaska    »voiture     chargee    et    attelee 

aux  chevaux« 
yere  gura    »Alp,  Nachtmär <<    (auch  in    kara  kura   »cauchemare« 

der   allgemeinen    Bedeutung     »ganz 

schwarz«) 
gyc   »Bein«    (osinan.  qyc   »das  Hinter-    kic   »])ied« 

teil«) 
gyray^  »Rand,  Uferrand«  kirayi  »bord« 

gyrtyy^   »Brocken.  Stückchen«  kirtik   .niorceau,   petite   piece« 

gullah    »Türangel-    (von   arab.    ^_jy<~i    kitllaJ)    ..cejond«    (cori-.  »gond«). 

»Haken«,    auch    bei    Zenker    und 

Redhouse) 
gujmay^  »eine  zähe  süße  Speise«  (Mehl    kujmak     •bouilli    de    farine    avec    de 

wird  in  Butter  braun  gebraten  und        (corr.  du)  rob" 

dazu  geschmolzener  Zucker  gerührt) 
gurut    »aus  Milch    hergestellte  Masse,    ktirut   .lait  caille  sec« 

hart  wie  Stein«  (an  Konsistenz  dem 

harten  Harzer  Kräuter-  oder  grünen 

Käse  ähnlich) 
lavas  »ganz  dünnes  Gebäck,  dünn  wie    lavas   »pain  plat« 

der  jüdische  Osterkuchen ,  aber  in 

Bandform « 
mü   »Messing,  Bronze«  mis   »bronze« 

puc  ele-   »durchbringen,  ver|iulv('rn,       piic    »perte« ,    olniak    »perdre«     (corr. 

alle  machen,  z.  B.  Geld«  »etre  perdu«) 

seme  »verblüfft,  vei-dutzt«  seme   »stupelie,  ebahi« 

ia^'  »das  Gleiche«  taj  »pareil,  semblable.  egal« 

tor    »Netz,      Fangnetz,     Fischernetz,    tor  »filet,  reis« 

Jägernetz« 
tuman   »Unterhose«  ^  tuman   »camisole«  ' 

Von  den  Wörtern,  die  Hr.  M.  Hasan  nicht  kennt,  die  sich  aber  durch 
untrügliche  Zeugnisse  für  das  Südtürkische  ei-weisen  lassen,  seien  genannt: 

1.  daraba  »Bretterzaun«  (cloison).  Dies  kommt  in  der  Form  taraba 
(mit  anlautendem  t  =  d)  »Bretterzaun«  auch  im  Bulgarisch-Türkischen  vor, 
z.B.  in  den  Versen  aus  Vidin ,  die  ich  schon  vor  Jahren^  mitteilte: 


1  Man  beachte  den  Unterschied  der  Bedeutungen.  Nacii  Schmidts  Liste 
bedeutet  tuman  auch  "ein  kurzes  weißes  Kleidröckchen.-  der  Flauen.  —  Übrigens  führt 
Samy-Bej  S.  709  das  Wort  auch  als  osnianisch  auf  in  der  Form  0^>^  tonian 
"Sorte  de  culotte  tres  large  et  longue«. 

2  Westasiatische  Studien,  Jahrgang  IV  (1901)  S.  253,  Anni.  —  Taraba  ist 
nachzutragen  in  Radi.  Wörterb.  III  Kol.  845. 


Foy:  Azerbajganlsclie  Studien  mit  einer  Cliarakteristik  d.  Südtür'kischen.  IL     215 

huzagiji  tarabaja  hagladim 

hem  cagrij  hem  hagrij 

hem  agzile  ot  qoparij 

»ich  habe  das  Kalb  an  den  Brettei-zaun  gebunden, 

es  ruft  und  sclireit 

und  rupft  mit  seinem  Maule  Gras«. 

Meines  Wissens  ist  dies  Wort  sonst  aus  keinem  Gebiete  des  Türki- 
schen nachgewiesen  worden. 

2.  tezmek  »Üiehen«  (fuir).  Auch  dies  Verbum  ist  unzweifelhaft  im 
Südtürkischen  weiter  bekannt;  es  kommt  vor  in  einem  mit  armenischen 
Lettern  aufgezeichneten  Liede  aus  Babert  (Baiburt)  bei  Littmann  ^  III,  4: 

tezdim        tezdlm        giran  kihl  daylara 

»ich  floh,  ich  floh  wie  eine  Gazelle  auf  die  Berge«. 

Auch  Littmanns  (Jewährsmann  Komitas  Wartapet  aus  Kuta- 
hia  kennt  dies  ^Vrbum  nicht,  Littmann  selbst  vermutet  eine  Nebenform 
zu  tezlemeh  und  übersetzt  zweifelnd:  »ich  lief«.  Das  merkwürdige  Wort 
ist  sehr  alt  bezeugt,  nämlich  wiederholt  schon  auf  den  köktürkischen  In- 
schriften, aber  wie  es  scheint  in  dieser  lautlichen  Form  nur  da  und  im 
Südtürkischen,  sonst  nirgends.  Kokt.  T-Z  z.  B.  az  qyna  eren  tezip  hardy 
»nur  wenige  Männer  entflohen«,  neke  tezerbiz?  »warum  sollen  wir  fliehen?«, 
budun  tezmis  erti  »das  \'olk  war  entflohen«.^  Derselbe  Stannn  mit  -s  statt -^ 
konmit  heute  im  Schorischen  und  in  anderen  nordtürkisclien  Mundarten  vor.  ^ 

3.  aman  toTiul  (^  toqid)  »Ausdruck,  durch  den  man  um  Quartier 
bittet«  {c'est  wne  interjection  pour  demander  quartier).  Derselbe  Ausdruck 
ist  mir  sonst  nur  noch  aus  einem  der  Lieder  bekannt,  welche  Hr.  Prof. 
von  Luschan  in  Sendschirli  (Provinz  Adana)  nach  dem  Vortrage  eines 
aus  Aintab  stammenden  armenischen  Knaben  phonographisch  aufgenommen 
hat.*  In  Lied  XVP  fängt  jede  Strophe  mit  den  Worten:  aman,  dejirmengi, 
aman  —  öjüt  boydamy,  boydamy  »ach,  Müller,  male  meinen  Weizen«.  Die 
Frau,  die  dies  spricht,  bietet  dem  Müller  als  Entgelt  der  Reihe  nach  zu- 
erst  ihr   Halsband,    dann    ihr   Entari,    dann    sogar    Gold   an,    aber   immer 


1  Enno  Littmann:  TürkischeVolksliedei- aus  Kleinasien.  ZDMG  Bd.  53  S.  356. 

2  Radi.  Wörterb.  III  Kol.  1103. 

3  Radi.  Wörterb.  III  Kol.  1097  unter ^  Täc  und^  xec.  —  Die  Übereinstim- 
mung des  türkischen  Uz-  »eilen«  mit  dem  persischen  j^  ».scbnell"  (azerbajdschanisch 
nicht  etwa  t'ez,  sondern  ebenso  wie  im  Osmanischen  tez)  ist  im  böchsten  Grade  auf- 
fällig. Tez  bedeutet  im  Türkischen  nur  "Scimeil»,  nicht  auch  »scharf«.  Die  Erano- 
logen  etymologisieren  tez  «scharf,  heftig;  schnell«  aus  dem  Indogermanischen  und 
stellen  te^  »Pfeil«  und  UU  »Axt«   dazu  (vgl.  Paul  Korn  a.a.O.  S.  92  Nr.  408). 

*  Felix  von  Luschan:  »Einige  türkische  Volkslieder  aus  Nordsyrieu  und  die 
Bedeutung  phonographischer  Aufnahmen  für  die  Völkerkunde«  in  »Zeitsciu'it't  für 
Ethnologie«,  Bd.  36  (1904),  Heft  2  S.  177fi". 

5    A.  a.  O.  S.  196  ff. 


216    Foy:  Azerl)ajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Siidtiiikischen.  II. 

weigert  sich  der  Müller  mit  den  Worten:   olmaz,  qadyn  anam,  olmaz,  bis  sie 
ihm  schließlich  ihre  Tochter  anbietet  mit  den  Worten: 
Toqul,   dejirmengi ,  am  an! 
Öjüt  hoydamy,  hoydamy! 
Verein  sana  hen  qyzymy, 
worauf  der  Müller  sofort  freudig  eingeht: 

Olur,  qadyn  anarn,  olur,  Es  geht,  Mütterchen,  es  geht, 

Qyz-ynan-da  un  öjünür  Mit  der  Tochter  läßt  sich  ja  Mehl  mahlen, 

Per^  qyryldy,  tez  jnpylyr.  Die   Flügel  waren    zerbrochen,    sie  werden 

rasch  wieder  gemacht. 
Zu  den  Verwandtschaftsnamen  (vgl.  vorher  hagy,  hihi,  dadas,  emi)   in 
Erzerum  und  Tebriz  seien  noch  folgende  Differenzen  bemerkt: 
Tebriz  Erzerum 

nene  «Mutter-  nana  (nach  Bei  in) 

%ala   "Tante  mütterlicherseits«  eze  »tante  maternelle« 

eniste  »gendre« 
Nana  ist  weit  verbreitet.  In  der  Sprache  der  Lazen,  für  welche  es 
schon  Klaproth^  bezeugt,  ferner  Rosen,  M.  von  Erckert  und  M.  H.  Ad- 
jarian^,  kommt  es  an  den  verschiedensten  Orten  vor,  z.  B.  in  Batum, 
Trapezunt,  Atina  usw.  Dennoch  halte  ich  es  nicht  etwa  für  ein  lazisches 
Lehnwort,  sondern  denke,  daß  es  aus  dem  altüberlieferten  ana  »Mutter«  in 
der  Kleinkindersprache  entstanden  ist,  die  ja  die  Aneinanderfügung  zweier 
identischer  Silben  sehr  liebt. 

Für  »Tante  mütterlicherseits«  gebrauchen  die  Osmanen  das  im  Azeri 
unbekannte  teze,  und  aus  diesem  scheint  in  der  Kleinkindersprache  das  eze 
in  Erzerum  geworden  zu  sein.  —  Das  arabische  ^JU-  %ale  ist  in  gleicher  Be- 
deutung auch  bei  den  Osmanen  (neben  teze)  und  den  Persern*  üblich. 

Das  Wort  eniste  ist  im  Azeri  unbekannt.  Osmanisch  bedeutet  es  den 
Gatten  der  Schwester  oder  der  Tante.  —  Egik  »aine«  ist  offenbar  =  kokt. 
eci  »älterer  Bruder«,  Radi.  Altt.  Inschr.  N.  F.  164. 

Wie  man  sieht,  ist  die  Mehrzahl  der  angeführten  Wörter,  welche  sich 
in    Ei'zerum   und  Tebriz   zugleich   finden,    soweit   sie   nicht   persische   oder 


1  Per  ist,  wie  ich  Hrn.  von  L  lisch  an  schon  mitgeteilt  hatte,  das  persische  j 
(vgl.  joerr  bei  Paul  Hörn:  Grundriß  der  neupersischen  Etymologie.  Straßburg  1893. 
Seite  65  No.  293)  und  bedeutet  hier  »Windmühlenfliigel«.  Diese  Bedeutung  wird 
neuerdings  aus  Kilis  ausdrücklich  bestätigt,  und  zwar  wieder  durch  unseren  Bai 
Hasan  Oylu:  »Dialecte  turc  de  Kilis«  in  Keleti  Szemle  1902.  111,4  S.  264.  — 
Übrigens  sei  zu  dem  Stamme  öjün-  »gemahlen  werden«,  über  den  von  Luschan 
sein  Befremden  ausdrückt ,  bemerkt ,  daß  er  auch  im  Osmanischen  vorkommt  in  der 
Form   öjibrme  »Gemahlenes,  jede  Art  gemahlenen  Getreides«. 

2  Julius  Klaproth:    Asia  polyglotta.    Paris  1823. 

3  A.a.O.  S.  42. 

*  Nach  Fritz  Rosen:  Neupersischer  Sprachführer.  Leipzig  1890.  Seite  42: 
khälä  »Tante  mütterlicherseits«. 


Foy:  Azerhajgaiilsche  Stiulieii  mit  einer  Charakteristik  d.  Siultürkisdien.  II.     217 

arabische  Lehnwörter  sind,  identisch  mit  den  La7atajischen,  andere  aber, 
wie  dadas,  sind  speziell  azerbajdschanisch  und  andei'e  schließlicli,  wie  davor, 
überhaupt  südtürkisch. 

Das  Verzeichnis  Bai  Hasan  O7IUS  enthält  auch  allgemein  bekannte 
osmanische  Wörter,  die  ich  aus  dem  Azeri  nicht  belegen  kann ,  wie  jarpuz 
»Majoran«  {vrfun  »heimlich«  ist  das  veraltete  osman.  ir^nin  oder  oyryn), 
andere  wiederum,  die  mir  nur  aus  dem  Ca7atajischen  bekannt  sind,  wie  {anny) 
(jaSqa  »Blesse«  (Pferd  mit  weißer  Stelle  auf  der  Stirn).  Cekman  »veste  courte  a 
manches  fendues«  ist  offenbar  dasselbe  wie  0*   ,    ^^^  Sülejmän  Efendi.* 

Ferner  enthält  es,  ebenso  wie  Belins  Verzeichnis,  armenische  Wörter, 
die  ja  in  einer  Stadt  wie  Erzerum  von  vornherein  zu  erwarten  sind,  die 
al)ei'  weder  Bei  in  noch  Bai  Hasan  als  armenisch  erkannt  hat. 

Über  posa  »Zigeuner«  =  P"l!^"J  ist  vorher  gesprochen.  Ich  möchte 
hier  erwähnen,  daß  auf  azerbajdschanischem  Gebiete  für  »Zigeuner«  noch 
JUJ1;/0  vorkommt,  d.  i.  türk.  ^J'JS  kirii  »Bogensaite«  +pers.  JUwö?  »reibend«^ 
bezieht  sich  also  auf  den  Zigeuner  als  Spielmann.  Dieses  Wort  findet  sich 
auch  in  Vämberys  Glossar  S.  333  als  azerbajdschanisch  angeführt.  Hr. 
Mehmed  Hasan  spricht  es  grysmal,  was  auf  ein  qyryhmal  zurückgeht, 
dessen  schwerer  Bestandteil  qyry's  durch  i'egressive  Wirkung  des  schweren 
mal  aus  dem  leichten  Mris  entstanden  sein  wird. 

Armenisch  ist  auch  das  schon  bei  Bei  in  angeführte  mereJc ,  nach  Bai 
Hasan  O7IU:  »lieu  ou  l'on  garde  la  paille«,  nach  Belin:  »magazin  pour 
mettre  les  provisions«  =  arm.  irß-hfi^  (I  S.  141). 

Vgl.  ferner  a%hun  »Mist«  (furnier)  mit  arm.  "'^,  das  dieselbe  Be- 
deutung hat. 

qom  » Schafhürde,  Schäferei « {Jcom. » bercail,  bergerie « )  =  i;nil^  ..  Schäferei « . 

peteli  »Bienenkorb«   (ruche)  =  ifibj^iuli   »Bienenkorb«. 

Das  von  Belin  angeführte  merkwürdige  lazut  »Mais,  türkischer 
Weizen«  wird  von  Bai  Hasan  O7IU  bestätigt.  Wir  sahen  schon,  daß  es 
auch  bei  den  Türken  Trapezunts  üblich  ist  (vgl.  I  S.  140).  Die  Griechen 
Trapezunts  gebrauchen  es  ebenfalls^  und  bei  den  Lasen*  hat  es  allgemeine 
Verbreitung.     Die  Etymologie  macht  Schwierigkeiten.^ 

1  Sülejmän  Efendi  S.  152  gibt  allerdings  die  Erklärung,  bärärü  jaymurluq 
»Regenmantel».  Mit  der  Endung  -man  gebildet  wird  von  Bai  Hasan  Oj/lu  aus 
Erzeium  noch  das  mir  sonst  unbekannte  dizman  »geant,  gigantesque»  angeführt,  aus 
dem  mii-  gleichfalls  sonst  unbekannten  dis  (so  mit  s\)  -tres  enorme-,  und  ferner 
gög  gecemen  »Eidechse»   (lezard)  aus  gög  (in  Tebriz  g öj)   «blau,  grün«  +  gecernen. 

2  Komposita  aus  einem  türkischen  und  einem  persischen  Bestandteil  auf 
persische  Art  gebildet  sind  nicht  selten  im  Südtürkischen  (vgl.  im  Osmanischen  emekdar, 
hasmahane  u.a.,  K.  Foy   »Purismus«   S.  34). 

^  In  der  Form  to  Xa^ou^  ^=z  dpaßoa-roq ■,  xakafxnovxiov  nach  ^aß.  Iwavvi^ov: 
Ic-topia  y.ul  aTariazLxr   Tpctml^ovvTog.     Stambul  1870  S.  20. 

•*  In  der  Form  lazudi  (nach  M.  von  Erckert  lazuti)  vgl.  Adjarian:  Etüde 
sur  la  langue  laze.    S.  37. 

^  Bai  Hasan  Oy\\i  schreibt  bei  «kerbe  des  lazs«  korr.  »herbe  des  lazes»  und 
scheint    es    also   aus   dem   türkischen    »Lac  otu^    etymologisieren   zu    wollen    (von  ol 


218    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  11. 

Bei  den  angeführten  türkischen  Wörtern  sind  oft  die  Bedeutungen 
auffallend,  so  wird  haga  (»Schornstein«)  und  später  auch  ev  »Haus«  mit 
»Dach«  (toit)  erklärt^  baslyq  (haslik)  mit  »Schreibvorlage«  (modele  d'ecriture, 
de  calligraphie),  panyar  (»Runkelrübe«)  mit  »gekochtes  Gemüse«  (legumes 
cuits),  ojma  (»das  Ausgehöldte,  die  Gravüre«)  mit  »Wandschrank«  (armoire 
pratique  dans  un  coin  de  chambre).  Interessant  und  mir  sonst  nicht  bekannt 
sind  die  Bezeichnungen  Jerrfi?^(°;r^;i  »auf  der  Erde  herumgehend«  für  »Schlange« 
(seri)ent),  qaz  loqmasy  »Gänsebissen«  für  »beignet«  (Gebäck  mit  Obst  gefüllt), 
qnga  haky  »Kopf  des  Alten«  für  »Runkelrübe«  (betterave).  Eine  eigen- 
tümliche Wortbildung  liegt  vor  in  dünegen  »gestern«  :=  azeib.  d'nnen.  Qavut 
»gerüstetes  Getreide«  {havut  hXds  frits)  ist  im  (Jsmanischen  selten,  wo  es  aber 
nicht  das  Getreide,  sondern  mit  g-av«^  bereitete  Gerichte  bezeichnet.^  Inder 
Stammbildung  überrascht  göze  »Quelle«  (source  naturelle),  das  sich  zu  göz 
»Auge«  ebenso  zu  verhalten  scheint  wie  pers.  rm/zß  »Quelle«  zu  cesm  »Auge«. 
Beachtenswert  ist  auch  ayarti  »jedes  Milchprodukt«  von  ayar-  »weiß  sein« 
wie  osm.  qabarty^  »Schwellung«  von  qabar-.  Zu  isot  »coco«  (!M)  vgl.  azerb. 
viiot  »Pfeffer«  (eigtl.  »heißes  Kraut«).  Zu  tln  »feucht«  vgl.  /m  »Dunst«  im 
uig.  chines.  Wörter!». 

Phonetik. 

In  lautHcher  Beziehiuig  ist  zu  merken  als  abweichend  \om  Azeri  und 
Osmanischen  zugleich: 

Vokale:  u  statt  a  und  «  statte  in  den  Endungen  der  Wörter  hoguz 
=  boyaz  »Kehle»*  und  hözük  »inseete«  =  högek  »Insekt«.  —  e  statt  a"  in 
cpgil  »Kiesel«  =^  azerb   cw/jyl  und  yjzek   »Schlitten«  :=  azerb.  ^ycö^^. 

Konsonanten:  Der  Anlaut  stimmt  im  allgemeinen  zum  Osmanisciien. 
Anlautendes  q,  welches  im  Azeri  zu  g  wird,  lautet  nacii  Bai  Hasan  ()7lu 
in  Erzerum  7,  z.  B.  yalmay^  =.  azerb.  galma'yj.  Sollte  es  aber  auch  wirk- 
lich 7  und  nicht  vielmehr  g  sein?  Sporadisch  finden  wir  anlautendes  % 
gegenüber  osm.  q  =  azerb.  ^:  yjyzek  »Schlitten«  rr=  qyzaq,  'y/penek  »Falle« 
(trappe)  aus  einem  mir  sonst  nicht  vorgekomnunien  qapanaq  (vgl.  osm.  qopanga 
»Falle«),    so  auch   in  ^/j)da(i   »Arbeiter  zur  Aushilfe«   (ouvrier  pristtir,    korr. 

»Kraut»).  Adjarian  erklärt:  niaTs  (dont  les  Lazes  se  serveut  coninie  de  ble). 
Sabbaeus  Joanuides  schreibt  ap^ctia  Ko\)(ixr]  IsEi,-.  Aber  man  bedenke,  daß  der 
Mais  aus  Amerika  stannnt  und  schwerlich  vor  1500  in  Anatolien  angebaut  sein  wird. 

'  Vgl.  indessen  Zenker  unter  dem  Worte,  wo  u.  a.  auch  die  Bedeutung 
»Dach«   gegeben  wird. 

2  Nach  Samy  (vgl.  S.  806) :  Toute  sorte  de  mets  faits  avec  de  la  larine  frite 
dans  le  beurre  ou  l'huile. 

^  Fehlt  in  den  Wörterbüchern,  doch  z.B.  bei  Xaiil  Edhem:  (^ursun  mühiirler 
qataloyu.     Stambul  1321   S.  8  J^j\i. 

*  J^^y,  boyuz  »Kehle«  ist  auch  6a>'atajisch  (vgl.  Sul  ej  man  Efendi  S.  83). 
Vämbcry,  ••  Cagat.  Sprachst«  S.  248  gibt  sonderbarerweise  die  Aussprache: 
lioyoz.     Shaw  »Vocabulary«   S.  50  bietet:   «bughiiz,  the  same  as  ImgltaZ". 

'■>  Daß  auch  in  Tebriz  oft  e  statt  a  gesprochen  wird ,  war  I  S.  185  §.  13  gezeigt 
worden,  aber  die  aus  Erzerum  angeführten  Beispiele  stimmen  im  einzehien  nicht 
zum  Tebrisischen. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charaktcristilc  d.  Sihltüikischeii.  II.    219 

provisoire),  vgl.  qoduq  »Eselsfüllen".  Auffallend  ist  das  anlautende  m  in 
mozyq  »Kalb«  {moztk  veau)  =  buzayr/.  Sehr  zu  bemerken  ist  schließlich  der 
Übergang  von  d  in  g  vor  e:  gerek  »Balken«  (zerek  poutre)  =  direh.^  Ver- 
einzelt p  :=  b:  perTc  =  azerb.  berk,  o?,m.  peJc. 

Im  Auslaut  geht  q  in  Übereinstimmung  mit  dem  Azeri  und  anderen 
südlichen  Mundarten  in  'y^  über:  <yalma%  »bleiben«  =  azerb.  galmay^,  vgl.  die 
von  Bei  in  angeführten  bayßy^  »laßt  uns  schauen«   und  ySyy^  »hell«. 

Im  Inlaut  stimmt  die  Assimilation  zum  Azeri  bei  ann  »die  Stirn «.^ 
Der  merkwürdige  Übergang  von  Sagyr  Nun  {n)  in  g,  den  Bei  in  für 
die  Dative  der  1.  und  2.  Person  des  Personalpi-onomens  anfiihrt:  baga  »mir« 
:=  osm.  bana  aus  bana,  azerb.  mene  und  saga  »dir«  :=  osm.  sana  aus  saiia, 
azerb.  sene ,  wird  bestätigt,  jedoch  mit  palatalem  Vokalismus:  bege  »mir«. 
sege  »dir«.  Dementsprechend  wird  ferner  auch  ein  oga  »ihm«  angeführt.^ 
Merkwürdig  sind  die  Nebenfoi-men  behen,  sehen,  nhan,  in  denen  das  h  statt  ^ 
ebenso  auffällt,  wie  das  angetretene  n. 

Flexion. 

Von  dem  Präteritum  behauptet  Bai  Hasan,  es  werde  ebenso  flektiert 
wie  im  Azeri,  gibt  dann  aber  folgendes  Schema: 

Singular  Plural 

1.  gelmisem  gelmiSek 

2.  gelmissen  gelmissez 

3.  gelmis  gelmiMer 
Ist  dieses  Schema  richtig,  so  ist  hervorzuheben, 

1.  daß  in  die  Endungen  der  beiden  ersten  Personen  des  Plurals  das  -e 
aus  dem  Singular  übertragen  worden  ist,  was  in  der  Tebrizer  Mundart 
nicht  der  Fall  ist*;  2.  daß  der  Stamm  auf  -mis  für  die  S.Person  in  Tebriz 
nicht  gebräuchlich  ist,  sondern  statt  dessen  der  auf  -ib',  3.  daß  in  der 
Umgangssprache  von  Tebriz  in  den  beiden  zweiten  Personen  das  s  vor 
s  nicht  gesprochen  wird. 

Sonst  wird  über  die  Grammatik  nichts  mitgeteilt,  und  die  allgemeinen 
Bemerkungen,  daß  die  Mundart  von  Erzerum  »un  melange  Turcomano- 
Azerbajzan«  sei  und  daß  »les  particularites  grammaticales  dejä  indiquees 
dans  mes  deux  articles  sur  les  dialectes  de  Kilis  et  de  Behesni  se  trouvent 
aussi  dans  celui-ci«,  haben  wenig  Wert.  Ehe  wir  nicht  einige  einiger- 
maßen umfangreiche  und  gewissenhaft  phonetisch  geschriebene  Texte  aus 
Erzerum  haben,  ist  es  unmöglich,  diese  Mundart  richtig  zu  beurteilen. 

'  Vgl.  hierzu  diel  S.  14.5  Anm.  3  angeführte  Bemerkung  von  K.  F.  Tozer, 
daß  in  Ostarmenien  ici  anstatt  iki  »zwei«   gesproclien  würde. 

*  Ich  glaube  jetzt,  daß  die  absolute  Form  ann  aus  Formen  wie  unny,  anna, 
annyn  {=:  alny,  alna,  alnyn)  abstrahiert  ist  und  daß  also  keine  absohite  Zwisclien- 
form  aln  anzusetzen  ist. 

3  Das  dastehende  ogo  muß  ein  Druckfehler  sein,  wie  auch  die  Nebenform 
ohun  beweist. 

*  In  dieser  Beziehung  wäre  zu  vergleichen  turkmenisch:  men  »ich..  —  bez 
»wir»  und  sen  »du«  —  sez  »ilir«  vgl.  Ilminski  in  Meianges  Asiatlques.  Peters- 
burg 1863,  Bd.  IV,  S.  66. 


220    Foy:  Azerl)ajganis('lie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtiirkischen.  II. 


C.    Schmidts  Liste  aus  Tebriz. 

(Vgl.  vorher  A,  5,  wo  diese  Liste  besprochen  ist.     Die  im   nachstellenden  rechts  ge- 
gebene  Umschrift   stellt   die   gewöhnliche  Aussprache   von  Tebriz   dar,   wie   sie   mir 
von  Hrn.  Mehmed  Hasan  verbürgt  wird.) 


Pei 

•sisch 

es 

Männerkostiim 

1    Schuh    haschnngh 

jUil, 

basmay^ ' 

Scliiih  aus  Lappen    ylve 

•.^ 

y  ivp  ^ 

Strumpf  djnrah  ( j    in  Jou 

rtu.l) 

^b^=r 

yurab ^ 

Hose  schelhmr 

j\p 

§elvar 

6    Ilenid  pirahen 

ö*^^. 

pirehen  * 

Rock  don 

jjj 

don  ■' 

(Tberrock  scrdari 

L^jb^ 

serdari " 

Gürtel  schal 

JU 

saV 

10    Ilosenbaiul  tnman  haghi 

^l  jU/ 

tuman  bayy^ 

Kappe  äräktschin 

^^■^ 

ereycm^ 

Mütze  börJcj 

i!/ 

hark,  d.  i.  bork' 

Mütze  für  Kn.-iben  gcdja 

hörkji 

S^.  ^^(l^'>■■•■ 

,^57 

y eye  börki^^ 

Miitze  alter  Form  derwisch  hörkji 

s. 

;^_   J^_iJ^ 

dervis  hörki 

'  Bahnaq  ist  im  Osmanischen  veraltet,  doch  sagt  man  hahnaq-i-serif  -die 
Sandale  Muhammeds«  als  Reliquie. 

2  Nach  Rosen  a.a.O.  S.  49  Anm.  ist  »dieser  Schuh  aus  einem  ungemein 
fest  gestrickten  Oberteil  und  einer  Sohle  aus  dicht  zusammengeschlagenen  Baum- 
wollenläppchen hergestellt.  Er  ist  äußerst  dauerhaft,  stark  und  bequem  und  wird 
daher  allgemein  getragen«. 

^  =  osm.  corap. 

*  z=z  köjnej(_  osm.  gömlek. 

'"  Der  lange  persische  Rock  mit  Ärmeln  (bei  den  Persem  lebbäde),  der  unter 
der  um  eine  Kleinigkeit  längeren,  mit  weiten  Ärmeln  versehenen  yübbe  (arab.  A^)  ge- 
tragen wird.  Im  Osmanischen  bedeutete  don  früher  überhaupt  «Gewand-  und  ist  jetzt 
nur  noch  in  ic  don  »Unterhose«  gebräuchlich  (vgl.  jaija.'ii/z  don  »kragenloses  Gewand»  bei 
dem  Dichter  Jünus,  worüber  in  meinem  »Alt.  osm,  Transkriptionstexte«  nachzusehen). 

•^  (Pers.)  Ein  unserem  Gehrock  sehr  ähnliches  Kleidungsstück,  nur  daß  es 
an  der  Iiinteren  Taille  kleine  Fältchen  hat. 

■^  Sal  (pers.  säl)  ist  ein  als  Gürtel  umgeschlungenes  Tuch,  yursa^x^  (d.  i.  qusaq) 
eine  als  Gürtel  benutzte  Schnur,  keiner  (pers.)  ein  Ledergürtel. 

•*    Tuman  »Unterhose»   (vgl.  das  Wort  vorher  unter  B.) 

'*    Eigentlich  »Schweißsammler..,  Schweißkappe,  bei  den  Osmanen  araqije  genannt. 

'"  Eigentlich  »Nachtmütze..,  von  Knaben  und  Dienern  getragen.  So  wird  in  dem 
Per.sonenverzeichnis  von  »Ileuek-   der  Diener  Ni'met  als  y'eye  börkli  aufgeführt. 


Foy:  Azerbajganischc  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.     221 
llandscluihe   eldjeylc  dU-1  ^lge%^ 


Mantel   aba 

\>\ 

aha'' 

Turban    imame 

<x.\ 

emame 

S 

chreibu  tensilien. 

Schreibzeug   gälämdan 

o\xJi 

gelemdan 

Tintenfaß   däwad 

ob^ 

devad^ 

Schwamm    Icjdkjä 

C^ 

kUke^ 

Löffel  yaschygh 

j^ii 

yah% 

Tinte  mrekjäb 

X^ 

merekeh '" 

Feder  gäläm 

f 

gelem 

Federmesser  gülämtrasch 

^li^^ 

gelemtras 

Schere  migras 

^^>^ 

Schleifstein  hläw 

>. 

hlöv 

Knochenunterlage  beim  Schneiden  der 

öj^ 

gedzen '' 

Spitze  der  Rohrfeder  gäd. 

sen 

Spie 

Izeug. 

Knarre   dschirdschira 

^J^J^ 

gyrgyra 

Turner  an  der  Schnur  göja 
{göj  »Himmel«;  gedmach  - 

gjedan 
»gehen« 

C>^\f 

g  öje  g'eden 

Turner  an  der  Schnur  rüstemhas  (ris- 

mam  »Tau«  korr.  rismän  > 

«Schnur«. 

j\^J) 

rüstembaz  * 

Schmiede  (korr.  Schmied)   dämirtschi  ^^^^  (korr.(_^(^.i)  demirci 

hölzerne  Knallpistole  schakildach  .  ,    ,-i  *                              saqgylda% 

{schaküdamach  »knallen«)  L.       ^ 

Reiter   atdi  (_$Jo'l                              atdy 


'    Osm.  eldiven,  pars,  destkes. 

^    Aus  hartem,  gepreßtem,  filzartigem  Stoffe,  nur  mit  einem  Ansatz  von  Ärmeln. 

^    Osm.  divit. 

*  Nicht  sowohl  "Schwamm«,  als  zerrupftes  Gewebe  z.  B.  zerrupfte  Seiden- 
lappen im  Tintenfaß,  um  die  Tinte  länger  flüssig  zu  halten. 

^    Anstatt  mürekkeh. 

^  (Arab.)  Vgl.  Rosen  S.  50:  miqräz  »Schere»  =  azerh.  yejcy,  ca}'at.  qnjycy 
=  mongol.  yajice^  burätisch  kaise^  -xfiisi,  )(aice  (vgl.  Castren  »Vers,  einer  burjatischen 
Sprachlehre«   S.  lOTr).     Die  osmanische  Vulgärform  maqas  ist  im  Azeri  unbekannt. 

'    Ar.  AJ  -I-  pers.  j  j. 

8  Aus  rismänbäz  durch  Volksetymologie  mit  Bezug  auf  den  allbekannten 
Helden  Rüstern. 


222     Foy:  Azerhajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Sfidtürkischen.  U. 

Hund   it  CJj                             it 

Hahn   ch{i)rus  ij'^j^                              yjirus 

35    Tamburin    am    Stiel    (mit    Perlen-  Jj:                              tehil^ 

klöppeln)  täbill 

Mann    auf  Stange    (Pupi)e)    yolschayh  ^ij^  J  (korr.  jU-y)- 

(korr.  goltschagh) 

Knöchel  (astragalus  z.  Spiel)    aschyyh  l^*"' 

Strich  in  dem  Knöchelspiel  »Kreis  und  .    . 

Strich«   djizych  Tiy^ 
Kreisel  mit  Stil  firfre  (lest  (fth-  d 


Hand) 
10    Kreisel   ohne  Stil  firfre  zemin  (für 
den  Boden) 
Klapper  für  kleine   Kinder 
tschachtschachy 

Pfeife  aus  Tcjn  fischka 


asy% 

gizgi) 
fyrfyra  dest 

fyrfyra  zemin 


P 1 1 1 )  pe   goltschagh 
llalsring    pers.   toug  ) 
türk.  tugh  ) 
45    Talisman  göznäzär 

Rauchen. 
Kästchen  für  Zigarettentahak  tiidh/  gntissi 


gewöhnliche  Pfeife  tschibugh 
Kopf  dazu  tschibugh  haschi 
Zigarettenspitze  *  müschrik 
50  Pfeife  der  Nomaden  ssibi// 
Kopf  der  Opiiniipfeife  hokkf 

Stein   tschaghmngh  daschi 


g  oznezer 

t'ntii)!  gtitysy 
ciibiiy^ 


-     a 
Fe  II  erzeug. 


cayma'y^  daiy 


1    Arab.  (JJ*,  azerb.  tebil,  osin.  davul  bedeutet  überhaupt  •.'rionimel". 

^  Osni.  (/olcaq  bedeutet  »Armschieiie  des  Panzers-  oder  "Arnihand".  Die 
Bcdoutuiig  »Puppe»   ist  mir  unbekannt. 

=*    Mit  Stiel  und  mit  Geräusch  machenden  kleinen  Dingen  z.  B.  Steinchen  gefüllt. 

*  Arab.  jj_^  "Halsband«  erinnert  sich  Hr.  M.  Hasan  nicht  im  Azeri  gehört 
7.U  haben. 

^    "Pl'eifenkopf",  osman.  statt  dessen   ••/ü/e«. 

^    Von  Hrn.   Hasan   'emzij^-  genannt. 

■^  Hrn.  M.  Hasan  unbekannt,  aber  bei  Rosen  a.  a.  O.  S.  48:  -«(^(7  -ganz  kui-ze 
Tonpfeife-. 

**  Arab.  ^_Ä=>-.  hu  Persischen  nach  Ricliardsou:  the  bottle,  through  which 
the  fnmes  pass  when  sinoking  tobacco.     Osm.  hoqa  »Tintenfaß«. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Cliarakteristik  d.  Sädtürkisclien.  II.    223 


Stahl  tschagmagh  J)Ui\c>- 

präparierte  Watte  zu  Zunder  goJm  ^ 

Kult  u  s. 
Gebetsteine  (Erde  aus  Kerbela)  inövhr  j^ 

Beutel  dazu    möchr  yabi  (jld  ^^ 

Koranbehälter  guran  gabt  ^\d  jl^ 


1'  e  r  s  i  s  c 

lies   Fi 

■aueu  k(i 

Menid  kjöinekj 

Si^^f 

Hose  schellwar 

J\p 

kui'zes    weißes    Kleidrückchen 

schelte 

^JUL 

buntes 

titman 

juy 

Jacke  jcll 

o^; 

Hose  mit  Fiißlinj^en 

^\j^=r 

Kopltucii  aus   Gaze  tschargett 

0\sjV^ 

aus  farbigem  Stoft' /■■?(:• 

hadra 

b-W 

Undiang  tschadirscheji 

^j^W 

Schleier  ruhent 

•^JJ 

Füßlinge  am  Beinkleid  djrrrabi 

pai  ^\ 

^hyr 

Webstuhl. 

Webstuhl  däsgjach 

o  ö  jj 

Weber  fersch  tocKjän 

Cj^^'  J'J 

Tepj)ich  fersch 

JJ 

Faden  bojluch 

t^y. 

cayjna% 
gov 

mähr  u .  möh  ür '    ^^ 
möhür  gaby 
guran  gaby 

knjne'/^ 
selvar 


gurab 

cerget 

cadra 

carsab 

rilbeitd  ^ 

gurab 

dezg'ah  * 
fers  toyjjan 
fers 

brgluy^ 


1  Angeblich  von  Erde  aus  dem  den  Schiiten  heiligen  Kerheia  hergestellt.  Der 
betende  Schiit  legt  sie  beim  Ketnäz  vor  sich  hin  und  berührt  sie  bei  den  Gel)ets- 
verneiguiigen  mit  der  Stirn. 

^    Pers.  j_>J_  »frei  hängend-  (vgl.Vullers  II  S.  1526) ,  also  »lose  sitzende  Jackc". 

3  Das  cerget  wird  auf  der  Promenade  getragen,  das  cadra  zu  Hause.  Das 
carsab,  in  Stambul  carsaf  genannt,  ist  der  bekannte  ärmellose  Umhang  der  tüiki- 
schen  Fi-auen,  der  keine  Körperformen  deutlich  hervortreten  läßt.  Das  rübend  (aus 
rü  .«Gesicht»  und  bend  «binden»),  ist  dasselbe,  was  man  in  Stambul  y'a.swf/ry  nennt, 
der  das  Gesicht  unterhalb  der  Augen  verhüllende  Schleier. 

*    Aus  pers.  «^^-o. 


224    Foy:  Azerbajganische  Stuflien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 


^^Ji.iv.    yw-yu-/«. 

^^J 

ger'yere 

Messer  fersch  tschaghy 

J^.oO^ 

fers  p'cayy 

7.^)    Ga])el  zum   Klopfen    däff'ä 

<j^' 

Schere  fersch  gejtschy 

^  Jt> 

ferc  gejcy 

Seh 

muck   usw. 

Kamm  dürayh 

.b. 

derey^,  dara<y^ 

Kammtäschchen  düragh  gahi 

Ji  j^b^ 

derey^  gaby 

Ohrring  djuschwarä 
80    Bartkamni  säkhal  däraghi 

g'usvare 

(osm.  k'üpe) 
seqgel  dereyy 

Geldbeutel  pul  hissässi 

^-^JX 

pul  kisesi 

Scherenetui  geitschi  gahi 

o\s  ^^ 

gejcy  gaby 

Beutelchen  mit  Stift  ziun  Aufl 

ragen 

der  Schminke  (sürme)  milci  {adde:               ^J^L^ 
kisesi) 
silberner  Ring  mükj            iJ jl    (besser  iJjjjl) 

milci  kisesi 
(ar.  mil) 
iizüy^  ^ 

85    Fächer  jelpik                       dl 
Tasse  gäwä  ßndschan 

J..     < 

;korr.    dUL) 

{osm.Jelpaze) 
gäve  fingany 

Decke  itir  Salzfaß  nämäkdan 

örtji^ 

•  Jjl  jU<J 

nemekdan  örti/ji 

Taschenmesser  ptschagh 

^^. 

pcax 

D.  Kleine  Sprachmaterialien.* 

Körperteile. 

(Nach  Mir.  Sa d.  S.  100  ff.) 

.       .  r>      •    i  Osnianisch 

Azen  Persisch^         ^^^^^_^^^,^  Deutsch 

A-^  iJjl"  tepe  Scheitel, 

Wirbel 
bas  Kopf 


Haar 


Tcbrizer 
Yulgäraussprache 
tepe 

ba.i 

tüy^,  t'ük  - 


^    Arab.  A5j  bedeutet  nach  Dozy  I  S.  447  verschiedene  zweiseitige  Gegenstände. 

2    Heißt  überhaupt  »Ring». 

^    Gemeint  ist  örtüji.  Wegen  azerb.  örfük,  örtüx^  =  osni.  ö}-tü  vgl.  V.  T.  I.  Mos. 

Kap.  8,  V.  13  ^^JJ\  Cr (^ "die  Decke  des  Schiffes-  (d.i.  -das  Dach  der  Arche-). 
*    In    den  Texten  habe   ich   kleine  Inkonsequenzen  in  der  Aussprache  meiner 
Gewährsmänner  absichtlich  nicht  ausgemerzt. 


Fov:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    225 


Azeri 

„      .    .           Osmanisch 
P*^«-«'^'-'^           (Stambul) 

Deutsch 

Tebrizer 
Vulgäraussprache 

^j'-^ 

O— ^    deri 

Haut 

deri 

J^ 

(JÜU    ö/y« 

Stirn 

arm 

jy  i  qas 

Scliläfe 
Augenbraue 

g'izy'ah  {segig, 

segag) 
gas 

diX 

oJa  kirpik 

Augenwimper 

kipri'/^ ,  kiprij- 

3/ 

p>-  göz 

Auge 

g'öz 

dXi^y*   hehek,  göz 
bebeji 

Pupille 
Augenecke 

hehe^/.,  hebej- 
g  öziln  küngi 

jjj^. 

^   hurun 

Nase 

burun,  bum- 

cS^.^  JJJ^. 

^   f  bj-  {hiirim  (Miß) 

Nasenloch 

burun  desiji 

Jl^J-i 

y )  dudaq 

Lippe 

duda'-/^,  duda'^j- 

t>r. 

J^  %y? 

Schnurrbart 

byy 

Ji- 

J^S_j  saqal 

Backenbart 

seqgel 

^X 

iSJJ  i«^ 

Gesicht 

üz 

Jl-L 

*^rr=r  J"""^ 

Wange 

janay^,  janay- 

^J 

jU^  «Vyc 

JNIund 

ayijz 

ov^.^ 

j1jJj>  f//.« 

Zahn 

dis 

J^ 

jl3  ffiY 

Zunge 

dil 

b^ 

/•&  damaq 

Gaumen 

demay 

JVy 

JjTqnlaq 

Ohr 

gula%,  gulay- 

cU^ 

^J-^ 

Schopf 

birce% 

^X-?*. 

j^j  H"" 

Hals 

bojnn 

jl.^. 

^  bo-^/az 

Kehle 

boyaz 

^v 

^3  cme 

Kinn 

cene 

3^^. 

^  - 

Unterkinn 

f>u%a%,  bu%ay- 

^.t 

Ji«    (6^7« 

Gehirn 

be^in,  bejn- 

^    Osm.  ijulaq  tözü  feiilt. 

2    Im  Osmanlschen  bedeutet  zülüf  ..die  Locken,  die  auf  die    Wange  hnncen. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    U.  Abt.  15 


226    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 


Azeri 


Pel-sisch 


Osmanisch 
(Stambul) 

Deutsch 

Tebrizer 
Vulgäraussprache 

ijj  damar 

Ader 

damar 

Jj^  - 

Schulter 

cijin^ 

AJU-  Ä'»r?Ä- 

Schultei'blatt 

k'üre%,  k'ürej- 

eJo^  qaburya 

Rippe 

gabyrga 

J*    (/oZi^wy 

Achselhöhle 

goltuy,   yoltwj- 

jllw)     ^w^'/^ 

Brustwarze, 
weibliche 
Brust 

emye-/^ 

«0^2  _3 

Brust 

döS 

^  yary« 

Bauch 

garyn,  yarn- 

Jj  y«reÄ- 

Heiz 

üre%,  ürej- 

«5^Jj  bayi/rsaq 

Dann 

bayyrsay^ 

Cr^  yiFr 

Leber 

yijer 

oCiy    höbrek 

Niere 

böjrey* 

j^rw  dalaq 

!\Iil/. 

dele%,  dele^- 

o^'si  öd 

Galle 

öd 

^JSJ^  qursaq 

Kaidaunen 

yursay^,gursay- 

3^  göbek 

Naljel 

g  öbe'/^,  g  öbej- 

jU3  qasyq 

Leisten  am 
Unterleib 

gasy%,  ga^yy- 

1  Im  Osmanisciieu  nicht  unerhört  und  von  Samy  noch  angeführt  mit  der 
Aussprache  cekin.  Dagegen  ist  das  osnianische  omuz  -Schulter«  dem  Azeri  fremd. 
Übrigens  halte  ich  die  gewöhnliche  Erklärung  von  onniz  =  griech.  iZ-uo;  (das  Wort 
hat  das  Unglück,  in  fast  all  unseren  türkischen  Wörterbüchern,  die  es  heranziehen, 
falsch  betont  zu  werden)  nicht  für  einleuchtend ,  trotzdem  omuz  auf  das  Osnianische 
beschränkt  zu  sein  sclieint,  denn  I.  warum  -uz  anstatt  des  zu  erwartenden  -oz, 
welches  doch  sonst  in  den  griechischen  Lehnwörtern  sein  ursprüngliches  o  aufweist? 
2.  warum  sollte  gerade  die  Benennung  der  Schulter  aus  dem  Griechisclien  entlehnt 
sein,  während  keiner  der  übrigen  Körperteile  griechisch  benannt  ist?  3.  die  ver- 
breitetste  griechische  Vulgärform  ist  nömo.t  und  nicht  ömos  (das  n  stammt  aus  dem 
Akkusativ  tcv  üfiov).  Es  gibt  ein  altes  osmanisches  Wort  om,  welches  den  "Kopf 
oder  das  runde  Ende  ehies  Knochens-  bedeutet,  und  aus  diesem  kann  omuz  ebenso 
gebildet  sein  wie  topuz  »Keule»   aus  top   «runde  Masse. 

-  Pers.  .vjVif  ist  auch  im  Azeri  sehr  gebräuchlich,  während  es  im  Osinanischen 
nur  poetisch  vorkommt. 

^    Osm.  ff öjüfi  "Brust"   unbekannt. 

*    Vgl.  !)öh)-ek  iu    'Mundart  von  Erzei'um  Nr.  2", 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Cliarakteristik  d.  Siidtürkisclien.  II.     227 

Tebrizer 


Azeri 


Persisch 


Osnianisch 
(Stauibul) 


jb  ÖM^ 


13  diz 


yu 


o^j^  '^(^yry 


Deutsch 
Keule 
Knie 


Vulgäraussprache 
hud 

diz 


<?t.vä    (sie!)        Ij  (Jl— '  qalca 


Jl 

Jb  c>JU 


J   f,opuq 
O.L  taban 

CJ^vil  parmaq 
/p-Li'   tyrnaq 


Hinterleib, 

Kreuz  und 

Hinterbacken 
Oberschenkel     gaUa 

Knöchel  am        t(ypuy^ 
Fuß 


Ferse  ^ 

Fuß 

Finger 

Nao-el 


daban ^ 

barmay^, 
barmay- 

dyrriay^, 
dyrnay- 

el 


Hand 

Handgelenk        bile%,  bilej- 


)lliXl  -^  parmaqlaryn  Fingergelenke  barmayjaryn 

buyumlary  buyumlary 

C-^AäJ    — ^  Handfläche  ^/m  ici 

l  aT    ajayyn  alty  Sohle  cjo^yy^  alty 

j-jl  dirsek  Ellenbogen  dirse% 

iU-'^  jjlv)    (f/2>i  Mstö)  Handrücken  e/m  (/«^^^ 

j_^L  ^jIaj    {ajayyn  üstü)  Fußrücken  ojC'yyn  daly 


^  Herrn  Mehmed  Hasan  unbekannt,  aber  bei  Vullers:  Lexicon  peisico- 
lathunn  vol.  II  S.  190  in  der  Schreibung  (_^^b  als  persisch -türkisch  nachgewiesen. 

2  Herr  Mehmed  Hasan  besteht  darauf,  daß  das  Wort  nicht  die  ganze 
»Sohle»  wie  im  Osmanisclien  und  anderen  türkischen  Mundarten  bedeute,  sondern 
die  "Ferse«.  Die  »Sohle«  heiße  ajayyn  alty,  wie  es  gegen  den  Schluß  dieses 
Verzeichnisses  aufgeführt  ist. 

^    Osm.  aja  bzw.  el  ajasy  ist  unbekannt. 


228     Foy:  Azeibajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Süd  türkischen.  II. 


Das    Genauere   über   hagy 
iter  B.  die  Mundart  von  Erze 
er,  'kihi 

arvat  (gewählter  ourat  = 
avrat  aus   arab.  oj^) 
goga 
gary 

goga  gary 
er  arvat^ 
arvat  MsP 
ata  ] 

aya^  > 

(gewählt  peder)  ] 
ana  \ 

nene  > 

(gewählt  vaVde) ) 
ata  ana  ^ 

gar  das,  gerdes        ) 
(gewählt  herader)  ) 
dadaS 
gyz  gerdes 
(gewählt  liemsire) 
hagy 

böjiiy^  ata  t 
dede  ) 

atalar  babalar 
gedd,  ar.  -V>- 
böjüy^  nene 
emi ,    ar.   ^^ 
dajy 


2  .    V  e  r  w  a  n  d  t  s  c  h  a  f  t  s  b  e  g  r  i  f  f  e. 

,   hibi,   dadas ,   emi.   nene,   %ala   vgl.  vorher 


■um  Nr.  2. 

Mann,  Ehemann 
osm.    Frau,  Ehefrau 

alter  Mann 
alte  Frau 
altes  Ehepaar ' 

Ehepaar 

Vater  (osm.  baba) 

Mutter* 

Eltern  (osm.  ana  baba) 

Bruder 

älterer  Bruder 

Schwester 

ältere  Scli wester 

Großvater 

Vorfahren 

Ahn 

Großmutter 

Onkel  väterlicherseits 

Onkel  mütterlicherseits 


'  Dagegen  osm.  yary  goya  "Ehepaar«,  f^ber  das  Verhältnis  der  beiden  Hen- 
diadyoin  vgl.  K.  Foy:    Stud.  z.  osm.  Syntax«   in   -Westa.s.  Stud.«    1899  vS.  124. 

2  Vgl.  über  die  beiden  -Ehepaar«  bedeutenden  Hendiadyoin  Foy  a.a.O. 
S.  124  mid  130. 

'  Z.B.  ayam  -mein  Vater»  (eigentlich  »mein  Herr«).  Ich  wüßte  niclit ,  daß 
diese   Bedeutung   von   aya  anderswo    vorkäme.     Osm.  aya  bej    -der   ältere  Bruder«. 

*  Die  »Mutter«  wird  auch  abayy  genannt,  aus  aya  +  hagy.  Dieses  ahagy 
(von  Klaproth  ahetschi  gelesen)  findet  sich  in  der  Bedeutung  "Ehefrau«  schon  in 
dem  von  Klaproth  benutzten  uigurisch- chinesischen  Wörterbuch.  Siehe  Jul.  Klaj)- 
roth:    »Sprache  und  Schrift  der  Uiguren.«    Paris  1820  S.  16  1. 

5  Auch  von  Radi  off  Wörterb.  I  Kol.  449  als  azerb.  angeführt;  ist  außerdem 
6a}'atajisch.  Siehe  Foy:  »Stud.  z.  osm.  Syntax«  a.a.O.  S.  123.  —  In  derselben 
Arbeit  Ausfülirliclies  ül)rr  das  Hendiadyoin  ana  baba. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    229 


bihi,  emme,  ar.  </^ 

%ala,  ar.    4JU- 

oyul 

oylan 

ti/P  usa-y^ 
hala^ 

taza  doymus  uSa^ 
süd  emer  usa^ 
Mlreken^,  damad 
yejn  ^ 


Tante  väterlicherseits 

Tante  mütterliclierseits 

Sohn  30 

Knabe 

Tochter,  Mädchen 

Kind 

das  arme  Kind  (in  bedauerndem  Sinn) 

der   Kleine,   die   Kleine   (bei   Tieren   35 

»das  Junge«) 
das  Neugeborene 
Säugling 
Schwiegersohn 
Schwager     (Bruder    der    Frau    oder 

Bruder  des  Mannes) 


yejn  ata 

Schwiegervater 

gejn  ana 
torun 

Schwiegermutter 
Enkel 

jijen  ^ 

ere  g edma%  (varmay^^ 

övlenmay^  (=  evien-) 

nysanny  ^ 

g  elin 

Neffe 

sich  vei'heiraten  (von  der  Frai 

sich  verheiraten  (vom  Manne) 

Bräutigam,  Braut 

Braut,  Schwiegertochter 

tor 

Hochzeit 

eruM  (ar.  ^J^^    «vvmpvi^) 
mit  ah  ^ 

Hochzeit 
Eheschließung 

niJc  ahly  arvat 

angetraute  Frau 

^    Osman.  coyuq  fehlt.      Im  Osmanischen  bedeutet  ms«y    'Diener-. 
2    Ar.  Jii^. 

^  Pers.  VI)  im  Osmanischen  gänzlich  ungebräuchlich.  Entspricht  in  der  Be- 
deutung genau  dem  osmanischen  javru. 

*  Dieses  türkische  Wort  fehlt  dem  Osmanischen.    Radi.   Wörtb.  II.  Kol.1251 

ist  köreken  als  azerb.  bezeugt  =  6a^at.  j'^jß  yöregen  Radi.  a.a.O.  Kol.  1592. 
(Vgl.  Vämb.  Glos.  S.  329:  köregen  (veraltet)  «schön,  nett,  Familienname  Tinmrs"  und 
namentlich  Zenker  unter  jLj  J_^  S.  770). 

^  Osm.qajn,  in  Verbindung  mit  haba,  ana  usw.  gebräuchlich,  ist  nicht  =  ar. 
(^\i,  wie  Samy  Hey  will,  sondern  ist  =  qadyn.  Den  Beweis  liefert  das  von 
Klaproth  benutzte  chinesisch -uigurische  Wörterbuch,  wo  man  -)(adyn  .-Schwieger- 
mutter«, ;^arfy/?  ate  »Schwiegervater«   findet.     Kl  aprotli  a.  a.  O.  S.  18  1. 

•*    Osman.  qogaja  varmaq. 

'    Aus  nisänly.  —  Die   "Brautsucherin-   in  Tebriz  elci,  in  Erzer.  diinüryü. 

*  Das  stammverwandte  osmanische  düjün  ist  unbekannt. 


9    Ar. 


-^ 


230   Foy:  Azerbajgauische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürklschen.  II. 

siyeli  arrat  J,"^»^  Nebenfrau  (pers.  zen-i-.sTye) 

atasyz  anasyz,  ;hic1i  bloß  atasyz,  jetim^    Waise 
dul  Witwe. 


Familie 


55    ejal  oulad^ 

(gewählt  yjjMedan ,  y^anevade) 

arimt  usa%^  Frau  und  Kindei 


ypjn  guda*  Schwagerschaft,     angeheiratete    Ver- 

wandtschaft 


Verwandtschaft 


goJmm  ^        ) 
60   goum  %is^  \ 

söüg'üli'^  Gelieljte  oder  Liel)lingsfrau. 


3'.  Zahlenbegriffe. 

2  -(-  3  =  5  iki  üc  bes  rler. 

4  —  2  =  2  dörtden  iki  c'-^/aiida  iki  galy. 

2  X  3  :=  6  iki  jol  ü6  alty  eler. 

9    :    3  =  3  doqguzy    üce  höhnde  üc  galy. 

12   :    4  =  3  071  ikini  dörde  holende  üc  galy. 


2    Menitii    doqguz   gerdesim   rar   idi,    hesi  Ich    hatte    9    Geschwister,    5  Brüder 

oylan,  dördü  gyz ;  bulardan  ücii  öldü  und     4    Schwestern;     von     diesen 

Tei ,  ikisi  oylan ,  hirisi  gyz  ossun  {anch.  starben    3,    nämlich    2  Brüder    und 

ohne  ossnn).  1  Schwester. 


3    3Ien  iki  il  jarym  Berlinde  olmysam.         Ich  bin    1  Y2  .hihr  in  Berlin  gewesen. 


4    Munnan   mme   hir  ar.syn  ve  hir  cejr&y^    (Zum     Kaufmann:)     Geben     Sie     niii- 
(oder  rnb)  verin!  hiervon   1'/^  Arschine! 

Ü6  (iejre%.  7^. 


*  Ar.     <^\)   (eigtl.  •<\aterIos<').    Das  etymologiscli  «lorkwürdigo  osni.  öksü:  fehlt. 

2    Ar.    JLt    -\-   .jVjI.     Vgl.  Foy   «Stud.  z.  osm.  Syntax«   a.a.O.  S.  130. 
2    Dies  entspricht  dem  bekannten  osm.  coluq  coyuq  »Kind  und  Kegel»,  welches 
im  Azeri  unbekannt  ist. 

*  Das  Azeri  kennt  das  Wort  guda  nur  in  diesem  Ilendiadyoin  (wie  osm. 
desik,  pyrtyq,  bet  u.  a.  nur  im  Hendiadyoin  erhalten  sind),  sonst  kommt  ^(/<:?fl  im  Süd- 
türkischen nicht  vor.  Mongolisch:  quda  {"xyda)  bedeutet  eigentlich  »Freiwerber,  Braut- 
werber.', aucii  burätisch  )(iula,  ^ude;  vgl.  Alex.  Castren  -Versuch  einer  burjatischen 
Sprachlehre«.  Petersburg  1857  S.  128r.,  in  gleicher  Bedeutung  auch  im  Kirgisi- 
schen; quda  heißen  nach  Sül.  Ef.  ferner  die  Stämme,  die  unter  sich  heiraten. 

5    Aus  ar.   ^ß  .    Vgl.  S.  200  Anm.  3. 

•5   Ar,  ^ji  +  ])ers.  ^J^J^  . 

'  Wird  auch  im  heutigen  Persisch  gebraucht  als  souyulr.  vgl.  Rosen 
a.a.O.  S.  42. 


Foy:  Azerbajganisclie  Stiulien  mit  einor  Charakteristik  d.  Südtürkisclion.  II.    231 

JüzdehMfajiznenm'imajüztümenigareje  Ich    habe   ihm   100  Tiiinan    zu  5  Pro- 
verdim.  zeiit  geliehen. 

Bu  ev  0  evden  iki  jol  höjüy^  du.  ]  .  . 

„      .        ...,.,       7     .  ,    1  •  7 -^    7-  f  Dieses    Haus    ist    zweimal    so    groß 

Bu  ev  o  evm  iki  beraberi  (oder  mislt)  di.  ) 

„      .         .  .     .,  .  7  •/•    7-  i       wie  jenes. 

Bu  ev  o  evm  tki  mugabili-di.  ]  '' 


Über  die  Bildung    der  verschiedenen  Arten  der  Numeralia  sehe  man 
weiterhin  in  dem  Abschnitte  F  nach. 

4'.  Zeitbegriffe. 

deste  12  Uhr  1 

iki  jarym  'i}l^\}\\v 

deMoni  hes  y'ecih  5  Minuten  nach  12  Uhr,   es  ist  5  Mi- 
nuten nach  12  Uhr 

desteden  hir  ruh  g'ecende  um   Y^  nach  12  Uhr 

sahat  tarnarn  destede  di  es  ist  genau   12  Uhr  5 

ikije  hes  galyh  {galandd)  menzile  g'eldim  ich  bin  um  5  Minuten  vor  2  Uhr  nach 

Hause  gekommen 

ikiden  he§  g  ecih  {gecende)  5  Minuten  nach  2  Uhr 

ikije  hes  galyr  oder  galyh  es  ist  5  Minuten  vor  2  Uhr 

ikiden  hes  g'ecir  oder  g'ecih  es  ist  5  Minuten  nach  2  Uhr 

omenim  atamnan  jarym  saliat  gahas/ra'/^  er  ist  eine  halbe  Stunde  vor  meinem    lo 

{gahayjgan,  ireli)  jetisdi  Vater  angekommen 

jarym  sahat  sora  (dalygan)  eine  halbe  Stunde  später 

mu?iu  sahat  dörde  kimin  g  özlirdim  {inu-  ich  wai'tete  auf  diesen  bis  4  Uhr 

na müntezir  idim) 

sahat  nece  di?  oder  sahatda  ne  vari  wieviel  Uhr  ist  es? 

aysama  ne  vari  w^ieviel  Zeit  ist  noch  bis  zum  Abend? 

ayßama  ne  galyhdy?  dasselbe  15 

gün  ortadan  ne  (oder  nece)  g'ecih?  wie  spät  ist  es  nach  Mittag? 

sahatym  janymda  {üstümde)  dej  ich  habe  meine  Uhr  nicht  bei  mir 

sahat  ikini  caldy  (vwrdu)  es  hat  2  Uhr  geschlagen,  die  Uhr  hat 

zwei  geschlagen 

sahat  iki  cayy  (ca<^ynda,  auch  sularyndd)  um  2  Uhr  herum 

eg  er  sahat   temam  ikide  g'elmesen,    hes  wenn     du    nicht     genau     um    2    Uhr    20 

g elmeg'inen!  kommst,  so  komme ül)erhaupt  nicht! 

gün  c^yanda,  gün  cyjxn  cayy  bei  Sonnenaufgang 

g  ün  hatanda,  gün  hatnn  cayy  bei  Sonnenuntergang 

Tageszeiten. 
seher  (sühh)  cayy  '  Morgen 

g  ün  orta  Mittag 


^    Ar. r-L«i>,  das  als  sabä  im  Osmanischen  für  -der  Morgen-  gebraucht  wird,  be- 
deutetmit  der  Aussprache  saiaA  im  Azeri  »morgen».  Das  osmanische  Jary«  «morgen«  fehlt. 


232    Foy:  Azerbaiganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 


25    nahar  cayy 
esr  cayy 
ayßam 
sam^  cayy 

30    %üßen  iayy 

■jary  g'eye,  nysf-i-seh 
dctnna 

tez  di 
heva<^  dy 

35    vay^  teyj'  di 
t'ö!%  da  yesdi 

hu  gün 
sahah^ 
dünen 
40    hirisi  gün 
israa  g  ün 


^littagessenszeit 

Nachmittag 

Abend 

Abendessenszeit 

Nacht 

Schlafengehenszeit 

Mitternacht 

in  der  Frühe 


es  ist  früh 
es  ist  spät 


es  ist  zu  spät 

es  ist  schon  zu  spät 


heute 

morgen 

gestern 

übermorgen 

vorgestern 


dünen   liaTcimin   yjdmetmdcj^idim   (men- 
zilindej^idim) 


sahah  liarda  olagayjiyzl 
sabaJi  sikara  g  f'degayw/^ 
45    hirisi  gün  size  g'e.lmaya  veytim  olmijagay^ 

isra^a  g  ün  Tehrannan  g'elen  hir  tanySa 

ras  g  eldim, 
hes  Islamhulda  olduyuzf* 


gestern  machte  ich  dem  Gouverneur 
meine  Aufwartung,  war  ich  bei  dem 
Gouverneur  (im  Hause  des  Gouver- 
neurs) 

wo  werdet  ilir  morgen  sein? 

morgen  werden  wir  auf  die  Jagd  gehen 

übermorgen  werde  ich  keine  Zeit  ha- 
ben zu  euch  zu  kommen 

vorgestern  traf  ich  einen  Bekannten 
aus  Teheran 

waren  Sie  überhaupt  sclion  in  Stambult* 


nede  il  di  liara  tcsrif  aparmysdyz"?  wo  waren  Sie  so  viele  Jahre  ? 

hende   iki   il  jarym  dy   Tci  Irande^idim    ich  war  2^1^  Jahre  in  Persien 
50   hes  yßherim  joy^  idi  davon  wußte  ich  nichts 

hamy  ilde  Irana  g'etmisdizf  in    welchem    Jahre    waren    Sie    nach 

Persien  gereist? 
ciin  hende  iki  jol  getmisem,  defe-i-evvel   ich  war  nämlich    zweimal  dort.     Das 
min  iki  jnz  ein  birde  idi.    G'edihg'ejt-        erste  Mal  war  im  Jahre  1251.    Die 


'  Sam  =  pers.  AJ^  wird  für  «Abendessen-  gebraucht  wie  nahar  für  «Mittag- 

^  Aus  i)ei.s.  dxj.    mit  Schwund  des  Nasals. 

^  Vgl.  vorher  die  Anmerkung  zu  seher  cayy.  —  »Morgen  früh»  heißt  sahah  seher. 

*  D.  i.  osni.,/Mc  Istambulda  olduyunuz  var-my? 


Foy:  Azerl)aj^anische  Studien  mit  einer  Cliarakteiistik  d.  Siidtürkischen.  II.    233 


mayym  on  bes  aj  hil  ceyßi.  Bed  min 
iki  jüz  ein  iki  eva%yrinde  burdan  ti- 
<y(rar  Irana  g  etdim.  Bu  il  Jci  min  iki 
jüz  ein  beS  di  rebbi  el  ewel  ajynda 
Islambula  varyd  oldum.  Bu  sefer  kern 
seferimiz  ijirmi  jeddi  aj  mildde  ce^'/jdi. 


Reise  hin  und  zurück  dauerte  15 
Monate.  Nachher  reiste  ich  im  An- 
fang des  Jahres  1252  wiederum  von 
hier  aus  nach  Persien.  In  diesem 
Jahre,  d.  h.  im  Jahre  1255,  kam  ich 
im  ersten  FrühHngsmonat  in  Kon- 
stantinopel an.  Dies  Mal  dauerte  un- 
sere (d.  h,  meine)  Reise  27  iNIonate. 


Dort  fesl 

Die  vier  Jahreszeiten. 

hahar 

Frühling 

Pj 

Sommer 

%ezan,  paji/z 

Herbst 

gy^ 

Winter 

Wo. 

chentage. 

Wie  im  Persischen,  aber  mi 

it  folgender  Aussprache: 

1.  jeksembe 

1.  Sonntag 

2.  düSembe 

2.  Montag 

3.  sisembe 

3.  Dienstag 

4.  ceharsembe 

4.  Mittwoch 

5.  penzsembe 

5.  Donnerstag 

6.  güme 

6.  Freitag 

7.  sembe^ 

7.  Sonnabend 

Die  Benennungen  stimmen  nur 

bei  4.  5.   6  zu  den  osmanischen. 

Monate 

-   *. 
der  <\iy^   ^''^. 

Mit  folgender  Aussprache: 

1.  msherrein 

7.  regeb 

2.  sefer 

8.  seban 

3.  rebi  el-evvel 

9.  remezan 

4.  rebi  el-ayir  oder 

■  es 

-sani               10.  sevval 

5.  gemadi- el-evvel 

11.  zi  gede 

6.  gemadi-el-ayir  oder 

es -sani          12.  zi  higge 

Datum. 
Men  min  iki  jüz  elli  dort  tariyjnde  Ich    bin    am    4ten    (vierten    Tage)    70 

rebi    el    evvelin     döi'dünde     (dördümyil    des    Frülilingsmonats    amio    1254    zur 
günü)    dünjaje  g'eldim.  Welt  gekommen. 


'  Ich  habe  anstatt  semhe  noch  eine  andere  Aussprache  gehört,  die  das  11  von 
<~*-^  zu  wahren  sucht,  dann  entwickelt  sich  aber  zwischen  n  und  b  ein  parasitisclies »?«, 
so  daß  senmbe  entsteht,  ebenso  natürVich  jeksenmbe  usw. 


234    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  11. 

5'.   Die  Jahre  des  Zwölferzyklus 

mit  azerliajdschanischer  Übersetzung  ihrer  alten  Namen. 

(Nach   MTr.  Säd.     p.  121  f.i) 

N                      J^    j\h^^  ■V/'''J'^n  jy^  1-  ^^  j^'="=-'  sycan  ili  »Mäusejahr« 

V  (_)^    ^3^  '"d  jlß  ~-  ^^  jßj\  '^^'"^  ^^*   »Ochsenjahr«  ^ 

X  (IvoiT.  e)— ' )  <_)"' ^  if-^    ])ars  jyl^  3.  b^   dXjj  pcIerTg    ili   »Tigerjahr« 

l                    J^   j^j»'  tausqan  jyl  4.  l>  |   j^J-^  dousan  ili  »Hasenjahr« 

0  iS^    iSy  lüi  jyl^  5.  l>  1  ctAly.'  neheng    ili    »Krokodil- 

jahr« 
•^  (korr.  Jv-.)  (Joi  S^  jiM^  jyl         ''•       (J»^  j">^  ^   //a/i/// "Schlangen jähr« 

V  (koi'i-.  J—)  Jj_l  CJ^  j^'^'f  jyl  ''•  ^.\  O^   o'  «/'   »Pferdejahr« 

A  oV'    ^ß  'rj  jyl  ^-    J-J  JX-^  !^^^^"'^  '''    »Schaijahr« 

^  J^   <y^=^'^  pi('in  jyl  9.  j J-»-*  mejmun   »Affenjahr« 

S  •  (J^    iSß"^   i(^7~ßT^j         10-  l/^  i'""^  »Vogeljahr« 

jyl' 

S\    (korr.  ^^L)    JjJ  Z^\   it  jyl  11.  vljj   /V   »Ilundejahr« 


>  Y 


_L-.    jjN^  toiiguz  jyl     12.  ^'j^'j^^  fkryit:    »Schweinejaln'« 


'    Mit  der  Üherschi'ift :    (^^.31   öj^j^J   ^J    tio'/^'  Ulerinün  adlai-y. 

2    Im  Kitäb - i - teryüinän  S.  80,  19  statt  dessen  ^^  j^  ■"'yyy'Jy^!/  »Rinderjahr«. 

*  Im  Kitäh-i-teryüntän  S.  80,  19  werden  drei  Namen  neheneinander  gegeben 
^ju  pars,   j^-^    d.  i.   quplan    "Paniliei»    und    j")^  d.  i.   verniutlicli    a-slan    "Löwe« 

*  Eigentlich  -Draclienjahr",  so  heißt  auch  dns  {nnfte  Tschagh  {cay  ist  V,2  des 
vvxp-r]\xi^ov)  bei  Ulug-Beg,  vgl.  Klaprorh  a.a.O.  S.  4.  Cliines.  gjg.  in  Peking- 
aussprache /«»^  (in  der  zweiten  Tonhöhe;  vgl.  Giles  Nr.  7479  S.  760),  mongolisch 
luu  {loo);  vgl.  Kowalewski:  Dict.  mongol.-russe-fran('ais.  Kasan  18'19  S.  1965.  ebenso 
uigurisch;  vgl.  Klaproth  a.  a.  O.  S.  15.  Im  KUäb-i- teryüinän  findet  sich  balyy 
»Fisch«   statt  Uli  \^   ^u  S.  80,  20;  ebenso  in  Ostturkestan  nach  Shaw:  halyq. 

^  Ta^aqitj  bedeutet  nicht  »den  Vogel«,  sondern  »das  Huhn»;  vgl.  Vämbery: 
Cagat.  Sprachst.  S.  258  i^ji\^  hha kiij  "Wome;  Jahr  im  alten  zwölfjährigen  Zyklus 
der  Tataren«.  Dementsprechend  heißt  dasselbe  Jahr  heute  in  Ostturkestan  to^^y; 
vgl.  Shaw:  A  sketcli  of  the  turki  language  as  spoken  in  castern  Turkistan.  Kalkutta 
1878  S.  71.   Ebenso  heißt  bei  Ulug-Beg  das  zehnte  Tschagh  des  vvx>riuipov  (J^^b ;  vgl. 

Klaproth   a.  a.  O.    S.  4.       Im    Kitäb -i-tergümän    S.  81 ,  1    findet   sich       L-    (Jj* 
taquq  jyly.  ^.^^ 

^    Vgl.  die  Schreibung  Ji^^  im  Kitäb -i-teryiimän   S.  81,  2. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Sfidtürkisehcn.  II.    235 

Einige  der  alten  Jahresnanien  finden  sich  auch  auf  den  köktürkischen 
Inschriften.  Daselbst  auch  die  ursprüngliche  Konstruktion  jylan  jyl  gegen- 
über dem  jetzigen  azerbajdschanischen  ilan  ili.  Das  ei'stere  bedeutet  »das 
Jahr,  welches  Schlange  ist  oder  heißt«  nach  dem  Reichsgrundgesetz  des 
Türkischen,  daß  alles  bestimmende  vor  dem  zu  bestimmenden  steht.  Die- 
selbe Konstruktion  liegt  auch  in  dem  im  Köktürkischen  öfter  auftretenden 
TürTc  hudun  vor,  über  das  Radi  off  sein  Befremden  ausdrückt,  d.  h.  nach 
meiner  Überzeugung  »das  Volk,  welches  Türk  ist  oder  heißt«.  Sie  hat 
sich  erhalten  in  den  titelhaften  Verbindungen  »Personenname  +  aya, 
bej  u.  ä.«.  Der  Personenname  ist  die  Bestimmung  r.n  dem  aya,  also  muß  er 
voranstehen:  Ahmed  aya  bedeutet  »der  Aga,  welcher  Ahmed  ist  oder  heißt«. 

Übersicht    über   die   Tiernamen    des    Zwölferzyklus. 


Köktürk. 

Pers. 
Tradition. 

Ulugh-Beg. 

Ostturkestan. 

Kitäbi-ter- 
gümän. 

Azeri. 

1. 

sycqan 

hesTiü  ^ 

sacqan 

sycqan 

sycan 

jU^ 

/r 

jU^U 

jU^-o— 

jU- 

2. 

ud 

ut 

ui 

syyyr 

öküz 

^J\ 

ijl 

^j\ 

>r 

'jf3\ 

3. 

pars 

hars 

bars 

pars 

pelefig 

cr> 

^^ 

^^ 

cr> 

dÜb 

4. 

tausqan 

tausqan 

fansqan 

tavysyan 

douMn 

jU^y 

'J<k^yh 

jU^>- 

■j^'^ 

ou,. 

h.  Im,  In 

lüi 

lüi 

balyq 

baly^j 

neheng 

mUL^l 

^J 

^j) 

3^\ 

b 

^ 

6.  ji/Iau 

ji/fan 

jyJan 

ilan 

jylan 

ilan 

J'L'N^ 

j%^^ 

j^C 

d^\ 

j^t. 

j>^j 

7. 

jont 

jond 

at 

at 

a( 

^y. 

-^x 

Ol 

^A 

Ol 

8.  qoj,  qoj 

qoj 

qoj 

(pj 

qojun 

yojun 

^ß 

^ß 

^ß 

öj 

oyj 

9.   h-'icin 

picin 

picin 

majmun 

bicin 

nujinnn 

^x^.. 

'^^v 

J^ 

^rr. 

j^- 

10. 

to%aquj 

daquq 

to/JJ 

taquq 

ynP 

^^^ 

Jyb 

^y 

Öß 

Sß 

^  Vgl.  azerb.  z.B.  bei  Lazareff:  kesken  »Maus-,  das  allerdings  meinem 
Gewährsmann  für  Tebriz  unbekannt  ist,  und  tobolskisch  küskü  »Ratte«. 

2  Daß  tay^quj  »Huhn«  durch  ga^  »Vogel»  und  nicht  durch  tojuy^  »Huhn« 
wiedergegeben  ist,  erklärt  sich  durch  das  Medium  des  Persischen,  denn  pers.   P^ 


236    Foy:  Azorbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 


Köktürk. 

Pars. 
Tradition. 

UJugh-Beg. 

j  Ostturkestan. 

Kitäbi-ter-   1 

gümän. 

Azeri. 

U. 

it 

it 

it 

it 

it 

Z^\ 

C4I 

-^J 

C^\ 

Ol 

12. 

tOMfUZ 

tonFjuz 

trmyuz 

dorf/uz 

doyuz 

6'.  Befinden.    (Unzusammenhängende  Phrasen.) 


1    Kpjfiz  elwalyz  nege  di'{ 

Hcmdilahije  ^,   merhemetizden  jayj'y  dy. 

'üuda  nekerde! 

Ehvalym  me^ißus  dy,  düz  dej. 


5   SoruSmajinen ! 
Nfijiz  di? 

Bu  g'ege   (temam  seh)   schere  Mmin 
g  özüme  Ju<'/u  g  irmijib. 

Coyjy  gyzdyrmam  var. 
Tebih  vmalige  elir. 

10   Hekim  davasy  jijirem. 
Bedenim  gyry%  dy. 

Hes  jerim  tutmyr. 

BaSym  ayyr. 
BaSymda  ayry  var. 
15    Sinem,  garnym  sangy^  dy. 

Disim    sangy    dy,    öe^dirmeHem     oder 

g  erer/^  ce'yndirem. 
Golum  ezab  elir  (ar.  ,_jl-^). 


Wie  ist  Ihr  Befinden? 

Gottlob  ist  es  gut  dank  Ihrer  Barm- 
herzigkeit. 

Das  gebe  Gott  nicht! 

(Mein  Befinden  ist  verwirrt,  ist  nicht 
eben,  d.  h.)  Mein  Befinden  ist  nicht 
so,  wie  es  sein  sollte. 

Ach,  fragen  Sie  nicht! 

Was  fehlt  Ihnen? 

Die  ganze  Nacht  bis  zum  Morgen  ist 
kein  Schlaf  in  meine  Augen  ge- 
kommen. 

Ich   habe  starkes  Fieber. 

Der  Arzt  kuriert  =  ich  bin  in  ärzt- 
licher Behandlung. 

Ich  nehme  Medizin  ein. 

(Mein  Körper  ist  gebrochen,  d.  h.) 
Ich  bin  wie  zerschlagen. 

(Keine  Stelle  an  mir  hält,  d.  h.)  Ich 
bin  überall  wie  gelähmt. 

Ich  habe  Kopfschmerzen. 

Ich  habe  Stechen  in  der  Brust,  im  Bauch. 
Ich    habe   Zalinreißen,    ich   muß   den 

Zahn  ziehen  lassen. 
Ich  habe  am  Arm  auszuhalten  (wörtl. 

mein  Arm  quält). ^ 


mury  »Vogel«  bedeutet  zugleich   »Iluhu..  ,  vgl.  altgr.  l^viq,  cpi/i^c?  -Vogel-  mit  ueugr. 
Y\  opvi^a.   »das  Huhn«. 

1  Aus  <0A)    -^=^  (ohne  Artikel  wie  z.B.  in  Suh.  Solimans  Divaii  ed  G.  .lacob, 

Berlin  1903  S.  87)   +   Dativendung  nach   ^hamd  ol-san  Allaha  .'« 

2  Savyy  von  sang-   »stechen«   ist  sowohl  Substantiv  wie  Adjektiv. 

^  Man  bemerke  das  auch  für  die  osmanische  Phraseologie  wichtige  Prinzip :  bei  den 
Ausdrücken,  die  ein  körperliches  Leiden  betreflen,  wird  der  Name  des  Körpers  (nicht 
vüyüd  wie  im  üsmanischen,  sondern  bcden)  oder  des  betreffenden  Körperteiles  Subjekt. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  IL    237 

Bei  gün  gyzdyrmam  tutdy,  ayjyr  g'etdim  Fünf  Tage  hat  mein  Fieber  angehalten, 
f^lan  mallanyn  janyna,  oywly  tüssiledi,  schließlich  bin  ich  zu  dem  und  dem 
<?o%  süMir,  ref  oldy.  MoUa  gegangen.      Der  hat    es   be- 

sprochen und  beräuchert,  und  so  hat 
es ,  Gott  Lob  und  Dank ,  aufgehört. 
Nezir '  verdi%.  Wir   haben   uns   (=  ich   habe   mich) 

dafür  erkenntlich  gezeigt. 


Nemzime.^  ba'yßy.  ) 
Nemzimi  tutdy.       \ 
Pesabyma  ha<y(ßy. 
Boul  eledim. 
Bir  zat  dej,  tez  g  ecir. 

Tez  ja%cy  olüsan. 


Er  hat  mir  den  Puls  befühlt. 

Er  hat  meinen  Urin   untersucht. 

Ich  habe  Wasser  gelassen. 

Es   hat  nichts   zu   bedeuten,   es   geht 

schnell  vorüber. 
Du  wirst  bald  gesund  sein.  25 


7'.  Höflichkeite 


Xos  gelmisiz! 
Mehebetiz  artyy^  osi 

Xidmetize  jetisduy^. 


Ehvalyz  nege  di?  melalyz  joyjiy  ki. 

Hemdillahie ,  mehebhetizden ;  melalym  da 
olsa,  yidmetize  jetisma<ynan  ref  oldy. 


Insallah,  sihhet^  bedende  siz. 

Bizleri  lap  jadyzdan  c^/a.rdyz. 
Estafrullah  siz  ha  vay^  bizler  in  jadynnan 

cyasyz'^ 
Hegiget  mende  de  teyßir  var. 
Xidmetize  coyjlannan  jetihnedim. 


n    und  Wünsche. 

Seien  Sie  willkommen ! 

Möge  sich  Ihre  Liebe  (Liebenswürdig- 
keit gegen  mich)  mehren! 

Wir  sind  gekommen,  Ihnen  zu  dienen, 
d.  h,  Ihnen  unsere  Aufwartung  zu 
machen. 

Wie  geht  es  Ihnen  ?  Sie  haben  doch 
keine  Sorgen  ? ! 

Go(t  sei  Dank,  nein!  und  wenn  ich 
auch  Sorgen  hätte,  so  wären  sie  da- 
durch verschwunden,  daß  ich  Ihnen 
meine  Aufwartung  machen  darf. 

So  Gott  will,  sind  Sie  bei  gesundem 
Leibe  ^  hoffentlich  sind  Sie  gesund. 

Sie  haben  uns  ganz  vergessen. 

Verhüte  Gott,  wann  werden  Sie  uns 
aus  dem  Gedächtnis  kommen;' 

Wahrhaftig,  ich  habe  auch  Schuld. 

Seit  lange  bin  ich  nicht  zu  Ihrem 
Dienste  gelangt  (d.  h.  seit  lange  habe 
ich  Ihnen  keine  Aiifvv  artunggemacht). 


1  Nezir  (=  arab.  jX  »Gelübde«)  ist  die  »Erkenntlichkeit-,  d.  h.  freiwillige 
Bezahlung  für  einen  im  Sinne  der  barmherzigen  Nächstenliebe  iionn"nell  gratis  ge- 
leisteten Dienst,  namentlich   .»Besprechen»   u.  dgl. 

2  Nemz  =  arab.  if-^  ,  auch  osman.  namz. 

3  Sihhet-beden  kann  auch  als  Adjektiv  gebraucht  werden  =  "gesund.'  z.  B. 
sihhet  beden  bir  kisi  »ein  gesuuder  Mensch..  ,  daher  iiuch  ■•<ih/ict -  hedeii  ,siz ?  »Sind  Sic 
gesund?" 


238    Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

Xejli   ve%t    di   yjdmetke    müserref  ol-    Es   ist  lange  her,   daß  ich  mit  ilirem 

Dienste  geehrt  wurde  (d.  i.  daß  ich 
die  Ehre  hatte,  ihnen  meine  Auf- 
wartmig  zu  machen). 

Bitte,  was  liegt  darin  für  eine  Ver- 
fehlung? 

Sie  haben  zu  bestimmen. 

Mein  Haus  gehört  Ihnen. 

Wie  befinden  sich  Ihre  Herren  Söhne? 

Sie  beten  für  Sie. 


madym. 
Estafrullah  yusur  ßni  ci? 


Siz  sahib-i-iyjijar  siz. 
Bende'Yßne  size  müteelleg  di. 
15    Meyjium-zadelerin  ehvaly  nege  di'i 
Sizi  (Akkusativ!)  dua  elille. 
Diiagyz  dyla. 

Berader  ve  vaVdmin  ehvaly   %osdyl         Sind  Bruder  und  IMutter  wohlauf? 
Selamet  dile.  Sie  sind  gesund. 

20    Idi-serißz  mühare%  nssunl  Ihr  geehrtes  Fest  sei  gesegnet   (d.  h. 

ich  gratuliere  Ihnen  zum  Feste)! 
Size  inSallnh  (auch  issallah)  hu  bajram    So  Gott  will,  sei  Urnen  dieses  Bairani 
mübare%  ossun !  gesegnet  (ich  gratuliere  Ihnen  zum 

Bairam) ! 
Ich  gratuliere  zu  dem  Neugeborenen.' 
Gott  schenke  Ihnen  auch  seinen  Segen! 
(Als    Erwiderung   auf  das  Vorher- 
gehende). 
Ihr  neues  Amt  ist  gesegnet  (ich  gratu- 
liere zu  dem  neuen  Amte). 
25    Cny^  mübareZ/di    (z.  B.    in    Bezug   auf   Sie   sind   sehr  gesegnet.    (Mögen  Sie 
neue  Kleider).  sie  mit  Gesundheit  tragen.) 

Insallah   siz-de    hir  ja%cy  menseb  inen    Hoffentlich  werden  auch  Sie  mit  einem 


Gudum -i- mmreside  müharey^  ossun ! 
Allah  size  de  insallah  keramet  elesin! 


Taza  mensehiz  mübarey^  di. 


serbülend  olüsuz. 


guten  Amte  ausgezeichnet  werden. 


Xejli  veyj  di  ki  sizi  g'örmedim,   co/^    Es  ist  lange  her,  daß  ich  Sie  gesehen 
müstagyzy  cekirdim. 


habe,    ich    hatte 
nach  Ihnen. 


•oße   Sehnsucht 


8'.  Die   Begriffe    >■  1 
'    Munu  Mm  türkige?i  dije  bili? 

Bura  girmay^  olyf 

Jüzmay^  bili. 

Nöker,  eg  er  istir,  getsin. 

5    Munu  bagara  bilmerem. 
Munu  bayardmmaram. 
Biz  senin  dilin  annija  hilmiruy. 
Biz  senin  dilin  annijammiru^/^. 
Biz  g'ere%  gejday^. 


dürfen,    müssen,    sollen.'. 

Wer  kann  dies  auf  Azerbajdschanisch 
sagen? 

Kann  man  (darf  man)  hier  eintreten? 

Er  kann  schwimmen. 

Der  Diener  kann,  wenn  er  will,  fort- 
gehen. 

Icli  kann  das  nicht  machen  (fertig- 
bringen). 

Wir  können  deine  Spraciu^  nicht  \ev- 
stehen. 

Wir  müssen  zurückkehren. 


'jy    M-^   »der  neuangekoiiinicne  Eintritt». 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Sudtürkischen.  II.    239 

Her  kes  g'ere%  öle.  Jeder  Mensch  muß  sterben. 

Hammy  ölegay^.  Alle  müssen  (werden)  sterben. 

SaMt^  oluz!  Schweigt!    Ihr  sollt  schweigen! 

Sesizi  Jcesiz!  Haltet   den   Mund!     (Schneidet   eure 

Stimme  ab!) 
Eg'er  istisen,  y'ederem.  Wenn  Du  es  wünschst,  gehe  ich. 


9'.  Die  Begriffe  »ich  meine,  schwöre,  wette,  fürchte,  bedauere, 
bitte,    danke«. 

Bele  billem^  kihir  hefteden  gaha%g'etdi.    Ich   denke,  daß  er  vor  einer  Woche     l 

abgereist  ist. 

Dürüs^  disen.  Ganz  richtig!     Du  hast  Recht. 

Dür'äs  hujurusuz.  Ganz  richtig!     Sie  haben  Recht. 

Xahis*  elerem.      )  t  i    ,  • 

^         ..^     7  }  Ich  bitte. 

Teveqgu^  elerem.  )  5 

Goro/üram  g  essin  ]  t  .     /.      ,  i   n         , 

^        ,  /  ,  Ich  lürclite,  daß  er  kommt. 

{jror<^uram  g  ele      ) 

Gor'yüram  q  elmesin  )  ,  ,  ■  i   r^  ,      i 

^        ,  '  ,    ..       }  Ich  fürchte,  daß  er  nicht  kommt. 

broryjuram  g  elrnije     ) 

Efsus^  elerem.  Ich  bedauere.  lo 

And  icerem'^ 


n         o     ,  (  Ich  schwöre. 

vrasem^  elerem. 

Andere  Bekräftigungsausdrücke  sind: 
Aduva  and  ossun!  »Schwur  sei    auf  deinen  Namen«    ^= 

So  wahr  du  N.  N.  heißt. 
Sen  diesen!  '  Sterben  sollst  du,  wenn  es  nicht  wahr  ist. 

Ozüm  ölümf  Sterben  will  ich,  wenn  es  nicht  wahr  ist.    15 

Merg  elema<^.  Wetten. 

Bir  mergine !^  Es  gilt  eine  Wette.     Wetten  wir! 


1  Arab.  Cj  t-'. 

2  »Ich  weiß  so,  daß  .  .  .  .» 

^  Pcrs.  0--J.3.  Fehlt  im  Osmanischen. 

*  Pers.    i^JiMy»-    »Wunsch«.     Osm.  rcija  ederiin   »ich  bitte«. 

^  Arab.    ^y.     Im  Osmanischen    selten    und  nur  in  der  Bedeutung   •■  Hollen •<. 

^  Pers.    ^j*-j--91.    Im  Osnianisch.  nur  poetisch,  sonst  teessüf.    Azer'b.  ff.sus  jh- 
»bedauern..  z.  li.  co)(^  rßu.s  jcclim   »ich  habe  sehr  bedauert»  =  pers.  ö-^jy^    (T'^*^'- 

■^  And  icerini  im  Osmanischen  veraltet,  dafür  jemm  ederim. 

^  Arab.  ^r-9. 

^  Osm.   \^y^  *1^    hajfi  tutalym.     Das  arab.    \L^  ist    in    der    osman.    Be- 
deutung "  Wette ..   im  Azeri  nicht  gebräuchhcli. 


240    Foy:  Azerbajgaiii.sclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

10'.    Fünfzig  Sprichwörter. 

(Auf  Entsprechungen    bei   Malla  Mustafa    und    im   Atalar  sözi  weisen   die    den 

Sprichwörtern  beigesetzten  Zahlen  hin,  die  sich  auf  die  Seiten  beziehen.) 

1.  Ayßaran  tapar.  —  Wer  sucht,  der  findet. 

2.  AS  dasanda  cömce^  haha  olar  {oly).  —  Wenn  das  Essen  (die  Suppe) 
riberkocht,  wird  der  Rührlöffel  wertvoll. 

3.  Usa%  jy<)(jjla  jyyjjla  böjür.  —  Das  Kind  wird  groß,  indem  es  oft 
hinfällt  (zusammenbricht). 

4.  Dere  (oder  ara)  yßvet ,  tiilki  hej.  —  Das  Tal  (der  Zwischenrainn) 
ist  leer,  der  Fuchs  ist  Fürst.  —  At.  söz.  50. 

5.  Zijanyn  jarysynnan  gejtmay^  jaycy  dy.  —  Es  ist  gut,  beim  halben 
Schaden  umzukeln-en  (und  nicht  erst  den  ganzen  abzuwarten). 

6.  Atdy  inen  atsyz  hir  dej.  —  Der  Berittene  und  der  Unberittene  sind 
niclit  dasselbe. 

7.  At  almamyädan  tövlesin  haylyry.  —  Bevor  er  das  Pferd  holt ,  macht 
er  den  (seinen)  Stall  zu. 

8.  Milcey^  hir  zad  dej ,  g'öjill  (oder  ürey}  bulandyry{r).  —  Die  Fliege 
ist  nichts,  aber  erregt  Ekel  (wenn  sie  z.  B.  ins  Essen  gefallen  ist).  —  Mal. 
Must.  26.     At.  söz.  AO. 

9.  Jay  jaya  juvusur,  jarmalar'^  javaJi  galy{r).  —  Die  Butter  Hießt  mit  der 
Butter  zusammen  und  die  Jarma  bleiben  geschmacklos.  —  Mal.  Mu.'jt.  24. 
At.  söz.  45. 

10.  Özg  e  atyna  minen  tez  düser.  ■ — -  Wer  das  Pferd  eines  Anderen 
besteigt,  fällt  bald  herunter. 

11.  Kecinin  gotury^  hulayyn  g'özi'ninen  su  icer.  —  Die  räudige  Ziege 
säuft  Wasser  aus  dem  Auge  der  Quelle  (d.  h.  an  dem  Oi'te,  wo  die  Quelle 
hervorströmt).  —  Mal.  Must.  101. 

12.  K'osa  *  g'etdi  seqgel  getire,  hyyy-da  gojdy  g'eldi.  —  Der  Schwachbärtige 
ging  hin,  um  sich  einen  Backenbart  zu  holen,  aber  er  mußte  auch  seinen  Schnurr- 
bart lassen  und  kam  so  zurück.  —  Mal.  Must.  38. 


1  Mein  Herr  Gewährsmann  für  Tebriz  wollte  cömce  als  "Topf-  erklären,  in- 
dem er  wahrscheinlich  an  cölmej(_  dachte.  Aber  diese  Bedeutung  paßt  nicht.  Nach 
Bai  Hasan  Oy\u  bedeutet  cömce  auch  in  Kilis  den  Rührlöffel. 

2  Jarma  ist  dasselbe,  was  die  Osnianen  biilyur  oder  buryul  nennen,  näm- 
lich "gekochtes  und  dann  getrocknetes  und  ausgehülstes  Getreide-,  welches  in  der 
türkischen  Küche  eine  große  Rolle  spielt.  Wer  sich  übrigens  für  türkische  Gerichte 
interessiert,  dem  sei  ein  sehr  reichhaltiges,  von  einer  osmanischen  Dame  verfaßtes 
Kochbuch  em})fohlen:  Fa;)^rijje:  Ev  qadyny  (-Die  Hausfrau-).  Stambul.  Mahmud 
Bejs  Druckerei.     1310.     Darin  zahllose  Zusätze  für  die  Lexika. 

3  Azerb.  (/o^M?- =  osm.  m/m2:  bedeutet  «krätzig,  räudig-.  Radlof fs  Wörterb. 
kennt  qotur  nur  als  Substantiv:   »Krätze,  Räude«. 

*  K'osa,  osm.  kose,  mittel-  und  neugriech.  c-izavög  bedeutet  nicht  immer  »un- 
bärtig-, sondein  auch  «mit  sehwachem  Bartwuchs-,  namentlich  -ohne  Backenbart-. 
Man  weiß,  wie  hoch  dem  Orientalen  der  reiche  Bartwuchs  gilt.  In  der  Yolksliteratur 
treten  die  kösrlcr  und  o-navoi  als  verdächtige,  unheimliche  schlimme  Gesellen  auf 


Foy:  Azerbajgaiiisclic  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    241 

13.  Joyful  ayf.e  tapar,  jer  tapmaz.  —  Der  Arme  findet  Geld,  aber 
einen  Ort  (wo  er  es  aufbewahren  könnte)  findet  er  nicht.  —  Mal.  Must.  38. 

14.  Jemisin  j(i%cysyn  mesede  ca'^al  ßjer.  —  Das  beste  01)st  frißt  im 
Walde  der  Schakal.     (Vgl.  osni.   ^Armudun  ejishii  dayda  ajy  jer>^^.) 

15.  Jüz  jiivunsa ,  arynmaz.  —  Wenn  er  sich  hundertmal  wäscht,  so 
wird  er  doch  nicht  rein.  —  (Vgl.  »Man  kann  keinen  Mohren  weiß  waschen«.) 

1().  Öz  (jabü'^jynnan  je.  —  Iß,  was  vor  dir  selbst  steht.  —  Mal. 
Must.  40.  (Kümmere  dich  um  deine  eigenen  Angelegenheiten,  fege  vor 
deiner  eigenen  Tür.) 

17.  Öz  (jözHnde  o%ii  görmez,  özg  e  g  özünde  tüJcü  g  örer.  —  Im  eigenen 
Auge  sieht  er  den  Pfeil  nicht,  im  Auge  des  Andern  sieht  er  das  Haar. 
(Vgl.  das  evangelische  Wort  vom  Balken  und  Splitter.)  —  Mal.  Must.  42. 

18.  Gecme  pisler  Ttörpisin  (Icörpisinnen) ,  goj  aparsyn  su  seni.  —  Geh 
nicht  über  die  Brücke  schlechter  Menschen ,  lieber  laß  dich  vom  Wasser 
forttragen.  —  Mal.  Must.  46. 

19.  Jatma  tülki  daldasynda,  goj  jesin  jyrtycy  (oder  ganever)  seni.  — 
Ruh  nicht  im  Schatten  des  Fuchses,  lieber  laß  dicli  von  den  reißenden 
Tieren  (wilden  Tieren)  fressen.  —  Mal.  Must.  47. 

20.  Pisijin  ayzy  ele  catmaz,  dijer:  ij  veri{r).  —  Das  Maul  der  Katze 
reicht  nicht  zum  Fleisch  hinan,  da  sagt  sie:  Es  riecht.  (Vgl.  »Die  Trauben 
sind  sauer,  sjjrach  der  Fuchs«.)  —  Mal.  Must.  52. 

21.  G'özsüz  inen  cöre%  jijende  Taryny  arada  g'ör.  —  Wenn  du  mit 
dem  Augenlosen  Brot  ißt,  so  siehe  Gott  zwischen  euch  sitzen.  — ^  Mal. 
Must.  58. 

22.  Dada  dada  gurhilu{r).  —  Durch  vieles  Kosten  wird  es  alle  (z.  B. 
das  Gericht  beim  Zubereiten).  —  Mal.  Must.  60. 

23.  Dama  dama  g  Öl  oly.  —  Durch  vieles  Tröpfeln  entstehen  Teiche. 

24.  Gehhenin  gazandyyy  enniy^  TeirSana  geder.^  —  Der  rote  Puder,  den 
die  Hure  verdient,  geht  für  den  weißen  dahin. 

25.  It  bayyrsayy  (oder  gursayy)  jay  g'ntürmez.  —  Die  Eingeweide 
(Kaidaunen)  des  Hundes  setzen  kein  Fett  an.  —  Mal.  Must.  59.    At.  söz.  15. 

26.  Ag  tojuy^  jatar,  jw/^sunda  dary  g'örü.  —  Das  hungrige  Huhn  geht 
zur  Ruhe  und  sieht  im  Traume  Plirse.  —  Mal.  Must.  93.     At.  söz.  4. 

27.  Islijen  disler.  —  Wer  arbeitet,  hat  zu  beißen. 

28.  It  ag  galanda  esg'i  külüyjeri  ayßaryir).  —  Wenn  der  Hund  hungrig 
ist,  sucht  er  die  alten  Müllhaufen  auf. 

29.  Jurt  jijesiz  galanda  doyuz  tepeje  c^yjir.  — Wenn  die  Jurte  herren- 
los ist,  steigt  das  Schwein  auf  die  Bergspitze  (Anhöhen,  Hügel). 

30.  0ha  durdy  göcmaya,  gelin  durdy  sycmayn.  —  Das  Lager  erhob 
sich,  um  weiter  zu  wandern,  und  die  Braut  erhob  sich,  um  ihre  Notdurft 
zu  verrichten. 

31.  Ozg  e  gapysyn  hayly  istijen  öz  gapysy  bayly  galy{r),  —  Wer  die  Tür 
des  Anderen  geschlossen  zu  sehen  wünscht,  dem  wird  schließlich  selbst  die 
Tür  geschlossen.     (Vgl.   »Wer  andern  eine  Gi-ube  gräbt,  fällt  selbst  hinein«.) 

^  Vgl.  vorher  in  dem  Abschnitt  B. 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  11.  Abt.  16 


242    Foy:  Azerbajgauisclie  Studien  mit  einer  Cliaraktoristik  d.  Südtürkischen.  II. 

32.  Hoj  ynan  pilou  olmaz,  jay  ynan  düji  g  erey^.  —  Durch  Geschrei 
entsteht  kein  Pilaf,  dazu  gehört  Butter  und  Reis. 

33.  Bi-nr  Öz  ülkesin  capar.  —  Der  Schamlose  brandschatzt  seinen 
eigenen  Stamm. 

34.  Ataxijztjn  gicrtnlmaz  isi ,  g  ene  dalyja  gnlchj.  —  Wer  keinen  \'ater 
hat  (wer  eine  Waise  ist),  der  müht  sich  ohne  Ende  und  konmit  doch  iiiclit 
weiter  (wiedei'um  ist  seine  Arbeit  zurückgebüeben). 

35.  Artyy^  istema'^/^  bas  jarnr.  —  Zu  viel  wünschen  spaltet  Köpfe 
(stürzt  in  den  Untergang). 

36.  It  demirciden  ne  aparyrl  —  Was  kann  der  Hund  vom  Schmied 
mitnehmen? 

37.  Gu§  ganadynnan  Mraje  istemez.  —  Der  Vogel  verlangt  keine  INIiete 
von  seinem  Flügel.  —  Mal.  Mu.st.  89.     At.  söz.  33. 

38.  Gona<y^  gonayy  istemez,  ev  jijesi  he.§  hirin.  —  F^in  Gast  kann  den 
andern  nicht  leiden  und  der  Hausherr  alle  beide  nicht.  —  At.  söz.  31. 

39.  Po'^/JJ  gurdaladyyca  iji  artar.  —  Je  mehr  man  den  Kot  rührt,  desto 
mehr  riecht  er.     (Genau  das  deutsche  Sprichwort.) 

40.  Pamhuycynyn  ay  itden  agyyy  g'eli{r).  —  Der  Baumwollenweber 
ärgert  sich  über  den  weißen   Hund. 

41.  Poyjj  deren  elleri  ipey  g  ord'ü ,  dolaSdy.  —  Die  Hände,  die  Kot 
sanmielten ,  sah  die  Seide  und  iieftete  sich  herum. 

42.  Özüvi  jorulmy§  bliesen,  joldaSyvy  ölmuS  hü.  — ■  "\\'enn  du  dich  selbst 
für  ermüdet  hältst,  so  halte  deinen   Reisekameraden  schon  für  gestoi-ben. 

43.  Senin  andyva  inanym ,  tojuyuvyyi  gitjruynna.  —  Deinem  Eide  will 
ich  glauben  und  —  dem  Schwänze  deines  Huhns. 

44.  0^/dan  poy  türer,  poydan  oy^.  —  Aus  dem  Pfeil  konnnt  Sciumitz 
hervor  und  aus  dem  Schmutze  der  Pfeil. 

45.  G'özüJcen  Tcende  ne  heled'i  —  Was  soll  der  Wegweiser  nach  dem 
Dorfe,  das  schon  zu  sehen  ist? 

46.  Güte  g'e'den  öTciiz  g'özünden  tanySyr  {tanylyr).  —  Dem  Ochsen,  der 
an  das  Ptlügen  geht,  ist  es  an  den  Augen  anzusehen. 

47.  Hemsaje  hemsajesi  inen  ten  g'erey;  ten  olmasa,  gen  g erey.  —  Ein 
Nachbar  muß  mit  dem  andern  eng  vei-hunden  sein ;  geht  das  nicht,  so  muß 
er  sich  fernhalten. 

Die  Metapher  ist  schwer  im  Deutschen  wiederzugeben.  Sie  ist  von 
den  Kleidern  entlehnt,  die  entweder  ten  (Leib),  d.  h.  »eng  an  den  Körper 
anschließend«   oder  gen,  d.  h.   »weit«   sind. 

48.  Goldan  gouzijan  az  oly ,  gysdan  coy  oly.  —  Es  sind  wenige  da.  die 
einen  bei  den  Armen  fassen  (um  ihn  aufzurichten),  aber  viele,  die  einen 
bei  den  Beinen  fassen  (und  auf  diese  Weise  am  Aufstehen  hindern). 

49.  Dinmc!  Ver  jan,  gulayyn  kesim!  —  Muckse  nicht!  Halte  her, 
damit  ich  dir  das  Ohr  abschneide! 

50.  A%ceni  jyymay  hasand ',  sayjamay  coy^  cetin.  —  Das  Geld  zu 
sammeln  ist  leicht,  es  zu  behalten  sehr  schwer. 


Hasand  -=^  pcrs.  jU-l. 


Foy:  Azerbajgaiiisflif  Studien  mit  einer  Cluuakteristik  d.  Südtürkisclien.  II.    243 

1.  Zwei  Anekdoten. 

Der  geistreiche  Ar/.t. 

(Tebriz.) 

Bir  nefer  heMm  janyna  yetdi,  dedi  « yarnym  a'^/ryr « ,  ve  dava  istedi.    Hekim     l 
sori/sdy:    ne  jijih  sen?    {jcmLsen?)    Dedi:  janmy.i  (janyy^  cöre^.      Tehih  istedi, 
y  öz'üne  dava  yoja  (yojsun).    Kayjis  dedi:    Ej  hehim,  menim  yarnym  ayryr,  ne 
y  özüvi.    Tehih  dedi:  sene  y  öz  daoasy  lazym  dy,  cän  y  özün  k  or  olmasejdi,  janyy^ 
cöre%  jemozdün.  5 

Der  in  den  Krug  gefallene  Schneider. 
(Tebriz.) 
Bir  seyji  (Jt'si  r^  kisi)  derzi  (%ejjat)  §ehrin  dervazesine  (viilgäi-  dervazasyna) 
./'■''"%  ^'^  ^"^'  (^^y  *^ö!r  idi:  Seherden  cyyccn  yenazelerin  sanyn  hilma^/^  hevesijnen 
bir  k'üze  myydun  asdy.   Ve  her  yenaze-i-ki  seherden  c^yardyla  (oder  c'%af/7a) 
icine  bir  das  atyrdy.  Ve  ajyn  ay^rynda  nece  yenaze  y  ötduylaryny  {aparduyjaryny) 
sajar  ve  k'üzeni  hosaldub  tazadan  asardy.    Vurdy  bir  y  ün  derzi  öldil  ve  bir  nefer   lo 
derzini  a^/dardy.     Tük'anyny  ba^ly  y  örende   hemsajasynnan   sorySdy   ki:    derzi 
harda  dy7  Hemsajasy -  da  dedi:  Küzeje  düsüb. 

Übersetzung. 

1.  Jemand  ging  zu  einem  Arzte,  sagte:  »Mir  tut  der  Älageu  weh- 
und  verlangte  Arznei.  Der  Arzt  fragte:  »Was  hast  du  gegessen?"  Er 
sagte:  »Verbranntes  Brot.«  Der  Arzt  a- erlangte,  er  solle  auf  seine  Augen 
Arznei  tun.  Der  Kranke  sagte:  »Doktor,  der  Magen  tut  mir  weh,  nicht 
die  Augen.«  Der  Arzt  sagte:  »Du  brauchst  Augenarznei,  denn  wenn  deine 
Augen  nicht  blind  wären,  würdest  du  kein  verbranntes  Brot  essen  (oder 
gegessen  haben).« 

2.  Ein  Schneider  besaß  einen  Laden  dicht  am  Stadttor.  Aus  Be- 
gierde, die  Anzahl  der  aus  der  Stadt  kommenden  Leichen  zu  erfahren,  hängte 
er  einen  Krug  am  Nagel  auf.  Und  bei  jeder  Leiche,  die  man  aus  der 
Stadt  hinaustrug,  warf  er  einen  Stein  in  den  Krug  hinein.  Und  am  Ende 
des  Monats  zählte  er  nach,  wie  viel  Leichen  man  hin  weggetragen  hatte, 
leerte  den  Krug  und  hängte  ihn  von  neuem  auf.  Es  traf  sich,  daß  der 
Schneider  eines  Tages  starb  und  jemand  den  Schneider  suchte.  Als  er 
den  Laden  geschlossen  sah,  fragte  er  den  Nachbar,  wo  der  Schneider  sei. 
Der  Nachbar  sagte:     »Er  ist  in  den  Krug  ciefallen.« 


244    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen,  II. 


2.  Gespräch  Nr.  1/ 

Begrüßungen   und  Einladung  zum  Tee. 


(Tebriz.) 
1    (Gruß :)  Selam  elejkViin  { vulg.  melejMlm) !  ] 

(Gegengruß:)  Se/am  e/rjkihn!^  ) 

Bujurun,  ejlesin! 

Kejfiz,  ehvalyz? 
5    Elhemdällah  selamet  uy^ 


Frieden  über  euch!  =  Guten IMorcen 


Merhemetüzden. 
MerhemeMz  artyy^. 

Iltifatyzdan  coy^  j(iyj'y  dy. 

Bizleri  lap  jadyzdnn  cyjirdyz. 
10   Xejr  aa,  estafrulla! 

Neye   oly   M  sizleri  jaddan  c''^/nrdayj 
Size  hemise  iyjasymyz  var. 

Jini  bendede  de  teysir  var. 
Coyßan  dy  ^idmetize  jetismeduy. 

Ehl-ü  cjal  npge  dir? 
15    Diiagy  d^la. 

Bazarda  ne  yj^heretder  vari 

Isiz  g  ügüz  nege  di? 
Hemdillahije.* 
XJsay^,  caj  geAirin  ! 
20    Iltifatyz  artuy^.    hidi  ismi.scm  g  (Imisein. 


Bitte,  setzen  .Sie  sicli! 

Wie  steht's?  wie  geht's? 

Gott    sei   Dank    bin    ich    (eigentUch 

»sind  wir«)  gesund. 
Durch  Ihre  Barmherzigkeit.^ 
Ihre   Barmherzigkeit    ist   zu   groß   = 

Sie  sind  sehr  liebenswürdig. 
Durch  Ihre  Liebenswürdigkeit  ist  meii 

Befinden  sehr  gut. 
Sie  haben  uns  «anz  versessen. 


N( 


mein  Herr,  da  sei  Gott  vor 


Wie  sollte  es  kommen,    daß  wir  Sie 

vergäßen?    Wir   haben   Sie    immer 

in  treuem  Andenken. 
Das  heißt,  ich  habe  auch  Schuld. 
Es  ist  sclion  lange  her,  daß  ich  Ihnen 

keine  Aufwartung  gemacht  habe. 
Wie  geht's  der  Familie? 
O  danke,  gut  (eigentlich :  sie  sind  Beter 

lur  Sie). 
Wie  steht's  mit  dem  Geschäft  ?  (was  fiir 

Nachrichten  gibt's  auf  dem  Markte?) 
Wie  geht  Ihr  Geschäft? 
Gott  sei  Dank. 
Bursche,  bringe  Teel 
Sie   sind   zu  liebenswürdig,   aber  ich 

habe  eben  erst  getrunken,    als  ich 

herkam. 


'  Dieses  und  die  folgenden  kleinen  Gespräche  sind  nicht  Übersetzungen  von 
Vorlagen,  ich  hoffe  vielmehr,  daß  der  Leser  in  ihnen  mit  Vergnügen  etwas  von  der 
Luft  des  azerbajdschanisclien  Lebens  spüren  werde.  Man  bemerke  übrigens,  daß 
sie  nicht  nur  lexikalisch,  sondern  auch  phraseologisch  vom  Osmanisclien  abweidien. 
Wie  weit  hier  persischer  Einfluß  waltet,  wird  in  dem  Abschnitt  J  unter  -Phraseo- 
logie" besprochen. 

2    Osmanisch  heißt  der  Gegengruß:  ve  alejküm  e-sselam. 

*  Nach  orientalischer  Höflichkeit  bezeichnet  man  die  freundliche  Gesinnung 
des  andern  als  Grund  des  eigenen  Wohlseins. 

*  In  dieser  Mißbildung  ist  -j-e  das  türkische  Dativaffix.  Der  erste  Teil  ist 
aus  hcvidü  lillähi  korrumpiert.  Man  glaubte  eines  Dativs  hinter  hemd  zu  be- 
nötigen wie  in  osm.  ha md  olsun  allaha.     Vgl.  S.  236,  Anni.  1, 


Foy:  Azerbajganische  Studien 
,  hur  da -da  bir  ist' k' an  icin. 


it  einer  Charakteristik  cl.  Südtürkischen.  11.    245 


Sei    es!    Trinken  Sie    aber  auch  hier 
*       ein  Glas. 
Ä'a,  hu  sahat  Tiazyrdy,  indi  dem  öekir.    Mein    Herr,    der   Tee    ist    in    diesem 

Augenblick  fertig,  er  zieht  eben. 
Xm6_,  caj  dem  alana  kimin  galjan  yetsinne  !   Gut,  inzwischen,  bis  derTee  gezogen  hat, 

mag  man  eine  Wasserpfeife  bringen! 
(Der  Hausherr  zu  den  Dienern  :) 
Ja'^/fy  hir  galjan^  doldurun! 
Bis  millali ,  hujurun  ! 
Bir  serin  su  iltifat  elijin! 


Äa,    eg  er  meß  hujurursuz, 
(oder  sikengehi)  getsinne. 


Füllt  eine  gute  Wasserpfeife! 
In   Gottes  Namen,  bitte,  rauchen  Sie! 
Darf  ich  um  ein  Glas  frisches  Wasser   25 
bitten  ? 
iskengehi   Mein  Herr,  wenn  Sie  Appetit  darauf 
haben,  lasse  ich  Honigessig  bi'ingen. 
Ich  habe 


Bell,  coy^  jayßy  oly.    Arty%  tesnem  var.    Ja,    das   wäre  sehr  schön 

sehr  großen  Durst. 
(Ji-ennen  sord.)     Äßjet  ossvn,  da!  (Nachdem  er  getrunken.)     Wohl   be- 

komm's,  mein  Herr! 
Allah  ölenlerize  rehmet  elesin !  Gott  erbarme  sich  Ihrer  Toten !  d.  h. 

Ich  danke  herzlich, 
(Caj   icende.)     Caj   hir   %yrda  tel%  di,    (Während  des  Tees.)    Der  Tee  ist  ein 
üsiüne  su  acyn!    (Samavardan.)  bischen    zu    bitter,    lassen   Sie   aus 

dem  Samowar  Wasser  zu! 
Xuh,  hende7ii  müreyjyfs  elijin ,  ki  hevay^    Gut,    aber  jetzt  erlauben  Sie  mir  zu 


olyry. 
A'a,  hara  g  edersizi   Ejlesin ,  Sam  elijin! 

USayJar  nijeran^  olulla. 
\ejr,  siz  yusse  elemijin! 
Indi  adam  g  änderrem,  yfher  veri. 

(Sam  elijende:) 
Bismillah,  gusura  ha^/niijyn! 


gehen,  denn  es  wird  spät. 

Mein  Herr,  wohin?     Bleiben  Sie  doch 
sitzen  und  speisen  Sie  mit  zu  Abend! 

Die  Familie  (eigtl.  Kinder)  wartet  ja. 

Nein,  regen  Sie  sich  nicht  auf! 

Jetzt   schicke  ich  jemand,  der  Nach- 
richt gibt. 

(Beim  Abendessen:) 

In    Gottes    Namen !    d.  h.    Gesegnete 

Mahlzeit!     Nehmen    Sie    mit    dem 

Wenigen  fürlieb !  (wörtl. :  Sehen  Sie 

nicht  auf  den  Mangel!) 

(Jijennen  sord:)  (Nach  dem  Essen:) 

Xudaja  coy^skür!    Snfrez  acy%  ossnn !   Gott    vielen    Dank!    d.  h.    Gesegnete 

Mahlzeit!  Sei  Ihr  Tisch  offen!  d.  h. 
mögen  Sie  immer  in  der  Lage  sein 
zu  bewirten. 


^  Auch  im  Persischen  qaliän  mit  a  und  nicht  mit  e  (ä)  in  der  ersten  Silbe 
(vgl.  Rosen  S.  48).  Arab.  jUp  »Gährung,  Gebrodeb'.  —  Osm.  heißt  die  Wasser- 
pfeife nargile. 

2  Pers.  ö',/*^  nigerän  »schauend«  (osm.  nur  im  hohen  Stile  luid  selten).  Zu 
nijeran  ol-  «warten"   vgl.  ha)(j   ".schauen«,  azerb.  auch   »warten». 


246    Foy:  Azerbaiganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  IL 

(Der  Hausherr  zu  den  Dienern:) 
XJsayJar,  fanasy  jatidyryn  ! 


(Der  Gast  zum  Wirte:) 
XMflfß  hafyz!    Coy^  zehmet  verdri'^/^. 
(Der  Wirt:) 

40    a' nie  hujuru7i,  inSallah. 


Burschen    (oder  Kinder),    steckt   die 
Laterne  an! 

Adieu!     Ich    habe    Sie    sehr   bemiiht. 


Hoffentlich  beehren  Sie  uns  bald  wie- 
der (wörth:  Beheben  Sie  Avieder.  so 
Gott  will). 
Sizlcrde  hizc  hez  hez  tnirzzül  elijin!  Beehren  auch  Sie  uns  hin  und  wieder! 


Ni'ge  hiiiirihle ,  jayj'jj  ohihdij  1 

Coy^  ja%cy  olnh  ! 

Eller  var  (oder  imr  ossun). 

45    El  suju  getirin! 

(Der  Diener  spricht  zum  Gast:) 
Bnji/rtm ,  hnjurun  ! 

(Der  Gast  zu  dem    Diener:) 
T?ir  olasaii.,   isstdlah,   (r-jhnnl 


Wie  hat  man  gekociitl'  War  es  gut 
geraten  ? 

Sehr  gut  geraten  ! 

Die  Hände  (die  diese  Speisen  zube- 
reitet haben)  sollen   leben. 

Bringt  Handwasser! 

Bitte,  l)edi('nen  Sie  sicli! 


Mögest  du  alt  werden,  so   Gott  will, 
mein  Sohn!     (Dankesforniel    einem 
niedriger  Gestellten  gegenübei.) 
Allah    öhnlerüve    {cal  dcjniwe)^    rcliinet    (lott  erbarme  sich  DeinerToten (Deiner 
elesin!  Eltern)! 

(Der  Diener  antwortet:) 


Hern  ci: 


Gleichfalls ! 


50    IWfatyz  nrtyy^.  Sie  sind  sehr  liebenswürdig. 

BayySlijusyz!  (oder  BayysUjyn  !)  \'ei'zeihen  Sic!  (daß  ich  Ihnen  mit  so 

Geringem  aufgewartet  habe.) 
(Bei  der  Abreise:) 
Allah  johizu  acyy^  elesin!  Glückliche  Keise  !    ((icitt  mache  Bu-en 

Weg  ofien!) 


3.    Gespräch  Nr.  2. 

(Tebriz.) 
(Zum  Gasthaus.) 
1    Size  hir  erzim  var.  Ich   habe  ein   Anliegen  an  Sie. 

Bujurvn.  Bitte ! 

Bu  sehrc  taza  varld  ohmimm,  hes  jaiiy   Ich    bin    hier    neu   angekonnnen    und 
tanymyram.  weiß  nirgends  Bescheid. 


'    Der  aral).  Dual,  ö -^\j  wird  in  gewählter  Spraciie   ebenso  wie   im  Osma- 
nischen  für  »Eltern"    "ebiauclit. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    247 

Mene  bir  mihmanyßne  ja  bir  ()i'ra%jeri    Können  Sie  (wöitl.:  Kannst  Du')  mir 
nisan  vere  bilisen?  ein    Gasthaus    odei-    eine  Wohnung 

nachweisen  ? 
JVije?    Bu  jo^uyjir/da  jnyjy  bir   mih-    Warum  nicht?  (wörtl.:  Warum!')  d.h.     5 
manyßne  var.  Gewiß!     Hier  in  der  Nähe  ist  ein 

gutes  Gasthaus. 
Orda  %ure%  de  tapylyf  Kann  man  doi-t  auch  speisen? 

Bell,  her  gi'ir  'yjireyjeri  var.  Jawohl,  dagibt's  alle  möghehen  Speisen. 

Bes^  geye  de  orda  yala  bdleml  Kann    ich    dort   also    auch  zur  Nacht 

bleiben  ? 
Beli,  cn%emir  jer  di,  her  yihetden  rahal   Jawohl,    es    ist    dort   sehr    anständig, 
oJa  bilisiz.  Sie  finden  dort  in  jeder  Beziehung 

Ihre  Bequemlichkeit. 
Otayyn  kirajesi  nece  di?  AVie    stellt    sich    die    Miete    für    das    lo 

Zimmer? 
Bilmirem ,    amma   meselen   bir  yran  bir   Ich  weiß  nicht,  aber  z.B.  1  Gran  1  Ab- 
ahbasy  iki  yrana  kimin,  bele.  bassi   bis    zu  2  Gran,    so  ungefähr. 

Gilyü  zat  orda  joyjhj  kii  Sind    da    nicht   etwa   solche   »kleinen 

Dinger«?^ 
y^ejr,  co--/^  pakize  jer  di.  Nein,  es  ist  dort  sehi-  reinlich 

Pes  (vgl.  oben  8  bes)  yedw/^,   y  öra<y^    Nun,  da  will  ich  einmal  hingehen  und 

neye  oly.  sehen,  wie  es  sich  macht. 

Allah  sayjasyn.  Gott  befohlen!  15 

XoS  y  eidin.  Adieu! 


(Im    Gasthaus.) 
Xnreyjerden  nejiz  vart  Was  haben  Sie  zum  Speisen? 

Jaycy  käftemizvar  ve  cilou  kehab,  berye  AVir  haben  guten  Klops  und  (folgen 
kebab,  lüle  kebab,  bozbas,  aby'nst,  Namen  einheimischer  Gerichte.  Vgl. 
piti ,  dolmamyz  jayßy  jemeli  di,  das  Glossar)  auch  luiser  Fai'ciertes 

ist  sehr  schmackhaft. 
Jüz  altynlyy^  abduy  yeti!  Bringen    Sie    mir    für    2    Sähi    saure 

Buttermilch ! 
Dwyumuz  yurtulub  dy,  serbetimiz  var.      Unsere  Buttermilch  ist  alle  geworden, 

aber  wir  haben  Limonade. 
Ossun!  onnan  ver !  Meinetwegen!   geben   Sie  davon! 

Bir  istik'an   caj  yetsinne   abylimujynan    Lassen  Sie  ein  Glas  Tee  bringen  mit 

bele.  Zitronensaft. 

('aj  taza  dej,  balam!  Ey  er  taza  su  varsa,  Der  Tee  ist  nicht  frisch  ,  mein  Lieber! 
yetsinne!  Wenn  frisches  Wasser  da  ist,  lassen 

Sie  welches  bringen ! 


'  Der  Übergang  von  Sie  zn  Du  ist  für  den  Orientalen  (auch  den  Italicner, 
Griechen  luid  andere  Südeuropäer)  nicht  so  belrenidlicii  \vi(!  für  den  Deutschen. 

2  Anstatt  pes  »also«  wird  fälschlich  aber  häufig,  namentliche  von  Frauen, 
hes  gesprochen.     Bes  "genug»   ist  gleichfalls  in  Gebrauch. 

^    Gemeint  ist  natürlich  Unsicziefer. 


248    Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  IL 


4.   Gespräch  Nr.  3. 

Mittagmahl  im  Garten  und  Gewitter. 
(Tebriz.) 


1    Selam  elejJcüm  (vulg.  melejküm 
Indi  jerinnen  durmüsän  ?    \ 
Indi  j  er  innen  duruhsanf     ) 
Indi  jwyjidan   duruhsän'?   i 

5    'Kejr  da,  indije  Tcirnln  jatylyi 


(Vgl.  >.  Gespräch  Nr.  1.«) 
Bist  du  eben  aufgestanden  ? 


schläft    man    detui 


Nein,    mein  Herr 

bis  jetzt? 
Wo  waren  Sie  also? 
Ich  war  anderswohin  gegangen  =  ich 

war  irgendwohin  gegangen. 
Was  gibt's  Neues? 
Ihre  Gesundheit  (d.h.  die  erfreulichste 

Neuigkeit   ist  die,   daß  Sie  gesund 

sind). 
Vorgestern  waren  wir  in  den  Garten 

gegangen. 
Wer  war  noch  da? 
Alle  Freunde  und  Bekannte  waren  dort. 
Wir    aßen    gutes    Cilou  -  Kebab    (vgl. 

Glossar). 
Um    die   Mittagessenszeit    kam    auch 

mein  älterer  Bruder. 
Nahar  jijennen    sord    hayy    dolandy^    Nach  dem  IVIittagessen  gingen  wir  im 
mive  derdur^,  hir  '-/jjrda  ayayyn  saje-        Garten  umher,  pflückten  Obst  und 


Bes  (statt  pes)  harda  idin? 
Ozg  e  jere  g  etmisdim. 

Ne  yfheretderi  (^^  yaherät  -\-  lar) 
Sayluyiiz. 


10    Isrda  gün  g  etmiMuy^  baya. 

Kim  var  ydy'^ 

Dos  aSyna  tamam  orde:jd^le. 

Jayjiy  cilou  hehab  jeduy.. 

Nahar  cayy  dadasym  da  g  eldi. 


sinde  juyji  ceyduyj. 

Nag  yhan  hava  garysdy,  jel  esinaya  baS- 
lady,  g  öj  g'ür'üldediy  yldyrym  caldy, 
jayy's (rehmet) g eldi, gab  gaca^^  tamam 
bir  birine  garysdy,   gym  gyluy^  gejt- 

Dünen  siz  liardeAdüz'^ 
Biz  bir  nece  nefernen  sykara  getmiS  iduy^. 
Gejden  bas  biz  de  si:i)i  tajyza  döndu^/^. 


schliefen  im  Schatten  eines  kleinen 
Baumes. 

Plötzlich  wiu-de  das  Wetter  trübe,  es 
fing  an,  windig  zu  werden,  es 
donnerte ,  blitzte ,  fing  an  zu  regnen, 
all  unser  Geschirr  geriet  durch- 
einander und  wir  kamen  ganz 
durchnäßt  zurück. 

Und  wo  waren  Sie  gestern? 

leli  war  mit  einigen  Personen  auf  die 
Jagd  gegangen.  Als  wir  zurück- 
kehrten ,  ist  es  uns  ebenso  ergangen 
wie  Ihnen. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Cliaraktcristik  d.  Siidtiirkischen.  II.    249 

5.  Gespräch  Nr.  4. 

(Tebriz.) 
Islamhulda  iki  nefer  arasynda  söhhet. 

1.  Balam,  hir  il  di  heä  g'örünmmen,  liara  g'etmis  idiin? 

2.  Iranda   bir   nece   isim   var   dy,    olary   suret  vernia'yßan  Jana    Tebrize 
g'etmis  idim. 

3.  Xiih!  Tehrizde  ne  var  ne  joy^  dyl    Öörey^  hol  idi? 

4.  Elhemdüllah ,  tamam  zat  {zad)  fravan  ydy. 

5.  Nece  vä%t  orda  galduz  (galdyz)? 

6.  Bir  aj  jarym. 

7.  Xubf  orda  size  jayjy  g'eddt? 

8.  Nije?    Hemise    g  egeler    dos   aA'nalar-nan    bir  jere  jyyysyrdyy^,    dijib 
gülürdtiy^,  yoshes  elirduy^. 

9.  SebSire  g  etirirdile ,  jijerduy^,  g'egeden  bir  nece  sahat  g  ecende  menzile 
gelirdim.     Coy^  j^%}'y  9  (^<^ifdi. 

10.  Xub!   ehli-ejal  nege  dile? 

11.  Hemdillahije ,  tamqm  selamet  dile. 


12.  Sene  bir  g'ülmeli  zad  neyl  elijem.  Bir  g  ün  naliar  cayy  bazardan 
menzile  g'elirdim,jolumy  (Straßenname)  Tcücesinnen  saldym.  USayJar  meni  g  örende 
dedilebes  (statt /»e,«)  men  ermeni  evfi ,  cün  zülflerimi  gyryßyrmamysdym ,  Islambul 
tehrmen  dolanyrdym ,  üzüme  de  yft  gojdurmamysdym.  Jegyn  elirdile  hi  men 
Ermeni  em.  Meni  juyjije  götdüle,  goun  gabuylaryn  basyma  atyrdyla.  Hej, 
dejirdim  ki,  g'ede,  men  müselman  em.  Ayj/r  ellerinnen  gurtuldum,  gaSdym. 
Seheri  g  etdim  dalla%  tüJc'anyna,  verdim  hasymy  dihden  gyryd'la.  Bijol  Micede 
rahat  dolanyrdym.  Mayjes  islerimi  gurtarannan  sora  bir  ba§  Erdebile  g  etdim. 
Orda  da  bir  nece  goume  -  yjsimiz  vardy.      US  g  ün  olaryn  janynda  galdym. 

6.  Gespräch  Nr.  5. 

Mieten  eines  Pferdes. 
(Tebriz.) 

1 .  A. :  Sabah  seher  cayy  Seherden  cyyjigayur/^.  Bu  g  ün  g  erey^  mal 
Tiiraje  elijay^. 

2.  B.:  Eg  er  vayjyz  var,  indibahem  g  eday^.  Carvadar  ynan  danySay^, 
ki  seher  tezdennen  mallary  hazyr  elesin. 

Beli,  jaycy  dijisen.     Geday^,  bu  sahat  gyjmetlerin  kesay^. 
Hara  g'e 
Tebrize  g  i 

Nece  mal  isttsiz?     Gatyr  ossun  ja  mal  (atyi 
Dort  mal  lazim   di.     Biri  esbabdan  Jana  (odei-  esbab  icün),  ü6ü 
miney.     Burdan  Tebrize  neöe  ayaä  (fersey^)  jol  dy'i 

8.  C, :  Sekg'iz  ayas  dy.     Iki  g'üne  jetihiruy. 

9.  A. :  Xub,  malyn  biri  nede  di? 

10.  C. :  Burdan   Terbize  on  iki  gran. 


3.  A 

4.  C 

5.  A 

6.  C 

7.  A 


250    Foy:  Azerl)ajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Siidtrukischen.  II. 

11.  A.:   Ne  danyfiljsan,  ganym'?    Biz  hemise  xekg'iz  grana  tuturuy^. 

12.  C:   Menim   mallar  jayj^y  mal   dy.      Cir/^   rahet  elcsiz  jolda.     Ajry 
mal  ynan  iki  g  ane  Terhize  cata  bilmesiz. 

13.  A.:  Xiih ,  hemihe  seJcg'iz  verirduy^,  amma  hu  jol  doqgnz  ossun. 

14.  C;  Aya ,  ganyva  and  ossun,    hurdan   Terhize  heS  vay^  hir  tämennen 
esg'ije  g  eAmemiswyj. 

15.  A. :  '/o%;,    doqguz  grannan  artyy^  iHirmerny.      Eg  er  istemesen,  özg  e 
jh-dr  mal  coy^  dy. 

IG.     ('.:   Aya ,  hu  giir  cay  mal  tapa  hilmesiz. 

17.  A. :   X7/h ,    iki  grau- da   i'isü'inp.  gojay..      Uc  t ihnen  sekg'iz  gran,    dort 
inat  —  xiesselam! 

18.  ('. :  X?<6,  aa  sizjay^cy  adama  oyjjsyz.  Hesjml  vermesezde,  sizi  aparram. 

19.  A.:  AI  hu  hir  tümm  hej.     Xuda  haßz!  Selier,  amma  tezraymnllary 
cntasan  ha!  G  ün  cyyjnadan  g rrcy^  jollana^/y 

20.  C.:   Omrüz  artyy^     Bas   'äste,  aya. 

7.  Salomonisches  Urteil  Nr.  1. 

(\'()rlag-e:   LazarelT  8.  3,ö.) 
(Unnia.) 

i  Iki   ourat   {arvat)    hir   iisa^//Ia?i   ötiiri   (iitiir) '   gal-tna-gal  elirdiler.^     Ve 

saliydlary  joyjydy.  Her  ikisi  gazy  janyna  getdiler^  ve  insaf  istediler*  Gacy 
gellady  istijih  ve  hujurdy  ki  hu  usayy  iki  parca  ele  ve  ouratlaryn '"  her  hirine 
rer.    Ourat  hu  sözi  esitdikde  "^  yjimus  galdy ''  ve  o  hir  ourat  dad-  u  feriade  has- 

5  lady  ki:  aUahdan  ötür  menim  uMyymy  iki  paj  elcme.  Eg  er  insaf  hele  dir^, 
usayy  istemirem.  Gazy  jegin  eledi  ki:  usayy n  anasy  hu  dyr?  JJ^a^^jy  ona 
tapsyrdy  ve  o  hir  ourata  trmhih  (temheli)  eledi  ve  goudy. 

8.  Salomonisches  Urteil  Nr.  2. 

(Urniia.) 

1  Jki  nefer  öz  malyny  hir  gnry  ourata  (arrata)^^  tapsyrdylar^^  ve  dediler^^ 

ki  her  veytiki  '^  ikimiz  g  eldyyj*,  allyyj''  {alagayyyj.  Bir  nece  g  ilnnen  sorä  olar- 
dan  hir  nefer  gary  arvatyn^^  janyna  g  elüh  ve  dedi:  »menim  äerikim  öldi.  Indi 
maly  mene  verU     Gary   arvat  nacar  oluh  verdi.    Bir  nece  günnen   sora  o  bir^'' 

5  adam  g  elüh  ve  maly  istedi.  Ourat  ^^  dedi  ^^Senin  serikin  gelmisdi  ve  dedi  ki  sen 
ölüb  sen.  Her  ne  gedr  israr  eledim ,  amma  söz'ümi  esitmedi  ve  hamme  '^  maly 
apardy.«-  Bu  adam  ouraty^"  gazy  janyna  aparuh  ve  insaf  istedi.  Gazy  co^/^ 
düsünennen  sord  hildi  ki  ourat  teyjirsiz  dir.^^  Bujurdy  ki:  Siz  evvel  sei't 
elemisdiz  ki  veyti^^  ki  ikimiz  gelende  inaly  alay^.  Öz  serikijin'^^  getir^*  ve 
10    maly  aparg  inen.    Jalguz^^  apara  hil niesen.«.    KiSi  la-gevah  oluhjolunn  tutuh  g  etdi. 


Tebriz:    ^    auch  Jana.         ^    elhlilc.         *   g'ctdile.           *    istedile.  »    üherall 

arvat  statt  ourat.              ^    esidende.               "^    auch  .<^akit  oldy.              ^    di.  '    dy. 

1"    arvada.           "    tapsyrdyla.           '^    dnlilc.          ^^    ^^X:            '*    gMu^.  '^    o//«;^ 

[alayayu)^.            "^    arvadyn.            ^"^    o  bir.             ^^    ai'vat.             '^    malyn  hamntysyn. 

20    arcady.              2'    di.              ^^    va)(.              ^3    serikivil.              2*   geti.  2*  jalyuz. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtiirkisclien    II.    2öl 

9.  Salomonisches  Urteil  Nr.  3. 

(Tebriz.) 

Bir  nöTcer  a'yasynyn  janynnan  gahdy.  Bir  necp.  yi'rnnen  sora  erhohy  hir 
ajry  sehre^  g'etdi  Orda  nöJceri  g'ördi  ve  ony  tuhib  ve  dedi:  7iije  gaMyni  Nöker 
erhabynyn  ja-y/ßsyiinan  tiituh  ve  dedi:  menim  nnkerim!  sen  coy^  jnd  mennen 
oyurladyn  ve  gasdyn.  Jndiki  seni  tapmysam,  sennen  divan  elijegayam.  Xulase 
ikisi  gazy  janyna  getd'le  ve  insqf  istedile.  Gazy  her  ikisini  pengere  gaha- 
yy7ida  durguzdy  ve  bujurdy-ki:  her  ikiz"^  hirden  pengereden  basyzy"^  e-sije* 
c^'^/jidyn.  Cün  baslaryny  esije*  c'-yßrdyh  gazy  geUada  bujurdy-ki:  gylygy 
nöker  in  basyna  vur.  Nöker  cün  bib  sözi  ehidid) ,  hemnn  xmyj' basyny  iceri  cer/di'^' 
ve  ayasy  esla  terpesmedi.     Gazy  nökere  tcnd)ih  {tembeh)  elcdi  ve  ayasyna  tapsyrdy. 

10.  Der  Padischali  und  sein  Diener  auf  dem  Schiff. 

(Vgl.  Lazareff  S.  37  nacli  SaVli). 
(Tebriz.) 

Bir  g  ün  bir  padisah  yulammen  kestide  ejlesmisdi.  Tulam  her  g  iz  derja 
jüzä  g'örmemisdi  ve  kestinin  melmet  ve  zehmetini  annamamySdy.  Bu  gihete  aylijyb 
syzlamaya  baälady.  0  gedr  muna  iltifat  .  ve  nevazis  eledile,  sakit  olmady. 
Padisahyn  niunnan  ougety  coy^  f^^%  oldy.  Kestide  bir  hekim  vor  idi,  padisaJia 
erz  eledi-ki:  eg  er  bujursaz  men  ony  bir  jnlunan  sakit  elerem.  Padisah  dedi: 
Sennen  coy^  memnun  öllam.  Hekim  dedi,  yulainy  der  ja  ja  atdld.  Yulam  bir 
nece  jol  sujun  üstünde  cabalanyb  bu  jana  o  jana  atylannän  sorä  kesti  terefine 
jo'uylasdy,  iki  elinen  keMinin  kenarynnan  tutdy  ve  zülßerr innen  tutub  kestije 
c'yjird'la.  Gedib  bir  g'tisede  ejlesüb  aram  tutdy.  Bu  hal  padisaha  coy^  egib 
g'örünüb  ve  sebebin  s'ü'al  eledi.  Hekim  dedi:  Ej  padi.sah,  hu  yulam  su'a  batyb 
yarb  olmayyn  mehnetü  mesekketin  cekmemisdi  ve  kestide  ej/e.snb  say  selamet  olmayyn 
gädrini  bilmemisdi.  Hem  cinin  afijet  ve  rahatlyyyii  güdr-ä  giinetini  o  kimseler 
bili  ki  gere  g  ünner  ve  müsibetler  ceymis  ola. 

11.  Der  Malla  und  der  Kessel.^ 

(Tebriz.) 

Bir  g  ün  malla  hemsajasynnan  bir  gazan  istedi.  Isin  g  brennen  sord  icine 
bir  yjyrda  cölmey^  9^j(Jy-  Äparyb  ijesine  tapsyrdy.  Ijesi  cölmeji  g'örende  dedi: 
bu  ne-di?  Malla  dedi:  gazan  doydy.  Ijesi  inandy,  doyuh.  Bir  ajry  g  ün  malla 
hemsajasynnan  gazany  g  ene  apardy.  Bir  g  ün  ü$  g  ün  be§  gün  ijesi  bayjly ;  cöl- 
meji malla  getimedi.  Ijesi  getdi  mallanyn  evine ;  gap^ny  döjende  malla  gap^ny 
(r=  gapyny)  acyh  dedi:  ne  istisen?  Ijesi  dedi:  gazanymy  istirem.  Gevabda 
malla  dedi:  gazan  öldi.  Ijesi  dedi:  gazdn-da  öli?  {nlüi)  IMalla  dedi:  doymdna 
{■=^  doymayyrio)  inanysan ,  ölmejne  (=  ölmejine)  jö^/J 

Urmia:    ^    sehere.  *    ikijiz.  ^    hasyjyzy.  *    e'Sige  oder  di.s)(fi,iy. 

'"    växf.  ^    cekdi.  ''    Die   beriilimte  komische  Figur  Meisters  Na.sreddTn, 

dem    die  Osmanen   diese  Anekdote   zuschreiben,    ist  bei  den  eranischen  Türken  be- 
nierkonswerterweise  nicht  populär. 


252    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Sfidtfirkischen.  II. 

12.  Der  Brief  des  stotternden  Solines. 

(Tebriz.) 

Bir  arvaäyn  o^jly  'yurhrtde  idi.  Öz  ,<<ela7nefli/yynnan  nenesine  tefsüen  Tca'^jaz 
jfizdy,  nenesi  kaazy  aparyh  bir  mirzaja  oyjuda.  Mirzanyn  dili  bir  az  ayyr  ol- 
duyy  yehetine  k'ayazy  Tcesile  hesile  o/ijanda  arvat  dedi:  äiiJcr  allalui!  indi  biU 
dim,  hu  haaz  o^jlumnan  dy,  cün  rrjlumyn  dili  bir  az  pelte^'^  di. 


13.  Die  Baumwollendiebe. 

(Uniiia.) 

1  Bir  seherde  bir  pambu%  ambary  oyurlandy.     Fambw^  satardar  padysaha 

ariz  oldylar.^     Padisah  her  nege  teyessüs  eledi,    o^/ryny   tapmady.     Bir  emir  erz 

eledi  M:    «eg  er  ferman  olsun  oyrylary  tutaram.«^     Padsah  hökm  eledi,  emir  öz 

evine   getdi   ve    seherin    böjük    kicyyyyiy^    9f^^^%^yy^    mahanasTnen    i.ftedi.      Ciin 

j  hamme^  adamlar  gern  oldylar^  (jyyy^dylar)*^  ve  ejMdiler'",  emir  o  meglise  g  etdi 
ve  hamme^  adamlaryn  üzüne  ba^dy  ve  dedi:  »iVe  haramzada  (bic)^,  beheja  ve 
ehme%  adam  dylar'^  ki  pambuyy  oyurlijub  ve  pambujyn  'yj/rdaxy  seqgeUerynda 
jer  elijib  ve  menim  meglisime  geUbier. ^  Bi^  nece  nefei'  hemnn  veyj^^  seqgelle- 
ryny  einen  temizlediler.^'^    Melum  oldyki  olar  nyry  dylar.^^    Padsah  emir  in  hikme 

10    tine  aferin  ve  tehsin  eledi. 

14.  Mönch  Gazer  vor  der  Himmelstür. 

Ein  Schwank. 
(Urmia.) 

1  Bir   lief  er   adam  rar  idi.     Bir  g'ün  arratyno  dedi:  Arvat,  vlayy^"^  hazyr 

ele  ve  iki  dane  cayjfr  tiduyy  da  hazyr  ele ,  geday^  genneti  zijaret  ejla%^*{^) 
Bele  er  ve  arvat  ik^si-de  tdaya^^  minib  ve  jola  dilsdider.^''  Javas  javas  gennet 
dervazesinin  janyna  jetisdiler. "     Kisi  dervazany   döjdi,    iceriden   bir  nefer  adam 

5  dedi:  kirn  sen  ve  ne  istisen?  Gevabda  dedi:  men  keäiä  Gazer  em ,  gelmi.sem 
genneti  zijaret  elijem;  as  gap'ny!  Gevabynda  dedi:  gapny  acmam  (asmam).^^ 
Her  kes  gennete  gele  bilmez  meg  er  mügeddes  ve  emin  adam.  Kesis  son/ädy: 
sen  kirn  sen?  ady  ne  dif  Dedi:  men  Musa-j-em.  Kesis  dedi:  sen  o  Mit.9a 
dejP^   sen  ki  adamy   Öldürüb  ve  derja   kenar''nyn  gummida  gojladyn^^'}      Gene 

10  gap^ny  döjdi.  Ibrahim  g eldi  dedi:  kirn  sen?  Gevabda:  kesis  Gazer  em,  gop^ny 
av!  Dedi:  ahnayiam.  Gene  sorusdy:  nije?  Dedi:  her  kes  gennete  gele  bilmez. 
Kesis  sorusdy:   se)i   kirn  sen?    Gevabda:   men  Ibrahim   em.      Kesis  dedi:   se/i  o 


Tebriz :  ^    oldyla.         ^    Sehrin  höjü<(_  ve  kicijini.         ^    hainmy.  *  jyyysdyla. 

^    ejlesdile.  ^    vulgär  bis.              ''    dyla.             ^   gelible.             °    bir.  '"    «a;^. 

'1    temizledile.          ^^    dyla.           ^^    olayy.           ^*    '''y^X"            '^    olaya.  "*    düsdüle. 

'''  jetisdile.  "*    asuiaram,  bilmerem.  '^    de)  sen.  ^o    gujladyn. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Cliarakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    253 

Ibrahim  dejl  *  sen  Tci  Saraja   dedin  menim  hagym  dy  ?  sen  de  g  ünahk  "ar  adam 
sen  hes  nije  gennete  g'elihsenY   Gene  gap^ny  döjdi.     Lut  g'eldi.     Xuld.se  Lut-da 
gap'ny  asmady.     Kesis  sorusdy:   Sen  Mm  -fen?    Gevabda:  men  Init  em.     Kesis    15 
dedi:   sen   o  Lut  dejl  sen^  ki  gyzyyjnan^  jatdyn'i   Gene*  gap'ny  döjdi.     Poulu.s 
g'eldi.     Pmilus  da  gap'ny  asmady.     Kesis  '•/ßber  aldy:  senin   ism  serifin  ne  dif 
Dedi:  men  Pmdns  em,  gapny  aSa  bilmem^.    Dedi:  o  Poulus  dejl  sen  ki  allahyn 
mayjugyne    ezijet   elerdin,    duzaya   salyryrdyni   indi   mügeddes   olub   ve  gennete 
g'elib-sen.     Kesis   her   ci  eledi,   m,ümkin  olmady,    Pmdiisda  gapny  asmady,   hec   20 
e^tina  elemedi.     Gene  gap^ny  caldy.     Semun  g'eldi.     Semun  gapny  da  asmady. 
Kesis  sorusdy:  sen  ne  k'ar  sen?   Gevabda:   men  Semun  em.    Kesis  dedi:  sen  o 
Semun   dejlsen   ki  üs  defe ^  •yxirus  bannijannan  ireli  hezret- i -  Isany  ink  ar  eledin 
(dandynyi     Xulase   Semun -da   gapny   asmddy.     Ayjrilemride   hezret-i-Isa  öz^ 
g'eldi,  sorusdy  ki:  sen  kim  sen?    ne  istisen?    KesiS  dedi:  men  ke.sis  Gazer  em,   2.t 
g elmisem   gennetin   temasasyn   elijem.     Gevabda:   men   seni  tanymyram;  her  kes 
gennete  dayil  ola  bilmez.     KeMS  dedi:  Dünjada  her  kesin  bir  e'ibi  ve  günahy 
var,  sen  o  hezret -i-Isa   dejP  sen  ki  sennen  ötür  Bejtlahymda  on  iki  min  usay^ 
gyrgyna  g'eldi?     Xulase  gapy   acylmady.     Ke-sis  pejderpej  gapny  döjdi.     Birden 
ida^/^^  hürkdi^.    Kesis  jere  düsdi,  ca^/jjr  ttilwyy  jyrtyldi,  börki  hir  terefe  düsdi,    30 
ba.§mayy  bir  terefe.     Börkini  götürüb   ve  puflyjanda  '"  dedi  ayjjr:   bu  zehrimar 
bele  jer  di,  onnan  ötür  (Jana)  coy^  adam  g'elmez. 


15.  Der  Sündenfall. 

(Tebriz.) 

Behisde  perverdig' ar-i-alem  bir  ilan  jaratdy.  Xudavend-i-alem  her  gur 
mivegat  ve  sebzijat  ve  hejvanat  bu  behisde  jaradyb  ve  hezret -i-Ademin  öhdesine^^ 
tapSyrdy  ki  heresine  bir  ad  gojsun  ve  muyjar  eledi  ki  behiStin  hammy  '^  mivesinnen 
jesin  sevaj  bir  alma  ayxgy  ki  behiStin  jeni  gennetin  ortasynde^di.  Bujurdy: 
angay^  munnan  jemijesiz.  Ademnen  Hewa  g'ilnahsyz  jaranyldyla.  ^^  Gün  bu  ilan 
ki  iharet  ossun  ^*  sejtannan  bilirdi  Ademnen  Hewa  g  ünahsyz  dy,  Hewa  ynan 
danysdy,  dedi  ki:  g'örg'inen  bu  alma  ne  g  öjcey}^  di.  Eg  er  munnan  ^^  jesez  coy^ 
egylly  olursyz  ve  ölüm  g'örmijagay^syz  ve  jaycmen  jamanyn  te/avütini  annarsyz. 
Gün  arvat  beguwet^'^  idi,  adama  ki  eri  ossun ^^  dedi:  götü  je!  (oder  götü  ve 
jeg'inen !)  ^^  G  örg'inen,  bu  alma  ne  geseng  di.  Adern  Hevvanin  sözine  ba^/ßy  ve 
jedi.  Allah  g  ünde  bir  defe  (bir  jol)  gelirdi  ve  Adern  ve  Hewa  ynan  söhbet 
elerdi.  Bu  gün  allah  gelende  Adern  özini  g  izletdi.  Allah  Ademi  cayyryb  ve  dedi: 
Adern!  harda  san?  Adern  gevabda  dedi  ki:  Perverdig  ar  -  a !  cün  cylpayam ,  o 
gihete^^  utannam-^,  huzure  g'ekm.  Rebb  ul  alemin  bujurdy:  Jo%sa  alma  ayagynyn 
mivesinnen  ki  yedeyen  eledivi  jemijesiz  jejipsiz?    Adern,  yagaletlyyyyinan-'-  bilmedi 


Tebriz:    ^    de]  sen.  ^    dej  ten.  ^   gyzuvynan.  *    dühnre. 

°    asmaram,  bilmerern         ^  jol.  ''    Jcj.         ^    ola)(.  °    hür)(di.  '"  püJUjende. 

Urniia:    i^    ühdesine.       '^    hamrne.       '^  jaranyldylar.       ^*    olfun.  ^^   göjcek 

1^    bunnan.  '^   zalf.  i*   olsun.  '"   göti  ve  je!         ^o  ^ehete.         ^^  utanyram. 

^-    ^(fyaleidyyynnan. 


254    Foy:  Azerbajganische  Sfiulien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkisclieii.  II. 

ne  deshi.  Mahanasy  var  ydy :  ciin  Hewa  verdi  almany  mene,  o  gihete^  men-de 
jedim.  Allah  Hevvaje  dedi:  sene  kirn  dedi  Tci  almadan  jijesen^  Gevabda  Hewa 
dedi:  ilan  mene  dedi,  eg'er  hu  almadan  jijesiz,  agylly  olusyz.^  Allah  biijurdy: 
ci'm   yedegen    elcdyyym   ayagdan  jediz ,    o  gihete^   sen  lazim  erive*  itdet  elijesen 

20  ve  zehmetnen  zürijet  jeni  usay^  doyasan  ve  jerde  zehmebien  jasijasan.  Ilannan 
senin  zürijetüvün^  arasynda  düsmannyy^gf^agayam.  Ademe  hujvrdy :  cün  menim 
sözime  bayjnadyn,  o  gihete'^  jer  üzinde  zehmetnen  jasijasan ,  ömr linde  annävin' 
terinen  islijesen  ve  cörejnvi^  gazanasan.  Cöl  sene  tik'a?i  c'^^ardagay^,  cün  tor- 
payjJan  g  ötürülmüsen,  torpaya  dönegaysan.     Ilannan  senin  aranda  düSmenyiyy^ 

25  gojagayam  (oder  salagayam).  Ilan  senin  ouladuvyn^  gycymian  sanganda  olar- da 
onun  kellesin  ezelle :  o  va%  y^eberi  oly.  Ilana  bujurdy:  cün  bele  eledin,  insan 
te'ifesi  seni  görende  basuvy^'^  ezegay^  ve  jerde  meVun  sen.  Garnuvyn^^  üstünde 
jerijesen  ve  torpay^  jijesen.  0  gihete  ^^  ilan  allahyn  lenetinde  di.  Bu  yihete  '^ 
de  Allah   Ademnen  Ilevvany  gcnnetden   goudy,   esije ^*   cyartdy.     Allah   behiUin 

30  gapysynda  bir  izrail^'"  gylyc  elinde  garavul  gojdy  ki  behistden  yeberdar  ossun,^^ 
Ademnen  Ilevvany  gojmasyn,  g  ene  behüte  gejtsinneS' 


16.  Selbstbiographie  Däuds. 

(Urmia.) 

1  Men  tcrgüme-i-halymy  size  bejan  elijegayam.    Begeh  el-müreggeb  ajynyn 

mt  birinde  mevaßg  (d.  i.  müvajiq)-i-tariy^-i-mcsihije  sene-i-min  sekg  iz  jüz  atmys 
sekgizde  TJrmi  Sehrinde,  ki  ttvabi-i-Iran  olsun,  G  üljiercen  kendinde  anadan  doyul- 
dum.  Atamyn  ady  NTsän  dy,  anumyn  Nerkis.  Sekg  iz  jasymnan  medreseje  getmay^ 

5  baMadym.  Elif-hej  kitabyny  oyumaya  basladym.  Cün  men  mesihi  cm,  evvel 
nesrani  dilini  oyjumaya  elbette  megbur  idim  baslijim,  cün  ana  dili  dir.  Gedid 
sürjani  (r/udnm  on  iki  jasa  kimin,  an  üc  jasymda  knhne  sürjani  ve  türki- 
i-azirbajgani  oyjumaya  basladyin  ta  on  alty  jasyma  kimin.  On  alty  jaüymda 
erehi  ve   ingliz   Ameriqa    sahablarytiyn   medresesinde   sürü    eledim    ta    ijirmi   iki 

10  jasyma  kimin.  Bu  bejnde  hekiinlyy^  elmini  de  hemun  medresede  tehsil  eledim. 
Ijirmi  iki  jasymda  bizim  veli-ehd  Tebriz  seh/rinnen  TJrmi  seherine  tesrif  apardy. 
Hemun  medrese-i-mezkürde  ki  veli-ehdyn  menzury  oldy  ki  sajirdlerin  dersine 
temasa  elesin  hemun  veyt  da  pisk'ar-y- Azirbajgan  ki  liökmiran-y- Tebriz  olsun, 
veli-ehdyn  destg ahinde  ki  veli-ehd  ynan  gelmi^  di,  cün  bendeni  coy^  Her  bunnan 

15  ireli  tanyrdy,  onun  teSvigmen  veli-ehde  tanyldym.  Xülase  mevaßg -i-hökm-i - 
hezret-i-vala  iki  sefha  farsi  ve  ingliz  yidmetinde  O'^/jidurn.  Coy^  hezz  elediler. 
0  gehete  garar  gojdular  ki  iki  il  Teheranda  darülfünun  tnedresesinde  tekmil- 
i- farsi  ve  inglisi  ve  tebabei  elijim. 

Bari  Teherane  getdim.      Tähsile  mesyul  oldum. 


Uniiia : 

1   yehete. 

2    olysyz.             ^   yehete.            *    erije. 

5    zürijetijin. 

«    yehete. 

'    annyjyn. 

^    cöreyijin.               ^    ouladyjyn. 

'•^    l)a.syjyn. 

1'    garnyjyn. 

12   yehete. 

1^   yehete.           '*    dys-xary.          i'    ezrail. 

'6    oLsun. 

i''    gejt Sinter. 

Foy:  Azerb;ijg;iiiisclit'  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Sfidtilrkisclien.  II.    255 

17.  Beschreibung  von  Urmia. 

(Urmia.) 

Urmi  seheri  höjük  seher  dejl.     Begedri  atmyS  min  gemieti  var.     E^lehi     i 
gemiet  musulman   dy ,    azy  mesüii  di.     Musulman  gemVeü  iJci  fyrya  dy,    coyjf 
sVe   coy^   az  s'ünni.     Mesihi-de  iki  fyrga  dy,   co-yjy  nesrany,  azy  ermeni.     Coy^ 
az  guhud   da   var.     Türhi   dili  ki  azyrhajgan  olsun,    hamme   mayju^/^  danysyr, 
amma   musulmannar   nesrany  ja   ermeni  dili   danysa    hilmezler.     Nesranylar   ve     5 
rrmeniler  usa'y(ly%dan  türhi -de  danysyrlar. 

X.arige    millet-de   az  var  XJrmide ,    anga%  jeng'i   dünja    inglis   ve  franse 
kesisleri  var  ki  mesihi  milletine  terbije  vermaya  orda  dyla. 

Urminin  meheUinde  Kürd  kendleri  var.  Hammesi  ehl-i-tesennün  di  ve 
Kürd  dili  danysyrlar.  Genii  cadyrnisin  dir.  Dayda  coy^  davarlary  var.  Davar  lo 
sütünnen  ve  gajma'^ynnan  sehere  satmaya  getirirler.  Da'^jda  co<y^  at  gelehleri  de 
var.  Coy^  at  alys  veriSi  eleller.  Davar  jününnen  pestek  toyullar  ve  kece  bork 
olsun  gajryllar.  Gordb-da  jünnen  toyullar.  Bazara  getirib  satarlar.  Cöle 
cy%ma%,  kervan  sojma%,  davar  sojma%  at  inek  öküz  gatyr  gelebi  getirmay^  ve 
gege  ve  g  ünnüz  isleri  oyurlicy^  dy.  Islemaya  hec  mejlleri  joydy.  Aralarynda  15 
co%  ejb  di.  Eg'er  bir  adam  oyiirluy^  elemese  ve  elije  bilmese,  melamet  elirler, 
dijerler:  sen  adam  dejl-sen.  Dijerler :  «her  kirn  ki  cölde.  ve  oyurluyda  ve 
devada  ölse,  o  c(r/^  merd  adam  dy.a  Her  kirn  ki  jerinde  nayps  oluh  ve  jatsa, 
ölende  dijerler:  «o  beMMe  g'etmez,  cün  devada  oyurluyßa  ölmejib  di.  Meysus 
mesihileri  snjma%  ve  öldürmay^  olara  ferz  di,  ehsen  dir  ve  sevahdyr.  20 

Bezisi  asire   diler.     Her  kes  özine  bir  baj  dy.     Her  kesin  bir  aty,  nizesi 
ve  gylygy  ve  tüfengi  evde  var,  mehez  oyurluy^  gehetine. 

Urmi  sehrine  ja<-/jyn  bir  kicik  derja  var.  Iki  sahat  atjoly  selwrden  uzay^ 
dyr.  Bu  derja  an  iki  böjäk  cajdan  gajrylyb.  Derjada  coy^  duz  var.  0  gehete 
sujy  iSmeli  dejl.  Gemi  Urmi  yah/jy  derjadan  duz  g'etiriller.  Her  kes  azad  dyr  25 
müfte  g  etsin  duz  g  etirsin.  Mefasyl  \icürt\  derjanyn  cor  sujynin  icinde  cimmay^ 
coy^  meslehet  dir.  G  öz  ayrysy  icün-de,  bezi  merez-i-gild  icün-de  jayjy-dy. 
Kicik  g  emilerimiz  var,  üstündeki  küreknen  ve  jelkennen  sürüller.  Jemeli  gus 
derja  kenarynda  coy^  gonar,  tele  inen  tutallar.  Ilde  bir  defe  temmuz  ajynyn 
ücinde  bu  derjanyn  bir  sennadyry  {sanadyry)  var.  Seher  tezden  gedeller  aysama  30 
kimin  derjada  cimeller  kisiler  bir  tere/de  disiler  (arvatlar)  bir  terefde.^ 


18.  Eingeladen  bei  einer  Studentenfeierliehkeit  in  Berlin. 

(Tebriz.) 

Min  doqguzjüz  üs  taryyjj  bir  gys  g  egesi  Berlin  sehrinde  darylfünun  telebeleri 
terefinnen  bir  teatyrde  ki  adyna  Almany  ■»  Neues  Opernhaus ^i^  dijelle,  devet  ol- 
mySdym,    bele   ki  frengistande  bele  gemietlere  siah  mahnt  paltar  ve  ay  desmal- 


^  Die  Notiz  über  diesen  für  heilkräftig  geltenden  See,  zu  dem  einmal  im 
Jahre,  am  S.Juli,  eine  allgemeine  Wanderung  stattfindet,  erinnert  an  die  evan- 
gelische Ko>.i)p|2/9pa  (Luther:   »Teich")  B>)()ac-5ä  Ev.  Joh.  5,  2  und  ^ik>j:a.\i  Ev.  Joh.  9,  7. 


256    FoY :  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

gerdennen  getma%  deb  di  (resim  di),  hendede  sam  cayy  menzile  y  edih  ser  suretimi 
5  judum,  paltalarymy  evez  eledim,  vd'y^-de  teng  idi,  ayzyma  hir  iki  tiJce  cöre% 
aldym,  tez  vayona  özümi  atdym,  ona  hir  rub  galanda  mehell-i-decete  jetisdim. 
Külahymy  "paltovymy  cyyßryb  ay  deskei  inen  iceri  day(il  eled^le.  Bize  jer  gö- 
sterib  ejlesdim.  Etraf  dourymda  ejlesenler -nen  aSnalyy^  elemaya  hasladym.  Bir 
janymda  sahybmensebler,  bir  janymda  alimler  ejlesmis  idile.    Arvadlaryn  nvmqy^y 

10  äste  idi.  Amma  hezi  kisilerde  olarnan  bahem  ejlesmis  id^le,  muzyqancylarda 
arvadlaryn  seffinde.  Bezi  meruf  Sey^sler  nütq  eled^le,  ki  bezi  sözler  coy^ 
yerib  ve  bimünasyb  idi^.  Arada  bir  huzzar  ve  sajirdler  ve  muziqancylar 
terennüm  ve  teyenni  ejledle  ki  hegigcten  g  örniaya  ve  eSitmaya  sajeste  idi.  Xulasa 
ab-i-gou   icird'le.     Sajirdlerden   biri  gyjam   eledi.     Hüzzardan   hezi  müteher   ve 

15  meritf  keslerin  ziyj"  elijih  erz-i-tesekkür  elirdi.  Bu  mijanda  fagirin-de  ismin 
jad  eled^le.  Varih  bir  adet  gördüm.  ki  onnan  coy^  %oium  geldi,  ki  ö-da  her 
kesin-ki  ismin  ziyj  elijird^le,  gylyslaryn  jere  vururd^la.  Daha  hir  yarih  zad 
gördüm.  0  kesi-ki  nütkün  elijih  gutardy,  sajirdlerin  re^isi  m.eliell-i  mey^susinnen 
ajaya  durub  nütq  elijene  hejan-i-tesekkiir  ve  selametlyyyna  Tiammy  birden  ab-i- 

20  goulary  haSlaryna  tikird^le  jeni  bir  nefesde  hammysyn  icirdle  ve  gilaslary  ellerinde 
tutub  mizlerin  üstime  vururd^la  ve  «bir,  iki,  üs«  dijende  Sest  inen  mizin  üstüne 
calyrdyla.     Bizim  gilaslar  olsa  ne  hasy  galy  ne  dibi. 


V. 
Geschichte  von  der  alten  Frau  und  ihrer  Katze. 

Lazarett"  (Mü.skMU   186(;),  Seite   Vi.  nach  persischer  VuHage.^ 
^.ib    (iX"jl     Jj^^CilA.    j     J    {S^jJ3\    -^^    3^     (.5«^j^^"    Oj.:^     \S  ^x\ 

oXl^j\   (J\',jl_j>.i  l5^^^   £^i:ijjJ    ^JLi    j    ^_*i=-  "Ou-jl   >JLiloi.i  4-^3 

'  Der  Gewährsmaiai  meint,  Reden  ühe  Pohtik,  die  nach  seinem  Gefüld  hei 
einer  solchen  Studeiitenfeierlichkeit  nicht  vorkommen  sollten. 

2  Die  Schreib-  und  Druckfehler  des  Originals  sind  stillschweigend  \erbessert 
worden ,  aber  nicht  die  Orthographie  und  die  Inkonsequenzen  der  Schreibungen. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  eiiier  Charakteristik  d.  Südtürkisclieu.  II.    257 

j^  4_«ljl  j-OisW  öy^  3  iS^J3jy^  J^  j^^-'i  ^^j^  <^3y   3^\J>- 

iJAiI    D-Ciia)»J    dX^Li'jl     Las-     ^^    /^jljl    Q  .lal    j    iJ^    4—'    j-^-'    '^' 

d\:.jlj  J^ljl  «Jl"j  j^>^  (3«J   j^^"  jV  O^j^y^  J^3y^  «o  jj'jl  20 
'j^\  diiALi^il)  ^Oijj  _j)    »_jj-X)l  Zji^  J_^3\  '^  J^3  (*^-="   »iA_Lj^  .x^ 

J.»Ij      <C-<^ijJ»-     dAJtil^jl       V-^J^     Oy     ^      <0o-^l     eA^J     v_j_^    ij^^-^     °J^ 
AC-U-l     j-V«b     (^-Xjli*     j\o-     ojl"     J     LjS     eAl—ojt«     (iiiöAC-J     _^     ^-IJ     dX^J^     25 

^<^\j   j-oJl   ^o_^  vi^Lii  <j:-\JI   ojj^  dxl*l  Uj  ^j  «jU^ 
jAil  jbjj  oc-li  (_/^T  i/'jj-^j^  ^ü  ^j3\  ^^\  j-^l^»"  ^\ä  tiSvijlS^Uä» 

^jy->-  oj^  «^--^jl  siS^A-^iy-  (il^Ujl)^  j^^„  ^j\  öy  j  j-^-^.. 


'  80  lese  ich  statt  des  siiuiloseii  <X-(^  und  nehme  an,  daß  nacli  dem  be- 
kannten Prinzipe  der  azerbajdsclianischen  Metathese  für  osm.  qnlhur  ein  garhyl 
gesagt  werden  kann. 

2    Gebraucht  man  wirklich    \^\  anstatt  (JUTl? 
Mite.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.    II.  Abt.  17 


258    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II. 

^\     ^j\     aJS    AJL-jl     i^vieyL^     oJ-^1      ^^,r^     -^^-^      ^    ^"    ^y^JJ-^     eJSöyL- 

(kon-.  (3-»-v,'l)  ^_^~j1  tiSv-UUis  j_^   j-^^t--   (j-\!\ö-  ^   ^-ij    tiAi-'jli  ^'j--jjl 

JUJ::.yy^   «Cli   ^5^    dSojlj    jjijl   Aju>^l'  jCj:?  J;    J^,-J-?\  aI-Ol.»,   dXj\ 

40    cf"J    ^f^,^    "V^     ly'^ß    j-^-^l    «-^=-jl    ^JJ^    y^    ^.^}    J,^     oj-^__ls    J^ 

.;;;  jv^>.   ^iJ:J\   ji    jfi>   v_-)j-^l    C-c-li   <^S   oiU'j^   '^'Ij'J   ^i>-^jls 

Anfang  einer  Teufel-  und  Mensehenkomödie  von  der  Erfindung 
des  Schnapses. 

Evvplimgi  hräbcij. 
(Übersetzer:  Sultan  Megid  TanT  Zäde.    Baku,  den  31.  Mai  1895  =  18.  Di'l-higge  1312.) 

Das  Titclljlatt   des   mir   vorliegenden  Druckes   fehlt.     Aber   über   der 
Vorrede  (Mu(]addeine)  stehen  die  Verse 

»Wer  vor  undenklichen  Zeiten  den  Schnaps  erfunden  hat, 
»Will  ich  euch  sagen.     Denkt  daran! 

Auf  die  Vorrede  .S.  I — VII  folgt  auf  unpaginierter  Seite  der  Titel 

»Komödie.  —  Der  erste  Schankw  irt.^  —  Werk  Leo  Tolstois.« 
Ich   habe   mich   vergeblich   bemüht,    das  Oi-iginal   dieser  Komödie  in 
den  Sammlungen  Tolstoischer  Werke  zu  finden;  es  braucht  aber  trotzdem 
keine  Mystifikation   von    Seiten    des    Herausgebers    des   azerbajdschanischen 


1  Serahey  bedeutet  eigentlich  «Weinwirt",  da  es  sich  aber  in  der  ganzen 
Komödie  nur  um  t3i/^  handelt,  so  ist  klar,  daß  Serabcy  notwendigerweise  auch  die 
weitere  Bedeutung  -Schankwirt»  haben  muß.  Man  bedenke,  daß  der  Weingenuß 
dem  MuhanuMcdaiier  verboten  und  der  Weinwirt  verpönt  ist. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Südtürkischen.  II.    259 

Textes  vorzuliegen,  denn  Tolstois  Werke  sind  ja  so  zahlreich  und  ver- 
streut. Der  Ausdruck  des  a/.erbajdschanischen  Textes  hat  gar  nichts  Ge- 
zwungenes, sondern  ist  köstlich  frisch  und  natürlich  und  deshalb  für  uns 
hervorragend  instruktiv. 

Auf  das  ..Personenverzeichnis",  genannt  ^'^  J>j*>1  ^\^\,  folgt  dann: 

{jy^    ^J3\    Jjl    >— '^^    O^J     oJK^    J^jy^    JstJL    c/"-^*^ 

OJl  ..♦  jlij  *  jli.:  !  jAä-y  j^  o-Ult  (^l_J->-  j-CJäÄ!  4Ai|  e-dj.i  I  U  JJ 
.(j_^Jrp      «4l_^   -O      ^3Jy  f    ^'^f    <=-=-iljL)      jV^     '^jI     o.i^__lLiJl     ^ 

iJj^  A^ji  ljj3  ^_  ^ijjT  e-ü^  j.i_j)j  j^  .  ^Uj^l  ^^  L.1  (j^^yj) 

^\     <^^     !  J-^_J>      e.ioJ>J^      .    .    ♦     >_jjJIs     o-Cu|     dSvi^^J     JS-^     (^^J^      f^'". 

.  .  ♦    ?  (^-\)jl   <5-!:J  j-ilj^_  -^-'^   cri    •  ♦  •    !  -'■^ 

'    Gemeint  ist  offenbar  pcrsiscli    Jj  .     —     ^    Wohl  falsch  l'fir  öjj^^- 

17* 


260    Foy:  Azerbajganisclie  Stuflieii  mit  einer  Charakteiistik  d.Südtürkischen.  II. 


8\ 

Anfang  der  Komödie:    Eweli  henek',  ayjri  dejenek'   »Zuerst 

Causerie,  dann  der  Stock«. 

(Verfasser:     Mlrza  'Abdu'l-p(^aliq  Ä_)^öndofF.       Baku,    Druckerei    und    Bucliliandluug 
"Achondoff..   1319  =  1901  n.  Chr.) 

J\ 


\'on  den  liier  aufgeführten  zahlreichen  Personen  interessieren   fiir  das 
Verständnis  der  folgenden  Textprobe  nur: 

C5-    u^-^^L*'    jy^3    lTW    —    c^j-^ 


^  Dies  ist  offenbar  das  aral)ische  iZX>-  «Gaumen",  also,  wenn  man  es  nicht 
als  völlig  turkisiert  ansehen  will,  richtiger  mit  j^  zu  schreiben.  Hr.  M.  Hasan 
kennt  das  Wort  in  der  hier  vorliegenden  Bedeutung  nicht,  doch  wird  es  von  Hrn. 
Bai  Hasan  *dy\\x  für  Kilis  bestätigt. 

2  Grajibisch  sehr  merkwürdig  ist  es.  daß  die  Henize  auch  vor  J  »und»  ge- 
setzt ist. 

3  Vgl.  was  in  Abschnitt  C  (Schmidts  Liste)  zu  tjrye  börki  bemerkt  ist. 


Foy:  Azerbajganisclie  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  Siidtürkisclieii.  II.    261 
^jl_j    4_u-oA_i:-ls    ^\j\    ^vl-wJlj^    jLJs»j|    o-O-^J    jyl«j    t/"W 

(_;wib    «J_^--'    (^yl;b   t>x*^    Jj^)    ^^^-^ 

jySj^\  ^J^  c^\j  'Cj\  o^\jj\  ^^  '-jy,^  (S-^^J^  o-^\jy^  ß^  ojr^  20 
j    •  •  •  jij\  j^  (il*:^  o^\^  o:ij  ^-*  Ul   .  ♦  •  ^j4!L'_5>   ^J^^j^ 

^5j3  ^^^    ^.)3\   <;3j^    '»J>-'   JJ-^J^  -iJ-i   ^    jj— ^b   4;^-«  <Js   <^' 
oJkäVT  j- j- J   jU   tlA-i'   A3     Joilj    j_^l    -jU   4^_   (^AjlJS'   'UaJI'Ij  jAS   j   Lad 

o"^  ^jJol  JpL^I  jbjMxV   öjoaJiS^, — ^Ij   e^'L^  j^o    4|_1   jIjjT 


262    Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristik' d.Südtürkischen.  II. 


J^^ 


^J^\\ 


jl5  y_j  a;  i]j^r^_^^'b  ^.  j^J  J*^  ci:^'  S'^f^. 


J3^  J^}  j,  y.   J^lJ   'c^jf-  ^J^  J^  J^  "^^  ^1:^  J^.^.  '^^.-i  s^ 

(JJ-^Jy       '-^J        j^j^       «J-Ub      t>-ljl      jjj^^\      ^y      J^      CJb>::i-      ^jI      **— ^^. 

*^U.Llj'b   jy-  ejl>'   j>^l   j>-   ^  \jy.    J^  -ibjT  ciT  (j;^ 
1    Der  Text  hat  lalschlich:     }. 


Foy:  Azerbajganische  Studien  mit  einer  Charakteristiii  d.  Siidtnrkisclien.  II.    263 

Aus  dem  Täriy^-i-muqaddes  (Tiflis  1899). 

a)   Geschichte  von  Iva  in  und  Abel. 

ö^^^ß,  j^\  ^\  j^  ^j  j     .^s-^\  j\j\Sj\  jy_ß  J-r:^  ^  ^-^J 

^oljl  ^^_^j   öjl   >-jj->"J  -^^-^   OlL^   ^Uii  ojj)    <_sx^  _^      .(^4)^1  ->j 
i_j.ujj  iJjUlc  ^j^  fv/^^^  '-'^  "^  cT*  ^•^'-'^-*^^  -^^-^  <6^j-\Jjl  ^  ^j--'» 

düj^wj    ojyCj\    *>LJ1    aJip    o-vJ:  o-U^y.   ^UU  JU  -uil   jVj^   j^^nr* 

b)    Die  sogenannte  Flucht  INIuh  am  nieds. 

^_jy.s-y     4>0-\w«    4_5^U|j     (-iA^j'    ^^       JL'LU—o    jVj^    0J.6-*    '4---*J 

'Sj^f^  Sx^ ^)     '^^  ^ß  f*>^l  clr-i  «-^bj!  «äS^-^jy  ^^_y  J''^ 
jfuJ    ^^1    ^'    ^1    jj4-a^    0^   4$^-Cl    C-i>cLÄ«    4^     ^3-^\    ^^-^    oj    j 

^"-^^  jVjl   y~^W  «^-Jci   dX'jl  ^L"^j     .  j_^l   ^,rr^   <^OA_«   ,^_-\!jl 


2G4    Foy:  Azerl)aj^anische  Studien  mit  einer  Charakteristik  d.  STidtürkisclien.  II. 
<i^J>-    ^j_^lr    eXy\    iJ^    y\    j    oXy\    jj\    ^y^J    Cjj^^    J^j~-^ 

^    e^^AJl     'dt     A_l^     e^_^    j-J«'^         .jjJv>-4»j'J     ojj     jy     \ji\     ^^jyS 
<j5^-\Jbl     JK9     ^JJjP     ^_ylJü%j    ^'jy    dWojjl     (5'*'J*^^     cA)jl     ^    J    ^-üs 

^_^A=tJ    ^>1^J>J_«J  l     -^^^-J^      •  ^.-^^   j-^bj^   J  J-^3>    ^J^^Jt-^  «^bj\ 

y     J        .     JbJw^     iC^*^    Ast-^w«     ^     eJjJ      "^(/^^     "-J  J'^-*^»--      « -b_y         .^y^A-ljj 
*C^4).^     o3^'    "^     "^-^    t5^^^     4^^     *->b^ 

5^ 

Aus  Amirehanianz'  Übersetzung  des  Alten  Testaments 

(Leipzig  1891). 

1.  Mosis    4,  1  ff". 

1   iS-^3^  ^li  ^j'j^  4*W  *-3j^  j  o^:-  jl^^  jjy^  jjl  ^^1  j   > 
(j'^  ojj^  j-^M  j^  j    r      iS-^)  (j^\  «-i  t>^  ^j'j^  o^^  0x>* 

^jy>-     ^^^    jV,_\s     J     (^A-J^J     ^iii     <^l_/    (j-'jl    J     «^Is     LI      0          ti-V^J     JäJ 
10    oJo'Vjl    «-^Lr^    Jjl    LI    (_^.Aj_.i    4^    l5^^-^^*    3j^    J^_    älj    J    A      ^\    -i'*^ 

(^-\o_j  o\;  ^j  j  ^    ci.3j-\ljl  Jj^  ^yJ-\5  <^3\  ^y  J'-'^^J  3j^  älj 


Foy:  Azerbajgaiiisclie  Studica  mit  einer  Charaicteiistik  d.  Südtiirkiselien.  II.    2G5 
A   ^\^   ^jaJl\^^   ^   J^   f^r^    ^-^J^   ^^-^^    <^b_/    J;^    j^   (J^* 

v-J-Vjl   ^j^j^  3  »jbl   "-^^^  jj— «j^J  '^^  ^y^^   JJ^ 
b)   l.Mosis  8,20ff. 

iJVf  cT^^  '^^  oXJ^\  ^_/U  j^   Uj  jr  rr     p-i^l  4S<5>iJ  A:>-<uJj^l  C~**) 
c)   1.  Mosis  18. 

o-C^^J     (j'y      e.ijl     J     ^S>jf  oXZ\}kJLX^     \J.     ^«i\     oJJ      N  1 

jj_^    J^_-\^l     ^_y__jjls    J-lJ'jf   J     V       tiJ«l    ^jl^jyjl    «AL.'^ls    ^-'^y 
OjJUl^l     jjjl     jAL-j^ls     öj-i\c-    ^3jf  J    J^JJJ^    «-^'t    (.r^  ^-'^ 

c^Jjl  j~-o^^  '^^  jj'__e-^  (^yj^  j"^'ji  ^j^  j^r"  "^J^  j-^V,-? 

5><i)l     -41     j_jA)J>     <i5<5t-J     J^_A)J 


Richtig  azerb.  c j^pSjjl  . 

(Unmittelbare  Fortsetzung  im  näclisten  Bande.) 


266 


Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq. 

m. 

Von  Bruno  Meissner 
(mit  Beiträgen  von  Littmann,  Völlers  und   Weissbach). 


L/ie  von  mir  in  diesen  Mitteilungen  V,  77 — 131  und  VI,  57—125  veröffent- 
lichten Gedichte  habe  ich  ebenso  wie  die  neuarabischen  Sprichwörter  und 
Rätsel  (Mitt.  IV,  137 — 174)  und  die  neuarabischen  Geschichten  (BA.  V,  Iff.) 
während  meines  Aufenthalts  auf  den  Ruinen  von  Babylon  (vom  22.  März 
1899  bis  13.  April  1900)  gesammelt.  Meine  Gewährsmänner  waren  Jusuf 
Nelson  und  Resid  ecCai-F,  über  die  man  die  Notizen  in  diesen  Mittei- 
lungen IV,  137  vergleiche.  Von  dem  ersten  stammen  her:  die  vier  Stro[)hen 
der  Redde  Nr.  3;  von  den  Ataben  Nr.  1 — 16;  von  den  Lamis  Nr.  1  —  0. 
Alles  übrige  verdanke  ich  Reschid.  Jedoch  ist  zu  bemerken,  daß  ich  auch 
die  von  Nelson  überlieferten  Gedichte  mit  Reschid  alle  noch  mehrmals  durch- 
gegangen bin  und  sie  in  der  von  ihm  emendierten  Gestalt  veröffentlicht 
habe,  da  sie  sich  sehr  häufig  in  großer  Verwirrung  befanden.  Ubeihaiq^t 
sind  Städter  meist  keine  guten  Erklärer  von  Gedichten. 

Den  arabischen  Text  habe  ich  mit  allen  Fehlern  so  abgedruckt,  wie 
er  mir  aufgeschrieben  wurde.  Bei  der  Umschrift  habe  ich  die  Lieder  so 
gegeben,  wie  sie  mir  mündlich  vorgesprochen  wurden.  Beim  Singen  re- 
präsentieren sie  sich  vielfach  ganz  anders  (z.B.  durch  Zusnnunenziehen  zweier 
Silben  oder  Trennung  einer  einzigen  in  zwei,  durch  Zusatzvokale  usw.), 
so  daß  auf  diese  Weise  eine  ganze  Anzahl  von  Verstößen  gegen  das  Metrum 
vermieden  werden.  Alle  Schäden  zu  heilen  ist  aber  trotz  der  metrischen 
Biegsamkeit  der  neuarabischen  Dialekte  nicht  möglich;  es  bleiben  immer 
eine  große  Anzahl  Stellen  übrig,  die  sich  dem  metrischen  Schema  nicht 
fügen.  Man  müßte  nun  annehmen,  entweder  daß  hier  eine  falsche  Über- 
lieferung vorliege,  oder  daß  den  modernen  Arabern  der  strenge  Sinn  für 
Metrik  al)handen  gekommen  ist.  Es  .scheint  fast,  als  ob  die  zweite  Mög- 
lichkeit die  zutreffende  sei.  Wenigstens  berichtet  mir  Hr.  Dr.  Weissbach, 
daß  Reschid,  als  er  den  ersten  Teil  meiner  Gedichte  mit  ihm  noch  einmal 
durchging,  von  keiner  metrischen  Veränderung  etwas  wissen  wollte.  Deshalb 
halte  ich  es  auch  für  gefähi-lich,  in  solchen  Fällen  den  Text  emendieren 
zu  wollen.  Die  Dichtungsart  war  und  ist  gewiß  immer  quantitierend;  in- 
des ist  in  der  modernen  Poesie  eine  solche  Verwilderung  (s.  Sachau,  Ara- 
bische Volkslieder  aus  Mesopotamien  S.  5)   eingerissen ,   daJß   dieses  Prinzip 


Meissner:   Neuambisclie  Gediclite  aus  dem  Iraq.    III.  267 

vielfach  durchbrochen  wird.     Allerdings  haben   sich  die  meisten  Rawis   ein 
gutes  metrisches  Gefühl  bewahrt. 

Das  Gedicht  der  Überschrift  ist  wohl  literarisch  beeinflußt.  Es  wird 
häufig  als  Motto  an  den  Anfang  von  Gedichtsammlungen  gesetzt. 

Die  Murabbas  sind  Vierzeiler,  welchen  als  -Kopf«  (ra*  elhact)  ein  Zwei- 
zeiler vorangeht,  dessen  beide  Hälften  sich  reimen.  Von  den  Vierzeilern 
reimt  1,  2,  3,  während  4  immer  denselben  Reim  wie  der  Koj)f  hat.  Es 
gilt  als  schön,  daß  das  letzte  oder  die  beiden  letzten  Woi'te  von  4  die  neue 
Stroplie  wieder  beginnen.  Auf  diese  Weise  wird  es  dem  Rawi  auch  er- 
leichtert, die  Reihenfolge  der  Strophen  zu  behalten.  Beim  Singen  beginnt 
man  mit  dem  Kopf,  es  folgt  Strophe  1,  dann  wird  der  Kopf  wiederholt, 
es  folgt  Strophe  2,  und  so  geht  es  weiter  in  der  Art,  daß  zwischen  jeder 
Strophe  der  Kopf  von  neuem  rezitiert  wird.  Das  Metrum  scheint  eine  Art 
Basit  zu  sein  nach  dem  Schema 

l-.-l ^ 

Nicht  in  dieses  Schema  fügen  sich  die  Lieder  der  Mekkije  tuid  der 
Tirnie.  Sie  haben  zwar  auch  einen  Koj)f,  beobachten  aber  nicht  die  Regel, 
daß  das  letzte  Wort  der  Strophe  am  Anfange  der  nächsten  wieder  aufzunehmen 
ist,  und  auch  das  Metrum  ist  verschieden.  Es  ist  recht  verdorben  bei  den 
Liedern  der  Mekkije,  etwas  besser  bei  den  Tirme- Liedern.  Vielleicht  ist 
als  Schema  für  die  beiden 

--._l-.-l__.-l-- 
anzusetzen. 

Die  Redde  besteht  aus  dem  Kopfe,  der  meist  ein  Zweizeiler  ist,  dann 
folgen  Viei'zeiler.  Von  ihnen  reimt  1,  2,  3,  der  vierte  Vers  scheint  allein 
zu  stehen ,  sich  auch  nicht  auf  den  Kopf  reimen  zu  müssen.  Indes  habe 
ich  in  bezug  auf  diesen  Punkt  meine  Bedenken.  Vielleicht  ist  die  erste  Redde 
in  Unordnung  derart,  daß  hier  verschiedene  auf  r  und  i  reimende  Verse 
durcheinander  gewürfelt  wären.  In  der  zweiten  Redde  ^  die  übrigens  einen 
sondeibaren,  vierzeiligen  Kopf  hat,  reimt  Vers  4  immer  auf  die  Schhißzeile 
des  Kopfes.  Die  Gedichtart  soll  ihren  Namen  davon  haben,  daß  jemand 
mit  dem  Kopf  beginnt,  dann  antwortet  ein  anderer,  der  erste  erwidert 
{ieridd)  darauf  usw.     Das  Metrum  ist  ein  verkürztes  Regez  nach  dem  Schema 


Die  unter  Redde  Nr.  3  mitgeteilten  Strophen,  die  mir  J.  Nelson  zi- 
tierte, haben  keinen  eigentlichen  Zusanmienhang  untereinander.  Das  Metrum 
ist  ganz  verdorben. 

Beim  Gaful  wird  der  einleitende  Vers  vom  Sänger  vorgesungen,  darauf 
die  folgenden  Strophen,  während  nach  jeder  die  Korona  den  Kopf  als  Re- 
frain wiederholt  und  den  Takt  durch  Stampfen  und  Klatschen  {ijgß(h'tn) 
angibt.     Das  Metrum  ist  eine  Art  Mutadärik    mit   acht    langen  Silben 


1  Bei  den  metrischen  Fragen  hatte  ich  mich  der  Unterstützung  des  gelelu-ten 
Dr.  Kkrn  zu  erfreuen. 

2  Dieses  ist  das  einzige  Gedicht  meiner  Sanuulung,    dessen  Melodie   ich   be- 
halten habe. 


268  Meissner:   Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III. 

älinlich  wie  bei  den  von  Sachau,  a.  a.  O.  5  angeführten  Liedern  aus  Ägypten 
und  Syrien. 

Das  Na'il  liat  nach  Reschid  seinen  Namen  von  einem  Manne  namens 
Nä'il.  Es  sollen  meist  Gediclite  Verliebter  sein.  Es  besteht  aus  zwei 
Basitversen. 

Die  Na'awes  werden  meist  von  Mollas  um  das  Aschuraf&st  herum  mit 
näselnder  Melodie  rezitiert.  Sie  enthalten  Klagelieder  um  Ali  und  seine  Fa- 
milie. Die  schiitischen  Helden  werden  gewöhnlich  selbst  redend  eingeführt, 
so  daß  man  den  Eindruck  bekommt,  hier  Anfänge  des  Dramas  vor  sich  zu 
haben. ^  Das  Metrum  ist  ül)erall  so  in  Unordnung,  daß  ich  kein  Schema 
aufstellen  kann. 

Bei  der  Qaside,  die  besonders  von  den  Beduinen  gepflegt  wird,  be- 
steht der  Vers  aus  zwei  Halbversen,  deren  jeder  besonders  reimt.  Die  An- 
zahl der  Verse  ist  unl)eschränkt.     Das  \'ersmaß  ist  bei  den  Nummern  1,  2,  4 

das  neue  Tawil  ( —  ^  -  \ ^  -     _  ^ ),  i»  dem  nach  Socin  (Diwan  aus 

Zentralarabien  III,  58 ff.)  auch  die  meisten  der  von  ihm  gesammelten  Qa- 
siden  gedichtet  sind.  Dagegen  ist  in  Nr.  3,  die  auch  mitten  im  Texte  ab- 
bricht, das  Metrum  sehr  verdorben.  Das  alphabetische  Liebe«sgedicht  des 
Megnun  ist  keine  eigentliche  Qaside.  Es  sieht  mir  nach  einem  literarischen 
Produkt  aus,  in  das  sich  auch  allerlei  klassische  Formen  verirrt  haben.  Da.s 
Metrum,  das  vielleicht  ui-sprünglich  Basit  war,  ist  meist  kaum  noch  zu 
erkennen. 

Die  von  mir  Zeheri  genaimte  Gedichtart  ist  ein  alter  Bekannter,  das 
Mauwäl.  Dieser  Name  ist  auch  im  Iraq  bekannt,  aber  Reschid  erklärte 
merkwürdigerweise  diese  letzte  Bezeichnung  als  »meidanisch«  d.h.  lUJVornehm^ 
während  man  in  gebildeten  Kreisen  Zeheri  sage.  Diesen  Namen  leitete  er 
von  einem  Stamme  (e)  Zhe{i)r  (j^j)  f(\u)g  min  Bardad  l)e(i)n  Tekrit  u  316{ii)sul 
ab.  Die  hier  gegebenen  Mauwals  sind  die  sogenannten  Bagdader,  sieben- 
zeiligen,  bei  denen  1,  2,  3,  7  und  4,  5,  6  reimen.  Nur  bei  Nr.  1  hat  das 
ganze  Gedicht  denselben  Reim.  Es  gilt  als  besonders  schön,  wenn  die 
gleichlautenden  Reimworte  einen  verschiedenen  Sinn  haben.  Um  nun  eine 
möglichst  große  Anzahl  gleichlautender  Wörter  zu  ei-halten ,  wird  die  Form 
des  Wortes  häufig  willkürlich  verändert.  Dieselbe  Erscheinung  findet  man 
auch  bei  der  Atabe  und  beim  Lami.  Für  die  metrische  Form  vgl.  Gies, 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  sieben  neuer  Arabischer  Versarten,  38 ff,  sowie 
Sachau,  a.  a.  O.  44  und  die  dort  angeführten  Schriften. 

Die  Atabe  ist  der  bekannte  Vierzeiler,  über  den  Sachau  ,  a.  a.  0. 17  ff.  ge- 
handelt hat.  Seine  Erklärung  als  »Vorwurf«  bestätigt  auch  Reschid,  der  das 
Wort  als  ham  ramig  iala  iadaue  iala  far{e)g  min  elmahhüba  iala^lmo{u)t  usw. 
erklärt.  Es  reimt  in  ihr  Vers  1,  2,  3,  während  der  vierte  auf  b  ausgehen 
muß.    Wenn  das  Schlußwort  nicht  auf  ö  endiat,  wird  ihm  ein  unmotiviertes 


Vgl.  Erdmanns  in  ZA.  IX,  280  ft'. 
Vgl.  diese  Mitt.  IV,  151. 


Meissner:    Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III.  269 

b  hinzugefügt.     Das  Metrum  scheint  eine  Art  Wafir  zu  sein,  meist  nach  dem 
Schema 

Die  ersten  16  Ataben,  welche  von  J.  Nelson  herstammen,  nennt  Reschid 
maslätiL  Sie  werden  in  Bagdad  meist  von  Christen  beim  Trinken  ge- 
sungen. 

Die  Lami  genannte  Gedichtgattung  stimmt  vollkommen  mit  der  Atabe 
überein;  nur  gilt  als  Charakteristikum,  daß  der  letzte  Vers  anstatt  auf  b 
auf  J  ausgeht.^  Der  Name  soll  von  dem  großen  Stamme  der  Beni  Läm 
herrühren,  die  zwischen  Kut  und  der  persischen  Grenze  wohnen.  Von  den 
neun  ersten  Lamis  gilt  auch  das  über  Atabe  Nr.  1  — 16  Bemerkte. 

Die  Hossen  sind  Kriegs-  und  Arbeitergesänge,  die  gewöhnlich  von 
einer  ganzen  Anzahl  von  Menschen  gesungen  werden.  Dieselbe  Hosse  wird 
dann  sehr  lange  immer  wiederholt.  Ein  für  alle  Hossen  passendes  Schema 
gibt  es  nicht. 

Die  Horabs  werden  vielfach  beim  Reiten  oder  Vieh  treiben  gesungen. 
Wie  mich  Hr.  Dr.  Weissbach  belehrt,  besteht  ein  Horab  immer  aus  vier 
Halbversen,  so  daß  die  ersten  vier  Nummern  von  mir  nur  halbe  Horabs 
wären.     Das  Metrum  ist  ein  verkürztes  Regez. 

Diesen  kurzen  Bemerkungen  über  die  Formen  der  von  mir  veröffent- 
lichten Gedichte  möchte  ich  eine  Reihe  von  Verbesserungen  anschheßen, 
die  ich  fast  ausschließlich  den  HH.  LmniANN,  Völlers  und  Weissbach 
verdanke.  Littmann  sandte  mir  zu  der  ersten  Hälfte  der  Lieder  einige 
wertvolle  Bemerkungen.  Völlers  hat  sich  der  großen  Mühe  nicht  ver- 
drießen lassen ,  die  ganze  Sammlung  durchzustudieren ,  und  hat  dann  aus 
seiner  tiefen  Kenntnis  der  neuarabischen  Dialekte  reiche  Beiträge  zur  Er- 
klärung der  Lieder  gestiftet.  Weissbach  endlich,  der  nach  mir  auf  den 
Ruinen  Babylons  weilte,  hat  die  erste  Hälfte  der  Lieder  mit  Reschid  an 
Ort  und  Stelle  noch  einmal  durchgenommen  und  mir  die  Ergebnisse  seiner 
Studien  mitgeteilt.  Aber  auch  zu  dem  zweiten  Teile  hat  er  aus  seinen 
umfangreichen  Sammlungen  noch  allerlei  Nachträge  geliefert,  die  häufig 
Fragen  lösen,  denen  ich  noch  ratlos  gegenüberstand.  Allen  Herren  danke 
ich  für  ihre  große  Mühe  aufs  beste.  Bei  den  folgenden  Notizen  habe  ich 
das  geistige  Eigentum  der  Herren  zu  wahren  gesucht,  indem  ich  ihre  Bei- 
träge mit  L.  (Littmann)  ,  V.  (Völlers)  und  W.  (Weissbach)  signiert  habe. 

S.  90  Nr.  1.  Die  dritte  Person  Sing.  fem.  ist  in  diesem  Gedichte  wohl 
ausnahmslos  als  zweite  Person  Sing.  masc.  (selbstverständlich  für  das  Fe- 
mininum stehend)  aufzufassen,  also  z.B.  Z.  3:  Einen  andern  als  mich  liebst 
du;  warum,  du  Nichtsnutz?  W. 

S.  90  Z.  16.  rebhän  korrigierte  Reschid  auf  meinen  Vorhalt  in  hasrän, 
also:   Verlust  hat  jeder,  der  sich  um  eure  Liebe  abmüht.  W. 

S.  92  Z.  7.  ietih.  für  ißih  L. 

S.  92  Z.  10  und  Anm.  9.  ndm  ist  Partizij)  von  1,  wie  auch  nnne{i)t 
S.  96  Z.  5  natürlich  I  ist.  W. 


Eine  Ausnahme  ist  Nr.  4. 


270  Meissner:   Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iraq.    IIl. 

S.  92  Z.  14.  asahhak  für  asahhak  —  gebah  ist  auch  in  der  Prosa  im 
dortigen  Dialekt  allgemein  gebräuchlich.  W. 

S.  92  Z.  18.  tigft^  du  behandelst  schlecht.  L. 

S.  92  Z.  20.  haüält  =^  rieselnd;  hdl,  iehil  wird  sj)e/iell  vom  Sand  gesagt, 
der  durch  die  Finger  rieselt.  W. 

S.  94  Z.  11  und  Anm.  4.  soi  ist  türk.  cSj-  =  Rasse,  edle  Abkunft.  W. 

S.  94  Nr.  2  Z.  2.  rMä  genauer  (nach  Reschids  mir  gegebener  Er- 
klärung) =  Stellen  im  Meere,  die  bei  Ebbe  von  Wasser  frei  sind,  also 
Untiefen.    W. 

S.  94  Anm.  7.  aha/en  halten  Littmann  und  Völlers  nicht  für  einen 
Energikus,  sondern  wohl  als  jl^U-i.  Ich  selbst  hatte  mich  über  diesen 
Pimkt  BA.  V,  XXXVlIId  schon  vorsichtiger  als  hier  geäußert. 

S.  96  Z.  19.  dehtid  vielmehr  =  iskit  =  schweig  still.  W. 

S.  96  Z.  20.  Zu  mes6{u)den  vgl.  auch  Reinhardt,  Ein  arab.  Dial. 
S.  2.50.  Es  ist  ein  Derivat  von  sauda  =  schwarze  Galle.  Etymologisch  ent- 
s])richt  also  ital.  atrabiliario ,  franz.  atiabiliaiie;  ein  sachliches  Analogon  liegt 
in  engl,  spieen.  V. 

S.  96  Z.  24a  ist  zu  übersetzen:  und  noch  einmal  so  groß  ist  meine 
Sorge  in  meinem  Innern  geworden.  W. 

S.  98  Z.  3  erklärte  Reschid:  Nicht  dachte  ich  vor  dieser  Zeit,  daß 
du  (mich)  wegwerfen  würdest.  W. 

S.  98  Z.  9.  inbarä  ägypt.  ganz  gewöhnhch;  vgl.  noch  ZDMG.  4.5,  90; 
51.  200.    V. 

S.  100  Z.  7.  Reschid  besteht  auf  der  Erklärung  von  nähis.  W.  Nach 
Völlers  muß  das  Wort  mit  ^J^'^  zusammenhängen,  von  welchem  Stamme 
auch  die  hö{u)se  kommt. 

S.  100  Z.  9.  sidg  eigentlich  =  Antrieb,  d.  h.  die  angetriebenen 
Kamele.    V. 

S.  100  Z.  22.  i6{u)m  für  io{o)m. 

S.  100  Z.  25.  tefugtäh  für  tefuggtah.  —  Sachlich  verweist  mich  X'ollers 
auf  seine  Mutalammisausgabe  S.  9  (157)*". 

S.  102  Z.  8  ist  vielmehr  ruhah  zu  lesen.  Reschid  erklärte  das  Wort 
als  gmah  asil.  W. 

S.  102  Z.  11.  utaihe  für  utaihe..  L. 

S.  102  Z.  12.  3are{i)d  eigentlich  der  jutige  Bock  der  zahmen  oder 
wilden  Ziege;  vgl.  Sinai  Survey  1 ,  254  arid  =  ibex  male.  Ebenso  in  der  alten 
S[)rache.     \\ 

S.  102  Z.  15.  Sollte  fahad  wirklich  der  Panther  sein?  Sonst  ist  es  der 
Ge])ard,  l^uchs;  beiDoiiOHTv:  wild  cat.  Vgl.  noch  deGoeje  WZKM  18, 105.  V. 

S.  102  Z.  16.  In  Ägypten  ist  es  ein  Si)ort  der  Gecken  und  Großtuer, 
dem  P"es  alle  möglichen  schiefen  Stellungen  zu  geben.  V. 

S.  104  Z.  6  ist  vielmehr  imtesäfnl^äli  zu  lesen,  also  dritte  Pers.  Plur. 
Iinperf.   der  VI.  Form   mit  Assimilation  des  auslautenden  n.  W. 

S.  104  Z.  7  ist  "das  Reich«  hier  wie  bei  Doughty  das  osmanische 
Reich.  V. 


Meissner:   Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III.  271 

S.  104  Z.  8.  Zu  iWMUe  vgl.  Opfert,  Exped.  en  Mesop.  I,  252 
{ElkhmishkhotisMyeh)  und  Kiepert,  Nouvelle  Carte  generale  des  prov.  asiat. 
Keschkeschi'ye  am  Eufrat,  östlich  von  Kefil.   W. 

S.  104  Z.  8.  Die  ?Afec  glaube  ich  schon  in  ^\^  MAgovoi  VI,  147,  1 
zu  erkennen.  V.  Zu  dieser  Zusammenstellung  passen  allerdings  die  Gaumen- 
laute nicht.  In  der  von  mir  diese  Mitt.  V,  297  erwähnten  Schrift  ^vk* 
.2ji^   ^J,\y\   j>-^Ij   .ijJuJl  wird  der  Stamm  immer  oXac-  geschrieben. 

S.  104  Z.  9.  Ln-TMANN  fragt:  Ist  hint  ennds  wirklich  =  Fremde  im 
Iräq?  Sonst  bedeutet  es  »Tochter  von  freien  Leuten»;  ebenso  sagt  man  ihn 
ennds.  Snouck  hat  über  den  Ausdruck  ausführlich  in  seinem  Mekka  II, 
132,  Anm.  1  (vgl.  auch  seine  Mekkanischen  Sprichwörter  S.  1 11)  gehandelt. 
In  Jerusalem  reden  sich  Gatten  so  an,  wie  bei  uns  der  Ehemann  etwa  sagt 
»Frau«   oder   »Frauchen«,  so  dort  bint  ennds  oder  bint  iammT.  L. 

S.  104  Z.  12.  sem{i)l  erklärt  Reschid  vielmehr  als  »Trennung«  und 
konkret  »die  voneinander  getrennten  (Freunde)«.  W. 

S.  104  Z.  14.  Wäre  maiannä  ein  alter  Dual,  so  sollte  man  miamieha 
erwarten.  Man  muß  also  doch  ein  ^J*^  in  gleicher  Bedeutimg  annehmen.  Es 
liegt  auch  diese  Mitt.  VI,  88,  2  als  (Hals)kette  vor,  und  nach  Analogie  von 
Ja),  ia*— '  kann  man  annehmen,  daß  die  mianna -^iro\^\\e  (Dalwan,  Diwan 
XMI;  198;  Littmann,  Neuarab.  Lieder,  91)  hiernach  benannt  ist.  Früher 
wollte  ich  allerdings  diesen  Ausdruck  aus  öU*«^  hebr.  na?«  »Gewende«  er- 
klären.  V. 

S.  104  Z.  18.  nüudr  ist  eine  bestimmte  Blume  (rot,  wächst  im  Ge- 
treide).   W. 

S.  106  Z.  3.  kahab  ^=  erst  durch  die  Türe  bhcken  und  dann  eintreten.  W. 

S.  106  Z.  4.    bist  ist  in  Ägypten  ganz  gewöhnlich  bei  Bauern.  V. 

S.  106  Z.  8.  Ich  glaube  in  HrT  eine  direkte  Fortsetzung  von  oder 
doch  eine  Ei-innerung  an  den  »beschmierten«  Opferstein  der  alten  Araber 
zuerkennen.  Ganz  bekannt  sind  ja  die  ju^^,  z.B.  Wellhausen,  Reste  39ff.; 
WiNCKLER,  Arab. -Sem.- Orient.  93.  V. 

S.  106  Z.  11.  In  Ägypten  wurde  tabdn  (tibdn)  gerade  als  schlechter 
Stahl  erklärt;  vgL  ZDMG.  45,  49,  3u.  V. 

S.  106  Z.  22.  ndgär,  iendgir  =  beim  Kaflfeestoßen  mit  dem  Schlägel 
an  die  Wände  des  Mörsers  klopfen.  Hiervon  wohl  abgeleitet  1.  viel  schwätzen 
und  2.  an  etwas  anstoßen.  W. 

S.  106  Z.  24.   DouGHTv:   icothyhi,  oththyhi.  V. 

S.  108  Z.  4.  Zu  kidriip  vgl.  Muhit  s.v.  c^J-O:  j<i  Iki)!  Ja  ^  j^ 
^ß^\    ^1^   j^\    Jij    jljlVl.   V. 

S.  108Z.  17.  iedibhäh  =  töten  mit  scharfen  Waffen,  J:5  ist  töten 
durch  Erschlagen.  V. 

S.  110  Z.  8.  sih{e)t  für  sih{e)t.    L. 

S.  112  Z.  1.  Für  timmen  vgl.  noch  ZDMG.  50,  629,  10  und  die  dort 
gegebenen  Zitate.  V. 


272  Meissner:    Nciiarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III. 

S.  112  Z.  21.  (Jj-i-  11  bedeutet  »stromabwärts  ziehen« ;  ^^  II  »strom- 
aufwärts ziehen«.  W.  Das  stimmt.  rarbT  ist  der  Nordwestwind,  sargt  der 
Südostwind.     Das  ist  der  stitu  der  alten  Babylonier. 

S.  114  Z.  2.  ahuj.ieiln  ist  nach  Reschid  ein  Fünf  lirastück.  W. 

S.  114  Z.  13.  cair  ist  türk.  j'U  =  Wiese.  W. 

S.  114  Z.  15.  ilHai  für  ibHai.  W. 

8.  114  Z.  17.  hotul  ohne  Teschdid.  W. 

S.  116  Z.  16.  uossäm  für  misäm.  W. 

S.  116  Z.  20  und  M.  fattah  üh-  faiah.  W. 

S.  116  Z.  23.  ^^rS  II  nach  Reschid  »festdrücken«,  z.B.  etwas,  da-s 
in  einen  Sack  gefüllt  worden  ist,  um  noch  für  weitere  Fülhuig  Platz  zu 
schaffen.  W. 

S.  118  Z.  8.  Zu  heikel  vgl.  noch  Socin,  Sprichwörter  Nr.  22.  V.  Das 
in  der  Anmerkung  zitierte  Wort  wird,  wie  mich  Littmann  belehrt,  in 
Nordpalästina  zalrüta  {^y\j),  in  Südpalästina  ^arrM^e  (4J"j_^j)  gesprochen. 

S.  118  Z.  13.  OTec^arn]^  unzweifelhaft  =  ijj-^  von  <9jj  =  Schild  (vgl. 
ZDMG.50,  624;  51,  322).  V. 

S.  118  Z.  17ff.  »Für  die,  welche  Ijedrängen  die  erproltton  Helden, 
die  in  der  stählernen  Burg  belagert  sind.«  {e)hsärüe  erklärte  Reschid  als 
mahsürin,  mitehäserin  =  belagerte.  W. 

S.  120  Z.  3.  dellaie  r=  lange  Lanze  ist  auch  sonst  zu  belegen.  W. 

S.  120  Z.  9.  {i)hdudäh  für  {i)hdüdäh.  L.  —  (_$Jtf.  II  =  verteidigen  ist 
nach  Lrr-rMANN  und  Weissbach  sicher. 

S.  122  Z.  1.  gässäSe  (sicl),  Form  JU»  von_</rt.s',?  =  auskehren,  wegfegen.  W. 

S.  122  Z.  4.  {e)diäi{a)  für  {e)dia^{a).    L. 

S.  122  Z.  10.  Jcarrar  ist  im  Ägyptischen  sehr  gewöhnlich  vom  Raffi- 
nieren des  Zuckers.  V. 

S.  122  Z.  24.  Ohne  Zweifel  das  auch  im  Türkischen  übliche  j_/-Us'  = 
Frevler.  V.  Der  Stamm  Ui'  kl.  liis  wird  im  Dialekt  des  Irätjs  wirklich  mit 
O  geschrieben.  W. 

S.  123  Z.  29.  hiluosta  für  hihiosta. 

S.  124  Z.  8.  Hier  und  am  Schlüsse  der  nächsten  beiden  Strophen 
enthalten  minnö ,  iannä  das  Suffix  der  dritten  Person  Sing,  masc,  also  »von 
ihm,  nach  ihm«.  W. 

S.  124  Z.  11.  mmm  mit  Teschdid  =  Wald.  W. 

S.  124  Z.  17  lies  I6{n)  statt  lä,  also:  Wenn  er  Speise  und  sein  Speise- 
brett bringt,  bewirtet  er  die  Gäste  in  seinem  Hause.  W. 

S.  124  Z.  20.  adhak  für  adhak.  L. 

S.  124  Z.  22.  iesiggün  =  sie  arbeiten  oder  reisen  Tag  und  Nacht;  hier- 
nach (^p)msigg  =  einer,  der  eine  weite  Reise  hinter  sich  hat.  W. 

S.  124  Z.  38.  iehasselun  für  iehasselün.  V. 

S.  126  Z.  3.  hei  ist  nicht  »Muskatnuß«,  sondern   »Kardamom«.  W. 

S.  126  Z.  8.  sähi  eliein  =  die  Augen  zu  Boden  gesenkt.  W. 


Meissner:    Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III.  273 

S.  126  Z.  12  ist  aufzufassen:  Ihre  Mühlen  sind  von  Gold,  Perlen  sind 
die  \'^orräte  des  Nachbars,  gut  ist  Substantivum  und  ie  das  bekannte  Flick- 
wort ia,  ie.  W. 

S.  126  Z.  15.  zatie  gehört  zu  den  zahlreichen  Ausdrücken,  die  ur- 
sprünglich   ein    bestimmtes   Holz    {zäne  =  Buche)   bezeichnen ,    sodann   den 

vornehmlich  hieraus  verfertigten  Gegenstand ;  z.B.  ,_l— 1  Lanzen,  aJ  |   Speer 

-  «  _  t 

(vgl.  hebr.  nVs),  (Ji.3  Mast,  'UA— Stock,  (_$j^^  hölzerne  Schüsseln  ,  ÄlLjs  Bogen, 

^Jlc-  Eimer,  A«J  Bogen.  V. 

S.  126  Z.  22.  sirTcar  auch  türkisch  (vgl.  auch  Reinhardt,  a.a.O.  126).  V. 

S.  128  Z.  3.  hattdhat  für  hattähat.    L. 

S.  128  Z.  5.  Völlers  meint:  Ihre  Erklärung  von  {e)hnai  ist  mir 
zweifellos  (vgl.  auch  Reinhardt,  a.a.O.  186);  auch  ägyptisch,  allerdings 
nicht  gerade  im  Sinne  von   »viel«. 

S.  128  Z.  12.  ^J^  =  tätowieren    ganz   gewöhnlich   im  Ägyptischen.  V. 

S.  128  Z.  1.").  Vor  ^ag{u)b  ist  durch  Versehen  min  ausgefallen;  im 
arabischen  Originaltext  steht  es.  Außerdem  ist  der  Eigenname  Abu  Kessar 
(mit  Teschdid)  zu  lesen.  W. 

S.  128  Z.  17.  samde  gewiß   »absichtlich«.  V. 

S.  128  Z.  18.  Man  sugi  fenär,  nicht  fenur.  W.  Nach  Völlers  wäre 
die  Beschreibung  eher  auf  die  Pudenda  zu  beziehen. 

S.  128  Z.  24.     Das  häufige  >'6{u)n  =  Helfer  fasse  ich   ursprünglich   als 

t. 
Anruf  eines  geistigen  Wesens.    Bei  den  Sufis  spielen  die  jlj^i  eine  große 
Rolle.  V. 

S.  130  Z.  9  ist  aufzufassen:  Und  der,  welcher  uns  getrennt  hat,  Ge- 
liebter, von  dem  verkünden  Boten  nichts  Gutes.  W. 

Mitt.  VI,  S.  78  Z.  10.  Zu  bai{a)d  vgl.  hebr.  lya.  Recht  bezeichnend 
ist  Job  42,8;  Prov.20,  16.  V. 

S.  80  Z.  6.  tySsärT—  türk.  _$j{ls^  =  außerhalb.  V. 

S.  80  Z.  19,  zämm  bedeutet  -in  die  Höhe  halten«,  z.  B.  vom  Bande 
gesagt,  das  die  Ohrringe  in  die  Höhe  hält,  damit  sie  nicht  die  Ohren  durch 
ihre  Schwere  herunterziehen,  zamim  also  =  haltend,  Halt  gebend.  Der 
Ilalbvers  würde  also  heißen:  Ein  Band  auf  ihrer  Brust,  das  den  Busen 
Cesthält.     Die  Beziehung  auf  die  Tätowierung  ist  jedenfalls  richtig.  W. 

S.  80  Z.  20.  Die  Übersetzung  will  mir  nicht  einleuchten,  aiman  sind 
doch  wohl  die  «Schwüre«.  Das  Tertium  comparationis  ist  wohl  eher  die 
Niedlichkeit.  V. 

S.  82  Z.  2.  Ich  glaube  nicht,  daß  ein  Wort  se{i)r  mit  der  Bedeutung 
■  Weg"  im  Dialekt  des  Iräqs  anzunehmen  ist  (dagegen  mesir  =  Reise,  Ent- 
fernung, Strecke);  swr  (sie!)  bedeutet  »Riemen«,  z.B.  in  dem  Sprichworte 
idUn  essler  hattä  ies'ir  =  Fette  den  Riemen  ein,  damit  es  (was)  wird  (vgl. 
Reinhardt,  a.a.O.  Nr.  122).  Die  Bedeutung  »Riemen«  (vgl.  SociN,  Diwan 
III,  278  s.  v.)  paßt  an  der  obigen  Stelle  mindestens  ebensogut.  W.  —  Die 
hanaia  fasse  ich  einfach  als    »Bögen«.   V. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient  Sprachen.    190-1.   U.  Abt.  18 


274  INIeissner:   Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III. 

S.  82  Z,  4  ist  ial&^i)k  zu  streichen,  V, 

S.  82  Z.  6  lies  usmfenä.  V. 

S.  82  Z.7  ist  Hamde  zu  streichen.  V.  —  In  tehäia  muß  ein  Derivat 
von  frL*  stecken:    Gestalt,   Aussehen.    Vielleicht  ist  es  Infinitiv  von  VI.  V. 

S.  82  Z.H.  fäl  fasse  ich  hier  als  »Omen«.  V.  Ich  hatte  die  Stelle 
ancli  so  aufgefaßt. 

S.  84  Z.  6.  iammär  muß  für  unsere  Auffassung  doppelt,  bei  Feuer 
anders  als  bei  Gärten  übersetzt  werden:  er  baute  Gärten  an  und  stellte 
Feuer  in  den  Dienst  der  Menschen.  V. 

8.84  Z.  9.  ahuär  könnten  »kleine  Tümpel«  sein,  sekJcän  elahiär  also 
»ekelhafte  ReptiHen«.  Zum  Ausdruck  vgl.  ZDMG.  49,  502,  dazu  jetzt 
Sachau,  Am  Euphrat  S.70.  Eine  andere  Frage  ist,  ob  das  babylonische 
hyrr  mit  hör  zusammenhängt.  V. 

S.  86  Z.  3.  Zu  Mm  vei'weise  ich  noch  auf  Sibaweihi  2,  80,  13; 
Reinhardt,  a.  a.  0.  206;  ZDPV.  23,  34  Anm.  1.  Danach  sind  die  Tribus, 
nach  diesen  die  Landschaften  benannt.  V. 

S.  86  Z.  17.  Der  Stamm  *_Ä— >-  bedeutet  in  unserem  Dialekt  »zer- 
reißen«. Reschids  Erklärung  wird  also  zu  fassen  sein:  so  daß  beinah 
(die  Erde  ihretwegen)  zerriß.  »Astronomische  Finsternis«  ist  im  Iräq 
Ttäsif.  W. 

S.  88  Z.  2.  dizme  vom  türkischen  <JA«  jj  =  aufreihen.  V. 

8.88  Z.  6.  Vgl.  Cant.  6,  4.   10.  V. 

8.88  Z.  18.  8.90  Z.  3.  {ä  Jial{i)y  =  {ä  nus  ist  auch  im  Ägyptischen 
sehr  häufig.  V. 

8.88  Z.  20.  Wörtlicher:  eine  Blume,  welche  flatterte.  W. 

8.  90  Z.  6.  aulud  harh  elburiih  wohl  »sehr  heftige,  gefährliche  Leute«.  V. 

S.  90  Z.  8.  gantaret  ist  Verbum.  1  bedeutet  »eine  Submission  er- 
halten, pachten«,  und  da  die  Form  hier  in  der  Bedeutung  von  II  stehen 
soll,  dürfte  die  wörtliche  Übersetzung  des  Verses  sein:  Unsere  Nacken 
wurden  an  den  verpachtet,  der  gegen  uns  freundlich  ist.  Ob  in  dem 
Stamme,  als  dessen  Infinitiv  gonträt  gilt,  ital.  contratto  steckt?  W. 

8.  90  Z.  12  ist  tmit  zu  streichen.  V. 

8.  90  Z.  16.  usär  =  jM  =  Strick.  V. 

«• 

8.  92  Z.  8  lies  värradnahä.  V. 

8.  92  Z.  17.  röd  elhana  l'ridfi  vielleicht:  die  blühende  Au  der  Lust; 
indem  ich  ridn  t=i  (^  j-^  fasse.     Hier,  wie  in  y'^  =  dakar  und  auch  sonst, 

scheint  ^  interdental  zu  sein  und  daher  mit  i  verwechselt  zu  werden.  V. 

S.  92  Z.  18.  Zu  maiadä  habe  ich  mir  notiert:  in  wie  schönem  Zu- 
stande (Admirativform ?).  Wenn  das  richtig  ist,  muß  das  Wort  an  der 
fraglichen  Stelle  ironisch  gemeint  sein,  etwa:  Wie  nett!  W. 

8.  94  ist  im  Bairuter  Text  1  b  wohl  t^s-jI  für  tj*- jl  zu  lesen.  \ . 

S.  96  Z.  1.  imlbe{t)t  ^=^  \\i\(\.  bei  der  heiligen  Familie  (des  Propheten 
und  Alis).  V. 


Meissner:    Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    HI.  275 

S.  96  Z.  26.  Im  Ägyptischen  ist  ^J\)  nur  in  dem  Schimpfwort  "labwa«^ 
=  jJ^Vl  erhalten.     Bei  den  Beduinen  ist  es  häufig.  V. 

S.  96  Z.  41    ist  nuddeheb  i'ür  nuddeheb  zu  lesen. 

S.  98  Z.  13  ist  wohl  urhüs  zu  lesen.    Die  alte  Sprache  hat  ^1*1  jj  .  V. 

S.  100  Z.  8.  Zu  miSräy  vgl.  v.  d.  Berg,  Hadhram.  276:  charnj); 
MoRMz,  Oman  45;  Reinhardt,  a.  a.  O.  260,  276;  L.  Hirsch,  Reise  nach 
Hadhramaut  328  a:  angebaute  Stelle.  \\ 

S.  100  Z.  27.  Ich  verbinde:  do{u)r  {i)gdudT  =  seit  der  Zeit  meiner 
Ahnen.  V. 

S.  104  Z.  20.  rata  eigentlich  -.Schmutz,  Trübung«.  Die  Übertragung 
auf  das  psychische  Gebiet  wie  in  j-0.  \'. 

S.  106  Z.  29.  meglidak  wohl:  abgehärtet  gegen  das  Unglück.  V. 

S.  106  Z.  30.  Ich  finde  in  dem  Verse  die  Qual  des  Durstes.  V.  Der 
Sinn  der  letzten  Zeile  ist  allerdings  nicht  klar,  doch  gehört  hierher  sicher 
(las  Sprichwort  mitl  cehdät  ilbä3er  lä  tismän  imla  tidinf  =  wie  die  Leber 
des  Kameles,  nicht  fett  und  nicht  mager.  Dies  wird  z.B.  von  jemand  ge- 
sagt, der  nicht  reich,  aber  auch  nicht  gerade  arm  ist.  W. 

S.  108  Z.  15  lies  Ao/e.  V. 

S.  108  Z.  17 f.     Ich  verbinde:  särom  helt.  V. 

S.  110  Z.  2.  Vielleicht  bi-simdk  (vgl.  Bochthor:   .smot^^  :=  echalas).  V. 

S.  1 1 1  Z.  38.  Vielleicht  ist  zu  geläl  syr.  j^^^^  =  Wadi  zu  vergleichen ; 
s.  auch  NÖLDEKK  in  ZDMG.  54,  161. 

S.  112  Z.  5a:  und  würde  mich  zurückziehen  mit  (auf  Grund)  der 
(gekauften)  Jugend.  V. 

S.  114  Z.  10.    uhill  ist   zu   streichen.     Zum  Bilde  vgl.  Cant.  4,  12.  V. 

S.  114  Z.  14.  ceseft  für  cesef{e)t.  V. 

S.  114  Z.  30.  uugai{a)nä  für  uuugaS{d)nä. 

S.  116  Z.  10.  tinäia  wohl  Pluralis  von  teniie  =  Bergstraße,  Engpaß.  V. 

S.  116  Z.  13  wohl  {em)cebbise.  V. 

S.  116  Z.  22.  /laciie  ist  wohl  das  pers.  ^jU-,  das  in  seiner  anglo- 
indischen  Form  uns  seit  dem  Burenkriege  wohl  bekannt  ist:  Khaki  =  erd- 
farben. Zur  Geschichte  des  Wortes  s.  Burnell  a.  Yule,  Hobson  -  Jobswi 
s.  V.  khaka.  V. 

S.  116  Z.  28.  baslä  ist  der  F'ederstutz  auf  dem  Kopfe  gewisser  Vögel 
(abü  bsiele).  W. 

S.  116  Z.  30.  Reschids  Erklärung  ist  zu  frei.  S-  bedeutet  »täuschen, 
zu  einer  falschen  Meinung  verleiten«,  also  etwa:  und  laß  dicii  nicht  gegen 
mich  aufhetzen.  W. 

S.  118  Z.  3.  Mll  bedeutet  »stechen«,  namentlich  mit  der  Lanze.  Dem- 
nach vielleicht  eher:  und  ich  steche  sie  auf.  W. 

S.  118  Z.  10.  lies:  langem milrauiie.  V. 

S.  118  Z.  18.  Zu  lykk  vgl.  ägj'pt.  loq  —  Erdkloß.  Das  Tertium  com- 
parationis  ist  wohl  eher  die  Farbe  oder  sonst  etwas.  V. 


276  Meissner:   Neuarabische  Gedichte  aus  dem  Iräq.    III. 

S.  118  Z.  22.  gud  hier  besser  =  Güte.  V.  —  hedd  für  beddt  ^  gieß 
aus  dürfte  richtig  sein.  Die  V.  Form  {ttibeddä)  bedeutet  »überlaufen«  (von 
einem  vollen  Gefäß).  W. 

S.  120  Z.  25.  temordaia  wohl  sekundär  durch  INIetathese  von  9'j^ 
=  flehen.  V. 

S.  120  Z.  80.  Zu  aleccedak  vgl.  ZDINIG.  22 ,  140;  Reinhardt,  a.a.O. 
171   und  mit  anderer  Bedeutung  hebr.  i=^.  \'. 

S.  122  Nr.  5.     Zu  mäsüle  vgl.  ZDMG.  50,  648.  V. 

S.  122  Nr.  12.  gill  =■  Kugeln,  nom.  unit.  gillä  PI.  iglal  kann  ich  noch 
mehrfach  belegen ;  auch  fergäia  =  geschmolzener  Hammeltalg  ist  sicher.  W. 

S.  122  Nr.  17.  Die  Glosse  aus  Anm.  20  gehört  zu  semm  elrurr  zu- 
sammen, rurr  erklärte  mir  Reschid  als  tüfag.  Das  »Gift  der  Flinten«  ist 
das  Blei.     Ebenso  in  Nr.  18.  W. 

S.  124  Nr.  28.  Zu  Mrre  vgl.  auch  hehr.  15.  \'.  —  Die  Erklärung  dieser 
Zeile  ist  sicher  richtig.  W. 

S.  124  Nr.  29  und  30.  nefä  bedeutet  wie  im  klassischen  Arabisch 
»verjagen,  verbannen«.  Statt  uilkdi{a)bä  erscheint  auch  die  \'ariante  Ul- 
Jca}{a)bä  =  bis  zur  Ka'ba  (werde  ich  sie  jagen).  W. 

S.  124  Nr.  5  wird  auch  mit  folgendem  Anfang  gesungen:  {ä  iummä 
burrt  mnhrät%  =  o  Mutter,  pfleg'  mein  Pferdchen  usw.  W. 


277 


Türkischer  Katalog  islamischer  Bleisiegel. 

Angezeigt  von  Karl  Foy. 

..Großherrliches  Museum.     Katalog  von    Bleisiegeln.      Arabische,  arabisch- 
byzantinische  und   osmanische   Bleisiegel.      Von   Xalil  Edhem.  Stambul. 
Mahmud  Bejs  Druckerei.    1321  =  1903  n.  Chr.«     Größeres  Oktav.  71  Seiten 
Text  mit  Abbildungen. 


'jy 


U  nter  der  vortrefflichen  Leitung  des  auch  bei  uns  Franken  wohlbekannten 
und  sehr  geschätzten  Hamdi  Bej  hat  sich  das  großherrliche  Museum  zu 
Konstantinopel  durch  die  Publikation  seiner  zahlreichen  (bis  jetzt  15),  im 
Geiste  der  modernen  Wissenschaft  gearbeiteten  Kataloge  den  aufrichtigen 
Dank  der  gelehrten  Welt  erworben.  Nachdem  der  4,  Band  des  Katalogs 
islamischer  Münzen  vorliegt,  erscheint  nun  von  dem  gelehrten  Xalil 
Edhem  auch  ein  Katalog  über  einen  bestimmten  Teil  der  im  großherrlichen 
Museum  befindlichen  Bleisiegel,  die  im  ganzen  mehr  als  2000  an  der  Zahl 
sind.  Xalil  Edhem  behandelt  nur  die  islamischen  Siegel  =  70  Nummern. 
Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  daß  die  Bleisiegel  im  Prinzipe  eine  ebenso 
große  Bedeutung  für  die  Ethnographie  und  Geschichte  besitzen  wie  die 
Münzen.     Oft  ergänzen  und  kontroUiei'en  diese  beiden  Gattungen  einander. 

Edhems  Katalog,  in  dem  weitaus  die  meisten  Nummern  mit  Ab- 
bildungen versehen  sind,  enthält  zum  Teil  die  größten  Seltenheiten  und 
umfaßt: 

I.  arabische  Bleisiegel:  30  Nummern.  Gestalt:  meist  viereckig,  auch 
rund,  selten  (wie  z.  B.  beim  »^.i  (^\  J  1 )  dreieckig.  —  Schrift:  Hochrelief; 
teils  Kufi,  teils  kufiartig.  —  Fundort:  Nicht  Konstantinopel,  sondern  an- 
geblich Syrien  und  Irak  (S.  6).  —  Alle  zeigen  ein  oder  mehrere  Löcher, 
durch  die  ursprünglich  ein  Bindfaden  gezogen  war.  — -  Mit  sehr  wenigen 
Ausnahmen  haben  sie  nur  auf  einer  Seite  Prägung  und  sind  in  eisernen 
Formen  hergestellt,  wie  der  auf  der  Rückseite  haften  gebliebene  Eisenrost 
beweist,  bisweilen  ist  Leinwand  untergelegt  worden,  wie  die  auf  der  Rück- 
seite erkennbaren  Gewebeabdrücke  zeigen.  Die  meisten  dieser  Siegel  sind 
vor  ihi-er  Erwerbung  durch  das  großherrliche  Museum  von  P.  Casanova: 
»Sceaux  arabes  en  plomb«  in  der   »Revue  numism.«    3.  Serie,  T.  12  (1894) 


278  FoY  :    Türkisclier  Katalog  islamischer  Bleisiegel. 

p.  79  f.  beschrieben  worden;  nach  ihrer  Reinigung  im  Museum  haben  Casa- 
novas   Lesungen     in    Kleinigkeiten    berichtigt    werden     können.       Nr.  20 

(4jj5d  Jl)  ist  identisch  mit  einem  im  Münzkabinett  der  Jenaer  Universität 
befindlichen  Siegel,  welches  Stickel  ZDMG.  Bd.  XX  (1866)  S.  336  f.  be- 
schrieben hat,  und  beide  Exemplare  ergänzen  einander.^ 

Zeitlich  beginnen  die  arabischen  Bleisiegel  der  Konstantinopeler  Kollek- 
tion in  der  Regierung  des  Abassiden  Ebu  ga'fer  a'bd^'lläh  el-raansür 
(136 — 158  H.)  und  stammen  überhau])t  aus  der  Zeit  a)  der  Abassiden  2; 
b)  des  t— ä)^  (jl  J  \  (herrschte  in  Persien.  Interessante  Bemerkungen  über 
dasselbe  S.  22u.  23)^;  c)  des  4»jj  JT;  d)  des  A)_j5b  Ji;  e)  die  folgenden 
2  Nummern  sind  unbestimmbar;  f)  es  folgen  6  Nummern,  die  Gelübde  ent- 
halten; g)  die  letzten  2  Nummern  zeigen  seltsame  Schriftzeichen,  die  Xalil 
Edhem  nicht  entziffern  konnte. 

11.  Arabisch-by  zantin  ische  Bleisigel:  Die  eine  Seite  enthält  eine 
arabische  Aufschrift,  die  andere  a)  das  Bildnis  der  navctylct  (Mutter  Gottes) 
oder  eines  Heiligen  (z.B.  ©eöSw^oc,  BaTt>.to<;)  mit  beigesetzten  Buchstaben 
oder  b)  ein  einfaches  Kreuz  Nr.  35  oder  c)  eine  griechische  Aufschrift  ohne 
Abbildung  Nr.  43.  44.*  —  Gestalt:  rund.  —  Durchmesser:  schwankt  zwischen 
14  und  32  mm.  —  Schrift:  Teils  Kufi,  teils  gewöhnliche  arabische  Schrift. 
—  Datum:  fehlt.  Ein  historischer  Personenname,  der  Anhalt  zur  Zeit- 
bestimmung gäbe,  kommt  nur  Nr.  31  vor.  —  Diese  Sigel  sind  von  außer- 
ordentlicher Seltenheit.  Die  Kollektion  des  großherrlichen  Museums  um- 
faßt nur  15  Stück  (die  letzte  Nununer  S.  53  enthält  auf  der  einen  Seite 
syrische  Schrift,  auf  der  andern  das  Bild  der  Mutter  Gottes)  und  muß 
dennoch  als  die  reichste  aller  bekannt  gewordenen  Kollektionen  gelten. 
Zuerst  wurde  1  Siegel  dieser  Art  von  Stickel  beschrieben,  dann  von 
Schlumberger:  «Sigillographie  de  l'empire  Byzantin«  noch  7  weitere; 
bis  jetzt  sind  im  ganzen  26  Exemplare  bekannt  geworden.  —  Abweichend 
von  Schlumberge  rs  Theorie  erklärt  Xalil  Edhem  die  Entstehung  dieser 
merkwürdigen  Siegel  auf  einfache  Art  aus  den  vielfachen  Wechselbeziehun- 
gen, die  namentlich  an  den  asiatischen  Grenzen  des  byzantinischen  Reiches 
im  V^erkehr  der  Griechen  und  Mohanunedaner  bestanden.  Nr.  44  kommt 
auch  ein  christlicher  Name  vor  « — ^  tj  ^_/^r^  •  Der  Mann  war  offenbar 
ein  arabisch  sprechender  Christ.  Besonders  bemerkenswert  ist  Nr.  31  ,  wo 
der  sonst  nicht  bekannte  -^  7^'  J*}  genannt  wird  als  Sohn  des  Sa'd 
el-daula  ebu'l-me'äli  serif,  welcher  zu  dem  in  Ilaleb  herrschenden 
Zweige  des  Hauses  Ilamedän   gehörte    und  356 — 381  H.  regierte. 


1  Name:    'Ala^  ed-daula    obü   ga'fcM'  muhammed  (898  —  43311.)     Die 
Rückseite  zeigt  bemerkenswerterweise  ein  Keiterbild. 

2  Auf  Nr.  9  der  Städtenamc  ^jS\  . 

3  Auf  S.  23    findet   sich   eine   Erklärung   der  Bezeichnung  jlj^l  .      Nr.  18 
lautet  auf  El-'azTz  ben  'omar  delfi,  der  sonst  nicht  bekannt  ist,  und  ist  undatiert. 


Foy:    Türkischer  Katalog  islamisclier  Bleisiegel.  279 

III,  Osmaiiische  Bleisiegel:  Die  Existenz  solcher  Siegel  ist  zuerst 
{lurcli  rnlib  Bej  bekannt  geworden,  der  in  seinem  Taq vi m-i-m es k  ükät - 
i-otmänijje  8  Exemplare  beschreibt.  —  Das  Museum  besitzt  25  Nummern. 
—  Gestalt:  rund  oder  wenigstens  befindet  sich  die  Schrift  innerhalb  eines 
abgegrenzten  kreisförmigen  Feldes.  —  Durchmesser:  meist  13,  sonst  zwischen 
11  und  15  mm  schwankend.  Bei  einigen  sind  Reste  durchgezogener  Bindfäden 
erhalten.  —  Die  Aufschriften  entsprechen  im  allgemeinen  denen  der  gleich 
zeitigen  Münzen,  nur  weicht  das  Format  zuweilen  ein  wenig  ab.  —  Als 
l'rägungsorte  werden  Konstantinopel  und  Tripolis  (z.B.  Nr.  60  ^j^>^ y"  ^J^) 
genannt  und  außerdem  ein  merkwürdiges  jy\^  (auf  7  Sigeln  deutlich  zu 
lesen),  das  man  auf  den  ersten  Blick  j^-sL»  =  iiauo«?  lesen  möchte.  Dagegen 
spricht  jedoch,  1.  daß  auch  bei  ältesten  osmanischen  Autoren  der  Name 
der  Insel  nur  in  den  Foimen  ^\^ya  und  /»La,-  auftritt  und  2.  daß  auf 
allen  osmanischen  Sigeln  sonst  keine  Punkte  weggelassen  sind.  Wie  S.  55 
Anm.  2  zeigt,  ist  es  der  Kombinationsgabe  des  gelehrten  Negib  'Äsim  Bej 
gelungen,  das  Rätsel  zu  lösen.  Nach  ihm  ist  Samur  zu  lesen  und  der  Fluß 
Samur  in  Dagestan  im  Kaukasus  gemeint.  Im  Gebiete  dieses  Flusses  befand 
sich  das  großherrliche  Lager  in  dem  Jahre  993,  aus  dem  die  Siegel  datiert 
sind,  und  wir  besitzen  andererseits  osmanische  Münzen,  auf  denen  als  Prä- 
gungsort nur  »das  kaiserliche  Lager«  angegeben  ist  (jj)_\<*  iS3^S\  (J  oj~^)- 
Ausführliches  darüber  S.  55  und  56.  —  Das  älteste  der  beschriebenen  osma- 
nischen Bleisiegel  stammt  aus  der  Regierungszeit  des  Sultans  Bäjezidll.  und 
ist  vom  Jahre  887  H.  datiert,  tlberhaupt  stammen  die  verzeichneten  Siegel  aus 
der  Zeit  der  Sultane:  Bäjezidll.,  Sülejmänl.,  SelimlL,  Muräd  III., 
Ibrahim.  Es  ist  jedoch  sicher,  daß  in  noch  jüngerer  Zeit  bei  den  Os- 
manen  Bleisiegel  im  Gebrauch  waren. 

Zu  erwähnen  ist  noch,  daß  in  der  Vorrede  ziemlich  ausführliche  Be- 
merkungen über  die  Haltbarkeit  der  Bleisiegel  und  Vorschläge  für  die  Be- 
handlung derselben  enthalten  sind.  Mit  Bedauern  bemerkt  der  Verfasser, 
daß  diejenigen  Bleisiegel,  auf  deren  Obertläche  sich  durch  Oxydation  bereits 
»ein  weißer  Staub«  gebildet  hat,  unrettbar  dem  Zerfalle  geweiht  sind  und 
alle  bisher  vorgeschlagenen  Mittel,  sie  zu  erhalten,  sich  als  wirkungslos 
erwiesen  haben. 


280 


Bibliographische  Anzeigen. 

Macdonald,    Duncan,    B. :    Development    of    Muslim    theology,    juris- 

prudence   and    consti  tut  i  onal  theory.     New  York  1903.     IX,  386  S.     (The 

Semitic  series  Vol.  IX.) 

Besprochen  von  Josef  Horovitz. 


foeit  dem  Erscheinen  von  A.  von  Kremers  »Geschichte  der  herrschenden 
Ideen  des  Islams«  (1868),  die  durch  die  Forschungen  der  letzten  Jahrzehnte 
vielfach  überholt  ist,  ist  das  Buch  Macdonalds  der  erste  umfassende 
Versuch,  die  geschichtliche  Entwicklung  des  Islam  darzustellen.  Eine 
knappe  Entveicklungsgeschichte  besitzen  wir  freilicii  längst  in  dem  ge- 
dankenreichen Aufsatz  »de  Islam«,  den  Snouck-Hurgronje  in  der  Zeit- 
schrift de  Gids  1886  veröffentlicht  hat,  der  aber  leider  nicht  die  \'erbreitung 
gefunden  hat,  die  er  verdient  und  der  auch  Macdonald  unbekannt  geblieben 
zu  sein  scheint.  Bei  Snouck  tritt  alles  Biographische  und  Persönliche  ganz 
in  den  Hintergrund,  und  es  handelt  sich  ihm  nur  um  die  Klarlegung  des 
Inhalts  der  islamischen  Lehre  und  der  Faktoren,  welche  die  Tendenzen  ihrer 
P'ortentwicklung  gezeitigt  und  beeinflußt  haben.  Daher  ist  es  Snouck- 
Ilurgronje  auch  möglich  gewesen,  eine  durchaus  einheitliche  Darstellung  zu 
geben ,  während  Macdonald  schon  durch  die  Wahl  des  Titels  zeigt  und  in 
seiner  »Introduction«  ausdrücklich  hervoi'hebt,  daß  und  warum  er  die  Teilung 
des  Stoffes  vorgenommen  hat. 

Von  einer  »Wissenschaft-  konnte  natürlich  im  Islam  erst  die  Rede 
sein,  als  die  »Offenbarungen«  aufgehört  hatten,  der  Mund  des  Propheten 
verstummt  war.  Deshalb  hat  der  Verfasser  die  Entstehungszeit  des  Islam 
nicht  behandelt  und  keinen  Versuch  gemacht,  den  Inhalt  des  Islam  in  seinem 
ersten  Stadium  darzulegen. 

Der  erste  Teil  bespricht  »constitutional  development«,  die  Organi- 
sation der  moslemischen  Gemeinde  als  einer  Einheit,  wie  sie  in  der  Idee 
des  Kalifats  zum  Ausdruck  kommt.  Schon  in  diesem  Abschnitt  tritt  die 
Bedeutung  der  Theorie  für  den  Zusammenhalt  der  mohammedanischen  Welt 
deutlich  hervor,  die  ja  auch  der  panislamischen  Tendenz  in  unseren  Tagen 
ihre  Wirksandceit  verleiht.  Es  ist  dem  Verfasser  sehr  gut  gelungen,  ein 
klares  Bild  der  politischen  Entwicklung  bis  zum  Verfall  des  Kalifats  zu 
zeichnen  und  deutlich  zu  machen,  wie  von  dieser  Zeit  an  bis  heute  wenig- 
stens die  Idee  des  Kalifats  lebendig  geblieben  ist  und  die  Entwicklung 
beeinflußt  hat.  Nur,  glaube  ich,  hätte  der  Verfasser  etwas  näher  auf  den 
Kampf  des  nationalarabischen  Elements  mit  dem  kosmopolitischen  Streben, 
das  dem  Islam  von  Anfang  au  innewohnt,  eingehen  sollen. 


HoROViTz:    Bibliographische  Anzeigen.  281 

Im  zweiten  Teil  wird  die  Entwicklung  des  Rechts  behandelt,  und 
dieser  Abschnitt  ist  dank  der  sorgfältigen  Benutzung  der  Vorarbeiten  zur 
Einführung  in  die  eigentümliche  Denkweise  und  Terminologie  der  moham- 
medanischen Juristen  sehr  geeignet. 

Am  umfangreichsten  ist  der  dritte  Abschnitt  über  die  Theologie  aus- 
gefallen. Hier  ist  es  am  schwierigsten,  die  Entwicklung  einheitlich  durch- 
zuführen, weil  es  sich  häufig  weniger  um  natürliches  Wachstum  und  um 
Tendenzen  volkstümlicher  Bewegungen  handelt  als  um  die  Tätigkeit  ein- 
zelner Männer.  Diese  einzelnen  sind  aber  als  Persönlichkeiten  meist  nicht 
groß  genug,  unser  Interesse  zu  fesseln,  und  über  die  älteren  unter  ihnen 
fließen  die  Nachrichten  recht  spärlich.  So  müssen  viele  dem  Leser,  der 
sich  aus  diesem  Buch  zum  erstenmal  unterrichten  will,  leere  Namen  bleiben. 
Sehr  erschwert  wurde  die  Bearbeitung  namentlich  der  späteren  Perioden 
auch  noch  durch  den  Mangel  an  Vorarbeiten.  Wo  all  diese  Übelstände 
nicht  mitwirken,  zeigt  sich  die  Darstellungskunst  des  Verfassers  im  besten 
Lichte,  und  so  ist  das  Kapitel  über  Gazäli,  über  den  Macdonald  auch  früher 
schon  wertvolle  Arbeiten  veröffentlicht  hat,  vorzüglich  geeignet,  diesen 
größten  Moslem,  «dem  nichts  Islamisches  fremd  war»,  kennen  und  ver- 
stehen zu  lehren. 

Die  Ausführungen  des  Textes  werden  sehr  gut  ergänzt  durch  zwei 
umfangreiche  Appendices,  von  denen  der  zweite  eine  Bibliographie  bringt 
(welche  nun,  ein  Jahr  nach  dem  Erscheinen  des  Buches,  schon  durch  sehr 
wichtige  Nummern  ergänzt  werden  könnte),  der  erste  eine  Anzahl  wichtiger 
Dokumente  der  theologischen  Literatur  in  engüscher  Übersetzung.  Auf  zwei 
kürzere  Auszüge  aus  Sahrastäni  (über  die  Einteilung  der  mohammedanischen 
Sekten  und  Aussprüche  Mohammeds  über  die  Grundlagen  des  Islam)  folgen 
die  Aqidas  des  As'ari,  GazäH  und  Nasafi,  die  Abhandlung  des  Fudah 
/•*>l^==i]l    Ifr   /jx  *^if-  , ^   U-S    r\y^\  "^^   und  eine  Inhaltsangabe  von  Abu 

Öu^ä's  Taqrib. 

Zum  Schluß  noch  einige  Einzelheiten:  S.  10  wird  die  bekannte  Ge- 
schichte der  Äisa  erzählt,  welche  »the  seclusion  of  women  with  all  its  disas- 
trous  effects«  verschuldet  haben  soll.  Gegen  diese  Auffassung  hat  sich  mit 
Recht  Hartmann  in  seinem  Aufsatz  »die  Frau  im  Islam«  (Zeitschrift  des 
Vereins  für  Volkskunde  1901,  S.  237  ff.)  gewendet,  (wo  übrigens  Sprenger 
S.  237  Anm.  2  zu  Unrecht  getadelt  wird,  denn  Ibn  Sihäb  und  Zuhri,  über 
den  man  jetzt  Sachaus  Einleitung  zu  Ibn  Sa'd  III,  1  S.  XIII  vergleiche,  sind 
ja  identisch)  und  neues  Material  bietet  nun  das  Kapitel  J^j  ,_jlä>t5^  Ji  j 
»«.Lj  11)1  Ibn  Sad  Vm  ed.  Brockelmann  S.  124  ff.  S.  17  hätte  der  Gegen- 
satz zwischen  Umajja  und  Häsim  zu  dem  zwischen  altmekkanischer  Aristo- 
kratie und  gut  moslemischen  »Genossen"  erweitert  werden  müssen.  —  I'ber 
das  Verhältnis  der  Juden  von  Medina  zum  Gesetz  und  zur  jüdischen  Tra- 
dition, von  dem  S.  68  die  Rede  ist,  wissen  wir  nichts  Sicheres,  als  daß  sie 
den  Sabbath  beobachteten.  —  Die  Lehre  vom  Nichtgeschaffensein  des  Qoi-an 
(S.  146)  führt  eine  Tradition  bei  Ibn  al  Atir  ausdrücklich  auf  jüdischen 
Einfluß  zurück,  worauf  Schreiner,   »Der  Kaläm  und  die  jüdische  Literatur« 

Mitt.  il.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  II.  Abt.  19 


282  HoRoviTz:    Bibliographische  Anzeigen. 

S.  3/4  hinweist;  auch  die  Frage  über  den  Einfluß  des  Johannes  Damascenus 
auf  den  ältesten  Kaläm ,  die  noch  näherer  Untersuchung  bedarf,  wird  dort 
berührt. 


El-Bokhari:  Les  traditio ns  isla miques  traduites  del'arabeavec  notes 
et  index  par  0.  Houdas  et  W.  Margais.    Tome  I".    Paris  1903.    682  S. 

Wenn  auch  die  kritischen  Untersuchungen  Goldzihers  und  anderer 
den  Glauben  an  die  Echtheit  des  größten  Teils  der  mohammedanischen 
»Traditionen«  erschüttert  haben,  so  haben  sie  darum  ihren  Wert  für  die 
Erkenntnis  des  Islam  nicht  eingebüßt.  Im  Gegenteil  ist  dadurch  ihre 
kulturgeschichtliche  Bedeutung  nur  gestiegen ,  denn  scheinbar  unwesentliche 
Sätze  und  Verhandlungen  über  kleinliche  Fragen  können,  wenn  es  gelingt, 
den  Interessenkreis,  dem  sie  dienen  sollten,  zu  ermitteln,  als  Dokumente 
der  politischen,  nationalen,  sozialen  und  religiösen  Kämpfe  der  ersten  Jahr- 
hunderte benutzt  werden.  Von  Houdas  und  Margais  wird  zum  erstenmal 
eine  der  sechs  kanonischen  Traditionssammlungen  in  eine  europäische  Spraciie 
übersetzt  und  ihr  Inhalt  dadurch  auch  Nicht- Arabisten  zugänglich  gemacht. 
Der  erste  Band,  der  hier  vorliegt,  enthält  weder  Vorwort  noch  Einleitung, 
und  so  kann  man  vorläufig  nur  aus  der  Ausführung  der  Ai-beit  schließen, 
in  welcher  Absicht  sie  unternommen  worden  ist.  Die  Isnade,  die  manch- 
mal länger  sind  als  der  ganze  Matn  der  Tradition ,  haben  die  Übersetzer 
ständig  weggelassen  und  nui-  den  Namen  des  eigentlichen  Erzählers,  der 
meist  ein  »Genosse«  ist,  beibehalten.  Das  ist  für  den,  der  sich  schnell 
über  den  Inhalt  der  Tradition  unterrichten  will ,  eine  große  Erleichterung. 
Ein  genaues  Vergleichen  der  Übersetzung  mit  dem  Originaltext  zeigt,  daß 
es  den  Verfassern,  deren  Arbeit  sehr  sachkundig  und  zuverlässig  ausgeführt 
ist,  nicht  so  sehr  darauf  ankam,  eine  ganz  wörtliche  Übertragung  des  oft 
sehr  dunklen  und  knappen  Textes  zu  liefern,  also  ihre  Aufgabe  rein 
philologisch  zu  lösen,  als  vielmehr  vor  allem  diejenige  Auffassung  wieder- 
zugeben, welche  die  bedeutendsten  mohammedanischen  Autoritäten  vortragen, 
so  daß  manchmal  zur  Umschreibung  gegriffen  worden  ist.  Da  sich  voraus- 
sichtlich die  Übersetzer  selbst  in  der  Einleitung  zu  einem  späteren  Band 
über  ihr  \'^erfahren  äußern  werden,  so  sei  ein  genaueres  Eingehen  tTir  später 
vorbehalten  und  mögen  hier  zum  Schluß  nur  einige  Beispiele  dieser  um- 
schreibenden Übertragungen  zusammengestellt  werden. 

S.  11  werden  die  Worte  Ui— j  1jjA>-j  »i\j^j  ^\^  übersetzt  mit 
»des  devoirs,  des  dogmes,  des  choses  prohibees  et  des  praticjues  recom- 
mandables«,  also  genau  nach  Qastaläni  (^1^)  <^»yu^\j^\  ^\  (^J^\^) 
olj-*^  C^i  (^J)  Cj\cj^J  0^v^  (S\  (i-5J-^=^j)  ^J  -^^  iS^- 

S.  27  wird  C^jj  übersetzt  mit  »cela  m'a  fait  oublier  sa  date«,  also 
die  Umschreibung  des  Kommentars  angewandt. 


HoBOViTz:    Bibliographische  Anzeigen.  283 

S.  314/15  für  ji^_  /ß^^  I  *^\  »que  le  prophete  ne  faisait  pas  faire 
l'appel  ä  la  priere«;  im  Text  ist  vom  Propheten  nicht  die  Rede,  aber  Qasta- 
läni  fügt  hin/AI   *«Lp  <C*  j  ^J. 

S.  319  wird  ,3'"1^  übersetzt  mit  »les  femmes  affranchies  de  toute 
occupation«,  was  die  eine  Erklärung  Qastalänis  wiedergibt,  während  es 
nach  der  anderen  die  Mädchen  wären ,  die  nicht  mehr  dem  elterlichen  Zwang 
unterstehen. 

S.  441  Jlll  ^A^  /y*  iy"^\  "l^s  frais  de  l'ensevelissement  sont  pri- 
viliges«,  wörtlich  »das  Begräbnis  muß  bestritten  werden  vom  ganzen 
Vermögen«  (d.  h.  bevor  die  hinterlassenen  Schulden  abgezogen  sind). 


Berlin,  gedruckt  in  der  Reiclisdruckerei. 


Mitteilungen 
des  Seminars  für  Orientalische  Sprachen  zu  Berlin 

Dritte  Abteilung 


Afrikanische 
Studien 

Redigiert  von 
Prof.  Dr.  C.Veiten  und  Prof.  Dr.  J.  Lippert 


1904 


Berlin 
Kommissionsverlag  von  Georg  Reimer 


in 


Inhalt. 


Hundert  Suaheli -Rätsel.     Gesammelt  von  C.Veiten 1 

Die    Verba     des    Tsivenda'.      Zusammengestellt    von    Theodor     und    Paul 

Schwellnus 12 

Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete,  einem  Dialekt  des  Unter- 
Sambesi    mit  Varianten    der   Sena- Sprache.     Verfaßt    von   P.  Alexander 

V.  d.  Mohl  S.  J 32 

Zur  Eroberung  der  Stadt  Ghat  durch  die  Türken  von  JuliusLippert     .     .       86 
40  Personennamen  und  60  Sprichwörter  der  Evheer  Togos  und  ihre  Bedeutung. 

Gesammelt  von  C.  Spieß 94 

Die  Tone  und  Akzente  im  Kinamwezi  von  E.  Dahl 106 

Einige  Bantuwortstämme  von  Carl  Meinhof .     •     127 

Lusiba,    die  Sprache    der    Länder    Kisiba,   Bugabu,   Kjaratwara,   Kjänja  und 
Ihangiro,    speziell    der  Dialekt    der    -Bayossa.    im    Lande    Kjamtwrara    von 

Herrmann 150 

Linguistische  Studien  in  Ostafrika  von  Carl  Meinhof 201 

Bericht  über  politische  Verhältnisse  im  mittleren  Sudan  von  von  Bülow  .     .     263 

Kingoni  und  Kisutu  von  Cassian  Spiß.     0.  S.  B 270 

Bibliographische  Anzeigen.     Contes   populaires  d'Afrique  par  Rene  Basset  .  .  . 
Paris:  E,  Guilmoto  1904,  besprochen  von  Julius  Lippert 415 


Hundert  Suaheli-Rätsel. 

Gesammelt  von  Dr.  C.  Velten. 


iVlärchen  und  Rätsel  gehören  zu  den  Lieblingsunterhaltungen  der  Suaheli. 
Sobald  ihnen  in  jetziger  Zeit  der  alltägliche  Stoff  über  die  Eigenheiten  der 
ihnen  bekannten  Europäer  oder  die  Maßnahmen  der  Regierung  und  deren 
Kritisierung  ausgegangen  ist,  werden  Märchen^  erzählt  oder  Rätsel  auf- 
gegeben. 

In  letzterem  Falle  sagt  einer  unter  ihnen:  -»luzungumze»-,  d.h.:  »Wir 
wollen  uns  unterhalten.«  Dabei  war  die  Unterhaltung,  wie  fast  immer  bei 
ihnen,  schon  sehr  lebhaft,  y^mazungumzo  ganii<^  d.h.:  »Was  für  eine  Unter- 
haltung;'" fragt  ein  anderer,  vtufanye  vitendawili»,  d.h.:  »Wir  wollen  Rätsel 
aufgeben.«  Derjenige  nun,  welcher  ein  Rätsel  weiß,  sagt:  ^>kitendawili<i, 
d.h.:  »Ein  Rätsel.«  Die  Anwesenden  antworten:  ^^tega<^,  d.h.:  »Stelle  die 
Falle.«  Darauf  gibt  der  Betreffende  sein  Rätsel  auf  und  fragt  die  Zuhörenden: 
»mm  maana  yaheh'  d.h.:  »Was  ist  die  Bedeutung?«  Kann  niemand  es 
lösen,  so  sagt  der  Rätselsteller:  ^^nipeni  mji",  d.h.:  »Gebt  mir  eine  Stadt 
(als  Lohn).«  Man  antwortet  ihm:  »ftoaa  mß  ica  Lindi«^,  d.h.:  »Nimm  die 
Stadt  Lindi."^  Der  also  Beschenkte  sagt  alsdann:  «hrrrr  hatta  Inndi,  nimetwaa 
mji  ica  Lindi",  d.h.:  »Ich  fahre  (in  Gedanken)  hin  nach  Lindi  und  nehme 
von  der  Stadt  Besitz.«  Zugleich  gibt  er  den  Anwesenden  die  Lösung  und 
fordert  einen  anderen  auf  mit  den  Worten:  «tega  na  wewe'^,  d.h.:  »Gib  du 
auch  dein  Rätsel.« 

Bei  jedem  folgenden  Rätsel  werden  obige  Redensarten  in  gleicher 
Weise  und  Reihenfolge  wiederholt. 

1.  mti  micubwa  una  majani  mawili.  —  Ein  großer  Baum  hat  (nui')  zwei 
Blätter. 

mtu  na  masMkio  yaTce.  —  Der  Mensch  mit  seinen  Ohren. 

2.  mwanamJce  hang,  mume,  lakini  yeye  huzaa  watoto  wengi.  —  Eine  Frau 
hat  keinen  Mann  und  doch  bringt  sie  viele  Kinder  zur  Welt. 

mgomba  wa  ndizi.  —  Eine  Bananenstaude. 
Man  gibt  dies  Rätsel  auch  folgendermaßen  auf: 
anazaa  pasipo  mume.  —  Es    zeugt  jemand  Nachkommen   ohne   M;um. 

mti.  —  Ein  Baum. 


1  Eine  Sammlung  »Märchen  und  Erzählungen  der  Suaheli«  habe  ich  1898  in 
Bd.  XVIII  der  Lehrbücher  des  Seminars  für  Orientalische  Sprachen  in  Sualieli  und 
deutscher  Übersetzung  (jetzt  im  Verlag  von  Georg  Reimer,  Berlin)  verütlenthclit. 

2  Oder  eine  andere. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  IE.  Abt.  1 


2  Velten  :    Suaheli -Rätsel. 

3.  nyumha  yangu  Jiaina  mlango.  —  Mein  Haus  hat  keine  Tür. 

yayi  la  huku.  —   Ein   Hühnerei.     Oder  qaburi.  —  Das   Grab. 

4.  nna^  mwanangu,  halt  chakula,  huponea  umande.  —  Ich  habe  mein 
Kind,  es  ißt  nichts,  es  nährt  sich  von  Tau. 

mhoga.  —  Die  Pllanze. 

5.  Iciko  Tiitu,  MJcenenda^  hujifunika,  na  kikirudi  hnjifunika.  —  Es  gibt 
etwas,  das  sich  bedeckt,  wenn  es  weggeht,  und  wenn  es  zurückkehrt,  be- 
deckt es  sich  auch. 

chomho  haharini.  —  Ein  Segelschiff  auf  dem  Meere. 
Dasselbe  Rätsel  wird  auch  in  folgender  Form  gestellt: 
kwenda  na  ushungi,^  kurudi  na  ushungi.  —  Mit  dem  Kopftuch  hin,  mit 
dem  Kopftuch  zurück. 

6.  nna  mtu  wangu,  huenenda  akirudi^  kuUa  siku,  wala  hapumui  hatta 
marra  moja.  —  Ich  habe  meinen  Mann,  der  alle  Tage  geht  und  zurück- 
kommt und  niemals  ausruht. 

bahari.  —  Das  Meer.^ 

7.  mke  na  mume  wake  hutazamana,  mume  hamqitruhii  mke  wake,  wala 
mke  hamquruhii  mume  wake.  —  Eine  Frau  und  ihr  Mann  sehen  einander 
immer  an,  der  Mann  nähert  sich  nicht  seiner  Frau  und  die  Frau  nähert 
sich  nicht  ihrem  Mann. 

mhingu  na  inchi.  —  Himmel  und  Erde. 

8.  kipande  mti ,  kipande  clmma.  —  Ein  Teil  ist  von  Holz,  ein  Teil 
von  Eisen. 

hunduqi.  —  Das  Gewehr. 

9.  nyumha  yangu  kuhioa,  mlango  icake  mdogo.  —  Mein  Haus  ist  groß, 
seine  Türe  ist  klein. 

cJiupa.  —  Eine  Flasche. 

10.  hatta  kama  tcaiaka  kutafuna,  hukiwezi ,  nocho  haßfu.^  —  Selbst 
wenn  du  es  kauen  wolltest,  so  kannst  du  nicht,  es  ist  zu  leicht. 

maji.  —  Das  Wasser. 

11.  mwanangu  kaenea'^  ardi  pia.  —  Mein  Kind  breitet  sich  über  die 
ganze  Erde  aus. 

mvoezi.  —  Der  Mond.     Oder  jtia.  —  Die  Sonne. 

12.  kuku  wangu  katia^  mibani.  —  Älein  Huhn  hat  in  die  Dornen  gelegt. 

nanasi.  —  Eine  Ananas. ' 


2  kikienenda. 

^  Kopfschleier  der  Suaheli -Frauen. 

*  Für  akarudi. 

5  Bei  Ebbe  und  Flut, 

ß  khafifu  leicht. 

''  akaenea. 

*  akatia  =  amekutia. 

3  Unter  "Dornen«   sind  die  stacheligen  Blätter  der  Ananas  gemeint. 


Velten:    Suaheli -Rätsel.  o 

13.  Tcombfi  la  munngu  K  wazi.  —  Die  Schüssel  Gottes  steht  offen. 

kislma  cha  maji.  — -  Ein  Brunnen  mit  Wasser. 

14.  micanangu  miaka  yote  analala  chini.  —  Mein  Kind  schläft  alle  Jahre 
unten  auf  der  Erde. 

hoga.  —  Der  Kürbis. 

15.  kitu  kidoyo  kimioondoa  sultani  katika  kiti.  —  Ein  kleines  Ding  holt 
den  Sultan  vom  Throne. 

choo.  —  Die  Notdurftverrichtung. 

16.  nyumha  yanyu  i  loaziwazi.  —  Mein   Haus  steht  (immer)  offen. 

dema  la  kuvulia  samaki.  —  Eine  Reuse  zum  Fischfang. 

17.  njia  iriapitwa  killa  siku,  haionekani  ^alama.  —  Ein  Weg  wird  jeden 
Tag  begangen  und  doch  ist  er  nicht  sichtbar. 

hahari.   —  Das  Meer. 

18.  mchawi  ndio  tibahu.  —    Der  Zauberer  ist  (zugleich)  der  Arzt. 

mwiba.  —  Ein   Dorn,^ 

19.  mwallimukaJala^,  wanafunzi  wanasoma. —  Der  Lehrer  schläft,  die 
Schüler  lesen. 

mavi  —  Exkremente.^ 

20.  ukumhuu  im  haha  umenyooka  mrefu.  —  Des  ^^aters  Güitel  ist  lang 
ausgestreckt. 

njia.  —  Ein  Weg. 

21.  popoo  zangu  mhili  zimevuka  mto.  —  Meine  beiden  Betelnüsse  sind 
über  den  Fluß  gefahren. 

macho.  —  Die  Augen.* 

22.  nyumha  yangu  siku  zote  haiwashwi  taa.  —  In  meinem  Hause  wird 
niemals  ein  Licht  angezündet. 

qahuri.  —  Das  Grab. 
Dieses  Rätsel  wird  auch  folgendermaßen  aufgegeben: 
nyumha  yangu  haina  taa.  —  Mein  Haus  hat  kein  Licht. 
Oder  man  sagt: 

nyumha  yangu  ya  kiziweziwe  oder  nyumha  yangu  ya  kiduidui.  —  Mein 
Haus  ist  immer  dunkel. 

23.  mshare  wangu,  nikiutupa  usiku,  JiaußM  mhali,  mchana  unakimnda 
mwendo  wa  mwaka.  —  Mein  Pfeil,  den  ich  am  Abend  werfe,  reicht  nicht 
weit,  am  Tage  macht  er  einen  Marsch  von  einem  Jahre. 

jicho.  —  Das  Auge. 

24.  hihi  yuJco  juu  ya  kiti  analia  machozi.  —  Eine  Großmutter  sitzt  auf 
dem  Stuhle  und  weint  Tränen. 

chungu.  —  Ein  Kochtopf.^ 


1  Wenn  man  sich  einen  Dorn  in  den  Fuß  gerannt  hat,  holt  man  ihn  mit  einem 
änderen  Dorn  heraus. 

2  analala. 

2    Unter  »Schüler"   sind  die  Fliegen  zu  verstehen. 
*    Ich  habe  aufs  andere  Ufer  hinübergesehen. 
5    Es  siedet  und  brodelt  darin,  als  ob  jemand  am  Weinen  wäre. 

1* 


4  Yelten:    Suaheli-Rätsel. 

25.  nenda^  na  mwenzangu,  nirucW^  peTceyangu,  yeye  nimemwacha  huJco- 
hiiho.  —  Ich  gehe  aus  mit  meinem  Gefährten  und  kehre  allein  zurück,  ihn 
habe  ich  dort  gelassen. 

umande.  —  Nebel.     Oder  choo.  —  Der  Stuhlgan.ü;. 

26.  Mnochonamisha^  wakim^  ni  nini^  —  Was  ist  das,  vor  dem  sich 
selbst  die  Großen  beugen? 

wembe.  —  Das  Rasiermesser.  ^ 

27.  nenda  na  mioenzanyu,  higeuha^  nyuma  —  simiconi.  —  Ich  gehe 
mit  meinem  Freund,  und  wenn  ich  mich  umdrehe,  sehe  ich  ihn  nicht. 

kisogo.  —  Meinen  Hinterkopf. 

28.  nimejenga  nyumha  yangu  kubwa,  imesimama  Tewa  nguzo  mnja.  — 
Ich  ha])e  mein  großes  Haus  gebaut,  es  steht  auf  einer  Stütze. 

uyoga.  —  Ein  Pilz;  oder  mwavuli,  der  Regenschirm. 

29.  nna  mwanangu ,  Tcenda'  utujm,  Jcarudi^  vuruvuru.  —  Ich  habe  mein 
Kind,  es  geht  leer  (trocken)  hin  und  kehrt  naß  zurück. 

mwiko.  —  Ein  Löffel. 

30.  marra  kiko  kwako,  marra  kimerudi  kicangu.  —  Jetzt  gehört  es 
dir,  dann  gehört  es  mir." 

7?wli.  —  Waren. 

31.  minne,    minne^",   hatta   TJlaya'^'^.    —  Vier,    vier,    sogar    in  Europa. 

kitanda.  —  Ein  Bett.^^ 

32.  mwanangu  u.siku  na  mchana  Jinkaa  mongoni.  —  INIein  Kind  ist  Tag 
und  Nacht  auf  meinem  Rücken. 

kihiongo.  —  Der  Buckel  eines  Buckligen. 

33.  alia,  pasipo  kupigica.   —    Er  weint,   ohne  geschlagen  zu  werden. 

mgonjwa  wa  macho.  —  Der  Augenkranke. 

34.  mnekioima  pasipo  nguzo.  —  Es  steht  (etwas)  ohne  Stützen. 

uwingu.  —  Das  Himmelsgewölbe. 

35.  hifa,  ikafufuka.  —  Es  stirbt  und  lebt  immer  wieder  auf. 

hahari.  —  Das  Meer.'^ 

36.  cJiauma  hila  ya  meno,  chaumiza  bila  ya  silaha.  —  Es  beißt  ohne 
Zähne  tnid  verwundet  ohne  Waffen. 

moto.  —  Das  Feuer. 


1  naenda,  nakwenda. 

2  ninarudi,  narudi. 
ä  kinachoinamisha. 
*  wakubwa. 

^  Beim  Rasieren  der  Kopfhaare. 

^  nikigeuka. 

'  akaenda. 

8  akarudi. 

^  Wörtlich  übersetzt:    Jetzt  ist  es  bei  dir,  dann  kehrt  es  zu  mir  zurück. 

1"  Zu  ergänzen  miguu. 

"  Unter  Ulaya  (Heimat)  ist  gewöhnlich  Europa  bzw.  Deutschland  zu  verstehen. 

'2  Ein  Bett  hat  übeiall  vier  Füße. 

13  Bei  Ebbe  und  Flut. 


Velten:    Suaheli -Rätsel.  5 

37.  nyumba  ya  muungu  i  wazi.  —  Ein  Haus  Gottes  steht  immer  offen. 

meskiti.  —  Die  Moschee. 

38.  nyama  mkuu  alaenda,  hana  mchakato.  —  Ein  großes  Tier  hat  keinen 
schweren  Tritt  beim  Gehen. 

tembo.  —  Der  Elefant. 

39.  funika  Tiikombe ,  mwana  haramu  apite.  —  Halte  die  Tasse  zu,  das 
uneheliche  Kind  will  vorbei. 

ushuzi.  —  Ein  Gestank. 

40.  Jcijamanda  cha  hihi  yangu  Jciviejaa  mhwebice  tele,  —  Die  Schachtel 
meiner  Liebsten  ist  voll  kleiner  Steinchen. 

Tänywa  na  meno.  —  Ihr  Mund  mit  den  Zähnen. 

41.  wanangu  wote  wameenea  vilemha.  —  Alle  meine  Kinder  haben  Tur- 
bane auf. 

mayoga.  —  Pilze. 

42.  shwigi  la  mwana  lapepea.  —  Der  Schleier  des  Kindes  weht  hin 
und  her. 

tanga  la  jahazi.  —  Das  Segel  eines  Schiffes. 

43.  katika  nyumba  yetu  wamo  simha  watatu.  —  In  unserem  Hause 
sind   drei  Löwen. 

mafya  ya  Jcutdekea  chungu.  —  Die  (drei)  Feuersteine,  die  zum 
Aufsetzen  des  Topfes  dienen.' 

44.  simba  ahilia,  Jälla  pahali  husikia.  —  Wenn  der  Löwe  brüllt,  hört 
man  es  überall. 

ra\Ii.  —  Der  Donner. 

45.  mwanangu  mchana  kulia  na  usiku  kulia.  —  Mein  Kind  weint  bei 
Tag  und  bei  Nacht. 

mvinje.  —  Kasuarine.^ 

46.  xoanangu  wana  nguo  wote ,  wamevaa  na  kofia  upande;  asiye  nguo 
na  kofia,  si  mioanangu.  —  Meine  Kinder  haben  alle  Kleider,  auch  tragen 
sie  eine  Mütze  auf  der  Seite;  wer  kein  Kleid  und  keine  Mütze  hat,  ist 
nicht  mein  Kind. 

vidole  na  kucha.  —  Finger  und  Nägel. 

47.  yuko  mzee ,  mweiiyeioe  hukaa  ndani,  ndevu  zake  ziko  nje.  —  Da  ist 
ein  Alter,  er  selbst  steckt  drinnen .  aber  sein  Bart  ist  draußen. 

maJiindi  katika  uhua  loake.  —  Maiskolben  auf  dem  Halm.^ 

48.  mzee  icetu  amekaa  utupu,  hana  nguo.  —  Unser  Alter  ist  nackt,  er 
hat  kein  Kleid  an. 

kisima  cha  maji.  —  Ein  Brunnen  mit  Wasser. 


1  An  Stelle  des  Herdes   liaben    die  Suaheli   drei    dicke  Steine,   zwischen    die 
sie  das  Feuer  machen  und  auf  welche  der  Kochtopf  zu  stehen  kommt. 

2  Wenn   der  Wind   durch   die   Kasuarine    streicht,   hört   es   sich    an,    als   ob 
jemand  weine. 

3  Beim  Reifwerden  guckt  der  Bast  aus  der  Blatthülle,  die  den  Kolben  umgibt, 
wie  ein  Bart  hervor. 


6  Velten:    Suaheli-Rätsel. 

49.  nimepeleJca  mtu  Tcumwita  mtu,  yule  mivenyi  Tcwitwa  amekuja,  yule 
mshenga  hajarudi.  —  Ich  habe  einen  Mann  ausgeschickt,  jemand  zu  rufen; 
der  Gerufene  ist  schon  da,  aber  der  Bote  ist  noch  nicht  zurückgekehrt. 

nazi.  —  Eine  Kokosnuß.^ 
Dasselbe  Rätsel  wird  auch  in  folgender  Form  aufgegeben: 
mshenga   hajarudi,    mjumbe   Jcisha  fika.  —  Der    ausgeschickte  Bote    ist 
noch  nicht  zurückgekehrt,  da  langte  der  andere  Bote  schon  an. 
Oder  man  sagt: 
7iimetumwa  kwenda  mwita  mwenzangu,    mwenzangu  ameJcuja,   mimi  hado. 

—  Ich  wurde  ausgeschickt,  meinen  Freund  zu  rufen,  mein  Freund  ist  ge- 
kommen, ich  noch  nicht. 

50.  matatu,  matatu,  hatta  kica  jumhe.  —  Drei,  drei,  sogar  beim  Orts- 
vorsteher. 

mafya.  —  Die  drei  Steine  des  Feuerherdes. 

51.  degekuu  linamia  xmojna.  —  Der  große  \'ogel  beugt  sich  über  die 
Kinder. 

nyumba.  —  Ein  Haus. 

Oder  man  sagt: 

mkuu  ampfunika  wanaice?.  —  Der  Große  hat  seine  Kinder  bedeckt. 

52.  aona  —  haonekani ,  asetna  —  hasikiwi.  —  Er  sieht  und  wird  niclit 
gesehen,  er  spricht  und  wird  nicht  gehört. 

muungu.  —  Gott. 

53.  mti  mkuu  umeanguka,  ndege  icamejinamia.  —  Ein  großer  Baum  ist 
umgefallen,  die  Vögel  haben  sich  niedergeduckt. 

mfalme  amehufa.  —  Ein  Häuptling  ist  gestorben.^ 

54.  nimeona  icatoto  'esherini ,  wamefuatana  pamoja,  wote  wamevaa  visibao 
vyeupe.  —  Ich  habe  zwanzig  Kinder  gesehen,  die  zusammen  gingen,  und 
alle  hatten  helle  Röcke  an. 

makunguru.  —  Krähen. 

55.  mwanangu   anakwenda   mchana   kutwa    bila   ya  miguu  wala  hachnki. 

—  Mein  Kind  geht  den  ganzen  Tag  ohne  Füße  und  wird  auch  nicht  müde. 

jua.  —  Die  Sonne. 

56.  watoto  watatu,  akiondoka  mmoja,  kazi  haifanyiki.  —  Es  sind  drei 
Kinder  da,  wenn  eins  weggeht,  wird  keine  Arbeit  gemacht. 

mafya.  —  Die  drei  Steine  des  Feuerherdes. 

57.  moja  imezaa  viia.  —  Eins  hat  hundert  erzeugt. 

mbegu.  —  Das  Samenkorn, 

58.  mach)  yangu  yamejaa  mbicebwp.  —  INIeine  Augen  sind  voll  Steinchen. 

usingizi.  —  Der  Schlaf. 

59.  teketeke  huzaa  gumugtimu.  —  Weiches  erzeugt  Hartes. 

muhindi.  —  Mais.* 


1  Die  Kokosnuß  fällt  schneller  zur  Erde ,  als  der  Mann  herunterklettern  kaiui. 

2  waana  wake. 

^  Unter  »Vögel«  sind  die  Untertanen  zu  verstehen,  die  gebeugt  dastehen. 

*  Der  zuerst  weich  ist  und  trocken  ganz  hart  wird. 


Velten:    Suaheli -Rätsel.  7 

60.  nende  Tiarudi  -KneleTte«-.  —  Ich  gehe  und  komme  zurück  (und  sage) 
»Mama,  nimm  mich  auf  die  Schulter«. 

Mtanda.  —  Das  Bett.^ 
Oder  man  sagt: 

ukenda  uMrudi  vmama,  nelekan.  —  Gehst  du  und  kehrst  heim,  (so 
sagst  du:)  »Mama,  trage  mich«. 

61.  nna  fimbo  yangu  ya  clmma,  hatika  shina  hiila  chakida ,  nclia  yake 
Imfanya  kitoweo.  —  Ich  habe  einen  Stock  von  Eisen,  die  Wurzel  ißt  man 
als  Hauptspeise,  seine  Spitze  dient  als  Zuspeise. 

muhogo.  —  Maniok.^ 

62.  nalikwenda  njiani,  ?iasik;ia^  uruzi,  nilipogeuka  —  allyepiga  uruzi  — 
sikttmwona.  —  Ich  war  unterwegs  und  hörte  einen  Pfiff,  imd  als  ich  mich 
umdrehte,  (um  zu  sehen)  wer  gepfiffen,  sah  ich  niemand. 

mvinje.  —  Kasuarine.* 

63.  loanangti  wote  hawana  nguo.  —  Alle  meine  Kinder  haben  keine 
Kleider  an. 

maboga.  —   Kürbisse.^ 

64.  taa  ilijaa  mafuta,  upepo  ulipovuma,  ilizimika.  ■ —  Die  Lampe  war 
voll  Ol,  aber  als  der  Wind  wehte,  ging  sie  aus. 

roho.  —  Die  Seele.^ 

65.  shamba  langu  la  mpunga  limechanua  lote.  —  IVIeine  Reispflanzung 
ist  voll  aufgeblüht. 

nywele  zimegeuka  mvi.  —  Die  Haare  sind  weiß  geworden. 

66.  nalima  shamba  langu  kubwa,  lakini  nUipolivuna ,  sikupata  kikapu  cha 
riziqi,  inayotoka  katika  shamba  hüo.  —  Ich  bestelle  gewöhnlich  mein  großes 
Feld,  aber  als  ich  ernten  wollte,  habe  ich  nicht  einen  Korb  voll  Ertrag 
davon  bekommen. 

nywele  za  kichwani.  —  Kopfhaare.'' 
Man  sagt  auch: 

nimelima   shamba  langu   kubwa,   nimevuna   mtama   kidogo.  —  Ich  halie 

meine  große  Pflanzung  bestellt,  aber  nur  wenig  Hirse  geerntet. 

67.  nimekwenda ,  nikirudi  —  ngombe  nimemshika  mkia.  —  Ich  bin  weg- 
gegangen, und  als  ich  zui'ückkehrte ,  habe  ich  den  Ochsen  beim  Schwanz 
gegriffen. 

kata.   —  Der  Wasserlöffel.^ 


^  Zum  Ausruhen. 

2  Die  Wurzelknollen  bilden  eine  Hauptnahrung  der  Suaheli,  und  aus  den  Blättern 

wird  ein  Gemüse  zubereitet. 

^  nikasikia. 

*  Wenn  ein  starker  Wind  durch  die  Kasuarine  pfeift. 

5  Sie  liegen  bloß  auf  der  Erde. 

6  Der  Wind  ist  der  Tod. 

■^  Wenn  sie  geschnitten  oder  abrasiert  werden,  machen  sie  keine  Handvoll  aus. 

*  Aus  Kokosnuß  mit  langem  Stiel,  daher  Oclisenschwanz. 


8  Velten:    Suabeli- Rätsel. 

Dasselbe  Rätsel  lautet  auch: 

natoka  shamha,  nafikia  mkia  wa  nyombe.  —  Komme  ich  von  der  Pflan- 
zung, dann  lange  ich  am  Ochsenschvvanz  an.^ 

68.  "asJcari  wangu  wanapigana  vita,  wenyi  wamekufa,  na  wenyine  icame- 
pona.  —  Meine  Soldaten  sind  im  Krieg,  viele  sind  gestorben,  andere  sind  un- 
versehrt geblieben. 

hisi.  —  Maiskörner  beim  Rösten.^ 

69.  nna  mwananyu,  dkaanguka,  hana  msliindo.  —  Ich  habe  mein  Kind, 
es  fällt  ohne  Geräusch  zur  Erde. 

difu  la  nazi.  —  Einzelblatt  einer  Palme. 

70.  nimepita  Ttatika  njia,  wakuhwa  wakaniamTcia,  watoto  wasiniamkie.  — 
Ich  ging  meines  Weges  dahin,  die  Alten  boten  mir  ihren  Gruß,  die  Kinder 
begrüßten  mich  nicht. 

mbazi.  —  Bohnen.^ 

71.  mwanangu  nimemjengea  kuta  mbele  na  nyuma ,  njia  aliyntokea  — 
sikuijua.  —  Ich  habe  meinem  Kinde  vorn  und  hinten  Mauern  gebaut,  aber 
wo  es  herkommt,  weiß  ich  nicht. 

roho.  —  Die  Seele.* 

72.  nimeweka  nnga  usiku ,  n'ikatazama  as-.<tuhuM  hapana.  —  Ich  habe 
Mehl  am  Abend  hingelegt  und  als  ich  am  Morgen  hinschaute,  war  nichts 
mehr  da. 

nyota.  —  Die  Sterne. 

Man  sagt  auch: 

nanika  milala  yangu,  as-suhuhi  nimekwenda,  sikuiana.  —  Ich  habe  meine 
Mattenstreifen  zum  Trocknen  ausgebreitet,  am  nächsten  Morgen  ging  ich 
hin,  fand  aber  nichts  mehr  vor. 

73.  nimekwenda  njiani,  hasikia'^  mtu  anapiga  maknß ;  nilipogeuka  si- 
kumwona.  —  Ich  ging  auf  einem  Wege  und  hörte  jemand  in  die  Hände 
klatschen;  als  ich  mich  umdrehte,  sah  ich  niemand. 


mpiga  koß.  —  Der  mpiga  kofi-Ba 


um. 


74.  humenda  wendako,  ukirudi,  wakikuta  kipo  palepale.  —  Du  magst  liin- 
gehen,  wo  du  willst,  wenn  du  zurückkehrst,  triffst  du  es  an  derselben  Stelle. 

jaa  la  kumwagia  taka.  —  Kehrichthaufen. 

75.  wanangu  loaicili  hiikaa  mji  mmoja ,  lakini  hawatembeleani.  —  INIeine 
beiden  Kinder  wohnen  in  demselben  Ort,  aber  sie  gehen  nie  zusammen 
spazieren. 

vilima  viwili.  —  Zwei  Berge.'' 


^  Nach  getaner  Arbeit  gi-eift  man  gern  zum  Wasserlöffel. 

^  Die  einen  bersten,  die  anderen  nicht. 

*  Die  reifen  klappern  beim  Berühren  der  Schoten,  die  unreifen  (die  Kinder)  nicht. 

*  Sie  ist  von  dem  Körper  wie  von  Mauern  umgeben. 
^  nikasikia. 

^  Wenn  die  Früchte  desselben   in    der    heißen  Jahreszeit  platzen,   klingt  es, 
Is  ob  jemand  in  die  Hände  klatsche. 

■^  In  der  Nähe  des  Ortes. 


Velten:    Suaheli -Rätsel.  9 

76.  watoto  wangu  tvamefinamia  chini.  —  Meine  Kinder  haben  sich  zur 

Erde  gebeugt. 

mpunga.  —  Reis  auf  dem  HaUn^ 

77.  Tcizio  changu  cha  nazi  Jcimeenea  mji  loote.  —  INIeine  (der  Kokosnuß) 
Hälfte  ist  über  die  ganze  Stadt  verbreitet. 

mwezi.  —  Der  Mond. 

78.  harrabarra  hatta  Manga.  —  Eine  Straße  bis  nach  Arabien. 

utelezi.  —  Ausgleiten  auf  schlüpfrigem  Wege. 
Man  sagt  auch: 

rrrr  hatta  Manga.  —  rrrr  (gehts  den  Weg  hinab  beim  Ausgleiten)  bis 
nach  Arabien. 

79.  fimho  yangu  ndefu,  haina  shina  wala  ncha.  —  Mein  Stoek  ist  lang, 
er  hat  keine  Wurzel  noch  Spitze. 

ulimwengu.  —  Die  Welt. 
Oder  man  sagt: 

JiaitjuliJcani  mwanzo  ical'e  icala  micisho.  —  Man  kennt  weder  ihren 
Anfang  noch  ihr  Ende. 

80.  taa  inawaka  usiku  kucha,  haina.  mafuta  icala  utambi.  —  Ein  Licht 
brennt  die  ganze  Nacht  hindurch,  ohne  Öl  noch  Docht  zu  haben. 

mwezi.  —  Der  INIond. 

81.  Tonga,  mwana  wa  uziwani,  kazallwa  uzkcani,  kalelewa  uziwani;  akija 
mume  kimposa,  akiambiwa:  ^^maji  moto  usinywe  wala  maji  baridi  usinywe.'^  — 
Tongo  ist  ein  Kind  des  Wasserteiches ,  es  ist  im  Wasser  geboren  und  dort 
großgezogen  worden;  wenn  ein  IVIann  kommt,  um  es  zu  werben,  wird  ihm  (dem 
Kinde)  gesagt:   »Du  darfst  kein  heißes  Wasser  und  auch  kein  kaltes  trinken.« 

chumvi.  —  Salz. 

82.  fulani,  killa  endapo,  mzigo  a-ake  anao.  —  Wo  auch  die  Soundso 
hingeht,  sie  hat  ihre  Last  bei  sich. 

mwanamke  mwenyi  mimba.  —  Eine  schwangere  Frau. 

83.  futl'^  lifutika  futi,  na  futi  lifutika  futi.  ■ —  Das  Eingeschlossene  ist 
von  etwas  anderem  eingeschlossen  und  dies  ist  wieder  von  etwas  einge- 
schlossen. 

kumbi  la  nazi  na  nazi.  —  Kokosfaser  und  Kokosnuß.^ 

84.  vyote  vyapatikana,  illa  kiti  cha  mfalme  hakipatikani.  —  Alles  ist 
zu  erlangen,  aber  der  Thron  eines  Königs  nicht. 

roho.  —  Die  Seele. 

85.  kita  kitatasi^,  mtambua  ndizi,  tampa  hirizi.  —  Es  ist  ein  Ding 
verborgen;  wer  die  Banane  deutet,  dem  werde  ich  ein  Amulett  geben. 

mtoto  ndani  ya  tumbo.  —  Ein  Kind  im  Mutterleibe.  ^ 


^    Die  Ähren  werden  beim  Abschneiden  heruntergebogeri. 

2  futiko  das  Eingeschlossene,    z.B.  Geld,    das  im  oberen  Saum  des  Lenden- 
tuchs aufbewahrt  wird. 

3  Die    Kokosfaser   ist   von    der   äußeren  Schale   bedeckt   und    die   eigentliche 
Nuß  von  beiden. 

*    kitu  kilichotataswa  (küichofungwa). 

^    Von  dem  man  nicht  weiß,  ob  es  ein  Knabe  oder  ein  Mädchen  ist. 


10  Velten  :    Suaheli -Rätsel. 

86.  simba  amelala,  mkono  wake  umpfika  killa  pahali.  —  Ein  Löwe  hat 
sich  hingelegt,  seine  Tatze  reicht  ülierall  hin. 

m/ahne.  —  Elin  König.' 

87.  nyama  ya  riale  haijai  Mkomhe.  —  Das  Fleisch  von  einem  Silber- 
realen macht  keine  Tasse  voll. 

mhußo.  —  Silberne  Halskette  (aus  einem  Realen  gefertigt). 

88.  nyama  nje,  ngozi  ndani.  —  Außen  Fleisch .  inwendig  Haut. 

finingi.  —  Dei-  Magen. 

89.  nimekwenda  njiani,  hakuta^  kisutu,  mwenyewe  simjui.  —  Ich  ging 
auf  dem  Wege  und  fand  ein  kisutu -Tuch,  den  Eigentümer  kenne  ich  nicht. 

mate  ya  tamhuu.  —  Speichel  vom  Betelkauen. ^ 

90.  nyumha  yangu  imPMngua,  isalia  mwamha.  —  ^Nlein  Haus  ist  ver- 
brannt, nur  der  Tragebalken  ist  übrig  geblieben. 

njia.  —  Ein  Weg.* 

91.  shimgi  la  mwaralm  lapepea.  —  Das  Kopftuch  des  Arabers  schaukelt 
hin  und  her. 

taa.  —  Die  Flamme  eines  Lichtes. 

92.  mwanangu  anatapikia  mbavuni.  —  Mein  Kind  übei'gibt  sich  nach 
allen  Seiten. 

kiwi  cha  mtama.  —  Der  Mahlstein  für  Hirse. 

93.  mtoto  hakumsliabihi  mama  yake  wala  haba  y'ake,  amemshahihi  yaya 
yake.  —  Ein  Kind  sah  weder  seiner  Mutter  noch  seinem  Vater  ähnlich, 
mehr  noch  seiner  Amme. 

popo.  —  Ein  Schmetterling. 

94.  watoto  wangu  nimewapiga ,  halafu  nimewatia  ndani ,  wanalia,  mlango 
nimefunga.  —  Meine  Kinder  habe  ich  geschlagen ,  und  darauf  habe  ich  sie 
eingesperrt,  und  sie  weinten,  während  ich  die  Tür  geschlossen  hielt. 

hm.  —  Gerösteter  Mais,* 

95.  haha  kazaa  watoto  wanne,  tenna  haha  akafa.  mtoto  wa  kicanza 
hakurithi  kitu,  wa  pili  amepata  riale  mia ,  wa  tatu  amepata  riale  miten,  wa 
nne  kapata  riale  thalatha  mia.  —  Ein  Vater  zeugte  vier  Kinder,  darauf  starb 
der  Vater.  Das  erste  Kind  erbte  nichts,  das  zweite  bekam  hundert  Realen, 
das  dritte  zweihundert,  das  vierte  dreihundert  Realen. 

alif,  he,  te,  the.  —  Die   vier  ersten  Buchstaben  des  Alphabets 
in  arabischer  Schrift  1  i-j  O  ö.^ 


1  Seine  Befehle  reichen  weit. 

2  nikakuta. 

2    Der  dieselbe  Färbung  hat  wie  ein  kisutu  (Frauentuch). 

*  Ein  Haus  kann  völlig  abbrennen,  so  daß  nichts  mehr  davon  zu  sehen;  der 
Weg,  au  dem  es  liegt,  wird  aber  innner  sichtbar  sein. 

*  Die  Körner  springen  beim  Hosten  in  einem  zugedeckten  Topf  liin  und  her 
(sie  weinen). 

6    Der  erste  Buchstabe  hat  keinen  Punkt-,  der  zweite  einen  (einliundert  Realen), 
der  dritte  zwei  (zweihundert  Realen),  der  vierte  drei  (dreihundert  Realen). 


Velten:    Suaheli -Rätsel.  11 

96.  mloto  wangu  ametembea ,  akirudi  amefihia  Tiatika  Tcichwa.  —  Mein 
Kind  war  spazieren  gegangen,  und  als  es  zurückkehi-te,  kam  es  an  meinem 
Kopfe  an. 

shanuo.   —  Ein   Kamm. 

97.  kibd  Mpandika,  IHbd  Tcipandua.  —  hihä^  es  hebt  sich,  hihä  es 
senkt  sich. 

mguu.  —  Der  Fuß. 

98.  mtl  päkapdka,  mti  hää.  —  Ein  Holz  (maclit)  pdkapdka  ^,  ein  Holz 
(macht)  hää. 

zumari.  —  Eine  Flöte. 

99.  wää  —  imepita.  —  Es  macht  icää  inid  ist  vorbei. 

rnawaga  ya  mvua.  —  Ein  Regenschauei-. 

100.  shamha  yangu  imekauka,  haioti  matunda.  —  Meine  Pflanzung  ist 
vertrocknet,  es  wachsen  keine  Früchte  mehr  darauf. 

liamna  meno  kinywa7ii  —  Keine  Zähne  mehr  im  Munde. 


^    bä  mit  Vorsatz  des  Z;«- Präfixes  soll  das  Auftreten  des  Fußes  bedeuten. 
2    Unter  pdkapdka  und  hää  ist  das  Sjiiel  der  Flöte  gemeint. 


12 


Die  Verba  des  Tsivenda'. 

Zusammengestellt  von  Theodor  und  Paul  Schwellnus, 

Missionare  der  evangelischen  Mission  (Berlin  1)  ia  Südafrika. 


Vorbemerkung. 

Uurcli  meine  Studie  über  das  Tsivenda',  welche  in  der  Zeitschrift  der 
Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft  Bd.  LV  S.  607  ff.  veröifentlicht  ist, 
sind  die  Lautgesetze  dieser  in  Nordtransvaal  gesprochenen  Bantusprache 
nach  den  Mitteilungen  der  im  Titel  genannten  Missionare  dargestellt.  Auch 
war  dort  einiges  über  die  Tonhöhen  (musikalischen  Ton)  des  Tsivenda' 
gesagt  unter  40.  In  der  lüchtigen  Erkenntnis,  daß  die  gefundenen  Laut- 
gesetze die  beste  Bestätigung  aus  dem  Vokabelschatz  finden,  haben  meine 
Gewährsmänner,  die  als  geborene  Afrikaner  dazu  besonders  befähigt  waren, 
die  ihnen  bekannten  Verbalstämme  des  Tsivenda'  zusammengestellt,  die  ich 
im  folgenden  dem  Druck  übergebe.  Für  die  Erforschung  der  Bantuwort- 
stämme  ist  dieser  Beitrag  sehr  erwünscht.  Was  ihm  aber  einen  besonderen 
Wert  verleiht,  ist  das,  daß  hier  zum  ersten  Male  in  einer  gewissen  Voll- 
ständigkeit die  Tonhöhen  bezeichnet  sind.  Obwohl  Lepsius  (Kubische 
Grammatik,  1880)  und  Endemann  (Versuch  einer  Grammatik  des  Sotho, 
1876)  schon  vor  längerer  Zeit  auf  das  Vorhandensein  des  musikalischen 
Tons  im  Bantu  aufmerksam  gemacht  haben,  war  doch  dies  Gebiet  bis  auf 
die  Studien  von  Christaller  im  Duala  (Handbuch  der  Duala- Sprache,  1892) 
noch  völlig  unangebaut.  So  kommt  es,  daß  wir  über  die  Tongesetze  des 
Bantu  noch  so  wenig  wissen.  Für  den  Europäer  haben  diese  Forschungen 
besondere  Schwierigkeiten,  und  es  dürfte  kaum  jemand  darin  völlige  Sicher- 
heit gewinnen,  er  müßte  denn  von  Jugend  auf  die  Sprache  wie  seine 
Muttersprache  sprechen.  Das  ist  nun  bei  den  Brüdern  Schwellnus  der 
Fall,  und  da  sie,  wie  das  Folgende  zeigt,  auch  eine  gute  phonetische  Schu- 
lung besitzen,  haben  ihre  Aufzeichnungen  einen  Grad  von  Genauigkeit,  wie 
derselbe  sonst  kaum  zu  erreichen  ist. 

Die  von  ihnen  befolgte  Schreibung  ist  das  Resultat  unserer  gemein- 
samen Arbeit  und  in  meiner  oben  erwähnten  Studie  ausführlich  erörtert. 
Für  den  Leser,  der  die  Studie  nicht  zur  Hand  hat,  füge  ich  einige  kurze 
Erläuterungen  bei.  Dieselben  zeigen  zugleich,  in  welcher  Reihenfolge  die 
Stämme  gedruckt  sind. 

Carl  Meinhof. 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


13 


a,  a  mit  Tiefton 

a   a  mit  Hochton 

h  vollstimmiges  h 

hy  s.  b  und  7 

bv  s.  b  imd  « 

dj  d  und  deutsches  J 

dz  d  und  5  (alveolar) 

d  zerebrales  d 

dz  d  und  z 

d  dentales  d 

dz  d  und  z,  s.  unten 

{e  enges  (geschlossenes)  e) 

e  weites  (offenes)  e 

f  deutsches  /  (dentilabial) 

/  bilabiales  / 

g  vollstimmiges  g 

y  stimmhafte  velare  Frikativa  (Lenis) 

h  deutsches  h 

%  stimmlose  velare  Frikativa  (Fortis) 

i  weites  (offenes)  ^ 

kh  Je  mit  Aspiration 

'Je  k  mit  Kehlverschluß 

/  zerebrales  l  (Lenis) 

/  dentales  l 

m  deutsches  m 

n  alveolares  n 

n  cerebrales  n 

h  velares  n 

n  palatales  n 

n  dentales  n 

{0  enges  0) 

0  weites  0 

pf  deutsches  pf 

ph  p  mit  Aspiration 
jo  mit  Kehlverschluß 
/)7  jo  mit  Kehlverschluß  und  stimm- 
lose velare  Frikativa  (Lenis) 

r  zerebrales  r  (Fortis) 
s  stimmloses  s  (Fortis) 
s  stimmloses  labiialveolares  s  (Fortis) 
s  stimmloses  zerebrales  s  mit  Rausch- 
laut (Seh -Laut)  (Fortis) 


ts   t  und  s 

is  t  und  s 

'ts  t  mit  Kehlverschluß  und  stimm- 
loses labiialveolares  s  (Lenis)  ^ 

th  zerebrales  t  mit  Aspiration 

ts  t  und  s 

't  zerebrales  t  mit  Kehlverschluß 

'ts  't  mit  stimmlosem  zerebralem  s 
mit  Rauschlaut  (Lenis) '■* 

th  dentales  t  mit  Aspiration 

V  dentales  t  mit  Kehlverschluß 
u  weites  u 

V  dentilabiale   stimmhafte  Fiikativa 

V  bilabiale  stimmhafte  Frikativa 
w  unsilbisches  u 

y  unsilbisches  i 

z  stimmhafte  alveolare  Frikativa 
z  stimmhafte  labiialveolare   Frikativa 
z  stimmhafte  zerebrale   Frikativa   mit 
Rauschlaut 

a^lza  ausbreiten  (Matte  z.  B.) 

St.  qla  ungebr. 
c^dzima  borgen 
Sfula  zerschlagen  (Gefäß) 
a^ha  spannen  (ein  JSeil) 
ö,/o/a  heilen,  trans.(durch  Medikamente) 

ij,afa,  Nebenform 
djama  brüten  (vom  Vogel) 
dHamula  gähnen 
djuwa  groß  werden 
a^ma  melken 
a^mba  sprechen 

ä^bisa,  kausat.,  dazu  term.  teclin. 
für   »freien« 
ämbara  sich  kleiden, 
a{na  schwören 
a^ida  viel  sein,  viel  werden 

apza,  kausat. 
dfiea  erzählen  (in  längerem  Vortrag) 
Sma  ausbreiten  (zum  Trocknen) 
d^rava    antworten     (aber     nur    durch 


^    Ich  halte  die  Schreibung  'tz  für  richtiger,  s.  oben  'py. 
2    Ich  halte  die  Schreibung  Hz  für  richtiger,  s.  oben  'py. 


14 


Tn.  und  P.  Schwellnus:    Die  Yerba  des  Tsivenda. 


kurzen  Ruf,  etwa  «Hier!«,  zu  er- 
kennen geben  ,  daß  man  vom  Zuruf 
Notiz  genommen   hat) 

d^tsammra  niesen 

üHsamula,  Nebenform 

(ftama  aufspei-ren,  intrans. 

a^va  austeilen,  terni.  techn.  für  das  Ver- 
teilen dei' Speise  in  versch.  Schüsseln 

auweia   ausruhen 

haja  den  Dienst  versagen 

W/ö  anfangen  (selten) 

bäHea  platzen 

ha^mbela  baden 

ha^nda  flach  sein 

hctnya  im  Ringkampf  umfassen 

hffta  fangen  (durch  Bedecken  mit  der 
Hand) 

hepa  erzeugen 

hepa,  term.  techn.,  das  Kind  auf 
dem  Rücken  tragen 

he^a  mit  großer  Macht  gegenschlagen 

67a'  graben 

byela,    kausat.     Bedeutung     und 
term.  techn.  für  begraben 

bya^iida  Trockenes,  Meldiges  zu  sich 
nehmen ,  z.  B.  ein  Pulver  nehmen 

bycjbyotela,  etwa:  brutzeln  (im  Topf) 

bilka  kochen  (trans.) 

bi^ma  schlagen  (mit  einem  Zweige  etwa) 

b^nalala  einen  hohlen  Rücken  machen 
cf  bhama  hohlen  Rücken  haben 

Wnama  hohlen  Rücken   haben 
cf.  bhialala 

bi^ndnla   »Profit«   machen 

bo^da  den  unartikulierten  Laut  hervor- 
bringen, der  vulgo  »aufstoßen«  heißt 

bökledza  zudecken  (einen  Toj)f) 

cf  tsibode^  Name  der  Schildkröte 
in  der  Tierfabel 

bSdekanya    zerbeulen    (z.  B.    ein 
Blechgefäß) 

bo^nya  Augen  zumachen,  geschlossen 
sein  (von  den  Augen) 

bö^nymela  eine  Braut  abspenstig  zu 
machen  suchen ,  um  sie  für  sich 
zu  nehmen 


bößm  einsinken ,  eigentl.  einbeulen 

bu^ba  früh  aufstehen 

bu^a  umherstreifen 

biidabuda  umherstreifen  (gebräuch- 
licher) 

bihhda  schlagen  mit  einem  Knüppel, 
daß  es  einen  dumpfen  Ton  giVjt 

bukuta  schlagen,  daß  es  einen  dumpfen 
Ton  gibt 

bu^la  erraten,  nennen 

bä^imäa  [Ton]  schlagen,  mit  der  Hand 
auf  den  Mund 

bv^ha  auf  den  Busch  klopfen,  ein  Tier 
zu  verscheuchen,  den  Tau  abzu- 
schütteln usw. 

öüß,  herausgehen 

bvdfa  faul  sein 

mnbvS  oder  mubvctfi  Faulpelz 
cf.  miipva  einer,  der  hervorkommt 
(von  bva^ 

bviifjla  »lecken«,  wenn  ein  Gefäß  un- 
dicht ist 

bvv[Ia  ausziehen  (Kleider) 

bvii^ma  donnern,  brausen 

cf.  bvii^mela  Zustinuuung  oder 
Aufmerksamkeit  zu  erkennen  geben 
durch  Brummen  (bei  einem  Vortrag) 

bvu^mba  erraten,  vorhersagen 

dja^  (poetisch  oder  Lehnwort)  essen 

dza^ma  verschwinden ,  sterben ,  aber 
nur  vom   Häuptling 

cf  tzarnaya  (Soth.)  weggehen, 
verschwinden 

dz^a  heiraten,  in  matrimonium  du- 
cere 

dz^dza  »aufbleiben«,  während  der 
Nacht 

dze^hgama  schief  sein,  schief  gehen 
cf.     dsAiiga       dummer      ^Mensch 
(deutsch    gedacht,    Zusammenhang 
sehr  einfach:  einer,  der  schiefe  Ge- 
danken hat!) 

dze^ta   »abknabbern« 
cf.  madzetü^  Nagezähne 

dze,ula  wiederkäuen 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


15 


dzi^a  dickflüssig  sein 

dzi^ka  sich  legen  (von  Zorn,  Schmerz 
usw.),  sich  setzen,  z.  B.  Schniutz- 
teile  im  aufgerührten  Wasser 

cf.  dzüyhusa  (mit  u)  aufrühren, 
trüben  (Wasser) 

dzihna  I.  versagen,  nicht  geben 
II.  löschen  (Feuer,   Durst) 

dzi^nga  taub  sein 

dzi^hga  {vukü^nda,  plur.  von  lukSnda 
=  Armband),  term.  techn.  für  das 
Flechten  (Umwickeln)  der  Armringe 

dzi^iginyea  wackeln  (intrans.) 

dzi^hginyisa  schütteln  (trans.) 

dzi^visa  verbieten 

dzu^kusa  aufrühren,  trüben,  vom 
Wasser 

dzv^la  sitzen,  wohnen 

dzu^mba  verbergen 

dzü^nguluva    im    Kreise    sich    herum- 
drehen, Schwindel  empfinden 
dzü^iigu  =  Schwindel 

da^ha  schnupfen,   auch  rauchen 

daHa  Besuche  machen 

de^deledza  gängeln 

dif.  mit  Kriegsmacht  überziehen,  »be- 
springen«  (vom  Rindvieh) 

diVla  schlagen,  als  Züchtigung 

dl^gima  dial.  statt  gl^dima  laufen 

di^na  plagen,  belästigen 

dopa  (auflesen),  aufheben 

Die  Nuance  von  »auflesen«  hat 
dobedza  =  viele  kleine  Gegenstände 
auflesen. 

d(lda  schleichen,  beschleichen 

dö^doma  laufen  (von  Vögeln) 

do^dqhga  betasten 

dq^a  etwa:  Kellergeruch  annehmen, 
z.  B.  vom  Mais ,  der  in  Erdlöchern 
aufbewahrt  wird;  solcher  Mais 
madq^ni 

do^hgolisa  nachhaltig  verfolgen 

ddva  wiederholen 

(Mba  rauchen 

Grundbedeutung  ist  vielleicht 
»sich  aneinander  reihen«   (der  auf- 


steigende Rauch   bildet   eine  Kette 
von  einzelnen  RaucliViallen). 

cf.  dä^ekana  im  »Gänsemarsch« 
gehen,  ebenso  u  rwa  mvdubd^  einen 
»Gänsemarsch«  bilden  (eigentlich 
schlagen) 

dhflela  warm  sein 

du^ga  lodern 

dttla  schlagen ,  etwa  wie  beim  Dreschen 

du^hga  sauer,  salzig  sein 
cf.  lufiga  salzen 

du^sa  etwas  wegnehmen,  z.  B.  meh- 
rere Körner  von  einem  Haufen 
Getreide 

cf.  ''tvfa  von  ^hif^a  =  weggehen, 
ebenfalls  wegnehmen 

dw^'ka  abtropfen,  triefen 

dz^na  hineingehen  ,  hereinkommen 

dzi^a  nehmen 

da^  kommen 

(yia  voll  sein 

f/e'm  aufknacken 

di^/a  wohlschmecken 

di^va  wissen 

{dikalea  etwas  taugen) 

doja  sich  salben 

döhcela  sich  gewöhnen 

düflumda  neben  dzü^dzumela  sich  auf 
die  Fußspitzen  stellen,  auf  den 
Fußspitzen  stehen 

düßila  abhäuten 

dü^udza  sich  häuten,  von  der 
Schlange 

cf.  duvü^  oder  dü^udzelo  =  ab- 
gestreifte Haut  der  Schlange 

dzaHa  gebären  (aber  nur  vom  Großvieh) 

dzih'iga  durchziehen,  und  zwar  vom 
Lendenschurz,  durch  den  Gürtel 
hindurchziehen 

dz.  mutsiHa  =  den  Schwanz  zwi- 
schen die  Beine  kneifen 


{eflzisa  nachmachen) 
e^dana  gleich  groß  sein 
e^ela  schlafen 


16 


Tn.  und  P.  Schwellnus:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


eja    I.  fließen,  neben  ejela 

IL  messen 
eHehva  nachsinnen,  sich  erinnern 

W'Aiie  iHelwa  tiefen  Ton,  so  könnte 
man  es  mit  t^lela  =  fließen  zu- 
sammenbringen ;  aufrällig  ist  es, 
daß  ejekanya ,  eigentl.  zerdenken, 
hin  und  her  erwägen,  Tiefton  hat. 
NB.  »Sich  erinnern»  gleich  »Zu- 
fließen der  Gedanken«;  diese  Vor- 
stellung ist  den  heutigen  Vavenddx 
fremd. 
efnula  begehren 

e^nda,  Grundbedeutung:  gehen.  Das 
Wort  wird  aber  nicht  mehr  allein- 
stehend gebraucht,  nur  in  Wen- 
dungen wie: 

u  enda  a  tsi  rwa   =    er  schlägt 
unterwegs  fortwährend.  Derselbe 
Stamm  in  tsi-endd^  =  Sandale  und 
lu-e^ndo  =  lange  Reise 
e^gedza  hinzufügen,  vermehren 
e^geTfanya  übereinanderstellen 
cf.  e^ngedza 

fd^  sterben 
fd''Jca  ausputzen 

/d^kam  spazieren  gelien 
(beides  verdächtig  als  nicht  Ve.) 
fafna  schlafen  (nur  vom   Häuptling) 

p/a^mo  Schlafhütte  des  Häuptlings 
fdna  gleichen 

kausat.  fSnyisa  vergleichen,    ab- 
bilden 
fdnela  müssen,  sich  geziemen 

Stamm    ist    wohl  fd^na  =  gleich 
sein 
fak-a  greifen 

kausat.  fd.sa  in  der  Falle  fangen 
fSrim  helfen 
fefia  atmen 

fe^eleka   röcheln,    »außer  Atem 
sein« 

etwa:    nippen    vom    Schnupf- 
tabak, zierlich  schnupfen 
fe^mhedza  beschnüffeln 


fej^ta  langziehen ,  den  Bart  streichen 

fi/iya  aufstreifen  (z.  B.  Ärmel) 

fi^da  zerzausen  (z.  B.  Strohdach  vom 
Haus  abreißen) 

fuyka  sich  bedecken  (mit  Kleidern) 
ßFkedza  bedecken 
cf.  fu^kedza 

ßi^kedza  ein  Loch  zuschütten 

fu^kula  ausgraben,  wieder  auf- 
graben 

fu^la  abpflücken,   abnehmen 

fv^la  schmieden 

füHela  ein  Haus   »eindecken« 

fMufedza  vertrauen 

fu^ma  den  Bast  abziehen 

fü^rmda  die  Nase  schnauben,  die  Nase 
reinigen 

Wenn  man  bedenkt,  daß  die 
Schwarzen  kein  Taschentuch  haben, 
dann  findet  man  einen  Zusammen- 
hang zwischen  »Bast  abziehen«  und 
»Nase  reinigen«;  nur  ein  klein  wenig 
Phantasie   ist  nötig. 

fdnza  lehren 

vom  seltenen  Stamm /w'//rfa  lernen 

fitna  wollen ,  lieben 

ftjthga  anzünden 

fu^a  schüren 

fiha  satt  sein 

kausat.  fi^sa 

fihalela  den  Rücken  zuwenden 

/■dwa  Haustiere  halten .  zähmen 

fd  geben 

fdSfada  phantasieren ,  irre  sein 

fdyfela  sich  auf  etwas  schwingen 

cf.  fü^fela  von  fu^fa  springen, 
fliegen 

fShea  aufhängen 

fdhula,    dieselbe  Wui-zel    wie  fd^hm, 
also :  herunternehmen 

Dann  ist  es  term.  techn.  für  ver- 
schneiden, kastrieren. 

Zum  Unterschied  davon  sagt  man 
auch  fcthulula  =  herabnehmen: 

fdla  schaben 

\fdHala  sich  ergießen 


Th.  und  P.  ScHWELLNUS :    Die  Verba  des  Tsivenc 


17 


fämhana  sich  trennen,  einander  nicht 
treffen 

Der  Stamm  fohnha   ist   vielleicht 
in  phamhä^  =  Geißel  erhalten 
fd^mbuwa  scheißen,  aber  nur  von  klei- 
nen Kindern 

Nicht  zu  verwechseln  mit:  ^pd^m- 

huwa  vom  Wege  abweichen  (wie  es 

in  einer  Übersetzung  geschehen  ist). 

Im  Grundbegriff  ist  wohl  beides 

identisch,  cf.   »austreten". 

fa^nda  trennen 

pM^nde  Gabelung 
mafande'  Kreuzweg 
phandahali^  Gabelung 
fa^za,  kausat.  -/.w.  fa^nda  =  spalten 
hifa^nza  Splitter 
fahida  intensiv  Durchfall  haben 
fafa  abspalten  (große  Stücke) 

cf.  phdfula  durch-,  zerspalten 
phd^re  Gabelung 
tsi-fSre  Gabelung 
faltC'  bauen,  ansässig  sein 

{phd^tha  Besitz) 
fä^hnca  munter  sein,    numter  werden 
tmfd^tuwo  Angesicht 
[cf.  k]iö]feni  Angesicht,  was  offen- 
bar mit  kho[fe  =  Schlaf  zusammen- 
hängt.   Also  das  Gegenteil  von  obi- 
ger Vorstellung] 
/ej/ö  neben  fSfedza  anspitzen 
f0era  fächeln,  Getreide  sichten,  von 

fe^a  :=  fächeln 
yW/a  alle  sein,  alle  werden 

[cf.  fMza  und  fidzisa  Kausative] 
filehedza  neben  feletsedza  begleiten 
fe^mba,  term.  techn.    Die  Kinder  trei- 
ben bzw.  locken   eine  Art  eßbarer 
Heimchen    aus    dem   Loch    heraus, 
indem    sie    die    Tiere     mit    einem 
Strohhalm  kitzeln.    Diese  Tätigkeit 
heißt  11  fe^mha,  ein  dazu  gebrauchter 
Strohhalm    mitfe^hn;    Gi'undbedeu- 
tung  ist  wohl   "locken" 
cf.  das  Folgende 
fe^mheledza  gut  zureden,  beschwichtigen 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt. 


finda  auseinanderbiegen ,  z.  B.  das 
Haar  oder  einen  Grasbüschel,  um 
etwas  darin  zu  suchen 

fe^ta   1.  quu'len 
n.  verraten 

f^ßa,  term.  techn.,  sich  abwischen  nach 
vollbrachter  geheimer  Leibesübung 

fi^ledza  etwas  zum  letzteimial  tun,  z.  B, 
eine  Henkersmahlzeit  einnehmen 

fi^ndula  umwenden,  auch  verdolmet- 
schen, gelegentlich  antworten 

fi^ga  den  Akt  der  Begattung  voll- 
ziehen (nur  bei  Hunden) 

fi^na   schnüren,   Knoten  fest  zuziehen 

/«■'ra  vorübergehen,  übertreffen 

fifea  verrenken,  verstauchen  (intrans.) 

fi^sa  heiß  sein,  etwas  verbrennen 

f&la   L  erkalten 

H.  gesund  werden 

fo.lodza  »abwerfen«,  zu  früh  gebären 
(von  Tieren) 

fdma  bestreichen,  z.  B.  Leimruten 

~fdnda  Früchte  zerquetschen,  entkernen 

fu^fa  fliegen,  springen 

ßffudza  den  Gnadenstoß  geben 

fü^fuma  überkochen 

fiffura  abschütteln,  abstäuben 

fuHa  dreschen 

fü^hla  abstreifen,  z.  B.  Blätter  vom 
Stengel 

ßHuta  abwischen 

fßmula  schweigen 

ßfiga  stören,  (Tau)  abschütteln 

ßthgula  etwas  abgießen  (aus  einem 
Gefä-ß) 

{fä^hgudza  vei-mindern) 

ßifa  betrügen 

/«jVa  "Stochern«,  z.B.  mit  einer  Stange 
ein  Tier  aus  einem  Loch  vertreiben 
cf.   mt^ta  desgl. 

gaflza  Topf  auf  das  Feuer  setzen 

\  ga^dza   » überplantschen « 

cL'kaksa  schlecken  (mit  der  Zimge 
wie  der  Hund) 

ga^da  galop{)ieren 

;  ga^da  feststampfen 


18 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs :    Die  Verba  des  Tsivenda. 


gdgadela  mit  Macht  ziehen,   sich  an- 
strengen 
gä^gula  mit  Macht  emporheben ,  einen 
Kloß  abheben 
cf.  gakü^  Kloß 
gd^nama   sich    auf   den   Rücken  legen, 
auf  dem  Rücken  liegen 
auch  'tdpama  desgl. 
(beachte:  nach  der  Dentalis  alveo- 
lares n) 
gd^mdza  zusammenklappen   (z.  B.  Ta- 
schenmesser) 

cf.  gam'i}  Gelenk,  Kralle 
gä^izamedza  heftig  zuschlagen  (z.  B.Tür) 
gc^nya  aufstreifen  (z.  B.  Ärmel) 
gotva  auffangen 

ga^ya  mahlen  (aber  nur  auf  der  europ. 
Mühle) 

Wenn  Fremdwort,  weiß  ich  nicht, 
woher  es  entlehnt  sein  koimte. 
gi^ga  gerinnen 

cf.  Jchetha  desgl. 
ge^ha  stoßen,  auch:  sehr  schnell  laufen 
g^ra  eine  Rinne  ziehen,  auch  scheren 
(sehr    verdächtig:     fsi  -  g^ro    = 
Schere    klingt    zu    sein*    an    scheer 
[holl.]  =  Schere  an)  ^ 

gi^a  aufstampfen 

Vielleicht  aus  dem  Gwamba,  denn 
es  wird  gik  nur  von  dem  Tanzen  der 
Knopfneusen,   das  im  Aufstamjifen 
besteht,  gebraucht. 
g'i^dima  rennen 

dial.  di^gima  desgl. 
gi^dila  etwa:   auf  die  Brust  schlagen 
gi^va    mit    einem    stumpfen    Stocke 

puffen 
g^ha  treffen,  das  Ziel  nicht  verfehlen 
gopela  Samenkörner   »stecken« 
gMa   beim    Umzug   Hausgerät    trans- 
portieren 
g6}dima  herabstürzen,  abschüssig  sein 
g^da  ironisch,  sarkastisch  rühmen 
g&gqdela  am  Stabe  gehen 
gSgomedza  einklopfen 

neben  kh&khomedza  desgl. 


gägonya  klopfen 

neben  khokhonya  desgl. 

go{mba  picken  (von  Vögeln),  Akt  der 
Begattung  ausführen  (bei  Geflügel) 

g(}mela  stöhnen 

gq^na    versagen     (mit    der    Färbung), 
schmählich   etwas   ausschlagen 

g^nya  besteigen 

go^a  rösten 

auch  o^sa  desgl. 

goßi  teilnahmslos  dasitzen 

gö^vela  umflechten  (z.  B.  mit  Draht) 
ngqveld^  Ring,  Reifen  aus  Draht- 
geflecht 

gMa  Durchfall  haben 

giibula  mit  einem  stumpfen  Pfeil 
treffen 

gu^a  die  ersten  Übungen  machen 
(behufs  Erlernung  einer  Sache) 

gü^gula  mit  Macht  ausreißen,  term. 
techn.  für  das  Herausnehmen  des 
Rindermagens 

giija  betrügen .  falsch  spielen 

gufna  Trockenes,  jNIehliges  essen 

tsigume^  geröstetes  INIehl,  das  als 
Proviant  auf  Reisen  mitgeführt  wird 

gu^ma  reichen  {nga)  (bis  an) 

gu\va    abprallen    von    (Geschoß),     es 
kommt    aber    dabei    auf    den    ge- 
troffenen Gegenstand  an 
auch  Jchußa  desgl. 
cf.  güfVula  abschürfen  (Haut) 

gwa^da,  besser  gwd^dela.  das  Kalb  fern- 
halten ,  wälirend  ein  anderer  melkt 

gicd^dama  niederknieen 

gwamba  auf  die  Finger  klopfen 

gwMa  zum  erstenmal  beackern 

gwe^mba  »Kopfnuß«   geben 

ya^ma  selten  für  ama  melken 

ya^na  selten  für  hahm  abschlagen ,  ver- 
neinen 

ywaHa  tragen 

ywa^sa  ra uh .  sein ,    » schubbern « 

ywepa  klimmen,  an  einer  glatten 
Stange 

ywe^ka  schaben 


Th.  und  P.  ScnwELLNUs:   Die  Verba  des  Tsivenda. 


19 


ywe[la  besteigen 

(yic^sa  Last  auflegen) 
ywelela  anklagen 
ywe^ya  stolzieren 
ywifla  mit  der  Sichel  abreißen 

Ichu-iflq   »abgesicheltes»   Feld 

yiclfluja     odei-     khwi^ula     einen 
Ruck  geben 
ywißa  mit  der  Sichel  schneiden 

hhwi^vo  »abgesicheltes«   Feld 

hSdzihga  rösten 

^kSdzinga  desgl. 
ha^dza  peitschen 

cf.  Mfidza  desgl. 
hafla  abschneiden  mit  der  Sichel 
luHifa  scharf,  mutig  sein 
hdma  selten  für  ama  melken 

khdhnelo  Melkeimer 

cf.  hd}mvla  ausdrücken,  auspressen 
ha^mha  anfahren,  schelten 
hdna  sich  weigern 

{hSnedza  besti-eiten) 
Wnda  Wasser  sprengen 
Wmla  erzählen,  vortragen 

cf.  d^ea  desgl. 
licthgwa  vergessen 

cf.  hdhga  irreleitend  sein 

cf.    ^Tic^hganyisa    irreleiten,     ver- 
wirren 
Jia^nya  leben 

Könnte      Lehnwort       aus      dem 
Gwamba  sein. 
ha^nya,  Gi'undbedeutung:   leben 

Aber  nur  noch  in  der  Wendung: 
lidnyct  u  vom  auf  und  sieh! 
haßa  schnüren 
hdpdza  peitschen 
hdpila  auslaufen  (Gras) 
Aö'Äa  bespritzen 
hS^tula  richten,  verurteilen 
he^dza  zuflüstern 
hi^mana  einen  Zweikampf  ausfüln-en 

Verdächtig  als  Gwauiba. 
h&balala  den  Baucli  einziehen 
hdha  ziehen 


Tio^la  viel  profitieren 
höHefala   zum   Krüppel    werden ,    ein 
Krüppel   sein 

tsi-hoHe  Krüppel 
Wnza  Feuer  anmachen 
ho^a  schnarchen 
hq^a  zuschließen 

(khoßio  Schlüssel) 
Ao'Va  flechten,  einen  Strick  drehen 
hd^tola  husten 
hq^a  herunterlangen 

üi-hovj}    Haken     zum     Pflücken 
von  Früchten 

hgqvS'  Widerhaken  am  Pfeil 
liq^ya  mit  einem  Zweige  bedecken 

hq^m  desgl.  (kausat.?) 
hü^duluwa  sich  aufblasen 
hiielela  ausrufen  als  Herold 
/m'/o  groß  sein,  werden 
hüHunga  (Wand)   verputzen,    d.  h.  die 

letzten  Risse   verstreichen 
hu^a  zurückgehen 
hi^mhela  bitten 
Wmhula  denken 
hithga  festbinden,  speziell:   Kleinvieh 

an  den  Strick  legen 
Wredza  einzäunen 

{luhiira  Hecke) 
äm'Vö  reiben,  scheuern 
hi^^tumela  hineinsinken 
hu^va  bellen 
hitmla  anspeien,    aber  nur  von   einer 

Schlange 
•yß  versiegen 
yß^ara  brodeln 
%^la  verloren  gehen 

yjidza  verlieren 

yj^layjla  sich  verirren 

i^la  unnahbar  sein ,  gelegentl.  unstatt- 
haft sein 

i^lafa  heilen,  neben  d^lafa 

i^ma  stehen 

i^mba  singen 

i^hgamela  sich  über  eine  Kante  beu- 
gen,  um   etwas  zu   sehen 

2* 


20 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:   Die  Verba  des  Tsivenda. 


^■'ra  Namen  geben 

cf.  nW  desgl.  (dzi^na  Name) 
i^sa  bringen ,  kausal,  zu  «/a,  gehen 
^■|'to  machen 

lihotda  treiben  (\'ieh) 

cf.  Makhd(l(i,  Eigenname 

hM(kila  mit  einem  Ruck  abreißen 
cf.  hada  absiclieln 

hha^hha  sich  irren,  etwas  falsch  machen 

TthSkhedza  in  die  Enge  treiben 

Tihctla  schallen 

liTictnihha  eine  wunde  Stelle  be- 
rühren 

daneben  thc'hnkha  desgl. 

Miapya   funkeln 

Tihctrvla  abreißen 

besser  hWrula  desgl. 

JihSthala  sich  kümmern,  »sich  scheren« 

hMHhula  abreißen  (Sti-ick) 
cf.  th^khula  desgl. 

'kh.ä^thamedza    aufschnappen    (vom 
Hunde) 

khSphula  löffeln 

Jdiepia  ausscheiden,   ti-ans. 

kh^tha  gerinnen 

khn^da  rühmen,  Ruhm  verkünden 

kho^kha  aufschichten 

kh^khomedza  einklopfen 

tsi-kokd  oder  kWkhq   hölzerner 
Nagel 

khö^khovedza  ein  sterbendes  Tier  vol- 
lends töten 

khq^pha  d u i'c h brechen ,  abbrechen 

khofia  lunbiegen,  krumm  machen 

khJtha  überladen  sein  mit  Früchten 

khijtha  (Wasser),  Flüssiges  im  Munde 
halten 

khußa  {hga  ;=  mit)  sich  ducken  (hinter), 
Schutz  suchen   (hinter) 

khi\khvla  den   Fuß  stoßen 

khih'njejr_la  sich  versammeln,  sich  ein- 
finden 

khii^phvla  abstreifen,  term.  techn.  für 
das  Abstreifen  des  Schweißes  (mit 
Schweißlöffel) 


khüfumedza  stoßen  (zur  Seite) 

(Pel.  kyj)rometza) 
khürumedza  Topf  zudecken 

(Pel.  khurometza) 
khv}sa  zusammenschütteln 
kküHhula  mit  stumpfem  Pfeil  treffen 
khwd^la,    term.    techn.,    als   Zweiter 
seinen  Assagai  in  das  erlegte  Wild 
stechen 

(Damit  bekommt  der  Betreffende 

ein  Anrecht  auf  das  »Vorderblatt«.) 

khioa^ha  Blätter  oder  Zweige  vom  Ast 

abstieifen 
khwcttha  fett,  dick,  fest  sein 
khw'i^ula  mit  einem  Ruck  anziehen 
"ka}  schöpfen,  ])flücken 
'ka^bva  in  etwas  Weiches  hineinstechen 
"kd^bvanya     mit    den    Füßen    im 
Wasser  oder  Morast  herumtreten 
^kdfdzinga  oder  Jwkhmga  i'östen  (in  der 

Pfanne) 
'ka^ha  mit  Leder  überziehen 
^kd^kamela  stottern 
'kdflaha    alt    sein ,    alt    werden    (vom 
Maskulinum) 

mii-'kdjaha  Greis 
'ka[lakata  im   Halse  kratzen 
"kdmba  berauschend  sein 
^ka^na   oder   'ka'nya   etwa:    leider   tun 
(nur   im   Zusammenhang),    z.  B.  wo 
'A'o'no  rm  tta  =  ihr  habt  es  leider 
getan 
"kctnda  treten 

{^k(^ndela   Umschlag   machen   mit 
erwärmten    Blättern ,    ein    krankes 
Glied  drücken  [eine  Art  Massage]) 
"kdhiuka  staunen 

"kah'iga   I.    etwa:    rühren,    z.  B.    beim 
Rösten 
H.    mischen ,    cf.    mn'kdh'tgo  = 
bestimmte   Asche    als   Sur- 
rogat zum  Schnupftabak 
'kdh'iga/iyedza  verwirren,  irreleiten 
(cf.    kdh'igandedza   nachlässig  um- 
wickeln) 
^ka.na  ernten 


Th.  und  P.  SoHWELLNUs:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


21 


'Jcdnda  klopfen 

(kandela,  terni.  techn.,  kastrieren 
durch    Zerklopfen    der  Hoden    [bei 
Böcken  gebräuchlich]) 
^kciFpa   Dickflüssiges   herausbefördern, 
z.  B.  Morast  aus  einem  Graben 
^kS'pedza  überwerfen 
cf.  'k(fpudza 
^kcfpudza  einem  Kinde  Brei  eintrichtern 
^k(Fpula  einlöffeln 
(hängt  wohl  mit  'kc^^pa  zusammen) 
^käfuvca   aus  dem  Schlaf  erwachen 
'ka^sa  oder  ^katsa  schlecken 
^kd'ta  zusammenrollen 

(kafkdtedza     nachlässig    umwik- 
keln) 
Ica^va  sich  setzen  (nur  von  Tieren,  die 

iliegen) 
'kd^ahga  mutmaßen 
^ke^gula  alt  werden  (vom  Femininum) 

mu-^kSgvlu  Greisin 
^kMekeha  gackern 
^k^ma  anbeißen 
^ki^lita  niederschlagen 

IV^kita  desgl. 
^khiza  gute  Ausbeute  haben,  machen 
'kofla  stoßen  (im  Mörser) 
^kddola  »bocken«,  das  Hinterteil  hoch- 
heben (von  hinten  gesehen) 
^k&^/jAa  hüsteln 
^kd'kodza  ziehen,  schleifen 

cf.  Ao'Äa  desgl. 
"kö^komola    hartleibig    sein,    geheime 

Leibesübung  mit  Mühe  verrichten 
^kokota    einen    Rest    der    Speise    aus 

dem  Gefäß  nehmen 
'k^^kova  auf  dem  Bauch  kriechen,  an 
der  Erde  hinschleifen 

(wohl    derselbe    Stamm    wie    in 
^kd^kodza?) 
'ko^la   »naseweis«   sein 
'kdmbama  krumm  sein,  krumm  werden 
^k^mbetsedza  gut  zureden,  nötigen 
^kdmbqdza   blenden 

^kSrnhodzala    etwas    in    das    Auge 
hineinbekommen 


'k^mhvola    ausstechen ,    hineinstechen, 

z.  B.  in  das  Auge 
^kömela  den  Penis  (mit  einem  kleinen 
Flaschenkürbis  usw.)  verkleiden,  wie 
es  die  Gwamba  tun 
^kq^a  können,  vermögen,  übermögen 
^kö^nana  freund  sein,  miteinander 
fertig  werden 
khonahii  Freund 
'kö^iiaila  breitbeinig  gehen 
mdk&ha  Subst,  dazu 
^k^nyola  abbrechen  (Stab) 
^k(}nda  hart,  schwierig  sein 

''kändelela  Ausdauer  haben 
lidra  aushöhlen 

^k(}sa   ausschütteln,    term.    techn.    für 
das  Ausschütteln  des  Schnupftabaks 
aus  dem  Flaschenkürbis 
^kö^tama  sich  bücken 
^kö^a  austeilen 
^kdvela  untergehen  (Sonne) 
^kSvqla  Kopfwunde  beibi'ingen 

(cf.  mdkqvS  geronnenes  Blut) 
^kiMza  hinwerfen 

(kudzela,  term.  techn.,  Eier  legen) 
'kufla  stoßen 

^kü^hdza    schüren    (vielleicht    die 
Kohlen  gegen  den  Topf  schieben) 
^ku^kumuwa  sich  blähen 
^kifkuna  abnagen 
^ki^la   ausziehen,    z.  B.  Stiel  aus  dem 

Beil,  Zahn,  Tür  usw. 
^kü^luta  reiben 

(knj,utedza  glätten) 
"kuhna  brüllen 

(kümela  Beifall    bezeugen   durch 
Brummen) 
^knfiiba  wegräumen 
^kü^medza  einnicken 
^kühnnla  ein  Stück  abstoßen 
"ki^nda  besiegen 

^kv}hga  anlocken,  hinter  sich  herlocken 
^kä^hgela  anhängen 
{mu-kühgelq  Henkel) 
^kiFpa,    term.    techn.,    den  Fußboden 
durch  Schlagen  glätten 


22 


Th.  und  P.  ScHWELLNUS :    Die  Verba  des  Tsivenda. 


'käsula,    term.   techn.,    gedörrtes  Ge- 
müse wieder  aufkochen 
'ÄM'ia  ausspülen 

^küHuku-sa  den  Mund  ausspülen 
'kiha   I.  (Kleider)  waschen 

II.  7Ai  Ende  sein,  z.  B.  von  Blü- 
ten: abgeblüht  sein 
(ngü^o  Kleid) 
"kihula  Mais  abkörnen 
^ku^ya  mahlen,  zerreiben 
kuzula  abschürfen 
'ku^a  intensiv^  kauen 

(wie  fressen  zu  essen) 
^kwältula   loslösen ,    z.  B.   Borke   vom 
Baum 

gwati\  plur.  makioaüK  Borke 
"kwia    einsetzen,    z.  B.    Stiel    in    das 
Beil,  Tür  usw. 


Ictla  liegen,  sich  legen 
{laHela  I.  auflauern 

II.  zu  Abend  essen) 
la^mba  sich  weigern 
Idffiula    Streitende    auseinander    brin- 
gen 
la^ndula  die  eigene  {cU)  oder  eines  an- 
deren Sache  vertreten 
ci.  mulandv}  =r:  Schuld 
lä^igana  miteinander  unterhandeln 
la^pfa  lang  sein 

/a'Va  wegwerfen,  sich  abgewöhnen 
{Id'tedza  im  Stich  lassen) 
Id^'tela  aussetzen  (Kind) 
ISvelesa  hinsehen 

Mvuwa  zurückschnellen  (iutrans.)  (von 
einer  Feder) 

Mzula  hochschnellen  (trans.) 
muMvu     eine     Art     Falle,      die 
Schlinge    wird    durch    eine    Feder 
angezogen 
la.^ya   Gesetze   vorschreiben,    instruie- 
ren 

{M^dza  einen  Auftrag  mitgeben) 
le^la  auf  kleine  Kinder  Obacht  geben 
Wluwa  leicht  sein  (an  Gewicht) 


lima  abnorme  Hörner  haben 
limala  abgestumpft,  frech  sein 
Ujnbuwa  klebrig  sein 
U^mela  schwer  sein 
jihga  säumen,  verweilen 
/e'm  unartig,  streitsüchtig  sein 
/^,/a  Strafe  zahlen 
l^kita  niederschlagen 

cf.  'kejita  desgl. 
lija  weinen 

liflala  den  Blick  nach  oben  richten 
li(ma  hacken,   »picken« 
lißda  bewachen 

{lifldela  wai-teu  auf) 
li^hga  versuchen 
li^hgana  gleich  groß  sein 
liha  Vieh  hüten 
lifsa  lassen 

Wmna  einander  gegenüberstehen 
Iq^da  achthaben  auf 

lö^idota  desgl.  mit  Färbung:  zärt- 
lich achthaben  auf 
lo^hga  hineinstecken 
Wm  träiunen 

{th&rq  Ti'äume) 
W'fa  Begrüßungszeremonie    ausführen 
Iq^a  zugrunde  gehen 
lo^la  einweichen 
lo^wa  behexen ,  vergiften 

{mulo^i  Substantiv  dazu) 
lu^ga  schön,  gerade  sein 
lu^ka  Hechten 
Mma  beißen 

lühnela  (term.  techn.)  schröpfen 
In^melisa  grüßen 

\'erdächtig  als  Lehnwort  aus  dem 
Soth. 
hi^nzedza  (Perlen)  aufreihen 

cf.  n'hi:ela  desgl. 

lunzi^  Pfriemen 
lufiga   salzen 

h'i^tanya  aufeinanderhetzen 
lu^a  huldigen 
Iwa^  kämpfen 
IwaHa  krank  sein 
j(a'  essen 


id  P.  ScHWELLNUs:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


23 


maHa  eine  Frau  kaufen 
motma  saugen 
md^na  kneifen 

lumahio    neben    luma^nq   (seltener) 
Zange 
ma^pha  anklecksen 

cf.  phapha  desgl. 
ma^a    etwas    in    den   Mund    nehmen, 
im  Mund  halten 
cf.  mare^  Speichel 
mbyd^7idamela  untertauchen,  intrans. 

mh'^ä^idamedza ,  desgl.,  trans. 
mhvvFka   Zweige   in    das  Wassergefäß 
legen,     damit     das    Wasser    beim 
Tragen  nicht  überplantscht 
mbvvFTeo  solche  Zweige 
mej,a  hervorwachsen 
mifiza  verschlingen 

Stamm:     mija,    bedeutet    genau 
dasselbe 
mi^nza   verspeisen,    mit    der    Färbung 

wie  etwa:   »einhauen« 
mi^na  seihen,  Wasser  abgießen 
mofia  um-,  herumgehen 

möfiamqna  im  Kreise  oder  kreuz 
und  quer  gehen 
Wna  oder  mmela   intensiv  kneifen 
mu^na  im  Munde  zei-gehen  lassen 
cf.  muhiq   Salz 

nzü^nzumula  zerren 

«ö!|  regnen 

na^Tca  schön  sein 

nd^kula  abheben,  abbrechen  ^on  der 
Speise 

na^ma  abputzen,  mit  Lehm  bewerfen 
(na^muvoa  sich  loslösen) 

rudmbatela  ankleben,  intrans. 

ndnga  aussuchen 

na^pvja  kurzen  Schlag  geben 

nafia,  term.  techn.,  das  feinste  Mehl 
vom  gröberen  scheiden 

ndtha  etwas   »eigen«   machen 

na^a  (die  Beine)  an  der  Erde  aus- 
strecken ,  an  der  Erde  entlang 
ranken 


ndändomdza    langsam     einen     spitzen 

Gegenstand  eintreiben 
ndühdumala  einen  spitzen  Mund  machen 

cf.  dthiunu  Spitzmaus 
nefibelela  hängen ,  intrans. 

ne^mbedza  aufhängen 
ne^ta  müde  sein,  werden 
tiq^ia  fett,  feist  sein,  werden 

(inanqnS     Eier      in      den      Heu- 
schrecken (wie  Rogen),  für  Fett 

angesehen) 
uQ^igqla  heraus  -  » polken  « 
nu^ha   stinken,  wohlriechen 

{nü^hedza  beriechen) 
niFpela  untertauchen 

ni^vela  desgl. 

{tH-nwi^  Tauchen,  subst.) 
itwa}  trinken 

nze}na  hineingehen,  neben  dz^na 
haja  etwas  übelnehmen,   »maulen« 
hä^maila  breitbeinig  gehen 
hd^mula   mit    Gewalt    aufreißen    (z.  B. 

den  Mund),   trans. 
na^ha   hemmen    (z.  B.    das    Pferd   mit 
dem  Zügel) 

Verdächtig  als  Sotho. 
n^nza   anbeißen 
hSmhvqla  ausstechen  (bes.  Auge) 

cf.  ^hdmbvqla 
nüfiuna  murren,  knurren 
hwctla  schreiben,  einkratzen 
nwalfa  abbrechen  (von  der  Speise) 
hwa^ya  kratzen 

Verdächtig  als  Sotho. 
nwelJca  glimmen 

Verdächtig  als   Gwa. 
nya^  scheißen 
nya^dza  verachten 
nyd^mbudza    kurzen    Schlag    mit    einer 

Rute  geben 
nye^iga  glimmen 
nye^pa  lügen  (poetisch) 

Auch   im   Tsl-kaHaiiga  heißt  »lü- 
gen«  so. 
nyddqla  abbrechen 
ny^hgana  verwickelt,  verwirrt  sein 


24 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs :    Die  Verba  des  Tsivenda. 


nyo^va  geschlechtlich  verkehren 

(nyö^mna  geschlechtlich  miteinan- 
der verkehren  [von  Menschen]) 
nö^mela  besteigen ,  reiten 

Daneben  nd^mela  desgl. 
Tia^nza  lecken 

nämgedza  tupfen,  betupfen 
na;na  heftiger  werden 

Gelegentlich     zur     Bildung     des 
Komparativs  verwertet. 
näfuwa   naß  werden,    aufweichen    (in- 

trans.) 
nä&re  bringen 

(einziges  Verbum  auf  e) 
ndSnyowa    vom     Stiele     fliegen     (vom 

Werkzeug) 
n^a  geben 

(ne^^kedza  zureichen) 
ne^nga  heimlich  weggehen 

(tie/igwa  Ekel  empfinden) 
no^ka  schmelzen  (intrans.),   ohnmäch- 
tig werden 
nö^kala  naß  werden 
nn^da  schlagen,  züchtigen 
nu^la  I.  aus  dem  Wasser  ziehen 

II.  das   Rind    bei    der   Nase    er- 
greifen 
nu^rula    schlagen,     kneifen,    daß    die 

Haut  sich  ablöst 
nwa^  schmelzen  (intrans.) 

o'/a  sich  fürchten 

^"Tca,  term.  techn.,    Kohlen    aus   dem 
Feuer  nehmen,  um  ein  anderes  an- 
zuzünden 
dla  künstliche  Warzen  erzeugen  durch 

Ritzen  der  Haut 
o^lodzä  schleifen  (schärfen) 
o'ma  trocknen ,  intrans. 

dmela  festtrocknen  an,  sich  klam- 
mern an 
o^mba  festhalten 

o^mhela  festnageln 
Q^haomha  klojifen 
cf.  tH-q^mbo  Klöppel 
(hida  mager  sein,  werden 


ö^nyolqwa  sich  ausrecken 

{ö^nyana  sich  krümmen) 
o'ra  sich  am  Feuer  wäimen 
o^rmoa   abends   nach  Hause   getrieben 

werden  (vom  Vieh) 
o^tja  neben  yo^tsa  braten 

pfa)  I.  hören,  empfinden 
II.  ausspeien 
(vgl.  dazu  pß^  heißen) 
pfd^pfama  bruzzeln.  prasseln 
pfdh'ula,      besser:      pfSrvla,      entlang 

kratzen 
pfi^  heißen 

2]fu]fifala  kurz  werden 
pfu^^ha  überspringen 
pfuHa  mit  dem  Pfeil  schießen 
pfi^luwa    verziehen,     von    einem    Ort 

zum  andern 
pfv^ma  reich  sein,  werden 
pfu^iha  festhaften,  z.  B.  Spitzname 
pfximela  bürgen  für  jemand 

(von  pfu^ma?) 
pfu^na  knüpfen 

cf.  pßhidq    (mit   zerebralem   nd) 
Knoten 
pß\redza  schüren 

cf.  ßti^ra  desgl. 
pßvi^ta  zerfi-essen,  und  zwar  Holz  von 

Würmern,  Ameisen  usw. 
pßv^va  mißlingen ,  den  Dienst  versagen 
phd^dula  absprengen 

cf.  ^pdkhda  desgl. 
pha^ga  gierig  an  sich  reißen 
p]u?]charnedza  hinüberwerfen  (z.B.  Sack 
auf  den  Rücken  des  Lasttieres) 
phä^Jchatnisa  aufheben 
Verdächtig  als  Lehnwort  aus  dem 
Zulu. 
phajala    »ausschwärmen«     (von    einer 

Kriegsmacht) 
phd^masa  ohrfeigen 
phdhnula  aufbrechen  (z.  B.  eine  Tür) 
phSnyula  vorwärtsschreiten  (drast.) 
pha^pha  klecksen,  abspalten 
pJia^ama  ausgebreitet  daliegen 


Th.  und  P.  ScHUELLNus :    Die  Verba  des  Tsivenda. 


25 


phd^ula  auseinanderreißen 

phafua  platzen 
phdfsa  spritzen,  sprühen,  trans. 
p7id^sa?nedza  Wasser  hinscliütten 
phe^p/ia  einem  Geschoß  ausweichen 
pJiMza,    terni.,    eine  Knli    am  Nasen- 
riemen  festlegen 

mu-phiHzo  Stange  dazu 
pMma  Feuer  auslöschen 
phq^pha  triefen 
phüklula  durchlöchern 
(cf.   jow'/a  desgl.) 
phu[la  durchstechen 
pMJusa  wiederherstellen,  erfrischen 
pM^mula  abwischen 
phü^unula  entrollen,  entwirren 

phü^ulula  desgl. 
phuha  entwöhnen  (Vieh),  intrans. 
phüfula  aufwirbeln,  trans. 
phWnäa  mit  stumpfem  Pfeil  treffen 
plühjda  ein  Loch  in  ein  Gefäß  hinein- 
schlagen 
phu^za  trinken 

Fremdwort:  Zulu. 
pyj;fia  feige  sein  {p^  nicht  Lenis) 

Verdächtig  als  Sotho. 

"pa^dza  streifen,  Streifwunde  beibringen 

"potdula    abbrechen     (an    einer   Stelle, 

wo  etwas  leicht  bricht,  z.  B.  Zweig 

vom  Stamm,  Vorderblatt  vom  Rumpf 

[beim  Schlachten]  usw.) 

^pS^kata  vom  Mais:  Kolben  ansetzen 

in  der  Blattscheide 
^p)a^la  kratzen ,  scharren 

^pdHapadza  zerkratzen  (zusammen- 
gesetzt aus  ^paja  und  'pa^dza?) 
'pdmba  borgen,  leihen 
"pdmbuwa  vom  Wege  abweichen 
^jid^mudza  einen  Schlag  mit  der  flachen 

Hand  geben 
"pa^da  zu  Fuß  gehen 
{^pd^ndela  vertreiben 
^pd^ndamedza  verfolgen) 
"pSnzefala    unfruchtbar  werden   (vom 
Vieii) 

phSnze  Kuh,  die  nicht  kalbt 


^pa^hga  einfüllen 

^pa}^pama]a  auf  dem  Wasser  treiben 

^pa^;a  galoppieren 

"petita  klemmen,  einklemmen 

palta  treulos  werden  (z.  B.  wenn  die 
Henne  die  Bruteier  verläßt) 

^pältamedza   klecksen 

^pd^ula     das    Bein     zur     Seite     hoch- 
heben 

^pe}ama  schief  sein 
^p^ap^a  wanken 

^peklula  eine  Scharte  einschlagen 

^pemhelu   vor   Freuden   einen    Einzel- 
tanz aufführen 

^p^mbisa  tünchen 

^pihga  veiTÜckt  sein 

^p^hgula      entblößen      (durch      Hoch- 
schlagen der  Kleider) 

^pe^ya  glänzen,  blitzen 

^pe^sula  den  Schurz  hochfliegen  machen 
(etwa  durch  Sprünge) 

'pe^ta  falten 

(cf.  mape^ta  sog.  0- Beine) 

"pfilnya   »bocken«,  vom  Reittier 
Verdächtig  als  Gwa. 

^pya^ya  quetschen 

"pydf'iyedza  belasten,  niederdrücken 

^P'^a^a  zerschlagen 

"p^S'tula  zerquetschen 

daneben  'p-^jd^ndula  desgl. 

/«■'a  Bein  stellen   (bes.  die  Beine  der 
Kuh  festhalten  beim  Melken) 

'/j/i^a  verstauchen 

'piflea  verstaucht  sein 

"pi^Jca   »dick  tun«,    sich  verlassen   auf 

^pi^Jcula  hochheben,  mittels  einei'  Brech- 
stange 

'pi^la  sich  decken  {hga,  mit) 

^pPnza,    term.,    Korngrube    mit    Gras 
ausfüttern 

'pi^hga  Vieh  treiben 

^pi^nya  zwinkei'n  (Auge) 

^po^fuJa  blind  sein ,  werden 

^p^mba   umwickeln 

^pö^mqhedza   falsch  anschuldigen 

^päfiyoka   entschlüpfen 


26 


Th.  und  P.  ScHWELL^•us:   Die  Verba  des  Tsivenda. 


'pdra    kleine    Kopfwunde    beibringen 

(selten) 
^pq^sa  werfen,  auch:  nicht  treffen 
"pvtnda  Knoten  bilden,    auf  der  Haut 

oder  im  Teig  (Mehlklöße) 

Inndu  Knoten  (Haut),  Mehlkloß 
^pü^edza  das  Gesäß  zusammenkneifen 
'pendula  einen  »Schubbs"   geben  (mit 

dem  Fuß) 

cf.  mpiindu  Fußtritt 
j3W|'to   zusammenrollen,  welken 

rd  od.  thc^  {mufiha)  (eine  Art  Scliach) 

spielen 
rapela  beten  (Sotho) 
ra]fa  herausholen 

term.  techn.:  Honig  ausnehmen 
rd^fuwa  warm  werden,  auftauen,  vom 

Körper 
ra^ha  mit  dem  Fuße  schlagen 
ra^mba  aufrufen  {mbi^),  ein   Heer  auf- 
bieten 
rdhnbalaja  am  Abliang  entlang  gehen, 

parallel  laufen 
rdfnda    Fell     in    Streifen     schneiden. 

Striche  ziehen 
rcthga  anfangen 
rdfamuwa  sich  dehnen 

^ tältamuwa  desgl. 
ra^tha  eine  Brücke  benutzen 
re'a  eine  Falle  stellen 
selten  thda  desgl. 
re^za  ausgleiten,  glatt  sein 

reflzemuwa  ausgleiten 
r^da  Brennholz  sammeln 
r^ma  hacken  (mit  Beil) 

{r^ma  schmerzen) 
re^mha  verhöhnen,  verleumden 
re(mheda     schlaff    sein,    z.  B.    Bogen- 
sehne 
re^huluwa  sich  umwenden 
re^nda  preisen 
r^nga  kaufen 

re'm    in    Sprichwörtern    reden,    auch 
etwa  soviel  wie  »erzählen« 
rnire^ro  Sprichwörter 


ri^  sagen 

ri^na  Namen  geben 

ri^jida  kochen,  unter  stetem  Rühren 

ri^ndila  gerinnen  (Blut),  unempfindlich 

werden  (Stelle  am  Körper) 
ri^ha  rühren,  anrühren,  Z.B.Falle  zum 

Losgehen  bringen 
fdla  holen 
ro^Jia  tropfen 
r^thqla  kalt  sein,  werden 
rurpa  an  der  Beschneidung  teilnehmen 

(verdächtig  als  Sotho) 
n^dza  Herz  erleichtern 

Kausativ  von  rw'/a  Last  abnehmen 
rufla  Last  abnehmen 
ru^ma  schicken 
rü^mhula  durchstechen 
ru^nda  Urin  lassen 
rihzeja    od.  pHiela    aufreihen,    z.  B. 

Fische    an    den     Kiemen    auf    eine 

Gerte  aufreihen 


cf.Iti^nzedza  Perl 


en  aui  enie 


Seh 


aufreihen 
rv}r>ga  stechen ,  nähen 
n/h'a  aufschichten 

(cf.  murü^rathdkho  Mastdarm 
matqlko  =  Mist) 
rwjo'  schlagen 
sa^la  zurückbleiben 
se^  lachen 

(sefsea  fortwährend  lachen 
se^ela  lächeln) 
se^dza  genau  ansehen 
s^Ttena  dünn  sein 

se^y    term.    techn.,    durch   Schütteln 
im  Korbdeckel  sichten 
hisejq  Korb  deck  el 
(mit  sejuwa  verglichen  dürfte  die 
Grundbedeutung    von     se^la     etwa: 
•>  hochwerfen «   sein  ? ) 
■fe^luwa     aufwallen     (von     kochendem 

Wasser) 
s^ma  beschimpfen 

{sSmana  hat  die  reziproke  Bedeu- 
tung, heißt  aber  auch  oft  schlecht- 
hin: schimpfen) 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:    Die  Verba  des  Tsivenda. 


27 


cf.   masemü^  Vorderzähne,  Hauer 

se^iida  behobeln,  beschaben 

seßdela  sich  nähern,  näherrücken 

se/iga  über  eine  Rechtssache  verhan- 
deln, disputieren 

se^genedza  oder  sefigeneta  kitzeln 

se^;a  unter  etwas  hindurchkriechen 

sStsa  Taschen  usw.  durchsuchen,  sehr 
verdächtig  als  vom  englischen  »to 
search«   entlehnt 

se^a  Zukost  genießen 

s^m  verleumden 

si^a  zurücklassen 

siftma  brünstig  sein  (von  der  Kuh) 

si^lca  Feuer  quirlen 

si^'kida  herausheben  mit  der  Brech- 
stange 

cf.  zi^JcuJa  desgl. 

siHihga   »Allotria»   ti'eiben 

sima  pflanzen 

auch:  etwas  genau  machen,  z.  B. 
in  der  Verbindung:  si^ma  u  vone 
sieh  es  dir  genau  an 

sifia  faiden 

sifiga,  term.  techn.,  die  Zitzen  der 
Kuh  mit  Mist  bestreichen,  damit 
das  Kalb  nicht  saugen  kann 

Grundbedeutung?  Eins  der  Ge- 
schlechter der  Venda  wird  sipgo 
genannt. 

si^nya  das  Auge  zukneifen 
si^nyedza  zuzwinkern 

si^nyuwa  ärgerlich  sein,  ärgerlich  werden 

si^nda  im  Mörser  stoßen 

Der  Ton,  den  das  shida  gibt, 
heißt  muts^ndo  (zerebral),  auch  der 
Klang  von  Tritten. 

si^sima  hervorquellen 
cf.  tsi-si^ma  Quelle 

so^la  Mißachtung  ausdrücken 

so^mola  Zahnstocher  gebrauchen 

so^mehca  etwas  zwischen  die  Zähne 
bekommen 

sdmba  umdrehen 

cf.  sdhqa  des";l. 


sdhga  umdrehen 

su^ka  gerben,  kneten 

sü^kumedza  wegstoßen 

sUfla  stänkern,  Wind  lassen 

su^ma  dem  Häuptling  den  besten  Teil 
(vom  geschlachteten  Tier  z.  B.)  ge- 
ben 

sufiha  mit  dem  Finger  weisen 
{su^mbedza  allgemein:  zeigen) 
musü^mba    valoH  Zeigefinger    (mit 
dem  man  auf  Hexen  weist) 

\musüfnbuluo  Montag,  an  dem  man 
von  neuem  zu  zeigen,  zu  zählen 
anfängt] 

su^da  abstoßen,  zur  Seite  stoßen 
(kneifen) 

sü^sumedza  Nebenform  von  sti^kumedza 
wegstoßen 

sultula  abschälen,  abledern 

su^ta  sprühen  (vom  Regen) 

su^a  gleiten 

su^rela  untergehen,  verschwinden 

sd  brennen,  verbrennen  (intrans.) 

sajedza  überflechten ,  damit  ein  Strick 
stärker  wird 

■^aj'a  die  Schalen  vom  Maiskolben  ab- 
ziehen 

.sdrula  neben  safula  desgl. 

^öi^ö!  scherzen 

sa}'ta  berühren  beim  »Zeck«-  oder 
»Greifen«  -  Spielen 

sOji/a  zeichnen,  mit  Erkennungszeichen 
versehen 

■^efida  auf  dem  Bauche  kriechen 

§e^tha  die  Älteren  respektlos  behandeln 

.^Ma  fegen 

■s\fala  dunkel  sein,  werden 

si^ka  anlangen 

si^nula  schlagen,  züchtigen  (einen  Jün- 
geren) 

si^nga  blind  sein,  werden 

sha  Vieh  in  Pension  geben 

si^^ta  begraben 

sfüila  frühstücken 

sdga  Vieh  antreiben 

sdgola  geplagt  sein 


28 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:    Die  Yerba  des  Tsivenda. 


§S^ Jenny o Ja  abschürfen  (Haut) 
Sohida  zerquetschen  (Früchte) 

cf.  fcfnda  desgl. 
■so^tola  abschälen 
^?o'Va  zerreiben 
.sufa  schlürfen 
sa^mula  schnüren 
sa}nda  umkehren,  unnvenden 
saffduka  sich  verändern 
sa^ta    beschmieren,    (anstecken,    von 

einer  Krankheit) 
sa}va  fliehen 

^fa^ya  ermangeln.  Mangel  haben 
•?äjc'  gießen 
s^hga  kauen 
se^igedza  martern 
sMza  schlachten 
si^nda  Todeszuckungen  machen 
kjna  Scham   emjjfinden 
si^la  mit  Kuhmist  bestreichen 
suj,ula  ausschütten 
suhna  arbeiten 
su^a  verscheuchen 

von  .si/,a  sich  entsetzen? 

Letzteres    verdächtig    als    Sotho 
tsoxa. 
su^ama  sich  auf  den  Bnuch  legen 

tsa^  herunterkonunen,  hinuntergehen 

ts^^ka  wackeln,  intrans. 

tsi^ka  niederdrücken 

tsiHufala  dumm  sein 

tsh'a  Aussicht  versperren,    besonders 

"in  der  Sonne  stehen« 
tsdgodedza  hineinstopfen 
tsa)  stehlen 

tsi^ma  zischen  (Speise  auf  dem  Feuer) 
tsu^ka  rot,  schmutzig  sein 
VW5a  schlürfen,  etwa:    » picheln« 
tha^     Nebenform     von     m'     (Schach) 

spielen 
thapa  naß  sein  (Sotho) 
thotidza  Rätsel  aufgeben 

(thdi  Rätsel) 
tlictnya  klug  sein 
thotthaha  knattern 


thdHhedza  zu  mehreren  über  einen  her- 
fallen 

th^a  Nebenform  von  r^a  Falle  stellen 

the^la  Abgaben  entrichten 

\'erdächtig  als  Fremdwort. 

thha  zumachen 

thdla  mieten 

th(}ma  anfangen 

thafia  eintunken 

tWha  als  Kriegsbeute  mitführen 

thv^dza  stoßen  (zur  Seite) 

thiMtsa  schießen 

thu^pha  aufhäufen 

thu^sa  helfen,  Lehnwort  aus  dem  Sotho 

thuHJia  niederreißen 

thüHhuba  aufspringen  (Maiskörner  beim 
Rösten) 

/w'  aufgehen  (Sonne) 

tsd^sama  wimmeln 

tsM  schneiden 

tseja  auf  Nahrung  ausgehen 
cf.  mißejo  Früchte 

ts^ma  schreien 

tse^na  weiß   sein 

tse^ta  Steine  schichten 
cf.  mutse^fo  Mauer 

tsSudza  zwT  Strafe  keine  Speise  geben 

üiHa  leben 

tshnhija  gehen 

tsi^na  tanzen 

tsi^nya  Unrecht  tun 

tsi^a  von  der  Kuh:  so  weit  sein,  daß 
sie  Milch  gibt,  nachdem  das  Kalb 
gesogen  hat  (vorher  gibt  eine  echte 
Kafliernkuh  keine  Milch) 

0va  begehren  (im  bösen  Sinne,  wäh- 
rend tt^va  dasselbe  im  guten  Sinne 
bedeutet) 

tsö^.^edza  mit  Dornzweigen  verlegen 

üq0(2ma  durch  dick  und  dünn  gehen 

tsOft/ia  ein  Gehege  diu'chbrechen 
(Fremdwort?) 

th/f7ia  anziinden  (Sotho) 

^ta}'kala  sich  freuen 

^ta^kanyela  Zuckungen  machen 

^ta^kula  aufheben,  hoclxheben 


Th.  und  P.  ScHWELLNUs:   Die  Yerba  des  Tsivendc 


29 


7«'/«  I.  scliwimirien 
IL  Linien  reißen 

^tahna  begehren 

"tdmba  spielen 

'ta^mlnaca  Mühe   haben 

^tSidarala  steif  wie  ein  Stock  werden, 
sein 

'tdhffa  umgeben,  umzingehi 

'ta^nya  lausen 

'fa^nzula  aufknacken,  daß  es  spritzt 
'fa}sula  desgl. 

Vo''/)o  staken  (mit  einer  Stange) 

'/a''/«!  empfindlich   sein,   sich   scheuen 
vor 

^t^^kateka  hin  und  her  gehen 

^t^laila  umkippen  (trans.) 

"te^Iedza  Widerwillen  empfinden 

^timela  die  erste  IMilch  von  der  Kuh 
genießen 

^te^nda  zustimmen 

"tindeleka  hin  und  her  gehen 
'teieleka  desgl. 

'tefiga  (terra.)  Grieß  sortieren 
"tfpgula  desgl. 

'te^pa  schwanken,  schwank  sein 

^t^mla  ausschütten 

^tipa  zudecken 

'ti^'ka  stützen 

"t^^kimela  versunken  sein 

^ti^matima  zweifeln,  unschlüssig  sein 

^tinya  einem  Geschoß  ausweichen 

'ti^za,  poet. :  sich  fürchten 

"tcinza  Feuer  anzünden 

Hdnda  Nachsicht,  Fürsorge  üben 

^pfta  kneifen 

^to^vola    "Wild    verfolgen ,     ihm     nach- 
spüren 

^tse^ta  kerben,  schnitzen 

^tu^mha  hocken 

^t-utmula  abschneiden 

'tu^nzuja  Geschwür  aufdrücken 

^tu^hya  hervorschvveUen 

cf.  thü^igamä^milf  junges  Mädchen 
von  etwa  13  Jahren 

-mä^mii,     kontrah.    aus     macMmu 
Brüste 


"tv^hgula  würfeln  (Zauberwürfel) 

"tu^pula  ausreißen,  entwurzehi 

'tu^tuwa    ankommen,    aber    noch    im 
Gehen  begriffen 

"pvdnga  (Ausschlag)  aufdrücken 

tha^ula  ablösen,  wechseln 

thakha    etwas    vom    Baum    herunter- 
schlagen 

tha!khamedza     etwas     auf    den    Baum 
werfen,    daß   es  oben  liegen  bleibt 

thSphudza  einen  Schnitt  zu  Ende  führen, 
auslaufen  lassen 

thakha  am  Spieß  braten 

tha^a  stechen ,  schlachten 
(thavela,  etwa:  impfen) 

tWkTia  rupfen  (geschlachtetes  Geflügel) 

thq^plia  aufschichten 

tMthqna  jucken 

thü^khula  abreißen 

thu^pha  belästigen 

thu^a  (Federn)  ausraufen 

thwd^la  einsperren,  zur  Mast 

\c^dzia  Topf  auf  das  Feuer  setzen 

^tc^funa  kauen 

'to|Aa  ausbrechen,  aus  einem  Gehege 
cf.  'ta^ala  alt,  löchricht  wer- 
den 'ta^hisa,  terra.:  jNIädchen  ent- 
führen 

^fa^hala  alt,  löchricht  werden 

"td^helwa  ermangeln,  in  Bedrängnis  sein 

'ta^hula  ausjäten 

"tc^lifa  klug  sein 

'tajula    wählerisch    verfahren,    unge- 
recht sein 

^tctmara  herbe  sein 

''ta^ha  sich  waschen 

Ha^a  Grundbedeutung ? 

Nur    im    Zusammenhang,    etwa: 
sintemal,  wenn  schon 

^ta^ama  auf  dem  Rücken  liegen 
cf.  ga^nama  desgl. 

'ta^neß  sich  den  (angenehmen)  Sonnen- 
strahlen aussetzen 

^tafiuwa  auf  die   Höhe  gelangen 

"tafiza   waschen  (trans.),    kausat.    von 
"tamba 


30 


Th.  und  P.  SrnwELi.NUs:    Die  Yerba  des  Tsivendt 


"ta^nza  sich   erbrechen,    «werfen"    von 
der  Sau  odei-  Hündin 

"ta^igana  zusammentreffen 

cf.  "ta^hganedza  in  Empfang  nehmen 

^tafigula  berauben 

^ta^tela  laden,  Schnu])ftabaksdose  füllen 

^taßx  pflanzen,  aufgehen  von  der  Sonne 

"ta^vanya  sich  beeilen 

"ti^dzimela  hinüberlugen 
cf.  thokizt  Spitze 

Varfa  suchen 

'to^ha  eini'ammen 

'to|/ß  stets  im  Zusammenhang,  z.  B. 
u  ^tolo-u  da  =  er  konunt  gevvohn- 
heitsgeinäß 

'to'/a  nachsehen,  auskundschaften 

^tofiia  hineinstecken 

'to^iga  prahlen  durch  das  Auftreten 

'^'m  Lücken  ausfüllen 
^tqredza  desgl. 

^t&\Uiß^C'  (einen  Pfeil)  in  etwas  hinein- 
schießen 

'0vosa  bedrängen 

V;/,a  weggehen 

'tuflza  hinken 

^ftifla  seihen 

"tofiola  die  Schalen  von  den  Mais- 
körnern entfernen.  Stoßen  im  Mör- 
ser 

^tu^kisa  etwas  essen,  um  schlechten 
Geschmack  zu  beseitigen 

^td^kiifala  klein  werden 

^tuja  etwa:  böse  Vorbedeutung  haben 

^tüHutsedza  oder  ^tü[hikedza  Wasch - 
wasser  über  die  Hände  gießen 

"tfjtma  anstücken,  Seil  verlängern 

\u^ga  reizen 

{^tupgedza  drehen) 

^tu^hgvla,  term.:   Kleie  entfernen 

tu^nya  Haare,  Federn  ausraufen 

^tjjtndfl  Lebensmittel  einkaufen  wie 
seinerzeit  die  Söhne  Jakobs  in 
Ägj'^|)ten 

''tultula  schärfen 

^tv^va  sehnliches  Verlangen  haben 

'ftüOi  Zeit  zubringen 


ü^khutJia  ausklopfen    (z.  B.  Kleidungs- 
stücke) 
u^da  schimmeln 

(inu-undä}  Schimmel) 
u^ndula  ergreifen  (am  Bein  z.  B.) 
ufiga  neben  ü^ngdela  locken 

cf.  'ki^hga  locken 
u^hga  brausen 
u^hgida  absahnen 

vaja  zumachen 

vdhga  mischen 

vdfigula  Dorn  ausziehen 

va^ya  stechen  (vom   Dorn) 

ve^ta  kratzen  (z.  B.  Katze) 

vif.  abledern 

viHiiiganya  durcheinanderrühren 

cf.  ni^/ingana,  intrans. 
vi^ma  neben  zi^ma  jagen,  aufspüren 
vo^ta  anbrennen  (trans.) 
vufh  zahm  sein,  werden 
vuja  öffnen  (Tür) 

cf.  va^Ia  schließen 
tnhda,  selten  vuhia  brechen  (trans.) 
vi/fa  (Fleisch)  in  etwas  verdorbenem 

Zustande  sein,  wie  hierzulande  das 

Wild  fleisch 
vukca  aufstehen  (vom  Schlaf) 

vafia  Holzarbeit  machen,  schnitzen 

cf.  mbafh  Beil 
vaHsa  wehe  tun  (trans.) 

von  vdm  schmerzen 
vaja  zäiilen,  lesen 
vajela  mit  Latten  versehen  (z.  B.  Dach) 

cf.  Ju-vdjelo  Latte 
va^mba  spannen 
va^nbadza  verkaufen 

va^mbala  feil  sein 
mfiibeju  nebeneinander  sein,  gehen  oder 

stehen 
vahida  ohrfeigen 

vdfldakana  oder  vd^dekana  nebenein- 
anderstehen 
ra^iga  Bauholz  geradestrecken 

cf.  mapa^gq  Baupfähle 


Th.  und  P.  SrnwELLNUs:    Die  Verba  des  Tsiveiida. 


31 


va^nda  in  der  Hand  betrachten 
va^a  Feuer  anzünden 

cf.  tsi-va^so  Feuerherd 
m'm  I.  wehe  tun  (intrans.) 

II.  sengen,  ansengen 
ve^a  hinlegen 

vj^^kanya  zurechtlegen 
vef'iga  (Fleisch)   in  Streifen   schneiden 
vlhya  jemand  »auf  dein  Strich«  haben 
v^ula  rasieren 

vi^a  mit  Zweigen  einen  Verhau  machen 
"t^bva  reif,  gar  sein,  werden 
l^dza  rufen 

vj^fa  häßlich,  schlecht  sein,  werden 
vi^ga  legen  (poetisch  oder  Kai.) 
vi^la  kochen ,  sieden  (intrans.) 
vi^la   »mahnen«   (Schuldner) 
viHingana    in    wüstem    Durcheinander 

sich  befinden 
vi^lula  sich  beeilen 

luvi^lo  Eile,  Schnelligkeit 
mfigaiia   einander   heiraten,    Hochzeit 

machen 
vdfa  binden 
vo^pfiba  brüllen  (Löwe) 
v(}na  sehen 

luvn^ne  Licht 

vo^netsela  leuchten 
midza  sagen 

vv^dzisa  fragen 
vü^dzula  oder  vü^dzedza  pusten,  anblasen 

(Feuer) 
vtHaya ,  daneben :  vuHaha  töten 
vuHunga  verwahren,  aufbewahren 
mi^mba  bilden  (aus  Ton) 
vjjtmhduwa  sich  wälzen 


vu^a  welken 

t2y^nga  Fliegen  verscheuchen 

mha  herrschen ,  regieren 

mi^ta  stochern 

vu^va  sich  ducken ,  llach  auf  die  Erde 

legen   (Vögel   oder   sonstige   kleine 

Tiere) 
m(^ya  zurückkehren 


wa^  fallen 

we.  Ja  überschreiten ,  über  setzen 


3/ö!|  hingehen 

ci/|M?«  prahlen,  sich  rühmen 

cö!|  dünner  werden  (vom  Leibe),   »auf- 
stoßen«  (durch  die  Speiseröhre) 

zaHa  säen 

z'^fa  lügen 

zi^kula  etwas  Großes,  Schweres  hoch- 
heben 

zfma  jagen,  aufspüren 

z^mha  aufschwellen 

{zhnbela     »Verstopfung«      vei'ur- 
sachen) 

za^^ka  niedertreten 

za}mba  lärmen 

za^mbula  abreißen    (einen    Sti-ick    mit 
einem  Ruck) 

za^ta  (den  muzatq  =  Tanz  der  Gwamba) 
tanzen 

zöpgqndedza     niederdrücken ,     hinein- 
stopfen 

zo^ta  intensiv:  Köi-ner  zerbeißen    und 
kauen 

zu^ula  entreißen 


32 


Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete, 

einem  Dialekt  des  Unter- Sambesi  mit  Varianten  der 
Sena- Sprache. 

Verfaßt  von  P.  Alexander  v.  d.  Mohl  S.  J., 

I\lissionar  in  Boroma. 


Vorwort. 

Wir  beschäftigen  uns  hier  mit  zwei  Dialekten  der  Bantu  -  Sprache  ^  vom 
Unter- Sambesi:  dem  Dialekt  von  Tete  und  dem  von  Sena.  Das  Gebiet 
dieser  Sprache  erstreckt  sich  von  der  INIündung  des  Sambesi  bis  in  die 
Kufukw a-Gegend  nach  Nordwesten  und  dann  vom  Mashonaland  südlich 
bis  zum  Nyassasee^  nördlich.  Außer  den  genannten  Dialekten  unter- 
scheiden wir  noch  den  von  Chire  und  von  Mashon  a,  obgleich  letzterer 
auch  als  eine  selbständige  Schwestersprache  betrachtet  werden  kann.  Es 
scheint,  daß  der  Dialekt  von  Sena  der  ursprüngliche  ist,  weshalb  er  die 
Aufmerksamkeit  von  Bleek  und  P.  Toirend  besonders  auf  sich  gezogen  hat. 
Den  Dialekt  von  Tete  sehen  wir  als  eine  Abzweigung  an. 


Während  unseres  Aufenthaltes  in  der  Unter -Sambesi -Mission  haben 
wir  Gelegenheit  gehabt,  unter  der  ausgezeichneten  Leitung  des  oben- 
erwähnten P.  Torrend  in  die  einfachen,  auifallend  konsequenten  und  philo- 
sophisch gedachten  Sprachen  von  Tete  und  Sena  einen  tieferen  Einbhck 
tun  zu  können.  Bei  dieser  Gelegenheit  wurden  wir  mit  den  Schwierig- 
keiten bekannt,  welche  die  Erlernung  dieser  Sprachen  dem  Nicht -Portugiesen 
bereitet.      Deshalb   haben   wir   uns   entschlossen,    durch    Bearbeitung   einer 


^  Vgl.  Comparative  Gramniar  of  tlie  South  Afriean  Bantu  Languages  von 
P.  J.  Torrend  S.  J.  (London). 

^  Dieses  Gebiet  folgt  also  dem  Laufe  der  zwei  großen  Flüsse  Sambesi  und 
Chire.  Man  muß  aber  auch  hinzufügen,  daß  wir  außer  der  herrschenden  Spraclie 
liier  und  da  Dialekte  verschiedener  anderer  Bantu -Sprachen  finden,  so  z.  B.  das 
Ci-Tawara  in  Boioma,  Ci-Roro  von  Morumbala,  Ci-Podzo  von  Luabo, 
Ci-Tsenga  von  Ruangwa 


usw. 


V.  D.  Mohl:    Prakfischo  Graniiiiatik  der  Bantii -Sprache  von  Tete.  33 

kurzen,  praktischen,  zum  Selbststudium  bestimmten  Grammatik  dem  Deutschen 
oder  wenigstens  dem  deutschsprechenden  Missionar,  Angestellten  oder  Agenten 
ihi-e  Aufgabe  zu  erleichtern. 

Die  vorhandenen  grammatischen  Handbücher  sind  portugiesisch  ver- 
faßt und  dazu  wenig  praktisch,  da  sie  bloß  Regeln  enthalten,  olme  zu  ihrer 
Anwendung  Anleitung  zu  geben.     Von   der  Syntax  ist  da  keine  Rede. 


Wir  ha])en  in  dieser  Arbeit  die  Hartlebenschen  polyglotten  Graunna- 
tiken  uns  zum  Vorbild  genouunen'.  Da,  wie  gesagt,  die  Dialekte  von  Tete 
und  Sena  sehr  verwandt  sind,  so  war  es  nicht  schwer,  sie  gleichzeitig  zu 
behandeln.  Im  Texte  und  in  den  Übungen  haben  wir  das  Ci-Nyungwe^ 
behandelt,  dagegen  in  den  Noten  machten  wir  auf  die  entsprechenden 
\'arianten  des  Ci-Sena  aufmerksam.  Wer  also  die  letztere  Sprache  erlernen 
will,  der  soll  sich  vor  allem  gut  diese  Noten  aneignen  und  nach  densellien 
sowohl  als  den  verschiedenen,  im  Wörterbuclie  angeführten  Sena -Aus- 
drücken die  Ibuiigen  modifi/.ieren. 

Zur  Orthographie  sei  bemerkt,  daß  wir  anstatt  ch  {qu)  oder  c  ganz 
einfach  c  gewählt  haben,  weil  es  sich  um  einen  einzigen  Laut  handelt 
und  derselbe  ebensogut  durch  c  als  durch  ch  oder  c  sich  schreiben  läßt. 
Die  Buchstaben  sind  ja  bloß  arbiträre  Zeichen,  und  je  einfacher  sie  sind, 
desto  besser.  Dann  haben  wir  die  so  oft  im  Katfrischen  vorkonnnende 
Aspiration  mit  einem  h  geschrieben,  weil  das  lateinisclie  Alphabet  sie 
durch  diesen  Buchstaben  aiisdi'ückt.  Außerdem  wird  h  nur  als  Modifikation 
anderer  Konsonanten  gebrauclit.  Das  ist  nun  auch  der  Fall,  wo  die  Aspi- 
ration im  Kattrischen  vorkommt.  Deshalb  schreiben  wir  aspirierte  Kon- 
sonanten:   kh.  th,  ph^. 

Was  sonst  hier  neu  oder  originell  ei'scheint,  das  wurde  aus  den  Er- 
klärungen des  P.  Tonend  geschöpft,  wobei  die  klassischen  kafiVischen  KaV)eln 
als  Unterlage  dienten.  Diese  sind  die  einzige  Literatur  der  Kaffern.  In 
den  Fabeln  hat  sich  nicht  allein  ihr  ganzes  Denken  und  Gefühlswesen  ab- 
gespiegelt, es  ist  auch  ihre  klassische  Sprache  darin  enthalten.  Dies  war  der 
Grund,  weshalb  wir  die  einzelnen  graimnatischen  und  syntaktischen  Regeln 
aus  den  Fabeln  zu  begründen  suchten  und  aus  ihnen  das  Material  zu  den 
Übungen  schöpften.  Die  Fabeln  sind  viel  zuverlässiger,  um  das  klassische 
Moment  zu  finden,  als  nu^indlit-he  Krklänmgen.  Bei  den  letzteren  ist  manch- 
mal  schwer    zu    unterscheiden,    was   als    persönliche    Eigentümlichkeit   des 


1  Die  praktischen   Tbungen  wurrlen  wegen  Mangel  an   Platz  ausgi-lassen. 

2  So  lieißt  der  Dialekt  von  Tete  katirisih.  Nyungwe  ist  der  einlieiniische 
Name  von  Tete. 

^  Es  scheint  sehr  unprakriscli  zu  sein,  die  Aspiration  mit  einem  iiachfolgenden  ' 
zn  bezeichnen,  z.  B.  k'  f  p\  Die  Verwech.selung  mit  dem  Apostroph  liegt  nahe, 
aber  vor  allem  ist  es  etwas  dem  lateinischen  Alphabet  Fremdes.  Dieses  kennt 
Zeichen  über  und  unter  dem  Buchstaben,  aber  nicht  daneben.  Der  Apo.stroph 
vertritt  einen  Buchstaben,    steht  also  niclit  daneben  als  seine  Ergänzung. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt.  3 


34  V.D.Moni,:    Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

ungebildeten  Schwarzen  und  was  als  klassisches  Merkmal  der  Sprache 
betrachtet  werden  soll.  Dagegen  haben  die  Fabeln  in  ihrem  Wandern  von 
Mund    zu  Mund    durch   Generationen   Gelegenheit    gehabt,    sich    zu    läutern. 


§  1.   Das  kafeische  Alphabet. 

(1)  Das  Alphabet  des  Tete  besteht  ans  '2ö  Buchstaben:  a.  b,  c, 
d,  e,  f.  g,  Ji.  i,  j-,  k,  l,  m.  n,  c ,  p,  r,  s,  t,  m,  v,  w,  x,  y,  z.  Wir  haben 
also  5  Vokale:  a,  e,  i,  o,  u;  2  Halblaute:  lo,  y\  und  17  Konsonanten:  h, 
c,  d./,  g.  h,  k,  l,  m,  n,  p,  r,  s,  t,  v,  x,  z. 

(2)  Die  Aussprache  der  einzelnen  Buchstaben. 

Die  Vokale  werden  wie  im  Deutschen  ausgesprochen. 

Die  Halblaute:  w  klingt  wie  uo,  also  wie  w  im  englischen  water. 
Es  ist  eine  Art  «,  welches  schwach  ausgesprochen  wird  oder  ganz  ver- 
schwindet, z.  B.  loakazi  (Frauen)  klingt  gewöhnlich  akazi^.  Wo  ein  Hiatus 
zu  vermeiden  ist,  nuiß  das  ?r  deutlich  ausgesprochen  werden,  z.  B.  vcakazi 
awa  (diese  Frauen). 

Daraus  folgt  die  Regel,  daß  ein  unbetontes  u  vor  einem  betonten 
Vokale  zu  w  wird,  z.  B.  mw-ainuna  (mii - amuna)  mica  {mud)  usw.  Selbst- 
verständlich wird  dieses  w  nie  betont.^  y  wird  ausgesprochen  wie  j  in 
»jetzt«,  z.Vt.uyu  (dieser),  ayay\  (nein!). 

Die  Konsonanten    b,  d,  k,  p, /,  t  wie  im   Deutschen. 

Das  p  muß  vom  b  und  das  t  vom  d  in  der  Aussprache  genau  unter- 
schieden werden,  damit  das  Wort  eine  verschiedene  Bedeutung  bekommen 
kann,  z.  B.  kuba  (.stehlen),  kupha  (töten),  c  (tschie)  entspricht  mehr  oder 
weniger  dem  italienischen  c  in  Cicero  (dem  polnischen  c);  es  wii^d  bloß 
weicher  und  etwas  zischend  ausgesprochen.  Dies  gilt  besonders  vor 
a,  o,  u,  z.B.  ca  (tschia) ,  co  (tschio).' 

g  klingt  wie  g  in  geben.  Mit  einem  Punkt  versehen  ig)  wird  es 
zu  einem  veischlungenen  und  gutturalen J,  z.  B.  ngombe  (Vieh),  ngono  (klein). 

j  ist  gleich  dem  italienischen  g  in  generoso  (dem  dz  im  Polnischen) 
oder  dem  g  in  gentlemen, 

m  und  n  werden  nie  mit  dem  vorgehenden,  sondern  immer  mit  dem 
nachfolgenden  \'okale  verbunden.  Wenn  ihnen  ein  Vokal  oder  ein  Halb- 
laut folgt,  so  klingen  sie  wie  m  und  n  in  muß  und  nicht;  folgt  aber  ein  Kon- 
sonant, so  hört  man  bloß  einen  nasalen  Klang  wie  in  hm!  hm!  Die 
Schwarzen  sprechen  ihn  zwar  in  m  anders  als  in  n  aus,  aber  man  muß 
sehr  geübt  sein,  um  den  Unterschied  zu  merken. 


'  Manche  Autoren  lassen  oft  dieses  w  ganz  aus.  Es  ist  aber  wenigstens 
in  Tete  nicht  ganz  korrekt,  weil  die  dortigen  Kaffern  bei  langsamer  und  deutlicher 
Aussprache  das  w  hören  lassen. 

2  In  Sena  verschwindet  das  w  noch  mehr,  so  daß  es  oft  ganz  ausgelassen 
werden  nuiß,  z.  B.  py-ana  Kinder;  nicht  py-{w)ann. 

^  Wie  in  dem  Vorworte  gesagt,  ist  die  Schreibart  dieses  Lautes  seiir  ver- 
schieden: bei  den  englischen  Autoren  cA,  bei  den  alten  portugiesischen  qu. 


V.  D.  Mohl:    Praktischo  Grammatik  der  Bantu- Sprache  Von  Tete.  35 

l  und  r  sind  nahe  verwandt.  In  einzelnen  Dialekten  sowie  in  der 
Aussprache  einzelner  Individuen  wird  das  eine  oder  das  andere  mehr  hervor- 
gehoben, so  z.  B.  in  Tete  liebt  man  mehr  das  r,  in  Sena  dagegen  das  /;  des- 
halb schreiben  wir  z.  B.  im  ersteren  muknru,  im  letzteren  mukulu.  Oft  ist 
dieser  Unterschied  in  beiden  Dialekten  schwer  festzustellen.  Tatsächlich 
nach  a,  e,  i  hört  man  mehr  l,  nach  e,  i  (auch  in  Sena)  das  r.  Wir 
wei-den  im  Tete -Dialekt  kein  /  gebrauchen. 

s  klingt  wie  s  in  muß,  aus.  Mit  dem  Zeichen  (5),  aberweich  und 
zischend  (wie  etwa  s  im  Polnischen),  z.  B.  kupsipa  (speien). 

V  entspricht  dem  tc  in  werden.  Es  muß  inuiier  deutlich  ausge- 
sprochen werden;  aber  nie  wie  v  in  voll. 

X  klingt  wie  seh  in  schämen  {sz  im  Polnischen). 

z  entspiicht  deui  s  in  Segen,  sel!)st  (aber  nicht  wie  z  in  zu).  Das 
beigefügte  Zeichen  {z)  macht  es  weich  und  schwach,  etwa  wie  das  fran- 
zösische j  in  jardin  und  das  polnische  z,  in  zaden. 

(3)  Nel)en  den  einfachen  Konsonanten  gibt  es  manche  zusammen- 
gesetzte, wie  dj .  ts  (etwa  wie  tz  in  entsetzlich),  dz  (diese  beiden  Laute 
müssen  deutlich  ausgesprochen  werden),  ty  (etwas  zischend). 

(4)  h  nach  c,  p,  k,  t,  v,  also  ch,  ph,  kh.  th,  vh  bedeutet,  daß  diese 
Konsonanten  aspiriert  werden  müssen,  folglich  so  ausgesprochen,  als  ob  man 
sie  mit  einem  verschlungenen  h  verbimden  hätte,  z.  E.  phaza  (Hacke),  khumi 
(zehn),  thika  (Hyäne),  chira  (kaffrische  Leinwand).  Diese  Aspiration  ändert 
manchmal  die  Bedeutung  des  Wortes,  so  z.  B.  die  veialtete  Form  kupa 
(geben)  und  kupha  (töten). 

(5)  Anmeikung.  1.  Der  Akzent  fällt  in  der  Regel  auf  die  vor- 
letzte Silbe.  Nur  die  formlosen  Wörter  (164)  bilden  eine  Ausnahme,  z.B. 
mwamüna  (der  INIanii).  kusendzeka  (spielen). 

2.  Da  die  Präfixe  mit  den  Wurzeln  zu  einem  Worte  zusammenfließen, 
so  schreiben  wir  sie  auch  mit  denselben  zusammen.  Nur  in  manchen  Fällen 
trennen  wir  sie  der  Klarheit  wegen,  so  z.  B  in  den  lokativen  Formen,  bei 
den  possessiven  Partikeln,  wie  pa  ndjira  (auf  dem  Wege),  ku  Nyungwe 
(nach  Tete),  mu  nyumba  (im  Hause),  cinthu  ca  munthu  (Sache  des  Menschen). 

§  2.    Die  Zehnklassenbildung. 

Das  charakteristische  Zeichen  der  Bantu- Sprachen  ist  die  Klassenbil- 
dung. Sie  besteht  darin,  daß  alle  Substantive  nach  gewissen  inneren  oder 
bloß  phonetischen  Gründen  in  gewisse  Kategorien,  die  wir  Klassen 
nennen,  zerfallen.  Jede  Klasse  besitzt  ein  besonderes  Präfix  für 
den  Singular  und  den  Plural,  welches  mit  der  Wurzel  verbunden  das 
Merkmal  des  dadurch  gebildeten  Substantivs  bildet.  Nun  wird  alles,  was 
mit  dem  Substantiv  zusammenhängt,  also:  Adjektive,  Zahlwörter,  Für-  und 
Zeitwörter,  mit  dem  Merkmal  seiner  Klasse  verbunden. 

(6)  Die  Zahl  der  Klassen  variiert  in  den  verschiedenen  Bantu-Sprachen 
zwischen  zehn  und  zwölf.  Die  Sprachen  des  LTnter- Sambesi  kennen  dei-en 
bloß  zehn. 


36 


V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bautu- Spraclie  von  Tete. 


(7)  Jede  einzelne  Klasse  besitzt  zwei  radikale  Formen  der 
Präfixe,  von  welchen  alle  übrigen  abgeleitet  werden.  Wir  nennen  sie 
kurz  die  starke  und  die  schwache  Form.  In  der  einen  wie  in  der 
anderen  besitzt  der  Singular  und  der  Plural  besondere  Präfixe. 


(8) 

Tabe 

lle  I.     Die  bei 

den  Formen. 

Klasse 

Starke  Form 

Schwache  Form 

Armierkung 

^     \ 

{b)u' 

{b)u 

1.    Bei  jeder  Klasse  steht  das 

ma 

{y)a 

Piäfix  des  Singulars  in  der  ersten, 

II 

((/7)) 

ri 

das   des    Plui-als   in   der   zweiten 

ma 

iy)^' 

Linie. 

m    1 

mu 

{yW 

2.    Was     in     den     einfachen 

mi 

iy)i 

Klammern  eingeschlossen  ist.  kann 

,v    j 

c,  ci 

ci 

entbehrt,  was  in  den  doppelten, 

bz,  hzi^ 

bzi  1 

auch  umgeändert  werden.  So  z.B. 

V     ) 

{i)n.  (i)m 

iyy 

fällt  das((7nM))  der  sechsten  Klasse 

(zi)n,  izi)m 

zi 

ganz   weg   in    baba    (Vater);    das 

V,     I 

{{mu)) 

{yW 

[{ri))  der  zweiten  Klasse  wird  durch 

loa 

wa 

dzi  vertreten  in  dzi-sn  (Auge). 

VII 

pa 

pa 

3.    Die  beiden  radikalen  For- 

VIII 

mu 

mu 

men  unterscheiden  sich  dadurch, 

IX 

hu 

ku 

daß  die  schwache  Form  dei-  ersten 

X 

Jca 

ka 

sechs    Klassen    anstatt  m   bzw.  u 

tu^ 

"' 

das  euphonische  y  bekommt. 

(9)  Die  siebente,  achte  und  nemite  Klasse  werden  die  lokativen 
Klassen  genannt.  In  den  Bantu- Sprachen  (auch  eine  Eigentiimlichkeii) 
sind  die  Ortsverhältnisse  /)o  (oben),  mu  (drin),  ku  (gegen,  in,  hinzu)  keine 
Prä])ositionen,  sondei-n  bloß  Präfixe,  die  mit  dem  nächstfolgenden  Substantiv 
ein  neues  Substantiv  bilden,  welches  als  Subjekt  der  Adjektive,  Für-  und 
Zahlwörter  auftritt,  z.  B.  adapita  mu  nyumba,  momwe  m^nkhana  munthu. 
^mu^  nyumba»^  (im  Hause)  ist  ein  lokales  Substantiv,  weshalb  das  momwe 
(welches)  und  7nu  kJmna  (hatte)  das  JNIerkmal  der  achten,  nicht  der  fünften 
Klasse  trägt,  zu  welcher  das  nyumba  (Haus)  geliört. 


§  3.   Die  starke  Form. 
(10)     Mit  dieser  Form  werden  vor  allem   die  Substantive  gebildet. 
Eine    Flexion    der    letzten    Silbe,     d.  h.    Deklination,    kennen    die    Bantu- 
Sprachen  nicht. 


hat, 


'    In  Sena  pi. 

2    In  Sena  wäre  es  korrekter:   (tc)a,  {u-)u,  {w)u. 
^    In  Sena  verschwindet  das  b  in  der  Regel. 

*    Siehe  (5)  Nr.  2.    Wenn   aber  daraus  ein  besonderer  Ausdruck  sich  gebildet 
schreibt  man  zusammen,  z.B.pantsi  (auf  der  Erde),   kutsogoro  (weiter). 


V.  D.  Mohl:    Praktische  (iraiiuuatik  der  Bantu- Sprache  von  Tett 


37 


(11)  Dann  bekommen  diese  Form  die  kardinalen  Zahlwörter 
von  eins  bis  neun,  also:  -hodzi  (ein),  -wiri  (zwei),  -thatu  (drei),  -nay  (vier), 
-xanu  (fünf),   -tantatu  (sechs),   -nomwe  (sieben),   -sere  (acht),   -pfeniba  (neun). 

(12)  Zuletzt  folgende  sogenannte  starke  Adjektive:  -nmna  (Männ- 
chen), -kazi  (Weibchen),  -kuru  (groß),  -ngono  (klein),  -ngononyono  (sehr 
klein),  -tari^  ('ang,  weit,  breit),  -ßipi^  (kurz),  -hodzibodzi  (derselbe),  -psa 
(neu),  -tete  (weich),  -wisi  (grün,  neu,  roh),  -ngapii  oder  -nyasVi  (wie 
viele?),   -zindji  (viel). 

Anmerkung,  -cena  (weiß),  psipa  (schwarz),  -fuira  (rot),  in  Tete  auch 
-inango  (24),  werden  mit  der  starken  und  der  schwachen  Form  gebraucht. 


(13)      Tabelle  II.    Beispiele  der  starken  Formen. 


Klasse 

Substantive 

Zahlwörter 

Starke  Adjektive 

^      1 

{l)u 

u-ta  (Bogen) 

Uta  u-bcdzi 

Uta  u-kuru 

ma 

ma-uta 

mauta  ma- tantatu 

mauta  ma-ngono 

"  ! 

((n)) 

dzi-so  (Auge) 

dziso  ri- hodzi 

dziso  ri-tari  (breit) 

f 

ma 

ma-so 

ma-so  ma-wiri 

ma-so  ma-fupi 

III  i 

mu 

mu-ti  (Baum) 

mu-ti  u-bodzi 

muti  u-bodzibodzi 

j 

mi 

mi-  ti 

mi-ti  mi- nomwe 

mi-ti  mi-psa 

IV 

c,  ci 

ci-nthu  (Sache) 

c-ara  (Finger)  ci- 
bodzi 

ci-nthu  ci-tete 

( 

bz,  bzi 

bzi-nihu 

hz-ara  bzi- xanu 

bzinthu  bzi-kari 

vi 

( 

VI 

{i)n,  {i)m 

{zi) 

{{mu)) 

n-gombe,  m-buzi 

(Ziege) 
{zi)ngombe,  {zi)mbuzi 

mu-ntku,  baba 

ngombe  i- bodzi 
ngombe  zi-nay 
mu-nthu  m -bodzi 

ngombe  i-muna 

(Ochs) 
ngombe  zi-kazi 

(Kühe) 
mu-nthu  mu- psipa 

wa 

wa-nthu,  wa-baba 

wa-nthu  wa- thatu 

wa-nthu  wa-kuru 

VII 
VIII 

pa 
mu 

pa  dzuru  (oben,  auf) 
mu  dzuru  (in  der 
Höhe) 

— 

IX 

ku 

ku  dzuru  (nach 
oben) 

— 

— 

M 

ka 

ka  mwana  (Kind- 
lein) 

ka- mwana  ka -bodzi 

ka- mwana  ka-cena 

f 

tu 

tu  -  wana 

tu -wana  tu-pfemba 

tu  -  wana  tu  -  zindji 

(14)  Anmei-kung.  1.  Jedes  Substantiv  hat  seine  bestimmte  Klasse, 
dagegen  die  erwähnten  Zahlwörter  und  starke  Adjektive  nehmen  das  stai^ke 
Piäfix  der  Klasse  an  ,  zu  der  ihr  Substantiv  gehört.  Dieselben  können  nicht  ver- 
bunden werden  mit  den  Präfixen  der  siebenten,  achten   und  neunten  Klasse.^ 


^    In  Sana  sind  diese  Ausdrücke  nicht  gebräuchlich. 

-    Einige  besondere  Ausdrücke  wie /mäoJ?«  (zusammen) ,  ki/horJzi.  (in  derselben 
Richtung)  und  panguno  (etwas)  bilden  eine  Ausnahme. 


38  V.  D.  INIohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu  -  Sprache  von  Tete. 

(15)  2.  In  bezug  auf  die  Bildung  der  letztgenannten  Namen  ist  zu 
bemerken: 

a)  In  der  sechsten  Klasse  wird  immer  m-hodzi  (st.  mu-hodzi),  in  der 
dritten  dagegen  u-hodzi  (st.  mu-hodzi)  gebraucht. 

b)  In  der  fünften  Klasse  fällt  das  n  weg,  z.  B.  nyomhe  i-muna  (st. 
i{n)-muna). 

3.  In  den  Bantu -Sprachen  gibt  es  keine  Ijesonderen  Geschlechts- 
formen. Um  den  Geschlechtsunterschied  hervorzuheben,  fügt  man  dem 
Substantiv  das  -inuna,  -Jcazi  (12)  hinzu,  so  z.B.  nyombe  i-muna  (der  Ochs), 
nyomhe  i-hazi  (die  Kuh).  Micamuna  und  mukazi  (Mann  und  Weib)  sind  Sub- 
stantive. 

Man  kann  auch  das  Männchen  dui'ch  muhono  ausdrücken,  z.B.  miiTcono 
ua  mhuzi  (der  Bock  =.  Männchen  der  Ziege). 

4.  Manche  starke  Adjektive  werden  in  der  vierten  und  sechsten 
Klasse  als  Substantive  gebraucht,  so  z.  B.  mu-Tcuru  (der  ältere  Bruder, 
Beamter),  mu-nyono  (der  jüngere  Bruder),  m.u-inanyo  (der  andere),  cihodzi- 
hodzi,  hzihodzihodzi  (dasselbe),  hzinanyo  (das  andere),  hza-pezi  (Unsinn)  usw. 


§  4.   Die  schwache  Form. 

(17)  Die  Eigenschaft  einer  Sache  kann  auf  doppelte  Weise  ausge- 
drückt werden:  entweder  durch  ein  Adjektiv  oder  durch  einen  Genitiv 
(Genitivus  possessivus).  So  z.  B.  können  wir  sagen:  der  königliche  Sohn 
oder  der  Sohn  des  Königs.  In  beiden  Fällen  sagen  wir,  daß  der  Sohn 
die  Eigenschaft  besitzt,  einen  König  zum  Vater  zu  haben. 

(18)  Die  kaffrische  Spi-ache  kennt  eigentlich  bloß  eine  grammatikalische 
Form,  um  diesen  Besitz  auszudrücken.  Sie  besteht  darin ,  daß  die  schwache 
Form  mit  der  possessiven  Partikel  a  und  dem  Worte  (Substantiv,  Adjektiv, 
Zeitwort  usw.)  verbunden  wird,  welches  die  Eigenschaft  ausdrückt.  So 
z.B.  mwana  ua  mamho  (Sohn  des  Königs),  mwana  ua-liucendjera  (ein  ge- 
wecktes Kind). 

(19)  Auf  diese  Weise  werden  gebildet: 

1.  Die  Formen,  die  dem  Genitivus  possessivus  entsprechen,  wo  also 
die  Eigenschaft  durch  ein  selbständig  gedachtes  Substantiv  ausgedrückt 
wird,  z.  B.  mwana  ua  mamho^ ,  mhuzi  ya  mamho  (die  Ziege  des  Königs), 
hwadwa  bwa  mamho  (das  Bier  des  Königs). 

2.  Die  eigentlichen  schwachen  Adjektive,  wie  -didi  (gut, 
recht),  -didisa  (sehr  gut),  -dzere  (links),  -Tcutu  (stark),  -pec«  (leer,  ohne  Wert). 

3.  Die  abgeleiteten  schwachen  Adjektive,  wo  die  Eigenschaft 
als  ein  Infinitiv,  ein  ganzer  Satz,  ein  als  Wurzel  gebrauchtes  Substantiv  er- 
scheint, z.B.  ma-rua  ya-kutapira  (süße  Blumen,  vom  Infinitiv  Jcutapira  süß 
sein),  mwana  ua  -  kucitankondo  (ein  streitsüchtiges  Kind,  von  kucita  nkondo 
Streit  machen),  nyama  ya-ntsundi  (ein  altes  Fleisch,  von  tsundi  Proviant). 


'    Der  Unrerscheiduiig   wegen   trennen  wir   in   diesem  Falle    die  Wurzel  vom 
Übrigen:  ua  inainho  (nicht  uamambo).     (Siehe  (5),  2.) 


V.  D.  Mohl:   Prakti.sflic  (Iraiiiiuatik  der  Bantu-Sprache  von  Tete.  39 

4.  Die  possessiven  Fürwörter.  Hier  wird  die  jeder  Person  ent- 
sprechende Wurzel  vermittels  des  possessiven  a  mit  der  schwachen  Form 
verbunden. 

Die  Wurzel  für  die  erste  Person  ist  im  Sing,  -ngu^,  im  Plur.  -tu 

»  ..  ..       »zweite      >>  »      »         -        -Jco,        •>        «       -nu 

»dritte       »  »      »         »        -ce ,         >•        »       -wo 


(20)     Tabelle  IIL    Beispiele  der  possessiven 

Formen. 

Klasse 

Geiiitivus  possessivus 

Schwache  Adjektive 

Possessive  Fürwörter 

bu 

Uta  bwa  {hu-a)mambo 

Uta  ua-didi 

Uta  bwa-ngu 

^ 

(y)« 

mauta  ya  {ya^a)mambo 

mauta  ya-didi 

mauta  ya-tu 

ri 

bira  r a  {ri-  a)mambo 

bira  ra-didi 

bira  ra-ko 

11 

(y)« 

mabira  ya  mambo 

mabira  ya-didisa 

mabira  ya-nu 

111 

(3/)« 

muti  ua{u-a)mambo 

muti  ua-didi 

muti  ua-ce 

{y)i 

miti  ya{y-a)mambo 

miti  ya-didi 

miti  ya-wo 

1 

ci 

cinthu  ca{c-a)mambo 

cinthu  ca-didi 

cinthu  ca-nyu 

IV 

hzi 

bzinthu  bza[bzi-a)- 
mambo 

bzinthu  bza-didi 

bzinthu  bza-tu 

V 

{yy 

nyonibe  ya{y-a)mambo 

nyombe  ya-didi 

ngombe  ya-ko 

zi 

nyombe  za{zi-a)'mambo 

ngombe  za-didi 

ngombe  za-nu 

-t 

{y> 

mwana  ua{u-a)mambo 

mwana  ua-didi 

mwana  ua-ce 

wa 

wana  w a{wa^a)mambo 

wana  wa-didi 

wana  wa-wo 

VII 

pa 

pa  njira  pa{pa^a)ku 
Nyunyive 

— 

pa  nyumba  pa-ngu 

Vlll 

mu 

mu  nyumba  mwa{mu-a) 

— 

mu  nyumha  mwa-ko 

IX 

ku 

Ifu  maso  Jcwa{ku-a) 
gegenüber 

hufamba  Tc wa-didi 
(gutes  Gehen) 

ku  nyumba  kwa-ce 

( 

Tca 

Tcamwana  1ca(K-a7a) 

kamwana  ka-didi 

ka- mwana  ka-ngti 

X    ' 

1 

gegenüber 

tu 

tuicana  twa(tu-a) 

tuwana  t wa-didi 

tu -wana  twa-ngu 

gegenüber 

(21)     Bei  der  Bildung  des  possessiven  Präfixes  ist  zu  bemerken: 

1.  Das  finale  i  des  schwachen  Präfixes  wird  elidiert,  z.  B.  ra{ri-a), 
bza{bzi-a).  Das  finale  a  des  schwachen  Präfixes  wird  zusammengezogen  in 
a,  z.  B.  wa{wa^a),  ka{ka^a).  Das  finale  u  des  schwachen  Präfixes  nach 
einem  Konsonanten  wird  zu  w,  z.B.  bwaibu-a),  mwa{mu-a). 

2.  Das  y  fällt  weg  vor  u  in  der  dritten  und  sechsten  Klasse,  z.  B.  ita{yu-a). 

3.  Die  Substantive  der  Familienbezeichnungen  wie  baba,  mama  {Mniier), 
m'  kazi  (Frau),  baya  (Mann),  mwana,  mwandza  (Verwandter,  Gefährte)  wer- 
den verbunden  mit  der  possessiven  Wurzel  wie  Babangu,  mamako,  bayace, 
mwandzatu  usw. 


^  In  Sena  ist  -nga.  Das  pi  der  vierten  und  zehnten  Klasse  ändert  i  in  y 
vor  a,  so  z.  B.  pi-nthu  pya  mu-nthu,  pinthu  pya-didi  (gute  Sachen),  pinthu  pya-tu 
(unsere  Sachen),  py-ana  pya  munthu  (die  Kinder  des  Menschen)  usw. 


40  V.  I).  Mohl:    Praktische  Graniinatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

§  5.    Die  demonstrativen  Neben-  und  Fürwörter. 

(22)  Durch  die  schwache  Foi'm  bilden  wir  auch  die  drei  Positionen 
der  demonstrativen  Adjektive  und  demonstrativen  Fürwörter.  Dieselben 
unterscheiden  sich  nach  der  Lage,  welche  der  betreffende  Gegenstand  zum 
Sprechenden  (erste  Person)  und  zum  Angesprochenen  (zweite  Person)  ein- 
nimmt.   Also : 

erste  Position  bei  der  ersten  Person  mit  zwei  Formen, 
zweite  Position  bei  der  zweiten  Person   mit   zwei  Formen, 
dritte   Position    w'eder  bei    der   ersten    noch    bei    der    zweiten 
Person:  eine  P^jm). 

Die  Foi'men  werden  folgendermaßen  gebildet: 

1.  In  der  ersten  Position  wird  die  erste  Form  durch  die 
schwache  Form  als  Suffix  gebildet:  uta-bu  (dieser  Bogen),  hzinthu-hzi  (diese 
Sachen).  Diese  Form  drückt  die  Andeutung  einer  Sache  im  allge- 
meinen aus,  ohne  zu  sagen,  wie  weit  sie  sich  vom  Sprechenden  be- 
findet.    Also  deutsch  dieser,  lateinisch  hie. 

2.  Die  zweite  Form  der  ersten  Position  wird  gebildet,  indem 
der  finale  VoUaut  des  Präfixes  demselben  vorausgesetzt  ist,  wobei  das 
Ganze  zu  einem  selbständigen  Wort '  wird,  z.  B.  u-hu,  i-ci,  i-ri,  a-Tca.  Ihre 
Bedeutung  ist  ganz  dieselbe  wie  die  der  vorhergehenden. 

3.  Die  dritte  Form  entsteht  durch  die  schwache  Form  und  die 
Pai'tikel  -no,  z.  B.  dza  hu-no  (komm  hier).  Sie  deutet  auf  eine  Sache, 
welche  unmittelbar  mit  dem  Sprechenden  zusammenhängt  und  sozusagen 
mit  der  Hand  gefaßt  werden  kann.     Also  deutsch   »dieser  hier«. 

4.  In  der  zweiten  Position  haben  wir  zwei  Formen,  welche  aus  den 
zwei  ersten  Formen  der  ersten  Position  gebildet  werden,  indem  man  die 
Endvokale  in  o  umwandelt.  Diese  beiden  Formen  ^  deuten  auf  einen  Gegen- 
stand, der  sich  in  der  Nähe  der  angesj)rochenen  Person  befindet  (latei- 
nisch istic),  z.B.  uta-bo  oder  uta  vbo. 

5.  Die  dritte  Position  entsteht  durch  die  schwache  Form  und  das 
Suffix  -re.  Sie  deutet  einen  entfernten  Gegenstand  au:  uta  bu-re  (jener 
Bogen,  lateinisch  ille  arcus). 


1  Diese  beiden  Formen  sind  eigentlich  besonders  der  Bedeutung  nacli  eine 
einzige  und  dieselbe  Form.  Sie  wird  einsilbig,  wenn  sie  als  Sulfix  mit  einem 
anderen  Wort  verbunden  ist,  und  zweisilbig,  wenn  sie  allein  dasteht.  Das  letzte 
ist  die  Anwendung  der  großen  Sprachenregel  der  Unter-Sambesi-Sprache, 
daß  nämlich  kein  selbständiges  Wort  einsilbig  sein  kann,  d.  h.  ein  Wort, 
welches  i'iu-  sich  eine  volle  Bedeutung  aufweist. 


V.  D.  MoHi.:    Praktisflie  Graiimiatik  der  Bantu- Sprache  von  Tet( 


41 


s     S    ^     S 


'S    >< 


•~      s     •<; 


■^   s   s 


'^    i^     s;. 


S       c 


^      >>      ^ 


•■C     S5     .S 


s^  4i 


I    i    I.  -^s   ^ 


C5        -S  C  "S 


^      ~o      i-O      ,^      ^ 


•?  i 


^     S     S 


1  i  a,  'S  ^  ^  I 


.5>i    .? 


s^  § 


=o      -v      VC      -c 


^  -^  J 

I     I     s 

fr  f  i 


S    ':S 


11 


S       ^5       -^ 


^   s   s   s 


g      5t 


§     a. 


^    In  den  Formen  mit  -)io  und  -re  wird  das  y  vov  u  mid  i  ausgelassen. 


42 


).  Mohl:    Praktische  Graiiimatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 


§  6.    Die  übrigen  pronominalen  Nebenwörter. 

(24)     Es  sind:  -ornwe  (derselbe,  welcher),  -okha  (allein,  selbst),  -entse 
{-ontse  alle,  ganz),  -inango  (andei'e),  -ponVi  (wer?,  welcher?). 

Sie  werden  gebildet  durch  die  schwache  Form  und  die  Wurzel. 


y^ 


><  5  - 


'•  ^ 


a     j. 

S     S 


1  ^ 


S      5      s      o 

I  i  i  i 


3   I  I   S 


s  § 


5  a 

i    I 


i  l 


$:  ^  g 


11 


1^  r 


-5  g 


§  'S 


I  r  r  i  1  !.  1. 


S      S      s 


tili 

s.  i.  I   i. 


^      9 


1      S 


^  ^  I  J 


■a-  'S- 


f^- 


«■.         '-o        «. 


1  Ene  ist  in  der  Regel  in  Sena  allein  gehräuchlich  und  tritt  an  Stelle  des 
-omwe  von  Tete,  z.  B.  uta  bomwe-hu  (Tete)  und  uta  wene-yu  (Sena).  In  Sena 
wird  nicht  -poni?,  sondern  -pi?  gebraucht. 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Baiitu- Sprache  von  Tete. 


43 


(25)  Anmerkung.  1.  Bei  der  Bildung  dieser  Formen  gelten  die  oben 
(21)  angeführten  Regeln.  Außerdem  ist  zu  beachten,  daß  a  und  «  in  o  auf- 
gehen; das  y  von  yu  fällt  dabei  weg. 

a  wird  mit  e  und  mit  i  zu  e. 

Ausnahme  bilden :  sechste  Klasse  Sing,  ekha  (niclit  okhd) ;  sechste  Klasse 
Plur.  winango  (ach  wanango) ;  siebente  Klasse  panango  (nicht  penango).  Man 
kann  bwinango  und  hunango  ebensogut  sagen. 

2.  omwe  wird  oft  mit  irgendwelcher  demonstrativer  Position  gebraucht^ 
um  diese  mit  Nachdruck  zu  bezeichnen :  hzinthu  hzornwe-hzi,  hzinthu  hzomwe 
1)zino  (diese  Sachen). 

3.  oMa  {elchay  wird  öfters  des  Nachdrucks  wegen  verdoppelt,  z.  B. 
munihu  ekliaekha\  ndzou  zokhazoTiha.  Das  persönliche  eliha  wird  mit  den 
persönlichen  schwachen  Fürwörtern  (31)  der  ersten  und  zweiten  Person 
verbunden,  so  z.B.  ndekJia  (ich  selbst,  ich  allein),  weÄra  (du  allein),  tekha 
(wir  allein)  und  mwekha  (ihr  allein).  Ebenso  sagt  man  tentse  (wir  alle)  und 
mwentse  (ihr  alle). 

4.  Das  -entse"^  wird  manchmal  mit  -erie  verbunden.  So  haben  wir  entse- 
ene,  centsene  usw.  Das  -ene  allein  wird  nur  in  einzelnen  Ausdrücken  gebraucht. 
So  sagt  man  ene-yu  (derselbe  Mensch),  ceneco  (dasselbe),  mwene  (Herr),  7nwe- 
neciro  {mwenekaciro  der  Eigentümer),  kwene(\iQ\),  kwenekwene  (sehr  viel).^ 


§  7.    Die  persönlichen  starken  Fürwörter. 

Wir  unterscheiden  zwei  Arten  von  persönlichen  Fürwörtern:  die 
starken  und  die  schwachen.  Die  ersten  stehen  allein  und  entsprechen 
dem  französischen  moi,  toi,  lui;  die  letzten  werden  immer  mit  dem  Zeitworte 
verbunden  und    entsprechen  dem  je,  tu,   iL     Die   starken    Fürwörter   sind: 


(27) 


Tabelle  VI. 


Erste  Person 

Zweite  Person 

Dritte  Person 

Sing,  ine  (ich) 
Plur.  ife  (wir) 

iwe  (du) 
imwe  (ihr) 

iye  (er) 
iwo  (sie) 

1  Das  okha  wird  in  Sena  in  der  Regel  entweder  verdoppelt  oder  mit  ene  ver- 
bunden ,  z.  B.  niunthu  eichene. 

^    In  Sena  gebraucht  man  -ontse,  -ontsene. 

2  Bei  der  Bildung  des  -ene  ist  zu  bemerken,  daß  a  mit  e  in  den  Substantiven 
Klassen  (I — VI  und  X)  nicht  zusammenfließen,  z.  B.  maso  ya-ene,  wanthu  waene. 
Im  Sing,  der  sechsten  Klasse  sagt  man  ene  (nicht  uene).  Im  Fall ,  wo  das  -ontfie  mit  ene 
verbunden  wird ,  hat  man  in  Sena  zwei  Formen ,  z.  B.  nyati  zentsene  oder  nyati  zentse 
zene,  pinthu  pyontsene  oder  pinthu  pyont-ie  pyene.  Diese  zweite  Form  ist  liloß  ge- 
stattet, wo  die  schwache  Form  mit  einem  Konsonanten  anfängt.  —  Anstatt  -inango 
sagt  man  in  Sena  auch  -ina. 


44  V.  D.  MoHi.:    Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

Das  iye  und  iwo  der  dritten  Person  gilt  bloß  für  die  sechste  Klasse.  Für 
die  übrigen  Klassen  werden  die  persönlichen  Fürwörter  gebildet  aus  der 
schwachen  Form,  indem  man  ihr  ein  i  vorausschickt  und  mit  einem  o 
schheßt;  also: 


Tabelle  VIT. 


Klasse 

Sing. 

Plur. 

Klasse 

Sing. 

Flur. 

I 

iico  {i-u-o) 

iyo  {i-y-o) 

VI 

iye 

i'""'ili 

11 

iro  {i-r-ö) 

iyo 

VII 

ipo 

III 
IV 

iwo  {i-yu-o) 
ico 

iyo 
ihzo 

VllI 
IX 

imo 
iko 

gelte 
Rege 
(25) 

V 

iyo  (i-y-o) 

izo 

X 

iko 

^•to!^| 

(28)  Die  starken  Fürwörter  werden  gebraucht: 

a)  Als  Subjekt  pleonastisch ,  z,  B.  ndiwo  muti,  udaona  iwe  (da  ist  der 
Baum,  welchen  du  gesehen)  (194). 

b)  Mit  gewisser  Emphase,  z.  B.  ine  ndawanga,  uafewa  iwe. 

c)  Diese  wird  noch  intensiver,  wenn  ni  (sein)  hinzugefügt  ist,  z.  B. 
pita   uku  ndiwe  (geh  du  mal  hier  hinein). 

(29)  Mit  diesen  Fürwörtern  werden  verbunden: 

1.  Die  Partikeln  ndi-  (sein,  etre,  esse)  und  si-  (nicht),  z.  B.  ndine 
[nd-ine  ich  bin  es),  ndiwe,  ndife,  ndico,  ndizo  usw.  si- ndine  \  sindiwe 
sindife,  sindizo,  sindiwo  usw. 

2.  Die  Verbindungspartikel  na-  (mit)  (161).  In  diesem  F'all  wird 
das  i  ausgelassen,  z.  B.  na-mwe  (mit   euch),  naye,  nawo,  jiaco,    nabzo   usw. 

Nur  in  der  ersten  Person  sagt  man  naine,  nai/e. 

(30)  -we  {iwc)'^  und  mwe  (imwe)  werden  als  Endpartikeln  mit  dem 
Namen  verbunden  und  bilden  die  Vokativ  form,  z.  B.  Peduru-wef  (Peter!), 
wana  -  mwe  !  ( Kinder !) . 

Ebenso  wei-den  die  lokativen  Fürwörter  -po,  -mo,  -ko  gebraucht, 
z.  B.  ndatira-mo  (ich  habe  dort  gelegt). 


1    In  Sena  sagt  man  sine  (s-ine),  -sife,  .siwe,  .sihzo ,  slzo. 

'^  In  Sena  wird  die  verkürzte  I'^orm  aller  starken  Fürwörter  gebraucht 
als  Suffix,  wenn  danach  ein  relativer  Satz  folgt,  dessen  Subjekt  Objekt  in  dem 
Hauptsatze  ist.  In  diesem  Fall  wird  der  relative  Satz  mit  dem  vorhergehenden  Sub- 
jekt verbunden,  so  daß  dieses  hinter  dem  Zeitworte  als  Suffix  angeheftet  ist:  -ye, 
-CO,  pyo  usw.  Dies  gilt  für  die  dritte  Person.  In  der  ersten  und  zweiten  wird  die 
volle  Form  gebraucht,  z.  B.  wadadza  na  inbuzi ,  zidagura-wo  (sie  kamen  mit  den 
Ziegen,  welche  sie  (die  Leute]  gekauft  haben);  ndipase  cuma  cangu,  cidagwata  iwe 
(gib  mir  die  Ware,  welche  du  genommen  hast);  mwanako ,  adapha  ine  (dein 
Sohn,  den  ich  ermordete);  nguo  yanga,  inafuna  iye  (mein  Kleid,  das  er  wünscht); 
aona  pinadye-ye  (er  sah  [Sachen],  die  er  essen  [konnte]). 


V.  D.  Mohl:    PraktLscho  Graininatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 


45 


§  8.    Die  persönlichen  schwachen  Fürwörter. 

(31)    Sie   können  als  Subjekt   oder   als    Objekt   vorkommen.      Als 
Subjekt  werden  gebraucht: 

Tabelle  VIII. 


Person 

Sing. 

Plur. 

Erste  .  .  . 
Zweite  .  . 
Dritte.  .  . 

ndi  {nd"  ich) 
u  (du) 

ti  (wii-) 
mu  (ihr) 

Die    der  Klasse 
entsprechende 

des  Sul)jektes 
scliwache  B'orm 

(32)  Dabei  ist  zu  bemei'ken : 

1.  In  der  sechsten  Klasse  Sing-,  kommt  vor  einen  Vokal  ein  u  und 
vor  einen  Konsonanten  ein  a,  z.  B.  ii/e  a-nikhara  (er  sitzt),  iye  u-akhara 
(er  saß). 

(33)  2.  Wo  dem  schwachen  F'ürvvorte  ein  Vokal  folot.  da  sind  die 
Kontraktionsregeln  von  oben  (21)  anzuwenden,  z.B.  bz-akhara.  Statt  ndi 
wii'd  hier  und  da  die  verkürzte  Form  nd^  oder  selbst  n'  gebraucht,  z.  B. 
nkhadamuuza  (ich  habe  es  ihm  gesagt). 

(34)  Das  als  Subjekt  gebrauchte  Fürwort  steht  immer  vor  allen 
andei'en  Präfixen,  z.B.  ndikhadamunza  (ich  hatte  es  ihm  gesagt). 


(3a) 


Tabelle  IX.    Präsens  und  Pei-fektum. 


Klasse 

Präsens 

Perfektum 

Sing. 

Plur. 

Sing. 

Plur. 

Erste  .  . 

ndinikhara  ^ 

ti-ni-khara 

nd-a-khara 

tw-a-khara 

Zweite. 

u-ni-khara 

mu-nikhara 

u-a-khara 

mw  -a-  khara 

I 

hu-ni-khara 

{y)a-ni-khara 

bwakhara 

y-a-khara 

11 

rinikhara 

(y]anikhara 

rakhara 

yakhara 

III 

unikhara 

{y)mikhara 

uakhara 

yakhara 

IV 

cinikkara 

hzinikhara 

cakhara 

bzakhara 

Di-itte  ' 

V 
VI 

inikhara 
anikhara 

zmikhara 
{w)anikhara 

y- akhara 
uakhara 

za khara 
w- akhara 

VII 

panikhara 

— 

pakhara 

— 

VIII 

munikhara 

— 

mwakhara 

— 

IX 

kunikliara 

— 

kwakhara 

— 

X 

kanikhara 

tunikhara 

kakhara 

twakhara 

1  Das  Piäsens  wird  gebildet,  indem  man  zwischen  das 
und  die  Wurzel  {-khara  sitzen,  sein)  die  Partikel  -ni-  (in  Sena 
Im  Perfektum  tritt  statt  -ni-  die  Partikel  -a-  ein. 


■,hwache    Kürwort 
a-)   hineinschiebt. 


46 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu  -  Sprache  von  Tete. 


§  9.   Die  objektiven  persönlichen  schwachen  Fürwörter. 
(36)     Als  Objekt  werden  bei  den  transitiven  Zeitwörtern  folgende  Für- 
wörter gebraucht: 

Tabelle  X. 


Person 


Sing. 


Plur. 


für  die  erste  .  , 

zweite , 

»     dritte  , 


ndi  (mich)  ti  (uns) 

ku  (dich)  I  ku...ni  (euch) 

mu   (ihn)    Sing,    der    sechsten, 

sonst    das    schwache    Präfix 

der   entsprechenden    Klasse. 

Das   reflexive  Fürwort  ist  dzi, 

z.  B.  adzipha  (er  tötete  sich). 

(37)  Dabei  ist  zu  bemerken : 
1.    Das  Fürwort   als  Objekt  wird  eingeschaltet    zwischen  die  Wurzel 

ihrigen  Präfixe. 

Das  (ij)  vor  u  und  i  wird  ausgelassen. 

\'on  den  lokativen  Präfixen  wiid  bloß  pa  gebraucht. 

Das  mu  der  dritten  Pei-.son  wird  oft  abgekürzt  in  m 
m-menya  (ich  schlug  ihn). 

5.    Auf   dieselbe   Weise    wird    der 
bunden,  ku-mu-ona  (ihn  sehen). 

(38)  Tabelle  XI. 


und  die 
2. 
3. 
4. 


lnfiniti\ 


z.  B.  ndida- 


lit  seinem    Objekt    V( 


Person 

Klasse 

Sing. 

Plur. 

Erste  . . 

muni-ndi-ona 

muni-ti-ona 

Zweite. 

ndini-ku-ona 

ndini-ku-ona-ni 

1 

I 

ndini-hu-ona 

ndini-ya-ona 

11 

ndini-ri-ona 

ndini-ya-ana 

111 

ndini-u-ona 

ndini-i-ona 

Dritte  ( 

IV 
V 

ndini-ci-ona 
ndini-i-ona 

ndini-bzi-ona 
ndini-zi-ona 

VI 

ndini-mu^-ona 

ndini-wa-ona 

VII 

ndini-pa-ona 

— 

1 

X 

ndini-ka-ona 

ndini-tu-ona 

§  10.   Die  übrigen  Fürwörter. 
(39)     Wir  haben  schon  die  demonstrativen  und  pos.sessiven  Fürwörter 
kennen  gelernt  (19,  20,  22).    Es  ist  bloß  zu  bemerken,  daß  bei  den  demon- 


^  Nicht  zu  verwechsehi  das  mu  (in  ihn)  mit  der  starken  B'orm  des  Präfixes 
in  der  dritten  und  sechsten  Klasse,  —  mit  der  starken  und  schwachen  Form  der  achten 
Klasse,  —  mit  dem  subjektiven  schwachen  Fürwort  der  zweiten  Person  Plur. 


V.  D.  Mohl:   Pj'iiktischp  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  47 

strativen    nur    die   selbständigen  Formen    als  Fürwörter   gebraucht   werden, 
also  nicht  die  ersten  Formen  der  ersten  und  zweiten  Position. 

(40)  Die  Fragewörter  sind: 

mbani  {ni-yani^  wer?),  wani'?  (Plur.  wer?),  z.  B.  mhani  uarira't  wani 
warira?  (wer  hat  geschrien?). 

ninyi?^  (ni-ni/i?  was?  als  Subjekt),  nirii/i  bzacita?  (was  hat  es  getan?). 

yani?^  wani?  (Plur.  wen?),  uace?nera  yani?  (wen  hat  er  gerufen?), 
uacemera  wani?  (wen?  d.h.  mehrere). 

-nyi?^  (was?  als  Objekt),  nacita-nyi?  (was  hat  er  getan?). 

-anyi?  (was  für  einer?,  wessen?,  welcher?);  es  wird  gebildet  durch 
das  schwache  Präfix  und  anyi,  z.  B.  nyatua  zanyi?  {zi-a-nyi?)  (wessen 
Sünden?),  miti  yanyil  (welche  Bäume?). 

ngana  (fünfte  Klasse :  jemand) ,  Substantiv,  entspricht  dem  unlie- 
stimmten  Für  wort  e. 

(41)  Zu  bemerken  sind  folgende  adjektivische  oderfürwortlicheFormen, 
die  als  Adverbien  oder  andere  Redensarten  gebraucht  werden:  pano,  kuno, 
muno  (hier  je  nach  der  Lage:  oben,  darin  oder  nach),  pace  oder  pacepace^ 
(beiseite,  z.  B.  legen),  cace  cace  (vierte  Klasse  [jeder]  das  Seinige),  pace 
paponif*  (wann  eigentlich?),  pabodzi  (zusammen),  panyono  (etwas),  knbodzi 
(in  derselben  Richtung),  kuponii^  (wo?),  paponi?^  (woher?),  tenepa  (so  wie 
[ich  maclie]),  tenepo  (so  wie  [du]),  tenepare  (so  wie  [er]),  hzadidi  (gut),  bzangu 
(meine  Sachen),  bzako  (deine),  bzakudya  (Nahrung),  bzakumwa  (Getränk), 
s.  21,  2.  Note  und  71,  bzomwe?  (wie?),  nanyi?  (warum?),  kwatu  (« unser« 
emphatisch,  eigentlich   »mein  Zimmer",   »meine  Wohnung"). 

§  11.     Die  Zeitwörter  „sein"  und  „haben",  Kopula  ni(ndi). 

(42)  Im  Kaffrischen  gibt  es  kein  Zeitwort,  was  unser-em  »sein-  in 
allen  seinen  Formen  entsprechen  möchte.  Dagegen  werden  mehrere  Wörter 
dazu  gebraucht,  wie  ndi-{ni),  -ri,  kukhara  (eigentlich  sitzen),  seltener 
-tani  und  kuwa. 

Im  einzelnen  ist  zu  bemerken: 

(43)  ndi-{ni)  vj'itA  als  Kopula  gebraucht,  d.  h.  nicht  um  das  «sein« 
im  Sinne  der  Existenz  auszudrücken,  sondern  bloß  um  das  Subjekt  mit 
seinem  Prädikat  zu  verbinden,  ndiyembani?  (wer  ist  er?),  ni  (oderndiye) 
mbari  ua  mdzakazi  (Sklave),    munthu  uyu  ngadidi  (dieser  Mensch  ist  gut). 

Deshalb  wird  ndi-  variable  Kopula  genannt,  weil  es  nach  den 
einzelnen  Klassen  verschieden  ist  und  dann  verschieden  mit  einem  Sub- 
stantiv als  mit  einem  Adjektiv,  verschieden  mit  einem  schwachen  als  einem 
starken  Adjektiv  oder  einem  Fürwort  sich  verbindet. 


1  In  Sena  haben  wir  -njl?  unacita-nji?    (was  hast  du  getan?),    ?nnji  hzacita'. 
(was  hat  es  getan?).     In  Miruru  sagen  viele  cinyi? 

2  In  Miruru  wird  statt  yani?  auch  -wani?  im  Singular  gehraucht. 

*  Sena  pace  pene. 

*  Sena  pace  papi? 

^    Sena  kupi?  papi?  (z.  B.  viwana  ari  kiipi?  wo  ist  das  Kind?). 


48  V.  D.  Mohl:   Praktisclie  Graniniatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 


X  -;=< 


I    1    I 


s    s    s    s 


a    s    g    a 


i  i.  ^  ^ 


r  §         t     " 


^il    I    I    I 


1-     ^ 


s    s    s 
^  3-  S- 


s  o  s    s    s    s    s 
a.  g.  5-  a.  g.  s,  a, 

a    |_^  ^    =    c    I    o 


s    s 


8      S      S 


i?rrti 


^  g  ^. 


MM 


I  I  I    I 


I  ¥  r  r  4:  ri  r  r  r  ^  i- 


^  ^ 


^   I    1 


s    s    s    s    §    §    s 

«  1^  1^  I  r  "^  i 

ö    a    "^ 


^.   §    g  ^. 


a    •?- 

a 


?Q  'c    a.  ^ 


ö    ~    a    »-  a    r 


MM 


s    s    §    s    s 

i  I  s  ?  - 


S:-  Ä  A,  ''^   a.  5- 


S^  B^ 


-S    S 


Hl  ' 


>.  a 


s  «a.  s 


I    1    I 


V.  D.  Moul:    Praktische  Granmiatik  der  Bantii- Sprache  von  Tete.  49 

Hier  ist  zu  bemerken: 

(45)  1.  Das  ni{ndi)  wird  bei  den  Substantiven  gewöhnlich  ausge- 
lassen. Es  wird  gebraucht,  wo  es  sich  um  Nachdruck  handelt.  Manchmal 
wird  es  selbst  mit  der  einfachen  variablen  Kopula  verbunden. 

2.  Ebenso  wird  bei  den  starken  Adjektiven  die  Kopula  öfters  ausge- 
lassen,  z.  B.  [ni^mukuru  (seltener  ngakimi),  wakuru  (seltener  mhakuru). 

(46)  3.  Die  possessive  variable  Kopula  bekommen  alle  posses- 
siven Formen  (20)^;  dagegen  mit  der  einfachen  werden  alle  übrigen 
pronominalen  Formen  (§  5,  6,  10)^  verbunden.  Dabei  ist  nicht  zu  vergessen, 
dai3  die  variable  Kopula  die  schwache  Form  schon  in  sich  trägt,  weshalb 
sich  diese  nicht  wiederholen  soll,  z.  B.  mbzibzi  {mhs-ibzi) ,  mhzino  (mbzi-bzino), 
mbzomwe  {mbzi - omwe) ,  mbadidi  (mba-didi).  Die  verschiedenen  Variationen 
der  Kopula  kommen  daher,  daß  die  entsprechende  schwache  Form  mit  7ii- 
verbunden  wird,  wie  mbu  (ni-bu),  nga  {ni-a),  nyu  {ni-yu),  nji  {ni-yi) 
usw.  Die  possessive  variable  Kopula  bekommt  noch  das  possessive  a, 
wie  mha  (mba-a),  mbwa  {mbu-a),  ngwa  {ngu-a)  usw. 

4.  Ebenso  wird  die  Verbiiidungspartikel  -na  mit  der  einfachen 
variablen  Kopula  verbunden  und  bedeutet  «haben«,  z.  B.  mwadia  uangu  ngu- 
na  madindi  (28)  mein  Boot  ist  durchlöchert  (hat  Löcher). 

§  12.   Fortsetzung.   Die  Verba  -ri,  -tani,  kuwa. 

(47)  Das  unregelmäßige  Zeitwoi-t  -ri  (süß)  wird  nur  im  Präsens  und 
Impei'fektiun'  gebi-aucht : 

Präsens:  ndiri,  uri,  ari,  buri,  riri,  ein,  tiri,  muri,  {w)ari,  yari,  yari, 
tri,  ciri  usw. 

Imperfektum:  ndikhari,  ukhari,  akhari,  bukhari,  rikhari,  tikhari, 
mukhari,  {w)akhari.  yakhari  usw. 

(48)  -ri  wird  gebrauclit: 

1.  Vor  den  lokativen  Ausdriicken  im'l  den  Iiifiiiiti\en ,  z.B.  ari  pano 
(er  ist  da),  ari  rnnyumba  (er  ist  zu  Hause),  ari  kudza  oder  ari  m{u)kudza 
(er  kommt  =  er  ist  im  Kommen). 

2.  \'or  den  foiinlosen  Ausdiücken  (164),  z.  B.  uri  pi  (du  bist 
sclunut/ig). 

3.  In  Tete  wii'd  -ri  manchmal  in  der  Bedeutung  von  -existieren'-  ge- 
brauclit. z.  B.  ndine  ari  oder  ndine  ndiri  oder  udine  omwe  ari  (ich  bin.  dei- 
ich  bin);   omice  ari,  nanditvma  (der  ist.   hat   mich   geschickt). 

4.  ri  verbunden  mit  na  bildet  »haben-,  z.B.  ndikhari  na  cisu  (icli 
hatte  ein   Messei-). 

Anmerkung.  Im  Piäsens  wird  imuiei-,  im  Iinpeifektinn  oft  das 
-ri  ausgelassen,  so  daß  wir  haben  ndina,  una,  tina.  mirna,  orna.  huna.  rina 
usw.;    ndikhana.    ukhana,    akhana    usw.      Diese    Foiin    von    ..haben"    ist    die 


'    Zu  den  |)0.sspssiv.ii   Fiiriiieii   gehört   -a-niji?   ..wehlier?-    (4'')- 
^    I)  izu  gehören  auch  die  starken  Zahlwiirter  (11).  z.  H.  iiifxx- in'ri. 
3    Das  Zeichen   des  hnperfekruiiis   ist   k/iu,  z.B.  ndikhuldtnra .   ukh'ikh'iru  iisvv. 
Mitt  <1  Sem  f.  Orient.  Sprachen.   1901.  111.  .\bt.  4 


50 


V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Baiitii  -  Sprache  von  Tete. 


gewöhnliche;    wer    mit    großem  Nachdruck    sprechen    will,    gebraucht  die 
Form  mit  ndi  (46). 

5.  ri  mit  he  bedeutet  »nicht  haben«;  ndiribe,  uribe,  tiribe,  muribe, 
burihe,  {y)arihe ,  riribe,  (y)aribe  usw.     Hier  hat  man  nur  eine  Zeitform.^ 

(49)  Jcu-tani  (auf  gewisse  Weise  sein).  Nur  Präsens,  Perfektum  {-tene) 
und  Infinitiv.  In  der  Regel  gebraucht  man  dieses  Zeitwort  nicht,  nur  in 
besonderen  Wendungen,  z.B.  unibzi-tanif  (wie  machst  du  das?),  ahutani'i  (wie 
ist  es  mit  dir!'),   ndikhatene  pano  (ich  bin  hier  in  dieser  Stellung  gewesen). 

Itutanil  (wie?  40,  153)  wird  adverbial  gebraucht. 

(50)  Das  sonst  regelmäßige  Verbum  'kuwa  kommt  nur  in  einzelnen 
Wendungen  und  Ausdrücken  vor,  z.  B.  kima  m/umu  (ein  Vorgesetzter  sein), 
kuwa  na  iitenda  (reich  sein),  padawa  {pakhana  es  war  einmal).  So  fangen 
gewöhnlich  die  kaffrischen  Fabeln  an.  —  ndawa  (hier!  adsum!  nddo  scheint 
eine  Modifikation  davon  zu  sein). 

(51)        Tabelle  XIII.    Übersicht  über   »sein  •    und    »haben«. 


Sein 


Nicht  sein 


Haben 


Nicht  haben 


1.  Wenn  es  als  Kopula 
vorkommt,  d.h.  bloß  das 
Sulyekt  mit  dem  Prädikat 
(Substantiv,  Adjektiv,  Zahl- 
oder Fürwort)  verbindet, 
wird  ni(ndi)  angewendet, 
z.  B.  om7ce  uacita  ibzi  ni 
munthu-yu;  mbadidi  imwe; 
hvo  mbathatu;    iwo  mbokha. 

2.  Wenn  es  die  An- 
wesenheit in  einem 
Ort  bedeutet ,  gebraucht 
man  »i,  z.  B.  ndikhari  mu 
nyumba  oder  {ri)na  in  lo- 
kativer Foim,  z.  B.  mu 
nyumba  munn  ine. 

Anmerkung.  Man  hat 
die  letzte  Form  lieber  in 
der  dritten,  die  erste  bei  der 
ersten  und  zweiten  Person ; 
muna-nyi  umo  ?  (was  ist  da  ?). 


1.  Dem  ent- 
spricht ««-(28,145) 
und  -rihe  kukhara, 
z.  B.  iwo  aribe  ku- 
khara okJia. 


2.  Dem  ent- 
sprechen paribe, 
nnirihe,  kuribe,  z.  B. 

mnyumba  muribe 
wantJiu ;  pakharibe 
bzakudya  (es  fehlte 
Nahrung). 


1 .  Gewöhnlich 
wird  die  Form 
-(ii)nu  gebraucht, 
z.  I).  nditia  larandja 
(ich  habe  eine 
Orange);  wakhana 
ndarama  (sie  hat- 
ten Gold). 

2.  In  manchen 
Ausdrücken:  kti- 
khara  na  (oder  Ä'm- 
wu  na),  z.  B.  uni- 
khara  na  ndzeru  (er 
hat  A'erstand) ;  uni- 
khara  na  ntmsi  (du 
hast  Mitleid);  mu- 
niwa  na  utenda  (ihr 
habt  Geld).  (Vgl. 
48,  4.) 


1.  Gewöhnlicli 
kommt  die  Fora 
-rihe  vor,  z.  B.  «///• 
rihe  cisawi  {ic\\  habe 
keine  Zuspeise) 
tikharihe  nyunibt 
(wir  hatten  keii 
Haus). 

2.  Audi  hiei 
kommt  -rihe  vor 
z.  B.  aribe  ndzern 
aribe  ntsizi. 


1  In  Sena  wird  vi  noch  in  der  Bedeutung  von  «haben»  gebraucht,  und  zwar 
ohne  na,  aber  bloß  in  Verbindung  mit  den  lokativen  Partikeln,  z.  B.  mnyumha 
muH  (2  e)  cinyama  (oder  muna  cinyama) ,  pant-n  pali  inarua  (es  sind  Blumen  auf 
der  Erde).  Man  sagt  auch  ndoko  kuli  Peduru  (geh  zu  Peter),  khara  pali  Perluru 
(setz'  dich  zu  Peter).  In  Tete  kann  man  bloi?i  kuna  Peduru  und  pana  Peduru  sagen. 
Anstatt  ndiribe,  muribe,  bziribe  usw.  kommt  in  Sena  eine  andere  Form  allein  vor: 
mukhabi  (m'khabi  es  fehlt). 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grnimiiatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 


51 


Sein 

Nicht  sein 

Haben 

Nicht  haben 

3.    Wenn    es    die  Exi- 

3.     Dem     ent- 

3.      Manchmal 

stenz,  Werden  und  Auf-  1 

spricht    aribe    ku- 

kann   man    kusaya 

enthalt  bedeutet,  kommt  l 

khara      oder     ku- 

(entbehren) gebrau- 

ktikhara vor,  z.B.  llicrtingu  \ 

saija  (148)  kukha- 

chen,    z.  B.    mimi- 

anikhara  ntsiku  zentse  (Gott    1 

ra,     z.  B.     munthu 

saya  munyui   (habt 

ist  ewig);  adayenda  mihen-  ) 

aribe  kukhara  ntsiku 

ihr     kein     Salz?); 

go,  acikhara  momioe-mo  (er 

zentse  (der  Mensch 

tasaya    (wir   haben 

ging  in  den  Wald  und  blieb   , 

ist  nicht  ewig). 

kein  Salz), 

dort).                                           / 

A  n  m  e  r  k  u  n  g.    In  Tete  f 

heißt    -ri    auch    existieren  \ 

(48,  3). 

Die  zehn  Klassen  im  einzelnen. 


§  13.    Die  erste  Klasse  mu-wa. 

(.52)  Wer  die  Bantu -Sprachen  eingehend  studiert  hat,  der  muß 
staunen  über  die  Einfachheit  und  Konsequenz,  welche  in  ihren  grammati- 
schen Formen  herrscht.  Besonders  fällt  dies  auf  in  der  Klassenbildung. 
Daß  dieses  Substantiv  z.  B.  zur  zweiten ,  das  andere  aber  zur  vierten  Klasse 
gehört,  ist  nicht  Zufall,  sondern  es  ist  die  Anwendung  einer  Regel,  ver- 
möge welcher  dieses  Wesen  in  eine  andere  Kategorie  gehört  als  das 
andere.  Wie  könnte  man  sonst  den  Unterschied  erklären  z.  B.  zwischen 
ci-nthu,  nni-nthii,  ka-nthu,  oder  zwischen  mu-biri  (der  Stolze)  und 
m-biri  (Ehre).  Die  Wurzel  bleibt  dieselbe,  da  sie  einen  unbestimmten 
Begriff  darstellt,  und  wird  bestimmt,  fixiert,  ergänzt  erst  durch  das  Zeichen 
der  entsprechenden  Klasse:  ci,  mu,  ka,  rn  .  Die  Folge  davon  ist, 
daß  dieses  Zeichen  auch  eine  unbestimmte  Idee  vorstellt.  Diese  Idee  ist 
aber  nichts  anderes  als  ein  allgemeines  Merkmal,  welches  in  dem  der  ent- 
sprechenden Klasse  gehörenden  Wesen  im  großen  und  ganzen  gefunden 
werden  kann. 

Was  für  Ideen  sind  das?  Oder  welchen  Regeln  wird  die  Einteilung 
der  Hauptwörter  in  einzelne  Klassen  unterworfen?  Hier  fängt  die  Schwierig- 
keit an,  und  wir  betreten  das  Land  der  Hypothesen. 

In  der  Sprachkunde  ist  das  allerdings  eine  imbekannte  Aufgabe,  denn 
solches  Problem  setzt  ja  die  Annahme  einer  künstlichen,  aprioristi- 
schen  Bildung  der  Bantu -Sprachen  voraus;  solches  aber  ist  bei  allen 
übrigen  Sprachen  unbekannt.  Im  Gegenteil,  der  Erfahrung  gemäß  kann 
man  bei  ihnen  alles  eher  als  eine  Konstruktion  a  priori  annehmen.  Und 
doch  ist  man  gezwungen  durch  die  Tatsache,  dies  bei  den  Bantu- 
Sprachen  anzunehmen.  In  seinem  bahnbrechenden  Werke,  »  Comparative 
Grammar   of  the  South-Africa   Bantu  Languages»    hat  P.  Torrend 

4* 


52  V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bantu  -  Sprache  von  Tete. 

dies  nachgewiesen  und  eine  Lösung  des  Problems  versucht.  Es  ging  aber 
nicht  leicht.  Worauf  diese  Klassenbildung  nicht  basieren  kann,  das 
konnte  leicht  festgestellt  werden.  So  z.  B.  konnte  sie  nicht  von  dem  Unter- 
schied der  Geschlechter  abgeleitet  werden,  nicht  von  dem  Unterschied  der 
leblosen  und  lebendigen  Dinge,  nicht  von  ihrer  natiirlichen  Größe  und  Ge- 
stalt, weil  der  Kaffer  keinen  Geschlechtsunterschied  kennt  (16),  und  in  die- 
selbe Klasse  kommen  sowohl  lebende  wie  leblose,  kleine  wie  große  Dinge. 
Dazu  kommen  die  einzig  und  allein  in  der  Sprachenwelt  stehenden  Lokativ - 
klassen.  Warum  auch  nicht  Zeit-  oder  Modalklassen?  Warum  keine 
»  unter-Klasse« ,  bloß  die  auf-,  in-  und  zu-Klasse? 

(53)  Seit  der  Ausgabe  seines  berühmten  Werkes  hat  sich  P.  Torrend 
mit  dieser  Frage  ernst  beschäftigt,  und  so  fiel  ihm  im  Jahre  1901  eine 
neue  Hypothese  ein,  welche  ein  merkwürdiges  Licht  in  das  Problem 
bringt  und  nicht  bloß  mehr  als  irgendeine  andei'e  begründet  erscheint,  sondern 
auch  pädagogisch  und  praktisch  ist,  indem  sie  hilft,  sich  im  Klassensystem 
zu  orientieren. 

Deshalb  halten  wir  uns  an  diese  Hypothese  und  ohne  auf  ihre  inneren 
Gründe  einzugehen  und  ihren  meritorischen  Wert  zu  prüfen,  werden  wir 
nur  einen  allgemeinen  Begriff  davon  geben. 

(54)  Diese  Hypothese  nimmt  die  Bantu- Sprachenfamilie  als  eine  der 
ältesten  an,  die  in  der  Jugend  des  Menschengeschlechtes  ausge- 
arbeitet wurde  (Gen.  H,  19:  »führte  er  zu  Adam,  damit  er  sehe,  wie  er  sie 
benenne«).  Ob  Adam  allein  diese  Arbeit  ausgeführt,  oder  andere  (Henos, 
Noe)  sie  ergänzt  haben,  ist  Nebensache.  Jedenfalls  war  es  ein  weltum- 
fassendes Genie,  welchem  die  Natur  keine  Geheimnisse  darbot,  und  der  je 
nach  den  Eigenschaften  der  einzigen  Wesen  ihnen  die  Namen  gab.  Dabei 
schien  er  den  Plan  zu  haben,  die  in  den  ersten  vier  Kapiteln  der  Bibel  ent- 
haltenen wichtigsten  Ereignisse  der  Welt  und  Menschengeschichte  in 
die  Sprache  selbst  so  hineinzuweben,  daß  die  zukünftigen  Geschlechter  in 
ihr  eine  lebendige  Kopie  der  viel  später  niedergeschriebenen  Bibelerzählung 
fänden.  Diese  Sjjrache  erhielt  sich  nun  nach  der  Verwirrung  der  Sprachen 
bei  Babel  in  jenem  Volke,  das  aus  klimatischen  Rücksichten  keine  Schrift- 
stücke besitzen  konnte.  —  Eine  barmherzige  Fügung  Gottes! 

Für  die  christliche  Wissenschaft  ist  in  der  Hypothese  gar  nichts  Un- 
mögliches.   Sie  soll  aber  mit  den  positiven  Forschungen  verglichen  werden. 

(55)  Selbstverständlich  kann  bei  der  Klasseneinteilung  nicht  mathe- 
matisch vorgegangen  werden.  Für  uns  genügt,  wenn  die  in  der  Heiligen 
Schrift  ausdrücklich  angeführten  Dinge  im  großen  und  ganzen  und  nach 
ihren  meist  charakteristischen  Erscheinungen  eine  besondere  Klasse  bilden. 
Die  Substantive,  welche  später  die  Sprache  bereichert  haben,  müßten  in 
eine  der  schon  bestehenden  Klassen  eingereiht  werden.  Natürlich  für  die 
weniger  einsichtsvollen  Nachkommen  war  es  oft  schwierig,  das  hervor- 
ragende Klassenmerkmal  zu  finden,  und  da  wurde  nach  phonetischen 
oder  praktischen  Rücksichten  veifahren. 

(56)  In  der  ersten  Klasse  fängt  die  Weltgeschichte  an.  Es  ist 
der  erste  Tag  der  Schöpfung.     Dieser  führt  uns  von  dem  ursprünglichen 


V.  D.  Mohl:   Praktische  Grainniatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  53 

Chaos  {tohubahoku) ,  Finsternis  und  dem  gröbsten  zu  allem  biegbaren 
und  zur  Bildung  der  Welten  Vjestimmten  Material,  zum  schöpfenden 
Geiste  Gottes,  welcher  abstrakt  in  sich  die  ganze  Schöpfung  trägt. 
Zuletzt  erscheint  das  Licht. 

(57)  In  der  Klasse  (b)u-ma  finden  wir  das  in  sich  Konfuse,  Bieg- 
bare, im  Werden  Begriffene,  Fermentierende  und  das  Abstrakte.  Sie 
wird  also  die  erste  Klasse  sein. 

Hier  ist  zu  bemerken: 

1.  Mit  wenigen  Ausnahmen  sind  die  hier  vorkommenden  Wörter 
entweder  nur  im  Singular  (Singulare -tantum)  oder  nur  im  Phiral  (Plurale- 
tantvim)  gebraucht.  Wo  der  Plural  gebraucht  wird,  da  bleibt  in  der  Regel 
das  u  des  Singulars,  z.  B.  u-ta:  mau-ta. 

2.  Das  volle  hu  kommt  nur  in  hwadwa  (Bier)  und  hwazi  (Netz)  vor. 
Dem  hu  entspricht  in  anderen  Sprachen  wu,  u,  o. 

3.  Die  abstrakten^  Wörter  werden  gebildet, 

a)  indem  man  einem  Substantiv  oder  Adjektiv  das  »w«  vorausschickt, 
z.  B.  ukuru   (die  Größe),   u-xamwari  (Freundschaft),   von  xamwari  (Freund); 

b)  indem  man  vermöge  des  Pluralpräfixes  ma  verschiedene  verbale 
Substantive  bildet,  und  zwar: 

a)  ma  wird  einfach  mit  dem  Radikal  verbimden;  dabei  wird  auch 
manchmal  die  Endung  verändert,  z.  B.  maripo  (Sold,  von  Jcuripa  zahlen), 
ma-nyazi  (Schande,  von  kunyaza  sich  schämen),  ma-nemba  (Zeichnung,  von 
Itunemha  schreiben). 

ß)  ma  wird  mit  der  passiven  Form  im  Subjunktiv  verbunden  (§27), 
z.  B.  ma-cokeredwe  ndzua  (Sonnenaufgang,  von  ku-coka  ausgehen),  ma-dnkedwe 
ndzua  (Sonnenuntergang,  von  hudoka  untergehen),  madtidwe  (Tat,  von  kucita 
tun),  marewedwe  (Sprache,  von  kurewa:  sprechen). 

7)  ma  mit  der  dativen  Form  (§  27)  und  der  Endung  0,  z.  B.  ma- 
dokern  (Abendland),  marondjero  (Besuch  von  kurondjera  grüßen). 

Zu  dieser  Klasse  gehören  verschiedene  Lichterscheinungen,  wie 
macihese  (Morgen),  masikati  (Mittagzeit),  mauro  (Abend),  mangwana  (Morgen 
demain),  usiku  (Nacht,  Finsternis). 

Hier  ist  auch  madzi  (Wasser  im  allgemeinen,  ohne  bestimmte  Grenzen) 
zu  rechnen  (der  Geist  Gottes  schwebte  über  den  Wassern).^ 


§  14.    Die  zweite  Klasse. 

Am  zweiten  Tage  der  Schöpfung  wurde  von  Gott  dem  Herrn  die 
Teilung  der  Gewässer  vorgenommen;  infolgedessen  kam  der  schöne,  kuppel- 
artige, glatte  Himmel  und  die  schimmernde  Oberfläche  der  Gewässer  zum 
Vorschein. 


1  Dazu  rechnen  wir   die   verbalen  Substantive,    in  welcher  die  Handlung  als 
ein  Substantiv  aufgefaßt  ist. 

2  Im  allgemeinen  scheint  in  den  ersten  sechs  Klassen  die  philosophische  Regel 
zur  Anwendung   zu    kommen,    daß    die    Gegensätze    zu   derselben  Ordnung  gehören. 


54  V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu-Spraclie  von  Tete. 

(60)  In  die  zweite  Klasse  gehören  alle  glatten,  runden,  symmetrischen 
Gegenstände,  seien  sie  von  Natur  aus  so  ausgestattet  wie  z.  B.  die  Früchte 
oder  manche  Körperorgane,  oder  vom  Menschen  so  bearbeitet.  Dies  finden 
wir  in  der  Klasse  ri-ma. 

(61)  Es  ist  zu  bemerken: 

1.    Das  Merkmal  ri  kommt  bei  den  Substantiven  nicht  vor,  wird  da- 
gegen bei  allen  übrigen  Formen  angewendet. 
Bei  den  Substantiven  haben  wir: 

a)  dzi  (Sena  di)^  dz.  d,  wie  z.  B.  dziso  {diso:  Auge),  dz-andja  (Hand), 
d-zay  (Ei).  Dieses  Zeichen  bleibt  im  Plural,  wenn  das  Wort  weniger  ge- 
braucht wird,  z.  B.  Dz-amhuTco  (Furt),  ma-dzamhuko. 

b)  Ein  aspirierter  Konsonant  Ich,  ph,  th  im  Singular,  z.  B.  khntu 
(Ohr,  Plural  nia-Tcutu),  phiri  (Berg,  Plural  ma-piri),  tJiika  (ma-tika). 

c)  Ein  verstärkter  Konsonant;  so:  s  durch  t  und  /  durch  p, 
V  durch  b,  z.  B.  tsaw  (A])fel  ma-saw),  tsamba  (Blatt  ma-samba),  tsomba  (Fisch: 
masomba),  pfuta  (Fett  mafuta  Ol),  bmirurume  (Widder  ina-vururume  oder 
auch  mabvururume). 

d)  Ein  starker  Konsonant,  wie  d,  b,  y.  v  usw.,  der  unverändert  bleibt: 
bira  (Schaf  mahird),  dipa  (Wurfgeschoß  madijm),  gombe  (Ufer),  rua  (Blume, 
Gras  maruä).  ^ 

(62)  2.  Hier  haben  wir  auch  manche  Phu-aliatantum  auf  ma.  Diese 
aber  können  im  Singular,  obwohl  in  anderer  Bedeutung,  gebraucht  werden, 
so  z.  B.  phuta   und  mafuta,   macira  (Tragsessel)  und  chira  (Leinwand)   usw. 

(63)  3.  Die  zwei  Grundzahlen  khuini  (zehn)  und  dzana  (hundert) 
sind  Substantive  dieser  Klasse,  also  im  Plural  makumi  und  madzana. 


§  15.    Die  dritte  Klasse  mu-mi. 

Am  dritten  Schöpfungstage  wird  das  Festland  vom  Meere  geschieden, 
die  Pflanzenwelt  (besonders  die  Bäume)  geschaffen  und  ihnen  die  Kraft  des 
Wachsens  gegeben. 

(64)  In  dieser  Klasse  werden  die  Bäume.  Jene  Ilauptrepräsentanten 
der   Pflanzenwelt,    an    erster   Stelle    eingereiht,    und    Dinge,    welche    iiirer 


^  In  Tete  sagt  man  auch  dzi-rua.  Rua  ist  eins  von  diesen  Wörtern,  welche 
ursprünglich  eine  besondere,  die  zwölfte  n<-«/a-Kh\sse  bildeten.  Diese  Klasse  ist  in 
Tete  fast  und  in  Sena  ganz  in  die  II.  Klasse  aufgegangen,  bleibt  aber  bei  vielen  Bantu- 
Sprachen  noch  heute  bestehen.  Ihr  leitender  Gedanke  scheint  die  Ausbreitung 
(s.  I.  Mos.  IV,  17 — 2(3)  und  Scheidung  zu  sein,  weshalb  sie  die  Besitznahme  der 
Erde  durch  die  Menschen  infolge  ihrer  Verbreitung  und  Vermehrung  passend  dar- 
stellt. Die  großen  Flüsse  mit  ihren  periodischen  Überschwemmungen,  und  die  nach 
ihnen  sich  bildenden  verschiedenen  Stämme  fangen  mit  rit  an,  z.  B.  Ruangwa,  Ru- 
kuru  (Name  des  Sambesiflusses  bei  den  Tonga),  Rwenga  (bei  Tete),  Rwapura  usw. 
—  Die  einzelnen  Völkerschaften  unterscheiden  sich  durch  verschiedene  Sprachen, 
weshalb  hier  auch  ruriml  (Zunge)  zu  finden  ist.  In  Tete  wurde  rn  zu  ri.  Bei 
anderen  Worten  blieb  es  aucli  dort  unverändert,  so:  rua  [dzirua),  ruso  (Verstand). 
rufoy  (Liebe),  rumeM  (Rasiermesser),  rund  (Wespe)  usw. 


V.  D.  Mohl:    Praktisi'lip  Grainniatik  der  Bantii- Sprache  von  Tete.  55 

Form  oder  Natur  nach  an  das  Wachsen,    Erweitern,    Zunehmen  uns 
erinnern. 

(65)  Zu  bemerken  in  dieser  Klasse  ist,  daß  das  mu  manchmal  u  ver- 
liert.    Dann  schreiben  wir  m  ,  z.  B.  rnringa  {mu-ringa). 

§  16.    Die  vierte  Klasse  ci-bzi. 

Am  vierten  Schöpfungstage  wurde  die  Zeitfolge  durch  die  zwei  großen 
Leuchten  des  Tages  und  der  Nacht  geordnet  und  mit  den  unzählbaren 
Sternen  erfüllte  Weltraum  sichtbar  gemacht. 

(67)  Wir  finden  in  der  Klasse  ci-bzi: 

1.  Die  großen  (schweren)  Gegenstände,  sei  es  in  bezug  auf  ihre 
Gestalt,  ihre  Bedeutung  oder  ihren  Einfluß.  Dazu  werden  alle  augmen- 
tativen  »Substantive  durch  das  Präfix  ci  gebildet,  z.  B.  ci-munthu  (Riese), 
cimbwaya  (großer  Hund)  und  gehören  zu  dieser  Klasse.  Das  radikale  Sub- 
stantiv bleibt  unverändert,  also  hzimtinthu ,  hzimbivaya. 

2.  Die  hochgelegenen  (Sterne),  hervorragenden,  zugespitzten 
Gegenstände,  z.  B.  cigoti  (Kopffrisur),  cara,  cisu. 

(68)  3.  Die  Substantive,  welche  eine  Zeitordnung,  Sitte,  Ge- 
wohnheit, etwas  Ständiges,  Systematisches  ausdrücken,  z.B.  cibadwe  (Natur), 
cipande  (Teil),  cikhariro  (Gewohnheit). 

Anmerkung,  a)  Will  man  also  sagen:  nach  jemandes  Art,  Sitte 
oder  die  einzelnen  Sprachen  nennen,  so  gebraucht  man  ci,  z.B.  cizungu 
(nach  Art  des  Weißen),  ci-Nyangice  (die  Sjjrache  von  Tete),  ci-fransez 
(französische  Sjorache). 

(69)  b)  Hier  entlehnen  auch  die  Ordnungszahlen  ihre  Form, 
indem  ci  vor  die  Grundzahl  gestellt  wird,  z.  B.  -ciwiri  (der  Zweite),  -ciJeumi 
(der  Zehnte)  (90). 

(70)  4.  Den  unbestimmten  Begriff  Sache  icintliu)  und  was  damit 
zusammenhängt;  deshalb  haben  ci  viele  zusammengesetzte  Substan- 
tive S  z.B.  cadidi,  caiye  (wahrlich!),  cidyankumba  usw. 

(71)  Dem  Infinitiv  wird  bzi  vorausgesetzt,  sowie  auch  manchen 
Adjektiven  und  Fürwörtern  und  dadurch  Pluraliatantum  dieser  Klasse  ge- 
bildet, z.  B.  bza-hudya  (Nahrung),  bza-liuniwa  (Getränk),  bzangu,  bzako  (41). 

(72)  5.  Die  Wörter,  welche  einen  leeren  Raum  bedeuten,  der  be- 
stimmt ist,  gewisse  Dinge  zu  umfassen,  z.  B.  combo  (Gefäß),  cisero  (Korb)  usw. 

6.  Die  Gegenstände,  bei  welchen  das  Gewicht  oder  die  Stabilität 
in  der  Beweglichkeit  zum  Ausdruck  kommt,  z.  B.  die  beweglichen  Ar- 
beitsinstrumente, Gegenstände,  deren  wir  uns  bedienen. 

§  17.    Die  fünfte  Klasse  i(n)-(zi)n. 
Am    fünften    Tage    der   Schöpfung    wurde    vermittels    der    Gewässer 
{nyanza)  das  eigentliche  vernunftlose  Leben  geschaffen  vmd  zwar  die  \'ögel 
und  Fische,  bei  welchen  es  sich  in  ganzer  Fülle  zeigt. 

1  Das  Studium  dieser  Substantive  ist  höchst  interessant  und  ist  allein  ein 
starker  Beweis  für  die  neue  Hypothese. 


56  V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

(73)  Wir  finden  in  der  Klasse  {i)n-z{in): 

(74)  1.  Die  meisten  originellen  (im  Gegensatz  zu  den  späteren 
zusammengesetzten)  Tiernamen.  So  im  Wörterbuch  von  P.  Courtois  finden 
wir  ihrer  120  in  dieser  Klasse. 

2.  Jene  Personennamen,  Körperteile,  organische  Funktionen,  die  mit 
dem  Leben  ^  nahe  verbunden  sind,  z.B.  mbeu  (Same),  mpombo  (Ehebruch), 
mhadwa  (gebürlig),  mfuru  (Freigeborenei'),  ngomwe  (impotens),  nthaka  (Erb- 
schaft), mboro  (muliebi-ia),  nkhakonkhaka  (urina),  ndoe  (INIist),  nduru  (Galle), 
mhundu  (anus). 

3.  Dasjenige,  was  zum  Unterhalt  des  Lebens  gehöi-t,  z.  B.  nyanga 
(Arzt),  nyama  (das  eßbare  Fleisch),  ntsima  (Kafferteig),  nyemba  oder  ndzama 
(Fisolen),  ndororo  (fiuchtbares  Land),  nyota  (Durst),  njara  (Hunger),  ntsembe 
(blutiges  Opfer,  Sakrifi/.ium),  Jcaruma  (Hitze),  mpepo  (Kälte),  im/u  (Tod). 

4.  Hierher  gehören  auch  die  kaffrisierten  Fremdwöi-ter,  z.  B.  nyatua 
(Siinde),  livuru  (Buch),  tezora  (Schere),  fonho  (Zündhölzchen),  garafa 
(Flasche),  Iwpo  (Glas),  meza  (Tisch),  siTcora  (Schule),  sagwati  (Geschenk), 
sapato  (Schuh)  usw.,  wo  sie  nicht  nach  61.  c,  d,  zur  zweiten  gehöien. 

(75)  Grammatikalisch  ist  zu  bemerken: 

1.  Wenn  das  Radikal  mit  einem  \\)kal  anfängt,  so  haben  wir  ny, 
z.B.  nyama;  mit  5,  p,  v,f,  so  haben  wir  m,  z.  B.  müitu  (Flußpferd).  In 
allen  übrigen  Fällen  haben  wir  n,   z.  B.  ngombe. 

2.  Das  (zi)  der  Mehrzahl  wird  gewöhnlich  ausgelassen.  Wenn  der 
Gegenstand  näher  bestimmt  werden  soll,  so  nimmt  man  zi,  z.B.  pakutoma 
(zuerst),  zidaßka  {kußka  ankommen),  zimbarame  (mbarame  Vogel),  cipaptiza 
(eine  besondeie  Gattung),  zentsene  mbarame zidagawana  [kugawa  teilen),  mbuto._ 


§  18.    Die  sechste  Klasse  mu-wa. 
Am  sechsten  Tage  wurde  die  Weltengeschichte  vollendet,  als  die  Land- 
und  Haustiere  und  schließlich  der  Mensch  geschatfen   wuiden. 

(76)  Die  Klasse  m?/- «Ja  umfaßt  fast  alle  Personennamen,  die  hier 
ipso  facto  gehören,  solange  eine  Ausnahme  nicht  festgestellt  ist.  — 
Dann  gehören  hierher  alle  Tiernamen,  welche  das  Merkmal  einer  anderen 
Klasse  nicht  tragen  oder  ausnahmsweise  in  die  zweite,  wie  bira,  thika, 
btmrurume,  nicht  eingereiht  sind;  also  auch  Personen-  und  Tiernanien 
fremden  Ursprungs. 

(77)  Neue  Personennamen  werden  gebildet,  indem  man  das  Präfix 
nya^  vor  Substantiven,  Zeitwörtern  im  Infinitiv,  Adverbien  usw.  stellt, 
z.B.  nya-kusunga  (Vormund,  von  kusunga  sorgen);  nya-utofu  (faul,  von 
utofu,    Faulheit),   nyakudwara    (kranker   Mann,    von   kudwara,    krank  sein), 


1  Moyo:  Das  Leben  gehört  ziu"  dritten  Klasse,  weil  es  lu'sprünglich ,  wie 
noch  heute  bei  den  Tonga  -Herz"  bedeutet. 

'^  Von  ku-nya  (gebären).  Damit  liängt  der  Begriff  Kind  zusammen.  Die 
Zulu  sagen  noch  nyana  (Kind)  statt  mwana.  Es  wäre  also  eine  semitische  P'onnel, 
ähnlich  wie  in  Söhne  des  Lichtes,  Söhne  des  Irrtums. 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Graniinatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  57 

nyamUri  (ein  angesehener  Mann,    von- mbiri,  Ehre),  Nyamd:firu  (Gott,  von 
mdzuru,  im  Himmel).^ 

Ans  denselben  Gründen  gehören  hierhei-  alle  mit  nya  anfangenden  Tier- 
namen, sowie  manche  Namen  der  leblosen  Dinge  ani  nya,  z.B.  nyakoko 
(Krokodil),  nyarugwe  (Tiger),  nyamukwekwe  (Versammlung). 

(78)  Grammatikalisch  ist  zu  bemerken: 

1.  Die  hierher  gehörenden  Substantive  bekommen  manchmal  das 
Präfix  mu,  wie  mu-ntJm^,  gewöhnlich  aber  haben  sie  im  Singular  keins,  z.  B. 
haba,  supay  (Soldat),  hicu  (Diener). 

2.  Im  Plural  gebraucht  man  immer  wa,  also  wa-nthu,  icasupay,  wahicu. 

§  19.    Die  drei  lokativen  Klassen  pa,  mu,  kii. 

(79)  In  den  sechs  ersten  Tagen  der  Schöpfung  haben  wir  einen  kurz- 
gefaßten aber  großartig  gedachten  Abriß  der  Weite ngeschichte,  deren 
Inhalt  die  Großtaten  Gottes  bilden.  Am  siebenten  Tage,  wo  Gott  der 
Herr  von  seiner  schöpferischen  Tätigkeit  ausruht,  fangt  die  freie  Tätigkeit 
des  Menschen  auf  der  Erde  {pa-ntsi)  und  damit  auch  die  Weltgeschichte  an. 

Den  Ausgangspunkt  dazu  bildet  der  selige  Zustand  der  ersten  Men- 
schen im  Paradiese,  den  Gott  der  Herr  für  sie  auf  der  Erde  vorbereitet 
hat.  Dieses  denkwüi-dige  Moment  der  anfänglichen  Seligkeit  auf  der 
Erde  findet  seinen  Ausdruck  in  der  lokativen  Klasse  pa  (auf). 

Nun  kommt  ein  zweites,  tief  hinein  in  die  Weltgeschichte  greifendes 
Faktum,  nämlich  der  Sündenfall.  Infolgedessen  fängt  der  Gegensatz  und 
der  Kampf  mit  den  Leidenschaften  im  Innern  des  Menschen  an;  durch 
innere  Gewissensbisse  gequält,  zieht  sich  der  erste  Mensch  in  das  Dickicht 
des  paradiesischen  Urwaldes  zurück,  um  sich  dort  zu  verbergen;  und  zu- 
letzt wird  er  auch,  den  inneren  Gedanken  seines  Herzens  entsprechend, 
von  dem  alldurchforsclienden  Richter  verurteilt  und  bestraft. 

Die  lokative  Klasse  mu  scheint  dieses  Faktum  verewigen  zu  wollen. 
—  Nach  dem  gestrengen  Urteil  Gottes  über  das  ganze  Menschengeschlecht 
kommt  die  Ausführung  der  Straie.  Es  wird  in  der  Person  der  Stamm- 
eltern hinausgeworfen  aus  dem  irdischen  Paradiese  und  verliert  alle  Vor- 
züge, die  damit  verbunden  waien.  Eine  neue  Existenz  und  eine  neue 
Tätigkeit  fängt  dadurch  für  den  Menschen  an. 

1  Personennamen  werden  auch  vermittels  tsa  gebildet  und  bedeuten  eine 
Stellung,  eine  Würde,  eine  Beschäftigung,  z.  B.  üa-musuo  (Pförtner,  von 
inusuo,  Pforte,  Tür),  tsu-mbuzi  (Zicgeninaim),  tsa-nduku-a  (Teufel).  Zur  sechsten 
Klasse  gehören  die  mit  ka  anfangenden  Hauptwörter,  welche  ursprünglich  di- 
minutiv aufgefaßt  waren  und  zur  zehnten  Klasse  gehörten,  aber  nicht  abgeleitet 
wie  kamwana  wurden,  z.  ß.  kamha  (Schildkröte),  kambzldyo  (eine  Art  Nachtigall), 
katandanude. 

2  mu  wird  abgekürzt  in  m,  z.  B.  mdzakazi  (Sklave),  mkazi.  Der  Apostroph  ' 
erinnert  daran.  Hier  tritt  die  vierte  Klasse  an  die  fünfte  so  nahe  heran,  daß  man 
in  der  Aussprache  fast  keinen  UnterMchied  merkt  (nasales  m  und  n).  Davon  manche 
Schwankungen  in  Bezeichnung  der  Klasse,  so  z.  B.  rnkharamba  (Greis)  gehört  zur 
sechsten  und  nkharaniba  (altes  Tier)  zur  fünften. 


58 


V.  D.  MoHi, :    Praktische  Graninintik  der  Bantu  -  Sprache  von  Tete. 


Die  zentrifugale  Klasse  ä:m?  erinnert  an  dieses  Ereignis,  indem  sie 
Hauptwörter  bildet,  welche  die  zentrifugale  Bewegung  bedeuten ,  und  dann 
weil  sie  die  Verbalsubstantive  auf  ku  in  sich  aufnimmt,  die  den  ver- 
schiedensten Existenz-  und  Tätigkeitsarten  des  jetzigen  Menschen  Ausdruck 
geben  ^.     TJniyenda  Ttul  (Wo  gehst  du?) 

(80)  Grammatisch  ist  zu  bemerken: 

1.  Über  den  Charakter  dieser  Klassen  s.  (9). 

2.  Obwohl  die  Präfixepa,  mu,  Jeu  wie  der  übrigen  Klassen  ein  Wort 
mit  der  Wurzel  bilden  und  deshalb  nicht  getrennt  werden  sollten,  tun  wir 
es  jedoch  aus  praktischen  Gründen,  den  Fall  ausgenommen,  wo  sich  eine 
liesondere  Redensart^:  ein  Adverb,  eine  Präposition  sich  davon  ausgebildet 
haben,  z.  B.  pahodzi,  Jcudzuru,  Tcuponi  usw.;  oder  wenn  es  sich  um  Verbal- 
substantive  handelt,    z.  B.   kiifarnba   (das    Gehen),    kudya   (das    Essen)   usw. 

(81)  3.  Obwohl  der  Regel  nach  in  lokativen  Formen  die  Klassen- 
übereinstimmung mit  der  Lokativklasse  sein  soll,  wird  sie  auch  manchmal 


1  Die  Verbalsubstantive  auf  ku  bilden  in  vielen  Bantu -Sprachen  eine  be- 
sondere zweite  Klasse ,  die  sich  aber  nicht  bloß  auf  dieselbe  beschränkt.  Aus  prak- 
tischen Gründen  rechnen  wir  sie  in  die  neunte  Klasse. 

(83)  '^  Außer  den  Nr.  (41)  angeführten  sind  folgende  Redensarten  be- 
merkenswert : 

Tabelle   XIV. 


pa  dzurn  (oben) 
panja  (außen) 

pantfti  (auf  der  Erde) 

pakati  (zwischen) 
patsogoro  (an  der  Spitze) 


patari  (weit) 

pa  mbari  (neben) 


paseri  (geheim) 
pomwepo  (dortselbst) 


pa  p.sa  (wiederum) 


I  mu  dzuru  (in  der  Luft) 


DIU  fufimtsi ) 

•  -^     ^  ,\  unter 
mu  nyantsi  ; 

mukati  (in,  drin) 

mmbuyo  mwa  (hinten) 
mu  nduri  (hinten) 
mu-tari  (tief) 
mu  mbari  (ringsum) 


momwe  mo  (dortselbst) 


kudzuru  (nach  oben) 
ku}ija  (nach  außen) 

kuntsi  (nach  unten) 

kukati  (nach  innen) 
kutsogoro  (weiter) 
ku  mbuyo  (hinten  gehen) 
ku  nduri  (nach  hinten) 
kutari  (weit  gehen) 
ku  mbari  kwa  (ringsum  gehen) 
ku  mbari  kwace  (auf  der  an- 
deren Seite) 
kuse7'i  (von  hinten) 
komweko  (nach,  weiter,  dort- 
selbst) 
—  \komwe-ku  (hierselbst) 

tnkanwa  (im  Munde)  kuiiia-'<o  (gegenüber) 

pa  burumimba  (plötzlich),  pa  deca  (offen,  draußen),  papezi  (umsonst),  pa 
maindza  (zur  Regenzeit),  mambi  mwa  (nahe),  m'kuca  (übermorgen),  nitondo  (Tag 
nachher),  mwanzace  (Tag  nachher),  kwinanyo  (wo  anders),  pa  kare  (auf  der  Stelle). 
Zu  bemerken:  1.  Der  oftmalige  Gebrauch  der  lokativen  Klassen  führte  zur 
Ausbildung  von  verschiedenen  Redensarten,  welche,  obwohl  Hauptwörter  der  Form 
nach,  der  Bedeutung  aber  zu  Adverbien  und  Präpositionen  oder  alles  beides  zu- 
sammen werden,  z.  B.  kunja  kwa  nyumba  (außerhalb  des  Hauses),  ndam'menya 
kunja  (ich  habe  ihn  draußen  durchgeprügelt). 

2.    Manchmal  wird  das  veraltete  Hauptwort  selbständig  nicht  mehr  gebraucht, 
sondern  bloß  mit  dem  lokativen  Präfix  allein,  z.  B.  dzuru,  nja,  ntsi  usw. 


V.  D.  Mohl:    Praktischt"  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Teto.  59 

auf  die  Klasse  des  Hauptwortes  gerichtet,  so  z.  B.  mu  mpindi  momwe-mn  ist 
ebensogut  wie  mu  mpindi  yomwe-yo;  adapita  m'nynmba,  mormpe  mukhana 
munthu  (oder  yomwe  ikhana  munthu). 

(82)  4.  Das^a  mit  einem  Infinitiv  hat  die  Bedeutung  von  indem , 
nachdem  (137):  also  des  Partizipium  Präsentis,  z.  B.  mauro pa  hudya  (nach 
dem  Essen)  adadza. 

5.  Ebenso  Tiu  mit  Ortseigennamen  verbunden  bedeutet  von,  z.  B. 
wantJiu  ica- Jeu -Europa  (Europäer),  dende  llaria  7'a-hi-Lonrdes  (Mutter 
Gottes  von  Lourdes)  usw. 


§  20.    Die  diminutive  Klasse  ka-tu.  ^ 

Nach  der  \^ertreibung  aus  dem  Paradiese  war  für  das  Menschenge- 
schlecht seine  Erhaltung  und  Verbreitung  das  wichtigste  Ereignis.  —  Sie 
sahen  es  verwirklicht  in  der  Geburt  Kains. 

Die  diminutive  Klasse  erinnert  uns  daran. 

(85)  Hierher  gehören  auch  die  Wiederholungszahlen  (91).  — 
kabodzi  (einmal),  kaiviri  (zweimal),  katafu,  kanay,  kakumi,  kadzana  usw. 

Anmerkung.  Man  fügt  gewöhnlich  das  kentse  (29)  dazu,  z.  B. 
kaxanu  kentse  (fünfmal). 

(86)  Grammatisch  ist  zu  bemerken,  daß  bei  der  Bildung  der  Dimi- 
nutive das  Merkmal  des  Hauptwortes  sowohl  im  Singular  als  im  Plural 
beibehalten  wird,  z.  B.  ka-mw-ana  und  tu-wa-na  usw. 


§  21.    Die  Adjektive  (Nebenwörter,  Beiwörter,  Eigenschaftswörter). 

(87)  Was  wir  durch  Adjektive  auszudrücken  gewöhnt  sind,  das  ist 
im  Kaifrischen  nicht  immer  ein  Adjektiv.     Es  kann  sein: 

1.  Ein  starkes  Adjektiv  (11  ff.). 

2.  Ein  schwaches  Adjektiv.     Davon  sind: 

a)  folgende  ursprünglich:  -didi  (gut),  -didisa  (ausgezeichnet),  -dzere 
(links),  -kukutu  (stai'k),  -pezi  (leer,  ohne  Wert). 

b)  die  übrigen  sind  abgeleitet  von  Hauptwörtern,  Infinitiven  ver- 
mittels der  schwachen  Form  des  Präfixes  und  des  possessiven  a  (17  ff.). 

3.  Ein  Hauptwort  oder  ein  Zeitwort,  die  den  Begriff  des  Ad- 
jektivs schon  in  sich  tragen,  z.B.  mbirimi  (V  ein  stolzer  Mensch),  demba 
(VI  ein  dummer  Mensch),  ndzazi  (V  ein  obdachloser,  beschränkter  Mensch), 
ngana  (V  jemand),  cigwinti  gwinti  (VI  ein  dicker  IVIensch),  kiwa  (VI  ein 
zorniger  Mensch),  ku-kuma  (stark  sein),  kurungama  (klug  sein),  kusweka  (ge- 
brochen, zerrissen  sein),  kutapira  (süß  sein). 

4.  Ein  formloser  Ausdruck  (164),  z.  B.  miti  tri  gwirri,  ne  ujira  hi 
(die  Bäume  sind  sehr  dicht,  nicht  ein  Steg  durch  [führt  durch  das 
Dickicht])  usw. 


^    In  Sena  gebraucht  man  pi  anstatt  ta. 


60  V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

(88)  Von    der   Vergleichung    und    Steigerung    der    Adjektive. 
Die   KafFern    haben    weder    Komparativ    noch    Superlativ.      Die    ent- 
sprechenden Begriffe  werden  ausgedrückt: 

Für  den  Komparativ.  1.  Durch  die  starke  Beliauptung,  z.B. 
mkurn  ine  (ich  bin  der  große,  also  größer  als  du,  der  mir  gegenüber  klein 
erscheint)  oder  noch  klarer  ine  na  iwe:  niJcuru  ine  (ich  und  du:   groß  ich). 

2.  Durch  entgegengesetzte  Begriffe,  z.B.  uanenepa  ndiwe^  ine  ndaonda 
(du  bist  fett  geworden,  ich  wurde  mager;  d.  h.  du  bist  reich  und  ich  bin  arm). 

Für  den  Superlativ.  1.  Durch  das  Suffix  isa  (esa  §28),  z.B. 
muntliu  uadidisa  (der  ausgezeichnete,  der  beste  Mann),  uakudziwisa  (ein  sehr 
gelehrter  Mann). 

2.  Durch  das  Adverb  maha  oder  mit  mehr  Kraft  makamaka  (154), 
z.B.  mimthu  udkuipa  maka  (der  schlechteste  INIensch),  uakuipa  makamaka 
(allerschlech  teste). 

3.  Duich   uentse,   z.  B.  cnngwe  mukuru  uentse    (der   mächtigste    Hahn). 

4.  Durch  das  advei-biale  Suffix  tu  (156),  z.  B.  muntliu  vakukomera-iu 
(ein  sehr  guter  Mann  =r  in  jeder  Hinsicht  angesehen). 

5.  Durch  die  Zeitwörter  kuposa,  kupita,  z.B.  munthu  uakupita  (der 
übertrifft)  loentsene  na  kukoma  (mit  der  Güte),  also  der  beste,  tenda  (liebe) 
Murwigu  kuposa  (advei-bialisch  gebraucht:  mehr)  bzinthu  bzentsene. 

§  22.    Die  Zahlwörter. 

(89)  Die  Grundzahlen  werden  bis  neun  als  starke  Adjektive  be- 
trachtet {\\):  khumi  {zahn),  dzana  (hundert)  sind  Substantive  der  zweiten, 
cum  (tausend)  der  vierten  Klasse.  Bei  zusammengesetzten  Zahlen  gebraucht 
man  na  als  Bindewort,  z.  B.  20  makumi  mawiri,  21  makumi  mawiri  na  mbodzi 
{uhodzi,  rihodzi,  cibodzi  usw.);  30  makumi  mathatu;  33  Menschen  wanthu 
makumi  mathatu  na  wa-thatu\  60  makumi  m.atantatu\  67  Ziegen  mbuzi  makumi 
matantatu  na  zinomwe',  111  Gegenstände  bzinthu  dzana  na  kumi  na  cinthu 
cibodzi;  200  madzana  mawiri',  253  Jahre  m,agore  madzana  mawiri  na  makumi 
maxanu,  na  magore  matatu;  Jahr  1902  magore  curu  na  madzana  mafemba 
na  magore  mawiri. 

(90)  Die  Ordnungszahlen.  Sie  sind  schwache  Adjektive  und 
wei^den  dadurch  gebildet,  daß  das  schwache  Präfix  vermittels  a  mit  ci  und 
der  Ordnungszalil  verbunden  wird  (69),  z.B.  -kutoma  (der  erste),  cinthu  ca- 
kutoma  (die  erste  Sache)';  -ciwiri  (der  zweite),  m,uti  ua-ci-iciri  (der  zweite 
Baum);  -citantatu  (der  sechste),  mbuzi  ya-ci-tantatu;  -cikumi  (der  zehnte), 
cisu  cacikumi.     Das  91.  Jahr  göre  racimakumi  mafemba  na  ribodzi. 

(91)  Die  Wiederholungszahlen.  Sie  werden  gebildet  durch  das 
Präfix  ka  und  die  Grundzahlen  und  gehören  zur  zehnten  Klasse  (85),  z.  B. 
kabodzi  (einmal),  kawiri  (zweimal),  kakumi,  kadzana,  kamakumi  matantatu  na 
kawiri  (zweiunddreißignial). 


^  Man  sagt  -kutoma ,  z.  B.  munthu  nakutoma  (der  erste  Menscli).  Der  letzte 
wird  von  kumariza  (endigen)  gebildet,  ntslku  yakumarisa-tu  (der  jüngste  =i^  aller- 
letzte Tag)  (120).     ciposi,  cipiri  werden  bloß  für  die  Wochentage  gebraucht. 


V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  61 

Gewöhnlich  gebraucht  man  die  AViederhoIungszahlen   mit  Jcentse  (24). 

(92)  Anmerkung.  Die  Kaffern  haben  Abscheu  vor  den  großen 
Zahlen.  Wenn  sie  dazu  gezwungen  werden,  so  machen  sie  lieber  von 
einer  europäischen  Sprache  Gebrauch.  Jedenfalls  ist  bei  längeren  Grund- 
zahlen das  Hauptwort  zu  wiederholen  vor  der  letzten  Zahl  im  Singular  oder 
Plural,  je  nachdem,  z.B.  321  Mann  wanthu  madzana  matatu  na  makumi  ma- 
iciri  na  munthu  mbodzi. 

In  den  Ordnungszahlen  wird  bloß  die  erste  Zahl  mit  ci  usw.  ver- 
bunden, das  übrige  bleibt  unverändert.  Der  91.  Soldat  mpay  uacimaTiumi 
mapfemba  na  mbodzi.^ 

§  23.    Die  Zeitwörter. 

Die  regelmäßigen  Zeitwörter  auf  a  im  allgemeinen. 

(93)  Wir  haben  im  Kaffrischen  die  reguläre  Zeitwortform,  der 
bei  weitem  die  meisten  Zeitwörter  folgen,  und  die  irreguläre.  Sie  unter- 
scheiden sich  zunächst  dadurch,  daß  die  regulären  im  Infinitiv  mit  a 
enden  {A'u-/amba,  Jcumwa),  die  anderen  mit  i  {ku-fumari,  kutani,  ri)  und  daß 
die  letzten  meistens  defektiv  sind. 

(94)  Die  kaffrische  Sprache  kennt  fünf  Arten:  den  Indikativ, 
Imperativ,   Subjunktiv,   Infinitiv  und  das  Partizipium. 

(95)  In  der  Bildung  eines  kaffrischen  Zeitwortes  können,  wenn  auch 
nicht  immer,   gleichzeitig  sechs  Elemente  vorkommen,  und  zwar: 

das  Subjekt  ndi-damupasira  (ich  habe  ihm  gegeben), 
die  Hilfspartikel    (bzw.  Hilfspartikeln),    z.  B.  ndi-da-mupasira,  si- 
ndi-da-mupasira  (ich  habe  es  ihm  nicht  gegeben), 
das  O  b j  e  k t   ndika -  m u-pasira. 


1  Es  ist  zu  bemerken  die  Art,  aufweLhe  die  Sclivvarzen  zählen.  Besondere 
Wörter  werden  dazu  in  den  ersten  neun  Zahlen  gebraucht,  nämlich  jwsi  (eins), 
piri  (zwei),  thatu  (drei),  nay  (vier),  xanu  (fünf),  tantatu  (sechs),  nomwe  (sieben),  sere 
(acht),  pfemha  (neun),  khumi  (zehn).     Dann  geht  es  wie  bei  den  Grundzahlen. 

Jeder  Zahl  entspricht  ein  Zeichen  mit  den  Fingern  der  Hände. 

Bei  po.si  wird  der  kleine  Finger  der  linken  Hand  mit  dem  Daumen  der 
rechten  niedergelegt.  Bei  piri  werden  die  beiden  letzten  Finger  der  linken 
Hand  mit  dem  Daumen  der  rechten  niedergelegt.  Bei  thatu  wird  mit  diesen  der 
Mittelfinger  der  linken  Hand  mit  dem  Daumen  der  rechten  niedergelegt.  Bei 
nai/  wird  mit  den  vorhergehenden  noch  der  Zeigefinger  der  linken  Hand  mit 
dt-m  Daumen  der  rechten  niedergelegt.  Bei  xanu  wird  die  linke  Faust  zu.sammen- 
geballt.  Bei  tantatu  kreuzt  sich  der  kleine  Finger  der  rechten  Hand  mit  dem 
Daumen  der  linken.  Bei  nomwe  kreuzen  .sich  die  zwei  letzten  Finger  der  rechten 
Hand  mit  dem  Daumen  der  linken.  Bei  sere  kreuzen  sich  die  ausgestreckten  drei 
letzten  Finger  der  rechten  Hand  mit  dem  Daumen  der  linken.  Bei  pfmiba 
kreuzen  sich  mit  den  ausge.streckten  drei  letzten  noch  der  Zeigefinger  der  rechten 
Hand  mit  dem  Daumen  der  linken.  Bei  khumi  werden  die  Hände  wie  zum  Gebet 
gefaltet.  —  Bei  20  wird  zweimal  in  die  Hände  geklatscht,  bei  30  dreimal,  bei 
mehreren  Zehnten  dreimal,  viertnal  geii latscht  und  die  Zahl  der  Zehnten  durch  4, 
5,  9  angegeben,  z.B.  ö.ö,  da  wird  mehi'mals  gekhitsclit  und  zweimal  die  geballte 
Faubt  gezeigt.     Über  Hundert  kennt  der  gewöhnliche  Kafler  keine  Zahlen. 


62  V.  D.  Moni.:    Praktisclie  Gi'ainmatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

das  Radikal  ndidamu-pas-ira, 

die  End Partikel  (Suffix)  ndidamupas-ir-a, 

die  Endung  ndidamupasir-a. 

(96)  Vom  Subjekt  war  schon  die  Rede  (31  fi'.),  ebenso  vom  Ob- 
jekt (36  ff.);  so  wollen  wir  gleich  mit  den  Hilfspartikeln  anfangen.  Es 
gibt  deren  zwei  Kategorien:  die  Hilfspartikeln  der  Zeit  und  die  mo- 
dalen Hilfspartikeln. 

(97)  Tabelle  XV.     Die  Hilfspartikeln  der  Zeit. 

-ni-  ist  die  Partikel  des  Präsens,  z.  B.  ndi-ni-ruma  (ich  beiße)  (32), 

-(ni)dza  oder  -{;ni)ka  ist  die  Partikel  des  Futurums,  z.  B.  ndi-nidza- 
ruma  (ich  werde  beißen), 

-a-  ist  die  Partikel  des  Perfektums,  z.  B.  nd-a-ruma  (ich  habe  ge- 
bissen) (32), 

-Jcha-  ist  die  Partikel  des  Imperfektums,  z.B.  ndi-lcha-nima  (ich biß), 

-da-  i-ta-)  ist  die  Partikel  der  Vergangenheit  im  allgemeinen  und 
Perfectum  historicum. 

khada  ist  die  Partikel  des  Plusquamperfektums  und  Futurum 
exactum,  z.  B.  ndi-khada-ruma  (ich  hatte  gebissen), 

-et-  ist  die  Partikel  der  Verbindung,  z.B.  adayenda  a-ci-rwna  (er 
ist  gegangen  und  biß), 

(98)  Tabelle  XVI.     Die  modalen  Ililfspartikeln. 

-mha-  diiickt  die  wiederholte,  fortgesetzte  oder  bloß  gewöhnliche 
Ilaiullung  aus,  z.  B.  a-mha-ruma  (er  pflegt  zu  beißen). 

-ko  drückt  1.  das  »als«  oder  »wenn«,  z.B.  akantma,  ndinidza  mn- 
rnnnya  (wenn  er  beißt,  schlage  ich  ihn),  2.  die  Richtung  der  Hand- 
lung dort  aiis,  z.B.  ka-rume  (geh,  beiße  dort). 

-)i(fa  drückt  1.  »es  ist  möglich",  »vielleicht«,  z.B.  mufa-mu- 
ona  (du  wirst  ihn  vielleicht  sehen),  2.  die  Höflichkeit  im  Imperativ  aus, 
z.  ß.  unya-one  (möchtest  du  schauen). 

na-  {ma  oder  mha)  drückt  die  Höflichkeit  im  Subjunktiv  erste 
und  dritte  Person  ans,  z.  B.  natiyende  (gehen  wir). 

si-  drückt  die  Negation  (Verneinung)  aus,  z.  B.  sindidaona  (ich  habe 
nicht  gesehen). 

(99)  Anmerkung.  1.  Die  Hilfspartikehi  gelten  alle  llir  den  Indi- 
kativ; manche  werden  auch  mit  anderen  Arten  des  Zeitwortes  gebraucht, 
so  z.  B.  mit  dem  Subjunktiv:  dza  und  ka  2.  (in  Bedeutung  des  Futurums), 
dann  -ni-mha,  nga  und  na-  {ma)',  mit  dem   Imperativ  ka  2.   und  nya. 

2.  Die  Hilfs])artikel  des  Präsens  -ni-  fällt  oft  aus.  wie  z.  B.  wenn  es 
durch  andere  Hilfspartikeln  wie  mha,  nga,  vertreten  ist. 

3.  Die  Hilfspartikeln  na-  und  si-  stehen  vor  dem  Subjekte  (schwaches 
Fürwort),  alle  übrigen  immer  nach  demselben,  z.  B.  ndi-da-ruma  und  si- 
ndida-ruma.  Deshalb  wird  auch  si-  mit  dem  folgenden  schwachen  Fürworte, 
wenn  möglich,  nach  bekannten  Regeln  (21)  zusammengezogen,  z.  B. 
sudaruma  ^=  si-u-da-ruma  (du  hast  nicht  gebissen). 

4.  Die  modalen  Hilfspartikeln  können  mit  oder  ohne  die  Hilfspar- 
tikeln der  Zeit  gebraucht  werden. 


V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bantu  -  Sprache  von  Tete.  63 

§  24.    Die  Hilfspartikeln  der  Zeit:  ni-'nidza,  da,  a,  kha^,  khada. 

(100)  Das  -ni-  des  Präsens  wird  manchmal  verkürzt  und  als  m  ge- 
braucht, z.  B.  umfuna  (du  willst -=  M-m-/«««).  Im  Futurum  behält  man 
gewöhnlich  das  ni-  (nidza),  wenn  das  Zeitwort  im  Indikativ  steht.  Im  Sub- 
junktiv  wird  das  -ni-  immer  ausgelassen,  z.  B.  ndi- nidza -yenda  (ich  werde 
gehen),     mu-dza-ndi-pase  (gibt  mir). 

Anmerkung.  Manchmal  wird  die  Zeitpartikel  ganz  ausgelassen 
und  die  Zeit  nach  dem  Vorhergehenden  bestinnnt. 

(101)  Anstatt  dza  im  Futurum  kommt  oft  -Tca-  vor,  z.  B.  mu-ka-i-uza 
mphon-doro,  mu-nika-dyewa  (wenn  ihr  zum  Löwen  gerufen  werdet,  werdet  ihi- 
gefressen).     Für  das  Futurum  exactum  wird  -khada-  gebraucht. 

(102)  In  Tete  wird  da  als  Perfectum  historicum,  also  in  Er- 
zählungen gebraucht.  In  Sena  dagegen  kommt  da  bloß  in  negativen  und 
relativen  Sätzen  vor.  Im  allgemeinen  hört  man  in  Tete  mehr  da,  in 
Sena  a,  obgleich  einfache  Leute  beides  ohne  Unterschied  gebrauchen. 

(103)  -a-  des  Perfektums  muß  angewendet  werden,  wo  eine  Hand- 
lung vorgenommen  wird  und  in  ihren  Folgen  fortdauert,  z.  B.  u-a-fa  (er 
starb  und  natürlich  lebt  nicht  mehi-),  wir  sagen:  er  lebt  nicht. 

(104)  In  den  relativen  Sätzen  wird  selten  das  -omwe  (welcher)  ge- 
braucht. Gewöhnlich  genügt  einfach  das  Zeitwort  im  Plusquamperfektum, 
Imperfektum  oderPerfektum,  je  nachdem,  z.B.  dzidzi  adaona  mcengu,  i-kha-da- 
khara  (er  saß  schon,  bevor  die  Eule  ihn  sah),  padaim  munthu,  a-kha-teya 
(welcher  errichtet,  geflochten  hat),  mu-rapo  wace;  adaona  kunyado  {mwandzace), 
uasandiika  ihika. 

§  25.    Die  Hilfspartikeln  ci  ^  und  mba.  ^ 

(105)  Die  Hifspartikel  ci'^  bedeutet  die  Verbindung  mit  dem  Vor- 
hergehenden und  die  Andeutung,  daß  die  Handlung  des  Zeitwortes  gleich- 
zeitig geschehe.  Es  kann  also  mit  einer  anderen  Zeitpartikel  nicht  ver- 
bunden werden. 


^  In  Sena  ist  -na  Hilfspartikel  des  Präsens,  z.  B.  ndinafuna  (ich  will).  Im 
Futurum  des  Indikativ  keimt  man  dort  keine  besondere  Form:  ndina-funa  kann 
unter  Umständen  »ich  werde  wollen«  bedeuten.  Im  Subjunktiv  dagegen  wird 
-dza-  oder  -ka  gebraucht:  ndi-dza-rime,  ndi-ka-rime. 

2  Im  Imperfektum  und  Plusquamperfektum  gebraucht  man  in  Sena  ka  und  kada. 

3  In  Sena  kennt  man  kein  ci.  Als  Verbindungspartikel  gilt /«ia  {tnh),  welches 
vor  dem  Subjekte  steht,  z.  B.  u-a-yenda  mba-ona   (er  ging  und  sah). 

*  In  Sena  wird  mba  nie  als  Wiederholungs-  oder  Fortsetzungspartikel 
angewendet.  Diese  Bedeutung  hat  die  Partikel  -.so-.  Sie  bedeutet  ungefähr  dasselbe, 
was  mha  in  Tete,  z.  B.  ndi-so-nemba  (ich  bin  eben  mit  Schreiben  beschäftigt  und 
setze  diese  Tätigkeit  fort),  ndamuona  a-so-tafima  niasamba.  M-wana  uako  anarirn? 
inde!  n-.so-rira.     JSkhuna  fundza  doktrina  tayu'?    nenene!   ndi-so-fundza. 

Wenn  das  Radikal  einsilbig  ist  oder  mit  einem  Vokal  beginnt,  so  sagt  man 
-■'ioku-,  z.B.  ndi-.soku-dzu  (ich  komme  gerade),  ndi-.soku-ona  (ich  bin  am  Schauen 
darauf).  Man  sagt  noso,  kono  —  naso,  ka.so:  eine  Assimilation  also  anosollma 
{anasolima),  akosolima  (akasolima). 


64  V.  D.  Mohl:    Praktisclip  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

Es  ist  nicht  notwendig,  die  Zeitwörter  durch  ci  zu  verbinden.  Oft 
wird  dieselbe  Zeitpartikel  wiederholt,  z.  B.  adayenda,  adarma,  adarewa 
vfiandi  stiro  usw. <^  Es  ist  auch  nicht  notwendig,  daß  die  verbundenen  Zeit- 
wörter dasselbe  Subjekt  haben,  z.  B.  cimbarame,  cidayenda,  d-da-ona  Tchoso, 
aci-Jthara. 


§  26.    Fortsetzung.    Die  modalen  Hilfspartikeln  -ka-,  -nga-,  na-  und  si-. 

(106)  Das  Tca  in  den  Hauptsätzen  wird  entweder  als  Futurum  (mit 
oder  ohne  ni)  oder  als  Zeichen  der  in  der  Weite  zu  verrichtenden  Handlung 
gebraucht;  in  den  Nebensätzen,  wenn  diese  Zeit-  oder  Bedingungssätze^ 
sind.  In  den  letzten  wird  oft  Tca  in  beiden  Sätzen  gebraucht,  z.  B.  mu-ka- 
swamizira  (wenn  ihr  mit  dem  Worte  swa  reizen  werdet)  kawiri,  wenisene 
mu-niTcadyewa  (werdet  ihr  alle  gefressen). 

(107)  Das  nga^  wird  angewendet  für  «vielleicht»,  »etwa«,  »wenn«, 
»zufällig«. 

(108)  Das  na-  (ma-)  wird  bloß  mit  der  ersten  und  dritten  Person 
im  Subjunktiv  verbunden ^  selten  begegnet  man  auch  in  Tete  mba-  in 
dieser  Bedeutung,  z.  B.  mba -Hone. 

(109)  Es  gibt  im  Ivaffrischen  verschiedene  Ausdrücke  für  die  Negation, 
si  (28)  allein  ist  als  Hilfspartikel  behandelt  (-be  iu  pari be  ist  ein  Suffix  48,  5).^ 

§  27.    Fortsetzung.    Die  modalen  Endpartikeln  (Suffixe). 

(110)  Nach  der  Klasscnbildung  einer  der  Ilaiiptunterschiede  zwischen 
den  europäischen  und  den  Bantii.<-prachen  ist  die  geringe  Zahl  von  Prä- 
positionen und  Adverbien,  indem  die  entsprechenden  Modalitäten  durch 
Hilfspräfixe  oder  Hilfssuffixe  des  Radikals  ausgedrückt  werden. 

Die  Hilfssuffixe  oder,  wie  wir  sagen,  Endpartikeln  unterscheiden 
sich  von  den  llilfspräfixen  (nach  uns  einfacii  Hilfs  part  i  kel  n)  dadurch,  daß 
sie  eigentlich  derivative  (abgeleitete)  Zeitwö  rter  bihlen,  die  alle  Arten  und 
Zeiten  selbständig  annehmen  können,  wie  in  unseren  Sprachen  die  passive 
Form.  Die  Endpartikel,  als  Endpartikel  dem  Radikal  einverleibt,  ge- 
staltet es  zu  einem  neuen  Zeitworte.  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  dieses 
einen  sehr  großen  Reichtum  der  Sjiraclie  bedeutet,  besonders  wenn  man 
beachtet,  daß  mehrere  Endpnrtikeln  gleichzeitig  angewendet  werden  können. 

(111)  Die  P^ndpartikel  wird  immer  diiekt  mit  dem  Radikal  verbimden, 
z.  B.  ku-ph-a,  ku-ph-ewa  usw. 


'  In  Sena  kommt  -»ffn-  anstatt  -Ica-  zur  Anwendung  in  den  Bedingungs- 
f-iätzen.  Sonst  werden  dort  dies  I\u'tikeln  auf  dieselbe  Weise  gebiauclit,  z.  B. 
i-ng a-mara,  ti-na-ku-phedza  (wenn  wir  fertig  werden,  werden  wir  euch  helfen).  Es 
wird  ai)er  auch  liier  und  da  das  ka  wie  in  Tete  in  den  Be.lingung.ssätzen  ang.'wendet. 

2  In  Seiia  gebraucht  man  gewühnlicli  iiif/a-  anstatt  na,  z.  H.  mba-tiyende 
(wollen  wir  gehen). 

3  Neben  si  wird  in  Sena  auf  dieselbe  Wei>e  nkha-  gehraucht,  z.  B.  s  i  'idina- 
onu  ^=z  nkha-ndina-ona  (ich  sehe  nicht). 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Graimnatik  der  Bantii -Sprache  von  Tete. 


65 


(112)  Anmerkung.  P.  Courtois  in  seinem  kaffrisch- portugiesischen 
Wörterbuch  führt  zwei  Partikehi  an,  welche  wie  die  Endpartikel  das  Radikal 
zu  einem  anderen  Zeitwerte  modifizieren ,  aber  als  Präfix  mit  ihm  verbunden 
werden.  Es  sind  die  Partikeln:  -haTca-  und  -mhafa-.^  -baka-  bedeutet 
»unterdessen«,  z.  B.  ku-rapa  (heilen),  hu-bakarapa  (voi-läufig  mit  Medizin 
versehen),  ku-ika  (aufbewahren),  ku  -  haika  (vorläufig  aufbewahren). 
-mbafa-  soll  bedeuten:  »pflegen,  gewöhnt  sein«,  z.B.  ku-mbafa-ika  (ge- 
wohnt sein,  aufzubewahren),  ku- mbafa -gona  (zu  schlafen  pflegen).  Viel- 
leicht ist  dieses  mbafa-  bloß  eine  Variation  von  -mba-'i  Jedenfalls  ist 
der  Gebrauch  dieser  zwei  Partikeln  noch  nicht  klar  genug  gestellt,  daß 
man  sich  dieselben  aneignen  sollte. 


(113)                    Tabelle 

XVII  dei 

Endpartikeln. 

Die  passive  Endpartikel 

ewa  (iwa) 

z.  B.  ku-phewa,  ku-gur -iwa  (ge- 
kauft sein) 

Die  attraktive     (dative)     Knd- 

era  {ira) 

z.  B.    ndi-ph-era    (töte   für    mich), 

partikel 

ndi-gur-ira  (kaufe  für  mich) 

Die  kausative  Kindpartikel 

esa  (isa) 

z.B.  ku-ph-esa  (töten  lassen) ,  Ä-«- 
gur-isa  (kaufen  lassen) 

Die    intensive    (emphatische) 

esa  {isa) 

z.  B.  mu-pJi-esa  (töte  ihn  gut),  ku- 

End  Partikel 

gur -isa  (gut  kaufen) 

Die      reflexi\e     (intransitive) 

eka  (ika) 

z.  B.  ku-ph-eka    (sich   töteu),    ku- 

Endpartikel 

por-ika  (sich  kurieren) 

Die  gegenseitige    (reziproke) 

ana 

z.  B.  kubva  (hören) ,  ku -bv-a n a  (sich 

Endpartikel 

verstehen,  in  Eintracht  leben) 

Die  expansive  Endpartikel 

ora  (ura) 

z.  B.  ku-funga  (zumachen)  ku-fung- 
ura  (aufmachen) 

(114)  Die  erste  Form  {ewa,  era,  esa,  eka,  ora)  wird  bei  den  ein- 
silbigen Zeitwörtern  gebraucht  und  wenn  in  der  vorletzten  Silbe  e,  o  vor- 
kommt. Wenn  dagegen  in  der  vorletzten  a,  i,  u  sich  befindet,  so  wendet 
man  die  zweite  Form  an. 


§  28.   Fortsetzung.   Die  Endpartikeln  ewa,  edwa  und  era. 

(115)  Die  passive  Form  wird  nicht  bloß  bei  den  transitiven,  sondern 
auch  bei  den  intransitiven  gebraucht,  in  welchen  eine  virtuelle  Transition 
vorhanden  ist,  z.  B.  ku-gopa  (fürchten),  kvgopswa"^  (fürchterlich  sein,  ge- 
fürchtet werden). 


1  P.  Courtois  in  seiner  Granmiatik  gibt  dem  -mha-  die  Bedeutung  von 
.•müssen".  Wir  haben  sehr  viele  klassische  Fabeln  durchstudiert  und  kein  einziges 
INIal  das  -niba-  in  dieser  Bedeutung  gefunden. 

2  Diese  Form  ist  unregelmäßig.  Sollte  ku-gop-iwa  sein,  ku-gopsa  ist 
die  kausative  Form. 

Mi«  d.  Sem   f.  Orient.  Sprachen.    1904.    III.  Abt.  5 


()6  V.  I).  Moiil:    Praktisflie  Grammatik  cU-r  liaiitu- Sprache  von  Tete. 

(IKi)  Hei  (l(Hi  transitiven  Zeitwörtern  im  Passiv  wird  das  von  durch 
7ia  aus<>ediückt,  z.  B.  ua-ph-eioa  na  mphondoro  (er  wurde  vom  Löwen 
getötet). 

(117)  Die  attraktive  Endpartikel  drückt  das  Verhältnis  zum  weiteren 
Objekt  aus,  entspricht  also  dem  Geiste  nach  unserem  Dativ  und  verschie- 
denen Präpositionen  auf  die  Frage:  wem?,  füi-  wen?,  mit  wem?,  warum?, 
wohin?,  wo?,  woher?,  oluie  was?  usw.,  ■/..\i.nd/-j)h-era  (töte  für  mich), 
ndi-pas-era  (gib  mir)   usw. 

(118)  Dieses  weitere  Objekt  kann  entweder  ein  Substantiv  oder 
ein  Fürwort  sein.  Ist  es  ein  Fürwort,  so  wird  die  schwache  Form  ge- 
braucht und  vor  das  Radikal  gestellt.  Ist  aber  dieses  Fürwort  schon  als 
direktes  Objekt  gebraucht,  so  kommt  für  das  indirekte  Objekt  die  starke 
Form  nach  dem  Zeitwort  zur  Anwendung,  z.  B.  ndi-da-ku-pasira  (ich  habe 
dir  gegeben),  .siiro  nda - mu - phera  iice  (ich  habe  den  Hasen  für  dich  er- 
schossen). Ist  das  indirekte  Objekt  ein  Hauptwort,  so  stellt  man  es  ge- 
wöludich  nach  dem  Zeitworte,  z.  B.  mankhwara  (acc.) '  ndinifuna  kudza- 
citira  ntenda  (für  Kranklieit)  hwangu.  Wo  kein  Mißverständnis  möglich, 
da  kann  die  Oi'dnung  umgekehrt  sein;  w'cjra  (dat.)  (munthu)  acika-meny-era 
xamxcari  (acc).  Es  kann  das  indirekte  Objekt  aucli  ganz  wegbleiben  und  zu 
verstehen  gelassen  werden,  z.  B.  ndacorera  (sie  l)raclien  ihm,  d.  h.  zu  seinem 
Schaden)  mucamn  (Stock). 

Diejenigen  Zeitwörter,  welche  in  sich  schon  die  Beziehung  zum 
weiteren  Objekt  enthalten,  bekommen  gewöhnlich  keine  dativeForm,  z.B. 
kureioa  (sprechen),  kuuza  (sagen ^).  Will  man  dann  das  Objekt  hervor- 
heben, so  gebraucht  man  kuna.  Er  betete  zu  Gott,  adapemba  kuna 
Murimyu ,  anireica  kuna  mamho. 

(119)  Die  Zeitwörter  auf  -ra,  obgleich  originell,  enthalten  oft  von 
Hause  aus  die  Bedeutung  der  dativen  Form,  z.  B.  ku-roora  (heiraten). 
Deshalb  bilden  sie  die  passive  Form  auf  -dica  (1"22),  wie  die  abgeleiteten 
in  der  attraktiv- possessiven  Form. 

(120)  In  den  Sätzen,  wo  das  Prädikat  durch  einen  lokativen  Aus- 
druck ergänzt  wird,  gebraucht  man  die  dative  Form.  Dann  aucli  inuuer, 
wenn  das  Suffix  -tu  mit  dem  Zeitwort  verbimden  ist,  z.  B.  ada-thaic-ira 
mu  mapiri,  ntsiku  ya-kumarizira-tu  (der  jüngste  Tag  =  allerletzte)  (90), 

(121)  Diese  Endpartikel  era  (ira)  kann  in  demselben  Zeitwort  zwei- 
mal vorkonunen,  z.  B.  adayenda  adaona  pa  gomhe  mwana  ua  mambo,  ica- 
khada  -  mu  -  mang -ir- ira  (er  sah  den  Sohn  des  Königs),  sie  (ihm,  d.  h.  dem 
König  zum  Trotz,  das  erste  ira)  hatten  ihn  (den  Sohn)  angebunden  {komwe- 
ko-  dort:  dies  wird    dui-ch  das  zweite  ira  angedeutet). 


1  Acc.  =  accusativus  =  direktes  Objekt  und  dat.  =  dativus  =  indirektes 
Objekt. 

-  Dnsselbe  gilt  von  denjenigen  Zeitwörtern,  vvelclie  ein  Ortsverliäitnis  aus- 
drücken. Sie  brauchen  nicht  vor  den  lokativen  Klassen  die  dative  Form  anzu- 
nehmen, aber  können  sie  annehmen,  z.B.  kuyenda,  kujika,  kubwo-a  usw. 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  67 

(122)  Die  attraktiv -passive  Endpartikel  vereinigt  era  und  evca 
zusammen,  z.  B.  Jeu  -  mang -ir-iita  =  Tcu-mangidu:a.  Aus  demselben  Grunde 
wird  r-?  =  d  in  kuroora  -hiroodwa  (verheiratet  sein  mit  N.  N,). 


§  29.   Die  kaus-itive  und  intensive  Endpartikel  esa  (isa). 

(123)  Wenn  das  Zeitwort  auf  ra  endigt,  so  bekommen  diese 
Formen  za  anstatt  ra,  z.  B.  kurira-Jeuriza',  wenn  es  auf  ka  endigt,  sa{tsa) 
anstatt  ka,  z.  B.  kuburuka-kuburusa;  wenn  es  auf  da  endigt,  dza  anstatt 
da,  z.  B.  kupinda-kupindza;  wenn  es  auf  wa  endigt,  hza  anstatt  wa,  z.B. 
kuthawa  -  kntha  hza. 

(124)  Durch  die  kausative  Endpartikel  werden  die  neutralen  Zeit- 
wörter zu  transitiven,  z.  B.  ku-yarnbuka  (übers  Wasser  kommen),  ku-yambusa 
(durchs  Wasser  jemand  herüberführen). 

Bei  den  transitiven  bedeutet  diese  Partikel  soviel  als  »er  ließ«,  »er 
befahl»   usw.,  z.h.  kuphnta  (nehmen),  kuphatisa  (nehmen  lassen). 

§  30.   Fortsetzung.   Die  Endpartikeln  eka  (ika),  ana,  ura^ 

(125)  Die  Zeitwörter  auf  ra  bekommen  nur  ka  anstatt  ika,  z.  B. 
kufungura  (öffnen),    ku-funguka  (sich  öffnen). 

(126)  Es  wird  manchmal  das  Radikal  des  Zeitwortes  wiederholt, 
z.  B.  kn-reica  rewa,  um  die  Wiederholung  der  Handlung  anzudeuten  oder 
um  intensiv  zu  reden  (§  2.5). 

§  31.    Die  Endung  (95j.   Der  Suhjunktiv  und  der  Imperativ. 

(127)  Die  regelmäßige  Endung  des  Zeitwortes  ist  a.  Nur  im  Suh- 
junktiv und  manchmal  im  Imperativ  ist  sie  anders.  Deshalb  werden  wir 
das  letzte  Element  (95)  nicht  besonders  behandeln. 

(128)  Der  Subjunktiv  entspricht  derselben  Art  des  Zeitwortes  der 
romanischen  Sprachen.  Er  drückt  also  Wunsch,  Befehl,  Bewunderang, 
Zweifel  usw.  aus  und  wird  wie  der  lateinische  Konjunktiv  zur  Bildung 
von  Bedingung  und  finalen  Sätzen  angewendet. 

(129)  Das  charakteristische  Zeichen  des  Subjunktiv  ist  die  En- 
dung e.  Dabei  wird  er  erstens  mit  dem  schwachen  Fürwort  verbunden,  z.  B. 
ndi-rime.  Zweitens  kann  er  ohne  Hilfspartikeln  stehen;  von  diesen  aber 
gewöhnlich  mit  den  modalen:  nga,  rnba,  ka,   na{ma)  und  dza  (Futurum). 

(130)  Den  Imperativ  bildet  das  Radikal,  z.  ^.  famba  (geh)  von 
ku-famba.  Im  Plural  wird  die  Partikel  ni  hinzugefügt  (36).  Die  erste 
und  dritte  Person  wird  vom  Subjunktiv  entlehnt.  Derselbe  wird  auch 
in  der  zweiten  gebraucht,  wenn  der  Befehl  höflich  ausgedrückt  werden 
soll.  z.  B.  "^ 


1    Die   expansive   Partikel  -ura   gleicht   dem  deutschen  auf,    los,  at),  z.  B. 
kufungura  Ca uf machen),  kupguhura  (abschneiden). 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grarnniatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 


Tabelle   XVIII   des   Imperativs. 


erste  Person 

zweite  Person 

dritte  Person 

Singular 

. 

Imperativ 

— 

cita 

— 

Subjunktiv 

ndi-cite 

u-cite  (cite) 
Plural 

acite  (na-acite) 

Imperativ 

— 

cita-ni 

— 

Siibj  iinktiv 

ticite^  {naticite, 
naticite  -  ni) 

m  u  cite  (7n  u  citeni) 

w  a  cite  {n  awa  cite) 

Anmerkung.      1.    In    der   zweiten    Person    Sing.  Subj.  kann    das  u 
len:    cite  (tue),    ebenfalls  das  mu  oder  das  ni   in  der  zweiten  Person 

Plur.  Subj.  mucite  (tuet)  oder  cite-ni. 

2.    na  (ma,  mba)  wird  bloß   in   der  ersten   und   dritten  Person  Subj. 

gebraucht, 

(131)  Die  Kaffern  haben  die  einsilbigen  Wörter  nicht  gern.  Deshalb 
fügen  sie  in  der  zweiten  Person  Sing.  Imp.,  wenn  das  Radikal  einsilbig 
ist,  die  Partikel  -ya  hinzu:  pha-ya  {Jcupha),  mwa-ya  {ku-mwa),  dza-ya 
{kudza)  usw. 

Anmerkung.  1.  Man  kann  immer  diese  Form  mit  der  regel- 
mäßigen des  Subjunktivs  vertreten,  z.  B.  uphe,  umwe ,  udze  usw. 

2.  Man  kann  anstatt  -ya  in  gewissen  Fällen  andere  Partikeln  ge- 
brauchen, z.Vt.  dza-naye  (komm  mit  ihm  =  bringe  es),  dza-Jcimo  (komm 
hier),  dza-naye-ni  (kommet  mit  =  bringet  es). 

(132)  Das  Verbot  wird  mittels  kureka  (lassen)  ausgedrückt,  z.B. 
reka  kupha  (du  sollst  nicht  töten,  töte  nicht!),  wareke  kudza  (sie  sollen 
nicht  kommen). 

(133)  ndoko  (geh!)  und  ndokoni  (gehet!)  sind  unregelmäßige  Formen 
von  kuyenda. 

(134)  Der  Subjunktiv  wird  dann  auch  gebrauclit  in  den  unsicheren 
Bedingungssätzen  (Hilfspartikel  Ära  [106 j)  immer  mit  der  Hilfspartikel  nga; 
bei  indirekter  Redensart  usw.,  z.  B.  nkharamha  adamukumbira ,  kuti  am- 
pase  tsamba  ra  koiive  (die  Alte  bat  ihn,  er  möge  ihr  Kraut  geben). 


§  32.    Der  Infinitiv  und  das  Partizipium. 

(135)  Der  Infinitiv  wird  gebildet  durch  die  Partikel  ku  als 
Präfix  und  das  Radikal,  z.  B.  ku-pha,  ku-sendzeka.  Es  kann  verbunden 
werden  mit  dem    persönlichen    objektiven   Fürworte    imd  auch    mit  man- 


1  Es  kann  die  erste  Person  PhiiaHs  mit  der  zweiten  verbunden  werden, 
indem  man  zur  ersten  -ni  hinzufügt,  z.B.  ti-i/cnde-ni  (wollen  wir  gehen,  ich 
und  ihr). 


V.  D.'MonL:    Praktisclie  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  69 

chen  Hilfspartikeln,    z.  B.  ndayenda   ku-'ka-mu-ona'^   (ich  ging,    um    ihn  zu 
sehen). 

(136)  Es  gibt  bloß  ein  Partizipium,  welches  unserm  Partizipium 
Perfekti  entspricht.     Es  wird  gebildet  wie  oben    19,  3;    87,  6. 

(137)  Unser  Partizipium  Pi'äsentis  wird  durch  'pa  (manchmal  na) 
mit  dem  Infinitiv  ausgedrückt,  z.  B.  pa  husmclzeka  (schei-zend),  pa  Jcudya 
(essend),  na  liufika  (kommend). 

(138)  na  mit  dem  Infinitiv  kommt  gewöhnlich  in  den  Nebensätzen 
mit  wann,  als,  indem,  wo,  bei  usw.  vor. 

Anmerkung.  Übrigens  ist  zwischen  na  kußka  und  pa  kufika  keine 
strenge  Grenze  zu  ziehen. 

(139)  Der  Infinitiv  ist  manchmal  Objekt  eines  anderen  Zeitwortes, 
z.  B.  ndzou  idahva  kupsaira.  Es  kann  auch  der  Infinitiv  allein  in  emj^ha- 
tischen  Ausdrücken  eine  Phrase  bilden,  z.  B.  sabwanyi  kukhara  m'kuru  iwef 
(wie,  du  größer  sein  als  ich!) 


§  33.    Die  unpegelmäßigen  Zeitwörter  auf  i  (93)  und  die  Hilfszeitwörter^. 

(140)  Alle  Zeitwörter  fremdländischen  (portugiesischen)  Ur- 
sprungs endigen  auch  im  Subjunktiv  und  in  den  derivativen  Formen  auf  i, 
z.  B.  ku/umari,  kvpagari,  kuganyari  usw.  Dies  ist  bei  ihnen  die  einzige 
Unregelmäßigkeit,  denn  sonst  werden  sie  angewendet  wie  die  Zeitwörter  auf«. 

(141)  Hierher  gehören  die  unregelmäßigen  ndi  (ni),  ri,  kutani,  wor- 
über in  §  11  und  12  die  Rede  war.  Es  bleibt  uns  noch  kuti  (sprechen) 
übrig.      Also : 

(142)  1.  In  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  wird  ktiii  gebraucht  bei 
der  Erzählung  in  der  dritten  Person:  afi  (er  sprach),  akhati  (er  hat  ge- 
sprochen), und  dann  im  Katechismus  als  Hilfszeitwort  in  ndiniti  ncadidi 
(ich  glaube  =  ich  sage  es  wahr).     Dann  kommt  es  voi-: 

(143)  2.  Als  Hilfszeitwort  mit  dem  Infinitiv,  um  »bevor«  oder  ..noch 
nicht"  anzudeuten,  z.  B.  ndikhanati  kudya  (bevor  ich  gegessen  habe),  7idmati 
kudya  (ich  habe  noch  nicht  gegessen). 

Anmerkung,  akhanati  (bevor)  und  anati  (noch  nicht)  werden 
adverbial  gebraucht. 

3.  Als  Hilfszeitwort  mit  dem  Sul)junktiv,  um  »wie  soll  ich«  =  »ich 
werde  nicht«  auszudrücken,  z.  B.  ndikati  ndidye-nyit  (was  soll  ich  denn 
essen?  =  ich  werde  nicht  essen). 


1  In  Sena  wird  1.  wenn  die  Klarheit  dabei  nicht  leidet,  das  ku  ausgelassen, 
z.  B.  tagopa  finya  (wir  fürcliten  zu  zennahnen).  Die  einsilbigen  wie  auch  die  mit  einem 
Vokal  beginnenden  Zeitwörter  behalten  immer  /c«,  z.  B.  kiidza  kiiona;  2.  dza  mit 
dem  Radikal  als  Infinitiv  kommt  bloß  nach  kudza  vor,  z.  B.  adza  pina  ndzou  (kii) 
dzadya  matamba;  ndafuna  kudza  (ku)  dzasainba;  3.  ebenso  ka  oiine  ku  bU)ß  nach 
kuyenda,  z.  B.  aenda  {ku)  kagona. 

2  Dieser  Ausdruck  ist  nicht  nach  unseren  Begriffen  zu  verstehen.  Wir  nennen 
hier  so  diejenigen  Zeitwörter,  welche  zur  Bildung  von  neuen  Ausdrücken  konkurrieren. 


70  V.  D.  MoHi,:   Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

4.  Als  Bindewort  kuti  (daß,  um),  z.  B.  areu-a  Tcuti  anadza  (er  sprach, 
daß  er  kommt). 

5.  Als  unbestimmtes  Fürwort  in  uakuti  (so  einer.  .  .),  cakuti  (so  eine 
Sache). 

(144)  Hier  wollen  wir  noch  einige  Worte  sagen  über  die  Zeitwörter, 
welche  als  Hilfszeitwörter  im  weiteren  Sinne  angewendet  und  gewöhnlich 
mit  dem  Infinitiv  verbunden  werden. 

Tcucita  (tun),  z.  B.  tacita  kukuuza,  kuti  tipase  mafuia,  kucita  bedeutet 
dann  Nachdruck  oder  sagen,  z.  B.  cita:  takuta  (sage:  danke). 

kureka  (lassen)  bedeutet  ein  Verbot  (132). 

kufuna  (ist  nahe  am,  muß),  z.  B.  nyakoko  adafuna  knfa  (war  nalie 
am  —  mußte  —  Sterben).     Manchmal  bedeutet  kufuna  um  (200). 

kutanda  oder  kvyanda  (allein,  nichts  anderes  tun,  etwas  in  Fülle 
haben),  z.  B.  iye  sanicita  cinthu,  anitanda  kiigona  (er  tut  immei-  schlafen), 
kuyanda  kuzunga  (immer  spazieren  gehen). 

kumara  (all,  alle,  keine  mehr),  z.  B.  amara  kuwaßnya  (er  hat  .sie  alle 
zermalmt),  munthu  adaona  zentsene  {mhuzi)  zidamara  (es  waren  keine  mehr). 

Anmerkung,    patamara  {akhamara)  werden  adverbial  gebraucht. 

kukhara  na  (ndikhana)  (48,  3)  (haben),  z.  B.  anikhara  na  mbuzi  (er 
hat  Ziegen). 

kudza  na  {dzana  —  bringen,  bringe).' 

ndirihe  (48,  5)  (kudza:  ich  bin  nicht  gekommen)  und  kusaya  {kvßka, 
nicht  kommen)   sind  Hilfszeitwörter  der  Verneinung. 

kuhva  kupumpsiwa  (sich  täuschen  lassen). 

kutoma  (der  erste  sein),  z.  B.  iye  adatoma  kurasa  (er  war  der  erste, 
welcher  hat  verwundet).^ 

§  34.    Die  Negation  im  Kaffrischen. 

(145)  Von  der  modalen  Hilfspartikel  si-^  (ist  nicht)  war  schon  die 
Rede  (§  26).  Sie  wird  alx'r  auch  mit  Substantiven,  Adjektiven  und  Für- 
wörtern verbunden,  z.  B.  si-ndine  {sine  28),  muna  siwe?  simice-po?  (seid  ihr 
nicht  dort?),  mhuzi  zangu  sizi?  (sind  das  nicht  meine  Ziegen?),  si-nmuthu 
(es  ist  kein  Mensch),  madzi  siyadidiretu  (abscheuliches  Wasser  =  durchaus 
nicht  gut). 

(146)  ne  ist  eine  verstärkte  Negation:  »nicht  einmal«  und  wird  wie 
si-  mit  Substantiven,  Adjektiven  und  Fürwörtern  gebraucht,  z.  B.  ne  imice, 
mutumbe!    Bei  den  Zeitwörtern  verlangt  ne  den  Infinitiv. 


1  Dann  ist  das  dza  zum  riclitigen  Hilfszeitwort  (eher  Hilfspartikel)  des 
Futurums  geworden  (§  24). 

2  In  Sena  hat  man  noch  als  Hilfszeitwort  toivera  {teu-era),  um,  z.  B.  dyani 
magogodo  towera  {um)  niuwanganise  mano,  und  kukhonda  als  Verneinung,  z.  B.  J^jira 
idakhonda  rimirwa;  das  letztere  in  den  relativen  und  possessiven  Nebensätzen. 

3  Das  si  wird  in  Sena  ebenso  angewendet.  Als  Verneinung  dient  dort  außer- 
dem mukhabi  {m' khabi  =  paribe,  muribe,  kuribe)  und  bi  oder  tayu  als  nachstellende 
Partikel,  z.  B.  alipo  bi  =  alipo  tayu  =  m'khabi:  uamuona  tayu  (er  hat  ihn  nicht  ge- 
sehen).    Die  Verneinung  wird  auch  wiederholt,  z.B.  ädamuona  tayu. 


V.  D.  Mohl:    Praktische  (Ti'aiimiatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  71 

ne  —  ne  (weder  —  noch)  wird  wie  «e  allein  gebraucht,  z.  B.  ne 
hudya,  ne  kumwa  (weder  essen  noch  trinken). 

nenene!  im  Gespräch  ist  eine  sehr  starke  Verneinung:  Gott  bewahre! 

(147)  ayay  ist  die  einfache  Antwort  »nein«,  z.  B.  muna-nyi  ukuJ  peno 
mhuayal  ayay,  ni  phaJca.^     Ebenso  sagt   man:  peno  (nein,   ich  weiß  nicht). 

(148)  ndirihe  usw.  (48,  5)  wird  selbständig  gebraucht,  z.  B.  una 
cisu?  ndiribe.  Dann  auch  als  Hilfszeitwort  der  Verneinung,  z.  B.  ndirihe 
kumuona   (ich  habe    ihn  nicht   gesehen).     Man    sagt   eben    nicht   sindimuona. 

(149)  Wo  -ribe  als  Hilfszeitwort  nicht  angewendet  wird,  da  gebraucht 
man  Tcusaya  (entbehren)  zum  Ausdruck  der  Verneinung.  Dassell)e  dient 
auch  dazu,  verneinende  Substantive  und  Adjektive  zu  bilden,  z.  B.  hzaku- 
saya  hzakuoca  (die  ungekochte  Speise).^ 

Im  Imperativ  und  Infinitiv  wird  die  Verneinung  durcli  kureka  (132) 
ausgedrückt. 

(150)  Der  Kaffer  faßt  manche  affirmative  Sätze  negativ  auf  und 
lungekehrt.  So  wird  rinü  (wann?)  angewendet,  z.  B.  ninyi  ibzi?  n'dziwa  rini 
(ich  weiß  es  nicht  =  wann  sollte  ich  das  wissen?). 

(151)  Die  Verneinung  kann  auch  in  der  Bedeutung  selbst  einge- 
schlossen sein,  wie  in  kutaza  (nicht  können),  kupwa  (kein  Wasser  haben, 
austrocknen),  kusaya  (entbehren),  kugaza  (verneinen). 


§  35.    Die  Adverbien  (Umstandswörter). 

(152)  Was  wir  durch  Adverbien  ausdrücken,  ptlegen  die  Kaffern  auf 
veischiedene  Weise  zu  bezeichnen.     So: 

1.  Durch  verschiedene  Formen  der  drei  lokativen  Klassen  und  die 
scliwachen  Fürwörter,  welche  mit  der  Zeit  eine  fixe  adverbiale  Bedeutung 
bekamen  (41,  83),  z.  B.  kure^  (dort),  khokha  (zohha)  (nur),  pomwe  (wiederum, 
auch,  nachher),  tsnpano  (jetzt),  tsapano  pano  (eben  jetzt),  tsapano  pomwe 
(noch  jetzt),  ndipo  (zuletzt,  nachher,  aber,  wiedei'um,  also),  komwel 
(woher?),  komwe-ku  {\\(A\^\\  nahe),  komwe-ko,  mti  pombo  {nieder) ,  kwene 
(viel),  kwenekwene  (sehr  viel;  25,  4).* 

(153)  2.  Durch  verschiedene  Substantive  und  verbiale  Formen ,  z.B. 
magonyo  (zickzack  gehen),  makongonyama  (sehr  früh),  kutani  (wie?  49), 
mangwana  (morgen),  masikati  (h^)^  anati,  akhanaii  (lAS),  macibese 
{^Yü\\),patamara  (dann,  nachdem),  akhamara  (zuletzt),  kurnmiza  (schnell). 

(154)  3.  Durch  ursprüngliche  Formen,  wie:  rero  (jetzt,  heute),  dzana 
(gestern),  rini  (als,  wann?  nicht),    dzingedzinge  (zuletzt),   rekereke   (schließ- 


1  'Nein-  wird  durch  tayii  in  Sana  ausgedrückt,  z.  B.  muno  inimnaiuöuya? 
taya  padre  (ist  der  Hund  hier?     Nein,  Pater). 

2  Anstatt  kusaya  gebrauchen  die  Senaer  kusoa  und  kukhonda  als  Hilfs- 
zeitwörter der  Negation,  z.  B.  a.soa  mfiiti  (er  hat  keine  Flinte),  ndjira  idakhonda 
limirwa  (der  Weg  ist  nicht  rein). 

3  Die  gesperrt  gedruckten  Adverbien  werden  oft  gebraucht. 

4  Diese  Ausdrücke,  wie  z.  B.  ndipo,  pomwe,  können  auch  in  ihrer  primi- 
tiven Bedeutung  gebraucht  werden. 


72  V.  D.  Mohl:   Piaktisclie  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

lieh,  zuletzt),  ngure  (weit),  kodokodo  (im  allgemeinen),  maka  (88),  kani 
(insofern),  kare  (früher),  karekare  (schon  lange  her),  hwijio  (langsam, 
selten:  gut),  peno  (vielleicht,  wenn,  wie  er  scheint,  oder,  etwa),  hasi 
(nur,  genug),  mazi  (vom  port.  mas)  (aber),  mangu  (schnell),  mangumangu 
(sehr  schnell),  Äß&ti'a  (weil),  sahwanyii  (warum P)  caiye  (wahrlich)  n  cadidi 
(wirklich;  ni  cinthu  cadidi). 

(154)  4.  Durch  adverbiale  Redensarten,  z.B.  ntsiku  zentse  (hnmer), 
kawiri  kawiri  (oft,  immer),  ntsiku  ihodzi  (einmal),  mangwana  yace 
(nachher,  dann),  mu  rnpindi  yomwe-go  (sogleich),  kahisehise  (geheim),  ka- 
cimbicimhi  (schnell),  mparempare  (langsam),  cino  cino  (sogleich),  cipo  (nimmer), 
comconco  (auf  diese  Weise). 

(155)  5.  Dui'ch  verschiedene  Hilfspartikeln  des  Zeitwortes,  wie  -mha-, 
-ka-,  -7iga-,  si-  (§  25,  26,  33);  durch  Endpartikel,  wie  das  intensive  esa,  ana, 
ttra  (§  28   luid  29). 

(156)  6.  Durch  spezielle  Suffixe,  wie  z.B.  -7nho  (auch).  Dasselbe 
wird  sowohl  nach  den  Substantiven  wie  nach  den  Zeitwörtern  gebraucht, 
z.  B.  mphondoro  -  mho  idaramnka-mho  (auch  der  Löwe  stand  auf).  Es  ist 
zu  bemerken,  daß  der  Kafier  eine  solche  Wiederholung  des  -mbo  sehr 
gern  hat.  -Ut  (ganz,  vollständig)  sollte  eigentlich  bloß  mit  Zeitwörtern, 
und  zwar  in  der  dativen  P'orm  (120),  gebraucht  werden,  z.  B.  ntsiku  ya- 
kumarira-tu  (der  jüngste  Tag),  wird  aber  auch  sonst  angewendet;  nur 
muß  immer  die  Pai'tikel  ra  {re)  vorhorgehcn,  z.  B.  ncadidiretu  (es  ist  voll- 
ständig wahr).^ 

(157)  7.  Dtu-ch  formlose  Ausdrücke  (104)  und  durch  manche  Hilfs- 
zeitwörter (144),  wie  kufuna,  kutanda,  kumara,  kutoma. 


§  36.    Die  Präpositionen  (Verhältniswörter). 

(158)  Die  Kaftern  kennen  bloß  vier  Präpositit)nen:  pa,  mu,  ku  der 
lokativen  Klassen  und  na  (kuma).  Mit  diesen  muß  man  auskommen.  Oft 
kümmert  sich  der  Kaffer  um  die  Präpositionen  nicht,  wo  wir  sie  nicht 
entbehren  können. 

(159)  Mit  den  drei  lokativen  Partikeln  bildet  man  viele  prä positive 
Redensarten  (83),  welche  aber  immer  als  Substantive  aufgefaßt  werden, 
weshalb  auch  das  regierte  Substantiv  in  der  possessiven  Form  steht,  z.  B. 
pakati  pa  wakazi  (unter  den  Weibern),  mu  mbari  mwa  nyumha  (ringsum 
das  Haus). 

(160)  In  der  Anwendung  des  pa,  ku,  mu,  na  herrscht  große  Frei- 
heit. Das  eine  wird  nuuichmal  für  das  andere  gebraucht,  z.  B.  kuyenda  na 
mathengo,  ku  thengo,pa  thengo  oder  w?<  thengo  (in  den  Wald  gehen)  ist  ebenso- 
gut gesagt.  Es  sollte  aber  ku  allein  vorkommen.  Babanu  ari  ku  munda 
(wir  hätten  gedacht  mu  mrinda:  euer  Vater  ist  im  Garten). 


1    In  Sena  kennt    man    noch  das  Suffix    -hve  (ein  anderes    Mal),    z.B. 
sinacita -hve  (ich  werde  nicht  mehr  tun). 


V.  D.  Mohl:    Praktisohe  Graiiiniatik  der  Bantii- Sprache  von  Tete.  73 

(161)    na  (mit,  von)  ^  kommt  vor: 

1.  Als  Bindewort  zwischen  Substantiven  ("28,  2:)  Mimthu  na 
(mit,  und)  stiro  wadacita  uxamwari.  Congwe  adayenda  na  (mit)  nthawa  yacc. 
Amupha  na  mfuti  (er  tötete  ihn  mit  der  FUnte). 

2.  In  der  Bedeutung  von  »von«  in  der  passiven  Form  z.  B.  adamenyiwa 
na  habace  (er  wurde  von  seinem  Vater  gezüchtigt). 

3.  Bei  den  Komparativen,  z.  B.  na  imwe,  na  ine:  in  kuru  ndine 
(ich  hin  stäi'ker  als  du). 

4.  na  —  na  in  der  Bedeutung  von  »so  viel  —  als.«  und  »zwischen«, 
z.  B.  Gura  na  mbuzi,  na  mahira  (kaufe  ebenso  viel  Ziegen  als  Schafe),  Nkhnndo 
na  zigante  na  ine  (Krieg  zwischen  mir  und  dem  Riesen). 

5.  na  mit  dem  Infinitiv  (137,   138),  z.B.  na  kudza  (als  er  kam). 

6.  In  ^^erbindung  mit  dem  Zeitworte  ri  und  kukhara  bedeutet 
es  »haben«  (sein  mit)  (48,  3;  144)  und  mit  dem  Imperativ  von  kudza: 
dza,  dzani,  »bringen«;  dzanaye,  dzanayeni  (bringe,  bringet)  (144);  z.  B. 
dzana  ufa  (bringe  das  Mehl). 

Anmerkung,  nanyil  (warum?  womit:'),  z.B.  Xjathaica'i  JSdatJiawa. 
Nanyi?  Kukhara  na  7idjara  (ich   hatte  Hunger). 

7.  kuna  (vor,  gegen),  kupereka  kuna  Murimyu.  (beten,  bitten  zu 
Gott),  Kharani  na  ntsist  kuna  ife  (habt  Erbarmen   mit  uns). 


§  37.   Die  Konjunktion,  Interjektion  und  die  formlosen  Ausdrücke. 

(162)  Der  Kaffer  hält  im  allgemeinen  nicht  viel  auf  die  Konjunktionen 
und  läßt  sie  leicht  aus.  Manche  von  ihnen,  wie  ndipo  (aber,  also),  kutani 
(wie),  pomwe  (auch),  peno  (wenn,  aber),  mazi  (aber),  -mbo  (auch),  werden 
auch  adverbial  angewendet. 

Originell  sind  kodi  (also,  nun),  ayay  (im  Gegenteil),  tangwira  (»die 
Ursache  ist«  =  weil;  deshalb  kommt  es  bloß  mit  einem  Substantiv  oder 
einem  Infinitiv  vor),  sabwa^  (weil),  nanyi  (weil),  fsono  (nun),  kuti  (daß), 
ninga  (wie),  ne  —  ne  —  (weder  —  noch). 

Anmerkung.  Als  Bindewoi-t  der  Substantive  gilt  na  (161,  1),  als  das 
der  Zeitwörter  aber  die  Hilfspartikel  -ci-  (105);  na  —  na  —  (Tmd  —  und), 
z.B.    Tingaporowe  na  iice,  naine?  (sollten  wir,  du  und  ich,  etwa  fechten?). 

(163)  Beim  Erzählen  macht  der  Kaffer  oft  von  Interjektionen  Ge- 
brauch, weshalb  es  ratsam  ist,  sich  die  gebräuchlichsten  zu  merken.  Also: 
inde  (ja),  ayay  (nein),  nddof  {ndawa!  zu  Diensten!  hier!),  nyonyo!  (sehr 
entschieden:  nein!),  kodU  (wirklich?  jawohl!),  cipo!  (nimmer!),  yowene! 
{ewe!  ewe!  wehl    weh!),    iyd!  (schaut!    schaut!),    nandi!  (höre!    höret!),    ci- 


1  Nicht  zu  verwecliselu  mit  der  Hilfspartikel  ««- (108),  mit  der  gegenseitigen 
Endpartikel  ana  (§  29)  und  mit  der  Hilfspartikel  des  Präsens  in  Sena:  -na-  (§  24 
Note),  obwohl  diese  letzte  granunatikalisch  dieselbe  Partikel  ist.  Ebenso  ist  in  kiitia 
und  muna  dasselbe  na. 

2  sabwa  wird  nur  von  den  KafTern  gebraucht,  welche  mit  den  Portugiesen  in 
Berühruug  kamen.    Es  kommt  wahrscheinlich  .von  sabe  (nämlich)  und  irgend  einem  wa. 


74  V.  D.  Mohl:    Piaktisrhe  Gramniatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

simba!  (hoch!  hoch!),  masikini!  (habt  acht!),  yewo !  (hört!),  wa!  ica!  wa! 
(drückt  ßewunderiinji-  aus:  ah!),  ga!  (wie!  oh!). 

Anmerkuns-  Ein  Zeitwort  kann  als  Interjektion  gebraucht  werden, 
z.  B.  ?ulaba-nyi?  (ich  was  gestohlen?),  hmdicemera-Jco\  (mich  dort  zu 
rufen!). 

(164)  Die  Interjektionen  sind  zu  unterscheiden  von  den  formlosen 
Ausdrücken.  Im  Gegensatz  zu  den  gi-a  m  m  a  t  ik  alische  n  nennen  wir 
formlose  Ausdiücke  jene  Wörter: 

1.  die  einsilbig  vorkommen  (22,  Note  2) ; 

2.  deren  Akzent  beliebig  auf  die  letzte,  vorletzte  oder  drittletzte 
Silbe  fällt  (5.1); 

3.  die  nicht  mit  den  vor-  oder  nachstehenden  Worten  in  eine  gram- 
matikalische Verbindung  treten. 

vSolche  Ausdrücke  sind  z.  B.  Jcwenyu  (ködo  kratzen)  ^  adagwa  dje  (er 
ist  wie  ein  Blitz  gefallen),  adagwa  dwe  (mit  Lärm).  Die  formlosen  Aus- 
drücke treten  an  die  Stelle  mancher  Adjektive  oder  Adverbien. 


§  38.   Die  Struktur  des  einfachen  Satzes  im  Kaffrischen.    Der  kaffrische  Stil. 

(lü."))  Nachdem  wir  das  Material  der  grammatischen  Regeln  vorge- 
legt haben,  wollen  wir  versuchen  auch  Anleitung  zugeben,  wie  man  damit 
verfahren  soll,  um  nicht  k  a  ffi-isi  erte  portugiesische,  deutsche,  englische 
Sätze  zu  bilden,  sondern  echt  kaffrische,  die  den  Gedanken  so  aus- 
drücken, wie  der   Kaffer  sie  meint  und  ausdrückt. 

Weit  davon,  diesen  Stoff  erschöpfen  zu  wollen,  geben  wir  die  fol- 
genden syntaktischen  Regeln  nur  als  einfachen  Versuch,  den  wir  aus 
dem  vStudiuin  der  anzuführenden  Beispiele  geschöpft  liaben. 

(166)  Man  soll  aber  nicht  meinen,  daß  wir  diese  Regeln  als  ohne 
Ausnahme  vorführen.  Der  Mangel  an  klassischer  Sprachentwickehmg  macht 
es,  daß  einzelne  Kalfern  weniger  korrekt  sprechen  und  deshalb  der  Mehr- 
heit gegenüber  eine  Ausnalime  bilden.     Für  uns  ist  die  letzte  entscheidend. 

(167)  Vor  allem  ist  zu  bemerken,  daß  der  Kaffer  in  seinem  Denken 
und  Handeln  sein  Leben  lang  ein  Kind  bleibt.  Wie  Kinder  in  kurzen 
Sätzen  sprechen,  ohne  für  deren  gegenseitige  Gliederung  und  Verbindung 
zu  sorgen,  so  auch  der  Kaffer.  Deshalb  soll  man  um  jeden  Preis  längere, 
komplizierte  Sätze  meiden,  sonst  wird  man  einfach  nicht  verstanden,  z.  B. 
Na  mpindi  yomwe-yo  congwe  adaßka  na  condzi  {\Ävm)  cikurisa,  acißka  pomwe 
pakhana  mphondoro  na  mharame.  Congwe  acirewa:  taßka  ife,  wamuna  icadaßka. 
Mhani  arewerewe'i  —  Mphondoro  na  kuona  kukura  (Gestalt)  kwa  congice  adagopa. 
Mharame  zentsene  zidasekera  na  kuona  mukuru  (Repräsentant)  uawo.  Mphon- 
doro idathawa  iciyenda,  icikamanga  nyumba  inango.  Congwe  adatenga  mharame 
zentsene,  acikhara  (wurde)  kapitaw  (Führer)  na  mharame;  adayenda  kukanianga 
nyumba  cipande  cinango.  — 


'    Für  Sena   s.   über    die    formlosen   Ausdrücke   die    "Grammatik    von   Sena« 
/on  P.  Torrend  S.  J.  (Chupanga)   174  ff. 


V.  D.  Moul:    Praktische  Gi-aininatik  der  Bantu -Sprache  von  Tete.  75 

Muntliu  akhateya  murapo  yace,  adamanga  mharame.  Nyahoko  adadza 
acidya.  Ntsihu  ibodzi  adateya  murapo  ukuru.  Nyalcoko  adadza,  acimangiwa. 
Munthu  adadza ,  adaona  nyaTioko  uakumangidwa.  Ndipo  nyakokn  adareica :  ndi- 
tsudzure.     Akhamara  munthu  adamutsudzura  usw. 

Nkharamba  idatawira:  ndokoni!  mubereke  mu  gna,  munidzaona  ndzou, 
zomwe  zinimwa  madzi.  Galiti  adayenda,  adaona  muriri  ua  ndzou  acisankura 
zikuru  zimuna ,  acipfenda  nthawa,  acipasa  hicu  uace,  acinyamura.  Adayenda 
kutsogoro,  adaona  usw. 

Wadaymda  wasupay,  wadafika ,  wadaona  muriri  ua  ndzou.  Adatoma  mhodzi 
supay,  acirewa:  «swi!  mbuayayangu.'ti  Wentsene  wadataioira:  ^^ swi !  nibuaya  yangu  1 
swi!  mbuaya  yangu!'^  Mbuaya  na  kubwa  cipiringu,  idakaripa,  idaphata  nyama 
zentsene  (d.  h.  Elefanten),  icidya ;  iciyenda  kuna  wanthu  iciwadya,  idayenda 
ku  mui,  komwe  kukhana  mbuya  uace,  icimudya,  iciyenda  mu  thengo. 

(168)  Die  Hau|)tsäUe  weiden  manchmal  verbunden  durch  das  -ci 
(105,  162),  die  Hilfsj)artikel  -ka-,  und  Bindewörter  wie  ndipo,  pomwe, 
tsono,  kodi  usw.  Die  letzten  stehen  dann  gewöhnlich  am  Anfang  des  Satzes 
vor  dem  Subjekt  (36  und  37).  Nur  -mbo  als  Suffix  muß  immer  nach  dem 
Subjekt,  oft  gleichzeitig  auch  nach  dem  Prädikat,  stehen:  adapumpsa  ba- 
bangu,  ine -mbo  ndamupumpsa-mbo. 

Das  -ka-  kommt  in  Anwendung,  wenn  der  erste  Satz  eine  Bewe- 
gung bedeutet,   z.  B.  tiyende,  tikaone. 

(169)  Präzis  und  kurz  in  der  Satzbildung,  ist  der  Kaffer  in  seiner 
Denkweise  sehr  weitläufig  und  ausführlich.  Dies  leuchtet  besonders  in  den 
pleonastischen  Ausdrücken,  wovon  später  die  Rede  sein  wii-d,  dann  wo  er 
die  kollektiven  Wendungen  meidet,  wo  er  das  Wort  kuyenda,  kudza  bei 
jeder  neuen  Phase  der  Handlung  gebraucht,  hervor  usw. 

Munthu  mbodzi  adayenda  kukagura  mbuzi,  mbuzi  ziwiri,  mabira  ziwiri. 
Ndipo  adafika,  pa  kamadzi,  adarewa:  «mbuzi  zangu-zi  mazikhare  pano.  Ine 
ndiniyenda  kutsogoro  (konnte  ganz  ausbleiben) ,  ndikature<^.  Adayenda 
kutsogoro  usw. 

Suro  adayenda,  adaona  muti,  acigwata ,  acisema  mpsimbo  ikuru.  Ada- 
yenda adaona  mbidzi  ikhana  wana  wace.  Adayenda  adaona  ndzou yakufa  usw.' 

Nkhuku  idadza^  idaona  mbuaya  iri  mu  kudya  mazay. 

Moto  adaphika  bwadwa ;  nkhumba  idadza '  icimwa. 

Cimbarame  cidayenda  cidakapasa  munyu  nkhioazi  ....  Nkwazi 
idayenda  kuna  nyakoko  icimupasa. 

Kamha  adayenda,  adafika  acitoma  kuimba. 

Ndzou  idakumbuka  kuti  kamba  idafa,  peno  (oder  vielleicht)  adathawa.  — 

Ndipo  ndzou  (das  Subjekt  so  oft  wiederholt)  idayenda  (nachher),  idabva 
kupsaira  mu  nyumba  icisadzokera ,  idaona  kamba,  akhapsaira.  Ndzou  idase- 
kera,  icikondwa ,  iciyenda  kukacemera  wandzace. 

1  Wir  sehen,  daß  aday  endannA  adafika,  obwohl  als  Zeitwörter  gebraucht, 
eigentlich  die  Stelle  von  Adverbien  (nachher,  dann,  als  usw.)  oder  Bindewörtern 
(und,  wo  usw.)  vertreten.  Diese  echt  kafFrische  Wendung  ist  sehr  oft  gebräucli- 
lich  und  zu  gebrauchen.  Ebenso  kommt  kutewera  in  Aufzälilung  im  Sinne  von 
nachher,  dann.    Zoze  akhnri  nikuru,  acitewera  Luizi,  acitewera  Zoaw. 


76  V-  D.  Moiil:    Praktische  Grammatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete. 

§  39.    Die  Wortfolge  in  den  Hauptsätzen. 

(170)  Die  kaffrische  Wortfolge  ist  in  der  Eegel  natürlich  und  logisch. 
An  erster  Stelle  steht  das  Subjekt  mit  seinen  Appositionen  oder  relativen 
Sätzen,  dann  kommt  das  Prädikat;  diesem  folgt,  wenn  es  nicht  in  ihm 
eingeschlossen  ist,  das  unmittelbare  Objekt  und  diesem  dann  das  mittelbare 
mit  den  Adverbien. 

(171)  Unter  den  Apjjositionen  kommen  zuerst  die  pränominalen  Ad- 
jektive (§  4,  5,  6)  (das  possessive  nimmt  immer  die  erste  Stelle  ein),  dann 
die  starken  Adjektive  (12),  zuletzt  die  schwachen,  wobei  die  ursprüng- 
lichen den  Vorrang  vor  den  abgeleiteten  haben  (20  —  25,  87). 

(172)  In  den  Ausdrücken:  «es  ist«,  »wo  ist«,  »es  ist  nicht«,- av eiche 
durch  die  Formen  muna,  pana,  mukhana,  pakhana,  muribe,  paribe, 
mukharibe,  paTcharibe  kafi'risch  wiedergegeben  werden  (50),  ist  die  Wort- 
folge kori-ekt.  NämHch  diese  Ausdrücke  kommen  an  erster  Stelle,  da  sie 
das  grammatikalische  Subjekt  {mu,  pa,  ku)  in  sich  tragen  und  das 
logische  Subjekt  grammatisch  nur  ein  direktes  Objekt  ist. 

(173)  Wenn  man  irgend  einen  Satzteil,  sei  es  das  Prädikat,  das  Ob- 
jekt, ein  Adverbium  usw.,  hervorheben  will,  so  wird  er  den  anderen 
vorausgeschickt  (200). 

§  40.    Fortsetzung.    Hauptsätze  mit  einem  Fürwort  zum  Subjekt. 

(174)  Wo  die  erste  und  zweite  Person  gleich  im  Singular  oder  im 
Plural  das  Subjekt  bildet,  da  genügt  es  in  der  Regel,  bloß  das  schwache 
persönliche  Fürwort  (31)  mit  dem  Zeitwort  entsprechend  zu  verbinden. 
Dasselbe  gilt  von  den  P'ürwörtern,  welche  das  Objekt  bilden. 

Nyakoko  adarewa!  ndibereke!  ndikakupagari  (setze  dich  auf  mich! 
ich  werde  dir  dort  bezahlen).  —  Tembo  adayenda  kutsogoro,  adaona  munthu 
mkuru  omwp  akhatyora  miti,  acirewa:  y>Nandi  iwe  sabwanyi  unityora  miti?'. 
usw.;  Guliti  adarewa:  -»Tyora  (spalte)  mapiri  yentse.  Timutusire  kuti  o/«. « 
Tembo  adarewa:  r>Sabioanyi  muniphika  phara  na  ?nadzi?  acirewa  - 3Iw  asaya 
mqfuta?<i^  —  «Peno  ndiwe  Guliti,  omwe  wanirewa  wanthu.'. 

(175)  In  denselben  Fällen  wird  aber  das  Fürwort  in  seiner  starken 
Form  hinzugefügt,  wenn  es  sich  um  Nachdruck  handelt  (198). 

Anmerkung.  Bei  besonders  aufgeregtem  Gefühl  wird  das  starke 
Fürwort  zweimal  gebraucht.  Guliti  adarewa:  'Nandi  iwe!  sabwanyi  unityora 
miti'i'^  Cimnnthv  cidatatcira:  ^'Ndinikwanisa  kutyora  miti,  sabwa  ibzi  mbza- 
kudya  bzangah'^  Guliti  adamutawira:  «Salrwanyi  iwe  unitawira  na  nkari?  .... 
sabwanyi  unityora  mapiri'}  ine  ndinati  kuona  phiri.«-  Cimunthu  cidarewa: 
yJJdacoka  kuponi  iwe,  komioe  unati  kuona  phiri? '^  Gtiliti  adar:  ^Tsono 
unifuna-nyi  iwe  na  ine?«-  Cimunthu  cidatawira:  ^^Ine  ndinifuna  kuporowa 
na  iwe.'^^  —  Nyasa  adareioa  kuna  suro:  ^Xamicari,  ine  ndinikagwa,  ndini- 
kafa,  ukatenge  mucira  uanyati,  udzandimenye  nawo.<^  Suro  adarewa:  ^ Ndini- 
funa mawara<^  ....  usw.  Mbidzi  adar:  «Inde,  ine  kufuira  kwa  mphara  ndinisi- 
yirira. « 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Baiitu- Sprache  von  Tete.  77 

ThiTca  adayenda  huna  mphondoro  adar:  ^^JVdine!  (dabin  ich!)  muandice- 
mera  mutumhe'^ «■  Mphondoro  idar:  ySabwa-nyi  iwe  unikaputa  wenelcaciro 
(Hausherr) i* «  Thika  adar:  r>nenene,  mutumbe!  ine  ndafuna  kvgwa ;  ndicitsamira 
kancere,  kadrira<^.  —  Mwana  adar:  «live  sindiwe  mkuru,  omwe  adatoma 
kurasa  nyati}<^ 

Munthuadar:  «Imwe!  mhuzi  imwe!  peno  sindimwe  mhuzi  zangu,  ndi- 
dakugurani  na  peza  zinay.a- 

(176)  In  der  dritten  Person  wird  das  iye,  iwo  selten  gebraucht. 
Das  schwache  Fürwort  genügt,  oder  man  wiederholt  das  Hauptwort;  da- 
gegen öfter  das  iro,  iyo,  ico,  ibzo  usw.  Mphondoro  idareioa:  «Iwo  xcana 
mphamvu  kuposa  ife.'<^      Thika  adatawira:  «inde!  mutumbe!"- 

Anmerkung.  1.  Wenn  man  in  der  dritten  Person  Singularis  spricht, 
ohne  daß  es  durch  ein  vorangehendes  Substantiv  determiniert  ist,  so  hat  das 
zu  bedeuten,  daß  es  sich  um  einen  Vorgesetzten,  —  um  jemand  handelt,  der 
Autorität  besitzt,  z.  B.  der  die  Missionsbuben  leitende  Missionar  ruft  einen 
Knaben,  der  damit  Beauftragte  sagt  dem  andern:  anicemera  (er  ruft). 

2.  Natürlich  aus  demselben  Grunde  ist  iye  (Er)  simpliciter  nur  Gott 
der  Herr.  Wir  sehen  es  z.  B.  in  dem  Schwur:  caiye  (wahrlich)  =  cinihu 
Ca  Murungu  (die  Sache  ist  so  wahr  wie  Er,  d.h.  Gott). 

(177)  Im  Imperativ  wird  in  der  zweiten  Person  Singularis  und  Pluralis 
kein  schwaches  noch  starkes  Fürwort  gebraucht  (das  -ni  von  der  zweiten 
Person  Pluralis  ist  mehr  als  Ergänzungspartikel  aufzufassen).  Im  Subjunktiv 
dagegen  kommt  in  der  Regel  nur  das   schwache  Fürwort   zur  Anwendung. 

(178)  Im  höflichen  Verkehr  wird  eine  Apostrophe  vorausgeschickt 
mit  einem  imwe  bei  älteren  Leuten  oder  Unbekannten;  iwe  bei  Unter- 
geordneten. Im  ersten  Fall  pflegt  man  noch  ein  Epitheton  hinzuzufügen, 
wie  mutumbe,  mbuya  (Herr),  vfikuru  (soviel  wie  Exzellenz),  mambo  (Herrscher), 
sinyor!  doutor!  may  (bei  alten  Weibern  =  Mütterchen),  pay!  Im  letzten 
Fall  fügt  man  hinzu  den  Namen  iioe,  suro;  iwe,  Zoaio  ....  oder  iwe, 
xamwari!  usw. 


§  41.   Die  Fragesätze  und  die  imperativen  Sätze. 

(179)  Das  Zeichen  einer  Frage  ist  in  der  Regel  das  -nyi'i  Dadurch 
entstanden  jene  adjektiven,  fürworthchen  oder  adverbialen  Fi-agewörter  wie 
-poni'?,  mbani^,  ninyil,  kuponi^,  -yanyif  In  manchen  ist  das  phonetische  y 
ganz  verschwunden. 

An  das  Zeitwort  allein  angeheftet  kann  -nyii  nur  bei  den  transitiven 
was.^  (acc.)  bedeuten,  sonst  ist  es  einfach  ein  Zeichen  der  Frage. 

(180)  Das  Zeitwort  mit  dem  -nyi?  konunt  in  der  Regel  an  erster 
Stelle  im  Satze  vor. 

Anmerkung.  1.  mbanif,  ninyi?,  nguponi?,  mbzanyi?  usw.  enthaltoMi 
in  sich  die  Kopula,  folgen  also  auch  dieser  Regel. 

2.  Die  adjektiven  Fragewörter  folgen  dem  Zeitworte,  wenn  dies  das 
Subjekt  des  Adjektivs  enthält,  z.  B.  ndiwe  yani?,  pasa  cisu?,  cisu  canyi'} 


78  V.  D.  Mohl:   Praktische  Grammatik  der  Bantu -Sprache  von  Tete. 

3.  sahwanyi  hat  immer  die  erste  Stelle;  die  übrigen  Wörter  mit  -nyi 
so  nali  als  möglich  dem  Prädikat:  Sahwanyi  unidya  usua'i  .  .  .  Temho  adadza: 
nguponi  mucamu  uangu"?  .  .  WamaJcabusa  wadar:  tatyoreranaf  Temho  adar: 
sahwanyi  mwatyora  mucamu  uangul  Nyati  icir :  unifuna-nyi  suro?  .  .  .  mphara 
idar:  ninyi  unifuna  suro^  .  .  .  nyanJchalize  adar:  tonga  suro  hzomwe  unifunaf 
Suro  acirewa:  ndikati  ndifune-nyi^  (was?  sollte  ich  nicht  wollen?)  ...  Suro 
adayenda  adahvundza  acirewa:  muna-nyi  umo7  ....  Mphondoro  idar:  mbani 
uaTcuputani  wahwenzi}  munitipasa  manthal  Thonde  idar:  mantha  yanyif  .... 
Nyarugwe  idar:  Suro  wana  wangu  ungawaphe'^  Suro  adar:  Arekere-nyi  (was 
sollte  wehren?)  Icuphaf  .  .  .  Mambo  adar:  peno  ndimwe  muapha^  Nguponi 
musoro  ukuru'^  adahvundza  (dann  fragte  er)  mwanace,  acir:  Ndiwo  wapha  awaf^ 
Mwanace  adatawira:  nenene,  sindiwo?  ....  Adayenda  huna  mwamuna  adar: 
tabutaza  utsi  kuhucita  nkhata?  Micamuna  adar:  ni  mJcuru-nyi  omwe  adacita 
handa  ra  mwaral  ....  WeneTcaciro  adar:  ndiwe  yani  uri  umu?  uciti  (sprich): 
ndine  harombo'?  ....  Riri  Jcuponi  tupi  race'l  wana  wadaiawira:  ririJ  ....  Sabica 
imwe  mukhara  Tcundja,  ne  Icutiringira  tumunya  ndidzacite  manhhwara?  Suro  ada- 
tawira: Peno  unifuna  ndeu-fayai  Unifuna  Tcuti  upumpse  ine  ndiyende  mmui, 
wantliu  waJcandipere-nyii  Nyakoko  adar:  kodi  iwe  suro?  nkhurewa  kwanyi 
komwe-ko?  suro  adar:  tsono  ndikati  nditawire-nyi?  ....  Mwana  idar:  munitha- 
wanyi  kodi? 

(181)  Es  ist  aber  das  nyi?  nicht  absolut  notwendig,  denn  es  kann 
ohne  dasselbe  ein  Fragesatz  bestehen ;  nur  kommt  wie  in  den  Fragesätzen  mit 
nyi?  das  Prädikat  auch  dann  in  der  Regel  am  Anfang  des  Satzes  vor,  z.  B. 
Acibvundza  pomwe:  Ramara  ndipo  handa?  ....  Temho  adar:  Nandi  iwe, 
sahwanyi  unimwa  madzi  yentsene?  lyeadar:  Ndikhamwa  madzi  ngako?  Temho 
adar:  Kodi!  nkhutawira  (44)  kwanyi  komwe-ko?  (25,  3)  peno  unifuna  ndeu? 

(182)  Nach  allgemeinen  Prinzipien  kommt  auch  in  den  Fragesätzen 
dasjenige  Glied  nach  vorn,  welches  besonders  hervorgehoben  wird,  trotz 
der  oben  angeführten  Regeln,  z.  B.  Tsono  ine  ndinipagari-nyi  kuna  congwe?  .  .  . 
Utenda  homwe-ho  mankwara  ninyi?  (statt  ninyi  mankwara  ya  utenda?)  Suro 
adar:  Nandi  mutumbe!  munda  uno  ngwanu?  (ngwanu  mundti  uno?)  Congwe 
adar:    Bahanu  uayenda  kuponi?  (uayenda  kuponi  babanu?) 

(183)  Wo  das  starke  Fürwort  vorkommt,  ist  seine  Stelle  am  Ende 
des  Fragesatzes:   TJdacoka  kuponi  iwe?    Cintsomba  cidatawira:  ndiwe  mbani  iwe? 

(184)  Das  Adverb  joeTio  fängt  oft  Fragesätze  an:  Peno  unifuna  ndeu? 
(vielleicht  willst  du  streiten?). 

(185)  In  den  imperativen  Sätzen  kommt  meist  das  Zeitwort,  dann 
der  Vokativ  usw.  vor:  Nandi  munthu!  natifendere  kundja!  Suro  adar:  Retcambo 
munthii! 

Anmerkung.  Der  Nachdruck  verlangt  auch  hier  eine  Ausnahme, 
z.  B.  Munthu!  tenga  mujjini  ua  phara ;  vphe  nyakoko! 


^  Es  ist  dieses  ndiwo  und  sindiu-o  zu  merken;  iwo,  siwo  kommt  sehr 
selten  vor,  bloß  plconasfisch  gebraucht,  wo  schon  das  sehwache  Fürwort  vorkam. 
So  bei  anderen  Füi-vvörtern :  ndiwe  yani"?  ndine  Zuaw ,  mbani  uakul-ntdziira?  ni 
munthu  vnbodzi? 


V.  D.  Mohl:    Praktische  Grammatik  der  Bantu-Spraclie  von  Tete.  79 

(186)  Wenn  mehrere  Zeitwörter  einen  Befehl  enthalten,  so  steht 
nur  das  erste  im  Imperativ,  alle  folgenden  im  Subjunktiv,  wie  im  letzten 
Beispiel:  ndokoni  mubureke  mu  goa,  munidzaona  ndzou!  Temho  adar:  Rekani 
Tcutyora,  mudzandipase !   Congwe  adar:  pita  mu  nyumha ,  uphe  cinthu  ico! 


§  42.   Die  temporären  und  relativen  Nebensätze. 

(187)  Die  temporären  Nebensätze,  welche  wir  mit:  als,  dann,  wann, 
da,  wo  usw.  anfangen,  drückt  der  Kaifer  verschieden  aus. 

1.  Durch  pa  und  na  (138),  wobei  der  Nebensatz  gewöhnlich  vor 
dem  Hauptsatze  steht.  Manchmal  wird  ihm  das  gemeinschaftliche  Subjekt 
vorausgeschickt:  Pa  kuphilca,  pa  Icutira  mafuta,  adadza  cintsomha. 
Mphondoro  na  Icuona  Ttuhura  (Gestalt)  Tiwa  congwe  adagopa.  Pa  kutoma 
(zuerst  ^  anfangend)  zidafika  zimbaramc,  cicipusa.  Sirisiri  na  kupita,  adaru- 
miwa ,  acifa.  Na  kuona  congwe,  kuti  doutor  uace  adqfa,  acicemera.  — 
Thika  na  kuhva,  adathawa,  acikauza  mphondoro,  acireioa  ....  Na  kubva 
mphondoro,  idarewa  .  .  .  Mbuzi  na  kubva  mafara  aya,  zentsene  zidatawirn, 
zicirira  .  .  .  Maiiro  pa  kudya  adadza  mwana  na  mbuaya  uace.  Nyadzimice 
adayenda  kuk:aba  ndzama.  Suro  akhadakhara  mu  munda  mwace,  adaona  nya- 
dzimwe  na  kuba  (als  er  stahl;  besser  wäre  iri  mu  kuba). 

(188)  2.  Ohne  besondere  Partikel,  indem  entweder  der  Neben- 
satz als  Hauptsatz  an  das  andere  gereiht  ist,  oder  indem  durch  die  Hilfs- 
jjartikel  -khada-  sein  Zeitverhältnis  zum  Hauptsatze  bezeichnet  wird:  Sirisiri 
adayenda,  acimanura  (und  nachdem  er  herunternahm)  nthawa  yace,  acimbu- 
ruka.  Suro  adar:  ndikhadayenda  (Fut.  exact.)  kukasamba,  rekani  kudya  nyemha. 
Nsato  acirewa:  ukhadqfika  (nachdem)  pa  gombe  pa  zigante,  ukarewe  usw. 

(189)  Die  relativen  Sätze  werden  im  Kaffrischen  durch  omioe 
(welcher,  der,  24)  ^  oder  ohne  dasselbe  w^iedergegeben.  Es  scheint  mehr 
klassisch  zu  sein,  sich  ohne  omwe  auszudrücken. 

In  beiden  Fällen  ist  zu  unterscheiden,  ob  das  relative  P'ürwort  als 
Subjekt,  als  Objekt  oder  als  ein  anderer  Redeteil  erscheint. 

(190)  Ist  es  ein  Subjekt,  dann  muß  das  -omwe  bzw.  das  Prädikat 
mit  dem  Hauptworte  übereinstinnnen,  z.  B.  suro  adaona  nyati,  ikhadya  (der 
Hase  sah  ein  Zebu,  das  weidete).  Ntsiku  yomwe  mitiiyi  inidzacoka  muropa, 
dziwani  kuti  ndafa. 

Anmerkung.  1.  Aus  dem  letzten  Beispiele  sehen  wir,  daß,  wenn 
das  Fürwort  weder  als  Objekt  noch  als  Subjekt  voikommt,  es  wie  ein 
Subjekt  behandelt  wird. 

2.  Wenn  das  Substantiv  mit  einer  lokativen  Partikel  verbunden  ist, 
so  ist  das  ihm  entsprechende  relative  Fürwort  immer  ein  Subjekt  in  der 
lokativen  Form:  mwana  adafika  pa  musuo  pomwe  pakhana  mamho. 

(191)  Ist  es  ein  Objekt,  so  kann  es  einfach  mit  seinem  Substantiv 
übereinstimmen    und  als   Objekt   bleiben,    z.B.    Gnliti  adafa:    miti ,   yomive 

1  Zu  unterscheiden  von  -omive  (derselbe,  dieser);  ira!  ni  nthawa  yomire-yi! 
inde!  inangwana  ndidzacite -  mbo  bzoinice-bzi. 


80  V.  D.  Mohl:    Praktische  Gr;inunatik  der  Baiitu  -  Sprache  von  Tete. 

adazika  {ßuliti),  idacoJca  muropa.  Oder  es  wird  grammatisch  zum  Subjekt, 
z.  B.  Mu  mmunda  mica  suro  zitokota  (nyemha).  Nyadzimwe  ne  Tcumera  zinango 
zomwe  zidabzara  suro.^ 

Anmerkung.  Ist  in  letzterem  Fall  das  Subjekt  ein  jjersönliches  Für- 
wort in  der  ersten  oder  zweiten  Person,  so  wird  die  starke  Form  gebraucht. 
Hier  wäre  zomwe  zidabzara  {ine,  iwe,  imwe,  i/e)  zu  nennen.  In  der  dritten 
Person  liaben  wir,  obwohl  sehr  selten,  die  verkürzte  Form  als  Suffix  (29,  4.) 
zomwe  zidabzara-ye  {zidabzara- z6)  usw. 

(192)  1.  Oft  wird  in  allen  diesen  Fällen  das  Antezedens,  d.  h.  das  Sub- 
stantiv, ausgelassen  Bzomice  tinirewa  timbacite,  z.  B.  (fehlt  bzinthii)."^ 

2.  Oder  im  Gegenteil  wird  das  Substantiv  wiederholt,  z.  B.  Sabwanyi 
muatyora  mucamu  uanyu,  mucamu  adandipasa  Tembo  m^Jcuru7 

3.  Eine  spezielle  Art  von  relativen  Ausdrücken  ist  z.  B.  adaona 
nyanmgumi  ari  mu  kudza  (48,  1).  Sie  ist  mit  Tcuona  in  der  Regel  an- 
zuwenden ,  sonst  selten. 

4.  Der  relative  Satz  muß  seinem  Substantiv  unmittelbar  nachfolgen, 
wobei  man  Abstand  nimmt  von  den  allgemeinen  Regeln  der  Nachfolge, 
z.  B.  Asara  suro  (nicht  suro  asara),  uasaya  menyanga.  Ona  muara,  unidza. 
Mbitzi  zidabara  nsiponi?  (welche  sind  die  Ziegen,  die?). 

5.  Wenn  der  relative  Satz  mit  der  ersten  oder  zweiten  Person 
verbunden  ist,  so  kann  sein  Zeitwoi-t  entweder  in  der  dritten  Person 
stehen  oder  mit  dem  Antezedens  übereinstimmen,  z.  B.  Udarodza  m/uii  yangu 
siwef  oder  adarodza  mfuti  yanga  siwe?  ndine  ndinimanga  süro  oder  ndine  (ich 
bin  es,  welcher)  animanga  suro. 

<^  43.    Die  kausalen,  finalen,  konditionalen  und  unabhängigen  Sätze. 

(193)  Man  kann  einem  Satze  den  kausalen  Charakter  geben,  indem 
man  ganz  einfach  etwas  affirniiert,  Guliti  adabmindza:  sabwanyi  unidya  usua? 
Cinmuthu  adamutawira,  ndireke  kudya  uswa  (weil),  mbzakudya  hzangu. 

(194)  Oder  indem  man  an  die  Spitze  des  Satzes  sahica  oder  tang- 
wira  (mit  einem  Infinitiv)  setzt,  z.  B. :  sabwanyi  unityora  miti'i  cinmuthu  adami- 
tawira:  ndinikwanisa  kutyora  miti?  sabwa  ibzi  mbzakudya  bzangu.  Micana 
adareioa:   May!  pJmni  nkhuktt  ya  pa  mazay ;   7nupase  suro,  adye:    sabwa  ni 

^  In  Sana  wird  hauptsächlich  diese  Form  gebraucht.  In  Tete  dagegen 
selten,  z.  B.  ndlpase  cuma  canga ,  cidakwata  iwe.  Muanako  adapha  ine.  Nguo  yanga 
inafuna  ige.  (inafnna  - ye).  Piombo  pidamka  -  no.  —  Ndione  mano  ako  anamara 
na  iwe  wanthit ;  nyama  zinapha  ma tnunanga  iiyu  zina  minyendo  mitatu;  ayendn 
naye  ku-ene  ko ,  knnakhara  ige;  kontxenrko  kukafamho-tco  iripo  nkharamu.  —  Es 
wird  auch  hiei'  oft  das  Substantiv  ausg^-lassen:  aona  pinadye-ye  {pinthu,  pinadye-ye); 
pidaßka-ye  (als  er  ankam);  longani  pinafuna  imwe;  kuyende-ye  tiri  pahodzi;  ndi- 
pangeni  kudende-ye;  ndinafuna  kucita  mbew  kunakhara  ine;  cidalonga  imwe,  m  ceneri? 
hidamara  (dort,  wo)  iwe  kupha  wandzatu,  lero  ndakupha. 

■-*  Hierher  gehören  eigentlich  grammatikalisch  viele  Au  drücke  mit  der  variablen 
Kopula,  so  z.B.  adarewa  mhani?  (wer  ist  dieser,  welcher  gesprochen  hat?),  mhani 
uandihera  Jinino  (wer  ist  der,  welcher  micii  hier  bestohlen  hat?),  cinidza  ninyi'^  (was 
ist,    das   kommt?). 


V.  1».  Moni.:    Praktische  (Irimiiiialik   dcv  Bautii-Spraclie  von  Tete.  81 

xamwari  ua pay.    Nyakolio  idayenda  ku  mui  Jcioace ,  akhafuna  Tiufa  tangwi  ra^ 
Jcusaya  munyu. 

(195)  Die  finalen  Sätze  drückt  man  aus: 

1.  Durch  kuti  mit  dem  Subjunktiv,  z.B.  GuUti  adasiya  Cityoramapiri, 
hnti  apTiike  nyama  .  .  .    Tacita  kiikuuza ,  huti  tipase. 

2.  Durch  die  Hilfspartikel  -Tta-  mit  dem  Subjunktiv:  Ndinißma 
mawara;  mawara  ndijcapase  nyati;  nyatl  ikandipase  mucira;  mucira  ndiJca- 
menyese  xamicari  uangu  nyasa. 

3.  Durch  den  Infinitiv  mit  der  Hilfspartikel -A'«-:  Munthu.  adayenda 
kukagura  nkhukti.    Adayenda  kukamanga  nyumba  cipande  cinango. 

4.  Durch  die  possessiveForm:  Mwana  akharibe  mpamvu,  zaku  nya- 
mura  dipa  (um  den  Wurfpfeil  zu  tragen). 

Anmerkung.  Man  kann  auch  die  Finalität  des  Satzes  umschreiben 
durch  das  Futurum  likatenge  mucira  ua  nyati,  udzandimenye  naioo  oder  anders, 
wie  thika  adayenda,  akafuna  kuphata  kancere  kabodzi. 

(196)  Die  konditionalen  (Bedingungs-)  Sätze. 

Der  Antezedens  steht  in  der  Regel  an  erster  Stelle  und  wird  gebildet: 

1.  Durch  peno  mit  dem  Indikativ  (auch  ipö). 

2.  Durch  die  Hilfspartikel  -ka-,  auch  mit  dem  Indikativ. 

Der  Konsequens  (Nachsatz)  ist  verschieden,  je  nachdem  er  bestimmt 
oder  unbestimmt  ist. 

Ist  er  bestimmt,  so  steht  er  je  nachdem  im  Indikativ,  Subjunktiv 
odei'  Imperativ.  Wo  im  Vordersatze  -ka-  vorkommt,  bekommt  er  auch 
gewöhnlich  ein  -ka-. 

Ist  er  unbestimmt,  so  bekommt  er  -nga-  mit  dem  Subjunktiv. 

Peno  anifuna  kuporowa  na  ine,  tiporowe.  Ipo  congwe  anidza  udzakaphate. 
Peno  anidza,  anidzapedioa.  Peno  imtce  muandiphata  m-cira  ndinifa.  Peno 
cirombo  cinidza ,   mucirase. 

Xamwari,  ine  ndikagioa  ndikafa.  Suro  mbodzi  alchari  uakucenjera, 
adakumhika ,  kuti:  nyemba-zi,  tikadyera  pabodzi  sindinikwanisa  kukhuta.  Peno 
tinidzapikixana ,  ungakTiare  mukuru  ndiwe? 

(197)  Die  abhängigen  Sätze.    Wir  können  sie  ausdrücken: 

1.  Durch  kuti  und  den  Indikativ:  Mamace  adadziwa,  kuti  Guliti 
unfa.  jyrkazi  ua  mphondoro  adadza ,  acipha  tMk:a,  romwe  ridapumpsa  mii-a- 
nnma  uace,  kuti  apJiedwa  .  .  .  Suro  adayenda,  adaona,  kuti  adacosa  khanda. 

Anmerkung.  Die  direkten  Reden  werden  entweder  ohne  Vermittlung 
nach  dem  Worte  »gesagt«  angeführt  oder  vermittels  kuti.  Suro  mbodzi  ada- 
kumbuka ,  kuti:  nyemba-zi,  tikadyera  pahodzi,  sindinikwanisa  kukhuta. 

2.  Einfach  durch  den  Infinitiv,  besonders  nach  den  Verba  sentiendi. 
Sriro!  iwe  uandiona  ktcdioara  kuno;  ndipo  tingaporoioe  na  iwe  na  ine7  .  .  . 
Munthu  akliana  cidzumo  kwene  kicene  na  kuona  miti  kuima  .  .  .  Thika  na 
kubva  ndowe  kulioma  (findend,  daß  Mist  gut  ist)  adarewa  na  ulcari.  —  W^a- 
dabva  wanthu  wa  kumui  kambarame  kuimba. 


^    tangwi  ist  ein  Substantiv  und  wird  auch  als  adverbiale  Präposition  gebraucht. 
Tangivira  iwe  ntsiku  zentse  tinlkhura  na  ndjaru.     Tangwi  ra  kufuira,  ndipo  tinigopa. 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1901.     111.  Abt.  0 


82  V.  D.  Mohl:    riakti.sche  (Tramuiatik  der  Baiitu-Spi'ache  von  Tete. 

§  44.    Die  kaffrischen  Idiotismen:    Pleonasmus,  Assimilation,  Emphasis  und 
einige  andere  Eigentümlichkeiten. 

(198)  Die  pleonastische  Wiederholung  ist  bei  den  Kaffern  sehr  beliel)t. 

1.  Wir  haben  schon  (175)  darüber  gesprochen  in  bezug  auf  die  Für- 
wörter. Tsonn  ndikati  nditawire  nyi7  Peno  unifwna  ndeu;  hwera,  tiporowe. 
Ndzau  idarewa:  tinimwa  na  m'malcutu,  -na  m^ maTciitn ,  ndife  wamuna  xva- 
hiru  wakuru.  Nandi  imwe!  ndibzo  bzomice  mwacita  ibzi!  icakoro  loadatauira : 
ndihzo  hzomwe  tacita  ....  Imwe!  mutumbe  imwe!  .  .  .  Ndokoni!  mukaone! 
imwe  munisaya  kuuza  koso  na  congwe ,  sabioa  aioo  ndiwo  wanikhara  m'mui.^ 

2.  Das  Subjekt  und  das  Prädikat  (die  Wurzel)  werden  oft  empliatisch 
wiederholt,  z.  B.  Wandzace  wakari pandja,  matika  wandzace.  —  Sabicanyi 
munirewarewa  mu  nyumba-mo?  .  .  Kambwaya  kadatoma  kurira,  kacimbaimba 
cimbo  cace  ....  Mbare  uace  aribe  kubva  acimhaimba  adaona  nsawawa  ida- 
kurakura. 

3.  Manchmal  wiederholt  der  Kaffer  auch  einen  ganzen  Satz:  Xdzrm 
zokhazokha  zidacita  jiyumba  ikuru,  zidakhara  ntsiku  zentsene  na  bzirambo 
hzinango;  zikhakhara  momwe-mn  pabndzi  na  ndzou  ....  Wakamba  wango- 
nongmiomwe,  muribe  ne  thnpi,  kathupi  kari  mcibade  .  .  .  Suro  idayenda,  nsendzi 
idayenda,  mcenga  —  mbo  aciyenda  —  mho  ....  Kosi  adathaica  na  bzentsenc 
bzakvhvara  bzidathawambo. 

Anmerkung,  na  bzirambo  bzinango  und  bzentsene  bzakiibcara  ge- 
liören  zu  zwei  .Sätzen,  die  sie  zu  einem  machen. 

4.  Von  dem  wiederholten  -mbo  (156)  und  -ka-  in  den  Bedingungs- 
sätzen (196)  war  schon  die  Rede. 

(199)  Die  Assimilation  ist  sozusagen  die  Basis  der  kaffrischen 
Sprache.  Auf  ihr  gründet  sich  die  ganze  Klassenbildung,  besonders  die  der 
lokativen  Klassen.  —  In  den  relativen  Sätzen  haben  wir  sie  auch  bemerkt, 
z.  B.  Rekani  kucita  bzomwe  bzacita  suro  {uacita  suro)  .  .  .  Bicadwa  bwatu 
btino  bunimwa  roanyakukwira  m'dznru  .  .  .  Kodi  ukhatawira  kicanyi  komiceko? 
(was  ist  das  für  eine  Antwort),  Adakhara  nnintku  pa  gombe ,  pakhnna  (statt 
u-akhana)  mnsinkhu  ukuru. 

(200)  Eine  emphatische  Wendung  der  Kaffern  bildet  die  Stelhmg 
am  Anfang  des  Satzes  desjenigen  Wortes  (oder  Satzes),  welches  man  hervoi-- 
heben  will,  so  z.  B.  das  Subjekt:  Uyu  ndiye  uapha  nyanmgumi  .  .  .  Tsono 
mayikhcara  ya  utenda  ninyi^  (also  das  Heilmittel  der  Krankheit:  was  ist 
das?),  Omice  anifuna  kuroora  mwana-yu,  akacite  banda,  ra  micara  (welcher  das 
Mädchen  heiraten  will  —  er  tue  den  steinernen  Mörser),  TJadza  na  kxdpa, 
ndiwe  (kamst  mit  der  Schuld  —  du  bist  es),  utenda  bomice-bo  mankhwara 
ninyi?  iwe,  sindiwe  mukuru,  omice  adatoma  kurasa  nyati;  uyu  sindiye  uaci- 
wiri,  omwe  adarasa  mbidzi. 


1  Eine  besondere  Bedeutung  liat  der  i)leonastische  Ausdruck  uace,  iiace;  yace 
yace\  cace  cace  usw.  bekommen,  z.  B.  Suro  adayenda;  wentfcne  tcadayenda  inbido 
yace  yace  (d.  h.  jeder  an  seinen  Platz). 


V.  1).  INIoiir,:    I'rakiisclic  Graiiiiiiatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  83 

(201)  Verschiedene  idiotische  Wendungen: 

1.  Ndinihva  mbidzi,  kuti  suro  ari  pa  ndfira,  anipha  wanihu.  —  Utiro 
adarcica:  ndine!  inde!  ndinihveJcera  mhiri  pa  ndfira  pano  {ndinibveJcera  von 
laibveka  (ich  höre  mich);  die  dative  Form  wegen  mhiri  (Ehre)  =  ich  höre 
mich  mit  Ehre  (erwähnt)  auf  den  Straßen). 

2.  Kamioana  Tcako-Tca  kanyononyonn  ndinikwanisa  kupha  tutatu,  ne  ku- 
dziivika  (ohne  daß  ich  es  merke),  kuti  ndapha. 

3.  Maka  mwana  ua  mphondoro  ndine  ndapha  mbodzi,  ninya  ndapha  loana 
wako-wa  wentsene-wa  na  imwe  mamawo  (einen  kleinen  Löwen  zu  töten  ist 
doch  mehr,  als  dich,  Mutter  (Ratte),  und  deine  drei  Kleinen). 

4.  Ne  imwe  mutumhe  munyaJcathawe  muciyenda  (auch  sie,  mein  Herr, 
wären  vielleicht  geflüchtet,  wenn). 

5.  Ndidacoka  mu  nyumba,  ich  ging  hinaus  (d.  h.  aus  dem  Innern  des 
Hauses),  Sahica  imwe  mukhara  kundja,  weil  du  draußen  bist  (solltest  du 
mir  Salz  verschaffen),  ne  kutirinyira  tumuni\i  (und  nicht  suchen  etwas 
Salz),  ndidzacite  mankhwara  (damit  ich  mii-  meine  Medizin  bereite). 

(202)  1.  Es  ist  eine  gewisse  Schwierigkeit,  den  Begriff:  müssen, 
sollen,  verpflichtet  sein  kaffrisch  auszudrücken.  P.  Courtois  gebraucht 
dafür  die  Hilfspartikel  -mba-,  aber  ohne  Grund  (109).  Dagegen  scheint, 
daß  sich  die  Kaffern  des  kufuna  dazu  bedienen,  z.  B.  Tsono  ticite  nkhata 
yanyil    Mioamuna  adarewa,    ine  ndinifuna  nkhata  ya  utsi  (ich  muß   haben) 

Ine   ndinifuna   (ich   brauche),   munyu,  ndiyo  mankhwara.  —  Nyakoko 

akhafuna  (mußte)  kufa  sterben. 

2.  »Niemals«  kann  durch  si  und  kwanisa  ausgedrückt  werden:  me 
sindinikwanisa  kucita  kmcawa  (niemals  kann  ich  dir  schaden). 

3.  Oft  wird  die  neunte  Klasse  als  unbestimmte  Form  gebraucht,  wenn 
dabei  ein  Lokalverhältnis  vorkommt,  z.  B.  mauro  kudadoka  (am  Abend  wurde 
es  finster),  manywana  kudacena  (am  Morgen  fing  es  an,  zu  dämmern). 

4.  Bemerkenswert  sind  verschiedene  Ausdrücke  für:  gehen,  kommen  usw. 
kudza  —  kommen,  venir, 

kuyenda  —  gehen,  aller, 

h/ßka  —  ankommen,  arriver,  z.  B.  zidqfika  ntsika  zitantatn  (nach  sechs 
Tagen  oder  den  siebenten  Tag), 

ktthwera    —     ankommen     —     zu   jemand    gehen,    z.   B.    bwera    k 
(konnn,  hier), 

kubwerera  —  zurückkonunen, 

kufamba  —  gehen,  marcher, 

ndoko!  (geh!),  ndokoni!  (geht!). 


uno 


84 


u.  Mohl:   Praktische  Gianmiatik  der  Bantu-Spj'achc  von  Tete. 


Anhang. 

P.  Torrend  klassifiziert  die  kaffrischen  Laute  wie  folgt: 

1.    Es  scheint,  sagt  er,  daß  das  Alphabet  der  Unter- Sambesi -Sprache 

im  Tete- Dialekt   fünf  Vokale:   a,  e,  i,  o,  u,  und  67  Konsonanten   besitzt, 

und  zwar: 


Ohne  w  oder  y 

Mit  w 

Mit  y 

1 

1 

r5 

SS 

f  i 

1  -i 

!     O 

s    'ä 

2 
o 

1 

11 

® 

s 

^ 

2 

1 

1 

1 

1 

1 

,           Palatale  .... 

9i 

Z/          ff 

ng 

nc/ 

- 

gw 

- 

ngw 

-i- 

- 

,  i  1      'dentale 

r{l) 

d 

n 

nd 

- 

dw 

nw 

ndw 

dj/ 

ny 

ndy 

1    \  ^      Labiale 

w 

b 

in 

mb 

- 

bw 

mw 

mbw 

- 

- 

- 

|<         /Palatale.... 

-       dj{i) 

- 

ndj 

~  1    ~ 

~ 

- 

- 

— 

- 

1    )  1    ]  Dentale    .... 

'Sic/ 

z 

dz 

— 

ndz 

- 

- 

— 

— 

- 

- 

- 

^  1  1    1  Labiale 

V 

bv 

- 

mbv 

—    1    bvw 

- 

- 

- 

— 

- 

^        '  Labio- Dentale 

—         hz       —      mhz 

- 

- 

—    - 

- 

_  /         /  Palatale   .... 

1:          kh       —      11  kh 

kw   1    kwh 

- 

nkwk 

- 

- 

1  l   'i  /  Dentale    .... 

t 

th     — 

nth 

tw 

twh 

- 

ntwh 

tyh 

_ 

— 

1    \  ^  (Labio -Dentale 

p     1     ph       —      iiiph 

jno       pwh     —    vipwh 

- 

- 

- 

i  \        /  Palatale  .... 

;r(c) 

ch{Lv) 

- 

nch 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

1   J|  JBentale 

s 

ts 

- 

ntsh 

sw 

tsw    1  — 

ntsich 

- 

-     - 

£f    1  ]  Labiale 

f    1     Pf 

-      ">pf 

— 

- 

- 

- 

— 

- 

- 

'  Labio -Dentale 

- 

PS 

- 

mps 

- 

- 

- 

- 

- 

- 

2.  Obwohl  die  Laute  my,  hy,  py,fy.fii:,  rw  und  ly  in  andei-en 
Dialekten  vorkommen,  trifft  man  sie  nicht  im  Tete.  Dagegen  zeigt  sich  dort 
statt  py  und/y  mit  Vorliebe  hz  und  jo5;  statt  my-miny  {minyendo  =  miyendo)', 
statt  fu  — /  {Jcnfa  =^  ku/wa);  statt  rii  steht  manchmal  r,  manchmal  die, 
zuletzt  statt  ly  steht  dy. 

3.  Die  doppelten  oder  verstärkten  Konsonanten ,  wie  M,  th,  ph,  ch, 
nkh,  nth  usw.  sind  aspiriert,  weshalb  sie  h  als  Zeichen  bekommen.    Dieses 


V.  u.  Moiil:    Praktische  Graiiiinatik  der  Bantu- Sprache  von  Tete.  85 

Ä  kann  ausgelassen  werden,  wo  der  Laut  immer  aspiriert  ist,  wie 
z.  B.  in  den  nasalisierten  k,  t,  ts,  ]),  wie  tik{h),  nt{h),  inp{h),  nkw(Ji), 
ntw{h)  und  tyiji).  In  Fällen,  in  denen  nach  diesen  Lauten  y  oder  w 
steht,  wird  aspiriert  nach  denselben,  wie  tt/{h)ora.  (brich),  ntsw{Ji)aya  (flie- 
gende Ameise). 

4.  Ln  Tete -Dialekt  ist  der  Übergang  von  einem  weichen  Laut  in 
einen  harten,  wie  p  in  lo,  höchst  selten.  Ein  evidentes  Beispiel  darin 
liefert  piri  (zwei)  und  -wiri  (der  Zweite).  Im  Gegenteil,  der  Übergang 
von  weichen  zu  weichen  und  von  harten  zu  harten  konunt  oft  vor,  z.  B. 
masamba  (tsamha),  mazay  {dzay)  usw. 

5.  n  wird  zu  m  vor  b,  p,  r,  f. 

6.  In  den  Präfixen  mit  i  fällt  dieses  vor  einem  Vokal  aus;  in  den 
Präfixen  mit  a  fällt  dieses  aus  vor  einem  Vokal  oder  wird  zusammenge- 
zogen (mit  o);  in  den  Präfixen  mit  t  und  u  wird  vor  einem  Vokal  _y  und  xo 
gebraucht. 

Um  diese  Regel  richtig  anzuwenden ,  muß  man  für  den  Tete  -  Dialekt 
bemerken,  daß  sämtliche  verbale  Wurzeln  entweder  mit  einem  Konso- 
nanten oder  mit  einem  kaum  bemerkbaren  und  schwach  aspirierten  y  oder  w 
anfangen.  Deshalb  sagt  man  kuipa  (schlecht  sein,  besser  kuyipa),  kuyenda 
(gehen),  kuvoona  (sehen).  Jedes  von  diesen  Wörtern  besteht  aus  drei 
Silben. 


86 


Zur  Eroberung  der  Stadt  &hat  durch  die  Türken. 

Von  Julius  Lippert. 


Von  den  politischen  Gebilden  größeren  Stiles,  die  die  scheinbar  so  öde 
Sahara  in  reicher  Fülle  hervorgebracht  hat,  ist  eine  der  bedeutendsten 
die  Stadt  Ghat,  die  heute  den  südwestlichsten  Zipfel  des  türkischen  Vilajets 
Tripolitanien  bildet.  Ob,  wie  Duveyrier'  wahrscheinlich  zu  machen 
sucht,  das  heutige  Ghat  in  dem  römischen  Rapsa  schon  einen  Vorläufer 
gehabt  hat,  soll  uns  hier  nicht  beschäftigen;  sicher  ist,  daß  die  Stadt  in 
den  ersten  sechs  Jahrhunderten  des  Islams  nicht  existiert  hat.  Die  arabischen 
Historiker  und  Geographen,  die  uns  so  reicidialtige  Nflchrichten  über  Nord- 
afrika bis  zu  viel  südlicheren  Gegenden  bringen,  schweigen  sich  über  Ghat 
völlig  aus,  und  selbst  in  dem  geographischen  Wörterbuche  des  Jäqüt 
(gest. 626/1229),  das  doch  die  unmittelbar  benachbarten  Orte,  wie  Ghadämes 
und  Zawila,  eingehend  beschreibt,  wird  Ghat  mit  keiner  Silbe  erwähnt. 
Die  früheste  Erwähnung  der  Stadt  findet  sich  bei  dem  berühmten  Reisenden 
Ibn  Batüta  (gest.  779/1377),  der  uns  in  seiner  Ri hl a'^  erzählt,  daß  seine 
Karawane  auf  der  Rückkehr  vom  S  udan  zu  dem  Orte  gekommen  sei,  »wo  sich 
trennen  der  Weg  nach  Ghat,  der  nach  Ägypten  führt,  und  der  Weg  nach 
Tuät«.  Danach  ist  die  Angabe  Nachtigal's,  der  die  Stadt  »vor  mehr  als 
vier  Jahrhunderten«  gegründet  sein  Iäßt^  dahin  zu  i)räzisieren,  daß  Ghat 
schon  vor  mehr  als  fünf  Jahrhunderten  ein  für  den  Handel  Nordafrikas 
wichtiger  Platz  war,  seine  Gründung  also  noch  in  eine  frühere  Zeit  hinauf- 
gerückt werden  muß. 

Ihre  Entstehung  verdankt  die  Stadt,  wie  ja  auch  die  unter  ähnlichen 
Verhältnissen  entstandenen  Wüstenstädte  Timbuktu,  Takedda,  Tade- 
mekket  u.  a.,  den  kommerziellen  Bedürfnissen  der  Tuareg,  und  sie  mag 
wohl  auch  in  der  ersten  Zeit  ihres  Bestehens    eine  rein  berberische  Bevöl- 


1  Les  Touareg  du  Nord,  p.  267.     (Exploration  du  Sahara  I.  Paris  1864.) 

2  Ed.  Kairo  1287,   II,  199   Mitte  J.^^  4,  JJ^    <^JJ1  ^j^\  Jl  UJUjj 

<lj\y  (3l.-r*-?  J"^^  -'S"^  iJ^  "*^ — ^2\  Cj\c  .  Gemeint  ist  mit  dem  Orte  augen- 
scheinlich der  heutige  »Brunnen  Asiu»,  von  wo  sich  die  eine  Straße  nordwestlich 
über  Ideles  nach  Tuät,  die  andere  nordöstlich  über  Falesseles  nach  Ghat 
abzweigt. 

*    Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin  IV,  85  Mitte. 


Lippert:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  durcli  die  Türken.  87 

kerung  gehabt  haben.'  Die  Wichtigkeit  des  Ortes  als  Zwischenstation  des 
Karavvanenhandels  zwischen  Nordafrika  und  dem  Sudan  macht  es  aber  be- 
greif licli  ,  daß  sich  bald  Fremde  in  großer  Anzahl  in  der  Stadt  niederließen, 
und  daß  durch  die  unvermeidlichen  Mischehen  sich  eine  Bevölkerung  her- 
ausbildete, die  zu  fast  gleichen  Teilen  aus  arabischen,  berberischen  und  su- 
danischen Elementen  gemischt  ist.^  Wie  alle  diese  Siedlungen  der  Wüste 
hatte  auch  Ghat  sein  eigenes  Stadtregiment,  das  dem  Volkscharakter  ent- 
sprechend ein  sehr  patriarchalisches  war  und  der  persönlichen  Freiheit  des 
Kinzelnen  den  weitesten  Spielraum  gewährte.^  Doch  wie  in  Timbuktu  und 
den  anderen  genannten  Städten  galten  auch  in  Ghat  als  die  eigentlichen 
Oberherren  die  Scheiche  derjenigen  Tuaregabteilungen ,  die  entweder  bei 
der  Gründung  der  Stadt  beteiligt  waren  oder  im  Laufe  der  Zeit  die  Herr- 
schaft in  den  benachbarten  Gebieten  erlangt  hatten.''  Wie  bei  Timbuktu 
die  Auelimmiden,  waren  es  bei  Ghat  die  Azgar,  die  im  letzten  Grimde 
die  Geschicke  dieser  Städte  bestimmten.^ 


1  Barth,  Reisen  und  Entdeckungen  I,  257  nennt  als  die  ursprünglichen  Be- 
wohner Ghats  die  Kel-Teliek  und  die  jNIakamnmniasen ;  Duveyrier,  Los  Touareg  du 
Nord,  p.  267  führt  noch  die  Ihädjenen,  Kel-Rhäfsa  und  Kel-Tarät  liinzu.  »Kel« 
bedeutet  im  Berberischen  »Leute  von«,  "Volk  von»  und  scheint  besonders  zur  Be- 
zeichnung der  festen  Ansiedler  im  Gegensatz  zu  den  Nomaden  gebraucht  zu  werden. 

2  Zu  bedauern  ist,  daß  die  Forschungsreisenden,  die  Ghat  besucht  haben, 
uns  nichts  Genaueres  über  die  Sprache  der  Stadt  mitteilen.  Nach  meinen  Erkundi- 
gungen sollen  Berberisch  und  Haussaisdi  in  gleicher  Weise  gesprochen,  letzteres  aber 
im  täglichen  Leben  bevorzugt  werden.  Dazu  würde  passen,  was  Barth  (Reisen  und 
Entdeckungen  L  256)  über  den  Gebrauch  von  -babo"  sagt.  Richardson's  (Travels 
in  the  Great  Desert  of  Sahara  II,  37  und  52)  ..bago»  ist  aber  nicht  ..original  Housa-, 
sondern  Kanuri.  Die  Gebildeten  sprechen  natürlich  auch  Arabisch,  vgl.  Richard- 
son  a.a.O.  II,  8  »Mä-tahcäfsh«,  II,  44  »INIa  näraf«  u.a.  Duveyrier,  les  Toua- 
reg du  Nord,  p.  272  sagt:  ..La  langue  de  Rhät,  quoique  parente  de  celle  des 
Touareg,  constitue  cependant  un  dialect  ä  part.« 

^  Vgl,  Richardson,  Travels  in  the  Great  Desert  II,  36:  «AU  men  aie  in- 
deed  ecjual  here,  as  saith  the  Governor.  There  seems  to  be  no  ruling  authority, 
and  cvery  one  does  what  is  right  in  Ins  owneyes-;  ferner  Richardson,  Narrative 
of  a  Mission  to  Central  Africa  I,  169,  wo  wir  »Ghat  is  a  country  of  Sheikhs«, 
.■Ghat  has  thirty  Sultans»   als  Äußerungen  von  Ghatenser  Honoratioren  finden. 

*  Vgl.  Richardson,  Narrative  of  a  Mission  to  Central  Africa  I,  160:  »Haj 
Ahmed,  the  governor,  ...  is  a  niarabout,  or  saint,  but  is  looked  up  to  by  the  people 
for  the  settlement  of  all  municipal  concerns  .  .  .  But  the  political  authority  of  the 
country  resides  entirely  in  the  hands  of  the  Azgher  Tuaricks«.  Derselbe,  Travels 
in  the  Great  Desert  of  Sahara  II,  20:  I  asked  some  of  the  Ghatee  people,  who 
was  their  Sultan?  They  replied:  «Haj  Ahmed;  Shafou  [der  Scheich  der  Azgar]  is 
not  our  Sultan.«  The  Touai-icks,  however,  have  absolute  control  over  all  affairs  .  .  . 
Barth,  Reisen  und  Entdeckungen  I,  239:  -Seine  [Hägg  Ahmad's]  Stellung  als  Ober- 
herr von  Rhät  in  Beziehung  zu  und  gewissermaßen  in  Opposition  gegen  die  Tuareg- 
häuptlinge  ist  ohne  Zweifel  eine  höchst  eigentümliche  und  macht  einen  Aufwand  von 
Gewandtheit,  Vorsicht  und  Geduld  höchst  nötig.« 

^  Die  Tuareg  (arab.  (Jjl_^l,  sing.  "JjLj"),  die  Nomaden  der  westlichen 
Hüllte  der  Sahara,  teilen  sich  heute  in  vier  große  Gruppen  mit  zahllosen  Unterabteilun- 


88  Lippert:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  durch  die  Türken. 

So  blieben  diese  Städte  unter  wechselvollen  Schicksalen  im  Innern 
Jahrhunderte  hindurch  als  unabhängige  Gemeinwesen  bestehen .  bis  von  außen 
her  ihrer  Selbständigkeit  ein  gewaltsames  Ende  bereitet  Avurde.  Wie  im 
Jahre  1895  Timbuktu  der  französischen  HeiTschaft  einverleibt  wurde,  so 
schon  20  Jahre  früher  unser  Ghat  der  türkischen. 

Wie  sich  die  türkische  Intervention  vorbereitete,  lernen  wir  durch 
den  Bericht  Duveyi'ier's  \  der  etwa  zehn  Jahre  vor  der  Okkupation  Ghat 
besucht  hatte,  wie  sie  sich  vollzog,  durch  den  Bericht  E.  von  Bary's^ 
kennen,  der  einige  Jahre  nach  diesem  Ereignis  nach  Ghat  gekommen  war. 

Es  ist  nun  interessant  zu  sehen,  wie  die  Angaben  dieser  beiden  For- 
scher in  allen  wesentlichen  Punkten  ihre  Bestätigung  finden  in  einem  Be- 
richt über  diese  Vorgänge,  den  mir  im  Jahre  1897  Muhammad  Basir 
al-Gäti,  von  1898 — 1901  Lektor  der  Haussasprache  am  Seminar  für  orien- 
talische Sprachen*,  auf  meinen  Wunsch  niedergeschrieben  hat.  Er  war  um 
so  mehr  dazu  imstande,  als  er  selbst,  wie  sein  Beiname  besagt,  lange  Jahre 
in  Ghat  gelebt  und  die  hier  auftretenden  Persönlichkeiten  von  Angesicht 
gekannt  hat.  Da  sich  in  diesem  Bericlite  auch  sonst  Einzelheiten  und  Namen 
finden,  die  die  bisherigen  Nachrichten  nicht  bieten,  so  habe  ich  es  für  zweck- 
mäßig erachtet,  den  Bericht  im  Nachstehenden   zu  publizieren. 

gen.  Ihrer  geographischen  Lage  nach  unterscheidet  man  diese  vier  Gruppen  in  die  nörd- 
lichen Tuareg,    zu    denen  die  Azgar  arab.  (Jejl,   *j\9ji),  die  westlich  von  Ghat 

wohnen,  und  die  Haggar  oder  Hoggär  (arab.  J^^*,  äjL5^),  die  wieder  west- 
Vwh  von  den  Azgar  im  Zentrum  dos  nach  ihnen  benannten  Gebirgsstockes  ihre  Sitze 
liaben,  und  die  südhchen  Tuareg;  zu  diesen  gehören  die  Kcl-owi,  (arab.  (^y^  ) 
südlich  von  den  Azgar,  besonders  in  der  Oasengruppe  von  AiiTr  oder  Azben, 
wohnend,  und  die  Aueiimmiden  (arab.  jWj.  ji-^J,  j-^\ ,  j\-^\) ,  westiicl» 
von  den  Kelowi  bis  Timbuktu  hin. 

Nachrichten  über  die  Azgar  finden  wir  bei  Edrisi  (ed.  Dozy  et  de  Goeje 
S.36);  und  Aboul  feda  (ed.  de  Slane  p.  127);  beide  Autoren  widerspredicn  sicli  in 
den  Angaben  über  die  Wolinsitze  des  Stammes  und  die  Lage  des  zu  ihm  in  Be- 
ziehung gebrachten  Berges  Tantana.  Während  F^drisi  Stamm  und  Gebirge  zwölf 
Tagereisen  östlich  von  Tessaua  (in  Kezzan)  verlegt,  soll  nach  Aboulfeda  beides  im 
Süden  von  Fezzan  gewesen  .sein.  Die  Haggar  idontifizieit  Ihn  Haldün  (ed.  deSlane 
I,  178  oben)  auf  Grund  der  Namensähnlichkeit  mit  den  Huwara,  offenbar  ebenso  un- 
richtig, wie  er  (I,  272)  den  Namen  der  Sana  ka  (^  u^)  von  dem  der  Sanhäga  (^ct-i^^^^) 
al)leitet.  Die  Aueiimmiden  sind  die  »Sorghou-  (arab.j*^)  Richardson's,  Travels II,  140. 

Die  Grenze  zwischen  den  Tibbus,  den  Bewohnern  der  östlichen  Sahara ,  und 
den  Tuareks  bildet  die  Oasenreihe,  die  iu  gerader  Richtung  von  Nord  nach  Süd 
von  Murzuk  nach  Bornu  führt,  die  aber  selbst  noch  von  den  Tibbus  bewohnt  wird. 

1  Les  Touareg  du  Nord,  p.  266  ff.,  wo  wir  auch  einen  Abriß  der  Geschichte  Ghats  fin- 
den. Vgl.  auch  die  Darst.  Duper  c's  im  "Bulletin  de  la  Soc.  de  Gcogr.-  Paris  Aoüt  1874. 

2  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin  IV,  241  ff.  Vgl. 
auch  den  Bericht  von  Naclitigal  ebd.,  S.  84ff. 

*  Er  kehrte  im  Herbst  1901  wegen  einer  klimatischen  Erkrankung  nach  seiner 
Heimat  Afrika  zurück,  und  zwar  als  Dolmetscher  der  Garua- Expedition  unter  Do- 
minik, erlag  aber  seinem  Leiden  noch  Ende  des  Jahres  in  Banyo. 


Lippeut:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  dun-h  die  Türkei 


89 


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^^^j*     y  j£-    _^J     iSJ^     Cf         .y^     J^-A_^l      j^j  )     j,yjy>     ^\i\^    ^>  \ 

^   Lili^  Jj^l  LZ-r-  ^-'-?  y^-^J--'  tS^  cT^  l5^^^>*  jb-i^l   j^M 

O^l    0^=^^    c5"^">^    ^y^=^^   <^^     i^    f^    ^.-^    c^l;^    cT^'    ^y 
L^k  L^t*^   J*^-**l    CiJ-^   ij~^^J-"   ^"^1    er",    ^-''■' ■    '^r*     -?-~'"^   '^r' 

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^^i-»    ,5^ 


ö^^' 


90  Lippert:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  durch  die  Türken. 

Transkription. 

mutane-n  sariki-n  Ahzhiaica  al-häyg  Muhammad  Ihunöhm  sun-yi  fada 
SU  da-Ahzinavca  Ahaygär.  Ahaggär  su-zU  a-ciki-n  Ayät  suna-yi  yaki  su-Tia'se 
yäro-n  Ihunöhm  suna-n-sa  Ammä  a-haki-n  köfa-n  gari-n  Agät  Kaläla  ya- 
mütu  Sil- käse  Ahzinawa  Agät  da-yawa  su-käma  ma-su  rakuma  su-tafi.  ya-ce 
al-hägg  Muhammad  Ihunöhcn  ga-mutäne-n-sa  ku-täsi  ku-tarse-su  ku-maido  raku- 
ma-n-ku.  su-tafi  su-tarse-su  suna-yi  yäki  da-kyau.  Mutane-n  Ahaggär  su- 
ka§e  iimtane-n  Ihunöhen  da-yawa  su-kaSe  ma-sa  yaro-n-sa  suna-n-sa  as-Sanüsl 
a-ciki-n  kf/rammä  Tärät.  mutane-n  Ahaggär  su-tafi  Allah  ya-hä-su  nasara 
da-kyau.  al-häyg  Muhammad  Ihunöhen  sina-yi  kUka  domi-n  yära-n-sa  da- 
domi-n  Abzinatca-n-sa  ya-ce  ku-tafi  a-ciki-n  Agät  ku-ce  ga-Asäfi  ina-kira- 
n-sa  ya-zö  mu-yi  iäwarä  dakani-n-mu.  Asäfi  ya-ce  tö  ina-zua  ya-tä§i  ya- 
tarSe-si  a-ciki-n  Tärät  kor  ammä  tqfia-n  kicäna  ükü  daga  Agät.  Ihunöhen  ya-ce 
ga-Asäfi  sai  mu-tafi  a-ciki-n  Taräbulus  mu-ruhutu  a-ciki-n  Stanbül  su-häda 
lau-na  dakarai  duhu  tiku  mu-tafi  a-ciki-n  Ahaggär  mu-kai  ma-su  yäki.  su- 
rulmtu  icuri-n  sariki-n  Stanbül  su-zamna  ciki-n  Taräbulus  suna-gira  läya-n-sa 
wota-n-su  bakoi.  labäri  ya-zö  daga  Stanbül  su-karatu  läya  a-bä-su  dakarai 
dubu  uku.  sun-yi  murna  da-kyau  su-tafi  ciki-n  Agät  su-zamna  nan  suna- 
futaica  wota-n-su  uku  sun-ce  mu-aike  a-gari-n  Tubawa  su-zö  mu-tafi  tare 
da -SU.  Tubawa  sun-zö  Ciki-n  Agät  suka-tafi  a-gari-n  Ahaggär  suna-yi  yäki 
suka-kaSe  mutane-n  Almggär  suka-maidö rakuma- n-su  da  rakuma -n  mutane-n 
Ahaggär  suka-yi  rtba  da-kyau.  su-kömö  daga  ciki-n  Ahaggär.  Tuhaica  sun- 
tafi  a-ciki-n  gari-n- su.  Asäfi  sT  da- al-hägg  Muhammad  Ihunöhen  sun,-ce 
mu-yi  rubutu-n  läya  ciki-n  Taräbulus  mu-ce  Allah  ya-bä-mu  nasara  amma 
muna-so  mu-rike  dakarai  dubu  daia  da  dubu  biu  mu-aike  cikin-n  Taräbulus. 
ya-kare  inafari-n  siga-n   Turkawa  ciki-n  Agät. 

Übersetzung. 
»Die  Leute  (l(^s  Tuäriksclieiches'  Ij^g  Mul.iaiuniad  Ichunoclien-  wai-en 
im  Kampfe  mit  den  Tuärik  von  Hoggär.^     Die  1  loggär  kamen  in  die  Stiult 
Glmt;  sie  kämpften   und  töteten  den  Sohn  des  Ichunochen,  namens  Anunä, 


^  Abziuaua  (für  Azbinaua),  was  zuiuuhst  die  Ijcwohner  der  den  Haussas 
unmittelbar  benachbarten  Oasengruppe  Azbin  oder  AhTr  bedeutet,  wird  dann  zur 
Bezeichnung  der  Tuareg  überhaupt  gebraucht,  genau  so  wie  Turaua  zunächst  die 
Araber  und  dann  die  Weil3en  schlechthin  bezeichnet. 

2  Ichunochen  (Muhammad  BasTr  sprach  Ach  unochen.  Nachtigals  Ich- 
nuchen,  Duveyriers  Ikhenoukhen,  Richardsons  Khanouhen)  war  der  Schwester- 
sohn und  deshalb  nach  berberischeni  Erbrecht  auch  Nachfolger  des  schon  vorher 
genannten  Shafou  (vgl.  S.  2,  Anm.  4)  als  Oberhäuptling  der  Azgar. 

3  Die  Form  Ahaggär  für  Haggär  ist  berberisch.  Dieser  vokalischc  Vor- 
schlag findet  sich  ja  unendlich  häufig  bei  der  Wiedergabe  arabischer  Worte  und 
Namen  durcli  die  Tuareg.  W^ir  haben  im  vorliegenden  Bericht  noch  Agät  für  Hat; 
so  haben  wir  auch  Iwalaten  (Ibn  Batüta,  Rihla,  ed.  Cairo  II,  184)  für  Walata, 
Adschiro  für  Djiro  imd  vielleicht  auch  A.säfi  für  arab.  SäfT,  wenn  diese  .\us- 
sprache  nicht  auf  arab.  a  s  -  S  a  f  i  zurückzuführen  ist. 


Lippekt:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  durch  die  Türken.  91 

bei  dem  Stadttor  Kaläla.^  Sie  töteten  auch  viele  Tuärik  von  Ghat,  nahmen 
ihnen  die  Kamele  weg  und  machten  sich  von  dannen.  Ichunochen  sprach 
zu  seinen  Leuten:  macht  Euch  auf,  holet  sie  ein  und  bringet  Eure  Kamele 
zurück.  Sie  machten  sich  auf,  holten  sie  ein  und  fochten  tapfer.  Die  Hoggär 
(aber)  töteten  viele  Leute  des  Ichunochen  und  töteten  ihm  auch  seinen  Sohn 
Senüsi  in  dem  Tale  Tärät.^  Die  Hoggär  zogen  nach  Hause,  Allah  hatte 
ihnen  einen  herrhchen  Sieg  gegeben.  Hägg  Muhammad  Ichunochen  weinte 
ob  seines  Sohnes  und  ob  seiner  Tuäriks  und  sagte:  gehet  nach  Ghat  und 
sagt  Asäfi^,  ich  ließe  ihn  rufen,  er  solle  kommen,  daß  wir  eine  Beratung 
;i1)halten  unter  uns.  Asäfi  sagte:  gut,  ich  komme.  Er  brach  auf  und  traf 
(Ichunochen)  im  Tale  Tärät  drei  Tagemärsche  von  Ghat.  Ichunochen  sagte 
zu  Asäfi:  es  bleibt  uns  nur  übrig,  nach  Tripolis  zu  gehen  und  (dann)  nach 
Stambul  zu  schreiben,  sie  möchten  uns  3000  Soldaten  geben,  damit  \vir  in 
das  Hoggärgebiet  einbrechen  und  sie  mit  Krieg  überziehen.*  Sie  schrieben 
an  den  Sultan  von  Stambul  und  blieben  in  Trijiolis  (die  Antwort)  abwartend 
sieben  Monate.  Da  kam  die  Antwort  aus  Stambul;  sie  lasen  den  Brief, 
(darin  stand) :  daß  ihnen  die  3000  Soldaten  bewilligt  würden.^    Sie  freuten 


1  Nach  Barth,  Reisen  und  Entdeckungen  I,  260  besitzt  Ghat  vier  Tore, 
die  die  Namen  el-Cher,  Kelala,  Tefarh-rhät  und  Temel-rhät  füinen. 
Duveyrier,  Les  Touareg  du  Nord,  p.  271  behauptet  dagegen,  daß  die  Stadt 
sechs  Tore  hat,  von  denen  drei  den  Namen  Tämeh'hät  führen,  im  übrigen  stimmen 
seine  Namen  mit  denen  Barths  übereiii. 

2  Dies  Wadi,  das  nordwestlich  von  Ghat  belegen  ist,  begegnet  uns  in  dem 
Namen  der  Kel-Tarät,  die  nach  Duveyrier,  S.  267  zu  den  Gründern  der  Stadt 
geiiört  haben.  Zur  Zeit  der  geschilderten  Ereignisse  woimten  hier,  wie  E.  v.  Bary 
(Verliandlungen  d.  Ges.  f.  Erdk.  zu  Berlin  IV,  249  oben)  uns  mitteilt,  die  0 ragen, 
eine  der  vier  Unterabteilungen  der  Azgar,  denen  auch  der  Oberhäuptling  der  ge- 
samten Azgar  Ichunochen  angehörte.  Damit  wird  auch  klar,  warum,  wie  der 
Bericht  meldet,  sein  Zusammentretfen  mit  Asäfi  in  diesem  Tale  stattfand. 

Das  bei  Barth  (Reisen  und  Entdeckungen  I,  258)  erwähnte  Tal  „Tarät", 
etwa  eine  Tagereise  nordwesdich  vom  Tale  Ngäkeli,  wo  die  Färkana  oder 
Aferkanen,  eine  Unterabteilung  der  Imrhäd,  sitzen,  ist  also  mit  dem  unseren 
nicht  identisch. 

3  Das  damalige  Oberhaupt  der  Stadt  Ghat;  er  war  ein  Sohn  des  Hägg 
AmTn,  der  zur  Zeit,  als  Duveyrier  die  Stadt  besuchte,  Gouverneur  war,  nachdem 
er  seinen  älteren  Bruder,  den  durch  Richardson  und  Barth  bekannten  Hägg  Ahmad, 
zum  Vei-zicht  auf  die  Herischaft  gezwungen  hatte.  Die  Familie  war  arabischen  Ur- 
sprungs und  stammte  aus  Tuät. 

*  Solche  Gesuche  von  Häuptlingen  im  Hinterland  Tripolitaniens  belegener 
Oasen  treten  an  die  türkische  Verwaltung  oft  heran.  So  war  vor  etwa  zehn  Jahren 
Maina  Adama  (maina  ist  in  der  Kanurisprache  »Prinz.),  der  Chef  von  Dirki 
—  in  der  Oasengruppe  Rawär  auf  dem  Wege  von  Murzuk  nach  Bornu  belegen 
(Barth  V,  428)  —  persönlich  nach  Tripolis  gekommen  und  hatte  um  eine  türkische; 
Garnison  gebeten,  war  aber  abschlägig  beschieden  worden. 

5  NachE.  v.  Bary  (Verhandlungen  d.  Ges.  f.  Erdk.  IV,  244)  wären  sie  nur 
nach  Murzuk,  der  Hauptstadt  des  Liwas  Fezzan,  gegangen  und  hätten  dort  um 
Unterstützung  durch  die  Megarlia- Araber  gebeten.  Die  im  Berichte  gegebene  Zahl 
der  erbetenen  und  trescliickten  Soldaten  ist  wohl  durch  zehn  zu  dividieren. 


92  Lippert:    Zur  Eroberung  der  Stadt  Gliat  durch  die  Türken. 

sich  sehr,  kehrten  nach  Ghat  zurück  und  blieben  daselbst  sich  ausruhend 
drei  Monate.  Sie  sprachen:  laßt  uns  zu  den  Tibbus  schicken,  sie  sollen 
kommen,  damit  wir  zusammen  mit  ihnen  {ins  Feld)  ziehen.  Die  Tibbus 
kamen  nach  Ghat;  sie  zogen  {gemeinsam)  ins  Hoggärgebiet ,  sie  kämpften 
und  töteten  die  Hoggärleute;  sie  brachten  zurück  ihre  Kamele  und  (erbeu- 
teten dazu)  die  Kamele  der  Hoggärleute.  Sie  machten  einen  reichen  Ge- 
winn und  kehrten  nach  Ghat  zurück.  Die  Tibbus  gingen  nach  Hause. 
Asäfi  aber  und  Ichunochen  sprachen:  laßt  uns  einen  Brief  schreiben  nach 
Tripolis,  worin  wir  mitteilen,  daß  Allah  uns  den  Sieg  gegeben  hat,  daß 
wir  aber  1000  Soldaten  zurückbehalten  und  2000  nach  Tripolis  zurück- 
schicken wollen.  Zu  Ende  ist  der  Anfang  des  Eindringens  der  Türken 
in   Ghat.«  

Eine  Frage,  die  uns  des  weiteren  zu  beschäftigen  hat,  ist  die  nach 
dem  Zeitpunkt  der  geschilderten  Ereignisse.  Nachtigal  sagt,  daß  die  Okku- 
pation »im  Anfang  dieses  Jahrzehnts«,  d.  h.  also  Anfang  der  siebziger  Jahre 
des  voi'igen  Jahrhunderts  stattgefunden  hätte.^  Eine  Notiz  in  einer  unlängst 
erschienenen  Geschichte  von  Tripolitanien ,  die  in  Europa  wohl  nur  wenig 
bekannt  geworden  ist^  setzt  uns  in  den  Stand,  den  Zeitpunkt  noch  näher  zu 
])räzisieren.    In  diesem  Werke  heißt  es  bei  der  Besprechung  der  Regierung 

des  Walls   Mustafa  'Äsim    Pascha:'   olc   <— ä9  t^   ö-*wJ"1    ejV>   ^J 

.  J_^l  ^j^  ijy>>-\  i'LÄ-.i    ^^^y   L^  J-^Vl   cj^  ^j   jlji   ^\^ 

»Und  zu  seinen  Ruhmestaten  gehört  die  Einnahme  der  Kasba  von  Ghat; 
und  er  stellte  an  die  Spitze  ihrer  Bewohner  einen  Mann,  vor  dessen  In- 
trigen er  sicher  war  und  dessen  Verhalten  ob  seiner  G<;rechtigkeit  aner- 
kannt war.  Und  er  verleibte  (die  Stadt)  der  Verwaltung  des  Liwä's  Fezzän 
ein  und  hielt  die  Gesamtbe\  ülkerung  ab  von  dem,  was  eine  Mißachtung  der 
Gesetze  und  eine  Organisation  der  Unbotmäßigkeit  zur  Folge  haben  könnte.« 
Wie  wir  diesem  Tarih  entnehmen,  war  Mustafa  'Asim  Pascha  vom 
29.  Öa  bän  1292/30.  September  1875  bis  zum  18.  Gumädä  \\  1293/11.  Juli  1876 
Generalgouverneur  von  Trijiolitanien.  In  dieses  Dreiviertel] ahr  muß  also 
auch  die  Einnahme  Ghats  fallen.  Mit  dem  hier  ausgemachten  Termin  steht 
auch  in  Einklang  der  folgende  Passus  aus  dem  Berichte  E.  v.  Bary's  aus 
Adschiro  (in  dem  Oasengebiet  von  Azben)  vom  1.  April  1877*:  •Für 
die  ersten  zwei  Jahre  der  Okkupation  bleibt  Rhat  von  allen  Abgaben  frei, 
nach  Ablauf  derselben  aber  soll  sowohl  die  Stadt  als  der  Stamm  der  Asgar 
Steuer  zahlen  .  .  .».  Das  Präsens  »bleibt«  beweist,  daß  am  1.  April  1877 
zwei  Jahre  seit  der  Okkupation  noch  nicht  verflossen  waren. 


'    Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin  IV,  85.  1877. 
^    Ahmad  Beg:   Kitäb  al-manhal  al-'adb  IT  tarTh    Taräbulus  al -Garl).    Cc 
püli  1317. 

8    S.  390  unten. 

*    Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin  IV,  244. 


Lh'pert:    Zur  Eroherung  der  Stadt  Ghat  durch  die  Türken.  91) 

Ungewiß  freilicli  bleibt,  was  mit  den  äußerst  geschraubten  Ausdrücken 
am  Schluß  des  arabischen  Berichtes:  »und  er  hielt  die  Gesamtbevölkerung 
ab  von  dem,  was  die  Mißachtung  der  Gesetze  und  eine  Organisation  der 
Unbotmäßigkeit  zur  Folge  haben  könnte«  gemeint  ist.  Bezieht  sich  das 
vielleicht  auf  den  hier  mitgeteilten  Steuererlaß,  der  dem  der  türkischen 
Heri'schaft  abgeneigten  Teil  der  Bevölkerung  das  neue  Joch  versüßen  sollte, 
oder  ist  damit  an  die  Bestimmung  gedacht,  wonach  in  Zukunft  die  bis- 
herigen Oberherren  Ghats,  die  Tuareg,  l)eim  Betreten  der  Stadt  ihre  Waffen 
abzugeben  hatten?     Gott  weiß  es  am  besten. 


94 


40  Personennamen  und  60  Sprichwörter  der  Evheer 
Togos  und  ihre  Bedeutung. 

Gesammelt  von  Missionnr  C.  SriEss, 

Lome  (Tos;o). 


f Jeder  Personenname  der  Evheer  Togos  hat  seine  Bedeutung.  Die  in  Jahr- 
gang V'l,  8.  60  ff.  vorn  Schreiber  dieses  veröffentlichten  300  Namen  zeigen 
dieses  zur  Genüge.  Dieser  ersten  Sammlung  folgen  hiermit  40  weitere 
Namen  nebst  Bedeutung.  Eine  der  interessantesten  Beobachtungen  aber  ist 
die,  daß  jedem  dieser  Personennamen  ein  Sprichwoi-t  zugrunde  liegt.  So 
kennt  denn  auch  jeder  ältere  Evheer  sofort  das  Sprichwort,  das  sich  an 
den  Namen  des  ihm  begegnenden  Landsmannes  knüpft.  Wenn  z.  B.  Ei^ihpe 
dem  Ghö  begegnet,  so  weiß  ersterer  sofort:  Gbö  medoa  laTcle  ihe  aghonu 
ICO,  d.  h.  die  Ziege  schläft  nicht  vor  des  Leoparden  Tor;  und  letzterer  sagt 
sicli:  ESikpe  lou  mato  =  er  hat  den  Stein  geschlagen,  aber  e^  kam  kein 
lUut.  Aus  diesem  ergibt  sich  aber  auch,  daß  ein  solcher  Reichtum  an 
SjM-ichwörtern  unter  den  Evheern  ist,  daß  es  eine  Lebensaufgal)e  wäre, 
diese  alle  zu  sanuneln.  Im  Spiel,  im  Scherz,  namentlich  aber  bei  Gerichts- 
sitzungen kann  man  immer  und  immer  wieder  neue  und  andere  vernehmen. 
So  hat  denn  jede  Stadt  eine  Menge  Sprichwörter,  die  eine  andere  niclit 
hat.  Ich  fand  in  Badza  ganz  verschiedene  von  Tove;  und  als  ein  Einge- 
borener in  letzterem  Orte  die  Bedeutung  eines  Sprichwortes,  nach  der  ich 
ihn  fragte,  nicht  wußte,  sagte  er:  das  sei  wohl  ein  Peki- Sprichwort.  So 
schwer  an  und  für  sich  ihre  Bedeutung  schon  ist,  um  wie  viel  mehr  für 
den  Fremdling  erst  dann ,  wenn  sie  in  lließender  Rede  angewandt  werden. 
Welche  Fülle  von  Lebensweisheit  enthalten  nur  schon  die  anbei  gesammelten ! 

C.  Spiess. 

1.  Teil 
40  Personennamen  der  Evheer  Togos  und  ihre  Bedeutung. 

1.    Awetqgho   der  Meister   kommt. 

Stirbt  der  Vater  vor  der  Gebiu't  des  Sohnes,  so  heißt  der  Sohn 
Aihetoghq.  Er  tritt  an  die  Stelle  des  Vaters.  Awe  Haus;  tn  Besitzer;  aiietq 
Hausbesitzer,  Herr,  Meister;  ghn  zurückkommen;  meghmia  ich  komme;  Miatq. 
si  le  dziwo  Unser  Vater  {tq),  der  du  bist  im  Himmel ;  de  aioe  me  nyuie  komme 
gut  nach  Hause;  d.e  awe  ghq  nyiäe  komme  gut  zu  Havise  an. 


SriEss:    l'ersoiieunainen  und  Sprichwörter  der  Evheer  Togos.  95 

2.  Afe  odei-  Awefa  das  Haus  ist  mild. 

Stirbt  der  Vater  vor  der  Geburt  einer  Tochter,  so  heißt  sie:  A/fi 
oder  Awefa.  Aweno  Hausfrau;  no  Mutter;  fa  kühl,  milde;  fafa  Kühle, 
Milde;  domefafa  Kühle  des  Magens  =  Zufriedenlieit;  nntifafa,  huti  um,  herum, 
außen  =  alles  um  ihn  herum  ist  kühl  =:  Frieden;  aJcnfa/a,  akn  Brust,  Kühl- 
sein der  Brust  =  Trost.  Für  Frieden  hat  der  Evheer  noch  die  Wörter: 
1.  dzimefafa  Herzenskühle;  dzi  Herz;  2.  tomefafa  Kühle  des  Ohrs;  to  Ohr; 
nutifafa  na  im  Friede  sei  mit  euch;/«  oder  fafe  kühl,  frisch. 

3.  Aghese  ein  Leben  nach  dem  Gesetze  führen. 

a^ie  Leben;  ^e  Gesetz;  ayhe  enthält  ^5e  Stimme,  Ton,  Laut,  Sprache. 

Was    spricht,   das   lebt,    mele  ghe  loä  B-em  ich  bin  Stimme  klar,  deutlich 

{wä)  erhebend;  se  Gesetz,  wird  auch  für  Gott  gebraucht.    Legba,  Se,  Aibeli 

drei  Gottheiten;  z.  B.: 

[  Sedoame      Gott  setzt  Menschen  ein; 

]  Semavö        Gott  fürchtet  sich  nicht; 
Personennamen  <  ^^    7  r<   ^^     •  w  ^       p 

1  i^ea/cq  Gott  richtet  auf; 

(  Senyawn       Gott  tut  es  mit  Absicht ; 

dagegen:  aghese  das  Leben  muß  mit  dem  Gesetze  übereinstimmen. 

4.  Setsoafia    das    Gesetz   gibt   Recht. 

aßatsotso  Urteil,  Gericht;  afiatsola  der  Richter;  tso  afia  na  {nmc) 
richten  einen  (Menschen) ;  setsoafia  das  Gesetz  richtet  (richtig) ;  Uo  afia  nyn~ic 
na  (ame)  freisprechen;  ni/u^e  in  diesem  Sinne  =  gerecht;  tso  afia  nyuie  ge- 
recht sprechen;  tso  afia  vö  na  {ame)  verurteilen,  schuldig  sprechen;  Kristn 
fo  tso  ame  Icukuwo  dorne  hena  miawe  afianyu~iet§otso  Christus  stand  auf  von 
den  Toten,  um  {hena)  unserer  Gerechtsprechung  willen,  oder  zu  (hr/ia) 
unserer  Rechtsj^rechung. 

5.  itfo^irä  Überras  chu  ng. 

mo  Angesicht,  Gesicht;  yä  lang;  /noyä  langes  Gesicht  =  Erstaunen. 
Überraschung;  ?no  dze  anyi  das  Angesicht  fällt  auf  den  Boden,  das  Ange- 
sicht ist  ruhend,  d.  h.  sich  an  einem  Orte  wohl  fühlen;  mo  dzaka  das  An- 
gesicht ist  traurig,  Heimweh  haben. 

6.  Ts iw i(  es  regnet. 

tsi  Regen,  Wasser;   tsi  tcu  Wasser   verbreiten;  tsi  le  rvuwum  regnen. 

7.  Sewoyi  das  Gesetz  ging  vorbei. 

(Se  Gesetz,  in  sehr  vielen  Fällen  auch  Gott;  yi  gehen;  yif'igq  geh  voran! 

8.  Hosuagbe  der  Reiche  empfängt  Leben. 

hosu  reicher,  angesehener  Mann,  Häuptling.  Den  Sinn  finden  wir 
wieder  in:  ho  Geld,  Wert;  ho  neniel  wie  viel  Werte?  hotsui  Kauriemuschel ; 
hotsuitq  Reicher. 

9.  Ameho  der  ^Mensch  allein  ist  der  Größte. 
ame  Mensch;  leo  groß  sein. 

10.  Däko  immer,  fortwährend. 
da  immer;  ko  nur,  allein. 

11.  Ebiä  es  ist  rot. 

hiä  rot  sein;  afi  nöa  ami,  adoglo  tbc  ta  hiä  die  Maus  triidit  Palmöl 
und  der  Kopf  der  Eidechse  ist  rot;  ami  Palmöl. 


96  Spikss:    Pprsonoiinanien  und  Spricliwörter  der  Kvlieer  Togos. 

12.  AvaJcpq  komm  und  siehe! 
va  kommen;  Jcpo  sehen. 

13.  Dqwowometsrö  Arbeit  verdirbt. 
dowmvo  Arbeit;  tsrö  verderben. 

14.  Dasenu  dankbar  für  eine  Sache. 
dase  danke!  nu  Ding,  Sache. 

15.  Nukpese  w^underbares  Gesetz. 

16.  Numanyaicq  keiner  weiß  alles. 

17.  Aghenyedq  Leben  ist  Mühe. 
dq  =  dowqwq  Mühe,  Arbeit. 

18.  DzinaJce  Holz  ist  in  der  Luft. 

dzi  oben;  naJce  Holz;  aghletq  yj)  nahe,  meyjHi  ka  wo  der  Land- 
besitzer nimmt  das  Brennholz,  aber  nicht  den  Strick  (womit  das  Holz  ge- 
bunden ist). 

19.  Wotqmenyo  ihr  Besitz  ist  gut. 

20.  Agbenyidq  wenn  du  länger  lebst,  wirst  du  besitzen, 

21.  AmekutSrö  der  Same  des  Mannes  ist  verdorben. 
In  dieser  Familie  sterben  foi'twährend  die  Kinder. 

22.  Awasaklu^  awasa  der  Krieg  ist  vorbei. 
Der  Vater  Awasa,  sein  Sohn  Klu. 

23.  Sanawq  hüte  dich  vor  ihnen. 

24.  Mewu  ich  bin  mehr. 

Die  Bedeutung  des  Personennamens  Mewu  »icli  bin  mehr«  erinnert 
an  Mawu  den  Evhenamen  für  die  höchste  Gottheit.  Über  Mavm  werden 
mehrere  Bedeutungen  aufgestellt.  Da  kein  Evheer  über  die  wirkliche  Be- 
deutung von  Maicu  sich  ganz  gewiß  ist,  so  wird  wohl,  wie  so  oft,  das 
NächstHegendste  das  Richtigste  sein.  Mavm  =  mehr  als  alles  was  es  gibt. 
Die  letzte  bei  Eingeborenen  eingeholte  Auskunft  lautet:  Mawu  bedeutet: 
der  alle  Menschen  übertrifft;  wu  bezeichnet  »mehr  als«  oder  »größer  als« ; 
ma  bedeutet  1.  amemä  jener  Mann;  es  bedeutet  aber  auch  2.  »un«  (vgl.  Nr.  1 
der  Sprichwörter)  =^  ma  in  Evhe  =  unübertroffen  mehr,  z.  B.  mawota,  maimi. 
Die  PZrklärung  2  wird  einzig   richtig  sein. 

2.5.    Ameghletq  Menschenverderber. 

26.  Nyaghlqdzro    und    nyaghlqdzro  (dzro  ist  richtiger  als  dzro). 
An    der    Küste:    Nyaghlqdzro',    im    Innern:    Nyaghlqdzro    (gesprochen 

dschro).  Man  hört  Nyaghlqdzro  mehr.  Nyaghlqdzro  oder  Nyaghlqdzro  kann 
heißen:  1.  Ein  Wort  ohne  Wahrheit.  2.  Ein  Wort  ohne  Zweck,  d.  h. 
umsonst  geredet,  nya  si  woghlq  nyatewe  mele  me  wo  das  Wort,  das  er 
sagte,  ist  ohne  Wahrheit;  so  würde  man  als  Fremdling  sagen.  Der  Evheer 
sagt:  fiya  si  woghlq  enge  dzodzro  (oder  dzodzro)  das  Wort,  das  er  sagte,  ist 
nicht  wahr,  oder:  ist  umsonst  geredet,  dzodzro  (oder  dzodzro)  hat  zweierlei 
Bedeutung. 

27.  Nyamenya  einer,  der  viel  Sprichwörter  weiß. 

28.  Dzovanyo  nun  wird  es  im  Hause  gut  werden. 

29.  Athesi  die  Frau  des  Hauses. 

30.  Aweti  der  Baum  des  Hauses,  semeint  der  ]Mann. 


Spiess:    Personeiinanieu  und  Spiichwörtcr  der  pjvhccr  Togos.  97 

31.  Dcku  Palmkern,  Palmsame,  gemeint  der  Stammhalter, 
der  Mann. 

32.  Kuwqnuame   der  Tod    verursacht   dem    Menschen  Leid. 
Sind  mehrere  in  einer  Familie  gestorben,  dann  empfängt  einer  diesen 

Namen. 

33.  Mqhu  der  Weg  ist  verloren. 

34.  Hayiho  schwarzes  Schwein. 

Daran  knüpft  der  Evheer  die  Meinung:  Er  wird  auch  bald  sterl)en 
wie  ein  Schwein.     Die  Schweine  in  Togo  sind  schwarz. 

35.  Azlaicn  das  Mehl  von  einer  Konkubine  l)lei])t  nicht 
im  mer. 

36.  XqmeTcti  der  Tod  ist  im  Hause. 

Fürchte  dich  nicht,  der  Feind  wird  dich  nicht  töten;  der  Feind, 
d.  i.  der  Tod,  kommt  aus  deinem  eigenen  Hause.  Meinung:  traue  nicht 
jedem.     Töten  =  zweierlei  Meinung. 

37.  Adzato  ein  roter  Mann,  im  Unterschied  von  der  eigentlichen 
schwarzen  Hautfarbe. 

38.  Ahelewoüjp  Armut  ist  in  ihrem  Hause.  Ein  Mensch  hat 
nicht  alle  Dinge. 

39.  Aziahu  die  Konkubine  ist  verloren. 

40.  Atigä  großer  Baum. 

atigänu  dzo  dqna  großes  Holz  fängt  Feuer  lange. 


2.  Teil. 
60  Sprichwörter  der  Evheer  Togos  und  ihre  Bedeutung. 

1.  EäiJcpe  er  hat  den  Stein  geschlagen.  ESikpc  ihn  mato 
er  hat  den  Stein  geschlagen,  aber  es  kam  kein  Blut.  Bei  mir 
selber  fühle  icli  den  Schmerz,  bei  anderen  nicht.  Die  Sklaven,  ebenso 
die  Fremden,  sind  nicht  so  viel  wert,  wie  die  Landsleute  selber. 

sl  schneiden;  Ttpe  Stein;  vok  Blut;  to  wu  bluten;  ma  die  verneinende 
Partikel,  im  Deutschen  dem  »un«  gleich,  z.B.  unschuldig  madi/n;  matowu 
unblutig  =  ohne  Blut;  madaJcpe  undankbar. 

2.  Amadoto  Färber.  Amadoto  menyöa  e^okui  wo  der  Färber 
rühmt  sich  selber  nicht.  Eigenlob  stinkt.  Der  Färber  braucht  seinen 
Beruf  nicht  anzugeben,  man  kennt  ihn  schon  an  seinen  Händen.  Es 
braucht  sich  keiner  zu  riihmen,  seine  Taten,  sein  Charakter  weisen  iiui 
von  selbst  aus. 

Amadoto  odev  amadola  Färber;  nyö  sich  rühmen;  ^okui  selbst;  nie  .  .  . 
...  tvo,  in  verneinenden  Sätzen   =^  Verneinung. 

3.  Gevlo  der  winzige  Bart.  Gevlo  ^om  woJe  sie  l)ekommen 
einen   winzigen   Bart.     Sie   lassen    den    Bart   vergeblich  wachsen.     Der 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Spradien.  1901.  111.  Abt.  7 


98  SriEss:    Personeiinaiiien  und  Spiicliwörter  der  Evheer  Togos. 

ßart  macht  einen  Mensclien  noch  nicht.  Es  gibt  auch  bartlose  Könige,  und 
diese  sind  mehr  in  ihrem  Ansehen  als  manche  vollbärtigen  Könige.  Hat 
jemand    einen  Bart  und  doch  kein  Geld,    dann  sagt  man:    Gevlo  ^(Jm  wole. 

^6  Bart;  vlo  winzig,  unscheinbar;  ^o  ^e  Bart  bekommen;  ele  ge  ^b^cnn 
oder  e'irö  ge   er  bekommt  einen  Bart. 

In  bezug  auf  das  gevlo  ^om  wole  erfolgt  anbei  eine  Be.schreibung  einer 
Halskette  bzw.  einer  Perlenschnur,  die  nur  von  den  angesehenen  Evheern 
getragen  wird.  Schreiber  dieses  hat  eine  solche  Schnur  dem  Bremer  Museum 
geschenkt. 

Die   sinnbildliche  Sprache   der  Halskette   im  Besitze 

angesehener  Evheer. 

(Das  Bremer  Museum  ist  im  Besitze  einer  solchen.) 

Dzonu  Icple  ahohqgui  Icple  nukuMui  "Werden    Perlen    und    Schnecken- 

.     .   häuser  sowie  andere  Kleinigkeiten  auf 
Inihu   womevi   siioo   wotnna  ■C7e   fca  nuti      .  „,  •w/77j.t7 

emen    iaden    gereiht    {nukuJclui    bubu 

dea  Icq   sigbe  ehia  ene  la,  icomenye  dzo   womevi  =  andere  Art  Kleinigkeit),  wie 

beim  Muster  zu  sehen  ist,  so  ist  das 

alö    tr'q    alö   nnki  nnse   huhu  aSeke   le   „icht  f/co  (Zauberschnur)  oder /r_5(Gott- 

icome  wo.     Womje  ahehuhu  alö  nuwma   heit)    oder   irgend  eine  andere  Kraft. 

Es  wird  ausgesprochen,  daß  wir  da- 

si  lododo  ele  eme  alö  nusi  woioo  tm  hedo   ^^jj    ^n    ein    Sprichwort    zu    denken 

loe.     EMa  hä  enge  ahehuhu.  ''«^^n  oder  an  etwas,  das  durch  die 

Halskette   versinnbildlicht   wird.      So 
l^e  ama^e  tso   nenem  dzonu  fokjw-    ist   auch  die  l)etreffende  Kette  gleich 

fokpe  kple  nukuklui  huhu  womevi  .siaico  '^ 

Wenn    jemand     solch     eine     zu- 

heto  de  kq  la,  cwq  nusia  tsq  heßa  amehi   sammengesetzte  Kette  mit  diesen  an- 

,        ,  deren    Kleinigkeiten     dabei    um    den 

loomevi  ivonye,  eye  icotSqnr  doa  vlo  amc  , 

Hals  legt,  der  tut  es,  um  zu  zeigen, 

buhuivo  alö  ewe  ketqwo.  Enyeamedzudzu.    zu  welcher  Art  von  Menschen  er  ge- 

.     ^  V.       ,     7      ,        V         ^     ^lört   (heßa  ame-si  womevi  icbnye);   und 

Ameh    tso    nusia    de    ko   la   etsone  fia  .  .  ,  ,  , 

—  "^       er   nimmt    sie,    andere   zu  verachten, 

ameico  hena:  namentlich  seine  Feinde.     Es  ist  Be- 

(Nye)  schimpfung.      Wer    dieses    Halsband 

1.      Y,    ''''"y^  ^'"^•«'  9^-^^'o  wevi   ^i^„^t^  ^g^  ,gigt  anderen: 

wo,   ye  (alö  nyc)  menye  ahasivi ,    .sighe  |     ^^   ^V^'   ^^^    niclit       ^.^    Kind 

Ich   {nye)   bin    nicht 
alcsi  amaSewo  nye  hutm  huhu  womeviwo   ..igig,.  Männer,  ich  bin  nicht  das  Kind 

we     viwo    sigbe     dzonu     bubu     tbomevi   einer  Hure,    wie   einige,   die   Kinder 

anderer  INIänner  sind,  gerade  wie  die 

siivo   le   vewe   ko    la   ene   wo.    Ye  dada  i  .   j  .    ^  r>     i  i  i 

•^  -  verschiedenen  Arten  von  Perlen,  welche 

enge  srö   vavä  anuko^eio  eye  wbdzi  ye   an  meinem  Halse  sind.    INIeine  ]Mutter 

,  war   rechtmäßig   verheiratet    und    sie 

na  ye  fofo  i^elta,  ye  menye  vcu  tsaka-        ,  .  ,      .  ,^  ,        .  ,  ,  .       .  ,  , 

^    -^  ^  '  "^  ''  gebar  mich  einem  Vater;  ich  bin  nicht 

tsaka  wo.  aus  gemischtem  Blut  (tl"/W.<taÄ'afoaÄ'a  wo). 


Spiess:    Pei'soneniiamcii  und  Sprichwörter  der  Eviicer  Togos.  99 

2.    Efiana  ha  hena  amcsi  (so  nuMa  2.    Auch  zeigt  diese  Perlenschnur 

,    ,     ,  ^    7    ^    7        '  l^ei   dem,   welcher   sie   um   den   Hals 

de  kn  la  menye  ametsakatsaka  li-o,  menye  ,    .     _         ...         ,    . 

trägt,   daß    er   kein  Fremdimg,   kein 

kluvi  alö  kosivi  wo,  ewe  diodznme  mctso   Sklave,  noch  Sohn  einer  Sklavin  (Ä:o5^^;^) 

AhlotMni,    Blume,    Fiekpcrme,    A^oko,    '''■   Derselbe  stammt  nicht  aus  Europa 

(Ahlotsini),  noch  aus  der  Tsi-  (Blu) 
Anayn  alö 3Ia-/f  loo.  Anlötn  aJcuakim,  Gegend,  auch  nicht  aus  Peki  (Fiekpo) 
ablote  kenken  Üimato  wonye,  alesi  ewe  und  ASgko  (Gegend  der  Haussa),  eben- 
so nicht  aus  Lagos  (ylwa^o)  oder  Yoruba 
dzndzome  le  tso  Hoghe  la,  nenemadzi  (^Ma%e),  sondern  er  ist  ein  echter 
ko  loögale.    Ememje  dawa^alivi  ha  wo.    Anlöer,  ein  reiner,  ungemischter  Freier, 

dessen  Heimat  Ho   ist.     Er   ist   auch 

'S.    Esi   dzonuaxoo   ha   mem/e   dzonu    ^    ■„   tt-  • ,„„„/• . 

•'  kein  Kriegsgeiangener. 

vaväwo  wo,  wonxje  dzonu  dighmco,  yaka  3.    Die  Perlen  auch ,  welche  an  der 

Schnur  sind,  sind  keine  echten  (nicht 
dzonu  siwo  ho  S-e  ante  wo  dorne  la.    Ne  i-  x    i      i        j.  j\ 

aus    unserm     Vaterlande    stammend), 

amaS'e  si  enye  ailqS'evi  vavä  la  tso  ?iene7n    sondern    eingeführte,    wie    wir   viele 

,,,...  ,    7      ,        V       ^     unter   uns   finden.     Trägt   ein    echtei' 

dzo?m  dzodzro  siaivo  de  ko  la  ets<±e  na   ^     .      ,  ,,  o     •        ~  ,     °-,.  , 

r  reier  {ablo^evi  vava  la)  diese  unechte 

hena  yewe  dzilaico  alö  womeaico  menye   Halskette  um  seinen  Hals,  so  lehrt  es 

,v    ,v  7  7   7-77-  uns,  daß  seine  Eltern  oder  Verwandten 

amedzodzroxoo,  ameaayfico,  kekiake  alo 

keine  gemeinen  Menschen  oder  arme 

yaka    metco    sighe   dzonu   dzodzro   siwo   Leute     sind,    wie    etwa    das    falsche 
ye   de  ko  la  e7ie  wo,   ke  hon  amegäwo,    Halsband,  welches  er  um  seinen  Hals 

trägt,  sondern  angesehene,  reiche, 
kesinoiqwo,  amcsiktäaico  kple  anmi-onu-  arbeitsame  und  besitzendeVerwandten. 
^imco  sah  iconye  ye  womeaioo.    Hotkä   Der  Reichtum    ist  von  alters  her  bei 

diesen  Verwandten  ein  Erbstück. 
enye  ewe  wo7netiu  tso  blema.  .     ^^t         i      ^     x  •     x^    ^ 

^  4.   Wenn  heutzutage  ein  Fest  ver- 

4.   Ne  wo^u  hkeke  gä  aB-e  eye  amewo   anstaltet  werden   soll ,   so  schmücken 

T    .^       -^       ,..  V.  ,     sich   die   meisten   großartig    aus    und 

kata  imBo   atsio   eye   amesiico  ninco  le    ^  ,  ,  ,      ,  . 

diejenigen,     welche    noch    besonders 

wo  si  la  wotq  sui  ghloti  kple  adzagha   reich  sind,  tragen  eine  Halskette  voll 

7    7     ,v  -  z.  7  X  j  j-     echter  Perlen  und  wertvoller  Korallen, 

kple  dzonu  %oasi  bubmoo  hedo  eye  wofq 

sowie  goldener  und  silberner  Schmuck- 
sika  kple  klosalonmco  hekpla  la,  ama^e,  sachen.  Einer  unter  ihnen  jedoch,  der 
si  71UW0   le   eya    ha   si  haß  la,    ehuana    ^^"^  wirklich  reicher  Mann  ist,  hängt 

mit  Fleiß  eine  gewöhnliche  Halskette, 
eye  wotsqa  nenem  dzonu-toto  la  dea  ko.    ^^,-^^   ^j^   beschriebene,    um.     Er  sagt 

Ekema  ehu  ahe ,  eye  wötsoneßana  hena   damit,  daß  er  nichts  mit  den  gewöhn- 
lichen Menschen  gemein  habe  {mele  nu 
ye  kple  amedzodlrowo  mele  nu  Beka  wo   ^^^^  ^^  ^^  ^>^.    ^^„   ^j^^^^    ^^jU   g, 

ge  wo;  ye  kple  yakamewo  yeico  mele  Bi   nichts  wissen.  Wenn  Sklaven  (kluviwo) 

und   sonstige  Mischlinge   und   ebenso 

ke  qe  wo.     Ne  kluviivo  knie  ametsaka-    „   .  ,      ,       ,.         r,  -^  ,     i  j      j       \ 

^  ^  Reiche  heutiger  Zeit  (egbe-nukpolawo) 

fsakawo  kple  eghe-7iukpqlaiüowodo  dzonu    solch    eine    kostbare    Halskette     und 


100  SriEss:   Personeiuiaiiien  und  Sjjrichwörter  der  Evheer  Togos. 

veviico  kj)le  sikannwo  la,  ekemä,  nuTca   Silbersachen    tragen,     dann    —    was 

, ,  r.     7.7.    bleibt  dann  noch  für  ihn,  der  in  Wahr- 
euasusn  na   eya   si  enye  ablote  kenken   ,    .      .     ^     .      .  ,    .   „    ^ 

■^        "  heit  ein  Freier  ist,  übrig?    Es  ist  gut, 

la  nawo  mahäl    Enyo  ko  hena  eya  natsq   daß  er  solch  eine  geringe  Kette  trägt, 

,,,,..  ,.       ,  welche   den   anderen   zeigt,   daß   sie 

dzonu  dzodzro  siawo,  siwo  dze  na  woawo      .         ,.  ,         ,  ,       . 

eigentlich    solch    eine  tragen  mußten. 

haß  la  ade  ko.      Ewq  esia  hena  woatso    Er  tut  dieses,  daß  er  zeige,  daß  seine 

,   .  Hoheit  mehr  sei  als  die  der  anderen 

afia    ewp,    amenyenye    wu    amehiUmawo.  tt  1    •         t-         •         1 

{amenyenye  =  Hoheit).     Lr  zeigt  aber 

Etsqe ßawo  bena  nuHwo  wo  tnghiwo  mewn   auch   damit,    daß   die    anderen  etwas 

,       ,,         V.       7  tun,  was  die  Vorfahren  (^ooiwo)  nicht 

kpo  100  la  toom  ivole ,  dzonu  stwo  dze  na       ^      ,    ,         t»    ,         t    .. 
■'  ~  ~  getan  haben :  Ferien ,  die  ihnen  [na  ico) 

wo  la  yedeico  kq  de  wotewe  ne  woanutowo   geziemen,  hängt  er  um  den  Hals  für 

sie,  damit  sie  einsehen,  daß  die  Perlen, 

nakpo  emc  bena  ameJiae  dzonu  ävico  yede    ,.  i      tt  1    .   .  ^  ..        a 

^  -  ^         die  er  um  den  Hals  tut,  wem  gehören;' 

kqlaedzenawumahal  Woawo  lö atö yeel   ihnen  oder  ihm? 

Das    ist  die  sinnbildliche  Sprache 
Ale   Ahl-otqwo    sea    aleke    dzonutqtq   ^^^^,    Halskette,    wie    die    Anlöer    sie 

Siaii'o  gome  enye  .?/.    Nu  a^ewo  le  ka  la   führen.     Es    sind    einige    Sachen    an 

derselben,     welche     die     heidnischen 
huti   siwo   afatowo   tsona    bla   woe  qake    r>  •     *  ^>■^  ,.  v, 

^    -  -  ^         Priester  zum  Bmden  verwerten,  aber 

womenye  afanu  a3eke  le  aß.sia  wo.  bei  uns  ist  es  kein  Priesterding. 

Zur  Erklärung:  Im  .lahre  1899  wurde  in  Anlö  ein  neuer  König 
eingesetzt.  Bald  nachher  machten  sich  die  sämtlichen  Küstenstädte  auf,  um 
in  Keta  ein  Fest  zu  feiern.  Alles  trug  die  feinste  Kleidung.  Der  reiche 
Akolatse  von  Keta  aber  trug  nur  ein  gewöhnliches  Landeskleid  gevlo  B'dm 
wole.     (Dem  Schreiber  dieses  fiel  solches  sehr  auf.) 

4.  Ameyäghqlö  der  unnütze  Alte.  Alt  genug  und  doch 
kein  Geld.     Es  gibt  Junge,  die  schon  Geld  und  Besitz  haben. 

fl»j^^a  aus  ßTwe  Mensch;  j^a  groß,  großer  Mensch ;  awie  Mensch,  kommt 
von  me  formen,  bilden.  Maicu  me  ame  Gott  bildete  den  Menschen;  gholö 
leer,  unnütz,  nichtssagend  =  wuiclu. 

5.  Nuyie  7iqa  a^u  hu,  aS^u  dzea  ^eka  die  Lippen  schmücken 
die  Zälme.  Hat  ein  König  viele  Untertanen,  so  ist  es  ihm  Schmuck 
und  Ehre. 

5a.  Nc  icotsq  .3-?/  ha  icoganoa  zi  trägt  man  Pulver,  raucht 
man  doch  noch  (obgleich  es  sehr  gefährlich  ist).  Ein  Wort  für  hart- 
näckige Leute. 

.5b.  Awadetsi  ta  looaghe  awadedeal  des  Kriegsverlustes 
wegen  soll  man  nicht  mehr  in  den  Krieg  ziehen?  Man  soll  nicht 
den  Mut  verlieren,  wenn  etwas  mißglückt. 

5c.  Nutekpq  menyea  dzre  wo  die  Probe  einer  Sache  ist 
nicht  Zank.  Will  jemand  von  sich  aus  etwas  versuchen,  dann  ist  es 
seine  Sache;  niemand  wird  ihn  zwingen.  « 


Spiess:   Personennamen  und  Sprichwörter  der  Evheer  Togos.  101 

6.  Ayhodemeghe  der  Widder  ist  zurüclvgegan gen.  Ne  agho 
de  meyhe,  eJcemä  nane  le  agho  we  tarne  geht  der  Widder  zurück, 
dann  hat  er  etwas  im  Kopfe.  Fehlt  im  Streit  die  rechte  Waffe,  dann 
läuft  man  um,  nicht  aus  Furcht,  wie  man  denken  könnte,  sondern  um  eine 
Itessere  Waffe,  als  man  besitzt,  zu  holen. 

Ne ehemä  wenn dann;  agho  Widder;  ghö  Ziege;  de  meghe 

zurückgehen;    nane   etwas;  ta  Kopf;  me  in dann  hat  er  etwas  vor, 

will  etwas  ausführen,  im  Schilde  haben. 

7.  Nuvlo  schlechtes  Ding.  Nmilo  he  9/edzqdzi  na  y^e  der 
Müßiggänge !•  freut  sich  über  nichtige  Dinge. 

nu  Ding;  vlo  schlecht,  häßlich. 

7a.  Datsomo  die  Schlange  auf  dem  Wege.  Datsomo  meghe 
kpo  wh  die  Schlange  auf  dem  Wege  fürchtet  den  Schlag  nicht. 
Der  Eingeborene  sagt:  wenn  mich  einer  schlägt,  dann  schlage  ich  ihn  wieder. 

8.  AgheBivlo  das  Leben  ist  nichtig.  Das  Leben  gleicht  (.S-«)  der 
Nichtigkeit.     Wir  haben  hier  keine  bleibende  Stätte. 

9.  Siahi  die  Wunde  fürchten.  Siahi  media  ye  wo  wenn  du 
die  Wunde  fürchtest,  sollst  du  nicht  streiten.  Menschen,  die 
streiten  und  docli  Furcht  haben. 

H  fliehen,  fürcliten;  ahi  Wunde;  di  ge  Streit  suchen;  gedidi  Streit- 
sucht; ge  Streit,  Zank;  dt  begehren,  wünschen,  suchen;  gemadimadi  ohne 
Streit  zu  suchen. 

10.  Awako  Habiclit.  Awako  mekua  amegä  wo  der  Habicht 
wird  niemals  alt.  Ist  jemand  alt  und  hat  doch  kein  Geld  oder  niemand, 
der  ihm  hilft,  dann  muß  er  selbst  arbeiten. 

ku  amegä  altern,  ein  alter  Mann  werden.  Der  llaljicht  wird  kein 
alter  Mann. 

11.  Xe  ka  navoui  naB-u  'nialiai  welcher  \'ogel  wird  das  rauben, 
was  du  essen  sollst:' 

IIa.  Wo^ua  nu  ha,  ivo^oa  aSi  wenn  man  ißt,  läßt  man  doch 
noch  die  Hände  ruhen.  Man  ißt  nicht  ununterbrochen.  Arbeitet  man, 
muß  man  sich  auch  ausruhen. 

12.  ^^Jö!ü27o  der  Mann,  der  eine  kleine  Last  trägt.  Aghavitq 
me^ua  nyanyä  wo  wer  nicht  viel  Geld  hat,  muß  nicht  teure 
Speisen  essen. 

13.  Todzro  gewöhnlicher  Fluß.  Todzro  '>ae3ea  ghe  wo  ge- 
wöhnliche Flüsse  erheben  ihre  Stimme  nicht.  Die  Bächlein 
brausen  nicht. 

14.  GheS-ivlo  die  Stimme  ist  nichtig.  Ghe^ivlo  le  asiawo  we 
to  me  die  Stimme  der  Marktleute  klingt  schlecht  in  den  Ohren. 
Wenn  die  Stimme  auch  stark  ist,  der  Mensch  aber  nicht  gefällt,  so  ist 
es  doch  umsonst. 

15.  Akpalu  akpa  gqgqc'ibutq  hihia  hl  icotiqna  ivo  viwo ,  neegq 
wohe  akpalu  nava  liaben  die  Pflegebefohlenen  etwas  Gutes  zum 
Essen,  dann  geben  sie  es  ihren  Kindern,  nnderes  dagegen  be- 
k  o  m  m.e  n  die  Wa  i  s  e  n. 


102  Spiess;   Personennamen  und  Sprichwörter  der  Evheer  Togos. 

16.  AvuB'uwu  der  Hund,  der  den  Knochen  frißt.  Avu^'uicu 
me^ua  ga  wo,  ga^ughe  tso  agli  der  Hund,  der  den  Knochen  frißt, 
kann  kein  Eisen  fressen;  frißt  er  Eisen,  dann  brechen  seine 
Zähne.  Meinung:  z.B.  ein  eingeborener  König  der  deutschen  Macht 
gegenüber.     Der  Eingeborene  kann  nichts  machen. 

17.  Aghevivina   das  Leben   ist   süß. 

18.  J^^'iew/etfje  der  Platz,  wo  man  das  Leben  kauft.  Aghewlewe 
mele  wo,  ^e  wbnye  ewlewe  melcpola  ne  mawle  es  gibt  keinen  Platz, 
wo  man  das  Leben  kaufen  kann.  Hätte  ich  einen  gefunden, 
ich  würde  das  Leben  kaufen. 

19.  Adzogenu  das  Ding  von  ferne.  Adzogenu  enyona  das 
Ding  von  ferne  wird  gerühmt.  Ein  Lügner,  wenn  er  irgendwo  ge- 
wesen ist,  spricht  er  von  mehr  als  er  gesehen  hat.  Kommt  jemand  aus 
einer  Stadt  zurück  und  rühmt,  was  er  gesehen  hat,  so  glaubt  man  es  kaum. 

20.  Anyigha  das  Land,  die  Erde.  Anyigha  matehu  awq  nu 
le  eB'oTcui  si  wo,  neghe  B'eko  woawo  d(±  wir  müssen  das  Land  bestellen, 
ein  Land  kann  es  nicht  von  sich  aus  tun. 

21.  Taghatsu  ghlq  hena:  y^ey^eme  ele  meghe,  ga  le  ngq  die 
Fliege  sagt:  die  Welt  ist  hinter  uns  und  auch  wieder  vor  uns. 
Wechsel  der  Zeit:   Ist  die  gegenwärtige  Zeit  gut,  wie  aber  die  konunende! 

22.  Xe  hidzi  medzona  Icple  ato  wo  ein  erregter  Vogel  fliegt 
nicht  fort  mit  seinem  Nest.  Ein  Fremder,  der  sich  ärgert,  kann  nicht 
fortgehen  mit  dem  Haus  des  Eigentümers.  Eine  Frau,  die  Kinder  hat, 
liebt  aber  diesen  ihren  Mann  nicht,  kann  nicht  zu  einem  anderen  gehen; 
die  Kinder  werden  von  ihr  fortlaufen ,  zurück  zum  Vater.  Was  natürlicher- 
weise zusammengehört,  kann  nicht  getrennt  werden. 

23.  Kponn  medea  awa  wo,  elahena  Icunouo  le  mqta  ein  Buck- 
liger kann  nicht  in  den  Krieg  ziehen,  denn  der  Weg  kann 
versperrt  sein.  Ein  Vei'heirateter  hat  nicht  mehr  die  Freiheit  eines 
Ledigen. 

24.  Ge  metua  y^o  na  a^aha  wo  der  Bart  baut  den  Augen- 
lidern kein  Haus.  Die  Augenlider  sind  schon  bei  der  Geburt,  der  Bart 
kommt  s})äter.  Der  Bart  kann  die  alte  Geschichte  den  Augenlidein  nicht 
erzählen.     Ein  Kind  kann  den  Vater  über  Altes  nicht  belehren. 

25.  Dzonu  St  le  kosi  ii  la  eya  loodona  na  ne  via  der  Schmuck 
einer  Sklavin  gilt  auch  dem  Kinde.  Was  ich  habe,  will  ich  her- 
geben. Was  für  Kleider  ich  habe,  trage  ich.  Tue  nicht  über  dein  \'er- 
niögen. 

26.  Ne  nyo  ne  nu  la,  eye  uo  ghäna  3'e  ge  me  ist  ein  Ding 
gut  für  den  Mund,  dann  wird  es  auch  für  den  Bart  gut  sein. 
Ist  es  gut  für  mich,  dann  ist  es  auch  gut  für  die  Verwandten.  Hast  du 
einen  guten  Ruf,  dann  haben  ihn  deine  Nächsten  auch.  Bin  ich  reich, 
dann  ist  es  der  Vater  auch. 

27.  Ha  dorne  sena  eye  ha  kua  atike  der  INIagen  des  Schweines 
ist  stark  und  das  Schwein  gräbt  Wurzel.  Ist  der  Magen  eines 
Schweines  stark,  dann  kann  es  gut  arbeiten.     Kann  ein  Mann  sich  stärken. 


Spiess:    Personennamen  und  Sprichwörter  der  Evheer  Togos.  103 

dann  kann  er  auch  gut  arbeiten.     Gibt  man  einem  Träger  viel  Lohn,  dann 
hat  er  auch  Freudigkeit  zum  arbeiten;  denn  er  kann  gut  essen. 

Dieses  Sprichwort  wird  von  afrikanischen  Trägern  oft  gebraucht. 

28.  Atoto  melcpq  avesewo  we  dzodzo  he  ya  dzo  wo  der  Atoto 
schaut  nicht  auf  den  Flug  des  Avesewo,  daß  er  fliege.  Der  eine 
Vogel  lliegt  nicht  wie  der  andere.  Atoto  und  Avese  sind  zwei  verschiedene 
^'ügel;  Avese  ist  ein  prächtiger  Vogel.  Der  Sohn  eines  Armen  kann  nicht 
eines  Reichen  Sohn  Beschäftigung  haben.  Wünscht  ein  Armer  den  Rock 
eines  Reichen  zu  tragen,  dann  kann  man  ihm  genanntes  Sprichwort  vorhalten. 

dzodzo  Flug. 

29.  Tsuievi  medq  alö^e  glohui  we  wo  ein  Waisenkind  kann 
nicht  an  einem  versteckten  Orte  schlafen.  Man  wird  nicht  lange 
nach  einem  Waisenkind,  wenn  es  nicht  zur  rechten  Zeit  kommt,  suchen. 
Eigene  Kinder  haben  mehi-  Freiheit.  Bin  ich  ein  Fremder,  dann  muß  ich 
doppelt  die  Hausordnungen  befolgen. 

30.  Gbösike  menqa  ghö  nyq  wo  der  Schwanz  der  Ziege  ist 
nicht  vorne.  Man  spannt  den  Wagen  nicht  vor  das  Pferd.  Jedes  Ding 
muß  sein,  wie  es  sein  muß.  Alles  der  Ordnung  gemäß.  Das  Alter  muß 
man  ehren. 

31.  La  ge^e  meghlea  detsi  wo  viele  Fische  verderben  die 
Suppe  nicht.  Ein  Reicher  wünscht  immer  noch  mehr  Geld.  Je  mehr  er 
hat,  je  mehr  er  will. 

32.  Kponq  mehpqa  aghodonq  Jcoa  nu  wo,  aghodo  va  hu,  gaTce 
Jcpo  tsi  anyi  der  Buckelige  sieht  nicht  auf  den  Aussätzigen  mit 
Lachen,  der  Aussatz  vergeht,  aber  der  Buckel  bleibt.  Der  Bucke- 
lige lacht  nicht  über  eines  anderen  Krankheit,  denn  seine  Krankheit  bleil)t 
inuner, 

33.  Arne  dahe  hli  totoe  menqa  wotq  hliwo  dorne  wo  der  Arme 
ist  wie  schlechtes  Korn,  welches  nicht  unter  seinesgleichen 
bleibt.  Der  Arme  ist  wie  Mais  ohne  Mehl;  es  bleibt  nicht  unter  dem 
Mais.  Rechtes  Mais  sinkt  im  Wasser,  anderes  bleibt  oben.  Der  Arme 
kann  nicht  viel  geben;  man  weiß  es  schon,  daß  er  arm  ist  (im  voraus). 
Der  Arme  genießt  unter  den  Reichen  keinen  Respekt. 

34.  Ama^e  medea  aTcpoTcplqwo  de  hia  ziJcpui  wo,  aweatqwo 
klo  dzi  wole  ein  Mann,  der  zu  den  Fröschen  geht,  muß  nicht 
nach  einem  Sitze  fragen,  weil  die  Besitzer  selber  auf  dem 
Boden  sitzen.  Hat  jemand  selber  kaum  ein  Bett  zum  schlafen,  dann 
wii'd  ihn  niemand  um  Herberge  anhalten. 

35.  Mqwo  Tcatä  sewe  enye  %qgä  me  aller  Wege  äußerster 
Punkt  ist  im  großen  Zimmer.     Der  Tod  ist  das  Ende  für  alles. 

36.  Ama^eke  metsqa  miafia  wodemq  wo  niemand  zeigt  seinen 
Heimweg  mit  linker  Hand.     Niemand  verachtet  das  Seine. 

37.  Arne  tre  anyimqmlq  memlqa  Jce  me  wo  wer  sicli  zuerst 
niederlegt,  der  legt  sich  nicht  in  den  Sand  nieder.  Jedermann 
sucht  das,  was  für  ihn  selbst  schön  ist. 


104  Spiess:    Personennamen  und  Sprichwurtcr  der  Evlieer  Togos. 

38.  Ahlöe  medoa  nyifokpa  wo  das  Reh  zieht  nicht  den  Schuh 
des  Elefanten  an.    "Was  einem  paßt,  das  soll  man  brauchen. 

39.  Dzoyhoncila  toe  trea  hihi  wer  beim  Feuer  sitzt,  dessen 
Geröstetes  wird  zuerst  gar  sein.  Jedermann  sorgt  zuerst  für  das 
Seine  (vgl.  37). 

40.  Ame^unu  menqa  anyi  Tcpö  wo  w  er  ißt,  bleibt  nicht  ruhig. 
Jeder,  der  ißt,  muß  auch  arbeiten. 

41.  Su.iie  kloa  mia,  eye  mia  ha  Icloa  ^usi  die  rechte  Hand 
wäscht  die  linke  Hand  und  die  linke  Hand  auch  die  rechte. 
Wer  dir  gut  ist,  dem  sollst  du  auch  gut  sein. 

42.  Ati  ki  le  ame  si,  eya  wotSqna  woa  da  mit  dem  Stock, 
den  man  zur  Hand  hat,  sclilägt  man  die  Sciilange.  Was  man  zu 
tun  imstande  ist,  das  tut  man  auch. 

43.  Klohp(±we  enyc  klofowe  wo  man  eine  Schildkröte  sieht, 
da  findet  man  sie  auch. 

Sinn:    Wo   etwas   gesagt  werden   muß,    da   muß   man  es  auch  sagen. 

44.  Nnnyuie  nyalipqna,  eyata  koklo  hqhqa  tahafi  yiakpome 
das  Gute  ist  sittlich,  darum  neigt  das  Huhn  auch  seinen  Kopf, 
wenn  es  in  sein  Haus  geht  (nicht,  weil  etwa  die  Öffnung  nicht  groß 
genug  ist).     Das  Sittliche  muß  man  tun  seiner  Sittlichkeit  wegen  (Schönheit). 

Man  sagt  auch:  Nyonyo  nuti  koklo  ehobq  ta  liafi  yia  kpo  me 
des  Guten  wegen  beugt  ein  Huhn  den  Kopf,  bevor  es  in  den  Stall  geht. 
Man  tut  nicht  alles  um   des  Geldes,   sondern   auch  um  der  Tugend  willen. 

45.  Vi  hia  nya  ta  se  mewqa  lä  wo  das  Kind,  welches  nach- 
fi-agt,  macht  kein  dummes  Zeug.  Weißt  du  nicht,  wie  zu  liaii(l«-lii, 
frage. 

46.  Su^ui  ii  nya  le  das  Kopfkissen  hat  Worte,  lii  den-  Nacht 
denkt  man  am  besten  und  findet  auch  den  besten  Rat. 

47.  Wometsqa  asivi  ^qlia  asiyä  wo  man  Wechsel t  die  großen 
Finger  nicht  mit  den  kleinen.  Ein  Kind  kann  nicht  mit  einem  Er- 
wachsenen   kämpfen.     Der  Erwachsene   kann    das  Kind  leicht  übermannen. 

48.  Xeinatrimatri  meyjöna  le  zä  me  wo  ein  kleiner  Vogel 
schreit  nicht  in  der  Nacht.  Nichts  übernehmen,  noch  besser:  nichts 
unternehmen ,  was  man  nicht  durchführen  kann.  Wir  sehen  nicht  den  Weg 
eines  Amegä  (Ältesten). 

49.  Vi  meghlqna  he  ye  dze  aha  wu  ye  fofo  wo  ein  Kind  sagt 
nicht,    daß    es   mehr  Palmwein   kauft   als   sein  Vater. 

Der  Sinn  dieses  Sprichwortes  ist  gleich  dem: 

49a.  Fo/o  kple  vi  mekea  di  wo  Vater  und  Kind  wetteifern 
nicht.     Ein  Kind,  das  solches  doch  tut,   ist  ein  stolzes. 

50.  Ha  hia  B'a^a  hena  nukahuti  ewe  nn  didi  7?iaha?  ^a^a 
hena  vi  nenye,  eghqna  y^oyj)  das  Schwein  fragt  die  Mutter, 
warum  ist  deine  Schnauze  so  lang?  Die  Mutter  antwortet: 
du  bist  ein  Kind;  es  kommt  ancii  schon  bei  dir.  Niemand  weiß, 
was  morgen  konunt. 


Spiess:    Personennamen  und  Sprichwörter  der  Evheer  Togos.  105 

51.  Vi  nya  nya  meghlo  nya  reo  ein  Kind  weiß  Worte,  sagt 
sie  aber  niclit.  Sagt  ein  Kind  alles,  dann  wird  es  auch  etwas  sagen, 
was  die  Mutter  beschämen  muß. 

52.  Ghö  to  hpul  7ne%löa  nu  via  wo  die  Ziege  mit  kleinem 
Ohr  ermahnt  nicht  ihr  Kind.  Kin  schlechter  Mensch  kann  nicht  sein 
Kind  ermahnen.  Will  er  es  ermahnen,  dann  zeigt  er  ihm  seine  Schlechtig- 
keiten. 

53.  Ghämatsimatsi  medea  te  dzi  wo  eine  junge  Ziege  klettert 
nicht  auf  den  Mühlstein.  Man  tut  nicht,  was  man  nicht  kann.  Man 
fängt  es  überhaupt  nicht  an,  wenn  man  es  nicht  kann. 

54.  S-e  wowoa  le  S-i  hafi  todona  man  baut  eine  Brücke, 
bevor  die  Flut  kommt.  Vor  dem  Anschwellen  des  Flusses  wird  die 
Brücke  gebaut.     Man  muß  für  die  kommende  Zeit  sorgen. 

55.  Vi  meTioa  to  dzi  he  nehpci  nyi^a  loo  das  Kind  hebt  seinen 
Vater  nicht  hoch,  um  ihm  das  Vieh  zu  zeigen.  Ein  Kind  weiß 
nicht  mehr  als  sein  Vater. 

56.  Gbla  nya  nu  hafi  tua  yo%o  de  mo  to  ein  Schmied  weiß 
Dinge,  obgleich  seine  Werkstätte  am  Wege  ist.  Ein  iNIann  weiß 
nicht  alles.     Hole  auch  eines  anderen  Rat  ein. 

57.  Ado  he  inq  %o%o  mehua  ame  wo  das  Eichhörnchen  sagt: 
einen  alten  Weg  verliert  man  nicht.  Was  man  einmal  erlernt  hat, 
das  tut  man  leichter.  Wird  ein  Schneider  ein  Bauer,  oder  ein  Bauer  ein 
Schneider,  so  werden  beide  ihren  ersten  Beruf  nicht  nur  besser  kennen, 
sondern  ihn  auch  im  Grunde  lieber  tun.  (Herausgenommen  aus  dem  afri- 
kanischen Volksleben.) 

58.  Vo  didi  medoa  ame  S"e  %e  wo,  <y^e  hutq  nye  he  vo  di  ein 
reifer  Baum  schickt  nicht  nach  einem  Vogel,  der  Vogel  selber 
weiß,  daß  der  Baum  reife  Früchte  hat;  gleich  dem  Sprichwort  2: 
Ama^oto  menyöa  eSokui  wo  ein  Färber  rühmt  sich  selbst  nicht. 
Wenn  einer  etwas  weiß,  braucht  er  es  nicht  zu  sagen.  Sein  Tun  und 
Handeln  zeigt  den  ganzen  Mann. 

59.  W^bmeghlq  ^>mm!<^  na  donq  wo  sage  nicht  zu  einem  Kran- 
ken »mm!«  Sinn:  Sage  nicht  zu  einem  Kranken,  daß  er  krank  sei;  das 
weiß  er  selbst.  Genau:  Mache  nicht  eines  Kranken  Stöhnen,  wie  -nun«, 
nach;  dadurch  wird  er  nicht  besser.     Bringe  ihn  auf  andere  Gedanken. 

GO.  Kokloy^n  mekpea  iiu  na  koklo  wo  der  Hühnerstall  ist 
keine  Schande  für  ein  Huhn.  Man  braucht  sich  nicht  über  seinen 
Besitz  zu  schämen.    Was  einer  hat,  das  benutzt  er. 


106 


Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi. 

Von  E.  Dahl, 

Missionar  in  Urambo,  Deutscli- Ostafrika. 


Besleitwort. 


J?  olgeiider  sprachlicher  Versuch  resultiert  aus  einer  Anregung,  die  Hr. Pastor 
Meinhof  in  seinem  bahnbrechenden  Buch  »Grundriß  einer  Lautlehre  der 
Bantusprachen«,  Leipzig  1899,  F.  A.  Brockhaus,  ganz  besonders  aber  Hr. 
Missionar  a.  I).  K.  Endemann  in  seinem  instruktiven  Artikel  »Beitrag  zu  dem 
Ka])itel  von  den  Tönen  in  den  sogenannten  Bantusprachen»  (Mitteilungen  des 
Seminai's  für  oi'ientalische  Sprachen,  Jahrgang  IV,  1901,  Berlin  und  Stutt- 
gart, W.  Spemann)  gegeben  haben.    Ihnen  nächst  Gott  gebührt  mein  Daidi! 

Die  eigentlichen  Töne  im  Kinamwezi. 

Der  Hochton  steht  im  Kinamwezi 

1.  in  der  kontrahierten   Verbindimg  von  Regens  und  Rektum 
a)  beim  Nomen,  um  das  weggelassene  Genetivprouomen  /.u  markieren, 
und  zwar  auf  der  Ultima  des  Regens. 

Beispiele:  -a\  d.  h.  auslautendes  a  mit  Hochton. 
nyoma}  kwihulu  (statt  iigoma  ya  liicikulu)  Residenztrommel,  -trommeltanz 
munumhot  Jcufwa  (statt  munuiuba  ya  kufwä)  im  oder  ins  Todeshaus 
näamct  hyoinhe  (statt  ndama  ya  nyomhe)  Kalb,  Tierjunges 
kihinda^   kukimdikizya    (statt    kihinda    tSa   kukundikizya)    Rindentronunel 
mit  Deckel 

maßga^  kisinza  (statt  maßga  ga  kisinza)  eisei-ner  Dreifuß 
Üangula^  mahuya   (statt  tsahgula  tia  od.  wa  mahuya)  Kriegsherr,  Ober- 
befehlshaber 

inicenda^  kagohho\ 

od.  kagoiigo^  (statt  mumda  gica  k.)  in  Uzukuma  gewebte  Kleidsorte 
od.  kagoho  ) 
mwana^  Sizya  (statt  mwana  ira  Sizya)  Sohn  der  Sizya  (Kazwika) 
nzila^  maka  (statt  nzila  ya  maka)  Grenze,  Kreuzweg 
'walwa^  mafwa  od.  mafu  (statt  walwa  ua  m.)  Leichenbier 
laagutd  manyahga  (statt  maguta  ga  manyahga)  Lichtnußöl 
kala^  hagati  (statt  kala  ka  hagati)  Mittel-,  auch  Goldfinger 
data^  vuhemha  (statt  data  wa  vuhemha)  Vater  der  Lehre,  Lehrer 


Dähl:   Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi.  107 

masmginha!  mayanda  (statt  m.  ga  niaganda)  Tanzen  die  Hülle  und  Fülle, 

nnennüdliclies  Tanzen 

imdyd  vanhu  (statt  mulya  ua  vanhu)  Menschenfresser 

mihwd  nsomba  (statt  Jiiihioa  ga  nsomha)  Gräten 

mupunzd  miti  (statt  mupunza  wa  miti)  Holzmeister,  Tischler 

Jcala^  kumhelo  (statt  kala  ha  kumhelo)  »kleiner«   Finger 

mahgaW  vagota  (statt  mahgala  ga  vagota)  Zwillingsmutter-    oder   Heb- 

ammenkränzel  aus  der  gleichnamigen  Ptlanze,  einer  silberblütigen  Ei'ika 

inicanci  Kasanda  (statt  mwana  ica  Kasanda)  Sohn  des  Kasanda  (IMirambo) 

walwa^  migavo  (statt  walwa  wa  migavö)  Ahnenkultbier 

rnwaTca^  mala  (statt  mwaka  gwa  nzala)  Hungerjahr 

inogeld  savuni  (statt  m.  na  savuni)  die  sich  mit  Seife  Badende 

-«■',  d.  h.  auslautendes  /mit  Hoch  ton. 
luUmi^  moto  (statt  Itilimi  Iwa  moto)  Feuerzunge  oder  -llamme 
MhgiUJci'?  {sta.tt  kingili  Ua  kif)  Was  für  Sang?    Was  soll  ich  singen? 
mupumf  miti  (statt  mupunzi  wa  miti)  Holzmeister,  Tischler 
vakaW  Wakizya  (statt  vakali  va  Wakizya)  Tapfere,  Krieger  des  W. 
mbiti^  Vuha  (statt  mbiti  ya  Vuhd)  Uha- Hyäne 
mwezi^  Yulaya  (statt  mwezi  gwa  Vulaya)  europäischer  Monat 
muvji}  moyo  (statt  muvi  iva  moyd)  ein  grundverdorbener  Mensch 
lukwi^  mwipolu  (statt   luliwi  Iwa  mwipolu)   ein   herrenloses    Brennscheit 
muti^  mwiko  (statt  muti  gwa  mwiko)  ein  verbotener,  unantastbarer  Baiun 
nsoni^  musoni  (statt  7isoni  ya  musoni)  Schwiegermutterscham  oder  -scheu 
minzi^  ndimu  (statt  minzi  ga  ndimu)  Zitronensaft 
vuM  nzuki  (statt  vuki  wa  nzuki)  Bienenhonig 
mtiguM  magulu  (statt  muguhi  wa  magulu)  ein  Kurzbeiniger 
mudek^  mulugmdo  (statt  mudeki  wa  muhigendd)  Reisekoch 
mulingi}  kavili  (statt  mulingi  wa  kavili)  Sängerfürst 
mulenzi^  kavili  (statt  mulenzi  wa  kavili)  Wunderschöner 

-u\  d.  h.  auslautendes  u  mit  Hochton. 
matsimiJt  mwatia^  Kasanda  (statt  m.  ga  m.  wa  K.)  Speere  des  Kasanda- 
Sohnes,  Mirambospeere 

mahgulvt  kicapa  (statt  mangulu  ga  kwajm)  Achselhaare 
miM  nama   (statt  milu  ga  hama)  Fleischgier 

mukondu^  moyo  (statt  mukondu  wa  moyo)  ein  Sanftmütiger,  Einsichtsvoller 
munlitt  maäoli  (statt  munhu  wa  maäoli)  Halunke,  Schuft 
maguy     nzige     (statt     magulu     ga    nzige)     Perlensorte,     eigtl.     Heu- 
schreckenbeine 

mutuvu^  vugahga  (statt  mutuvu  wa  vugahga)  Arzneigeizhals 
mungu^  Luhguya  (statt  mungu  gwa  L.)  Sansibar- Kürbis 
nguzi^  mhuli  (statt  nguzu  zya  mhuli)  Elefantenstärke 

.  ikunhwani  (statt  nhuhgulu  ya  k.)  Küstenkrähe 

liuhgulw  \ 


108  Daiil  :    Die  Töne  und  Akzente  Im  Kinannvezi. 

halezii   vunamhala    (statt   Icalezu   M  v.)    Bart    des    Alters    (junge    Leute 
tragen  keinen) 

inadululv}  nindo  (statt  m.  ga  nindo)  Nasenlöcher. 

cuhofii  Yalabu  (statt  v.  wa  Valahu)  die  Blindheit  der  Araber 

misiku^  mavi  (statt  v.  wa  mavi)  die  Nacht  der  Sünden 

mbiyii  hgano  (statt  vibifyu  zya  ngano)  Weizenkorn  (als  Saatgut) 

-o\  d.h.  0  mit  Hochton. 

iyohgi)  nyoko  (statt  igohgo  lya  hgoko)  Legehenne 

ilild  mundusl  (statt  ililo   lya  m.)\ 

und  huolw  \  (  ^        ,        ,     o     T     ,1 

1   •      -7      /  .  ..    -ri     7       •    \)  Gewehrscliuß,  Knall 
oa.ngonlio)  (statt    iluo  lya  ny.)[ 

od.  ngoiigo]  ] 

ikol(}  mtemi  (statt  ikolo  lya  m.)  Abgabe,  Steuer  an  den  K<)nig 

muvpndd  (n)simba  (statt  m.  ga  {ii)simba)  Löwenspuren 

nsav()  vuhemha  (statt  nsavo  zya  v.)  Lehrschatz,  Lehrer 

misd  Vulaya  (statt  miso  ga  Vulaya)  europäische  Augen 

lind  mJmli  (statt  Uno  lya  mhuli)  Elefantenzahn 

Uald  vuyaga  (statt  Ualo  tsa  vuyaga)  das  ganze  Reich  oder  Land,  weit 

niul  breit 

mayond  tulo  (statt  magono  ga  tulo)  Schnarchlaute  eines  tiefen  Schlafes 

{n)hingd  nnhgu  (statt  {h)kmgo  ya  nungu)  Topfhals 

nhold  Yem  (statt  nholo  ya  oder  wa  Yesu)  Jesus -Schaf  lein 

kukand  mohgo  (statt  kukono  kwa  mohgd)  Flußarm 

imdkd  nama  (statt  mwiko  ya  na/na)  Fleischverbot 

muligd  Yulambo  (statt  m.  gica  Ytijanibo)  Uranibolast 

kikomd  kumagulu  (statt  kikomo  tSa  k.)  Beinspange 

midomd  muguva  (statt  mulomo  gwa  mnguva)  Blasebalgmündung 

-^J,  d.  h.  e  mit  Hoch  ton 

(ungleich  häufiger  im  Sisumbwa-  als  im  Kigalaganza-Dialekt  des  Kinamwezi). 
Kigalaganza: 

makoW  magi  (statt  makole  ga  mayi)  Ei(M'Schalen 
masiM  Yalabu  (statt  masile  ga  Yalahu)  die  Schulden  der  Araber 
kikombi^  ktimakono  (statt  k.  tm  k.)  Armband  aus  Elefantensehnen 
miyuyt}  mwelele  (statt  miyuye  zya  mwelele)  Atemzüge  des  Säuglings 
malol^  Yulaya  (statt  malole  ga  Yulaya)  europäische  Gläser,  auch  Spiegel, 

speziell:  europäische  Brille 

itohge^  rugali  (statt  itahge  lya  vugali)  IMehlbreikloß 

mandS  makafu  (statt  mande  ga  maJcafv)   Batatenbeete 

valwiU  Yazuhgu  (statt  v.  va  Yazuiigu)  Patienten  der  Europäer 

mipetd  migavn  (statt  t\  wa  migavo)  Almenkultbier 

malome^  mtemi  (statt  malome  ga  mtemi)  Absichten  des  Königs 

mongS  liamohgo  (statt  mohge  gwa  hamohgo)   Gazelle  am  Fluß 

madüke  Yadusi  (statt  m.  ga   Yadusi)  Bananen  der  Watusi  (Früchte) 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinannvezi.  109 

Sisumbwa  (Iviiiamweli): 

vuseW  misamhwa  (statt  v.  ica  m.)  Ahnenkultbier 
vukondS  mwizo  (statt  v.  wa  mimzö)  Herzensgüte,  Sanftmut 
■meg^  Vatusi  (statt  m.  ga  Vaäisi)  große  Blashörner  der  Watusi 
mamitency  Tanganyika   (statt   m.  ga  T.)  Dattelpalmen    des  Tanganyika 
vupup^  maptipu  (statt  v.  tca  m.)  Leichtigkeit,  leichtes  Gewicht  der  Lungen 
migiri^  muginyd  hkoso  (statt  v.  loa  m.  wa  nk.)   Feistigkeit   des   Ratten- 
mästers  (des  Reichen) 

i'igey  muntu  (statt  hgele  zya  muntu)  menschliche  Fußspuren 
ihnti^  hakuvoko  (statt  i.  lya  hakuvoko)  Abszeß  am  Arm 
vugololoki  nzila  (statt  v.  wa  nzila)  Geradheit  des  Weges 
mseve)  minzi  (statt  v.  wa  minzi)  heiße  Temperatur  des  Wassers 
mikakanaW  luhu  (statt  v.  wa  luhii)  die  Brüchigkeit  des  Leders 
vulamW  magufica  (statt  v.  wa  magufwd)  Härte  der  Knochen 
mitukuU  mnrili  (statt  v.  wa  muvili)  Hellfarbigkeit  der  Haut  (bei  Araber- 
und  Europäer-Bastarden) 

'  f        \  (statt  sipande  sya  n.)  Fleischstückchen 

od.  nama  ) 

migiin^  Valabu  (statt  v.  wa  Fa/aī)  die  Geilheit,  Schamlosigkeit  der 
Araber 

b)  beim  Verbum  vor  einem  Nomen ,  meistens  um  die  Weglassung  einer 
präfigierten  Lokativpartikel  oder  des  bei  Passiven  üblichen  »/iß«  :=  »von, 
durch,  mit«  zu  markieren,  zuweilen  wenn  das  nachfolgende  Nomen  eine 
Art  griechischen  Akkusativ  darstellt,  in  Beantwortung  der  Frage  »in  bezug 
worauf?« 

Da  fast  alle  Verben  im  Kinamwezi  auf  ein  a  auslauten  (l)zw.  im  Kon- 
junktiv auf  ein  e),  so  findet  sich  hier  fast  ausschließlich  d  (bzw.  (f),  d.  h.  a 
(bzw.  e)  mit  Hochton. 

Beispiele: 
ku-lumd     j 

,  ,       l    mnyo  (statt  hamoyo  od.  kumoyo)  Schmerzen  am,  im  oder 

'     .     ,  1        beim  Herzen  haben,    sehr  großen  Schmerz  empfinden 
ku-mtiww  \  u»  X 

ku  -  satwa^    ] 

ku-kalwd  rnoyo  (statt  hamoyo  od.  hmioyo)  vor  Durst  schier  versclunachtcu 
ku-vd  iiota  (statt  ku-va  na  nota)  Durst  haben 

ku-vyalwd  mhcle  (statt  hamhele  od.  kumbwde  od.  ya  mhele)  Erstge- 
borner sein 

ku-liW  vom  (statt  murova)  aus  od.  vor  Furcht  schreien 

I  kaya  (statt  kukaya)  Heimweh  haben 
ku-kumbulw  ) 

.        ,  I  viKJ'x^i  (statt  kinjigiizi)  vom  Handel  leben 
ku-pangila  ) 

ku-lila^  mavi   (statt    knmavi)    zum    Streit,    zum    Krieg    rufen    (von    tler 

Trommel) 


110  Daiil:    Die  Töne  und  Akzente  im   Kinainwezi. 

liu-hild     \vusiku   (statt   Ttmrusiku)   in    der  Nacht,    d.h.  gegen  Morgen 

kii  -  hv'iga^ )      krähen 

ku-Tiolwa)  walwa)    ,  ^    ^  ,  ,  ,  tt       i  ,         . 

}  (statt  na  walwa  od.  vupete)  vom  Bier  berauscht  sein 
od.  vupete) 

hu-kolwct  vugeme  (statt  na  ■migeme)  vom  Palinwein  berauscht  sein 

kw-ehhd\  Yitlci'mbo  itSimu  linice  (statt  ku  Vulambo)  nach  Urambo  euren 

kw-ehd)       Speer  bringen,  d.h.  siegreich  nach  Urambo  heimkehren 

ku-togwd  munhu  (statt  na  munhv)  einen  Menschen  lieben 

ku-togelwd  munhu  (statt  na  munhu)  einen  Menschen  bevorzugen 

ku-linda   luvuga  (statt  haluvuga)  auf  dem  Dreschplatz,  auf  dem  freien 

Platz,  beim  Hause  warten  (z.  B.  die  Hebammen) 

kw-isinyd  kanega  (statt  na  kanegd)  Ball  spielen  (eine  Art  Ballon) 
kw-igumhd)  kiigiäu    (statt   hakugulu    od.  kukugidu)  sich    stolpernd    am 
kv-gumhu^  \       Fuß  oder  Bein  verletzen  (oder  statt  na  kugulu)  mit  dem 

Fuß  etwas  umstolpern 

kio-iyandd  lizihgotna)  (statt  halizirtgoma   od.  haliMhgoma)   bei   Gelegen- 
od.  lüingoma )       heit  des  großen  Trommeltanzes  mit  mehreren 

Trommeln  betteln,  bes.  vom  König 

ku-tinagulwd  matwi  (radikal  abgeschnitten  sein  in  bezug  auf  die  Ohren) 

ohrlos  sein,  die  Ohren  durch  Abschneiden  verloren  haben 

ku-zehgemazehgemct  lihgoma  (statt  halingoma)  beim  großen  Trommeltanz 

sich  hin  und  her  wiegen 

ku-x2a  geU  mutwe  (statt  kumuticr  od.  hamutwe)  barhäuptig  sein 
ku-va^  lukono  (statt  na  lukono)  langfingrig  (d.  h.  diebisch)  sein 
ku-limild   itsimu   (statt   n{a)    itslmv)   mit   dem    Speer   ])llügen;    Euphe- 

misiiius:  vom  Kriegshandwerk  leben 

ku-kovd  pya  (statt  kitkova  kvjn/a)  heißzumachen,    zu  wärmen    suchen 
ku-yumba^  kugilima  (statt  na  kugilima)   spazieren  gehen  in    voller  Ge- 
sundheit 

ku  -  lima^  kavtda  {stuit  mukamla  od.  hakantla)  die  ersten  kleinen  Regen- 
schauer zum  Feldbestellen  ausnutzen 

ku-zimila^  maltuhgu  (statt  nwmakungti)  sich  verirren  in  der  Waldwildnis 
ku-fwa^  Iwikinda   (statt   mulugendo  lw(a)  ikiiida)  beim  Reiseglockenton, 

d.  h.  auf  der  Reise  sterben 

ku-jicM  mwiga  (in  bezug  auf  mwiga  Galopp)  spornstreichs  davonlaufen 
ku-Umila^  ngese  (in   bezug  auf  ngese  Unkraut)  das  bestellte  Feld  vom 

Unkraut  säubern 

ku-kozya^  ?isoni  (in  bezug  auf  nsoni  Scham)  jemand  scliamrot  machen 
ku-gayiwa^   mwenda   (in    bezug   auf  mwenda   Kleid,    verachtet  werden, 

leer  ausgehen)  kein  Kleid  bekommen  oder  finden 

ku-velä  kisa  (in  bezug  auf  kisa  Güte,  gut  sein)  gütig  sein 
ku-licald  mbnlca  (in  bezug  auf  Kolik  krank  sein)  an   Kolik  leiden 
ku-mald  vusiga   (in  bezug  au(  vusiga  Kafferkorn    zu  Ende  sein)    kein 

Kafferkorn  mehr  haben 

ku-sava'  hgombe   (in   bezug    auf  /'tgo?nbe   Rinder   sich   liereichern)   von 

Rinderzucht  leben 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kifianiwe/.i.  111 

ku-linda}  noni  (in  beziig  auf  noni  Vogel  warten)  Vögel  verscheuchen, 
z.  B.  aus  den  Feldern 

Jeu  -  linda^  guku  (in  bezug  auf  ^mA'?^  Pavian  warten)  Paviane  verscheuchen, 
z.  B.  aus  den  Feldern 

ku-sa^  mino  (in  bezug  auf  mino  Zähne  mahlen)  mit  den  Zähnen  knir- 
schen od.  klappern 

hw-itimhyd  moyo  (in  bezug  auf  moyo  Herz  sich  schwer  machen)  sich 
ein  Herz  fassen,  Mut  fassen 

ku-laW  tulo  (in  bezug  auf  tulo  tiefer  Schlaf  liegen  od.  sclilafen)  einen 
tiefen  Schlaf  schlafen 

ku-kolwct  nota  (in  Bezug  auf  ;iote  Durst  berauscht  sein)  seinen  Durst 
gelöscht  od.  gestillt  haben 

ku-vi}  nota  (statt  na  nota)  Durst  haben 

ku-tudanhd  miti  (neben  ku-tudanhwa^  miti)  Hölzer,  Stämme  tlözen  oder 
flößen  [vgl.  ludanho  das  Brückengestell] 

kw-ahguhtt  dza  (statt  kw-anguha  kudza)  sich  wegzugehen  beeilen 

c)  bei  der  eigentümlichen  Hilfsformel 

-a  aaka^  (Sisumbwa:    -a  kaka^)  )      .^   r.  ,       j        t  c   •*• 
,  [  mit  folgendem  Infinitiv 

neben  -a  gagaha  ) 

,  ,  ( es  ist  unmöglich  zu 

zu  deutsch  etwa:    \       ,        ... 


es  ist  nicht  imstande  zu  — 

Beispiele. 
venava  va  gaka^      )  kngadwa  ebendiese   können   im  Spiel  nicht  besiegt 
od.  va  gagdha)      werden 

mi     ^ya  ga  a        jf^^j^Qi^  Bäume,  die  nicht  morsch  werden  können 

od.  zya  gagaka) 
numha  ya  gakct  kutwimwa  ein  feuerfestes  Haus 
kinhu  tSa  gakct  kugulwa  ein  im  Handel  nicht  erhältliches  Ding 
miso  ga  gakd  kupila  unheilbare  Augen 

lusu  Iwa  gakd  kutsemha  ein  Messer,  das  nicht  schneiden  kann 
kana  ka  gakd  kwima  ein  Kindchen,  das  nicht  stehen  kann 
vufuma  wa  gakd  kuliwa  ungenießbares  Mehl 
usw. 

Der  Hochton  steht  im  Kiriamwezi 

2.  auf  einsilbigem  Stamm    (die  Verben   ausgenommen),    offenbar    um 

anzudeuten,    daß    derselbe   ursprünglich  um   sich   selbst   redupliziert   bzw. 

quadrupliziert   war,  jetzt  jedenfalls    eine  kontrahierte   Foim    repräsentiert: 
a)  bei  Substantiven: 

mwp'  Wurzel  nflzd  Scherben 

mu^s^  Fruchtkern  h^gS  Bogensehnen 

vu^pi^  Steppenbrandzeit  (Juli,  «pfw'  Messer  (Plural) 

August) 

ma^d  Urin  mp'd  Moskito 

lufnS  Morgentau  mpicf  Weißhaar 


iial,  z.  B.  muJcaga^  |     |  mkaga  6X6 


112  Dahi,  :    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinaniwezi. 

hufwf  \  p.,^  ma^wS  Steine 

^/^ü^'     )  mpwd  Hund 

n,";/'  Erde,  Reich  ■h^hwi^  Brennholz 

nf()  oberer  Mahlstein  n^(W  Bauch,  Leib 

hl^ge^  Bogensehne  m,M  Ohrfeigen 

w.,w   dein  Vater  kujzwh  ,,   . 

W|.va'  kleine  (jazellenart  i^wi^    ) 

b)  bei  Adjektiven: 

-0|  pi^  schwarz,  z.  B.  malohyo  ya^  p^  .schwarze  P]rde 
-«1  p^  weiß,  z.  B.  malohgo  ya^  pf}  weiße  Erde 
-ör,  za^  rot,  z.  B.  malonyo  ga^  zat  rote  Erde 

-ff|  &?/'  massiv  und  massenhaft,  z.  B.  mahmyo  ya^  W  massive,   kompakte 
Erde  und  I']rde  in  Hülle  und  Fülle 

-a^  v^  zur  Stelle  seiend,  z.  B.  Mdiku  tSa^  v^  die  Regenzeit  ist  da 
-|r?o'  klein,  z.  B.  miso  ma^dc)  kleine,  d.  h.  kurzsichtige  Augen 
-fjf)  -(!(}  sehr  klein,  z.  B.  miso  ma^rl(}ma{W  desgl.  im   iClativ 

c)  bei  Adverbien: 

-i</e'  alle,  z.  B.  miyaka^  de)  alle  Jahre,  ewig 
-|C?iü«'  ganz,  z.  B.  limi^  dwi^  den  ganzen  Tag 

-,jop'    >  alle,   ganz,  voll,   z.B.  vanlmAp(^    )  alle  Leute,  nichts  wie  Leute 

-fpd  ganz,  voll,  z.  B.  micezi]  po^  den  ganzen,  vollen  Monat 
7/^1  divi'f  alle!  Schluß!  (mit  Händeklatschen  begleitet) 

d)  bei  diversen  enklitischen  Partikeln: 

rc)  bei   den    enklitisch    an   die  Ultima    angehängten   verbalen  Lokativ- 
|)artikeln:   -/id,  -^ko\  -^md. 
all  er,  sie,  es  ist 

alifio^  er  ist  hier  zur  Stelle  dagegen: 

ali/cd  er  ist  dort  (nahe  bei  X)  aWAv   er  ist  dort  (fern  von  X) 

ah\md  er  ist  hier  drinnen  aluhno  er  ist  doit  drinnen 

ihyaya!  steh  auf! 

Ihyaya^d!  steh  hier  auf!  dagegen: 

ihgaga^d!  steh  dort  auf!  (nahe  ihgagx^kn!    steh     dort    auf!     (fern 

bei  X)  von  X) 

/%09a,W/ steh  hier  drinnen  auf!       mgayihno!  steh  dort  drin  auf! 

Ferner  bei  der  interrogativen,  ebenfalls  enklitisch  an  die  Ultima  an- 
gehängten Lokativpartikel  -^i^'i  in  Verbindung  mit  dem  ^'erb: 

ali^dl  wo  ist  er,  sie,  es? 

wafnma^u}'}  wo  kommst  du  her? 

wadzaJif^Y  wo  Kehst  du  hini' 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinaniwezi. 


113 


selbständig  gebraucht: 


Tiufid  \ 


I?  woher?  wohin! 


ha^hel  wo? 

i  wo  drinnen? 

mu^^'i  \  von  wo  heraus  ? 
(  wo  hinein  ? 
in  Verbindung  mit  Substantiv,  also  adjektivisch,  mit  Hilfe  des 
Genitivpronomens  -a,  z.B.: 

munhu  wa^he^^  welcher  oder  was  für  ein  Mensch? 

muti  gwafbi'i  welcher  oder  was  für  ein  Baum? 

numba  yajid'i  welches  oder  was  für  ein  Haus? 

Mio  tsa^h^'^  welche  oder  was  für  eine  Nachtwache? 

liso  lya^^'i  welches  oder  was  für  ein  Auge? 

lu^  hoa^d'i  welches  oder  was  für  ein  Messer? 

Bemerkenswert  ist  die  Zusammensetzung 

von  M'i  was?  mit  obigem  Ae'? 

Mna^d^  was  gibt's?  was  soll's? 

mwpahgoy  Mna^h^^  was  soll's  kosten?     Preis? 

limi^  Mna^he^f  um  welche  Tageszeit? 

ß)  bei  stets  nachgestellten,  selbständigen  Interrogativpartikeln: 
Are'?  was? 
n,c?e'?  wer? 


ali^  nd^7  wer  ist  der? 
Jcu^  M'?  wozu?  warum? 
doch  wird  es,  freilich  selten, 


auch  adjektivisch  gebraucht,  wie  Ae': 


{musese  Sklave)  uli  na^yo^'i 


munhu  wa^  M?  welcher  od.  was  für  ein  Mensch? 

,  .,„  (welcher  od.  was  für  ein  Baum? 
muh  gwa^  Ml  \ 

(  welcher  od.  was  lur  Holz? 

7)  bei  den  enklitisch  dem  »na«  »mit«   angehängten  Relativpronomina 

hast  du  ihn?  ,.  wi  ich  hab'  ihn! 

ndl  na,yo\'\ 
ist  er  bei  dir?  (  er  ist  bei  mir 

,  „,  ,         ,      ,.  ,„  (hast  du  sie?  ,.  i/(ich  hab'  sie! 

(ra.se5e  Sklaven)  idi  na.vd?  \       ,.,.,.   ^    ndi  na.vd! \  .      .    ,,    .     . 
'~       (sind  sie  bei  dir?  (sie  sind  bei  nur 

{muti  Baum)  uH  na^gdl  hast  du  ihn?    ndi  na^goK'  ich  hab'  ihn! 

(w^^f^■  Baume)  idi\      '    ,  '     hast  du  sie?     ndi  \      '"'^,/ 
(  na^ydl    )  (  na^oK' 

{ndama  Kalb,  Tierjunges)  tdi  na^yo^f  hast  du  es?    ndi  na^yd! 

(ndama  desgl.  im  Plur.)  uH  na^yd?  hast  du  sie?    7idi  na^yd! 


ich  hab'  sie! 


{Mnhu  Ding)  uli  naf^dl  hast  du  es? 

(ßnhu  Dinge)  uli  na^fydl  hast  du  sie? 

(Jino  Zahn)  uli  nafydl  hast  du  ihn? 

{mino  Zähne)  uli  na^gd'i  hast  du  sie? 

(lusu  Messer)  uli  na^dl  hast  du  es? 

{nm  desgl.  im  Plur.)  uli  na^zydi  hast  du  sie? 

Mitt.d.  Sem.  f.  Orient.  Siirachen.  1904.  111.  Abt. 


ndi 
ndi 
ndi 


ndi 


na^tsd! 
najyd! 
nafyd! 


ndi    na^gd! 


ifd! 
ndi  nafyd! 

8 


ich  habe 

ihn,  sie, 

es! 


114  Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinaniwe/.i. 

(Jcamuyimha  Glöckchen)  idi  n<i^(}7  hast  du  es?  ndi  na^kd! 
{tumiyimha  desgl.  im  Pliir.)  uli  nafr}f  hast  du  sie?  ndi  nci^toK' 
{mifuma  Mehl)  uli  na^r)'^  hast  du  es?  ndi  na^d! 

{ktitogvoa  das  Lieben)  uli  na^d?  hast  du  es?        ndi  na^d! 

h)  bei  den  der  Dringliclikeit  dienenden ,  famihär  gebrauchten  Verbal- 
enkUtiken  -,.<?*',  -,ye'  und  -^ct,  z.  B.: 

wigwa^i}!  verstehst  du!  hörst  du  wohl! 
zogu^ot!  \ 

"  ^  Vf  \  SQ  komm  doch  endlich! 

zogu^sv!  { 

verküizt  in  zogn-ÜJ 

s)  bei  den  familiär  gebrauchten  Eigennamen-Enklitiken  -^o'  und  -,ye', 
besonders  beim  Anruf  auf  größere  Distanz,  um  mit  Hilfe  dieser  Schluß- 
pointe  die  Stimme  besser  in  die  Ferne  schicken  zu  können,  z.  B. : 

Mammu^^n  j^j^^..^^^^  ^^^^, 

JlatäimuJid! 


Gulemo^e\')  „   .  , 

Gulemo^2(^!  \ 


Masimi  du: 


Masimi^eK' 
MaSimi^d! 
Masele,ye^n  ^^^^^^^  ^^^, 
Masele^d! ) 

^'^•^'^"t<JKasandadu! 
Kasanaa^o'!  \ 

e)  bei  verschiedenen  Interjektionen; 

«'  /  oh !  ei !  )  ,       ,  ,       .       ,       , 

nanu:   acJi  I   nem  aber! 


?'*/  pfui! 
ngdf 


nem 
bi/oV 

kwa)!  krach ! 

pd!  klatsch! 

tu\'  Achtung!  Vorsicht!  (mütterlicher  Warnruf  fürs  Kind),  häufiger 
in  Reduplikation:   feW/ 

Der  Ilochton  steht  im  Kinamwezi: 

3.  bei  zwei-  oder  mehrsilbigen  Interjektionen  auf  der  Ultima  und 
ebenso  bei  verschiedenen  Respektsgrußformeln  auf  der  Ultima,  gleichviel 
ob  die  betreffende  Titulatur  oder  Adressatbestimmung  folgt  oder  nicht,  um 
dem  Gruß  oder  der  Antwort  eine  weithin  hörbare  Schlußpointe  zu  geben. 

Beispiele. 
e^hd!  ja!  ja  freilich! 
a^B!  so  ist  es ! 
alif^!  schon  gut,  aber;  trotzdem,  indessen 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kii'iamwezi.  115 

a^ka\'  nein  so  etwas !  ist's  möglich  ? ! 

^|Ä^'/  wer  weiß  !  was  weiß  ich  i' ! 

ha^d!  wahrhaftig!  meiner  Treu! 

nn^oK'  deine  Mutter!  wart  nur!  (ein  geUndes  Schimpfwort) 

ina^u\'  meine  Mutter!  (sowohl:  o  Schreck!  als  auch:  weh  mir!) 

ÄOjve'/  los!  vorwärts! 

tu^ke\'  j    jj 

Jca^ö!) 

na^i^!  o  weh! 

Ti7~,'~i.   I  (Beschwichtigungsfonneln  der  Mutter  für  ihr  Kind) 
Mlu^M!   ) 

clidilifliK'  Tonmalerei  für  das  ganz  eigentündiche  Zungenvibrations- 
geschrei der  Weiber  beim  Willkommen 

sß^e\f  Glück  zu!  (früher  sehr  gebräuchlich) 

Jiala^m^!  Zu  Befehl! 

mulaga^ot!  Gehorsamer  Diener!     Elmpfehle  mich! 

Tiioika^c^  mhola!  Leb  wohl!  (dem  Dableibenden) 

kußzc^  mhola f  Leh  wohl!  (dem  Weggehenden) 

kula^c^  mhola  •' )  q  i  i  /•     .im 

kala^y  mhola  !  \ 

f^.t^'"t^t",i  Wohl  nach  Haus! 
kusifct)  mhola!) 

mwezi  u^gd!  dort  ist  der  Mond!  (ein  in  ganz  Uriamwezi  üblicher  und 
sehr  beliebter  Gruß  an  den  zum  ersten  Male  wieder  sichtbar  werdenden 
Mond,  der  dabei  stets  auf  dem  Rücken  zu  liegen  scheint,  wie  der  Halb- 
mond des  Islam) 

Der  Hochton  steht  im  Kiiiamwezi: 

4.  auf  jedem  ^,  gleichviel  ob  dasselbe  als  sogenanntes  »schweres«  i 
eine  Regressiv-  (bzw.  Doppel -Regressiv-)  Wirkung  auf  den  vorangehenden 
Konsonant  ausübt  oder  nicht. 

Ausgenommen  sind  nur  das  *  im  Perfektsuffix  -ile  und  das  i  im 
Passivsuffix  -iwa,  die  den  Tiefton  haben,  wenn  der  Stamm  nicht  ein- 
silbig ist  (s.  unter  Tiefton). 

Einsilbige  Verbalstämme  tragen,  als  Ausnahme  zu  obiger  Ausnahme, 
auch  im  Perfektsuffix  -ile  und  im  Passivsuffix  -iwa  den  Hochton  auf  dem  i. 

Beispiele. 
{muti^  Baum,  Holz),  w««W  Bäume,  Hölzer 
kinhu  Ding ,  ßnhu  Dinge 
Ungoma  große  Trommel,  großer  Trommeltanz 

usw. 
kw-i^hwa  =  kw-^va  stehlen 
ktc-i^mba  singen 

kw-^tsa  heruntergeben,  hinuntergleiten  lassen 
kMa  Dickbauch,  Fettbauch  (pars  pro  toto) 
kio-i^ga  schnell  laufen 


116  Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kii'ianiwezi. 

Tcw-i^nga  aufstehen,  aufbrechen 

Tcw-i^gwa  hören,  horchen  und  gehorchen 

Sisumbwa:  Ttw-Hia     )      ,      .j  •  n     r.  u     --i 

schneiden,  speziell:  bras  schneiden 
Kigalaganza :  kw  - vpa ) 

kw-Mza  aufsitzen,  aufbleiben  am  Abend 

hw-i^ndza  entfernen,  wegtun 

Kigalaganza:  hw-i^ka)  ,  ,  ,  .        .      ^  • 

*      "  1.,       herunter-,  hinunteisteigen 

Sisumbwa:  kw-vnka) 

{kw-i^kala  sich  setzen,  bleiben,  wohnen) 

kw-ila  gehen  (bes.  ringsherum),  um  mitzuteilen 

Sisumbwa  kw-iHa 


.  (Zeichen)  machen,  machen,  tun 
Kigalaganza  kw-vta 

kha  Gutsein,  Güte,  Gnade 

kw  -  ika   ) 

kw-i!nta\  (Zeichen)  machen,  machen,  tun 

kw-i'nha] 

(davon  übrigens  auch  Ivigalaganza:  rowÄw)  die  Gemachten,  Geschaffenen, 

Sisumbwa :  row^M     )      Geschöpfe,  d.h.  Menschen 

vgl.  Kigalaganza:  tnzumhwa)   „       ,  ..    <•  ku-zumha)  hWAen,     er- 

r,         ,  ~      7  Geschöpfe,  von  ^  ^  ,    ' 

Sisumbwa:  vasumowa     )  ku-sumoa )      schaffen 

k{u)-^ya    dämmern    am    Morgen;    ki^ya    Morgendämmerung,    Osten; 

nd'^yu  Morgen  und  morgens 

kw-iza  kommen 

mwM  Dieb  (von  kw-ha  stehlen);  Sisumbwa:  mwM 

mM*^'m5»' Leichenbestatter  (von  ku-s^mba  aufhacken,  graben);  Sisumbwa: 

somfi  eine  Fischsorte;  Sisumbwa:  somvi^ 

muyomM  Sprecher   (von   ku-yomba   sprechen);    Sisumbwa:    mnynmvf, 
häufiger:  muyombag^zV 

mbuW  Ziege;  Sisumbwa:  mbuzi^ 

mweU  der  Westen,  wo  der  Neumond  zuerst  erscheint 
mwez^  der  Mond  (von  kw-ela  licht,  hell  sein);  Sisumbwa:   mwezi 
mulendi^  der  Erbe  (von  ku-Ienda,  müßig  sein);  Sisumbwa:  mulenzi 
muzehg^  der  Ansiedler  (von  ku-zenga  bzw.  ku-senga  bauen,   sich  an- 
bauen); Sisumbwa:  mvsenzi^ 

muhi^gi^  der   Jäger    (von   ku-hi^ga  jagen);    Sisumbwa:    miihi^zi^  (auch: 
mitp^zi\  Trmyiz^) 

mulogi^  der  Zauberer  (von  ku-Ioga  behexen);  Sisumbwa:  mitJoz^ 
mudeM  der  Koch  (von  ku-deka  bzw.  ku-teka  kociieii);  Sisunibwa:  mutesi^ 
Vadusi^  Watusi,  eigtl.  die  Notleidenden    (von   ku-duka   bzw.  ku-tuka 
Not  leiden);  Sisumbwa:    Yatusi^ 

vuduM  Not,  Elend  (von  demselben  Stamm);  Sisumbwa:  mtm^ 

muzmM)  j       TT      1,  .  ,  .,   , 

,,     der  Handlanger  (von  ku-zenha)  ,    . 
muzeM  1     7         7      (  bringen,  ^.        , 

od.  ku-zeha  >      .  ,      ^    Sisumbwa: 

bzw.  ku-zehka] 


reichen) ; 


(von  Sisumbwa:  ku-mita  gebären);  Sisumbwa:  muru-si^ 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kii'uimwezi.  117 

mupagati^  Karawanenträger,  Arbeiter;  Sisumbwa;  miipayasi 

mMü^  Hyäne;  Sisumbwa:  mßsi^ 

Mit  diesen  wenigen  ßeisjwelen  genug  für  jetzt! 

Beispiele  einsilbiger  Verbalstämme. 

(sein  1   narHe  ich  bin  gewesen 
Tcu-vO )         ) 

(ku-ywa  fallen)  wagioiHe  du  bist  gefallen 
{ku-fwa  sterben)       -^  er  ist  gestorben 

{ku-kwa  Brautkaufpreis  bezahlen)  twakiciHe  wir  haben  unsern  Braut- 
kaufpreis bezahlt 

{ku-dza  weggehen)  wadzi'le  ihr  seid  weggegangen 

ku-sa  reiben,  mahlen)  vasi^le  sie  haben  gerieben,  gemahlen 

{ku-lya  essen)  naUle  ich  habe  gegessen 

{ku-nya  Stuhlgang  haben,  zu  Stuhle  gehen)  tioaniHe  wir  sind  zu  Stuhl 
gegangen 

(ku-nwa  trinken)  namoHe  ich  habe  getrunken 

{ku-zwa  tröpfeln,  lecken,  intr.)  manuhgu  (Töpfe)  gazwHe  die  Töpfe 
haben  geleckt 


(ku-va)      .  \   1        -1 
~  ,    sem  )  ku-vvwa  säen 
ku-vv  )         ) 

(ku-fwa  sterben)  ku-fwiHwa  Leidtragender  sein  (d.  h.  einen  lieben  An- 
gehörigen durch  den  Tod  verloren  haben) 

{ku-sa  reiben,  mahlen)  ku-Uwa  gerieben,  gemahlen  werden;  dann: 
die  Haare  nach  Küstenart  kräuseln  und  rollen 

{ku-lya  essen)  ku-likva  gegessen  werden  und  eßbar  sein 

{ku-nwa  trinken)  ku-nw'^wa  getrunken  werden  und  trinkbar  sein 

Besonders  bemei'kenswert  ist  das  Doppel passivum,  das  soeben 
bereits   sich   in  ku-fwiHwa  und  ku-nw'iwa   zu   zeigen   begann.     Siehe  unten. 

Der  Tiefton  steht  im  Kiriamwezi: 

I.    auf  jeder    einer    hochbetonten    Silbe    unmittelbar    vorangehenden 
Silbe,  gleichviel  ob  zu  ein  und  demselben  Wort  gehörend  oder  nicht,  z.B.: 
ku-nena^  nhwi^  Brennholz  spalten 
na^äe  ich  bin  gewesen 
usw. 
Es   soll   offenbar    durch   den   Tief-    oder   Hochton   verstärkt   werden, 
indem  die  Stimme  gleichsam  ausholt  zum  Stoß. 

Treffen  Tief-  und  Hochton  auf  einer  Silbe  zusammen,  so  behauptet 
natürlich  der  Hochton  das  Feld,  und  eine  kurze  Stimmpause  verhilft  dem 
zweiten  Hoch  ton  zu  seiner  Wirkung  oder  Geltung;  z.B.: 


118  Dahl  :    Die  Töne  und  Akzente  im  Kihannvezi. 

statt  hadol  ngcf )  nicht     im     geringsten ,     eigtl.     ein     Plätzchen 

spricht  man  /iaf7o'|%o')        nicht,    ein    klein    wenig,    leise    nicht    (der 

Berliner  würde  sagen:   »nich  in  die  Hand!») 

statt  hi-vi}  ndd)       ,       t r  «.  •      ,  ■^/^••*t       \ 

~  II  guter  Hoffnung  sein  (von  Muttern) 

Jcu-vv\nad  ) 

II.  häufig  auf  u,   besonders  auf  dem  sogenannten   »schweren«  u  und 
auf  dem  /  des  Perfektsuffix  -ile  bzw.  -izye  und  des  Passivsuffix  -iua. 

Beisjjiele:  w,,  d.  h.  n  mit  Tiefton. 
«)  bei  Verben: 

k{u)-UfffiVia  scliarf  sein  (z.  B.  vom  Messer) 
]c{u)-u^la  lieulen,  wehklagen;  quaken  (von  Fröschen) 
k{u)-u^ma  trocken  sein  oder  werden 

Hj  1  schwitzen,  laufen  (besonders  im   Kriege),  lliehen 
k{u)-u^vla) 

hu-fu^a  hinausgehen 

ku-kii^na  ballen  (z.  B.  die  Finger  zur  Faust) 

ku-daku^na  durchkauen 

kw-^gu^ta  satt,  voll,  fett  sein 

ku-kuf'iga  anbinden  (bes.  die  Ziegen) 

ku-kufidi^ki^zya  zudecken 

kw-i^lu^gufa  sich  den  jNIund  aussjx'ilen  (nach  jeder  Mahlzeit) 

ß)  bei  Adjektiven: 

-gandu^  dünn;  -gh'iUy  dick 

-lambu^  hart;  -kondu^  weich 

-suku.  mager    (vom  Fleisch);    -noi'iu^  fett,  süß,  wohlschmeckend  (vom 
Fleisch) 

-hu^hit^  leicht  (an  Gewicht);  -tl^mhu^  schwer  (an  Gewicht) 

-sevu^  heiß,  kochend;  -itendeku^  kalt,  frisch 

-u^gi}  scharf,  schneidig  -dufnizu^  stumpf,  olnie  Spitze 

-semu,  süß  -sisihu^  jähzornig 

-lu^u^  sauer,  bitter  -gakanazii^  brüchig  (vom  l.eder) 

-vozu^  morsch ,  verfault  -«,7n?/,  trocken 

-du^rn^  nackt,  leer  -i/"i'*«i  schamlos 

-gimu^  abgehärtet  und  verhärtet  -ku^u^  groß,  angesehen 

-/«'ÄM|  lang,  hoch,  tief  -zorri^  müde,  faul 

-elu^  hell,  licht,  klar  -liu^bu^  dumm 

-gadu^fuy^    sauer    geworden    (von    Ge-  -gu^hi}  niedrig,  kurz,  klein 

tränken)  -nogu^  gutherzig,  billig 

-gololoku^  gestreckt,  gerade  -nofu^  saftig,  knochenfrei 

-zu^u^u^  munter,  wohlauf  -hofu^  blind 

ferner  nur  im  Kizukuma: 

-lalu,ku.  rot  -kamu.  derb,  fest  kyPlu,)    ,      .,  ^  „• 

'     '  '  ^      'stupid,  unanstelug 

-du^lu^  unhöflich  -dekanu^  verträglich  tiiHu^  \ 


Dahl:   Die  Töne  und  Akzente  im  Kinaniwezi.  119 

y)  bei  Substantiven : 

nyUyiUy  Stärke  m{a)u^a  Fett,  Talg,  besonders  von  der 
kalezu^  Kinn ,  Bart  unantastbaren  Riesenschlange  (sato), 

nzovu^  (arcli.)  Elefant  zum  Ahnenkult  gebraucht 

k'kWkn^  Regenzeit  magufa  Fett,  Öl,  Butter 

sekii^selcu^  Schluckauf  mayuyha  Knochen 

vu^i^ku^  Nacht  ngu^o  Schnurrbart;  Meinung 

hhovu^  Narbe  lyu^a  (arch.)  Sonne 

nz^kn^  Schnittochs  lu^yHo  Schweiß 

luvazu^  Rippe  ifufiha  Katarrh,  Schnupfen 

munhii^  Mensch  nzu^i^  Biene 

khihu^  Ding  ki^ku^a  Brust,  Schwangerschaft 

liaiihuy  Ort  vu^^  Siruj)  bzw.   Honig 
mbnfa  Regen,  Gewitter,  Jahr 

Beispiele:  2,,  d.h.  i  mit  Tiefton: 
(i)     im    Perfektsuffix    -/|/e    bzw.   -i^ye    (ausgenommen    die    einsilbigen 

^'erbalstämme): 

(von  ku-lwala  krank  sein,  auch:  gebären,  auch:  kommen  wollen,  im 

Anzug  sein  (vom  Regen),  z.  B.  {mbu^a)  ililwala  es  macht  am  Regen  herum) 

nalwali^le.  ich  bin  krank  gewesen 

(von  ku-piHa  genesen,  heilen,  intr.)  napiHi^le  ich  bin  genesen 

(von  ku-ku^a  wachsen)  nakufife  ich  bin  gewachsen 

(von  ku-lola  anschauen)  naloli^e  ich  habe  angeschaut 

(von  ku-pela  tliehen)  napeli^e  ich  bin  geflohen 

(von    kw-iHicazya    hyjjochondrisch    sein,    auch:    Krankheit    heucheln) 

iiHvoazi^ye  ich  bin  hypochondrisch  gewesen,  ich  habe  Krankheit  geheuchelt 
(von  ku-gHa  grüßen)  nagim^ye  ich  habe  gegrüßt 
/von  ku-dahiya)  verabschieden  und\    nadahifye  ich   habe   mich  oder 
\    z=  ku-daya    )  sich  verabschieden/         ihn  verabschiedet 
(von  ku-pu^za  Holz  behauen)  napu^zi-^ye  ich  habe  Holz  behauen 
(von  ku-du^tsa  beschimpfen)  nadu^ki^zye  ich  habe  beschimpft 
(von  kw-^ndza  wegräumen)  n^hgi^ye  ich  habe  weggeräumt 

im    Sisumbwa   koinmt   außerdem   die    Regressiv-    (bzw.    Doppel -Regressiv-) 

Wirkung    des    sogenannten    «schweren«    i   im   Perfektsuffix   -?'/e   bzw.  -ifye 

zur  Geltung: 

(von  ku  -  lala  liegen ,  schlafen)   nalazi^e   ich   habe   gelegen ,    geschlafen 
(von  ku-kata  schneiden)  nakasj^le  ich  habe  geschnitten 
(von  ku-tu^'a  Not  leiden)  natu^ife  ich  habe  Not  gelitten 
usw.  usw. 

ß)  im  Passivsuffix  -i^wa  (ausgenommen  die  einsilbigen  Verbalstämme): 
(von  ku-pußi  einen  falsch      ku-pu^i^a 
gezeigten  Weg  gehen)        ku-pu^vwa 

kvo  -^kalumajoa 


falsch  geführt  werden 


(von  kw-i^kaliLvya  härten)  h,    ,  *" '      J  gehärtet  werden 

kw  -  vkaliLvwa   \ 


120  Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi. 

(von  Jcw-i^niba  singen)  Tcw-ihnbwa  gesungen  werden 

(von  ^«-^/'wZ'j/a  schwer  machen)  hu-timbifoa\sc\\v;ev  gemacht  werden 

(an  Gewicht)  hu-ti^mbica  )      (an  Gewicht) 

(von  Jcu-qoda  zu  Ende  sein)    Jcu-qodiwa)        t^    i         ,       ,  , 

^     ,         „^         ,      T^  .    s         7  ,  ZU  Ende  gebracht  werden 

(von  Weg  oder  Reise)        Ku-godwa  \ 

(von  Tcu-gMya)  entwöhnen'^      Jcu-gMi^wa)  entwöhnt  werden  (vom 
t:=^  Icu- ghya  )    (Säugling)/      ku-ghi^wa)       Säugling) 

(von  ku-kihida)  besiegen,  \     ku-Mndwa)  ^      ....  ™.  , 

.,>..,  «.  ,        H    ,       }  besiegt,  ubertronen  werden 

=  Ku-tvnda  )  ubertrenen/     Ku-tvndwa  \ 

,         7        1  n       V-  i.     \     A-«-OTW?.M;a]  abgebrochen,«eeerntet 

(von  Ku-vvnza  abbrechen,  ernten)  ~i  I 

ku-vmzwa  \      werden 

(von  Tiu-zu,ga  umrühren)  '^  i^  i      (umgerührt  werden 

ku  -  zu^gica   ) 

(ku-tagi/a  (Kizukuma)  )  eigtl.:  wegwerfen  \  ku-tagi^wa  ]  beraubt, 
kn-tadza  (Kigalaganza)  |  maclien— berauben,  1  ku-tadz^ua\  abortiert 
ku-tazya  (Sisuml)wa)      j  abortieren         /     ku-taziyca    )  werden 

(von  ku-kahga  erschrecken,  trans.)  ku-kahgwa  erschreckt  werden 

kw-'^ndzi^wa\ 
(von  kw-indza  wegräumen)      kw-hidzwa  \  weggeräumt  werden 

kw  -  ifngi^wa    i 
(von  ku-daha  (Wasser)  schöpfen,     ku-dahwa)  geschöpft,  geholt  werden 
holen)  ku-dava   \      (bes.  Wasser) 

(von  ku  -  dalmja  \  urspr. :  nach  Wasser  schicken,  ver-\   ku  -  dakifjoa  verab- 
=  ku-daya     \  abschieden  und  sich  verabschieden/       schiedet  werden 
(von  ku-leica  allein  lassen,  verlassen)   ku-lekwa   allein   gelassen,  ver- 
lassen werden 

ku  -  drifsi^ica  \ 
(von  ku-duytsa  beleidigen)     ku-du^tswa  \  beleidigt  werden 
ku-duki^wa  ) 

/       7         i  *     1      \     ku-vf'siwa)         ^     w  1 

(vn  ku-vvsa  verstecken)  ~     '      }  versteckt  werden 

ku-vvsica  ) 

(von  k{ri)-onha)  \    k(u)-onhiwa)  , 

7/  N     7         saugen       j)  [     ,.'         gesaugt  werden 
k{u)-oha    )  )    k{u)-ohi^wa    ) 

/von  k(u)-onhiya)     ..  ^      Mu) - ohhiwa)        ..  , 

i)  [     7-  saugen  )  (        J         gesaugt  werden 

V         k{u)-ohiya    )  )      k(u)-o/ii^ica   ) 

(von  ku-iela  (Eier)  legen)     ^  '       (gelegt  werden  (von   Eiern) 

ku-iei(ioa  ) 

(von  kit-jn'zya  heilen,  trans.)  -^   " '      (geheilt  werden 

ku-pvzwa  ) 

(von  ku-zi'ma  erlöschen,  kühl  sein)  ^      |  ausgelöscht   werden 

ku-zvmwa  ) 

(von   ku-zu^nya  beipflichten,    erlauben    und   eingestehen)    ku-zn^mi^wa 

beigepflichtet,  erlaubt  und  eingestanden  werden 

(von  ku-tona  (Erdnüsse)  ab-     ku-toni^iva)  abgerupft, 

rupfen,  schreiben,  malen     ku-tonwa  )  geschrieben,  gemalt  werden 

usw.  usw. 


Dahl:   Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi.  121 

Hier  seien  noch  einige  weitere  Beispiele  für  das  unserni  deutschen 
Sprachgefühl  etwas  fremde  Doppelpassivuin  angeführt: 

(von  liu-v^wa  säen)  Tcu-vßwi^wa  gesät  werden 

(von  Jiu-Jiangwa  ei-sciirecken ,  intr.)  hu-kangwi^oa  Erschi-ecken  ver- 
ursachen 

(von  hm-^gwa  hören)  kvo-igvoi^oa  gehört  werden 

(von  ku-pi^wa  bekommen)  ku-pi^wi^a  gegeben  werden 

(von  ku-togwa  lie])en)  ku-togwiwa  geUebt  werden 

(von  ku-sUi^wa  anstreichen,  tünchen)  ku-siHi^i^wa  angestrichen,  ge- 
tüncht werden 

(von  ku-sivoa  die  Haare  Iträuseln,  rollen)  ku-shoi^a  gekräuselt,  ge- 
rollt werden  (nach  Küstenmanier) 

(von  ku-Usi^wa  vergiften,  indem  man  Gift  ins  Essen  oder  Trinken 
tut)  ku-Usi^wi^wa  vergiftet  werden 

(von  ku-tu^danhioa)miHi^^''3i\\ii\Q,\\'6\zev\   ku-tuflanJiwifoa  getlözt,  gellößt 
z:::zku-tti^danho    )      llözen  od.  flößen/        werden  (von  Bäumen) 


Die  Akzente  im  Kinamwezi. 

Der  Haupt-,  ebenso  wie  der  Nebenakzent  kann  auf  jeder  Silbe  ge- 
funden werden: 

1,  Der  Hauptakzent  oder  Hauptton   i. 

a)  auf  der  Ultima   i 

b)  auf  der  Penultima  i.  _ 

c)  auf  der  Antepenultima  i  _  _ 

d)  auf  der  Prae- Antepenultima  i. 

e)  auf  der  Ante -Prae -Antepenultima   jl 

2.  Der  Nebenakzent  oder  Nebenton   ^ 

a)  auf  der  Ultima  a 

b)  auf  der  Penultima  ±_ 

c)  auf  der  Antepenultima   ^__ 

d)  auf  der  Prae- Antepenultima  ^ 

e)  auf  der  Ante -Prae -Antepenultima  j. 

Wie  zu  jedem  Berg  ein  Tal  gehört,  so  ist  das  Auftreten  des  Haupt- 
tones ohne  Nebenton  undenkbar.  Absolut  einsilbige  Wörter  sind  deshalb 
jedes  Akzentes  bar.  Die  häufigste  Form  des  Auftretens  ist  die,  daß  bei 
zweisilbigen  Wörtern  (bzw.  dreisilbigen,  aber  zweisilbigen  Stämmen) 

Penultima  den  Hauptakzent 

Ultima  den  Nebenakzent 
bekommt,  also   ^jl  bzw.   -j.±. 

Dementsprechend  erhält  bei  nur  einsilbigen  Stimmen  das  Verbal-  oder 
Nominalpräfix  den  Hauptakzent,  der  eigentliche  Stamm  dagegen  nur  den 
Nebenakzent,  vorausgesetzt,  daß  er  ohne  angehängtes  Suffix,  Enklitik  usw. 
tatsächlich  die  Ultima  bildet. 


122  Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  KInaniwezi. 

Beispiele. 

Jcu-filä  führen,  bringen 

kü-fwä  sterben 

dfwe!  daß  er  sterbe!  der  Tropf! 

hu-fwilä  an  einer  Krankheit  usw.  sterben 

vdfwä       )     .       ,     , 
~  •^  \  sie  starben 

vafwaga  ) 

Jiu-fwafwagdnä  halbtot  zusammenbrechen 

lüfii  Tod,  Leiche 

müfk    )  ein    außerhalb    der    Ehegemeinschaft    lebender    \^i'heirateter 

müfwä)       oder  Verheiratete 

mufwilwä   ein  Leidtragender  (d.  h.  einer,   dem  jemand   gestorben   ist) 

Außer  der  soeben  genannten  sind  folgende  Kombinationen  von  Haupt- 
und   Nebenakzent   die   gebräuchlichsten,    wobei   ich    mich    der    Einfachheit 
wegen  folgenden  Schemas  zu  besserer  Übersicht  bedienen  möchte,  um  dann 
die  einzelnen  Kombinationsmöglichkeiten  durch  Beispiele  zu  belegen: 
\.    la  +  2a'   i|jL   (das  Zeichen  |  bedeutet  hier  Worttrennung) 
IL    lc  +  2a     i_^ 

IIL    \c  +  2h    ±±- 

IV.    2c +10    ±±- 
V.    \c  +  2a     -S.-X   (bes.  bei  vollen  Reduplikationen) 

\'l.    \di-2b     j.^±-   (bes.  bei  vollen  Reduplikationen) 

Beispiele  zu  Gruppe  1:   lo -f- 2a   l\±: 
mlmlu  yd^ndu  Bauchfellentzündung 
ku-nend^hhwi  Brennholz  spalten 
numha  yd^mhwä  Hundehütte 
kahwihä^jndä  Kleidsorte  (eigtl.  Baucheinhüller) 
mupuydjmbk  Baumsorte  (eigtl.  Moskitenfächler) 

Scheinl)ar  trifl't  mit  dieser  Akzentkombination   i-\^  die   früher  bereits 
erwähnte  Form  _|-i   völlig  zusammen,  also  z.B.: 
mupuyd^mhu  =  inupuya^  mhil  Baiunsorte 
numha  yd^mbwä  =  numha  ya^  mhica^  Hundehütte 
usw. 

Beispiele  zu  Gruppe  H:  \c+2a  i.-±: 
ku-tiiiyinyä  hin  und  her  schütteln,  rütteln,  bewegen 
ku-dünunhä  heftig  klopfen  (z.  B.  das  Herz) 

ku-pdmantä  durch  leichtes  Bekloj)fen  mit  der  Ilachen  Hand  den  Topf- 
hals fugen 

ku - hdnahqä )     „      , 

1  t     •    A  pbischen 
ku-benenya  ) 

ku-ymihunhä  durch  Ausklopfen  Staub  aufwirbeln  maciien 

ku-kenyentä  zuspitzen  (z.  B.  Holz) 

ku-kmyenhä  zustutzen  (z.  B.  das  Gras  des  Daches) 

1    1   bedeutet  Ilaupttou,  2  Neljeutuii,  a  letzte,  b  vorletzte  Sill)e  usw. 


Dahl:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi.  123 

Icu-lydndaJcä  jemand  argwöhnisch  belauern,  überwachen 

"/[.        ,    [schlecht  koclien  (z.  B.  den  dicken  Mehlbrei) 
ku-sdnkanä   ) 

Tcw-dhquha  )    .,.         .  j     •  i    i      m 

..     ,  ,?  eihg  sein  und  sich  beeilen 
Tcu-vdttguha) 

ku-gubinhä  niedrig,  kurz,  klein  sein 
Jcu-gülumä  heucheln,  lügen 

Jcu-sdkmä  sehr  angestrengt  bzw.  gründlich  reiben,  mahlen    (Redupli- 
kation des  Simplex  kü-sä  reiben,  mahlen) 
milimö  (vom  Sing,  mulimo)  Arbeiten 
miligö  (vom  Sing,  muligö)  Traglasten 
kavühguli  ein  Brosamen 
vüfumä  Mehl  bzw.  Erdstaub  od.  Stauberde 
vi'i.sogä  Güte,  Heiligkeit,  Keuschheit 

Beispiele  zu  Gruppe  III:   lc-\-2b  j.j._: 
kw-itölola  ringsum  eingeschlossen,  nicht  mehr  entlliehen   können 
ku-göndola  auseinanderfalten,  aufrollen 
ku-sötola  vulum  Baumwolle  zupfen 
ku-göhgola  bewillkommnen,  auch  danken 
ku-kömla  fähig,  imstande  sein  (zu  tun  usw.) 
kw-ip6nbla  sich  die  Haut  abschürfen 
ku-kömbla  loskaufen,  befreien 

ku-gömbla  (Pfeife)  reinigen  (von  Tabakssclimurgel) 
ku-vimbula  abdecken  (ein  Dach) 
ku-visida  etwas  Verstecktes  hervorholen 
kw  -  itdmula  frühstücken 

ku-fündu^ct  nama  heißhungrig  hineinbeißen  ins   Fleisch 
ku-vdvida  die  Haare  kräuseln  niit  Wärme 
ku-lotölula  Traum  deuten,  auslegen 
kw-iteghla  sich  in  seiner  Rede  nicht  fangen  lassen 
kw-dnula  etwas  retten  (vor  Regen  od.  Sonnenbrand) 
ku-gühula  öffnen,  aufdecken,  entblößen 

Beispiele  zu  Gruppe  IV:  '2c+\b   j.i_: 

ku-gbl6la  strecken,  gerade  machen 

ku-tbndöla  pellen,  schälen  (bes.  Erdnüsse  usw.) 

kw-\nyöla  aus  Liebe  oder  Eifersucht  miteinander  kämpfen 

ku-zvmöla  imhgu   vorsichtig   auskühlen    (einen   frischgebrannten  Topf) 

ku  -  kblöla  ) , 

[  husten 
ku  -  kosola ) 

Kidakama:  ku-lbhgola  jemand,  den  Weg  zeigen,  führen 

ku  -  IbUla  beschauen  ,  betrachten 

ku-sbkela  wiederholen,  repetieren 

ku-sekela  belächeln,  auslachen 

ku-levela  beleidigen 

kw-ikb7idela  sich  vertragen 


124  Dahl:   Die  Töne  und  Akzente  im  Kinamwezi. 

ku-gelela  hilflos  sein 

Icu-Mwela  I        .      c        •     T     1, 
5  zustopfen  em  Loch 
Tcu-Uvwela  ) 

Tiu-vundäla  unter  seinen  Flügeln  versammeln 

ku-gäydla  arbeitsscheu,  faul  sein 

hu-lugdla  zumachen  (Tür),  stopfen   (Durchfall  und  Erbrechen) 

Titi-lemdla  völlig  gelähmt  sein 

Jc{u)-dkdla  voll  sein  zum  Überlaufen 

Jcw-ikula  sich  setzen,  sitzen,  bleiben,  wohnen 

Jcu-diigäla  mit  leeren  Händen  dastehen,  arm,    speziell ^leiderlos  sein 

hu-tävdla  in  den  Krieg  ziehen  (vom  König) 

ku-gakdla  plump,  schwerfällig  sein  (z.  B.  vom  Flußpferd) 

ku-tägdia  zum   Tode   führen   bzw.  zu    weit  fortgeschritten   sein   (von 

Krankheiten) 

ku-zizima  frösteln 

ku-sohözya   verführen  (ein  Weib  oder  Mädchen) 

[vgl.  ku-gägdmhula  seine  Tochter  jemand  feierlich  zusprechen,  seine 
Tochter  verheiraten  (vom  Vater)  (so  wie  es  früher  Sitte  war)] 

ku-huMya  sehr  schwitzen,  sehr  laufen  od.  lliehen  (im  Krieg) 

ku-gegeta  muti  einen  Baum  zustutzen 

ku-sesema  sich  erbrechen 

ku-gegenya  fiepen  (von  Ratten) 

ku-läldma  den  Kopf  nach  hinten  zurückgebeugt  einhergehen,  bes. 
von  Schielenden,  um  so  besser  sehen  zu  können 

ku-säsdna  sich  drängelnd  überpurzeln,  um  zu  etwas  zu  gelangen 

kvrfufiisa^Qm?ca.(i  nachäffen,  jemand  lächerlich  machen  durch  Karrikierung 

Beispiele   zu   Gruppe  V:    lc  +  2a  _i_.L 
(bes.  bei  vollen  Reduplikationen): 

ku-lyomdlyomä  sehr  radebrechen,  kauderwelschen 

ku-magdmagä  Rundschau  halten  von  einem  hochgelegenen  Punkt  aus 

ku-matämatä  mühsam  herumgehen,  sich  bewegen 

kw-iviigdvugä  herumscharwenzeln,  d.  h.  seine  schönen  neuen  Kleider 
auffällig  schwenken  beim  Gehen 

ku-gotdgotä  vom  Alter  sehr  gebeugt  sein 

ku-liddlidä  sich  munter  tununeln  (in  der  Arbeit  und  sonst) 

kw-itekdtekä  sich  sehr  ausführlich  und  behutsam  hinsetzen 

kic-ilumdlumä  sich  im  Wortstreit  schlagen  lassen,  indem  man  sich  die 
bereite  Antwort  verbeißt 

ku-nekydnekyä  neue  Freundscliaften  zu  schließen  meiden 

ku  - gunydgunyä  zwei  getrennte  Teile  rasch  zusammenraffen 

kw-ivutsdvutsä  unentschlossen  sein   im,    beim  od. 
Aufbrechen 

kinziminziim  Schatten  eines  INIenschen 

mbogövogo  Ohrenentzündung 

Iiandhanä  immerdar,  ewiglich,  unveiänderlich 


Daiil:    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinaniwezi.  125 

Tiimhulimhidi  Götzenbild 

,      ,.,    ( simsivi 
Icu  -  hla 


ßvißvi  \  ganz  erl)ärnilicli  schreien 

[Sisuiiibwa :  vivivivi\  ] 

usw.  usw. 

Beispiele  zu  Gruppe  VI:   lc?H-25  a_a_ 
(bes.  bei  vollen  Reduplikationen): 
Jcu-nihamha  laufen  (von  Geschwüi^en) 
M-tehgatciiga  behutsam  hinsetzen  (Kind  oder  Topf) 
ku -  zimazima  frösteln 

Jcw-iMvyaUvya)  t^^jßh^^^g.jg^  unaufhörlich  nach  Essen  schreien 
Jcw  -xkähyakabya  \ 

^  ir     ;/  i/    j  jemand  kitzeln 


Tcu-neganega 

sekuseA'u  Schluckauf 

Mmdlimäli  gründlich,  sorgfältig 

heJceheJce  getrennt,  sortiert 

musimahgila  Geck,  Stutzer,  Zierbengel 

ku-göhgomäla  vor  Altersschwäche  mit  dem  Kopfe  wackeln 

ku-lihnhagänya  Hokuspokus  treiben  (von  Zauberdoktoren) 

ku-mdilizya  mhola  sich  bei  Neuankommenden  erkundigen  über  Ange- 
hörige und  Freunde  in  der  Ferne 

kw-iyümiüzya  Rekonvaleszent  sein 

Jcu-tdgaläla  grätschen,  die  Beine  spreizen 

ku-hdnhikizya  einen  umzustürzen  drohenden  Kochtopf  durch  unter- 
geschobenen Stein  usw.  stützen 

ku-günuk\lwa  splitternackt  ausgezogen  sein  (^oes.  durch  Räuber,  imd 
das  sind  von  Natur  alle  Wariamwezi) 

kic-MnahgMa  'jemand,  bedräuen,  um  dadurch  eine  böse  Tat  zu  verheimlichen 

ku-tdmbuktzya  jemand  anstecken  (mit  Krankheiten) 

Selbstverständlich  gibt  es  auch  noch  andere  Kombinationsmöglich- 
keiten, z.  B.  2</+ lc-l-2ö   ^i_±: 

w  -  igu  um  azya  J  ^^^^^^^  ausgeruht  zur  Arbeit  sein 
kw  -  ikidümoazyä ) 

kw-itolombozyä  unnahbar,  unerbittlich  sein 
ku-geyelulä  jemand   durchhecheln  in  seiner  Abwesenheit 
ku-kuküUzyä  girren  (von  Tauben) 

ku-kulungizyä  den  erhärtenden  Topf  vor  dem  Brennen  täglich  mit 
dem  Glättstein  glätten 

kw-inhbgomJiezyä^  ^^^^  Vergnügen  schmatzen,  wenn's  einem  schmeckt 
kw  -  inhbkömbezyä ) 

ku-Kiginyukä  sehr  dick  sein  oder  werden  (von  Maden,  Würmern  usw.) 
ku-sigdtilä  sich  halbtot  schinden  oder  abarbeiten 

ku-zävdhgizyä  mumagazi  etwas  in  Blut  eintunken  (wie  z.  B.  Josefs 
Briider  sein  Kleid) 


usw.  usw. 


126  Daiu.  :    Die  Töne  und  Akzente  im  Kinainwezi. 

Nocli  einige  Beispiele,  in  denen  Haupt-  oder  Nebenakzent  auf  der 
fünftletzten  Silbe  (also  le  oder  2e)  und  der  Hauptakzent  auf  der  sechst- 
letzten Silbe  vorkommt: 

Im-yänukuTizya  etwas  behutsam  von  Hand  zu  Hand  geben 

hi-gelekelezya  "\^orräte  hoch  aufstapeln 

Tcu-gelehyetänya   planiei'en,  ebenen 

kw-ipdmiMzyäna  sich  gegenseitig  drängelnd  stoßen 

Ji'io-itabikataUJca  knatschen  (von  feuchtem  Lehmboden  unter  Menschen- 
tritten) 

ku-kamvaTcasum  haniimah^mx  Netzefilieren,  Seildrehen  usw.  rückwärts 
vorwärts,  rückwärts  vorwärts  gehen 

kic-isilikUtla  jemand  in  den  Tod  nicht  leiden  können,  jemand  absolut 
nicht  ausstehen  können 

kti - piUmiJizya  umwickeln,  überspinnen,  auch:  einen  Kreis  zum  Hütten- 
bau abstecken 

kw-iköndelekezya  zur  Verträglichkeit  ermahnen 

ku- zvim quill qhta)  .      ,,  ..       ,.        ,  ,. 

^ .     ,     ,  in  Kramplen  daliegen 

ku- süngulngnta    ) 


mhämbalaknna 
nhdndalafi 


Einschlafen  der  Glieder,  Wadenkramjtf  usw. 
nna    \ 


ku-guhgämulila  jemand  heben  helfen,  z.  B.  eine  Traglast 

kw-igiiluvühgunyä )  viele   Menschen   schnell    zusammenraffen    zu   einer 

kw-ikulumngunyä  j       Karawanenreise 

ku-k\kinyalika\   ,.     ,,  .  i      i    j     i  i-  i  i 

,    ,     ,         5  die  Stirne  sehr  bedenklich  runzeln 
ku-kikinaltka   ) 

kw-isösöngelezya  jemand  auf  besonders  raffinierte  Weise  pfählen 

k{u)-dkdlUizya  auffüllen  lassen 

kw-iUih'ihganyä  doppelzüngig  sein,  d.  h.  jedem  nach  dem  Munde  und 

dabei  hinter  seinem  Rücken  schlecht  über  ihn  zu  andern  reden 


ku-zehgemazchgema  hin  und  her  sich  wiegen  im  Tanz 

ku-zehhiyazehhiya  liebestoll  sein 

kw-ibdgulahägula  auseinanderstieben  nach  allen  Bichtungen  (von  einer 
JNlenschenmenge) 

seketesekete  Tonmalerei  für  das  Knistern  oder  Rascheln  von  Gras, 
Grasschlafmatten  usw. 

Kizukuma:  vülikividiki  langsam,  leise,  unhörbar 

Doch  finden  sich  neben  letztgenannten  auch  folgende  gleichwertige 
Formen : 

ku  -  zehgemdzehgema 

ku  -  zenhiydzehhiya 

kw  -  ibaguldbägiila  usw . 

Damit  sei  der  Schluß  gemacht  in  dem  Versuch  einer  Darstellung  der 
Töne  und  Akzente  im  Kiiiamwezi. 


127 


Einige  Bantuwortstämme. 

Von  C.  Meinhof. 


x\.af  S.  149  flf.  meines  "Gniiidriß  einer  Lautlehre  der  Bantusprachen«  (Abh. 
für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  herausgegeben  von  der  DMG.  XI  Nr.  2 
1899)  habe  ich  eine  Liste  der  bekanntesten  Bantuwortstämme  aufgeführt. 
Im  folgenden  teile  ich  den  ersten  Nachtrag  zu  dieser  Liste  mit,  der  außer 
einigen  wenigen  Berichtigungen  der  ersten  Liste  eine  große  Anzahl  neuer 
Wortstämme  des  Bantu  gibt;  an  einigen  Stellen  habe  ich  auch  für  die  be- 
reits nachgewiesenen  Wortstämme  noch  neue  Bedeutungen  aufgefunden  und 
beigefügt. 

Für  das  Verständnis  des  Folgenden  ist  also  die  Vergleichung  mit  den 
betreffenden  Pai-tien  des  »Grundriß«  notwendig.  Ich  hebe  nur  noch  einmal 
hervor,  daß  die  Ziffer  hinter  dem  Bantusubstantivum  die  Nominalklasse, 
hinter  dem  Bantuverbum  die  Verbalspezies  bedeutet,  und  daß  die  Ziffer 
hinter  dem  deutschen  Wort  auf  den  betreffenden  Paragraphen  der  Lautlehre 
vei'weist. 

Da   die  Liste   auch    praktischen  Sprachstudien    dienen    soll,    habe  ich 
auch  Wörter   von  Sprachen    beigefügt,    die    noch  nicht  von  mir  phonetiscli 
durchgearbeitet  sind;  vgl.  dazu  das  über  Orthographie  unten  Gesagte. 
Ich  ordne  die  Sprachen  in  der  bisherigen  Weise,  nämlich: 

B.  Urbantu. 

P.  Peli  (Su.  Südsotho). 

Suah.        Suaheli. 

Her.  Herero. 

Du.  Duala. 

Ko.  Konde. 

Vom  Sango  habe  ich  kein  sprachliches  ^Material  weiter  erhalten,  es 
fällt  hier  also  weg. 

Die  übrigen  Sprachen  sind  alphabetisch  geordnet. 
Die  Abkürzungen  sind  folgendermaßen  zu  deuten: 

Ka.  Kafir  (Xosa) 

Kuanj.      Kuanjama 

Nd.  Ndonga 

Nyam.      Nyamwezi  .        ,    ^        ,  .o   r.  ^^r.. 

„•^  „,  )  vgl.  Grundriß  S.  204. 

Po.  Pokomo 

Sh.  Shambala 

Tz.  Tzwana 

Ve.  Ven^a'  (Grundriß  We) 


128  Meinhof:    Einige  Bantuwortstämine. 

In  bezug  auf  Orthographie  habe  ich  folgendes  zu  sagen: 

a)  Im  allgemeinen: 

1.  Die  Schreibung  tz,  tj,pv  u.a.  ist  im  •- Gi'undriß«  nicht  genügend 
erläutert.  Es  handelt  sich  um  stimmlose  Lenes,  und  ich  glaube,  daß  die 
Schreibung  völlig  klar  ist.  Die  Laute  sind  als  stimmlos  bezeichnet  durch 
t,  p,  als  Lenes  durch  z,  j,  v.  Streng  phonetisch  wären  sie  dz,  dj,  hv  mit  dem 
Zeichen  der  Stimmlosigkeit  zu  schreiben.  Statt  ny  habe  ich  jetzt  durchweg 
das  richtigere  n  geschrieben. 

2.  Neben  k,  t,  p,  g,  d,  h  gibt  es  die  Laute  mit  Kehlverschluß,  die 
oft  geradezu  implosiv  gebildet  werden  (mit  eingesogenem  Atem).  Für  diese 
Lautgruppe  habe  ich  schon  im  Ve.  (s.  unten)  die  Schreibung  'k,  't,  'p  ange- 
wandt.    Ich  behalte  sie  hier  bei  und  füge  "g,  'J,  'ö  hinzu. 

3.  Im  folgenden  habe  ich  den  Tonhöhen  größere  Aufmerksamkeit  als 
bisher  zugewandt.  Außer  dem  tiefen  und  dem  hohen  Ton  habe  ich  noch 
zusammengesetzte  Töne  zu  bezeichnen.     Ich  schreibe  also: 

—  I  Tiefton, 
— '  Hochton, 
-^    tief- hoch, 

—  hoch  -  tief. 

b)  An  der  Orthographie  des  Urbantu  habe  ich  nichts  geändert  (ob- 
wohl ich  die  Schreibung  k,  t,  y,  iig,  ii ,  i  beanstanden  möchte),  um  den 
Lesern  des  Grundrisses  die  Arbeit  nicht  zu  erschweren.  Nur  glaube  ich 
auf  die  Aufstellung  vokalisch  anlautender  Stämme  nicht  ganz  verzichten  zu 
können;  s.  unten  -nma ,  -umba  u.  ä. 

c)  Im  Sotho  (Peli)  habe  ich  die  Schreibung  der  »Lateralen«  durch 
zwei  Zeichen  als  irreführend  beseitigt.     Ich  sehreibe  also 

statt  %!  jetzt  s, 

"      tl  "     '^, 

thl  «      th. 

Ferner   wende   ich   statt   der   falschen    Schreibung  phs ,  ths ,  thS   nach 

Findemann    die    richtige  ^5,  ts,  ts  an.     Die  Lautgruppen  sind  natihlich  mit 

pz,  'tz,  "tz  nicht  zu  verwechseln. 

d)  Im  Suaheli  hatte  ich  die  Dentalen  d,n,  t  nicht  mit  dem  Dental- 
zeichen versehen;  ich  muß  es  setzen,  da  es  sich  um  echte  Dentalen  und 
nicht  um  alveolare  Laute  handelt.  Ich  schreibe  also  nun  f/,  t,  nd.  Die 
Laute  kommen  übrigens  nur  im  Dialekt  von  Mombasa  bzw.  Lamu  vor. 

Bei  den  Zerebrallauten  hatte  ich  übersehen,  daß  in  der  Verbindung 
nd  (nf)  n  zerebral  sein  muß.     Ich  schreibe  demnach  nd  [nt). 

Das  übliche  Zeichen  ch  hatte  ich  durch  i%  ersetzt.    Das  ist  ungenau; 
mit  ch  werden  im  Suaheli  drei  verschiedene  Laute  wiedergegeben,  und  zwar  ist: 
Urbantu  Sansibar  Mombasa 

ky  tj  tj 

k  tz  t 

nk  ts  th 

ts  stellt    also    den    von   Taylor    gehörten    Laut    dar,    den    ich  th%  schrieb, 
Grundriß  S.  53.    Wegen  tj,  tz  vgl.  oben  a)  1. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme.  129 

Eine  Unterscheidung  von  o  und  g,  e  und  e  erübrigt  sich  im  Suaheli, 
da  es  nur  halbweites  o  und  halbweites  e  gibt. 

e)  Im  Konde  habe  ich  die  Vokale  meist  ohne  genauere  Bezeichnung 
gelassen ,  da  ich  keinen  Eingeborenen  zur  Hand  habe  und  meine  Gewährs- 
leute nicht  immer  einig  sind. 

Im  Konsonantensystem  ist  zu  ergänzen,  daß  das  Konde  keine  Den- 
talen, sondern  nur  zerebrale  Laute  hat,  also  n,  nd,  th,  nth  statt  n,  nd^  th,  nth. 
Statt  V  habe  ich  das  richtigere  '6  geschrieben,  s.  oben  a)  2. 

f)  Im  Duala  habe  ich  die  beiden  h  und  d  unterschieden. 

g)  Für  das  Venda  verweise  ich  auf  meine  Studie  (das  Tsi-veiida', 
ZDMG.  Bd.  XV,  S.  607ff.  1901). 

h)    Im  Kafir  habe  ich  die  Lateralen  phonetisch  geschrieben,  und  zwar 
statt  hl  s, 

.     tl  ts, 

»      dl  z. 

Die  Schreibung  'J,  ^tj,  ts,  S,  kh,  th,  ph  ist  aus  dem  Obigen    sowie  aus  dem 
»Grundriß"   verständlich. 

i)  ImPokomo  werden  tz,  s  genau  eigentlich  dental  gesprochen,  da 
die  Sprache  aber  noch  außerdem  lispelndes  z,  s  mit  koronaler  Aussprache 
hat,  habe  ich  die  ersteren  Laute  alveolar  geschrieben,  was  nicht  ganz 
richtig,  aber  für  den  Zweck  dieses  Aufsatzes  ausreichend  ist. 

k)  Bei  den  übrigen  Sprachen,  außer  dem  Shambaa,  habe  ich  nur 
empirische  Schreibung  angewandt,  da  ich  für  phonetische  Schreibung  nicht 
genügendes  Material  besitze. 

Quell  en. 
Außer   der   im    Grundriß  S.  205    aufgeführten   Literatur   ist   folgendes 
benutzt : 

1.  Sotho.  Mitteilungen  des  Missionars  Endemann  sowie  des  Missions- 
kandidaten Kuhn,  der  unter  den  Sotho  geboren  und  aufgewachsen  ist. 

2.  Für  Suaheli,  Shambala,  Nyamwezi  habe  ich  selbst  Beob- 
achtungen in  Ostafrika  angestellt.  Für  Suaheli  beziehe  ich  mich  außerdem 
auf  die  Mitteilungen  des  Hrn.  Mtoro  bin  Mwenyi  Bakari,  Lektors  am  Semi- 
nar für  Orientalische  Sprachen  ;  für  Shambala  auf  die  Mitarbeit  von  P.  Roehl 
und  Frau  P.  Roesler  in  Bumbuli  (Usambara). 

3.  Für  das  Konde  erhielt  ich  Mitteilungen  von  Missionar  Haefner 
in  Rungwe. 

4.  Über  Duala  hat  Hr.  Lehrer  Mbene,  ein  geborener  Duala,  mir 
sehr  wertvolles  Material  gegeben. 

5.  Über  Kafir  habe  ich  mündliche  Mitteilungen  von  Missionskandidat 
H.  Johl,  der  unter  den  Kaffern  geboren  und  aufgewachsen  ist,  und  außer- 
dem ist  A.Kropf,  A  Kafir- English  Dictionary,  Lovedale  1899,  jetzt  voll- 
ständig erschienen. 

6.  Für  Pokomo  gab  mir  Missionar  Krafft  in  Ngao  und  sein  Schüler 
Jilo,  ein  geborener  Pokomo,  die  beide  wochenlang  bei  mir  waren,  ausführ- 
liche Mitteilungen. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt.  9 


130 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


B.  -yaya   »Atem,  Hauch«. 

P.  moya  3   »Atem«. 

(=  mo-oyä)  pl.  me-oya. 

Suah.    mw-ayo     pl.   mi-ayo     3      »das 
Gähnen«. 

Ko.        umw-aju  pl.  imy-aju  3,  4   »der 
Hauch«. 

Ka.       u^mo^ya   (für  umu-aya)   1    »Ge- 
spenst, Geist«. 
umoya  3   »Wind,  Luft,  Atem«. 

Ve.       mt^ya  3   »Wind,  Atem«. 


B.  -7o7e  (vgl.  ^ali). 

»\Veil>,  Mädchen«,  sclieint  beson- 
ders sich  auf  die  Menses  zu  beziehen. 

Suah.    mwana  mw-ali  1    »Jungfrau«. 

Her.      omu-ari  1    »vornehme  Frau«. 
omu-arikaze  1  »säugende  Frau« 
zusammengesetzt     mit    dem 
andern  Wort   für  Weib- Ä^aje 
aus  B.  kali. 

Ka.       i-m-azi  9   »weibliches  Tier«. 
uhu-m-azi  14  »weibliches  Ge- 
schlecht«. 
um-f-azi  1  »Weib«  von  um-fo\ 
»Mann«    (geht   auf  <yaW    zu- 
rück). 

Sh.  nw-ali  1  »Kind,  Frau,  Mann, 
für  die  ein  Fest  gefeiert 
wird«. 

Yao.  mw-ali  1  »Mädchen,  das  zum 
unago  (Beschneidungsfeier 
der  Mädchen)  gewesen  ist«. 


B.  -ya/i   »Blut«. 

P.  malv  (statt  ma-ali)  6   »Blut«, 

Her.     oin-aze  6   »Fett,  Butter«. 

Ka.        i-ga^zi  5   »Blut«. 

Ndonga.  oma-gazi  »Fett,  Butter«. 

Nyani.  ma-gazi  6   »Blut«. 

Po.        mic-azi  3   »Blut«. 


B.  -yaliva   »Bier«   vgl.  yala. 

P.  vzala,  vzalwa  pl.  ma-vzala  und 

ma  -  alwa. 
dial.  djicala. 
Su.T z.  vo-djicala,  vg-djalwa   »Bier«. 

VW-  ist  Nominalpräfix  14,  das 
hier  zu  vz  wird,  vgl.  vy  Grundriß  S.40. 
Siehe  dort  auch  das  Eintreten  von  ly 
(dj)  statt  VW.  Im  PI.  ist  das  Sing. 
Präf.  beibehalten  in  mavzala. 
Ko.  u  hu- alwa  14  »Bier«. 
Ka.  ubu  -tj  -  alwa ,  ubu  -  'tjw  -  a^la^ 
»Bier«. 

Die    Form    steht    mit    doppeltem 
Präfix  "bu  statt  ubu-'bwahca  nach  den 
Lautgesetzen  des  Ka. 
Nyam.  vw-alwa  (v-alwa)   14   »Bier«. 
Sha.      holwe    »Zuckerrohrsaft«    (Süß- 
bier). 
Ve.        halwd  14   »Bier«. 


B.  yamha   »reden«. 

P.  apa  »taj)pen,  greifen  nach  .  . .«; 

"in  der  Rede  berühren«. 
Suah.    ambia      8,    c.      »zu      jemand 
reden « . 
dj-ambo  5  »Wort,  Sache,  Ge- 
schäft«. 
dji-gamba   »sich  rühmen«. 
Her.      om-ambo  6   »Worte,  Bücher«. 
oma  -Jambe ,     oma  -  indjambo     6 

»Verleumdung«. 
ondjambo  9   »Verleumdung«. 
Du.       'bw-ambo    14    »Wort,    Sache, 

Sprache«. 
Ko.       gamba  »meinen«. 

amb-ana       10       »dazwischen- 
reden«. 
Sh.        yamba  »reden«. 
Po.        amba  »reden«. 
Ve.        ofnba  »reden«. 


Meinhof:   Einige  Bantuwortstämme. 


131 


B.  yanda   »sich  vermehren«. 

Su.        ata   »viel  werden«. 

a'tela  8,  c.   »überflüssig  sein«. 
Ka.       anda     »sich     ausdehnen,    ver- 
größern « . 
Ve.        aflda   »viel  wei-den». 
Nyam.  anza  6   »ausbreiten«. 

(Im  Her.  bedeutet  janda  »auf- 
hören« und  »schnell  aufspringen«  ver- 
mutlich von  anderm  Stamme.) 

In  Ostafrika  hat  es  meist  die  Be- 
deutung  «anfangen«. 
Suah.    anza  6   »anfangen«. 

mw-anzo  3   »Anfang«. 
Ko.       anda  »anfangen«. 
Shamb.  andila  8,  c.   »anfangen«. 

andahita  (zusammengesetzt  mit 
hita  »gehen»)  zum  Ausdruck 
des   »erst«. 
Vielleicht  liegen  hier  verschiedene 
Stämme  vor. 


B.  -yapa  »Achselhöhle«. 

Su.        le-h-a/a,   le-h-a/i    5   »Achsel- 
höhle«. 

Tz.        le-yjv-aha  5  dasselbe. 

Vgl.  Ka.  i-khw-apha5  dasselbe. 

Suah.    ki-Jciv-apa     7     »Schweiß     der 
Achselhöhle«. 
kw-apa  »Achselhöhle«. 

Her.      oku-apa  17  »Achselhöhle«,  pl. 
oma-ku-apa  6. 

Ko.       mmapha  18   »Achselhöhle«. 

Nyam.  li-apa  5  dasselbe. 

Po.        kw-a/a  5   »Achselhöhle». 

Slia.      ^gwaha  5  dasselbe. 

^'6-       9ü\Py^*  ^   »Achselhöhle«. 

Man    beachte    die    Lokativpräfixe 

ku  und  mu  (Ko.).     Das  Ve.  läßt  auf 

eine  Grundform  yapwa  schließen,  wenn 

nicht  Assimilation  aus  gwafa  vorliegt. 

Im  Sha.  steht  nach  Dahlschem  Gesetz 

^gwaha  für  urspr.  kwapa. 


B.  -yaio   »Boot« 

Du.       'b-olo  p\.mi-olo  14;  4  »Boot«. 

Ko.        ubw-atho      pl.      vmy-atho      14 

»Boot«. 
Nyam.  v-oto  14   »Boot«. 
Po.        w-ahq   14  »Boot». 

B.  -7fj  i-iige  9    »Skorpion«. 

Suah.    nge  9   »Skorpion«. 
Her.      ondje  9   »Skorpion«. 

oka-ndje  13    »Skorpion«. 

B.  yena  »reichlich  werden«. 

Su.        ena  »reich  werden«. 

Suah.  enea  8,  c.  »überfließen,  sich 
ausbreiten«. 

Her.  jenena  8,  c.  »genug  sein,  hin- 
reichen«. 

Ka.  eW  »dicht  werden,  mit  langem 
Gras  bewachsen«. 

B.  -yeni   »fremd«. 

P.  mo-eh^    pl.    va-eh^     1     »Gast«, 

»Fremder«. 
Suah.    -geni  »fremd«. 
Du.       mu-en  pl. 'ö-ew   1    »Gast«. 
N  y am .  mu  -  geni  1    » fremd » . 
Po.       -geni  »Gast«. 
Sh.        -yeni  dasselbe. 
Ve.        mu-e^i  1    »Gast«. 

B.  yika    »schöpfen». 

P.  ya,  »schöpfen«,  dial.  k%a  (Su.) 

»schöpfen,      pflücken,     ab- 
reißen (nicht  Früchte)«. 
le-%d  5   »Löffel«. 
Suah.    mw-iko  3    »Löffel«. 

ki-dj-iko      7;       21       »kleiner 
Löffel«. 
Ko.       ulw-iko  11    »Löffel«. 
Ka.       kha^   »Wasser  schöpfen». 
Po.       ju-mw-qka    11;    3    pl.    rni-oka 

»Löffel.« 
Sh.        lw-ikq\\  »Löffel-  pl.  «-/A-o  10. 
Ve.        'Ära'   »schöpfen,  ])flücken«. 
(Mff|W  9   »Löffel«?) 


132 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


B.  7*««    »neigen«. 

P.  inama  »sich  bücken«. 

ina     »tunken«,       »eintauchen« 
(gleichsam   »tiefen«). 
Suah.    in-ama  11    »sich  neigen«. 

in-iJca  2  »auf  eine  Seite  legen«. 

in-ua  8,  e.   »aufheben«. 
Nyam.  m-a?«a   11    »sich  neigen«. 
Po.        in-ama  11    »sich  neigen«. 

n-uja  8,  e.    »aufheben«. 

n-uka  1,  d.   »aufstehen«. 
Sh.        in-ama  11    »sich  neigen«. 

in-ula  8,  e.    »aufheben«. 

in-uka   1,  d.   »aufstehen«. 


B.  fy'mgoo   »komm  her»,   s.  yinga. 

Tz.  ntof  »komm«. 

Suah.    ndo,  ndjoo   »komm  her«. 

Her.  indjo  »komm  her«. 

Po.  ndzö  »komm  her«. 

Sh.  so  »komm  her«. 

.9  nach  Sh.  Lautgesetz  statt  nz. 


B.  -yiko   »Herd«. 

Tz.        le-iso  5  » Kochplatz,  Schmiede« . 

Suah.    djiko  pl.  meko  (statt  ma-djiko) 

»die  Feuerstelle«. 
Her.     e-zuko  5    »Feuerherd,   Feuer- 
stelle«. 
Du.       dio^  5  pl.  mio  6  »Herd,  Ofen«. 
Ka.       i-zi^'kö  5  »Herd«. 
Kunn j.  e-diko  5  dasselbe. 
Nd.       e-suiko  5  dasselbe. 
Nyam.  l-iko  dasselbe. 
Po.        dziko  dasselbe. 
Sh.        ziko  5  dasselbe. 

Im  Tz.  steht  unter  dem  Einlluß 
des  h  und  /  statt  ^o  So,  vgl.  »Grund- 
riß«  S.  50. 

Zu  dem  ?<  im  Her.  vgl.  Nd.  und 
»Grundriß«   S.  185  likn. 


B.  -yongo   »Rücken«. 

P.  mo-kokoto  3   »Rückgrat«. 

Suah.    m-go/igo'd>  -Rückgrat, Rücken«. 

ma-ongo  6   »Rücken«. 
Her.      om-ahgo  (omu-hgo  pl.  omi-hgo) 

3   »Rückgi-at«. 
Du.       m-ohgo  pl.  mi-ongo   »Rücken«. 
Nyam.  mn-gohgo  3    »Rücken«. 
Po.        m-ongo  3   »Rücken«. 
Sh.        m-gohgo  3   »Rücken«. 

B.  -yove,   i-ngove  »Haken«. 

P.  ova  »beugen,  herabbiegen«. 

^kgvi  9    »Ästehaken,    Ästebre- 
chen « . 
Suah.   ngöe  9   »Haken«. 
Ka.       go\ba^  »beugen,   sich  bücken«. 
Nyam.  hgove  »Pfeil  mit  Widerhaken«. 
Po.        ng(je  9   »Haken«. 
Ve.       f>go^    9    »Haken«,     vgl.  ho^va^ 
»den  Haken  gebrauchen«. 


B. 


yula   »kaufen,  tauschen«. 


Suah.    uza  6   »verkaufen«. 
Ko.       ula     »tauschen,    kaufen,     ver- 
kaufen«. 
Nyam.  gula    »kaufen«,    vgl.   Ve.  gufa 

»falsch  spielen«?? 
Po.        guza  6   »verkaufen«. 
Sh.        gula  »verkaufen«. 

grtza  6  kaus. 


B.  Zu  -ywigu  Grundriß  S.  158. 

Ko.       ily-ungu  5   »Kürbis«. 
Po.        dzuhgu  5    »Kürbis«. 

nuhgu  9   »Kochtopf«. 
Sh.        f'in^hgu^  9   »Kochtopf«. 

B.  -yunu   »Salz«. 

Suah.  m-umi  pl.  mi-unu  3   »Salz«. 

Ko.  um-unu  3  pl.  imy-unu  4  »Salz« 

Nyam.  OT?<«M  3   »Salz«. 

Po.  munti  3   »Salz«. 

Sh.  munv)  3    »Salz«. 

Ve.  mt^rio  3  »Salz«. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


133 


B. 

-ywe   »Strick". 

Suah. 

u-gwe\\  i)\.  iigwe  10   »dünnes 

Seil". 

Po. 

ju-gwe  11    »Strick«. 

Sh. 

lu-gwe  11    »Strick«. 

ngwi  9    »ein    Riemen,   um  ein 

Rind   anzubinden«. 

B.  -yalif  i-rigali  9    » Blitz •<. 

P.  'tali  9   »Blitz,   der  einschlägt«. 

(Nach  Endemann  ein  Riesenvogel 
im  Himmelsraum,  der  nach  Belieben 
tüten  kann.) 

mo-lald^Uali    3     »Regenbogen« 
(Schlafstätte  des  ^tali). 
Du.       ngadi  9  »Flinte«. 

ngdd^a  Idha  9  »Donner,  Blitz« 
(Himmelsflinte). 
Ko.       indjasi  9   »Blitz«. 
Ve.        nda^dzi^  9   »Blitz«. 

Vgl.  Ka.  inzazi  9  »Mäusebussard«. 

B.  1.  -ryamba   »Preisen,  Stein«. 

P.  te-tapa  5   »platter  Stein«. 

Suah.    tj-amba  7  »ein  kleiner  Felsen«. 

ki-amba,  hi-djamba  7  dasselbe. 

mw-amba     3      »Riff,      Felsen, 
Platte,    auf   der    das    Dach 
des  Hauses  ruht«. 
Ko.       iky-amba  7   »Berg«. 
Po.        mw-amba  8   »Felsen«. 
Sh.        gamba  5   »Felsen«. 

B.  2.    -yamba    »ein    Wassertier« 

(vgl.    mamba)     wahrscheinlich 
identisch  mit  yamba  1. 
Sotho   (Dial.  von  Mas^mola). 
le-tape  5   »Krabbe«. 
"jtapaJcyerere ,       le  -  ''ta'paJcyerele 
dasselbe. 
Suah.   ngamba^  »eineSchildkrötenart«. 
Ko.       aka- Jamba  13   »Schildkröte«. 
Ve.        Mi^amba  9   »Schildkröte«. 

damba  ts^kwa  5   »Krabbe«. 
Vgl.  Nd.  ondjamba  9    »Nilpferd«. 
Y^nPLn].  ondjaba  9   »Elefant«. 


B.  yenga   »bauen«. 

Suah.    djenga  »bauen«. 
Ko.      jenga  »bauen«. 
Nyam.  zenga  »bauen«. 
Sh.        zenga  »bauen». 


B.  -yi  »schön«. 

P.  vg-tz^  »Schönheit«. 

-te  »schön«  dial.  -nte. 
Sh.        zi-ha  4   »schön,  gut  sein« 
Ve.        vu^-di  14   »Schönheit«. 


B.  yula  »überschreiten,     darüber 

hinausgehen«. 

P.  'tgla  ȟberschreiten,    aufsprin- 

gen«. 

Ka.  zuHa  »vorbeigehen,  darüber 
hinausgehen,  übertreffen«. 


B.  -yulu  »oben«   s.  yula. 

S  uah .  djuu  » oben « . 

Her.  e-juru,  e.-uru  5   »Nase«. 

otyJ,-uru  7   »Haupt«. 

Ka.  i-zu^u^  5   »Himmel«. 

Po.  dzü  »oben«. 

Ve.  Va  dtilu  »oben«. 


B.  ini-ywele  (?)  9    »Haar«. 

Suah.    u-nwele  pl.  nwele  11    »Haar«. 

Du.       n-o  9   »Haar«. 

K  o .       ulu  -nwili  11    »  H  aai- « . 

Ka.       u-nweHe^    11     »ein    Haar«,    pl. 
i-nwMe^. 

'!^yam.  lu-zwili  11    »Haar«. 

Po.       jti-nun  11    »Haar«. 

Sh.        swili  10   »Haar«. 

(ä<  n  +  z  s.  Nyam.). 

Ve.       ma-mwele     6      »lange     Haare, 
Haarzotten«    (vielleicht   assi- 
miliert für  ma -nwele?). 
Das    m- Präfix    scheint    außer   im 

Nyam.  und  Sh.  in  den  Stamm  einge- 
drungen zu  sein. 


134 


Meinhof:    Einige  Bantuvvortstämme. 


B. 

-ywi   »Wort«,  s.  ywa. 

P. 

le-nizu'  und  le-ntztc^  5  »Wort 

Stimme«. 

Su. 

le-ntzv}  5    »Wort«. 

Tz. 

le-ntzw^  »Stimme«. 

Ko. 

iU-syu  5   »Wort«. 

Ka. 

ili^-zwi}  5  »Ton,  Stimme,  Wort« 

Ve. 

i^pß  5   »Wort,  Stimme«. 

B.  yiva   »hören«   (neben  ngwn). 

P.  ^hwa  (dial.  utwa)   »hören«. 

Ka.       -W,   »hören«. 
Sh.        iva  »hören,  verstehen«. 
Ve.       pfa^  »hören«. 

Vgl.  Her.  zuva  »hören«. 


B. 

P. 

Suah. 
Du. 
Ka. 


Sha. 


-kala   »Krabbe«. 
Ityßla  9   »Krabbe«. 
Tchaa  9   »Krabbe«. 
ka^  (?)  9    »das   Schuppentier« 
in -kala  9   »Krabbe«. 
u-non-kala  11   dasselbe. 
{u-nom  -^kaHa  dasselbe.) 
nkJiala  9   »Krebs«. 


B.  -kamha       »Schale«       (Kürbis-    Sh. 

Hasche ,  Behälter).  Ve. 

Sotho   le-'yjipa  5  »Kürbisllasche«,  pl. 
ma-^/ßpa  6  und  Ji-k^a'pa  10. 
k^/jipa  9   »Flaschenkürbis«. 
le-^api   5    »Schale,  Schuj)pe, 

Blatt«. 
le-yß^pu  5   »Wassermelone«. 
le-ky^a'pe'ta  »Schuppe,  Schale, 

Suah 


Suah.    kamha  o   »Wabe«. 

khamha  9    »Krebs«. 
Her.      e -kamha  h  »Wolken,  die  keinen 
Regen  versprechen«. 
otji-kambi  7  »etwas,  das  man  im 
Munde  ausgekaut  und  dann 
wieder   ausspeit,   daher  das 
ausgekaute     W^achs ,      auch 
Wachs  überhaupt«. 
Ve.        khdmbäna^   9    »Schnupftabaks- 
dose« (kleine  Kürbisllasche). 
D.  Merensky     notiert    das    Wort 
mg-yßpu   wa   sesava    »Wassermelone 
des    Sandes«.     Es    wird    gesagt    von 
einem  Menschen,  der  gern  lügt.    Die 
Wassermelone  erweckt  den  Anschein, 
als  wenn  unter  ihr  Wasser  zu  finden 
wäre,   es   ist   aber  nicht  wahr.     Vgl. 
oben  die  trügerischen  Wolken  bei  den 
Her. 


B.  -kanda    »Schale«. 

P.  le-yßta  ö   »Schädel«. 

Tz.        lo-^/ßta   11   dasselbe. 

Suah.    khando  9  »Seite,  Rand,  Strand«. 

Ko.       ili-khandi  5    »Schale«. 

Ka.       u-khanda  11    »Schädel«. 

isi-khanda  7  »Knopf  auf  dem 
Stock,  dickes  Ende  von 
etwas«. 

kanda   »Rinde,  Haut«. 

gah}da  5   »große  Schale«. 

lu-kahida  11    »Schale«. 


Rinde«. 

P.         se -  yjipi  7  » Baumrinde,  Borke « . 

Tz.  lo-yßpa  11  pl.  U-k'yjipa  10 
»Straußeneischale  (ganze), 
Schildkrötenschale » . 


kimb-ila   »umhergehen«. 
sip-ela  8,  c.   »wandeln,  gehen, 
laufen  (aber  nicht  schnell)«. 
kimb-ia    8,   c.     »laufen,    weg- 
laufen«. 
Ko.       k/iimb-ilaS,  c.  »umherlaufen  im 

Wahn«. 
Ve.        tsimb-i[la  8,  c.   »gehen«. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


135 


B.  -kiye       (kiya)       »Augenbraue, 

Augenwimper«. 
Su.        li-ntsi^  10   "Augenbrauen-. 

ntH^  9    »Augenwimper,    einzel- 
nes Haar  der  Augenbraue«. 
Suab.    nsi  9    »Augenbraue«. 

u-§i  11   pl.  n-u-si  dasselbe. 
Ko.       ulu-sige  11    »Augenwimper«. 
ulu-khiga  11    »Augenbraue«. 
Ka.       i-siyi  5   »Augenbraue«. 

{in-tä^yi^  9.) 
Ve.       lu-sh     pl.    tsie     11     »Augen- 
wimper». 


B.  -kill  (kili)  »Ruß,  Kohlenstaub, 

Pulver». 

P.  mo-Sili  3    »Ruß«. 

Suah.    sizi  5    »Ruß   an  den  Töpfen». 

Her.  o-sire  9  »schwarzer,  grober 
Staub,  Kohlen-  und  Schieß- 
pulver«. 

Ka.  um-si^zi^  3  »Schwarzes,  z.  B. 
Pulver,  Tinte«. 

Po.        sinzi  .5   »Ruß«. 

Sh.       ma-sizi  6  »Ruß  an  den  Töpfen«. 

Ve.        mU'Sili  3   » Schießpulver «. 

B.         kinda      »drücken,      stampfen, 

überwinden « . 
Sotho   sffa     »übermögen,     nicht    ge- 
lingen, entgehen«. 
sitana    10    »miteinander   nicht 

fertig  werden  können«. 
Stte%a     1,    c.     »von     Kräften 

kommen«. 
Sttwa  7   »behindert  werden«. 
P.  sitela  8,  c.  »feststampfen,  ram- 

men » . 
Suah.  sinda  »bei  etwas  bleiben,  fort- 
fahren ,  überragen ,  über- 
treffen,  bezwingen  besiegen« 
usw. 
sindilia  8,  c;  8,  c  »pressen, 
drücken,  laden  (Gewehr),  im 
Übermaß  essen«. 


sindua  8,  e   »öffnen«   usw. 
sindika  2    »zumachen,   anlegen 
'(Tür)«. 
Ko.       sindila  8,  c   »verstopfen«. 
Ka.        si^nda     (?)     »jemandes     Kräfte 

übersteigen ,  überwinden « . 
Nyam.  sindika  2   »feststampfen«. 
Po.        sindika  2   »stoßen«. 
Sha.      §inda  »fortwährend  etwas  tun«. 

sindika  2    »vorwärts  stoßen«. 
Ve.        mu-tsindo  3   »Ton  des  Stamp- 
fens « . 


B.  kiia   »sich  verbergen,  sich  ab- 

schließen«. 

Sotho.  sira     »beschatten,      verdecken 
durch  Zwischentreten « . 
sirela  8,  c  »Schatten gewähren«. 

Suah.    Sita  »zustopfen«. 

Situa  8,  e  »herausziehen«. 

Her.      seta  »zugeschnürt,  zugegangen 
sein«. 

Ko.       sitha   »A-erweigern«. 

Ka.       siHha^     »beschatten,     schützen, 
die  Aussicht  nehmen«. 

Sh.        sita   »zuschließen,  zustopfen«. 

Ve.        tsha  »in  der  Sonne  stehen,  die 
Aussicht  nehmen«. 


B.  -kono   »Arm,  Hand». 

Sotho.  mo-yjmo  3  »Unterarm,  Hand«. 
se-kyono  7   »Unterarm«. 

Suah.    m-kono  3   »Arm,    Elle,  Hand, 
Griff,  Stiel«. 

Her.      omu-kono  3   »Ranke,  Rebe«. 

Ka.       isi-khcfno  7   »Arm«. 

mu-khdno  3  »^'o^derbein  eines 
Tieres  mit  dem  Schulter- 
blatt«. 

Nyam.  mu  -  kono  3 ;  ^m  -  kono  1 7  » Arm « . 

Po.        mu-kono  3  dasselbe. 

Sha.      mu-kono  3  dasselbe. 


136 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


B.  -koim  {kovu,  kovu)   »Nabel«. 

P.  7no-khuvu   3    »Nabel«   (Grund- 

form kvvü  aus  kovu). 

Suah.    ki-tovu  7   «Nabel«. 

Her.      omu-tuu  3   »Nabel«. 

Nd.       e-kuvu  5   »Nabel«. 

Po.        tyj-kovu  7   »Nabel«. 

Sh.        lu-kuvu  11    »Nabel«. 

Ve.  lu-kohjyriW  »abfallende Nabel- 
.schnur«. 


B.  ku-ela  8,  c   »besteigen«. 

So.  yio-ela  »begatten«  (Tiere); 
yweletza  8,  c;  8,  c;  6  auf- 
steigen, ansteigen«. 

Su.        ho- da  8,  c   »decken«   (Tiere). 

Suah.  kw-ea  8,  c  »hinaufsteigen,  er- 
klettern«. 

Ko.  khw-ela  8,  c  »dem  Schwieger- 
vater Vieh  zahlen  für  die 
Frau;  klettern«. 

Ka.  khic-^la^  8,  c  »hinaufsteigen, 
reiten « . 

Po.        kic-ea  8,  c   »hinauffahren«. 

Sh.        kw-ela  8,  c   »hinaufsteigen«. 

Ve.       yw-^la  8,  c   »hinaufsteigen«. 


B.  -kiiyu   »Feigenbaum«. 

P-  k-%9'  ^   »Feige«. 

^?"%?'  "^   »Feigenbaum«. 
Suah.    mkuyu  ?,  »wilder  Feigenbaum«. 
Her.      e-kuju,  e-kuu  5   »Feige«. 

omu-kuju,  omu-kim  3  »wilder 
Feigenbaum « . 
Ko.        uh-khnju  3  desgleichen. 
Ka.        um-khi^wahief  3    »Feigenbaum«. 

i-khiioane  5   »Feige«. 
Kuanj.  omw-Ä"«?)«  3  desgleichen. 
Nd.       omü-küiju  3  desgleichen. 
Nyam.  mu  -  kuju  3   » Feigenbaum « . 
Po.        mu-kudju  3  desgleichen. 
Ve.      /«'y?/,   5   »Feige«,   pl.  ma-Tiuyu 
mn^-hv}yu^  5    »Feigenbaum«. 
Sh.        mkuyu  3   »ein  Baum«. 


B.  -kuia  I » Einzäunung,  Gehege« . 

P'  ^f-XP'*«  5   »Einzäunung«. 

kyjoro^  9   »Hofeingang.  Pforte, 
Versammlungsplatz " . 

Tz.        lo-yjyra    11    »Hecke.    Einzäu- 
nung«. 

Suah.    ukuta  pl.  kJiuta  11    »^Nlauer«. 

Du.        krkq  9    »Zaun«  (?) 

\%.        lu-  hxjtra  11    » G  ehege « . 

B.         -kxita  II  »Schale«,  wahrschein- 
lich  =   kiila  I. 

Her.      oru  -  kutu  11    •  Eiliäute « . 

Ka.       i-khutha  h  »Schuppen  von  der 
Haut  eines  Tiers,  Brotkruste« 
usw. 
iii-kuthu  9    »äußere   Haut  der 

Pllanzen«. 
khuHhn^ka^    1,  d    »Abfallen    der 
Haare  von  Tier  und  Mensch; 
kahl  sein«   usw. 

B.  -kulo    {kulu,  kuli ,    viell.  auch 

kuluve)  Schaum  (piilo)  ? 

t*-  k-%9!li^  »Schaum»,  besonders 

im  pl.  gebraucht,  7na-yj3vi. 

Va-'Kopa  ma-yjulo  6  »Schaum. Geifer«. 

Her.      e-.xuzu  5  desgleichen. 

Du.       pudi  »Schaum«. 

Kuanj.  e/udi  5   »Schaum«. 

Po.       ß/jo  5  desgleichen. 

Sha.     m-fulq  3   »Schaum». 

B.  -ki'indo    »knoten,  knüpfen». 

P.  %wVa   »Knoten  knüpfen«. 

le%utq  5    »Knoten«. 

If-'yjitv  5   »Buckel.   Höcker«. 
Suah.    ki-fundo  7    »Knoten«. 
Ko.       fundula   »Knoten  auflösen«. 

üi-fiindn  5    »Knie«. 
Ka.       u-ßmdo\\  »der  obere,  hervor- 
ragende  Teil    des    Rückens, 
Buckel«. 
Po.       finido  5   »Knoten«. 
Sh.       fundo  .0  und  mftmdo 3  » Knoten « . 
Ve.       pfu^ndq  9   »Knoten«. 


Meinoof:    Einige  Bantuwortstär 


137 


1$.  -kwa  (kicCfke)  »seine«  nämlich 

•  Frau«,  vgl. -kwe,  -ke  »sein«. 
Kropf  leitet   es  ab   von   der  Prä- 
position ha:  umka  statt  umfazi  ka,  s. 
unten  Kafir;  gehört  jedenfalls  zur  Prä- 
position hu. 

Suah.    -he   •■  weiblich«,   mwana   mke  1 
"Frau,  Weib«  (im  Grundriß 
fälschlich  unter  -kalt). 
Her.      omu-ha-muhonge  1    »Fiau  des 
Missionars«   {omu-honge  1). 
Ko.       unhha  1    »Frau  des  Soundso«. 
Iva.        um-^ha^  1    »Frau  des    N.  N.«. 
'A-  tritt  im  Ka.  nur  in  Präfixen  und 
Suffixen,  nicht  im  Stamm  der  Nomina 
auf.     Kropfs   Ableitung    ist    demnach 
wahrscheinlich  richtig. 
Po.        mu-he  1    »F'rau«. 
Sha.      mu-he  1    »seine  Frau«. 


B.  -kwe        »Heirat.        Bräutigam, 

Schwiegervater,  s.  ku-ela. 

Sotho  vo-ywe  14  »Heirat«  (vom Bräu- 
tigam gesagt). 
mo-yjwe  1  »Schwestermann, 
Bruder  der  Frau,  Schwieger- 
sohn, Hochzeitsgast,  Braut- 
führer, Bräutigam ,  Freund, 
Kamerad«. 
mn  -  %u-e'yali ,  mg  -  %oy^aU  1 
»Schwiegermutter,  Schwie- 
gervater (des  Mannes) ; 
Schwager,  d.  h.  Geschwister 
des  Gatten«. 

Suah.  7n-hwel  »Schwiegervater  oder 
-mutter,  Schwiegersohn  oder 
-tochter«. 

Her.  omu-hüe  1  sagt  der  Schwieger- 
vater zum  Schwiegersohn 
und  dieser  zu  ersterem. 

Du.  mo -  1/d  pl.  ba-yo^  l  »Schwieger- 
vater, Schwiegermutter, 
-söhn,  -tochter;  Schwager, 
Schwägerin«. 


Ko.  tmhho  1  »Schwiegervater, 
Schwiegersohn ,  Schwieger- 
mutter des  Mannes«. 

Ka.  um-hhice  1  »Schwager«  (mit 
hh  vgl.  dagegen  nmha  unter 
kwa). 
uhu-hhwe  4  »Verhältnis  der 
Schwiegereltern ,  auch  ihr 
Wohnort«. 
um-hhwehazi  1  »Schwieger- 
mutter». 


B.  -kaka  I  (kaku)   »Backe«. 

Sotho   le-sayß  5  »Backe«,  mg-sa'yßre 
»Kinnbacken«. 
mg-safo  3   »Wade«. 

Su .        safu  » Wa  de«. 

Tz.       le-thahu  »Wadenmuskel,  Unter- 
armmuskel«. 

Suah.    tlafu  5   »Backe«. 

Po.        nsafu  9   »Wade«. 

Ve.       tha^fu   9   »Wade«;  lu-'ta/ia}  11 
»Kinnbacke«. 
Das    h   in    der    Mitte    scheint    in 

folgenden  Formen  ausgefallen  zu  sein. 

Sotho   le-saya,  le-.saa^  5   »Backe«. 

Su.        se-sad  7  »Fleisch  der  Wange«. 

Ko.       ulu-saya  11    »Backe«. 


B.  kaka  II  »wünschen,    wollen, 

bedürfen«  (takal). 

Su.        sahafala   »ungeduldig  sein«. 

Suah.  taha  {A\a\.  tahä)  »wollen,  wün- 
schen ,  verlangen « . 

Her.      haha  »etwas  erraten«. 

Po.        tzaha  »wünschen,  wollen«. 

Ve.        ^tdhelwa  »Mangel  haben«. 


B.  keva    »verleumden«. 

P.  seva  »flüstern,  heimlich  be- 
nachi'ichtigen ,  heimlich  ver- 
leumden«; dial.  auch  sam. 

Ka.       s^^ha  »verleumden«. 

Ve.       sSva  »verleumden«. 


138 

B.  hoyu    »hineinstechen,    durch- 

bohren«  (to^al). 

Suah.    toga  dasselbe. 

Her.      ho-ama    11    »menstruieren«. 

•Sh.  sogana  10  »Bhitsbrüderschaft 
machen « . 

B.  koyola  Tnvers.  zu  koya. 

Suah.   fpa     (dial.    loa)     » herauslegen, 

hervorbringen«. 
Her.     /löra  »auserwählen,  vor  anderen 

lieben « . 
Po.        izowa  »herausziehen«  (Schwert). 

B.  A-ola  I  »spähen«. 

So.        soHa  »spionieren,  kundschaften, 
spähen«. 
soHi,     thg[li     »Kundschafter, 

Spion«. 
mosoHi  dasselbe. 
Her.     liora  »sj)ionieren«. 

n-hoze     9     omu-hoze     1     »der 
Späher«. 
Ka.       Äo!?a,   »ausspähen«. 

um- sali  1    »der  Sjjion«. 
Ve.        Vo'/a    »spähen«. 
thcHi  9    »Spion«. 
''todzimila    ȟber    etwas    weg- 
spähen « . 

B.  hqla  II  »schnitzen«. 

P.  sq^la  »erschaffen«. 

Suah.    tzola  »eingraben,  ausschnitzen«. 

Her.      {hora       »auszupfen,        rupfen, 
Haare  abschneiden«)? 
horera  8,c  »nachahmen,  dem  ge- 
gebenen Vorbild  nachfolgen « , 
wahrscheinlich  zu  kola  I. 

Ve.        ^thddzi  9    »Spitze«. 

B.  koma   »hineinstecken«. 

Su.        soma    »pllanzen,     aufpflanzen, 

auf-,  einstecken,  bewaffnen«. 

somola    8,    e     »herausnehmen 

(Dorn),       ausziehen,       was 

irgendwo  drin  steckt«. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstänime. 
Suah. 


Her. 


Ka. 


tzoma  »stechen,  stochern«. 

tzomeka  2   »hineinstecken«. 

homeka  2  dasselbe. 

homona  8,  e   »ausziehen«. 

homoka  1,  d   »losgehen«. 

sama  Grundbedeutung  nach 
Kropf  »hineinstecken», 
»Kriegsschmuck  anlegen« 
(»sich  allerlei  ins  Haar 
stecken,  einen  Stock  in 
den  Zaun  stecken«  usw.). 
Nyaui.  hornola  8,  e   »herausziehen«. 

homoka  1,  d   »herauskommen«. 

yu-tzoma  11    »Fischspeer«. 

someka  2   »hineinstecken«. 

soma  »stechen» 

'to.ma  »hineinstecken«. 


Po. 

Sh. 

\'e. 


B.  -kni   »Fisch«. 

Suah.    tisi  9    »Fisch«. 

(Vgl.  Her.  e-hundju  b   »Fisch?«.) 
Du.       sue  9   »Fisch«. 
Ko.       ifwi  (nswi)  9   »Fisch«. 
Kamba  i-kuju  5   »Fisch«. 
Po.        nsiL-i  9   »Fisch«. 


B.  -kungu  »Bitterkeit,  Kummer«. 

Sotho   vg-sg'kg  14  »Galle,  Schlangen- 
gift, Bitterkeit,  Schmerz«. 

Su.        wkafala     »in     Kummer     sein, 
Schmerz  leiden«. 

Suah.   -hthgu,  -tzungu  »bitter«. 
Vgl.  Du.  njohgi  »bitter«?. 

Ka.       ubu-su^hgu  14  »Pein,  Schmerz, 
Kummer  usw.«. 

Po.        tzungu  »Kummer,  Schmerz«. 

Sh.        suhgu  10    »Kummer,     Sorge«. 

Ve.        vii-'tnhgu      14      »Kummer, 
Schmerz.   Gift«. 
^tuhgufala      »Kummer      haben, 
traurig  werden«. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstäinme. 


139 


B.  kuva  ? 

So.        sova  »ab-,  ausrupfen,  abhaaren; 

soveyß  1,  c.   »sich  haaren«. 
Su.        sorvla     8,  e.     .aljziehen,    aus- 
ziehen, enthülsen,  sich  ent- 
blößen«. 
Suah.    tiihua,     tzuhua  8,  e.    »die    Haut 

abscheuern-. 
Her.      Tiua   »schmieren,  beschmieren«. 
liuahga   12  »anstecken  (Krank- 
heit)«. 
Ka.       srFha^  »die  Haut  abwerfen  wie 
eine  Schlange«. 
mhula     8,  e.     »abschälen    wie 

Mais«. 
mhululuTca    8,  e. ;    1,  d.     »das 
Abscheuern    der    Haut    von 
einer  Wunde«. 
Ve.        du^i^  5   »Schlangenhaut».   Da- 
von  du^la  8,  e.   »häuten  von 
der  Schlange,    Abgehen  der 
Haut  beim  Schlagen«. 
thuva   »ausrupfen«   (Federn). 


B. 

P. 

Suah. 
Im 
S.  158 
Her. 
Ka. 


Nyam, 
Sh. 

B. 


-huvi   »Tigerkatze«. 
"toll     9     » Tiger  katze,     Busch- 
katze«  (unregelmäßig). 
tsui  9   »Leopard«. 
Grundriß  fälschlich  unter  ywi 

oka-hue  13   »Katze». 

i-sosi  5  »Panther«  (unregel- 
mäßig) (andere  regelmäßig 
i-sozi). 

nsuvi  9   »Leopard«. 

sui  9   »Leopard«. 


-lama    i-ndama    »Kalb«    (vgl. 
P.  namane   »Kalb«!'). 
Suah.    ndama  9   »Kalb«. 
Her.      ondana   9    (assimiliert)   »Kalb«. 
oka-tana     13     »kleines    Kalb« 
(nach  Analogie  gebildet). 
Ko.       indama  9   »Färse«. 
Nyam.  ndama  9   »Kalb«. 
Sh.        ndama  9   »Kalb«. 


B.  lava   "  herauskommen « . 

Suah.    lawa  »herkommen«. 
Her.      rauka  1,  e.    »irgendwo    herab- 
kommen«. 

raura  8,  f.  trans.  dazu. 
Po.       yawa  »herkommen«. 
Sh.        lawa   »herauskommen«. 

lavya  6  caus. 

B.  lela   » erziehen « . 

Suah.    lea   »erziehen«. 

leza  6   »erziehen  lassen«. 
Her.      rera  »liebkosen«. 
Ka.       /e/e^a  8,  c;  6  »jemand  beruhigen, 

den  man  geärgert  hat«. 
Nyam. /e^a  »erziehen«? 
Po.       jeja  »erziehen«. 
Sh.        lela  »erziehen«. 
Ve.        le,la  »Kinder  hüten«. 


B .  -  lern  he  {yem  he,  yem  he)  »Hacke  « . 

P.  se-U^pe  7   »Axt«. 

Suah.    w-embe  11  pl.  n-embe.  10   »Ra- 
siermesser«. 
djembe  5  pl.  ma-djembe  »Hacke« 
(mit  Vergrößerungspräfix  f/;7). 
Ko.       ulw-e7nbe  11    »Schneide«. 
Ka.       i-z^mbe^  5   »Axt«. 
Nyam.  lu-gembe  11. 

i-gembe  5. 
Po.       gefnbe  5   »Hacke«. 
Sh.        peinbe  pl.  magembe  5   »Hacke«. 
Ve.       dzimhe  5   »Hacke«  29. 
pl.  ma-lembe  6. 

Neben  lemhe  gibt  es  einen  Stamm 
yemha,  z.B.  Sotho  epa  »graben,  hak- 
ken«.  Es  kann  indes  zweifelhaft  sein, 
ob  die  Formen  -gembe  hierauf  zurück- 
gehen ,  da  es  auch  Analogiebildungen 
sein  können,  die  durch  dz,  dj  der 
Nachbarsprachen  veranlaßt  sind. 

dz  im  Ve.  ebenso  wie  z  im  Ka. 
entsteht  durch  Palatalisation  aus  ur- 
sprünglich /;  dj  im  Suah.  ist  Ver- 
größerungspräfix dji. 


140 


Meinhof:   Einio^e  Bantuwortstämme. 


B.  lola   «sehen«. 

Snah.    oa   >■  sehen,  heiraten«. 

ndoa  9    »Hochzeit«. 

rora   »versuchen,   probieren«. 

o  -  ndoze  9  » ein  gewiegter  Schlau- 
berger«  25. 

lolohga    12    »beobachten,    nach 
jemand  aussehen«. 
Nyam.  lola  »sehen«. 
Po.       jowa  »sehen«. 
Sh.        olela  8,  c.   »schauen«. 


Her, 


Ka. 


B. 

P. 

Su. 

Ko. 

Nyam. 

Sh. 

Ve. 


Zulu 

B. 

Suah, 


Her 
Ko. 


Po. 
Sango 


Sh. 


B. 

Suah. 


londa  »suchen«. 
Iota  »Fürsorgen,  Vorsorgen«. 
ma-lota  6  »Kundschafter«. 
londa  »suchen«. 
londa  »suchen«. 
londa  »suchen«. 
lo^nda     »aufspüren,     achthaben 

auf  .  .  .«. 
londota  3  »intensiv  aufspüren«. 
londa  »fürsoi-gen,   Vorsorgen«. 

longola   »vorangehen«. 

ongoa      »leiten,      vorausgehen, 

führen « . 
rohgera  8,  c.  »sich  rüsten,  fertig 

machen«. 
undohgosi     pl.    a^ba-longosi     1 

»Führer«. 
longola   » führen « . 
IM -longola  7   »Banner«. 
jofigowa  »vorangehen«. 
longola   » vora  ngehen « . 
mii-lohgosi   1     »der  Anführer«. 
longola   » vora  ngeh  e  n « . 

longa    »piüfen,  schmecken«. 
ondja  »prüfen ,  schmecken ,  ver- 


Her. 


Ko. 

Sh. 


oru-kutu   11    (statt   oru-rukutu) 

»Schweiß«. 
rukutura  »  seh w  i  tzen « . 
ama-fuku  6    »Schweiß«. 
mu-luke   3,   M-luke   7   »Hitze, 

Körperwärme«. 


Her. 


Ko. 


B.  himha     »spannen,     angespannt 

etwas  tun«. 
Suah.    lurnha     »etwas     in    feierlicher 
Weise  erzählen«. 
rumba  »angestrengt,  angespannt 

etwas  tun«. 
rumhlra     8,     c.      »den     Bogen 

spannen«. 
lumba  »predigen«. 
undumba  \A.a^ba-liimba  1  »Jäger«. 
Nyam.  lumbila  8,  c.   »predigen«. 
Sh.        lumbila  8,  c.   »springen». 

B.  -lumhi         {lumbu)         »Bruder, 

Schwester«. 
Suah.    umb7/   »Schwester«. 
Her.      e-rumbi  .5   »älterer  Bruder«. 
Ko.       u-lilumbu  l;  h  »Schwester  (für 

die  Brüder).  Bruder  (für  die 

Schwestern)«   usw. 

B.  -mamba    »Krokodil« 

Su.        mapa  »eine  Schlangenart«. 

Tuapalekokotp      »eine      bunte 

Schlangenart«. 
Suah.    mamba  9   »Fischschuppe«. 

mämba  9   »Krokodil«. 
Du.       mombe  pl.  miombe  3  »Krokodil«. 
Ka.       imamba     9      »Riesenschlange«. 

Nach  Johl:  indmba. 
Po.        mamba  9  »ein  Fisch  mit  hartem 

Kopf«. 


Ka. 


B. 

Suah 


suchen«. 

B. 

mana   »wissen«. 

lonza   »ausspähen « . 

Ko. 

iki-manUo       7       »Erkennungs- 
zeichen « . 

-hiku  {-Mku)  »Schweiß«. 

mana  »kennen«. 

vt/ke     5      »Schweiß,      Dampf, 

Po. 

mana  »wissen«. 

Dunst«. 

Sh. 

manika    1,  c.     »klar    sein,    er- 

vukuto »Schweiß«. 

kannt  sein«. 

Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


141 


B.  nola    ..schleifen,  scliärfen«. 

P,  lootla      (==   lolotza  ?) ,      lö^tza, 

..schärfen«. 
Suah.    noa   ..schleifen,  schärfen«. 
Ka.       l^ltty  ..schärfen    (Messer,    Axt) 
am  Stein«. 
Siehe  \e.  P.,  wahrscheinlich  assi- 
miliert für  nola. 
Nyam.  nola  »schleifen«. 
Po.        nmva  dasselbe. 
Sh.        nola  dasselbe. 
Ve.        o^odza  ..sclileifen  ,  schärfen«  (?). 

B.  -nona   »fett«. 

P.  ngna  »feist  wenden«. 

mg-nqne  »reicher  (d.  h.  fetter) 
Mensch«. 
Suah.    nona  »fett  werden«. 

-nono  »fett«. 
Her.     nuna  »fett  sein"(?). 
Ka.       nona    »reich,    angesehen    wer- 
den«. 

i-nflno^  9   »ein  Reicher«. 
Nyam.  nona  »fett  werden«. 
Po.       nona  dasselbe. 
Sh.        nona  »fett  sein«. 
Ve.       no^na  »fett  sein,  werden«. 

ma-no^na    6     »Eierstöcke     der 
Heuschrecken«. 


B.  -nun^i   (wahrscheinlich  hingu 

in     nungu     assimiliert     vgl. 
Konde)   »Stachelschwein«. 

P.  nokd  9   »Stachelschwein«. 

Suah.    nuhgwe  9  dasselbe. 

Her.      o-nuhgu  9  »Stachelschwein  mit 
grauen  Stacheln». 

Ko.       iki-lungu  7    »Stachelschwein«. 
(/  statt  n.) 

Nyam.  i-nunguli  9    »Stachelschwein«. 

Po.        nungu  9  dasselbe. 

Sh.        nungwi  9  dasselbe. 

Ve.       nufigu^  9  dasselbe. 

mmgu^pfa  9   »Stachel  davon«. 
Vgl.  mu-pfa  3    »Dorn«. 


B,  -nga  in  Verbindung  mit  Frage- 

partikeln  »wie  viele«. 
Su.        -Tid^-e  »wie  viele?«. 
Suah.    -hga-pi  dasselbe. 
Her.     -hga-pi  dasselbe. 
Ko.       -li-hga  dasselbe. 
Du.       -nihga  dasselbe. 
Ka.       ^ka^-hga^-phHna^  »wie  oft?«. 

^ka-hga-kandnina  »wie  viele?«. 
Nyam.  -hga  dasselbe. 
Po.       -ehga  dasselbe. 
Sh.        -hga-hi  dasselbe. 
Ve.       -hgd-na^  dasselbe. 


B.  ini-oiigo  9    »Galle«   s.  f/unti. 

Su.  n-dko  9    »Galle«. 

Suah.  i'i-ohgo  9  dasselbe. 

Her.  on-ahgo  9  dasselbe. 

Vgl.  om - ohgioa,  om -  uhgwa  3  » Salz « . 

Ko.  in-ongo  9   »Galle«. 

Ka.  in-dhgo^  9  dasselbe. 

Po.  n-mgo  9  dasselbe. 

Sh.  n-ohgo  9  dasselbe. 


B.  -pamba    »kreuzen,     durchein- 

anderstecken«. 

P.         fapa  »fest  umwickeln». 

fdpana  10;  6  »quer,  kreuzen, 

durcheinanderbringen « . 
fdpana  maso  » schielen «,/apff/2a 
»einander  kreuzen«. 

Suah.  pamha  »schmücken,  verzieren, 
ausrüsten«. 

Her.     pamha  » flechten,  dicht  machen « . 

Ka.  pJidmbfna^  10  »aneinander  voi*- 
beikommen,  ohne  sich  zu 
treffen«. 

Po.       Jamba  »verzieren«. 

Sh.        hamha  dasselbe. 

Ve.       phafnbd  9   »Sambok   mit  meh- 
reren Spitzen«. 
fdmbana  10   »sich  trennen«. 


142 
B. 


Meinhof:   Einige  Bantuwortstämme. 


panda  I     »sich     teilen,      sich 
gabeln«. 
P.  se-fata  7   »Paß,  Passage«. 

Suah.  phanda  9    »Gabelung«. 

phandelQ,  upmnde   11  »Stück«. 
Du.       anda  »spalten«  (?). 
Ko.       ulu-plmnde     11      »Gabel«      pl. 
imbande  10. 
mphanda  9    »Gabelung«. 
phdnde  9,  pha^dkaU  9  »Gabe- 
lung«, 
ma -fahnde  6    »Kreuzung«. 


Sh. 
Ve. 


B.         panda  II   Bedeutung  s.  unten. 
P.         fdta   »wühlen,    scharren    (aus- 
einander) « . 
Suah.   panda   »pflanzen,  säen«. 
Ka.       phanda    »die  Erde   aufkiatzen, 

aufgraben«. 
Sh.        handa   »pflanzen«. 

Endeniann  hält  panda  I  und  //  für 
identisch,  nach  ihm  hat  auch  //  den 
Grundbegriff  »auseinandermachen « 
z.  B.  P,  fdta  mayßla  »die  glühenden 
Kohlen  auseinanderscharren«  vgl.  P. 
-pJmta  adj.  »gabelig,  gabelförmig«. 
Tz.  li-phdta  10  "Gabelungen,  Ge- 
spaltenes, Z.B.Huf«  ma-phdta  6  das- 
selbe, z.  B.  »Huf  des  Rindes«.  Mosela 
wa^  viaphdta  3   »Gabelschwanz«. 

Danach  würde  dann  auch  »pflan- 
zen, säen«  von  der  Bedeutung  des 
Auseinanderscharrens  von  Erde  abge- 
leitet sein. 


B.  -panga   «Schwert,  Säbel«. 

P.  mphdka       (=  mofdka),        pl. 

mefdka. 
Suah.   upanga  ^\. phanga  11  »Schwert, 

Säbel«. 
'^yam.  lu-paiiga  11    »Schwert«. 
Po.       ju-fahga  pl.  mphanga   »Säbel«. 
Ve.       lu-fdhga  11   »Messer«. 


B. 

P. 

Su. 
Suah. 
Ka. 
Ve. 


papa   "  flattern « . 

phapha ,  pJmfa  %  »Feder,  Feder- 
kiel«. 

phapha  » fliegen « . 

papatika   » flattern « . 

pha^pha^  »fliegen«. 

ht-fa^fd     pl.     phapha^     und 
mafa^fd  6   »Flügel«. 

pha^phamela  » flattern « . 


B. 

P. 

Su. 
Suah. 
Her. 
Du. 

Ko. 
Ka. 


Nyai 


Ve. 


-pembe   »weiß,  glänzend«. 
phepa    »Kalk,  Kreide,    weiße 

Erde«. 
phepa  9   »weißer  Ton«. 
phemhe  9   »Hörn,  Elfenbein«. 
pemba   »glatt,    glänzend   sein«. 
pembe  9    »tonige    weiße   Erde, 

Kreide « . 
ulu  -phembe  11    »Hörn«. 
um-phemba  3  »ein  Unkraut  mit 

weißen  Blumen  und  eßbaren 

Wurzeln « . 
im-pemvu       9        »Tier       mit 

Blesse«. 
i-phembe     5     pl.     mhem.be     10 

» Hörn " . 
mphembe   9    »Hörn,   Ecke   des 

Hauses,  Elfenbein«. 
ph^mba  9  »helle  Farbe,  Tünche, 

weißer  Ton«. 


B.         pima   »messen«. 
Suah.   pima    5     »Faden« 

pima  »messen«. 
Po.        t%-ima  7   »Maß«. 
Sh.        hima   »messen«. 

ki-himo  7   »Maß«. 


(ein     Maß) 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstäi 


143 


B. 

P. 

Suah. 
Her. 

Du. 

Ka. 
Ve. 


Ka. 
Ve. 

B. 

P. 

Su. 

Suah. 

Her. 

Ko. 

Du. 

Po. 
Sh. 
Ve. 


pii'iga  «flechten,  einsam  andern 
vorbeistecken". 

feka  »sich  begatten«  (von Raub- 
tieren). 

feka  mano    »Ränke    Hechten". 

pmga   »drehen  wenden«. 

pingasaria  l,b.;  10  »abwechseln, 
aneinander  vorbeigehen«. 

loeiigemeye  11;  8,  c;  »einen 
meiden  ,  ausweichen « . 

wengisane  1,  c;  6;  10  »wechseln, 
tauschen,  aus-,  ein-,  um-, 
vertauschen ;     verwechseln « . 

pMnga  »flechten,  einen  Korb 
machen«. 

f^nga  »sich  paai-en«  (von 
Hunden). 

-pi   »Finsternis«. 

le-sufi    (le-suifi,     dial.  lefsifsi, 

lefsifi,  le-fifi)  5  »Finsternis«. 
fsi!  Interjektion  für  »finster«, 

z.  B.  ntoh  %wa  re  «fsi^'.    »Im 

Hause    sagt    es  fsi»,    d.    h. 

»dunkel«. 
ubu-f^ß^  14   »Dunkelheit«. 
sis^  5    »Finsternis«. 


pia   »speien«. 

tswa  »auswerfen,  ausspucken«. 
tswela   »aus-,  anspucken«. 
fia ,  fila  » Spuckschlange « . 
e-m  5   »Puffotter«. 
swa  »speien«. 
pe  9  »kurze  breite,  sehr  giftige 

Schlange«. 
mphi  9   »Puffotter«. 
Swa  »speien«. 
pfa^  mare    »ausspucken«,     vgl. 

onomat.  nthu^a. 

-piya   »Stein«. 

le-fsika,   le-swika   5   »Stein«. 
le-fika   5    »Fels«;    s§-ftka   7 
»Steinhaufen«. 


Suah. 


ßga  5,  dji-fya  5  »einer  der 
drei  Steine,  auf  die  der  Koch- 
topf gesetzt  wird«. 

ili-ßga  5   »Herdstein«. 

figo  5  »große  Stücke  Holz,  auf 
denen  der  Topf  steht«. 

ma-figa  6    »Herdsteine«. 

ma-tsict  6   »llerdsteine«. 


B.         pina    »zusammenziehen, 

kneifen«. 
P.         fsindda    8,    c. ;     8,     c.     »aus- 
pressen«. 
fsinayßna  1,  b.;  10  »sich  anein- 

anderpressen ,  drängen « . 
fsina  6   »schnauben«. 
fsinela   6;    8,    c.    »festbinden«. 
fsinelela     8,    c;      8    c.     »aus- 
pressen " . 
Su.       fina  »ziehen,  knoten«. 

fimla  6;  8c.  »Hände  und  Füße 
zusammenziehen « . 
Suah.  fina  6   »kneifen«. 

finana     6;     10     »zusannuenge- 

drückt,  enge  sein«. 
finio  » Grimasse « . 
Her.      sina     »erwürgen«;     -mia    adj. 

»eng«. 
Ko.      fine  »eng«. 

Ka.      finiza     8,    c;      6      »Gesichter 
schneiden « . 
ßna^   6    »die  Nase  schnauben«. 
finela  6;  8,  c.    »sich  zusammen- 
ziehen « . 
Kuanj.7?wa  »Engheit«. 
Nd.       osina  9  dasselbe. 
Nyam.  5^■«o  »eng  sein,  kneifen«. 
Po.       fina    matso      »die    Augen     zu- 
kneifen«. 
Sh.       finu  »eng«. 

fina  »dieNase  schnauben«  {^funa 
»kneifen«). 
Ve.       si^na  »einschnüren«, /?|«a   das- 
selbe. 


144 


Meinhof:    Einige  Baiituwortstämme. 


B.         pionga  (poiiga)  »ausdi'ücken«. 

P-  /Qi(^  «enthülsen;  Gras  weg- 
hacken (mit  der  Hacke)«. 

Suah.  ßonda,  sonda   »aussaugen«. 

Ka.  phonza  »die  Außenseite  weg- 
nehmen ,  poliei-en ,  an- 
spitzen-. 

Sh.       fyo^ct'  6   »saugen«. 

Ve.  fdnda  und  sdnda  »ausdrücken 
(Frucht),    entkernen». 


B.         pipa   »aussaugen«. 
Her.      sepa  »aussaugen». 
Sh.       fiha  »Wasser  abgießen«. 
Ve.        tscksa  »lutschen,  saugen«  (Ivon- 
sonantenassimilation). 


B. 

pua   »eintrocknen«. 

So. 

2)sa  »eintrocknen«. 

Suah. 

pwa  »trocken  werden,  ebben«. 

ki-pwa   7   »Felsen    und   Sand- 

bank,   die   durch   die   Ebbe 

trocken  gelegt  wird«. 

mphwa  9   »Strand,  der  bei  der 

Ebl)ezeit  ti ecken  ist«. 

Her. 

puira   8,    c.     »versiegen,     ver- 

trocknen«. 

Ka. 

tsd}        »aufgetrocknet,          ver- 

seil wunden  sein«. 

Nyam 

.pwa   »Trockenzeit«. 

Po. 

%ica   »ebben«. 

Sh. 

'ywa  »eintrocknen«. 

Ve. 

%«'   »eintrocknen«. 

B.  piinga  »wehen, fächeln, schwen- 
ken«, dann  »sprengen«, 
davon  »abgießen«,  dann 
»weniger  werden«  in  den 
Intensivformen  auf  -ula,  -uka. 

P.  foka  »besprengen,  schwenken, 
fächeln«. 


Su.  fokola  8,  f.  »weniger  wer- 
den « . 

Suah.  puhga  »hin  und  her  schwingen, 
schwenken .  wanken « . 
puhgua    8,    f.     »weniger    wer- 
den«. 

Her.     puhga    »Lämmer   den  Müttern 
wegnehmen,    wenn    sie   ge- 
saugt«. 
puhguruka   8,  f.;    1,  e.    »abge- 
trennt sein«. 

Ka.       phuhga  »Fliegen  abwehren,  ab- 
trinken,  auf  das  Essen  bla- 
sen«. 
phuhguka  1,  e.   »weniger  wer- 
den«. 

Nyam.  puhgula,  huhgula  8,  f.  »ab- 
gießen«. 

Po.       funga  »flattern«. 

fuhgiija  8,  f.  »weniger  machen«. 

Sh.  huhgula  S,L  »weniger  werden« 
(neben  puhguka  und  pu- 
hgula). 

Ve.       fu^hgula  8,  f.   »abgießen«. 


B.         -pu  ipi)  »Wind,  Blähung«. 
Su.        vo-sulu     14     »Wind     in     den 
Eingeweiden « . 
sp-sulu  7   »der  Hintere«. 
Her.      omu-su  3   »lauter  Wind«. 
Ka.       ^si-su^  7   »Bauch«.  (?) 
Kum\].  omu-/u  3   »lauter  Wind«,   o-ß 

9  Blähung. 
Nd.        omu-^u    3    dasselbe,    o-süi   9 

Blähung. 
Ve.       su^la  »pedere«. 

tsi-suflzi  7  »Wind«. 
Die  Wurzel  steckt  wahrscheinlich 
auch  in  Sotho  phina,  psina.  Su.  tsuna 
»Winde  abgehen  lassen«  (obszön) 
verbunden  mit  na  »zu  Stuhl  gehen« 
(ebenfalls  obszön). 

Siehe  nya   »Grundriß«   S.  178. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstänime. 


145 


15.  pulata  3    "Umkehren". 

P.         fulara  odevßtrala  3  » den  Rücken 

kehren,  sich  abwenden«. 
Suah.    fuaia  3  »nachfolgen,  gehorchen, 

anhangen«     (hinter    jemand 

her  umkehren). 
Her.     turumika  10;  2   »etwas  unterst 

zu  oberst  kehren,  umstülpen « . 
Sh.       fulata  »Ziegenbock«  vgl.  Suah. 

(weil    er    hinter    der    Ziege 

herläuft). 
Ve.       fu^ralela   3;  8,  c.    (Umstellung 

für  fularelä)  s.  P.  » den  Rük- 

ken  kehren«. 

B.  -ta-kali  »Tante«   (/a  »Vater-, 

-kalt,  yali,  yali  »weiblich«). 
P.  rak%ali  »Tante«   (Vaters 

Schwester  oder  deren  Mann). 
Snah,    sangazi  5 (1)  »Vaters  Schwester, 

Tante« 
Her.      ohongaze    »Vaters    Schwester« 

(von   ihe    »mein  Vater«    und 

-hgaze). 
Sh.        tatehgazi  »Bruder  der  Mutter«. 
mlalahgazi       -Schwester      der 

Mutter«. 


B. 

P. 

Suah. 


Ko. 

Ka. 

Nyam 

Po. 

Sh. 

Ve. 


iaya  {ierya)  »Falle  stellen«. 
rai/a  und  rea  »Falle  stellen«. 
mo-reo  3   »Fallgrube«. 
tega   »eine  Falle  stellen«. 
thego  9   "Zauber,  Bann«. 
tegua   8,  e    »den  Zauber  weg- 
nehmen, die  Falle  abstellen«. 
thega  »Falle  stellen«. 
tMya^  »in  der  Falle  fangen«. 
tega  «Falle  stellen«. 
hega  desgleichen. 
tegela  »eine  Falle  stellen«, 
re'a.  th^a  »Falle  stellen«. 


B.  -tali    »lang«. 

So.        tfiala    "Strich,    Linie 

thah  9   »Strick«. 
Tz.        rala  dasselbe. 


ieher 


itt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1904.     lU.  Abt. 


Ko.        -thali  "lang". 
Sh.        -tali  »lang«. 

B.  -iamho  zu  lumha  » ausstrecken « . 

P.  le-rdpo^  le-sapo  pl.  ma-rapq  5 

"Knochen«,  s.  Ve. 
Suah.    tamho  "  großer  kräftiger  3Ian n « . 
Her.      e- tamho  5   «der  Rücken«. 
Ka.       i-thdmbo^  5   "Knochen«. 
Sh.        tamba   «eine  Reise  machen«. 
Ve.        sctmbo  pl.  marambo  5  « Knochen « . 
tha^mho  9  "Knie«  (?),s.Tsivenda 

29,  b. 

B.  ietida   "machen«  (vgl.  »Poesie« 

von  TtoiHv). 

P.  reta  »loben«. 

Suah.  tenda  »tun,  machen,  handeln, 
dichten«. 

Ko.  thendekesya  I.e.;  8.  c;  6  »zu- 
recht machen,  machen«. 

Po.        henda   "tun«. 

Sh.        tenda   »tun«. 

Ve.        Ti:?}4C'   "loben«. 

B.  -tende   »Palme«. 

Suah.    thende  9   »Dattel«. 

Her.  omu-tendereti  3  »mittelgroßer, 
immergrüner  Baum.  mit 
Beeren,  die  eingemacht  zu 
genießen  sind«  {ti  ist  Stamm 
von  omu-ti  3   »Baum«). 

Du.       /fw</«  5   »Ölpalme«. 

B.  leiiga         "gleichmäßig        sein, 

machen«. 

P.  reka  »tauschen«    (im   Handel). 

Suah.  tehgenea,  teiigelca  8.  c;  8,  c. 
»fertig  sein ,  vollständig  sein « . 

Her.  tengera ,  e.  8 ,  c. » fliegen ,  schwe- 
ben«  (Vögel). 

Ko.       ulu-thmganq  11    »Friede«. 
thehgama  11    »eben  sein«. 

Ka.  th^hga^  »kaufen,  tauschen.  li;in- 
deln«. 

Ve.       rf^ö  dasselbe. 

10 


146 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstäinme. 


B.  fefemn    •■  zittern«    {tqtnma). 

P.  thothnmela    11;    8,  c.     »zittern, 

beben«. 
roroma   11    » beben « . 

Suah.    tetema  11    »zittern«. 

Ko.       thethema  1 1  »zittern ,  sich  fürch- 
ten « . 

Nyam.  tetema  11    »zittern«. 

Po.        hehema  11    »zittern«. 

Ve.       ^te^emela  11;  8,  c.   »zittern«. 


B.  iHima,    s.  Hma    »heraussprin- 

gen«. 
P.  Sisimo<yß  1,  e.  »zucken,  durch- 

schauern«. 
siMmala  8,  b.   »plötzlich    inne- 
halten«. 
Su.        sisimoha  1 ,  e.  »stutzen ,  scheuen, 
seufzen«. 
sisimolla  8,  f.;  8,  f.  »in  Fuixht 
setzen,  aufregen«. 
Tz.        sisimoyß  1,  e.  »verschämt  sein«. 

sisimosa  l,e.;  6   »kribbeln«. 
Suah.    sisimua8,f.  ȟberraschen,  er- 
schrecken«. 
Ve.       siysima  »hervorquellen«. 

Vgl.  Sxih&i.  tsi - si^ma  7  »Quelle«, 
s.  B.  Hma. 


B.  -hia,  tni   »Kopf«,  s.  [na. 

Du.       mu-lg-po  3   »Kopf«. 
Ro.       un-thi  3   »Kopf«. 
Kongo  n-tu  3   »Kopf«. 
Nyam.  mu-twe  3   »Kopf«. 
Sh.        mu-twi  3   »Kopf«. 


Suah. 


Her. 


Ko. 


-tumho   » Bauch ,  Dicke « . 
se-rope    7     »Dickbein,     Ober' 

Schenkel,  Hinterbacke«. 
tumho  5    »Bauch«. 
ma-tumbo  6  »Baucheingeweide« 
tumba,  a.  »hoch  schwanger  sein« 
e-tnmbo  5   »Oberschenkel«. 
ili-thumbu  5   »Nabel«. 


Ka.       i-th.u}mba^  ö    »Beule,  Abszeß«. 

ama-tht^mbUf  6   »Gedärme«. 
Ve.        thu^mbu  9   »Bauch». 

lu-rv^mbu    11    »eine    Seite   des 
Bauches«. 


B.  hindu   »urinieren«. 

P.  roVöi  »harnen«. 

mo-roto  3    »Urin«. 
Ka.        thunda   »urinieren«. 
Nyam.  tunda   »urinieren«. 
Sh.        tunda  »Penis«. 
Ve.       ru^nda   »urinieren«. 

B.  -1ü   «Gewölk«. 

P.  le-ru^  pl.  marii^  5   »Wolke« 

Ka.       iU-fu^  ö   »AVolke«. 

B.  tuiiga    »binden«. 

Suah.  fuhya  »binden«. 
Po.  fuhga  »binden«. 
Sh.        §unga   »binden«. 


B. 

iua.  ioko  {kua!)  »Kopf«,  s.  hi 

P. 

S(yyjo    »Kopf«. 

Suah. 

ki-twa,  ki-tzica  7   »Kopf«. 

Ka. 

intsnkö^  0   »Kopf«. 

Po. 

ki-tzwa  7   »Kopf«. 

\q. 

"thjhn  9   »Kopf«. 

B. 

ini-nma  9    »Rücken«. 

Suah. 

n-uma  9  »Rücken,   hinten,  z 

rück«. 

Ko. 

in-uma  9   »Rücken«. 

Po. 

n-uma  8   »hinten«. 

Sh. 

n-uma   »rückwärts,  hinter«. 

B. 

bii-umba  9    »Haus«. 

Suah. 

n-umba  9   »Haus«. 

Ko. 

JPO. 

Sh. 


tj-umba  7   »Zimmer«. 
in-timba  9   »Haus«. 
n-umha  9   »Haus«. 
n-umba  9  dasselbe. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämnie. 


147 


B.  -valii,    »Seite-    (walirscheinlich 

von  vala  »zählen»,  ursprüng- 
lich  »einkerben"). 

Siiah.    ki- warnt  tjaria  7   »Rippe«. 

u-havu  pl.   mbavu    desgleichen 
(6  durch  Vermittlung  von  mb). 

Ko.       ulu-hafu  11    »Seite,  Rippe«. 

Nyam.  mbazu  10   »Rippen«. 

Po.       ju-avu  11  pl.  mbavu  »Rippe«. 

Sh.        Iw-azu  11    »Seite«. 

lu-bazu  11    »Rippe«    pl.  mbazu 
(b  aus  mb  wie  im  Suah.) 

Ve.        lu-vapvu       pl.      mbapvu       11 
»Rippe«. 


B.  -vamba   »Muschel«,    s.  mamba. 

Her.      ombamba  9   »Kauri«. 

Ko.       ulw-ambo  11    »Perle-. 

Du.       mbapha^  »Kauri,  im  Innein  auch 

als  Geld  gebraucht«. 
Kuanj.  ombaba  9   »kleine  Muscliel«. 
Nd.       ombamba   9    »kleine  Muschel«. 


B.  -vef/a,   i-mbega  9    »Schulter«. 

Vgl.  P.  'peka  »rückwärts  (über  die 
Schulter)  sehen«. 

Suah.   mbega     9     »Atfe    mit     weißer 
Schulter«. 
bega  5  ip\.  ma-bega  »Schulter«. 
Ko.       imbega  9   »Affe«    (schwarz  mit 

weißer  Schulter). 
Nyam.  i-vegä  5   »Schulter«. 
Su.        ega  5  pl.  ma-ega  »Schulter«. 
mbega  9   »Affe«   (wie  oben). 


B.  veva  [bebal)  »ein  Kind  tragen«, 

vgl.  veleka. 
P.  ^pepola  »einKind auf denRücken 

nehmen«. 
Su.        'pepa  dasselbe. 
Suah.    beha    »ein   Kind   im   Tuch   auf 

dem  Rücken  tragen«. 
Ve.       bepa  »gebären«. 


B.  viki  {viku)   »unreif«. 

Suah.    ki-tciit  (Mombas)  7,  -bitzi  »un- 

i-eif,  grün«. 
b    ist    vermittelt    durch    mb   in 

mbitzi  Kl.  9. 
Her.      -vihu  »unreif«. 
Ko.       -'bisi  »unreif«. 
Po.        -itzi  Kl.  9  mbitzi  »unreif«. 
Sh.        -isi  »unreif«   Kl.  9  mbisi. 
Ve.        -vi^si  »unreif«. 


B.  -vila  »  Kafferko  rn « . 

{*.  ma-veU  6  dasselbe. 

Ko.       vmbila  9   »rotes  Kafferkorn«. 

Ka.       dial.  ama-bele  6   »Kafferkorn« 

Nyam.  ma-viW  »Kafferkorn«. 

Ve.       ma-veW  6   »Kafferkorn«. 


B.  -vilu  »reif,  eifersüchtig«,  Adj. 
von  mla  »sieden«. 

Suah.  -wivu  »eifersüchtig,  reif«.  Ne- 
benform -bivu  vermittelt 
durch  Kl.  9  mbivu. 

Ko.  -ißt,  »reif«,  ^bi/wa  »reif  wer- 
den«. 

Sh.        wizu  14  »Eifei'sucht«. 
-izwi  »reif«. 

iztca    »reif  werden,    gar   wer- 
den«. 

Po.        u-ivu   14   »Eifersucht«. 

Ve.        vibva   »reif  sein«. 


B.  -vingu   »Wolke«. 

Suah.    wingu  5,  ubingu  11   pl.  mbingu. 

ningu  10  »"Wolke«. 
Ko.  ili-bingu  5  » AVolke«. 
Sh.        Iw-ihgu     11      »Himmel«      pl. 

mbingu  10. 
Po.        wihgu  5  pl.  ma-icihgu  »Wolke«. 
10* 


148 

B. 

Suah. 


Ka. 


Meinhof:    Einige  Bantuwortstämme. 


Su. 
Suah 


Her. 
Ve. 


B. 

P. 

Sil. 
Suah. 

Sh. 
Ve. 


vila    "faul  sein"    s.  rilu. 

via  »in  der  Ausbildung  ge- 
hemmt sein,  unreif,  nicht 
gar  sein«. 

triza  6  "in  der  Entwicklung 
unterbrechen ,  verderben « . 

i-vi^d  5   »Faulpelz«. 

uhu-vifd  14   »Faulheit«. 

vili-pha  4  »seine  Zeit  in  Faul- 
heit zubringen«. 

vtlinga  12  »drehen.  rund 
machen«. 

vüika  12   »rund  machen». 

vilinya  12  »rund  machen,  rund 
sein « . 

viJingana  12;  10  »rund  wer- 
den«. 

zezehga  12  »im  Kreise  lierum- 
drehen«. 

viHingana  12;  10  »dui'chein- 
andergehen«  intr.  iHingana 
12;   10;  6  caus. 

-rj'/jt  »faul,  lässig«  Adj.  von 
vila. 

^thca-fa  4   »faul  werden«. 

vo-'tzwa  »Faulheit.  Säure«. 

vo-tztca  14   »Faulheit«. 

-iHvu  »faul«. 

u-vivu  14  »Faulheit.  Träg- 
heit«. 

tnzu  »faul«. 

ji - vizu   1 4    » Faulheit « . 

btm^-fa  4   »faul  sein«. 

vu-bvd  14   »Faulheit«. 


B. 

Suah. 

Ko. 

Ve. 


-rwyti  Baobab. 
mhuyu  3  dasselbe. 
um-huju  3  dasselbe. 
mu-yu^v}  3  dasselbe. 


B.  -Villa  »Eingeweide«. 

P.  ma-la  6  dasselbe. 

Su.        le-la  pl.  ma-la  5  dasselbe. 

Her.      oma-ura  6  dasselbe. 

OM-rö  14  dasselbe  (statt  OM-«ro). 
Ko.       ub-ula  14  »Eingeweide«  (statt 

ubu-bulä). 
Nyam.  ma-vula  6   »Eingeweide«. 
Ve.        vu-la   14,    lu-la    11,   ma-la   6 

dasselbe. 
Bern.  Nach  dem  Nyam.  habe  ich 
vula  als  Stamm  angenommen.  Wenn 
das  nicht  richtig  ist.  und  mi  Präf. 
Kl.  14  und  von  da  in  den  Stamm 
eingedrungen  ist,  dann  gehört  der 
Stamm  la  zu  la-ni  »Grundriß«  S.  168. 


B. 

Tz. 

Suah. 

Her. 

Du. 
Ko. 
Kuanj 
Nd. 

Nyam. 
Sh. 


Ve. 


-vruvili   »Spinne«   {luvtwilif). 
vom  14   »Spinngewebe«. 
buibui  »Spinne«. 
otrj(^ -a- uvi  7, aJra-t^auvi  1 3  (u.7). 
ot%i-tj(a-uvi  7  (u.  7)  »Spinne«. 
di-bn'be  5   »Spinne«. 
ulu-bubi  11    »Spinne«. 
e-luviluvi  5   »Spinne«. 
oha-wiliwili  13   »Spinne«. 
e-tciliwili  5  dasselbe. 
li-luvuvi  5  dasselbe. 
In-buili  11  »Spinngewebe«,  vgl. 

ziili      »Nest     einer     kleinen 

Spinne,  Spinne«. 
bu^i  5  pl.  ma-bu^i  6  »Spinne«. 


B. 


Her 


B.  -VqIo,  i-mholo  9    »Penis«. 

P.  pohj  9  dasselbe. 

Suah.    7nbo  dasselbe. 

Ka.       u-bolo  14  »großer  Penis»   (das 

Wort    darf    von   Frauen    in    Du 

Gegenwart      von     Männern    Kuanj.  ?/m?<-rfo  3   »Jahr«. 

nicht  gebraucht  werden).       |  Nd.       omu-vo  3   »Jahr«. 
Nyam.  wio/o   »Penis«.  |  Sha.      vidi  b   »heiße  Regenzeit,  Jah 


-viila  i-mbrila  »Jahr«,  zu  B. 
-Villa   "Regen«. 

ombnrad  »Jahr«  eigentlich  »Re- 
genzeit«. 

mbu  9   »Jahr«. 


Meinhof:   Einige  Bantuwortstämme. 


149 


B. 

P. 

Tz. 

Suah. 

Her. 

Ka. 

Sh. 

Ve. 

Zulu 


Suah 

Du. 

Ko. 


-vi   »graues   Maar.'. 

^tzo-fala    4;     8,    b.     »ergrauen 

(vor  Alter)". 
mn -tzwatzwa  >•  Schlohweiße « . 
invl  10   »graues  Haar«. 
ozp-ndi  10   »graues  Haar«. 
izi-mvi^  10  »graues  Haar«. 
ß  10   »graues  Haar«. 
mvi  10   »weißes  Haar«. 
uvi     pl.  izimvi     »graues     oder 

weißes  Haar«. 


-w/nia  >■  Leiche «, wahrscheinlich 
identisch  mit  viinha  »schwel- 
len«,   »Grundriß«    S.  189. 

Tc-imha  7   »Leiche«. 

mbimba  3   »Leiche«. 

um-fimba  3    »Leiche«. 


Kuanj .  omu -  diviha  » stinkendes  Aas « . 
Nd.  omü-mimba  3  dasselbe. 
Po.  ki-vimba  7  »Leiche«. 
Sh.  k-imha  pl.  vimha  7  »Leiche«. 
Die  Entstehung  von  Mmba  aus 
kivimha  im  Suah.  und  Sh.  ist  ver- 
mittelt durch  den  Plur.  vivimba,  der 
in  vimha  zusammengezogen  ist, 
vgl.  Po. 


B. 

trwima   »jagen«. 

P. 

'tzgma   »jagen«. 

Ko. 

um-fwimi  1    »Jäger«. 

Ka. 

zuma     »im    Hinterhalt 
überraschen«. 

liegen 

Ve. 

zhna,  vi^ma   »jagen«. 

Zulu. 

zuma         » überfallen , 
raschen«. 

über- 

150 


Lusiba, 

die  Sprache  der  Länder  Kisiba,  Bugäbu,  Kjamtwära,  Kjanja 

und  Ihängiro, 

speziell  der  Dialekt  der   »Bayössa«    im  Lande  Kjamtwära. 

Aufgezeichnet  in  den  Jahren  1892,  1893,  1896. ' 

Von  Herrmann, 

Hauptniaiiii  .i.  D. ,  damaligem  Kompagnieföhrer  und  Stationschef  von  Bukoba. 


l^usiba  ist  eine  ßantusprache  und  mit  Kinyüro  nahe  verwandt.  Es  ist  die 
Sprache  der  Ureinwohner  des  Landes,  der  Batündu  und  scheint  durch  die 
eingewanderten  Bahüina,  der  jetzt  herrschenden  Klasse  im  Lande,  nur 
wenig  modifiziert  zu  sein.  Während  der  Dialekt  in  Kisiba  sich  mehr  dem 
Kinyöro,  und  der  in  Ihängiro  mehr  dem  Kisindj'^a  nähert,  ist  der  Dialekt 
in  Bugäbu,  Kjamtwära  und  Kjänja  am  reinsten  gebHeben,  wozu  auch 
noch  die  Abgeschlossenheit  des  Landes  und  der  gänzlich  mangelnde  Handels- 
sinn des  überaus  seßhaften  Volkes  beitrug.  Einen  eigentlichen  Namen  für 
die  Sprache  gibt  es  nicht,  der  Name  Lusiba  ist  von  mir  analog  dem  Lu- 
gända,  Lu-ssöga  usw.  gebildet  und  hat  sich  im  Lande  schon  eingebürgert. 


1  Das  Mcuiuskript  dieser  Arbeit  war  von  mir  bereits  im  Jahre  1897  nach 
Berlin  gesandt  worden,  aber  in  falsche  Hände  geraten,  so  daß  ich  es  für  verloren 
hielt;  erst  vor  einigen  Monaten  habe  ich  es  wiedererhalten.  Diese  Verzögerung  in 
der  Drucklegung  ist  um  so  mehr  zu  bedauern ,  als  in  den  inzwischen  \  ergangenen 
7  Jahren  auf  der  von  mir  geschaffenen  Grundlage  durch  die  in  Buköba  ansässigen 
Europäer  hätte  weitergearbeitet  werden  können.  Die  vorliegende  Arbeit  beansprucht 
naturgemäß  nur,  als  ein  erster  Versuch  angesehen  zu  werden ,  das  Lusiba  zu  fixieren. 
Aber  gerade  die  ersten  Versuche,  in  die  Konjugationsformen,  Pronomina,  Relativ- 
sätze usw.  einzudringen,  also  das  Aufstellen  des  Gerippes  der  Grammatik,  machen 
erfahrungsgemäß  die  meisten  Schwierigkeiten ,  und  ihr  Vorhandensein  erleichtert  die 
weitere  Untersuchung  der  Formen  und  Samndung  von  Wörtern  sehr. 

Inzwischen  wird  die  bei  Buköba  ansässige  katholische  Mission  der  Weißen  Väter 
von  Algier  wohl  schon  Katechisnnis  und  anderes  in  Lusiba  übersetzt  oder  für  den 
eigenen  Gebrauch  Grannnatik  und  Lexikon  aufgestellt  haben.  Dieses  Material  habe  ich 
leider  nicht  einsehen  können,  was  ich  sehr  bedaure,  da  ich  die  hervorragenden 
linguistischen  Leistungen  gerade  der  Weißen  Väter  aus  langjähriger  Erfahrung  zu 
schätzen  gelernt  habe  und  da  die  Missionare ,  welche  eine  Reihe  von  Jahren  ungestört 
bei  den  BasTba  gelebt  haben,  naturgemäß  viel  besser  in  der  Lage  gewesen  sind,  in 
das  Wesen  des  Lusiba  einzudringen,  als  ein  viel  auf  Expeditionen  befindlicher 
Stationschef. 


Herrmann:    Lusiba.  151 

Die  Schreibweise  ist  die  tüv  die  Publikationen  des  Orientalischen 
Seminars  übliche;  eine  eingehende  Benutzung  des  Standard  Alphabets  von 
Lepsius  war  nicht  erforderlich,  da  die  wiederzugebenden  Laute  sehr  ein- 
fach sind.  Granunatik  und  Wörterverzeichnis  wurden  mit  3  verschiedenen 
Parteien  durchgegangen,  um  möglichst  Irrtümer  zu  vermeiden;  außerdem 
wurden  noch  Fachleute  herangezogen ,  z.  B.  zu  den  Fischen  Fischer,  zu 
den  Tieren  Jäger  usw.  Da  ich  selber  die  Sprache  nur  teilweise  beherrschte, 
so  diente  mir  mein  Diener  Jussuf  bin  Bakhari,  ein  Mgwana,  der  sie  fertig 
sprach,  als  Dolmetscher;  er  war  damals  seit  5  Jahren  in  meinen  Diensten 
und  auf  Abfragen,  Erkundigungen  usw.  speziell  dressiert;  Kisuaheli  beherrsche 
ich  selber  vollkommen. 

Lusiba  ist  eine  sehr  weiche  Sprache,  von  hohem,  singendem,  klagen- 
dem Ton;  sie  hat  keine  harten  Doppelkonsonanten  wie  Lugända,  oder 
Explosivkonsonanten  wie  Kissuküma;  an  Weichheit  wird  sie  nur  vom 
Kigögo  übertroffen.  Es  ist  große  Neigung  zu  Diphthongen  und  zum  Zu- 
sammenziehen eines  Wortendes  mit  dem  nächsten  Wortanfang  vorhanden; 
desgleichen  werden  oft  die  kurzen  Partikel  und  Präfixe  fortgelassen.  Die 
Aussprache  selbst  ist  sehr  verschieden;  oft  hört  man  am  Anfang  des  Satzes 
oder  des  Wortes  ein  kurzes  e-  oder  t-,  gleichsam  als  wollte  der  Sprecher 
sich  erst  Luft  machen,  z.  B.  enkende  statt  nkende\  oder  mau  hört  zwischen- 
durch ein  dumpfes,  kurzes  -w-,  z.  B.  Tcüfwa  statt  Ttüfa.  Die  Pluralpräfixe 
der  I.  und  IV.  Klasse,  ha-  und  hi-,  werden  teilweise  va-  und  vi-^  sogar 
wa-  und  wi-  ausgesprochen.  Spezielle  Vorliebe  scheint  man  für  die 
Diphthonge  äX  und  n  zu  haben,  die  sich  in  der  Aussprache  streng  unter- 
scheiden; sie,  sowie  o«,  werden  so  langsam  gesprochen,  daß  sie  beinahe 
wieder  in  ihre  Vokale  zerfallen. 

Der  Ton  kann  auf  der  vorletzten,  drittletzten  und  viertletzten  Silbe 
ruhen;  letzteres  ist  selten,  dagegen  die  beiden  ersten  Betonungen  gleich- 
mäßig im  Gebrauch ,  so ,  daß  dieselbe  Person  dasselbe  Wort  womöglich  im 
selben  Satz  einmal  auf  der  vorletzten  und  gleich  darauf  auf  der  drittletzten 
Silbe  betont.  Wenn  in  dem  folgenden  Wörterverzeichnis  der  Ton  meist 
auf  der  vorletzten  Silbe  markiert  ist,  so  geschah  dies,  weil  es  der  Eigen- 
tümlichkeit der  meisten  ostafrikanischen  Bantusprachen  entspricht;  die 
Betonung  auf  der  drittletzten  Silbe  scheint  mir  mehr  eine  importierte  An- 
gewohnheit der  Bahüma  zu  sein. 

Mit  Lusiba  kann  man  sich  auch  in  Karägwe,  Uhimba,  Ussüwi  und 
Usi'ndja  vollständig  verständigen;  in  Ruanda  und  Uriindi  einigermaßen,  des- 
gleichen inMpöroro,  Nköle  und  Unjöro,  während  Lugända  eine  vollständig 
andere  Sprache  ist. 

Lusiba  ist  eine  sehr  einfache  Sprache  ohne  jegliche  Künstelei, 
schwierige  Satzkonstruktionen  u.  dgl.  Wenn  auch  z.  B.  Relativa,  Kondi- 
tionalformen usw.  vorhanden  sind,  so  werden  sie  doch  im  gewöhnlichen 
Verkehr  des  Volkes  selten  angewendet,  z.  B.  würde  man  an  Stelle  von: 
»Dies  ist  der  Mann,  den  ich  schlug,  als  ich  ihn  gestern  traf«  einfach  sagen: 
»Dieser  Mann ,  ich  sah  ihn  gestern,  ich  schlug  ihn.«  Ebenso  löst  man  die 
im  Deutschen    vorkommenden    langen,  aus  vielen  ineinander  geschachtelten 


152  Hebrmann:    Lusiba. 

Sätzen  bestehenden  Satzkonstruktionen  im  Lusiba  in  eine  Reiiie  neben- 
einandei"  stehender  Sätze  auf.  Eine  Verfeinerung  der  Sprache,  wozu  sich 
auch  eine  Menge  neuer  Worte  gesellen,  tritt  jetzt  allmählich  ein,  da  Bibel 
und  Katechismus  in  Lusiba  übersetzt  werden.  Das  verfeinerte  Lusiba  soll 
dann  auch  das  Luganda  ersetzen ,  das  heute  noch  an  den  Höfen  der  Häupt- 
linge als  »vornehme«   Sprache  mit  Vorliebe  gesprochen  wird. 

Die  Eingeborenen  sprechen  ihre  Sprache  sehr  willkürlich,  wie  dies 
in  ganz  Ostafrika  geschieht,  und  es  ist  daher  falsch,  zu  behaupten,  ein  Ein- 
geborener spreche  seine  Sprache  richtig;  der  gewöhnliche  »Mschensi«  spricht 
schlechter  wie  die  Großen;  am  korrektesten  spricht  man  beim  Häuptling, 
speziell  bei  Gerichtsverhandlungen;  für  gewöhnlich  müht  man  sich  aber  z.B. 
mit  den  vielen  Präfixen  erst  gar  nicht  ab,  sondern  gebraucht,  wie  das  sogar 
Küstenleute  tun,  einige  wenige  Formen.  So  gebrauchen  die  Basiba  an  Stelle 
der  diversen  Genitivpartikel  z.  B.  für  alle  Klassen  einfach  ya  oder  tca,  w^eil 
ihnen  das  am  bequemsten  im  Munde  liegt,  oder  lassen  sie  ganz  aus,  denn 
der,  mit  dem  sie  gewöhnlich  reden ,  versteht  sie  doch.  In  der  Schrillsprache 
jedoch ,  die  jetzt  durch  die  Mission  den  Eingeborenen  gelehrt  wird ,  kommt 
es  natürlich  auf  korrekteste  Ausdrucksweise  an ,  und  wir  werden  sjiäter  oft 
genötigt  sein,  für  das  verfeinerte  Lusiba  Formen  aus  der  klassischen  Bautu- 
sprache,  dem  Kisuaheli  zu  entlehnen. 

Substantiva. 

Man  kennt  Singular  und  Plural;  dieselben  unterscheiden  sich  durch 
ihre  Präfixe;  nach  den  verschiedenen  Formen  derselben  unterscheidet  man 
folgende  Klassen: 

L  Klasse. 
Sing,  m-,  mu-,  mw-,  n-,  w-; 
Plur,  ba-,  h-,  bä-. 
Diese  Klasse  umfaßt  nur  lebende  Wesen. 


moro  ein  Bettler,  baro  Bettler 
müsstke  ein  junges  Mädchen,    betsstke 
oder  beissike  junge  Mädchen. 


mgeni  ein  Fremder,  bageni  Fremde 
muMgi  ein  Jäger,  bahigi  Jäger 
inimmi  ein  Geizhals,  hatmi  Geizhälse 
ndengia  ein  Stutzer,   barmgia  Stutzer 
wmkorongo    ein   Mundschenk,    benko- 
rongo  Mundschenke 

Mau  sielit,  daß  ebenso  wie  im  Kisuaheli  ein  Ji  vor  r  und  /  nicht  gut 
ausgesprochen  werden  kann,  daher  r  und  /  nach  n  in  d  verwandelt  wird; 
also  heißt  ein  Stutzer  nicht  nrengia,  sondern  ndengia]  im  Plural  barengia 
tritt  dann  das  r  wieder  zutage.  Dieselbe  Verwaudkmg  tritt  auch  bei  Ad- 
jektiven usw.  ein.  Zur  L  Klasse  gehören  auch  solche  lebende  Wesen  be- 
zeichnende W^örter,  die  anderen  Sprachen  entlehnt  sind,  z.  B.: 

katikiro  der  Minister,  batikiro  IVIinister, 
sowie  solche,  die  keine  besondere  Pluralform  haben,  z.  B. : 

hasöba  Gott,  kasöba  Götter. 


Herrmann:   Lusfba.  153 

II.  Klasse. 

Sing,  m- ,  mu- ,  mw- ; 

Plur.  mi-. 
mti  der  Baum,  miti  Bäume 

münwa  die  Lippe,  minwa  die  Lippen  (d.  i.  der  Mund) 
mwdnda  der  Bambus ,  midnda  Bambus. 

IIL  Klasse. 
Singular    und   Plural    sind    gleich    (die    meisten   Wörter   fangen    mit 

n-  an). 
ngai  das  Ruder,  nyai  die  Ruder. 
Hierzu  gehören  auch  die  meisten  Tiernamen. 

Zu  dieser  Klasse  gehören  viele  Fremdwörter: 
barüa  der  Brief,  harüa  Briefe. 

IV.  Klasse. 

Sing,  ki-,  tsh-  (in  manchen  Gegenden  tshi-); 

Plur.  hi-. 
Kialo  der  Bananenhain,  hialo  Bananenhaine 
tsherereso  der  Besen,  bierereso  Besen. 

V.  Klasse. 
Sing,  i-,  n- y  m-,  Tiu-,  Tcw- ,  li-,  ye-,  hu-,  hw-; 
Plur.  ma-  (vor  Vokal  me-,  mei-). 


yengo  eine  Welle,  mayengo  Wellen 
yema  ein  Zelt ;  mema  Zelte  (verdorbe- 
nes Fremdwort) 
buro  Eleusine,  maro 
bwatu  Kanoe,  mätu 


ihüli  ein  Ei,  mahüli  Eier 
ndyu  ein  Haus,  mädyu  Häuser 
mbega  eine  Schulter,  mabega  Schultern 
kütwi  ein  Ohr,  mdtwi  Ohren 
kwesi  ein  Mond,  mesi  Monde 
Uno  ein  Zahn,  memo  Zähne 

Als  Plurale  dieser  Klasse  werden  folgende  Worte,  die  einen  Kol- 
lektivbegriff bezeichnen,  betrachtet: 

mata  Milch,  mayuta  Butter,  meisi  Wasser,  maghi  Klugheit  usw. 
Auch  zu  dieser  Klasse  gehören  manche  Fremdwörter: 

loma  die  Festung,  maböma  boy  der  Diener,  maboy 

doch  rechnet  man   diese   auch  zur  HL,   und  wenn   sie   lebende  Wesen   be- 
deuten, zur  L  Klasse. 

VL  Klasse. 
Sing,  ru-,  lu-; 
Plur.  n-,  m-. 

Das  r  des  ru-  wird  in  einigen  Gegenden  als  Zäpfchen -r,  in  andern 
als  Zungen -r  ausgesprochen;  doch  gibt  es  auch  Wörter,  die  mit  reinem  lu- 
anfangen.     nr-  und  nl-  werden  in  nd-  verwandelt;    m-  vor  Vokalen   in  mp- 


154  Hebrmann:    Lusiba. 

rutindo  die  Brücke,  ntindo  Brücken       ruabio  die  Sichel,  niahio  Sicheln  (un- 


rubabi  das  Blatt,  mhäbi  Blätter 
rurela  der  Nabelstrang,   ndela  Nabel- 
stränge 
ruUssa  die  Milz,  ndissa  Milzen 
ruago  die  Harnblase,  mpago  Harnblasen 
Tuende  der  After,  mpende  After 

(Hierher  gehört  auch  busso  die  Stirn,  Plur.  nsso.) 


regelmäßig) 

ruahia  der  kleine  Topf,  ndbia  kleine 
Topfe  (regelmäßig) 

nduu  das  Fell,  mpu  Felle  (unregel- 
mäßig) 


Vn.  Klasse. 

Abstrakte  Wörter;  Präfix  bu-. 

bupünga   die  Habsucht,   bundfu   die  Faulheit,   bubl  die  Schlechtigkeit. 

Soweit  man  hier  überhaupt  von  einem  Plural  reden  kann,  ist  derselbe 
gleich  dem  Singular. 

Hierzu  rechnet  man  wohl  auch  noch  sonstige  Abstrakta:  z,  B.  iküru 
der  Stolz,  mani  die  Stärke,  doch  können  sie  auch  der  HI.  Klasse  ange- 
hören; andere  Abstrakta,  z.  B.  magesi  die  Klugheit,  rechnet  man  besser 
zur  V.  Klasse. 

Vni.  Klasse. 
Zu  Substantiven  gemachte  Infinitive. 
hk-fa  sterben  hüfa  das  Sterben  (ev.  Plural   ebenso) 

IX.  Klasse. 
Das  Wort  äantu  der  Ort,  Platz,  Stelle  im   Plural  unverändert. 

X.  Klasse. 

Eine  Anzahl  Ausnahmen  und  Unregelmäßigkeiten  kaiui  man  noch  zu 
dieser  Klasse  zusammenfassen,  doch  ist  ihre  Anzahl  gering;  z.  B. : 

Sing.  Ä-ß-,  Plur.  tu-,  bu- ,  tw-, 
(in  einzelnen  Fällen  ist  Ica-  das  Diminutiv). 

{ndiju  Haus)  Jcädyu  kleines  Haus,  budyu  kleine  Häuser 

{msdna  Sklavin)  Tcasana  Sklavenkind,  tusana  Sklavenkinder 

(ruiga  Fluß)  kaiga  Bach,  twiga  Bäche 

{mtuaro  Last)  Tiatwaro  das  Pulverfaß,  butwaro  Pulverfässer 
ferner : 

katale  Markt,  tutale  Märkte  kahänga  Scheitel,  tuhänga 

sowie  ganz  unregelmäßig: 

ata  Neuigkeit,  bäta  Neuigkeiten;  könnte  man  auch  zur  IX.  Kl.  rechnen. 

Bestimmte  und  unbestimmte  Artikel  gibt  es  nicht;  muntu  heißt  der 
Mann  und  ein  Mann. 

Nominativ,  Dativ  und  Akkusativ  sind  gleichlautend. 


Herrmann  :    Lusiba. 


155 


Der  Genitiv  wird  gebildet  durch  Vorsetzen  der  Präposition  -o  mit 
diversen,  sich  nach  der  Klasse  des  vorangehenden  Substantivs  richtenden 
Präfixen;  der  Genitiv  ist  zugleich  der  Possessiv; 
heißt  zugleich  auch  »das  dem  Manne  gehörige 
findet  sich  im  schnellen  Gespräch  auch  vielfach  -ä, 

I.  Klasse     der  Mann  des  Häuptlings 

Männer 
IL        »  der  Baum 

Bäume 

III.  »  das  Ruder 

Ruder  »  » 

IV.  ■'  der  Bananenhain    • 

Bananenhaine 
V.       .         ein  Ei 
Eier 
aber  im  Singular  anders: 
das  Haus 
das  Ohr 
VI.        »  die  Brücke 

Brücken 
VII.        «  die  Schönheit 

VIII.       »  das  Sterben 

IX.       ..  der  Platz 

Die  Ausnahmen: 
X.        »  Diminutive:  Itädyu    Teo  {Jcwa) 

hasdna  ko  (kwa) 
ferner:  katäle 
äta 


»das  Haus 

des 

5  Mannes« 

Haus«. 

An 

Stelle   des  -ö 

doch  ist  -ö  das 

richtigere. 

mütitu 

0  mkäma  (wo) 

hdntu 

hö 

(5a) 

ihti 

90 

igwa) 

miti 

yo 

M 

ngai 

yö 

M 

ngai 

so 

{sa) 

kialo 

tshö 

(isha) 

hialo 

m 

(bia) 

ihüli 

lio 

(Ha) 

mahüli 

9Ö 

(^«) 

ndyu 

yö 

(2/a) 

kutwi 

kö 

(kwa) 

rutinch 

rö 

(rwa) 

ntindo 

sä 

(sa) 

hurüngi 

■  hö 

(hwa) 

küfa 

kö 

(kwa) 

äantu 

ö 

(«) 

büdyu  hö  (hwa) 

tusdna  tö  (iwa) 

ko  (kwa)',  tutäle    tö  [twa) 

o     (a);        hata      hö  {hwa) 


Der   »Lokativ«   (im  Kisuaheli  angehängtes  -ni)  wird  durch  das  Präfix 
mü-,  mw-,  m-  gebildet,  z.  B.: 

rnündyu  heißt:   1.  in  dem  Hause  drin 

2.  dicht  bei  dem  Hause 

3.  zu  dem  Hause  hin 

4.  aus  dem  Innern  des  Hauses  hei'aus 
alio  rnündyu  er  ist  im  Hause  drin 

naemerera  rnündyu  er  steht  dicht  beim  Hause 
nagenda  rnündyu  er  geht  in  das  Haus 
nashora  rnündyu  er  kommt  aus  dem  Innern  des  Hauses 
Ist  das  Haus  noch  näher  definiert,  durch  ein  Pronomen    possessivum    oder 
Adjektiv,  so  erhält  dieses  nicht  das  gewöhnliche ,  der  V.  Klasse  entsprechende 
Präfix,    sondern    ein    obigen    diversen    Lokalbestimmungen    entsprechendes 
Präfix.     Es  gibt  3  Arten  Ortspartikel: 

1.  mö  {mwö)  in,  drin 

2.  pö  (ö)  bei,  dabei,  nahe  bei 

3.  kwö  (gwö)  zu,  nach 


156 


Herrmann  :    Lusiba. 


mein  Haus    heißt  ndyu  ydnge,    meine   Häuser  mddyu  gdnge,    aber    es    heißt: 

1.  mündyu  mwdnge      in  meinem  Hause  drin 
mumddyu  mwdnge  in  meinen  Häusern  drin 

2.  mündyu  ädnge         bei  meinem  Hause 
mumddyu  ädnge       bei  meinen  Häusern 

3.  mündyu  Jcwdnge      zu,  nach   meinem  Hause 
mumddyu  Jcwdnge   zu,  nach  meinen  Häusern 


Liste  der  Substantiva. 
(Die  lateinische  Zahl  bedeutet  die  Klasse,  der  das  Substantiv  angehört.) 
Gott  Tcasoha  od.  rngdwa  (Plurale   un-  I      die  man  bei  sich  hat : 


verändert)  I    (so    werden   auch   die 
Häuptlinge  tituliert 

Geister,  Gespenst,  Seele  Verstorbener 
mtschwesi  1 

Böser  Geist,  Teufel  msimu  1 

Zauberhüttchen  an  Kreuzwegen  usw. 
ndyu  V  yo  irlingu  \  (Haus  der 
Wildnis) 

Zauberhoru  mit  schwarzem  Pulver 
gefüllt  mpumhia  HI 

Amulett  am  Halse,  Kopf  usw.  rugkha 
(pl.  ngishä)  VI 

Heiliger  Speer  des  Sultans  Tcakona 
(pl.  tuköna)  X 

Zaubermittel  (sämtlich  aus  Pflanzen 
gewonnen;  Wurzeln,  Zweige,  zer- 
quetschte Blätter,  Asche  in  Hörn- 
chen u.  dgL),  an  der  Tür  oder  an 
Wegen  vergraben,  beeinflussen  den, 
der  darauf  tritt: 

rufuhe  bringt  Unglück  im  Geschäft, 

auf  Reisen 
müuwe  gegen  Feinde,  Zauber  usw. 
mreke    stimmt    den    kommenden 


Gläubiger  milde 
rudyugdnga    der   Betreffende   ge 


ntäkwa    um    sich    unsichtbar    zu 

machen 
7*Me/owenn  man  jemand  anpumpen 

will 
ruUdkklya  gegen  wilde  Tiere 
mtongdna  in  die  Hände  zu  reiben, 

wenn  man  vor  Gericht  geht 
fuüa  in  die  Hände  zu  reiben,  wenn 
man  zwei  damit  berührt,  hassen 
sie  sich 
msömorö    gegen    Krankheit,    mit 
Fett   auf  den  Leib  geschmiert 
zum  innern  Gebrauch: 
mrindi  Irrwurz 
mhabasi 
iiiahiyumiriro 

werden    in    den    Bananenwein 
gemischt 
Gottesgericht  mit  Hölzern  kagui 

.  »     glühendem  Eisen 

ntenyu 
der  böse  Geist,  Teufel   des  Viktoria 

Niansa  Mgäsha 
sein  Begleiter  u.  Minister  Ruebembera 
Wildnis      Irungu 


Liebestränke 


der     Teufel     der 
(=  Wildnis) 
steht   im   Schlaf  auf  Befragen  ;  sein  Begleiter  und  Minister  Kalissa 
die  Wahrheit  (für  eifersüchtige    Himmel  igüru  V  heißt  auch  die  Wolke 


tötet  den  darauf 
Tretenden 


Eheleute) 
rusMya  ] 
mribdta  > 
ymdamdngo  ) 
sonstige,  im  Hause  aufbewahrte: 
käana  gegen  Blitz 
rusMsha  gegen  Zauberei 


Sonne  söba  V 

Mond  kwesi  (pl.  mesi)  V 

Vollmond  kwesi 

zunehmender  ]\I.  kwesi  kwaema 

abnehmender  M. 

Neumond 
Stern  nxenienyo  HI 


kwesi  mwilima 


Herrmann  :    Lusi'l 


157 


Nord  mmgündu 

Ost  lcöme\se 

Süd  isMngu 

West  boyaga 

Tag  Mio  \\ 

Morgen  bwänkia 
Mittag  hwamshäna 


Abend  wäigöro 

Nacht  Mio  (dass.  wie  für  Tag) 
Jahr  miodka  II 

Jahreszeiten  :  mssenene  i  Regen- 
toigo        \  Zeiten 
Jcidnda  |  trockne 
hdnda  \  Zeiten 


Diese   Jahreszeiten   werden   folgendermaßen   eingeteilt   (ich   gebe   von 
25  verschiedenen  Angaben  die  beiden  glaubwürdigsten): 

oder 


TBgo 


Kidnda 


Mssenene 


Kdnda 


Nyünsa 

Nyuranshetdya 

Mayaya 

Mbardmu 

Ngdra 

Kishwameise 

Kdshwa 

Mwdngara 

Nshädyu 

Rukösa 

Rumariro 

Kdtoe 

Kauna 

YaMngüra 

Mgedyira 


Toigo 


Kidnda 


Nyünsa 

Myundno 

Nyuranshetdya 

Ruäia 

Kirüra 


Kdnda 


Kishwa 
Kishwameiso 
Mwangdra 
Toito 
Nshädyu 
Ktioe 
Katoe 
Kdnda 
Massissa 


Die  Einteilung  basiert  auf  dem  Stand  der  Saaten ,  der  Feldarbeit  und  dem 
nicht   um    Mond-Monate,    wogegen  ja    auch 


Wetter,   es   handelt   sich   also 
schon  die  Zahl  16  spricht. 

Krieg  ndashana  III,  Frieden  miremhe 

III  (s.  Windstille) 
Wind,  Sturm  mwiaga  (pl.  mTläga  II 
Kälte    mbeho  III   (dieses  Wort   ist   in 

ganz    Ostafrika  verbreitet) 
Windstille  mremhe  11,  Luft  magdra  V 
Erdbeben  mgdsha  II 
Donner  muhindo  II 
Blitz  nJcüha  III 
Wolke  igüru  \ 
Nebel  ruo  (pl.  mpo)  VI 
Tau  rume  (pl.  inme)  VI 
Regen  nyura  HI,  Regenbogen  Mtshwe 

IV 
Erde,   Land,   Boden   nssi  III,   Lehm 

itäka  V,  Ton  ihümba  V 


braune,  fruchtbare  Erde  rubümba 
VI  (pl.  n-) 

schwarze,    Sumpferde    mbarä  III 
Feld  mssiri  II,  von  Bananen  ngemo  III 

Komplex  von  Feldern  micaka  II 
Ebene,  Steppe  micere  11 
Bananenhain    mit   zerstreuten   Hütten 

(d.  h.  Dorf)  Mab  W 
Terrain  eines  Hauses  kibdndya  IV 
Dorf  des  Häuptlings  kikale  W 
Weg  mwdnda  II 
Grenze  rubibi  (pl.  n-)  VI 
Berg  ibdnga  Y 

kleiner  Berg  kashosi  (pl.  tiishosi) 
Tal  rudnga  (pl.  mpänga)  W 
Wald  kibira  IV 


158 


Herrmann:    Lusiba. 


Wildnis  irungu  V 

Grasland  rueya  (pl.  neya)  \\ 

Gestrüpp,  Dickicht  nshäJca  III,  der 
einzelne  Busch  kisMkJca  IV 

Höhle  nidnya  III 

Loch  kina  IV 

Grab  nsiho  III  (nicht  das  gegrabene, 
sondern  eine  Höhle) 

Insel  Jcisinga  IV 

Strand,  Hafen,  Bucht  mwaro  II 

Stein,  Felsen  ihare  V 

kleine  Steinchen  ishekulo  V 

Staub  tshutshü  III 

Sand  mshmye  II 

Schlamm,    Sumpf,   Morast   shawö  III 

Eisen  kioma  IV,  eisenhaltiges  Gestein 
kionge  IV 

Kupfer  mringa  II  go  katüku 

Messing       •>  »    niamwera 

(beide  Metalle  nur  als  Draht  be- 
kannt, wie  er  von  der  Küste  in 
den  Handel  kommt) 

Sonstige  Metalle  unbekannt. 

Salz  möniu  II 

Feuer,  Flamme  mriru  II 

Grasfackel  nhdnsi  III 

Funken  rumuri  (pl.  mmüri)  VI 

Rauch  mmka  II  (pl.  mika) 

Asche  iga  V 

Kohle  ikdra  \ 

(die  letzten  drei  werden  meist  im 
Plural  gebraucht) 

Wasser  meise  V,  rutatenga  {n-)  VI  zu- 
gewachsenes Wasser,  dessen  ver- 
filzte Decke  beim  Darauftreten 
schwankt 

Meer,  See  nidndya  III  (die  Aussprache 
nidnsa,  wonach  der  Viktoria  Niansa 
seinen  Namen  hat,  entspricht  der 
Zunge  der  Küstenleute) 

Fluß  miciga  (pl.  miga)  II 

Bach  kaiga  {]A.  twiga)  X 

Brunnen  isiba  V 

Quelle  ntshuro  III 

Sumpf  shaiDÖ  III 

Welle  yengo  V 


Pflanze,  Baum,  Holz  mti  II 
kleiner  Baum  kati  (pl.  tuti)  X 
Blüte,  Blume  iuä  (pl.  majua)  V 
Laub,  Blatt  ruhdbi  (pl.  m-)  VI 
Frucht:  dasselbe  Wort  wie  der  betr. 

Baum  usw.,  aber  Klasse  V 
Ast,  Zweig  itdbi  V 
Wurzel  msi  H 
Dom  Unsi  V 
Samen  mpdmho  III 
Rinde,  Bast  kishmhu  IV 
Bambus  mwdnda  II 
Rohr  ruhingo  (pl.  mingo)  VI 
Schilfgras  rushdnga  (pl.  n-)  VI 
Zuckerrohr  kigusJia  IV 
Baumwollstrauch  kifämha  IV 
Gras  hunidssi  VII 
einzelner  Strohhalm  kishice  II 
Heu  hunidssi  humire 
Bohne    perego    111    niedrige,     nkuku 

niedrige  III    (Phasaeolus    vulgaris) 
Bohne  shoromti  III  mit  langen  Ranken 

(Phasaeolus  lunatus) 
Sorghum    vulgare :    mgusha   II    roter, 

rukümba  (m-)  VI  weißer 
Maniok  kigändo  oder  kirfbica  IV 
Bataten  mfuma  III  oder  kitaküli  IV 
Kürbis  kioba  IV 

Kürbisllasche,  große  kishushi  IV 
kleine  ^jrere  IV 
Scherbe   davon   rushare  {m-)    VI 
Mais  kitshori  IV 
Yanis  ktra  IV 
Pfeffer  hügüruma  III 
eine  eßbare  AVurzel  mit  langen  Ranken 

nkongo  III 
Eleusine  öwro  {inard)  V 
kleine     weiße    Rübchen     nümbu     III 

(Coleus  sp.) 
eßbare    Kolokasie    yimbi  \    (Küsten- 
name), kikwära  IV 
Erdnuß    n-shoro   III    (Voandzeia    sub- 

terranea) 
Erdnuß  kiniobwa  IV  (Arachis) 
Die  Banane: 

der   kleine   aus   der  Erde   sprie- 


Herrmann  :    Lusll 


159 


ßende  Baum   mwäna   wengemo, 

das  Kind  des  Feldes 
der    ausgewachsene   Baum    wrü- 

g'&sha  II 
derselbe,  wenn  die  Traube  reift 

yanire  III 
wenn    die   Traube    ab    und    der 

Baum  umgehauen  ist  mgogo  II 

(d.  i.  Stumpf) 
das  grüne  Blatt  ruhabi 
das  trockne  Blatt  hishänsha  IV 
der    trockne    Bast    vom    Stamm 

Tciai  IV 
der  stehengebliebene  Wurzelstock 

Tcikonyo  IV 
die  Fruchttraube  (unreif)   JcitoJce 

IV,   heißt   auch  der  Bananen- 
brei 
die  reife ,  gelbe  Frucht  htissi  IV 
die    grüne    Schale     der    Frucht 

kishüshu  IV 
das    weiße    Fleisch    der    Frucht 

mpate  III 
der  süße  Bananenwein  mrdmha  III 
der    berauschende    Bananenwein 

marwa  III 
Unterarten  der  Banane: 

gSndya  wird  geröstet  gegessen 
nyuwo,  ntshontsho,  nyünyüsi  -^       ^ 
shakara ,  ndeküra ,  mbihira  .  y^ 
nshänsha,  nJcuJcümwa  \  (K 

nyaruyodyu,  mpirwa  /   m  ^f? 

ntaragdsa,  fümbo,  ntohe 
nyaweogöra,  mbirabire 
mMre,  kunde-kunde  \  dienen  zur 
nshänshänhire ,  ntai  \  Bereitung 
fufura  ]  des  Weines 

Kaffee,  Baum  und  Frucht  mwani  III 
die  unreifen  Früchte  mwani  sibissi 
»    reifen  »         kitoroma   W 

»    gekochten     »         kishaga  IV 
Strauch  mit  eßbarer,  roter,  säuerlicher 

Frucht  shdsha  V 
Papyrus  fundyo  \ 
Ambatsch  mrindi  II 
Phönixpalme  mkindu  II 


Baum,  aus  dessen  Blattstielen  die 
Graskleidung  gemacht  wird  mu- 
hünge  II 

die  Graskleidung  selbst  kihünge  W 
,   wenn   aus  Ba- 
nanenblättern gemacht  kissensse 
IV 
Tabak  (Pflanze  u.  getrocknete  Blätter) 

taba  III 
Wolfsmilcheuphorbie  rukoni  (m-)  VI 
Feuerholz  in  gleichen  Stücken  rükwi 

(pl.  nkwi)  VI 
Aloe  nkdka  III 

Wilde  Ficus,  aus  dessen  Bast  der 
Rindenstoff  hergestellt  wird  mhugu 
II  allgemein;  Unterarten  mshdra  II 
fein,  msserere  II  grob 

der     Rindenstoff    selbst     lubugu 
{m-)  \1 
kultivierter    Baum,     Früchte     eßbar 

mssoma  II 
andre  Bäume   der  Wildnis    (sämtlich 
II.  Kl. ;  Früchte  heißen  ebenso,  sind 
aber  V.  Kl.): 

msiru,  mbavu,  mkaraitu  )  Früchte 
msharasi  )    eßbar 

mwdsha.  mrimampdngo 
mshüngüti,  mtodyu  j    Nutz- 

mshakwamoni,mshamakoJ   hölzer 
myüdyu,  mnöba,  mkökö  \       zu 
mragdsha,  mtengo,  mumoi  Bauten 
mshdmbia,  nyümbo,  ihsö  \     usw. 
mrinse,  mtöma  j 

mumüra,  mgwe,  mkiiniu  für  Boote 
Tier   nydma   III,   Tiere   der   Wildnis 

nyameishwa  III 
Herde  büiyo  (pl.  mdiyo)  V 
Wildschwein  mpünu  III 
Warzenschwein  ngiri  III 
Hund  rhbwa  III 

Hyrax  ndirtra  III  (Klipi)schiefer) 
Hausratte  mbiha  III 
Feldratte  kitindi  IV  (Spitzname: 

kiniamkenkeneke) ,  mbebeishiva  III 
Fledermaus     rugüugü     (pl.     mpüugü) 
VI 


UiO 


Heermann:    Lusiba. 


Rindvieh  ente  III  (im  Märchen  hiremba 
IV),  Stier  numi,  Ochs  mshemhe, 
Kuh  ente  mkdsi,  Kalb  niana 

Hörn  yembe  (pl.  maembe)  V,  Huf 
kirenge  IV.  Euter  zJere  V 
Ziege  Twözi?«  III,  Ziegen-  u.  Schafbock 

mpäia 
Schaf  ntama  III,    Lamm    u.  Zicklein 

mragäsi 
Katze  nidngu  III 
Löwe  ntdle  III  Konig  der  Tiere 

Mähne  mgtna  II,  Klaue  kiara  W 
Leopard  empissi  \\1  oder  ngö  HI  Groß- 
minister der  Tiere 
Hyäne  mpumi  IH  Diener  des  Königs 
kleines  Raubzeug: 

lutoni  (n-)  VI  gefleckte  Katze 
rumi  (ihmi)  VI    Art   Fuchs,   rot- 
braun 
ruhdka   {m-)  VI   gefleckte   Katze 
ikomho  (ma)  V  Art  Marder,  grau 
mterere  II 
imhwe  II  >'  i>  "  , 

frißt  Ratten  und  Fische 
möndo  III  gefleckt,  groß 
mnihna  II    rotbraun,    Iltis,   frißt 
Schlangen  und  Fische 
Fischotter  ngonge  III;  Unterarten  üsö 

klein  Hl,  mplnda  III  groß 
Meerkatze  enkende  III,  andere  dunk- 
lere Art  nkima  III 
Hundsaffe  nkohe  III 
Elefant  nyüdyu  III,  Elfenbein :  dasselbe 
Wort 

Rüssel  mpera  III 
Nashorn  nküra  III 

Hörn  desselben  mpera  III 
Nilpferd  «y?t&M  III 
Giraffe  twiga  III 
Zebra  turege  III 
Büffel  mhögo  II 
Antilopen: 

n55a    III    Gazelle,    kassiraho    III 

Gazelle 
«^a'ö?  III  Swalla,  ntämo  III  Elen- 
antilope 


«yOÄO  III    Gazelle   (Höiner   nach 
vorn  gebogen),  mpdralll  Swalla 
(andere  Art) 
nkoröngo   III,    nshdma   III    groß, 

Säbelantilope  (?) 
nyohe  III  Wasserbock ,  niamalimo 

III  ganz  lange  Hörner 
niemera     III      rotes     Hartebeest, 
mpönda  ohne  Hörner 
I  Schakal  mmua  (mta)  II,  Hyänenhund 

mshega  III 
Art  Dachs,  der  Ameisen  frißt  ndtmilll 
Stachelschwein  kishegeshi  IV 
Hase  kämi  (pl.  bumi)  X 
eine  Art  Nager  oder  Wühler  myosi  II 
Esel  ndUgöbe  III 
Schuppentier  nsJwrobwa 
\'ogel  kmioni  IV 

Flügel  kipapa  IV,  Feder  kishända 
IV,  Ei  lA?///  V,  Nest  kidyu  IV 
Huhn    kökö,    Hahn    nshenya,    Henne 
kokorome 

Hahnensporn  shongeso  V 
Hahnenkamni  ruguragure  W 
Graupapagei  nyabagdna  III 
grüner,  kleiner  Papagei  kaniamshungu- 

shtingu  (pl.  bu-)  X 
Rabe  kikona  IV 
Schreiseeadler  nkwddyu  III 
andere  Adler.  Geier,  Habichte: 
kagoma  III 
mashega  III 
Ävitwe  I\' 
kishämba  \\  \ 
ndele  III  Habicht 
Taube  A-töa  R' 
Gans  kioyo  W,  allgemein 

bunte  Wildgans  kioyo  \Y 
Hückergans  beibona  beindga  111 
gr.  schwarze  Nilgans  kishoka  \\ 
Wildente  kafuruhisi  III 
Pfauenkranich  ntua  III 
Frankolin  ndai  III 
Perlhuhn  ntshvrntshümbi 
zwei  Kuckuckarten   kishamtoto  IV. 
i       kökoyamgäsha 


Aasgeier 
}  Art  Bussard 


Herrmann  :    Lusiba. 


161 


Reiher  und  Kraniche  timbara  IIl  Riesen- 
reiher, der  König  der  Vögel 
nydnge  Kuhreiher 
ruteke  VI,  andere  Art 
Eisvogel  Jcial  IV 

Madenhacker  ntshässi  Jciränga  III 
kleines  wildes  Huhn  ntitirio 
Schwalbe  ntaratdmba  III 
Bachstelze  Jcamüniamünia  (bu-)  X 
Webervogel  kishwege  IV 
Honigsauger  nkomamtiti  III 
diverse  kleineVögel  kisholia  IV  Spatzen, 

nturature  HI 
Nashornvogel  kitwatwa  IV 
Uhu   sstndisi  III,   Minister   der  Vögel 
Eule  karubära  {bu-)  X 
Ziegenmelker,   Nachtschwalbe   rubun- 

däsi  (m-)  VI 
Specht  komdngwa  III 
Ibis  niawaua  III 
Schlange  (allgemein)  nyoka  HI 

mpiri  giftig,  gefleckt  (Sandotter?) 

III 
mpoma  II  giftig,  Puffotter 
katenowabo  (bu-)    X    nicht   giftig, 

blauschwarz 
köranMma  giftig,  graubraun  III 
mtshwera  giftig,  grau,   spuckt  II 
nyubirtsi    giftig,     grau,    Wasser- 
schlange III 
nyudyu   giftig ,    Baumschlange  III 
nfuirani  giftig,  gefleckt,  klein  III 
runiambabi  nicht  giftig,  grün,  klein 

(pl.  niambabi)  VI 
kartnga  nicht  giftig,  rotbraun,  frißt 

Eier  HI 
kirusa  nicht  giftig,  graublau,  klein 

IV 
kitabwaneisowa   nicht   giftig,    rot- 
braun, klein  IV 
rtiishato  («-)  VI   nicht  giftig,  ge- 
fleckt ,  Riesenschlange 
Krokodil  nshdmU  III 
Eidechse 

große  1  m  lang  nshwdshwa  III 
kleiner  kituratusi  IV 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  IlI.  Abt. 


klein  munia  {minia)  II 
kleine,  bunt  kikömakoma  IV 
Frosch  kiJcere  IV 

Ochsenfrosch  mgäba  I 
Kröte  ngögömi  III 
Schildkröte  kashekögöto  {bu-)  X 
Fisch   nfüru  III 

Schuppe  kikarakdmba  IV 
Flosse  fcsAanc?aV,  hintersteRücken- 

flosse  itonta  V 
Schwanz  ishdmba  meise  V 
Fischblase  ibondo  V 
Eingeweide  shakiso 
Gräte  güfa  V 

Bartfäden  auf  der  Oberlippe  ihembe 
V,  auf  der  Unterlippe  iredyu  V 
Kiemen  ,  äußere  Lappen  maba  V, 
innere  ishdngu  V 
Fischarten  aus  dem  Viktoria  Niansa: 
nkungu  sagenhafter  Schwertfisch, 
König    der   Fische,    schneidet 
Kanus  durch,  wird  aber  nicht 
gefangen 
nküyu  50  cm  lang 
mbodyu   bis  70  cm,    dicker  Wels 
nshonsi  lang,  Wels,  bis  1  m 
mumi  klein,  Minister  der  Fische 
mdmba  bis   Im,  Raubfisch 
embio  ) 
\  ndera  ) 

I  npare  groß 

I  ngigi 

i  ntngwe 

I  mbete      ^  klein 

nshoga    \ 
i  mgdrari  ; 

!  musha    fingerlang,     htkena    ganz 

I  klein  bis  5  cm 

w^orora^o  fingerlang .  Stichling  mit 
[  Stacheln 

kiilmpi  fingerlang 
!  mkunga  40  cm 

nkaramütwe  \ 
mböya  klein 
kiandfu  bis   1  m,  Raubfisch 


klein 


162 


Herkmann;    Lusiba. 


Fischarten  nur  in  Flüssen: 

Tcikämha  klein 

nshonsi  klein  (nicht  zu  verwechseln 
mit  dem  aus  dem  See)  oder  nse 

nshühwe  \ 

mssia       \  klein 

hukerege  ] 
Insekt  Mrumi  IV 

Fliege  nshwera  111 

kleine  P^liege,  die  einem  in  die 
Augen  fliegt  hüsisi  III 

Moskito  mübwi  II 

ganz  kleine  Mücke  ,  die  in  großen 
Wolken  über  den  See  zieht 
nshami  III 

Zecke  Mbo  IV 

Biene  moM  III 

Wespe,  große  schwarze  nnwa  III 

dicke  schwarze  Hummel  kiyun- 
yumira  IV 

Schmetterling  kinyo  IV 

Spinne  rububi  (pl.  n-)  VI 

Ameisen :  weiße  mushica  II ,  wenn 
sie  fliegt  büshwa  III,  Termiten- 
hügel kishwa  IV,  rote  beißende 
btvasi  nndtikömetselU,  schwarze 
beißende  nidngo  III,  kleine  rote 
Arten:  kiengere  IV^,  kiniomo  IV, 
kiniamarwa  W ,  niorosi  III  nienye 
III,    russtssi  (m-)   Xl,   iura   V 

Laus  nddi  III 

Floh  mla  III,  Sandfloh  mbunsi  II 

Wanze  kifmi  I\' 

Tausendfuß  kigongorn  W.  llun- 
dertfüße  sind  unbekannt,  eben- 
so Skorpione 

Regenwurm  kishuküru  IV 

Schnecke  kishorogöto  IV 

Schneckenhaus,  Äluschel  kimraW 

Kaurimuscliel,  die  landesübliche 
Münze,  von  der  Küste  impor- 
tiert ssimbi  III 

Heuschrecken:  die  verwüstende 
nsige  III,  eine  harmlose  mpararn 
III  hellbraun;  eßbare  allgemeine 
mssenenelll.  Unterarten:  wjaaw- 


gdra  III  hellgelb,  nshadyu  III 
rot,  rukösa  WheWroi,  Mtop'W 
klein ,  fallen  in  dieser  Reihen- 
folge zu  bestimmten  Zeiten  der 
Jahreszeit  mssenene 
Grillen  dyereYW  und  kinunandügvce 

IV 
Heimchen  kislie  IV 
Libelle  niamaue  III 
Bohrkäfer  nsMni  III  und  kiuka  IV 
Getreidekäfer  mrubi  II 
Mensch  müntu,  pl.  bdntu  I 

Mann  mshfidya  I  heißt  auch  Gatte 

Frau  mkdsi  I 

Volk,  Stamm,  Geschlecht  rugända 

(n-)  VI 
Gatte,    Gattin    ihänie   {heibeinie)  I 
Vater  tätä.  im  Anruf:  idtäwa  (Ab- 
kürzung) mein  Vater 
\'ate.r   sonst    in   der  Verbindung 
mit  mein,  dein  usw.: 
ishenye  mein  Vater 
hho  dein  Vater 
Uhe  sein  ^^ater 
TsMtshwe  unser  Vater 
ishenice  euer  Vater 
tshebo  ihr  Vater 
Mutter   ?naue   oder  ntna,  im  An- 
ruf 7no«my«  meine  Mutter,  sonst 
heißt   meine    Mutter:    nTnanye, 
deine  möko,  seine  ntna,  unsere 
?iineitshwe,  eure  nmeinice ,   ihre 
njnabo,  Mütter  banina ;  z.  B.  ihre 
Mütter  baninabn 
Kind  micänal,  Säugling  mkeremeki 
I;  Kind  in  Verbindung  mit  mein, 
dein  usw. 

mtdbari  icdnge  mein  Kind 
mtdbari  traw  dein   Kind 
mtabaribe  sein  Kind   usw. 
batdbari  bdngemeine  Kinder 
usw. 
Greis  mgurCissiLGveis'mmkeikuntl 
Sohn   modyT)  (bodyö)  I 
Schwiegersohn,    -tochter   mkoe  I 
(öaAw) 


Herrmann:    Lusi 


163 


Enkel,  Enkelin  vom  Sohn  mdyn- 
küru  I 

Enkel,  Enkelin  von  der  Tochter 
mvnwa  (bama)  I 

Tochter  mussiki  {beissiki)  I  =  Jung- 
frau 

Jüngling  mssigdsi  I 

Bruder  mrumna  I,  Schwester 
mniänia  I 

mein  älterer  Bruder,  meine  ältere 
Schwester  mkuruänge  I 

mein  jüngerer  Bruder,  meine  jün- 
gere Schwester  mfödnge  I 

Schwager,    Schwägerin   mrdmu  I 

Witwer,  Witwe  ngtinge  I,  Waise 
ntäbwa  I 

Herr,  Herrin  mkdma  I  (^  Häupt- 
ling) 

Onkel ,  Bruder  des  \'aters  tatento, 
Bruder   der   Mutter   marume  I 

Tante,  Schwester  des  Vaters  ta- 
tenkdsi  I,  Schwester  der  Mutter 
mavento  I 

Sklave  mwiru  I 

Sklavin  msäna  I 

Sklavenkind  Jcasana  (tu-)  X 

Kebsweib  mgenda  I 

Bräutigam,  Braut  mgori  I 

Hure  mrdnge  I 

Häuptling  mkdma  I 

Mutter  des  Häuptlings  mkdma 
mkürrt 

Freund  inniöanil  (eigentlich:  mein 
Freund),  Blutsfreund  mkagu  I 

Gast,  Fremdling  mgeni  I 

Europäer  mweral  (d.  h.  der  Weiße) 

Feind  rhbi  [bdbi)  1 

Bettler  morö  (borö)  I 

Krieger  mrinda  I 

Flüchtling  mfuriiki  I 

Dieb  mioibi  I 

Beamter,  Großer,  Vornehmer 
mküngu  I  oder  mramdta  1 

Prinz,  Prinzessin  mlängira  I 

INIinister  katikiro  I  (entstammt  dem 
I.Uganda) 


die  Bauern ,  Einwohner  mbaga  HI 
(Kollektivwort) 

Schmied  mwessi  (baessi)  I 

Töpfer  mbümbi  I 

Bootsbauer  mbeisi  I 

Fischer  myubi  I 

Räuber  mkangüsi  I 

Eisengewinner,  die  in  Hochöfen 
Erz  schmelzen  myugüssi  I 

HolzarbeiterfürHaus,  Speere  usw. 
mbüya  I 

Korbflechter  w^o^OÄ«!  für  Reusen, 
mruki  I  für  Körbe 

Seiler  mssibi  I 

Anfertiger  des  Rindenstoffs  mko- 
mddyi  I 

Schneider  für  Stoffe  mbasisi  I, 
mkekessi  1  für  Häute 

Gerber  mwasi  {basi)  I 

Anfertiger  der  Graskleidung 
mttmbi  I 

Hirt  des  Häuptlings  msMmha  I, 
anderer  Leute  mlissa  I 

Jäger  muMgi  I 

Arzt,  Zauberer  mfümo  oder 
mbdndwa  I 

Henker,  Polizist  mrwani  1 

Eunuch  mshumure  I 

Querflötist  tshiküli  IV 

Langflötist  w^or«  II 

Topftrommler  icengoma  I 

Langtrommelträger  wengardbi  1 

Kapelle  des  Häuptlings:  (1  Lang- 
trommel, 1  Topftrommel  und 
mehrere  Quer-  oder  Lang- 
flöten) makondele  V  resp.  ndere 
HI 

Koch  des  Häuptlings  myondo  I 

Diener  des  Häuptlings  mtongole  I 
(entstammt  dem  Luganda) 

Hausverwalter  des  Häuptlings 
mgdnsi  I  =  Günstling 

Chef  des  Kanus  mkicenda  I 

General  mturüssi  I 

Ruderer  mbuga  I 

Kanukapitän  7ngoba  1 
11* 


164 


Herrmann:    Lusiba. 


der  hinterste   Ruderer    wenssi- 

güru  I 
Träger  mtunsi  I 
Mundschenk  der  Häuptlings  icm- 

Jcörogo  I 
Melker  rnkami  I 
Günstling  mgdnsi  I 
Wächter    im    Bananenhain    (pro 

Dorf  einer)  mkuma  I 
Türhüter  beim  Häuptling  mktlmi 

und  mtdngi  I 
Wache,    Posten   beim  Häuptling 

mlinda.  I 
Bote,  Gesandter  mtümwa  I 
Pfeifer  (mit  dem  Munde)  mturisa  1 
Stutzer,  Gigerl  ndengia  (barengia)  I 
Gierschlung  (^'ielfraß)   mpunga  1 
Einfaltspinsel  mdyänga  I 
Dummkopf  mrenga  I 
Verrückter  mräru  I 
Renommist  ndära  (barära)   I 
Geizhals  »ntm/in  (mehrEgoist)  oder 

mkengi  1  (der  selbst  hungert) 
Gefährte,  wird  nur  in  Verbindung 

mit  mein,  dein  usw.  gebraucht; 

mtaiwdnge  I  mein  Genosse,  pl. 

batäiwdnge,  mtäiioaue  I  dein  Ge- 
nosse, mtdnwe  I  sein  Genosse 

usw. 
Kopf  /nhce  II 
Schläfe  rüba  (nba)  VI 
Antlitz,  Stirn  busso  (nsso)  VI 
Scheitel  kahdnga  {tu^)  X 
Glatze  rüdyvi  {n-)  VI 
Haar  rushoke  (w-)  W 
Auge  lisso  (mmso)  V 
Augenstern  mbÖni  III 
Augenbrauen  kisstge  YV 
Wimpern  rugoe  (»-)  \T 
Lippe,  Mund  münwa  II  oder  kinwa 

IV  oder  kdnwa  {tu-)  X 
Kinn  kiredyu  W 
Bart  ndedyu  III 
Pubes  6?oyo  IV 
Haare    unter  den  Armen  kiniak- 

weri  IX 


Zunge  lulimi  {ndimi)  VI 

Zahn  lim  {meinö)  V,  Zahnlücke 
kidsha  IV,  Schneidezähne  /ie«- 
gengambiro  V,  Augenzähne  /i"- 
shongesa  \',  Backzähne  kiginoW 

\Vange  mtama  \ 

Nase  nindo  III,  Nasenloch  ^mZ« 
kimindo  IV 

Ohr  kütwi  (mätici)  V,  Gehörgang 
ä:2m/m  kiokütvci  IV,  Ohrläppchen 
mbdra  kütwi  III 

Hals  nyo'to  III 

Kehle  mümiro  II 

Nacken  nkömbo  III 

Körper,  Rumpf  mubtri  II 

Fleisch  nydma  III,  das  knochen- 
lose dicke  Fleisch  mnöfu  II 

Leichnam,  Toter  /ä/"«  {ba/u)  I 

Brust  kifuba  IV,  Brüste,  Euter 
mbere  V 

Bauch  rubunda  {m-)  VI 

Nabel  mkundi  II,  Nabelschnur 
rurela  (ndela)  \T 

Schulter  inbega  V,  Achselhöhle 
nyakwaua  III 

Rücken  mgöngo  II 

Gesäß  «fö  III,  After  ruende 
(mpende)  VI 

Schwanz  mktra  II 

Penis  mboro  III,  Glans  ntitbu  III. 
Präputium  w;?«/«  III 

Skrotum  nturugtmia  III,  Testiculus 

2^055?    V 

Vagina  »io«a  III,  Klitoris  mssina  U 

Arm  ;«Ä*a«oII,  Unterarmyjiwrfo  III, 
Ellenbogen  gokora  \ 

Hand  kigdnya  IV,  Rücken  ?igaro- 
nyijmalll,Flächektgdnyal\\Ge- 
lenk  kinÖno  IV,  Faust  ntöme  III 

Finger  A-Zoira  IV  =  Zehen,  Klauen. 
Daumen  A'/öro  kisheidya ,  Zeige- 
finger Ä-ß/eto  Ä-it/T",  Mittelfinger 
nkirabino,  Ringfinger  bifüamuki. 
kleiner  Finger  käräkairera 

Nägel  an  Fingern  oder  Zehen 
npdmbo  III 


Herrmann  :    Lusiba. 


165 


Fuß  Mrenge  W  --  Huf 

Bein  Jeugüru  {mä)  \ 

Knöchel  kinono  IV 

Hüfte  bwankinia  HI 

Oberschenkel  Mbero  IV,  Unter- 
schenkel fimclo  III 

Schienbein  mründi  II 

Kniescheibe  küdyui  V 

Kniekehle  nteye  III 

Wade /z-mc?o  III 

Ferse,  Hacke  kisstnssiro  IV 

Haut  rushüshu  {n-)  VI 

Fell  duü  (mpu)  VI 

Knochen  mgiifa  V 

Rippe  ruhädyu  {m-)  VI 

Schlüsselbein  kikdjio  IV 

Sehne  kisse  IV 

Ader  mshüli  II 

Hei'z  mgdnya  II 

Leber  mwinma  II 

Niere  nssigo  III 

Galle  ndurwe  III 

Milz  rulissa  {ndtssa)  VI 

Magen  rüfwa  {nfwa)  VI 

Harnblase  rwayo  (mpago)  VI 

Darm  rwra  (»loro)  V 

Blut  shägdma  III 

Milch  woto  V 

Schweiß  ?n/wte  III 

Kot  w^o■s^  V  (vom  Rindvieh  ^dsAa 
VH) 

Urin  nkali  III 

Tränen  wme  ^o  lisso 
Krankheit  allgemein:  ndwara  III 

Geschwür  kau  III,  Eiter  mäira  V 
oder  Twel«?  5?o  ä-om 

dicke  Narbe  von  Wunden  nködyu 
III ,  flach ,  wenn  die  Haut  heller 
wird  kisJieshe  W 

Pigmentschwund  huyöke  VII 

partieller  Albinismus  myoke  I 

Bubonen  ruikika  III 

Husten  kifuba  IV 

Heiserkeit  nköröra  V 

Kopfweh  mtwe  gunena  =  der  Kopf 
tut  weh 


Hautausschlag  bwele  VII 

Wunde  kironda  IV 

Fieber    mit    Drüsenanschwellung 
msiga  III 

Fieber  mit  Abzehrung  mshuidya  III 

Bubonenpest  ruwunga  VI 

Pocken  buründu  VII   oder  kinasi 
IV 

Syphilis  binyoro  IV 

Tripper  »i^eÄ«  III 

Krämpfe  nsimbu  III 

Ohnmacht  mwansi  III 

Nasenausfluß  6««5e  IV 

Niesen  mwessa  III 

Striktur  mit  Schwellung  der  Glans 
magufa  V 

Bauchschmerzen  kidyoka  IV 

Menstruation  bustra  VII 

ein  Buckliger  müntu  a  ne  ibängo 

ein  Blinder  mhumi  I 

ein  Stummer  wftVa  I 

ein  Gesunder  äikdtre,  pl. 
bmkaire  I 

ein  Kranker  mruäire  I 

ein  Tauber  i 

yaigmre  matwi  [  ydigaire  er  ver- 
ein Einäugiger     (       stopfte 
ymgäire  lisso     ] 

Schwangerschaft  e^rfa  oder  «r/a  III, 
die  Frau  ist  schwanger   mkasi 
dinenda  {a-ne-mdd) 
Arznei  mbasi  II 

mgarüla  III  innerlich,  gegen    Bu- 
bonen, Elefantiasis 

kitobunumi  IV    i  innerlich,  gegen 

rudyürürusi  VI  j     Schlangenbiß 

rutendäigwe  VI   innerlich,    gegen 
Würmer 

^^Äoa  IV  innerlich ,   gegen   Band- 
wurm 

muniahuriko  innerlich,  gegen  Leib- 
schmerzen und  Tripper 

mgandyura  innerlich,    gegen  An- 
schwellung der  Glieder 

kasankodyu  äußerlich,  gegen  Ge- 
schwüi*e,  Ausschlag 


'  siehe 
;S.173. 


166 


Herrmann:    Lusiba. 


nitengo 
nikoni 
Tcaurira 


äußerlich,  gegen 
Wunden 

ein       Abrühi-uüttel, 


neien,  wenn  in  großen  Dosen 
gebraucht 
Pfeilgift  humara ,   gekochtes    Ge- 
misch   aus  Hölzern ,    Insekten, 
Schlangen ,       Eidechsenköpfen 
u.  dgl. 
Seele  moyö  II 
Geist  kisimu  II 
mriämbwa  ein  Brechmittel ,  inner-    Schatten  beim  Menschen  kiniumaniümi 


mnianssano 
innerlich 

mshenda   innerlich,    gegen    allge- 
meines Unwohlsein 

ruoba  innerlich,  gegen  Tripper 


lieh 
mtäiindüka  innerlich,  gegen  Kopf- 
schmerzen 


IV,  sonst  Mbeho  IV 
Zeit  maki  V 
Name  ibara  V 


mribdta  innerlich,  gegen  Schmer-    wie  heißt  Du?  ibara  liäue  ulioa? 

zen  der  Schwangerschaft  i  Stimme,  Wort  kigdmbo  IV 

metängo  innerlich,   gegen   Kreuz-    Flüstern  bivce  IV 

schmerzen  Unterhaltung  kufumora  VIII 

rnwema  innerlich,  gegen  Fieber      Versammlung  ukunita  III 
kikwässa,  rubona  innerlich,  gegen    Gesang  rudyengo  («-)  VI 

Unfruchtbarkeit  Schlaf  turo  III 

ndöioki  innerlich,  zum  Abtreiben    Traum  ndötö  \\\ 
rwWre  innerlich ,  gegen  Hysterie    Erzählung,  Geschichte  kigäno  IV 
kitdibwa  innerlicli  und  äußerlich,    ]Menschenmenge  ntiko  III 

gegen  beginnende  Verrücktheit  ^H^^^  ^^^^  ^^.^^^  y 
mtäibäre     Räuchermittel,     gegen    j^,^j^^^  ^^^^  j^,^^^  ^^.^^^^  ^ 


Schwindel,  Ohnmacht 

ruköpio  äußerlich,  gegen  ge- 
schwollene Augen 

kakuriira  innerlich,  rniio  äußerlich, 
gegen  Anschwellungen 
Vieharznei 

mümura  gegen  Geschwüi'e  bei 
Kälbern 

tumbdko  (Küstenwort)  Tabak  mit 
Wasser  gekocht,  äußerlich,  bei 
Ziegen  und  Schafen 

myorogöro  äußerlich,  mit  Erde 
aufgeschmiert,   beim   Rindvieh 

karamdta  äußerlich ,  mit  Salz  ge- 
kocht, auf  das  Kalb  geschmiert 
und  von  der  Kuh  dann  abge- 
leckt, gegen  Bösartigkeit 
Gift  allgemein:  mashdywa  V;  einzelne 
Arten : 


Brücke  rutindo  («-)  \'I 

Leiter  luküiciro  («-)  W  =  Treppe 

Tür,  die  Öffnung  irembo  V,  der  Ver- 
schluß ruigi  (fiigi)  VI 

Ziuuner,  d.  h.  Abteile  der  Hütte  gibt 
es  5: 

1.  kioiigöre  W   füi-  \'ieh 

2.  nyurugiiru  III  Schlafstelle 

3.  kirügwe  W  für  Feuerholz 

4.  mwania  II  Küche 

5.  mlidngo  II  Empfangsplatz 
niomio  III  Pfeiler 

nydho  III  Spitze  der  Hütte 
kibasi  \\  Ringe  zum  Zusammen- 
halten des  Rohres 
kishdssi  IV  Vorbau  über  der  Tür 
russtka  (n-)  VI  Scheidewände    in 

der  Hütte 
iiga  V  Herdsteine 


mdyiima ,  mturüka ,  mnöko ,  käua,  '  Pfahlbett  kitabo  W 

kibömbo  und   die  meisten  Arz-    Klotz  als  Kopfkissen  mshayo 


Herrm/ 


Lusiba. 


167 


kunstvolles  Flechtvverk  an  der  Decke 

der  Hütte  higagdra  IV 
Matte,   selbstgemacht  Tcirago  IV,    aus 

Uganda  importiert  rnkeka  II 
Stuhl  Mühe  IV 
Zaun  rugo  {ngo)  VI  =  Hof 
Mauer  rugo  rö  mabare 
Riegel  mwingo  (rningo)  II 
Brett  mpero  III   oder  Masse  IV 
Abtritt  des  Häuptlings  ifuboY,  anderer 

Leute  Mwungo  IV 
Kanu  hwatu  {maiu)  V 
europäisches  Boot  ngardba  III 
Floß  zum  Fischen  ihho  II 
Kiel  mgongo  III 
Planke  ibega  V 
Gefäß  zum  Ausschöpfen  des  Wassers 

itshuha  V 
Ruder  ngai  III 
Segel  yema  (memo)  V  (=  dem  Kisua- 

heliwort  hema  =  Zelt) 
Mast  mfi  II 

Ruderbank  m/urmno  III 
das    vorne    überstehende     Ende    des 

Kieles  numho  III 
darauf    aufgesetzter    Schnabel    msha- 

gdro  II 
Querholz    vorn    zum   Beiseitedrücken 

des  Schilfes  Minda  IV 
Grassorte,   mit   dem  die  Planken  zu- 
sammen genäht  sind  Wka  W 
Verzierung    des    Schnabels    rushenshe 

{n-)  VI 
Flotte  ruMndyo  (n-)  VI 
Waffe  MJiwato  W 
Stock  nkoni  III  =  Keule 
Bogen  huta  (mata)  V 
Sehne  ruga  (nga)  VI 
Pfeil   mwabi  II,    vergifteter   Pfeil    M- 

mara  W 
Köcher  Mkurembe  IV 
Speer  mit  Schuh  und  Spitze  itshumo  V, 

Speer  mit  Schuh  ohne  Spitze  mgümaW 
Schild  ngdbo  III 
Geflecht  nsMli  111 
Griff  Mfönga  IV 


Angelhaken  irobo  V 

Angelschnur  mgonyo  II 

Hammer  niondo  III 

Amboß  ruidya  (mpidya)  VI 

Blasebalg  myüba  II 

Zange  MTcwdssi  IV 

Stiel  mmni  [mifni)  II 

Hacke  mfuka  III 

Rasiermesser  rumoisso  (m-)  VI 

Messer,   klein   muyo   (miyo)  II ,    groß, 

eine  Art  Axt   mholo  II 
Beil  ndiarntti  III 
Dexel  mbaiyo  III 
Sichel  ruabio  {ndabio)  VI 
Besen  tsherereso  (bierereso)  IV 
Fackel  mJcänsi  III  oder  rumüli  {m-)  VI 
Langllöte   mrere  II 
Querllöte  ikondele  V 
Hörn  yembe  (inaemhe)  V 
Pfeife  (zum  Blasen)  irenge  V 
Trommel 

Topftrommel  ngoma  III 

Langtrommel  ngardbi  III 

Trommelfell  duü  {mpü)  VI 
Zither    mit    6    Saiten   ndnga  III,   mit 

4  Saiten  ngeshera  III 
die     zusammengelegten    Hände,     um 

darauf  zu  pfeifen  Mfori  IV 
Gewehr  tumussi  {maiumüssi)  V,  bundu 
III  ist  verdorbenes  Küstenwort 

Lauf  mröma  II 

Schaft  mti 

Hahn  ssirtba  V 

Abzug  mbaräidya  III 

Pulver  bugdnga  VII 

Kugel  ishdssi  V 

Zündhütchen  mrtro  II 

Piston  ZwAo  (m^sho)  V 

Patrone    Ä:m*.9«  IV     (Küstenwort) 

Schloß  w^ö'io  III  oder  mtdmbi  II 
(Küstenwort) 

kurzer  Vorderlader  «/coa  V 

langer  >■  nkuwanyüdyn 

HI  (d.h.  für  Elefanten) 

Mausergewehr  mkündi  )OriginaI- 

Chassepot  kashdra  )    Worte 


168 


Herrmann:    Lusiba. 


doppelläufiges  Schrot-  \      ver- 

gewehr  menie  f  dorbene 

Remington  mnntoni       I     europ. 
Snider  ssamaderi  )    Worte 

Last  mtwaro  II 
Faß  (nur  bei  Pulver  bekannt)  Tcahcaro 

{bu-)  X 
Kiste,  Kasten  kibengo  IV 
Buch,  Papier,  Brief  ftarit«  III  (Küsten- 
wort) 
Pfropfen  kifundiJciso  W 
Zelt  yema  {memo)  V  (Küstenwort) 
Regenschirm  mtdka  II 
Splitter  mhwabwa  III 
großer    Topf  zur    Weinbereitung    ki- 
mugaW ,  zum  Wasserholen  nyögaWX, 
Kochtopf  w«/m^M  III,  kleinere  Sorten 
niawuyyo  III ,  ruabia  (näbia)  VI ,    ru- 
reba  (ndeba)  VI 
Löffel  ndosho  III 
hölzerner  Melkeimer  kiänsi  IV 
Butterfaß  kishabo  IV 
Trog  zur  Weinbereitung  iwäifw  (mätu)  V 

=  Boot 
Topfscherbe  ruyüyo  {n-)  VI 
geflochtenes  Zöpfchen  aus  Gras,  zum 
Bemustern     der    Töpferwaren     so- 
lange der  Thon  noch  weich  ist  ruöro 
{mporo)  VI 
Korb  lose  geflochten    rugega   («-)    VI, 
dicht  geflochten  ntuküru  III,  kleines 
Körbchen  kibo  IV 
Reuse  von  Stöcken  kishero  IV,   Reu- 
senkorb mgono  II 
geflochtener  Trichter   zum    Bedecken 
der     KürbisflaschenöffnuDg      mwea 
{miea)  II,    der    Häuptling    hat    um 
denselben    eine    heiUge    Blattranke 
tshikaräwo  W 
Glocke 

iboboV  Sin  den  Hoftoren 

der  Häuptlinge 
yügi  V  am  Halse  des 

Rindviehs 
kioma  IV  am  Halse  der 
Jagdhunde 


im 
Lande 
ange- 
fertigt 


togoro  III    an   der    Kleidung   be- 
festigt, von  der  Küste  importiert 
Graskleidung   kihunge  IV,    wenn    aus 

Bananenblätter  kissensse  IV 
Stoff,  Zeug  micendo  III 
Rindenstoff  lubugu  {nbugu)  VI 
großerHut  ausBananenblättern  w^o^ralll 
geflochtene  Mütze  ktbo  IV 
Gürtel  rushato  («-)  VI  oder  mputa  III 
Band,    Schnur,    Strick  rugoye  (n-)  VI 
Knoten  ishümi  V 
Hals-,  Kopf  band  rugiska  («-)  VI 
Armband,  dünn,  geflochten,  aus  diver- 
sem Draht  runirere  (nirere)  VI 
Armband,  dick,  massiv  mimringa  II 
Kette  ruyegere  («-)  VI 
Sack  furebe  III  =  Tasche 
Fahne  ncrängo  [ndango)  VI  =  Zeichen 
Naht  rukindo  («-)  W 
Haufen  kitumo  YV 
Tropfen  rurego  (ndego)  VI 
Bienenstock  msinga  II  gö  nyöki 
Rock  koti  III  (Küstenwort) 
Sandalen  mkälto  III 
Kamm  kitshutshuso  IV 
Pfeife  iyembe  Y 
Pfeifenrohr  rusheke  («-)  \'I 
Perlen  bukwdnsi  VII 

katare  kleine,  weiß 

tdinduka  kleine,  blau,  schwarz 

katüku  kleine,  rot 

kibäri  groß,   ringförmig 

kitsse  groß,  glänzend 
Essen,  Speise  biokülia  IV 

Bananenbrei  bitoke  IV 

Mehlbrei  aus  Eleusine  bushere  VII 

Salz  möniu  II 

Butter,  Öl  madyuta  V 

Tabak  taba  III 

Gemüse  mkübi  II 

Zuspeise  kiiiro  IV 

Honig  boki  III 

geräucherter  Fisch  mbdbure  III 
das  Ding  kintu  IV 
Besitz,  Gut  biiitu  IV  =  Dinge 
Stück,  Teil  kiteko  IV  oder  kidsse  IV 


Herrm^ 


Lusi'ba. 


169 


Arbeit ,  Geschäft  mrimo  111 

Frohnarbeit  nssika  111 

Tribut   mahöngo  V,    für    den   eigenen 

Sultan  mshoro  111 
Überfluß  mwero  111 
Hungersnot  ifwa  111 
Anfang  kibüno  IV 
Ende  ?hiue  111 

Reise,  Karawane  rugendo  (n-)  VI 
Ecke,  Winkel  ishonga  V 
Ort,  Platz,  Stelle  äantu  IX 
Sitte,  Gebrauch,  Maßregel  msiro  II 
Dunkelheit  mwitima  111 
Helligkeit  niabona  III 
Schulden  ibdndya  V 
Hochzeit  ngu  {mayu)  \ 
Brettspiel  rusholero  {»-)  VI 
Steinchen  zum  Spiel  mpiki  111 
Festung  rugo  (s.  Hof) 
Ax't,  Sorte  mttndo  11 
Freude  nshemererwa  111 
Gelächter  nsheko  111 
Neuigkeit,  Nachricht  atä  (bata)  X 
Streit  nkungdno  111 
Geheimnis  biama  IV 
Verschwörung  kodya  111 
Furcht  butini  Vll 

Risse,  Löcher,  Unebenheiten  nkodyuXW. 
Fleck  /öaVa  V 
Schlechtigkeit  bubi 
Dummheit  biifu  \  Vll 

Alter  bugurussi 


Vll 


Jugend  bussigdsi 

Schönheit  burüngi 

Faulheit  bunäfu 

Albernheit  budyänga 

Verrücktheit  buraru 

Habsucht  bupvnga 

Schwäche  burori 

Unbeholfenheit  i 

Egoismus  buimi 

Geiz  bukeng i 

Schärfe,  Schneid,  Tapferkeit  mänsi  V 

Stärke  mani  V 

Geschicklichkeit,  Verstand,   Klugheit 

magesi  V 
Größe  buküru  VII 
Stolz  iküru  111 
Gang  rugendo  (in-)  IV 
Buckel  ibdngo  X 
Geilheit  bushoa  Vll 
Scham  nshoni  111 
Lüge  bishuba  IV 
Zorn  kintga  IV 
Trauer  M6^■  IV 
Hunger  nyara  111 
Atem  moyo  111 
Durst  «moo  111 
Schwitzen  mpita  III 
Lärm  yömbö  111 
Loch  ÄrmÖM  IV 

Tätowierung  rushändago  (w-)  VI 
Rüpelhaftigkeit   ÖMr«  Vll 


Tritt 


Hl 


Adjektiva. 

Dieselben   sind   späi'lich    vorhanden  und  werden  vielfach  durch  Sätze 
umschrieben. 

Das  Präfix  des  Adjektivs  richtet  sich  nach  der  Klasse  des  zugehörigen 
Substantivs. 

-rüngi  gut,  schön,  dnyo  groß 

1.  Klasse.  muntu  mrüngi  bdntu  barüngi 

mwdngn  "       badngo 

IL        "  liiti  gurüngi  miti  mirüngi 


nt  gurungi 
"     gwdngo 


mtango 


170 


Herrmann  ;    Lusiba. 


111.  Klasse 


IV. 


7iyai  nungi 

»      mpdngo 

Mab  kirüngi 

Mango 

ihüli  lirüngi 


nyai  sirunyt 


hialo  birüngi 
hidngo 
mahüli  garüngi 
gadngo 


VI. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 


ndyu  ndüngi,  mpdngo 

hütwi  Tcurnngi,  Icwdngo 

Uno  lirüngi,  lidngo 

rubäbi  rurüngi  mbab 

rwdngo 
hussigdsi  burüngi,  biissigdsi  bwd?igo 
Mifa  Teurüngi,  Jcüfa  hwdngo 
äantu  arüngi,  äantu  äängo 


i  strungi 


Diiiiimitive: 


ilmäßig; 


-tya   neu 
I  muntu  mwiya,  bäntu  baiya 
II  mti  gmya,  miti  mtya 

III  ngai  mpia,  ngai  siya 

IV  Malo  Mya,  bialo  biya 
\  ihüli  Ifya,  mahüli  gaiya 

ndyii  mpia,  mdSyu  gaiya 
Mitwi  hwiya 
Uno  liya 
VI  rutlndo  ruiya,  ntindo  stya 
VII   burüngi  butya 
VIII  Jcüfa  kuiya 
IX  äantu  aiya 

X  Tcädyu  Tcaiya.  btulyu  buiya 
tusana  tutya 


Teasäna 

hatäle       >'        tutale 

äta  aiya,  bäta  baiya. 


Tiädyu  harüngi,  btulyu  burüngi 
kadngo,        »       hwdngo 
kasäna  karüngi,  tusäna  turüngi 
kadngo,         •>        twdngo 
katäle,  karungi,  tutale  turüngi 
ata  arüngi,  bata  barüngi 
»     ädngo,       »      badngo 

-tra   w  eiß 
muntu  nayera,  bäntu  nibera 
liiti  ngwera,  miti  nsyera 
ngai  neyera,  ngai  nsera 
Malo  nkiera,  bialo  biera 
ihüli  ndiera,  mahüli  ngera 
iidya  neyera 
kütwi  nkwera 
Uno  ndiera 

rubabi  nduera,  mbabi  nsera 
burüngi  mbwera 
küfa  nkwera 
ääntu  niera 

kädyu  nkera,  büdyu  mbwera 
kasana  nkera,  tusäna  nticera 
katäle  nkera,   tutale  nticera 
äta  niera ,  bäta  mbera 


Einen  eigentlichen  Komparativ  oder  Superlativ  gibt  es  nicht,  man  um- 
schreibt sie   durch   sehr,  ganz,  viel  usw.  oder  durch  das  Yeih  übertreffen. 
kiniu  eki  kissingeki  {ki-ssinga-eki) 

dieses  Ding  übertrift"t  dieses,  d.  h.  ist  besser  als  jenes. 
inwendo  ogu  gurüngi  böri 
dieses  Zeug  ist  ganz  schön ,  d.  h.  das  schönste. 


Herrmann  :    Lusiba. 


171 


/..  B 


1  -mwe 

2  -Uli 

3  -shatu 

5   -fanö 
I  muntu  omwe 
II  iliti  gümwe 

III  ngai  emwe 

IV  Äm/o  ktmwe 
V  iAm/?  limwe 

ndyu  emwe 
Tcütvoi  Jcümwe 
Uno  limwe 
VI  rutindo  rumwe 
VII  hurünyi  humwe 
VIII  ^?//a  kumwe 
IX  öoh^M  amtte 
X  hädyu  Tcamwe 
Jcatäle  kam.we 
äta  ämwe 


Zahlen: 

6  mkaga 

7  m,sliuniu 

8  mnana 

9  mwenda 
10  ikumi 
bdntu  ba-hili  usw 

Ö2ö/o  &^- 
mahüli  ya- 


diese  bleiben 
unverändert 


nttndo  si- 
hurüngi  hu- 
liüfa  Jiu- 
ääntu  a- 
hüdyu  hu- 
tutäle  tu- 
hata  ba- 

1  —  5  mit  Präfix 
(6  —  9  ohne    » 

ikumi  selbst   bleibt   unverändert;   na   mit   folgendem  ^"okal    wird 
sammengezogen,  z.  B.  ikumi  nomwe  11,  ikumi  nena  14  usw. 
20   makumi  gabili  unverändert;    21 — 29:   wie  oben 


11  — 19  ikümi  na 


30 
40 
50 
60 
70, 


yäshdtu 
gänä 
gätano 
mkaga 
90   makumi  mshdniu, 


80,  90   makumi  mshdniu,  mnana,  kienda  (Ausnahme) 
100  tshikumi  IV  bei  leblosen  Wesen;  unveränderlich 
igdna    Y      ••     lebenden 


101   tshikumi  oder  igdna  na  (z.  B.  nomwe,  nemwe  usw.) 
110  '-         neikumi  oder  igdna  neikumi 

120  «         nagabili      •>      igdna  na  gabili  (die  Zehn  ausgelassen) 

200  bikumi  bihili  oder  magdna  gabili 
210        >>  ••      neikümi  usw*. 

999  bikumi  ricmda  (Ausnahme)  na  makujni  kienda  na  mwenda 
1000  lukumi  VI  unverändert 
2000  nkumi  sibili 
10000  kakumi 
100000  kaumpi 

Ordinalzahlen  unbekannt,  doch  könnte  man  sie  analog  dem  Kisualieli 
durch   Genitive  bilden,  z.  B.: 


r  beim  Zählen  des  Kaurigeldes  angewandt. 


1 72  Herkmann  :    Lusf  ba. 

der  zweite  Mann   =   der  Mann  der  zwei:  muntu  ö  bili 

einmal  mründi  11  gümwe 

zweimal  miründi  ebili 

dreimal  »         eshdtu  usw. 

2X2  =  4  ihm  miründi  ebili  hia 

Y2  =  die  Hälfte  higutuka 

der  halbe  Bamn  Myutuka  tshö  mit 

weitere  Bruchzahlen  unbekannt, 
allein,  einzeln  -nka 

muntu  wenka,    iliti  gonka.   nyai  yonka,  kiälo  kiönka,  ihüli  yönka.  ndyu 

yonka,    kütwi  kwönka,   rutindo  rwonka,    hirüngi   bwönka,    küfa  kwönka, 

äaniu  onka.  kädyu  konka,  äta  onka. 
alle  -ona 

bäntu  bona,  initi  yöna.  analog  dem  Obigen, 
wie  viele?  -nga 

bäntu  bänga  usw.     Betonung  inunei-  auf  der  letzten   Silbe, 
viele  ngi 

bäntu  hängt   usw. 
wenige   -^ke 

bäntu  bdke,    mtti  mike.   ngai  sike,    bialn  bike,   mahidi  gdke,  ntlndo  sike, 

burängi  büke,  küfa  küke,  äantu  dke,  büdyu  büke,  tutäle  tüke ,  bäta  bdke. 
zusammen  -Hämo 

bäntu  bona  haliamo  alle  Leute  zusammen 

tutale  tona  tuliamo      »     Märkte       >•  usw. 

Aus  dem  .Stamm  der  Adjektive  bildet  man  durch  vorgesetztes  7«-,  ba- 
Substantiva  mit  der  betreffenden  Eigenschaft;  durch  bu-  die  Eigenschaft 
selber,  z.  B.  -tma  geizig 

mmmi  Geishals  (pl.  baimi) 
buimi  der  Geiz. 

Liste  der  Adjektiva. 

groß  -ängo,  heißt  auch  mächtig,  dick,  1  rund  -shobire 
breit,  weit,  geräumig  scharf -^Aara 

hoch,  lang,  tief  -rä  weich  -eroba 

stark  -güma  ==  fest,  dicht,  zäh,  hart    weiß  -era 

alt  -küru  heißt  gleichzeitig  groß  (bild- 
lich), berühmt 

schwer  -ssikira 

klein  ^to 

eng,  schmal,  mager,  dünn   ^ke 

kurz  -güß 

leicht  -rduka 

neu  -iya 

gerade  ngnlgäna   ist    unveränderliches 
Adverb 


schwarz  -eragüra 

rot  -tukura 

heiß,  warm  -tagdta 

trocken  -mire 

reif  -hire 

unreif  -bUsi  heißt  auch   gri 

süß  -nüra 

sauer,  bitter  -sharira 

stinkend,  verfault  -täie 

nackt,  kahl   ^shä  =  leer 


Herrmann:    Lusfba.  173 


faul  -nafu 

dumm,  unwissend   -!•/«  (=  tot) 

geizig  -ima 

verschwenderisch  -agäba 

wild,  ungehorsam,  widerspenstig)      ■ 

tapfer,  bösartig  ) 

feige  -tini 

schlecht,  böse   -bi 

geil  -shoa 

gleich,  ähnlich  -shushdna 

voll,  ganz  hori  Adverb. 


gesund  älkäire,  d.h.  er  ist  geblieben; 
ich  bin  geblieben  fiikäire,  du  bist 
geblieben  wiJcmre  {=  wa  -  ikaire)  usw. 
krank  arumre,  d.  h.  er  ist  krank  ge- 
worden; ich  bin  krank  geworden 
ndumrey  du  bist  krank  geworden 
uruatre  usw.;  ein  Gesunder  dikälre  I 
pl.  hmkmre;  ein  Kranker  mrudire 
pl.  baruäire 
tot  ^fu 

gut,  schön  -rüngi 
fleißig  -akbra 

Alle  andern  Adjektiva  werden  umschrieben ,  z.  B. : 
stumpf  =  nicht  scharf;  das  stumpfe  Messer  =  das  nicht  scharfe  Messer 
rniiyo  ti  gushdra 

das   kalte    Ding  =  das    Ding   hat   Kälte    kintu  ki  ne  mbeho 

das   feuchte,    nasse  Ding  =  das  Ding  hat  Wasser  kintu  ki  ne  meise 

die  grüne  Schlange   nioka  nbissi  (d.  h.  unreif) 

oder:        "        niambabi  (d.  h.  mit  der  Blattfarbe) 
der  kluge  Mann  mfmtu  ö  magesi 
»     stolze      »  »        a  rie  iküru 

Pronomina. 

ich  inie  1  wir  itshwe 

du  iwe  ihr  inwe 

er,  sie,  es  ogu  (heißt  auch  dieser;       [sie  abo  (für  I.  Kl.;  sonst  siehe:  jene) 

s.  dessen  Präfixe  weiter  unten)        | 
(wenn  alleinstehend;  in  Verbindung  mit  einem  Verbum  siehe  bei  den  Verben). 

Das   persönliche  Pronomen   in  Verbindung   mit   »und«  bedeutet  auch 
»in  Begleitung  von  .   .  .«   oder  »mit  .  .  .<,  z.  B. : 

nainie  mit  mir,  yagenda  näinie  er  ging  mit  mir 

naiice  mit  dir 

ndwe  oder  nauwe  mit  ihm ,  ndgo,  ndyo,  ndtsho,  ndlio,  ndko,  ndro ,  nnbo, 
ndko,  nao,  ndko,  ndko,  ndo  (je  nach  der  betr.  Klasse  des  Substantivs) 

naitshwe  mit  uns 

ndinwe  mit  euch 

nabo  mit  ihnen,  ndyo,  ndso,  ndbio,  ndgo,  ndso;  ndto,  ndbo,  ndbo. 

-linya 


dieser: 

jener 

(da  ganz  unregelmäßig,  nur  in 

\'erbin- 

düng    mit    einem    Substantiv 

zu    de- 

monstrieren) 

mhntu  ogu,  bdntu  aba  I 

öUnya, 

balinya  l 

mti  ogu,  miti  egi  11 

golinya 

,  elinya  11 

ngai  egi,  ngai  esi  III 

elinya , 

silinya  III 

kialo  eki,  bialo  evi  IV 

küinya 

Ulinya  W 

1  74  Herhmann  :    Lusfba. 

ihüli  edi,  mah'ili  aya  V  ditinya ,  galinya  \ 

ndyu  egi  ndyu  eUnya 

Jcütwi  oku  hutwi  külinya 

Uno  edi  rüUnya,  silinya  VI 

rutindo  oru,  nt'mdo  est  VI  huUnya  VIl 

hurkngi  obu  \H  JcuUnya  ^^I1 

Jcüfa  ohu  VIII  aUnya  IX 

äantu  aha  IX  kddyu  kälinya,  hudyu  büUnya  X 

kddyu  äka,  hudyu  Ugu  i  X               kasäna       »       ,  tusana  tulmya 

kasana  aka ,  tusana  otu )  Diminutive                                     usw. 

usw.  äta  älinya,  häta  halxnya 
ata  aha,  bata  aba 

da  ist  er!  dies  ist  er!  dieser!  im  Ausruf,  oder  wenn  man  etwas  besonders 

deutlich  zeigen  will:  (eine  Art  Pronomen  demonstrativura). 
ngügo  da  ist  er,  nbabo  da  sind  sie  I    !  nbübo  VII 
ngügo ,  ndyigo  II  |  nküko  VIII 


ngiyo,  ngiso  III 
nkitsho,  nbibo  \Y 
ndiqo   )         .       xt 
nkL\    ''^''''^ 
ndüro,  nsiso  VI 


dwo  IX 

nkdko,  ntuto  X 
nkdko,  nbubo  X 
awo,  babo  X 


Als  Pronomen  demonstrativum  kann  man  auch  folgende  Formen  auf- 
fassen; er  ist  es,  es  ist  es,  sie  sind  es,  welche  auf  die  Frage:  ist  dieser 
es?  sind  diese  es?  antworten: 

I.  Kl.  ntwe  er  ist  es,  ntbo  sie  sind  es,  ttwe  er  ist  es  nicht,  tibo 

sie  sind  es  nicht 
II.    "     mgo,  niyo,  iigo,  tiyo 
m.    •'     niyo,  niso,  tiyo,  tiso 
IV.    "     nitsho,  nibio,  titsho,  tibio 
V.    »     nilio,  nigo,  tilio,  tigo  {ihüli} 
niko,  nigo,  tiko,  tigo  (kutwi) 
nidyo,  nigo,  ttdyo,  tigo  {ndyu) 
VI.    -'     niro,  niso,  tiro,  tiso 
VII.    "     nibo,  tibo 
VIII.    »     niko,  tiko 
IX.    "     nio,  tio 

X.    ••     niko,  nito,  tiko,  tito  {kasana) 
niko,  nibo,  tiko,  tibo  {kädyu) 
nio,  nibo,  tio,  tibo  (ääta) 
hier  wird    das   allgemeine    »es   ist«    durch    ni,    »es    ist   nicht«    durch    ti   re- 
präsentiert ; 

solcher,  solch  ein,  so  ein:  -  ti.  jnüntu  ati  solch  ein  Mensch;  bäntu 
bati  I;  II  guti,  yiti;  III  iti,  siti;  IV  kiti,  biti;  V  liti ,  eti,  kuti,  gati;  VI  ruti, 
nti;   VII  buti;   VIII  kuti;  IX  ati,   so   heißt  dann  auch  das  Adverb  (S.  179); 


Hkrrmann:    T.usiba. 

X  kati,  tuti,  huti;  ati ,  bati.  —  söba  liti  eine  solche 
steht  so  hoch  (mit  der  Hand  gezeigt). 


mein: 
wdnge,  hänge  I 
gwdnge,  ydnge  II 
ydnge,  sdnge  III 
kidnge,  hidnge  W 
lidnge,  gdnge  Y 
ndyu  ydnge 
kutwi  kwdnge 
rwdnge,  sdnge  \'I 
hwdnge  VII 
kwdnge  VIII 
ädnge  IX 

kädyu  kdnge ,  büdyu  bwdnge  X 
kasana     «      ,  tusana  twdnge 

usw. 
aia  adnge,  bata  badnge 


dein: 
wdue,  baue  I 
gwaue,  yane  II 
yaue,  säue  III 
kiaue,  biave  W 
diäue,  gaue  V 
yäiie 
kwäue 

luaue ,  Säue  VI 
bwaue  VII 
kwaue  VIII 
aaue  IX 
kaaue,  bwäue  X 
,  twäue 

aaue,  baäue 


175 
'Onne,  d.  h.  die  Sonne 

sein  (in  Verbindung 

mit  Substantiven): 
muntue,  bantübe  I 
mtigwe,  mitte  II 
ngatye,  ngaise  III 
kialokie,  bialöbie  YV 
ihulidie,  mahulige  V 
ndyuye,  madyuge 
kutwikice 

rutindorwe,  ntindöse  VI 
burungibwe  X\\ 
kufdkwe  VIII 
ääntue  IX 

kadyüke,  budyubwe  X 
kasanake,  tusanatice 
kataleke,  tutaletwe 
atdye,  batmbe 


unser:  -eitu 
euer:  -aniu 
ihr:  -awö  (abö) 
z.  B.  sie  gingen  nach  Hause:  hagenda  kwabo. 


Präfixe  wie  vorstehend 


.nd( 


-ndi. 


6ndi,  bdndi  I 
gündi,  mindi  11 
mdi,  sindi  III 
ktndi,  btndi  IV 
Undi,  gdndi  V 
endi 
kundi 


ründi,  sindi  W 
bündi  VII 
kündi  VIII 
andi  IX 
kdndi,  bündi  X 
kdndi,  tundi 
andi,  bandi 


wer?  nooß? 

was?  M^i?  au  das  Verb  angehängt  und  dann  nur  -ki  geschrieben; 
waUdki?  was  ißt  du? 

wo,  von  wo,  woher,  wohin?  nka?,  dem  betreffenden  Wort  angehängt, 
behält  aber  den  Akzent;  nogendanka?  wo  gehst  du  hin?  noruganka?  woher 
kommst  du? 

warum,  wozu?  küki? 

wann?  edi?  angehängt,  behält  den  Akzent;  wird  dann  in  -//  verändert; 
nogendäli?  wann  gehst  du? 

warum?  ssoo?  mit  nachfolgendem  Vokal  zusammengezogen.  ssiTgu 
naikarahaf  warum  bleibt  dieser  hier?     {ku-ikara  bleiben,     aha  hier.) 

wie  viele?  -nga  (s.  S.  172). 

was  für  ein  ?  -  ki. 


176 


HERRMA^•^ 

:    Lusiha. 

muntüki,  hantuki 

rutindöki  usw 

mtiki,  mitlki 

hurungiki 

ngaiki,  nga 

'ki 

kufäki 

ndy&ki,  madyuki 

ääntüki 

MntuM,  hintüki 

Icher,  welche,  welches?  -lia  oder  -ia. 

1 

müntu  alia  welcher  Mann 

?     häntu  halia 

11 

mti  yulia,  miti  elia 

III 

ngai  elia,  ngai  sTlia 

IV 

kintu  kta,  hintu  bia 

V 

ihüli  lia,  mahüli  gälia 
kütwi  kulta 

VI 

rutindo  rulia,  ntindo  sia 

VII 

hurüngi  hulia 

VIU 

kitfa  kulia 

IX 

aantu  alia 

X 

kalia,  tulia;  kalia,  hulia; 

alia,  halia 

mich,  mir;  dich,  dir;  ihn,  ihm  usw 
an  folgenden  Beispielen  erläutert: 

ninhdna  ich  sehe 

ninyehöna  ich  sehe  mich 

(reflexiv,  aber  er  sieht  mich 
yanihSna;  ni-  vor  Vokalen 
wird  mp) 

ninkuböna  ich  sehe  dich 

nimhöna  ich  sehe  ihn  usw. 

nimbdna 

nindyibbna 

ninkiböna 

nindiböna  {ihüli) 

nindyihöna  (ndyu) 

ninkuböna  (kütwi) 

nindibSna  (Uno) 

nindubona 

ninbuböna 

ninkiibdna 

ninpaböna 

ninkaböna 

ninkahSna 

ninpaböna 


1 

II 
III 
IV 
V 


VI 

VII 

VIII 

IX 

X 


diese  Formen  werden  am  besten 


nintubSna  ich  sehe 


ninbaböna  ich  sehe  euch 

ninbaböna  ich  sehe  sie  usw. 

ningihöna 

ninsibona 

ninbibdna 


ninsiböna 


wie  die  Einzahl 


ninbuböna 
nintiibona 
ninbaböna 


Das  rückbezügliche  »sich«  wird  durch  eingeschobenes  ye  ausgedrückt: 

er  schlägt  sich  na-ye-tera 

er  wird  sich  schlagen  a-ra-ye-tera 
'-man«    ist   unbekannt;    ich   würde   vorschlagen,    dafür  ru    zu   setzen,    was 
dem  Charakter  der  Sprache  am  besten  entspricht. 


Herrmann  :    Liisiba. 


177 


ich,  du  usw.  allein  (s.  auch  das  Adjektiv:   allein,   einzeln   -nka) 

ich  allein  nienmJca  wir  allein  tshtcenka 

du        "        loenka  ihr  <■        nwenha 

er        •■       wenTca  sie  "       honkn 

usw.  usw. 

selbst  -enene 

ich  selbst  nienene  wir  selbst  tshwenene 

du        »        wenene  ihr  "       nwenene 

er        •>       ymene  sie  »        hönene 


usw. 


usw. 


Das  Relativ  wird  im  allgemeinen  durch  den  ^'okal  -ö-  repräsentiert 
und  mit  Zuhilfenahme  des  Verbums  »sein«  ausgedrückt;  es  kommt  vor  als 
Nominativ,  Akkusativ  (dem  Dativ  gleichlautend)  und  mit  einer  Präposition. 
Da  -ö-  aber  auch  der  Stammvokal  der  Ortsbezeichnungen  ist,  so  ver- 
schwimmen Relativ  und  Lokalsätze  oft  ineinander.  Da  die  Ortspartikel  wie 
Relativa  behandelt  werden,  so  gehören  sie  auch  hierher, 
der  Mann ,  welcher  schlägt  müntu  alikutera 

schlug         "       ahaire  ateire 
die  Männer,  welche  schlugen  hdntu  habmre  batelre 
der  Mann,  den  ich  schlug  müntu  omhäire  mtmre 
die  Männer,  die  ich  schlug  häntu  homhäire  hateire 
der  Mann,  der  mich  schlug  muntu  ahmre  anteire 
der  Baum,  welcher  fiel  mti  guhaire  gugwtre 
die  Bäume,  welche  fielen  miti  ihaire  yigwire 
der  Mann,  mit  dem  ich  ging  müntu  ohaire  agensire  natce 
,  der  mit  ihm  kam        ><        oyabäire  aisire  nawe 
usw. 

Für   »haben,  besitzen«   (in  unmittelbarster  Nähe)  wird  folgende  Form 
angewendet: 

I    der  Mann,    den   ich   habe 


111 


IV 


VI 


die  Leute,  die 
das  Messer,  das 

die         ••       ,  die 
das  Ruder,  das 
die        "     ,  die 
das  Ding,  das 
die  Dinge,  die 


müntu  ondi  ndwe,  d.  h.  den  ich  bei  mir 
habe,  wörtlich:  den  ich  bin  mit  ihm 

hdntu  hondi  ndbo 

müyo  göndi  ndgo,  d.  h.  das  ich  in  der  Hand 
habe 

miyo  yöndi  ndyo 

ngai  yöndi  ndyo 

ngai  söndi  ndso 

kintu  kiöndi  ndtsho 

hintu  hiöndi  ndhio 

ihüli  liöndi  ndlio 

kütwi  kiondi  ndko 

mahüli  göndi  ndgo 

rutindo  röndi  ndro 

ntindo  söndi  ndso 


Mitt.d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  lü.  Abt. 


178  Herrmann:    Liisiba. 

y\J  hurimgi  böndi  näho 

VIII  kufa  köndi  nako 

IX    der  Platz,  den  ich  habe       äantu  öndi  ndo 
X  kasana  köndi  näko 

tusana  töndi  ndto 
hudyu  böndi  näho 
äta  öndi  ndo 
hata  böndi  ndbo 

der  Mann ,  den  du  hast  müntu  öli  ndwe 

das  Ding,  das  du  hast  kintu  tshöli  ndtsho 

das  Meser,  das  ich  hatte  müyo  gombäire  ndgo 

das  Ding,  das  ich  haben  werde     kintu  kionddba  ndtsho 
"     wir     "       werden   kintu  kioturdba  ndtsho 
usw. 

Das  Pronomen  possessivum  allein  mit  den ,  den  drei  Ortspräfixen  {mo, 
po,  kwo)  entsprechenden  Präfixen  mw,  ä,  kw  bedeutet:  bei  ...  zu  Hause. 
mwdnge  bei  mir  zu  Hause,  d.  h.  drin 
ädnge        »       >■       •■  ■  ••       bei,  in  der  Nähe 

kwdnge     •>       »       •>         >•  "       zu .  hin ;  nach  Hause 

moali  wo  er  ist,  d.  h.  drinnen  1 
oali        »      "      »         <•      in  der  Nähe  I 
koäli     "      »      »         »      wohin  1 
mohali,  obali,  kobali  wo  sie  sind  I 
moali  agenda  wohinein  er  ging  I 
oali  <■        als  er  ging  1 

koali        »        wohin  er  ging  1 
moabäire  agensire  wohinein  er  gegangen  ist  1 
oabäire  »         als  »  »  •     1 

koabaire         »         wohin  >•  .-  ..    I 

Für   die    andern    Substantivklassen    werden    die  Formen    analog    dem 

Folgenden  gebildet. 

alimo  er  ist  da,  d.  h.  di-innen   I  verneinend:   talimo  1 

alio       <>     »       "         "      überhaupt  da  1  •  talio  I 

aliko     '■     ..       »         "      hinein  I  »  taliko  I 

und  analog  die  den  andern  Substantivklassen  entsiu-echenden   Formen: 

II  gulimo,  gulio,  guliko',  tigulimo  usw. 

III  ilimo  usw.,    IV  kilimo,    V  ilimo,    kulimo,    W    rulimo,    VII    buUmo. 
\'lll  kulimo,  IX  alimo,  X  kalimo,  alimo  usw. 

Plurale    I    balimo  usw.,    II   gilimo,    III   silimo,    IV  bilimo,    X   galimo, 
y\  silimo ,  X  bulimo ,  tulimo ,  balimo ; 

verneinend  Hbalimo  usw.,  tigilimo,  tisilimo  usw. 


Herrmann:    Lusiba.  170 


langsam  mpola  (im  Ausruf  doppelt) 

zuerst  awandisi 

zuletzt  asinsire 

einst,  ehemals  dra 

rechts  mulio; 

gerade  nguigdna 


Adverbien,  Präpositionen,  Konjunktionen. 

heute  mhwenu  =  jetxt  eilig  teratera 

gestern  neigoro 

vorgestern  idyo 

morgen  nenJcea  (nentshea) 

übermorgen  idyueri 

bald,  schnell  hwängu  (im  Ausruf  dop- 
pelt) 

alsbald ,     sogleich    mhicenu    ati    oder    links  mosho 
mbwenu  aha 

hier,  her  aha;  ist  allgemeiner  und  auf  größere  Lokalitäten  bezüglich  ebenso 
wie  Jcünu  (weiter  unten) 

hier  (nahe)  äi  (ähi) 

.^    ,       _,  .       -.-„        k  diesseits  husseri  hwa  Tcunu  )   „    .  ^, 
jenseits  o^f«5e^  =  Uter;  {  .         .      ,       ,  .  ,        ,^,.      }  (bei  Flüssen  usw.) 
/  jenseits  bussln  bwa  Kuk      ) 

da,  dort  JcÜli;  je  nach  der  Entfernung  auch  TeüU  und  Tculiiü 
dort,  dorthin,  dorther  (s.  die  drei  Ortspartikel  mö,  ö.  ko) 
utadydio  {uta-idya-ö)  geh  nicht  dorthin 
alimo  er  ist  dort  drin 

hier,  her  Tcunu  oder  kunünyu 

komm  her  idya  kunu  oder:  idyanünyu  wobei  Tcu-  fortgelassen  wird 

hin,  hinweg,  fort  Tculi 

vor,  vorne  mbele 

hinten,  hinter,  nach,  nach  hinten,  zurück,  rückwärts  nyuma 

hoch,  oben,  über,  auf,  hinauf  eigüru 

herab,  nieder,  unten  äänssi 

außen,  aus  endya 

drinnen ,  dadrin  mündyu  (eigtl. :  im  Hause) 

zwischen  ägati 

ja  ntho',  nein  tsheke;  vielfach  abgekürzt:    tshe  oder  tshetshetshe 

vielleicht  shdna;  noch  nicht  kakätshui  oder  zehnte  die  Form  desVerbs  (siehe  dort) 

sehr  rhnö;  ganz  bori;  wenig  kike 

genug  rekera  (Kisuaheli:    bdss) 

nicht  ti;  ich  will  nicht  tindikwenda,  d.h.  ich  bin  nicht  zu   wollen. 

mehr,  weniger  s.  Komparative. 

vergeblich,  umsonst  büsha 

zusammen  -liamo  (mit  Präfixen)  s.  Adjektiva 

so      ,  .'  -ti,  wenn  an  ein  Verbum  gehängt;  yagambati  er  sagt  so: 
( ntt, 

heißt  auch  also;  hauptsächlich  in  der  Redewendung  gebraucht:  er  sprach  also: 

yagambirati  oder  yagirati  (er  machte  so:) 

und:  na,  vor  Vokalen  n-,  ne-;  ich  und  du  inie  netwe 

ich  und  er   mie  nogu 

so  otio  =  auf  diese  Art,  ebenso  wie 

oder:  andiki;  dieser  oder  jener  ogu  andiki  olinya 


180  Herrmann:    Lusiba. 

damit,  um  zu:    einfacher  Infinitiv 

ich  gehe,  um  ihn  zu  schlagen  ningenda  Icu-m-tera 

zu,  Richtung  wohin  Tcwä  oder  wä 

bis  zu  husima,  Zeit  und  Raum;  alleinstehend  heißt  es:    gänzlich 

ich  bleibe  gänzlich  hier:    ninkära  busima 

ich  gehe  bis  Bukoba  ningenda  busima  B. 

ich  bleibe  bis  morgen  ninkära  busima  nenkm 

mit,  vermittels  ne;   naterwa  rie  nköni  ich  wurde   mit   dem  Stock  geschlagen 

mit,  in  Begleitung  von  na  oder  ne 

z.  B.  wo  wir  uns  trafen  mit  ötwahugangdnwa  ne 

daß,    wird    fortgelassen;    ich  weiß,   daß    er  kommt  =;  ich  weiß,    er    wird 

kommen. 

_  _       , .    kwa  )     .    , 

bei  kwa  oder  ica;  ndlia  )  ninänye  ich  aß  bei  meiner  Mutter. 

sonstige  Konjunktionen:  aber,  während,  solange  als,  ob,  obschon  usw.  un- 
bekannt. 

als,  wenn,  sobald  als  (s.  zweites  Konditionale  der  Verben) 
weil,  wegen  tambdra  {=^  Grund,  Ursache) 
warum?    tambardki? 

nimterera  tambdra  ya  fakdra  ich  schlage  ihn  weil  er  sündigte 

Präpositionen:    durch,  gegen,  wegen,  um  (herum)  usw.  unbekannt 

in  etwas  drin  oder  hinein 


,    .      ,.  ,  ^  ,    .         ,      1    .      (    s.  den  Lokativ  der  Substantiva 
bei,  dicht  bei,  nahe  bei 

ich  gehe  durch  den  Wald  =  ich  passiere  den  Wald  ninrdba  kibira 

ich  kämpfe  gegen  =  mit  =  na,  ne 

von  (etwas  her)  einfacher  Nominativ 

ich  komme  von  B.  =;  ich  komme  heraus  aus  B.  =:  nartiga  B. 
»und«   in  der  Erzählung  wird  vereinzelt  durch  ka  ausgedrückt,  entsprechend 
der   Ä*a -Verbform    im    Kisuaheli,    dem   sog.   Narrativuni;    doch   scheint   mir 
dies  nicht  original  zu  sein,  sondern  eine  von  Fremden  angenommene  Aus- 
drucksweise. 


Interjektionen. 

Begrüßungen:    guten  Tag;    der  verheiratete   Mann   sagt  das  erstemal:    sJiö- 
maräm,  bei  weiterem  Wiedersehen  denselben  Tag:    icdssi  icota 
der  unverheiratete  Mann  sagt:    ssingiri  weitu 
die  Frau  sagt:    shure  weitu 
zum  Häuptling  sagt  man:    kamerere  rugdwa! 
auf  Anruf  antwortet  man:    kaiconeke! 
Begrüßung  Zurückkehrender:    icfmka 
lebe  wohl:  ögendege  oder  karege 
wie  gehts?:    ota7     was  gibts  neues?    ata7 
danke  schön:    wdkora  oder  kature  oder  kassinge 


Hkrrmann:    Lusi'ba.  181 

Ausruf  der  Verwunderung    eeli! 

des  Argers  1/,  seltener  iih! 

y>       der  Trauer  yoof 

»        des  Schmerzes  ä!  oder  yeyeyeye  (ad  infinitum) 

Wenn  man  von  weitem  angerufen  wird,  antwortet  man:    hu  in  ganz 
hohem  Tone,  wie  die  Indianer;  sollte  das  nicht  hörbar  sein,  z.  B.  bei  starkem 
Wind,  so  ruft  man  hu,  einige  Töne  aufwärts  und  abwärts. 
Vorwärts !    iloTco  ! 
genug,  laß  sein!    rekera! 
halt!    reJca! 

still!    ruhig!    reke  yomho!   oder  nur:    yomho! 
wer  da!    öVioöel   (nööe  ^=  wer,  li  ist,  ö=  u  du)  du  bist  wer? 
bist  du  verrückt  1'    oliviraro^^    (mräro  =  wasimu  im   Kisuaheli) 
raus!    shora!   rugdho!   mutahet 
der  Ruf,  ehe  man  eine  Wohnung  betritt:    tnioe! 
der  Bewohner  ruft  dann   »herein!«:    turimu! 

bei  Anrufen,  um  es  dringend  zu  machen,  hängt  man  an  das  Rufwort 
ssi  an,  (vgl.  ssaa  im  Kisuaheli) 
so  komm  doch!    idydssi! 
Friede!    Ruhe!    nahönarnkäma!   (d.h.  ich  sehe  den  Sultan) 
Platz!    aus  dem  Wege!    ndakmta!   (n-da-ku-ita  d.h.  ich  werde  dich 

töten) 
komm  näher!    nur  heran!    nun  Platz!    niegera!  oder  egoweitu! 
schnell!    hwdngu  bwdngu! 
was  soll  das  heißen?    kiki'^ 
Schimpfwörter:    kalaleoguiremu  d.  h.  schlafe  und  wache  nicht  mehr  auf 
käigardkanwa  deine  Lippen  sind  geschlossen 
kala  mtuhuidsho  iß  den  Penis  deines  Vaters 
kalie  msstnagonioko  iß  die  Klitoris  deiner  Mutter 
u.  dergl.  obszöne    Redewendungen.      Sonst    schimpft    man    sich    mit    Tier- 
namen ,  z.  B. : 

Du  Affe!    Krokodil!    Hyäne!  usw. 
Kriegsgeschrei:    klingt   wie   Pferdegewieher;     hoher   angehaltener  Ton    mit 
darauf  folgender,  in  der  Kehle  getrillerter  Tonleiter,  etwa  so: 


Verba. 

Alle  Verba  enden  auf  -a;  sie  bilden  ihre  Formen  teils  nur  durch 
Präfixe,  teils  durch  Präfixe  und  Änderung  des  Stammes;  letztere  ist  zwar 
meist  auf  -^re  oder  -ise  auslautend,  jedoch  zu  oft  unregelmäßig,  als  daß 
sich  eine  bestimmte  Regel  geben  ließe;  ich  habe  daher  beim  \^erzeichnis 
der  Verben  jedem  Verb  seinen  veränderten  Stanun  beigefügt. 


182  Herrmann:    Lusiba. 

Das  Präfix  des  Infinitivs  ist  Ttu-,  wenn  der  Stamm  mit  einem  Kon- 
sonant anfängt,  Ttw-  oder  Ic-,  wenn  der  Stamm  mit  einem  Vokal  anfängt, 
z.B.  Tcu-fera  schlagen,  hw-ebwa  vergessen,  komheka  bauen.  Mehr  Formen, 
als  die  hier  angeführten,  gieht  es  nicht.  Alles  andere  geht  aus  folgenden  4 
Beispielen  hervor: 

ku-tera  schlagen. 

1.  Präsens.     Präfix  -n- 
nin-tera  ich  schlage 
no-tera  du  schlägst 
riä-tera  er  schlägt  1.  Klasse 

ngu  II,   rie  III,   nki  IV,  ndi,  ne,  nku  V,] 

nduW,    nhu\\\,    nkuWW,    nE  X^Y""^"^^^  ^'^^   die  anderen 
nka,  nä  X  )  \^\^s^en   der  Substantive 

ntu-tera  wir  schlagen 
mm-tera  ihr  schlägt 
nha-tera  sie  schlagen  I.  Klasse 

rie  II,  nsi  III,  nhi  IV,  nga  V,  nsiW,  nbu  VII,    i    für   die  anderen 
nku  VIII,  nä  IX,  nbu,  ntu,  nha  X  \  Klassen. 

Die  Personalpräfixe  sind  also: 
ich  ni  oder  n 
du  u  (o),  w 

er,  sie,  es  a,  ya,  ^m.  p.  Ä"/,  A",  e,  ä-m,  rw,  ä«.  A'w,  a,  A-a,  a 
wir  /«,  /ic 
ihr  WMJ,  w 

sie  6a,  ^,  si,  hi,  ga,  si,  hu,  ku,  a,  hu,  tu,  ha, 
welche,  Avie   aus    nachfolgendem    hervorgeht,    in   mannigfachster  Weise  mit 
den  Präfixen  oder  den  Anfangsvokalen  der  Verben  zusammengezogen  werden; 
auch  hier  wird  nl,   nr  in  nd  verwandelt,   n  vor  "N'okal  wird  meist  mp\  ich 
tanze  heißt  also  nicht  nin-mya,  sondern:  nimp-oiya. 

2.  Imperfektum.     Präfix  -a-. 

na-tera  ich  schlug,  d.h.  diesen  Augenblick  erst  habe  twa-tera 
wa-  ich  aufgehört.  Diese  Form  ist  die,  in  der  die  mwa-  I 
ya-  Erzählungen  vorgetragen  werden.  ha- 

3.  Pei'fektum.     Pi-äfix  -a-  und  Änderung  des  Verbalstannnes. 
na-teire  ich  habe  geschlagen         twa-teire 

wa  -  tetre  mwa- 

ya-  ba- 

4.  Plusquamperfektum.     Präfix  -ka-. 
n-ka-tera  ich  hatte  geschlagen        tu-ka-tera 
u-ka-  mw- 

a-  ha- 

5.  Futurum.     Präfix  -ra-. 

nda-tera  ich  werde  schlagen       tura-tera 
uro-  mwra- 

aror  bara- 


Herrmann:    Lusiba.  183 

6.  Konditionale  I.     Präfix  -aku-  und  Änderung  des  Stammes. 
naJcu-teire  ich  würde  schlagen         twahu-teire 

waTiu-  mwTiu- 

yaku-  haku- 

7.  Konditionale  II.     Präfix  Jca-ra-. 

kanda-tera  wenn  icli  schlage,  gesetzt  den  Fall         katura-tera 
kora-  ich   schlüge,    sobald   ich   schlagen         kamwra- 

kara-  werde;  aber  auch:  als  ich  schlug         kabara- 

8.  Konjunktiv.     Präfix  keins.     Änderung   des  Endvokals  -a  in  -e. 
n-tere  daß  ich  schlage,  ich  möge,  soll         tu-tere 

u-  schlagen,  laßt  mich  schlagen  mw- 

a-  ha- 

9.  Imperativ. 

tera!  schlage!  (der  einfache  Verbstamm) 
tutere!  laßt  uns  schlagen!   ) 
mwtere!  schlaget!  ) 

\'^e  r  n  e  i  n  e  n  d  e    F  o  r  m  e  n : 

zu    1.    Präfix   ti-. 

tintere  icli  schlage  nicht  titu-tera 

to  -  tera  trm- 

ta-  tiha- 

zu  2.  3.  imd  4.     Präfix  ti-a-. 

ti-n-a-tera  ich  schlug  nicht,  habe,  hatte         titwa-tera 
tiwa-  nicht  geschlagen  timwa- 

tiya-  tiba- 

zu  5.  und  8.     Präfix  ti-,  ta-.     Änderung  des  Endvokals  -a  in  -<?. 
tin-tere  ich  werde  nicht  schlagen  titu-tere 

Uta-         ich  möge        »  »  tim- 

ata-  tiba- 

zu  6.    Präfix  ti-aku-  mid  Änderung  des  Stannnes. 

ti-n-aku-teire  ich  würde  nicht  schlagen         titwaku-tetre 
thcaku-  timwaku- 

tiyaku-  tihaku- 

zu  9.    titer a!  titutere  !  Hmtere! 

hierzu  kommt  noch:   10.    Präfix  ti-ka  und  Änderung  des  Stammes. 
ti-n-ka-teire  ich  schlage  noch  nicht,         tituka-teire 
toka-  habe     noch    nicht    ge-         timka- 

taJca-  schlagen  tihaka- 

zu  7  (Konditionale  II)  scheint  es  keine  verneinende  Form  zu  geben. 

Das  Passiv  wird  gebildet  durch  Einschieben  eines  -w-  vor  dem  End- 
vokal, ku-terwa  gesclilagen  werden,  also: 

1.  ninterwa  verneinend:   1.    tinterwe 

2.  naterwa  2,  3.  4.  tinaterwa 

3.  nateirwe 

4.  nkaterwa 


184 


Herrmann  :    Lusiba. 

5. 

ndaterwa 

5.  8.  tinterwe 

6. 

nakutärwe 

6.    tinahutelrwe 

7. 

kandaterwa 

8. 

nterwe 

9. 

ttrwal 

9.    titerice 
10.    ünkattirwe 

auch  im  Passiv  sclieint  es  zum  Konditionale  II  (7)  keine  verneinende  Form 
zu  geben. 

Das  dem  Passiv  folgende  »von,  durch"  wird  durch  rie  ausgedrückt, 
z.  B.  yaterwa  rie  .  .  .,  er  wurde  von  .  .  .  geschlagen,  doch  wird  ne  auch  viel- 
fach ausgelassen. 

nindia.  nolia,  nalia  usw. 


kü-lia  essen:  zu  1. 
Itu-ua  blasen: 
kü-fa  sterl)en: 


mnpua,  noua,  naua 
ninfa,  nöfa,  ndfa 
3 


narire  usw.        4. 

nkdlia  usw. 

nauire. 

nkaua 

nafuire 

nkäfa 

nakurire  usw.    7. 

kandalia  usw. 

nakümre 

kandaua 

nakufuire 

kandafa 

usw.            9.    dia 

oder  ilia! 

ia! 

t/ef 

2.  3.  4.  tinanre 

{tiwarire  usw.) 

tinpuire  {tiwaidre) 

tina/utre  {iiwa/uire) 

sw.    9.  thidiaf    10 

1.  tinkarire  usw. 

tinpua  ! 

tinkauire 

ti/a! 

tinkafuire. 

2.    nalia  usw. 

5.    ndalia  usw.     6. 

ndafa 
8.    n(Äe  (w/ie,  o/ie)  usw, 
npüe  (üüe,  aüe) 
ninfe  {ufe,  afe) 
verneinend:    1.  tindia  {tolia,   talia  usw.) 
tinpue  {tmä ,  taüä) 
tinfe  {tofa,  tafa) 
5.  8.  tindif' (utalie)  usw .    6.  tinaktirfre  usw . 
tinpup'  (utaue)  finakümre 

tinfe  {utäfe)  tinakufuire 

Nach  den  vorangegangenen  Beispielen  lassen  sich  alle  Verba  konjugieren, 
je  nachdem  der  Stamm  zweisilbig  ist  und  mit  einem  Konsonanten  anfäpgt 
wie  bei  ku-tera,  oder  zweisilbig  ist  und  mit  einem  Vokal  anfängt  wie  bei 
ku-ua,  oder  einsilbig  ist  wie  bei  kü-fa,  oder  auf  ia  endigt,  was  zusammen- 
gezogen und  nur  als  eine  Silbe  betrachtet  wird. 

Besonders  zu  betrachten  ist  das  Verb:  kua  geben  (nicht  zu  ver- 
wechseln mit  dem  vorigen  ku-ua  blasen). 

Dieses  Yerh  ist  nur  in  der  Verbindmig  mit  dir.  ihm,  euch,  mir  usw. 
in  Gebrauch;  will  man  ganz  abstrakt  sprechen,  z.  B.  »er  gibt«  ohne  Be- 
zeichnung »wem«,  so  muß  man  ein  anderes  Verb  gebrauchen.  Die  Formen 
ich  gebe  mir,  du  gibst  dir,  er  gibt  sich  usw.  fallen  aus ;  sollte  man  sie  aus- 
nahmsweise brauchen,  so  müssen  sie  als  reflexive  Formen  mit  -ye-  ausge- 
drückt werden  (siehe  S.  176). 

zu    1.   ninkua   ich  gebe  dir,    nimua  ich  gebe   üim,   nintüa   ich   gebe  uns, 
ninmwua  ich  gebe  euch,  ninhaua  ich  gebe  ihnen; 
nÖmpa  du  gibst  mir,  nömua  du  gibst  ihm,  mtua  ims,  nöhaua  ihnen; 


Herrmann:    Luslba.  185 

naniua   er  gibt  mir,  nakua   er  gibt  dir,  namua  er  gibt  ilim,  natua 

uns,  namwua  euch,  nabaua  ihnen; 
aber :  ninyeua  ich  gebe  mir,  noyeua  du  gibst  dir,  nayeua  er  gibt  sich ; 
ntukua  wir  geben    dir,   nimua  ihr  gebt  ihm,   nbatua  sie  geben 

luis  usw.,  aber:  nhayeua  sie  geben  sich  selbst  usw. 

2.  nakua  ich  gab  dir,  namua  ich  gab  ihm;  natüua,  namwua,  nabaua; 
wdmjja    du   gabst   mir,   wamüa  du   gabst   ihm;    watuua,   wamwüa, 

wahaua ; 
yämpa  er  gab  mir,  yahua  er  gab  dir;  yatua,  yamwua,  yabaua', 
aber  z.  B.  er  gab  sich  (selbst)  yayeua; 

twakua  wir  geben  dir,  twamua  ihm,  twamwua  euch,  twahaua  ihnen; 
mwdmpa  ihr  gabt  mir,  mwamua  ihm,  mwatua  \ins,  mwabaua  ihnen; 
bdmpa  sie  gaben  mir,  bakua  dir,  bamua  ihm,  öa/wa  uns,  bamwua  euch; 
aber  z.  B.  wir  gaben  uns  (selbst)  twayeua. 

3.  nakuaire    ich   habe    dir    gegeben,    namälre    ihm,    natwälre   uns, 

namwaire  euch,  nabaire  ihnen; 
wampäire    du    hast    mir   gegeben,   'wamaire  ihm,    watwaire   uns, 

wamwaire  euch,  wabäire  ihnen; 
yampäire  er  hat  mir  gegeben,  yakwmre  dii",   yahcätre  uns,  yaw- 

zfa?re  euch,  yabälre  ihnen; 
twakäire  wir  haben  dir  gegeben,  ^a»ia7re  ilnn ,  ^wa/rtiiJOirp  euch, 

twabaire  ihnen; 
mwampäire  ihr  habt  mir  gegeben,  mwamäire  ihm  usw.; 
bampäire  sie  haben  mir  gegeben,  bakwaire  dir,  bamaire  ihm  usw. 

4.  nkakua  ich  hatte  dir  gegeben,  nkamua  ihm; 
ukdmpa  du  hattest  mir  gegeben ,  ukamua  ihm. 

5.  urdmpa  du  wirst  mir  geben; 
ndakua  ich  werde  dir  geben; 
baramua  sie  werden  ihm  geben. 

6.  naküküäire  ich  würde  dir  geben,  nakumäire  ihm; 
wakumpätre  du  würdest  mir  geben; 
twakuhäire  \\ar  würden  ihnen  geben. 

7.  kandakua  wenn  ich  dir  gebe,  kandabaua  ihnen ; 
kordmpa  wenn  du  mir  gibst,  koramua  ihm; 
kamrdmpa  wenn  ihr  mir  gebt,  kamioramua  ihm. 

8.  TiMe  ich  möge  dir  geben,  tjotmö  ihm,  /^^we  uns; 
OOTjoe  du  mögest  mir  geben,  omwe  ihm,  obaüe  ihnen; 
awpe  er  möge  mir  geben,  akue  dir,  amwe  ihm. 

9.  ihpae!  gib  mir!  mmue!  gib  ihm! 

#MMe.'  gib  uns!  tumüe!  laßt  ims  ihm  geben! 

mwmpe!  gebt  mir!  mwmue!  gebt  ihm! 
vmd  die  andern  Formen  analog  den  obigen. 

Analog  den  obigen  bildet  man  die  verneinenden  Formen,  z.  B.: 
tinkue  ich  gebe  dir  nicht,  ünakumre  ich  gab  dir  nicht; 
tömpa  du  gibst  niir  nicht,  tomüa  du  gibst  ihm  nicht; 


186 


Herrmann  :    Lusiba. 


tinkakudire   ich  würde  dir  nicht  geben,    üwahumpaire  du  würdest  mir 

nicht  geben; 
utdmpe  du  wirst  mir  nicht  geben,  tihamue  sie  werden  ihm  nicht  geben; 
tokampaire  du  hast  mir  noch  nicht  gegeben,  timkamaire  ihr  habt  ihm 

noch  nicht  gegeben  usw. 
Kommt  noch  ein  Akkusativ  zu  dem  Dativ,  so  steht  er  voran,  z.  B.: 
ich  gebe  ihn  (I.  Kl.)  dir  mmJcua', 
du  hattest  ihn  mir  gegeben  ukdmpa  (=  uJca-m-mpä); 
du  hattest  ihn  ihm  gegeben  uJcamua  {^  uka-m-mua); 
sie  werden  es  (IV.  Kl.)  ihm  nicht  geben  tibakimue 
usw.  lassen  sich  die  kompliziertesten  Zusammenstellungen  machen, 
»schon«   wird  durch  das  Verb  -mdra  beendigen  ausgedrückt; 
ich  habe  schon  geschlagen  =  ich  habe  beendigt  zu  schlagen :  namastre 

kutera. 
»sogleich,   bald,   ich  bin  im  Begriff  zu«    kann   auch    durch   das  Verb 

ku-idya  konunen  ausgedrückt  werden,  z.B.: 
iiaidya  küfa  ich  sterbe  bald,  mir  naht  der  Tod. 

Das  Passiv  regiert  oft  den  Nominativ,  während  es  im  Deutschen  den 
Dativ  regiert  oder  man  sich  durch  »man,  es«  ausdrückt,  oder  wo  es  im 
Deutschen  keinen  Passiv  gibt,  z.  B. : 

häntu  tibassimwa   die  Leute  werden  nicht  gedankt,   d.  h.  es  wird  den 

Leuten  nicht  gedankt.     (»Undank  ist  der  Welt  Lohn.«) 


Hilfsverba. 
Es  gibt  nur   ein   eigentliches    Hilfsverbum:    kü-wa  sein,    woraus 
haben  =  sein  mit  =  kü-wa  m  (oder  7ia)  bildet. 


kü-wa  sein. 

1. 

nmdi  ich  bin 

u-Ii    du  bist 

a-li 

tu-li 

mw-li 

ba-li 

2. 

na-ba  ich  war 

wa- 

ya- 

twa- 

mwa- 

ba- 

Das  -U  kann 

auch  fortgelassen 

wer 

den. 

3. 

na-halre  ich  bin  gewesen 

4. 

nkd-ba  ich  war  gewesen 

wa- 

uka- 

ya- 

aka- 

twa- 

tuka- 

mwa- 

mwka- 

ba- 

baka- 

5. 

ndd-ba  ich  wei*de 

sein 

6. 

naku-bdire  ich  würde  sein 

ura  -  ba 

usw. 

ara- 

tura- 

mwra- 

oara- 

Herrmann  :    Luslba.  1 87 


7. 

Jcandd-ha  wenn  ich 

})in 

8. 

rit-be  ich  möge  sein 

kord  -  ha 

ti-he 

kard -  ha 

ä-he 

usw. 

tu -he 
mw-he 
ha -he 

verneinend: 

1. 

ti-ndi  ich  bin 

to-ri 

ta-ri 

ütÜ-ri 

timw  -  ri 

Uhä-ri 

nicht 

2. 

3.4. 

^^«-ia^reichwarnicht,binnicht 

to-       [gewesen,  war  nicht  g. 

ta- 

titu- 

tim- 

tiha 

5. 

8. 

ti-nheyo  ich  werde,  möge 

6. 

tinaku  -  häire  ich  würde  nicht 

to- 

[nicht 

sein 

tiwaku-                               [sein 

ta- 

tiyaku- 

usw.  usw. 

10.   tinka -häire  ich  bin  noch  nicht,  noch  nicht  gewesen,   werde 
toka-  [noch  nicht  sein 

taka- 

usw. 
(Imperative  =  Konjunktive.) 

»Sein«    im    Konjunktiv   vor   einem  Verb    im  Konjunktiv   drückt    eine 
besondere  Bekräftigung,  Bitte  usw.  aus,  z.  B. : 

mhe  nimtere  ich  möge  sein ,   ich   möge  ihn  schlagen ,   d.  h.  laßt  mich 
ihn  schlagen,  möge  ich  derjenige  sein,  der  ihn  schlägt,  ich  werde 
ihn  ganz  gewiß  schlagen. 
Von   den  Verben   werden   durch   Stammänderungen    neue    Verben    in 
folgenden  Formen  abgeleitet: 

1.  Reziproke  Form.     Endung  des  Verbs  -ana. 

ku-tera  schlagen,  ku-terana  einander  schlagen,  d.  h.  kämpfen 
ku-hona  sehen,  ku-honangdna  einander  sehen,  sichtbar  sein 
ku-gönsa  lieben,  ku-gondydnia  einander  lieben,  in  Frieden  leben 
ku-shüra  grüßen,  ku-shürana  einander  grüßen,  sich  begrüßen. 
Die   Konditional-  usw.  Formen    dieser  Verba   enden    auf -a7«e,  z.B.: 
teräine,  honangaine,  gondyälne,  shuräine- 

2.  Angewandte  Form.     Vor  das  End-a  wird  -er  oder -jr  oder -wr 
eingeschoben. 

ku-Uta  bringen,  ku-letira  bringen  für,  zu  jemanden 
ku-gdmha  sagen,  ku-gamhira  sagen  zu  jemanden 
kugwa  fallen,  ku-gxmra  fallen  wo  hinunter 
ku-sära  gebären,  ku-sartra  gebären  für  jemanden. 
Verbalstämme  im  Konditionale,  Perfektum  usw.  endigen  auf -w-e,  z.  B. 
sarire,  gwirire,  gambire,  lettre. 

3.  Die  passive  oder  neutrale  Form.    Vor  das  Elnd-a  wird  ein 
-k-,  oft  mit  einem  Hilfsvokal,  eingeschoben. 


188  Heremann:    Lusiba. 

ku-enda  zerbrechen,  Jcu-endeka  {-endekire)  zerbrochen  sein 

Jcu-abia  zerstören,  Jcu-ahika  (-abiktre)  zerstört  sein 

ku-ata  zerreißen,  ku-atika  {-atiktre)  zerrissen  sein 

ku-shumurüra   öffnen,    ku-shumurugüka  {shumuruyukire)   geöffnet   sein. 

4.  Die  kausative  Form.  Vor  das  End-a  wird  -iss  oder  -ess  ein- 
geschoben, oder  -tsh  unter  Veränderung  des  dem  a  voi-angehenden  Konso- 
nanten. 

ku-furüka  entlaufen,  ku-furtitsha  veranlassen,  daß  jemand  wegläuft, 
zur  Desertion  verleiten; 

ku-iruka  fliehen,  ku-irutsha  veranlassen,  daß  jemand  flieht,  vertreiben, 
in  die  Flucht  schlagen; 

ku-kuha  hinaufgehen,  klettern,  ku-kuhissa  hinaufheben. 

Natürlich  kann  mau  nicht  von  jedem  \'erb  alle  4  abgeleiteten  Formen 
bilden,  sondern  nur  die  eine  oder  andere. 

Das  Passiv  der  angewandten  Form  hat  eine  neue  Bedeutung  und 
könnte  als  neue  Form  betrachtet  werden,  z.B.: 

-yonsa  lieben 

-yonsira  jemanden  lieben,  in  jemand  verliebt  sein,  2.  Form,  Aktiv 

-yunslhwa  gefallen,  2.  Form,  Passiv. 

Außerdem  gibt  es  A'erba,  welche  nur  in  einer  der  abgeleiteten  Formen 
vorkommen,  während  ihr  Stammwerb  nicht  mehr  existiert,  z.  B.: 

-rehissa  vermindern;  das  nicht  existierende  Stammverb  müßte  ^<-reba 
gering  sein«   geheißen  haben; 

-huydnyanwa  sich  begegnen  ist  das  Passiv  der  reziproken  Form  eines 
nicht  vorhandenen  Stammverbs. 

Es  ist  richtiger,  an  Stelle  des  rohen  Verbs  die  zweite  angewandte 
Form  zu  gebrauchen,  besondei's  da  sich  der  Neger  das  Abstrakte  des  ein- 
fachen Verbs  nicht  immer  gut  vorstellen  kann;  wenn  er  spricht:  ich  bringe, 
ich  sage  usw.,  so  denkt  er  sich  inuiier  eine  Person,  der  er  etwas  bringt, 
zu  der  er  etwas  sagt  usw.  ^ 

Liste  der  Verba. 
Der   veränderte    Stamm    ist  jedem    beigefügt. 

sprechen,  reden,  sagen  -ydmba  {-yam-   wivikQw  -tiyissa  {-tigtssise) 
Ure)  I  bitten  -shäba  (shabfre) 

schreien    -tshura  (-tshusire)  =  lärmen  I  danken,  loben  -ssima  {-sstmire) 

schreien,  heulen  (vor  Schmerzen)  wei-    fluchen,  schwören  -rätra  {-rafre) 
nen  -Ura  {-lisire)  schweigen,  vei"schweigen  -essisa  {-essi- 

rufen  -birikira  (  birikire);  -eta  {-essire)        nse) 

flüstern  -ydmba  bnce  klagen,  seufzen  -yänia  (-yanire) 

flöten,  pfeifen  -turisa  {-tiirise)  grüßen    -rdmia   {-ramise)    oder   -shüra 

singen   -dyenya  {-dyenytre)  (shunre) 

schnalzen  -nonkea  {-no7ikise)  '    lehren -e^ytssa  {-eyiss^ise) ;  lernen -yeyi^sa 

fragen  -basa  {-balise)  j      (=  sich  lehren) 

antworten  -etäba  {jetahtre)  zählen  -bdra  {-bastre) 


Herrmann  :    Lusiba. 


189 


zeigen  -oreka  {-orektre) 

den  Ko})f  in  die  Hand  stützen  -kndta 

itdma 
befehlen,   beauftragen    -tüma  {-(umtre) 
verbieten,    verweigern  -dnga  {-angire) 
lästern,  schimpfen  -dyuma  {-dytimire)\ 

sich    zanken    -dyumdna    {-dyumätne) 
streiten     -rwäna    {-rwaine);     -kungdna 

{-kungaine) 
kämpfen,  fechten  -terana  {-teraine) 
lügen    -beya    {-beire);     die    Wahrheit 

sagen  =  nicht  lügen 
betrügen  -niaga  {-niagtre) 
übervorteilen  im  Geschäft  -ssira{-ssdre) 
denken,  nachdenken  -tegeresa  {-(egertse) 

=  aiifpassen,  aufmerken 
träumen  -roia  {-rössire) 
wissen,  kennen,  verstehen,  begreifen 

•mdnia  {-mamre) 
finden  -ronda  {-ronstre) 
messen,  versuchen  -renga  {-rengtre) 
heben  -gonsa  {-gondise) 
wollen,    mögen,    wählen,    wünschen, 

begehren    -enda   {-ensire)',    ich   mag 

nicht  tindikwenda 
warten  -linda  {-linsire) 
lauern,  aufpassen  -una {-untre);  -tegeresa 

{-iegerise) 
fürchten  -tfna  {-tinire) 
plötzlich  zusammenschrecken  -kabardra 

{-kabaratre) 
sich  schämen  -bona  nshoni (Scham  sehen) 
ehren  -tangirtra  {-tangirire) 
sich  erschrecken  -etsliura  {-^tshusire) 
erschrecken,  bedrohen  -känga  {-kangire) 
sich   freuen    -shemererwa  {-shemererwe) 
suchen,  j^^g^n  -htga  {-higire) 
trauern    ku-wa   rie   kibi  (=  sein    mit 

Trauer) 
zürnen    -kwdtwa    kiniga    (=:    ergriffen 

werden  vom  Zorn) 
vergeben  -garurtra  {-garurire) 
vergessen  -ebwa  {-ebtrwe) 
irren,  fehlen,  sündigen  -fakdra  {-fakaire) 
gebären  -sara  {-saire) 
geboren  werden  -sarwa  {-satrwe) 


wachsen  -küra  {-kusfre) 

himgern-   bona  nydra  (Hunger  sehen) 

essen  ^lia  {-nre);  Passiv  -libwa  {-rtrwe) 

beißen  -ruma  {-rumire) 

kauen,  verschlingen  -kanyüra  {-kanyuire) 

satt  sein  -iguta  {-igüsstre) 

dursten  -kwdtwa  irto 

sich  erbrechen  -tdnaka  (-tanaktre) 

seine  Notdurft  verrichten  -künia  {-?iieire) 

urinieren  -niara  {-niätre) 

menstruieren  -stra  {-sisire) 

saugen  -onkia  {-onkise) 

trinken  -künwa  {-nwaire) 

sich  berauschen  (an  Wein  oder  Hanf) 

-tamira  {-tamire) 
sich    berauschen    (an    Tabak)    -songa 

(songire) 
den  Sonnenstich  kriegen  -reshwa 

{-ressirwe) 
waschen,  baden  -oga  {-ogtre) 
niesen  -esseimüla  (-esseimmre) 
husten  -körora  {-köröire) 
sich  räuspern  -kuküma  {-kukumire) 
blasen,  hauchen  -uä  {-üire) 
gähnen  -eamitla  (-eammre) 
'schlafen  -biama  (-biamire)  oder  -nagtra 

{-nagire) 
sich  putzen,  stutzerhaft  anziehen  -etwara 

(-etwete) 
wach  sein  -imüka  {-imiikire);    av ecken 

imutsha  {-imütshire) 
erwachen  -imnkia  (-imükwise) 
ruhen  -hümula  (-humtdre) 
Schmerz  empfinden  -nenwa   {-nenirwe) 
heilen  -ktra  {-kisfre) 
lachen  -sheka  (shektre) 
lecken  -rämba  {-rambtre) 
küssen  (unbekannt) 
schwitzen  küwa  ne  nvpita  (==  sein  mit 

Schweiß) 
töten  -ita  {-isstre) 
sehen  -bSna  {-boine),    manchmal   auch 

(-bomre) 
hören  -urtra  {-urire) ;  horclien  -tegeresa 

oder  -ururisa  {-ururise) 
kosten  -rosa  {-rorise) 


190 


Herrmann:    Lusft 


riechen,  stinken  -nuka  {-nuhire) 

riechen  (aktiv) ,  schnüffeln  -haga  {-Tca- 
gire) 

fühlen,  berühren,  betasten  -Tcoraköra 
{-Jcorakostre) 

den  Beischlaf  vollziehen  -ishuga  {-tshu- 
gire) 

zum  Beischlaf  verführen  -sMha  (shabire) 

notzüchtigen  -dmha  {-ämbire) 

gehen  -genda  {-gendre) 

kommen  -tdya  {-isire) ;  das  i  im  Anfang 
wii'd  mit  \  orangehendem  a  zum 
Diphthong  zusammengezogen;  z.  B. 
Tcandäidya  wenn  ich  komme 

sich  begegnen  -hugänganwa  {-hugan- 
gäinwe) 

landen  =^  ausladen  -ikura  {-ikunre) 
oder  -ikurüra  {-ikurunre) 

landen  :=^  ausgeladen  werden,  er- 
reichen ,   ankommen    -goba  {-gobtre) 

folgen,  verfolgen  -ondera  {-ondtre) 

jemandem  begegnen,  treffen  -shdnya 
(shangire) 

erreichen  -tka  (-iktre) 

umkehren,  zurückkommen  -ganika{-ga- 
ruktre);  -shuba  {-shubire) 

schicken,   senden   -shagdra  {-shagaire) 

eintreten,  passieren,  weggehen,  heraus- 
treten -taha  {-taire) 

auftreten  -nbdta  {-ribasstre) 

einen  Tritt  versetzen,  auskeilen  -tha 
mgere  {-tese) 

laufen,  tliehen,  weglaufen  vor  dem 
Feind  -iruka  (irükire)  Ton  manch- 
mal auf  der  vorletzten  Silbe 

kriechen  -adyüra  {-adyuire) 

klettern  -kuba  {-kubtre) 

ihegen  -guriika  {-gurukire) 

fliehen,  entlaufen  (vom  Sklaven)  -furiika 
{-furukire) 

verlassen  -reka  (-rektre) 

aufgehen  (von  der  Sonne  usw.)  -shabüka 
{-shahukire) 

imtergehen  (von  der  Sonne)  -iowira 
{-toicmre) 

hinaufsteigen  z.  B.  einen  Berg  -temba 


{-tembire);  auf  einen  Baum  klettern 
-kuba  (-kubtre) 

hinabsteigen ,  herabsteigen ,  herab- 
klettern von  einem  Berg  oder  von 
einem  Baum  -ssongöka  (ssongoktre) 
-kuburugüka  (-kuburugukire) 

stehen  -emerera  {-emerdre);  aufstehen 
-imka  {-imkire) 

stellen  -emeresa  {-emeresire) 

erschüttern,  schütteln  z.  B.  einen  Baum 
-tshunda  {-tshundre)  oft  auch  ver- 
doppelt tshundatshimda .  um  die 
Intensität  auszudrücken 

ausschütteln  vom  Kleide  z.  B.  Staub 
-kunkumüra ,  {-kunkumurire) 

zittern  -tshündwa  {-tshundrice) 

hüpfen  -tshöka  (-tshoki're) 

springen  -gurüka  (-gurukire) 

tanzen,  spielen  -oiya  (-otre) 

mit  den  Füßen  stampfen  -oiyaoiya 

stolpern,  straucheln  -ssitdra  (-ssitatre) 

fallen  -^gwa  {-gwtre) 

fallen  lassen  -täissuka  {-täi'<suktre) 

ertrinken   ^fa  meise 

schwimmen  -sia  {-snre) 

fließen  -gera  {-gedre) 

trommeln  -tera  ngöma 

tröpfeln  -tönia  (-tontre) 

anschwellen,  voll  werden  -idyüra 
{-idyurie);  vom  Geiliß,  vom  Fluß 
u.  dergl. 

dasein,  bleiben,  wohnen  -ikdra  {-ikaire) 

hocken,  sich  hinhocken  auf  das  Ge- 
säß, Knie  hoch  -shimtama  {-shun- 
tamire) 

sitzen,  sich  setzen  nach  europäischer 
Art  -tanddma  {-tandamire) 

knien,  sich  hinknien  auf  beide  Knie 
-teka  mädyui  (-tektre) 

knien,  sich  hinknien  auf  ein  Knie 
-teka  küdyui  kümwe 

biegen,  beugen  -indmia  {-inamfre); 
-inika  {-inikire);  -konddmia  {-konda- 
mtre)  (bedeutet  auch:  weich,  bieg- 
sam machen  im  Wasser) 

legen,  aufbewahren  -bika  {-biklre) 


Herrmann  :   Luslba. 


191 


hängen  (transitiv)  -rerembia  (-rerembise) 

»       (intransitiv)     -rerembiioa    (also 

Passiv  des  vorigen) 
henken,  erdrosseln  -niga  {-niyire) 
sterben  -fa  {-fwire)',  (oft  hört  man  auch 

-fwa  statt  -fa 
zwitschern  -dynidya  {-dyuigtse) 
hinken  -tshumhagira  {-tshumbagire) 
schief,  krumm  gehen  -remdra  {-rematre) 
abreißen,    trennen,   zerreißen   -tayüra 

{-taguire) 
abwischen,  fegen  -ererera  {-erertre) 
anfangen ,  vorangehen  -bänsa  (-bandlse) 
anklopfen  -Tiomdk&ma  {-komaTcomire) 
anzünden  -bätsha  (-bakise) 
arbeiten  -kora  {-kodre) 
aufrollen,  rollen  -singa  {-singtre) 
aufsetzen    (den   Hut)    -eshweka    {-esh- 

wekire),   eigentlich:   yeshweka,  d.h. 

sich  bedecken 
ausbreiten  -anika  {-anikire),  z.  B.  Zeug 

zum  Ti'ocknen 
bauen  -ornbeka  {-ombekire) 
bedecken  -shweka  {-shicektre) 
einwickeln,  binden  -körna   {-komire) 
Flasche  verschließen  -fundikira  {-fun- 

dikire) 
Topf    mit    Blatt     zubinden     -shemba 

(shembtre) 
beendigen  -mdra{-mas(re);  -aga{-agire); 

kiramdra  es  genügt 
bezahlen  -rtha  {-riire) 
brechen,  zerbrechen  -enda  {-endtre) 
brennen  (intransitiv)  -ssorora{-ssorotre), 

ist  auch  das  Anbrennen  der  Speisen 

im  Kochtopf 
brennen  (transitiv)  kokia  {-öktse) 
bringen,  holen  -leta  {-lessire) 
eintauchen  -ibika  {-ibikire) 
erhalten,  bekommen,  empfangen  -tura 

(-totre);  -abwa  {-atrwe  =  Passiv  von 

-ua,  geben) 
aufsaugen  -bdka  {-baktre) 
fischen  -dyuba  {-dyubire) 
flechten  -ruka  {-ruktre) 
führen  -ebembera  {-ebembtre) 


füllen  -idyusa  {-idyusire) 

geben  -ua  {-mre) 

ausschütten,  weggießen  -shisha  {-she- 

shtre) 
ausgießen    (aus    der    Flasche)    -füka 

{-fukire) 
Fallen  stellen  -tega  {-tegtre) 
faulen,    verfaulen,  verderben  -dyünda 

{-dyunstre) 
graben  -ssimba  {-ssimbire) ;  ackern  -lima 

{-limire) 
begraben  -Itma  nidnga 
greifen,     halten,     festhalten      -kwata 

{-kwassire) 
hauen,  schlagen  -tera  {-tftre) 
abhauen  -tema  {-temtre) 
Handel  treiben ,  verkaufen  -tünda  {-tun- 

sire) 
heben  -shutüra  {-shutufre) 
heiraten  -shwera  {-shwetre) 
das  Brautgeld  zahlen  -sserera  (sserenre) 
hüten  -Itssa  {-lissire) 
jäten  -lima  {-limire) 
kaufen  -güra  {-gusire) 
kitzeln  -sigita  {-sigitire) 
kneifen  -kusMna  (-kushunire) 
kochen  -tshiimha  {-tshumbire)  transitiv, 

-bira  {-bisire)  intransitiv 
kratzen ,  sich  am  Körper,  eaga  (-eagtre) 

=  ku-ye-aga 
kratzen,  schaben,  z.  B.  ein  Fell  -kica- 

rüra  (-kwarurire) 
still  sein  -reka  yombo 
lassen  -reka  {-rekire) 
verlassen,  wegwerfen,  von  sich  stoßen 

-naga  {-nagire) 
löschen  -rasa  {-rarise) 
lösen,  erlösen  -kingura  {-kinguire) 
machen  -gira  (-gisire) 
anlügen,     zum    besten    halten    -lemba 

{•lembtre) 
mahlen  ^ssa  {-ssalre) 
mischen  =  kämpfen   -terana  {-teraine) 
nähen  -basira  (-bastre) 
nelimen ,     hervorholen ,     herausholen 
-iya  {-Tire) 


192 


Herrmann  :    Lusfba. 


öffnen ,  z.  B.  Tür  -kinyüra  {-kinguire) 
,    z.  B.     eine    Last    -shümurura 

i^-shumuruire) 
abwehren,  parieren  -kinga  {-kingire) 
quälen  -kungdna  {-kungaine) 
ärgern,  höhnen  -dyuma  {-dyumire) 
zerreiben  =r  mahlen 
anstreichen  -oma  (-omtre) 
retten ,  helfen  -dyüna  {-dyuntre) 
rösten  -kdra  {-kadre)  (Fleisch  an  Stäb- 
chen oder  im  Gefäß) 
rudern  -huga  {-hugire) 
säen  -biara  {-hiäire) 
sammeln  -shombosa  (-shombfn.se) 
schälen,  z.  B.  Bananen  -aia  {-asstre) 
ausschälen,    bei    Hülsenfrüchten   -tön- 

dora  (-tondotre) 
schießen  mit  Gewehr  -tera 

Pfeil  -räsha  {-rasstre) 
schleifen,  wetzen  -wra  {-ioire) 
schneiden  -shdra  {shasire) 
stechen  -kosa  {-karise) 
durchbohren  mit  Speer,  Messer  usw. 

-fümula  {-fumutrc) 
Loch  bohren  -igüra  {-igutre) 
stehlen  -iba  {-ibire) 
strafen  -iya   büri  (die  Rüpelhaftigkeit 

austreiben)  {-iire) 
tätowieren  -tematema  {-tematemire) 
tauschen  -hinga  (-hingire) 
teilen,  verteilen  -gdba   {-gabrre);  -t?ka 

{-tekire) 
tragen  -ttoara  {-tweie) 
treffen  -ieba  {-tebire) 
vertreiben  -binga  {-bingtre) 
verbergen       -shereka      oder      shereka 

(sherekire) 
verwüsten,  verderl)en,  zerstören  -abia 

{-abise) 
sich   beim  Häuptling   versammeln   zu 

Tanz  oder  Krieg  -tora  {-töire)  s.  auch 

»empfangen« 
zum  Häuptling  zum  Empfang  oder  in 

dessen  Gefolge  gehen  -kurdta  {-ku- 

rassire)  {-kika  ist  ein  Lugandawort, 


wird  aber  fast  immer  statt  -kurdta 

gebraucht) 
verletzen ,  verwunden  -kosa  (-korise) 
verlieren  -bura  {-busire) 
verschließen  -kinga  {-kingire) 
,  verstopfen  -igdra  {-igdire) 
Wunden  verbinden  -tonelta  {-tonekire) 
umdrehen,   oben    nach    unten    -ijidüra 

{-indutre) 
drehen  -garüra  (-garmre) 
werfen   -shdbura    {-shabtiire);   -tshutssa 

{-ishuissise) 
zerreißen  -tdgura  {-taguire);  -tentemüla 

{-tentemuire);  -ata  {-atise) 
zerstreuen  -Uba  (-bibtre) 
ziehen  -niurüra  {-niuruire) 
verklagen    -töidya  {-toisire) 
richten,  Urteil  sprechen  -ramüra  {-ra- 

muire) 
besiegen  -ssinga  {-ssingire);  -lema  {-le- 

mtre) 
schenken  -gemula  {-gemuire) 
rasieren  -moissa  {-moissise) 
bellen  -hoigoka   {-böigoktre) 
anfahren,   anschnauzen,  kiuirren  -ru- 

ruma  {-rurumire) 
trotzen  -tshusa  {-tshurise) 
verachten  -sira  {-sistre) 
borgen  -eora  (-eoire) 
verborgen  -eosa  {-eoise) 
Weg   schließen    durch    einen    darauf- 
gelegten Zweig  usw.  -igdra  {-igdire) 
donnern  -hinda  {-hinsfre) 
gewinnen,   Profit   haben  -inditra  {-in- 

diäre) 
aufgehalten  werden ,  Verzögerung  ha- 
llen -kerererwa  {-kererirwe) 
herausgehen,  kommen,  aufstehen  -ruga 

{-rugire) 
zugeben,  bestätigen,  gehorchen  -ikirisa 

{-ikiristre) 
krank  werden  -ruara  {-rtiatre) 
herausholen,  herausheben,  hochheben 

-niuküra  {-niiikitrire) 
Bitterkeit  schmecken  -sharirirtca  {-sha- 

rirince) 


Hkrrmann  :   Lusil: 


193 


beneiden  -sstnda  {-ssindtrc) 
verweigern  -dnga  {-angtre) 
nachsehen,  suchen  -tga  {-igire) 
setzen,  legen,  stellen,  hintun,  ablegen 

-ta  [-taire) 
passieren,    vorbeigehen,     gehen     auf 

einem  Wege  -rdba  (-rabtre) 
rösten,    in  den   Kohlen    braten   -otsha 

(-ofsMre) 
einladen,  verladen  -ssdhara  {-ssahatre) 
aufhalten,    zurückhalten,    verhindern 

-tdnga  {-tangire) 
müde  werden,  besiegt  werden  -lemwa 

{-lemirwe) 
genug  haben ,  satt  sein  -igüta  {-igussire) 
hineinsehen  (z.  B.  in  ein  Loch)  -hmi- 

kirtsa  (-Jcunikirtse) 
herumgehen  -sönga  (songire) 
betrogen,  belästigt,  aufgehalten  werden 

-shakürwa  {-shalcurirwe) 
gefallen  -gonstbica  {-gonstbwe) 
vermehren   -tao  ndi  (=  hü-ta  o  -ndi, 

d.  h.  dort  dazutun  andere) 
vermindern  -iyao  ndi  (=  liu-iya  o  ndi, 

d.  h.  dort   wegnehmen    andere)   ndi 

erhält    hierbei    natürlich    sein    ent- 
sprechendes Präfix 
vermindern  -rebessa  {-rebessire) 
übertreffen  -Mra  {-histre)  oder  -ssinga 
schmecken,  kosten  -rosa  (-rosire) 
sündigen,  sich  vergehen,  Unrecht  tun 

-fakära  {-fakäire) 
abnehmen,     weniger     werden     -Mya 

{-Tcdre) 
abreißen  (Rinde  vom  Baum),  quetschen, 

Haut  abstoßen   (von  der  Schlange) 

-sJiushubüra  {-shushubmre) 
Abschied  nehmen  -rdga  {-ragire) 
abhäuten,    das    Fell    abziehen    -wdga 

(•wagtre) 
trocknen  (intrans.)  -Jcöma  (-koniire) 

(trans.)  -hömessa  {-komessise) 


ähnlich,  gleich  sein,  sich  ähneln  -shu- 
shdna  {-shushdine)  bei  Dingen ,  -shu- 
shandna  (shushandine  bei  INIenschen 
sich  wundern,  staunen  -kidsha  (-kiashtre) 
anstaunen  -shamara  (shamäire) 
die    Augen    vor  Verwunderung    auf- 
reißen -tunulira  {-tunuUre) 
sich    anziehen    -dyuara   {^dyuaire   oder 
-dyuete)  beide  Formen  haben  dieselbe 
Bedeutung 
sich  ausziehen  -dyura  {-dyuire) 
sich  aufschürzen  -fungirira  {-fungirtre) 
aufpassen  -vessise  {-vessirise) 
das  Zeug  zwischen  den  Beinen  durch- 
ziehen und  hinten  zusammenbinden 
-binda  {-binsire) 
plötzlich  aufspringen  -ssubutüka  {-ssu- 

butuMre) 
ausspucken   ^tshwa  {-tshwtre) 
durch  die  Nase  ziehen    und   spucken 

-kondöra  {-kondötre) 
den   Mund   ausspülen   -dyugäta   {-dyu- 

gussire) 
auswandern  -tamwa  {-tamire) 
festmachen  -gumtssa  {-gumissise) 
Knoten    binden    -shumika   {-shumikire) 
Holz  behauen  -shongöra  (shongoire) 
ein  Kind  durch  Schaukeln  beruhigen 

- tshutshunsa  (- tshutshurtse) 
blinzeln  -okea  {-okise) 
kastrieren  -shimüra  (shummre) 
längliches  Knäuel  binden,  einen  Strick 

zusammenfalten  -iöka  {-toMre) 
sich  unterhalten,  sich  beraten  -fumöra 
spazieren  gehen,    herumgehen   -bünga 

{-bungire) 
herumschicken  -bündya 
ansehen ,  betrachten  -reba  {-rebire)  oder 
-rola  {-rölire)  idyoröle!{=  tdya  u  role) 
komm,  du  mögest  sehen,  komm  und 
sieh  selbst!  hierhergeschaut!  Auf- 
gepaßt ! 


Mitt  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.    1904.  TIIAbt. 


1 94  Herrmann  :    Lusi'ba. 

Zwei  Tierfkbeln. 

In  der  ersten  Zeile  stehen  die  Worte  so  wie  sie  beim  Erzählen 
wirklich  ausgesprochen  und  zusanunengezogen  werden;  in  der  zweiten  Zeile 
stehen  die  grammatikalisch  richtigeren  Formen  bzw.  die  Zerlegung  der 
zusammengezogenen  Wörter  und  der  Konjugationsformen. 

ntdle  yasarenyüdyu  yasarenkuba  yasarembögo 

ya - sara  - nyüdyu 
Die  Löwin   gebar   den    Elefant,    gebar    den    Blitz,   gebar   den  Büffel, 
yasarempissi  yasareniemera  yasarenyugu 

gebar     den     Leopard,      gebar     das     Hartebeest,      gebar     das     Nilpferd, 
yasarenyamelshwa        sona      hagenda         kuhiga.        enywna 
ha-genda  nyüma 

gebar  die  wilden  Tiere  alle;  sie  gingen  zu  jagen.    Dahinter,  d.  h.  nacli  ihnen 

ruaidya  iMtshunkubaka  ruamuamasi 

ru-a-tdya  ru-a-m-ua  masi 

kam      (P^igenname    eines    bösen    Geistes)   er    gab    ihr    (der    Löwin)    Kot, 
yagalia.        wäigoro  bwatidöe  hmdya       bona         yabagamhira 

ya-ga-  lia  bwana  -  be  ba  -  tdya  ya-ba-  gambira 

sie  aß  ihn.     Abends  ihre  Kinder  sie  kamen    alle,     sie  sagte  ihnen: 

IMtshunkubaka      rndmpa    masi  nälia  nintina  rutafiiia 

ru-a-mpa  ru-ta-ni-ite 

L.  er  gab   mir   Kot,   ich   aß,    ich    fürchtete,    daß    er    mich   töte. 

(er  möge) 
etnpissi  agämba  rulinde  ndyenduite. 

ya-gämha  n-ru- linde  i'idye-n-ru-ite 

Der  Leopard     sprach,     ich  möge  ihn  erwarten,  laßt  mich  kommen,  laß  mich 
(will)  ihn    töten,   d.  h.  ich    werde 

ihn  schon  töten. 
kaibabalio  ruaidya  yaruböna  mirembo 

ka-ra-ba-alio  ru-a-idya       ya-ru-böna       mu-irembo 

Als    er   (der   Leopard)   dort   war,    kam   er   (L.);    er    sah    ihn    in    der   Tür, 
(als  er  war,  er  ist  dort) 

nina  yagirati  nduro.  emphsi       yarabona        yarutina 

ya-gira  ati  ya-ru-böfia    ya-ru-ttna 

seine  Mutter  sie  machte  so:  da  ist  er.     Der  Leopard  sah  ihn,  fürchtete  ihn: 
maue  tinduite  ilia  masi.         wäigoro  bagarüka. 

tin-ru-ite  ba-garüka 

"Mutter!  ich  möge  ihn  nicht  töten!  iß  den  Kot!«     Abends  kehrten  sie  zurück, 
(kann)  (die  Kinder) 

yabagambira  narutina.  nyüdyu  agiräü 

ya-ba- gambira  na-ru-tma  a-gira  äti 

Er  (der  Leopard)  sagte  ihnen :   ich  fürchtete  ihn.     Der  Elefant  er  machte  so, 

(den  Geist) 


Herrmann:    Lusiba. 


195 

nyüdyu 


yarulinda.  haltnya  bayenda.         nyuma    Lutsh.   yaidya 

ya-ru-  linda  ha  -  genda  ya-idya 

eigtl.  rua- 
er  erwartete  ihn.  Die  andern  gingen  fort.     Nachher    L.     er  kam,  der  Elefant 

yaruhona        yatina          yagiräti  maJue  ilia     masi.           wäigoro      haidya 

ya-ru-hona  ya-fina      ya-gira   ati  ha-idya 

sah  ihn,     fürchtete  er  machte  so :  »Mutter  iß  den  Kot!«     Abends  kamen  sie 
(sagte) 

hwäna  höna  yahagamhira  nashnwa 

ya-ha-gambira 
die    Kinder    alle.      Sie    (die    Löwin)    sagt    ihnen:    ich    bin    zurückgekehrt 

(ich  habe  schon  wieder 
nagalia  masi.  hagamhirdna  nöararinda 

na-ga-lia  ha-gamhirdna  noöa-ra-linda 

ich  habe  ihn  gegessen  den  Kot.     sie  sprachen  zueinander:  wer  Avird  warten? 
Kot  gegessen)  (aufpassen) 

hagamhati  kialema  empissi        ne        nyüdyu  nöarakita 

ha-gdmhä-ati       Ici-a-lema  noöa-ra-M-ita 

sie  sprachen  so:   es  besiegte  den  Leopard  und  den  Elefant,  wer  wird  es  töten? 
(ki  z=  es  bezieht  sich  hier  auf  kintu  das  Ding,  das  böse  Ding) 

yagurdho  Jiküba  yakilinda  yagambiremne 

ya-güra-ö  ya-Tti-linda  ya-gambira  nina 

Wo  er  trat  hervor  der  Blitz,    er  erwartete  es,  er   sagte   zu  seiner  Mutter: 

ilia  masi  neiwe 

ne  iwe 

iß    den    Kot    und    du 
ruäidya 


Wem 


Tcarvmdya  ruJcakugambira 

ka  -ru-ra-  tdya  ru-ka-ku-  gambira 

besser:  Ica-ru-ku- 
er   (der  Geist)   kommt,    wenn    er    dir    sagt: 


rugambire 

u-ru-  gambire 

sage  ihm: 

ruagambira 
er    sagte 


neiwe     ugalie. 
neiwe  u-ga-lie 
»und  du  iß  ihn«, 
(iß  ihn  auch) 

nina  leta 


Jcayaikdra 
ka-ra-ikdra 


Als  er  blieb  (der  Blitz)  kam  er  (der  Geist), 
kigega 


küe  masi 

n-ku-ue 
der    Mutter:    gib    ein    Körbchen,    daß    ich    dir    gebe    Kot; 


kayamgambira       ruäidya  kumita 

ka  -  ra  -m- gambira  ru-a-  idya   ku -  ?« -  ita 
Als  sie  ihm  sagte,  kam  er,  um  sie  zu  töten ; 
yaruita  yarushereka 

ya-ru-ita  ya-ru- shereka 

er  tötete  ihn  (den  Geist),  er  versteckte  ihn ; 
bwandhe       baidya  bambdsa  maue  wagälia 

ha-idya  ha-m-bdsa  wa-ga-lia 

ihre  Kinder  kamen,  sie  fragten  sie    (die  Mutter):   Mutter,  hast  du  den  Kot 

13* 


^ira  neiwe     ugälie. 

ya-m- gamb ira       ne  iwe  u-ga-lie 
sie  sagte  ihm:   »und  du  iß  ihn« 

nküba       yaruga  igüru 

ya - ruga 
der  Blitz  kam  aus  dem  Himmel 


196  Herrmann:    Lusiba. 

masi'^  yaikirtsa  nagälia.  nküba       yaydmba 

ya-ikirisa  na-ga-lia  ya-gdmha 

gegessen?      sie    gab    zu:     ich    habe     ihn     gegessen.       Der    Blitz     sagte: 

narutta.  halinya       hagiraü  noheya        yagdmha       mshuture 

na-ru-ita  ba-gira  äti       no-beya      ya-gdmha    m-shuture 

ich  habe  ihn  getötet.       Jene    machten  so:   >.du  h'igst« ;  er  sagte:  hebt  ihn  auf, 

bashutura  haleta  babona  bamsstma 

ha-shutura  ba-m-sstma 

sie  hoben  auf  (den  Geist),  sie  brachten,  sie  sahen,  sie  lobten  ihn  (den  Blitz): 

ulimsheidya  bamaräibilo  bibili  ninäbo  yaruära 

u-li-msheidya  ba-mara  bilo 

du  bist   ein  Mann;    sie   beendigten  Tage  zwei,    ihre  Mutter  wurde    krank, 
(blieben) 

yabeta  yabagambirdti  ndidya  kitfa.  nyugu  naküa 

ya-ba-eta    ya  -  ba  -  gambira  ati      na-idya  na-ku-üa 

sie  rief  sie,  sie  sagte  ihnen  so:  ich  komme  zu  sterben.    Nilpferd,  ich  gebe  dir 
(ich  werde  bald  sterben) 

mme         nyüdyu  nakua  irünyu,      ntdle  nakuirnngu 

na  -  ku  -  Tia  irüngu 
das  Wasser,  Elefant,  ich  gebe  dir  die  Wildnis ,  Löwe,  dir  gebe  ich  d.  Wildnis, 

nyameishwa      sona  nakuirüngu  bdntu 

na-ku-  Ua  irüngu 
wilde     Tiere     alle     dir    (euch)     gebe     ich     die    Wildnis,     die     Menschen 

barabababeita  nküba      mwana- 

ba-ra-ba-ba-ba-Tta  mvcana 

sie  werden  sein  sie  töteten  sie ,  Blitz ,        Kind 

(d.h.  den  Menschen  soll  es  bestimmt  sein,  sie  zu  töten) 

wdnge     nküra  nakueigüni.  ubenotta 

wdnge  na-ku -tia  igürn  übe  no-ita 

mein   großes,    dir    gebe    ich    den     Himmel.      Du    mögest   sein,    du  tötest 

(dir  soll  es  gegeben  sein,  zu  töten) 

bdntu.  tnie  ndfa  ilöko      mwtdhe. 

die  Menschen.     Ich,  ich  sterbe,  vorwärts,  geht! 
(eigtl.  ich  starb) 


empissi  na  kdmi  nabaniendbo  bagurente. 

ne  ne   banina  babo  ba-gura  ante 

Der    Leopard    und    der    Hase    und    ihre    Mütter    kauften    Rindvieh. 

yagdmba  iuite  banieneitshwe.  empissi  yatta 

tu-tte  ba-nineitsliwe  ya-ita 

Der  Leopard     sagte:       laßt  uns  töten  unsere  Mütter.     Der  Leopard  tötete. 


Herrmann  :    Lusiba.  1 97 

kämi  yashereka        yamremba         emptssi  ntinamutta  maiie 

ya-m-lemha  nti-na-m-ita 

Der  Hase  A^ersteckte,    er  betrog    denLeopard:  «also  ich  habe  dieMutter  getötet.« 

empissi       yagenda  Jculissmle.  Tcilo  Mndi  hdmi  yaltssa 

Jcu-lissa  ente 
Der  Leopard     ging     das  Vieh  zu  hüten.     Den  andern  Tag  hütete  der  Hase, 

yagenda        yälia  wanma.  empissi  yahasehdmi 

ya-hdsa  Ttämi 
er    ging,      er    aß      bei    der    Mutter.        Der    Leopard    fragte    den    Hasen: 

ntiwalidici  ya-gambäti  ndlia  hushawahiremba. 

nti  wa-lia  MM  ya-gdmba  äti  busha  bwa  Jciremba 

was   hast    du    gegessen?      er   sprach    so:     «ich    aß     Kot     des    Rindviehs.« 

empissi        yagdmba  Tcanshubeyo  ngende 

Tta-n-shube-o 
Der  Leopard    sagte:    und  ich  möge  dorthin  zurückkehren,  ich  möge  gehn, 

Icalie  Tcayagenda         yalia  yasharirirwa  mükdnwa 

richtiger:  Tca-ndie 
und  ich  möge  essen;    und   er   ging,    er  aß,    er    hatte  Bitterkeit   im  Mund; 

yashüba  atiwandemba.  bvodnkia  kdmi   yagenda 

ati  wa-ni-lemba 
er  kehrte  zurück:   »so  betrogst  du  mich.«     Den  andern  Tag  ging  der  Hase 

kuUssa      yarumwa  nydra  yagenda      külia  xmnina. 

ya  -  rumica 
zu  hüten,  er  wurde  vom  Hunger  geplagt,  er  ging  zu  essen  bei  der  Mutter. 

empissi      yagenda  kutegeresa    yaunra  yalia  yaitamna 

ya-ita  nina 
Der  Leopard    ging    aufpassen,  er  hörte,  er  aß  (d.  Hase);  er  (d. Leopard)  tötete. 

kdmi.  kdmi  atindamlemba 

ö  kdmi  ati-nda-m-lemba 

die  Mutter  des  Hasen.     Der   Hase   (sagte):    »so   werde   ich  ihn  betrügen.« 

yagenda  Miitente  nempissi  talw. 

ku  -  ita  -  ente  ne  -  empissi 

er  ging  zu  töten  ein  Rind,  und  der  Leopard,  er  ist  nicht  dort  (abwesend). 

yagibdga                yatwdla  magufa                         yatammwdnda 

ya-dyi-bdga  ya-ta-mu-mwdnda 

er   (der  Hase)   zerteilte    es,    er  nahm  die  Knochen,    er  legte  auf  den  Weg 

gobalikurdba  minofu  yatamgwigaire. 

go-ba-li-ku-rdba  ya-ta-mu  gu-igaire 

richtiger:  gu-o-  (hier  ist  zu  ergänzen:  mwända) 
den  wo  sie  sind  zu  passieren,  das  Fleisch  legte  er  auf  den  verschlossenen  Weg. 
(den  sie  passieren  mußten) 


198  Herrmann:    Lusiba. 

mtwe        yata  mrutatenga  mtesataha 

mu-rutatenga  ente  sa-taha 

Den  Kopf  steckte  er  in  zngeAvachsenes  Wasser,    das   Rindvieh    (das  andere) 

yagambirempissi  kiremhomwe 

ya-gamhira  empissi  kiremha  ömwe 

gingen  fort  (nach  Haus).     Er  (der  Hase)  sagte  dem  Leopard:  ein  Rindvieh 

yagwa  mrutatenga.        empissi  agiräti  tugende  tuige 

fiel      ins  Moor.  Der  Leopard  machte  so:  laßt  uns  gehen,  laßt  uns  nachsehen; 

haimka  bagenda      haTcibona        ntikwäta  tuiyeho 

{nti  =  so)  tu-tya-o 

sie  standen  auf,  sie  gingen,  sie  sahen  es.  » So  ergreife,  wir  wollen  es  hier  herausholen, 

baTcwata  haniuküra  haiydho  mtugüsha.  kämi 

ba  -iya-o  ihtwe  -  gusha 

sie  faßten  zu,  sie  hoben  hoch,  sie  holten  dort  heraus  nur  den  Kopf.     Der  Hase 

(den  leeren  Kopf) 

yagambirempissi:  kakugambira  tuniuküre  möpla 

n-ka-ku-gambira  tu-niuküre 

sagte    dem    Leopard:    ich    hatte    dir   gesagt,    laßt  uns  hochheben   langsam, 
waniuküra  na  mani.         mifce  bagmiäga  bagaritka. 

ba  -gu-  näga 
du  hast  hochgehoben  mit  Gewalt.  Den  Kopf,  ihn  warfen  sie  weg ;  sie  gingen  zvu-ück. 
kdmi  yagambirempissi  rabamwdnda  gwigäire 

räba  mvcanda  gu-igaire 

Der  Hase  sagte   dem  Leopard:     Gehe  auf  den  Weg.    der   verschlossen    ist. 

(er  war  verschlossen.) 

empissi  yaydnga  ndarawogu  gnlikurdba  bäntu. 

ya-ye-dnga  nda-rdba   ogv  gu-li-ku-rdba 

besser :  baligukuräba 
Der  Leopard  weigerte  sich:  ich  werde  diesen  gehen,  welchen  sie  gehen,  die  Leute. 

kämi      yagambäti        ilöko!  empissi      yagenda    nyirönda  magüfa 

richtiger : 
ya-ga-  ronda 
Der  Hase  sagte  ihm :  Vorwärts!     Der  Leopard  ging,  er  fand  sie,  die  Knochen 

rie  kdmi  yagenda       naronda  minoftt  hagöba  mwäbo. 

und    der    Hase      ging,        er    fand     das    Fleisch,    sie    erreichten    bei    sich. 

(die  Fleische)  (kamen  nach  Hause) 

empissi  yalirammwdnda  yamara  kami  kötsha 

ya-lia  mu-mwdnda  a-ka-otsha 

Der  Leopard     aß  auf  dem  Wege .     er  beendete .     der  Hase       er  röstete 

(es  aß  alles  auf)  (er  hatte  geröstet) 

empissi  aikdra  nareba  yamshäba    kämi      nainie 

ya-ikara  na-ya-riba  ya-m-shdba  rie  mie 

der  Leopard    er   blieb    und    er   betrachtete,    er  bat  den   Hasen:    »und  ich. 


Herrmakn 

:    Lusiba. 

199 

rhpae          nydma 
gieb    mir    Fleisch , 

ndie 
daß    ich    esse.  -< 

yamgirati 
Er    sagte    ihm 

ycaie 
:     deins 

wdlia 
aßest    du? 

wamdra                 kämi        gambira 
ya-gamhira 
beendigtest  dui*     Der  Hase     sagte:    di 

JcwTyelUso  limo 

u-hu-iye  lisso 

\  mögest  dir  ein  Auge  herausnehmen. 

yagirati 

ya-gira  ati 

er  (Leopard)  sagte 

iloko 
:    \'orwärts ,    nimm 

iydmo 
iya  -  mo 
es   hier  heraus; 

yaiydmo 

ya  -  iya  -  mo 

er   nahm    es   heraus, 

yamua     nydma 
ya-m-ua 

yagirati 
ya-gira  ati 

shtiha 

u 

uiyemo 

-  iye  -  mo 

nibi 
ne-  ebi 

er  gab  ihm  Fleisch.     Er  (Hase)  sprach:  kehre  zurück,  nimm  heraus  und  dieses, 

(nimm  auch  noch  das  zweite  heraus) 
rhpae  ndyindi  yamwiya  yamua 

ne-  Itndi  ya-m-  iya  ya-m-ua 

gib    mir     und    jenes,     er    nahm    es    ihm    heraus,     er    gab    ihm    (Fleisch), 
(gib  mir  auch  das  andere) 

yamdra  yäfa. 

er  beendete  es,  er  starb  (der  Leopard), 
(als  es  beendet  war,  starb  er) 


Sprichwörter. 

bwmu  nio  bwenu  alikugämba  nmkea  na  beya 
heute  ist  heute;  er  sagte:  morgen,  er  lügt. 
(Morgen,  morgen,  nur  nicht  heute,  sprechen  alle  faulen  Leute.) 

utabonempia  uJcateiitemüla  nküru 

du  mögest  nicht  sehen  das  neue,  du  hattest  zerrissen  das  alte. 
(Wer  den  Pfennig  nicht  ehrt,  ist  des  Talers  nicht  wert.) 

Jtoahmne  nihoTcaue 

wo  du  hast  gesehen,  das  ist  deins. 

(Besser  ein  Spatz  in  der  Hand,  als  zehn  auf  dem   Dache.) 
roJcushakürwa  rusönga 

rugendo  rüa  Jcu-shakärwa  rüa-songa 

der  Weg  des  Betrogenvverdens.     der  Weg  ging  herum ;  d.  h.  wenn  du 

auf  dem  direkten  Wege  nicht  gehen  kannst,  so  gehe  herum. 
(Eile  mit  Weile.) 

ngende  niemanire  {na-ye-manire) 

ich  möge  gehen,  ich  habe  mich  gekannt;  d.h.  als  vorsichtiger  Mann 

habe  ich  mich  mit  allem  nötigen  versehen;  ich  bin  bereit,  reisefertig 

usw.  (entspricht  dem  Sprichwort  der  Zanzibariten :  hakiba  kibindöni). 

bäntu  tibassimwa 

den  Leuten  wird  nicht  gedankt. 
(Undank  ist  der  Welt  Lohn.) 


200  Heremann:   Lusiba. 

Mhitshänge       nitsho         Mrüngi       (zu  ergänzen  Mnlu) 

mein  schlechtes  Ding  das  ist  schön. 

(Jeder  Narr  liebt  seine  Kappe;  die  Geschmäcker  sind  verschieden.) 
tialk)  münwa         guroresa        güno 

{Tcu-rosa  schmecken,  -roresa  etwas  schmecken) 

es  gibt  keinen  Mund,  er  schmeckte  dort  (der  von  ferne  schmecken 
kann),  d.h.  laß  mich  kosten,  vielleicht  schmeckt  mir  gut,  was  dir 
schlecht  schmeckt  (de  gustibus  non  est  disputandura). 

Das  Vaterunser. 

(Die  unterstrichenen  Worte  sind  dem  Kisuaheli  entlehnt.) 

Ishetshwp,  alio  muigüru. 

tussime  ibdra  Haue. 

mani  gerne  gaidye  kweitu.    iubikinse  bigdmbo  biaue  rnuigüru  ne  muUmwengu. 

hiokülia  beitu  tüpae  bilo  bona. 

utugarurire  Jcatura/dkara ,  rie  turabagarvnra  bänhi  babäire  bafakälre. 

umirütshe  msimu  rhbi  mvmigdnya  yeitu  rie  ututge  bübi  bona. 

ne  buküru  bona  ne  mani  göna  ne  magesi  göna  nigo  gaue  tdngu  milele 
husima  milele.     Amtna. 

Unser  Vater  er  ist  im  Himmel;  wir  wollen  Deinen  Namen  preisen; 
Deine  Kraft  komme  zu  uns ;  wir  wollen  Deinen  Reden  gehorchen ,  im  Himmel 
und  auf  Erden;  unser  Essen  gib  uns  alle  Tage;  vergib  uns,  wenn  wir  sün- 
digen, und  wir  werden  den  Leuten,  welche  sündigen,  vergeben;  vertreibe 
den  bösen  Geist  in  unsere  Herzen  und  nimm  von  uns  weg  alle  Schlechtig- 
keit; und  alle  Macht  und  alle  Kraft  und  alles  Wissen  das  ist  bei  Dir  von 
Ewigkeit  zu   Ewigkeit.     Amen. 

Proben  von  Namen. 

1.  Männlich. 

Kissebuka,  Bwama,  Radiümbu,  Tegameisho,  Katshuvo,  Mutu,  Munidge, 
Katavasi,  Birwdnga,  Luessabula ,  Kera,  Lnbangirdna,  31sseknla,  Biabüsha, 
Vatshuvtra,  Kadyahura,  Kabikome ,  Kagöko,  Käntu ,  Ba?tdfhu,  Bintatünga, 
Buandüru,  Luabuyüngu,  Kabwera,  Tshobia,  Ruitäma,  Kildli,  Gimbt/a,  Nia- 
kamare ,  Lutdssekwa. 

2.  Weiblich. 

Kidnge,  Niabuhoro ,  Mwendera,  Kampa,  Tegdna,  Nsheka,  Kaihüra, 
Mfüra,  Bitinde,  BahaMya,  Indura,  Bwemero ,  Yambika,  Mkatundu,  Garin- 
gc^ni,  Mkarvani,  Tunire,  Ngumtssa,  Ndimuno,  Tindibensa,  Mkanise,  Tindiebwa, 
Ntandirege,  Bukisa. 


201 


Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Von  Carl  Meinhof. 


Einleitmig. 

Vom  August  des  Jahres  1902  bis  zum  Februar  1903  habe  ich  mich  in 
Sansibar  und  Deutsch  -  Ostafrika  aufgehalten,  um  meine  phonetischen  Beob- 
achtungen an  Ort  und  Stelle  nachzuprüfen,  zu  berichtigen  und  zu  vervoll- 
ständigen. Ich  habe  meine  Untersuchungen  auf  eine  große  Anzahl  von 
Sprachen  der  Bantugruppe  ausgedehnt  und  auch  versucht,  in  Sprachen  ein- 
zudringen, welche  nicht  zu  dieser  Gruppe  gehören.  Selbstverständlich 
waren  diese  Forschungen  sehr  verschiedener  Art.  Im  Suaheli  sind  z.  B. 
die  grammatischen  Formen  längst  festgelegt  und  gut  bekannt.  Ich  konnte 
mich  also  hier  auf  das  beschränken,  was  umstritten  oder  sonst  zweifelhaft 
war.  Im  Sambala  waren  umfassende  Vorarbeiten  geschaffen  —  meine  Auf- 
gabe konnte  hier  nur  sein,  an  den  Stellen  einzugreifen,  wo  meine  Vorgänger 
ein  sicheres  Resultat  nicht  gefunden  hatten.  In  anderen  Sprachen,  wie  in 
den  Sprachen  der  Mbugu  und  der  Ndorobo,  fehlten  alle  \'orarbeiten.  Hier 
mußte  ich  versuchen,  Erstlingsarbeiten  zu  schaffen. 

Selbstverständlich  waren  auch  die  Gewährsmänner  für  die  einzelnen 
Sprachen  an  Zahl,  Intelligenz  und  Zuverlässigkeit  verschieden.  Auch  war 
die  Zeit  sehr  verschieden,  in  der  ich  diese  Gewährsmänner  zur  Verfügung 
hatte.  Und  schUeßlich  ist  in  den  Tropen  die  Sicherheit  der  Beobachtung 
noch  mehr  als  in  Europa  durch  die  größere  oder  geringere  körperliche 
Frische  des  Beobachtenden  beeinflußt.  Dementsprechend  ist  der  Wert 
dieser  Sammlungen  natürlich  sehr  verschieden,  und  ich  werde,  ehe  ich 
Zusammenfassendes  sagen  kann,  erst  auf  jede  einzelne  Sprache  im  besonderen 
eingehen  müssen.  Ich  beginne  mit  den  Bantusprachen  und  gebe  im  folgenden 
zunächst  einen  kurzen  Aufsatz  über  die  bekannteste  und  wichtigste  Sprache 
Ostafrikas,  das  Suaheli. 

Daß  es  mir  ermöghcht  ist,  die  Untersuchungen,  über  deren  Ergeb- 
nisse ich  in  den  folgenden  Studien  Kechenschaft  ablege,  an  Ort  und  Stelle 
vorzunehmen,  verdanke  ich  der  Gnade  Sr.  Majestät  des  Kaisers,  durch  die 
mir  die  nötigen  Mittel  aus  dem  Allerhöchsten  Dispositionsfonds  bei  der 
Reichskasse  bewilligt  wurden,  dann  aber  auch  den  maßgebenden  Persön- 
hchkeiten  im  Reichsschatzamt,  im  Kolonialamt  und  im  Kultusministerium, 
welche  die  Gewährung  dieser  Mittel  so  wii-ksam  befürwortet  liaben. 

Außerdem  ist  es  mir  ein  Bedürfnis,  allen  den  Ileiren  Beamten  und 
Missionaren,    Deutschen    und  Engländern,    die   eifrig   und   nachhaltig   meine 


202  Meinhof:    Linguistisclie  Studion  in  Ostafrika. 

Forschungen  unterstützt  haben,  meinen  aufrichtigen  Dank  auch  an  dieser 
Stelle  auszusprechen.  Ich  hoffe,  daß  meine  Studien  für  die  Entwicklung 
der  deutschen  Kolonie  von  Nutzen  sind,  und  daß  sie  den  Herren,  die  prak- 
tisch mit  den  Sprachen  Afrikas  zu  tun  haben,  ihre  Arbeit  erleichtern  werden. 
Wenn  diese  Hoffnung  mich  nicht  täuscht,  so  bitte  ich,  diese  Studien  als  ein 
geringes  Zeichen  meines  Dankes  anzusehen. 


I.  Suaheli. 

Quellen. 

1.  Abdurrahman  bin  Sadiq,  geb.  in  Sansibar,  Araber,  Dolmetscher  bei 
dem  deutschen  Konsulat  in  Sansibar. 

2.  Djuma  bin  Abdallah,  geb.  in  Maskat,  wohnt  in  Sansibar. 

3.  Osman  bin  Said,  ein  Beduine  aus  Jemen  vom  Stamm  der  Kunud. 
(Miqdad  el  Kindi),  30  Jahre  alt,  Dolmetscher  beim  Kaiserlichen  Bezirksamt 
in  Daressalam. 

4.  Mwalim  Nusra   bin  Maullid,   geb.  in  Amu,  wohnt   in  Daressalam. 

5.  Omar  bin  Stambul,  ein  Suaheli,  zweiter  Wali  in  Tanga. 

6.  Hamed  bin  Ilamis  aus  Mvita. 

7.  Der  Schreiber  Shame  in  Wilhelmsthal,  ein  Suaheli. 

Die  bereits  sehr  umfangreiche  Literatur  des  Suaheli  setze  ich  als  be- 
kannt voraus. 

In  S.  54  f.  meiner  »Lautlehre«  hatte  ich  nachgewiesen,  daß  i  und  u 
im  Suaheli  doppelte  Funktion  haben,  sie  stehen  statt  des  ursprünglichen  i 
und  u  und  statt  i  und  u  {i  und  «).*  Meine  Untersuchungen  bezogen  sich 
also  darauf,  ob  dieser  Unterschied  in  der  heutigen  Aussprache  des  Suaheli 
noch  hörbar  ist.  Abdurrahman  glaubte  einen  solchen  konstatieren  zu  können, 
indem  er  z.B.  das  u  in  ttona  »senden»  (urspr.  «)  dem  o  ähnlicher  fand 
als  das  u  in  mafuta  »Fett-  (urspr.  «).  Ebenso  in  tukana  »schimpfen«,  yule 
»jener«  (urspr.  «)  h'/.w.fuya  »Tiere  zähmen«,  mika  »einen  Fluß  überschreiten», 
vuma  »brausen«  (urspr.  u).  Bei  den  ersteren  Lauten  zog  er  die  Mund- 
winkel ein ,  bei  den  letzteren  (in  fu-,  vu-)  nicht. 

Ähnlich  lag  die  Sache  bei  i  und  i-,  ^■- Laute,  die  als  Vertreter  von 
urspr.  i  auftraten,  sprach  er  mit  eingezogenen  Mundwinkeln,  «-Laute,  die 
für  urspr.  /  eintreten ,  mit  breitem  Munde  (auseinandergezogenen  Mund- 
winkeln). Jedoch  liegt  die  Sache  offenbar  so,  daß  die  Silben/«,  vu,  si, 
si,ß,  dji,  zi,  vi,  in  denen  allein  ja  ursprünglich  geschlossene  (schwere) 
Vokale  auftreten,  durch  die  Veränderung  des  Konsonanten  schon  genügend 
von  den  Silben  unterschieden  sind,  die  offene  Vokale  enthalten,  nämlich 
ku,  tu,  pu,  u  (gu),  ki,  ti,  pi,  i,  li,  wi.    Für  das  Sprachgefühl  des  Suaheli 


1  Ich  habe  in  meinem  »Grundriß  der  Bantusprachen«  statt  i  und  «  einfach 
i  und  M,  statt  i  und  ;/  aber  i  und  ü  gescluieben.  Ich  halte  obige  Schreibung  für 
korrekter  und  habe  sie  deshalb  jetzt  eingeführt. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  203 

liegt  also  der  Unterschied  der  beiden  Silben  nicht  mehr  im  Vokal,  sondern 
im  Konsonanten,  und  er  glaubt,  daß  er  die  Vokale  etwas  verschieden  spricht, 
weil  ein  anderer  Konsonant  vorhergeht,  und  nicht,  daß  der  Konsonant 
durch  den  anderen  Vokal  erst  hervorgerufen  ist.  Aber  selbst  wenn  ein  so 
sorgsam  beobachtender  Mann  wie  Abdurrahman  einen  Unterschied  heraus- 
zuhören glaubt,  so  ist  doch  fiii-  die  Sprache  im  allgemeinen  ein  solcher 
noch  nicht  festzustellen.  (Allerdings  hat  Nusra  aus  Amu  mir  die  Vokale 
ebenso  vorgesprochen,  und  beider  Aussprache  stimmt  mit  meinen  theoretischen 
Anschauungen  überein).  Aber  ich  habe  beim  Gesang  in  den  Gottesdiensten 
der  U.M.  in  Sansibar  und  Kiungani  wochenlang  fast  täglich  zugehört,  und 
es  ergab  sich,  daß  ganz  zweifellos  manchmal  zum  Schluß  der  Zeile  w, 
manchmal  u  gesungen  wurde.  Ich  hörte  aber  bald,  daß  hier  kein  etymo- 
logischer, sondern  lediglich  ein  musikalischer  Grund  vorlag;  blieb  die  Stimme 
schweben  nach  dem  ersten  Halbvers  des  Psalmes ,  so  klang  der  Vokal  wie 
u,  sank  die  Stimme  am  Schluß  des  zweiten  Halbverses,  so  klang  der  Vokal 
wie  u,  in  beiden  Fällen  ohne  Rücksicht  auf  die  Etymologie.  Ich  bin  des- 
halb der  Ansicht,  daß  Abdurrahmans  und  Nusras  abweichende  Mundstellung 
in/«,  vu,  si  usw.  besser  auf  die  Bildung  der  Frikativlaute  als  auf  die  der 
Vokale  zurückzuführen  ist. 

Danach  war  das  Resultat  in  bezug  auf  den  Unterschied  von  n  und 
u,  i  und  i  negativ. 

Zu  demselben  Resultat  kam  ich  bei  §  und  e,  o  imd  o,  nur  noch  mit 
größerer  Bestimmtheit.  Meine  Behauptung  auf  S.  55  des  »Grundriß«,  daß 
ona  »sehen«  ein  g  habe,  während  sonst  o  im  Suaheli  vorkommt,  ist  un- 
richtig. Sämtliche  Suaheli,  die  ich  gesprochen  habe,  sprechen  alle  e  und 
0  gleich,  und  zwar  nicht  ganz  so  w^eit  wie  die  Südafrikaner,  offenbar  aus 
dem  Grunde,  weil  sie  nicht  ^  und  e,  o  und  o  zu  unterscheiden  haben.  Man 
könnte  also  phonetisch  beide  Laute  als  e  und  o  schreiben  und  halb  offen 
(halbweit)  nennen.  So  z.  B.  ist  auch  in  yetu  »unser«,  wevi  (statt  ica-ivi) 
»die  Diebe«,  tvengi  (statt  wa-ingi)  »viele«  das  e  derselbe  Laut  wie  in  anderen 
Suaheliworten. 

Die  bisherige  Auffassung  der  Semi  vokale  w  und  y  bedarf  aber  der 
Berichtigung;  lo  steht  nach  S.  54  »Grundriß«  für  urspr.  v,  in  anderen  Fällen 
vgl.  S.  62  »Grundriß«  ist  es  aus  urspr.  u  entstanden.  Gutsprechende  Suaheli 
machen  zwischen  diesen  beiden  w  einen  deutlichen  Unterschied,  z.  B.  in 
icathti  »Leute«  (urspr.  u)  klingt  w  an  u  an,  also  konsonantisch,  in  aka- 
mwambia  »und  er  sagte  zu  ihm»  klingt  w  ganz  wie  kurzes  ü,  woraus  es 
entstanden  ist,  also  vokalisch.  Ich  glaube,  eine  Unterscheidung  der  beiden 
Laute  würde  die  geschriebene  Sprache  in  vielen  Fällen  leichter  verständlich 
machen. 

Damit  hängt  es  zusammen ,  daß  das  u  nach  m  vor  folgendem  Kon- 
sonanten in  der  Schrift  ganz  ausgelassen  wird.  Gibt  man  aber  sorgsam 
acht,  so  findet  man,  daß  dies  ti  tatsächhch  gesprochen  wird.  So  z.  B. 
sprach  Abdurrahman  deutlich  M^hindi  »der  Inder«.  Der  anglikanische 
Diakon  Jiponde,  ein  geborner  Yao,  aber  ein  tüchtiger,  unterrichteter  Mann, 
wies  die  englischen  Missionare  der  U.  M.  darauf  hin.   wie  falscli  es  ist,  im 


204  Mkinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrilia. 

Suaheli  vS'ämtliche  Lautverbindungen  von  m  mit  Labialen  gleichzuschreiben. 
So  z.  B.  ist  in  mbica  »Hund«,  mvua  »Regen«  keine  Spur  von  u  nach  m  zu 
hören,  aber  z.  B.  in  mpagazi  wird  m  nicht  eng  mit  p  verbunden.  Für  das 
Gefühl  des  Suaheli  ist  hier  ein  u  zwischen  m  und  p,  und  sobald  er  lang- 
sam und  pathetisch  spiicht,  ist  dies  u  in  vielen  Fällen  auch  dem  Europäer 
hörbar.^  Da  der  Unterschied  der  beiden  Wortarten  ein  grammatischer  ist 
(m- Präfix  und  OTM- Präfix),  würde  die  geschriebene  Sprache  an  Deutlichkeit 
gewinnen,  wenn  dieser  Unterschied  in  ihr  zum  Ausdruck  käme.  Jipondes 
Ansicht  ist  gewiß  die  richtige,  und  es  würde  ein  Fortschritt  sein,  wenn  sie 
im  Neudruck  des  N.  T.  berücksichtigt  würde.'* 

Ich  bin  überzeugt,  daß  die  Sache  bei  y  ähnlich  liegt;  ich  habe  sie 
aber  hier  nicht  weiter  verfolgt,  da  ich  hier  noch  nicht  von  der  Dringlich- 
keit der  Unterscheidung  überzeugt  war. 

Musikalischen  Ton  habe  ich  im  Suaheli  nicht  nachweisen  können. 
Bei  den  Konsonanten  legte  ich  auf  die  Unterscheidung  der  Tenues  und 
Aspiraten  großes  Gewicht.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  daß  diese  Unter- 
scheidung, die  Bischof  Steere,  der  eigentliche  Begründer  der  Suaheligram- 
matik, bereits  angebahnt  hat,  später  unbeachtet  blieb.  Sie  liegt  in  jedem 
Dialekt  des  Sualieli  vor  und  ist  zum  Verständnis  sonst  gleich  klingender 
Wörter  absolut  notwendig.  Die  Vernachlässigung  dieser  Unterscheidung 
kann  die  verdrießlichsten  Mißverständnisse  zur  Folge  haben,  ist  also  auch 
im  praktischen  Interesse  zu  verwerfen. 

Ich  habe  mir  von  verschiedenen  Gewährsmännern  die  nachfolgenden 
Worte  geben  lassen ,  habe  dieselben  zum  Teil  auch  mit  dem  Phonographen 
aufgenommen  und  berufe  mich  außer  auf  Steere  auf  die  Forschungen  von 
W.  E.  Taylor,  die  dazu  geführt  haben,  daß  in  den  Drucken  der  C.  ]NL  S. 
jetzt  Aspiraten  und  Tenues  durchweg  unterschieden  werden. 

Abdurrahman  gibt  an: 

themho  9   »Elefant»  ^tembo  5   »Palmwein« 

thaa  »ein  Fisch,  Rochen«  Vaa   »Lampe« 

phaa  »eine  Antilope«  -paa  »hinaufsteigen«;   »schaben« 

phepo  10   »Wind«  u-pepo   11    »Wind« 

Maa  »Krabbe-  'kaa   "Kohle-,  -kaa   »sitzen« 

khanga   »Perlhuhn«  -kaahga   »braten« 

khuni  10   »Feuerholz«  u-kuni  11   ein  Stück  Feuerholz« 

khamba  »großer  Krebs«  karnha  »Seil« 

klmta  9   »Wulst,    auf  den    Kopf  zu      kata     9     »Löffel,     um    Wasser     v.n 
legen,  um  Schweres  zu  tragen«  schöpfen« 

-katlm   » schneiden « 


1    Vgl.  noch  mlango  (uispr.  mn-lanpo)   »Tür«,  dialektisch  mwango. 

'  In  den  Mombasa -Drucken  finde  ich  den  Versuch,  die  betreffenden  Unter- 
schiede anzudeuten.  Man  schreibt  häufiger  mu  statt  bisherigem  »i  bzw.  mu\  Auch 
die  Schreibung  nVc,  tnhwa  finde  ich.  Dieselbe  muß  ich  aber  als  verfehlt  bezeichnen, 
da  hier  ja  eben  kein  u  ausgefallen  ist   uud  n  mit  d,  m  mit  b  einen  Laut   bildet. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  205 

Die  veraltete  Perfektform  statt  m' /?«f_/j(2to  »ich  habe  bekoinnien«  spricht 
er  phete,  statt  ni  tendedje  »was  soll  ich  tun!'«  sagt  er  in  fortlaufender  Rede 
thendedje.     Vgl.  »Grundriß«   S.  56. 

Nusra  gibt  an:  khahga,  khaa,  ^kaa,  phepo,  iipepo,  temho,  thembo 
wie  oben. 

Bei  ^kata  gibt  er  die  Bedeutung  -Ring  auf  dem  Kopf^  an,  bei  ^katha 
»schneiden«   wie  Abd. 

Ferner  notierte  ich  khuku  "Huhu«,  thende  »Dattel«,  aber  m-^tende  3 
»Dattelbaum«,  phete  »Ring«. 

-kvu   »groß«,  in  Kl.  9   khuu 

-kavu  »trocken«    >■     »   khamt, 

-'iatu  »drei«  »     »   thatu  (das  zweite  t  fast  dem  ersten  gleich) 

-pana  »breit«         »     »  pharm 

ki-pdka  »Kätzchen«     phdka   »Katze« 
mti  3    »Baum«  mthu   1    »Mensch- 

niha  9   »Wachs« 

-pia   »neu«  mphia   Kl.  9 

Omar  bin  Stambul  in  Tanga  gibt  an:  ^tembo,  thembo,  khdta,  'kdta, 
-katha,  khaa,  kaa,  -kaa,  phaa,  -paa  wie  Abdurrahman.  Er  fügt  hinzu: 
nukha  »stinken«,  ^paa   »Dach«. 

Hamed  bin  Hamis  aus  Mvita  bestätigt  Omars  Angaben.  Er  spricht  V 
sehr  weich,  so  daß  es  wie  stimmloses  d  klingt  in  ^tembo  »Palmwein«, 
"tuma  »senden«. 

In  Ihini  dial.  für  tiiiii  »unten«  spricht  er  aspiriertes  dentales  t,  da- 
gegen in  djCto  5    »Auge«   nicht  aspiriertes  L 

Auch  er  kennt  die  Aussprache  thendedje  statt  ni  tendedje,  bezeichnet  sie 
aber  als  poetisch. 

Einer  der  Schreiber  auf  dem  Bezirksamt  in  Wilhelmsthal  in  Usambara 
namens  Shame  wurde  durch  den  Hrn.  Bezirksamtssekretär  Dahlgrün  auf 
meine  Bitte  veranlaßt,  dem  Sachverhalt  nachzudenken.  Er  fand  auf  eigene 
Hand  noch  folgende  Beispiele,  die  er  mir  aufschrieb: 

thende  9   »Dattel«  tende  5   »Schwellung« 

thweka   »tragen«  tweJca  »aufhissen« 

thaka  »Schmutz«  -taka   »wünschen,  wollen« 

Der  Araber  Djuma  in  Sansibar,  allerdings  nicht  dort,  sondern  in 
Arabien  geboren,  gibt  folgendes  an:  khaa,  ^kaa,  -kaa,  -tatu,  thatu,  pheke, 
phepo,  mthu,  nukha,  ntha,  mphya  {mphia)  neben  ki-pya  wie  oben,  ferner: 
peta  »blasen«,  dakha  »fangen«   (einen  Ball),  wothe  »alle«   Kl.  2. 

Es  unterliegt  also  gar  keinem  Zweifel,  daß  die  Unterscheidung  der 
Tenues  von  den  Aspiraten  von  jedem  gebildeten  Suaheli  beachtet  wird. 
Daß  Sklaven  oder  auch  andere  Leute,  z.  B.  Missionsschüler  aus  dem  Innern, 
diesen  Unterschied  nicht  beachten,  beweist  nichts  für  das  Suaheli,  da  diese 
Leute  eben  nicht  ordentlich  Suaheli  können. 


206  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Die  Laute  'X:,  V,  ^p  werden  bei  sorgsamer  Aussprache  nicht  wie 
deutsche  Tenues,  sondern  mit  Kehlverschluß  gesprochen.  (Nach  voran- 
gegangener Aspirata  scheint  die  Aussprache  sich  der  des  vorhergehenden 
Lautes  zu  nähern;  s.  oben  die  Bemerkung  zu  thatu.) 

hh,  th,  ph  klingen  auch  anders  als  die  Aspiraten  in  deutschen  Dia- 
lekten. Man  macht  nach  Je,  t,  p  ordentlich  eine  Pause  und  spricht  dann 
das  h  etwa  wie  in  Deutsch:   »Backhaus,  Papphaus,  Rathaus«. 

Mit  ch  bezeichnet  man  in  der  gebräuchlichen  Schreibung  des  Suaheli 
drei  Laute,  die  ganz  verschiedenen  Ursprung  haben.  Wo  hi  vor  einen 
Vokal  tritt,  wird  es  in  der  Regel  zu  ch,  hier  steht  ch  also  als  Entsprechung 
für  urspr.  ky. 

Außerdem  wird  der  von  mir  mit  h  bezeichnete  Laut  des  Urbantu  im 
Suaheli  von  Sansibar  und  der  gegenüberliegenden  Küste  ebenfalls  durch  ch 
vertreten.  Kommt  vor  diesen  Laut  ein  n,  z.  B.  in  Kl.  9  und  10  der  No- 
mina (Subst.  und  Adj.),  so  schreibt  man  den  dort  gesprochenen  Laut  (urspr. 
nie)  wiederum  ch. 

Es  war  meine  Aufgabe,  zu  untersuchen,  ob  diese  drei  etymologisch 
verschiedenen  Laute  phonetisch  gleich  sind  oder  nicht,  und  was  für  Laute 
denn  nun  durch  ch  bezeichnet  wurden. 

Auf  den  Unterschied  zwischen  ch  <  ky  und  ch  <  k  konnte  ich  lange 
nicht  kommen.  Im  Sambala  entdeckte  ich,  daß  es  dort  zwei  Laute  gibt, 
die  beide  mit  ch  geschi'ieben  wurden,  von  denen  der  eine  aus  ky  entstanden 
ist,  die  aber  beide  stimmlose  Lenes  sind.  Ich  fand,  daß  der  dem  ky  ent- 
sprechende Laut  mehr  hinten  im  Munde  an  der  Stelle  des  j  gebildet  wird, 
und  bezeichne  ihn  deshalb  mit  '{/  {j  ist  stimmlos),  der  andere  wird  mehr 
vorn  und  mit  Rauschlaut  gebildet,  ist  also  ^tz  (5  stimmlos).  Es  gelang  mir 
nicht  den  Unterschied  im  Suaheli  in  Afrika  festzustellen;  jedoch  hat  der 
Lektor  am  Seminar  für  orientalische  Sprachen  Ilr.  Mtoro  bin  Mwcnyi  Bakari 
vermöge  seiner  größeren  Intelligenz  und  sprachlichen  Schulung  schnell  ver- 
standen, was  ich  meinte,  und  ich  weiß  nun,  daß  die  Sache  im  Suaheli 
ähnlich  ist.     Urspr.  ky  >  '{/,  urspr.  k  >  Vi. 

Der  dritte  Laut  war  leichter  zu  finden : 

Abdurrahman  gab  an:  tSuiigu  «bitter«  (Kl.  9),  tioma  »Feuer  anstecken«, 
tzeka   »lachen«. 

Ebenso  gab  jener  Schreiber  Shame  in  Wilhelmsthal  selbständig  und 
ohne  danach  gefragt  zu  sein  als  Analogie  zu  kh,  th,  ph  noch  tS  an  als  aus 
Vi  in  Kl.  9  entstanden,  z.B.  Uini  «unten«,  tsui  9  «Leopard«,  iSanga  »un- 
reif« Kl.  9  vom  Stamm  -tzahga.^  So  notierte  ich  auch  bei  Djuma  ntsa 
»Spitze«,  ntsi  «Land«,  tsini  »unten«.  Die  Richtigkeit  dieser  Aussprache 
wird  mir  von  Hrn.  Mtoro  bestätigt.  Außerdem  war  anzunehmen,  daß 
ebenso  wie  aus  'k ,  't,  p  unter  dem  Einiluß  des  Nasals  die  Portes  kh ,  th, 
ph  entstanden,  daß  so  aus  Vi   das  ts  entstand,  das  fast  wie  tlJ  klingt. 


1    \n  meinen  Notizen  habe   ich  tjahya  statt  tzanga  geschrieben.     Den  Unter- 
schied zwischen  fj  und  tz  hörte  ich  damals  noch  nicht. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  OstafVika.  207 

In  guter  Aussprache  ist  also: 

ursjjr.  hy  >  '^"j  z,  B.  Uj-uhgu  7   »Kochtopf«, 
^  >  ^tz,  z.  B.  -tzungu   »bitter«, 

nk  '>  ts  (bei  Einsilbigen  7its),  z.  B.  tsuhgu  9  »Ameise«   oder 
»bitter»   in  Kl.  9;  ntsi  9   »Land«. 

Wenn  Abdurrahmann  zwischen  ch  <  Jcy  und  ch  <  k  keinen  Unter- 
schied fand,  so  lag  das  gewiß  an  meiner  falschen  Fragestellung.  Wir 
hatten  vorher  über  die  Unterschiede  der  Aspiraten  von  den  Tenues  ge- 
sprochen. Ein  analoger  Unterschied  besteht  tatsächlich  zwischen  '{;  und  Vi 
nicht.  Da  Abdurrahman  mich  auf  den  Unterschied  zwischen  "tz  und  tS 
hinwies,  so  war  seine  Aufmerksamkeit  offenbar  auf  die  Stärke  der  Aspi- 
ration gerichtet,  und  ich  fürchte,  die  meine  auch.  Erst  nachdem  ich  von 
intelligenten  .Sambalajungen  auf  den  Unterschied  von  ^tj  und  'tz  gebracht 
war,  lernte  ich  selbst  den  Unterschied  im  Suaheli   zu  hören. 

Darin  stimmt  Abdurrahman  aber  mit  den  andern  überein,  daß  er 
in  chungu  »Kochtopf«,  changu   »mein«   Kl.  7  das  ch  als  Lenis  spricht. 

Im  »Grundriß»  habe  ich  zwei  ch  mit  ty^,  das  dritte  mit  th'jt^  wieder- 
gegeben.    Dies  ist  hiernach  zu  berichtigen. 

Die  Laute  Vi,  ti,  auch  s  werden  im  Suaheli  palatal  gebildet.  Ich 
habe  deshalb  dem  Zeichen  für  den  Rauschlaut  noch  das  Palatalzeichen  hin- 
zugefügt ,  das  in  der  praktischen  Schreibung  natürlich  wegfällt.  Im  Dialekt 
von  Mombasa  entspricht  dem  Vi  stets  V,  dem  ts  stets  th.  Vgl.  hierzu  die 
umfangreiche  Literatur  im  Mombasa -Suaheli,  die  diesen  Unterschied  festhält. 

Ich  finde  bei  Nusra: 

teka  »lachen«  (fast  fee^a  \z  stimmlos]),  ntha  9  »Spitze«,  thavca  9  »Laus«, 
tinda  »schlachten«  (Sansibar:  'tzindja),  nthi  9  »Land«,  pka  »müde  sein«, 
ito  pl.  matp   »Auge«. 

Dagegen  ist  ky  >  tj  wie  im  andern  Suaheli,  z.  B.  tjangu  »mein«  Kl.  7. 

Hamed  gibt  an  als  Entsprechung  für  urspr.  iik  und  k: 

thini  »unten«,  djiU)   »Auge«. 

Übrigens  sprechen  die  Mombasaleute  in  sehr  vielen  Fällen  ^,  wo  die 
südlichen  Suaheli  nicht  Vi,  sondern  t  sprechen. 

Der  Unterschied  zwischen  dentalen  und  zerebralen  Lauten  ist  auf  die 
nördlichen  Dialekte  beschränkt.^ 

So  z.B.:  Mombasa  Sansibar 

-tano  »fünf«  -tano 

-^afuna  »kauen«  -tafuna 

•  othe  »alle«  -othe 

-taka  »wollen«  -taka 

usw. 


1  Der  Grund  hierfür  ist  vielleicht  der,  daß  aus  den  nördlichen  Dialekten  als 
der  Sprache  der  Gebildeten  eine  große  Anzahl  Worte  in  die  südlichen  eingedrungen 
ist,  und  zwar  in  wenig  veränderter  Gestalt —  oder  es  sind  Fremdwörter,  die  beide 
Dialekte  aus  derselben,  mir  nicht  bekannten  Quelle  geschöpft  haben. 


208  Meinitof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Die  Zungenstellung  bei  den  Dentalen  ist  nicht  koronal  (interdental). 
Diese  einen  Lispellaut  hervorrufende  Stellung  wird  nur  bei  gewissen  arabi- 
schen Lauten  eingenommen  (s.  unten). 

Die  Aussprache  von  j  läßt  sich  durch  dj  am  besten  wiedergeben ;  im 
Dialekt  von  Amu  ist  keine  Spur  einer  Explosiva  hörbar,  man  spricht  j 
bzw.  y.     Jedocli  wird  statt  ndj  hier  nd  gesprochen. 

Nusra  z.  B.  gibt  an:  ja  {ya)  »kommen«,  yaa  »voll  sein«,  ndorm  9 
»Elefant«,  nde  »draußen«,  ndaa  »Hunger«  für  sonstiges  dja,  djaa,  ndje, 
ndjaa.     Für  ndovu  brauchen  die  südlichen  Dialekte  thembo. 

Hamed  gibt  an:  ndovu  9  »Elefant«,  ndia  »Weg«,  ndaa  »Hunger«. 
Statt  dj  sj^richt  er  fast  dy,  so  daß  der  Übergang  zu  der  Aussprache  von 
Amu  hörbar  ist,  z.  B.  in  dyaa  »voll  sein«. 

Übrigens  entspricht  nicht  jedem  nd  des  Mombasadialekts  ein  ndj  in 
Sansibar,  z.B.  Mombasa  pewcfe  »lieben«,  Sansibar  ^jerada. 

Es  sind  jedoch  für  die  südlichen  Dialekte  nicht  zwei  nd  anzusetzen, 
ebensowenig  wie  zwei  t  und  th.^ 

Zu  den  Dentalen  sei  noch  bemerkt,  daß  auch  s  und  z  in  den  nörd- 
lichen Dialekten  dental  (nicht  interdental)  und  nicht  alveolar  gesj)rochen 
werden.  Ich  verzichte  aber  auf  eine  Bezeichnung  dieser  Aussprache,  da 
ich  das  Dentalzeichen  für  die  Lispellaute  reservieren  möchte. 

Das  Zeichen  r  der  gebräuchlichen  Orthographie  wird  ebenso  wie  das 
Zeichen  /  willkürlich  mehr  dem  /  oder  mehr  dem  /•  ähnlich  gesprochen. 
Eins  dieser  Zeichen  wäre  also  wohl  überflüssig. 

Nusra  sprach  auch  lekundu  5  »rot«  statt  djeJtundu  der  südlichen 
Dialekte.  Besonders  interessant  war  mir  das  Eintreten  der  Dentalen  statt 
der  Dentilabialen  zu  beobachten  (vgl.  die  analogen  Vorgänge  im  Sotho, 
»Grundriß«   S.  37.  39  und  im  Tsivenda'  S.  623.  630); 

z.  B.  mvuzi  1  »Fischer«  {mmtvi),  hgozi  9  »Fell«  {/igovi),  zita  (vita)  »Krieg«, 
zitwa  zao  8  »ihre  Köpfe«  statt  vitzwa  vyao,  msinahyi  1  »Töpfer«  von ßnahga, 
ndisi  1  »Bezahler«   von  -lipa,  sikilia   »ankommen«  statt _/?A'a  usw.  nach  Nusra. 

In  den  südlichen  Dialekten  wird  besonders  die  Lautverbindung  fyo 
oft  zu  so  (vgl.  Sotho  fya  >>  swa). 

Nach  Djuma:  sokota  »drehen«  (Sansibar)  statt/yoÄ-ota  (iMombasa,  Amu), 
aber  scmda  »saugen«   (Amu)        siKÜ  fyonza  (Sansibar). 

Das  Eintreten  von  zaa  »gebären«  statt  i^yaa,  zee  »alt«  statt  vyele  im 
Dialekt  von  Sansibar  ist  hierdurch  klar. 

Während  Steeres  Orthographie  zwischen  h  und  ««7  (er  schreibt  den 
ersteren  Laut  ng\  den  zweiten  ng)  klar  unterschied,  ist  von  seinen  Nach- 
folgern in  der  Suaheliliteratur  dieser  Unterschied  vernachlässigt  worden; 
und  doch  handelt-  es  sich  um  zwei  ganz  verschiedene  Laute;  h  ist  velares 
n,  ein  einfacher  Laut,  in  dem  keine  Spur  von  g  hörbar  ist  wie  ng  im 
deutschen  Wort  »singe« ^;  iig  dagegen  ist  eine  Lautverbindung,  die  aus  n 
und  g   besteht.      Es    klingt    wie   ng    in    »Kongo«.      Jeder    Suaheli    spricht 

1  Siehe  Note  S.  207. 

2  Nicht  wie  in  manchen  Elementarschulen  gesprochen  wird. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  209 

iiomhe  "das  Rind",  hambo  »die  andere  Seite«,  aber  nguluwe  »Schwein«, 
mjoclja  »warten«.  Nur  die  Europäer  hören  diesen  Unterschied  nicht.  Um 
hier    die   Ausspiaclie    zu    korrigieren,   muß  korrekter   geschrieben    werden. 

Ein  junger  intelligenter  Pokomo  machte  mich  seinerzeit  darauf  auf- 
merksam, daß  das  Suaheli  zwei  h  hätte,  eins  mit  Kehlverschluß  'ö,  das 
andere  dem  deutschen  ö  gleich ,  aber  vollstimmig.  Ich  habe  auf  die  Sache 
viele  Mühe  verwandt  mit  negativem  Erfolg.  Es  wird  richtig  sein,  daß  h 
nach  m  anders  gebildet  wird  als  h  zu  Anfang;  aber  eine  Unterscheidung 
der  beiden  Worte  hihi  »Großmutter«  und  hihi  »gnädige  Frau«  in  der  Aus- 
sprache habe  ich  nicht  feststellen  können. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  habe  ich  der  Aussprache  der  arabi- 
schen Laute  im  Suaheli  zugewandt.  Ältere  und  neuere  Orthographien 
schwanken  hier  ganz  besonders ,  und  die  neueren  Orthographien  haben 
schließlich  alle  Laute  des  arabischen  Alphabets  im  Suaheli  unterschieden. 
Es  ist  von  vornherein  klar,  daß  Fremdwörter  aus  einer  von  dem  Suaheli 
so  ganz  abweichenden  Sprache,  wie  das  Arabische  ist,  im  Munde  des 
Suaheli  stark  verändert  werden  müssen.  Man  erinnere  sich  nur  der  Tat- 
sache, daß  das  Arabische  das  Zusammentreffen  von  Konsonanten  und  den 
konsonantischen  Auslaut  durchaus  nicht  scheut,  während  beides  im  Suaheli  im 
wesentlichen  verpönt  ist.  (Das  Zusammentreifen  eines  Nasals  mit  dem  folgenden 
Konsonanten  ist  nur  eine  scheinbare  Ausnahme,  da  Nasale  reine  Klänge,  also 
genau  genommen  Vokale  sind.)  Außerdem  sind  die  »emphatischen«  Laute 
und  gewisse  »Gutturalen«  der  semitischen  Sprachen  dem  Suaheli  fremd. 
Eine  dritte  Gruppe  bilden  die  Laute,  die  im  Suaheli  zwar  nicht  vorkommen, 
aber  ihrem  Wesen  nach  von  den  echten  Suahelilauten  nicht  so  vollständig 
verschieden  sind  wie  die  obigen  beiden  Gruppen. 

Lautverbindungen  wie  in  sultan  löst  der  Suaheli  in  der  Regel 
durch  Einfügung  des  entsprechenden  Vokals  auf,  indem  er  sulutani  spricht 
(vgl.  dazu  das  dem  Lateinischen  entstammende  Tcalaiasi  »Papier« ,  ferner  ara- 
bisch wakati  statt  wakt).  Wie  die  Beispiele  zeigen ,  wird  der  Vokal  der  ersten 
Silbe  wiederholt.  Um  den  konsonantischen  Auslaut  zu  vermeiden ,  wird  ein 
Vokal  angehängt,  und  zwar  hier  i,  weil  linguale  Laute  vorangehen.  Doch 
hört  man  in  manchen  Fällen  tatsächlich  Konsonantenverbindungen,  die  im 
Suaheli  sonst  unmöglich  sind,  z.'Q.  luyja  »Erlaubnis«   neben  luhrisa. 

Die  Aussprache  der  emphatischen  Laute  wird  im  Suaheli  vermieden. 
Abdurrahman,  Osman,  Omar,  Hamed,  Djuma  versichern  übereinstimmend, 
daß  auch  ein  gebildeter  Suaheli  die  emphatischen  Laute  nicht  spricht,  außer 
wenn  er  eben  arabisch  spricht.  Mtoro  spricht  sie,  wenn  er  das  einzelne 
Wort  vorsprechen  soll,  was  bei  einem  Lehrer,  der  den  Koran  kennt,  zu 
erwarten  ist.  Im  Laufe  der  Unterhaltung  ptlegt  er  sie  aber  ebenso  auszu- 
sprechen wie  die  andern  Suaheli  auch,  nämlich  ohne  »Emphase«. 

Von  Leuten,  die  nicht  arabisch  können,  werden  die  emphatischen 
Laute  überhaupt  nicht  gesprochen.  Ich  bezeichne  im  folgenden  die  enij)ha- 
tische  Aussprache  mit  einem  Strich  über  dem  Buchstaben: 

Abdurrahman  sprach:  asuhuhi  »Morgen«  und  nicht  ahibuhi,  sultan  und 
nicht  sultan,  lisas  und  nicht  rims  »die  Patrone«,  hunduki  und  nicht  hundukl 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt.  14 


210  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

»die  Flinte«,  tafazali  und  nicht  tafalali  »bitte»,  wakati  »Zeit«  und  nicht 
wakati,  sadiki  und  nicht  sadiki  usw. 

Osman  versichert  mich  ausdrücklich,  wakt  »Zeit«  spricht  der  Araber, 
wakati  der  Suaheli,  wakati  niemand. 

Nusra  spricht  y<?20  und  nicht  ye|a  »Silber«. 

Damit  stimmen  meine  eigenen  Beobachtungen  vollständig  überein. 
Eine  Transkription  des  Suaheli,  welche  die  emphatischen  Laute  bezeichnet, 
hat  also  in  der  wirklich  gesprochenen  Sprache  keinen  Anhalt  und  dient 
nur  dazu,  den  Leser  zu  verwirren  und  die  Orthographie  schwerfällig  zu 
machen. 

Die  Orthographie  des  Missionars  W.  E.  Taylor  C.  M.  S.,  Avelche  zu 
einer  Umänderung  der  Orthographie  in  den  Drucken  der  C.  M.  S.  geführt 
hat,  stimmt  hiermit  nicht  ganz  überein. 

Die  Unterscheidung  von  k  und  k ,  t  und  t,  s  und  s  findet  nicht  statt. 
Sämtliche  arabische  ^- Laute,  sowohl  Cj  als  J,  werden  dort  mit  dentalem  t 
transkribiert. 

Jedoch  hat  man  für  ^  und  Ji  die  Transkriptionen  dh  und  tji  ge- 
wählt, während  man  ^l»  und  i  mit  th  und  dh  wiedergibt.  Ich  bin  zu  kurze 
Zeit  in  Mombasa  gewesen,  um  mich  hierzu  zu  äußern;  die  Mombasaleute, 
die  ich  sprach,  haben  die  Unterscheidungen  nur  in  dem  Umfange,  wie  ich 
es  eben  angab,  beachtet.  Allerdings  ist  der  Suaheli  von  Mombasa  und 
Lamu  mehr  arabisiert  als  der  südHche;  es  mag  also  wohl  sein,  daß  man 
dort  auf  korrekte  Wiedergabe  der  arabischen  Laute  mehr  Gewicht  legt  als 
im  Süden.  Für  eine  praktische  Orthographie  im  Suaheli  scheint  mir  die 
Sache  aber  gerade  so  unerheblich  zu  sein  wie  die  Schreibung  französischer 
Worte  in  der  deutschen  Sprache.  Die  Aussprache  des  Gebildeten,  der 
französisch  kann ,  und  die  Aussprache  des  Deutschen ,  der  nicht  französisch 
kann,  werden  sich  hier  stets  sehr  unterscheiden,  und  eine  konsequente 
Durchführung  von  Regeln  wird  nicht  immer  möglich  sein. 

Übrigens  sei  es  mir  gestattet,  an  dieser  Stelle  darauf  hinzuweisen, 
daß  die  Bildung  der  emphatischen  Laute  im  Arabischen  anders  ist,  als  in 
den  mir  bekannten  Grammatiken  steht.  Das  Wesen  dieser  Laute  ist  die 
Aussprache  mit  Preßstimme,  der  Unterschied  zwischen  ^  und  ^  liegt 
also  nicht  an  der  Stelle  im  Munde,  wo  die  Verengung  gebildet  wird,  sondern 
im  Kehlkopf.  Sie  sind  also  halbe  »Gutturalen«  (im  Sinne  der  semitischen 
Grammatik). 

Darum  werden  7  imd  p  im  Hebräischen  gelegentlich  mit  Chateph- 
vokalen  versehen,  darum  kann  für  hebr.  y  aram.  y,  für  gemeinarabisch  J 
ägypt.  P'  (nicht  \)  eintreten. 

Es  kann  zugegeben  werden ,  daß  durch  die  Anstrengung  im  Kehlkopf 
die  Zungenstellung  in  etwas  modifiziert  wird.  Aber  diese  Modifikation  ist 
rein  sekundär,  das  Wichtige  und  für  das  Verständnis  der  Laute  Unerläß- 
liche ist  die  Preßstimme.  Eben  die  wird  man  bei  der  Suaheliaussprache 
von   ^,   (J,   J»   nicht  hören. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  211 

Bei  der  Aussprache  von  ^  und  J»  konnnt  noch  ein  zweites  in  Be- 
tracht. Der  Beduine  Osman  und  alle  die  genannten  Maskat  -  Araber  und 
arabisch  sprechenden  Suaheli  sprechen  diese  Laute  nämlich  interdental  mit 
so  weit  vorgestreckter  Zunge,  daß  die  Oberlippe  berührt  Avird.  Gleich- 
zeitig sind  die  Laute  stimmhaft  und  außerdem  haben  sie  Preßstimme.  Jene 
labiale  Berührung  läßt  den  Hörer  zuerst  glauben,  daß  ein  «-ähnlicher  Laut 
vorliegt;  auch  wenn  man  den  Laut  hernach  richtig  aufgefaßt  hat,  hört  man 
doch  oft  einen  ?<- ähnlichen  Klang  dabei,  der  eben  seinen  Grund  in  dieser 
labialen  Berührung  hat.  Diesen  Laut  hervorzubringen  (ohne  Preßstimme) 
fällt  dem  Suaheli  nicht  schwer,  das  wird  der  Grund  sein,  warum  diese 
beiden  emphatischen  Laute  von  ihm  leichter  angedeutet  werden  als  die 
anderen.  Übrigens  ist  ^  fi'ikativ  (also  5),  Js-  explosiv  (also  d)  —  genau 
müßten  beide  noch  ein  Zeichen  zur  Andeutung  der  labialen  Aussprache 
haben.  Bei  ägyptischen  und  palästinischen  Ai^abern  ist  die  labiale  Eigen- 
schaft beider  Laute,  soviel  ich  feststellen  kann,  nicht  mehr  klar. 

Von  den  Gutturalen  wird  f-  im  Suaheli  überhaupt  nicht  gesprochen, 
c-  dagegen  hält  seinen  Laut  fest,  den  ich  mit  7  bezeichnen  würde  (empha- 
tische, stimmhafte,  velare  Frikativa),  L.^.^ali  »teuer»,  j-  wird  oft  gehört 
als  X'  z.B.  in  hyfa  »Erlaubnis«,  '^/ßhali  »Geschichte«.  Daneben  ist  aber 
die  Aussprache  hiJiusa,  habali  ganz  allgemein.  Die  Aussprache  von  ^,  die 
ich  als  emphatisches  h  bezeichnen  möchte  (in  den  meisten  Drucken  A),  hört 
man  im  Suaheli  wiederum  nur  von  jemand,  der  markieren  will,  daß  er 
arabisch  kann.  So  sprach  Abdurrahman :  hata  »bis«  und  nicht  hata,  asnhuhi 
»Morgen»   und  nicht  assuhuhi. 

Da  ich  alle  diese  Untersuchungen  mit  Leuten  vorgenommen  habe,  die 
entweder  geborene  Araber  waren  oder  doch  gut  arabisch  konnten,  die  auch 
sämtliche  im  Suaheli  vermiedene  Laute  im  Arabischen  völlig  mühelos 
sprachen,  ist  es  mir  nicht  zweifelhaft,  daß  die  sämtlichen  emphatischen 
Laute'  und  die   »Gutturalen«    p   und  -r  im  Suaheli   gar  nicht,   die   »Guttu- 

ralis«  -^    nicht  allgemein  zur  Anwendung  kommt. 

Anders  liegt  die  Sache  bei  den  arabischen  Lauten,  die  weder  als 
emphatische,  noch  als  gutturale  Laute  dem  Wesen  des  Suaheli  widersprechen. 
Es  sind  dies  die  im  arabischen  Alphabet  mit  j,  ^1»,  i    bezeichneten  Laute. 

Über  die  Aussprache  von  r  ist  oben  schon  einiges  gesagt;  r  und  / 
sind  für  den  Suaheli  nun  einmal  ein  Laut;  ich  habe  deshalb  vorgeschlagen, 
die  Schreibung  r  für  das  Suaheli  überhaupt  zu  vermeiden.  Will  man  die 
Fälle,  wo  das  zerebrale  /  für  unser  Ohr  vibriert  zu  sein  scheint,  bezeichnen, 
so  wird  die  Angabe,  daß  es  zerebral  ist,  genügen.  Ich  schreibe  deshalb  /, 
wo  der  Laut  ein  wenig  nach  r  hinklingt.  Wie  aber  selbst  Abdurrahman 
statt  arab.  risäs  im  Suaheli  lisas  sagte,  so  hört  man  sehr  häufig  ludi  statt 
rudi.     Selbst  ai-abisch  sprechende  Suaheli   sind   nicht   sicher   in    der  Unter- 


1    Mit  der  oben  gegebenen  Einschränkung  bzw.  ^  und  Ji. 


14* 


212  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Scheidung  von  r  und  /.  Ich  glaube  deshalb,  daß  die  ganze  darauf  ver- 
wandte Mühe  im  Suaheli  zwecklos  ist,  und  daß  es  sich  in  der  Regel  em- 
pfiehlt, immer  l  zu  schreiben. 

Den  durch  C^  im  arabischen  Alphabet  bezeichneten  Laut  schrieb  man 

früher  im  Suaheli  mit  ih^  ebenso  wie  den  durch  j  bezeichneten.  Da  der 
erstere  stimmlos,  der  zweite  stimmhaft  ist,  und  die  Suaheli  diesen  Unterschied 
sehr  scharf  beachten ,  ist  eine  Verwechslung  beider  Laute  für  das  Verständnis 
verhängnisvoll.  Neuerdings  schreiben  die  Engländer  den  ersteren  ih,  den 
zweiten  dh.  Das  ist  schon  besser,  aber  es  tut  der  Sache  noch  nicht  Ge- 
nüge. Es  handelt  sich  um  einfache,  nicht  um  zusammengesetzte  Laute,  also 
ist  die  Schreibung  mit  zwei  Zeichen  zu  verwerfen.  Ich  schreibe  entsprechend 
meinem  System  den  ersteren  (stimmlose,  dentale  Frikativa)  mit  5,  den 
zweiten  (stimmhafte ,  dentale  Frikativa)  mit  z.  Diese  Schreibung  ist  um  so 
mehr  zu  empfehlen,  als  durch  dieselbe  die  Ähnlichkeit  der  Laute  mit  .s  und 
z  hervortritt.  Tatsächlich  sprechen  Leute,  die  aus  dem  Innern  stammen, 
stets  s  und  z  statt  ^  und  z.  Wenn  der  Europäer  so  spricht,  wird  er  in 
der  Regel  wenigstens  verstanden  werderi.  Die  Schreibung  th  ist  übrigens 
auch  deshalb  zu  verwerfen,  weil  sie  für  die  Bezeichnung  des  aspirierten  t 
(s.  oben  S.  204 f.)  anzuwenden  ist. 

Die  beiden  emphatischen  Laute  ^  =^  c  und  J>  =r  ij  werden  unter 
Aufgabe  der  emphatischen  Aussprache  im  Suaheli  als  z  gesprochen  (s.S.  210 f). 
Ich  schreibe  also  gaAaöw  »üold«  (Omar);  haizulu  -es  schadet  nicht«,  tafazali 
»bitte«  (Abdurrahman) ;  /gja   »Silber«   (Nusra)  usw. 

Wenn  aus  dem  Vorhergehenden  die  Mängel  der  gebräuchhchen  Sua- 
heliorthographie hervorgehen,  so  möchte  ich  gern  auch  an  dieser  Stelle  die 
Notwendigkeit  einer  neuen  konsequenten  und  praktischen  Orthographie 
betonen. 

Dieselbe  muß  folgende  Eigenschaften  haben: 

1.  Absolute  Deutlichkeit.  2.  Bequeme  Formen.  3.  Brauchbarkeit  für 
den  Deutschen.     4.  Brauchbarkeit  für  den  Eingeborenen. 

Die  bisherige  Orthographie  erfüllt  diese  Forderungen  nicht. 

1.  Wenn  h  und  hg,  t  und  th,  k  und  kh,  p  imd  ph,  s  und  z  usw. 
gleich  geschrieben  werden,  so  ist  ein  Heer  von  Mißverständnissen  die  Folge. 

Man  unterscheide  also  zwischen  h  und  ng^,  zwischen  den  Tenues 
(Lenes)  k,  t,  p,  tz  und  den  Aspiraten  (Fortes)  kh,  th,  ph,  ts,  zwischen  stimm- 
losem s  und  stimmhaftem  z. 

2.  Der  Wunsch  nach  Deutlichkeit  hat  uns  schon  eine  ganze  Blüten- 
lese von  graphischen  Versuchen  gebracht.  Ich  finde  in  der  Suaheliliteratur 
z.  B.  ng\  ng,  d,  s,  t,  z,  th,  dh,  d,  t,  t' ,  t',  p' ,  k'  usw. 

Daß  man  in  einer  praktischen  Orthographie  die  diakritischen  Zeichen 
nicht  in  diesem  Umfange  anwenden  darf,  liegt  auf  der  Hand.  Es  ist  aber 
auch  durchaus  nicht  notwendig. 


1    In  einer  Orthographie  für  praktische  Zwecke  kann  man  ng  statt  i'ig  schreiben, 
da  ein  Mißverständnis  ausgeschlossen  ist. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  213 

Statt  n  zu  setzen  ng'  oder  ng  ist  eine  Verschwendung  von  Zeichen. 
Es  handelt  sich  um  einen  einfachen  Laut,  für  den  das  Zeichen  n  in  der 
afi-ikanischen  Literatur  seit  Jahrzehnten  eingebürgert  ist.  Ich  weiß  also 
nicht,  warum  man  es  nicht  anwendet,  da  es  leicht  zu  schreiben  ist  und  gut 
aussieht. 

Die  Bezeichnung  der  Aspiraten  durch  '  ist  sehr  häßlich.  Durch  das  ' 
wird  der  Zusammenhang  unterbrochen,  z.  B. /'m,  yot'e,  mt'u  usw. 

Die  Schreibung  mit  h  sieht  besser  aus  und  ist  leichter  verständlich, 
z.  B.  phaka  «Katze«,  wailm  »Leuten. 

Die  Tenues,  die  ich  oben  '/t,  V,  ^p  geschrieben  habe,  bedürfen  in 
einer  praktischen  Orthographie  keiner  Bezeichnung,  da  sie  durch  das  Fehlen 
des  h  als  Tenues  bezeichnet  sind;  man  schreibe  also  wie  bisher  A-,  ^,  ;j. 

Die  Bezeichnung  der  Dentalen  des  Mombasadialektes  fällt  in  dem 
Suaheli  von  Deutsch -Ostafrika  weg,  da  hier  die  dentalen  durch  assibilierte 
Laute  ersetzt  werden. 

Die  Bezeichnung  der  emphatischen  Laute  kann  unterbleiben  ^  da  sie 
im  Suaheli  nicht  gesprochen  werden.  Also  sämtliche  darauf  bezügliche 
Punkte  und  Striche  fallen  weg,  ebenso  das  Zeichen  für  p. 

Als  diakritische  Zeichen  bleiben  nur  i,  tz,  s,  z,  n,  ff. 

Wenn  h  als  Zeichen  der  Aspiration  verwandt  ist,  so  darf  es  nicht 
mehr  als  Zeichen  der  frikativen  Laute  stehen:  kh  statt  ^,  th  statt  .s,  dh 
statt  j,  gli  statt  ^  sind  zu  verwei'fen. 

Da  %,  ;V,  c,  7  einfache  und  nicht  zusammengesetzte  Laute  sind, 
müssen  sie  schon  der  Deutlichkeit  halber  mit  einfachen  Zeichen  geschrieben 
werden.  Will  man  durchaus  h  und  %  unterscheiden,  was  ich  für  ganz 
überflüssig  halte,  so  würde  es  sich  empfehlen,  statt  des  griechischen  '^  ein 
X  zu  nehmen.  Ich  glaube  aber,  daß  man  mit  h  vollständig  auskommt.  Die 
Formen  s  und  z  sind  in  der  Hereroliteratur  längst  eingeführt,  neuerdings 
von  der  Leipziger  Mission  auch  im  Kikamba.  Sie  sind  bequem  und  sehen 
in  Schrift  imd  Druck  gut  aus.  Werden  bei  schnellem  Schreiben  die  dia- 
kritischen Zeichen  vergessen,  so  ist  der  Fehler  sehr  unerheblich  und  schadet 
der  Deutlichkeit  in  der  Regel  gar  nicht. 

Für  den  deutschen  5cA-Laut  ist  in  einer  Reihe  von  afrikanischen 
Sprachen,  z.  B.  in  Togo,  das  Zeichen  's  eingeführt.  Mir  erscheint  es  be- 
(piemer  und  klarer  als  das  englische  sh.  Will  man  aus  Gründen,  die  mir 
nicht  bekannt  sind,  die  englische  Bezeichnung  beibehalten,  so  ist  dagegen 
ja  schließlich  nichts  weiter  zu  sagen,  als  daß  es  unpraktisch  ist  zwei  Buch- 
staben zu  schreiben,  wo  einer  genügt. 

Gegen  das  Zeichen  tz  wird  vermutlich  mehr  eingewandt  werden.  Ich 
halte  es  aber  für  klarer  als  das  englische  eh. 

Will  man  durchaus  c  beibehalten,  so  schlage  ich  vor,  den  leisen  Laut 
c  und  seine  Fortis  cJi  zu  schreiben,  also  -cunyu  »bitter«  aber  clmngn  9  »Ameise". 

Die  Schreibung  tj  ist  so  bequem,  daß  sie  keiner  Erklärung  bedarf, 
und  ist  deshalb  der  Schreibung  ch  unbedingt  vorzuziehen ,  also  tjungu  7 
»Kochtopf«.     Die  Unterscheidung  tz  und  tj  ist  beim  jjraktischen  Gebrauch 


214  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

der  Sprache  sehr  nützlich.      Daß  tjunyu  nach  der  ä-?- Klasse  geht,   brauche 
ich  nicht  erst  zu  lernen,  da  tj  stets  aus  M  entsteht. 

Die  Schreibung  7  kommt  für  eine  praktische  Orthographie  nicht  in 
Betracht.  Man  könnte  7  schreiben,  wie  z.  B.  im  Ephe,  aber  ich  glaube 
nicht,  daß  es  zu  raten  ist,  für  einen  seltenen  Laut  fremden  Ursprungs  ein 
besonderes  Zeichen  einzuführen.  Man  könnte  auch  r  wählen,  wenn  dies 
im  übrigen  nicht  angewandt  wird.  Die  Norddeutschen  würden  dann  rali 
"teuer«  ziemlich  richtig  aussprechen.  Ich  glaube  aber,  es  ist  am  einfachsten, 
die  Schreibung  mit  ^  beizubehalten,  jedoch  ohne  das  folgende  h.  Will  man 
das  y  besonders  bezeichnen,  so  könnte  man  ^  schreiben.  Ich  halte  es  aber 
höchstens  für  Wörterbücher  und  Grammatiken  für  nötig. 

3.  Die  bisherige  Orthographie  ist  für  deutsche  Leute  nicht  sonderlich 
brauchbar.  Wenn  ein  einfacher  Deutscher  ch  wie  tj,  tz,  ts;  th  wie  s, 
sh  wie  s ,  j  wie  dj,  hk  wie  %  sprechen  soll ,  so  ist  das  ziemlich  viel  ver- 
langt. Die  Sache  wird  durch  die  Orthographie  der  geographischen  Namen 
noch  verschlimmert,  in  der  in  der  Regel  anders  geschrieben  wird,  als  in 
der  sonstigen  amtlichen  Orthographie. 

Man  wird  nun  eine  Orthographie,  die  dem  Deutschen  in  jeder  Hin- 
sicht recht  ist,  nicht  schaffen  können,  denn  das  Suaheli  nach  deutscher 
Weise  zu  schreiben  ist  unausführbar.  Auch  der  praktische  Engländer 
schreibt  ja  die  Vokale  nicht  nach  englischer,  sondern  nach  italienischer  bzw. 
deutscher  Weise,  jedenfalls  anders  als  er  es  gewohnt  ist. 

Die  Unterscheidung  der  S -laute  (stimmloses  s  und  stinnnhaftes  c), 
die  im  Deutschen  so  unwichtig  ist,  ist  unerläßlich.  Die  Schreibung  ss  für 
das  erstere,  s  für  das  zweite  ist  unbequem  und  mißverständlich.  Die 
Schaffung  neuer  Schriftzeichen  ist  nicht  zu  empfehlen.  Die  bisherige  Schrei- 
bung hat  sich  durchaus  bewährt,  und  wer  die  Sprache  lernen  will,  muß 
sich  diesen  Unterschied  eben  einprägen. 

Mein  Vorschlag,  th,  ph,  kh  für  die  Aspiraten  und  nicht  für  die  Fri- 
kativen  zu  schreiben ,  wii'd  dem  Deutschen  bei  th  und  kh  verständlich  sein. 
Bei  })h  wird  er  achtgeben  müssen ,  daß  er  nicht  /  spricht,  s  und  z  statt 
bisherigem  th  und  dh  empfiehlt  sich  selbst.  Es  ist  wirklich  viel  verlangt, 
daß  man  sumni  erkennen  soll,  wenn  thumni  geschrieben  wird.  Das  Beispiel 
zeigt,  wie  in  der  Volkssprache  aus  mmni  schon  sumnl  geworden  ist.  ein 
Vorgang,  den  meine  Orthographie  verständlich  macht. 

Die  englischen  Zeichen  ch,  sh,  j,  w,  v,  1/  sind  zum  Teil  gut  gewählt. 
Gegen  v  ist  gar  nichts  einzuwenden,  «■  und  7/  sind  ebenfalls  brauclibar. 
Meine  Desiderien  hierzu  habe  ich  oben  S.  203  f.  ausgesprochen.  Statt  J  würde 
ich  lieber  dj  schreiben.  Da  aber  die  nördlichen  Dialekte J  sehr  weich,  dem 
deutschen^'  ähnhch  sprechen,  könnte  ich  mich  mit  J  befreunden;  dagegen 
vermag  ich  ch  und  sh  wie  gesagt  keinen  Geschmack  abzugewinnen.  Die  von 
mir  vorgeschlagene  Schreibung  s  statt  sh  und  tj,  tz,  is  für  die  drei  Laute,  die 
man  mit  ch  bezeichnet,  schließt  sich  an  die  Schreibungen  an,  wie  sie  in  anderen 
afrikanischen  Sprachen  längst  eingeführt  sind.  Ich  vermag  nicht  einzusehen, 
inwiefern  es  bequemer  ist,  die  englische  Weise  zu  lernen,  als  eine  brauch- 
bare phonetische  Orthographie. 


Meinhof:    Liimnistlseho  Studien  in  Ostafrika. 


215 


4.  Für  den  Eingeborenen,  der  mit  lateinischer  Schrift  lesen  lernen 
will,  ist  es  eine  große  Erschwerung,  wenn  Laute,  die  er  verschieden  spricht, 
mit  demselben  Zeichen  geschrieben  werden. 

Wenn  also  na  und  nga,  Jca  und  Icha,  ta  und  tha,  pa  und  pha,  tja 
und  tza  und  tsa ,  sa  und  za  gleich  geschrieben  werden ,  so  wird  die  Arbeit 
des  Lesenlernens  ihm  unnötig  erschwert. 

Durch  die  falsche  Schreibung  wird  die  falsche  Aussprache  des  Euro- 
päers begünstigt  und  der  Verständigung  der  beiden  Rassen  werden  unnötige 
Schwierigkeiten  bereitet. 

Ich  empfehle  danach  folgende  Schreibung: 


a  z.  B. 

haha  »Vater« 

s  z.B. 

saa  »Stunde« 

h  z.  B. 

hasi  »genug« 

s  z.B. 

sinda    »überwinden«    (statt  s 

d  z.  B. 

dada  »Schwester« 

ist  sh  zulässig) 

e  z.  B. 

-enda  »gehen« 

s  z.B. 

samani  »Wert«   (statt  s  kann 

/  /-  B. 

-fundisa  »lehren« 

meist  s  stehen) 

y  z.B. 

gani  »was  für  ein« 

t  z.  B. 

taa  »Lampe« 

g  z.  B. 

yali  »teuer»  (statty kann  meist 

th  z.B. 

thaa   »eine  Art  Fisch» 

g  geschrieben  werden) 

tj  z.B. 

tjangu  »mein«,  tjuhgu  »Koch- 

h z.B. 

hahali  »Nachricht« 

topf» 

i  z.  B. 

-imha  »singen« 

tz  z  B. 

tzeka    »lachen«,   tzungu    »bit- 

Jz.B. 

-jaa  »voll  werden« 

ter«    (statt   tz   lialte   ich   c 

Je  ■{..  B. 

mahaa  »Kohlen« 

für  zulässig) 

Ich  z.  B. 

khaa  »Krabbe« 

Ü  z.  B. 

tsungu  »Ameise«  (statt  ti  halte 

/  z.  B. 

lima  »hacken« 

ich  ch  für  zulässig) 

/  z.  B. 

elevu    »schlau«    (statt  /   halte 

u  z.B. 

uma  »beißen« 

ich  r  für  zulässig) 

V  Z.B. 

vuma  »brausen« 

m  z.B. 

mthu  »Mensch« 

w  z.  B. 

wathu  »Leute« 

n  z.  B. 

na   »und« 

y  z.B. 

yule  »jener« 

h  z.  B. 

homhe   »Rind« 

cz.B. 

zuli  »schön« 

0  z.B. 

-oa  »heiraten« 

z  z.B. 

zamhi  »Sünde«, /<?ca  »Silber« 

p  z.  B. 

paa   »Dach« 

(statt  z  kann  meist  z  ste- 

pU z.  B. 

phaa  »eine  Antilope« 

hen) 

Für  geographische  Zwecke  und  andere  amtliche  Schriftstücke,  welche 
für  den  Verkehr  mit  nicht  Suaheli  sprechenden  Leuten  bzw.  Behörden  be- 
stimmt sind,  könnte  meine  Orthographie  noch  in  folgender  Weise  verein- 
faclit  werden.  Statt  g  schreibe  man  g,  statt  /  l,  statt  s  und  z  s  und  z. 
Statt  tz  kann  tj  und  statt  s,  wenn  man  das  schöner  findet,  sh  geschrieben 
werden.  Statt  n  würde  ich  vorschlagen  n  zu  schreiben.  Die  Aussprache 
namho,  nomhe  ist  gerade  so  falsch  wie  die  Aussprache  ngambo,  ngomhe. 
Will  man  also  auf  Wiedergabe  des  Suahelilautes  verzichten,  was  für  die  ge- 
nannten Zwecke  durchaus  zu  billigen  ist,  so  kann  man  sich  wenigstens  das 
g  sparen. 

SchließHch  möchte  ich  für  meine  Schreibung  noch  folgendes  anfühi-en. 
Die  deutsche  Regierung  hat  das  berechtigte  Streben ,  die  sprachliche  Zer- 
rissenheit  der  Kolonie  soviel  als  möglich  zu  beseitigen.     Daß  eine  einheit- 


216  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

liehe  Regierungssprache  durch  die  ganze  Kolonie  die  Verwaltung  und  Er- 
schließung des  Landes  wesentlich  erleichtern  würde,  bedarf  weiter  keines 
Beweises.  Nun  kommt  der  Wunsch  der  Eingeborenen  und  das  Bedürfnis 
der  Europäer  diesen  Absichten  der  Regierung  zweifellos  entgegen.  Das 
Fortschreiten  der  Suahelisprache  ist  in  den  verschiedenen  Teilen  Ostafi-ikas 
zu  beobachten. 

Bekanntlich  ist  die  überwiegende  Mehrzahl  der  in  der  Kolonie  ge- 
sprochenen Sprachen  dem  Suaheli  nahe  verwandt.  In  ihnen  allen  ist  z.  B.  der 
Unterschied,  den  das  Suaheli  zwischen  Tenues  und  As])iraten  beobachtet, 
festgehalten,  in  der  Regel  in  einer  dem  Europäer  viel  auffälligeren  Laut- 
verbindung als  im  Suaheli.  Je  besser  nun  das  Suaheli  in  der  ihm  eigen- 
tümlichen Anordnung  der  Laute  durch  die  Schrift  dargestellt  wird,  um  so 
leichter  wird  es  Leuten,  die  verwandte  Sprachen  sprechen,  sich  in  die 
Suahelischrift  zu  finden.  Wird  aber  wie  bisher  auf  die  arabischen  Worte 
im  Suaheli  besonders  Wert  gelegt,  so  wird  man  damit  dem  Inländer  das 
Verstehen  ganz  wesentlich  erschweren.  Soviel  ich  sehe,  hat  außer  den 
Arabern  niemand  ein  Interesse  an  der  Häufung  von  arabischen  Fremdwörtern 
im  Suaheli  und  an  der  sorgsamen  Festhaltung  der  arabischen  Laute  —  aber 
alle  Europäer  und  viele  Eingeborene  haben  ein  Interesse  daran,  daß  die 
Sprachverschiedenheit  der  Kolonie  möglichst  ausgeglichen  wird.  Zu  diesem 
Zweck  ist  aber  zweierlei  heute  zu  tun: 

1.  die  möglichste  Vermeidung  arabischer  Wortformen,  wo  gute  Sua- 
helivvorte  zur  Verfügung  stehen; 

2.  eine  Orthographie,  deren  Grundsätze  auch  für  die  Inlandsprachen 
verwendbar  sind,  so  daß  jemand  sich  leicht  von  der  Suaheliorthograpliie 
in  die  einer  anderen  Sprache  und  umgekehrt  hineinfinden  kann. 

Diese  letztere  Rücksicht  ist  so  stark ,  daß  die  Missionare  verschiedener 
Gesellschaften  Verbesserungen  ihrer  Orthographie  abgelehnt  haben,  solange 
die  amtliche  Orthographie  des  Suaheli  nicht  nach  älmlichen  Gesichtspunkten 
geregelt  ist. 

Es  würde  mir  eine  große  Freude  sein,  und  ich  würde  es  füi-  einen 
erheblichen  Erfolg  meiner  Arbeit  ansehen,  wenn  vorstehendes  diesem  Ziele 
uns  näher  führte. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  217 


IL  Sambala. 

Die  Sprache  der  Wasambala  (in  Usambara)  ist  durch  die  Arbeit  der 
evangelischen  und  katholischen  Mission  zur  Schriftsprache  erhoben.  Vor 
meiner  Ausreise  hatte  ich  mit  dem  Missionar  Pastor  Roehl  in  Bunibuli,  der 
sich  einige  Zeit  bei  mir  aufhielt,  die  Sprache  gründlich  phonetiscli  durch- 
gearbeitet. Hs  ergaben  sich  für  uns  folgende  Fragen,  die  nur  mit  Hilfe 
von  Eingeborenen  gelöst  werden  konnten. 

1.  In  den  ersten  Drucken  der  Sambalafibel  und  den  anderen  Drucken 
der  evangelischen  Mission  war  ein  Laut  mit  r  bezeichnet.  Der  Charakter 
dieses  Lautes  war  festzustellen  und  zu  untersuchen ,  ob  er  in  der  Sprache 
tatsächlich  nur  in  den  einzelnen  Fällen  auftrat,  in  denen  die  Literatur  ihn 
bezeichnete.     Die  Losung  s.  Lautlehre  \. 

2.  Es  war  festzustellen,  ob  urspr.  i  (i)  von  i  (i)  und  urspi-.  u  (m) 
von  ü  («)  sich  im  Sambala  unterscheiden  ließ.  Das  Resultat  unserer  Unter- 
suchung war  negativ.     Siehe  Lautlehre  2. 

3.  Roehl  hatte  beobachtet,  daß  einige  Worte  im  Sambala  von  den 
Eingeborenen  häufig  falsch  verstanden  werden,  wenn  der  Europäer  sie  aus- 
spricht. Wir  vermuteten,  daß  diese  Worte  sich  durch  Tonhöhe  (musika- 
lischen Ton)  unterschieden.  Es  war  zu  untersuchen,  ob  diese  Vermutung 
richtig  war,  und  welchen  Umfang  der  musikalische  Ton  im  Sambala  hatte. 
Die  Lösung  s.  Lautlehre  9. 

4.  Auch  hier  war  zu  untersuchen,  welche  Aussprache  k,  t,  ]),  nk, 
nt,  mp  genau  hatten,  besonders  ob  sich  Laute  mit  Kehlverschluß  fanden. 
Die  Lösung  s.  Lautlehre  1    und  3. 

5.  Die  genaue  Aussprache  des  Lautes,  der  mit  cA  geschrieben  wurde, 
war  festzustellen.     Siehe  Lautlehre  41))  Bem.  2. 

6.  Die  bereits  vorliegenden  umfangreichen  Vorarbeiten  für  Lexikon 
und  Grammatik  waren  zu  fördern. 

Lautlehre. 
L    Die  ursprünglich  stimmlosen  Explosivlaute  k,  t,  p 

werden  im  Sambala  durch  k,  t,  h  vertreten,  k  und  t  werden  mit  Kehlverschluß 
gesprochen,  sind  also  genau  'k,  't  zu  schreiben,  p  ist  regelmäßig  zu  /*  ge- 
worden. Wo  p  heute  in  der  Sprache  vorkommt,  setze  ich  voraus,  daß 
Fremdwörter  aus  dem  Suaheli  oder  aus  einer  anderen  Sprache  vorliegen.' 
Beispiele,  leka  »lassen«,  luka  »flechten«,  'A-»  Präf.  Kl.  7,  sVka 
»lachen«,  -kulu  »groß«,  ^kumi  »zehn«,  ^kungulu  »Krähe«,  ^ku  Inf.  Präf., 
-Teula  »wachsen«  ,  'kumbuka  »sich  erinnern«  ,  anika  »an  der  Sonne  trocknen«, 
'kala  5  »Kohle«,  ^kazinga  »braten«,  ^kama  »melken«,  leta  »bringen«,  -zito 
»schwer«,  mavuta  6   »Fett«,  fumhata  »mit  der  Hand  fassen»,   -ha  Verbal- 


i    Um  die  Zeichen  nicht  zu   häufen,   habe  ich  im  folgenden  das  '  vor  k,  t,  p 
öfter  fortgelassen. 


218  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

endung4,  liha  »bezahlen«,  aho  hier  lü.  16,  hyuha  %  »Buschlaus«,  vnha  5 
Knochen«,  Itala   »schaben«,  hola  »kühl  sein«. 

Die  ursprünglich  stimmhaften  Frikativlaute  7,  /,  r  treten  im  Sambala 
als  y,  l,  w  auf. 

Es  ist  bemerkenswert,  daß  7  hier  zum  erstenmal  als  Entsprechung 
für  ursprüngliches  7  gefunden  ist.  Ich  hatte  diesen  Laut  als  hypothetischen 
Laut  angenommen  nach  Analogie  der  übrigen  stimmhaften  Frikativlaute.  Diese 
H5'^pothese  hat  sich  als  richtig  herausgestellt,  was  um  so  wertvoller  ist,  als 
der  Laut  auch  dem  von  mir  angenommenen  Lautgesetz  unterworfen  zu  sein 
scheint  (s.  unten  3). 

Die  Missionare  hatten  den  Laut  in  einigen  Worten  gehört  und  ihn  f 
geschrieben  (vgl.  die  Sambalafibel  2.  Aufl.).  Was  sie  gehindert  hatte  den 
Laut  zu  hören,  der  in  der  Sprache  viel  häufiger  ist,  als  es  nach  den  ersten 
Drucken  den  Anschein  hat,  das  ist  jedenfalls  der  Umstand  gewesen,  daß 
die  meisten  von  ihnen  Norddeutsche  waren,  die  bekanntlich  in  der  Unter- 
scheidung von  7  und  g  nicht  immer  sorgsam  sind.  Die  Richtigkeit  meiner 
Auffassung  ist  nunmehr  allgemein  anerkannt.  In  dem  Neudruck  der  Fibel 
ist  das  r  getilgt  und  7  eingeführt.  Außerdem  sind  eine  große  Anzahl  von  g 
in  Übereinstimnumg  mit  der  richtigen  Aussprache  durch  7  ersetzt  worden.  In 
einigen  Fällen  steht  J  für  urspr.  7,  z.  B.  nja  »zurückkehren« ,  B.  i^iya,  mbeju  9 
»Same«,  B.  mh^/u. 

l  wird  oft  palatal  gesprochen ,  so  daß  es  zwischen  zwei  Vokalen  für 
den  Neuling  überhaupt  verschwindet  oder  als  j  aufgefaßt  wird.  Manchmal 
klingt  es  mehr  zerebral,  ich  halte  aber  die  palatale  Aussprache  für  die  ver- 
breitetste.  Der  Laut  wäre  danach  t  zu  schreiben.'  Daneben  wird,  beson- 
ders zu  Anfang,  /  alveolar  gesprochen.  Da  die  Auss[)rache  auch  individuell 
sehr  stark  schwankt,  habe  ich  auf  konsequente  Schreibung  verzichten  müssen. 

Das  V  wird  regelmäßig  durch  w  ersetzt.^ 

Beispiele.  /07a  »verzaubern«.  Uyana  »gleich  sein«,  muziyo  3  »Last«, 
yasa  5  »Hand«,  yamhila  »sagen  zu«,  l'uluya  »rühren«  (dagegen  hat  laga 
»sich  verabschieden,  einen  Vertrag  machen«  g,  aus  welchem  Grunde  weiß 
ich  nicht),  yawa  »teilen«,  ymda  »gehen«,  -ita  (fast  ija)  Verbalendung  8c, 
sayida  dial.  Sagula  {kaynla)  »auswählen«,  lala  »liegen«,  le  »lang«,  le^ka 
»lassen«,  lehwa  (pass.  von  lema)  »einer  Sache  nicht  gewachsen  sein«,  let'a 
»bringen»,  li  »sein«  defekt.,  lila  »schreien«,  lomba  »freien,  werben«,  mulömo  o 
»Lippe,  Gebot«,  losigwa  »träumen«,  luka  »Hechten«,  lima  »ackern«,  mu- 
lima  3  »Berg«,  lulimi  11  »Zunge«,  linda  »bewachen«,  liha  »bezahlen«,  laia 
»schießen«,  nkhwale  «Rebhuhn«,  'kula  »wachsen«,  'kuhgulu  »Krähe«,  'kuluya 
»rühren«,  ziwa  »Teich«,  ^kifuwa  7   »Brust«,  wa-  Präf.  Kl.  2. 


1  Manchmal  fällt/  ganz  aus  und  wird  durch  den  Gleitlaut  y  ersetzt,  hayila 
relativ  von  hala  statt  halila,  Haila  »wissen«  relativ  von  'tala  -zählen«.  Statt  simtu- 
mil'e  hört  der  Europäer  leicht  simtumie  »ich  habe  ihn  nicht  gesandt«.  Manchmal 
klingt/  fast  wie  d,  z.B.  'taida  statt  'taila  (taija)  «wissen»;  besonders  in  sitaida  -ich 
weiß  nicht»   (vgl.  die  Dissimilation  in  Uzite  unten  10  d). 

2  In  manchen  Worten  klingt  w  mehr  konsonantisch ,  in  andern  mehr  vokalisch, 
z.  B.  ^hawa  »stehlen«   last  wie  'haua,  aber  lawa  -herausgehen-   fast  wie  lava. 


Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  219 

Urspr.  «und  m  sind  erhalten,  z.B.  na  »und«,  -arm  Verbalendnng 
10,  ma  Präf.  Kl.  6,  -ama  Verbalendung  11  (vgl.  ferner  die  obigen  Beispiele). 

2.    Die  Vokale. 

Die  Entsprechung  tür  a,  i,  u  ist  im  Sainbala  a,  i,  u. 

Die  Entsprechung  für  urspr.  i,  ü  {i,  u)  ist  ebenfalls  i,  u. 

Einen  Unterschied  in  der  Aussprache  der  etymologisch  verschiedenen 
i-  und  M- Laute  habe  ich  nicht  feststellen  können,  ebensowenig  wie  im 
Suaheli.  Jede  Feststellung,  die  ich  in  dieser  Beziehung  gemacht  hatte,  hat 
sich  bald  als  irrig  oder  als  begründet  durch  Zufälligkeiten  herausgestellt. 
Ich  muß  also  sagen ,  daß  ich  einen  Unterschied  in  der  Qualität  dieser  Laute 
mit  verschiedener  Etymologie  im  Sambala  bisher  nicht  gefunden  habe. 

Beispiele,  ^hi  Präf.  Kl.  7  vor  dem  Nomen,  lila  »schreien«,  lima 
»hacken«,  lulimi  11    »Zunge«. 

lu  Präf.  Kl.  11,  ^hu  Präf.  Kl.  15,  mu  Präf.  Kl.  1  u.  3,  'kula  »wachsen«, 
luJca  »flechten«. 

zi  Präf.  Kl.  10,  viuziyo  3  »Last«,  zima  »auslöschen«,  -zVto  »schwer«, 
ziwa  5   »Teich«,  muloß  1    »Freier«,  soni  9   »Scham«,  -i  Lokativsuffix. 

mavuta  »Fett«,  vuha  »Knochen«,  "kifuwa  y>Brust ",  /umbata  »mit  der 
Hand  fassen«. 

Die  Laute  e  und  o  sind  immer  offen,  z.  B.  yenda  »gehen«,  leta 
»bringen«,  ma  »sehen«,  hola  »kühl  werden«   usw. 

3.    Die  Verbindung  von  n  mit  folgendem  Konsonanten. 

Die  regelmäßige  Entsprechung  für  7ik ,    n1,     mp,    ng,   nd,   mh 
ist  7)kh,  nth,  mph,  hg,   nd,   mh. 

Hierbei  ist  beachtenswert,  daß  das  Sambala  die  ursiirünglichen  Laute 
nk,  nt,  mp,  welche  ich  seinerzeit  zur  Erklärung  der  entsprechenden  Laut- 
gruppen des  Suaheli  und  anderer  Bantusprachen  angenommen  hatte,  fast 
genau  bewahi-t  hat  (vgl.  »Grundriß«   S.  10,  14,2). 

Besonders  wichtig  war  mir  dabei,  daß  hg  für  urspr.  «g-  steht,  und 
daß  zugleich  urspr.  y  als  7  auftritt  (s.  oben  1).  Danach  ist  anzunehmen 
n  ■\- y  ^  hg  wie  im  Urbantu  (vgl.  »Grundriß«  S.  11,  14,3  u.  5).  Im  Sam- 
bala sind  zum  erstenmal  Beispiele  aus  der  lebenden  Sprache  für  dieses  von 
mir  vermutete  Lautgesetz  aufgestellt.  Doch  vgl.  die  Ausnahmen  unten 
unter  4  g. 

Beispiele,  hkhwale  »Rebhuhn«,  hkkuni  \Q  »Feuerholz«,  In-kuni  11 
»ein  Stück  Feuerholz«,  hkhulu  9  »groß«  von  -kulu,  nuhkha  »stinken« 
(B.  nunka),  hkhala  9   »Taschenkrebs«. 

wanthu  2    »Leute«  ,  ntliembo  9   »Elefant«. 

mpheho  9  »Wind«,  mphala  9  »Gazelle«  (B.  impala),  mphezn  9  »Ende, 
Spitze  und  Fuß  des  Berges«   von  Jieza   »aufhören«. 

hgata  »Schöpflöffel«  10  pl.  zu  lu-yata,  smgola  »behauen«,  'kuhguhi 
5  »Krähe«,  mu-yahga  1  »Arzt«,  ohgeza  »hinzufügen«,  hguluve  »Schwein«, 
nuhgu  9  »Kochtopf«,  kazinga,  kalahga  »braten,  rösten«,  'kahga  5  »Perlhuhn«. 


220  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

ndezu  »Bart«   neben  "ki-lezu  7  »Kinn«,  ndilrj  9  »Totenklage«  von  lila. 

ndogwa  9  »Zauberei«  von  /07a  »verzaubern«,  nda  9  »Fötus«,  linda 
»bewachen«. 

lomba  »freien,  werben«,  ^kumbuka  »sich  erinnern« , /?/miö/a  »mit  der 
Hand  fassen«,  mheju  9   »Same«,  hamba  »schmücken«. 

Bemerkung  1.  Beim  schnellen  Sprechen  wird  u  nach  m  leicht 
ganz  verschluckt.  Für  den  Eingebornen  ist  es  aber  vorhanden,  und  er 
spricht  es  bei  langsamer  Rede  aus.  Wenn  p  oder  h  folgt,  so  kann  das 
Fehlen  des  u  leicht  zu  Mißverständnissen  führen,  da  die  Worte  ohne  u 
aussehen,  als  gehörten  sie  zu   Kl.  9  und  10  der  Nomina,    während   sie    zu 

I  und  3  gehören.  Es  ist  deshalb  etymologisch  richtiger  und  auch  praktisch 
besser,  das  u  stet.s  zu  schreiben.  Hr.  Missionar  Roehl  hat  auf  diesen  Sach- 
verhalt besonders  hingewiesen ,  und  in  dem  Neudruck  der  Fibel  wird  das 
berücksichtigt. 

Das  ist  um  so  wichtiger,  als  man  in  den  für  den  praktischen  Gebrauch 
geschriebenen  Büchern  die  Aspiration  bei  hhh,  nth,  mph  nicht  bezeichnet. 
Die  an  sich  verschiedenen  Lautverbindungen  mp  und  mph  würden  ohne  das 
also  gleich  geschrieben  werden.  Schreibt  man  die  erstere  aber  mnp,  so 
ist  kein  Mißverständnis  möglich. 

Bemerkung  2.  Die  von  mir  als  »halbe  Nasalierung«  bezeichnete 
Lautveränderung,  wonach  der  Frikativlaut  explosiv  bleibt,  auch  nachdem 
der  Nasal  abgefallen  ist  (s.  »Grundriß»  S.  56,  14b)  kommt  vor;  z.  B.  ludezu 

II  »Barthaar«  neben  ndezu  10,  luhazu  pl.  mbazu  »Rippe«,  ka-dama  13 
»kleines  Kalb«   neben  ndama  9. 

Es  gibt  aber  außerdem  eine  Anzahl  (/,  d,  'b  und  yj  in  der  Sprache, 
die  ich  niclit  erklären  kann ,  »ind  die  ich  bis  auf  weiteres  für  Laute  fremden 
Ursprungs  halte  (s.  noch  unten  7);  z.  B.  gö.si  5  »Nacken« ,  göda  9  »der  Stock«, 
dala  »alt«,  ^bada  »schlecht«,  'btmdu  »ein  Bündel  Bananen«,  ''papatCka 
»ilattern«,  ^pala  5   »die  Wiese,  die  Aue«. 

Für  ^b  fand  ich  die  Aussprache  v  bis  7>,  einige  Individuen  sprechen 
mehr  frikativ,  andere  mehr  explosiv. 

In  der  Lautverbindung  mh  wird  vollstimmiges  b  mit  Kehlöffnung  ge- 
sprochen. 

4.    Veränderung  von   Konsonanten  durch  ^'okaleinflüsse. 

a)  Die  alten  Mischlaute. 

Urspr.  k  wird  k  (mit  palataler  Aussprache,  also  s;  es  klingt  dem  Neuling 
oft  wie  sy);  urspr.  7  wird  z. 

Beispiele,  mesozi  G  »Tränen«,  smgöla  »behauen»,  lasa  »schießen», 
Sayula  »auswählen«,  ieka  »lachen«,  ziso  pl.  me^o  »Auge«,  aiama  »gähnen«, 
soma  »stechen«,  \»\. -ianq   »fünf». 

iza  »kommen«,  'ka-zila  13  »der  kleine  Weg» ,  'ka-zala  13  »der  kleine 
Hunger«,  zuwa  5   »Sonne«,  zmga  »bauen«,  ziha  »schön,   gut  sein«,  B.  yi. 

In  Verbindung  mit  n  wird  /  nicht  geändert,  und  n  fällt  wieder  ab; 
n  +  z  wird  regelmäßig  zu  s,  d.h.  die  stimmhafte  Frikativa  wird  durch  die 
Verschmelzung  mit  dem  Nasal  stimmlos. 


Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  221 

Beispiele,  sqni  9  »Scliam« ,  si  "Land",  iii  »unter",  -ose  »alle". 
yasa  »Handfläche«  B.  yanga,  sila  9  »Weg«  vgl.  oben  ^ka-zila,  sala  9 
»Hunger«  vgl.  oben  ^ka-zala,  se  9  »draußen«  B.  inge,  so  »komm  her« 
B.  iiigo. 

b)  Durch  /  (leichtes  i)  werden  die  Vokale  nicht  erheblich  geändert. 
Die  unter  1  angeführte  zerebrale  bis  palatale  Aussprache  des  l  ist  wohl  zu- 
meist darauf  zurückzuführen,  daß  ein  i  bzw.  e  vorhergeht  oder  folgt  (aber 
auch  sonst  zwischen  zwei  gleichen  Vokalen  wird  t  bzw.  /  gesprochen). 

So  notierte  ich  ziH'a^{zila)  »ausräuchern«,  g^la  »böse  Lust,  Mutwille«, 
c«j/a'  »eine  Speise  nicht  essen«,  ihigt\l'a^  »hineingehen«,  geh  »hineintun«, 
amJnl'a  »Falle  stellen«,  ambil' a  »Holz  zusammenfügen«  (/ zwischen  /  und  ^'), 
taila  (besser  tail'a)  »wessen«  ,  "hazila  13  »kleiner  Weg«  ,  si  lizVte  (auch  /) 
»ich  habe  nicht  geweint«   von  lila  (lil'a),  l'ima  »hacken«   (/). 

Beachte  ni  luma  »beiße  mich«  mit  zerebralem  l  nach  i  von  Tcu-luma 
»beißen«   mit  alveolarem  l,  aber  auch  sala  9  »Hunger«,   wa-sambal'a  usw. 

7  verschwindet  meist  vor  «\  z.  B.  imha  »singen«,  i  Kl.  4;  auch  w 
(<;  urspr.  v)  verschwindet  einigemal,  z.  B.  i-ha  »böse  sein«  neben  -iciwi 
»böse«,  hwili  3  »Leib«  {muvili},  -iii  »unreif«  (B.  reA-i),  -wili  »zwei«,  izwa 
»gar  sein«  (von  ijila). 

Die  übrigen  Laute  bleiben  unverändert; 

z.B.:  1c  'Ä'/ Präf.  Kl.  7,  mrikila  3  »Schwanz«,  "kila  »die  Kräfte  über- 
steigen«. 

t  gati  »mitten«,  muti  3   »Baum«,  -'ft'  »sagen«. 

h  (<  urspr.  p)  hituJa   »umdrehen«,  -hgahi  wie  viele«,  ^kuM  »wo:'« 

Unsilbisches  i  hat  einen  stärkeren  Einfluß  als  silbisches  /  auf  die 
vorhergehenden  Konsonanten. 

Die  Lautverbindung  ^kya  wird  regelmäßig  zu  'tja  (j  stimmlos),  die 
Lautverbindung  lya  zu  dja  (J  stimmhaft),  hya  klingt  wie  %ya. 

Beispiele.  Gen.  Kl.  7  'tja,  "(ja  »Tag  werden«;  Gen.  Kl.  5  dja,  dja 
»essen«;  -%ya  »neu«^,   %i/a  »brennen«. 

Vor  e  habe  ich  keine  Veränderungen  der  Konsonanten  gefunden ; 

z.B.  ymda  »gehen«  (yenda),  yembe  5  »Hacke«,  yema  »Palmwcin 
zapfen«,  le'ta  »bringen«,  le'ka  »lassen«,  zeice  5  »Schmarotzermilan«,  iice 
5   »Stein«. 

Bemerkung  \.  Aus  diesen  Genitivbildungen  'fja  und  dja  und  den 
Verbalformen  mit  -a-  ist  nach  Analogie  ein  Nominativpräfix  entstanden,  das 
vor  dem  Verbum  als  'tji  und  dji  auftritt,  während  es  der  Regel  nach  'ki  und  // 
heißen  sollte.  Vor  dem  Nomen  ist  'H  erhalten,  li  ist  aber  ganz  abgefallen 
wie  im  Suaheli,  z.  B.  ^ki'ti  'tja^tama  »der  Stuhl  ist  schön«,  'tjiza^tama  das- 
selbe in  anderer  Form;  djaniluma  »es  (das  Auge  Kl,  5)  schmerzt  mich«,  dji- 
zanüuma  dasselbe  in  anderer  Form. 


1  Dagegen  ist  (/i  häufig;  vgl.  -gima  »gesund«,  gina  »fett  sein«,  gisa  5  "Brach- 
feld«, gimhala  »fett  sein«.  Ich  bin  jedoch  über  die  Abstammung  dieser  Worte  nicht 
klar  (vgl.  z.  B.  Suaheli  ziina  »gesund"). 

"  Tritt  in  Kl.  9  der  Nasal  davor,  so  erscheint  nach  3  oben  das  urspr.  p, 
also  inphya. 


222  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Bemerkung  2.  In  der  gebräuchlichen  Orthographie  des  Sambala  war 
der  Laut  'tj  als  ch  geschrieben.  Ich  verwerfe  die  Schreibung  ch,  da  sie 
nicht  phonetisch,  sondern  rein  empirisch  aus  dem  Enghschen  herüberge- 
nommen ist.  Die  Schreibung  ist  obenein  unpraktisch,  da  in  den  Schulen 
nur  ch,  aber  nicht  c  gelehrt  wird.  Außerdem  ist  sie  bedenklich,  weil  sie 
den  Europäer  verführt  alle  etwa  dem  englischen  ch  ungefähr  ähnlichen  Laute 
mit  ch  zu  bezeichnen,  ohne  sich  darüber  Gewißheit  zu  verschaffen,  ob  diese 
Laute  auch  tatsächlich  identisch  sind.  Im  Suaheli  wußte  ich,  ehe  ich  nach 
Afrika  ging,  daß  durch  ch  etymologisch  verschiedene  Laute  bezeichnet  werden. 
Es  hat  sich  herausgestellt,  daß  sie  auch  verschieden  gesprochen  werden. 
Für  das  Sambala  hatte  ich  eine  solche  bestimmte  Überzeugung  nicht,  son- 
dern nur  eine  allgemeine  Vermutung,  daß  auch  liier  mit  ch  verschiedene 
Laute  bezeichnet  sein  konnten. 

Mit  Hilfe  der  sehr  intelligenten  Sambalajungen  habe  ich,  wie  ich  in 
der  Suahelistudie  bereits  erwähnt  habe  (S.  206),  ermittelt,  daß  im  Sambala 
zwei  Laute  vorliegen,  die  mit  ch  geschrieben  werden.  Der  erstere  ist  der 
oben  als  Entsprechung  für  ky  gefundene  Laut  'tj\  der  zweite  ist  'tz.  Beide 
Laute  sind  stimmlose  Lenes,  also  beide  von  dem  englischen  ch  verschieden, 
da  dies  Fortis  ist.  'tj  ist  palatal,  'tz  alveolar,  beide  mit  Rauschlaut.  Für 
eine  praktische  Schreibung  empfehle  ich  tj  und  tz  (oder  tz)  oder,  wenn  man 
das  gewohnte  c  beibehalten  will,  c  und  c.  Das  h  bei  dem  c  ist  in  jedem 
Fall  überflüssig  und  verwirrend. 

Beispiele.  ^0a  »Morgen  werden«  wie  oben,  'iza  »Aufhören  des 
Regens«  V;a  Gen.  Part. ,  Vya/a  7  »Finger«,  'fzuta  »schwarz  sein«,  ^tzuluza 
»handeln,  wuchern«. 

c)  Vor  u  (leichtem  ti)  und  o  halten  sich  die  meisten  Kon- 
sonanten, auch  /,  das  im  Suaheli  liier  i-egelmäßig  verschwindet.  Nur  lo 
(-<  urspr.  v)  wird  verllüchtigt ;  z.  B. : 

luma  »beißen« ,  Suaheli  uma;  lu  Präf.  Kl.  11,  Suaheli  u;  loya  »zaubern«, 
Suaheli  oga;  lomba  »bitten,  werben«,  Suaheli  omba  »bitten«. 

Aber  uya  »zurückkehren» ,  B.  1-7/70 ;  ona  »sehen« ,  B.  ro»io;  ola  »faulen«, 
B.  vola. 

Für  B.  <ynia  »sich  wärmen«  habe  ich  Sambala  otrla  und  hotefa 
notiert. 

Unter  dem  Einfluß  des  w,  das  aus  (leichtem)  n  entstand,  treten 
zuweilen  palatale  und  velare  Laute  auf;  z.  B. : 

iiioana  1  »Kind«  statt  mw-ana,  hwezl  3  »Mond«  statt  micezi,  tuhwa 
Pass.  zu  tuma   »senden«. 

%wa  »ebben«  für  wys^y.  pwa  aus  hwa^,  Ir/^icaVass.  von  liha  »bezahlen«, 
layica  Pass.  zu  laha  »verurteilen«,  Msi'yjici  »Name  eines  Berges  und  eines 
Baumes«. 


1  In   der   Suaheiistudie    steht   'tj,    da   ich    dort    den  Rauschlaut  niclit  deutlich 
wahrcenoiiiiuen  iiabe. 

2  Wird  hiervon  ein  Wort  nach  Kl.  9  gebildet ,   so   tritt   das  urspr.  p   wieder 
ein,  z.  B.  mphwai  9  »der  Strand,  an  der  Küste».     Vgl.  Note  2  zu  S.  22L 


INIeinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  223 

Auch  die  Lautver!)iiidung  -bwa  klingt  fast  so,  als  stände  nach '6  ein 
leises  7,  also  beinahe  -7»7ö.  Die  Lautverbindung  7«;«  bleibt  erhalten,  wird 
zu  giva  verhärtet  oder  zu  wa  verkürzt.  (In  jica  Gen.  Kl.  1  tritt  j  —  in  den 
Drucken  y  —  ein.  Ich  führe  die  Form  auf  urspr.  yyn-a  zurück.)  Passiv- 
endung i'ywa.  ist  sehr  häufig. 

z.B.  gwa   »fallen«.     Gen.  Kl.  3  wa^.ywa. 

Dagegen  bleibt  Iwa  unverändert,  z.B.  Iwa  Gen.  Kl.  11,  halwa  Pass.  zu 
hala  »schaben«.  Vor  tt' verschwindet  urspr.  r  ebenso  wie  vor  o  iind  m,  z.B. 
Gen.  Kl.  14  wa  (ß.vwa). 

d)  Unter  dem  Einfluß  von  i  (i,  schwerem  i)  treten  starke  Ver- 
änderungen der  Konsonanten  ein.  ki  und  U  werden  si,  pi  wird  y?,  yi  und 
//  werden  zi,  vi  wird  m. 

Beispiele,  ki.  lu-siye  11  »Augenbraue«,  mosi  3  »Rauch«,  mdm  1 
»der  Koch«   von  dfka  »kochen«,  ma-iizi  6   »Ruß  an  den  Töpfen« ,  B. -kili. 

lt.  losigwa  »träumen«,  vom  Stamm  Iota,  sima  5  »Brunnen«,  siyala 
»zurückbleiben«. 

pi.  fisa  {fi^ya)   »verstecken«,  fiya  »Kochstein«. 

yi.  Das  Vergrößerungspräfix  Suaheli  dji,  also  urspr.  yi,  lautet  zL  z.  B. 
zi-.sqzi  »eine  Träne«;  vgl.  zihi  »kurz«  (Yao-J^jo^),  ziso  5  »Auge«,  zina  5 
»Name-,  zinno  »Zahn«,  mazi  ü  »Wasser«,  muzi  3  »Dorf«,  zVknb   »Herd«.^ 

li.  mu-ziyo  3  »Last«,  -zVto  »schwer«,  ziwab  "Teich«,  nwezi  3  »Mond«, 
zi  Präf.  Kl.  10,  Hz-Vte  Perf.  von  lila,  kilongnzi  7  »der  Anführer«  von  hj/'i- 
gola,  mbuzi  9   »die  Ziege«,  m^pazi  1    »der  Erbe«   von  ^pala  »erben«. 

vi.  vi  Präf.  Kl.  8,  vina  »tanzen«,  hwivi  1  »Dieb«,  mhavi  1  »Dieb«  von 
^bawa  »stehlen«. 

Unter  dem  Einfluß  von  y  treten  dieselben  Veränderungen  ein,  y  selbst 
verschwindet  immer,  außer  nach  den  Labialen. 

Beispiele,  kyi.  asa  »anstecken«  von  a^ka  »brennen«,  ^pi^ka  »allerlei 
probieren«    c?iws. 'pisa  »jemand   plagen«,   lahVka  »erbrechen«    caus.  'tahisa. 

iya.  losa  »träumen  machen«  von  ungebr.  Wia,  B.  loia,  igusa  »satt 
machen«   von  igu^ta  »satt  sein«. 

p^a,  lefya  »lang  machen«,  caus.  zu  leha  »lang  sein«,  zifya  »schön 
machen«  von  ziha,  hufya  »leicht  machen«  von  huha,  r'mfya  »klein  machen« 
von  nuha. 

yya.    aga  »verloren  gehen«   bildet  caus.  aza,  yja  »umkehren«   uza. 

Iya.  za  Gen.  Kl.  10;  -eza,  -iza  caus.  zu  -ela,  -ila;  kula  »wachsen« 
bildet  caus.  kuza,  heia  »zu  Ende  sein«  bildet  heza,  gula  »verkaufen«  bildet 
caus.  guza. 

vya.  vya  Gen.  Kl.  8,  vyala  8  »Nägel«  pl.  zu  'tjalal,  vyala  »gebären«, 
dazu  -vyele  »weiblich«,  lawa  »herausgehen«  bildet  caus.  lavya,  vuwa  »sich 
bewegen«   bildet  caus.  vuvya. 

e)  Durch  n  {11.  »schweres  w«)  treten  Veränderungen  der 
vorhergehenden  Konsonanten  ein,  wobei  zu  beachten  ist,  daß  k  vor 


1    Das  Refl.  Präfix  beim  Verhum  lautet  'ki.     Ich  weiß  keine  Erklärung,  doch 
vgl.  Kongo  ku. 


224  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

ü  in  der  Regel  zu  /,  aber  /  zu  /  wird.  AVährend  im  Suaheli  die  Verbin- 
dung kü  und  tu  gleicherweise  zu /«  wurde,  ist  hier  der  etymologische  Un- 
terschied der  beiden  Verbindungen  noch  ei'sichtlich. 

Beispiele,  ku.  kifuwal  «Brust" ,  fumba^la  »mit  der  Hand  fassen», 
la/una   »kauen«. 

iu.  suga  »Tiere  zähmen«,  sunda  »züchtigen,  zurechtweisen«,  mma 
»nälien«,  suhga   »binden«   (Suaheli /w%a). 

pw.    hufu  »leicht«   von  huha   »leicht  sein«. 

«yw? 

lu.  ndezu^  »Bart«,  -hnzu  «sanftmütig«  von  -hola,  znmilaX  »zustimmen», 
-tnzu   »faul«    (B.  -vilü),  izu   »reif«   (B.  vilu). 

vu.    zula   »einem  Tier  das  Fell  ausziehen«   (B.  ru-ula). 

Wird  u  unsilbisch,  so  treten  dieselben  Veränderungen  ein,  und 
7/  verschwindet  nach  /,  nach  z  hält  es  sich. 

Beispiele,  -/a  »sterben« ,  yawowa  »ähnlich  sein«  (B.  pivana),  zwika 
»Kleider  anziehen«,  B.rw-ika. 

f)  Wenn  \' ok  aleinflüsse  und  der  P^influß  eines  Nasals  zu- 
sanunentreffen,  so  ist  auch  hier  das  Gesetz  zu  beobachten,  das  wir  oben 
in  4  a  fanden ; 

Stimmhafte  Frikative  werden  durch  vortretenden  Nasal  stimmlos.  Der 
Nasal  fällt  vor  allen  Frikativen  aus,  z.B.  -zihi  »kurz-.  Kl.  9  sihi. 

Dabei  ist  es  meist  gleichgültig,  ob  der  nasale  oder  der  vokalische  Ein- 
lluß  dei-  frühere  war. 

nk.  sihgo  9  »Hals«,  si'ye  10  »Augenbraue«,  pl.  zu  lu-siye,  also  ni  + 
ki^ii;  mtsa  »an  etwas  riechen«,  caus.  von  nuhkha  »stinken«,  also  nk -\- 
y^si,  zinkha  »vorübergehen«,  caus.  zisa. 

nt? 

mp.  ßyn  9    »Niere«. 

ng.  .f/ 9  »Fliege«,  si'^e  9  »Heuschrecke«,  asa  » umhertreiben»,  caus. 
zu  ahga,  dazu  im-asi  1  »der  Herumtreiber«,  mu-^twasi  »die  Stampfende« 
von  ^titahga,  u-losi  14   »Sprache«   von  longa,  caus.  dazu  Insa. 

nd.  mu-lml  »Wächter«  von  -linda,  muhasi  1  »der  Pflanzende«  von 
handa,  vtisa  caus.  zu  vunda  »verfaulen«,  sitn  9   »schwer«   von  -ziU}. 

mh.  mu-loßl  »Freier«  von  lomba,  lu-veya  »Hörn«,  Y)\./ega,  mu-uß\ 
»Töpfer«  von  nmha .  nm-tafi  1  »der  Reisende«  von  tamba,  dazu  caus.  tafya; 
von  -vyele   »wei])lich»    K\.0  fyele,  /via  9   »Regen«   Suaheli  mrua. 

Während  w  und  7  vor  (leichtem)  /  und  u  öfter  verschwanden,  bleiben 
7>d)  und  f'ig  stets  erhalten,  z.B.  mbdi  KI.  10  »zwei«,  mbhci  »böse«  Kl.  9, 
rnbiii  Kl.  9   »unreif«  von  -ist,  mbizu  9,   10    »reif«   von  -izu  usw. 

ihgi  »viele«,  iiigüa  »hineingehen«. 

hguluwe9   »Schwein«,  nungu  d   »Kochtopf«. 

g)  Die  Nasale. 

Über  die  Veränderung  von  mw  zu  nw  s.  oben  4  c. 

Die  Lokativendung  Jii  ist  im  Sambala  regelmäßig  zu  -/  geworden 
unter  gänzlichem  Ausfall  des  n,  z.  B.  Sambalai  »das  Land  üsambara« ,  ndai 
»im  Leib«   von  tida.     In  andern  Fällen  hat  sich  das  n  vor  i  gehalten,  z.B. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafriiia.  225 

soni  9  »Scham«,  nJchuni  10  »Feuerholz«,  Ebenso  wird  ni  im  Phir.  des 
Imper.  zu  i,  z.  B.  soi  »kommt«,  letai  »bringt«.' 

ny  und  ny  sind  beide  zu  n  geworden,  z.B.  n-uiigu  9  »Kochtopf«, 
Iw-fko  11    »Löffel«,  ^\.  nfko. 

n-ongeza  9  »Zugabe«  von  -qhgeza,  n-ihgi  10  »viele«  von  -ihgi,  hwme 
»selbst«,  -na  »regnen«,  n-oki  9  »Biene« ,  h-ama  9  »Tier« ,  n-oka  9  »Schlange«. 
na  cacare. 

Bei  den  kausativen  Formen  ist  vielleicht  richtiger  ny  zu  schreiben, 
da  y  noch  hörbar  zu  sein  scheint; 

z.  B.  onya  »führen,  zeigen«  von  ona  »sehen«;  hinya  »lehren«  von  hina 
»lernen«;  honya  »heilen«   von  hona   »gesund  werden«. 

Dagegen  bleibt  m  vor  y  unverändert,  m-oto,  pl.  my-oto  4  »Feuer«, 
m-osi,  pl.  my-osi  4   »Rauch«,  hwaka,  pl.  my-aka  4   »Jahr«. 

humya  »krank  machen«  von  huma,  inamya  »beugen  machen«  von 
inama,  zimya  »auslöschen«   von  zima. 

n  wechselt  in  einigen  Fällen  mit  7,  wo  ich  eine  befriedigende  Er- 
klärung noch  nicht  geben  kann;  z.  B.  nunda  »ackern«,  vgl.  mu-yunda  »Ba- 
nanenfeld«, nombe  9   »Rind«,  yombe  5   »großes  Rind«. 

Wahrscheinlich  ist  h  hier  das  frühere,  und  7  hat  sich  nach  Analogie 
von  ng  und  y  daraus  entwickelt.  Vgl.  jedoch  von  yenda  »gehen« ,  livyendo 
11,  ^\.  nendo  10  »Gang«,  yongq  5,  -^X.  hongo  10  »Rücken«  gegen  die  oben 
in  3  gegebene  Regel. 

Eine  ähnliche  unregelmäßige  Bildung  ist  nota  9  »die  kalte  Zeit«  von 
Iota  »kalt  sein«,  wenn  es  nicht  von  qta  herkommt,  das  in  der  Bedeutung 
»sich  wärmen»   und  »sich  abkühlen«   gebraucht  wird. 

Vor  u  bleibt  m  unverändert,  z.  B.  -kalamu  »ewig«  von  ^kalama 
»immer  währen«,  -angalamu  »breit». 

5.  Über  die  Konsonantendissimilation  nach  dem  Dahlscheu 
Gesetz  habe  ich  an  andrer  Stelle  das  Nötige  gesagt.  ZDMG.  Bd.  LVII, 
S.  302. 

So  entsteht  gati  »mitten«  aus  urspr.  ''kati,  mgate  3  »Brot«  aus  mkate 
Suaheli,  gwatq  »Zange«,  Suaheh  kwato  5  »gespaltener  Huf« ;  'hahuka  (Sua- 
heli papukä)  »sich  abtrennen  vom  Weg,  von  einem  Stück  Vieh«. 

Derselbe  Vorgang  läßt  sich  nachweisen,  auch  wo  der  ei'ste  Konsonant 
mit  Nasal  verbunden  ist; 

z.  B.  nguku  9  »Huhn«  (urspr.  iikuku),  hguha  9  »Buschlaus«  (urspr. 
nkupa),  ngqhe  9   »Augenlid«    (urspr.  nkope). 

Auch  wenn  der  erste  Konsonant  durch  Vokaleintlüsse  frikativ  wurde, 
läßt  sich  das  Gesetz  in  einigen  Fällen  beobachten; 

z.B.  mavuia  »Fett«  (urspr.  -kula),  vuha  5  »Knochen«  (urspr.  -ki'ipa). 

Beachtenswert  ist,  daß  der  durch  Dissimilation  aus  k  entstandene 
Laut  g  und  nicht  7  ist.  Bei  der  Auflösung  der  nasalen  Verbindung  ng 
läßt  sich  aber   keine  feste  Regel  aufstellen.     Von  iiguha  9   »Zecke«   (urspr. 


1    Der  Imperativ  mit  Verbalobjekt  nimmt  oft  das  konjunktivische  e  an,  ?..  B. 
m-letei  »bringt  ihn«. 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  111.  Abt.  15 


226  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

nkupa)  entsteht  regelmäßig  (/uha  5  »große  Zecke«,  aber  von  hgiiJcu  9  »Huhn« 
gegen  die  Regel  yuJcu  5  »großes  Huhn«.  Umgekehrt  von  ngoma  9  (urspr. 
ngoma)  gegen  die  Regel  goma  5  »große  Trommel« ,  während  man  yama  er- 
warten soUte. 

Übrigens  dehnt  sich  die  Wirkung  des  Dahlschen  Gesetzes  auch  auf 
das  A:M-Präfix  aus,  z.  B.  gwaha  5  »Achselhöhle«.  Wie  SuaheH  kicapa  zeigt 
und  Herero  oJcu-apa,  liegt  hier  eine  Bildung  mit  Praef.  Kl.  17  vor,  dem  im 
Sambala  Präf.  Kl.  5  vorgesetzt  ist;  vgl.  den  Plur.  des  Herero  oma-icuapa. 
Ferner  gutwi^  5  »Ohr«,  Herero  oku-twi  17,  ebenso  gebildet.  Demnach 
nehme  ich  au,  daß  Sambala  yako  »dort«  statt  guko  steht  und  in  derselben 
Weise  wie  gwaha  und  gutwi  aus  'kuko  entstanden  ist.  Eine  besondere  Art 
von  Assimilation  fand  ich  in  dem  Fremdwort  talatasi  »Papier«  für  Suaheli 
halatasi. 

Vokalassimilation  liegt  vor  in  dem  Demonstrativpronomen  uju  1, 
awa  2,  idji  5,  itji  7,  ulu  11,  aka  13  usw. 

6.  Die  aufgeführten  Laute  sind  aus  dem  System  der  Bantulaute  sämt- 
lich zu  erklären  mit  Ausnahnie  von  '/i,  für  das  ich  eine  Ableitung  nicht 
gefunden  habe.  Es  gibt  im  Sambala  eine  große  Anzahl  von  Worten  mit 
kurzen  Vokalen  in  offner  vorletzter  Silbe. ^  In  den  echten  Bantuworten 
des  Sambala  sind  die  Vokale  in  offner  vorletzter  Silbe  lang  (s.  unten  7). 

Aus  diesem  Grunde  glaube  ich,  daß  wir  die  Worte,  in  denen  jenes 
Vi  vorkommt,  und  die  Worte  mit  kurzen  Vokalen  in  offner  vorletzter  Silbe 
bis  auf  weiteres  als  Fremdwörter  anzusehen  haben. 

Daß  solche  Fremdwörter  auftreten ,  ist  nicht  weiter  merkwürdig ,  wenn 
man  bedenkt,  daß  die  Sambala  in  ihrem  Bergland  umgeben  sind  von  den 
die  Steppe  bewohnenden  Masai  mit  »kuschitischer«  Sprache,  und  daß  auch 
nach  den  Überlieferungen  der  Sambala  fremde  Einflüsse  in  ihrem  Volksleben 
seit  alter  Zeit  vorgelegen  haben;  vgl.  die  Geschichte  der  Wakilindi.  Ferner 
ist  die  Sprache  der  Wambugu,  die  mitten  in  den  Bergen  Usambaras  wohnen 
und  eine  eigene  Sprache  sprechen,  die  vom  Bantu  und  vom  Masai  ver- 
schieden ist,  von  Einfluß  gewesen. 

Beispiele,     göda  9   »Stock«,  myösi  1    »Älann«,  ngiftö  9   »Schaf«. 

7.  Meine  Untersuchungen  über  die  Quantität  der  Vokale  hatten 
folgendes  Ergebnis. 

In  der  Regel  sind  alle  Vokale  kurz. 

Nur  die  Vokale  der  Stammsilbe  und  der  vorletzten  Silbe,  auf  die  ein 
nicht  mit  Nasal  verbundener  Konsonant  folgt,  werden  gedehnt.  (In  Fremd- 
wörtern sind  auch  sie  kurz,  s.  6). 

Besonders  die  Einsilbigen  sind  also  kurz,  z.  B.  se  »draußen«  Suaheli 
ndje,  so  »komm  her«   Suaheli  ndjö. 


1  In  ''gutwi  und  'gwaha  habe  ich  sogar  g  mit  Kehlverschluß  notiert,  ebenso 
'gati  »Mitte«. 

2  Genau  genommen  sind  alle  Silben  oÖen.  Ich  gebrauche  den  Ausdruck  hier 
der  Kürze  halber  für  Silben,  auf  die  kein  mit  einem  Nasal  verbundener  Konsonant 
folgt  (vgl.  gela  und  yendä). 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  227 

zTsQ  »Auge«,  pl.  mesQ,  ztlä  »Speise  nicht  essen«,  ztnä  5  »Name«, 
ngömä  9  »Trommel«,  Tzä  »kommen«,  yäwä  »teilen«,  mäzi  6  »Wasser«, 
nwezi  3   »Mond«,  yäsä  »Hand«,  lä?iä  »verfluchen«,  nwä^kä  3   »Jahr«; 

aber  trnbä  »singen«,  yendä  »gehen«,  mü-yähgä  1  »Arzt«,  nihgi  10 
»viele«. 

Wird  ein  Verbum  durch  Anfügung  von  Suffixen  mehrsilbig,  so  bleibt 
die  Stammsilbe  doch  lang.     Wo  sie  kurz  war,  bleibt  sie  kurz. 

äsämä  »gähnen«,  am 'M  »zum  Trocknen  aufhängen«,  ?Vfl%ö  »rufen«, 
Vtt^hä  »gehorchea«, 

aber  mgtl'ä  »hineingehen«. 

8.  Wie  in  andern  Bantusprachen  scheint  auch  hier  der  dynamische 
Ton  zweifach  zu  sein,  nämlich  1.  etymologisch  auf  der  Stammsilbe;  als 
solcher  bewirkt  er  die  in  7  aufgeführte  Dehnung  der  Stammsilbe,  auch 
wenn  diese  nicht  vorletzte  Silbe  ist,  2.  mechanisch;  als  solcher  ruht  er 
auf  4ei'  vorletzten  Silbe  und  bewirkt  wie  in  7  in  der  Regel  die  Dehnung 
des  Vokals. 

Die  zweite  Art  des  dynamischen  Tons  wird  vom  Europäer  leicht  auf- 
gefaßt, die  erstere  schwerer;  um  deswillen  erscheint  dem  Europäer  die 
erstere  Art  als  Nebenton ,  die  zweite  als  Hauptton ; 

z.B.  i'tdngä  »rufen«,  h'igil'ä  »hineingehen«,  anfkä  »zum  Trocknen 
ausbreiten«,  aSamä  »gähnen«. 

9.  Der  musikalische  Ton  war  bisher  noch  in  keiner  ostafrikanischen 
Sprache  gefunden,  außer  dem  Konde  und  Sango  im  Nyassagebiet  (vgl. 
»Grundriß«   S.  131.  148). 

Außerdem  hat  Missionar  Dahl  in  Urambo  darüber  einiges  festgestellt, 
das  mir  aber  erst  nach  meiner  Rückkehr  bekannt  wurde  (vgl.  seinen  Auf- 
satz im  vorliegenden  Heft  S.  106  ff). 

Meine  Untersuchungen  im  Sambala  begannen  mit  dem  Wort  'Jciya  7, 
pl.  viya,  das  sowohl  »Schenkel«  wie  »Wassertopf«  hieß.  Für  europäische 
Ohren  klangen  beide  Worte  zunächst  völlig  gleich,  und  doch  behaupteten 
die  Eingebornen,  daß  sie  verschieden  wären,  nicht  nur  in  der  Bedeutung, 
sondern  auch  in  der  Aussprache.  Da  sämtliche  Laute  beider  Worte  ganz 
identisch  waren,  wußte  ich  keine  andere  Möglichkeit,  als  daß  die  Tonhöhe 
den  Unterschied  ausmachte.  Nach  manchen  vergeblichen  Versuchen  fand 
ich  dann,  daß  'M^ya^  »Schenkel«,  aber  ^M^a^  »Wassertopf«  heißt. 

Eine  weitere  Schwierigkeit  ergab  sich  bei  dem  Wort  muluhgu.  Hier 
fanden  wir  nun  schon  schneller  heraus,  daß  mu-lu^ngu^  1  »Gott«  heißt,  aber  mu- 
lu^giö  3  der  Name  eines  bekannten  Feldbaumes  (mit  roten  Blüten  und  roten, 
bohnenartigen  Früchten)  ist,  während  mu-lu^hgil)  3  der  Name  eines  Wald- 
baumes ist.  , 

Nachdem  so  das  Prinzip  gefunden  war  und  die  Sambalajungen  wußten, 
was  ich  wollte,  gaben  sie  ohne  Besinnen  mit  großer  Präzision  und  genau 
übereinstimmend  die  Tonhöhen  jeder  Silbe  in  jedem  Wort  an. 

Ich  gebe  eine  Reihe  von  Proben,  um  zu  zeigen,  wie  wichtig  die 
Sache  für  die  Wortbildung  und  für  die  Synonymik  ist.  Viele  Worte,  die 
bisher  gleich  geschrieben  wurden,  sind  danach  im  Lexikon  zu  unterscheiden. 

15» 


228  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Für  die  Mitteltöne  wende  ich  die  Zeichen:  — *  für  den  halbhohen, 
— ^  für  den  halbtiefen  Ton  an. 

Uma  »ackern«,  mu^^ma^  3   »Berg«,  Wlimi^  11    »Zunge«; 

mufih^o*  3   »Last«,  zi^a^  »beschuldigen«; 

zi^ma^  »auslöschen«,  mu^-z^mu^  »Gott  der  Unterwelt«; 

nda*  »Fötus«,  ndd  »Ausruf,  wenn  viel  von  einer  Sache  vorhanden  ist« ; 

nddi^  »im  Leib«,  ndaH^  »wer«; 

/ß7a'  »krank  machen,  weil  eine  religiöse  Vorschrift  nicht  beachtet  ist« ; 

la^ga^  »sich  verabschieden,  einen  Vertrag  machen«; 

sa^nga}  »Steuern  einziehen,  beisteuern«,  sa^c/a^  »keimen«; 

'A-ö'/ö^   »sauer  werden«   (Milch); 

'ka^ld'ya^la^  »vertrocknen«   (vgl.  ^Jcafit*  »trocken«); 

'kdy  5   »Kohle«; 

muykaja*  1    »Jäger«   (vgl.  u^-'ka/a*  14   »Jagd«); 

'kajt}  »streng,  hart«; 

rn^ka^zct  1    »Ehefrau  des  N.  N.«;  mka^zh^  »seine  Frau«; 

'ka*lajiya^,  ^ka^z^hga^  »braten,  rösten«; 

^oW*  »schlafen«,  mu^-yo^no*  3  »das  Schnarchen,  die  tiefe  Stimme«, 
ngö^dnö '  »  Morgennebel «  ; 

gVl'ä^  »böse  Lust,  Mutwille«; 

2«j/a'  »eine  Speise  nicht  essen  (aus  Aberglauben,  Sitte)«; 

«e'/'a,  »ausräuchern«  (Klippdachse,  Bienen); 

z\nd  5,  pl.  wOjSi'wö*  »Name«,  zhia^  5,  pl.  ma^-zi*na^  »Pflanzloch«; 

hvoe^i  3   »Mond«,  hwe^z^  3   »Wasserlauf«; 

•ye^ld  »glatt,  schlüpfrig  sein«,  ge^W  »hineintun«; 

mu-ya^ga^  1  »Arzt«,  u-'ya^ga^lA  »Medizin«,  aher  ma^-ga*hga^  6  »Baum- 
euphorbien«  ,  Sing,   dazu  gafiga^', 

afnguHa   »ausbrüten«,  apgu/a   » herabnehmen « ; 

ba^da^  »auf  etwas  setzen,  legen,  stellen«;  ba^da^  »Maniokbrei«;  ba^daf 
»schlecht«; 

bahnhci  »Käfer«,  aber  ba^mba'  »Star«   (Augenkrankheit); 

bi^ndu}  »kleine  Holzlast«,  bhiduf  »Perlenkette,  die  die  Frauen  um  die 
Hüfte  binden«; 

buhidu^  »Turban«,  bu^ndii   »eine  Traube  Bananen«; 

iti^ka  »überlaufen«  (Flüssigkeit),  iti^ka  »antworten,  gehorchen«  (im 
Imperativ  Hochton  auf  a); 

buld   »ankommen«,  bula^  »Lichtung«; 

ha^d  »sich  waschen«,  ha^a   »angrenzen«; 

o,fo,   »verfaulen«,  oHa^  »beschenken«; 

a'/o'  »verlassen«,  afa^  »verbrennen«; 

si^hgo^  9   »Hals«,  nkhifigo*  9   »Fell  zum  Schlafen«. 

In  folgenden  Fällen  liegt  gewiß  eine  Verwandtschaft  vor,  auch  wo  die 
Tonhöhen  verschieden  sind. 

-/c'  »lang«,  -Mha^  »lang  sein«; 

kVIa^  »(die  Kräfte)  übersteigen«,   mu^-kHa^  3  »Schwanz«;  nd^zu^  »Bart«, 


Meinhof:    Linmiistisclie  Studien  in  Ostafrika. 


229 


pl.  maf-'ko*?nba^,   ^ki-'kdmba\ 
■  Klang« ; 


''ko^mha^    5    »Flasolienkürbis    als    Gefäß« 
»sich  aufblähen«  ; 

liHa^  »schreien»,  ndi^M  9   »Totenklage«,  mupld 

l()yo^   »verzaubern«,  nddgwa^  9   »Zauberei«; 

l(hnha^   »freien,  \verl)en<',  muWfi^  1    »Freier«; 

/ö'te,   »kalt  sein«,  «o'te,   »die  kalte  Zeit«; 

ndct  »Fötus«,  nddi^  »im  Leib»; 

M^-fiiwa^  7   »Brust« , /m'wö,   »würgen«; 

67'   »Land«,  e'/?,  »unten»,  otli^,  s\   »hier  unten«; 

^kttla^  »wachsen»,  -kufu^  »groß«; 
fu*mba^  5    »Maus  in  der  \\^n&^^ ,  fiimhata^   »mit  der  Hand  fassen«. 

Änderungen  der  ursprünglichen  Tonhöhen  scheinen  danach  statt- 
zufinden : 

\.  bei  der  Bildung  der  Adjektiva,  vielleicht  auch  der  von  ihnen  ge- 
bildeten Abstrakta ; 

2.  beim  Abfall  des  Präfixes  (vgl.  /<'  und  i'//,). 

In  a*hd  si^  ist  der  Hochton  des  Präfixes,  nachdem  dasselbe  ausgefallen 
ist,  auf  die  letzte  Silbe  des  vorhergelienden  Wortes  geraten. 

Eine  erschöpfende  Behandlung  der  Tonhöhen  ist  zur  Zeit  nicht  mög- 
lich. Der  Zweck  meiner  Untersuchung  war  nur  auf  die  Wichtigkeit  der  Sache 
hinzuweisen  und  zur  genaueren  Forschung  in  dieser  Richtung  anzuregen. 

Ich  gebe  im  folgenden  noch  eine  Anzahl  Worte,  deren  Tonhöhe  ich 
versucht  habe  zu  fixieren  als  Material  für  die  Vergleichung  mit  anderen 
Bantusprachen.  Merkwürdigerweise  scheinen  die  Worte  trotz  sonstiger  Ver- 
schiedenheit die  Tonhöhe  meistens  beizubehalten ,  wie  die  beigefügten  Worte 
aus  dem  Venda'  (Nordtransvaal)  und  Duala  (Kamerun)  zeigen. 


Sambala 

Venda 

Duala 

Ma,  »liegen« 

laHa  dasselbe 

Umbijta^  »lecken«  (Zunge) 

fe'^öi  »verlassen» 

dfa^  dasselbe 

Uma^  »nicht  wollen,  nicht 

l^mala  »sich  nicht  vor  der 

!^m   »dumm  sein« 

können» 

Falle  fürchten«  (dumm 
sein) 

Wta^  »bringen« 

ndire  dasselbe 

U  »sein«,  defekt. 

ndi^  dasselbe 

ß"  dasselbe 

dja^  »essen« 

Id  dasselbe 

Vo,  dasselbe 

muM■mo^  3  »Lippe,  Geb 

ot« 

muh^mo  3   »Lippe« 

y^ka^   »flechten« 

lu^ka  dasselbe 

li^nda^  »bewachen« 

li^nda  dasselbe 

li^a^na^  »gleich  sein« 

U^igana  dasselbe 

li^ha  »bezahlen» 

lija  dasselbe 

ziHo^  »schwer» 

-di^y  dasselbe 

zi^a^  5   »Teich« 

dzifia  5   »Tiefe« 

ma-dfba^  6   »W;isser 

zij^z^b  »eine  Träne«, 

pl. 

mftofdzi  4   »Tränen« 

mi^-sofli^  4  dasselbe 

m^sdz^ 

230 


S  a  ni  b  a  1  a 
idhgdla^  »behauen« 
ÄoW,  9   »  Scham  a 
laia^  «schießen« 
a*/a'  »wegwerfen« 
z^Tii^  »kurz« 
ma^vuHa^  »Fett« 
fuHa^  »wischen,  betrügen' 
nkhwaJS  9   »Rebhuhn« 
saf/uHa^  »auswählen« 
/c'Ä-a,  »lachen« 
^kumbu*'ka,     »sich      erin 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Venda  Duala 

sdnga^  5   »Zahn« 


thdni  9   »Schande« 
/a'Va  »werfen« 


maj)fy}ra  6  dasselbe 


khwaji  9  dasselbe 
'ta^hula  dasselbe 
sefl  dasselbe 
hj}mhula   »denken« 


'.?oW  dasselbe 


ila,  6  »Palmöl.  Ob 


ki^TTii^  »zehn« 
Tiithgitlu^  5   »Krähe« 
nkhtini^  10   »Feuerholz' 
hgtjtha^  9   »Buschlaus« 

hxifa^  »sterben« 

-kuhi'^a^    » rühren « 

OT/'/i«,    5 ,     pl.    ma^ryt/ha^ 
»Knochen« 

^koJio*la^   •  husten « 

ngühe*  9  »Augenwimper« 

ngu^ku^  9   »Huhn« 

"kWmä^   »melken« 

"ka^na^na^      »miteinander 
streiten« 

'kuykä'ndd^  »mit Lehm  be- 
werfen « 

^kothga^  5  »Perlhulm«,  ma^- 
^ka^nga^ 

gäß^  »mitten« 

'tjd » Morgen  werden,  Her- 
aufkommen der Sonne« 

V^a*»  Auf  hören  desRegens« 

iä^iä^    »sauer    werden« 
(Speise) 

nguju^vi  9   »Schwein« 

nup.g'u)  9   »Kochtopf« 

mtlu^  5 ,  pl.  mapu^lu*  » Nil- 
pferd « 

ngwe*  9  »ein  Waldbaum«, 
»ein  Riemen,  um  ein 
Rind  anzubinden« 

56*  »draußen« 


fufmi  »zehn«  'drMi   »zehn« 

ß^ngumj^  5  dasselbe 
khijtni   10  dasselbe 
giitfa    5     »vollgesogene 

Buschlaus« 
/a'  dasselbe  W  dasselbe 


W'tola  dasselbe 
khlfe  9  »Schläfe« 
kJm^hu  9  dasselbe 
ahna  dassell^e 
hahia  » verweigern  • 


kha^nga^  dasselbe 

'ka^ti  dasselbe 
tsa}  »dämmern« 


o^Sf^a,  dasselbe 


a^na^  »kämpfen, streiten' 


ka}/i  dasselbe 


«^w'/«<r69  »wildesSchwein«    ngo^a}  9    »Schwein« 

woVigq^  19   »Kochtopf« 


wrfo'  dasselbe 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 


231 


Venda 
ndaja  9  dasselbe 

ndija  9  dasselbe 

dtha  dasselbe 


(}the  »alle«  -ise^  »alle« 

(ha  »sich  wärmen.',  moto    oHo^  dasselbe 
poet.   »Feuer« 


ialler 


S  a  ni  b  a  1  a 
so*la^  9  »Hunger«,  Diniin. 

'A'a'  -  za'la^  1 3 
sij'a^   9    »Weg«,    Diniin. 

^ka-zi*l'a^  13 
zu^ca*  5   »Sonne«,  pl.  ma^ 

zu*ica^,  Dimin.  ^ka^-zu*wa^ 

13 
(yiig^za^  »hinzufügen,  viel   e^igedza  »vermehren« 

machen « ,     Subst.     no^- 

nge^za^  9 
woje^  2   »alle,  ganz« 
OfieHa*      »sich     wärmen«, 

mo^to*   3    »Feuer«,   pl. 

myoJ,(i 
yica      »falle!«,     ^ku^-gwa^ 

» fallen « 
yu^a*  »fassen,  greifen« 
wqjci*  14  »Honig«,  riojci* 

9  »Biene« 
zVso^  »Auge«,  pl.  me^SQ^ 
zi^nö\  pl.  mino^  5  »Zahn« 
'bä^wä^   »stehlen« 
mo^si*'d,  pl.  mi/oji*  "Rauch« 
ngo^na      9      »Trommel«, 

yf)ma*,     pl.    ma^-gorna 

»große  Trommel« 
i^ngi^l'a^   »hineingehen« 
ni^ngi^  10   »viele« 
^■,2a'   »kommen« 
i^Uy  »ausgießen« 
mufi^  3   »Dorf« 
5i|  9  »Fliege«,   Jca^-si^  13 

»kleine  Fliege«,  mit  s 

statt  2  gegen  die  Regel 

oben  4  b)  und  f) 
sif^e^  9   »Heuschrecke« 
i^^tajiga^  »rufen« 
ya}waf   »teilen« 
76,72 cfo^    »gehen« 
ma^z^*  6   »Wasser« 
i^Tcafa^  »bleiben,  wohnen, 

sitzen« 
i^mba^  »singen« 
iiw^ne^      »selbst,      Eigen- 


Duala 


ndja^^  dasselbe 
ngeft^  dasselbe 
Ld''ba,    "Gott,   Hinnnel« 


wa,  »lauen 


mhsi  14   »Honig« 
ndtsi  9   »Biene« 
i^^to  5  dasselbe 
i^no  5  dasselbe 

mu^tsi  3  dasselbe 
ngo^ma  dasselbe 


nz^ria  dasselbe 

da^  dasselbe 
se^la  dasselbe 
vi^idi  dassell)e 


nzi^  dasselbe 

ä!,m  dasselbe 
tsi-enda!  7    »Schuh" 
mafdi  dasselbe 


i'mba  dasselbe 
muhie  »Herr« 


kd  dasselbe 


d^^so^  dasselbe 


ngo  mo^ 


dasselbe 


i^ngef,^  dasselbe 

yu  dassellje 

mu*ndi\  3  dasselbe 
ngi*ngi^  9  dasselbe 


a^ba^  dasselbe 
mufhidS  3   »Fuß' 

dja^  dasselbe 


-mSni  »selbst« 


232  Meinhof:    Linguistisclie  Studien  in  Ostafrika. 

Sambala  Venda  Duala 

e^ne      »Herr»       (Anrede), 

me^^    »Herr!«    (Gruß) 
nw-ä'kä^  3  »Regenzeit  im    nvcdha  3   »Jahr« 

März«,   ^\.  my-aka 
dia^ma^  »gähnen«  d^tama    »den   Mund    auf- 

sperren « 
la;nd   »verfluchen« 

«iüa,wa'l,  pl.  M;ör|Wa' »Kind«    nwahia  1   dasselbe  mdna^  1   dasseH)e 

dnikäy     »zum     Trocknen    aWa  dasselbe 

aufhängen« 
7a,5a', pl.7wa|<ya'Ä0^5  »Hand-    ts-a^nda  7   »Hand« 

fläche,  innere  Hand« 
munu^  3   »Salz«  mdno  3   »Salz« 

inunthu^  1    »Mensch«  rnu^hu  \  dasselbe  mo^o^  1   dasselbe 

Wo  die  Tonhöhen  der  verschiedenen  Sprachen  voneinander  abweichen, 
können  folgende   Gründe  dafür  in   Betracht  konunen,  soviel  ich  sehe: 

a)  Beobachtungsfehlei'.  Im  Sambala  ist  rein  empirisch  festgestellt, 
wie  die  Worte  klangen.  Es  muß  noch  erst  untersucht  werden,  welche 
Veränderungen  die  Töne  erleiden,  wenn  Präfixe  oder  Suffixe  hinzutreten 
b/.w.  abfallen,  in  besonderen  Formen  z.B.  im  Imperativ  usw.' 

Im  Venda'  ist  nur  der  Ton  der  einen  Silbe  in  der  Regel  bezeichnet. 
Auch  dadurch  konnten  Irrtümer  entstehen. 

b)  Wie  es  scheint,  wird  im  Sambala  die  Stammsilbe  von  Worten, 
die  in  beiden  Silben  ursprünglich  Tiefton  hatten,  oft  hoch  gesprochen.  Es 
muß  erst  untersucht  werden,  ob  diese  Tonhöhe  wirklich  konstant,  oder  nur 
eine  Folge  des  Starktons  ist,  der  auf  die  Silbe  fällt. 

c)  Durch  Kontraktionen  und  Elisionen  werden  die  Töne  oft  ge- 
ändert. 

Es  bleibt  also  noch  ein  weites  Feld  für  fernere  Untersuchungen. 

10.  Ich  habe  nicht  die  Absicht  über  Wortbildung  und  Gram- 
matik an  dieser  Stelle  ausführlichere  Mitteilungen  zu  geben,  zumal 
Pastor  Roehl,  der  beste  Kenner  des  Sambala,  daran  arbeitet,  und  meine 
grammatischen  Untersuchungen  im  wesentlichen  auf  seinen  Mitteilungen 
beruhen. 

Nur  auf  einiges  will  ich  hinweisen,  das  für  das  Studium  des  Bantu 
im  allgemeinen  und  besonders  für  das  Studium  des  Suaheli  wichtig  ist. 

a)  Die  Nominalklassen  Kl.  11  (B.  lii)  und  Kl.  14  (B.  rw),  die  im  Sua- 
heli gleichlautend  geworden  sind,  sind  hier  klar  geschieden,  indem  Kl.  11 
/«,  Kl.  14  u  lautet,  z.B.  In  Mini  11  »ein  Stück  Holz«,  Suaheli  nkuni,  ule 
14  »Länge«,  Suaheli  ulefu. 


'  Vgl.  z.  B.  zÜ^nä^  ö,  pl.  ma^-zfna^  »Pflanzloch.,  mit  z'i^d  5,  pl.  ma^-ztna^  »Nanie«. 
Missionar  Foiiken  teilt  mir  mit,  daß  im  Kisilia  am  Kilimandjaro  diese  beiden  Worte 
lauten  iri^ia  -Loch  in  der  Erde«,  ir^na  »Name«. 


Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  233 

Die  Vergrößerungsklasse  (B.  y{)  Suaheli  dji  ist  auch  hier  nachzu- 
weisen. 

Das  Präfix  zi-  tritt  aber  nur  vor  dem  Nomen  auf,  und  meist  nur  in 
zweisilbigen  Worten.  Die  Pronomina  gehen  nach  Kl.  5  {li),  z.B.  zizi  5 
»große  Stadt«  von  muzi  3,  z-uto  5  »der  große  Fluß«  von  m-uto  3,  ziti  5 
»der  große  Baum«,  zoJea  5  »die  große  Schlange«  von  rioJca  9,  zama  5 
»großes  Tier«  von  nama  9. 

Die  Verkleinerungsklasse  13  {Jca),  die  im  Suaheli  ganz  in  die  7.  Kl. 
{M,  pl.  vi)  aufgegangen  ist,  ist  hier  noch  vorhanden  und  lautet  regelmäßig 
'ka,  z.B.  ^ha-zila   13   »der  kleine  Weg«,  'Tca-yosi  »der  kleine  Mann«. 

Die  einsilbigen  und  die  vokalisch  anlautenden  zweisilbigen  Stämme 
nehmen  nach  Ita  noch  5«  an,  z.^.^ka-zi-til^  »der  kleine  Baum«,  "ka-z-ana 
»das  kleine  Kind«  von  hwana  1.  Der  Plural  hierzu  ist  aber  analog  dem 
Suaheli  Kl.  8  vi,  und  nicht  Kl.  12  {tu)  wie  in  anderen  Sprachen.  Kl.  12 
ist  dem  Sambala  verloren  gegangen. 

Aus  dem  Plural  dieser  Klasse  entwickelt  sich  eine  Form  zur  Bezeich- 
nung kleiner  Quantitäten:  va-z-ele  »ein  wenig  Milch«  von  mele  6,  va-z-azi 
»ein  wenig  Wasser«  von  mazi  6,  vakunyu  »ein  wenig  Kungunuß«  von 
nkhungu  9  usw. 

b)  Über  die  Nominalendungen  hat  P.  Roehl  so  eingehende  Studien 
gemacht,  wie  sie  noch  in  keiner  Bantusprache  bisher  vorliegen.  Ich  weise 
nur  darauf  hin ,  daß  der  Unterschied  der  Endung  -a  und  -i  (<  i)  hier  klar 
hervortritt. 

-a  ist  verbal,  das  Wort  behält  verbalen  Charakter  und  ist  eigentlicli 
mehr  Partizip  als  Substantiv.  Ist  es  transitiv,  so  nimmt  es  in  der  Regel 
ein  Objekt  zu  sich,  und  zwar  nicht  mit  Genitivzeichen;  dies  Verbalobjekt 
ist  also  als  Akkusativ  aufzufassen. 

-i  bildet  dagegen  echte  Nomina  agentis  mit  folgendem  Genitiv:  z.  B 
von  hinya  »lehren«,  mhinya  wanthu  »der  die  Leute  lehrt«  oder  mhinyi  1 
»der  Lehrer«,  z.B.  mhinyi  jwa  Wasamhala  »der  Lehrer  der  Waschambala«. 

c)  Von  den  Verbal endungen  sind  die  bekannten  auch  hier  zu 
finden.  Von  den  unbekannteren  sind  wichtig  die  intransitiven  In versiv- 
formen,  z.B.  TiVtuka  »umwenden«  von  hita  »gehen«,  inuka  »aufstehen«  von 
ungebr.  ina  in  inama  »sich  beugen«. 

Dazu  die  transitiven  Inversivformen:  liVtula  »umwenden«,  inula 
»aufheben«,  auch  suhgula  »losbinden«   von  mhga  »binden«. 

Die  Stativen  Formen  auf  -ama,  z.B.  inama  »sich  beugen«,  funama 
»brüten«. 

Die  Kausativendung  -ya  wird  viel  gebraucht  und  verschmilzt  mit 
dem  vorhergehenden  Konsonanten  nach  den  Regeln  oben  in  4  d.  Dort  sind 
bereits  eine  Reihe  von  Beispielen  gegeben. 

Auch  im  Sambala  wird  -ya  zweimal  gesetzt,  wenn  es  mit  -ana  ver- 
bunden wird;  z.  B.  fanana  »ähnlich  sein«  kaus. /««yanya  »ähnlich  machen, 
überlegen « . 

Die  Endung  -esa,  -iia  ist  im  Sambala  in  intensiver  Bedeutung  im 
Gebrauch. 


234  Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrilca. 

ymda  "gehen«  yrndesa  »schnell  gehen a 

hVta  »gehen"  Jiftisa  »schnell  gehen« 

''ti  »sagen«  'tUa  »mit  Nachdruck  sagen,  drohen«. 

Wie  es  scheint,  hat  da^  Sambala  Verbalformen,  die  aus  zwei  Stäm- 
men zusammengeschmolzen  sind,  was  eine  ganz  abnorme  Bildung  dar- 
stellen würde,  z.B.  andahi'ta  neben  annahVta  zur  Umschreibung  von  »erst« 
aus  anda  in  -andila  »anfangen«,  Suaheli  anza,  und  hVta  »gehen«,  sindalima 
»den  ganzen  Tag  ackern«  von  sinda  »etwas  andauernd  tun«  und  Ihna  »ackern«, 
^kanyayoiola  »etwas  schnell  tun«  von  ^kanya  »schnell  machen«  und  yqsola 
»tun«,  fi'kaleia  »schnell  bringen«  vonß'ka  »sich  beeilen«  und  leta  »bringen«, 
tjelezalila  »die  ganze  Nacht  weinen«  von  'tjeleza  »etwas  des  Nachts  tun« 
(abgeleitet  von  V;a  »Aufgehen  der  Sonne«,  eigtl.  also  »es  sich  bei  etwas  Tag 
werden  lassen«)  und  lila   »weinen«. 

d)  Das  Perfektum  —  wenigstens  in  der  negativen  Form  —  wird 
abweichend  vom  modernen  Suaheli  und  in  Übereinstimmung  mit  den  anderen 
Bantusprachen  mit  der  Endung  -ile  gebildet;  z.B.  -ze/iga  »bauen«  Perf. 
Stamm  -zmgile. 

Vor  dem  (ursi)r.  schweren)  i  von  ile  wird  das  l  des  Stammes  zu  z\ 
z.B.  -pala  »erben«  — pazile,  hula  »ankommen«  —  buzile,  -kela  Beinen  Baum 
umschlagen»  —  kezile,  -kwela  »steigen«  —  kwezile,  -bawa  »stehlen«  hat  hayile 
nach  S.  218  Anm.  1,  -ywa  »fallen»  —  gvoele  (aus  gwa-ile). 

Besonders  beachtenswert  ist  -lizite  von  -lila  »weinen«,  das  auf  Iväle 
zurückgeht.  Das  letzte  l  ist  über  d  zu  t  geworden  vermöge  einer  Dissi- 
milation. Dei-selbe  Vorgang  hat  im  Hebe  häufig  Perfekte  auf  -ite  veran- 
laßt'; vgl.  sitaida  statt  sitaila  oben  S.  218  Note  1.  -ona  »sehen«  bildet  -ene, 
vgl.  dazu  Konde'^  'bona  Perf.  -hwene  (aus  urspr.  -buaine  für  -buanile). 

Von  Kausativen  wird  das  Perfektum  auf  -ize  gebildet,  indem  nach 
der  unter  c)  gegebenen  Regel  ya  noch  einmal  angefügt  wird  {-ize  <.  ilye) 
z.  B.  asa  asize,  yesa  yestze,  ohya  otiyize,  zimya  zimyize  usw. 

Nach  Analogie  dieser  Bildungen  wird  -ize  statt  -ile  auch  dann  ange- 
hängt, wenn  eine  Kausativbildung  nicht  vorliegt,  sondern  aus  anderen 
Gründen  (s.  oben  4a)  ein  Ä-Laut  vor  der  Endung  steht,  z.  B.  ßsa  ß^ize, 
lasa  laiize. 

Die  Mehrsilbigen  verkürzen  -ile  in  -e;  z.  B.  -fanyanye  von  -fanyanya 
»vergleichen«,  -sisile  von  -sisila  »schlafen«,  -buile  von  -bulila,  -bulize  von 
-buliza  usw. 

Die  Bedeutung  ist  häufig  nicht  mehr  ])erfektisch  im  Sinne  eines  Tem- 
pus, sondern  die  der  Zuständlichkeit;  z.B.  a  i  sisile  »er  befindet  sich  im  Zu- 
stande des  Schlafens«,  a  i  inule  »er  trägt«,  eigtl.  »er  befindet  sich  im  Zustande 
des  Aufgehobenhabens«,  a  i ßle  »er  ist  tot«,  eigtl.  »er  ist  im  Zustande  des 
Gestorbenseins«   usw. 


1  Die  Beispiele  gebe  ich  später  in  der  Bearbeitung  des  Hebe. 

2  Schumann,    Kondograniniatik.      Mitt.  des   Sem.   für    or.   Spr.    Berlin   1899. 
III.  §  32. 


Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  235 

11.  Die  Sprache  hat  mehrere  Dialekte.  So  z.  B.  ist  die  Sprache 
von  Bumbuli  von  der  Sprache  von  Mlalo  bereits  etwas  verschieden  sowohl 
in  bezug  auf  die  Artikulation  der  Laute  als  auch  auf  den  Wortschatz.  Die 
Unterschiede  sind  jedoch  nicht  erheblich,  und  die  Verständigung  der  Mlalo- 
leute  mit  den  Bumbulileuten  hat  keine  Schwierigkeit.  Auch  die  Sprachen 
der  Bondei  und  Zegula,  die  ich  gesondert  zu  behandeln  gedenke,  stehen 
dem  Sambala  sehr  nahe. 

Eine  besondere  Sippe  sind  die  Wanango.  Sie  sind  vielleicht  ursprüng- 
lich Leute  eines  anderen  Stammes,  sind  al)er  jetzt  völlig  in  das  Sambalavolk 
aufgegangen.  Sie  haben  Konnubium  mit  den  Sambala,  haben  dieselben 
Zeichen  (ein  kleines  Loch  im  Ohrlappen  und  eine  Marke  an  der  Stirn), 
und  es  sind  auch  in  ihrer  Sprache  keine  erheblichen  Abweichungen  walu*- 
nehmbar.  Zwei  Wanango,  die  ich  in  Bumbuli  sprach  (Nungu  und  Mtali 
mit  Namen),  machten  mir  diese  Angaben  und  fügten  hinzu,  daß  heute  nur 
in  den  Tänzen  zwischen  ihnen  und  den  Sambala  ein  Unterschied  l)estände. 
Dies  wurde  mir  von  P.  Roehl  als  richtig  bestätigt.  Ich  habe  eine  große 
Reihe  Worte  erfragt,  es  war  aber  alles  reines  Sambala. 

12.  Zur  Orthographie  des  Sambala  bemerke  ich  unter  Zusammen- 
fassung des  Obigen,  daß  die  bisher  gebrauchte  Schreibung  nach  meiner 
Meinung  in  folgender  Weise  sich  verbessern  ließe. 

a)  Statt  des  f  (bzw.  g)  ist  7  zu  schreiben  und  dies  konsequent  zu 
setzen  überall,  wo  7  gesprochen  wird.  Wo  g  gesprochen  wird,  ist  natür- 
lich nach  wie  vor  g  zu  schreiben.  Dieser  Vorschlag  ist  bereits  durchge- 
drungen. 

b)  Die  Lautverbindungen  m{u)'b,  m{u)']i  sind  klar  von  mb  und  mjjh 
zu  scheiden.  Auch  das  ist  inzwischen  durchgeführt.  Man  schreiljt  für  das 
erstere  mub,  mup,  für  das  zweite  mb,  mp. 

c)  Die  englischen  Schreibungen  sh  und  ch  sind  zu  beseitigen.  Die 
zwei  mit  ch  bezeichneten  Lautverbindungen  sind  zu  unterscheiden. 

Statt  sh  schlage  ich  s  vor,  das  um  so  praktischer  ist,  als  die  Bondei 
s  statt  Sambala  s  sprechen;  daher  der  Name  Usambara  statt  Sanibalai, 
wie  man  im  Lande  selbst  sagt. 

vStatt  ch  schlage  ich  vor  tj  (für  urspr.  ky)  und  ti  (fz).  Scheut  man  die 
Anwendung  des  doppelten  Zeichens,  so  ist  c  und  c  zu  raten. 

d)  Die  Tonhöhen  sind  im  Wörterbuch  ausführlich  zu  bezeichnen, 
ebenso  die  Vokale,  die  gegen  die  Regel  kurz  sind.  In  den  Lesebüchern 
für  praktische  Zwecke  sind  die  Tonhöhen  nur  da  zu  bezeichnen,  wo  Vei'- 
wechslungen  möglich  sind  wie  bei  Jciya^  und  kiyaK  Bei  Mu/ungu  »Gott«  ist 
die  Bezeichnung  der  Tonhöhe  z.  B.  überflüssig,  da  das  Wort  durch  den 
großen  Anfangsbuchstaben  genügend  gekennzeichnet  ist. 

13.  Ich  gebe  noch  eine  Zusammenstellung  der  mir  bekannten  Sam- 
balaliteratur :  Dr.  W.  H.  J.  Bleek,  in  Comp,  grammar  of  South- African 
languages,  London  1869,  S.  190  ff.  gibt  einige  Mitteilungen  nach  Steere. 
Er  nennt  die  Sprache  Kisambala.  —  E.  Steere ,  Collections  for  a  liandljook 
of  the  Shambala  language,  Sansibar  1867.  —  A.  Seidel,  Handbuch  der 
Shambalasprache  in  Usambara,  Dresden -Leipzig  1895.  —  J.T.Last,  Poly- 


236  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafriiia. 

glotta  Africana  orientalis,  London  1885,  S.  41ff.  enthält  ein  kurzes  Wörter- 
verzeichnis der  Shambälasprache.  —  Shainbalalesefil)el  von  P.  Wohlrab  und 
Johansen,  Berlin  1892.  —  Dieselbe.  Zweite  gänzlich  umgearbeitete  Auflage, 
besorgt  von  P.  Gleiß ,  Gütersloh  1900.  —  Dieselbe.  Dritte  Auflage,  besorgt 
von  P.  Rößler,  im  Druck.  —  Markus  -  Evangelium  {uhilikizi  wa  nyemi  ugo- 
ndwavyo  ni  Marko),  Gütersloh  1896.  —  Lukas  -  Evangelium  (uhilikizi  wa  nyemi 
uvyogondwa  ni  Luka) ,  London  1903,  —  Ushimulezi  wa  Washambala,  heraus- 
gegeben von  Missionaren  der  evangelischen  Missionsstation  Hohenfriedeberg 
in  Nordusambara ,  Gütersloh  1894.  —  Dasselbe.  Zweiter  Teil,  Gütersloh 
1898.  —  Mbuli  za  Mulungu,  herausgeg.  von  Missionaren  der  evangelischen 
Missionsstation  Hohenfriedeberg  in  Nordusambara,  Gütersloh  1894.  —  Das- 
selbe. Zweiter  Teil,  Gütersloh  1896.  —  Johannes -Evangelium  {uhilikizi  wa 
nyemi  ugondwavyo  ni  Yohana),  Stuttgart  1901.  —  INIatthäus- Evangelium 
(uhilikizi  wa  nyemi  ugondwavyo  ni  Mateyo),  Stuttgart  1902.  —  50  geistliche 
Lieder  in  der  Shambalasprache ,  herausgeg.  von  den  evangelischen  Missio- 
naren in  Usambara,  Gütersloh  1902  (Maimbo  ya  mviko).  —  P.  Ei-asmus 
Hörner,  Grammatik  der  Shambalasprache,  Mariahill,  Natal  1899. 

Den  verehrten  Freunden  im  Sambalalande,  die  mich  in  jeder  Hinsicht 
treulich  bei  meiner  Arbeit  unterstützten,  den  Mitgliedern  der  evangelischen 
und  der  katholischen  Mission,  den  Herren  Plantagenbesitzern  in  Sakerani 
und  Herkulo,  den  Leitern  der  Plantagen  in  Balangai  und  Sakare,  sowie  in 
Kwai,  und  dem  Hrn.  Bezirksamtssekretär  Dahlgrün  in  Wilhelmsthal  spreche 
ich  meinen  wärmsten  Dank  auch  an  dieser  Stelle  aus  fiir  alle  meinen  Studien 
erwiesene  Förderung. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  237 


ni.  Namwezi. 

Die  Sprache  der  Namwezi  hat  für  Deutsch  -  Ostafrika  nicht  nur 
darum  eine  erhebUche  Bedeutung,  weil  es  wohl  diejenige  Sprache  ist,  die 
im  Innern  des  Landes  ein  so  ausgedehntes  Gebiet  (allerdings  in  ver- 
schiedenen Dialekten)  hat  wie  keine  andere  Sprache,  sondern  auch  darum, 
weil  die  Leute  dieses  Stammes  als  Träger  und  kräftige  Arbeiter  für  den 
Europäer  in  ganz  Deutsch  -  Ostafrika  einen  besondern  Wert  haben.  In 
beiden  Eigenschaften  und  neuerdings  auch  als  Kolonisten  sind  sie  durch 
die  Kolonie  weit  verbreitet,  und  die  Kenntnis  ihrer  Sprache  hat  deshalb 
besonders  praktische  Bedeutung. 

Unter  Berücksichtigung  dieser  Sachlage  und  zugleich  aus  missionari- 
schem Interesse  ist  bereits  eine  kleine  Literatur  über  das  Namwezi  ent- 
standen. Außerdem  hatte  ich  ausführliche  schriftliche  Nachricliten  über  die 
Sprache  durch  die  mir  befreundeten  Missionare  der  Brüdergemeine  Stern 
und  Dahl  in  Urambo.  Vgl.  meinen  Aufsatz  über  das  -Dahlsche  Gesetz«, 
ZDMG.  Bd.  LVII,  S.299. 

Immerhin  blieben  noch  allerlei  phonetische  Aufgaben  zu  lösen,  und 
ich  habe  folgende  Beobachtungen  angestellt,  um  zu  ihrer  Lösung  beizutragen. 

Die  Fragen,  um  die  es  sich  handelte,  waren  folgende. 

1.  Werden  die  urspr.  offenen  (leichten)  Vokale  (i,  u)  im  Namwezi 
ebenso  gesprochen  wie  die  urspr.  geschlossenen  (schweren  Vokale  (i,  u)? 

Nach  den  Angaben  der  meisten  Vorarbeiten  wurde  das  Erste  be- 
hauptet; ich  hielt  das  Letztere  für  wahrscheinlicher. 

2.  Über  musikalischen  und  dynamischen  Ton  war  noch  nichts  bekannt. 

3.  Es  gibt  eine  Anzahl  Labialen  {w,  v,  v,  h),  und  die  Gewährs- 
männer schwankten  über  ihre  Zahl  und  ihre  Aussprache.  Beides  war  fest- 
zustellen. 

4.  Über  die  Lautentsprechungen  für  die  Grundkonsonanten  wai'en 
ebenfalls  die  Angaben  nicht  übereinstimmend. 

5.  Als  Entsprechungen  für  nk ,  nt,  mp  wurden  Laute  beschrieben, 
über  die  man  aus  den  Beschreibungen  sich  nicht  infoi-mieren  konnte.'  Der 
Charakter  dieser  Laute  war  festzustellen. 

6.  Als  Entsprechung  für  n  und  n  hatten  die  Berichterstatter  den- 
selben Laut  n.     Es  war  festzustellen,  ob  das  richtig  ist. 

7.  Als  Entsprechung  für  k  traten  .s- Laute  auf  und  außerdem  er- 
schienen in  den  Mitteilungen  noch  eine  Reihe  anderer  .9 -Laute.  Es  war 
zu  untersuchen,  ob  diese  Laute,  die  meist  etymologisch  verschieden  waren, 


1  An  einer  Stelle  heißt  es:  »nasales  n«.  Der  Schreiber  ist  sich  nicht  klar, 
daß  jedes  n  nasal  ist.  An  andrer  Stelle  heißt  es  -zerebrales  «•  ,  während  ofienbar 
«velares»  gemeint  ist.  An  andrer  Stelle  wird  gesagt,  man  solle  die  Luft  durcii  die 
Nase  blasen,  wie  wenn  man  Stockschnupfen  hat,  während  mau  beim  Stockschimpfeu 
die  Luft  eben  nicht  durch  die  Nase  bla.sen  kaim,  usw. 


238  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

sich  auch  phonetisch  unterscheiden  ließen ,  oder  ob  hier  nicht  Unterschiede 
liineingehört  waren,  die  gar  nicht  bestanden. 

8.  Außerdem  war  mir  die  Sprache  interessant,  weil  sie  in  manchen 
Fällen  Formen  bot,  die  den  von  mir  erschlossenen  hypothetischen  Grund- 
formen ähnlich  oder  gar  mit  ihnen  identisch  waren. 

9.  Wenn  das  Interesse,  das  in  Nr.  8  ausgesprochen  ist,  mehr  theo- 
retisch war,  so  war  die  Frage  nach  einer  brauchbaren  Orthographie  des 
Namwezi  rein  praktischer  Art.  Dieselbe  war  um  so  dringender,  als  nicht 
die  einfachsten  Hilfsmittel  für  den  Unterricht  bestanden.^ 

Vorbemerkungen. 

Ad  1.  Die  Lautverbindung  ä-h  (A-h)  ,  welche  im  Suaheli  zu/m  wird,  ist 
im  Namwezi  als  Tm  bzw.  gu  (nach  Dahlschem  Gesetz)  erhalten.  Da  nun 
lai  (/••«)  im  Namwezi  auch  zu  ku  bzw.  gu  wird,  hielt  ich  es  fiir  unwahrschein- 
lich, daß  diese  beiden  Silben  {Jiu)  gleich  gesprochen  wurden. 

Mit  Selimani^  kam  ich  zu  dem  Resultat,  daß  «1  mit  Vorstrecken  der 
Lippen,  u  ohne  das  gesju-ochen  wurde.  Ich  glaubte  auch  festzustellen,  daß 
u  gespannt  gesj)rochen  wurde. 

Nach  Kolon go^  klingt  die  Silbe  ku  (urspr.  ku)  fast  wie  kfu,  z.  B. 
ku-kfumbatd  »umfassen«,  ki-kfura  7  »Brust»,  mpoku  »blind«  (fast  wie 
mpakfu),  dakfuna  »kauen«. 

Denselben  labialen  Vorschlag  vor  u  (ui-spi-.  x\)  hörte  ich  auch  nach  t, 
z.  B.  mitfugo  4  »Haustier«  (urspr.  tüya).  Bei  der  Bildung  dieses  ?/  werden 
die  Lippen  ges})itzt  und  fast  ganz  geschlossen,  die  Mundorgane  stark  ge- 
spannt.    In  dzu-ulä  »ausziehen«  ist  das  erste  u  labial. 

Auch  in  munu  »Salz«  glaubte  ich  das  zweite  u  als  »labial«  feststellen 
zu  können. 

In  manchen  Fällen  war  urspr.  u  sicher  als  n  nachzuweisen,  z.  B. 
muntu  »INlensch",  nzuki  »Biene«.  In  vielen  Fällen  habe  ich  nicht  sicher 
feststellen  können,  ob  die  abweichende  Aussprache  durch  Nebenumstände 
veranlaßt  war  oder  nicht. 

Hamisi^  sprach  kit  =  urspr.  kti  ebenfalls  mit  gespanntem  ?/.  Auch 
hier  habe  ich  den  labialen  Vorschlag  vor  u  deutlich  gehört  und  mit  w  um- 
schrieben, z.  B.  maguta  6  »Fett«  fast  wie  magunda,  kinimhata  »fassen« 
vgl.  ihunga  »binden«   mit  ähnlichem  u. 

Bei  Baruti^  bemerkte  ich  in  dem  Wort  knmbatha  «umfassen«  ebenfalls 
die  eigentümliche  Aussj)rache  des  u  und  habe  sie  mit  kwu  umschrieben. 
Bei  magniha  »Fett«  habe  ich  bemerkt,  daß  es  mit  »breitem  Munde«  ge- 
sprochen wird.  In  einer  Reihe  von  Fällen  habe  ich  Spannung  des  u  fest- 
gestellt, wo  es  ursprünglichem  n  entspricht,  z.  B.  in  füga^  »zähmen«,  zUla 
»Kleider  anziehen«,  däkünä  »kauen«,  auch  in  zuga^  »Brei  kochen«,  dessen 
Etymologie  mir  nicht  bekannt  ist. 


1  Eine  Namwezi  -  Fibel  von  Dahl  ist  inzwischen  gedruckt  für  die  Mission  der 
Brüdcrgenieine. 

2  Siehe  die  Namen  der  Gewährsmänner  am  Schluß  des  Aufsatzes. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 


239 


Über  offne  und  geschlossene  Aussprache  schwanken  meine  Notizen 
leider  auch  hier  sehr. 

Ich  glaube  danach  annehmen  zu  dürfen,  daß  die  Aussprache  des  u 
mit  gespitzten  Lippen  sich  für  das  Namwezi  wird  nachweisen  lassen. 

Für  den  praktischen  Gebrauch  der  Sprache  wird  es  wichtig  sein  fest- 
zustellen, ob  bei  scheinbaren  Synonymen  nicht  Unterschiede  in  den  ?/-Lauten 
vorliegen. 

Bei  i  klang  mir  das  urspr.  *  meist  offen,  in  einigen  Fällen  habe  ich 
sogar  im  Präfix  ki-  ein  e  als  Lautentsprechung  für  i  notiert.  Für  t  habe 
ich  mehrfach  i  als  Entsprechung  notiert.  Doch  finde  ich  auch  Angaben, 
welche  dem  widersprechen,  z.  B.  gespanntes  offnes  i  als  Entsprechung  für 
urspr.  i.  Nach  Selimani  wird  bei  *  die  Unterlippe  ein  wenig  vorgeschoben, 
bei  i  nicht.  Doch  kann  die  Ursache  in  den  «-Lauten  liegen,  die  vor  i  ge- 
sprochen werden,  ähnlich  wie  im  Suaheli;  s.  S.  203. 

Bei  o  und  e  bin  ich  zu  dem  sichern  Ergebnis  gekommen,  daß  jedes 
o  und  e  im  Namwezi  offen  ist  und  o  und  e  als  Entsprechungen  für  urspr. 
o  und  e  nicht  existiei"en.  Wo  man  also  ein  o  oder  e  zu  hören  glaubt,  sind 
es  Entsprechungen  für  urspr.  u  und  i  und  nur  Hörfehler  statt  ü  imd  T, 
bei  denen  der  Deutsche  sich  oft  irrt. 

2.  Den  musikalischen  Ton  konnte  ich  sicher  nachweisen  bei 
sämtlichen  Namwezi.  Ich  gebe  unten  einige  Beispiele.  Über  gewisse  Regeln 
in  der  Tonhöhe  hat  Dahl  unabhängig  von  mir  eine  Reihe  wertvoller  Beob- 
achtungen gemacht,  die  mir  damals  noch  nicht  bekannt  waren.  Sie  sind 
inzwischen  im  Druck  erschienen;  s.  oben  S.  106  ff. 


Selimani 


i-vega^  5   »Schulter« 
i-thay  5   »Fels« 
miK-and   1    »Kind- 
mi-zimvt  4   »Geister« 
hgrnna'  9   »Trommel« 


mlogd  9   «Büffel«. 
lu-limi^  11    »Zunge« 
>igokh(l  9   »Huhn« 
i-vitM  9    »Hyäne« 
mhehd  9   »Wind« 


Ko  longo. 
i-mgc^  »Schulter«  munu^  [u  labial)   »Sab 

ma-vey  6   »Brüste«  mi/fih7if  1    »Mensch« 

lu-vädzu^   »RijDpe«   (u  labial)  nüfgu^  »Topf« 

usw. 


Baruti 


mbögd'  »Büffel« 
t-söngä^  »Pfeil« 
ki-kuva)  7   »Brust« 
münv)   »Salz« 


va-dathu^  Kl.  2   »drei« 
gwa^  »fallen« 
nuhgu^  »Kochtopf« 
usw. 


Hamisi:  '^jöna^  »sehen« 


240 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 


Felusi  und  Kasega. 
mwezi'  »Mond«  munii  »Salz« 

fig^  »Niere"  munhu^  »Mensch« 

maguthd  »Fett«  mwana^  »Kind« 

mbula^   »Regen«  sula^  »schmieden«. 

Das  Vorhandensein  des  musikalischen  Tons   ist   danach   nicht  zu  be- 
zweifeln.    An  dynamischem  Akzent  habe  ich  folgendes  notiert: 

S  e  1  i  m  a  n  i. 
ithdvuhha  »antworten,  wenn  man  ge-     thnböla  »die  Ohren  durchbohren« 

rufen  wird« 
iihaW  »Fels« 
mi-sözi  4   »Tränen« 
khölöla    » 1  lusten  <« ,    s.    K  o  1  o  n  g  o 

Hamisi  unten 
khümbatha  »umfassen« 
ma-gütJia  »Fett« 


ogöphaga  »sich  fürchten« 
Ttha-lezu  13    »Kinn» 
ma-ganza  6   »Handflächen« 
dakhuna   » kauen « 
mu-khäga  »sechs« 
sugida  »die  Haut  abscheuer 


ki-göndf}  7   »Wachs« 

lü-vßdzu  11    »Rippe«   {u  labial) 

ke-dikit   7    »Regenzeit»    (statt    H- 

d%ku) 
hkhm.0^   »Arm«  ^ 
7m-khond  pl.^ 

mdktimbtsf^  (u  labial)    »Augenbraue« 
lu-gQy<l  pl.  iigöye   »Schnur« 
n zwiU  »Haar« 
muliU}  3   »Feuer« 
äsäma^  »gähnen« 


Kolongo. 

ki-ganza^   » Handfläche « 
tsibuld  »durchbohren« 
ka-ddma  13   »kleines   Kalb« 
lü-gimhi  11    »Rasiermesser« 
limägädtt  5   »Krabbe« 
li-atho,  pl.  matho   »Boot« 
ku-lümd   »beißen« 
hhwale  »Rebhuhn« 
lü-lTmi^  11    »Zunge« 
kCdöld  »husten« 


Baiuti 


kwigülya  »oben« 

vanJm  vädätJm   »drei  Leute« 

ehgöklw  »das  Huhn«  (ist  wohl  verhört 

statt  pigokhg) 
gävanyä  »teilen« 
vmUdzi  4   »Tränen« 
nhümhilt  9   »Meerkatze« 


khiigülü   »ein  Fuß«,  pl.  mägülü 
kln-ganzä   »Hand«,  pl.  si-gänzä 
zimdgä  » löschen « 
thümägä  »senden« 
mithTgo  »  Haustiere « 
ikhtmu  »Speer« 

usw. 


kholöla  » husten  I 


Hamisi. 

kd-ldmö  13;  mü-lnmn  3   »Lippe« 


'  Das  Dehnungszeichen  auf  der  ersten  Silbe,  auch  auf  dem  «,  stellt  den  von 
mir  »Dehnung«  genannten  mechanischen  Ton  dar;  vgLTsivenda' 40b.  Der  Stammton 
auf  ö  ist  kurz. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  241 

Nach  dem  allen  muß  ich  annehmen,  daß  die  zweifache  Betonung,  wie 
ich  sie  im  Venda'  nachgewiesen  habe,  auch  im  Namwezi  vorhanden  ist, 
nämlich : 

a)  Dei-  Stammton,  der  auf  der  Stammsilbe  steht  und  ein  kurzer, 
scharfer  Druck  ist,  der  den  Vokal  deshalb   auch   in    der  Regel   kurz  läßt; 

b)  der  mechanische  Ton,  der  z.  B.  im  Suaheli  auf  der  vorletzten 
Silbe  steht  und  den  Vokal  dehnt.     Ich  habe  ihn  deshalb  Dehnung  genannt. 

Im  Namwezi  scheint  er  gern  auf  der  drittletzten  Silbe  zu  stehen,  ja 
er  scheint  auf  der  Anfangssilbe  auch  in  viersilbigen  Wörtern  zu  bleiben. 
Jedoch  ist  mir  die  Regel  aus  dem  vorhandenen  ^laterial  nicht  klar.  Die 
scheinbare  Regellosigkeit  in  obigen  Notizen,  auch  die  Widersprüche,  z.  B.  bei 
Ttol(±la,  kommen  nach  meiner  Meinung  daher,  daß  ich  bei  meiner  ungenügen- 
den Kenntnis  der  Sprache  die  beiden  Arten  des  dynamischen  Tons  nicht 
immer  scheiden  konnte. 

Die  Sache  bedarf  zu  ihrer  Klärung  noch  weiterer  Beobachtung.^ 

3.  Von  den  Namwezi,  die  ich  gesprochen  habe,  habe  ich  folgende 
Labialen  gehört:  ph,  mh ,  b,  '6,  v,  iv , /,  v,  m,  mh. 

Über  m  und  mh  s.  unter  5. 

Selimani.  pha  »geben«,  lipha  »bezahlen«,  ogöphaga  »sich  fürchten«, 
ma-phande  6  »Erdnüsse«,  ma-phembe  6  »Flöten«,  ma-phuli  6  »Elefanten«, 
supha   » Flaschenkürbis « . 

Neben  ph  sprach  Selimani  auch  jo;  {j  stimmlos),  z.  B.  in  -pja  »brennen«, 
-pjagila  »fegen«. 

imba  »singen«,  khqmba  »auskratzen«,  Iqmba  »bitten«,  vumba  »bilden«, 
mbiju  9  »Same«,  mbogo  9  »Büffel«,  mbazu  9  »Rippe«,  mbehq  9  »Wind«, 
-khumbatha  »umfassen«,  mbuzi  9   »Ziege«   usw. 

-bqtha  »zusammendrehen«,  lu-behe,  ^X.mbehe  11  »Schwinge«,  bwebwetha 
»flüstern«,  betha  »beugen«,  thobola  »die  Ohren  durchbohren«. 

'6  habe  ich  bei  ihm  nicht  gehört. 

vutJia  14  »Bogen«,  -ithavukha  »auf  einen  Ruf  antworten«,  vqla  »faul 
sein«,  -mtha  »vorbeigehen«  (statt  hiiha  nach  Dahlschem  Gesetz,  vgl.  Sua- 
heli -pitä) ,  -vi  »böse«,  -vma  »sehen«,  ma-vele  6  »Brüste«,  i-vithi  »Hyäne«, 
ma-vasa  6  »Zwilling«,  lehi-zim  7  »Brunnen«,  ^nna  »tanzen«,  veve  »du«, 
ave  »er«,  -vili  »zwei«,  viswe  Kl.  2  »unsere«,  ma-vwe  6  »Steine«,  ivega 
»Schulter«  usw. 

mwana  1  »Kind«,  mwezi  3  »Mond«,  -thwala  »auf  dem  Kopf  tragen«, 
nzwili  »Haar«,  -gwa  »fallen«,  välwa  »Bier«,  -fwa  »sterben«,  -fwana  »sich 
gleichen«,  zioala  »sich  Kleider  anziehen«,  mhwani  »auf  dem  Trocknen«, 
hwina  »Krokodil«,  iigice  »Panther«,  mbwa  »Hund«,  mahehwa  6  »])löde 
Augen«  (klingt  fast  wie  -^wa),  bwebwetha  »flüstern«,  wiswe  »unser«  KI.  1. 
nhvn  10   »Feuerholz«  usw. 

ßgo  »Niere«,  ßkha  »ankommen«,  -hqfu  »blind«,  ma-ßga  6  »Ilerd- 
steine«,  -fuma  »herauskommen«,  -fwa  »sterben«, /«caraa  »sich  gleichen«  usw. 


1    Vgl.  auch  hierzu  Dahl  oben  S.  lOB. 
Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt. 


242  Meinhof:    Liiigui.stisclu'  Studien  in  Ostafrika. 

nzovu  »Elefant«,  musamvu  »sielieii"  (Zahl),  vnluga  »riilii-en«  neben 
khuluga,  muvi  »Backe". 

In  der  Aussprache  von  Selimani  war  also  ph  (pj),  tnb,  b,  v,  w , /,  v 
klar  unterschieden. 

Kolongo.  phuhgudza  »verringern«,  i-pembe  »llorn«,  mpoku  1  »blind" 
(in  beiden  Fällen  wahrscheinlicli  p  verschrieben  für  pÄ);  vgl.  -pya  »neu", 
s.  Selimani  pj ,  Tce-pfwa  »Trockenzeit«   statt  ki-phwa. 

mhiti  »Hyäne»,  mbogo  »Büffel«,  numha  »Haus«;  b  m  wZ»  klingt  in  den 
beiden  letzten  Beispielen  und  auch  sonst  stimmlos  fast  wie  j)- 

büluku^  »Krieg«,  bütha^  »Bogen«,  -betha  »biegen«. 

"banhu  »Leute«   neben  vanhu. 

-vulaga  »töten«,  suvi.  »Panther«,  -vyala  »gebären«,  -visa  »verstecken«, 
vanhu  vadaihu  »drei  Leute«,  ivega  »die  Schulter«   usw. 

nwana  »Sohn«,  nthwe  3  »Kopf«,  pl.  mithwe  4,  -dhcala  »anziehen«, 
mwakha  »Jahr«.     Statt  mbwa  »Hund«   sprach  Kolongo  mbya. 

mfumu  1    »Zauberer«. 

vina  »tanzen«. 

Kolongos  Aussprache  schwankte  zwischen  v  und  V;,  wie  butha  »Bogen« 
zeigt,  bis  b.  Der  Unterschied  zwischen  v  und  w  ist  klar  belegt,  der 
zwischen  v  und  v  nicht,  mh'ya  statt  mbica  »Hund«  ist  auch  sonst  im  Bantu 
häufig,  vgl.  Venda'  32. 

Baruti.     i-phi  ö   »flache  Hand«. 

numba  »Haus«,  -imba  »singen«,  ilambo  »Teich«,  mbuli  9  »Ziege«. 
simbn   »Löwe«.     Auch  hier  klang  b  in  mb  meist  stimmlos  wie  mp. 

Für  b  fand  ich  nur  betha  »sichten«  (Getreide)  und  hgnbu  »Nilpferd«, 
für  7;  nui'  iba   »stehlen«. 

Dagegen  ist  v  häufig,  z.  B.  vavili  »zwei«  Kl.  2,  gararhja  »teilen«, 
vanhu  vingi  »viele  Leute«,  suvi  »Panther«,  ivithi  »Hyäne«. 

izici,  ii\.  mazici  b  »Knie«,  Iwala  11  »Finger«,  zwala  »Kleider  anziehen«. 
mwezi  »Mond«,  nhwale  »Rebhuhn«,  gwa   »fallen«. 

fumu  »Arzt«, /j/^Tö   »Tiere  zähmen«. 

mva  »Hund«. 

Im  wesentlichen  stimmt  Baruti  also  mit  dem  Vorhergehenden  überein. 
Ein  Schwanken  zwischen  v  und  7>  (vielleicht  bis  b)  scheint  auch  hier  vor- 
zuliegen.   Merkwürdig  ist  mva  »Hund«  statt  mbwa.     Sonst  ist  v  nicht  belegt. 

Felusi  und  Kasega  (s.  unten   Vorbemerkung  4  wegen  k   statt  kh). 

Für  ph  habe  ich  kein  Beispiel. 

kumbatha  »Faust  machen«,  ^humba  »bilden«,  mbwa  »Hund«,  mbitla 
»Regen«,  mbogo  »Büffel«,  vimba   »schwellen«. 

Für  b  habe  ich  kein  Beispiel. 

'bisa  »verstecken«,  ''banhu  ^bavili  »zwei  Leute«,  ^bumba   »bilden«. 

luva  »Lehm  mit  Wasser  benetzen«,  ki-kuva  »Brust«,  vi/ala  »gebären«, 
zova  »müde  sein«,  seva  »heiß  sein«,  vimba  »schwellen«,  kha-nca  13  »kleiner 
Hund«. 

mwezi  »Mond«,  micand  »Kind«,  kha-vioa  13  »kleiner  Hund«,  auch 
wose  »alle«   (wohl  verhört  statt  vose). 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  OstafVika.  243 

fiij(2^   «'^ieie^',  ßnhu   "Dinge-, /^a  Gen.  Kl.  8. 

sevya   »heiß  machen«. 

Auch  hiei-  schwankt  tj  bis  nach  'i;  vor  urspr.  (schwerem)  ?  finde  ich 
statt  V,  das  man  erwarten  sollte,  /  und  v  neben  v  statt  in-spr.  v. 

Hamisi.     Für  ph  habe  ich  kein  Beispiel. 

mbuli  »Ziege«,  mhica   »Hund«. 

hihi  duhu  »ganz  nahe«. 

Für  7>  habe  ich  kein  Beispiel. 

sava  »Tiere  zähmen«,  vanliu  vqse  »alle  Leute«,  mimba  nungu  "einen 
Kochtopf  machen«,  vuta   »Bogen«,  M-Ttuva  »Brust«. 

zwala  »Kleider  anziehen«,  zwili  »Haar«,  lu-jwili  11  »ein  Haar«, 
mhwa  »Hund«,  muthice  »Kopf«. 

Für  /  und  v  habe  ich  kein  Beisi)iel. 

Jedenfalls  ist  das  klar,  daß  man   für   die  verschiedenen  Dialekte  des 
Namwezi  folgende  labiale  Laute  einsetzen  muß  außer  m  und  mh: 
ph ,   mh ,   h,  7> ,  V,  10 ,  f,  v. 

V  wechselt  dialektisch  mit  '6,  vielleicht  auch  mit  b. 

V  wechselt  mit  v  und  mit  /,  ich  bin  aber  einstweilen  der  Überzeugung, 
daß  es  auch  selbständig  neben  beiden  vorhanden  ist. 

Über  die  Lautgesetze  der  Labialen  s.  unten  Lautlehre.  Vgl.  auch 
Studie  IV,  Sukuma. 

4.  Der  Regel  nach  werden  die  Grundkonsonanten  im  Namwezi 
in  folgender  Weise  vertreten: 

die  urspr.  Momentanen    k,    t,    p 
werden  zu  kh,  th,  h; 

die  urspr.  Spiranten  y,  l,  v 
werden  zu  ff,    h  ^^ 

Dabei  ist  folgendes  zu  beachten: 

Daß  kh  und  th  als  Aspiraten  aufzufassen  sind,  ist  sicher.  Wo  ich 
in  obigen  Beispielen  statt  dessen  k  und  t  geschrieben  habe,  nehme  ich  an, 
daß  ich  die  Bezeichnung  der  Aspiration  nur  ausgelassen  habe. 

Für  eine  praktische  Schreibung  des  Namwezi  bedarf  es  keiner  Be- 
zeichnung der  Aspiration,  da  sie  eben  selbstverständlich  ist. 

Für  urspr.  p  war  mir  h  und  ph  als  Lautentsprechung  mitgeteilt.  Die 
Regel  ist  h,  doch  kommt  auch  ph  vor,  s.  oben  unter  4,  vielleicht  unter 
fremdsprachlichem  Einfluß. 

Statt  l  ist  mir  l  und  /  überliefert.  Letzteres  wird  von  Kuroj);iern 
meist  als  r  aufgefaßt.  Die  Unterscheidung  zwischen  /  und  /  ist  jjraktisch 
wertlos,  da  die  Individuen  verschieden  sj)rechen  und  auch  der  einzelne 
zwischen  beiden  Lauten  wechselt. 

Die  Lautentsprechung  v  für  ui-spr.  r  sclieint  mir  die  veibreitctste  zu 
sein.  Doch  klingt  v  oft,  besonders  im  Anlaut,  wie  7;.  Für  die  Praxis 
scheint  mir  die  Untersclieidung  wertlos. 

Näheres  s.  unter  den  Lautgesetzen. 

Nach  Dahlschem  Gesetz  wird  aus  fc,  t,  p  in  dei- Tonsilbe,  wenn  dif 
folgende  Silbe  mit  k,  f,  j>  beginnt,  </ ,  rl,  b;  s.  meine  Studie  darüber  a.  a.  (>. 


244  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Das  Gesetz  hat  sich  als  richtig  bestätigt;  s.  unten  Lautlehre  5. 

5.  Die  Lautsprechuug  für  nk,  nt,  mp  ist  nh,  jih,   mh. 

Die  Schreibung  ist  insofern  gegeben,  als  es  sich  zweifellos  um  aspi- 
rierte Nasale  handelt.  Man  konnte  nur  schwanken ,  ob  man  den  Spiritus 
asper  oder  h  als  Zeichen  der  Asjnration  wählen  sollte.  Ersteres  wäre  in- 
sofern vorzuziehen ,  als  die  unzertrennbare  Einheit  der  Laute  dadurch  besser 
hervortritt,  während  die  SchreiVjung  mit  h  den  Irrtum  hervorrufen  kann, 
als  könne  man  n-h,  n-h,  m-h  gelegentlich  trennen.  Ich  glaube  aber,  daß 
die  Sache  nicht  bedenklicher  ist,  als  wenn  wir  im  Namwezi  und  andern 
Sprachen  hg,  7id,  mh  schreiben,  die  auch  ganz  unzertrennlich  sind. 

Nach  Dahlschem  Gesetz  steht  statt  hh,  in  manchen  Fällen  hg,  statt 
nh:  nd,  statt  mh:  mh. 

Daß  hh  von  h  genau  zu  scheiden  ist,  versteht  sich  von  selbst. 

Beispiele  s.  Lautgesetze. 

6.  Bei  allen  Gewährsmännern  habe  ich  statt  humha  (Suaheli)  numba, 
meist  auch  nama  »Tier»  (statt  hämo),  munu  (statt  munu)  »Salz«,  nuhgu 
(statt  huhgu)   »Kochtopf«,  notiert. 

Bei  Felusi  und  Kasega  glaubte  ich  feststellen  zu  können,  daß  das  n 
in  nama  zerebral,  in  na  »und«   alveolar  ist. 

Hamisi  sprach  nama,  auch  bei  den  andern  konunt  der  Laut  n  ge- 
legentlich vor.  Ich  halte  es  danach  für  möglich,  daß  die  Leute  neben  h 
noch  n  und  «  sprechen ;  n,  das  ich  vermutete,  habe  ich  nirgend  beobachtet. 
Außerdem  kommt  aber  zweifellos  h  vor  (neben  hg  und  hh),  z.  B.  hombe 
»Rind«. 

7.  Die  Lautentsprechung  für  Ä' ist  ein  s,  das  ich  im  allgemeinen  für 
zerebral  halte,  jedenfalls  ist  es  stimmlos;  die  Entsprechung  für  <y  ist  z. 
Kolongo  sprach  die  «-Laute  nach  der  Weise  der  Sukuma,  also  dz  statt  z. 
Mit  Nasalen  verbunden,  gibt  der  erstere  Laut  ns,  der  zweite  nz  {ndz). 

Außer  diesem  5  hat  Dahl  noch  ein  s  und  s  festgestellt.  Letzteres 
konnte  ich  sicher  erkennen  in  lu-iu  »Messer«  (Selimani)  und  sema  melken« 
(Baruti),  das  Hamisi  wie  syema  sprach. 

Den  Unterschied  der  beiden  s  habe  ich  nicht  geliört,  doch  ist  es 
merkwürdig,  daß  der  Vokal  vor  s  <i  k  oft  nasaliert  klingt,  manchmal  so 
stark,  daß  man  ein  deutliches  n  hört,  z.  B.: 

mäsözi  »Tränen»,  Sing,  l'isözi  (fast  wie  linsozi  oder  Uhsnzi). 

Vielleicht  hat  Dahl  aber  doch  recht,  und  ich  hätte  Beobachtungen 
an  noch  mehr  Individuen  und  für  längere  Zeit  anstellen  müssen,  um  den 
Unterschied  wahrzunehmen. 

Dagegen  habe  ich  seine  L^nterscheidung  von  s  und  z  und  s  bestätigt 
gefunden.     Für  dz  fand  ich  kein  Beispiel  außer  bei  Kolongo. 

8.  Daß  das  Namwezi  in  einer  großen  Anzahl  von  Fällen  urspr.  A- 
als  kh  oder  g  vor  u  bewahrt  hat,  wo  das  Suaheli  dies  bereits  zu  f  ver- 
ändert hat,  ist  für  die  Bestätigung  der  Richtigkeit  der  von  mir  aufgestellten 
Grundformen  von  Wert.  Auch  in  einer  Reihe  anderer  Fälle  bietet  das 
Namwezi  sehr  alte  Formen. 


Mkinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  245 

Besonders  wichtig  ist  mir  aber,  daß  im  Namwezi  die  Entstehung  von 
fn  aus  lc%i  über  Tcwu  und  lefii  ganz  klar  zu  erkennen  ist.  Damit  ist  die 
Lautveränderung  ku  >fu  iihonetisch  verständlich  geworden. 

9.  In  der  genannten  F'ibel  hat  mein  Freund  Dahl  bereits  eine  Ortho- 
graphie des  Namwezi  aufgestellt. 

Er  wendet  folgendes  Alphabet  an: 

ahdefghijTilmnnops 
sstuvwyzz  (nur  in  der  Verbindung  dz). 
Bemerkenswert  sind  folgende  Buchstabenverbindungen: 

ts  (bisher  ch),  dz;  mh,  nh,  hh  (für  die  aspirierten  Nasale). 
Die  Unterscheidung   zwischen   v  und  v   ist   auf  meinen  Vorschlag   in 
der  Fibel  unterblieben,  da  v  nach  meiner  Meinung  zu  selten  und  noch  un- 
sicher belegt  ist;  s.  oben  3. 

h  hat  Dahl  nur  in  Verbindung  mit  g  und  h  angewandt,  vor  Vokalen 

schreibt   er  hg ,    wo  ich  h  notiert  habe,  z.  B.  hmuhe  »Rind«   (Fibel  ngomhe). 

Den  Unterschied  von  s  und  s  habe  ich  nicht  gehört;  s.  oben  7, 

Da  Dahl  dz  nicht,  aber  dz  anwendet,  hätte  man  nach  meiner  Meinung 

dz  statt  c?i  schreiben  können,  um  noch  ein  diakritisches  Zeichen  zu  sparen. 


Zur  Lautlehre  des  Namwezi. 

1.    Die  Grundkonsonanten. 

Die  stimmlosen  Laute  k,  t,  p  treten  als  Aspiraten  M,  th,ph  auf.  Statt 
ph  steht  in  der  Regel  A. 

Beispiele. 

A-.  Selimani:  Mana  -leugnen«,  iJchäla  »bleiben«,  lekJia  »lassen«,  ma- 
khala  6  »Kohlen^,  hhalanga  »braten«,  aniJcha  »an  der  Sonne  trocknen«, 
Mmla  »wachsen«,  ^Ä'Äß  »ankommen«,  khömba  »auskratzen«.  Prüf.  Kl.  13  Jcha. 

Kolongo:  mw-ahha  »Jahr«  (liier  klang  die  Aspiration  sehr  leise), 
ikhala  wie  oben. 

Baruti:  nzokhä^  »Schlange«,  nzükhe  »Biene«,  änlkha  »an  der  Sonne 
trocknen«,  ikhdla  wie  oben,  khülä  wie  oben,  khümbüla  »sich  erinnern«, 
ikhumi  »zehn«,  sekhä  »lachen«,  -khali  »böse«,  khälähga}  »l)raten«.' 

Hamisi:  hgökho  »Huhn«,  kha  Kl.  13,  kholola  »husten«. 

Felusi  und  Kasega:  nzokha,  nztikhi,  sekha,  kha  Kl.  13  wie  oben, 
-okha  Verbalendung. 

f.  Selimani:  ithdvukJia  « auf  einen  Ruf  antworten «  ,  lotha  ^  » trämnen « , 
viitha"  »Bogen«,  ithaU  »Fels«,  thuma  »senden«,  i-thima  5  »Herz«,  muthi  3 
» Baum « ,  JiagatM  » mitten « . 


1  In  mwaka  »Jahr»   konnte  ich  keine  Aspiration  hören. 

2  Das  hier  notierte  zeiebrale  t  wird  vermutlich  überall  vorliegen. 


246  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Kolongo:  mätJie^  '>S])eicliel« ,  bütha^  »Bogen«,  -thali  »groß,  lang« 
i-tliimd  5  »Leber»,  -dathu^^  »drei«,  hetha  »beugen«,  li-atho  »Boot«,  theya^ 
»Pralle  stellen«,  thethema  »zittern«,  tliüma  »senden«,  mäyüthä  »Fett«. 

Baruti:  ivithJ  »Hyäne«,  liumhäthä  »Faust  machen«,  -dathu^  »drei«, 
hjtha   »träumen«,  hethä  »sichten«   (Getreide),  hägäthi  wie  oben. 

Hamisi:  thuma  »senden«,  müthwe  »Kopf«. 

Felusi  und  Kasega:  thuma,  maguthd^  wie  ol)en,  Tchumhatlnla  »Faust 
niachen«,  igutha   »satt  sein«,  thu  Pi^äf.  Kl.  12. 

p.  Selimani:  Kl.  16  ha ,  z.  B.  hansi  »unten«,  Aa^o^Ä/ »mitten« ,  ho/u 
»blind«,  f'igohe  9  »Augenwimper«,  mhehn  »Wind«,  lubehfi  11  »Schwinge«, 
ynhi  "kiu-z«;  aber  Verbalendung  4  -pha,  z.B.  ogöpha  »sich  fürchten«  ;  ^>/ja 
»geben«,  lipha   »bezahlen«,  s^pha"^  »Flasche«. 

Kolongo:  Kl.  16  ha,  igulia  5  »Knochen«,  mbehn  »Wind«,  luha/iga 
11    »Schwert«;  ahev  phü/igüdia  »verringern«. 

Baruti:  ögöhä  »sich  fürchten«,  -Uhu   »lang«,  -gühp  "kurz«,  Kl.  16  ha. 

Hamisi:  aha  »hier«  16,  iigöht  »Wimper  oder  Braue«,  -githi  »kurz«, 
iguha  »Knochen«. 

Felusi  und  Kasega:   Kl.  16  ha,  guhi  »kvirz«. 

Bei  den  letzten  drei  habe  ich  für  ph  kein  Beispiel. 

Den  stimmhaften  Lauten  7,  /,  r  entsprechen  im  allgemeinen  g, 
l,  V.  Jedoch  finde  ich  statt  g  in  einigen  Fällen  J  (y),  manchmal  ist  7  auch 
ganz  verflüchtigt.  Die  Aussjmiche  des  l  ist  alveolar  bis  zerel^ral  ohne  feste 
Regel,  es  klingt  zuweilen,  besonders  nach  i  und  e,  etwas  vibrierend,  dem 
Zungen -r  ähnlich.  Einigemal  klang  es  ganz  wie  d.  Im  Fräf.  li  Kl.  5 
fällt  es  oft  ganz  aus,  v  wird  hin  und  wieder  wie '6  gesprocnen,  besonders 
von  Kolongo,  dessen  Aussprache  sich  dem  Sukuma  nähert.  Die  Urambo- 
leute  sprechen  im  Anlaut  mehr  dem  'b,  im  Inlaut  zwischen  Vokalen  mehr 
dem  V  ähnlich. 

Beispiele. 

«y.  Selimani:  mbogo*  9  »Büftel«,  nzig^  »Heuschrecke«,  magdzi  »Blut«, 
gäva  teilen;  aber  mbiju  9  »Same«,  juma  »trocken  werden«,  und  otha 
»sich  wärmen«, 

Kolongo:  khi-gänza^  7  »Hnndlläche« ,  ■mbog(2  wie  oben,  lu-gnye  11 
»Schnur«,  lu-gemb^  \\  »Rasiermesser«,  ice(ja^  ij  »Schulter«;  a])er  nkhugu  S 
« Feigenbaum « . 

Baruti:  Präf.  KI.  6  vor  dem  V^erbum  gä-,  Verbalendung  5  -ga,  ögöhä 
»sich  fürchten«,   gävänyä  »teilen«,  müUgo  3   »Last«,    aber  äjüld  »gähnen«. 

Felusi  und  Kasega:  mbogq  »Büffel«,  -^o  Verbalendung  5, j^^o'  »Niere«. 

/.  Selimani:  lekha  »lassen«,  ikhäla  »bleiben«,  itiakhala  6  »Kohlen«. 
Jchalanga  »braten«,  ithal^  5  »Fels«,  lala  »langliegen«,  Inma  »beißen«,  fndla 
»fertig  sein«,  lömba  »bitten«,  marele  6  »Brüste«,  lulimi  11  »Zunge«,  lila^ 
»weinen«,  lipha  »bezahlen«;  aber  lotha  »träumen«,  mela  »aufwachsen«,  rda 


1    Wegen  des  d  s.  unten  5. 
^    s,  dental,  nicht  interdental. 


Meinhof:    Liiiguistisolie  Studien  in  Ostafrika.  247 

»faul  sein«,  iJiyila  >■  hineingehen« ,  Imda  »Ijewachen« ,  muviU  3  »Leib«,  vgl. 
flisoi)  »Auge«,  dinaö  »Name-',  dinq  5  »Zalin«  (s.  Nr.  4d  7t),  dinnsib  »Raucli". 
Füi-  Unda  -bewachen«  liabe  ich  auch  dinda  notiert.  In  ithaU  wie  oljen  steht 
/  statt  //. 

Külongo:  -thali  -groß.  Lang«,  //  Prüf.  Kl.  5  neben  i,  lu  Präl".  Kl.  11 
neben  lu.  Um  »Auge«;  aber  Itna  »Name«,  limj  »Zahn«,  liötzi*  »Rauch«,  lila 
weinen,  7nülih}  »Feuer«,  Uma  »hacken«,  liilTnii^  »Zunge«,  lasa  »schießen«, 
-vili  »zwei«,  n'zwili^  »Haar«,  lüina}  "l)eißen«,  löva  »Fische  fangen«,  dzwala 
"Kleider  anziehen«,  dzUula  »Kleider  ausziehen«,  hla  »sehen«,  mmiila  »wissen«. 
nöla  »schleifen«. 

Baruti:  mheld  »Nashorn« ,  liso  » Auge « ,. /i7ma'  »hacken«,  UlUa  »weinen«, 
m/iMfö  »Elefant« ,  mhüla  »Nase«,  äjüla  »gähnen«,  linä  »Name«,  Iwalä  11 
»Nagel,  Klaue«,  zwalä  »Kleider  anziehen«,  Mgülü  7  »Fuß«,  lülezü  11  »ein 
Barthaar«,  tesa'  »treffen« ,  lälä  »liegen«,  /anrfä  »betteln« , -/?/m  »lang«,  kluda 
»wachsen«,  Tthuinbida  »sich  eiinnern«,  hhälängä  »PZrdnuß«  ,  khäli  »böse«, 
khilä  3  »Schwanz«,  nhümbtli  9  »INIeerkatze« ;  aber  -vill  »zwei«,  Präf. 
Kl.  5  i  (neben  li  s.  oben). 

Hamisi:  lina  »Name« ,  mülQrno  »Lippe« ,  zicala  wie  oben,  zUla  »Kleider 
ausziehen«,  Tihahzu  13  »ein  Barthaar«,  hi  Präf.  Kl.  11,  li  Präf.  Kl.  5,  Uma 
»hacken«,  Imda  »bewachen«,  kholöla  »husten«,  -vili  »zwei«;  ah  e  r  lino  »Zahn«, 
mhuli  »Elefant«,  zwili  »Haar«,  mkhila  3   »Schwanz«. 

Felusi  und  Kasega:  mhula^  »Regen«,  srM  »schmieden«,  rizala 
»Hunger«,  lola  »sehen«,  vyala  »gebären«,  zida  »Kleider  auszieiien«  ,  7izila 
»Weg«   wurde  neben  nzila  gesprochen. 

V.  Selimani:  ithdvukha  »auf  einen  Ruf  antworten« ,  vola  »faul  sein«, 
Präf.  Kl.  2  va  (neben  'ia).  Kl.  14  vu  (neben  'bu),  vümba  »bilden«,  mavde-  G 
»Brüste«,  muvili  »Leib«. 

Kolongo:  Präf.  Kl.  2  va,  löva  »Fische  fangen«,  -vili  »zwei«,  mivili 
4   »Leiber« ,  vona   »sehen«. 

In  mili  statt  *muvili  3   »Leib«    war  u  und  v  verschwunden. 

Im  Anlaut  bevorzugt  Kolongo  '6,  im  Inlaut  nach  einem  Vokal  v. 

Baruti:  Präf,  Kl.  2  va,  uiT?' »zwei« ,  yävariyä  »teilen«,  süvi  »Panther«, 
lyüvä^  »Sonne«,  vumba  »bilden»,  Präf.  Kl.  14  vu. 

In  ngülüe  statt  "ngülüve  »Schwein«   war  v  ganz  verschwunden. 

In  i'W   »stehlen«    hörte  ich  'h ,  in  ngübü   «Nilpferd«   sogar  h. 

Besonders  merkwürdig  war  die  Aussprache  yönd  »sehen«  statt  vom. 
die  ich  auf  Dissimilation  zurückführe  (vgl.  itw  statt  mw  in  Namwezidialekten 
und  im  Sukuma). 

Felusi  und  K  a s  e g  a :  -vili  » zwei « ,  kikuva  (verschrieben  statt  khi- 
khnvß)  »Brust«,  khamca  13  »kleiner  Hund«.  In  icq.se  »alle«  Kl.  2  klang  r 
fast  wiew:,  vielleicht  wegen  des  folgenden  o;  aber  'ba  Kl.  2,  'bumba  »bilden». 

2.    Die  Vokale. 
Nach  dem  oben  (Vorbem.  1)  Gesagten  bin  ich  zu  keinem  befriedigen- 
den Resultat  gekommen.     Ich  glaube  im  allgemeinen  festgestellt   zu   haben, 
daß    die    ursprünglich    »leichten«    Grundvokale    im    Namvvezi  weit,   die  ur- 


248  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

sprünglich  »schweren'  Vokale  eng  gesprochen  werden.  Da  ich  gelegentlich 
aber  das  Gegenteil  zu  beobachten  glaubte,  ist  es  mir  sehr  zweifelhaft,  ob 
der  Unterschied  in  der  Mundüffnung  im  Namwezi  die  Hauptsache  ist.  Ich 
glaube  vielmehr,  daß  der  Unterschied  in  der  Spannung^  das  wichtigere  ist. 
Die  ungespannten  Vokale  klingen  im  allgemeinen  dem  Norddeutschen  weit, 
da  er  seine  weiten  Vokale  nicht  zu  spannen  ptlegt. 

Daß  die  Spannung  bei  vielen  "schweren«  Vokalen  vorliegt,  geht  daraus 
hervor,  daß  das  ii  dem  vorangehenden  Konsonanten  eine  labiale  Spirans  bei- 
fügt (vgl.  oben  Vorbem.  1). 

Übrigens  sind  die  gespannten  Vokale  im  Namwezi  häufig   ganz  kurz. 

Die  folgenden  Beispiele  sind  nach  dem  allen  als  sehr  unsicher  aufzu- 
nehmen. Ich  bitte  daraus  keine  Schlüsse  zu  ziehen,  sondern  sie  nur  als 
Anregung  zu  genauerer  Beobachtung  anzusehen.     Über  e  und  o  s.  Vorbem.  1. 

i.  Selimani:  Pi-äf.  Kl.  4  mi,  lila}  "Schreien-,  lima  »ackern«,  %»Äa 
»bezahlen«,  -vi  »böse«. 

Kolongo:  Präf.  Kl.  7  ki  und  kj  (wolil  verhört  für  kT.  in  beiden 
Fällen  k  jedenfalls  verschrieben  statt  kh).  Präf.  Kl.  4  pronominal  e  (wohl 
verhört  statt  T). 

Baruti:  Kl.  4  mj,  Tmba}  »singen«,  mgila  »hineingehen«,  vTngi  »viele« 
Kl.  2,  siivj  »Panther«,  ndzUd  »Weg«,  nsi  »Erde»;  aber  Xihn  »lang«,  -\lä 
Verbalendung  8  c  mit  i  (?). 

Hamisi:    n^?<M  (verschrieben    statt  wcmAV«);    aber   Vinda   »bewachen«. 

i.  Bei  Selimani  glaubte  ich,  wie  oben  gesagt,  zu  bemerken,  daß  sich 
die  Unterlippe  bei  ?  weiter  vorschiebt  als  bei  e. 

Baruti:  zima  »erlöschen«,  lisö,  -^X.vmsö  »Auge«,  sikhaga  »ankonunen«, 
hjsägä  » verstecken «,  r^a  »stehlen«,  söni^  »Scham«.  \n  STmba  »Löwe«  glaubte 
ich  gespanntes  weites  i  feststellen  zu  können. 

Hamisi:  zimya   »auslöschen«. 

w.  Selimani:  mu  (neben  mii)  Kl.  1,3;  aber  In  Kl.  11,  thü  Kl.  12,  rw 
Kl.  14,  khu  Kl.  15;  thüma  »senden«,  hjma  »beißen«,  khüla  »groß  werden«, 
•mmba  »bilden«. 

Kolongo:  nkhuyu  3   »Feigenbaum«;  sonst  habe  ich  meist  u  notiert. 

Baruti:  thuma  »senden«,  nungu  »Kochtopf«,  suvj  »Panther«,  mu  Präf. 
Kl.  3,  khumbula  »sich  erinnern«,  khüla  »wachsen«,  nhümbilt  »Affe«;  aber 
hgülüe  »Schwein« ,  güma  «trocken  werden«.  Nach  Selimani  wird  «  ohne  Vor- 
strecken der  Lippen,  n  mit  Vorstrecken  gesprochen. 

u.  Selimani:  gijhi  »kurz«,  khumbatha  »Faust  machen«  mit  ge- 
spanntem u. 

Kolongo  hat?/  mit  Vorstrecken  der  Lippen  in  mitugo  4  »Haustiere«, 
sula  »schmieden«,  dzüula  »Kleider  ausziehen»;  in  dakfuna  »kauen«  ist  die 
Lippenrundung  so  stark,  daß  sich  ein  dem  /  ähnlicher  Laut  bildet. 

Baruti:  mägniliä  »Fett«,  gühe  »kurz«.  A-?Ä'?/ro' (verschrieben  statt  A*/«'- 
kKwod)  »Brust«. 


Siehe  E.  Sievers   "Gruudziigc  der  Phonetik«,  Leipzig  1901,  §  252  fF. 


Meinhof:   Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  249 

Hamisi:  u  gespannt  in  maguta  (fast  giou,  t  verschrieben  füi-  th), 
Jcwumbata  {t  statt  th),  iguha  »Knochen«. 

Ich  mache  noch  darauf  aufmerksam,  daß  das  u  in  mu  oft  ganz  ver- 
schwindet, und  daß  dann  m  mehrfach  durch  den  folgenden  Konsonanten 
verändert  wird. 

So  sprach  Hamisi:  mJchönö  3   »Arm«,  mkhila  3   »Schwanz«. 

Kolongo  vgl.  Sukuma:  hgohgc)  3,  pl.  migongq  »Rücken«,  iigmi 
»Fremder»  {ng  statt  ?nug),  nkhong  ^  »Arm«,  ^\.  mtkhön^,  nkhuyu  3,  pl.  »^^- 
khuyu  »Feigenl)aum«  {nkh  &t&tt  mitkh),  nthwe^,  ])\.  mJthwe  «Kopf«  (ni?A  statt 
muth).  Wahrscheinlich  ist  mu  auch  erhalten  als  n  in  linthi  5,  pl.  manthi 
»Baum«. 

Baruti:  mnümha  »im  Hause«  statt  *munümba,  mtihu  Kl.  3  statt  *mulihu 
»lang«.  In  kMlä^  3,  pl.  mikhiW  »Schwanz«  habe  ich  das  Präfix  mu  gar  nicht 
mehr  gehört.    Vielleicht  hat  B.  aber  nkhilä^  gesprochen. 

3.  Die  Verbindung   von   n   mit   folgenden    Konsonanten. 

Der  Regel  nach  ergibt  sich  die  Entsprechung 
ursprünglich  nk     nt     m.p     ng     nd     mb, 
wird  nh     nh    mh     ng     nd     mb 
(s.  oben  Vorbem.  5).     Einigemal   habe   ich  statt  nh  nur  h  (einmal  sogar  nh) 
gehört.     Ich  glaube,   daß  hier  weder  ein  Hör-  noch  ein  .Schreibfehler  vor- 
liegt, da  ich  der  Sache  sehr  viel  Sorgfalt   zugewandt  habe.     Eine  befriedi- 
gende Erklärung  vermag  ich  nicht  zu  geben.      Das  b  in  7nb  wird  zuweilen 
geradezu  stimmlos  gesprochen  und  klingt  dann  fast  wie  mp  (s.  oben).    Über- 
haupt wird  der  aufmerksame  Beobachter  finden,  daß  ng,  nd,  mb  im  Nam- 
wezi  nicht  so  vollstimmig  gesprochen  werden  wie  im  Suaheli. 

lik.  Selimani:  nühha  »stinken«,  nholo  9  »Schaf«,  pl.  el)enso  und 
ma-kholo,  nhulu  9  ^Wildtanhe« ,  hanga  9,  pl.  ma-kha?tga  »Perlhuhn«,  /ihwa/fl 
9   »Rebhuhn«,  nhwi  10   »Feuerholz«;  aber  nhmgo  9    »Hals«. 

Kolongo:  nhwi  10   »Feuerholz«. 

Baruti:  mhwi  10  (wohl  verhört  statt  jwäwz,  s.  oben  2)  »Feuerholz«, 
nhwäle  9  »Rebhuhn«,  nhälängä  »Erdnuß»;  aber  haU\\.\.9  zu  khäli  «höse« . 
hanga  9   »Perlhuhn»,  hiiigö  9   »Hals«. 

Hamisi:  hanga  9   »Perlhuhn«. 

Felusi  und  Kasega:  nunha   »stinken». 

«/.  Selimani:  nhehgö  9,  pl.  ebenso  oder  mathehgo  6  »ein  Maß  (für 
Salz)«,  nhulage  (neben  nthulage)  »ich  möchte  schlagen«  von  thida  »schlagen«, 
munhu  1    »Mensch«,  khtnhu  7   »Ding«,  hanhu   16    »Ort«. 

Kolongo:  m^l,nhu^  1,  pl.  vanhu   »Leute«,  nhiimbilt  9  »Meerkatze«. 

Hamisi:  vanhu  »Leute«. 

Felusi  und  Kasega:  munhu  »Mensch«,  ßnhu  8   »Dinge«. 

mp.  Selimani:  mhuli9,  pl.  ebenso  oder  maphuliS  »Elefant«,  mhande9, 
pl.  ebenso  oder  maphande  6  »harte  Erdnuß«,  mhembe  9,  pl.  ebenso  oder 
maphembe  6  »Flöte«  (wohl  »Hörn«  ?),  mhwani  »auf  dem  Trocknen»,  mhja  9 
»neu». 


250  Meinhof:    Liiigiiistisclic  Studien  in  Ostafrika. 

Kolofigo:  vihya  9  »neu«,  lu-hahya .  pl.  mhainja  11  ■■Scluvert«,  mheld  9 
»Nasliorn«,  mheinh^  9    »Ilorn   (Nasliorn)«. 

Baruti:  wMa'  9   ••Nashorn«,  mhule  9    »Elefant«,  mhulü  9    »Nase«. 

Hamisi:  mhuli  9    »Elefant«,  vgl.  syemha  »melken«. 

iig.  Selimani:  inc/ila  »hineingehen«,  nut',y?/  »Kochtopf«,  hyoma}  9 
»Trommel«,  ngwe  9   »Panther«. 

Kolongo:  isonga  5  »Pfeil«,  miyMigf)  A  »die  Rücken«,  ze/iga^  »bauen«, 
niipyu^  9  »Topf«,  hig(2ye  11  »Schnur«,  pl.  hgnyt,  hgovl  »Pfeil  mit  Wider- 
haken«, lüglmhj   11,  i}\.  figefnbfi   »Rasiermesser«. 

Baruti:  khälähgd  »braten«,  /«%o  »Hals«,  nuhgu^  »Kochtopf«,  %»6w  9 
»Nilpferd«,  nyöma}  9   »Trommel«,  ngülüe  9   »Schwein«. 

Hamisi:  thuhya  »binden«,  nuhyu  »Kochtoj)f«. 

Feliisi  und  Kasega:  'businga  14   »Haar«,  hi/'iyn   -ILils«. 

nd.    Selimani:    linda   »bewahren«,  n'da  9    »Leib«,  urldma  9    »Kall)«. 

Baruti:  landä   »betteln«,  lülezü   11,  lA.  ndezü   »Barthaar«. 

Hamisi:  Irnda  »warten«. 

Felusi  und  Kasega:  ndezu  10   »Bart«. 

ml).  Selimani:  Tjnba  »singen«,  Jchömba  »auskratzen«,  Jamba  »bitten«, 
vjämba  »bilden«,  mbogo  9  »Büffel«,  mbi  9  »schlecht«,  mbäzu  10  »Ribben», 
mbwa  9   »Hund«,  mbi^u  9   »Same«. 

Kolongo:  Tmbd}  »singen«,  lTtg?mb^  11  »Rasiermesser«.  In  nnmba 
»Haus«  mb  fast  stinnnlos,  ähnlich  in  mb<2g(±  9  »Büffel",  mbiju^  9  »Same«, 
mbuli  9   »Ziege«. 

Baruti:  kumbätha  »Faust  machen«,  sTmha^  »Löwe«.  Tinbü^  »singen«, 
hhümbüla   »sich   erinnern«,  mbögö  9    »Büffel«,  mhfilP  9   »Ziege«. 

Hamisi:  vrnnba,  humbatha  (kicu),  mhuli,  mbwa  wie  oben. 

Felusi  und  Kasega:  khiimbathila  »Faust  machen«,  7>?«?j/w  »bilden«, 
vimba   »schwellen«,  iiimba   »Löwe«,  mbogq,  mbwa  wie  oben. 

4.  Veränderung  von   Konsonanten  durch   Vokal  ei  nfl  üsse. 
a)    Die  alten  Mischlante. 

Urspr.  k  ward  s  (.?,  s^),  urspr.  /  l)leibt  als  fh  erhalten,  gehöit  alst) 
unter  2,  mspr.  y  wird  z  (j,  dz,  z). 

Beispiele. 

k.  Selimani^:  srkha  »lachen«,  misozi  A  »Tränen«,  sagula  »abson- 
dern«, miso  6  »Augen«,  sahga  »zusammenkommen«,  sekhnla  »den  Schlucken 
haben«,  isonga  5  »Pfeil«,  lasa  »verwunden«,  asama  »sich  aufsperren«, 
mavasd  6   »Zwillinge«,  hisa   »verstecken«,  siipha  »Flasche«,  isim   »Panther«. 

Kolongo  2:  äsäma^  »gähnen«,  liso  »Auge«,  sekha^  »lachen«,  /läsi^ 
»unten«,  si-.srjdji  8  »Tränen«,  .^ökha  »müde  sein«,  /ow  »schießen«,  iw/)ga 
»Pfeil«,  mavasa  6   »Zwillinge«,  visa^  »verstecken«. 


1  Ich  verzichte  auf  eine  genaue  Bezeichnung  des   «-Lautes  hei  Selimani,    da 
meine  Notizen  zwischen  s,  .V|,  s  schwanken  (v,  dental,  nicht  interdental). 

2  Hier  müßte  wohl  immer  s  stehen. 


Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  251 

Baruti:  /^w  ..Auge",  ismyd  »Pfeil«,  misodzi  \  ..Tränen«,  few'  .treffen 
mit  dem  Pfeil«,  sekhä   »lachen«. 

Hamisi:  lisözi,  pl.  mäsozi  ä  »Träne«,  sekha  »lachen«,  isönga  5  »Pfeil«, 
iTso  (diso),  pl.  7mnso  »Augen«. 

Felusi  und  Kasega:  disozi  ö  »Träne«,  sekha  »lachen«,  hasi  »unten«, 
^bisa  »verstecken«. 

Merkwürdig  sind  besonders  die  von  Hamisi  gesprocheneu  Formen 
mit  nasalem  Vorschlag  vor  s.  Die  Ursaciie  ist  vielleicht  nasale  Aussprache 
des  o  (s.  unten  4  f.  nk). 

y.  Selimani:  iza  »kommen«,  zehga  »bauen«,  aber  Plur.  zu  7i:ila  l) 
»Weg«   ist  ma-jila  und  nicht  mazila,  was  man  erwarten  sollte. 

Kolongo  (vgl.  Sukuma):  idza}  »kommen«,  ^ehga  »bauen«. 

Baruti:  Tza  »kommen«.  In  ly-üvSb  »Sonne«  ist  7  ganz  verschwunden 
oder  es  gehört  ly  zum  Stamm  und  ist  nicht  Präfix. 

Die  regelmäßige  Entsprechung  scheint  z  zu  sein,  das  INIaterinl  ist  aber 
zu  dürftig,  um  die  Sache  genauer  festzustellen. 

In  Verbindung  mit  n  ändert  sich  s  nicht,  das  n  selbst  fällt  in  der 
Regel  aus,  nur  bei  einsilbigen  Stämmen  bleibt  es  regelmäßig  erhalten. 

Für  ng  ist  die  regelmäßige  Entsprechung  «c.  Zuweilen  wird  dabei 
zwischen  n  und  c:  ein  deutlicher  Explosivlaut  d  höibar. 

Beispiele: 

nk.  Selimani:  hansi  16  »unten«,  7i'si  9  »Land,  Ei'de«,  aber  -aw 
»alle«,  son^  9  »Schande«,  {moni  lial)e  ich  auch  notiert,  wahrscheinlith  ist 
das  ein  Hörfehler). 

Kolongo:  n'si^   ..Land«,  aber  -ose   »alle«,  sö^m^  9   ».Scham.  Schnndc«. 

Hamisi:  nsi  9   »Land«,  aber  -äse  .alle«. 

Felusi  und  Kasega:  -ose  »alle«. 

ng.  Selimani:  nzovu  9  »Elefant«,  nzila  9  »Weg«,  minzi  6  ..Wasser«. 
maganza  6   »Hände«,  nzala  9   »Hunger«,  hanzS  16   »draußen«. 

Kolongo:  khiganzd  7  »Handfläche«,  mmc«"'  »Wasser«,  n'zäla^  »Hunger«. 
nzila^  »Weg«. 

Baruti:  mmzt  6  »Wasser«,  kluganzu  7  »Hand«,  handzi  .draußen«, 
ndzälä^  »Hunger«,  ndzila"   »Weg«. 

Felusi  und  Kasega:  nzala  »Hunger«,  nzila  (l)  »Weg«,  mzovji 
»Elefant«. 

b)  Durch  i  (leichtes  i)  werden  die  Konsonanten  nicht  er- 
heblich geändert. 

Daß  Gunter  dem  Einfluß  von  i  häufiger  ?•- ähnlich  klingt  als  sonst,  ist 
oben  bereits  angemerkt.  Das  kh  wird  mehr  oder  weniger  palatal  ausge- 
sprochen vor  folgendem  i,  so  daß  man  statt  khi  k%i  zu  hören  glaubt.  So 
z.B.  Selimani  in  mu-k'iia3  »Schwanz«,  fast  wie  muk%ila ,  Hamisi  h/ök  i 
»Rauch«  fast  wie  lyokji  {j  stimmlos).  Bei  Kolongo  klang  das  Wort  sogar 
wie  li-otzi^  (z  stimmlos).  Ich  glaube,  daß  wir  für  die  praktische  Schreiltung 
auf  diese  palatalen  Laute  keine  Rücksicht  zu  nehmen  haben,  da  sie  sich 
bei  der  Aussprache  von  ki  von  selbst  ergeben  werden. 


252  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Wird  i  unsilliisch,  so  ist  sein  Einfluß  auf  Ä-  stärker.  Felusi  sprach 
Gen.  Kl.  7  deutlich  Jchya,  während  Selimani  tja  (J  stimmlos)  sprach.  Da 
die  Ausspraclie  schwankt,  würde  ich  für  die  praktische  Schreibung  kya 
vorschlagen,  das  die  Etymologie  klar  erkennen  läßt;  vgl.  hierzu  noch  Se- 
limani jo/a  »brennen«,  ^o'  ■«x\QVi<i,  pjagila  »fegen «<  (j  stets  stimmlos),  /vor 
unsilbischem  i  bleibt  erhalten  oder  wird  zu  /  und  d. 

Selimani:  Gen.  Kl.  5  lya;  vgl.  dionsi  5   »Rauch«. 

Kolongo:  It/a  »essen«;  vgl.  Itatho.  pl.  mäthq  »Boot«. 

Baruti:  zidjö  »jene«  Kl.  10,  soviel  ich  sehe,  statt  *zi-li-o,  lyokhi  5 
»Rauch«,  lya  »essen«. 

Hamisi:  lyokhi  »Rauch«,  dyala.  pl.  mala  »Finger«. 

Felusi  und  Kasega:  lyokhi  5   »Rauch«,  lya,  lya  »essen«. 

c)  Unter  dem  Einfluß  von  iv,  das  aus  (leichtem)  u  ent- 
stand, treten  zuweilen  velare  Laute  ein  wie  in  anderen  Bantusprachen, 
z.B.  Kolongo  (s.  Sukuma)  hwana  1  »Kind«  statt  Twwawa,  hwedii^  3  »Mond« 
statt  mwedzi,  m'h^  9   »Hund«   statt  mbvca  wie  im  Venda'. 

Durch  das  w  erklärt  es  sich  vermutlich  auch,  daß  Selimani  mcina 
»Krokodil«  sprach  statt  hgwina,  was  man  erwarten  sollte;  vgl.  hierzu  oben 
S.  247  <^on(it  »sehen«  statt  vona.  Ich  nehme  an,  daß  das  in  o  steckende  u 
hier  den  Umschlag  der  Labialis  r  in  7  bewirkt  hat  wie  in  mb^/a. 

In  anderen  Dialekten  scheint  w  nicht  seine  velaren,  sondern  seine 
labialen  Eigenschaften  geltend  zu  machen.  So  sprachen  alle  echten  Namwezi 
mw  und  nicht  hw ,  Baruti  sogar  m'va  »Hund«   statt  mbica. 

Dahin  gehört  auch  die  Aussprache  von  Kolongo  tswala  »bringen« 
{s  labial)  statt  thtoala,  khi-pfwa  7   »Trockenzeit«   statt  khi-phwa. 

d)  Unter  dem  Einfluß  von  i  (schwerem  i)  treten  starke  Ver- 
änderungen der  vorhergehenden  Konsonanten  ein.  Jedoch  ist  in  einigen 
Fällen  der  Konsonant  in  ursprünglicher  Form  erhalten,  was  ich  mir  nicht 
anders  zu  erklären  weiß,  als  daß  hier  das  Namwezi  aus  Gründen,  die  mir 
nicht  bekannt  sind,  Formen  mit  leichten  Vokalen  anwendet,  wo  die  anderen 
Sprachen  schwere  Vokale  haben.  Allerdings  wird  bei  Anfügung  des  Kau- 
sati^'um  ya  neben  der  veränderten  auch  die  unveränderte  Form  des  Kon- 
sonanten gebraucht,  so  daß  man  zu  der  dem  entgegengesetzten  Annahme 
gedrängt  wird,  daß  im  Namwezi  die  ursprünglichen  Konsonanten  auch  vor 
i  oft  erhalten  sind,  ebenso  wie  vor  u  (s.  unten  e). 

ki  z.B.  Selimani:  musiha^  3   »Ader«. 

liya  z.B.  Felusi  und  Kasega:  tholokha ,  kaus.  tholosa  bzw.  tholosa, 
aber  daneben  andere  Kausativa  iiotSa  und  sokya. 

ti  z.B.  Selimani:  masikha  6   »Winter«. 

Kolongo:  khi-sima^l  »Brunnen«,  aber  bu-i^inga  »Haar»  ((ast  tjinga). 

Felusi  und  Kasega:  'bu-sihga  14   »Haar«. 

iya  z.B.  igutya  kaus.  zu  igutha  »satt  sein«   mit  erhaltenem  t. 

pi.  Selimani:  fikha  »ankommen«,  mafigct  (j  »Herdsteine«,  mafTgcl  6 
»Nieren«,  aber  sina  »kneifen«. 

Kolongo:  sika  »ankommen«  {s  also  palatal,  es  klingt  pfeifend), 
sina  »kneifen,  eng  sein«. 


Meinhof:    Linguistisclie  Studien  in  Ostafrika.  253 

Baruti:  stkha   -  ankommen«. 

Fei  US  i  und   Kasega:,/^«'   »Niere«,  aber  sika   »ankommen«. 

pya.  Fei  US i  und  Kasega:  doha  -abnehmen«,  kaus.  dohya  mit  er- 
haltenem A. 

yi.    Selimani:  mulozi^  (mulqdji)   1    »Zauberer«    von  löya   »zaubern«. 

In  den  Stämmen  von  liso  »Auge«,  Uno  »Zahn«,  lina  »Name«  ist  nirgends 
mehr  das  Vorhandensein  des  ursprünglicher  7  nachzuweisen. 

yyo.    Selimani:  -^a  (Verbalendung)  bildet  kaus.  -f/;a. 

Baruti:  Desgleichen. 

Felusi  und  Kasega:  -ga  bildet  -gya,  dya  und  dza. 

Also  auch  hier  kommt  es  vor,  daß  sich  der  ursprüngliche  Laut  vor 
ya  hält. 

li.  Selimani:  Präf.  Kl.  10  zi,  azima  »borgen«,  misözi  4  »Tränen«, 
mwezi^  3  »Mond«,  mizimu  4  »Geister«,  mukhazi  1  »Frau«,  hhizwal  »Brunnen«, 
mbuzi^  9   »Ziege«,  zima  »verlöschen«,  magäzi  6   »Blut«. 

Kolorigo:  nwedß  (nioedzi)  »Monat«,  Sisodji  8  »Tränen«,  dzima 
»löschen«,  aber  mbuli  9    »Ziege«   mit  erhaltenem  /. 

Baruti:  zima  »erlöschen«,  mwezi  3  »Monat«,  zidjo  »jene«  Kl.  10, 
mis<2dzi  4   »Tränen«,  aber  mulTyo  3   »Last«   mit  erhaltenem  l. 

Hamisi:  Itsozi  5  »Träne«,  zimya  »auslöschen«,  aber  mbuli  »Ziege« 
mit  erhaltenem  /. 

Felusi  und  Kasega:  disozi  5    »Träne«,  mwezi'  3   »Mond«. 

ly.    Selimani:  ongelezya  »vermehren«,  thelezya   »ausgleiten«. 

Ko longo:  phühgudza  »verringern«. 

Felusi  und  Kasega:  Gen.  Kl.  10  zya,  Iqla  »sehen«,  \i?i\xs.  Iqzya. 

Also  auch  vor  i  hat  sich  /  in  einigen  Fällen  gehalten  (wenn  hier 
nicht  i  voi'liegt),  dagegen  ist  es  vor  y  stets  verändert.  Statt  z,  das  sonst 
eintritt,  hat  besonders  Kolongo  (vgl.  Sukuma)  halb  explosive  Laute,  die  ich 
als  dj,  dz,  dz  bezeichnet  habe;  gemeint  ist  jedesmal  derselbe  Laut,  also 
wahrscheinlich  dz. 

vi.  Selimani:  vi-  Präf.  Kl.  8,  vimba  »Dach  decken«,  vina  {vina?) 
ngoma  »tanzen«,  mioivi  1    »Dieb«. 

Kolongo:  si-  Präf.  Kl.  8,  vina   »tanzen«. 

Baruti:  si-  Präf.  Kl.  8. 

Felusi  und  Kasega:^-  Präf.  Kl.  8,  aber  mmba  »schwellen«. 

vya.    Kolongo:  vyala   » gebären « . 

Felusi    und  Kasega:  fya  Gen.  Kl.  8,   sejm  »heiß  sein«,  \-a\\%.  sevya. 

Das  V  hat  sich  also  vor  i  öfter  gehalten,  zeigt  aber  schon  stark  die 
Tendenz  zu  v  zu  werden,  merkwürdig  ist,  daß  es  sich  vor  y  besser  liält 
als  vor  ?;  vgl.  denselben  Vorgang  oben  bei  den  anderen  Lauten. 

Besonders  merkwürdig  ist  aber,'  daß  das  v  in  dem  Präfix  urspr.  r»- 
meist  die  Stimme  verliert  und  zu  /  bzw.  s  und  i  wird  (s.  oben  ;>#).  Wahr- 
scheinlich hat  das  Präfix,  weil  es  vor  der  Stammsilbe  stellt,  die  Stinune 
bei  V  verloren.     Hieraus  hat  sich  dann  das  fya  des  Genitivs  entwickelt. 

e)  Wenn  wir  schon  bei  i  zu  bemerken  glaubten,  daß  im  Namwezi 
die  ursprünglichen  Konsonanten  sich  vor  diesem   »schweren«  Vokal  halten. 


254  Meinhof:    Linguistisclie  Studien  in  Ostafrika. 

so  ist  das  bei  m  tatsächlich  der  Fall.  Besonders  k  hält  sich  mit  großer 
Regelmäßigkeit,  nur  daß  sich,  durch  die  eigentümliche  Aussprache  des  m  ver- 
anlaßt (s.  ol^en  Vorbem.  1),  ein  w  oder/ähnlicher  Laut  hinter  dem  k  hören  läßt. 

kti.  .Selimani:  dakhuna  »kauen",  khümbatha  »Faust  machen«  (in 
l)eiden  ü  gesjjannt),  khi-khiivd   »Brust«. 

Kolongo:  kfumhatha}  »umfassen«,  khikßiva  7  »Brust«,  vielleicht 
mphqku  (fast  -kfv)   »blind«    (s.  unter  p«),  dakfuna   »kauen«. 

Hamisi:  kwumbatha  »Faust  machen«. 

Felusi  und  Kasega:  Ichumhathila   »Faust  machen«. 

Bei  Baruti,  Felusi  und  Kasega  habe  ich  noch  kikum  notiert, 
das  offenbar  verschrieben  ist  für  khikhuva.  Die  Regel  ergibt  sich  klar  aus 
obigen  Beispielen. 

Für  kwa  habe  ich  kein  Beispiel.  »Sterben«  heißt  t:a  (i  »stimndos«), 
ob  das  mit  urspr.  ktva  /usanunenhängt,  weiß  ich  nicht. 

/(}.    Selimani:  mithiigf)  »Haustiere«,  suma  »nähen«. 

Koloügo:  mitugo  »Haustiere«   {tu  fast  wie  tfii),  sula   »schmieden«. 

Hamisi:  thunga  »binden«,  sula  »sclimieden«. 

Felusi  und  Kasega:  suld  »schmieden«. 

Eine  Regel,  wann  t  erhalten  ist  und  wann  es  zu  s  wird,  halie  ich 
nicht  gefunden  (in  einem  Fall  lag  die  Aussprache  fast  wie  tf  vor).  Einen 
Unterschied  dieses  s  von  dem  s  <  A-  habe  ich  nicht  feststellen  können. 

Für  hh  habe  ich  kein  Beispiel. 

j)n  wird  vielleicht /«,  die  Beispiele  sind  unsicher. 

Selimani:  hnfu  »blind«,  /«wa  »herauskommen«. 

Vgl.  Kolongo  mphoku  »blind«  fast  wie  kfu  (s.  »Grundriß«  Anhang 
popu).     (Ist  der  Stamm  pokii?) 

Für  pw  habe  ich  kein  Beispiel. 

yu  scheint  vu  zu  werden.    Einziges  Beispiel  Selimani  n;omi  »Elefant«. 

Felusi  und  Kasega:  nzovu  »Elefant«. 

lu  wird  regelmäßig  :u.     (Kolongo  hat  dzu,  vgl.  Sukuma). 

Selimani:  khalhii  13  »Kinn«,  mbä:u  10  »Ribben«,  ziinn^a  »zustimmen«, 
vnzn*  »verfault«. 

Kolongo:  siledzu^  8   »Bart«,  luvädzu^  11    »Rippe«. 

Hamisi:  khalezu  13   »Bart«. 

Felusi  und  Kasega:  ndezu  {z  neben  c)   »Bart«. 

Für  hh  habe  ich  kein  Beispiel. 

r».    Selimani:  znla   »Kleider  ausziehen«. 

Kolongo:  dzüula   »Kleider  ausziehen«. 

Baruti:  zmdä  »Kleider  ausziehen«. 

Hamisi:  zuula  »Kleider  ausziehen«. 

Felusi  und  Kasega:  zida   »Kleider  ausziehen«. 

rwo.    Kolongo:  diicala  »Kleider  anziehen«. 

Baruti:  ztoa/ä  »Kleider  anziehen«. 

Hamisi:  zwala  »Kleider  anziehen«. 

Leider  habe  ich  luu"  das  eine  Beispiel.  Für  die  Abweichung  bei 
Kolongo  s.  Sukuma. 


Meinhok:    Liiiguistisclie  Stiidien  in  Ostat'rika.  255 

f)  l^ber  (las  Z  IIS  am  in  entreißen  von  \'()kaleiii  fl  üssen  mit  dem 
Killfluß  des  vor  den  Konsonanten  tretenden  Nasals  habe  ich  fol- 
.i;endes  notiert  (\,<;1.  oben  4a.) 

lik.  Selimani  sprach  ly-nnsi  {di-rjnsi)  "Rauch«,  was  auf  eine  Grund- 
form -yoiiki  führen  würde.  Vielleicht  hat  er  aber  nur  das  o  nasaliert  ge- 
sj)rochen,  so  daß  ich  n  zu  hören  glaubte  (s.  oben  4  a). 

In  anderen  Fällen  ist  nh  (h)  unverändert  erhalten  (vi;l.  oben  3). 

Felusi  und  Kasega:  nunht/a  kaiis.  zu  nuhha   »stinken«. 

Beispiele  für  iihw  s.  oben  3. 

nt  kein  Beispiel. 

mp.    Beispiele  für  mpw,  mpy  s.  unter  3. 

In  figr^  ..Niere«  (Selimani,  Felusi  und  Kasega)  scheint  ^  > 
urspr.  mpi  vorzuliegen. 

7ig.  ligiv  s.  unter  3  und  4  c. 

iigi  ist  entweder  als  ngi  erhalten  oder  wird  zu  nzi. 

Selimani:  nzigS  9   »Heuschrecke«,  nzi  und  ngi^  »die  Fliege«. 

Baruti:  mgt  9   »Fliege«. 

Kolon go  sprach  fast  n  /cT  (s.  3  «»6). 

iigü  ist  erhalten  in  iignbu  9    »Nilpferd«   (Baruti). 

nd  kein  Beispiel. 

rnh.   mbiv  s.  oben   3. 

mvula  (Selimani),  möula  (Kolongo),  mbula)  (Felusi  und  Kasega)  9 
»Regen«  zeigt,  daß  auch  mb  vor  m  sich  in  einigen  Dialekten  hält,  während 
es  sonst  zu  mv  wird  (vgl.  oben  e  vü). 

Wahrscheinlich  wird  sich  hier  das  in  4  a  gefundene  Gesetz  bestätigen, 
daß  der  Nasal  vor  stimmlosen  Frikativen  ausfällt  (abgesehen  von  den  Ein- 
silbigen) und  vor  stimmhaften  erhalten  bleibt. 

g)  Die  Nasale. 

tnu.  Die  Veränderungen  von  rmi  zu  «,  n,  m  nach  Ausfall  des  u  unter 
Einfluß  des  folgenden  Konsonanten  (s.  unter  2).  Doch  scheint  das  mehr 
Sukuma-  als  Namweziart  zu  sein. 

mw  wird  zu  nw  bei  Kolongo,  bei  den  anderen  ist  es  erhalten 
(s.  Sukuma). 

Kolongo:  nwana  1    »Kind«,  iiicedzi  3    »^lond«. 

ngw  wird  nw  in  nwina  9   »Krokodil«    (s.  olien  4c). 

ny  wii'd  meist  n,  während  ny  als  iiy  erhalten  l)leibt. 

Selimani:  nungu  9  »Kochtopf«,  nama  9  »Fleisch«,  nqni  9  »\'(>gel«. 
nntha  9    »Durst«,  munu   »Salz«,  sogar  nwa  »trinken«. 

Kolongo:  numba  9  »Haus«  (ö  stimmlos),  nama  9  »Tier«,  mtmn 
»Salz«,  nü^'igv)  9   »Topf«,  manila  »wissen«. 

Baruti:  nämä  »Tier«,  münu  »Salz«.  nuhgn^SS  »K()chl()i)f".  numba  "^ 
»Haus«,  mäna   »wissen«. 

Hamisi:  nama   »Fleisch«,  nuiigu   "Kociitopl«. 

Felusi   und    Kasega:   nama  9    "Fb'isch..   mimn)   »Salz«. 

h  bei  Baruli   und  Hamisi  halte  ich  für  falsch  (Suaheli). 


256  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Bei  Felusi  und  Kasega  glaubte  ich  festzustellen,  daß  n>  ny  ze- 
rebral ,  n>  n  alveolar  ist  (s.  oben  Vorbemerkung  6). 

Dagegen  notierte  ich  Seliniani  nya  »Stuhlgang  haben«,  Baruti 
gananya   »teilen«   mit  ny  >-  ny. 

Auch  my  kommt  vor,  z.B.  zimya  »löschen«,  kaus.  von  zima  (Seli- 
inani,  Hamisi,  Felusi  und  Kasega). 

Übrigens  ist  es  auffallend,  daß  das  Namwezi  in  sehr  vielen  Fällen, 
wo  das  SuaheU  n  hat,  nicht  n,  sondern  nz  imd  ähnliches  zeigt.  Ich  erkläre 
das  so:  die  im  Suaheli  vokalisch  anlautenden  Stämme  sind  nicht  ursprünglich 
vokalisch  anlautend.  In  der  »Lautlehre«  nahm  ich  an,  daß  der  Anlaut,  wo  er 
nicht  mehr  nachzuweisen  ist,  urspr.  7  oder  n  war,  und  führte  die  be- 
treffenden Stämme,  z.B.  -MÄ:«  »Biene«,  imter  -yuM  und  -miM.  Das  scheint 
unrichtig  zu  sein.  Der  Anlaut  ist  wohl  y  gewesen,  das  im  .SuaheU  weg- 
fiel, im  Namwezi  aber  als  z  regelmäßig  nach  4  a  in  der  Verbindung  nz 
crlialten  ist,  z.  B.  Selimani  zuki  »Biene«  {nzukhi?),  nzwili  10  »Haar«, 
nzala  10   »Fingernägel«. 

Kolon go:  nzukhi  %  »Biene-,  n'c«c«7n0  »Haar«  {^'mg.  lu-iciU),  ndzqkaij!) 
»Schlange«. 

Baruti:  nzökhä  9   -Schlange«,  nzükhe  9   »Biene«. 

Hamisi:  nzukhi  9   »Biene«.  • 

Felusi  und  Kasega:  nzqkha  9    »Schlange«,  nzukhi  9    "Biene«. 

5.  Eine  besondere  Bedeutung  hat  im  Namwezi  das  Lautgesetz,  das 
ich  nach  dem  Entdecker  Dahl  »das  Dahlsche  Gesetz«  genannt  habe 
(vgl.  meinen  Aufsntz  a.  a.  O.);  urspr.  k.  t,  p  werden  zu  g,  d,  b.  wenn  die 
folgende  Silbe  auch  mit  Ä%  /,  p  beginnt.  Der  Wechsel  tritt  in  der  Regel 
nur  in  der  Stanunsilbe  ein. 

Selimani:  -dathu  »drei«,  daha  »scht'jpfen..,  ma-dakho  6  »Hinter- 
hju'kcn«,  dwikha  »beladen«,  kaus.  auf  -ikha  von  thwala.  hagathi  »mitten«, 
bqtha  »zusammendrehen«,  lu-behe  11  »Schwinge«,  aber  auch  idikha  »ant- 
AVOT'ten«   neben  ithavukha. 

Kolon  go:  -dathu  »drei«,  betha  »beugen«. 

Baruti:  -dathu  »drei«,  bethS  »sichten«,  hagathi^  »mitten«. 

b  wird  nicht  selten  Ins  zu  v  erweicht,  was  nicht  auffallt,  wenn  man 
an  den  Vorgang  oben  1  denkt,  wonach  '6  und  v  für  urspr.  v  stehen.  Die 
Grenze  zwischen  'ö  und  v  ist  hier  überhaupt  nicht  scharf  zu  ziehen. 

Selimani:  vitha  »vorbeigelien«. 

Baruthi:  vitha   »vorbeigehen«. 

Weitere  Beispiele  s.  imten. 

Auch  urspr.  t  und  k  fallen  zum  Teil  unter  diese  Regel,  t  ist  im  Na- 
unvezi  als  th  erhalten  und  tritt  deshalb  in  taktina  »kauen«  als  d  auf  (s.  unten); 
.s  <  k  bleibt  selbst  unverändert,  hat  aber  auf  die  vorhergehenden  Fortis 
die  Wirkung  sie  zur  Lenis  zu  wandeln,  ebenso  wie  k. 

Selimani:  ma-vasa^  6   »Zwillinge«. 

Kolon  go:  mavasa  6   »Zwillinge«. 

Die  Verändenmg  tritt  auch  dann  ein,  wenn  der  erste  Konsonant  vor 
einem     »schweren«    Vokal    steht    und    nach    den    Regeln    in   4e    verändert 


Mkiniiof:    Lliignistisolie  Studien  in  Ostafrika.  257 

werden  iiiiißt(\  i);iß  ei'  ziii'  Media  verändert  wird,  wenn  er  vor  den 
scliwereii  \\)kaien  in  seiner  nrspi'ünglichen  Form  sonst  erhalten  bleibt,  ist 
ja    nicht  weiter  merkwürdig. 

So  wm-de  k  vor  ü  nacli  4  als  k  (kf,  kw,  kk)  erhalten,  wir  finden 
hier  alst)   regelmäßig  //. 

Aller  aneh  Tür  t  vor  i  findet  sich  hier  rf,  und  für  nrspr.  p  vor  t 
1,   und   V. 

/«•.  Seliniani:  dakliuna  »kauen«,  -guhi  >>kui*/.",  ma-güha^  »Knochen«, 
ina-gütha  6   »Fett«. 

Kolongo:  i-guha  »Knochen«,  dakfuna  »kauen«. 

Baruti:  magutha  6   »Fett«,  dakuna  »kauen«. 

Haniisi:  magutha   »Fett«,  -guhi  »kurz«,  iguha   »Knochen«. 

Felusi  und  Kasega:  -guhi  »kurz«,  magutha  6   »Fett«. 

/.    Kolongo:  khidikhu  7   »Regenzeit«. 

/>.    Selimani:  i-vithi^  9   »Hyäne«,  hisa   »sich  verstecken«. 

Kolongo:  visa^  »verstecken«. 

Baruti:  hisa  »verstecken«,  ivitki  »Hyäne«. 

Felusi  und  Kasega:  ^büa   »ver.stecken«. 

Jedoch  macht  sich  der  Einfluß  des  Gesetzes  aucli  da  geltend,  wo 
wirklich  Frikativlaute  vor  »schwei'en«  Vokalen  eingetreten  sind.  Dieselben 
werden  stimmhaft,  freilich  nicht  immer. 

vSelimani:  vu-zikhu  14   »Nacht«. 

Kolongo:  vu-dzikhu  14  »Tag«  (jedenfalls  in  der  Zählung);  aber 
.Selimani:  ßkha  »ankommen«,  Kolongo:  sikha  "unkonnnen«,  Felusi 
imd  Kasega:  sikha  »ankommen«. 

Wenn  der  erste  Konsonant  mit  Nasal  verbunden  Avird,  so  tritt  ng 
(nd),  mh  statt  nh,  nh,  mh  ein. 

Selimani:  ngqkhq  9  »Huhn«,  hgqhS  9  »Augenwimjjer«,  mbehd  9 
»Wind«,  lu-hehe,  pl.  mbehe  11    »Schwinge«. 

Kolongo:  ngokhd  9    -Huhn«,  mbehd   »Wind«,  mbithi  9    »Hyäne«. 

Baruti:   engokhö  9    »Huhn«. 

Hamisi:  ngokhö   »Huhn«,  ngöhe   »Wimper  und  Braue». 

Ein  Beispiel  für  nd  habe  ich  nicht. 

(i.  Außer  den  aufgeführten  Lauten  habe  ich  noch  mehrfach  i- Laute 
notiert.  Die  Etymologie  der  betreffenden  Worte  ist  mir  aber  nicht  bekannt, 
und  ich  muß  daher  auf  ihre  Besprechung  verzichten.  \'ielleicht  liegen  hier 
auch  Worte  vor,  die  nicht  Bantuursprung  haben.  Wie  mir  scheint,  ist  an 
solchen  Worten  unbekannter  Herkunft  im  Naniwezi  kein  Mangel, 
z.  ß.  sema,  syemha  »melken«.  tHlnda^  »durchbohren»,  bnlugrt  »Krieg«,  dilu 
»Morgen«,  mukhäga   »sechs«. 

Literatur   zu    Namwezi   und   Sukuma. 
E.  Steere,    Collections    for    a   handbook    of  the    Nyannvezi    language. 
London  (ohne  Jahreszahl). 

Dr.  r. Veiten,  Grammatik  des    Khiyamüesi.      Göttingen    i9Ul. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt.  17 


258  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

Lieder  und  »Sangesweisen  und  Gescliichten  der  Wanyaniwezi.  ^litt. 
des  Sem.  für  Orient.  Sprachen  Bd.  IV,  S.  45  ö". 

C.  Herrniann,  Kissuküma,  die  Spraclie  der  Wassfikunia.  Mitt.  des 
Sem.  für  Orient.  Sprachen  ßd.  I,  S.  146  ff. 

A.  Seidel,  Grundriß  des  Ki-Nyamvvezi  (Separatabdruck  aus  »Die  mitt- 
leren Hochländer  des  nördlichen  Deutsch- Ostafrika ■•)  S.  456  ff. 

In  Last,  Polyglotta  Africana  orientalis,  London  1885,  findet  sicli 
S.  146  ff.  ein  \^eiv,eichnis  von  vSumbwaworten.  Last  bezeichnet  es  als  einen 
Naniwezidialekt,    S.  150  ff.  findet    sich    ein  Verzeichnis  von  Sukumaworten. 

Fibula  ya  Kinamwezi  (von  Dahl).     Herruhut  1903. 

Handsclu'ifthche  Mitteilungen  der  Missionare  Dahl  und  Stein  in 
Ilrambo. 

Meine  (Jewäln-sniänner  waren  für  Namwezi: 

Seliniaiii,  gehören  in  Ujuvi.  seit  7  Monaten  in  Sansil)ar.  in  Kiungani. 
August   1902. 

Baruti  aus  Tabora,  in  Daressalam.     September   19U2. 

Kolongo  aus  Mwanza.  in  Daressalam.  Sejitember  1902.  (Sein  Dia- 
lekt ist  dem  Sukuma  ähnlich.) 

Hamisi   aus    Kiwele   in   Unyanyemhe.   in   Tanga.      Kehruar    1903. 
US   riaml..).   in   Taf.ga.      Oktober   1902. 

Dai-essalam.      Se|jteml)er    1902. 


Fei 

iisi   luid   Kasega 

l"ür  .Sukuma: 

Am 

lani    und    Savidi 

Wein  HOF :    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  259 


IV.  Sukuma. 

(Quellen  s.  Studie  III.  Namwezi.) 

I)ns  Sukuma  ist  als  ein  Dialekt  des  Namwezi  zu  betrachten.  Ich  habe 
in  der  Lautlehre  des  Namwezi  wiederholt  daraufhingewiesen,  daß  Kolongo, 
der  vorgab  Namwezi  zu  sprechen,  Sukuma- Vokabeln  gegeben  hat.  So 
wurden  auch  seine  phonographisch  aufgenommenen  Lieder  von  anderen 
Namwezi  als  Sukuma  bezeichnet.  Zur  Vergleichung  gebe  ich  eine  Dar- 
stellung des  Sukuma  nach  den  Angaben  von  Aman!  und  Sayidi.  Ich  kann 
mich  hier  kih'zer  fassen  als  im  Namwezi,  da  das  Sukuma  in  der  Haupt- 
sache mit  dem  Namwezi  iibereinstimmt. 

1.    Die  Grundkonsonanten 
treten  als  kh.  th,  h  (ph),  y  (j),  l  (/),  "b  {v)  auf. 

k.  tizökhä'  9  »Schlange«,  stkha  (sikha)  ..ankommen",  hgoklio  9  ..Huhn.., 
khügülü  17  ..ein  Fuß«,  khi-  Präf.  Kl.  7,  anikliä^  »an  der  .Sonne  trocknen«, 
tkhälä  »wohnen,  bleiben«,  -khäli  »böse«,  khälähgä^  »braten«,  khüla}  »wachsen», 
khÄimhüW  »sich  erinnern«,  ikhumi^   »zehn«. 

Inf.  Präf.  habe  ich  kü  notiert,  ich  halte  das  für  einen  Schreibfehler 
statt  khu. 

In  mwä'ka  3  »Jahr«  glaubte  ich  'k  zu  hören.  Eine  Erklärung  kann 
ich  nicht  geben. 

i.  mägtähä^  6  »Fett«,  thüma  »senden«,  -dathv  »drei.,  mathü  »Ohren», 
lotha^  »träumen«,  ^bithä^  »vorbeigehen«,  ^bethä  »(Getreide)  sichten«. 

jL».  ha  Präf.  Kl.  16,  ma-göhe  6  »Augenwimpern«,  -guhe  »kurz«,  aber 
lu-ph'i   11    »dache  Hand». 

7-  -ga  häufiges  Verbalsuffix ,  ga-  Präf.  Kl.  6  vor  dem  ^"erbum ,  mbögö 
9  »BülTel«,  ögohägä  »sich  fürchten»,  khiganza  7  »Hand«,  khü-gülu,  pl.  ma- 
gulu  17  »Fuß«,  mgö  3,  pl.  miligo  »Last»,  gumd  »ti'ocken  werden«,  gica 
»fallen»,  aber  ajülä  »gähnen«. 

l.  H  Präf.  Kl.  5  (neben  /),  lü  Präf.  Kl.  11,  nhwale  9  »Re!)huhn«,  lUiIa 
»weinen«,  mhule  9  »Elefant«,  äjülä  »gähnen«,  Iw-ala  11  »Finger«,  dzwala 
»anziehen»,  dzuula  »ausziehen«,  -'bili  »zwei«,  lotha^  »ti-äumen«,  lu-ledzu  11 
»Barthaar«,  läsä  «ti'effen«,  lälä^  »liegen«,  -lehü  »lang»,  -khäli  A)'6s,e»,  nhälängä^ 
9  »Erdnuß«,  lema  »sich  weigern«,  khilä  3  »Schwanz«,  khnlä  »wachsen«, 
khümbüla}  » sich  erinnern « ; 

aber  mhela  (neben  mhelä)  9  »Nashorn«,  khugülü  17  »Fuß»,  nigila^  "hin- 
eingehen«, nguluve^  9    »Schwein«,  nhumbili  9   »Meerkatze«. 

V.  'ba  Präf.  Kl.  2,  hgü'bü  9  »Nilpferd«,  -'Ä^7^' »zwei«,  gabantjä  »teilen», 
i'bc^   »stehlen«,  subi  9   »Panther«,  khikhubd  7    »Brust»; 

aber  mhg%  2   »viele«,  nguluve^  9   »Schwein«. 


2G0  Mkinuof:    I.iiiguistisclie  Studien  in  0.-,taiiika. 

2.    Die  Vokale. 

Auch  hier  befriedigen  mich  meine  Resultate  nicht  ganz.  In  den  meisten 
Fällen  habe  ich  als  F2ntsprechung  für  ui-spr.  i  ein  i,  für  urspr.  i  ein  /,  für 
urspr.  «  ein  «,  für  urspr.  ü  ein  u  notiert.  Ich  bin  aber  gegen  meine  eigenen 
Beobachtungen  mißtrauisch,  ob  ich  nicht  bei  der  Schwierigkeit  der  Sache 
schließlich  zu  hören  glaubte,  was  ich  zu  hören  wünschte.^  In  einer  Reihe 
von  Fällen  habe  ich  bei  i  Z>  urspr.  i  und  bei  u  >-  urspr.  «  Spannung  notiert. 
Dieses  u  soll  hier  nach  meiner  Notiz  »mit  breitem  Munde«  gesprochen 
werden.  Die  folgenden  Beispiele  werden  also  mit  dem  angegebenen  \'or- 
behalt  mitgeteilt. 

i.  Präf.  Kl.  4, 7/27 (neben  ral),  Kl.  7  k/n,  Itlvna  »hacken«,  Ultla^  »weinen«, 
nzukhP*d  »Biene«,  ^btthä^  »vorbeigehen«,  Jwiä'  »singen«.  iw^|/o' »hineingehen«, 
vtnyi^  »viele«  Kl.  2,  ndzüd  9  »Weg«,  si  »Erde«,  iklmrm}  »zehn«.  kMä^  3 
»Schwanz«,  vgl.  ^//Ae  »kurz«,  vielleicht  verhört  statt -(/{?M;  aber  ö«FA7io  ■■  aus- 
breiten an  der  Sonne«,  hägäthl  »mitten«. 

?'.  nioezP  (i  gespannt)  3  »Mond«,  djima  {dzimä)  »löschen«,  Thgl  9 
»Fhege«,  itkhä  {s)  »ankonunen«,  ilnsa  »verstecken«,  mhrdf^  9  »Ziege«, 
djtdjo  »jene«  Kl.  10,  mlligö  4  »Lasten«,  nrnödjf  A  »Tränen«,  söfi^  »Schani«; 
aber  stmbä^  (J  gespannt)  »Löwe«,  uHtinga^  »Haar  der  Kühe«  (das  zweite  i 
gespannt),  si  {i  gespannt)  neben  ^  Präf.  Kl.  8. 

«.  thumä  »senden«,  ngubü  9  »Nilpferd«,  inhüle  9  »Elefant«,  nzukhV 
9  »Biene«,  khugulu  17  »Fuß«,  subt  »Pantlier«,  nühgu  9  »Kochtopf«,  lu 
Präf.  Kl.  11,  gumä  »trocken  werden«,  nhümbJll  9  »Meerkatze«,  kkülä 
»wachsen«,  khümbu/a^  »sich  eriimern«,  lA'/mOTj'  »zehn«;  aber /«a^ä«  »Ohren«, 
hguluve^  9   »Schwein«,  immba  9   »Haus«,  lyubd  ")   »Sonne«. 

ii.  mäguth^  (J  »Fett«,  ngubü  9  »Nilpferd«,  dzuula  {u  gespannt)  »aus- 
ziehen«, luledzu   11    » Barthaar ",  kMk/mba}   »Brust«,  -gyM  «kurz«. 

Das  u  in  mu  verschwindet  oft  ganz,  und  m  wird  dann  durch  den 
folgenden   Konsonanten  verändeit  nach  den  allgemeinen  Lautgesetzen. 

Sing,  zu  rniligö  »Lasten«  mgö  statt  *nUgo  aus  *muligo  3,  Sing,  zu  milehü 
»lang«  nehü  statt  *nlehu  aus  *muhku  3,  khilä^  3  »Schwanz«  jedenfalls  statt 
*nk/ulä  aus  *mukhtlä;  aber  z.B.  in  munumba  18  »im  Haus«  ist  mw  erhalten. 
e  und  o  sind  erhalten,  n  habe  ich  niemals,  e  einigemal  beobachtet.  Ich 
bin  aber  geneigt  anzunehmen,  daß  hier  Hörfehler  vorliegen  statt  e  und  i 
(s.  die  Note  unten). 

e.  iiomb^  »Rind«,  -ose  »alle«,  ndedzu  10  »Bart«,  'betha  »sichten» 
(Geti"eide),  nehii  3  »lang«,  ma-göhe  ^  »Augenwimpern«,  sekha^  »lachen«; 
aber  mhule  9   »Elefant«,  hhwale  9   »Rebhuhn«,  lema  »sich  weigern«. 

o.  nzökhd  »Schlange«,  mbögo^  9  »Büffel«,  lisö  5  »Auge«,  isohgä^  5 
»Pfeil«,  djidJQ  10  »jene«,  liöt'yj  .j  »Rauch«,  ögöhägä  »sich  fürchten«, 
-thdnö  »fünf«,  hgomd  9  »Trommel«,  lothd  »träumen«,  mgö  3  »Last«, 
mlsödß  4  »Tränen«,  sönf  »Scham«,  nhihgö  9  »Hals«,  ma-gohe  6  »Augen- 
wimpern « . 


1    Übrigens   habe  Ich  ein   paarmal  e  und  e  notiert,   wo  i  stehen   solhe.     Das 
spricht  dafiif,  daß  die  obige  Unterscheidung  in  der  Hauptsache  richtig  ist. 


Mkinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika.  261 

3.  Die  \'erbindung  des  Nasals  mit  dem  folgenden  Konsonanten 
erfolgt  genau  wie  im  Namwezi. 

Tik.  nhängS  9  »Perlhuhn«,  nhälängcP  9  »Erdnuß«,  nhäli  "böse«  Kl.  9 
zu  -khali,  hhwale  9  »Rebhuhn«,  nhwi  10  Feuerholz.  Unregelmäßig  scheint 
auch  hier  nhingö  »Hals«   zu  sein,  wahrscheinlich  wegen  des  i. 

nf.    "hanhi  2    »Leute«,  nhüniMU  9    »Meerkatze«. 

inj).  mhTdr  9  »Elefant«,  mhela  {mhelä)  9  »Nashorn«,  (das  h  klang 
hier  sehr  schwach),  liiphi  11    »Hand«,  pl.   mhT. 

ng.  hha/uja  »Perlhuhn«,  mhgi^  2  »viele«,  khnlahya  »braten«.  ?'igöma}  9 
»Trommel«,  ngülüve^  9   »Schwein«. 

nd.    lüledzu   11,  pl.  ndedzu   »Barthaar«. 

mb.  imhä^  »singen«,  nömhe  »Rind«,  .swzöa'  »Löwe«.  khümhüJa  »sich 
erinnern«,  nhümbili  9  »Meerkatze«,  mtmha  9  »Haus«  (in  den  beiden  letzten 
Beis]nelen   war  h  fast  ganz  stimmlos),  mhögo^  9  »Büffel«.  mbülP  9  »Ziege«. 

4.    \'eräuderung   der   Konsonanten   durch   Voka  1  ein  fl  üsse. 

a)  Die  alten  Mischlaute. 

Auch  hier  stimmt  das  Sukuma  mit  dem  Namwezi  iiberein.  Nur 
scheint  im  Sukuma  statt  z  häufiger  dz  zu  stehen. 

A:  UsQ,  pl.  rmsQ  h  »Auge«,  isongä,  pl.  ma-  »Pfeil«.  ibTsaga  »verstecken«. 
mJsodjT  4  »Tränen«,  /äsä^  »ti'effen  mit  Pfeil«,  ÄfMa'  »lachen«,  wahrscheinlich 
gehört  hierher  auch  swtdzd  »filtrieren«,  sandja  »versammeln«. 

7.    iza  »kommen«,  wahrscheinlich  auch  stmdza}  »filtrieren«. 

nk.    -ose  »alle«,  subi   »Panther«,  si  »Erde«,  söni  »Scham«. 

ng.  mtnzi  »Wasser«,  kht-ganzä  7  »Hand«,  ndzälS  9  »Hunger«,  fidzila 
9   »Weg«,  handze  »draußen«. 

b)  Vei'ä  nderungen  der  Konsonanten  durch  /  <;  i  hal)e  ich  nicht 
gefunden,  nur  daß  /.  wenn  es  voi'  oder  nach  ?  steht,  häufiger  als  sonst  r-ährdich 
klingt  (vgl.  die  Beispiele  oben  1  unter  l).  Vor  y  scheint  das  noch  leichter  einzu- 
treten, ja  ly  klingt  dann  wie  dj,  /..B.  lya  »essen«,  dßdjo  »jene«  (aus  tilyo)  Kl.  10. 

c)  L^nter  dem  Einfluß  von  u-  entsteht  n  aus  m.  z.B.  nice:7 3  "]Mond«. 
In  andern   Fällen  hält  sich  m.  z.  B.  mwaka  3    »Jahr«. 

Bei  andern  Lauten  entwickelt  auch  hier  u-  seine  labialen  Eigenschaften. 
z.  B.  m'vwa  9    »Hund«   statt  mbwa,  kvigulya   »oben«   statt  khtoigulya. 

d)  ^'eränderungen  durch  i  und   1/«  (s.  Namwezi.  Lautlehre  4  d). 
ki.    li-öt/P  5   »Rauch«. 

tt.    imtingd  (?)   »Haar  der  Kühe«,  i'bitM  »Hyäne«. 

pi.    sikha  (sikha)   »ankommen«. 

yi.    Nicht  belegt,  aber  yya  >•  djn.  z.  B.  -ga  mit  kausaler  Endung  -djä. 

li.  nwezP  3  »Mond«,  dzima  neben  djima  »löschen«.  riiTftödjT 4  »Tränen«, 
dji  Präf.  Kl.  10,  abei-  öfter  ist  /  auch  erhalten,  z.  B.  mbfdP  9  »Ziege«, 
ntgö  3,  pl.  miligö  »Last«. 

vi.    Nur  in  si  Präf.   Kl.  8  nachgewiesen. 

So  gering  die  Ausbeute  ist.  so  ist  doch  die  C^bereinstimnnuig  mit 
dem  Namwezi  im  wesentlichen  klar. 

e)  Veränderungen    durch    «  (w)  (s.  Namwezi.   Lautloln<>  4('). 


262  Meinhof:    Linguistische  Studien  in  Ostafrika. 

k-ti.  (läkimä  "kauen«,  kumbäthä^  {ifi^i  kwu-)  -  Faust  machen«.  A-Ä?"-A-7/7>o' 
7  »Brust«;  k  liält  sich  also  regehnäßig.  Seltsam  ist.  daß  ich  nirgend  die 
Aspiration  angemerkt  habe. 

1u.    sügd  »Haustiere  zähmen«,  aber  imthügo  4   »Haustiere«. 

pu    vermute  ich  in  -lehxi  »lang«. 

<yw.    Nicht  nachgewiesen. 

lü    wird  dzu,  z.  B.  lühdzu   11    »Barthaar «. 

Merkwiirdig  ist,  daß  der  Plural  zu  hr-ala   11  »Finger«   r/cjco/ß  lautet. 

Der  Regel  nach  müßte  statt  lu-  im  Plural  n  (<  urspr.  7iy)  davor  treten. 

Nim  ist  das  Pluralsuffix  Kl.  10  aber  ursprünglich  nicht  ;?/.  sondern 
ilmi  (vgl.   »Grundriß«   S.  12). 

Im  Kafir  lautet  deshalb  das  Präf.  Kl.  10  iziny.  Dieses  li ,  das  sonst  in 
ostafrikanischen  Sprachen  nur  vor  dem  Verbum  steht,  muß  hier  vor  dem 
Nomen  erhalten  sein.  Wir  müssen  außerdem  annehmen,  daß  ein  ?/ entweder 
ursprünglich  ztnn  Stamm  von  -ala  gehört,  der  vielleicht  *ynala  hieß,  oder 
daß  dieses  u  von  dem  /m- Präfix  herstammt.  Danach  würde  sich  die  Plural- 
form dzwala  unter  gänzlichem  Wegfall  von  ui  auflösen  in  *li-n-ala.  Man 
kann  nun  annehmen,  daß  li  zu  dzi  wurde  und  unter  Ausfall  des  i  dzwala 
ei'gab.  Diese  Annahme  ist  nicht  sehr  wahrscheinlich  ,  da  li  >-  dzi  schlecht 
bezeugt  ist  (s.  oben  3d);  richtiger  scheint  es  mir  anzunehmen,  daß  in 
*li-u-ala  die  Vokale  /  +  "  '-'i  "  verschmolzen,  so  daß  sich  nun  *ln-ala  ^-^ 
dzwala   ergab  (s.  das  folgende  Beispiel  unter  mv). 

vu  und  VW.  z.B.  dzmda  »Kleider  ausziehen«,  dzicala  »Kleider  anziehen«. 

f)  Das  Zusammentreffen  von  Voka  leinflüssen  mit  dem  Ein- 
fluß des  vor  den  Konsonanten  tretenden  Nasals  (s.  Namwezi, 
Lautlehre  4f). 

Einiges  hieriiher  s.  unter  3b  oben,  vgl.  rihh'igo,  iihtci ,  mnca.  sn?idja. 
ng  ist  erhalten  voi-  /  luul   u  in  h'igi  9    »Fliege«,  iigü bii  9    »Nilpferd«. 

g)  Die    Nasale. 

\'gl.  oben  3c.     n   ist  sicher  nachgewiesen  in  iinrnbe  9    »Rind«. 

n\j  wird  auch  hier  meist  zu  n  (doch  vgl.  tiama  ^  »Tier«).  z.H.  inniiä 
»wissen«,  ?iümba  9   »Haus«,  nimgü  9   »Kochtopf». 

Auch  wie  im  Namwezi  tritt  oft  ??c  auf.  wo  man  gewöhnt  ist  mj 
anzunehmen,  z.  B.  nzökhä'  9   »Schlange«,  nzukhP  9   »Biene«. 

Über  dzwala   s.  oben  3e. 

ny  ist  auch   hier  »y,  z.  B.  gnl)aiiyä  »teilen«. 

.").     Das    Dahlsche    Gesetz  (s.   Namwezi.   Lautlelu'e  5). 
-dathn   »drei«,  ^bithä^  »vorbeigehen«.   7>f Mo  »sichten«,  hägäthi  >'nVi\.Xen". 
ma-göhe    6     »Augenwimpern«,    däknnä    »kauen«.    ibJsa    »verstecken«.    ibithT 
»Hyäne«,  magüthä^  6    »Fett»,  -gühe  »kurz«,  iigökho   »Huhn«. 

6.  Auch  im  Sukuma  gibt  es  noch  Laute  außer  den  angeführten,  die 
ich  nicht  analysieren  kann,  und  eine  Anzahl  von  ^'okabeln.  die  dem  Bantu 
fremd  zu  sein  scheinen,  z.  B.  ifr'/Jmu  »Speer«,  nyändä  »Kind«,  (nihign^ 
»Krieg«,  sema  »melken«. 

(Wird  fortgesetzt.) 


263 


Bericht 
über  politische  Verhältnisse  im  mittleren  Sudan. 


Von  VON  BüLOw, 

Oberleutnant. 

Pikoa.     Februar  1903. 


In  diesem  Bericht  führe  ich  kurz  die  mir  hier  bekannt  gewordenen  letzten 
politischen  Begebenheiten  der  Länder  um  den  Tsad  auf.  \'iele  Handels- 
leute und  Pilger  aus  allen  Himmelsrichtungen  passieren  Dikoa  und  von 
diesen  stannnen  hauptsächlich  meine  Nachrichten.  Manche  derselben  mögen 
bereits  bekannt  sein,  werden  aber  der  Zusammengehörigkeit  Avegen  miter- 
wähnt. Ich  muß  hierzu  bemerken,  da  ich  selber  nicht  arabisch  kann  und 
nur  sehr  mangelhafte,  ungebildete  Dolmetscher  hatte,  daß  wohl  Zahlen  imd 
Einzelheiten  fehlerhaft  sein  mögen;  doch  wird  das  Ganze  ein  ungefähres 
Bild  von  den  jetzigen  Zuständen  geben. 

Born  u. 

Über  Bornu  ist  bereits  von  Hrn.  Oberleutnant  Dominik  eingehend 
berichtet.     Ich  stelle  nur  kurz  die  letzten  Sultane  zusammen. 

Rabeh  schlug  1893  den  Schefu  ^  Haschern  von  Bornu,  der  nach  der 
Landschaft  Manga  entfloh,  dort  von  seinem  Neffen  Schefu  Schari^  getötet 
wurde  (letzterer  wird  von  Frhrn.  aou  Oppenheim  in  seiner  Beschreibung  von 
Rabeh  als  Abu  Bekr  H.  genannt).  Schefu  Schari  ist  Sohn  des  f  Sultans 
Abu  Bekr.  Schefu  Schari  fiel  darm  in  einer  Schlacht  gegen  Rabeh  bei 
Duniroa  (Landschaft  Manga). 

Nach  Rabehs  Fall  1900  wurde  Schefu  Sander^  Sohn  des  f  Sultans 
Ibrahim  von  den  Franzosen  in  Dikoa  eingesetzt,  regierte  mu'  1 V2  Monate 
und  wurde  dann  von  den  Franzosen  auf  das  rechte  Ufer  des  Schari  ge- 
fangen überführt.  (Die  Dikoaner  sagen,  er  habe  nicht  genügend  Abgaben 
eingetrieben.)  An  seine  Stelle  wurde  Schefu  Garbei.  sein  Bruder,  eingesetzt. 
Derselbe  ist.  wie  bekannt,  seit  April  1902  Sultan  von  Englisch -Bornu  mit 
der  Residenz  Mongono,  südlich  des  zerstörten  Kuka.  Der  an  seine  Stelle 
noch  von  den  Franzosen  in  Dikoa  eingesetzte  Sultan  ist  Schefu  Sander,  ein 


1  Schefu  ist  arab.  Saih,  unser   »Scheich«.     Anni.  d.  Red. 

2  Gemeint  ist  Kiyari,  die  Kanuiifonn  für  arab.  Abu  Bekr.     Amii.  d.  Red. 
•*    Gemeint  ist  Saadä,  die  Kauuriforni  für  arab.  Omar.     Auni.  d.  Red. 


264       VON   BrLow:    Bericht  über  politische  Verhältnisse  im   mittleren  Sudan. 

Sohn  des  j  Sultans  Ahn  Bekr.  also  \'etter  von  Garhei  und  Bnidei-  des 
vorerwähnten  Scliari.  (Sander  ist  der  Kanuriname  fi'ir  Omar.)  Derselbe 
ist  der  jetzige  Sultan  von  Dentsch-Bornn.  Er  hat  einen  von  einer  Sklavin 
gel)orenen  15jährigen  Sohn,  namens  Abba  (Prinz)  Bukar.  der  thronfolge- 
berechtigt ist.  außerdem  9  Brüder,  Söhne  des  Sultans  Abu  Bekr,  die  alle 
von  Sklavinnen  geboren,  aber  thronfolgeberechtigt  sind.  Sanders  ^Mutter  war 
eine  freie  Mandaraprinzessin.  Nachstehend  eine  Genealogie  der  Kaneniijin. 
soweit  sie  auf  dem  Throne  von  Borna  gesessen  haben. 


Schech  Mohammed  el   Kanemi  -j- 

I 
Schech  Omar   ;- 

1835  —  79 

Schefu  Abu  Beki-  -j-  Schefu  Ibrahim  -j-  Schefu  Haschern  -j- 

1879  — (83)  (1883  —  84)  (1884)  — 93 


Schefu  Seh ari-j-     S ch  e i'u  Sander.     Schefu  Sander     Schefu  Garbei. 

1893  seit  April  1902  Sul-  19(K).  jetziger   Sultan   von 

tan     \on     Deutsch-     narh  1'  2  Monate      Englisch  -  Bornu     in 

Bornu  in  Dikoa  abgesetzt  Mongono.  residierte 

von    1901    bis  April 
1902  in  Dikoa. 


Wadai. 

(Bezugnehmend  aui"  Frhrn.  von  Oppenheim.  Rabeli  sowie  dessen 
Bericht,  Washington,  den  29.  Mai   1902). 

Nach  dem  I^ntergange  des  Sultans  llnahim  durch  Ahmed  el-Gliasali 
(Sohn  des  durch  Nachtigal  bekannten  f  Sultans  Ali)  anno  1901  wurde  nach 
kurzer  Zeit  von  den  Großen  des  Landes  Dudmora .  Sohn  des  -}-  Sultans 
Jussuf.  zum  Sultan  erhoben.  Ahmed  el-Ghasali  entfloh  mit  seinem  Anhang 
an  den  Batha;  dort  ist  er  noch  und  hat  sich  bei  Digemat  (=  Amm 
Degemat).  3  Tage  südlich  Abeschr  am  Batha  im  Lande  der  Karanga  ge- 
legen, stark  verschanzt.  Sein  Lager  soll  xou  einer  dreifachen  Seriba  um- 
geben sein.  Meine  Gewährsleute  aus  Abeschr  berichten,  Dudmora  sei  vor 
etwa  2  Monaten  mit  großei-  Heei-esmncht  von  Abeschr  gegen  Ahmed  el- 
Ghasali  aufgebrochen  und  beide  lägen  bei  Digemat  in  bisher  unentschiedenem 
Kampfe. 

Der  von  Ahmed  el-Ghasali  bei  seiner  Thronbesteigung  gefangen  ge- 
setzte Djerma  Othman.  nicht  Djerma  Abu  Djebrin.  welcher  seit  einigen 
Jahren  tot,  sondern  dessen  Sohn  und  Nachfolger  im  Amt,  spielt  nach  dem 
Sultan    die    erste    Rolle   im    Lande    und    ist    wieder    frei    und    bei    Dudmora. 

Assil.  ein  thronfolgeberechtigter  Enkel  des  Sultans  Ali.  welcher 
imter  Sultan  Ibrahim  die  Stelle  eines  Aqid  ad-Debaba  bekleidete  und  in 
Mandele  am  Batha  (2  Tage  östlich  vom  Fitri)  residierte,  ist  den  Fran- 
zosen verbündet,  durch  welche  er  auf  den  Thron  von  AVadai  zu  ge- 
langen hoift. 


VON   BCi.ow:     Rcrirht   über  polirisphe  Verhältiiissp  im  mittleren  SuH.i 


265 


\n\'  etwa  einem  Jahre  hat  Tsehiroina  Hassan  mit  Hilfe  der  F^ranzosen 
seinen  Bruder  Gadaia  gestürzt  und  getötet  tmd  sich  zum  Herrscher  der 
Bulala  am  Fitri  üemacht.  Die  Franzosen  hatten  bis  vnr  kurzem  eine  halbe 
Eskadron  dort  in  dem  Hanptort  Jawa  auf  der  Straße  nach  A])eschr  als 
Beobachtungsposten. 

Nach  den  neuesten  Nachrichten  sollen  die  Franzosen  etwa  200  Soldaten 
{h  Weiße)  von  den  Forts  am  Schari  nach  Badanga  zusammengezogen  hahen 
und  dort  noch  \'erstärkung  erwarten,  die  Schari  aufwärts  konmit  (Badanga 
liegt  an  der  Nordwestecke  der  Sokoroberge,  etwa  lö  deutsche  Steilen 
südlich  des  Fitri). 

Die  halbe  Eskadron  vom  Fitri  soll  ebenfalls  nach  Badanga  unter- 
wegs sein.  Auch  der  vorher  erwähnte  Thronjirätendent  Assil  soll  mit 
1000  Gewehrleuten  und  1000  Reitern  von  jNIandele  nach  Badanga  auf- 
gebrochen sein.  Ahmed  el-Ghasali  in  Digemat  soll  über  3000  Gewehre 
verfügen  und  Sultan  Dudmora  über  10000.  Diese  Zahlen  sind  natürlich 
weit  übertriehen.  werden  aber  ein  ungefähres  \'ei-hältnis  der  verschiedenen 
Kräfte  angel)en. 

Ein  A'orgehen  der  Franzosen  auf  AVadai.  wie  die  Eingeborenen  es 
behaupten,    ist  jetzt   schon  wegen  der  \'orgänge  in   Kanem  ausgeschlossen. 

Wie  es  scheint  nehmen  sie  mit  dem  Assil  zusanunen  eine  abwartende 
Stellung  ein.  Handelskarawanen  von  Tripolis  imd  von  Bengha^si  sollen  viel 
Gewehre  nach  Abeschr  einführen.  Mit  dem  Nil  über  Darfor  soll  gute 
Handelsverbindung  sein.  Dagegen  ist  die  westliche  Straße  südlich  vom 
Tsad  über  den  Fitri  nach  Wadai  durch  die  augenblicklichen  Wirren 
\öllig  gesperrt. 

Im  Anschhiß  hieran  gebe  ich  eine  Genealogie  der  letzten  Herrscher 
von  Wada'i  seit  Mohannned  Scherif  (s.  Nachtigal  HI.  S.  289)  zum  besseren 
^'erständnis  des  vorher  Berichteten. 


Ali  -;- 

1858-83 


Ahmed  el   Ghasali 
1901  —  02 


(1)  Mohammed  Scherif  -p 
1835  —  58 


.lussuf  -;- 

1883  —  99 


Kankala  <  )niar  ■[-. 

saß    nicht    auf  dem 

Tliron 

I 
Assil . 

Kronprätendent  bei   den  Franzosen 


Iljrahim  -p        I)ud  mor; 
1899—1901         seit  1902 


Bagirm  i. 
In  Bagirmi  i-egierl  noch  der  wenig  pnei'gische  Ganraiig;i  II.  (Sohn 
des  von  Nachtigal  besuchten  Abu  Sekkiu)  in  Tscheckna .  der  jetzigen 
Residenz  nördlich  des  zerstörten  Massena .  unter  französischer  Aufsicht. 
Trotz  der  französischen  Posten  in  ISagirnii  soll  er  dcimoch  lieimlicli  Tiilml 
weiter  an  Wadai  zahlen. 


266       VON  Bi'Low:    B(?richt  über  politische  Verliältnisse  im  mitfleren  Sudan. 

Major  Largeaii  sprach  sich  mir  gegenüber  dahin  aus.  daß  auch  die 
Bevölkerung  in  Bagirmi  immer  noch  nicht  an  ein  dauerndes  Bleiben  der 
Franzosen  im  Lande  glauben  wolle  bzw.  bezweifelt,  daß  dieselben  einem 
Anprall  Wada'is  standhalten  würden.  Die  \'erteilung  der  französischen  Streit- 
kräfte am  Schari  und  in  Kanem  habe  ich  in  meinem  Bericht  (vgl.  Nr.  35. 
Gulfei,  den  30.  November  1902)  aufgeführt.  Außer  dieser  stehenden  Truppe 
haben  sich  die  Franzosen  aus  alten.  Jetzt  am  rechten  Ufer  des  Schari  an- 
gesiedelten Rabehsoldaten  eine  Hilfstrujipe  herangebildet,  die  von  Zeit  zu 
Zeit  exerziert  und  geübt  wird.  Sie  haben  von  diesen  sogar  eine  Kompagnie 
zusammengestellt,  die  jetzt  denselben  Dienst  tut  wie  die  Regulären.  (tTber 
Hilfstrujipen  siehe  auch  Bericht  des  Frhrn.  von  Oppenheim.  AVashington, 
29.  Mai  1902.) 

Die  Franzosen  verstehen  es  übei-iiaupt  ausgezeichnet  die  Eingeborenen 
zu  ihren  ZAvecken  zu  benutzen. 

Ka  nem. 

ffber  A'orgänge  in  Kiinem  liahe  ich  Ix-reits  })erichtct  (vgl.  Nr.  35. 
Guliei.  den  30.  November  1902  und  Nr.  43.  Kusseri.  den  11.  Dezember  1902) 
wiederhole  hier  aber  noch  einmal  kurz. 

Im  November  1901  hatten  die  Franzosen  ihren  ersten  Zusanunenstoß 
mit  ruareg  mid  Tubu  in  Kanem.  in  dessen  Folge  sie  einen  Posten  in 
Nguri  südlich  Mao  etablierten.  Im  Januar  1902  warf  Oberstleutnant  Destenave 
die  Tuareg,  Tubu  und  Araber,  welche  sich  in  der  Senussia  Sauja  Bir  Alali 
verschanzt  hatten,  nach  heftiger  Gegenwehr  aus  diesem  Orte  heraus  und 
installierte  nun  auch  hier  einen  Posten,  im  ganzen  2  Kompagnien  und  eine 
hall»'  Fskadvon  in  Kanem  lassend.  Im  Juni  1902  wurden  die  Franzosen 
in  Bir  Mali  von  ilem  Sidi  Mohanuned  el-Barani.  früherem  Haupt  der 
Senussia -Sauja  daselbst,  angegriflen.  den  sie  ziu-ückwarfen.  Der  letzte  An- 
griil"  auf  Bir  Alali.  über  den  ich  bereits  von  Kusseri  aus  berichtet,  fand 
Anlang  Dezember  1902  statt  und  soll  von  Sidi  Mohanuned  Algile.  einem 
der  liauptfülirer  der  Senussia,  geleitet  worden  sein.  Es  steht  nuiunehr 
außer  Zweifel,  daß  alle  diese  Feindseligkeiten  gegen  die  Franzosen  von 
dem  Orden  der  Senussia  ausgehen,  der  sich  in  seinem  Herzen  von  den 
Weißen  bedroht  sieht. 

Sidi  Algile,  mit  Arabern  aus  dem  Bahr  el-Ghasal  kommend,  hat  sich  mit 
aus  Borku  kommenden  Kendin  (Tuareg)  sowie  Tubu  aus  Tibesti  imd  aus 
Borku  und  mit  einem  Teil  bei'üchtigter  jMiniuMninne  (—  Aulad  Slinian)  ver- 
einigt. In  der  Naclil  haben  die  Angreifer  um  Bii-  Alali  im  Halbkreis 
Schützeugi'äben  aufgeworfen.  Am  friihen  Morgen  des  folgenden  Tages  ist 
die  französische  Besatzung  aus  Hir  Alali  herausgegangen  und  hat  den  gut 
gedeckten  Feind  von  beiden  Flanken  und  im  Rücken  angegriffen,  einen 
großen  Teil  desselben  niedergemacht;  Sidi  Algile  befand  sich  unter  den 
Gefallenen.  So  erzählt  mein  Berichterstatter  aus  Bir  Alali.  Die  Aulad 
Sliman  hatten  sich  bereits  teilweise  den  Franzosen  imterworfen,  ein  Teil 
blieb  ihnen  feindlich.  Die  Kendin .  wie  die  Leute  hier  alle  hellfarl)igen 
Tuareg  nennen,  stannnen  aus  Damerghu.  der  Gegend  nördhch  Zinder,  von 


VON   Ri'Low:    Bericht   über  [)olitisclie  Verliältiiisse  im  mittleren  Sudan.       267 

wo    sie    sich    infolge    des    \'oriieliens    des    französischen  Postens   in    Zinder 
im  Juli    1001    teilweise  östlich  nach  Borkii  verzogen  haben. 

Älajor  l.argeau,   Konunandant    des  Schari-Tsadbezirks,    soll    kürzlich 
von  Bir  Alali  ans  nach  dem  Bahr  el-Ghasal  zu  aufnebrochen  sein. 


Englisch-Bornn    und    Kano. 

Nach  der  Besetzimg  von  Englisch -Bornu  im  April  1902,  infolge  der 
bekannten  Expedition  des  Majors  Morland,  sind  dort  Stationen  in  JVIafenne 
(^=:  Mabani.  von  den  Engländern  Fort  Maidugeri  genannt)  und  Gudjiba  mit 
je  einer  Kompagnie  Jorul)asoldaten  eingerichtet  worden.  In  Maidugeri  hat 
ein  Zivilresident  seinen  Sitz  und  ihm  sind  zur  Hilfe  2  Assistent  -  Residenten 
V)eigegeben.  Der  anfangs  erwähnte  Sultan  Gar])ei  residiert  in  Mongono 
unter  Aufsicht  eines  der  Assistent- Residenten. 

Nach  den  letzten  Nachrichten  ist  p]nde  Dezember  1902  oder  Anfang 
.fanuar  1908  eine  etwa  600  Soldaten  starke  Expedition  von  Zaria  aus  gegen 
Kano  aufgebrochen.  Kano  ist  gestürmt.  Die  Einnahme  dieses  Ortes,  des 
Ilauj)thandeLs-  und  Stapelplatzes  des  westlichen  Sudans  wird  von  vorläufig 
ganz  unberechenbarem  Eintluß  auf  den  Handel  im  ganzen  Westsudan  sein. 
Damit  hat  der  Sklavenhandel  in  diesem  Teile  Afrikas  seinen  schwersten 
Stoß  erhalten  und  nun  tritt  der  ganze  Handel  in  ein  neues  Stadium  ein, 
der  geraume  Zeit  zu  seiner  Entwickehmg  brauchen  wird.  Hierül)er  näheres 
in  einem  späteren  Bericht  über  Handelsvei'hältnisse. 

Die  Straße  über  Kauar-(Bilma)-Mursuk  nach  Tripolis  ist  fiir 
größere  mit  Gewehren  bewaffnete  Karawanen  ziemlich  sicher.  Es  hieß  vor 
einigen  Monaten,  daß  Tuareghorden.  welche  von  den  Franzosen  aus  Kanem 
vertrieben  waren,  die  Straße  zwischen  Ngigmi  imd  Kauar  unsicher  machten: 
iloch  waren  dies  sehr  unbestimmte  Nachrichten. 

\'or  2  Monaten  ist  aus  Dirki.  dem  Hauptort  Kauars.  eine  Karawane 
von  etwa  60  Kamelen  mit  Datteln  und  Salz  eingetroffen,  aus  dort  ange- 
sessenen Kanuri  und  Tubu  bestehend.  Die  Leute  erzählten,  daß  die  Straße 
vollkommen  sicher  sei.  Dagegen  soll  der  ^^^'g  nördlich  Kauars  von  aus 
Tibesti  kommenden  Tubu  (Teda)  für  kleinere  und  schlecht  bewaffnete 
Karawanen  unsicher  gemacht  werden.  Die  hier  noch  anwesenden  Tripolis- 
kaufleute wollen  im  nächsten  Monat  ihren  Heimweg  über  Kauar  anti-eten 
und  halten  sich  für  stark  genug  gegen  etwaige  Überfälle.  Die  Karawane 
dürfte  immerhin  etwa  300  bis  500   Köpfe  stark  werden. 

Der  Salzhandel  von  Bilma  nach  Westen  und  .Südwesten  ist  auch  heule 
noch  wie  zu  Barths  und  Nachtigals  Zeiten  liau[)tsäclilicli  in  Händen  (\i'\- 
aus  A'ir  konunenden   Kelowituaregs. 

Senussia. 

Zum  Schluß  nKichtc  ich  noch  einige  Worte  über  die  S  c  n  u  ss  i  a  sagen. 
Über  diese  Sekte  oder  besser  religiöse  Oi'densbnidcrscliall  ist  im  \(m- 
gangenen  Jahr,  besonders  infolge  dcv  \'orgängc  in   Kanem.   wieder  \iel   die 


26S       VON   Bii.nw:    Bericht  liher  politische  Verhältnisse  im  mittleren  Sudan. 

Kede  üewesen.  nicht  nur  in  französischen,  sondern  auch  deutsolien  und 
englischen  Zeitungen  und  Blättern ,  von  dem  das  meiste  von  geringem  Ver- 
ständnis der  ^>!■hältnisse  zeugt. 

VAn  sein-  gutei-  Aufsatz  iiber  die  Kntwickelimg  und  Ausbreitung 
des  Ordens  stellt  in  dem  Coinite  de  TAfrique  1902.  Renseignements  co- 
loniaux  Nr.  3. 

Seit  1900  hat  sich  das  Haupt  des  Ordens,  der  Sidi  el-Mahdi  (Sohn 
des  Begründers  Sidi  Mohammed  l)en  Ali  es-Senussi).  in  Guro  in  den  Bergen 
nördlich  Borku  und  südUch  von  Tibesti  etabliert  und  von  hier  aus  erfolg- 
leiche  Mission  unter  den  angrenzenden  Wüstenstämmen  sowie  in  Kanem 
und  in  Wadai  getrieben.  Schon  Nachtigal  begegnete  Sennssia- Emissären 
in  Tibesti  und  in  Borku  und  fand  eine  Sauja.  d.h.  eine  Art  Kloster  in 
Kauar.  Kr  hatte  \  iel  unter  dem  Fanatisuuis  dieser  Leute  zu  leiden.  Durch 
die  Wrlegung  seiner  Residenz  von  Kufra  nach  Guro  hat  Sidi  el-Mahdi  in 
stäi'kerem  Maße  auf  die  Stämme  niu-dlich  und  östlich  des  Tsad  speziell 
auf  Wadai  eingewirkt.  In  Abe.schr  sitzt  sein  Khalifa  Mahamma  Sseni 
(=:  Mohammed  el-Sani).  in  Kanem  in  Bir  Alali  war  noch  vor  einem  Jahre 
der  von  den  Franzosen  vertriebene  Mohammed  el  Barani  sein  Stellvertreter. 
So  hat  er  weitere  Saujas  in  Borku  in  Tibesti.  eine  in  Kauar  sowie  unter 
den  Tuaregs  in  Damerghu.  Die  Nomadenstämme  der  Wüste  bilden  die 
Hauptanhänger  der  Senussia .  weniger  dagegen  die  seßhaften  Stämme,  ab- 
gesehen vielleicht  von  Wada'i.  dessen  Bevölkerimg  schon  von  Nachtigal  als 
religiös  fanatisch  und  leicht  erregbar  geschildert  wird.  Die  Gefahr  einer 
Ausdehnung  des  Eintlusses  der  Senussia  auf  Bornu  hat  nie  vorgelegen. 
Jeder  der  den  Charakter  der  Bornubevölkerung  kennt,  weiß,  daß  diese  der 
unfruchtbarste  Boden  für  die  Ausbreitung  einer  fanatischen  Sekte  ist  (s.  Barth 
und  Nachtigal).  Daß  die  Senussia  eine  (refahr  für  sämtliche  im  Sudan 
intei-essierten  europäischen  flächte  sei.  ist  sehr  übertrieben,  aber  aus  sehr 
V)egreiflichen   Gi'ünden  von  den   Franzosen  verbreitet  worden. 

Die  Franzosen  wollen  aus  Sidi  el-Mahdi  durchaus  einen  zweiten 
Mahdi  machen.  Mahdi  ist  aber  in  diesem  Falle  Name  und  nicht  Titel  wie 
bei  dem  Gottesgesandten  von  Omdurnian.  Auch  weist  die  ganze  Entwickehing 
des  Senussiaordens,  die  Ablehnung  eines  Bündnisses  mit  dem  jNIahdi  von 
Chartum,  daraufhin.  daJa  dem  Oi-den  ein  aggressives  \'orgehen  gegen  die 
Ungläubigen  stets  ferngelegen  hat.  Jetzt  allerdings  wo  er  sich  durch  das 
weitere  Vorgehen  der  Franzosen  in  seinem  Herzen  bedroht  sieht,  bleibt 
ihm  kein  Ausweg  mehr  und  er  wird  alle  Kräfte  daran  setzen,  seinen  natür- 
Uchen  Feind  aus  der  ihm  gefährlichen  Nähe  in  Kanem  zurückzudrängen, 
bzw.  seine  Existenz  in  den  entlegenen  Bergen  so  tetier  als  möglich  zu 
verkaufen. 

Doch  haben  wir  Deutsche  hier  oben  in  keinem  Falle  etwas  von  der 
Senussia  zu  befüi'chten.  da  wir  auf  der  einen  Seite  die  Franzosen,  auf  der 
andei-en  die  Engländer  als  Schutzwälle  haben,  in  deren  beiderseitigem 
Inteiesse  es  liegt,  den  Eintluß  des  Ordens  fernzuhalten  und  da,  wie 
vorher  erwähnt,  der  Orden  unter  unserer  Bevölkerung  niemals  Einfluß 
gewinnen  wird.     Ich  glaube  auch   nicht   einmal,    daß  die  Engländer  jemals 


VON  BÜLOw:  Bericht  über  politisclie  Yerliältnisse  im  mittleren  Sudan.       269 

in  Schwierigkeiten  mit  der  Senussia  verwickelt  werden.  Ihre  natürlichen 
Feinde  sind  eben  lediglich  die  Franzosen,  und  Gentil  hat  ganz  recht 
gehabt,  wenn  er  beabsichtigte  friedlich  mit  el-Mahdi  auszukommen,  um 
anderweitig  freie  Hand  zu  behalten  (s.  Frhr.  von  Oppenheim,  Washington, 
den  29.  Mai  1902). 

Nach  meinem  Bericht  Nr.  44  aus  Kusseri,  den  11.  Dezember  1902  soll 
Sidi  el-Mahdi  im  Oktobei-  1902  gestorben  sein.  Zeitungen  schreiben  von 
einer  Nachricht  über  Trijiolis,  nach  der  er  im  August  1902  gestorben  sein 
soll.  Nach  den  hier  erstatteten  Nachrichten  hat  kein  Mensch  seit  6  jNIonaten 
el-Mahdi  mehr  gesehen,  man  weiß  nicht,  ob  er  tot  ist  oder  nicht.  Es  hat 
den  Anschein,  als  ob  sein  Tod  nach  Möglichkeit  verheimlicht  werden  soll. 
Als  sein  Nachfolger  ist  mir  »Sidi  Mohammed  Scherif,  sein  Neffe,  von  gut 
orientierten  Leuten  genannt  worden.  Dies  ist  jedoch  der  Name  seines 
verstorbenen  Bruders,  und  es  ist  jedenfalls  dessen  Sohn  Sidi  Mohammed 
el-Abd  damit  gemeint. 


270 


Kingoni  und  Kisutu. 

Von  Cassian  Spiss.    0.  S.  B. 

Apiistol.  Vikar  von  Süd  -  Sansibar.  Bischof  v.  Ostracine 


Uie  voll  legende  Arbeit,  eine  km/gefaßte  Graniuiatik  und  ein  Wörtei-bücli- 
lein  des  Kingoni,  entstand  der  Haviptsaclie  nach  bereits  im  Jahre  1899. 
Während  der  folgenden  drei  Jahre  hatte  ich ,  weil  in  Peramiho ,  mitten  im 
Lande  selbst  wohnhaft,  reichlich  Gelegenheit,  durch  den  Verkehr  mit  Ein- 
geborenen auf  manche  Unrichtigkeit  aufmerksam  zu  werden  und  ent- 
sprechende Verbesserungen  anzubringen. 

Die  Wörtersammlung  ist,  wie  ein  Blick  in  dieselbe  lehrt,  eine  Doppel- 
arbeit, und  zum  Teil  gilt  dies  auch  von  der  Grammatik.  Die  eigentümlichen 
Sprachverhältnisse,  wie  sie  sich  im  Lande  der  Wangoni  (östlich  von  der 
Nordhälfte  des  Nyassasees  gelegen)  dem  Fremden  darbieten,  ließen  es  ge- 
radezu als  notwendig  erscheinen,  daß  nicht  bloß  dem  Kingoni,  der  Sprache 
des  herrschenden  Stammes,  sondern  auch  dem  Kisutu,  einem  bunten  Ge- 
misch verschiedener  Mundarten,  das  als  Sprache  der  Wasutu  (Hörigen) 
figuriert  ^,  Rechnung  getragen  würde.  Beide  Idiome  existieren  neben-,  ja 
ineinander,  so  daß  die  echten  W^angoni  ihre  Sprache  unter  sich  zwar  noch 
vielfach  rein  sprechen,  aber  eine  Menge  Vokabeln  von  den  Wasutu  sich 
angeeignet  haben,  während  letztere  in  Anwendung  granunatikalischer  Regeln 
fast  durchgehends  der  Sprache  ihier  Herren  folgen  und  auch  viele  Wörter 
aus  derselben  entlehnt  haben,  im  übi-igen  aber  ihre  altgewohnten  Dialekte 
ungehindert  weiter  sprechen.  Für  eine  systematische  Darstellung  war  eine 
Trennung,  wie  sie  in  vorliegender  Arbeit  geschehen,  durchaus  geboten. 

Es  fiel  in  den  meisten  Fällen  nicht  schwer,  das  reine  Kingoni  aus 
dem  bunten  Sprachengemenge  herauszuschälen ,  doch  bei  mehreren  gram- 
matikalischen Formen  konnten  meine  Zweifel  erst  gehoben  werden,  als  ich 
in  den  Besitz  einer  Zulugraniinatik  (von  Rev.  P.  Mayr)  gelangte.  Eingehende 
V^ergleiche  behoben  nicht  allein  die  gehegten  Bedenken,  sondern  gaben  auch 
die  volle  Gewißheit,  daß  das  Kingoni,  trotzdem  es  manche  spezifische 
Eigentümlichkeit   des    Kizulu    in    der   fremden  Umgebung   abgeschliffen    hat 


'  Daß  das  Kisutu  keine  vollständig  einheitliche  Sprache  ist  und  auch  nicht 
in  allen  Teilen  von  Ungoni  in  gleicher  Form  zutage  tritt,  versteht  sich  demnach 
von  selbst.  Der  Umstand  jedoch,  daß  das  bei  Peramiho  und  Maposeni  (Mitte  des 
Maharulireiclies)  gesprochene  Kisutu,  fast  in  ganz  Ungoni  und  selbst  bei  den  Wa- 
bunga  der  Ulangaebene  verstanden  wird,  läßt  daraufschließen,  daß  demselben  eine 
bestimmte  Sprache  zugi-unde  liegt.  Nicht  unwahrsohcinlich  haben  die  Wangoni 
bereits  bei  ihrer  Einwanderung  einen  unterjochten  Stamm  und  damit  diese  zweite 
Sprache  mit  ins  Land  gebracht. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu.  271 

(wie  z.  B.  die  meisten  Schnalzlaute),   heute  noch  die  unverfälschte  Sprache 
der  Zulukaffern  darstellt. 

Die  neuere  Geschichte  der  in  Deutsch -Ostafrika  ansässigen  Wangoni 
anlangend,  möge  in  gedrängter  Kürze  folgendes  hier  Platz  finden. 

In  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  kam  es  unter  dem 
kriegerischen  Stamm  der  in  Südafrika  ansässigen  Zulukaffern ,  vielleicht  in- 
folge steter  Zurückdrängung  durch  die  im  Süden  sich  breitmachenden  Buren 
und  Engländer,  vielleicht  auch  durch  bloß  inneren  Zwist  veranlaßt,  zu  einer 
Auswanderung  eines  großen  Teiles  des  volkreichen  Stammes.  Die  kühnen 
Wanderer  nahmen  ihren  AVeg  nach  Norden  und  drangen  mitten  durch  das 
Gebiet  fremder  Stämme  unaufhaltsam  vor  bis  in  die  Gegend  der  großen 
Seen.  Im  Jahre  1825  sollen  sie  den  Sambesi  überschritten  haben.  In 
Deutsch  -  Ungoni  treten  als  älteste  Zuluherrscher  Mputa  und  Mbonane  auf, 
von  denen  es  wahrscheinlich  ist,  daß  sie  mit  ihren  Getreuen  schon  am 
Südende  des  Nyassasees  sich  vom  Haupttrupp  trennten  und  zur  nämlichen 
Zeit  in  Deutsch -Ungoni  eindrangen,  zu  der  sich  ihre  Stammesgenossen  den 
Westen  des  Nyassagebietes  unterwarfen.  Mputa  herrschte  im  südlichen 
Teile  des  heutigen  Ungoni,  Mbonane  nördlich  davon  in  der  Gegend  des 
Hangatlusses ,  wo  ein  größeres  Gebiet  heute  noch  seinen  Namen  trägt. 

Es  dauerte  nicht  lange,  so  folgte  der  ersten  Einwanderung  ein  neuer 
Trupp  Wazulu,  die  sich  von  dem  in  Westungoni  seßhaft  gewordenen 
Stamm  Jere  losgelöst  und  den  Weg  zu  ihren  Brüdern  in  Ostungoni  zu 
finden  gewußt  hatten.  Ihr  Oberhaupt  war  Zulu;  seine  Söhne  hießen  Ha- 
wayi,  Gwazera  pasi,  Mharuli  und  Mlamiro.  Die  neuen  Ankömmlinge  waren 
genötigt,  sich  dem  Mputa  zu  unterwerfen.  Bis  zum  Tode  des  Zulu  blieb 
das  Verhältnis  ein  friedliches,  seine  ältesten  Söhne  jedoch,  Hawayi  und 
Gwazera  pasi,  erhoben  sich  gegen  Mputa,  wurden  aber  überwunden.  Ha- 
wayi kam  ums  Leben  und  Gwazera  pasi  mußte  sich  nach  Westungoni  zu- 
rückflüchten. 

Auf  der  Flucht  wiu-de  ihm  ein  Sohn  geboren,  den  er  zum  Andenken 
an  seinen  Bedränger  Mputa  (=  schlag  ihn)  nannte. 

Während  nun  Gwazera  pasi  in  der  Verbannung  weilte,  wo  ihm  ein 
zweiter  Sohn  geboi-en  wurde,  den  er  mit  dem  gleichfalls  auf  Rache  deutenden 
Namen  Zamchaya  (nzamchaya  =:  ich  werde  ihn  schlagen)  benannte,  starb 
der  alte  Sultan  Mputa,  und  sein  Sohn  Marunda  konnte  sich  seiner  Gegner, 
der  jüngeren  Söhne  des  Zulu,  nicht  auf  die  Dauer  erwehren,  sondern 
mußte  mit  den  Seinen  aus  dem  Lande  flüchten. 

Das  ganze  Erbe  des  Mputa  trat  nun  der  nächstälteste  Sohn  des  Zulu, 
Mharuli,  an.  Dieser  kluge  und  maßvolle  Mann  verstand  es,  sich  die 
Liebe  und  Achtung  seiner  Wangoni  in  hohem  Grade  zu  verschaffen,  so  daß 
er  sämtliche  Untertanen  des  alten  Mputa,  soweit  sie  nicht  das  Land  ver- 
lassen hatten,  zum  sogenannten  Mharulireiche  vereinte. 

Im  nördlich  gelegenen  Hangareiche  war  auf  Mbonane  dessen  Sohn 
Kipeta  gefolgt,  und  als  bei  einem  Einfall  der  Wahehe  Kipeta  im  Kampfe 
fiel,  folgte  ihm  dessen  jugendlicher  Sohn  Chabruma,  der  heute  noch  als 
angesehener  Sultan  das  Hangareich  regiert. 


272  Spiss:    Kingoni  und  Kisntii. 

Mit  diesen  stammverwandten  Nachbarn  unterhielt  Mhanili  andauernd 
friedliche  Beziehungen;  Jahr  für  Jahr  wurden  aber  von  beiden  Reichen  aus 
Raubzüge  nach  allen  Richtungen  unternommen  und  dabei  Sklaven  imd  Vieh 
in  reichen  Mengen  ins  Land  verpflanzt. 

Mharuli  starb  1889  in  der  Vollkraft  seines  Alters,  angeblich  von 
einem  seiner  Weiber  vergiftet.  Er  hintei-ließ  drei  unmündige  Söhne,  die 
er  voi-  seinem  Tode  dem  Schutz  und  der  Obsorge  seiner  zwei  NefiFen, 
Mputa  und  Zamchaya,  die  nach  des  alten  Mputas  Tode  nach  Deutsch- 
Ungoni  übersiedelt  waren,  empfahl. 

Die  Regierung  des  Reiches  ging  nach  herköuunlichem  Recht  auf 
Mharulis  nächstältesten  Bruder  MIamiro  über,  der  indes  nicht  in  gleichem 
üiade  das  Vertrauen  seiner  Untertanen  zu  gewinnen  vermochte  wie  sein 
verstorbener  Bruder.     Er  starb   1899  an  der  Schwindsucht. 

Es  war  ein  Glück  nicht  allein  für  die  umwohnenden  fremden  Völker 
sondern  auch  für  das  Mharulireich  selbst,  daß  1897,  kurze  Zeit  vor  Mlamiros 
Tode,  die  deutsche  Regierung  das  Land  okkupierte,  denn  ein  Bürgerkrieg 
wäre  zur  Entscheidung  der  Frage,  wer  unter  den  Prätendenten  nunmehr 
der  große  Sultan  werden  sollte,  unvermeidlich  gewesen.  Die  deutsche 
Regierung  sah  von  der  Einsetzung  eines  Großsultans  ab ,  und  so  gebieten 
die  ältesten  Enkel  des  Zulu  über  je  ein  Häuflein  ihrer  Getreuen. 

Neben  diesen  echten  Wangonihäuptlingen  gelang  es  im  Laufe  der 
Jahre  auch  dem  einen  und  anderen  Wasutuhäuptling,  wie  z.B.  Songea  und 
Pambalyoto,  sich  zu  Wohlstand  und  Ansehen  emporzuarbeiten,  so  daß  sie 
ihre  ehemaligen  Unterdrückei'  an  Macht  fast  zu  überflügeln  drohen. 

Außer  diesen  zwei  im  Hochland  von  Ungoni  bestehenden  Ansiede- 
lungen von  Zulukaffern  findet  sich  noch  eine  dritte  nordöstlich  davon  in 
der  Ulangaebene,  die  gleichfalls  von  bedeutender  Ausdehnung  zu  sein  scheint. 
Ihr  Name,  wie  sie  selbst  sich  nennen,  ist  Wambunga,  sie  sprechen  indes 
genau  die  Sprache  der  Wangoni.  Nach  ihrer  eigenen  Angabe  wohnten  sie 
früher  bei  ihren  Stammesgenossen  in  Ungoni.  wurden  aber  durch  die  bereits 
oben  erwähnten  Kämjjfe  zwischen  Marunda  und  den  Söhnen  des  Zulu  zur 
Auswanderung  gezwungen.  Demnach  ist  es  so  gut  wie  feststehend,  daß 
wir   in    den  Wambunga   die  Reste    des    alten  Mputareiches    vor  uns  haben. 

Die  Wangoni  und  Wambunga  waren  seit  Menschengedenken  ein  ge- 
wecktes und  energisches  Volk;  nur  haben  sie  ihre  Tüchtigkeit  in  ver- 
gangeneu Zeiten  fast  ausschließlich  im  Kriegshandwerke  gezeigt,  infolge- 
dessen sie  (unter  den  Namen  Maviti  und  Magwangwara)  der  Schrecken  der 
Nachbarstämme  wurden.  Nachdem  sie  nun  politisch  zur  Ruhe  gekommen, 
steht  zu  hoffen,  daß  sie  unter  dem  Einfluß  der  fortschreitenden  Kultur  zu 
einem  recht  nützlichen  Glied  in  der  großen  Völkerfamilie  von  Deutsch- 
Ostafrika  sich  auswachsen  werden.  Vi'u-  diesen  Fall  dürfte  ich  hoffen ,  mit 
vorliegender  Arbeit  nicht  allein  den  Missionaren ,  sondern  auf  später  hinaus 
auch  anderen  Berufszweigen  einen  kleinen  Dienst  erwiesen  zu  haben. 

Daressalam,  21.  März   1904. 

Der  Verfasser. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu.  273 


I.  Das  Alphabet  und  die  Aussprache, 

1.  Die  Vokale,  welche  nur  einzeln  (nicht  in  Diphthonge  verschmol- 
zen) vorkommen,  werden  wie  im  Deutschen  gesprochen;  nur  e  klingt,  be- 
sonders wenn  der  Ton  darauf  ruht,  wie  ä,  z.B.  -ää<?ä*ö!  (lachen)  spr.  -shaka; 
•beka  (legen)  spr.  -haka.  y  und  w  sind  Halbvokale;  sie  können  keine  eigene 
Silbe  bilden,  werden  aber  deutlich  als  kurzes  ^  (deutsches  y)  und  kurzes  m 
(englisches,  nicht  deutsches  w^  vernommen. 

2.  Von  den  Konsonanten  sind  folgende  als  vom  deutschen  Gebrauche 
abweichend  zu  bezeichnen: 

Zwischen  r  und  /  ist  kein  wesentlicher  Unterschied; 

cA  =  tscli^  z.B.  chando  (Hammer)  spr.  tschando; 

j  1=  dsch  (sehr  weich),  z.B.  chanja  (Arm)  spr.  tschandscha', 

q  ist  ein  Schnalzlaut  (Gaumenschnalzer) ,  ähnelt  dem  nicht  guttural 
gesprochenen  Tc, 

s=ß,  z.B.  kusasa  (frühmorgens,  morgen)  spr.  kussassa; 

sh  =  seh,  z.B.  sholi  (Späher)  spr.  scholi; 

s  ist  ein  mit  der  Zunge  nicht  geradeaus,  sondern  seitwärts  ge- 
sprochenes s  und  ähnelt  einem  sl  oder  sohl. 

Wird  das  l  deutlich  gesprochen,  so  ist  sl  geschrieben.^ 

Endlich  z  =z  weiches  s ,  z.  B.  manzi  (Wasser)  spr.  mansi. 

3.  Der  Akzent.  Als  Regel  gilt:  den  Ton  hat  die  vorletzte  Silbe. 
Wörter,  die  als  Proparoxytona  zu  sprechen  sind  (wie  die  Perfekta  auf  -ile 
der  zwei-  oder  mehrsilbigen  Stämme  und  einiger  anderer),  sind  durch  den 
Akzent  als  solche  «gekennzeichnet. 


IL  Die  Substantiva. 

Wie  in  allen  Bantusjirachen ,  so  gibt  es  auch  im  Kingoni  für  das 
Hauptwort  weder  einen  Artikel  noch  ein  Geschlecht. 

Die  Substantiva  zerfallen  dui-ch  ihre  charakteristischen  Vorsilben  in 
neun  Klassen  (welche  allerdings  auch  als  ebensoviele  Geschlechter  betrachtet 
werden  könnten),  und  die  von  einem  Substantiv  abhängigen  Attribute  oder 
Prädikate  richten  sich  nach  eben  dieser  Klasse  ihres   Hauptwortes. 

Die  Vorsilben  dieser  neun  Klassen  sind  in  übersichtlicher  Zusanunen- 
stellung  folgende: 


Klasse 

Singular 

Plural 

I 

7)1,  mu 

wa 

muntu  Mensch, 

pl.  icantu 

H 

m ,  mu 

mi 

mfula  Fluß,  pl. 

mifula 

III 

kl 

vi 

kivaro  Tür,  pl. 

vivaro 

'  In  Grammatiken  der  Zulu  Language  by  Rev.  P.  Mayr  und  Kingoni  Language 
by  A.  Elmslie  fand  ich  diesen  Laut  als  lU  und  dhl  gcsclnicbcn  ,  weh'he  Sclireibweise 
bei  uns  in  Deutsoli -Ungoni  wenig  zutreffend  wäre. 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  l'J04.  III.  Abt.  18 


274 


ingwe  Leopard,  pl.  zingice 
luzipo  Finger,  pl.  zinzipo 
uluwa  Bluine,  pl.  uluwa 
likanda  Haupt,  pl.  makanda 
Ttamuti  Bäumchen,  pl.   tumuti 
hu    pamaseko  Küche,  pl.  pamaseTco 

kuzimeJca  das  Prahlen   (Stolz),  pl.  fehlt. 

Im  besondern  gilt  von  den   einzelnen  Klassen  folgendes: 
I.  Klasse.     In  ihr  finden  sich  nur  Bezeichnungen  für  INIenschen  und 
lebende  Wesen,  ohne  daß  sie  jedoch  dieselben  alle  in  sich  schlösse.    Merke: 


Klasse 

Singular 

Plural 

IV 

i,  in,  im 

zi 

zin,  zim 

V 

lu 

zi 

zin,  zim 

VI 

u 

u 

VII 

li 

ma 

VIII 

ka 

tu 

IX 

pa ,  mu,  ku 

pa 

.  mu ,  ku 

Mulungu  Gott  (pl.  ungebräuchUch) ' 
muntu  Mensch,  pl.  wantu  Leute 
m/asi  Frau,  pl.  wafasi 
mnntwana    (miwana)    Sohn,     Tochter, 


mzukuru  Enkel,  pl.  voazukuru 
mrusi  Hirt,  pl.  warusi 
mponzi  Schmied,  pl.  waponzi 
m/u  {mufu)  Sklave ,  pl.  wafu 


pl.  wantwana  mlamu  Katze,  pl.  walamu 

Fin    beträchtlicher  Teil   von  Substantiva,    die   ihrer   Natur   als  Lebe- 
wesen nach    in    diese  Klasse  gehören  würden,    schließen   sich    der   zweiten 
(w-),  dritten  {ki-),  vierten  («-)  oder  siebenten  (li-)  Klasse  an: 
mjingati   Proviantträger,    pl.  mijingati\nyanga  Arzt,  Meister,  pl.  zinyanga 
mitengula  die  Vorfahren,  die  Alten      ^  ligwara  Feigling,  pl.  magwara 
kishora  dummer,  blöder  Mensch,    pl.    lisela  Trunkenbold,  pl.  masela 

vishora  nkosi,  likosi  Häuptling,  pl.  zinkosi  und 

sholi  Späher,  Kundschafter,  pl.  zisholi        makosi 
mbiki  Eilbote,  pl.  zimhiki 

II.  Klasse.     Umfaßt  die  Namen  der  Bäume  und  viele  Benennungen 
lebloser  Wesen. 

mpotopoto,])\.mipotopoto  mpaka  Grenze,   pl.  mipaka 

mbuni,  pl.  mihuni  I    Bäume  mit     mlenze  Bein,  Schenkel,  pl.  milenze 

mqororo,  pl.  miqorcro     ^  genießbaren  \muzi  Dorf,  Stadt,  pl.  mizi 
mßß,  pl.  7nißß  \     Früchten       mlaga  .\ußen- ,  Sklavendorf.  pl.  milaga 

mdonga,  pl.  midonga  \m^oro  Unglück,   pl.  misoro  Unglücks- 

mpingo  Ebenholz,  pl.  mipingo  fälle 

muwanga  Art  Eisenholz,    pl.  miwanga  \  mshati  Wange,  pl.  mishati 
mfula  Fluß,  pl.  mifula  \msisi  Wurzel,  pl.  misisi 

muH  Arznei,  pl.  miti  munda  Acker,  Pflanzung,  pl.  minda 

Die  zwei  Ausnahmen  mjingati  und  mitengula  s.  oben  1.  Klasse. 


'  Einp  Pluralbildung  ist  bei  Mulungu  (Muungu)  eigentlich  ganz  unstatthaft, 
weil  das  Wort  "der  Große  Große«,  ..Allerhöchste«  {Mkulu-Mkulu)  bedeutet.  Die 
Wazulu  in  Südafrika  haben  noch  die  volle  Form  Nkulünkulu ,  bei  den  Waugoni  hat 
sich  dieselbe  bereits  zu  dem  (den  meisten  Bantustämmen  geläufigen)  kürzeren 
Mulungu  verschllffen,  während  l)ei  den  VVahehe  das  einfache  Agi'dwi  (=  Nkulu) 
üblich  ist. 


Spiss:    Kinuoni  und  Kisutu. 


275 


lil.  Klasse.     Die  Vorsilbe  hi-  der  Einzahl  v 
ch\  das  vi-  der  Mehrzahl  in  demselben  Fall  zu  vy- 


rd   \  or  einem  \"okal  7a\ 


kivaro  Tür,  pl.  vivaro 
Jeikwinda  Lendentucli,  pl 
kinJcwa  Brot,  pl.  vinkwa 
Jcirefu  Kinn,  Bart,  pl.  virefu 
Tcisepo  Frucht,  jil.  visepo 
Teigoro  Geiz 


kimunyuru  Süßkartoffel ,  pl.  vimunguru 
kwinda        kinini  der,  die  Verwandte 

chanja  Arm,  Elle,  pl.  vyanja 
chando  Hammer,  pl.  vyando 
chule  Frosch,  pl.  vyule 
\chakupuza  Getränk,  pl.  vyakwpuza 
IV.  Klasse.     Singular  Präfix  ist  i  oder  m;  das  Anlaut-e  wird  jedoch 
in    manchen    Wörtern    nur   schwach,    gleichsam   als   Voi-schlagsilbe    gehört, 
in  andern  verschwindet  es  ganz. 

Vor  h  und  v  wird  aus  euphonistischen  Gründen  das  {i)n  zu  {i)m: 
n-hiki  wird  mbiki  (Eilbote) 
n-vula  wird  mvula  (Regen) 
vor  m  und  s  {sJi)  fällt  {i)n  aus,  also  statt  n-muva:  muva  (Ende);  statt  n-shami: 
shanzi  (Fisch).     Merke: 


mpondoro  Löwe,  pl.  zimpondoro 

iswa  Termite  (geflügelt),  pl.  ziswa 

ingwe  Leopard,  pl.  zingwe 

(i)mini  Mittag 

sango  Hanf 

shanzi  Fisch,  pl.  zishanzi 


{i)ntawa  Beig,  pl.  zintawa 
ntomhe  Jungfrau,  pl.  zintombe 
nyeke  Diener,  pl.  zinyeke 
{i)nkomo  Rind,  pl.  zinkomo 
(i)nyo7ii  Vogel,  pl.  zinyoni 
ntonga  Keule,  Stock,  pl.  zintonga 

Als  Ausnahmen  sind  zu  bezeichnen:  mswa  (muswa),  pl.  mswa  (muswa) 
Termite  (Arbeiter),  gogo  die  Großmutter  (statt  ngogo);  ferner  die  im  Singular 
und  Plural  gleichlautenden  Wörter  nynka  Schlange,  mhamba  Blitz,  mpagaro 
Stange,  Dachsparre.  Die  im  Stanun  nur  einsilbigen  Substantiva  impi  Krieg, 
zrnw«  Schaf  und  mja  Hund  lauten  meistens  mit  doppeltem  «-Laut  ?i\s,  yimpi, 
yimvu,  yinja;  im  Plural  jedoch  zimpi,  zimvu  und  zinja. 

Über  die  Versetzung  der  zu  dieser  Klasse  gehörenden  Wörter  in  die 
siebente  (ma-)  Klasse  s.  ebendort. 

V.  Klasse.  Ahnlich  wie  die  Benennungen  der  Bäume  in  die  zweite, 
so  fallen  fast  sämtliche  Namen  von  Bächen  und  Flüssen  in  diese  im 
Singular  mit  lu  (ru)  anlautende  Klasse  (z.  B.  Ruvuma,  Luvegu,  Ltcalwast, 
Luhira,  Lumese,  Ruhuhu  usw.). 

Im  Plural  wird  bei  den  mit  g,  k  (q),  p,  t  und  z  beginnenden  Wör- 
tern zwischen  der  Vorsilbe  zi  und  dem  Stamm  ein  euphonistisches  n  (m) 
eingeschaltet.     Merke : 


lugwapa  Flügel,   pl.  zinywapa 

lufu  Seuche,  pl.  zifu 

lupondo  Hörn,  pl.  zimpondo 

luto  Ding,  Sache,  pl.  zinto  | 

Finger,  pl.  zinzipo  \ 

Ausnahmsweise   Pluralbildungen 


I  lunwele  Haar,  pl.  zinwele 

luti  Handgriff,  pl.  zinti 

I  luqoto  Gürtel ,  pl.  zinqoto 

\lulaka  Trotz,   Eigensinn 


find( 


dch 


lunyaza    Bnum wolle. 


Faden,  pl.  zilunguza  Baumwollfäden;  luwere  Fruchtkorn  (einzelnes),  i)l.  mawere 
Kornfrüchte;  lutumbo  Darm,  matumbo  Eingeweide. 

18» 


276  Spiss:    Kingoni  und  Kisiitu. 

VI.  Klasse.     Im  Singular  sowohl  als  im  Plural  die   \'orailbe  u. 
uchwala ,  uyai  Bier  j  uluwa  Blume 

usihu  Nacht  '  ugwara  Angst ,  Furcht 

vqopo  Gehirn  \ushora,  upurupuru  Dummheit 

Die  meisten  abstrakten  Begriffe  schließen  sich  dieser  Klasse  an, 
z.  B.  ude  Länge,  uhanzi  Dicke,  Breite,  ukuru  Größe,  ushora  Dummheit  usw.; 
jedoch  lulaka  Trotz,  lumeJco  Eitelkeit,  Stolz,  mashannya  (VII.  Kl.)  Ver- 
rücktheit. 

VII.  Klasse.  Im  Singular  die  Vorsilbe  li.  im  Plural  ma.  Pls  ist  die 
Klasse  der  Früchte  und  alles  dessen,  was  aus  dem  Stamme  hervorwächst 
oder  am  Körper  sich  bildet;  sie  umfaßt  aber  außerdem  noch  eine  Menge 
anderer  Benennungen. 

Aus  den  unter  Klasse  II  behandelten  Namen  von  Bäumen  Inlden  sich 
durch  einfache  Vertauschuug  der  Vorsilben  m  vmd  mi  mit  li  und  ma  die 
Namen  der  entsprechenden  Früchte: 

mpotopoto  )  ri  ^  I  lipotopoto  (ma-)  t  ,  i-  ..  ,  , 

■'      ^       !  Baumarten  ,    ,  ''deren   fruchte 

mdonga     )  \  lidmiya  {ma-)     \ 

Merke : 
liqemhe  Blatt  |  lidoro  Knie 

lißndo  Knoten    (am  Stengel);    GcXenk    liqanda  Ei 


likanda  Haupt 
lizinyo  Zahn 


lihomanga  Pocken 
lizwi  Stimme,  Wort 


Durch  Kontraktion  gebildete  Pluralformen  sind: 
meso  die  Augen;  sing,  lüo  mefa   Dornen;  sing.  Ufa 

Eine  Anzahl  zu  dieser  Klasse   gehörender  Substantiva    kommen 
im  Plural  vor;  die  nennenswertesten  davon  sind: 


mafundiso  Unterricht 
malowolo  Heirat 
manga  {maJeeo)  Lüge 


mafungo  Eid 

mazango  Verstand,  List 

maliati  Zeit 


Häufig  im  Gebrauch  ist  die  ^^ersetzung  von  Substantiva  der  vierten 
Klasse  in  diese  siebente.  Die  betreffenden  Wörter  erhalten  hierdurch  den 
Nebenbegriff  der  Größe  oder  Stärke : 

ndoda  Mann,  lidoda  kräftiger  Mann,  inadoda  Männer 

zinyoni  Vögel,  manyoni  große  \'ügel  usw. 
\'11I.  Klasse.     Im  Singular  ka- ,  Plural  tu-;   dabei   ist  zu  bemerken, 
daß  die  Präfixe  m-  und  n-  der  I. ,  II.  und  \\ .  Klasse  trotz  der  neuen  Vor- 
silbe zumeist  bestehen  bleiben.     Diese  V^orsilhen   ka-  und    tu-  dienen   dazu, 
um  aus   einem  Stammwort   die   entsprechende  Verkleinerung   zu    bilden. 

ntawa  Berg,  kimtawa  Hügel,  pl.  funtawa 

yinja  Hund,  kayinja  Hündlein ,  \A.  iuyinja 

ligada  Kloß,  kagada  Klößchen,  pl.  tugada 

kimuti  Baum,  kamuti  Bäumchen,  pl.  tumnti 

kipolopolo  Kugel,  Blei,  kapohpolo  Sclirot,  pl.  tnpolopnln 

msawati  Sand,  kamsarcati  Sandkorn 


Spiss:    Kiugoni  und  Kisutii.  277 

IX.  Klasse.  Durch  die  \'orsil1)en  pa- ,  mu-  und  ku-  können  Formen 
gebildet  werden ,  welche  in  Bedeutung  und  Behandlung  eigentlichen  Sub- 
stantiven gleichkommen. 

Manche  deutsche  Substantiva  kann  man  nicht  anders  korrekt  über- 
setzen als  mit  Hilfe  dieser  Pi-äfixe.  die  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  nach 
Orts-  und  Zeitpartikeln  sind;  z.  B.  Heimat,  Zeit,  Küche  u.  a. 

Der  Plural,  der  bei  dieser  Klasse  jedoch  nicht  oft    zui-  Verwendung 

kommen   wird,  ist  gleich  dem  Singular.     Merke: 

peUi  (aus  pa-etu^)  bei  uns,  unsere  Heimat 

kwetu  zu  uns,  nach  unserer  Heimat 

pamaseJco  ),,..,      ,..„,.  i        ,^     , 

\,  .        Küche  (wortl.   bei,  zu  den  Kochstemen) 

kumaseko  \ 

pakati  \ 

mukati  \  die  Mitte  (wörtl.  mitten) 

kukati  \ 

padeni  die  alte  Zeit 

kudeni  große  Entfernung 
Außerdem  läßt  sich  durch   die  Vorsilbe  ku-   aus  jedem  Zeitwort   ein 
Substantiv  von  entsprechender  Bedeutung  bilden,  z.  B. : 
hamha  gehen,  kuhamha  das  Gehen,  der  Gang 
sheka  lachen,  knsheka  das  Lachen,  das  Gelächter 
zimeka  sich  brüsten,  kuzimeka  das  Sichbrüsten,  der  Stolz 


Deklination. 

Dativ,  Akkusativ  und  ^^okativ  sind  in  ihrer  Form  dem  INominativ 
gleich;  die  Erkennungszeichen,  in  welchem  Kasuiv  (Dativ  oder  Akkusativ) 
ein  Hauptwort  steht,  liegen  im  Verbum,  und  wird  später  davon  geliandelt 
werden. 

Der  Genitiv  wird  auf  folgende  Weise  gebildet.  Zwischen  das  re- 
gierende und  das  abhängige  Substantiv  werden  zwei  Partikeln  geschoben, 
die  jedoch  durch  Kontraktion  in  eine  veischmolzen  werden.  Die  eine 
(erstere)  Partikel  ist  das  persönliche  Fürw'oit  (er,  sie,  es;  pl.  sie)  des  re- 
gierenden Substantivs,  die  andere  die  Possessivpartikel  -o. 

Die  folgende  Tabelle  zeigt  die  nach  den  einzelnen  Klassen  ver- 
schiedenen Personalia  und  die  aus  ihnen  und  der  Possessivpartikel  -a  ent- 
standenen Genitivpartikeln. 


Personale : 

Genitiv 

■partikcin : 

er,  sie,  es 

sie 

Klasse 

Singular: 

Plural: 

Singular: 

Plural : 

I 

u  (yn) 

wa 

iia  r:=  wa 

wa-a  =  wa 

H 

u 

i 

ua  =x  wa 

i-a  =  ya 

HI 

ki 

vi 

ki-a  —  cha 

v-ia  =  vya 

Siehe  die  Stämme  der  Possessi va. 


278 


Spiss:    Kiiigoiii 

und  Kisutu. 

Personale : 

Genitivpartikeln: 

Klasse 

er,  sie, 

Singular 

es 

sie 
Plural: 

Singular:                  Plural: 

IV 
V 

i 
lu 

zi 
zi 

i-a  =^  ya            zi-a  =^  za 
lu-a  =  Iwa        zi-a  =  za 

VI 
VII 
VIII 

u 
li 
Tca 

u 

ga 

tu 

u-a  =  loa          u-a  ^=  wa 
U-a  ^^  lya          ga-a  ^=^  ga 
ka-a=^ka            tu-a^twa 

IX 

>.  mu 
Iku 

pa-a^pa       \ 
mu-a  =1  mwa  S    desgl. 
ku-a  —  kwa  ^ 

Zur  Verdeutlichung  mögen  folgende  Beispiele  dienen. 

I.  Kl.       mfasi  wa  nkosi  eine,  die  Fi-au  des  Häuptlings 

pl.  wafasi  wa  nkosi  (die)  Frauen  des  Häuptlings 
II.    >'  munda  wa  mufu  ein,  der  Acker  des  Sklaven 

pl.  minda  ya  mufu  (die)  Äcker  des  Sklaven 

III.  <.  chanja  rhu  mponzi  ein,  der  Arm  des  Schmiedes 

j)l.  vyanja  vya  mponzi  die  Arme  des  Schmiedes 

IV.  •'  nkomo  ya  mrusi  ein,  das  Rind  des  Hirten 

pl.  zinkomo  za  mrusi  (die)  Rinder  des  Hirten 
V.    »  lupondo  liva  nkomo  ein,  das   Hörn  des  Rindes 

pl.  zimpondo  za  nkomo  die  Hörner  des  Rindes 
VI.    »  uluwa  wa  munda  eine,  die  Blume  des  Ackers 

pl.       ..         ..  »        (die)  Blumen  des  Ackers 

VII.    "  lizinyo  lya  mticana  ein,  der  Zahn   des   Kindes 

pl.  mazinyo  ga   mtwana  die  Zähne  des   Kindes 
VIII.    "  kayinja  ka  mufu  ein.  das  Hündchen  des  Sklaven 

pl.  tuyinja  Iwa   mufu  (die)  Hündchen  des  Sklaven 
IX.    ••  pamaseko  pa  mfasi  die   Küche  des  Weibes 

mukati  mwa  mfida  die  Mitte  des  Baches 
kuzimeka  kwa  mufu  das  Prahlen  des  Sklaven 

Die  drei  Genitivpartikeln  der  IX.  Klasse  {pa-,  mwa-,  kica-)  dienen 
auch  häufig  zur  Bildung  des  Lokativs.  Dabei  entspricht  pa-  unserm 
»bei«  (in  der  Nähe  von,  zur  Zeit  von),  >müa-  unserm  »in«  (auf  die  Frage 
wo)  und  kwa  unserm  .-nach"  oder  »von.,  (auf  die  Frage  wohin,  woher). 
Es  bedeutet  also  pa  kiwaya  beim,  am  Gehege  (Stall),  mwa  kiwaya  im  Ge- 
hege, kwa  kitvaya  zum,  vom  Gehege.' 

Außer  diesen  genauen  Lokativformen  gibt  es  noch  eine  allgemeine, 
durch  die  Nachsilbe  -ni  gebildete,  welche  die  Bedeutung  sämtlicher  drei 
vorausgehenden  in  sich  schließt.  Aus  lizice  Land  bildet  sich  so  die  Lokativ- 
form Kzweni  mit  der  Bedeutung  beim,  im  Land,  vom,  nach  dem  Land. 


1  Neben  |)a,  mwa  \m^  kwa  kommen  zur  Bildung  des  Lokativs  auch  die  schon 
bei  der  IX.  Klasse  der  Hauptwörter  autgeführten  einfachen  Partikeln  pa-,  mu-, 
ku-  vor. 


Spis.s:    Kiiigoni  und  Ki.sutu.  279 

Bei  dieser  Bildung  ist  jedoch  als  Regel  zu  nieiken:  Substantiva,  die 
a>if  a  endigen,  verwandeln  a  va  e ,  die  auf  o  oder  u  endigen,  beide  Vo- 
kale in  ice. 

mfula  Fluß,  mfuleni  am,  vom,  nach  dem  Fluß 
ntawa  Berg,  ntaweni  am,  heim,  vom,  nach  dem  Berg 
mtombo  Brunnen,  mtomhiveni  am  Brunnen  usw. 
lißndo  Knoten,  Glied,  lißndweni  am  Knopf  usw. 
lizuru  Himmel,  lizulweni  am  Himmel  usw. 
Einige  wenige  Substantiva  bilden  den  Lokativ  (statt  durch   das  Suffix 
-ni),  indem  sie  dem  Stanun  ein  e  vorsetzen: 

likaya  Heim,  Heimat,  lok.  ekaya  daheim,  heim 
lihanda  Haupt,  lok.  ekanda  häuptlings,  am  Kopf 
imini  Mittag,  lok.  emini  mittags 

lisowo  große  Regenzeit,  esowo  zur  großen  Regenzeit 
rnrnm  Ende,  lok.  emuva  am   P^nde 
Auch    doj)peIte    Bildung    (durch    das    Präfix    e-   und    das  Suffix    -ni) 
kommt  hei  einigen  Wörtern  vor: 

inslu  Haus,  lok.  enslini  beim,   im,  vom,  zum  Haus 
lizuru  Himmel,  lok.  ezulweni  am,  zum,  vom  Himmel 
muva  Ende,  lok.  emuveni  am,  zum  Ende. 
Indes    ist    bei   all    diesen    Substantiven    die    Lokativbildung    durch  2)a, 
mwa  und  kwa  zulässig. 

Im  Falle,  daß  die  Vorsilbe  e  zur  Verwendung  kommt,  ist  auf  eine 
euphonistische  Regel  zu  achten.  So  oft  nämlich  vor  dieses  Lokativ-^  ein 
Vokal  zu  stehen  konunt,  wird  (zur  A'ermeidung  des  Hiatus)  ein  s  in  die 
Mitte  geschoben.  Statt  nyi  ckaya  ich  Inn  daheim  sagt  man  also  ngi  sekaya. 
statt  u  emuva  du  bist  hinten,  zuletzt  u  semuva,  statt  tijira  ya  e  mbicanl  Weg 
zur  Küste  njira  ya  sembwani. 


III.  Die  Adjektiva. 

1.   Übereinstimmung. 

a)  Die  eigentlichen  Adjektiva  nehmen,  mögen  sie  sich  in  at- 
tributiver oder  prädikativer  Stellung  befinden,  die  \^orsilbe  desjenigen  Sub- 
stantivs an,  das  sie  näher  bestinmien.  Aus  der  ziemlich  beschränkten  Zahl 
derselben  seien  folgende  angeführt: 

-se  gut,  schön  -mnyama  schwarz 

-wi  schlecht,  bös,  häßlich  -homvu  rot,  gelb 

-de  lang,  hoch,  tief  \ -nyani  klein,  schmal 

-cha  neu,  jung,  frisch  -kuni  groß 

-fichane  kurz  -hanzi  breit 

-kali  scharf,  streng  -ninzi  viel 

-shora  dumm  -dara  alt 

-msope  weiß  |  -qoto  anständig,  mild 


280  Spiss:    Kingoiii  und  Kisiitii. 

Mnii   sagt  also : 

J.  Kl.  muntu  mu.se  ein  guter  Mann  (d.  g.  IM.) 

wantu  wase  gute  Leute  (d.  g.  L.) 
II.    »      muzi  mkuru  großes  Dorf 

mizi  mikuru  große  Dörfer 
111.    ••      kivaro  hiclia  neue  Türe 
vivaro  vicha  neue  Türen 
\\ .    ->      {i)ntawa  ide  hoher  Berg 
zintawa  zide  hohe  Berge 
V.    •      hiqoto  libanzi  breiter  Gürtel 
zinqoto  zibanzi  breite  Gürtel 
VI.    .-      usiku  umnyama  schwarze  Nacht 

»  »  "  Nächte 

VII.    »      lizinyn  limsope  weißer  Zahn 

mazinyo  mamsope  und  gamsope  weiße  Zähne 
Mll.    "      kantawa  kanyani  kleiner  Hügel 
tuntawa  hinyani  kleine  Hügel 
IX.    •      mukati  muhanzi  breite  Mitte 

^  ^  }  große   hntfernung 

kudeni  knkuru  \ 

Demnach  ist  die  Flexion  dieser  Adjektiva  genau  dieselbe  wie  die  der 
Substantiva;  nur  in  der  IV.  Klasse  sing,  kommt  die  Voi-silbe  t  (nicht«  und 
m)  zur  ausschließliclien  Verwendung,  und  in  der  \U.  Klasse  plur.  ist  das 
Präfix  ga-  so  häufig  wie  »lo-.  Bei -mke  alle  tritt  Elision  ein:  wa-rmke  wird 
wanke;  zi-onke  wird  zonke;  ga-onke  wird  gonke. 

b)  Es  gibt  noch  eine  /weite  Art  von  .Adjektiven,  welche  nacli  ihrer 
Form  und  ursprünglichen  Bedeutung  Substantiva  sind  .  die  aber  adjekti\  isch 
l)ehandelt  werden.     Solche  sind  z.  B.: 

lukuni  trocken,  dürr,  hart  (eigtl.  dürres  Holz) 

lusaza  grün,  unreif  (eigtl.  frischgrünes  Gras) 

ludaka  naß,  feucht,  biegsam  (eigtl.  feuchter  Lehm) 

rura  leicht,  lebendig 

makaza  kalt  (eigtl.  Kälte) 

mazima  schwer,  schwierig,  (vom  Ciiai-akter)  gesetzt,  anständig 

Die  Übereinstinunung  mit  dem  regierenden  Substantiv  vollzieht  sich 
indes  bei  diesen  uneigentlichen  z\djektiven  nicht  durch  A'orsetzung  der  sub- 
stantivischen \'orsilben,  sondern  es  werden  die  dem  Substantiv  entsprechen- 
den persönlichen  Fürwörter  (er,  sie,  es,  sie  s.  unter  Deklination)  dem 
Adjektiv  präfigiert;  z.  B. : 

muntu  urura  lebender  Mensch  '  minda  ilusaza  grüne  Acker 

msisi  ulukuni  dürre  Wurzel  Imaqemhe  galudaka  {exiQhieBVkiiev  w^w. 

c)  Fehlende  Adjektiva  werden  ausgedrückt  durch  Umschreibung ; 
dazu  dienen  Substantiva,  Verba  und  Adverbia;  z.B.: 


Statt  urura  sagt  man  gewöhnlich  arum ,  auch  irura. 


Spiss:    Kingoni  luid  Kisutu.  281 

eiserner  Hammer  chando  clia  simbi  (Hammer  von   Eisen) 

hölzerner  Riegel  mvaro  wa  himuti  (Riegel  von   Holz) 

kranker  Mann  muntu  agurüeyo  (Mann,  welcher  erkrankte) 

\  ergebliche  Arbeit  msewenje  wa  chabe 

der  obere  Stein  liehe  la  pezuru 

die  rechte  Hand  chanja  cha  kunene. 

2.  Steigerung. 

Dieselbe  kann  nicht  im  Adjektiv  selbst  ausgedrückt  werden,  sondern 
muß,  falls  sie  sich  nicht  aus  dem  Sinn  von  selbst  ergibt,  umschrieben 
werden.  Dies  geschieht  am  häufigsten  durch  -shira^  übertreffen;  z.  B. 
mpondoro  imslura  inyioe  der  Löwe  ist  größer,  ist  stärker  als  der  Leopard; 
mpondoro  islura  nyama  zoiike  der  Löwe  übertrifft  alle  Tiere ,  d.  h.  er  ist  der 
stärkste,  schnellste  (usw.  je  nach  dem  Sinn). 

Auch  mit  Hilfe  des  Adveibiums  Ä'a^Mn<  (sehr,  besonders,  ausnehmend) 
kann  eine  Art  Komparativ  oder  Superlativ  gebildet  werden;  liehe  leli  lilukuni 
kakuru  dieser  Stein  ist  ausnehmend  hart,  d.h.  der  härtere  (wenn  von  zweien 
die  Rede  ist),  der  härteste  (wenn  von  mehreren  gesprochen  wird);  liehe 
leli  lilukuni,  lislura  gonke  dieser  Stein  ist  hart,  er  übertrifft  alle,  d.h.  er 
ist  der  härteste. 

Üblich,  wenn  auch  seltener  gebraucht,  ist  zu  diesem  Zweck  auch  die 
Partikel  (Präposition)  ku  gleich  dem  deutschen  »von«,  »unter«,  -vor«: 
nkomo  lei  ikuru  ku  nkomo  zonke  {zinye)  dieses  Rind  ist  das  große  von  (unter) 
allen  (anderen)  Rindern,  groß  vor  den  anderen,  d.  h.  das  größte. 


IV.  Die  Pronomina. 

1,  Die  persönlichen  Fürwörter. 

a)    Die   unbetonten  Personalia. 

Singular 

Nominativ      nyi,  ndi  ich  n  du  u"^  er,  sie,  es 

Dativ  ngi,  ndi  mir  ku  dir  m   ihm,  ihr.  ihm 

Akkusativ      ngi,  ndi  mich         ku  dich        m  ihn.  sie,  es 

Plural 

Nominativ     ti  wir         mu  ihr  wa  (wi)  sie 

Dativ  ti  uns         iva-ni  (mti-ni)  euch       wa  (wt)  sie 

Akkusativ      ti  uns         wa-ni  (mu-ni)   euch       wa  (wi)  sie 

Mit  Ausnahme  der  2.  und  3.  Person  Singular  und  der  2.  P(>rson  Plural 

sind  also  Dativ  und  Akkusativ  dem  Nominativ  gleich. 

Wie  schon  oben  bei  der  Bildung  des  Genitivs  bemerkt,  ist  das  Per- 
sonalpronomen der  dritten  Person  Singular  und  Plural  in  den  einzelnen 
Klassen  verschieden,  wie  aus  der  Tabelle  daselbst  ersichtlich  ist.    Die  dort 


'    Kisutu  -yashula,  -ruta,  -pita. 

2    Daneben  auch  (mehr  Kisutu  :»ls  Kingoni)  a  und  i. 


282  Spiss:    Kiiigoni  und  Kisutu. 

aufgeführten  Nominativformen  (es,  sie,  es,  sie)  von  II  bis  IX  sind  auch  die 
Formen  für  Dativ  (ihm,  ihr,  ihm,  ihnen)  und  Akkusativ  (ihr.  sie,  es,  sie). 
Bei  der  Verbindung  mit  dem  Zeitwort  steht  zuerst  das  Subjekt  (No- 
minativ), dann  unmittelbar  darauf  das  Objekt  (Dativ  odei-  Akkusativ).  Ztir 
P>klärung  mögen  folgende  Beispiele  dienen. 

«)    Für  den  Akkusativ: 


ndi-chaya  ich  schlage 

u-chaya  du  schlägst 

a-chaya  er,  sie  (I.  Kl.)  schlägt 


ndi-kti-chaya  ich  schlage  dich 
u- ndi-chaya  du  schlägst  mich 
a-m-ckaya  {muntu)  er,  sie  schlägt  ihn 
(den  Menschen) 
II.  Kl.  a-ti-chaija   {mfthati)  ei-  schlägt  sie  (die  Wange) 

III.  •■     a-ki-chaya  {chanja)  er  schlägt  ihn  (den  Arm) 

IV.  "     a-i-chaya  (nkomo)  er  schlägt  es  (das  Rind) 

V.    "     a-lu-chaya  {luzipo)  er  schlägt  ihn  (den   Finger) 
VI.    >■     a- u-chaya  {iduwa)  er  schlägt  sie  (die  Blume) 
V'II.    »     a-li-chaya  (lidoro)  er  schlägt  es  (das   Knie) 
VIII.    "     a-ka-chaya  {kayinja)  er  schlägt  es  (das  Hündlein) 
IX.    ••     a-pa-chaya  {pakati)  er  schlägt  sie  (die  Mitte). 
ß)    Für  den  Dativ: 
ngi-ku-pa  ich  gebe  dir  ti-ngi-pa  du  gibst  mir 

I.  Kl.  a-m-pa  (muntu)  er,  sie  gibt  ihm  (dem  Menschen) 
II.    "     a-u-pa  {mundo)  er,  sie  gibt  ihm  (dem  .Acker) 

III.  "     a-ki-pa  [kinini)  er  gibt  ihm  (dem  Verwandten) 

IV.  "     a-i-pa  (.shanzi)  er  gibt  ihm  (dem  Fisch) 
V.    ..     a-lu-pa  (luzipo)  er  gibt  ilmi  (dem  Finger) 

VI.    "     a-u-pa  (udade)  er  gibt  ihr  (der  Schwester) 
V^II.    "     a-li-pa  {/izwe)  er  gibt  ihm  (dem  Land) 
VITT.    "     a-kn-pa  (kayinja)  er  gibt  ihm  (dem   Hündchen) 
Desgleichen   im   Plural   (für  Akkusativ   und   Dativ  gleich): 
a-ii-chaya  vv.  sie  schlägt  uns  a-ti-pa  er,  sie  gibt  uns 

a-wa-chayd-ni  er  schlägt  euch  \  a-iva-pa-ni  er  gibt  euch 

a-wa-chaya  (loantu)   er  schlägt  sie  (die    o-u;a-j90    (icanhi)    er   gibt  ihnen  (den 

Leute)  Leuten) 

a-i-chaya  (mishati)  er  schlägt  sie  (die    «-»'-pa    (minda)    er    gibt    ihnen    (den 
Wangen)  Ackern)  usw. 

Das    reflexive   -sich"    heißt  für  alle  Klassen   Singulnr  und   Plural  zi; 
a-zi-chaya  er  schlägt  sich. 

1))    Die  betonten  Persona  lia. 
Sie  heißen: 

Singular  Plural 

minne  (newo,  nenyaY  ich  tini  (teioo,  twenga)  wir 

wena  (wewo,  icenga)  du  niiia,  mwena  (mweico,  micenga)  ihr 

yena  er,  sie ,  es  wona  sie. 


'    Die  in  Klammer  gesetzten  Formen  sind  Kisutu. 


Spi.ss:    Kiii2:oni  und  Kisutu. 


283 


Für  die  folgenden   Klassen  lauten  die  Personalia   der  dritten  Person: 
Singular  Plural 


(er 

,  sie,  es) 

(sie) 

II. 

Kl. 

ICOna    (aus  u-ona) 

1/0}ia   (i-ona) 

III. 

" 

chona    (hi-ona) 

vyona   (vi-ona) 

IV. 

•• 

yona  {i,-ona) 

ZOna    (zi-orca) 

V. 

'■ 

hma    (lu-ona) 

ZOna    (zi-om) 

VI. 

» 

WOna    (u-ona) 

WOna   (u-ona) 

VII. 

.. 

lona   {li-om) 

gona   (ga-ona) 

VIII. 

« 

kona    (ka-ona) 

tona    (tu-ona) 

,   pona    (pa-ona) 

pona    (pa-ona) 

IX. 

» 

}   mona    (mu-ona) 

'  kona  (ku-omi) 

mona  (mu-on^i) 

kona    (kit-omi). 

Dativ  und  Akkusativ  sind  ausnahmslos  gleich  dem  Nominativ;  der 
Genitiv  wird  in  gleicherweise  gebildet  wie  bei  den  Substantiven  z.  B. : 

mu/u  wa  minne  ein  Sklave  von  mir 

mizi  ya  tini  Dörfer  von  uns 

maqemhe  ga  chona  {kimiiti)  Blätter  von  ihm  (dem  Baum)  usw. 

Der  Bedeutung  nach  können  diese  betonten  Personalia  im  Deutschen 
mit  der  Verstärkung  «selbst"  (ich,  du,  er,  sie,  es,  wir  usw.  selbst)  wieder- 
gegeben werden. 

2.  Die  hinweisenden  Fürwörter. 
a)    Das  Demonstrativum   «dieser,  diese,  dieses«. 

Es  gibt  dafür  doppelte  Formen,  je  nachdem  man  ausdrücken  will: 
»dieser  da«   oder   »dieser  dort«. 

«)  Für  den  ersteren  Fall  geschieht  die  Bildung  wieder  auf  zwei- 
fache Art. 

«')  Die  unbetonten  Fürwörter  der  dritten  Person  w^erden  durch  Vor- 
silben verstärkt.  Diese  Vorsilben  bestehen  alle  aus  dem  Buchstaben/  und 
dem  Vokal  des  betreffenden  Personale;  z.  B.  für  I.  Klasse  Plural  heißt  das  Per- 
sonale (sie)  wa,  l  mit  a  gibt  la;  dazu  das  Personale,  gibt:  lawa  diese  da.  Indes 
ist  statt  der  \'erstärkungssilbe  lu  meist  lo  und  statt  li  immer  le  im  Gebrauch.  Bei 
den  folgenden  Beisj)ielen  möge  das  Wörtchen  >.da»  jedesmal  ergänzt  werden. 


Singular 
I.  Kl.  mtintu  loyu  dieser  INIensch 
II.    »     mvü  lou  {lowu)  diese  Arznei 

III.  »     kisepoleki{lechi)däese.Yv\\.Q\\i 

IV.  »     ntaica  lei  dieser  Berg 

\'.    "     lupondo  lolu  dieses  Hörn 
\"I.    »     usiku  lou  {lowu)  diese  Nacht 
\'II.    "     lizice  leli  dieses  Land 
VIII.    »     ^ay«WM/a^a dieses  Häuschen 
ipakati  lapa     . 
IX.    »     X  mukati  lomu  )  diese  Mitte 
'  kukati  loku   I 


Plural 
wantu  lawa  diese  Menschen 
miti  lei  diese  Arzneien 
visepo  levi  diese  Früchte 
zintawa  lezi  diese  Bei'ge 
zimpondo  lezi  diese  Hörner 
usiku  lou  (lowu)  diese   Nächte 
mazwe  laga  diese  Länder 
tuyinslu  lutu  diese  Häuschen 


284 


Spi.ss:    Kiiiiioni  und  Kisutii. 


/3 )      Neben     dieser 
noch    eine    andere,    durch 
gebildet. 


am     häufigsten     vorkommenden     Form     gibt     es 
die    \'orsilbe    na    und    das    unbetonte    Personale 


Singular 

Plural 

1. 

Kl.  na-ngu  (statt  na-yu) 

na  -  wa 

11. 

"     na-u  (na-wu) 

na-i  {na-yi) 

[II. 

■>     na  -  ki 

na  -  vi 

[V. 

>-     na-yi 

na-zi  usw. 

ß)  Die  Formen  für  den  zweiten  Fall,  wenn  der  Sinn  unserem 
deutschen  «dieser  doi't"  entspricht,  werden  in  sehr  einfacher  Weise  aus 
den  an  erster  Stelle  besprochenen  Demonstiativa  gebildet,  indem  an  die- 
selben das  Suffix  -yani  angehängt  wird  (aus  loyu-yani  und  Inu-yani  wird 
durch  Elision  loyani). 


s  entstehen 

1  somit  folgende  Formen: 

Singular 

Plural 

dieser  (di 

iesc,  dieses)  dort 

diese  dort 

I.  Kl. 

loyani 

lavcayani 

II.    .. 

loyani 

leiyani  {leyani) 

III.    .. 

lecMyani 

leviyani 

IV.    .. 

leiyani  (leyani) 

leziyani  {lezyani) 

\'.    .. 

loluyani  {lolyani) 

leziyani  {lezyani) 

VI.    >. 

loyani 

loyani 

VII.    .. 

leUyani  {leiyani) 

lagayani 

VIII.    >. 

lahayani 

lutuyani 

1  lapayani 

lapayani 

IX.   >. 

{  lomuyani 

lomuyant 

'  lokuyani 

lokuyani 

h)    Das  Demonstrativ  um   <>j  ener,  jene,  jenes«. 

Auch  hier  gibt  es  eine  Doppelbildung,  ohne  daß  in  der  Bedeutung 
ein  Unterschied  der  zwei  Formen  konstatiert  werden  könnte.  Die  größere 
oder  geringere  Entfernung  wird  durch  stärkere  oder  schwächere  Betonung 
der  ersten  Silbe  bezeichnet.^ 

Die  eistere  Art  bildet  sich  duix-h  Anhängung  d(M-  Silbe  -ya  an  das 
Demonstrativum  »dieser  da«  {loyit  usw.).  Auch  hier  wird  in  loyii  und  lou 
das  11,  elidiert. 

Die  zweite  Form  entsteht  aus  den  unbetonten  Personalia  indem  die- 
selben zwischen  das  Piiifix  na-  und  das  Suffix  -ya  eingeschoben  werden; 
mn-  aus  na-yu-ya  w  ird  na-mßi-ya.  In  der  folgenden  Tabelle  sind  sämtliche 
Formen  der  beiden   Arten  enthalten. 


^    Ist    die  Entfernung    nur  eine    geringe,    so    dient    die   soeben   besprochene 
Form  "dieser  dort«. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisiitii.  285 


I.  Art 

II.  Art 

Singular 

Plural 

Singular 

Plural 

jener  usw. 

jene 

jener  us\a 

jene 

I.  Kl. 

loya 

Idwaya 

ndnyuya 

ndwaya 

II.    .. 

loya 

leiya  {leya) 

nänya 

ndiya 

III.    » 

leJciya 

leviya  {levya) 

nakiya 

ndviya 

IV.   .. 

leiya  (leya) 

leziya  (lezya) 

ndiya 

ndziya 

V.    » 

löluya 

leziya  {lezya) 

ndluya 

näziya 

VI.   .. 

loya 

loya 

näuya 

nduya 

VII.    .. 

leliya  (lelya)  lägaya 

näliya 

ndgaya 

VIII.    .. 

lakaya 

lütuya 

ndkaya 

ndtuya 

i  läpaya 

läpaya  dort 

näpaya 

ndpaya  dort 

IX.   .. 

{  lormiya 

lömuya  dort  drinnen 

ndmuya 

ndmuya  dort  drinnen 

\  lökuya 

lökuya  dorthin 

näkitya 

ndhuya  dorthin.^ 

Die   Stellung   von    siuntliclien   dieser   Denionstrativa  ist   in   der  Regel 
nach  dem  rearierenden  Nomen : 


mlamu  loyani  diese  Katze  dort 
wariisi  laicayani  diese  Hirten  dort 
Jcimuü  lekiya  jener  Baum 


zinja  leziya  jene  Hunde 
lizwe  näliya  jenes  Land 
tuntawa  ndtuya  jene  Hügel. 


3.  Die  fragenden  Fürwörter. 

Die  Interrogativa  «wer?,  was.^,  welcher?,  was  für  ein?,  wie?, 
wozu?,  warum?«  werden  alle  durch  das  Suffix  -ni  mit  vorausgehender 
Genitivpartikel  der  neun  Klassen  gebildet.  Der  Sinn ,  d.  h.  das  zu  ergän- 
zende Substantiv  muß  ergeben,  welches  von  den  so  entstehenden  Frage- 
wörtern zu  wählen  ist. 

Der  Übersichtlichkeit  halber  seien  sie  hierher  gesetzt. 

i  pani 
IX.  Kl.    \  mwani 
\  kwani. 

»Wer?«  wird  also  in  den  meisten  Fällen  mit  dem  erstklassigen 
^^wanif'^  zu  übersetzen  sein;  das  allgemeine  »was?«  heißt  »«e7«  (für  sich 
allein).  Es  kann  aber  auch  durch  irgendein  passendes  Fragewort  aus 
vorstehender  Tabelle  übersetzt  werden,  z.B.  chani?,  yanii,  lyanii  Letztere 
Formen  sind  stets  zu  nehmen  bei  der  Übersetzung  von  »welcher?,  welche?, 
welches?«    und  »was  für  ein?«,  z.B.: 

muntu  ivani?  welcher  (was  für  ein)  Mann  ? 

munda  wani?  welcher  Acker? 

chando  chani?  welcher  Hammer? 

mbiza  yani?  welcher  Topf? 


Singular 

Plural 

Singular 

Plural 

I.  Kl.  wani 

wani 

V.  Kl.  Iwani 

zani 

IL    »     wani 

yani 

VI.    »     ward 

wani 

III.    »     chani 

vyani 

\'II.    »      lyani 

gani 

IV.    »     yani 

zani 

VIII.    "     kani 

twani 

1  Im  Kisutu  erscheint  das  Demonstrativuni  dem  Kisvvaheli  ganz  gleich  ge- 
bildet. Nur  fällt  bei  »dieser,  diese,  dieses»  die  Aspiration  h  aus,  und  hei  »jener, 
jene,  jenes-  wird  die  Schlußsilbe  -le  zu  la:  manu  wy«  dieser  Mensch,  -^X.  wanu  awa\ 
iiiuji  uu   (auch  nyii)  dieses  Doif,  pl.  iniji  ii\  ki'vfii  kila  jenes  Ding,  pl.  viutu  vila  usw. 


286  Spiss:    Kinaoni  und  Kisutu. 

»Warum?«  wird  am  besten  durch  y^ndawa  yani^'^  (welcher  Grund?) 
wiedergegeben;   »wozu?«   durch   «Tcwa  chani'?'^,   «kwa  yanih^. 

Außer   diesen   adjektivischen  Fragewörtern  gibt  es  noch  zwei  unver- 
änderliche (adverbiale):   njani  und  muni,  die  in   Verbindung  mit  Substan- 
tiven alle  aufgeführten  Formen  vertreten  können;  also: 
muntu  njani?  welcher  Mann? 
munda  njani?  welcher  Acker? 
ndawa  muni?  aus  welchem  Grund  (warum)?  usw. 

Dativ  und  Akkusativ  sind  ihrer  Form  nach  dem  Nominativ  gleich; 
der  Genitiv  wird  dadurch  gebildet,  daß  vor  das  Fragewort  die  dem  re- 
gierenden Substantiv  entsprechende  Genitivpartikel  gestellt  wird: 

kituliro  cha  icani?  wessen  Flöte? 

ndalama  ya  [nkomo)  yani?  wessen  (Rindes)  Schelle? 

»Wo?,  woher?,  wohin?«  wird  in  der  Regel  unterschiedslos  mit 
kupi?  (Kisutu  y>koki?'<)  übersetzt;  genau  genommen  entspricht  indes  kupi 
(koki)  nur  unserem  »woher?,  wohin?«.  Die  richtigere  Ausdrucksweise  für 
»wo?«  ist  pi  mit  vorgesetztem  Personale  der  dritten  Person  (wörtlich  'Cr 
(sie,  es)  wo?«).  Es  entstehen  dadurch  die  Formen: 
Singular  Plural 

(er,  sie,  es  wo?)  (sie  wo?) 


I,  Kl.  api  wapi 

II.    »     upi  ipi 

111.     »     kipi  vipi 


Singular  Plural 

(er,  sie,  es  wo?)  (sie  wo?) 


V.  Kl.  lupi  zipi 

VI.     »     upi  upi 


\\\.     "     Upi  yapi 

IV.     "     ipi  zipi  '      VIll.     "     kapi  tupi 

IX.  Kl.  papi  {mupi)  kupi  , 

»Wieviel?«  heißt  -ngaki;  »wie  groß?«  ngaka?,  z.B.  nkomo  nyaka 
(7ia  ni)?     Das   Kind  wie  gi-oß  (wie   was)?    ein  wie  großes  Rind? 

4.   Die  besitzanzeigenden  Fürwörter, 
Dasselbe  kann  auf  zweifache  Art  wiedergegeben  werden. 

a)  Die  früher  aufgeführten  betonten  Personalia  werden  mit  Hilfe 
der  Genitivpartikeln  mit  dem  regierenden  Substantiv  in  Übereinstimmung 
gebracht: 

»mein»   heißt  demnach  wa  {duz,  ya,  Iwa,  la,  ka,  pa,  kwa)  minne 

dein     wa  {cha,  ya.  Iwa,  lya.  ka,  pa,  kwa)  wena 

sein      wa      »        »        »         »        »       »        »       yena  usw. 

unser  wa      »        »        »         »        »       »        »        tini 

euer     wa      »        »        »         »        »       »        »        nina 

ihr        wa       »         »        »         »        »        »        »        wona  usw. 

b)  Die  zweite  Art  wird  gleichfalls  mit  Hilfe  der  Genitivpartikeln  ge- 
bildet, doch  bedient  man  sich  statt  der  betonten  Personalia  eigener  Wörtchen, 
welche  an  die  Genitivpartikeln  angeschlossen  und  mit  denselben  zu  einem 
Worte  verschmolzen  werden.     Diese  Wörtchen  sind: 


Spiss:    Kiiigoni  und   Kisutu.  287 

für  mein  -mi  unser  -itu'^ 

dein    -ko  euer    -inu  ^ 

sein     -Tee  ihr       -o  (tvo) 

z.  B.  I.  Kl.  rntwana  wa-mi  mein  Kind  wantwana  we-tu  unsere  Kinder 

II.    >■     munda  wa-lto  dein  Acker  minäa  ye-nu  eure  Acker 

111.    "     kitunyo  cha-ke  seme^adiel  vitungo  vya-o  ilire  Nadeln 

usw. 

Soll  ein  besonderer  Nachdruck  auf  das  Possessivum  gelegt  werden, 
so  werden  beide  Ausdrucksweisen  zusammen  verbunden: 

Für  "dein  Vater«  {baica  yami)  ist  neben  der  vollen  Form  das  Wort 
>>iso«  im  Gebrauch,  desgleichen  für  «sein  Vater«  ise,  »deine  Mutter«  nyoko, 
»seine  Mutter«  ngina. 

-mi  minne  der  (die,  das)  meinige 

-ko  wena  der  (usw.)  deinige 

-ke  yena  (-ona)  der  (usw.)  seinige 

-itu  tini  der  (usw.)  unsere 

-inu  nina  der  (usw.)  eure  (eurige) 

-o  {-wo)  ona  der  (usw.)  ihrige. 


5.  Die  bezüglichen  Fürwörter. 

Das  Relativum  wird  analog  dem  Kiswaheli  durch  den  Buchstaben  o 
ausgedrückt,  und  zwai*  ist  die  Bildung  der  relativischen  Form  im  Kingoni 
sehr  vereinfacht.  Ohne  Rücksicht  auf  die  Klasse,  der  das  Subjekt  an- 
gehört, oder  den  Numerus,  in  dem  es  steht,  und  ohne  Unterschied  des 
Tempus  oder  Modus  des  betreffenden  Zeitworts  erhält  letzteres  das 
relativische  Suffix  i/o,  w^odurch  alle  Nominativformen  des  Relativums  aus- 
gedrückt sind. 

minne  nihambd-yo  ich,  der  ich  gehe 
muntu  achaya-yo  der  Mensch,  welcher  schlägt 
m,uü  usindisa-yo  die  Arznei,  welche  heilt 
chule  kikarile-yo  der  Frosch,  welcher  geschrien  hat 
vyule  vikaranga-yo  die  Frösche,  welche  nicht  schreien 
wafu  wachaiwa-yo  die  Sklaven,  welche  geschlagen  werden 
usw. 

Eine  zweite  Ausdrucksvveise  des  Relativums  besteht  in  der  Anwen- 
dung des  Wortes  -enje.  Es  wird  Üektieit  analog  dem  oben  aufgeführten 
-ona  durch  Vorsetzung  der  jjersönlichen  Fürwörter  und  entsj)richt,  da  es 
auch  als  tonloses  Demonstrativum  vorkommt,  dem  deutschen  relativen 
»der,  die,  das«,  oder,  in  Verbindung  mit  dem  Relativsuffix  -yo.  unserem 
»derjenige  welcher«.  Die  den  drei  Personen  tmd  neun  Klassen  entsprechen- 
den Formen  von  -enje  sind: 


Das  a  der  Geiiiti\p,ii  tikel  wird  mit  diesem  /  in  r  kontraliiert. 


288  Spiss:    Kingoiii  und  Kisutu. 

Singular  Plural 

I.  Person  nenje  (ndi-enje)  tenje  (ü-enje) 

II.  »  Wenje    (u-enje)  mwenje    (mu-enje) 

III.  >•  I.   Kl.    enje   (a-enje)  wenje   (ua-enje) 

II.      )>      wenje    {u-enje)  y^nje   {i-enje) 

III.  »     chenje  (ki-enje)  vyenje  (vi -enje) 

IV.  >.      ye7lje    {i-enje)  zeuje    {zi-enje) 
V.      »      Iwenje   {lu-enje)  zenje    {zi-enje) 

VI.      »      wenje   {u-enje)  wenje    {u-enje) 

VII.      >>      lenje   {U-enje)  g^J€   {ffa-enje) 

\lll.      »      kenje   {ka-enje)  twenje   {tu-enje) 

IX.      ••     penje    {pa-enje)  penje   (pa-enje) 

mwenje   (mu-enje)  mwenje    {mu-enje) 

Tcwenje    {ku-enje)  kwenje    {ku-enje) 

du,  der  du  gehst  wena,  wenje  uhamha  {yo) 

wir,  die  wir  sterben  werden  tini,  twenje  tizofa  {yo) 

deijenige  (Knabe),  welcher  gestohlen  hat  (mfana)  enje  ayibile  (yo) 
usw. 

Häufig  im  Gebrauch  ist  noch  eine  dritte  Ausdrucksweise,  die  sich 
äußerlich  gar  nicht  als  Nebensatz  präsentiert,  aber  doch  relativen  Sinn  hat. 
I)ei-  Relativsatz  wird  koordinieit  neben  seinen  Hauptsatz  gestellt  und  das 
Subjekt  des  ersteren  (a-,  wa-,  u-,  ?'-,  ki-,  vi-  usw.)  durch  das  Demonstrativum 
oder  das  betonte  Personale  verstärkt. 

mfana  wani,  loyu  ayibile  ngukui  welches  ist  der  Knal)e,  dieser 
hat  das  Huhn  gestohlen  (=  welcher  das  Huhn  gestohlen  hat)? 

ndihonUe  inywe,  imbamhile  mfasi  yena  ich  habe  den  Leoparden  gesellen, 
er  hat  das  Weib  gepackt,  ihn  (=  welcher  das  Weib  gepackt  hat). 

andiyazi  lapo ,  muntu  avera  kona  ich  weiß  nicht  den  Ort.  der  IMann 
konniit  von  dorther  (=  von  woher  der  Mann  kommt). 

mfasi  afire,  awile  na  mannata  loya  das  Weib  ist  gestorben,  es  hat  den 
Aussatz  gehabt,  jenes  (=  welches  den  Aussatz  gehabt  hat). 

Mitunter  werden  auch  diese  Demonstrativa  noch  fortgelassen,  so  daß 
man  die  relative  Bedeutung  des  zweiten  Satzes  nur  aus  dem  Sinn  erkennen  kann. 

Betreffs  der  andern  drei  Kasus  merke:  Dativ  und  Akkusativ 
werden  im  Verbum  (durch  Kinfügung  des  treftenden  Personale)  ausgedrückt: 

mtwali,  ndiinpireyo  ligwayi  der  Träger,  dem  ich  Tabak  gegeben  habe ; 

wqfu,  nkosiiwuchayileyo  die  Sklaven,  \velche  der  Häuptling  geschlagen  hat; 

mhiza,  mfasi  aifäyik  lei  der  Topf,  w' eichen  das  Weib  zerbrochen  hat: 

mfana,  ndimtanda  yena  der  Knabe,  den  ich  liebe  usw. 

Der  Genitiv  kann  in  manchen  Fällen  (bei  passiver  oder  intransitiver 
Form  des  Zeitwortes)  in  gleicher  Weise  wie  der  Nominativ  übersetzt  werden ; 
z.^.msikana,  afiweyo  ngina  das  Mädchen,  dessen  Mutter  gestorben  ist.  ^ 


1    Kaim  im  Deutschen    nicht    wörtlioh    nhersetzt  werden,    weil    von   -sterben, 
keine  passive  Form  gebildet  werden  i^ann. 


Spiss:    Kins;oni  tuuI  Kisutu. 


289 


■mfana  ayibhveyo  nyura  der  Knabe,  dessen  Kleiil  gestuhlen  wurde 
(wörtl.  der  in  bezugaufdas  Kleid  bestohlen  wurde);  mf ad  wadankayo  nyura 
das  Weib,  dessen  Kleid  zerrissen  ist  (wörtl.  welches  zerrissen  ist  am  Kleid). 

In  anderen  Fällen  muß  man  die  relativisclie  Bezeichnung  ganz  fort- 
lassen oder  zu  den  Demonstrativa  seine  Zuflucht  nehmen;  z.B.: 

Der  Mann,  dessen  Hund  dich  gebissen  hat,  kann  heißen:  muntu,  yinja 
yake  ikulumile,  oder  muntu,  yinja  yaJce  ikulumile  loyu  [yena-loya).^ 


6.  Die  unbestimmten  Fürwörter. 

»Ein«,  »irgendein«,  »ein  gewisser«,  »jemand«,  »etwas«  heiQi  pete 
(kis.  nono,  Mto),  das  in  dieser  stereotypen  Form  für  alle  Klassen  gebraucht 
wird ,  ohne  daß  eine  Flektierung  durch  Voi'silben  ausgeschlossen  wäre.  Für 
»jemand«  sagt  man  auch  rnuntn,  muntu  mozi  (ein  Mensch),  welches  in 
\^erbindung  mit  der  Negation  aiich  die  Bezeichnung  für   »niemand«   ist: 

aboneki  muntu  (mozi)  es  ist  niemand  in  Sicht. 

Für  »ein  anderer«  sind  in  Gebrauch  -yakwene,  -nye,  die  genau  wie 
Adjektiva  behandelt  werden. 

»Selbst«  kann  übersetzt  werden  durch  das  adjektivische  -tiyikazi, 
das  aber  nur  für  Lebewesen  verwendbar  ist;  ferner  durch  das  betonte 
Personale  und  das  Demonstrativum  loyani  usw.^ 

»Allein  II  heißt  -edwa  oder -odioa  {auch -edwana,  -odwa7ia),  welche  in 
Verbindung  mit  den  unbetonten  Personalia  wie  folgt  lauten: 


ndedwa  {nedwa,  nodwa)  ich  allein 

wedwa  (wodwa)  du  allein 

Singular 
(er,  sie,  es  allein) 
I.  Kl.  yedwa  {yodwa) 


II. 

'     wedwa  (icodwa) 

III. 

>     chedwa  (chodwa) 

IV. 

>     yedwa  (yodwa) 

Y. 

»     Iwe.dwa  (lodwa) 

VI. 

»     wedwa  (wodwa) 

tedwa  (todwd)  wir  allein 
mwedwa  (modwa)  ihr  allein 
Plural 
(sie  allein) 
wodwa 

yedwa  (yodwa) 
vyedwa  (v yodwa) 
zedica  (zodwd) 
zedwa  (zodwa) 
wedwa  (wodwa) 


'  Desgleichen  bleibt  das  Relativum  unübersetzt ,  wenn  es  eine  Präposition 
bei  sich  hat:  der  Sklave,  von  dem  ich  verspottet  worden  inufu,  ndishekiwe  naye; 
der  Stein,  auf  den  ich  gefallen  bin  liehe,  ndiwile  pezuru  pake. 

2  Im  Kisutu  heißt  sowohl  »selbst»  als  »allein«  -inenc ,  namene  ich  selbst 
(=  allein),  wamene  du  selbst,  tarne n e  W\t  selbst,  mwamene  ihr  sellist.  In  der  dritten 
Person  (mit  den  Genitivpräfixen): 


Singular 

Plural 

Singular 

Plural 

1.  wamene 

wamene 

VI.  wamene 

wamene 

II.  wamene 

yamene 

VII.  lamene 

gamene 

III.  chamene 

vyamene 

VIII.  kamene 

twamene 

IV.  yamene 

zamene 

pamene 

1 

V.  Iwamene 

zamene 

IX.  mwamene 
kwamene 

'    desgl. 

\ 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  III.  Abt. 


290 


Spiss:    Kiiigoni 

und  Kisutu. 

Singular 

Plural 

(er 

sie,  es  allein) 

(sie  allein) 

VII. 

■>     lyedwa  {lyodwa) 

yedwa  {godwa) 

VIII. 

»     kedwa  (kodwa) 

twedwa 

IX. 

>•    ]}edwa  (podwa) 

rnwedwa  (modwa) 

desgl. 

kodwa ^ 

V.  Die  Numeralia. 

1.  Die  Grundzahlen. 
In  Beiieaiiung  dei- Zahlen  ist  das  Kingoni  äußerst  dürftig.^  Was  über  5 
hinausgellt,  muß  darum  schon  durch  Addition  gebildet  werden.  Fiir  eine 
Einheit  von  10  gibt  es  neben  ichumi  (pl.  ma-)  noch  ein  zweites,  wahrschein- 
lich dem  Kisutu  angehörendes  Wort  mronyo  (pl.  ?«/-).  Das  unter  1  aufge- 
führte -nye  heißt  auch    «ein  anderer». 


1. 

-mozi,  -nye 

2. 

-will 

3. 

-tatu 

4. 

-nne 

5. 

-sano  {msano) 

6. 

-sano  na -mozi 

7. 

-sano  na- will 

8. 

sano  na -tatu 

9. 

sano  na -nne 

10. 

ichumi 

11. 

ichumi 

na 

-  moz 

■ 

12. 

,. 

„ 

-wili 

13. 

» 

.. 

-tatu 

14. 

,. 

,, 

-nne 

15. 

.. 

» 

-sanc 

16. 

.. 

» 

.. 

na  -  mozi 

17. 

., 

„ 

.. 

«  -wili 

18. 

.. 

» 

., 

..  -tatu 

19. 

'■ 

" 

•■ 

..  -nn^ 

mawili  ((jawili).  mirongo 

miicili 

matatu , 

mitatu 

manne , 

minne 

masano . 

misano 

na  limozi.  mirongo  ml 

ta?io  na 

munye  {mozi) 

.-    maicili. 

.. 

.. 

miwili 

»    matatu. 

.. 

.. 

mitatu 

«    mc 

jnne , 

.. 

.. 

minne 

30. 

40. 

50. 

60. 

70. 

80. 

90. 

100.  machumi  ichumi,  mirongo  ichumi.^ 
Sämtliche   Zahlwörter   werden   also    wie    Adjektiva   abgeändert,    nur 
ichumi  (niachumi  und  das  kis.  mcheclie)  lauten  für  alle  Klassen  gleich.    Seine 
Stelle  findet  das  Zahlwort  hinter  dem  Substantiv  und,  falls  ein  solches  vor- 


1  Letzteres  kodwa,  welches  auch  "aber«  bedeutet,  entspricht  seiner  Form 
und  Bedeutung  nach  ganz  unserm  deutschen  -allein...  Wörtlich  heißt  kodwa  -an 
alleiniger  Stelle... 

2  Sogar  die  im  Kizulu  gebräuchlichen  Ausdrücke  fiu-G,  7,  8  und  9  sind  von 
den  Wangoni  in  ihrer  neuen  Heimat  \ergessen  worden. 

^    Die  Wasutu  zählen  :  -monqa,  -icUi,  -data,  -mcheche,  -lumo,  -hano  na  -  inonya  usw. 


Spiss:    Kingoiii  und  Kisutu.  291 

handt-ii,  auch   hinter  dem  Adjektiv.     Also  25  Rindei-  heißt:  zinkomo  macJiumi 
mawili  na  zisano',  4  große  Kühe:  nhomokazi  ziknru  zinne. 
Merke  ferner: 

Wir  zwei  {tini)  tawawili  \  sie  drei  (wona)  wawatatu  usw. 

dir  drei  (mwena)  mawatatu  \  wir  alle  (tini)  iawonke. 


2.  Die  Ordnungszahlen. 

Sie    werden    aus    den    Grundzahlen    gebildet    durch   Vorsetzung    der 
Genitivpartikel.    Vor  den  Stamm  des  Zahlworts  tritt  das  Präfix  u. 
«Der  zweite  Mann«   heißt  demnach  muntu  wa  uwili 
"der  dritte  Baum«   kimuti  cha  utatu 
»der  fünfte  Knoten«   lifindo  la  usano  usw. 

Statt  -a  umozi  {-a  miye)  sagt  man  -a  kuqaza ,    -a  kutangulira ,   -a  kiqaro 
(wörtl.  des  Anfanges); 

z.  B.  mfana  wa  kuqara  der  erste  Knabe 

muzi   wa   kiqaro   das   erste    Dorf,    auch   muzi  wa  pambele   (wörtl.  das 

vordere,  vorderste  Dorf)  usw. 
Bei  11  — 19  wird  neben  der  Zahl  10  auch  das  Wort  emuva  am  Ende 
verwendet.     Es  heißt  also 

der  11.  -a  iichumi  na  mozi ,   und  -a  semuva^  (»der  am  Ende«) 
..     12.  -a        »         >>   uwili.     »     -a  .se»^M^;ö!^:TO^7^■(» der  am  zweiten  Ende«) 
..     13.-0        »         »  utatu.     »     -a  ÄemMwa^eVöi?«  (»der  am  dritten  Ende«) 
usw. 

3.  Die  Zahladverbia 

bilden  sich  aus  den  Oidinalzahlen  durch  Vertauschung  des  Klassenpräfixes 
mit  der  Silbe  ya:  ya  kuqala  {ya  kutangulira  wsw .)  erstens;  i/a  m'//«' zweitens ; 
ya  tatu  drittens ;  ya  nne  viertens  usw. 

4.  Die  Wiederholungszahlen 
werden  durch  das  Präfix  ka-  (auch  pa-)  gebildet: 
einmal  kamozi"^,  kannye 
zweimal  kawili  {pa-) 
dreimal  katatu  (pa-) 
viermal   kanne  {pa-) 
fünfmal  kasano  {pa-) 


sechsmal  kasano  na  kamozi 
siebenmal  »  «  kawili 
achtmal  »         •>    patatu 

neiunnal         »  »    panne 

zehnmal  kachumi  {pachumi)  usw. 


1  Über  das  euphonistische  -v  in  semuvu  s.  imter  Deklination  am  Scliluß.  Zu  er- 
klären ist  diese  sonderbare  Ausdrucksweise  dadurch  ,  daß  für  den  Mgoni  nacli  dein 
Abzählen  der  10  Finger  eben  das  Zahlen- "Ende«  beginnt. 

2  Hier  nicht  pd-mozi,  da  dies   ..hcisaninien«   heißt. 

ly* 


292  Snss:    Kingoni  und  Kisutu. 


VI.  Die  Verba. 

Der  Stamm  der  Zeitwörter,  sowohl  in  ihrer  einfachen  als  in  der  ab- 
geleiteten Form  endigt  auf  -a;  von  dieser  Regel  ausgenommen  sind  nur 
-yaze  wissen  und  -ü  sagen.  Die  Konjugation  geschieht  durch  Präfixe  und 
Suffixe.  An  erster  Stelle  kommt  stets  (auch  in  Fragesätzen)  das  (unbe- 
tonte) Personale  zu  stehen,  das  sich  in  der  dritten  Person  nach  der  Klasse, 
der  das  Subjekt  angehört,  richten  muß.  Auf  das  persönliche  Füiwort  folgt 
in  der  Regel  die  Zeitpartikel,  die  mit  ersterem  vielfach  in  eine  Silbe 
konti-ahiert  wird.'  Das  Infinitiv  r=  hu-  darf  nur  in  gewissen  Formen  stehen, 
fortbleiben  kann  es  immer. 

Da  sich  bei  einsilbigen  Verben  einige  Abweichungen  von  der  regel- 
mäßigen Konjugation  zeigen,  so  behandeln   wir 

A.  Die  zwei-  und  mehrsilbigen  Verba. 
I.  Das  Aktiv. 
Die  Konjugation  ])ewegt  sich  nur  innerhalb  von  vier  Zeiten :  Gegen- 
wait,  Zukunft,  Vergangenheit  und  das  Noch -nicht- Tempus.  Davon  ist  nur 
(las  Präsens  vollkommen  entwickelt,  indem  es  über  die  Modi:  Indikativ, 
Konjunktiv,  Konditional  (Optativ) ,  Imperativ  und  Infinitiv  verfügt,  während 
dieselben  den  übrigen  Zeiten  fast  ganz  abgehen.     Wir  behandeln  also: 

1.  Das  Präsens. 

a)   Indikativ. 
Bejahend.  Verneinend. 

«)    Das  einfache  Präsens:  Vor  das    einfache  Präsens  tritt  die 

bloßes    Personalpräfix;    das    Inf.    Negation  o-;   das  Schluß -a  des   Ver- 
=  Tcu  darf  stehen.  bums  wird  /. 

/ß)  das  emphatische,  alleinstehende 
Präsens : 
Personalpräfix     und    Zeitpartikel 
-ya-. 

a) 
Bejahend.  Verneinend. 

ndi  -  (ku)  -  fanda  ich  liebe  a-ndi-landi  ich  liebe  nicht 

u-tanda  du  liebst  a-u-tandi  du  liebst  nicht 

'^a-tanda  er  (sie,  es)  hebt  ^a{-a)-tandi  er  (sie,  es)  liebt  nicht 

ti-tanda  wir  lieben  a-H-tandi  wir  lieben  nicht 

mu-tanda  ihr  liebet  a-m-tandi  ihr  liebet  nicht 

'^wa-tanda  sie  lieben  a-tm-tandi  sie  lieben  nicht 


1  Darum  die  Notwendigkeit,  das  Personale ,  die  Zeitpartikel  und  das  Verbuni 
als  ein  Wort  zu  scin-eiben. 

2  Nicht  zu  vergessen  die  Answalil  der  treftenden  Klassenpartikel. 


ndi-ya-fanda  ich  liebe 
u-ya-tanda  du  liebst 
a-ya-tanda  er  (sie,  es)  lieht 
ti-ya-tanda  wir  lieben 
mu-ya-tanda  ihr  liebet 
wa-ya-tanda  sie  lieben 


Kingoiü  und   Kisutu.  293 

wie  unter  a) 


h)  Konjunktiv. 
Bejahend.  Verneinend. 

Bloßes  Personalpräfix;  das  Schluß -a        Zwischen    das    Personale   und   den 
des   \' erbums  wird  -e.  Stamm  der  bejahenden  Form  tritt  die 

Negationssilbe  -7igö-. 
ndi-tande  ich  möge  lieben  ndi-ngo-tande   ich  möge  nicht  lieben 

u-tande  du  mögest  lieben  u-ngö-tande  du  mögest  nicht  lieben 

a-tande  er  (sie,  es)  möge  lieben  a-ngö-tande  er  (sie,  es)  mögen  nicht  1. 

H-tande  wir  mögen  lieben  ti-ngö-tande  wir  mögen  nicht  lieben 

mu-tande  ihr  möget  lieben  mu-ngö-tande   ihr    möget  nicht  lieben 

tande  sie  mögen  lieben  wa-ngö-tande   sie  mögen  nicht  lieben 


ica 


c)  Konditional  (Optativ). 
Bejahend.  Verneinend. 

Bloßes     Personalpräfix ;      zwi.schen        In  der  bejahenden  Konditionall'orm 
dasselbe    und    den    Stamm    tritt    die    wird  das  Schluß-«  zu  /. 
Silbe  -nga-. 

ndi-nga-tanda  ich  Avürde  lieben  ndi-nga-tandi  ich  würde  nicht  lieben 

u-nga-tanda  u-nga-tandi 

a  -  nga  -  tanda  a  -  nga  -  tandi 

ü  -  nga  -  tanda  ti-  nga  -  tandi 

mu  -  nga  -  tanda  mu- nga- tandi 

wa  -  nga  -  tanda  wa  -  nga  -  tandi 

Die  Form  mit  -nga-  ist  der  Modus  für  Bedingungssätze,  sowohl  für 
den  Vordersatz  (Annahme)  als  Nachsatz  (Folgerung).  Ndi -nga- tanda  heißt 
also  nicht  bloß  »ich  würde  lieben«,  sondern  auch  »w^enn  ich  liebte  (lieben 
würde)«;  darum  dient  dieser  Modus  (neben  dem  Konjunktiv)  auch  zum 
Ausdruck  eines  Wunsches:  a-nga-uya!  wenn  er  käme!  Möchte  er  kommen! 
Zu  liemerken  ist,  daß  die  Silbe  nga  (verkürztes -/m^a  versuchen)  auch  vor 
dem  Personalpronomen  stehen  kann:    nga -ndi- tanda  usw. 

d)  Imperativ. 
Bejahend.  Verneinend. 

Der    bloße  Stamm,    im    Plural    das         Die    Negation     7igd     tritt     vor    den 
Suffix  -ni.  affirmativen  Imperativ. 

tanda!    liebe!  ngö- tanda!    liebe  nicht! 

tandani!    liebet!  ngö-tandani!   liebet  nicht! 

Häufig  ist  die  Umschreibung  des  Imperativs  durch  den  Konjunktiv: 
mutande,    liebet;    mu-ngo-tande    liebet    nicht.      Der    negative    Imperativ    wird 


294 


Spiss:    Kiiigoiii  und  Kisutu. 


ferner'  sehr  häufig  umschrieben  dui'ch  -sia  {-leJca,  -kotoka)  unterlassen:    ufie 
kuyiba!   unterlaß  /u  stehlen,  stiehl  nicht!    muleke  kudeta!  lüget  nicht!  usw. 

e)  Infinitiv. 
Bejahend.  Verneinend. 

Vor  den  .Stamm  tritt  das  Präfix  ku-:         Das  .Schluß -a  der  affirmativen  Form 

wird   zu  /,   zwischen  ku   und  Stamm 
tritt  -nga-: 
ku-hamba  gehen,  zu  gehen  ku-nga-hamhi 

Der  negative  Infinitiv  wird  indes  häufiger  mnschrieben  durch  die  oben 
erwähnten   \'erba  -sia  {-leka,  -kotoka). 


Bejahend. 
Zwischen  Personale  und  Stamm  tritt 
die  Zeitpartikel  -za-  {-zo-);  das  Infini- 
tiv =:  ku-  darf  stehen. 


ndi-za-{ku)-tanda  ich   werde  liebei 

u-za-tanda  du  wirst  lieben 
a-za-tanda  er  wird  lieben 
ti-za-tanda  wir  werden  lieben 
m-za-tanda  ihr  werdet  lieben 
voa-za-tanda  sie  werden  lieben 


2.    Die  Zukunft. 
Indikativ. 

Verneinend. 
Dopjielte  Bildung: 

a)  \or  die  affirmative  Form  kommt 
die  Negation  a-,  das  Infinitiv  -ku 
darf  stehen ; 

b)  zwischen  Zeitpartikel  und  Stamm 
(der  Form  von  a)  wird  ein  aus  dem 
Personale  und  dem  Buchstaben  a 
kontrahierte  Silbe  geschoben.' 

a) 
a  -  ndi-za  -  (ku)  -  tarida  ich  werde  nicht 

lieben 
a-)i-  za-  tanda  du   wirst  nicht  lieben 
a-{a)-za-tanda  er  wird  nicht  lieben 
a-t>-:a  -fanda  wir  werden  niclit  lieben 
a-?nn-  :a-/anda  ihr  werdet  nicht  lieben 
a-n-a-za-tarida  sie  werden  nicht  lielien 

b) 
a  -  fidi  -  za  -  na  -  tanda   ich    werde    nicht 

lieben 
a-u-za-iva- tanda  du  wirst  nicht  lieben 
a-za-wa- tanda  er  wird  nicht  lieben 
a-ti-za-ta- tanda  wir  werden  nicht  1. 
a-m-za-ma- tanda  ihr  werdet  nicht  1. 
a-iva-za- xva  -  tanda  sie  werden  nicht  1. 


3.    Die  \'ergangenheit. 
a)  Indikativ. 
Für  Behauptung  sowohl  als   Verneinung  existieren   Doppell'ormen. 


^  Die  Entstehung  dieser  eigentlichen  Futurforni  ist  schwer  zu  ergründen,  um 
.so  mehr,  da  die  Konstruktion  aus  dem  Peisonale  und  a  dem  historischeu  Perfekt 
eigentümlich  ist. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutii. 
a)  Das  einfache  Perfekt. 


295 


Bejahend. 
\\)v  dem  Stamm  das  Personalpräfix; 
das  Schluß-«  verwandelt  sich  in  die 
Silbe  -He. 

ndi-tdndile  ich  habe  geliebt 
u-tändile  du  hast  geliebt 
a-tändile  er  hat  geliebt 
ti-tdndile  wir  haben  geliebt 
mu-tdndüe  ihr  habt  geliebt 
wa-tdndile  sie  haben  geliebt 
Es  ist  nicht   selten   der 


Verneinend. 
Vor   die  affirmative  Form  tritt  die 
Negation  a-. 


a- ndi-tdndile  ich  habe  nicht  geliebt 
a-u-tdndile  du  hast  nicht  geliebt 
a{-a)  -  tdndile  er  hat  nicht  geliebt 
a- ti-tdndile  w'ir  haben  nicht  geliebt 
a-m-  tdndile  ihr  habt  nicht  geliebt 
a-ica- tdndile  sie  haben  nicht  geliebt 
Fall,    daß  die  Endsilbe  -ile   in  bloßes  -e  ver- 


kürzt wird;  der  Sinn  nuiß  dann  ergeben,  ob  eine  solche  Form  Konjunktiv- 
präsens oder  Indikativperfekt  ist.' 


ß)  Historisches  Perfekt. 
Bejahend. 
Personalpräfix,     dann    Zeitpartikel 
-a-\  beide  wei-den  folgendermaßen  ver- 
schmolzen : 

Singular  Plural 

ngi-a  wird     nga  ti-a  wird  ta 


u-a 

u-a 

Jci-a 

i-a 

li-a 


nda  od.  na 

wa 

wa 

cha 

ya 

la 


m-a  » 
wa-a  " 
via  -a  « 
zi  -a 
ga-a  " 
usw, 


7na 

wa 

vya 

za 

ga 


Bejahend. 
iiga  -  tanda  ich  habe  geliebt 

na  -tanila 

wa- tanda  du  hast  geliebt 
iva- tanda  er  hat  geliebt 
ta- tanda  wir  haben  geliebt 
ma- tanda  ihr  habt  geliebt 
wa-tanda^  sie  haben  geliebt 


Verneinend. 
Zuerst   die    Negation  a,    dann    das 
Personale;  das  Schluß -a  des  \'erbums 
wird  zu  -anqa. 


Verneinend. 
a-ndi-tandanga  ich  habe  nicht  geliebt 

a-u-tandanga  du  hast  nicht  geliebt 
a{-a)-ta7idanga  er  hat  nicht  geliebt 
a-ti-tandanga  wir  haben  nicht  geliebt 
a-m-tandanga  ihr  habt  nicht  geliebt 
a-xca-tandanga  sie  haben  nicht  geliebt 


1  shara  (sitzen)  hat  -sharile  und  shezi:  die  niehrsilljigen  Verba  auf  -ana  und 
-ara  bilden  -ene  und  -ere. 

2  Diese  Perfektforni  verdient  um  so  größere  Beachtung,  je  leichter  sie  mit 
der  Kiswaheli-  (dauernden)  Präsensform  verwechselt  werden  kann;  z.B.  trafa  heißt 
nicht  "du  stirbst»,  sondern  du  bist,  er  ist,  sie  sind  gestorben;  ximhiza  zajaika 
die  Töpfe  zerbrachen. 


296  Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

b)  Konditional. 
Bejahend.  Verneinend. 

Die  Bildung   genau   wie   der   Kon-        Statt  der  bejahenden  Perfektendung 
ditional  des  Präsens,  nur  mit  Unter-    -ile  steht  die  negative  -anga\  im  übri- 
steliung  der  einfachen  Perfektform:      gen  gleich  dem  affirmativen: 
ndi - nga •  tdndile  \   ich  hätte  geliebt;     nrfi-jjg-a-towrfoH^a  ich  hätte  nicht  ge- 
nga-ndi-tdndüe      >    vi'enn  ich  geliebt  liebt;  wenn  ich  nicht  geliebt  hätte 

^       hätte 
u-nga-tdndile  )  du  hättest  geliebt,  u-nga-tandanga   du    hättest   nicht  ge- 

nga-u-tnndile  ^  wenn  du  geliebt  hättest        liebt;  wenn  du  nicht  geliebt  hättest 
usw.  usw. 

Auch  diese  Konditionalformen  können  als  Optative  gebraucht  werden. 

4.    Das   N  o  c  h  -  n  i  c  h  t  -  T  e  m  p  u  s. 

Durch  Einfügung  der  Partikel  ha  in  die  negativen  Konditionalformen 
{-nga-tandi;  -nga  -  tandanga)  wh'd  der  Sinn  in  der  Weise  verändert,  daß  er 
imserm  deutschen   »noch  nicht»   entspricht. 

a)  Gegenwart. 
ndi-nga-ka-tandi^  ich  liebe  noch   nicht 
7t  -  nga  -  ka  -  tandi  du  liebst  noch  nicht 
a-nga-ka-tandi  er  liebt  noch  nicht 
usw. 

b)  Vergangenheit. 
ndi  -  nga  -  ka  -  tandanga  ich  habe  noch  nicht  geliebt 
ti  -  nga -ka- tandanga  du  hast  noch  nicht  geliebt 
a  -  nga- ka- tandanga  er  hat  noch  nicht  geliebt 
usw. 
NB.     El)enso    wie    die   Silbe  -ka-   zur  Bezeichnung    von    »noch   nicht« 
dient,  so  drückt  das  in  gleicher  "\\'eise  verwendete  -.«ff-  das  deutsche  "nicht 
mehr«   aus: 

ndingasatandi  ich   liebe  nicht  mehr; 

ndingasatandanga  ich  habe  nicht  mehr  geliebt,  ich   liebte  nicht  mehr.^ 
Um  die  oft  umständlichen  und  darum   unbequemen  negativen  Formen 
zu   vermeiden,    hat   sich    eine   allgemeine    Verneinungsform    einge- 
bürgert, die  aus  dem  bloßen  Infinitiv  mit  vorgesetztem  na  besteht;    ver- 
stärkend kann  noch  die  Negation  rigö  (nicht  «90! )  hinzutreten:  Na-kii-tanda 


1  Statt  der  Form  auf  -i  kommt  aucii  die  auf  -e  {ndingakatande)  vor.  was  wohl 
aus  einer  nachlässigen  Aussprache  des  i  zu  eiklären  ist. 

-  Die  Silben  ka,  so  und  auch  .«e  dienen  überhaupt  zur  Verstärkung,  sowohl 
örtlich  als  zeitlich,  affirmativ  wie  negativ:  ka-lokn,  seloku  gerade  da,  gerade 
jetzt;  asasindile  er  ist  ganz  (stets,  .schon)  gesund;  sendiyabona  ich  sehe  gerade, 
jetzt  sehe  ich  (nänilich  früher  niclit)  usw. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu.  297 

(rigö)  kann  also  heißen:  ich  liebe  nicht,  ich  habe  nicht  geliebt,  ich  werde 
nicht  lieben,  ich  liebe  noch  nicht,  ich  habe  noch  nicht  geliebt;  ebenso:  du 
liebst  nicht,  er  liebt  nicht,  wir  lieben  (liebten)  nicht  usw.  Jedoch  ist  die 
Anwendung  dieser  Univei\salnegierung  nur  statthaft,  wenn  über  Person, 
Zahl  und  Zeit  kein  Zweifel  sein  kann.^ 


II,  Das  Passivum. 

1.    Das   Passivum  auf  -iwa. 

Das  eigentliche  Passiv  wird  aus  dem  Verbalstamm  gebildet,  in- 
dem das  Schluß-«  in  kca  oder  wa  verwandelt  wird.  P>steres  Suffix 
ist  das  häufigere,  ja  bei  einsilbigen  Verben  und  bei  zweisilbigen,  die 
mit  einem  Vokal  (oder  r/ ,  to  mit  folgendem  Vokal)  beginnen,  das  einzig 
richtige. 

-tanda  lieben.  Passiv  -tand-iwa  und  -fand-iva;  aber 

-yaJca  bauen.  Passiv  -yaTc-iwa 

-yona  verderben.  Passiv  -yon-iwa 

-yiba  stehlen.  Passiv  -yih-iwa.^ 
Die  Konjugation  des  Passivs  ist  genau  so  wie  die  des  Aktivs,  und 
brauchen  die  einzelnen  Formen  nicht  besonders  aufgeführt  zu  werden.  Die 
einzige  Ausnahme  bildet  die  dem  aktiven  Perfekt  auf  -ile  entsprechende 
Passivform.  Dieselbe  endigt  nicht  auf  -iwile  oder  wile,  sondern  auf  -iwe: 
ndi-tand-iwe  ich  bin  geliebt  worden,  ndi-yih-iwe  ich  bin  gestohlen  (be- 
stohlen)  worden  usw. 


2.    Das  Passivum  auf  -ka. 

Neben  dem  eigentlichen  Passiv  auf  -iwa  {-ica)  gibt  es  noch  ein  solches 
auf  -Äro,  das  aber  mehr  intransitive  als  passive  Bedeutung  hat:  -faya  zer- 
brechen (trans.) ,  -fayika  zerbrochen  wei'den ,  zerbrechen  (intrans.) ,  -daula 
zerreißen  (trans.),  -dauka  zerrissen  werden,  zerreißen  (intrans.),  -tenga  kaufen, 
-tengeka  gekauft  werden,  käuflich  sein  usw. 

Die  Konjugation  folgt  ebenfalls  genau  derjenigen  der  aktiven  \'erba; 
eine  Ausnahme  bilden  die  Zeitwörter  auf  -oka  und  -uka,  welche  diese  ihre 
Endungen  im  Perfekt  gewöhnlich  in  -mke  verändern:  -homoka  einstürzen, 
perf.  -bömivike,  papuka  zerplatzen,  perf.  pdpwike  usw. 


1  Entstanden  dürfte  diese  Form  sein,  indem  das  dem  Sinne  nach  zu  ergän- 
zende n-ndi  na  kutanda  ich  bin  nicht  mit  lieben  weggelassen  wurde;  denn 
a-ndi-na  (u-ndi-na  usw.)  heißt  "ich  bin  (du  bist  usw.)  nicht  mit«,  »ich  habe  (du 
hast  usw.)  nicht. 

2  Die  auf  -ba  oder  -pa  endigenden  Verha  haben  neben  ihrer  regehnäßigen 
Bildung  auch  eine  abweichende;  -hamba  fassen  -ban/wa,  -iropa  binden  -vorliwa, 
-lapa  ärztlich  behandeln  -lachwa. 


298  Spiss:    Kingoiii  und  Kisutu. 


B.    Die   einsilbigen  Verha. 

Es  gibt  im  Kingoni  eine  (im  Verhältnis  zum  Kiswaheli)  ziemliche  An- 
zahl einsilbiger  Verba ,  von  denen  die  wichtigsten  folgende  sind: 


-ti  sagen 

-wa  sein,  werden,  zufrieden  sein 

-wa  fallen,  (von  der  Tür)  aufgehen 

-ya  gehen 

-za  kommen 


-fa  sterben 

-ka  pflücken,  schöpfen 
-hra  kämpfen 
-na  regnen 
-pa  geben 

-sa  {-cha)  brennen,  heiß  sein  '      -zwa  hören,  verstehen 

-sha  {-lya)  essen 

In  ihrer  Konjugation  unterscheiden  sich  diese  einsilbigen  von  den 
mehrsilbigen: 

1.  im  Gebrauch  des  Infinitiv  präfi  xes  A'm-.  Während  letztere  nur 
im  Indikativ  der  ersten  Präsensform  und  im  Futurum  das  hu-  beibehalten 
können  (ndi-ku-hamba  ich  gehe,  ndi-za-{Jcu-)hamba  ich  werde  gehen),  es 
aber  auch  in  diesen  zwei  Formen  meistens  fortlassen,  ist  der  Gebrauch 
dieses  Präfixes  bei  den  einsilbigen  Zeitwörtern  ein  häufiger. 

a)  Präsens  ndi-za  ich  komme 

u-za  du  kommst 
a-za  er  kommt  usw.; 
dafür  sagt  man  ebenso  häufig  ndi-kuza 

u-kuza 

a-kuza  usw. 

b)  Im  Futurum  statt  nd(-:a-za  usw.;  ebenso  gebräuchlich  tidi-za- 
ku:a  usw.     Außer  diesen  zwei  Formen   kann  dieses  Präfix  auch   stehen: 

c)  Im  bejahenden  Ko  iiditio  n  n  1  der  Gegenwart:  »rf?-ra^o-ra  ich  winde 
kommen,  neben  ndi-nga-knza. 

d)  Im  negativen  Futurum:  a-tidi-za-za  und  a -ndi-za- kuza  ich 
werde  nicht  kommen. 

In  den  übrigen  Zeiten  und  Modi  nuiß  das  Infinitifjiräfix  auch  bei  ein- 
silbigen Verben  fortbleiben,    also: 

ndi-ya-za  ich  komme  (emphatisches  Präsens): 

ndi-ze  ich  möge  kommen 

ndi-zile  ich  bin  gekommen 

nga-za  {?ia-za)  ich  bin  gekonunen   (historisches  Perfekt) 

ndi-nga-ka-zl  ich  bin  noch   nicht  gekonunen   usw. 

2.  Kill  weiterer  Unterschied  läßt  sich  in  der  gewöhnlichen  Unter- 
stellung des  Konjunktivs  statt  des  ( b  ej  a  h  e  n  d  e  n )  I  m  p  e  r  a  t  i  v  s  wahr- 
nehmen : 

uze  komm  (nicht  kuza!),  muze  kommet 

uye  geh,  muye  gehet  usw. 
doch  hört  man  auch  zani  (zanini)  kommet. .  shatii  {■'^/iani?ii)  esset,  zwani  {zwa- 
nini  höret  usw. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu,  299 

3.    Das  Passiv  bilden  die  einsilbigen  \'erba  nur  auf  eine  Art,  indem 
sie  das  .Schluß -o  in  -iwa  (nicht  -wo)  verwandeln: 
-piwa  gegeben  werden  |      -tiwa  gesagt  werden 

-kiwa  geptlückt  werden  j      -zickva  gehöit  werden  usw. 


C.    Die  Hilfszeitwörter    «sein«    und    »haben«. 

Im  Anschluß  au  die  Abhandlung  über  die  einsilbigen  Verba  folge 
noch  eine  Besprechung  von  kiiioa  sein  und  kuwa  na  haben. 

1.  kinva  (sein). 

Die  eigentliche  Bedeutung  von  -ica  ist  nicht  »sein.« ,  sondern  »werden« ; 
in  dieser  letzteren  Bedeutung  bildet  es  sämtliche  Formen  der  übrigen  ein- 
silbigen Verba,  und  falls  es  der  Sinn  zuläßt,  kann  (bzw.  muß)  mau  sich 
dieser  Formen  bedienen,  um  das  deutsche  »sein«  wiederzugeben.  Dies  ist 
nun  der  Fall  in  allen  Zeiten  und  IModi,  mit  Ausnahme  des  Indikativs 
der  Gegenwart,  wo  es  entweder  a)  Kopula  ist,  oder  b)  »existieren,  dasein« 
bedeutet  oder  endlich  c)  in  der  Form  »ich  bin  es«  usw%  vorkommt.  In 
allen  diesen  Fällen  darf  Jcuica  —  insofern  vom  Indikativ  der  Gegenwart  die 
Redeist  —  nicht  verwendet  werden,  sondern  muß  in  folgender  Weise  wieder- 
gegeben werden. 

a)    »Sein«   als  Kopula. 

Dafür  existieren  zwei  Formen ,  die  beide  gleich  häufig  zur  Anwendung 
kommen. 

Bejahend.  Verneinend. 

«)  Bloßes     Personale;    die     Kopula       «)  Die     negierte    Kopula    heißt    si. 
bleibt  weg  oder  davor    tritt  das  (unbetonte)   Per- 

ß)  wird  mit  li  übersetzt.  sonale;  oder 

ß)  vor    das   Personale    mit   -H   tritt 
die  Negation  a. 

Beispiele  zu  «. 

Bejahend.  Verneinend. 

minne  mkuru  )  .  ,    ,  .  „  ti-si  wakuru  wir  sind  nicht  groß 

ndi  mkuru       )  m-si  xcakuru  ihr  seid  nicht  grob 

wewo  mkuru  ,   ,     ,.  ^         „  u'a-MtpaÄ'Mn^  sie  sind  nicht  groß  (1.  Kl.) 

}  du  bist  groß  ,  o 

u  mkuru         S  ntawa  i-si  ikuru  der  Berg  ist  nicht  groß 

yena  mkuru  )        ,  .        ..  ^        n    i   ii       ziniawa   zi-.ti  zikuru    die    Berge    sind 
•^      ,  er  (sie,  es)  ist  groß  (1.  Kl.)  .,  „ 

a  mkuru       )  '  nicht  groß 

wonamkuru)        ,  •        ^  ■  .        an^  \r\  x 
\  er  (sie,  es)  istgroß  (11.  Kl.) 
u  mkuru       ) 

mizi  i  mikuru  die  Dörfer  sind  groß 

usw. 


800  Spiss:   Kingoni  und  Kisufu. 

Beispiele  zu  ß. 
Bejahend.  Verneinend. 

ndi-li^  tnkuru   ich  bin  groß  a-ti-Ii  wakuru  wir  sind  nicht  groß 

u-li  mTcuru  du  bist  groß  a-rrm-U  uakuru  ihr  seid  nicht  groß 

hambo  a-li  mkuru    der  Herr    ist  groß    mizi   a-i-li   mikiiru    die    Dörfer    sind 

nicht  groß 
usw. 
Auch  die  Anwendung  beider  Negationen  a-ndi-si  mkuru  ich  bin  niclit 
groß  usw. 

b)    »Sein«  =:  existieren,  dasein. 
In    diesem    zweiten    Fall    kommen   wieder   die   unter  «    und  ß  aufge- 
führten  Formen  zur  \'ei'wendung,  docii   müssen  denselben    die  Lokativjiar- 
tikeln^o,  mo,  ko  (oder  die  vollen  Formen  jaona,  rnrnia,  kona)  angefügt  werden. 
Negation  ist  a  oder  si. 

Bejahend.  Vereinend. 

ndi-po       \  a-ti-po      \ 

7idi-li-po^    ich  bin  da  ti-si-po     ^    wir  sind  nicht  da 

ndi  kona  )  a-ti  kona  \ 

usw. 
Diese  Lokalpartikeln  sind  nicht  l)l()ß    im    Indikativ   Präsens,    sondern 
auch  in  andern  Zeiten  und  Modi,   wo  dann  kuira  auftritt,   zur  X'erwendung 
zu  bringen.   Also: 

ti-za  (ku)ica-po  du  wirst  da  sein 
ta-wa-mo  wir  waren  drinnen 
wa-nga-{ku)wa  kona  wenn  sie  da  wären  usw. 
Negativ:  a-mu-za-{kii)wa-po  ihr  werdet  nicht  da  sein 
ica-ngo-icr-po  mögen  sie  nicht  da  sein  usw. 

c)  >■  Ich  bin  es  ■-  usw. 
In  den  \'er})indungen  -ich  bin  es,  du  bist  es«  usw.  wird  »sein-  über- 
setzt mit  ngi .  ngu  oder  nga .  je  nachdem  das  unbetonte  Personale  des  Sub- 
jekts ein  ?',  u  oder  a  enthält.  Daran  schließt  sich  das  betonte  Personale, 
dessen  Endsilbe  indes  auch  häufig  fortgelassen  wird.  Bei  der  \'erneinung 
werden  die  Silben  ngi-,  nga-,  ngu-  mit  der  Negation  si-  vertauscht,  das 
Personale  tritt  in  voller  Gestalt  auf.  und  häufig  wird  sogar  die  Negation 
durch  ^'ersetzung  des  Negalions-r?  vei'doppelt.  Es  entstehen  somit  folgende 
Formen : 

Bejahend.  Verneinend. 

ngi  minne )  .  ,    ,  .  .       .         ....  •  ,  ^ 

ich   bm  es  a-st-minne  ich  bin  es   nicht 

ngi  -  mi       \ 

^  \  du  bist  es  a-si-icewo  du  bist  es  nicht 

ngu-we      ) 


'    Da  diese  Formen  mit  -/;-  im  Ki/niu  nicht  vorkommen,    sind  sie  wohl  dem 
Kisutu  zuzuweisen. 


Spiss:    Kinu;oni  und  Kisutu. 


301 


Bejahend. 

nqi  tini  )      .       .    , 

^  wir  sind  es 

ngi-  ti     ) 

ngi  nina 

ngi-  ni 

ngu  mwena 

ngu  -  mwe 


Verneinend. 
a-si-tini  wir  sind  es  nicht 


ihr  seid  es 


a-si  mwewo 


ihr  seid  es  nicht 


Für  die  dritte  Person  nach  den   Klassen : 
Singular 

^     ^        [  er  (sie.  es)  ist  es  nicht 
ngu-ye      ) 

ngu  wona  \ 


\\V 


IV 


VI 


VII 


VIII 


ngu  -  wo 

ngi  chona) 

ngi - cho     ) 

ngi  yona 

ngi-yo 

ngu  lona 

ngu  -  lo 

ngu  wona 

ngu  -  wo 

ngi  lona 

ngi-lo 

nga  Jcona 

nga  -  Jco 
Inga  pona 
l  nga  -po 
jngu  mona 
\ ngu -  mo 
Ingu  hona  ) 
\  ngu  -  Tco     S 


Plural 

nga  xoona 
nga  -  wo 

sie 

sind  es 

ngi 

yona 

ngi 

-yo 

ngi 

vyona 

„ 

ngi 

-vyo 

ngi 

zona 

^ 

ngi 

-zo 

ngi 

zona 

ngi-zo 

ngu  wona 

ngu- wo 

nga  gona 

, 

nga-yo 

ngu  tonu 

ng 

JL  -to 

licht 


\  desgl. 


si-wona  sie  sind  es  nicht  usw. 


Negativ:  a-si-yena  er  ist  es  nicht, 

Durch  diese  Verbindungen  wird  mitunter  eine  lobenswerte  Eigenschaft 
eines  Gegenstandes  hervorgehoben ,  z.  B.  wenn  von  Wasser  {manzi)  die  Rede 
ist:  ngago  dies  ist  das  (rechte,  gute)  Wasser,  wenn  von  Bier  {uchicala)  ge- 
sprochen wird:  nguwo  das  ist  das  (richtige)  Bier  usw. 

Ebensogut  wie  für  Behauptungen  kann  man  diese  Formen  auch 
verwenden  bei  Fragen,  z.  B.  ngu  wani  wer  ist  es?  ngi  chani  was  ist 
es?  usw. 


2.  kuwa  na  (haben). 

»Haben«   heißt   -wa  na  (wörtlich    »sein   mit"), 
die  unter  a  besprochene;  man  sagt  also: 


Seine    Behandlunü-    ist 


302  Spiss:    Kingoni  und  Kisutii. 

Bejahend.  Verneinend. ^ 

ndi-na       )  .  ,     ,    ,  a-ndi-na        <  .  ,     ,    ,         .  , 

ich  habe  \  ich  habe  nicht 

ndi-li-na  )  a-ndi-h-na  \ 

u-na  )  j      1      .  a-u-na  )   ,      ,      ^      .  ,^ 

\  du  hast  \  du  hast  nicht 

u-li-na     \  a-u-li-na      \ 

usw. 
ndi-za-(Tiu)wa  na  ich  wei'de  haben,    ndi-we  na  ich  möge  haben  usw. 
Steht  ein  Personalpronomen  als  Objekt  bei   »haben.,  oder  ist  ein  solches 
zu  ergänzen,    so  kommen   an  na  die   treffenden  Formen   des   betonten  Per- 
sonale mit  Weglassung  ihrer  Endsilben: 

Singular  Plural 

I.  Kl.  ndi(-li)-na-ye     )      ,    ,  ,         ndä-li)- 

'  ich  habe  ihn, 


II.  Kl.  ndi{-li)-na-wo    )  .  '    ndi[-li)-na-yo     ]  ich  habe 

\        sie .   es 
111.  Kl.  ndi{-li)-na-cho  ]        '      '     "  ndi{-li)-na-vyo 

usw. 


VII.  Die  Adverbia. 

Die  Adverbia  des  Ortes  und  der  Zeit  werden  in  der  Regel  durch 
die  Silben  pa  und  ku  gebildet,  manche  noch  durch  die  Partikeln  se  und  na 
verstärkt.  Mehrere  derselben  sind  bereits  bei  Behandlung  der  Pronomina 
aufgeführt  worden.  Zur  Bildung  der  Adverbia  der  Art  und  Weise  be- 
dient man  sich  am  häufigsten  des  Piäfixes  ka-  oder  auch  irgendeiner  an- 
deren passenden  Klassenpartikel;  ?..  B.  aus  -se  schön,  gut  kann  man  je  nach 
dem  Sinn  bilden:  käse,  vise,  gase,  kuse  usw.  Manche  Adverbia  müssen 
durch  Veiba  ausgedrückt  werden,  z.B.  .mehr«  durch  »vermehren'«,  »weniger« 
durch  »vermindern-,  »fertig.«  durch  »vollenden-,  »wieder«  durch  »wieder- 
holen«,   »zurück.,    durch    »zurückbringen«    usw.^ 

Die  am  häufigsten  vorkommenden  seien  —  in  vier  Klassen  verteilt  — 
hier  erwähnt,    im   übrigen  verweisen   wir    auf  das    beigegebene  Wörterver- 


zeichnis. 


1.  Adverbia  des  Ortes. 

pezuru  (aus  pa-tzuru)  oben,  droben,  hinauf 

pasi  unten,  drunten,  hinunter,  herunter 

kudeni  (padeni)  )    ..  .      ,.     ^^ 

7    /         7-       }    lern.  in  die  berne 
kutali  {patall)     \ 

nganeno  rechts,  rechter  Hand 

panje  außerhalb,  außen 

ponke  (konke)  überall 


1  Außer  diesen  zwei  Formen  gibt  es  noch  eiue  dritte,  vom  Infinitiv  kuze 
(nicht  haben)  gebildete:  ndi-ze  na  ich  habe  nicht,  n-ze  na  du  hast  nicht  usw. 

■-'  So  wird  aucli  »einander«  immer  durch  das  Verbuni  ausgedrückt,  indem  dns 
Schluß-«  in  -ana  verwandelt  wird:  kutanda  lieben,  -tandana  einander  lieben. 


Spiss:    Kino'oni  und  Kisutu. 


303 


2.  Adverbia  des  Ortes  und  der  Zeit  zugleich. 


uakati  {mukati)  mittel 

pecheya  jenseits 

kona 

loku 

sekcna 

seloku 

karoko  (kaloku) 

ponerapa 


hier,  da,  jetzt,  diesseits 


gerade  da,  gerade 
jetzt 


ndpaya  dort  in  der  Ferne,  damals 
pafichane  nahe,  bald 
kunye  anderswo,  ein  andermal 
pambele  vorn,  anfangs 

hinten,  zuletzt,  später 


am  selben  Ort,  zu 
gleicher  Zeit 


emuveni 

ndawonye 

pamozi 


kadeni    {katali) 

langer  Zeit 
kasemuva  dann,  nachher 
namusa  heute,  diesmal 
pezoro  gestern 
kntangi  vorgestern 
kusasa  morgen 
ngomuso  übermorgen 
lomba  jetzt 
nje^  gerade  jetzt 


3.  Adverbia  der  Zeit, 
friiher,     längst. 


lomba  naha  soeben ,  sofort 
lomha-lomba  bald   bald 
futi  \ 

futifuti  \  immer 

siku  zanke    ! 


pamnzi 
kaninzi 


oft 


kusasa  morgens,  am  Morgen 
kusasa  hidu  frühmorgens 


4.  Adverbia  der  Art  und  Weise. 

chabe  umsonst,  für  nichts,  \evgeh\ich    ndawonye 

hirahira  gerade  so,   ebenso,    recht  so   pamozi 

kannye  auf  einmal,  plötzlich  ,kuse    ) 

manono  schnell .  eilends ,  im  Lauf  bwino  ) 

yeka  reichlich,  viel 
pomoni  voll,  vollauf 
nde  etwa,  wohl,  doch 

njwe      1  ]         7        .     '   _       _n      -msope  hwa  (=  mpu)  ganz 

nga       )  gar,  nur 

kupera  ! 

du  still,  in  der  Stille 


"^  .  J  schnell ,  eilends ,  im  Lauf 

mazinyane  \ 

kakuru  seln%  gewaltig 

iwonke  njtoe  gar  alle 
loyu  njwe  nur  dieser 


mitsanunen,  beisammen 
angsam ,  leise,  vorsichtig 


•eiß 
-bomvu  ju  ganz  rot 
-mnyama  bii  ganz  schwarz 
ngozi  gefährlich  (eigtl.  Gefahr) 


Betreffs   ihrer  Stellung    ist  zu  merken,  daß  sie,  insofern  sie  ein  ein- 
zelnes Wort  näher  bestimmen,  immer  hinter  dasselbe  zu  stehen  kommen. 


Vni.  Präpositionen. 

Der  Gebrauch  von  Präpositionen  ist  nur  ein  beschränkter,  wie  auch 
ihre  Anzahl  eine  geringe.  Meistens  werden  dieselben  durcli  die  relative 
(angewandte)  Form  des  Verbums  ausgedrückt,  die  durch  Verwandhmg  des 
Scliluß-a   in    -ela   oder  -ila  gebildet  wird.     So  heißt  die  angewandte  Form 


Aus  ndawo  und  inye. 

Oft  verdreifacht  als  njenjmjp  gesprochen. 


304  Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

von  -^mA'O!  (fallen)  -guJcira,  was  »vor  jemand  niederfallen«  bedeutet;  ebenso 
entsteht  aus  -haleka  (fliehen)  -halekela  und  heißt  ..vor  oder  zu  jemand 
fliehen«   usw. 

Einfache  Präpositionen  gibt  es  nur  fünf:  pa,  mu,  ku,  kica  und  na. 

1.  pa  bedeutet  an,  bei,  pa- liehe  am,  beim  Stein 

2.  'mu  in,  mu-mhoma  in  der  Höhle 

3.  ku  zu,  von,  aus,  gegen,  nach  (Richtung) 

ku-yinslu  zum,  vom  Hause,  aus  dem  Hause,  nach  Hause. 
In  Verbindung   mit   den  Personalia  minne,   wena  usw.    entstanden  die 
Formen  ktimi  {kimi)  zu,  bei,   von  mir,   knwe  zu  dir,  Ä*»/j/e  zu  ihm ,  Ä'eft' (statt 
kuti)  zu  uns,  ktimwe  (kini)  zu  euch,  kmco  zu  ihnen. 

4.  kwa  {ku  und  Genitivpartikel  a)  von,  zu,  bei,  nach;  meist  vor 
Namen  von  Personen,  um  deren  Wohnsitz,  Ortschaft  usw.  zu  bezeichnen: 

kwa  Chahruma  bei,  nach  Chabrumas  Land. 

5.  na  mit  (Begleitung  imd  Mittel),  von  (beim  Passiv) 

-chayma  na  bambo  vom  Herrn  geschlagen  werden 

-chaya  na  ntonga  mit  der  Keule  schlagen 

-hamba  na  nkosi  mit  dem  Häuptling  gehen 
in   Verbindung    mit    dem   Personale   nami    (mit,   von    mir);    ebenso   nawe, 
naye,    nati,    nanyi   {?iamwe),   nao,    -lala   na   njara   (auch    bloß    -lala   nayo 
[seil.  njara\)    mit  Hunger   schlafen    gehen,  -lala  na  msana  mit  dem  Rücken, 
d.  h.  auf  dem  Rücken  liegen,  hamha  na  msana  rückhngs  gehen  usw. 

Zu  den  einfachen  Präpositionen  kann  man  außerdem  rechnen  nipaka 
bis,  doch  ist  das  eigentlich  ein  Substantiv  (die  Grenze). 

Durch  Verbindung  dieser  einfachen  Präpositionen  mit  den  oben  ge- 
nannten Adverbien  des  Ortes  und  dei-  Zeit  oder  auch  mit  andern  Redeteilen 
werden  eine  Reihe  zusammengesetzter  Präpositionen  gebildet.  Die 
wichtigsten  derselben  sind: 


pamhele  kwa  vor 
emuva  kwa  hinter,  nach 
ndawonya  na 


pezuru  kwa    {=  pa)    über,    ober,    a 

Stelle  von,  anstatt 

pasi  kwa  unter 

kudeni  kwa  ) 

,     ,    -  fern  von 

kude  kwa     ) 

panje  {ngapanje)  kwa  außerhalb  von 

pakati  kwa  (=  pa)  mitten  von  j  kuvera  (kwa)  von 


zusammen  mit 
pamozi  na 

ndawa  ya  wegen 

lufano  Iwa  nacli   Art  von 


pecheya  kwa  jenseits  von 
nganeno  kwa  rechts  von 
paßchane  kwa  nahe  bei 


kuze  na  ohne 

kadeni  ya  ) 

.,  zur  Zeit  von,  unter 

siku  za     \ 


IX.  Konjunktionen. 

Wie  von  Präpositionen,  so  ist  auch  der  Gebrauch  von  Konjunktionen 
ein  nicht  so  häufiger  als  im  Deutschen.  Vielfach  werden  sie  durch  die 
Form  des  Verbums  ausgedrückt;  so  liegt  in  der  Infinitiv-  und  Konjunk- 
tivform bereits  eine  Absicht,  so  daß  die  Finalpai-tikel  nicht  eigens  übersetzt 


I 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutii.  305 

werden  muß;  dasselbe  gilt  von  der  Konditionalform  {-nga-),  wo  die  Kon- 
junktion "wenn.<  schon  enthalten  ist;  das  konsekutive  »daß«  (in  Folgesätzen) 
bleibt  zumeist  ganz  unübersetzt;  für  »oder«,  »entweder  —  oder«,  »weder 
—  noch«  existieren  keine  Ausdrücke:  die  Satzteile  werden  isoliert  neben- 
einander gestellt,  z.  B.  »weder  dies  noch  jenes«  muß  lauten  »dies  nicht 
und  jenes  nicht«. 

Als  Ersatz  für  fehlende  Konjunktionen  werden  häufig  Hilfsverba 
verwendet;  solche  sind:  kuwa  sein,  kuti  sagen,  kuza  kommen,  hußTca  an-, 
dazukommen  ;  z.  B.: 

1.  huwa:   kuwa   tisinda,    tizohamba    oder    Jeungawa    (tingawa)    tisinda, 

tizahamba  wenn  wir  gesunden,  werden  wir  reisen;  Tcuse,  kuwa 
ukona  es  ist  gut,  daß  du  hier  bist. 

2.  kuti:   andivumi,    knii  afire  ich  glaube  nicht,  daß  er  gestorben   ist; 

waii  kußka,  warwa  als  (sobald)  sie  ankamen,  fochten  sie;  ngati 
tiyenzile  Jcadeni,  na  lomha  hirahira  wie  wir  früher  taten,  so  auch 
jetzt;  sengaii  angauya  wenn  er  doch  heimkäme! 

3.  kuza:  linda,  ndize  (ndizaza)  kukuhiza  warte,  bis  ich  dich  rufe. 

4.  kußka  {-saßka):  muntu  loyu  7nßchane,  asa/ika^  ai/aqiim  dieser  Mann 

ist  klein,  aber  stark. 

Es  bietet  einige  Schwierigkeit,  sich  in  diese  Denk-  imd  Sprachweise 

der  Eingeborenen  einzuleben;  doch  fehlen  Wörter,  die  unsern  Konjunktionen 

gleichkommen ,  nicht  vollständig.    Aus  folgendem  alphabetischen  Verzeichnis 

ist  zu  ersehen,  wie  die  häufigsten  derselben  wiedergegeben  werden  können: 

aber  (allein)  kodwa;  -saßka  (s.  o.) 
als  pa;  als  er  ankam  pakußka  kwake 

lapo  {siku,  kadeni)  mit  folgendem  Relativsuffix  yo: 

lapo  (siku)  aßreyo  als  er  gestorben  war 

kadeni  wagwazanayo  damals,  als  sie  Krieg  führten 
auch  na;  auch  ich  nami,  auch  du  nawe,  auch  er  (sie,  es)  naye,  na{w)o, 

nacho  usw.,  wir  auch  nati,  ihr  auch  namwe  {nanyi),  sie  auch  nawo, 

nayi,  navyo  usw.,  sowohl  —  als  auch  na  —  na 
bald  —  bald  lomha  —  lomba;  kannye  —    kannye 
bevor;  bevor  er  konunt  pambele  angakaßki{e) 
bis  (daß)  mpaka  (s.  auch  oben  kiczä) 
daher  loku,  ndawa  lei 
damit;  durch  Infinitiv  oder  Konjunktiv,  bei  letzterem  häufig  loku 

oder  ngapo  {ngipo)  als  Verstärkung 
daß  kumbi,  koma,  kama  (s.  auch  oben  kuwa  und  kuti) 
denn  s.  weil 
deshalb  s.  daher 
doch  s.  aber;  wenn  tonlos:  kupera,  pera,  ^e  (nachgesetzt):  //a?«Z»« 

pera  (hdmbake)  !  geh  doch!  (s.  auch  oben  kuti) 
ehe  s.  bevor 


1    asafika   wörtlich    -er  (sie,    es)    ist   schon   da«,    dürfte   unscrni    deutscheu 
dabei"   zu  vergleichen  sein  (-dieser  Mann  ist  klein,   »dabei"   stark»). 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.   III.  Abt.  20 


HO  6 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


indessen  1 

.     1       ,  s.  aber 

jedoch      ) 

nachdem  s.  als 

nicht  nur  —  sondern  auch  asi  —  kupera,  kodwa  na:  nicht  nur  die 
Kleinen,  sondern  auch  die  Großen  asi  wanyane  kupera,  kodwa 
nao  wakuru;  oder  durch  -yongeza  {hinznfügen):  waqainba,  wayon- 
geza  kuyiha  wörtlich  er  log,  dazu  stahl  er  noch 

nun  kupera^  pera:  tihambe  pera;  oder  durch  vorgesetztes  ka  (a):  kati- 
hambe!  nun  wollen  wir  gehen! 

ob  kumhi,  koma,  kama 

obgleich    ) 

/  nvansiana.  kana 
obschon^     ''     ° 

ohne  daß;  durch  verneinten  Konjunktiv 

seit,  seitdem  seloku  mit  folgendem  Relativsiil'fix ;  seloku  naverayo  seit- 
dem ich  geboren  bin 

sondern  s.  aber 

sowohl  —  als  auch  na  —  na 

nun  zu  s.  damit 

und  na 

während;  durch  pa:  pakuhamha  während  er  ging  (wörtlich  «beim 
Gehen-) 

weil  ndawa  loku  mit  oder  ohne  Relativsuffix  nJawa  uyonile{yo)  weil 
du  gesündigt  hast 

wenn;  durch  -iiga-,  (s.  auch  oben  kuwa  und  kitti). 


X.  Interjektionen  und  Beteuerungen. 


Die  gebräuchlichsten  derselben 
naudaica!^  (mit  oder  ohne  pera)  macht 

nichts,  tut  nichts!  gut  jetzt! 
kimani?  f  W07A1?  was  hilfts.  was  schadet 

es?  tut  nichts! 

wee  (nowe)/  du!  hör  mal! 

mweef  ihr!  hört! 

min7ie!  da  bin   ich! 

tini!  hier  sind  wir! 

ati?  \ 

ati  nowef  ( 

„      /  nicht  waln-l' 
ah  poi      l 

ndndef      > 

ehee!  so  ists!  i-echt  so! 

hona  !  Jxmani ! 

{loo!) 

du!  binde  du!  still 


siehe  da!  sehnt! 


sind : 

j  kwecha!)  stell  aus!  {kioa  njira  aus  dem 

j  nisa !      \      Weg) 

ainjaro!  es  ist  gefehlt!  schade! 

mayTe!) 

'  ach  !  wehe!  o  weh! 


Kriegs-  und  Hilferufe 


o  Mutter 


yoyoo  . 

yeTiee  !  mletee\ 

hau,  hau! 

mama  wee! 
j  mama  yöö!  yoyoo . 
j  mayi  vava  w'ee!  o  Schmerz!  (besonders 
bei  Totenklage) 

nife!  ich  soll  sterben 

nijuweke!  ).  ,        „       ,  ..    ^  ,      , 

. ,        ,    ,  ich  soll  geköpft  werden ! 
nidumuke!)  ^ 

Mharuli    muMwaya!   bei    Mhai'uli    im 

Grabe  (eigtl.  Grabesumfriedung) 

pali  N.  bei  dem  und  dem. 


Zu  erklären  aus  fortgelassenem   «a-ndi"  na  )idawa. 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


807 


Wörterverzeichnis. 


Kingoni. 

Kisutu. 

Aas 

nyama  ibolayo 

nyama  iholayo 

Aasgeierarten 

Jcorwani 

limbanga 

liqe,  lisinga,  ndapo 

ndege 

ngunguru  (Seeadler) 

ngwahi 

abändern 

-pendula 

-Tiganamula 

abästen 

-hwaya 

-pata 

abbeißen 

-luma 

-  lu  m  a 

abbezahlen 

-saula 

•lipa 

Abbitte  leisten 

-pepisa 

-pepisa 

abbrechen  (trans.) 

-yepula 

-denya 

(intrans.) 

-yepulca 

-denyika 

abbrennen  (trans.) 

-chisa 

-pamba 

(intrans.) 

-cha 

-pya 

abbürsten 

-tannyira 

-fyagira 

abdecken  (Gefäß) 

-gwaula 

-guhukula 

Abend 

ntamhama 

mihe 

abends 

ntamhama 

pamihe 

aber 

kodwa 

-safika   (voran    das   be- 
treffende  Personalpro- 
nomen) 

abermals 

kanye 

kangi 

abfallen  (Laub) 

-wa  (pl.  -wile) 

-gwa 

abfegen 

-hwaya 

{s)-hungula 

abfeilen 

-sika  na  tupa 

-sika  na  tupa 

abführen  s.  Diarrhöe 

Abgabe  leisten 

-tula 

-yetula 

abgehen  (mangeln) 

-soleka 

-soleka 

(ndisolekile  manja  bin  ohne  Kraft, 

,  machtlos) 

abgestanden  (verdorben) 

-dara 

-dara 

abgetragen  werden 

-huha 

-lala 

(Kleid) 

abgleiten 

-punnyuka 

-pokonnyoka 

Abgrund 

ludonga,  ligegema 

ludonga,  ligegema 

abhalten 

-yalisa 

-beza 

(vom  Streit) 

-lamula 

-kengerera 

abhauen 

-juwa 

-tema,  -dumula 

abhäuten 

-sinja 

-hinja 

abkaufen  (eintauschen) 

-tenga 

-gura 

abkratzen 

-hwaya 

-kwenda 

308 


Spiss:    Kinsroni  und  Kisutu. 


abkühlen 

-pozisa 

-polisa 

sich  abkühlen 

-polu 

-pola 

nbküi-zen  (z.  B.  Weg) 

-parribusa 

-padusa 

ablassen  (von  etwas) 

-sia , 

\  -kotoka 

-leka,  hdula 

\  -leka 

ablecken 

-Tcota 

-myanga 

ablegen  (Kleid) 

-Ttumula,  -susa 

-fula 

(die  Last) 

-heka 

-wika 

ableugnen 

-qamhera 

-detera 

ablösen 

-yamJcera  (vgl.  ■ 

-yamuka) 

-nyanukira  (vgl.  -nya- 
nuka) 

abmagern 

-dasQy  -yoncla 

-ganda 

abmessen 

-lingisa 

-linga 

abmühen  sich  (erfolglos) 

-diniwa 

-totokera 

(mit  Erfolg) 

-qina 

-kangamara 

abnagen  (Knochen) 

-ngongola 

-nguenya 

abnehmen  trans.  (Last) 

-yamkera 

-nyanukira 

(mit  Gewalt) 

-yamuka 

-nyanuka,   -nyaga 

intrans. 

-punyuka 

-punguka 

abnutzen 

-yona 

- hakasa 

abgenutzt  werden 

-huha 

-lala 

Aboj't;  auf  den   Abort 

kutafeni 

-kudasi  (eigentl.  in  dem 
Busch) 

auf  dem  Abort  gehen 

-liamba  kiizituma 

-hamha  kuzituma 

abpflücken 

-ka 

-yava 

Abrede ;  in  Abrede  stellen 

-yala 

-bera 

abreiben 

-yesula 

-hungula,  -porosa 

abreisen 

-Vera,  -ziika 

-wuka 

» 

-hamha 

-genda 

abschälen 

-hwaya 

-kwenda,  -honda 

abschätzen  (Preis) 

-kurumisana  (ntengo) 

-jovisana  {maronda  = 

makoo) 

Abschied  nehmen 

-tieralisa 

-lalisa 

beim  Abschied 

:    hainha  kuse!   i 

•eise  glücklich,  Glück  auf! 

Antwort 

:    sara  kuse!   bleibe  glücklich,  lebe  wohl! 

abschlagen  (Bitte) 

-yala 

-bera 

abschneiden 

-juwa 

-tema,  -dumula 

abschöpfen  (z.  B.  Schaum 

-qenga  (-erera). 

-yengura 

-qenga  {-erera),  -yen- 

vom Bier) 

gura 

abschrecken 

-sawisa 

-yogofa 

abschütteln 

-tindita 

-kungunda 

absetzen   (vom   Amt) 

-susa  iuduna) 

-wusa 

Absicht,  in  der  Absicht 

ngaömwe ,  lunya 

lunda,  wüwuli 

absichtlich 

ngaömwe ,  lunya 

lunda,  wüwuli 

absondern 

-tola  yedwana 

-tola  yedwana 

(=  auslesen) 

-qeta 

-hagula 

Spiss;    Kiiigoiii  und  Kisutii 


309 


absperren 

-vala 

-dinda 

abspülen 

-sanja,  -sambiza 

-hogofya 

abstehen  (schlecht 

-viinda 

-lala 

werden) 

absteigen  (vom  Reittier) 

-yesa     (vgl.    -yestda     ab- 
reiben) 

-yesika 

abstellen  (Falle) 

'leka  (mtego) 

-kotoka  {mtego) 

abstumpfen 

-yona 

-hakasa 

abteilen  (=  abgrenzen) 

-hmgiza  mpaka 

-tema  mpaka 

abtragen  (Haus  usw.) 

-diriza 

-bomola 

Abtritt  s.  Abort 

abtrocknen 

-yesula 

-{s)-hungula.  -porös 

abwarten  (Kranken) 

-Jinda 

-gulira 

abwärts  gehen 

-yesa ,  -genda  pasi 

-yesika,  -huruka 

abwaschen 

-sanja 

-hogofya 

(den  Körper) 

-Samba,  -geza 

-oga  {-yoga) 

abwechseln,  sich 

-yamkerana 

-yanungana,  -poke- 
rana 

Abwechslung 

-mapendulo 

manganainulo 

abwehren  (Feind) 

-qocha 

-winga 

(Schlag) 

-vika 

-yepa 

abwickeln  (Faden) 

-snmhurura 

-ondorora 

abwischen 

-yesula 

-h\s)'ungula,  -porosa 

abzahlen 

-saula 

-lipa 

Abzeichen 

mbara 

mbara 

Stammeszeichen  im 

korosa 

korosa 

Gesicht 

abziehen  (vermindern) 

-punguza 

punguza 

(die  Haut) 

-sinja 

-hin  ja 

Abzugsgraben 

mseqero,  mungero 

mseqero,  mungero 

Achsel 

lishombe 

livega 

Achselhöhle 

mkivapa 

mkio  ap  a 

acht 

-sann  na  -tatu 

-hano  na  -da tu 

achten,  achtgeben 

-linda,  -buka 

-lola 

Acker 

munda  (pl.  minda) ,  simti 
(veraltet) 

mgunda 

ackern 

-lima 

-lima 

Adamsapfel 

mkoromero 

mkoromero 

adelig  (verwandt  mit  d. 

likosana 

likosana 

Häuptling  nkosi) 

Ader 

mshipa,  lukole 

mshipa,  lukole 

Adler  s.  Aasgeier 

Affe;  Hundsaffe 

lyani 

lyani 

Meerkatze 

ligoeane 

mtumbiri 

Affenbrotbaum 

mpera 

mpera 

ähnlich  sein 

-fanana  (pf.  -ene) 

hwanana  (])f.  -ine^ 

310 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 
-kashira  -hashira 


Ähre;  in  die  Ähre 

schießen 

albern  Jcishora  kishora 

all  -onqe  {-onye)  -oha 

gar  alle  (Menschen)  wonqe  njwe  od.  wonqe  ku-    icoha  tokotoko 
pera  kwao 

alle  werden  -pera,  -yomoka  -malika 

allein  -edwa,  -odwa  -ene  {-ena) 

ich  allein  ndedwa,  nedwa,  nodtca        namwene 

du  allein  wedwa  {wodwa) 

er  (der  Mensch)  allein  yedwa  {yodwa) 

wir  allein  tedwa,  todu-a 

ihr  allein  mwedwa,  modwa 

sie  (die  Menschen)  {wedwa),  wodwa 
allein 

allein  (=  aber)  kodwa,  -safika 

allmählich  ktise,  bmnobwino  mholembole 

allzu,  allzusehr 


als  (Konjunktion) 


alt 

sehr  alt 
alt  werden 
alter  Mann 
alte  Frau 
älter  als 
die  Alten 
(von  Dingen) 

Alter  (das) 


durch  slurisa  (etwas  über-   -pitisa,  -rutisa 
mäßig  tun)  mit  folgen- 
dem Infinitiv 

n^aft',  oder  durch  die  Par-   -pita  (übertreffen) 
tikeljoo,  bei  Steigerung 
durch  slura 


-doda 

-dura 

-Ivpala  (pf.  -hipele) 

liqegu 

kisalukazi 

mkongoro 


mgogolo 


mitengula 
-a  katall 
lugogolo 


-a  kadeni 
ndara 

vergleichendes  Alter     tanga  {tanga  yon  moja  sie 
sind  gleich  alt) 
Ameisenarten  mbamha  (klein,  schwarz) 

muswa  (Termite  s.  d.) 

mrafu  (schwarz  oder  rot,  besonders  an   leuchten  Orten:  greifen  an) 
Ameisenbär  (Erdferkel)    chambani  Umhang a 

Amulett  mü  mtera 

anbeten  -abudu  (kisw.) 

anbinden  -wopa  -kunga 

anblasen  (Feuer)  -vutira  (mbaso)  -pula  (moto) 

«Inder  -yakwene,  -nye  -^9^ 

anderswo  =  wohin,      kuyakwene,  kunye  kungi 

woher 
ein  andermal  kayakicem,  kanye  kangi 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutti. 


311 


ändern 

-pendula 

nganamula 

aneifern 

-nyengerera 

-konga 

aneinandeiTeihen(Perlen)  -hululira  {usharo) 

-tunga  {usharo) 

anerkennen 

-vumira 

-idikira 

Anfang 

Mqaro,  mtanguliro 

wali 

anfangs,  am  Anfang 

pakiqaro ,  pakutangulira 

-a   wali 

anfangen 

-qara,  -tangula 

-tumbtila,  -longola 

anfassen 

-bamba,  -guga 

-kamula 

leicht  anfassen 

-qumba ,  -qumbanisa 

-hasa 

anfühlen  (s.  das  vorige) 

anführen                            j 
Anführer  sein                   * 

'  -tangulira 

-longolera 

anfüllen 

-qwawisa 

-memereza 

sich  anfüllen 

qwawa 

-mema,  -zala  (pf.  -ze 

Angehöriger  (Stammes-) 

mkozi 

mkozi 

Angel 

luwecha 

luwecha 

Angelegenheit 

ndawa 

mharo 

Angesicht 

U.90 

pamiho 

angreifen  (=  fassen) 

-bamba 

-kamula 

angrenzen 

-ßka 

-fika 

Angst 

ugwara 

woga 

ängstigen 

-saidsa 

-yogofa 

sich  ängstigen 

-sawa 

-ogopa 

ängstlich  (furchtsam) 

ligimra 

anhangen  (einem  Gebie- 

-konja 

-hanga 

ter) 

anhauchen 

-yezamulira 

-yezamulira 

anklagen 

-kulika  zindawa 
-kulikira,  -qewa 

1  -nenerera 

ankleiden  (durch  ITber- 

-yambatiza 

-fioalira 

wurf) 

(durch  Anziehen) 

-fakisa 

-ingiza 

sich  ankleiden 

-yambata,  -faka 

-fioala,  -ingiza 

anklopfen  (an  der  Türe) 

-vulisa 

-dindulisa 

ankommen 

-fika 

-fika 

Ankömmling 

mfiki 

mfiki 

anlegen  (Kleid)  s.  an- 

kleiden 

(Verband) 

-loopa  (kironda) 

-kunga  (kironda) 

(Feuer) 

-kisa  {-chisa  mbasn) 

-sopa  (moto) 

anlehnen 

-yeyamisa 

-yegega 

sich  anlehnen 

-yeyama 

-yegama 

anliegen 

durch  kumhula  (nachden- 
ken) 

kumbula 

was  liegt  daran  ? 

kimanil 

es  liegt  nichts  daran 

nandawa 

812 

Anliegen  (das) 

anmachen  (Feuer) 

anmaßend  sein 

annehmen  (Geschenk) 

annageln 

anpassen  (durch  Messen) 

anrufen  (zurufen) 
als  Zeugen 

anrühren  s.  anfassen 

anschauen 

(scharf,  stier) 

anschließen ,  sich  anein- 
ander 

anschwellen 
(Fluß) 

ansehen 

ansiedeln ,  sich 
neue  Ansiedelung 
sich  bei   einem  frem- 
den Häuptling   an- 
siedeln 

anspannen  (Seil) 

anspeien 

anspornen   s.  aneifern 

anspritzen  (besprengen 

anspucken  s.  anspeien 

anständig 

anstatt 

anstaunen 

anstecken  (mit  Krank- 
heit) 

anstellen   (zur  Arbeit) 

anstiften   (ITnlViedeu) 

anstimmen 

anstoßen  (intrans.) 
(—  stolpern) 


Sfiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

ndawa 

-basa  {mbaso) 

-{zi)meka 

-yamkera 

-betera 

-lingira 

-kalira 

{-funga) 


-buka 

-gorozera 

-smdererana 


-vuvuka 

-qwawa  {mfula) 

-buka 

-sara  palilala 

lilala 

-{rn)konj(z)a 


anstreichen 

mit  weißem  Lehm 
anstrengen,  sich 
Anteil  erhalten 
Antilopenarten 

Zwei'gantilope 


-dosa  {ntambd) 
-kaful(n)era  {mati) 

)    -fesa,  -tindita 

-qoto,  -mazima 

pezurupa  oder  durch  -pen- 
dula (verwechseln) 

-tokoza,  -yetukira 

-i/anibuza ,  -yambukiza 
(lu/o) 

-tuma  (msewenje) 

-qaicanisa ,  -songercza 

-qara  kvsatcera 

-{zi)di(ra 

-kuwara ,  -kuchwa  (kiku- 
waro  eine  Wurzel ,  ein 
Stein  im  Weg,  an  den 
man  stoßt) 

-tambiza 

-qaka  {mqako) 

-qina 

-yamkera 

huriiktt 


mharo 

-kosa  {motu) 

-zidenya 

-yanukira,  -pokera 

-komala 

-lingira 

-embera 

-lapa 

•  lora 

-bekisa 

-hegererana 

-vimba 

-mema 

-lora 

-tama  palilala 

lilala 

-{m)hanga 


-huta  {nyozi) 
-funnya  {mati) 

-  m  ij  a 

-qoto.  -mazima 
-figanamnla 

-ken  nyem  u  k  ira 
-ambitkiza  (utamu) 

-tuma  (mahengo) 

-  hondisa 

-tumbula  kuimba 
-kafiga 


(-paka) 
-qaka  (mqako) 
-kangamara 
-yanukira 


ng  orombtcc 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


313 


Antilopenarten 

Busclibock 

mbawara 

mbawara 

Rindbock 

ntamharamba 

ntambaramba 

Wasserbock 

likulu 

ndogoro 

Pferdeantilope 

mparapi 

mparapi 

Elenantilope 

shawa,  mpqfu 

mbunju 

Kuhantilope 

sindi 

hindi 

Schraubenantilope 

ndandala 

ndandala 

antreiben  (Tiere) 

-quwa 

-towa 

antworten 

-vuma 

-idiTca 

anwünschen  (Böses) 

-.wlera  (msoro) 

-wikulira  (chuku) 

anziehen    (Kleid)   trans. 

-yambata 

-fioalira 

und  intrans.  =  um- 

wickeln) 

(Rock,  Schuhe) 

-faka,  vumila,  -ngenisa 

-ingiza 

anzünden  (Feuer) 

-hasa  {mbaso) 

-kosa   (moio),    -pa 

-kicenda  {mbasö) 

m. 

(Gegenstand) 

-tera  mbaso 

-nyanya 

Arbeit 

msewenje 

mahengo 

arbeiten 

-sewenja  {-era) 

-henga  {mahengo) 

Arbeiter 

msewenji 

mnyamahengo 

ärgern  (Ärgernis  geben) 

-yonisa 

-hakasisa 

sich  ärgern 

-nyanya ,     -diniwa    (über 
jemand  durch  Objekts- 
partikel) 

argwöhnen 

-pimilira 

Arm 

chanja  {yanja,  nyanja) 

liiooko 

arm 

-yanga ,  -landa 

-kiwa 

(=  Pflegling) 

mshenzi  (vgl.   -shenga) 

arm  werden 

-dinga 

Armband  (=  Ring)  aus 

lunslovu 

lunslovu 

Elfenbein 

aus  Draht 

usambo 

usambo 

aus  Früchten 

vizuzu 

vizuzu 

Ärmel 

chanja  cha  nyura 

liwoko  lya  nyura 

Armut 

uyanga,  ulanda 

ukiwa 

Art  (Gattung) 

mJcuwo,  lusoico 

lufuko 

Arznei 

mti 

kibiki 

Arznei  bereiten 

-linganisa  mti 

-tengekeza  kibiki 

Arznei  geben  (behan- 

-Japa (Pass.  -lachwa  und 

deln) 

-lapkva) 

Arzt 

nyanga,  pl.  wanyanga  und 
zinyanga 

mganga 

Asche 

mlota 

lyenge,  lifto 

Ast 

liqambi 

liiafi 

Asthma 

lufo  moya 

utamu  mfuki 

314 

Spiss:    Kingoni  und  \ 

Kisutu. 

Atem 

moya 

mfuki 

starker  Atem 

mafpika,  mpefumulo 

mapum,ulo 

atmen 

-pefumula 

-pumula 

(=  hanchen) 

-yezamula 

auch 

na 

auch  nicht  (nicht  ein- 

na ...  ngö 

mal) 

auf 

por,  ku- 

aufatmen 

-pefumula  mapika 

aufbewahren 

-heka 

-wika 

aufbieten  (zum   Krieg) 

-memeza 

(Ruf  beim  Aufgebot: 

«muyezwa  nä:   mtisire  mpako!'^     »Gehet  hin  un 

nehmet:    Ihr  sollt  Proviant  herrichten! 

") 

aufbinden 

-kumula,  -wopola 

-yau/a 

aufblasen 

-puputa 

-puputa 

sich  aufblasen 

-zimeka 

aufbrechen  (Geschwüi-) 

-hnwoka 

-hotoka 

(=  sich  spalten) 

-handuka 

-handuka 

(zur  Reise) 

-suJca 

-wuka 

aufdecken  (Gefäß) 

-vula 

-gubukula 

aufeinanderlegen 

-beka  ndaonya 

a uffahren  (erschreckt) 

-yetiika 

-yetuka 

auffangen  (Schlag) 

-vika 

-yepa 

(Gegenstand) 

-yanga 

aufgehen  (Tür) 

-wa 

-gwa 

(Verband) 

-knmuka 

-yauka,  -wopoki 

(Sonne) 

-puma 

-puma 

(Saat) 

-mera 

-mera 

aufgraben 

-yimha 

-himba,  -gima 

aufhalten  s.  auffangen 

s.  aufhalt,  (verweilen) 

-sioera 

-hwera 

aufhängen 

-pannyika 

-koweka 

(zum  Trocknen) 

-yaiiika 

-yanika 

(zum  Töten) 

-wopa 

-tumbika 

aufhäufen 

-hutanisa 

-hin  da 

aufheben 

-nonga ,  -nyamida 

-hola,  -nyakula 

(emporheben) 

-vtisa 

-imusa 

(die  Lastauf  den  Kopf) 

-chomeka 

-twika 

(die  Augen,  das  Haupt) 

-pakamisa  {mesn) 

aufhören 

-sia,  -leka 

-kotoka,  -leka 

aufhüpfen 

-vundumuka 

-vundumuka 

aufknüpfen  (Knoten) 

-kumula 

-wopola 

(aufhängen) 

-wopa 

-tumbika 

aufladen 

-twalisa 

-gegisa 

einem  die  Last  auf  den 

-chomeka 

-twika 

Kopf  heben 

Spiss:    Kingoni  und  Kisiitu. 


315 


auflauern 

-lalira 

-yuwira 

auflegen  (Pflaster  usw.) 

-tera  (muti) 

-sopa  (kihiki) 

auflesen 

-nonga,  -tumha 

-hola 

auflösen 

-kümula 

-icopola,  -yaula 

aufmachen  (offnen) 

-Villa 

-dindula 

(entfalten) 

-sumbusula 

-gonjola,  -tambasula 

aufmerken 

-zwa,  -zwisa 

-pulikiza 

aufnehmen  (Last) 

-nyamula 

-nyakula 

(als  Gast) 

-ngenisa 

-ingiza 

aufopfern 

-tulira 

-tulira 

aufpassen  (horchen) 

-zwa ,  -zimsa 

-pulikiza 

(schauen) 

-huka 

-lora 

aufpicken  (von  Vögeln) 

-nonga,  -honyola 

-tondola 

aufregen,  sich 

-dada,  -tiihutira 

-hyoma 

aufreißen  (die  Augen  vor 

-paJcamisa,  -koka  {meso) 

-pakamisa,    -koka 

Überraschung) 

{meso) 

(Wunde) 

-tinuka 

-tonosa 

aufrichten 

-imisa 

-simika 

sich  aufrichten 

-yima 

-yima 

(Falle  aufrichten) 

-qipa,  -tia  {mqipö) 

-tega  {mtego) 

aufrollen  {—  zusammen- 

-songa 

-wiringa 

rollen)                    _ 

(auseinanderrollen) 

-sumburula 

-gonjola 

sich  aufrollen  (von  der 

-songana 

-nyongana 

Schlange) 

aufrühren  (Flüssigkeit) 

-zamazisa 

-kologa 

aufschieben 

-swerisa 

-hwerisa 

aufschließen 

-vula 

-dindula 

aufschrecken  trans. 

-yetusa 

-kennyemusa 

intrans. 

-yetuka 

-kennyemuka 

aufschürzen 

-finyeza 

-gwinnya 

aufschwellen 

-vuvuka 

-vimha 

Aufseher 

mlindi 

mloli 

aufsetzen  (Mütze) 

-vunula 

-fwala 

aufsitzen  (von  Vögeln) 

-wa 

-tula 

aufspannen  (ausbreiten) 

-yanjara 

-tandika 

(Regenschirm) 

-vuJa 

-dindula 

aufspringen 

-vundumuka 

-vundumuka 

(Risse  bekommen) 

-gazuka 

-panduka 

aufstechen  (Geschwür) 

-howoza 

-tumbtila 

aufstehen 

-yima 

-yima 

(früh  aufstehen) 

-vukera  (kusasa) 

-lavoa  {lukera) 

aufstellen 

-yimisa 

-simika 

(Falle) 

-qipa,  -tia  (mqipo) 

-tega  {mtego) 

Aufstoßen  haben  (vom 

-boja 

-wa  na  nduru 

Magen) 

316 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


auftauchen 

-piima  ipezuru) 

-puma  (pezuru) 

auftragen  (Speise) 

-be/ca 

-wika 

Dawa  auf  eine  Wunde 

-vutuz{ir)a 

-kvrigund{ir)a 

streuen 

(Auftrag  geben) 

-layeza 

-lagira 

auftrennen 

-daula  (lunguza) 

-daula  {lunguza) 

auftreten 

-nyat{ir)a 

-libat{ir)a 

auftrocknen 

-nyenyeza 

-jwiga 

aufwachen 

-vulea 

-yumuka 

aufwärts 

pezuru 

panani,  pachannya 

aufwärts  gehen 

-kwera 

-kwera 

aufwecken 

-vusa 

•yumusa 

aufweichen  trans. 

•tambiza 

-tambiza 

intrans. 

-tamha 

aufwickeln 

-songa,  -tanda 

-wir Inga,  -nyemba 

aufwirbeln 

-zungazunga 

-fungafungwana 

aufwühlen 

-panda 

-pala 

aufzählen 

-bara 

-waranga 

aufziehen  (in  die  Höhe) 

-kweza 

-kweza 

(=  ernähren) 

-yosa,  -fuya 

-lera 

Auge 

Uso  (pl.  meao) 

liho  (pl.  miho) 

die  Augen  schließen 

-smra 

im  Tode 

-pola  meso 

-kimeza  miho 

Augapfel 

nyanga  ya  liso 

nyanga  ya  liso 

Augenbraue 

luqope  (??-) 

ngope 

ausbessern  (Kleid) 

-tota 

-hona 

ausbleiben  (lange) 

-suera  (kakvni) 

-hwera  (katcaha) 

ausbreiten 

-yanjara 

(die  Arme) 

-yervla  {vianja) 

-golola  {mairnko  ) 

s.  ausbr.  (s. vermehren) 

-yanda 

-yoroka 

ausbrüten  (Eier) 

-fugamira  {maqanda) 

-yotratira  {makanga] 

Ausdauer  (od.  gewöhnl. 

manja  (eigentlich  Kraft) 

makakara 

durch  das  folgende 

aiisdauernd  sein 

-sioera,  -qina 

-hwera,  -kangamara 

ausdrücken 

-minnya 

-minnya 

auseinandergehen 

-lek{er)ana 

-lek{er)ana 

(zerfallen) 

-kumiika 

-(w)opoka 

auseinanderreißen 

-daula 

-hatula 

auseinanderspi-eizen  (die 

-yerula 

-tambnliza 

Beine) 

auseinanderstieben   (vor 

mwazika,   -barazeka,   -ba- 

pechepeche,  pwiche- 

Schrecken) 

raleka   (mit   oder  ohne 
barara,  tiiso 

p  wie  he  ganz) 

auseinandei'ziehen 

-dösa 

-hüta 

ausfallen  (Haare) 

-sutuka 

-kttnduka,  -sosoma 

(Zähne) 

-sutuka 

•  kulika 

Spiss:    Kingoni 

und  Kisutu, 

31 

ausforschen    (=  fragen) 

-wuza 

-kota 

ausfüllen  (Loch) 

-fulira 

-fukira 

ausgehen 

-hamha 

-genda 

(vom  Feuer) 

-qima 

-zima 

(vom  Haar)  s.  ausfallen 

ausgießen 

-qua,  -turula 

-yita 

ausgleiten 

-cherera 

-tierera,  -tilemhuka 
{-tierembuka) 

ausproben 

-yimba 

-gima 

aushängen  (an  die  Luft) 

-{y)anika 

-{y)anika 

aushalten 

-swera 

-hwera 

tapfer  aushalten 

-qina 

-kangamara 

ausharren  s.  das  Obige 

aushöhlen  (Mörser) 

-haza,  -kwenda 

{likovu) 

-hongola  (lituli) 

auskehren 

-tanyira  {mnyumha  das 

-fyagira 

Haus) 

ausklauben 

-qeta 

-hagula 

ausklopfen 

-tindita 

-kungunda 

auskratzen   (Kochtopf) 

-Tiioaya  {mhiza) 

-kokota  (chaliko) 

auskundschaften 

-shola 

-ngomera 

Auskuudschafter 

sholi  (pl.  zi-) 

sholi  (pl.  zi-) 

ausleeren 

-qita,  turula 

-yita 

ausleihen 

-bwereka 

-cheleka,  -{y)asima 

auslöschen  (trans.  und 

-qima 

-zima 

intrans.) 

(=  wischen) 

-yes{sh)ula 

-porosa 

ausnehmen  (Honig) 

-koJca  {mahega) 

•tola  {mahega) 

auspacken 

-susa 

-wusa 

ausplündern 

-yamuka 

-nyaga 

ausreißen 

-shepuna 

-tupula 

{—  ausjäten) 

-sdkulira 

-sakulira 

(=  ausschneiden) 

-sika 

-g  eha 

(Federn) 

-sutula 

-tupula 

(=  fliehen) 

-7ienye)'a 

-menyegera 

Ausreißer 

mnenyero 

menyegero 

ausreden 

-hwaya 

-kweta 

ausruhen 

-pefümula 

-pümula 

ausrupfen 

-sutula 

-tupula 

Aussatz 

mannata 

marohi 

aussaugen 

munny{ir)a 

-nun{ir)a 

ausscheiden  (=  sondern) 

-qeta 

-hagula 

ausschimpfen 

-tuka 

-liga 

Ausschlag  (der  Haut) 

lukwekwe  (Krätze) 

lukwekwe 

vigawagawa  \ 

(Buba) 

viwangala 

ausschlagen  (m.  d.  Fuß) 

-kawa 

-takula 

(von  der  Knospe) 

-howoka 

-yagara 

318 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu, 


ausschütteln 

-Tcupula,  -tindita 

-kungunda 

ausschütten 

•qua,  -turula,  -qaya 

-yita 

ausschwenken  (Gefäß 

-zungurusa,  -zamazisa 

-zungurusa,  -zama- 

beim Reinigen) 

zisa 

außen 

panje  (pansle) 

kwihala 

außen  an 

ngapanje  Ttwa 

äußerst;  zu  äußerst  ste- 

-peta. -Ttaula 

-payomoka 

hen 

ausspannen 

-yanjara 

-yanjara 

(Arme) 

-yerula 

-gorola,  -yondorola 

ausspeien 

-Tcafula 

-funnya 

ausspotten 

-sheka,   -nyanya 

-heka 

aussprechen 

-Tcuruma 

-jova 

ausspreizen  (Beine) 

-yerula 

-tamhaliza 

ausspucken 

-hafula 

-funnya 

ausspülen  (reinigen) 

-sanja 

-yosha 

(vom  Regen,  Fluß) 

-gemula 

-gemula 

ausstellen  (ausweichen) 

-pambuka 

-paduka 

stell  aus! 

kwecM!,  nisa! 

taruka! 

ausstrecken 

-yerula 

-golora,  -tamhaliza^ 
-yondolora 

ausstreuen 

-fesa 

-mija 

aussuchen 

-qeta 

-hagula 

austeilen 

-laula,   -gawa 

-gawa 

(durch  Abbrechen  von 

-shepuna 

-meya,  -7netula 

der  Speise) 

austreiben  (Vieh) 

-peleka,  -susa 

-lousa 

(=  vertreiben) 

-qocha 

-winga 

auswaschen 

-sanja 

-ycsha 

auswählen 

-qeta,  -qoma 

-hagula 

auswandern 

-tuta 

-hama 

ausweichen 

-pambuka 

-paduka 

weich  aus! 

kwecha!,  nisa! 
kude  na  njera! 

taruka! 

ausweiden 

-su.sa  matnmho 

-wusa  matumho 

auswerfen 

-lasha 

-taga 

=  ausstreuen 

-fesa 

-mija 

auswinden 

-minnya 

-kamanga 

auswischen 

-yeshula 

-porosa 

Auswurf  (vom  Mund) 

kikosJiola 

makorofo 

ausziehen  (auseinander) 

-dösa 

-fiüta 

(Kleid) 

kumula 

-wusa 

(Zahn) 

-kumula 

-kula 

Faden 

-daula 

-daula 

Axt 

lizembe 

livago 

(Streitaxt) 

kinjenje 

kinjenje 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


319 


Bach 

mfula ;  gewöhnlich 

.  mfuleni 

magasi 

(eigentlich  am 

Bache) 

Backe 

litama 

litama 

Hinterbacke 

litako 

litako 

Backenknochen 

litambn  lya  mshati 

baden 

-Samba,  -yeza 

-yoga 

Bahre  (Tragbahre) 

litara 

litara 

Bakschisch 

{i)nkunzi 

njombe 

bald 

paßchane,  panyani. 

pakona 

padebe,  pakona  pa 

panyani 

debe 

bald -bald 

lomha-lomha,  panye-panye 

hino-Mno 

Balken 

Jeimuti 

kimuti 

Querbalken,  Träger 

mgomba 

mgomba 

Bambus 

msenjere 

mlahi 

Banane 

lihova 

litoki 

Band  (aus  Bast) 

nyozi,  ntambo 

mlegehi 

(aus  Baumwolle) 

lunguza 

lutonje 

Barase  (Veranda) 

lukolo,  palukolo 

lufuka 

Barmherzigkeit 

musa 

lipyana 

Bart 

Jeirefu 

kinjwemba 

Base  (von  Vaterseite) 

hawa,  ise 

hange 

(von  Mutterseite) 

mama 

mawu 

Bast  (Baumbast  als  Band) 

ntambo,  nyozi 

mlegehi,  mgoyi 

Bastkorb 

lidoto 

lidoto 

Batate 

Jcimunguru 

mbatata 

Bauch 

lusu  (kisu) 

lireme 

(Magen) 

mhirini 

bauen 

-yaka 

-jenga 

Bauer  (Ackerer) 

mlimi 

mlimi 

Baum 

kimuti 

mkongo,  kibiki 

Arten : 

a)  mit  genießbaren 

Früchten 

mpotopoto 

mguhu 

mhuni 

msaula 

mqokoro 

mtawatawa 

mviro 

mviro 

mfifi 

mfudu 

mtunduruka 

mtunduruka 

mdonga 

mdonga 

b)  mit  ungenießbaren 

Früchten 

mtondo 

muyombo 

mgeregere 

mgeregere 

(besonders  an  Flüssen) 

mgowozi 

mgowozi 

mtumbati 

mtumbati 

320 


Spiss:    Kinujoni  und  Kisutn. 


Noch :  b)  mit  ungenieß- 

baren Früchten. 

(Dornbaum) 

rnkwango 

mkivango 

(sehr  hart) 

muwanga 

muwanga 

(mit  dankelglänzen- 

mgongoma 

mgongoma 

den  Blättern) 

(mit  rotem  Kernholz) 

mngenge 

mngenge 

(Ebenholz) 

mpingo 

Baumharz 

ngazi  ya  kimuti 

(als  Vogelleim) 

ulimbo 

ulimbo 

Baumstumpf 

Mgodo ,  kikuwaro 

kigodo,  kikuwaro 

Baumwolle 

lunguza 

lutonje 

bearbeiten  (Holz) 

-haza 

-hongola 

beabsichtigen 

-funa 

-gana 

beaufsichtigen 

-linda 

-lol{er)a 

beauftragen 

-layeza 

-lagira 

beben 

-tutunia 

-wagaya,  -tetema 

Becher  (geflochten) 

kija 

kijomera 

Becken,  Beckenknochen 

nyonga 

bedecken  (=  einhüllen) 

-yambat{iz)a 

fwika 

(^  zudecken) 

-vimha,  mhonya 

-gubira 

bedeuten  (andeuten) 

-ling{ir)a 

z.  B.  ein  Kamäleon  (am 

Weg)     bedeutet    Un- 

glück lunwao  Iwalinga 

msoro 

bedienen 

-tumikira 

-tumiikira 

bedrängen 

-nengeza 

-fahisa 

bedrohen 

-sawisa,  -yetusa 

-yogofa 

l)edrücken 

-nengeza 

-fahisa 

beeilen 

-nonopisa 

sich  beeilen 

-nonopa 

-kila  nyata 

beendigen 

-peza,  -kedisa 

-mala,  -yomola 

beendet  werden 

-pera,  -keda 

-malika,  -yomoka 

Beet  (Saatbeet) 

msere 

likitnba 

Befehl 

mteto 

mteto 

befehlen 

-teta  mteto 

-teta  mteto 

befestigen  (durch   An- 

-betera 

-komerera 

nageln) 

beflecken  (besudeln) 

-yona 

-hakasa 

befragen 

-huza 

-kota 

befreien  (loskaufen) 

-sanguJa 

-kombola 

befriedigen  (zufrieden- 

-wisa 

stellen) 

befriedigt  sein 

-wa 

begegnen,  sich 

-shangana 

-kongana 

Spiss:   Kingoni  und  Kisiitu. 


321 


begehren 

-haukira 

-yana 

Begierde  nach 

sMzio  ya 

moyo,  mtima  wa 

Beginn 

kiqaro 

ulongolo,  utumbulo 

beginnen 

-tanyula,  -qara 

-lonyola,  -tumbula 

begleiten  (eine  Strecke) 

-pelekeza 

-pelekeza 

Begleiter  s.  Genosse 

(=  Diener) 

nyeke 

msonyoro 

begraben 

-yimbera 

-gimira 

begrüßen 

-honisa ,  -binger er a 

-onesha 

behandeln  (ärztlich) 

-lapa  (Pass.  -lachwa  und 
lapiica) 

behauen 

-haza 

-honyola 

beherbergen 

-nyenisa 

-(y)inyiza 

behüten 

-Iind{ir)a ,  -londoloza 

-lind{ir)a,  -lolera 

bei 

pa;  mu\  ku 

pa\  mu\  ku 

beide 

-onke 

-oha 

Beil 

Uzembe 

livayo 

(für  den  Krieg) 

kinjenje 

kinjenje 

Bein  (Schenkel) 

mienze 

lib{w)ondo 

(Knochen) 

litambu 

lihupa 

beinahe 

durch  -sinda  (entrinnen) 
oder  -buda  (verfehlen) 

-la7na 

beisammen 

pamozi,  ndaonye  (ndawo- 
inye) 

pamonya 

gedrängt  beisammen 

-chvpa 

gehen 

beiseite  (rufen) 

(-biza)  -edica 

[-kema)  -ene 

beißen 

-hima 

-luma 

beistehen 

-patisa 

-tanya 

bejahrt  (s.  unter  alt) 

-dara 

-yoyolo 

bejahrt  werden 

lupala  (pf.  lupele) 

bekannt  sein 

-yazika 

bekennen 

-vuma 

-idika 

bekleiden  (einhüllen) 

-yambata  {-isa) 

-fwika,  -vunulisa 

bekonunen 

-yamkera,  -piwa 

yanukira 

beladen 

-ticalisa 

-yeyisa 

belagern 

-zunyula 

-tindira 

beleidigen 

-kalimirisa ,  tukutirisa 

-hyomerisa 

beleuchten 

-banisa 

-mulisa 

bellen 

-yonyota 

-wuwuta 

belohnen 

-pa  nkunzi 

-pera  njombe 

bemächtigen,  sich 

-bamba,  -yamuka 

-kämula,  yanuka 

bemühen,  sich 

-qina 

-kanyaniara 

benachrichtigen 

-bika  {-era) 

-muwula,  -tawirira 

beneiden 

-boncra  shizio 

-onera  ligoga 

beobachten 

-biika.  shora 

-lora,  ngomera 

Mittel.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.  1904.  IlI.Abt. 

21 

322 


Spiss:    Kiiinoni  und  Kisiuii. 


beohrfeigen 

-makaya 

-pamanda 

beraten,  sich 

-kuruma  z/ndaica 

-jova  miharo 

Beratung 

{zi)ndau-a 

miharo 

berauben 

-yamuJca 

-yanuka.    -poka. 
-nyayo 

berauschen,  sich 

-dak'ma 

-gaJa 

bereden 

-nyengerera 

-kofya 

bereiten 

-sendereza,  -Imyatdza, 
-{lu)lin(/isa 

-Jiegereza,  tendeki  ra 

bereits 

nga  (nachgesetzt) 

nde  (nachgesetzt) 

bereit  sein 

-smdera 

-hfgerera 

bereit  machen 

-smdereza 

-hegereza 

bereuen 

durch  -v'ma  shizio 

-vava  mtima 

Berg 

ntawa  (lok.  entawenl) 

kidunda,  kitumi  i 

bersten 

-datika 

-hatuka 

berühren  (^ 

anfassen) 

-qumha  (-hamha) 

-hasa  (kdmnla  i 

beruhigen  (Streitende) 

•lamiila 

-kengerera 

(Trauernde. 

Erzürnte) 

-pppisa 

-pepisa 

(Kind) 

-hindisa 

-nyamasa 

sich  beruhi: 

gen 

-tnla.   -pepa 

-tnla.   -pepa 

besänftigen  s. 

oben 

Geister  besänftigen 

-pasa  maslosi,  -hikira  m 

.     -teta  mahoka 

beschädigen 

-yona 

-hakasa 

beschädigt 

werden 

-yimekala 

hakala 

beschäftigen, 

sich  s.  ar- 

beiten 

bescheiden 

-mazima .   -qoto 

beschenken 

-pa 

-ppra 

beschimpfen 

-titka 

-lign 

beschleunigen 

-nonopisa 

beschmutzen 

-yona 

-hakasa 

beschmutzt 

w erden 

-yonpk[ar)a 

-hakala 

beschneiden  (z 

.B.Nägel) 

-juiia 

-dümula 

Beschneidung 

kimitngo.  iinyago 

bescliützen  (vor  Gefahr) 

-londolnza 

(vor  Unreclit) 

-lamvlim 

-kengerera 

Beschützer 

mlnndoJozi.  mIamuUro 

beschuldigen 

-qeica 

-heha  {-elea) 

fälschlich  1, 

leschuldi- 

-qamhira  manya 

-detera  makeo 

gen 
beschwindeln 

-diera  {-ererä) 

-diera  ( -erera) 

Besen 

mtannyiro 

'^fljoyi^'^ 

besiegen 

-slura  {-yaskiila) 

-pita,  -ruta 

besinnen,  sici 

1 

-kumbida 

-kumbuka 

Besitzer,  besitzend 

mnyikazi  ica- 

mnya- 

Besorgnis 

uywara 

ic  og  a 

Spiss:    Kino-Olli  und  Kisutu. 


323 


besorgt  sein 
besprechen  sich 
besprengen 
bessern,  sich 

(von  Kranken) 
best;  zum  besten  halten 
bestätigen 
besteigen 
bestrafen 

bestreichen 

besuchen 

betäuben 

lietäubt  werden 
betrachten  (anschauen) 
betrauern  (Tote) 
betrinken,  sich 
betrüben 

sich  lietrüben 

betrügen  (beim   Kauf) 

(heim  Versprechen) 
bettehi 
Bett,  Bettstelle 

Schlafmatte 
beugen 

(Knie) 

sich  lieugen 
Beule;  Beule  schlagen 

Beule  bekommen 
beunruhigen 
Beute  machen 
bevor,  wird  umschrieben 

durch      das      »Noch- 

I  licht -Tempus  •> 
liewachen 
bewahren  s.  d.  O. 

(aufbewahren) 
bewerfen  (mit Lehm  ver- 

])utzen) 
bewundern 
bewußtlos  werden 
bezahlen 
bezaubern 

l)ezeichnen  (Zeichen  ein- 
schneiden) 


-sawa;  -Tcinnhula 

-liuruma  zindawa 

-tera  {-erera},  -fesa 

-sinda 

-qarika.  -sinda 

-shala  7ia- 

-vuma 

-kwera  (e.Berg  kuntawa) 

-tuhidira 

-tamhhira 

-bona 

-hindusa 

-kinduka 

-hiika 

-kalira  maliro 

-dakiwa 

-dadisa 

-dadira  oder  durch  shizio 

ikara,   =  iyenyera 
-sherera ,  -dierera 
-nyenga 

-kera  mwjamja 
kitanda 
mpasa 

-gogowisa ,  -gogomhisa 
-arigukira  lidoro 
-kotama 
-powola 
-powoka 

-nengeza,  -tamhuza 
-tjainnka ,  -tola,  -tata 


■linda 


-ogopa,  -hola 

-jova  miliaro 

-mija 

-lama 

-lama 

- k i n a  na- 

-idika 

-hynmera  (mit  näherer 

Angabe) 
-pakira 
-lora 
-hindusa 
-liinduka 
-Inra 

-ernhera  maliro 
-gala 
hyomesa 
hyomera 


-ko7iga,  -pujija 

yupa  mkiioa 

kitanda 

ugono 

-pinda 

-fugamira 

-  goa  in  a 

-hotola 

-hat o k a 

-•ngaha 

-poka,   -nyaga 


■lolera 


■heka 

-loika 

■namika  [ludaka) 

-maia  {In dope) 

■yetukira ,   -tokoza 

-lumpilira 

■kinduka 

-kinduka 

-sdula 

-lipa 

-loya 

-loga 

-sika   mhara 

-tema  nemho 

324 


Spiss:    Kiiiijoni  und  Kisiitu. 


bezeugen 

-shanz{ir)a 

-sJian:{ir)a 

bezweifeln  (in  Abrede 

-yala 

-hera 

stellen) 

biegen 

-yngmcisa  {-yogomhisa) 

-pinda 

biegsam  sein 

-yoyowara  {-goyomhara) 

-pindika 

biegsam 

-a  ludaka 

-deke  (deke) 

Biene 

nyosi  {lunyosi) 

njuki 

Bier 

uchwala,  vgai 

ugimbi 

Biestmilch 

kituu'i 

kituici 

Bild 

sanamu  {kisw.) 

sanamu  (kisw.) 

bilden   (formen) 

-wumba 

-u'u  mba 

billig  (vom  Kauf)  adv. 

kuse,  wahwino 

wabwino 

Binde  (aus  weißem  Stoff) 

riiKere 

m  icere 

binden 

-iiopa  {-wocha) 

-krtnga 

bis 

mpaka 

mpaka 

Bissen  (Breiklößchen) 

ndongi 

ndongi 

bitten  (um  eine  Gabe) 

-kera 

-ynpa 

(um   Erlaubnis  usw.) 

-chera 

-j  o  vfra 

bitter 

-kali 

•  kali 

bitter  sein 

-vava 

-vina 

Blase  (an  der  Haut) 

•likafi 

n ge r enger f 

Harnblase 

Ufnruzo 

li/uruzo 

Blasebalg 

mfua 

mfua 

Blasebalg  treiben 

-fiiguta 

-fuguta 

blasen 

-vutira 

-pula 

aufblasen 

-puputa 

-ptiputa 

Instrument  blasen 

-heta 

-beta 

Blasinstrument    (aus 

kituUro 

klttiliro 

Holz) 

(aus  Metall) 

karomheta 

karombeta 

Blatt  (Baum-) 

litepn,  liqembe 

lihamba 

Blattern  (Pocken) 

Uhomanga 

ndutci 

blau  (dunkel) 

-mnijama 

-pili 

Blei.  Kugel  aus  Blei 

kipolopolo 

kipolopolo 

bleiben 

-shala  (pf.  -sha/ile  u.  -she: 

i)    -tama,  -kala 

blenden  (von  der  Sonne) 

qopa  {meso) 

-homa  {miho) 

blind  werden 

-fa  meso 

-koyoka 

fast  blind  sein 

-wa  na  kiboko 

-wa  na  kiboko 

blinken 

-baneka 

-mulika 

blinzeln 

-kopeza 

-kupira 

Blitz 

mbamha 

m  amba 

blitzen 

-baneka 

-mulika 

es  blitzt 

iyabaneka  (seil,  mbamha) 

blöd 

kishora 

kishora 

blöd  werden 

-shannya 

•penga 

Blödshm 

mas/uinnya 

mapengo 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

325 

blöken 

-kara 

-meta 

bloß  (=  nur) 

kußfira,  nga  (postpos.) 

hera 

(=  nackt) 

chahe 

waka 

blühen 

-skuma,  -ynerisa  uluwa 

shuma,  -merisa  uluwa 

Blüte 

uluwa  (pl.  uluwd) 

uluwa 

Blut 

ngazi 

mwasi 

bluten 

-puma  ngazi 

-huma  mwasi 

bluten  machen 

-tunusa  (tunuka) 

-tonosa 

Bock 

lipongo 

lipongo 

Boden;  auf  dem  (den) 

pasi. 

jiah  i 

Boden  (aus  Lehm) legen 

-sinda  (ludaka) 

-kilima  {ludope) 

Bogen 

mchohi 

(m)pindi 

bei  Seiteninstrument 

Uguhu 

ligumhu 

Bohnenarten:   Fisolen 

mandondo 

mandondo 

große  runde 

zinslugH 

njugu 

(Suah.  Jcunde) 

zislummj 

11  an  da  la 

Staudenbohne 

)i)jamdoro 

mangi 

Lrbsen 

ndozi 

ndozi 

bohren  (durch  Drehen) 

-ßija.  -tika,  -pesha 

-pegea 

(durch  Stechen) 

-shawa 

-homa 

Boot  (Einbaum) 

ligicamha,  mkumbi 

wato 

boi-gen 

-hicereka 

-yasima 

Boi-kenkäfer 

-kifukuze 

-kifukuze 

(sein  Bohren  im  Holz 

■ppsha 

-fukuta) 

böse 

-ici 

-haki 

Bosheit 

lunya 

lunya 

Bote  (Eilbote) 

mhiki  (pl.  zimhiki) 

(Kundschafter) 

sholi  (pl.  zisholi) 

Botschaft 

zindaica 

m  iharo 

was  gibt  es  neues? 

zindaica    7nuni    {zindawa 
?ija/u)?  kunjani 

Botscliaft  bringen 

-hika;  (geheime)  -shewa 

-hika;  -s/ieica 

Brand 

mhaso 

moto 

braten 

-kazinga;  -yocha  (-i/osa) 

-kalanga;  -nyanya 

Brauch  (Sitte) 

mkinco 

m  k  u  w  0 

brauchen 

-funa 

-yana 

brausen 

-jmpuma,  -hira 

-piupuma,  -hira 

Braut 

7nloicokazi  (vgl.  -loicold) 

Bräutigam 

mnyikazi  ica  mtimha 

brav,  braver  Mensch 

Ugezu 

brechen 

-yepula 

-dennya 

(Bi'ot  usw.) 

-shepuna 

-mega 

(Steine  usw.) 

-faya 

(vom  Auge) 

-pola,  qima 

sich   erbrechen 

sanza 

-deka 

(von  der  Stimme) 

-pendula  ilizwi) 

-pindula  {lilotce) 

326 


Spiss  :   Kiiitcoiii  und  Ki-suni. 


Brechreiz  haben 

shizio  inyera  {nyera) 

Brei 

sima,  Mjeza 

ngali 

Brei    vom    gestrigen 

mlalo 

uporo 

Tage 

breit 

-hanzi 

-banzi 

Ijreit  werden  (in  die 

-navca 

Breite  gehen) 

Breite 

uhanzi 

ubanzi 

Bi-emse 

Imuyu 

brennen  trans. 

-cha,  -chisa 

-nyanya 

intrans. 

-vuta 

-yaka 

Brennholz 

nkuni  (gew.  pl.  zinkuni) 

sagala 

Brett 

ubao  (kisw.) 

n  bao 

Brief 

barua,  cheti  (kisw.) 

barua,  cheti 

bringen  (hin-) 

-mnkisa 

-peleka 

herbringen 

-Uta 

-leta 

brodeln 

-wira,  -pupuma 

-heica 

Brot 

kinkwa 

Bruder 

m/o  (veraltet) 

mlongo 

mein,  unser  Bruder 

mtanakwetu 

dein,  euer  Bruder 

mtanakwenu 

sein    ihr    Bruder   (s. 

mtanakicao 

auch  Schwester) 

ältester  Brudei- 

mkuru 

(=  Verwandter) 

kininl 

m  longo 

Brücke 

mtandato 

ulalo 

Brühe  (Fleischbrühe) 

mmzi 

mshuzi 

brüllen  (vom  Rind) 

-kara,  -konni/a 

-emba,  -bota 

vom  Stier,  Löwen 

-honga 

-buma 

brüten  (Eier  ausbrüten) 

-fu(jam\ra  {maqanda) 

-you-atira  {makan7/a) 

über  etwas  briiten 

-kumbula 

-  k  u  ni  buka 

Brunnen  (Wasserloch) 

mtombo 

kiliica 

Brunst;  in  Brunst  sein 

-funa  ndoda 

-funa  ngosi 

Brust 

nganga,  ki/inva 

k  ivimba 

Brüste 

mawele 

maicele 

brüsten  sich 

zimeka,  zigangisa 

-zldufya,  zitoga 

Buch 

kitabu  (kisw.) 

kitabu 

Buckel 

kifitmbii 

c  h  u  m  b  i 

buckelig  sein 

-ica  na  kifumbu 

-ica  na  chumbi 

bücken,  sich 

-kotama 

-y  inama 

Büffel 

nyati 

njati 

Bund  s.  Vertrag 

Bündel 

nxjanda 

likinja 

bunt  sein 

-wa  na  mabara 

-ica  na  mabara 

Bürste 

mtannyiro 

mfy  agiro 

Busch 

tafeni 

dasi 

Spiss:   Kin^oiii  und  Kisutu. 


327 


Buschmesser 

mbemha 

mhemha 

Busclibock 

mhmcara 

mhaicara 

Büschel  s.  Bündel 
Butter 

mafuta  ya  Iwisi 

D. 

da  lapa,  ponerapa 

Dach  (=  Stuhl)  hipasha 

der    oberste    Gras-       chan'koiKjo 
büschel 

Dachsparren  lutungo  (zin-) 

daheim  mu-,  pa-,  hukaya 

bei  mir  (uns)  daheim    ku-etu 

bei  dir  (euch)       »  kwemi 

bei  ihm  (ihnen)    »  l-icao 

damit  (durch   Konj.  auszudrücken) 

damit  nicht,  durch  Konj.  mit  -nc/o-,  oder  durch  Konj.  von  -sia,  -/eÄ-<7  auszudrücken 
dämmern  -sa 

es  dämmert  (morgens)    iyasa,  Jcuijasa,  kusire 

vom  Abend  Tiidizicarara 

danken  -honga 

"danke  schön«  uakalipaf  icasenguraf 

dann  ngasemuva  leke 

oder    durch    -pinda    (nachher    tun),    z.  B.    ndihamha    kutenga,    ndizapinda 

ndkhideka  ich  gehe  kaufen,  dann  werde  ich  wiederkommen. 


kono,  kuni 

lupasha 

kituhiro 

mpagaro  {lipagard) 

mu,  pa,  kukaya 

kwetu 

kicenu 

k  IC  a  o 


-cha 

kwacha 

kutiliioa 


Darm 

Dickdarm 
kleines  Gedärm 

dari-eichen 

daß  (Aussage) 

Daumen 

davonlaufen 

Deckel 

decken  (das  Dach) 
(=  umhüllen) 
(mit  Deckel) 
(von  Begattung) 

dein 

denken 

denn  {^rz.  weil) 
(beim  Imperativ) 
(bei  Fragen) 

"gut  denni« 


lutumbo  (pl.  ma-) 

matiimho  manyaka 

matumho  mangonwane 

-leta 

kutL  kama  (koma) 

kigimu 

-nyenyora 

kivlmbo,  kimhoriyo 

-fuUra 

-yambaüza 

-mhonnya 

-zfka 

-ako 

-yainba,  -yenza  liqiri, 

kumhida 
iidaica,  loku 
ke.  pera  (postpos.) 
bona,  bonani^    (Imperativ    nandii 

von  -bona  sehen) 
bona{ni)  pera 


lutumho  (pl.  ma-) 


-leta 

mannya,  kamba 
kikururu 
-nyenyora 
kigubiko 
-tima 

-fwika,  -ficala 
-gubika 
-zeka 
-ako 

-kita      luhala,      kum- 
b  11  k  a 

pera 


328 

Spiss:   Kiiigoiii  und  Kisutu. 

dennoch 

chahe  {nipe  chabe  gib  mir 
dennoch) 

hirahira 

deutlich  (adv.) 

kahuru 

neso,  kawaha 

deutlich  machen 

-laya,  -fundisa 

-fundisha 

Diarrhöe;  an  Diarrhöe 

-cheka 

-  tumhiilira 

leiden 

dick 

-kvru 

-IC  aha 

von  leidenden   Wesen 

-lupala 

so  dick  wie  .   .  . 

ngaka  .   .   . 

Dickicht 

lisati,  Utogoro 

mhitu 

Dieb,  diebisch 

mbafa  (pl.  zim-) 

mwivi 

(=  Räuber) 

nyakato 

dienen 

-tnmika 

•  tumika 

Diener 

nyeke 

msonyoro 

Diener    auf  dem 

mjinyati  (pl.  mi-) 

Marsch ,  Proviant- 

trägei- 

Dienst;  zu  Diensten  sein 

-sendera 

-hegerera 

dieser 

loyu  usw.,  enje  usw. 

uyu  usw. 

diesmal 

namusa 

lern 

Ding 

lutn  (pl.  zinU)) 

kintu 

»Ding«  (das  man  nicht 

kipete,  kito 

k  i  n  o  ti  o 

nennen  kann) 

Distel 

luhano 

luhano 

doch  (beim  Imperativ) 

ke,  pera  (postpos.) 

pera 

(=ja  doch) 

('■) 
kande;  nde  (postpos.) 

hanga 

Donner 

mdi/mo  (ica  vvla) 

mburumo,    mrundrimo 
(wa  mvula) 

donnern;  es  doimert 

idtnua  (seil,  vula) 

yaburuma,yarunduma 

DoppeUlinte  kibamu  cha  milomo  miwili   hitti  ya  milomo  niiwili 

Dorf  »luzi  miiji 

Außendorf  (Sklaven-  mlaga 
ansiedhmg) 

Dorn  Ufa  (pl.  mefa)  mwi/a 

Arten:  groß,   weiß  nikicangu  mkwangu 

groß,  gelb  mkokoro  tawataica 

krunuu.  gelb  mlashawanhi  mlashawantu 

gerad.    mittel-  mzirazpmbe  mkunguti 

groß 

Blätter  genieß-  rnluitgicane 

l)ar 

ganz   klein  kinjacha 

dort  (in  der  Nähe)  lapo  uko 

(in  der  Ferne)  näpaya  kula 

Dose  (für  Schnupftabak)  Ufuko  mfukn 


Spiss:   Kiiiooui  und  Kisutii. 


329 


Dotter 

vbomvu  wa  liqanda 

drängen  (stoßen) 

-dura,  -sundusa 

-dura,  -sundusa 

(=  antreiben) 

-chupisa 

-chupisa 

sich  drängen 

-chupa 

- c h up a 

Draht  (dünner  aus 

samho ,  iiyeta 

samho,  nyeta 

Messing  od.  Kupfer) 

(dicker) 

lisonyo 

lisongo 

draußen 

panje  (pamle) 

mwihala,  kwihala 

(=::=  außen  ums  ' 

Haus 

paseli  (kuseli) 

herum) 

drehen  (Faden) 

-hota  (hmguza) 

-Iota  {lutonje) 

(=  umwenden) 

-pendula 

nganamula 

drei 

-tatu 

-da  tu 

dreschen  (Getreide 

) 

-Inda 

-hula 

drinnen 

mukati 

mugati 

dritte 

-a  utatu 

-adatu 

droben 

pezuru 

panani,  pachannya 

drohen  (Furcht  einj; 

Igen) 

-saicisa 

-yogofa 

(zu  schlagen  drc 

)hen) 

-songera 

drücken 

-handiza 

-Umhira 

drunten 

pasi 

palii 

du  (tonlos) 

u 

u 

(betont) 

wewo,  wena 

tcenga,  wewe 

»du  bist  es« 

nguwe 

yuwe 

dumm 

-purupuru 

"purupuru 

dumm  sein 

-lengama 

Dummkopf 

hishora 

kishora 

Dununheit 

ushora .  upumpuru, 
iiUwazi 

Dung,  Dünger 

idongo 

mahuli 

dünn 

-nyani 

-dehe 

(von  Stoffen) 

-rura,  -ludaka 

dunkel  (Farbe) 

-muyama 

-tito 

dunkel  werden  (v. 

Tag) 

-Uzwarara 

-tiliwara 

Dunst 

musi 

lyasi 

durch  (Mittel) 

na,  ku-a 

na.  kwa 

(örtlich) 

mukali  {pa-,  ku-) 

mukali  {pa-,  ku-) 

durchbohi-en 

-gu-aza 

-  h  0  ni  a 

(das  Ohr) 

■se.sa 

(durch  Drehen) 

-pesha,  -powoza 

-pegeha 

Durchfall  haben 

-cheka 

-tumhulira 

durch])rügeln 

-chaija,  -lata 

-toica,  -timha,  -puta 

sich  durchprügel 

n 

-chayana   usw. 

-tnwana  usw. 

durchseihen 

-vuzisa 

-hulusa 

durchsickern 

-viiza 

-  h u lula 

durchstechen  s.  dui 

fchbohren 

330 


Spiss:    Kiiiwoiii  und  Kisiitu. 


durchwaten  -kupuka  -yomhoka 

Durchzug  (QuerV^alken)    mgomha  rnyomha 

Durst  Uyayazi  mjota 

dürsten  -yurna  {painimnho), -wa  na  -ona  nyota 

Uyayazi 


E. 

el)en  sein  (Terrain)  -l'myanira 

ganz  eben  sein  -linyanira  Tcuse 

{=  soeben)  lomha  naha,  karoTcu  naJia    Jiino  71  aha 

oder  durch  -sanda  {icasanda  kiißka  eben  sind  sie  angekommen) 


ebenderselbe 

loyulöyu 

üyuüyu 

ebenso 

hilahila 

mewo 

Ebene 

palinyanireyo  (wörtlich : 
wo  es  eben  ist) 

Ebenholz 

rnpinyo 

m  pinyo 

Eber  (Wild-) 

nyako  {/idoda) 

lipon yo  {liyosi) 

Ecke  (am  od.  im  Hause) 

kipioiyu   (mbundti) 

kipungu  (mbundu) 

eckig  sein 

-Jbiycra 

-finyera 

Ehe,  -Schließung 

maJowolo 

malaxciro 

Ehe  schließen  (vom 

-lovcola 

-laicira.   ycga   mdalla 

Mann) 

(von  der  Erau) 

-lownlewa 

-lawiriwa 

Ehe  breclien 

-pinya 

-yoneka^  -kema 

Ehebruch 

nyongola 

nkeme 

ehemals 

kadeni 

katali 

Elieweib 

tn/asi 

mdalla 

eln-en 

-boiiya .   -tokoza 

-senguza 

Ehrengeschenk  (an  den 

insewenje 

Häuptling) 

(an  den  Untergebenen) 

shome  (pl.  ma-) 

Ehi-gefühl 

soni,  zisoni 

shoni 

Ei   ' 

liqanda 

likanya,  lihumhi 

Eier  legen 

-bekera  maq. 

-tayira  maq. 

Eier  ausbrüten 

-fiiyamira  maq. 

-yoicafira  maq. 

Eidotter 

(li) 

ubomvu  wa  l. 

u tumbu  ica  L 

Eierschale 

Ujwaro,  liqembe 

lihasi 

Eiweiß 

lisope  lya  l 

liwarafu  lya  l. 

Eid 

mafimgo 

malapo 

Eid  schwören 

-funya 

-lapa 

Eidechse 

khmruioitndu 

k  i  w  u  r  u  IC  undu 

eifrig  sein 

-kutala 

-kutala 

Eifersucht 

ukicere 

ukwere 

eifersüchtig  sein 

-bona  ukicere 

-bona  ukwerP, 

eigensinnig  sein 

-lomhola,  -shanya 

-penya 

Spiss:    Kiiio-ojü  und  Kisutu. 


331 


Eigeiuuin 

msewenje 

c  huma 

Eigentümei- 

innxjikazi 

ninya- 

Eilbote 

mbiki  (pl.  zhnhiki) 

kilonyola 

eilen 

-Jionopa 

-yanyufya 

eilends,   eilig  (adv.) 

manono,  mazinyani 

nyata 

Eimer 

mhiza 

kisayi 

ein  (num.) 

-mozl,  -nye 

-rnonga 

(irgendein) 

pete 

n  ono 

einäugig  werden 

-fa  liso 

-koyoka 

einatmen 

-yezamula 

-yahamula 

Einbatun 

Ugwamba ,  mkumbi 

icato,  liyarawa 

einernten  s.  ernten 

einlach 

-mozimozi 

-  inon yamonya 

einfädeln 

-fakiza  {lunguza) 

einlallen  (Hütte) 

-dirika 

-boinoka 

(sich  erinnern) 

-kiimhula 

-kumbvka 

einfordern  s.  fordern 

Eingang 

mnyango 

mlyanyo 

eingeben  (flüssiges) 

-pnz'isa 

-kinya 

eingestehen 

-vuma 

-idika 

•Eingeweide 

maiumbo 

matumbo 

eingießen 

-tera,  -yeta 

-sopa 

eingraben  (begraben) 

-hhnbera 

-yimira 

Einheit  (Alleinsein) 

umozi 

i(  )n  onya 

einige 

-yaku-ene,  -nye 

-nyi 

einig    sein    (einander 

-tandana 

-yanana 

lieben) 

(einander  helfen) 

-paüsana 

-tanyana 

einladen 

-memeza 

-kema 

einmal 

kamozi 

kamonga 

noch  einmal 

kanye 

k  a  n  y  i 

einmünden  (Fluß) 

-shanyana  na 

-konyana  na 

I{;ininündung 

mashanyano 

konyanano 

Einöde  s.  Wald 

einreiben 

-tambisa 

-paka 

einreißen 

-diriza,  -fuza 

-1)0  m  0  la 

einrichten  (ordnen) 

-Unyanisa,  -lunyisa 

-kola 

einsalben 

-tambisa 

-paka 

einsam 

-edwa,  -odwa 

-ene 

einschärfen 

-layeza  {-layisa) 

-u^iya^   -lagiza 

einschenken 

-tera,  -yeta 

-sopa 

einschlafen 

-yezera 

-gochera,  -sisira 

einschlagen  (Nagel) 

-betera 

-komerera 

(Weg) 

-lunya,  -qonda 

-genda 

einschließen 

-vala 

-dinda 

(=r  umzingeln) 

-zungulira 

-tindira 

332 


Spiss:    Kiiigoni  und  Kisutu. 


-sika 

-qavca  {rnuti) 

nlcnrosa 

shanga  (pl.  zinshanya) 
-sawisa 


einschneiden 

(schröjifen) 
Einschnitt  in    die  Haut 
(Stammeszeichen) 

(vom  Schröpfen) 
einschüchtern 
einsehen  -.'7«'-' 

einsetzen  (ins  Amt)  -heka  [ukosi] 

einsinken  -haha 

einsperren  s.  einschUeßen 
einstecken    (in    die  -faka.  -tera 

Tasche) 


-tema 

-temera  (kihiki) 

nemho 

shanga  (\)\.  :i?is/) anga) 

-yogofa 

-nia  fiy  a 

-wika 


-sopa 


einstürzen 

-dirika ,  -fuzika 

-honioka 

eintauchen 

-nyenyeza 

-tu ni  h  ika 

eintauschen 

-tenga 

-  gura 

eintreiben  (Schukl) 

-hanika  (zindaica) 

eintreten 

-ngena 

-ingira 

eiinveichon 

-nyenyeza     [itanihe 
es  weich  werde) 

damit 

-tiinihika 

einwickeln 

-songa 

-gonja 

einwillif^en 

-vumira 

-idikira 

einzeln 

-moziniozi 

-mongamonga 

einziehen  (Schuld) 

s.  eintreiben 

Eisen 

siinhi 

chuma 

-stein 

indapo 

a  usgeschmolzenes 

Eisen 

Utah 

Eiter 

tthomvu  ica  kiro/ida 

ma/ira 

Eiweiß 

li.sope  Jya  liqanda 

liwara/u  lya  likanga 

Ekel   em[)finden 

i  -nyanya     oder    shiz^ 

10    ina 

-kenwyemuka  nyera 

ekeln,  sich 

\       manyara 

mtinia  una  nyera 

Elefant 

nslqfu 

ndembo 

elend  s.  arm 

Elenantilope 

shawa.  mpofu 

in  b  11  nj  u 

Elfenbein 

liz'myo  lya  nslqfu 

Uno  la  ndemho 

Elle 

mkono,  chanja 

kiu-nko 

eine   Elle  Stoff 

mivere  (pl.  miyere) 

Ellbogen 

nkata ,  ngongoncane 

nyata 

Eltern 

irazali 

wahtcereki 

empfangen 

-pashca,  -yamkera, 

-kanda 

-periica,  -yanukira 

empfinden 

-zua,  -bona 

-lola 

empören,  sich 

-ica       na      fitnzi 

-zihifsa 

-ica  na  ngondo 

empor 


{ninyikazi) 
ppzuru 


pädia nnya ,    pana n > 
{ku-) 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


333 


Knde 

muva 

m  n  y  u  m  a 

am,  ans  Ende  (loc.) 

{e)muveni 

endlich  (zuletzt) 

-a  nniva 

-a   mnyu m a 

zu  Ende  (alle)  sein 

-pera,  -peta 

-malika,  -yomoka 

am    Ende    sein   (voll- 

-pezisa, qedisa 

-maliza 

endet  haben) 

eng 

-nyani 

-dehe 

Engel 

malaika  (kisw.) 

Enkel 

mzukuru 

mj  u  k  u  r  u 

entbehren 

-dinga 

-dinga 

Ente 

lidada 

Hb  ata 

entfalten 

-sumburura 

-gonjorola 

entfernen 

-susa,  -kocha 

-icusa,  -icinga 

entfei-nt 

padeni,  kudeni 

patali.  kutali 

entlliehen 

-baleJca,  -nyenyera 

•kimbira 

entgegengehen 

-sangaiceza ,  sangawisa 

-kingamira 

entgehen  s.  entlliehen 

einer  Gefahr 

-sinda 

-lama 

Entgelt 

{i)nkunzi 

njombe 

enthalten,  sich 

-sia,  -lek{er)a 

-leka.  -kotoka 

(von  verbotener 

-zira 

-hira 

Speise) 

enthülsen  (durch Stoßen) 

-koica 

-tioanga 

(Deckblätter  abreißen) 

-sua   {maqembe) 

-honda  (makawa) 

entlaufen  s.  entfliehen 

entrinnen   (Gefahr) 

-sinda 

-  la  m  a 

entscheiden   (Sache) 

-juwa  (zindawa) 

-dumula  (miharo) 

entschlüpfen 

-pukunyuka,  -cherera 

-pokonnyoka,  -tile 
buka,  -tierera 

entschuldigen,  sich 

-pepisa 

-pepisa 

entwöhnen 

-lunmUsa  {liwele) 

-lekisa  {liwele) 

entwöhnt  werden 

-luimila 

-leka 

entzaubern  (durch  Zau- 

-sasua 

-londola 

bermittel  die  Ursache 

des     bösen     Zaubers 

suchen) 

Epilepsie 

kihinduhindu 

kihinduhin  du 

Anfall  bekommen 

-hinduka 

er  (tonlos)   I.  Kl. 

u,  a,  i 

(betont)  I.  Kl. 

yena 

mwe  n  e 

»er  ist  es«   (I.  Kl.) 

ngitye 

yuyu 

erbarmen,  sich 

-honera  musa 

-onera  lipyana 

Erbarmen 

musa 

lipyana 

Erbe  (das) 

lipwera 

lipwera 

Erbe  (der) 

mnyikazi  wa  lipwera 

mnyalipwera 

erben 

-hala  (lipwera) 

-hala  {lipwera) 

334 


Spiss:    Kinsoiii  und  Kisiitu. 


erbeuten 

erbitten 

erblinden 

erbrechen  (gewaltsam) 

sich  erbrechen 
Erbse 
Erde 

rote  Erde 

sandige  Y.rde 
Erdferkel  (Ameisenbär) 
Erdnuß 

Ei-dnüsse  ernten 
Erdvvall  (Saatbeet) 
erdulden  (Leid) 
ei-eifei-n ,  sich 
erfassen 

erfi-euen 

sich  erfreuen 
erfüllen  (anfüllen) 
ergreifen  s.  erfassen 
erhalten 

(durch  Pllege) 
erheben  (vom  Boden) 

(in  die  Höhe) 

(das  Haupt) 

(die  Hände  zum   Auf- 
fangen) 

(die  Stimme) 

s.  erheben  (aufstehen) 

(=  sicii  empören) 
ei'innern 

sich   ci'innern 
Krinneruug  (an  iVüheres) 
erkennen 

erkennbar  sein 
ej-klären 
erkranken 
erlangen  s.  ei-halten 
erlauben 
Erlaubnis 

um   Erlaubnis  bitten 
erleuchten 
erlöschen 
erlösen    (aus    Sklaverei, 

Gefahr) 


-yamvlia 

-kfira 

-fa  meso 

-daula 

-mnza 

nrlozi  (pl.  ziiidozi) 

lizwe 

kihinja 

msan-ati,  msau-a 

chamhani 

litahele 

-Idmha  (mat.) 

msere 

-zica  {n.shunyit) 

-rlad(  ir)a 

-hamba  (Pass.  -banjica  und 

hamhiica) 
-tau-im .  -sheTcisa 
-taiva 
-qavc'sa 

-ijamhei'a 

-fiiya,  -yonsa 

-iiyamnla 

-kiceza 

-pakamisn  (likanda) 

-yanya  (ryanja) 

-kicfza  (lizici) 

-yima 

-zihitsa 

-kiüiih>/.<a 

-kinnJmla ,  -yawha 

mayazo 

-yazi' 

-yazika 

-fitnda,  -laya 

-gura 

-itika .  -i:iimera 
nt/ii/s(7   (kisw.) 
-kr-ra  )idaic(7 
-banika  (-/-^o) 
-qima 

-SOfl(/tth7 


-poka,  -yanuka 

-yupa 

-koyoka 

-hatula 

-dfika 

ndozi 

mlima,  kindimba 

kikunja 

mshanga 

limJianga 

lilawi 

-pala  (mal.) 

likimba 

-bona  (ushungu) 

-hyom{er)a 

-kamula 

-hekisa 

-heka 

-memereza 

-pnkera,  -yanukira 

-lera 

-itt  ula 

-kiceza 

-tunduwisa  mticr 


-kwiza  {l i:  ic  i ) 
-yima 

-kii  m  bi/  sa 
-kam  b  II  k  n 

- m annya 
-mannyika 
-ftindiftha 
-rirara 

-SP7iga.   -idikira 

-yupa  mharo 
-iiiul ika  ( isa) 
-:i  »i  a 
-kombola 


Spiss:    Kino-oni  und  Kisutu. 


x\: 


Erlöser 

insanyuU ,  insindisi 

in  k 0 m hozi 

Erlösung 

usangulo 

u k 0 m hozi 

ermahnen 

-laya.  -nijengerera 

-tinga,  -konga 

(=  rügen) 

-kaUntira 

-lakalira 

ermatten 

-dinhca 

-fahira.   -totokera 

ermorden 

-hiirara 

-  k  o  m  a 

(abschlachten) 

-s;aii-a 

ermüden  (intrans.)  s.  er- 

matten 

ermüden  (ti-ans.) 

-nengeza 

-  c  li  V  m  h  u  z  a 

ermuntern  s.  ermahnen 

ernähren 

-fuya 

-lera 

(Kinder) 

-yonja 

-lera 

ernennen  s.  einsetzen 

Ernte 

mavuno 

mabeno 

ernten 

-vuna 

-hena 

erpressen 

-fufula 

-Ion  da 

erj)roben 

-linga 

-linga 

erreichen 

-kanda 

-kolera 

(ankommen) 

-fikira 

-fikira 

erretten  s.  erlösen 

errichten  (aufrichten) 

-ybnisa 

-simika 

erschaffen 

-(ic)mnha 

-(tc)  n  m  h  a 

erscheinen 

-honeka  {-ara) 

-oneka,  -loleka 

erschießen 

-hurara  na  kihamu 

-puyulira 

erschlagen 

-hurara 

-koma 

erschöpft  werden  s.  er- 

matten 

erschrecken  (trans.) 

-yetusa 

-kennyemusa 

(intrans.) 

-yetuka 

-ke.nnyemuka 

ersetzen  (Schaden) 

-saida 

-lipa 

(zurückgeben) 

-chiUsa  • 

-kiriwusa 

erstaunen 

-yetuka 

-kenny  emuka 

i  -a  kuqara ,  {-a  kiqarö) 

-a  kulongola 

erste 

\  -a  pamhele ,  -a  kutanguUra 

-a  kilongolo 

ersteclien 

-gimza 

-  //  o  m  a 

Erstgeburt 

mazivctdo 

Erstgeborne 

-a  mazhcuh 

ersticken ,  durch 

-kama  (würgen) 

-doda 

Eisthng  s.  Erstgeburt 

(von  Früchten) 

-a  kuqara 

-a  kutumhula 

ertappen  (Dieb) 

-kanda  (mhafa) 

-kolera  (mtcivi) 

ertragen 

-zica,  -bona 

-ona 

(tapfer) 

-qina 

-kangamara 

ertrinken 

-la  na  manzi 

■fwa  na  magasi 

erwachen 

-viika 

-yumuka 

336 


Spiss:    Kinijoni  imd  Kisutu. 


erwachsen  (Jüngli 

ng) 

lijaha ,  ndodana 

(Jungfrau) 

ntomhe 

erwählen 

-qpta 

-haynJa 

erwarten     (aui 

r  Je 

•inand 

-Hndira 

-Hndira 

warten) 

erwecken  s.  a 

ufwecken 

erwischen 

-kanda,  hamha 

-koler a,  -kamula 

erwürgen 

-kama 

-doda,  -katira 

erzählen 

-hiha 

-limhira 

(singend) 

-yia 

-kima  lukimo 

Er/. 

utali  (ausgeschinolz.  Eisen) 

p:rzähluug 

lukimo 

erzeugen 

-zala 

-icereka,  -hogola, 
ponyola 

erziehen 

-yonsa  (-yonja) 

-lern 

erzürnen 

-tukuterisa 

-hyomerisa,  -kalimisa 

Esel 

liduwe  (Waldesel) 

mbtinda,  lipunda 

essen 

-.««,  -.mfuna 

-lya,  -memena 

(in  der  Frii 

ihe) 

-laiika 

etwas  (Unbestinnr 

ites) 

kito,  kipete 

kinono 

etwa 

kama,  nde 

kamba 

euer 

-enu 

-enu 

Eule 

{ki)kovo 

litui 

Eunuch 

nynmba 

mbende 

Euter 

mawele 

m  a  IC  e  le 

ewig 

futifuti 

magon o  yoha 

Exkremente 

masimha 

m  afi 

Fackel  (Eenerllanune) 

Itranyawi 

Faden 

lunguza 

(pl.  ^' 

dunyuza) 

In  ton  je 

(pl.  lutonje ) 

fächeln 

-punga 

-hajira 

Färse 

-litokazi 

nginda 

Fahne 

bendera 

(kisw 

■) 

Falle 

mqipo 

mtego 

fallen 

-ica 

-yica 

ins  Wasser  fallen 

-muka 

-luta 

(untergehen) 

fällen  (zu  Falle  bringen) 

-misa 

-yic  isa 

Fallgrube 

liyeica 

(cina 

Fallsucht  s.  Epilepsie 

falsch  (lügenhaft) 

-desi 

falsch  (lügenliaft)  sein 

-ica  na 

nmnya 

-ica  na 

makeo 

fälschlich  beschul- 

digen s.  verleumden 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu, 


337 


Falten  haben  (=  machen) 

-som/ana 

falten  (zusammen-) 

-songa 

-g  0)1  ja 

Familie 

Iitkolo 

langen  (mit  der  Hand) 

-hamba,  yanya 

-kainula 

(in  der  Schlinge,  Falle) 

-qipa 

-tega 

(Fische) 

-hamba  {zishami) 

-loioa  (somba) 

Farbe   (/..  B.    eines 

mbani 

Tieres) 

weiße  Farbe 

limsope 

liwarafu 

rote,  gelbe  Farbe 

libomvu 

lidujigu 

dunkle  Farbe 

limnyama 

litito 

graue  Farbe 

limpunga 

limpunga 

fassen 

-hamba 

-kamula 

(nicht  tliehen  lassen) 

-tinda 

-tinda 

fasten  s.  enthalten 

faul  (träge) 

-vira 

-kata 

(=  verfault  s.das  Fol- 

gende) 

faulen 

-hola 

-{ic)ola 

Faust  machen 

-fumbata 

-fumbata 

fechten  (miteinander) 

-zalana 

-kimana 

Feder 

lusiica 

lingoma 

(Schreib-) 

lusunguru  (eigentlich  eiser- 
ner Stift) 

Federlnisch  (Kopf- 

njukida 

schmuck) 

fegen  ([)utzen) 

-Jncaya,  -sJianza 

-sitngula,  ogofya 

(=  kehren) 

-tannyira 

-fyagira 

fehlen  (das  Ziel) 

-ponnya 

-kurusa 

(nicht  da  sein) 

-solfika 

(moralisch) 

-yona 

-hakasa 

"CS  ist  gefehlt!«   (geht 

ainjaro  ! 

schief) 

-es  fehlt  nichts,  geht 

kunjaro 

gut!« 

Feigling- 

ligicara 

Feile 

dupa  (kisw.) 

feilschen 

•zama  (-ana) 

-zama  {ana) 

fein  (dünn,  zart) 

-ri/ra.  -a  lu'daka 

legere/u 

Feind  (im  Feld) 

muyimpi 

mtairangu 

(persönlicher) 

mtukuteri 

feind  sein  (einander) 

-tukutirana 

-hyomerana 

Feindschaft 

utukutero 

iihyomero 

Feld  (Acker) 

rnunda,  simu  (pl.  masimu), 
loc.  ensimini 

m  g  u  n  da 

Feldmaus 

mbeica 

lipannya 

Mitt.  (1.  Sem.  f.  Orient.  Sprache 

n.  Vm.    III.  Abt. 

•22 

338 


Spiss:   Kiuironi  und  Kisutu. 


Fell 

klkumha 

(Rückenfell    für    den 

mbereko 

sonda 

Säugling) 

Felsen 

liehe 

liganga 

fern 

kudeni  (pa-) 

kutali  (pa-) 

fernhalten 

-sunduza,  -yalisa 

-beza 

Ferse 

kitende 

kitende 

fertig  machen 

-qedisa.  -pezisa 

-maliza 

fertig  werden 

-qeda,  -pera 

-malika,  -yomoka 

fest  (haltbar)  sein 

•qina 

-kanyamara 

festhalten  (trans.) 

-tinda,   -hamha  {-isa) 

-kamula 

Festtag 

lusiku  lukuru 

ligonn  likuru 

Festung  (Bonia) 

ngawa 

fett  werden  (V.Menschen) 

1  -lupala 

(von  Tieren) 

-nona 

-hata 

Fett 

mafuta 

mafuta 

feucht 

manzi   {ntjura  imanzi  das 
Kleid  ist  feucht) 

-dekedeke 

Feuer 

mhaso 

moto 

Fieber  haben 

durch   likanda 

(der  Kopf  drückt, 

lihanda  {livava) 

mtna  icavina 

schmerzt) 

finden 

-bona 

-(ic)ona 

Finger 

munwe,  ckanja  cha  luzipo 

lukonjp 

-nagel 

luzipo  (pl.  zin-) 

luzipo 

finster 

-mnyama 

-tito 

finster  werden 

-ziiarara 

-tiliwala 

Finsternis 

tisiku 

kilo 

Fisch 

shanzi  (pl.  zi-) 

snmha 

fischen 

-hamha  zishanzi 

-Iowa 

Fischotter 

ntini 

fusi 

tlach  s.  eben 

flackern  (vom  Feuer) 

-yaka  Uranyau-i 

Flamme 

liranyaici 

llammen  s.  Hackern 

Flasche 

lihorohoro 

lihorohoro 

llattern  (mit  den  Flügeln 

-papama 

-papama 

(schlagen) 

(vom   Kleide) 

-pupuma 

-pupuma 

Hechten  (Korb) 

-ruka 

-hona 

(Seil) 

-bnta  (nyozi) 

-bota  (mgoyi) 

Fleck  (Schmutz) 

linyara 

lin  ya  ra 

(zum  Flicken) 

kiqin-i 

Fledermaus 

kinimanima 

kinimanima 

liehen  (um  Gabe) 

-kera  kakiini 

-yupa  kau- aha 

(um  Gnade) 

-pepisa  kakuru 

-tuliza  kawaha 

Spiss:    Kiiigoni  und  Kisutu. 


339 


Fleisch 

-brüIie 
Fleiß 

lleißig  sein 
tlickeii  (Kleid) 

(allgemein) 
Fliege  (Stubenfliege) 
fliegen 
fliehen  (aus  Furcht) 

(=  ausreißen) 
fließen 
Flinte 

Hinterlader 

Flintenlauf 

Flintenschaft 
Flöte 
Floh 

fluchen 

Flucht;    in    die    Flucht 

schlagen 
flüchten,  sich 
Flügel  (vom  Vogel) 
Fluß 

-bett 

-pferd 
flüssig  werden 
llüstei-n  (geheim  tun) 
folgen 

mit  einem   Haufen 
(Menschen,   Vieh) 
folgen 

(^^  gehorchen) 
fordern  (Guthaben) 
Form  (Gestalt) 
formen 

fortfahren  (zu  tun) 
fortgehen 
fortnehmen 
foi-tschatfen 
forttragen 
forttreiben  (vertreiben) 
fortwährend 
fortwerfen 
Frage 
fragen 


ni/ai/ia 

msuzi 

makutalo 

-hntala 

-tunga  {kiqiwi) 

-qeka 

mpiiyane 

-piiruruka  {-mhururukd) 

-balika 

(*) 
-nyenyera 

-hamha 

kibamu 

koroßndo 

simbi  ya  kibamu 

kimuti  cha  kibamu 

kituliro 

lutakumba 

-funyira 
-qocha,  -balikka 

-balika,  -gigima 

lugu-apa  (pl.  zin-) 

mfiila   (loc.  mfuleni) 

ludonga 

kiboko 

Tigiriwika  (inanzi) 

shewa 

-lanrla 

-chupa  na 


-:iva 

-funa  (mseu-enje) 

kimo 

-irumba 

-yengeza  ku- 

-hamba,  -suka,  -vera 

-tola.  -tata,  -tawata 


-tinda 
futifuti 
-lasha , 
mabuzo 
-buza 


■taya 


nyama 


lihaje,  liwembe 

-guruka 

-tira 

-nyenyera 

-genda 

nute 

kor  o/in  do 

chuma  cha  hüte 

kimuti   cha  bibamu 

kituliro 

upapani  (pl.  tnb-),  mba- 

lika 
-lapira 
-winga,  -jumbiza, 

-kimbiza 
-jumha,  -kimbira 
kipapamiro 
magasi 
lukemba 
ndomondo 
-yenga  {magasi) 
pwepa 
-koic  ekera 


-pulika 

-Ion  da 

kimo 

-wumba 

-yongeza  ku- 

-wuka 

-tola 

-wu  sa 

-winga 
Tnagono  goha 
-taga 
makoto 
-kota 

2'2* 


340 


Spiss:    Kiiigoni  und  Kisutu. 


Frau 

mfasi 

erste  Frau  des  Groß- 

koseJcazi 

häuptlings 

alte  Frau 

kisaluJcazi 

frech 

-purupuru 

frei  (-geboren) 

nkosana 

(als    Myoni,    naturali- 

-dara 

sierter  Höriger) 

freigebig  sein 

-wa  na  mitsa,  -pana 

-prrana 

Freiheit 

ukosana 

freiwillig  tun 

-tanda,  -funa 

-gana 

fremd ,  Frenidei- 

mlendo 

mgeni 

(Ankömmling) 

mfiki 

mfiki 

fremd  (von  Sachen) 

-a  icantu 

-a  wantu 

fressen 

-sa ,  -safuna 

-lya 

Freude 

utawo 

freuen,  sich 

-taica,  shekerera 

-hekerera 

Freund 

mkozi 

m  k  ()  z  i 

Freundschaft 

ukozi 

Freund.Nch.   schließen 

-qomana  ukozi 

temana  uk( 

Frieden      halten      (vom 

-lamriUwa 

-p  i'nnvla 

Ki-ipLi   abstehen) 

oder    (man     läßt     den 

vcakida  kisango 

Schild   ruhen) 

Fi-iedcn    stiften 

-lamida 

-kengerera 

frisch   (neu) 

-cha 

-pya 

(\()ni  Wasser) 

-lusaza,  -makaza 

frisch   sein 

-sisxma  {-ara) 

fröhlich    sein 
fronunen 

-iaua,  shekerera 
-siza,  -fanera 

-hekerera 

es   fronunt   nicht 

akusizi  luto 

Frosch 

chule,  Uckunace 

linyoto 

Frucht  (IJauni-) 

kisepo 

u  h  o  h  i 

(K(.rn-) 

mawere 

m  a  w  ere 

Frucht    briniicn 

-zala     visepo;     -zala    ma-    -icereka  uhohi 

ivere 

fi'üii   (morgens) 

kusasa,  liidü 

Inkera 

Irühcr   (vordem) 

pambele 

paulongolo 

(ehemals) 

kadeni 

kata/i.  mandahi 

friihstücken 

-lauka 

-lauka 

Fuchs   (Art   Fuchs. 

nkandwe 

ükeice.  mbwcha 

Schakal) 

füiilen 

-zica,  -bona 

-ona.  -lola 

fiiln-en   (auf-) 

-tangul{ir)a 

-lo7igol{er)a 

Führer 

mtangtdi 

mlongoli 

füllen   (anfüllen) 

-qovaicisa 

-memeza 

Spiss:    Kino-oni  und  Kisiitu. 


341 


Fuadainent  (Graben,  avo-  hita 

rill  d.  Pfosten  d.  Hütte 

zu  stehen  koninien) 

fünf  -mno  {msano) 

Funken  sjirüheii  (Eisen)  -jndika 

funkeln  -hanika;  -kannya 

für  (anstatt)  pezuru  kwa 

(beim  Preis)  na 

Furcht  ngwara 

fürchten  -sawa 

(Furcht  machen)  -sawisa 

furchtsamer  INIensch  Ugicara 

Furt  lizhcuko 

Fuß  lunyao 

Fußsohle  (bei  jVlenschen)  lunyao 

Fußspur  bei  Tieren  lisondo 

füttern  -jm  chakusa 


-hano 

-turitka 

-niulika 


woga 

-{y)ogopa 

-yogofa 


liziwuko 

mgulu 

mgulu 

lisondo 

-pera  cliakulya 


Gabe  (an  dealläuijtlinji,) 
(vom  Häuptling) 
Gaben  austeilen 

G;.])el    (Halsgal)el    für 
A'erbrecher) 

gabeln,  sich  (v.  Bäumen 
und  Wegen) 

Galjeljjfosten 

gackern 

gähnen 

gähren 

Galle 

Gans  (Wild-) 

Gänsemarsch ;  im 
Gänsemarsch  gehen 

ganz  (adj.) 
ganz  (adv.) 
ganz  weiß 
ganz  still  sein 
ganz  so  (genau  so) 

gar  sein  (von  Speisen) 

gar  (adv.);  gar  alle 

Garl)e  s.  Bündel 

Garten 

Gast 


msewenje. 
shome  (pl.  ma-) 
-chayera  mashome 
lingoUngoli 

-gamkana 

lipanda 

-tetera 

-yazdmula 

-iL-ira  (hira) 

nyongo 

lidada   (llkuru) 

-bekerera 

-abioino .   njaro 

kakuru 

-msope  hwa,  msope  mpu 

-hinda  du 

hirahira 

-vuta 

-onke  njice   (mbe), 

-onke  kupera  kvcao 

munda .  simu 
mlendo 


msewenje 

linyolingol  i 

-padukana,  -lekant. 

lipanda 

-tetera 

-yahamula 

-hila 

nyongo 

lihata  (liwaha) 


mewo 
kaioaha,  mewo 


mewo 
-vuta 
-oha  tokotoko 


xgunda 
\uhenja 


ndoda 

myozi  {mgosi). 
mungwana 

lulaka 

-zala,  -jeza 

-wereka.  -hogola 

-ziwula 

-pa  (pass.  -piwa). 

-pasa 

-pera 

-pana 

-pera  na 

kuna 

kuna 

-landula 

-teta.  -layeza 

-pnata 

ntawa 

kitumhi.  kidunda 

Jcikara 

mpata 

mttto 

-fiina 

-gana 

-Imba .  -pera 

-lala 

tafeni 

daxi 

kuzalwa 

kuerekwa 

342  Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

Gatte 

(Jattiing  s.  Art 

(Tauiiien 

«ieljären 

(zum  ersteinnal) 
<iel)en 

einander  geben 

»es  gibt«   (es  ist) 

nichts  zu  geben  ha 
gebieten 
Gebirge 

(iehirgspaß 
Gelx.t 
gel)rnucli('n 
gebraucht  sein   (Kln 
Gel)üsch 
(Jeburt 

(icdäclitnis  mlayo  {\\\.  mi-) 

(Jcdärnie  s.  Darm 

(iedanke  liyazo.  lirango  (ma-) 

gedankenlos   sein  -liwara  -liicara 

geduldig  sein  -yazi  mnyikazi  -nna  mtima  waki 

-bona  mnyikazi,  -shizio  yake 
(Jelahr  (Lebens-)  ngozi 

gefähi'lich  ngozt 

gelTdu-lich   erkraidcen    -gttra  ngozi 

gefährlich  verwunden    -gicaza  ngozi 
(iefährte;  mein  Gefährte    muyangu  //i  wen z^ a/igu 

dein   (lefähi'te  muyako  micenz^ ako 

gciallcn  -tandisa 

gefärbt  sein   (bnnt  sein)   -ica  na  mahara 
(J(>fäß  (aus  Ton)  mbiza,  (kleines)  kambiza     kisai 

gelleckt   sein  -wa  na  mabara 

gefräßig  sein  -wa  na  kigoro 

Gegend 
gegeniiber 
gegenwärtig 
(iegnci'  s.  Feind 
geheim   (heimlich)   I 

geheim   sprechen 
Geheinuiis 
gehen 

in.  einem  Stocke  gehen    -dondoloza 

»wie  es  geht['.<  kunjanii 

»wie  geht  es  dir''«        unjani'^ 


lizice.  lushenzo 

mli?na 

pecheya 

pamicambo 

lomba.   karokn 

hino 

-nyenya 

-diega 

-sewa 

-heha 

mßso 

-hamba,  -ya  (jii 

•  -ye) 

-gen  da 

SiMSs:    Kiiigoni  und  Kisiitu.  343 


Gehirn 

gvliürcn,   diircli 

gehorclien 

gehorsam  sein 

Geier  s.  Aasgeier 

Geiß 

Geist 

Geister    der   \'erst()r 
lieneii 
Geiz 
geizig 

gelähmt   sein 
geläufig  verstehen,  -spre-    -zwakara 

cIkmi  (eine  S])raehe) 


uqopo 

wongo 

-tca  -a  (sein   des   . 

■   •) 

•zica,  -vumira 

-pulika.  -itika 

-:ica,  -vumira 

-pulikuj  -itika 

mhuziJcazi 

mhuguma 

moya 

mfuki 

mafdosi 

mahoka 

Jcigoro 

lulyo 

-htkuni 

-yumu 

-lemara 

gell. 

-homvu 

-dungu 

(Jeld 

feza,  mapesa  (ksw.) 

(ieleit;  das  Cieleit  gehen 

-pelekeza 

-sindikira 

Gelenk 

lifindo 

geloben 

-layezana 

-lag  izana 

(Jelübde 

malayezano  {na  Mungu) 

gemeinsam 

ndaonya,  pamozi 

parnonga 

(Jemüse 

ndiwo.  mbido 

likoro,  mhoga 

Gemüt 

sizio 

mtima 

genau   so 

karoku  naha,  hirahira 

mevoo 

genesen 

-qauka ,    -sinda 

-sumuka.  larna 

Genick 

kigosi 

kigosi 

d.]\Iuskeln  am  Genick 

msiindnru 

t  lenosse   s.  iieiamie 
genug  sein 

-koHwa 

-fika 

es  ist  genug 

nandawa,  hirahira 

gerade  sein 

-lunga .  -lumulira 

gerade  machen 

-hingisa .  -lumulisa .  -yerida 

-gorola 

gerade  so  s.  genau 

gerade  Jetzt 

lomha  naha.  karoku   naha 

h  ino  naha 

gerade  der  Beste 

loyani  muse 

gerecht 

tnazima 

gerei/t  sein 

-ti(knt{ir)a .  -dada 

-hyoma 

(Jericht  s.  Speise 

gei'ing 

-nyane 

-debe 

gerinnen 

-jia 

-kangamara^  -yuma 

Geruch 

manuko 

manuso 

angenehmer  (reruch 

manukero 

manusiro 

(reriist 

litara 

litara 

Gesang 

uyimbo 

uyimbo;  l u k i in o 

Geschäft  (Arbeit) 

msewenje 

mähen  go 

(Anliegen) 

ndawa 

mJiaro 

344 


Spiss:    Kino-Olli  und  Ki 


geschäftig  sein  shakanipa 

geschehen  (werden)  -wa 

Geschenk  s.  Gabe 
Geschichte  s.  I^rzähhiii«;-  und  erzählen 


Geschmeiß 
Geschöjif 
Gsschrei 
gesclnvind 

gesclnvind   niachcn 
Geschwür 
Geschwulst,   durch 
Gesetz 

Gesetz   neben 
Gesicht 

gespannt  sein   (Seil) 
Gespräch  liihren 
gesprenkelt  sein 
Gestalt  (Form) 
gestatten  s.  erlaulien 
gestehen 
gestern 
gesund 

gesund  werden 

gesund  inachen 
Getränk 
Getreide  ( Hülsentrüchte)    maicen 


vikoko 

kiwumho 

msindo 

masinyani.  maiioiio  nje. 

nejnje 
-nonopa 
Utiimha 

-vumika  (anschwellen) 
mteto 

-teta  zindawa 
nso 

-doseka 
-kurumana 
-wa  na  nara 
kimo 

-vuma 

{pa)izolo,  pezoro 
-abwino,  -se 
-sinda,  -qauka 
-sindiza.  -qatisa 
chakupuza 


Getreidekoi 
(Speichel 
Gewalt 
gewandt  sein 
Gew.'hr  s.  Fli 
Geweih 
gewinnen  (im 
gewiß  (ach.) 

(als   Betcuei 
Gewissen 
Gewisser;   ein 
Gewöhn 


Ka 


.pO 


ng) 


(Bi 


kiruni 

manja 
-shakanipa 

zimpondo  (sing,  lupondn); 

-dura  {-isula.  -yeshulä) 

kiicili 

apabii  {abii,  ebii)\ 

lizwi  lya  shizio 

pete  {upete) 

mkvico  majairo 


(asi  Ulk.  warnt  es  ist  nicht  meine  Gewohnheit) 
gewöhnen 


gewöhnen . 
Gewiirzarteu 
Gicht,  durch 

(Schmerzen 
(Jieb.'l 


>    jaira 

ngaho,  mbwika 
kuvava  mzimba 
iiizen  Körpers) 

chaJcongo  {chanyongwe) 


-chenjera 
-wa 


vikoko 
k  i  IC  ti  m  b  o 
msindo 

nyata 

-kita  nyata 
liputi 
-vimba 


paui  iho 

-hutika 

-jovana.   -longera 

-wa  na  madowangi 

kimo 

-idika 
goro 
-a  moyo 
-lama 
-lamisa 
chakunwa 
mawere 
k  i  r  n  r  u 

makakara 
-shenjera 

manyero  (sing.  /?-) 

leperera 

chakaka 

lilowe  la  mtima 
n  o  n  o 

m k u u- o  m aj airo.mazo- 
erero  {machoerero) 

-zoera,  -hyowerera 


Si'iss:    Kingoiii  und  Kisutu.  345 

gießen  -tera.  -yeta  -sopa 

G i l't  m ti  inkali ,  mn tiwa  ushungu    k i h  i k i  k i kali 

Z;uil)«*rgift  utakati  uchawi 

gil'tiü;  -kalt,   -a  ushungu  -kali.   -a  usliuiuju 

Giraffe  ngamila 

Glanz  mbaneko  (mbalikd) 

glänzen  -hanika  {balika)  -mulika 

Glas  kilole  kilole 

glatt  sein  (werden)  -kannya.  -lunga  -nyamha 

glätten  -haza  kuse,  hwaya  chahwino    -hongola  p  am  aha 

Gl  atze  kipala  k  ip  ala 

Die  zwei    haai-losen  Stellen  links  und  rechts  über   der  Stirn  mapalasa 

glauben  -vum(ir)a  -idik{ir)a 

gleich,  einerlei  (ad\'.)  hirahira 

gleichgroß,   -alt  {n)tanga 

jetzt  gleich  karoku  ?ia{h)a.  lomba  nä     hino  naha 

gleichmachen  -linganisa,  -fananisa 

gleichen  -fana)ia,   -lingana  -hwanana 

gleiten  -cherera.  pokoTiyoka  -tierera,  -tilemhicka 

Glied  (Gelenk)  lißndo 

Glocken  ndalama^  liki{e)njeza  ndalama,  liki{e)iijeza 

Glocken  läuten  (trans.)  -chaya  n.  -tovoa  ii. 

(intrans.)  -kara  -wemha 

Glöckchen       (Schell-  -likinjeza  {ma-) 
eben)  an  den  Fiißen 

Glück  likan  da  k  i  s  u  r  u 

glücklich  -a  likanda  -a  kisuru 

Gnade  (Barmherzigkeit)  musa  lipyana 

Gott  mulwngu  mulungu 

Götzenbild  mzimba  wa  lislozi  muwili  wa  lihnka 

Grab  (Grube)  ligodi  ligodi 

Grabhügel  litinda  litinda 

Umfriedung  überm  kmaya  kiwaya 
Gral) 

Graben  (Kanal)  tnsisi 

Graben  zwischen  den  mwalalo  mwalalo 
Saatbeeten 

graben  -yimba  -  h  im  b  a 

(z=;  ackern)  -lima  -Lima 

(vom     ersten     Um- 

1  Kicken)  -panila  -vundika 

Gräte  (Fisch-)  Ufa  {la)  shanzi)  mwifwa  {ya  somha) 

Gras  uchani  manyahi 

Gras  scheiden  -sika  -yipa 

Sumpfgras  (breites)  luhano  luhano 

(hinge  x\rt)  sekera  sekera 


346 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


grasen 

sha  =  {shafuna)  uchani 

-lya  manyahi 

Grasstengel 

kimuti  cha  uchani 

gi'ati 

-mpunya 

-mpunya 

grausam  sein 

-wa  na  lunya 

-wa  na  lunya 

Greis 
Greisin 

liqeyo 
kisalukazi 

Grenze 

mpaka 

grenzen 

Griff  (am  IMesser) 

Grille 

-fika;  -qaula,  -pera 
luti  (kimuti) 
kiswiti 

-fika\  -malik 
mp  in  i 
kiswiti 

gi-()l)  (\()n  ]Mensciien) 

mkali 

mkali 

(von  3Ielil) 

muhere 

mchele 

(iröße 

ude 

utali 

groß 

-kuni 

-waJia 

(=  lang) 

-ch 

-tali 

größer  sein   als 

-.tjura 

-pita.  -ruta 

Großmutter 
(irube 

9090 
ligodi 

papa 
ligodi 

(=:  Höhle) 

mhnma 

m  homa 

gi'iu) 

(a)lmaza 

{a)lusaza 

saftiggriuifs   Gras 

h(sa:a 

ndinde 

(ii'MiHl   (        FnudauKMit) 

hita 

msisi 

(rrsaclip) 

ndau-a 

zugrunde     gehen     (s. 

-Imda.  -lasika 

-yaya.  -hoica. 

auch  sterben) 

gi-iil,M'ii 
einander 

-honisa 
-honisana 

aus  der  Ferne  (iriH?>e 

senden 

-lalim 

(U-\S;   Art   des   (Jrußes 

"h/kuonp  (fikuone)'   (d.  li 
sind   wir   gekommen) 

.  »um   Dich   zu   sci 

gucken 

-linyulira .   -Innguza 

Gununi 

Gurgel  (eig.  Si^eiseröhre) 

mpira 
mpimho;  mi:o 

;//  /  lo 

(:=  Adamsa])fel) 

mkoroinern 

(Jui-ke 

likaka 

l  itangamanyo 

(Jüi-tel    (aus    Leder) 
(aus   Perlen) 

luqotn 
hisinga 

■     mkanda 

Frauengiirtel 

mqiro 

m  k  0  IC  a 

giirten 

gut    (allgemein) 

-u-opa  hiqoto  usw. 
-se.  -ahtcino.  -mnandi 

gut    sein     (von     ("lia- 

-lunya  (eig.  gerad  sein) 

i-aktei') 

(lUtf^s   erweisen 

-kalipa 

senyura 

gütig 

liycza 

heU' 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


347 


H. 

Haar  (von  3Ienschen) 

lumcelc 

njtciri 

weißes  (graues) 

zimon  {lun.  lica  z.) 

huliha  {nj.  ya  h.) 

(l»ei  Tieren) 

woya 

icaye 

Haare  rasieren 

-singa  1. 

-moga,  mweta  n. 

Haare  kämmen.  Hech- 

-temer er a 

-lemha 

ten  (gerinnelt) 
Haare  schneiden 

-gunda  l. 

-gunda  l. 

Haarputz 

mashezema 

hal)eii 

-wa  na 

-ica  na 

nicht   hal)en 

-ze  na  (ich  habe  ni 

icht  ndi^ 

:e  na  .  . .  oder  a7idiU  na  . 

..) 

hal)end 
llaltichtarten 

mny'ikazi  wa 
Icarohera,  koroane 

mnya 
kamhanga 

Hacke 

liquwa.  likweche 

ligera 

hacken 

-lima 

•  l  i  m  a 

Hagel 
hageln 
Halm 

mache  ga  mvula 
-yana  mache 
lijongtce 

maganga  ga  mvula 
lijogoro 

Hahnenkannn 

mzumbu 

luwikiro 

halb  (zur  Hälfte) 
Hälfte  (d.  i.  ein  Teil,  an- 
derer Teil) 

pakati,  (mu-) 
7igashanya 

pakati  (mu-) 
mhana 

Halm 

kimuti  cha  uchani 

Hais 

beim  Rind,  der  obere 

ntamu{o)  (lok.  ntanyeni) 
ntamu 

singo 

Teil  (Nacken) 
die  unten  herabhän- 

lubiro 

gende  Haut 

Halsschmuck  aus 

kikono 

lisongo 

]Messingdraht 
Halssciunuck  aus 

usharu 

u  shar u 

Perlen 

halten  (festhalten) 

-bamha 

-kamnla 

(=  für  etwas  halten) 

-yenza  (kishora    \"n 
Tor) 

V  einen 

-kita 

{—  Unterlialt   geben) 
"halt  (noch)..! 
Hanuner 

-fuya 

"uime  {huii)U' 

chanclo 

nimbiri.  nyundo 

Hand 

rechte  Hand 

chanja 

eh.  cha  kunene.  {cha  : 

nrhmga ) 

k  i  wnko 

k.  cha  kul/ra 

linke  Hand 

eh.  cha  lingere 

eh.  cha  lirtgere 

Handvoll 

chanja 

k/Koko 

eine  Handvoll  nehmen 

-shepuna  (-tapuna) 

eh. 

Handel  (Tauschhandel) 

ntenyo 

maronda 

348 


Spiss:    Kin2;oni  und  Kisutu. 


handeln  (tun) 

-yenza 

-kita 

(=  Handel   ti-eiben) 

-tenga 

-gura 

(=:  feilschen) 

-zama   [-ana) 

-zama  {-ana) 

Handfläche 

chanja 

k  ig  an  ja 

Hand-rifl'                          ) 
Handhabe                         \ 

hiti 

mpini.  chaka 

Handwerker 

f  11  ndl.  mjanya 

-fundi 

Hanf 

mngo 

sango 

hängen  s.  anl'liäiigen 

harnen 

-tunda 

-tunda 

hart 

{-a)luJcuni 

•yumu 

liart  werden 

-yuma 

-yiima 

Hartebeest 

lionkoni  (nyonyoni) 

hartnäckig  sein 

-wa  na   lulaJca 

-wa  na  hilaka 

Harz 

ngole.ko 

ngoleko 

(Vogc'Ueim) 

ulimho 

ulimbo 

Hi.se 

mvunja 

lupecha 

Haß 

matukutero 

hassen 

-tukutira.  -zonda 

-dadira.   -hyomera 

häßlich   sein 

-wa  na  manyara 

-wa  na  manyara 

hauchen 

-pefumula,   -yezamula 

-pumula 

ll.-nic   s.  Hacke 

h;uwn 

-chaya 

-toica 

(Holz) 

-Juiva 

-tf/na.  -dumula,  -gamula 

Haufe  s.  Schar 

Haupt 

likanda  (lok.  auch  ekanda) 

mtice 

(\ün     Tieren) 

shoko 

shoko 

Häuptling 

likosi  (nkosi) 

mutwa 

großer    Häuptling 

mlumzana 

kleiner   Häuptling 

liduna,  jumhi 

liduna,  jumhi 

H;uis   (rundes) 

inslu  (lok.  enslini) 

nyumha,  nganda 

(viereckiges) 

ngongwe 

ngomi 

(j)rovisorisclics) 

kikonjo 

sakasa 

zu  Hause 

kiikaya 

wo  bist  du  zu  Hause'' 

nsliara  knpi? 

kicako  (kwenu)  kupi? 

utama  ko{ki)i 

der  Till-  gegenüber 

msaniu 

an   der  Wand 

ndau  [zindau) 

Haustaub.- 

ngunda 

ngunda 

Haut 

kikumha 

kikumha 

Haut,   in   welclici'  die 

mbereko 

son  da 

Mutter  ihr  Kindträgt 

Haut    ab/iehen 

-sinja 

-hin ja 

Hautausschlag;    Ai-ten 

lukwekice  ( K  rä  tze ) 

niagawagawa,  {vi-) 

mau-angala,  {vi-) 

(=  Buba) 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


349 


••lie!'><  (wenn  man  den 
Sj)recher  nicht  ver- 
stand) 

llelKunnic 

hel.en   (in    di<-    II.".lif) 

Hecke  (Zaun) 

Herde 

Hefe  (Bodensatz  l)eim 
Bier) 

Heil  (Griff) 

iiäufii-- 

heil  s.  gesnnd 

heilen  (trans.) 

Heilmittel 

Heim,  Heimat 

in  der  Heimat  (daheim) 
meine  (unsere)  Heimat 
deine   (eure)   Heimat 
seine  (ihre)   Heimat 

Heimiiai'ten    halten 

heindvf'hren 

heimlich;  durch 

heimsuclien  (1  «'suchen) 

Heimweh  haben 

heimwärts  hegleiten 

heiraten   (vom   ^Nlann) 
(von   der   Fi-au) 
Sponsalien   scliließen 

heiser  sein,  durcli 

heiß  sein 

lieißen  (trans.) 

(intr.)  /.  B.  wie  Jieißest 
ich  heiße  N.  libizo 

heiter  sein  (vom  Wetter, 
Himmel) 

hrll-en 

einem  Armen 

-es hilft  (nützt) nichts« 

hell   s.  heiter 

Helm  (Kopfsclunuck) 

heimnen 
Henne  (Huhn) 

erwachsenes  Huhn 
heralj  s.  hinah 
herablvommen 


Jnji  (durch  die  Nase) 

mfasi  nyanga 

mdalla  mganga 

-imisa,  -Jcweza 

-imisa,  -kwesa 

lutango 

Iwigo 

msharnhi 

mshambi 

masese 

masese 

luti,  (kimuti) 

mpini 

paninzi 

kamahere{pa-) 

-sindiza,  -qausa 

-lamiza 

mti 

mtera 

likaya 

eJcaya,  hiTiaya 

palikaya 

kiti,  kwetu 

kiti,  kwetu 

kini.  kwenu 

kiiii,  kwenu 

kuico,  kwao 

kuwo,  kwao 

-longera 

-huya,  -chuleka 

-kiriwuka 

-nyeiiya  (heimlich  tun. 

schleichen) 

-bona 

-lora 

-kumhida  {kwao  usw.) 

-pelekeza 

-sindikiza 

-Ioiv{ol)a 

gega  mdalla 

-loicoleica 

-gegiica  mdalla 

-komba 

-laicira 

lizwi  lacha  {^=  lichile) 

lilowi  lilala 

-cha,  -chisa 

-pya 

-biza,  -yeta  libizo 

-tina  lihiua 

du?  libizo  lako  nyuwe  icani? 

lami  ngimi  pete 

-kannya,  -cha{-.sa) 

-patisa,  -terera 

-tanga 

-siza 

akusizi  luto 

mwewe  (aus  Zehramähne)  mchengo 

njukula  (Federhusch)  njukula 

-vimbira,  -yalisa  -beza 

nkuku  {nynku)  /ikuku  (nguku) 

isikazi 


-yesha,  -yeshika 


herera 


350 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


herablassen  -posa, 

hera]).steia;en  s.  lieral)kominen 


■yeshisa 


sendera 


herankommen  (nahe) 
herauf  s.  hinauf 
herauskommen 
herausgehen 
herausnehmen 

{=  entfernen) 
herausziehen 

(aus  dem  Wasser) 
herbringen 

Herbeige  s. beherbergen 
Hei'bst  (Schhiß  der  gro- 
ßen Regenzeit) 

es  ist  Herbst 
Herd  (Kochsteine) 

(die   Stelle    zwischen    lizikn 
den  Steinen) 


-puma 

-tawata 
-susa,  -koka 
-tupula,  -kumula 
-nijenyula 
-leta 


kusile ,  Uchile  (vgl.  -cha) 
maseko  (vgl.  -sekera) 


-hereza,  -kumhira 
-heyerera 

huma 

-tola 

-wusa 

-tujjula,  -kumula 


mafiya 


hergeben  {^^  hinre 

ichen) 

-Ifta 

-leta 

herkommen  {—  h 

ei-an- 

-sendera 

-hegerera 

kommen) 

(vom  Ausgangsort) 

-Vera  (auch  vom  Geboren- 

werden) 

hernach 

ngasemuva  (ka-) 

leke,  kumhele 

Herr 

hambo 

hambo 

Herrin  (erste  Häupt- 

{n)kosika:i;  mama 

lingsfrau) 

herrschen  s.  regle 

ren 

herumgehen 

-zumjula 

-tindira 

herunter  s.  hinab 

herunterkommen 

usw.  : 

5.  herabkommen 

hervorbringen  (Frucht) 

-zala 

-wereka,  -hogola 

Herz 

shizin 

tntiina 

Herzgrube 

{pa)mj)eticani 

(pa  )mpeiicani 

Herzklopfen 

luvarn,  zimvaro 

hetzen  (Hund) 

-shushuz{er)a 

-tri  mir  a 

Hetzruf: 

^•shü,  shi'i /' 

^brr/.^ 

heucheln 

-yenga 

-konga 

Heuchler 

muyengi 

mkonga 

Heuchelei 

uyengo 

ukongo 

heulen 

-kara 

-emba 

Heuschrecke 

liparara,  ntete  (lit.) 

lipahi 

heute 

namusa 

lern 

hier 

apa,  kona,  ponerapa 

lapo 

ich  bin  hier 

?iikona,  ndilipo  (=  A') 

nikona,    ndilipo   (=  k) 

ich  bin  nicht  h 

ier 

andipo  (=  ko) 

andipo  (=  Aro) 

Spiss:    Kiiigoiii  und  Kisutu. 


351 


Hilfe 

mapatiso,  masizo 

matango 

um  Hilfe  rufen 

-kara 

-emha 

Hilferuf: 

» yehee  /«  ;    » hau .  hau  /« 

'mleteel'^ ,   «ka  ka  ka.'^ 

Himmel  (Sternhimmel) 

Uzuru  (?■-) 

lizuru  ( /-) 

{\oc.  e/i:irmiundpali:iiru 

) 

hinab 

pasi 

pahi 

hinabspringen 

-suka  makata 

-suka  makata 

hinabsteigen 

-yesha,  yeshika 

-herera 

hinauf 

pezuru 

pananiy  pachannya 

hinaufklettern 
hinaufsteigen 

1  -kwera 

-kwera 

hinaus 

panje 

kwihala 

hinaustragen 
hinausbringen 

;  -pumisa 

-humisa 

hinauswerfen 

-posa  panje 

-taga  kwihala 

hinbringen 

-mukisa 

-peleka 

hindern 

-vimb{ir)a,  -yalisa 

-dindirisa,  -heza 

Hindernis    (an  das  man 

k/ki/waro 

stGßt) 

hinein 

mkati  {pa-,  ku-) 

mgati  {pa-,  ku-) 

hineinfühi-en 

-nyenisa  (in  etwas  ku-) 

-ingisa 

hineingehen 
hineinkriechen 

1  -ngena  (in   etwas  ku-) 

-ingira 

hineinlegen 

\ 

hineinschütten 

\  -tera,  -ycta,  -heka  mkati 

-sopa,  -icika  kugati 

hineintun 

] 

hinfallen  (epileptisch) 

-hinduka 

hinken 

-sonnyoka,  -qura 

-kipira 

hinlegen 

-heka 

-wika 

hinreichen 

-Uta 

-leta 

(=  genügen) 

-kola,  -kolhca 

-kola,  -koliwa 

(örtlich,  bis  zu) 

-fika 

-fika 

hinrichten  (aufs  Ziel) 

-linga 

-linga 

(=  tüten) 

-hurara 

-koma 

hinstellen  s.  hinlegen 

hinten 

muva 

kumhele 

hintennach  (zeitlich) 

nyasemuva 

hinter  (hinter  mir) 

muva  (m.  kwangu) 

kumhele 

Hinterbacken 

Udako 

hintereinander  gehen 

-hekerera 

hintei'gehen 

-serera,  -nyenga 

-dierera,  -konga 

Hinterlader 

kihamu  cha  koroßndn 

hüte  cha  k. 

hinterlassen 

-sia,  -lek{er)a 

-leka 

Hinterlassenschaft 

lipwera 

hinübersetzen  trans. 

kupukiza 

-yomhosa 

intrans.  (durchVerben)  -Ttupuka 

-yomhoka 

352 

Spiss:    Kiiigoni 

und  Kisut 

\\. 

liinübersteigen  (=  übei-- 

-//f^ka 

-jumba 

steigen) 

hin  überwerfen 

■posa  pecheya 

-taya  kiimvcambo 

hinunter  s.  hinab 

hinuntei'gleiten 

'pendama 

-lienama 

liinwegnehinen 

-tnia,  -lata 

-tola 

(mit  Gewalt) 

-ijamuTca 

-poka,  nyaga 

hinwerfen 

-lasha,  -posa 

-taga 

hinzufügen 

-yengeza 

-{y)ongereza 

(=  wiederholen) 

-pinda 

-pinda 

Hirn 

nqopo 

wongo 

Hirnschale 

luJcahayo 

lukakayo 

Hirse  (Negerkorn) 

saka 

mapemba 

Ilirsestängel 

lishanga 

lipese 

Hirt 

mrusi 

mdima,  indimi 

Hitze  (schweißtreibende)  fudumaro 

kifttki 

Hitze  haben;  durch  mzimha  wachisa 

(wörtlich 

der  Körper  brennt) 

hocli 

-dp 

-tali 

(von   der  Stimme) 

-7iijani 

-debe 

hoch  oben 

pezuru 

panani 

Hochmut 

kuzimeka ,  /um 

\ek() 

kiizitoga 

hochmütig   sein    s.   brü- 

sten, sich 

Hochzeit    (Überführung 

mtimba 

m  timba 

der    Braut    ins   Haus 

des  Bräutigams) 

Höcker   (beim    INlen- 

kifumbu 

chu m b i 

schen) 

(beim  afrikanischen 

Ururida 

Rind) 

Hof  (Umzäunung   vor 

li(juma 

l  IC  an  ja 

dem  Hause) 

(beim  Stall) 

Uhicaro 

(beim  Mond) 

jyikinnbi 

(der  ^lond  iiat  einen  nyanga  yayaka  mkx 
Hof) 
Hofiart  s.  Hochmut 
hoffärtig  sein  s.  brüsten 

sich 

hoffen  -temba.  -linda 

hohl  sein  -v:a  na  mlindi 

(vom  Bambus)  -ica  na  mbeta 

Höhle  (in  der  Erde)  mlindi 

{im   Kelsen)  mhoma 

holen  -hamha  kuleta 

(Wasser)  -hamba  kuka 


-gornba 

-ica  na  mlindi 

-ica  na  mbeta 

mlindi 

mmanga  (pl.  mimanga) 

-genda  kuleta 

-yenda  kuteka 


Spiss:    Kiiio'oni  und  Kisutu. 


353 


Holz  (zum  Bauen) 

Jxhnutl 

kiniiiti 

(zum  Brennen) 

{:i)nkuni 

sagala 

Holzstück 

hikuni 

(zum  Feuer  reiben) 

htpesho  (zim-) 

lutiko  (zin-) 

Holzblock 

Inyoclo 

lusayara 

Holzbündel 

nxjanda  ya  nkuni 

mjiyo  ica  sayala 

Hölzchen 

hamuti 

kamuti 

hölzei-n 

-a  Mmuti 

-a  kimuti 

Holzwurm 

Jctfukuze 

7    -J-      7           (*> 

kijukuze 

Honi- 

uclii 

uch  i 

Honigwabe 

liheya 

liheya 

horchen 

-zwisa 

-pulikiza 

hörbar  sein 

zwakara 

-pulikana 

hören 

-zica 

-pulika 

Höriger  (Sklave) 

mtt/u,  mchaiia 

msutu 

Hörn 

lupoJido 

linyero,  pembe 

(zum  Blasen) 

haragumu ,  mbarapara 

harayumu,  mbarapara 

Hut- 

linyina 

linyina 

Hüfte 

lukaro 

Hügel 

kantawa 

kaditnda 

Ameisenhügel 

kiduli 

kihuyuru 

Huhn 

{n)knku,  nyuku 

(  n  )kuku,  nyuku 

(erwachsenes) 

isikazi 

Hühnerkorb     (Art 

kisnkasaka 

Käfig) 

Hühnlein 

mtwana  tva  nkuku 

huldigen 

-viuna 

-idika 

Hülse    (bei  Kornfrucht) 

ugaya 

ukana 

(Deckblätter) 

maqemhe 

mahamba 

dieselben  abreißen 

-sua  maq. 

-honda  ma  h. 

Hülsenfrüchte 

mawere 

mawere 

Hund 

yinja 

yaro,  imbwa,  libica 

junger 

kayinja 

kahwa 

Männchen 

liyanyanda 

Weibchen 

isikazi 

hundert 

machumi  (yali) 

chwmi 

machumi  {yali)  chumi 

Hundertfüßler 

chonyororo 

liyonyoro 

Hunger                              j 
Hungersnot                        ' 

1  ,• 

'  lipanyo 

njara 

halb  verhungern 

-lamha 

-  la  m  h  a 

hungerig  schlafen  ge- 

-lala nah  (seil. 

lipanyo) 

-yona  nayo  (seil,  njara) 

hen 

Hundsaffe 

lyani 

lyam 

huren  s.  unkeusch 

hüpfen  (aufhüjjfen) 

hururuka 

-yuruka 

sich  vor  Freude  wälzen 

-yarauka 

Mitt  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.     1901.     III.  Abt. 


354 


Spiss:    Kiucjoni  und  Ki 


husten  -koshola 

Hut  kofia 

hüten  -rusa 
Hütte  s.  Haus 

Hyäne  (große  gefleckte)  lihogo 

(kleine  gestreifte)  lisanyanya 


-gohomola 

kofia 

-dima 

litunungv ,  lipundwa 
lihekerera 


Ich  (tonlos) 

ndi 

ni 

(betont) 

minne,  newo 

nenga,  nene 

Ichneumon 

{n)kuchero 

{n)kuchero 

ihr  (person. 

tonlos) 

m  (mu) 

m  {mu) 

(betont) 

nina ,  inwena , 

mwewi) 

mwenga,  nyenye 

ihr  (poss.) 

-ake;  pl.  -ao 

-ake;  pl.  -ao) 

immer 

futi  {futifuti) 

magono  goha 

in 

m-  {mu-) ;  ku- 

m-  (mu-);  k u - 

indes  s.  aber 

innehalten 

-sia ,  -leka ,  -linda 

-leka 

innen 

mkati 

mugati 

Insekt 

kikoko 

kikcko 

Insel 

kirumba 

kisengerere 

inwendig  s.  i 

nnen 

irden 

-a  ludaka 

-a  In  dope 

irgendein 

pete 

nono 

irre  gehen 

-huda 

-yaga 

irre  leiten 

-budisa 

-yagisa 

irren 

-hiida 

-yaga,  -kosa 

Irrsinn 

mashannya 

mapengo,  lukwachi 

irrsinnig  sein 

-wa  na  mashanya 

-ira  mapengo  usw. 

iri'sinnig  ^^ 

•erden 

-shannya 

-penga 

J. 


Ja 


(wenn  man  gerufen 

wird'» 
(bei  Steigerung) 
(tonlos) 


jagen   (Wild) 

Jäger 
Jahr 


yewo 

tcaiva,  minne 


ena,  ee 
vava 


kann ,  nyangana  ka na,  nyangana 

kandi  {■/.. B.  kandi  wavuma  hanga 
er   hat   sich   ja   unter- 
worfen) 

-zingira  -  h  y  unga 

fundi  {loa  kitzingira) 
mnyaka 


m  r  u  m  b  a 
m  iraka 


(endet  mit  der  Reife  der  Feldfrüchte) 


Spiss:    Kinp'oni  und  Kisutu. 


355 


Jahr: 

ein  Jahr  lang 
während  des  Jahres 
zwei  Jahre  lang 
im  zweiten  Jahre 
ins  zweite  Jahr 
drei  Jahre  lang 
im  dritten  Jahre 
ins  dritte  Jahr 
vor  Jahren 
jäten 


uanjjaK'a 
kunyaka 

unj/amnijaka 

nyakennye 
-sakula 


nanyaha 
Jcunyaha 

unyamnyaTca 

-geha 


je  —  desto,  durch  -yongeka  {yongezeka)  zunehmen,  sich  mehren 


jeder,  jedermann 
jeder  einzelne 

jemand  s.  irgendein 

jener 

jener  Mensch 

jetzt 

eben  jetzt 

jucken  (kitzeln) 

jung 

Junge  (der) 


wantu  wonke  wantu  icoha 

(ka)na  inuntu,  na  munye  na  mungi 

na-ya  -la 

muntu  muntu  nänguya  muntu  yula 
lomha,  kaloku,  nje 

lomba  nd,  loku  sekunje,  hino  na  ha 
loku  lomba 


-nyegera 

-nyane 

mfana 


-nyegera 

-clehe 

msongoro 

lizinyani. 
litoli 


(das  ,  bei  Kleinvieh)  lizinyani 

(l)ei  Großvieh)  litoli 

Jüngling  mfana  msongoro 

wenn  der  Bart  sprießt  lijaha,  sizica  (])l.  zis.) 

Jungfrau  ntoinhi  kamwali 


K. 

K  ä  fer arten :  lichongororo ,  ligeyegeye , 

kipiriri 
(ein  großer,    der   ge-    lingamhi  {lingamhira) 
gessen  wird) 


Kaifernkorn 
kahl  sein 

Kakadu 

Kaiabaß  s.  Kürbis 

Kalb 


saka 

-wa  na  hekakayo 

kasuku 


m  ap  emha 

-wa  na  kipala,  r=.  ki- 

tungu 
kasuku 


Kalbin  (Färse) 

Kalk  (eigentlich  weißer    mqako 
Ton) 


yikonyana  (pl.  ma-),  litoli     litoli  lya  ngomhe 

la  nkomo 
litokazi  (vgl.  litoli)  litokazi  (vgl.  litoli) 

mqako 


23* 


356 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


kalt 

lieute  ist  es  kalt 

kalt  werden   (Speise) 
Kälte 
Kamäleon 

Kamm  (des  Hahnes) 
kämmen  (in  Rinnen 

flechten) 
Kampf 
kämpfen 

Kämj)fer 
Kanal  s.  Abzugsgraben 
Kanone 
Kappe  (Art  Turban) 

(europäische) 
Kai'awane 
Kartoffel    (Süßkartoffel) 

(große  Art) 

(Art  wilde   Kartoffel) 
Käse 
Kassawa 
Katze  (Hauskatze) 

(Wildkatze) 
kauen 
Kauf 

Kaurimiischel 
Kautschuk 
Kebsweib 

Kehle  (Speiseröin-e) 

(Gurgel) 
kehi-en  (fegen) 
keimen 

Kelle  (zum   Kochen) 
kennen 
Kennzeichen 
Kern  (von  Fi-üchten) 
Kette 

(Halskette,     Perl- 
schnur) 

(Uhrkette) 
Keule 

(Fleischkeule) 
Kind 

Kindsfell    (zum   Tra- 
gen des  Kindes) 


-makaza 

namum  hvmakaza 

-pnla 

liqwa 

lunwan  (Unglückstier  I) 

mzumhn 

-temerera 

yimpi 

-Iwa,  -ywazana 

ngwazi 

mziyKja,  bomhorn 

rncheka 

kojia 

ulendo 

kimunyuru 

Hdumhi 

kizani 

vigongota  (eigentl.  Toj)pe) 

lisala 

mlamu 

mpaka,  yigicaici 

-shafuna 

ntengo 

Ukono 

mpira 

mfasi  rnnyani  (eigentlich 

Kleinweib) 
inizo 

mkorompro.  mpimbo 
-tanijira 
-mera 
Upini 
-yazi 
mbara 
htndurnbu 
mnyororo 
usharu 

usambo 

ntoiiga 

lingina 

mtwana  {mtana) 

mbereko 


-a  mpjepo 

Jero  mpepo 

-pola 

mpepo 

lulicifu 

luwikiro  {ki-) 

-lemba 

ngando 
- k 0 m ana 


m z  inga,  bomb 01 

rncheka 

kofia 

ulendo 

nijalioro 

liy  i  ng  i 

lidenge 
mla  in  u 

lihyomi  (ki-) 
-dakula 
maronda 


-fyagira 

mtiko.   in p II 71  dl 

-mannya 

mbara 

lundumbu 

mnyororo 

mkanda 


msage 
m  g  u  r  u 
micana 
sonda 


Spiss:   Kiijgoni  und  Kisutu.  357 

Kinn  kirefu  (auch  Bart)  kinjwemha 

Kissen  ritonyo  utongo 

(Stühlchen  als  Kissen )    msamiro  m  s  a  m  i  r  o 


Kiste 

sanduTcu  (kisw.) 

Kitowero  (kisw.)  s.  Zu- 

kost 

kitzeln 

-nyegera 

kla<i;en  (gerichtlieh) 

-kulika ,  -qewa 

-nenerera 

(wehklagen) 

-kara 

-emba 

klar 

msnpe 

klar    werden    (vom 

-shenga 

. 

schmutzigen  Wasser) 

klatschen  (mit  den  Hän- 

•hamhata 

-gomba 

den) 

Klaue 

luzipo;  chiiwu 

luzipo;  chuwti 

klehen  (trans.) 

-namika 

-namika 

(intrans.) 

-nnmatira 

Kleid 

ngvwo  nyura ,  lihiya  lihuka 

nguwo  nyura, 
libuka 

Kleie 

ngaga 

klein 

-nijani 

-debe 

(=  kurz) 

-ßchane 

-fupi 

klemmen 

-bandiza 

-libata 

klettern 

-kwera 

-kwera 

klojjfen 

-dtila 

-kungnnda 

hineinklopfen 

-knmerera 

herausklopfen    (aus 

-kura 

dem  Stiel) 

Kloß  (aus  Lehm) 

ligade ,  kigaisha 

lihiya. 


Klößchen  (aus  Brei  usw.)  ndnnge  ndonge 

Klotz  (Holzklotz)  ligndo  ligodo 

klug  sein  -wa  na  liqiri  -ica  na  luhala 

Klumpen  s.  Kloß 


Knabe 

mfana 

msongoro 

knacken   machen,    (die 

-chaya  zinkomo 

Finger  durch  Ziehen) 

(wenn  alle  Finger  knacken, 

ist 

der  Mann  ein  Lügner) 

knallen    )  vom  angezün- 1 
knattern  i    deten  Schilf  i 

[  -putika 

-turuka 

Knecht 

mufu,  mchawi 

msutu 

kneifen 

-ngewa 

puka ,  -kannya 

-tona 

kneten  (Lehm) 

-kanda 

knicken  s.  brechen 

Knie 

Udoro 

{li)fugamiro 

knien 

-sala  i-shala)  madnro 

tama  mafugamiro 

(=  niederknien) 

-guka  madnro 

-fugama 

358 


Spiss:    Kinsoiii  und  Kismu. 


knirsclien 

-luma  ma:m>fo 

-luma  1711710 

Knochen 

litamho 

lifujja,  lijeye 

Knöchel 

likakarani 

Knollen    ansetzen    (von 

-yiqn 

-i/ika 

Kartoffeln  usw.) 

Knopf  (am  Kleid) 

kifiingo  (kisw.) 

kifungo  (kisw.) 

(am  Stock) 

kibo/iya 

kibonya 

s.  auch  Knoten 

Knospe 

litanya 

kinenyero 

Knoten 

fundo,  {ti)ßndo 

fundo,  {li)findo 

Kocli 

mpelii 

mteleki 

kochen  (sieden,  trans.) 

-pcka 

-teleka 

(:=  braten) 

-kazinga 

-kalanga 

(intrans.) 

-wira 

-wira 

Köcher 

kikumha  cha  michohi 

kiku7nba   cha   inichoi 

Kochstelle  s.  Herd 

Kochtopf  s.  Topf 

Köder  (für  Fische  usw. 

)  ausgedrückt  durch  das  betr.  Insekt  {litete  usw.) 

Kohle 

lirasha,  likala 

lizima 

Kolik  hal)en 

-cha  kisu 

-pya  tireme 

kommen 

-za 

-hwera 

(heimkonunen) 

-uya 

-uya 

(nahekouunen) 

-sendera 

-heyerera 

König  (Gi-oßhäuptling) 

mhunzana 

können 

-yi'za 

-hotora 

Kopf 

likanda ,  hikakai/o 

m  t  IC  e 

(bei  Tieren) 

shoko 

den  Kopf  in  die  Arme 

-zikumbata 

-hola 

stützen 

Kopfbedeckung     (Art 

mcheka 

mcheka 

Turban) 

(euroi)äische) 

kdßa 

ko/ia 

Kopfring  (zum  Tragen) 

nkata 

nj  i  71  y  0 

Kopfweh  haben,  durcii 

likanda  licina 

mtice  wavava 

Koi'l)  (großer,  aus  Bam- 

lidenyo 

tandawala 

busstreifen) 

(groß,  llach) 

lutcriyo ,  lusero 

luparo 

(klein) 

kija 

kiheneko:  kijoinera 

(aus     maritru     ge- 

üdoto 

llochten) 

Korn  (Früchte) 

maicere 

(das  einzelne) 

luicere ,  lusafu 

lupeke 

Kornwurm 

kifukuio 

kifukuto 

vom    Kornwurm   ge- 

fukuhca 

fressen  werden 

Körper 

mzimba 

micili,  muvili 

Spiss:   Kiiigoni  und  Kisutu. 


359 


Kost 

kosten  (versuchen) 

Kot  s.  Exkremente 

Krabbe 

Kraft 

kräftig  sein 

Krähe 

krähen  (vom  Hahn) 

Kralle  s.  Klaue 

Krampf  bekommen 

Kranich   (Pfauen-) 

andere  Arten: 
krank 

krank  werden 

schwer  krank  werden 
Krankheit 
Krätze 
kratzen  (um  zu  scheuern)  -Imaya 

(auf   der    Haut    sich     -incaya 
kratzen) 

(von  Vögeln)  -pala 

(von  der  Katze)  -hwepa 

Kraut  mhido,  ndiwo 

Krebs  nytinga 

( K  rankh  eit)  menge 

Kreide  (weißer  Ton)        nikako  {mqako) 
Kreis    mkumbi   (z.  B.   im    Kreis   aufgestellte   Menscaen 

Kreis  (Hof)  um  den  Mond  mkumbi  wa  nyanga) 
Kreisel  mpira 

Kreuz  Upamhano;  msalaha  (ksw.) 

kreuzen  (die  Beine)  -yeyamiza  {mlunyao  lunye) 

sich     kreuzen      (von     -pamhana 


chahisa 
-linga 

nkara 

manja  (niansa) 

-qina 

lihuhuru 

-kaJa 

-ßnira  mshipa 

lihoholi 

ndmo  (weiß);  yindwa 

-gura 

-gura  kuwi,   =  kakuru 

Ivfo  (pl.  zifo) 

lukicelcwe 


chakulya 
-linga 

Ungar  aji 

makakara 

-kangamara 

{li)kunguru 

-emha 

-finita  mshipa 
limwali 

mtamu     ■ 

-rioara 

-rwara  paioaha 

utamu 

mapele 

-kwenda 

-nyaga 

-p  a  la 

-kapa 

mboga,  likoro 

ngunga 

menge 


hen    mkumbi    wa   wantu; 


mp  i  r  a 


Wegen ,  von  Men- 
schen, deren  Wege 
sich  kreuzen,  die 
sich  jedoch  nicht 
treffen) 

Kreuzweg 

kriechen 

Krieg 

Krieg  führen 

Krieger 

Kriegsgefangen  er 


mapambano  {ga  njera) 
-kasa 


pamoat.a 


'tnalekano 
-kwawa 
ngondo 
-komana 


yimpi 

-hca,  -gicazana 

lijahn 

mvfu  msutit,  mchawa 

Kriegskostüm ,  bestand  aus  njukula  (Federbusch  auf  dem  Kopf)  und  mayam- 

bato  (Tierschwänze  usw.  am   Körper) 
Kriegstanz  aufführen         -gia  -dalika 


360 


Spiss:    Kingoiii  und  Kisutu. 


Krokodil 

ngwenya ,  ingwanyama 

llgw  1  na 

Krone,  durch 

mkumbi  (Kreis) 

Kronenkranich 

lihoholi 

limican 

Kropf 

ndesi 

Kröte  s.  Fi-osch 

Krug  (irden) 

mhiza 

chalikf) 

(Kürbis) 

lisala 

lidenge 

krumm  werden 

-pendama 

-pendama 

krumm  gehen  s.  hin 

ken 

krümmen 

-yoyomsa 

-pinda 

kinippelhaft  sein 

-sonnyoka 

-chipira 

Kruste  (im  Topf) 

ukoJco 

makogoto 

Küche 

pamaseko 

pamaflgo 

Kücldein 

mtwana  wa  nkvku 

kikuku.     chyana 
ngukn 

cha 

kühl  werden 

-pfjla 

-pola 

kühlen  (ab-) 

-pozisa 

-polisa 

kühn  sein 

-qina 

-kangamara 

Kugel  (Gewehr-) 

kipolopolo 

Kuh 

nkomokazi 

nginda 

KuMuner  liaben 

-kumhula  shizio 

-kumhula  mtima 

Kundschafter 

(li)  sholi  (pl.  zi) 

lingomeji 

Kupfer 

lisongo  lihomvu 

kikono  kidungu. 
mkuwa 

Kürbis 

lishala  {limra) 

lidenge 

(als  Gemüse) 

litanga 

mungu 

kürschen 

-chuka 

-chukuta 

kurz 

-fichane 

-fupi 

kürzen  (ab-) 

-juua,  -yeka 

-dumula 

küssen 

-yanga 

-yanga 

Küste,  an  der  (die) 

mhvcani 

mhwani 

L. 


lachen 

-sheka 

-heka 

laden  (Gewehr) 

-tera-.  -yeta  {iconga  Pulver) 

-sopa  {wonga) 

Ladestock 

luyanga 

Lager 

kilalo 

kigono 

lagern,  sich 

-lala 

-gona 

lahm  sein 

-lemara 

-lemara 

Lamm 

lizinyani  la  yimvu 

lizinyani  la  mherer 

Land 

lizwe 

mlima 

Land    im    Gegensatz 

mlaga  (gew.  pl.  mi-) 

zu   ..Stadt« 

Landgut 

simu,  mundo 

mgunda 

Landmann 

mlimi 

mlimi 

Spiss:    Kino-Olli  und  Kisutu. 


361 


lang 

-de  (vgl.  -deni) 

-tali 

vor  langer  Zeit 

kadeni  (jjadeni) 

katali 

langsam  (adv.) 

kuse.  hwino 

mbolembole 

langsam  sein  (=  tun) 

-swera 

-hwera 

langweilen,  sich 
Lappen  (aus  Stoff) 

-zihuta 

kikaka .  kikwinda 

-  zibuta 

(kleiner) 

mwere 

(langer  schmaler) 
Lärm  (Geschrei) 

mcheka 
mshindo 

mshindo 

Lärm  schlagen 

-hanga  mshindo 

-banga  mshindo 

lassen  (ablassen) 

-sia,  -kaula,  -leka 

-sia,  -kaula,  -leka_ 

nicht  lassen  (verbieten) 
übriglassen 

-yalisa 
-sia,  -leka 

-beza 
-leka 

Last 

mtwaro,  mtoro 

mzigo 

Lastträger 

mticali  mtoro 

mgegi  mzigo 

lästig  fallen    (ermüden) 

Latte  (Dachsparre) 

lau  werden  (s.  abkühlen) 

-nengeza 

lutungu 

-pola 

-chu  m  buza 

mp agaro  ( pl.  7np agar o) 

-p  0  la 

lauei-n 

-lalira 

-yuwira 

Lauf  (schneller) 
laufen 

um  die  Wette  laufen 
Laus 
laut  (adj.) 

majuwane 
-gigima  ( -gijima ) 
-linga  majuwane 
(i)ntu:ara  (pl.  zint-) 
-kiiru 

majumbo 

-jumba 

-linga  majumbo 

lisosolo 

-waha 

(adv.) 

kakuru 

neso 

läuten  (trans.) 

-chaya  ndalama 

-  to  w  a  ndalama 

(intrans.) 
lauter  (=  bloß) 

-kara 

-odwa  {-edwa) 

-emba 

(lauter  INIorast) 

ludaka  lodwa 

Leben 

urura .  tcahwino 

urura,  wabwino 

leben,  durch 
lebend     j 
lebendig  i 

-rura  (lebendig) 
-rura 

-rura 
-rura 

Leber 

kihindi 

kibindi 

lecken 

-kota 

-myanga 

Leder 

kikumha 

kikumba 

leer  (adv.  u.  präd.) 

-chabe 

-waka 

(adjekt.) 

-a  chahe 

-a  waka 

legen 

-heka  (auf  den  Boden  ^ö^«) 

-wika,  -limba 

Eier  legen 
Lehm  (nasser  o.  dunkler) 

-hek{er)a  maqanda 
ludaka 

-tag(ir)a  makanga 
ludope 

(rote  Erde) 
(weißer  Ton) 

kikunja 
mqako 

kikunja 
mkako 

Lehmkloß 

ligade 

ligade 

Lehm  treten 

-buka  ludaka,  -kannya  lu- 
daka 

-kanda  ludope 

362 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutii. 


lehnen  (an-) 

-yeyamisa 

-yegega 

sich  anlehnen 

-yeyama 

-yegama 

Lehre 

mafundisho,  inalayo 

mafundisho,  malayo 

lehren 

-funda,  -laya 

-fundisa 

Lehrer 

mfundisi 

micalimu  (ksw.) 

Lehrling 

mfundi 

Leib  (Körper) 

mzimba 

muwili,  mtivili 

Leibweh  haben,   di 

u-ch 

-vava  lusu 

-vina  lireme 

Leiche 

mhifi 

mtuhi 

leiciit 

-rura 

-rura 

leichtsinnig 

kishora 

kishora 

leiden 

-zvca    ushunyu .     -bona 
usJmngu 

Leiden 

xishungu  {umngu) 

leihen 

-boleka,  -cheleka 

-azima,  -pinga 

Leim  (Vogel-) 

ulimbo 

ulimbo 

leise  (adv.) 

ktise 

mbolembole 

leiten    (an    dei-    11 

and 

-tanguza 

-longoza 

führen) 

Leiter,  die 

kimuü  cha  kukwera 

ngazi  (ksw.) 

Lenden 

zinkaro  (sing,  lukaro) 

kiu-uno 

Lendentuch 

kiqicinda  (s.  auch  Lappen) 

kikicinda 

Leopard 

ingice  kingcmgongo 

lihnwi 

lernen 

-fundiwa,  -layiwa 

-  undisiw  a 

lesen 

-.snuia  (ksw.) 

-soma  (ksw.) 

letzte 

-a  mitva 

-a  kumbele 

leuchten  (trans.) 

-banisa 

-  m  ulisa 

(intrans.) 

-baneka,  -kannya 

-mulika 

leugnen 

-yala  {na  manga) 

-bera  (na  maked) 

Leute 

u-antu 

IC  an  du,  wanu 

Licht 

mbane.   mbaneko 

{ki)mtiliko 

licht 

-msope 

-icarafu 

licht  werden  (vom 

Tagl 

1  -cA«,  -sa 

-cha 

lieb  i^:  gut) 

■nandi  (s.  auch   Liebling) 

Liebe 

ntando,  ntando 

ngano 

lieben 

-tanda 

-gana 

Liebling 

mtandokazi 

mganifu 

Liebschaft  haben 

-funa  kukoniba 

Lied,  durch 

-saicera 

luimbo 

liegen 

-lala 

-gona 

mit  dem  Kopfe  ; 

auf 

-samira 

etwas  liegen 

was     liegt     daran;* 

kunani^ 

(..macht  nichts 

!«) 

Linie 

ludicendtre 

in  einerLinie  aufstellen 

-beka  hidicendice 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


363 


Linke  (die  linke  Hand,     linyere 

linke  Seite) 
links 
Lippe 
List 
loben 
Loch  (Vertiefung) 

(Höhle  in  der  Erde) 

(Höhlung  im  Felsen) 

Mäuseloch 
locker  werden 
lockern 
Löffel  (Kocli-) 

(Schöpf-) 
Lohn 

um  Lohn  arbeiten 
Los  ziehen,  losen 

»um«   etwas  durch  Genitiv  {cha  .  .  .) 
löschen 
losbinden  ) 
lösen  ) 

losgelien  (vom  Stiele) 
loskaufen 
losklopfen 
losmachen  s.  losbinden 
losspringen  (auf  jemand)    -dumira,  -suJcira  makata 


-a  Ilngere,  -a  me tigere 

inlomo 

liqiri,  marango 

-tokoza,  -gia 

Ugodi 

ligeica 

mhoma 

mlindi 

-funa  Tcukumtika 

-legereza 

lipini 

ndehe 

lifungo,  hikmi:i 

-seirenjera 

-yenza  Jcisiriri 


•qima  (-kima) 
-kiamda 


-kumiika 
-sangula 
-kumula 


Loa 


Lücke  (in  den  Zähnen) 

Luft 

Luftröhre 

(Adamsapfel) 
Lüge 
lügen 
Lügner 
Lunge 

Lust  (\'erlangen) 
lustig  sein 


mpondoro  (pl.  zim-), 
mpozmigo ,  kiricani, 
ngicenyama 

Ikcende 

moya 

mpimho 

mkoromero 

manga 

-qamha 


lull  ala 

-lumpirira 

Ugodi 

mioina 

lipanga 

mlindi 

-funa  kuicopoka 

•legereza 

mpundi,  mwiko 

mteko,  mnego 

njomhe 

-hengiila 

-hnma  luhumu 


-  tc  opola 

-kulika 

-knrnhola 

-kula 

-  g  u  r  u  k  i  r  a 
lihimha,  libonjo 


linguli 

mpungo 

mpimho 

mkoromero 

makeo,  udesi 

-deta 

mmakeo,  mdesi 


mapapo  (lipapo  ein  Flügel) 

moyo 

-taira 


moyo 
-hekerera 


machen 

(verfertigen ;  aus  Holz) 
(aus  Leder) 
»macht  (verschlägt) 
nichts!« 


-yenza 
-baza 
-sika 
nandaica. 


M. 


■  kita 
■hongola 


364 


Spiss:   Kiiiooiii  und  Kisutu. 


Macht 

manja 

makakara 

mäclitig  sein 

-wa  na  manja 

-wa  na  makakara 

Made 

kibungu,  lupeto 

lisomi 

Mädchen 

msikana 

kamwali 

(erwachsenes) 

ntomhe  ntombazana 

mwali 

Magen 

mhirini 

lutumbo 

mager  werden 

-dasa,  -yonda 

-ganda 

malilen 

-sira 

-hyaga 

Mähne  (vom  Zebra) 

mvceim 

mchengo 

Mais 

Tcimanga,  mumbu 

marombe 

(in  der  Milch) 

kimanga  kiludaka,  kimahga 
kisekona  (d.  h.  »ist  eben « 
seil,  kiludaka) 

(gi-ob  gemahlener) 

mahenga 

sokole 

Mais  braten 

-yosa,  -kazinga 

-nyanya,  -kalanga 

Maiskolben  (leerer) 

kigamu 

kinguenyero 

Haare  am  Maiskolben 

ndefu 

n  defu 

Haare  bekommen 

-kasira 

-kasira 

die  Köner  ausbrechen 

-korowola 

-korowola 

Maisstengel 

lishanga 

lipese 

mal 

ka- 

ka- 

einmal 

kamozi 

kamonga 

ein  andermal 

kanye 

kangi 

Mangel  (Not) 

ukiwa 

Maniok 

njumhula,  mbicani 

mayao,  manindi 

Mann 

ndoela  (li-) 

mgosi 

alter  Mann 

ligegu 

mannbar 

-kuru 

-kiir  u 

mannbai-  werden 

-chaija  inanzi,  -kula 

für  mannbar  erklären 

-hiza  7?ikunf 

männlich 

-rioda,  -duna 

-gosi 

Mark  (Knochen-) 

mongo 

m  ongn 

markten  s.  feilsciien 

massieren    (mit  Blätter- 

-toica  (na  maqembe) 

-toiva  {na  maqembe) 

Dawa) 

das  Massieren 

mitmco 

m  itowo 

Matte 

likasi 

mpasa,  ugono 

Matte  Hechten 

-tunga,  -mka 

-hona 

Mattenllechter 

mtungi,  mruki 

mkoni 

Mauer 

lutango  Ina  mache 

licigo  Iwa  maganga 

Maus  (Feld-) 

mbewa 

mbewa 

(Hausratte) 

ligundwane 

ligundwane 

-Loch 

mlindi  wa  mbewa 

meckern  (Ziege) 

-nieia 

-meto 

Medizin 

miiti 

mtera 

Medizin  bereiten 

-liingisa  m. 

-lungisa  m. 

Spiss:   Kina:oiii  und  Kisutii. 


365 


Meer 

nyanza  (s.  See) 

Mehl 

mpupu 

uhemhe 

(grobes) 

msere 

rauhere, 

Mehlbrei 

sima,  Tiijeza 

uyali 

mehr,  durch 

-ye{o)ngeza  (hinzufügen) 

-yongeza 

nicht     mehr     (adv.), 

durch  negat.  Form 

mit  dem  Zusatz 

pawili,  kanye 

kangi 

meiden  (ausweichen) 

-pambuka 

-paduJca 

meiden  (unterlassen) 

-lek(er)a,  -sia 

-leka,  -kotoJca 

mein 

-aini,  -a  newo 

-angu,  -a  nene 

meinen 

-hona,  -ii 

-icona,  -lola 

oder  durch 

shizio  ihuruma 

, 

INIeister 

nkocho,  nyanga 

({)1.  zin-) 

fitndi 

melken 

-semja 

-kama 

Gefäß  /um  Melken 

Utitnya 

sich     in     den    INI  und 

-sireza 

-yongera 

melken 

Menge  (Volkes-) 

liqala ,  Ühanja 

INIensch 

rmintu 

mun  du ,  munu 

Menstruation  haben 

-qeza 

-ica  kuligeza  -ica  kuhaki 

(zu  dieser  Zeit  dai'f  das  Weib  das  Essen   nicht  salzen,  sonst  wii-d  der 
Mann  an  den   Beinen  lahml) 


merken  (sehen,  fülden) 
Merkmal 

(eingeschnittenes) 
messen 
^Messer 

(Busch-) 

(-Griff) 
Messing,  -Ring 

-Ring    (anschmieden, 
anlegen) 
Mhogo 

-Stengel 
mich 
Milch 

süße 

Biestmilch 

geronnene 

gei-innen 

sauer  werden 

jNIilchgefäß  (zum 
Melken) 
mild 


-bona 

mbara 

lingeica 

-linga,  -lingisa 

mukica ,  mkondo 

mhemha 

luti 

kikono  {kimsojx) 

-tanda  kik. 

njumhula ,  mbicani 

kimuti  cha  nj. 

ndi]  (betont)  minne ,  neico 

Iwisi,  masi 

Iicisi   hca  namiim 

kituici 

vigongota 

-jia 

-vunda 

htunga 

-qoto 


-icona,  -lola 
mbara 

-linga,  -lingisa 

kipula 

nyengo 

mpini,  chaka 

lisnngo  {liwarafu) 

-nyemba  lis. 

mayao,  manindi 

mkongo  ica  ma. 

ndi.  nenga 

luziica 

luziwa  lioa  lero 

kituici 

vigongota 

-ynma 

-vunda 

Htunga 


366 


Spiss:   Kinsoni  und  Kisutu. 


mir  (tonlos) 

ndi 

ndi 

(betont) 

minne,  newo 

nenga 

bei  mir  (zuhause) 

mn-a  minne 

mischen 

-shanganisa ,   -vanga{  nisa) , 

-qumha{nisa) 

-hasa 

Mist 

ulongo 

mahuli 

mit    (Begleitung  luid 

na 

na 

Mittel) 

mit  mir 

nami 

nami 

mit  dir 

navce 

nawe 

mit  ihm 

naye 

naye 

mit  uns 

nati 

nati 

mit  euch 

namwe,  nanye 

7iamive,  nanye 

mit  ihnen 

nawo 

nawo 

Mitleid 

rmisa 

lipyana 

Mitleid  haben 

-hon{er)a  m. 

-lol{er)a  l. 

mitsammen 

ndaonnye ,  pamn. 

:i 

pamonga 

Mittag                                ) 
mittags                               i 

imhii  ikitru 

imini  ikuru 

(von    1 1   l)is  2  Uhr    sagt    man   liranga 

lifudumar{is)a    die   Sonne 

macht 

schwitzen ,    um  2  Uhi 

1'    liranga  lipenduka   die 

Sonne  wendet   sich 

(fällt) 

Mitte,  in  der  Mitte        ) 
mitten                                 j 

niukati .  pakati. 

kukati 

mgati 
pagati 

in  die  INIitte 

kicakati,  ku- 

knyati 

Mitternacht 

pakati  pa  usiku 

pagati  pa  kilo 

mitteilen 

-sömola,  -gawa 

-gaica 

mündlich 

-hik(er)a 

-bik{er)a 

Heimliches 

-sheira 

-sheica 

von  der  Speise  durch 

-shepunn 

-mega 

Abbrechen  mitteilen 

nicht  mitteilen 

-nyicha 

Mitteilung  (mitgeteilte 

msömnlo 

Geschenke) 

mögen 

-tan da,  -fnna 

-londa,  -gana 

ich  mag  nicht 

anditandi 

m  b  w  i tu 

möglich  sein 

-yezeka.  -yen:eh 

a 

-hotoreka 

Molke 

mlaza 

Monat 
Mond 

!  nyanga 

mwezi 

wachsen  (vom  Mond) 

-qina.  -ki/Ia 

- k anga m ara .  - 

kula 

abnehmen 

-pungula ,  -fiina 

kufa 

-pungula,   -funa    kn^ 

scheinen 

-icala 

-icala 

verschwinden 

-fa.  -pera 

-yomoka 

es  ist  Vollmond 

n.   ikuru .  n.   ikannya 

m.  muwaha 

es  ist  Neumond 

n.  yafa 

morden 

-hurara 

-koma 

Spiss:    Kino-oni  und  Kisutu. 


367 


Mörder  mhurari 

moi-gen  kusasa 

Morgen  \ 

kusasa 
morgens  \ 

früh  morgens  kusasa  ludu 

gegen  8  Uhr  mharara 

Morgenstern  nkanyesi  ya  kucha 

Mörser  (aus  Holz)  likovu 

Moskito  {lu)suu-u 
Motte  (kleiner  Schmet-    kapuruputu 

terling) 

(ist  den  Wangoni  niciit   als  kleiderfressend  bekannt) 

M  tarn  a  saka                                         mapemha 

-Stengel  Ushanya                                    lipese 
Mücke  s.  Moskito 

müde  werden  -dinma                                    -totokera 

(auch  übertragen:  -dinrwa  pete  jemandes  müde  sein) 


mko  m  i 
k  ir  a  u 

lukcra 

lukera  neso 

mharara 

lutondo  Ina  kucha 

lituli 

nj  e  71  j  ema,l  i  ny  e  r  e  ruj  e  r  e 

kapuruputu 


Mühe;  sich  Mühe  geben    -kutala ,  -qina 
Mühlstein   (der  untei-e)     liehe  la  kusira 

(der  obere,  kleine) 
Müllhaufen 


Mund 


ein   "Mundvoll« 
nehmen 
Mündung  (Fluß-) 

(des  Gewehrs) 

murren 
Muschel  (Flußperl-) 

Muscheltier 

Kaurimuschel 
Musikinstrumente : 


mhokoto  (pl.  zim.) 

Uzara 

milomo  (auch  mlomö) 

lok.    milomiceni  und 

milonyeni 
-mumata 

mashanyano 

mlomo 

-irawaza 


-kanyamara 

Iwara 

limwana  {lu-) 

kifyayiriro 

milomo  (auch  mlomo) 

pa-,  mu mlomo 
-fuwata 

makonyano 

mlomo 

-nyunula 


müßig  seil 


likcmyice 

likono 

mheta  (Flöte) 

karomheta  (Trompete, 

europäisch) 

harayumu        ) 

,       ,  (Hörner) 

mbarauara      \ 

numhuru  (Trommel) 

liyubu  (Saiteninstrument) 

durch  -dinga  (nötig  haben) 

oder  -fanela  (nützen , 

frommen) 

-liwariza    mit    oder   ohne 

kizungu  (grübelnd, 

spinnend)    (vgl.  liirara) 

kiliu-arizi 


7nheta 

karomheta 
harayumu 
mharahara 
iiy  o  m  a 


368 


Spiss:   Kiiigoni  und  Kisutu. 


Muster 

Ivfano 

mutig  (im    Kamiif) 

ngwad  (vgl. 

-yiiiaza) 

nuitig-  sein 

-qina 

-kangamara 

INIutter 

mama 

ma(ic)ii,  nyongoro 

deine  Mutter 

Tiyoko 

nyoko 

deine,  seine  3Iutter 

riyina 

ngina  (das  Possessiv  muß 
jedoch  ausgedrückt 
werden) 

Mütze  (Art  Turban) 

mcheka 

mcheka 

(europäische) 

l-ofia  (ksw.) 

kof'ia  (ksw.) 

Nal.el 

nach  (Richtung) 

(liinter,  später) 

nach  und  nach 
nachahmen 
nachdem;  z.B.  nachdem 

er  gesprochen 
nachdenken 
nachfolgen 

in  der  Regierung 
nachher  s.  hernach 
Nachkonune 
nachlässig 

nachlässig  sein 
Nachlässigkeit 
nachlassen 

(Schnürung  usw.) 

(erlassen) 
nachlauten 
Nachmittag",  es  ist 

Nachmittag 
Nacliricht 

»was    gibt    es    für 
Nachrichten;'" 

Nachricht  bringen 

Nachricht  senden 
nachsinnen  s.  nachdenke 
nachspüren  (vom  Hund) 

(vom  jNIenschen) 
Nacht 

bei  Nacht 
Nachtlager  s.  Lager. 


N. 
nqaica 
kur,  kica 
(e)muva  kica 
hwinobicino 
-linganisa,  -landa 
lapo  akurumilepo 

-kninbula 
-landa 
-bekhca  ukosi 

mzukuru,  mticana 
kishora ,  kiliicarizi 
-liicara 
nUivaro,  libude 

-legereza 
-sia,  -lck{er)a 
-landa  na  majuivane 
lapenduka   (seil,  liranga) 

(die  Sonne  sinkt) 
zindaira 

^'zindaiva  ifiuni?« 

^kunja/ii?'^ 
-bika  {-era) 
-tuma  zjnd. 
in. 

-tmigat{ir)a 
-shora 
nsiku 
pausiku .  eiisiku 


lukiifu  (mgiifu) 
ku-,  kwa 
kumbele  kica 
mbolembole 
-kfricf'kpra 


-  k  u  m  biika 
k  0  IC  eker  a 
-limba  uticn 


■lengaj 


■legereza 

■leka 

■kotcekera   na  injinnbt 


m  iharo 
niiharo    njani? 

-  s  <'  >ig  a  ni  i  h  a  r  o 

-niis{ir)a 
-nyomera 
kilo 
pakilo 


Spiss:    Khigoni  und  Kisuto. 


369 


Nacken 

msunduru; 

kingutu 

kigos  i 

nackt 

(prädik.)  chahe 

waka,  wuuli 

(adject.)  -a  chabe 

-a  waka 

Nadel 

kitungo 

sindano  {singane) 

Nagel  (< 

ins  Eisen) 

lusunguru 

msomali  (ksw.) 

(aus  ] 

Hok) 

kikongwane 

Finge 
Zeher 

rnagel 
inagel 

1  luzijio 

kiuwu 

nagen  (von  der  Maus  usw.)  ngongola ,  ngtienya 
nahe  paßchane 

nahebei  paßchane  na,  -pa. 


naherücken 

naheslellen 

nähen 

nähern ,  sich 

nahezu  s.  beinahe 

Nahrung 

nähren 

Nacht 

Name 

wie  ist  dein  Name? 

Namen  geben 


-kioa 


-tunga 
•sendera 


kiso  (kishö),  chakusa 

-pana 

mtungo 

libizo 

libizo  lako  nguwe  loani? 

-yeta  libizo 

nämliche,  der  durch  Verdoppelung  des   Demonstr 
Narbe  litigewa 

(von  Einschnitten)  njojo 

Narr,  närrisch  s.  irrsinnig 


Nase 

aus  der  Nase  bluten 
Nasenschleim 
Nashorn 
naß 

naß  werden 
Nebel 

neben,  nebeneinander 
necken 

Neffe  (der  Schwester 
Kind) 

(des  Bruders  Kind) 
Negerkorn 
nehmen 

mit  Gewalt 

nur  wenig  mit  der 
Hand  nehmen 

auf  den  Arm  nehmen 

»nimm  da!« 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprache) 


mpümulo 

-puma  ngazi  Inpumulo 

mafinyera 

kipembere 

-a  manzi,  -lutaka 

(rf) 
-tamba  na  manzi 

lifu 

pamozi, 

-shara 


ndaonye 


mtwana  (seil .  wa mtanakwet 

saka 

-tola,  -tawata,  -lata 


-ka 


-ngewa , 


-singata 


1904.  m.Abt. 


ngongola,  nguenya 
papiipi 

pafichane   na,    -pa. 
-kwa 

-hegereza 

-hona 
-hegerera 

chakulya 
-perana 
lutoto 
lihina 

-tina  lihina 
ativpronomens. 
liwamba 
nembo 

mengero 

mafinyera 
kipembere 
-deke 

-dekepa 
lifufu,  lifundi 
pamonga 
-kina 


mapemba 

-tola,  -taioata,  -tata 

-poka,  -yanuka 

-tona 


-pagata 
r.kote!^^ 


370 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


Neid 

Tcigoro 

kigoro 

(Eifersucht) 

uhwere 

ukicere 

neidisch  sein 

-boner a  sMzio 

neigen 

-kotama 

-gundama 

sich  neigen 

-[zi)Jcotama 

-zigundama 

die  Sonne   neigt  sich 

liranga  lachona 

(zum  Untergang) 

Neigung  s.  Begierde 

nein 

ngö,  ca  (Schnalzlaut) 

ndd 

nennen  s.  u.  Name 

Nest 

Msakasaka 

kisakasaka 

Netz  (zum  Wildfang) 

mamburi 

lipiriri 

(zum  Fischen) 

Iwavu,  lutengo 

neu 

-cha 

-pya 

neugierig  sein 

-qapera 

-pulikiza 

Neuigkeit  s.  Nachricht 

Neumond  s.  Mond 

neun  -sano  na  -nne  -hano  na  mcheche 

Ngoma  (Tanzarten)  ligwamha  mkwendo,  lipuga 

nicht  a  (vorgesetzt!) 

andi  ich  (bin)  nicht;  äko,  are  [azT),  alizT  er  ist  nicht  hier;  si,  asi;  asi  mkuico 
ivami  es  ist  nicht  meine  Art;  andi  na  ich  habe  nicht;  vor  einem  Infinitiv 
bedeutet  auch  bloßes  «na«  nicht,  z.  B.  na  kuhamba,  ich  gehe  nicht  (zu 
ergänzen   ^andi«  na  kuhamba  icli  bin  nicht  mit  gehen) 


nicht;   »nicht  vv^ahr?«  atiL  ati  poo? 

niederfallen  (bittend)  -gukira 

(seitwärts,  kopfüber)  -gekika 

niederhauen  (Holz)  -jutca 

niederknien  -guk(ir)a  madoro 

niederlassen,  sich  -sara  {-shara) 

(von  Vögeln)  -wa 

niederlegen  (Gaben  vor  -tul{ir)a 
jemand) 


sich  niederlegen 
niederreißen  (Haus) 
niederschlagen 
niedersetzen,  siel 
niedersitzen 
niederstellen 
niedertreten 
niederwerfen 
niedrig  (Haus) 

(Wasserstand) 


ande  (andi)? 

-fugamira 

-garauka 

-tema,  -dumula 

-fugam{ir)a 

-tama 

-gwa 

-nenul(ir)a 

-gnna 
-bomola 


-lala 

-fuza,  -diriza 

-chaya  awe  (daß  er  falle)   pasi 

-sara  {pasi)  -tama  (paht) 


•beka  pasi 

-nyat{ir)a 

-wisa 

-fichane 

-nyane  {-ninyane) 


niemand,  durch  aze  muntu  (es  ist  kein  Mensch) 
Niere  iso  (pl.  ziso) 

niesen  -yetemula 


-wika  pahi 
•libat{ir)a 
-gwisa 
-fup  i 
-debe 

-tesemula 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


371 


Nilpferd  kiboko 

nisten  -tutirira  {JcisakasaJca) 

noch;  warte  noch  qare  uime  (fang  an  und  stehe) 
oder  uUnde  huti  {uime  huti) 

er  ist  noch  da  akona,  Jcandi  akona 

noch  andere  wanye  muva 


ndomondo 

-tutirira  {kisakasaka) 


noch  nicht;  ich  hörte  noch  nicht  ningakai. 


(0 


nochmals 

kawili,  kanye 

kangi 

Norden 

mishu{w)uru  (heißt  auch 

lukigi 

Süden) 

Not 

ukiwa 

ukiwa 

Notdurft  veri'ichten 

-tunda 

-tunda 

Nothütte 

kikonslu 

sakasa 

notwendig  i  ,    ^ 

°     haben 
notig            \ 

-dinya,  -funa 

-londa 

nötig  sein 

-fanera 

-fanera 

nüchtern  sein  pf.  von  -lamha  (nichts  oder  sehr  wenig  essen) 
wieder  nüchtern  werden  (vom  Rausch)  -temuka  {uchwala) 

nun  s.  jetzt 

(tonlos  anknüpfend)  nandawa 

nur  njwe,ngd, kujyera {^osiT^os.)  ndü 

(tonlos)  kambe  {uniyamkere  kamhe  lös  mich  nur  ab) 

nützen  -siza,  -fanera  -siza,  -fanera 

Nutzen  masizo,  mafanero  masizo,  mafanero 


o. 

0!  (Ausruf) 

au!  hau!  wee! 

au!  hau!  wee! 

ob 

kumbi,  koma,  kama 

kumhi,  koma,  kama 

Obacht  geben 

-shakanipa 

-chenjera 

(auf  den  Feind) 

-shora 

-ngomera 

oben 

pezuru 

pachannya,  panani 

Oberhaupt 

mkuru 

muwaha 

obgleich 

nyangana,  nakuwa 

nyangana,  nakuwa 

Ochse 

lihoyi  {lihoye),  nkawi 

lihoyi   {lihoye),    nkawi 

oder 

chere  (wörtl.  »sag!«, 

»vielleicht«) 

offen  stehen 

-vulika 

-dindulika 

offenbaren 

-yazisa,  -gwaul{ir)a  mlomo   -mannyisa 

(Geheimes,  Böses) 

-shew{er)a 

offenbar  werden 

-yazika 

-mannyika 

Offenbarung 

mayaziso  (neu) 

öffnen 

-vula 

-dindula 

(die  Augen) 

-papama  {-pakama) 

Öffnung 

mlomo 

mlomo 

(Tür-) 

lisango 

mlyango 

oft 

paninzi  {ka-) 

kamahere 

372 


Spiss  :   Kii 


und  Kisutu. 


Oheim  s.  Vetter 

Öl  mafuta 

ohne  (etwas  sein)  kuze  {na) 

ich  bin  ohne  Nahrung  ndize  na  chakusa; 


ohnmächtig  werden 

Ohr 

Ohrenbläserei  treiben 

Ohrfeige  geben 

Ohrläppchen 

Ohrläppchen  durch- 
bohren 
Opfer  (Toten-) 

-fleisch 
Onkel  S.Vetter 
opfern 
ordnen 
Ort 
Osten 


-hinduka 
nsewe  (njewe) 
-setca  {-shewa) 
-makaya 
nsewe  {njewe) 
-sesa  {-shesha) 

lirumo  {m-) 
nyama  ya  mslozi 

-ruma,  -tulira  lirumo 
-lungisa 


mahuta 

andi  na  kisTio 

-hinduka 

likutu 

-heha 

-pamanda 

likutu 

•sika  likutu 


limiriro  {m-) 
nyama  ya  mahoka 

-ruma,    -tulira   lirumo 
-tendekera 


ndawo;  kikunja;  oder  durch  pa- 
mapumeranga  mapumeranga 


(lok.  epermeranga  oder  pa-,  ku-) 


Packen  (fassen)  -hamha  -kamula 

Palmarten:  mkoma  (Dumpalme);  ihre  Blätter  malala; 
liwale  (Fetlerpalme?).  ihre  Zweige  mawale 

(mu) 

Papagei  kasuku 


parieren 

-vika 

-yepa 

passen 
passend  sein 
Pavian 
Pech 

(zum  Vogelfang) 

-linganira-,  fanera 

lyani 

ngoleko 

ulimho 

lyani 

ngoleko 

ulimho 

Perle              j 
Perlschnur     \ 

usharo,  kihuhulero 

usharo,  kihuhulero 

große  Art 

mache  {ga  ush.) 

maganga  {ga  ush.) 

Perlhuhn 
Person,  durch 
Pfahl 

pangea,  ngerangerane 
mnyikazi  (eig.  »selbst«) 
kimuti 

lichundu 
mwene 
mkongo,  kihiki 

(zum  Anbinden  von 

Haustieren) 
(spitzer  Pfahl  in  der 
Fallgrube) 
Pfand  geben 

kikongwane 

luqipo 

-pikisana 

kipanda 
lihonga 
-temerana  ngani 

Pfauenkranich 

lihoholi 

limwali 

Pfefi'er 

toronga 

sohola 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


373 


pfeifen  (mit  dem  Mund) 

-heta  likwere 

-kuwa  lulufi 

(mit  Hilfe  der  Hand) 

-heta  mvemve 

-kuwa  mhembe 

Pfeife 

Mtuliro 

kituliro 

(Tabaks-) 

chanana 

chanana 

(große) 

lijingo 

lijingo 

Pfeil 

mchohi 

mchohi 

-Spitze 

pambele  pa  mch. 

pambele  pa  mch. 

-Gift 

usungu 

ushungu 

Pferdeantilope 

mparapi 

mparapi 

Pfiff 

likwere 

lulufi 

Pflanze 

lunondo 

mbande 

pflanzen 

-chara 

-panda 

Pflanzung 

simu,  munda 

mgunda 

Pflege;  der  Pflege 

-gura 

-rwara 

bedürfen  (krank  sein) 

pflegen  (für  jemand 

-senga 

-shenga 

sorgen) 

-tumaika 

-sengeka 

(Kranke) 

•gulisa 

-Iwalisa 

=  gewohnt  sein  s. 

d. 

Pflegling  (allgem.) 

msenzi 

mshenzi 

pflücken 

-ka 

-yava 

Pfosten ;  Tür-  (die 

kigoane 

ngingiriti 

vorderen) 

(die  hinteren) 

lusika  {zin-) 

lusika  {zin-) 

Gabel- 

lipanda 

lipanda 

Pfropfen 

kivimbo 

kivimba,  kidindiro 

picken  (mit  dem 

-nonga 

-hola,  honyola 

Schnabel) 

Pille 

kagade 

kagade 

Pinsel 

luti  Iwa  kutera,  lutero 

pirschen 

-zingira 

-fwima 

pissen 

-tunda 

-tunda 

Pilz 

nkoane 

woga 

Plantage  s.  Pflanzung 

«Plaß»  (weißer  Fleck  an 

impefu 

kipaji 

der  Stirn  der  Tiere) 

plätschern  (im  Wasser) 

-bukucha 

-bukucha 

Platz  (Ort,  Stelle) 

kikunja,  ndawo 

kikunja,  ndawo 

(übriger  Platz) 

ndawo 

ndawo 

(freier  Platz  vor  den 

liwara 

Iwan ja 

Hütten) 

platzen 

-dauka,  -papuka 

-hatuka 

plaudern 

-longera 

-longera 

plötzhch 

kannye 

nyakamonga 

pochen  s.  klopfen 

374 


Spiss:    Kiiiffoni  und  Kisutu. 


Pocken 

nampondc 

lihomanga  (u.  mah.) 

Polster 

msamiro 

msamiro 

Pollution  haben 

-ganya 

-ganga 

Pombe 

uchwala,  mgai 

ugimbi 

Posten  stehen 

-yimirira 

prahlen 

-{zi)meka 

{-zi)toga 

(als  Sieger) 

-landa  mashanza 
-landa  zingwazi 

Prahlerei 

mashango 

lutogo 

Preis  (Wert) 

ntengo 

marondo,  mukao 

preisen 

-tnkoza,  -gia 

-lumpirira 

prellen 

-dierera,  -sherera 

-punja 

pressen  (drücken) 

-bandiza 

-limbira  (-irira) 

(öl  usw.) 

-Tiama 

-huja 

Priel  (Wasserloch) 

mtombo 

kiliwa 

Probe  machen  i 

probieren           ) 

-linga 

-linga 

prophezeien 

-kuTuma  pamheU 
-Tcuruma  unjani 

-jova  panlongolo 

Proviant  (Reise-) 

mpaho 

mpako 

-träger 

mjingati  (pl.  77ii-) 

mjingati  (pl.  m  i-) 

prüfen 

-linga 

-linga 

prügeln 

-chaya 

-Iowa,  -lata,  -puta 

(Anzahl  der  Prügel 

durch  ntonga  ziwili  usw.) 

Pulsader  (an  den 

lukole 

lukole 

Schläfen) 

(an  der  Hand) 

7nshipa 

mshipa 

Pulver  (Schieß-) 

wonga 

wonga 

putzen  (scheuern) 

-shanza 

-hongofya 

sich  putzen  (schön 

-gowa  {-erera) 

-fwalirira 

kleiden) 

Q. 

Quälen 

-nengeza,  -zwisa  nshungu 
-bonisa  ushungu 

-tambuza 

Quelle 

kipera 

kipera 

Querbaum 

mtambiko 

mgomba 

querlegen 

-pingiliza 

-pingiliza 

querliegen 

-pingika 

-pingika 

quetschen 

-bandiz{ir)a 

R. 

-limbir{ir)a . 
-limbat{ir)a 

Rabe 

lihuhuru 

{li)kunguru 

rächen,  sich 

-zisaulira 

•  zilipirira,    -zitaulira 

Spiss:    Kingoni  uiid  Kisutu. 


375 


Rahm 

lungwengwe 

Rahm  abschöpfen 

yengula  tun. 

Rand  (der  äußerste  Teil) 

maqereni,  peteni 

lupenja 

Rappenantilope 

mparapi 

mparapi 

rasch 

manono,  mazinyani 

nyata 

rasch  machen 

-nonopa 

-nonopa 

rasieren 

-singa 

-keta,    moveta,   -moga 

Rasiermesser 

singo 

luketo 

Rat  erteilen 

-cher{is)a  zindawa 

-landulira  miharo 

um  Rat  fragen 

-huza  zindawa 

-kota  miharo 

ratlos  werden  (sein) 

-ziyamha 

-zihola 

Ratte  (Feld-) 

mhewa 

lipannya 

(Haus-) 

ligundwane 

ligundwane 

rauben 

-yamuka,  -tata 

-yanuka,  -nyaga, 
-poka 

Räuber 

mbafa 

mhiji 

Hilferuf:    ^^nyakato!  Räuber!« 

Raubtier 

liJcoko 

likoko 

Rauch 

musi 

lyosi,  lyohi 

rauchen  (vom  Feuer) 

musi  ubunya 

lyosi  latutuma 

(Tabak) 

-bema 

-pepa 

räuchern 

-yan'ika  pamusi 

-yanika  palyosi 

Räude  s.  Krätze 

raufen 

-bamhana 

-limbana  malimbo 

Raum 

ndawo,  mkati 

ndawo,  mkati 

Raupe 

(lu)tambuzi 

{lu)tambuzi 

rauschen  (vom  Kleid, 

-pupuma 

-pupuma 

Wasser) 

räuspern  sich 

-koshora 

-kohomola 

(3) 

-onesa 

Rechenschaft  ablegen, 

-chenisa  (vorzeigen) 

durch 

rechnen  s.  zählen 

recht  (gut) 

-se,  -abwino 

-se,  -abwino 

rechte  Hand,  rechts 

nga  neno  (kwa) 

-a  kulya  {-a  kulira) 

(von) 

Recht  sprechen 

-juwa  zindawa,  teta 

-dumula  miharo, 
-lamul{an)a 

Rede 

mazwi,  zindawa 

miharo 

reden 

-kuruma 

-jova 

mitsammen  reden 

-kurumana,  -cherana 

-jovana 

schnell  reden,  red- 

-kuruma pi-pi-pi 

-jova  hökohöko 

selig  sein 

Regen        j 

Regenzeit  j 

mvula 

mvula 

Regenbogen 

mpingo  {wa  mv.) 

kiwingo  {cha  mv.) 

-schirm  mtumi,  lihau 

(kleiner  Lederschild) 

376 


Spiss:    Kingoni  uiid  Kisutu. 


Regenwurm 
-zeit  (kleine) 
"       (große) 
Regen  machen  (di 


Mlembo  [urembö) 
lihova 
lisowu 
t'ch  Zauber)  -hula  mvula 


nyamho,  ndupuka 
mtulo,  wall 
hifuko 


die  Regenzeit  beginnt  lihova  lapinga 
ich  bin  in  den  Regen  gekommen  mvula  ininetile 
regieren  -rusa  (hüten) 

oder:  -wa  nlcosi,  wa  mlumzana 


-dinda 


Regierung 

ukosi 

utwa 

in  die  Regierung  ein- 

-bekiwa ukosi 

-wikiwa  utwa 

gesetzt  werden 

regnen 

-na,  -neta 

-tonya 

es  regnet 

(mvula)  iyana,  iyaneta 

yatonnya 

nur  schwach  regnen 

-fafaza,  -haza 

-meremeta 

reiben  (ab-) 

-yesula,  -chekika 

-hungula,  porasa 

[z=i  zerreiben) 

-sira 

-hyaga 

(=  scheuern) 

-sanja 

-hogo/ya 

Feuer  reiben 

-pesha  mbaso 

-tika  moto 

(Streichholz) 

-kwenda 

kwenda 

reich  werden 

-fuma  (ininzi) 

-mota  (yamahere), 
-zimotera 

Reich 

ukosi 

utwa 

reichen  (hinlangen) 

-nyuluka  {-gerula 

chanja) 

-gorola  litcoko 

(=  darreichen) 

-Uta 

-leta 

(=  genügen) 

-koliwa,  -fika 

-koliwa,  -fika 

reichlich  vorhanden  sein 

-yanda  (gew.  pf.) 

-yoroka 

reif  werden 

-vuta 

-vunda 

Reihe 

ludicendwe 

mperera 

in  eine  Reihe  stellen 

-hekerera  lud. 

-wika  mp. 

Reiher  s.  Kranich 

rein  werden 

-sambika,  -kannya. 

,  sJianziko 

i 

Reinheit 

mashanzeko,  makannyo 

reinigen 

-shanza,  -sanja 

-hogo/ya 

(Getreide  durch  Worfeln) 

-pepeta 

-pepeta 

reinlich  angezogen  sein 

-gmca 

-gowa 

Reis  (in  der  Hülse) 

mpunga 

mpunga 

(enthülst) 

mahenga 

{ma)sokole,  semhe 

Arten:  weißer 

bungara 

bungara 

roter 

ngindimba 

ngindimba 

Reise 

ulendo 

ulendo 

Reiseproviant 

mpako 

mpako 

reisen 

-hamba 

-genda 

(—  abreisen) 

-suka 

-wuka 

reißen  (=  ziehen) 

-dösa 

-huta 

(ausreißen) 

-shepuna 

-geha 

(in  Stücke  reißen) 

daula 

-hatula 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


377 


reiten 

reizen  (zum  Zorn) 

(überhaupt  zum  Bösen) 
rennen  s.  laufen 
Rest  (von  Speisen) 

(angebrannte  Kruste) 

(von  Stoffen) 
retten 

gerettet  werden 
Reue  haben,  durch 


Reuse 

Rhinozeros  s.  Nashorn 

richten  s.  Recht  sprechei 

Richter 


-giwera 

-giwera 

-kalimirüa 

•  talamirisa 

-ymisa 

-yonisa 

mlalo 

mlalo 

ukoko 

uTcoTco 

hihaJca 

kilcal'a 

-sangula 

-Tcomhola 

-sanguka 

-JcomhoTca 

-daclira  (zürnen) 

-hyomera 

-Tcaula  (aufhö 

iren) 

-leTca 

sJiizio  iymyera 

(betrübt 

sein) 

mgono, 


luten 


9^ 


mteti,  mjuwi{wazo) ,  mldmuli- 
{wazo) 


riechen  (trans.) 

-nv^a 

-nusa 

(intrans.) 

-nuka 

-nunga 

übel  riechen 

-niiJta 

-nunga 

wohlriechend  sein 

-nunkirira 

-nunkirira 

Riedbock 

ntambaramba  (li-) 

Riegel 

mvaro 

-mdindiro,  mgogo 

Riemen 

luqoto,  lusinga 

mkanda,  lusinga 

Riese 

likongwe 

likongwe 

Riesenschlange    (große 

sato 

sato 

Wasserschlange) 

Rind 

nkomo  (lok.  ezinkomeni) 

ngovihe 

Stier 

kunzi 

kunzi 

Ochs 

liboya,  kawi 

liboya,  kawi 

Kuh 

nkomokazi 

nginda 

Fäi-se 

litokazi 

nginda 

herabhängendes  Hörn 

-ica  na  nsofu 

-wa  na  nsofu 

habend 

Rinde 

{n)kwende,  liqaro 

lipinda,himbo,  likungu 

abschälen 

-yewula 

-kupula 

Ring  (am  Finger) 

ndandato 

lukene 

(am  Speer) 

limbuha  (eiserner) 

limbuha 

njonjera  (ledernei-) 

njonjera 

ngiisi  (aus  Holz) 

ngusi 

(Kopfring) 

(n)kata 

njingo 

ringeln,  sich 

-zisonga,  -songana 

-zinyengOy  -nyengana 

ringen  s.  raufen 

rinnen  (fließen) 

-hamba 

-genda 

(schnell) 

-gigima 

-jumba 

(vom  Gefäß) 

-fuza 

-hulula 

378 


Spiss:    Kino;oni  uiid  Kisutu. 


Rippe 

lumbambo 

Iwafu  (pl.  mbafu) 

Risse  bekommen 

-gazuka 

-panduka 

ritzen 

-tema 

-tema 

(Zeichen  einritzen) 

-Iowa 

-lemba 

Rizinusstaude 

lushafuto 

mono 

Rizinusöl 

shafuto 

Rizinusfrüchte 

zishafuto 

Ruck 

mwinyiro 

mwingiro 

roden 

-hwaya 

-kweta 

roh  (unreif) 

-wisi,  -lushaza 

-bishi 

Rohr  (AllKemeinbegriff) 

lishangazana 

Arten:  Bambus 

msenjere 

mlahi 

Sumpfrohr 

litete 

lidete,  lihango 

rollen  (Donner) 

-duma 

-buruma 

weiterrollen 

-gigika 

-biruka 

Rose 

uluwa  (pl.  uluwa) 

uluwa 

Rost  (auf  Metall) 

utali 

u  ta  li 

rosten 

-Jcuta 

-kuta 

rösten  (im  Topf) 

-hazinga 

-kalanga 

(überm  Feuer) 

-simira,  -yocha 

-nyanya 

rot 

-homvu 

-dungu 

ganz,  hell-,  feuerrot 

-bomvu  juu 

Rotz  (Nasenschleim) 

maßnyera 

map  eng  0 

Rücken 

msana;    (der  obere  Teil) 
kingutu 

mgongo 

im  Rücken 

pamsana,  muva 

kumbele 

auf  dem  Rücken  liegen 

-lala  na  msana 

-gona  na  mgongo 

auf    dem    Rücken 

-hereka 

-papa 

tragen 

Riickgrat 

litamho  (la  msana) 

lijege 

rückwärts  (gehen  -hamba)  na  msana 

rudern 

-vuica 

-huga 

rufen 

-biza  {-tciza),  -memeza 

-kema,  -kuta 

(zur  Unterredung  vor- 

-veza 

-veza 

laden) 

(=  schreien) 

-kala 

-emba 

um  Hilfe 

-haiza 

Ruf: 

»yeÄee/» 

^>mleteeU 

ruhen 

-pefümida 

-pümula 

Ruheplatz 

kippfumulo 

kipumulo 

ruhig  sein 

-binda 

-guna 

ruhig  (still),  adv. 

kuse 

mbolembole 

ganz  ruhig 

duu,  zii 

ruhig    werden    (sich 

-lamulika,  -pepa 

beruhigen) 

rühmen,  sich 

-zimeka 

-  zinyonga,  -zitog 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


379 


rühren  (Brei) 

-honda 

-fuga 

(flüssiges) 

-zamaziza 

-kologa 

(geronnene  M 

ilch) 

-juja  (Iwisi) 

-juja  {Iwisi) 

Rumpf 

mzimha 

muvili 

rund  sein 

-viringuka 

-viringuTca 

Runde,     die     Runde 

-tindira,  -zunguka 

-tindira 

machen 

Runzel 

nxjonga 

nyonga 

runzlig  werden 

-puma  zinyonga 

-puma  zinyonga 

rupfen 

-shutula 

-putula,  -kunda 

Ruß 

masizi  {masisi) 

masisira 

Rüssel 

mhoTco 

mwango 

Rute 

lusicazi 

luhwatu 

rütteln 

-zamazisa 

-nyugusa 

(=  ausklopfen) 

-tindita 

-Tcungunda 

s. 


Saat 

sanyero 

mbeyu 

Saatbeet 

msere 

likimba 

Sache  (materielle) 

luto,  Teintu 

kindu 

(=  Geschäft,  Anliegen; 

)  7idawa 

mharo 

Sack 

msandi 

mhaku  {msakn) 

(aus  Baumrinde) 

lipinda 

Ukongondo 

säen 

-fesa 

-mija 

(=  setzen) 

-chara 

-panda 

saftig 

-lutaka 

-deke 

saftig  sein  (Fleisch) 

-nona 

-hata 

(Holz) 

-tamba 

-dekepa 

sagen 

-kuruma 

-jova 

-ti  (nur  im  Präsens;  Pass 

i.  -tiwa) 

-cho  (Imp.  ucho , 

choni!  sage!) 

davon  relative  Form 

-chera  jemandem 

sagen 

Sahne  s.  Rahm 

Saite 

luqotn,  lusinga 

lusinga 

Saiteninstrument  mit 

liguhu 

muTiawara 

Bogen 

salben 

-tamhizira  mafuta 

-pakira  mahuta 

Salz 

munyu 

mwinyo,  hihungu 

Same 

sanyero 

mbeyu 

sammeln 

-huta,  -butanim, 

-sendeza 

-hegereza 

sich  sammeln 

-butana 

(vom    Weisser     im 

-pum{irir)a 

-hum{irir)a 

Brunnen) 

Sand 

msawa,  msawati 

mganga 

Sandkorn 

kamsawa 

kamgauga 

380 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


Sandale 

kiqatulo 

kiratu 

Sandfloh 

litakennya 

linjolinjoli 

sanft 

-qoto      mit  kuze  lulaka, 

-sisimu,  -a  maha 

Sanftmut 

uqoto     kuze  matukutero 

usisimu 

satt  werden 

-suta,  -koliwa 

-yuguta  {-ika) 

sättigen 

-sutisa,  -kola 

-yuguta 

satteln 

-yanjara  {-yansara) 

-tandika 

sauber  s.  rein 

säubern  s.  reinigen 

Sauce 

msuzi 

msuzi 

sauer  werden 

-vunda 

-vunda 

(=  gären) 

-wira  {-hirä) 

-lula 

(=  verderben) 

-jada 

-juwaruka 

Sauerteig 

nkoto  ihirileyo 
sima  ivundikyo 

saugen 

-nginda 

-yonga 

(aus-) 

-munya 
(0 

-nuna 

säugen 

-n^endisa 

-yongesa 

Säugling 

mungindi 

myongesi 

Saum  (vom  Kleid) 

maqareni 

lupenja 

Schar  (von  Menschen) 

liwanja  {libanja) 

liwanja  [libanja) 

(von  Kriegern) 

lihuto 

(von  Vieh) 

msamhi 

msambi 

Schabe  s.  Motte 

schaben 

-hwaya 

-kwenda 

Schachtel 

lishara  (kashara) 

lidenge  {ka-) 

Schädel  (Hirnschale) 

lukakayo 

kitungu 

schaden 

-lemaza,  -yenzera  kuwi 

-poteka,     -kitira     k 
haki 

Schaden  leiden 

-lemara 

•potekiwa 

Schaf 

yimvu  (pl.  zimim) 

mherere 

Schaft  (Speer-,  hölzerner 

msuka 

Teil) 

(aus  Holz) 

luti 

lugongo 

(Flinten-) 

kimuti  cha  chilamu 

Schakal 

{n)kafidwe 

likeioe 

Schale  (Eier-) 

lijwao,  liqembe,  liqambi 

lijwao 

(Trink-) 

mkere 

kibaba 

schälen 

-hwaya 

-kwenda 

Scham  (Scheu) 

shoni  (zisoni) 

shoni  (zisoni) 

schämen ,  sich 

-bona  (zi)shoni 

-bona  {zi)shoni 

Schande 

{zi)shoni 

{zi)shoni 

Schande  antum 

-pa  zishoni 

pa  zishoni 

scharf  (schneidend) 

-kalt 

-kali 

scharf  sein 

-kalipa 

-kalipa,  -tema 

Spiss:    Kino;oni  und  Kisutu. 


381 


schärfen 

-nola  {-noza) 

-fyura 

scharren    (mit    den 

-panda 

-pala  {-palasa) 

Füßen) 

Scharten  bekommen 

-myondoka 

-bunduka 

Schatten 

kitunzi 

muhwili 

Schatten  werfen 

-yenza  kit. 

-kita  muh. 

-wa  na  kit. 

kita  muh. 

schätzen  s.  lieben 

(=  abschätzen) 

-kurumisana  ntengo 

-jovisana  maronda 

schaudern 

-gedez{er)a ,  -tutuvi(ir)a 

-tetem{er)a 

schauen 

-buka 

-lora 

schaukeln  (z.  B.  auf  dem 

-qikika 

-beruka 

Wasser) 

sich  schaukeln 

-qikika 

Schaum  (Speichel-) 

ngwfvco 

l  ifu  r  ufu  r  u 

(im  Wasser) 

lipuputo 

mweru 

scheckig  sein 

-wa  na  mabara  (mhara) 

-wa  na  mabara  {mbara) 

(gesprenkelt  sein) 

-wa  na  nara 

-wa  na  madowangi 

schei-en 

-gunda 

Scheibe  (Schnitzel  von 

lilenga 

lilenga 

Kartoffeln  usw.) 

in  Scheiben  schneiden 

-qazula 

-kazula  (mapande) 

Scheide 

kilala  (kisw.  ala) 

kilala  (kisw.  ala) 

scheiden  (trennen) 

-gamula 

-wagula 

(intrans.) 

-gamuka  (-ana) 

-waguka  {-ana) 

scheinen  (Sonne) 

-bala 

-wala 

(Mond,  Sterne) 

-kannya 

-walala 

heiß  scheinen 

-chisa 

-kisa 

schwach  scheinen 

-hala  panyani 

-wala  kadebe 

es  scheint  mir 

ndi{a)bona 

ndi{a)bona 

Scheitel 

pezuru  pa  lukakayo 

panani  pa  luk. 

scheiteln  (die  Haare) 

-chemula 
likenjeza 

Schelle 

likenjeza 

Schelm 

mbafa 

muhiji 

schelten 

-tetisa,  -tuka 

-kalimira,  -liga 

Schenkel 

nüenje 

libondo 

schenken 

-pa,  -pasa,  -pana 

-pera 

Scherbe 

ludengere 

luyonjo 

scherzen 

-zala 

-kina 

scheuern 

-shanza 

-hogofya 

schicken  (Sachen) 

-peleka,  -mukisa 

(Personen) 

-tuma  (Pass.  -tunywa  und 
-tumiwa) 

-senga 

-hambisa 

-gendisa 

schieben 

-sunduza 

•kunyuga 

schief  sein,  -stehen 

-yawa,  -kotama 

-gondama 

382 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


schielen 
Schienbein 
schießen  (Bogen) 

(mit  Flinte) 
Schießpulver 
Schiff  (großes  Boot) 
Schild 
Schildkröte 
Schilfgras 

-röhr 
schimmern 

lebhaft  schimmern 
schimpfen  s.  schelten 
Schimpfrede 

Schimj)fwort 
schinden 
Schirm 

(lederner) 
Schlacht  Hefern 
schlachten 

Schlacken  (von  Eisen) 
Schlaf 
schlafen 

(einschlafen) 
nicht  schlafen  können 
schläfrig  sein 
Schläfe 

schlaft"  sein  (Seil) 
schlagen 

beabsichtigen  (jeman- 
den) zu  schlagen 
mit  der  flachen  Hand 

schlagen 
(von  Herz,  Puls) 
Schlamm 
Schlange 

Schlangenarten :  große 
Wasserschlange 
Spuckotter 
Puffotter 
schlank 
schlau  sein 

(beim  Kauf) 
Schlauch   (aus   Fell   für 
Wasser  usw.) 


-hukiJcisa 

livave 

-posa  (uchohi) 

-chaya  (kibatnu) 

wonga 

ligarawa 

kisango 

likongwe 

seggera 

litete 

-kannya,  -kazamula 

kazamula  kaze  kaze 

matuko 

lituko 

-shinza 

mtunzi 

lihau 

-Iwa 

-shawa 

lisimha  Ja  utali 

utongo 

-lala  utongo 

-yezera 

-utongo  uyala 

-yezera 

mshati,  misJiati 

-tamha 

-chaya 

-[in)so)igera 


-7nakaya 
-dula,  -dikiza 
ludaka 
nyoka 

sato 

ndugun-aro 

liwoma 

-de 

-wa  na  liqiri 

-wa  na  ntengo 

msandi 


-lolekesa 

livave 

-sopa  (upindi) 

-towa  (huti) 

wonga 

ligarawa 

kikopa 

likongwe 

seggera 

lidete,  libango 

-walala 


maligo 

liligo 

-hinza 

mtunzi 

lihau 

-komana 

-koma 

lisimha  la  xitali 

lugono 

-gona     lugono^    -goro- 

ka  lug. 
-gochera 
-lugono  lubera 
-gochera 
mshati,  mishati 
-dekepa,  -legereka 
-towa 
-{m)songera 


■viakaya 
-pumunda 


ludopi 
lyoka 


(madopi) 


sato 

nduguicaro 

liwoma 

-  ta  li 

-loa  na  luhala 

-wa  na  malonda 

msako  {mhako) 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


383 


Schiauf  s.  Knoten 

schlecht 

schleichen    (vom    Dieb) 

schleifen  s.  schärfen 

Schleim  (Auswurf) 

schleppen 

schleudern 

schließen 

(Weg  abschließen) 
(Augen  schließen) 

Schlinge 

Schlingen  legen 
schlingen  (schlucken) 
Schloß  s.  Riegel 
schluchzen 

schlucken  s.  schlingen 
Schlummer  s.  Schlaf 
Schlund 
schlüpfrig  sein 


-nyenya 

kihoshora 

-dösa 

-posa 

-vala 

-vimba  (njira) 

-kupira  {meso) 

mqipo  wa  nyozi 

-qipa  nyozi 
-miza 

-kara  na  zinyamhezi 


mizo  mpimho 
-cherera 


Schlüssel  kiu 

Schmach  s.  Schande 
schmähen  s.  schelten 
Schmähung  s.  Schimpfrede 


(l{er)o 


-hakt 

-dieya,  -yonda 

{li)karafu 

-kwega 

-sopa 

-dinda 

-dinda  n. 

-kupira  {meso) 

mteqo  wa  ndambo 

-tega  ntamho 
-mila 


•mba  na  maholi 


mizo  mpimbo 
-tierembuka  {-tilem- 

buka) 
kidindul{ir)o 


schmal 

-nyane  {-ninyane) 

-debe 

Schmarotzerpflanze 

likurumbuko 

ngoromoko 

schmecken  s.  gefallen 

oder  wohlriechen 

-nunkirira 

-nunkirira 

schmeicheln 

-hongerera 

-hongerera 

schmelzen  (trans.) 

-ngewirisa 

-ngewirisa 

(intrans.) 

-ngewirika 

-ngewirika 

Schmerz 

ushungu 

ushungu 

Schmerz  empfinden 

-zwa  ush. 
-bona  ush. 

-wona  ush. 

schmerzen 

-vava 

-vina 

Schmetterhng 

kipuruputu ,  mguruguru 

kipuruputu 
guru 

Schmied 

mponzi 

mponzi 

schmieden 

-ponda 

-ponda 

schmücken 

-lungisa 

-kola 

sich   schmücken   (mit 

-gowerera 

-fwalirira 

Kleidern) 

Schmutz  (Morast) 

ludaka;  mannyara 

schmutzig  werden 

-yanekara 

-hakara 

Schnabel 

mlomo 

mlomo 

mguru- 


384 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


Schnacke 

suvm 

njenjema,  lingerengera 

schnalzen 

-chaya  mlomo 

-chaya  mlomo 

schnappen 

-yanga 

-yanga 

schnarchen 

-honya 

-korona 

schnauben 

-pefumula  mapika 

-pumula  mapumo 

Schnauben  (starkes) 

mapika 

mapumo 

Schnecke 

(li)kono 

{li)kono 

Schneide 

ukali 

wugi 

schneiden 

-sika 

-tema 

schneidend 

-kali 

schneidend   (scharf 

-kalipa 

-tema 

sein) 

Schneidezahn 

lizinyo  la  pakati 

Uno  la  pagati 

schnell 

manono,  mazinyani 
-nonopa 

nyata,  kilongola 

schnell  machen 

•  yangupika     (-vungu- 

pikä) 

Schnittwunde  (Narbe) 

njonjo 

nembo 

schnitzen 

-haza 

-hongola 

(=  einschneiden) 

-Unca 

-Iowa 

schnupfen  (Tabak) 

-bema  {ligwayi) 

-nusa  {lihona) 

Schnur 

nyozi,  ntambo 

mgohi  (mgoyi) 

schon 

nga  (postpos.) 

(z.  B.  sie  sind  schon 

fort  wahamhile  nga) 

schön 

-se,  -abwino 

-maha 

Schoß  (Mutter-) 

kisu 

lireme 

schöi)fen 

-ka,  -tapa 

-nega 

heraus-  (Essen) 

-pakula 

-yokola 

Schöpfer 

muwumhi 

Schöpflöffel  s.  Löffel 

Schoppen  (Trinkbecher 

•    kija,  lichomera 

kiheneko 

für  Bier) 

schräg  s.  schief 

Schraubenantilope 

ndandala 

n  da  n  da  la 

schrecken 

-yetusa 

-kennyemusa 

schreiben 

-Iowa  (eigentl.  Einsclmitte 

;    -Iowa 

machen)  -yandika  {k\sw. 

) 

schreien 

-kara 

-emba 

(von  Ziege) 

-meta 

-meta 

(vom  Rind) 

-konnya 

-dama 

(vom  Löwen) 

-bonga 

-buruma 

(vom  Hund) 

-gongota 

-wuwuta 

Schreiner 

nyanga  ya  kubaza,  nkoche  ya  hibaza 

schreiten    (über    etwas 

-yeka 

-jumba,  hyetuka 

hinweg) 

Schrift 

malown;  mayandiko 

malowo;  mayandiko 

Schritt 

lunyao 

liguru 

Spiss:   Kinsjoni  und  Kisutu. 


385 


schröpfen 

-qawera  (muti) 

-tendera  (kibiki) 

Schrott 

Jtapolopolo 

Schuh 

Tciqatulo',  kiratu  (kisw.) 

Schuh  machen 

ruka 

Schuld  (durch  Diebstahl 

upurupiiru 

tipurupuru 

entstanden) 

(durch  Leihen  entst.) 

zindaica 

mirando 

gehen,   die   Schulden 

-ya  na  mirandn  {zindawd) 

einzuziehen 

scliulden 

-wa  na  zindawa{upurupuru) 

-loa  na  mirando 

Schulter 

lishombe 

livega 

Schulterblatt 

hipanya 

kipanga 

Schupiie  (des  Fisches) 

mpepe 

mpepe 

Schuppen  (offene  Hütte) 

lishasha  (lizaza) 

{li)ndanda 

schüren  (Feuer) 

-kwezera  (zinkuni) 

-fungisa 

Schuß 

msindo 

msindo 

Schüssel 

ngicembe 

ndiro 

(aus  Ton) 

mbali 

mhali 

(flacher  Korb) 

luJiengo 

luparo 

schütteln 

-zamazisa 

-nyugusa 

(den   Speer    fibrieren 

-tik{iz)a 

tik{iz)a 

machen) 

schützen 

-londoloza,  -lamulira 

-kengerera 

schwach 

-lutaka 

-lutaka 

Schwager       i 
Schwägerin    ) 

miamu 

mlamu 

Schwalbe 

nkonjani 

nkonjani 

Schwamm  (eßbarer) 

nkoane 

woga 

(giftiger) 

vikoko 

vikoko 

schw-anger   sein 

-mita 

-mita 

-wa  na  kisu 

-wa  na  lireme 

schwanger  werden 

-i/ima  kisu 

-yima  lireme 

schwanken 

-zamazika 

-nyuguka  -{nugun- 
yuka) 

Schwanz 

lichowa,  msira 

mkira 

Schwann  (Bienen) 

msamhi  {wa  zinyosi) 

msamhi  (wa  zinyosi) 

schwärmen 

-wuwula 

-wuwula 

schwarz 

-mnyama 

-  tito 

ganz  schwarz 

-mnyama  hü 

schw^ätzen 

-kuruma  pipipi 

-jova  koko  koko 

Schwätzer  sein 

-wa  na  msindo 

-wa  na  msindo 

Schweif  s.  Schwanz 

schweigen 

-hinda 

-guna 

^  sich  beruhigen 

-tula 

-tula 

schweigend  machen 

-hindisa 

-gunisa 

(=  beruhigen) 

-tuliza 

-tuliza 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen.   1901.  111.  Al>t. 


386 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


schweigsam  -qoto 

schweigsam  sein  -shara  duu 

Schwein    (s.  auch  Wild)    nguruwe 


Schweiß 
schwellen 

(vom  Fluß) 
schwer 

schwer  sein 

schwer  krank  sein 
Schwere 
Schwert 
Schwester 


fudumaro 
-vuvuka 
-qioawa 
-mazima 

-gura  Jcuwi,  -kaknru 

{ti)mazim.a 

lipanga 

udade  (pl.  odade) 


meine,  unsere  Schwester  mtanakwetu  (msikana) 
Schwiegermutter  mkwenyama  mama 


-solin 

-tochter 

mkwenyana 

-vater 

mkwenyana  haica 

Schwiele  (an  Hand  usw.) 

lingerengere 

schwierig 

lukuni 

schwimmen 

-samhira 

Schwimmer 

sambi  (pl.  zi-) 

schwinden  (weniger 

-piingula 

werden) 

schwingen  (im  Ki-eisc) 

-zungulisa 

(Schwingungen 

-lenga 

machen) 

schwitzen 

-puma  fudumaro 

schworen  -fnnga 

Eidesformen:   vMticana  wami  kuseli«^ 
r'Mharuli  mkiwaya«-   (beim  ^Nlharuli 


Grab) 


'>a/»o  ÖM.'«  »ee  i«V.'«   (ich  beteure  eidlich) 

ynife  bii!"-  (ich  soll  gerade  sterben) 

Skorpion  kipiriri 

sechs  -sano  na-mozi 

See  (kleiner)  kiziwa 

(großer)  Iwanse  {Iwanje) 
(I^ok.  elwa7ije),  nyanza 

sehen  -bona,  -buka 

»siehe  (da)!«  ^bona<',  ■-bonani!^^ 

sehnen  sich  -haukira 

Sehnsucht  moyo 

sehr  kakuru 

seicht  -nyane 


-qoto 

-tama  duu 

nguruwe 

kihusu  (kihuchu) 

-vimba 

-mema 

-topa 

-ricara  pawaha 

{u)mazima 

lipanga 

mlumbu 

mkohana  mau,  mkwi 
ma{w)u 

mkohana  mkwi 

mkohana  dadi, 

mkwi  dadi 
lingerengere 
lukuni 
-yogelera 

-punguka 

-tindisa 
-lembera 

-puma  kihuchu 

{k  ihus  u) 
-lapa 

»nihalike    chä/"    (ich    soll 
verderben) 

kipiriri 

-hana  na-monga 
litanda 
nyanja,  nyasa 

-wona,  -lora 

-haukira 

moyo 

neso   (necho),   kawaha 

-debe 


Sriss:    Kingoiii  und  Kisutu. 


387 


seihen  (durch-) 

-vuzisa 

-hulu.sa 

Seil 

ntambo,  nyozi 

?ngohi  (ingoyi) 

sein  (pron.  poss.) 

-ake 

-ake 

sein  (verb.) 

-wa  (fiir  Perf.   i 
-li  (für  Präs.) 

uid  Fut.) 

-  w  a 

seit 

■se/oku 

Seite  (eines   Körpers, 

mshuru ;  nyas-anmjn 

Iwafu 

Gegenstandes) 

(:=.  Gegend) 

lushenzo  (zin) 

lushenzo  {zin) 

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ngane,no  (ktca) 

nyaneno  [ktca) 

auf  jener  Seite 

pecheya  (kioa),  nyalapa 

pecheya  {kioa),  ngalapa 

selbst 

-nyikazi 

-ene  (nam(w)ene  ich 
selbst) 

loijani  (].  Kl.,  pl. 

,  lawayani] 

1       warn  ene  du  selbst 

yena  (1.  Kl.,  j)l. 

wona) 

wamene  er  selbst 
tarne ne  wir  selbst 
micamene  ihr  selbst 
wamene  sie  selbst 
pamene  gerade  du 

selten 

-nyani,  -ze-ninz\ 

i 

-debe,  -ze-mahere 

senden  s.  schicken 

Sesam 

ludonya 

mhono 

setzen 

-heka 

-wika 

(==  pflanzen) 

-chala 

-panda 

sich  setzen 

-shala  pasi 

-tama  pahi 

Seuche  (bei  Menschen) 

lufu 

lifwa 

(bei  Tieren) 

kipetopetn 

kipetopeto 

seufzen 

-qunia 

-  q  u  m  a 

sicher  (adv.)  s.  gewiß 

sichtbar  werden 

-honeka  {-ara) 

-loleka 

nicht  sichtbar  sein 

-sita  {-era) 

-sita  {-era) 

sichten 

-qeta 

-hagula 

sie  (sing,  fem.)  s.  er 

(plur.  tonlos) 

I.  KI.  ?m  {mi) 

wa  {mi) 

(betont) 

wona  wao  (usw. 
Klassen) 

nach 

wene 

Sieb 

lishuzi 

likungando 

sieben  (verb.) 

-shuza 

-kungunda 

sieben  (num.) 

-sano  na -will 

-hano  na-wili 

sieden  (trans.) 

-peka 

-teleka 

(intrans.) 

-vuta,  -wira 

-vuta,  -wira 

siegen 

-dura  {-yashula) 

-leperera 

Sieger 

msluri  {muyashuli) 

siehe  ,  siehe  da ! 

bona,  honani 

bona,  bonani 

singen 

-sawer(er)a 

-{y)imba 

Sitte  (Brauch) 

mkuwo 

mkuwo 

388 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


sittsam 

-qoto ,  -mazima 

-qoto,  -mazima 

Sitz 

Jcisharo 

sitzen 

-shara  {-sara) 

-tama 

(perf.  -sharile  und 

-shezi) 

zusammengekauert  s. 

-qochama 

-zisungata 

Sklave 

mufu,  mcJiawa 

msutu 

freiwillig  als  Sklave 

-Tionza 

-hanga 

folgen 

Sklaverei 

uchawa 

usutu 

so 

naha  ,  nd 

naha,  nä 

sowie 

ngako,  ngati 

ngako,  ngati 

soeben 

haloku,  hino  naha 

sofort 

,  .  ,        s.  schnell 
sogleich 

sogar  (Steigerung) 

Jcana,  nyangana 

kana,  nyangana 

Sohn 

mtwana  {mtana) 

mwana 

mein  Sohn 

mtanami  {mt.  wami) 

dein  Sohn 

mtanao  {mt.  wako) 

sein  Sohn 

mtanae  {mt.  waTce) 

Soldat  (Krieger) 

lijaha 

lipara 

sollen 

Jcufanela  Tcu- 

Sommer  (große  Regen- 

kifnko {kifuggo) 

zeit) 

im  Sommer 

elisoico,  pal 

pak  ifu  k  0 

sondern 

kodwa,  -saßka 

kodwa,  -safika 

Sonne 

liranga 

lijuwa 

Sonnenschirm 

mtunzi 

mtunzi 

sorgen  (für  jemanden) 

-shenga 

-shenga 

Sorgfalt  entwickeln 

-shakanipa 

-chenjera 

sorglos  sein 

-liwara 

-lengama 

Sorte 

mJcuu-o ,  iushnco 

lufuko 

spähen 

-sora  {-sho/a),  -hmgusa         -lingulira 

Späher 

sholi  (pl.  zi-) 

lingomeji 

Spalte 

luggezu  (pl.  zing.) 

spalten 

-pandida,  -shazula,  -gezida    -pandula 

sich  spalten 

-gezuka,  dauka 

-handnka,  -hatuka 

spannen  (durch  An- 

-ngaya, -hana 

-kaza 

ziehen  usw.) 

stark 

ngä - ngd - ngä 

tigd-rigd-ngd 

den  Bogen  spannen 

-dösa 

-huta 

sparen 

-beka  kiise 

-wika  maha 

Sparren  (Dach-) 

lutwigu 

mpagaro  (pl.  mpagaro) 

spaßen  s.  scherzen 

spät  kommen 

-swera 

-hwera 

wie  spät  ist  es? 

liranga  li  kupif  (wo 

ist  die  Sonne?) 

später  s.  hernach 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 

389 

spazieren 

-hambahamba 

-gendagenda 

Spazierstock 

nduku,  ndonga 

msagi 

Speer 

mkcmdo 

mkondo 

Stoß- 

mkondo wa  mashanza 

mkondo  wa  maslianza 

großer  Stoß- 

inkondo ngamo 

mkondo  ngamo 

kleiner  Stoß- 

mkondo  nyukutu 

mkondo  nyukutu 

Wurf- 

mkondo  wa  kuposa 

mkondo  wa  kuposa 

Wurf-  mit  Wider- 

mkondo wa  mazinyo 

mkondo  wa  mazinyo 

haken 

ohne  Widerhaken 

mkondo  wa  luti 

mkondo  wa  luti 

-Schaft 

luti,  lubani 

lugongo 

(«) 

(e) 

Speichel 

maä 

mati 

Speicher 

kiruru 

kibana 

Speise 

chakusa,  kiso 

chakulya 

verbotene  Speise 

mziro 

mziro 

Spiegel 

kilole 

kiloll 

spielen 

-zala,  -clieza 

-zala,  -cheza 

Spindel 

luyombero 

lugombero 

(der  Kreisel  daran) 

mpira 

mpira 

Spinne 

ligeyegeye 

ligeyegeye 

(e) 

deren  Faden,  Gewebe  ulimbo 

spinnen  -sokota 
spionieren  s.  spähen 

Spitze  lulaka 

Dach-  (bei  Rundhütten)  chakongo 

spitzen  -noza,  -baza 

spitz  sein  -nozeka 

spitzes  Holz  zum  kiyimbo,  msokoto 
graben 

Spitzname  libizo  liwi 

spotten  -sheka 
spi'echen  s.  sagen 

geläufig  sprechen  -kuruma  kakuru,  -kinono 

unbeholfen  sprechen  -mamaza 

mitsammen  sprechen  -kurumana 

sprengen  (Wasser  usw.)  -fesa,  -faza,  -tindita 


(auseinander-) 
Spreu 
springen  (=  laufen) 

(=  hüpfen) 

(=  zerspringen  von 
Töpfen) 

(von  Holz) 


-mwaza 
ugaga 
-gigima 
-suka  makata 
-fayika 

-dauka 


tatambuzi 
-sokota 

lulaka 

-hongola 

luhongoli 

lihina  lihaki 
-sJieka 

-neso 

-mamaza 

-jovana 

-kungunda 

-palagana 

ugaga 

-jumba 


ayu 


ka 


(^  Risse  bekommen)    -gazuka 


-hatuka 
-p  a  (n)  duka 


390 


Spiss:   Kinwoni  und  Kisutu. 


sprießen   ) 
sprossen  \ 

-mera 

-mera 

spröde 

-lukuni,  -yumu 

-lukuni,  -yumu 

sprühen  (Funken) 

-putika 

-turuka 

Sprung  s.  springen 

spucken 

-kafuna  {-kafula) 

-funnya 

spülen  s.  abspülen 

Spur  (Fuß-) 

lunyao 

liyuru 

Stab  s.  Stock 

Stachel  (der  Biene  usw.) 

luwola 

mhola 

(eiserner) 

lusunguru 

lusunguru 

(-dorn) 

Ufa 

mwifa 

Stachelschwein 

nungu 

nungu 

Stachel  desselben 

libani 

libani 

Stadt 

muzi,  likaya 

muzi,  likaya 

Stall  (eigtl.  Gehege,  Um- 

kiicaya 

kiwaya 

friedung) 

Stamm  (Volks-),  durch 

lizwe  (Land) 

mlima 

Stannne^zeichen  (Ein- 

{zi)njonjo 

{zi)lembo,  nembo 

schnitte) 

bei  den  Wangoni 

-s/iesha  »jewe  (die  Ohr 

läppchen  durchstechen) 

stani])fen    (mit     den 

-cliaya  kiyide 

Füßen) 

(mit  Mörser) 

-koica 

-ticanga 

Stange     (zum       tragen, 

mtamhiko 

m  g  ()  m  b  a 

Querstange) 

(=  Dachsparren) 

lutungo 

mpagaro 

Stängel  (Gras) 

kimnti  {cha  uchani) 

(Mais-,  Mtama-) 

Ushanya 

l  ipese 

stark  sein 

-ica  na  manja. 

-wa  na  makakara 

-qina 

-kangamara 

Stärke 

manja 

makakara 

statt 

pezuru  pa  (==  kwa) 

panani pa 

oder  durch 

-pindula  (wechseln) 

Staub 

libubu 

lifumbi 

stauben 

-hunnya 

-tutuma 

staubig  machen 

-hunyisa 

-tutumisa 

Staude 

llsliasha 

litutu 

voistehende  Wurzeln 

visinde 

visin a 

einer  Staude 

staunen 

-yetuka 

-ke  n  nye  m  it  k  a 

staunend  machen 

-yetusa 

-kennyemusha 

stechen  (durch-) 

-howoza 

-hotola 

(die  Ohren-) 

-shesha 

-shesha 

(von  Insekten) 

-luma 

-luma 

(=  stoßen,  von  Vieh) 

-du{w)ula 

-tutana 

Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


391 


stecken   s.  setzen 

(intrans.  =  stecken- 
bleiben) 
stehen 

stehen  lassen 
stehlen 
steigen  (hinauf) 

(hinab) 

gevvandtei'  Steiger 
steil 
.Stein 

Steinchen  (Kiesel) 

Stein  im  AVeg  (an  den 
man  stößt) 

zum  Kochen 

(==  Kern) 
Steinschloßgewehr 
stellen 

aulVechtstellen 
Stengel  (Gras-) 

(Mais-,  Mtama-) 
sterben 
Stern 

Sternenhimmel 
Steuer  entrichten 
Stiefmutter 

Stiefkind 

Stiefvater 
Stiege 

Stiel 

(der  Pflanze) 
vom  Stiel  gehen 

Stier 

still  (adv.) 
stille  sein 

(sich  beruhigen) 
stillen 

(=  säugen) 

den  Durst 
Stimme 
stinken 
Stirne 

die  Stirne  runzeln 

Stirnband 

(a.Bast,  b.  Totentrauer 


-pama 

-{y)ima 

-sia,  -leka 

-{y)iha 

-Jcwera 

-yp,sha,  -yesika 

hoho  {ya  vimuti) 

-Jcali 

liehe 

luheto 

hikuwaro 

liseko 

lundtcmhu 

hihamu  cha  liehe 

-heka 

-yimisa 

kimuti  (cha  uchani) 

lishanga 

-fa,  -nyamarara 

(lu)kannyezi 

lizuru 

-tulira 

mama      wa  kuyonsa         \ 

mtwana     »  »  > 

hawa         »  »  \ 

mtandato  {ica  kukwerera) 

luti 
kimuti 

-koleka,  -muka 

H) 

(n)kunzi 

duu,  zii 

-binda 

-pepa,  -tula 

-hindisa 

-ngendisa 

-koliwa  na  manzi 

lizwi 

-mmka 

uso 

-siqa 

rnyamu 

ntambo 


-pama 

-{y)ima 

-sia,  leka 

-hija 

-kwera 

-suruka,  -herera 

-kali 

liganga 

luketo 


lifiya 
lundumhu 

-wika 
-sinnika 

lipese 

-fwa 

ndondwe 

liztiru 

-{ye)tulira 

-wa  kulera 

mtandato  {wa  knk- 

werera) 
mpini,  chaka 

-kulika 

(n)kamhakwe 

duu,  zii 

-guna,  -nyamaza 

-pepa,  tula 

-nyamazisa 

-yoiigesa 

lilowe 

-nunga 

kiwungi 

-sisira 

mgamu 


392 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


Stock  (Stab) 

nduku,  ntonga 

msagi 

(dünner) 

luswazi 

luhwatti 

Ladestock 

luyanga 

luyanga 

mit  dem  Stock  gehen 

-dondoloza 

-kongoja 

stöhnen 

-quma 

-ngita 

Stoff 

nyura 

nyura 

benannte  Arten: 

bilhges  Weißzeug 

{nyura  ya)  imsope 

bessere  Art  Weiß- 

asiria, siria 

zeug 

Blauzeug,  kaniki 

(nyura  ya)  imnyama 

bunte   leichte 

[nyura  ya)  nihara 

Tücher,  Leso 

bunte  stärkere 

kunyuru 

Tücher 

starkes  Weißzeug 

linduta 

einheimisches    Ge- 

likamango 

webe 

stolpern 

-kuwara ,  -ki'/chhca 

-kuicara,  - k ii c h i iv a 

(-kuchwa) 

{-kuchwa) 

stolz  sein 

-zimeka 

-zitoga 

Stolz 

lumeko 

lutogo 

stören 

-nengeza 

-nengeza 

störrisch  sein 

-voa  na  lulaka 

-ica  na  lulaka 

stoßen 

-sunduza,  -duula 

-kanga,  -kunyuga 

(nach  hinten  aus-) 

-kawa 

-takula 

(im  Mörser) 

-kova 

-twanga 

Stößel 

mkovo 

mtwangiro 

stottern 

-mamaza,  -wa  na  kimama 

-tca  na  kibubu 

Stotterer 
Stottern,  das 

khnama 

kimama 

strafen 

-tukutira 

-tukutira 

zu    strafen    beabsich- 

tigen 

-songera 

-songera 

straff  (gespannt)  j  ^^.^^ 
stramm                   ) 

-qina 

-kangamara 

Straße 

njira  ibanzi,  barabara 

Strauch  s.  Staude 

Streit 

maqawano 

luhondn,  lukani 

streiten 

-qawana,  -Iwa 

-honda  (-ana) 

sich  zanken 

-pikizana 

-taungana 

Sti-eiter  (tapferer) 

ngwazi,  muru-'i,  murhcayo 

streitsüchtig  sein 

-wa  na  maqirawatio 

-wa  na  luhondo 

strecken,  sich 

-ziyerula 

-zigorola 

streng 

-mkali 

-mkali 

streng  sein 

-wa  na  lulaka 

-wa  na  lulaka 

Spiss:   Kingoni  und  Risnti 


393 


Strick  S.Seil 
Striemen 
St  roll 

-h  litte 
Strom 
Stück 
Stufe 
Stuhl 

stumm  sein 
Stummer 
Stummheit 
Sturm  (zur  See) 

(Wirbelwind) 

stürmen  (vom  AVetter) 
stützen 

sich  stützen  (aul'  den 
Stock) 
suchen 

Süden  s.  Norden 
Sultan  s.  Häuptling- 
Summen  (einzeln) 

(Schwärm) 
Sumpf 

tiefer  Sumpf 

-gras 

-Stengel 
Sünde 
Suppe 

(Fleisch-) 
süß  "sein  (Honig,  Fett) 

(von  Süßkartoft'eln) 

Süßkartoffel 
Syphilis 


mvurmko 

uchani 

hikonjo 

Iwanse,  mfiila  mhuni 

?iga,th,anye 

lunyao 

hisharo 

-wa  na  kimumata 

Mmumata 

muwero 
hifungafungicana 

-gnha 

-nengemiila ,  -yimisa 

yimisa  na  ntonga 

-funa 


mvimho 
man^ahi 
zaTiasa 

lipande 

mguru 

Tcitanda,  kilimha 

-loa  na  Tiiniumata 

Ti'imama 

liyiga 
mpungu 

-guha 

-nenyemula ,  -yimii 


-londi 


-ngererigeta 


-ngengita 

-wuwula 

msambo 

liqopozi 

luhano 

lishanga,  lisJiangazana 

liyono,  kiyono;  zamhi  (kisvv.) 

{n)koto,  lambazi  uhaga 

msuzi  mshuzi 

-nona  -hata 

-nongozera  -nongomara    (»süßlich« 


liramho 

luhano 
Udete,  libango 


kimunguru 

lugora,  kigawagawa 


sem) 
nyahoro,  mhatata 
luhewa,  {ki-) 


T. 

Tabak  ligwayi,  lifolo  limhako,  Uhona 

Tabak  rauclien  -hema  l.  -huta  l. 

Tabak  schnupfen  -bema  l.  -nusa  l. 

tadeln  -tuka  -liga 

Tag  (als  Zeitmaß)  {lu)siku,  tnsana  ligono 

msana  loyani  an  diesem   (jenem)  Tage 

heller  Tag  (i)mini  [i)mini 

um  Mittag  imini  ikuru 

den  ganzen  Tag  liranga  lonke 


394 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


tagen;  es  tagt 

kuyasa,  kuJcusa 

kwicha,  kucha 

Tal 

Ugodi  {M-) 

Ugodi  (ki-) 

Talisman 

muti 

mtera 

Tante  s.  Base 

Tanzarten: 

nyoma ; 

ngoma 

ligwamba,  maromho 

mkwendo;  lipuga 

kingindo 

kingindo 

tanzen 

-chaya  {ligwamba  usw.) 

-towa   {mkwendo   usw.) 

tapfer 

-kalipi^  ngwazi 

-ho m a n i 

tapfer  kämpfen 

-gwaza  kakuru 

hom{a)i)a  kawalia 

Tasche 

kikwama 

kahako 

Tat 

liyenzo 

lukito 

tätowieren 

-tema  zinjonjo 

-tema  nemho 

Tau 

mbeto 

nungu 

tanl)  werden 

-vimha  zinjewe 

-siba  makutii 

Taube  (wilde) 

lijiwa  {njiwa) ;  junge  liwera 

lijiwa     (njiwa);     jimge 
liwera 

Haustaube 

nkunda\  junge  Jhcera 

nkunda;  junge  liwera 

tauchen  (untertauchen) 

-qwira 

-dwiwira 

(intrans.) 

(trans.) 

-qwirisa 

-dwiwisa 

(=  eintauchen) 

-nyenyeza 

-chopeka 

Taugenichts  (Fauler) 

muvira  {U-) 

mkata 

taumeln 

-peperuka 

-peperuka 

Tausch  (-handel) 

ntengo 

maronda 

tauschen  (ver-) 

-yanungana 

-yanungana 

(ein-) 

-tenga 

-gula 

täuschen 

-nyenga 

-konga 

Tausendfüßler 

chongororo 

ligongoro 

Teil  (d.  h.  eine  Hälfte) 

ngashanye 

mhana 

teilen  (spalten) 

-paudida 

-pandula 

{=  austeilen) 

-gawa 

-icaga 

Termite  (Arbeiter) 

7nuswa  (pl.  musiva) 

likere,  mehe 

(Soldat) 

ligenge 

(getlügelt) 

iswa  (zi-) 

ngumbi 

-bau 

kiduli  cha  ziswa 

kihuguru  cha  ngumbi 

teuer  (Preis) 

-lukuni 

-yumu 

tief  (von  der  Stimme) 

-kuru 

-IC  aha 

tief  sein  (Wasser) 

-chona 

-nyoleka 

Tier     (dessen     Fleisch 

nyaina 

nyama 

genießbar) 

(Wild) 

nya?nazani 

nyamazani 

(Raubtier) 

likoko 

likoko 

Tochter 

mtwana  mfasi 

mtcana  mdalla 

Tochter  des 

nkosi  {n)kosazana 

Tod 

kufa 

kufwa 

Ufa 

lifwa 

Spiss:   Kingoni  und  Kisiitii 

\ 

Tomate 

Ulunduluha 

Ulunduluha 

Ton  (Erde) 

ludaJca  {lica  mhiza) 

ludope  {Iwa  kisai) 

Topf  (Wasser-,  irden) 

wbiza 

kisai,  kiwiya 

(Koch-,  irden) 

idaro 

chaliko 

(hölzerner) 

litunya 

litunya 

Boden  des  Topfes 

matako  {ya  mh.) 

Töpfer  (-in) 

mbumhi 

muwufi 

top  fern 

-wumba 

-wumba 

Tor 

Jcishora ,  kipukujmku 

kiwuta 

Torheit 

ushora ,  npuktipukn 

u  IC  Uta 

(=  Blödsinn) 

mashan/iija 

masUannya 

töten 

-hurara 

-koma 

(=1  schlachten) 

-shawa 

-shawa 

Toter 

mtufi 

m  tufi 

trag 

-vira 

-kata 

trag  sein 

-vilapa ,  -liwara 

-vilapa,  -liwara 

tragen    (besonders    auf 

-tuta  {-ilira),  -twala 

-yeya 

dem  Kopf) 

(auf  der  Schulter) 

-chata 

-  chata 

(auf  dem  Arm   oder 

-sinyata 

-payata 

Schoß) 

(auf  dem  Rücken) 

-hereka 

-bereka 

Früchte  tragen 

-zara  (visepo) 

-wereka  (uhohi) 

tragend    sein     (vom 

-mita,  -ica  na  kisu 

-wa  na  lireme 

\'ieh) 

Tragbare 

litara  {la  kutwala) 

litara  {la  kvticala) 

Träger 

mtwali 

myeyi 

(Proviant-,  Diener  auf 

mjinyati  (pl.  vii-) 

dem  Marsch) 

Trägheit 

uvira 

ukata 

Träne 

nyembezi  {zi-} 

liholi 

Tränen  vergießen 

-puma  zin- 

-puma  maholi 

Trank 

chakupuza  (pl.  va-) 

chakunwa 

tränken 

-puzisa,  -serisa 

-nwesa  {-ntvisa) 

Trauer  (Totenklage) 

maliro 

kiioemho 

trauern  (nachsinnen) 

-yamba ,  -kumhitla 

-yamba,  kumbula 

(Tote  beklagen) 

-kara  maliro 

-emba  kiioembo 

träufeln  (durch  etwas) 

-vuzisa 

-hululisa 

träumen 

-pupa  {utonyo) 

-pupa  {utonyo) 

treffen  (Ziel) 

-qonda 

-lungamika 

(bei  Begegnung) 

-slianyana  na  .  . 

-konyana  na  . . 

nicht  ti-effen  (obwohl 

-pambana 

man       aneinander 

vorbeiging) 

treiben  (an-) 

-qiiwa 

-haka 

forttreiben 

-tinda 

-tinda 

395 


396 


Spiss:   Kinffoni  und  Kisutu. 


treiben : 

auf     einen      Haufen 

-chupixa,  -hutisa 

-chupisa,  -hutisa 

treiben 

(Blätter) 

-mera  (maqembe) 

-mera  {maqembe) 

(Blüten) 

-shuma  (uluwa) 

-shuma  (uluwa) 

(Ähren) 

-Jcashera  (mawere) 

{-rjamula) 

-kashera  (mawere) 

trennen  (teilen) 

-yamula 

-pandula 

auftrennen 

-kumula ,  -wopola 

-wopola 

sich  trennen 

-qamJcana 

-pandukana 

treten  (auf  etwas) 

-nyatira 

-libalira 

triefen 

-vuza 

-Tiulula 

trinken 

-puza,  -sera 

-nwa 

trinken  lassen 

-puzisa,  -serüa 

-nwesa 

Trinker 

mdakwe,  lisela 

mgali 

Trinkgefäß 

Mja 

ki  ho  mera 

U) 

Triumphgesang       (der 

lihnwo  ("huhof  huho/<^) 

heimkehrenden  Krie- 

ger) 

trocken 

-lukuni 

-yumu 

trocken  werden 

-yuma 

-yuma 

trocknen 

-yumisa 

-yumisa 

Trog 

liywamha,  mhumbi 

wato 

Trommel 

numhunt 

ngoma  (ngoma) 

trommeln 

-chaya  «..  -sina  «. 

-toica  ng.,  -hina  ng. 

Tropfen 

litosi  (veraltet) 

lihorohoro 

trü])fen 
tröpfeln 

-vuza,  -tonda  {-tota) 

-hulula,  -ndonnyeka 

trösten 

-pepisa,  -titlisa,  -kuza 

-pepisa,  -tuiisa,  -kuz 

Trotz 

hdaka 

lulaka 

trotzdem 

nyong ana 

nyong ana 

trotzen 

-ica  na  lulaka 

-ira  na  Inlaka 

trüben  (Wasser) 

-dunga 

-timbula 

ti"üb  werden 

-dungika ,  -yonekara 

-t i mbuka ,  -hakara 

trunken  werden 

-dakiwa 

-gala 

Trunkenbold 

ndak{i)we,  lisela 

mgali 

Tuch  s.  Stoff 

(=  Lendentucli) 

kikwinda ,  kikaka 

tüchtig  (adv.) 

kakuru 

kawaha 

tüchtig  sein 

-qina 

-kangamara 

tun 

-yenza 

-kita 

etwas  nachher  (wiederholt)  tun   -pindo  (s.  untei 

•   »dann«) 

»tut  nichts!» 

nandawa!  kunani? 

c  h  IC  d  ! 

Tür 

kivaro 

lutanga 

der   Tür    gegenüber 

msamo 

(Hauswand) 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


397 


Tür: 

der  abgegrenzte  Win- 

mhimdu 

kel  daselbst 

(=  Öffnung) 

myango,  lisango{we) 

mlyango 

an  der  Tür 

lisangweni 

(-pfosten ,  vorderer) 

higoane 

ngingiriti 

(hinterer) 

Imika 

lusika 

Turban 

mcheka 

u. 

mcheka 

Übel,  das 

uwi  {M-,  rna-) 

uhaki 

Übel 

-toi 

-haki 

übel  riechen 

-nunka 

-nunga 

übel  (unwohl)  sein ,  ( 

iurch  shi:io  i7iyera{nyera) 

über  (örtlich) 

(=  betreffs) 

pezuru  Jcwa  {-pa) 

panani pa 

(=:  wegen)  Icica  (z.  B 

.  erschrecken  über  -yetuka 

',  kwa) 

iiberall 

ponhe  (ponge) 

poha 

überaus,  durch 

slurisa  (mit  folg.  Infinitiv) 

viuno 

Überdruß  s.  Ekel 

übereinkommen 

-layezana 

-lagana 

(bei  Zwistigkeiten) 

-hwisana 

-hwisana 

überfallen  (feindlich) 

-dumira 

-dumira 

überfließen 

-kukula 

-kuka 

überlaufen  (zum  Feind) 

-muka 

iiberlegen  (nachdenken) 

-yamba,  -kumhula 

-kumhuka 

übermorgen 

ngomuso 

pamtondo 

überübermorgen 

ngomuso  munye 
ngomsana 

pamtondo  neso 

übernachten 

-lala[pa)ulendo 

-gona{pa)ulendo 

überraschen 

-yetusa 

-kennyemusa 

Überraschung 

mayetuso 

ukennyemusho 

überreden 

-nyenyerera 

-kofya 

Überrest  s.  Rest 

überschreiten  (Fluß) 

-kupuka 

-yomboka 

(über  etwas  hinweg) 

-yeqa 

-yeka 

überschwemmen 

-mhonnya 

-guhika 

übersetzen  (Fluß)  s.  überschreiten 

(sprachlich) 

-pendula 

-nganamula 

übersiedeln 

-tuta 

-hama 

übertreffen 

-dura  {-yashula),  -yeqa 

-pita,  -ruta 

übertreten  (Fluß)  s.  überfließen 

(Gebot) 

-slura,  -yeqa 

-pita,  -ruta 

überwinden 

-yeza,  -dura 

-leperera 

umarmen,  sich 
umdrehen 

-singat[an)a 
-pendula 

innfassen  s.  umarmen 

Umfriedung   (aus 
Mauer) 
(aus  Stengeln) 
umhergehen 
umherirren 

Hol/., 

hitango 

liguma 
-zungula 

umkehren  s.  umdrehen 

umschauen 

-buka  muva 

umsichtig  sein 

-shfikanipa 

umsonst 

chabe 

H98  Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

übrig  (vorhanden)  sein     -sara  {-shara)  -sara  {-shara) 

übrig  lassen  -sia,  -leka  -leka 

Ufer  maqereni,  msia  maqereni,  msia 

diesseitiges  msia  lowu;  jenseitiges  msia  loi/a?H,  pevJieya 

-pagat[an)a 
-nganamnla 

Iicigo 

lihegere 

-iindira.  -hyitnguta 

-lora  Icumbele, 

-mnyuma 

-chenjera 

icaka 

Umweg  machen   s.  umherirren 

umwenden  s.   umdrehen 

lun werfen  -wisa  -  g  w  i s  a 

(Kleid)  -yamhata  -fio  al(ir)a 

umwickeln,  durch  -/a^a,-n^m«a (einstecken) 

umzäunen  -yakera  lutango  -icakera  hcigo 

Umzäunung  s.  Umfriedung 

umzüngehi  -zungulira;  -juwira 

(eigtl.  abschneiden) 

unabhängig  sein  -wa  na  ukosi 

unanständig  kishora,  kipnrupuru  kipukupuku 

unbeholfen  sprechen  s.  stottern 

tnid  na  na 

uneben  sein  -wa  na  vigodi  -wa  na  vigndi 

unehelich    zusanunen-       -kombana 

leben 

unfruchtbar  (nicht  ge-      -nyumha  -mbende 

bärend) 

unfruchtbar  sein,  so  daß    -wa  na  kifwisi 

die  Kinder  sterben 

ungefähr,  durch  chere  (»will  sagen«) 

ndiyaze  {sazi)  ( » weiß  nicht- )  kwali 

Ungehorsam  lulaka  hdaka 

ungehorsam  sein  -wa  na  lulaka  -ica  na  lulaka 

Unglück  ) 

,..,,.  ,    ,'        ms{h)oro  (mi-) 

ungluckbnngend    )  \  /        \       / 

Unglück  bringen  -sola  misoro 

unkeusch    sein    (elie-        -pinga  -goncka,  -kema 

brechen) 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu 

399 

Unkraut 

{-/ornicari)  -zpk{a?i)a 

-zek{an)a 

uchani 

mangahi 

Unrat  s.  Schmutz 

und 

Exkremente 

uni-eif 

-lushaza 

-wisi 

unrein(lich) 

klshnra 

kipnkupuka 

unrein(licli)  sein 

-ica  na  manyara 

Unreinlichkeit 

mannyara 

mannyara 

unser 

-phi 

-etu 

Unsinn 

ushora,  upurupnru 

upukupuku 

unten 

pasi 

pahi 

unter 

pasi  pa  {=  kica) 

pahi pa 

unterbrechen 

-silisa,  -lekerisa 

-silisa,  -lekerisa 

unterdessen 

pakuti 

untergelieu  (Sonne 

) 

-chona,   -qwira 

chona 

(im  Wasser) 

-chona 

-diciwira  [iwirira) 

unterhalten,  sich 

-qoka,  cheza 

-longer a    (kisw.  ongea) 

unterlassen 

-sia,  -leJca 

-kotoka,  leka 

Unterredung 

zindawa 

miharo 

Unterricht 

mafundiso ,  malayo 

unterrichten 

-funda  {-isa),  -laya 

untersinken  s.  untergeli 

len 

unterstützen 

-yamkera,  patisa 

-tanga 

(einander) 

-patisana ,  -londolozana 

-tangana 

untersuchen 

-bukikisa ,  -sholikisa 

-lolikisa 

Untertan 

mfu ,  mfokazana 

Untertan  sein 

-konza,  -vuma 

-hanga,  -idika 

untertauchen  s.  un 

tergehen 

Untiefe;  hieriste.U 

ntiefe  lapa  pachonile 

lapa  pachonile 

unverletzt 

-se,  -abwino,  njalo 

-se,  -abwino,  njalo 

unverschämt  sein 

-ze  na  zishoni 

unverständlich 

kizungu{zungu) 

unverständlich  n 

eden 

-zungulera ,  -pikanisa 

Unwahrheit 

manga 

makeo,  udesi 

unwohl  s.  krank  u 

[.  Übel 

Urin 

urinieren 

Ursprung 

1  1  1 

makocho 

U) 
-kocha 

U) 
mahum[ir)o 

Ursprung  haben 

-Vera 

-huma 

(Quelle) 

kipera 

kipera 

Urwald 

lisati,  lipogoro 

mhitu 

Vater 

V. 

baica 

dadi 

dein  Vater 

iso\  sein  \'ater  ise 

verabscheuen 

-yala  [kakurii) 

-bera  {neso) 

s.  a.  hassen  u.  ekeln 


400 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


verabschieden,  sich  (von    -sharalisa  [pete) 


jemand) 

verachten 

-yeya 

-hepa 

verändern 

-pendula 

-nganamula 

sich  verändern 

-pjenduJca 

-nganamnka 

verarmen 

-dinga 

verbergen 

-fim 

-fisa,  -fiha 

sich  verbergen 

-zißsa 

-zifisa 

verborgen  sein 

fisika 

fisika 

verbeugen,  sich 

-Jcotama 

•gundama 

verbiegen 

-goyowisa ,  -pendamisa 

-gogoicisa,    -penda- 
misa 

sich  verbiegen 

-gogoicara,  -pendama 

verbieten 

-yalisa,  -silisa 

-beza 

verbinden 

-tcopa 

-wopa,  -kunga 

(an  einander) 

-qeJcanisa 

•  lunga 

verbunden  sein  (mit- 

-qekana 

-lungana 

sammen) 

verborgen  s.  verbergen 

Verbot 

mziro,  uziro 

mziro,  uziro 

verbotene  Speise 

mziro 

mziro 

verbrennen    (intrans.) 

-sa  {-cha) 

-pya 

verbrennen  (trans.) 

-cliisa 

-nyanya 

verderben  (intrans.) 

-buba,  -yonek{ar)a 

-hakara 

verderben  (trans.) 

-hubisa,  -yona 

-hakasa 

verdienen  (durch  Arbeit) 

-seicenjera 

-hengulira 

Verdienst  (Lohn) 

[i)nkimzi 

njombe 

verdoppeln 

-jmida  pairili 

-pinda  -paicili 

verdorren 

-ynma 

-yuma 

verdunkehi 

-bekera  -mnyama 

-wikira  -tito 

verdünnen  (Getränk) 

-sumburusa 

-jimiisa 

verehren   (die  Ahnen) 

-teta  [maslosi) 

-teta  mahoka 

(ehren) 

-bonga,  -tokoza 

-bonga  -tokoza 

vereinigen  s.  verbinden 

vererben 

-si[1)ira,  -lekcra,  -yambnkt 

\za   -si[l)ira ,  -I ekera,  -yam 

{-yamhnsa) 

-bukiza  {-yambiisa) 

verfallen  (einfallen) 

-dirika 

-bomoka 

verfaulen 

-bola 

-wola 

verfelilen  (Weg  usw.) 

-buda 

-howa,  -yaga 

(Ziel) 

-ponnya 

-kurusa 

sich  verfehlen 

-yona 

-hakasa 

einander    verfolgen 

-pamhana 

(durch  vorbeigehen] 

\ 

verfinstern 

-mbonya 

-gubira 

sich  verfinstern    (von 

mhonya 

-gubika 

der  Sonne) 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


401 


verlluchen 

-lapirira ,  -fungira 

verfolgen  s.  folgen  u.  vertreiben 

verführen 

-yonisa 

-hakasisa 

(zum  Stehlen) 

-yihisa 

-hijisa 

vergeben 

-sia,  -lekera 

-sia,  -lekera 

vergeblich 

chabe 

waka 

vergessen 

-bu(Ja.  -kasiwa 

-samwa 

vergießen    (verschütten) 

-qita 

-yita 

vergeuden  (Vermögen) 

-lasha  [mseioenje) 

-taga  [msewenje) 

\'ergnügen 

moyo 

moyo 

N'erhau 

lutango 

lu[w)igo 

verhindern 

-vimbira,  -yalisa 

-dindirisa,  -beza 

verhungern 

-fa  na  lipango 

-fwa  na  njala 

dem  Verhungern 

-lamha 

nahe  sein 

verirren  sich 

-huda,  -lasika 

-yaga,  -tagika 

verjagen 

-kocha 

-winga 

verkaufen 

-tenga 

-gura,  -lomba 

verklagen 

-Iculikira ,  -qewera 

-nenerera 

verkrüppelt  sein 

-sonnyoka 

-chipira 

verkünden 

-hik[ir)a 

-hik{ir)a 

verkürzen 

-pungulisa 

-kepa 

verlachen 

-sheka 

-hek{elel)a 

Verlangen 

moyo 

moyo 

verlangen 

-haukira 

-haukira 

(das  Guthaben) 

-funa 

-londa 

(ungestüm  verlangen) 

-sokosa 

-sokosa 

vei'lassen 

-sia,  -leka 

-leka 

verlassene    Ansiede- 

mangua 

mahami 

lung 

verleiten  s.  verführen 

verletzen 

-lemaza 

-poteka 

(durch  Anstoßen) 

-kucha 

-kucha 

verleugnen 

-yala 

-hera 

verleumden 

-kambera 

-heha 

-sewa,  secha  (Pass. -sechwa)  gewöhnlich  mi 

it  Zusatz  na  manga  (lügnerisch) 

verlieren,  durch 

-huda,  lisika 

-tagika,  -yaga 

(aus  Nachlässigkeit) 

-lasa 

-taga 

verloben 

-qoka  [-isa) 

-lawira 

sich  verloben 

-qokisana 

-lawirana 

verloren  gehen 

-huda,  -lasika 

-tagika,  -yaga,  -hoica 

vermehren 

-[y)ongeza 

-ongereza 

sich  stark  vermehren 

-yanda 

-yoroko 

vermeiden 

-sia,  -leka 

-kotoka,  leka 

vermindern 

-pungula 
-pungiika 

-kepa 

sich  vermindern 

-kepuka 

Mitt.  d.  Sem.  f.  Orient.  Spr.ichei 

i.  1904.  III.  Abt. 

26 

402 

vermischen 
Vermögen  (Sachen) 

(zugleich     mit     den 
Sklaven) 
vermögen  s.  können 
verneigen,  sich,  s.  verbeugen 
verputzen    (mit    Lehm     -bada 

verstreichen) 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 

•shanganisa  -hasa 

msewenje  msewenj  e 

lipwera  lipwera 


verrammen 
verraten 
Verräter 
verrenken 

verrenkt  werden 


verringern 


s.  vermindern 


-longa  vimuti 

-pawisa 

mpawo 

-nyenyerisa 

-nyeny{er)a 

-hutanisa ;  -keta 
-hritana 
mbuto,  lihanja 

mkumhl 


versanuneln 

sich  versammeln 
Versammlung 

(im     Kreise     aufge- 
stellte) 
versäumen  -.<iioerera 

verschaffen  (für  jemand     -ßmira 

suchen) 
verscheuchen  -qocha  (-kocha) 

verschieden  -nye 

verschlagen  (adj.)  s.  schlau 

(verb.);  «es  verschlägt    nandaica,  kunanii 
nichts« 
verschlechtern   s.  verderben 
verschlingen  s.  schlingen 
verschmähen  -yala 

verschnaufen,  sich  -pefnmnla 

verschütten  s.  ausschütten 
verschwägert  s.  Schwager 


verschweigen 
verschwenden 
verschwiegen 

verschwiegen  sein 
verschwinden 
versenken 
versickern 

versinken  s.  untergehen 
versöhnen  (durch  Opfer) 

(durch  Worte) 

(=;:  beruhigen) 

sich  versöhnen 


-fisa 

-lasha 

-mazima 

-binda ,  -shara  du 

-bunya ,  -7iyamarara 

-qiciri.sa 

-yumin'ra 

-teta 

-bwisa ,  -lamiiUrn 
-tula,  -pepisa 
-bwiisaim,  -lamulana 


-mata;  -kilima 

-longa  vimuti 
-jjawisa 
mp  atco 
-pokonnya 
-pokonnyoka 

-lundamisa 
-lundama 
lipuga.  lirundu 

mkumhi 

-hwcrcra 
-lotidera 

-iDinga 
-ngi 


-bera 
-pumula 


-fiha 
-taga 
-mazima 


-tiituma 
-dttiwisa 
-ynmirira 


-bicisa  lamulira 
-tula,  -pepisa 
-bicisana,  -lamulana 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


403 


verspäten,  sich 

-swera 

-hwera 

verspotten 

-sJieTca,  -nyanya 

-heJca 

Verspi-echen 

malayezo ,  mahimnimm) 

(eidliches) 

mafungo 

versprechen 

-layeza ,  -kurumisa 

(eidHch) 

-fungira 

-lapira 

Verstand 

liqiri,  marango 

luhala 

verstellen,  sich 

-ziyengisa 

-ziJcongisa 

verstecken  s.  verbergen 

verstehen 

-ztoa ,  -yaze 

-ptililca,  -manya 

verstopfen 

-vimba 

-dinda 

Vei'stopfung  haben 

-himhitirwa 

-himhitirwa 

(/') 

(P) 

Verstorbener  (Leichnam) 

mtufi 

m  tufi 

(Geist) 

lihoka 

lihoJca 

versnclien   s.  jiriifen  und  verliihren 

Versuch 
Versuchung 


malingo 


malitigo 


versüßen 

-nongozisa 

-  n  o  ng  o  m  is  a 

verstreuen 

-tindita 

-lagarisa 

vertauschen  s.  tauschen 

verteilen  s.  austeilen 

\'ertiefung  (im  Boden) 

ligodi 

lilindi 

Vertrag  schließen 

-layezana 
(/«•) 

-laga7ia 

vertrauen 

-temb{er)a 

-gomh{er)a 

vertreiben  s.  verscheuchen 

verti-ocknen 

-yuma 

verunreinigen 

-tcra  monyara 

(flüssiges,  durch 

-dung{ir)a 

-timbula 

Rühren) 

verwandeln  s.  verändern 

\'er\vandter 

kinini 

mlongo 

Verwandtschaft 

unini 

lukolo,  ulongo 

verwechseln  s.  tauschen 

verweigern 

-yala 

-bera 

(wenn     man     nichts 

-landida 

geben  kann) 

verweilen 

-swera 

-hwera 

verweisen  (Verweis 

-hondisa 

-hondisa 

geben) 

verwelken 

-yuma 

-yuma 

verwerfen 

-lasha 

-taga 

von  sich  weisen 

-nyanya 

(Frühgeburt  beimVieh)  -hopoza 

-hopoza 

(Frühgeburt  beim 

-nyereza 

-nyereza 

Hund) 

404 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


verwickeln 

-hotanisa 

-hotanisa 

sich  verwickeln 

-hntana 

-hotana 

verwunden 

-lemaza 

-pot^ka 

verwundern,  sich,  s.  sü 

umen 

verwünschen  s.  verfluch 

en 

verzaubern 

-loya 

-Inga,  -chawa 

verzäunen 

-yakira  lutango  {Uyiimä) 

verzehren 

-sa  (sha) 

-lya 

verzweifeln,  durch 

-r/amba  shizio 

-mtima 

verzeihen  s.  vergeben 

verziehen  (fortziehen) 

-tuta 

-hama 

(s.  auch  ansiedeln) 

' 

(=  verzögern) 

-swcra 

-hicera 

verzieren 

-lungüa 

-kola 

Vetter  (Vaterseite) 

hawa,  ise 

dadi)  gew.  mit  dem  At- 

(Mutterseite) 

marome,  mama,  ngina 

mao  )  tribut   »klein« 

Vieh 

nyama 

nyama 

(Rindvieh) 

nkomn  (lok.  ezinkomeni) 

ngomhe 

Viehseuche 

kipetopeto 

kipetopeto 

viel 

-ninzi,  yeka  {-tele  kisw.) 

-amehere,  fuliilu 

nicht  viel 

-nyani  (-ninyane) 

-dehe 

viel  werden 

-yanda 

-yoroka 

vielleicht,  durch 

andiyazi  {siyazi,  tyazi) 
oder  chere  (»sag'!«) 

ktcali  (ich  weiß  nicht) 

vier 

-nne 

m checke 

Viertel;  vorderes  Viertel 

mknno 

liwoko 

(beim  Schlachten) 

hinteres  Viertel 

mlenje 

lihondo 

Vogel 

nyoni{zi) 

ndege 

Vogelkäfig 

hihunguru 

kihunguru 

(für  Hühner) 

kisakasaka 

kisakasaka 

Vogelleim 

ulimho 

ulimbo 

Vogelnest 

kisakatiro 

kisakatiro 

Volk 

wantu 

wanu 

Volksschar 

Uqala,  liwanja 

liqala,  liwanja 

voll  s.  anfüllen 

ganz  voll 

pomoni 

halbvoll  sein 

-kizinga 

-lipinga,  -litenda 

vollenden 

-qedisa,  -pezwa 

-mala 

(vollkommen  machen) 

-hingisa 

-kola 

Vollmond 

nyanga  ikiiru 

mwezi  mkuru 

es  ist  Vollmond 

(nyanga)  yakannya 

(nyanga)  yakannya 

von  (bei  Pass.) 

na 

von  —  bis,  durch  -vera  Tcwa, 

-siika  kica  und  -hamba  kica,  -ßka  kwa  (d.  h. 

ausgelien  von  und  kommen  bis) 

Spiss:    KiiiTOni  und  Kisutu. 


405 


vor  (lok.  u.  temp.) 

voraus 

vorausgehen 

voraussagen 

vorbemehen 


paviheJe  pa  {-kicd) 
pambele  {ku-) 
-tangulira 
-Tcuruma  pambele 
-slura 


aneinander  vorbeigehen  (so  daß  man  doch 
vorbereiten  (zu-)  -sendereza 

vorder 
Vorderhider 

Vorfahren 

Vorgesetzter 
vorgestern 
vorvorgestern 

vorhanden     sein     (zu 
Diensten  stehen) 
(reichhch) 

vorher  s.  voraus 

vorladen    (zur    Unter- 
redung) 

vorne 

nach  vorne 

vornehm 

vornehmen,  sich 

\'orrat  haben 

Vorratskorb  s.  Speicher 

Vorsatz 

Vorschein;    zum    Vor- 
schein kommen 

Vorschrift 

vorsetzen 

Vorsicht 

vorsichtig  sein 

Vorteil  s.  Nutzen 

vorübergehen  s.  vorbeigehen 

vorübertreiben  (intrans.,    -muJca  {na  manzx) 
auf  dem  Wasser) 

Vorwand  manya 

vorwärts  kumbele  {pa-) 


Tcjbamu  cTia  fataki 

wagnyo,  mitengula 

mkuru 

kutangi 

kutangi  kakuru 

-sendera 

-fiimeka 


pambele 

kicambele  {ku-,  pa-) 

-kosana  (vgh  nkosi) 

-zilaya 

-fuma 

malayo  {ga  shizio) 
-boneJc{ar)a 

mteto 
-bekera 

mashaJcanipo  {u-) 
-shakanipa 


paulöngolo  pa  {-kwa) 
paulöngolo  {ku-) 
-tala,  -longola 
-jova  paulöngolo 
-ruta,  -pita 
nicht  zusammentrifl't)  -pambana 
-hegereza 
-a  ulongolo 
kibamu  cha  fataki 
wagogo,  mitengula 
muwaha 
juzi 

juzi  neso 
-hegerera 

-moteka 


paulöngolo 
kulongolo 

-zi{w)unga 
-mot{er)a 


-wonekana 

m,teto 
-wikira 

machenj ero  (w-) 
-chenjera 


Tnakeo,  udesi 
kulongolo  {pa-) 


Wache  halten 

wachen  (wachend  liegen) 

Wachs 

wachsauT  sein 

wachsen 


w. 

-lind{rr)a,  -yimirira 
-lala  meso 
{i)nyina 
-shakani^ia 
-kula 


- lin d{i r)a,  -y im irira 

-gona  miho 

sera 

-chenjera 

-kula 


406 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


Wächter 

mlindi,  mwimiriri 

wackeln  (Hacke  am  Stiel)  -quka,  -gedez{er)a 

Wade 

ligaro 

ligaro 

Waffenträger 

nyeke;  mjingati 

nyeke;  mjingati 

wagen 

-qina 

-kangamara 

wählen 

-qeta,  -qoma 

-hagula 

wahnsinnig  s.  irrsinnig 

wahr,  wahrhaftig,  wahr- 

Mwili 

kiwili,  chakaka 

lich  (adv.) 

(adj.) 

-a  Mwili 

-a  chakaka 

wahr(haft)  sprechen 

-kurwmiza 

(o) 
-joweza 

»nicht  wahr?« 

atif  atipoo"^ 

ände'i 

Wahrheit 

kiwili 

kiwili  chakaka 

während 

pa,  pdkuti 

pa,  pakuti 

Waise 

mkiwa 

mkiwa 

Wald 

mdondo 

mapururu 

(dichter) 

lisati,  Utogoro 

mhitu 

(Busch) 

tafeni 

dasi 

Wall  (Erdwall  im  Acker) 

msere 

likimba 

wälzen 

-gigikiza 

-birusa 
(p) 

sich  wälzen 

-gigizika 

-galauka 

Wamme  (der  Tiere) 

mhirini 

lusu 

Wand  (des  Hauses) 

likumbi 

likumbi 

Wange 

mshali 

njeje 

wanken  s.  schwanken 

wann  (interr.) 

nini 

ndali 

(rel.)  lapo,  lapo-kona  [z.  B.  andiyazi ,  lapo  afire 

(koua)  icli   weiß  nicht. 

wann  er  gestor 

ben  ist) 

Wanze  (große  Art) 

Ukatane 

likiipate,    ligoli. 
vinyakadoto 

(kleine) 

sikizi  (j)l.  sikizi) 

ngunguni 

warm  sein 

-fudamara 

-pyupa 

sehr  warm  sein 

-chisa 

-pyisa 

wärmen,  sich 

-yota  {inbasö) 

-yota  [mbaso) 

warten  s.  a.  abwarten 

-linda,  -yima 

-linda,  -yima 

Wärter,  Wärterin 

mgulisi 

mlwasi 

(Kranken-) 

warum    (interr.   u.  rel.) 

tigani,    ya  c/iani, 
mnni 

fidawa 

ngani,ya  chani,nda 
muni 

ica 

Warze 

sumba 

lusunjuwi 

waschen,  sich 

-Samba  [-iza) 

-yoga,  -karawa 

(Kleid) 

-sanja  (shanza). 

-sambiza 

-hogofya 

was  (interr.  u.  rel.) 

ni,  chwii 

kiki 

(adv.)  was  für  ein? 

njanii    mwii? 

iculi? 

was  ist  das? 

nginif  ginif 

Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 


407 


Wasser  manzi 

(großes  Wasser,  Strom)  Iwanse 


magasi 


Wasser  schöpfen 
Wasserbock 

-ka 
likulu 

-nega,  -teka 
ndogoro 

Wasserjungfer 
Wasserloch 

kipuruputu 
mtombo 

kipuruputu 
kiliwa 

Wassersucht 
Wassertopf 
Wasservogel 
waten  s.  durchwaten 

mangundura 

mhiza 

nyoni  ya  manzi 

mangundura 
kisai,  kiwiga 
ndege  ya  magasi 

wechseln 

wedeln    (mit  dem 

-pendula 

-chikiza  [luchowa) 

-nganamula 
-towerera  [mkira) 

Schweif) 

(gegen  Insekten) 

weder  —  noch 

-hajira 

durch  zwei  negierte  For 

-punga 
men  nebeneinander 

Weg                                      njira  [njera) 

Viehweg  (mehrere        mzira 
Wege  neben  einander) 

Weg  einschlagen            -bamha,  -qonda  nj. 
weg-  s.  fort- 

wegen                                   ndawa  ya,  na,  hwa 
Wegzehrung  s.  Proviant 
wehe !                                   yere  yehee  !  ainjaro  !  yoyoo . 

njira  {njera) 

-lunga  nj. 

ndaiva  ya,  na,  kwa 

yere  yehee!  ainjaro! 

weheklagen 

maye!  mayi  vava  wee! 
-kara 

maye!  mayi  vava  wee! 
-emba 

wehetun  (trans.) 

-lemaza 

-poteka 

(intrans.) 

-vava 

-vina 

wehen 

-vutira 

-pula 

Weib 

erstes  Weib  des 

mfasi  (m/azi) 
kosikazi 

mdalla 

Häuptlings 
altes  Weib 

kisalukazi 

Nebenweib 

mfasi  mnyani 

mdalla  mdebe 

weiblich 

ifasi,  isikazi 

idalla 

weich 

-ludaka 

-dekedeke 

weich  werden 

-tamba 

-tamba 

weiden  (trans.) 

-rusa 

-dima 

(intrans.) 
weigern,  sich 
Weihrauch 

-sa,  -safima  (uchani) 
-yala,  -yeya 
uhani 

-lya  [manyalii] 

-hera 

uhani 

weil 

loku,  ndawa 

Weile;  kleine  Weile 

lange  Weile 
weilen   s.  bleiben 

panyane 
paninzi 

padebe 
pamehere 

weinen 

-kara 

-emba 

Tränen  vergießen 

-puma  zinyembezi 

408 


Spiss:    Kin^oni  und  Kisutu. 


weise  sein 

-wa  na  liqiri 

-wa  na  luhala 

weisen  (Weg) 

-chenisa,  -tangulira 

-langisa,  -longolera 

von  sich  weisen 

-qocha  {-kocha) 

-winga 

weiß 

-msope 

-warafu 

ganz  weiß 

-msope  hwaa ,  -mmpe  mpim 

weissagen  s.  voraussagen 

weit  (breit), 

-hanzi 

-hanzi 

weit  werden 

-nawa 

(entfernt) 

kudeni  (pa-) 

kutali  (pa-) 

welcher  (interr.) 

njani,  viuni 

(rel.) 

-enje  oder  durch  das  Suffix  ■ 

■0 

Welle 

lipuputo  iya  manzi) 

mtceru  [wa  inayasi) 

Wellen  schlagen 

-puputa 

-chaya  mweru 

welken 

-yuma 

-yuma 

Welt,  Weltall 

lizwe  lonke 

mliina  tcoha 

wenden  s.  drehen 

wenig 

-nyane 

-debe 

ein  klein  wenig 

kangakanani  (wörtl.: 
»ein  wie  Großes!«) 

weniger,  durch 

pungula  (weniger  machen) 

-  k  rp  a 

weniger  werden 

-punguka 

-k(  ptika 

wenigstens 

nyangana 

tiyangana 

wenn 

ngati,  kamba  [kama,  kanda, 
kandi)  oder  durch  -nga- 

»wenn  doch!" 

sengati!    (z.  B.   sengati 
iidingambona    wenn   ich 
ihn  doch  sähe!) 

wer  (interr.) 

icani 

yani 

werben  (um  eine  Fi 

•au)    -qokisa  [m/asi) 

-laioira  [m  da  IIa) 

werfen 

-posa 

-kuinbira 

(wegwerfen) 

-lasha,  -taya 

-taga 

(-gebären) 

-zara 

-wereka 

Werg 

niini 

fusi,  lu-oga 

Werk 

liyenzo 

lijowo 

Wert 

ntengo 

maronda ,  makao 

wert  sein 

-yeza-,  -fika  kwa 

-yeza;  fika  kwa 

Wesen,  Wesenheit 

mkuwo  (vgl.  -ica  sein) 

mkuwo  (vgl.  -ica  sein) 

Wespe 

lidende/u 

linyugi 

Westen 

machoneranga  (vgl.  chotia) 

machoneranga    (vgl. 

c  h  o  n  a) 

Wette;  um  die  Wette  -li7iga  majmcane , -piki.mna   -taungana  majuicane 

laufen  majuicane 

wetten  -bekerana                                 -wikerana 

Wetter;    es  ist  schönes  ktisire  kuse 
Wetter 

Regenwetter  mivumbi  {ya  mvula) ,  mvula    mihwera  (ya  mvula) 


Spiss:    Kino-oni  und  Kisutu. 


409 


es  ist  trübes  Wetter        Jcwaguzera 
wetzen  -kuioanisa 

wichtig  -mazima 

wickeln  s.  aufwickeln,  einwickeln 


-fir  Ollis  a 


Widder 

lipongo  (Jci)  la  yimvu 

liduna  la  mherere 

Widerhaken  (am  Speer) 

ngowe,  lizinyo 

Uno  (pl.  mino) 

widerhallen 

-zvoakara 

-yuhwa 

widersprechen  (einander 

\  -pikis{an)a 

-tahong{an)a 

Widei'stand 

nkani 

in  taho 

widerstehen 

-ica  na.{zi)nJcani 

-IV a  71  a  mtaho  [mi-) 

wie  (interr.) 

njavi 

ivuli 

wie  groß  (dick)!' 

ngaka   {na  ni^  wie  was?) 
iide  wake  njanii 

wie  beschafi'en  i' 

ngakol 

wie  schwer? 

umazima  njanii 

wieviel 

-ngaki  {-ngopi) 

-ringa 

(vergleichend) 

njenga,  ngati 

mhanga  na,  kita 

wieder 

kanye 

kangi 

oder  umschrieben  durch  d.  h.  -pinda 

wiederholen 

-pinda 

-pinda 

wiederkäuen 

-herula 

Wild  (Edel-) 

nyamazani 

nyamazani 

wild 

-kali  (gefährlich) 

-kali  (gefährlich) 

(scheu),  durch 

-saioa,  -baleka  (fürchten, 
fliehen) 

Wildente 

libata  (lidata) 

libata  {lidata) 

Wildkatze 

ngwawi,  mpaka 

kihyomi 

Wildnis  s.  Wald 

W^ildschwein  (schwarzes 

)  liguruwe 

liguruwe 

(rötliches) 

lipango,  ngako 

lipango,  ngako 

Wildtaube 

lijiwa  (njiwa) 

lijiwa  (njiwa) 

Wille 

lutando  {ma) 

Wind 

moya  (pl.  mioya) 

mpungo 

winden  s.  drehen,  aufwickeln 

sich  winden  (pluß) 

-zomba 

-ny  enga 

Windung  (des  Flusses) 

uzomba 

Winkel     (abgegrenzter 

mhundu  {kipungu) 

Teil  im  Hause) 

Wink     (zum     Herbei- 

lungicayo 

lukinyiro 

kommen) 

winken 

-ngwaya 

-kinyira 

Winter  (heiße  Zeit  vor 

liranga,  usika 

kilolero 

der    großen    Regen- 

periode) 

wir 

ti 

tu 

(betont) 

iini,  tewo 

twenga,  twetwe 

410 


Spiss:    Kinffoni  und  Kisutu. 


Wirbelwind 
wirbeln  (Wind) 
wirklich  (adv.) 
wissen 

wissen  lassen 

ich  weiß  nicht 
Witwe 
Witz 

Witze  machen 
wo  (interr.) 

»wo  bist  du?« 

(rel.) 
Wöchnerin 
Woge  s.  Welle 
woher  ) 
wohin  ) 
wohl  (gesund) 

(adv.,  tonlos) 
Wohlgeruch 
wohlriechen 
Wohltat  erweisen  i 
wohltun  ) 

wohnen 

Wolf  (Art  Wolf) 
Wolke 

es  bilden  sich  Wolken 
Wolle  (Tierhaare) 
wollen 

nicht  wollen 
worfeln  (Getreide) 
Wort 
wozu 
Wucher 
wuchern 
Wunde 
wundern ,  sich 
Wunsch 
wünschen 
würdig  sein 
würgen  (drücken) 

(an  der  Kehle) 
Wurm 

(großer) 
Wurzel 
würzen 
Wüste  s.  Wald 


kizunguzungu 

-zungaizungd) 

Mwili 

-yaze  (-yazerä) 

-yazisa 

andiyazi  (siyazi) 

mverekazi 

lisomc}  (ma) 

-som{is)a 

pi,  kupi 

upi?  uli  kupif 

lapo 

mjezane 


Jcipungurungu 

chalcaka 
-manya 
-manyisa 
Jcwali 

muhenji 
-henj{is)a 
ko,  kokt 


mj  ezane 


ko,  kok, 


(interr.)   -;;/,   kupi 

(rel.)  lapo 

-se  -ahwino 

nde 

manunkero 

-nunkerera  (-Jiimkirira) 

-kalipira 

-yenzera 

-sJiara 

limihi 

lifu 

iyaiceka  mafu 

icoya 

-tanda,  -funa 

-yala,  -yeya 

-pepeta 

ligama,  lizwi 

-a  chani;  uztceni  (vgl.  * 

masherero 

-sherera,  -dierera 

kironda 

-yetuka 

moyo,  litatido  (lu-,  ma-) 

-haukira,  -tanda 

-ßka  (z.  B.  ukosi  der  Heri'schaft) 

-handezera  -limbirira 

-kama  -doda 

ulembo  ulembo 

nyoka  nyoka 

msisi,  mpande  (plur.  zim)    mkiga 

-nonisa  -nonisa 


-a  moyo 

-nunkerera(-)ninkirira) 
-sengura 

-taina 
limihi 
lifufit,  li/undi 


-gana  -Ion da 
-hera 
-pepeta 
lilnice 
wa  und  ni) 

masherero 
-sherera,  -dierera 

•kennyemuka 


Spiss:    Kino;oni  und  Kisutu, 


411 


Z. 


zahlen 

-saula 

•  lip  a 

zählen 

-hara 

-waranga 

zahlreich  s.  viel 

Zahn 

lizinyo 

Uno 

Stock- 

Uz.  la  msati 

l.  la   kupeta,    la    lujeje 

-lücke 

liwende 

linguli 

zahm  werden 

-jaira  (sich  gewöhnen) 

-hyowerera 

zähmen 

-jaiza  {-jaeza) 

-hyowesa 

Zange 

mbaniro 

mbaniro 

Zank 

lupikizano 

lutaungano 

zanken,  sich 

-pikizana 

-taungana 

Zapfen  (Pfropf) 

kivimho 

kihindiro 

zappeln 

-vutuza  {-zinyao) 

-kungunda 

zart 

-lula  [-rura) 

-lula  {-rura) 

Zauber,  Zauberei 

utakati;  ulowi 

uhawi 

-trank 

mteyo 

mwafi 

Zauberer,  -in  (Ijüse) 

mtakati  mloyi  (iiilowi) 

mchawi 

(Zauberer,    der     den 

nyanya 

mganga 

bösen   Zauber  ver- 

treiben kann) 

zaubern 

-takata,  -loya 

-chawa,  -loga 

Zaun 

lutango 

luwigo 

Zebra 

liduwe 

lipunda 

-mahne     (Kopf- 

mwewe 

mchengo 

schmuck) 

Zecke 

likatane 

mnyakadoto,  likupate, 
ligoli 

Zehe 

luzipo  Iwa  lunyao 

luko7ije  Iwa  mgulu 

zehn 

ichumi 

kumi 

Zeichen  (Abzeichen) 

mbara  (mi-) 

Zeichen  geben 

-zwisa 

-pulikizisa 

zeigen 

-chenisa  [-chenyisa) 

-wonesa,  -langisa 

Zeit 

makati 

makati 

(Tages-) 

liranga 

lijuwa 

um  welche  Zeit? 

liranga  kupi'? 

lir.  njani? 

vor  Zeiten 

nyakennye,  kadeni 

ngogo,  katali 

zur  Zeit  von  (früher) 

kadeni  ka,  padeni  pa 

katali  ka,  patali  pa 

übrige  (verfügbare)  Zeit  nda{w)o 

nda{w)o 

kurze,  lange  Zeit  s.  Weile 

Zelt 

hema  (kisw.) 

hema 

Zelt  aufstellen 

-yimisa  h. 

-simika  h. 

Zelt  abbrechen 

-kumula,  -wopola 

-kumula,  -wopola 

zerbrechen  (trans.) 

-daula,  -faya,  -dennya 

-pazula,  kayula 

(intrans.) 

-dauka,  -fayika,  denyika 

-pazuka,  -kayuka 

412 

zerdrücken 
zerfließen  ) 
zergehen   ) 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 
-qowa,  -chikicha 


■qowa,  -chikicha 


s.  schmelzen 


zerfallen  (auseinander-) 

-kumuka,  -wopoka 

-kumuka,  -wopoka 

(r=  einfallen) 
zerkratzen 
zei-])latzen  s.  platzen 

-dirika,  -huha 
-hwepa 

-homoka 
-kapa 

zerreiben 

-sira 

-saya  [-hyayd) 

zerreißen  (trans.) 

-daula,  -papula 

-hatula,  -pazula 

(intrans.) 
zerren 

-dauka,  -papuka 
-dösa{dösa) 

-hatuka,  -pazuka 
-huta{huta) 

zerschlagen       ) 

1        ..        l  -nnu-a,  -i 
zerschmettern  ) 

konda  mit  nimi ,  nimi  (g 

anz  und  gar) 

zerspringen  s.  platzen 

zerstampfen 

zerstören 

-timha 

-buhisa,  -diriza ,  -fnza 

-timha 
-homola 

zerstoßen 

-koica 

-twanya 

zerstreuen  (Feind) 

-micaza 

-paraza 

zertreten 

-nyatira 

-lihatira 

Zeug  s.  Stoff 

Zeuge 

als  Zeuge  anrufen 

■schanzi  {?n-) 
-hiza  {ni).shanzi 

Zeugnis  geben  (ablegen) 

zeugen  s.  erzeugen  und 

Zicklein 

Zickzack,    im   Zickzack 

-shanzera 

bezeugen 

lizinyane  [la  mhuzi) 

-zomha[zomba) 

kamene,  kapeni 

gehen 

Ziege 

Ziegenbock 

ziehen 

mhuzi 

Upongo  {la  mhuzi) 

-düsa 

mene 
-huta 

(Zahn) 
zielen 
Zikade 

-kumula 

-linga,  -yandika 
nyenzi  {kienzi) 

-kula 

-linga,  yandika 

nyenzi  (kienzi) 

Zimmermann  s.  Schreiner 

Zink 

Zipfel 

Zirpe  (Zikade) 

zittern 

zögern 

Zögling 

Zorn 

(heftiger) 


mtofu 

peteni 

nyenzi  {kienzi) 

-tutuma,  -gedeza 

-swera 

mfundi 

mahikutero,  madadiro 

matutumiro 


zu  (auf  die  Frage  »wo«)  pa 

(aufd.  Frage  »wohin«)  kwa,  ku 
=  allzu  s.  dieses 

zubereiten  -sendereza,  -lungisa 


lupenja 
nyenzi  {kienzi) 
-tetema,  hirira 
-hwera 

mahyomero 
matetemero 
pa 
kwa,  ku 

-sendereza,  -lungisa 


Spiss:    Kingoni  und  Kisutu. 


413 


Zucht  (Anstand) 
züchtigen  s.  schlagen 
zucken 
Zuckerei'bse 

umazima,  {zi 

-punnyuka 
ndozi  (zin-) 

\shoni 

uhoni 

-punnyuka 
ndozi  {zin-) 

Zuckerrohr 
zubinden  s.  binden 

mJunguIungu , 

mowa 

zudecken  s.  bedecken 

zudrücken  (Auge) 
zuerst  (adv.) 
zufallen  (Falle) 

-yezera  (liso) 

]iamhele 

-tenuka 

-kupira,  -sisira 

paulongolo 

-tenuka 

Zuflucht 

mahalikero 
-harekera 

Zuflucht  nehmen 

-tirira 

zufrieden  sein 

-ica 

-wa 

zufriedenstellen 

-wisa 

-wisa 

zugeben 

-viimira 

-idika 

zugleich 
Zukost 

pamozi 
inbido 

pamonya 
mhoga,  likoro 

ohne  Zukost  sein 

-temula  (chamfemo) 

-suma  (kilumo)  -luma 
kilumo 

zuletzt 

zumachen  (Grube) 

emuveni,  pamuva 
-fulira 

panyuma,  kumbale 
-sira 

zunehmen  s.  vermehren,  sich 
Zündhütchen  fataki  (kisw.) 

Zunge  lulimi  («-) 

zürnen  -tukut[ir)a,  -dad(ir)a 

(mit   dem  Vorsatz  zu    -songera 
strafen) 
zurück 

zurückbringen    ) 

zurückgeben       ) 

zurückhalten  (fest- 
halten) 

(Milch  im  Euter) 

zurückhalten 

s.  auch  abhalten 
zurückkehren 

(heim) 

(Fluß  ins  alte  Bett) 
zurücklassen 
zurüsten,  sich  (zur  Reise) 
zusammen  s.  beisammen 
zusammenbinden  s.  vei^binden 
zusammenfallen  s.  einfallen 
zusammenfalten  -songa 

zusannnenfließen 


muva  {pa-,  ku-)  emuveni 

-chulisa 

-tinda 

-kweza,  -gwanita  (Iwisi) 


-chuleka 

-{b)uy{er)a 

-chona 

-sia,  -leka  {muva) 

-zihingisa 


-hyomera 
-temera  ngani 

kumbele 

-kiriwusa 

-tinda 


■  kiriwuka 
■{b)uy{er)a 

■  chona 

■sia,  -leka  (muva) 
-zikola 


-gonja 
•kongana 


Spiss:   Kingoni  und  Kisutu. 
-tungika 

-namiJc{an)a ,  -bany{an)a 
-wopa  lifundo 


414 

zusammenhängen     (i 

einer  Reihe) 
zusammenkleben 
zusammenknüpfen 
zusammenkommen  s.  versammehi,  sich  begegnen 
zusammenlegen  -songa 

zusainmenreihen  -timga 

zusammenrufen  s.  versammeln 
zusammenschrumpfen        -lamha 

(z.  B.  Bauch  vor  Hunger) 
zusammenstoßen  -gumulana 

zusammentreffen  s.  begegnen 
zusanunentreiben  (Herde)  -tinda 
zusammenwachsen  -yerekana 

zusammenwickeln  -songa 

zusanunenzählen  -har[ir)a 

zusenden  -pelekera,  -mukisira,-tnmira 


•wopa  lifundo 

-gonja 
-tunga 

-totoka 


-gercngana 
-gonja 

-icarang{ir)a 
-pelekera,   -mnkis ira. 
-tumira 


Zuspeise 

mbido 

mboga,  likoro 

Zustand;    wie   ist   sein 

alt  iijani? 

all  wtili:! 

Zustand  i* 

zustopfen 

-vimba 

-diu  da 
(•■) 

zuvor,  durch 

-qala,  -tanguUra 

hüte 

zuweilen 

liisiku  hinye 

ligono  lingi 

zuwerfen   (hin-) 

-posera ,  -gigijira 

-sopera 

(Grube) 

-fulira 

-sira 

zwanzig 

machumi  maicili 

zwar 

kodtca 

zwai-  —  aber 

kodwa  —  kodwa 

zwei 

-will 

-irili 

Zweifel 

manyanyo 

zweifeln  -iiyanya  (heißt 

auch  sich  weigern). 

-bona  manyanyo 

Zweig 

litainbi  [liqambi) 

titafi 

Zwerchfell 

mshesho 

mshesho 

Zwerg 

mßchane 

mfupi 

Zwergantilope 

huruku 

ngorombice   {korom 

ibc) 

zwicken 

-ngewa 

-tona 

Zwilling 

lipasha 

lipasha 

Zwinge  s.  Ring 

zwingen  (physisch) 

-dosa,  -simduza 

-kunyuga 

(moralisch) 

-kalimira 

-kalimira 

zwischen 

pakati  pa 

pakati  pa 

415 


Bibliographische  Anzeigen. 

Contes  populaires  d'Afrique  par  Rene  Basset  ...  Paris 

E.  Guihnoto  1904. 

(=  Les  Litteratures  populaires  de  toutes  les  nations,  tome  47.) 

Besprochen  von  Julius  Lippert. 


Wiederum  eine  prächtige  und  dankenswerte  Gabe,  die  uns  der  nimmer 
rastende  Altmeister  der  französischen  Afrikanistik  mit  der  vorliegenden 
Sammlung  zum  Angebinde  macht.  In  170  Einzelerzählungen  gibt  er  uns 
Proben  aus  dem  Märchenschatz  und  der  Vorstellungswelt  afrikanischer 
Stämme  vom  Mittelmeer  zum  Kap,  von  der  Atlantis  zum  Indischen  Ozean, 
denen  dann  noch  der  Vollständigkeit  halber  iSIärchen  aus  den  Sprachen  von 
Madagaskar  und  der  amerikanischen  Neger  angeschlossen  sind,  im  ganzen 
aus  102  verschiedenen  Sprachen  und  Dialekten.  Der  weite  Stoff  ist  nach 
sprachverwandtschaftlichen  Gesichtspunkten  geordnet ,  bis  auf  die  Sudan-  und 
Guineasprachen,  die  ja  noch  jedem  Versuche  linguistischer  Klassifikation 
spotten  und  deshalb  nach  ihrer  geographischen  Lage  zusammengestellt  sind. 
So  hat  das  Buch  die  folgenden  7  Gruppen  I.  Hamitische,  II.  Semitische,  III.  Nil-, 
IV.  Sudan-,  \'.  Guinea-  und  Senegal-,  VI.  Hottentotten-  und  VII.  Bantusprachen, 
zu  denen  dann  noch  VIII.  die  Sprachen  von  Madagaskar  und  IX.  die  Sprachen 
der  Neger  Amerikas  und  der  von  St.  Mauritius  hinzutreten.  Bei  einem 
jeden  Märchen  geben  Fußnoten  in  dankenswerter  Weise  sowohl  die  lite- 
rarische Quelle,  wie  auch  die  geographische  Lage  des  Dialektes  an.  Viel- 
leicht hätte  dieser  zweite  Zweck  durch  eine  beigegebene  Sprachenkarte  noch 
anschaulicher  zum  Ausdruck  gebracht  werden  können. 

In  einer  erschöpfenden  Einleitung  spricht  Verfasser  über  den  Plan  der 
Arbeit  und  geht  dann  auf  den  Inhalt  der  Sammlung  selbst  ein,  indem  er 
die  Moral  in  den  Märchen  und  die  gemeinsamen  Züge  darin  ausführlich 
auseinandersetzt.  Im  großen  und  ganzen  überwiegt  die  Tierfabel,  doch 
treten  auch  Menschen  und  Dämonen  als  handelnde  Personen  auf.' 


1  In  der  Einleitung  (p.  VII)  stellt  Verfasser  die  Barbarei  der  Buschmänner 
und  Hottentotten  in  Gegensatz  zu  der  hohen  Kultur  der  Araber.  Diese  Gegenüber- 
stellung möchte  ich  aber  doch  auf  die  Buschmänner  beschränkt  wissen.  Zwar  sind  Hotten- 
totten und  Buschmänner  nur  Zweige  eines  Stammes,  und  auch  ihre  kulturellen  Ver- 
hältnisse mögen  ursprünglich  nicht  wesentlich  voneinander  verschieden  gewesen  sein. 
Aber  diese  Ursprünglichkeit  der  Hottentotten  ist  schon  früh  durch  INIischung  mit 
einer  fremden,  wahrscheinlich  aus  Südostasien  gekommenen  Völkerschaft  stark  alte- 
rieit  worden.  Auf  diese  Rassenmischung  weisen  schon  körperliche  Eigenschaften  hin, 
wie  z.  B.  die  vielfach  beobachtete  Schiefstellung  der  Augen,  die  den  Hottentotten 
manchmal  einen  chinesenhaften  Eindruck  machen  lassen ,  aber  ihr  verdankt  die  Nation 


416  Lippert:    Biljliographische  Anzeigen. 

Die  Übersetzungen  sind,  soweit  ich  das  an  den  Originalen  habe  nach- 
])rüfen  können ,  korrekt.  Treffend  ist  auch  der  naive  Ton  der  Originale  in 
der  französischen  Übersetzung  wiedergegeben,  sodaß  schon  aus  diesem 
Grunde  die  Lektüre  des  Buches  zu  einem  Genuß  wird. 

So  wird  die  Sammlung,  die  den  Beweis  liefert,  daß  die  sprachliche 
Erforschung  des  längst  nicht  mehr  »dunkeln  Kontinents«  mit  der  geograj)hi- 
schen  Schritt  zu  halten  bestrebt  ist,  nicht  nur  von  den  Afrikanisten,  Ethno- 
logen und  Folkloristen,  sondern  auch  von  dem  gebildeten  Laienpublikum 
mit  Dank  begrüßt  werden.  Ihre  geschmackvolle  typogi-aphische  und  äußere 
Ausstattung,  mit  der  die  rühmlichst  bekannte  Firma  Guilmoto  (Succes'seur 
de  J.  Maisonneuve)  ihi-en  alten  Ruf  wahrt,  dürfte  das  Werk  auch  als  Ge- 
legenheitsgeschenk empfehlenswert  ersclieinen  lassen. 


auch  ihren  Kulturbesitz,  der  sie  hoch  über  die  in  ihrer  Ursprünglichkeit  verbliebenen 
Buschmänner  hinaushebt.  Die  Sagen-  und  Legendenwelt  der  Hottentotten  iiann  sich, 
wie  ja  auch  die  vorliegenden  Beispiele  zeigen,  mit  der  mancher  europäischen  Völker 
messen,  und  die  Erklärung  der  Sternbilder  bei  ihnen  kommt  an  poetischem  Gehalt 
manchen  Sagen  des  klassischen  Altertums  gleich.  Schon  der  Umstand  verbietet  es, 
die  Hottentotten  als  tiefstchend  anzusehen,  daß  in  ihrer  Sprache  im  Gegensatz 
zu  den  Spraclien  so  vieler  anderen  Naturvölker  ein  Wort  für  den  Begriff  »^Nlensch- 
lichkeit«  sich  findet. 


Horlin.   gedruckt   in   der  Reiclisdrueke 


X^J 

Berlin.  Universität 

2$ 

Ausland-Hochschule 

ü5 

Mitteilunsren 

Jg. 7 

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